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BIBLIOTHEEK UNIVERSITEIT UTRECHT ^^1
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Die
MILZBRiafDKRAIKHEITElf
der
*
i
Tlüere und des Menschen.
#9632;
Historisch - geographisch - pathologische Untersuchungen
von
Dr. CARL FRIEDRICH HEUSIWGER.
Erlangen)
Ferdinand Enke's Verlagsbuchhandlung.
18 5 0.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;BiSLiOTHEGK
DIERGENEESKUNDE
UTRECHT
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Vorredelaquo;
Mch habe keine Ursache zu leugnen, dass gegenwärtige Schrift durch andre Arbeiten veranlasst worden ist.
Wenn nämlich aus Vorarbeiten für die medicinische Geographie meine Recherches de Pathologie comparee entstanden, so fand sich wieder für die Gegenstände des zweiten Theils des zweiten Bandes der letzteren (die enzootischen und contagiösen Krankheiten der Thiere und des Menschen) eine solche Masse des Materials, dass höchstens die Re­sultate aufgenommen werden konnten; so namentlich für Milzbrand, Hundswuth, Pocken u. s. w.
Ob nun gerade die Milzbrandkrankheiten zuerst eine solche neue und ausführliche Bearbeitung verdienten? Ich habe zwar im ersten Abschnitt (wegen der häufig mehrfachen Nummern) circa 400 Schriften und Abhandlungen über diese Krankheiten aufgezählt, und in den fol­genden fast noch einmal so viele angeführt; ohne irgend den Werth derselben verkleinern zu wollen, konnte ich indessen keine derselben, vollständig erschöpfend und der Wichtigkeit des Gegenstandes irgend angemessen finden.
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#9632;^quot;
iv
Welche Ungeheuern Verluste diese Krankheiten herbeiführen, kön­nen einige Berechnungen zeigen: In 12 Magdeburgischen Schäfereien allein wurde der jährliche Verlust auf 20000 Thaler berechnet; der ein­zige Mansfelder Seekreis verliert jährlich für 60000 Thaler Schafe; in der einzigen Beauce, einer kleinen Provinz Frankreichs, berechnete im Jahr 1842 Delafond den Verlust an Schafen auf 7,080600 Franken; welche Summen müssen also ganz Deutschland und ganz Frankreich allein an Schafen verlieren! der Verlust an Schweinen ist aber gewiss nicht geringer, und dazu noch Binder und Pferde! und doch sind die Verluste in Schottland, Ungarn, Bussland u. s. w. noch viel grosser. Im Jahr 1785 fielen in Sibirien 100000 Pferde an dieser Krankheit, im Jahre 1800 in einem einzigen Kreise Sibiriens 27000! — Was den Verlust an Menschenleben betrifft, so mögen freilich Epidemien, wie die auf den französischen Antillen, welche 1500 Menschen das Leben kostete, nicht so häufig seyn; aber in dem kleinen Ehstland nahm von Bär jährlich 100 Todesfälle am Milzbrand an, und nach einer sehr massigen Berechnung wird man in Deutschland jedes Jahr ein paar hun­dert annehmen können, wie viel grosser ist aber die Sterblichkeit in mehreren Gegenden Italiens, in Ungarn, in Bussland. Daher muss ohne die geringste Uebertreibuug angenommen werden: Europa verliert durch diese Krankheit in jedem Jahre Millionen Thaler an Thieren und Tau­sende von Menschenleben.
Doch nicht dieses nationalökonomische Interesse war es allein, was mich als Arzt fesselte; die merkwürdige, und doch so wenig benutzte.
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Krankheit klärt die wichtigsten Lehren der Pathologie wohl mehr auf, als irgend eine andre, und so bietet sie an sich selbst schon ein sehr grosses wissenschaftliches Interesse dar. Noch grosser wird dieses aber in Beziehung auf andre Krankheiten. Es musste mir bald einleuchten, dass der Milzbrand eine Malariaseuche sei; seinem Wesen nach innig verwandt mit Wechselfieber, Cholera und der ganzen sumpfgeborenen dämonischen Sippschaft, kann es nicht fehlen, dass Aulklärungen über sein Wesen auch Licht über diese verbreiten müssen.
Dunkel, sehr dunkel ist allerdings das Feld, auf das ich hier ge-rathen bin, Anatomie und Physiologie haben hier noch eine grosse Lücke gelassen. Ich lasse es dahin gestellt seyn, ob ich gegen herr­schende Ansichten sehr verstosse, oder — vielleicht nicht mehr! denn wir befinden uns, zur Veränderung, einmal wieder an einem Wende­punkte der Schulen: Die chemiatrische bestimmt, doch wohl kaum zwei­felhaft auch die übertreibende mikroskopisch-anatomische, sind eig advparov — sie haben culminirt, und machen einer andern Platz, die nicht weniger übertreiben wird! Dabei glaube man ja nicht, dass ich sagen wollte, diese Schulen, wie irgend eine andre, wären der Wis­senschaft unnütz gewesen: Es geschieht, was vor 2000 Jahren geschah, und was nach 2000 Jahren auch noch geschehen wird; fort schreitet die Wissenschaft immer, aber das Leben der Menschheit, in der Wis­senschaft wie im Staate, läuft einmal nicht im ebenen spiegelglatten Flusse, sondern in Wellen, Schwellungen und Senkungen, und in nach unbekannten Gesetzen wiederkehrenden Stürmen! Die Aufgabe des Ein-
.
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VI
zelnen ist, festen Schrittes fortzuschreiten, nicht sich vom Strome fort-reissen zu lassen, eben so wenig der Zeit eine unmächtige Kraft ent­gegenzusetzen.
In dem Bewusstseyn, dieser Aufgabe genügen zu wollen, ist es mir, in dem Momente der Krise, nicht ganz klar, ob ich gegen den Strom stehe oder mit ihm gehe. Das muss aber einen jedem, der den Ent-wickelungsgang der Wissenschaft kennt, vollkommen gleichgillig seyn.
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Inhalt.
Seile. Vorrede.....................nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;III
Erster Abschnitt. KRITISCHE ZUSAMMENSTELLUNG DER ÜBER MILZBRAND ERSCHIENENEN SCHRIFTEN, IN
CHRONOLOGISCHER ORDNUNG........ 3—92
Zweiler Abschnitt. CHRONOLOGISCHE ÜBERSICHT DER MILZBRAND - EPIZOOTIEN, WELCHE GEHERRSCHT
HABEN.................93 — 187
Allgemeine Resultate............188 — 200
Milzbrandjahre............nbsp; nbsp; 188
Milzbrandconstitutioneu..........nbsp; nbsp; 191
Verbreitnngsart der Epizootien.......nbsp; nbsp; 194
Ausgangspunkte der Epizootien.........nbsp; nbsp; nbsp;194b
Yerbreitungsart derselben...........nbsp; nbsp; nbsp;190
Dauer der Epizootien..........nbsp; nbsp; 190
Gleichzeitige Krankheiten der Thiere und
der Menschen............nbsp; nbsp; 197
Mit Ergotismus ..............nbsp; nbsp; nbsp; 197
Mit Angina maligna.............nbsp; nbsp; nbsp; 197
Mit Erysipelas...............nbsp; nbsp; nbsp;198
Mit gelbem Fieber?.............nbsp; nbsp; nbsp; 198
Mit Maulseuche ..............nbsp; nbsp; nbsp; 198
Mit Rinderpest...............nbsp; nbsp; nbsp;198
Mit Abortus................nbsp; nbsp; nbsp; 199
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VIII
Seite
Ursachen der Epizootien...... . #9830; .nbsp; nbsp; 199
Grosse Hitze ...............nbsp; nbsp; 199
Gewitternbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;................nbsp; nbsp; 199
Vulkanische Ausbrüche............nbsp; nbsp; 199
Erdbebennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ................nbsp; nbsp; 199
Regen, Nebel...............nbsp; nbsp; 200
Ueberschwemmungen.............nbsp; nbsp; 200
Erkranken der Vegetation ...........nbsp; nbsp; 200
Dritter Abschnitt. DIE GEOGRAPHISCHE VERBREITUNG DES
MILZBRANDES.............201 — 312
Sibirien.......................201
Orenburg, Astrahan................217
liapiiland .....................21raquo;
Finnland .....................221
Perm, Petersburg.................223
Ebstland, Uvland, Curland.............225
Poltlen ......................230
Posen, Preussen..................234
Schlesien......................23raquo;
IViedersachsen, Brandenburg............236
raquo;alern.......................250
Wetterau .....................25S
Blieinthal.....................261
Niederlande....................265
Champagne, Brie, Beanre.............273
Sologne ......................282
Berry, Brenne, Bresse...............299
Bourgogne.....................294
Poitou, euienne..................299
lianguedoc.....................30*
JLuvergne, Bauphine................313
Provence......................320
Spanien, Portugal . -..... ......., . 324
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IX
Seite
Corsica, Sardinien, Sicllien.............nbsp; nbsp;327
nreapel.......................nbsp; nbsp;330
Kirchenstaat....................nbsp; nbsp;336
Voscana......................nbsp; nbsp;338
liOmbartlel, Tenedig................nbsp; nbsp;339
Sardinische Staaten ................nbsp; nbsp;342
Schweiz......................nbsp; nbsp;345
Tyrol, Vorarlberg . . -..............nbsp; nbsp;350
Kärnthen, Krain, Steiermark...........nbsp; nbsp;350
Oesterrelch.....................nbsp; nbsp;850
Ungarn.......................nbsp; nbsp;351
Moldau, tVallaehel.................nbsp; nbsp;353
Egypten.....................nbsp; nbsp;355
Mascarenische Inseln................nbsp; nbsp;356
Ostindien .....................nbsp; nbsp;357
Perlaquo;........................nbsp; nbsp;358
Paraguay .....................nbsp; nbsp;359
Brasilien......................nbsp; nbsp;359
Mexico -......................nbsp; nbsp;359
JVordamerica....................nbsp; nbsp;360
Westludien.....................nbsp; nbsp;364
Resultate......................nbsp; nbsp;373
Clima...............nbsp; nbsp; 312
Geognostischer Ch. d. Landes.......nbsp; nbsp; 373
Boden...............,nbsp; nbsp; 373
Wasser...............nbsp; nbsp; 373
Malaria...............nbsp; nbsp; 374
Krankheiten d. Vegetation.........nbsp; nbsp; 374
Zugleich vorkommende Krankheiten.....nbsp; nbsp; 374
Fäule.............'....nbsp; nbsp; 374
Wechselfieber ...............nbsp; nbsp; 374
Gelbes Fieber..............nbsp; nbsp; 375
Anthrakoiden..........,.....nbsp; nbsp; 375
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X
Seite
Scorbut.................nbsp; nbsp; nbsp;3?6
Ruhr..................nbsp; nbsp; nbsp; 376
Rinderpest................nbsp; nbsp; nbsp;376
Thiere welche leiden..........nbsp; nbsp; 376
Vorkorameude Formen..........nbsp; nbsp; 377
Vierter Abschnitt. AETIOLOGIE DER MILZBRANDKRANK­HEITEN ...............377 —nbsp; 5laquo;raquo;
Contagium dei* ^lilzbrandkranMIielten......nbsp; nbsp; nbsp; 378
Anlage zur lufection..........nbsp; nbsp; 381
Gattungsanlage...............nbsp; nbsp; nbsp;381
Individiiclle Anlage....... ...nbsp; nbsp; nbsp; 38-
Alter..................nbsp; nbsp; nbsp;385
Geschlecht................nbsp; nbsp; nbsp;386
Schwangerschaft..............nbsp; nbsp; nbsp;286
Endemische Anlage.............nbsp; nbsp; nbsp;388
Epidemische Anlage.............nbsp; nbsp; nbsp; 38J
Mehrmaliges Befallen.............nbsp; nbsp; nbsp;390
Eigenschaften des Contagiums .....#9632;gt;,nbsp; nbsp; 392
Verschiedene Energie.............nbsp; nbsp; nbsp;39-
Flüchtigkeit................nbsp; nbsp; nbsp;393
Lebens!cnacität des Contagiums......nbsp; nbsp; 399
Absonderungsorgane........., .nbsp; nbsp; 467
Carbunkel................nbsp; nbsp; nbsp;407
Blut..................nbsp; nbsp; nbsp;408
Milz und Leber...............nbsp; nbsp; nbsp;412
Fleisch.................nbsp; nbsp; nbsp;413
Speichel, Geifer ..............nbsp; nbsp; nbsp;438
Euter, Milch, Butter.............nbsp; nbsp; nbsp;439
Art der Uebertragung..........nbsp; nbsp; 442
Aufnahme - Organe des Contagiums.....nbsp; nbsp;443
Aeussere Haut...............
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11
Seite
Schleimhäute...............nbsp; nbsp; nbsp; 444
Hautkrankheiten..............nbsp; nbsp; nbsp; 445
Verletzungen..............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 446
Hunde als Impfer ..............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;448
Insecten als Impfer..............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;448
Absichtliche Impfversuche............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;453
Fortpflanzungsvermögen durch verschie­dene Gattungen.............nbsp; nbsp; 454
Incnbationszeit des Contagiums.......nbsp; nbsp; 459
Augenblicklich...............nbsp; nbsp; nbsp;459
Einige Stunden...............nbsp; nbsp; nbsp; 461
Mehrere Tage...............nbsp; nbsp; nbsp; 464
Ausbruchsorgane............nbsp; nbsp; 467
Berührte Stellen..............nbsp; nbsp; nbsp; 468
Nicht berührte Stellen............nbsp; nbsp; nbsp;471
Sehädllcliltelten, welche den urapriingliclien
mizbrand erzeugen ..............nbsp; nbsp; nbsp; 484
Schlechte Stallungen?..........nbsp; nbsp; 484
Mangelhafte Nahrung?..........nbsp; nbsp; 485
Zu reichliche Nahrung?..........nbsp; nbsp; 485
Wechsel der Nahrung?..........nbsp; nbsp; 485
Angestrengte Arbeit?...........nbsp; nbsp; 486
Erkältungen?............, .nbsp; nbsp; 486
Boden................nbsp; nbsp; 486
Fabelhafte Thiere............nbsp; nbsp; 486
Insecten...............nbsp; nbsp; 486
Electrizität. Gewitter..........nbsp; nbsp; 487
Grosse Hitze.............nbsp; nbsp; 489
Ueberschwemmungen ...........nbsp; nbsp; 492
Regen................nbsp; nbsp; 492
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xn
Seite
Thau, Nebel..............nbsp; nbsp; 494
Honigthau, Meld than..........nbsp; nbsp; 485
Schimmel, Brand, Rost u. s. w.......nbsp; nbsp; 497
Sumpfmiasma .............nbsp; nbsp;500
Resultate...............nbsp; nbsp; 510
Fünfter Abschnitt. VON DEN VERSCHIEDENEN FORMEN
DES MILZBRANDS ...........514 — 688
Beobaclitete Formen im Allgemeinen . #9632; . 511 —nbsp; nbsp;560
Milzbraadapoplexie...........nbsp; nbsp; 515
Milzbrandwuth.............nbsp; nbsp; 516
Milzbrandfieber.............nbsp; nbsp; 528
Milzbrand mit Innern Carbunkeln......nbsp; nbsp; 531
Maul- und Gaumenanthrax..........nbsp; nbsp; nbsp;531
Zungenanthrax...............nbsp; nbsp; nbsp;532
Milzbrandbräune ..............nbsp; nbsp; nbsp;533
Magen- und Dunndarmcarbunkel.........nbsp; nbsp; nbsp; 534
Mastdarmcarbunkel............, .nbsp; nbsp; nbsp;531
Nasencarbunkel...............nbsp; nbsp; nbsp; 535
Lungenmilzbrand..............nbsp; nbsp; nbsp;535
Gebärmutterbrand .............nbsp; nbsp; nbsp;537
Milzbrandblutharnen.............nbsp; nbsp; nbsp; 538
Augenanthrax...............nbsp; nbsp; nbsp; 538
Milzbrand mit äussern Carbunkeln .....nbsp; nbsp; 540
Primäre Brandform.............nbsp; nbsp; nbsp; 541
Quaddel- oder Enoteuform...........nbsp; nbsp; nbsp; 541
Oedematöse oder scirrhöse Form.........nbsp; nbsp; nbsp;542
Rothlaufform...............,nbsp; nbsp; nbsp;542
Milzbrandblasenausschlag............nbsp; nbsp; nbsp;543
Einfache Pustel- oder Blasenform.........nbsp; nbsp; nbsp;543
Pockenform................nbsp; nbsp; nbsp;544
Stellen des Körpers wo sie erscheinen.......nbsp; nbsp; nbsp; 544
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MI
Seite
Complicirte Formen , , . ........nbsp; nbsp; 5^
Milzbraiid-Maulseuche ............nbsp; nbsp; nbsp;548
Milzbrand-Klauenseuche............nbsp; nbsp; nbsp;552
Milzbrand-Mauke..............nbsp; nbsp; nbsp;552
Milzbrand-Rotz etc..............nbsp; nbsp; nbsp; 552
Milzbrand-Lungenseuche............nbsp; nbsp; nbsp;555
Milzbrand-Rinderpest.............nbsp; nbsp; nbsp;555
Milzbrand-Rheumatismus........* . . .nbsp; nbsp; nbsp;556
Milzbrand-Ruhr ...............nbsp; nbsp; nbsp;557
Milzbrand-Fäule ..............nbsp; nbsp; nbsp; 557
Resultate der LeichenöfFuan^eu.......nbsp; nbsp; 757
Formen wie sie In den einzelnen Thierarten
vorkommen............... 560 — 688
Mensch...............nbsp; nbsp; 560
Spontaner Milzbrand?............nbsp; nbsp; nbsp;561
Mitgetheilter Milzbrand............nbsp; nbsp; nbsp; 571
Schwarze Blatt er ............nbsp; nbsp; nbsp; 571
Erysipelatöse Form.............nbsp; nbsp; nbsp; 573
Oedematüse Form..............nbsp; nbsp; nbsp; 575
Reine Brandform..............nbsp; nbsp; nbsp; 579
Blasen Form ...............nbsp; nbsp; nbsp; 585
Brandblasenform..............nbsp; nbsp; nbsp; 590
Pockenform................nbsp; nbsp; nbsp; 592
Innere Carbunkel ............nbsp; nbsp; nbsp; 597
Milzbrand-Apoplexie...........nbsp; nbsp; nbsp; 598
Milzbrand-Fieber.............nbsp; nbsp; nbsp; 598
Resultate der Sectionen............nbsp; nbsp; nbsp;598
Pferd................nbsp; nbsp; 607
Esel, Maulthier............nbsp; nbsp;617
Dschiggetai............, .nbsp; nbsp; 617
Rind.................nbsp; nbsp; 617
Büffel................nbsp; nbsp;638
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XIV
Seite
Hirsch. Dammhirsch..........nbsp; nbsp; 638
Reh.................nbsp; nbsp; 6laquo;
Renthier...............nbsp; nbsp; 641
Elena................nbsp; nbsp; 642
Kameel................nbsp; nbsp; 642
Schaaf................nbsp; nbsp; 642
Ziege................nbsp; nbsp; 654
Gemsen...............nbsp; nbsp; 655
Schwein...............nbsp; nbsp; 655
Hund................nbsp; nbsp; 674
Wolf................nbsp; nbsp; 6n
Fuchs............., . .nbsp; nbsp; 677
Katze................nbsp; nbsp; 677
Bär.................nbsp; nbsp; 6laquo;
Dachs................nbsp; nbsp; ß*8
Hase.................nbsp; nbsp; ß?8
Mäuse................678
Gänse................nbsp; nbsp; 678
Enten................nbsp; nbsp; 680
Puten................nbsp; nbsp; 680
Fasane................nbsp; nbsp; 681
Hühner................nbsp; nbsp; 681
Tauben................nbsp; nbsp; 682
Krähen, Rahen ............nbsp; nbsp; 683
Amseln, Staare.............nbsp; nbsp; 683
Fische?...............nbsp; nbsp; 683
Krebse?...............nbsp; nbsp; 685
Allgemeine Resultate ..........nbsp; nbsp; 685
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XV
Seite
Sechster Abschnitt. VON PEN VERWANDTSCHAFTEN UND
VON DEM WESEN DES MILZBRANDS.....680 — 798
Erkrankunsen durdi gewisse kosmisclie Ein­flüsse .......-...........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;690
Elektrizität..............nbsp; nbsp; 690
Licht, Sonne..............nbsp; nbsp; 691
Wärme. Hitzschlag...........nbsp; nbsp; 692
Erkrankungen ilurclt Gangliengifte .......nbsp; nbsp; nbsp;700
PUzgift................nbsp; nbsp; 700
Ergotisraus................nbsp; nbsp; nbsp;704
Arachnidengift ............nbsp; nbsp; 705
Schlangengift . t...........nbsp; nbsp; 705
Schildkröten-, Fisch-, Muschel-Gift.....nbsp; nbsp; 706
Thierdunst-Miasma...........nbsp; nbsp; 712
Erysipelatosen ..................nbsp; nbsp; nbsp; 722
Erysipelas...............nbsp; nbsp; 723
Maulseuche . ,............nbsp; nbsp; 727
Mauke...........#9830; . . . .nbsp; nbsp; 728
Anthrakolden ..................nbsp; nbsp; nbsp; 730
Urticaria...............nbsp; nbsp; 731
Furunkel...............nbsp; nbsp; 735
Carbunkel ...............nbsp; nbsp; 7^1
Aleppopustel..............nbsp; nbsp; 745
Oangränosen...................nbsp; nbsp; nbsp; 745
Infectionsgangrän.........., .nbsp; nbsp; 746
Sumpfgangrän.............nbsp; nbsp; 751
Wundgangrän.............nbsp; nbsp; 751
Wasserkrebs, Noma...........nbsp; nbsp; 756
Brandbräuue/ Lungenbrand........nbsp; nbsp; 757
Malarianeurosen.................nbsp; nbsp; nbsp; 758
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'
XVI
Seile
Wechselfieber .............nbsp; nbsp; 760
Cholera................nbsp; nbsp; 762
Malaria-Dysenterie . . . ,.......nbsp; nbsp; 76(5
Paralytische Blutungen..........nbsp; nbsp; 78(5
Milzstasen......
Leberstasen .....
Darmblu tun gen . . . . Gebärmutterblut an gen
........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;769
........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;770
........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;771
........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;771
Hautstasen, Roseolas Purpura ......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;771
Lungenstasen, Lungenapoplexie.....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;775
Intermittens pneumonica...........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'77
Pneumonia paludosa............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;785
Hirnapoplexie..............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;787
Typtaolde.....................nbsp; nbsp; nbsp; 788
Enterodothienie.............nbsp; nbsp; 788
Gelbes Fieber.............nbsp; nbsp; 791
Boubonenpest .............nbsp; nbsp;792
Rinderpest..............nbsp; nbsp; 792
Ilunitewutb . . ...................nbsp; nbsp; nbsp; 79'JS
Endresultate...................nbsp; nbsp; nbsp; 796
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1
MPie Geschichte der Bearbeitungen der Milzbrandkrankheiten kann sich nicht einfach die Aufgabe stellen, die erschienenen Schriften aufzu­zählen und einzeln zu würdigen; sondern sie wird nothwendiger Weise das Bcdürfniss fühlen, die gefundenen allgemeinen Resultate übersichtlich zusam­menzustellen. Unsre Darstellung wird daher in folgende Abschnitte zerfallen: I. Kritische Zusammenstellung der über Milzkrankheiten erschienenen Schriften in chronologischer Ordnung. II. Kritische Darstellung der aufgezeichneten Milzbrand-Epizootien in chronologischer Ordnung. III. Darstellung der en-zootischcn Verbreitung der Milzbrand-Krankheiten in geographischer Ord­nung. IV. Von den Formen, in welchen der Milzbrand in den verschiedenen Thierarten erscheint, und zwar: l) in dem Menschen, 2) im Pferd, Esel, Maulthier, Dschiggetai, 3) im Rind, 4) im Rennthier, 5) beim Elenn, 6) bei Hirschen und Rehen, 7) Schaafen und Ziegen, 8) Cameelen, 9) Schweinen, 10) Bären, Hunden, Katzen, 11) Hasen, 12) Mäusen?, 13) Vögeln, 14) Fischen. V. Von den Ursachen der Milzbrandkrankheiten. VI. Von dem Wesen und der Verwandtschaft der Milzbrand-Krankheiten,
Würden wir nur die Milzbrand-Krankheiten in den Thieren in das Auge fassen und diejenigen des Menschen vernachlässigen, so würde unsre Dar­stellung in sehr wichtigen Punkten unvollständig bleiben; wir haben daher die beide betreffenden Schriften vollständig aufgenommen; um indessen so­gleich die Uebersicht zu erleichtern, haben wir die Titel der nur die mensch­lichen Milzbrand-Krankheiten betreffenden Schriften durch gesperrten Druck unterschieden.
Trotz der langen Reihe könnte man doch vielleicht die eine oder die andre Schrift in dem ersten Abschnitte vermissen: Wir haben zwar alle selbständigen Schriften, auch die wichtigsten Abhandlungen in Zeitschriften, über Milzbrand - Epizootien aufgenommen, aber Handbücher, historische Schriften, in denen solche angeführt werden, aufzunehmen, schien doch nn-zweckmässig, diese wird man daher im zweiten Abschnitte zu suchen haben. Eben so haben wir wohl eigenthnmliche Abhandlungen über Milzbrand-Enzootien aufgenommen, aber eine Menge von Notizen in den Schriften von Reisenden, Aerzten u. s. w. werden nur im dritten Abschnitte angeführt. Nach gleichem Princip haben wir im fünften Abschnitt verfahren u. s. w.
Heusinger, Milibrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;j
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2
Der gestellten Aufgabe gemäss haben wir unsre Darstellung mit der Erscheinung eigener Schriften über die Milzbrandkrankheiten begonnen; eine vollständige Geschichte der Kenntniss der Alten von diesen Krankheiten, wäre wohl ein dankenswerthes Unternehmen, es ist aber eine schwierige und vielen Zeitaufwand erfordernde Aufgabe!
Ucber die Kenntniss, welche die alten griechischen und römischen Aerzte von diesen Krankheiten besessen zu haben scheinen, besitzen wir zwar bereits gelehrte Untersuchungen, aus denen sich ergibt, dass die er-steren unter dem Namen Anthrax, die letzteren unter dem von Carbun-culus die Milzbrandblatter des Menschen beschreiben, indessen geben die Arbeiten von Hahn, Werlhof, Triller, Dorl u. 8. w. noch keine voll­ständige Darstellung. — Noch bestimmter und ausführlicher beschreiben die Arabischen Aerzte die Milzbrandblatter beim Menschen unter den Namen Atshac oder al Humrah (Pruna bei den Uebersetzcrn) oder unter dem des Persischen Feuers, wir besitzen noch weniger eine vollständige Darstellung ihrer Angaben. — Die griechischen und römischen Thierärzte erwähnen Milzbrandkrankheiten der Hausthierc unter den Namen Otörniu, Sacer ignis, Gutta robea, Gutta renalis, Pusula, besonders häufig aber als vermeinte Folge der Stiche oder des Verschluckens giftiger Thiere, z. B. des Buprestis oder Ochsentods, erwähnt. Auch diese Angaben sind noch nirgends vollständig zusammengestellt. — Von den Schriftstellern des vierzehnten bis achtzehnten Jahrhunderts werden die verschiedenen For­men des Milzbrandes, unter einer Menge von Namen als eben so verschie­dene Krankheiten beschrieben; erst gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts wurde die Gleichheit des Wesens dieser verschiedenen Formen erkannt.
Viele dieser Namen haben sich im Volke erhalten, und gar manche bieten ein linguistisches oder historisches Interesse dar; da es uns aber an Zeit und Raum gebricht, eine vollständige historische Darstellung der Krank­heit zu geben, so möchte auch eine Herzählung der langen Reihe von Na­men zweckwidrig sein; Plank hat viele aus vielen Sprachen gesammelt, Chabert gibt die französischen sehr vollständig an, Toggia die italieni­schen, der Ucbcrsetzer von Gilbert, Wirth u. s. w. die deutschen, wo sie der Liebhaber finden kann.
Wir sind übrigens nicht abgeneigt, bei mehr Muse den Versuch einer vollständigen Geschichte zu liefern.
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#9632;
Erster Abschnitt.
Kritische Zusammenstelluiis der über üflilz-
firaiiilkranklicifcn erscliieuenen Scliriften, 1raquo;
chronologkiclier Ordnimsraquo;
1.nbsp; nbsp;A. Tossi a Serra, de anthrace s. carLunculo Iractalus. Venet. 1576.
Ich kenne die Schrift selbst nicht, sondern nur nach dem, was Hall er davon sagt (Bibliotheca med. pract. II. p. 475); nach diesen Worten muss ich ein viel günstigeres Urtheil darüber fällen als Ha 11 er; der Verf. kennt die Krankheit gut, unterscheidet sie vom gewöhnlichen Carhunkel, und zeigt, dass das Schicksal des Kranken Ton einer frühen, richtigen Diagnose abhänge und gibt die yollkommen zweckmässige Behandlung (etwa mit Aus­nahme des Aderlasses) an. Er empfiehlt die Circumcision des Carbunkels, die Anwendung des Glüheisens, und das Unguent, aegyptiac.
2.nbsp; nbsp; Chr. Perez de Herrera, de carbunculis animadversiones. Fintiae 1604. 4.
Diese Schrift des bekannten Arztes ist mir unbekannt, was ich wegen seines Vaterlandes, seines Zeitalters und wegen seiner späteren Schriften (Garrotillo) um so mehr bedaure*).
3.nbsp; nbsp;Dessasix, Arertissement sur les morts des betes malades, et mala­dies venencuses, lesquelles ont cours en ce royaumc. h Paris 1612. 8.
Leider haben wir diese Schrift nicht erreichen können.
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*) Es ist wobi möglich, dass noch einige andre Spanische Schriften über Pestcarbunkel aus dieser Zeit etwas hierher gehöriges enthalten, z. B. Discurso de la providencia y curacion de las secas y carbunculos con contagion. Granada 1603. von Fr. de Silva y Olivera, der auch sonst über vergleichende Medicin geschrieben hat
Uebrigens ist es keinem Zweifel unterworfen, dass die Milzbrand-carbnnkel des Menschen und der Thiere in jenen Zeiten allgemein mit der Pest verwechselt wurden.
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4.nbsp; nbsp;Meurer, ika. ie Carbunculo contagioso. Lipsiae 1613.
5.nbsp; nbsp;Troilo, Lancetta di Pestilenza commune at bruti e di contagio mor­tale deir uofiio. Venezia 1632. Fol.
Verwechselung mit der Pest, aber offenbar Kenntniss des Uebergangs des Milzbrands der Thiere auf den Menschen.
6.nbsp; nbsp;In Bayern wohl bewährte Mittel für die grassirende Viehseuche. 1682. 4.
7.nbsp; nbsp;Recept wider die Viehseuche auf Befehl des Kurfürsten von Bayern bekannt gemacht. 1682. 4.
8.nbsp; nbsp;Recept gegen die Krankheit des Viehs. Ruremonde 1682. 8.
Diese Schriften N. 6. 7. 8. betreffen die grosse allgemeine Epizootie des Zungenanthrax in diesem Jahre, worüber der zweite Abschnitt und die dort angeführten Abhandlungen zu vergleichen.
9.nbsp; nbsp;Monraneda y Molina, paradosa sobre la curacion local del carbunculo-maligno. Jaen. 1701. 4.
Uns unbekannt geblieben.
Ueber die Schroecksche Epizootie 1712 und die Zungen - Anthrax-Epizootie von 1714, s. den zweiten Abschnitt.
In den Schriften über die grosse Rindviehpest dieser Jahre wird der Milzbrand sehr häufig verwechselt.
10.nbsp; nbsp;J. Milleter, de morbo Tsoemoer, Hungariae endemio. Lugd. Bat. 1717. — Haller, diss. ad morb. hist. Vol.VII. p. 6 3 9.
Eine sowohl in Beziehung auf Diagnose wie auf Aetiologie höchst un­genügende Darstellung des in Ungarn endemischen Milzbrands.
11.nbsp; nbsp;Vallisnieri, Lettere spettanti alia storia medica e naturale. Fa-doya 1713. 4. — Vallisnieri, Nucya idea del mal contagioso de' buoi. Milane 1714.
Ohne strenge Diagnose theilt er doch Beobachtungen über den Ueber-gang des Milzbrands von Thieren auf den Menschen mit.
12.nbsp; nbsp;Quiüones, de las langostas, del carbunculo etc. Madrit 1720. 4. Ist uns unbekannt geblieben (von Jos. Frank cilirt) *).
13.nbsp; nbsp;J. J. Scheuchzer, Fliegender Zungenkrebs, eine Viehseuche, wel­che anno 1732 die eidgenössischen Lande ergriffen. Zürich 1732. 4.
Die übrigen Nachrichten über diese berühmte Epizootie s. im zweites Abschnitt.
•) Ist es aber etwa der, zuerst Madrid 1631 erschienene, Tratado del Carbunco von Joann. de duiiiones, so ist es ein Irrthum, denn dieser bandelt vom Karfunkelstein! Antonii Bibl. His p. nova Vol. I. p. 764,
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14.nbsp; nbsp;Medicinische Amreisung, wie den einreissenden und ansteckenden Viehseuchen zu begegnen. Onolzbach 1737.
Nicht zu erreichen.
15.nbsp; nbsp;E. R o s c n, om omkerne til den boskaps död som pa Christians tads betesmark arligen plagantima. S. Ejusd. Obserrationes bot. circa plantas quasdam Sueciae. Lund. 1749. 4. b) Beschreibung der jähr­lichen Viehseuche, die in Christianstad angemerkt wird. 1749.
16.nbsp; nbsp;Beskrifning om i Synnerhet haste sinkdomans samt often Boskapssju-kans. Stockholm 1751. 8.
17.nbsp; nbsp;P. Kalm, Beskrifning öfrer den i Oesterbotn gangbara Boskapssiu-
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kan. Abo 1754. (Im Jahr 1750 erschien die erste mir bekannte Beschreibung des furcht­baren Milzbrands auf den Westindischen Inseln in: Gr. Hughes Natural History of Barbados, s. den dritten Abschnitt).
18.nbsp; nbsp;Dr. V. (oigt), Gedanken die seitherige Wildpret und andrer Thiere Seuche betreffend. Erlanger gel. Anmerk. und Nachr. 1756. N. 28.
19.nbsp; nbsp;P. C. L. Wagner, von der Krankheit unter dem Hornvieh, Pferden und Wilde, im Juni 1756. Fränkische Samml. B. II. (1757) p. 102. 111.
30. Voigt, über die Insecten, so die Viehseuche verursachen. Frank. Samml. B. II. p. 458.
21.nbsp; nbsp;Hasenest, Casus de lue Ferarum et Pecorum. Medicinischer Rich­ter. B. I. p. 99.
22.nbsp; nbsp;P. Wagner, Wirkung der Insecten auf d. Viehsterben. Frank. Samml. II. p. 118.
In den Jahren 1756 und 1757 war der Milzbrand in ganz Europa sehr verbreitet; in Franken war er besonders 1756 ganz allgemein (s. den zwei­ten Abschnitt), auf diese Seuche beziehen sich N. 18—22. lieber die an­geblichen Ursachen und den Verlauf der Seuche werden wir im zweiten Ab­schnitt berichten; die Krankheit kam im Bambergischen, Baireuthischen und Coburgischen in ausserordentlicher Ausdehnung unter Hirschen, Rehen, wil­den Schweinen, Hasen, Pferden, Rindern, Schweinen vor. Bei allen scheint die Form des Milzbrandes dieselbe gewesen zu sein, mit Haut- und Innern Carbunkelbeulen. Die sämmtlichen Beobachter besassen übrigens keine Kcnnt-niss von den Krankheiten der Hausthiere, und haben die Krankheit nicht als eine bereits bekannte und häufige erkannt.
23.nbsp; nbsp;Audouin de Chaignebrun, Relation d'une maladie epidemique qni a regne Pete et l'automne 1757 sur les animaux de differentea especes dans la Brie. Paris 1762. 12.
Eine eben so allgemeine Milzbrand - Seuche, wie die eben erwähnte, kam im Jahr 1757 in der Brie, bei Paris, in mehr als 60 Gemeinden vor,
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unter Pferden, Eseln, Rindern, Schafen, Schweinen, Hirschen, Geflügel und
Fischen; wie bei jener wurden auch hier Menschen inficirt. Wir werden
auch auf sie im zweiten Abschnitte zurückkommen. Ch. ist übrigens ein
sehr genauer Beobachter, der die Geschwülste als sogenanntes avant-cocur,
charbon der damaligen Thierärzte erkennt, und sie genauer untersucht hat.
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24.nbsp; nbsp;J. J. Haartman, om en Boskapssjukan som nagra ar varit gang-
bara i Finnland. Kongl. Vetenskaps Handlingar 1758. Qu. 1. — Deutsche Ucbers. B. XX. p. 47.
25.nbsp; nbsp;J. J. Haartman, Bref ifran Abo om Boskapssjukan. Stockholms Inrikes Tidning 1761. N. C6, 85.
26.nbsp; nbsp;J. J. Haartman, Prof pa Finska Boskapssjukans smiltsamhet och utbrott pa menniskor och andra djnr. Kongl. Vetensk. Handl. 1763. X. — Deutsche Uebers. B. XXVI. p. 52.
27.nbsp; nbsp;J. J. Haartman, Tydlig och kort beskrifning om boskapssjukan kän-nande och botande. Abo 1761. (Auch finnisch 1774).
28.nbsp; nbsp;Snellman, Om Skott-sjukan. Stockholm 1759.
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29.nbsp; nbsp;J. G. Bergman, Berättelse om Boskapssjukans botande. Abo 1768.
30.nbsp; nbsp;D. Chr. Solander, Furia infernalis. Nov. Act. Upsal. Tom. 1.(1773). p. 113.
31.nbsp; nbsp;Afhandling om nagre farsoter ibland häster och boskaps kreatur. Stockholm 1766. 8.
32.nbsp; nbsp;Zandt, Beyerstin und Biörlund, Bericht von der Viehseuche in Finnland 1774, zusammengestellt von Odhelius. Abh. d. k. Schwed. Akad. B. XXXVH. p. 154. (Ich besitze das Schwed. Ori­ginal nicht).
Schon die Nummern 15, 16, 17, dann 24 bis 32 betreffen den in mehreren Provinzen Schwedens und besonders Finnlands (auch gegenwärtig noch) enzootischen Milzbrand, der in mehreren der genannten Jahre beson­ders verbreitet war. — Die Ausdrücke Troll-skott (Hexenschuss), Skott-sjnkan (Schuss - Krankheit) bezeichnen besonders die acuteste Form des Milzbrands, was man im Deutschen Erdsturz nennt. — Solander be­schreibt in N. 30 das von Linne bereits angenommene fabelhafte Thier, die Furia infernalis, welches aus der Luft herabfallend die Krankheit nach dem Volksglauben erzeugen soll. — Besonders die Abhandlungen von Haartman und Odhelius enthalten sehr werlhvolle Beobachtungen, die wir in den folgenden Abschnitten erwähnen werden. Die angenommenen Ursachen werden wir hei der Beschreibung der Epizootien erwähnen.
33. J. F. Reynier Le Louvet maladie du b6tail, ses causes, ses remi-des etc. Lausanne. 1762. 12.
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Der Verf. beschreibt eine Epizootie, welche im Jahr 1760 in der Schweiz herrschte; in der genauen Beschreibung erkennt man mehrere auch jetzt Torkommcnde Formen des Milzbrandes; aber bei manchen Thieren soll sich der ganze Körper mit Blutschwären oder Blattern, wie bei der Krätze bedeckt haben, was allerdings merkwürdig wäre. Es starben sehr viele Pferde und Ochsen.
34.nbsp; nbsp;Le Bei Memoires et ObserTations de medecine. Mont­pellier. 1766. Mem. I.
Dass der Milzbrandkarbunkel um Montpellier und überhaupt in der Pro­vence sehr häufig ist, das ist von alten Zeilen her bekannt, wahrscheinlich ist es auch der gewöhnliche Anthrax. Herr Le Boi kennt denn auch und beschreibt den Unterschied des gewöhnlichen Anthrax und des Anthrax malignus; seine Uebereinkunft mit dem Milzbrand der Thiere ahnt er aber nicht, und seine Behandlung ist unzureichend.
35.nbsp; nbsp;Nicolai! sur la maladie dn betail en Brouagcais (Bochelle), 1762 Bourgelat Notes au Mem. de Barberet p. 105. Deutsche Hebers, p. 109.
Eine äusserst verheerende Milzbrand-Epizootie der Pferde und Binder, nachdem Schaafe und Geflügel schon früher gestorben waren, in diesem ver­rufenen Sumpflande; die Krankheit kam theils in der acutesten Form, theils mit äusseren oder inneren Beulen vor.
36.nbsp; nbsp;Bourgelat sur la maladie du betail en Danphine, I'an 1762. Notes au Mem. de Barberet p. 103. Deutsche Ucbers. p. 99.
Eine Milzbrand-Epizootie, besonders allgemein Anthraxbräune der Binder in der Gemeinde Mezieux.
37.nbsp; nbsp;Gontard: Charbon gueri par l'usage du quinquina. Ri­chard de Hautesierck. Becueil. II. p. 531. (1763.)
Ein Mann hatte mehrere crepirte Häupter Rindvieh abgeledert, acht Tage nachdem er das letzte abgehäutet, stach ihn eine Fliege zwei mal auf die Hand, worauf er an dieser Stelle zwei Carbunkel bekam.
38. T. Bordenave resp. Bobin de anthrace. Paris. 1764. 4. mir unbekannt geblieben.
39. Fournier, Reflexions sur les Charbons. (Montpellier). Richard de Hautesierck. Recueil d'Observ. vol. I. p. 60.
Der Verf. berichtet, dass in der Gegend von Montpellier der Milzhrand-karbunkel der Thiere sehr häufig sei, während der Sommerhitze, und dass Menschen sehr oft inficirt werden. Wiederholt fand der Verf. innere Kar­bunkel, im Magen, im Darm, zuweilen auch in der Lunge und im Gehirn des Menschen. Er vertilgt die äusseren Karbunkel mit dem Glüheisen, gibt innerlich erst den Tartar, emeticus, dann cordialia, mit vielem Erfolg. 39. b. Anleitung wider die Milzkrankheit von der Sanitätsgesellschaft in Zü­rich, Zürich. 1768.
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40. Fonrnier, Observations et Experiences sur les Char-bons malins. Dijon. 1769 et 1775. Derselbe Verf., welcher früher den Mihbrandkarbunkel in der Provence und im Languedoc beobachtet hatte, halte nun auch Gelegenheit die Pustule maligne in der Bourgognc kennen zulernen; er will danach beide Krankheiten unterscheiden, indem er von dem Charlon der Provence sagt: „Cette tumeur „est peu saillante, assez superficielle, mais lies dure et fort douloureuse, d'un „rouge vif erlatant dans sa circonference, mais toujours livide et noire dans „son centre. Elle est presque toujours preccdee ou accompagnee d'une ou „plusieurs pustules qul noircissent d'abord, ou de petites vessies livides qui „se dcchirent promptement, et versent une serosite roussätre, tres corrosive, „qui cause une chaleur et une demangeaison insupportables. La base de cette „tumeur est toujours et essentiellement entouree (Tun cercle enflamme luisant, „qui prend ensuite differentes couleurs, et s'etend fort rapidement sur les „parties voisines, selon les differents degres de malignite du charbon.quot; Yon der Pustule maligne de Bourgogne sagt er: „Cette pustule n'est jamais cir-„consentc par ce cercle rouge et luisant, essentiel au veritable charbon; eile „n'est jamais lividc ou noire dans son principe, ni accompagnee de cette „chaleur brülante et des autres fächeux symptdmes inseparables du charbon „malin. D'ailleurs cette pustule ne paroissant jamais que sur des parties „decouvertes, on scroit fondc de soup^onner qu'elle est l'effet du venin de „quelque animal qu'on ne connoit pas encore; venin qui produiroit les memes „accidents que celui du scorpion.quot; Der erfahrene Verf. mag diese Unterschiede beobachtet haben, allein sie reichen nicht hin, beide Krankheiten zu trennen, es gibt alle Uebergangsformen; indessen bleibt es immer eine merkwürdige Erscheinung, auf die wir im dritten Abschnitt zurückkommen, dass bestimmte Lokalitäten eine Vorliebe zeigen für bestimmte Formen des Milzbrandes. — Der Verf. unterscheidet im Menschen den spontanen und den mitgetheilten Carbunkel: a) „Le charbon malin spontane se declare communement pendant „les grandes chaleurs de Pete, et attaque toujours les artisans, les paysans, „les pauvres gens de la campagne, qui, etant journellement epuises par le „travail, sous un soleil tres-ardent, ne se nourrissent que des plus mauvais „fruits de la saison, et sent encore souvent exposes ä boire d'une eau mal „saine etc.quot; b) Die Wege, auf denen die Mittheilung des Karbunkels der Thiere auf den Menschen erfolgt, sind im Languedoc zahlreicher als ander­wärts; man lebt fast nur von Hammelfleisch: „ces animaux sont particulicre-„meut sujets au charbon spontane, ä celui qui se communique par contagion, „et a la petite-verole qu'on nomme clavelee; cette derniere maladie, qui est ,1a plus frequente et la plus meurtrierc, est presque toujours accompagnee „de charbons exterieurs, qui deploient leur malignite sur la toison de ces ,animaux etc.quot; Diese kranken Thiere werden geschlachtet und ihr Fleisch verkauft. Der durch den Genuss dieses Fleisches erzeugte Karbunkel ist der
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gefährlichste und sehr oft unheilbar. „La laine des montons tnorts de char-„bons ou de la clarelee, etablit une autre voie de contagion plus commune „et plus frequente a Montpellier qua par-tout ailleurs, par le travail continuel et la consommation prodigieuse des laines destiuees h la fabrique des couver-„tures. La contagion s'y conserve quelquefois des annees entieres, comme le „demontrent les charbons auxquels sont exposes les ouvriens qui les travail-„lent, charbons qui paroissent presque toujours aux mains, aux jambes, aux „bras ou au visage de ces ouvriers qui les travaillent.quot; Dass diese letzteren Angaben nicht fibertrieben sind, werden analoge Erscheinungen beweisen, die wir weiter unten anführen werden,
(Die ersten Nachrichten über den Milzbrand auf Haiti s. im zweiten Abschnitt. Nach dem Journ. de Med. vol. LXI1. p. 438. soll ein gewisser Worlook einen Preis für die beste Schrift über den dortigen Milzbrand er­halten haben, ich habe indessen keine Schrift unter diesem Namen auffinden können.) *).
41.nbsp; nbsp;Bert in, Relation de quelques accidents extraordinaires observes ä la Guadeloupe, sur les Noirs du Quartier de la Capestere, a la suite de l'usage qu'ils ont fait de la chair des animaux, morts d'une maladie epizootique. 1774. 12. Auch in: Montigny Instruct, et avis aux habi­tants des provinces meridionales de la France. 1775. Deutsch von Opitz. Leipz. 1776.
In einer grossen Milzbrandepizootio auf Guadeloupe wurden durch die kranken Pferde und Rinder eine grosse Anzahl Neger und mehrere Weisse inficirt, besonders unheilbar war die Krankheit nach dem Genüsse des Fleisches und bei der Section wurden innere Karbunkel gefunden. Sieh den zweiten Abschnitt.
42.nbsp; nbsp; Vicq. d'Azyr, Paulet etc. Rapport sur une epizootie qui a regne en 1776 sur les cerfs de St. Germain. Histoire de la Soc. r. de Med. 1778. p. 150.
Wahrscheinlich Milzbrand, allein es fehlt ihm die Beschreibung der Krankheit;
43.nbsp; nbsp; G. Brugnone, storia della squinanzia cancrenosa manifestatasi sui cavalli in Torino. Torino. 1777. 12.
Nach der Beschreibung und nach den Sectionserscheinungen litten die Pferde eines Cavallerie - Regiments an der Anthraxbräune. B. hält auch die Kränkelt für gleich mit der im Jahre 1762 von Bonrgelat in der Dauphine beobachteten (oben N. 36), und vergleicht sie mit dem Garrotillo. Sie soll sich in einem Pferde primär entwickelt haben, und wurde dann sehr ansteckend und tödtlich.
*) Doch vergleiche man den dritten Abschnitt, wo noch einige andre nicht zu erreichende Schriften aus St Domingo angeführt werden.
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44.nbsp; nbsp;A. Jolaquo;. Moutfilraquo; d'une maladic frequente, counue en Bourgogne sous le nom de Puce maligne. Journal deMede-cine vol. XLV. (1770) p. 500.
Gegen die bis dahin gewöhnliche Ansicht erkennt der Verf. die Krankheit nicht für eine eigenthümliche, sondern für eine Art Anth­rax, und so ist sie auch ganz zu behandeln. Der Verf. glaubt an die Uebertragung vom Menschen auf Menschen, am gewöhnlichsten entsteht sie durch die Behandlung von an ihr leidenden Thieren, oder durch die Bearbeitung ihrer Häute, Haare, Wolle, Fett, oder durch den Stich einer Fliege, am gefährlichsten ist immer die welche nach dem Genüsse ihres Fleisches entsteht.
45.nbsp; nbsp;J. F. Glaser Abhandlung von der tödtlichenKnotenkrankheit unterm Rindvieh und unter dem Rothwilde. Leipzig. 1780.
Die hier beschriebene Milzbrand-Epizootie, welche allgemein mit äusseren
Karbunkeln begonnen zu haben scheint, herrschte im Juli 1778 in einem
grossen Theile des Thüringer Waldes, unter dem Rindvieh und unter dem
Rolhwilde s. den zweiten Abschnitt. Schweine, Füchse und Raubvögel die
von den Aesern frassen, sollen gestorben sein, dagegen Menschen nicht in-
ficirt worden, auch nicht durch das genossene Fleisch.
45b. Kurzer Bericht und nothwendige Anweisung von der Milzkrankheit und
der sogenannten weissen und gelben Hüntsche an den Pferden und am
Rindvieh. 4to.
46.nbsp; nbsp;P. Thomassin Dissertation sur le charbon malin ou la pustule maligne. Dijon, Besan^on et Paris. 17S0. 8.
47.nbsp; Chambon (pere) Traite de l'anthrax ou de la pustule ma­ligne, public p. Chambon (fils). Neufschatel et Paris 1781. 12.
48.nbsp; nbsp;Thomassin Dissertation sur le charbon malin de la Bourgogne, ou la pustule maligne. Seconde edition, augmentee, avec un examen de r avertissemen l et des notes de l'editeur du traite de l'anthrax de M. Cham­bon. B a sie. 1782. 8.
Die Akademie zu Dijon schrieb im Jahr 1780 einen Preis aus über den Charbon malin connu cn Bourgogne sous le nom de pustule maligne, und erkannte den Preis so wohl H. Thomassin als H. Chambon zu. Der jüngere Chambon erlaubte sich in N. 47 einige kritische Bemerkungen gegen Tho-
massin, auf welche dieser in der
zweiten Ausgabe N.
48. antwortet. Sie
sind von wenig Bedeutung. — Herr Chambon nimmt eine Menge bedeutungs­lose Differenzen an, die Herr Thomassin nicht anerkennt. Die Beschreibung H. Thomassin's ist folgende; „la pustule maligne commence ordinairement „par un bouton de la grosseur d'un pois, quelquefois moindre, toujours en-„tourc d'une lagere bouffisnre, la demangeaiBon sc fait sentir, el si on se
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„livre au plaisir de se gratter, la tumeur augmente, ensuite eile reste quel-„que temps dans cet flat, et ne fait eprourer d'autre incommodite qu'nn sen-„timent de pressioa et d'embarras: cette tumeur est platte et superficielle, „inegalement ronde et elevee, parsemee de petits enfoncements et de petites „clcTations; la peau est presque dans sa couleur naturelle, etun peu hiisantequot; etc. Nach 12—24 Stnnden treten die bekannten weiteren Veränderungen ein. Gewöhnlich werden nur unbedeckte Theile des Körpers befallen, Gesicht, Hals, Hände. Er glaubt, dass ihn oft Insectenstiche veranlassen, aber nicht eine einzelne bestimmte Art von Thier, er will ihn einmal nach einem Bie­nenstich beobachtet haben. An tief und an Sümpfen liegenden Orten ist er mehr endemisch, als in andern Gegenden von Burgund, er erscheint nach grosser Hitze im Sommer; die Berührung kranker Thiere erzeugt ihn. Die Ochsen in Burgund leiden an Innern Karbunkeln des Darms, der Leber, Milz u. s. w. die Bauern greifen ihnen dann in das Rectum um hier eine Blu­tung zu bewirken, wodurch das Thier auch oft geheilt wird, aber der Bauer wird oft angesteckt und stirbt. Das rohe Fleisch steckt oft die Schlächter an, während die welche es gekocht essen, oft nichts leiden. Er führt meh­rere Beispiele an, wo Menschen von Menschen angesteckt wurden die sie pflegten.
49.nbsp; nbsp;Saucerotte, Essai snr la nature les causes et le traite-ment de la pustule maligne. Journ. de med. vol. LV. p. 26.
Auch diese Abhandlung wurde bei der erwähnten Gelegenheit eingesandt, aber nicht gekrönt, weil sie keine Beobachtungen enthält. Der Verf. schlägt von vorn herein den verkehrten Weg ein, die Pustule maligne vom Charbon streng unterscheiden zu wollen. Er will aber auch die Maladie du sang vom Charbon unterscheiden, und die Pustule maligne soll nur von Thieren her­rühren, welche an der Maladie du sang litten.
50.nbsp; nbsp;Ph. Chabert, Description et traitement du Charbon. Paris. 1780. Folgende Ausgaben; 1782. 1783. 1786. 1790 (7ieme) u. s. w. Zu­erst Journal d'Agriculture 1779; zuletzt in Instructions et Observa­tions med. I. p. 128. Italienische Uebersetzung von Primino 1804. Spanische von Rodriguez. Madrit. 1784.
Die erste Ausgabe ging also wohl N. 46—49 voraus ? Chabert erwarb sich das Verdienst, die üebereinstimmung von, bisher unter verschiedenen Namen bekannten und für wesentlich verschieden gehaltenen, Krankheiten mehrerer Thierarten nachzuweisen. Dass die von ihm angenommenen Formen der Natur entsprechen, beweist wohl nichts besser, als der Umstand, dass die französischen Thierärzte seine Eintheilung bis auf den heutigen Tag beibehalten haben; dennoch ist sie nichts weniger als erschöpfend oder voll­ständig. Gut sind seine Bemerkungen über den Einfluss der Thierart nicht allein, sondern auch des Temperaments und der Constitution auf die Ver­schiedenheiten in der Enlwirkclung und dem äusseren Ansehen der Carbunkel;
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auch vies er wohl zuerst mit voller Sicherheit nach, dass die Carlmnkel ih ren Sitz eben so gut in allen inneren Organen haben können wie in der äusseren Haut. Seine Eintheilung ist nun folgende: I. Charbons essen-tiels. Das Thier hat zuerst kein Allgemeinleiden, keine andern Symptome, als die topischen von dem entstandenen Carbunkel, erst eine verschiedene Zeit, nachdem die Carbunkel entwickelt sind, treten die Symptome des All-gemeiuleidens ein. 1) Der dem Rindvieh eigenthümliche, in Pferden, Eseln, Maulthieren seltenere Carbunkel. 2) Der Maulkarbunkel, Glossanthrax (ohne die Verwechslung mit der Maulseuche, die bei späteren Äerzten vorkommt). 3) Der Carbunkel der sich nur in Gestalt von Hautflecken, von erst weisser, dann livider, endlich schwarzer Farbe zeigt, von langsamerem Verlaufe, aber mehr in die Tiefe zerstörend. 4) Kopfkarbunkel der Schafe. 5) Karbunkel der Extremitäten. 6) Charbons blancs. II. Charbons symplomatiqnes. Sie treten erst nach vorausgegangenen Ällgemeinleiden ein; nach ihrem Aus­bruche scheint sich das Thier zu bessern, einzelne genesen auch wirklich, allein im Allgemeinen gehen sie schnell in Gangrän über, und führen den Tod herbei. III. Fievre charbonneuse. Fieber mit ganz gleichen Erscheinun­gen wie bei den beiden ersten Formen, allein es kömmt nicht zur Entwicke-lung von Karbunkeln, nach dem Tode findet man aber dieselben Veränderungen.
51.nbsp; nbsp;P. F. Pallas Vergleichung einiger in Schweden, Russland und Sibi­rien und den daran grenzenden Wüsteneien bemerkten tödtlichen Krankheiten, die man füglich unter dem Namen Brandbeulen zusammen­fassen kann. Neue Kordische Breitr. B. I. p. 113.
Pallas war der erste der die Uebereinstimmung dieser Krankkeiten (Beu-leuseuche) der Thiere und des Menschen in Ost- und West-Bothnien, Lapp­land Chn übrigen Schweden ist die Krankheit selten,) Finnland, Russland und Sibirien erkannte, und die Nachrichten über sie hier zusammenstellt. Besonders theilt er einen längeren Bericht von Lerche mit. — Er glaubt an Linncs und Solanders Furia infernalis als Ursache der Krankheit.
52.nbsp; nbsp;Brief des Major Wlassof aus Kiachta. Daselbst, p. 151.
Im Jahr 1779 äusserte sich eine Sterblichkeit unter den Dschiggetais in den Steppen. Die Mongolen schleppten anfangs einige auf ihren Pferden nach Hause, allein diese fielen, steckten die übrigen Pferde an, und die Beu­lenseuche breitete sich auch auf das Hornvieh aus.
53.nbsp; nbsp;Hablizl Brief aus Astracan über die dortige Pferdeseuche. N. Nord. Beitr. B. III. p. 394.
Die Beulenseuche komme fast alle Jahre im heissen Sommer vor,- wenn man die Pferde an Stellen weiden lässt, die von der Wolga überschwemmt waren, und die mit einem dicken Filz von eingetrockneten Conferven be­deckt sind.
54.nbsp; nbsp;Renovanz Schreiben aus Barnaul über die Jaswa oder Sibirische Beulenseuche, N. Nord. Beitr, B. IV. p. 397,
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Vom 9ten Jan. bis 25. Jul. 1782 waren bei täglichen starken Gewittern, 449 Pferde und 59 Kühe an der Beulenseuche gefallen, in einem entfernte­ren Dorfe fielen in wenigen Tagen 80 Pferde. Auch an 50 Menschen wur­den befallen, von denen aber nur 3 starben. Mehrere Menschen hatten die Beulen an ganz bedeckten Stellen auf der Brust oder auf dem Rücken. Auch ein Wundarzt Kiessing schreibt von dort, dass in diesem Jahre die Beulen recht gehausst.
55.nbsp; nbsp;Du Roi. Brief aus dem innern Russlands, von den Linien am Ir tisch. Baldinger N. Magazin. B. III. 1. p. 73.
Kurze Nachricht von der damals noch wenig bekannten sibirischen Jaswa.
56.nbsp; nbsp; T e s s i e r etc. Observations sur plusieurs maladies des besliaux, telles que la maladie rouge et la maladie du sang etc. Paris 1782. Früher, doch unvollständiger: Hist, et Mem. de l'Acad. de Med. 1778. p. 157. Deutsch. Beitr. zur Thierarzneik. Leipz. 1788. B. I. p. 3.
Herr Tessier wurde im Jahre 1777 nach der Sologne gesandt, und wir besitzen von ihm eine meisterliche Topographie dieses Sumpflandes, eine berühmte Abhandlung über den dort herrschenden Mutterkornbrand der Men­schen, und diese nicht weniger ausgezeichnete Schrift. T. unterscheidet als wesentlich verschieden 1) die maladie rouge de la Sologne, von der er glaubt, dass sie sich der Fäule nähere, und 2) die maladie du sang de rate de la Beauce, von der er glaubt dass sie eine Krankheit mit gesteigerter arteriel­ler Thätigkeit sei; des Milzbrands erinnert er sich bei keiner von beiden. Wir werden im dritten und vierten Abschnitt auf diese Krankheiten und ihre Ursachen zurückkommen, und gerade die vortrefflichen Beobachtungen des Verfassers werden uns nöthigen von seinen Ansichten abzuweichen, beide für Milzkrankheiten zu erklären, nur modificirt durch die verschiedenen Einflüsse unter denen die Thiere leben.
57.nbsp; nbsp;Flau drin Remarques sur la maladie rouge des moutons de la Sologne. Instructions et Observations vol. I. p. 328.
Auch Flandrin wurde im Jahr 1780 von der Regierung in die Sologne geschickt; auch seine Schrift ist eine sehr ausgezeichnete Arbeit; seine Be­obachtungen ergänzen die von Tessier in wesentlichen Stücken, lieber das Wesen schweigt Flandrin mehr noch als Tessier.
58.nbsp; nbsp;Ph. Chabert de la sole dans le cochon. Instructions et Observa­tions, vol. II. p. 209.
Man konnte sich wundern, dass Cii. in seiner Schrift über den Milzbrand diese Krankheit nicht als Milzbrandform anerkannt hat; noch mehr muss man sich aber wundern, dass er hier nicht darauf kömmt, wo er nicht allein ihre grosse Contagiosität, sondern auch ihre Miltheilung auf Hunde und Menschen, die das Fleisch geniesen, nachweist.
59.nbsp; nbsp;Fr. Villa-Escnsa Remedio casi espifico para curar lolaquo;
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carbuncos en Espana. Memorias de la R. Sociedad de Sevilla vol. IV. p. 589. Das empfohlene Mittel (Aetzkali) dürfte wohl keine Vorzüge vor andern Aetzmitteln haben.
60.nbsp; nbsp;Bartsch, Abhandlung über die Naturdes Rothes oder fliegenden Bran­des beim Yiehe. Chur. 1783. 8.
Ist mir unbekannt geblieben.
61.nbsp; nbsp; Ad ami, Vieseuchen in den k. k. Erbländern. Wien 1782. 12. p. 6raquo;. p. 115.
Beschreibung von ein paar Epizootien.
62.nbsp; nbsp;VanPhelsum Verhandelingen over Genees- en Naturkunde. Frane-ker 1776. — Description of a contagious disease, the Fenyn, etc. London med. Journ. 1783. Ok lob. p. 386.
Beschreibung des im südlichen Frisland häufig vorkommenden, dort Fenyn genannten, Milzbrandes, und seiner Ucbertragung auf Menschen.
63.nbsp; nbsp;Brugnone Stir la nature et sur les causes d'une epizootic qui se manifesta ;i Fossano parmi les chevaux des dragons du Roi, pendant le mois de mars 1783. Instructions et Observations etc. vol. YI. p. 227. (Zuerst Mem. de Turin 1784—85 p. 34.)
Ein furchtbares Milzbrandfieber (vorzüglich mit Lungengangrän) ergriff die Pferde dieses Regiments, welches Br. nur durch das Todtschlagen sämmt-licher Pferde von der Weiterverbreitung in der Stadt abhalten konnte. Der Verf. glaubt nach den Symptomen, dass das primäre Leiden in einem Erlö­schen der Innervation bestand. Er fand Mutterkorn unter dem überhaupt schlechten Futter, und war zuerst geneigt die Ursache der Krankheit darin zu finden, er ging von dieser Meinung ab, weil die Krankheit äusserst con-tagiös war, und Mutterkornkrankheiten dieses nicht zu sein pflegten: Nach unsrem Dafürhalten ist dieser Grund nicht haltbar, denn es giebt Beweise genug dass im Allgemeinen nicht ansteckende dyscrasische Krankheiten, sol­ches unter gegebenen günstigen Bedingungen sehr leicht werden.
€4. Enanx et Chaussier Methode de trailer les morsures des animaux
enrages, et de la vipere; suivie d'un precis sur la pustule
maligne. Dijon 1785. 12. Nach unsern Erfahrungen über die Verschiedenheit des Carbunkels nach den verschiedenen Thierarten von denen die Infection des Menschen erfolgt ist, mussten wir schon glauben dass Thomassin vorzüglich die Infection durch Schafe beobachtet habe, bei Enaux und Chaussier ist dieses vollkommen der Fall. Sie glauben, dass der Carbunkel des Menschen nur durch Infection von Thieren entsteht, am gefährlichsten fanden auch sie die Infection durch genossenes Fleisch. Besser als ihre Vorgänger geben sie doch die Verschie­denheiten der Form nach den Constitutiouen an. Am gefährlichsten soll sie immer für Schwangere, besonders der Gebart nahe sein.
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(Die mehrsten Schriftsteller über den Glossanthrax von 1786 suche man im zweiten Abschnitt.) C5. A. Will, Kurzer Unterricht über den jetzt herrschenden Zungenkrebs. München 1785.
66.nbsp; nbsp; Wfirtembcrgische Verordnung betreffend den Zungenkrebs des Rind­viehs u. s. w. d. 4. März 1732. u. SO. Sept. 1786. — Sammlung v. Verordnungen etc. Stuttgart 1843. 8. p. 43.
Dass sich diese Verordnungen auf den eigentlichen Zungenanthrax, nnd nicht etwa auf die Maulseuche beziehen, ist keinem Zweifel unterworfen.
67.nbsp; nbsp;Cloquet, Instruction pratique but la maladie epizootique charbonneuse des bestiaux, vulgairement appellee Tac. etc. Rouen 1786.
Wir haben diese Schrift nicht erreichen können. Vielleicht betrifft sie die bösartige Milzbrandepizootic deren Chabert (Instructions. I. p. 150) er­wähnt.
68.nbsp; nbsp; Höpfner, Bemerkungen dem unbekannten Freunde zu Kiel. Baidinger N. Magaz. B. VIIL (1786). p. 503.
Der Verf. (in Aschaffenburg) hatte vou 1783 bis 1785 in seiner Gegend viele bösartige Fieber zu behandeln, und kömmt durch einige Beobachtungen auf den Gedanken, dass sie durch den Genuss ungesunden Fleisches entstan­den sein möchten. — Im Jahre 1783 (einem Milzbrandjahre s. den zweiten Abschnitt) herrschte in einem Dorfe ein karbunkelartigcr Rothlauf der Füsse und Bräune unter den Schweinen, und mehrere Stücke Rindrieh fielen am sogenannten Unrath oder Rückenblute, mit Beulen am Kehlkopf; im August „litten die Menschen in diesem Dorfe sehr häufig an Schwarzblattern, Pest­beulen und Pestknoten. Nach dem Genüsse des Fleisches von einem krank „gewesenen Stück Rindvieh war dieses Unheil über sie gekommen, und alle „die davon assen, wenn nicht sogleich durch ein freiwillig'es Erbrechen ihr „Magen sich dessen wieder entledigte, wurden mit solchem Uebel bestraft. „Von dieser Zeit an fand ich hier und fast in allen Orten meines Physikats „dergleichen Kranke. In einem anderen von dem ersteren drei Stunden ent-„legenen Dorfe, worin man nicht so deutlich die Ueberpflanzung des Gifts „auf die Menschen hätte darthun können, wurde fast die ganze Gemeinde „mit schwarzen Blattern, mit Pestblasen, Pestbeulen und Pestkohlen befallen; „sie leugneten ungesundes Fleisch verspeist zu haben, jedoch trug in diesem „Dorfe ein Bauer, der einem kranken und nachher geschlachteten Ochsen mit „seinem Arme in dem After zuwartete, zuerst den Karkunkcl an demselben „davon, woran er starb. — Im Hornung 1784 hatte ich eine Familie von „mehr als 40 Personen zu besorgen, die zu einer Zeit, theils an einem gal-„ligten Seitenstechen, wozu die Flecken und frieselartige Ausschläge kamen, „theils an schwarzen Beulen und bösartigen Geschwüren lagen; einige waren „jetzt verschont, bekamen aber mehrere Monate nachher noch solche schwarze „Beulen und Geschwüre, Man hatte im Spätjabre etliche mit der Bräune
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„behaftete Schweine geschlachtet, aus Oeconomie das Fleisch aufbehalten, „und gegessen.quot;
69.nbsp; nbsp; Bornemann, Nachricht von den Brandbeulen in Sibirien. In: B. F. Herrmann, Beitr. zur Physik, Oeconomie etc. besonders der Russi­schen Länder. Berlin. 6. HI. (1786). p. 1.
S. den dritten Abschnitt.
70.nbsp; nbsp; Dusaussoi, du charbon: Journal de Medecine. rol.LXIX. (1786). p. 12.
Der Verf. sah den Milzbrandkarbunkel oft im Hotel-Dieu zu Lyon. In zwei Fällen soll er primär im Menschen, ohne thierisches Contagium entstan­den sein, in dem einen hatte er seinen Sitz am Unterleibe, über der Milz die vergrössert war; in einem Falle soll das Contagium von einem Menschen auf den andern übertragen worden sein (es war aber ein Sattler), und in einem Falle soll ein äusserer Carbunkcl Folge des Essens von krankem Fleisch gewesen sein.
71.nbsp; nbsp; G. 6. Ploucquet, diss. de anthrace renenato. Tubingae 1786.
72.nbsp; nbsp; Desplas, sur la maladle charbouneuse qui a attaque les bestiaux du Quercy en 1786. Instructions et Observat. vol. II. p. 283.
Eine Milzbrandepizootie entstand in einer Gemeinde und verbreitete sich von da schnell über einen Umfang von 10 bis 13 Meilen. Menschen auf die das Blut der Thiere sprülzte, wurden inficirt, Hunde und Hühner, die etwas Blut verschluckten, starben alsbald.
73.nbsp; nbsp;Flormann, Bösartige Geschwülste an einigen Orten in Schonen, an Ochsen und Pferden. Neue Schwed. Abhandl. B. VIII. (1787) p. 209.
In einem sehr kleinen Bezirke litten Rinder, Pferde und Schweine an einem Milzbrande mit äusseren Karbunkeln, dessen Ursache nicht zu ermit­teln war.
74.nbsp; nbsp;Baraillon, Instructions sur les maladies les plus familicres dans la generalite de Moulins. Moulins 1787. 4.
Beschreibung des Zungenanthrax, der in dieser Gegend enzootisch ist, aber doch wohl von B. mit Maulseuche vermengt wird.
75.nbsp; nbsp;Ffirstl. Lippische Verordnung, Anleitung zur Vorbauung und Heilung des Zungenkrebses. Detmold 1787. Beitr. zur Thierheilkunde. B. III. p. 121.
Verwechselt mit Maulseuche.
76.nbsp; nbsp;Vorbeugungsanstalten nebst den nöthigen Mitteln gegen die an eini­gen Orten ausgebrochene Pferde, Hornvieh, und Schweine-Seuche. München 1788.
77.nbsp; nbsp;Rausch, Originalbemerkungen über die beiden am meisten imSchwange gehenden Rindviehsterben. Leipzig 1790. 8.
78.nbsp; nbsp;Rausch, Ueber den Milzbrand des Rindviehs. Berlin 1805.
79.nbsp; nbsp;Rausch, die im Königreich Preussen, und besonders im Herzogthum
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Warschau endemische schwarze Blatter. Hufelands Journal. B. XXXIII.
(1811). C. p. 68. D. p. 49. Kausch hat den Milzbrand des Rindviehs in Preussen, Polen und Schle­sien häufig gesehen, gut beobachtet, besonders mehrere gute Sectionen ge­macht. Allerdings enthalten seine Schriften Irrthüraer, wie die vertheidigte Nichtcontagiosität des Milzbrands; wenn er Chabert den Vonrurf macht, dass er zu viele Krankheiten zum Milzbrande rechne, so haben wir ihm, wahr­scheinlich mit allen jetzigen Aerzten den entgegengesetzten gemacht, nämlich dass er mehrere Krankheiten mit Unrecht nicht zu ihm gerechnet habe. — In Beziehung auf die Ursachen bemerkt er mit Recht, dass zwar diese Som­merseuche gewöhnlich bei grosser Hitze und Dürre eintrete, dass aber zuweilen Hitze und Dürre sehr gross sind und sich doch kein Milzbrand entwickelt, und dass oft die Hitze nicht gross ist und doch Milzbrand ausbricht, es müsse daher zugleich eine andre Ursache einwirken; nach seinen Untersuchungen möge diese in Mehlthau bestehen. Das Wort Mehlthau ist wohl bei ihm nicht im strengsten Sinne zu nehmen, er bezeichnet wohl damit überhaupt Pflan­zenkrankheiten. — Das Wesen des Milzbrandes besteht seiner Meinung nach in Lähmung der Lungennerven; hätte er statt dessen allgemeiner Lähmung der Gefässnerven, oder der Gangliennerven angenommen, so möchte die An­sicht wohl leichter zu rechtfertigen sein.
Während Kausch die Contagiosität des Milzbrands unter dem Rind­vieh leugnete, gab er doch schon die häufige Infection von Menschen und Thieren durch Blut, Fleisch u. s. w. zu, und in N.79 theilt er seine Er­fahrungen über die schwarze Blatter des Menschen mit. Er ist geneigt an­zunehmen, dass es keine schwarze Blattern des Menschen gebe anders als durch Ansteckung von Milzbrand der Thiere.
80.nbsp; nbsp;Arthaud Recherches, Mem. et Observations sur les Maladies epizoo-tiques de St. Domingue. Au Cap Francis. 1788.
Ueber den enzootischen Milzbrand in St. Domingo. Die Schrift ist in Frankreich noch seltener als die übrigen in St. Domingo erschienenen Schrif­ten dieses Arztes, der ein Bruder des Physiologen in Nancy war.
81.nbsp; nbsp; Gervy, Observations sur les maladies epizootiques qui ont regne sur les betes ä cornes des environs de Gannat en 1788. Instructions et Observations, vol. IV. p. 251—256.
Eine Epizootic vorzüglich mit innern Karbunkeln; ob die Epizootie von Lungengangrän p. 251 auch hierher gehört, ist zweifelhaft.
82.nbsp; nbsp;Petit sur la maladie charbonnense, enzootique, qui affecte les betea h cornes dans les montagnes de I'Anvergne. Instructions et Observa­tions, vol. II. p. 264.
S. den dritten Abschnitt über diesen berüchtigten Heerd des enzootischen Milzbrands. Der Verf. hält ihn fur contagiös in den Heerden. Der Verf.
Hcusingcr, Milibraml,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; raquo;
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führt 6 Fälle an, tfo Menschen durch Häute oder Blut mit dem Milzbrand-liarliunkcl inficirt wurden.
S3. J. Pelersohn, Kurze Beschreibung der Krankheit, in Sibirien die Wind- oder Luft-Seuche genannt. Tobolsk. 1790 (in Bussischer Sprache.) Uns schon der Sprache wegen uuzugängig.
84.nbsp; nbsp;Bouiringhausen von Walmcrode. Belehrung bei der unter Pferden und Rindrieh umgehenden tödtlichen Seuche. Nördlingen 1790.
In diesem Jahre herrschte der Milzbrand in Schwaben, Pfalz, Bayern u. s. w. sehr allgemein. Der Verfasser sucht die Ursache im nassen Winter^ der grossen Hitze des Sommers, und den daraus entstandenen fauligten Aus­dünstungen aus Sümpfen und stehenden Wassern, auch wohl giftigen In­sekten u. s. w.
85.nbsp; nbsp;Niederhübcr, Abhandlung über die jetzt herrschende Viehseuche, der gelbe Schelm. München 1790.
86.nbsp; nbsp;Will, Unterricht bei gegenwärtiger Viehseuche, Milzbrand oder gelber Schelm genannt. München 1790. 8.
87.nbsp; nbsp;Will, nöthiger Anhang zu dem Unterricht über den Milzbrand. München 1790. 8.
Will unterscheidet zwei Formen den Milzbrand und den fliegenden Brand, die erstere entspricht offenbar dem Innern, die letztere dem äusseren Milz­brand Chabcrts; bei der ersteren Form scheint er wohl ein etwas zu grosses Gewicht auf die Veränderung der Milz zu legen, die zweite erschien oft in der Rothlaufform (wie es scheint vorzüglich oft am Euter, mit Gelbwerden der Milch), seltener in der Bculenform. Das Geflügel litt sehr viel. 88. a) Becherches sur les causes des maladies charbonneuses par F. H. Gilbert. Paris an 3. — Nancy an 4. — Angers, s. a.
b)nbsp; F. H. G i 1 b e r t r Ricerche sopra le causeetc. trad, da G. F. M. M a -riondo, cd accrcsciute dallo stesso d'un discorso sopra la cura dell' Epizootia or dominante nel Piemonte. Torino 1796.
c)nbsp; F. H. Gilbert, Untersuchungen über die Ursachen etc. der Karbun­kelkrankheiten der Thierc etc., a. d. Französ. mit Anmerkungen. Nürnberg 1797.
Gilbert geht die in Frankreich angenommenen Ursachen des Milzbrands ziemlich vollsländig durch, und widerlegt sie. Die Epizootien zählt er mit wenig Kritik auf. — Diese Krankheiten entstehen vorzüglich bei grosser Hitze nach anhaltendem Regen, ihre Hanptursache ist verschimmeltes und ver­dorbenes Futter. — Sie sind contaglös und werden vorzüglich leicht, beson­ders auch auf den Menschen, durch Stiche von inficirten Insecten fortge­pflanzt. — Die Diagnose ist nicht überall rein, Zungenkrebs und Maulseuche werden z.B, vermengt. — Das Wesen der Krankheit besteht ihm in der Bildung
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eines dyscrasischen Stoffs, den die Natur nach aussen auszuschei­den strebt.
89.nbsp; nbsp; F. H. Gilbert et Lacroix Instruction sur les moyens de guerir la maladie qui rfegne sur les bestianx dans le depart, de la Haute-Viennc. Vienne. 1793. 8.
Beschreibung der Epizootic 1793 in ihren gewöhnlichen Heerden, Poi-tou, Berry.
90.nbsp; nbsp; Rapport fait au conseil du depart, du Lot et Garonne, sur les mala­dies carbonculaires, auxquelles les bestianx sont sujets, principalcment etc. Ägen. 1793.
Dieselbe Epizootie 1793 in Guienne.
91.nbsp; nbsp;J. D. Majocchi Lettera se le carni delle galline morte della corrente Epizoozia si possano impunnemente mangiare. Brugnatelli Bibliotheca fisica. Vol. XVI. p. 115. Deutsch. Kühn u. Weigel Ital. med. chir, Bibl. B. I. 2. p. 219.
Während dieser wahrscheinlich karbunlulösen Hühneraeuche (s. zweiten Abschnitt) sah M. auf den Genuss des Fleisches der crepirtenHühner Furun­kel und Karbunkel entstehen. Auch führt er Beispiele schwarzer Blattern als Folgen des Ochsen-Milzbrands an.
92.nbsp; nbsp;Gualandri Quäle sia la natnra etc. della malattia del territorio di Belluno, conosciuta sotto 11 nome di Carbone. Giornale per serrire alia storia ragionata della medicina di qnesto secolo. lom. V. p. 385. 433. deutsch: Kühn und Weigel Ital. Bibl. B. II. 1. p. 118.
Beschreibung der schwarzen Blatter oder des Milzbrandkarbunkels des Menschen wie er im Bellunesischen vorkömmt. Ein Mann den G. Ton einem äusseren Karbunkel geheilt zu haben glaubte, starb am innern Karbunkel, üebrigens ist die Abhandlung vorzüglich historisch.
93.nbsp; nbsp;M. Hamelcy. lieber die Sibirische Seuche und deren Heilungsart. Perm. 1792. 8.
Diese Schrift ist unerreichbar geblieben.
94.nbsp; nbsp;Havemann über die Viehseuche im Hannoverschen. If. Hannör. Magaz. 1795. St. 5.
95.nbsp; nbsp;Reiter über dieselbe. Anzeigen der Leipz. Oecon. Soc. 1793.
96.nbsp; nbsp;B. J. F. Ricou sur le danger qu'il ya de manger de la chair et de toucher des animaux peris de maladie contagieuse teile que le Quartier ouCharbon. Mu­seum der Heilk. B. IH. (1795) p. 11.
Mehrere Beobachtungen aus dem Waadlande, wo Menschen von milzbrand­kranken Thieren mit Carbunkeln inficirt wurden, darunter eine wo fünf Per­sonen, die solches Fleisch gegessen hatten, Milzbrandblaltern im Gesicht bekamen.
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97.nbsp; nbsp; A. B. Kölpin Bericht von einer bcsondern Viehkrankheit, welche in einigen Pommerschen Dörfern im Jahr 1772 grassirt hat. Pyl Aufs. u. Beob. p. 242.
Richtige Diagnose einer Milzbrandepizootie welche man für die Viehpest gehalten hatte.
Die nachfolgenden Gutachten des hochberühmten deutschen Arztes, der sich lebhaft für die Thierarzneikunde interessirte, beweisen dass er damals noch nicht viel von den Thierkrankheiten wusstc.
98.nbsp; nbsp;E. L. Heim Bericht und Gutachten von einer wirklichen Rindvich-seuche zu Spandau im J. 1776. Pyl Aufs. u. neuerlich wieder abgedr. E. L. Heims verm. med. Schriften, p. 15—27.
Eine unverkennbare Milzbrandepizootie wurde ganz irriger Weise für Rinderpest erklärt.
99.nbsp; nbsp;E. L. Heim. Ueber eine besondere Krankheit unter dem Rindvieh und den Pferden, in der Gegend von Spandau 1778. Verm. Sehr. p. 27.
Hier erklärt er wenigstens richtig, dass es die Rinderpest nicht sei, den (in jener Gegend enzootischen) Milzbrand kennt er aber noch nicht.
100.nbsp; nbsp;E. L. Heim. Ueber besondere Krankheiten, welche im Sommer 1782 unter dem Rindvieh, Schafen, Schweinen und Gänsen im Havelländi­schen Kreise grassirt haben. Verm. Sehr. p. 36.
Ganz gut beschriebene allgemeine Milzbrand-Epizootie, den er aber noch nicht kennt.
101.nbsp; nbsp;E. L. Heim. Ueber eine im Sommer 1780 unter den Pferden be­merkte sonderbare Krankheit. Verm. Sehr. p. 39.
Ebenfalls unverkennbarer Milzbrand.
Alle diese Gutachten enthalten ganz gute Seclionsberichte.
102.nbsp; nbsp;Test as. Recherches sur les maladies charbonneuses des animanx de l'armee des Fyrennces occidentales. Bordeaux 1795. 8.
Diese Schrift war leider nicht zu erreichen. 102b. J. G. Schäfer. Bewährte Mittel gegen den Milzbrand. Frankfurt 1793. (Populär).
103.nbsp; nbsp; Kratkoje Opisanic tibirskoi Jaswy. Petersburg 1796.
Diese Schrift über die sibirische Beulenseuche ist mir schon der Sprache wegen nicht zugängig.
104.nbsp; nbsp;Vineeuzo Malacarne del Carbonchio de'Buoi e della febre car-bonchiosa nel Bestiame e negli uomini. Bassano 1797. 12. Auch: Brera Syllogc Opusc. Vol. III. p. 19.
Sehr flüssige und kenntnissreiche kleine Schrift. Sehr genaue Beschrei­bung der verschiedenen Formen des Karbunkels im Rindvieh, deren Ueber-gänge er besser kennt, und auf die er mit Recht weniger Werlh legt als die französischen Thierärzte. Er erkennt seine grossc und allgemeine Con-Ugiosität. Auch die Behandlung ist sehr gut. Er nimmt nicht allein ein
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fixes sondern auch ein flüchtiges Coutagium an; ob die Reihenfolge in die er die Thiere nach ihrer Empfänglickeit für das Milzbrandcontagium des Kindrichs ordnet, vollkommen allgemein gültig ist, lassen wir dahin gestellt: „Abbiamo detto, ehe il morbo carbunchioso nato spontaneamente in un Bue „si comunica piü prontamente 1) agli altri Buoi ricorerati nella medesima „stalla, frequentanti il medesimo pascolo, il medesimo abbeveratojo, adopranti „gli stessi utensili, aggiogati al medesimo aratro etc., 2) agli altri animali „cornuti, 3) a'lanuti, di modo ehe questi iiitti corrono il piü evidente peri-„colo messi in una stalla non purgata, sebbene gih da piu giorni sia stata „sgombra del cadaverc del Bue morto per lo carbonchio: indi si communica: „4) ä Porci, 5) a'Cavalli, 6) ä Muli, 7) ä Polli, 8) ä Cani: finalmente „!•) agli Uomini, fra i quali passa gran differenza nella suscettibilita del „morbo, vedendosi fra i compagni del lavoro nel macello de'Buoi infetli, nella „scorticatura, nelle medicature, per cui lutti sono di sangue, die sanie ugual-„mente aspersi, ed imbrattali, eppure certuni contraggono il carbonchio, ed „altri ne vanno esenti.quot; Diese verschiedene Disposition für die Aufnahme des Milzbrandgifts ist unverkennbar. Nach seinen sehr zahlreichen Erfahrun­gen glaubt er, dass der Mensch nur durch unmittelbare Berührung angesteckt nerde, aber nicht immer bricht der Carbunkcl an der berührten Stelle aus, was er durch ein Beispiel belegt, wo acht Menschen durch das Schlachten eines Ochsen angesteckt wurden, ein Mann der nichts davon wusste nahm ein ausgeschlachtetes Stück Fleisch, in die Hand um es wegen seiner Schön­heit zu betrachten, sieben Tage darauf bekam er einen Carbunkel an der linken Schläfe; eine für die Erklärung mancher Erscheinungen allerdings sehr wichtige Erfahrung. Am häufigsten entwickelt er sich aber an der berührten Stelle. Mit Unrecht nimmt aber M. an, dass der Milzbrand sich nur im Rindvieh primär entwickele.
(Die Schriften der beiden Jem i na werden in folgenden Abschnitten angeführt.)
105.nbsp; nbsp;Ch. W. Dangers De lieuilidis sie dietae erysipelatodis natura et indole. Progr. Rintelii 1797. 4.
Eine Epizootie im Dorfe Möllenbeck bei Rinteln giebt dem Verf. Veran­lassung zu dieser Compilation der damals neuesten Arbeiten über Milzbrand.
106.nbsp; G. L. Bayle Considerations sur la Nosologie etc. snivies d'observations pour servir ä l'histoire de la pustule maligne. Paris 1800.
Bayle theilt neun Fälle mit), in denen die schwarze Blatter primär in dem Menschen entstanden sein soll, ohne Miltheilung von Milzbrandgift von Thieren. Wir werden diese immer etwas schwierige Frage unten speciell untersuchen.
107.nbsp; nbsp;Matthy, Briefe über wichtige Gegenstände der Therapie. Berlin. 1801. S. 160. Beschreibung der schwanen Blattern.
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Beschreibung einer Epidemie in Prcussisch Polen; leider ist das Jahr nicht angegeben. Gute Beschreibung des Carbunkels des Menschen, ohne Kenntniss der Ursache.
108.nbsp; nbsp; Instruction du Bureau de sante sur la maniere de preserver et de guerir 1c betail et les cheraus de la maladie du Loval. Lausanne 1802. 8.
109.nbsp; nbsp;G. H. Walz, lieber die Natur und Behandlungsweise der Rinder­pest. Stuttgart. 1803. 8.
In dieser Schrift (p. 84) zeigt W. wie selbst damals noch von manchen Schriftstellern der Milzbrand mit der Rinderpest verwechselt wurde, und gibt die Unterschiede (doch nicht ausreichend) an, wobei er einige eigene Beob­achtungen über die Infection des Menschen durch Milzbrandgift anführt: „Ich hatte eine kleine trockne Ritze an der Nagelwurzel des rechten Dau-„mens, als ich in Dänisch Seeland ein am Milzbrande gefallenes Thier öff-„nete; ungeachtet der sorgfältigsten Reinigung mit Seife und Essig bekam „ich doch daselbst bald darauf eine dunkelblaue schmerzlose Pustel mit Fie-,,berzufällen; schleunige örtliche und allgemeine Behandlung hob die­selben. Alle diejenigen, welche im Sommer 1797 in Hürben, im Ober-„amte Heidenheim, der Eröffnung der daselbst am Milzbrande gefallenen „Rindviehstücke beiwohnten, erkrankten und starben, sogar ein Mann wel-„cher eine abgezogene Haut von einem solchen Thier in die benachbarte „Stadt Giengen trug, sowie der Gerher und dessen Junge, welche sie in „Empfang nahmen, erkrankten, und nur der Gerber konnte mit vieler Mühe „gerettet werden, die beiden andern starbenquot; etc.
110.nbsp; nbsp;Fr. Chatenet Essai sur l'Antrax k Paris 1803. 8. Keine eigenen Beobachtungen.
111.nbsp; nbsp;Erneuerte Belehrung über das Verhalten heim Milzbrand oder gelben Knopf. Stuttgart 1803. 4.
112.nbsp; nbsp;H. G. Belot diss. sur la pustule maligne. Paris 1804. 4.
113.nbsp; nbsp; Gohier Memoire sur l'epizootie de Tramois dep. de l'Ain. Lyon 1804.
114.nbsp; nbsp; Tessier Instruction sur la maladie des bestiaux dans les arrondisse-ments de Thouars et de Parthenai. Niort. an XI.
115.nbsp; nbsp; F. Toggia Metodo curativo e preservative per arrestare la dominante Febbre carboneulare manifestatasi nelle Bovine del circondario di Casale, dip. della Sesia. Vercelli 1804.
116.nbsp; nbsp; F. Toggia Precetti intorno ad aleune morbose affezioni della Milza etc. Torino 1804.
Toggia hat in Piemont reichliche Gelegenheit gehabt den Milzbrand in den mannigfaltigsten Formen zu sehen, die er auch beschrieben hat, doch nimmt er vielleicht zu vielerlei Einflüsse als Ursachen desselben an. Die Schrift über die Krankheiten der Milz ist eine sehr werthvolle, in der er
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die Entzünduug und Vergrösserung derselben in dem Kiudvivh, als sehr häufig, aler gänzlich verschieden vom Milzbrand darstellt. 117. E. H. Struve diss. de anthracibus seu carbunculis.
Kiliae 1805. 118a. Schraud Nachricht vom Scharbock in Ungarn, und
Geschichte des brandigen Ausschlags welcher Po-
kolwar genannt wird. Wien 1803. Der Pokolvar (BrandlorkeJ wird deutlich genug als Milzbrandkarbunkel mit grösserer und erhabener Blase beschrieben, die gewiss doch auch hier allgemeinste Ursache, die Uebertragung des Milzbrands der Thiere auf den Menschen, aber nicht erkannt. Der Pokolvar wird mehr oder weniger in allen Gegenden von Ungarn beobachtet, am mehrsten aber in den Niederun­gen an der Theiss und gewöhnlich in den späteren Sommermonaten. 118b. J. D. Metzger über den Milzbrand. Ch. Knape Jahrb. d. St. A.
B. I. (1806.) 5. Eine sehr gute und vollständige Arbeit, besonders gegen die einseitige Ansicht von Rausch, dass die Krankheit in Lungenbrand bestehe,
119.nbsp; nbsp;Davy la Chevrie Diss. sur la pustule maligne. Paris 1807. 4.
Auch dieser Arzt theilt sechs Beobachtungen mit, in denen der Karbun­kel im Menschen primär und ohne Ansteckung sich entwickelt haben soll. Auch er will bestimmte Formen nach dem äusseren Ansehen der Pustel uu-tersheiden, indessen gehen alle in einander über.
120.nbsp; nbsp; J. F. X. Gerardin sur la pustule maligne et ses causes. Paris 1806.
121.nbsp; nbsp;Wohler der Milzbrand des Hornviehs nach eigenen Erfahrungen. Rödelheim 1808. Wiesbaden 1822. 8.
Erfahrungsreiche Darstellung nach Beobachtungen in der Wetterau und am Untermain wo er ungemein häufig ist. Der Ursachen giebt er auch zu vielerlei an, nur die beiden letzten möchten vorzugsweise anzuerkennen sein, er nennt das Einpferchen vieler Thiere in kleine niedrige Ställe, die Unrein-lickeit, den Mangel an frischem Wasser, an Luft und an Salz, den Genuss von erschlaffenden Futterkräutern, zu viele Ruhe, Verbastardirung der eigen-thümlichen Racen, und besonders durch Mehlthau und Reif verdorbenes Futter. 122a. G. Gandolfi sulla epizoozia dei majali ehe nel 1806 ha regnata ncl dipart. del Reno. Bologna 1807. 8.
Diese Epizootic von Milzbrandrose, welche dort die Namen Mal rossino. Scarlatina, Rosolia erhielt, fing im Sommer 1803 an sich zu zeigen und breitete sich in den folgenden Sommern immer weiter im Bolognesischen und Modenesischen aus. G. glaubt sie habe sich durch ein besonderes Miasma entwickelt und durch Contagium forterbalten.
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182b. L. SI. Mis ley Descrizione e cura della malattia scrpcggianlc fra i majali del dipartim. del Panaro. Modena 1805. Ueher dieselbe Epizootic, ich besitze aber diese Schrift nicht.
123.nbsp; nbsp; Verordnung der k. k. Regierung für Nied. Oesterrcich den Milzbrand betreffend. 1807.
124.nbsp; nbsp;Würtembergische Verordnung, Belehrung den Milzbrand betreffend v. 14. luli 1807 und 19. luli 1822. Samml. v. Verordnungen p. 36. 40.
125.nbsp; nbsp; Unterricht für den Landmann wie derselbe seine Pferde, das Horn-yieh, und die Schweine vor der gegenwärtig herrschenden Seuche bewahren und das kranke Vieh besorgen soll. München 1807. 8.
Diese Schriften bezeichnen schon hinreichend dieses Milzbrandjahr. 120. Heuroth, Mediko-praktitscheskoi Opisanie Boljesnj tak nasuwat Si birskoju. Petersburg 1807. 8. lieber die Sibirische Seuche. Unzugänglich.
127.nbsp; nbsp;Ellisen. lieber die Beulenseuche oder Sibirische Pest, wie solche 1798 und 1807 in Finnland beobachtet worden ist. Petersburg 1808. 8.
128.nbsp; nbsp; C. H. Rinne d. i. de pustula livida morbo Esthoniae endemico. Dor-pat. 1809.
129.nbsp; nbsp; G. F. Tscheulin, Wahrnehmungen über den Milzbrand. Carlsruhe 1809. Neuer Titel: Der Milzbrand bei Thieren. Carlsruhe 1841. 8.
Aus Beobachtung herrorgegangene Schilderung des Milzbrand der ver­schiedenen Hausthiere (freilich nicht alle Formen). In seiner Pathologie herrscht das Brownsche System zu sehr.
130.nbsp; nbsp;K. L. Schwab von der Milzseuche. Wien und Triest. 1810. 12.
131.nbsp; nbsp;K. L. Schwab, Zur Geschichte der Milzseuche i. J. 1807. Beiträge zur theoretischen und praktischen Veterinärwissenschaft. München 1832. p. 53.
Besonders 131 enthält wichtige Beobachtungen über die Epizootie 1807, welche unter zahmen und wilden Thieren wüthete, 1300 Hausthieren und 15 Menschen das Leben kostete. S. die zweite Abtheilung.
132.nbsp; nbsp;B. G. Seiler, Pr. de sie dicto sphacclo lienis. Vitebcrgae 1810. 4. Sehr genaue Angaben der Witterungs- und Localitäts-Verhältnisse, un­ter denen im Sommer 1810 eine Milzbrand-Epizoolie in der Gegend von Wittenberg ausbrach. S. den zweiten Abschnitt.
133.nbsp; nbsp;Ammon, Unterricht über die seit einigen Jahren unter dem Rind­vieh, den Pferden und Schweinen häufig herrschende Seuche, der Milz­brand. Ansbach 1808.
Besonders auch in Beziehung auf die Seuche von 1807.
134.nbsp; nbsp; F. K. Lappe Abhandlung über den Milzbrand des Rindviehs. Mar­burg 1811.
Beschreibung gut nach eigenen Beobachtangen.
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135.nbsp; A. F. t. Wolff, der bösartige Karbunkel. Asclepieion 1811. N. 40. p. 637.
Um Warschau häufig.
136.nbsp; nbsp;Maurer. Ob der Milzbrand der Thiere Ursache der sogenannten Gift oder schwarzen Blatler des Menschen sei. Kopp Jahrb. d. St. A. B. VI. p. 430.
In fünf Fällen wurde die Infection von milzbrandkranben Thieren nach­gewiesen, in zweien bei einem Kinde von 1 Jahre, eines Wirths, und bei einem Menschen von 17 Jahren konnte die Ursache nicht nachgewiesen werden.
137.nbsp; nbsp;-'#9632; H. Kopp, der Milzbrandkarbunkel beim Menschen. Kopp Jahrb. d. St. A. B. V. (1812) p. 65.
138.nbsp; nbsp;J. H. Kopp, Abbildung und Beschreibung des Milzbrandkarbunkels beim Menschen. Kopp Jahrb. d. St. A. B. VI. p. 95.
133. J. H. Kopp, über den Milzbrand beim Menschen, als fernere Be­weise für die gewisse Abkunft dieser Krankheit von Thieren. Kopp Jahrb. der St. A. B. X. p. 41. N. 138. stellt die am mchrsten characteristische platte und harte Form mit einfacher Pustel dar. Unter dem Rindvieh und Schafen soll der Milz­brand nicht ansteckend gewesen sein (was eine Täuschung ist), dagegen wurden Hunde, Schweine u. s. w. und Menschen, besonders 1811 häu­fig inficirt. Eine Infection eines Menschen von einem Menschen kam nicht vor. In mehreren Fällen entstanden schwarze Blattern nach dem Ge­nüsse des gekochten Fleisches. In mehreren Fällen entstand nach dem Genüsse des Fleisches keine Blatter, aber Rothlauf. Allerdings wurde das Fleisch auch oft ohne Nachtheil genossen.
140.nbsp; nbsp;Kessel, Erfahrungen über die Mittheilun!g des Milz-brandeontagiums von Thieren auf Menschen. Hufeland Journal B. XXXIL I. p. ]20.
Im Herbste 1810 herrschte der Milzbrand in Ostpreussen, in Preussisch-Holland wurden sämmtliche bei einer Obduktion einer Kuh beschäftigte Per­sonen infizirt, sowie mehrere andre Menschen; zwei Frauen wurden von ihren Männern inficirt, hei denen sie geschlafen hatten.
141.nbsp; nbsp;Brensky, über die schwarze Blatter im Herzogthum Warschau. Horn's Archiv f. d. med. Erf. 1813. Jan.Febr. p. 41.
141b. Leitner, Ueber die Entstehung der Honig- und Mehlthauc, nebst den Krankheiten, welche diese unter dem Vieh erzeugen. Hermbstädt Bulletin d. N. a. d. N. B. VII. H. 1. 1811. Die gewöhnlichste platte Form beschrieben als häufig in Polen.
142.nbsp; nbsp;Rib be, Ueber die Anthraxkrankheiten der Hausthiere, nach dem Franz. Berlin 1813. 8.
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Uebersetzung mehrerer der von uns oben angeführten Abhandlungen aus den Instructions et Observations.
143.nbsp; nbsp;Gautier, Considerations generates sur la Pustule ma­ligne. Paris 1810.
Codet, diss. sur l'anthrax. Paris 1813. 4. Diese Schrift betrifft den sogenannten gutartigen Anthrax des Menschen. C. glaubt ihn als gar nicht verwandt vom Milzbrandkarbunkel geschieden zu haben , in wie weit diese (ziemlich allgemeine) Annahme gegründet, werden #9632;wir in der Folge untersuchen.
144.nbsp; nbsp; Teuf fei, Ueber die Natur des Milzbrandes. Teuffei Magaz. f. Thier-heilk. B. I. 1. (1811).
145.nbsp; nbsp; Larreysur le charbon. Memoircs de Chirurgie militaire et Campagnes. Vol. I. p. 104. Deutsche Uebers. p. 12. und p. 28.
Oft nacherzählte Beobachtung, wo fünf Personen der Familie eines Metz­gers inficirt wurden, der einen kranken Ochsen schlachtete. — An der zweiten Stelle stellt L. die Behauptung auf (entgegengesetzt von Codet und Dupuytren) dass Anthrax und Milzbrandkarbunkcl dein Wesen nach gleiche Krankheiten sind, nur dass die eine local bleibt, während die andere allge­mein wird. Er nimmt primären Milzbrandkarbunkel (doch wohl etwas zu häufig) an, und betrachtet die Sumpfluft als die Hauptursache, bei Thieren und Menschen.
146.nbsp; nbsp; Hopf, Beobachtungen und Bemerkungen über die sogenannte schwarze Blatternkrankheit, Wechselfieber, Ruhr u. s. w. Altenburg 1812.
Geistreiche, doch häufig unhaltbare Hypothesen über die Verwandtschaft mehrerer Krankheiten, die nebst dem Milzbrande von der Sumpfluft erzeugt werden sollen.
147.nbsp; nbsp; Beling, Merkwürdiger Verlauf einer Milzbrandepizootie, Kausch, Memorabilien d. Heilk. u. s. w. B. I. (1813). p. 202.
Eine durch ihre lange Dauer ausgezeichnete Milzbrandepizootie (vom Juli 1811 — Mai 1812). Im heissen Sommer 1811 war häufig Mehlthau (?) gefallen, wahrscheinlich war die Ursache in kranken Futterstoffen zu suchen.
148.nbsp; nbsp; Remer, Ansteckung von Menschen durch Milzbrand. Hufeland Journal. B. XXXVIII. (1814). A. p. 61.
In einem Dorfe bei Königsberg fielen mehrere Ochsen am Milzbrand. Alle Personen, die sie geschlachtet und abgehäutet hatten, blieben gesund; von denen dagegen, die das Fleisch gegessen hatten, erkrankten drei Frauen an schwarzen Blattern. Es ist nun allerdings auf der einen Seite die Form wie sie auch sonst nach Fleischgenuss vorgekommen ist; erst Fieber und Entzündung, dann Entstehung erhabener Blasen in grösserer Anzahl; aber auf der andern Seite bekamen alle die ersten Blasen an den Fingern, die
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Achseldrüsen schwollen an u. s. w., was es nicht unmöglich macht, dass die Krankheit Folge der Berührung des frischen Fleisches war.
149.nbsp; nbsp; Schäffer, lieber die Identität des Milzbrandes und des gelben Fiebers. Hufeland Journal B. XXXIX. (1814) C. p. 90.
Schon Hopf hatte auch diese Identität behauptet, und wir werden im sechsten Abschnitt sehen, dass wohl manche Erscheinungen dafür zu sprechen scheinen könnten, allein — auch viele dagegen.
150.nbsp; nbsp;Heilbronn, körte schets eener kortsziekte onder het rundvee ge-heerscht hebbende in het jaar 1808, bekend onder den naam het Vuur, het Bloed of Miltvuur (of Venyn) etc. Amsterdam 1815. 8.
Leider nicht erhalten.
151.nbsp; nbsp;K. Kottmann, Die schwarze Blatter des Menschen. Hufeland Journal. B. XLI. (1815). E. p. 88.
Obgleich der Verf. die schwarze Blatter nach dem Genüsse des Fleisches wiederholt beobachtete, so ist er doch mit Ficker, Osiander, Gesner u.s.w. der Meinung, dass das gekochte Fleisch unschädlich sei, und dass diese Personen das rohe Fleisch vorher berührt hätten, vorzüglich weil er die Pustel immer an Händen oder Armen entstehen sah.
152.nbsp; nbsp;Legner, Ueber den Milzbrand der Schweine. Kausch Memorabi-lien. B. II. (1818) p.118.
Beschreibung zweier Epizootien 1814 und 1816. Damals konnte es noch verdienstlich sein, das oft verkannte Wesen der Milzbrandbräune als wahren Milzbrand nachzuweisen. Das Fleisch wurde ohne Nachtheil ge­gessen.
153.nbsp; nbsp;B. Laubender, Der Milzbrand der Hausthiere und seine Geschichte. München 1815.
Offenbar eine ganz gute kurze Compilation, wenn schon dem Verf. oft der Vorwurf gemacht wurde, dass seine eigene praktische Erfahrung nicht gross war.
154.nbsp; nbsp;A. B. Greve, Erfahrungen und Beobachtungen etc. Oldenburg 1818. B. I. p. S9.
Sehr werthvolle allgemein bekannte Beobachtungen.
155.nbsp; nbsp;Lohmeyer, die schwarze Blatter als Folge des Milzbrands. Hufeland Journal. Bd. XLVI. (1818). D. p. 68.
Beschreibung einer Epizoolie von sehr acutem Milzbrand im Magdeburgi­schen im Sommer 1811, und Infection von mehreren Menschen mit Carbunkeln.
156.nbsp; nbsp;Carron Observations etc. du furoncle malin, appelle par lesItaliensVespajo. Journ.gen. deMed. Vol.LXIX. (1819). p. 289.
Was der Verf. beschreibt ist gutartiger Anthrax, indessen scheinen die Italiener das Wort nicht immer in gleichem Sinne zu brauchen.
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157.nbsp; nbsp;Bunge, de morbo sie dicto Sibirico, Oratio. Mosquae 1819. 4. Ich habe diese Schrift nicht zn Gesicht bekommen können.
158.nbsp; nbsp;Bekanntmachung, der Regierung zu Potsdam, betreffend den im J. 1818 herrschend gewesenen Milzbrand. Amtsblatt 1818. p. 242.
Die Entstehung des Milzbrands schien hauptsächlich von dem Genüsse des Thaues und Reifes auf dem Grase in den kalten Nächten und Morgen des Maimonats herzurühren. Einige Landwirthe, die ihr Vieh erst gegen 9 Uhr Morgens austreiben Hessen, oder es während der Hitze im Stalle mit Heu fütterten, blieben ganz frei von dem Uebel, während die Umgegend grossen Verlust erlitt, weil man das Vieh zu früh ausgetrieben hatte. Meh­rere Menschen wurden inficirt und starben.
159.nbsp; nbsp;L. H. Bojanus, Anleitung zur Kenntniss der wichtigsten Seuchen der Hausthiere. Wilna 1820. p. 102.
Obgleich allgemeineres Handbuch, ist es doch wegen mancher cigen-thümlicher Ansichten anzuführen.
160.nbsp; nbsp;J. G. v. Ampach auf Grünfelden, die Lungenfäule, die Lungen-und die Milz-Seuche des Hornviehs. Pesth 1819. 8.
161.nbsp; nbsp;J. G. v. A.mpach auf Grünfelden, über den sogenannten Milz­brand der grösseren Haussäugethiere. Pesth 1820. 8.
Diese Schriften zeugen nicht von vieler Erfahrung, und sind nicht frei von unhaltbaren theorethischen Annahmen.
162.nbsp; nbsp;J. Kercheval, (Kentucky) Observations on a remarkable disease among Cattle. Amcric. medic. Recorder Vol. IV. ^quot;1820). p. 445.
Diese dem Verf. sehr unbekannte und neue Epizootie, welche im Som­mer 1819 in Kentucky unter Ochsen, Pferden und Schafen herrschte, wird in der Beschreibung sehr leicht als Milzbrand erkannt. Sie ging auf die Menschen über, und auch in dieser Beschreibung erkennt man bald die schwarze Blatter.
163.nbsp; nbsp;L. G. Hoffmann, diss. in. de Anthrace. Halae 1820. 8. Der Verf., Sohn von J. F. unten N. 207. theilt einige Beobachtungen von
schwarzer Blatter aus seinem Vatcrlande Bernburg, wo der Milzbrand enzoo-tlsch ist, mit. Mit Unrecht theilt er die schwarze Blatter nach den verschie­denen Ländern in verschiedene Formen ein.
164.nbsp; nbsp;Richter, die schwarze Blatter in Polen. Hufeland Journal Bd. LV. (1822) p. 103.
Der Verf. erzählt, dass die schwarze Blatter in Polen endemisch, auch schon in einem alten polnischen Buche unter diesem Namen (Czarna krosta) beschrieben, auch von ihm in der Gegend von Czenstochau oft beobachtet wurde; um so sonderbarer aber ist es, dass er die doch offenbar häufigste Ursache der Krankheit, den Milzbrand nicht kennt.
165.nbsp; nbsp;Hochmayer, Beobachtungen über die Karbunkelkrankheit. Med. Jahrbb. d. Oesterr. K. St. N. F. B. II. I. p. 21,
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166.nbsp; nbsp;C. A. Hunnius, d. i. de morbo Sinni-Wil (Carbunculus) nominateraquo;, carbunculo quo dam Esthoniae rusticis ende-mico. Dorpati 1821. 8.
Besonders vollständig- und wichtig in Beziehung auf die in Esthland en­demische blaue Blatter; ihre häufigste Ursache im Milzbrande der Thiere zu finden, wagt doch der Verfasser kaum.
167.nbsp; nbsp;Rudolph u. s. vr., Carbunkel ron Thieren auf Menschen übertragen. Rusts Magaz. B. XIV. 1.
Im Sommer 1822 war die Blutseuche der Schafe ausserordentlich häufig im Regierungsbezirk Merseburg; eben so war aber auch die schwarze Blat­ter unter den Menschen sehr häufig; in vielen Fällen wurde die Uebertra-gung des Milzbrands der Schafe auf den Menschen nachgewiesen; in mehre­ren Fällen Ton Erkrankungen der Menschen war aber eine solche Infection nicht wahrscheinlich, Dr. R. in Artern war daher geneigt, dieses häufige Erscheinen der schwarzen Blatter von einem besonderen epidemischen Ein­flüsse abzuleiten, er hatte im Vorsommer häufig Furunkel beobachtet, und betrachtet die folgenden Anlhraxbildungen als eine Steigerung dieser epide­mischen Constitution. Wenigstens kann dadurch die Disposition gesteigert und die grössere Gefährlichkeit und häufige Tödlichkeit bedingt werden.
168.nbsp; nbsp;W. Lea (Tennessee), On Milksikness. The Philadelphia Journ. of med. a surg. Sc. by Chapman. Vol. III. (1821) May. Hamb. Mag. B. IV. p. 07.
169.nbsp; nbsp;M'Call (Tennessee), On Milksikness. The American medical Recor­der N. S. N. II. (1823). Froriep Notizen. B. V. p. 233. Salzb. Zeit. 1824. Mai.
J70a. Graff (Illinois), On Milkdisease. The Americ. Journ. of med. Sc.
N. S. N. I. (Ist auch als einzeln erschienen angezeigt, aber
durch XXII.
den Buchhandel nicht zu erreichen). Oppenheim Zeitschr. B
p. 87. 170b. D. L. Simpson (Kentucky), On Milksickness. diss. in. Lexington.
1839. 8. 171. Forry, On Milksikness. Climate of the United States. NewYork 1841. p.369. Ausser diesen Schriften über die vielbesprochene Milchkrankheit Ame­ricas werden noch Schriften oder Abhandlungen citirt von C o 1 e m a n, Haynes, Sharpe, Drake (Ohio), Seaton (Kentuky), von denen ich keine nähere Kenntniss besitze, wohl aber weiss ich, dass sie der alte Pfere Henn.epin schon erwähnt. Sie hat mehr Aufsehen erregt als sie verdient; dass die Krankheit, die in den südwestlichen Staaten Rindvieh, Pferde, Ziegen, Schafe befällt und unter dem Namen the Trembles be­kannt ist, nichts als Milzbrand ist, leuchtet ans den Beschreibungen leicht ein; dass aber in dieser Krankheit die Milch uod dilaquo; Butter giftige Eigen-
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Schäften bekommen war durch zahlreiche Beohachtungen aus Grenada, St. Domingo, Guadeloupe nicht allein, sondern selbst aus Europa bekannt. Im dritten Abschnitt werde ich übrigens auf sie zurückkommen.
172.nbsp; nbsp;Meier, Uebertragung des Milzbrandcontagiums auf Menschen. Hufe­land Journal. B. LIV. (1822) C. p. 69.
Fälle, wo Menschen durch Blut von milzbrandkranken Thieren besudelt erkrankten und starben ohne äussere Carbunkeln oder schwarze Blattern, aber die Section bot ähnliche Erscheinungen dar wie bei Thieren, die am Milzbrandfieber gestorben sind.
173.nbsp; nbsp;Berichte über die in dem Sommer dieses Jahres (1822) an einigen Orten Deutschlands beobachteten schwarzen Blattern. Hufeland Jour­nal. B. LV. F. p. 95.
Diese und die folgenden Abhandlungen (die zum Theil gleiche Beob­achtungen enthalten^ beweisen die ausserordentliche Häufigkeit des Milzbrands unter Thieren und Menschen, im Sommer 1822.
174.nbsp; nbsp;Milzbrand, schwarze Blattern u. s. w. Freussische Staatszeitung 1822. N. 114. N. 153. N. 105. N. 76. 85. 98. 113. 111. 116.
Berichte aus Schlesien, Sachsen, Baiern. Mehrere Infectionen sollen durch Insectenstiche, andre durch genossenes Fleisch erfolgt sein.
175.nbsp; nbsp;Schilling, wahrscheinlich durch Uebertragung eines thierischen Gifts erzeugte schwarze Blatter. Hufeland Journal. B. LIV. C. p. 67.
Merkwürdige aber etwas verdächtige Beobachtung, wo die schwarze Blatter durch Uebertragung von Rotzgift erfolgt sein soll.
176.nbsp; nbsp;Merkwürdige Fälle über schwarze Blatter, im Sommer 1822, zusam­mengestellt. Rust Magaz. B. XVIII. p. 329.
177.nbsp; nbsp;Fälle von schwarzer Blatter im J. 1822. Rust's Magaz. B. XV. p. 134 und B. XVI. p. 436.
Unter 21 Personen, die im Kreise Kalbe an der Saale an der schwarzen Blatter litten, waren 20 von Schafen, die an der Blutseuche crepirt waren, und nur 1 durch die Haut einer milzbrandkranken Kuh ang-esteckt. — Zwei Hunde und drei Katzen, die von dem Blute und der Galle einer nach zwölf Stunden am Milzbrand gefallenen Kuh frassen, crepirten alle nach einigen Stunden. Eben so wurden einige Schweine, die von den Eingeweiden et­was gefressen, schnell und sehr heftig krank, erholten sich aber wieder. Ein Bauer aber, der ein Stück von dem gekochten Fleische ass, blieb gesund.
178.nbsp; nbsp;Gasparin, Traite des maladies contagieuses des betes ä laine. Pa­ris 1820. Deutsch mit Anmerkungen von Nieman. Halle 1822. p.78. p. 247.
Gasparin gibt eine kritische und vollständigere Darstellung der Milz­brandformen des Schafes, als man bis dahin besass.
Die folgenden Schriften, so wie mehrere im zweiten Abschnitt anzu-
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führende zeigen, vie häufig auch in Frankreich im Jahr 1832 der Milz­brand unter den Hausthieren war.
179.nbsp; nbsp;Saussol, Pleuropneumonie des cochons ä Mazamet (Tarn) Recueil de Med. yet. Vol. XIV. p. 233.
Ich halte wenigstens die Krankheit für Milzbrand mit Torzugsweisem Leiden der Brust.
180.nbsp; nbsp;J. B. Di dry, de la maladie qui a regn6 epizootiquement sur les pores. Paris 1822.
181.nbsp; nbsp;P. J. Milliau et J. de Grave, sur une maladie reputee conta-gieuse parmi les cochons du district d'Alost. Journal d'Agriculture des Pays-Bas. Vol. XIII. (1822) p.311.
182.nbsp; nbsp;L. Turk, Examen critique du Memoire de Milliau et de Grave re-latif k une maladie des porcs. Nancy 1822.
N. 181 betrifft ein in dem genannten Canton enzootisches, anstecken­des, jeden Sommer herrschendes Milzbrandfieber der Schweine.
Etwas zweifelhafter mag es sein, ob die in folgender Abhandlung be­schriebene Epizootie Ton Angina gangraenosa der Rinder zu den Milzbrand­formen zu rechnen ist? doch wahrscheinlich. 182b. P. E. Tomballe, Rapport sur une Epizootie dans quelques com­munes de la Prorince de Liege. Journal d'Agriculture des Pays-Bas. Vol. XIV. p. 99. 18$. A. Saussol et A. Pradal, Mem. sur la fievre charbonneuse qui a regne dans les cantons de St. Amans, Angles, Brassac, Mazamet (Tarn) en 1822. Castres 122.
184.nbsp; nbsp;S. Santin, Memoire sur la Fievre charbonneuse observee sur les boeufs et les vaches. Castres 1822.
Ich habe beide Schriften nicht gesehen, sie betreffen aber ein Land (Languedoc), wo der Milzbrand enzootisch ist, und ein Jahr, in welchem er allgemein war *).
185.nbsp; nbsp;Krysinski, Rozprawa o czarnej kros'cie. Warszawa 1822. Unzugängig.
186.nbsp; nbsp;B. Mellado, Beschreibung der bösartigen Blatter (Pu-stula maligna), an der die Bewohner von Puerto Real im Jahre 1815 litten. Aus Periodico de la Socicdad medico-quirnrgica de Cadiz. II. in Hamburg. Magaz. B. V. p. 113.
Im August 1815 starb um Puerto Real mehreres Vieh an Angina gan­graenosa; zu derselben Zeit litten eine Anzahl Menschen an schwarzen Blat­tern, aber von 11 Personen hatte nur eine die Blatter am Arme, die übrigen
quot;) Doch erhalte ich eben die entere in Pradal Maladies des cochons. Paris 1848,
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im Gesichte oder am Halse, und es war nicht ifahrscheinlich, dass sie mit den Thieren oder mit dem Fleische in Berührung gekommen, daher glaubt der Verfasser, die Infection möge durch Insectenstiche erfolgt sein. (An der Africanischen Küste herrschte zu gleicher Zeit die Pest). 187. Erdmann, über die blaue Blatter und die Ursache ihrer Tödtlichkeit.
Dresdener Zeitschr. für Natur- und Hcilk. B. II. p. 44. 1S8. Erdmann, Beiträge zur Kenntniss des Innern von Russland a. m. St. doch nicht ohne Vermengung mit Rinderpest.
189.nbsp; nbsp;Erdmann, Annales schol. clinic. Dorpat. Auszug: Horn's Archiv. 1822. Jan. p. 188.
Ohne ausgedehntere eigene Erfahrung, und die Hypothese, dass Arle-rienentzündung die Ursache der Tödtlichkeit der schwarzen Blatter sei, ist unhaltbar.
190.nbsp; nbsp;Glanstroem, diss. in. de Pustula livida. Regiomonti 1824.
Nach eigenen Beobachtungen. Der Ucbcrgang des Milzbrands der Thiere auf den Menschen ist in Esthland ebenfalls beobachtet; aber die Entstehung der blauen Blatter lässt sich nicht so wie in andern Ländern nachweisen; ihr Verlauf und ihr Ansehen sind auch etwas verschieden; sie hat ihren Sitz gewöhnlich im Gesicht, seltener auf den Armen, noch seltener an den Beinen, nach dem Verf. leiden an ihr die Esthen, nicht die Leiten, auch nicht die Bewohner der Städte und nicht die Esthen, welche die Inseln Dagen, Worms, Oesel und Moon bewohnen, diese letzteren tragen Schuhe aus Leder, die Letten tragen Bastschuhe, nur die Esthen tragen Schuhe aus ungegerbten Häuten, daher glaubt der Verf., dass die Infection durch diese erfolge. Ihre Entwickelung wird ganz wie die der Sibirischen Jaswa be­schrieben.
(üeber die in diesen Jahren wieder auftauchende Sage von der Furia in-
fernalis, werden die Schriften von Brookes und von v. Bär unten in
der Aetiologie angeführt).
191.nbsp; nbsp;Tissot, Sur une fievre charbonneuse des chevaux ä Vassi, en 17S7.
Recueil de Med. Chir. et Pharm. milit. Vol. XV. (1824) p. 18. In den Jahren 1785 —1787 (welches freilich Milzbrandjahre waren) herrschte der Milzbrand unter den Cavalleriepferden zu Vassi. Man suchte die Ursache in dem Wasser der Brunnen der Casernen, welche auf einem alten Kirchhofe standen. 192a. Wirtgen, sur les maladies qui altaquent gencralcment les porcs. Journal d'Agricult. des Pays-Bas. Vol. XVIII. (1824) p. 284. 341. Beschreibung der Milzbrandformen des Schweins. Der Verf. führt eine Beobachtung an, wo eine Heerde Schweine und zwei Hunde von einem am Milzbrande crepirten Ochsen frassen, der nicht tief genug verscharrt war, sowohl die Hunde wie die Schweine bekamen deu Kopfanlhrax (la Soie).
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192 b. F. Puccinotti, di una epizootia contagiosa, e ilci contagi in ge-generale. Bologna 1825. Epizootie von Milzbrandrose der Schweine in Urbino, im Herbste 1824.
193.nbsp; nbsp;Fälle von Ansteckung der Menschen durch Milzbrandcontagium von Ditmer, Jaeneke, Lange, Ziegler. Rust Magaz.B. XX. (1825). p. 180.
Die Fälle gehören sämmtlich zu den beachtensvertheren, am seltensten ist aber eine Beobachtung, wo ein 80 Jahre alter Mann durch einen am Milzbrande kranken, geschossenen Fuchs inficirt wurde.
194.nbsp; nbsp;Fälle von schwarzen Blattern und Milzbrandcontagium, aus den Jahren 1822 und 1824, Ton Stumpf, Ziegler, Müller, Rosenber-ger, Fuchs, Ludwig, Becker. Rust's Magaz. B.XVII. p. 131. 327. 581.
In Stassfurth (Magdeburg) kam im Sommer 1823 die schwarze Blatter siebenmal vor, ohne dass sich die Ursache ausmitteln Hess. Die Kranken waren sämmtlich Leute, die mit krankem Rind - oder Schafvieh nicht in Be­rührung gekommen waren, und wollten von einer Ursache der Art sammt und sonders nichts wissen. Auffallend aber war es, dass die Krankheit im-, mer nur an einem unbedeckten Theile des Körpers sich zeigte, so kam sie zweimal an der Stirn, zweimal auf der Backe, einmal am Halse, einmal am Vorderarme, und einmal bei einem vierjährigen Knaben, der barfuss um­herlief, an der Wade vor. — Ein Rotbgerber glaubte beim Oeffnen einer Kalkgrube, die mit Häuten von milzbrandigem Vieh gefüllt war, von einer Fliege in das Gesicht gestochen worden zu sein. — Eine Frau starb an der schwarzen Blatter am Halse; ihre Schweine hatten 8 Tage vorher die Bräune gehabt, und sie hatte sich viel mit ihnen beschäftigt, es war aber keins davon gestorben. — Zwei Personen, die einen an der schwarzen Blatter leidenden Kranken gepflegt hatten, bekamen ebenfalls Beulen am Vor­derarme (p. 328).
195.nbsp; nbsp;Roupp, pere, sur une gastro- enterite compliquee d'ataxie, qui s'est declaree sur les chevaux, boeufs, moutons et porcs k Eneux (Somme) en 1823. Recucil de med. vet. Vol. II. p. 519.
Ein merkwürdig allgemeines acutes Milzbrandfieber aller Hausthiere in einer Gemeinde, wo sonst der Milzbrand nicht enzootisch ist. Die vom Verf. aufgesuchten Ursachen scheinen nicht annehmbar.
196.nbsp; nbsp;C. A. Schubert, d. i. de carbunculo contagioso. Halae 1827. 8.
Enthält 3 Beobachtungen aus den klinischen Instituten von Weinhold und Dzondi.
197.nbsp; nbsp;W. F. Rijksen, verslag van eene ziekte, miltvuur, welke onder het vee te kuik en S. Agatha geheerscht heeft, sedert den 1. Aug. 1826 tot den 8. Febr. 1827. Numan Vec-Artsenijkond. Magat. 1827. D. I. bl. 137.
Heminger, Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; o
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198.nbsp; nbsp;A. Pradal, Instructions sur les moyens pour preserver les bestiaux de l'epizootic regnante. Castres 1827. 8.
199.nbsp; nbsp;Key, Considerations sur la maladie des bestiaux qui rvgne dans le Depart em. du Tarn. Castres 1827. 8.
200.nbsp; nbsp;A. Pradal, Reponse a I'icrit inlit. Considerations etc. par Rey. Castres 1827. 8.
201.nbsp; nbsp;Rey, Replique a une diatribe ayant pour titre Reponse etc. Castres 1827. 8.
202.nbsp; nbsp;A. Pradal, Mon dernier mot ;i un libelle ou Rey chatie. Castres 1827. 8.
leb besitze diese sämmtlichen Streitschriften nicht, die den enzoolischen Milzbrand in Languedoc betreffen.
203.nbsp; nbsp;C. Lessona, storia della malattia mortifera ehe serpiggiö fra le bovine di Barbania. Torino 1827. 8.
Unbedeutende weitschweifige Schrift über eine Epizootie im Jahr 1825.
204.nbsp; nbsp;C. Lessona, Memoria d'una febbre pernicciosa carboneulare mani-festatasi negli animali bovini e pecorini della divisione di Cuneo. To­rino 1827.
205.nbsp; J. 6. Krahn, de Pustula maligna d. i. Berolini 1827. 8. Der Verf. glaubt selbst, er weiss nicht wie inficirt worden zu sein; in­dessen der Beschreibung nach kann seine Krankheit wohl eher eine Infection durch Leichengift u. dgl. gewesen sein.
206.nbsp; nbsp;A. Th. Helbich, d. i. de Carhunculo polonico. Berolini 1827. 8. Der Verf. glaubt nicht, dass sich der Carbunkel primär im Menschen
entwickeln könne; er glaubt, dass das Fleisch der Thiere ohne Schaden ge­nossen werden könne; er sah den Carbunkel immer an den inficirten Stellen entstehen; dagegen theilt er einen merkwürdigen Fall von Uebertragung des Gifts vom Menschen auf Menschen mit.
207.nbsp; nbsp;J. F. Hoffmann, Fragmente über den Milzbrandkarbun­kel etc. Rust Magaz. B. XXI. p. 70.
208.nbsp; nbsp;J. F. Hoffmann, Der Milzbrand und der contagiöse Car­bunkel des Menschen. Stuttgart 1827.
209.nbsp; nbsp;J. F. Hoffmann, Neue praktische Erfahrungen über den Milzbrandkarbunkel. Rust Magaz. B. XXXV. p. 285.
210.nbsp; nbsp;J. F. Hoffmann, Neue praktische Erfahrungen über den Milzbrandkarbunkel. Stuttgart 1830. 8.
Der Verf., in dessen Umgegend der Milzbrand ganz besonders enzoo-
tiseh herrscht (Bernburg), theilt eine grosse Zahl verschiedenartiger und
werthvoller Erfahrungen mit.
311. Caunes, Maladie des betes ä laine nommee vulgairement le pisse-
sang. Dupuy Journ. pral. de Med. vet. Vol. II. (1827) p. 22.
Die Hacmaturien sind früher gar nicht zu den Milzbrandformen gerech-
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net worden, und auf der andern Seite werden sie wieder oft zu allgemein für Milzbrand gehalten, während sie doch so äusserst häufig Symptome von Nierenleiden in Folge des Genusses scharfer Pflanzen sind, besonders bei den Schafen. Die hier beschriebene Krankheit, welche im Bas Languedoc, also in einem Hauptsitze des Milzbrands, vorkommt, ist ohne Zweifel Milz-brandfieber, gerade so wie es auch bei uns unter den Schafen häufig genug vorkommt, wie folgende kurze, aber gute Beschreibung zeigt: „Une bete se separe des autres, cprouve des fremissemens, se balance quelques momens, rend du sang par la vulve ou par le fourreau, selon le sexe, quelquefois par les narines, et meurt h I'instant. Voici le resultat de l'autopsie : 1) La peau, dont le tissu inferieur est ordinairement blanc, est au contraire in-jectee en rouge en plusieurs endroits, comme ä la croupe, au col, k 1'abdo­men, et les chairs qui correspondent k ces points sont aussi fort rouges. Les bergers et les marchands croient ces taches charbonneuses et en eritent soigneusement le contact. 2) Les yaisseaux de la gorge sont injectes d'un sang noir. Quelquefois on Irouve, a deux ou trois pouces de la glotte, de petits corps glanduleux (les thyroides) d'un rouge noir, trfcs-durs, et auxquels les bergers attribuent l'etouffement de l'animal. 3) Leg chairs sont en general Iris rouges. 4) La rate est noire, gorgee, se dechire facile-ment, rend un sang lividc et grumeleux. 5) Le foie est en partie sain, en partie noirätre, et rend un sang livide et grumeleux. Quelquefois la ve-sicule du fiel est remplie d'un liquide sereux. 6) Les ventricules du coeur sont pleins d'un sang couleur de lie de Tin, liquide ou coagule. 7) Les poumons paraissent presque entiferement sains; cependant quelques portions interieures sont tachees en rouge, et en les coupant la substance rend un sang noir. Le conduit aerien est parfois rempli d'un liquide jaunatre et mousseux. 8) Une brebis avail la vulvc k l'etat gangreneux, point de sang dans la vessic, mais les parois etaient tapissees d'un sang coagule et violet fonce: cette bete arait rendu du sang par le nez et par la vulve. Les autres organes genitaux - urinaires, a l'etat naturel. 9) Un belier arait un des testicules injectlaquo; de sang noir, la vessie h l'etat naturel, presque Tide, ne contenant point de sang, mais l'urine trouble; les vaisseaux injectes, il n'arait rendu du sang ni par les narines, ni par le fourreau. 10) Une brebis arait la vessie pleine d'un sang liride; eile n'arait rendu du sang que par le nez. Elle portait un foetus tres jeune, mort, et qui presentait quelques taches noires sur la peau. 11) En general on troure les reins presque gangreneux, mais quelquefois un des deux organes tres-sain. 12) Le rumen contient une grande quantity d'alimens non rumines; il est un peu meU'orise, ainsi que leg autres estomacs. 13) Les petits intestins passent en partie k l'ltat gangreneux, ils sont aussi mlteorisls. 14) les epiploons sont parstSmes de vaisseaux fort injectes. 15) L'oesophage est en general fort rouge. 16) La substance blanche du cerreau est k l'etat na-
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turel, la substance grise d mi brun rouge fonce; toutes les membranes cefc-brales sont injectees d'un sang noir. 17) Les muqueuses nasales sent noi-rätrcs ou tres - rouges. 18) Dans tous les vaisseaux re in cm et arlcriels le sang parait avoir subi une grande alterationquot;.
212.nbsp; nbsp;Dup 117, Sur une maladie des moutons. Journ. prat, de Med. ret. Vol. 11. p. 57.
Herr Dnpuy erklärt, dass die eben ron H. Cannes unter dem Namen Pisse - sang beschriebene Krankheit dieselbe sei, welche in andern Gegenden falere, maladie rouge, sang de rate, maladie de Sologne, pourriture heisse: Die erste und die letzte dieser Benennungen passen schwerlich für die Krank­heit, auch rermengt H. D. in der That und unbegreiflicher Weise die Fäule mit ihr. Er hält übrigens Sumpfwasser für die Ursache der Krankheit.
213.nbsp; nbsp; Clichy, Sur les tumeurs inflammatoires, dites gangreneuses qui s'obsemnt au poitrail des rhevaux (arant - coeur). Recueil de Med. yet. Vol. IV. (1827). p. 448.
Enthält nichts Neues.
214.nbsp; nbsp;Felix, Sur une epizootic qui attaque les pores dans le departement
de la Dordogne (Quercy). Recueil de Äled. vet. Vol. V. (1828).
p. 153. Die Krankheit war seit 4 Jahren enzootisch und ansteckend; zuerst hatte sie sich in niedrigen, feuchten, eingeschlossenen Thälem gezeigt, und dann von da weiter verbreitet. Der Verf. beobachtete, dass Thiere, die die Krankheit einmal fiberstanden hatten, nicht zum zweitenmal inficirt wurden. Der Beschreibung nach wäre es Milzbrandbräune mit Carbunkelausschlag; indessen herrschten zu gleicher Zeit auch die Pocken unter den Schweinen!
215.nbsp; nbsp; A. Yvart, Sur la maladie du mouton, connue sous le nom de sang de rate. Recueil de Med. vet. Vol. V. p. 323.
Gründliche Kritik der obigen Abhandlung von Dupuy, die aber zur Aufklärung der in Rede stehenden Krankheit nichts beiträgt.
216.nbsp; nbsp; W. H. Montens, medeling omtrent het miltvuur, hetwelk gedu-rende Junij en Julij van den laatst verloopen zomer, in de gemeen-ten Bokoven en Engelen heeft geheerscht. Vee-Artsenijkund. Magaz. 1828. D. I. bl. 265.
217.nbsp; nbsp;B. J. C. Rijnders, W. H. Montens en N. Classen, omtrent het miltvuur in den jaren 1825, 1826 en 1827 in Gelderland en Noord Braband. Vee-Artsenijkund. Magaz. 1828. D. I. bl.212.
21S. B. J. C. Rijnders, omtrent het miltvuur, hetwelk in Junij ge­heerscht heeft in de gemeente Gameren, in het jar 1827. Vee-artsenijk. Mag. 1828. D. I. bl. 250.
219. Schmidt, Unterschied des brandigen Rothlaufs und der schwarzen Blatter. Hufeland Journ. B. LXVI. F. p. 115. -Der Kreisphysikus D. Schmidt in Tennstedt hat schon früherhin
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„die brandige Rose als cine Varietät der Fustula maligna, schnrarze Blatter, „aufgestellt, und der Reg. Rath Fischer hat bei mehreren Beobachtungen „dieser Krankheit die Meinung des H. S c h m i d t bestätigt gefunden. — Die „brandige Rose zeichnet sich von der schwarzen Blatter dadurch aus, dass „die Localkrankheit, die Yesicula, ebenfalls vorhanden ist, aber im Zellge-„webe in der Folge still zu stehen scheint, und dass diese Krankheit in „der Regel gefährlicher und schneller tödlich wird. Die brandige Rose ent­steht ohne alle Uebertragung des Milzbrandgifls später. Bei derselben be­zeichnet der Carbuukel das Ende der Krankheit, und es geht ein typhöses „Fieber voraus; bei der wahren schwarzen Blatter dagegen ist dieselbe gleich „anfänglich vorhanden, und das Fieber kommt nachher als Folge.quot;
(Wir geben dem Worte brandige Rose eine etwas andere Bedeutung: was die Verff. hier brandige Rose nennen, das nennen wir primären, ohne Infection durch Thiermilzbrand entstandenen, Milzbrand des Menschen, die schwarze Blatter ist durch Contagium entstandener. Indessen selbst durch Infection kommt oft eine ähnliche Form vor, wie die im Folgenden be­schriebene).
„Die Ehefrau des Einwohners F., einige und 20 Jahre alt, zu Ball-„hausen, bemerkte, als sie am 28. Juni auf dem Felde arbeitete, auf ein-„mal eine grosse Abgeschlagcnheit der Kräfte und hatte hierauf eine sehr „unruhige Nacht. Des andern Tags schwoll der rechte Arm, und einige „Zoll vom Ellenbogen am Vorderarm entstand eine linsengrosse schwarze „Blase. Die Geschwulst war gross, sehr hart, doch zugleich auch etwas „teigig. An der genannten Stelle des Unterarms war eine Entzündungs-„geschwulst, von der Grosse eines Taubeneies, in der Mitte derselben eine „livido schwärzliche Vesicula eines Silberpfennigs gross, aus welcher, nach-„dem sie aufgeschnitten war, ein missfarbiges Wasser ausfloss. In dem „Anfang der Geschwulst war auf einem entzündeten Hautgrunde eine grosse „Anzahl anderer kleiner Blasen befindlich, welche aufgeschnitten sich immer „von neuem bildeten; der allgemeine Zustand der Kranken ein nervöses „Fieber, Frostratio virium, häufiger kleiner harter Puls, unauslöschlicher „Durst, trockene braune Zunge, Calor mordax, die heftigste Unruhe, Herz­klopfen u. s. w. Als Localbehandlung wurde nun die brandige Grundfläche „durchschnitten, hier fand sich aber eine merkliche Verschiedenheit von der „Geschwulst bei der wahren schwarzen Blatter, indem der Brand weit we-„niger tief eindrang, die Empfindlichkeit weit grosser war, die Geschwulst „mehr in dem Zellgewebe fortzulaufen schien. Die leidende Stelle wurde „nun mit ätzendem Salmiakgeist verbunden, der ganze Arm in ein aromati-„sches Kissen gelegt u. s. w. Alles war jedoch vergebens, die Kranke gab „Früh 7 Uhr den Geist auf.quot;
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(!
Wir werden noch auf ähnliche Beobachtungen kommen, wie wir deren auch selbst kennen, und werden sie in der Folge hei dem Besprechen des Wesens des Milzbrands benutien. 319b. Bidault de Yilliers, Remarqnes et Obserrations sur les phlegmasies gangreneuses. — Oeuvres Posthumes. P. 1828. p. 153. Wichtige Beobachtungen über Pustula maligna des Menschen, und geist­reiche Bemerkungen über die gangränösen Krankheiten im Allgemeinen.
220.nbsp; nbsp;F. W. Ewerts, uittreksel uit en verslag, omtrent eene bedenkelijke veeziekte (miltvuur) in het shoutambt Dodewarl. Vee - Arlsenijk. Magaz. 1828. D. I. bl. 228.
221.nbsp; nbsp;F. W. Ewerts, uittreksel, omtrent eene veeziekte in de Gemeente Gameren. Vee - Artsenijk. Mag. 1828. D. I. bl. 234.
222.nbsp; nbsp;L. Schrader, Veber die Natur des Milzbrandes der Thiere und des Milzbrandkarbunkels des Menschen. Magdeburg 1828.
Enthält über Thierkrankheiten Unrichtigkeiten. Sonst manche gute Be­merkung.
223.nbsp; nbsp; H a n c k e, Ucber die schwarze Blatter. Neue Breslauer Samml. B. I. (1829) p. 385.
324. J. B. Regnier, De la Pustule maligne. Paris 1829. 8.
Obgleich es dem Verf., der in der Brie lebt, nicht an eigenen Erfah­rungen fehlt, so enthält die Schrift doch Behauptungen, die nicht zu recht­fertigen sind.
225.nbsp; nbsp;Tomballe, Gue'rin en Houben, waarneming omtrent eene veeziekte (het Miltvuur), op eene hoeve in de geemente Glons, in de Provincie Luic. Vee - Artsenijk. Magaz. 1829. D. II. bl. 26.
226.nbsp; nbsp;B. P. Scheltema, mededeeling omtrent de oorzaak van het zooge-naamde venijn, eene ziekte, welke in Friesland meermalen plaats heeft. Vee - Artsenijkund. Magaz. 1829. D. II. bl. 93.
227.nbsp; nbsp;Belehrung über die Sibirische Pest und die Mittel zu ihrer Heilung. St. Petersburg 1829.
Nicht zu erhalten.
228.nbsp; nbsp;C. F. Schröder (Ballenstädt), Ueber die schwarze Blat­ter. Rust's Magaz. B. XXIX. (1829) p. 236.
Auch der Verf. sah die Krankheit an bedeckten Thcilen des Körpers. Genaue Beschreibung des Verlaufs, und zwar der Form, die mit Bläschen­oder Blasenbildung beginnt.
229.nbsp; nbsp;W a s e r (Steyermark) , Beobachtungen über die schwarze Blatter oder den Milzbrandcarbnnkel. Oesterreich. Med. Jahrbb. N. F. B. I. (1829). 4. p. 100.
Beschreibt die Form ohne Bläschenbildung. Ueber die Infection durch genossenes Fleisch macht der Verf. folgende Bemerkung: „Bei der zweiten
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„Entstehungsart dieser Krankheit, nämlich durch den Geuuss des Fleisches „eines am Milzbrand umgestandenen Thiers, hatte ich in iwei Epizoolien „Gelegenheit mich zu überzeugen, dass auf diesen Genuss ohne Berührung „des Thiers oder des Fleisches die meisten Menschen, von dieser schwarzen „Blatter, doch mit dem Unterschiede befallen wurden, dass Jene, welche die „Milz genossen hatten,*) jederzeit, in längstens 48 Stunden, an den heftig-„sten typhösen Zufällen, ohne Bemerkung einer schwarzen Blatter, gestorben, „bei den Uebrigen aber, meistens an der linken Seite, und nur an den oberen „Gliedmassen, jederzeit zwei bis acht dieser Blattern ausgebrochen sind.quot;
230.nbsp; Kais- Russische Verordnung über den Milzbrand in Curland. Mitau. 1829. Die Beschreibung der mitgethcilten Krankheit im Menschen betrifft die
am mchrsten characteristische Form mit harter platter Blase. Es wird die Ansteckung durch Fleisch und durch Milch erwähnt, und zwar diese Form als die gefährlichste bezeichnet, bei der gewöhnlich mehrere Brandbeulen entstehen. Die Contagion auch unter den grasfressenden Thieren wird erwähnt, und bei sehr heftiger Krankheit selbst ein flüchtiges Contagium angenommen. Als Hauptursachen des primären Milzbrands der Thiere werden fauligtes Wasser, besonders aus Flachsrösten, und Mehlthau des Futters angegeben. Uebrigens ist die (tod Dr. Bidder entworfene) Beschreibung naturgetreu.
231.nbsp; nbsp;M.F.Hoffmann, waarneming omtrent het miltvuur te Spanproek en Wagnum in Nord-Holland. Vee-Artsenijkund. Magaz. 1829. D. U. bl. 5.
232.nbsp; nbsp; G. Luciano, sulle cause piii probabili dell' Antrace o Carbonchio bovino. 1830. 8.
Leider nicht erhalten.
233.nbsp; nbsp;J. G. Eberhard, over het vuur of bloed der Schapen. Yerhand-lingen Tan de Maatschappij ter bevordering ran den Landbouw. D. XII.
234.nbsp; nbsp;J. D. Busch, schreckliche Wirkung des thierischen Karfunkelgifts auf den Menschen. Dessen Zeitschr. f. Thierheilk. B. I. 4. p. 90.
Ein Fall von tödlicher Infection eines Menschen durch Milzbrandbräune
der Schweine. Der andere erzählte Fall ist wahrscheinlich kein Milzbrand.
235 G. Schiuli er, Milzbrand der Thiere und schwarze Blatter der Menschen
in Schellenberg. Verhandl. d. vereinigt. Schweiz. Ges. 1830. p. 71.
Eine häufig auf Menschen übergehende und da manches merkwürdige
in der Form darbietende Epizootie im Jahr 1803.
236.nbsp; V. Giolo Descrizione e metodo curatiro della splenite acutissima, rol-
garmente detta milzone-cedrone. Rovigo. 1831. Ich habe diese kleine Schrift nicht erhalten können.
237.nbsp; nbsp; St. Chodowitzky, lieber die Sibirische Seuche. Petersburg. 1831. C Russisch).
•) I Das sollte man kaum für glaublich halten!
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338. F. Skinsky, Abhandlung über die Sibirische Brandbeule. Petersburg. 1832. (Russisch). Beide unzugängig.
239.nbsp; nbsp;Lapousse, Gastroenterite avec fierre charbonneuse sur un troupeau de cochons. ßecueil de Med. reter. vol. VIII, (1831). p. 473.
Milzbrandfiber im Jahr 1822 in Agen (Guienne, also Milzbrandland).
240.nbsp; nbsp;Wagelmans, sur une maladie des betes ä cornes comnue sous les noms mauvais feu, feu St.Antoine, etc. Journ. d'Agricult. Des Pays-Bas. 1831. II. p. 154.
Beschreibung des acuten Milzbrandfiebers der Rinder, welches in den mehrsten Gemeinden des Districts von Verviers enzootisch ist.
241.nbsp; nbsp;J. H. Schürmayr, über die Erkenntniss und Kur des Milzbrands. Freiburg. 1831.
Kurze gemeinfassliche Zusammenstellung unserer Kenntnisse vom Milzbrand nach den bewährtesten neuern Schriftstellern.
242.nbsp; nbsp;MiltTuur onder de gedaante van eene kwaadartige long-ontsteking, in verschillende gemeenten ran hei groot-hertogdom Luxemburg. Numan Yee-artsenijkund. Magaz. 1830. D. II. p. 497.
243.nbsp; nbsp;MiltTuur onder de paarden te Aalbroek. Veeartsenijk. Mag. 1830. D. II. p, 492.
344. Miltruur onder het rundree te Äubel. Veeartsenijk. Mag. 1830. D. II. p. 494.
245.nbsp; nbsp;Miltruur te Dragten en Ylst, in Friesland. Veeartsenijk. Mag. 1830. D. II. p. 499.
246.nbsp; nbsp;Miltruur onder het rundree te Gameren, Gelderland. Vee-artsenijk. Mag. 1830. D. II. p. 488.
247.nbsp; nbsp;Miltruur onder het rundree te kuyk en S Agatha, Noord-Braband. Vee-artienijk. Mag. 1830. D. II. p. 490.
248.nbsp; nbsp;Miltruur onder het rundree te Mecheln. Vee - artsenijk. Mag. 1830. p. 492.
249.nbsp; nbsp;Miltruur onder het rundree te Roermond. Vee - artsenijk. Mag. 1830. D. II. p. 491.
350. Gelbke, waarneming ran eene waarschynlik door miltruur besmet-ting reroorzaakte krankheid. Vee-artsenijk. Mag. 1830. D. I. p. 28.
251. A. Numan, orer de hoogst schadelijke eigenschapen, welke de roe-derstoffen kunnen rerkrijgen roor onderscheiden ree, door cryptoga-mische roortbrengseln, welke op dezelre huisresten. Vee-artsenijk. Mag. 1829. D. II. p. 1. en 1830. D. II. p. 317. — A. Numan et L. Marchand sur les proprietes nuisibles que les four-rages peurent acquerir pour differens animauxj domestiques. Groningue. 1830. 8. Deutsch: Gurlt u, Hertwig Magaz. B. p.
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Durch Zusammenstellung einer bedeutenden Anzahl von Beobachtungen sucht N. zu beweisen, dass die unter den Namen Honigthau, Mehlthau, Rost, Schimmel bekannten Krankheiten der Pflanzen eine Haup,Ursache des Milz­brands sind. M. beschreibt die Cryptogamen die besonders schädlich zu sein scheinen.
252.nbsp; nbsp;Key, Observations sur la maladie regnante parmi les bestiaux de l'arrondissement de Castre. Castres. 1832.
253.nbsp; A. Pradal, Observations sur la maladie regnante des bestiaux. Castres. 1833. Beide Schriften sind mir unbekannt geblieben.
254.nbsp; J. A. Ithen, Beitrag zur Kenntniss und Heilung des Inder Gemeinde
Schupfart im Kanton Aargau enzootisch herrschenden Rückenbluts. Busch Zeitschr. f. d. ges. Thierheilk. B. III. 3. p. 1. Nach dem Verf. herrscht dieser Milzbrand des Rindviehs nur in dieser Gemeinde und nicht in den benachbarten; man behauptet, dass die Krank­heit erst seit 50 Jahren in Schupfarth herrscht, und zwar von der Zeit an, wo man anfing Klee zu bauen und diesen stark mit Gyps zu düngen.
255.nbsp; Bassedow, Die schwarze Pocke v. Gräfe u. v. Walther Journal. B. VII. p. 185. und B. XII. p. 549.
256.nbsp; nbsp; R. Heine, Vier Fälle von Milzbrandgeschwülsten bei Menschen. Rust Mag. XXXVI. p. 211.
Richtig unterscheidet der Verf. in dem IHilzbrandkarbunkel des Menschen drei Formen: a, die milde b, die gangränöse, c, die sphacelöse; während die Nosologen welche die Formen nach den Ländern, wo er vorkömmt, unter­scheiden wollen, Unrecht haben. Seine Formen reichen aber nicht aus.
257.nbsp; nbsp;Winkler, lieber Milzbrandkarbunkel. Rust Mag. B. XXXVII. p. 577.
Eine Frau welche von der Leber eines milzbrandkranken Thiers gegessen hatte, starb nach 12 Stunden ohne dass es zur Karbunkelbildung kam; ein durch Berührung inficirter Mann starb ebenfalls nach 3 Tagen, eine Anzahl Menschen die Fleisch gegessen und sich besudelt hatten, genasen.
258.nbsp; nbsp; Nicolai, Zur Lehre vom Milz brandkarbunkel. Casper Wochenschr. 1833. p. 268.
Ein Lohgerber starb am Milzbrandkarbunkel des Gesichts, nach vollen drei Monaten erkrankte die Tochter am Milzbrandkarbunkel des Halses und starb, und bald darauf der Bruder desselben eben so. (Sollten hier [nicht etwa aufbewahrte Esswaaren die folgenden Infectioncn bewirkt haben? oder eingelegte und nach Monaten erst bearbeitete Häute?)
259.nbsp; nbsp;Thär, Ueber Milzbrand. Daselbst, p. 270.
Auch Th. nimmt verschiedene Formen des Milzbrands des Menschen an, und namentlich leine mit häufiger Eruption von Brandblasen mit mäsiger Geschwulst, was, wie wir in der Folge sehen werden, wichtig ist. An den sehr späten Ausbruch, den der Verf. aimimmt, glaube ich dagegen nicht.
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260.nbsp; nbsp;Thar, Ueber die Milzbrandepideinie welche i. J. 1818 im Ost und WestharcIIändischen Kreise herrschte. Casper Wochenschrift. 1836. p. 250.
Diese Epizootic \rar sehr \reit verbreitet, von Spandau bis zur Elbe, an der sehr vieles Rindvieh und mehr als 600 Hirsche starben, während die Schafe wenig und die Schweine fast nicht litten. Sie dauerte vom Früh­jahr bis zum Herbste. Auf dem Stalle gefütterte Thiere litten sehr selten. Pie Ursache schien im Grase zu liegen. Bei den Menschen beobachtete der Verf.: a, die crysipelatöse Form, b, die gewöhnliche ächte Karbunkelform, c, die Form, wo sich Geschwülste wie in der chronischen Form der Thiere bildeten.
261.nbsp; nbsp;Fritsch, Diagnose der Pustula maligna. Hufclaud Journal. B. LXXV. C. p. 116.
Nicht ausreichend.
262.nbsp; nbsp;Enzootischer Milzbrand in Schlesien, im Oppelnschcn und Falkenberger Kreise. General-Sanitäts-Berichte von Schlesien. 1832. 1. p. 197. u. 2. p. 419 — 1833. 2. p. 243. — 1834. 1. p. 203. 2. p. 341.
Die Freussischen Provincial-Sanitäts-Berichte enthalten zwar alle Mit­theilungen über Milzbrand; ich erwähne aber nur diejenigen, welche ich in der Folge anzuführen Veranlassung finden werde.
263.nbsp; nbsp;Milzbrand in Brandenburg. Sanitäts-Berichte von Brandenburg. 1833. p. 242. — 1834. p. 358. p. 369. p. 376. — 1835. p 365. — 1836. p. 176. p. 186. — 1837. p. 161. p. 163.
264.nbsp; nbsp;Meckes, Zusammenstellungen über den Milzbrand im Grosherzog-thum Niederrhein. Sanitätsber. 1836. p. 25. — 1837. p. 30. — 1838 p. 25. — 1839. p. 19. — 1840 p. 20. — 41. p. 33. — 42. p. 24. — 43. p. 28. — 44. p. 38.
265.nbsp; nbsp;Bell und Roloff über schwarze Blattern. Rheinischer Sani­tätsbericht 1826. p. 69. Aehnliche Fälle von Brockmüller und Günther. Daselbst p. 70.
266.nbsp; Bongard, Ueber den Stich der Fliegen, die auf einem an Milzbrand leidenden Thiere gesessen haben. Rheinischer Sanitätsber. 1826. p. 115.
Der Verf. glaubt nicht an diese Art der Infection.
267.nbsp; nbsp;Roche-Lubin, sur le typhus charbonneux des pores dans le De-partem. de l'Aveyron. Recneil de Med. vet. Vol. XI. (1834) p. 120.
Wie in den angrenzenden Departements des Tarn und Lozere (Langue-doc), so ist der Milzbrandrothlauf auch enzootisch im ganzen Depart, des Aveyron (Guicnne), doch besonders im Arrondissement St. Affriquc am lin­ken Ufer des Tarn. Die Beschreibung ist genau. Der Verf. beobachtet all­gemein, dass trächtige Schweine verschont blieben, dass sie aber bald nach dem Werfen eben so wie die Ferkel starben. Bekanntlich haben einige Aerzte auch ähnliche Beobachtungen bei andern Thiergattungen gemacht haben wollen.
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268.nbsp; nbsp;Roche-Lubin, sur le typhus charbonneux des pores, dans le De partem. de l'Ayeyron. Rec. de Med. vet. Vol. XIX. p. 163.
Gröstentheils wörtliche Wiederholung der vorigen Abhandlung, mit eini­gen Zusätzen.
269.nbsp; nbsp;R. Frey, lieber den Rothlauf der Schweine. Schweizer Arch. f. Thierheilk. B. VII. (1834). 3. p. 161.
Ebenfalls gute Beschreibung derselben Krankheit, doch nicht in der acu-testen Form, und der Verf. hält sie mit Unrecht für zu unbekannt. 270a. M. J. Barth, diss. in. de nonnullis epidemiis et epizootiis simul
regnantibus earumque mutua indole contagios. Berolini. 1835. 8. 270 b. Hcrvez de Chegoin, Bericht über eine Abhandlung vonLejeune über die Pustule maligne und ihre Identität mit dem Charbon, an die Academie de Medicine zu Paris 1834. Ob die Abhandlung von Lejeune selbst irgendwo gedruckt ist, ist mir unbekannt. Mit Recht wird behauptet, dass die von den mehrsten französi­schen Nosographen als verschieden angenommenen Krankheitsformen Char­bon und Pustule maligne nicht wesentlich verschieden wären.
271.nbsp; nbsp;Rau, tödtliche Milzbrandinfection eines Schäfers, der ein Schaf abgeledert hatte. Preuss. Vereinszeit. 1834. p. 23.
272.nbsp; nbsp;Lorinser, (Kühnel), Milzbrandinfectionen der Men­schen im Regierungsbezirk e Oppeln. Preuss. Vereinszeit. 1835. p. 154.
Im Sommer 1834 erkrankten in diesem Regierungsbezirke nicht weniger als 28 Personen am Milzbrandkarbunkel, und 11 davon starben. Sehr häu­fig wurde das Fleisch ohne Nachtheil genossen; zwei Personen bekamen dar­auf Erbrechen, eine Frau aber starb darnach noch ehe es zur Entwickelung des Karbunkels kam. Ueberhaupt will man bemerkt haben, dass die Hoff­nung der Genesung um so grosser war, je schneller sich die Carbunkeln ent­wickelten, und je grosser sie wurden, dass sie dagegen in den tödtlichen Fällen gewöhnlich klein blieben und sich wenig entwickelten. (Diese Beob­achtung kann ich wenigstens nicht bestätigen). Die Ansteckung erfolgte theils von Rindern, theils von Schweinen.
273.nbsp; nbsp;L. B. Greese, d. i. Nonnulla de Pustula maligna. Bero­lini 1835. 8.
Enthält vier Beobachtungen aus Halleschen Kliniken, von denen eine besonders bemerkenswerth erscheint, weil nach 4 Monaten, wo das Geschwür heilte, noch seeundäre Brandblasen ausbrachen. Auch stellte der Verf. zwei gelungene Impfversuche an.
274.nbsp; nbsp;A. Th. Clementz, d. i. de Carbuncnlo contagioso. Dorpati 1835. 8.
Der Verf. beschreibt von der Estnischen blauen Blatter dieselben ver-
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laquo;chiedenen Formen wie sie in Deutschland vorkommen. Den primären Kar lunkel im Menschen leugnet der Verf., er sei immer durch Contagium mit-gelheilt. Von drei Krankengeschichten, die der Verf. mittheilt, soll in zweien die Infection von Menschen auf Menschen statt gefunden haben, und von der einen scheint das erwiesen.
275.nbsp; nbsp;Th. Boeckel, Epizootie et Affection charbonneuse dans l'arrondisse-ment de Selestat. Archives medicales de Strasshourg. Vol. II. (1835). p. 28.
Im August 1S35 brach eine Milzbrand-Epizootie in der Gemeinde Seie­stadt aus, und verbreitete sich durch gemeinschaftliche Weide auf die Ge­meinden Orschweiler, Kientzheim, Bergheim, St. Hippolyte u. s. w. Zwei Menschen wurden inficirt.
276.nbsp; nbsp; E. Renaudin, Erysipele charbonneux produit par l'im-mersion dans de l'eau stagnanteetc. Daselbst p.23.
Diese merkwürdige Beobachtung wurde um dieselbe Zeit gemacht, ich werde sie unten mittheilen, wenn ich vom primären Milzbrand des Men­schen handle.
277.nbsp; nbsp; Carganico, (Darkehnen). Von der Uebertragung des Milz­brandgiftes auf Menschen. Rust Magazin B.XLIV. p. 387.
Gestützt auf eine Beobachtung von 45 Fällen hält der Verf. die Ueber­tragung des Contagiums durch Insecten für eine Fabel, gewöhnlich finde Contact statt; bei der häufigen Infection im Gesicht nimmt der Verf. eine Infection durch dunstförmiges Contagium an. Es sind ihm indessen Fälle vorgekommen, wo Menschen gar nicht in die Nähe von kranken Thieren ge­kommen waren, und doch die Krankheit bekamen, hier meint er, müsse man eine weitere Verbreitung des Contagiums durch die Luft annehmen. Unzwei­felhaft fand in einigen Fällen Infection durch genossenes Fleisch statt; nur in diesen Fällen sah C. die Karbunkel auch an bedeckten Stellen des Kör­pers entstehen; auch sah der Verf. einigemal nach dem Genüsse des Flei­sches ein allgemeines Erkranken entstehen, welches die grösste Aehnlichkeit mit einer Vergiftung, namentlich durch Filze darbot.
278.nbsp; nbsp; Cruzel, Rapport sur une maladie charbonneuse. Journal des progres des Sc. zooiatriques. Vol. VII. (1836). p. 65.
Milzbrand der Rinder in einem Orte in Guienne.
279.nbsp; nbsp;Herpin, sur une apoplexie charbonneuse de la rate qui a regne epi-zootiquement sur les betes ä laine dans les Departements de l'Indre et du Cher et qui a developpe le charbon malin chez l'homme. Paris 1836.
280.nbsp; nbsp; Fradal, Fievre charbonneuse k Castres. Journ. de Med. vet. prat. 1836. Nov.
Beschreibung des enzootischen Milzbrands imLanguedoc, von dem schon ja vielen Schriften die Rede war, Der Verf. gibt eine topographische Be-
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Bthreilung des Districts Tön Castres, und beschreibt einen Klilzbrandausbruch unter Rindern, Schafen, Schweinen und Katzen im October 1836, auf einem Gute, auf dem sich ein tiefer Brunnen befand, der seit Menschengedenken alle Leichen von crepirten Thieren aufnahm, und den er für die Ursache dieses Ausbruchs hielt.
281.nbsp; nbsp; G. A. Weber, Der Milzbrand. Leipzig 1836.
Der Verfasser empfiehlt die homöopathische Behandlung des Milzbrands durch Anthracin, d. h. durch Millionentheilchen des aus den Milz eines am Milzbrande verstorbenen Thiers hervortropfenden Bluts, und hat bei der Be­handlung der Hessischen Ochsen grosses Glück gemacht.
282.nbsp; nbsp; Barez, Schwarze Blatter ohne Milzbrandansteckung ent­standen. Casper Wochenschr. f. d. ges. H. 1836. p. 33.
Der erzählte tödtlich abgelaufene Fall ist ohne Zweifel ein Milzbrand­karbunkel der gewöhnlichsten Form mit platter harter Pustel, im Gesicht, wie er gewöhnlich nur nach Berührung vorkömmt. Ich muss gestehen, dass ich sehr zweifle dass diese Form ohne Infection vorkömmt, die freilich hier gar nicht nachzuweisen gewesen sein soll.
283.nbsp; nbsp; Held, über Milzbrand. Pabst Hessische landwirthschaftl. Zeitschr. 1836. p. 80.
In der Wetterau herrscht der Milzbrand enzootisch, so kam er auch im Jahre 1835 sehr ausgedehnt im Dorfe Dorheim vor; es fiel auf, dass das Vieh eines dasigen Müllers gänzlich verschont blieb; hei der Untersuchung des Tränkwassers seines Viehs fand man darin eine grose Menge rolhes Ei­senoxyd; man versuchte nun dieses als Präservativmittel, und es soll sich bewährt haben.
284.nbsp; nbsp; Schenk, Uebertragung von Milzbrandstoff von Thie­ren auf Menschen. Daselbst p. 317.
Im Kreise Nidda kamen in kurzer Zeit vier Fälle vor.
285.nbsp; nbsp;Lösch, Schwarze Blatter durch ein Pferd mitgetheilt. Casper Wochenschr. 1837 p. 566.
286.nbsp; nbsp;Bits eher Ansteckung durch Mi 1z br and. Holscher Anna-len. B. III. 2. p. 38.
287.nbsp; nbsp;Maier, Hausbrand, Koschny, Liman, Witke, Ueber­tragung des Anthraxcontagiums auf Menschen. Preuss. Vereinszeit .B. V. (1836) p. 145.
In Ostpreussen kamen im Jahre 1835 viele Fälle vor, wo Menschen durch den Genuas von Fleich milzbrandkranker Thiere an dem Carbnnkel erkrank­ten, und zwar nach Maier dann oft an bedeckten Stellen des Körpers. — Hausbrand theilt mehrere Fälle von Infection von Menschen durch Menschen mit. — Auch Wittke theilt einen Fall mit, wo die Infektion nur durch ge­nossenes Fleisch erfolgt war.
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288.nbsp; nbsp; Fr. Dressler, Ueler die Ursachen der Anthraxkrankheilen. Gnrlt u. Hertwig Magaz. f. Th. B. III. (1837) p. 137.
Genaue Beschreibung der Epizoolie von 1835, wovon im zweiten Ab­schnitt. Die alte Beobachtung bestätigend, dass der Milzbrand vorzüglich häufig ist in gewitterreichen Sommern, und sich auf nicht immer zu unter­schreibende meteorologische Prämissen stützend, und auf eben sowenig be­wiesene physiologische Ansichten kömmt der Verf. auf die Meinung dass die Elektricität die Hauptursache des Anthrax sei. In der Aetiologie werden wir darauf zurückkommen.
289.nbsp; nbsp; F. A. Vergnies Trait^ de l'Anthrax non contagieux, con-tenant ses rapports intimes avec le charbon ou An­thrax contagieux etc. Paris 1837 8. 2. ed.
Die Verschiedenheiten und Aehnlichkeiten die der Verf. aufstellt, sind von der Anatomie der Theile hergenommen, und doch hat derselbe keine anatomische Untersuchungen angestellt, und' keine genügenden vorgefunden.
290.nbsp; nbsp; W. F. W e n d r o t h, Ueber die Ursachen, Erkenntniss und Behand­lung des contagiösen Carbunkels. Sangerhausen 1838. 8.
Die vorausgeschickte Geschichte ist unvollständig und unkritisch, ent­hält Verwechslungen u. s. w. Werthvoll sind dagegen die über 30 mitge-getheilten Beobachtungen, wo der Verf. indessen sicher viel zu oft primäre Entstehung in dem Menschen und flüchtiges Contagium annimmt. Auch hat der Verf. die zahlreichsten Impfversuche an Schafen gemacht.
291.nbsp; nbsp; Sarget Epizootie ayant de l'analogie avec le sang de rate, dans le depart, de la Corrfeze en 1827. Rec. de Med. vet. vol. XIV. p. 369.
Doch wohl Milzbrandfieber wenn auch mit etwas abweichenden Er­scheinungen.
292.nbsp; nbsp; Dnverdier deMarsillac Epizootie qui a regne dans le departe-ment du Cantal, en mars et avril 1838, sur les betes a grosses cor-nes. Rec. de Med. vet. vol. XV. p. 392.
Eine kleine Epizootie von Glossanthrax, in einer Gegend von welcher die mehrsten und grössten Epizootien dieser Art ausgegangen zu sein scheinen.
293.nbsp; nbsp;Luigi Metaxa l'antrace, i contagi, le intermittenti. Roma 1837.
294.nbsp; nbsp; Luigi Metaxa delle Afte bovine epizootiche. Tel. Metaxa Annal. med. chirurg. vol. I. p. 144 etc. II. p. 14 etc.
295.nbsp; nbsp; Luigi Metaxa Paragone fra gli esantemi e gli endoantemi. Tel. Metaxa Annal. med. chir. vol. V. p. 121.
Metaxa, der Vater, hat bereits in seinen Epizootien, besonders in N. 293, aber auch in den folgenden Schriften, die Lieblingsidee vertheidigt, dass das­selbe Miasma welches in dem Menschen die Wechselfieber erzeugt, die Ur­sache des Anthrax in den weniger nervösen Thieren ist, und dass der An­thrax gleichsam die Urform aller Exantheme, der Vater der Blattern u. s. w. ist.
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298. Telemaco Metaxa Sui principali morbi ehe dalle paludi deri-vano all' uomo e agli animali. Annali med. ehir. vol. IX. p. Gl. 83. Der Sohn sucht die Hypothese des Vaters zu vertheidigen, und der Anthrax wird durch dasselbe Sumpfgift erzeugt wie die Wechselfieber.
297.nbsp; nbsp; Od. Turchetti, sopra aleuni casi di malattia carbonchiosa nata per ingestione delle carni di un bue raorlo di glosso-antrace, con os-servaz. di Tel. Metaxa. Annali med. chir. toI. VII. p. 76.
Im Arnothale in Toscana herrschte der Glossanthrax unter den Rindern und verursachte bedeutende Sterblichkeit. Ein solcher Ochse wurde in Fu-secchio geschlachtet, und das Fleisch Ton vielen Leuten verzehrt; viele von diesen wurden mit Carbunkeln an den Lippen, am Halse, an den Armen be­fallen, 24 bis 48 Stunden nach Genüsse, sie erkrankten mit verschiedener Heftigkeit, am schwersten Kinder und Alte, die mehrsten genasen nach 6 bis 7 Tagen, aber mehrere starben; dagegen blieben diejenigen, welche den Ochsen geschlachtet und das Fleisch mit den Händen gehandhabt hatten, ge­sund. Turchetti schliesst sehr voreilig und gegen alle Erfahrung, dass das Essen des Fleisches im Allgemeinen schädlicher sei als das Berühren des­selben, Metaxa dagegen mit mehr Grund, dass das aufgenommene Gift sich durch die Haut zu eliminiren strebe (oder von ihm sclechter gesagt „ehe i carboni interni de'bruti tendono a esternarsi nell' uomo, divenendo cosi meno pericolosiquot;).
298.nbsp; nbsp;Grense, d. i. de pustula maligna. Berolini. 1838.8. Unbekannt. Vielleicht Verwechselung mit Greese?
299.nbsp; nbsp;Donath: Schwarze Blatter. Casper Wochenschr. I83S. p. 575. Vielleicht primärer Milzbrand des Menschen, was ich aus den primären
Fiebererscheinungen, der reinen Blasenform, und dem langsamen Verlaufe schliessen möchte.
300.nbsp; nbsp;Cramer (Aschersleben) Neue Fälle von Pustula maligna spontanea. Casper Wochenschr. 1838. p. 485.
Die 5 Fälle kamen in einer Gegend vor, wo Milzbrand enzootisch ist, dass zwei mal zwei Fälle bei Gliedern einer Familie vorkamen macht es et­was verdächtig, ob doch nicht krankes Fleisch genossen wurde, wo die Pu­steln auch am gewöhnlichsten am Kopf und Hals erscheinen.
301.nbsp; nbsp;F. G. Herbst d. i. de Anthrace contagioso. Berolini. 1S39. 8. Enthält ausser einigen bemerkenswerthen Beobachtungen besonders dan-
kenswerthe Mittheilungen über die Häufigkeit der Krankheit im unteren Thale der Bode und Saale, um die Orte Stassfurt, Nienburg, Calbe, Rose­burg, Wettin, in statistischen Tabellen von den Jahren ISIS—36.
302.nbsp; nbsp;H. Siederer d. i. de Anthrace sive Pustula maligna. Bero­lini 1839.
Enthält Erfahrungen des Vaters des Verfassers, in Nienburg.
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303.nbsp; nbsp;C. Schwabe, lieber die schwarze Blatter. Casper Wochenschr. 1838. p. 197,
304.nbsp; nbsp;C. Schwabe, lieber die Einwirkung des Rotz- Wurm- und Anthrax-Giftes der Thiere auf den menschlichen Körper. Weimar 1839.
Auch in dem Vaterlande des Verf. (Rudestädt) ist der Milzbrand en-zoolisch.
305.nbsp; nbsp;Jacob Levin, Darstellung der von den Hausthieren auf den Men­schen übertragbaren Krankheiten. Berlin 1S39 p. 95.
Fleissige, wenn auch gerade nicht Tollständige Zusammenstellung.
306.nbsp; nbsp;M. Geisbfisch, d. i. de Pustula maligne. Bonnae. 1840.8. Enthält sieben Beobachtungen von 3Ienscheninfectionen während einer
Milzbrandepizootie im Dorfe Friesdorf i. d. J. 1839. Mit mehreren Abbildungen.
307.nbsp; nbsp;Fr. Stahmann, Die blaue Blatter oder der Milzbrand bei Menschen und Thieren. Leipzip 1840.
Beschreibung des Milzbranddistrikts an der Bode und Saale. Sonst be­stätigt der Verf. nach einer ausgedehnten Erfahrung die Beobachtungen Andrer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^
308.nbsp; nbsp;Lowack, Geschichte einer Anthraxseuche unter den Lämmern zu Schädlitz (Pless i. Schlesien). Gurlt u. Hertwig. Magaz. B. YI. (1840) p. 17.
Ursache soll die atmosphärische Electricität gewesen sein. — Die An-thraxkrankheiten sind zunächst Folge einer Depression derlnnerration, welche wieder eine gehinderte Decarbonisation des Bluts zur Folge hat.
309.nbsp; nbsp;Lowack, über eine höchst schnell verlaufende Anthraxform bei den Schaafheerden zu Rudoltowitz bei Pless. Daselbst p. 29.
Ursachen sollen gewesen sein schneller Futterwechsel, dunstige Stallluft und Luftelektricität.
310.nbsp; nbsp;Kaltschmid Milzbrandfieber bei Pferden. Hering Repertorium B.II. p. VI.
Sogenannte apoplectische Form, die Ursache nicht ermittelt.
311.nbsp; nbsp;L. Bell, Ueber eine unter den Schweinen herrschende Milzbrand­krankheit. Hering Repertorium. B. II. (1841) p. 206.
Der bekannte Milzbrandrothlauf. ' Ursachen nicht ermittelt.
312.nbsp; nbsp;A. K z e a n. Sur l'epizootie des porcs de l'arrondissement de Brest. Annal. de la Soc. vet. du Finistere. vol. II. (1841). p. 11.
Der Beschreibung nach theils Milzbrandrothlauf, theils Rankorn. Die Krankheit herrscht seit 1826 alle Jahre im Sommer, an der Küste, nicht leicht weiter als ein paar Stunden in das Land. Als disponirende Ursachen betrachtet der Verf. Hitze, Feuchtigkeit und verdorbenes Kartoffelfutter; er­halten wird die Krankheit durch Contagium, 1836 wurde ein Mensch inficirt und starb; 1839 frass eine Hecrde die Cadaver der crepirten Schweine und
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wurde sogleich mit dem Rankorn befallen. Besonders verheerend war sie 1837 und 1839.
313.nbsp; nbsp;J. Auerbach d. i. de necroscopia hominum veu eno an-thracis exstinc torum, Berolini. 1841 8.
Wenn auch nicht ganz vollständig, doch fleissig und dankenswerth.
314.nbsp; nbsp;A. Pellzaeus d. i. de Carbunculo contagioso. Bero­lini 1841. 8.
313. Seidler, Ein Beitrag zur Geschichte des Milzbrand-carbunkels. Freuss. med. Vereinszeit. 1841. p. 51. Ein Fall der gewöhnlicheren Art.
316.nbsp; nbsp;Meyer, Vergiftung durch de n 6 e nus s des Fleis ches einer milzbrandkranken Kuh. Daselbst p. 149.
Der Titel ist nicht richtig, an 200 Menschen die von dem Fleische ge­gessen, erkrankten nicht, die 5 Personen die erkrankten und von denen 3 starben, hatten das Fleisch berührt.
317.nbsp; nbsp;6. Costa, Osservazione sulla Pustola maligna. T. Metaxa Annal. med. chir. vol. VII. (1842). p. 273.
Ein Arbeiter, der von dem Fleische einer milzbrandkranken Ziege geges­sen, bekam einen Carbunkel am Kinn. 318 Bonaccioli, Carbone dell' uomo. Bullet, scienz. med. di Bologna. 1842. Giugno. p. 418. Ein Thierarzt und zwei Bauern, die eine am Milzbrand gefallene Kuh ßecirten, wurden inficirt, der eine bekam leichte Blasen ohne Fieber, der andere oberflächliche aber zahlreiche Blasen mit Fieber, der dritte einen Car­bunkel an der Hand.
319.nbsp; Evrard, de l'angine gangreneuse. Journal veter. et agricole de Bel-
gique. vol. I. (1812). p. 314. Tödliche, coutagiöse Angina gangraenosa des Riendviehs eines Pachthofs bei Dinant, aber — ob Milzbrandbräune? Wahrscheinlich.
320.nbsp; nbsp;C. G. Hildebrandt, die Blutseuche der Schafe, deren Ursachen und Vorbeugung. Berlin. 1841. 8.
Der Verf. untersuchte im Auftrage der Regierung die Gegenden an der Bode, Sale und Elbe wo diese Krankheit enzootisch wüthet, und zeigt z.B. dass dort in 12 Schäfereien von circa 26650 Schafen 5205 im Durchschnitt sterben, und liefert die übrigens bekannte Beschreibung der Krankheit. Er gibt eine topographische Beschreibung der Gegend, und gibt folgende aetio-logische Verhältnisse an, auf deren Würdigung wir in einem eigenen Ab­schnitte kommen werden: 1, Die Krankheit erscheint am häufigsten in der heissen Jahreszeit, in den Monaten Juli, August und September be­sonders bei lange andauernder Hitze, Dürre und Gewittern; im Winter da­gegen kommen nur einzelne Erkrankungen vor; 2, sie findet sich am häufigsten auf den im besten Culturzustande befindlichen Gütern, mit einem lockeren,
Hentlnger, Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;a
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warmen, humusreichen Boden, auf welchem zwar leicht die Vegetation durch Hitze und Dürre leidet, aber nach der Erfrischung durch Regen auch bald wieder in üppiger Fülle dasteht; 3, in tief liegendin Thälern, in welchen sich Flüsse und Bäche befinden, wo wenig Luftzug ist, die Athmosphäre mit aufsteigenden Dünsten geschwängert ist. 4, Die Krankheit zeigt sich ver­heerend auf Gütern mit ungleichem Grund und Boden, wo auf den Höhen die Pflanzen leicht durch Hitze und Dürre vertrocknen, während in den Thälern noch üppige Vegetation besteht oder nach Regen schnell wieder entsteht. 5, Sie kommt vorzugsweise auf Gütern vor, wo die Pflanzen sehr am Befal­len d. h. am Honigthau, Mehlthau oder Rost leiden*). 6, Sie zeigt sich aber auch auf Gütern mit sehr leichtem sandigem Boden, der durch Regen­güsse fortgeschemml wird und den Grasrasen verschlammt; wo das Terrain durch Vertiefungen coupirt ist, die durch Abzugsgräben trocken gelegt werden müssen**). 7, Auf Weiden, die periodisch unter Wasser gesetzt werden. 8, Sie befällt Vieh dass nach vorheriger Magerkeil bei besserer Nahrung sich schnell erholt hat. 9, Der übermässige Genuss stark blähender, sehr saftreicher Futterstoffe verursacht die Krankheit selbst in solchen Ileer-den, wo sie sonst selten oder nie vorkömmt. 10, Reichliches Kornfutter oder übermässige Verabreichung von Klee erzeugte die Krankheit selbst im Winter allgemein. II, Dasselbe geschah bei zu warm gehaltenen Schaf­ställen; 12, aber auch bei Erkältungen während des Sommers nach Gewittern, besonders dann wenn die Athmosphäre sich bei Hagelschauern stark abge­kühlt hatte, durch Erkältungen bei der Wäsche der Schafe, bei dem Horde­lager auf durchnässter Erde. 13, Das Einathmcn von Sumpfluft in der Nähe von Brüchen vermehrte die Zahl der Erkrankungen. 14, Das jugend­liche Alter bis zum vierten Jahre scheint vorzugsweise zur Krankheit zu disponiren. 15, Die Krankheit befällt gewöhnlich die fettesten und vollsafligsten Stücke der Heerde. — Dagegen: 1, in der kalten Jahreszeit kommen weniger, oft gar keine Erkrankungen vor; kühle Witterung während des Sommers verminderte die Zahl der Erkrankungen und anhaltendes Regen­wetter tilgte die Seuche gänzlich. 2, wenn ein Theil der Heerde im Stalle mit trockenem Futter erhalten wurde, ereignete sich unter diesen Schafen kein einziger Erkrankungsfall, während bei dem auf der Weide gehaltenen Vieh die Seuche bestand. Nimmt man das Vieh von der Weide in den Stall, so vermindert sich die Zahl der Erkrankungen und zuletzt hören sie ganz auf.
*) Alle vorher genannten Bedingungen begünstigen aber eben dieses Erlaquo; kranken der Pflanzen!!
,*) Im Ganzen bezeichnet der Verf. wob! einen sandigen Boden mit tbonigem oder torfigem Unterboden'i?
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Die Contagiosität der Krankheit erwies der Yerf. auch durch Impfver-suchc. Mehrere Fälle von Infection von Menschen werden auch mitgethcilt. 321. a. 0. Delafond, Traite sur la maladie de sang des betes k laine etc. Paris. 1843.
b. 0. Delafond, die Blutkrankheit der Schafe und die derselben ähn­lichen Krankheiten. A. d. Fr. Ton C. F. Hartwig Berlin 1844.
Herr Delafond gestüzt auf eigene und amllichc Untersuchungen sucht die Diagnose und das Wesen mehrerer Schafkrankheiten, die zu den yerhee-rendsten gehören, festzustellen.
1. Im fünften Capitel handelt der Verf. von der Vergiftung der Schafe durch giftige Pflanzen. Etwas wunderlich klingt die Definition: „Der Haupt-silz ist in dem Labmagen und in den Gedärmen, seine Natur besteht in einer acuten Entzündung der Schleimhaut des Verdauungscanais, mitunter verbunden mit einer Veränderung des Blutes!quot; Also sollten die yerschiedenartigen Pflanzen gleich wirken! und es sollen keine darunter sein, die primär auf das Nervensystem wirkten! Ihre Aufzählung ist auch unvollständig. — Am wichtigsten für diesen Ort würden die parasitischen giftigen Pilse sein; ihre Aufzählung ist ungenau und weniger vollständig als bei Numan und Mar­chand, und bei beiden vermisst man Manches, z. B. das gewiss in manchen Jahren sehr wichtige Mutterkorn der Gramineen. Als Symptome werden an­gegeben: „Die Thiere leiden an Koliken von Diarrhöe begleitet, und haben ein schäumendes Maul; mitunter zeigen sich rolhe erysipelatöse Flecken auf der Haut; die Conjunctiva ist gelblich und trägt oft kleine Ecchymosen; das Blut ist schwarz und wenig gerinnbar, der Urin ist im natürlichen Zustande; das Herz schlägt heftig, der Puls ist immer klein und schnell, die Mattigkeit bedeutend; vorübergehender Schauer, keine Convulsionen (?). Der Verlauf ist ziemlich schnell, die Thiere sterben in 24 bis 36 Stunden, und manchmal viel früher, je nach der Menge, die sie gefressen. Nach dem Tode findet man rothe Flecke an den Zotten der Schleimhaut des Pansen und des Blätter­magens. Die innere Fläche des Labmagens und der Gedärme ist geröthet. Schwärzliche Flecken sind hier und da verbreitet, Ecchymosen in den Mesen-terium, den Nieren, der Milz und Leber. Ein wenig gelblicher Urin in der Blase. Nichts bemerkenswerthes im Herzen und an den Lungen. Das in den Gefässen enthaltene Blut ist schwarz und ungerinnbar. Thär hat bewie­sen, dass wenn die säugenden Schafe schimmlichen Klee fressen, die Lämmer eine eigenthümliche Lähmung mit Hinken begleitet bekommen, dem nach 3 bis 4 Tagen ein tödtlicher Krampf folgt.quot; Wo sind denn hier die Zeichen der Entzündung ? und was beweisst denn, dass der Zustand in dem man das Blut findet, eine unmittelbare Folge der Beimischung des Pilzgifts, und nicht Folge einer Störung der Innervation ist?
3. Im sechsten Capitel handelt der Verf. von der rothen Krankheit oder der Krankheit der Sologne. Bekanntlich ist die Sologne ein ebener Land
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Btrich mit wenig fruchtbarem thonigem Boden, mit sehr vielen Teichen, be­ständig feucht, oft überschwemmt, die Gramineen allgemein krank, sie ist das wahre Vaterland des Mutterkorns; die Menschen leiden allgemein an Wechselfiebern, der Mutterkornbrand ist häufig. Da ich es in der Folge er­sparen kann, so will ich die Symptome und Sectionsergebnisse nach Dela-fond hierher setzen: „Das von dieser Krankheit befallene Schaf ist nie­dergeschlagen und bleibt hinter der Heerde zurück, seine Wolle ist borstig und sein Auge blass und thränend; seine Haut und sein Zahnfleisch sind mehr bleich als rosenroth; wenn man aus der Jugularvene Blut ablässt, so findet man dasselbe dünnflüssig, und es färbt die Hand nur wenig, wird es in einem Gefässe aufgefangen, so geht seine Gerinnung langsam vor sich, und das Geronnene enthält viel Serum, auch ist es von geringerem speeifi-schen Gewicht als das gesunde Blut. Zu diesen, der Krankheit vorangehen­den Zeichen gesellen sich bald andere, die den wirklichen Ausbruch und Verlauf des Uebels anzeigen: Ein kalter schleimig - seröser Ausfluss kommt aus den Nasenlöchern, das Maul ist warm, das Thier säuft übermässig viel und erscheint stets aufgeregt; bald entströmen seinen Augen blutigröthliche Thränen, und ein übermässiger gallertartiger, mitunter auch, doch seltener, ein mehr dicker mit Blut untermengter Auswurf fliesst aus beiden Nasen­löchern. Die anfangs mit Blutklumpen bedeckten Darmexcremente werden bald flüssig, schleimig und von fast reinem Blute geröthet. Der Urin geht zuerst röthlich, alsdann mit Blutkügelchen gemengt ab. In dieser Periode der Krankheit ist das Blut im Herzen und in den Adern rosenroth, färbt die Hände und die Leinwand wenig, und gleicht dem Wasser von abge­spültem Fleische, beim Gerinnen bildet es einen sehr wenig consistenten Blutkuchen, und scheidet viel Serum aus. Später zeigen sich Wasserge­schwülste unter den Ganaschen und den Vorderfüssen; die Thiere sind äus-serst schwach, verlangen nicht auf die Weide, bleiben liegen, geben viel Speichel von sich und trinken übermässig stark. Viele Thiere entleeren zu Ende der Krankheit ungemein viel Urin und bekommen eine sehr erschö­pfende Diarrhöe, und wenn nicht eine zweckmassige Cur statt findet, so endet der Tod in der Regel diese Leidens - Scene, deren Dauer mindestens zwei bis drei und höchstens acht bis vierzehn Tage ist. — Die Cadaver gehen langsam in Fänlnisa über, aus den Unterhautgefässen entfiiesst beim Los­machen der Haut nur eine geringe Menge rosenrothen Blutes. Das Fleisch ist mehr blass als roth. Die Eingeweide zeigen theils auf der inneren, theils auf der äusseren Fläche hier und da Ecchymosen. Die Dünndärme enthalten niemals Blut. Die Nahrungsstoffe sind nur von etwas blutigem Schleime ge­röthet. Tessier, der diese Krankheit in der Sologne im Grossen unter­sucht hat, spricht in seiner Abhandlung über die Merinos durchaus nicht von Veränderungen der Milz. FI a n d r i n sagt: „Die Milz ist voluminöser als gewöhnlich, sie bietet auf ihrer Oberfläche und besonders an dem auslaquo;
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seren abgerundeten Rande kleine blasenartige Erhöhungen dar, die mit einer dicken röthlichen Flüssigkeit gefüllt sind; ihr Farenchym ist dicker als ge­wöhnlich und minder dunkelroth.quot; Ich habe bei allen von mir secirten Ca-davcrn nur hie und da einige Ecchymosen in der Masse des Milzgewebes be­merkt Die lymphatischen Drüsen des Mesenteriums und an allen übrigen Körpertheilen sind nicht rerändert. Die Nieren sind im normalen Zustande, die Blase enthält eine geringe Menge röthlichen oder von Blut gerötheten Urins; die Nasenhöhlen sind von blutigem Schleime verstopft. Die Bronchien enthalten einen blutstreifigen Schleim, die Lungen sind mit kleinen Ecchy­mosen besäet, das Herz zeigt mitunter in seinen Kammern kleine braune Flecke, Blut ist in den Gefässen nur in geringer Menge vorhanden, und bildet ein zusammengeschrumpftes Gerinnsel von hellrosenrother Färbungquot;.
In einem sumpfigten Dicstricte in meiner Nähe kam in einigen Jahren eine ganz ähnliche Krankheit vor, ich hielt sie für eine Complication von Fäule und Milzbrand.
3. Der Milzbrand der Schafe. Die Beschreibung, die Delafond vom Milzbrand der Schafe gibt, ist etwas zu einseitig, indem mehrfache Modificationen vorkommen, indessen muss ich sie des Folgenden wegen eben­falls mittheilen: „Wenn das Brandfieber eintritt, so empfindet das Schaf vorübergehende Schauer, ist betrübt, bleibt im Schafstalle liegen, oder geht auf dem Felde hinter der Heerde her; die Haut der Nase, die Augenlider, die Lippen, die Conjunctiva haben, anstatt eines lebhaften Rosenroths, eine bläulichschwarze oder dunkle Färbung; das Thier ist schnell entkräftet, schwach und schwankend; alsbald zeigen sich kleine braune Flecken auf der Schleimhaut der Äugen und auf der Haut; oft auch bemerkt man Wasser­geschwülste von einem bläulichen lividen Roth am Kopfe, unter den Kinn­laden, an den Schamleisten, an den Eutern; man hört ein Knistern, wenn man die Haut in der Lendengegend zusammendrückt. Oeffnet man die Jugular- oder irgend eine andre Vene, so fliesst ein schwarzes Blut aus dem Gefässe; das in einer Schale aufgefangene Blut bleibt oft ohne Gerin­nung und geht sehr schnell in Fäulniss über. Der Verlauf der Krankheit ist schnell; während desselben empfinden die Thiere heftige Schauer, mit­unter ist das Maul warm, trocken, manchmal ist die Schleimhaut kalt und ein übermässiger Speichel entfliesst den Lippen. Einige Thiere empfinden Koliken, welche von Ausleerungen durch den After begleitet werden, die von Blut geröthet sind; andere geben einen blutigen Urin von sich und werfen ein schäumendes Blut durch die Nasenlöcher ans; die schwarzen Flecke der Haut und Conjunctiva vermehren und dehnen sich bald weiter aus; die Wassergeschwülste werden livid, schwarz, unempfindlich und gehen in Brand über; es zeigt sich eine allgemeine Windgeschwulst; ein schwarzes leicht gerinnbares Blut fliesst aus den Gefässen der geöffneten Venen, die Geschwülste schrumpfen zusammen, werden brandig und der Tod endigt dann
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diese Scene. Die ganze Dauer der Krankheit variirt, je nach der Heftigkeit ihres Auftretens und dem Alter der Thiere; die jungen Thiere sterben in der Regel nach einer kürzeren Zeit als die erwachsenen und alten. Jedes­mal ist ihre Dauer nicht unter einer Stunde, und nicht länger als 12 bis 24 Stunden. — Die Cadaver zersetzen sich mit grosser Schnelligkeit, wo­bei sie einen unerträglichen aashaften Geruch verbreiten; ein schwarzes Blut fliesst aus allen grossen Venenzweigen; gelbliche Infiltrationen zeigen sich im Unterhautzellgewebe und in den Muskeln, sowohl in den Gegenden, wel­che mit den ödematösen Geschwülsten in Berührung stehen, als auch und hauptsächlich in der Kehlgegend; die Mesenterialgefässe sind mit einem schwarzen Blute gefüllt, seröse und blutigseröse Ergiessungen finden sich zwischen den Lamellen des Mesenteriums; die Gedärme enthalten mitunter einen schwärzlichen, stinkenden Brei, der von dem ergossenen und zersetz­ten Blute herrührt. Die Schleimhaut ist schwarzroth und mit Blut infiltrirt, das Zellgewebe unter der Schleim- und serösen Haut strotzt von röthlichem Serum; die Milz ist mitunter gross und mit einem schwärzlichen und schon zersetztem Blute angefüllt, manchmal bietet dieses Organ nur schwarze, mehr oder minder breite Flecken dar, welche seine Oberfläche und seine Dicke einnehmen; die Kierensubstanz ist eben so wie die Blase mit Ecchy-mosen besäet, eine seröse Infiltration findet sich im Leibe oft in der Len­dengegend; die Leber ist gelblich, und braune oder liride Flecken zeigen sich in der Dicke ihres Gewebes; die Lungen bieten viele Ecchymosen dar; die Bronchien zeigen nichts Bemerkenswerlhes; die Höhlungen des rechten Herzens, die grossen Venen sind mit einem flüssigen, dicken, sehr schwar­zen Blute gefüllt, von welchem die polirten Instrumente anlaufen; die Lymph­drüsen der verschiedenen Theile des Körpers sind schwarz, erweicht und mit Ecchymosen bedeckt.quot;
Der Milzbrand herrscht vorzüglich in Foiton und Languedoc. Er ist ansteckend für Schafe, wie für andre Thiere und Menschen und das Conta-gium kann weit verschleppt werden.
4. Die Blutkrankheit. Sie herrscht in der Beauce, wo der Unterboden vorzüglich aus eisenhaltigem Thonmergel besteht. — „Schafe, welche die­ser Krankheit ausgesetzt sind, zeigen ungewöhnliche Lebendigkeit und Auf­regung; die Haut, besonders die feine röthliche, welche die Augenwinkel bildet, und die Nasenspitze und Ohren umgibt, nimmt eine lebhafte rothe Färbung an. Das Blut aus der Jugularvene dieser Thiere ist schwarz, ge­rinnt in 3 bis 4 Minuten (im gesunden Zustande in 6 bis 7 Min.) und man findet in ihm einen grossen Reichthum an Blutkügelchen und Eiweissstoff, da­gegen eine Armuth an Wasser. Wenn die Heerde im Freien ist, so sieht man oft die schönsten, fettesten und jüngsten Thiere einige Augenblicke stehen bleiben, den Kopf vorstrecken, die Nasenlöcher erweitern, das Maul öffnen und mühsam athmen, jedoch vergeht diese Athemnoth bald wieder;
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viele von ihnen lecken während der Fütterung an den Mauern und suchen nach salpeterigter Erde; nach dem Fressen ist der Bauch aufgetrieben, aber diese krankhafte Verstimmung dauert immer nur kurze Zeit. Diese Zeichen sind von hoher Wichtigkeit, wenn man sieht (indem man die Thiere durch Drücken an den Nasenlöchern und am Maule zum Harnen zwingt), dass der Urin röthlich oder bereits blutig ist, und wenn man im Hürdenschlage oder im Schafstalle bemerkt, dass mehrere Fliesse durch den Urin Ton schon er­krankten Thieren roth gefleckt erscheinen, die Krankheit wird sich dann als­bald zeigen. Das erkrankte Schaf hört alsdann auf zu fressen, es bleibt hinter der Heerde zurück und athmet schnell und mühsam; sein Blick ist unstät, es stolpert im Laufen, schnauft, röchelt, entleert aus der Nase einen blutigen Schaum, stürzt dann hinten über^ zuckt krampfhaft mit allen vier Füssen, lässt eine geringe Quantität eines blutigen Harns, entleert bisweilen blutig gefärbte Excremente und stirbt endlich nach 5 — 10, 15 — 20 Mi­nuten , oder längstens nach einer, zwei oder höchstens 3 Stunden. Nicht immer jedoch gehen der Krankheit die genannten Symptome voran, sie tritt auch oftmals plötzlich auf und endet eben so schnell; in diesem Falle ist das Thier zwar plethorisch aber munter; es frisst mit grossem Appetit und zeigt im Allgemeinen allen Anschein einer vollkommenen Gesundheit, mit einem Male hört es auf zu fressen, oder wiederkäut nicht, dehnt, krümmt sich, stürzt nieder, schlägt krampfhaft um sich, entleert aus der Nase blu­tigen Schaum, lässt einige Tropfen blutigen Harns fliessen, und stirbt in 5 bis 10 Minuten. — Der Cadaver geht bald in Fäulniss über!, die Haut ist fast immer geröthet und injicirt, die Capillargefässe unter derselben strotzen von Blut und ergiessen es reichlich, wenn die Thiere abgehäutet werden; mit der Luft in Berührung wird die innere Fläche der Haut leb­haft geröthet; das Zellgewebe in der Gegend der Kehle und der Ohrspei­cheldrüsen ist häufig mit schwarzem Blute infiltrirt!; das Fleisch immer roth und fest; die Milz im normalen Zustande, braunröthlich, von fester Con-sistenz und 30 bis 60 Grammen (1—2 Unzen) schwer, ist fast in allen Cadavern vergrössert, 250 — 500 Grammen (1 bis iVj Pfund) schwer, beim Einschnitt entleert sie ein schwarzes schmutziges Blut, das die Hände sehr dunkclroth färbt. Bei manchen Thieren, die im Anfange der Krankheit und während ihres Verlaufs getödtet wurden, war die Milz wenig vergrössert, aber nichts desto weniger zeigten sich an mehreren Stellen, vorzüglich an ihren Rändern und ihrer Basis, schwärzliche Ergiessungen, welche Ecchy-mosen bildeten, die Thiere aber, welche an den Folgen der Krankheit star­ben, zeigten eine vergrösserte, schwarze und von Blut strotzende Milz! Der Pansen, die Haube und der Blättermagen enthalten die Nahrungsstoffe und zeigen nichts Bemerkenswerthcs; der Labmagen enthält immer eine geringe Menge des Futters und eine Flüssigkeit von saurem Geruch; die zwei vor­deren Drittel und sehr selten auch das letzte Drittel dei Dünndarms aiai
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gewöhnlich mehr oder minder dunkelroth; die Gekrösvenen auf demselben sind schwarz und mit schwarzem Blut gefüllt, es zeigen sich kleine Blut­flecken (Ecchymosen) auf den Blättern des Gekröses nahe an diesen Gefässen; in manchen Fällen findet man das Capillargewebe und die Zotten der Schleim­haut in lebhafter Böthung baumartig verzweigt und ihre Oberfläche mit einer dünnen Schleimschicht bedeckt; in andern Fällen sind die Zotten und die verdickte Schleimhaut von einem lebhaften Roth; ausserdem findet man das Schleimhautgewebe von schwärzlicher Färbung, erweicht und von Blut strotzend, welches mit etwas Schleim, Epitelium und einer Menge von Nah­rung gemischt die Schleimhaut umspült, und oft den ganzen Raum des Ein­geweides ausfüllt. Der Dickdarm zeigt nur selten bemerkenswerlhe Krank­heitsspuren. Die Leber hat eine schwärzliche Färbung, ist von fester Con-sistenz und zeigt keine Veränderung. Die Nieren sind stets dick und schwarz-roth auf der Oberfläche; die Röhrensubstanz zeigt immer eine sehr schwarze Farbe, die ins Becken mündenden Harnröhrchen sind dick und sehr sichtbar, drückt man mit einem Scalpel von der Peripherie der Niere gegen das Becken hin, so sondern sie eine beträchtliche Menge eines blutigen Harns aus. Die Blase enthält öfters Urin, der von Blut roth gefärbt ist, ihre Schleimhaut findet sich bisweilen injicirt und geröthet. Die grossen Venenstämme, die Capillargefässe der Farotiden, der Maxillardrüsen des Zellgewebes und der Muskeln um den Schlund und Kehlkopf strotzen von schwarzem Blute, das sich sehr reichlich entleert, wenn man einen Querschnitt durch die Kehle macht, um den Kopf vom Rumpfe zu trennen. Die Nasenhöhlen sind mit blutigem Schaum angefüllt, ihre Schleimhaut ist schwarzröthlich und strotzt von Blut. Die Schleimhaut des Kehlkopfs zeigt eine schwärzlichrothe Fär­bung und ist, besonders an den Rändern der Stimmritze stark injicirt. Die rosenroth gerötheten Lungen sind mit kleinen hirsenkorn- oder linsenför­migen Flecken bedeckt, welche von kleinen umgrenzten Blutergiessungen herrühren und die kleinsten Lungentheilchen einnehmen. Diese kleinen Blut­ergüsse, welche in mehreren Lungenbläschen ihren Sitz zu haben scheinen (?}, sind, wenn man sie bei einer zweihundertmaligen Vergrösserung untersucht, um so zahlreicher und ausgedehnter, je beträchtlicher die Blutaus tretung in den Bronchien gewesen war, und je mehr Blut das Thier in den letzten Le­bensmomenten aus der Nase entleerte. Die Bronchienäste sind mit blutigem Schaum gefüllt; die lebhaft injicirte Schleimhaut in der Verzweigung der­selben ist in den grossen und mittleren Aesten dunkelroth, in den kleinen und kleinsten Aesten aber schwarzroth. Die Schilddrüse ist bei den Läm­mern schwarz und mit Blut gefüllt. Das Blut in der Pfortader, in den Hol-, Hals- und andern grossen Venen ist sehr schwarz und selten geronnen, mit der Luft in Berührung gebracht, nimmt es bald eine dunkle Färbung an; die rechte Herzkammer findet sich durch eine Menge schwarzen Bluts er­weitert, die linke dagegen ist gewöhnlich leer. Die lymphatischen Drüsen
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des Mcsentcriums, an dem untern Theile der Lenden und Flanken, an den Bronchien, bei ihrem Eintritt in die Brusthöhle, und in der oberen und un­teren Gegend des Schlundes zeigen sich durchgehends geröthet oder schwärz­lich, entweder in ihrem ganzen Umfange oder an einzelnen Punkten ihrer Oberfläche; das Gewebe derselben ist wie marmorirt Ton schwarzen und ro-then Punkten, welche von kleinen Blutergiessungen herrühren. Die Sinus der harten Hirnhaut sind in vielen Cadavern mit einer grossen Menge Bluts gefüllt, die Arterien und Venen des Gehirns strotzen von Blut. Die Gehirn-sowie die Rückenmarkssubstanz sind gesund. Endlich muss ich noch be­merken, dass die mannigfaltigen Störungen, die ich beschrieben habe, kei­neswegs immer zu gleicher Zeit statt finden, bei dem einen Thiere treten sie in der Milz, in den Nieren auf, bei einem andern ist die Milz wenig angegriffen, dagegen zeigt sich die Darmschleimhaut schwarz und die Ein­geweide sind mit Blut angefüllt. Bei dem einen sieht man die Säfte nach der Haut streben, in die Capillargefässe des Unterhautzellgewebes, wo dann das Blut ausströmt, wenn man die Haut von demselben trennt, bei einem andern endlich sind es die Bronchien, die Lungen, welche die bemerkens-werthesten Störungen zeigen. Die Störungen, welche die Blutkrankheit veranlasst, sind um so ausgedehnter, die Gefährlichkeit derselben ist um so grosser, der Bluterguss um so stärker, wenn die zwei- bis dreijährigen Thiere wohl genährt sind.quot;
Die Ursachen der Krankheit, die nach ihm durchaus nicht ansteckend ist, findet Herr D. vorzüglich in der Ueberernährung der Thiere und in dem eisenhaltigen Thonmergel, der den Boden der Beauce bildet. Die letz­tere Ansicht so sonderbar sie scheinen mag, ist doch nicht neu! Bereits im Jahre 1786 hat Fougeroux*) dieselbe Meinung geäussert, die also wahrscheinlich in jenen Gegenden herrscht; ja auch in Deutschland hat sie noch früher schon geherrscht **)! Wahrscheinlich hat doch nur die rothe Farbe des Bodens zu dem Glauben geführt.
,. Herr Delafond, krank an der epidemischen Jatrochemik, weiss sich das Wesen dieser vier, seiner Meinung nach ganz verschiedenen Krankhei­ten, nicht anders zu erklären als aus der Annahme von vier auch ganz verschie­denen primären Blutdyscrasien! Sonderbar, dass unser Herr Gott in Frankreich die Schafkrankheiten so merkwürdig vertheilt hat, dass in Poitou und Lan-guedoc der Milzbrand, in der Sologne die rothe Krankheit, in der Beauce
•) Fongeroux de Bondaroy, nur les effets d'nn sol de terre ronge dans les bergeries et les moutonneries. Memo ires d'Agricnlt. de Paris 1786. p. 144. *•) Ockonom. Nachrichten der patriot. Ges. in Schlesien. 1773. I. p. 21raquo;.
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die Blutseuche regiert! Sollte es denn nicht etwa natürlicher sein anzu­nehmen, dass das Milzbrandgift anders auf die faulen Schafe in der sumpfi­gen Sologne, und anders auf die gutgenährten in der hohen trockenen Beauce, und wieder anders im tiefen heissen Langnedoc wirke? Doch die Beantwortung dieser Frage hängt ab von der Entscheidung der Frage, ob die hier geschilderte Blutseuche in der Beauce gleich sei der in Deutschland herrschenden Blutstaupe (in welchem Falle mehrere Angaben des Verfassers gleich verworfen werden müssen), auf diese können wir hier aber noch nicht eingehen, sondern werden später darauf zurückkommen. 323. M. F. Char Her, Sur la congestion sanguine apoplectique du mou-
ton, connue sous le nom de sang etc. Rccueil de Med. vet. Vol. XXII.
p. 325. Herr Ch. tritt ganz in die Fussstapfen seines Lehrers Delafond, des­sen Ansichten er Tollkommcn theilt; auch er will in seinem Yaterlande (der Champagne) vorzüglich den Einfluss des Bodens beobachtet haben, und sie vorzüglich auf trockenem Kalkmergel oder eisenschüssigem Sandboden beob­achtet haben. Auch er will durchaus kein Beispiel einer Infection kennen, hält die Krankheit für durchaus verschieden von Milzbrand und bekämpft die entgegengesetzten Ansichten und Erfahrungen einiger Collegen.
323.nbsp; nbsp;L. Bell, über eine unter den Schweinen herrschende Milzbrand­krankheit. Hering Rcpert. B. II. (1841) p. 206.
Der gewöhnliche Milzbrandrothlauf der Schweine. Wesentlich fand der Verf. immer zunächst die Leber, dann Milz und übrige Ffortader krankhaft verändert; der Verf. glaubt daher, dass das primäre Leiden in einer er­höhten Venosität der Leber bestehe. Die bisher angenommenen Ursachen fand der Verf. ungegründet, weiss aber nicht, welcher Ursache es zuzu­schreiben sei, dass die Krankheit seit 10 Jahren in seiner Gegend ein­heimisch ist.
324.nbsp; nbsp;v. T o b e 1, Ansteckung durch Milzbrand, v. Fommer Schweiz. Zeitschr. B. VI. (1841) p.457.
Der Schlächter einer milzkranken Kuh wurde inficirt und starb, wäh­rend das Fleisch von vielen Menschen ohne Nachtheil verzehrt wurde.
325.nbsp; nbsp;E g a n, über den Blutschlag unter den Schafherden zu Rcchnitz in Ungarn. Kuers Magazin von Beobachtungen u. Erfahrungen u. s. w. H. 2. (1842) p. 26.
Besonders im Gegensatz zu den Abhandlungen von Delafond und Charlier ist diese Arbeit sehr beachtenswerth. Uebereinstimmend mit den genannten Aerzten fand er die Krankheit bei übernährten Schafen, be­sonders auch wie jene nach Körnerfütterung, vorzüglich im heissen Sommer, bei anhaltender Dürre, aber oftmals erst, nachdem ein Gewitterregen die schwüle Luft abgekühlt hatte. Der Verf. sah aber die Krank­heit auch oft mit Carbunkeln, und von ihrer Contagiosität überzeugte er sich
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sehr bestimmt durch Impfrersuche. Wurden ans andern Gegenden Schafe auf die Trift gebracht, so verfielen sie selbst schon nach einer Woche in die Krankheit, und jede zufällige Verletzung im Sommer nahm gern durch Brand daran Theil. Andere enzootische Krankheiten kamen dort nicht vor.
326.nbsp; nbsp; Hübner, Schnelle Wirkung des Milzbrandgiftes durch den Genuss des Fleisches bei Hunden. Nebel und Vix Zeitschr. B. IX. p. 208.
Einem Schäfer bei Marburg erkrankte plötzlich ein Lamm und crepirte (der Beschreibung nach offenbar am Blutschlag), er gab das Fleisch seinen beiden gesunden Hunden; beide erkrankten auf der Stelle, der eine crepirte nach einer Viertelstunde, der andere, der das Fleisch ausgebrochen hatte, doch nach einer halben Stunde. „Beim Abdecken der Hunde fand man, dass die Adern des Halses erstaunlich angeschwollen und aus den Muskeln des Halses und der Brust, wie beim Lamme, überall das Blut erbsendick heraussickertc; die Lungen waren voll geronnenen Blutes, auch die Leber war mit Blut über­füllt; der zuerst crepirte Hund hatte noch das Fleisch im Magen, dieser aber sowie die Gedärme, schienen gesund zu sein; der zulezt crepirte hatte nichts mehr im Magen, nur war derselbe an mehreren Stellen roth.quot; — Derselbe erzählt folgenden Fall: „Der Schäfer Beil zu Radenhausen hatte einen ab­gebundenen Schafbock welcher im Sommer 1831 unter ähnlichen Symptomen crepirte, nachdem derselbe abgedeckt war, blieb er im Felde liegen und am andern Morgen fand der Schäfer dicht bei demselben einen crepirten Raben welcher höchst wahrscheinlich durch den Genuss des Fleisches augenblicklich getödtet worden war.quot; — Der Herausgeber Vix fügt folgenden Fall hinzu: „Vor drei Jahren machte ich an einem am Milzbrande gefallenen Ochsen die Section, mein Hund leckte etwas von dem auf der Erde sich sammelnden Blute, bekam nach 12 Stunden Brandblasen im Maule, einen geschwollenen Kopf und kam nur durch grosse Mühe mit dem Leben davon.quot;
327.nbsp; nbsp;Buisson, Observation sur le sang de rate. La Clinique veter. vol. XIV. p. 107. (1843).
Die Beobachtungen enthalten nichts Neues, dabei 3 Fälle von Infection von Menschen, wovon zwei tödtlich. Die aetiologischen und pathologischen Ansichten des Verfassers können auf keine Beistimmung rechnen.
328.nbsp; nbsp;A. Kentel, d. i. de Pustula maligna Berolini. 1844. 8.
329.nbsp; nbsp;R. Kr e hei, Pustula maligna. Med. Zeit. Russlands. 1844. N. 24.
330.nbsp; nbsp;Pobrowsky, die Sibirische Seuche a. d. Russischen übers, v. A. Meyer. Med. Zeit. Russl. 1844. N. 18.
S. unten Haupt.
331.nbsp; nbsp;J. Ho well, An account of a singular disease, principally affecting the spleen of cows. The veterinary Record and Transactiones vol. I. p. 129.
Der Milzbrand scheint in England unter Schafen und Rindern keines­wegs so sehr selten, und ist im Volke unter dem Namen the Trembles be-
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kannt; um so merkwürdiger ist es aber, die Aerzte in England so wenig mit der Krankheit vertraut zu sehen, und so muss man sich auch wundern hier ganz alltägliche Fälle, die dem Verf. 1844 vorkamen, als a very singular disease beschreiben zu sehen.
332.nbsp; nbsp;R. de Gumbleton Daunt, on the use of the Chiococca racemosa, the Cainca, for charbon in the horse. The reter. Ricord vol. I. p. 305.
Den Gebrauch dieses Mittels gegen den in Brasilien häufigen Milzbrand kannte man bereits aus den Schriften von Martins. Was wir bis jetzt von ' den Bestandtheilen und der Wirkung der Chiococcaarten wissen, könnte wohl für ihre Wirksamkeit sprechen; und sind unsre in der Folge zu erörternden Ansichten von dem Wesen der Krankheit nicht ganz unrichtig, so möchte sich vielleicht auch ihre Wirkung erklären lassen, und vielleicht könnte man auch auf die Anwendung ähnlicher Mittel geführt werden.
333.nbsp; nbsp;W. Ernes, On charbon. The veterin. Record vol. I. p. 309. Wahrscheinlich durch die vorhergehende Nachricht veranlasst beweisst
diese, nach französischen Autoren gegebene, Darstellung nur von Neuem die llnbekanntschaft der englischen Aerzte mit der Krankheit.
334.nbsp; nbsp;Ginoux, sur une gastro-enterite charbonneuse regnant sur les co-chons dans le Sieme arrond. des Bouches du Rhone. Mcm. de la Soc. vet. des Bouches du Rhone, vol. I. (1844) p. 20.
Eine sehr verheerende Milzbrandbräune nach dem Verf. Folge von häufigen Nebeln und von Ueberschwemmungen der Durance; während einer Reihe von Jahren.
335.nbsp; nbsp; Segretain, sur le typhus ä la Guadeloupe. La Clinique veter. vol. XV. (1844) p. 473.
Schon in früheren Zeiten wurde der enzootische Milzbrand mit der Rin­derpest verwechselt, und so wird er hier als Typhus beschrieben; mehrere bei der Lesung gegenwärtige Thierärzte machten sogleich dieselbe Bemerkung.
336.nbsp; nbsp;Rychner, Der Milzbrand im Bernerschen und Freiburgischen Hoch­lande. Zeitschr. f. Rindviehkunde. B. I. (1845). p. 124.
Milzbrand apoplektischer Form war in diesem Sommer ungewöhnlich häufig. Als Ursachen werden angegeben, Ermattung, grosse Hitze, Ueber-fütterung, grosse elektrische Spannung!
337.nbsp; A. Gerlach, Die Blutseuche der Schafe in Rücksicht der Ursachen u. s. w. Magazin f. Thierheilk. B. XI. (1845). p. 113. n. XII. p. 310.
Ohne Zweifel die umfassendste, gründlichste und gediegendste Arbeit die wir über diese Krankheit erhalten haben. Sie kann als vollständige Wider­legung der Arbeiten von Delafond und Charlier betrachtet werden, obgleich der Verf. diese Schriften noch nicht kannte.
Genau beschreibt der Verf. die Fluren des Kreises Heltstädt wo der Milzbrand gar nicht, wo er selten und wo er sehr häufig vorkommt; die Schlüsse die der Verf. aus der Bodenbeschaffenheit zieht, werden indessen in unserer Umgegend widerlegt.
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Besonders grosse Aufmerksamkeit hat der Verf. auf die Ursachen der Krankheit gewendet. Primären Milzbrand gibt der Verf. nur bei Herbivoren und Omnivoren, nicht bei Cariiiroren und nicht bei Menschen zu, worin wir theilweise anderer Meinung sind.
Als prädisponirende Ursachen betrachtet der Verf.: Anhaltend heisse und trockne Witterung, Mephitische Dünste von faulenden organischen Stof­fen, Vollblfitigkeit, Mangel an Trinkwasser, Vieh aus Gegenden wo die Blutsenche gar nicht herrscht.
Die veranlassenden Ursachen sucht der Verf. nur in den Futterstoffen. Wir glauben nicht, dass er die allgemeinere Erfahrung für sich hat, wenn er den Einfluss des Bodens auf die Nahrhaftigkeit der Futterstoffe in An­schlag bringt; dagegen stimmen wir ihm vollkommen bei, wenn er die Haupt­ursache in dem Genüsse kranker mit parasitischen Pilzen bedeckter Nahrungs-stoffe findet; dafür führt der Verf. eine Menge interressanter und wichtiger Beobachtungen an, uns sind deren ebenfalls bekannt. Ob Sumpfmiasma anzuklagen sei darüber wagt der Verf. nicht zu entscheiden.
Begünstigt wird die Entwiklung durch: Erkältungen, anhaltendes Treiben und Hetzen, Ueberfressen, schwüle Gewitterluft.
Die Blntseuche ist eben so und vielleicht im höheren Grade ansteckend als irgend eine andere Milzbrandform (wovon wir uns ebenfalls oft überzeugt haben); die Fälle die der Verf. anführt, sind indessen sehr wichtig in vieler Beziehung. Die Katzen sind nach dem Verf. viel empfänglicher für das Milzbrandcontagium als die Hunde. Unter den Fällen von Infection von Menschen ist einer besonders wichtig weil er durch Einathmen des Contagi-ums erfolgte. Der Verf. theilt mehrere beweisende Impfversuche an Scha­fen mit.
So sehr wir in Beziehung auf das äussere ursächliche Moment mit dem Verf. übereinstimmen, so wenig ist dieses der Fall in der pathogenetischen Erklärung des Wesens der Krankheit, der Verf., hierin mit den mehrsten Neuern übereinstimmend: „Die nächste Ursache oder das Wesen der Blut­seuche,, wie aller andern Milzbrandformen, besteht nach meiner Ueberzeugung, primär in einer Vergiftung des Bluts, die bei idiopathischer Entwickelung vom Darmcanal ausgeht, und durch Zuführung sehr differ enter pathischer Stoffe bewirkt wird, bei der Ansteckung aber durch Aufnahme des An­steckungsstoffes auf verschiedenen Wegen ins Blut zu Stande kommt. Das Blut wird nach Art. der Venosität entartet, Faserstoff und Eiweisstoff werden vermindert, auf dessen Kosten bildet sich eine eigenthümliche, gelbe sulzige Materie, Anthramaterie, die Blutkfigelchen verlieren ihre lebendig tonische Kraft, die Gerinnungsfähigkeit geht gradatim verloren, die Vitalität wird be­einträchtigt, Kohlenund Wasserstoff werden vorheerrschend, ein Contagium wird entwickelt, es neigt zur Dissolution und der Chemismus überhaupt tritt her­vor. Bei diesem also entarteten Blute sinkt, als nächste und nothwendige
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Folge die Energie des ganzen Nervensystems und mit ihr die Innemtion der Organe, wodurch diese wieder in ihrer Function abnorm werden; so wird zunächst die elastische Spannkraft der Arterien gelähmt, es bilden sich pas­sive Congcstionen und Blutstockungen in verschiedenen, besonders blutreichen Organen und selbst im Gehirn; es treten nicht selten passive Blutflüsse ein, und je nachdem die pathische Entartung des Blutes mehr oder weniger schnell im hohen Grade, und hiermit die lähmende Wirkung auf das ganze Nerven­system und Blutstockungen in edlen Organen, z. B. im Gehirn, zu Stande kommen, tritt auch der Tod mehr oder weniger schnell, oft plötzlich, apo-plektisch ein.quot; Der Verf. ist zu sehr befangen in der modernen Chemiatrie, man kann, wie wir unten sehen werden, auch einen andern Weg einschlagen, warum kann es denn nicht eine primäre Vergiftung des Nervensystems, des Gangliensystems seyn ? Im Endresultat würden wir freilich zusammentreffen.
An der letzt angeführten Stelle theilt der Verf. noch ein paar bemer-kenswerthe Beobachtungen mit, die eine wo in einer mit befallenem Klee und Erbsenstroh gefütterten Heerde nach dem Lammen und Castriren Ge-bährmutterbrand und Hospitalbrand ausbrach; eine andere wo Streu die auf einer Stelle gelegen hatte, unter welcher drei Jahre zuvor am Milzbrand crepirte Thiere verscharrt worden waren, und diese in einen Stall gebracht die Schafe inficirte.
338.nbsp; nbsp;Boizot, Notice surlafievre charbonneuse k Chateau-Chinon (Niver-nois). Mem. de la Soc. veter. du Calvados, vol. XV. p. 189.
Der Milzbrand ist dort enzootisch, der Verf. glaubt durch Saufen von Sumpfwasser.
339.nbsp; nbsp;Koller, über Milzbrand bei Rindvieh und Pferden. Hering Repcr-torium. B. VI. (1845). p. 194.
340.nbsp; nbsp;Fr. Hey er, zur Semiotik des Anthrax. Nebel u. Vix Zeilschr. B. XII. (1845). p. 270.
Gewöhnliche Fälle.
341.nbsp; nbsp; Kirchner, über eine Krankheit der Schweine. Mag. f. Thierheilk. B. XII. (1846) p. 306.
342.nbsp; nbsp; Haubner, über das Nesselfieber der Schweine. Mag. f. Thierheilk. Bd.XII. p.m.
Herr Kirchner hielt die Krankheit für eine Anthraxform, Herr Hanbner wahrscheinlich mit vollem Rechte nicht, sondern für Urticaria; sie gehört dann aber zu den Anthrakoidcn, und bietet in der That merkwürdige Er­scheinungen dar.
343.nbsp; nbsp; Chevallier, sur les affections charbonneuses. Annales d'Hygifcne publ. Vol. XXXIII. p. 216.
„Es gibt im Departement der Eure - et - Loire mehrere Krankheiten, die „man carbuneulöse (charbonneuses) nennt, die man auf 3 Haupttypen zurück­führen kann :
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„ 1) der A n t h r a x m a I i g n u s oder pestilentialis, c li a r • „b o n genannt, Ton allen ärztlichen Schriftstellern geschildert. Diese Form „kommt nur selten im Departement vor.quot;
„2) Die Pustula malign a, ebenfalls von den Schriftstellern ge­schildert, und besonders von Boy er; diese ist contagiös und wird von „Thieren dem Mensehen mitgetheilt; sie befällt die Gerber, Wollenarbeiter, „Schäfer, Weissgerber.quot;
„3) Die dritte Form ist im Departement bekannt unter dem Namen „Char lion blanc, und ist, nach den Aussagen der Aerzte selbst in kei­ner medicinischen Schrift beschrieben. Die ihm eigenthümlichen Symptome „sind: eine leichte Geschwulst, zuweilen gar keine, im Hautgewebe ohne „Entzündung oder Röthe; im Anfange verursacht sie dem Kranken nur ein „Gefühl von Schwere und Spannung; diese Geschwulst ist mehr oder we-„niger umschrieben, und wenn sie sich ausbreitet, so ist es oft sehr schwer, „den Anfangspunkt oder ersten Heerd zu erkennen. Unter dem Drucke des „Fingers lässt sie eine leichte Crepitation hören, was die Entwickelung eines „Gases in den Maschen des Unterhautzellgewebes verräth, das Zeichen des „Anfangs einer Desorganisation ist und eine emphysematöse Geschwulst „Terursacht. Das Gift Terbreitet sich unmerklich und ohne dass der Kranke „sich dessen versieht, und trägt unTermcrkt den Tod in die Organe; 6 bis „7 Tage nach dem Beginn der Krankheit kommt die Hülfe zu spät. Manche „Aerzte Tergleichen die Wirkung dieses Giftes mit der des Viperngifts; der „Kranke verfällt bald in einen torpiden Zustand, mit Kopfweh und immer „häufiger werdender Brechneigung, und spätestens am 8. Tage stirbt er. „Dieser Charbon ist endemisch im Departement d'Eure - et-Loir, und er ent­wickelt sich auf allen unbedeckten oder unbedeckt bleiben könnenden Thei-„len des Körpers. Er kann durch Inoculation mitgetheilt werden, aber auf „keine andre Art. Dieseraquo; sind die Erscheinungen des Leidens, welches unter „dem sinistren aber nichts sagenden Namen des Charbon blanc be­gannt ist, und welches man Tielleicht passender tumeur Beauceronne „(die Beule Ton Beauce) nennen könnte.quot;
„Dieser Carbunkel entwickelt sich zu allen Zeiten, aber viel häufiger „von dem Monat Mai bis zum October; man findet, dass er häufiger ist in „trockenen Jahren als in regnigten; auch hat man mir versichert, dass er „häufiger Torkomme in der oberen Beauce, welche wasserarm ist und eine „ganz nackte Oberfläche darbietet, als an Orten, welche in der Nähe von „Wäldern liegen, und deren Boden Ton Bächen oderTeichen bewässert werden.quot;
Nun wenn diese gewöhnlich den Thieren eigene Form, auch nur mit­getheilt, so häufig in der Beauce vorkäme, so wäre das merkwürdig genug, aber — primär im Menschen, das wäre übermerkwürdig! aber man erinnere sich, dass die Beauce das Land der enzootischen Blutseuche ist, und wenn lins Herr D e I a f o n d glauben machen möchte, dass diese nicht contagiös
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sei, so können wahrscheinlich diese Mittheilungen schon das Gegentheil beweisen.
344.nbsp; nbsp;Hintermaier, Geschichte einer in dem Dorfe Bergheim unter dem Hornvieh öfters vorkommenden Krankheit. Kreutzer Centralarchiv B. II. p. 231.
In diesem Dorfe mit moorigen und sumpfigen Weiden kam der Milz­brand häufig und offenbar enzootisch vor. Das Nichterkennen und die ver­kehrte Behandlung der Krankheit sind merkwürdig genug.
345.nbsp; nbsp;Haupt, die Beulenseuche oder Sibirische Pest der Pferde und der Menschen. Haupt - Seuchenkrankheiten der Hausthiere in Sibirien und im südlichen Europäischen Bussland. Berlin 1845. p. 143.
Was der quot;Verf. über Geschichte und Vorkommen, Ursachen dieser Krank­heit sagt, werde ich im dritten, andres im vierten Theile mittheilen. Hier mir, was zur Feststellung des Wesens dieser Krankheit gehört. Dass die Krankheit nichts als Milzbrand ist, ergibt sich leicht, es ist sehr zu be­dauern, dass H. keine nähere Kenntniss dieser Krankheit besass.
Auch bei Pferden unterscheidet H. eine erste Periode des rein to­pischen, und eine zweite des Allgemeinleidens; nach dem Verlaufe nimmt er drei Formen an.
In der ersten leichtesten Form entsteht plötzlich eine kleine Beule oder Geschwulst in der Gegend des Kehl- oder Luftröhrenkopfs, an den Vorder-theilen der Brust, am Hinterleibe oder den Weichen, und wenn man das Thicr zu dieser Zeit gerade vor Augen hat, bemerkt man im Augen­blicke des Entstehens derselben (nach dortigen Ausdrücken, im Augenblicke des Schlages, Stiches, der Vergiftung oder Verwundung) eine gewisse unwillkührliche Bewegung, ein Zusammenfahren, Erschrecken des Thiers, man sieht es kürzere oder längere Zeit dabei gleichsam nachsinnend, etwas betäubt, traurig, etwas erzitternd stehen. Die Geschwulst hat meist die Gestalt einer flachen Hautbeule, vom Umfange eines halben oder eines ganzen Thalers, kaum einige Linien dick über die allgemeine Bedeckung erhaben, begrenzt, härtlich, nicht schmerzhaft, ob­gleich auch nicht immer ohne Empfindung. Das Pferd erholt sich von sei­nem anfänglichen Schrecken bald wieder, es zeigt sich wenig oder gar nicht merklich krank; scheint munter, frisst, säuft, hat seine natürlichen Auslee­rungen, und ohne sattsame Erfahrungen zu haben, würde man es für ge­fahrlos halten. Indessen vergrössert sich die Beule allerseits, sowohl be­grenzt als unbegrenzt sich ausdehnend. So steht das Thier 2—5 — 8 Tage, ehe der Eintritt eines Innern Leidens ausgedrückt und viele fallen, hauchen so ans, bevor die Krankheit einen hohen Grad erreicht zu haben scheint. Das Ailgemeinleiden tritt gewöhnlicher nach 36 — 72 Stunden, vom Aus­bruche der Beule an, deutlicher hervor; in welcher Zeit diese sich selbst überlassen, einen Theil der Umgegend überzogen hat. Bei einigen dieser
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Kranken stellt sich Terminderte Lebhaftigkeit der Augen, des ganzen Thierä, eine gewisse Traurigkeit ein, der Arterienschlag ist Tcrmehrt; einige behal­ten, wie es scheint, diesen Zustand eines Allgemeinleidens Tom Anfange der Krankheit an und zeigen nur freie, lichtere, muntere Zwischenzeiten Ton wenigen Stunden, halben oder ganzen Tagen; im Fortgange des Lei­dens, besonders in der letzten Zeit, auch nur bei einigen aber nicht bei allen, vermehrte und stärkere Krankheitssymptome, mehr Mattigkeit, einige Unruhe, Abnahme des Arterien- und Herzschlags, bisweilen Fieberzufälle. Endlich fällt das Thier und endet, nachdem es 4 — 8 ja 14 Tage auf beschrie­bene Art hingebracht hat.
Die zweite Art Kranken machen zwar den Anfang nicht anders als eben angegeben worden, aber den Verlauf viel schneller; die äusseren und in­neren Symptome, Beulen und Gemeinieiden, sind vielmals ausgezeichneter. Wenn sich das kranke Thier auch nach dem ersten Ausbruche erholt hat, wenn man nur äussere örtliche Anfechtung zu sehen glaubt, so dauert die­ses nur kurze Zeit, die Anzeigen des Innern Leidens folgen bald nach, ge­wöhnlich schon in 6 bis 10 Stunden, selten später als 24 Stunden. Die Beule wächst schnell zu einem ansehnlichen Umfange, es offenbaren sich Fieberzufälle, bisweilen leichtes Zittern, Unruhe, Anzeichen Innern Schmer­zes , abwechselnd kalte Extremitäten, trübe Augen , bei anfangs meist volle­rem, im Fortgange oder am Ende kleinem, schnellem, kaum fühlbarem Pulse. Der ganze Krankheitsverlauf ist meist in 24 Stunden bis 2 — 3 Tagen ab­gemacht, selten braucht er mehr, oft nur 8 bis 12 Stunden, wenn die Beule die Kehle getroffen hat. Die Thiere stürzen endlich und verenden wie vorige, oder unter einigen Zuckungen.
Der dritte schnellste, apoplektlsche Krankheitsverlauf gibt keine Zeit zur Unterscheidung jener zwei Perioden, indem die Thiere mit der ersten Erscheinung der Beulen sogleich fallen oder sehr kurze Zeit unter Todcszu-fällen hinbringen. Wenn nicht besondere Aufsicht auf die Gesunden statt findet, so wird man ihre Krankheit nicht gewahr, sondern man findet nur die gefallenen Thiere oder sie schon in Todesbewegungen. Er hat also ge-wissermassen gar keine oder nur die wenigen Symptome des Todeskampfes, der einige Minuten, 1/2 bis 1 Stunde selten darüber dauert. Dieser Art Fälle kommen mehr beim ersten Ausbruche der Seuche vor, fehlen zwar auch im ganzen Verlaufe derselben nicht, sind aber immer einzeln, in klei­ner Anzahl, obwohl in einem Jahre häufiger als im anderen.
Es ist merkwürdig, dass der grössere Theil der Kranken, bei langsa­merem Krankheitsverlauf und nicht zu heftigen Symptomen, das Verlangen nach Futter und Getränk nicht verlieren und beides sogar mit Lust, oft bis zum Tode, zu sich nehmen, eben so alle natürlichen Aussonderungen normal beibehalten. — Das in mehreren Stadien der Krankheit abgelassene Blut gab keine beständigen Erweise: das von Thieren, die genasen, unterschied
Hcininger, MiUOianil,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; e
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sich nicht bemerkbar von dem solcher, die umkamen, obgleich von beiden unter ungefähr gleichen Krankheitsverhültnissen genommen; selbst kurz vor dem Tode genommenes, wenn auch bei einigen sehr dunkel, schwärzlich, ohne Gerinnbarkeit, so dass es schon im lebenden Körper sich aufzulösen schien, zeigte bei andern doch nicht diese Entartung, im Gegentheil sogar ziemliche Wohlbeschaffenheit. Ich verglich das Blut nicht längst laquo;rkranktcr mehrmals mit dem gesunder, konnte aber keinen bemerkensverthen Unter­schied entdecken. — Wenn die Krankheit in Gesundheit übergeht, so ge­schieht es durch eine unmerkliche Lösung, ohne auffallende kritische Symptome und ohne kritische Zeiträume. — Ich habe nie einen Uebergang in eine andre Krankheit oder ein Nachleiden gesehen, auch nichts davon gehört; ich weiss von keinem Rückfalle, wohl aber, dass ein und dasselbe Pferd zwei ja dreimal dieselbe Krankheit in verschiedenen Jahren, sogar in einem Sommer erlitten hat, was jedoch seltene Fälle sind.
Vie Beulen oder Geschwülste, mit denen die Sibirische Pest anfängt und von welchen sie in ihrem Verlaufe eigenthümlich begleitet ist, welche daher als wesentliche Symptome gelten, sind so merkwürdig, dass sie eine nähere Erwähnung verdienen. Aerzte und andere Beobachter dieser Krankheit haben ihre Wichtigkeit sowohl an Menschen als Thieren vielfältig erfahren, wenn es auch einige gibt, die dies leugnend die Beulen als Nebensache betrachtet wissen wollen, das gemeine Volk legt mit Recht auf ihre Behandlung ^ros­sen Werth. Der Einfluss der Beulen ist bei Menschen augenscheinlich ge­wisser und grosser als bei Pferden, und bei jenen auch sicherer zu beur-theilen. Die Gegner dieser Behauptung berufen sich zwar auf Beispiele von Menschen und Pferden, welche ohne Beulen und Geschwülste an der Sibi­rischen Pest erkrankt sind und ziehen daher ihre Wesentlichkeit sowohl als Wichtigkeit in Zweifel; allein jener Fälle mögen wenige sein und diese selbst sind noch sehr ungewiss, sehr zweifelhaft in ihrer Wirklichkeil. Heuroth und andre aufmerksame Beobachter halten die Beulen für wesent­liche Erscheinungen; so viel ich aufmerksame und langerfahrne Personen ge­fragt habe, waren sie sämmtlich derselben Meinung; mir selbst ist kein Fall begegnet, wo sie nicht den Anfang der Krankheit gemacht oder wo sie nicht gefunden worden wären. — Die Beulen oder Geschwülste bilden sich in der allgemeinen Bedeckung und zugleich im nächstliegenden Zellgewebe. Ihr erster Inhalt ist zwar, wie die Erfahrung lehrt, Lymphe und Blulwasser, aber mehr ein eigenthümlich gleichsam erstarrter Zellstoff, der in einer ge­wissen Peripherie die inbegriffenen Theile umfasst; so erscheinen sie fast unempfindlich, schwielig und knorpelartig hart, sie enthalten wenig Feuch­tigkeit, aber mehr ein festsulziges Gewebe; wenn man sie durchsticht oder durchschneidet, so zeigt das Thier wenig oder kein Gefühl, so lange man ihre Grenzen nicht überschreitet, und den flüssigen Inhalt muss man mit einiger Gewalt herausdrücken, es kommt dennpeh sehr wenig zum Vorschein.
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Wenn sie gross geworden sind, so gleichen sie mehr Wassergeschvülsten, mit einzelnen Entzundungsstreifen durchdrungen und auf Entzündungsgrund stehend, selbst aber nehmen sie wenigstens in sofern die Entzfindungseigen-schaften nicht an, als sie, klein oder gross, in keinem Zeitpunkte der Krankheit oder ihrer Ausbildung sich weder erveichen, noch in eine Art von Eiterung übergehen. Bei der ersten Entstehung und Entdeckung der Beule zeigt sie sich als eine kleine, flache, über die Haut kaum erhabene, runde oder länglichrunde, begrenzte, meist schmerzlose, härtliche Geschwulst, mehrmals so geringfügig, dass man sie, besonders an stark behaarten Stellen mit Mühe auffindet, oder rielmehr mit Mühe für den Anfang einer gefähr­lichen Krankheit hält. Sie ist zu dieser Zeit in der allgemeinen Bedeckung* meist begriffen; sie nimmt gewöhnlich sowohl im Umkreise als in der Dicke schnell zu, so dass sie in Zeit von einer oder ron einigen Stunden, vom an­fänglichen Durchmesser eines halben oder eines Werschoks die doppelte und dreifache Grosse erreicht hat und Terhältnissmässig erhabener oder tiefer nach innen geworden ist. Sie bleibt bis dahin übrigens und auch wohl viel länger, wenigstens scheinbar unverändert; weiterhin nimmt sie allerseits zu, indem sie ihre äussere, anfänglich runde regelmässige Gestalt und Begren­zung verlierend, das Ansehen einer verlaufenen Wassergeschwulst erhält. In diesem Zustande löst sich an der Vorderbrust bisweilen ein Stück Haut mit Geschwulstmasse brandig los. Wenn die Geschwülste so weit gediehen sind, ist auch der Tod nahe.
Nach dem Tode laufen manche Cadaver auf, aber eben nicht mehr als dies bei andern, von sonstigen Unfällen umgekommenen, der Fall ist; ich habe hierin nichts Ungewöhnliches bemerken können, zumal eben so viele wenig oder gar nicht aufgebläht werden. Die Cadaver Hessen keine unge­wöhnliche Neigung zur Verwesung, zur Fäulniss und keinen aussergewöhn-lichen Gestank wahrnehmen. Die Beulen oder Geschwülste zeigten nach Abnahme der allgemeinen Bedeckung zuerst eine etwa fingerdicke Lage von gelblicher Sülze, geronnener Lymphe, über Muskeln und andere Theile der eingenommenen Stelle ergossen, flach in die Breite oder in unregelmässigen Streifen auf der Oberfläche, in die Zwischenräume der Muskeln, in die Tiefe nach dem innern Körper und seinen Höhlen sich fortsetzend. Die allgemeine Haut löste sich leicht von der unterliegenden Lymphlage ab, und Hess keine Merkmale eines genaueren, festern, vorher bestandenen Zusammenhangs ge­wahren. In der Bauchhöhle findet sich meistens eine massige, auch wohl ansehnliche Menge gelblichen oder röthlichen Blutwassers vor; Magen und Darmcanal sind mit Futtermasse hinlänglich angefüllt, ersterer ist nur selten etwas entzündet oder zeigt entzündungsähnliche Stellen, Flecken, Punkte, letzterer alles dieses sowohl von aussen als innen und besonders der dünne Darm. Das Netz und Gekröse scheinen entzündet, die Blutgefässe sehr sichtbar, oft stark angefüllt, mit Blutergiessungen; alles Fett ist in eine
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gallertartiglaquo;, gelbliche, feste Lymphe vcnFandelt. Das gesammtc Fett dcä Hinterleibs, oftmals beinahe auch das der Brusthöhle, befindet sich nicht selten in denselben Verhältnissen. Die Milz ist aufgedunsen, voll schwarzen Bluts, im äussern Ansehen diesem gemäss verändert. Die Leber oft ver-grössert, von gleichem Blute wie die Milz erfüllt, ins Gelbliche spielend, mürbe. In der Brusthöhle und im Herzbeutel war mehrmals dasselbe gelb­liche Wasser, nur in geringerer Menge vorhanden, als in der Bauchhöhle. Die Lungen sind weniger aufgedunsen als zusammengefallen, mitunter theil-weise entzündet, voller Blut.
Die Beulenseuche äussert sich bei Menschen gewöhnlich erst, wenn sie hei Pferden bereits ausgebrochen, wenn schon mehrere dieser Thiere daran erkrankt, auch wohl gefallen sind. Die Menschen werden seltener, meistens in geringerer Anzahl und leichter davon ergriffen; übrigens unter­liegt es keinem Zweifel, dass bei beiden die Krankheit eine und dieselbe ist.
Der Umstand, dass sie unter Menschen oftmals, obgleich nicht immer, später als unter Pferden sich zeigt, hat fürs Erste zu dem Glauben Veran­lassung gegeben, sie sei von diesen auf jene übergehend. Sie müsste auf diese Art ansteckend von Pferden auf Menschen sein, da sie diese Eigen­schaft unter gleicher Gattung von Geschöpfen nicht hat, weder von Pferd auf Pferd, noch von einem Menschen auf den andern. Es wird aber kaum einen einzigen Beobachter derselben an Orten ihrer Existenz geben, der diese Meinung vertheidigte und gültige Beweise zu ihrer Bcchtfertigung aufstellen könnte, vielmehr ist sie fast einzig nur von Abwesenden, nicht Augenzeugen a priori aufgestellt, wiederholt und angenommen worden, indem die Aehn-lichkeit der Beulensouche mit dem gewöhnlichen Europäischen Milzbrande darauf geleitet und sie erzeugt hat. Man darf die Krankheit im Menschen mit Becht für eben so ursprünglich im Menschen selbst, als die der Pferde in diesen annehmen; alle Beobachtungen und Thatsachen sind dafür, nur schwankender Schein dagegenquot;. (Der Verf. führt nun eine Anzahl Gründe an, die aber bei näherer Betrachtung alle nicht viel beweisen, auch die folgenden Fälle am Ende nicht).
„Ich sah, 1818, in einem Dorfe am Wagai, wo kein Pferd krank war, einen Mann an der Seuche krank und auch daran sterben. Er war vor seiner Erkrankung nicht aus dem Bereiche des Dorfs gekommen. — 1819 wurde im Hause des Stabschirurgus Kern ein Bedienter von einer Seuchenbeule über dem einen Auge getroffen, und zwar war damals von keiner Seuche, weder in der Stadt Tobolsk, wo dies geschah, noch in der Nähe derselben etwas zu hören. Dieser Mensch wurde zwar krank, aber durch bald ange­wandte Mittel leicht gerettet. Ueber die Wirklichkeit der Krankheit war ge­nannter Herr des Bedienten ohne Zweifel, da er sie sehr gut kannte. — Eine angesehene Frau in Tobolsk wurde 1820 Abends zwischen 8—9 Uhr in ihrer Stnbe, wo sie kurz zuvor eine Theegesellschaft gehabt hatte, von
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der Seuche d. h. Beule, befallen, in der Stadt litt zu dieser Zeit kein Mensch und kein Pferd daran. Sie hatte den Stich, wie sie sagte, sogleich gefühlt, war erschrocken und Hess mich eiligst zu sich rufen, um sie über die Natur des Uebels zu rersichern, da ihr Mann, ein Arzt, abwesend war. Die Beule war an der äusseren Seite etwas über dem rechten Knie, als ich sie eine Stunde nach ihrer Entstehung sah, etwa mannsnagelgrossen Umkreises, flach, hart, von der übrigen Haut durch etwas Blässe kaum ausgezeichnet. So­gleich geleistete Hülfe Hess keinen grossen Fortgang zu, so dass die Kranke am dritten Tage wieder ganz wohl war. Im Jahre 1821 und 22 erkrank­ten auf dem Hofe desselben Mannes 4 Pferde an der Beulenseuche, wovon zwei fielen, ohne dass von den Hausbewolmern lemanden etwas widerfahren wäre. — Ein deutscher Silberschmidt in Tobolsk erzählte mir, dass er 1790 beim Spazierengehen in seinem Garten auf der Anhöhe der Stadt, an der Hand getroffen worden sey. Er fühlte den schnellen stechenden Schmerz und bemerkte sogleich die kleine Beule auf dem Handrücken, achtete ihrer aber nicht, weil er von der Jaswa kaum einen Begriff hatte, oder vielmehr gar nicht daran dachte und auch damals in der Stadt noch niemand daran erkrankt war. Indessen erkannten andre das Uebel, als die Beule schon um sich gegriffen, Hand und Vorderarm stark angeschwollen waren, und er kam in Lebensge­fahr. Derselbe wurde einige Jahre später während der Mittagsruhe in seiner Stube auf der Lippe getroffen, die schnelle Zunahme der Geschwulst Hessen ihn aber nicht mehr an der Art derselben zweifeln, und bald Hülfe finden, zudem herrschte die Jaswa bereits in der Stadt, so dass jedermann darauf aufmerksam war. Dieser Mann hatte damals weder eigene Pferde, noch kam er mit solchen Thieren in Berührung.
Die Beulenseuche der Menschen hat mit der der Pferde grosse Aehn-lichkeit oder vielmehr Gleichheit, so weit Verschiedenheit der Organisation und wahrscheinlich andre Umstände diess zulassen; allerdings ist sie aber bei jenen in ihrem Gange, in allen Zufällen und Eigenschaften viel leichter, genauer und deutlicher zu erkennen und zu verfolgen, desshalb also auch zur Aufhellung der Thicrkrankheit sehr geeignet und wichtig. — Die Menraquo; sehen fühlen, als ersten Ausbruch der Krankheit, oder wie man sagt, indem sie getroffen werden, einen leisen, oft aber auch ziemlich durchdringenden, fast erschütternden örtlichen Schmerz, eine Art von Stich, und indem sie unwillkfihrlich nach dieser Stelle greifen, sie kratzen oder reiben, spüren sie , ein Jucken und bemerken einen röthlichen oder auch weisslichen Punkt, ein Blätterchen mit einer kleinen, gefühllosen Härte, rund, anfänglich vom Durch­messer einiger Linien. Diese kleine Geschwulst oder Beule ist flach, kaum oder gar nicht über die allgemeine Bedeckung erhaben, fast gleich mit dieser von Farbe oder etwas blasser, nicht tief gehend, wie es scheint in der Haut enthalten, schmerz- oder fast gefühllos; sie nimmt aber an Umfang schnell zu, so dass sie in einer oder einigen Stunden sieh beträchtlich rergrössert,
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ringsum anschwillt, roth, glänzend und schmerzhaft wird, entzundungsartig sich ausbreitet. Der rothe oder weissliche Mittelpunkt bleibt einige Zeit und wird dann gelblich, dunkelschwärzlich; es bilden sich aus oder um ihn kleine Bläschen mit gelblicher wässriger Feuchtigkeit gefüllt und er geht bei eini­gen in einen brandigen Fleck über; bei andern verschwindet weiterhin aller Schmerz und die entzündliche eigentliche Geschwulst wird Ton einer ödema-tösen umgeben. Die meisten Kranken fühlen den Anfang, Ausbruch der Beule auf eben angegebene Weise unversehens, nachdem sie sich bis dahin völlig wohl befunden haben, und sehr genau, aber doch nicht alle; manche werden unter dem Geschäfte, im Schlafe davon befallen, sie ist unvermerkt entstanden, sei es nun, wie wahrscheinlich, dass sie nicht stets von dem er­sten stechenden Schmerze begleitet, dass dieser gering oder gar nicht jedes­mal dabei ist, oder dass natürliche Unempfindlichkeit, auch Unachtsamkeit daran Antheil haben. Solche Kranke werden erst durch das juckende und drückende Gefühl von der Beule ihren Znstand gewahr oder sie wurden erst durch andre Personen als krank erklärt. Eben so wird auch nicht immer jener rothe, dunkle oder weissliche Mittelpunkt, Fleck der Beule gefunden; es entwickelt sich bei einigen als erster Anfang vielmehr eine gleichförmig verbreitete Rothe, oder mit oder ohne diese eine Fläche, mehr oder weniger harte, ödematöse Geschwulst, die sich mehr und mehr ausbreitet.quot;
Was der Verf. über die allgemeinen Symptome, über Verlauf u. s. w. sagt, stimmt ganz mit unsrer deutschen schwarzen Blatter überein. Als aus­gemachte Thatsachen stellt H. hin: 1) Die Krankheit erscheint nur zu einer gewissen Jahreszeit und unter Einwirkung einer gewissen Witterung; 2) die Ortsbeschaffenheit hat Antheil an der Entstehung; 3) der Anfang derselben ist ein sogenannter äusserer; 4) der äussere Krankheitszustand kann für sich bestehen; 5) der innere Krankheitszustand ist vom äusseren abhängig und ihm nachfolgend; 6) unter vielen Individuen werden nur wenige ergrif­fen; 7) Dennoch erleiden diese Punkte ihre Ausnahmen. Diese Sätze sollen für Pferde wie Menschen nach dem Verf. gelten. , 346. Carl Banns eheidt der Rindviehmilzbrand. Bonn 1847. 8.
Diese Schrift eines Laien und Homöopathen ist ohne wissenschaftlichen Werth. Folgende Angabe darin wäre in ätiologischer Beziehung beachtungs-werth — si fabula vera — : „Eine Quelle in der sogenannten Hofwiese, auf dem elterlichen Gute des Verfassers, zu Bannscheidt bei Hagen in West­falen, ist unversiegbar und hat eine solche Lage, dass sie Regen und Schnee­wasser mit sich vereinigt, und theilt sich gleich nach ihrem Entstehen in zwei Arme, beide fast parallel gegen Morgen verlaufend. Der eine Arm von einer Erlen und Weissbuchen-Hecke dicht beschattet, ja umschlungen, gibt ein dem Ansehen und dem Geschmack nach überaus frisches, schönes, kühles, aber — vergiftetes Wasser, wonach in wiederholt erprobten Jahrgängen das damit getränkte Rindvieh fast durchgängig perlseuchig oder finnig, endlich
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die besten Stücke theihveise milzbrandig wurde und rettungslos damals schnell fiel. (Es war das in den trocknen Sommern 1811, 1819 und 1822) Der andre Qucllcnarm, den ganzen Tag sieh im Sonnenlicht spiegelnd, liefert dagegen in trocknen Sommern ein Wasser der Erfrischung, Erquickung, zum Segen häuslicher Bedürfnisse, wie für den Viehslamlquot; p. 9.
347.nbsp; nbsp;W. J ä n i k e, Allöopathische und homöopathische Behandlung des Blutschlages unter den Hausthiercn. Andre n. ökonon. Zeitschrift. J. 1845. N. 31.
Diese Abhandlung, welche zur Empfehlung der homöopathischen Behand­lung durch Arsenik dienen soll, enthält Beobachtungen, welche für die Dia­gnose des Milzbrands der Schafe oder des sogenannten Blutschlags, so wie für das enzootische Vorkommen des Milzbrands von Interesse sind; ich werde daher im dritten Abschnitte einen Auszug mittheilen.
348.nbsp; nbsp;Hintermayer über den in den Monaten Juni — Oktober 1846 im Landgerichte Dillingen, sowie im Park zu Duttenstein unter dem Damm­wilde, herrschenden Milzbrand. Kreutzer Central-Archlr. B. III. p. 437.
Der Inhalt dieser Abhandlung würde besonders in den zweiten Abschnitt gehören, da sie mir aber erst später zugekommen ist, so mag hier ein Aus­zug folgen: „Diese Seuche herrschte in den Ortschaften Donaualtheim, Scha­bringen, Bergheim, Mödingen und Wittislingen. Die physikalische Lage der Ortschaften, in welchen sich der Milzbrand unter den Pferden und dem Horn­vieh zeigte, finde ich für nicht praedisponirend zu dieser Krankheit, obgleich diese Lage nicht bei allen Ortschaften dieselbe ist, so ist die Lage von Do-uaualtheim und Schabringen ganz eben an dem Egau-Flüsschen; die gleiche Lage hat Mödingen mit äusserst geringer Ausnahme, jedoch ohne fliessendes Wasser; ebenso auch Wittislingen, mit wenig Abweichung an der Egau, während Bergheim auf einem 60 bis 70 Fuss hohen Berge gelagert ist *)• Die Witterung war in den Monaten Juli, August und Scptbr. sehr trocken, und die Temperatur ansserordentlich erhöht, so zwar dass der Thermometer im Schatten bis auf 22deg; R. am 20. Juli stieg; am 6. Aug. stand derselbe auf gleicher Höhe, und in der ersten Hälfte des Monats September zeigte derselbe noch 17deg;. In der zweiten Hälfte des Monats Juli kamen einige sehr heftige Strichregen mit Gewittern, abwechselnd mit drückend stechender Hitze vor. Mehlthauniederschläge gesellten sich gleichfalls zu diesen ungün­stigen Einflüssen, so zwar dass in diesen Ortschaften das Laub mehrerer Bäume stellenweise wie mit einem scharfen Fluidum besprützt aussah, hier­durch brandig wurde und abstarb, welche krankhafte Erscheinungen auch an Gräsern, besonders an dem Dinkel (Bast), des Getreides (Rost) der Anfangs
deg;) Von Bcrgheim zeigt der Verf. selbst in Nr. 344, dass der Milzbrand dort enzootiscb ist, die ganze Gegend mit ihren Mooren und Sumpfwie­sen ist aber, so weit sie Kef. kennt, dem Milzbrand günstig.
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des Monats Mai ganz roth punktirt erschien, zu ersehen war. Die Futter­stoffe waren dürres sehr ausgetrocknetes Heu, und auch zum Theil Klee mit Gras und andern wenigen Futterkräutern. Der Weidebetrieb wird in diesen Ortschaften nur zur Herbstzeit, und grösstentheils auf Moorgründen, dem sogenannten Ried gepflogen. Die Beweidungsplätze grenzen alle aneinander, und führen mitunter gute Futterkräuter, aber auch viele saure Gräser. Das Getränk ist mit Ausnahme des Dorfs Bergheim in den Ortschaften rein, frisch und genügend, wogegen solches in bezeichnetem Dorfe sparsam und öfters mit unreinen Stoffen geschwängert den Thieren verabreicht werden muss.-'
„Erwäge ich nun als die Anthraxconstitution begründend 1) die im Jahr 1845 geherrschte Witterung, nämlich a) den sehr kalten und schnee-rcichen Winter, b) den nasskalten Frühling und Sommer, c) die hierdurch erzeugten schlechten, rauhen, wenig nahrhaften Futterstoffe, welche viel Was­ser- und Kohlenstoff enthielten, und somit schlechte Säfte erzeugten, 2) die im Herbste desselben Jahres allgemein geherrschte Maul und Klauenseuche, im Zusammenhange mit 3) der im Jahr 1846 geherrschten Witterung, der ausserordentlichen Hitze und Trockenheit der Luft, und der hierdurch ver-anlassten Expansibilität des Bluts, und Neigung zur Entmischung der ganzen Säftemasse, 4) dann die Mehlthauniederschläge, als sehr nachtheilig auf die Futterstoffe rückwirkend, 5) ferner die sehr häufigen und in ungewöhnlicher Grosse vorhandenen Bremsen, als Aufreger und. Träger des Contagiums, so ist die Entstehung dieser sehr bösartigen Seuche und die Verbreitung der­selben sehr erklärbar.
Die Sectionen zeigten mit Ausnahme der Pusteln und den von dem Krank-heitstoffe gewählten Ablagerungsorte nichts abweichendes von den allenthalben oft und vielmals von verschiedenen Pathologen beschriebenen Ergebnissen. Die Pusteln (Oedema gangraenosum) erreichten bei mehreren Stücken die Grosse von einer Kegelkugel und noch viel grosser, und erschienen, wenn das Leiden in dem Organismus selbst sich ausbildete, in der Regel am Kopf, Hals oder den Achselgruben, selten am Rumpfe. Bei Pferden männlichen Geschlechts machte die Krankheit Ablagerungen auf das Scrotum und auf das Glied von enormer Grosse. Die meisten erkrankten Thiere, besonders aber jene, an welchen die Kranheit zuerst zum Ausbruch kam, waren Zugvieh. Der Verlauf der Krankheit war von einer bis 48 Stunden, das heisst bei den­jenigen, welche von dieser Krankheit ergriffen waren und gefallen sind; da­gegen war derselbe bei denjenigen Stücken welche genasen, von acht, zehn, ja zwölf Tagen....... Der Inhalt der Karbunkeln bestand aus orange­gelbem Exsudat, welchem beim Durchschneiden eine gebliche^ etwas fette Flüssigkeit tropfenweis entquoll. Ich hatte einigemal Gelegenheit solche Ge­schwülste bei ihrer Entstehung und den ganzen Verlauf über zu beobachten: Bei drei Stücken waren vor der Entstehung dieser angeführten Geschwülste durchaus keine krankhafte Erscheinungen zugegen, und ich bin der gewis-
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laquo;esten üeberzeugung^, dass bei den in Frage stehenden drei Stücken solche nur durch den Stich einer sogenannten grossen Euhbremse (tabanus bovinus) hervorgerufen wurden. Ich untersuchte diese Anschwellungen bei ihrer er­sten Entstehung ganz genau, und fand, dass in der Mitte der beginnenden Karbunkeln eine Verwundung sich befindet, als ob die Thiere mit einer Na­del gestochen worden wären. Bei allen drei Stücken stellten sich alsbald nach dem Stiche alle Erscheinungen des Milzbrandes ein. Bei einer Kuh, welche den Stich in der Nähe der Nabelgegend mehr auf der linken Seite hatte, erreichte die Anschwellung innerhalb 24 Stunden die Grosse von drei Kegelkugeln; dieselbe erhielt den Stich, während man selbe zum Einführen eines Fuders Torf an einem sehr heissen Mittag verwendete, wo die Bremsen dieses Stück ausserordcntlich verfolgten; die Erscheinungen dieses Milzbran­des und so auch die Anschwellung verloren sich nach zehn bis zwölf Tagen der Behandlung. Das zweite Stück, ein Schubochs, erhielt beim Ein­führen eines Fuders Gras einen Stich am linken hintern Fuss unterhalb der Patella, ohngefähr im ersten Drittheile des Rectus femoris, die Anschwellung erreichte innerhalb 24 Stunden die Grosse einer halben Kegelkugel. Diese beiden Stücke wurden gerettet, da es mir gelungen war, durch Einschnitte in die Geschwülste und Ausdrücken der enthaltenen Lymphe, sodann durch reizende Einreibungen und Haarseile das Contagium zu fixiren und in Eite­rung zu bringen. Die Anschwellung bei dem zweiten Stücke verlor sich innerhalb acht bis zehn Tagen, und in der Mitte derselben stiess sich ein Brandschorf von der Grosse eines halben Guldentücks ab, welcher deutlich in der Mitte die Verwundung, durch welche das Contagium inoculirt wurde, zeigte. Aber auch im Umkreise und der Oberfläche solcher Anschwellungen stiessen sich öfters noch grössere unregelmässig gezackte Stücke Brandschorfs ab, an welchen das vertrocknete Contagium auf der untern Oberfläche in Brockenform deutlich zu ersehen war (! ?). Das dritte Stück, eine Kuh welche wahrscheinlich mehr Disposition hatte, und bei welcher auch ohne Zweifel das Contagium sehr schnell in die Säftemasse resorbirt wurde, fiel schon nach 6 Stunden unter allen Erscheinungen des Milzbrandes. Bei dieser hatte der Stich am rechten obern Augenlied seinen Sitz, und die Anschwel­lung erreichte kaum die Grosse eines mittleren Apfels; sie soll denselben während des Einfahrens eines Fuders Torf erhalten haben.
Bei dem sehr schnellen Verlauf der Krankheit kamen keine Karbunkeln vor, dagegen bei dem oben beschriebenen Verlaufe sich solche jedesmal mehr oder weniger zeigten. Bei dem langsameren Verlaufe der Kranheit zeigten sich zwar alle Erscheinungen, jedoch in viel gelinderem Grade, und die hiervon befallenen Stücke seuchten auch in der Regel durch. Die Geschwülste er­reichten ausserordentliche Grossen, verschwanden aber jedesmal nur langsam. Zeigten sich solche Geschwülste und verschwanden dieselben auch wiederum schnell, so waren die Thiere auch jedesmal ohne Rettung Terloren.
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In dem Turn und Taxisschen Parke zu Duttenstein, k. Wiirtermb. Ober­amts Xeresheim, hat vom 19. Juni bis 16. Juli unter dem Dammwilde die Milzbrandseuche grassirt. Der Verlauf dieser Seuchenkrankheit war, den Be­obachtungen an einzelnen Stücken und dem Auffinden derselben zufolge, ge­wöhnlich nach kurzem Kranksein sehr acvt, von 2, 4, 6, 8, 12, 18, höch­stens 24 Stunden. Die Symptome der Erkrankung waren: verlorene Fresslust, Absonderung von den gesunden Rudeln, Suchen von finstern Waldstellen, Aufsuchen von Sullachen, bei vorgerücktem Leiden Umherirren, als ob ver­mindertes oder verlorenes Sehvermögen oder wohl gar eine Art Betäubung und Tollheit eingetreten wäre, sichtbar vermehrte Respiration, sogar mit auf­gesperrtem Maule, mit bald sehr gehobenem, bald gesenktem Kopfe, ängst­lichem wildem Umhersehen, endlich Drehen in einem unregelmäsigen Kreiseraquo; Taumeln, Gruppiren, Hauen mit den Voderfüssen in der Luft, plötzliches Zu­sammenstürzen, sodann Verenden unter wenigen Convnlsionen, als ob schon im Leben allgemeine Paralyse eingetreten wäre.
Die gefallenen Stücke wurden an verschiedenen Stellen des Parkes ge­funden, bald an Wegen, auf Weideplätzen, im Gehölze oder an Sullachen, die meisten fand man jedoch auf ebenen Weideplätzen oder in Thälern. Schnell nach dem Tode entwickelte sich ein Meteorismus im Hinterleib, als Folge der schnell eingetretenen Putreszenz. Aus After, Nase, Maul quoll öfters eine bräunliche, schaumige, ekelhaft riechende, mit Blut vermischte Flüssigkeit. Bei Ablederung der Haut zeigte sich die Musculatur dunkelroth, welk, mit bräunlich sulzigem Fett. Auf der unteren Fläche des Halses fan­den sich jedesmal, nach dem Verlauf des Brustkieferbeinmuskels, unterhalb dem Schlund und Kehlkopf angefangen, bis an das Brustbein, bräunlich-sul­zige Exsudate, welche bis hinter den Schlund und die Luftröhre fast der ganzen Länge nach sich ausdehnten, nämlich die Richtung nach den Jugular-venen und den Lymphgefässen nahmen. Auch um die Ohrdrüsen waren ähn­liche bräunliche sulzige Ergiessungen. Das aus den Venen ergossene Blut war dick, geknollt und pechschwarz. Ausser der Anschwellung am vordem und untern Rande des Halses und um die Ohrdrüse habe ich nie Oedcme oder Emphyseme unter der Haut gesehen. Die Gedärme und Mägen waren von widerlich riechender Luft aufgetrieben, entweder ganz schwarz oder stark mit schwarzen brandigen Streifen besetzt. An den Gekrösedrüsen fanden sich einigemal Carbunkeln von der Grosse einer Haselnuss, welche beim Durch­schneiden schwarzes theerartiges Blut enthielten. Die Leber war jedesmal etwas vergrössert und mit Blut überfüllt; die Milz war aufgeschwollen, fast um das Doppelte vergrössert, mit beulenartigen Erhöhungen besetzt, und schwarzroth gefärbt. Beim Durchschneiden entquoll derselben schwarzes, ent­mischtes Blut, das Parcnchym war in eine Breimasse anfgelösst, und lief von selbst aus. Die Nierenkapseln waren in eine schwarze sulzige Masse ver­wandelt , die Nieren selbst mit schwarzen Punkten besetzt. — Die sulzi-
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gen Exsudate, welche gewöhnlich bei den grösgeren Hausthieren in Theilen wo mehr Fett vorkömmt sich gelblich (orangelbe Lymphe) zeigten, waren bei diesem Dammwilde schwärzlich-braun. Selbst brandige Flecken und Streifen fanden sich auf der innern Oberfläche der Baucbwandungen. Nie­mals traf ich Wasser im Abdomen. Die Lunge war in der Regel schwärzlich punktirt und deren Gefässe stark mit aufgelöstem Blut überfüllt. — Der Herz­beutel war zuweilen mit bräunlichen Streifen besetzt, und sein Inhalt bräun­liches Serum. Das Herz welk und in den Kammern schwarzes theerartiges Blut enthaltend.
Wie schon angeführt, zeigten sich an diesen Thieren, mit Ausnahme der beschriebenen Oedeme auf der untern und vordem Seite des Halses, keine An­schwellungen am ganzen Korper, dagegen kam eine ganz besondere Erschei­nung an den Dammböcken vor. Diese fingen an zur erwähnten Zeit auf­zusetzen, und bekanntlich ist der Rosenstock zur Zeit des Aufsatzes sehr empfindlich, daher Reitz und sonach vermehrter Zufluss von Säften nach diesen Theilen. — Auf diese neuen jungen Ansätze machte die Krankheit, wie über­haupt auf jeden nur etwas gereitzten Theil, Metastasen von enormer Grosse, so zwar, dass einige hiervon befallene Stücke nicht mehr vermögend waren, den Kopf in gerader Richtung zu tragen, sondern denselben ganz nach der Seite hängen Hessen, wegen der Schwere und Grosse dieser Ablagerung. Das Volumen eines solchen Auswuchses hatte die Grosse einer starken Kegel­kugel, und war selbst noch zweimal so gross; ich sah sie jedesmal nur an einem der Geweihe, das andere war in der Regel gesund. Beim Durch­schneiden eines solchen entarteten Auswuchses entquoll demselben schwärzlich bräunliche Jauche. — Die Bildung einer solchen Metastase war schon aus dem schwammigen aufgeschwollenen Wesen zu schliessen, und dann aus der Aussage der sehr aufmerksamen Beobachter, zwölf an der Zahl, welche täglich mit dem Absuchen, Vergraben u. s. w. beauftragt und beschäftigt waren, höchstens von 36 bis 48 Stunden gewesen.
Der Verlauf der Krankheit war bei den hiervon befallenen Stücken in der Regel etwas länger, weil der Krankheitstoff sich zuerst auf diese äus-seren, etwas entfernten Theile hinwarf, um vielleicht dort sich einen Aus­weg zu suchen*). Ja ich habe mich sogar überzeugt, dass ein Schaufler, der mit einer solchen Ablagerungsgeschwulst behaftet war, dieselbe instinkt-mässig herunterschlug, auf solche Weise dem Krankheitsstoff einen Ausweg bahnte, und den man mit dem vom Kopf herunterhängenden Stücken später noch öfters laufen sah, durchseuchte.
•) Da der Verf. die Insecten als Hauptträger des Contagiums betrachtet, so war es ja am natürlichsten aniunehmcn, dass die Vergiftung an die­len Theilen erfolgte.
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Die von der Seuche befallenen und an ihr gefallenen Stücke trareit lauter alte, sehr gut genährte Mutterthiere und starke fette Schaufler. Ganz junge Kitze gingen theils wegen Mutterlosigkeit, theils aber auch wegen zu grosser Plage des Ungeziefers, nämlich der Bremsen, zu Grunde. Unter 217 gefallenen Thiefen befanden sich: 45 Schaufler von 2 bis 5 Jahren, 90 Mutterthiere, 2 Spiesser, 1 Schmalthier, 79 Kitzen.....
.....Als wesentlich habe ich hier noch zu bemerken, dass die
Bremsen, und zwar a) die grosse Rindsbremse (Tabanus bovinus), b) die
Regenbremse (Tabanus pluvialisquot;) und c) die Blindfliege (Tabanus coecutiens),
welche im verflossenen Sommer in unzähliger Menge vorhanden waren, wohl
mit Recht als die theilweisen Träger des Contagiums anzusehen sind, und
daher eine grössere Ausdehnung der Seuche verursachten. Diese setzten
sich gewöhnlich zu Tausenden auf die Cadaver der gefallenen Thiere, saugten
die aus Maul, Nase und After kommenden Profluvien ein, verliessen sodann die
Leichen, begaben sich sofort auf gesunde Stücke , stachen ihren von Contagium
besudelten Saugrüssel in die Oberfläche der Haut ein, und inoculirten auf
solche Weise das Seuchengift.quot;
349. K ö r b e r , Mittheilimgen über die Veranlassungen des Milzbrandes
überhaupt, und der Blutseuche der Schafe insbesondere. Gurlt und
Hertwig Magazin für d. Thierheilk. B. XIV. p. 129.
Der Verfasser findet:
1) „Dass in Gegenden, wo die Blutseuche als Seuche, namentlich wäh­rend der Sommermonate, fast regelmässig auftritt, die Bodenbeschaffenheit eine andre, als dort ist, wo sich diese Krankheit in der Regel nicht zeigt. Diess schon lässt mit einiger Wahrscheinlichkeit folgern, dass die Bodenbe­schaffenheit in naher Beziehung zu der Blutseuche und dem Milzbrande über­haupt steht, was sich noch mehr bei Bcurtheilung des Thatsächlichen her­ausstellt, a) Die Feldfluren aller derjenigen Ortschaften, wozu auch die Mer-seburger Flur zum grosen Theil gehört, in welchen die Blutseuche und meist auch der Milzbrand andrer Thiere gar nicht, oder nur als seltene Ausnahme sich zeigt, haben entweder Sandboden, oder einen mit vielem Sande oder Kiesel und anderen Steinen durchmengten Lehmboden mit der durch Cultur ergänzten Dammerde durchmengt, welcher in der Regel eine Ackerkrume von 1 bis 1 1/2 Fuss Mächtigkeit bildet und fast allenthalben Kies oder Sand zur Unterlage hat. Wo in hiesiger Gegend, insofern mir dieselbe genauer bekannt ist, ein solcher Boden ist, dort ist auch keine Blutseuche, und wo in hiesiger Gegend diese Krankheit nie oder nur ausnahmsweise sich zeigt, dort habe ich auch stets eine solche Bodenbeschaffenheit gefunden. — b) Die Feldfluren derjenigen Ortschaften hiesiger Gegend, in welchen in warmen anhaltend trocknen Sommern die Blutsenche regelmäsig sich einstellt und auch der Milzbrand beim Rindvieh häufig vorkömmt, habe ich von folgender Be­schaffenheit gefunden. In hiesiger Gegend haben diese Fluren, doch mit ei-
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tilgen Ausnahmen, ihre Lage in Niederungen, in den Thälern von Flüssen und Bächen. Allenthalben findet man 10 #9632;— 20 Fuss mächtige Ackererde, welche an der Oberfläche mehrere Fuss tief mit schwarzer Dammerde durch­mengt ist, und an den meisten Stellen entweder aus lockerem, warmen, fet­tigen Lehme, oder einem an Thon reicherem Lehme (Ziegclerde), an anderen Stellen aber aus einem mehr lockeren, aufgeschwemmten, etwas sandigen Lehme besteht; die Unterlage dieser Bodenart bildet mchrentheils Kies oder weisser Sandstein. Der Theil dieser Fluren, welcher in der Niederung der Saale, Elster und Luppe liegt und von diesen Flüssen durchzogen wird, ist fast alljährlich mehr oder weniger üeberschwemmungen ausgesetzt, enthält viele zum Theil stets mit Wasser gefüllte, zum Theil auch austrocknende Lachen, doch selten nur kleine Sümpfe, ist im Norden von Wald begrenzt, und wird hauptsächlich als Angerweide, oder Wiese, wenig als Ackerland benutzt. Die Befallungen der Gewächse kommen hier nicht häufiger als in den ad a beschriebenen Fluren vor. Der andre Theil dieser Feldfluren, wel­cher namentlich an den Bächen Geussel und Laucha sich hinzieht, ist Üeber­schwemmungen nicht ausgesetzt, enthält nur wenige, meist zweischürige, gute Wiesen in der Nähe der Bäche und wird hauptsächlich als Ackerland benutzt. Der Boden besteht hier an der Oberfläche aus warmer schwarzer Dammerde von zwei bis vier Fuss Mächtigkeit, welche auf einem lockeren warmen Lehme von vielen Fuss Mächtigkeit ruht. Bedeckungen der Futter­gewächse mit Schmarotzerpilzen kommen hier sehr häufig vor, doch am häu­figsten gegen den Herbst hin, wenn die Blutseuche in der Regel schon nach-lässt. Sümpfe, stehende Teiche, Lachen und Moorgründe kommen hier nur ausnahmsweise vor, Waldungen gar nicht. Die Blutseuche kömmt hier zwar gewöhnlich in sporadischen Fällen schon Anfangs Sommer vor, allgemein und seuchenartig dagegen tritt sie in der Regel nur nach längerer Andauer gros­ser Hitze auf, wenn die obere Ackerschicht ganz ausgetrocknet ist, dann kom­men auch gewöhnlich mehrere Erkrankungsfälle an Milzbrand beim Rindvieh vor, — c) Das Rittergut Bühndorf, welches an dem vorbenannten Bache, der Laucha, in der Nähe deren Mündung in den grossen Knapendorfer Teich liegt, erleidet in hiesiger Gegend den grössten Verlust durch die Blutseuche, indem es fast jedes Jahr 15 bis 20 pro Cent von seinen Schafen durch diese Krank­heit verliert. Dieses Gut hat im Norden der Wohngebäude Anger und Feld­triften, welche an der Oberfläche einen 1 Vj his 2 Fuss tiefen stehenden und auf tief gehendem Lehme ruhenden, lockeren, warmen, schwarzen, un­reifen Humusboden haben, der mit Salpetersäure Übergossen ungewöhnlich stark aufbraust und oberflächlich auf den ruhig liegenden Angern mit koh­lensaurem Kalke flechtenartig incrustirt ist. Diese obere Bodenschichte saugt den Regen schwammartig ein, lässt denselben aber auch rasch wieder fahren und wird, wenn kurze Zeit trocknes Wetter bestanden hat, staubig trocken, Während der unter ihr ruhende Lehm noch lange reichliche Feuchtigkeit ge-
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bunden hält*). — d) Die Feldfluren von Friedelurg, Pfeifhausen, Thaldorf, Zickeritz, Strashof, Heiligenthal, Helrusdorf, Adendorf, Oeste, Königswick, Rumpin, Lochewitz und dem südöstlichen Theile von Gerbstädt im Mansfeldec Seekreise, wo die Blutseuche jedes Jahr in hohem Grade verderblich herrscht und auch der Milzbrand beim Rindrieh und bei Pferden häufig auftritt, be­stehen gröstentheils aus ebenen Bergrücken von 250 bis 350 Fuss Höhe über dem Saalspiegel, welche von mehrentheils allmählig sich abdachenden, theils steilen und eng abfallenden Thälern durchschnitten werden. Diese Feldfluren bieten drei wesentlich verschiedene Bodenarten dar. Die nordwestliche Hälfte der Friedeburger Flur und der südöstliche Theil der Zickeritzer, Thaldorfer und Pfeifhauser Fluren haben eine Ackerkrume, welche ihrem Hauptbestand' theile nach aus zerfallenem weichen Thonschiefer und durch die Cultur er­zeugter Dammerde besteht und beim Uebergiessen mit Schwefelsäure ziemlich stark brausst; die Ackerkrume hat eine Mächtigkeit von 1 bis 2 Fuss und ruht auf schiefrigem rothen Thone, welcher eine Mächtigkeit von 10 bis 25 und mehr Fuss hat. Befallungen der Futtergewächse kommen auf diesem Boden nicht besonders häufig vor. In den Thälern findet man einen schwar­zen Boden von groser Mächtigkeit, welcher aus reichlicher Dammerde stellen­weis mit obigemThonboden, stellenweis mit dem noch zu beschreibenden Lehmboden durchmengt, gebildet und wahrscheinlich durch Abschwemmung von den Bergab­hängen entstanden ist. An schattigen etwas feuchten und längere Zeit ruhigliegenden Stellen findet man gewöhnlich die Oberfläche dieses Bodens mit kohlensaurem Kalke weiss überzogen. Die südöstliche Hälfte des Friedeburger und Gerbstädter und die nordwestliche Hälfte der Fluren von Zickeritz, Thaldorf und Pfeifhausen, so wie die Höhenfelder von Straushof, Rumpin, Adendorf, Oeste, Königswick, Zaberstädt, Heiligenthal und Helmsdorf bieten eine dritte Art der Bodenbe­schaffenheit. Hier findet man einen warmen, gelben, leichten, lockeren Lehm­boden, der allem Anscheine nach nur vorzugsweise ausThon mit einer ziem­lich reichlichen Beimengung von verwittertem Zechstein und kaum Spuren von Sand und Kies zusammengesetzt ist, er ist 15 bis 25 und mehr Fuss mächtig. In trocknen Jahren (wenn die Blutseuche am schlimmsten hier haust) sind die Befallungcn der Futtergewächse auf diesem Boden seltener als in nassen Jahren. Die Unterlagen dieser Bodenarten sind in der Nähe der Saale rother Sandstein, dann blauer Thonschiefer und nun Steinkohlen. Von der Saale entfernter verschwindet der rolhe Sandstein, hier folgt auf die vorstehenden Bodenarten der Zechstein, dann der blaue Thonschiefer mit Adern von Kupfererz, hierauf Todtliegendes und endlich Steinkohle. Moor­boden, Sümpfe und Lachen findet man hier fast gar nicht, eben so sind ste­hende Teiche seltene Ausnahmen. Die Blutseuche der Schafe tritt in diesem
quot;) Also ein uoterirdischer Sumpf! diese sind aber bekanntlich überall die grCührlichsten.
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Bezirke des Mansfeld'schen im Winter nur ausnahmsweise, beim Eintritt der wärmeren Witterung im Frühjahre und namentlich im Sommer regelmässig ein. Gewöhnlich stellt sich dieselbe zuerst und stets am heftigsten beim Be-weiden des Lehmbodens, später im Sommer und seltener hingegen und bei nicht zu heissen und trockenen Sommern auch weniger verderblich in den mit rothem Thonboden und Lehmboden gemischten Feldfluren ein. Die Weg­nahme der Schafe von dem Vorwerke Straushof nach Friedeburg ist gewöhn­lich mit dem Nachlassen der Blutseuche verbunden.quot;
„2) Die Gattungen und Arten der wildwachsenden Pflanzen auf allen Bodenarten hierselbst sind dieselben, und auch ihre Vertheilung ist ohne be-achtenswerthe Abweichung. Ebenso habe ich einen wesentlichen Unterschied in Beziehung auf den vorliegenden Zweck in der Flora der hiesigen Gegend und des von mir besuchten Bezirks des Mansfelder Seekreises nicht gefunden.quot;
„3) Die Erfahrung lehrt, dass die Blutseuche in den seuchendeu Ge­genden beim Weidegange eben sowohl bei überreichlichen, als bei mittelmäs-sigen und geringen Futtervorräthen, vorzugsweise aber dann, wenn von knap­pen Futtervorräthen zu einem nahrhaften und reichlichen Futter übergegangen wird, zum Ausbruche kömmt. Weiter hat sich ergeben, dass dann in den seuchenden Gegenden die Blutseuche gewöhnlich verderblich herrscht, wenn bei kargen Futtervorräthen die Futtergewächse auf dem Stengel hinwelken, holzig werden, verdorren und mit Schmarotzerpilzen bedeckt sind; es stellt sich aber auch weiter heraus, dass die Blutseuche in den seuchenden Ge­genden in sehr verderblichem Grade herrschen kann, ohne dass die Futter­kräuter durch Befallungen leiden. . . . Bei Stallfütterung des Bindvichs sah ich dann häufig den Milzbrand zum Ausbruch kommen, wenn üppig gewach­senes Wickfutter, üppiger Klee, im Abwelken begriffene Bunkelrübenblätter und einige andre Futtergewächse an heissen Tagen gefüttert wurden. Eine genauere Besichtigung und Untersuchung dieser Futtergewächse belehrte mich dann in der Begel, dass dieselben mit zahlreichen, schwarzen abgestorbenen, in Gährung oder Fäulniss begriffenen Blättern und Stengeln versehen waren, und gewöhnlich waren diese Futtergewächse mit reichlichen Befallungen bedeckt, mitunter aber auch ohne dieselben. Unter solchen Verhältnissen sah ich auch dort den Milzbrand beim Rindvieh eintreten, wo die Blut­seuche der Schafe nicht vorkömmt. Wenn im Winter bei Schafen oder bei andern Hausthieren der Milzbrand zum Ausbruche kommt, so ist dies dann namentlich der Fall, wenn den Thieren Klee, Esparsett, oder Luzerner Heu gefüttert wird, welches entweder nicht ganz trocken eingebracht wurde, oder feucht gelagert hat und deshalb während der Lagerung in Gährung oder Verwesung übergeht, mit Schimmelpilzen sich bedeckt und einen mulderigen Geruch verbreitet, mag nun dieses Futter befallen gewesen sein oder nicht; oder wenn befallene Spreu oder Kaff von mulderigem Geruch und verdorben gefüttert werden. Dass in diesen Fällen das dargereichte Futter die Haupt'
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Ursache des Ausbruchs des Milzbrands ist, ergibt sich hauptsächlich daraus, dass diese Kraukheit alsbald aufhört, trenn dies Futter nicht mehr ge­reicht wird.quot;
„4) Es ergibt sich häufig, dass dann, wenn die Blutseuche herrscht, das Tränkwasser durch die anhaltende Sommerhitze in manchen Gegenden sehr knapp wird, oder verdorbenes Wasser aus Teichen und Lachen gereicht werden muss. Hiergegen muss ich bemerken, dass nach meinen Erfahrungen in hiesiger Gegend, wo die Blutseuche nicht herrscht, das Getränk im Som­mer für die Schafe gewöhnlich sehr karg ist, so wie auch, dass hier be­sonders oft ein stehendes fauligtes Wasser aus Teichen und Lachen zum Tränken benutzt wird, ohne dass dadurch die Blutseuche zum Ausbruch kömmt. Eben so ist mir bekannt, dass an manchen Orten hiesiger Gegend und namentlich zur Zeit des Herrschens der Blutseuche die Schafe dreimal täglich getränkt werden, ohne dass dadurch der Ausbruch der Krankheit' verhindert oder ermässigt wird.quot;
„5) Wenn man das Auftreten der Blutseuche in jenen Gegenden, wo diese Krankheit alljährlich zum Ausbruche kömmt, befragt, so ergibt sich, dass diese a) in den kühlen und kalten Jahreszeiten gar nicht, oder nur ausnahmsweise zum Ausbruch kömmt, und dass dann, wie sich aus weiteren Forschungen in der Regel ergibt, das Futter Ansteckung oder dergleichen Verhältnisse, nicht aber die Witterung, diesen Ausbruch bedingen; b) dass ihr Ausbruch besonders in die warmen Monate fällt und um so häufiger in der Regel zu Stande kömmt, je heisser und trockner die Witterung ist; c) dass einzelne bald vorübergehende Gewitter- und andre Regen bei fort­dauernder Hitze den Ausbruch befördern; d) dass hingegen nasse kühle Som­mer und auf trockene Hitze folgender, durchdringender Regen mit Abküh­lung der Luft und des Bodens den Ausbruch dieser Krankheit verhindern, oder doch bedeutend ermässigen. Diesen Beobachtungen und Erfahrungen des Einflusses der Witterung auf das Auftreten, der Blutseuche ist nun aber entgenzustellen, dass die Schafe und die andern Hausthiere der seuchen­freien Gegenden, welche häufig in die seuchenden Gegenden eingeschoben sind, oder umgekehrt, von denselben Witterungseinflüssen und in derselben Art getroffen werden, wie dies in den seuchenden Gegenden der Fall ist, ohne dass dadurch der Milzbrand zum Ausbruch kömmt.quot;
„G) Die bestgenährtesten Thiere und das jugendliche Alter sind vor­zugsweise dem Milzbrande ausgesetzt; die Krankheit befällt und tödtet aber auch Thiere jedes Alters und jedes Ernährungszustandes.quot;
„7) Nach meinen ziemlich ausgebreiteten Forschungen stellt sich ziem­lich allgemein heraus, dass die Bauernschafe weit weniger der Blutsenche ausgesetzt sind, als die geschossenen Schafheerden der Rittergüter. Beide unterschieden sich nur darin von einander, dass die Bauernschafe Morgens eine halbe Stunde später oft auf die Weide kamen und in kleinen Abthci
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lungen Abends in ihre Ställe geführt wurden, die Rittergutsschafe aber in der Nacht in den Horden auf freiem Felde zubrachten. Wenn in einer Schaf-heerde beim Weidegange die Blutseuche Terderblich herrscht und die Schafe werden von der Weide weggenommen, aufgestallt und im Stalle gefüttert und getränkt, so lässt die Blutseuche in der Regel sehr nach, oder hört ganz auf; dies ist aber nicht allein dann der Fall, wenn den Schafen hier­bei trocknes Futter gereicht wird, sondern auch, wenn sie im Stalle Grfin-futter erhalten, welches auf dem früheren Weideterrain gewachsen ist, wenn dies Futter gesund und gut erhalten ist. Dasselbe zeigt sich bei weidendem Rindvieh, was vom Milzbrande leidet, wenn es von der Weide weg in den Stall genommen wird, und hat sich dies so durchgreifend bewährt, dass mehrere mir bekannte Güter, welche in früheren Jahren beim Weidegange des Rindviehs grosse Verluste durch den Milzbrand erlitten, seit der Einfüh­rung reiner Stallfütterung nur selten den Verlust eines Stücks Rindvieh durch diese Krankheit zu beklagen haben. Bei hordenden Schafheerden, in welchen die Blutseuche herrscht, tritt ebenfalls in der Regel dann eine be­deutende Abnahme der Krankheit ein, wenn die Schafe Abends nicht mehr in die Horden, sondern in den Stall geführt werden, wenn ihnen auch im Stalle, weder Futter noch Getränk gereicht werden.quot; .
„8) Die Blutseuche ist eine Krankheit, welche erst seit 25 bis 30 Jah­ren die hiesigen Gegenden so verwüstend heimsucht, vor dieser Zeit soll sie wenig bekannt und beachtet gewesen sein.quot;(?)
„9) In Beziehung auf Ansteckung habe ich in den seuchenden Gegen­den fast allenthalben die grösste Nachlässigkeit gefunden, so dass man fast nicht mehr thun könnte, wenn man geflissentlich die Ausbreitung der Blut­seuche durch Ansteckung befördern wollte.quot;
Der Verf. betrachtet als den Milzbrand vorbereitende und begünstigende Ursachen: 1) Die Veredelung der Schafe und besonders durch ihren fort­währenden Fort- und Rückschritt; 2) jugendliches Alter und reichliche Er­nährung; 3) der Weidegang überhaupt und besonders weite Triften an heissen Tagen; 4) das Horden im Freien; 5) heisse trockne Witterung in den Sommermonaten und schwüle Gewitterluft; 6) reichliches und nahrhaftes Fut­ter, und besonders der rasche Uebergang von kargem zu reichlichem Futter; 7) Mangel an Wasser, oder Vernachlässigung ausreichenden Tränkens; 8) heisse dunstige Stalluft bei der Fütterung; 9) Bedeckung der Futterkräuter mit Schmarozerpilzen, in so fern diese zur qualittaiven Abänderung der Futter­stoffe hinwirken; 10) heftige und plötzliche Erkältungen und Aufblähen des Pansens bei schon eingeleiteten Ausbruche des Milzbrandes.
Die wesentlichen Veranlassungen des Milzbrandes sind dagegen nach dem Verfasser, ausser der Anstrengung: 1} unbekannte qualitative Abände­rungen der vegetabilischen Nahrungsmittel der Thiere; dem Anscheine nach häufig durch Verwesung, Gährung und Moderung bedingt. 2) Die Einath
Hantinger, Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; g
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mung reichlicher Gase, welche durch Gahrung, Fäulniss, Verwesung und Ver­moderung yegetabilischer und thierischer Stoffe erzeugt worden sind; dem Anscheine nach aber am häuGgsten der Gase, welche unter dem Einflüsse trock-ner Sommerhitze aus solchen Bodenarten, welche eine tiefstehende, lockere, dem Luftzutritt zugängige, reichlich mit Stoffen, welche der Gährung, Ver­wesung, Fäulniss und Moderung unterworfen sind, zugängige Ackererde haben, dann in reichlichem Masse eraporiren, wenn die obere Schicht derselben, in welcher die Futtergewächse wachsen, ausgetrocknet ist und dadurch die er­zeugten Gase nicht mehr zur Pflanzennahrnng verwendet werden. 350. II. Gerold, Die contagiöse Lungenseuche des Rindviehes etc. nebst einigen Bemerkungen über Milzbrand. Magdeburg. 1848. 8.
Der Verfasser lebt in dem Miizbrandlande im Magdeburgischen an der Elbe, wo er seine Beobachtungen gesammelt hat, und zwar zunächst an Schafen.
Nach wiederholten Beobachtungen (aber doch schwerlich auf sehr verschiede nein Boden) konnte der Verf. keinen Einfluss des Bodens erkennen; bald erschien der M. diesseits bald jenseits der Elbe, bald auf den Höhen, bald in den Tiefen.
Der Verf. kennt in dem M. eine eigenthümliche Veränderung der Blut-krasis, die nur durch Chlor oder Chlorsalze wieder in die normale umgeän­dert werden kann. Diese Blutanomalie ist aber die Folge einer eigenthüm-lichen Umstimmung der Thätigkeit des Gangliennervensystems.
In allen Formen, der acutest apoplectischen, der acuten febrilen und der afebrilen fand der Verf. immer das aus der Ader gelassene Blut dik und theerartig.
Bei den Sectionen war das Blut ohne Ausnahme nicht geronnen, klump-rig, schwärzlich, syrupartig, es färbt das darauf geschüttete Wasser leicht dunkelröthlich, sich ganz darin auflösend. Weder zeigte die Kopf- noch die Brusthöhle in dem Leichnam etwas Bcmcrkenswerthes, dagegen fanden sich im dünnen wie im dicken Darme silbersechsergrosse röthliche, röthlichbräun-liche oder bräunliche Flecke, sogenannte Milzbrandflecke. Diese waren in­tensiver in der Gegend des Proccssus vermiformis und blutstreifig im Recto. — Der Magensaft im dritten und vierten Magen von Schafen welche am Milz­brand gefallen sind, zeigt entweder sehr wenige, in den meisten Fällen nicht eine Spur einer saurer Reaction. In suchen Cadavern war weder das Lak­muspapier, noch das Kali carbonicum im Stande Säure zu entdecken.
Nicht selten hat der Verf. an Menschen welche mit krankem oder ab­gelebtem Vieh zu thun hatten, Ansteckungen in Form der sogenannten Pu-stula maligna, Carbunculus gesehen; oft haben diese Subjecte weniger als deren Angehörige daran gelitten, namentlich wenn selbige mit den rauhen wolligen Fellen des abgelederten Viehes sich zu schaffen gemacht hatten. Aber es kamen auch schon Epizootien von Milzbrand vor, wo fast gar keine
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Ansteckung auf Mensehen erfolgte. Und selbst die geschehene Infection hatte nicht immer dieselben intensiven Folgen. Es gab schon carbuneulöse Fälle, wo unmittelbar nach dem Erscheinen der schvarzen Blatter das heftigste Fie­ber und mit ihm die Symptome eines vollständigen asthenischen Zustandes unverkennbar sich änsserten; in andern Zeitläufen dagegen dauerte es einige Tage, ehe der Gesammtorganismus seine Rückwirkung bethätigte. Ein mal, es betraf dieses eine Magd welche ein Fell eines vom Brodherrn daheim ge­brachten Schafes das am Milzbrand fiel, wegpackte, sah der Verf. kurz vor dem Tode, in Folge entstandenen Carbunkels, eine Art Hydrophobie eintreten. — Hier, meint der Verf., kann man nicht sagen, dass in einzelnen Jahrgängen die Disposition zur Ansteckung beim Menschengeschlechte vorhanden sei, in anderen dagegen fehle — vielmehr glaubt sich der Verf. überzeugt zu haben, dass in einzelnen Jahrgängen die Seuche ein zur Ansteckung intensiveres, geschikteres Gift bereite, als in andern
Ein besonderes Zeichen der Bösartigkeit des Carbunkels hat der Verf. immer darin gesehen, wenn nach Abschneiden des obersten Segmentes der schwarzen Pocke die darunter liegenden Gebilde eine gewisse lederne, knorp -liehe Härte, bei schwarzer und caffebrauner Färbung besitzen*). Solche Pocke unterscheidet sich schon durch die bei sich führende Geschwulst, welche ebenfalls härter als gewöhnlich ist, von der weniger bösartigen Pustel, die selbst längere Zeit, selbst 8 Tage lang, nicht aber gern darüber hinaus, bestehen kann, ohne dass solcherlei Metamorphosen ihr folgen. 351. C. W, Friedenreich, Die Anthraxkrankheiten physiologisch begrün­det. Magazin für d. ges. Thierheilkunde. B. XV. S. 28.
„Wird der Körper in seinen Blutmauserungsbestrebungen gestört, so bleiben die alten, abgestorbenen Blulkügelchen im Blute, circuliren mit dem­selben durch den Körper, und zerfallen zum mehr oder minder grossen Theil auch nachArt, wie dies in der Leber behufs der Gallenbildung hätte geschehen sollen. Das ganze Blut hat in solchen Fällen mehr oder weniger die Beschaf­fenheit des Pfortaderbluts angenommen, und der betroffene Körper leidet am Milzbrande.quot;
„Das Wesen des Milzbrandes ist demnach eine Uebertragung und Ver­breitung des Pfortaderzustandes auf die gesammte Haematose. Gründe: 1} Das Blut milzbrandiger Thiere gleicht schon in seinen äussern Eigenschaf­ten dem Pfortaderblute; es ist dickflüssig, gerinnungslos, schwarz, enthält häufig viele, schon mit Müssen Augen sichtbare, Fetttröpfchen und röthet sich an der Luft nicht; das Plasma ist stark mit Cruor getränkt. 3) Einzelne Symptome heim Beginne des Milzbrandes sprechen für eine gestörte Pfortader-
deg;) Darin werden ausser dem Referenten wohl alle erfahrenen Beobachter mit dem Verf. tibereinstimmen.
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leborfuncüon, z. B. Gelbfärbung der Sclerotica und anderer sichtbarer Membra­nen, besonders bei Pferden. 3) Alle Erscheinungen des Milzbrandes lassen sich leicht, ungezwungen und überzeugend aus dem bezeichneten Wesen die­ser Krankheit ableiten-quot;
„Als Ursachen zum Milzbrande können alle Einflüsse gelten, welche die Ausscheidung der abgelebten Blutbläschen in der Pfortader und Leber ver­hindern, man kann dieselben in folgende 5 Abtheilungen bringen: 1) Ur­sachen welche Unthätigkeit in der Pfortader und Leber hervorrufen; 2) Ur­sachen welche eine der Ausscheidung der abgelebten Blutbläschen ungünstige Beschaffenheit des Pfortaderblutes herbeiführen; 3) Ursachen welche eine zu reiche Blutbläschenbildung hervorrufen; 4) Ursachen welche die Blut-blächen paralysiren; 5) Infection.quot;
„1) Ursachen welche Unthätigkeit in der Pfortader
und Leber hervorrufen...... Der venöse Zustand des Bluts wird durch
träge Athmung, kranke Lungen oder durch Aufnahme sauerstoffarmer Luft mächtig begünstigt, ja bei dem Genüsse ganz unpassender Nahrungsmittel allein hervorgerufen. Die Folgen der Yenosität des Bluts sind, je nach der Intensität und Dauer des Zustandes, mehr oder weniger bedeutend. Die Blutbläschen, arm an Sauerstoff, vermögen nicht, ihren Kerngehalt kräftig genug auszubilden, und deshalb leidet die Plasmabildung und Erregung; wei­terhin die progressive Stoffmetamorphose der parenehymatösen Bildungsflüs­sigkeit und die Excitation der vitalen Faser. Hieraus folgt gesunkene Ener­gie der Functionen im Allgemeinen, wie der Se- und Excretionen im Beson­dern. Das Blut wird von seinen Schlacken nicht gehörig befreit, die ver­schiedenen excretionellcn Salze sowohl, als auch die abgestorbenen Blutkügel-chen bleiben im Blute, und unter andern pathologischen Folgen ist der Milzbrand nicht die seltenste.quot; — „Die speciellen Bewegungsfactoren des Pfortaderbluts und der Zustände unter denen die Pfortader-Leber-Circulation retardirt wird, sind: a) Die Entleerungen der hintern Holvene, Bei jeder Exspiration ist der Brusttheil der hintern Holvene fast leer, bei jeder Inspiration ganz aoII. Diese Besultate der Beobachtung dürften den Schluss zulassen, dass bei unvollkommenen Allimen auch die Entleerungen und Füllungen der hintern Holvene unvollkommen seyn müssen, und da die freie Blutbewegung dieses Gefässes auf die Entleerung der Leber einen nicht unbedeutenden Einfluss üben muss, so ist ersichtlich, dass bei Störungen der Circulation in der hintern Holvene auch die Leber durch Ueberfüllung mit Blut in ihrer Thätigkeit gestört und die Veranlassung zum Milzbrande werden kann, b) Die Excretion der Galle .... Wie alle Functionen nur auf Anregung gewisser Agentien geschehen, und als Agens gilt haupt­sächlich das Sauerstoffgas und die Nervenkraft, so wird auch bei Unterdrückung dieser Bewegungsmomente die Leber an Funktionsenergie leiden. Die Ner­venkraft ist getrübt, wenn das sie erregende Blut eine heterogene Beschaf
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fenheit angenommen hat, und Sauerstoff fehlt dem Körper, wenn die Lungen oder die Blutbläschen krankhaft sind, oder eine relativ zu grosse Menge Koh­lenstoff durch die Nahrungsmittel in den Körper gelangte, c) Die activen Bewegungen der Eingeweide des Hinterleibes. Retardirte Darm-hewegungen treten ein, wenn entweder der Darm dynamisch geschwächt oder in seiner Thätigkeit durch materielle Hindernisse gestört ist. Ersteres tritt nicht selten bei allgemeinen, besonders gastrischen Krankheiten und nach Innern Erkäl* tungen ein; letzteres dann, wenn so viel Futterstoffe genossen sind, dass der Nahrungsschlauch über bestimmte Grenzen hinaus ausgedehnt wird, wonach er seine normale Contractionskraft verliert. Wenn nun einleuchtet, wie för­dernd auf die Circulation in den Darmvenen und durch diese weiter auf die Pfortader, eine kräftige Contraction der Darmwände einwirkt, so darf es auch keinem Zweifel unterworfen seyn, dass mit der Verminderung der Energie und Frequenz der Contractionen des Darmcanals ein bedeutender Impuls für die kräftige Pfortader-Leber-Function wegfällt. Die passiven Bewegungen der Eingeweide unterstützen die Blutbewegung in den Darmvenen undderPforla-der, und deshalb wird durch Ruhe des Thiers die Stockung des Bluts in der Pforta-derundLeberbegünsligtund der Ausbildung des Milzbrandes Vorschub geleistet.quot; ? ? „2) Ursachen, welche eine der Ausscheidung der abgeleb­ten Blutbläschen ungünstige Beschaffenheit des Pforta­derbluts herbeiführen. Zur Anbahnung des Mauserproccsses des Blutes ist ein gewisses Wasserquantum erforderlich, indem der in dem Parenchym der Blutbläschenmembran angehäufte Cruor, welcher den Zusammenhang der leblosen Blutbläschen nur noch zu vermitteln scheint, durch Wasser leicht extrahirt wird. Es muss also Wassermangel im Ffortaderblute die Blutmau­serung beeinträchtigen und alle denselben herbeiführenden Umstände sind deshalb zu der Ursachen des Milzbrands zuzählen, a) Hohe Temperatur. Dieselbe befördert die gasförmige Hautausdünslung und führt nicht selten Schweiss herbei. Das Wasserquantum welches auf diese Weise dem Körper entzogen wird, kann nicht unbedeutend seyn, da die Ausdünstung permanent ist, und deshalb scheint es wohl geeignet, einen mächtigen Einfluss auf die Verdickung des Blutes, resp. der Pfortader herbeizuführen, wenn der Verlust durch Ge­tränk nicht gedeckt wird, b) Schwüle. Die Ausdünstung des Thierkör-perswird noch gesteigert (?), wenn sich mit der Hitze eine gewisse Schwüle verbindet. Dieselbe entsteht bei grosser elektrischer Spannung der Luft, da­her ist sie gewöhnlich der Vorbote von Gewittern. Es gilt desshalb von ihr das was bereits von der hohen Temperatur gesagt wurde; c) Warme feuchte Luft. Ein grösserer Feuchtigkeitsgrad verhindert die Abkühlung wegen der schlechten Leitungsfahigkeit der Wasserdünste (? ?) daher disponirt eine feucht-warme Atmosphäre zur Transpiration noch mehr als eine trockenwarme ( ? ? )• Wenn wir bisher von der Lösungsfähigkeit des Wassers in Betreff des Cruors sprachen, so müssen wir, um uns keine Unrichtigkeit zu Schulden kommen zu lassen,
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noch einer Bedir.gung gedenken, nämlich der Reinheit des Wassers. Was­ser mit verschiedener salinischer Beimischung z. B. von Kochsalz, geht sei­ner Lösungsfähigkeit mehr oder weniger verloren (?) und deshalb wird auch ein grössercr Salzgehalt im Plasma die Blatmauserung beeinträchtigen und den Milzbrand begünstigen. Zu diesen Einflüssen gehört: d) Salzgenuss; e) Erkältungen. Durch Erkältungen wird die Cutis contrahirt und die Ausdünstung unterdrückt. Die Ausdünstung führt verschiedene Salze, beson­ders Kochsalz, aus dem Körper, nach Erkältungen bleiben diese im Blute. Wenn nun gleich die Nieren, als Antagonisten der Haut, deren Functioncn zum Theil übernehmen, so geschieht dies doch nur äusserst mangelhaft hin­sichtlich der zu excernirenden Salze (?), vielmehr scheiden die Nieren nur den Wassergehalt aus welcher sonst durch die Haut verdunstet wäre. Die innere Folge von Erkältungen ist also lediglich grössercr Reichthum des Blu­tes an einzelnen Salzen, vorzüglich an Kochsalz.quot;
„3) Ursachen welche eine zu reichliche Blutbläschenbil­dung hervorrufen. Von gleichzeitig entstandenen Blutbläschen kann man wohl mit Recht annehmen, dass sie zugleich ihren Lebenscyclus durch­laufen, so dass also eine überreichliche Fütterung mit an Protein reichen Nahrungsloffen ihrer Zeit das Entstehen und den Tod einer Übergrossen An­zahl Blutkügelchen herbeiführen wird. Die Leber kann in solchen Fällen ausser Stand gesetzt werden, das ihr zur Verarbeitung überwiesene Material zu bewältigen, und der Eintritt des melanösen Blutzustandes und des Milz­brandes ist die nothwendige oder mögliche Folge.quot;
„4) Ursachen welche die Blutkügelchen paralysiren. Von dem ungetrübten Leben resp. der Excitabilität und Alhmung der Blut­kügelchen ist die lebenskräftige Erregung der vitalen Faser, also die Anre­gung zum Leben im Allgemeinen abhängig. Dasselbe erlischt sobald die Blutbläschen durch feindliche Agenlien getödtet werden. Wird indessen nur ein geringer Theil der Blutkügelchen zum Abslerben gebracht, so treten an­derweitige pathologische Folgen ein. Vor allem leidet die SaucrstolTaufnahme, das Blut wird venös, die Nervenwirkung getrübt, und der Impuls zu den Functionsverrichtungen der Organe ist geschwächt, daher Stockungen im Ffortadersysteme und der Milzbrand. Zu den Schädlichkeiten, welche eine solche Wirkung äussern, gehören alle narkotischen Pflanzen, und an diese reihen sich die auf den Vegetabilicn schmarotzenden Pilze (sogenannte Be­fallungen) und das Mutterkorn .... Zu den Schädlichkeiten welche die Blutbläschen paralysiren, dürften vielleicht auch mephilische Gasarten zu rech­nen seyn, so namentlich die Kloakenluft oder das Stallmiasma, die Erd- oder Moderluft und die Sumpfluft oder das Sumpfmiasma.quot;
„5) Infection. Die Impfversuche von Gerlach und Andern beweisen hinlänglich dass die Anthraskrankhciten ein Contagium entwickeln, welches in das Blut gesunder Menschen und Thiere übertragen den Anthrax wiederum
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hervorruft. Ob auch durch die Lungen, die Haut oder auf andre Weise das Contagium sich Eingang verschafft, ist man bemüht gewesen, ebenfalls durch directe Experimente nachzuweisen, hat aber, soweit mir bekannt, ein negiren-des Resultat erhalten (?) Trotzdem sind Beispiele in Menge aufgezeichnet, welche die Möglichkeit der Infection bei unycrletztem Körper zu beweisen
scheinen..... Es fragt sich, wie kann ein so kleiner Theil kranker Materie,
wie er notorisch zur Ansteckung ausreicht, die ganze Säftemasse eines ge­sunden Thiers in denselben kranken Zustand überführen? Die Beantwortung gibt uns ein genau bekannter chemischer Process, der der Gährung. Ver­schiedene Stoffe sind an sich keiner Gährung fähig, wird aber ein äusserst kleines Partikelchen einer schon gährenden Substanz mit ihnen in Berührung gebracht, so tritt die Gährung in der ganzen Masse einquot;........
„Die Anthraxkrankheiten treten unter verschiedenen Formen auf, haupt­sächlich bieten sich dem Auge des Beobachters zwei Grundtypen dar: die carbonöse und die seröse Milzbrandform, an diese reihen sich sodann: die Petechialform und die Carbunkelkrankheit.quot;
„1) Die carbonöse Milzbrandform. In den Cadavern solcher Patienten findet man grosse Massen schwarzer Blutbestandlheile an verschie­denen porösen Körpertheilen abgelagert, so namentlich am Netze, Gekröse, im Zellgewebe. Im Leben characterisirt sich die Krankheit durch folgende Symptome: Starke Turgescenz der kleinen Gefässe in der Sclerotica, dunkle Färbung derselben, die häufig stark abgesetzt erscheinen, die Sclerotica selbst nicht selten missfarbig und gelblich. Herzschlag oft uufühlbar, Arterienpuls klein, häufig nicht wahrnehmbar, frequent, auch normal, grosse Kühle des Körpers, besonders der Ohren, Hörner, Füsse, bei Pferden auch der Nase, Haltung derThiere stumpf, schwerfällig, Pferde treten öfter unruhig hin und her, jedoch mit einer gewissen Trägheit, hängen den Kopf und rücken zu­weilen wie aus Träumen erwachend in die Höhe. Blut schwarzrolh, schmie­rig dickflüssig, beim Umrühren an der Luft sich nicht röthend, oft kleine mit Wessen Augen sichtbare Fetttröpfchen enthaltend. — Diese Milzbrandform ist hauptsächlich dadurch entstanden, dass eine grosse Menge alter, abgestorbener Blutkügelchen im Blute waren, die wegen Mangel an Wasser nicht abge­mausert werden konnten, daher ist der Cruor nicht extrahirt, sondern in der integrirten Bläschenhülle eingeschlossen. (?) Die Lunge suchte sich dieser Blutschlacken während der Krankheit zu entledigen und deponirte sie an verschiedenen porösen Körperstellen. Die Symptome der Krankheit erklären sich leicht und ungezwungen aus dem Wesen derselben. Die Turgescenz und dunkle Färbung der Gefäschen in der Sclerotica sind eine Folge der Anhäu­fung alter abgestorbener Blutbläschen, die Kraftlosigkeit der blutbewegenden Organe findet ihre Ursache in dem Mangel an Sauerstoff, dem Reizmittel al­ler vitalen Actionen, die Kälte der Haut ist bedingt durch die Unfähigkeit des Körpers seine Respirationsmittel zu verarbeitenquot; u. s. f.
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„Die seröse Milzbrand form, Hauptsächliche Sectionsdata: viel röthliches Serum in den grossen Körperhöhlen, ziegelrothe Färbung der Muskeln, Blut missfarbig kirschbraun, unfähig an der Luft Sauerstoff aufzu­nehmen, kirschbraune Imbibition der innern Gefässhäute. Symptome der Krankheit: frequenter Puls, fühlbar an den Arterien, noch stärker an dem Herzen (pochend), brennende Hitze des Körpers oder einzelner Theile, der Hörner, Ohren, des Mauls, oft Kolikschmerzen, bei Pferden gewöhnlich, beim Rindvieh seltener, grosse Unruhe der Patienten, aufgeregter Zustand, Mus­kelzittern, Harn röthlich. — Diese Anthraxform besteht ihrem Wesen nach darin, dass die Blutbläschen zwar zerfielen, nachdem ihr Cruor in dem reich­lich vorhandenen Wasser gelöst war, aber die Leber nicht im Stande war, die Menge des ihr gebotenen Materials zur Gallenbildung zu verwenden. Das Blut ist missfarbig kirschbraun, weil der Cruor in dem Plasma gelöst, das rothe Pigment imbibirt die Gewebe, daher die ziegelrothe Färbung der Muskeln und die kirschbraune der innern Gefässhäute, eben so theilt sich dies Pigment den excernirten Flüssigkeiten mit, daher der röthliche Harn. Der abnorme Reitz des cruorreichen Plasmas bewirkt krankhafte Reizungen, aufgeregten Zustand des Patienten, Muskelziltern, Kolikschmerzen, sehr acce-lerirte Blutbewegung, vermehrte WTärme.quot;
„Zwischen dem carbonösen und serösen Milzbrande mitten inne steht die Petechialform. Sie theilt das Wesentliche beider Haupttypen, da­her weist die Section sowohl Ablagerungen schwarzer Blutmassen an ver­schiedenen Stellen des Körpers nach (Petechien), als auch die Ansammlung von vielem rothem Serum in den grossen Körperhölen. Diese Anthraxform entstand dadurch, dass im Blute eine grosse Menge alter, abgestorbener Blutbläschen sich vorfanden, die zum Theil zerfielen, zum Theil unversehrt blieben und wegen Unlhätigkeit der Leber oder wegen allzugrosser Anzahl nicht verarbeitet werden konnten. Die Symptome der Pctechialform sind bald mehr die des carbonösen, bald mehr die des serösen Milzbrandes, je nach­dem die Krankheit sich mehr nach dieser oder jener Seite neigt.quot;
„Die Carbunkelform ist eine Anthraxkrankheit welche an bestimmten begrenzten Stellen des Körpers sich ihrer krankhaften Blutbestandtheile zu entledigen strebt, während sie im Uebrigen der Petechialform gleicht, so zwar, dass sie bald mehr dem carbonösen bald mehr den serösen Anthrax sichnähert. Die Symptome sind die des Petechialmilzbrandes mit Bildung von Carbunkeln. Die Carbunkeln scheinen das primäre Leiden zu sein, denn man bemerkt bei ihrem Auf­treten häufig noch kein Fieber, eben so wenig bedeutende Störungen des Allgemein­gefühls. Ich bin daher geneigt die Carbunkeln für Depots von abgestorbe­nen Blutbläschen zu halten, die demnächst zerfallen und das Contagium ent­wickeln, welches sich nun schnell über den ganzen Körper verbreitet.quot;
„Wir sehen aus dieser Darstellung, dass die verschiedenen Milzbrand­formen identisch sind, indem sie das Wesen gemein haben, Ueb ertragung
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und Verbreitung des Ffortaderblutzustaudes auf die allge­meine Haematose. Sie unterscheiden sich nur durch ihre äussern Er­scheinungen, die, wie erörtert, davon abhängen, ob die abgestorbenen Blut-kügelchen im unverletzten Zustande ablagern oder nur deren Cruorgehalt im Blutplasma, und nach dem Tode im Serum gelöst, und endlich wie und wo die Ablagerung erfolgt. Schon lange galt die Annahme der Identität der Milzbrandformen, ohne dass dieselbe näher nachgewiesen werden konnte; dieses Dunkel glaube ich gelichtet zu haben.quot; 352. C. Walch, Merkwürdiges Auftreten des Milzbrandes. Nebel und Vix Zeitschrift B. XVI. S. 176.
Milzbrandapoplexie mit den gewöhnlichen Erscheinungen, aber ausgezeich­net durch die ausserordentliche Energie des Contagiums, und einige andere Momente. Daher hier folgender Auszug, auf den ich Gelegenheit haben werde mich zu beziehen.
„Im Amtsorte Friedewald bestand Ende September 1848 der Viehstand des Bauers A. Ernst aus 4 Ochsen, 2 Kühen und 2 jungen Stieren. Am 30. Sept. erkrankte eine dieser Kühe, und es bekundete sich das Leiden, nach dem Bericht des Besitzers, absonderlich durch urplötzliches Ablassen vom Fressen und Saufen, heftige Schauer mit abwechselnder Hitze des gan­zen Körpers, Stöhnen, starkes Flankenschlagen und sehr schnelles Versiegen der Milch. Man rief einen Quacksalber, den Forstlaufer Baldauf, zu Hülfe. Tags darauf, den I.October, war die Kuh so krank geworden, dass der Be­sitzer , um sie nicht ganz zu verlieren, sich veranlasst fand, sie schlachten zu lassen. Dieses Geschäft besorgten der genannte Baldauf, ein gewisser Eichenauer, der Eigenthümer Ernst, und die übrigen Familienglieder des letzteren. Baldauf hatte damals mehrere kleine Verletzungen an den Hän­den und Armen; insbesondere aber hatte er sich kurz zuvor einen Holz­splitter unter den Nagel des linken Mittelfingers gestossen; auch Eichenauer war nicht frei von verschiedenen frischen Wundstellen an denselben Körper-theilen; der Eigenthümer selbst, A. Ernst, litt am linken Zeigefinger, den er wenige Tage zuvor stark gequetscht hatte, während die zwei Kinder des­selben, welche die herausgenommenen Eingeweide ab- und zutragen mussten, mit nässenden Grindstellen im Gesichte behaftet waren, an denen sie oftmals kratzten. Das Fleisch wurde verkauft und von sehr vielen Menschen ge­nossen. — Dieselben Krankheitserscheinungen boten sich bei einem Ochsen dar, welcher 6 Tage darnach, den 6. October, gegen Abend mit seinem Ne­benkameraden ganz munter vom Ackern nach Hause gebracht worden war. Kaum nach einer halben Stunde befiel ihn die Krankheit, und sie nahm einen so raschen und heftigen Verlauf, dass man schon nach 2 Stunden das tödtliche Hinfallen desselben befürchten zu müssen glaubte. Es wurde daher auch dieser Ochse getödtet; nur war man jeUt, weil ganz dieselben Krank­heitserscheinungen vorgelegen hatten, wie bei dem ersten Fall, sehr bedenk-
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lieh darüber geworden, ob das Uebel nicht etwa doch ein gefährliches oder gar ein ansteckendes sein möge. Sie fanden die Milz vie im ersten Fall sehr gross und ganz weich. Mit Ausnahme der Haut, und dann einiger Stücke Fleisch, die Meier seinen Hunden vorwarf, wurde Alles vergraben.— Am folgenden Tage, den 7. October Morgens, etwa von der ersten Futterzeit an bis gegen 7 Uhr, erkrankte der ganze übrige Viehstand. Als ich, her­beigerufen, ankam, fand ich einen Ochsen soeben krepirt (er war noch warm), die zwei andern Ochsen schwer, die weitern Thiere in sofern noch nicht ganz gefährlich leidend, als sie noch mit einigem Appetit frassen und soffen. Man hatte sich jetzt sogar gescheut, den krepirten Ochsen vorher zu tödten und ihn deshalb sterben lassen. Die Milz des Tags vorher kre­pirten Ochsen bot eine höchst merkwürdige Erscheinung dar, schon dadurch, dass sie wenigstens viermal so gross war als im gewöhnlichen Zustande; sie hatte eine vollkommen schwarze Farbe, und das ganze Parenchym der­selben bildete eine dickflüssige theerartige Masse, von wenig erheblichem Gerüche. Ich nahm die Section des wenige Stunden zuvor krepirten Och­sen vor. Dem Abhäuten und Ausnehmen des Cadavers unterzogen sich der Schäfer Meier und der Kuhhirt Küchenhof: Schon bei der Abnahme der Haut zeigten sich alle die kleinern und grössern Blutgefässe strotzend an­gefüllt mit schwarzem Blute und diese Abnormität machte sich bei weiterer Untersuchung in dem venösen Blutgefässsystem des ganzen Körpers geltend. Sie war neben der seltsam veränderten Beschaffenheit der Milz das wesent­lichste Moment der ganzen Section. Durch diese ungewöhnliche Ueberfüllung sah denn auch das ganze organische Gefüge der Weichlheile mehr dunkel oder eigentlich trübroth aus. Das in so vielen Beschreibungen der Milz­brandkrankheiten hervorgehobene knitternde Geräusch in dem Zellgewebe, so wie die gelben Sulzen darin, und an den verbindenden Häuten der Ein­geweide, die man gefunden hat, wurden hier gänzlich vermisst. Als ich die Bauchhöhle öffnen Hess, entwich aus dieser ein starkes Volumen Gas, von allerdings unangenehmen, doch eben nicht auffallend stinkenden Geruch. Auch enthielt die Bauchhöhle einige Maass röthliches Serum. Magen und Darmcanal schienen in ihrer Construction, wie bezüglich des Futterinhalts, wenig oder gar nicht verändert, nur blieb die ganze Schleimhaut des Pansen, des Mannigfalts und eines Theils des Darmcanals an den Futtermassen hängen*). Wichtiger erschienen aber eine grossc Menge linsengrosser, ro-ther Flecken auf der Aussenfläche des Darmcanals und der Magen. Die Milz hatte ganz dieselbe Beschaffenheit, wie die von dem Tags zuvor getödtelen Ochsen, nur war die Aussenfläche nicht so schwarz, was sie aber später (schon nach Beendigung der Section) wurde. An allen übrigen Eingeweiden
*) ?? Tiinschungj wie sie früher oft vorkam.
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der Bauchhöhle war nichts Abnormes zu bemerken; und ganz dasselbe fand hinsichtlich der Eingeweide der Brusthöhle statt. Ausser der bereits be­zeichneten Beschaffenheit der Blutgcfässe und ihres Inhaltes konnte auch in den Kopfhöhlen nichts Krankhaftes aufgefunden werden. — Die hervor­stechendsten Symptome an den Kranken bestanden im Allgemeinen in grosser Abgeschlagenheit, woueben jedoch ein bedeutend ängstliches Wesen be­merkbar war. Trockenes aufgesträubtes Haar, brennende Körperwärme, ein-schlicsslich der Ohren und Hörner, neben häufigen Fieberschauern. Heftiger Flankenschlag, mit förmlich heissem Athem; dumpf dröhnender, überaus be­schleunigter Herzschlag, während die Bewegungen des Pulses an den, ganz hart (drathähnlich) sich anfühlenden, Arterien nicht auszunehmen waren. Dun-kelrothe Färbung der Nasenschleimhäute, heisses und vollständig trocknes in­neres Maul. Der selten und in harten Ballen abgehende Roth war mit Blut­streifen häufig überzogen; dunkclgelber Urin, dessen Abgang aber weniger behindert. Nirgends fanden sich Spuren von Beulen. — Gegen Abend reiste ich wieder nach Hersfeld zurück. Etwa zu derselben Zeit hatte sich auch der Forstlaufer Baldauf, welcher noch gegen Mittag ganz wohlgemuth in den Wald gegangen war, auf den Heimweg nach Friedewald begeben, nach seiner Ankunft daselbst aber über grosse Unbehaglichkeit geklagt. Er hafte den Seinigen erzählt, gegen 4 Uhr sei es ihm auf einmal schlecht ge­worden, es habe ihn über den ganzen Körper, besonders über die Arme hin, überrieselt und an letzteren hier und da gestochen. Bald sei es ihm nicht mehr zum Aushalten gewesen, er habe den Rock ausgezogen, die Hemd­ärmel aufgeslriippt, und an den Armen eine Menge schmerzhafter rother Flecken bemerkt, die schon nach seiner Heimkunft zu bösen Blattern ge­worden waren. Leider hatte er die Sache für nicht so gefährlich gehalten, sich vielmehr gleich zu Bett gelegt. Am nächsten Morgen war er todt. — Im Laufe des nächsten Tags, den 8. October, fuhren jetzt auch an den Ar­men und Händen des alten Eichenauer eine grosse Anzahl Pusteln auf, die­ser wurde aber innerhalb 8 Tagen von dem Amtswundarzt wieder hergestellt-Die kranken Thiere fand ich in dem befriedigendsten Zustande, auch war kein andres Stück Rindvieh weiter ergriffen worden, obgleich die benach­barten Ställe dicht daneben lagen. Wohl aber waren unterdessen noch viele Menschen, Erwachsene und Kinder, die mit dem rohen Fleische und den weiteren Theilen jener Kuh in Berührung gekommen waren, von bösartigen Pusteln an den Armen und Händen befallen und hiernach ohne Verzug in Behandlung genommen worden. Alle sind glücklich davon gekommen. — Auch der dem Meier gehörige Hund, welcher von dem Fleische des getöd-teten Ochsen am Freitag gefressen, hatte sich am Montag Morgens traurig und krank gezeigt; in der Nacht vom Montag auf den Dienstag krepirte der Hund und wurde von seinem Herrn tief verscharrt. Der letztere erzählte mir erst später, das Thicr habe an jedem Backen eine bedeutend grosse,
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Weiche Geschwulst, oder eigentliche Beule bekommen. Acht, beziehungs­weise sieben Tage nach dem Tödten des ersten und dem Umstehen des zweiten Ochsen, nämlich am 14. October, fuhren nun auch, und zwar fast gleichzeitig, an den Händen und Armen des Schäfers Meier und des Hirten Küchenhof nicht nur eine grosse Menge bösartiger Pusteln auf, sondern es gesellte sich auch bei beiden ein starkes Fieber hinzu. Ihr Zustand soll in der ersten Zeit gefährlich gewesen sein. Von dem Auffahren gleicher Pu­steln wurden in diesen Tagen weiter noch verschiedene andre Leute heimge­sucht, durch schnell geleistete ärztliche Hülfe aber ohne Ausnahme gerettet. Hierbei bleibt es in der That merkwürdig, dass sowohl der Eigenthümer, Ernst, als auch dessen Angehörige, die doch am meisten mit den rohen Theilen der geschlachteten Kuh in Berührung gekommen und fast alle ver­letzt waren, von Pusteln gänzlich verschont geblieben sind.quot;
Ich habe hier 363 Schriften angeführt (wegen mehrmaliger doppelter Nummern, nicht mit obiger letzter Nummer übereinstimmend). In den fol­genden Abschnitten werden aber wohl noch fast eben so viele angeführt. Nach der Vollendung fühle ich aber, dass ich im Princip nicht ganz conse­quent verfahren bin, und dass manche später angeführte Schriften mit dem­selben Rechte hier hätten aufgeführt werden können, wie so manche andre. Ich bedaure, sie nicht sämmtlich hier genannt zu haben; es war aber nicht mehr zu ändern, ein vollständiges Namenregister wird hoffentlich den Miss­stand ausgleichen.
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Zweiter Abschnitt
Clironolojsisclie llebersldit der HXilzbrandseu-clien, welche gelicrrsclit haben.
In einer guten Anzahl von Schriften findet man eine Geschichte der Milzbrand-Epizootien; allein seit der Erscheinung der Pauletschen Seuchen­geschichte immer eine Wiederholung von dem, was in dieser steht; sehr selten nur einiges Quellenstudium, oft Unkenntniss, sehr wenig Vorsicht und kritische Schärfe! Wollten wir eben so yerfahren, so würden wir das Un­ternehmen hesser unterlassen; soll eine solche Geschichte Werth haben, und sollen wir brauchbare Resultate daraus ziehen können, so muss sie nach den Quellen und mit der nöthigen Kritik bearbeitet werden. Dieses wollen wir versuchen.
In den mehrsten Epizootien früherer Jahrhunderte muss nothwendig die Diagnose oft unsicher bleiben, und da ihre Beschreibung gewöhnlich sehr tin vollständig- ist, so haben sie nur einen geringen wissenschaftlichen Werth; erst seit etwa einem Jahrhunderte werden sie brauchbarer, und nur erst aus den letzten Jahrzehnten haben wir vollständigere Beschreibungen, unter denen die eigentlich guten doch auch noch immer dünn genug gesäet sind.
Richtig ist indessen die Behauptung der Aerzte, dass man den Milz­brand in den ältesten Epizootien erkennen kann, deren Andenken uns die Geschichte aufbewahrt hat.
Moses. Alle Nosohistoriker haben eine der Mosaischen Seuchen in Egypten (II. 9. 3—10) hierher gezogen, und wahrscheinlich mit Recht: Es starben den Egyptern, nicht den Juden, Pferde, Esel, Kameele, Ochsen und Schafe, und darauf fuhren an den Menschen und am Vieh aus böse schwarze Blattern etc. Freilich lauten die Uebersetzungen etwas verschie­den*) , und man hat denn auch verschiedene Krankheiten darin gehen wollen;
raquo;) S. z. B. Th. Shapter, Medica Sacra p.110, wo aueb die Para­phrase Pbilo's angeführt ist.
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indessen mir scheint es wahrscheinlich, dass hier Milzhrand gelaquo; meint ist.
Homer. Ebenso stimme ich den Schriftstellern bei, wenn sie in der Schilderung1 einer Seuche im Homer (II. I. v. 43 — 53) eine Milzbrandseuche erkennen wollen.
Seneca (Oedipus t. 37. 70—124. 201) beschreibt ebenfalls eine solche Seuche.
Oridius (Metam. VII, v. 523—660) nicht minder treu.
Die von Livius und Dionysius Halicarn. erwähnten Seuchen der Menschen und des Viehs 463, dann 431, und 399 vor Christo können al­lerdings auch wohl Milzbrand gewesen sein*), der ja noch jetzt um Rom sehr häufig ist.
43 a. Ch. schildert Virgil (Georg. I. v. 464. III. v. 470) wahrschein­lich eine sehr allgemeine Milzbrandepizootie, nach Ueberschwemmungen des Po und des Isonzo, in einer Gegend, wo ebenfalls noch jetzt der Milzbrand häufig ist.
376. p. Ch. Ob die vom h. Ambrosius erwähnte und von Seyerus Sanctus weitläufig besungene Viehseuche Milzbrand war, kann freilich auch nicht mit Sicherheit ermittelt werden, es kann auch die Rinderpest gewesen sein, nach der Verbreitung der Seuche ist das letztere fast wahr­scheinlicher **).
591. Dass in diesem Jahre der Milzbrand im südlichen Frankreich (wo er bekanntlich enzootisch ist) gewülhet habe, ist nach den angegebenen Ursachen und nach der Verbreitung der Seuche, sehr wahrscheinlich; Gregor Ton Tours erzählt nämlich, durch grosse Regen und Uebcr-schwemmungen sei das Heu verdorben, die Ernte sei missrathen, die Früchte der Eichen hätten sich nicht entwickelt; es herrschte eine ungeheure Trocken­heit im Sommer. Wahrscheinlich herrschte Mutterkornbrand unter den Men­schen, unter den Hausthieren wfithete eine Seuche so, dass wenige übrig blieben, und unter dem Wilde herrschte sie so, dass man in den Wäldern eine Menge Hirsche und andres Wild todt fand***). Es ist unter den alten wohl eine der unzweifelhaftesten Milzbrandseuchen.
In den folgenden Jahrhunderten herrschten bei den häufigen Mntter-kornbrandepidemien der Menschen gewiss auch Milzbrandepizootien der Thiere genug, allein aus den Erzählungen der Geschichtschrciber vermag ich nichts Sicheres herauszubringen.
•) Die Stellen abgedruckt: Heusioger, Recherches de Pathol. compar. Vol. II. p. 130 etc. **) Die Stellen bei Heusinger a. a. 0. p. 135 abgedruckt. •••) Citate abgedruckt H c u s i n g c r a. a. O. p. 13raquo;.
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992. Der Winter sehr streng und lang, der Sommer sebr trocken und heiss; Brand und Rost verdarben Futter und Getreide; nach Spangen-berg und Fabricius herrschte in Deutschland der Milzbrand sehr allge­mein und heftig*). Der Mutterkornbrand der Menschen wüthete erst in den folgenden Jahren in Frankreich, wahrscheinlich weil die Menschen das kranke Getreide später genossen, als das Vieh das kranke Futter? Uebrigens herrschten auch in den folgenden Jahren noch nicht entwirrte Seuchen.
In den folgenden Zeiten herrschte sicher häufig Milzbrand, namentlich mit dem allgemeinen Mutterkornbrand; 1129—1131 herrschte allgemeines Viehsterben in Frankreich, den Niederlanden und England; allein ich finde keine Beschreibung der Viehseuchen, die zu einem sichern Schluss berech­tigen könnte.
1235, 123S und 1286 lässt das allgemeine Sterben aller Hausthiere, des Geflügels und selbst der wilden Vögel auch Milzbrand Termuthen**).
Dasselbe gilt von den Jahren 1249 und 1250. Nach grossen Ueber-schwemmungeu erkrankten in erstcrem Jahre zuerst die Thiere, dann die Menschen und diese Seuchen wütheten im heissen folgenden Jahre fort.
1252. In diesem kann die allgemeine und heftige Milzbrandepizootie in England, nach den Beschreibungen yon Wikes und Matthäus Paris***) als bewiesen betrachtet werden. In diesem Jahre trat früh im Frühjahre eine ausserordentliche Hitze ein, Gewitter und Nachtfröste rerdarbeu Obst, Getreide und Futter, sie wurden mit Rost (uredo) bedeckt, in der Hitze des Sommers entstanden sehr viele Insekten; nach Regen im Herbste grünte und blühte die Erde wie im Frühjahre (recht eigentliches Milzbrandwetter), tödt-liche Seuchen verbreiteten sich allgemein unter Menschen und Vieh, Hunde und Raben, die von den krepirten Thieren frassen, starben auf der Stelle, und der Menschen bemächtigte sich eine solche Furcht, dass sie kein Fleisch zu essen wagten.
1264 kam während grosser Hungersnoth in Deutschland auch wieder eine Viehseuche', während welcher die Menschen sich fürchteten. Fleisch zu essen.
1283 kam unter den Pferden und Menschen der französischen Armee in Catalonien ein plötzliches Sterben vor, welches man von den Stichen ge­wisser Fliegen ableitete, wahrscheinlich war es aber, der Beschreibung nach, der acuteste Milzbrand****).
1375 und 76 wurden die Jäger in Sfiddeutschland in Erstaunen gesetzt
*) Heusinger a. a. 0. p. 146. Franque, Viehseuchen p. 109. **) Citate bei H e u s i n g e r a. a. 0. p. 156. ••) Stellen abgedruckt bei Heusinger a. a. 0. p. 156 etc. quot;) Heusinger a. a. O. p. 188.,
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durch die Menge von Hirschen, Rehen, Gemsen?, Wölfen, Bären, Schwei­nen, Hasen und Füchsen, welche sie todt in den Wäldern fanden*). Das gleichzeige Sterben so vieler verschiedenartiger Thiere macht eine Milzbrand­seuche wahrscheinlich.
1514. Es muss unentschieden bleiben, ob eine von Fracastoro in Italien beobachtete Seuche des Rindviehs, Zungenanthrax oder bösartigere Maulseuche war.
1552 erzählt Weier, dass im Gebiete von Lucca eine Seuche unter den Rindern herrschte, von der er es wunderbar findet, dass die crepirten Thiere nicht geöffnet unschädlich waren, wurden die Thiere aber geschlachtet und ein Tropfen Blut sprfitzte auf den Menschen, so entstanden Karbunkel; und wurden oft tödtlich; das gekochte Fleisch wurde ohne Schaden gegessen, aber die Fleischbrühe getrunken wurde tödtlich.**) Leicht erkennt man den Milzbrand.
1598 und 99 herrschte allgemein in Deutschland und in Italien eine Seuche unter dem Rindvieh, die L a u b e n d e r u. A. als Milzbrand betrach­tet, weil in Venedig der Senat den Verkauf von Ochsenfleisch, Butter und Käse bei Todesstrafe verbot***); Amps in g sagt an der von Heusinger an­geführten Stelle über ihre Ursachen „quod diuturna praecessisset ncbnlosa coeli constitutio, et humiditates terrae ob inundationes inductas, unde pascua infecta essent ex ejus modi humiditatibns, atque aer contagiosus redditus ex demortuorum pecorum decubituquot; etc. Bewiesen ist wohl der Charakter der Seuche noch nicht,- wenn nicht etwa noch andre Beschreibungen aufgefun­den werden.
Leider sind die Nachrichten über eine wahrscheinlich karbunculöse Krankheit des Mauls der Pferde und Rinder, welche wahrscheinlich seit dem Ende des sechzehnten Jahrhunderts in Spanien, Italien u. s. w. gleich­zeitig, vielleicht vor dem Garrotillo der Menschen geherrscht hat, noch sehr unvollständig, und es ist eine Vervollständigung derselben sehr zu wün­schen ****). Im Jahre 1616 wurde in Venedig wegen dieser Krankheit das Schlachten von Rindvieh verboten.
1617 wird die Epizootie des Rindviehs etwas genauer beschrieben; man nimmt gewöhnlich an, es sei Zungenanthrax gewesen! Das kann seyn, nach den Beschreibungen kann es auch Angina gangraenosa, es könnte aber auch — Maulseuche gewesen sein. Die Nachrichten über sie sind folgende: „Anno 1617 diutnrnis pluviarum diluviis camporum pascua coeno oblita, non nisi
*) Daselbst p. 161. M) Ueusinger p, 167. •••) Heusinger p. 169.
• raquo;••) Die leider unvollständigen Nachrichten über Viehseuchen in dieser Periode s, bei H e ii s i n g e r a a, 0. p. 169 e t c.
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virides comas limoso solo, needum rite decoetas exerebant, quas arment a bourn carpentia, repentina putrilagine in faueibus coneepta, snffocata interibant; vixque eneeta, bubulcis colonisque nil sibi tale verentilms, mox poenitendam cedebant in alimoniam, par namqne calamitas saturos adoriebatur commessa* tores.quot; A t h. Kircheri Scrutin. pest. Rom. 1658. p. 60. „Seculo deeimo octavo, scu anno 1617 magna strages pecorum undique faeta est laborantibns pecoribus ignea peste, seu ardore fervido in ore, adeo ut eibnm exlenuarc aut conficere dentibus non posseot, multo minus glutire, quare permulta miserando modo interibant, uti in chronico qnodam manus-cripto annotatum lege.quot; 6. Outhorii judicia Jehovae. Groning. 1721. p. 740. In Beziehung auf die Geschichte der Brandbräune in Neapel sagt Severinus: „Nimirum hunc a. Ch. 1618 in nostram gentem ingres-sum antecessit bourn annua lues, qua minim in modum strangulati coneide-bantquot; etc. Severini ITaidccxovTi ytovicoöfjg ed. Villanus. p. 11. Die Krankheit war also in Venedig, Neapel, den Niederlanden u. s. w. sehr weit verbreitet, das häufige Sterben, und der Uebergang auf Menschen spre­chen allerdings für Zungen- oder Hals-Anthrax.
1682. Die berühmte grersse Zungenanthrax-Epizootie welche den grössten Theil von Europa heimsuchte. Im Jahr 1681 erschien der Halley-sche Comet, Erdbeben traten ein, der Sommer war sehr heiss und trocken. In diesem Sommer soll in der Dauphine und im Lyonnais nach dem Journal des Savants (1682 X. p. 399.) die Krankheit sich zuerst gezeigt haben; sie verbreitete sich von da nach diesem Beobachter über das übrige Frankreich aus; im Sommer 1682 erschien sie nach derselben Quelle in Catalonien und in Flandern, in Holland und Friesland herrschte sie vom Mai 1682 an bis durch das Jahr 1683*); in Italien wird sie als früh schon vorhanden von mehreren Schriftstellern erwähnt, doch kenne ich von dort noch keine genauere Beschreibung. In der Schweiz war sie auch schon früh im Jahre, doch soll sie im Appenzeller Lande nach Walser erst im September geherrscht haben **) Sie hat sieh also von ihrem ursprün-
*) „Et sic ipse adluic memori pectore signatum habeo, quomodo anno „KtäS in agro Groningano ignea pestileolia saeviebat inter armenta, et „dicebatur banc lethalem flammam primo accensam fuisse in Italia, inde „serpserat baec lues in Burgundiam, et perambulabat Helvetiam, 6er-„maniam atque Brabantiam, et sie menseMajo afiTIigebat armenta in agro „Groeniogano, ubi durabat usque ad finem anni, et ni fallor saeviit hoc „malum anno sequenti etiam per Frisiam. Morbus erat ardor igneus, vel „laborabant armenta ignitis pustulis in linguaquot; etc. 6. OuthoTÜ Ju-„dicia Jehovae. Groning. 1721. p. 740.
**) „Den zweiten Mai um 3 Uhr hat ein ausserordentlich starkes Erdbeben „das ganze Land in Schrecken gesetzt, den 18. Augustmonat zeigte sich „ein feuriger Comet. Wegen dem herrlich fruchtbaren Sommer kam eine
lleuilnjer, MiUbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; f
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lichen Heerde aus nach allen Richtungen ausgebreitet; am bekanntesten irurde aber durch einige Berichterstalter ihre Ausbreitung von der Schweiz aus durch Deutschland nach Polen, was denn zu der falschen Ansicht verleitet hat als habe sie sich regelmässigvonWest nach Ost yerbreitet. Sie scheint sich sehr schnell verbreitet zu haben, indessen die wunderbaren Beschreibungen dieser Ausbreitung mögen wohl etwas übertrieben seyn, so schreibt ein Berichter­statter aus Nördlingen vom 20. Juni 1682: „So dass wir auch gestriges Tages dieses malum an unsrem Stadtvieh das erste mal verspürt. Wird nunmehr der fliegende Krebs genannt, lauffet in 24 Stunden 2 Meilen in die Länge, 4 Meilen aber in die Breite.quot;*) Aus derselben Quelle erfah­ren wir, dass das Volk die Krankheit für das Werk Welscher Zauberer hielt, und dass zwei aus der Schweiz nach Deutschland reisende Franziskaner-Mönche wegen dieses Verdachts erschlagen wurden. Auch aus Sachsen schreibt man, dass sie im August dort herrsche, und dass sie täglich 2 Meilen in die Länge und 4 in die Breite machequot;) Winkler berichtet vom Rhein: „Im Jahr „16S2 befiel an den Grenzen von Italien das Rindvieh eine Seuche, welche „sich in die Schweiz, in die Würtembergischen Staaten, und andre Länder „verbreitete, und grosse Verheerungen unter den Rinderheerden anrichtete. „Das Contagium schien sich in Gestalt eines blauen Nebels zu verbreiten, „welcher auf die Weiden fiel, auf denen die Heerden grasten, so dass ganze „Hcerden krank nach Hause kamen; sie waren ganz schwach, frassen nicht „und starben in 24 Stunden. Bei der Section fand man die Milz gross und „verdorben, sphacelöse nnd zerfressene Zungen, und einige hatten Angina „maligna. Personen, die ihr Vieh unvorsichtig behandelten, ohne für ihre „eigene Gesundheit zu sorgen, wurden selbst angesteckt, und starben eben „so wie ihre Thiere. Diese Contagion mag vielleicht von einer schädlichen „Ausdünstung der Erde herrühren, in Folge von drei verschiedenen Erdbeben, „die hier in Zeit von einem Jahre wahrgenommen wurden. Zwei unter-„richtete Reisende versicherten mich, dass die Seuche ihr Vaterland an der „Grenze von Polen erreicht habe, nachdem sie ganz Deutschland durchzogen „hatte. Sie sagten mir, dass man beobachtet habe, dass die Krankheit täg­lich fast zwei deutsche Meilen zurücklege; dass sagten sie, sei von vielen „aufmerksamen Leuten beobachtet worden, dass sie unaufhaltsam fortgeschrit-
„durchgehende Wohlfeile. Aber im Brachmonat schlich sich eine höchst „gefährliche Seuche unter dem Vieh ein, dass Vieles gefallen. Das Vieh „bekam unter der Zungen weisse hitzige Blätterlein, welche in kurzer „Zeit dergestalt um sich gefressen, dass die Zunge inner 24 Stunden aus „dem Hals gefallen.quot; Walzer Appenzeller Chronik p. 661.
*} Nachricht aus Welschland und Spanien wegen Be zanbelaquo; run g d c s Viehlaquo;. 1688.8.1.
*') Vogels Ann ale n von Leipzig, p. 816.
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„ten sei, ohne ein Dorf zu verschonen. Sie fügten hinzu, dass das Vieh im „Stalle und an der Krippe eben so trie das auf der Weide angesteckt wor-„den sei.quot;*) Obgleich die Krankheit die Länder so schnell durchzog, so „scheint sie doch in Deutschland auch im folgenden Jahre noch vorgekommen ),zu seyn, so schreibt Steubing, dass sie um Herborn 1683 und 1684 vor­gekommen sey: „Der Sommer des Jahres 1683 war wieder sehr nass, am „35. Nov. fiel grosse Kälte ein, die bis 6. Februar des folgenden Jahrs an-„hielt; der Sommer darauf war sehr heiss und trocken, daher kam eine früh­zeitige Ernte. In diesen beiden Jahren herrschte eine Seuche unter dem „Rindvieh, der brennende Krebs genannt; es wurden kleine silberne Sägen „gebraucht, um die Geschwüre an der Zunge damit aufzukratzen.quot; Topo­graphie der Stadt Herborn. p. 21. — Ob das grosseViehsterben über welches im Jahr 1684 in Holstein, Oldenburg und Bremen geklagt wird (Solinus Holstein. Chron. 2te Forts* p. 53), auch vielleicht noch dazu gehört, weiss ich nicht.
Es ist nach den Beschreibungen möglich, dass die Krankheit an einigen Orten mehr den Charakter einer bösartigen Maulseuche, an andern den der Carbunkelbräune zeigte, an den mehrsten aber war sie wahrer Zungenanthrax, und den Charakter des Milzbrands verrathen nicht allein die häufigen tödt-lichen Infectionen der Menschen, sondern auch ganz bestimmt die von Wlul­le r bereits mitgetheiltcnSectionsergebnisse; dasselbe beweisst die Beschreibung welche das Journal des Savants a. a. 0. gibt: „Le Bestail qui en estoit attaque mangeoit, travailloit, et faisoit toutes les fonetions ordinairrs de la vie jusqu' a ce qu' on le voyoit tout d'un coup tomber et raourir. II ce formoit sur la langue une vessie noire ou viollette qui faisoit escarre en 5 ou 6 heures. L'escarre tomboit bientost, et deslors la bete monroit. En quel-que-unes qu' on a ouvertes on a trouve les entrailles pourries, et la langue de la pluspart s'est trouvee gangrenee, et on en a veu mesme tomber en piece. On s'est servi contre ce mal de toutes sortes de remedes, mais celui qui a le mieux reussi, est d'avoir frotte cette vessie qui se formoit sur la langue avec une piece d'argent jusqu' au sang. Apres cela on lavoit la playe avec du vinaigre dans lequel on avoit mis du poivre et du sei. Ce mal estoit si contagieux qu' il se gaignoit aisement par le seul attouchement de ce qui avoit approche la partie affectee. Un homme a perdu la vie pour s'estre servi d'une cueillere dont on avoit racle la langue d'un boeuf malade; et un bour­geois d'une ville de Guienne a este altaque de ce mal pour avoir mis dans sa poche une piece de trente sols avec laquelle son formier avoit frolte la langue d'un boeuf malade et est guerl de mesme.quot; Das hier erwähnte Mittel war überall als das einzige im Gebrauch.
•JPhilos. Trans, 1663. N. 145, p, laquo;3.
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Es sind in diesem Jahre in Deutschland mehrere Schriften erschienen, welche ohne Zweifel diese Krankheit betreffen: In Baiern wohl bc-ürährte Mittel für die ^ra ssi rende Viehseu ehe. 16S2. 4. — Recept wider die Viehseuche auf Befechl des Kurf. von Baiern bekannt gemacht. 1682. 4. — Recept gegen dilaquo; Krankheiten des Viehs. Rure raon de. 168'i. 8.
Im Jahre 1690 fand in Italien ein allgemeines Erkranken der Pflanzen, fast aller Thiere und lt;ler Menschen statt, welches uns Ramazzini's be­redte Feder geschildert hat*); viele Schriftsteller haben darin eine Milzbrand-epizootie finden wollen; nun die gewöhnlichen Bedingungen des Milzbrandes waren freilich vorhanden, allein ich gestehe, dass ich ausser Stand bin in dieser Schilderung Milzbrand zu erkennen! — Mit mehr Recht kann im Jahr 1691 der Milzbrand in der Schweiz und Oesterreich nachgewiesen werden. J. v. M u r a 11 H i p p o c r. h e 1 v e t. p. 929. — Adami p. 66. — Die Lunjgenseuche in Hessen im Jahre 1693 zieht Laubender doch auch ohne Beweis hierher.
1698. Für dieses Jahr führt Schnurrer nach einer mir unbekannt gebliebenen Schrift **) eine Milzbrandepizootie in West-Bolhnien an; ich kann daher nur Schnurrers Worte wiederholen: „In Westbolhnien entstand im Junius, als schnell warme Witterung mit einer kältern wechselte, der Milz­brand; er befiel auch Pferde und thcilte sich auch den Menschen besonders nach Verwundung oder Berührung mit. Die Befallenen bekamen an der getrof­fenen Stelle ein Kitzeln und Schmerz mit einem Flecken wie von geronne­nem Blut, der sich aber bald in eine Geschwulst erhob, wobei sich das heftigste Kopfweh und Bangigkeit einstellte und am fünften Tage der Tod erfolgte.quot;
1709. In diesem Jahre, nach dem berüchtigten kalten Winter, wo im Sommer Mutlerkornbrand in der Schweiz vorkam, litten die Bläulinge oder sogenannten Bratfische (Corregonus maraenula) im Zürchersee im Früh­jahre an Beulen, so dass die Zürcher Regierung sich veranlasst fand, sani-täts-polizeiliche Maasregeln gegen den Verkauf derselben anzuordnen. S. M ey e r-Ahrens v. Pommer Schweizer. Zeitschr. B. VI p. 338***). Ob Milzbrand? kann ich freilich nicht entscheiden. Uebrigens erwähnt auch Kanold für dieses Jahr das allgemeine Sterben der wilden und zahmen Thiere. — In diesen und den folgenden Jahren wird der Milzbrand allge­mein mit der herrschenden Rinderpest verwechselt.
*) H e u s i o g e r I.e. p. 179.
**) 1 s r. Holst! as kort Beskrifning ö f wer d e n i Ves t erb o t n gangba ra B osk asps-s i u k an. Abo. 1755. ( Wahrscheinlicb die­selbe die ich .\ 17. als von Kalm verl'asst angeführt babe?)
*ä,)Aucb: Hartmann Helve tisch e Ich tbyol o g i e 1827. — In Ungarn hatte wahrscheinlich 170S der Milzbrand allgemein geherrscht, lleusingcr I. c. p. 186.
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1710. In diesem Jahre hat nach Alibert der Milzbrand in Frankreich am verheerendsten geherrscht. Er führt keine Quellen an, und meine Bib­liothek reicht nicht aus sie aufzusuchen, er sagt: Le charbon a ete epide-mique daus beaueoup de circonslances, mais surtout en l'an 1710, oü U ravagea la France entiere; il se montra k la suite d'une famine gcncrale. Dans le meme temps, il y eut beaueoup de fievres de mauvais caractere, qui depcuplerent surtout le Langedoc et nos provinces meridionales.quot; *)
1712. Ausbruch des Vesuv vom Februar bis Juli, viele Erdbeben, üeber-schwemmungen, Sommer sehr heiss. In diesem Jahre scheint der Milzbrand sehr allgemein in Europa geherrscht zu haben. In Ungarn scheinen schon die vielen giftigen Thiere welche Menschen und Thiere so verwundet haben, dass sie aufschwollen, fabelhaft und die Symptome deuten auf Milzbrand. Wilde Thiere aller Art wurden tod gefunden ( G e n s e 1 bei Heusingerp. 191. u. 192.); nach K an old starben daselbst die wilden Schweine in solcher An­zahl, dass man das Begraben derselben anordnen rausste (daselbst). — Auch um Augsburg war er unter allen Thieren sehr häufig, wie sich aus Schroeck's Beschreibung ergiebt: „Non praetereunda est lues admodum gra-vis et funesta, quae in vere e q u o s potissimum extra urbem et in vicinia, rarissimos in urbe invasit, multosque trucidavft, postea ctiara bobus feris quin et porcis, anseribus atque gallopavonibus, quibusdam in locls non pepercit, et adultum usque in Juli um tragoediam suam ludere perrexit. Oriebantur fere semper in pectore, aut etiam in inguine, aliisque locis tu-mores duri, qui paulo post in amplius spatium se diffundebant, et intra breve temporis spatium interimebant. Hos ab ictu crabronum, qui copia et magni-tudine insolita praediti observabantur, ortum habuisse mihi credibile videba-tur. Uti vero cadavera boum elapso anno emortuorum, nee ubique alte satiraquo; in terram defossorum et putrescentium insectis hisce pabulum gratum exhibuisse sieque multiplicationi et augraento corum, humorisque venenali majori acre-dini velificasse non improbabile est: ita venenatae etiam hae atomi in humo-ribus animalium ab eis ictorum sese multiplicare, atque dein alia animalia gic inficere potuerunt: quäle exemplum in praedio vicino cujusdam baronis equum hac lue defurictura, et in fovea non alte satis effossa, terra obrutum exhibuisse scio, cujus ideo pes unus extra terram prominens a servo cum se-curi amputaretur, prosiliens exin humor in ejus oculum, mox tumorem et in-flammationem excitaverat, alterum etiam oculum et successive totum caput oc-cupantem, atque cum ope medica destitueretur, mortem brevi accelerantemquot;**). Nach Faulet auch in Frankreich
*) Alibert Monographie des Dermatoses I, p. 193. 2. ed. ••) L. Schrocikii co nsti t. epid. August. Eph. Nat. i)ur. Cent II!, et IV, App. p. 27.
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1714. In diesem Jahre rerbreitete eich der wahre Zungenanthrat aus der Dauphine nach Savoien*). Wahrscheinlich kam Milzbrand in mehreren Gebenden Frankreichs vor, wurde aber mit der Rinderpest die damals herrschte, zusammengeworfen.
1717. u. 18. Ausbruch des Vesur im ersteren Jahr, allgemeiner Ergo-tismus unter Menschen. Wahrscheinlich sehr allgemeiner Milzbrand, auch unter Geflügel und Fischen, in Ungarn, Schlesien, Meklenburg, Italien; leider sind aber die Beschreibungen zu unvollständig**).
1726. Kalter langer Winter, heisser trokner Sommer; sehr viel Honig-t h a u , und Rost. Besonders in den Monaten Juni und Juli in Polen, Schlesien, Sachsen der Milzbrand häufig unter den Hausthieren, auch unter dem Wilde; selbst die Fische starben in den Teichen. Menschen, die die Thicre behandelten, wurden inficirt, und Hunde die Ton Aesern frassen, star­ben. Auch starben in Selomirschitz sieben Personen, die das Fleisch eines geschlachteten Ochsen assen, der nur eben anfing zu erkranken***).
1731 u. 32. Der Winter 1730—31 kalt, der Sommer darauf heiss und troken,' es soll 1730 und 31 sehr viel Mehlthau gegeben haben, und eine unglaubliche Menge von Raupen. Im Februar 1730 Ausbrüche des Vesuv, welche bis 1732 und selbst 1734 fortdauerten (Delia Torre). Ausserdem fehlt es nicht an Sagen von Nebeln, Wolken, athmosphärischen Geräuschen welcher die berühmte grosse Zungen anthrax-Epizootic dieser Jahre begleitet haben sollen.
Die ersten Nachrichten von der Seuche erhalten wir aus ihrem gewöhn­lichen Heerde, dem südlichen subalpinen Frankreich. Nach einer Nachricht bei Büchner****) würde sie schon im Juni 1730 in der Dau­phine und imNivernais geherrscht haben, aus in der Folge zu erwähnenden Gründen wohl wahrscheinlich; vollkommen zuverlässige Berichte weisen sie uns mit erstem Frühjahre 1731 in der Auvergne, dem Bourbonnais, Dauphine und Haut Faucigny nachf ). Im demselben Jahre erschie-
*) Reflexionlaquo; laquo;urlaMaladie du grolaquo;blt;-tail etc. Geneve. 1716. p. 251. — Scheuchzer fliegender Zungenkrebs p. 4. •*) Heusinger p. 202.
•'#9632;•) Bresl Samml. XXXVI. p. 690. XXXVII. p. 54. etc. Büchner Miscell. phys. med. 1727. — 1727 will Fouruier epidemisches Milzbrandfieber der Menschen im Languedoc beobachtet haben.
•raquo;••
) Miscell. 1730. p. 1127.
r) Observations sur une maladie, qui attaque les bamp;es ä cornes dans la gi'm'ralilfe d'Auvergne, et qui s'est introduite sur la fin du mois d'Avril
1731nbsp; nbsp;dans la gcn^ralit6 de Moulins. Mercure histor. et polit.
1732nbsp; nbsp;Janv. p. 116. — Auch Liger maison rustique. I. p. 39. — Faulet I. p. 10 7-— Scheuchzer fliegender Zungen­krebs p. 13.
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neu sie betreffende Bekanntmachungen der Intendanten zu Strassburg und zu Metz. Nach Sau vages herrschte sie aber auch noch im Jahre 1732 im südlichen Frankreich und namentlich im Languedoc: „boves, equos, mulos, per Galliam, nee non homines plures Nemausi (Nismes) anno 1732 infecit et jngulavit haec pestis, quae ad linguae radicem anthracem proferebat, quo tola sensim lingua intra paucos dies exedebatur, hac vero erosa peuitus, ju-mentum, quod hue usque praeter febrem et Tirimn aliqualem prostrationem functiones suas aliquatenus obibat, illico moriebaturquot; * ).
Die Krankheit verbreitete sich schnell längs des Rheins und wurde von Textor im Januar 1732 in der Gegend von Frankfurt am Main und im Herzogthum Nassau beobachtet; nach Franque (Geschichte der Seu­chen p. 122) brach sie am 4. Februar in Wallsdorf im Amte Idstein, am 5. Februar schon in den Aemtern Limburg und Wehen aus, Tex­tor äussert sich über ihre Verbreitung folgendermassen: „Unter andern wur­den zu Strassburg, als anno 1731 gegen Ende Aprilis diese Seuche in dem District von Gannat, zu der Generalile von Moulins gehörig sieh hervorge-gethan, zwei wiederholte gedruckte Decrete selbigen Jahres an alle Aemter und Dorfschaften im Elsass zu Jedermanns Wissenschaft abgesandt.... Diese Seuche sei in dem Jahre 1682 in Deutschland zuerst entstanden, und habe sich darauf weiter in die Niederlande ausgebreitet; in dem Jahre aber 1731 des Monates Aprilis wieder in dem District von Gannat geäussert, und von da in die Niederlande, in die Triersche, Bergische, Cölnische, Jülichsche, Geldrische, Braunschweigsche Lande erstreckt, dergestaltraquo; dass solche von Süden nach Norden, in einer Ausbreitung von ungefähr 40 Meilen, und in gerader Linie 4 Meilen in einem Tage fortgegangen, und 2 bis 3 Wochen an einem Orte geblieben, einige Dörfer aber vorbeigegangen. Dass aber diese Seuche ihren allerersten Ursprung nicht in dem District von Gannat genommen, sondern weiterhinnig schon grassirt habe, erhellet daraus, dass in den zu Strassburg gedruckten Anmerkungen gemeldet wird, solche Seuche habe in entfernten Orten schon regiertquot;**). Über ihre Ausbreitung im südöstlichen Deutschland berichtet Scheuchzer: „Im Hornung dieses 1732 Jahres hat die dissmalige Seuche durchstrichen die Pfalz, die Erzbis-thümer Trier und Mainz, brach endlich durch in das Herzogthum Wir­tenberg und das übrige Schwabenland, den Schwarzwald, den 14. März brache das Uebel vom Schwabenland herein in den Canton Schaffhausen***) etc. — Die Krankheit scheint aber an der Grenze des nördlichen Deutschlands
*) Sauvages nosologia metii. ed. Daniel torn. II. p. 249.
0deg;) Textor Versuch wie die Viehseuchen wohlerkannt etc. werden können. Karlsruhe. 1739. 4. p. 170.
raquo;••) Fliegender Zungenkrebs p. 5.
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erstorben zu seyn, wenigstens habe ich hier keine Nachricht von ihr aufge-fanden, wohl aber von den Ufern der Weser geradezu ein Zeugniss des Ge-genlheils; Engel in Rinteln schreibt nämlich im Jahr 1733 „Memoratu omnino dignum est, anno abhinc proxime exaclo rumorem de ejusmodi ulceri-bus sublingualibus raccarnm, et lue adeo contagiosa subtus latente, in non-millis quidem locis, praesertim Belgio Ticinis, ut in novellis relatum accepi-mus, neutiquam falsum, in nostris autem oris, quae Summi fuit benignitas Numinis, plerumque vanum deprehensum longe lateque increbuisse.quot; *)
In der südlichen Schweiz mag sie leicht schon im Jahr 1731 erschie­nen sein; in der That findet sich bereits aus diesem Jahre eine Verordiinnquot;' des Magistrats in Genf. In die nördliche Schweiz brach die Krankheit, wie wir oben sahen am 14. März 1732 ein, Scheuchzer hat hier ihren Ver­lauf mit grosser Genauigkeit toii Dorf zu Dorf angegegeben **). Im April und Mai war sie durch die Schweiz durch im Mailändischen und Veroncsi-schen angekommen. Die Schweizer Chroniken erwähnen sie ebenfalls: z. B. „Im Frühjahr 1732 zeigte sich eine Krankheit unter dem Vieh mit Blattern „auf den Zungen, die, wenn man sie nicht gleich mit einem silbernen In­strument geöffnet und gesäubert, dergestalt um sich gefressen, dass das „Vieh innerhalb 24 Stunden verreckt. Diese Seuche zog sich durch das „Würtenberger und Schwabenland in die Schweiz bis in Italien, und blieb „nur 3 oder 4 Tag an einen Ort, daher auch nicht viel gefallen als was „verwahrloset worden.quot; Walzer Appenzeller Chronik p. 750. — „Im Frühling diss Jahres zog sich von Schwabenland her in die Schweiz „und durchstrich der fliegende Krebs unter dem Vieh. Es war eine Seuche „von Blattern und Schnatten an der Zunge; Hess man das Vieh ohne Pflege, „Arznei und Vorsicht, so wurden die Blattern bald roth und schwarz, die „Zunge fiel ab und das Vieh war dahin. Die Seuch flog wunderbar durch „die Gegendenquot; etc. Trümpy Glarner Chronik, p. 531.
Dass sie schon im Jahr 1731 sich aus der Dauphine nach Savoycn verbreitete, wurde oben erwähnt; über ihren weiteren Verlauf auf dieser Seite von Italien, besitze ich keine Nachweisungen. — Eben so haben wir aber oben gesehen, dass sie Anfangs April sich aus der Schweiz nach den V e -netianischen Staaten und nach Mailand sich ausbreitete; Bottani theilt mehrere Mandate der Venetianischen Behörden mit, aus denen sich er­gibt, dass sie am 18. April ausgebrochen war, aber am 23. Mai war sie schon vorüber. — Nach Mnratori**•) ist sie auch in dasFcrraresi-
') Engel de brutorum morbis. Rintelii. 1733. p. 9. *quot;) Abgedruckt bei Heusinger p. 213.
•quot;) „Erasi dilatata la pestilenza de' buoi nell' Allemagna e negli Svizzeri. „Passo nel anno presente (1732) anche negli statt della Repubblica di „Venezia,, e si andava arramplcando eziandio net Ferrarese e nelta Ho-
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sehe und in dieRomagna eingedrungen. Fast möchte man aber ans seinen Worten schlicssen, dass sie hier in ihrem Laufe eben so schnell erstorben sei, wie vor ihrem Eintritte in Norddeutschland.
Mehrere der oben mitgelheilten Beschreibungen bezeichnen die Krank­heit als ächten Zun genau thrax; auch die in dem Venetianischen Man-dale enthaltene Beschreibung entspricht diesem. *) Dagegen scheinen an andern Orten alle Uebergänge zurMaulsenche vorgekommen zu sein. Scheuch-zer beschreibt die Formen, welche in der Schweiz vorgekommen, folgender-inasscu: „Wo sich nur einige kleine rothe, wcissgelbe, gelbe, braune, gelb-schwartze, ganz schwartze masslein oder blätzlein auf der Zunge zeigen, da soll man nicht alsobald mit der Breitaxt einbauen, sondern geringe auswa­schende, abfegende Mittel brauchen. — Auf einem etwas höherem Grad steigen weissp, weissgelbe, rothgelbe, gelbschwarzc, Erbsen oderBohnen grosse, zähe Blättern, welche die Gestalt haben wie Finnen, und in der Zunge stecken, oder auch aus selbiger hervorragen, da die giftige Materie in einer eigenen festen, dichten Haut stecken, und selbige ausfüllet. — Zuweilen gäbe es grosse gelbe Blattern, darin die Materie flüssig und reiff worden, welche wo sie liegen geblieben, tieffer in die Zunge eingefressen; so sie aber eröffnet worden, flösse ein scharfes gelbes Wasser heraus. — Bei einigem Viehe äus-serten sich weisse, weisSgelbe, schwartze Schrunden oder Spalte auf der Zun­gen, sonderlich gegen dem Rachen. — Alles Hornvieh hatte das Uebel auf, ob oder neben und unter der Zunge; die Pferde aber halten Blattern nicht allein auf der Zunge, sondern auch an dem Schlauch, und die Stuten an der Scham, und an dem After. Man hat insgemein wahrgenommen, dass das Uebel, wo man es verabsäumet, oder vor was Geringes angesehen, innert wenigen Stunden in einen brandigen Carbunkel sich verwandelt; ja das Vieh, was man mit Fleiss nicht gearlznet, um zu sehen, was die Krankheit für einen Ausgang gewinnen werde, in Zeit von 24 Stunden crepiert, so dass ihnen die durch den Brand abgefressene Zunge aus dem Rachen herausge­fallen.laquo;**)
(In mehreren Epizootien der folgenden Jahre, die man als solchen an­führt, kann ich keinen Milzbrand erkennen).
1748. In diesem Jahre herrschte nach Nachrichten, die Glaser***) mit­theilt, die sogenannte Knotenkrankheit oder der Milzbrand sehr allgemein
„magna. La divina clemenza le taglio il corso, e cessii si deplorabil
„flagello.quot; Annali d'Italia. tom. XI!. p. 182. *) „Principia con un poco di rosso su la Imgua, ehe ben desto si converte
„in una vegeica, la quäle rompendosi, infraeidisee in poche ore la lingua
„stessa ed ueeide I'animale, se tosto non si aecorra.quot; Bottani p. 151. **) Scheuchzer a a. O. p. 30. quot;quot;) Glaser Abband I. von der tödtlicben Knotenkrankh. p. 9,
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unter den Rindern uöd unter dem Rothwildlaquo; auf dem Thüringer Walde, in der Gegend von Suhl, Mehlis, Zelle.
Vielleicht schon von 1754 oder 1755, gewiss während der Jahre 1756, 1757 und 1758 herrschte eine sehr allgemeine MilzLrandconstitution.
1752. In diesem lahrc herrschte in der Schweiz Milzbrand unter den Thieren gleichzeitig mit der Angina maligna des Menschen.*)
(1748—1753 fand besonders in den südlichen Ländern Europas allge­meines Erkranken der Vegetation durch Rost, Brand u. s. w. statt. Mutter-kornbrand herrschte viel unter den Menschen **)
1754. Ob eine Krankheit der Rennthiere in Lappland Milzbrand oder Lungenseuche war, ist schwer zu entscheiden. — Im Hannoverschen herrschte unter dem Rindvieh entweder Zungenanthrax oder Carbunkelbräune ***) — In Liefland starben Rindvieh, Schafe und Schweine und es herrschte ein sehr häufiges Sterben der Gänse und Enten, von dem v. Fischer sagt: „Als im Winter 1754 hier und da die Schafe und Schweine starben, so traf es auch die Gänse und Enten. Man fand ihr Fleisch schwarz und von den Knochen abgelöst. Man beschuldigte die grosse Kälte dieses Winters die doch nur ein paar Tage währte; andere aber beschuldigten das Gras vorigen Jahres, welches die Gänse mit den Kühen, die in dem Jahre sehr starben, gefressen.quot; v. Fischer lie f 1 ändisches Landwirthschafts-buch p. 625.
1756. Das Jahr 1755 ist berüchtigt durch die allgemeinen Erdbeben in ganz Europa, so wie durch die vulkanischen Ausbrüche in Jsland und am Vesuv. Unter den Menschen herrschte in Schweden, Frankreich und in Amerika die Angina maligna. Der Sommer des Jahres 1756 war trocken und sehr heiss; der Milzbrand herrschte in grosser Allgemeinheit im Norden wie im Süden Europas.
In Russland schreibt Lerche****) an Pallas: „Im Jahr 1756 folgte auf einen ungesunden Winter ein heisser, trockner, ungesunder Sommer, so wohl für Menschen als für Vieh. Die Seuche hielt bis in den Herbst an, und erstreckte sich auf der einen Seite bis Moskau, auf der andern bis L i e f 1 a n d und durch Finnland. Die grösste Klage war über das Vieh­sterben, an einem Orte aber erkrankten und starben auch Menschen schleunig; der angesteckte Ort war Tschudowo 116 Werst von Petersburg, auf der grossen moskovischen Strasse. Wir vernahmen, dass seit den 17. Junius sie-
*) Langhans Beschreibung verschiedener Merkwürdig­keiten des Siementhals. Zürich 1758.
•deg;) Heusinger p. 127.
••*) Hannöv. gel. Anzeigen. 1754.
•*••) Neue Nord. Beitr, B. I, p. 123.
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ben Leute mit Geicbvnlst und Beulen in zwei bis vier Tagen gestorben, und itzt zwei Schwerkranke vorhanden wären; dass vorher bei Trockenheit des Landes, die Kühe, am meisten aber die Pferde, angefangen zu fallen. Der eine Kranke hatte am Halse und am Beine einen Karbunkel, und der starb in der Nacht; die andre, ein Weib mit einem grossen Karbunkel im Gesicht, blieb lebend. Es waren seit vier Wochen 4 Kühe und 28 Pferde krepirt, alle mit Beulen und Geschwulst am Halse, Brust, Bauch oder am Gemachte. Nach wenigen Tagen befielen mehrere Menschen mit eben solchen Zufällen, und starben in einem bis zwei Tagen; sie bekamen Geschwulst am Halse, Brust, Kopf und schwarze Blasen, als wahre Karbunkeln; dennoch bemerkten wir bei keinem weder Frost noch Hitze, der Puls war kaum zu fühlen, und dann lagen sie ohne Verstand und starben. Das Uebel fing an sich weiter in den nahgelegenen Dörfern auszubreiten; auf einer nur anderhalb Werst entfernten Poststation fingen Leute und Pferde an mit gleichen Zufällen zu kranken und wegzusterben; auch an andern Orten, als zu Tosna, Luban, Sosninskoi bis Novogrod fingen Pferde und etliche Menschen an zu sterben. Weil alle vorgeschlagenen und angewandten Mittel nichts fruchten wollten, so kam ich auf den guten Gedanken alle andern Arzneyen fahren zu lassen, und ganz allein die Fieberrinde zu gebrauchen; diese that nun augenschein­liche Wirkung, und Niemand starb mehr; denn die angesteckten Kranken bekamen gleich stärkeren Puls, viel Schweiss, sedes, und forderten bald zu essen; die Geschwulst des Gesichts nahm ab, und die Karbunkeln vertrock­neten von selbst. Ich liess auch weder Salben noch Pflaster darauf legen; denn ich hatte deutlich gesehen, dass diese Beulen von äusserlichen Mitteln nichts leiden wollten. Endlich hörte das Uebel auf. Ich fand nach ge­nauer Untersuchung, dass alle Kranke, keinen ausgenommen, das kranke Vieh vorher behandelt oder angetastet, oder beim Verscharren unvorsichtig angegriffen hatten; aber nicht alle die das Vieh berührt hatten, sind angesteckt worden. Denn es ist eine Menge von Pferden auf allen Dörfern, ja selbst in Petersburg und auf dem Peter-hofschen Wege an gleichen Zufällen gestorben, da doch an theils Orten kein Mensch angesteckt worden. In Tschudow aber wurden 25 Personen ange­steckt und 10 davon genasen. Die Angesteckten haben niemals denjenigen, welcheumsie verkehret odermit ihnen gewoh­net, die Seuche mitgetheilt; auch die unsrigen, die täg­lich um die Kranken waren und sie verbanden, wurden nicht angesteckt.quot;
In demselben Jahre beobachtete Glaser diese Beulenseuche in einem
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Dorfe (Goldlauter) auf dem Thüringer Walde*).
•) Glaser, Kootenkrankheit p.9.
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Am allgemeinsten und ausgebreitelsten scheint aber dieselbe Form des Milzbrands in Franken geherrscht zu haben. Eine Anzahl Beobachter re-ferirt, dass in dem heissen Sommer grosse gelbe Fliegen erschienen wären, welche Wild, Rindvieh und Menschen gestochen und diese tödtliche Krank­heit erzeugt hätten*); unter ihnen berichtet Schmiedel: „So weit meine Nachrichten reichen, so scheint auch einige Schuld in denen damaligen Be­schaffenheiten der sogenannten rerum nonnaturalinm zu liegen, da die Plage, wenigstens in den Bayreuthlschen Grenzen gleich nach dem ersten Gewitter und darauf erfolgten Regen, der verschiedene Wochen vorher gemangelt, raehrcntheils nachgelassen, und endlich verschwunden. Ich übergehe weitere Umstände aus jenen Gegenden, und erzähle vielmehr, was mir der neulich hier ordinirle Burkersdorfische Pastor substitutus, der ein Augenzeuge der dort vorgefallenen casuum gewesen, genau hinterbracht hat. Es habe sich nämlich gedachtes Malum von Culmbach bis Coburg erstreckt, doch nicht in allen Dörfern, von Coburg aber ist mir auch anderweitig glaubwürdig be­kannt, dass daselbst eine Person an der Stirn gestochen und kaum dadurch, dass man den grossen, sogleich aufgestandenen tumorem alsbald eröffnet, am Leben erhalten worden; in dem um Burkersdorf gelegenen Grund sei ein Mägdlein, welches ein dergleichen Insect von einem Stück Vieh auf der Weide verjagen wollen, von demselben am Arm gestochen worden, und nur dadurch am Leben geblieben, dass man ihr den Arm über der Verletzung abgenommen. Ein anderes dergleichen Kind sei am Fasse eben also ge­stochen, allein, da nicht schleunig genug hätte geholfen werden können, noch vor angebrachter Hülfe an Gangraena partis laesae gestorben. Ein Mühlpursch habe ein solches Insect erschlagen, und den unteren Theil des Leibes nebst dem daran befindlichen Stachel untersuchen wollen, der Stachel aber sich sogleich in den Finger gezogen und er augenblicklich einen vio-lenten Schmerzen in der Schulter empfunden, worauf kurz das verletzte äussere Glied des Fingers schwarz geworden, und er durch geschwinde Ab­lösung desselben noch mit Mühe am Leben geblieben.quot; — Diese Ansicht von den Insecten als Ursache der Krankheit vertheidigte besonders auch Voigt**). — Die umfassendsten Nachrichten über die Krankheit theilt Wagner mit***): „Ohngefähr in der Mitte des vergangenen Junius****)
•) Eine Wildpret- und Hornvieh-Seuche, die vom Stieb giftiger Wespen entstanden. Hasenest, Medicin. Richter. B. III. p. 99. ••) Erlanger gelehrte Anmerkk. u. Nachricht 1756. S t. 28. —
Fränkische Samml. B. II. p. 458 u. p. 128. •••) Frank. Samml. B. II. p. 101 u. 111.
deg;deg;deg;) Von der grossen Hitze dieses Monates und starken Gewittern an ver-sebiedenen Orten s. dieselbe Zeitlaquo;ehr. p. 99,
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wurde Ton Culmbach berichtet, dass sich in selbigen Gegenden eine Krank­heit unter dem Wilde äusserle, welche zu gleicher Zeit unter dem Horn­vieh sich einzuschleichen schien. Die Berichte, welche bald darauf von denen dasigen Medicis eingesendet worden, besagten, dass das Vieh unver-sehends auf der Weide erkrankte, theils sähe mau bei einigen Beulen, an denen Füssen, in den Weichen, an dem Halse und auf der Brust, in der grössten Geschwindigkeit auflaufen, theils aber geschwölle nur bei andern der Kopf, und dieses letztere triebe es kaum 6 — 8 Stunden, da das erstere erst nach 24 — 36 Stunden crepirte. Die Innern Theile wurden mehrentheils gesund und natürlich angegeben. Als nun auch gegen Ende des vorigen Monats auch in und um Baireuth diese Seuche sich zu äussern anfing, so wurde auch mir anbefohlen, die Krankheit zu untersuchen. Die erste Sec­tion liess ich an einer vor wenigen Stunden erkrankten, aber noch leben-digeu Kuh vornehmen: Aeusserlich sah man an dem hintern rechten Schen­kel eine Geschwulst, welche sich gegen die Weiche ausbreitete, und aus welcher, da sie der Besitzer bei ihrer Erblickung aufgeschnitten, eine gelbe Feuchtigkeit träufelte; die Adern an dem untern Leibe waren stark aufge­trieben, und eines Fingers dick, aus denen Augen floss tropfenweise das Wasser, aus dem Maul ging ein übernatürlich heisser Hauch, und die Zunge war mit gelbem Schleim überzogen und voller schwarzer Flecken. Die Kuh bezeigte einen Abscheu vor allen Fressen und Saufen, sie konnte für Mat­tigkeit nicht stehen, und rasselte sehr stark. Nachdem ich sie hatte schla­gen lassen, so fände man das Geblüte so heiss, dass es fast unmöglich war, die Hand darinnen zu halten; das Blut selbst war schwarz, und da es eine Zeit lang gestanden, ohne Feuchtigkeit, und so zähe wie Leim. Nach ab­gezogener Haut fände man auf dem Rücken, an dem Halse, auf der Brust, und insonderheit an dem hintern Fusse, wo sich im Anfange die Geschwulst gezeigt, eine Menge stockigler und sulzenhafliger Materie, welche auch zwischen denen Muskeln zu sehen war; das Fleisch selbst war schwärzlich und sehr von der natürlichen Farbe unterschieden. Bei dem Aufbrechen selbsten empfände man einen widernatürlichen und gleichsam faulenden Ge­ruch , der Wanst und alle Gedärme waren stark aufgetrieben, ein wenig ent­zündet und das Futter in dem Omaso sehr ausgetrocknet; die Leber war widernatürlich schwarz, sehr mürbe, und bei ihrer Durchschneidung sah man überall eine Menge gelber sulzenhaftiger Feuchtigkeit hervordringen, die Gallenblase war wohl 3 bis 4 mal grosser als sie von Natur sein sollte, mit vieler schwarzgelben zähen Galle angefüllt, und der duetus choledochus sehr zusammengezogen. Das Milz war schwarz und so mürbe, dass man es mit den Fingern zerreiben konnte. Die Nieren waren hart mit Geblüt un­terlaufen, und in ihrer Höhle befand sich vieles geronnenes Geblüt. Die Urinblase war mit vielem, obgleich natürlichem Urin angefüllt, und ihre in­nerliche Fläche mit gelbem Schleim überzogen. In der Brust entdeckte man
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eine Menge ausgetretenes gelbes Wasser, die Lungen waren welk und schwarz, das Herz sehr aufgelaufen, beide Kammern voll geronnenes Geblüt. Diese nämlichen Kennzeichen habe ich alsdann bei allem Vieh entdeckt. Das Wild, die Pferde, die Schweine, hatten alle die nämliche Krank­heit. Ob nun gleich diese Krankheit so schnell das Vieh dahin gerissen, so hat man jedoch noch nicht mit Gewissheit sagen können, ob solche an­steckend gewesen. Aus einem Stalle, wo 12 — 20 Stück gewesen, ist selten mehr als ein oder zwei Stück gefallen, obgleich das gefallene öfters wegen Mangel der Fallknechte zu 24 his 48 Stunden im Stalle liegen geblieben, und wegen der Hitze einen ungemeinen Gestank ron sich gegeben. Ja im Anfange wurde nicht nur auf dem Lande das Fleisch von erkrankten, ob­gleich noch lebendig geschlagenen Vieh, sondern auch sogar in hiesiger Stadt, ron gewinnsüchtigen Leuten verkauft, und folglich von unterschie­denen Personen gespeist, und nichts desto weniger haben wir nicht das ge­ringste von einer Krankheit unter Menschen verspürt, welche jedoch hätte erfolgen müssen, wenn die Krankheit an und für sich ansteckend wäre .... Die Hauptursache der Krankheit muss in dem Geblüt stecken, und dieses durch das Futter oder Saufen verunreinigt worden sein. In den hiesigen Gegenden hat man die üble Gewohnheit, das Vieh mit Anbruch des Tags auszutreiben; was ist begreiflicher, als dass die kühle Morgenluft, das Fres­sen des frisch hethauten Grases dem erhitzten Vieh nothwendig schädlich sein müsse? Die Teiche und Gewässer, woraus man dasselbige getränkt, waren wegen der lang anhaltenden heissen Witterung ausgetrocknet, faul und stinkend geworden, und nichts desto weniger war man wegen Mangel des Wassers genöthigt, dem Vieh das Saufen aus solchen stagnirenden und von Insecten wimmelnden Gewässern zu reichen, die Weide war schlecht,
verbrannt, voller Staubquot;..... „Es ist nicht nur wirklich das Wild, als
Hirschen, Rehe, Schweine, Hasen gefallen, sondern man hat über 400 Stück von grossem Wildpret auch bereits theils in Sümpfen, theils in Kornäckern und Gebüschen angetroffen, und mit sammt der Haut eingegraben. Nach der Aussage der Jäger hat man bei denen meisten gleichfalls ausgetretene sulzenhaftige gelbe Feuchtigkeit, sowohl auf der Oberfläche des Körpers, unter der Haut nämlich, als auch in den Innern Theilen angetroffen. Mit den wilden Schweinen hatte es die nämliche Bewandtniss, und man hat deren zu 14 an der Zahl beisammen liegend todt angetroffen. Die Hasen sind mitten im Laufen umgefallen und crepirt. Mit denen Pferden hatte es die­selbe Bewandtniss wie bei dem Hornvieh: Aeusserlich entstunden die näm­lichen Beulen, an denen Schenkeln, in der Weiche, auf der Brust und an dem Kopf. Unter der Haut auf der Oberfläche des Körpers, und in denen Innern Theilen wurde die nämliche sulzenhaftige Materie und Fäulung der innern Theile angetroffen. ... Die Seuche hat nach und nach sich verloren,
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Und haben wir seit 5 Tagen') nicht die geringste Anzeige eines gefallenen Viehs gehabt. . . Ohngefähr den 20. Juni arbeitete ein Bauer von Moritz­reu Ih, bei Gesees, gegen Mittag und also in der grössten Hitze, auf einem nahe an dem Walde gelegenen Felde, da er unrersehends eine schmerzliche Empfindung auf der rechten Achsel verspürte, welche ihn nicht nur an seiner ferneren Arbeit hinderte, sondern auch nach Hause zu gehen nöthigte, da seine Frau sogleich eine Geschwulst des Arms wahrnahm, allein sich nicht deut­lich erklären konnte, ob sie ein Merkmal einer Verletzung oder Stiches ge­sehen; die Geschwulst nahm täglich mehr übernand, am zweiten Tage merkte der Patient unter starken Schmerzen einen Frost, worauf Hitze ge­folgt, welche ohne einigen Absatz bis zu unsrer Ankunft fortdauerte. Da wir nun den Arm entblösscn Hessen, so erblickten wir auf der extremitate posteriori clariculae, wo dieselbe mit dem Acromio articulirt, eine einer Faust grosse, schwärzlich rothe und steinharte Beule, auf dem obern Theile zeigten sich kleine Oeffnungen, ans welchen eine gelblichte Feuchtigkeit hervordrang. Der Körper war völlig ausgezehrt, und da er verschiedene Tage nichls zu sich genommen, sehr abkräftig, schwach und einem Ster­benden ähnlich. Da ich nun von dem Patienten anjetzo eine genauere Nach­richt von dem Anfang seiner Krankheit verlangte, so bleibt er dabei, dass ihn etwas gestochen habe, und sagte er ausdrücklich, er erinnere sich gar eigentlich, dass er nach empfundenen Schmerzen auf seine Achseln gegriffen, er was rauhes oder haariges in die Hände bekommen, welches er, ohne an­zusehen, in der Meinung, dass es eine Wespe wäre, weggeworfen habe.quot; Er wurde geheilt.
Man führt auch an, dass nach Barberet (Ep. Krankh. d. Viehs p. 13) eine Milzbrandepizootie auf Minorca geherrscht habe. Es ist wohl möglich, allein aus den Worten Barberets lässt sich keine Diagnose stellen.
1757. Auch in diesem Jahre, wo nach einem strengen Winter und Regen die Sommerhitze sehr plötzlich eintrat, war der Milzbrand in meh­reren Ländern sehr häufig. Haartman berichtet aus Finnland: „Die
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drei Jahre über, da ich mich hier (Abo) als Mcdicus aufgehalten habe, habe
ich kürzlich erfahren müssen, dass eine Viehseuche, sowohl den letztver-
wichenen, als den vorhergehenden (1756) Sommer, an verschiedenen Orten
eine Menge Hornvieh hingerissen hat. Besonders fiel davon verwichenen,
unerträglich trocknen und heissen Sommer, eine unglaubliche Menge Pferde,
auch etwas von dem grösseren Rindvieh, besonders um Tawasthehus, als
o o in Janacala, Wana, Hnttula und Sesmäki, wo viele hundert Stücke
o Vieh in jedem Kirchspiele starben. Hier um A b o ging es am stärksten über
*) Geachrieben den 21, Juli. — Nach dem Herausgeber (p. 101 Anm.) lieslaquo; die Krankheit nach, sobald der erste Regen und etwas kühlerrs Wetter eintrat
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das grossc Vieh, besonders in den Kirchspielen Yehmo und Virmo, wo auf einig-en Gütern kaum ein Stück Javon kam. Je grössere Trockne und Hitze im Sommer ist, desto grimmiger haust die Krankheit. Ist das Vieh vom Wasser abgesondert, auf Feldern, wo sich keine Waldung befindet, der Sonnenhitze ausgesetzt, oder auch auf sumpiigten Wiesen, wo es nur ein faules Wasser, und thonigtes oder mit Schlamm vermengtes Futter geniest, so wird ihm die Seuche noch gefährlicher. Weidet das Vieh, wo schon -gefallene Stücke ganz unbedeckt, oder nicht tief vergraben liegen, so wird es sogleich angesteckt, und durch solche Unbe-dachtsamkeit ist die Seuche an einigen Orten allgemein geworden. — Wo die Wiesen einen grossen Theil des Sommers unter Wasser stehen, wird das Gras, nachdem sich die Fluth gesetzt hat, mit Schleim und Moder über­zogen, und ist, nach verschiedenen Beobachtungen, so schädlich, dass das Vieh, welches zwei Tage nach einander davon frisst, die rolhe Ruhr be­kömmt. Dieses legt die Ursachen an den Tag, warum die Krankheit nicht an allen Orten eine ansteckende Seuche wird; da nämlich nicht, wo das Vieh zu­länglichen Schatten, gutes Wasser, und gute Weide hat, woran dieses Jahr an verschiedenen Orten, der starken Dürre wegen, Mangel war, ingleichen wo es von Luft die stinkende Wasser oder todte Thiere verderbt halten, nicht ist beschwert worden. Fehlen aber einige dieser Vortheillaquo;, und kömmt die Sonnenhitze dazu, so hat sich die Seuche gemeiniglich eingestellt. Hieraus lässt sich erklären, warum sie in der heissesten Jahrszeit im Julius anfängt und am heftigsten ist, gemeiniglich aber in der Mitte des August aufhört. Ich sage gemeiniglich, denn auf einigen Gütern im Hvittis-Kirch­spiele hat sich die Krankheit auch noch etwas den Winter über gezeigt, vermuthlich wegen des verdorbenen Sumpfheu's, das im stinkenden Wasser und Schlamm gewachsen war. Man sieht nun auch die Ursache, warum die Seuche nicht alle Sommer, sondern nur die heissesten, herumgegangen ist, wenn die Sonnenhitze stark und langwierig, die Luft windstill und qualmigt war, ohne dann und wann von dazwischen fallendem liegen abgekühlt und gereinigt zu werden. — Die Krankheit ist manchmal ein schnelles und tödtendes Fieber, wie die Fest, ohne allemal zum Ausschlage zn kommen; dagegen aber, nachdem es weniger schnell ist, kömmt auch die Geschwulst langsamer, die gemeiniglich einer flachen Hand gross, und noch grosser wird, und sich an verschiedene Stellen setzt, entweder an die Fiisse, da sie am wenigsten gefährlich ist, oder an den Bauch, wo sie schon gefährlicher ist, oder in die Weiche, an den Hals, den Kopf und die Vorbuge, da sie am gefährlichsten ist, und am ersten tödtet*). Wenn man diese Geschwülste
quot;} Ich tbeile diese Beschreibungen mit, um die ganz vollsliindige l'cber-einstimaiuDg mit uosrem Milzbrand zu zeigen, und gleich auf den Irr­timm der Annahme eines Anthrax Sibiriens, Esthnicus, Polonicus u. 8. w, aufmerksam zu machen.
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Öffnet, so fliegst daraus ein dünnes eiterigles Wasser, und das Vieh, welches nach einer solchen Geschwulst wieder aufkömmt, verliert gern die Haut an dieser Stelle. Oben um Tawastehus, wo die Pferde am meisten fielen, und die Geschwulst viel grosser und höher ward, soll dieselbe, wie einige be­haupten, Luft enthalten haben. Diejenigen, welche dem gefallenen Viehe die Haut abziehen, finden allemal, dass die geschwollene Stelle unten schwarz ist, und dass das ganze Aas gleich darauf grässlich stinkt. Diese Viehpest hat die Menschen angesteckt, welche dem kranken Vieh eingegeben, oder das gefallene abgezogen haben; und sie hat sich bei ihnen eben so ver­halten, nämlich mit schnellem Froste, oder einem Fieber im ganzen Körper angefangen, das alle Abende heftiger geworden ist, wobei sie nicht lange nach dem ersten Froste an verschiedenen Stellen des Körpers ein Jucken be­merkt haben, das sich in eine brennende Geschwulst und Röthe verändert hat, wobei helle. Wasserblasen bis zur Grosse einer welschen Nuss und dar­über, aufgelaufen sind, welche nach und nach innerhalb vier und zwanzig Stunden schwarz geworden sind und den Tod verursacht haben. Wir haben davon hier im Lande ungezweifelte Proben, die ich sowohl bei meiner Praxis selbst erfahren habe, und von denen ich auch andre habe erzählen hören. Besonders ist mir auf geschehenes Ansuchen eine- umständliche Erzählung von Herrn Pfarrer Idmann, im Hvittis Kirchspiele und Biörneborgs Lehne mitgetheilt worden, die ich nebst meinen eigenen Vorfällen zum k. Collegio Medico gesandt habe. Dieses wird auch von dem Falle bestätigt, da ein Kerl zum Trotze sich den Abend frisch und gesund in die Haut eines Thiers legte, das an dieser Krankheit gefallen war, welche er den Abend zuvor abgezogen hatte, den Morgen aber fand man ihn todt darin. Ein Mädchen, in deren Busen die Hausmutter die Hand steckte, damit sie selbst die Hei­lungsmittel dem Vieh in den Hals gesteckt hatte, als das Mädchen solches auf Befehl nicht hatte thun wollen, bekam davon sogleich ein schnelles Fieber mit Röthe und Blasen auf der Brust und starbquot;*). — Kaum wird es einem Zweifel unterworfen sein, dass die in Liefland und Esthland herrschende Seuche ebenfalls Milzbrand war: „In der Mitte Juli machte man ans dem Dorpt'schen Kreise kund, dass sowohl daselbst als im Revali-schen eine heftige Pferdeseuche eingefallen sei, die nach und nach im Dorpt'schen allein in Zeit von sieben Wochen 1500 Pferde weggerissen hätte, nach eingefallenem Regen aber wieder aufgehört; ferner, dass mit dem Anfange Augusti das Rindvieh auch daselbst zu fallen beginne. Ja wir erfuhren bald hernach auch bei der Stadt Riga, und im Kirchholm'schen gleichfalls eine Rindviehsenche, welche doch von der 1748 viel unterschie-
*) J Haartmanu, Abhaniii. d. K. Schwed. Akademie. B. XX, p.4r.
Ileuilngcr, Mtlibrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; c
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den warquot;*). — In Frankreich war in diesem Jahre der Milzbrand sehr allgemein , in der D au phin ^, Auvergne, F o r e z , B o u g e y, Limousin, Brie, Champagne*''}; am genauesten hat A u d o n i n de Chaignebrun die Seuche in der Bric beschrieben, es war eine Beulenseuche, ganz vie die, welche im vorigen Jahre in Franken herrschte: Sie begann in dem sumpfigen Walde ron Crecy, Pferde, Hirsche, Ochsen, Esel, Schweine, Hunde, Hühner und selbst Fische wurden von ihr ergriffen; vom 15. Juni bis 31. Juli wurden 490 Thiere von ihr ergriffen, und mehrere Menschen wurden angesteckt***).
1758. Ob eine seit 10 Jahren unter den Rennthioren in Lapp­land herrschende, unter dem Namen Radok tauta oder R a d o k maine beschriebene Krankheit, Milzbrand, Lungenseuche oder Rinder­pest gewesen, ist schwer zu entscheiden****). — In Liefland herrschte auch in diesem Jahre der Milzbrand unter den Pferden f )• — Der angeb­liche Glossanthrax im Yenetianischen fi*), war wahrscheinlich nur Maul-und Klauenseuche.
1760 herrschte der Milzbrand in mehreren Schweizer Can tonen, und war unter dem Namen L out et oder Lobet bekannt. Reynier hat ihn gut beschrieben (s. N. 33); vorzüglich als sogenannte Beulenseuche, es starben viele Ochsen und Pferde daran.
1761. In Lief land und Esthland kam der Milzbrand unter Pfer­den und Ochsen vorfff).— Wahrscheinlich auch in Oesterreich, doch kann man aus den Angaben von P 1 e n c i z fquot;fff) nicht viel entnehmen.— Gewiss in der Gegend von Kitzingen in Franken*). — In der Nieder-Normandie soll der Glossanthrax viele Ochsen weggerafft haben, und zwar meint Faulet, er sei auf ähnliche Art wie 1731 entstanden, nach einem kalten trocknen Winter und noch trocknerem Sommer **). — Aus
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0) v. Fischer, Liefland. Lan d wirthschaf t sb. p. 447. *•) Faulet, Geschichte der Viehseuchen. I. p. 252. *deg;deg;) Audouiu de Chaignebrun, Relation d'une maladie ßpi-demique et contagieuse qui a regn£ l'ktt etl'automne ] 75 7 s u r des animaux de diff^rentes especes danslaBrie. Paris 1762. 1Z. **raquo;•) Nie. Gissler in: Abhandl. d. Schwed. Akadem. B. XXI. p.2S6. f) A. W. Hupel, Topograph. Nachrichten von Licfland und Esthland. I. p 574. II. Nach tr. p.83. tt) B o 11 a n i III. p. 12 - 21. ttt) Fischer a. a. 0. p. 462. tttt) Opp. phys. med. I. p. 197. deg;) Frank. Samml. UM p 416. ••) Faulet a. a. 0. I. p. 238.
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Russland berichtet Lerche: „Im Jahr 1761 war die Sommerhitze sehr gross gewesen, und halte in der Gegend von Narwa, Nowgorod und Kexholm ein merkliches Viehsterben verursacht, dergleichen in den sum­pfigen Gegenden von Finnland bei hitzigen Sommern gemeiniglich zu er­folgen pflegt. Es sind auch einige Menschen mit Exanlhemen angesteckt ge­wesen, oder haben Karbunkel (vielmehr gangränirende Beulen, dergleichen die Luftseuche in Sibirien verursacht) bekommen, deren einige schleunig ge­storben sind. Die Seuche hatte aber im September aufgehörtquot; *).
1762. Abermals in der Dauphin^, im Kirchspiel Mezieux kam eine merkwürdige Milzbrandform vor; diesesmal nicht Zungenanthrax, son­dern Anthraxbräune; Bourgelat beschreibt die Krankheit folgender-massen: „Gegen Ende des Jahres 1762 erschien diese schreckliche Seuche; die Ochsen und Kühe wurden vorzüglich davon angegriffen, nur wenige Pferde und Maulthiere wurden davon getroffen. Ein Ekel vor allerlei Futter, ja selbst vor Saufen, eine Schwere des Kopfs, niederfaängende Ohren, thrä-nende Augen, nicht mehr glänzende Haare, gänzliche Verhinderung des Mistens, eine schmerzhafte Geschwulst am Innern und hintern Theil der Kinnbacken und längs des Halses, ein mehr gedrängter -als häufiger Puls, das aus der Nase und dem Rachen bei einigen geschehende Herauslaufen einer schaumigten Feuchtigkeit u. s. w. waren die Kennzeichen, welche sich in 34 Stunden ereigneten, und welche 2, 3 auch 4 Tage anhielten, nach deren Verlauf ein heftiges Schlagen in denen Seiten des Bauches, und eine Mattigkeit des kranken Viehs ein unvermeidliches und geschwindes Verrecken ankündigte. In dem hintern Theil des Rachens, an den Muskeln des Schlun­des und der Luftröhre, in dem umgebenden zelligten Gewebe, ja selbst in dem Schlünde und in der Luftröhre zeigte sich ein erster Grad der Fäulniss, durch eine wirkliche schwarzblaue Farbe, und durch eine mehrere oder min­dere Verstopfung der Blutgefässe dieser TMIile. Bei einigen krepirten Stücken war das Netz angegangen, bei anderen einige Därme. Bei einigen war die Milz mit Blut heftig ausgestopft, bei andern war weder die Leber noch die Lungen im natürlichen Zustande. Die rothe, braune und zuweilen schwarze Farbe, das Auftreiben des Bauchs, und die weiche Beschaffenheit der Theile des Schlundes bei den meisten, waren die Folgen einer heftigen Entzündung, keineswegs einer hitzigen oder rothlaufähnlichen Entzündung, als welche ein stärkeres Fieber würde erregt, und welche auch ausserdem sich durch grös-sere und bestimmtere Schmerzen, auch anders als durch die schwarzblaue Farbe würde gezeigt haben, sondern einer heimlichen Entzündung, einer aus Unempfindlichkeit der Theile geschehenen Ausfüllung, oder Ansslopfung der Blutgefässe, oder mit einem Worte, einer solchen Ausstopfung, welche
•) Pallai a. laquo;u 0. I. p.123.
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man bei der Bösartigkeit zu bemerken pflegt, und welche man zu gleicher Zeit in der Stadt Macon wahrgenommen, allwo eine in den kalten Brand übergehende Bräune eine erstaunliche Anzahl Menschen
geschwind hin we g g enomme n hat..... Es gab Stücke Vieh, bei
welchen der Bachen in keinem so schlechten Zustand war, es entstanden aber an allen Theilen ihres Körpers, ohne Unterschied, Geschwülste .... Der Sommer war sehr heiss, die Dürre ausserordenllich. Die einzigen Trif­ten wohin man das Vieh treiben konnte, waren in der Nachbarschaft einer Lache, oder eines morastigen Ortes, welcher eine Menge stinkendes und verfaultes Wasser enthielt. Der nächste an diese Trift grenzende Ort war ein Ton der Sonne erhitzter Kiessand, welcher Tor das, sich den grössten Theil des Tags da aufhaltende, Vieh einen wahren brennenden Aufenthalt gab. Es waren also die'ausnehmen de Hitze der Luft, die üble Beschaffen­heit des grünenFutters, und am meisten das verdorbene Wasser die erste Ursache der Seuche.quot; etc.*) — Ob die von Westen beschriebene verheerende Epizootie der Pferde und der Ochsen in Schweden, ein Milzbrandfieber war, vermag ich nicht zu entscheiden. Sie dauerte übrigens im folgenden Jahre noch fort.
1763. Dieses Jahr wird man wohl als die Acme einer Milzbrandcon-stitution betrachten können, die die Jahre von 1762 bis 1764 einnahm. Während unter den Menschen Rothlauf, brandiger Rothlauf, Angina maligna herrschten, kam der Milzbrand unter den Hausthieren allgemein in Frankreich vor; da zu gleicher Zeit die Maulseuchc in ganz Europa herrschte, so scheinen sich beide Krankheiten verbunden zu haben. Nach Duhamel, der im Or-leanois beobachtete, hat sich der Zungenanthrax in diesem Jahre wie­der von seinem gewöhnlichen Heerde, in der Auvergne, aus verbreitet, er schreibt: „Im Anfange des Monates Juni herrschte unter den Pferden und unter dem Rindvieh eine Kranmeit, welche innerhalb drei bis vier Ta­gen fast alle Thiere in den Dorfschaften befiel; diese Krankheit kam aus dem Haut Gatinois her, und begann in hiesiger Gegend nach dem St. Peters Markte. Sie begann mit einer kleinen weissen Pustel unter oder auf der Zunge, und zuweilen, aber selten zu gleicher Zeit unter und auf derselben; ihr Fortschreiten war so rasch, dass die Pustel (bouton) oder die kleine Geschwulst in Zeit von 12 Stunden -die Grosse einer Hand erreichte und eine violette Farbe annahm; zwar verloren die kranken Thiere die Fress­lust nicht, allein der Brandschorf machte bald, dass die Zunge aus dem Maule fiel, wenn nicht zeitig Mittel angewendet wurden .... Die Krankheit durch­zog ein Dorf nach dem andern, und fast alle Thiere eines Dorfs waren zu
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deg;) Bourgelat Anmerk. zu: Barberet Über die epidem. Krank* iieiten des Viebs d. Ueb. p. Di).
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gleicher Zeit krank*)quot; Am weitläufigsten hat Nicolau die Milzbranü-seuche beschrieben, welche in der Gegend von Rochelle, im Brouageais herrschte: „Die Kirchspiele in denen die Seuche ihre Wulh äusserl, liegen in der Nachbarschaft eines niedrigen, fast 3 französische Meilen sich er­streckenden Landstrichs. Es war dieses früher ein ungeheuer grosses und schönes Salz werk, worein das Seewasser durch einen Canal, der Hafen von Bronage genannt, hineintreten konnte. Als dieser Hafen nach und nach ver­schüttet worden, und das Meer folglich kein Wasser mehr in die Moräste liefern konnte, wo man es sonst zum Salzverfertigen gesammelt hatte, so ist der Boden mit Einschnitten versehen, ungleich mit Vertiefungen angefüllt, und mit erhabener Erde oder Hügeln, welche zur Verfertigung der Gruben ausgegraben und aufgeworfen war, übrig geblieben. Ein Theil dieser Ver­tiefungen sind durch die Zeit unvollkommen ausgefüllt worden, andere sind noch vollkommen gut aufbehalten geblieben. In Regenzeiten, besonders im Winter, sind alle diese Vertiefungen mit Wasser angefüllt, welches, da es keinen Abfluss hat, darin verfault, bis dass die Luft und die Hitze sie im Sommer sämmtlich verdunstet hat; die allerliefsten, welche selten austrock­nen, stellen eben so viele Morastlachen dar, worin eine Menge Kräuter sind, die in kothigem Wasser zu wachsen pflegen, und dieses Wasser wird dennoch zu Viehtränken gebraucht. Die Gegend überhaupt stellt eine fette und mo­rastige Wiese vor, welche dem Schlachtvieh, dem Frachlvich und dem Acker­vieh des Brouageais zur Fütterung dient. Eben dieses sind die Heerden von Stuten, Ochsen und Kühen, deren Umfallen den Schmerz unsrer Einwohner verursacht, und zum Theil ihr Elend bewirkt. Diese stinkenden Orte, wovon ich eben geredet habe, verbreiten ihre stinkenden Ausdünstungen sehr weit, die Luft wird davon verunreinigt, und sie verursachen dan Einwohnern die­ser Gegend zu Ende des Sommers, Wechselfieber, faulende und bösartige Fie­ber...... Das Sterben erstreckte sich bis auf die andern Hausthiere , das
Geflügel nicht ausgenommen, welches in dem Dörfchen St. Symphorien ver­reckte **). Ob nun schon diese Epidemie allgemein ist, so hat man doch Ursache zu glauben, sie sei nicht ansteckend. In vielen Kirchspielen sind Hunde verreckt, welche von dem Aas der Thiere gefressen hatten, es sind aber auch solche verreckt die nicht davon gefressen hatten, und viele haben davon zu fressen nicht aufgehört, und es hat ihnen nichts geschadet. — Im verwichenen Maimonat bemerkte man in einem Kirchspiele, und andern dergleichen nahe gelegenen, auf der Zunge des Rindviehs einige Beschwerden; es waren aber solche nur ein vergebner Schreck, sie Hessen nach ohne Ver­wüstungen anzurichten. Im Brachmonat und zu Anfang des Heumonats er-
#9632;) Mcmoires de 1' A c a d. des Sc. 1764. p. 550. quot;) S. unten Hiihnergeucbe.
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streckte sich die herrschende Seuche über die Srhafhcerden, und rerwfistete sie an manchen Orten dergestalt, dass gar nichts übrig blieb; an andern Or­ten ist das venige übrig gebliebene, ohne Hirten, der alleinigen Vorsehung in den Feldern überlassen, worin sie wie Fliegen dahin fallen *) — Das Sterben der Ochsen, der Stuten, und andrer Thiere hat toiu Ausgang des Heumonats an vorzüglich zwei Kirchspiele verwüstet. Gegenwärtig erstreckt es sich auf alle Orte und Gegenden, ob es wohl an gewissen Orten weniger Umfallen verursacht, als an andern. — Das erste Kennzeichen der Krank­heit, so man an dem Vieh entdeckt, ist Mangel an fressen. Man findet das Vieh traurig, es hängt den Kopf, die Ohren sind kalt und herunterhangend, die Haare stehen aufgerichtet, ohne gewöhnlichen Glanz, die Seiten des Bauchs sind eingefallen und schlagen, der Bauch ist gespannt und ausgefüllt, der ganze Körper wird gezerrt, und es lässt, als ob das Thier harnen wolle. Ihr Harn sieht öfters so hell wie Brunnenwasser aus; sie misten selten, und bei dem Hornvieh hört das Wiederkauen auf. Einige Stunden nach allem die­sen, wenn auf der Oberfläche seines Körpers keine Beulen aufgeworfen wer­den, so überfällt das Thier ein Frost, es zittert, seine Augen werden trüb und thränend, aus seinem Maul und Nase geht eine zähe Feuchtigkeit her­aus, das Thier lagert sich, und verreckt entweder ruhig, oder mit mehreren oder wenigem Zuckungen. In diesem letztern Zeitpunkt streckt das Thier oft den Kopf vor sich her aus, es ist athemlos, stösst lange Seufzer aus, und zuweilen hustet es auch. Diese Zufälle ereignen sich öfters so schnell, dass das Thier verreckt, ohne dass man es krank gewusst hat; viele Ochsen sind vor dem Pfluge umgefallen. Je geschwinder diese Zufälle aufeinander kamen, desto grosser war die Gefahr, und die Hülfe unmöglich. Ist der Frost heftig, so erfolgt der Tod allemal. Wenn die heftigen Zufälle sich langsa­mer einfanden, so bemerkte man gewöhnlich keinen Frost, kommt er aber dennoch, so ist er allemal von übler Bedeutung, nach Massgabe seiner Dauer und seiner Heftigkeit. Bei der Entwickelung der Symptome geschieht es oft, dass sich auf der ganzen Oberfläche des Körpers, ohne Unterschied, Beu­len einfinden. Zuweilen bleiben sie an dem Orte, wo sie zuerst ausbrechen, beständig und fest; andre male verschwinden sie wieder', um sich an einem andern Orte aufzuwerfen; verschwinden sie ganz und gar, so verreckt das Thier; kommen sie aber an denen zum Leben weniger wesentlich nöthigen Theilen wieder zum Vorschein, vermehren sie sich zugleich über den ganzen Körper, und das Thier behält seine Kräfte, so hat man Hoffnung zur Gene­sung. Die tägliche Erfahrung fängt an zu beweisen, dass die Heilung einzig und allein davon abhänge, wenn diese Geschwülste gut und leicht hervor-
*) 'Bekanntlich ist in diesem Sumpf- und Fieber-Lande auch die Fäule en-zootiseb.
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kommen, und der Eigenschaft einer Plilegmone sich am meisten nähern. Diese Geschwülste sind mehr lympathisch, als dass sie einer Phlcgraone oder einer Entzündung ähnlich sein sollten. Die Unwirksamkeit der festen organischen Theile, und die Fäulung der Säfte bringen sie bei den von dir Epidemie befallenen Thieren auf diese Art zu Wege. Ich bemerkte in diesem Jahre eine gleiche Yerderbung, sowohl der festen als flüssigen Theile, in den Krank­heiten welche die Menschen befallen, und welche sich täglich mehr und mehr vermehren. Ja als ich letztlich das Land durchreiste, habe ich drei Personen gesehen, welche mit Karbunkeln oder Pestbeulen behaftet waren. — Die Erscheinung dieser Beulen scheint anfangs nur die Muskeln zu betreffen, denn an den damit befallenen Theilen fühlt man mit der Hand nur, als ob Fleisch allda hart geworden wäre, ohne sonderlich geschwollen zu sein; bald darauf tröpfelt in das herumliegende Zellgewebe eine Feuchtigkeit welche seine Fasern erschlafft, entkräftet, beizt, und die Haut in Gestalt einer Beule ausdehnt. Eilt man nicht durch eine Oeffnung dieser Feuchtigkeit einen Ausgang oder Abfluss zu verschaffen, so verursacht sie durch ihren längern Aufenthalt, den Brand, welcher allemal weiter um sich greift, oder im Fall die Beule nahe bei einem zum Leben nöthigen Thcil sich befindet, so ver­reckt das Thier, ehe der Brand weiter um sich gegriffen hat..... In An­sehung des Brandes dieser Beulen ist zu bemerken, dass er von einer beson­dern Art sei: Das Zellgewebe und Fleisch sind mehr weich gemacht oder gebeizt als verfault, beide haben eine bleiche in das Blauliche ziehende Farbe, und sie behalten eine ziemlich feste Beschaffenheit, obschon ihre Fasern zer­trennt sind, so dass man sagen kann, es sei mehr eine Maceration als eine Faulung..... Herr Drouhet, ein Wundarzt zu Pont l'Abbe, hat beobachtet, da er an dem obern und Innern Theil der Keule eines Ochsens eine solche Geschwulst geöffnet, dass das, was an der Haut herunterlief, die Haare nach 24 Stunden eben so abgefressen, als ob man diesen Theil in kochendes Was­ser getaucht gehabt hätte, die entblöste Haut sah sehr roth aus, und war stark entzündet. Diese Ansammlungen scharfer Feuchtigkeiten entstehen, wie ich schon gesagt habe, an allen Orten des ganzen Körpers ohne Unterschied; die aber, so sich in die Eingeweide ansammeln, sind tödtlich. Unter denen äusserlichen sind die allerschlimmstcn, welche sich an der Brust der Pferde an dem Orte, welchen die Viehärzte das Avantcoeur nennen, äussern; im Gegentheil sind die am wenigsten gefährlich welche sich an der hangenden Kehle des Rindviehs, oder an der von der Brust herunterhangenden Haut einfinden. Alle so sich an der Schnauze, in dem Maule, und an dem Ge­sässe, in allen Gattungen von Thieren ereignen, verkündigen einen unglück­lichen Ausgang..... Es wäre zu wünschen dass man die Ursache ent­decken könne welche die Epidemie hervorgebracht. Unterdessen scheint es, man könne diese von mir ausführlich beschriebene Plage der gar zu grosen und zu lange Zeit, durch die Regen, Ungewitter und Nebel unterhaltenen
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Feuchtigkeit der Luft zuschreiben, als welche drei Gelegenheitsursachen die­ses ganze Jahr nicht aufgehört haben das Wachsthum, und die Fruchtbarkeit der Kräuter und Gräser zu stören*).quot; Der Verf. giebt eine Anzahl einzel­ner Beobachtungen und Leichenöffnungen **) — Auch in Tielen andern Ge­genden Frankreichs herrschten milzbrandartige Krankheiten, aber gewöhnlich in Verbindung mit Maulseuche.
In dieses und das folgende Jahr fällt die grosse allgemeine Geflügcl-Epizootic, in deren freilich kurzen und nicht genügenden Beschreibungen man doch wohl die bei den Vögeln gewöhnlichen Anthraxformen (s. unten) wird erkennen müssen. Leider geben mir die mir zugängigen Schriften nur wenigen Aufschluss über ihre Verbreitungsgeschichte. Aus dem westlichen Europa in das östliche scheint sie sich wohl verbreitet zu haben; aber wo sie angefangen? Am wahrscheinlichsten scheint mir Spanien. Der einzige Zeuge, den ich habe anfinden können, ist freilich nur Escobar; nachdem dieser die Hundeseuche im-Jahr 17CI erwähnt hat, fährt er fort: „Zwei Jahre darauf kam es an die Hühner, und es starben deren viele, doch litt niemand von denen die sie verzehrt halten, irgend einen Schaden***)•quot; — Schon im Mai dieses Jahrs beobachtete La Bertonye diese Krankheit der Hühner in Toulon; die von ihm mitgctheilten Sectionsergebnisse passen freilich nicht auf Milzbrand, er nahm eine Leber und Magenentzündung an, und suchte die Ursache in dem verdorbenen Getreide dieses Jahrs ****). — D „ _ hamel berichtet aus dem Jahre 1763: „Im Monate December herrschte an mehreren Orten (im Gatinais, um Orleans) eine Krankheit der Hüh­ner und der Puten, diese Thiere starben plötzlich, sehr fett und mit vollem Kropf, ein Pächter in unsrer Nähe verlor 7 bis 8 Dutzend Puten in 8 Ta­gen -j-). Derselbe schreibt aus dem Jahre 1764: „Die Krankheit der Hüh­ner hat in diesem Jahre fortgedauert, so dass Hühnerhöfe ganz und gar ent­völkert wurden, und die Pächter neue Thiere ankaufen mussten fquot;}-).quot; __
Bei Gelegenheit der Beschreibung einer Epidemie in der Gegend von Etam-pes sagt Boncerf 1764: „Die Ursache dieser Epidemie kann man in der inficir-ten und verdorbenen Luft welche man in diesem Dorfe athmete, annehmen; die un-
quot;) Allerdings war in diesem Jahre in Frankreich die Vegetation allgemein
krank. S. H e u s i n g e r a. a. 0. p. 2 41. deg;') Aumerk. zu Barberet a. a. O. p. 109. #9632;quot;quot;•) „Dos aiTos despues sobrevino a las gallinas, y murieron muebas, sin que de haberlas comiilo se siguiese detrimento ä nadie.quot; A. F. de Es­cobar historia de todos los contagios. p. 8 5. •quot;e) Richard de Hautesierk Recueil d'Observat. Vol. I. p. 169. t) M gt;'#9632; m. de l'Academ. des Sciences. 1764. p. 552. tt) D aselb raquo;t. 1765. p. 603.
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geheure Menge von Hühnern und Hunden, die krepirt und nicht begraben worden waren, hatten nicht wenig dazu beigetragen die Luft zu verderben *).quot;
—nbsp; nbsp;Tarn beobachtete die Krankheit in Böhmen 1763 und 1764: „Hüner-seuche 1763, angeloffene roth und blau aussehende Köpfe, bei deren Äuf-schneideu unzählige Rossmücken sich zwischen Haut und Fleisch befanden**).quot;
—nbsp; Sa gar beobachtete sie 1764 in Mähren und beschreibt sie am genaues-ten: „Sowohl die gemeinen als auch die indianischen Hühner hatten zwi­schen den Ohren und Augen Geschwülste, ohngefähr von der Grosse einer Eichel, bald ganz roth bald rölhlich, und dem Drucke eines Fingers kaum nachgebend. Sie breiteten sich zuweilen sehr aus, und verdarben dadurch die Augen; das Thier war indessen sehr gefrässig, und wurde von einem Durchbruche gequält, wurde magerer und trank beinahe nichts; das Uebel wuchs täglich bis es endlich am 10. 20. 30. oder 40. Tage das ganz ausgezehrte Huhn tödtete ***).quot; — Auch in Italien muss die Krankheit sehr gewüthet haben, wie man aus folgender Nachricht schliessen kann: „InSpanien, Frank­reich und Italien, ist einige Zeit her unter dem Federvieh und sonderlich den Hühnern, durch eine Seuche grosse Verwüstung geschehen; im Cremo-nesischen allein werden 5000 gezählt, die binnen zwei Monaten dadurch um­gekommen sind *#9830;#9830;#9830;).quot; — In das nördliche Deutschland und in den übrigen Norden Europas scheint sich die Krankheit nicht verbreitet zu haben; in der That wird auch nur aus dem Süden über Misswachs des Getreides geklagt. Milzbrand kam indessen auch in Sachsen vor.
1764. In Russland kam die Beulenscuche im Jamburgschen Kreise unter Pferden, Rindvieh und Schweinen vor f).
1766nbsp; kam dieselbe Krankheit wieder um Petersburg bei Pferden und Menschen vor f •}•),
1767nbsp; starben nach Falk in Sibirien, im Juni und Juli 18 Soldaten im Lager an der Sibirischen Beulenseuche ftt).
1770. Die Jahre 1769 und 1770 gaben schlechte Ernten, und beson­ders das letztere Jahr lieferte vieles Mutterkorn.
Die Kriebelkrankheit war in Deutschland und Frankreich sehr verbreitet. 1770 kamen in Europa und in Amerika mehrere Erdbeben, und ein Ausbruch des Vesuv vor. Die in diesen Jahren in vielen Ländern Europas herrschende
*) Richard de Hautesierck Recueil vol. II. p. 22 4. quot;) Tarn bewährte Horn, Schaf-, Pferde und Federvieh-a r z ue i k. p. 543. 0,quot;,) Sagar. de morbo ging, ovium. Kn ob I och Samml. B. II. p. 184. quot;quot;•') Hannöv. Magazin. 1T64. p. 893. t) Pallas a. a. O. I. p. 128. 11) Daselbst p. 129. fff) Haupt Seuchenkh. in Sibirien, p. 148.
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Rinderpest giebt zu vielen Verwechslungen Veranlassung. Indessen sollen schon 1769 in Oestereich neben der Rinderpest viele Thiere am Mib-brande gestorben sein ') — Die grosse Sterblichkeit der Thiere in Deutsch­land in den Jahren 17C9, 1770, 1771, wurde wohl mit Recht dem schlech­ten Futter, der Noth u. s. w. Schuld gegeben, auch beschreibt Taube ge­radezu den Ergotismus der Hühner; allein wenn selbst in fürstlichen Mar-ställen, Wildparks und Fasanerien, wie z. B. in Fulda, Pferde, Schaafe, Wild, Gänse und Fasane, angeblich an einer Febris bilioso-putrida starben**), so mag man wohl Milzbrand im Verdacht haben. .— Im Hannoverschen starben 1709 die Gänse allgemein. — Im Genuesischen brach im Jahr 1769 wieder wie früher eine ansteckende Hühnerseuche aus, so dass die Regierung unter dem 30. Mai die Verordnung erliess: „dass 1) Niemand bei unbestimmter Geld- oder Lcibes-Strafe, weder alte noch junge Hühner, wenn sie bereits tod sind, kaufen noch verkaufen soll, 2) wer Hühner und der­gleichen hält, die gefallenen Stücke in Zeit von 24 Stunden bei der Kammer anzeigen und auf die Kanzlei bringen soll, damit man gesichert sei, dass von ihrem Fleische kein Gebrauch zum Nachtheil Jemandes Gesundheit ge­macht werde, 3) sollen die Hühner innegehalten, und nicht auf die Gassen der Plätze gelassen werden, um zu verhüten, dass nicht das Uebel noch wei­ter einreisse ***).quot; Diese Vorkehrungen lassen auch wohl auf Milzbrand schlie-sen. Im Piemontesischen herrschte nach Brugnone an mehreren Or­ten im Jahr 1770 der Zungenanthrax'***). Dagegen wurde an mehreren Orten offenbar die Rinderpest unter dem Namen der Brandbräune beschrieben. Auf den Französischen Antillen brach aber im Jahre 1770 f) eine Milzbrandepizootie aus, welche diese Inseln mehrere Jahre verheert hat: Im Monate Juni dieses Jahres wurde die Insel St. Domingo von einem Erd­beben heimgesucht, wie man früher noch keins beobachtet hatte „Die un­glücklichen Sklaven des nördlichen Theils der Insel wurden von einer Hun-gersnoth heimgesucht; da der Stockfisch ganz fehlte, so ermangelten die Spanier, deren Viehherden von einer furchtbaren Epizootie verheert wurden, nicht, das Fleisch aller ihrer kranken und krepirten Thiere einzusalzen und zu räuchern, und in die französischen Besitzungen zu bringen. Dieses, in #9632;den französischen Colonien unter dem Namen Tassan bekannte. Fleisch hüte­ten sich die Neger wohl zu essen, so lange sie sich andres Salzfleisch oder Stockfisch verschaffen konnten, jetzt theilte es den Negern seinen Ansteckungs-
*) Adami Viehs, in den k. k Erbl. p. 7 i. *•) Weikard Obs. med. p. 5. •••) Frank Med. Polizei ß. VII. 1. 1. $. 20.
**deg;deg;) Brugnone von der Zucht der Pferde und Maulthiere. pag 318. f) Nicht erst 1774 wie nach unvollständiger daellenkenntniss gewöhnlich angegeben wird.
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stoff mit. Eine Art Pest, Milzbrand (charbon) genannt, verbreitete sich in allen den Spaniern benachbarten Wohnorten, auf den Strassen, die sie be­suchten, und auf den Plantagen wo die Neger von diesem Tassan gekauft hatten; in weniger als zehn Wochen starben mehr als 15000 weisse und schwarze Colonisten an dieser furchtbaren Krankheit, und ihre Verheerungen hörten nicht eher auf, bis Regierung, Magistrate und die Einwohner selbst alles aufboten, um die durch die Gewinnsucht der Spanier eingeschleppte Geisel wieder zu vertreiben*)
Diese Milzbrandepizootie, die man bald mit der Rinderpest verwech­selte, bald als Angina gangraenosa beschrieb, wüthete seit 1772, auch auf den übrigen französischen Antillen, und wurde oft Vergiftungen durch die Neger zugeschrieben**).
Im Jahr 1774 beobachtete Bertin diese Epizoolie auf Guadeloupe; sie erschien zuerst auf einer Plantage, verbreitete sich aber sehr schnell durch Ansteckung auf die übrigen. Die Symptome wie sie bei Ochsen und Pfer­den beschrieben werden, bezeichnen ganz den Milzbrand, wie wir ihn in Eu­ropa kennen, in den acutesten Formen. Eine Menge von Menschen wurden angesteckt und starben; beinahe alle Neger, welche Aeser geöffnet, bekamen schwarze Blattern am Arm, ja bei einigen erschienen sie welchen nur ein Theil vom weggegangenen Clystier auf den Arm gesprützt worden; aber alle die so unvorsichtig waren, und von dem Fleische der kranken Thiere assen, und deren war eine grosse Anzahl, erkrankten äusserst heftig. Bei den Ver­storbenen werden gewöhnlich innere Carbunkel gefunden***).
1772. Es herrschte der Milzbrand in der Auvergne undin der Cham­pagne, theils als änssere B e ul e n s e u ehe , theils als Milzbrand­bräune, Lungen- oder D arm-Anthrax, deren Symptome der Beob­achter beschreibt ****). — Ebenfalls als Beulenseuche herrschte er in diesem und im Anfange des folgenden Jahrs in der Gegend von Di Jon; in der guten und vollständigen Beschreibung werden schlechte Futterstoffe als Ursachen angegebenf). — Auch in Taurien herrschte in diesem Jahre
*) l'lacide-Justin, histoire de Pile d'Hayti p. 120.
**)Moreaude Saint Hery:Chabert etc. Instructions laquo;tc. vol. III. p 261.
•**} Bertin Relation de quelijues aeeidens extra ordinairelaquo; observes a la Guadeloupe etc In: Mongtigny Instructions et avis aux babitans des provinces merldion, de la France. Paris. 1775. Deutsche Uebers. von Opitz, p. 63.
•*raquo;) Memoires de l'Acad. de Med. Vol. I. Hist. p. 243.
t) Daselbst p. 232.
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nach G e o r g i die Sibirische Seuche so heftig, dass der halbe Pferdesland darauf ging*).
1774. Der Milzbrand herrschte unter den Rindern in Sale es im Ge-v au dan, zwei Menschen die Häute von crepirten Tbiercn abgezogen hatten, starben an Carbunkelnquot;}. Nach demselben Schriftsteller herrschte er auch in der Ober-Bretagne, auch dort wurden Menschen angesteckt. — Eine sehr ausgebreitete Milzbraudepizootie herrschte in diesem Jahre in Finn­land; Odhelius berichtet darüber folgendermassen: „Des letzverwichenen 1774 ten Jahres Sommer, war über des Reichs grössten Theil ungewöhnlich warm und trgeken, und erregte gegen den Julius in Finnland eine schwere Viehseuche, welche viel Vieh hinrichtete. Diese Seuche war von der sehr verschieden, welche vorige Jahre in Schonen herumging, denn sie steckte das Vieh nicht weit herum an, sondern blieb innerhalb gewisser Dörfer nnd Kirchspiele, hatte aber dagegen das Besondere und Betrübte, dass sie mehrere Menschen angriff, welche mit dem kranken und todtea Vieh uubedachtsam umgingen, auch einige davon tödtete. Von dem Vieh starb einiges ganz schnell und unvermuthet, bei andern aber, wo die Krankheit nicht so heftig war, fanden sich folgende Zeichen: Hängende Ohren und Kopf, rothe nnd rinnende Äugen, trockner und heisser Mund, ausgespannte Nasenlöcher, zie­hendes, schnaufendes Äthemholen, Hörner und Kopf heiss, die Zunge scharf, der Gaumen weiss, Wiederkauen nnd Milch hörte auf, manche hatten Diar­rhöe, andere nicht, am Halse traten harte Knoten heraus, auch in den Weichen und unten am Bauche, diese Hessen sich bewegen und schwollen manchmal von sich selbst, mit einer scharfen, stinkenden Materie, sie heilten, gingen aber wieder auf. Die Fäulniss bei dem gefallenen Vieh war so stark, dass die festen Theile alle ihren Zusammenhang verloren hatten und die Hörner zerbrachen, wenn man Stricke zum Fortschleppen daran binden wollte. Gegen das Ende des Septembers nahm die Viehseuche nach und nach ab. Wie die Krankheit die Menschen angriff und was sich dabei ereignete, lässt sich am besten im folgenden Auszüge aus H. Dr. Beiersten's Berichte ersehen: Nach­dem die Seuche viel Pferde und Rindvieh weggenommen hatte, fing sich ihre Ansteckung an Menschen zu weisen an. Diejenigen, welche mit dem kranken oder todten Vieh umgingen, bekamen zuerst eine Blatter im Ange­sicht, oder an den Händen, Armen oder Beinen, welche Blatter ein wenig juckte, brannte, schwoll, zunahm, so dass nach ihrem Bericht der Kopf einem acht Kannen Topfe glich. Sass sie im Gesichte, so schwollen Kopf, Achseln und Brust, setzte sie sich auf die Hand, so schwollen Arme und Brust u. s. w. Die Geschwulst erhob sich in Blasen, die zerbarsten und ein rothes oder
*) Georgi Bemerk, auf e. Reise im Kurs. Reiche. B. I. p. 442. ••) Faule t B. II. p. 81.
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gelbliches Wasser ausliessen, endlich schwarz wurden, und sich in eine Cruste verwandelten. Die ich angetroffen habe, haben nach ihrer Beschreibung eben kein besonderes Fieber gebabt, ausgenommen die, welche an der Krank­heit gestorben sind, sondern sie haben sich für gesund gehalten, doch mit einiger Mattigkeit und Irrewerden*). Man bemerkte nicht, dass Menschen einander ansteckten. — Sowohl die Einwohner der Orte als die Äerzte schrie-hen diese sonderbare Krankheit der grossen Trockne zu, und dem Mangel an Wasser und guter Weide für das Vieh. Aber H. Dr. Beycrsten hält für wahrscheinlich, die von H. t. Linne zuerst erwähnte Furia infernalis möchte die Ursache davon sein. Ich habe die Beschreibung dieser Vieh- und Men­schen-Seuche mit dem verglichen, vas Dr. Solander von der Furia infernalis sehreibt, auch was der Commiuister Snellmann in einer kleinen 1759 zu Stockholm gedruckten Abhandlung om Skott-sjukan davon aus der Erfah­rung anführt, und finde zwar viele Aehnlichkeit, aber doch auch meinen Gedanken nach den wesentlichen Unterschied, dass H. Snellman berichtet, die Kühe würden von der Skjott-sjukan aufgeschwollen, aufgedunstet, zitterten und bekämen gleichsam die schwere Noth, welches alles in vorerwähnten Berichten aus Finnland nicht erwähnt wird**)
1775. Aus der Beauce wird gemeldet, dass die Maladie du sang unter den Schafen ärger gewüthet habe wie jemals zuvor***). — In der B r e-tagne hat entweder der Zungenanthrax oder eine Stomatitis gangraenosa geherrscht: „M. Duplessis k Nantes, nous a appris que les bestiaux de ce pays ont ete attaques en septemhre de ger^ures a la langue, qui faisoient des progres tres-rapides lorsqu' on negligeoit; c'etoit une es-pece de charhon. Ceux qui connoissent ce genre de maladie, savent qu' il prend toutes sortes de formes; tantut c'est un houton, quelquefois une vesi-cule, souvent une ulccration profonde, dans d'autres circonstances une aphthe ou une espece de millet, et lorsque le mal est k son dernier degr^, c'est un veritable charbon quot;****). Ich werde von diesen Übergängen unten weiter sprechen. — In der Beauce herrschte neben der erwähnten Blutkrankheit der Schafe, von der Tessier spricht, auch zugleich der Milzbrand unter Rindern und Pferden sehr heftig; Barrier berichtet: „Die Krankheit kündigte sich durch eine kleine Geschwulst an, welche ohne Unterschied an
') Der Verf. erzählt nun 8 einzelne Fälle, die ich weglasse, es sind solche darunter, wo die Infection nur durch Anhauchen geschehen sein soll; aber auch solche von Naturheilungen. quot;)OdheliusAbh. derSchwed. Akad. B. XXXVII, p. 154. (Es ist kaum nöthig zu bemerken, dass beide Krankheiten allerdings vollkommen gleich sind.) •quot;) M6m. de l'Acad. de Me d. Vol. I. p. 254. ft*raquo;*) Mem. de l'Acad. de Med. Vol. I. p. 253,
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den verschiedensten Theilen des Körpers erschien, in kurzer Zeit erreichte sie an den Pferden einen so ungeheuren Umfang, dass alle, die davon befallen wurden, starben; bei einigen bemerkte man keine Geschwulst, sie starben selbst ohne nur ein Krankheitssymptom zu zeigen; andere erlagen nach­dem sie von Convulsionen befallen worden waren und mehr oder weniger durchdringendes Geschrei ausgestossen hatten. Die grosse Hitze der Atmos­phäre, die beständige Trockenheit, das Verdorren des Grases, der Rost dessen, welches auf niedrigen Wiesen gemäht war, fauligtes Wasser der Lachen, das waren die Ursachen, welche die Quelle des Lebens und der Ge­sundheit verändert, und dem Blute eine Schärfe und eine Disposition zur Zersetzung mitgetheilt haben, woraus so grosse Störungen entspringen konnten; auch ist es nicht zu verwundern, dass das Abortiren der Entwickelung der grausamen Krankheit vorausging, welche diese Provinz verheert hatquot;*)laquo; — Ob die von Huzard in diesem Jahre ebenfalls in Frankreich be­obachtete Augenkrankheit der Hühner der bekannte Augenanthrax dieser Thiere war, kann ich zwar nicht entscheiden, möchte es aber wohl glauben. „Ich habe am Ende des Frühjahrs 1775 beobachtet, dass die Hühner, und besonders die einjährigen, Flüsse (fluxions) der Augen hatten, welche alle davon ergriffenen tödteten. Die Masse, welche albuminos war, verbreitete sich in successiven Lagen über die Hornhaut, bildete, wie einen zweiten Augapfel von weisslicher oder geblicher Farbe, der sehr nach aussen vorsprang, und den wahren Augapfel, der in die Orbita zurückgedrängt war, und immer kleiner wurde, ganz verbarg. Die Krankheit ergriff immer nur ein Auge; wenn sie dem Ende nahe war und der Tod bevorstand, und man drückte das Auge, so trat die fremde Masse heraus, sie war so hart, dass sie der Schneide des Skalpeis widerstand, aus dem Auge floss eine stinkende Jauche, der Boden war schwärzlich und wie gangraenös, der Kamm des Thiers war einge­sunken und fahl. Sie starben am fünften oder sechsten Tagquot;**).
1776. Eine tödtliche Seuche unter den Hirschen im Walde von Saint Ger main ist wahrscheinlich Milzbrand gewesen, indessen fehlt eine ge­nauere Beschreibung***). — In Ocsterreich herrschte der Milzbrand zu­gleich mit der Maulseuche: „Gleichwie die Milzseuche in waldigen und ge­birgigen, so hat sich das Maulweh in flachen und niedrigen Gegenden weit allgemeiner geäussert, und von dem Frühjahre bis in den Anfang des Herbstes fortgedauert.... Hin und wieder ging an ein und demselben Orte diese Krankheit zu gleicher Zeit mit der Milzseuche unter dem Vieh herum. Auch wurden in einigen am Walde liegenden Orten die Ochsen nach zuvor über-
o) Chabert etc. Instructions. Vol. I. p. 210. ••)Chabert Instr. Vol. IV, p. laquo;15. '*•) Hist de 1c Soc, r. de Med. Vol. II, p, 150,
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standenem Maulweh, erst mil der Milzseuche behaftetquot;*). „Diese Epizootie befiel zuerst und viel häufiger die Stiere und die Ochsen, als die Kühe, doch auch hie und da einige Pferde und Schweine, Die gewöhnlichsten Kennzeichen waren folgende: „Ein stilles und weniger lebhaftes Aussehen, aufgeborstene Haare; matte, unterdrückte, und mehr oder weniger geschwindere Schläge der Pulsadern und des Herzens, trübe und in ihren Innern Winkeln nasse oder triefende Augen; schief herabhängende Ohren, das ausgebliebene Wiederkauen, die Verstopfung, ein starkes Zittern. An verschiedenen Thei-len der kranken Thiere, als an den Kinnbaken, vom an der Brust, an den Schultern und Hüften, in den Weichen, an den Schenkeln, auch beim Schlauche, fuhren plötzlich Beulen und Geschwülste auf, die sehr schnell gross wuchsen. Wenn solche Stücke übrigens gut gepflegt wurden, so kamen sie meistens davon, sonst wurden sie bauchschlägig; es stellte sich ein starkes Zittern ein, hierauf starb endlich das Thier, meistens den 2ten, 3ten oder den 4tcn Tag seines Krankseins. Bei zweien Stücken kamen auch Karbunkeln an den Arsbacken zum Vorschein, welche nachgehends ausfielen, und ein tiefes Loch hinterliessen. Bei den meisten gefallenen und geöffneten Stücken hat man die Milz von vielen schwärzlichem Blute strotzend, zwei bis drei mal grosser, und sehr mürbe angetroffen; bei einigen aber an den Innern Bauchhöhlewänden grosse Geschwülste, die braungelbliche Jauche in sich ent­hielten; bei manchen Stücken konnte man hingegen weder diese noch eine andere merkliche Veränderung oder Verwüstung an irgend einem Theile be­merken, ausser dass die Milz allemal, wenn sie auch nicht grosser aussah, dennoch mürber und schwärzlich war. Diese letztere Erscheinung, mit jenen Beulen und Geschwülsten, veranlasste mich diese Epizootie mit dem besonderen
Namen der rothlaufarligen Milzseuche zu belegen____ Einigen Leuten fuhr
am Arme oder am Fusse ein Bläschen auf, woraus in kurzer Zeit eine Brand­blatter entstand, der Arm bis an die Schultern schwoll stark, und an dem Orte, wo sich jene angesetzt hatte, fiel ein tiefes Loch ein. Diesen Zufall schrieb man der herumgehenden Milzseuche ohne alles Bedenken zu, als wären nämlich die Leute bei Wartung des kranken, oder Abdeckung des gefallenen Viehs auf solche Art angesteckt worden. Da ich aber Ursache zu haben glaubte an der Richtichkeit dieses Vorgebens zu zweifeln, so Hess ich in eine grosse Geschwulstbeule kreuzweise Einschnitte machen, und wusch meine Hände mit dem aufgefangenen Blute, welches ich darauf ganz vertrocknen liess. Ich wühlte auch bei Untersuchung der umgefallenen in den Einge­weiden genug herum. Dennoch erfuhr ich nicht die geringste Unpässlich-keitquot;**). — Auch in der Mark Brandenburg im Havelläiidischen
deg;)Adami Viehae uclien in den k, k. Erb lü n d e rn. p. 105, ,,) Ad ami a. a. 0. p, 70.
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Kreise herrschte der Milzhrand in diesem Jahre*), und eben so in Kur-sachscnquot;).— Eben so muss er in Litthauen geherrscht haben, da nach folgender Nachricht vom 19. August um Wilna offenbar die schwarze Blatter häufig unter dcu Menschen vorkam: „In einem Pfanbezirke delaquo; Kirchsprengeis von Wilna, auf dem Lande, halte eine epidemische Krank­heit Ton ganz besonderer Art gewaltig überhand genommen, und bereits vielen Schaden angerichtet. Sie fing mit einer kleinen Blatter, gemeinig­lich am linken Arme an, aus dieser Blatter oder Blase ward bald ein schwar­zer Fleck, und es entstand eine Geschwulst, welche sich durch die ganze Gegend der Brust ausbreitete. Meistens erfolgte in 24 Stunden der Tod. Durch die Bemühung eines Arztes, welchen der Fürstbischof Massalki auf die vom Pfarrer deshalb erhaltene Nachricht hinsendete, gelang es aber die Kranken herzustellen, und nicht nur das Bisthura Wilna, sondern auch das ganze Land durch Vertilgung eines ansteckenden Uebels, wovon sie so stark bedroht waren, in Sicherheit zu setzenquot;*^*).
1777. In diesem Jahre herrschte eine Milzbrandbräunc unter den Pferden eines Regiments in Fossano bei Turin, die zu den vollständigst und best beschriebenen Epizootien dieser Krankheitsform gehört ****).
1778 kam der Milzbrand zu Limoges in Frankreich vorf). Dagegen herrschte auf dem Thüringer Walde weit verbreitet eine Beulenseuche unter den Ochsen, Hirschen und Rehen, so dass mehrere hundert Stücke Wild todt gefunden wurden. Glaser selbst beobachtete sie nur im Hen-uebergischen Antheile um Suhl, aber sie kam eben so im Weimarischen um Ilmenau, im Gothaischcn um Zella, im Hessischen um Schmalkalden vor, und scheint überhaupt sehr weit verbreitet gewesen zu sein. Sie bestand übrigens in den gewöhnlichen Sommermonaten, Juli, August, September. Menschen, besonders Schweine, aber auch Füchse und Raubvögel wurden iiilicirt und starben. Dagegen wurden freilich auch viele Menschen, die sich der Infection aussetzten, nicht angestecktf-}quot;)'. — Auch an der Havel im Brandenburgischen kam der Milzbrand vor ff f). Eben so in Ost-preussen nach Metzger.
raquo;) S. Heim N. 98. **) Ausführlich von Rumpelt beschrieben. Ad ami a. a. 0. p. 84. 0quot;) Adami a. a. 0. p. 82.
•**raquo;} G. Brugnone,8toria della squinanzia cancrenosa etc. To­rino 1777. 12. t) Gazette d'Agricult. 1778. N. 68. tf) J. F. Glaser, von der tödtlichen Knotenkrankheit etc.
Leipz. 1780. fft) Heim N. !gt;!gt;. — In Obtpr.: Metzger, gerichtl, in e d. Beob. II. S. 153.
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1779.nbsp; nbsp; Beulenseuche an der JS i b i r i s c h e n Grenze, die Ton den wilden Dschiggetais ausgegangen, sich auf Pferde und Hornvieh verbreitet haben soll').
1780.nbsp; nbsp; Nasses Frühjahr, sehr heisser Sommer, besonders im Süden. Ausbrüche des Vesuv und des Aetna. — In Frankreich war der Milzbrand in diesem Jahre weit verbreitet: SoimNivernois und Berry als in­nerer Milzbrand der Rinder, in der Champagne bei Pferden, Eseln, Rindern, im Gätinais bei Pferden und Rindern, in der Franche Comte, Bauphine**) u. s.w. Die sogenannte Maladie rouge der Schafe war fast über ganz Frankreich verbreitet.
Am merkwürdigsten verhält sich hier wieder der Zungenanthrax, der wieder aus seinem gewöhnlichen Geburtslande ausgeht, sich aber nicht so weit wie gewöhnlich ausbreitet: „Diese Epizootic ergriff alle grössern Hausthiere ohne Unterschied; sie breitete sich allmählig und regelmässig ans, sie hat sich am Ende des Monats April in der Provinz V ö 1 a i (Auvergne) entwickelt; im Monat Mai war sie im Forez, im Juni im L y o n n a i s bis vor die Thore der Stadt in den Umgebungen der Vor­stadt Guillotiere. Um diese Zeit überschritt die Krankheit die Rhone, und breitete sich in der D a n p h i n e aus; dann ging sie längs der Ufer der Säone hinauf, in die B r e s s e, das Beaujolais und das benachbarte B u g e y. Ursachen waren die Nebel und T h a u e, welche die Wiesen bedeckten, auf denen die Thiere weideten; alle in den Ställen mit trocke­nem Futter genährten Thiere blieben frei. Die Symptome bestanden in gangränösen Geschwüren der Zunge, einer harten, festen Geschwulst; diese Geschwulst wurde zuweilen durch das Erscheinen einer Blase angekündigt, mit schlechtem Eiter, einer mehr oder weniger zersetzten und scharfen Flüssigkeitquot; w).
Auch im Mantuanischcn kam in diesem Frühjahre der Zun­genanthrax vor****): „Diese Krankheit bestand in einer carbunkulösen Geschwulst, welche sich auf der Zunge erhob, und in kurzer Zeit reissende Fortschritte machte; diese sehr ansteckende Geschwulst bildete auf der Stelle Geschwüre, welche sich mehr auf der Fläche als in die Tiefe der Zunge ausbreiteten, und bis in den Rachen fortsetzten; dann schwoll die Zunge bis zum Doppelten ihrer gewöhnlichen Grosse an, sie verbreitete einen sehr Übeln Geruch, eine saniöse, fauligte und sehr scharfe Flüssigkeit floss aus
•) S. N. 52.
*•) Chabert, Instructions Voll. p. 191. 194. 196. 202. 368 etc. lt;quot;quot;) Chabert, Instructions Vol. I. p.379. Früher p. 204 wird aber das
Jahr 1781 angegeben, für dieselbe Epizootic? ••••) Ob vielleicht aus der Dauphin6 nach Italien verbreitet ^ Heuilnicr, Mllibruid,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;9
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dem ganzen Maule heraus; das Thicr war sehr traurig, niedergeschlagen und verabscheute Futter und Getränk; um diese Zeit war die Krankheit an­steckender, und theilte sich mit der grössten Schnelligkeit durch die leich­teste Berührung mit; der geringste Aufschub der Hülfe zog unabwendbar den Verlust des Thiers nach sich. In denen, welche an der Krankheit ge­storben waren, fand man die Zunge ganz brandig, eben so verhielt sich der Gaumen, die Schleimhaut des Kehlkopfs und der Luftröhre, die Lungen waren von schwarzem und zersetztem Blut vollgepfropft Die Ursache suchte man in den Witterangsverhältnissen, vorzüglich aber in verdorbenen Futter­stoffen *).
Auch Gänse, Puten und Hühner litten in diesem Jahre in Frank­reich am Milzbrand.
In mehreren Gegenden Frankreichs kamen Milzbrandausbrüche auch noch in den ersten Monaten des Jahres 1781 vor, z. B. bei Cavallerie-Regimen­tern**). Wahrscheinlich Folge von befallenem Futter. — Auch in der Schweiz 1781 und 1782.
1782. In diesem Jahre scheint die Beulenseuche in Sibirien furchtbar gehaust zu haben. Renovanz schreibt vom 28. Juli an Pallas: „Ungeachtet der fast täglichen und starken Gewitter dieses Jahres haben wir doch wieder eine fürchterliche Seuche, vom 9. Juni bis 25. Juli sind von unsrem Stadtvieh 449 Pferde und 59 Kühe gefallen. Manche Pferde genesen, wenn sie sogleich in der ersten halben Stunde gestochen oder die Beulen ausgeschnitten werden; bei manchen aber zeigen sich selbige nur wenig, verlieren sich sogleich und der Tod rafft sie in wenigen Minuten hinweg. Widergewöhnlich häufig werden heuer auch viele Menschen von der Seuche ergriffen. Der hiesige Stabschirurgns Kiesling Hess mich heute ins Hospital nöthigen, um drei besondere Patienten dieser Art zu sehen. Bei einem dieser Patienten ist die Beule mitten auf dem Rücken entstanden; die beiden andern haben sie im Gesicht, sind schon ganz verschwollen und ist wohl keine Hoffnung zu ihrem Aufkommen. Die Frau Majorin P o p o f hatte dergleichen an zwei Stellen, die eine mitten auf dem Rücken. Zwei Offiziersfrauen in der Nachbarschaft sind schon Terschiedenemal damit befallen, ohnerachtet sie niemals ausgehen. Von den Dorfschaften gehen auch betrübte Nachrichten ein, auf Schadrina, 25 Werste von hier fielen in etlichen Tagen 80 Pferde. Es sind hier (in Barnaul) an die 50 Menschen davon befallen worden, aber nur zwei im Hospital und einer zu Hanse gestorbenquot;'quot;).
•) Volpi et Fcrdenzi, Chaberl, Instruct. Vol. I. p. 212. quot;) Daselbst. *'•) Renovanz: Pallas, N. N, Bcitr. B. IV. p. 397.
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1783. Im Winter und Frühjahr die bekannten Ungeheuern Erdbeben und vulkanischen Ausbrüche in Island, in Calabrien und am Vesuv. Der Sommer sehr schwül. In Frankreich kam der Milzbrand im August vor.— In Holland, und zwar in Friesland war er sehr häufig im September*).— In Deutschland kam er sehr häufig bei Aschaffenburg, auch um Wetzlar vor**). Auch in Ostprenssen nach Metzger. Sehr verderblich herrschte er unter den Pferden zuFossano bei Turin***). Hunde, Schweine und Menschen starben angesteckt von ihm.
Am bemerkenswerthesten ist aber in diesem Jahre eine Epizootie von Milzbrandbräune auf der Insel Grenada, gleichzeitig mit der Angina maligna der Menschen, und so oft man solches auch vermuthet hat, so ist dieses doch der einzige Fall, wo der Ursprung der letzteren aus der ersteren so gut wie bewiesen ist. Ich gebe folgenden Auszug aus der weit-fötuftigen Abhandlung von € his holm: „Im Jahr 1783 fand auf der Westindischen Insel Grenada eine sehr merkwürdige Gleichzeitigkeit zweier Krankheiten statt: Am Ende dieses Jahres erschien in verschiedenen Ge­genden dieser Insel, und zwar zum erstenmal, wie ich glaube, auch von den ältesten Bewohnern auf irgend einer der Westindischen Inseln Beob­achtet, die Angina maligna; die Symptome dieser Krankheit waren äusserst heftig, und ihr rascher Verlauf zum tödtlichen Ende sehr er­schreckend. Allein der Umstand, welcher diese Krankheit so höchst merk­würdig machte, war ihre Gleichzeitigkeit mit einer ansteckenden Seuche von sehr ungewöhnlicher Natur, die unter dem Rindvieh undquot; den Maul-l h i e r c n derselben Gegenden der Insel epidemisch war, in denen die An­gina maligna herrschte. Beide Krankheiten waren neu und unbekannt, beide gleichzeitig, so dass es schwer zu entscheiden war, ob beide von einer ge­meinschaftlichen Ursache herrührten, oder aber ob die Angina maligna die Folge eines auf die Menschen übertragenen Contagiums war, welches we­sentlich zunächst in dem Rindvieh und in den Mauleseln sich entwickelte. Diese Thiere anscheinend vollkommen gesund, fielen, während des Fressens, auf den Weiden todt nieder. Die Krankheit war so bösartig und nahm einen so raschen Verlauf, dass man selten andre Symptome, oder überhaupt irgend ein Symptom wahrnehmen konnte: zuweilen waren die Thiere wenige Mi­nuten vor dem Tode schwach, legten sich nieder und frassen nicht. Zu­weilen bildeten die geschwollenen Kehlgangsdrüsen eine grössere Geschwulst,
*) Camper, von den Krankh. die Menschen und Thiereu ge­mein sind. p. 23. *quot;)ncld, Anweisung das Rindvieh zu behandeln. 1783. ~-Höpfner: B al dinger Mag. B. VIII S. 503. •••) Brugnone: Chabcrt, Instruct. VoLVI. p.227.
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die man wohl einige Tage vor dem Tode Trahrnehmen konnte, allein obgleich diese Geschwulst zuweilen suppurirte, und das Eiter auch ausgeleert wurde, so war sie doch niemals kritisch. Bei der Section fand man den ganzen Verlauf der Luftröhre und des Oesophagus, den Magen und den grössern Theil der Därme in einem entzündeten oder gangränösen Zustande. Ver­schiedene Curmethoden wurden versucht, aher, wenige Fälle ausgenommen,
immer ohne Erfolg..... Auf denjenigen Plantagen, wo man die Sorgfalt
hatte, die A es er zu verbrennen, kamen keine weiteren Folgen vor; allein leider waren dieser Fälle wenige, auf den Plantagen, wo diese Vorsiehts-maassregeln nicht angewendet wurden, und in der That kann man sich wundern, dass sie auf irgend einer angewendet worden sind, da die Krank­heit neu war, ihre Folgen unbekannt, da wurde das Fleisch der gefallenen Rinder ausgegraben und von den Negern gegessen, und bewies sich furcht­bar giftig, indem es Pestcarbunkel mit bösartigem Fieber erzeugte. Es fehlte nicht an verabscheuungswürdigen Beispielen ^ dass das Fleisch der kranken Rinder verkauft wurde, und in diesen Fällen zeigte sich das Gift so heftig, dass selbst die Berührung des Fleisches mit dem Finger dieselben tödtlichen Folgen hatte. ... Es ist eine sehr wichtige Thatsache, dass die Angina maligna kurze Zeit nach der Viehseuche ver­schwand. Mein Freund, der Dr. John Stewart, der die beste Gele­genheit hatte, beide Krankheiten zu beobachten, denn sie kamen besonders in seiner Praxis vor, schreibt mir: Ich ging im Anfange des Jahres 1774 nach Grenada, sah oder hörte aber von keinem Falle von Angina maligna auf dieser Insel, bis zu Ende des Jahres 1783, auch erschien sie nach dem Jahre 1786 nicht wieder bis zu meinem endlichen Abgange von derselben im Jahr 1797. Die Viehseuche, erklärte ich oben, ist eine sehr seltene Krankheit in den Tropen: Ein Mann, der Jamaica lange bewohnte und be­trächtliche Rinderheerden besass, hat mich versichert, dass seines Wissens nichts der Art dort vorgekommen sei, gewiss ist, dass weder Brown noch Ling ihrer in ihren schätzenswerthen Schriften erwähnen; so viel ich in Erfahrung habe bringen können, ist sie nur in Barbadoes vorgekommen, und dort scheint sie unter denselben schreckenden Symptomen erschienen zu sein, dieselben Verheerungen unter den Rinderheerden bewirkt, und in vie­len Fällen ähnliche Wirkungen auf die Menschen geäussert zu haben, wie wir sie in Grenada beobachtet haben. Der gelehrte Historiograph von Bar­badoes, Herr Hughes, sagt nichts über den Ursprung dieser Krankheit auf dieser Insel, beschreibt sie aber so: Unter den Seuchen, welche das Rindvieh befallen, ist eine von sehr, contagiöser und pestilcntieller Art, denn ein Thicr kann nach seinem munteren Fressen und nach seinem übrigen Aussehen gesund sein, und in wenigen Stunden, ohne vorgängige Symptome von Kranksein, niederstürzen und sterben. Diese werden von den klügsten Pflanzern auf der Stelle verbrannt, und oft werden Wachen angestellt um
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tu rerhindern, dass die neu gekauften Neger und andre ron der ärmeren Classe nicht die Aeser ausgraben und sie essen; denn wenn dies geschieht, so kostet es ihnen in der Regel das Leben, besonders wenn sie die Leber essen oder Theile von den Eingeweiden; in diesem Falle bricht die Krank­heit in Gestalt von Pestbeulen aus, in der Nähe der Achselhöhlen oder der Schläfen. Er fügt hinzu: Ich habe ein sehr auffallendes Beispiel von ihrer Giftigkeit gesehen, ein Negferweib trug auf ihrem Kopfe, in einem Basl-korbe ein Stück von diesem Fleische, welches eben abgeschnitten war von dem Aase eines kranken Thicres, einige wenige Tropfen fielen durch den Korb auf ihre Brust; in wenigen Stunden war sie über und über geschwol­len , und konnte kein Glied rühren, und nach ungefähr zwei Tagen erschie­nen brandige Geschwüre an jedem Thcilc, auf den ein Tropfen fiel, und obgleich schnell Mittel angewendet wurden, so doch wenigstens die ganze
Brust mit den benachbarten Theilcn, bis auf die Knochen verloren.....
Eine ähnliche tödtliche Seuche herrschte in einigen Distrikten von Barhadoes im Jahr 1795. In dem Monate April 1796 machte ich eine Reise durch die Insel, und erhielt auf der Plantage Apeshill, bei Hole'slown folgende merkwürdige Nachricht von meinem Wirthe Herrn Cummins, einem sehr intelligenten und achtbaren Pflanzer: Die Krankheit war verheerend epide­misch auf dieser Plantage nnd raffte 50 Häupter Rindvieh weg, so wie auch die Anzahl der Neger, welche in Folge des Essens vom Fleische kranker Thiere starben, bedeutend war. Die Beschreibung, welche Herr Cummins Ton der Krankheit gab, bewies ihre Identität mit der, welche 1783 — 84 in Grenada herrschte, er konnte aber keine Ursache derselben angehen. In seiner eigenen Familie kam ein sehr auffallendes Beispiel der ausserordent-lichen Bösartigkeit und Verbreitung des Gifts dieser Krankheil vor: Eins seiner Kinder, ein Mädchen von 3 Jahren, trank eines Morgens, während des Herrschens der Epidemie, zu ihrem Frühstück eine so grosse Portion Milch, dass sie ihren Geschwistern nur wenig übrig Hess; diese Milch war unglücklicher Weise von einer Kuh genommen, die an der Krankheit litt: Nach Verlauf von 4 Tagen wurde das Kind mit allen gewöhnlichen Sympto­men der Pest befallen, den bösen Karbunkeln, welche man an den Negern beobachtet hatte, die von dem Fleische der kranken Thiere gegessen hatten. Sie wurde mit der grössten Mühe gerettet, aber die tiefe Narbe, welche der Karbunkel auf ihrem Arme gelassen hatte, war noch zugegenquot;*).
Auch auf den Inseln Bourbon und Isle de France herrschten
#9632;) C bis holm, on lues bovina intertropica. Edinb. me d. a surg, Journ. Vol. VI, p. 82.
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in diesem vie in einigen späteren Jahren Epizoolien unter den Rinderheerden *), welche milzbrandartig zu sein scheinen.
1784 bis 1787 herrschte in Italien, Frankreich und Deutschland laquo;ine Krankheit der Thiere, die unter dem Namen Glossanthrax oder Zungenkrebs beschrieben wird; an vielen Orten war es einfache Maulseuche, an den mehrsten bösartige oder brandige Maulseuche, aber an manchen ist der Zungen anthrax nicht zu verkennen; möglich, dass die herrschende Maul­seuche besonders im Sommer 1786 erst Milzbrandnatur annahm, ich vermag indessen keinen bestimmten Zusammenhang nachzuweisen**). Zugleich Ery­sipelas unter den Menschen.
178G waren Milzbrandkrankheiten offenbar sehr allgemein und weit ver­breitet. In Frankreich kam er sehr häufig auf seinem gewöhnlichen Heerde vor in der Auve rgne***). Sehr allgemein herrschte er um Montauban in der Provinz Qucrcy. Er erschien hier vorzüglich als Beulenseuche unter den Rinderheerden, die Karbunkel entwickelten sich besonders am Kopfe. Mehrere Maulthiere erkrankten auch; Menschen wurden inficirt; Hühner star­ben alsbald, nachdem sie Sandkörnchen verschluckt hatten, die mit dem Blute kranker Thiere bespritzt waren, eben so starben Hunde, die von dem Fleische gefressen hatten, Kälber wurden von ihren Müttern angesteckt. Als allgemeine Ursachen nennt Desplas: Die Trockenheit im Frühjahre dieses Jahrs verzögerte und verminderte die Vegetation, so dass die Four-rage selten war; die dicken und stinkenden Nebel, welche im Mai, Juni und Juli erschienen, machten sie ungesund; die Thiere soffen stinkendes Wasser aus Lachen. Den Ursprung und die Verbreitung der Seuche beschreibt Desplas folgendermassen: „Diese Krankheit befiel zuerst die Rinder der Stadt Negrcpelisse, bald darauf pflanzte sie sich nach der Seite des Ge-birgs fort, in die Gemeinden von Revel, Veissac und Choustrac, weniger häufig zeigte sie sich in den Gemeinden Mont-Recourt, Saint-Laurent, Saint-Mafre; in sehr kurzer Zeit nahm sie einen Umkreis von 10 bis 13Lieueg ein^ das zur Gemeinde Revel gehörige Dorf Esprivac schien den Mittelpunkt der inficirten Orte abzugeben. Glücklich beendigt in den eben genannten Orten wendete sich die Seuche auf das andre Ufer des Flusses, 7 bis SLieues nach Westen, in die Gemeinde Carbes, dann nach Saint-Faul de Mazere,
*) (Beauvais) M6m. sur leg maladies laquo;pizoot. des bdtes ä comes des isles de France et de Bourbon. A I'isle de France. 1783. 4.
••) H e u s i n g e r a. a. O. p 266 Um Aschaffenburg herrschte der Zungen­krebs der Rinder gleichzeitig mit Milzbrand der Schweine. Höpfner: Baldinger N. Mag. VIH. p.510. quot;•) Petit: Chabert etc. Instructions. Vol. II. p. 265. 279.
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Saint-Hubert, Lunel, Martissau, Saint-Amaud und eine Menge Ton diesen abhängende Orte. Sie dauerte -während des Honats Juli*). — In Italien kam der Milzbrand um Padua vor (s. Penada), dagegen scheint in meh­reren Gegenden, namentlich im Kirchenstaate, wahrer Zungenanthrax epidemisch geherrscht zu haben**)- — So hat wohl auch der wahre Zun-genaulhrax in diesem Jahre in Schwaben, Franken und Baiern ge­herrscht***). Eben so beschreibt die Lippische Verordnung Ton diesem Jahre offenbar den eigentlichen Zungenanthrax: „Bei einem Stück Vieh, wo die Blatter unter der Zunge aufbrechen will, wird man Anfangs etwas Rölhe am Zungenband bemerken, und in Zeit yon sechs Stunden schon ein Hartwerden des Zungenbandes fühlen können; bei einigen Stücken Vieh wird sich entweder sogleich, oder bald nachher auf dieser harten Stelle eine kleine Blatter von der Grössc einer Linse zeigen, bei andern hingegen nur ein gelbbrauner Fleck; hierauf und schon binnen C oder 8 Stunden finde man ein Loch unter der Zunge, insgemein von zwei Zoll im Durchschnitt, das bei einigen Stücken Vieh wohl drei bis vier Zoll tief längs der Zunge hinauf eingefressen hat; diese Wundenhöhle sieht inwendig wie gelbgräuli­cher Fries, oder mit gelbgrauen kurzen Haaren besetzt aus, und stinkt äus-serst übel; die Zunge fängt dem Viehe alsdann an zu schwellen, es fliesst ihm ein zäher Schleim aus dem Maule heraus, und bei schlimmeren Fällen bekömmt das Vieh eine starke Geschwulst unter der Kinnladequot; ***#9830;). Da­durch wird es denn wahrscheinlich, dass auch in Nassau dieselbe Krank­heit geherrscht hat, denn die Beschreibung würde sonst in Zweifel lassen f).— Im Hannöver'schen, namentlich in den Fürstenthümern Göttingen und Grubenhagen herrschte in diesem Sommer der Milzbrandrothlauf so unter den Schweinen, dass an manchen Orten Va, an andern selbst % fie­len ff).— In Siebenbürgen herrschte ebenfalls der Milzbrand allge­mein, eben so in Schonen die Beulenseuche unter Rindvieh, Pferden und Schweinen. „Im Anfang des Julius 1786 äusserte sich auf dem Gute Björnstorp in Schonen eine ziemlich heftige Krankheit, welche Schweine,
*) 1) es p I as: Cbabert Instructionlaquo; Vol.11, p. 283. •*) S. P. Orlandi, Sulla vera origine del cancro volante, ehe produsse grave mortalita de'buoi nello state pontificio. Roma 1787. — G. Fantini, sulla epidemia contagiosa in-sorta nelPiceno. Jesi 1787.4. — L. Petrini, dell' epi-zoozia bovina del 1786. Loreto 1786. •••) Will, über den jetzt herrschenden Zungenkrebs. Miin-eben 178C ••••) Beiträge z. T b i c r h e i l k. B. IV. p. 133.
t) Franquc, Scucben im Herzogth. Nassau, p. 122, ft) Hannoversch. Magaz. 1786. p.1207.
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Pferde und Rindvieh anfiel, am meisten das letzte und besonders Ochsen. Mitten im August selbigen Jahres hörte sie yöllig auf, hatte aber in dieser kurzen Zeit viel Vieh getödtet. Sie vüthete nur innerhalb eines kleinen Bezirks, ausser genanntem Gute nur in venigen Dörfern. Die Orte, wo man sie bemerkte, hatten alle niedrig gelegene Weiden und Wiesen, zu­gleich kleine Waldungen, oder lagen nahe an Waldungenquot;*). Die Beschrei­bung bietet nichts Neues dar, Ursachen wurden nicht aufgefunden, die Krankheit war dort ungewöhnlich**).
1788. Ebenfalls unter der Form des Lungenbrandes herrschte der Milzbrand in Schlesien, was Kau seh***) zu der exclusiven und irrigen Ansicht rcranlasste, den Milzbrand überhaupt als Lungenbrand oder Lungen­lähmung zu betrachten. Er begann den 26. Juni nach grosser Hitze in einem Orte und hatte sich bis zum 2 4. Juli in 12 Dörfer verbreitet, und •wie gewöhnlich die stärksten Thiere hingerafft. — Ebenfalls im Monat Juli d. J. „brach in den baier'schen Pfleggerichten Pfaffenhofen, Neu­stadt, Yohburg, Krandsberg, und in mehr denn 30 Dörfern und Höfen, nach einer vierwöchigen grossen Hitze und Dürre eine pestartige Seuche aus. Das Dahinfallen dieser Thiere geschah so plötzlich, dass schon 247 Pferde, 389 Stück Hornvieh und 201 Schweine zu Grunde gegangen waren, ehe Hülfe ankamquot;****). Nach Plank fielen in der Donaugegend über 1000 Stück Vieh am Milzbrand7). — In dem Monat August beobachtete Gervy den Milzbrand zu Villeneuve - les - cerfs (Bourgogne), vielleicht war die brandige Lungenentzündung, die derselbe Arzt schon Ende Mai in dieser Gegend beobachtete, nichts andres ff).
1789 fehlte der dort enzootische Milzbrand nicht in der Au v er gnefft), wo er aber jedes Jahr vorkömmt.
1790. In diesem Jahre waren nach Bechstein (Forstbotanik I. p. 149) alle Kleearten mit Mehlthau bedeckt. Der Milzbrand war in Baiern, besonders in der Gegend von Straubing, sehr häufig unter Pferden, Rindern und Schweines, und veranlasste die Schriften von Will, Bouwing-
*) Flo rinann: Neue Seh wed. Abhandl. B. VIII. p. 209. **) Der angebliche Lungenbrand, der im April 1787, nach einem gefal­lenen Mehlthau, in dem Baier'schen Flecken Aindling 145 Stück Horn­vieh schnell wegraffte (La üben der 1. p. 133) war wohl auch nichts als Milzbrand mit vorzugsweiser Affection der Lunten. quot;•) Originalbemerkungen etc. N. 77. •quot;•) Laubender B. I. p. 134.
t) Veterinärtopographie von Baiern. p. 141. tt) Instructions Vol. IV. p. 251. 256. ttt) Instructions Vol.II. p.280.
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hausen, Niederhueber*). Vorzüglich erschien er als Beulenseuche. Auch in Schwaben und Schlesien war er häufig. Eben sowohl im Hannörer'sehen um Göttingen**), wo er Menschen inficirte. — In demselben Sommer kam er in sehr verschiedenen Gegenden des südlichen und nördlichen Frankreichs unter Pferden, Rindern, Schweinen und Gänsen epizootisch vor***).
1793. Nach einem kalten Frühjahre und späten Frösten, im Juli plötz­lich einer der heissesten, trockensten und besonders schwülsten Sommer des Jahrhunderts. Ein Hauptmilzbrandjahr. (In America wüthete das gelbe Fieber, in Europa Ruhren unter den Älenschcn). Von Frankreich sagt Gilbert: „Die ausserordentlich plötzliche Hitze im Sommer 1793 ent­wickelte die Keime der Verderbniss, zu welcher das feuchte, moderige, ver­schimmelte Futter von 1792 den Grund gelegt halte. Mit dem Eintritte der ersten Hitze sah man auch Karbunkelkrankheiten in den Departements der Nievre, des Ober- und Niederrheins, der Vienne, des Indre und in vielen mittäglichen Departements eintreten. Der Bürger Go dine, welcher diese Krankheit in den Districten von Belac und St. Innien (Marche) mit vielem Glück behandelte, bemerkt, dass die Thiere, welche diese Krankheit zuerst befiel, und welche fast alle fielen, den ganzen Winter über mit schleimigen, moderigen, kurz mit dem schlechtesten Futter genährt worden waren. Eben dieses bestätigt der Bürger L a c r o i x, Thierarzt zu Poitiers. Ich selbst habe hundertmal Gelegenheit gehabt, die nämliche Beobachtung in dem Di-stricte von Argenton, Departement des Indre, wo ich diese Seuche zu be­handeln bekam, anzustellen. Sie wüthete daselbst fürchterlich, befiel alle Thiere ohne Unterschied, raffte immer das neunzehnte oder zwanzigste Stück, von denen die erkrankten, hinweg und wurde daselbst den Men­schen durch den Stich solcher Insecten, die Blut aus den Aesern gesaugt hatten, mitgetheiltquot;**#9830;*). — Laubender schreibt aus B a i e r n: „Im Jahre 1793 brach in dem Monate Juli in den Landstädten und Marktflecken Weilheim, Murnau, Polling, Wesselbrunn, Diessen, Heil-, Berg- und Bernried, nach einer 5 Wochen angedauerten drückenden Hitze und grossen Trockne, vermöge welcher nicht allein die Weideplätze und die dort und da von den Klöstern gebauten künstlichen Futterkräuter verbrannt wurden, sondern in gar vielen Dörfern das zur Tränkung des Viehs benöthigte Wasser versiegte, eine so schnell tödtende Pferde - und Viehseuche (Milzbrand genannt) aus, dass beide Thiergattungen,
•) S. N.84—87.
**) 0 s ian d e r: Schweiz. Museum d. H eilk, B. II. p. 19. •••) Instructions Voll. p. 402 etc. quot;quot;) Gilbert, Karfunkelkrankheiten, p. 25.
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sie mochten im SlaHe oder auf der Weide sick nähren, ekenuiäsig, bald im Stalle, oder auf der Weide, bald vom Pfluge oder Tom Wagen, ohne die ge­ringsten vorläufigen Krankheitsspuren bemerkt zu haben, plötzlich todt zur Erde hinfielen. Weilheim allein verlor in dieser Seuche an 300 Stück Rindvieh und Pferde. Im Oktober und November, wo dieselbe zu Ende ging, verfielen noch viele krank gewesene Thiere in eine tödtliche Lungenkrankheit *).quot;
1794.nbsp; nbsp; nbsp;Auch in diesem Sommer kam der Milzbrand epizootisch in Baiern vor **). Auch in der S c h w e i z.
1795.nbsp; nbsp; nbsp;Dass in diesem Jahre der Milzbrand sehr bösartig in Barbados herrschte, ist bereits oben angeführt worden.
In Baiern kam er im Isar, Oberdonau und Regenkreise vor**'). Eben so kam er um Gross-Bottvar vor ****). Auch um Hanau.
1796nbsp; herrschte der Milzbrand in Frankreich im Depart, der Nie-der-Alpen, und es wurden eine Anzahl Menschen angesteckt mit schwar­zen Blattern t).
In Italien kam er um Recoaro vor ff); angeblich aus Tyrol einge­schleppt; schlechte Weiden sollen ihn veranlagst haben. Auch in Baiern fehlte er nicht.
1797nbsp; war der Milzbrand wieder in vielen Ländern. Walz beobachtete ihn in Würtenberg, wo viele Menschen inficirt wurden und starben fff). In Baiern starben an ihm Hausthiere alier Art in bedeutender Anzahl- er Hess erst im Herbste nach f f f f). Wahrscheinlich kam dort auch (nach der Beschreibung von Will) die Milzbrandbräune der Pferde vor.
1798nbsp; nbsp;war eins der schlimmsten Milzbrandjahre in Russland, wie so wohl Kern, als Uden berichten, der letztere sagt: „Aus den, im Medizi­nischen Collegium enthaltenen, Rapporten erhellt, dass im Sommer 1798 diese Krankheit in den Gouvernements St. Petersburg, Finnland, Eslh-, Lief-Curland, Litlhauen, Minsk, Weissreussen, Pleskow, Nowgorod, Twer, Wologda, Tula, Kaluga, Orlow, Kursk, Tambow, Neureussen, Woronesch, Räsan, Ast-rakan, Tobolsk, Simbirsk, Jaroslaw, Wladimir, Kostroma, Perm, Nischnegorod,
•) Laubender, Seuchen. B. I. p. 163. _ In Ostpreussen soll er unter dem Wildpret geherrscht haben. M e t z g e r p. 38. •*) Laubender a. a. 0. p. 164. #9830;,HS) Plank a. a 0. p. 141. •*quot;) Walz, Rinderpest, p. 200. t) S Bayle N. 10laquo;.
ff) fiottauiEpizooziesez VIl. p. 11gt;4. ftf) Walz, Kinderpest p, 88. titt) Flank p. 141.
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WäÜca, Ardunlsk, laquo;nd Skbado-Ukrainsk wüthete •).quot; — Matthyg Be-obachtangen in Polen beziehen sich irohl auch auf dieses Jahrlaquo;)-
1801 herrschte der Milzbrand im Departement der Dordoffnew) 1802. In diesem Jahre kam der Milzbrand in Frankreich in der Gegend von Etampes vor Häufig war er auf den Baierschen Alpen: „Die Seuche herrschte blos auf den Alpen, und zwar auf solchen, wo viel sumpfiger Bo­den war, in Thälern und auf trockenen Alpen kam sie nicht zum Vorschein. Ferner auf manchen Alpen bekamen die Kranken gar keine Beulen oder Ge­schwulste, auf andern aber alle ohne Ausnahme; fast alle Geschwülste fuh­ren an den Extremitäten auf. Durch einen Regen wurde die Seuche auf mehrere Tage unterdrückt, durch die darauf folgende Hitze aber wieder verschlimmert. Man fand zu dieser Zeit auch ein Wild todt im Walde­als man es öffnete zeigte sich der nämliche Fehler an der Milz, den man bei dem Hornvieh wahrnahm-quot;)quot; Auch in der Schweiz war er häufig im Rheusthalef)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ö
1803. In diesem Jahre herrschten heftige Milzbrandepizootien in vie­len Ländern. In Italien entwickelte sich in diesem Jahre eine Epizootie unter den S ch weine n, welche bis in das Jahr 1806 dauerte, das Vene-tianische, Modenesische nnd die Romagna verheerte; nach den Beschreibungen von Gandolfi und von Misleyff) wares Milzbrand­rothlauf, und zuweilen Rankkorn. Gandolfi giebt folgende Be-achreibung: „Die Zeichen des ersten Stadiums sind trauerndes Aussehen, Un­lust zum Fressen, Trägheit im Wühlen, so dass sie kaum die Erde aufheben, Zittern der Glieder, Trägheit und Schwere der Bewegungen, so dass sie sich schwer regieren können, Liebe zur Einsamkeit, Aufrichten der Borsten vom Scheitel bis zum Schwänze; zu diesen sogleich in die Augen fallenden Er­scheinungen kommen solche, die man bei genauerer Untersuchung erkennen wird, nämlich ihr Körper ist einem Wechsel von Frost und Hitze unterworfen der erstere überwiegt indessen fast beständig an den Ohren, besonders am Rüssel und an den Extremitäten, das Maul ist trocken, die Zunge blass und schmutzig, der Leib verstopft, der Puls ist seltener als im gesunden Zustande zuweilen härter, zuweilen sehr schwach. In diesem Zustande befindet sich
*) H a n p t p. 149. IM. ••) N. 107.
•*•) Annalelaquo; de l'Agricult. frane. Vol. XII. p. 69. '•*•) Laubeoder II. p. 111. t) Etwas über den gelben Knopf und dessen Heilart! St. Gallen. 1802. loh. Neff, Vorbauungsmittel gegen den Milzbrand der Pferde. Altstäfc
it) S. N. 132. a, undb.
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das Thier drei, vier auch fünf Tage, wo die Zunahme der genannten Symp­tome den üebergang in das zweite Stadium bezeichnet. — Die Thiere fres­sen nun gar nicht mehr, sie sind unempfindlich gegen Zurufen und gegen Schläge; ihr Gang ist wackelnd, und yerlassen selbst ihr Lager nicht mehr, und suchen sich im Stroh ihres Lagers zu verbergen j das Flankcnschlagen nimmt immer zu, der Puls ist klein, sehr häufig und unregelmässig; der ganze Körper erkaltet, und nur unter der Brust zeigt sich eine brennende Hitze; in diesem Zustande zeigen sie sich unruhig, fahren zusammen, erhe­ben sich, um bald wieder niederzufallen, es treten heftige Zuckungen ein, und bald erscheint ein erjsipelatöses Exanthem unter dem Bauche und unter der Brust, welches sich bis zur Kehle erstreckt, zuweilen über die Seilen des Halses und unter die Schultern, während sich bei andern Zungenanthrax zeigt. Die Zunge wird bald livid, der Blick starr, das Athmen keuchend, der Puls unfühlbar, und unter den heftigsten Convulsionen kündigt eine eisige Kälte den Tod an. — Zuweilen ist der Verlauf so rasch, dass der Tod schon 34 Stunden nach dem ersten Eintreten der Krankheit dem Leben ein Ende macht. — In den Cadavern sah das Fleisch wie gekocht aus, besonders war es erweicht an den Stellen, wo sich das Exanthem befand; der Magen war voll unverdauter Speisen die einen unerträglichen Gestank verbreiteten, hin und wieder zeigten sich missfarbige und gangränöse Flecken, oft war die innere Haut in der Nähe des Pylorus ganz brandig, eben so die innere Haut des Magenanhangs. Die dünnen Därme waren leer oder von Gas ausgedehnt, die dicken enthielten harte faeces, und in beiden erschienen häufige livide und gangränöse Flecken, die an vielen Stellen die ganze Substanz einnah­men. Die Leber war dunkelschwarz, oft auch der eine oder der andre Lap­pen livid und gangränös, die Gallenblase ausgedehnt von schwarzer Galle. Die Milz war gross und so weich, dass sie bei Anwendung der geringsten Gewalt in Stücken fiel. Das Herz enthielt eine Menge schwarzen Bluts. Die Lungen an einigen Stellen von Gangrän befallen von der auch der fleischige Theil des Zwerchfells nicht frei war*).quot;
Auch in Frankreich kam der Milzbrand an einigen Orten vor**).quot; In der Herrschaft Schellenberg in der Schweiz herrschte eine Milzbrandepizootie: „Auf starke Regengüsse, welche sich Ende Juni und be­sonders anfangs und bis zur Mitte des Juli ergossen, folgten in den nie-dern dem Rheine nahegelegenen Triften (dem gewöhnlichen Weideplatz der Pferde und des Hornviehs) starke Ueberschwemmungen, die auf dem Moor­grunde vielen Schlamm und stehendes Wasser zurückliessen. Eine grosse
') Gandolfi sulla Epizoozia de'Majali p. 8. *•) Gohier Mem sur l'ßpizootie de Tramois. Lyon 1804. — Texier lustr. sur la mal. des bestiaux dans l'arrondiss. de Tliouars et PartUenai. Niort. an XI,
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Hitze, die unmittelbar darauf folgte, entwickelte in dem stehenden Wasser eine stinkende sehr verdorbene Luft, welche bei der ungetrühnlichen Hitze und dem schlammigten Futter sehr geeignet waren, eine der Terderblichsten Seu­chen hervorzurufen. Anfangs befiel sie meistens Pferde und zwar nur die wohlgenährtesten, jüngsten und stärksten, und so schnell, dass sie oft noch mit Futter im Maul, ohne vorhergegangene Spur von Kranksein todt auf der Weide oder im Stalle gefunden wurden.'* (Die Sectionen boten die gewöhn­lichen Frscheinungen dar.) Durch die ganze Seuche beobachtete der Verf. nie, dass junge Thiere unter zwei Jahren weder Pferde noch Hornvieh er­krankten, auch keine Stuten welche noch ihre Füllen säugten. Im Gefolge dieser Krankheit bei den Thieren, brachen auch unter den Menschen die schwarzen Blattern aus; unter 6 vom Verf. speziell mitgetheilten Fällen woll­ten 2 durchaus in keine Berührung mit kranken Thieren gekommen sein *).
Im Würtenbergischen herrschte der Milzbrand unter den Pferden, unter dem Rindvieh, den Schweinen, Ziegen, und selbst unter dem Roth wilde**); besonders in Oberschwaben.
Auch in Polen muss die Krankheit häufig gewesen ssin, da Brencky um Warschau die schwarzen Blattern der Menschen so sehr häufig beob­achtete ***).
Wahrscheinlich auch in dieses Jahr fallen die Beobachtungen Schrauds über den Pokolvar in Ungarn.
Der Sommer war sehr heiss und trocken, im Frühjahr späte Nachtfröste.
1804. In diesem Jahre herrschte im April der Milzbrand heftig in der Mark Brandenburg in der Gegend von Köpenik und Ffirstenwalde, an der Spree****) — Derselbe herrschte in diesem Jahre nach Heuroth in Finnland f), und sehr allgemein in S ib irien ff).
1807. Vielleicht das allgemeinste und grösste Milzbrandjahr diese Jahr­hunderts.
Der Sommer war einer der heissesten, trocken und gewillerreich. — In Sibirien herrschte die Beulenseuche am allgemeinsten und heftigsten, wie sie später nie mehr vorkam f ff). — In Polen herrschte der Milzbrand unter
*) Schädler: Verhandl. d. Schweiz, ärztl. 6 e s ells eh. 1830. p. 71. **) H o facker L ebrb. der gew. Kränkelten des Pferds u, s.
w. p. 57. •••) N. 141. #9830;raquo;•*) Laubender II. p, 168. f) Haupt p. 149. ff) Haupt p. 152. ttt) Daaelbrt.
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Pferden, Rinderir, Schafen, die schwarze Blatter unter dlaquo;n Menschen, in meh­reren Kreisen des Herzogthums Warschau *). — Eben so in Freussen und Oesterreich, besonders in Tyrol**) — Aus Baiern schreibt Schwab (im Jahr 1832): „Wie oft auch die Milzseuche seit dem Jahre 1807 noch geherrscht hat, so erreichte sie doch seitdem weder die Ausbreitung, noch die Bösartigkeit wieder, wie in jenem Jahre. Im Isarkreise herrschte sie be­sonders in den Landgerichtsbezirken Erding, Freising, Landsberg, Moosburg, München, Schongan, Schwaben, Starnberg, Tölz, Weilheim, Werdenfels. Weit am stärksten verbreitet und auch am bösartigsten grassirte sie im Landge­richte Landsberg, wo sie am 17. Juni anfing, und hereits am 24. schon über 20 Ortschaften ergriffen hatte. Im Ganzen erreichte sie eine Dauer von 115 Tagen; am gefährlichsten war sieden Pferden, doch erlitt auch der Rind­viehsland bedeutende Verluste, Schweine und Schafe wurden dahin gerafft, und in den Wäldern fand man Hirsche, Rehe, Hasen, Füchse und Dachse, welche offenbar an der Seuche befallen warea. Der Verlust an Hausthieren in den obigen Bezirken wurde beiläufig auf mehr als 1300 Stück geschätzt. Insbesondere war die Krankheit auch den Menschen gefährlich; von dre issig krank gewordenen Personen starben fünfzehn.quot; Aus Landsberg schreibt man, dass 4 Katzen krepirten, welche vom Fleisch und Blut gefressen hatten, und 3 Schweine krepirten von dem Aase eines gefallenen Hirschen. Es kamen Fälle vor, wo von Fliegen gestochene Personen die schwarze Blatter im Gesicht bekamen. Ein Mädchen starb, welches vom Euter einer kranken Kuh gegessen hatte (dieses muss bekanntlich sehr stark gekocht werden) der Magen und die benachbar­ten Eingeweide waren brandig. Einige wussten von keiner Ansteckung ***). — In Baden wurde er z. B. von Tscheul in in Knielingen vom 10. Aug. bis 2. Oct. bei Pferden, Rindvieh und Schweinen beobachtet, über 200 Stück erkrankten****). —Um Frankfurt von Wöhler. — In Nassau kam er im August in Soden, Sossenheim, Weilbach, üsingen, Langenstain, Idstein, auch in Homburg vor-f). — Auch das Blutharnen welches im Juni und Au­gust im Friaul vorkam ff), gehört wohl hier her.
1808 kam der Milzbrand nach Heilbronn (N. 150) in Hol­land vor.
*) Eauscb: Hufeland Journal B. XXXIII. C. p. 68. etc. •deg;) L a u b e n d e r B. II. p. 275. 278.
quot;quot;) Schwab Beiträge p. 53. Auch im Ansbachischen kam er viel vor (Ammo n.) *quot;*) Tscheulin Mi Izbr an d p. 48. mit meteorologischen Tafeln, f) Franque Seuchen. Tab. V. ff) Bo ttani VIII. p. 331.
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1810. In diesem JaLre kam der Milzbrand ebenfalls in mehreren tän­dern epizootisch vor. In Italien kam er in P i e m o n t und in der Gegend vonLivorno ror, wo mehrere Menschen angesteckt wurden und starben').— In Frankreich kam in diesem Sommer eine Epizootic im Departement du Gers (Gasgogne) vor**). — Seiler beobachtete eine solche in mehreren Dörfern der Gegend Ton Wittenberg ***). — In B a i e r n kam er vorzüglich im Isarkreise in den Landgerichten Weilheim und Werdenfels vor, wo ihn Laubender ausführlich in Beziehung auf die Localitäten beschrieben hat. Schon im Mai zeigte er sich, aber im Juli wurde er epizootisch, tmd dauerte bis in den October. Die Sterblichkeit war bedeutend****). — Der Sommer war sehr troken, viele Flüsse und Tränken trockneten aus; die Hitze kam spät war aber gross; elektrische Erscheinungen sehr häufig; verrufenes In­sektenjahr, Heuschrecken und Engerlinge in Deutschland. — In Ostpreus-sen wurden während einer Epizootic mehrere Menschen iniieirtund starben f).
ISN. Dieses war wieder ein allgemeines Milzbrandjahr. In Sibirien kam er nach Haupt, wie freilich fast jedes Jahr, vor. — In Schlesien herrschte der Milzbrand verheerend: In mehreren Kreisen des Regierungs­bezirkes Liegnitz beobachtete ihn Beling, er dauerte von Juli 1811 bis Mai 1812; es war wie überall sehr heiss, und es war viel Mehlthau ge­fallen. In Beziehung auf die Erscheinung, dass der Milzbrand im Frühjahr von Neuem unter den Pferden ausbrach, bemerkt Beling: „Dass in Leschwitz im Frühjahr sich die Krankheit von neuem zeigte, war mir nicht auffallend. Ich habe schon oft die Bemerkung gemacht, dass in den Gehöften und Dörfern, wo im Herbst oder Sommer der Milzbrand bemerkt worden war, im Frühjahr darauf, ehe das Vieh ausgetrieben wurde, sehr häufig ein oder das andere Stück an dieser Krankheit darauf ging, ohne dass eine bedeutende Weiterverbreitung dieser Krankheit zu besorgen gewesen wäre. Ich habe dieselbe Bemerkung auch in einigen der übrigen Dörfer gemacht, wo im vorigen Sommer mehrere Stücke an dieser Krankheit gefallen warenquot; ff) etc. Auch in andern Gegenden Schlesiens richtete derselbe grosse Verwüstungen an und mehrere Menschen wurden inficirt und starben f f f ). Auch im M a g -
*) A. Miglia Nuova scienza v c teri n ar i ;t. Palermo. 1817,
p 12 9. ••) Ozanam Vol. IV. p. 317. quot;*) Seiler de lienis sphacelo. p. 11.
*quot;gt;*) La oben der. II. p. 337. p. 399. S. unten den dritten Abschnitt unter Baiern. f) Kasse! Hufelands Journal. B. XXXII. A. p. 120. j--;-) Beling: Kausch Memorabilien. B. I. p. 202. •Jlf) Lus Scharfrichter.
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deburgischen war er nach Lohmeyr (N. 155) verbreitet, und es wur­den Menschen inficirt. Eben so kam derselbe epizootisch verbreitet in der Umgegend von Hanau vor, wo ihn Kopp und Maurer beobachteten: „Im Sommer und Herbst 1811 (hauptsächlich im Juli, August und September, aber auch noch im October und November) äusserte sich bei der damaligen anhaltend heissen und trockenen Witterung der Milzbrand unter dem Rindvieh und den Schafen in mehreren Äemtern des Departements Hanau ziemlich häufig. Die Aemter Bergen und Bücherthal waren es vorzüglich, wo die Krankheit ausbrach; einige Orte wie Bergen, Rossdorf u. a. zählten viele kranke Stücke, andere Orte wenige, in manchen zeigte sich keine Spur der Krankheit. In Gelnhausen und im benachbarten Amte Steinheim erkrankte ebenfalls Vieh am Milzbrände .... An mehreren Orten wurden Hunde, Schweine und andere Thiere, die von dem aus der Ader eines am Milzbrande leidenden Thiers gelassenen Blute gefressen hatten, plötzlich krank; der Hals schwoll an und es entstanden Beulen. Während der Milzbrand das Rind­vieh und die Schafe befallen hatte, zeigte sich in der hiesigen Gegend die schwarze Blatter auf dem platten Lande (besonders in Bergen, Enkheim, Seckbach, Rumpenheim, Breungesheim, Bergersheim, Mühlhcim, Didesheim etc.) gleichsam epidemisch, zumal bei den Einwohnern der Ortschaften, wo der Milzbrand ausgebrochen warquot;*). — Auch im Grossherzoglhum Hessen und Herzogthum Nassau wird er erwähnt. In Baiern fehlte er nicht**). — In den Cantonen Waadtund Neuenburg soll der Zungenkrebs geherrscht haben*'*). Ob wahrer Zungenanthrax oder vielleicht nur Maul­seuche weiss ich freilich nicht. — Aus Frankreich sind in diesen Kriegs­jahren die Berichte sehr unvollständig.
1815. In diesem Jahre herrschte der Milzbrand unter dem Rindvieh im Kirchenstaate****). Zu gleicher Zeit herrschte eine Anthraxseuche unter den Tauben, welche Metaxa von verdorbenen (kranken?) und schimmeligten Mais vorzüglich ableitet f). In Andalusien kam Milzbrand­bräune der Thiere und schwarze Blatter des Menschen vor. (N. 186.)
•) Kopp: Jahrbuch der Staatsarzneikunde. B. V. p. 6 5. — Maurer das elbs t. B. VI. p. 430. ••) Flank V ete r i n ä r-To p o g r, p. 141. •••) Kopp Jahrb. B. V. p. 313. #9830;#9830;'•) Metaxa Epizoot. Vol. II. p. 297.
~) „Circa quest' epoca stessa vi fu in Roma qualche mortalita ne' piccioni specialmente giovani. Sorgcano della pingue lor cute de' tumoretti cistici, ehe dalla condizione di steatomi, ed ateromi degeneravano in veri car-boni. 11 morbo nacque dalla riunione di molti individui in luogbi an-gusti non ventilati, e dal grano d'lndia alterato e mueido. Si estinse cambiando nidi, e alimento,quot;
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1814 und 1816 beschreibt Legner Milzbraudepizootien der Schireine in Schlesien *).
(Diese kommen freilich sehr oft vor, ohne von den Aerzten erwähnt zu werden).
1818. Eine ausgebreitete Milzbrandepizootie kam in diesem Sommer im Harellande in der Mark Brandenburg vor: „Im Sommer 1818 herrschte in einer sehr weiten Verbreitung in den beiden havelländischen Kreisen, bei Spandau anfangend und sich durch das ganze Harellug bis zur Elbe ziehend, der Milzbrand in allen seinen Formen und unter den verschiedensten Klassen der Hausthiere. Die Epidemie begann zuerst im Juni, etwa um die Mitte des­selben, und dauerte bis zum Herbst. Es erkrankte vorzugsweise das Horn-vieb, etwas weniger die Pferde, und vorzüglich nur solche die auf die Weide gingen. Die Schafheerden wurden selten befallen, und unter den Schweinen hat sich die Seuche gar nicht erheblich gezeigt. Sehr heftig dagegen war sie unter den Hirschen, besonders demDammwildpret, deren Anzahl nach Angabe der Forstbedienten durch dieselbe von 800 auf weniger denn 200 reducirt wurde. Von den Rindviehheerden starben an manchen Orten die Hälfte, an andern 2/3, d. h. immer nur dort, wo die Thiere auf die Weide gingen, während das Stallvieh mehrentheils verschont blieb. — Hin­sichtlich des Ursächlichen der Seuche ist zu bemerken, dass jener Sommer sich durch grosse Hitze und Dürre auszeichnete, während im Frühjahre die Weiden und Wiesen bedeutend überschwemmt waren. Das Vieh war also oft genöthigt, an sonst sumpfigen Orten sich sein Futter zu suchen, während an den gesunden Weideplätzen, in Folge der Dürre, nichts wuchs. Ausserdem fehlte es an Wasser, weil die meisten sonst zum Tränken benutzten Pfule und Teiche ausgetrocknet oder auf sehr weniges schlammiges Wasser redu­cirt waren. Jedoch ist hinsichtlich dieses letzten Umstandes zu bemerken, dass an manchen Orten, wo man auf den Weideplätzen ordentliche Brunnen hatte, und die Thiere sehr reichlich mit Wasser versorgt wurden, eine nicht geringere Sterblichkeit statt fand. Dass das Stallvieh, sowohl Pferde als Hornvieh, die Seuche nur sehr einzeln bekam, d. h. wenn es, wie das fast immer der Fall ist, nicht mit Wiesengras genährt wurde, ist eine ziemlich feststehende Thatsachc; die einzelnen Ausnahmen, welche besonders bei Pfer­den statt fanden, leitete man vielleicht nicht mit Unrecht von den Stichen der Bremsen her, die etwa kurz zuvor an einem erkrankten Thier ge­sessen und gestochen hatten.quot; Es fanden häufig Uebertragungen auf Men­schen Statt **). Auch in verschiedenen andern Gegenden Deutschlands, wie Nassau, Baiern u. u.w. kam er, doch nicht sehr verbreitet, vor. — Auf
deg;) Kausch Memorab. II. p. 118. ••) Tbär: Caspers Wochenschr. 1886. p. 250.
Henalnger, MiUbrknlt;l.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; IQ
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den Beliuneser Alpen kam unter der RinderLeerde einer Weide die M il z-Irandbräune vom Juli bis zum September vor und tödtete die Thiere oft sehr schnell: „Diese Angina maligna trat mit heftigem Fieber ein, grosser Hitze im Maule und in der Kehle, Geschwulst der innern Theile, die sich zuweilen äusserlich zeigte; die Kühe verloren die Milch (gewöhnlich be­gann die Krankheit mit diesem Symptom), die Thiere waren traurig, frassen gar nicht, kauten nicht wieder, die Haare richteten sich auf, der Athem wurde übelriechend, der Puls schnell und schwach , Zähneknirschen trat ein, eiterichter Ausfluss aus der Nasse, grosso Schwäche, Durchfall und zuweilen Vorfall des Rectums kündigten den Tod an. Die Leichenschau zeigte Ent­zündung der Zungenspitze und des Gaumens, Brand der Kehle und der Ton-sillen, des Kehlkopfs und des Schlundkopfs, mehr oder weniger ausgedehnte Entzündung der Luftröhre, der Bronchien und der Lungen; in manchen Ent­zündung der Verdaungswerkzeuge und Zerstörung der Milz, in andern Ent­zündung der Harnblase; das Fleisch war verändert und bekam in wenigen Stunden eine livide und dunkle Farbe.quot; Trotz aller Vorsicht wurde doch ein Mensch mit einem Anthrax des Armes inficirt und wäre fast gestorben *). (In demselben Jahre beobachtete MLeyens eine bösartige Bräuneepidemie der Menschen im Depart, du Lot in Frankreich, sie hatte doch wohl mehr den Character der Frieselbräune ** ).
1819.nbsp; nbsp; nbsp;In diesem Jahre war der Milzbrand (the trembles) sehr ausge­breitet in Kentucky in Nordamerika. Er befiel alle Hausthiere und ging auch auf Menschen über***quot;). Wahrscheinlich ist er aber dort immer häufig.
1820.nbsp; nbsp; nbsp;Es kam Milzbrand in Deutschland und in Frankreich vor.
1821.nbsp; nbsp; In diesem Jahre scheinen die Schweine viel an Milzbrand ge­litten zu haben. So in Baiern****), in Languedocf), Loth­ringen ff) u. s. w., Belgien ttf)- Lami soll den Zungenanthrax zu Chalamont im Departement de l'Ain beobachtet haben ffff). — In der Provinz Lüttich kam die Milzhrandbräune der Rinder vor*).
1822.nbsp; nbsp; Dieses Milzbrandjahr steht dem von 1807 wenigstens ganz gleich, in ganz Europa wüthete er. Schon in Sibirien war dieses der Fall: „1821
•) Bottani Sez. Vlll. p. 3 50. *•) Bulletin de la Fac. de Medec. 1819. N. 6. •••) Kercheval N. 162. •*••) Flank p. 142.
,v)Saussol Ilcc. de Med. vet. Vol. XIV. p. 233. •j-f) Türk Nr. 182. ttt) Milliau et de Grave Nr. 181. frit) Hurtrel d'Arboval Dictionn. II. p. 752.
•) Tomballe; Jonrn. d'Agricult. des Pays-bas Vol. XIV. p. 99,
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brach die Jaswa in der Stadt Tobolsk aus und befiel eine ziemliche Anzahl Pferde, nachdem man hier seit 15 Jahren nichts davon gelitten hatte; zur selben Zeit in mehreren Dörfern des Stadtkreises am Irtisch, Wagai, der Tscherna u. s. w. in der Stadt erkrankten nur Pferde, in einigen Dörfern auch einige Menschen. 1832 herrschte sie abermals in Tobolsk selbst nur unter Pferden, übrigens, ausser in den rorhergenannten und andern Orten des Stadtgebietes, auch in den Städten und Gebieten von Turnen, Jaluto-rowsk und Tara, überhaupt an vielen Orten längs des Irtisches, Tobols, Wagai und dessen kleinen Armen, wie Tscherna und Aschlük. Sie betraf an vielen Orten Menschen und Pferde in beträchlicher Anzahl. Gleich­zeitig soll sie am obern Irtisch und an der Irtischlinie nicht minder ge­herrscht haben; Menschen und Thiere empfanden die Krankheit härter, als in vorhergehenden Jahrenquot;.....„1822 wo sie allgemeiner und bös­artig sich zeigte, hatten dennoch die Städte Tobolsk, Tumen, Jalutorovrsk, nebst vielen ergriffenen Dörfern ihrer Gebiete durchaus keinen kranken Menschen, wogegen Tara mit mehreren Orten ihres Kreises viele kranke Menschen, ja fast noch mehr als kranke Pferde. In Tara und einigen Dörfern des Umkreises wusste man (1822) seit 5 bis 10 Jahren nichts von
dieser Menschenseuche, die nun so allgemein grassirtequot;.....Nach
einer Kranheitsliste aus der Katharinenschen Brennerei bei Tara, vom 4. Juni bis 17. Juli 1822, waren 192 Menschen erkrankt, unter welchen gegen 80 die Geschwulst auf dem Scheitel, gegen 50 im Gesichte oder nächst diesem am Kopfe, im Genike und am obern Halse, die übrigen an sehr verschiedenen Stellen des Körpers hatten*). — Die im ersten Abschnitte unter Nr. 167 und Nr. 172—177 angeführten Abhandlungen beweissen zur Genüge die un­gemeine Häufigkeit des Milzbrandes aller Thierarten und der schwarzen Blattern des Menschen in allen Provinzen des Preussis eben Staats. Alle Arten von Uebertragungen, durch Insectensliche, gekochtes Fleisch u. s. w. kamen vor. Besonders im Regierungsbezirke Merseburg war der Milzbrand der Schafe ungeheuer häufig; indessen Nr. 167 hatte bei Menschen schon vor dem Milzbrand die Antrakoiden-Constitution beobachtet, und glaubte die schwarzen Blattern von einer Steigerung derselben ableiten zu können. — In Baiern war er eben so häufig: „Aeusserst heftig und tausendfältig zer­störend zeigte er sich 1822 im Isar- Oberdonau- und Regenkreise, im ausserordentlich heissen Sommer, auf den Weiden der Hochalpen so wohl als den Niederungen und Ebenen an der Isar, der Donau, dem Lech u. s. w., unter allen Hausthieren, P ferden, Rindern, Schweinen, Ziegen auch Jagdthicren, Rehen, Gemsen u. s. w. Er wurde nur dort wo der, Weidetrieb nicht statt fand, von dem Stallvieh abgehalten, ausserdem aber
*) Haupt p. 152. 187. 191.
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Währte er, ungeachtet vieler angewandten Mittel und Maassregeln, unter dem Weide- und Mälmvieh so lange fort, bis die heisse Luft durch Regen abgekühlt wurde. Auch mehrere Menschen erlitten die nämliche, bei einigen selbst tödlliche, Krankheit mit schwarzen Pestblattern, durch Ansteckung Ton abgezogenen oder secirten Cadavern oder bei der Wartung kranker Stücke, oder durch Genuss de s Fle ische squot; *). — Auch in der Schweiz war er häufig unter Pferden, Rindern und Schweinen**). — In Frankreich herrschte er an vielen Orten, z. B. unter Rindern und Maulthieren in der Gascogne,
Guienne, Limousin***). Sehr allgemein in Departement des Tarn****)-----
Der Zungenanthrax der Rinder soll im nördlichen Seeland im Sommer vorgekommen sein f).
1823. Wie bereits in den beiden vorigen Jahren scheinen auch 1823 und 1824 die Schweine vorzugsweise viel am Milzbrand gelitten zu haben, in Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien ff). — Im Magdeburgi­schen war der Milzbrand noch häufig-ff f), auch in Sachsen kam er vor-fttf). Auch in Sibirien fehlte er nicht, und im nördlichen Skan­dinavien scheint er furchtbar gewüthet zu haben, und zwar in der Form die schon manchmal für Wuth gehalten worden ist: „Im Jahr 1823 berichtet man dass die Rennthierhcerden der Lappländer so sehr mitgenommen wurden, dass 5000 Rennthiere in Folge des Stichs der Furia infernalis starben, und dass selbst die Wölfe und andere Raubthiere, welche von den gefallenen Thieren frassen, angesteckt wurden und mit denselben Symptomen starben. Ein Lappländer welcher 500 Renthiere besass, bemerkte die beginnende Ver­heerung unter denselben, und hielt es für das Beste, die ganze Heerde zu tödten, allein die Verheerung breitete sich so schnell aus, dass sie alle gestor­ben waren, ehe er seinen Vorsatz ausführen konnte. Auch eine grosse An­zahl Rinder und Schafe wurden durch sie vernichtet, auch die Menschen litten etwas mit, indem einige ein Opfer derselben wurden. Ein junges Mädchen, welches ein Schaf schor, das an der Kranheit gestorben war, fühlte während dieser Arbeit plötzlich einen Schmerz in einem ihrer Finger, der schnell zunahm, und bei der Untersuchung des Fingers fand sie einen kleinen Stich wie einen Nadelstich; ihr Herr, welcher zugegen war, halte die Geistes-
•) Plank p. 14 2. •raquo;) Archiv Schweiz. Tliierärzte. B. VII. p. 162. ••*) Compte-rendu de l'6cole de Lyon. 182 4. p. 31. •quot;•) S. N. 18 3. u. 18 4.
f) Preuslaquo;. Staatszeit. 18 3 2. N. 76. tf) Ausser oben angeführten Schriften, s, noch N. 192 a. und b, lit) S. N. 194. tttt) Dresdner Z e i t s c L r. B. V, p. 83,
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gegenvart ihr auf der Stelle den Finger abzuschneiden, und dadurch \rurde ihr das Leben erhalten. Diese Pest soll auf das Russische und Schwedische Lappland beschränkt geblieben sein, und sich nicht höher hinauf als Muonio-niska erstreckt haben, das Norwegische Lappland blieb verschont von dieser Pest. Da diese Berichte ungenügend waren und ich nicht hoffen konnte aus solchen entlegenen Gegenden bessere Nachrichten zu erhalten, so wendete ich mich an Herrn Retzius der, nach Einsicht der Sanitiitsberichte aus den nördlichen Provinzen Schwedens, mir das Resultat seiner Untersuchungen mitgetheilt hat, aus denen sich ergiebt, dass während des Sommers 1823 und im folgenden Jahre eine grosse Sterblichkeit unter den Rennthieren in Norbotten und Lappland herrschte, welche man einer ungesunden Be­schaffenheit des Rennthiermooses zuschrieb, dass aber er so wohl, als andre Mitglieder der medicinischen Fakultät in Stockholm, die Krankheit für eine besondere Art von Wuth gehalten hätten *).quot; Eine ähnliche für Wuth gehaltene Krankheit herrschte im folgenden Jahre unter vielen Thieren in Dänemark. — In diesem Jahre herrschte auch wieder eine sehr verhee­rende Seuche unter den Rindern auf der Insel Bourbon (s. den folgen­den Abschnitt), die wohl nichts andres als Alilzbrand war.
1824 kam der Milzbrand in verschiedenen Gegenden der Oestcrrei-chischen Monarchie vor. — In Frankreich kam er unter den Rin­dern um Bergerac (Guienne) vor**). — Unter den Schweinen um Ur-bino im Kirchenstaate***)
1825.nbsp; nbsp; Auch in diesem Jahre war der Milzbrand ziemlich häufig in Deutschland und Frankreich, wie die im ersten Abschnitt angeführten Schrif­ten zeigen.
1826,nbsp; nbsp; nbsp;In dem heissen Sommer dieses Jahres herrschte der Milzbrand an vielen Orten. So z. B. in Russland: „Im Sommer des 1826ten Jahres herrschte bekanntlich eine so fürchterliche Hitze und Dürre, dass sich die ältesten Leute keiner ähnlichen entsinnen konnten. Ueberall brannten die Wälder, und die Luft war dermassen mit Rauch erfüllt, dass in mehreren Wochen die Sonne kaum einen einzigen Tag sichtbar war, und erblickte man sie ja, so erschien sie als blutrolhe Scheibe ohne Glanz, die man ungestraft anblicken konnte. Anfangs Juni zeigte sich unter den Kühen des Regiments Graf Araktschejef eine epizootische Augenentzündung, die so bösartig war, dass das angegriffene Auge dadurch gewöhnlich für die Folge unbrauchbar wurde. Zugleich litten auch viele Kühe an der Klauenseuche. Im Ausgang
•) Brocke Travels in Lapland and Sweden. — Ueusinger Zeitschr. f. d organ. Physik. B. I. p. 500. ••) Felix: Recu ei I d e Med. ve(. Vo I. III. p. 550. 'quot;) V. Puccinotti di una epizoozia contagiosa. Bologna 1821.
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Juni, im Juli und im August herrschte unter den Pferden der Milz­brand, es starben daran auch mehrere Menschen. Ja sogar viele von den aus dem Wolchovflusse gefangenen Fischen waren mit bösartigen Ge­schwüren bedeckt, und die Krebse fanden sich stellenweise todt am Ufer. Bald stellte sich auch die Löserdürre ein *) etc. In mehreren Provinzen Preussens kam er for, namentlich in Westfalen, im Niederrhein. In Holland scheint er ziemlich verbreitet gewesen zu seyn **). (Bekannt­lich waren im Frühjahre in Holland und im nordwestlichen Deutschland grosse Ueberschwemmungen, und im Sommer herrschte das Küstenfieber unter den Menschen). — In Gallicien war er sehr häufig: „Nach dem Berichte des Landesthierarztes Josephu hat der heisse und trockene Sommer des Jahres 1826 unter dem Hornvieh und den Pferden den Milzbrand sehr ver­breitet erzeugt; es war jedoch die einzige Epizootie die herrschte, mehrere Menschen, welche mit dem Abhäuten der daran gefallenen Thiere, oder mit der rohen Haut sich abgaben, litten an der sogenannten schwarzen Blatter ***).quot; — Eben so verhielt er sich in der S c h w e i z, z. B. im Canton A a r g a u : „Wie jährlich nach der grossen oder geringen Sommerhitze mehr oder weni­ger Bindvich an dieser Krankheit zu Grunde geht, so hat sich dieselbe in der Gemeinde Schupfarth, durch den Monat September 1826 vorzüglich mör­derisch gezeigt, so dass bereits keine Hülfe zu leisten möglich war. Im October fielen noch mehrere Stücke, das Erkranken wurde häufig, jedoch sämmtliche Stücke gerettet, und besonders half das zeitige und zwechmäs-sige Entfernen des im Mastdarm und After ergossenen Bluts; ein junger Bür­gerssohn und der Ortsschmied waren in diesem Geschäfte sehr geübt, welche aber auf ihren Armen Anthraxbeulen bekamen, mit heftigem Fieber befallen wurden, und längere Zeit daran zu leiden hatten. Durch das Einstellen des Weidegangs stellte sich auch das Erkranken etwas zurück *quot;*)laquo; etc. — In Frankreich kam er mehrfach vor: Grognier beschreibt ein Milzbrand­fieber im Departement der Loire, was indessen schon 6 Jahre bestanden und sich ans der Auvergne verbreitet haben sollf). Im Guercy soll vor­züglich Milzbrand der Schweine geherrscht haben.
1827. Auch in diesem Jahre kam der Milzbrand in verschiedenen Län­dern vor.
Hanke sagt: „Als im Frühjahre 1827 und 28 der Milzbrand unter dem Vieh in Kurland wüthete, habe ich damals viele Bauern am Nerven-
*) Jessen Rinderpest p. 24. quot;) S. N. 197. N. 217.
•raquo;•) O este rr. m e d. Jahrbb. N. F B. I. 4, p. 68. *•**) Jtfaen: B usch Zeitschr. B. III. 3. p. 4. f) Rec. de med. vet. Vol. VII. p. 700.
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lieber mit Carbunkeln, Äuthraxeu und livideii Beulen leiden, einige sogar in 24 bis 48 Stunden sterben sehen *).'* Freilich am irahrscheinlichsten die gewöhnliche blaue Blatter, sollte aber zu beweisen sein, dass diese angeblichen Nervenfieber ohne Infection ron Thieren entstanden, so wäre das in vieler Beziehung wichtig! — Auch in Ostpreussen kam er epizootisch vor**).quot; — Eben so in Holland und Belgien*quot;). — Im Languedoc nach Fradal und Key*quot;*) — Auch bedeutend unter den Schafen in Ungarn nach Veith.
1829 traf v. Humboldt in Sibirien die Beulenseuche unter Men­schen und Pferden. — Auch 6 e b 1 er sah sie sehr häufig in Barnaul. — Aus Ostpreussen berichtet Dress ler: „Von der Epizootie von 1829 muss erwähnt werden, dass sie die selten deutlich hervortretende Eigenthüm-lichkeit hatte, einen ganz entschiedenen Seuchenzug von Südost nach Nord­west, von den Ufern des Pregels bis an die Gestade des Eurischen Haffs, und in einer beträchtlichen Breite zu machen. Diese seuchenartige Epizootie nahm ihren Anfang zu Alt-Sitt, nahe bei Königsberg, und dehnte sich bis oberhalb Wehlau, fast keine Heerde vorübergehend, aus. Sie hatte eine Dauer von fast 3 Monaten (Juni, Juli, August), während welcher Periode gröstentheils trübes, für die Jahreszeit kühles, oft von schwachen Gewittern begleitetes Wetter statt fand. Diese Gewitter nahmen, gleich der Seuche, oft ihren Zug von Osten nach Westen f).quot; —
1S30. In diesem Jahre kam nach den Provincial-Sanitätsberichten, der Milzbrand in Ostpreussen, Posen, Schlesien, Sachsen, doch nirgends sehr aussergewöhnlich verbreitet vor. — Ob die in diesem und den folgenden Cholera-Jahren, besonders in Posen, der Mark u. s. w. unter dem Geflügel, vorzüglich den Gänsen und Enten, beobachtete Seuche, wirklich Milzbrand war, wie mehrere Beobachter annehmen ff)raquo; ist schwer zu ent­scheiden. — In Nassau kam eine Milzbrandseuche vorzüglich unter den Schwei­nen vor ftt).
1831. Es dauerte an vielen Orten die oben erwähnte Geflügelseuche fort; in Böhmen starben die Hasen, doch wohl an Milzbrand tftt); zumal da
deg;) Cli. Witt, lieber die E i g en tb Um 1 i c b ke i t des Klimas der Moldau und Wallachei. p. 36. quot;) D ress ler: Magaz. für T b i e r h e i I k. B. III. p. 141. *raquo;*) S. N. 216 u. fo Ige nde. ••••) N. 201 n. folg
f) Dressier a. a. 0. p. 142. •j-f) Heusinger Kecberches etc. Vol. II. p. 341 etc. f'HO Franque Seuchen p. 217.
i HO Heusinger a a. 0. p. 355 Auch in Sachsen starben sie, augeblich an Darmentzündung p. 361,
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die zur Zeit der Cholera in Leipzig herrschende Hundekrankheit ebenfalls für aulhraxarüg (?) ausgegeben wird *). — Sporadisch kam der Milzbrand in Curl and, auch im Canton Basel4*) vor. Häufig war er in Schlesien.
1832.nbsp; nbsp; nbsp;In mehreren Kreisen Westfalens kam dem Milzbrand un­ter den Schweinen vor***). Auch im Grossherzogthum Niederrhein kam er in mehreren Gegenden vor, und es kamen mehrere tödtliche Infectio-nen von Menschen vor ****). Auch in der Lombardei kamen Fälle von Milzbrand vor; imLanguedoc, wie so oft, eine Epizootie von Milzbrand­fieber, nach Hey und Pradalf).
1833.nbsp; nbsp; Einzeln kam der Milzbrand in Curland vor ff) Unter den Schafen etwas in Pommern. Verbreiteter war derselbe, wie es scheint, in der Provinz Brandenburg: „Per Milzbrand zeigte sich zu Merz­wiese, Crossener Kreises, und fielen daran in wenigen Tagen 5 Stück der am besten genährten Pferde; als Ursachen wurden von dem Thierarzte Mül­ler sumpfige, moorige Weide, und anhaltende Hitze und Dürre angegeben. Unter dem Rindviehstande der Gemeinde Cunitz', Lebuser Kreises, griff im Monat Juli der Milzbrand ebenfalls um sich, es erkrankten nach und nach 66 Stück, von welchen 33 fielen; die veranlassenden Ursachen des Milzbran­des bestanden hier ohne Zweifel in den Folgen der gegen Ende Aprils statt gefundenen Ueberschwemmung des an die Oder grenzenden Cunitzer Busches, namentlich in dem langsamen Zurückziehen des ausgetretenen Wassers, wo­bei sich wegen der in den Lachen faulenden animalischen und vegetabilischen Stoffe eine desto schädlichere Sumpfluft entwickelte, ferner in dem Genuss des in den Lachen verdorbenen Wassers, und des üppig gewachsenen, zum Theil verschlammten oder auf andere Art verunreinigten Grases, und endlich in der lange dauernden grossen Hitze. Die Krankheit dauerte vom 3. Juli, im August und bis Mitte September fort. Auch die Schweine litten zu glei­cher Zeit am Milzbrande quot;ttiquot;).quot; Auch in Böhmen kam der Milzbrand vor, und zu gleicher Zeit starben Schweine, Geflügel und Hasen ffff). Auch in Ober-Oesterreich kam er vor*). — Sehr allgemeiner Milz-
*) Daselbst p. 363. •*) Archiv. Schweiz. Thierärxte. B. X 11. p. 126. •'•) Sanitätsbericht von M uns te r 1832 p. 125. •raquo;•*) Generalber. des Rhein. Med. Colleg. 1832. p. 239. f) N. 252. u. 25 3.
ff) Possart die Russischen Ostseeprovinzen. I. p. 201. ttt) Sanitätsber. der Provinz Brandenbrg. 1833. p. 241. tttt) Oes t err. Med. Jahrbb. B. XX. p. 368, *) Daselbst p. 193.
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brand der Schweine inLanguedoc und Gui e nne nach Roche* L u b i n *).
1834. Dieses war wieder ein allgemeines Milzbrandjahr; in allen Län­dern wurde über ihn geklagt. Aus Curland berichtet Rein fei d: „Gegen Ende des Sommers trat fast überall der Milzbrand auf, besonders da mit grosser Heftigkeit, wo nasse Weiden völlig ausgetrocknet waren,- allein mittelst sehr durchgreifender Maassregelu, die besonders im Auf st allen solcher bedrohten Heerden, und kalten Begiessungen bestan­den, gelang es überall, das Uebel gleich im Anfange zu unterdrücken und auf die zuerst erkrankten Thiere zu beschränken, welche meist eines jähen Todes starben. So sind denn, ungeachtet des fast gleichzeitigen Ausbruchs dieser heftigen Krankheit auf sehr vielen Gütern, im ganzen Gouvernement doch nur 148 Kühe, 64 Schweine, 22 Schafe und 31 Pferde ein Opfer der­selben geworden. Mit dem Eintritte der kaltfeuchten Witterung im Sep­tember verschwand jede Spur des Milzbrandsquot;**). — In Ostpreussen theilt Dressler seine Beobachtungen mit: „Die Witterung war für Ost­preussen sehr ausgezeichnet, weil vom Ende Mai bis in den Juli eine unun­terbrochene Trockenheit und sehr hohe Grade von Wärme herrschten, und Gewitter sich niemals ereigneten. Fast allgemein wurde Vieh­sterben wegen der grossen Verminderung des Trinkwassers befürchtet. Die Erkrankungen in den Heerden waren jedoch keineswegs häufig, sie be­schränkten sich auf Catarrh und eigenthümliche Augenentzündungen. Erst nachdem im Juli die ersten Gewitter ausgebildet waren, zeigte sich der Anthrax in epizootischer Ausbreitung, und währte bis in den Spät­herbst; hatte aber die Eigenthümlichkeit, dass sich in den ergriffenen Heer­den die Todesfälle in grösseren Zwischenräumen, und bis in den Winter hinein wiederholtenquot;***)-— In Fommmern kam er ebenfalls, doch nicht sehr verbreitet vor: „In Demmin zeigten sich unter dem Viehstande eines Lohgerbers, aber auch nur bei diesem, milzbrandähnliche Erscheinungen, Anfangs beim Rindvieh, nachher aber auch bei Schafen. Viel ^ernstlicher war dagegen der Ausbruch des Milzbrands im Cösliner Departement: Das Rindvieh der bäuerlichen Wirthe wurde während des vorigen Winters zu Lenzen, wegen Futtermangels nur äusserst schlecht und zum Theil nur mit verdorbenem Heu und Stroh gefüttert; gegen das Frühjahr wurden alle Fut-tervorräthe aufgeräumt, und man sah sich genöthigt, das Vieh nüchtern auf eine l/i Meile vom Dorf entfernte Moorweide zu jagen, wo noch kein junger Grashalm anzutreffen war; Hunger und Durst nöthigten das Vieh, das ab-
•) N. 267 u. 268.
**) Pnssart, Russische Ostse e-Provinzen. I. p. 201. quot;) a. a. 0. p. 148,
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gestorbene halbverfaulte Wintergras zu fressen und das zusammengelaufene Moonrasser zu saufen. Bei sehr heissem Wetter, gegen Ende des Maimo­nats erhielt der Gerichtsmann Abraham die Nachricht von dem Erkranken einer seiner Kühe auf der Weide, wo er die Kuh schon todt antraf. Auf diesen ersten Erkrankungsfall folgten bald noch einige andre, bei denen der Tod eben so schleunig eintrat; späterhin nahm die Krankheit einen veniger raschen Verlauf an, indem zwischen Wahrnehmung der ersten Spuren des Erkrankens und dem Tode vier bis acht Tage verliefen; die Thiere hörten plötzlich auf zu fressen und zu wiederkäuen, der Hinterleib trieb auf, zwi­schen den Kinnbacken und am Halse fand sich eine Geschwulst ein, welche sich nach und nach zwischen den Vorderbeinen durch bis zum Euter hin zog, die Kranken wurden nun sehr matt und krepirten unter Zuckungen, auf diese Weise starben bis Mitte Juni sieben Kühe. Bei der Section fand man das Blut dick, schwarz und theerartig, am Halse aber viele gelbe Sülze; die Substanz der Milz war sehr aufgelöst, schwarz und theerartig, und in
der Brust und Bauchhöhle wurde viel blutiges Wasser angetroffen..... Im
Greiffenhagener Kreise kam der Milzbrand nur in Geiblersdorf und nur unter dem Rindvieh vor; bösartig war er auch hier nicht, indem von einer grossen Heerde nur eilf Haupt krepirten und sehr viele genasenquot; *). — Aus der Mark Brandenburg: „Unter den Gemeindepferden zu Pfeifferahn und Thiemendorf, Kreis Krossen, herrschte in den Monaten September und Ok­iober der Milzbrand, welcher gewöhnlich die gutgenährten von mittlerem Alter, trächtige und säugende Mutterstuten befiel und nach und nach 12 Stück in beiden Orten -wegrafftequot;. (Die Erscheinungen und Sectionser-gebnisse sind die gewöhnlichen). „Als Ursachen werden angegeben: die trockene Sommerhitze, magere, sumpfige Weide und Waldhütung, das Trän­ken in stehendem, durchwärmtem, fauligem Wasserquot;..... „Unter dem
Rindvieh kam der Milzbrand nicht so häufig und so verheerend vor, als die anhaltende und grosse Hitze des ganzen Sommers und der Mangel an gutem Wasser in einigen Gegenden dies befürchten Hessen. Von einiger Bedeu­tung war derselbe jedoch in mehreren Orten des Cüstriner, Lebuser, Cros-sener und Luckauer Kreisesquot;**). . . . „Unter den Schafen kam der Milz­brand, welcher auch Blutstaupc, Blutseuche genannt wird, in diesem Jahre, namentlich im Oderbruche, wo die Schafe auf den Stoppelweiden eine sehr reichliche Nahrung fanden, oder in den Fichtenwäldern häufiger als in frühe­ren Jahren vor. Sie befiel vorzugsweise die nach dem Entwöhnen der Läm­mer wieder gut genährten oder die gaste gebliebenen, stets am besten ge­nährten Mutterschafe, selten Hammel oder Jährlinge, nie Lämmer; sie
•) Sanitätsber. d. Prov. Pommern. 1834. p. 161. quot;) Sanitätsber. der Prov. Brandenburg. 1834. p. 358.
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herrschte in den Monaten September und Oktober im stärksten und ferlief so schnell, dass Krankheitsansbruch und Tod fast auf einen Moment fielen, denn man sah die ergriffenen Thiere plötzlich todt hinfallen, oder in Zeit von kaum einer Minute dahin sterben. Liess sich der Krankheilsanfall et­was länger beobachten, so sah man die noch eben ireidenden Schafe auf einmal stehen bleiben, den Kopf aufrichten und krampfhaft damit nicken, oder nach der Seite wenden, die hervorgedrängten Augen weit öffnen, die Ffisse auseinander stellen, im Maule blass werden, zuweilen Erde oder Sand aufnehmen und ängstlich darüber käuen, dann aber bald umhertaumcln, nie­derstürzen und unter Convulsionen enden. Die Cadaver liefen schnell auf, nahmen am Bauch nml Euler, so wie an den innern Flächen der Hinter­schenkel , eine dunkelrothe Farbe an und gingen bald in Fäulniss über. Die Felle von solchen Kranken zeichneten sieh stets dadurch aus, dass die Bauchfläche überall eine schwarzrothe Farbe hatte. Das Muskelfleisch war dunkelroth und die dazwischen laufenden Gefässe waren mit dünnflüssigem schwarzem Blute gefüllt. Beim OefTnen fand man die Halsvenen, die vor­dere und hinlere Hohlvene, die Pfortader, die Gekrösvenen und zuweilen die Milz mit theerarlig schwarzem Blute übermässig angefüllt, die Gedärme stellenweise gerölhet und in der Harnblase dunkelrothen, wie mit Blut ver­mischten Urin. Die Kammern des Herzens enthielten ebenfalls viel dünn­flüssiges schwarzes Blut, die mit Blut durchdrungenen Lungen waren dunkel gefärbt. Wo man mit dieser Krankheit bekannt, die Schafe sogleich auf magere Weide versetzte und ihnen im Trinkwasser Glaubersalz und Salpeter einige Tage reichte, da hörte die Sterblichkeit auf, im entgegengesetzten Falle aber griff sie nicht unbedeutend um sich. Einen sehr grossen Umfang gewann die Staupe unter einer Heerde von 300 Stück , grösstentheils alten, ausgemerzten Mutterschafen, welche im Juni in der Lausitz angekauft waren. Diese Schafe wurden in Birken- und Fichten - Wäldern geweidet, und, was vielleicht ihrer Gewohnheit zuwider war, nicht getränkt, kamen aber, da sie auf der ausgedehnten, wenn auch magern Trift hinreichende Nahrung fanden, nach und nach in einen gutgenährten Zustand. Um die Mitte des Septembers traten die ersten Todesfälle ein, die mit jedem Tage sich mehr­ten, so dass an einem Morgen, nachdem die durstigen Schafe Abends vor­her von dem ihnen jetzt vorgesetzten Trinkwasser, worin Glaubersalz und Salpeter aufgelöst war, gierig gesoffen hatten, 17 Stück todt gefunden wurden. Da unter den, ganz gleichen Verhältnissen ausgesetzten, Hammeln, welche theils hier gezogen, theils von einem andern Gute des Besitzers früher hierher gekommen waren, kein einziger Erkrankungsfall dieser Art vorkam, so unterliegt es keinem Zweifel, dass die Entstehung der Krank­heit bei den angekauften Mutterschafen hauptsächlich in den ungewohnten Localverhältnissen ihren Grund hatte. Der Verlust belief sich im Ganzen auf 120 Stück, Dass die Beschäftigung mit den an Blutstaupe er-
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krankten Schafen für Menschen eben so gefährlich ist, vie heim Milzbrande der Rinder, fand ich hier zu beobachten Gelegen­heit : Der Schäfer nämlich hatte sich beim Aderlassen der Schafe am Mit­telfinger der linken Hand nicht bedeutend verletzt, doch war ihm etwas Blut in die Wunde gekommen. An der verletzten Stelle entstand sehr bald eine schmerzhafte Entzündungsgeschwulst von dunkelbrauner Farbe, die nicht nur den Finger, sondern auch die ganze Hand und den Arm bis zur Schulter hinauf einnahm. Der Schmerz in der Achselgrube war heftig, es stellte sich Kopfschmerz, Beängstigung, Appetitlosigkeit und Mattigkeit in allen Gliedern ein. An gleichen Erscheinungen litt die Frau des Schäfers, wel­cher, beim Aderlassen helfend, Blut von den Schafen über die rechte Hand, an der sich Hitzblattcrn befunden haben sollen, geflossen war. Beide wur­den jedoch durch die ärztliche Hülfe wieder hergestellt. Noch ist zu be­merken , dass auf Hunde das Fleisch der an der Blutstaupe gefallenen Schafe, wenn sie es auch in grosser Menge verzehrt hatten, keinen nachtheiligen Einfluss äussertequot;*). AusSchlesien wird berichtet: „Der Milzbrand erschien in den Orten, wo er endemisch herrscht, während des zweiten Quartals mit besonderer Heftigkeit, und durch die eingetretene Hitze schien seine Entstehung offenbar befördert zu werden. Im Oppelu'schen Kreise allein sind in den Monaten April, Mai und Juni 39 Ochsen, 79 Kühe und 14 Stück Jungvieh an dieser Seuche zu Grunde gegangen; im Falken-berger Kreise 35 Stück gefallen; die Krankheit verschonte hier und da auch das Schwarzvieh nicht. Im zweiten Semester kam der Milzbrand nur ein­zeln in den Kreisen Breslau, Guhrau, Münsterberg, Neuenmarkt, Nimptsch, Ohlau, Slrehlen, Trebnilz, Wartenberg, Militsch zum Vorschein. Dagegen wurde der Milzbrand im Regierungsbezirk Oppeln, bei der grossen Sommer­hitze in vielen Ortschaften wahrgenommen, und Oppeln ist wieder der Kreis, in welchem die meisten Fälle vorkamen. Es fielen überhaupt an die­ser Seuche 146 Ochsen, 1C8 Kühe und 28 Stück Jungvieh. Im Ratibo-rer Kreise wurden auch Pferde und Schweine vom Milzbrande befallenquot;**). Wie häufig er in diesem Regierungsbezirke gewesen sein muss, zeigt die Mittheilung, dass daselbst in diesem Sommer 28 Menschen inficirt wurden, von denen 11 starben ***). — Aus dem Magdeburgischen berichtet Ziegenbein: „dass im Sommer 1834 der Milzbrand, so häufig er auch sonst in seinem Geschäftskreise erscheint, einen so bösartigen Charakter und einen so rapiden Verlauf hatte, wie es früher nie der Fall gewesen ist; die Krankheit befiel ohne Ausnahme alle Thiergattungen jeden Alters und Ge-
•) igt; a s e 1 b s t p. 376.
raquo;•) Sanitätsbericbt von Schlesien. 1834. p. 201. 341. quot;•) S. N, 272.
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schlechts, und sie ging selbst in yielen Fällen auf den Menschen über. Die Krankheit war im Anfange höchst akut, denn ihre ersten Opfer fielen, ehe sich das geringste von Krankheit an ihnen wahrnehmen Hess; dieses war nicht nur beim Rindvieh, sondern auch bei den Pferden der Fall, besonders aber häufig unter den Schafen; selbst das Wild in den Wäl­dern blieb nicht verschont, und es sollen in einem Forst über 100 Hirsche an dieser Krankheit verendet gefunden worden sein. Später wurde der Verlauf etwas langsamer, die Thiere standen, ohne gerade immer auffallende Symptome darzubieten, 12 bis 24 Stunden, bis zwei Tage, bevor sie ver­endeten. Vorzugsweise hatten die Ortschaften zu leiden, welche niedrig an Flüssen und andern Gewässern, oder an Brüchen gelegen sind, während andre oft nicht fern liegende Orte, deren Lage günstiger ist, weit geringere Verluste zu tragen hatten. In Beziehung auf die Zeit kamen im Juli blos einzelne Todesfälle vor, mit dem Anfange des August wurde die Sterblich­keit bedeutender, gegen Ende desselben und zu Anfange des Septembers herrschte die Seuche am ärgsten. Die meisten Thiere verendeten des Nachts, oder gegen Morgen, seltener starben sie um Mittag; spät Nachmittags und gegen Abend zeigten sich, besonders bei dem weidenden Vieh, einzelne Kranke, die entweder Abends noch, oder während der Nacht starben. Die Ursachen dieser furchtbaren Krankheit können unmöglich in so unbedeuten­den Einflüssen begründet liegen, dass sie bei genauer und häufig genug wiederholter Beobachtung nicht sollten zu ermitteln und aufzufinden sein. In Beziehung auf jene Seuche kann, nach der Meinung des Berichterstat­ters, die in dem Sommer 1834 anhaltende Hitze und Dürre nur als ein disponirendes Moment betrachtet werden; denn die Witterung wirkte auf alle Orte vom Anfange des Mai ziemlich gleich und den­noch fing die Krankheit erst im August an sich auffallender zu zeigen, stieg allmählig, bis sie gegen die Mitte Septembers die grösste Ausbildung er­reichte; es waren aber dennoch manche Orte, bei der grössten Bösartigkeit der Krankheit verschont geblieben; an manchen stark mitgenommenen Orten gab es Heerden, die kein einziges Stück ver­loren. Offenbar ist es daher, dass nur da die Krankheit sich zeigte, wo zu der durch die angeführten Momente bedingten besondern Anlage die er­regende Ursache hinzutrat; diese aber lag, wie H. Ziegenbein behaup­tet, ganz bestimmt in der Beschaffenheit der Futterstoffe, wie sie die Thiere theils auf der Weide fanden, theils im Stalle erhielten; denn augen­scheinlich befanden sich alle Futtergewächse in einem krän­kelnden Zustande, der durch die bestehende Witterung herbeige­führt, in ihrem ganzen Habitus sich aussprach, nicht selten, wie nach dem Befallensein von Mehlthau deutlich genug zu sehen war. Einen beson­dern Fingerzeig gab aber hier dem aufmerksamen Beobachter die Wirkung, welche sie auf die Thiere hervorbrachten; denn wenn nach ihrer Verabrei-
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chung in einzelnen Fällen Koliken, Durchfälle, an Darmentzündung gren­zende Zustände sich einfanden, so entstanden in andern Fällen darnach lei­der nur allzu schnell und häufig alle Formen des Anthrax; auf einem Vor-verke, wo Rinder und dreijährige Füllen seit drei bis vier Tagen mit grü­ner, von Mehlthau befallener Luzerne gefüttert wurden, fielen zwei Rinder am Milzbrande und drei Füllen erkrankten daran, nur eins konnte mit Mühe gerettet werden, die Krankheit hörte auf und zeigte sich nicht wieder, als die Thiere ihr früheres Futter erhielten. Auf dem Vorwerk einer Domaine waren die jungen Rinder von iVj bis 2'/j Jahren bisher mit trockenem Futter genährt worden, wobei sie gesund blieben; als sie aber nach der Heuernte drei Tage auf den Wiesen geweidet halten, fand man eines Mor­gens zwei im Stalle todt, bei wieder hergestellter trockner Fütterung, mit Weglassung des Weidegangs, fand kein Sterbefall weiter statt. Auf einer andern Domaine fing das Sterben in der Rindviehheerde während der Stall­fütterung mit befallenem Klee an, es dauerte fort, obgleich man In der Füt­terung mit Buchweizen, später mit grünem jungen Wickfutter wechselte; es dauerte fort, obgleich man präservative Aderlässe vorgenommen, Haar-Beile gezogen, innerlich alle möglichen Medicamente angewendet, auch die Thiere geschwemmt, begossen, des Nachts im Freien gelassen, sie endlich auch auf die Weide gebracht hatte; erst als man alle diese Vorkehrungen beseitigte, und den Thieren statt der halben Portionen Grünfutter, reichlich Jleu, Stroh und reines Wasser im Stalle gab, hörte das Sterben wie abge­schnitten aufquot;4). In Gallizien kam der Milzbrand unter Rindvieh, Schweinen und Schafen vor**). Auch im Distrikt Seebenstein in Nieder-Oesterreich***). Auch aus Sachsen erwähnen alle Monatsberichte den Milzbrand in diesem Sommer, und im September heisst es: „Beim Rindvieh hat sich in vielen Gegenden der Milzbrand eingefunden, so dass die Sterbe­fälle bei der hiesigen Viehversicherungsanstalt immer häufiger eingehen. Bei den Schafen wird der Blutlauf sehr gemein und gefährlich; der Tod folgt schnell und plötzlich; man weiss nicht, wie man diesem Uebel vor-' beugen kannquot;****). — Auch in Holland war der Milzbrand häufig. In den Parks in England starben in diesem Jahre mehrere tausend Hir­schef), doch am wahrscheinlichsten am Milzbrand. In Frankreich wer-
*) Gurlt u. Hertwig, M a g a z. B. I. p. 456. ••) Oesterr. m e d. Jahrbb. B. XXIV. p. 340. '••) Das. 1845. Okt. p. 101.
•••) Pohl, Archiv d. Land wirthsch. B. XLVII. p. 237. Nach Ziegen-bein (Mag. f. Th. B. I. S. 156) wütbete er unter den Haustbieren und dem Wilde. f) T h c V e t c r i n a r i a n. p. 309.
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den Milzbrandcpizootien in Berry und in der Auvergne beschrieben, doch nicht so ausgedehnt wie in Deutschland.
1835. Wenn auch allgemein dieses Jahr als sehr gesund für die Haus-thiere gelobt wird, so ist doch der Milzbrand überall häufig, wenn auch lange nicht so wie im Torigen Jahre, vorgekommen. „In Curland fielen ImDob-lenschen, Bauskeschen und Grobinschen Kreise 43 Stück Hornvieh am Milz­brande, im Illuxtschen an der Beulenseuche 128 Pferde und 84 Stück Horn­vieh*).quot; Auch in Litthauen führt Adamowicz den Milzbrand ah herrrschend in den Jahren 1835 und 1836 an**). Aus Ostpreussen wird von D r e s s 1 e r die dortige Epizootic weitläufig beschrieben, ich gestehe aber, dass ich den angeblichen Zusammenhang der Krankheit mit den mitgetheil-ten Witterungseinflüssen nicht recht zu erkennen weiss. „Nachdem der Milz­brand 1834 bis spät in den Herbst herein, durch immer von Neuem sich erreignende Todesfälle, seine Fortdauer an einzelnen Orten bewiesen, müssen wiederum die ersten Anthraxfällc im Jahre 1835, als mit der Epizoo­tic des vorhergegange ne n Jahres in einem relativen Zu­sammenhange stehend betrachtet werden. Sie ereigneten sich im Februar, und zwar in drei Heerden des Fischhauser Kreises, in welchen der Anthrax im Spätsommer und Herbste 1834 mehrere plötzliche Todesfälle veranlasst halte; aber auch an drei andern von jenen entfernten Punkten im König'sberger Kreise, wo diätetische Uebelstände den Verdacht auf sich zogen, in ursächlichem Zusammenhange mit dem Anthrax zu stehen. Be-merkenswerth ist es jedoch, dass hiemit gleichzeitig gewitterliche Bewegun­gen in einer grossen Ausbreitung beobachtet wurden. Vom Anfange des Monats März bis zur Mitte des Mai ist kein Krankheits- oder Todesfall be­kannt geworden, welcher unzweifelhaft als die Folge des Anthrax halte an­gesehen werden können, — Am löten Mai, wieder zu einer Zeit, wo Ge­witter vorkamen, ereigneten sich aber von Neuem Todesfälle zu Tronkwitz, Kr. Fischhausen, von denen es feststeht, dass sie durch Anthrax hervorge­bracht worden sind. Es erkrankten daselbst vom 16. bis 31., unter einer Heerde von 30 Kühen 14 Stück, und von diesen gingen neun verloren. In Folge des eingeleiteten Verfahrens erlosch die Krankheit mit Ende Mai an diesem Orte, ja in dem Kreise Fischhausen sind keine ähnlichen Erscheinun­gen weiter bekannt geworden. — In dem hier hauptsächlich in Betracht kommenden, wegen des Umfangs und der Dauer des Anthrax einer Special­untersuchung unterworfen gewesenen Kreisen Pr. E) lau, Friedland und Heils­berg, ereigneten sich am 4. und 5. Juni die ersten Anthraxfällc. Nochmals schien der Ausbruch des Anthrax an beiden Orten nur von örtlichen Verhält­nissen abhängig gewesen zu seyn, denn er blieb im Laufe des Juni auf diese
*) Fossart Ostsee-Provinzen. B. I. p. 202, ••) Gurlt u. Hertwig Mag. B, VI.
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beiden Heerden beschränkt. Allein in den ersten Tagen des Juli erlangte diese Krankheit entschieden epizootischc Eigenschaften: Der Ausbruch des Anthrax erfolgte vom 3. Juli bis 29. Juli in 27 Ortschaften und Heerden. Im Monat August brach er noch in 7 Heerden aus. Obgleich auch noch im September an wenigen Orten neue Heerden von diesem Uebel ergriffen wurden, so dürfen sie hier doch ausser Betracht bleiben, weil darüber alle sonstigen genaueren Nachrichten mangeln, auch aus dem Angeführten her­vorgeht, dass die Epizootic und gleichzeitig ihre Ursachen, mit dem Anfange des Juli in die kräftigste Wirksamkeit getreten, am Ende dieses Monats ihre Höhe erreicht und dann allmählig abgenommen habe. — In Betracht der zuerst und in einer langsamen Aufeinanderfolge, von der Epizootie ergriffenen Oertlichkciten (Tronkwitz und Krckollen), so wie der, längere Zeit nachher erfolgten Ausbrüche des Anthrax zuGuttstadt, Schmolainen u.s.w., endlich aber in der Gegend von Bischofstein und Rössel, scheint es, dass die Epizootie von Nordwest nach Südost und von Norden nach Süden ursprünglich fortgeschrit­ten sei. Auf diesem Wege zeichnen sich einzelne Ortschaften nicht nur da­durch auf eine merkwürdige Weise aus', dass die ihnen angehörigen Vieh-heerden am frühsten von dem Anthrax ergriffen wurden, sondern es hat die Epizootie auch, nachdem sie sich an den zuerst ergriffenen Punkten als Seuche ausgebildet hatte, im Umkreise und bei strahlenförmigem Fortschrei­ten über eine grosse Anzahl von Ortschaften und Heerden, nur wenige un­berührt gelassen. Andre Ortschaften und Heerden, in welchen der Anthrax ausbrach, und beträchtliche Verluste herbeiführte, blieben im Gegentheil in einer grossen Umgegend, durchaus isoljrte, von der Seuche heimgesuchte Punkte. Unter den ersteren steht das Dorf Krekollen im Heilsberger Kreise, dicht an der Grenze des Friedländer Kreises gelegen, oben an; denn in sei­ner Nähe, und in Entfernungen von Va his 1 Vj Meilen sind in beiden ge­nannten Kreisen die Heerden von 17 Ortschaften durch die Epizootie ergrif­fen worden. Die erwähnten Ortschaften liegen in dem Flussgebiete der Alle (mit ihrem Nebenflüsschen, Pissa genannt) und umfassen einen Flächenraum von etwa sechs Geviertmeilen. Die Erdoberfläche ist in diesem Landstriche unregelmässig wellenförmig hügeligt, die unbeträchtlichen Höhen sind kegel­förmig und die Thäler bilden Kessel. An Wasser hat diese Gegend keinen Ucberfluss, Quellen fehlen in grosser Ausbreitung. Die Kultur hat diesen Mangel dadurch abzuhelfen gesucht, dass das in den Thälern sich ansam­melnde Regenwasser in grössern und kleinern Behältern aufbewahrt wird, •wodurch kleine Seen und viele kleine Teiche (Röstlachen) entstanden sind. Nur wenig mehr als ein Drittel des Flächenraums wird zum Anbau benutzt, dasUebrlge dient zur Viehweide und ist gröstentheils mit Wald bewachsen. Da in den Waldungen die Naturkräfte noch uneingeschränkt fortgewirkt haben, so finden sich in den Thälern derselben sehr ausgedehnte Sümpfe, welche nach dem Wasserstande des Jahres und der Menge des Regens, bald unzugängliche
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Wasserflächen, bald auch ein schlechtes Bruch\reideterrain darstellen. Der Grund und Boden besteht auf den Höhen aus Lehm, welcher jedoch vom strengen Thon bis zum leichten Sandlehm übergeht. In den Niederungen ist Torfmoor in grosser Ausbreitung vorhanden, und nur in der Nähe der Alle findet sich in einiger Ausdehnung Sand. Im Allgemeinen muss diese Gegend zu den ergiebigen und fruchtbaren gerechnet werden. Aehnlich, wenn gleich nicht in dem Umfange wie Erekollen, bildet Wildenhof, im Eg-lauer Kreise, einen zweiten Mittelpunkt, um welchen herum eine grosse An­zahl von Ortschaften ebenfalls von der Epizootie ergriffen worden ist. Das Verhältniss eines strahlenförmigen Fortschreitens der Seuche wird hier aber schon undeutlicher, weil an einem Endpunkte des Kreises (er umfasst 2 Ge­viertmeilen), in Orschen fast gleichzeitig mit Wildenhof, die ersten Kranken beobachtet wurden, ihnen folgten in gegenseitigen Entfernungen von i-/i bis zu 1 Meile noch 6 Ortschaften mit dem Ausbruche der Epizootie. Diese Gegend zeichnet sich inPreussen durch den Habitus eines Gebirgslandes aus; in derselben sind Berge mit grossen Waldungen, abwechselnd mit ausge­dehnten Sümpfen, welche Torfmoor zum Untergründe haben, vorherrschend. Wassermangel kann in dieser Gegend schwerlich eintreten, weil sie reichlich mit Quellen und Teichen versehen ist; die Viehweiden sind sehr umfang­reich, sie bestehen in Waldhütung an steilen Bergen und aus den schon erwähnten, sehr umfangreichen Brüchen und Moorgrund. Den dritten Punkt, wo die Seuche, nach ihrer Erscheinung an einem Orte, an mehreren zum Ausbruche kam, bildet Guttsladt im Heilsberger Kreise, 4 Meilen von Kre-kollen, am Ende der Linie, welche die Epizootie in geographischer Hinsicht beschreibt. Nachdem in Guttstadt während 14 Tagen Todesfälle vorgekom­men waren, zeigte sich die Seuche gleichzeitig in der Bichtung nach Süd­westen zu in dem Vj Meile entfernten Dorfe Glottau, und nördlich in der '/.j Meilen davon gelegenen Ortschaft Schmolainen. Guttstadt liegt in einem Thale, unmittelbar an der Alle, eben so Schmolainen, durch Glottau fliesst ein Bach. Schmolainen liegt in einem grossartigen Thale, und seine Wei­den bestehen in schönen Wiesen, dicht an der Alle gelegen, dieselben sind in der Begel jährlich mehrmaligen Ueberschwemmungen ausgesetzt. Von den isolirt durch die Epizootie ergriffenen Funkten sei es erlaubt, nur Ban­deis und Bomitten hervorzuheben, denn die übrigen gleichen in ihren Ver­hältnissen entweder den beschriebenen Oertlichkeiten, oder scheinen der Epi­zootie nur im weitesten Sinne Opfer gebracht zu haben. Bandeis ist ein Gut, 4 Meilen von Krekollen und etwa 2 Meilen von Orschen und Wilden, hof, welches in einem offnen Thale liegt, das dem Elmflusse zum Bette dient. Seine zum Ackerbau benutzten Fluren bestehen aus fruchtbarem Sandlehm, und liegen etwas erhaben gegen die, unmittelbar an der Elm sich ausbrei­tenden Viehweiden und Wiesen; diese haben durchweg Torfmoor zum Un­tergründe und sind häufigen Ueberschwemmungen der Elm ausgesetzt. Ro-
Hentlnfer, Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 11
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mitten endlich, 3 Meilen ron Bändels, ist ein Gut mit schwerem Lehmbo­den, durchaus flach gelegen; der Beisteinfiuss durchströmt einen Theil der Felder, ausserdem ist die Menge der vorhandenen Teiche sehr beträchtlich; die Viehweide besteht in einer, durchaus niedrig gelegenen Waldhütung von vielen Sümpfen und Brüchen durchschnitten. — Alle angegebenen Ver­hältnisse haben durch den Witterungslauf in diesem Jahre mannigfache Aen-derungcn erlitten; diese bestehen namentlich in einer sehr beträchtlichen Verminderung des allgemeinen Wasserstandes und den daraus hervorgehen­den Wirkungen. Die einfache Ursache dieser im hohen Grade abnormen Zustände muss eben sowohl in den Folgen des äusserst trocknen Sommers von 1834, als auch in der Zufälligkeit gesucht werden, dass die in diesem Jahre nicht gar seltenen Strichregen jene Gegenden nicht getroffen haben, während die häufig wehenden Winde das Verdunsten der vorhandenen Was­sermenge kräftigst begünstigten und so wesentlich, und abnormer Weise, lur Verminderung derselben beitrugen. Der Wasserstand in den Flüssen hatte daher ein bisher kaum beobachtetes Minimum erreicht, und in dem­selben Verhältnisse fand auch ein Zurücktreten des Wassers in den Seen und Teichen statt. Die kleinen Wasserbehälter trockneten ganz ans, und eine grosse Anzahl ist in feuchte, faulende Sümpfe verwan­delt worden; am auffallendsten stellten sich jedoch die allgemeinen Verminderungen des Wasserstandes auf den Wa Idhütun gen und namentlich in den sogenannten Brü­chen. Die Localuntersuchungen Hessen dieselben nach dem angenommenen veränderten Habitus als solche kaum wieder erkennen, jedoch wurde jeder Zweifel darüber beseitigt durch die vorhandenen, obgleich verkümmerten üeberreste der Sumpfvegetation, und durch die Versicherungen der Bewohner der Umgegend, dass an den Stellen, wo man jetzt trocknen Fusses gehen konnte, oft in mehreren Jahren, wegen des aufgeweichten Bodens oder zu grosser Tiefe des Wassers, das Vieh selten hindurch kommen kann. Im Au­gust waren diese Gründe mit einer neuen, üppigen Vegetation bedeckt, welche in so fern äusserst merkwürdig war, dass die Sumpfpflanzen, wie Calla, Cal-tha, Hottonia, Acorus, Typha, Fhellandrium, Lcdum, Cicuta, Slum, Ranun­culus, Juncus, Scirpus, Carex, in demselben Maasse verkümmerte Zwerchge-stalten hatten, als die bessern Gräser, Trifolium, ungeheure Massen von Foly-gonum, untermischt mit sehr vielem Ausschlage von Ulmus, Alnus, Populus, Tilia, Betula und Finus, im üppigsten Wachsthume, aber ganz jung, dicht den Boden bedeckten. Daneben war auf solchem Lande und in dessen Nähe ein penetranter Modergeruch bemerkbar. — Da die Landleute, eingeschläfert durch langjährige Gewohnheit, für gutes gesundes Trinkwasser zu sorgen unterlassen hatten, so mussten die Viehherden das Wasser aus den austrock­nenden Seen und Teichen, aus den tiefsten Stellen der Brüche, und damit sngleich laquo;ine Hasse vegetabilischer Fäulnisraquo; gemessen; auch entdeckte man,
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(lass dieser Vebelstand noch wesontlich dadurch erhöht worden ist, dass ei-nem fortbestehenden schlechten Gebrauche zufolge in denselben Wasserbehäl­tern, welche dem Vieh zur Tränke dienen, auch Flachs eingeröstet wird. — Was die Eigenschaften der in diesem Sommer gewachsenen Feldfrücfate be­trifft, so wurde bemerkt, dass an dem Stroh aller, der Familie der Gramineen angehörenden Getreidearten, nicht aber dem der Leguminosen, eine grosse Menge s c h w arz e r Flecken vor­handen waren, welche bei genauer Untersuchung als schma­rotzende Kryptogamen erkannt werden mussten. Nach ihrem Standorte am Halme, und auf Grund der Beobachtung, dass die durch sie erzengte Krankheit der ganzen Pflanze, die Entvickelung derselben nicht ge­hindert hat, scheint hervorzugehen, dass die Flecken etwa Tier bis sechs Wochen vorder Ernte entstanden seien, also synchronische Ursachen mit der Entwickelung der Epizootic gehabt haben können. Brand wurde im Go* treide selten, und nur in der Gerste wahrgenommen. — Der Anthrax hat sich in Preussen in diesem Jahre über die Pferde, Rinder, Schafe und Schweine, die Hunde und sogar das E1 ennwi 1 d ausgebreitet, auch ist er leider in sehr vielen Fällen auf Menschen übertragen worden. So weit die speciellen Angaben dieses gestatten, sind folgende Durchschnitts­verluste ermittelt worden: Ochsen mit Einschluss der Bullen 25,66 p. C, von den Kühen 12,34, von dem Jungvieh 10,74 pro Cent. Die Pferde ha­ben im Allgemeinen weniger von der Epizootie gelitten, es scheinen viel­mehr die an manchen Orten bedeutenden Verluste durch Ansteckung ver­ursacht worden zu sein; die Verluste betrugen 12,88 p. C. Unter den Scha­fen hat die Epizootie niemals die Form einer Seuche angenommen, sondern nur vereinzelte Verluste erzeugt; zu Romitten waren diese am bedeutendsten und betrugen 7,50 p. C. Unter den Schweinen erlangte der Anthrax eine grosso Ausbreitung, und die Sterblichkeit war beträchtlich; auch von ihnen gilt, was von den Pferden gesagt wurde, mit um so mehr Grund, als ihre Todesfälle grösstentheils auf vorgekommene Todesfälle unter Rindern und Pferden folgten; der geringere Theil derselben ist öffentlich bekannt geworden. Unter dem Elennwilde war die Sterblichkeit unbedingt am grössten, denn es wurden in der Gegend von Wildenhof von 8 Stück zuverlässigem Bestände 7 Stück todt gefunden. Die Hunde erkrankten zahlreich, nachdem sie von dem Fleische der Cadaver gefressen hatten. Unter den Menschen war der Anthrax, in den genügend ermittelten Fällen, immer die Folge der Infection; jedoch wurden auch einige, aber nicht ganz unzweifelhafte Mittheilungen ge m acht, welche eine primäre Entwjcke-lung, in Folge atmosphärischer Potenzen wahrscheinlich machen. — Der rasch verlaufende Anthrax hat sich unter Rin­dern und Schafen am häufigsten, unter Pferden sehr selten, und bei den Schweinen niemals gezeigt. Anlhraxbculen kamen häufig bei den
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Herden vor. Eben so zeigten sie sich auch oft an Rindern, Schweinen und Hunden. Aber nur in wenigen Heerden sind Thiere mit Geschwülsten, und nach einer Krankheit von mehreren Tagen zuerst abgegangen; an allen Or­ten ist jedoch diese Form beobachtet worden, wenn einige plötzliche Todes­fälle vorausgegangen waren. Bei den Pferden und Hunden waren die Ge­schwülste mit einem blasenähnlichen Ausschlage besetzt. Die Anthrax-b raune ist bei Rindern, Pferden und Schweinen beobachtet worden. Der Zungenanthrax zeigte sich vorherrschend nur in den Ortscbaften, welche ihr Yieh in der Alle tränkten. Rückenblut und Blutnetze wurden nur in wenigen Fällen als Vorläufer des Todes beobachtet. — Die Anthraxepizootie hat im Jahre 1835 eine Ausbreitung über fast sieben Mo­nate gehabt, und eine seuchenartige Fortdauer derselben hat während der Monate Juni, Juli und August stattgefunden. An den einzelnen Orten war Ihre Dauer höchst verschieden und wich, mit Ausschluss derjenigen Ortschaf­ten, wo nur einzelne Todesfälle sich ereigneten von 67 bis auf 8 Tage ab4).quot; — Indessen aus dem Frovincial-Sanitätsberichte crgiebt sich, dass die Epi­zootic keineswegs auf diese Lokalität beschränkt war, sondern dass sie auch in den entferntesten Kreisen herrschte, dass also die oben angegebene regel-mäsige Verbreitung nicht zuverlässig ist; überdies kam wahrscheinlich in manchen Kreisen der Anthrax des Geflügels auch vor: „Nach den Mitthei­lungen der Physiker des Friedländer und des Mohrunger Kreises verschonte der Milzbrand fast keine Gattung der Hausthiere; die Schafe wurden unge­wöhnlich häufig von der Kriebelkrankheit, die Schweine von einer schnell tödtenden Bräune befallen; ja es nahmen die Thiere des Waldes an den Krankheiten der Hausthiere grossen Antheil, und zwar nach Dr. Hausbrand zu Brauns­berg durch eine dem Milzbrand analoge Krankheit, die eine ungewöhnliche Sterblichkeit der Elennthiere veranlasste. Am meisten wurden Hornvieh und Schweine, im Heiligenbeiler Kreise, Schafe, am wenigstens Pferde, von dem Uebel befallen, und dann zeigten sich vorzüglich die Lungen ergriffen. Im Rosenberger und Strasburger Kreise sind abermals im August und Sep­tember viele Gänse ganz plötzlich krepirt, ihre Krankheit bestand wohl offen­bar in einer Art von Anthrax. Nach dem Berichte des Kreisphysikus D. Zuch raffte in einem Dorfe des Ortelsburger Kreises eine schnell tödtende Krankheit sämmtliche Hühner und Enten und nicht weniger, als 300 Gänse fort, letztere krepirten plötzlich, nachdem sie einige Tage vorher eine heftige Diarrhöe gehabt; bei der Section fand sich eine sehr grosse Leber und be­deutende Entzündung des Tractus intestinorum **).quot;
*) Dressler über die Ursachen der Anthraxkrankheiten. Gurltund Hertwig Magaz. B. III. p. 144. **) Sanitätsbericht des Colleg. m e d. zu Königsberg. 1885. St es Sem, p. 10, 70.
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Aus Pommern wird berichtet: „Beim Rindrieh geschieht des sogenannraquo; ten Rückenblutes vom Greiffenhagener Kreise aus während des ersten Quar­tales Erwähnung. Das Blutharnen wurde zu Alt-Damm in mehreren Fällen schnell tödtlich; während des ersten Quartals wird es ferner vom Greiffen­hagener, ebenso auch vom Greiffenberger Kreise aus angemerkt. Auch an Fäl­len von Milzbrand fehlte es nicht; derselbe herrschte während des ersten Quar­tals (Juli, Aug. Sept.) in Gollnow, Slettiner Reg. Bez., und im Cösliner Reg. Bez.brach er in zwei Dörfern des Belgardter Kreises aus, wo er von schlech­ter Moorweide und vom Mangel einer guten Tränke herzurühren schien*).quot;
Aus Brandenburg: „Auch in diesem Jahre ist der Milzbrand in ge­ringerer Verbreitung vorgekommen, als man nach der grossen Hitze und Trockenheit des Sommers erwarten durfte. Doch hat sich die Krankheit in diesem Jahre mehr als sonst abhängig von dem genannten Witterungsein­flusse gezeigt, denn sie fand sich nicht früher als im Monat Juli ein und verlor sich bei der kühleren Herbstwitterung wieder. Im Dorfe Lütte (Zauch-Belziger Kreises) fielen im Juli 60 Haupt am Milzbrande **).quot;
Grossherzogthum Niederrhein: „Der Milzbrand erschien in diesem ganzen Jahre ungleich seltener als in dem vorigen, und gewann fast nir­gendwo den Charakter einer Epizootie. In Betreff seines Verhältnisses zu den verschiedenen Hausthiergattungen hat sich ergeben, dass die Schweine unter der Form von Bräune und Hinterbrand, am häufigsten das Rindvieh, gewöhnlich unter der Form des acuten Milzbrands, weniger und am selten­sten die Schafe ergriffen worden sind; die Pferde blieben ganz verschont, so wie denn unsres Wissens noch niemals eine Milzhrandepizootie unter die­sen Thieren in unsrer Provinz vorgekommen ist. Kreisthierarzt Zirkel be­handelte einzelne Fälle von Milzbrand beim Hornvieh im 1. Quartal in Pütt und Straaten, Kreises Heinsberg. Hier Hessen sich niedrige dumpfe, mit Gruben, worin alle Unreinigkeiten zusammenflössen, versehene Ställe als Ursache nach­weisen. Während des 'iten Quartals erschien die Krankheit häufiger, obgleich immer nur einzelne wenige Thiere in einem Orte ergriffen wurden, so zu Wissersheim, im Kreise Düren, und zu Broich im Kreise Jülich; an beiden Orten konnte über die Localursache nichts Bestimmtes ermittelt werden. In dem Landkreise Aachen erschien der Milzbrand gegen Ende April in dem Dorfe Busbach, wo er im vorigen Jahre 67 Stücke fortgerafft hatte und seit 4 Monaten verschwunden zu sein schien. Gegen Mitte Mai zeigte er sich zu Aisdorf, wo meistens nur Kühe befallen wurden, welche während des Win­ters Mangel gelitten hatten und bei denen durch den reichlichen Genuss ei­nes üppigen Futters Vollsaftigkeit entstanden war. In dem Dorfe Müggen-
*) Sanitätsber. von Pommern 1835 2 t es Sem. p. 161, *deg;) Brandenburger Sanitätsber. 1835 p. 865.
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hausen (R. B. Coin), wo der Milzbrand im vorigen Jahre viele Opfer for­derte, wurden noch einzelne Stücke ergriffen; auch hier blieben die Local-ursachen unbekannt. Man will beobachtet haben, dass zwei Kühe, die mit Pflanzen gefüttert wurden, welche auf der Stelle, wo eine am Milzbrande krepirte Kuh begraben war, gewach­sen waren, gleichzeitig am Milzbrande erkrankten und krepirten. Auch während des 3ten Quartals erschien der Milzbrand in der Regel nur sporadisch: So sah ihn der Kreisthierarzt Zirkel während der Monate Juli und August in den Bürgermeistereien Waldenrath, Wehr, Gan­gelt und Wurm. Nur die dumpfigen Ställe, in denen kein Luftwechsel statt fand, konnten als Ursache angesehen werden. So sah ihn Kreisthierarzt Weynen im Kreise Aachen zu Urefeld, Horfeld, häufiger seit Mitte Juli zu Grcssenich. Kreisthierarzt Weinberg sah den Milzbrand zu Dürrwiss, im Kreise Jülich, und zu Merken, im Kreise Dfiren. Selbst im 4ten Quartale dauerte das mehr oder weniger häufige, immer aber mehr sporadische Vor­kommen des Milzbrandes fort: Kreisthierarzt Collig beobachtete ihn in der Gemeinde Lipshausen, R. B. Coblenz, seit Ende Juli bis zum 15. Nov.; drei Schweine und zwei Hunde, welche von einem am Milzbrande krepirten Stück Vieh Fleisch gefressen hatten, bekamen Anthraxbeulen am Halse. Kreisthier­arzt Weynen sah den Milzbrand in der ersten Hälfte des November zu Kor-neli-Münster, Kr. Aachen, wo er unter den gewöhnlichen Symptomen mehrere Stücke fortraffte und dann verschwand. Im Reg. Bez. Trier wurde der Milz­brand seit August bis Mitte November in mehreren Orten der Kreise Saar­brücken und Saarlouis und zwar, wie Kreisthierarzt Kautz ausdrücklich be­merkt, häufiger als in andern Jahren beobachtet. Ueher die ursächlichenVerhältnisse des Milzbrandes in Friesheim theilt Kreisthierarzt Schöngen Folgendes mit: Schon seit vielen Jahren hat diese verheerende Seuche in Friesheim unter dem Rindvieh gewüthet; manche Hypothese ist über die Ursache davon aufgestellt und alle bisher angewandten Mittel die Seuche zu tilgen, blieben ohne Erfolg .... Eine andre Ursache ist, wenn Vieh Futlerkräuter geniesst, welche an denjenigen Stellen, wo das am Milzbrande um­gestandene Vieh begraben wurde, gewachsen sind. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass hierdurch die Seuche entsteht.... Die Anthraxbräune der Schweine herrschte während des zweiten, insbesondere aber gegen Ende des dritten Quartals in allen Regierungsbezirken und raffte besonders in den gebirgigen Gegenden viele Thiere fort. Das Austreiben der Schweine auf die Stoppelweiden während der heissen Witterung bei Mangel an hinlänglichem und gesundem Wasser u. s. w. schien vorzugs­weise die Entstehung der Krankheit begünstigt zu haben. Den sogenannten Hinterbrand, eine ebenfalls milzbrandartige Krankheit der Schweine, beobach­teten besonders die Kreisthierärite Lichte und Kautz. Nach dem Berichte des ersteren kam die Krankheit häufiger als in andern Jahren vor und raffte
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in seinem Veterinärbezirke mehrere hundert Stücke fort. Kreisthierarzt Kautz berichtet: Diese unter den Schweinen hiesiger Gegend, schon seit mehreren Jahren, besonders im Frühjahre und Spätsommer öfters vorgekommene Krank­heit, lödtele auch in diesem Jahre viele, vorzüglich junge Schweine. Man beschuldigt Hitze und Trockenheit, Mangel an Wasser, oder doch an gesun­dem Wasser, trockne, kahle, dürre Weidestriche, starkes Erhitzen durch Trei­ben, unreine, dumpfige Ställe, saure verdorbene Nahrungsmittel u. dgl. So viel ist indessen ausgemacht, dass die Krankheit auch schon an solchen Orten vorgekommen ist, wo die genannten Verhältnisse, mit Ausnahme der Witte­rung, nicht stattfanden*).quot;
Aus ziemlich allen Provinzen des Osterreichischen Staats wird das sporadische, doch nirgends ein epizootisches Vorkommen des Milzbrands berichtet**); nur in Böhmen scheint derselbe unter dem Geflügel mehr verbreitet gewesen zu sein: „Anthraxleiden unter dem Geflügel beobachtete ich selbst in unsrer Hauptstadt in einem Hause unter wohlgenährten, fetten Hähnen und Kapaunen vom März auf den April, wo an einem Tage mehrere Stücke, bei denen sich früherhin nicht das geringste Unwohlsein bemerken liess, die noch kurz vorher hastig frassen und freudig gackerten, wie vom Blitz ge­troffen während des Fressens niederstürzten; die nachfolgende vorgenommene Besichtigung und Obduction der Cadaver zeigten aufs Deutlichste die bekann­ten Anthraxcrscheinurgen, nämlich schwarzes, klumpiges, kohliges Blut in den Venen der Hintcrleibsorgane, den Kropf und Magen gefüllt mit unverdauten, aber weichen Futterkörnern, das Oberhäutchen dieser Organe schwärzlich, aufgelöst, totale Fäulniss und äusserst argen quot;Gestank des Cadavers, weiches, braunes, aufgelöstes Muskelfleisch bei überhäuftem gelbem, sulzigem Fett in den Baucheingeweiden. So wurden auch laut eines Umlaufschreibens der k. k. Stadthauptmannschaft vom siebenten April die Polizeibezirksärzte in Kenntniss gesetzt, dass nach einer Anzeige des Kaurzimer Kreisamts vom 6. April in mehreren Dörfern dieses Kreises die Anthraxseuchc unter dem Geflügelvieh ausgebrochen sei und hieran bereits eine bedeutende Anzahl Hühner, Gänse u. s. w. eingegangen seien***)quot;.
In der Wetter au war der Milzbrand sehr häufig, und verursachte In-fectionen von Menschen **'*). — In der S c h w e i z war der Rothlauf der Schweine sehr verbreitet f).
#9632;
•) Rheinischer Sanilätsber. 1835. Yet. p. 88. quot;) Heusing-er a. a. 0. p. 401. •deg;*) Kahlert: Clams u. Radius Beitr. B. III. p. 105. •quot;raquo;) S. N. 283 und 284.
f) v. Pommer Schweiz. Zeitschr.. B. II. p. 41S. B. IV. p 272. — Archiv Schw. Thierarzte. VII. p. 818.
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In Frankreich kamen wenigstens Milzbrandepizootien im Süden und im Norden Tor*).
1836. Aus dem Norden fehlen mir Berichte. In Curland soll der Milzbrand selten gewesen sein. — In Pommern wurden verschiedene Formen des Milzbrandes beim Rindvieh an mehreren Orten beobachtet. Bedeutender Schaden geschah durch diese Seuche in dem Dorfe Schönfeld, Randower Kreises, woselbst auch von derselben viele Schweine ergriffen wurden. Rück-sichtlich dieser Krankheit incnlpirt der Kreisthierarzt Kuhlmann, gestützt auf mehrjährige Beobachtungen, die feuchten sumpfigen Weiden, und das auf denselben stets anzutreffende moorige Trinkwasser. Des sogenannten Rücken­blutes geschieht aus mehreren Kreisen des Stettiner Regierungsbezirkes Er­wähnung, und erzählt der K. Th. Kuhlmann, wie eine Frau in Folge des Rückenblutstreichens, welches sie mit entblössten Armen vorgenommen hatte, am Anthrax gestorben sei. Die Schweine litten im Stettiner Regierungsbe­zirk viel am Milzbrand**).
In Brandenburg kamen beim Rindvieh als seuchenartige Krankheiten nur Lungenseuche, Milzbrand und Lecksucht, und auch diese nur an einigen Orten vor; die geringe Ausdehnung dieser Kraiiheiten scheint hauptsächlich darin begründet zu sein, dass im Jahre 1836 fast nirgends U eher schwem­mungen der Weide statt fanden, dass die Sommerhitze nicht anhaltend drückend, die Herbstwitterung aber günstig war. Der Milzbrand zeigte sich am frühesten zu Jeserich bei Brandenburg im Mai, nachdem die Thiere 6 Tage lang die Weide genossen hatten. Bald darauf auch in Golzau, und dann in Lütte (Fotzdamer R. B.). Am letzleren Orte herrschte er zugleich unter den Schafen, und sowohl bei diesen, wie auch bei den Rindern trat er in den meisten Fällen in der apoplektischen Form auf. Wassermangel konnte an diesen Orten das Uebel nicht veranlasst haben, es scheint vielmehr dadurch herbeigeführt worden zu sein, dass die Heerden viele sandige Trif­ten in grossen Staubwolken passiren mussten, und dass die Weiden zum Theil niedrige Bruchweiden waren, deren Sumpfluft wahrscheinlich nachtheilkh wirkte. Um die Mitte des Juni brach der Milzbrand in Braedikow (West-havellländisch. Kr.) unter dem Rindvieh aus, und es fielen in wenigen Tagen 3 Stück. Im Juli und August zeigte sich das Uebel hin und wieder, jedoch nur bei einzelnen Stücken unter den Rindern, Schafen und Schweinen; aber um die Mitte des September trat dasselbe unter den Rindviehheerden verschie­dener Gegenden der Provinz, am meisten jedoch in mehreren Dörfern des R. B. Potsdam, fast gleichzeitig auf, und richtete, trotz der getroffenen Vor­kehrungen, namentlich unter der Heerde des Dorfs Stechow (Westhavell. Kr.)
•) S. N. 275. 279. 280. ••) Pommerscher San. Ber. 1836. 1. p. 148.
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grosse Verheerungen an. Im Oktober waren zu Neuendorf (Cottlmsser Kr.) unter den Rindviehheerden einzelne Stücke plötzlich, ohne besondere Krank­heitserscheinungen, todt hingefallen. Am 5. Not. waren in demselben Orte wieder zwei Stücke gefallen, in denen man bei der Oeffnung die dem Milz­brande eigenthümlichen Erscheinungen fand. Als Krankheitsurache liess sich hauptsächlich das Weiden des Viehes in den im Frühjahre abgelassenen Teichen, wo sich während der Sommerhitze aus dem Schlamme und den faulenden Yegetabilien Sumpfluft entwickelt, annehmen, denn alles andere, dort nicht gehütete Vieh blieb gesund; im Ganzen giengen 8 Stück ver­loren, und es wurde der Krankheit dadurch Einhalt gethan, dass man diese Hütung gänzlich vermied, und den Thieren dafür gutes Heu, Kartoffeln, Rüben und reines Brunnenwasser gab. — Die Blutstaupe der Schafe, eine der gewöhnlichsten Arten des Anthrax dieser Thiere, die in manchen Gegenden fast alljährlich als Enzootie herrscht, in der Provinz Brandenburg aber fast nur als Epizootie vorkömmt, befällt hier gewöhnlich die güste gebliebenen und die am besten genährten Mutterschafe bei reichlicher Nahrung im Som­mer und Herbst, besonders bei körnerreicher Stoppelweide. Im Jahr 1836 erschien sie unter solchen Umständen im August, September und Oktober an mehreren Orten; sie erreichte jedoch nirgends einen bedeutenden Umfang, weil die Schäfereibesitzer fast überall sogleich das aus Erfahrung ihnen be­kannte Mittel gegen das Uebel benutzten, nämlich die Heerden auf eine magere Weide zu versetzen. Dagegen fand der Kr. Th. Raabe in Königsberg i. d. N. die Krankheit sehr bösartig und verheerend im Monat August zu Klein-Mantel im Königsberger Kreise. Der Kr. Th. Hahn in Züllichau sah auf einem Gute unter einer 400 Stück starken schönen Mutterheerde die Blutstaupe dadurch entstehen, dass die Schäferknechte mehrere Nächte hindurch von den in einem Schoppen aufbewahrten, theilweise dumpfigen und überhaupt verdorbenen Roggengarben den Schafen heimlicher Weise vorgelegt hatten. Die Krankheit trat in apoplektischer Form und so gefährlich auf, dass selten ein davon befallenes Schaf über 1/4 Stunde fortlebte. In der Regel wurden die Thiere bei der Raufe und während sie noch Heu oder anderes Futter kauten, von Zittern und Taumeln am ganzen Körper ergriffen, dann traten heftige Zuckungen und am Maule schaumiger Speichel ein, worauf der Tod schnell unter convulsivischen Verzerrungen des Körpers erfolgte *).
Auch in Schlesien kam der Milzbrand oft vor; eine Epizootie, die Lowak beschreibt (Nr. 308) müssen wir, wegen der angegebenen Aetiologie und Nosogenie mittheilen: „In Schädlitz bei Pless erzählte mir der dortige Beamte, dass in einer Zeit von zwei Tagen, und zwar in der Nacht vom 20. bis zum Morgen des 22. Mai 1836, 13 Lämmer nach kurzem Kranksein unter Krämpfen gestorben seien. In den folgenden Tagen bis zum 27. er-
*) Brandenburg. San. Ber. 1836. p. 176. 186,
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Irankten von 100 Lämmern noch 52, von denen 51 starben. — Die noch gesund scheinenden Lämmer waren ziemlich gut genährt; die Wärme des Körpers war gleichmässig verbreitet, die Haut blassroth, also wie im gesunden Zustande gefärbt, die Maulhöhle hatte die normale Wärme und die Absonde­rung der Maulschleimhaut war regelmässi^. Aus den Xasenlöchern der Läm­mer floss eine gelblichweisse, ziemlich consistente Flüssigkeit, auch husteten sehr Tiele Lämmer. Fieberbewegungen waren nicht bemerkbar. Die Fresslust war nicht so gut wie früher, und das Wiederkäuen geschah nicht so regelmässig und lebhaft, wie sonst. Die Ohren hiengen schlaff herab. Bei dem Gehen be­merkte man, besonders in dem Hintertheile, ein gewisses Gespanntsein, denn bei der Fortbewegung wurden die hintern Gliedmassen beinahe ganz steif auswärts bewegt nach vorn gesetzt. — Während noch gesund scheinende Lämmer Futter zu sich nahmen, bekamen sie heftiges Zittern über den gan­zen Körper, Hessen vom Fressen ab, stellten zuerst die hinteren, etwas später auch die vorderen Gliedmassen weit auseinander, konnten sich nicht mehr aufrecht erhalten, taumelten und zeigten dabei grosse Bewusstlossigkeit, denn sie stiessen heftig an Gegenstände, ohne die Einwirkungen derselben zu empfinden, stürzten endlich nieder, bekamen Convulsioncn und Krämpfe, wobei besonders Hals und Kopf krampfhaft nach hinten und seitwärts gezogen wurden. Dabei schlugen die Lämmer heftig mit den Füsscn, schäumten aus dem Maule, knirschten mit den Zähnen und bissen sinnlos in Stroh. Das Äthmen geschah sehr frequent und unregelmässig, der Puls war unregclmässig gegen 100, später jedoch gar nicht und der Herzschlag auf beiden Seiten fühlbar. Das Auge war glänzend und hervorgedrängt, der Blick stier, die Pupille sehr erweitert und gelähmt, denn starke Lichtreize waren unvermögend eine Ver­engung derselben hervorzubringen. Die Schleimhäute hatten eine dunkelrolhe Färbung; die haarlosen Theile waren jetzt fast blass, auch trat ein kalter klebriger Schweiss ein. Der Paroxysmus dauerte bei Jüngern fünf, bei altern und stärkern Lämmern bis zehn Minuten. Hierauf fanden noch einzelne eonvulsivische Bewegungen der Halsmuskeln statt, nach denen Erschlaffung des ganzen Körpers eintrat. Jüngere Lämmer erlebten selten einen zweiten Anfall, sondern sie starben entweder nach einer oder höchstens drei Stunden des wirklichen Erkrankens. Aeltere Lämmer standen einige Zeit nach dem Paro­xysmus auf, und versuchten zu gehen, welches jedoch nicht vollkommen gelang, und starben nach dem zweiten, dritten oder zuweilen nach dem vierten An­fall in zwei bis acht Stunden. Die Erscheinungen bei der Section entspra­chen denen des Anthrax acutissimus, mit vorzugsweiser Affection der Lungen. — Die Ursachen welche bei den in Rede stehenden Lämmern den Schnupfen hervorbrachten, sind: Das im Frühjahre zu zeitige Austreiben auf die noch bereifte Hatung, und durch die Wäsche, welche bei nasskaltem Wetter vor­genommen wurde, ist dieser Schnupfen bedeutend verschlimmert worden. Vor und bis zur Anthraxseuche fanden nachstehende Naturereignisse slatt;
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Im Monat April herrschte nasskaltes Wetter, erst Anfangs Mai bekamen wir die ersten warmen Tage, am 10. Mai wurde die Temperatur der Atmosphäre noch wärmer, und Nachmittags zeigten sich Gewitter und Regenwolken, welche sich durch Regengüsse und heftige Blitze und Donner entluden. Bis zum 14. Mai war heiteres Wetter; an diesem Tage wurde die Wärme sehr bedeutend, ja sogar drückend schwül, bis endlich durch das Entladen eines sehr schweren Gewitters unter Hagelschlag und Regengüssen die Temperatur der Athmosphäre sank. Nach diesem Gewitter war der Himmel klar bis zum Mittag des andern Tages, wo sich Wolkenschichten sammelten, welche die Sonne unsichtbar machten. Schwüle Luft mit gewitterlichen Explosionen und einzelne Regengüsse fanden am 16., 17. und 19. Mai statt. Vom 30. Mai war bis Ende schönes Wetter. Diese grossartigen elektrischenPhaenomene haben höchstwahrscheinlich bei den Lämmern diese Anthraxseuche herbeigeführt. Dass solche grossartige elektrische Bewegungen in der Athmosphäre auf den Gesundheitszustand der lebenden Wesen einwirken, zeigt: Dass bei einer schwülen Gewitterluft die Irritabilität aller Organe deprimirt wird, und Schlaffheit des ganzen Körpers eintritt, mithin erfolgen alle thierischen Functionen nicht mit der gehörigen Energie. Das Blut bei an Anthrax gestorbenen Thieren wird dunkelschwarz und in einzelnen Organen angehäuft gefunden. Diese Schwarzfärbung des Bluts beruht in einem nicht Tollkommenen Decarbonisationsprocess, und da die Athmosphaere durch die Lungen mit dem Blute in innige Berührung kommt, so muss eine solche elektrische Spannung der Luft ähnliche Störungen in den Verrichtungen der Lungen hervorbringen, welche die verminderte Nerven-thätigkeit bedingen. Was die Ansteckung und das Contagium dieser Anthrax­seuche betrifft, so lässt sich nur Folgendes angeben: Mehrere Lämmer sogen noch an ihren Müttern, ohne dass eine Ansteckung erfolgte. Bei der Sec­tion verwundete ich mich selbst, ohne inficirt zu werden. Im Anfange waren auch die Lämmer mit den Schafen in einem und demselben Stalle, also in enger Berührung, und dennoch erkrankte kein Schaf. Hieraus lässt sich entnehmen, dass sich in diesem Falle kein Contagium entwickelte, mithin die Krankheit eine reine Epizootie war. — Das Wesen der Krankheit mag nur in der dunklen Färbung des Blutes zu suchen sein, und da nach physiologi­schen Beobachtungen die schwarzrothe Farbe des Blutes von einer zu grossen Menge Kohlenstoff herkommt, so ist bei diesem apoplektischen Anthrax ein zu reichlicher Gehalt von Kohlenstoff in dem Blute vorhanden. Die Hyper-carbonisation des Bluts entseht durch die Deprimirung der Beizbarkeit im Nerven- und Gefäss-Systeme. Mithin kann man als besondere Ursache des Anthrax die Deprimirung der Functionen des Nervensystems und der Irri­tabilität ansehen, wodurch die Entkohlung des Bluts beeinträchtigt wird; auch mögen durch diese die übrigen Symptome hervorgerufen werdenquot; *)
deg;) L o wak: fJnrlt u. Hertwig Magaz. B. VI. p. 17,
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Im Königreich Sachten kam nach Prinz der Milzbrand unter Pferden und Rindern vor*).
In den Oesterreichischen Staaten scheint der Milzbrand nur ein­zeln vorgekommen zu sein; doch verheerend*').
Häufiger kam die Krankheit, vie oben angeführte Schriften zeigen, im I'reussi sehen Sachsen und in der Wetterau vor.
Aus dem Grossherzogthum Niederrhein wird berichtet: Der Milz­brand kam während des ganzen Jahres nicht häufig und in allen Fällen nur in einzelnen Ställen oder bei einzelnen Thieren vor. Das Rindvieh litt am meisten und zwar in der Regel am acuten Milzbrande. Unter den Schweinen erschien er als Bräune und Hinterbrand. Dass Schafe ergriffen worden sind, davon ist nur ein Beispiel bekannt geworden
In Frankreich kam er im Süden und im Elsass vor, in kleinen Epi-zootien.
1837. Aus Finnland wird aus diesem, wie im vorigen Jahre aus­drücklich bemerkt, dass keine bedeutenden Epizootien vorgekommen sind. — Aus Brandenburg dagegen wird berichtet: „In Pernitz (Zauch'scher Kr.) entstand schon im Mai der Milzbrand unter den Pferden. Er trat in der Form einer brandigen Lungeltentzündung auf, und tödtete die ergriffenen Thiere sehr schnell. In Ffirslcnberg (Gubcner Kr.), wo auch gleichzeitig der Milzbrand unter dem Rindvieh herrschte, erkrankten und fielen vom 18. August bis zum 24. Sept. 7 Stück von 30 daselbst gehaltenen Pferden. Als Ursache nahm man hier an, dass die Thiere frühzeitig auf die grösstenthells noch überschwemmte Weide getrieben und der nach dem Zurücktreten des Wassers entwickelten Sumpfluft, so wie dem grellen Wechsel der Temperatur, welcher im Juli zwischen den heissen Tagen und den kühlen Nächten bestand, ausgesetzt worden sind. — Unter dem Rind­vieh kam der Milzbrand schon im Mai und Juni an mehreren Orten des Potsdamer Reg. Bez., wie namentlich in Stollen (Westhavell. Kr.) vor. In den meisten Fällen hatten die Thiere auf einem überschwemmt gewesenen Hütungsrevier geweidet. Im Juli, August und bis Ende September trat die Krankheit fast in allen Kreisen der Provinz auf, doch nirgends als eine so ausgebreitete Epizootie, wie in manchen früheren Jahren. Zu Fürstenberg (Gubcner Kr.) erkrankten vom 31. Juli bis zum 24. Sept. unter der 200 Stück zählenden Heerde 35 Stück, von denen 24 Kühe und ein Stammochse fielen und 10 Stück genasen. Das Vieh war wegen Futtermangel frühzeitig auf die zum Theil noch hoch überschwemmte Weide gebracht worden, wo es nach dem Fallen des Wassers das verschlammte Gras aus Hunger verzehrte.
') Claras u. Radius Beitr. B. IV. p. 209. ••) Heusinger a. a. O. p. 420.
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auch Nachts auf der Weide blieb und so beständig der aufsteigenden Sumpf-luft ausgesetzt war. Unter der ebenfalls 200 Stück zählenden Zugvieh-heerde desselben Orts, die aber auf keine überschwemmt gewesene Weide gekommen war, erkrankte kein Stück. In der Gubener Vorstadt in Frank­furt erkrankten vom 23. bis zum 27. Juli 4 der bestgenährtesten Kühe am Milzbrande und fielen nach wenigen Stunden. Als veranlassende Ursachen beschuldigte man auch hier das Weiden auf der im Frühjahr unter Wasser gestandenen Hütung und zum Theil auch das nachlässige Tränken der Thiere in der Oder an einer Stelle mit steilem Ufer und mit thonigem Grunde, weshalb das Vieh vermied, in das Wasser zu gehen und seinen Durst hin­reichend zu stillen. Auf einem unweit Lebus und der Oder gelegenen Vor-#9632;werke waren die Kühe und das Jungvieh auf einer niedrigen Acker­fläche, die durch Regen und Stauwasser spät im Frühjahr überschwemmt ge­wesen, eine Zeit lang gehütet worden. Gegen Ende des August erkrankten binnen 4 Tagen 2 Kühe und 1 Stier am Milzbrande und fielen nach 5 bis 12 Stunden. Im Sternbergcr Kreise erschien der Milzbrand unter den Rind-viehheerden zu Frauendorf, Költschen und Limmritz, ebenfalls in Folge des frühzeitigen Austreibens auf die niedrig liegenden, überschwemmten Hü­tungen *).
In Oesterreich kam der Milzbrand auch nur an einzelnen Orten vor.
Im Grossherzogthura Niederrhein: Der Milzbrand beschränkte sich wie im vorigen Jahre auf einzelne Orte und Ställe. Seit langer Zeit halten wir keinen Sommer mit so vielen und starken Gewittern, und dennoch war der Ausbruch dieser Seuche auffallend selten. In den Kreisen Bergheim, Euskirchen und Köln erschien sie fast gleichzeitig zu Ende Januars bei trü­bem nassem Welter und Südwestwind. In dem Kreise Bergheim, wie in den andern, kam sie in einzelnen Stallungen vor, hier aber unter den ein und zweijährigen Rindern, complicirt mit besonderer Affection des Schlund- und Kehlkopfs. Drei Stücke krepirten daran und eins wurde hergestellt. In dem Kreise Euskirchen krepirten innerhalb 12 Stunden 4 Stück zweijährige Rin­der; in dem Kreise Köln fiel 1 Stück bei einem Eigenlhümer, der weiter keins besass; derselbe Fall ereignete sich in Vochem, einem Orte am Vor­gebirge, wo ausser einigen andern kleinen Ortschaften in der Nähe fast all­jährig einzelne Stücke am Milzbrand erkranken. Zum zweitenmal und eben­falls gleichzeitig erschien diese Seuche zu Anfang Oktobers in dem Land­kreise Köln, zu Stotzheim, und in dem Kreise Euskircken in Erp, gleich­falls bei Südwestwind; in dem ersten Orte waren 3 Stück gefallen, und sonderbar genug zuerst zwei Kälber, die ausser Milch noch kein Futter erhalten hatten. Dieses Ereigniss ist selten und liefert
quot;} Brandenburg. San. Ber. 1837. p. 158,
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den Beweis, dass die Krankheit wirklich entstehen könne, ohne dass den Futterstoffen ein vegetabilisches Gift inhärire*). Das dritte gefallene Stück war eine Kuh, welche in demselben Stalle mit den Kälbern gestanden hatte. Zwei andre Kühe waren bei der ersten Untersuchung ausserdem noch krank, so wie der übrige Yiehstand aus demselben Stalle auch etwas kränkelte. Das Vieh wurde auf dem Stalle gefüttert und erhielt nur? Klee, der bei näherer Untersuchung sehr gut schien. Die Temperatur war seit mehreren Tagen massig, indem die vorangegangene starke Wärme sehr nachgelassen. In Erp fielen ein einjähriges Kalb und 3 Kühe, die Krankheit beschränkte sich ebenfalls auf einen Bauernhof. Der Krth. Schöngen beschuldigt als Ursache das Getränk, zu welchem Wasser benutzt worden war, worin Flachs zum Faulen gelegen hatte; die Krankheit war bald nach Benutzung dieses so verderbten Wassers entstanden; derselbe führt noch an, dass er die­ses Ergebniss im Jahre 1836 in der Gemeinde Kerpen ebenfalls beobachtet habe. — Im Regierungsbezirke Düsseldorf kam der Milzbrand nur au drei Orten und bei einigen Thicren vor. Merkwürdig ist das wiederholte Er­scheinen desselben auf dem Emmericher Eilande im Kreise Cleve, worüber Krth. Sauberg Folgendes mittheilt: Das Emmericher Eiland enthält unge­fähr 1200 Morgen Weideland von der besten Qualität; ziemlich in der Mitte desselben hat ein Oeconom eine etwa 8 Holländische Morgen grosse Weide, deren Lage weder sehr trocken noch nass ist und keinen Unterschied dar­bietet von den angrenzenden Weiden. Nur auf dieser Weide krepirten seit 1S34 über 30 Stück Rindvieh und mehrere Pferde am acuten Milzbrande, und fast jedes Jahr zu derselben Zeit, nämlich vom Monat August an; in diesem Jahre Hess der Eigcnthümer nur Jungvieh auf diese Weide, weil er die Bemerkung gemacht hatte, dass das beste, kräftigste und stärkste Vieh am schnellsten hinweggerafft wurde, hingegen das junge und schlechte Vieh besser den Einflüssen widerstehen konnte; dennoch krepirten wieder mehrere Thiere und zwar nach kaum einstündigem Kranksein; ein Hund, welcher von den Cadavern gefressen, krepirte, uhd ein Kalb, dem man das Wasser zu saufen gegeben, womit die Leute, welche die Thiere abgezogen, sich ge­waschen hatten, starb am Milzbrand. Vieh, welches spät im Sommer oder Herbste auf diese Weide getrieben, starb leichter als solches, welches von Anfang des Frühjahrs auf der Weide gewesen; eben so widerstand das Jungvieh leichter als das Fett- und Milchvieh. Der Eigenthümcr hatte schon früher eine neue Tränke angelegt, alles Unkraut ausrotten lassen und den­noch ist die Krankheit nicht getilgt worden, auch ist es nicht gelungen, die Ursache davon aufzufinden. — Im Regierungsbezirke Aachen war der Mili-
*) Keineswegs; es wird H. Mecke bekannt sein, wie z. B. Mutterkorn den tragenden oder saugenden Müttern, die es genossen, nicht schadet, wohl aber den Jungen,
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Wand häufiger, als in andern Gegenden, dennoch aber immer nur auf ein­zelne Tliierc beschränkt und im Ganzen seltener als in früheren Jahren. Zu Bürdenich und Wollersheim fielen ausser einigem Rindvieh auch gegen 40 Schweine. In Stetternich, Kr. Jülich, fielen einige Stück Rindvieh; beim Abledern der zuerst gefallenen Kuh verletzte sich ein Mann am Daumen und bekam einen Karbunkel; ein Hund, der von dem Fleische einer umgestande­nen Kuh gefressen, krepirte am dritten Tage am Milzbrand. Im Dorfe Gres-senich, wo im Juli etwa 9 Stück Vieh am acuten Milzbrand fielen, waren die gewöhnlich als Ursachen beschuldigten Verhältnisse, faules Wasser, dumpfe Ställe n. s. w., nicht aufzufinden; das Dorf liegt auf einer Anhöhe, und es mangelt weder an frischer Luft, noch hinreichender Nahrung, noch frischem Wasser. Das Wasser, welches in verschiedenen Bächen die Kuh­weiden umgibt, entspringt in deren Nähe ganz frisch und kalt aus ver­schiedenen Quellen. Im Kreise Geilenkirchen raffte der Milzbrand nur einige Stücke in zwei Gemeinden fort. Im Regierungsbezirk Coblenz fielen einige Stücke Rindvieh in den Kreisen Wetzlar und St. Goar. Die Anthraxbraune herrschte unter den Schweinen mehrerer Orte der Eifel und des Westerwaldes.
In der Schweiz scheint der Milzbrand sehr häufig gewesen zu sein. Die im folgenden Berichte aus Solothurn erwähnte Krankheit der Pferde hat ihm wahrscheinlich auch angehört, die der Schweine ohne Zweifel. Krankheiten der Pferde: Im Aug. und Sept. behandelte der Thierarzt meh­rere Pferde an typhösen Fiebern; die Krankheit kündigte sich gleich bei ihrer Entstehung durch wüthendes Toben, durch Raserei an, worauf gänz­liche Unempfindlichkeit und Koller folgten. Gastroenteritis zeigte sich vor­züglich im Herbste und Anfang Winters nicht selten, weil zu dieser Zeit bei dem Dreschen des Getraides die Pferde so häufig kurzes Stroh und leich­tes Getraide, das beim Schwingen und Sieben erhalten wird, bekommen. Krankheiten des Rindviehs: Milzbrand; schon seit mehreren Jahren beob­achtete ihn der Bezirks thierarzt in Solothurn und Labern bald mehr, bald weniger bösartig; im Juli 1837 tödtete die Krankheit auf dem Berge Schaf­matt 4 Stücke aus einer Heerde von 38 und zwar die kleinsten aus dersel­ben, wesswegen sich annehmen liess, dass diese den Winter über schlecht genährt, und vorzüglich im Frühjahre an Futter Mangel leidend, auf einmal nun auf eine üppige Weide versetzt, daselbst in kurzer Zeit erstaunlich zu­nahmen, wodurch leicht zu Anhäufungen und Stasen in den Gefässen der Pfortader und der Verdauungsorgane überhaupt Veranlassung gegeben und so die Thierc zum Milzbrand vorbereitet wurden, der dann auch bei der grossen und anhaltenden Sommerhitze ausbrach. Im gleichen Monate standen auch drei Stücke Vieh auf dem Berge Nesselboden in wenigen Tagen am Milzbrande um. Noch nie beobachtete derselbe Thierarzt schwere Geburten und Nachgeburtszögerungen so häufig als im Jahr 1837. Krankheiten unter den Schweinen: Rothauf derselben (Febris erysipelatosa maligna). In den
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Bezirken Solothura und Labern, und wie es schien auch in andern Bezirken des Cantons war er wegen seiner Tödtlichkeit und Häufigkeit die verderb­lichste Krankheit unter den Hausthieren im Jahr 1837; er herrschte den ganzen Sommer hindurch Lis tief in den Herbst und immer mit gleicher Bösartigkeit; die Symptome bestanden in grosser Ermattung der Thiere, Man­gel an Fress- und Sauf-Lust, schverem, schnellem Äthem, bald warmen, bald kalten Gliedmassen, beständigem Wühlen mit der Schnauze im Stroh oder noch lieber in frischer Erde, Schlamm oder Mistjauche, das begleitende Fieber war mehr oder weniger heftig; bald erschienen nun an dem Hals Brust und unter dem Bauche rothe Flecken von verschiedener Grosse, wobei das Fieber sich verminderte oder ganz verschwand; oft stellte sich dieses gleich Anfangs sehr heftig ein, mit äusserst kurzem schnellem Athem, star­kem Flankenschlagen, schnellem kleinen Puls, gerötheten Augen, trockner Schnauze, röthlichem Urin und erhöhter Empfindlichkeit in der Milz- und Magengegend; doch konnte man unter diesen Umständen, wenn schon un­sicher, noch auf einen günstigen Ausgang hoffen, war aber das Fieber gleich Anfangs sehr heftig, der Herzschlag sehr beschleunigt, die'Augen stark roth, Ohren und Schnauze bläulich, so erfolgte in wenigen Stunden der Tod. Bei der Section fanden sich die Baucheingeweide, vorzüglich Milz und Leber, bisweilen auch Lungen und Herz entzündet, die Blutmasse schwarz und aufgelöst, das Fett flüssig, sämmtliche Eingeweide schmutzig gelb gefärbt, die Galle schmierig oder gänzlicher Mangel derselben in der Gallenblase. Symptome, Verlauf und Ausgänge der Krankheit, desgleichen die Sectionsdata, deuteten auf fehlerhafte Blutmischung wie beim Milz­brände hinquot;*).
Dieser Milzbrandrothlauf der Schweine scheint in der That in Deutsch­land, Belgien, Frankreich wie in der Schweiz in diesen und den folgenden Jahren sehr verbreitet gewesen zu sein**). So namentlich im südlichen und im westlichen Frankreich, wo er freilich enzootisch ist; in der Gegend von Brest hatte er in diesem Jahre in vielen Dörfern fast alle Schweine aufgerieben. Aus dieser Gegend hat Kzean die Epizootie beschrieben: „In der ersten Periode der Krankheit sind die Thiere unruhig, traurig, gleich­gültig, haben Widerwillen gegen feste Nahrungsmittel; zu diesen ersten Symptomen kommen Durchfall, Würgen; erbrechen sie sich, so sind die aus­geleerten Nahrungsstoffe in saure Zersetzung übergegangen und mit Blut gemischt; öffnet man ihnen die Thüre ihrer elenden Ställe, so scheinen sie die frische Luft mit Vergnügen einzuathmen. Jetzt tragen die Thiere den
*) Pommer, Schweiz. Zcitschr. B.V. p. 352.
**) So sagt Bell (1811), dass er in Würtemberg seit 10 Jahren einheimisch sei. Hering, Rcprrt. B. II. p. 206.
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Kopf noch hoch, aber bald lassen sie ihn, wie die Ohren, sinken, und der Rüssel nähert sich mehr und mehr dem Boden. Wenn die Schweine stehen, so ist der Rücken in die Höhe gekrümmt, legen sie sich, so strecken sie den Kopf vor und legen die Ohren an das Widerrist, wie die Hasen. Sie trinken oft, aber wenig auf einmal. In der zweiten Periode nehmen die Kräfte auffallend ab; ihre Haut wird trocken, sie suchen einen Ort, wo sie sie befeuchten können; da sie das nur in den schlammigten und stinkenden Pfuhlen können, so hängt sich der Schmutz an sie, trocknet und vermehrt ihr Leiden. Die Schweine wanken auf den Hinterfüssen, und die Eniee biegen sich von Zeit zu Zeit unter ihnen; das Athmen wird schwerer, die Thiere fangen an zu keuchen, der Durst wird grosser, rothe Flecken zeigen sich, zuerst hinter den Ohren und am Rüssel, dann längs des Bauchs und an den Beinen; die Thiere legen sich oft und stehen wieder auf, ein kla­gendes Grunzen ausstossend. In der dritten Periode, welche gewöhnlich einen, selten zwei Tage dauert, nehmen die Symptome der beiden ersten Perioden an Intensität zu, die rothen Flecken breiten sich allmählig über den ganzen Körper aus, besonders über den Bauch, und gehen dann grad­weise, nach der Ordnung ihres Ausbruchs in das Violettrothe über; in eini­gen wird die Zunge schwarz und hängt aus dem Maule heraus, der Rüssel bekömmt eine blassblaue Farbe; die Thiere bleiben liegen, sie können nicht mehr aufstehen, der Körper nimmt die Farbe der Weinhefe an, das Alhmen wird immer schwerer, sie stossen zuweilen ein heftiges Geschrei aus, be­sonders wenn man den Bauch drückt, und bald darauf beschliesst der Tod die Scene; die Fäulniss tritt sehr schnell ein. Die verschiedene, doch im­mer kurze Zeit, in welcher diese epizooiische Krankheit eine jede dieser Perioden durchläuft, macht es mir unmöglich, die Dauer einer jeden genau anzugeben; denn ich habe Thiere gesehen, die nur drei Stunden krank wa­ren, andre drei Tage, noch andre sechs und acht Tage; doch scheint es nach meinen Beobachtungen im Allgemeinen, und nach den Mittheilungen der Personen, welche die beste Gelegenheit hatten, die Krankheit zu beob­achten, dass ihre Dauer im Anfang der Epizootie 36 Stunden, später drei Tage beträgt. In allen Fällen ist sie tödtlich, sobald die violetten Flecken ausgebrochen sind. Bei der Leichenschau zeigten sich die violetten Flecken der Haut nur in der Substanz der Lederhaut. Die Lungen, leicht mit Blut überfüllt, schienen keine weitere krankhafte Veränderung erlitten zu haben; das Herz und der Herzbeutel im normalen Zustande. Die Schleimhaut des Verdauungscanais war dunkelroth vom Magen an bis ungefähr in die Mitte des dünnen Darms, und war mit noch dunkleren Ecchymosen besäet; die Leber war gelblichbraun, durchaus erweicht, und zerfloss, wenn man sie mit den Fingern drückte, in einen Brei; die Milz, noch einmal so gross als im normalen Zustande, war violettroth, fast schwarz, sehr weich, und zer­floss unter den Fingern in eine breiigte Jauche; die Nieren und die übrigen
Hlt;uraquo;inger, Milibmo-i.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; laquo;n
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Organe der Bauchhöhle hahen mir nichts Bemerkenswerthes dargctioten. — Im Jahre 1837 glaubte ich die prädisponirenden Ursachen dieser mörderi­schen Epizootie zu finden in der feuchten Wärme, welche im Juli seit meh­reren Tagen herrschte, in der schlechten Beschaffenheit der Ställe, und in der verdorbenen Luft von den angehäuften Misthaufen, so wie in der Be­schaffenheit des Wassers, womit die Thiere getränkt werden; denn die Eigen-thümer haben nur das Wasser der Schöpfbrunnen, welches Meersalz enthält, brackisch und fauligt ist. Im Jahr 1839 fand ich sie ausser den angege­benen Umständen in der schlechten Nahrung; denn die Krankheit zeigt sich fast immer zu der Zeit, wo die Kartoffeln, ihr einziges Nahrungsmittel, an­fangen, sich zu zersetzen. Ist die Krankheit einmal entwickelt, so ist die determirende Ursache das Contagiumquot;*).
Im südlichen Frankreich scheint aber der Milzbrand auch sehr verheerend unter Pferden und Rindern geherrscht zu haben, wie sich aus folgender Nachricht ergibt: „Seit einem Monate verheert eine für die Land­leute sehr beklagenswerthe Krankheit den Viehstand in den Departementen der Haute Vienna, der Creuse und der Correze; diese Krankheit ist keine andre als der Milzbrand (Charbon); die Sterblichkeit ist fast allge­mein, besonders an den Orten, welche an Bächen oder in gumpfigten Ge­genden liegen. Diese Krankheit erscheint sehr plötzlich, auch bei Thieren, die noch kein Symptom von Kranksein gezeigt haben; manche sterben vor dem Wagen, wie das bei mehreren Pferden der Fall war, besonders bei Müllern, von denen manche kein einziges Thier behalten haben; andre fallen vor dem Pfluge; die mehrsten sterben in den Ställen, wo man sie uner­wartet am Morgen aufgelaufen und schwarz todt findet. Hunde, welche von diesen Cadavcrn gefressen, sind in der kürzesten Zeit krepirt, unter denselben Krankheitserscheinungen; man hat selbst nicht weit von ihnen Wölfe todt gefundenquot;**).
1838. In Finnland kam der Milzbrand im Gouvernement Viborg vor. Im Preussischen Sachsen scheint er auch nicht selten gewesen zn sein. Im Grossherz. Niederrhein scheint er nur unter den Schweinen be­sonders häufig gewesen zu sein: „Den Milzbrand beobachtete im 2. Quar­tale der Krth. Sauberg zu Cleve bei 2 Pferden, die auf der Weide zusam­men gingen. Während des 3. Quartals zeigte er sich in einigen Schafheer-den der Niederung von Cleve und bei 3 Stück Rindvieh an der Grenze im Holländischen. Auch sind an mehreren Orten viele Schweine an der Bräune gefallen; übrigens blieb der Reg. Bez. Düsseldorf verschont. Im Reg. Bez. Köln beschränkte sich die Krankheit auch nur auf einzelne Thiere und Ställe: In Kendenich, Kr. Köln, wo der Milzbrand seit langen Jahren
*) Annales de la Soc. vet. du Fimstcrre. A. 1840. p. 19 quot;•) Le Courrier des Ardennes. 1837. 21. Septcmbre.
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immer einzelne Stücke wegrafft, fiel eine Kuh während der grössten Kälte im Februar an dieser Krankheit; auch zu Fischenich, wo fast alle Jahre einzelne Stücke Vieh durch den Milzbrand gelödtet werden, fiel während des zweiten Quartals eine Kuh, und zu Nettekoven, Kr. Bonn, krepirten einem Eigenthfimer 2 Stück; ein Mann, welcher aus Unkenntniss der Krankheit die zuerst gefallene Kuh abgeledert und vergraben hatte, bekam bald nachher die schwarze Blatter an die linke Hand; im Anfang des August tödtete der acute Milzbrand mehrere Stücke Vieh zu Flittard, Kr. Mühlheim a. d. R.; während das Vieh der wohlhabenderen Besitzer verschont blieb, war nur jenes der ärmeren davon befallen, diesem Vieh wurde das durch öfteres Uebertreten des Wassers verschlemmte Gras gegeben und hierin möchte neben den atmosphärischen Einflüssen die Ursache zu suchen sein. In der letzten Hälfte des August krepirten während einer Woche zu Iversheim, Kr. Rhein­bach, 8 Stück Rindvieh, und Anfangs September zu Münstereifel ebenfalls 3 Stück in einem Stalle; alle diese Thiere waren in einem sehr guten Fut­terzustande und wurden bei einer schwülen Witterung stets warm getränkt, auch blieben dieselben stets im Stalle. Auf den Schweppenheimer Höfen, in der Nähe von Derkum, Kr, Euskirchen, wo circa alle 3 Jahre der Milz­brand ausbricht und meistens die Hälfte bis t/z des Viehstandes aufreibt, erschien der Milzbrand während der letzten Hälfte des Novembers, alles Vieh war auf dem Stalle gefüttert und seine hauptsächlichste Nahrung be­stand in Rüben; später brach der Milzbrand in Derkum, Lommersum, Müg-genhansen, Euskirchen, Lechenich und andern Orten aus. Im Reg.Bez. Aachen tödtete der Milzbrand zu Merken, Kr. Düren, Anfangs Januar 3 Stück Rindvieh und zu Bubenheim in demselben Kreise Anfangs Februar 3 Rinder und eine Kuh. Anfangs Juni kam der Milzbrand sporadisch an einigen Or­ten des Kreises Heinsberg, namentlich zu Waldenrath und Ströten vor; er tödtete Anfangs Juli zu Burvenich, Kr. Düren, 7 Stück Rindvieh. Anfangs August zeigte er sich in Broich, Kr. Jülich, zu Randerath und Himmerich, Kr. Geilenkirchen, sowie zu Waldenrath und Ströten, Kr. Heinsberg, kam der Milzbrand sporadisch, zu Leiffart aber Anfangs Juli epizootisch vor, und raffte hier 15 Stück Rindvieh fort. In der Mitte December tödtete er zu Niedermerz, Kr. Jülich, in kurzer Zeit und in einem Stalle 7 Stück. Im Reg. Bez. Trier erschien der Milzbrand während des zweiten und dritten Quartals nur zu Völklingen, Kr. Saarbrücken, bei einigen Stücken Rind­vieh; diese Krankheit ist überhaupt seit 10 Jahren etwa 7 oder 8 mal in genannter Gemeinde, wiewohl meistens nur ein oder einige wenige Stücke schnell wegraffend. Torgekommen, während weder in der Lage des Orts, noch in der Weide, in der Natur und Beschaffenheit des Bodens, des Fut­ters, ein nach den bisherigen Erfahrungen zu deren Erzeugung günstiger Moment zu liegen scheint. Im Reg. Bez. Coblenz ist der Milzbrand unter dem Rindvieh nicht Torgekommen. Unter den Schafen war der Milzbrand
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eine seltene Erscheinung; nach den Berichten kam derselbe nur bei einer Heerde bei Clere und zu Coraar im Kr. Coin vor. Dagegen herrschte der Milzhrand unter den Schweinen während der Sommermonate vom Juni an in allen Regierungsbezirken mehr oder weniger ausgedehnt und hösartig gt; in den Bezirken Düsseldorf, Cöln und Coblenz erschien er als Anthrasbräune, in dem Regierungsbezirk Aachen, namentlich im Kreise Schieiden, wo er jedes Jahr vorzukommen pflegt, und im Reg. Bez. Trier vorzugsweise in der Form, welche gewöhnlich das fliegende Feuer (febr. erysip. mal.) genannt wird; während, des zweiten und dritten Quartals herrschte er hauptsächlich in den Kreisen Saarbrücken, Oltweiler, Merzig, Saarlouis, Trier und Bern-castel, befiel vorzüglich junge, selten über ein Jahr alte Schweine und raffte deren viele wegquot;*).
In seinem Lieblingssitze, der Auvergne, erschien der Zungenanthrax in einer kleinen localen Epizootic; ihre Erscheinung ist um so merkwürdiger, da sie gleichzeitig ist mit der Entstehung der grossen Maul- und Klauen-seuchen-Epizootie im nordöstlichen Europa, welche sich regelmässig in das ganze südwestliche verbreitete, Frankreich aber viel später erreichte: „Der Eintritt der Krankheit war immer sehr schwer oder gar nicht zu erkennen; die Thiere sind ohne Fieber, äusserlich zeigt sich an ihnen kein besonderes Zeichen von Krankheit, sie trinken und fressen wie gewöhnlich, sie scheinen munter, wohl, sie brüllen und springen, wenn sie zur Tränke gehen, das quot;Wiederkäuen ist nicht unterbrochen, das Haar ist nicht aufgerichtet oder ge­sträubt, die Augen sind nicht matt und nicht thränend, die Ohren hängen nicht, die im Allgemeinen weiche Haut schien uns doch zuweilen trocken und knisternd. Kur allein durch die Untersuchung der Zunge konnten wir uns von der Gegenwart der Krankheit überzeugen, auf oder unter ihr fanden #9632;wir ein oder mehrere Geschwüre oder Aphthen mit speckigem Grunde und aufgeworfenen Rändern, von mehr oder weniger unregelmässiger Gestalt; das war die gutartigste Form der Krankheit; wurden aus Sorglosigkeit oder Unkenntniss diese Geschwüre oder Aphthen nicht vom Anfange an sorgfältig behandelt, so bildeten sich transvcrselle, tiefe, zuweilen fistulöse Geschwüre, die die Zunge durchlassen und das Abfallen eines Theils derselben verur­sachten; bei mehreren Individuen bildet sich in der Nähe des Zungenbänd-chens eine mehr oder weniger vorspringende, bräunliche Geschwulst unter der Zunge, dicke, schwieligte Pseudomembranen bilden einen mehr oder we­niger unregelmässigen Wulst, welcher ein jauchichtes, schwärzliches, mehr oder weniger tiefes Geschwür bedeckt; auf der Spitze dieser Geschwulst er­blickt man ein oder zwei Löcher, von denen man glauben sollte, sie führten zu Fisteln, denn sie gleichen denen, welche sich auf Furunkeln befinden;
raquo;) Rhein. San. Her. 1838. p. ü
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diese Geschwulst, welche den Glossanthrax bildet, erfordert die schleunigste Hülfe, wird sie vernachlässigt, so verursacht sie mehr oder veniger tiefe fressende Geschwüre, die nicht allein Zerstörungen in der Zunge anrichten, sondern auch höchst gefährlich auf das Nervensystem einwirken; Fieber zeigt sich nicht eher, als bis die Geschwüre einige Fortschritte gemacht haben, das kranke Thier wird traurig, matt, wankend, das Wiederkäuen hört auf, das Thier frisst nicht mehr, die Milch versiegt, und eilt man nicht, den Fort­schritten des Uebels Einhalt zu thun, so ergreift die Gangrän allmählig den Larynx und Pharynx, es treten Convulsionen ein und das Thier stirbt. — Der Herr Thierarzt Fillias, welcher die Epizootie an vielen Thieren in meh­reren Orten des Arrondissement (Aurillac) beobachtet hat, berichtet uns, dass er an mehreren Thieren eine bedeutende Geschwulst der Zunge beob­achtete, welche sie hart, gespannt, steif und so voluminös machte, dass sie dem Thiere aus dem Maule herausbing; tiefe und zahlreiche Einschnitte ver­ursachten reichliche Blutungen, und reichten gewöhnlich hin, die Fortschritte der Krankheit zu hemmen. Bei denselben Thieren beobachtete Herr Fillias auch eine ödematöse Geschwulst des Hinterkiefers, welche von dem Kinn bis in die Mitte der Ganaschen reichte, er scarificirte sie und verband sie mit Terpentinöl. Derselbe Thierarzt bemerkte auch, dass, seitdem sich die Tem­peratur geändert hat, das hlaquo;isst, seitdem es kalt geAvorden ist, die Intensität der Krankheit abgenommen hat, und sie seltener geworden ist. Auch fand er, dass die Krankheit heftiger war in den Gemeinden Labrousse, Roussy, Tessieres, Leucamp, Ladinhac, als in denen von Arpajon und Saint-Simon*).quot;
1839. In Polen und in Holland herrschte der Milzbrand unter den grössern Hausthieren quot;*). Auch in Tornea in Finnland.
Unter den Schafen in Sachsen, und in Frankreich. Milzbrand war wohl auch die Epizootie in Mecklenburg, die Gillmeister unter dem Namen einer typhösen Herz- und Darmentzündung beschreibt *'*).
Im Grossherzogt. Niederrhein „kam der Milzbrand unter den Pfer­den nur einmal vor. Unter dem Rindvieh zeigte sich derselbe mehrmals, aber nirgends sehr ausgedehnt. Im Reg. Bez. Aachen ereignete sich wäh­rend der zwei ersten Quartale nur ein einziger Fall in Düren, in den fol­genden Quartalen erschien derselbe nur sporadisch in den Kreisen Heins­berg, Geilenkirchen und Düren. Im Reg. Rez. Düsseldorf zeigte sich der Milzbrand während des dritten Quartals unter dem Hornvieh eines Gutsbe­sitzers zu Neithausen im Kreise Grevenbroich, und fielen daselbst 12 Stück.
deg;) Duverdier de Marsillac: Recucil de Med. vet. Vol. XV, p. 392 quot;) Pohls Archiv für d. d. Landw. 1839. Nov. p. 445. #9632;'*) Gurlt u. Hertwig Magaz, ß. VII. p. 64,
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Im vierten Quartale erkrankten einige Kühe auf einem Gute bei Eggen; die Frau des Besitzers, welche einer der erkrankten Kühe in das Maul gegriffen und eine Verletzung am Zeigefinger davon getragen hatte, erkrankte in der folgenden Nacht, nach einem sehr profnsen Schveisse zeigte sich am ver­letzten Finger eine starke, sehr schmerzhafte Anschwellung. Im Reg. Bez. Coin war im Januar der Milzbrand in einer Oekonomie zu Pinggdorf ausge­brochen, es wurde ermittelt, dass dag dem Rindvieh gegebene Stroh sich in einem hohen Grade von Verderbnisg befand, der untere Theil des Strohs war bis über die Hälfte von aussen und innen mit Schimmel besetzt, der ein graugrünlicheg Ansehen hatte, der Geruch davon war sehr sticksig. Wah­rend des zweiten Quartals ereignete sich trotz der anhaltenden Wärme und Trockenheit kein Fall von Milzbrand. In Friesdorf, Kr. Bonn, fielen während des Monats August 23 Stück in wenigen Tagen und zwar die Mehrzahl ganz plötzlich, ohne alle auffallende Krankheitserscheinungen, andre nach 5 bis 10 stündigem Krankseyn; ein Rind war von einem Metzger obducirt, und hatte sich dieser dabei mit dem Blute, namentlich mit jenem aus der Milz, besudelt, übrigens aber keine Verletzung erhalten; der Mann wurde krank, und erhielt am linken Arme 33, am rechten 3 starke bösartige Fusteln. Ausser diesem Melzger sind noch mehrere Personen durch Contact mit Cada-vern infirirt worden und haben bösartige Pusteln erhalten, sind jedoch wie­der genesen; nur eine Frau ist durch den Genuss von Fleisch einer am Milzbrand krepirten Kuh gestorben, obgleich mehrere andre Personen, welche ebenfalls von demselben Fleische gegessen haben, nicht erkrankt sind. Während des vierten Quartals kam der Milzbrand zu Ffirdt, Kr. Cöln, in ei­nem Stalle vor und sind 4 Stück daran plötzlich gefallen. Auf einem ein­zelnen Gute bei Brockendorf sind am 19. Oct. innerhalb 8 Stunden eine Kuh, ein zweijähriges Rind und ein Ochs umgestanden; nach dem Berichte des Krth. Schöngen glaubte man daselbst Folgendes als Ursache annehmen zu müssen: Im Monat Juli krepirte auf der Landstrasse, gerade dem Gute ge­genüber, das Pferd eines Fracbtfuhrmanns in Folge von Milzbrand. Der Cadaver wurde in ein Brachfeld verscharrt, auf welches der Eigenthümer Rübsamen säete; nachdem nun im Oktober der Rübsamen, besonders an jener Stelle, wo das Tbier verscharrt war, sich durch seine Höhe auszeichnete, sam­melten die Mägde des Gutes am 19. October Blätter zum Füttern des Rind­viehes und banden auf jener sich besonders auszeichnenden Stelle 3 Gebund; diese 3 Gebund wurden nach Versicherung der Mägde und des Gutsbesitzers Ton 3 Stück Vieh Terzehrt, welche sofort erkrankten und bald darauf krepir­ten. Im Reg. Bez. Trier, wo der Milzbrand unter dem Rindvieh mehrerer Gemeinden der oberen Saargegend, namentlich in Ensdorf, Dillingen, Pachten, Volklingen seit einer Reihe von Jahren, wenigstens in einzelnen Fällen, zur Sommerzeit wiedergekehrt ist, zeigte er sich auch in diesem Jahre. Im Kreise Ottweiler, wo der Milzbrand bis jetzt nur äusserst selten vorgekommen ist
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wurde er im vierten Quartale dreimal beobachtet. Im Reg. Bez. Coblenz ist der Milzbrand unter den grösseren Hausthieren nirgendwo vorgekommen. Auch unter den Schafen war die Krankheit in der ganzen Rheinprovinz eine seltene Erscheinung; nur in einer Heerde von 230 Stück zu Kelz bei Düren fielen während des zweiten Seroesters innerhalb 3 Tagen 50 Stück an der sogenannten Blutseuche und dauerte die Krankheit in dieser Heerde beinahe 4 Wochen, ehe sie getilgt war. Der Milzbrand der Schweine erschien hauptsächlich unter der Form der Bräune: Im Reg. Bez. Trier zeigte sich die Krankheit in den Kreisen Briim, Bitburg, Merzig, Trier und St. Wen­del. Nach einer sehr constanten Erfahrung kommt sie in den Eifelgebirgs-gegenden nach anhaltender Trockenheit und Hitze, besonders wenn während derselben Nordwind vorherrscht, wenn die Hitze plötzlich nach der Wiuter-kälte eintritt, wenn der Gebirgsschnee ohnlängst geschmolzen ist, epizootisch vor; so erschien sie auch im Juni in den Kreisen Prünn und Bitburg. Im Reg. Bez. Düsseldorf ist nach dem Berichte des Thierarztes Stender in eini­gen Bürgermeistereien des Kreises Gelden die Anthraxbräune und der Roth­lauf vorgekommen, der Verlust scheint unbedeutend gewesen zu sejn. Im Reg. Bez. Cöln erschien die Bräune während des zweiten Quartals unter den Schweinen zu Widdersdorf, Kr. Cöln, während des dritten Quartals zu Kirsch-heiro, wo binnen wenigen Tagen über 20 Stück krepirten; nach dem Berichte des Krth. Peters lag die Ursache der Krankheit hier klar am Tage: Die Schweine wurden bei der grossen Hitze auf Stoppelweiden gehütet, wo sie an den vielen ausgefallenen *) Körnern ein sehr nahrhaftes Futter hatten und dabei sumpfiges Wasser gemessen mussten; es erkrankten nur die Schweine, welche ausgetrieben wurden, die, welche immer auf dem Stalle gehalten wur­den, blieben gesund**).quot;
Ungewöhnlich häufig scheint der Milzbrand in der Schweiz in diesem Sommer gewesen zu seyn: „Der Milzbrand ist in mehreren Cantonen der Schweiz die gewöhnlichste Sommerseuche und rafft hin und wieder einige Stücke Vieh weg, allein sein Auftreten im Sommer des Jahres 1839 war der Art, dass er die grösste Aufmerksamkeit deswegen auf sich zog, weil die Seuche nicht nur heftig und verheerend, sondern auch unter verschiedenen Umständen erschien. Es war ungefähr im ersten Drittheil des Monats Juni dieses Jahres, als die Maul- und Klauenseuche sowohl in Ausbreitung als Heftigkeit im Bernerschen und Freiburg'schen Hochlande ihren Gipfel erreicht hatte, als plötzlich sowohl von den Aemtern des Bernerschen als Freiburg-schen Hochlandes die beunruhigenden Berichte über ein so jähes Viehsterben eingingen. — Gewöhnlich wenn kaum noch Spuren von der vorhergegangenen Maul- und Klauenseuche vorhanden sind, welche auch in dieser Gegend be-
•) Kranken ? •0) Rhein. San. Der. Vct 1839. p. 19,
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Händig mit Euterausschlag begleitet war, fallen die Thiere ohne irgend et­was anderes vorher Bemerkbares nieder und sind todt. Es scheint aber die Krankheit als Seuche betrachtet in letzteren Tagen den Höhepunkt der schnel­len Tödtlichkeit erreicht zu haben, indem doch wenigstens jetzt sich Erschei­nungen einstellen, welche diesen Typhus genauer characterisiren, obschon zwischen dem Hervortreten dieser Erscheinungen und dem Tode nur wenige Minuten liegen. — Die characteristischenMerkmale sind: Verlieren des Gleich­gewichts, daher Schwanken, Verstellen der Füsse, selbst Umfallen, grosse Beängstigung und Betäubung, stierer Blick, wogendes heftiges Bauch- und Rippenathmen, keine Darmbewegung, Herzschlag unfühlbar, Puls unregelmäs-sig, voll, weich, die Schläge klein und schwach. Der Verlauf ist höchst acut und dauert selten über 4—5 Minuten, wo denn, wenn nicht zwcckmässige Hülfe geleistet wird, der Tod erfolgt; sonst auch in 2—3 Tagen, bei ange­messener Behandlung, in Gesundheit — Erscheinungen in den Leichen: Lange bleibende Wärme der Cadaver, denn wenn schon an einem Nachmittag ein Stück gefallen und ihm alsogleich die Haut abgezogen worden und es die ganze Nacht hindurch auf der hühlen Erde gelegen und von der Nachtkühle hätte durchdrungen werden sollen, so war immerhin am folgenden Tage we­der die Todesstarre, noch Kälte eingetreten; Flüssigkeit des Bluts mit wenig oder gar keinem Gerinnsel, dunkler Farbe; Blutanfüllungen der nächsten, das Gehirn einschliessenden Scheiden (Arachnoidea), und gewöhnlich damit ver­bundene Ergiessungen seröser Art; allenthalben venöse oder passive Conge­stion; Ecchymosen, Sugillationen und Infiltrationen; schmutzige bräunlich­gräuliche Farbe der Muskelsubstanz und Mfirbigkeit derselben; Röthung der innern Fläche der Gefasstämme; eigenthümlich dunkle Röthe des Herzens mit Ecchymosen auf seiner Oberfläche; Blutüberfüllung der Lungen, ohne je­doch dem Lungenbrande zu gleichen, noch Hepatisation darzustellen; endlich die nie ausbleibende Röthung und venösen Congestionen der Schleimhaut der Luftröhre und noch mehr des Darmcanals. — Verfolgt man einigermassen die Spuren der eingewirkt habenden, vorbereitenden und erregenden Ursachen dieser Seuche, zu welch ersteren ich vorzüglich die Maul- und Klauenseuche rechne, unter die letztern aber die arge Sommerhitze, die starke Luftelec-tricität, dann die üppige Weide mehr denn alles Andre in Anschlag bringen möchte, so lässt sich auf folgende Art raisonniren: Die Maulseuche, der Fa­milie der Erysipclaceen *) angehörig, lässt, obschon der Hauptsache nach die
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*) Ich wäre wohl geneigt diese Verwandtschaft der Maulseucbe mit dem Erysipelas anzuerkennen; leider habe ich aber in dieser grossen Epizootie nirgends eine solche Beziehung zum Milzbrand finden kön­nen, wenn ich auch sonst die Verwandtschaft mit dem Glossanthrax nicht verkenne. Nur das ist gewiss, dass in den Jahren 18S8—1843 Erysipe­las-Constitution unter den Menschen in Europa und Amerika allgemein herrschend war.
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Krankheit sich als eine Eruption auf der Schleimhaut des Maules zeigt, eine Affection der Hinterleibsorgane, und wäre es auch die Schleimhaut des Darm-canals, nicht wegdenken, und wir wären erbötig, - schon von viel früherem Datum und aus ganz andern Localitäten nachzuweisen, wie gern die Maul-und Klauenseuche oft sehr beunruhigende hepatische Zufälle hervortreten lässt, so dass ohne Zweifel im Hinterleibe eine Disposition zu Metaschema-tismus zugegen ist. Die Leber und das Pfortadersyslem sind die vorberei­tenden Organe. Der üppige Futterwuchs auf den Alpen, der nach dem Fas­ten während der Maulseuche wieder eingetretene gierige Genuss einer Fülle des schönsten Grases konnte nicht anders, als die Blutmenge rasch vermehren und wohl zunächst die Ffortader überfüllen, später wohl auch das gesammte Gefässsystem und dann auf diese Weise erdrückend auf das gesammte Ner-venleben wirken. Congestionen nach einzelnen Theilen sind unter solchen Umständen nie ausgeblieben, und hier scheinen sie das Gehirn und Rücken­mark vorzugsweise zu treffen. Die grosso Sommerhitze überreizte das Ner­vensystem und brachte in das serumreiche Blut Ausdehnung und Orgasmus und sofort dann Infiltration und Extravasate an jenen Theilen hervor, wo gerade die Blutanhäufung' am stärksten war. Zu diesem expansibeln Blute bedurfte es gerade noch des Einflusses der Luftelectricität, wie sie bei annähern­den Ungewittern sich ungewöhnlich stark erzeugt, um die Zersetzung eines so vorbereiteten Bluts zu vollenden, dessen unfehlbares Ergebniss ein gewöhn­lich sehr jäher, apoplektischer Tod ist. — Die Verbreitung in der Gattung steht inne; über dieselbe, nämlich die Gattung des Rindviehs, hinaus erstreckt sie sich nicht. Die Verbreitung über die Erdoberfläche scheint sie zu einer Enzootie zu bestimmen, da sie nicht, wie die Maul und Klauenseuche, grosse Landesstrecken durchwandert, sondern nur in Ortschaften, wo ursächliche Momente ihr zuträglich sind, entsteht und stationirt *). Die geographische und physikalische Verbreitung ist ebenfalls beschränkt, vorzüglich scheint ihre Grenze in Berggegenden zu liegen, mehr noch auf Anhöhen seeundärer Formationen; zur Granitformation steigt sie zwar nicht, obgleich in die höhere Alpregion **).
1840. Ich schliesse mit diesem Jahre die vollständigere Mitheilung der Milzbrandepizootien, weil mir keine hinreichenden Materialien vorliegen, und führe nur noch einige Epizootien an. In diesem Jahre kam z. B. eine solche in einem Dorfe des Districts von Fontainebleau in Frankreich unter Pferden und Rindern vor. Sie soll die Folge von fauligem Lachenwasser gewesen seyn ***).
*) Dadurch widerlegt der Verf. aelbst-seine obige Patbogenie. •deg;) Rüchner: Zeitschr. für Rindviehk. B. I. p. 124. •••) Rec. de Med. v6t6r. Vol. XIX, p. 18.
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1841. Ich habe bereite früher angeführt, wie derMilzbrand der Schweine seit den dreisiger Jahren big in die vierziger in vielen Ländern Europas ver-hreitet war; aus dem gegenwärtigen Jahre liegt mir ein Bericht aus dem Canton Zurich vor: „Auch dieses Jahr blieb bei diesen Thieren der Roth­lauf nicht aus, doch kam er nicht in dem Maase vor, wie in mehreren früheren Jahren. Aus den Bezirken Affolltern und llorgcn wird berichtet, es sei diese Krankheit in seltenen Fällen vorgekommen, und noch seltener Bericht davon an die amtlichen Thierärzte eingegangen. Im Bezirke Meilen kamen etwa 60 Erkrankungsfälle der Art zur Kenutniss der amtlichen Thierärzte. In den Bezirken Uster und Hinweil war er selten, in den letzteren soll er einzig in der Gemeinde Gossau und nur bei 8 Stücken erschienen sein. Häufiger kam er im Bezirke Pfäffikon vor. Im Bezirke Andelfingen behandelte ein ein­zelner Thierarzt 26 Schweine am Rothlauf; die übrigen Thierärzte haben die Zahl der ihnen mit diesem Uebel vorgekommenen Stücke nicht angegeben. Der Bezirk Regensherg hatte diese Krankheit in 6 Gemeinden, in welchen zusammen mehr denn 50 Schweine am Rothlauf erkrankten. Die Berichte aus den Bezirken Zürich, Winterthur und Bülach enthalten keine Angaben über sein Erscheinen in denselben, ob es gleich fast unwahrscheinlich scheint, dass er daselbst gar nicht vorgekommen sei. lieber die Erscheinungen spricht sich am vollständigsten Adjunct Krauer in Hombrechtikon aus: „Die ersten Erscheinungen waren ein eigenthümliches Athmen, wobei die Kranken von Zeit zu Zeit ein leises Geschrei hören Hessen, dann verminderte sich die Fresslust, die Kranken verbargen sich mit dem Kopf unter Stroh und waren sehr matt, die Temperatur wurde sehr veränderlich, besonders an den Glied­massen, die Nase war trecken. Etwa 12 Stunden nach dem Beginn dieser Symptome kamen am Halse, an der Brust, über den Rücken, die Lenden und Hinterschenkel theils länglichte , theils rundei, erhabene Flecken zum Vor­schein, die heiss und schmerzhaft waren, obgleich die Temperatur der Umge­bung fast unter der normalen stand. Der Ausbruch des Ausschlags minderte das Allgemeinleiden nicht, vielmehr nahm dieses noch zu. Der Gang wurde sehr schwankend, die Darmausleerung war sehr trocken, die Fresslust hörte ganz auf, die Thiere lagen beständig und gaben, wenn man sie zum Auf­stehen zwang, ihren Unwillen durch Schreien zu erkennen, auch trat häufig Zittern hinzu. Am dritten bis vierten Tage schwollen die Gliedmassen an, und die Kranken konnten jetzt kaum mehr stehen, die Flecken auf der Haut wurden dunkelroth und in der Genesungsperiode, die sich bis zum 7. und 9. Tag hinausschob, ging die Oberhaut auf denselben weg. Trotz dem langsamen Verlauf war die Krankheit, insoweit sie Krauer und mehrere andere Thier­ärzte beobachteten, gutartig, denn es verlor jener von 40 Stücken nicht ein einziges davon, während einige andere diese bösartiger sahen, die mehrere Fälle hatten, in welchen die Kranken nicht blos Flecken auf der Haut er­hielten, sondern unter Brust und Bauch roth und dann blau wurden, unter
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welcher Erscheinung und heftigen Fieberzufällen der Tod sich sehr bald, oft schon nach 12 Stunden einstellte. Ueber die Ursachen der Krankheit sind die Thierärzte nicht ganz gleicher Ansicht. Krauer bemerkt, er habe sie schon im Sommer und Winter beobachtet, und könne die Ursache der­selben nicht angeben. Sigg will sie schon unter sehr verschiedenen Witle-rungs- und Localitäts - Verhältnissen entstehen gesehen haben, im Sommer, Herbst und Winter, in warmen, der Sommerhitze ausgesetzten und in kalten Ställen u. s. w., sowohl bei Fasel- als Mastschweinen; ihm scheine zu hitziges, austrocknendes Futter, bei Mangel an Getränk, eine nicht unwichtige, mit­wirkende Ursache zur ursprünglichen Entstehung dieser Krankheit zu sein, und in Tielen Fällen möge dieselbe auch durch Ansteckung vermittelt werden, wenigstens werde mlaquo;n zu dieser Annahme durch den Umstand hingeführt, dass in solchen Ställen, worin mehrere Schweine stehen, wenn eins krank geworden, in der Regel ein bis zwei Tage später auch das zweite erkranke. Dass indessen diese Regel Ausnahmen mache, habe er dieses Jahr erfahren, denn ein Mutterschwein ferkelte ein paar Tage, nachdem es diese Krankheit überstanden hatte, und es wurden weder die von ihm geworfenen Jungen, noch ein paar andere Mutterthiere, die neben demselben standen, von der Krankheit befallen. Meier, Bezirksthierarzt in Dällikon, sah die Krankheit in dieser Gemeinde, in Adlikon und Watt in 5 Ställen bei 12 Stücken er­scheinen, und will in allen Fällen nachweisbar dieselbe durch Ansteckung vermittelst Abwaschwasser vom Fleische solcher kranken Schweine entstehen gesehen haben. Ganz ähnlicher Ansicht ist Thierarzt Schenkel in Weiach, welcher erzählt, es habe ein Bürger von Stadel^ der ein am Rothlauf er­kranktes Schwein halte, das zweite noch gesund scheinende in die Metzk verkauft, und durch den Verkauf des Fleisches von diesem sei die Krankheit auf 11 andere übertragen worden. Schenkel hält sogar dafür, es könne der Ansteckungstoff Jahre lang im Stalle, worin solche Kranke standen, liegen bleiben, woher es komme, dass sehr oft dieselbe Krankheit zwei und drei Sommer hintereinander in einem Stalle einkehrequot; *). — Auch aus dem süd­lichen Frankreich liegen mehrfache Berichte über diese Krankheit der Schweine in diesen Jahren vor (S. im ersten Theile Ginoux, Boizotu. s. w.). — In der Umgegend von uns war die Krankheit als Rothlauf und Bräune in dem Anfange der vierziger Jahre sehr verbreitet.
1842. In diesem und den nächstfolgenden Jahren war vorzüglich der Milzbrand der Schafe in Ungarn, Deutschland und Frankreich ungewöhnlich verbreitet, wie die im ersten Theile angeführten Schriften zur Genüge be­weisen.
*) Archiv Schweiz. Thierärzte. B. XI. p. 221.
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Allgenieiue Resultate.
Versuchen wir einige allgemeine Resultate aus den mitgetheilten Be­obachtungen zu ziehen, so werden wir finden: 1) Einzelne Jahre zeichnen sich durch die aussergewöhnliche Häufigkeit des Milzbrands in ihnen vor andern als Milzbrandjahre aus. 2) Es finden sich aber auch über mehrere Jahre hinausgehende Perioden, die sich auf ähnliche Art auszeichnen, Milz-brandconstitutionen. 3) Die grösseren Epizootien des Milzbrands sind von einzelnen Punkten ausgegangen und haben allmählig eine mehr oder weniger grosse Verbreitung erreicht. 4) Die Dauer der Epizootic war sehr verschieden nach den Umständen und nach ihrer Form, von einigen Wochen bis zu meh­reren Jahren. 5) Die Formen der Krankheit in diesen Epizootien waren zuweilen sehr mannigfaltig, allein oft bildete sich eine einzige Form aus und herrschte ausschliesslich. ß) Sehr bemerkenswerth scheinen die Krankheiten des Men­schen sowohl als andere Thierkrankheiten, welche gleichzeitig mit diesen Epi­zootien herrschten. 7) Beachtung verdienen endlich schon hier die verschie­denen Ursachen der Epizootien, welche von den Beobachtern angenommen werden.
1. M i I z b r a n d j ah r e.
Bei der UnVollständigkeit der Berichte ist es schwer, diese Jahre in den altern Zeiten mit einiger Sicherheit zu bestimmen; ich werde in der Folge Gelegenheit finden auf einige dieser Jahre aufmerksam zu machen, hier ziehe ich es vor, nur die unzweifelhaften der neuern Zeiten zusammenzustellen: 1790. Das Jahr war ausgezeichnet durch häufigen Wechsel der Witterung, häufige Regen, in Deutschland wenigstens sehr häufiger Mehlthau. Im Herbst gelbes Fieber in Nordamerika.
In Deutschland und in Frankreich der Milzbrand sehr häufig hei allen Hausthieren.
1793. Nach einem kalten späten Frühjahr im Juli plötzlich allgemein (wenigstens in Deutschland, England und Frankreich) ein sehr heisser und trockner Sommer, doch häufige Gewitter und sehr schwüles Wetter. Grosse gelbe Fieber-Epidemie in Amerika. Eins der verrufensten Wilzbrandjahre für zahme und wilde Thiere. 1798. Der Sommer war im Norden sehr heiss.
Eins der schlimmsten Milzbrandjahre in ganz Russland, wahrscheinlich auch in Polen; nicht im übrigen Europa.
l8üS. Der Sommer sehr heiss und trocken; doch an vielen Orten sehr starke Gewitter, Regengüsse und Ueberschwemmungen. Gelbes Fieber in Amerika. Der Milzbrand in Italien, Frankreich und Deutschland sehr allgemein ver­breitet.
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, 1807. Sommer heiss, trocken und gewitterreich.
Der Milzbrand allgemein verbreitet von Sibirien bis nach Frankreich. Mehreren Schriftstellern gilt es für das aligemeinste und schwerste Milzbrand­jahr dieses Jahrhunderts.
1811. Frühe anhaltende Hitze, häufige Gewitter, Gelbes Fieber in Spanien. (In vielen Gegenden viel Mehlthau). Milzbrand ganz allgemein sehr verbreitet. 1822. Sommer anhaltend heiss (nicht so im südlichen Europa), heftige Ge­witter. In Europa Scharlach und Masern häufig, in Schottland Ery­sipelas epidemisch, in Amerika gelbes Fieber. Dieses Jahr steht dem von 1807 wenigstens gleich; von Sibirien bis nach Frankreich wüthete der Milzbrand allgemein unter allen Thieren. 1826. Der Sommer im Süden sehr heiss; in Deutschland, Holland, England grosse üeberschwemmungen im Frühjahr, der Sommer trocken und heiss. Der Milzbrand war sehr allgemein von Russland bis nach Frankreich. (Unter den Menschen bekanntlich intermittirende und remittirende Fieber in grosser Ausdehnung).
1834. Früher anhaltend warmer Sommer im mittleren und nördlichen Europa,
nicht so im südlichen Europa. Gewitter nicht so sehr ausgezeichnet,
wie in früheren heissen Sommern. Im grössten Theile Deutschlands
bösartige Dysenterien und Enterodolhienien unter den Menschen.
Der Milzbrand allgemein herrschend in Russland, Deutschland, Holland
und England.
Man wird nun auf den ersten Blick erkennen, dass alle ausgezeichnet heissen Sommer *) dieses Zeitraums Milzbrandjahre gebracht haben. Dass indessen die Häufigkeit und Bösartigkeit des Milzbrands im geraden Ver-hältniss zur Hitze des Sommers gestanden hätte, wird man schwerlich be­haupten können, obgleich sich ohne statistische Tabellen nichts entscheiden lässt. Tabellen über eine einzelne Gegend können freilich zu keinem allge­meinen Schluss berechtigen, und die bei dem Menschen zufällig vorgekom­menen Vergiftungen durch Milzbrand dürften noch weniger eine solche allge­meine Geltung haben; indessen ist es merkwürdig genug, dass die einzige mir bekannte statistische Tabelle dieser Art mit unseren allgemeinen Resul­taten vollkommen übereinstimmt: Herbst hat nämlich in seiner oben ange­führten Dissertation aus dem Milzdbranddistricte an der Saale in Sachsen, die von den dortigen Aerzten aufgezeichneten Fälle von Milzbrand beim Menschen zusammengestellt, freilich nicht aus gleich langer Beobachtungszeit, und in
*) d. h. diesseits der Alpen, denen nicht immer gleiche Sommer jenseits der Alpen entsprechen, nnd noch weniger ist dieses in Amerika der Fall; Zusammenstellungen der enteren lieferte Pfaff, der zweiten die N'o-tizie su la Lombardia, der letzteren Forry.
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den früheren Jahren wahrscheinlich unvollständiger; im Allgemeinen stimmt aber die Tabelle mit unsern Mittheilungen überein:
Jahre. 1801. 1802. 1803. 1804. 1805. 1806. 1807! 1808. 1809. 1810. 1811! 1812. 1813. 1814.
Calbe. . 3. . I. . 4. . 7. . 9. . 6.
15. . 9. . 7. . 6. . 18. . 11. .
10. , 9. .
Nienburg'.
Roseburg. Wettin.
4.
5.
7. 5. 6. 6. 8. 7. 7. 5. 8. 4. 7. 8. 11. 9. 6. 4. 5. 5. 2. 3. 8. 5. 1.
1816.nbsp; .
1817.nbsp; .
1818.nbsp; .
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3. Milzbrandconstitutioncn.
Nach einem Milzbrandjahre wird man sehr gewöhnlich im folgenden Winter oder Frühjahre neue Fälle Ton Milzbrand beobachten; diese sind Fol­gen von Contagion, oder von den genossenen, im vorigen Jahre gewachsenen tranken Futterstoffen; von letzterem Umstände habe ich mich mehrmals über­zeugt. Hier hat man also noch nicht an eine Fortdauer der Constitution zu denken.
Dagegen scheinen mir die Beobachtungen wohl dafür zu sprechen, dass oft mehrere Jahre lang eine grössere Disposition zu dem Milzbrande besteht, und die Epizootien sich mehrere Jahre nacheinander wiederholen; dass also eine Constitutio stationaria für den Milzbrand besteht.
Aeltere und unsichere Perioden unberücksichtigt lassend scheinen mir folgende bestimmter hervorzutreten.
1681—1684.
Der Sommer 1679 war einer der heisseslen für Nord-Amerika, doch auch heiss in Deutschland. 1680 war durch sehr viele Gewitter ausgezeich­net. IC81 sehr trocken. 1682 viele Ueberschwemmungen. 1683 sehr trocken. 1684 Frühjahr sehr nass, der Sommer einer der heissesten in Deutschland, überhaupt diesseits der Alpen.
Die Jahre 1679—1684 gehören zu den furchtbarsten Festjahren der Menschen in Deutschland.
Die Nachrichten über Viehseuchen sind in dieser Zeit leider noch un­vollständig und ungenau; wahrscheinlich waren aber in allen diesen Jahren, besonders 1684, Milzbrandkrankheiten sehr allgemein. 1681 entwickelte sich im südlichen Frankreich die berühmte grosse Zungenanthraxseuche, welche sich in den folgenden Jahren über ganz Frankreich, die Niederlande, Deutsch­land bis nach Polen u. s. w. verbreitete (s. oben); in Deutschland erhielt sie sich mehrere Jahre hindurch.
1707—1712.
Der Anfang dieses Jahrhunderts war diesseits der Alpen durch die heissesten Sommer ausgezeichnet, nämlich 1701, 1704 und 1705; 1701 war auch in Nordamerika sehr heiss; 1705 auch jenseits der Alpen; 1712 wares diesseits und jenseits der Alpen sehr heiss. — 1706 und 1707 waren durch Erdbeben und vulkanische Ausbrüche in Europa ausgezeichnet. — 1709 zeich­nete sich durch Ueberschwemmungen aus, und es war ein Haupt-Mutterkornjahr.
Dieselben Jahre 1707—1712 waren für den Menschen bezeichnet durch eine allgemeine erysipelatöse Constitution. In Frankreich, in der Schweiz und in Süddeutschland herrschte besonders 1709, aber auch noch bis 1716 Ergotismus.
Bei der jetzt beginnenden Rinderpest-Epizootie wird leider der Milzbrand Ton den Beobachtern mit jener allgemein verwechselt und zusammengeworfen.
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Nach dem, was oben mitgetlieilt wurde, sowie nach dem, was man aus den Schriften über Rinderpest schliessen muss, kann indessen nicht bezweifelt werden, dass der Milzbrand diese ganzen Jahre hindurch herrschte.
1730—1732.
Diese Jahre boten in meteorologischer Beziehung wohl nichts besonders Merkwürdiges dar, Tielleicht etwas auffallenden Witterungswechsel 1830, und 31 sehr viel Mehlthau.
Unter den Menschen herrschte im Anfange dieser Periode eine allge­meine Influenza-Epidemie. Dann herrschte in diesen Jahren eine ausgezeich­nete erysipelatöse Constitution.
Im Jahre 1730 entwickelte sich der Zungenanthrax im südlichen Frank­reich, und verbreitete sich im folgenden Jahre über ganz Frankreich, nach Ita­lien, die Schweiz, Deutschland, die Niederlande, und herrschte bis in das Jahr 1732 in diesen Ländern.
1755—1758.
Diese und die rorhcrgehenden Jahre waren durch Erdbeben und vulka­nische Ausbrüche sehr ausgezeichnet. In den Jahren 1748—1753 erkrank­ten, besonders im südlichen Europa, die Cerealien sehr allgemein an Brand, Rost u. s. w.
In den letzten vierziger und den ersten fünfziger Jahren kam unter den Menschen in mehreren Ländern Ergotismus vor, im Anfange der fünfziger Erysipelas, besonders allgemein aber in den letzten vierziger und in den fünfziger Jahren die bösartige Bräune *).
Den Anfang der Milzbrand constitution der Thiere müsste man nach dem Mitgetheilten vielleicht in den Anfang der fünfziger Jahre zurückschieben; am allgemeinsten aber herrschte er im Norden und Süden in den Jahren 1756, 1757 und 1758.
17C2—1764.
Die beiden ersten Jahre hatten warme Sommer, in Nordamerika war 1763 sehr heiss. 1764 war in mehreren Gegenden ein Mutterkornjahr, 1763 Vegetation auch krank.
Unter den Menschen herrschte erysipelatöse Constitution, auch waren die Ruhren in vielen Ländern verbreitet; auch Angina maligna.
Der Milzbrand in diesen drei Jahren war, wie das oben Mitgetheilte zeigt, sehr allgemein; drei epizootische Formen heben sich besonders hervor: 1763 die Anthraxbräunc in Frankreich, 1763 der Zungenanthrax in Frank­reich, und 1763 und 1764 der Geflügelanthrax, der sich aus Spanien über Frankreich, Italien und Deutschland verbreitete.
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*) In Spanien nennt Escobar den Garotilla epidemisch 1750 bis 1762, His to ri a de todas los contagins p. 225.
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1774—1777.
Der Sommer 1775 gehörte diesseits der Alpen zu den heissen, doch nicht zu den extremen (jenseits der Alpen gehörten nur 1772 und 1773 zu den warmen, in Nordamerika erst 1779 zu den heissen). Im Jahr 1774 krankte die Vegetation besonders im südlichem Europa und die Cerealien litten sehr; dieses war 1775 auch in Frankreich der Fall.
Unter den Menschen erysipelatöse Constitution, Erysipelas-Epi-demien kamen in sehr verschiedenen Ländern vor, Scharlach, Ruhren, beson­ders aber Angina maligna kamen sehr häufig vor.
Unter den Thieren begann die grosse Milzbrandepizootie, besonders als Anthrasbräune, schon im Jahr 1770 in Westindien, dauerte aber die ganze Periode hindurch fort. Eben so kam sie in Nordamerika vor. In Europa kamen diese Milzbrandseuchen auch etwas früher im Süden vor, im Norden erschienen sie aber vorzüglich erst in den genannten Jahren 1774 bis 1777, wo sie aber auch im Süden fortdauerten. Auch in Europa kamen sie häu­figer unter der Form Ton Anlhraxbräune vor, als in andern Zeiten. Auch im Jahr 1778 kamen im Norden noch grosse Seuchen vor.
178.W1787.
Der Sommer 1783 gehörte diesseits der Alpen zu den sehr heissen, doch nicht mehr im hohen Norden, so wenig wie im Süden, wo er aber doch heiss war; überall in Europa häufige und heftige Gewitter. Dieser Sommer ist berüchtigt durch die Ungeheuern Erdbeben und vulkanischen Ausbrüche in Sicilien, Calabrien und Island, die aber in vielen Ländern Europas ge­fühlt wurden, und durch den Ungeheuern vulkanischen Rauch, der ganz Eu­ropa bedeckte und der Vegetation schadete; besonders in Obcritalien vieler Rost. 1784 litt besonders Amerika durch Stürme, häufige Erdbeben und vul­kanische Eruptionen, auch hier krankte die Vegetation. Der Sommer 1786 gehörte auch zu den heissen diesseits der Alpen, auch kamen viele Erd­beben vor.
Unter den Menschen herrschten 1780—1783 (doch auch bis 1786) in Europa erysipelatöse Krankheiten; in den folgenden Jahren waren an vielen Orten Faulfieber, auch bösartige Lungenentzündungen, Angina maligna und Ruhren, so wie Scharlach häufig.
Schon von 1780 an waren Milzbrandkrankheiten überall sehr häufig, 1782 wfithete er in Sibirien, 1783 allgemein in Europa und Amerika, be­sonders in Westindien die Anthraxbräune der Thiere ganz gleichzeitig mit der Angina maligna des Menschen; auch auf den Maskarenischen losein; aber 1794 bis 1787 herrschte der Milzbrand, besonders auch als Zungenan-thraxbräune, in den mehrsten Europäischen Ländern, am heftigsten 1786.
Nun folgen wohl die oben bezeichneten sehr heftigen Milzbrandjahre, aber eine über mehrere Jahre ausgedehnte Milzbrandconstitution möchte sich wohl in langer Zeit nicht annehmen lassen.
Hcmlngcr, Hilibrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;JJ
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1834 — 1844.
tn diese Zeit fällt eine sehr ausgezeichnete erysipelatöse Krank-hcitsconstitution der Menschen in Europa, in America und Africa.
Unter den Thieren treten allerdings nicht die auffallenden specifischcn Formen, wie in früheren Milzbrandconstitutionen hervor; die 1838—1S42 sich ausbreitende Maul- und Klauenseuche hat, so viel mir bekannt, nir­gends einen Milzbrandcharakter angenommen, selten nur ist das wohl auch der Fall gewesen bei der darauf folgenden Lungenseuche; die häufigen Be­schreibungen des Torgekommenen Milzbrandes könnte man wohl geneigt sein der sorgfältigeren Beobachtung zuzuschreiben; statistische Berechnungen ge­gen frühere Zeiten sind nicht vorhanden; indessen wenn man, besonders aus Deutschland, die allgemeinen Klagen über die Zunahme der Häufigkeit des Milzbrands seit den dreissiger Jahren, und in Folge derselben die Maassre­geln der Begierungen und ökonomischen Vereine betrachtet, so kann man wohl kaum an dem Vorhandensein dieser Constitution zweifeln; auch aus Nordamerika ist früher nie so viel über die Milkdisease und die Tremb-1 e s geklagt worden, als in diesen Jahren. Entschieden häufig war in Frank­reich, Belgien, Deutschland der Milzbrandrothlauf unter Schweinen und Schafen.
3. Verbreitungsart der Epizootien.
Die Erfahrung zeigt, dass sich der Milzbrand am häufigsten bei ein­zelnen Thieren, an beschränkteren Localitäten zeigt, auf welche die erregen­den Ursachen wirkten. Allerdings kömmt er gar manchmal bei einzelnen Thieren, in einzelnen Ställen, auf einer einzigen Weide ror, während tau-sendc in der Xähe lebende Thiere vollkommen gesund bleiben; allein dass diese Ursachen sehr oft allgemeinere sein müssen, beweist der Umstand, dass häufiger gleichzeitig, oder kurz nach einander, an mehreren Orten Thiere erkranken; auch in diesem Falle bleibt die Krankheit, obgleich durch Con­tagion die nächste Umgebung inficirend, doch oft genug auf einen kleineren Umfang beschränkt. Wirkt aber die herrschende Constitution, die Disposi­tion allgemein erhöhend, sind die erregenden Ursachen sehr weit verbreitet, hat sich eine speeifische Form mit ausgeprägtem Charakter entwickelt, und hat sich das Contagium durch wiederholte Reproduction gekräftigt, so wird nun oft die Krankheit über einen weiten Umfang, während langer Dauer Terbreitct.
#9632; Ausgangspunkte der Epizootien.
Die Anfangspunkte solcher grösscrer Milzbrandepizootien liegen natür­licher Weise an Orten, wo der Milzbrand enzootisch ist.
Vergleicht man die grösscren und ausgebreiteteren Europäischen Milz-hrandepizootien, so ergibt sich das merkwürdige Resultat, dass der Aus-
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gangspnnkt bei weitem der mchrslen auf eine und dieselbe Gegend fällt, nämlich auf das südöstliche subalpine Frankreich, Auvergne, Lyon-nais, Dauphinc etc., vielleicht, dass genauere locale Nachforschungen noch specieller den Anfangspunkt ermitteln lassen. Diese Gegenden betrifft be­reits die von Gregor von Tours für das Jahr 591 beschriebene allgemeine
Epizoolie, deren Ausdehnung freilich nicht bekannt ist___Die Glossanthrax-
Epizootie der Jahre 1081—I(i83, welche ganz Frankreich, die Niederlande, Deutschland heimsuchte und sich bis nach Polen und Russland erstreckte, nahm ihren Anfang in der Dauphine oder in Lyonnais. — (lieber die von Alibert erwähnte Epizootie des Jahrs 1710 im südlichen Frankreich fehlen mir leider die Quellen). — Im Jahre 1714 verbreitete sich der Glossan-thrax aus der Dauphine nach Saroyen, wahrscheinlich auch weiter in Frank­reich. — Die grosse Glossanlhrax - Epizootie, welche ganz Frankreich, Ita­lien, die Miederlande, Deutschland in den Jahren 1730—1732 durchzog, wird zuerst in der Dauphine und in Xivernais erwähnt. — Die Milzbrand­bräune und der Glossanlhrax der Jahre 1762 und 1763 scheinen sich nicht so regelmässig verbreitet zu haben, indessen im Jahre 1762 herrschten diese Krankheiten in der Auvergne, und 1763 gibt Duhamel ihre Verbreitung aus der Auvergne in das Orlcanais an. — 1780 erschien der Glossanlhrax wieder in der Auvergne und verbreitete sich über das südöstliche Frankreich, in die Dauphine; dass der in Oberitalien vorgekommene von dort her stammle, ist wenigstens nicht bewiesen. — Eben so ist mir die Verbrei­tungsgeschichte des Zungenanthrax 1786 nicht ganz zu ermitteln möglich, aber er war am häufigsten in der Auvergne, und herrschte dann weit ver­breitet in Frankreich, Italien und Deutschland*).
Ob der Angina maligna des Menschen, welche sich vom Ende des sechs­zehnten Jahrhunderts bis 1630 aus Spanien nach Italien und ganz Europa verbreitete, und während welcher allerdings gleichzeitig Milzbrandbräune der Thiere vorkam, etwa eine solche Krankheit der Thiere vorausging, ist unbekannt; eben so unbekannt ist ihr Ausgangspunkt, vielleicht Africa?
Der Milzbrandrothlauf der Schweine 1803—1806 begann in der Gegend von Bologna, und breitete sich allmählig über einen Theil der Venetiani-schen und Lombardischen Ebene und des Kirchenstaats aus.
Von den Geflügel - Anlhraxseuchen 1763, welche den grössten Theil Europas durchwanderte, und 1788 — 1791 in Italien, sind die Ausgangs­punkte unbekannt**).
•) Man vergleiche, was im dritten Abscbnilt unter Auvergne und Dau­phin 6 angefiilirt werden wird.
deg;) Doch kam die von 1763 wohl aus Spanien, wo bis dahin (1750—1(62) die Angina gangraenosa unter den Menschen geherrscht hatte.
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Verlirei tmigsart der Milzbra nd-Epizoo tien.
Die gewöhnlichste Verhreitnngart aller Epidemien und Epizootien ist diejenige in Strahlen aus einem Centro, und das ist auch bei dem Milz­brande der Fall. Natürlicher Weise müssen aber Strahlen abbrechen und fehlen, wenn ihnen physische Hindernisse in den Weg treten, wenn sie z. B. auf Meere treffen, oder auf Gebirge, oder ein Terrain, auf dem die Krankheit ihrem Wesen nach nicht vorkömmt, und auf das sie sich also nicht ausbreiten kann; trifft sie dagegen auf ein Terrain, welches sie sehr begünstigt, auf welchem sie wohl gar endemisch ist, so werden sich über dieses die Strahlen um so schneller und leichter verlängern. So kann es denn wohl kommen, dass zuweilen die Verbreitung nur in einer oder in ein paar Richtungen erfolgt; aber die grösseren, und auch noch manche kleinere Milzbrandepizootien zeigen die allseitige Ausbreitung sehr gut.
Die Epizootie 1786 in dem Quercy gibt z. B. ein deutliches Bild dieser Verbreitungsart, wenn man die Beschreibung auf einer Karte verfolgt. Eben so 1838 in der Auvergne. Die grossen Epizootien von 1682 und von 1731 haben sich nicht anders verbreitet, wenn man ihnen auch eine andre Rich­tung geben will, die Verlängerung einzelner Strahlen erklärt sich leicht aus den angegebenen Gründen. Wenn sich Epidemien und Epizootien aus Spa­nien auf andre Art verbreitet zu haben scheinen, so sieht man ja wohl ein, dass von einer Halbinsel aus nur eine Richtung möglich war. Wenn der Darsteller der Epizootien von 1829 und 1835 in Ostpreussen eine regelmäs-sige Verbreitung von Südost nach Südwest erkennen will, so kann ich höch­stens eine Verbreitung nach Flussthälern finden.
Es ist allerdings eine merkwürdige Erscheinung, dass sich alle grösseren Maul- und Klauen-Seuchen-Epizoolien von Osten, aus Russland, nach We­sten, dagegen die Zungenanthrax-Epizootien umgekehrt aus dem Westen, aus Frankreich, nach Osten verbreitet haben; allein bei näherer Betrachtung findet man doch, dass diese Richtungen untergeordnete, aus den einwirken­den Einflüssen zu erklärende sind, und dass allgemein die Verbreitung von dem Heerde aus in Radien erfolgte.
Dauer der Epizootien.
Wenigstens in dem Clima Europas endigen die mehrsten Milzbrandepi­zootien in dem Laufe eines einzigen Sommers, der Winter macht ihnen ein Ende. Die gewöhnlichen, unbestimmt in verschiedenartigen Formen des An­thrax auftretenden Epizootien haben wohl nicht leicht länger gedauert.
Allerdings haben auch specifische Formen des Anthrax, sowohl bei einer sehr beschränkten, localen, als auch bei einer etwas weiteren Verbreitung oft nur dieselbe kurze Dauer gezeigt, z. B. die Milzbrandbräune 1762 in der Dauphinc, 1777 in Fossano, 1818 in Belluno, 1821 in Lüttich; der Glossanthrax 1763 in Frankreich, daselbst 1777, 1838 in der Auvergne u. s. w.
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Indessen haben solche specifische Formen, wo sie sich einmal entwickelt haben, offenbar die grösste Neigung sich in einer längeren Dauer in ihrer Eigenthümlichkeit fortzupflanzen und zu erhalten, z. B. der Milzbrandroth­lauf der Schweine in Oberitalien 1803 —1806, der Glossanthrax 1681 — 1683, derselbe 1730—1732, der Geflügelanthrax 1762—1764 und 1788—1791 u. s. w. Diese Seuchen haben sich in gleicher Form mehrere Jahre hin­durch erhalten.
4. Gleichzeitige Krankheiten der Thiere und der
Menschen.
Die gleichzeitig, also unter gleichen Einflüssen, rorkommenden Krank­heiten müssen nothwendig zur gegenseitigen Aufklärung ihres Wesens und ihrer Ursachen dienen; daher denn auch dieses gleichzeitige Vorkommen sorgfältig zu beachten ist. Leider ist es bis jetzt nicht geschehen.
Mit Kriebelkrankheit und Mutterkornbrand.
Dass der Milzbrand häufig mit diesen Krankheiten zusammengetroffen sein mag, wird um so wahrscheinlicher, da derselbe enzootisch in Gegenden ist, wo die genannten Krankheiten noch endemisch sind (Finnland, Russ­land, Sologne, Dauphine).
Wahrscheinlich war dieses schon 501 im südlichen Frankreich der Fall. Wahrscheinlich 992 — 994. Eben so höchst wahrscheinlich 1129— 1131.
Entschieden war wohl dieses Zusammentreffen in den Jahren 1709—1712 in Frankreich, der Schweiz u. s. w.
Eben so war es sehr allgemein in Frankreich, Deutschland, Ungarn im Jahr 1717.
1748 kam in Deutschland ausgebreiteter Milzbrand vor, während in Frankreich und den Niederlanden Ergotismns herrschte.
1754 in Schweden Ergotismus, in Russland, Deutschland, wahrschein­lich auch Lappland Milzbrand.
1769 und 1770 war das gleichzeitige Vorkommen des Ergotismus und des Milzbrandes in mehreren Ländern Europas am auffallendsten.
Mit Angina maligna des Menschen.
Es ist erwiesen, dass in der grossen Brandbräune - Epidemie der Men­schen von 1595— 1620 gleichzeitig in Spanien, Venedig, Neapel u. s. w. eine gleiche Krankheit der Thiere vorkam, ohne dass indessen das gegen­seitige Verhältniss dieser Krankheiten nachzuweisen ist.
Vollkommen bewiesen ist dagegen der Uebergang der Milzbrandbräune der Thiere auf die Menschen in den Epizoolien 1770 —1783 in Westindien und America.
Während der Milzbrandconstitution der Thiere und der erysipelatösen
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Constitution der Menschen in Europa 1783— 1787 kam wenigstens die Brand­bräune epidemisch vor in mehreren Ländern (Dänemark, Spanien, Portugal).
Im Jahre 1752 herrschte Milzbrand der Thiere und Brandbräune der Menschen gleichzeitig in der Schweiz; während der folgenden Milzbrand-constitution 1754—1759 herrschten bekanntlich Brandbräune - Epidemien in mehreren Ländern (Schweden, England, Frankreich, America).
Möglich, dass ein ähnliches Zusammentreffen 1690—1693 statt fand, ich habe indessen das Unzureichende der vorliegenden Quellen nachgewiesen.
Während der Milzbrandconstitntion 1784 — 1787 kam in vielen Ländern Angina maligna vor.
-Mit Erysipelas des Menschen.
Schon früher habe ich auf das sehr allgemeine Zusammentreffen von erysipelatöser Constitution der Menschen und Milzbrandconstitutionen der Thiere aufmerksam gemacht. — So wird man denn dieses Zusammentreffen erkennen 1707- 1712, 1730 — 33, 1752 — 58, 1762 — 64, 1780-87, 1838 — 44.
Mit gelbem Fieber der Menschen?
Die Quellen aus den betreffenden Ländern sind unzureichend, wenn ich indessen die Jahre 1790, 1793, 1803, 1821—22 (Angina maligna der Menschen, verbreiteter Schweine-Milzbrand in Frankreich), 1838 verglei­che, so scheint fast ein solches Zusammentreffen wahrscheinlich.
Mit Maulseuche der Thiere.
Ich werde in der Folge zeigen, dass es Uebergangsformen von Maul­seuche und Milzbrand gibt. — Das Zusammentreffen von verbreiteten Maul-seuche-Epizootien, Milzbrandconstitutionen der Thiere, und Erysipelas-Con-stitutionen der Menschen kömmt wiederholt und sehr auffallend vor. — Ich habe früher darauf aufmerksam gemacht, dass in manchen dieser Epizootien üebergänge vorgekommen zu sein scheinen, in andern sehr verbreiteten, wie z. B. 1838—42, aber gar nicht.
Mit Rinderpest.
Maulseuche und Milzbrand sind sehr oft gleichzeitig mit Rinderpest-Epizootien vorgekommen, und haben zu Verwechslungen Veranlassung ge­geben. Dieses Zusammentreffen ist auch bereits den Schriftstellern aufge­fallen, und hat Veranlassung zu Hypothesen gegeben, über deren Wcrth zu entscheiden schwer ist; wenigstens würde uns hier die Untersuchung zu weit führen.
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Mit Abortus der Thiere. Die Häufigkeit des Verwerfenlaquo; wird wiederholt angeführt, am auffal­lendsten 1775 in der Beauce; wahrscheinlich ist es es noch viel häufiger vorgekommen.
5. Ursachen der Epizootien.
Wir werden in einem folgenden Abschnitte die Ursachen des Milzbrands besonders besprechen, und wollen hier nur vorläufig die Ursachen zusam­menstellen, welche man für die einzelnen Epizootien angegeben bat, und so nnsre folgenden Untersuchungen vorbereiten,
Grosse Hitze.
Dass sehr heisse Sommer Milzbrandjahre geben, haben wir früher ge­sehen; aber keineswegs steht die Hitze des Sommers im geraden Yerhältniss zur Häufigkeit des Milzbrands; so ist in diesem Jahrhundert IS34 kein so arges Milzbrandjahr gewesen wie 1807 und 1803, 1836 wahrscheinlich schlimmer wie 1822 u. s. w.
Die Jahre, in denen die Hitze des Sommers als Ursache angegeben wird, sind: 1252 (zugleich aber viele Gewitter und allgemeines Erkranken der Vegetation); 1691; 1712 (zugleich aber Erdbeben und Ueberschwem-mungen); 1731 (zugleich vulkanische Ausbrüche und Erkranken der Vege­tation); 1756 (aber die ganze Milzbrandperiode 1754 — 1758 ausgezeichnet durch Erdbeben, vulkanische Ausbrüche und Erkranken der Vegetation); 1761 und 1762; 1770 (aber zugleich Erdbeben, vulkanische Ausbrüche und Erkranken der Vegetation); 1774; 1788; 1793; 1803 (zugleich heftige Ge­witter und Ueberschwemmungen); 1807 (häufige Gewitter); 1810 (zugleich viele starke Gewitter und Erkranken der Vegetation); 1811 (Erkranken der Vegetation); 1826 (Ueberschwemmungen und Erkranken der Vegetation); 1835 (Gewitter und Erkranken der Vegetation).
Gewitter.
Der Ausbruch des Milzbrands nach Gewittern wird speciell angegeben 1793, 1832, 1835.
Vulkanische Ausbrüche.
Fast scheint es, dass er öfter nach diesen vorgekommen ist, die Be­schreibungen sind aber zu unsicher; speciell wird eine solche Beziehung ge­sucht 1731, 1756, 1770 auf den Antillen, 1783.
Erdbeben.
Das Zusammentreffen mit ihnen wird hervorgehoben: 1682, 1712, 1770. (1804).
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Regen, Nebel. Zuweilen hat er nach Regen aufgehört, z. B. 1756 in Franken, 1802 in Baiern u. 8. w. Regen nach grosser Hitze und Trockenheit hat ihn aber oft gebracht. Besondere Nebel werden wiederholt angeführt; diese brachten aber gewöhnlich auch Pflanzenkrankheiten.
Ueberschwemmungen.
Nach solchen sind die Epizootien oft vorgekommen, z. B. 591; 1601; 1682; 1712; 1803; 1818; 1826; 1833; 1835.
Erkranken der Pflanzen.
Unverkennbar sind die Milzbrand-Epizootien sehr oft gleichzeitig mit Erkranken der Vegetation, Mutterkorn, Rost, Brand, Mehlthau, vorgekom­men; auch werden sie von den Beobachtern sehr allgemein als Ursachen derselben angegeben: raquo;92 sehr allgemein; 1252 in England; 16i7 wahr­scheinlich in Italien, den Niederlanden u. s.w.; 1726 sehr allgemein; 1754 und folgende Jahre; 1770; 1775 in der Beauce; 1780 in Frankreich; 1787 in Baiern; 1790; 1810; 1811; 1815 in Rom; 1818 in der Mark; 1826; 1834 in Magdeburg; 1846 an mehreren Orten.
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Dritter Abschnitt.
Die g:co{p'airaquo;1iisc]ie Verbreitung fies Jflilzbrandeslaquo;
Der Milzbrand kömmt vor von den Polen bis zur Linie, und die Brei­tengrade machen in seiner Häufigkeit eben keinen Unterschied. Soll diese Betrachtung zu einem nützlichen Resultate führen, so müssen wir überall die gleichieitig wirkenden Einflüsse, und die gleichzeitig vorkommenden Krankheiten in das Auge fassen.
Bei der Beurtheilung der Nachrichten über die relative Häufigkeit der Krankheit ist indessen Vorsicht erforderlich: Würde der Verf. z. B. nach den vorliegenden amtlichen Anzeigen in seiner Umgegend urtheilen, so würde er den Milzbrand für häufiger halten an Orten, wo er in der That selten ist, und umgekehrt für seltener da, wo er sehr häufig ist; denn da, wo er seltener ist, fällt seine Erscheinung sehr auf und kömmt regelmässig zur Anzeige; wo er eine alltägliche Erscheinung, werden die vorschriftsmässigen Anzeigen gewöhnlich unterlassen.
Sibirien.
Der Milzbrand ist in Sibirien bekannt unter den Namen: J a s w o, Morowaja Jaswa (Schwäre, Pestschwäre) oder Schelwaki d. h. Beulen, Sibirische Beulen, Wetrenizza, Powetrie (Seuche), Wos-duschnaja Bolesu (Wind- odor Luflseuche) ; bei den Tataren Naguptan; bei den Kirgisen Mohmo.
Formen.
Der Milzbrand kömmt in Sibirien ganz unter denselben Formen vor, wie bei uns und sonst überall. Wenn einige Formen, wie z. B. der Milz­brandrothlauf, seltener zu sein scheinen, so rührt das wohl daher, weil man die Krankheit bei den Thierarten, wo diese Formen am häufigsten sind, noch am wenigsten beachtet hat, z. B. an Schafen und Schweinen. Daher hat auch schon Bojanus mit Recht die Sibirische Seuche nicht vom Milzbrand
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im Allgemeinen unterschieden, und mau ist durchaus nicht berechtigt, au* der Jaswo eine besondere Form des Milzbrandes oder der Pustula maligna zu machen.
Die, wie überall, nicht scharf von einander abgegrenzten, sondern in einander fibergehenden Formen sind: 1) die erysipelatöse, langsamer ver­laufende, 3) eine Uebergangsform mit flachen, massig harten Geschwülsten, 3) mit charakteristischen ausgebildeten Carbunkeln, 4) die höchst acute apoplektische Form. Sie hier weiter zu beschreiben, ist nicht nothwendig, da wir in einem folgenden Abschnitte auf sie zurückkommen werden.
Alter der Krankheit.
Von der Zeit an, wo wissenschaftlich gebildete Aerzte nach Sibirien gekommen sind, ist uns auch die Krankheit dort bekannt.
Der älteste Beobachter der Krankheit mag wohl Steller gewesen sein, der nach Gmelin (Flor. Sibir. II.) während seines Aufenthalts in Tobolsk im Jahr 1738 die Festheulen daselbst beobachtete; sie hatten bei den Pferden und Ochsen begonnen, und dann auch die Menschen befallen.
Der ältere Gmelin erwähnt ihrer auf seiner Reise durch Sibirien wäh­rend seines Aufenthalts in Tara im Sommer 1741, wo sie unter den Pferden, aber nicht unter den Menschen wüthete; selbst scheint er sie nicht beob­achtet zu haben, indessen muss er gute Berichterstatter gehabt haben, da seine Beschreibung mit der späterer Beobachter übereinstimmt*).
Georgi, der im Jahre 1772 reiste, erwähnt sie in Daurien, am Argun und um Nertschinsk; er sagt, die Pferde der christlichen Einwohner litten oft an ihr, während die der Buräten und Tungusen davon frei blieben; er bemerkt, sie sei der am Irtysch vorkommenden Seuche ähnlich und werde morowaja Jaswa und sarasitelnaja (ansteckend) genannt, 1772 sei der halbe Pferdestand darauf gegangen**).
Falk, der 1768 bis 1773 in Sibirien reiste, erwähnt sie als eine all­gemeine Krankheit: „Sie ist im ganzen südlichen Sibirien vom Ural bis zur chinesischen Grenze und vorzüglich am Irtysch und seinen Zuflüssen ge­mein, doch scheint mir nicht, dass sie Sibirien ganz eigenthümlich sei, vielmehr findet man hie und da in den Schriften der Aerzte einzelne Kran­kengeschichten, die mit den Erscheinungen bei den Brandbeulen grosse Gleichheit haben. In Sibirien äussert sie sich jährlich, bald hier bald dort,
•) J. 6. Gmelin, Reise durch Sibirien. Göttingen 1752. B. IV. S. 143.
'') J. G. Georgi, Bemerk, auf einer Reise im Russischen Rei­che, Petersb. 1775. B. |. S. 442,
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eft an mehreren Orten, doch htt man nicht bemerkt, das sie je gant all­gemein warquot;*).
Pallas, dessen Reise ebenfalls in die Jahre 1768 bis 1773 fällt, sah die Krankheit nicht selbst, obgleich sie bei seiner Anwesenheit in der isetskischen Steppe herrschte; er beschreibt sie aber weitläufiger nach den erhaltenen Nachrichten *¥).
Mit Haupt zu schliessen, dass die Krankheit in Gegenden, wo sie diese ältesten Reisenden noch nicht erwähnen, auch noch nicht vorhanden gewesen sei, dürfte sehr gewagt sein. Derselbe glaubt nach rerschiedenen Erzählungen und nach Nachrichten von Geistlichen annehmen zu dürfen, dass die Krankheit erst im Anfange des ISten Jahrhunderts in Sibirien auf­getreten sei, aber auch das ist wenig glaublich.
Nach diesen Beobachtern erschienen nun die Schriften und Abhand­lungen, welche wir im ersten Abschnitt angeführt haben, Ton Pallas (N. 51), Wlassow (52), Hablizl (53), Renovantz (54), Du Rol (55), Bornemann (69), Petersohn (83), Hameley (93), N. 103, Heu­roth (126), Ellisen (127), Chodowitzky (237), Skinsky (238), Krebel (3-4laquo;), Pobrowsky und Meyer (330), Haupt (345). Zu diesen kann man noch die Mittheilungen fügen, welche sich in folgenden neuern Schriften finden.
Renovantz hat in einer spätem Schrift seine Nachrichten ans dem Altai vervollständigt ***).
Uden betrachtet sie mit Recht als den übrigen Milzbrandformen gleich und giebt die Zeiten an, wo dieser in den verschiedenen Russischen Gouver-ments vorzüglich wüthete. So bemerkt er, dass im Jahre 1798 in den Gou­vernements St. Petersburg, Finnland, Esthland, Liefland, Curland, Litthauen, Minsk, Weissreusen, Pleskow, Nowgorod, Twer, Wologda, Tula, Kaluga, Orlow, Kursk, Tambow, Neureussen, Woronesch, Räsan, Astrachan, Tobolks, Simbirsk, Jaroslaw, Wladimir, Kostroma, Perm, Nischnegorod, Wiätka, Arch­angelsk, Slobodo-Ukrainsk eine Menge Pferde, Rindvieh, Schafe, Schweine und Menschen ein Opfer des Milzbrands fielen ****). — Von gleichen Grundsätzen gingen Kör her und Bidder aus***).
*) J. P. Falk. Beiträge zur topographischen Kenntniss des Russischen Reichs. Petersburg. 1785. B. I. p 259. •*) P S. Pallas. Reise durch verschiedene Provinzen des
Russ. Reichs. Frankf. 1777. B. II. p. 222 '*') H. M. Renovantz. Mineral, geograph. Nachrichten von den Altaischen Gebirgen. Reval. 1788 p. 16 2. quot;gt;,*deg;) Fr. Uden. Die gemeinsten Seuchen unter den Pferden, Ochsen, Kühen u. s. w. Petersburg 1801. t) J. F. C. Körber und H. Bidder. Auszüge aus den Ukasen etc. das Medicinal wesen betreffend. Mitau. 1816. u. 1825-
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Manche beachtenswerthe Mittheilungen über das Vorkommen der Krank­heit auf verschiedenen Localitäten lieferte auch Ledebour*).
Gebier beschrieb die Krankheit, wie sie im Jahr 1829 um Barnaul vorkam (wo sie früher schon Renorantz wiederholt beobachtet hatte): „Unser Sommer in Barnaul war mehr trocken und kühl als heiss, und von der Mitte des Juli an zeigte sich der sogenannte Sibirische Carbunkel am Menschen häufiger, als ich je hier sah. Es ist dieses eine eigene, der Un­garischen schwarzen Blatter oder der Schwedischen Furia infernalis, beim Vieh dem Milzbrande sehr ähnliche Krankheit, die gar nicht ansteckend, nie Kinder befällt **), aber auch alte Leute und die höheren Stände nicht ver­schont, so dass sie hier auch ein Bergmeister und zwei Damen bekamen. Der Kranke fühlt plötzlich an irgend einer Stelle des Körpers gewöhnlich am Gesicht, Hals, Armen, Rücken oder an der Brust einen Stich, wie von einer Mücke oder Biene, die Stelle schwillt auf, ist aber, wodurch sie sich auch von einem Insectenstiche unterscheidet, ganz unempfindlich, so dass man sie ohne den geringsten Schmerz mit einer Nadel oder Lanzette durchstechen kann, wobei sich erst dann Blut zeigt, wenn der Einschnitt bis auf die ge­sunden Theile durchdringt. Nach 12 bis 24 Stunden stellt sich Schwindel und Beängstigung ein, dann Fieber mit starker Beklemmung, Schwäche, zu­weilen Brust- oder Leibschmerz mit ungewöhnlich kleinem Pulse. Am 3. oder 4. Tage wird die Geschwulst grosser, in der Mitte und weiterhin brandig, und der Kranke stirbt oft, ohne dass der äusserliche Brand beträchtlich ist, am 4. bis 9. Tag, meist mit Bewusstsein, obschon der Puls mehrere Stunden vor dem Tode nicht mehr zu fühlen ist. Diese Krankheit herrscht übrigens am meisten in den Steppen und ebenen Gegenden von Barnaul, Gouverne­ment Tomsk, in Sibirien, wo die Pferde zu Tausenden fielen, und dringt nie­mals in die Wälder oder Gebirge. Sumpfluft mag einen grossen Antheil haben quot;*)•quot;
Thiere, welche leiden.
Leider sind wohl die Beobachtungen in dieser Beziehung nicht vollstän­dig, und im Allgemeinen nur die Hausthiere besonders in das Auge gefasst, welche in Sibirien für den Menschen den grössten Werth haben.
Einzelne Beobachtungen scheinen zu zeigen, dass der Milzbrand zu­weilen von den wilden Thieren ausgegangen und sich auf die zahmen fort­gepflanzt habe.
deg;J C. F. v. Ledebour. Reise durch das Altai-Gebirge. Berlin. 1830. B. II. S. 187. 345. 468. 486. 491. 512. **) Beide Angaben sind falsch'
••raquo;) Froriep Notizen. 1830. B. XXVII. S. 45. — Früher schon Mit­theilungen von Gebier in: Erdmann Beitr, zur Kenntniss d. I u n e r n von R u s s I a u d. II, S. 4 9.
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So soll sich nach Wlassof (s. N. 52) im Jahr 1779 die Beulen-seuche zuerst unter den wilden Dschiggetais der Steppen geäussert haben, und Ton diesen auf Pferde und Horrmeh fortgepflanzt worden sein.
Auch die plötzlichen und grossen Sterblichkeiten, welche zuweilen die Rennthierheerden verwüsten, dürften in sehr vielen Fällen dem Milz­brande zuzuschreiben sein, besonders, wenn sich die Krankheit zu gleicher Zeit den Menschen mittheilte, wie z. B. in dem Falle, den Wran gell mit­theilt: „Im Jahr 1814 schleppten die Tschuktschen die Keime einer anstecken­den Krankheit bei ihrer Ankunft in Ostrove ein, welche bald ihre Ver­heerungen unter den Menschen und unter den Rennthieren, deren eine sehr grosse Anzahl starb, ausübtequot; *). Einwenden kann man, dass sich dieses im Februar zutrug, wo in der Re ge l der Milzbrand nicht zu herrschen pflegt -).
Sonst stimmen alle Beobachter darin überein, dass von allen Thieren am mehrsten die Pferde leiden; eine gute Anzahl von Beobachtern behaup­tet, dass immer zuerst die Pferde leiden, wovon indessen andre Ausnahmen beobachtet haben wollen.
Schon der älteste Beobachter S t e 11 e r hatte den Anfang der Krankheit bei den Pferden beobachtet. — Auch einer der neuesten Beobachter Po-browsky (N. 330) versichert, dass die Pferde zuerst leiden.
Nächst den Pferden sollen nach den mehrsten Beobachtern am mehrsten die Menschen leiden; nach manchen nur angesteckt von Thieren, nach andern auch primär.
Nach allen Beobachtern soll das Rindvieh viel weniger leiden; man möchte aber wohl geneigt sein zu glauben, dass man weniger aufmerksam gewesen ist auf die Krankheiten dieser Thiere.
Bei den Schafen soll die Krankheit sehr selten vorkommen. Vergleicht man aber die häufigen Nachrichten von der grossen Sterblichkeit dieser Thiere, so wird man auch auf den Gedanken geführt, dass man die Analogie der bei diesen Thieren vorkommenden Formen des Milzbrandes mit der Beulen­seuche verkannt hat. — Dasselbe dürfte noch mehr mit den Schweinen der Fall sein, die selten genannt werden.
Die Kameele werden von einigen Beobachtern genannt. Eben so die Ziegen.
Gmelin a. a. 0. beschreibt die Krankheit am Menschen, dann am Pferde, und fährt dann p. 151 fort: „Das Hornvieh soll bei dieser Seuche gar selten,
*) Wrangeil. Le Nord de laSiberie. I. p. 265. **) Aber noch in diesem Jahre meldet eine Nachricht in der Nordischen Biene, dass die Sibirische Seuche die Rennthierheerden der Samojeden um % vermindert babe, Ausland 1848. N, 1 7 6. S. 701.
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Schafe aber noch viel weniger als Kühe leiden. Doch will man wissen, dass beide Arten zuweilen auch solche Beulen bekommen, die man aber der dicken Haare wegen nicht eher sehen könne, als bis sie zu ihrer Reife ge­kommen, wesswegen sie auch gemeiniglich eher umfallen, als man ihre Krank­heit gewahr werdequot;.
Falk (a. a. 0. II. p. 259) sagt: „Die Brandbeulen greifen Menschen, Pferde, auch doch seltner Hornvieh, und, welches bei der Verschiedenheit der körperlichen Einrichtungen besonders ist, fast mit gleichen Symptomen an. Wenn sie mehr Pferde als Menschen hinreissen, so kömmt das theils davon, dass die Pferde als beständig unter freiem Himmel häufiger befallen werden, und dass man es bei ihnen nicht früh genug bemerkt, wenn noch Hülfe möglich warquot;. Derselbe p. 262: „Beim Rindrieh äussern sich die Brand­beulen, wie bei den Pferden. Am Irtysch und überhaupt im südlichen Sibi­rien wülhet bisweilen ausser andern Seuchen auch unter dem Hornvieh eine, die mit der Jaswo bis auf die fehlenden Beulen, besonders darin Aehnlich-keit zeigt, dass sie zu gewissen Zeiten jedes Thier für sich und ohne dass eines das andre anstecke, befällt und in drei bis sechs Tagen tödtet. Am Tobol ward sie 1768 nicht im Sommer, sondern im December bemerkt, und schien dem Fluss hinab zu folgen, wfithete aber so schnell und heftig, das dieses kaum zu unterscheiden war, denn in wenigen Tagen war in manchem Dorfe keine Klaue von Hornvieh nachgebliebenquot;. Daselbst p. 371 wird von einem andern Reisenden, Bardanes, aus der Kirgisensteppe berichtet: „Die Kirgisen versicherten uns, dass die Brandbeulen, Jaswo der Russen, bei den Kirgisen Ulat, auch Tsckattschak, zwar Pferde und Kameele, und hiernächst Hornvieh am öftersten angriffen, dass aber auch die Schafe nicht von denselben frei bliebenquot;.
Pallas (a. a. 0. II. p. 224) sagt zwar: „Dazu kommt noch, dass selbige sich bei Menschen, Pferden und Kühen, welche eine von Haaren wenig bedeckte Haut haben, häufig, sehr selten aber bei dem Schafvieh ein­findetquot;. Wenn derselbe aber III. p. 469. erzählt, wie während der heissen Steppenwinde im Juli „die Schafe oft wie die Fliegen dahinfallen, Blut schäumen, aufschwellen und so schnell in Fäulniss übergehen, dass nicht einmal die Felle zu brauchen sindquot;, so möchte er doch wohl den acutesten Milzbrand der Schafe bezeichnen.
Ledebour (II. p. 468) berichtet aus der Kirgisensteppe: „Es vergeht kein Sommer, wo die Pestbeulen nicht viele Pferde und Kamecle wegraffen; das Hornvieh wird viel seltner angegriffen, die Schafe niemalsquot;.
Haupt, der aber keine Kenntniss der Milzbrandformen besitzt, äussert sich folgendermassen: „Da die meisten Schriftsteller und Berichterstatter über­einstimmen, dass die Benlenseuche Menschen, Pferde, Rindvieh, Kameele, Schaafc und Schweine, wenn nicht auch Hunde, wilde Thiere und Hausfeder-vieh befalle, so würde es, wenn nicht mehr, wenigstens unschicklich erschei-
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Hen, dieses geradezu bestreiten zu wollen. Ich muss mich begnügen zu ge­stehen, dass ich nur Menschen und Pferde von ihr befallen gesehen habe und dass viele Männer, welche diese Krankheit eine geraume Zeit hindurch kannten, behandelt und beobachtet hatten, dasselbe mir versicherten. In der ganzen Zeit meines Aufenthalts in Sibirien, an den mancherlei Orten, wo mir die Sibirische Fest bald an Pferden allein, bald auch an Menschen zu Gesichte kam, fehlte es keineswegs an andern Hausthierarten, die in noch grösserer Anzahl als Pferde vorhanden waren, aber Klage und Rede war stets nur über den Verlust, die Gefahr hinsichts der letzteren. Wenn zur Zeit, wo die Seuche im Gange war, einige andre Thierarten z. B. Rinder oder Schafe mitkrepirt waren und man ihr es zuschrieb, so waren auch hierüber die Angaben so mangelhaft und nngewiss, das man keinen sichern Schluss daraus ziehen konnte; oft gestanden Eigenthümer und andre Augenzeugen, dass sie selbst nur vermutheten, das Vieh sei an der Jaswo umgekommen, doch könne auch wohl ein andrer Zufall schuld sein. Bei aller Mühe, die ich mir gegeben,' an der wirklichen Beulenseuche kranke Rinder, Schafe, Schweine u. s. w. oder auch nur die daran gefallenen zu Gesichte zu bekommen, so ist mir dieses doch nie geglückt. Einige gefallene Kühe, die man mir derzeitig an­zeigte, hatten keine Merkmale der Beulenseuche, sondern waren an andern Zufällen, wie solche immerdar zutreffen, verendet. Die Wahrheit mag sich nun verhalten wie sie will, so ist wenigstens so viel gewiss, dass die Sibiri­sche Pest vorzugsweise und sehr oft einzig nur Pferde trifft, nächst diesen aber, obgleich seltener und einzelner, Menschen. Angenommen, dass auch Kühe oder Ochsen, Schafe und Schweine ihr ausgesetzt sind, so mögen dieser Fälle doch so wenige sein, dass sie kaum in Betrachtung kommen.quot; (a. a. 0. S. 162.) Ich gestehe, dass ich keinen Werth auf diese Worte Haupts legen kann, der unter Verhältnissen, wo jedenfalls Milzbrand der Schafe, Schweine ii. s. w. vorgekommen seyn muss, sagt, er kenne den Milzbrand gar nicht. Auch bei uns in Deutschland, Frankreich u. s. w. ist der Milzbrand mit äusseren Beulen die Form, welche bei Pferden am häufigsten vorkömmt, wäh­rend diese Form bei Rindern weniger häufig, und bei Schafen noch sel­tener ist.
Pobrowsky sagt: „Anfänglich werden, und zwar im Sommer, stets die Pferde, dann die Menschen, die Schafe und das Hornvieh, aber seltener dieses ergriffen. Bei Schafen und Kühen sitzt die Beule am Euter oder an den Backen.quot;
Verbreitung in Sibirien.
Pobrowsy bezeichnet als Bezirk ihres ursprünglichen Vorkommens die Kirgisensteppe vom Kaspischen Meere bis zum See Nord-Saissau ^ etwas zu beschränkt.
Vergleicht man die Kachrichten, so vird ihr Hauptrorkommen fallen in
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das Plateau der Quellengcbiete des Ischim, Narym, Irtysch bis unter Tobolsk, dann am Obi bis Tomsk, um die Uda, Oka, Angara, zwischen Ural und Al­tai, überall um den Fuss des letzteren, vom Baikal bis zum Argun und an der Lena, in den Steppen der Buräten und der Kirgisen. (Wahrscheinlich in den Tundren des Norden.)
Einflüsse, unter denen sie vorkömmt.
Das CI i m a dieses Landstrichs ist genügend bekannt. Ein Winter mit furchtbarer Kälte vom September bis zum Mai, ein Herbst schon mit vielen Frösten im August, kaum ein Frühjahr im Mai, dagegen im Juni und Juli ein heisser Sommer mit sengender Hitze, wo die Tagestemperatur nicht leicht unter 15deg;, sehr häufig 24deg; bis 30deg; R. beträgt, in der Nacht dagegen oft nur 0deg; und Reif. Thau häufig, Ueberschwemmungen im Frühjahre. So reich auch die Wiesenflächen sein mögen, unter den angegebenen Einflüssen müs­sen die Gräser oft erkranken, worüber wir freilich wenig wissen.
Der Boden ist zwar sehr verschieden, doch an den bezeichneten Stellen vorzugsweise sehr salzreicher Steppenboden, Kreide oder Thon, in Flussthä-lern und um Salzseen, die Krankheit kömmt nicht auf den Gebirgen vor.
Von den ersten Beobachtern bis zu den letzten wird die Bemerkung wie­derholt, dass die Beulenseuche nur an bestimmten Localitäten vor­kömmt, dass es dagegen solche oft ganz in der Nähe der ungesunden lie­gende gibt, die die Krankheit niemals gesehen haben. So führt Georgi bereits an, dass am Tobol, wo die Seuche sehr gewöhnlich herrscht, doch der Ort Isetskoi Ostrog so frei von der Krankheit ist, dass sich die ältesten Leute keiner Fferdeseuche erinnern können (II. S. 527). — Pallas fiel die­ses schon sehr auf a. a. 0. II. S. 224 sagt er: „Ferner dass ganz benach­barte, aber kühl gelegene Gegenden von dem Uebel stets befreit bleiben, wenn selbiges gleich an den gewöhnlich damit geplagten Orten am ärgsten im Schwünge geht, davon hat man am Irtysch ein Beispiel, wo längs diesem Flusse selten ein Jahr ohne Seuche hingeht, da man dergleichen hingegen in der Barabinischen Steppe an den nur etwa hundert Werste von Irtysch entfernten Gewässern Burla, wo im Sommer beständig kühle Luft herrscht, nie bemerkt hat, wesshalb man auch aus den benachbarten Festungen und Vorposten alle Pferde, die man nur erübrigen kann, während der gefährlichen Monate dahin auf die Weide treibt.quot; Und weiter hin auf seiner Reise von Jamüschewska nach dem 40 Werst entfernten Lebäschje, beide am Irtysch: „Gegen Lebäschje Vorposten wird die Sandwüste nach und nach eben, allein die letzten 10 Werst sinkt dieselbe gegen denjenigen weiten Grund ab, in welchem der See Lebäschje gelegen ist, der mit zwei Bächen nach dem Irtysch seinen Ausfluss hat. Es hielt hier schwer die nöthigen Pferde zu bekommen, weil man wegen der Beulenseuche alles nöthige Vieh nach einer kühlen Weide getrieben hatte, die nur auf 20 Werst vom Irtisch bei einigen
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bittern und süsscn Seen befinillich sein soll. Die Luft sei daselbst auch im Sommer so kühl, dass sich kein Ungeziefer da aufhält, auch die Seuche nie­mals bemerkt wird. Eben dieselben Eigenschaften haben schon erwähnter-massen die Weiden am Bache Burla, aber was mag die Ursache eines sol­chen Unterschiedes der Luft in so benachbarten, unter einer Breite gelegenen und ganz offnen Gegenden seyn? Die Salzhaltigkeit des Bodens kann nichts dazu beitragen, denn eben die herrscht auch am Irtysch, wo sich keine küh­len Gegenden befinden.quot; Schade, dass die Differenzen des Bodens, der Be­wässerung und der Vegetation nicht genau angegeben sind. — Meyer und Ledebour haben dieselben Bemerkungen gemacht: „Riddersk (im Altai) liegt 2346 p. Fuss über der Meeresfläche in einem weiten Thale. .. . Das Clima ist schon ein Beträchtliches kälter. . .. Der Graswuchs ist vortrefflich, und für das gesunde Clima dieser Gegend spricht der Umstand, dass man überall im Gebirge nie von der sogenannten Sibirischen Krankheit befallen wird, welche in den nördlichen und westlichen Gegenden, besonders in der Barabinskischen Steppe, nicht nur viele Pferde hinwegrafft, sondern auch häufig Menschen befällt.quot; a. a. 0. I. S. 76. „Buchtarminsk liegt am Ufer der Buchtarma, 1 Werst vom Irtysch entfernt.... Unzählige Mücken und Moschki fallen im Sommer sehr beschwerlich .... Das Clima soll ge­sund sein, doch herrschen häufige, und hartnäckige Wechselfieber.... Die Viehzucht ist bedeutend, und um so vortheilhafter, da die Sibirische Fest nicht bis hierher vordringt.quot; Das. II. S. 202. (B. soll auf Granit liegen). Wei­ter abwärts am Irtysch, wo bereits Wechselfieber sehr hausen: „Die Sibirischen Festbeulen sind um Ustkamenogorsk, auch selbst noch um Semipalatinsk nicht häufig, und nur höchst selten werden Menschen damit befallen; hinter Jamy-schewa aber soll diese Seuche in manchen Jahren sehr wüthen. Doch will man bemerkt haben, dass dieses Uebel immer mehr abnimmt, und es werden nicht mehr so unzählig viele Pferde ein Opfer desselben, als zu der Zeit, da Pallas diese Gegend bereiste. Das beste Mittel, die Ausbreitung dieser Seuche zu hemmen, finden die Einwohner noch immer im Entfernen der gesunden Thiere von den kranken, und es ist mir einstimmig versichert worden, dass diejenigen Besitzer grosser Heerden, die diese Trennung zeitig genug anstel­len, den grössten Thcil ihrer Heerden retten, dagegen andre, die diese Mas­regel vernachlässigen, bedeutende Verluste erleiden. Hiermit stimmt auch überein, was mir der reiche Kaufmann Samsanow in Semipalatinsk mitthcilte: Als vor mehreren Jahren die Seuche unter den Heerden sehr aufräumte, blieb seine zahlreiche Pferdetabune am linken Ufer des Irtysch ganz befreit durch die Masregel seiner Hüter, keine andern Viehheerden in der Nähe zu dulden. InSemijarsk erzählte mir meinWirth, dass man dort das gesunde Vieh gleich von dem erkrankten trennt und weit weg treibt, wodurch die meisten ge­rettet werden. Auch wird jetzt, sowie die Seuche irgendwo ausbricht, eine ziemlich strenge Quarantainc eingerichtet und besonders keine Kirgisenheerde
Jlcuilnger, MlUbiand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;14
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durchgelassen. Vor einigen Jahren wülhete diese Seuche im Tomskischcfi am Ob bis zumNarym abwärts, wo seit Menschengedenken diese Plage nicht geherrscht hatte; es fielen unzählig viele Pferde; die Seuche soll, wie man genau nachgewiesen haben will, zuerst durch einige kirgisische Pferde dort­hingebracht worden sein; so wie mir von Augenzeugen erzählt worden ist, soll die­ses Uebel in jenen Gegenden noch fürchterlicher gewüthet haben, als es um Jamyschewa und Schelesenka geschieht; also ähnlich den Blattern, die dort, wo sie sich zum ersten male zeigten, auch am tödtlichsten waren. Gewisse Lobalursachen scheinen offenbar einen nicht geringen Einfluss auszuüben. So haben die Sibirischen Pestbeulen sich noch nie bei Buchtarminsk und bei den Kurtschum-Kirgisen verbreitet, obgleich mehrmals kranke Pferde nach Buchtarminsk gebracht worden sind. Als Herr Schewnin, Commandant von Buchtarminsk, von Schelesenka dorthin versetzt wurde, brachte er, ohne es zu wissen, mehrere erkrankte Pferde mit, die in den Tabunen mit andern Pferden zusammen weideten und dort fielen, ohne dass die Seuche weiter verbreitet wurde. Der Salzboden, Mangel an gutem frischen Wasser und der zu häufige Gcnuss von Salzpflanzen scheinen wohl die Hauptursachen der Entstehung und Fortpflanzung dieses Uebels während der heissen Jahrszeit zu seyn. Herr Schewnin hielt sich in den Jahren 1803—1805 in Schele­senka und Jamyschewa auf, wo damals sehr viele Pferde fielen; besonders wurden Pferde, die aus andern Gegenden dorthin kamen, mit ungemeiner Hef­tigkeit befallen, so dass hinnen wenigen Wochen oft fast alle Pferde eines Regiments aufgerieben wurden, weniger litten immer die einheimischen Pferde. Auch Menschen wurden damals oft befallen, aber fast alle durch Aufschnei­den der Beulen und Behandlung derselben mit Salmiak und Tabak wieder­hergestellt. Herr Schewnin bekam selbst eine Beule am Kinn, die aber durch jene Mittel in wenigen Tagen zerstört wurde. Von diesen Pestbeulen unter­scheidet sich ein andres Uebel sehr*), welches um Semipalatinsk bisweilen das Rindvieh befällt: Die Zunge der Thiere wird bisweilen sehr entzündet, und hindert sie am Fressen. Wohl ganz richtig wird dieses Uebel vom Ge-nuss der im Herbst dürre und hart werdenden Pflanzen hergeleitet, wodurch dann die Zunge leicht verwundet und hart werden kann. Das Uebel fand sich auch in diesem Jahre ein und Herr Klostermann liess alles kranke Horn­vieh in dazu bestimmte Ställe bringen, wo es dann bei zweckmässiger äusser-licher Behandlung bald wieder hergestellt wurde.quot; a. a. 0. II. S. 345. — Auch Gebier a. a. 0. bei Erdmann sagt, dass die Thiere in den Niederun­gen und Flnssthälern, aber nicht im Gebirge befallen werden.
*) Wahrscheinlich doch nicht, zumal wenn es zugleich mit den Healed der Pferde vorkömmt, denn dann ist es wohl Zungenanthrax, der Jascht-schur der Russen. Aber freilich ist die Beschreibung so ungenügend, dass es raquo;ach nur Maulscuche gewesen raquo;ein kann.
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Etwas näher sind also von den genannten Schriftstellern die einzel­nen Lokalitäten, auf denen die Seuche vorkömmt, bezeichnet. Nicht an allen den zahlreichen sfissen, vorzüglich aber salzigen, bittern und brackischen Seen dieses Landstrichs kömmt die Seuche vor, sondern nur an manchen; aber gerade an dem Schauplätze der Seuche sind viele tausend Quadralwerste nicht allein mit Seen, sondern auch mit Sümpfen, Torfmooren und Morästen bedeckt, die im Sommer mehr oder veniger eintrocknen (Haupt. S. 10.) — Falk beschreibt viele dieser schlechten See- und auch Flusswässer, besonders aber einige Seen, die geradezu die Jaswo erzeugt haben sollen: „Der Usakul, russisch Woschewoi Osero (Lausesee) an der Orenburgschen Linie zwischen Tanalizkoi und Urdasinskoi wimmelt von lauseähnlichen Insecten, so dass ein in den See oder Teich gehaltener Stock bald von denselben bedeckt wird. Sie machen sein Wasser giftig, ja tödtlich, daher er mit einem warnenden Gestänge umgeben ist. Man versicherte mir, dass, als sich vor einigen Jah­ren zwei Kosaken in dem Wasser gewaschen, sie geschwollen und Brändbeu­len (Jaswo) bekommen hätten, die mit Mühe mit Salmiak und Schiesspulver cnrirt worden. Im Jahr 1769 sei dem Kosaken Nikita Witischnikow, als er mit einem Stabe im Teiche rührte, Wasser in das Gesicht gespritzt, an die­sen Stellen wären auch Brandbeulen entstanden, an welchen et nach venig Tagen gestorben. Der Teich verdient besonders wegen der Brandbeulen und seiner Insecten des Sommers untersucht zu werden. Der Jamonkul, rassisch Belennoc Osero, böser See, 5 Werst von Kisilskaja Krepost der Orenburg­schen Linie gleicht dem vorigen in Allem und ist auch mehr Teich als See. Der Ulankul, auch Uljankul am Saigis des Jemba der Kirgisischen Steppe, soll nur etliche 30 Faden im Durchmesser haben und immer schlecht Was­ser, welches zu gewissen Zeiten tödtlich befunden worden, enthalten. Der Kauljankul in der Kirgisischen Steppe, 149 Werst von Troizk, am Wege nach dem Alginskischen Gebirge, verursachte 1763, dass die Kirgisen ihr Hornvieh, welches sie in demselben tränkten, verloren. Er scheint denen an der Oren­burgschen Linie zu gleichen.quot; B. II. S. 5. — Pallas a. a. 0. U.S. 222. bezeichnet ähnliche Localitäten: „Sie herrscht bei feuchten und heissen Som­mern in dem ganzen südlichen und östlichen Strich der Isetzkischen Provinz, wo offne Steppen mit unzählichen süssen, bracken und salzigen Seen, Pfützen und Sümpfen anzutreffen sind, allgemeinen Verlust und Schaden anrichtet, längs der Sibirischen Grenzlinie aber fast jährlich grassirt und durch die Hinrichtung unzählicher Pferde bei den daselbst stationirlen Dragonerregimen-tern der fasse nicht wenig Schaden bringt. Gemeiniglich äussert sich die Seuche in den heissen Sommermonaten, besonders wenn schwüle südliche Winde herrschen; sobald hingegen kalte widrige Winde einfallen, pflegt das Uebel nachzulassen; erfolgen dergleichen nicht, so hat man selbige zuweilen bis in den späten Herbst fortdauern gesehen. Sehr selten wird sich in den Städten und Festungen an Menschen oder Vieh diese Krankheit äussern,
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drstere spüren dieselbe gemeiniglith auf dem Felde, oder nachdem sie über Land, nach den Heuschlägen, Weiden u. s. w. besonders wo feuchte Gegen­den sind, gereiset, das Vieh aber wird am meisten auf der Weide befallen. Bei dem jüngsthin in die Kirgisische Steppe abgeschickten Commando und auch bei andern Gelegenheiten hat man bemerkt, dass in dieser Steppe ge­wisse niedrige Gegenden und Seen sind, wo dieses Uebel im heissen Sommer fast beständig grassirt.quot; — So äussert Bojanus (a. a. 0. S. 119.): raquo;In Sibirien ist die Seuche jedesmal im Laufe des Sommers zu erwarten, wenn im Frühjahre stark ausgetretene Gewässer ungewöhnlich grosse Ueberschwem-mungen verursacht hatten, die sich nicht überall wieder verlaufen, sondern nur allmählig verdunsten und eintrocknen. Solche Ueberschwemmungen fin­den aber nur statt bei schnell einbrechender, heftiger Hitze, durch die der Schnee in grossen Strecken und in den Gebirgen mächtig schmilzt. Also Hitze und Sumpf führen die Krankheit mit sich.quot; Aber eben so wichtig ist die Bemerkung, die er S. 130 hinzufügt: „Dabei ändere man wo möglich die Fütterung, die fast immer verdächtig ist. Aus Vernachlässigung dieser Masregel habe ich den Milzbrand bis in den Herbst und Winter hinein dauern und verschiedenemale wiedererscheinen gesehen, wo er schon beschwichtigt schien. Wie wichtig übrigens die Veränderung des Futters sei, beweist selbst das Verfahren der Hirtenvölker Sibiriens, unter denen z. B. die Kirgisen, sowie nur der Milzbrand unter ihren Pferden erscheint, alsbald die gesamm-ten Heerden aus der Ebene in bergige Gegenden treiben, wo sie, ihrer Er­fahrung nach, sicher vor der Krankheit sind. Eine Beobachtung, die, um ihrer verlässigen Quelle willen, gewiss alle Rücksicht verdient. Ein Hirten­volk verlässl seine Weiden nie ohne dringende Noth.quot; — Haupt theilt hierüber folgende Beobachtungen mit: „Gleichwie es Orte und Gegenden in Sibirien gibt, wo die Seuche oft, fast alljährlich auftritt, so gibt es auch solche, wohin sie sehr selten oder nie kommen mag. Dies sind hochliegende Orte, bergige Gegenden und Hochebenen; aber bei Weitem nicht alle An­höhen erfreuen sich dieses Vorzugs, laquo;o wie nicht alle Niederungen, tiefe Ebenen ihr gewiss unterworfen sind; denn man hat mehrmals Orte jener Lage davon befallen gesehen, und kennt wieder Orte von letzterer Beschaf­fenheit, wo man selten oder nie von ihr weiss. Einige Gegenden sind in dieser Hinsicht berühmt wie z. B. die von Buchtarminsk und Ustkamenogorsk, besonders von Riddersk oder dem Schlangenberge. Man treibt, versicherte man mir, in der Noth Pferde 100 und 200 Werst weit dorthin und erhält sie unversehrt. Aber ausser den von Pallas und Georgi angeführten Beispielen von gesunden Niederungen lassen sich am Jenisei und an der Angara Gegen­den finden, welche von der Seuche nicht berührt werden; eben so am Bai­kal; nach Irkutsk und in die Nähe dieser Stadt ist sie, meines Wissens, nie gekommen, auch weder in Nischne-Udinsk noch in Werchne-Udinsk hatte man /sie damals gehabt. Es ist wahr, dass Stadt? überhaupt seltener davon be--
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fallen werden als Dörfer und dergleichen Orte, besonders in neuern Zeiteii, aber dennoch sind sie nicht alle stets frei geblieben, es scheint eine vor der andern -weniger begünstigt zu seyn, und es möchte kaum eine Stadt West­sibiriens innerhalb hier in Rede stehenden Landesbereichs sich befinden, die ihr nicht mehrmals unterlegen hätte. Was Boden und Ortsbeschaffen­heit der von der Seuche behafteten Gegenden und Orte anbelangt, so ist all­gemein kundig und beinahe als ausgemacht angenommen, dass sie den Cha­racter der Niederungen, sumpfiger Flächen, solcher mit stehenden Seen, unter Wasser stehender oder gestandener, buschigter, waldiger, feuchter Wiesen wesentlich an sich tragen. Mehrere halten sumpfige Niederungen mit Seen und besonders Gewässer mit vielem Schilf, Binsen, hohen Sumpfgräsern und Sumpfpflanzen bewachsen für die verdächtigsten und gefährlichsten. Allein ob man gleich nicht leugnen kann, dass diese Verhältnisse an vielen, viel­leicht den meisten von der Seuche heimgesuchten Stellen statt finden, so ist es auch dennoch eben so gewiss, dass sie bei Weitem nicht immer und nicht überall theilhaftig erscheinen und dass noch dazu öfters gerade so geartete Ortschaften die Seuche weniger als scheinbar besser gelegene erdulden. Un­tersuchungen und Vergleiche auf einer weiten Fläche, wie Sibirien bietet, zeigen, dass sich jene Bedingungen keineswegs sattsam bewähren, wenn sie gleich oft zutreffen; denn auch freie, erhabene, mit gutem Wasser versehene Orte und Gegenden sind oder bleiben nicht von der Plage verschont*). Mich dünkt, dass Sand und sandige Bodenbeschaffenheit**), sandige Dürre, Sand-ebenen, solche Uferränder und Umgebungen grosser und kleiner Gewässer und Sümpfe noch allgemeiner und beständiger sich da vorfinden, wo die Seuche am häufigsten obwaltete; doch gestehe ich gern, dass auch in dieser Annahme manche Vergleichungen, besonders in Zeiten grösserer Seuchenall­gemeinheit, nicht sattsam befriedigend übereinstimmen. Ich war mehrmals Augenzeuge, dass Dörfer, deren natürlich ungünstige Lage, niedrig, feucht, sumpfig, von Wald eingeschlossen, mit Mangel an gutem Wasser und frischer Luft, böse Erdausdünstnngen vermuthen Hess, doch am meisten verschont blieben, und solche Beispiele mögen nicht gerade selten sein, sowie auch
*) Ja möchte man nur überall die Bedingungen der Entwickelung und Fort­pflanzung der Malaria, und ihre mögliche oder gehinderte Einwirkung gehörig gekannt und berücksichtigt haben. quot;) Wahrscheinlich viel richtiger Thon oder mit dünnern Sandschichten be­deckter Tbon, wobei der Gehalt des Bodens an schwefelsauern Salzen noch sehr in Anschlag kommen dürfte. Die vorhandenen Beschreibun­gen reichen durchaus nicht aus, aber wenn ich die Darstellungen von Falk, Ledebour und Erman vergleiche, so scheint mir eine solcheßeschaf-fenbeit des Bodens in den heimgesuchten Gegenden Sibiriens ziemlich sieber nachgewiesen.
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solche, deren Lage an Seen und dergl. mehr bewachsenen Stellen, dennoch die Seuche nicht oft, wohl seltener erzeugen, als sogenannt besser gelegene. Das kleine Dorf Dreswänka (am Wagai) hatte die Seuche oft auszustehen; die ganze Gegend in weiter Ausdehnung ist flach, feucht, mit vielen kleinen Sümpfen und stehenden Seen, mit vielen Dorfschaften versehen; der Wagai ist ungleich in seinem Flusse und wohl auch Wasser, an einigen Stellen langsam, arm, im Sommer bewachsen, an andern ziemlich reich an Wasser und dies ist rein, frisch, wohlschmeckend und munter fliessend; der Grund und das Flussbett sind in jener Gegend kiessandig und dieser Sand bedeckt auch einen grosen Theil des anliegenden Bodens, dabei gibts an Abfällen Anschüsse von gelbem und röthlichem Ocher; die ganze Gegend ist reich­haltig mit dichter Schwarzwaldung besetzt, doch liegt das Dorf selbst ziem­lich frei; die Weide der Pferde ist auf der niedorn Flussseite angewiesen, denn die andre ist dürr und arm an Vegetation, desshalb für das Rindrieh bestimmt, jene aber feucht, sumpfig und von Schaaren von Plageinsecten be­wohnt; unter solchen Umständen nimmt es nicht Wunder, wenn die Seuche sich hier äusserl, aber bei näherer Untersuchung ergibt sich, dass wenigstens Weide und Wasser keinen wesentlichen Antheil an der Erzeugung der Seuche zu haben scheinen, denn die Weide wird nicht immer und nicht von allen Pferden des Dorfs benutzt, die daselbst geweideten werden nicht immer zu­erst und nicht allein befallen, es erkranken auch solche, die nicht auf die Weide kommen, und das Wasser ist gerade hier vorzüglich frisch und klar. In andern Dörfern in der Nähe kamen eben dieselben, wo nicht noch mehr ungünstige lokalverhältnisse zusammen als in genanntem und bei alledem fand sich daselbst die Seuche seltener oder gar nicht ein. Das Dorf Tscherna, nicht gar weit von jenem an einem kleinen Bache des Wagai, der im Som­mer beinahe ganz austrocknet, schlechtes Wasser enthält, stinkend wird, hat mehr Einwohner und ist seiner Lage nach auch niedrig sumpfig gelegen, doch blieb es von der Jaswo meist verschont. Dieselben natürlichen Boden­verhältnisse finden sich im taraischen, tobolskischen und jalutorowskischen Kreise vielfältig wieder und mit ähnlichen Widersprüchen in Betreff der Seuche. Der Weg von Tara bis zur ischimschen und tobolskischen Kreisgrenze, eine Strecke am Jrtysch nordwärts von 50 bis 60, dann südwärts vom Flusse ab dem Ischim zu, an 100 oder mehrere Werste geht fast durch stäte Sümpfe, über welche man nur vermittelst der Knitteldämme kommen kann; die Dörfer dieser niedrigen, sogenannten ungesunden Gegend liegen in Sümpfen und Waldung, aber die Seuche verschonte sie mehr als andre scheinbar besser gelegene, und wo sie sich äusserte, verursachte sie nur massigen Verlust. Ziemlich gleichermassen erweiset sie sich um Tara und in der takmüzkischen Commissärschaft dieses Kreises der Baraba zu, wo die Seuche an einigen Orten oft ausbricht. In den Städten wie Tara, Tobolsk-, Jalutorowsk, Tu. men u. s. w. finden sich Niederungen und Anhöhen vereint, allein die Jaswo
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auf diesen und in jenen ohne Ausnahme, wann sie betroffen werden.quot; a. a. 0. S. 155.
Allen Beobachtern fällt das unregelmässige periodische Auftreten der Seuche auf, so dass Orte oft mehrere Jahre, selbst 10 und 15 Jahre verschont bleiben und dann wieder befallen werden. Aeltere Beobachter ma­chen schon diese Bemerkung, Haupt wiederholt sie mehrmals: „In Ter-schiedenen Gegenden war die Beulenseuche an einem, wohl auch mehreren Orten mehrere Jahre nach einander erschienen, alsdann ebenso einige Som­mer hintereinander nicht mehr, aber in andern; sie hatte gleichsam perio­disch gewechselt, da die natürliche Lage und Beschaffenheit aller zusammen ziemlich ganz gleich zu sein schien. Nicht anders fand es sich, dass nahe beisammen liegende, in nichts sichtbar verschiedene Orte nicht allein nicht zugleich, sondern einzeln, der eine oder der andre betroffen wurden, aber auch in sehr veränderlichen und abwechselnden Graden des einen gegen den andernquot;. S. 158. „Zu meiner Zeit verging kein Sommer, wo die Beulen­seuche nicht an einem oder dem andern Orte, bald sehr einzeln, bald allge­meiner erschienen wäre, stets unstäte hinsichts der befallenen Orte, des Grades ihrer Dauer und Bösartigkeit, überhaupt massig, die meisten Jahre nur von geringer Bedeutung, ich weiss von keinem so schlimmen Stande, so ausgebreitet bösartigem Grade als man früher erfahren hatte. Ihre in verflossenen Jahren bestandene Allgemeinheit und Bösartigkeit ist wohl kei­nem Zweifel unterworfen, denn es zeugten zu viele Thatsachen und noch lebende Leute dafür, ob aber jene Verhältnisse an abwechselnde Constitu-tionsperioden gebunden sind, die auch wiederkommen können, oder ob sich der Seuchengenius überhaupt verändert habe, muss die Zeit lehren. Auf­merksame Naturbeobachter, viele unter dem gemeinen Volk, hatten schon seit mehreren Jahren eine vorherrschend kältere Sommerwitterung wahrge­nommen, sie brachten solche Wahrnehmungen, vielleicht nicht ohne Grund, in Zusammenhang mit den Erscheinungen der Seuche.quot; S. 151.— Auch das Periodische im Gange der einzelnen Seuchen zeigt sich hier, wie anderwärts, beim Milzbrand, wie Haupt (S. 180) und früher schon Gmelin bemerken. Der letztere sagt: „Man will wahrnehmen, dass in den zween Monaten, da die Seuche umgeht, ein Tag nicht so gefährlich, wie der andere sei; es sol­len zuweilen zwei bis drei Tage nach einander viele Pferdlaquo; hinfallen, als­dann soll wieder auf einige Tage eine Nachlassung verspürt werden, darauf soll die Heftigkeit der Krankheit wieder kommen, und hernach wieder nach­lassen, eben als wenn die Luft ein Fieber hätte, worin schlimme und gute Tage abwechselnquot;. S. 150.
Die Krankheit soll einzig nur im Sommer vorkommen (was bei uns zwar auch Begel ist, wir sehen sie indessen ziemlich oft im Frühjahre und Herbste, und ausnahmsweise dann und wann im Winter). Jene Be­hauptung findet sich schon bei G m e 1 i n, indessen, wenigstens in Beziehung
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auf den Menschen, man mochte vermulhen mit Recht, etwas beschränkt: „In den Monaten Junius und Julius, auch in den übrigen Jahreszeiten, aber sehr selten, bekommen die Menschen.... irgendwo am Leibe ...quot; S. 143. „So wie nun diese Seuche unter den Menschen dieser Gegenden nicht selten wüthet, also gibt man vor, sie reisse auch unter den Pferden ein; nämlich in eben diesen Monaten und in keinen andern, als wie bei den Menschen nimmt man eine Seuche unter den Pferden wahrquot;. S. 147. — Falk S. 259: „Schwüle regenlose Sommer und in denselben Juni und Juli be­günstigen sie vorzüglich; überhaupt aber zeigt sie sich vom Mai bis in den Septemberquot;. — Pallas II. S. 224: „Gemeiniglich äussert sich die Seuche
in den heissen Sommermonaten..... Denn was ich an einigen Orten von
einer ähnlichen im Winter beobachteten Seuche gehört habe, scheint auf Furunkeln und bösartige Geschwüre hinaus zu laufen, ja ich weiss, dass am Irtysch eine gangränirende Halsentzündung, die sich des Winters äusserle, vor die eigentliche Seuche, die man hier mit dem Namen der Pest zu be­legen pflegt, ist angesehen wordenquot;.— Haupt S. 160: „Die Zeit, wann die Beulenseuche auftritt, ist immer die des heissen Sommers, gewöhnlich die heisseste von Anfang oder Mitte Juni bis Anfang oder Mitte August, selten früher oder später. Ich weiss keinen Fall, wo sie schon im Mai aus­gebrochen wäre, oder sich bis weit über die Hälfte Augusts hinaus gehallen hätte; sie bestand vielmehr sowohl in West- als Ost-Sibirien meistentheils nur im Juni und Juli. Renovantz führt zwar das Jahr 1784 an, wo sie eich um Susun am Ob im Spätherbste nochmals einstellte, nachdem sie schon im Sommer da grassirt hatte, mir sind aber keine solche Beispiele bekannt geworden. Im Jahr 1822 ersah ich aus 112 in der Kanzlei des Gouverne­ments eingelaufenen und zur Durchsicht erhaltenen Berichten, dass die Seu­che in verschiedenen Kreisen und Orten des tobolskischen Gouvernements, wo sie in diesem Sommer herrschend war, den ersten Ausbruch meist gegen den 8. Juni, in einigen Orten etwas später, gemacht, und dass sie an man­chen 8 bis 10 Tage, an andern 2 — 3 Wochen gestanden, gegen das Ende Juli aber überall verschwunden war. Heuroth bemerkt als überaus merk­würdig, dass die Seuche an den Orten, wo er sie 1804 behandelte, am 27. Juni sich zuerst geäussert, nachdem sie im Jahre 1798 an denselben Orten ganz zu derselben Zeit, nämlich den 26. und 27. Juni, angefangen habe. In Fällen, wo die Seuche erst um die Mitte Juli oder zu Ende dieses Monats ausgebrochen war, dauerte sie immer nur kurze Zeit. Die Behaup­tung, dass sie auch in den Wintermonaten erschienen, scheint auf Irrthum zu beruhen; obgleich die Zeugen solcher Winterpestfälle zugaben, dass sie selten seien, nur einzelne Menschen oder Thiere träfen u. s. w., so darf man doch an der, wenn auch nicht absichtlichen, Täuschung kaum zweifelnquot;.
Es ist zu bedauern, dass die Beobachter, die den Ausbruch begleiten­den meteorischen Erscheinungen zu wenig beachtet haben; Haupt sagt
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darüber Folgendes: „Der für den Ausbruch der Beulenseuche geeignete Zeit­punkt ist der heisse, trockene Sommer, mit vorwaltendem Süd- und West-Wind, aber bei weniger Luftbewegung gewissermassen windstillen Perioden; halte und nasse Witterung, Ost- und Nordwind sind ihr entgegen. Wenn Mai und Anfang Juni trocken sind, wobei, wie gewöhnlich, Tageshitze sich einfindet, lässt das Hinzutreten der Lnftbewegung aus Süden oder Westen oder Südwesten in einiger Andauer den Ausbruch der Seuche befürchten. Wochenlang andauernde, schlaffe, wenig bemerkliche Lufbewegung in eben genannter Richtung, oft der Zustand, den man Schwüle nennt, scheint ein wesentliches Bcdingniss zu sein. Ich sah die Seuche nie in nassen und kalten mit Nord- und Ostwinden oft unterbrochenen oder vorherrschenden Sommern; wann und wo sie herrschte, verschwand sie meist schnell, wie abgeschnitten, sobald diese Witterung eintrat. Sehr nasse und sehr trockene Jahrgänge schienen für sich allein keine Beulenseuche zu erzeugen, wenn ebenge­nannte Lufbeschaffenheit nicht dazu kam. Renovantz sagt: „Nach kleinen Regen an heissen Sommertagen werden Menschen und Pferde mehr befallen; die stärksten Gewitterregen im Juni und Juli thun keinen Einhalt; feuchte, kühle und einige Tage anhaltende Nebel vertilgen sogleich Jaswo, Mücken und Bremsen. Das für ganz Europa so merkwürdige Jahr 1783 hatte keine Spur von Jaswo; der Winter war ungemein gelinde, weiter lang anhaltende Fröste, viel Regen u. s. w., am Jenisei in der Hälfte des Juni tiefer Schnee, am Ob viele kalte Fieber u. s. w.quot; Man hat auch bemerkt, dass die Ge­wittern oft vorangehende Schwüle, drückende erschlaffende Wärmezeit, die gefährlichste ist. - Wenn Gewitter- oder andere Regen bei unverändertem Luft­zuge aus Süden oder Westen oder Südwesten bestanden und Nebel nicht sogleich mit Nord- oder Ostwind wieder eintraten, so erzeugten sie keine Veränderung in der Andauer der Seuche, allenfalls nur einige Verminderung auf kurze Zeit; aber gewiss im Gegentheilquot;.
Es ist sehr zu bedauern, dass keiner der Beobachter die Krankheiten der Vegetation beachtet hat. Die Pilibildung ist in Sibirien ausserordentlich allgemein, wahrscheinlich auch die der parasitischen Filze.
Die gleichzeitigen Krankheiten des Menschen in diesen Milzbrand­distrikten sind: Bösartige Wechselfieber, Ruhren und Scorbut.
Orenburg.
Dieses Gouvernement setzt Sibirien und zwar im Süden mit allen seinen Eigenthümlichkeiten fort, daher auch dasselbe Vorkommen der Beulenseuche, welches in Vorigen schon zum Theil erwähnt wurde.
So führt sie denn auch P. Schütz als Krankheit vom Ural bis zur Lena an: Wenn man auf den Einfluss der Jahreszeiten merkt, so findet man, dass im Frühlinge sich mehr Erkältungsrheumatismen und Entzündungs­krankheiten zeigen; im Sommer von der Dürre und Hitze Gallenfieber, bei
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Brustkindern und bis zum fünften Jahre gewöhnliche Diarrhöe mit Blutfiuss und Erbrechen begleitet von epidemischem Charakter, oder die Sibirische Pest, eine epidemische Krankheit dieser Gegend; im Herbste Erkältangg-und Entzündungs-Krankheiten; zur Winterszeit erzeugen die localen Thau-wetter und starken Fröste Erkältungskrankheiten, und die Ost- und Nordost­winde sind von schädlichem Einfluss auf die Gesundheit der Kinder, da zeigen sich bei ihnen Masern, Windpocken, Keuchhusten epidemisch. Die Thiere leiden vom schädlichen Einfluss des Climas nur im Sommer. Ich erwähnte schon, dass die Sibirische Pest eine epidemische Krankheit sei, die in den Barabinskischen Sümpfen entsteht. Obwohl sie hin- und wieder auch im euro­päischen Russland vorkömmt, so verbreitet sie sich doch mehr über die Kreise des Tobolskischen und tomskischen Gouvernements, und befällt in manchen Ortschaften eine grosse Anzahl Menschen und Vieh. In jedem Orte gibt es Männer und Frauen, die sich ausschliesslich mit der Heilung der Sibi­rischen Pest beschäftigen, und im Volke viel Vertrauen geniessenquot; u. s. w.*). Die Stadt Troizk liegt nach Th. Schütz noch in der Steppe. Sie treibt sehr grossen Handel mit den Steppenvölkern, im Juni kömmt die grosse bucharische Karavane mit 3000 Cameelen und an 600 Bucharen und Kirgi­sen, es werden über 100,000 Stück kirgisische Schafe im Jahre eingeführt, und davon an 60,000 in der Stadt geschlachtet. Der Scorbut ist endemisch, es herrseben oft Viehseuchen und darunter die Sibirische Pest, die auch Menschen nicht verschont **).
Astrachan.
Auch das Gouvernement Astrachan, obgleich eines viel milderen Climas geniessend, bietet doch durch seinen Boden, den Gegensatz des dürren heissen Sommers gegen den strengen Winter u. s. w. Aehnlichkeit mit den Steppen­ländern dar, auch hier ist die Jaswo noch endemisch.
„Der Carbunculus malignus, vorzüglich in den Niederungen des linken Wolgaufers bis zur Stadt Krasnojarsk vorkommend, muss bis jetzt als ein endemisches Uebel betrachtet werden.....Wie überhaupt an der Süd­küste des kaspischen Meeres gallige und adynamische Fieber aus miasmati­schen Ursachen epidemisch vorkommen, so auch in Astrachan. — Der bös­artige Carbunkel hat sich auch nach ungewöhnlich grossen Ueberschwem-mungen, bei grosser Hitze oder strenger Kälte, bei lang anhaltendem feuchten Südwinde, oder Windstille bisweilen in früheren Zeiten epidemisch gezeigt und durch Complication mit andern Krankheitsformen den Verdacht auf Pest
*) P. Schütz in Berghaus Annaleu !S'. 197. Jul. Aug. 1841. S. 33 8.
'*) Th. Schütz in Med. Zeit. Russl. 1846. Nr. 1.
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erregt. Im Jahre 184t trat im Tschornojarskischen Kreise im Dorfe Alexan-drowska der bösartige Carbunkel auf und raffte schnell viele Menschen weg, ohne dass die Fortpflanzung durch Ansteckung nachzuweisen war (Astrachan-sche Gouvenicm. Zeit. 1843. N. 5). Auch während des Sommers 1844 soll im eben genannten Kreise eine Viehseuche gewüthet haben, jedoch ist es mir bis jetzt nicht gelungen, das Nähere darüber in Erfahrung zu bringen *).
Wie weit sich nun die eigentliche Endemicität der Krankheit in das europäische Russland fortsetzt, scheint mir noch nicht ermittelt. Sie soll in der kaukasischen Provinz nicht vorkommen, was kaum glaublich.
Lappland.
Der Boden ist hier himmelweit verschieden von dem der Steppenländer, der Gneisgebirgsstock, nackt oder mit karger Dammerde bedeckt, zeigt nirgends, auch in den Flusstbälern nicht, jene tertiären Massen, am wenigsten jene ausgedehnte Kreideformation, nirgends jene Mergel und Salze. Gegen Westen und Norden fällt das Gebirge steil ab, hat nirgends bedeutende Seen und Torflager, das Clima ist milder und gleichmässiger, in diesem Norwegischen Lappland erwähnt man unsre Krankheit nicht, und bei herrschenden Epide­mien wird mehrmals erwähnt, dass es frei blieb. Dagegen nach Osten und Südosten fällt es allmählich ab; das Land hat viele Seen und ausgedehnte sumpfige Torflager, auch herrscht hier der Gegensatz von strengem Winter und heissem trocknem Sommer wie in Sibirien, doch sind beide Jahreszeiten viel gleichmässiger. Hier ist unsre Krankheit ebenfalls endemisch.
Schon seit langen Zeiten war es bekannt, dass die Rennthierheerden nicht selten schnell tödtlichen epizootischen Krankheiten unterliegen, wodurch die armen Lappen an den Bettelstab kommen; die Beschreibungen waren aber selbst in späteren Zeiten unvollkommen, so kann man nach der Beschrei­bung schwerlich entscheiden, ob die grosse Rennthierseuche 1750—1759 hier­her gehöriger Lungenbrand oder gewöhnliche Lungenseuche war**); genauere Darstellungen sind mir nicht bekannt. — In einer Beschreibung Hög-ströms ***) (aus etwas früherer Zeit) möchte man wohl Milzbrand vermuthen: „Es ist wohl geschehen, dass mancher Lappe, der 1000 Rennthiere besessen, in kurzer Zeit kaum 10, ja oft nicht ein einziges übrig gehabt . . . . • Theils sind die Rennthiere vielen Krankheiten unterworfen, da sie bisweilen einander anstecken, und als die Fliegen hinsterben. So geschah es vor wenig Jahren in der Dorfschaft Sockjock in Lule-Lappmark, wo eine solche Viehseuche im Schwange ging, dass unter hundert Schatz-Lappen kaum
*) Herrmann med. top. Skizze v. Aatrachan. M e d. Zeit. Russl. 1845. N. 24. S. 187. *•) Gissler in Scbwed. A b h a n dl. XXI. p. 286. •deg;,) Beschreibung L applands S.99.
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sehn waren, die ihre Heer Jen und Rennthiere behielten; und wiewohl die meisten, die Vermögen dazu hatten, sich gleich frische Rennthiere aus andern Dorfschaften wieder kauften, so gingen sie doch das folgende Jahr an selbiger Seuche wieder darauf, so dass diejenigen, die nicht das Vermögen hatten, sich zum drittenmal frische Heerden anzuschaffen, alle verarmten und zu Bettlern wurdenquot;.
Die ersten bestimmten Beweise für das Vorhandensein der Beulenseuche in Lappland lieferte aber Linne. Dieser litt selbst an der Krankheit und er­hielt weitere Nachrichten über sie; er Hess sich durch den sogenannten Stich und den räthselhaften Punkt bei der Entstehung der Beulen bestimmen, den herrschenden Volksglauben anzunehmen, dass die Krankheit durch ein aus der Luft herabfallendes Thier yeranlasst werde, welches er unter den Namen Furia infernalis in das System aufnahm*).
Linne wurde in seinem Glauben bestärkt durch die Mittheilungen So­la nders, der das Thier entdeckt haben wollte**). Wenigstens Hessen So­la nders Beobachtungen keinen Zweifel mehr, dass die Beulenseuche in West-Bothnien und Lappland häufig unter Menschen und Tbieren vorkomme. All­jährlich erschien sie dort, und war unter dem Schwedischen Namen Skott (Schuss) bekannt; es überfällt nach ihm nur die über Feld reisenden oder im Freien arbeitenden Menschen, und wird in jenen Ländern gewöhnlich für ein Hexenstück der Lappländer gehalten; das Volk glaubt nämlich, die Lap­pen Hessen die Haarbälle ihres Viehs, die sie Tyren nennen, durch die Luft fliegen, und die davon herabfallenden Haare wären es, welche in Menschen und Vieh nach der Absicht des Hexenmeisters eindringen und sie unter grossen Leiden tödten. Solander beobachtete mehrere Fälle selbst; nach ihm kömmt die Krankheit vorzüglich in sumpfigen Gegenden vor, besonders im Fflhjahr und Sommer; es wurden Menschen und Pferde befallen; bei Menschen wur­den gewöhnlich die unbedeckten, der Luft ausgesetzten Theile befallen, Hände, Arme, der Hals. Man fühlt einen Stich, wie von einer Nadel, sieht an der Stelle gleich Anfangs einen schwarzen Punkt, es entsteht ein rother Fleck und von dem schwarzen Punkt breitet sich eine brandige Stelle aus, Ohn­mächten, Fieber und Rasen tritt ein, der Kranke stirbt oft nach wenigen Stunden, oder erst nach ein oder zwei Tagen.
L e e m s in seiner Beschreibung von Lappland ***) würde, wenn es nicht ein Zusatz des Uebersetzers ist, sogar schon den Namen Milzseuche für die Krankheit gebrauchen: „Ausserdem ist das Rennthier auch einer Krankheit unterworfen, die ansteckend und so tödtlich ist, dass oft ganze zahlreiche
*) Amoenitates acad. Vol. III. p. 322. •'•) Nov. Acta Upsaliens. Vol. 1. p. 44. cdeg;') UeberseUung Acerbi's Reise S, 466.
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Heerden dadurch veggerafft werden; diese Krankheit, für -welche noch kein Heilmittel entdeckt worden ist, besteht in einer Art von Milzsucht, und hat den Namen Miltsyge; da man sie für ganz unheilbar hält, so pflegt der Lappländer das Rennthier, sobald er unverkennbare Spuren der Ansteckung an ihm findet, sogleich zu tödten, um wenigstens die Haut desselben zu retten.quot;
Der englische Reisende Clarke glaubt selbst während seiner Reise be­fallen worden zu seyn. Während er in einem offnen Wagen fuhr, bekam er einen heftigen Schmerz an der linken Handwurzel, es zeigte sich zuerst ein kaum sichtbarer dunkler Funkt, den er für die Folge eines Mückenstichs hielt, allein bald schwoll sein ganzer Arm bis zur linken Schulter an; er rettete sich durch die bei den Eingeborenen bekannte Behandlungsweise.
Am bekanntesten wurde in neuern Zeiten die Seuche vom Jahr 1823, wo in Lappland eine grosse Zahl von Rennthieren aufgerieben wurde, und die Krankheit eine Menge von wilden und zahmen Thieren, auch Menschen, ergreifend, sich südlich nach Schweden und Dänemark verbreitend, für eine Art von Wuth, besonders bei den Hunden, gehalten wurde. Ich habe oben im zweiten Abschnitt S. 148 die Nachrichten von Brooke über sie mitge-theilt *). Von einer der Wuth ähnlichen Form des Milzbrandes wird im Folgenden die Rede sein.
Finnland.
Finnland bietet in geognostischer Beziehung wohl grosse Vebereinkunft mit Lappland dar; wesentlich besteht es aus Gneuss und Granit; dass diese von Dioriten, Thonschiefern, Quarzfels u. s. w. durchzogen sind, wird für uns weniger wichtig sein, als dass sich bedeutende Ablagerungen von Thon und Triebsand finden, es wäre wohl möglich, dass auf ihnen der Milzbrand häufiger vorkäme. Seen sind in grosser Anzahl vorhanden, in ihrer Nähe und an einigen Küstengegendeu möchte wohl die Krankheit am häufigsten sein. Die Gegenden, in denen der Milzbrand vorzüglich erwähnt wird, sind: Wiborg, Kekholm, St. Michael, Abo, Heinola, Tawastehus, Kuopio, Wasa, Kymmenegardslän.
Auch aus Finnland, wie aus Sibirien, fehlen ältere Nachrichten über das Vorkommen der Krankheit, ich habe wenigstens keine auffinden können,
und ebensowenig hat ihrer Ilmoni **) erwähnt. — In Schweden und selbst
o in Abo erscheinen sogar früher Schriften über den Milzbrand in andern Pro­vinzen (Bothnien, Lappland), als in Finnland (N. 15.16.17.) —Daraus zu schlies-sen, die Krankheit wäre früher nicht vorhanden gewesen, wäre gewiss unrecht.
oraquo;) Vergl. auch die Suenska Läk. Sellsk. Arb. 1824. **) J. Ilmoni Bidrag till Nordens Sjukdoms Historia H •; I singfors I84G. 8,
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Die ersten Nachrichten lieferte Ha art man*) (N. 24. 25. 26. 27.) in den Milzbrandjahren 1756 bis 1758 (s. im zweiten Abschnitt p. ), wo eine Menge Pferde und Vieh fielen und Menschen angesteckt wurden. Derselbe beobachtete sie wieder 1761 und 1762. Er kannte sowohl den akut verlau­fenden Milzbrand ohne Carbunkeln, als die Carbunkel- oder Beulensenche. Er sah sie in der Nähe von Sümpfen und Morästen, auf überschwemmt ge­wesenen Wiesen; im heissesten Sommer, besonders im Juli und August, nur ausnahmsweise im Winter, wo er sie gewiss mit Recht von schlechtem Heu ableitet. Dass die Häute noch nach Monaten anstecken, war ihm bekannt. Die Krankheit muss in jenen Jahren sehr häufig gewesen sein.
Aus dem Jahre 1774 stellte Odhelius die Berichte der Provincialärzte zusammen. Auch in diesem Jahre entwickelte sie sich in mehreren Gegenden im Juli, eine Menge Menschen wurden angesteckt, und bekamen Carbunkeln an Armen, Beinen, im Gesichte.
Dass sie auch in neuem Zeiten noch häufig genug vorkömmt, zeigen
die Berichte von Ilmoni und Strömbergquot;), in denen sie bei Pferden
und Rindvieh fast jährlich erwähnt wird. Es ist nur zu bedauern, dass die
Berichterstatter nicht gleiche Namen für die Krankheit gebrauchen. Mjelt-
brand lässt keinen Zweifel, Pestbeld er auch nicht (Beulen- oder Car-
bunkel-Seuche), dagegen sind die Ausdrücke Boskapspest, Boshapssju-
han, Boskapsfarsot freilich mehrdeutig, indessen von Rinderpest kann
o hier durchaus nicht die Rede sein: 1830: Milzbrand in Kymmenegards län.
1831: Sogenannte Boskapspest im Juni und Juli, Pestbeulen unter demRind-
o tieh im August in Tornea; Milzbrand im Sommer in Heinola, Tavastehus
o . und Abo län, weniger allgemein in Uleaborgs län; eine bösartige Epizootic
in Tammerfors Distrikt im Juli und August, während grosser Trockenheit, vorzüglich im Kirchspiel Messuby, am meisten unter den Pferden, aber auch unter dem Rindvieh, wobei zu bemerken ist, dass ihr der Fluss Tammerfors eine Grenze setzte, so das alle Thiere auf seinem westlichen Ufer nicht er­griffen wurden, während die auf seiner östlichen Seite weidenden an der Krank­heit litten. 1832: Rinderseuche im Sommer leicht in Tavastehus; s, g. Bos-
o kapspest in Tornea, Rinderseuche im August in St. Michel 1833......
1834: Allgemeine Rindviehseuche im August und September in St. Michel;
Milzbrand hin und wieder in Wiborgs Distrikt. 1835: Beulenseuche der Pferde
im Frühjahre in Karelen; Boskapspest im März und wieder im Juni und Juli
o im Tornea-Distrikt; im Sommer Halsbeulen und Blutstallen der Rinder in
*) Oder Kalm in d. a. Abbandl. Abo 1754; auch nach Rabbe: Pinks.
Läk. Sällskar. Handl. II. p. 74. quot;) Ilmoni u. Strömberg Finlandlaquo; Sjukdoms Kronik 1825—1840. Helsingfors, 1847.
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Wiborg; Rinderseuche im Juli in Kexholm; eine ansteckende Rinderseuche im Juli und August in Brahestad; Boskapspest im September in St. Michels
Distrikt 1836:.....1837:.....1838: Im Sommer Blutstallen in Sonda-
vala; Rinderseuche im September und Oktober in Wiborg. 1839: Rinderseuche
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im Sommer inTornea. Für die folgenden Jahre hat Ilmoni die Berichte
allein zusammengestellt *) 1840:------1841 : . . . . 1843: In der wärmsten
Sommerzeit eine Epizootie der Rinder in Heinola, mit Ruhr, Blutstallen und einem Halsleiden.
Die gleichzeitigen endemischen Krankheiten der Menschen in Lappland und Finnland sind ror allen Ruhr, doch auch Fieber und Scorbut; in Finn­land kömmt überdies, und zwar vorzugsweise in denselben Distrikten, fast jährlich und oft sehr ausgebreitet der Ergotismus to.
Schweden und Dänemark.
Schon die ersten Beobachter des Milzbrands in den genannten nördlichen Provinzen Schwedens führen an, dass er im übrigen Schweden nicht vor­komme. Wenigstens enzootisch scheint er weder in Schweden, noch in Dänemark.
In welchen Gouvernements des Innern Russlands er vorzüglich enzootisch vorkomme, vermag ich aus den vorhandenen Materialien nicht mit Sicherheit zu schliessen; ausser den im Folgenden speciell angeführten, scheinen es am sichersten die Distrikte um denllmensee, so wie die die Quellen derDüna und Wolga enthaltenden sumpf- und seenreichen Gegenden der Gouvernements Nowgorod und Twer zu sein.
G o u v. Perm.
Dieses Gouv. gränzt an die 6. Orenburg und Astrachan, und wird von der eigentlichen Sibirischen Seuche ebenfalls heimgesucht, aber auch sonst scheint in der folgenden Beschreibung der Milzbrand mit der Rinderpest ver­wechselt zu sein.
„In diesem Gouvernement erscheinen unter den verschiedenen Haus-thieren tödtliche Krankheiten in Gestalt von entzündlichen Geschwül­sten an der Gurgel, dem Magen und den Gedärmen,' zuwei­len mit Schleimausfluss und Husten verbunden. Bei dem Hornvieh sind diese Krankheiten unter dem Namen Viehseuche bekannt; sie herrschen nicht selten in den verschiedenen Kreisen dieses Gouvernements, und raffen einen grossen Theii jenes nützlichen Viehes hinweg. Am meisten haben indessen diejenigen Gegenden davon zu leiden, wo das Handelsvieh in grossen Heerden vorbei­getrieben wird. Gewöhnlich herrscht sie im Sommer..... Auf der Ostseite
*) FiuskaLükare SettskapeUHfindlingar.
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des Ural richtet auch die Sibirische Seuche nicht mindere Verheerungen an. — Wie häufig aber auch die Seuche vorkommen mag, und vie gross auch der Verlust ist (oft bleibt dem Bauer kein Stück Rindvieh), so macht doch die schnelle Vermehrung und die Leichtigkeit, es aus den Tobolskischen und Orenburgischen Steppen, so wie auch von den Kirgisen wieder zu bekommen, dass eine Verminderung des Viehstandes kaum bemerkt wird. Dazu kommt noch, dass zum Glück die Seuche nicht an allen Orten zu­gleich erscheint, sondern zu verschiedenen Jahren und gleichsam der Reihe nach.quot;
„Die Sibirische Seuche (Jaswo, Festis carbuneulosa) kommt sonder Zwei­fel aus dem Tobolskischen Gouvernement, wo sie nicht selten herrscht und oft auch die Menschen ansteckt; die gewöhnliche Viehseuche fängt mehr in der Mitte des Gouvernements an. Die Ursachen muss man, wie es scheint, nicht bloss in der Atmosphäre suchen, sondern auch im Wasser, in der gros-sen Erschöpfung beim Treiben, vielleicht auch in der an einigen Stellen un­terlassenen Vorsicht bei dem an andern Krankheiten verstorbenen Rindviehe, und endlich in Insecten und Würmern.. .. Die nördlichen Kreise haben weniger von der Viehseuche zu leidenquot; *).
Gouv. St. Petersburg.
Der Boden ist hier in geognostischer Beziehung wieder bedeutend ver­schieden, in den am öftesten genannten Gegenden Uebergangskalk, weiter nach Süden alter rother Sandstein. Allein der grösste Theil des Landes liegt tief, ist erfüllt mit thonigen Mooren, Sümpfen und Morästen, wahrscheinlich besonders in den Mihbrandlocaliläten; die Luft ist feuchte Seeluft; die Jah­reszeilen wie in den vorgenannten Gegenden, langer sehr kalter Winter, plötzlich eintretender sehr heisser Sommer, fast kein Frühjahr, aber grosse Ueberschwemmungen, längerer aber sehr feuchter Herbst.
Häufig und sehr allgemein scheint der Milzbrand hier zu sein, wir ha­ben im zweiten Abschnitt (S. 106) die Beobachtungen von Lerche mitgetheilt, nach denen er überaus häufig als sogenannte Bculcnscuchc im grossen Milzbrandjahre 1756 vorkam, und eine Menge Menschen inficirte, ebenfalls 1761 vorzüglich um Narwa; 1764 um Jamburg; 1766 um Peters­burg; 1774 um Narwa.
Sie befiel Pferde und Hornvieh, und Infectionen von Menschen waren immer häufig. Sie kam immer im heissen Sommer vor. Ihre beschriebene Form, die Carbunkelseuche, auf andre hat man wohl noch nicht viel geachtet.
Dass sie auch in neuern Zeilen noch vorkömmt, ersieht man aus den Mittheilungen Jessens, die freilich mehr das angrenzende G. Nowgorod
') Laudwirthscliaftliche Beschreibung des Permschen Gouvernements. St. Petersburg 1811. Jessen. Rinderpest [gt;, 47.
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betreffen: „Als Folge der angeführten ungünstigen Verhältnisse des Klimas und des Bodens herrscht die Lungenseuche unter dem Rindvieh, und die Carbunkelkrankhcit (Sibirische Seuche) unter den Pferden sehr häufigquot;*). Derselbe bemerkt weiter unten (S. 23.): „Im fürchterlich heissen Sommer 1S26 zeigte sich Anfangs Juni unter den Kühen des Regiments Araktschejef eine epizootische Augenentzündung, die so bösartig war, dass das angegrif­fene Auge dadurch gewöhnlich für die Folge unbrauchbar wurde. Zugleich litten auch viele Kühe an der Klauenseuche. Im Ausgang Juni, im Juli und August herrschte unter den Pferden der Milzbrand, es starben daran auch mehrere Menschen. Ja sogar viele von den aus dem Wolchowflusse gefange­nen Fischen waren mit bösartigen Geschwüren bedeckt, und die Krebse fan­den sich stellenweise todt am Ufer. Bald stellte sich auch die Löserdürre einquot; etc. **). Von dieser Rinderpestepizootie weiter unten: „Zuweilen gesellte sich auch der Milzbrand zu der Seuche und beendete schneller das Leben der Kühe; es entstanden Geschwülste am Triel und im Kehlgange, die ein gelbliches Wasser enthielten; ausser den Zeichen der Pest wurden bei der Section die Lungen brandig, die Milz von schwarzem Blute ausgedehnt und Brandflecke auf den Gedärmen gefunden.quot;
Heine sagt: „In heisser Jahreszeit pflegt wohl in der Umgegend von Petersburg eine andere epizootische Krankheit, die Sibirische Seuche, vorzu­kommen. Sie dringt fast nie in die Stadt selbst ein, und erlischt bei der kälteren Jahrszeit in sich selbst. Im Jahre 1833 kam diese Seuche im G. Nowgorod und stellenweise auch im Petersburgischen vor. Sogar Menschen sind im Nowgorodschcn angesteckt worden, so dass im Borowitzkischen Kreise
20, imKrcstzischen 9, und im Tichwinschen 103 daran gestorben sind!.....
Der Zungenkrebs (Jaschtschur) kommt selten und dann nur im Sommer vorquot;*'*).
Auch hier endemische Krankheiten des Menschen: Fieber, Ruhr, Scorbut.
Eh stland.
Seine Bodenbeschaffenheit gleicht besonders im nördlichenTheile der des vorigen Gouvernements, der südliche Theil ist weniger sumpfig. Ein milderes Clima und eine reichere Dammerde begünstigen mehr die Vegetation, es sind grosse und dichte Waldungen vorhanden.
Die Kenntniss der Milzbrandblalter bei dem Menschen verliert sich im Dunkel der Zeiten, sie war schon vor langer Zeit den Ehsten bekannt unter den Namen Wil, Willi többi, Wessi wil, Sinn! wil, die blaue Blat-
*) Jessen, die Rinderpest p. 6. •*) Daselbst p. 24.
quot;quot;) M. Heine. Medicin. topo gr. S k izz e von St. Petersburg S. 41.
Hemlnger, Milibrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; je
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tcr, die wcisse Bialler, ohne dass man indessen ihre Abstammung- von dem Milzbrände der Thierc geahnt zu haben scheint; sie mag aber wohl in älte­ren Zeiten, wo Ehslland noch mehr mit Sümpfen, Morästen und Wäldern be­deckt war, häufiger gewesen sein, als in den neuem*).
Dass aber der Milzbrand des Rindviehs dort unbekannt gewesen sei, als man die blaue Blatter ron Seiten der Aerzte mehr kennen lernte, ist wohl unrichtig, v. Hupel bezeichnet ihn hinreichend, wenn er sagt: „Der Dra­chens chuss'*), eine Art von plötzlicher Krankheit, tödtet das Vieh, wenn man ihm nicht schleunige Hülfe schafft, die man gewöhnlich im Schiesspul-Ter, Branntwein u. s. w. findet; der Bauer ruft seinen Weisen, der diese Arz­neien durch die Kraft geheimer Worte verstärkt. Die eigentliche Beschaffen­heit dieser Krankheit ist uns vielleicht noch ganz unbekannt. Einige reden von einer Oeffnung oder einem Loch im Fleische, als einer Folge derselben. Auch gemeine Leute nennen eine gewisse, ihnen plötzlich zustossende, mit einer gänzlichen Entkräftung verknüpfte Krankheit den Drachenschussquot; •**). Nach dem, was derselbe Schriftsteller I. S. 569 sagt, kann man auch kaum zweifeln, dass man ihn mit der gleichzeitig herrschenden Rinderpest oft zu­sammengeworfen hat.
Der Milzbrand bei den Pferden wird von demselben offenbar im Folgen­den bezeichnet, da er überdies Milzbrandjahre ertvähnt: „Mit grosseu und allgemeinen Fferdeseuchen sind wir schon seit geraumer Zeit verschont ge­wesen. Selbst die letzten Seuchen von 1758 und 1762 betrafen nur einzelne Höfe und Dörfer. Es starben damals sonderlich die zur Arbeit gebrauchten Bauernpferdequot;..... „Seit etlichen Jahren hört man hier und da von Pferde­seuchen, doch sind sie nicht allgemein und äussern sich blos bei grosser Hitze und Dürre. An einigen Orten richten sie beträchtliche Verwüstungen an unter den Bauernpferden. An den Kranken zeigen sich gemeiniglich Beulenquot; MM).
Die Krankheit der Menschen beschreibt er B. I. S. 565: „Von eigent­lich endemischen Krankheiten weiss ich nicht, man müsste denn die soge­nannte Blaue Blatter dahin rechnen, welche sonderlich ums Jahr 1758 viele Menschen hinraffte und etliche Jahre hindurch, doch immer mit weni­ger Wuth, dauerte. Es erhob sich schnell bald an diesem bald an jenem fleischigen Theile des Körpers bei einer Art von Fieber eine schmerzende
*) P.E.Wilde. Livlandische Abh andlunge n von der Arznei-
Wissenschaft. Oberpahien 1770.
o quot;*) Also wie in Schweden (Trollskatt) und Deutschland. (Uexenschuss).
'**) A.W. Hupe 1. Topographische Nachrichten von Liv. u. Klist-
land. Riga 1774. B. II. S. 252.
••**) Daselbst ü. I. S. 574. B. II. Nachtr. S. 83.
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Blatter so gross als eine Erbse die sich bald blau färbte und in venigen Tagen den Tod nach sich zog. Die niedrigen kleinen, ingleichen die sich am Halse zeigten, waren die tödtlichsten. Einige Menschen starben plötzlich und man sah erst an der Leiche die Blatter. Man fand Mittel wider das Uebel: Geschlagene Bleikugeln, Zwiebeln, Feigen, blau Papier mit Kreide zogen das Gift aus, dessen Heftigkeit man daraus erkennen kann, weil es das Blei mürbe frass. Jetzt hört man selten davon, und man hält sie nun für weniger gefährlich. Aber zu Anfang dieses Jahrhunderts vor der kläg­lichen Pest hat sie grosse Verwüstungen angerichtet und auch nachher sich zuweilen, doch nur an einzelnen Menschen, geänssert. Bei der heftigsten Wuth war sie sehr ansteckend. Ein Mann vermuthete als sei sie eine Folge der verfaulten Fische, welche uusre Bauern öfters zu essen pflegen; die Er­fahrung hat seine Muthmasnng sattsam widerlegt, da unser Landvolk seine Lebensart und Speisen jetzt wie damals unverändert beibehält. Auch Deutsche sind von der Blatter nicht ganz frei gewesen.quot;
Derselbe Verfasser hat später eine Beschreibung der Krankheit mitge-theilt und mehrere Formen unterschieden *).
Auch Winkler beschreibt Verschiedenheiten im Verlauf, im Orte des Ausbruchs u. s. w. **).
In neuern Zeiten suchte Rinne (X. 128.) die wahre Ursache aus der Infection der Menschen von den Thieren nachzuweisen.
Hunniulaquo; (N. 106) beschreibt die Krankheit der Pferde als häufig in Ehstland: „Observatio doenit, esse luem quandam inter equos, (Muhho többi apud Esthonos, Beulenseuchc) quae quandoque et in alia corpora bestialia transit, in boves, sues, anseres et gallinas. Ubique in nostris regionibus lues haec periculosissima habetur atque plerumque sporn, pecora correpta jam sa-nandi, non relinquit. Morbus sese eiserit tumoribus diversissimi ambitus, ut plurimum in regione inguinali, in latere infimo venlris versus crures, quique brevi prorepunt ac gliseunt, nee raro ad collum usque proserpunt. Massa gelatinosa, flavldo-alba repleti sunt; temperies ac color non divergunt a na­tural!, si aperiuntur, mors saepe breri subsequitur. Morbo sibi commisso mors plerumque repente bestias, saepe adhuc laborantes, invadit. Caeterum rustici contendnnt nil a statu naturali abberrantis animadverti.quot; 1. c. p. 61. — In Beziehung auf die herrschende Meinung, dass nur die Ehsten an der Krankheit litten, der, wie wir oben sahen, bereits Hupel widersprach, be­merkt Hunnius, dass allerdings in sehr seltenen Fällen auch Deutsche litten;
*) A. W. Hupel. Neue Nord. Miacellanien. IStes Stück. Leipzig. 1998.
**)S. R. Winkler. Einige der gewüimliclisten Krankhei­ten der ehstländischen Bauern. Reval. 1793 S. 293.
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Jagcg'en wisse er, dass die unter ilen Ehstcn und vie sie lebenden Leiten und Russen auch an der Krankheit gelitten hätten, dass dagegen die auf den Inseln Dagden, Ocsel, Moon lebenden Ehsten nicht daran litten. —Die Krankheit kömmt vorzüglich im nördlichen, an Sümpfen und Wäldern reichen Theilc Ehstlands vor, in den Kreisen Reval, Jerwen, Harri und dem an den Peipussee grenzenden Thcile des Kreises Dorpat, viel seltener im südlichen Theile. — Nur sehr selten ist einmal im Winter ein Fall vorgekommen, ge­wöhnlich herrscht sie im heissen Sommer. — Die Ehsten haben nur aber­gläubische Vorstellungen von der Ursache der Krankheit, entweder sie sind über einen bösen Ort (Sant paik), eine Wohnung von Dämonen gegangen, oder es hat sie ein böser Wind (Sant tuul) angehaucht.
Glanström (N. 190.), der die Krankheit sehr oft behandelte, ist der erste, der den unmittelbaren Uehergang der Krankheit von Thieren aufMen-schen nachwies. In allen Fällen war das indessen nicht möglich, er glaubt, dass sie in diesen Fällen vielleicht durch die eigenthümliche Fussbekleidung der Ehsten entstanden sein könne; während nämlich die Deutschen Leder­schuhe, die Letten und Schweden Bastschuhe aus Lindenbast tragen, beklei­den die Ehsten ihre Füsse mit sogenannten Paslid, Schuhen aus ungegerb-ten Häuten.
Diese letztere Ansicht hält auch v. B ä r nicht für unmöglich, nach dem übrigens „in dem kleinen Ehstland jährlich gegen 100 Menschen dieser Krankheit zum Opfer fallen, zuweilen auf einem Gute 4 bis 5 zugleichquot;*).
Clementz (N. 274) referirt, dass ihm die In den betreffenden Gegen­den practicirenden Aerzte Meyer, Rinne und Hunnius versichert hätten, dass sie in den allermehrsten ihnen vorgekommenen Fällen im Stande gewesen wären, die Infection der Menschen durch Thiere nachzuweisen.
Der letztere Schriftsteller führt die verschiedenen Formen, unter denen der Milzbrandcarbunkel in Ehstland erscheint, vielleicht am vollständigsten an. Es kommen gerade dieselben auch bei uns vor, wo man wohl noch ein paar hinzufügen kann; vermisst man ein paar characteristische Zeichen der ei­gentlichen Sibirischen Jaswo, so kann man auch diese in den vom Verf. mitgetheilten Krankengeschichten finden. Da die Darstellung kurz ist, so lasse ich sie folgen, zur Vergleichung, dass man sehe, dass die Ehstnische Blatter keine besondere Form bildet.
„1) Loco, ubi carbuncnlus se formaturus est, tumor parvus, aueto calore praeditus, ictui culicis similis oritur, paulo post in eo vesicula magnitudine grani milii evolvitur, vel vesicula haec statim ab initio eczemati similis, tu-more non praegresso, formatur. Eruptioncm comitantur pruritus et formicatio cutis, quibus aegrotus ad scabendum impellitur, ita ut vesicula saepe mature
raquo;) v. Bär. Furia infernalis in Liefland. Froriep Notizen. B. XX. p. 25.
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destruatnr. Pruritus in dolorem pungentem ardentemque commutatur, dtuii epidermis, si vcsicula Integra manet, secretione ichorosa paulatim magis a cute elevatur, ita nt resicula initio pellucida, postea subflara, snbrubra, ex coeraleo nigricans plerumque altero die jam ad magnitudinem pisi accrescat. Ambitus intumescit et prope vesiculam colorcm ex coeruleo rubmm manifcstat, qui color tumoris peripheriam versus in pallidum transit/'
„2) Initio macula rubra, comitante plerumque sensations tensionis trac-tionisque apparet, sed paucis horis post jam hoc loco vesicula oblonga tcI hcmisphaerica coloris ex llavo cani assurgit. Ambitus intumescit et durus calidusque tactu est; nunc vitium hoc adspcctum yesicae saturate cocrnleac magnitudinemque pisi adipiscitur atque in medio tumore sedem habet. Circa ycsicam humor lentus ac subruber areolam margine acuto acuminatoque in-structam efformat.quot;
„3) Tertia forma vehementi pruritu et dolorc ardentc terebrantcque an-nuntiatur; deinde parva macula rubra apparet maculae petechiali omnino si-milis. In media macula hac evolritur vesicula magnitutinc lentis, initio alba, qui color tamen celerrime in colorem ex coeruleo nigrum commutatur. Cir-cumdata est Uli areola, quae eadem ratione colorem mutat. Neque vero diu vesicula conspicitur, sed cito collabitur. Haec forma quae vulgo „die weisse Blatterquot; vocatur, rarior est, et plerumque periculosiorem, quam reliquae, morbi decursum praenunciat.quot;
„4) Secundum Glanstroemium oritur vesicula vacciuae simillima nisi quod altero tanto major est, coloris ex rubro fusci, areola colorata et tumore ple­rumque deficientibus. Ex media illius parte, ubi locum depressum offert, ct plerumque scabendo perforata est, humor quidam rorat. In cute non effor-matur conspicua crusta sphacelosa. Hac morbi forma qui afficitur ex more baud multum vel prorsus non aegrotat, et sanitas plerumque celerrime rcsli-tuitur; interdum tamen etiam in hac forma symptomata mala subito oriuntur. A rusticis Esthonicis haec forma appcllatur „ivessi wilquot; (vesicula aquea).quot;
„5) Formicatione in cute praegressa macula circumscripta, subrubra, magnitudine pisi excolitur, quae colorem magis coeruleum et nigrum induit ct vix supra cutis superficiem prominet. Macula nunquam majorem ambitum adipiscitur, quam semirubeli argentei vel ad summum rubeli.quot;
Die Carbunkel kamen in der Regel und weit am häufigsten an unbe­deckt getragenen Theilen des Körpers vor, auf der Stirne, den Augenlidern Wangen, Kinn, Hals, Arme, Hände, selten auf den untern Extremitäten, dem Nacken, selten aufRücken, Bauch, einmal am Scrotum, einmal am Fräputium. Der Verf. bemerkt, dass hier •wahrscheinlich durch die beschmutzten Hände das Contagium auf die bedeckten Theile gebracht worden sei. Es ist auch der Carbunkel auf der Zunge und in der Nase beobachtet worden und es gibt Fälle von sehr bösartigem Garbunkelfieber, ohne dass äusserlich Carlnm-
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kel ausbrechen; sie sind gewöhnlich schnell tödtlich. — Cl. glaubt, die Krankheit nur durch Ansteckung von Thieren im Menschen entstehe.
Livland.
In Livland kömmt nach Clements die Krankheit vorzüglich in den Kreisen Dorpat, Pernau, Fellin vor; also in den tieferen sumpfigeren Gegen­den; das südöstliche, mehr Hügel aus Sand, Kalk und Gyps enthaltende Liv­land scheint weniger von ihr heimgesucht zu werden. Dass sie indessen auch in Livland in den Jahren 1757. 1758. 1761. sehr wüthete, wurde nach v. Fischer im zweiten Abschnitte p. 114 erwähnt.
Curland.
Curland hat wohl noch etwas weniger Sümpfe und Wälder, bei übrigens gleicher geologischer Beschaffenheit, wie Livland.
Nach Clemen tz (p. 34) soll der Milzbrand hier gewöhnlich nur um die Stadt Goldingen vorkommen. Indessen soll nach Hanke (s. oben p. 150) der Milzbrand 1827 und 1828 allgemein in Curland geherrscht haben; eben so Terheerend nach R ein fei d 1834 (s. p. 153) und 1835 (p. 159). Er mag also auch da wohl an vielen Orten als endemisch zu betrachten sein.
In Ehstland, Livland und Curland sind in den sumpfigen Gegenden, wo der Milzbrand enzootisch ist, Wechselfieber, Dysenterie scorbutische Leiden der Menschen endemisch.
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Li tthauen.
Hier besteht der Boden aus aufgeschwemmtem Lande, grossen Sand­flächen mit einzelnen Lagern von Lehm und Gyps, vielen Seen mit oft unreinem, Schwefelwasserstoff enthaltenden Wasser, endlich sehr ausgedehnte Sümpfe, besonders weit verbreitet um Minsk. — Mutterkorn und in Folge desselben Ergotismus häufig. — Unter den Menschen Wechselfieber, Scorbut und Dy­senterie.
Joseph Franck erwähnt den Carbunkel bereits als häufig; in den Be­richten der Thierarzneischule zu Vilna wird er fast jährlich als epizoolisch angeführt *). Nach Adamovicz herrscht er fast alle Jahre im Gouvernement Minsk **), Im Jahre 1776 scheint er äusserst bösartig unter den Menschen bei Vilna vorgekommen zu sein (s. oben p. 128).
Polen.
Ich kenne zwar keine Quellen, aus denen ich die Gegenden Polens, wo der Milzbrand vorzüglich herrscht, näher und vollständiger angeben könnte,
•) Collectan. med Vilnens Vol. [. p. 99. p. 116. •) Magaz. f. Thierheilk. B. VI, S. 447.
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er ist aber unter dem Namen der schwanen Blatter (Czarna Krosta) sehr be­kannt, und wie die Schriften von Kausch, t, Wolf, (N. 135), Bnenoky (N. 141), Kessel (140) u.s. w. zeigen, an vielen Orten sehr häufig, nament­lich auch um Warschau. Die Mittheilungen von Heibig') zeigen auch seine grosse Häufigkeit um Konin und Warschau.
Baunscheidt (N. 346.) oder richtiger Janike beschreibt eine Gegend im Kreise Konin, wo der Milzbrand enzootisch ist, und die Beobachtung enthält manches Beachtenswerlhe: „Auf dem Vorwerke Adolfsberg, welchelaquo; zu der Herrschaft Zagorowo gehört und im Kreise Konin, Gouv. Kaiisch, gelegen ist, wurde schon seil länger als 15 Jahren unter der daselbst auf­gestellten Hammelheerde von Zeit zu Zeit der milzbrandartige Blutschlag be­obachtet. Oft trat diese Krankheit in zwei, drei hinter einander folgenden Jahren auf, oft blieb sie zwei auch drei Jahre ganz aus und befiel überhaupt immer nur eine verhältnissmässig kleine Anzahl der Hcerde. Da dieses Vor­werk das ungesundeste und auch, was Bodenart desselben anbetrifft, das ärmste dieser ausgedehnten Herrschaft ist, so blieb auf demselben auch bis­her die Bodencultur einen bedeutenden Schritt gegen die übrigen zurück. Der ohnehin an gehörigem Wasserabflüsse Mangel leidende saure Grund ist schon bei einigem Regen überflüssig nass, obgleich die Unterlage theils aus ganz weissem, mit Mergeladern durchzogenen Sande, theils aus rothem Sande besteht, den ein schwarz gefärbter Sand, selten über 4 bis 5 Zoll dick, als Ackerkrume überzieht. Es hat nicht viel über 400 Magdeburger Morgen Flächeninhalt, ist das kleinste und liegt auch fast ganz isolirt von den üb­rigen Vorwerken, welche theils sandigen Lehmboden, theils lehmigen Sand­boden besitzen, nur warmen mergelhaltigen Lehm zur Unterlage haben und immer gesunde Schafheerden unterhaltenquot;.
„Die ganze Warlha-Gegcnd, in welcher die Herrschaft Zagorowo liegt und vorzüglich diejenigen Güter, deren Wiesen in der Warthaniederung gelegen sind, leiden häufig an sporadisch auftretenden Fällen des Milzbrands unter dem Rindvieh, ja auch hier und da unter den Schafen. Es waren da­her die bisher vorgekommenen ähnlichen Fälle auf dem Vorwerke Adolfsberg um so weniger auffällig. Auffallend jedoch wurde ein Ausbruch des milz-brandartigen Blutschlags daselbst in dem trockenen Sommer des Jahres 1841. Als nämlich die Hammelheerde von circa 450 Stück gleich nach der Roggenernde von der fast ganz ausgedörrten Dreschweide auf die Step­pelweide kam, wobei sie sich schnell bedeutend auffütterte, fielen Anfangs August plötzlich in einigen Tagen über 20 Stück. Der Verlauf der Krank­heit war rasch; das davon ergriffene Thier Hess plötzlich vom Fressen ab, senkte den Kopf, stand still, fing an zu zittern und stürzte nieder, zuckte einigemal zusammen und war todt; dieses alles geschah oft in zwei bis drei
*) De carbuneulo polonico, Herolini 1H27. (!raquo; i-
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Minuten, und gelten nur hielt der Zustand etwas über eine Viertelstunde an. Das gefallene Tliier hatte das Maul noch roll Futter, aus dem After, oft auch aus der Nase trat Blut, und der Leib schwoll zu einer auffallenden Dicke bis zum Zerplatzen an. Bei der Oeffnung des Cadavers war eine augenblickliche Stockung der ganzen Blutmasse unverkennbar, und zwischen dem Felle und dem Fleische war Alles mit dunkelrothem Blute unterlaufen; in den Verdauungswerkzeugen war alles in normalem Zustande, die Lungen aber waren oft sehr blutig, die Lebern aber fast immer gewöhnlich, nur in einigen Fällen etwas aufgetrieben, und die Milz bei den zuerst gefallenen Stücken sehr gross und brandig. Dieser letztere Umstand fiel aber bei den später fallenden Stücken fast ganz weg, und die meisten, sehr plötzlich gefallenen Ham­mel hatten schöne, dünne und ganz normalmässige Milze ohne allen Brandquot;.
„Bei dem so plötzlichen Eintreten der Krisis und dem ausserordentlich schnellen Verlaufe der Krankheit war an eine Heilung des davon I efallenen Stückes nicht zu denken, selbst ein heftiges Begicssen oder das Baden in kaltem Wasser verzögerte den Tod der Patienten kaum um einige Minuten, führte aber niemals zur Genesung. Es konnten daher nur Praeservativmittel angewandt werden um die übrige Heerde zu erhalten: Aderlässe von 3 zu 3 Tagen wiederholt, Eingaben von 2 Loth Glaubersalz per Stück in eben solchen Zwischenräumen, Tränke von Wasser mit Schwefelsäure gemischt, tägliches Schwemmen in einem Teiche waren neben vielen andern Versuchen und Proben die hauptsächlichsten Mittel, welche gegen diese furchtbare Krank­heit mit Ausdauer und Aufopferung vieler Zeit angewendet wurden; dennoch fielen fortwährend Opfer, und am 8. September erreichte die Krankheit ihre höchste Wuth und raffte an diesem Tage 62 Stück weg. Wir flüch­teten nun aus dem Stalle, brachten die Heerde in einen nahe liegen­den kleinen Birkenwald in Horden, und Hessen sie dort bis zum Spät­herbste Tag und Nacht. Hier Hess die Krankheit endlich nach, obgleich noch eine bedeutende Menge fiel, so dass die Heerde bis nahe zur Hälfte aufgerieben und ihrer besten und feistesten Stücke beraubt war. Die übrig gebliebenen Thiere waren durch den vielen Blutverlust, den das Schaf von allen Hausthieren am wenigsten verträgt, und durch die oft wiederholten Abführmittel zu schleichenden Skeletten geworden. Dass die gegebenen Arzneien, so wie das Aderlassen eigentlich ohne Wirkung gewesen war, stellte sich deutlich heraus, und das Aufhören der Krankheit war theils eine Folge der grossen Schwäche, an welcher die Thiere nun litten, theils war es auch vielleicht der Veränderung der Athmosphäre zuzuschreiben, da der Herbst schon weit vorgerückt war*). In dem nun folgenden Winter stellten
•) Die Hauptursache der Krankheit war wohl sicher die Stoppelweide, hätte man statt der unzweckmassigeD Behandlung' diese Ursache früher vermieden, so wäre wahrscheinlich die Krankheit früher beseitigt gewesen.
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wir die Hecrde, welche wieder durch die älteren Hammel von den andern Vorwerken vervollständigt worden war, in die Scheune, weil wir im Stalle von Neuem die Ansteckung fürchteten. Der Winter verfloss ohne Unglück, und im zeitigen Frühjahre wurde der Schafstall, aus welchem schon früher die Erde des Fussbodens ausgefahren und neue Erde eingefahren worden war, tüchtig mit Kalk ausgeweisst, so dass Decke, Balken, Säulen und sogar die Thüren und Schwellen getüncht waren. Im Mai 1842 zog die Heerde wieder ein und wir hofften, dass die Krankheit verschwunden sein würde. Leider war dem nicht so. Schon gleich nach Johannis fielen einige Stücke in kurzer Zeit hinter einander und schleunigst brachten wir die Hecrde wieder in die Horden. Es wurde von Neuem zur Ader gelassen, Glaubersalz gegeben und geschwemmt und es fiel auch in den Horden nur noch ein Hammel. Wohl mit Recht schrieben wir das Aufhören der Krankheit nicht den angewandten Mitteln, sondern der Flucht aus dem verpesteten Schafstallc zu und hielten es daher auch für besser, im Spätherbste nicht mit der Heerde nach Adolfs­berg zurückzukehren, sondern dieselbe wurde nach Olesnica, dem nächsten Vorwerke, gebracht und dort in einer Scheune überwintert. Da das Vor­werk Adolfsberg mit seiner Düngererzeugung aber auf jene Heerde allein an­gewiesen ist, so musste der Schafstall mit anderm Vieh bestallt werden, und da die Wiederkäuer sich der wahrscheinlichen Ansteckung wegen nicht dazu eigneten, so wurde aus dem eben genannten Vorwerke Olesnica die Fohlenheerde, aus 30 Stück verschiedenen Alters bestehend, hinein verlegt. Als diese Fohlen 14 Tage darin gestanden hatten, erkrankte plötzlich ein brauner Wallach im vierten Jahre. Die Krankheit hatte alle Anzeichen einer heftig auftretenden Lungenentzündung; es wurde dem Pferde schleunig und stark zur Ader gelassen, ein Fontanell vor die Brust gelegt, Glaubersalz und Salpeter eingegeben und Klystiere verabreicht; der Zustand wurde aber zusehends schlimmer, auch wiederholter Aderlass blieb erfolglos und das Pferd fiel am dritten Tage der Krankheit. Auffallend waren uns einige Beulen, die sich am Körper und zumal den Rücken entlang eingestellt hatten, und eben so, dass bei der Section sich die Milz und Gedärme brandig, die Lungen aber blutig zeigten; die Haut war mit Blut unterlaufen, wie die Felle der am Blutschlag krepirten Hammel. Dennoch zweifelten wir daran, dass der Tod durch Ansteckung und Blutschlag erfolgt sei (!!), weil gerade dieses Fohlen das einzige in der Heerde war, welches sich von seiner Geburt an immer etwas schlecht gehalten hatte, und bei welchem wir immer eine schlechte Lunge voraussetzten. Der Zweifel wurde aber bald gehoben, als am dritten Tage nach diesem Todesfalle das fast gesundeste und schönste Thier der Heerde, ein Fuchsfohlen im dritten Jahre, eben so plötzlich erkrankte, und sich alle Zeichen des Milzbrandes dabei einstellten. Alle Mittel, die nur je vorge­schrieben sind, wurden erfolglos zur Rettung dieses Thieres angewandt, es fiel schon am folgenden Tage; am ganzen Körper, vorzüglich den Rücken
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entlang, waren bedeutende Anthraxbeulen aufgelaufen, und bei der Section zeigten sich alle Verheerungen des Milzbrandes an den Eingeweiden.quot;
„Der Stall wurde natürlich sofort geräumt, und stand nun über Winter leer. Im kommenden Frühjahre 1843 wurden die Wände dieses Stalles, welche aus Lehmpatzen bestanden, eingerissen und von Mauerziegeln in Kalk neu aufgemauert, vollständig inwendig mit Kalk abgeputzt, und die Decke und Säulen nochmals mitgeweisst. Eben so wurde wieder der Boden eine halbe Elle tief ausgefahren, und nun Erde eingefahren, kurz der Stall so gut wie neu aufgeführt. Die ausgebrochenen Lehmpatzen wurden weil vom Vor­werke auf eine sehr sandige Anhöhe gefahren und dort zerkleinert ausge­breitet, um diese Ackerstelle damit zu melloriren. Die Hammelheerde wurde den Sommer über wieder in der Scheune desselben Vorwerkes aufgestellt. Zwei Monate nach dem Ausbreiten der Luhmpatzen trieb der Schäfer die Hammelheerde über dieselbe Stelle, welche, wie oben erwähnt wurde, mit dem Lehm meliorirt worden war, um das zwischen den Lehmstückchen her­vorgeschossene Gras abzuhüten. Einige Stunden darauf fiel ein Hammel plötzlich am Blutschlage und Tags darauf der zweite. Immer deutlicher wurde uns durch diesen Vorfall die überaus grosse Ansteckungsfähigkeit dieser Krank­heit, da doch in die Lehmpatzen nur der verpestete Dunst des Stalles ein­gedrungen sein konnte, den selbst ein zweimonatliches Auswittern in freier Luft, Thau und Regen nicht hatten vertreiben könnenquot;......
Posen.
Im Ganzen noch der übrigen Sarmatischen Ebene ähnlich; flaches leicht hügelichtes Land, Sandboden wechselnd mit Moorboden, nicht wenige Seen und Sümpfe, Winter kalt, Herbst und Frühjahr nass, Ueberschwemmungen, Sommer heiss und sehr trocken; es kann also an Malaria nicht fehlen.
Die Sanitätsberichte führen den Milzbrand oft genug an, und er mag wohl ziemlich gleich wie in Polen herrschen; genauer vermag ich sein Vor­kommen nicht nachzuweisen, aber nach den genannten Orten wird man an­nehmen dürfen, dass er vorzüglich an den Seen, und in den Niederungen an der WTartha und Netze vorkömmt; alle Hausthiere, auch die Hausvögel leiden oft.
Westpreussen. Bei übrigens gleichen Boden- und Clima-Verhältnissen wie in Posen sind die Niederungen wohl noch häufiger; auch sprechen die vorhandenen Beobach­tungen für die Häufigkeit des Milzbrandes, ohne dass ich im Stande bin, die Localitäten vollständiger nachzuweisen.
Ostpreussen. Der Milzbrand scheint in dem östlichen Theile der Provinz häufiger als indem westlichen; dass er in manchen Localitäten nicht selten ist, beweisen
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die im ersten Theile angeführten Schriften von Malhy und Rausch, bo wie die im zweiten Theil angeführten Epiiootien in den Jahren 1829—1S35 nach den San. Ber. und nach Dress ler (p. 151), sowie die älteren 1778, 1783 und 1794 von Metzger erwähnten. Der Letztere bemerkt im Allge­meinen an einem andern Orte: „Diese Art Yiehsterben fällt beinahe alle Jahre, besonders nach heisser Sommerwitterung, mehrentheils aber nur in solchen Dörfern vor, wo das Vieh stehendes Wasser, welches durch die Som­merhitze und Fäulung der Wasserpflanzen faul wird, zum Getränke bekommt. Diese Krankheit hält keinen richtigen Gang, sondern das Vieh stirbt bald plötzlich und unvermuthet, bald quält es sich 5—6—14 Tage lang, ehe es hinfällt. Dieses hangt von der Stelle ab', wo sich die Brandbeule hinsetzt, welche ein nie ausbleibender Zufall dieser Krankheit ist. Auch diejenigen, welche das Vieh abledern, bekommen Brandbeulen an den Armen und im Gesicht. Noch im Jahr 1783 im September und Oktober herrschte eine solche Seuche an verschiedenen Orten unter Rindvieh, Pferden und Kleinviehquot;').
Schlesien.
Als terrassenförmiger nördlicher Abfall des Rieseugebirgs bietet es die mannigfaltigsten Boden- und climatischen Verhältnisse dar. Im Ganzen sehr wenige Seen, Sümpfe und Moore, allein die Oder, welche seine mittlere Sen­kung der ganzen Länge nach durchläuft, so wie ihre beiderseitigen Zuflüsse aus den Gebirgen verursachen häufige bedeutende Ueberschwemmungen, die immer Malaria bilden werden, wo solches der Boden begünstigt, wenn auch die Sommerdürre und der Gegensatz von Winterkälte und Sommerhitze nicht so bedeutend sind, als in den mehrsten bisher betrachteten Ländern. Quel­len, aus denen sich eine in das Einzelne gehende Verbreitungsgeschichtc des Milzbrandes geben Hesse, kenne ich nicht.
Gewiss hat Schlesien viele Gegenden, die den Milzbrand nicht kennen, und im Allgemeinen ist er wohl sicher seltener als in vorgenannten Ländern; allein es gibt Gegenden, aus denen sehr bedeutend über seine Verheerungen geklagt wird. Vorzugsweise wird er als enzootisch in vielen Orten des Krei­ses Oppeln angegeben, dann an der Posenschen Grenze in der Bartschnie-derung um Militsch, Wartenberg, Trachenberg. Allein überall im Oder-thale, dann auch im Thale der Neisse (Falkenberg), des Bober und der Katz­bach kömmt er oft vor.
Pommern.
Im Oderbecken sehr tief, an der flachen Küste mit Seen besetzt, ist es doch gröstentheils hügelichtes Land mit Sandboden. Allerdings kömmt der
•) Beitrag zur med. Topographie von Königsberg. V e r m. m e d S c h r. B. II. S. 164.
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Milzbrand in der Oderniederung und auch sonst oft vor; aber bedeutend enzootisch scheint er nach den vorliegenden Berichten nicht zu sein.
Brandenburg.
Der Milzbrand kömmt wohl hier und da, namentlich an der Oder und Spree vor; aber eigentlich enzootisch ist er wohl nur in bedeutender Ausdehnung an beiden Ufern der Havel, in den beiden Havellän­dischen Kreisen von Spandau bis zur Elbe, wo der Niedersäch­sische Milzbranddistrikt angrenzt. In diesem Landstriche kömmt er jährlich unter allen Hausthieren und oft in bedeutenden Epizootien vor; man vergleiche im zweiten Theile, ausser den älteren Mittheilungen Heims, die Jahre 1818, 1833, 1834, 1835, 1830, 1837. Diese Gegend besteht aus vielen lieber-schwemmungen, ausgesetzten Brüchen. Je grosser die Ucberschwemmungcn, je früher und grosser im Frühjahre die Hitze, besonders nach späten Reifen, desto sicherer der Milzbrand. Manche suchen nun die Ursache im verdorbe­nen Wasser, andre in der Malaria, Andre in dem erkrankten Futter; auch die wilden Thiere leiden gewöhnlich mit.
Ueber Mecklenburg und Holstein liegen mir zu wenige Berichte vor.
Niedersachsen.
Die Preussische Provinz Sachsen (mit den enclavirten Anhaltschen und Schwarzburgschen und Weimarschen Ländern) enthält die östlichen und nörd­lichen Abhänge des Harzes, den nördlichen Fuss des Thüringer Waldes, der Rest besteht aus einer grossen, nur zum kleinen Theil sandigen, grössten-theils sehr fruchtbaren, hinreichend, nicht übermässig, bewässerten Ebene ohne irgend bedeutendere Seen, Sümpfe oder Moore, in der vortrefflichsten Cultur, das Clima ein milderes und gleichmässigeres als alle vorgenannten Länder. Dennoch befindet sich in diesem Lande der ausgedehnteste Milzbranddistrikt Deutschlands; weithin an beiden Ufern der Elbe erstreckt er sich weit hinauf an der Saale und Mulde mit ihren Nebenflüssen. Aus dem Saalethal setzt er sich weit hinauf fort in dem Thale der Bode, eben so in die Thäler der Helme, Unstruth, Um u. s. w.
Es wäre ja wohl möglich, dass genaue statistische Aufzeichnungen, die wir noch nicht besitzen, nachwiesen, dass er am allerhäufigsten auf dem auf­geschwemmten Lande vorkäme, allein ein Blick auf die Karte wird leicht zeigen, dass sein Vorkommen nicht von der Art der Gebirgsformation abhängig ist; er ist häufig auf Thonschiefer, buntem Sandstein, Muschelkalk, Keu-per u. s. w.
Dagegen könnte wohl die Bodenart einen Einfluss haben: Das ist von Einigen geleugnet, von Andern behauptet worden; diejenigen, welche es an­nehmen, sind aber wieder nicht einig, welche Bodenart sie anklagen sollen; die .Meinung- Einiger, dass ein alter Sumpfboden, wenn auch die Sümpfe schon
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seit einem Jahrhundert nicht mehr yorhanJcn sind, noch Malaria bilden könne, lässt sich wohl hören in manchen Localitäten, alernicht in allen; die Fortpflanzung der Malaria hat man wohl auch nicht überall beachtet. Dann klagen Einige die Malaria unmittelbar an. Andre die durch die Malaria ver-anlassten Krankheilen der Vegetation. Aberganz in der Nähe Ton Milzbrand­distrikten, finden sich auch hier gar yiele Orte, die niemals Milzbrand ge­sehen haben, was also beweist, dass seine Ursache weder in allgemeinen at­mosphärischen Einflüssen, noch in der Art derPflege der Thiere liegen kann.
Manche Aerzte nehmen wohl mit Recht an, die Krankheit sei uralt im Lande, während sie andre für neu halten, weil bestimmte ältere Nachrichten fehlen.
Es werden auch Pferde und Rinder befallen, aber im Allgemeinen sind es hier die Schafe, die nur allgemein leiden; während in Russland vorzugs­weise die Pferde, in andern erwähnten Ländern Rinder und Pferde leiden; das hängt wohl von der verschiedenen Behandlung der Thiere ab. In Russ­land sind die Pferde beständig auf der Weide, hier ist für Pferde allgemein, selbst für Rinder sehr allgemein, Stallffitterung eingeführt; auch trägt die weit getriebene Merinoszucht wohl das Ihrige dazu bei.
Uebrigens treten auch hier an sehr vielen Orten gleichzeitig Wechsel­fieber auf.
Gerold (N. 350) erklärt sich gegen den Einfluss des Bodens; es ist aber zu bemerken, das seine Umgegend (Aken an der Elbe) keine erheb­liche Differenz des Bodens darbietet. Er sagt darüber: „Von der Meinung ge­leitet, dass gewisse locale, terrestrische Verhältnisse die Seuche veranlassen, kam ich auf den Gedanken, den Boden zu analysiren. Einige Landwirthe hatten mir mitgetheilt, dass eine gewisse Art Lehmboden, mit nicht zu gei­ler Tragbarkeit, die Milzseuche ganz ausschliesse, andere wollten dem Moor­boden, noch andere dem Sande diese Eigenschaft vindiciren. Oft schien zu grosse örtliche Nässe, oft anhaltende Dürre des Erdreichs hie und da die Krankheit zu begünstigen und zu verwischen, so dass mir der Gedanke an­kam, als wenn unter bestimmten kosmischen und tellurischen Einflüssen ge­wisse salinische Bestandtheile des Bodens hie und da vorwaltend so das Getränk oder die Säfte der Gräser modilidren, dass deren Genuss einen feh­lerhaften Einfluss auf die Alimentation des Schafviehs ausübe. Ich gestehe offen, dass ich viel auf diese Idee gegeben, und ihr viele Mühe und viele Zeit gewidmet habe, aber eben so offen gestehe ich auch, dass sie falsch sei.quot;
„Für diese Idee spricht allerdings das häufigere Vorkommen des Milz­brandes in einer Gegend als in einer andern, und gewisse Schriftsteller wol­len gelbst nur einen Bach oft zu Grenzlinien dieses Uebels gesehen haben. Während nämlich diesswils die Krankheit grassirte und die Ileerden lichtete, war jenseits Alles munter geblieben.quot;
„Hier an der Elbe ist oft ein merkwürdiges Verhältniss: Bald ist auf
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beiden Ufern der Milzbrand gleich stark, bald hier, und jenseits nicht, bald jenseit?, und hier nicht, bald in der Niederung und hart am Strombette, während auf den Hochfeldern von Micheln, Masdorf und darüber hinaus Alles gesund ist, bald endlich dort oben heftig, während im Thal kein Stück fällt. Wfithete nun z. B. die Milzbrandseuche jenseits der Elbe, während unsre Heerden sich der besten Gesundheit beziehungsweise derselben Krank­heit erfreuten, so verglich ich chemisch den ausgelaugten abgestochenen Ra­senboden der gewöhnlichsten Hütungsplätze mit einander (!!), eben so das Gras. Das Resultat war, dass sowohl qualitative als quantitative, sowohl in den Gräsern als in den Erden, eine prägnante Differenz sich nicht her­ausstellte.quot;
„Wie ich in Erfahrung gebracht, hat der Oberaratmann E. seine Heer­den, als die Seuche heftig grassirte, mit Heu vom jenseitigen Eibufer, wo gar kein Fall der Krankheit sich gezeigt hatte, gefüttert, aber die Stücke fielen mit gleicher Heftigkeit, und nicht selten hört hier das Leiden auf, um plötzlich jenseits, wo bis dahin Alles gesund gewesen, die Opfer schnell dahin zu raffen.quot;
„Ganze Heerden wurden von Landwirthen ans Thalhfitung auf die Höhe, und von Höhen in die Thäler geführt, eben um aus der Differenz der Nah­rung verbesserte Gesundheitszustände zu erzielen. Aber vergebens. Dort oben wie hier unten, hier oben wie dort unten, forderte die Pest ihre Schuld, und unerbittlich erlegte der Tod das schönste Vieh.quot;
„Auch die Stallfütterung mit Raufenfutter aus einem früheren Jahrgang oder aus gutem Vorheu wurde versucht. Vergebens war auch hierin ein Heil gesucht; im Stalle, wie draussen auf den Auen waltete die Vernichtung durch Milzbrand, ja im ersten war der Verlust zwischen 55 bis 60 Procent.quot;
„Bei so bewandten Verhältnissen gab ich die Idee auf, dass das Terri­torium und seine Produkte die Schuld der Seuche tragen und erkannte, dass meine Arbeiten in diesem Sinne keine fruchtbringenden gewesen.quot;
Nur die angeführten Erscheinungen möchten sich erklären lassen.
Hildebrand (N. 320), der die Gegend an der Elbe, Saale und Bode im Auftrag der Regierung untersuchte, gibt zwar auch zu, dass der Milz­brand auf verschiedenem Boden vorkömmt, aber doch vorzüglich in lief lie­genden Thälern und auf überschwemmt gewesenen Hutungen; die übrigen von ihm angenommenen Bedingungen haben wir bereits im ersten Theile an­geführt. Namentlich behauptet er, das Einathmen der Sumpfluft in der Nähe von Brüchen vermehre die Erkrankungen.
Gerlach (N. 337) in Hettstedt beschreibt am genanesten die Boden­verhältnisse seines Kreises im Verhältniss zu dem Vorkommen des Milz­brandes : „Nach den Berichten der Herren Oeconomen und wie ich schon seit acht Jahren die Beobachtung gemacht habe, kommt die Blutsenche in raquo;nsrem Gebirgskreise und dessen nächster Umgebung an vielen Orten sehr
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häufig, alljährlich den Winter sporadisch, den Sommer seuchenartig, an mehreren Orten dagegen selten und sehr selten, fast nie seuchenartig, und noch in andern Orten endlich gar nicht, unter keinerlei Umständen vor. Es stellt sich zwischen diesen verschiedenen Ortschaften in der Boden-beschaffeuheit ein gewisses Yerhältniss zu dem Vor- und Nichtrorkommen der Blutseuche heraus.quot;
„I) Die Blutseuche kömmt gar nicht vor in dem westlichen gebirgigen, an den Vnterharz grenzenden Theii uusres Kreises. Riesen rode, Ram­melburg, Popperode, Heide, Hermerode, Greifenhagen, Bräun­rode, Willerode, Alterode, Stangerode, Ulzigerode, Harke­rode, Sylda, Endorf, Platendorf und Friedrichshohenberg*) sind diejenigen glücklichen Ortschaften, wo die Blutseuche unter den Scha­fen und der Milzbrand überhaupt nicht vorkömmt. Auch hat man noch nie gehört, dass das Wild, Hirsche und Rehe, in den Wäldern hier jemals an dem Milzbrande gelitten hätte. Das Terrain ist uneben. Berge und Thaler wechseln stets ab, eine grössere ebene Fläche ist hier nirgends. Westlich entspringen zwei kleine Flüsse, welche das Terrain in nördlicher und öst­licher Richtung durchschneiden: Die Eine, ein kleiner kalter Gebirgsflass, fliesst in einem engen Wiesenthaie zwischen flachen Ufern nordöstlich und überschwemmt das Thal fast jedes Jahr; die Wipper, Anfangs durch eine Bergkette von der Eine getrennt, enthält ebenfalls kaltes, klares, hartes Gebirgswasser, sie windet sich in einem fruchtbaren Wiesenthaie östlich hin und überschwemmt ebenfalls alljährlich mehr oder weniger das ganze Wie­senthal. Es gibt hier, namentlich im westlichen Theile, viel Laubhölzer, die grösstentheils mit Eichen, Buchen und Birken gut bestanden sind, und einzelne junge Anpflanzungen von Nadelhölzern.quot;
„Der Boden ist hier überall streng, schwer, kalt und reichhaltig an Thon, mit mehr oder weniger Humus, so dass selbst bei starken Regen­güssen der Acker an den oft steilen Bergwänden nicht fortgeschwemmt wird. Der Untergrund ist nicht durchlassend und besteht meistentheils aus Thon-schieferlagen, die an vielen Orten flach stehen und oft nur so hoch mit Ackerkrume bedeckt sind, als der Pflug tief geht. Der Culturzustand ist gut und sehr gut, die Ertragsfähigkeit ist mit wenigen Ausnahmen gut und sehr gut. Die Ernten sind meist sicher, wirkliche Missernten kommen hier selten vor, weil der Thongehalt immer eine Vorrathskammer für Feuchtig­keit ist und daher grosse Dürre zur Seltenheit gehört, eben so kömmt grosse Ueppigkeit und Lagerung des Getreides selten vor, weil der Bo­den kalt ist. Schwarzen Boden und Moorboden trifft man nirgends. Rapps, Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Erbsen (diese kochen immer gut),
*) Nach den Karten liegen diese Ortlaquo; raquo;uf Grauwacke und Tbonsckiefer.
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Wicken, Klee, Luzerne und Kartoffeln werden Torzugsweise gebaut und ge­deihen gut. Die Wiesen in den genannten Thälern sind sehr ergiebig und liefern meistentheils ein sehr gutes, aromatisches und nahrhaftes Heu, wel­ches meist aus süssen Gräsern besteht.quot;
„Die Schafe stehen hier überall sehr gut, die Fäule kommt eben so wenig, als der Milzbrand vor,quot;
„Wassermangel ist hier eine seltene Erscheinung, das Wasser behält immer eine frische, erquickende Beschaffenheit, in nassen Jahren zeigen sich auf den Wiesen die sogenannten Hungerquellen.quot;
„Befallungen kommen überall öfter vor, haben aber keinen sonderlichen Einfluss auf die Gesundheit der Hausthiere. Gewitter entwickeln und ent­laden sich hier häufig.quot;
„2) Die zweite Gegend schliesst sich der vorigen an, die Blutseuche kommt hier selten und gewöhnlich nur sporadisch vor. Es gehören hierher: Ermsleben, Welsleben, Pfersdorf, Quenstädt, Arnstädt, Wal­beck, Meisberg, Ritterode, Rödchen, Gräfenstuhl, Vatterode, Möllendorf, Mansfeld, Leimbach, und die west - nördliche Seite von Hettstedtquot;*).
„Das Terrain ist hier etwas weniger bergig, als in der ersten Abihei­lung, grössere ebene Flächen trifft man aber auch hier nicht; Laubholzungen sind weniger und nur an einzelnen Orten vorhanden. Wiesen gibt es hier weniger, man findet sie vorzugsweise nur im Wipperthale, welches einen Theil dieser Gegend durchschneidet, sie liefern ebenfalls gutes nahrhaftes Heu, wie wir es in der ersten Abtheilung kennen gelernt haben. Der bei Weitem grössere Theil dieses Terrains ist cultivirter Acker. Der Boden ist theilweise dem in der ersten Abtheilung beschriebenen ähnlich und besteht aus Thon, Lehm, Sand und Dammerde in solchem Verhältnisse, dass er schwer und bündig genannt werden kann und hat einen nicht durchlassen­den, häufig aus Thonschiefer (?) bestehenden Untergrund, anderntheils aber ist hier der Boden milder, besteht aus Lehm, Sand, Dammerde und hier und da etwas Thon und der Untergrund ist mehr durchlassend. Schwarzen, sehr humusreichen, warmen kalkhaltigen Boden und Moorboden findet man hier noch nicht.quot;
„Der Culturzustand und die Ertragsfähigkeit ist gut und sehr gut, das Getreide ist von guter Qualität, schwer und mehlreich. Es werden dieselben Früchte, wie in 1 gebaut. Befallungen sind nicht selten. Die Schafweide besteht vorzugsweise in Angerweide an Bergen, in Brach-, Stoppel- und angebauter Hafer - und Kleeweide. Wassermangel ist nur in trocknen Jahren
*) Alle diese Orte liegen auf rothtiegendem und buntem Sandstein, mit Aus­nahme von Ermsleben (MuscIiHknlk) und Hettstedt (Zechstein).
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hier und da zu erwarten, es gibt mehrere kleine Bäche, die mit Pappeln, Weiden bepflanzt und beschattet sind und gelten austrocknen. Sümpfe und Lachen, die im Sommer austrocknen, sind nicht vorhanden. Gewitter ent­laden sich nicht selten.quot;
„3) In der dritten Abtheilung ist die Blutseuche eine stationäre Krank­heit, die im Winter sporadisch, im Sommer seuchenartig herrscht und an vielen Orten alljährlich 20 Procent und mehr wegrafft. Hierher gehören: Fregleben, S a n d e r s 1 e b e n, Widerstädt, die südöstliche Seite von Hettstedt, Burgörner, Grossörner, Elostermans-feld, Hübitz, Augsdorf, Polleben, Hedersleben, Helmo-dorf, Heiligenthal, Adorf, Gerbstedt, Piesdorf, Bel­leben und andre Orte bis an die Saalequot; *).
„Das Terrain ist nur theilweis etwas bergig, anderntheils gibt es mehr oder weniger grosse Ebenen, die sich aber immer nur auf einzelne Feldmarken beschränken und hin und wieder durch seichte Thäler und Berge unterbrochen werden. Die Feldmarken sind theils hoch, theils niedrig ge­legen, tiefe enge Thäler sind nicht vorhanden; das Wipperthal wird, wenn es den gebirgigen Theil unsres Kreises verlassen hat, immer flacher, zieht sich gen Osten und nimmt einzelne seichte Seitenthäler auf; es wird fast in jedem Frühjahre durch Austreten der Wipper und durch Schneewasser von den Feldern mehr oder weniger überschwemmt. Es gibt einzelne kleine Bäche, die selten und nur in dürren Jahren trocken werden. Waldungen findet man hier gar nicht mehr; Wiesen sind im Ganzen wenig vorhanden, sie sind meist trocken gelegen auf durchlassendem Untergrund und daher weniger ergiebig; das Futter ist weniger nahrhaft als das auf den Gcbirgs-wiesen und zwar wohl deshalb, weil hier der kalihaltige Thonboden fehlt.quot;
„Mit wenigen Ausnahmen ist hier überall ein schwarzer humusreicher, warmer, kalkhaltiger, zum grossen Theil leichter, lockerer Boden, die Damm­erde steht an den meisten Orten hoch und sehr hoch, der Untergrund ist, vielleicht mit geringen Ausnahmen, überall durchlassend und besteht grössten-theils aus Kies. An mehreren Orten steht auch schwarze, Asche und koh­lensauren Kalk enthaltende Düngererde, die auch als solche benutzt wird. Moorboden findet man nur hier und da an einzelnen kleinen Stellen, in der Saalgegend kommt er aber häufiger vor. Mit Sand untermischter Lehm und thonhaltiger Boden kommt selten und nur auf kleinen Strecken vor. Der Culturzustand und die Ertragsfähigkeit ist meist sehr gut, die Vegetation ist aber auf diesem Boden mehr, als auf den früher beschriebenen von der Witterungsconstitution abhängig, so dass bei nassen Jahren grosse Ueppig-
*) Diese Orte liegen verschieden, auf Zecbstein, buntem Sandstein und Muschelkalk.
Hemlnjer, Milibrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;laquo;rf
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kcit, lei trockenen dagegen leicht Dürre und Hemmung im Wachglhum eintritt.quot;
„Nach Regenwetter findet man hier die Wege immer xuerst wieder ab­getrocknet, das Pflügen geht im Frühjahre 14 Tage früher als in der zuerst beschriebenen Gegend an, eben so beginnt hier auch die Ernte 8 bis 14 Tage früher.laquo;
„Das Getreide wächst hier oft sehr üppig in das Stroh, die Körner sind im Allgemeinen weniger schwer und mehlreich, als in dem gebirgigen Theile des Kreises. Befallungen sind alllaquo; Jahre mehr oder weniger häufig, beson­ders bei den Hülsenfrüchten, bei der Luzerne und dem Klee.quot;
„Angerweide kommt zwar nicht in grossen Flächen vor, ist aber mehr Torhanden, als in den früher betrachteten Gegenden, sie ist trocken und ge­währt nur bei fruchtbarer Witterung Nahrung für Schafe. Vor der Ernte tritt fast jeden Sommer Futtermangel bei den Schafen ein, diese magern oft sehr ab und erholen sich erst wieder in der Stoppel weide, was gewöhnlich in kurzer Zeit geschieht. Absoluter Wassermangel tritt nicht ein, es müs­sen aber bei trocknen Jahren die Schafe oft weit nach der Tränke getrieben werden, weil es grosse Flächen gibt, wo kein Wasser ist Sümpfe sind nicht vorhanden. Hier und da findet man in den Ortschaften Teiche und Schwemmen, die grösstentheils nur angesammeltes Regenwasser enthalten und daher bei anhaltend trockner Witterung mehr oder weniger austrocknen und dann ein warmes, mit vegetabilischen und animalischen Stoffen verun­reinigtes, fauliges Wasser enthalten, welches oft den Schafen zum Sau­fen dient.quot;
Der Verf. führt noch einige Beispiele von gemischten Orten auf:
„Sämmlliche Schafe in Hettstedt werden in zwei Haufen gehütet, der eine hat seine Hutung auf der west - nördlichen Seite der Stadt, wo der Boden schwer und bindig ist. Die Blutseuche gehört in diesem Haufen zur grossen Seltenheit und befällt höchstens einmal ein einzelnes Stück. Der zweite Haufen hat seinen Weidegang auf dem Territorium der entgegenge­setzten Seite, wo der Boden schon mehr leicht, locker und warm und der Untergrund meist durchlassend ist. Unter diesem Haufen ist die Blutseuche eine gewöhnliche Erscheinung, sie kommt oft und sehr oft vor. Es ist also der Einfluss der Bodenbeschaffenheit auf die Blutseuche deutlich und unab­weisbar ausgesprochen. Ich habe mich bisher nie geirrt, wenn ich in einer fremden Gegend auf häufiges Vorkommen des Milzbrandes schloss, wo ich einen schwarzen, warmen, leichten, humusreichen Boden mit hochstehender Dammerdc und durchlassendem Untergrund fand. Erst kürzlich sagte mir ein erfahrner Landwirth, der als Boniteur weit umher kommt, wenn ich in einer Gegend den Turnips viel bauen und gut geralhen sehe, so bin ich im Voraus überzeugt, dass auch der Milzbrand häufig vorkommt. Hiermit sollte nicht etwa gesagt sein, dass der Turnips den Milzbrand veranlasse, sondern es
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sollte sich auf die Bodenbeschaffenheit beziehen, denn der Turnips gerath bekanntlich in der eben angeführten Bodenbeschaffenheit am besten und sichersten.quot;
„Herr Oberamtman Rabe in Ermsleben sagt in seinem Berichte: Die Blulseuchc zeigt sich besonders unter der Heerde, welche das Ermsleber und Sinsleber Feld allein behütet, ohne die Friedrichshohenbcrger Weide mit zu benutzen; hei denHeerden, die auf letzterem Reviere fast ausschliesslich gehen, kommt die Blutseuche nicht vor (der Boden in Friedrichshohcnberg ist kalt, schwer und thonhaltig *). Das Hütungsterrain auf der Ermsleben-Sinsleber Flur**) besteht in sehr trockner Bergweide und Angerveide an der Selke auf Eiesuntergrund und in Ackerweide auf humusreichem warmen Boden mit durchlassendem Untergrund, der in gutem Culturzustande ist. Die Weide auf den Conradsburger und Plattendorfer Angern und Fluren***) hat kalten, biudigen, thonhaltigen Boden mit nicht durchlassendem Untergrund; wenn hier gehütet wird, so kommen gar keine Sterbefälle an der Blutseuche vor.quot;
Der Verf. glaubt aber, dass der Boden nur durch die auf ihm wachsen­den Pflanzen Ursache der Krankheit werde. Seine weiteren Angaben über die Ursachen der Krankheit werden in der Folge zur Sprache kommen.
Indem dieser Gegend nahe liegenden Sangerhausen bemerkt Wend-roth (N. 290) über den contagiösen Carbunkel des Menschen: „Der con-tagiöse Carbunkel entsteht am häufigsten in Niederungen und sumpfigen Ge­genden. In höher gelegenen und bergigten Gegenden hört man höchst sel­ten ron dieser Krankheit. Alle mir zur Behandlung vorgekommenen Fälle dieser Krankheit fanden in hiesiger Stadt oder in dem der Stadt nahe gele­genen Helmrieth statt, in welchem letzteren den Sommer über eine Menge stagnirender Gewässer in Sümpfen und Gräben stehen. Dagegen habe ich in den ebenfalls nahegelegenen Dörfern des Unterharzes nie einen Fall die­ser Krankheit zur Behandlung bekommen, noch je von einem solchen gehört, obschon ich häufig andere Kranke in dieser Gebirgsgegend ärztlich behandelt
habe und noch behandle..... Die Schäfereibesitzer in und an der hier
nahe gelegenen Niederung erleiden alljährlich einen beträchtlichen Verlust an Schafen, die an der Blutseuche krepiren. Müssen nun freilich auch noch andere Ursachen zur Erzeugung dieser Krankheit unter den Schafen coneur-riren, so steht doch das Sumpfmiasma als krankmachende und entfernte Ur­sache mit oben an.quot; p. 70.
Tiefer unten an der Helme, in dem Weimarischen Amte Allstädt ist der Milzbrand unter den verschiedenen Hausthieren ebenfalls sehr verbreitet.
) Rothiiegendcs. '*) Muschelkalk und aufgeschwemmtes Land. '**) Rothliegendes und Grauwacke.
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Die Aerzte haben am häufigsten den Milzbrand im unteren Thale der Bode und Saale beschrieben, sowie im Anhaltischen. Wahrscheinlich mit Unrecht haben sie die Krankheit für neu gehalten. So sagt z. B. L. G. Hoff mann (ß. 163.): „Notabile sane est, non ante hos viginti annos, idque ad summum, hanc morhi speciem in tractu locorum Salae ripis adjacentium tanta ab initio praecipue rehementia vagari incepisse, ut medicorum hujus tractus studiis contentissimis nulla salus dari posset aegrisquot; etc.
Dahin erklärt sich auch H. Sie der er (N. 302.): „In urhe mea patria, Nienburgi, oppido in ducatu Anhaltino-Cotheniensi ad confluxum Salae et Bodae sito, nee non in ejus vicinitatc ex ultimis saeculi praeteriti decem annis morbus quidam, antea parum notus, exortus est. — Anno 1792 W. pastoris cujusdam uxor hoc morbo correpta die septimo post mortua est. Anno 1793 eodem morbo pastor quidam in pago vicino diebus sex praeterlapsis mortem obiit. Uterque aegrotus, antea optima Valens, faciem exhibuit pustu-lis parris obteetam, quae celeriter aecrescentes mox liridum Tel nigrum colo-rem adeptae sunt, quasque intnmescentia dura, repente exorta comitabatur, ita ut facies, collum, pectus adeoque abdomen ralde intumescerent, iisque in locis tumefactis rursus resiculae gangrenosae copiose emergebant, denique ri-ribus maxime exhausti aegroti suceubuerunt. Atque hi quidem primi anthracis contagiosi Casus fuerunt. Quem morbum quamquam arus meus, t. t. medicus ibi constitutus, carbunculum quidem nomhiavil et ejus malignitatem optime intellexit, tarnen eum origo in hominibua antea sanis omnino fugit; id tantum suspicatus est, morbum ex materia quadam nocira externa homines inficiente ortum ducere. Yulgus insecti cujusdam aculeum morbi causam aecusavit. — Annis sequentibus morbi singulos casus observare licebat in pagis proxime Bodae et Salae sitis, praecipue in hominibus, qui in agrestibus laboribus rersati erant. Primis saeculi nostri decem annis mor­bus iste saepius et adeo in aliis locis e. g. in oppido Calbae ad Salam et pagis vicinis usque ad ostium Salae cum Albi sitis, Bernburgi ejusque in vicinitate et locis prope Bodam sitis, apparuit. Postea hie morbus oeeidentem versus in locis Salae adjacentibus usque ad urbem Halam sese propagavit. Mirum est, orientem versus, in regione Cotheniensi et ultra, priori tempere carbuneulos omnino nullos, annis vero postremis perpaueos tantum obserratos esse. — Hominum carbunculum antecessit ovium anthrax, qui priori tempere in his regionibus omnino ignotus erat, dum bourn anthrax jam diu innotuit et non-nunquam annorum paueorum spatio singulos locos invasit. Anthrax ovium pede-tenlim exortus, nunc euzoolicus perdurat, ita ut in gregibns nostra aetate quo-que ferc anno tolidem oves pereant quot naseuntur (?). — Qui morbus, sive temporibus prioribus jam adfuit, sire generis humani aetatem aequat, id certe extra dubium poni polest, eum nostris temporibus saepius observatum fuisse, quam antea. Praecipue vero in Germania ejns freqnentia increvit laquo;na cum gregum ovillorum cultura.quot; p. 18.
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Herbst (N. 301) aus Kalbe beschreibt seine Gegend folgendermassen: „Boda amnis ex Hercynia silva defluens*), antequam in Salam effunditur, Stassfurtum oppidum alluit, et milliarii spatium emensns prope Nienburgum, oppidum Anhaltinum, cum Sala conjungitur. Ab hac confluentia post alterum iiiilliarium Sala Calbam urbem tangit et tertium post milliarium Roseburgnm pagum irrigat, sed mox deinde Albis cam excipit. In hac quam modo de-scripsi regione anthrax contagiosus observatur praesertim in oppidis Stassfurto, Nienburgo, Calba et in pago Roseburgo. Totus hie ager continuam fere pla-nitiem exhibet; rupes et montes nulli, silrae sensu strictiori nullae; regio igitur aperta est omnibusque vcnlis pervia. Solum habet pingue omuisque generis frumento colendo aptissimum. At jnxta fluriorum ripas prata et pascua plurima extenduntur, pecoribus alendis destinata, quae rero praeser­tim aquis Bodae Salaeque inundantur, quare graminum soboles limo obduci-tur et corrumpitur. Injuriae tam aeris quam teliuris, ut subitae vices ven-torum et temperaturae, nee non pabula inundationibus corrupta, efficiunt pe-corum morbos. Praeterea res rustica, praesertim pecuaria, ibidem diligentis-sime colitur. Quid igitur mirum, quod hac in regione, imprimis si aestas ardore et siccitate insignis est, anthracem contagiosum inter pecora saerissime grassari videmus. Quamvis autem hie morbus tam boves quam oves adgre-ditur, et illis praesertim Roseburgi magnas clades interdum infert, crebrius tamen apud ores observatur, quod in aliis regionibus rarius fit, et eo fortasse explicatur, quod boves magis in stabulis, oves autem paseuis aluntur. Sues aliaque pecorum genera rarissime lue corripiuntur. Ab ovibus hac lue de-funetis contagium autem multo crebrius ad hominem defertur, quam a bobus, maxime propterea, quod illarum lana varies ad usus ab hominibus prae-paratur.quot;
Am weitläufigsten hat Stahmann (N. 307) dieses Milzbrandland zwischen Saale und Elbe quot;*) beschrieben: „Der Anthrax oder contagiöse Milzbrandcar* bunkel wurde, solange ich denken kann, in den Städten Stassfurt, IVien-burg, Calbe, Bernburg, Halle u. s. w. und in deren Umgebun­gen häufig beobachtet.quot;
„Die genannten Städte werden von der Bode und Saale berührt und sind in ihren sie umgebenden Thalgründen mehrentheils im Frühjahre Ueber-schwemmungen ausgesetzt. Sowohl in den Saal- und Bode-Thälern, wie auch über das rechte Saalufer hinaus, bis zu den Ufern der Elbe, in den Binnengründen- und Bruehlhälern fehlt es an fruchtbarer Viehweide nicht, wesshalb denn auch die Gultnr des Schaafviehs und der Rinder sehr vor­züglich betrieben wird.quot;
*) Der Milzbrand begleitet die Bode aufwärts bis nach tluedlinburg. '*) An der Elbe gehl der Milzbrand hinauf bis über Wittenberg und Torgau.
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Bernburg liegt mit seiner Bergstadt am Abhänge eines Höhenzugs, wel­cher sich längs des rechten Saalufers hinzieht. Der Berg, auf welchem und an dessen Abhänge die Bergstadt liegt, steigt südwestlich schroff vom Saal­ufer auf und senkt sich dann sanft nach der Fuhne hinab, einem Wässerchen, das unfern Dröbel, eine Stunde von Bernburg, sich in die Saale ergiesst. — Niedriger, wenn gleich scharf abfallend, sind die Ränder der Saalufer oberhalb Gröna und Wirschieben und zeichnen sich nur durch die Höhe des Schlossbergs von Plötzgau besonders aus. Auf dem linken Saalufer zieht sich insbesondere ein scharf begrenzter und zum Theil an seinen südlichen Abhängen schroff abfallender Höhenzug vom Dorfe Altenburg über die Vor­stadt Waldau bis in die Nähe von Uberstädt an der Wipper, eine Stunde von Bernburg. Schwerlich erhebt sich aber seine Scheitelfläche 200 Fuss fiber die angrenzenden Thalebenen.quot;
„Der Spiegel der Bode ist bei Oschersleben 264, bei Egeln 214, bei Stassfurt 186 und an ihrer Einmündung in die Saale bei Mönchennienburg 166 Fuss über dem Meere. Die Bode, soweit ich sie kenne, und zwar von Egeln, Stassfurt, Neugattersleben aus, bis oberhalb Nienburg, wo der Boden felsig wird, fliesst in einem massig von den sanften Anhöhen abgeflachten Thale durch ein fruchtbares Land, das zum Anbau aller Getreidearten, und namentlich von Weizen und Roggen, Gerste u. s. w. geschickt, indem der Boden schwarz und sehr tragbar ist. Felsige Anhöhen zeigen sich nur we­nige an ihren Uferrändern, daher ist die Weide fett; die Wiesengrfinde durch Ueberschwemmungen reichlich bewässert, liefern ein schönes Heu zur Füt­terung für das Vieh. Mehrentheils findet eine zweimalige Heuernte statt, indem die Wiesen zur Herbstzeit noch einmal ein vortreffliches Grummet liefern. Nach dem Abmähen, je nachdem die Wiesen einschfirig oder zwei-schfirig sind, werden Schafe, Rinder, Pferde u. s. w. auf denselben gewei­det. Die Bode nun bildet häufig, namentlich bei Egeln, Stassfurt, Neugat­tersleben und bei Nienburg, wohin sie von Westen aus kömmt, sumpfige Bruch wiesen, Gräben, hier und da stehende Gewässer, isogenannte Kolke, besonders ist dies zwischen Neugattersleben undLöbenitz der Fall, weil, wenn sie aus ihren Ufern tritt, diese Ergüsse hier und da zurückbleiben und ver­dunsten müssen.quot;
„Im Anfange dieses Seculums, so weit ich denken kann, gab es viele nasse Jahre, in welchen hier der Getreidebau ganz vorzüglich gedeiht; in diesem Zeiträume erinnere ich mich viel von Wechsel fiebern gehört zu haben, die nach dem gewöhnlichen Gebrauch von China wichen. Späterhin nach grossenUeberschwemmungen zeigten sich solche wieder, und auch wäh­rend meiner praktischen Laufbahn. Nienburg zeichnete sich oft durch acute Entzündungskrankheiten aus, namentlich durch den Croup, der sich bei kal­ten Ost- und Nordostwinden einstellte. Scharlach- und Masernepidemien, typhöse, gastrische Fieber haben hier gehaust, doch nie so bösartig als an
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andern Orten. Hag et vielleicht daran liegen, daas unser Städtchen von allen Winden durchstrichen werden kann? Das Dörfchen Neugattersleben da­gegen ist häufig von Krankheiten aller Art heimgesucht, was wohl in der Lage des Orts begründet sein mag. Es liegt am Abhänge eines Hügels, der von Süden nach Norden, längs dem Uferrande der Bode sich hinzieht, und westlich bis zu den Ufern des eben genannten Flusses herabsteigt; an die­sem Abhänge und in dessen Einschnitten liegen die Wohnungen von Hohen-dorf und Neugattersleben, und die häufig wehenden Westwinde treiben alle Wasserdfinste in die Wohnungen, aus deren Umgebungen sie nicht so gut entweichen können, weil die Anhöhe gegen die Westwinde gleichsam einen Wall bildet. Alle feuchten Sumpfdünste der stehenden Wasser am Bode-flüsschen werden daher in den Wohnungen gleichsam einheimisch; im Jahre 1832 starben hier, bei einer Bevölkerung von 500 bis 600 Seelen, mehr als 40 Personen an der Cholera, während solche in Nienburg, das' circa 2000 Seelen zählt, sich nur sporadisch zeigte und etwa 6 bis 7 starben.quot;
„Die Saale, nächst der Elbe ein Hauptstrom in Anhalt, wird hier durch felsige Ufer begrenzt, besonders ist das rechte Saalufer ober- und unterhalb Bernburg als felsig anzuführen und bleibt solches seinem Charakter getreu bis zu dem Vorwerke Grimschleben, Nienburg gegenüber. Das linke Saal­ufer giebt dagegen dem Flusse Raum zu Austretungen, und es fehlt an dem­selben nicht an stehenden Gewässern, theils durch die Ueberschwemmungen, theils durch den frühern Lauf des Flusses gebildet; alsda hat man bei Flötz-kau die alte Saale (ein Sumpf an der nordöstlichen Seite des Fleckens), bei Aderstädt die Strenge, bei Bernburg die Rosse und den Orlofstümpel, zwischen Nienburg, Altenburg und Bernburg in der Aue den Bläser-See, und bei Nien­burg am reihten Saalufer zwischen Gebüsch und Geweidig die alte Saale. Mehrentheils Gewässer, die selten austrocknen, und wenn es bei einzelnen geschieht, so füllen sie sich wieder bei der nächsten Ueberschwemmung, die fast jedes Frühjahr mehr oder minder, ja sogar im Sommer zuweilen, statt findet. Den Ueberschwemmungen ist mithin oberhalb- und unterhalb Nien­burg u. s. w. ein weites Feld geöffnet; und diese Ueberschwemmungen sind, wie die Geschichte lehrt, weit häufiger und gefährlicher, als die der Elbe.quot;
„Die Fuhne, welche sich, wie oben schon erwähnt, bei Dröbel in die Saale ergiesst, ist in mancher Hinsicht ein merkwürdiges Flüsschen. Fuhne heisst der über fünf Meilen lange Thalweg, der sich von Osten nach Westen, von der Mulde unweit Jesnitz bis zur Saale bei Bernburg und Dröbel, erst mit moorigem Wiesenboden zwischen sandigen Anhöhen, dann mit anmuthl-gem Gebüsch zwischen dem ergiebigsten Weizenlande hinzieht, und bis Lean hin seit undenklichen Zeiten die Grenze Anhalts gegen Süden bildet. Schon im lOten Jahrhundert wird die Fuhne erwähnt, und zwar als ein Fluss (065) und als ein Sumpf (973). Dieser Sumpf nämlich machte den östlichen Thcil des Thals aus, von Steinfurt bis nach Radegast hin; er war anfangs für
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Menschen und Thiere unzugänglich, und wurde später durch Abzugsgraben abgeleitet, und das Land in Hutung und Wiesen vcrsandell; dieser Graben fliesst bei Steinfurt in die Muldaue hinunter und bei Jesnitz in den Spittel-graben. Weit bedeutender dagegen ist der westliche Theil, der eigentliche FIuss, dessen Quellen zwischen Zehmitz und Zehbitz im Amte Radegast sind. Er nimmt zuerst bei Kösitz den ron Repau kommenden Landgraben, dann den hinter Landsberg entspringenden Strengbach, mehrere kleinere Bäche und zuletzt bei Preusslitz die Ziethe auf und fliesst dann unweit Dröbel in die Saale. Ausser dem Flüsschen heisst auch das Thal selbst und die Wie­sen daran Fuhne und Fuhncn. Die Ortschaften Dröbel, Roschwitz, Flömnitz, Preusslitz, Baalberge *) werden von der sumpfigen Fuhne berührt; bei Flöm­nitz fällt auch noch die Zintau oder Ziethe in den Sumpfbach. Auch die kleine Fuhne hat zuweilen nachtheilige Ueberschwemmungen verursacht.quot;
„Rosenburg, zum Kreis Calbe an der Saale gehörig, zwischen Saale und Elbe gelegen, von grasreichen Auen und Wiesen umgeben, ist oft auf seinen Viehweiden durch Elbe und Saale, wenn auch Dämme die genannten Flüsse längs ihres Laufes hemmen, Wässerungen ausgesetzt. Dass auch hier der Milzbrandcarbunkel, sowie in Bernburg, Stassfurt, Calbe, Egeln, Neugat­tersleben, Nienburg laquo;. s. w. sich zeigt, ist mir nur zu wohl bekannt, und er­hellt aus Hoffmanns, Siderers und Herbst's Schriften, auch weiss ich es aus eigner Praxis und aus meines Vaters langjähriger chirurgischer Wirksamkeit.quot;
„Die schon erwähnten Ueberschwemmungen führen häufig Schlamm auf die Futterkräuter der Weideplätze. Nun werden aber diese Fluren dennoch beweidet, und sollte dies nicht vielleicht ein Grund sein, warum in der Trocken­heit und Hitze des Sommers, wo sich hier nachtheilige Zersetzungen ent­wickeln, der Milzbrand, die Lungenfäule, Blutstaupe, Rückenblut, Blutseuche beim Vieh hervorgebracht, und bösartige Carbunkel durch Ansteckung von den Thieren auf den Menschen übertragen werden. Nirgends aber, wie aus den Beobachtungen der Aerzte hervorgeht, ist der contagiöse Carbunkel häu­figer beobachtet worden, als in hiesiger Gegend. Ausser unter den Scha­fen, Rindern, will man ihn auch an Schweinen, Pferden und noch andern Eräuterfressenden Thieren, ja sogar an Vögeln bemerkt haben.quot;
„Manche Aerzte hiesiger Gegend meinen, dass die Krankheit aus palu-dösen Ursachen, und zwar faulenden PflanzenstofTen entstehe. Vom Genuss des durch die Flachsrösten vergifteten Wassers will man ebenfalls den Milz­brand haben entstehen sehen; wenigstens warnt eine Bekanntmachung der Magdeburger Regierung vor dem Rösten des Flachses in Flüssen bis zur ein­getretenen Fäulniss. (Ascherschlebener Wochenblatt 1828 St. 25. S. 188.). Wer mag an der Möglichkeit zweifeln, wenn er in den trocknen heissen
*) In diesen Orten behandelte J. F. Hoffmann oft den Carbunkel.
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Sommern bei niederem Wasserstande, nach eingetretener FlussTergiftung durch die faulenden Pflanzenstoffe des Flachses, die braune schaumige Lake unserlaquo; Bodewassers, worin die Fische den Koller bekommen und fcrepiren, be­trachtet ?laquo;
„Unfehlbar, obwohl uns noch manches dunkel bleibt, ist der Milzbrand der Thiere eine Sumpfkrankheit, kommt in heisser Jahreszeit, wenn anhal­tende Dürre mit schwülen und wieder kalten Tagen wechselt, vor, und be­sonders in Bruchgegenden, die im Frühjahr überschwemmt worden sind, und verdorbenes, mit Mehl- und Honigthau yerunreinigtes Futter bei Mangel an reinem Wasser liefern. Gährendes faulendes Wasser. Besonders ist dieses mit der Bode der Fall, im August und anfangendem September sieht oft das Wasser der Bode ganz braun und schaumig aus, und verbreitet, von den faulenden Stoffen des Flachses verdorben, einen sehr unangenehmen Geruch; die Fische fangen an zu kollern, kommen am Ufer und auf der Oberfläche des Wassers zum Vorschein und lassen sich leicht fangen; werden sie nicht bald in andres Wasser gebracht, oder das Bodewasser durch Regen vermehrt und der Giftstoff verdünnt, so krepiren die Fische.quot;
Der Milzbrand kömmt die Saale aufwärts noch häufig um Wettin und Halle vor.
Auch noch weiter herauf um Merseburg in den Thälern der Saale, Elster und Luppe tritt der Milzbrand der Schafe oft verheerend auf. Den Boden dieser Gegend und seinen Einfluss auf die Entwicklung dieser Krank­heit hat Körb er (N. 349.) näher untersucht; ich habe die Resultate seiner Beobachtungen bereits im ersten Theile mitgetheilt, wo man sie nachlesen kann. Wahrscheinlich ganz richtig sucht er die Hauptursache in der aus dem Boden entwickelten Malaria und den erkrankten Futterstoffen.
Aus dem Saalethal verbreitet sich die Krankheit besonders aufwärts in den Thälern der Unstruth und der Helme und ihrer Zuflüsse bis gegen den Fuss des Harzes.
Es ist mir bekannt, dass der Milzbrand vom nördlichen Rande des Har­zes abwärts im Braunschweigischen vorkömmt, ebenso am westlichen, im Hannoverschen besonders im unteren Leinethale; ich kenne aber keine ge­naueren Darstellungen dieses Vorkommens, glaube indessen kaum, dass es irgendwo so allgemein ist, wie im Osten. — Eben so weiss ich, dass er in manchen Gegenden des Weserthaies z. B. im Schaumburgischen, um Min­den u. s. w. häufig vorkömmt, aber nähere Untersuchungen sind mir nicht bekannt.
Ober Sachsen.
Im jetzigen Königreich Sachsen kömmt freilich, wie überall, Milzbrand vor; von Jahr zu Jahr stösst man auf einzelne Berichte, es mag ja wohl (besonders in den Elbe- und Mulde-Gegenden) Orte geben, wo er häufiger
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ist; ich kenne aber keine Gegend, wo er im höheren Grade als enzootisch erwähnt würde.
Thüringen.
Es sind im zweiten Theile die allgemeinen von Glaser beschriebenen Milzbrandseuchen der wilden und zahmen Thiere mitgetheilt worden; diese stehen aber doch vereinzelt da. Milzbrand kömmt sporadisch in vielen Ge­genden vor, z. B. am nördlichen Fusse des Thüringer Waldes im Erfurtschen und Gothaischen, vielleicht noch häufiger am südlichen Fusse im Coburgschen-Es ist mir aber nichts von einer irgend ausgebreiteteren Enzootie bekannt. Freilich werden wenige Berichte aus diesen Ländern bekannt.
Frank e n.
Im zweiten Theile ist die grosso Epizootic von Wagner in Oberfran­ken (1756) beschrieben worden, sie ist eine vereinzelte Erscheinung. In den Milzbrandperioden der sechsziger und achtziger Jahre des vorigen Jahr­hunderts kam der Milzbrand natürlicher Weise auch hier häufiger vor. Es scheint auch einzelne Gegenden z. B. im Itzgrunde, am Steigerwald, im Mainthal zu geben, wo er häufiger vorkömmt; genauere Nachrichten über sie kenne ich nicht, glaube aber nicht, dass er irgendwo eine allgemeinere En­zootie darstellt.
B a i e r n.
Anders verhält es sich im baierischen Schwaben und in Baiern selbst, wo er, wenn auch auf beschränkten Localitäten, doch jährlich verheerend auftritt. Auf den ersten Blick sind diese Lokalitäten sehr verschieden, manche liegen in den Hochalpen, andre in den tiefsten Niederungen, auf den ver­schiedensten Gebirgsformationen u. s. w. Indessen in gewissen Eigenschaf­ten dürften sie doch übereinkommen.
Dass die Gebirgsformationen ohne Einflnss sind, erkennt man leicht, da der Milzbrand in den Jurathälern des linken Donauufers sowohl, wie in den Mollassethälern des rechten und in den Kalkalpen vorkömmt.
Als enzootisch und jährlich vorkommend ist er zunächst im Donäu-thale zu betrachten. Dieses Thal liegt hoch (Ulm 1432, Regensburg noch 1043 Fuss über der See), die Breite des Stroms wechselt so, dass er an 'manchen Stellen nur 60 Fuss, an andern x/i Stunde breit ist, eben so ver­schieden ist sein Gefäll. Von Ulm bis Regensburg sind seine Ufer, wenig­stens auf einer Seite, gewöhnlich auf den beiden Seiten flach, oft sehr flach; da er viele Ströme von den hohen Alpen von starkem Gefäll und sehr wech­selnder Wassermenge aufnimmt, so macht die Donau häufigere und grössere Uebcrschwemmungen als die übrigen grossen Ströme Deutschlands; dazu kömmt noch, dass ihr Wasser sehr thonreich und schwerer als das änderet
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Flüsse ist; endlich macht ihre hohe Lage und die Nähe der Alpen, dass die Witterung äusserst veränderlich ist. Ihre so oft überschwemmten Ufer ent­halten viele Lachen und todte Gräben, eine Menge kleinere und mehrere sehr ausgedehnte Torfmoore, die unter den Namen der Riede oder Moose bekannt sind, zum Theil Quadratmeilen gross. Hier kann es also nicht an Malaria und nicht an erkrankter Vegetation fehlen. Kein Wunder, dass hier der Milzbrand in jedem Jahre vorkömmt.
Er kömmt eben so in dem nntern Laufe der nördlichen Zuflüsse der Donau vor; in N. 348 hat Hittermayer eine Epizootie des Milzbrands im Ge­biete der Egge beschrieben, und in N. 344. eine Enzootie in einem dieser Dörfer, Bergheim bei Dillingen; die Beschreibung seiner Lage reicht hin, das Vorhandensein des enzootischen Milzbrands zu erklären (ob es gleich dem Verf. nicht so scheint); ich werde sie hierher setzen, da ähnliche und noch viel schlimmere Lagen hier allgemein vorkommen: „Das Dorf Bergheim liegt nördlich IVa Stunde von Dillingen entfernt auf einem 60 bis 70 Fuss hohen Berge. Rings um diesen Berg ist ein Thal; nördlich grenzt selbiges an Waldungen, östlich von selbigem liegen Felder, südlich und westlich ist es von Riedern, welche von vielen Gräben und einem kleinen Bache durch­zogen sind, umgeben. Von diesen Riedern sind Vs sumpfig, enthalten Moor, Torfgrund und Letten. Diese Gründe enthalten nur saure Rohrgräser, die gewöhnlich zur Streu verwandt werden und Moos. Die Torfgruben ent­halten immer braunes Moorwasser, es ist daher in dieser Gegend immer eine dunstige, mephitische Athmosphäre, und im Frühjahr und Herbst häufige Nebel. Der Milzbrand, hier unter dem Namen Schuss oder Geräusch be­kannt, zeigte sich bisher jedes Jahr hei 2, 4 bis 6 Stücken Rindvieh im Herbste, selten im Frühjahre, seltener im Winter, am seltensten im Sommer. Es wurden nur junge Thiere von 1 — 2 Jahren ergriffenquot;. Aehnliche Ver­hältnisse kommen an der Altmühl, Vils u. s. w. vor.
Häufiger ist der Milzbrand aber in den Thälern der südlichen Zuflüsse der Donau. Diese reissenden Alpenflüsse sind bei ihrem wechselnden Wasser­stande eben so häufig üeberschwemmungen wie Austrocknungen unterworfen. Dahin gehört die Hier, ganz vorzüglich aber der Lech mit der Wertach, dessen Gebiet vielleicht am häufigsten heimgesucht wird, besonders um Dürk-heim, Füssen, Schongau, Landsberg, Augsburg. Aber auch im Gebiete der Isar ist er häufig, um Werdenfels, Weilheim, Tölz, Wolfrathshausen, Frei­sing, Moosburg u. s. w. Auch am Inn, z. B. um Rosenheim.
Allein gar oft ist der Milzbrand viel weniger häufig und gefährlich in den Thälern und Niederungen als auf den Alpenweiden und selbst auf den höchsten, 3000 und 4000 Fuss über dem Meere. Das ist dem Unkundigen sehr auffallend, aber für den, der sie kennt sehr leicht erklärlich: Bergleh­nen und Gipfel können kaum vorübergehend ein wenig Futter liefern; die fetten Alpenweiden sind entweder Hochebenen von hohen, oft mit ewigem
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Schnee bedeckten Bergen umgeben, Ton denen das herabriegelnde Walser sich in Sümpfen und Torfmooren sammelt, die nach den Umständen bei der eintretenden glühenden Sonnenhitze entweder bald im Frühjahre, oder erst im Sommer, oder auch nie ganz austrocknen, oder es sind Kesselthäler oder wenigstens Terrassen, die im Winter mit tiefem Schnee beladen, dann die Wässer von den Höhen auf sich stagniren lassen, bis sie überfliessend wie­der hinabstürzen, oder sie sind mit Quellen erfüllt, welche sich allmählig zu den Ursprüngen der Flüsse sammeln; in allen diesen Fällen geben sie die besten Werkstätten der giftigsten .Malaria ab, und sehr oft stürzt das Vieh, sowie es sie im Frühjahre betritt. Daher sind es auch gewöhnlich nur gewisse Alpen, die so gefährlich werden, und sie sind es oft nur eine gewisse Zeit lang.
Es leiden hier zwar, und besonders in manchen Jahren, alle Thiere, und selbst das Wild, Hirsche, Gemsen, Hasen u. s. w.; allein die Thiere, die in Baiern eben so vorzugsweise leiden, wie im Preussischen Sachsen die Schafe, sind die Kinder, dann Pferde. Daher kömmt auch der Milzbrand vorzüglich als Beulenseuche und in der apoplektischen Form vor, und die Infectionen der Menschen sind sehr häufig. Man vergleiche in dieser Beziehung im zweiten Theile die Jahre 1807, 1822 u. s. w., wo ich die Berichte von Schwab und Plank mitgetheilt habe, sowie das Jahr 1802 u. 1810, wo sich Berichte von Laubender finden.
Ich habe weder im ersten, noch im zweiten Abschnitt die weitläufigen Berichte Laubenders über.die Baiersche Seuche 1810 mitgetheilt; ich bin auch überzeugt, dass er die ätiologischen Verhältnisse nicht richtig deutet; aber die Unparteilichkeit verlangt wohl, sie hier noch folgen zu lassen, um so mehr, da er einige Localitäten näher beschreibt:
„Der Milzbrand befiel die Heerden mehrerer Dörfer in den Landgerich­ten Weilheim und Werdenfels; so wie immer, also auch diesmal kam er tückisch herangezogen, tödtete unverhofft und plötzlich, und versteckte sich wieder, kam aufs Neue, bezeichnete seine Fusstapfen mit Blut und Tod, ent­fernte sich wieder, bis er endlich dreist genug ohne Maske erschien, und auf Wochen und Monate sich etablirte, um nach Lust und Gefallen zu rächen und sich Opfer zu wählen. Gegen Ausgang Mai, wo in Eschenloh die Heerden das Erstemal die Weiden in Thälern und auf kleinen Anhöhen be­suchten, fielen plötzlich 3 der schönsten, muntersten und bestgenährtesten Kühe. Nach 3 Wochen fielen wieder einige Stücke plötzlich. Nachdem Hitze und Dürre 14 Tage anhielten, und mit Anfang Juli wieder einige Häupter plötz­lich zu Grunde gingen, schöpfte man erst Verdacht; so viele Wochen An­fangs zwischen Fallen und Wiederfallen vergingen, so viele Tage waren es jetzt, bis er endlich um die Mitte Juli sich förmlich etablirte; es fielen nämlich am 14. Juli 2 Kühe, am 15. wieder 2, am 16. 1, am 17. erkrank­ten 3 Ochsen, wovon 2 fielen, am 18. erkrankten 3 Ochsen und 3 Kühe
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wovon 3 Kühe fielen, am id. erkrankten 2, wovon 1 Stfick sogleich gefallen. Bis jetzt waren es lauter Kühe und Ochsen, die angegriffen wurden, am 20. er­krankte auch ein Pferd. Am 28. kam ich daselbst an, wo ich 16 Stfick Hornvieh und ein Pferd krank antraf. Auf diese Weise ging an diesem Orte das Erkranken fort bis Anfangs Oktober, wo mit der eingetretenen Kälte der Feind wieder abmarschirte. Die Localität des Dorfes Eschenloh*) verdient hier einer besondern Erwähnung. Die Wiesen und Weiden sind lauter Moor­gründe, wo, ein paar eultivirte Plätze ausgenommen, nicht ein einziger Halm gutes Gras wächst, bei dem ein fremdeingekanftes Thier nicht im Geringsten gedeiht, nur das eigends hier erzogene Vieh fristet das Leben grösstentheils siechend dahin. Nach Aussage aller Bauern und Metzger kann von allen geschlachteten Thieren die Leber nicht benutzt werden, immer findet sich die­selbe in mehr oder weniger verhärtetem Zustande. Die Alpenweide ist den Heerden daselbst ein wahres Erholungsmittel; Vieh, das im Herbst gesund, gut beleibt von den Alpen nach Hause kömmt, wird den Winter über so elend, dass es kaum und manche Stücke gar nicht mehr vom Boden aufzustehen vermögen; alles ist abgeleibt auf den höchsten Grad, und keine Kuh ist im Stande ein Winterkalb zu erzeugen und es gehörig reif und stark zur Welt zu fördern; viele unterliegen ganz ; desswegen wird hier keine Kuh anders zugelassen, als dass das Trächtigsein ins Frühjahr und das Kalben mehr in den Sommer hineinfällt. Die geographische Lage des Orts ist gut, die Be­wohner rühmen es selbst, indem sie sagen: Wäre die Luft bei uns so wie der Boden, so mfissten wir mit sammt unseren Thieren zu Grunde gehen. Wie der Schnee geschmolzen ist, kommt das Vieh aus dem Stall, wadet den ganzen Tag bis in die Mitte des Leibs im Wasser, um allenfalls etwas Schilfgras, was fiber demselben emporragt, zur Nahrung, zur Stillung des brfillendsten Hungers zu erhalten. Wie die Berge von Schnee leer werden, besucht es diese. Gewöhnlich geht die Krankheit dann an, wenn sich im Frühjahre die Thiere etwas erholt haben, was äusserst rasch geschieht; nach 14 Tagen kennt man oft das beindürre Thier nicht mehr, wenn es die gute Alpenweide erreicht hat. Jenes Vieh, welches im Sommer auf der schlechten moorigten Thalweide bleibt, ist und bleibt in der Kegel am besten gegen den Milzbrand verwahrt **). Liegt also in der Fettanlage, Fettproduction die
*) Eschenloh und Fartenkirchen liegen 'über 2000 Fuss über der See, die im Folgenden genannten Alpen wohl alle über 3000 bis 4000 Fuss hoch. Die Gebirge bestehen aus Alpenkalkstein, in den Thälern und namentlich an Seen sind Torfmoore nicht selten. In manchen Thälern kommen Wechselfieberepidemien vor. 1836 erschien hier die Cholera in einer Höhe von 3000 Fuss.
*•) Etwa weil sie nicht austrocknet, also keine Malaria bildet,
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nächste Ursache des Milzbrandes? Jede regnigte kalte Witterung hemmte in dieser Gegend den Fortgang der Seuche, sowie anhaltend schöne Witte­rung ihr Vorschub leistete. — In Partenkirchen war der Fall umge­kehrt. Die meisten Thiere dieser Gegend bekamen auf den Alpen Geschwülste an den Fassen, sowohl den hintern als vordem; an den vordem manche bis an das Knie, an den hintern manche bis an das Sprunggelenk, andere von dem Sprunggelenk bis an den Mastdarm, auch bis unter den Bauch. Diese Ge­schwülste schleppten die Thiere oft lange mit sich herum, brachen dann auf, bildeten ein Geschwür, wobei die Haut theilweise abfiel; oft verschwan­den sie auch wieder für sich selbst, ohne dass üble Folgen daher sich je ergeben hätten. Ueberhaupt waren diese Geschwültse nie lebensgefährlich, wenn gleich sie manchmal drohten die Thiere auszuschuhen oder die Klanen zu verlieren. Im Thale kamen diese Geschwülste mehr am Halse, vor der Brust, am Bauche, an den Eutern und den sogenannten Hosen vor; am Rücken hat man nie eine gesehen; Geschwülste am Halse, am Kopfe, an den Geschlcchtslheileii, und die sich vor der Brust unter das Schulterblatt hineinzogen, waren immer bedenklich und gefährlich; nie ist ein Thier ge­rettet worden, wo der letztere Fall statt fand. Auch jene Geschwülte, welche sich vor der Brust nach dem Laufe der Luftröhre hinzogen, so auch jene, die an der Seite des Halses nach dem Verlaufe der Drosselvenen hinliefen, waren gefährlich und meistens tödtlich. Auch jene Geschwülste, welche sich im Kehlgange und in der Gegend des Luftröhrenkopfs zeigten, waren immer tödtlich, am gewissesten dann, wenn sie sich an die Ohrdrüse hinauf er­streckten. Geschwülste am Schlauche, am Hodensacke waren nie so gefähr­lich. — Zu Schleedorfam Kochersee, wo alle coneurrirenden Umstände die Viehzucht weit mehr begünstigen als zu Eschenloh, zeigte sich die Seuche in einer auffallend veränderten Gestalt, aber doch weit geringer um sich greifend, als eben dort. Gegen Mittag hat dieses Dorf ein Gebirg, an des­sen Fuss eine fruchtbare Weide in einer grossen Ausdehnung, wo rieselnde Quellen Wasser im Uchcrfhiss den weidenden Thieren zum Getränke dar­reichen. Gerade diese Weide ist es nun, unter deren Heerde die Seuche fast jedesmal allein sich entspinnt. Gegen Morgen liegt ihm der Kochersee in seiner Längenausdehnung. Gegen Norden liegt es frei und offen, eben so gegen Abend, wo fruchtbare Wiesen und Kleefelder es umschliessen. Die Symptome, unter welchen die meisten Thiere hier erkrankten, waren folgende: Rasen und Toben, ohne viel auszusetzen, beständiges Brüllen und Aechzen, unaufhörliches Niederwerfen und Wiederaufstehen, wilde feurige Augen, trock-nes heisses Maul und Schaum vor demselben, harter, voller Puls, unfühlbare Schläge des Herzens, beträchtliches Fieber, heftiges Schlagen mit den Hinterfüs-sen nach dem Bauch, Verstopfung des Darmcanals, trockne Mistung mit einem Schleimhäutchen umzogen, bräunlicher Harn mit Schleim vermischt, kalte Ohren, gesträubte Haare u. s. w. Mehrere Häuser in diesem Dorfe haben
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die Seuche noch nie in ihre Ställe bekommen. Niemand kennt die Ursache dieser Befreiung, während andere so oft mit derselben heimgesucht werden, sie liegt in der Concurrenz Ton Umständen. Der Wlrlh glaubt, seine Befrei­ung beruhe auf den Trebern, womit er sein Vieh Jahr aus und ein füttert. Das Kloster daselbst liegt erhaben und so gesund, als man es wünschen mag; in den Klosterstall war vordem die Seuche auch nicht gekommen; dieses Jahr, wo der Pfarrer sein Vieh allein darin unterhält, wo dasselbe bei der besten Pflege und Fütterung nie aus dem Stalle kam, drang sie doch auch daselbst ein, und zwar dergestalt, dass eine seiner besten und schönsten Kühe inner­halb 14 Tagen zweimal von der Krankheit befallen ward. Bei den Sectionen fand man daselbst die Milz nie auffallend krankhaft angegriffen und verän­dert, mehr beständig angegriffen und verändert die Lunge und den Magen; ausgezeichneten Brand der Lunge, wie ihn Kau seh bezeichnet, fand man aber auch nicht, sondern diese nur mehr oder weniger entzündet. Immer beruhte die nächste Ursache des Todes auf einem bedeutenden Extrarasate von gelber Sülze und schwarzem Blute. Deutliche Spuren von Brand sah ich an diesem Orte nie. Mitte Septembers verlässt jedesmal die Dorfheerde die oben beschriebene Weide, welche sie den Sommer über inne hatte, uud wo sie jedesmal allein von der Seuche befallen wird, und bezieht eine andere mehr Nordost gelegene; wie sie daselbst ankömmt, cessirt das Erkranken. An den Tagen vor Maria Geburt d. h. gegen den 7. bis 8. September, be­zieht die Ochsen - Alpen-Heerde diese verlassene Kühhcerde - Weide. Wie sie diese im Jahr 1810 drei Wochen lang besucht hatte, erkrankten 4 Ochsen und 1 Pferd, wovon 3 Ochsen und 1 Pferd zu Grund gingen. Hat diese Lage der Weide die krankheitserzeugende Ursache ? oder disponirt sie nur zur Seuche ? Warum verfallen aber andre Thiere in die Seuche, die nicht aus dem Stalle gelassen werden ? Man glaubt, mit dem Grase komme der Krankheitskeim in die Thierkörper. Wann werden wir die obwaltenden Geheimnisse ergründen ? Mit Mitte Juli nahm hier die Seuche ihren Anfang, mit Ausgang Oktobers gewann sie ihr Ende; während sie in Eschenloh 3—4 Wochen früher begann, nahm sie auch 3—4 bis 6 Wochen früher ihr Ende. — Zu Ohlstadt, einem Dorfe zwischen Eschenloh und Schleedorf liegend, das gleichfalls seiner geographischen Lage und den übrigen localen Umständen nach eine sehr gesunde Constitution auf Seite der Hansthiere unterhält, brach die Seuche gleichfalls mit Mitte Juli aus, verlor sich aber wieder Anfangs August, so dass in Allem nicht mehr als 6 bis 8 Stücke erkrankt sein mögen. Hier zeigte sich die Seuche bloss bei der Ochsenheerde, die auf der obersten Alpe sich befand, und dem Wechsel der Witterung am meisten ausgesetzt war. Die meisten erhielten Geschwülste an den hintern Fassen, in der Gegend des Sprunggelenks und der Köthe; Mattigkeit, Traurigkeit, Mangel an Fress-liist, thränende Augen, schleimiges bald heisses bald kaltes Maul, ausser-prdentliche Zerschlagenheil, so dass die Kranken kaum aufzubringen waren,
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vcnn sie einmal lagen, schneller matter Puls, kalte Extremitäten, weiches Misten, leichtes Athmen u. s. w. waren hier die Zufälle, wenn es langsam ging. — Zu Partenkirchen, 3 Stunden oberhalb Eschenloh, griff die Seuche,- wie in Eschenloh, stark um sich. Die Seuche herrschte auf drei Alpen, SVj Stunden über Partenkirchen. Partenkirchen hat eine Alpe, der Kälberhügel genannt, wo die Weide ganz frei ohne alles Gesträuch oder sonst andre Bäume und mit den besten Gewürzkräutern, vorzüglich Mathan, bewachsen ist, gleich daneben liegt der ewige Schnee, wo, wenn die Thiere erhitzt und durstig sind, derselbe gefressen wird. Gewöhnlich im Mai kommt eine Heerde dahin, die, wenn die Witterung günstig, in 14 Tagen bis 3 Wochen sich so sehr erholt, dass man Ton der Weide weg Thiere als feist schlachten kann. Man hat von je her beobachtet, kommt die Heerde bei trockner, warmer Witterung auf diese Alpe, und hält diese 3—4 Wochen an, so erfolgt jedesmal sicher die Seuche. In diesem Jahre war es der Fall wieder; es regnete mitunter zwar etwas, allein bei dem rauhen trocknen Winde war der Erfolg des Regens in wenigen Stunden nicht mehr bemerk­bar. Eine andre gemeine Beobachtung, so hier von je her gemacht wurde, besteht darin, dass die einmal entwickelte Seuche dann sich vermehre und verschlimmere, grössern Umfang gewinne, wenn die trockne Witterung von Regenwetter unterbrochen wird. Heute regnet es. Morgen früh hat man viele Kranke, diese Rede ist zum Sprüchwort geworden. Allein geschieht diese Unterbrechung nicht, so sistirt sich die Seuchekrankheit auf 8 bis 14 Tage, so dass während dieser Zeit kaum eins oder das andre Stück erkrankt. Allein so sehr feuchte Witterung ihr Vorschub leistet, so sicher wird sie dann durch die Kälte beschränkt und zuletzt ganz unterdrückt. — Der Markt­flecken Mittewald unterhält seinen reichhaltigen Viehstand mit noch vie­lem auswärtigen Vieh auf 6 bis 8 Alpen den Sommer über in verschiedenen Abtheilungen und Heerdcn; unter 5 derselben brach die Seuche aus, schlich aber langsam und tükisch wie ein Schelm umher. Sie griff sowohl die Pferde, als das Rindvieh an, am meisten aber die Kühe. Da auf den Alpen die Hülfe, wegen zu weiter Entfernung, nicht gleich vorhanden sein konnte, so mussten natürlich viele Stücke zu Grunde gehen, die sonst hätten kön­nen gerettet werden. — Bei 63 Rindern, denen Präservando Ader gelas­sen worden war, zeigte sich das Blut zum Theil wie hei ganz gesunden Stücken, zum Theil wie bei jenen, so schon wirklich erkrankt sind. Es scheint also die Anlage zur Seuche ganz aus der Beschaffenheit des Bluts zn resultiren. Ein Brandmetzger, der alle verdächtigen Thiere das Jahr über zum Schlachten erhält, gab mir folgendes Resultat aus seinen Beobachtungen über diese Thiere: Alle Jahre erhält er im Sommer 7 bis 8 Stück, welche in den Eingeweiden Brand der Milz in Verbindung mit andern Theilen, aber selten den gelben Schelm zn Tage legen; häufig findet er auch Brand­flecken in den Lungen. Im Herbste bekommt er selten ein Stück, und wenn
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er auch eins bekommt, so sind nie Spuren von Milzbrand zugegen, sondern die Lunge ist gewöhnlich welk und blass. Im Winter bekommt er gewöhn­lich 3 bis 4 Stück, wo die Lungen ganz gesund, die Milz aber mehr oder weniger brandig ist. Im Frühjahr erhält er 3—4 Stück, welche wegen Blut­harnen in Gefahr waren, und wieder 3—4, welche matt und schiebend sind; im Innern zeigen diese allemal Milzbrand, je zuweilen auch den gelben Schelm d. h. ein Extrarasat von gelbem Wasser in das Zellgewebe.quot;
Würtcmberg.
Die Geschichte der Epizootieen sowohl als die Regierungs-Verordnungen zeigen, dass Milzbrand, wie überall, auch in Würtemberg, namentlich im Donauthal und im Ncckarthal Torkömrat; es sind mir aber keine Nachrichten bekannt, aus denen sich entnehmen Hesse, dass der Milzbrand irgendwo be­sonders enzootisch vorkäme.
Baden.
Hier ist der Milzbrand als enzootisch zu betrachten und kömmt jährlich vor in nicht wenigen Orten des Rheinthals, besonders um Breisach, Rastatt, Philippsburg u. s. w., sowie auf der andern Rheinseite, in Rheinbaiern, wo er indessen auch weiter im Lande, z. B. um Landau, vorkömmt. In al­len diesen Gegenden sind bekanntlich auch Wechselfi eher endemisch. Dass also Malaria hier vorhanden ist, leidet keinen Zweifel. Tscheulin (N. 129. S. 49) hat die topographische Beschreibung eines Ortes gegeben, wo er den Milzbrand oft ausgebreitet beobachtete; ihm gleichen dort sehr viele.
„Knielingen liegt eine halbe Stunde östlich vom Rheine, '/j Stunde von Carlsruhe, 5 Stunden nördlich von Rastatt. Der Ort liegt ungefähr in der Mitte der Gemarkung, welche beträchtlich ist und in zwei gleiche Theile getheilt werden kann, die eine Hälfte besteht aus lauter Sandfeld, und ist desswegen nicht sonderlich fruchtbar, doch wird dieses Feld mit grossem Fleisse benutzt, und nebst dem Korn, Gersten, Welschkorn, Kartoffeln, Rüben, Hanf, wird etwas Krapp, Flachs, Tabak u. s. w. gebaut, besonders wird viel ewiger und rother Klee gebaut. Die andre Hälfte dieser Gemarkung besteht aus dem sogenannten Damfeld, dieses kann wieder eingetheilt werden in 1) Ackerfeld 2) natürliche Wiesen 3) Weiden und 4) Waldungenquot;.
„Dieses Damfeld ist von guter Beschaffenheit, hat fruchtbares Erdreich, nur schade, dass es so oft den Ueherschwemmungen ausgesetzt ist. Der Canal, welcher neben der schönen Strasse von Durlach nach Carlsruhe und von da durch das Feld bis nach Knielingen sich hinzieht, verbindet sich bei diesem Ort mit der Alb, sie fliessen gemeinschaftlich durch das Damfeld und ergies-sen sich 3/i Stunden unterhalb des Dorfes in den Rhein; die Ufer der Alb wie des Rheins sind mit guten Dämmen versehen, aber wenn diese Wasser gross werden, so übersteigen sie diese, und das Feld wird überschwemmt,
Hcuslngcr, MiUlraiid.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; jy
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Relist der untere Theil des Orts wird oft so unter Wasser gesetzt, dass die Bewohner flüchten nifissen. Das Damackerfeld nimmt die erhabensten Stellen ein, ist sehr fruchtbar und bringt nebst den beim Sandfeld erwähnten Er­zeugnissen noch Dinkel, Weizen und Rüben hervorquot;.
„Die besten natürlichen Wiesen liegen gegen den Rhein zu, die mittel-mässigen und schlechten haben ihre Lage in der Nähe der Alb und der Weide; auf ihnen wachsen mittelmässige und auch ganz schlechte Futter­pflanzen ; wegen denen vielen Quellen und Sümpfen, die sich darauf befinden, sind die Gräser grobhalmig oder gar Schilfpflanzenquot;.
„Die beträchtlichen Weiden liegen sämmtlich sehr tief und können mit keinen guten Abzugsgräben versehen werden, auf ihnen befinden sich hin und wieder feuchte Waldungen, Sümpfe und stehende Wasser, welche sie ungesund machen. Die Beschaffenheit dieser Weiden, die schädliche Ausdün­stung, die Sümpfe und Waldungen , sowie die häufigen Ueberachwemmungen, machen sie oft wirklich ungesund. Zu Zeiten wird das Vieh auch Nachts auf diese Weide gelassenquot;.
Im Jahre 1807 allein erkrankten in diesem Dorfe 200 Pferde , Rinder und Schweine am Milzbrande.
Hessen. Nassau.
Im Rheinthale inStarkenburg und Rheinhessen mag der Milzbrand wohl etwas seltner sein als oberhalb, er kömmt vor und oft um Gernsheim, Worms u. s. w., nähere Nachrichten über ihn in diesen Gegenden besitze ich nicht.
In Niederhessen kömmt er nicht so selten, doch einzeln, so viel mir bekannt, nirgends ausgebreitet im Werrathale, von Creuzburg bis Münden, an verschiedenen Orten vor. Auch an andern Orten dieser Provinz erscheint er wohl wie überall, aber, so viel ich weiss, nirgends enzootisch.
Die mehrsten Kreise der kurhessischen Provinz Oberhessen sehen auch nur einzelne Fälle von Milzbrand; dagegen beginnt bei Marburg ein Milzbranddistrikt, der den verderblichsten Verheerungen ausgesetzt ist, und welcher eben so bekannt sein würde wie der niedersächsische, dem er schwer­lich nachsteht, wenn die Regierungen eben so aufmerksam gewesen, gebildete Thieräztc und Landwirlhe ihn eben so in das Auge gefasst hätten. Er er­streckt sich von der Gegend von Marburg bis in die Gegend von Aschaf­fe nburg, vom Fussc des Vogelsbergs zum Fusse des Taunus, setzt sich durch die Thäler der Nidda, der Kinzig und des Mains bis zum Rhein und von da in das Rheingau fort. Er enthält einen grossen Theil des Darmstädtischen Oberhessen, der Provinz Hanau, sowie baiersche, darmstädtische, frankfurtsche und nassauische Gebietsthcile. Vorzüglich wird das Rindvieh befallen, häufig aber auch Pferde, in einzelnen Jahren Schafe und Schweine in sehr grosser Anzahl; jedes Jahr wird eine Menge von Menschen inficirt, und Todesfälle sind nicht selten.
Der Anfangspunkt dieses Districts bei Marburg ist merkwürdig: Es slossen
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hier 3 Thäler zusammen, 1) Das 'Wettschafühal von West nach Ost verlaufen j, im bunten Sandstein liegend, enthält die Stadt Wetter und eine Anzahl Dör­fer, es ist nicht breit, die Berge, die es einfassen, aber auch nicht hoch, durch das ganze Thal llicsst ein kleiner FIuss, die Wettschaft, von wenig Fall, an seinem Ufer im Boden des Thals Wiesen mit Torfboden, nass und oft lange überschwemmt, aber auch wohl nie ganz austrocknend. In diesem Thale muss man den Petechialtyphus der Menschen als endemisch betrachten, jedes Jahr hömmt er mehr oder weniger vor, und von Zeit zu Zeit bildet er ausgebreitete Epidemien; Wechselfieber kommen aber nicht vor, und der Milzbrand ist unbekannt; ein Thierarzt, der dort 20 Jahre wohnte, hatte ihn nie gesehen (Bräune der Schweine und einzelne Fälle von Rose der Schafe können nicht hierher gerechnet werden); die gegenwärtigen Thicr-ärzte, die die Praxis dort haben, haben ihn gleichfalls niemals gesehen. — i) Vom östlichen Ende dieses Thals geht -fast im rechten Winkel das Mar­burger Lahnthal ab, welches von Nord nach Süd verläuft; in der obern Hälfte bestehen die Berge beider Seiten aus buntem Sandstein, weiter unten tritt auf der rechten Seite Grauwacke auf; die Lahn, die es durchströmt, ist hier ein heller klarer Bergstrom^ ihr Bette sandig und steinig, ihre Ueber-schwemmungen sind nicht bedeutend, und dei dem sandigen und leicht an­steigenden Boden von gar keiner Dauer; das Ackerland, an beiden Ufern sandig, im obersten Theil ärmer, im mittleren und untern humusreich und selbst sehr reich, aber doch durchlassend in grosse Tiefe, nur an wenigen Stellen mit Tfaonunterboden. Sümpfe und Teiche nirgends. In diesem Thale kömmt keine endemische Krankheit vor (Kropf in einem kleinen Dorfe abge­rechnet), es ist sehr gesund bis zum untern Ende, wo sich die Lahn nach Osten wendet. Auch in diesem Thale kömmt kein Milzbrand vor, in 20 Jahren weiss ich von keinem Falle in Marburg und allen Dörfern, ausgenommen das Dorf Cappel, eine Stunde unter Marburg. Hier bildet die Lahn ein paar Inseln, und unter dem Dorfe liegen, wenn auch in sehr kleinem Umfange, doch einige sumpfige Wiesen, auch findet sich eine kleine Strecke Thonunter-boden. Hier kamen vor 10 Jahren einmal in einem Stalle im Sommer 6 Fälle von Milzbrand vor, und im Herbst nach dem Weiden auf einer Lahninsel noch einmal ein paar Fälle. In diesem Jahre kam in diesem gelben Dorfe wieder Milzbrand bei 2 Pferden vor, die fielen; ein Mensch, der einem Pferde zur Ader gelassen hatte, wurde inficirt, und eine Heerde Gänse, die auf den Anger getrieben wurde, wo man dem Pferd zur Ader gelassen, krepirtc. Diese paar Fälle stehen hier vereinzelt. — Am obern nördlichen Ende unsres Lahnthals fliesst die von Osten kommende Ohm in die Lahn. Dieses etwa V.j Stunden lange untere Ohmthal verbindet hier das Lahnthal mit dem ihm parallel liegenden Ebsdorfer Grunde; die Ohm verursacht hier jährlich Ueber-schwemmungen, und die Wiesen an ihrem Ufer sind nass, hin und wieder etwas bruchig, die Bodenbeschaffenheit aber noch der des Lahnthals ähnlich.
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Hier kommen Lei den Menschen noch keine Wechselfieber vor, aber alljährlich einige Dysenterien, die in manchen Jahren häufiger; eben so hin und wieder Abdominaltyphen; die Kinder leiden viel an Scrofeln und Helminthiasis. — 3) Das Thal, dessen untern Theil man gewöhnlich als den Ebsdorfer Grund bezeichnet, liegt von Nord nach Süd gerichtet dem Marburger Lahnthal pa­rallel, ist aber grösstentheils etwas breiter und länger. Die Berge, welche die westliche Thalwand bilden und es vom Marburger Thale scheiden, bestehen ans buntem Sandstein, aus dem sich zwei Basaltkegel erheben; die Berge der östlichen Thalwand, welche man als den Fuss des Vogelsbergs betrachten kann, enthalten mehrere Basaltberge und einen Doleritrücken; aus dem oberen Theil des Thals erhebt sich ein Basaltberg, welcher das Städtchen Amoeneburg trägt: Nach Norden wird das Thal geschlossen durch Berge, die langsam zur Wasserscheide zwischen Ohm und Schwalm (Khein und Weser) auf­steigen, nach Süden durch die Hügelkette, welche den Vogelsberg mit dem Westerwalde verbindet. Durch den obern tiefen Theil des Thals fliesst von Osten nach Westen die vom Vogelsberg herabkommende Ohm, welche hier die Klein aufnimmt; beide Gebirgswässer haben einen sehr veränderlichen Wasser­stand, und hier sehr flache Ufer. Der mittlere Theil des Thals hat kein fliessendes Wasser, durch den untern fliesst ein kleiner Bach, der durch eine Schlucht in das Lahnthal tritt. Der Boden im obern Theil des Thals um die Ohm, ist sehr wechselnd, kleine Sandhügel, durchlassende flache Sandflächen, mit nicht durchlassendem Unterboden von Thon, Torfstrecken, noch ziemlich durchlassende Lchmstrecken und gar nicht durchlassende zähe schwere Thon-bodenstrecken, zwischen denen sich viele Gräben, Lachen, kleine Sümpfe be­finden , Ucberschwemmungen in weitem Umfange, in jedem Frühjahr und oft im Sommer. Im mittleren Theile wechseln höhere Stellen mit Sandboden, tiefere mit schwerem Thonboden und gegen die Ohm sehr fettem humusreichen Thonboden, und Torfwiesen. Im unteren Theile liegt ein grosses Lager reinen Thons, welches dann wenigstens den Unterboden bildet, an anderen Stellen mehr mit Sand gemischt ist. Die Viehtränken bestehen oft aus stehenden Tümpeln und Teichen. In diesem Thale liegen die Städtchen Kirchhain und Amoeneburg, die Flecken Schweinsberg und Ebsdorf, und eine Anzahl wohl­habender und selbst sehr wohlhabender Dörfer mit bedeutender, wenn auch mancher Verbesserungen fähiger Viehzucht, besonders Pferde-, Rindviehr- und Schweinezucht; für die Schafzucht ist die Gegend weniger geeignet, da an vielen Orten die Fäule häufig ist. Ruhren, Abdominaltyphen, Wurmsucht und Scrofeln unter den Menschen verhalten sich ohngefähr wie Im unteren Ohmthal, sind wohl um Kirchhain selbst noch etwas häufiger; Wechselfieber müssen im oberen Theile des Thals wohl endemisch genannt werden, sie sind zwar gutartig, auch nicht häufig, kommen aber doch in den mehrsten Orten jährlich vor, im untern Theil des Thals sind sie selten, im mittlern erschei­nen sie nur als seltene Ausnahmen. Im obern Theil des Thals längs der
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Ohm und Klein ist der Milzbrand vorzugsweise enzootisch, vorzüglich unter Rindvieh und Pferden, doch auch Schweinen, Schafen, Gänsen und anderem Geflfigel, ob auch primär unter den Menschen, soll später untersucht werden; aber Infectionen von Menschen kommen jedes Jahr vor, ich selbst habe solche in jedem Jahre zu behandeln, mehr aber die Aerzte in Kirchhain und Amoeneburg; die Verluste an Thieren sind in manchen Jahren sehr bedeutend; im mittleren und unteren Tbeile des Thaies ist er weniger häufig, doch sind noch in den letzten Jahren hier die Verluste an Schweinen sehr bedeutend gewesen, auch sind Infectionen von Menschen keineswegs so selten. Vorzüg­lich kömmt er auch hier im heissen Sommer vor, im Winter nur ausnahms­weise, und wie man allgemein glaubt, nach dem Verfüttern befallener Futterstoffe. Diese Befallungen sind aber hier sehr viel häufiger als im Lahn thai e.
Von diesem Thale östlich gegen Giesen hin folgt dilaquo; Bergkette zwischen Vogelsberg und Westerwald, wo der Milzbrand wohl nicht enzootisch vorkömmt.
Dagegen wird er häufig zwischen Giesen, Laubach, Lieh, Münzenberg, Biitzbach, und eigentlich enzootisch um Nauheim, Dorheim, Hungen, Nidda, Salzhausen bis nach Hanau hin; wie häufig er um Hanau vorkömmt, zeigen schon die Beobachtungen von Koppquot;); dass er von da den Main aufwärts bis Aschaffenburg vorkömmt, die von Kopp und von Höpfner; ebensohäufig ist er den Main abwärts nach Frankfurt und weiter abwärts, längs der Nidda nach Höchst und bis zur Mündung des Mains; dass er sich hier bis in die Thäler des Taunus aufwärts verbreitet, zeigen die Berichte Franques und Andrer, und längs des Rheins in das Rheingau. Wechselfieber sind auch hier seine Begleiter.
Westfalen.
Die Sanitätsberichte aus dem Freussischen Westfalen führen Milzbrand aus verschiedenen Gegenden an, und es lässt sich wohl vermuthen, dass er in einigen häufig seyn mag; allein ich kenne keine genaueren Darstellungen,
Niederrhein.
Steifensand**) hat eine Karte von der Verbreitung der Wechsel-fieber am Niederrhein gegeben; vergleicht man sie mit den vorliegenden Sa­nitätsberichten, so wird man leicht finden, dass man sie auch als eine Karte der Verbreitung des Milzbrands betrachten kann. Im Rheinthale von Cleve, Emmerich, Wesel, wo er häufig ist, aufwärts bis Cöln und Bonn, und wieder um Neuwied. Im Thale der Erft von Neuss und Grevenbroich aufwärts bis Euskirchen, wo er enzootisch ist. Im Thale der Roer aufwärts bis Düren und Gei-
•) S. N. 137. 138. 139 und im zweiten Abschn. p. 144. oraquo;) Steifensand. Das Malariasiechthum in den uiederrhei' niseben Landen, Crefeid 1818. ?raquo;
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lenkirchen, wo er enzootiich Ist. Wieder oben an der Sarre um Saarbrücken. Man wird einige Orte in der Eifel nur noch hinzuzufügen haben. Um sich von diesen Thatsachen zu überzeugen, darf man nur die Zusammenstellungen Mecke's im zweiten Abschnitt aus den Jahren 1835, 1837, 1838, 1839 mit der genannten Karte vergleichen. Häufig wird auch Sumpfwasser oder Sumpfluft beschuldigt. Sehr oft aber auch kranke Futterstoffe.
lieber einige der genannten Orte habe ich bereits früher Beobachtungen mitgetheilt. Ueber das enzootische Vorkommen des Milzbrandes an der S a a r e fehlen noch genügende Beobachtungen, wahrscheinlich hängt er von durch Bodenverhältnisse bedingter Malariabildung ab. Wechselfieber sind auch hier seine Begleiter. — Die Sanitätsberichte enthalten folgende Mit­theilungen, wo unter den wahrhaft schädlichen Einflüssen, die hinreichend be­zeichnet sind, offenbar auch nicht hierher gehörige angenommen werden: „Im Regierungsbezirke Trier wurde der Milzbrand seit August bis Mitte Novem­ber 1835 in mehreren Orten der Kreise Saarbrücken und Saarlouis beobachtet, und zwar, wie Kreisthierart Kautz ausdrücklich bemerkt, häufiger als in andern Jahren. In der Gemeinde Fürstenhausen konnte die Ursache nicht mit Bestimmtheit ermittelt werden. Alle trocknen Futtervorräthe wa­ren von guter Qualität. Die Thierc wurden mit Grfinfutter, welches theils auf den trocknen süssen, an der Saar oder in deren Nähe gelegenen Wiesen, theils auf den Dreischwiesen wuchs, fast ausschliesslich ernährt. Grössere Sümpfe oder sumpfige Wiesen und Weiden fehlen. Die Ställe sind im All­gemeinen enge, niedrig und dumpfig, das Vieh wird unreinlich gehalten und wird in den Ställen auch nicht hinreichend gestreut. Das Vieh wird in der Regel einzeln auf Kleeäckern, Grasgärten und Brachfeldern geweidet und später in die Wiesen getrieben. Das Land ist im Allgemein en flach und besteht aus einem fettigen Thonboden, auf dessen Ober­fläche das Wasser leicht stehen bleibt. Dieses Wasser ver­dunst et im Sommer und mag neben der grossen Hitze und Trockenheit, in Verbindung der schlechten Ställe u. s. w. zur Erzeugung des Milzbrandes beitragen. In den Gemeinden Gries-born, Ensdorf, Liesdorf und in Freumersdorf, Kreises Saarlouis, schienen wie­der andre Verhältnisse zur Entstehung des Milzbrandes beizutragen. In Grips-born ist das Vieh von kleinem Schlage, durchgängig mager, mehrcres sogar elend, wird in den kleinen engen dumpfigen Ställen unreinlich und schlecht gehalten. Vom Frühjahr bis in den späten Herbst wird das Vieh meistens auf der Weide oder mit Suchegras, Klee und andrem Grünfutler ernährt. Auf der trocknen hügeligen sandigen Weide verdorren die wenigen dort wachsenden Gräser im heissen Sommer und geben dem Thiere nur eine kärg­liche Nahrung. Dabei ist die Weide beständig der Sonnenhitze ausgesetzt, da schattige Plätze fehlen. Die Wiesen sind zum Theil niedrig, feucht, doch nicht eigentlich sumpfig. Das darauf wachsende Gras ist mit Riedgräsern
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und einigen Ranunkelarten untermischt, wird aber vom Vieh gern gefressen. Auf der Weide bekamen die Thiere kein andres Wasser als solches, welches aus den Dohlen eines alten K ohle n st ollen s floss, dabei aber sehr unrein und in Pfuhlen gesammelt wurde. Diese Pfuhle verdunsteten in diesem Sommer und gaben dem Vieh nicht hin­reichendes Wasser. Auch der Brunnen im Dorfe hatte verschlammtes und nicht hinreichendes Wasser. In Liesdorf und Ensdorf sind die äussern Ver­hältnisse, unter denen das Vieh lebt, ebenso wie in Griesborn, nur sind die Wiesen sauer moorig. In der Gemeinde Freumersdorf dagegen ist überall trockner, meistens sandiger Boden, die Wiesen liefern ein feines aro­matisches Futter. Das Vieh geht nur im Herbste auf die Weide und zwar in jene Wiesen; während des Sommers wird es einzeln auf Kleeäckern, Drieschstücken oder in Grasgärten geweidet, lieber die ursächlichen Verhält­nisse des Milzbrandes in Friesheim theilt Krcisthierarzt Schöngen Folgendes mit: Schon seit vielen Jahren hat diese verheerende Seuche in Friesheim un­ter dem Rindvieh gewüthet. Manche Hypothese ist über die Ursache davon aufgestellt und alle bisher angewandten Mittel, die Seuche zu tilgen, blieben ohne Erfolg. Ich selbst habe diese Krankheit in genanntem Dorfe schon seit zwei Jahren beobachtet, und glaube somit sagen zu dürfen, dass ich mit den Verhältnissen Friesheims ziemlich bekannt bin. Fs hat sich immer bestätigt gefunden, dass sich die Krankheit in Friesheim dann gezeigt hat, wenn wir grosse Hitze und Trockenheit oder presse Kälte (?) hatten. Als die erste und wichtigste Ursache betrachte ich das mangelhafte Tränken des Viehes. In dem nördlichen Theile von Friesheim, in dem sich die Krankheit immer zuerst gezeigt hat, ist kein einziger Brunnen. Mehrere Viehbesitzer haben einen Karren mit einem Wasserfasse und holen sich ihren täglichen Bedarf von Wasser aus dem im entgegengesetzten Theile des Ortes befindlichen Bache. Andre, welche nur ein oder ein paar Stück Vieh besitzen, holen ihren Was­serbedarf eimerweise und wieder andre beschränken sich auf die in der Nähe von ihren Häusern befindlichen Pfuhle, worin nur stinkendes und unreines Wasser, besond ers in der heis-sen Jahreszeit, vorhanden ist. Die Thiere bekommen daher nur nolh-dürftig Wasser. Im Winter gibt oft die Kälte Veranlassung, dass nicht ge­nug Wasser herbeigeschafft wird. Eine andre Ursache ist, wenn Vieh Ful-terkräuter geniesst, welche an denjenigen Stellen, wo das am Milzbrande um­gestandene Vieh begraben wurde, gewachsen sind. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass hierdurch die Seuche entsteht. Endlich sind die engen, un­reinen und sehr dunstigen Ställe und die hier gebräuchliche äusserst warme Fütterung zur Entstehung des Milzbrandes mitwirkend*).
*) Rhein. Sanit. Ber. 1835. p. 40.
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„Im Reg. Bez. Trier, wo der Milzbrand unter dem Rindvieh mehrerer Gemeinden der oberen Saargegend, namentlich in Ensdorf, Dillingen, Pachten, Volklingen seit einer Reihe von Jahren, wenigstens in einzelnen Fällen, zur Sommerzeit wiedergekehrt ist, zeigt er sich auch in diesem Jahre (1839). In der Gemeinde Pachten sind im 2. Semester 9 Stück Kflhe und Rinder, in dem benachbarten Dillingen eine Kuh, in Gütingen, Kreises Saar­brücken, ebenfalls eine Kuh, in Volklingen 2 Kühe gefallen *).quot;
„Im Jahre 1840 zeigte sich der Milzbrand in mehreren Orten der oberen Saargegend, wo die Seuche schon seit vielen Jahren einheimisch zu sein scheint. Ziemlich häufig war die Krankheit In den Dörfern Volklingen, He­dingen, Sischmisheim (Kr. Saarbrücken), Ensdorf und Berus (Kr. Saarlouis), mehr in einzelnen Fällen in den nahe liegenden Ortschaften Liesdorf, Dillin­gen und Pachten. In dem Dorfe Berus ist der Milzbrand bereits im Monate Januar beobachtet worden und es sind 8 junge Rinder daran gefallen. Der Ort Berus ist sehr hoch auf einem die ganze Gegend beherrschenden Sand­felsen gelegen und wird, vermöge dieser Lage, allgemein als gesund betrachtet. Bemerkenswerth ist es daher, dass gerade hier auf einmal und mitten im Winter eine Krankheit erscheint, die man gewohnt ist in Thälcrn, in von sumpfigen Wiesen umgebenen Dörfern während der grössten Sommerhitze entstehen zu sehen. Mangel an hinreichendem Trinkwasser, welches ausser-halb des Dorfs, tief am Abhänge des Bergs, mühsam genommen wird, und wohin auch das Vieh zur Tränke getrieben werden muss, wird hier als haupt­sächliche Ursache angeklagt**).quot;
„Häufig war der Milzbrand (im Jahr 1841) in der oberen Saargegend, wo er seit vielen Jahren schon einheimisch ist. Im Kreise Saarlouis in den Gemeinden Dillingen, Fachten und Holzweiler sind davon im 2. Quartale mehrere Kühe befallen worden. Im Kreise Saarbrücken kam der Milzbrand in sehr acuter Form zu Burbach, Volklingen und auf dem Kirschhofe vor und wurde tödtlich, ehe Hülfe zu^leisten möglich war. Dagegen befiel er in Gütingen und auf dem bayerischen Gute zu Hasel 3 Ochsen und 1 Kuh in der langsamer verlaufenden Form, der sogenannten Carbunkelkrankheit. Wäh­rend des 4. Quartals zeigte sich der Milzbrand beim Rindvieh zu Hasborn im Kreise Ottweiler, und in den Gemeinden Cöln, Sillersbach, Heusweiler, Güd-nigen, Arnual und Volklingen, Kreises Saarbrücken, mehr sporadisch. Nach dem Berichte des Kreisthierarztes Kautz befiel die Krankheit nur solche Thiere, welche während des Sommers und Herbstes sowohl im Stall, als auch auf der Weide genährt wurden. Der Depart. Thierarzt Fuchs bemerkt
raquo;*) Rhein. Sanit. Ber. J. 1889. p. 20. '***) Das. J. 1840. p. 20. Die angenommene Ursache ist nicht wahrschein­lich ; die Fälle im Winter sind gewöhnlich Folge von befallenem Futter oder von Infection.
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dazu Folgendes: Diese unter dem Namen Fink, böses Ding, wildes Feuer hier bekannte Krankheit kommt mehr oder weniger häufig jedes Jahr und fast ausschliesslich in den Kreisen Saarbrücken und Saarlouis vor. Sie scheint hier an Ortsverhältnisse gebunden zu sein und da sie fast immer in den mit vielen flachen und sumpfigen Wiesen umgebenen oder den U cbers c hwemmunge n ausgesetzten Gegenden zum Vorschein kommt, so scheint nebst einer eigenthümlichen Witterungs-constitution das aus den Sümpfen und vom stagnirenden faulen Wasser aus­dünstende Hydrogenium carbonatum wohl den grössten Aalheil an der Erzeu­gung derselben zu haben *).quot;
Holland.
Ganz gegen die gewöhnliche Angabe wird man Holland zu den Ländern rechnen müssen, wo der Milzbrand am allgemeinsten verbreitet ist. Er ist unter dem Namen Miltvuur oder Fenyn vorzüglich bekannt. Van Phel-s u m (N. 62) und Camper sagen, dass er in der Provinz Friesland sehr häufig sey. Die Berichte deutscher Aerzte an der Grenze erwähnen oft sein Vorkommen im benachbarten Holland. In der kurzen Zeit, wo dasNuman'-sche Magazin erschien, wird sein epizootisches Vorkommen oft erwähnt. Vorzüglich scheint er in den Polders zu Hause zu sein. Nähere Nachrich­ten über sein relativ häufigeres Vorkommen in der einen oder andern Gegend fehlen mir freilich.
lieber die Häufigkeit des Milzbrands in Friesland enthält Numans Schrift eine Mittheilung von Siheltema, die schon früher geäusserteMei­nungen über seine Ursache wiederholt: „Die Krankheit, welche man Ve-nijn nennt, ist fast nur zu Hause in den niedrigen torfigen Gegenden von Wijmbritseradeel. Sie erscheint daselbst nur in trocknen Sommern während der Monate August und September. Mehr als 2000 Stück Rindvieh fielen in diesen Gegenden während der Jahre 1782 und 1783**), mehr als 800 im Jahre 1799, in andern Jahren weniger, aber immer nach langen Trockenheiten und während derselben Monate. Nach meiner Ansicht wird die Krankheit durch die bituminöse Luft verursacht, welche aus den Spalten des durch die Sonne ausgetrockneten Bodens hervordringt. Diese Luft ist dem aus diesem Boden gewonnenen Torfe so eigen, dass ihn kein Bauer brennen mag. Man hört hier niemals etwas von dieser Krankheit, wenn der Sommer feucht ist, und sowie die Herbstregen anfangen, verschwindet sie aus den Lokalitäten, wo sie sich gezeigt hatte.quot;
„Im August 1822 wurde ich in dieser Beziehung von einem Bauer um
•) Rhein. San Ber. J. 1841. p. 34.
**) Dieselbe Epizootie, welche Camper beobachtet hat.
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Rath gefragt, bei dessen Nachbar die Krankheit erschienen war und schon 3 Opfer gefordert hatte: Ich rieth ihm, sein Vieh im Stalle zu halten und es mit im Frühjahre gemähtem Grase zu füttern; er that es und sein Vieh blieb gesund; als im Monat September etwas Regen gefallen war, Hess er es auf die Weide führen, denn nach dem Regen erschien die Krankheit nicht wieder. Ich suche die Ursache der Krankheit einzig und allein in den mephitischen gasösen Exhalationen des Bodens nach langer Trockenheitquot;. Numan macht hierzu folgende Bemerkungen: „Bei der Beobachtung, dass die Krankheit nicht eintrat unter Thieren, welche scparirt und mit im Frühjahre gemähtem Heu gefüttert wurden, könnte man vielleicht mit eben so viel und selbst mehr Grund annehmen, dass die Ursache darin lag, dass man sie dem schädlichen Einflüsse der Kräuter dieser Wiesen entzog. Es ist ausgemacht, dass in manchen Zeiten die Cryptogamen vorzugsweise sehr nachtheilig auf die Thiere wirken; wenn sie während dieser Zeiten von den Weiden entfernt gehalten werden, so werden sie nicht von dieser Krankheit befallen, wenn sich nicht die Cryptogamen ebenfalls unter dem Futter befin­den, welches ihnen in den Ställen gereicht wird. Auch können die gasösen Exhalationen des Bodens nicht die Schuld tragen in den Fällen, wo die Krankheit im Winter ausbricht, wenn die Thiere den Stall nicht verlassen, was nach der Mittheilung des Dr. Vitringa Coulon der Fall auch in Friesland gewesen ist*).quot;
Belgien.
Belgien wird nicht viel weniger von der Krankheit leiden, als Holland. Sie ist häufig in den mehrsten Gegenden Flanderns. Als ich dort im Jahr 1814 die erste Bekanntschaft mit dem Milzbrandcarbunkel des Menschen machte, fand ich bald, dass diese Krankheit den Aerzten in Briigge und Gent eben so bekannt war, wie sie mir, der ich noch nie in einem Milzbrand-lande gelebt hatte, neu war. Sie ist auch im Hennegau nicht selten, und häufig im ganzen Maasthale vom Limburgischen durch das Lüttichsche.
Wie verbreitet die unter den Namen des Feuers und des Hinterbrands bekannten Formen des Milzbrands der Schweine in der Gegend von Alost z. B. sind, zeigt ein Commissionsbericht aus den Jahren 1820 und 1831: „Es scheint durch alle von uns eingezogenen Nachrichten erwiesen, dass die Krankheit, welche wir beauftragt waren zu untersuchen, in der von uns be­suchten Gegend enzootisch ist, und vorzugsweise in der Gemeinde Ideghem und den ihr benachbarten. — Die Bürgermeister und mehrere Einwohner haben uns die bestimmtesten Nachweisungen gegeben, dass in den 20 bis 25 letzten Jahren, über welche sich ihre Erinnerungen erstrecken, jedes Jahr
deg;) Numan prlaquo;pri6t£8 ruisibles des fourrages p. 79.
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eine grössere oder kleinere Anzahl Schweine unter ähnlichen Umständen trie gegenwärtig krepirt sind. Die Krankheit zeigt sich zu verschiedenen leiten zwischen dem Anfang des Frühjahrs und der Mitte des Herbstes; gewöhnlich beschränkt sie sich darauf, hin und wieder einige Schweine weg-zarafTeU; aber zuweilen, wie gegenwärtig, reibt sie bis den vierten Theil der Schweine einer oder mehrerer Gemeinden auf; eine Gemeinde, die ein oder zwei Jahre verschont war, erleidet dann in einem folgenden sehr grosse Verheerungen, und eine in diesem Jahre inficirte Gemeinde ist im folgenden wieder frei*).quot;
Aus dem Distrikt Verviers im Lfitticbschen berichtet Wa ge Im ans: „In dem Distrikt Verviers, der eine so glückliche geographische Lage hat, und so gerühmt ist wegen der Gesundheit seiner Luft und seiner Fruchtbar­keit an Nahrungsproduklen aller Art, esistirt seit vielen Jahren oder viel­mehr seit Menschengedenken eine ganz eigenthümliche Krankheit des Rind­viehs; sie ist in dem Lande bekannt unter den Namen le mauvais feu, feu volant, feu de saint Antoine; die Abergläubischen betrachten sie als eine Hexerei, als Folge eines übernatürlichen Einflusses u. dgl. Seit den II Jahren, die ich als Thierarzt in dieser Gegend gelebt habe, hat diese Krankheit vieles Vieh getödtet in den Gemeinden Clermont, Henri-Chapelle, Boelen, Dison, Herve und andern; es giebt am Ende keine Gemeinde, die nicht in jedem Jahre bedeutende Verluste erlitten haben sollte; indessen werden manche vor andern heimgesucht, dahin gehört Clermont und seine gesammten Umgebungen.quot; Es folgt eine Anzahl einzelner Beobachtungen, die angeführten Symptome und Leichenöffnungen beweisen hinreichend den Charakter der Krankheit; es scheint besonders häufig Lungenbrand vorzukom­men. Nu man theilt noch einige Rapporte aus andern Gegenden des Lüt-tichschen mit: , In der Gemeinde Glons z. B fielen vom 9. Dec. 1826 bis 25. Nov. 1828 allein 2 Pferde, 21 Rinder und 112 Schafe. — In der Pro­vinz Limburg herrscht sie noch allgemeiner, in i'en Gemeinden Millen, Riempst und Herderen fielen in den Jahren 1826—1828 161 Pferde, 303 Rinder und 875 Schaft. *#9830;).quot;
Gro s sbrittanien. Aus alten Zeiten haben wir Nachrichten über Milzbrandepizootien in England; in* neuern Zeiten ist aber bei den englischen Schriftstellern merk­würdig wenig die Rede vom Milzbrand. Unter den Pferden mag er entschie­den seltener sein als in andern Ländern. Schon der alte Bartlet sagt, indem er vom Avant-coeur (anticor) der Franzosen spricht: „Das anti-cor ist eine unter den englischen Pferden nicht häufige Krankheit, dagegen
•) N. 191, p. 85. raquo;•) Numan a. a. 0. S 23.
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sprechen besonders die französischen, spanischen und italienischen Amte von ihr*)quot; u.s.w. Ein neuer Schriftsteller, der ex professo vom Milzbrand han­delt, hat offenbar äusserst wenig eigene Kenntniss von demselben, und schil­dert ihn nach auswärtigen Aerzten; er meint: „Diese Krankheit ist häufig in heissen Climaten, und ich habe Ursache zu glauben, dass sie in den Tro-penländern sehr allgemein herrscht, sie ist aber in nördlicheren Breiten nicht unbekannt; was man in England beim Rindvieh the black quar­ter nennt, ist wahrer Charbon; Blain oder Glossanthrax ist eine an­dere Form, die sich nur durch den Sitz unterscheidet. Dann und wann kommen in kalten Ländern auch bei andern Thieren Fälle der Krankheit vor, aber dieselbe nimmt nicht dieselbe Form an und ist nicht so häufig wie in heissen Climaten **quot;)quot; u. s. w.
Indessen die allzugrosse Seltenheit ist doch nur scheinbar und rührt von der Unbekanntschaft der englischen Thierärzte mit den Milzbrandkrank­heiten her; man findet bald, dass manche Milzbrandformen des Rindviehs und der Schafe besonders im nördlichen England und in Schottland nicht selten sind.
Die Unbekanntschaft mit der Krankheit zeigt gleich eine Abhandlung in der eben angeführten englischen Gesellschaftsschrift, wo drei Veterinär­ärzte den Milzbrand beschreiben, der bei 14 Kühen ausbrach, von denen 8 fielen, ohne ihn zu kennen™). — Dasselbe ergibt sich aus Youatt's Beschreibung, die sehr gut, aber unter dem Namen des Entzündungsfiebers oder des Flugs gegeben ist, und man sieht daraus wohl, dass sie nicht so sehr selten vorkömmt: „Sie ist zuweilen epidemisch, das heisst, das Rind­vieh eines ganzen Distrikts wird auf einmal reissend schnell davon befallen. Anfänglich beobachtet man hier und da Entzündungen unter dem Vieh, oder wenigstens eine Neigung dazu, plötzlich aber wird durch irgend eine Wit­terungsveränderung oder einen eigenthümlichen Zustand der Atmosphäre diese Disposition gesteigert und es entwickelt sich Milzbrand, welcher das Rindvieh
des ganzen Distrikts angreift......Am meisten zu fürchten ist die rasche
Zunahme der Empfindlichkeit und Schwäche im Kreuz und Rücken. Kom­men noch Anschwellungen auf den Schultern, dem Rücken und den Hüften dazu, die ein eigenthümliches knisterndes Geräusch hören lassen, wie wenn Luft im Zellgewebe entbunden würde, so hat die Krankheit einen hohen Grad erreicht. Noch schlimmer steht es, wenn plötzlich hatte, lederartige Flecken wie von abgestorbener Haut erscheinen; es ist dieses eine Art von
•) The Gentlemans Farriery 1788. p.323. *•) W. Ernes. On Charbon. Veterin. Records. I. p. 309. 'quot;) An account of a singular disease, principally affecting the spleen of Cows. Daselbst p. 12 9.
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trockenem Brande, der unbegreiflich schnell um sich greift....... Obgleich
sich der Flug nicht blos auf junges Vieh beschränkt, so ist er doch am häufigsten unter demselben. Er erscheint besonders im Frühjahr und Herbste. Auf magerem Grunde weiss man nichts davon. Epidemisch wird er nur, wenn die Constitution der Thiere, sei es durch die Jahreszeit, oder veil der Viehhalter das Gute übertreibt, für entzündliche Krankheiten besonders em­pfänglich ist (?).....Wenn der Anfang des Frühlings kalt und unfreund­lich war und dann plötzlich warmes Wetter eintritt, so ist nichts gewöhnli­cher als dass der Flug eintritt. Aber der Wechsel der Temperatur oder an­derer Eigenschaften der Atmosphäre bedingen sein Erscheinen nur mittelbar, die plötzliche Vermehrung der Nahrung richtet das Unglück an (??) .... Ein Mann, der mit einer grossen Strecke Landes, welches durch Trockenlegen des Sees, der sich von Warnham gegen Foole hinab­zieht, gewonnen worden war, und das er einzäunte, sehr glücklich speculirte, richtete sich eine Melkerei von 30 Kühen aus Suffolk ein. Sie kamen in den ersten Tagen des Frühlings an, wurden reichlich mit Rüben gefüttert, und sobald es thunlich war, auf diese frische und üppige Weide getrieben, aber innerhalb weniger als 3 Monaten fielen 12 von ihnen. . .
Auf magere hochgelegene Weide verpflanzt starb keine weiter*)quot;......
„Diese Krankheit war fiüher in Kaithness und in vielen Thälern des Hoch­landes sehr häufig und wurde dort die schnelle (hasty) genannt. Man schrieb sie den zahlreichen Sträuchern zu, die auf manchen der wilden Weiden wuchsen und die Sonne hinderten auf das rauhe Gras zu wirken, bis es eine ungeheure Höhe erreichte; mit Einführung einer verbesserten Landwirthschaft seien diese Gesträucher ausgehauen, das Kräuterwerk sei viel milder und gesunder geworden, und die Krankheit selten mehr erschienen. Dies ist aber mit grösserer Wahrscheinlichkeit den Verbesserungen in der allgemeinen Behandlung des Rindviehs und den gründlicheren Kennntnissen von seiner Constitution und seinen Krankheiten zuzuschreiben**).quot;
An einer andern Stelle spricht Youatt vom Glossanthrax, den er aber auch nur als Entzündung zu betrachten weiss. Man möchte wohl glau­ben, dass diese Form in England häufiger sey, als bei uns, wo sie in neuern Zeiten äusserst selten ist: „Es wird bisweilen behauptet, dass sie in niedrigen, sumpfigen Gegenden häufiger vorkomme, als in andern, dass sie gern solche Thiere befalle, welche vorher schlecht gehalten, plötzlich auf gute Weide gebracht worden seyen, ferner, dass sich das Uebel im Frühling und Herbst häufiger als im Sommer oder Winter einstelle. Wir
•) Das Rindvieh. S. 402.
*•) S. 411. — Die Meinung des Volks ist wohl die richtige. — Kaith­ness ist übrigens die nördlichste Grafschaft Schottlands uud besteht grössteutheils aus Torfmooren!
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ziehen dieses sehr in Zweifel, denn wir haben den Zungenkrebs schon 111 allen Jahrszeiten und unter allen Umständen beobachtet; hei Kühen in den Melkereien der Hauptstadt, sowohl bei neugekauften, als solchen, die schon längst eingewöhnt waren, bei Stallfütterung eben so, wie bei Weidegang. Dass viele Thiere zu gleicher Zeit befallen werden, die Krankheit sich über einen ganzen Landstrich ausdehnt, und in den Melkereien in den Städten eben so stark um sich greift, als auf dem Lande, dass sie also einen seu-chenhaften Charakter annimmt, kommt gewöhnlich nur im Frühlinge oder Herbste vorquot;*).
Nach Youatt ist der Milzbrand auch sehr häufig in Galloway (S. 185). Das Clima scheint feucht und wechselnd zu sein. — Dagegen bemerkt derselbe von Northampton: „Ein ausgezeichneter Viehzüchter hat die Bemerkung gemacht, dass das fliegende Feuer (eine Milzbrandform) in dieser Grafschaft selten unter dem Sdimalvich vorkommt. Wenn es laquo;ahr ist, so ist es ein wichtiger Umstand, denn es findet hier nichts Eigenthüm-liches in der Behandlung des Rindviehs statt, und es schiene fast, dass diese Krankheit gewissermassen mit dem Clima oder dem Boden und seinen Erzeugnissen im Zusammenhange stehe. Beobachtungen über den Boden und die Produkte von Distrikten, wo dieses Uebel entweder sehr häufig oder aber selten vorkömmt, möchten zu wichtigen Aufschlüssen über die Ursache dieser so schlimmen Krankheit fähren. Der Boden von Northamptonshire ist theils kalter Thonboden, theils rother Lehm. Auf rothem Lehmboden, welcher für den Rübenbau geeignet ist, hat man allgemein die Stallfüttc-rung mit Rüben und Wiesenheu eingeführt'raquo; (S. 236).
Die Häufigkeit des Hinterbrands in den Hochlanden Schottlands wird bereits von Walker erwähnt: „Der Hinterbrand (the black leg or black spauld) herrscht in einiger Ausdehnung in den mehrsten Gegen­den der Hochlande; die Krankheit ergreift gewöhnlich nur eine der Extremi­täten, meistens eine hintere; diese schwillt nicht an, aber die Kuh oder der Ochs wird ganz lahm, und das Bein hat das Ansehen, als wäre es vom Schlage gerührt. Wenn das Thier gestorben ist, so findet man das Fleisch des Beins von blauer oder schwarzer Farbe, und weniger fest als das Mus­kelfleisch der übrigen Beine. Besonders wird das junge Vieh ergriffenquot;**).
Am häufigsten leiden aber wohl in Schottland die Schafe vom Milzbrand, der dort gewöhnlich unter dem Namen the trembles bekannt ist. Man kann sich darüber nicht wundern bei den häufigen Mooren, dem feuchten
•) S. 368. Die erste Meinung wird auch die richtige sein, und trotz der richtigen Beschreibung vermengt Youatt am Ende doch Maulseuche mit dem Glossanthrax. ••) J. Walker. History of the Hebrides. II. p.63.
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Climlaquo;, den häufigen Befallungen der Pflanzen. Schon Sinclair erwähnt diese Krankheiten; nach Youatt sterben in jedem Jahre tausende von Scha­fen am Milzbrand.
Frankreich.
Das nördliche Frankreich hat freilich auch einzelne Gegenden, wo Milz­brand Torkömmt, allein aus^ebreitetere Milzbrandenzootien sind hier nicht zu Hause; dagegen ist ein grosser Theil des südlichen Frankreichs von alten Zeiten her der Schauplatz der mörderischsten Milzbrandformen, ja der Heerd, Ton dem die ausgebreitetsten Milzbrandepizootien Europas ausgegangen sind.
Fodere, das Elsass bewohnend und gut kennend, meint, dass der Milzbrand sehr selten in den so oft überschwemmten Ebenen des Niederel-sass vorkomme; indessen ist er in der That nicht so selten in den Thälern der III und des Rheins (wo auch Wechselfieber herrschen), aber auch am Fusse der Vogesen; so erwähnt ihn Meyer als häufig in der Gegend von Ehnheim: „An einigen Orten, wie auch gegen die Ehn und den Bühl zu, besteht der Boden aus grauem Lettenboden mit seinen Verhärtungen bis zum Wasserkalk; unter dieser Schicht folgt gewöhnlich eine mehr oder .min­der dichtere Lage von weissgrauem Letten, in welchen oft grasse Sandsleine versenkt sind. Ein mit Kies, Lehm und Dammerde verschiedenes Gemeng bildet die obere Decke des Bodens. Dieser Theil des Banns, welcher von Urlissenholz herüber, gegen die kleine Au und die Ehn sich erstreckt, ist für die Vegetation und die thierische Lebenserhaltung die minder gesun­deste, indem der Boden das Wasser lange behält, und ihn an einigen Stel­len sumpfig macht. Daher die Verminderung der Qualität und der Quantität des Futters jener Wiesen, daher das langsamere Wachsthum jener Felder und Beben, daher die nicht seltenen Krankheiten der Kühe, die mebtens dort zur Weide gehen, und sich oft durch faule und brandige Lungen- und Milzentzündungen unter der Heerde aussprechen..... In einer Nachbarge­meinde wurde voriges Jahr (Mai 1839) ein Ochs, der Tags zuvor sich dem Anscheine nach ganz gesund befand, Morgens vom Milzbrande befallen, gegen Mittag erklärte der berufene Thierarzt denselben dafür, und erstach ihn einige Stunden darauf nach fruchtlos angewandten Mitteln. Die beiden Män­ner, welche das Fell desselben abzogen und ihn in grosse Stücke zerlegten, wurden in einigen Tagen darauf an Händen und Armen von der Brandbeule ergriffen, der eine wurde gefährlich krank davon, und Hess während einiger Tage für sein Leben fürchten. In einer andern Gemeinde, zu Innenheim, bekam eine junge Wittwe im Juni desselben Jahres eine Brandbeule mit starker rothlaufartiger Entzündung und Geschwulst am ganzen Arme, und mit adynamischem Fieber begleitet, weil sie von einer Kuh Fleisch ass und Brühe trank, die von der dort herrschenden Milzkrankheit angesteckt ge­schlachtet wurde. Sie betheuerte zu wiederholten Malen, weder mit diesem
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noch mit einem andern kranken Rinde in unmittelbare Berührung gckommeh zu sein. Da wegen des Weidgangs und der schlechten Fütterung an dem Hornvieh diese Krankheit in einigen unsrer Landgemeinden sich sehr oft äussert... so sollte . . . .quot;*).
Ganz auf ähnliche Art kömmt sie in Tcrschiedcnen Gegenden von Lothringen vor, z. B. an der Sarre, Seille, Mosel, besonders an der Maas um Verdun; aus der Gegend von Stenay und Montmedy sind mir selbst Infectionen von Menschen bekannt.— Um Toul nennt ihn Cuynat sehr gemein bei Pferden, Schafen und Schweinen**). Wechselfieber kommen zugleich vor. — Ein merkwürdiges periodisches Vorkommen des Milzbrandes im Departement der Meurthe, an dem Teiche de l'Indre basse, zugleich mit Wechselfiebern beschreibt Ancelon: „Wenn der Teich zwei Jahre lang mit Wasser gefüllt gewesen ist, so leert man ihn im Herbste langsam aus, fischt ihn, und lässt ihn dann im Winter aus­trocknen, um ihn im folgenden Frühjahre zum Ackerbau zu benutzen. Die Pflugschaar, welche im März und April diesen Schlammboden aufreisst, be­reitet uns für den Sommer, besonders wenn er heiss ist, eine reiche Ernte von Carbunkelkrankheitcn. Für diese Krankheiten ist nicht das Dorf Guermange, von wo die Typhoidficber ausgehen, nicht das kleine Dorf Indre - Basse, wo die Wechselfieber beginnen, der Ausgangspunkt, wo wir die ersten Fälle von Carbunkel beobachten, es ist im Gegeutheil ein ziem­lich hoch über dem Teiche liegender Punkt. In einer der südlichen Win­dungen des Teichs liegt ein ziemlich grosser, eine Halbinsel bildender Hügel, auf welchem das Dorf Tarquimpol erbaut ist, hier liegt in jedem dritten Jahre der Ausgangspunkt unsrer Carbunkelkrankheitcn. Es scheint, dass die hohe Temperatur der Monate Juli, August und zuweilen September, allein die Entwickelung und Wirkung des Milzbrand-Miasmas begünstigt, wir haben nicht bemerkt, dass es, wenigstens auf eine allgemeine Weise, in den übrigen Monaten des Jahres wirksam ist. — Aus dem Vorausgehenden kann man den Schluss ziehen, dass eine auffallende Analogie zwischen den Wechselfiebern, dem Typhoidficber und den Carbunkelkrank­heitcn existirt, dass sie von ein und derselben Ursache, dem Sumpfmiasma, abhängen^ welches ohne Unterbrechung wirkend nach seiner Intensität, nach den Jahrszeiten, nach dem hygrometrischen Zustande der Luft, Wechsel­fieber, Typhoid oder Carbunkel erzeugt. Es ist aber zu bemerken, dass das Miasma in seiner Wirkung genau der Periodicität der Bcwirthschaftung des Teichs de l'Indre-Basse folgt***).
raquo;) J. Ph. Meyer. Oberehnheim etc p. 50. p. 115. — Andre Beobach­tungen aus dem Elsass (Schlettstadt) s. in N, 275. •) Kec. de Med. mil. Vol. XI. p. 66. *) Comptes rendns de l'Acad. Sc. Vol. XXI. p. 158.
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Eben so kömmt der Milzbrand nicht selten in französisch KI h n-dern*) vor, und an den Küsten der Norman die. Ehen so in der Pi­ca r d i e, besonders an der Aisne. Aus der B a s s c - 6 r e t n g n e ist er als enzootisch unter dem Jahre 1837 im zweiten Abschnitte erwähnt worden **).
Doch in allen diesen Gegenden nicht als ausgebreitetere Enzootie. Mehr ist dieses schon der Fall in der Champagne und Isle de France.
Champagne.
Hier hat bereits Chabert ausgebreitetere Epizootien unter mehreren Thiergattungen inMontmirail, Maubert-Fontaine, Villeguy u.s.w. beschrieben**'): „Am Ende des Sommers 1780 behandelte Herr Lau-zeral in den Gemeinden Puicolet und Montmirail den Milzbrand, der unter Pferden, Ochsen, Maulthieren und Eseln herrschte. Derselbe bemerkt, dass diese Krankheit als enzootisch in diesen beiden Gemeinden zu betrachten ist, in denen sie alle Jahre um dieselbe Zeit erscheint, und bedeutende Verluste herbeiführt. 196 Thiere waren bei seiner Ankunft bereits gefallen, 132 heilte er, und 140 wurden präservirt. Dass in diesem Jahre die Krankheit noch heftiger war, leitete er von der Hitze des Sommers ab und der aus-serordentlichen Trockenheit der Weiden; diese waren in diesem Jahre über­schwemmt worden, so dass sie nicht allein verdorrt, sondern auch ver­schlammt und mit todten lasecten bedeckt waren. Zum Getränk hatten über-diess die Thiere nur das Wasser sumpfigter Tümpel oder von grossen Gräben, welche die von den Tümpeln entfernten Pächter bei ihren Höfen gegraben hatten, um das Regenwasser zu sammeln; diese stehenden Wasser, durch die beständige Verdunstung verdickt, waren höchst übelriechend, die der Tümpel durch den Hanf, den man in ihnen röstete, und die der Gräben durch den Abfluss aus den Dfingerhaufen, und viele andre Unreinigkeitenquot;.
Dieselbe Krankheit, welche in Niedersachsen und Schlesien unter dem Namen Milzblut oder Blutschlag der Schafe bekannt ist, und dort als eine Form des Milzbrands mit Recht anerkannt, und von uns als solche oben auf­geführt worden ist, kömmt in Frankreich vorzüglich in der Beauce vor und ist dort von Herrn Delafond, wie wir weiter unten sehen werden, als gänzlich verschieden vom Milzbrand dargestellt worden; auch in der Cham­pagne ist dieselbe enzootisch und Herr Char Her aus Beims hat in N. 322 ganz Herrn Delafond beigestimmt. Die Gründe, die uns be-stimmen, die Krankheit allerdings für eine Milzbrandform zu halten, wer-
•) lieber sein enzootisebea Vorkommen an mehreren Orten des Departe­ments du Nord s. de Smyttere, Topographie de Cassel, p. 319. 323.
••) Vergl. N. 312.
quot;•) Instructions etc. Vol. I. p. 191. p. 199. p.20O. Hentinier, Milibrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ig
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den wir in einem der nächsten Abschnitte beibringen, und dann auch Herrn Charliers Beschreibung miltheilen, wohin wir hier verweisen müssen.
Ein Hauptgrund für Herrn C h a r 1 i e r, die Krankheit vom Milzbrand zu unterscheiden, ist ihre von ihm behauptete Nichtcontagiosität! Es hüben ja nun Thierärzte genug, gestützt auf zahlreiche, wenn gleich ungenügende, Beobachtungen, die Nichtcontagiosität des Milzbrands behauptet, und es wäre schlimm, wenn nicht in sehr vielen, ja in den meisten Fällen, keine Infection der Menschen erfolgte; in der Gegend des Referenten ist über­haupt die Infection durch Schafe constant weniger zu fürchten als die durch Pferde und Ochsen; übrigens würde es mit unsrer Ansicht von dem Wesen dieser Form übereinstimmen, wenn sie weniger ansteckend wäre als andre. Uebrigens theilt H. Char Her selbst einen Fall mit, wo ein Schäfer, nach der Behauptung eines Arztes, vom Milzbrandcarbunkel im Gesicht inficirt wurde und daran starb; H. Ch. leugnet zwar das Factum, aber offenbar ohne genügende Gründe.
Bei der Ueberzeugung, die Herr Charlier hat, dass die eigentliche Ursache der Krankheit der Thiere in Uebernährung und Plethora liegt, ver­säumt er die Einflüsse mitzutheilen, in denen wir die Ursache finden wür­den, und wir ersehen also nur, dass die Krankheit in mehreren Gegenden der Champagne sehr häufig ist. Folgende Bemerkungen stimmen übrigens mit unsern Erfahrungen in Deutschland fiberein:
„Wenn die Blutseuche in einer Heerde herrscht, so befällt sie vorzugs­weise die Jährlinge und die zweijährigen Lämmer, die in der Regel die bestgenährten der Heerde sind, die drei- und vierjährigen Hammel; unter allen wählt sie die schönsten Thiere, die welche sich gut füttern. — Die hochträchtigen Schafe sind oft ein Opfer derselben, und bei ihnen er­folgt die Blutcongestion fast immer gegen die Gebärmutter, veranlasst Abortus, oft schwere und widernatürliche Geburten; wenn sie (den fibrigen säugenden Schafen gleich behandelt) nicht gleich nach dem Abortiren sterben, so werden sie auffallend dick und fallen nach 3 bis 4 Wochen. — Die durch schlechte Ernährung geschwächten Schafe sind ihr weniger ausgesetzt; bei ihnen tritt so zu sagen die Congestion nur gele­gentlich ein, es ist, wenn sie plötzlich vom Futtermangel zu einer zu reich­lich nährenden grünen oder trocknen Nahrung übergehen; dann tritt die Krankheit gewöhnlich mit äussern Hämorrhagien auf, und verheert mit einer unglaublichen Schnelligkeit. — Die gut gehaltenen Hammel, die, welche gemästet werden, die gradweise und seit langer Zeit an eine erhitzende Er­nährung gewöhnt sind, werden seltener von der Blutseuche befallen, als andre. — Die säugenden Schafe und die Sauglämmer, wenn sie nicht eine übermassige und allzu reizende Nahrung erhalten, werden selten ein Opfer derselben.quot;
Bei den einzelnen Fällen,, die der Verf. mittheilt, ist es sehr auffallend,
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wie oft die Blutseuche nach Wickfutter, Linsen, Klee, Stoppelweide mit aus­gefallene n Körnern*) eintritt! An Befallungen hat der Verfasser freilich gar nicht gedacht. Folgende Erfahrungen des Verfassers sind übrigens auch bezeichnend genug:
„I) Die apoplektische Blutcongestion in ihren beiden Formen kann spo­radisch , enzootisch und epizootisch vorkommen, auf allen Localitäten, in jeder Jahrszeit, in freier Luft, wie in den Schafställen, doch vorzüglich während der Pferch weide, und im Laufe von Wintern, welche auf einen heissen und trocknen Sommer folgen. 2) Sie ist viel mörderischer in Ge­genden, wo der Kalkmergel- oder der Eisensand-Boden von Natur trocken ist, die Pflanzen fein und wenig dicht, als in denen, wo die Ackererde wesentlich thonig und etwas feucht ist, wo die Pflanzen leicht wachsen, leicht und wenig saftig sind. 3) Sie zeigt sich besonders im Pferch, wenn der Sommer trocken ist, und die Heerden durch spärliches Winterfntter ge­schwächt, plötzlich auf sehr fette Weiden kommen; im Winter, wenn die Hammel eine zu grosse Masse an Nahrungsstoif sehr reichen Futters be­kommen, z. B. Wicken, besonders Kichern, Linsen, Bohnen, Gerste, Ha­fer u. s. w. 4) Die gewöhnlich stark genährten Hammel, deren Nahrung man noch vermehrt, gewöhnlicher die Art der Innern Blutcongestion bekom­men, welche man Milzblut nennt, als die Blutcongestion mit äussern Blu­tungen. Grünfulter, besonders gewöhnlicher Klee, auf einmal in grosser Menge gegeben, verfehlt nie, die erstere Varietät der Blutseuche hervorzu­bringen, während Wicken, wie alle erhitzenden Körner, viel mehr die äus-sere apoplektische Congestion erzeugen. 6) In denjenigen Pachthöfen, wo die Besitzer die gute Gewohnheit haben, mit den erhitzenden Körnern zu­gleich Runkelrüben oder andre erfrischende Wurzeln, selbst gekochte Kör­ner, zu geben, ist die Krankheit selten, und, wenn sie erscheint, richtet sie wenige Verheerungen an. Die ungesunde Luft zu enger Schafslälle, wo die Tbiere zusammengedrängt sind, die fauligten Emanationen von stehenden Wassern, Sümpfen, Pfützen, Abzugscanälen u. s. w. sind Ursachen, die bei uns nur wenig vorhanden sind, und die, ich leugne das nicht, bei zu der Blutseache disponirten Thieren ein Milzbrandfieber erzeugen, allein dann ist dieses Leiden nur eine zufällige Complication, die hier, wie unter allen an­dern Umständen, vorkommen kann **). — Ich leugne keineswegs, dass andre
•) Bei der Ernte fällt zunächst Mutterkorn und andrer kranker Same aus; gesunde Körner, die früher ausfallen und oft lange auf der Erde liegen, werden leicht von Schimmel bedeckt. So erzählt denn der Verf. auch selbst, dass wenn ausgefallener Hafer über Winter auf den Aeckern ge­legen bat und im Frühjahr die Schafe darauf weiden, die Blutseuche in der Regel ausbricht. •deg;) Dieser Ausspruch ist bei der Beurtheilung der von ihm angegebenen
Symptome wichtig.
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Ursachen sich mit der Ueberernährung verbinden können, x. B. der Mangel an Bewegung, sowohl in den Pferchen wie in den Ställen, beim Hammel wie beim Ochsen, trägt zur EntWickelung der Krankheit viel bei, indem dadurch die Blutmasse, die keinen Verlust erleidet, vermehrt wird; die grosse Trockenheit der Luft, die excessive Hitze, die glühenden Sonnen­strahlen, denen unsre Heerden in den Pferchen ausgesetzt sind, sind Ur­sachen, die, indem sie dem Blute durch die Haut- und Lungen-Ausdün­stung das Wasser entziehen, seine Verdickung und seine Stagnation in den Organen begünstigen. Uebertreiben der Heerde, eine zu reichliche Fütte­rung, der Einfluss einer mit Electrizität überladenen Luft, die plötzlichen Temperaturveränderungen, ein Gewitterregen u. s. w. können, wie mir bekannt ist, die Krankheit zur Erscheinung bringen, ohne dass irgend ein Vorzeichen ihre Ankunft hätte vermuthen lassen können. Allein ich wiederhole, wenn die Blutseuche eintreten soll, so muss ein Stimulus vorhanden sein, und dieser Stimulus ist die Ueberernährung. Die Beschaffenheit des Bodens, die mehr oder weniger grosse Trockenheit, besonders der hygrometrische Zustand der Atmosphäre während der Vegetation, sind Ursachen, die sehr viel zur Entwickelang der Krankheit beizutragen scheinen, allein diese Ursachen wirken nicht unmit­telbar, sondern mittelbar, indem sie das Futter mehr oder weniger nahr­haft machen.quot;
Uebrigens ist der Milzbrand unter Schweinen, Pferden und Rindern in der Champagne auch in den neuesten Zeiten wiederholt vorgekommen.
Isle de France.
Auch hier kommen Gegenden vor, wo der Milzbrand mehr oder weniger enzootisch ist.
Dahin gehört z. B. die Brie, eine sumpfig-waldige Gegend mit vielen Teichen, wo Audouin de Chaignebrun im Jahr 1757 die berühmte Epizootie in mehr als 60 Dörfern, unter allen wilden und zahmen Thieren beobachtete (s. N. 23). Die Blutkrankheit der Schafe ist nach Delafond und Andern in der Brie so häufig wie in der Beauce. Dann werden häu­figer die an die Beauce grenzenden Gegenden, Fontainebleau, Etam-pes genannt.
Beauce.
Dieser Theil des Orleanais ist nun offenbar eine eigentliche Milzbrand-Gegend. Die Beauce liegt auf dem rechten Ufer der Loire, zwischen Isle de France, Perche, Maine, Touraine und Sologne, in den heutigen Depar­tements du Loiret, Loire et Cher, Eure et Loir. Die Beauce ist eine aus­gedehnte Hochebene, welche mit grösstentheils stark bewaldeten Hügeln um­geben ist (die grösslcn Wälder des Innern Frankreichs), trotz dieser Lage
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verdankt sie ihrem durchlassenden Oberboden, dass sie keine Sümpfe ent­hält, aber sehr viele Quellen, welche der Loire, dem Loir, Loiret, der Seine nach allen Seiten zuströmen. Sie ist aber sehr fruchtbar, was sie dem grossen Kalkgehalt ihres Oberbodens, und ihrem nicht durchlassenden Un­terboden verdankt. Ihr Boden gehört nämlich der Tertiärbildung an, welche Brogniart als die epilimnische bezeichnet. Die grossen Wälder, wel­che sie jetzt noch umgeben, haben sie früher ohne Zweifel bedeckt, und in der Vorzeit war sie ein See.
Delafond, dessen Gesammtbeschreibung übrigens sehr ungenügend ist, beschreibt ihren Boden folgendermassen: „Die angebaute Erde war im All­gemeinen gelblich und bestand im Wesentlichen aus Humus und sandiger Thonerde (welche durch Eisenoxydhydrat eine mehr oder minder gelbliche oder rothe Farbe erhielt) und aus einem Antheil von kohlensaurer Kalk­erde. — Die untere Bodenschicht enthielt ausser einem grösseren Verhält-niss von kohlensaurer Kalkerde dieselben Bestandtheile, wie die angebaute Erde. — Der Tuffstein besteht aus kohlensaurer Kalkerde mit einer geringen Menge weisser Thonerde. — Endlich zeigten die Steine, deren es auf der untern und obern Bodenschicht eine Menge gab, sich als feste, harte und glän­zende Kalksteine, welche aus kohlensaurer Kalksteine mit einer Menge Thon bestanden.— Die Tiefe der Ackerkrume beträgt zwischen 7—8—10 — 15 bis 34 Zoll. An vielen Stellen besteht die untere Bodenschicht fast ganz aus einer kleinen Menge Thon, verbunden mit einem Sande, der durch Eisraquo;noiydhydrat röthlich gefärbt ist. Die Landwirthe nennen diese untere Bodenschicht rothe Erde und bringen sie, ihrer Unfruchtbarkeit wegen, nicht auf die Oberfläche. Auf dem grössten Theile der Hochebene der Orleans-schen Beauce besteht die untere Bodenschicht aus weissem Thon und koh­lensaurer Kalkerde, sie führt den Namen weisse Erde; oft liegt diese Thon-mergelschicht, welche bisweilen mit wenigem rothen Sand bedeckt ist, so wenig tief, dass sie vom Pfluge auf die Oberfläche gebracht wird. An vielen Orten und namentlich zwischen den Hochebenen und der Grenze von Beauce, enthält der Acker und Unterboden eine grosse Menge weisser Steine von grösserem oder geringerem Umfange, welche aus denselben Bestandtheilen zusammengesetzt sind, wie ich sie bei den festen Kalksteinen angegeben habe. —#9632; Man ersieht hieraus, dass der Boden in den Ebenen von Beauce die vorzüglichsten erdigen Elemente enthält, welche die Vegetation begün­stigen. Der Thon erhält ihn feucht und verhindert die auflöslichen Salze, tief einzudringen, die Mergellage der untern Bodenschicht verleiht ihm Wärmequot;*).
Man nennt nun die Beauce, namentlich in Vergleichung mit der an­grenzenden Sologne, sehr gesund für Menschen und Thiere; indessen, wer
raquo;) Delafond a. a. 0. S. 21.
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einige Kcnntniss von den Gesetzen der Maiariabildung hat, würde es, troti der Abwesenheit offner Sümpfe, sehr sonderbar finden, wenn bei der be­schriebenen Bodenbeschaffenheit keine Maiariabildung vorkäme, aber man -wird sie erst erwarten, nachdem die Hitze den flachen durchlassenden Ober­hoden ausgetrocknet hat und nun auf das auf dem thonigen Unterhoden stagnirende Wasser wirkt.
So kommen denn unter den Menschen in der That im Sommer, freilich nicht die bösartigen Fieber der Solognc, aber doch Wechselfieber als endemische Krankheit vor.
Herr Delafond leugnet nun freilich die Uehertragung der Blutseuche der Schafe auf den Menschen; allein das ansserordentlich häufige Vorkommen der schwarzen Blatter oder des Milzbrandkarbunkels unter den Menschen spricht wohl gegen diese Behauptung; dieses wurde schon früher angekün­digt*), in N. 343 über ausführlicher mitgetheilt, und die dort vorkommende Form unter dem Namen der Beule von Beau ce beschrieben. — T e s-s i e r hat auch die Blutseuche bereits als Ursache dieser Milzbrandkarbunkel des Menschen betrachtet, er erwähnt, dass sich die Leute fürchten, die ge­fallenen Schafe abzuziehen: „Besonders fürchtet man sich vor den Pest­beulen, welche von den Thieren sich den Menschen mittheilen, und sie bis­weilen in zwei oder drei Tagen, wenn die Blatter nicht bald durch ein Aetzmittel oder mit einem glühenden Eisen hinweggeschafft wird, tödten. Sie befallen insonderheit diejenigen, welche viel mit Wolle, Haaren und Fellen umgehen, als Schäfer, Wollenarbeiter, Abdecker, Fleischer, Weiss­gerberquot; u. s. w. *). Wir werden im Folgenden sehen, dass H e r p i n in Berry dieselben Beobachtungen machte.
Der Milzbrand ist in der Beauce auch bei Pferden und Rindern epizootisch vorgekommen, wie im zweiten Abschnitt unter dem Jahre 1775 erwähnt wurde, und zwar auch besonders in der apoplektischen Form: „Eine Milzbrandepizootie ergriff in der Beauce gleichmässig Pferde und Rinder. Herr Barrier wurde im Monat Juli dahin geschickt, die Ge­meinden Enderville, Gault, Blancheville, Freney - le - Comte und Epautrole waren bereits befallen. — Die Krankheit kündigte sich durch eine kleine Geschwulst an, welche ohne Unterschied an allen Stellen des Körpers er­erschien, an den Pferden erreichte sie in sehr kurzer Zeit einen Ungeheuern Umfang, so dass alle davon befallenen starben. — Bei manchen sah man keine Geschwulst, sie starben sogar ohne alle Zeichen von Krankheit; andre
*) Annales d'Hyg. putraquo;!. Vol. XVIII p.489.— Auch Gendrin (Hist.
anat. des Inflammations. Vol. I. p.474) erwähnt die Häufigkeit
der schwarzen Blatter in der Beauce. *) Deutsche Uebers. S 7(5
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etarlen nachdem sie von Couvulsioneii kfallen worden waren und mehr oder veniger durchdringende Schreie ausgestosscn hatten; einige endlich starben ganz plötzlich. — Bei der Oeffnung einer Kuh fand der Arzt, dass das Ge­hirn und seine Häute sehr stark entzündet *) waren, dasselbe war der Fall mit der Schleimhaut der Nase und des Mauls; die Lungen waren mit gan­gränösen Flecken besäet, dieselben Flecken fanden sich auf der Oberfläche der Magen, die innere Haut der letzteren war brandig und abgelöst, die schlecht verdauten Nahrungstoffe verbreiteten einen unerträglichen Geruch; das Ge-krös war schwarz, die dünnen Därme rothbraun, sie enthielten eine schwärz­liche Flüssigkeit, welche die Hände färbte, das Messer angriff und einen sehr stinkenden Geruch verbreitete; das Fett war aufgelöst, gelb und faul. — Bei der Oeffnung eines Pferdes zeigte sich das Gehirn wenig entzündet; der Herzbeutel enthielt eine grosso Menge Flüssigkeit, das Herz schien sehr davon gelitten zu haben, es war ausserordentlich ecchymosirt und welk; die Lungen schienen sehr entzündet; auf dein Zwerchfell und auf den dünnen Därmen befanden sich mehrere gangränöse Flecken; der dicke Darm war leer und schlaff, die Leber von Blut überfüllt, die Gallengänge enthielten aussergewöhnliche Menge brauner und dicker Galle. Mehrere sterbende Thiere, die geöffnet wurden, gaben ganz dieselben Resultate. #9632;—#9632; Die glühende Hitze der Atmosphäre, die beständige Trockenheit, die Vertrocknung der Futter­stoffe, der Rost, welcher sich an den auf tiefen Wiesen gesammelten befand, die fauligten Wasser der Lachen, und die harte Arbeit, weil die Pflugschaar den ver­härteten Boden nicht aufzureissen vermogte, waren die Ursachen, welche man anzuklagen hatte; daher war es auch nicht zu verwundern, dass das Abor­tiren der grausamen Krankheit vorausging, die diese Provinz verheerthatquot; **).
Am verheerendsten hat aber der Milzbrand, in der apoplectischen Form als sogenannte Blutseuche der Beauce, unter den Schafen ge­herrscht.
Die erste Nachricht von dieser Krankheit in der Beauce gab Teasier der sie in demselben Jahre 1775 daselbst beobachtete, wo, wie wir gesehen haben, der Milzbrand unter Rindern und Pferden epizootisch herrschte •**). Später lieferte derselbe eine vollständige Beschreibung derselben: ****) „Ich bin mehreremale Zeuge von den Verwüstungen gewesen , welche die Blut-krankheit unter den Schafen in verschiedenen Gegenden von Beauce ausübte. Dies geschah im Jahr 1775 in welchem ich das erstemal meine Aufmerksam-
•) Natürlich das Wort in der vagen Bedeutung, wie p^g damals genommen wurde. *•) Chabert etc. Instruct. 1. p. 209. •'*) Mem. de l'A cad. de m e d. vo I. I. I*, p. jgt;£4, •*••) Tessier Observations sur Pj^sipurg pialadielaquo; de bestiaux
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keit auf diesen Gegenstand heftete. Zur damaligen Zeit war die Heftigkeit dieser Krankheit beträchtlich. Seit dieser Zeit habe ich sie oft wieder er­scheinen und mehr oder weniger Schaden anrichten sehen. Hier starben das ganze Jahr hindurch in gewissen Heerden Schafe an der Blutkrankheit. Allein besonders im Sommer grassirt sie sehr sichtlich; manchmal fängt sie schon im Juni an; in den Monaten Juli und August aber wüthet sie mit der allergrössten Heftigkeit, im September nimmt sie nach und nach ab. Sie ist in den trocknen Jahren gemeiner, als in den regnigten, und an den besonders heissen Tagen, und wenn sich Gewitter einstellen, sterben die meisten Schafe, und wie es scheint, so vermindert sich die Sterblichkeit an den frischen Tagen uud
nach dem Regen..... Die in Beauce erzogenen und erhaltenen Schafe
sind der Blutkrankheit mehr unterworfen, als diejenigen, welche von feuchten Gegenden dahin getrieben werden, denn ihre Fasern sind trocken, ihr Blut dick und enthält wenig Blutwasser. Sie haben viel Kraft in den Füsscn, ihre Augen sind röthlich, alles bezeugt, dass ihr Blut in Bewegung ist. Die Faulkrankheit befällt sie niemals so lange, als sie in ihrer Gegend verweilen. Im Winter werden sie stark mit Weizenstroh, unausgedroschenen Weizen und Wicken gefüttert. Kurze Zeit nach Ostern ackert man die Felder, welche die Samen vom März getragen haben, um, und setzt dieses bis zur Mitte Mai fort, wo man allmählig zum zweien Umackern schreitet. Ist die Wit­terung günstig, so wächst nach dem ersten und zweiten Umackern wieder Gras hervor*). Dieses ist geschickt das Blut der Schafe aufzufrischen, ver­bessert die Wirkungen der trocknen und erhitzenden Nahrung, welche sie im Stall bekommen haben. Wenn es aber nicht regnet, so dass kein Gras wachsen kann, so muss man noch weniger die Heerden mit fast völlig aus­gedroschenen Weizen füttern und gegen die Ernte zu auf Wickenfelder trei­ben. Während der Ernte treibt man die Heerden sogleich auf die Weizen­stoppelfelder, wo sie sowohl viel Kräuter als auch Weizenähren finden, als­dann ist die Blutkraukheit eben am allerheftigsten; hier­auf führt man sie auf die Felder, aufweichen im Monat März Gras wächst......
Je trockner nun die Monate vor der Ernte sind und je wärmer es im Monat Juli und August ist, desto mehr Schaafe verliert man an der Blutkrankheit. Als sie im Jahre 1775 in welchem sie tödtlich und höchst verwüstend wurde, anfing, so war es lange vorher sehr trockenes Wetter, welches die Sümpfe ausgetrocknet und das Wachsen des Grases verhindert hatte. Im Jahr
*) Man glaubt insgemein, man dürfe unter gewissen Umständen auf die zweimal umgeackerten Felder die Heerden nicht treiben. Allein ich sehe den Schaden der daraus erwachsen soll, in der That nicht ein. Verf. Wenn das Wetter beiss ist, kounten sieb wohl Erdmiasmen entwickeln!
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1780 und 1781 waren die Umstände fast die nämlichen wie im Jahre 1775 und es starben auch sehr viele Schafequot; *).
Die Symptome gleht Tessier folgendermassen an: „Das Schaf steht auf einmal, scheint dumm, ungewiss und zitternd auf den Füssen zu sein; mit dem Unrathe und dem Harne geht Blut ab, es fällt jähling verkehrt um und stirbt in kurzer Zeit, bisweilen in einer viertel- oder halben Stunde, Hierauf geht aus ihrem Schlünde und ihren Nasenlöchern dickes, schwarzes Blut heraus, gar bald schwillt ihr Körper auf, und geht in Fäulniss über. Obschon es der Mühe werth wäre, so darf man doch kaum die Haut abziehen, weil man zu fürchten hat, dass einige Bluts­tropfen, wenn sie auf das Gesicht oder die Hände fallen sollten, gefährliche Uebel verursachen könnten. Oeffnet man ein Thier, welches an dieser Krankheit gestorben ist, so scheinen die Gefässe der Haut und die der ganzen Oberfläche voll Blut zu sein, und das Fleisch hat eine violette Farbe. Die Milz ist grosser als sie es gewöhnlich zu sein pflegt, sowie auch das Gehirn welches von Blut angefüllt ist.quot;
Später hat Barrier die Blutseuche der Beauce beschrieben**).
Gasparin, wie mehrere Aerzte in andern Provinzen, erkannte sie als Milzbrandform, hielt sie aber nicht für ansteckend, doch fügt er in einer Note hinzu:***) „In dem Augenblick als ich dieses schreibe, erfahre ich, dass bei einer Frau, die ein an dem sogenannten Bescle (wie man die Blut­seuche in der Beauce nennt) krepirtes Schaf hatte abbluten lassen, und der einige Tropfen Blut auf die Hand getröpfelt waren, zwei bösartige Blattern au der Stelle, wo die Tropfen hingefallen , entstanden sind. Das gegessene Schaf hat keinen Zufall bewirkt. Es scheint daher, dass das warme Blut eines von dieser Krankheit ergriffenen Thiers Anlage zum Brande habe, die es auf andre verbreiten kann. Hieraus erklärt sich, wie die nach erfolgter Gerinnung des Bluts angestellten Cadaveröffnungen gefahrlos sein konnten.quot; Uebcr das Irrthfimliche in diesen Ansichten s. die Aetiologie.
In der letzten Zeit hat Herr Del a fond die Krankheit in einem Theile der Beauce beobachtet (s. N. 321.) und uns ihre gänzliche Verschiedenheit vom Milzbrande beweisen wollen! Ich habe seine Beschreibung der Krank­heit im ersten Abschnitt mitgetheilt; auf die Würdigung seiner pathologischen Ansichten werde ich im folgenden Abschnitt zurückkommen.
Herr Del a fond, dem das Wesen der Krankheit in einem anBlutkügel-
*) Deutsche Hebers. S. 78.
••) Barrier surlamaladie rouge des moulons de la Beauce. Correspondance de Formage de Feugri I. (1810.) p. 188. *quot;) Gasparin von den ansteckenden Krankheiten der Schafe p. 81. 68. 107.
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cheu zu reichen Blute liegt, sieht die Hanptunache der Krankheit in der Uebereruähruog der Schafe, theils durch überhaupt zu nahrhafte Futterstoffe theils sonderbarer Weise in dem Boden, der die Pflanzen zu nahrhaft machen soll! Doch gesteht er folgenden Schädlichkeiten noch einen Einfluss zu: 1) Die Einwirkung der Sonne, die warme, staubige, von Electrizität geschwän­gerte Luft. „Im Jahre 1842 vorzüglich waren, wegen der beständigen gros-sen Hitze, ebenso wie in den Jahren 1775, 1780, 1782, 1811, 1834quot; (lau­ter Milzbrandjahre) „die von der Sonnenhitze *) erzeugten Wirkungen schreck­lich. Die Ungewitter, welche immer eine plötzliche Steige­rung in der Sterblichkeit herbeiführen, müssen als Umstände an­gesehen werden, die das Uebel vergrössern, und den tödlichen Verlauf der Krankheit sowohl bei den dafür empfänglich gemachten, als auch bei den schon davon befallenen Thieren, beschleunigen.quot; 2) Der Mangel an Wasser und das schlechte Wasser. „Im Hofe oder in der Nähe der Meiereien in Beauce besteht gewöhnlich eine Pfütze zum Tränken der Heerden. Viele Landwirthe lassen im Sommer, wo diese Pfütze oft ausgetrocknet ist, und nur ein schlammiges, faules, stinkendes Wasser enthält, dennoch ihre Schafe daraus tränken. Dies war besonders wieder 1842 der Fall.quot;
Malaria, befallene Futterstoffe und Thaue sind von dem Verfasser un­beachtet geblieben.
Den Verlust der Btauce in dem einzigen Jahre 1842 giebt übrigens Delafond auf 283,324 Schafe, über 7,000,000 Franken an.
Sologne.
Wie die Hochebene der Beauce **) am rechten Ufer der Loire, so liegt am linken Ufer dieses Flusses von Gien bis unterhalb Blois das ungefähr 250 Quadratlieues umfassende tiefe Becken der Sologne in den Departe­ments des Loiret, Loir et Cher und des Cher. Ihr Boden soll der Kreide­formation angehören, aber beständig überschwemmt ist, der Kalkgehalt des Bodens veschwunden, der Thon der ihn bedeckt, ist mit Quarz und Schiefer-Gerollen der umgebenden Gebirge vermengt; die Hügel dagegen bestehen aus unfruchtbarem Sand. Das Regenwasscr bleibt auf ihrem Boden stehen, eine Menge kleiner Flüsse bilden eine Unzahl von Sumpfen und Teichen.
Am besten ist vielleicht der Boden der Sologne von einem berühmten
*) Und der Malaria?
quot;quot;) Sie wird freilieh keine 500 Fuss über der See liegen, Chartres an ihrer Nordgrenze noch auf dem Plateau liegt 460', Orleans an der Siidgrenze 300', die Loire bei Orleans 276' hoch. Noch etwas tiefer liegt wohl die Sologne, in ihrer Mitte. An ihrer Südgrenze hebt sich das Terrain all-mählig in die Berge von Berry.
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und aufmerksamen Agronomen *) leechricben worden: „Der Boden besteht ganz aus wenig fruchtbaren Sand oder sandigen Gruss, welcher auf einem mehr oder weniger mächtigem Lager yon weissem Mergelthon rnht, an an­dern Orten besteht er ganz aus Kreide, und an noch andern aus weissem Thonmergel. Da der Thonmergel das Wasser nicht durchlässt, so wäre das erste Mittel zu seiner Verbesserung, dass man ein Feld nach dem andern austrocknete, denn in diesem sandigen Lande stehen doch alle Löcher und Gräben voll Wasser.quot;
Nach Flandrin war die Sologne in früheren Jahrhunderten ganz mit Wäldern bedeckt*quot;), von denen sich jetzt nur noch einige wenige Reste fin­den, ihre Stelle nehmen grosse Heiden ein, auf denen zwischen der Heide Ginster und Stechginster (Ulex) mit Wachholderbfischen wachsen. Der pro­fitabelste Ackerbau findet noch durch den bekannten Wechsel mit der Teich-wirthschaft statt. Die Teiche werden eine Reihe von Jahren mit Fischen besetzt, dann abgelassen, ausgetrocknet und einige Jahre bebaut. Die Hei­den, die man bebaut, liefern nur eine Reihe von Jahren Ertrag und müssen dann längere Zeit wieder ruhen. An den mehrsten Stellen trifft man in einer Tiefe von höchstens 'i 1/2 Fuss auf Wasser.
Nach Tessier***) gedeihen Gerste und Hafer gar nicht in der Sologne, nach Flandrin werden sie doch auch gebaut; Weizen gedeiht nur auf den ausgetrockneten Teichen; die gewöhnlich gebauten Getreidearten sind Heide­korn und Roggen, der letztere trägt jedes Jahr, aber in vielen Jahren aus-serordentlich viel Mutterkorn; ein Hauptprodukt des Ackerbaus ist aber der allgemein in grosser Menge gebaute Hanf.
Vom Monat September bis spät in das Frühjahr hinein, ist die Sologne mit dicken Nebeln bedeckt; diese Uebel verbreiten nach Tessier einen eigen-thfimlichen unangenehmen Geruch, der vorzüglich stark im Frühjahre em­pfunden wird, und am auffallendsten beim Beackern der Erde ist. — Eine andre Quelle der Luftverderbniss sind die vielen Hanfrösten.
Auch bei der grössten Sommerhitze trocknet der Boden nur oberfläch­lich' aus.
Die Bewohner beschreibt Tessier als klein, schwach, mitgrossen Bäuchen, blasser oder gelblicher Gesichtsfarbe, kraftlos, mit schwacher Stimme, von auffallend seltenem Puls, dabei aber sehr lasciv, früh geschleehtsreif, nnd sehr fruchtbar, aber der grösste Theil der Kinder stirbt früh, und die Be­wohner haben eine sehr kurze Lebensdauer, in vielen Gegenden sind die Todesfälle zahlreicher, als die Geburten.
•) Arthur Youny voyage agronomique en France. quot;) Was in der Tbat mit guten Gründen bewiesen werden kann, s. Faiseau-Lavanne s u r les forSts de la France. P. 182 !gt;. p. 13. *'*} Sur la sologne. Mem. de l'Acad. de med. Vol. I. p. 64.
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Die Bewohner leiden alle jedes Jahr an Wechselfiebern mit allen ihren Folgen^ im Frühjahre und dann wieder im Herbste zur Zeit der Hanf­röste, und die letzteren dauern oft den ganzen Winter durch. Am bösartig­sten sind die Fieber, wenn die Sümpfe austrocknen, daher besonders nach heissen Sommern, wo die Sterblichkeit oft sehr gross wird. — Bekannt ist es, wie oft die Sologne in älteren und neuern Zeiten der Schauplatz ver­heerender Epidemien des Mutterkornbrands war.
Pferde und Rinder sind klein und unansehnlich, schwach in der Sologne, sie sterben oft plötzlich, aber weder Tessier noch spätere Beobachter haben erkannt, an welchen Krankheiten. M a 1 i n g i e bemerkte, dass die Lämmer immer zu derselben Zeit anfingen zu erkranken, wo die Menschen an den Wechselfiebern zu leiden anfingen, und dass die Intensität des Erkrankens bei beiden gleichen Schritt hielt *).
Das wichtigste Hausthier der Sologne ist das Schaf. Es ist klein und grobwollig, gedeiht aber auf den magern Weiden doch noch besser, als Pferde und Rinder. Sie sind aber dem Erkranken häufig ausgesetzt. Abgesehen von Krankheiten, die auch anderwärts vorkommen, ist zunächst die Fäule wie in allen Sumpfländern allgemein; dann folgt aber die uns hier beschäf­tigende Krankheit, nämlich die rothe Krankheit der Sologne (la maladie rouge de la Sologne).
Diese wurde zuerst besser beobachtet und beschrieben von Tessier**), und dann von Flandrin, die beide von der französischen Regierung naeh der Sologne geschickt wurden.
Ich werde die Symptome nach Flandrin angeben ***): Das erste Zeichen der Krankheit ist Traurigkeit nebst allgemeiner Schwäche und Sträuben der Wolle, die Extremitäten sind heiss, selbst brennend, zu Zeiten werden sie kalt, die Hammel haben Frostschauer, sie fressen weniger und kauen später wieder, alles dieses sind Zeichen des Anfangs der Krankheit. — Wenn die Krankheit nach der Meinung der Landleute anf dem Punkte ist auszubrechen, und wenn sie in meinen Augen schon wirklich entwickelt ist, ist das Maul heiss, selbst brennend, der Körper ist es auch, besonders der Raum der Brust, welcher dem schwertförmigen Knorpel entspricht; um diese Zeit verlieren die mehrstcn Thiere eine schleimige Flüssigkeit aus der Nase; ich habe bemerkt, dass diejenigen, bei welchen sie reichlich floss, mehr Rettung gaben und dass bei ihnen die Krankheit weniger heftig war; wenn dagegen die Flüssigkeit dick ist, austrocknet, die Nasen trocken sind, entweder während der Vor-
*) Sociött'- d'agric. de La ir-et - Che r. 1840. 30. deg;') Delafond citlrt nach ihm den Genfer Arzt La II in, der aber fast gar nicht von ihr spricht, eher gehört hierher de Lammerville, der sie im Berry sah. 0*',) Instructions etc. Vol. I. p, 328. 2. ed.!
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läufer der Krankheit, oder während der hier beschriebenen Periode, so gehen die afficirten Thiere alle darauf. — Die Blutentleerungen, die in der rothen Krankheit yorkommen, und die ihr diesen Namen, oder auch den der Blut­krankheit, zugezogen haben, sind nicht, wie man dem Namen nach glauben könnte, wahre Blutflüsse; man sieht allerdings Blut an den Nasenöffnungen, allein in sehr kleinen Klumpchen, zu gleicher Zeit sieht man daselbst eine ziemlich grosse Menge röthlicher Flüssigkeit, welche ein aufgelösstes Blut ist. Auch aus den Augen dringt eine rothe Flüssigkeit hervor, dieses Symptom ist aber nicht allgemein. Das Blut dringt auch aus dem After hervor undquot; zwar in kleinen Klümpchen am Koth. Der Urin hat eine rothe Farbe, und das Volk glaubt auch, dass es Blut wärequot;), allein man erkennt leicht, dass es eine röthliche, trübe Flüssigkeit ist, die Thiere verlieren deren immer eine grosse Menge. — In den Gegenden wo die Schafe gewöhnlich mager sind und in feuchten Gegenden hat die Krankheit einen solchen Cha­rakter der Cachexie, dass man sie als eine mit einem acuten Leiden complicirte Fäule betrachten könnte**). — Wenn die Schafe sehr lebhaft sind, ihre Muskeln kräftig, so führen sie Krämpfe und Con-vulsionen schnell dem Tode entgegen, und dieser Verlauf, der so verschieden von dem oben beschriebenen ist, constituirt die Krankheit welche man Tac***) nennt. — Es gibt noch Verschiedenheiten der Krankheit in Hinsicht ihrer Dauer u. s. w. Es sterben Schafe in kurzer Zeit und die Krankheit dauert nur zwei bis drei Tage; andere schleppen sich 5, 6, 8 und selbst 14 Tage hin; manche haben keine Haemorrhagien, andere haben Diarrhöen, die immer mit dem Tode endigen; ich habe welche in einer Art Katalepsie sterben sehen, in diesem Falle scheint das Lebensprincip allmählich zu erlöschen, und die Thiere befinden sich in einer Art Stupor; andere bekommen Krämpfe, in diesen verläuft die Krankheit sehr schnell. — Um die Wirkungen der Krank­heit besser beurtheilen zu können, habe ich ein Schaf, welches seit 2 Tagen an der Krankheit litt, tödten lassen; das Fleisch hatte ein gutes Ansehen und enthielt schönes Fett; Magen, Darracanal, dass Fett dieser Theile und der Bauchwände hatte die schönste Farbe; die innere Fläche des Magen war im normalen Zustande, ebenso die Nahrungstoffe, die in geringer Menge vorhanden waren. Die dünnen und dicken Därme hatten äusserlich ihre normale Farbe, aber in einiger Entfernung vom Coecum zeigte der dicke Darm rothe Flecken, welche wahre Ecchymosen bildeten, ohne dass die Flecken in den umgebenden Theilen oder selbst aussen am Darmcanal sichtbar waren;
*} und zwar wohl mit Recht. **) T e s s i e r gibt uoter den Vorläufern auch geradezu Symptome der
Fäule au. quot;*) Vage Benennung für mehrere Schafkrankheiten,
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es waren grossere darunter, aus welchen Blut hervortrat, welches man auf dem Kothe sah; die Milz war grosser als gewöhnlich, sie zeigte an ihrer Oberfläche und besonders an ihrem äussern abgerundeten Rande sehr kleine blasenförmige Erhöhungen voll von einer dicken röthlichen Flüssigkeit, ihr Parenchym war dicker als gewöhnlich und dunkelroth, es zeigte auf der einen Seite eine lymphatische in weissliche Klfimpchen vereinigte Substanz, auf der andern eine weniger dunkle und weniger consistente Ton der vorigen getrennte Masse. Die Leber war nicht sehr gross, blasser wie die Milz. Nieren, Blase, Lymphdrüsen erschienen im normalen Zustande. Die Lungen hatten ihre normale Farbe, sie enthielten einige Verhärtungen von einer harten cartilaginösen Masse; wenn man die Lunge mit den Fingern drückte so fand man an manchen Stellen ihre Substanz fester, an andern unter den Fingern knirschend, ihre innere Oberfläche bot sehr zahlreiche, sehr kleine Ecchymo-sen dar, die ihr ein gesprcngeltes Ansehen gaben, die Bronchien waren roll von einer schaumigten rothen Flüssigkeit, sie selbst waren roth, sie schienen an einigen Stellen Blut auszuschwitzen. Das Gehirn zeigte nichts Besonderes; die Nasenhöhlen waren mit einer schleimigen Flüssigkeit bedeckt, die Schleim­haut dicker als gewöhnlich, aber Ton schöner Farbe. — Bei den Terschiede-nen Oeffnungen, Ton an der Krankheit gestorbenen Thieren, die ich gemacht habe, habe ich keine andern Erscheinungen beobachtet, als die erwähnten, aber im höheren Grade. Schafe, welche beim Eintritt der Krankheit sehr fett waren, zeigten ein lirides weiches Fleisch, sie Terbreiteten bald nach dem Tode einen fauligten Geruch. Diejenigen, welche mager waren, zeigten seröse Infiltrationen; in diesen Fällen fand man mehr oder weniger Wasser in der Brust- oder Bauchhöhle, in allen war der Herzbeutel voll von einer röthlichen Serosität, wie die in der Blase enthaltene, immer waren die Ecchy-mosen in der Lunge, die Congestionen und Infiltrationen bedeutender und trugen mehr den Charakter der Desorganisation; man fand die Bronchien voll von röthlichen Schaum oder reinem Blut, und man unterschied darin die Stellen, welche das letztere geliefert hatten, an den Rupturen und Ecchy-mosen, welche sie zeigten; die rechte Herzkammer war in mehreren Thieren in ihrer ganzen Ausdehnung ecehymosirt, als wenn sie contundirt oder selbst zerrissen worden wäre; die Nieren waren immer um ein Drittel grosser als im naturgemässen Zustande; die innere Wand des Darmcanals hatte rolhe Flecken, ähnlich denen an der äussern Fläche, man traf ziemlich grosso Darmstücke welche ganz wie zerquetscht waren und einen Brei von Excre-menten enthieltenquot;.
Fla ndrin ist nun geneigt den ecehymotischen Zustand der rechten Herzkammer für das wesentliche und primäre Leiden zu halten, wodurch der Kreislauf geschwächt, Slasen, Haemorrhagien, Diarrhöen und Wassersuchten verursacht werden. Gewiss einseitig.
Tessier hält, wie später Delafoud, die rotho Krankheit für ver
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schieden von der Blutkrankheit der Beauce, und glaubt, das sie sich mehr der Fäule nähere; wo die Fäule in den Heerden herrschte, da richtete auch die rothe Krankheit die grössten Verwüstungen an, er führt mehrere Gründe an und bemerkt, dass einige glaubten die rothe Krankheit bestehe in einer Verbindung der Blutkrankheit mit der Fäule. Wohl ohne Zweifel die richtige Ansicht, die wir in der Folge auch als die mehrerer neuerer Scriftsteller kenneu lernen werden. Herrn Delafonds Ansicht haben wir im ersten Abschnitt mitgetheilt.
lieber die Ursachen theilt Tessier die gemachten Beobachtungen am reinsten mit: „Im Winter leiden die fast immer im Freien gehaltenen Schaf-heerden Hunger. Zu Ende des Februar und während des März bekommen die Schafe ihre Lämmer; die Schafmütter werden in dieser Zeit allein auf die Felder, auf denen man Rocken geerndet hat, geführt, und gewöhnlich hat man ihnen noch getrocknete Kräuter aufgehoben. Man beobachtete, dass die Lämmer, wenn sie geboren werden, sehr schwach sind, und sich kaum ihren Müttern durch ihr Blöken bemerklich machen können. Ist die Jahreszeit günstig, so kommt schon im April frisches Gras hervor, und die Heerden finden vollauf. Ferner steckt man den Milchlämmern Zweige vor, welche noch mit Blättern versehen und im Monat September geschnitten worden sind, um sie an das Nagen und Weiden zu gewöhnen. Vom Monat Mai an werden sie ohne allen Unterschied auf alle Triften geführt, weil die Landleute in Sologne glauben, dass ein Lamm, welches saugen kann, die Faulkrankheit nicht mehr bekommen könne. (Man hat aber beobachtet, dass, als diese Krankheit in Boulonnois im Jahr 1761 grosse Verwüstungen an­richtete, die Lämmer mehr als die Schafe davon litten). Da sie ferner der Meinung sind, dass zu Ende des nämlichen Monats die jungen Thiere keine Milch mehr nöthig haben, so melken sie die Schafe, um Butler zu bereiten. Befolgten die Schäfer die Befehle ihrer Herrn, so würden sie täglich die Schafe und Hammel, die man nicht fett machen will, von den feuchten Triften, die ihnen schädlich sind, wegtreiben; allein obgleich es ihnen ver­boten wird, lassen sie sie doch dahinlaufen, entweder aus Nachlässigkeit^ oder um ihnen eine reichlichere Nahrung zu verschaffen. — Die Schafe, die Hammel und die Lämmer weiden auf den Stoppelfeldern nach der Rocken­ernte, dis im Juli fällt; man führt sie aber nicht vor dem Ende des Monats September auf diese Weide. — Die Sologne, welche zwischen der Loire und dem Cher liegt, ist fast beständig mit Wasser Übergossen. Das Erdreich ist aus Sand und Thon zusammengesetzt, und ist zwei oder zwei und einen halben Fuss tief. Nirgend sind so viel Teiche als hier. Fast überall findet man Wasserpflanzen. — Hieraus folgt erstlich, dass die erwachsenen Schafe während des Winters Hunger leiden und besonders in den letzten Monaten ihrer Trächtigkeit, zu einer Zeit, wo sie eine substantiellere und reichlichere Nahrung nöthig hätten; iweiten*, dass die Lämmer, welche von ihnen er*
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xeugt werden, schwach, matt sind und verstopfte Eingeweide haben; drittens, dass sie sich auf den Triften, auf welche man sie führt, mit feuchten Kräu­tern ausstopfen und anfüllen, und zwar mit desto grösserer Gierigkeit, je weniger Milch ihre Mütter haben; viertens können sie, da sie einmal im ersten Jahre schwächlich und weichlich sind, den darauf folgenden Winter die Wirkungen des Hungers nicht ertragen, und sie verfallen daher im Früh­ling in eine Krankheit, welche von der Erschlaffung entsteht. Denn unter den Ursachen der Faulkrankheit im Frühjahre, welche Ellis angibt, und von denen ich schon gesprochen habe, ist der Futtermangel im Winter eine der vorzüglichstenquot;.
„Je regnigter der April ist, desto beträchtlicher ist die rolhe Krankheit in der Sologne; dieses ist eine Beobachtung, welche mir die geschicktesten und erfahrendsten Bewohner dieses Landes mitgetheilt haben. Ich weiss, dass sie im Jahre 1780, in welchem ich in dieser Provinz war, und in welchen der April sehr regnigt war, ganz besonders tödtlich wurde. — Die Verwüstungen, welche sie anrichtet, sind desto grosser, je feuchter die Triften sind: Zu Montrieux, Tremplevif und in den umliegenden Gegenden, wo sich eine grosse Anzahl Teiche finden, wüthet diese Krankkeit jährlich gar sehr, — In einem Meierhofe zu Duison verlor man dreissig Lämmer, die in einen feuchten Wald waren geführt worden, an der rothen Krankheit. — In der Gemeinde St. Genou geschah das Nämliche, weil man die Lämmer auf einer fetten, feuchten und schattigen Trift hatte weiden lassen. Der Besitzer von Douit, wo der Erdboden von der nämlichen Beschaffenheit ist, kaufte sich, verdrüsslich über den Verlust, den ihn die rothe Krankheit zu­zog, alle Jahre oder alle zwei Jshre neue Schafe, zog davon die Lämmer und die Wolle und verkaufte sie, nachdem er sie fett gemacht hatte, wieder. Von zwei angrenzenden Pachthöfen in Berry, diesseit des Cher, erlitt der eine die traurigsten Wirkungen von der rothen Krankheit, während man in dem andern die Krankheit kaum wahrnahm. Dieser Unterschied schien mir einige Aufmerksamkeit zu verdienen, ich suchte die Ursache davon, und fand, dass die Schafe des ersten, von der Frau und den Kindern des Pachters, von denen bekannt war, dass sie sorgfältig waren, aufs Feld getrieben wür­den; die des andern waren aber einem gemietheten Hirten übergeben, wel­cher sie öfters auf einer niedrigen und feuchten Trift, die beiden Höfen ge­mein war, weiden liess. — Ein Pachter zu Ouzoir-sur-Trezet in der Ge­gend von Montargis, verlor von 180 Schafen, aus denen seine Heerde be­stand, 140 an der rothen Krankheit; die meisten Triften dieser Gemeinde aber sind feucht und sumpfigt.
„Da sie nun aber, wie es scheint, von der Sorge, welche man für die Schafe trägt, und von dem feuchten Erdboden abhängt, so sieht man leicht, warum sie ganz besonders die Lämmer und die Jährlinge befällt, warum sie nicht alle Jahre gleich stark herrscht, und auch nicht in allen Pachthöfen,
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warum der Verlust, den sie verursacht, so sehr verschieden ist, dass mail ihn nicht sehr von der gewöhnlichen Sterblichkeit unterschieden findet. — Allein öfters fällt eine grosse Sterblichkeit ein, welche die Hiilfle und mehr als die Hälfte der Hcerden verheert. Als ich aber die Ursachen dieser ausser-ordentlichen Verwüstungen aufsuchte, so bemerkte ich, dass sie bloss in den Meierhöfen statt fand, in welchen man erkaufte Heerden aufnahm, oder welche aus feuchten Gegenden hierher kamen. Ich werde hiervon einige merk­würdige Fälle aufzählen: Den Tag darauf, als ich in der Sologne ange­kommen war, benachrichtigte man mich, dass sehr viele Schafe in einem Pachthofe, Buisson-Luzas, in Salbris, umgekommen wären. Ich begab mich sogleich dahin; die Schäferei, der Hof und die Gegenden um den Pachthof herum waren mit sterbenden und schon gestorbenen Schafen bedeckt; die Thiere, welche von der Krankheit noch nicht befallen waren, irrten schaaren-weise und nach ihrer Willkühr hemm, und diejenigen, welche schon erkrankt waren, überliess man ihrem Schicksal. Der Besitzer der Heerde, aus welcher ich mir sechzig Stück zu Versuchen auswählte, verlor von 600 bis 650 Stück 320, nämlich 80 welche vom Monat Januar bis April an der Faulkrankheit gestorben waren und 230 welche vor meinen Augen an der rothen Krank­heit starben (im Monat Juni starben in zwei Tagen 18 Stück). Alle diese waren von Viehändlern gekauft worden, welche sie von verdächtigen Plätzen herführten, einige davon hatten, als sie im Pachthofe ankamen, den Kinnsack, ein Symptom der Faulkrankheit. Die benachbarten Pächter, deren Schafe auf die benachbarten Triften gingen, verloren verhältnissmässig nicht 30 von einer ähnlichen Anzahl. Der jetzige Pachter zu Billarderie hatte zu Tremplevif, einem sumpfigten Orte, wo die Faulkrankheit sehr oft grassirte, zweimal Schafe gekauft, und zweimal hatte er das Unglück sie fast alle an der rothen Kranheit zu verlieren. Seit der Zeit nun aber, schafft er sich nur aus den Gegenden Schafe an, in welchen sie zwischen dem Ginster und der Heide weiden und findet, dass er mit Recht darauf Achtung geben müsse. — Herr d'Auteroche, Besitzer von Mazere, brachte in den Meierhof zu Grand-Marchails in der Gemeinde Nouant, ohngefähr 500 Schafe, welche er in Meier­höfen erkaufte, in deren Gegend das Land feucht ist; aber im Winter die Faulkrankheit und darauf die rothe Krankheit raffte diese alle und auch noch einige mehr hinwegquot; n. s. w.
Diese Angaben Tessiers werden wohl hinreichen, das Verhältniss der rothen Krankheit zur Faulkrankheit aufzuklären.
Flandrin theilt nur noch einige Bemmerkungen mehr über das Vor­kommen der Krankheit mit: „Die Bewohner des Landes versichern nach den Traditionen ihrer Vorfahren, dass die Krankheit vor 100 Jahren herrschte wie heute. — Obgleich ihre Verheerungen beständig fortdauern, so wechseln sie doch von Jahr zu Jahr, von Canton zu Canton; an dem einen Orte ist sie alle Jahre verheerend, an dam andern weiss man seit Jahren nichts von Htmlnger, Milibrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;in
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ihr; Orte, die eine lange Reihe von Jahren Ton ihr verschont wurden, wor­den seit venigen Jahren regelmässig von ihr verheert, dahin gehört die Ge­meinde Mur. — Wenn die Krankheit allgemein ist und die ganze Pro­vinz verheert, bleiben doch einzelne Heerden verschont, und weiden mitten unter denen, die krank sind. — Die Landesbewohner theilen diese Eigen-thümlichkeiten mit, und ich habe sie an den mir bekannten Orten bestätigt gefunden; z. B. in Autry liegt ein Meierhof an dem Bache, der durch diese Gemeinde fliesst, dessen Heerde niemals krank ist, und doch herrscht die rothe Krankheit immer in Canton, mehr oder weniger seit 20 Jahren, doch wird bei der Heerde keinerlei Behandlung angewendet, man findet aber, dass die Grosse und die Lage dieser Meierei gestatten, die Weide in den Heiden zu vermeiden; man nennt noch einen Fachthof in einiger Entfernung von dort, dessen Schafe niemals von Krankheiten befallen werden. — Schafe, Widder, Hammel, Lämmer sind der rothen Krankheit ausgesetzt; sie werden in jedem Alter von ihr befallen, und können sie mehrmals bekommen; vor­zugsweise ergreift sie kräftige und fette Thiere, besonders Thiere von zwei bis drei Jahren und immer die lebhaftesten; sie befällt Mutter und Lamm zu gleicher Zeit, oder nur eins von beiden, ohnlaquo; Unterschied;' Schafe die nicht tragen oder gelte sind, leiden mehr an ihr, und Mutterschafe von etwas höherem Alter, von 6, 7, 8 Jahren, sind ihr weniger unterworfen; die Ham­mel sterben nur in grosser Anzahl, wenn die Krankheit sehr verheerend herrscht, sie reibt dann mehr als t/3 der Heerde auf. — Die Heftigkeit der rothen Krankheit lässt in dem Augenblick nach, wo man die Schafe in den Stall bringt, das Futter, welches sie hier erhalten, hemmt vollständig* ihre Wirkungen, wenn sie wenig bedeutend herrschte, und eraquo; vermindert sie wenn sie im hohem Grade grassirte. Diese Beobachtungen gründen sich auf eine lange Erfahrung, und sind mir in allen Gegenden des Landes be­stätigt worden. — Es gibt Cantone, in denen sie zu allen Zeiten nur wenig vorkömmt, dahin gehört z. B. der Canton von Salcbry, kaum tödtet sie, dort in bösen Jahren 5 bis 6 Schafe von 100, in diesem Canton werden die Schafe sehr mager gehalten, und es gibt dort wenige Heiden. — An allen Orten, wo man die Weide in den Heiden vermeiden kann, bemerkt man, dass die Krankheit wenig herrscht, und die Pächter, welche durch die Grosse ihrer Güter dazu in den Stand gesetzt sind, sehen sie niemalsquot;.
Berry. Brenne.
Die alte Provinz Berry, die heutigen Departements de l'Indre und du Cher, kann man in das bergige und waldige Oberland, in welches, wie in das Bourbonnois und Nivernois, Ausläufer der Sevcnnen verlaufen, theilen, und liier im Haut Berry, kommt auch Milzbrand, der Pferde Rinder und
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Schafe vor, wie ältere und neuere Beobaclilnngen zeigen*). — Das Balaquo; Berry, welches an die Sologne grenzt, gleicht dieser noch melir oder Weniger, und hier kömmt auch der Milzbrand unter Forraea vor, die der rothen Kranheit der Sologne gleichen, oder sich ihr nähern. — Ein dritter Theil des Berry, das zwischen ludre und Creuzo liegende, an die Touraine grenzend, epilimnische Bassin oder Plateau der Brenne, gleicht in geolo­gischer Beziehung ganz der Beauce, aber während die Beauce sehr frucht­bar ist, ist die Brenne arm und unfruchtbar, während dort die Menschen gesund und kräftig sind, sind sie hier krank und elend; der Unterschied liegt darin, dass in der Brenne die dünne sandige Ackerkrume keinen Kalk enthält, und dass die Brenne noch mit unzählichen Teichen bedeckt ist.
Die Brenne**) bildet den zehnten Theil der Fläche des Departements de l'Indre; sie ist ein ebnes Land, kaum einige kleine Hügel zeigend, einige zertrennte Wälder finden sich, aber gegen die Mitte hin sieht das Auge nichts, als eine Unmasse von Teichen und unfruchtbare Heiden (dort Brandes ge­nannt), nur sparsam einige cullivirle Felder, die elenden Orte weit von ein­ander entfernt.
Der Boden ist allgemein sandig, an den bebauten Stellen mit sparsamer Beimischung von Humus, an manchen Stellen ist er einen Fuss mächtig, aber an andern kanm einige Zolle ; darunter liegt Thon, Mergel oder kieselig-ter Tuff, die iamp;s Wasser nicht durchlassen.
Aus i,en zahllosen kleinen oder grösseren, auch sehr grossen, tiefen oder flachen Teichen, welche mit Fischen besetzt sind) und auf einem nich durchlassenden Boden mit Schlamm bedeckt sind, entspringen kleine Bäche, die sich zum Theil unmittelbar in die das Plateau umfliessenden Flüsse Indre und Crcusc ergiessen, Torzüglich aber in zwei Flüsschen sammeln, die Claise und den Yoisson, die die Brenne durchfliessen und dann in die Creuse fallen. Die Flfisschen haben zwar einen festen Grund, allein da sie wenig Fall haben, so bedeckt sich ihr Boden mit Schlamm und eine Unmasse von Wasser­pflanzen wuchert in und auf ihnen. Sehr oft verursachen sie grosse Ueber-schwemmungen.
Die Cultur des Bodens geschieht besonders durch Wechsel mit der Teich-wirthsaft oder durch Mergeln der Felder. Die Bäume wachsen schlecht, sind mit Flechten und Moosen bedeckt.
Pferde und Rinder sind schwach und schlecht, die Gelenke und Knochen der letztern werden mitTophen besetzt und entstellt, eine enzootische Krank­heit, welche besonders die Kühe nach dem ersten Kalben befällt.
*) S. z. B. Chabert Instr. Vol. I. p, 194. p. 196. **) D'Alphonse Mem. statistiqae de l'Indre 1804. fol. — Bru. ueau Topographie medicale de la Brenne. 1806. — Fran-qnelin Topographie med. de la Brenne. F. 1809. 4.
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Die Menschen haben die rollkommne Sumpfconstituüon, Scorbul, Scro-felu und atonische Fieber sind unter ihnen endemisch.
Die Luft ist immer feucht und einen grossen Theil des Jahrs durch Nebel Terdunkelt. Im Winter und Frühjahr fällt sehr riel Schnee und Re­gen, die Erde wird so durchweicht, dass die Wege nicht zu passiren sind; doch herrschen dann gerade noch keine Fieber. Aber im Sommer und Herbst, wenn die Erde dürr, die Flüsse und Teiche theilweis ausgetrocknet sind, ist die Luft weit und breit mit Sumpfgeruch erfüllt, und die Fieber wüthen unter den Menschen.
lieber die Milzbrandformen kenne ich keine oder doch wenige Beobach­tungen. Unter den Schafen herrscht, oft sehr verderblich eine Form, die sich, wahrscheinlich auch nach den Lokalitäten bald mehr dem Blutschlage der Beauce bald mehr der rothen Krankheit der Sologne nähert; sie ist im Berry gewöhnlich unter dem Namen Mourroi oder Murie bekannt.
Die älteste Nachricht von dieser Krankheit in Berry, welche mir vorliegt, ist bei de Lamerville, welcher über ihre Ursachen und ihr Wesen ähn­liche Ansichten hegt, wie neuerlich Herr Delafond; er nennt sie Apoplexie, und unterscheidet eine blutige und eine seröse *).
In neuem Zeiten ist die Krankheit von Guillaume und von Herpin beschrieben worden.
Guillaume**) beschreibt sie folgendermassen nach seinen Beobachtun­gen im Depart, de l'Indre 1817: „Man sieht die Schafe plötzlich aufsprin­gen und sich auf den nächsten Nachbar stützen, die Augen werden funkelnd, die Lippen werden krampfhaft bewegt, der Schwanz wackelt hin und her, und die Wirbelsäule biegt sich nach vorn herab; das Thier stellt sich wie­der auf seine Fasse, nimmt die Stellung des Stallens an, und wenn ihm die­ses nach heftigen Anstrengungen gelingt, so wirft er nur einige Strahlen ei­nes tiefrothen Urins aus, dessen Ausfluss ihm Erleichterung zu verschaffen scheint, kann aber das Bedürfniss nicht befriedigt werden, so treten furcht­bare Convulsionen ein; einige Minuten darauf erhebt es sich, macht einige unsichere und wankende Schritte ^ seine Augen scheinen für den Lichtein­druck nicht mehr empfänglich, die Bindehaut ist sehr roth, ihre Gefässe in-jicirt, aus dem Maule fliesst ein zäher Geifer. Das Thier macht dann einige Sprünge und biegt sich mit dem Kopfe gegen die Füsse herab; in dieser Stellung verharrt es einige Augenblicke, dann legt es sich anscheinend ruhig
*) De Lamerville Obaervatio n g sut les b^tesälaine dani la Province du Berry. Paris 1786. p. 158. quot;*) Guillaume Epizootie observ^e sur lea tronpeaux des bütes a laine. Annales de I' agri cul ture francaite. 2 Vol. III. p. 129.
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nieder, und verscheidet bald darauf unter neuen Cenvulsionen. Die Sciileim-haut des ersten Magens ist, besonders am Fförtnerende, sehr entzündet (?) und lägst sich in Stächen abschaben, wenn man den dicken Schleim, der sie bedeckt wegnimmt, es verscinviiulcn dann die langen Falten, die diese Haut bildet und von denen einige ecehymosirt sind an einigen Stellen. Derselbe Magen enthält ausserdem eine flüssige roihbraune Materie, welche einen sehr stinkenden Geruch verbreitet; der Pansen zeigt ungefähr dieselben Verände­rungen, obgleich weniger intensiv, die Epidermis seiner Schleimhaut hängt an den Futtersubstanzen und trennt sich mit ihnen ab, wenn man sie weg­nehmen will. Die Harnblase mit sehr dünnem dunkelrothcm Harn halbgefüllt hat auch von aussen eine sehr dunkelrothe Farbe, die zusammengezogenen Harnleiter sind nur wenig entzündet, sehr weich, so dass sie dem ge­ringsten Versuche sie zu zerreissen nachgibt, die Nierengefäse sind ausge­dehnt und verstopft.quot;
Herr Herpin (N. 279) beobachtete die Krankheit im Jahr 1836 in den Departements des Indre und des Cher, er sagt: „Der Anfall erfolgt sehr plötzlich und man erkennt die Krankheit nicht eher, als bis das Thier tödt-lich getroffen wird, dann steht es still wie erstaunt, es spreitzt die Beine aus, als wollte es sich dadurch sicherer halten, es balancirt sich einige Secnn-den, wankt und fällt todt oder sterbend nieder; es bleibt mit ausgestreckten Beinen auf der Seite liegen, kaum dass es einige Bewegungen macht, es athmet sehr häufig und oft mitGeräuch; es sondert feste mit Blut vermischte Excremente aus, und röthlichen Urin; sehr oft fliesst Blut aus den Nasen­löchern; der Bauch treibt sich sehr auf und das Thier stirbt ohne Convul-sionen und Kampf, in Zeit von einer Viertelstunde, oft selbst in einigen Minuten. Das abgelederte Thier hat ein violettrothes Fleisch, welches sehr stark mit Blut injicirt ist, bei einer kleinen Anzahl von Thieren erkennt man Infiltrationen von schwarzem Blut, grosse schwärzliche und blasenförmigc Eccbymosen am vorderen Theil der Schultern und der Schenkel. Die innere Fläche der Haut hat eine carmoisinrothe Farbe; der Bauch ist stark ausge­dehnt, ein stinkender Geruch verbreitet sich aus ihm, selbst wenn das Thier unmittelbar nach dem Tode geöffnet wird. Der von Gas ausgedehnte Pansen enthält gewöhnlich sehr viele Futterstoffe, die Magen selbst sind im normalen Zustande, aber der obere Theil des dünnen Darms ist fast immer entzündet, das unterste Ende des Rectums zeigt fast immer Spuren einer sehr heftigen Entzündung, die sich gewöhnlich bis vier Queerfinger breit über den After erstreckt, hier hat der Darm eine violelte Farbe, während er weiter nach vorn seine normale Färbung behält; die Leber ist normal, was man bei einer so liefen und allgemeinen Affection der Bauchorgane schwer begreift; die Milz ist zweimal oder dreimal so gross, als gewöhnlich, voll von schwarzem dicken und halbflüssigen Blut; ihrParenchym zerrcist bei der geringsten Ge­walt, und zerfliesst unter dem Finger in einem Brei. Herz, Lungen und
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Blutgefässe sind mit schwarzem Blut gefüllt, welches dick syruparlig nicht ge­ronnen ist. Im Gehirn fanden sich niemals Blutergiessungen. Alle geöffne­ten Thiere waren sehr kräftig und gut genährt, alle hatten ein gesundes Auge und gute Wolle, keines zeigte die geringste Neigung zur Fäule.quot; — Er beobachtete, dass ein Schäfer mit dem Milzbrandcarbunkel angesteckt wurde.
Da uns zahlreiche bereits mitgetheilte Beobachtungen bewiesen haben, dass die Organe, durch welche die Blutungen eintreten, sehr verschieden sein können, so kann man keinen wesentlichen Unterschied zwischen der von Guillaume und der von Her pin beschriebenen Krankheit annehmen. — Hurtrel d'Arboral rechnet nun auch beide zum Beauceschen Biutschlag, meint aber die Guillaumesche Krankheit gleiche so sehr derSologner rothen Krank­heit, dass man in der Sologne wahrscheinlich beide nicht würde haben unter­scheiden können. — Dagegen rechnet Herr Del a fond die Guillaumesche Krankheit zum Beauceschen Blutschlag, die Herpinsche zum Anthrax!
Herr Her pin rechnet übrigens die Krankheit mit Recht zu den Milz­brandformen.
Im Nivernais (Depart, de la Mievre) dürften die Verhältnisse ziem­lich dieselben sein, wie im Haut-Berry, dem die physische Beschaffenheit des Landes gleicht. Den hier enzootischen Milzbrand aller Hausthiere, wie er ihn vom Jahre 1816 bis 1844 im Arrondissement Chateau Chinon all­jährlich behandelte erwähnt B o i z o t (S. 338.) Als Hauptursache betrachtet er das Saufen Ton Sumpfwasser der Karrenochsen, die zuerst erkranken und dann die übrigen Thiere inficiren. lieber eine ausgebreitete Epizootic im Sommer 1846 berichtet Renault*). Auch er betrachtet Sümpfe und sumpfige Tränken als die Hauptursachen.
Dagegen möchte wohl das Bourbonnois (Dep. de l'AIlier) schon den eigentlichen Milzbrandländem des südlichen Frankreichs (Aurergne, Dauphine, Languedoc) an die es grenzt, sich sehr nähern; in der Geschichte der grossen Milzbrandepizootien werden die Gegenden von Gamial**) und Moulins gewöhnlich genannt, und Baraillon (N. 74) nennt bereits den Zungenkrebs um Moulins als enzootisch. Unter den Menschen herrschen in vielen Gegenden z.B. um Cusset Wech s elfieber. Eigentliche Sümpfe sind wohl eben nicht vorhanden, aber die Süsswasserformationen, und der Mergelboden der Becken und Thäler, die der Malariabildung verdächtig sind,
Bourgogn e. Die Bourgogne vorerst mit Ausschluss der Bresse (die Depart. Cute
*) Recueil de m ed. vet. vol. XXIII. p. 545. und ein bissiger Ar­tikel aus dem Constitutionel in: Clinique vet er. XVII. p. 383.
*) Wo auch Lungenbrand 1783. S. Instr. et Obs. vol, IV. p. 251. und andre Milzbraudformen an andern Orten Ibid. p. 556.
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d'Or nnd Saone et Loire) ist in der Geschichte mit am früheaten als Silz des endemischen Milzbrandcarbunkels des Menschen bekannt.
Dass der Mizbrand hier wie in der angrenzenden Fran ehe Comte unter den Thieren enzootisch ist, beweisen mehrere Beobachtungen: Schon die Schriften über die Pustula maligna des Menschen in der Bourgogne (Pustule de Bourgogne, Puce de Bourgogne) von Fournier (ß- 4reg;)) Chambon (X. 47.), Thomassin (N. 48.), Saucerotte (N. 4laquo;.), Enaux et Chaussier (N. 64.), welche den thierischen Ursprung der Krankheit zuerst am bestimmtesten nachwiesen.
Nach Thomassin ist die Krankheit am häufigsten in dem ebenen Lande zwischen Dijon, D 0 le und Chalons-sur-Saone.
Aus dieser Gegend liegen schon mehrere ältere Berichte vor: So be­schreibt Bergifere unter dem Namen Muri e eine enzootische Krankheit des Rindviehs in der Gegend von Vercel in der Franche-Comte *) die nichts andres als Milzbrand ist.
So schreibt Brazier aus Baume - les - ü am es: „Dieser Distrikt wird bewässert von drei Flüssen, dem Loignon, der Doubs und der Des-soubre.. Die letztere rollt mit grossem Lärm sehr helle Wasser am Fusse der Gebirge dieses Cantons, ihre Ufer sind sehr steil. Das Vieh der Um­gegend leidet an Halsbräunen und Carbunkeln, die Menschen selbst sind davon nicht frei. Diese Krankheit herrscht besonders wäh­rend der grossen Hitze. — Die Doubs ist der grösste und zugleich der ru­higste der drei Flüsse. Das Vieh, welches an seinen Ufern weidet, ist Durch­fällen (fluxes hepatiques) sehr unterworfen, die Symptome, welche diese Krank­heit begleiten, sind Traurigkeit, Kleinheit und Unregelmässigkeit des Pulses, Mangel an Appetit, das Haar sträubt sich, den Ausleerungen gehen Zittern der Extremitäten und oft kleine Convulsionen voraus. — Der Fluss Loignon ist von schönen Wiesen umgeben, er tritt oft über seine Ufer und bedeckt dann die Länder mit Sand. Sein Wasser -ist oft gelb und dick von den Abflüssen der Hüttenwerke, welche er aufnimmt, das Gras selbst ist davon gefärbt und bedeckt. Davon rührt es vielleicht her, dass das Vieh seiner Umgegend oft an Phthisis leidet; auch sind sie sehr Dysenterien und Was­sersuchten unterworfen, sowie dem Carbunkcl, der in dem Lande bekannt ist unter dem Namen Puce maligne, und einer Art von Schwindel den man mal de chevre nennt. Dieser ganze Bezirk ist sehr uneben und von einer grossen Anzahl sehr fischreicher Bäche durchschnitten; daher ist seine Temperatur sehr wechselnd **).quot;
Millet aus D 61 c schreibt daselbst: „Die Pferde sind in diesem Dis-
•) Mlaquo;m. de l'Acad. de med. Vol. I. Hist p- 24(1. *) Daselbst p. 247.
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triktc sehr dem Schwindel unterworfen und der Art von Carlmnkel, welche man Arant -coeur nennt.quot;
In derselben Zeitschrift findet sich auch die Beschreibung einer Milz­brand ep i zoo tie aus der Gegend von Dijon: „Die Krankheit, welche in den letzten Monaten des Jahres 1772 und den ersten des Jahres 1773 un­ter den Ochsen zu Gissey-sur-Onche und den benachbarten Orten herrschte schien ein bösartiges Entzündungsfieler zu seyn. Man konnte kaum die er­sten Symptome des Anfangs der Krankheit unterscheiden^ weil das Thier im­mer frass und selbst mit mehr Gier als gewöhnlich und die Fresslust nicht eher als 12. Stunden vor dem Tode verlor. Bei genauerer Untersuchung fand man, dass das Thier den Topf etwas senkte, dass die Augen starr und thränend waren, seine Muskeln zuckten, der Kopf wackelte von Zeit zu Zeit, bald wurde es heiss und der Puls schlug sehr heftig. Einige waren schwä­cher auf einem Beine, dieses war gewöhnlich geschwollen. Es erhoben sich eine oder mehrere Geschwülste, entweder auf dem Rücken oder längs der Lenden, an den Flanken oder auf den Schultern, aber am gewöhnlichsten auf dem Rücken und oft auf beiden Seiten. Diese Geschwülste hatten ihren Sitz in dem Zellgewebe zwischen dem Hautmuskel und den Muskeln, sie ent­hielten eine röthliche und brennende, jauchigte Serosität, die einen sehr Übeln Geruch verbreitete; leerte man diese Materie nicht aus, so infiltrirte sie sich in die Flanke des Thiers und bildete unter dem Bauche eine neue sehr grosse Geschwulst, das rothe Wasser, welches ausfloss, war nicht immer in einer einzigen Höhle enthalten. In mehreren Geschwülsten fand man eine grosse Anzahl Hydatiden oder kleinen Blasen, von denen einige ein schwar­zes und geronnenes Blut enthielten, andre, und die mehrsten, die oben be­schriebene Jauche. Kam man dem Thiere nicht zu Hülfe, wenn die Ge­schwülste gebildet waren, so starb es unter Brüllen, zuweilen in 24 oder 48 Stunden. Bei der Oeffnung der Leichen sah das Fleisch unter der Haut wie verbrannt aus; drückte man auf die geöffneten Venen so trat das Blut in schwärzlichen Klumpen aus wie zu stark gekochte Johannisbeeren-Gelee; diejenigen bei welchen sich eine Ablagerung an einem Vorder- oder Hinter­Schenkel gebildet hatte, hatten an dieser Stelle das Zellgewebe wie verbrannt, in dem Umfange von zwei oder drei Querfingern. Bei denjenigen, wo die Beine nicht angegriffen waren, hatte sich die scharfe Jauche oft nicht darauf beschränkt längs der Flanken und unter den Bauch sich zu senken, sondern es hatte oft den Zellstoff und die Mushein durchdrungen, bis auf die Nieren; die Leber war geschwollen, man fand sie selbst zuweilen, in einem hohen Grade der Putridität; die Milz hatte immer eine ungeheuere Grosse, oft zer-riss sie bei der leichtesten Berührung, in andern Fällen schien sie mit klei­nen blauen Flecken bedeckt. In einigen Ochsen fand man einen Carbunkel auf dem Darmcanal.. . . Diese Krankheit war im Anfang ansteckend. Da die Thiere immer frassen, so bemerkte mau keine Vorläufer der Krankheit,
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sie starben ganz unerwartet; die Oeffnung gab erst Aufschhiss und machte, dass man die übrigen Thiere aufmerksam beobachtete; man sah sie dann alle jeden Tag aufmerksam durch, wenn eines sehr gierig frass, so hatte es schon Fieber, und bald entdeckte man die erwähnten Geschwülste auf dem Rückenquot; *).
Es scheint also der Milzbrand Torzugsweise als Beulenseuche in der Bourgogne vorzukommen.
Nach den Beobachtungen der oben genannten Aerzte muss man wohl annehmen, dass die Infectionen der Menschen in der Bourgogne vorzugsweise häufig sind. Dass dieser Zustand wie er im vorigen Jahrhundert bestand, auch in den neuesten Zeiten noch fortbesteht, beweist die Beobachtung eines Arztes und der darüber erstattete Bericht der Academic zu Dijonquot;).
Der eigentliche Heerd dieser Milzbrandenzootie der Bourgogne liegt nach obigen Mittheilungen zwischen Dijon, Döle und Chalons sur Saone, also in der breiten Alluvial-Thalebene, welche sich vom Fusse des Schweizer Jura zum Fuss des französischen Jura ***) oder der Cöte d'or erstreckt, die hier die kostbarsten Weine Frankreichs trägt. Die Hügel, welche die Ebene be­grenzen, bestehen wesentlich aus Kalk. Leider habe ich die agronomischen Schriften über diese Departements nicht zur Hand, ebensowenig Morelats Statistique oenologique, welche genauere Bodenangaben enthält, ich weiss daher nicht, ob der Boden dieser Ebene vielleicht besondere Bedingungen der Malariabildung enthält, derselbe ist sehr reich und fruchtbar. — Die Saone durchströmt die Ebene in ihrer ganzen Länge und nimmt von beiden Seiten bedeutende Zuflüsse auf. Ausgedehnte Ueberschweramungen kommen jedes Jahr vor. — Dijon liegt 680 Fuss hoch, Verdun am Einfluss des Doubs in die Saone 528 Fuss, Macon an der unteren Saone 462 Fuss.
Die gewöhnlichen Begleiter des Milzbrands der Thiere die Wechselfieber des Menschen fehlen auch hier nicht; die eine längere Reihe von Jahren bekannt gemachten Berichte aus Dijon erwähnen sie jährlich. Eben so wer­den sie von de Loisy als endemisch in Chalons beschrieben. Auch gehört diese Gegend bereits zu denen, wo die Angina maligna wiederholt epidemisch geherrscht hat.
Dombes und Bresse.
Dieses unglückliche Land, im Departement de l'Ain, ist oft beschrieben worden, am besten in den letzten Zeiten von Puvis, Bottex, Monfrin,
*) Daselbst p. 282.
deg;deg;) Guyotsurune v ar i e 16 d e I a pus tule maligne. Travaux de la Soc med. de Dijon 1843. p. 114. *quot;) Nicht dem Namen, sondern seiner Bildung nach. Die Cdte d'or ist Fort­setzung der Sevennen.
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R i t o i r e u. i. v. Es ist nicht, vie man früher wohl meinte, ein tiefet Becken, sondern eine 30 Quadratlieues umfassende, unmittelbar am Fuss des Jura, zwischen den Flüssen Veyle, Saone, Rhone, Ain liegende, leicht von Südost gegen Nordwest geneigte Hochebene, deren Mitte über 300 Fuss fiber den Thälern der genannten Flüsse liegt. Offenbar hat sie die gröste Aehnlichkeit mit der Brenne und Beance.
Dieses Land ist mit einer Unzahl von Sümpfen und Teichen bedeckt aus denen Bäche der Veyle und Saone zufliessen. Die Ackerkrume ist grös-tentheils nur ein paar Zoll tief, und darunter liegt undurchlassender viel Eisenoxyd enthaltender campacter Thon. Besser ist der Boden der Teiche, hier fand Riboud zuerst eine Lage Torf von verschiedener Mächtigkeit, darunter eine zweite Schicht mit feinem Sand vermischten Torf, dann grobe Kiesel mit leichter Erde, eine vierte mehr Thon enthaltene Schicht, dann undurchlassende Bänke von Thon und Mergel. Natürlicherweise hat man auch hier die Gelegenheit benutzt, einen Wechsel von Teichwirthschaft und Acker­bau einzuführen, zum grossen Nachtheil der Gesundheit. Den grössten Theil des Jahrs ist Luft mit Nebeln und Sumpfdünsten gefüllt.
Die unglücklichen Bewohner sind ihr kurzes Leben lang von bösartigen Wechselfiebern geplagt. Monfrin führt an, dass Gangrän aft vorkomme. Ergotismus hat oft epidemisch geherrscht.
Dass die Hausthiere elend und kachektisch sind, dass sie an der Fäule leiden, wird allgemein angeführt; dagegen wird wunderbarerweise der Milz­brand nicht genannt! Er muss unter den angegebenen Yerbältnissen häufig sein.
Aber freilich noch viel bedeutender herrscht der Milzbrand in den fol­genden Provinzen des südlichen Frankreichs', wo er nicht allein von den Rö­mischen Schriftsteilern bereits in mehreren Provinzen erwähnt wird, seine Epizootien von Gregor von Tours schon beschrieben werden, sondern von wo auch die grösten Epizootien in neuerer Zeit ausgegangen sind.
Wenn wir nach dem Westen zurückkehren, so finden wir, gleich unter der beschriebenen traurigen Brenne, ein sehr fruchtbares Land, welches sich den Namen der Garten Frankreichs verdient hat, die T o u r a i n e. In solchen Ländern kann freilich die Frage entstehen : ob nicht die Unmasse der Mala­ria benachbarter Länder sich auf sie verbreitet? Nach den uns bekannten Gesetzen der Verbreitung der Malaria ist das sehr wahrscheinlich. Es fehlen in der Touraine so wenig Wechselfieber der Menschen als Milzbrand der Thiere. — Verfolgt man aber die Loire abwärts, so nehmen diese beiden Krankheiten immer zu bis man in der Loire inferieure und um Nan­tes in ein Land voll bösartiger Wechselfieber unter den Thieren gelangt. Eine Schilderung dieses Sumpflandes *) reicht aber hin um die Gegenwart dieser Krankheiten zu begreifen.
•) Aus der neuesten Zeit darf mau nur die Berichte in den Rapport du
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Im Hoch-Foitou kömmt der Milzbrand unter der Schafen häufig als Blutschlag, vie in der Beauce und im oberen Languedec vor; dagegen in dem verrufenen'Sumpflande der Brouageais und der Basse Saintonge, um die Orte Rorhefort, La Rochelle, Brouage herrschen Milzbrand und Fäule eben so allgemein in allen Formen unter den Hausthiesen, wie die bösarti­gen Wechselfieber unter den Menschen, wie die bekannten Darstellungen von Loucadou, Retz u. s. w. in altern, von Lesson, Godelier, Cornay in neuern Zeiten zeigen. Es ist ein neuer Älluvialbodcn des Meers und der Charente, dessen Hügel aus Kreide oder aus Eisensand bestehen, ehemaligen Klippen oder Inseln, zwischen denen ein undurchlassender Tlion abgelagert ist, welcher im Sommer austrocknende Sümpfe bildet. Das Land ist den grösten Theil des Jahrs hindurch mit Sumpfnebeln bedeckt.
Im zweiten Abschnitt unter dem Jahre 17C3 habe ich eine Beschreibung eines Theils dieses Landes von Nicolau mitgetheilt.
Interessant sind manche Symptome der endemischen remittirenden Fieber der Menschenj wie sie Retz mittheilt; sie sind geeignet die Verwandschaft dieser Fieber mit denen der Tropenländer, dem gelben Fieber u. s. w. nachzuweissen und Licht auf das Wesen dieser, wie des Milzbrands zu werfen: „Die Krankheit beginnt (bei Fremden die nach Roschefort im Sommer kom­men) mit Schmerzen im Kopf und über den Augenhöhlen, begleitet von einem Gefühl von Druck in der Magengegend, Uebelkeiten, Neigung zum Er­brechen, Gefühl von Mattigkeit, abwechselnd Frösteln, Hitze, und zuweilen Schweiss. Das Gesicht ist roth, die Gefässe der Bindehaut von Blut strotzend, die Zunge belegt und dunkelroth an den Rändern, das Athmen etwas schwer, der Unterleib gespannt, die Hypochondrien schmerzhaft. Die Kranken leeren viele Winde und zuweilen Würmer aus dem Munde aus; das Erbrechen kehrt bei jedem neuen Anfall von Frost zurück, um diese Zeit ist der Puls stark, hart und gespannt, er entwickelt sich später und wird gross, voll und sehr hart, bis zum Ende der Remission, wo das Frösteln wiederkehrt. Nach dem An­falle wird der Urin, der Anfangs roth, hell und durchsichtig war, gelb trüb und lässt einen Bodensatz fallen der aussieht wie eine Mischung von Ziegel­mehl und Kreide. Diejenigen, bei welchen der Urin hell bleibt, sind Blutungen durch die Nase unterworfen. Anstatt der Blutungen entwickelt sich bei vielen Kranken ein Hautausschlag über den ganzen Körper von dicht stehenden rothen Flecken oder Erhabenheiten, welche denen gleichen, welche nach Wanzenbissen entstehen. Das Volk nennt diesen Ausschlag la platrelle; es ist eine Art Scharlach, der aber nur symp-
Conseil de Salubrity de Nantes oder in dem Journal de M c (1 c eine de la Loire inf^rieure lesen.
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tomatisch ist, er erscheint gewöhnlich nach jeder Exacerbation, verschwindet in der Remission, um in der folgenden Exacerbation wieder zu kehren. Das Fieber ist anhaltend-remittirend, es dauert gewöhnlich 18 Stunden, während dieser Zeit ist das Kopfweh grosser, Hitze und Eingenommenheit ausser-ordentlichgt; der Durst unlöschbar, endlich kündigt sich die Remission durch Schweiss an. Die Remission dauert gewöhnlich 6 Stunden, worauf die folgende Exacerbation wie die erste eintritt, gewöhnlich ist sie aber schwächer und kürzer, so dass die zweite Remission länger dauert. Exacerbationen folgen sich so, dass die dritte der ersten entspricht, die vierte der zweiten, also wieder kürzer und schwächer. Zuweilen sind die Krauken nach den ersten Anfällen sehr ruhig und fast ohne Fieber, während der Remission; dieser Wechsel von Aufregung und Ruhe des Organismus in diesen Krankheiten verleidet oft zu einem Irrthum (?) und macht, dass man sie sehr oft mit Wechselfiebern verwechselt (?) und unpassend (?) doppelte Terlianfieber nennt. Ein anderer Grund gibt oft Veranlassung zu diesem Irrthum, diese anhalten­den Fieber gehen nämlich oft nach den ersten Tagen in Wechselfieber überquot; *) u. g. w. Er beschreibt nun die vorkommenden bösartigen Fieber.
Eine vollständige Beschreibung der Formen der hier so häufig vorkom­menden Milzbrankheiten kenne ich nicht. (Die Statistik von Deluistre ist mir unbekannt geblieben.
6 u i e n n e.
Allgemeiner und weiterverbreitet ist der Milzbrand noch in der Guienne.
Schon im Perigord (Depart, de la Dordogne) beschreibt Felix eine von ihm 4 Jahre lang beobachtete und verheerende Epizootie der Schweine, die man für Milzbrand halten muss, und zwar Brandbräune und Hautbrand, wenn es nicht die anomale, bösartige Pocken waren? (X. 214.) Die Krank­heit begann nach ihm in der Mitte des Departements in nebelreichen, tiefen, feuchten Thälern und breitete sich allmählich immer weiter bis in die Gas-cogne aus. Doch wie gesagt, es können auch brandige Pocken gewesen seyn.
Häufig scheint dagegen der Milzbrand im Querzy zu seyn, im zweiten Abschnitt haben wir eine Epizootie daselbst unter dem Jahr 1786 beschrieben. Im Jahr 1835 beschreibt Cruzel Milzbrand der Rinder in derselben Gegend**).
In diesen selben Gegenden kommen Wechselfieber unter den Men­schen vor***).
Im Agenois u. s. w. kam der Milzbrand 1822 vor****).
*) Retz Precis d'O bs er vations sur les Mal. ep. de Roche­fort. P. 1784. p. 61.
'quot;) Jour. d.es Progres des Sciences zooiatr. Vol. VII, p. 65.
*-•) Mem. de I'Acad. de Med. Vol. I. p. 201.
quot;•,) S. dieses Jahr Abscbn, 11. — Auch N. 139.
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Allgemeiner aber scheint er an den Grenzen des Langucdoc und der Au-Vergne im Depart, des Avcy ron zu sein. Besonders unter den Schweinen soll er sehr Terheerend herrschen. Ro che-Lubin *¥*) sagt darüber Folgendes: „Im ganzen Departement des Aveyron, und vorzugsveise im Arrondis-sement Ton Saint-Affrique kennt man unter den Namen Rouget, Rou­geole, Malrouge, Vilainu. s. w. eine Krankheit, welche ich unter dem Namen des Carbunkel-Typhu s der Schweine beschreiben werde. Das Arrondissement von Saint-Affrique war dasjenige, wo die Krankheit am beständigsten und mit der grössten Intensität herrschte. Hier habe ich die Krank­heit zuerst in den Jahren 1833 und 1834 beobachtet und behandelt mit allen ihren Symptomen, in ihrem Verlaufe und ihrem fast immer tödllichen Aus­gange. Es gibt Gemeinden wo dieser Carbunkeltyphus ganz enzootisch ist; dieses ist besonders am ganzen linken Ufer des Tarn der Fall, von den Grenzen des Arrondissements Milhau bis dahin wo er das Derpartement ver-lässt, besonders haben aber die Cantons von Saint-Sernin gelitten. Die Thierärzte haben ihn eben so in den Departements des Cantal, des Tarn und der Lozere beobachtet, wo er mit ähnlichen Symptomen wie hier zu herrschen scheint. — Von Ende des Jahres 1835 bis zu Ende des Jahres 1836 forderte er im Aveyron nicht viele Opfer, er hatte selbst Ton seiner Bösartigkeit verloren; aber während des Sommers und Herbstes 1837 er­schien er wieder mit allen seinen verheerenden Wirkungen, und verbreitete sich allgemein über die Arrondissements von Rodez und Villefranche, wo er auch alle Schweineheerden vernichtet hat, die man aus Leichtsinn oder Un­wissenheit der Ansteckung oder den wahren Ursachen der Krankheit nicht entzogen hat. Im Arrondissement Rodez blieben die Schweineheerden im Cantal verschont, während die im Segalas verheert wurden. In Arron­dissement von Villefranche suchte die Krankheit vorzugsweise die niedrigen und feuchten Localitäten heimquot;. — Die Symptome, die der Verf. angibt, sind die bekannten; den Ursachen der Enzootie hat der Verf. nicht die er­forderliche Aufmerksamkeit gewidmet- — Derselbe Arzt hat aber auch Milz-brandepizootien andrer Hausthiere beschrieben. So dürfte eine epizootische gangränöse Matritis, die derselbe beobachtete, (nach erst kranken und dann sehr reichlichen Futterstoffen) die eine grosse Anzehl von Schafen nach dem Lammen wegraffte **), wohl Folge des MJlzbrands sein, wenn man vergleicht, was unten in der Atheologie über die Wirkung des Milzbrands auf trächtige Thiere angeführt werden wird. — Derselbe beobachtete eine Lungengangrän
*) S. N. 267. 268.
*) Roche-Lupin Metrile obierv^e aur un troupeau de 180 bribis. Journ. de Med, vet. prat. 1836. Mai.
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der Schafe *), die wohl auch zum Milzbrand zu rechnen sein wird. Die Boden­beschaffenheit wird der des Tarn sehr ähnlich sein, wo ich sie ausführlicher angeben werde.
In der sumpfreichen Niederung der Gironde, in Medoc u. s. w., to die Wechselfieber in allen Formen die mehrsten Menschen heimsuchen, ist wenig­stens der Milzbrand der Schafe häufig, wie es sich bei den übrigen verhält, weiss ich nicht, obgleich eine gute Anzahl Schriften von Statistikern, Agronomen und Aerzten vorliegen.
Dasselbe ist der Fall in den Landes der Gascogne bis Bayonne. Von den Provinzen unter den Pyrenäen fehlen mir Nachrichten bis in das Rous-sillon. In dieser Provinz waren früher die Wechselfiche r der Menschen ausserordentlich häufig, jetzt sollen sie nur noch um Salces und Perpig-nan herrschen. Unter den Schafen, wie es scheint aber auch unter an­dern Thieren ist der Milzbrand im Boussillon sehr häufig. Das Roussil-lon, welches in Frankreich die älteste, seit Jahrhunderten bestehende, fein­wollige Schafzucht hat, hat diese Krankheit der Schafe auch schon sehr lange gekannt; aus neuem Zeiten sind mir zwei Berichte von Tessier und von Dupuy bekannt.
Der Bericht von Tessier ist aus dem Jahre 1801: „Hundert Spani­sche Schafe und Tier Widder, von denen, welche Gilbert eingeführt hatte, wurden einem Kaufmann in Perpignan ans der königlichen Schäferei in den Pyrenees orientales überlassen. Einige Tage nach der Ankunft dieser im besten Gesundheitszustand befindlichen Hcerde auf einem Gute des Herrn M. starben einige Schafe, bald darauf mehrere und so in kurzer Zeit 70 Schafe, und 2 Widder. Nach den mitge the Uten Nachrichten verrieth kein Zeichen den bevorstehenden Tod eines Thieres, es wurde wie vom Blitze weggerafft, die fettesten Thiere erlagen zuerst. Bei der Oeffuung fand man nichts Be-merkenswertfaes, als dass die Milz voll von schwarzem Blute war. Unter den Ursachen, welche man annahm, beschuldigte man die neue LoraUtät, wohin man die Thiere brachte**)? a^er m'1 Unrecht, denn die Schäferei des Herrn. M. ist geräumig gut gelegen und gut gehalten. Man erzählt, dass dieser Mann 4 bis 5 Jahre früher an demselben Orte 150 Schafe verloren habe, allein es ist durch nichts bewiesen, dass sie an derselben Krankheit starben #9830;#9830;#9830;).quot; T. sucht die Ursache im Treiben bei grosser Hitze und viel-
•*•) Pneumonie epiznotiqae obraquo;, s ur les bdtes amp; iaine dans I'arrondissement de Sant-Affrique. Daselbst. Juni.
''*} Und zwar wohl mit Recht, leider wird sie nicht beschrieben, aber um Perpignan wird es wohl nicht viel Gesunde geben, da selbst gesundes Trinkwasser fehlt. Bekanntlich unterliegen nicht aeclimatisirte Thiere am schnellsten.
'quot;) Annales d'Agricnlt. Frank. 1861. p. 371.
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leicht im Trinken schlechten Wassers auf dem Wege; allein dann hätten sie wohl früher erkranken müssen.
I) u p u y hält die hier vorkommende Krankheit für gleich mit der Krank­heit der Sologne, worin man ihm wohl im Allgemeinen beistimmen wird; aber auch für gleich mit der Fäule, worin er jedenfalls zu weit geht, wenn sich gleich in der Folge ergeben wird, dass etwas Wahres in der Behaup­tung liegt. Sein Bericht an den Fräfecten des Pyrenees orientales über die Sterblichkeit in der königlichen Schäferei ist folgender: „Bei der Oeffnung fand man den ersten Magen mit Futterstoffen angefüllt; seine innere Fläche bot nichts Abnormes dar; dasselbe gilt von dem zweiten und dritten Magen. Der vierte Magen enthielt sehr wenig grünliche Flüssigkeit, die Schleimhaut desselben war etwas injicirt und röthlich. Der dünne Darm enthielt Luft und eine kleine Menge Chylus. Der dicke Darm war vie in gesunden Thie-ren. Die Milz war vergrössert, ihr Gewebe erweicht, sie enthielt viel dickes, sehr schwarzes Blut, welches einen schwarzen Brei bildete, wie man es in den Schafen, die an der Krankheit gestorben sind, welche man uneigentlich das Milzblut (sa ng-de-r ate) nennt. Die Nieren waren weich, über­füllt mit flüssigen schwarzem Blut; der geringste Druck reichte hin dasselbe durch die Hamcanalchen hervordringen zu machen, auch war die in der Blase enthaltene Flüssigkeit roth und blutig. In der Brusthöhle waren die Lungen vollgepfropft von schwarzem Blut und sie fielen nicht zusammen, ihr Gewebe war leicht zecreisslich. Kehlkopf, Luftröhre und Bronchien waren mit schaumigtem rothem Schleim gefüllt. Das Herz und die Gefässe, beson­ders die Venen enthielten nicht geronnenes, wie aufgelöstes oder nicht con-sistentes Blut. Das blasse weiche Gehirn, so wie das Bückenmark enthiel­ten wenig Blut. Die lymphatischen Drüsen am Eingang der Brust und um den Kehlkopf waren schwarz, erweicht, mit Blut gefüllt, wie bei Thieren, die am Anthrax gestorben sind. Eben so war das umgebende Zellgewebe alterirt. — Die Symptome der Thiere bestanden in Convulsionen und Zit­tern; die Kranken zeigten ganz ähnliche Erscheinungen wie Thiere, die man unter eine Glasglocke setzt und sterben lässt ohne die Luft zu erneuern. Der Tod erfolgt bei dem Blutstallen der Schafe (Fisse-sang) auf ähnliche Art und eben so schnell wie bei dem erwähnten Versuche. — Wenn wir nun nach den Ursachen dieser Sterblichkeit forschen, so müssen wir darauf aufmerksam machen, dass sich dieses Blutstallen (Fisse-sang) seit einigen Jahren gezeigt hat, gerade zu derselben Zeit, wo die Bewohner dieser Gegenden, die Bewohner der königlichen Schäferei, an schweren Wechsel fiebern litten; man hat mich sogar versichert, dass in den be­nachbarten Dörfern eine grosse Anzahl Menschen an diesen Fiebern gestor­ben sind, woraus man also sdiliesscn muss, dass sie bösartig waren. Die Landwirthe beklagen sich nmh, dass das Getreide an einer Krankheit leidet, welche man Rost nennt; dieser Umstand beweisst, dass die Atmosphäre
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warm und feucht war, weil man gewöhnlich die Nebel beschuldigt, class sie den Rost erzeugen. Diese Krankheiten, welche gleichzeitig den Menschen, die Thiere und die Pflanzen befallen, müssen eine gemeinschaftliche allge­meine Ursache haben, welche gleichartig auf sie wirkt und ihre LebensTer-richtungen stört. Nun können wir aber nicht die Nahrungsmittel anklagen, die zu verschieden sind, um eine gleiche Wirkung hervorzubringen, es bleibt daher nur die Luft, welche das Vehikel der fauligten Emanationen des Bo­dens wie der Wärme und der Feuchtigkeit werden kann......Ich schliesse
daher: dass das Land, wo das Blutstallen (Fisse-sang) herrscht, in der Nähe des Mittelmeers liegt; dass durch dasselbe zwei Flüsse fliessen, deren Bett einen grossen Theil des Jahrs der Luft biosgelegt ist, dass sich die Gewässer dieser Flüsse in geringer Entfernung von dem Meere im Sande verlieren, dass dadurch das Wasser mehr stehend wird an vielen Stellen. Ich füge hinzu, dass der in gewissen Jahreszeiten wehende Seewind die Zersetzung der vegetabilischen und thierischen Stoffe begünstigt, woraus ver­derbliche Effluvien entstehen, welche Wcchsdficber erzeugen, an denen auch die Bewohner sehr häufig leiden. Das einfachste und wohlfeilste Mittel um das Blutstallen zu beseitigen ist daher, die Heerde wandern zu lassen, sie aus dem Infectionsheerde zu entfernen, und einige Monate in den benach­barten Bergen weiden zu lassen *).quot;
Hier war es also der Blutschlag der herrschte, sonst behauptet 6a spa rin, dass im Rousillon die Beulenseuche häufiger vorkomme.
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Languedoc.
Das Languedoc ist von den ältesten Zeiten her als ein UaüptsiU des Milzbrands bekannt, und zwar in seinen nördlichsten wie in den süd­lichsten Gegenden.
In dem ehemaligen Hoch-Languedoc gleicht das Departement du Tarn den früher erwähnten Dep. de l'Aveyron und du Tarn et Garonne. Es ist gebirgig durch Gebirgsrücken der Sevcnnen, die es durchziehen. Im Norden und Osten bestehen diese aus kryslallinischeu Urgebirgsgesteinen, Granit (z. B. Roquecourche, Mural), Gneiss, Glimmerschiefer (z. B. St. Amans); im Süden und Westen herrschen die französischen Faluns, Mühlsteine, Sand­steine von Fontainebleau (z. B. um Castres), Pliocenen, Gryphitenkalk u. s. w. sind vom beschränkten Vorkommen, ausser den Flussthälern findet sich die Ebene von Gaillac aus Alluvialbodcn bestehend. Auf das Vorkommen von Fiebern und Milzbrand hat die geognostische Beschaffenheit der Gebirge kei­nen unmittelbaren Einfluss. Eher möchte das auch hier von dem daraus her­vorgehenden Boden gelten.
*) Jonrn. pratique de Med. vet. Vol. III. p. 287. (1828).
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Genauere Darstellungen der Verhältnisse des Ober und Unter - Bodens u. s. w. kenne ich aber nicht. Schwerer, kalkhaltiger Thonboden herrscht am Tarn um Lautrec, Vielmnr, Castres u. s. w., sandiger Thonboden um Revel u. s. w. Albyu. s. tf. Sehr allgemein scheint aber ein nicht durchlas­sender Unterboden aus Gerollen und Thon vorzukommen.
Häufiger Witterungswechsel, kalter Südostwind, Trockenheit und unzei­tige Regen schaden oft der Vegetation. Der Weizen leidet oft durch Rost. — Das Departement du Tarn gehört aber zu denen, wo die Roggencultur eine sehr grosse Ausdehnung hat. Als häufige Krankheit desselben wird das Verhornen (Le racornissent) angeführt*). Der Maisbau ist auch sehr ausgedehnt.
Dass hier, und namentlich im Distrikt Castres der Milzbrand eben so allgemein enzootisch ist, wie in den oben erwähnten angrenzenden Distrik­ten des Aveyron zeigen die Schriften N. 198 bis 202. N. 183 und 184. N. 252. N. 253. N. 280. In der letzteren findet sich eine Beschreibung dieses Distrikts.
Zugleich ist diese eine der Gegenden, wo der Milzbrandcarbunkel des Menschen am frühesten beschrieben ist, und zwar unter dem auch jetzt noch dort gewöhnlichen Namen Malvat. Borel aus Castres erzählt nämlich: „In der Stadt Ro quecourbe bei Castres ist eine Krankheit häufig, welche Malvat genannt wird. Sie ist eine Art des Carbunkels und die Kranken pflegen an ihr zu sterben, wenn sie nicht 9 Tage schlaflos zubringen. Um diese Schlaflosigkeit zu bewirken, werden die Kranken von ihren Freunden und Verwandten besucht, die bei ihnen trinken, singen, Musik machen essen und gleichsam Orgien feiern. Es ist als wenn die Kranken am Veits­tanz oder am Tarantismus litten. Während dem wird der Carbunkel um­schnitten, Schröpfköpfe angesetzt und mit Unguent, basilici. verbunden. Ich glaube aber, dass der Carbunkel durch ein Gift entsteht, das in der Wolle der an ansteckenden Krankheiten gefallenen Schafe haftet; denn solche Wolle gebrauchen die Bewohner jener Stadt bei den Gewerben,, die sie beständig treiben, daher auch das Uebel nur im Gesicht und an den Händen, und bei den Aermeren, namentlich bei Wollenarbeitern entsteht**).quot; Wechsel­fi eher sind vorhanden.
•) „Cet accident n'arrivc qu'a l'^poque de la maturity du grain. Apres une ros£e abondante, si le soleil vieut a frapper tout k coup les 6pia charges d'bumiditä avant que le vent ne se leve pour contrebalancer l'ardeur de ses rayons, e'en est fait de la recolte, le grain se fond dans son enveloppe et se racornit au point de n'iHre plus que de mauvaise dtfalite. Dans cet 6tat 11 est difficile de l'extraire de sa ballequot; Agri-culture fr ancaise. Dep. duTarn. P. 1845. p. 231.
*'} „In nrbe Rupecurvensi prope Castra frequens elaquo;t morbus, Maluat vogt; catus, qui species carbunculi est, quo, nisi novem dies insomne* tradu*
Htnaingir, Milibrond.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 20
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Im benachbarten Bas-Vivarais wird die Krankheit auch schon von einem etwas älteren Beobachter unter den Schafen erwähnt. — Ma-dier in seiner Topographie von Saint-Andeol an der Rhone, be­schreibt den Boden in der südlichen Ebene als fetten Älhmalboden der Khone, im nördlichen Theil einen ziemlich mächtigen durchlassenden Boden mit schwerem thonjgen Unterboden. Ueberschwemmungen der Rhone häufig auch Sümpfe. — Nebel und Thaue sind gefährlich für die Vegetation im Frühjahr (wie in der benachbarten Proyence). — Man baut auch noch Roggen, soll aber Mutterkorn nicht kennen. Weizen ist aber die Hauptfrucht, er leidet am Flugbrand, wenn es regnet und gleich darauf heisse Sonne scheint, nach starken Morgennebeln, oder wenn nach Thau kein Wind eintritt, besonders in den Tiefen; oft am Schmierbrand von dem man keine andre Ursache als die Ansteckung kennt; am Rost nach starken Morgenneheln und Thauen im Mai und Juni, worauf starke Sonnenhitze folgt; an Honiglhan nach ganz feinen Regen im Sonnenschein.
Die Schafe in Nebeln ausgetrieben leiden an Catarrhen und Lungen-sncht; in der Ebene, besonders in der Nähe der Sümpfe leiden sie häufig an der Fäule; aber wie der Verf. meint, durch die Ställe leiden die Schafe an einer Krankheit, die man Maousan nennt: „das Thier hat sehr rothe Augen, die Nase ist trocken und brennend, oft fliesst Blut aus ihr, es sperrt das Maul auf und senkt den Kopf, das Athemhohlen ist schwer, der Bauch gespannt, die Flanken schlagen. Wenn ihnen dann die Schäfer nicht schnell zur Ader lassen, so wird Blut mit Urin und Koth ausgeleert, das Thier wankt und stirbt.quot; Also offenbar Blutschlag.
Die Schwindsucht ist häufig unter den Menschen (wie unter den Schafen), „die Krankheiten an welchen die Menschen am häufigsten leiden, sind Catarrhalfieher, Fanlfieber und Gallenfieber, Ruhren sind auch häufig,
cant, jugnlantur, utque id praestare valeant, accedunt ad illos amici et parentes , ibique genio indulgentes, canunt, tripudiaut, bibunt et come-dunt, et quasi orgia celebrant, ut aegtum insomnem et sanum reddant, adeo ut tarantulae morsu vel eborea S. Vitbi laborare videantur. Interim circa carbunculum instituitur sectio, et cueurbitulae admoveutur, tan-demque unguento basilico curantur. Instrumenta etiam musica pulsant ea ad curam aegri conferrc asseverantes. Credo autem morbum hanc ibi coDtrahi a vcueno, in lanis ovium contagio mortuorum latente, lanas enitn rjusmodi in perpetuis suis opifieiis usurpant; idenque tantnm in fa­cie, vel manibus, et pauperioribns, utpote lanifis, illud aeeidit.quot; P. B o-r el 1 i li is toria ruin e t obae r v a ti on um centur. Paris 1657. Cent. II. 12. — leb bedaure Boreis Schrift über sein Vaterland (Les antiquitäs, plantes, mineraux etc. de la ville et comt£ de Castres d'Albigeois ets. Castres. 164 9) nie ge­sehen zu haben.
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die Landlcnte, lesondets in der Nähe der Sümpfe leiden allgemein an hart­näckigen W e 'ch s e 1 f i eb e rn *).
¥iel häufiger wird aber der Milzbrand im Bas-Langliedoc. Schon im Departement du Gard. Am bekanntesten ist er aber im Depar­tement de l'Herault.
Ein Topograph aus dem obern Theil des Departements, von Lodere, erwähnt zwar nichts vom Milzbrand der Thiere, bemerkt aber: „Die Bear­beiter yon Schaffellen leiden zuweilen an der Pustula malign aquot;**).
Um Montpellier ist dagegen die Krankheit sehr bekannt, so sterben oft viele Schafe an ihr. Daher hat denn Fournier auch daselbst die In­fection der Menschen sehr oft beobachtet, und seine Schrift gehört daher zu den ersteh und besten die wir besitzen***). Obgleich er später in Dijon in der Bourgogne lebte, erklärt er doch die Krankheit komme am häufigsten im Languedoc vor, well die Schafe so allgemein litten, die Menschen vor­zugsweise von Hammelfleisch leben, und die Wolle so viel veratrbeitet wird.
Am längsten bekannt ist uns aber die Krankheit aus dem Depart, de 1' Au de, besonders aus der Gegend von Narbonnc.
lieber die Krankheit der Schafe besitzen wir einen Bericht aus neuerer Zeit von Cannes: „Im B as-L angu e d o c und besonders im Narben-nesischen haben 8 bis 10 Jahre lang ausserordcntliche Trockenheiten ge­herrscht. Vor drei Jahren hat dieser inigHickliche Znstand geendigt, aber von dieser Zeit an haben epidemische und epizoolische Krankheiteil, welche noch fortdauern, mit mehr oder weniger Heftigkeit, nach den verschiedenen Loca-litaten, das Land heimgesucht; sie haben grosse Verheerungen angerichtet; die am wenigstens bekannte von ihnen ist diejenige, welche unter den Scha­fen herrscht. Eine Heerde scheint in gutem Gesundheitszustand, die Thiere sorgfältig untersucht zeigen keine wahrnehmbaren Störungen ihrer organi­schen Verrichtungen, sie sind gut genährt, ihre fresslust ist gut, ihr Koth lässt einen guten Zustand ihrer Verdauung erkennen, die Schleimhäute sind weder blass noch zu stärk injtcirt, die Thiere sind munter, blöken u. s. w.; und doch treten zu jeder Stunde des Tages, in jeder Jahreszeit, Sterblichkei­ten ein, die sich auf folgende Art ereignen. Ein Thier sondert sich von der Heerde, bekömmt Zittern, wankt einige Augenblicke, lässt Blut aus den Ge-schlechtstheilen, zuweilen auch aus der Nase und stirbt auf der Stelle. Es sind mehrere so plötzlich verstorbene Thiere geöffnet worden, folgendes war das Frgebniss der Anlopsie: a) die Haut, deren innere Fläche gewöhnlich weiss ist, ist hier an verschiedenen Stellen, z. B. an der Kruppe, am Hals,
•) Mem. de P Acad. de m e d. 1780. p. 93. •deg;) Harne Essai sur Lodeve. Lodfeve 1841. p. 77. #9830;#9830;•) S. N. 39. und N. 40.
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am Baudi rolh injicirt, und das Muskelfleisch, welches diesen Stellen ent­spricht, ist auch sehr roth. Die Schäfer und die Handelsleute halten diese Flecken für karbunkelartig und hüten sich sorgfältig, sie zu berühren: b) Die Halsgefässe strotzen von schwarzen Blut. Zuweilen findet man 3 bis 3 Zoll unterhalb der Stimmritze kleine sehr harte drusige Körper (die Schild­drüsen) von schwarzrother Farbe, welchen die Schäfer die Erstickung des Thiers zuschreiben, c) Das Muskelfleisch ist allgemein sehr roth. d) Die Milz ist von Blut strotzend, schwarz, leicht zerreisslich und enthält ein livides krümeligtes Blut, e) Die Leber ist zum Theil gesund, zum Theil schwärzlich und enthält ein livides Blut. Zuweilen enthält die Gallenblase eine seröse Flüssigkeit, f) Die Herzkammern enthalten ein flüssiges oder coagulirtes, weinhefenfarbiges Blut, g) Die Lungen scheinen fast ganz gesund, doch sind einige Stellen im Innern roth gefleckt, und hier fliesst aus den Ein­schnitten ein schwarzes Blut. Der Luftcanal ist oft mit einer gelblichen schaumigten Flüssigkeit angefüllt, h) Bei einem Schafe war die Scheide gangränös, die Blase enthielt kein Blut, aber ihre Wände waren mit einem dunkelvioletten geronnenen Blute überzogen; dieses Thier hatte Blut aus der Nase und aus den Geschlechtstheilen verloren; die übrigen Harn — und Geschlechtsorgane waren normal, i) Ein Widder zeigte einen Hoden von Blut injicirt und schwarz, die Harnblase im normalen Zustande und fast leer, kein Blut enthaltend, aber der Urin trüb und die Gefässe injicirt; er hatte weder durch die Nase noch durch die Ruthe Blut verloren, k) Ein Schaf hatte die Blase voll lividen Blutes; es hatte nur aus der Nase Blut verloren. Es trug einen toden Födus, welcher einige schwarze Flecken auf der Haut hatte. 1) Gewöhnlich sind die Nieren fast gangränös, aber zuweilen ist die eine vollkommen gesund, m) Der Pansen enthält eine Menge roher Futter­stoffe, er ist, wie die übrigen Magen etwas von Luft ausgedehnt, n) Die dünnen Därme sind zum Theil gangränös, sie sind auch von Luft ausge­dehnt. Das Rectum ist zuweilen normal und enthält auch gut gebildete Kothmassen. o) Die Netze sind mit injicirten Gefässen bedeckt, p) Die Speiseröhre ist gewöhnlich sehr rolh. q) Die weisse Hirnsubstanz ist im normalen Zustande, die graue Substanz hat eine dunkel rothbraune Farbe, alle Hirnhäute sind mit schwarzen Blut injicirt. r) Die Schleimhäute der Nase sind shwarz oder sehr rolh. s) In allen venösen und arteriellen Ge­fässen scheint das Blut eine grosso Veränderung erlitten zu haben. Im Allgemeinen sind alle gefallenen Thiere sehr feit, es sind sogar gewöhnlich die schönsten Stücke welche fallen, doch ist die Magerkeit kein Präservativ gegen die Krankheit. — Die Ursache dieser Krankheit ist unbekannt. Das Land ist in Hinsicht seiner Lage und seiner Oberflächengestalt sehr mannig­faltig; man findet fast alle Arten von Boden, ein kalkhaltiger Thonboden ist vorherrschend. Es wachsen auf ihm neben vortrefflichen Kräutern einige Ranunkeln, schlechte Cruciferen und viele Euphorbien etc., die Krankheit
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könnte also in einer Vergiftung bestehen; allein warum sollten dann einige Thiere befallen werden am Morgen vor dem Fressen, und auf dem Wege zur Weide i Warum erschienen sie sehr gesund bis zu dem unglücklichen Augenblick wo sie wie vom Blitze getroffen werden? Man fragt ob es nicht eine Asphixie sey, bewirket durch die Miasmen der Schafstätte? Allein diese sind nicht schlechter gehalten als zuvor auch, und in Beziehung auf die Merinos sind sie sogar im Allgemeinen sehr rein und sehr luftig; und dann warum sollten sie in diesem Falle mitten auf den Feldern, und nach­dem sie den Tag da zugebracht haben, befallen werden? Warum werden die fremden Thiere unter den Heerden nicht ebenso befallen? Man könnte glauben eine schwere Verdauung brächte Gase in das Maul die dann in die Respirationsorgane gelangten, und diese Verrichtung so störten, dass sie den plötzlichen Tod des Thieres herbeiführten; allein nichts spricht für diese Ansicht. Viele glauben es sey eine innere Karbunkelkrankheit: Der Zu­stand heftiger Entzündung und der Gangrän in einigen Organen könnte dafür sprechen; überdies haben einige dieser Thiere deutlich entwickelte äussere Karbunkel, deren Heilung durch Scarificationen und angemessene Behandlung gelingt; aber was ist die Ursache einer solchen Karbunkelkrank­heit? Alle Heilversuche sind misslungen; nur ein diaetetisches Mittel hat sich vollkommen bewährt, nämlich die Wanderung (la transhumation), und zwar mit der sonderbaren Erscheinung, dass, wenn zwei Heerden, welche am Blutstallen leiden, gegenseitig ihren Aufenthaltsort wechseln, die Sterb­lichkeit aufhört.quot;*)
Aus dem Languedoc (Xarbonensis provincia) erzählt uns Plinius sey der Karbunkel zuerst nach Italien verbreitet worden, 300 Jahre vor seiner Zeit. Diese Einschleppung ist ja wohl möglich, aber eine neue Krankheit für Italien war es wohl nicht. Seine Beschreibung ist gut, und die Häufig­keit des Milzbrandcarbunkels des Menschen in diesen Gegenden, schon in jenen Zeiten (590 p. U. C.) wird dadurch bewiesen. **) — So fügt denn
*) Cann es Maladie des b^tes h laiue, uomm£e lePisse.sang. J o am, prat, de med. vet. Vol. II. (1827.) p. 22.
**) L. Paulo, it. Marcio, censoribus, primum in Italiam carbunculum venisse, annalibus conscriptam est, peculiare narbonnenis provinciae malum, quo duo consules obiere, coudeutibiis haec nobis eodem anno, Julius Rufus et lt;l. Lecanius Bassus, ille medicenim inscieutia sectus, hie vero pollice laevae manus evulso acu ab semetipso, tarn parvo valnere, ut vix cerni possit. Nascitur in occultissimis corporum partibus, et plcrumque sub lingua, duritics rubens vari modo, sed nigricans capite, alias livida, cor­pus intendens, neque intumesecns , sine dolore, sine pruritu, sine alio quam somni indicie, quo gravatos in tridno aufert, aliquando et horro-rem afierens, circaque (um ihn herum) pustulas parvas, rarius febrem, stomacbog faucestjue cum iovasit, oevssime exanimans,quot; Hist, nat.
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auch Hardouin, ein Bewohner jener Gegenden zu dieser Stelle des Pliniui hinzu, dass die Krankheit auch zu seiner Zeit dort noch herrsche und char-bon provencal heisse.
Für das Jahr 591 p. G. habe ich im zveiten Abschnitt eine allgemeine Milzbrandepizootie in diesen Gegenden angeführt. Der Ausdruck Albigenser Berge wird wohl etwas weiter für die Cevennen zu nehmen seyn, speciell sind es die Districte von Albi und Castras, wo freilich auch jetzt noch die Krankheit enzootisch ist. — Aus einer Erzählung des Gregor von Tours wird man schliessen können, dass im Jahr 587 in dieser Gegend ein Bischof am Milzbrandcarbuukel gestorben scy.')
Die Ungesundheit von Narlionnc und seiner sumpfreichen Umgebungen ist in der medicinischen Geographie laugst berücksichtigt; seine von Zeit zu Zeit in verheerenden Epidemien auftretenden bösartigen Wechselfieber sind wiederholt von den Aerzten beschrieben worden. Die neueatsn topogra­phischen Arbeiten sind von Py und von Dafforl. Aus Cafforts Dar­stellungen **\ ergibt sich die merkwürdige Thatsache, dass die ausserordent-liche Zunahme und Bösartigkeit der Fieber zusammenfällt mit der oben von Cannes beschriebenen Milzbrandepizootie, und dass diese Epidemie ebenfalls der Austrocknung der Sümpfe zugeschrieben wird. Diese Küstlaquo;nsünpfe von der Aude gebildet werden auch zu Zeitsn vom Meere gefüllt.
Ich bedaure übrigens Troaves Description generale et slatistique du departement de l'Aude, Paris 1818 worin sich auch Untersuchungen über diesen Gegenstand befinden, nicht zur Hand zu haben. Wahrscheinlich findet sich auch noch Manches im Journal d'agriculturc de l'Aude.
Kehren wir aus den Cevennen nach Norden in die Gebirge der Auvergne zurück.
Mar ehe. Limousin.
Aus den Jahren 1793 uud 1837 haben wir bereits ausgebreitete Mili-brandepizootien in den Departements der Creus-e, Haute Vienne und Correze, im zweiten Abschnitt beschrieben.
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XXYI. I. Er nannte also den allerdings in jenen Gegenden häufigen Zungenantbrax, aber auch die seltenen innern Carbunkel. Die den Bassus beireifende Stelle ist verschieden erklärt worden, ich denke Bassus hatte sich in den Finger gestochen und durch diese kleine Wunde fand die Aufnahme des Gifts statt.
*) „Namatius vero episcopus, dum reeeptis villis infra terminum Namneticae urbis, quas olim parentes ejus perdiderant, ibid um moraretur, pusulae malae ei trea oriuntur in capite. Ex hoc valde confectulaquo; taedio, dum ad civitatem suam reventi cuperet, infra Andegavensis territorii terminum spirit um exhalavit.quot; Greg tur. h. Fr. IX. 18. Bouquet. II. p. 312.
••) Archives g^n^ral. de M e d. vol, XVUI. p 459. vol. XX. p. 284. — Anual. d'llyg. publ, voi. p.
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So beschreibt auch Sarget iü N. 391 eine ausgebreitete Epizootie vou Milzbrandfieber oder Blutschlag der Kinder, im Jahr 1827, im Departement de laCorreze. Der Verfasser nimmt zwar Anstand die Epizootie Milzbrand zu nennen, allein gerade der Umstand, dass die Symp­tome dieselben sind wie beim Blutschlag der Schafe macht sie uns wichtig. „Das Tbier zeigt zunächst kein Zeichen seines Erkrankens, bis zum Ende gehen seine Verrichtungen gut von statten, es trinkt, frisst, kaut wieder und thut seine Arbeiten. Erst in dem Augeuhlicke wo es sterben will, gibt es Zeichen von heftigen Sehmerz, dessen Sitz im Bauche zu seyn scheint, so viel man aus dem Brüllen urtheilen kann, welches ein Druck gegen die Regio hypogastrica hervorruft. Der Bauch ist gewöhnlich aufgetrieben und gespannt, die Ohren, die Hörner, die Extremitäten sind abwechselnd kalt und heiss, der Puls oft hart und häufig, in andern Fällen schwach und unter­drückt, der Kolli ist oft sehr reichlich mit Darmschleim überzogen. Da­zwischen treten Zeiten ein wo das Thier ruhig scheint, doch bleibt der Puls häufig und hart, der Bauch ist weniger hart und gespannt; wenn aber das Uebel fortschreitet, so bemerkt man Stampfen mit den Hinterfüssen und häufiges Wedeln mit dem- Schwänze; trotz dem frisst das Thier, trinkt und kaut wieder; später und wenn sich das Ende nähert werden die Augen stier und thränend, das Thier hält den Kopf in die Höhe und schüttelt oft mit ihm, die Venen, besonders die Drosseladern, klopfen heftig, die Extremitäten, die Ohren, die Hörner und die Haut werden kalt, ein allgemeines Zittern verbreitet sich über den Körper, das Thier sieht nach seiner rechten Flanke, wankt, fällt, stönt unter Ausfluss von Thränen; dann fliesst ein schwarzes Blut aus seiner Nase, in demselben Augenblick entstehen heftige Convulsionen, das Thier stirbt plötzlich als wäre es vom Blitze erschlagen. Eine Menge der sbönsten Thiere fielen auf diese Art. — Bei allen gefallenen Thieren war der Bauch aufgetrieben und aus der Nase floss schwarzes Blut, die Hirnhölen enthielten viel Serum, obgleich die Hirnsubstanz gesund war. Zwischen der harten und weichen Hirnhaut war ein Ergusa von schwarzen Blut, welches auch die Gefässe dieser beiden Häute bedeutend ausdehnte, bei einem Thiere fand ich das kleine Gehirn schwimmend in einer grossen Menge von Serum. Die Lungen waren im naturgemässen Zustand. Bei allen enthielten die Brusthölen vieles Serum; das Herz bot nie. eine Ab­weichung dar. Im Bauche war das grosse Netz von pufpurrother Farbe und seine Gefässe von Blut überfüllt Die Magen boten nichts Auffallendes dar; die Schleimhaut des Labmagens und des Darmkanala war von schwarz-rolhcr Farbe, ihre Gefässe waren von Blut aufgetrieben wie injicirt, und sie Hess sich leicht zerreissen. Die dünnen Därme enthielten ein saniösesEiter (?) immer von unerträglichen Geruch. Bei einigen Thieren war die Milz unge­heuer gross, wenigstens doppelt so gross wie gewöhnlich, wnd ihr Parenchym zerriss sehr leicht. Leber, gieren und Blase waren im normalen Zustande,quot;
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Die Gebirge der Aurergne setzen sich abfallend in das Dep. der Corr^ze fort, welches aus durch tiefe Thäler getrennten Bergen und Hügeln besteht, in den Thälern fliessen Flüsse und Gebirgsbäche. Die Gebirge sind ihrer Wälder beraubt und bilden dürre Haideflächen, mehr als l/3 des Deparlc-ments gehört solchem aus Granit und Gneiss bestehendem Hochgebirge, fast V3 hat vorzugsweise Castaniencultur, und kein 1/i ist der Weincultur fähig. Die feuchten, nebelreichen, im Sommer sehr heissen, engen Thäler sind vor­züglich ungesund. Als endemische Krankheiten des Departements bezeichnet Vial*) Kropf, Skrofeln und Wechselfieber. Die Wechselfieber sind besonders in den engen, feuchten, heissen Thälern zu Hause.
Ob nun der Milzbrand gerade in denselben Thälern herrscht, wo die Wechselfieber endemisch sind, kann ich freilich nach den vorliegenden Datis nicht ermitteln; wahrscheinlich wird es wohl der Fall sein.
Wie hier in der westlichen Fortsetzung des französischen centralen Ur-gebirgsstocks, so kömmt der Milzbrand auch in seiner östlichen Fortsetzung vor, nämlich im
Forez und Lyonnais.
Die Ebene des sogenannten Forez in der Gegend von Lyon ist so verrufen, wie die früher beschriebene Bresse. Es ist ein 12 Stunden langes, 3 bis 4 Stunden breites Thal, dessen rechte Seite eine Gebirgskette bildet, welche von den Cevennen abgeht und an der Cöte d'Or. endigt; die linke Seite bildet eine ähnliche Fortsetzung der Gebirge von Auvergne. Durch die Mitte des Thals fliesst die Loire. Der Boden hat eine reichere Damm­erde , aber einen ähnlichen undurchlassenden thonigen Unterboden wie früher genannte Localitäten. Das Forez ist voll von Teichen, die abwechselnd der Fischwirthschaft und dem Ackerbau dienen. Der Hanfbau ist sehr ausge­dehnt, in allen Teichen und Bächen finden sich Hanfrösten, die die Luft verpesten**). In den Monaten August und September ist das Thal furcht­bar heimgesucht von oft bösartigen We chs elfiehern***); der Milzbrand herrscht aber unter den Haustbieren.
Indessen ist der Milzbrand auch nicht selten im Lyonnais, nament­lich im Thal der Säone, wie das aus den Berichten der Thierarzneischule sich ergibt. Schon 1776 sagt Lorrin, Arzt in Toisey: Unter den hier
*) Yial Coup d'veil s ur la topographic medicale du depart.
de la Corrbze. P. 1826. p. 17. p. 23. **) A. Dulac Hist. nat. des Oepartem. de Rhone et de Loire.
Vol. I. p. 58. lgt;'*)Rogere Topographie, phys. etmed. delavilledeMont-
brison Mem. de Med. etc mil. Vol. XXX. p. 1.
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herrschenden Krankheiten der Thiere kann man 6 Arten unterscheiden: a) der Charbon blank, so genannt, weil der Schorf, den er bildet, weisslich ist b) der Charbon noir, der viel tiefer eindringt, als der weisse*) etc. Wech­selfieber kommen in dieser Gegend genug ror.
Auvergne.
Das Alpeuland der Auvergne stellt bekanntlich den aus Granit, Gneiss und Glimmerschiefer bestehenden Urgebirgsstock des centralen Frankreichs dar, aus welchem die Ungeheuern vulkanischen Massen emporstiegen.
Die Höhe des Gebirgs und der allgemeine Abfall gegen das Meer, seine reiche Vegetation und die hygroscopische Beschaffenheit seiner Felsarten, bei seiner bedeutenden Ausdehnung, erklären wohl seinen Wasser - und Quel-lenreichthum; aber Seen enthält das Gebirge nicht mehr viele, und die vor­handenen sind nicht sumpfig, die Bäche und Flüsse haben einen starken Fall. Wie sich doch ziemlich ausgedehnte Quellensümpfe und Hochmoore bilden, hat Lecoq aus der geologischen Beschaffenheit und namentlich aus dem Yerhältniss der aufgestiegenen vulkanischen Massen zu den Mutterge­birgen gut erklärt **). Es lässt sich auch erwarten, dass in der Nähe der vulkanischen Gebilde grosse Thonlager liegen müssen, so wie wohl die grosse Ausdehnung der zerfallenen Granitmassen auch zur Malariabildung beitra­gen kann.
Ich gestehe indessen, dass ich mir aus den angegebenen Verhältnissen doch die grosse Verbreitung der Wechselfieber und des Milzbrandes nicht zu erklären vermag. Leider reichen auch hier die vorhandenen Mate­rialien gar nicht hin die Localitäten, auf denen der Milzbrand vorkömmt und nicht vorkömmt, näher zu bezeichnen. Um vulkanische Gebirge scheint wohl der Milzbrand überall häufig, allein die Auvergne streitet mit der Dau-phine um den Vorrang das Vaterland der ausgebreitetsten Epizootien gewesen zu sein.
Unter den Menschen nennen Brieude und Legrand Scrofeln, Kropf und Cretinismus als endemische Krankheiten, der letztere aber ausserdem Wechselfi eher, Leber und Milzanschwellungen, und dieses beweist er durch die Krankheitslisten, welche von den einzelnen Bezirken eingesandt worden sind***).
Brieude zählt unter den enzootischen Krankheiten der Auvergne meh­rere Formen des Milzbrands auf: „Die ansteckenden Krankheiten sind die-
*) Hist, de l'Acad de Med. Voll. p. 253. **) Lecoq description de I'Auvergne. Vol. II. p. 107. •quot;) Legrand Voyage dans la ci-devant Auvergne. Vol.1 p. 306. III. p. 306. p. 307.
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jenigen, welche am häufigsten die Rimlerbeerden befallen, raquo;ie und emootisch auf manchen Weiden und in manchen Ställen: 1) Man nennt Yenin froid eine Art fauligt-gangpänösen Fiebers, dessen Haupkharakter eine sehr auf­fallende Kälte der Extremitäten ist, eine allgemeine Horripilation, besonders an den Flanken, die Haut hängt fest auf den Knochen, ist pergamentartig und knistert unter den Fingern, der Puls ist klein, zusammengezogen. Sind diese Symptome im hohen Grade vorhanden, so stirbt das Thier in 24 Stunden. 2) Den Glosso-anthrax nennt man sous-langue; er ist gemein unter unsern Vieh, oft ist er gutartig *), zuweilen gangränös. 3) Das Mallevat ist eine Geschwulst, welche plötzlich ron der Brust oder an der Kehle entseht, sie verbreitet sich schnell auf die Beine und unter den Bauch; sie ist entzünd­lich und öfter gangränös. Es ist das A v a n t - C o e u r des Herren Vitet Man hat kein anderes Mittel, als gleich einen grossen kreuzförmigen Einschnitt zu machen. 4) Das es-pilou ist eine gesmischte Geschwulst, die zum Theil mit röthlichem Wasser zum Theil mit Gas gefüllt ist. Sie zeigt sich zuerst über den Kranze der Klauen, dann steigt sie am Beine in die Höhe, und wenn sie nicht bald zweckmässig behandelt wird, so dringt sie in das Innere ein. ft) Man unterscheidet zwei Arten von Karbunkeln, den schwarz en und den w e i s s e n, der erstere ist gangränös, seine Unterscheidungszeichen, sind der Schorf, die Blasen und die viollette oder purpurne Röthe; der zweite ist teigig und hat alle Zeichen des Oedems. Beide sind sehr tödlich, wenn man sie nicht gleich im Anfange öffnet. Sie hängen oft von einer ein­geschlossenen Schärfe ab, in andern Fällen sind sie Symptome eines bös­artigen Faulfiebers; diese letzteren sind immer tödtliehquot;. *').
Auch Legrand beklagt die Häfigkeit der enzootischen und epizotischen Krankheiten, unter denen denn gewiss die Milzbrandformen den ersten Platz einnehmen ***).
Von einem Milzbranddistrikte, um Ardes und am Paisson gibt Petit (N. 82) eine freilich wenig befriedigende Topographie: „Ardes liegt nord­östlich von den Bergen Luguet, Godivelle, Paillason u. s. w. die fast so hoch sind wie der Mont Dore und der Cantel ****), weiche 4 bis SLienes
*} Dann wohl Maulseuche. **) De Brieude Topographie, medicale de la Haute-Au-ver gne. Mem. de l'Acad. de Me d. 178 2. p. 277.
***) a a. O. II. p. 404. III. p. 243. Am ersteren Orte sagt er: „II y a de ces maladies qui paraissent parliculierea. a. tel canton ou a tel pacage; d'autres ne sont qu' ^pizootiques, et reguent seulement pendant un certain terns; mais souvent il arrive que quelquesunes de celles-cirenouvellent pen­dant pliisipnrs annees de suite. Au reste leg unes et lenautres foutperirha-bilnellRroent un nombre iutiiii de bestiauxquot;.
quot;•') Der erstere 5900 der letztere 5S00 Biss-
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entfernt sind. Auf diesen. Bergen herrschen häufige Nebel und reichliche Regen, wenn das Wetter aber heiter ist, bedeutende Thaue; die Temperatur-welchel sind sehr häufig; der Schnee liegt dort bis Anfang Juni, und oft sieht mau solchen bis Anfangs August; diese Erscheinungen sind auffallcuder auf dem Failasson als auf den übrigen Bergen. Dennoch ist die Vegetation auf diesen Bergen sehr reichlich, sie sind mit Kräutern bewachsen bis zur Spitze. Schlechte und giftige Kräuter wachsen in den Tiefen; die sumpfigen Tiefen sind sehr schädlich; wenn auch das Wasser, welches sich daselbst findet, das Land nicht überschwemmt, so tränkt es dasselbe so, dass die Erde immer weich ist, und wenn die Thiere darauf gehen, so machen sie Löcher, die durch häufiges Gehen und Stehen auf ihnen zu Graben werden, in welchen sich so Tiel Wasser sammelt, dass die Thiere daraus saufen können: dieses Wasser ist rostig, mit einem gelben oder grünlichen Häutchen bedeckt, welches sich an den umgebenden Rasen anhängt; es enthält anch brennbare Luft. — Dureh diese ausgedehnten Weiden fliessen einige Bäche, deren Quellen in den Bergen liegen, aber ihr Wasser ist kalt und hart. Auf diesen Weiden findet man keine andern Gebäude, als die für die Milchkühe und ihre Hirten bestimmten, alle andern Thiere befinden sich immer unter freien Himmel, allen Einflüssen der Witterung ausgesetzt. Thiere, die fallen, werden sehr oberflächlich be­graben. — Diese Krankheit richtet grössere Verheerungen auf den Paillasson an, als auf den beiden andern Bergen, sie reibt oft mehr als die Hälfte der Heerden auf, und wenn die Verheerung so weit gediehen ist, so nimmt man, aus Furcht vor noch grösserem Verluste, den Rest der verschont gebliebenen Thiere von dem Berge weg und führt sie nach einer andern Gegend, da die Erfahrung den guten Erfolg einer solchen Emigration bewieseu hat. — Drei bis vier Tage vor dem Erkranken sind die Thiere trauriger als gewöhnlich, sie fressen weniger und kauen oft gar nicht mehr wieder. Die Krankheit selbst beginnt gewöhnlich mit Kälte der Hörner und der Ohren, der Kopf wird gesenkt, die Ohren hängen, die Augen sind traurig, das Maul trocken, aus dem Maul fiiesst etwas heisser zäher Geifer, das Haar ist trocken, glanz­los, gesträubt, hängt fest an den Rippen, die Hitze am Körper ist unregel-mässig vertheilt; dieses ist besonders auf den Rücken und in den Lenden der Fall, wo sich eine grosse Empfindlichkeit zeigt, wenn man sie drückt oder nur leicht berührt; der Puls ist klein, hart, beschleunigt; der Urin ist roh, der Koth trocken und zchwarz; immer hört das Wiederkauen auf und die Milchabsonderung cessirt. Die leidenden Thiere stossen fast immer ein klagendes Stöhnen aus, halten den Kopf hoch und die Nase gegen den Wind, sie fressen durchaus nicht mehr, sie werden träge und folgen der übrigen Heerde nicht mehr *). Nach diesen Symptomen folgt eine bedeutende Remis­sion, in welcher die Thiere saufen und fressen, fast wie gewöhnlich, und ziem-
deg;) Entgegengesetzte Symptome in früher beschriebenen enzootiicben Formenraquo;
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lieh munter scheinen; allein auf diese anscheinende Besserung folgen bald Frostschauer, auf welche beständig und fast unmittelbar die Erscheinung von Karbunkelgeschirulsten oder der Tod eintritt. Wenn im ersteren Fall der Tod nicht eintritt, so ist ihre Heilung keineswegs gesichert, wenn auch eine angemessene gute Behandlung befolgt wird; sind die Kräfte unterdrückt, sind sie gänzlich erschöpft, so unterliegen die Thiere, mögen sie nun eine einzige oder mehrere Geschwülste haben; glücklicher Weise ist das aber ziemlich selten der Fall, und man kann in Wahrheit sagen, dass die Entwickelung der Geschwülste gewöhnlich ein gutes Zeichen ist. Am ge­wöhnlichsten entstehen diese Geschwülte an den Ganaschen und vor der Schulter, seltner an andern Stellen. Im zweiten Falle, das heisst wenn sich keine Geschwüllste äusserlich zeigen, wird der Tod immer angekündigt durch eine ausserordentliche Schwäche des Pulses, grosse Unruhe, Klagen, manche Thiere strecken den Kopf nach vorn, andere halten ihn ausserordentlich tief, die letzten Vorläufer des Todes bestehen in einem convulsivischen Zähne-knirschen und einem hin und her Wackeln des Schwanzes. Abweichun­gen von diesen Symptomen kommen vor: Bei manchen Thieren beobachtet man eine ausserordentliche Athmungsbeschwerde, es zeigt sich eine Ge­schwulst in Gestalt einer Infiltration um den Larynx Pharynx, mit grosser Spannung, welche die Ursache derselben zu sein scheint; Maul und Nase sind mit einem geblichen Geifer gefüllt, der übrichens in grosser Menge aus­fliegst; das Rectum tritt vor und zeigt seine Schleimhaut, aus welcher ein schwarzes geronnenes Blut herausickert, und dann ist sie gangränös. Es gibt Thiere, welche trocknen Koth aussondern, der mit häutigen Lappen bedeckt ist, die von der Schleimhaut des Darmcanals geliefert zu werden scheinen-Wenn sich die erwähnten Zeichen einstellen, dauert die Krankheit gewöhn­lich 24, 36 bis 48 Stunden; tritt in dieser Zeit Durchfall ein, und sind die Aus­leerungen von Blut gefärbt, ist der Puls klein und zusammengezogen, so ist der Tod sicher. Man sieht auch Thiere ganz plötlich sterben, ohne dass man irgend ein Zeichen von Kranheit wahrgenommen hat. Die Oeffnung der Thiere hat mir folgende Erscheinungen wahrnehmen lassen: Blutige und lymphatische Erscheinungen in dem Zellgewebe unter der Haut, der Pansen mit schwarzen Flecken bedeckt, der Laabmagen sehr entzündet (?), die dünnen Därme gangränös; zuweilen sieht man schwarze Flecken auf den dicken Därmen; die Milz ist von schwarzen, polipösen Blut ausgedehnt, zwei bis dreimal so gross als gewöhnlich, oft ist sie auch ohne Consistenz; die Leber ist wie gekocht, macerirt; in der Brust findet man livide Infiltrationen; der Larynx, Pharynx, die umgebenden Theile, sind gelb und livide; das Gehirn ist umgeben von vielem Serum; man findet seröse Infiltrationen im Zellgewebe der Schenkel, der Beine; diese Infiltrationen sind am stärksten an den Stellen wo die lymphatischen Drüsen liegen, in den Weichen, Bugen u. s. w. Auch das Muskell)cjsch ist infiltrirt mit schwarzen, polipösen Blut, und in
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diesem Falle findet man nur eine kleine Menge schwarzen Bluts in den Blut-gefässenquot;.
Die Krankheit entwickelt sich auf den untern Theile des Paillasson ge­wöhnlich im Laufe des Juni, sie hört Ende August auf und oft später. Auf dem obern Theile entwickelt sie sich im Laufe des Juli, und endigt ungefähr um dieselbe Zeit. Auf den übrigen Bergen entwickelt sie sich im Juli und endigt im Oktober.*)
Belleroq beschreibt die Formen unter denen sich die Krankheit im Jahre 1772 zeigte: „Sie zeigte sich unter der Form der Perlpneumonie, der Dysenterie, der Bräune oder der Carbunkel auf der äussern Haut.'-
„Die Symptome, welche anzeigten, dass sich die Schärfe auf die Brust geworfen habe, waren: 1) ein erschwertes Athemhohlen, dessen Schwierig­keit in dem Verhältniss zunahm, in welchem das Debel Fortschritte machte,
2)nbsp; nbsp;Flankenschlagen, welches im Verhältniss stand zu der Schwierigkeit der Respiration, 3) niedriger, nach unten gekrümmter, schwerer Kopf, 4) trock-ner Husten, welcher allmählig häufiger und weniger trocken wurde, hörte er schnell und vor der Auflösung der Schärfe auf, so war das ein Zeichen, dass die Lungen gangränös waren und dass das Thier bald fallen werde, 5) Das Thier Hess ein beständiges Stöhnen hören, es schien mehr zu leiden, wenn man es seine Stelle oder seine Lage ändern liess, 6) es blieb immer auf seinen vier Ffissen stehen, legte es sich, so war das nur für einen Augenblick, wenn nicht etwa das Leiden auf eine Seite oder auf einen Lun-genlappen fixirt war, dann blieb das Thier auf der kranken Seite liegen, 7) eine röthliche, blutige, mehr oder weniger dicke, Flüssigkeit floss aus den Nasen (dieses Symptom war nicht constant) 8) in allen Fällen fand die­ser Ausfluss aus dem Maule statt, die Flüssigkeit war verschieden gefärbt, mehr oder minder dick (dieses Symptom war indessen noch seltener als das Torige.quot;
„Die Symptome, welche anzeigten, dass das Uebel seinen Sitz in den Eingeweiden habe, waren: 1) Drehende Bewegungen des Schwanzes, die mehr oder weniger häufig im Verhältniss zu den Schmerzen des Thiers er­folgten , 2) heftigere Bewegungen im hinteren Theile des Thiers, es legte sich, erhob sich und schüttelte sich, wenn die Schmerzen heftiger wurden,
3)nbsp; nbsp;der Puls war schwach, klein, zusammengezogen, i) das Athmen war fast normal, wenn nicht die Schmerzen ausserordentlich gross waren, denn dann schlugen die Flanken mehr oder weniger, 5) die Ausleerungen waren im Anfang von normaler Farbe, aber weniger gebunden als gewöhnlich, 6) gegen
*) Petit sur la maladie charbonneuse des bamp;tes a enrncs, enzootiqae dans les montagnes de l'AuTergne. Imtructionlaquo; et Observationa
Vol. II, p. 264
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ins Ende waren sie flüssig und blutig, 7) die heftigen Schmerzen kündig­ten Excoriatiouen und Zcrreissungen der Schleimhaut des Darms an, 8) Ab­wesenheit der Schmerzen bei der Ausleerung blutiger und stinkender Stoffe zeigte den Brand des Barmcanals an, 9) Maul oder Zunge waren trocken, 10) die Schleimhaut der Nase erschien weniger feucht als gewöhnlich, li) der Durst war mehr oder weniger heftig, 12) Fehlen desselben bei grossen Ausleerungen war ein tüdtlichcs Symptom, 13) der Kopf war sehr hoch und erhaben bei den Schmerzen, 14) er war tief und gesenkt in den Re-mrssionen.quot;
Sie Bräune wurde angekündigt: 1) durch einen heftigen, hartnäebigen Husten der bald nachliess, wenn der Brand die Theile ergriff, 2) das Thier stampfte im Anfange stark mit den Vorderfüssen, die es oft an den Hinter­kiefer führte, als wollte es etwas, was es belästigte. Tön da entfernen S) durch reichlichen Speichelfluss, 4) durch grosse Schlingbeschwerden, 5) durch eine Art Erstickungsanfälle, wenn das Ucbel Fortschritte machte, C) durch Geschwulst aller Theile um die Kehle, wie der Farotiden, der Unterzungen­drüsen, und im Allgemeinen durch Äuflrelbung aller äussern Gefässe.quot;
„Die äussern Carbunkel, welche sich auf der Oberfläche des Körpers der Thiere zeigten, wurden durch folgende Symptome angekündigt: 1) heftige Hitze an den Ohren, an den Hörnern, an der Stirne und an den Extremi­täten , die dem Ausbruche voranging und zuweileh selbst nach dem Ausbruche fortbfestahd, 2) in andern Fällen zeigte sich die Hitze nur an dem Orte, wo sich die Geschwulst entwickeln sollte, 3) durch Röthe der Schleimhaut der Nase, wenn sich die Geschwülste am Vördetkiefer entwickeln sollten, 4) durch grosse Hitze des Mauls dagegen, wenn die Geschwülste ihren Sitz an den Ganaschen haben sollten, 5) im Allgemeinen nur diejenige Stelle des Körpers oder der Haut, welche am heissesten war, war immer der Sitz einer Geschwulst, 6) Diese Stelle wurde in kurzer Zeit so stark geschwollen und gespannt, dass der Blutlauf nicht ferner statt finden konnte, der Brand er­griff dann schnell den Theil, was zuweilen in Zeit ron vier und zwanzig Stunden eintrat #9830;).quot;
Von den Milzhrandepizootien, welche sich weiter und zum Theil seht weit verbreiteten, habe ich im zweiten Abschnitt angeführt, dass es oft sehr schwer wird zu sagen, ob ihr Anfangspunkt in der Auvergne (und Lyonnais) oder in der Dauphine lag.
Folgende Epizootien werden auf die Auvergne zurückgeführt:
1763. der Zungenanthrax, der sich nach Duhamel weit über Frank­reich verbreitete. S. oben den zweiten Abschnitt. Allein es kann wohl difc Frage entstehen, ob er nicht eine Fortsetzung der Anthraxbräune war, welche 1762 in der Dauphine herrschte?
*) Uiat. de U Soc. r. de Hed, Vol. 1. p. 244,
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1780 Wird entschieden tod gehan laquo;fcr Anfang des Zungenan thraiK in der Auvergne, und seine allmählige Weiterverbreitiing in die Dauphinlaquo; angegeben. S. oben p. 314.
1786 ist es wohl möglich, dass der sehr weit, bis nach Deutschland, verbreitete Zungenanthrax auch von hier ausging, doch kann solches nicht bewiesen werden.
1789 war der Zungenanthrax wieder in der Aurergne.
1S3S war wieder eine locale Epizootie des Zungenanthrax in der Aurergne, die sich nicht weiter verleitete.
Dauphin^.
Dieses Land ist total verschieden von der Aurergne; ganz erfüllt von dem nördlichen Abfall des hohen Jura, bestehen seine steilen Bergketten ans Jurakalk, seine Seen steil und tief sind nicht sumpfig, seine Ströme haben einen starken Fall, und höchstens können die dieser Formation eigenen Thon-und Mergelthäler einzeln Veranlassung zur Malaria-Bildung geben.
Kropf und Crctismus sind wohl in seinen hohen Thälern endemisch, Wechselfieber aber werden in den Thälern der hohen Dauphinc ausdrücklich als nicht rorhanden angegeben; wahrscheinlich kommt auch hier kein Milz­brand ror. Dies wird auch ron einem der grössten Thäler, dessen Topographie wir besitzen, ausdrücklich angegeben, V i 11 a r sagt dass die Thiere im Champsaur sehr gesund seyen und Weehselfieber unter den Menschen nicht rorkommen*). Dagegen werden die Wechselfieber von den Aerzten der fran­zösischen Armee allerdings um Montmeillan, Aiguebelle und Barrrnx, am letzteren Orte als endemisch erwähnt.
Die gswöhulichen Angaben des enzootischen Milzbrands beziehen sich aber wohl roszüglich auf die niedere Dauphine an den Grenzen des Lyonnais und der Bresse.
1682 soll die berühmte grosse Zungenanthraxeziootie die sich über Europa rerdreitete, ihren Anfang in Dauphine und Lyonnais genommen haben, S. oben
1710 kenne ich den Verlauf nicht.
1714 wird ausdrücklich angegeben der Milzbrand habe sich aus der Dauphine nach Saroyen verbreitet. S. oben S. 318
*) Villar sur leg maladies Champsaur. Mem. de la Soc. de Med. rol. II. p. 141. — Eine neuera Topographie: Nicolas sur la topogra-phie physique et medicate da Champsaur. Montpellier. 1824. ist mir unerreichbar geblieben. Auch bedaure ich das das Journal d'AdricuIturc des Hautes Alpes. Gap 1603 — 1811 nicht zu besitzen.
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1730 — 32. Die ersten Nachrichten fiber die allgemeine europäische Zun-genauthrax - Epizootie erhalten wir allerdings aus der Dauphinlaquo; aber doch zugleich aus dem Nivernais und vielleicht Auvergne. S. oben S. 319
1762 die merkwürdige Epizootic derAnthraxbränne, aber— in M e z i e ux an der Grenze der Bresse!nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^
Ich bedaure unter diesen Umständen keine genauere Kenntniss von den enzoolischen Krankheiten der Dauphinlaquo; zu besitzen.
Provence.
Hier tritt uns der Milzbrand gleich in den Nieder-Alpen entgegen vie wir ihm in ihrer Fortsetzung in den See-Alpen Italiens Inder Folge begegnen werden. Die Thäler dieser Alpen scheinen sehr thonreich und oft Ueberschwemmungen ausgesetzt, im Sommer sehr heiss. Daher kommen auch in ihren hohen Thälern Wechselfi eher vor, wie sie z. B. Bardol in seiner Topographie von D i g n e in dissem Thale anfährt. *)
Darstellungen der Thierkrankheiten aus diesem finstern Theile Frankreichs sind mir nicht bekannt; aber berühmt ist durch des verdienstvollen Bayle Be­schreibung eine Epidemie von Milzbrandblattern des Menschen geworden, ob man gleich schwerlich geneigt seyn wird in seine Ansichten von dem Wesen der Krankheit einzugehen: Im Jahre 4 zwischen Floreal und Brumaire (April — October 1796) kam diese Epiedemie in den hoch und kalt liegenden Dörfern Vernet, Cuotoubroux vor, wo niemals Wechselfleber herrschen. Während des Verlaufs der Epidemie war das Wetter fast immer heiter und die Hitze gross. Die Hitze und Trockenheit waren grosser als gewöhnnlih; aber in Digne und an andern Orten wo die Oliven wachsen sah man diese Pusteln nicht erscheinen. (In den folgenden Jahren zeigte sich die Krankheit ebenfalls. Nach Bayle hat sie meines Wissens Niemand wieder erwähnt). Die Krank­heit befiel nur sehr gesunde und blühende Leute, die alle sehr nüchtern lebten, manche nur von Vegetabilien, andere die wohlhabender waren fügten einige animalische Nahrungsmittel hinzu. Fast alle Kranken versicherten keine Stoffe von am Karbunkel verstorbenen Thieren berührt zu haben,**) und diejenigeu welche Fleisch genossen hatten versicherten dass sie sehr sicher wären von keinen verdächtigen Fleischspeisen Gebrauch gemacht zu haben, übrigens war kein Thier am Karbunkel gestorben. Die Krankheit verbreitete sich nicht von einem Individuo auf das andere, selbst wenn sie in einem Bette schliefen; es sind keine zwei Personen in einem und demselben Hause erkrankt. — Zuweilen gingen dem Ausbruche Ohnmächten voraus (Beobach­tung N. 4) zuweilen eine ungewöhnliche Lustigkeit (N. 9.), aber gewöhnlich
^Mem. de Med. Chir., Pharm. mil. vol. IV. p. 14 *') Die roebrsten Kranken waren aber Bauern.
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waren gar keine Vorläufer vorhanden. Der Sitz des Uebels war das Gesicht oder der vordere Theil der Brust*), und fast immer die linke Seite. Die Krankheit begann mit einer bedeutenden, elastischen Geschwulst ohne Verän­derung der Hautfarbe, welche in ihrem Mittelpunkte eine kreisförmige um­schriebene Erhabenheit zeigte, ungefähr von der Grosse der Hornhaut; diese war sehr hart, drang mehr oder weniger tief ein, sie war entweder beweglich oder an den unterliegenden Theilen befestigt; mitten auf dieser Erhabenheit, welche sich wenig über die Umgebung erhob, entstand eine Pustel ron der Grosse eines Hirsen- oder Hanfkorns, kein Hof um die Pustel, unter der mau einen braunen, schwärzlichen oder liyiden Fleck sah, der mehr oder weniger tief in das Gewebe der Haut eindrang; zuweilen floss aus der Pustel eine durchsichtige ungefärbte Flüssigkeit, welche an der Luft die Consistenz von an der Sonne getrocknetem Eigelb annahm. Die Geschwulst fuhr fort zu wachsen, und hatte eine merkwürdige Weichheit und Leichtigkeit, sie schien emphysematös aber ohne Crepitation; die Haut um die Pustel herum war hart und trocken. Um diese Zeit hatten einige Kranke Frostanfälle, andre Uebel-keiten, einige andere Ohnmächten, die mehrsten kein besonderes Symptom; daher hielten sie sich auch nicht für krank, sie hatten kein Fieber, der Puls war normal, zuweilen etwas voll, die Kräfte waren noch wie im gesunden Zustande, die Zunge war gut, der Appetit vortrefflich, der Stuhlgang fehlte oder war trocken, der Urin blieb sich gleich, der Schlaf weder länger noch kürzer, in ihren Träumen die häufiger als gewöhnlich waren, glaubten sich die Kranken lustigen Bewegungen hinzugeben. Das Blut des Aderlasses gab wenig Serum, zeigte aber keine Entzfindungshaut. Kurze Zeit nach dem Erkranken (am dritten Tage) wurde der Unterleib bei den Kranken N. 3 und 4 gespannt, schmerzhaft, und der Tod trat fast ganz unerwartet ein. Bei einem andern nahm, anch am dritten Tage, die Gesehwulst den Hals uud die Brust ein, auf häufige Ohnmächten folgte Betäubung, die von Zeit zu Zeit durch unaussprechliche Beängstigungen unterbrochen wurde, worauf der Tod folgte. Bei denen welche gesund wurden zeigte sich die Eiterung durch Fieber an, durch Kälte der Extremitäten, ungleichen aussetzenden Puls, ausserordentliche Furcht vor dem Tode. Bei allen Individuen war der Theil der Haut welcher die Pusteln trug, ertödtet und unempfindlich, eben so das Zellgewebe unter der Haut und zwischen den Muskeln, die Muskeln waren verschont oder nur zufällig mit afficirt; die Haut erstarb ohne ihre Farbe zu verändern, zuweilen ohne vorhergegangene Geschwulst, und in diesem Falle hatte sie eine äusserste Härte, lederartig so dass sie beim Einschneiden schrie. Stand die Gangrän und trat Eiterung ein, so stiess sich das sphacelirte Zellgewebe mit der Zeit in Lappen oder grossen Stücken ab. **}
*) Also unbedeckte Theile. quot;) N. 106. Htnilnger, MlUlrum!.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;21
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Bayle und mehrere spätere Aerzte haben diesen Karbunkel der Prorrncfi zu einer eigenthümlichen Form machen vollen; allein wir haben sie schon an mehreren Orten kennen gelernt, wenn sie auch bei Thieren häufiger als beim Menschen ist, so kommt sie doch auch bei diesem überall vor.
Bayle und nach ihm mehrere Aerzte glauben es sei dies primärer Milz­brandkarbunkel des Menschen gewesen, das heisst ohne Vebertragung des Gifts ron Thieren entstanden; allein es ist zu bedenken dass man damals weder alle Milzbrandformen der Thiere genügend kannte, noch die mannig­faltigen Wege der Infection die uns jetzt bekannt sind. Wenigstens ist es durchaus nicht wahrsheinlich dass der Milzbrand in dieser Form primär in dem Menschen vorkomme.
Häufiger wahrscheinlich ist der Milzbrand in dem Departement de Vaucluse, sicher ist das der Fall bei Schafen an beiden Ufern der Rhonelaquo; besonders um Carpentras und Avignon. Auch bei Menschen sheint er hier nicht selten zu seyn. Vielleicht hat Guy de Chanliac, der freilich aus einer Milzbrandgegend gebürtig war, aber doch den grössten Theil seines Lebens in Avignon verlebte, hier die Beobachtungen gesammelt, nach denen er eine der ersten guten Beschreibungen des Karbunkels geliefert hat. Auch Wechselfieber sind an der Durance und Rhone nicht selten.
Die ehemalige Basse Provence oder die heutigen Departements du Var und des Bouches du Rhone, theilt Toulonzan (Topo­graphie agricole de la Basse Provence) in das hohe und gebirgige Pays granitique (dessen Gebirge aber vorzüglich aus Gabbro und porphyritischen Gesteinen bestehen) und in das Pays calcaire ander Küste, das letztere besonders von Marseille bis Montpellier voll grosser aüsser und salziger Teiche und Sümpfe, es begreift die verrufenen Inseln des Rhonedeltas, die sogenannte Camargue, die Sümpfe von Aignes mortes und Montpellier. Hier ist recht eigentlich das Vaterland des Milzbrands aller Thiere und des Karbunkels des Menschen. Ebenso furchtbar hausen hier auch die bösartigen Wechselfieber des Menschen.
In den ausgedehnten Sümpfen der Camargue leben ungefähr noch 1500 halbwilde Rinder (ehedem viel mehr), von ihnen sagt der Graf Villeneuve*): „Die Rinder von Artes sind dem Karbunkel und dem Avant-coeur unterworfen. Nur die Natur kann sie aber heilen, dean man kann sie nicht ergreifen und behandeln.quot;
In demselben District von Artes und in der Camargue leben unge-400000 Schafe, wie viel diese aber leiden, mag nur ein Beispiel zeigen: „Im Winter 1812 fielen ausserordentlich starke Regen, im Frühjahr starke Veberschwemmungen darauf grosse Hitze. Im District von Artes entwickelte
*) Statisque des Bouches du Rhone vol. IV. p. 487.
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sich die Fäule **) unter den Heerden, unlor den Maulthieren, Pferden, Hasen und Caninchen und tödtete mehr als IOOOOO Schafe und eine ungeheure Anzahl in der Gegend yon Nimes und von Montpellier; Antrax und bösartige Karbunkel ergriffen die Ochsen, während die Menschen von hartnäckigen Wechsel fiebern crgriifen wurden. Es ist bekannt dass es in der Umgegend von Montpellier, in der Nähe der Sümpfe, Dörfer giebt, welche so von Wechselfiebern heimgesucht sind, dass in manchen Sommern von 1500 Ein­wohnern 1200 krank liegen; aber gerade in dieser selben Gegend nehmen die verherendsten Epizootien ihren Anfang welche sich von da über ganz Frank' reich yerbreiten.quot; **) In der That würden aber wohl in diesem Lande die Sehafe gar nicht leben können, wenn sie nicht als transhumantes behan­delt würden, das heisst jedes Früjahr wandern sie (seit alten Zeiten) in die Alpen der Dauphinlaquo; und im Herbste erst wieder herunter in die Provence. Villencnvc bemerkt dass diese Wanderung ganz unentbehrlich sei: „denn die ungeheure Hitze des Sommers welche die zarten Wollenthiere erdrückt, die durch den Wechsel von Regen und Sonnenschein mit Rost befallenen Weidepflanzen, oder das mit dem stinkenden Kothe der Sümpfe beschmutzte Gras, das verdorbene Wasser der Tränken, die giftigen Emanationen der sich zersetzenden Pflanzen und Thiere, sind eben so viele Quellen aus de­nen den Heerden der Camargue Krankheit und Tod erwachsen.quot;***) Als Hanptkrankheiten der Schafe in der Basse - Provence nennt er 1, die Fäule (imProvencalischen Gamadure oder Nibladure von Neble, wie man die riechenden Sumpf und Seenebel nennt, die auch die Vegetation verderben) 2, die Schafpocken (Picote) und 3, den Blutschlag (P Apoplexie sanguine vulgairement nommee Pissement de sang). In den Alpen leiden sie nur an dem Feon oder dem faulen biliösen Fieber, welches das Thier oft in zwei Tagen wegrafft. ****)
Den ebenso furchtbar hansenden enzootischen Milzbrand der Schweine in der Basse Provence hat vor kurzer Zeit Ginoux beschrieben***''*); in dem einzigen Canton Chateau Renard an der Durance starben in einem Jahre 11000 Schweine.
Aus diesen Gegenden stammen denn auch wohl die obenerwähnten ver-dienstrollen Beobachtungen von Fournier. — Auch Le Roi hat ihn in
*) Nach dem Folgenden aber gewiss mit Milzbrand. ••) Bailly Fife vr es intermittentes ect. p. 9. — Ich bin nur im Stande gewesen die europäischen Milzbrandseucken bis in die Aavergue oder Dauphin^ zu verfolgen; sollte jemand im Stande sein ihren Ursprung weiter unten in Provence nachiuweisen, so wäre die Mittheilung der Beweise verdienstlich, a. a. O. p. 489. Doch wohl auch Milzbrand.
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Montpellier oft an Menschen beobabtet, seine Behandlung ist aber schleckt. *) L a r r e y hat seine in kurier Zeit zahlreichen Beobachtungen in Toulon gesammelt. **)
Spanien. Portugal.
Es ist zu beklagen in Beziehung auf die uns beschäftigende Krankheit so wohl vie auf viele andre, dass das Land Europas welches uns die ent­scheidendsten Aufschlüsse geben könnte, so wenige Beobachtungen darbietet. — Schwi die Vorsichtsmassregeln welche die Merinosschäfer gegen den Thau nehmen (Guiterme Bocoles p. 489) aus Furcht vor der Basqnilla, die nichts anders als Milzbrand ist, lässt auf das Vorhandensein dieser Krankheit schliessen. Ein paar aufgezeichnete Epizootien nicht weniger. — Man wird auf die Häufigkeit der Krankheit aus den von uns angeführten Schriften schliessen können, wie dennanch die neuesten Jahrgänge der Gaceta medica de Madrid Beobchtungen über Milzbrandkarbunkel des Menschen enthalten, allein nirgends etwas über sein endemisches Vorkommen. — Doch bezeichnet Escobar als die häufigsten und gefährlichsten ansteckenden Viehkrankheiten Spaniens den Zungenanthrax (alevosa) und Milzbrand (lobado) auch wird trotz der Mehrdeutigkeit des Wortes, die ran ill a (innerer Milz­brand) dahin zu rechnen sein ***) In einer andern Schrift nennt derselbe Arzt den Karbunkel unter den eigenthümlichen Krankheiten der Spanier, doch auch ohne nähere Angaben über sein Vorkommen***)
Kaum aus ein paar Provinzen besitzen wit daher Beodaehtungen, für die übrigen sind wir auf Vermnthungen beschränkt.
Hochplateau von Spanien.
Die höchste und grösste Hochebene Europas, durch das schmale und nackte Granitgebirge der Guadarama in Alt und Neucastilien getheilt, wasser­arm und vegetationsleer, möchte ja wohl vom Milzbrande ziemlich frei sein können.
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*) La Roi Mem. et Observ. de Med. Montpellier. 1766.
**) L a r r e y M e d. ch i r u r g. D e n k w U r d i g k e i t e n. B. I. p. 28.
***) las mas malignas y executivas enfermedades son la alevosa, vexigas que se ponen debaxo delalengua: el lobado, que es uua calentura ma-ligniKima: la ran ill a es unahinchazon de vientre confuertes entuertos.lt;( A. F. de Escabor Historia de to dos los contagios. p. 89.
*quot;•) ,,Las enfermedades propias de los EspaiToIes son las calenturas intermi. tentes, y las semiterzianas, obstruciones del taidago y bazo, la Joterizia, el murbo negro, las affecciones cutaneas, el carbunco la Gota Rpsaceaquot; A. P. D. E. (scobar) Medi ci n a Patria. j). lraquo;r
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Ebrogebiet NO Abfall du Piauteaus SW Abfall der Pyrenäen.
Der mittlere Theil dieses Gebiets (Arragonien, Soria, Nararra) gilt für vorzüglich gesund; es mag also wohl auch der Milzbrand selten sein (die 1774 hier hausende Epizootic war aus Frankreich eingeschleppte Rinderpest).
Weniger ist dies mit dem Testlichen Theil namentlich Nieder Burgos und der Küste von Viscaya der Fall, wo Fieber und selbst bösartige Fieber herrschen; über den Milzbrand ist mir nichts bekannt, indessen ist sein Vor­handensein um so wahrscheinlicher, da die Franzosen In Burgos auch an Brandbräune litten.*)
Aber der östliche Theil, Catalonien, die cul tu virtcstc Provinz Spaniens, leidet in mehreren Thälern, z. B. im 1'Am pour dan, und an der ganzen Küste sehr von Malaria, wie ausser altern besonders die neuesten Schilde­rungen von Cuynat zeigen, daher Wechselfieber, gelbes Fieber, Scorbut, daher 1283 und 1710 die Armeen hier schon von Brandbräune heimgesucht wurden. Auch Milzbrandepizootien sind hier vorgekommen, er ist wohl ohne Zweifel enzootisch, aber leider finde ich keine Nachweisungen in den mir zu­gängigen Schriften.
Cantabrischer Abfall.
Nach Casals von so vielen, namentlich Townsend, Thierry, Bo-billier, Willaume u. s. w. abgeschriebener Topographie müssen wohl Fäule und Milzbrand in Asturien zu Hause seyn, aber leider fehlen darüber alle Nachrichten.
Gallizien bietet an einigen Punkten noch Aehnlicbkeit mit Asturien dar, Fieber und Brandbräune sind verheerend vorgekommen.
Südlicher Abfall.
Ueber Salamanca und Zamora in Spanien, wie die nördlichen Pro­vinzen Portugals habe ich keine Kenntniss, von Columbra aus werden Kvr-bunkel der Menschen erwähnt.
Im spanischen Estremadura scheint eine Milzbrandepizootie der Ca-valleriepferde um Bajadoz erwähnt zu werden. Malaria herrscht um Fruxillo, vorzüglich aber am Tajo, an welchem sie in Portugal bis zu seinem Ausfluss immer zunimmt und Eieber erzeugt; von dem Milzbrand keine Nachricht, aber Karbunkel der Menschen um Lissabon.
Die Mancha mit ihren vulkanischen Gebirgen und Sümpfen, ist die einzige Provinz wo der Milzbrand bestimmt als enzootisch angegeben wird. Ich bedaure sehr die unten angeführten spanischen Schriften nicht selbst zu
•) Coitc; Hei de Med, mil, voj, XVI. p,
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besitzen und daher nur nach Will au me referiren zu können, es ist möglich dass hier merkwürdige Verhältnisse vorkommen: „Nach den Berichten der Aorzlo des Landes hat die Mancha im Anfange dieses Jahrhunderts eine be­deutende Revolution in ihrer physischen und athmosphärischen Constitntion erlitten; nach einem von ihnen, der in einer scharfsinnigen Schrift*) von den Fiebern spricht welche im Jahre 1804 hier epidemisch herrschten, sol­len Orte welche bis dahin ihrer Gesundheit wegen gerühmt waren, unge­sund geworden sein, während andere welche vorher durch verheerende Epide­mien entvölkert wurden gesunder geworden sind. Diese Veränderung leitet er von den Erdbeben her welche um diese Zeit von Granada bis Madrid, durch diese Provinz hindurch wahrgenommen wurde. Die Fieber welche damals vorkamen hielt der Verf. für eine gemilderte Fortsetzung der gelbe Fieber Epidemie in Andalusien. — Die Furunkel und Karbunkel oder die Pustula maligna sind äusserst häufig und fast endemisch. Ein Arzt des Landes der von diesen Geschwülsten handelt**), empfiehlt die Anwendung eines Pflasters aus einge­kochter Seifensiederlauche, Wacholderoel, Honig und gebrannten Kalk.quot; ***) lieber den Milzbrand der Thiere weiss ich aber auch weiter nichts; die Mancha hi,' #9632;quot;CM starke Viehzucht, besonders Maulthierzucht und Schafzucht. — MiiTano der die Ungesundheit der Provinz im Allgemeinen angibt leitet sie von häu­figen Ileberschwemmungen, besonders der Guadiana ab.****)
Andalusien von Sevilla abwärts und längst der ganzen Seeküste ist von Malaria heimgesucht. Unter No. 186 habe ich die Beschreibung einer Epuootie und Epidemie um Puerto Santa Maria im Jahr 1815 mitge-theiH, wo Angina gangrenosa der Ochsen und Karbunkel der Menschen gleich-zeitrg vorkam. Höchst wahrscheinlich ist der Milzbrand da sehr häufig. Wechselfieber sind dort überall und immer endemisch, das gelbe Fieber hat bekanntlich diese Küste oft genug verheert.
Das an Andalusien grenzende portugisische Algarvien hat ihm gleiche Malaria-Districte die von Fiebern verheert werden, wahrscheinlich auch von Milzbrand. — Dass die Carbunkel der Menschen äusserst gefährlich im Alemtejo sind, wird angeführt.*****)
*) Ramon Lopez Mateos Pensamientos sobre la razon de las leyes derivadas de las sciencias fisicas. Madrid 1810.— Eine Anzeige im L e r o u x J o u r n. de M e d. vol. 37. p. 62. und daraus M e d. ch'ir. Zeit. 1817. B. III. S. 259. **) Francisco de Silva y Oliverade lassecasycarbuuclos con c on ta gion. Granada. 1603. •••) A. quot;Willaume Not. sur l,e Climat etc. de l'.Espagne. p. 72 ••••) Min'ano Diccionario geografico etc. vol. V. p. 388. ••quot;quot;) A. Balbi Essai statistique sur le Portugal, vol. I. p. 101
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Die Küste von laquo;ran ada und Murcia bietet ähnliche Ualariagegenden dar, wie man z. 6. aus den Aeriten die über das gelbe Fieber in Malaga und aus Mimauts Darstellung von Cartagena ersehen kann. Von Milzbrand und von Krankheiten der Thiere überhaupt weiss ich nichts.
Oeatlicher Abfall.
Selbst die berühmte Huerta de Valencia nährt eine kachektische fieberhafte Bevölkerung***) mehrere andere Küstenpunktc sind nicht hesser daran. Milzbrand höchst wahrscheinlich.
Spanische Inseln.
Von den Pity us en keine Nachrieht.
Mallorca hat einige Malariapunkte, lieber Milzbrand daselbst keine Nachrichten, auch nicht in den Schriften der dortigen Gesellschaft.
Minorca ist grösstentheilsMalarialand, Cleghorn, Small, Homer, reden wohl von andern Malariakrankheiten, nicht aber vom Milzbrand. Eine Milzbrandepizootie ist aufgezeichnet, aber sie mögen wohl häufig genug sein.
Corsica.
Die altern gewöhnlich angeführten Schriften enthalten nichts was uns Aufschluss gehen könnte, und selbst die neueren Geopraphien, wie Zuccagni-Orlandi sind sehr mager. Mehr Aufschluss über physische Geographie, Acker­bau geben Beaumont, Agostini, Pietry einige Aufsätze in der Revue enciclo-pedique, den Annali univers. etc. In medicinischer Hinsicht einige Arbeiten über die merkwürdigen, mannigfaltigen Mineralwasser der Insel, so wie die medicinischen Topographien von Gouraud übrr Ajaccio, von Gaste über Calvi.
Die Mitte der Insel nimmt ein hohes vorzüglich aus Granit, Gneiss, Glimmerschiefer, Porphyr u. s. w. bestehendes Gebirge ein, dessen grösste Berge wie der Monte Piano, Padro, d'Oro, Rotondo eine Höhe von 7000 bis 8300 Fuss erreichen; dieses im Allgemeinen sehr gesund enthält doch schon Malaria-Thäler; dis Ebene an der östlichen Küste enthält mehrere sehr ausgedehntlaquo; Sümpfe die die ganze Ebene mit Malaria erfülbn, die Ebene der westlichen Küste gilt für gesünder, allein die Schilderungen von Gourand und Gaste sind traurig genug; diese fruchtbaren Ebenen wo die Städte liegen, werden von den bösartigsten Wechselfiebern der Menschen im Sommer heimgesucht, und die fetten Weiden derselben können nur im Winter benutzt
*) S. Ausscr Cavanilles, Willaume, Coste u. s, w. A. Gu6rolt l e ttreraquo; sur l'Espagne, Bruxellea. 1810. p. 150.
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Werderaquo;, so vie die ersten SUrbefälle eintreteraquo; eilen die Corsen mit ihren Heerden in die Berge, sonst räumt der Milzbrand unter ihnen auf.
Sardinien.
Von Sardinien besitzen \rir eine gute Beschreibung vom Grafen de la Marmora, worin auch seine berüchtigten Teiche und Sümpfe genau angegeben sind *).
Die Sumpfkrankheiten Sardiniens waren seit den ältesten Zeiten be­kanntlich gefürchtet, und zwar nicht allein bei Menschen sondern auch bei Thieren, so sagt Claudianus:
Hinc hominum pecudumque lues, hinc pestifer aer Saevit, et exclusis regnant aquilonibus austri. Als Torzüglig ungesund wird nämlich der salzig feuchte sogenannte male d e tto Levante (Sirocco) betrachtet. Die Sumpfnebel bewirken auch hier wie in der Provence oft Erkranken des Getreides.
Die bösartigen Sumpffieber der Menschen in Sardinien sind von mehreren Aerzten, zuletzt von Moris und Sachero beschrieben worden. — Der Milzbrand soll vorzugsweise den Pferden gefährlich sein, nach Marmora: 5,Das Milzbrandfieber befällt die Pferde häufig im Sommer. Diese Geisel, welche auf dem Continente vorzüglich unter den Ochsen vorkömmt, scheint diese hier zu verschonen und vorzugweise die Pferde zu ergreifen, unter denen es oft schreckliche Verwüstungen anrichtet**).
Sicilien.
Die Naturbeschaffenheit Sicilens ist in neuerer Zeit von vielen Naturfor­schern untersucht worden. Die vollständigste Darstelung der Malariagegenden hat Smyth geliefert.
Trotz einer nicht kleinen Anzahl von Schriften, kann man nicht eben so zufrieden mit der Darstellung der Krankheiten dieser Insel sein; über die Krankheit der Thiere wissen wir aber herzlich wenig; die neuere Schrift eines dortigen Thierarztes (Miglia) enthält nichts über den dortigen Milzbrand.
Vor allen ist die ganze Ostküste von der Malaria verpestet, besonders die Umgebungen von Mesina, Syrakus, Trapani, Catania, und von da viele Stellen landeinwärts gegen den Aetna, besonders die Umgegend von Lentini (das alte Leontium) mit ihren im Sommer austrocknenden vulkanischen Schlammseen. Die südliche und besonders die nördliche Küste sind gesünder,
*) De la Marmora Voyage en Sardaigne. Paris 1889. 2 voll. 8.
quot;) Marmora a. a. 0. I. p. 433. — In Sardinien leben die Pferde im Freien, auf den Weiden, wie in Russland,
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man darf aber nur L on go's cliuischea Journal aufschlagen um sich zu über­zeugen , dass selbst um Palermo dis Fieber häufig genug sind. S m y t h zählt nicht weniger als 82 Malariaorte auf.
Einige Localschriften enthalten für uns nicht unwichtige Bemerkungen über den Charakter der dortigen Fieber, z. B. Fallica über die Fieber in Catania, besonders Morici über die Fieber in Mesina u. s. w. Eine Mit­theilung des letztgenannten Schriftstellers verdient hier wiederholt zu werden, da sie die Verwandschaft des Milzbrands mit den Wechselfieber zu erläutern im Stande ist „Eine sonderbare Varietät von Wechselfieber bot sich mir im Herbste 1832 dar; es consultirte mich ein junger Bürger Ton guter Con­stitution, wegen einer Pustel auf dem Rücken der rechten Hand, welche von einem breitem dunkelrothen Hof umgeben war. Am Abend und während der ganzen Nacht hatte der Unglückliche so heftige Schmerzen, dass er in Ohnmächten fiel; gegen Morgen mässigten sich die Schmerzen und verloren sich später fast gänzlich; da nichts weiter zu sehen war als eine Pustel, welche man höchsten zu denen rechnen konnte welche Pinel Pustule de Bourgogne nennt, so beschränkte ich mich auf die Anwendung von er­weichenden Umschlägen. Am Abend des folgenden Tages traten wieder Frost und Fieber ein und an der Pustel furchtbare Schmerzen wie am vorigen Abend, gegen Morgen trat Schweiss und Ruhe ein; ich wendete antiphlogi-stische Mittel an; da aber am Abend des dritten Tages der Frost und das Fieber sehr heftig und der Schmerz unerträglich wurde, so fassle ich das Fieber mehr in das Auge, als das topische Leiden, und entschloss mich, die China anzuwenden; gegen alles Erwarten sah ich wie durch Zauberei mit dem Fieber auch die scheinbar topische Entzündung verschwinden. Ich be­obachtete dann in derselben Zeit andre ähnliche, aber allerdings weniger ausgebildete Fälle, alle wurden durch innerlich gegebene Fiebermittel und äusserlich angewendete Chinaumschläge oder durch Cauterisation der Pustel geheilt. — Da die periodischen Erscheinungen so auffallend waren, so würde ich nicht so vielen Anstand genommen haben, diese Krankheit als eine Va­rietät von Wechselfieber zu betrachten, wenn ich einen ähnlichen Fall bei Torti, Morton, Barzellotti, Jolly oder so vielen andern Schrifstellern gefunden hätte, was aber nicht der Fall ist. Da aber der gelehrte Alibert exanthe-matische intermittirende Fieber annimmt, so glaubte ich mich berechtigt an­nehmen zu dürfen, dass auch diese von mir beobachteten Fälle dergleichen wären; aber von welcher Art? Man wird es eine Febris intermittens pustularis gangraenosa nennen können, da man ihr keinen bessern Namen wird geben können, und mit Recht, weil ich mehr als einmal die Pusteln der Gangrän sich nähern sah, wenn die China nicht zur rechten Zeit angewendet wurde. — In Beziehung auf die Pusteln und die Carbnn-kel theilt Salvadore de Renzi in einem Hefte des Filiatre Sebezio (Nov. 1831) mit „dass Marino in Trivento in einer scharfsinnigen Abhandlung
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über die perniciöseu Wlaquo;chsclfieber und die endemischen Herbst-Carbunkel in den Sumpfländern bewiesen hat, dass man den Carbunkel als den höchsten Grad der Perniciosität zu betrachten habe, da er aus derselben miasmatischen Ursache entspringe, daher in pathogenetischer Hinsicht identisch sei, und derselben Behandlung weichequot;. Ich kann denn gelehrten Arzt von Trivento nicht widersprechen ohne seine Schrift gelesen zu haben *), da ich aber oft Menschen habe an perniciösen Fiebern sterben sehen, ohne dass sie Carbun­kel oder Anthrax hatten, so scheint es mir, dass man diese Ausschläge nicht so wohl als einen höhern Grad betrachten kann, als vielmehr als eine aus noch unbekannten Ursachen hevorgehcnde verschiedene Form der bösartigen
Fieberlaquo;**)-
Neapel.
Es hält schwer der Verführung zu entgehen das Malaria-Siechthum in Neapel etwas weiter zu verfolgen, um so mehr da es unsrer Aufgabe ganz nahe liegt; allein der Schlussstein der Untersuchung würde fehlen, denn so häufig auch der Milzbrand dort seyn muss, so ist er doch den dortigen Aerzten so unbekannt, dass ihn z. B. de Renzi in allen seinen Schriften nicht ein einziges Mal nennt, weder bei Thieren noch bei Menschen.
Ein einsichtsvoller neapolitanischer Schriftsteller der diese Unwissenheit seiner Landsleute in der Thierarzneikunde (in der sie einst die Lehrer Europas waren) frei eingesteht, führt doch unter den häufig tödtlichen Krank­heiten der Schafe neben der Fäule auch an das St. Antonsfeuer und das Blut st allen.***) Derselbe fügt weiter unten hinzu, dass in manchen Jahren Vs, Vlaquo;, 1A ja selbst die Hälfte der Heerden darauf geht; und an einer andern Stelle erwähnt er, dass im Jahre 1807 (bekanntlich ein Milzbrandjahr) die Sterblichheit unter den Rinderheerden in Apulieu und Calabrien so gross war, dass die Stadt Neapel 10000 Stück Schlachtocbsen ans Oberitalien einführen musste.
4) Die mir leider auch unbekannt geblieben ist.
'*) G. M. Moricisulle febbri periodiche di Messina. Messina. 1887. p. 21.
'*) „Neil' arte veterinaria quanta siamo alle piü colte nazioni di Europa inferiori con rossore il dobbiam confessare; ma per le pecore affidate interamente alia classe piu abjetta della nazione non vi £ cosa, ehe possa esprimere al vivo k frequent! mali contagiosi da cui sogliono esser oppresse. Intanto la sebiavioa, la rogoa, il capogirolo, il fuoco S. Antonio, il ciamurro, la diarrea, il piscia sangue, la torta (?), il inarciinentn del fegato attaccano, e distruggono da per tutto con furore i nostri armenti.quot; M o n t i c e 11 i Sulla Pastorizia del regno di Napoli. Atti del r, Istituto d'Incorrggimento di Napoli vol. I. pag. 3tgt;ö,
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Bei dem Mangel an Nachrichten vollen wir kurz die Localitäten durch­gehen wo der Milzbrand höchst wahrscheinlich vorkömmt.
Calabrien schon hat grosse versumpfte Küstenstrecken die der Ma­laria wegen im Sommer ganz unbewohnbar sind, so die ganze Strecke von Catanzaro bis Crotone, die Gegend um Gcrace, die Mündung des Ca-peri, die Mündung der Angitola bis Cap Souvero, ebenso die Thäler des A m a t o und des N i e t a. Aber selbst in den Apenninen sind eine Menge verpestete Orte: hier auf eine ähnliche Art entstanden wie wir es oben in Spanien von der Manrha erwähnten, nämlich durch die Erdbeben von 1782 und 1783; die Erklärung liegt hier nahe, es entstanden nämlich grosse Ueberschwemmungen, und eine Unzahl neuer Seen (in einer einzigen Gegend 215) *). — Raso hat die bösartigen Fieber der Menschen in diesen Gegenden geschildert,quot;) es ist unmöglich, dass der Milzbrand hier nicht eben so wfithen sollte; aber freilieb kein Wort von ihm.
Basilicata. Im Allgemeinen wohl eine der gesunderen Provinzen fehlt es ihr doch nicht an Sümpfen und Malaria an der südlichen und öst­lichen Küste, eben so wenig im Innern z. 6. um Matera, sie hat bedeutende Moffeten und es ist schon ein böses Zeichen, dass die Morgenthaue den Brand des Getreides erzeugen ***)•
Terra d'Otranto. Diese Provinz ist vielleicht die am mehrsten von der Malaria heimgesuchte, ihre nördlichen und südlichen Küsten sind durch Sümpfe furchtbar verpestet, am verruffensten sind die Umgebungen von Briudisi und Tarent, wie man aus den Schriften von Galanti, del Be, Salis,Renzi,de L e o •*'*) u. s. w. ersehen kann, die ganzen Küstenländer sind kulturlos. — Wahrscheinlich ist die Malaria und der Milz­brand die Ursache, wesswegen die reichen Besitzer im Sommer ihre Schafe von da wegsenden. Ich habe an einem andern Orte bereits die #9632;Yermuthung geäussert, dass man die Sterblichkeit der Schafe durch den Milzbrand in jenen Gegenden vielleicht irriger Weise einer ganz andern Ursache zu­geschrieben haben könnte: Es herrscht nämlich dort von alten Zeiten her der von Salisf) bereits weitläufig mitgetheilte Glaube, den indessen Männer wie Cirillo f-J-), Manni von Lecce und Marimosci von Martina durch
*) U. v. S alia - Marschlins Beitra'ge zur Kenntniss beider Si-cilien. II. S. 17- 117. 119 u. s.w. •*) G. Rase Storia della febbre della Calabria meridio­nal e. Napoli. 1839. #9632;•*) 6. delRe in: Calendario di Napoli. 1824. p. 67. 120 ect. gt;laquo;*6^ \ je Leo Sulla cuitura; del agro Brindisino. Atti della r. soc. d'Incorragim. Tel. II. p. 81. D C. U. von S alis - Ma r schli n s Reisen in verschiedene Ge­genden des König r. Neapel B. I. S. 6 3. tt) Fundamenta Botauices Vol. II. p. 135.
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ihre Beobachtungen verbürgen'quot;), dais eine Pflanze, der Fnmulo (Hj-pericum crispum) ein Gift für die weisscn nicht für die schwanen Schafe sei, worauf sie sehr bald unter einem rothem Ausschlage des Kopfa sterben. Manche Widersprüche der genannten Beobachter, die Angabe, dasraquo; die Pflanze nur giftig sei wenn sie in Sümpfen wachse, oder wenn sie vom Morgenthau befeuchtet sei u. dgl. brachten mich auf den Gedanken, dasa entweder nur die kranke Pflanze oder aber — nur die Malaria das Gift sei ? Was den Unterschied der schwarzen und weissen Schafe betrifft, so ist es mir längst aufgefallen, dass in den schlimmsten Sumpfgegenden Sardiniens, Siciliens, Neapels, vorzugsweise schwarze Schafe gezogen werden, weil sie härter wären! sollten sie vielleicht weniger empfänglich für die Malaria sein, als die weissen? Die königliche Gesellschaft hat übrigens in diesen Bezie­hungen bereits Fragen gestellt, von deren Beantwortung ich aber nichts ver­nommen habe.
Bari. Diese Provinz gehört zu den bewohntesten, sie wird als trocken und gesund im allgemeinen bezeichnet, namentlich rühmt man auch die Ge­sundheit ihrer Hausthiere. Allein auch sie ist nicht ohne Küstensümpfe, namentlich um Bari, Malfetta, Barletta, daher auch nicht ohne Wechselfieber, selbst bösartigen, der Menschen. Ihr Boden ist wohl derselbe wie in Appulien, sie scheint aber regelmässiger gegen die See abzufallen***).
Appulien ist von alten Zeiten her berühmt als die Winterweide der Ungeheuern Viehheerden der Abruzzen und andrer Appeninnenprovinzen; denn die Transhumation ist hier wie in Spanien und dem südlichen Frankreich uralt, schon unter den Römern gewöhnlich, und durch die Natur der Länder geboten. Jeden Winter werden über eine Million Schafe nach Appulien ge­trieben, und eine Menge anderes Vieh. Die Heerden kommen im Oktober in Appulien an und verlassen es wieder im Mai.
Das sogenannte Tavoliere della Puglia ist eine von N. nach S. ungefähr 60 Miglien lange von den Apenninen gegen das Adriatische Meer ungefähr 30 Miglien breite wellige Hochebne, welche von den Murgie im Osten, von von den Apenninen im Süden begrenzt gegen das Meer sehr allmählich ab­fällt, in der Mitte wieder in das Vorgebirg des Gangano sich erhebt, an dessen beiden Seiten aber in das Meer verflacht. Im Allgemeinen eine Ebene, enthält es doch sehr viele Hügel und Mulden. In den letzteren ist die Damm­erdeschicht oft dick, auf den ersteren oft sehr dünn, und die nachten Felsen
***) Estratto di alcune notizie d'velenosi effetti ehe sulle pecore bianche pro­duce la pianta del fumolo. Atti del r. iatitut. d'incoragim. Vol. II. p. 322. 825. *) (Baldini) Saggio iutorno alle mall ati e endemicbe della prorineia di Bari. (Napoli 1797,) P- 13. 15, 19. 31, laquo;tc.
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stehen oft an. Das Gestein besteht aus Kreide, Kalk und Thonmergel mit Kalktuff. Die aus dem Apennin herabkommenden Flüsse sind im Winter sehr wasserreich im Sommer trocknen sie fast aus; da ihr Fall gering, das Terrain wellig, so bilden sie oft sumpfige Stauchungen. Das Wasser ist sehr allge­mein salzig *). Dass wirkliche Sümpfe vorhanden sind, ergibt sich aus den Worten del Re's**) und noch specieller aus den Beschreibungen Miche­langelo's, z. B. um die Hauptstadt Toggia, um St. Serero u. s. w.***); bei der glühend heissen Sommerhitze auf der baumlosen Hochebene müssen aber ihre Ausdünstungen um so gefährlicher werden. Beide Küsten aber, sowohl der südöstliche Golf von Manfredonia als der nördliche sind mit sehr ausgedehnten Sümpfen versehen; deren Malaria muss aber bei den regel-mässig täglich eintretenden Seewinden im Sommer nothwendig auf die Hoch­ebene geführt werden. — In der That werden uns auch diese gefährlichen Dünste und Thaue beschrieben: Cognazzi macht eine schreckliche Be­schreibung von dem verbrannten öden, thier- und menschenleeren Appulien im Sommer, fügt aber hinzu, dass trotz der Dürre des Tages die starken Thaue der Nacht die Hauptnrsache der endemischen Krankheiten wären ****). Richtiger erklärt aber wohl d e 1 R e die Entstehung und Wirkung dieser Niederschläge aus den See- und Sumpf - Ausdünstungen, die während der Hitze dos Tages auf die Hochebene geführt, durch die Kälte der Nacht nieder­geschlagen werden f). So erklärt denn auch Michelangelo (Y. p. 194),
*) P. F. Michelangelo Fisiea Appula Vol. V. p. 259. **) „La Capitanata ehe porta il nome di Paglia piana, ha la forma di uu gran vacino solcato da piti acque correnti, il corso delle quali suolo lasciar qua e la varii laghiquot;. Descrizione topogr. etc. de'r. dominj al di qua del Fano. Vol. I. p. 20.
•••) Fisiea Apula Vol II. p. 114. 121. etc. Vol. V. p. 228.,
S. vor-
ziiglich auch Do rote a a. u. a. O. p. 192.
••••) S. Cagnazzi Sülle campagne di Fuglia. Atti del r. Ist.
'in cor-
rag gim. Vol. I. p. 34 5.
t) „ Erisultamento di costanti ed esatte osservazioni meteorologiche fatte per pili di 20 anni dal chiarissimo Gioviue ehe nella Puglia, il momento della massima umiditä dell atmosfera ne' giorni di state accade nelle prime ore pomeridiane quando e appanto massimo il caldo; avegnachfe allora spira piu forte il vento da mare o sia dall' est, il quäle trasporta sulla Paglia i vapori ehe si alzano dalle acque. Da cio avvieue ehe quanto piii fermo, piii lungo e piii costante e nella state il dominio di detto vento, tanto maggior mente si svegliano le costitu-xioae endemico-morbose. E peggio avviene lä dove it vapori marini ehe il veuto porta snlle terre, si uniscono anebe i vapori degli Htagui e delle paludi ehe sano lungo il Udo. Descrizione topogr, etc. Vol. I. p. 81,
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tlass an den tiefern, bodenreichern und feuchten Stellen, wie um St. Se­vere, die Nebel sich sichtbar aus dem Boden erheben, dass sie stinken, die Pflanzen tödten und Krankheiten erzeugen.
Die Häufigkeit der Pflanzenkrankheiten, die so oft eine Folge der Ma­laria ist, führt denn auch Michelangelo an, und die Häufigkeit der Pilze in den Nadelholzwaldungen an der Grenze Ton Appulien, die derselbe er­wähnt (I. p. 159} ist oft auch ein Zeichen der Ungesundheit.
So ist es denn auch kein Wunder, dass auf der dürren Hochebene von Appulien Wechselfieber die Menschen sehr häufig heimsuchen*). — Die Häufigkeit mancher Nervenkrankheiten, wie der Hysterie, des Tarentel-tanzes, der Melancholie, durch welche Appulien berüchtigt istquot;), kann auch wohl von der Einwirkung der Malaria herrühren, aber auch von dem Genüsse des durch Malaria erkrankten Getreides.
Die Verheerungen die der Tod unter den Heerden in Appulien in ein­zelnen Jahren anrichtet, sind furchtbar, Galant!quot;*) und Michelan­gelo ****) haben diese Notitzjahre verzeichnet, es waren vorzüglich im ver­gangenen Jahrhundert 1711, 1715, 1726, 1739, 1745 (dieselbe Sterblich­keit im milden Ostranto), 1755, 1760, 1789. Man beschuldigt dann den Schneefall und die Kälte als Ursache, ob immer mit Recht f) ? Wenig­stens deuten die Worte Michelangelos derauf hin dass schon im Frühjahre nicht allein der Mangel an Futter sondern das Clima Appulien füe die Thiere unbewohnbar macht: „Ich habe bemerkt dass die Schafe den Rückweg nach den Abrnzzen in der Mitte Mai antreten; die Lämmer verlassen Appulien zuerst, sie gehen gegen den 4ten oder 5ten Mai ab; würden sie bis in die Mitte des Monats bleiben, und sollte es in dieser Zeit regnen, und auf den Regen Hitze folgen, wie das oft der Fall 1st, so würden sie alle an der Krankheit sterben welche die Schäfer lo Scalascione nennen. Endlich haben alle Heerden gegen den 20ten bis 35ten Mai das Tavoliere verlassen. In Foggia und an andern Orten bleiben dann nur die Schafe und die Schlacht­hammel der Einwohner im Sommer; aber wie schon erwähnt giebt es dort kein flicssendes Wasser, keine Thäler, keinen Schatten; daher die epidemischen Krankheiten die so oft in der heissen Jahreszeit diese Thiere verheeren,quot; ff)
') D e Renzi TopografUi stat. med p. 62. p. 164. (wo aber nur am ersteren Orter Appulien oder Daurien richtig characterisirt ist.) — Dorotea am unten angerührten Orte p. 191. *•) Michelangelo Vol. IV. p- 158 Besonders Cognazzi p. 357. *••#9632;) J. M. Galanti Beschreibung beider Sicilien B. II. S. 332, 335. B. III. S 288. 451.
••raquo;•) a. a. O. IV. p. 19,
t) Die Kälte beträgt nur wenige Grade über O, und dauert nicht lange. ff) A. a. O. IV. p. 115.
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Ich Weiss liun freilich nicht irelche Krankheit mit dem Namen Scalascione bezeichnet wird, aber die angegebenen Ursachen sind die gewöhnlichen des Milzbrands in Malarialändern. — Derselbe Schriftsteller beschreibt das bös­artige Fieber der Äppnlischen Rinderheerden, die Beschreibung ist unge-genügend, mag aber doch am besten auf das Milzbrandfieber passen: „Im Anfange der Krankheit werden alle Ochsen von allgemeinen Frost befallen, es sträubt sich das Haar auf dem Rücken, sie können sich mit Mühe auf den Beinen erhalten, dann fangen sie an wärmer zu werden bis sich endlich eine deutliche Fieberhitze einfindet; den zweiten Tag hören sie auf zu fressen und wiederzukäuen, bei] der Zunahme des Fiebers schlagen sie mit den Füssen, sie werden traurig', sie athmen offenbar mit grosser Mühe; und stossen heisere Seufzer aus ohne jemals zu husten. Ihr Koth ist anfangs hart, dann flüssig zuweilen von Blut gefärbt. Der Urin ist anfangs trüb und reichlich; dann sparsam und hell, sie sterben gewöhnlich am vierten bis sechsten Tage, in dieser Zeit verdrehen sie die Augen, haben Nasenausfluss, geifern, knirschen mit den Zähnen, wackeln mit den Beinen, werden allmählig kalt und ster­ben.quot; *) Die Todesfälle die derselbe Schriftsteller von Fliegenstichen ableitet (V. p. 74) oder von giftigen Kräutern (I. p. 128. 130) werden wohl wie gewöhnlich dem Milzbrande angehören. — Aus Gründen dia ich hier noch nicht anführen kann, will ich noch anführen dass in Appulien die Hunds­wut h sich häufiger entwickeln soll als anderwärts **). — Sollte das was unten d e 1 R e von den Krankheiten der Abruzzer Hausthiere sagt, von ihrem Aufenthalt in Appulien gelten, so würden die Milzbrandkrankheiten ausdrück­lich als die gewöhnlichen genannt seyn.
Die Provinz Molise reicht vom höchsten Rücken der Appenninen bis zur Küste des adriatischen Meeres, sie hat daher die mannigfaltigsten Höhen und den verschiedensten Boden, Jim Allgemeinen gebirgig ist ihre Seekflste nicht sehr breit und nur mit kleinen Sümpfen besetzt, die um Campomarino doch Malarialand bilden, und um Trigno wird die Luft durch Reisfelder ver­pestet. Die Gebirge haben sehr gute Sommerweiden, im Winter ziehen die Herden nach Appulien***). Ueber ihre Krankheiten ist mir nichts Näheres bekannt.
Die Abbruzzen die rauhesten und gebirgigsten Provinzen, ganz im mittleren Appennin, deren Heerden nebst einem sehr grossen Theil der Be­wohner den Winter nach Appulien oder nach dem Kirchenstaate ziehen, um dort Lebensunterhalt aber auch Krankheiten und Tod zu finden. Vom 1 Abruzzo ulteriore erwähnt del Re dass der Weizen oft am Brand leidet.
*) Daselbst p. 111. *•) Michelangelo vol. IV. p. 146. *,H,) Del ReDescrizione etc. vol. III. und derselbe im Calendario di Napoti fiir 1821.
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Von 3 Abrozzo ulteriore sagt er die gewöhnlichen Krankheiten der Schafe wären die Schafpocken, der Karbunkel (carbone) und das Feuer (fuoco). *)
Die Terra di Laroro und Neapel. Diese den Aerzten hinreichend, namentlich auch durch die Schriften del Re's und de Renzi's, bekannte Provinz ist bekanntlich nicht allein an ihren Küsten, sondern auch an vielen Stellen des Innern reiehlich mit Malaria versehen; über ihre bösartigen Wech­selfieber ist auch genug geschrieben; dass der Milzbrand der Hausthiere häufig sei und dass auch oft Infectionen von Menschen vorkommen erfuhr ich, es ist mir aber nichts von ärsztlichen Beobachtungen über ihn bekannt geworden; in Neapel befindet sich zwar eine brillante Thierarzneischule, aber nur mit Pferden und Hunden scheint man sich etwas zu befassen.
Principato ulteriore**) besonders an der Küste von Salerno, um das alte Poestum u. s. w. Malaria und Fieber genug, lieber den Milzbrand ist mir nichts bekannt.
Principato ulteriore, von den ältesten Zeiten her berüchtigt durch seine Erdbeben, seine Moffeten, vorzüglich die Yalle di Ansanto; doch schei­nen einheimische Malariafieber, nach Santoli, nur an einzelnen Orten vor­zukommen, desto mehrere aber aus dem benachbarten Appulien eingeschleppt zu werden.
Es wäre sehr zu wünschen daas wir genauere Beobachtungen aus diesem Lande besässen, in welchem bekanntlich die Brandbräune einst eine reiche Ernte hielt, nachdem die Rinder an einer ähnlichen Krankheit gelitten hatten. Wer sich Vermuthungen hingeben will, wird wohl den Milzbrand den Wech­selfiebern paralel gehen sehen.***)
K irchen staat. Die Geographie und Goognosie Roms und der römischen Sümpfe ist durch Werke von Brocchi, Hoffmann, Prony, Tourn on hinreichend bekannt nicht weniger ist seit Lancis is Zeiten über die römische Malaria geschrieben, so wie übar die Malariafieber, wo die Schriften von Puccinotti und in mancher Beziehung von Folchi als die vollständigsten gelten können. Im Allgemeinen vom Fusse der Appcnninen, mit Einschluss ihrer Thäler bis zum Mittelmeere herrscht Malaria, wenn sie auch ihren Haiiptheerd im südlichen Theile, in den Pontinischen Sümpfen hat.
*) Decrizione etc. vol. II.
**) He im Calendario di Napoli. 1823.
••*) lieber die geographische Verbreitung der Wechselfieber im Königreich Neapel s. Dorotea in Annali dell accademia degli aspi-r an ti natural isti. vol. II. p. 181. Brandbraeune der Menschen ist auch 1845 und 1946 in den verrafensten Malariagegenden epidemisch vorgekommen.
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Eine weitere Betrachtung dieser bekannten Sumpfgegenden und der in ihnen herrschenden Krankheiten der Menschen, würde hier zwecklos seyn, da wir über die vorkommenden Formen und über die Verbreilungsart des Milz­brands nichts wissen. — Brocchi*) und mit ihm gar manche andere Schrift­steller versichern uns sogar dass die Malaria für die Tbiere ganz unschädlich sei, und dass diese in den römischen Sümpfen einer rortreiflichen Gesundheit genössen! — Das Gegenlheil wissen wir von Metaxa, der uns sagt dass der Milzbrand sehr häufig und verderblich ist; zugleich nahm er an dass in den Thieren der Milzbrand die Stelle der We chse If lebe r des Men­schen vertrete, liess sich aber denn freilich zu sonderbaren Hypothesen ver­leiten. **)
Der Milzbrand scheint sogar schon an Orten vorzuhommen wo die Malaria­fieber nicht herschen: Cap el lo erwähnt z. B. nicht allein dass er in Tivoli, dem Tournon eine Aria ottima zuschreibt; **') im Jahre 1816 eine Heerde Scheine von 100 Stück an der Milzbräune umkommen sah,****) son­dern er beschreibt auch einen manches Interessante darbietenden Milzbrand­ausbruch in dem Jahre 1818, und überdies als eine ihm wohl bekannte Krank­keit; sich entschuldigend eine Section nicht gemacht zu haben fügt er näm­lich in einer Note hinzu: „Die Furunkel von schwärzlicher Farbe die mich in diesem Jahre (Mai 1821) vier Monate lang an meinen untern Extremisäten quälten, und fast immer an das Bett hefteten, verdankten ihren Ursprung, nicht allein nach meiner Ansicht, sondern auch nach der der berühmtesten Professoren Roms, dem zu grossen und unbesonnenen Eifer mit dem ich mich als im Jahre 1818 die ansteckendste und verheerendste Krankheit der Haus-tbiere, der Milzbrandkarbunkel, erschien, unvorsichtig der Section der ersten gefallenen Pferde unterzog. Es zeigten sich alle ihre Eingeweide ge­sund mit Ausnahme einer beständigen carbuneulosen Entzündung die gewöhn­lich auf das Colon beschränkt war und die unvermeidliche Ursache ihres Todes wurde. Diese furchtbare Krankheit entwickelte sieh ganz unerwartet unter den Pferden des in Tivoli stationirten Dragonercorps. Da diese Pferde zusammenstanden so waren sie alle verloren. Die Krankheit dauerte nicht über 36 bis 40 Stunden. Das einzige und wichtigste Mittel war die Aus­breitung der Krankheit zu hindern, daher wurden von mir die strengsten Massregelu angeordnet und das Contagium in der That gehemmt. Unglück­licher Weise wurde ein Sattel nicht verbrannt, und dieser nach einigen Mo­naten einem Pferde des wieder beritten gemachten Corps aufgelegt, auf der
•) G. Brocchi dello state fisico del suolo di Roma. p. 224. ••) N. 392 - 396. ••^iTournon Etudes statistiquessur Rome. vol. I. p. 209. 'raquo;•',) A. Capello Opiiscoli scelti, Roma.1830. p. 88. Hrminpr, MUrtrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;11
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Stelle war das Coitta^ium wieder erweckt, und vernichtete alle zusammen­stehenden Pferde nebst einem tiburtinischen Pferde und einer Ziege. Ich halte die Genugthuung durch die strengsten Masregeln eine der verheerendsten Krankheiten aufzuhalten, von der ich zwar gerade nicht befallen wurde, aber ich bekam nach einigen Tagen einen Ausschlag von schwärz­licher Farbe der sich von den Armen auf die Brust erstreckte. Dieses Uebel kehrte in jedem Jahre wieder zurück, breitete sich im Jahre 1831 aber auch aus auf die unteren Extremitäten *)
Dass mehrere von den römischen Schriftsteilern erwähnte Epizootien Milz­brand gewesen sein können, wurde im Anfange des zweiten Abschnitts bereits erwähut.
Ganz mit Unrecht wird dagegen die Lancisische Epizootic aus dem Jahre 1712 hier her gezogen, es war bekanntlich die grosse allgemeine europäische Rinderpest -Epizootic.
Dagegen gehört wohl hierher die im zweiten Abschnitt erwähnte Zungen-anthraxepizootie des Jahres 1786.
Eben daselbst wurde eine Milzbrand - Epizootie aus dem Jahre 1815 an­geführt.
Aber nähere Untersuchungen über die Verbreitung und die Formen der Krankheit in der Romagna kenne ich nicht.
Aus der Umgegend von Urbino hat Puccinatti eine Shweine-Milz-brand-Epizootie des Jahres 1834 beschrieben, die Schrift ist mir aber unbe­kannt geblieben **)
In allen diesen Gcgegenden herrscht ausser den Wechselfiebern dieselbe Nervenerregbarkeit unter den Menschen wie sie von den Aerzten in Sicilien, Neapel, Appulicn u. s.w. erwähnt wird; auch hier wurden von Puccinatti ii. A. die sonst so seltenen febres inte rmit tent es hy d roph o b icae beobachtet; wenn ich die häufig beobachteten Fälle und z. B. Cappellos Abhandlungen betrachte, so möchte man wohl dasselbe glauben, was von Appulien behauptet wurde, dass nämlich die Hnndswuth besonders häufig hier vorkömmt.
Auch in den römischen Marken namentlich um Ferrara, Bologna, Comacchis 1st der Milzbrand häufig, wie das die gelegentlichen Aeusserun-gt;en der Aerzte und der Thierärzte des Nachbarlandes zeigen; wahrscheinlich gilt ähnliches von Mode na; aber ausser der in N. 122 beschriebenen Epi­zootie besitze ich keine näheren Nachrichten.
T o s c a n a. Jedermann wird den Milzbrand in dem verrufenen Fieberlande derMarcm-men erwarten; obgleich auch hier nähere Angaben und Beobachtungen fehlen,
*) Daselbst, p. 46. quot;} F. Puccinotti di uoa epizoozia contagiosa. Bologna. 1824
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so wird dock Niemand an der Richtigkeit dieser Annahme zweifeln, wenn man die grosse Anzahl der jedes Jahr Torkommenden Infeclionsfälle von Menschen Tergleicht: Salvagnoli Ma rohe tti führt in den Krankheils­listen von vier Jahren 24—33—36—28 Fälle von Puslula maligua an, und fügt hinzu, dass alle diese Kranken entweder am Milzbrand umgestan-dcne Thiere behandelt, oder von ihrem Fleische gegessen hatten*).
So erwähnt auch Turchetti einen Fall aus dem Arnothale wo durch den Genuss des Fleisches von einem milzhrandbranken Ochsen eine grosse Anzahl Menschen an Carhunkeln erkrankten **).
Eben so habe Ich im zweiten Abschnitt unter dem Jahre 1810 sein Vorkommen in der Gegend von Livorno angeführt.
Ohne Zweifel kömmt er in vielen Gegenden Toskanas vor.
Lomb ar dei. Jederman wird in der ganzen sogenannten Bassa Lombardia, in dem ganzen Pothale, welches von Wechselfiebern der Menschen verheert wird, auch den Milzbrand als enzootische Krankheit erwarten. Nun allerdings er­gibt sich auch aus den Schriften der Thierärzte seine grosse Häufigkeit da­selbst; aber specielle Angaben über seine Häufigkeit und seine Formen sind mir nicht bekannt.
In der obern Lombardei und in den Alpen wird das Verhältniss wohl sein wie in andern Gebirgen, auch einzelne Thäler werden Milzbrand haben, andere nicht. M e n i s, der einen unbegründeten Unterschied zwischen seiner febbre carbonchiosa und morbetto annimmt, sagt z.B. von der Provinz Brescia: „Das Carbunkelfieber der Rinder ist eine sehr seltene Krankheit in der Provinz, und so viel mir bekannt ist es niemals von Localinfectionen und Carbunkeln be­gleitet. An seiner Contagiosilät kann ich nicht zweifeln, denn ich habe es wieder entstehen sehen in Ställen, welche nach seinem Auftreten nicht
gehörig desinficirt worden waren..... Der Milzbrand (il morbetto)
zeigt sich immer sporadisch, aber häufig; diese Krankheit besteht in einem höchst acuten fieberhaften Leiden mit gangränöser Entzündung der Milz. Er lödtct die Thiere oft am ersten Tage seines Auftretens. Zu seiner Ent-wickelung in dieser Provinz scheint am mchrsten die Ungesundheit der Weiden in gewissen Zeiten und Orten beizutragen, da man ihn häufig an denselben Orten und in denselben Monaten wiederkehren sieht. Die Handhabung der Leichen der am Milzbrand gestorbenen Thiere ist im höchsten Grade ge­fährlich. Gar manche Menschen sind in diesen letzten Jahren an sehr acuten Fiebern mit Hantcarbunkeln gestorben, weil sie Thiere, die an dieser Krank-
*) Salvagnoli-Marchetti Saggio della Statistica med. delle Mar cm me. I. c II. — Als „assai commanequot; wird die Postula maligna auch von Pal loni angeführt: Costitutioni epidemiche di Livorno p. 57. •quot;) N. 297.
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licit gestorben Maren, unvorsicliticher Weise abgeledert haltenquot; etc. *). Aufh stecken wahrscheinlich unter den von ihm beschriebenen Blutstallen und unter seiner Polmonera Milzbrandafectionen. Auch erwähnt er die Milzbrand-Rose und Bräune der Schweine. — Derselbe beschreibt die endemischen Wechsel­fieber der Menschen in den Thälern der Mella, Chiese und Oglio (p. 130); eben so die häufigen Befallungen der Culturpflanzen (p. 301.).
Ans den Valtcllin berichtet Balardini „Bas Carbunkelfiieber mit und ohne Carbunkel, der Milzbrand, den die Landleute nur il morbo nennen, fehlen nicht zuweilen im Winter, und im heissen Sommer, wenn die Alpenweiden dürr und trocken sind und die Quellen yersiegenquot; **). Der­selbe erwähnt die endemischen Wechselfieber mancher Localitäten (p. 51), so wie das häufige Vorkommen des Mutterkorns und des Ergotismus unter den Landleuten (p. 17. 61.).
Venctianischc Staaten.
Diese Provinzen, die so oft der Schauplatz der Rinderpest waren, sind in vielen Localitäten den Verheerungen des Milzbrands ausgesetzt.
Auch hier fehlt es noch an allgemeinen Zusammenstellungen, und Ri-naldini z. B. hielt noch im Jahr 1814 die Krankheit für viel zu selten, wenn er schrieb: „Der Milzbrand herrscht imBergamaskischen, in Feltre, im Friaul, im B ellunesischen; ich wusste noch nicht, dass er jemals im Vicentinischen geherrscht habe, als ich zu meinem Erstaunen im Jahr 1803 einen Bericht der dortigen Sanitätsbehörde zu lesen bekam, dass drei Männer eine in jenen Bergen verstorbene Kuh aufgehoben hatten, derjenige welcher das meistequot;gethan hatte, bekam eine Geschwulst an der linken Hand, durch welche er in wenigen Tagen die Finger verlor mit Caries der Mitteihandknochen, der zweite bekam ein gangränöses Ge­schwür am Ellenbogen, der dritte, der nur den Arm seines Kameraden ge­waschen hatte, bekam an seinen Händen hartnäckige gangränöse Phlyc-taenenquot;***). Mit Gualandri behauptet er, im Paduanischen komme der Carbunkel gar nicht vor.
Am häufigsten dürfte er wohl im sogenannten Poles ine, in den sump­figen Fieberniederungen der Etsch und des Po seyn.
Dass er in dem angrenzenden Paduanischen nicht selten sei, zeigt Faggiani: „Im Jahr 1829 zeigte sich, besonders im District Conselve das ansteckende Anthraxfieber (la febbre contagiosa antracica carbonchiosa)
•) VV. Meinlaquo; Topografia s tat is ti co-m edic a delta prov di Brescia. Vol. I. p. 277. **). Balardini Topografia statist, m e d. delta provincia di
Sondrio p. 78. quot;*) Bottani Epizootic del Vcncto dominio. X. p. 152,
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der Rinder, bekannt unter dem Namen Cedron, eine Krankheit die sich wegen der Nähe des Folesine dort noch gegenwärtig sporadisch zeigt, da sie in jener Provinz gleichsam einheimisch ist, furchtbar für diejenigen, welche das Fleisch der Thiere geniessen. Im November 1835 kam das Anthraxfieber der Rin­der im Dorfe Limena zum Vorschein, wohin es durch zwei Ochsen verschleppt war, die aus dem Folesine kamen. Auch jetzt noch sind die Carbunkel merk­würdig, welche von Zeit zu Zeit die Ochsen befallen, besonders in der Ge­meinde Montagnana. Die Ursachen dürfte man leicht in dem Wechsel der Jahreszeiten finden, wenn auf starke Regen eine sehr grosse Trockenheit folgt, oder in der Beschaffenheit des Futters, wenn dieses aus sumpfigten Orten kömmt, oder in der Nähe der Gräben (valli), dem Tränken in stehen­dem Wasser*) u.s.w. Derselbe bemerkt, dass die Weiden oft durch Nässe ver­dorben werden, und dass das Getreide oft an Rost und Brand leidet (p. 181). Die Wechselfiber der Menschen sind sehr häutig (p. 200).
Im Veronesischen finde ich zwar nur einen Fall aus dem Jahre 1802 angeführt**); indessen ist er mir als nicht selten genannt worden.
Im Vicentiuischen soll er noch häufiger sein; angeführt finde ich einen Ausbruch in der Gemeinde Recoaro, im Jahr 17*J6, wo 220 Häup­ter erkrankten und 189 fielen***). Einen andern in den Gemeinden Tiene 1814 ****).
Im Friaul dürften dieMilzbrandepizootieu sehr alt sein, wir haben im zweiten Abschnitt eine bereits von Virgil besungene Epizootic an den Ufern des Isonzo hierher gerechnet; von dort bis um Udine kömmt er auch jetzt noch häufig vor.
Am häufigsten ist allerdings die Rede von ihm in den Alpen von Bel-iuno. Von Qualandrif) wird die Carbunkelscuche bereits als eine im Bellunesischen enzootische beschrieben, und es werden die häufigen Infectio-nen der Menschen erwähnt. — 0 d o a r d i, wie Gualandri Protomedicus in Belluno, bespricht sie in zwei in der Academic zu Belluno gelesenen Ab­handlungen bei Rindern und Schafen, und erwähnt die Epizootie von 17(14, wo viele Menschen inficirt wurden, welche die Thiere behandelt oder Fleisch von ihnen gegessen hatten ff). Der Milzbrand kömmt dort auch häufig un­ter den Formen der Milzbra ndbräune, des Zunge nan thrax und des Lungenbrandes unter den Rindcrheerden vor. —• So erwähnt auch Bot-
•) A. Faggiaui Topografia di Padova. p. 116. •*) Bottani vol. VIII. p. 3 2laquo;. •quot;) Daselbst p. 19 1. •'*•) Das. p. 337.
t) S. N. ii'i. Ich babe später gefunden, dass die deutsche Uebersetzung nicht ganz vollständig ist.
ff) Bottani XL p. 339, p. 302.
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tani Milzbraudcpizootieu einzelner Gemeinden in den Jalircu 1813 und 1815,
und 1818, in den genannten Formen*). Das Fleisch eines an Milzbrand­bräune gefallenen Ochsen inficirte einen Menschen mit CarLunkeln. — Ein neuer Topograph des Districts von Agordo bezeichnet die einzelnen Alpen auf denen der Milzbrand vorkömmt, so sagt er von Sottocapclla wenig­stens in 14 Jahren sei kein Milzbrand vorgekommen; von Franzedas: „der Auftrieb geschieht am 20. Juni, verlassen wird sie erst am 20. Sep­tember; nach der Aussage der Hirten wird sie jedes Jahr von dem Morbio oderMilzbrandcarbunkel heimgesucht.quot; Von Cingani: „die Kühe sammeln sich hier Nachts in einem Stalle, und man lässt sie Morgens nicht vor 10 bis 11 Uhr heraus, um zu warten, bis der Thau ganz verschwunden ist; seitdem man dieses weise Verfahren eingeführt hat, wird diese Alpe nicht mehr von dem Morbio oder Milzbrande heimgesucht, welcher früher sehr häufig war.quot; Von Busi: „Nach Aussage der Hirten sind hier die Milz­brandfälle nicht selten, man kann sie nur dem Wasser, welches stehend und verdorben ist, zuschreiben, sowie dem Grase in der Nähe der Sümpfe, und der ausserordentlichen Hitze.quot; Von Pradas: „Jedes Jahr kömmt hier ein oder der andre Fall von Milzbrand vor, besonders unter den Kälbernquot; u. s. w. Von einer Menge Alpen sagt er hier kömmt der Milzbrand niemals vor! **)
Sardinische Staaten.
Toggia, welcher erster Veterinärarzt der Regierung war und die Ver­hältnisse des Reichs gut kennen musste, sagt im Allgemeinen : „In den Reiss-culturen und in den von Natur feuchten Ländern, oder auch in trocknen wasserarmen Gegenden sind die Milzbrandfieber enzootisch. Dis Provinzen Vercelli, Novara, Castale und Alessandria sind diejenigen in welchen diese Krankheiten jedes Jahr, und zu gewissen Zeiten vorkommen, und wo ich sie 22 Jahre lang sehr oft zu behandeln gehabt habequot; *quot;) etc. In der That scheint der Milzbrand in diesen Gegenden sehr häufig.
So theilt Toggia selbst eine Anzahl Beobachtungen mit, und beschreibt eine Epizootic in Casale ****). — M i g 1 i a der früher als Thierarzt in Vercelli stand, erwähnt ebenso solche Epizootien, und Infectionen von Menschen f). — Majocchis und Bolzanis Beobachtungen beziehen sich ebenfalls auf die Lumellina f f).
*) Bottaui VIII. p. 337. p. 343. p. 345. p. 350. ••) 6. Vallenzaska delta Falcadina p. 232. p. 237. p. 238. etc. *deg;deg;) Fr. Toggia storia della malattie de'buoi. Vol. I. p. 304. ed. 3. quot;•raquo;) N. 115.
f) Scienza vetcrinaria p. 101 209. 217. 219. 221. ff) N. 91.
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In Montfcrrat und Piemont machte Brugnone seine im zweiten Abschnitt mitgetheilten Beobachtungen über Milibrand, Zungenan-thrsx und Brandbräune; sowie Malacarne*) und Jemina**) die ihrigen über Milzbrand des Menschen und der Thiere.
In der bereits zum Theil im Apenuin liegenden Provinz Saluzzo führt Eandi als Milzbrandkrankheiten der Rinder an: „1quot; au trace, il flem-mone, ed il cosi detto mal sanguigno, ehe le distrugge massimc uella stagione estiva, il mal volantequot;; der Schweine: il mal rosso o brussarola ***).
Ich habe wohl nicht nöthig zu erwähnen, wie in den genannten Pro­vinzen die Fieber unter den Menschen wüthen. Dagegen in der von Malaria und Fiebern freien Provinz Genua wird der Milzbrand nicht genannt, viel­mehr die sehr geringe Sterblichkeit der Hauslhiere gerühmt ****)•
In den Umgebungen von Nizza verhält es sich wohl eben so, aber nicht mehr in den S e e a 1 p e u : Hier tritt die gewöhnliche Erscheinung wie überall in den Alpen ein, manche Thäler sind ganz frei, andre sind vom Milzbrand der Thiere, und dann in der Regel auch von Wechselfiebern der Menschen heimgesucht. F ödere wurde durch beide Erscheinungen nicht wenig verwirrt, und glaubte die Ursachen in etwas anderem als der Malaria suchen zu müssen; die Bedingungen des Vorhandenseins der Malaria waren ihm nicht vollständig bekannt. „In den Thälern der Visubia und der Tinea herrscht ein wahrer Carbunkel oder Anthrax, der alle Theile des Körpers der Menschen, Gesicht, Extremitäten und Rumpf befällt. Ich habe diese Krankheit in aiL dreissig Gemeinden beobachtet; im Jahre 1800 starben daran in Rora zwei starke Menschen. Man behandelt sie durch das Cauterium actuate und potentiale. Zuerst suchte ich die Ursache der Krtuhheit in der stagnirenden und feuchten Luft der Thäler; allein in der Folge fand ich, dass ihr alle die hoch gelegenen Gemeinden der ganzen Ket­ten des Col de Pal und des Col de Fenestres ebenfalls unterworfen waren, und so wendete ich mich der Ansicht der einsichtsvolleren unter den Eingeborenen zu, welche die Krankheit der Unreinlichkeit zuschreiben, und besonders dem Umstände, dass sich die Leute Nachts mit denselben Decken bedecken, die sie am Tage auf ihre Lastthiere legen; diese Ansicht scheint mir nm so wahrscheinlicher, weil diese Thiere selbst dem Carbunkel sehr un­terworfen sind, und Wohlhabende die sich reinlich halten nicht von ihr be-
laquo;) N. 104.
**J M. A. Jemiua de Fleuritide. Monteregoii 1?89. p. 101. Ue carbone sive carbuuculo bovillo. ••raquo;) G. Eandi Statistica della Provincia di Saluzzo. Vol. II. 1 p 177. 188. •raquo;••) Descrizione di (Jenova. e del Genovesato. Vol. 11. p. 108,
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fallen werden.quot; In einer Anmerkung fügt er aber hinzu: ,;Al8 ich diese Beobachtungen machte, war mir die Abhandlung von Eneaux und Chaussier über die in der Bourgogne endemische Pustula maligna noch unbekannt. Seit jener Zeit habe ich diese Krankheit in rerschiedenen Ländern beobach­tet, und ich gestehe, dass mir gegenwärtig ihre Ursache problematischer wie jemals ist. Es ist gewiss, dass es Anfangs nur eine locale Krankheit ist, eine Pustel, die aber wesentlich in Gangrän übergeht, das heisst, die in ihrer Mittel einen schwarzen Punkt bekömmt der mit einem violetrolheu Hof umgeben ist, und dann von sehr heftigen Schmerzen begleitet ist; um diese Zeit wird die Krankheit allgemein, es zeigen sich die Symptome des höchsten Grades der Entkräftung, die nicht verfehlen das Leben zu endigen, wenn man sich nicht beeilt die Fortschritte der Krankheit aufzuhalten durch An­wendung des Glüheisens , des Höllensteins oder der Schwefelsäure. Es ist auch nicht zweifelhaft, dass diese Krankheit vorzugsweise die unbedeckten Theile befällt^ wie das Gesicht, den Hals, die Vorderarme, den Handrücken, und dass sie um so gefährlicher ist je näher am Gehirn oder Rückenmark sie ihren Sitz hat, wie wenn sich der Carbunkel hinten auf dem Halse, in der Nähe des Nackens befindet. Aber nicht dieselbe Sicherheit herrscht in Beziehung auf die Gelegenheitursache. Auf einer Reise die ich vor kurzer Zeit nach Hochburgund machte, ein sehr trocknes Land mit Kalkboden, wel­ches sehr luftig und ganz ohne Sümpfe ist, die Nahrungsmittel durchaus gesund sind, hat man mir wohl gesagt, dass der Carbunkel vorzugsweise bei Arbeitern vorkömmt, die Häute bearbeiten, worunter sich solche befinden kön­nen, die von Thieren herrühren, welche an dieser Krankheit gestorben sind, sowie dass eine grosse Anzahl Menschen zu gleicher Zeit inficirt worden sind, weil sie das Fleisch dieser Thiere gegessen hatten. Allein man muss auch zugeben, dass mehrere andre von der Krankheit ergriffen worden sind, *bei denen man diese Ursachen nicht nachweisen konnte, und sie supponirt so bleibt doch noch dieselbe Unwissenheit über die Ursache des Carbunkels der Thiere. Der Herr Dr. Carron aus Annecy hat mehrere Beobachtungen die­ser Krankheit mitgetheilt, die in Dörfern dieser Provinz von Savoien ge­macht wurden, selbst bei reichen Leuten, wo man die genannten Ursachen eben so wenig annehmen kann. Man muss also den Carbunkel (den ich wohl an das brandige Erysipelas anreihen möchte) als eine trocknen und hohen Ländern eigenthümliche Krankheit betrachten, oder vielleicht als ver-anlasst von giftigen Inseclen die diesen Climaten eigen sindquot; *). Aehnliche Ansichten wiederholt Fodcrc in einer späteren Schrift **). — Die von Car­ron mitgetheilten Fälle gehören übrigens zu den seltenem, welche für pri-
•) F. E. Foi6t6 Voyage aux Alpes maritimes. Vol. II. p. 23 8. *) L e c o n s sur les Epidemics vol. III. p. 483.
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mären Milzbrand des Menschen zu sprechen scheinen möchten; ich werde daher noch später auf sie zuruckommen. Jedenfalls sprechen sie auch für die Häufigkeit der Krankheit in den Savoyer Alpen. Aus frühern Schriften l'arrous ergibt sich übrigens auch die Häufigkeit der Fieber daselbst.
S c h \v c i z.
Von den Schweizer Alpen gilt dasselbe was eben mehrfach von den ita­lienischen erwähnt wurde: £s giebt Alpen auf denen wohl noch niemals Milzbrand vorkam; andre auf denen er in einzelnen Jahren erscheint, und noch andre auf denen er in keinem Jahre fehlt. — Es bietet sich hier also wohl Gelegenheil zu Untersuchungen über die Ursachen des Milzbrands; al­lein allgemeinere Untersuchungen über sein Vorkummen sind mir nicht be­kannt. Meine Angaben können auch nur unvollständig sein, da mir mehrere agronomische, thierärztliche und andre Lokalblätter, z. B. auch der Bündner Sammler, fehlen.
üeber die Cantone Tcssin und Wallis habe ich keine Nachrichten, in beiden kömmt er indessen nicht selten vor.
Im Canton Waadt wird seine Häufigkeit durch die Beobachtungen von Ricou*) bewiesen. Lokalitäten giebt er nicht an, er sagt nur die Ochsen und Kühe litten oft daran und die Menschen würden häufig iniiieirt.
Im Canton Bern kömmt sie jedes Jahr auf einzelnen Alpen, in einzel­nen Jahren häufiger vor. So beschreibt Blaser einen Milzbrandausbruch im Sommer 1834 auf der Fahrneggalp. Diese liegt 3000 Fuss über dem Meere, und scheint zum Theil sumpfig; die Krankheit war aber in wenig­stens 17 Jahren nicht vorgekommen. Es war übrigens die Form, welche man in der Schweiz die Kopfkrankheit nennt **). — Derselbe Thierarzt, welcher die verschiedenen Formen des Blutharnens besser unterscheidet, führt das anthraxartige Blutharneu (dort Viertclrothes oder Alp-r o t h e s genannt) als zu Zeiten häufig auf den Berner Alpen an: „Mit die­ser Benennung bezeichne ich eine Krankheit, die früher, und besonders zu Anfang des zweiten Jahrzehnts des gegenwärtigen Jahrhunderts während der heissen Sommermonate auf mehrern Alpen unsers Cantons ziemlich häufig vor­gekommen ist. Im Jahr 1811 gingen auf einer Alp (Remisgumme) gegen 40 Stück Rindvieh an dieser Krankheit zu Grunde; seit dieser Zeit aber hat
sie sich mehr sporadisch denn als Seuche gezeigt....... Diese Form des
Blutharnens kommt am häufigsten auf südlich oder südwestlich gelegenen Alpen, an deren Fuss Bäche oder Flüsse fliessen, die gegenüber Schneeberge
*) N. 96. *quot;) Archiv Schw. Thierärzte. B. VII. p. 280. Wahrscheinlich wa­ren in diesem heissen Sommer sumplige (iuelleu ausgetrocknet die sonst nicht austrocknen.
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oder Gletscher haben und mit sehr kalten und meist in einem schlechten Zustande sith befindenden, oft Sümpfe bildenden Quellen versehen sind, vor. Auf diesen Alpen ist die Vegetation üppig, es wächst mit Ausnahme der sumpfigen Stellen, kräftiges Futter in reichlicher Menge. Die Krankheit erscheint gewöhnlich in den Sommermonaten an heissen Tagen, denen oft Gewitter mit bedeutendem Sinken der Temperatur und kalte Nächte folgen, und befällt meist solche Thiere, welche den vorhergegangenen Winter kärg­lich, oft mit verdorbenem schimmeligten Futter genährt worden sind, welche folglich beim Auftreiben auf die Alpen sehr abgemagert waren und auf den­selben bald fett wurdenquot; *) etc.
Die Freiburgcr Alpen mögen sich den Bernern ziemlich gleich ver­halten, im Sommer 1839 wurde er dort (s. zweiten Abschnitt) sehr ausge­breitet beschrieben.
Die Häufigkeit des Milzbrands im Canton Neufchatel beweisen die Bcohachlungen Cast ell's über die häufige Infection von Menschen: „Die bösartige Blatter und der Anthrax sind keine seltenen Krankheiten in gewis­sen Gegenden der Schweiz, besonders da, wo das Vieh dieselbe bekommt und mittheilen kann. Im Jahr 1809 hat der Verf. in 2 Dörfern des Gruyere Be­zirks eine Wöchnerin sterben und 24 Personen gefährlich krank gesehen, weil sie Fleisch von einer Kuh gegessen hatten, welche am Carbnnkel ge­litten und welche man in aller Eile geschlachtet und ihr Fleisch heimlich verkauft hatte. Die Frau unterlag einem adynamischen Fieber und brandi­gen Geschwüren, welche sich an allen Stellen des Körpers bildeten, wo ein leichter Druck die Circulation hemmte, wie an den Ellbogen, am Kreuze, an den Knöcheln; die Frau hatte indessen nur Bouillon von dem angesteckten Fleische gegessen. Die andern Personen litten an Colik, Diarrhöe und meh­rern adynamischen Symptomen. In der gleichen Gegend waren einige Jahre früher 2 Männer der Carbunkelkrankheit unterlegen, weil sie davon befalle­nen Thieren die Haut abgezogen hattenquot;**). Der Verf. theilt noch mehrere Beobachtungen mit, und ist in zwei Fällen der Meinung, dass die Krankheit in den Menschen spontan ohne Infection von Thieren entstanden war, diese werden wir später noch mitthellen.
lieber den Milzbrand im Canton So loth urn wurde im zweiten Ab­schnitt unter 1837 (s. oben S. 175) berichtet. — In einer Nachricht aus dem Jahre 1801 finde ich nicht zu bezweifelnden Milzbrand beschrieben der Pferde, Rinder und Schafe befiel nachdem sie das Heu von gewissen Wiesen
*) Daselbst p. 295.
quot;') Verhandlungen der Schweiz, ärztl. Ges. 1827. p. 16. 1828. p, 3laquo;,
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bei Pornach gefressen hatten. Die dort gefundenen giftigen Pflanzen haben aber wohl schwerlich den Milzbrand erzeugt. *)
Im Canton Basel ist der Milzbrand im Rheinthale nicht selten, ein­zelne Beschreibungen kenne ich nicht. — Ein heftiger Ausbruch auf der Alpe Dielisberg in Baselland, im Jahr 1831 wird von Stohler beschrieben: „Von den Gclegenhcitsursachcn konnte ich nichts genaues ermitteln, Es fiel zwar zu dieser Zeit (Juni) viel Regen, dieses geschah aber in dieser Gegend damals überall und dennoch herrschte die Krankheit nur auf diesem Hofe; Mehl und Honigthau wurde nicht bemerkt; die Weide worauf die Thiere gingen war trocken, etwas steil und hoch gelegen, so dass sie von Ucberschwemmungen nichts zu leiden hatte.quot; **)
Aus dem Canton Zürich wird besonders allgemein über den Milzbrand der Schweine geklagt, wie Frey aus einer längeren Reihe von Jahren,quot;*) die im zweiten Abchnitt mitgetheilten Gesnndhcitsberichte aus neuern Jahren berichten. Heber ihre Ursachen wenig Uebereinstimmung. — Auch der Milz­brand anderer Thiere wird gelegentlich erwähnt, doch nicht besonders häufig.
Aus dem Canton Aar au wird eben so allgemein über den Milzbrand der Schweine geklagt und zwar von altern Zeiten her, wie sich aus einer Abhandlung von Leutweiler ergibt.'***) Stadiin fügt hinzu dass er fast alle Sommer vorkomme als Epizootic. — Dagegen scheint der Rinder­milzbrand in manchen Gegenden selten zu seyn; Näf sagt vom Rückenblul: „Noch nie sah ich diese Krankheit in unsrer Gegend (Aarburg), da sie seit längerer Zeit überhaupt gar nicht mehr beobachtet wurde, als im Laufe des gegenwärtigen Jahres 1833 entstehen. Vor circa 50 Jahren hingegen, als der Weidegang in unsrer Gegend noch bestand, soll dieselbe, so wie das Blulharnen, ziemlich häufig vorgekommen seyn -j-) — Dagegen beschreibt Ithen eine Localität, die Gemeinde Schupf art im Rheinthale, wo der Rindermilzbrand euzootisch ist; ^f) jährlich sterben Thiere und wiederholt wurden Menschen inficirt; die benachbarten Orte sind frei davon; der Verf. meint vor 50 Jahren habe die Krankheit noch nicht bestanden, sie sey eine Folge des Kleebaues und des starken Gypsens! Das ist nicht wahrschein-
raquo;) Steinmüller Alp envr irth seh af t B. 1. S. 108. *•) Archiv Schw. Thierärzte. B. Xll. S. 130. •••) N. 269.
••*•) Leutw eiler Beobachtung eines Entzandungsfieberlaquo; der Schreine etc. Beitr, z. Thierheilk. v. e. Ges. Schw. Th. S. 20.
t) Näf über das Rückenblut beim Rindvieh. Archiv Seh. Th. B. VIII. S. 213.
tf) N. 254 und oben S. 41.
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lieh, eher mögen Urbarmachuuugen die Schuld tragen, wodurch schädlicher Boden geofTuet wurde, yielleicht wurden auch Bewässerungen eingeführt?
Vom Canton Zug sagt Sladliu: „DerMilzbrand kommt selten vor, der Verf. hat ihn vor sechs Jahren beobabtet, als er den Metzger an der schwar­zen Blatter behandelte und rettete.quot; *)
Der Canton Glarus der ausdehnte Sumpfthäler enthält, und wo die Wechselfieber der Menschen häufig sind, **) wird auch vom Milzbrand viel heimgesucht, wie folgende Bemerkungen beweisen, die zu gleicher Zeit die Art seines Vorkommens erläutern: „1) Die sogenannte Plag (Knotenkrank­heil) verursacht der Stich oder Biss eines Thieres, man vermulhet allgemein einer Schlangen-, Katern-, oder Mäuseart, worüber man aber durchaus nichts gewisses erfahren kann (!?). Es entstehen an verschiedenen Theilen des Körpers, vorzüglich an den Füsseu und auf dem Rücken grosse Knoten die eine gelbe Feuchtigkeit in sich enthalten, und wenn man sie nicht gleich im Anfange aufschneiden und selbige herausziehen kann, so dringt sie durch das ganze Glied, welches völlig schwarz wird, und in Zeit von 36 Stunden ist das Vieh tod. Diese Krankheit bricht im August aus, vorzüglich wenn es warmes und heisses Wetter ist und der sogenannte Föhnwind weht, in regnerischen rauhen Jahrgängen ist sie weit seltener. Sie rafft aus unsern Alpen äussert viel Vieh weg; so wurden 1796 nur allein auf der Boss oder Schwanden-Bächialp 36 Stücke Rindvieh davon getödtet, und au vielen andern Orten herrschte das gleiche Uebel. Doch wollen unsre Bauern be­haupten, dass nur gewissse Stellen auf den Alpen seyn, worauf das Vieh davon befallen werde, auf andern könne es sicher davon weiden. Auch wird nur meistens junges Rindvieh, selten altes davon ergriffen. 2) Zur Seltenheit herrscht unter unsrem Vieh auch die Milzseuehe oder der Milzbrand, die oft sehr schnell und viele Thiere tödten. Beim Anfange der Krankheit wird das Vieh mit einem Zittern und allgemeinen Schauer ergriffen der gar nicht lange anhält; sie verlieren ihre Munterkeit, sehen starr au einen Ort hin und bekommen nasse Augen; die Zunge ist mit Schleim überzogen, das Haar bürstet sich auf, die Ohren hängen sshief herab, und Hörner und Ohren sind an ihren Enden kalt; der Mistabgang ist ordentlich, der Harn fliesst in geringerer Menge ab, und die Kühe verlieren nicht sogleich ihre Milch. Im Jahre 1794 den 5. August berichtete der Landvogt Letter von Sargans dem löblicheu Stande Glarus, dass im Juli auf der Alp Valtnov im Weisstanner Thal 8 Kühe nacheinan­der gefallen und ungefähr 8 bis 10 krank wurden; innerlich war das Milz ganz faul, denn da man solches aufschnitt floss eine dicke schwarze Materie
*) Beitr. Scb. Th z. Tbierheilk. S. 115. *') v. Pommec Schweiz. Zeitschr. B. II. 467, 470,
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gleich einer Holderlattwerge heraus; der Vieharzt heisst es den gelben Knopi, denn die angegriffenen Kühe bekommen einige an der Brust, einige an der Kehle eine Geschwulst einer Faust gross, haben trübe wässerigte Augen, einen aussetzenden Puls und geben minder Milch ohne Schaum.quot; *) Unter der Krankheit die er weiter noch als Winde beschreibt, steckt auch Milz­brand.
Der Canton Appenzell verhält sich wohl dem vorigen ziemlich gleich; die Chronik erwähnt viele Viehseuchen unter denen wohl gar manchmal Milzbrand stecken mag, so sagt Walser vom Jahr 1849: „Zu Bernek, Balgach, Wiednau, Lustnau kam eine schreckliche Seuche unter die Pferde und das Hornvieh, sie wurden an der Brust geschwollen und hernach in 3 Stunden waren sie todtquot; u. s. w.
Und ebenfalls so im Canton St. Gallen, hier vorzüglich im Rheinthal. Der Milzbrand ist dort unter dem £iamen Rückenlässe bekannt. Von den Pferden sagt Steinmüller: „Die hiesigen Pferde sind vorzüglich dem Rotz, dem Strengel und dem gelhen Knopf unterworfen. Im Jahr 1781 und 1782 wurden sehr viele Kühe und Pferde im Rheinthale vom Milzbrand angegriffen und getödtet. Im letzten Jahrgange sind in den Ge­meinden Bernek, Diepolzau, Wiedenau, Haslach, Krieseren, Montligen und Marbach vom 19. bis letzten Tag Heumonats 31 Stück Pferde und 4 Kühe gefallen. Vorzüglich verheerend aber war diese Seuche im Jahr 1802 im August und Herbstmonat, so dass nur im Rheinthale 153 Pferde und 37 Kühe dadurch getödtet wurden.quot; **) — Von der Herrschaft Sax sagt der­selbe Schriftsteller: „Neben der Lungensucht nnd dem Milzbrande, welche in diesen Gegenden das Vieh bisweilen befallen, ist dasselbe der Weidsieche (dem Durchfall) und dem Angriffe oder Roth (Lendenblut) vorzüglich unterworfen.quot; Eben derselbe sagt aher von der Alp Banären: „Merk­würdig ist es, dass man kein einziges Beispiel kennt, dass irgend ein Stück Rindvieh auf diesem Aelpli von der Rothkrankheit befallen worden wäre.quot;4quot;)
Auch im Canton Graubündten herrscht in verschiedenen Thälern und auf verschiedenen Alpen der Milzbrand, besonders unter dem Namen der weis sen und gelben Hüntschi bekannt. Der Bündtner Sammler, den ich nicht zur Hand habe, enthält verschiedene Mitiheilungen darüber.
Auch das angrenzende Fürstenthum Lichtenstein hat eben so vom Milzbrand zu leiden. ****)
*) Steinmüller Alp en wi rths cbaf t, I. pag. 78. raquo;•) Daselbst. II. pag. 178. •quot;) Daselbst: II. pag. 895, 373. •*••) S. z, B. N. 235.
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Tyrol und Voralberg. Salzburg.
Die Verhältnisse sind hier nicht anders als in der Schweiz, es gibt viele Localitälen wo der Milzbrand unbekannt ist, andre wieder wo er sehr oft, ja alljährlich vorkömmt. Die Sanitätsberichte enthalten allgemeine Anga­ben, aber keine speciellere Berichte. Das Eisakthai wo die Wechselfieber der Menschen endemisch sind, leidet auch viel vom Milzbrand der Thiere. Um Botzen bezeichnete man mir mehrere Alpen wo der Milzbrand alljährlich vorkomme, sie sind mir aber nicht näher bekannt geworden. Vorzüglich scheint auch hier, wie in der Schweiz das Rheinthal zu leiden.
Salzburg scheint sich ähnlich wie Tyrol zu verhalten. Die zahl­reichen von v. Ampoch angeführten Beobachtungen*) aus den Alpen be­ziehen sich ohne Zweifel auf die Salzburger Alpen, aber Näheres über die Localitäten findet sich nicht.
Kärnthen. Krain. Steycrmark.
Dass der Milzbrand in den Kärnlhner Alpen seltener sey als in den Salzburgern hat man mir versichert.
Ein alter Schriftsteller beschreibt schon den Milzbrandcarbunkel des Men­schen als häufig in einigen Gegenden von Krain, dagegen als unbekannt im übrigen Lande, nämlich Valvasor**) erzählt auf dem Karst, an dem Polck und im Vipachcr Boden entständen den Bauern an verschie­denen Stellen des Körpers, z. B. auf der Brust, an dem Rücken, an den Gliedern, schwarze linsengrose Flecken, an welchen sie in zwei bis drei Ta­gen sterben müssten, wenn sie nicht stark mit Knoblauch eingerieben wür­den. Es ist mir unbekannt, ob die Krankheit auch jetzt noch in jenen Ge­genden vorkömmt.
In Steyermark erwähnt schon Ad ami ihr Vorkommen, auch später werden einzelne Ausbrüche erwähnt, aber ob als Enzootie ist mir unbekannt.
Oesterreich.
In mehreren Localitälen, besonders Niederrösterreichs ist der Mizbrand offenbar enzootisch; es beweist das schon sein häufiges Vorkommen zu den Zeilen Adami's***) und früher. Auch in neuem Zeiten wird er jährlich in den Sanilätsberichlen erwähnt, besonders in den sumpfigen Ucberschwem-mungen ausgesetzt en Districtcn an der March und Donau, wo Wechselficbcr der Menschen endemisch sind, wird er als enzootisch bezeichnet.*quot;*)-
'') N. 160, 161.
**) Ehre des Herzogtkums Grain. III. p. 323.
•••) N. 61.
•laquo;quot;) S. z. B. Wiener Jahrbücher. 1847. Mai. S. 231. September. S. 345. Octob. S. 96.
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Böhmen. M it h r c n.
In beiden Ländern kömmt er nach den Sanitätsberichten und andern Nachrichten, jährlich an verschiedenen Orten, und oft in ausgebreiteteren Epizootien vor; Nachrichten über sein enzootisches Vorkommen fehlen mir.
In Ga II iz icn scheint er noch häufig-er, und an verschiedenen Orten enzoolisch zu sein.
Ungarn.
Wenn in den genannten Ländern doch immer nur beschränkte Lokali­täten dem Milzbrande unterworfen sind, so ist er dagegen in Ungarn eine höchst alimeine Geisel. Furchtbar verheerend tritt er in vielen Gegenden unter den Heerden auf. So namentlich im Hanskg, wo Schmidt sagt: „In trocknen Sommer erzeugt ein stärkerer Zug der Sumpfluft unter Hausthieren der Umgegend Milzbrand, und oft sterben ganze Hühnerställe über Nacht aus *). — Allein im Jahr 1827 starben von 40,000 Schafen in Megyes in Nieder­ungarn 3000 Stück an der ßlutseuche. — Viele grössere Sterblichkeiten werden in manchen Jahren erwähnt, und die Fälle sind nicht selten, wo er auch unter wilden Thieren vorkam. — Im allgemeinen nennt man Hautkar­bunkel als die herrschende Form, so z. B. Krenmüller aus dem Tolnaer Comitatquot;).
Die Verluste an Thieren aller Art sind immer gross, aber freilich nur in einzelnen Jahren ausserordentlich.
So ist den auch in Ungarn der Milzbrandkarbunkel des Menschen seit langen Zeiten als sehr häufig und verderblich bekannt. Da mir die ältesten Schriften über den Ungarischsen Carbunkel von Cober, Koeleseer u. s. w. unbekannt geblieben sind, so ist Milleter*quot;) mein ältester Gewährsmann. Er beschreibt ihn unter dem Namen Tsömör (Csömör) wohl wenig aus eigener Erfahrung. Er nimmt die Krankheit als eine ursprüngliche des Menschen, und denkt nicht an thiesrische Infection. — Gömöry kennt die Krankheit nicht, Fuker spottet über die offenbar richtigen Angaben der Laien. — Erst durch Schraud, der ihn unter dem Namen [Pokolvar beschrieb #9830;***), wurden die Aerzle besser mit der Kranheit bekannt, aber auch er glaubt an die primäre Entwickelung.
An diese primäre Entwickelung des menschlichen Milzbrandcarbunkels glauben auch gegenwärtig noch viele Aerzte in Ungarn. Die neueste mir bekannte Beschreibung ist die von Küthy, aus der Ungerschcn Zeitschrift
*) Reisehandbuch in Ungarn. S. 7ß. *•) Wiener Jahrb. 1847. Dec. S. 346. **?) N. 10. raquo;quot;quot;) N. 118 a.
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Orvosi Tär mitgethcilt: „Der Verfasser characterisirt den im B^kescher Comitat endemisch vorkommenden Carbunkel folgendermassen: Zuerst (?) bricht auf der äussern Haut eine kleine, rundliche, allmählich sich vergrös-sernde, oft gleich anfangs violettblaue, in der iMitte schwarze Blase hervor; in deren Umgebung manchmal mehrere kleinere sich entwickeln. Dabei ver­richten oft die Leute noch ihre Feldarbeiten, bis sich um die Blase eine be­deutende, beim Druck uuschmerzhafte, aber lästige Spannung verursachende, nicht entzündliche Geschwulst gebildet hat, die anfangs langsam, dann aber schnell zunimmt. Das hinzutretende Fieber ist nach der Individualität ver­schieden, gewöhnlich einfach entzündlicher Natur, kann aber auch nervös werden. Am fünften, sechsten oder siebenten Tag beginnt die Blase an ihrer Spitze in Brand überzugehen, indem sich eine Grenzlinie zwischen ihr und der benachbarten Haut bildet. Dieser Brand erstrekt sich bloss auf die äussere Haut und das Zellgewebe. Die örtlichen und allgemeinen Symptome nehmen bis zum siebenten Tage zu, nie sah Verf. die Krankheit noch nach dem siebenten Tage zunehmen, ausser in den seltenen Fällen, wo der C'arbun-kel in den ersten zwei Tagen sich zu wenig entwickelt hatte. Meistens er­greift der Carbunkel den Kopf, seltener den Hals, am seltensten die Hand; am häufigsten ensteht er am obern oder untern, manchmal an beiden Augen­lidern, so dass das Auge geschlossen wird. Hierauf schwillt die dem Car­bunkel entsprechende Hälfte der Stirne, des Gesichtes, des Halses, der Brust an; ist das Carbunkelgift stärker, so geht die Geschwulst auch auf die an­dere Seite des Körpers über, bleibt aber hier immer weicher, während sie auf der dem Carbunkel entsprechenden Hälfte der Stirne, resistenter, in der Umgebung des Carbunkels aber am härtesten ist. Dabei hat der Kranke Schwin­del, Schwere im Kopf, heftiges Fieber, ist Hals und Brust stark angeschwol­len, auch Athraenbeschwerden. Nach dem siebenten Tag beginnt die dem Carbunkel entgegengesetzte Seite abzuschwellen, dann schwindet auch die Ge­schwulst auf derselben Seite, indem sie sich allmählig bis auf die nächste Umgebung des Carbunkels zurückzieht. Nun werden die brandigen Theile abgestossen und die Heilung der Wunde beginnt, an deren Stelle nur eine kleine (?) Narbe zurückbleibt, während der Kranke seine vollkommene Ge­sundheit wieder erlangt. Dieses ist der regelmässige Verlauf des Carbun­kels; der Verf. behauptet, es gebe auch einen Innern d. h. einen an Innern Organen sich entwickelnden Carbunkel, den er den unregelmässigen nennt, und führt als Beweis fünf Krankheitsfälle an, die sämmtlich das Gemeinsame haben, dass die nicht gehörige Entwickelung des äussern Carbunkels heftige Affectionen innerer Organe (ünterleibsschmerzcn, Athembeschwerden bis zur Erstickung, Convulsionen), Sinken der Lebenskraft und Tod zur Folge halte. Leider konnten dir Sectionen, die erst den eigentlichen Beweis hätten liefern sollen, der herrschenden Vorurtheilc wegen nicht unternommen werden. Der Carbunkel verschont kein Alter, der Verf. sah denselben an einem dreijährigen
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Kinde und an einer mehr als 50 Jahre alten Frau, in beiden Fällen mit günstigem Ausgang, aber er sah auch ein siebenzehnjähriges blühendes Mäd­chen dieser Krankheit unterliegen. Immer errscheint der Carbunkel an unbedeckten Stellen. Der Verf. sieht denselben als eine allgemeine Krankheit an, die in dem Vorhandensein eines krankhaften Stoffes im Kör­per besteht, dessen sich die Natur auf diesem Wege zu entledigen strebt. Die Prognose ist nicht absolut ungünstig, der Carbunkel ist keineswegs immer tödtlich, oft reicht die Natur allein zu Uebervindnng des Uebels hin. Die Ursachen des Carbunkels sucht der Verf. in der eigenthümlichen Lebens­weise der dortigen Einwohner, den mit viel Fett, Speck, spanischen Pfeffer, Knoblauch versetzten Speisen, vorzüglich in dem Genüsse durch Krankheit umgekommenen Viehes, dessen Fleisch das Landvolk da­selbst nicht verabscheut. Die vorzüglichste Ursache jedoch sucht derselbe in der eigenthümlichen Beschaffenheit des fetten Bodens, der Luft, des Wassers, in den niedern nassen Wohnungen, in unergründlichen kosmischen und che­mischen Processen; denn auch der Carbunkel herrscht nicht gleichmässig in jedem Jahre, sondern erscheint bald in kürzerer Zeit mehrmals, bald ver­schwindet er für eine längere Weile gänzlich. Er scheint dem Milzbrand der Thiere verwandt zu sein!*)
Aehnlichen gutartigen Verlauf kennen wir auch besonders nach Infection von Schafen. Dass in den mehrsten dieser Fälle die Infection von Thieren statt fand, und nur durch Unachtsamkeit und aus Unkenntniss der manig-fachen Infectionswcisen nicht erkannt wurde, ist uns nicht zweifelhaft. Aber es kann doch leicht auch primärer Milzbrand des Menschen in Ungarn vor­kommen; denn ausser seinen gewöhnlichen Begleitern, den bösartigen Wech­selfiebern, kommen auch alle Änthraxoiden häufig vor, und das eigenthfim-liche Ungarische Fieber mit Pemphigus wird man ihm auch als analog be­trachten können.
Vorzüglich häufig ist der Milzbrand auch im Bann at, und namentlich ist der Gaumenanthrax der Schweine enzootisch.
Moldau und Wallaehei.
Diese Länder sind in Beziehung auf Bodenbeschaffenheit und Clima, Verbreitung der Malaria u. s. w. ein potenzirtes Ungarn, daher sind unter den Menschen die Wechselfieber noch bösartiger, die Anthrakoiden noch all­gemeiner**), und anstatt des Ungarischen Fiebers mit Pemphygusausschlag tritt die Pest mit Carbunkeln und Bubonen auf. — So sprechen auch alle Nachrichten dafür, dass der Milzbrand unter den Thieren sehr allgemein
•) Wiener Jahrbb. 1842. April S. 120. *raquo;) Witt Clima der Wallaehei und Moldau S. 69. 100. u, m. a. 0.
HtPiInfer, Mllaraquo;rraquo;n4-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; '9
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herrscht, und gewiss mit vielem Rechte hat man die dortige Cartmnkelpest der Menschen oft von dem Genüsse des Fleisches solcher kranken Thiere ab­geleitet *;. — Euseb. Valli beschreibt bereits zwei Formen des Mihbrands der Schaafe in der Wallachei unter den Da lack und Kricciam. „Der D a 1 a c k ist eine Krankheit, die bloss den Schöpsen, Lämmern und Schaafen eigen ist. Jedes Thier, das davon befallen wird, stirbt plötzlich wie vom Blitze getroffen, ohne dass Zeichen irgend eines Vebelbefindens vorausgegan­gen wären. Bei der Oeffnung des toden Thiers nimmt man keine krankhafte Veränderung wahr, ausgenommen eine Anschwellung derMili. Diese Krank­heit herrscht zur Sommerszeit, und ist nicht ansteckend (? ?); die sie ver­anlassende Ursache ist in den stehenden und verdorbenen Wassern zu suchen
mit denen der Hirt seine Heerden tränkt..... Dass bei dem Dalack das
Blut und die Säfte in einem hohen Grade vergiftet sind, beweist die beson­ders ätzende Kraft, die das Blut und die Säfte auf weiche organische Theile anderer Thiere äussern. Die Wärme Und der Magensaft, welche doch die heftigsten Gifte, Wie jene der Viper und des wüthigen Hundes zerstören, vermögen nichts über das unbekannte Miasma des Dalacks. Man kann da­her auch nicht ohne Gefahr das Fleisch des angesteckten Thiers geniesen. Das Gift mag mit der äussern Oberfläche des Körpers oder mit der des Ma­gens in Berührung kommen, so entsteht immer darauf eine Brandbeule; sie kündigt sich immer mit einem Jucken an, welches auf jene Stelle eingeschränkt ist, die nachmals zur Brandbeule wird. Bei ihrer Entstehung stellt sie ein schwärzliches Pünktchen vor, und ist unschmerzhaft. Wenige Stunden nach dem Erscheinen der Brandbeule fühlt sich der Kranke wie berauscht und schläfrig; die Brandbeule greift nach und nach weiter um sich, die benach­barten Theile schwellen an und entzünden sich; es entsteht ein heftiges Fie­ber, dazu gesellen sich Bewusstlosigkeit, Irreden und Zuckungen als Vorboten des bald erfolgenden Todes. Ihre Dauer ist höchstens 5 6 Tage. Die Brand-beule, welche die Einwohner Buba rea nennen, entsteht, wie man leicht ein­sieht, aus einer ganz andern Quelle, als der Dalack, dem sie ihre Entste­hung verdankt....... Der Kriccian ist eine andre Krankheit (?) bei
Schöpsen und Lämmern, welche sowie der Dalack nicht ansteckend, aber viel­leicht weit schrecklicher und verheerender als dieser ist. Die ihn begleiten­den Zufälle sind: Ein hängender Kopf, schwankender Gang, beschwerliches Athemholen, heftiges Fieber, beständiges Blöcken. Bloss fette Stücke werden davon befallen und gehen gewöhnlich zu Grunde. Zu gleicher Zeit werden zarte Lämmer und einjährige Schaafe toll. Der verzweifelnde Eigenthümer tödtet sie. Der Kriccian und das Toll wer den, die ans einer und der­selben Ursache entstehen, herrschen epidemisch, so oft in den heissen Som­mertagen kleine Regengüsse mit Sonnenschein wechseln. Die Sonnenstrah-
*•) Witt a. a. 0. S. 68. raquo;4.
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ien zersetzen das Walser, womit die Pflanzen bethaut sind, der frei gewor­dene Sauerstoff macht sie brandig, und der Genuas dieser kranken Kräuter ist ein Gift für die Heerdenquot; *).
Dabei will ich hier aber gar nichts Näheres über das Verhältniss der Menschenpest und der Rinderpest zum Milzbrand gesagt haben; das ist nicht so leicht abgethan und würde mich hier zu weit führen.
Es ist wohl möglich, dass Kaiser Constantin in Bulgarien am Milzbrand-carbunkel starb**).
Ohne Zweifel gibt es in der Türkei und in Griechenland noch Viele Milzbrandgegenden, es fehlen aber Nachrichten über sie.
Aus den austereuropäischen Ländern sind natürlicher Weise die Nach­richten über den Milzbrand sehr untollständig, doch manche sehr Wichtig für die Lehre von dem Wesen und der Verbreitung dieser Krankheit.
Egypten.
In Egypten, wo Furunkel und Carbunkel, Brandbrauna, Wechselfieber und Pest unter den Meinsehen endemisch sind, ist auch der Milzbrand unter den Thieren verbreitet, Wohl geradezu enzootiach.
Ham out nennt unter den Pferden den Glossanthraz selten, die Beulenseuche (Pustule maligne, eharbon) auch nicht hJufig, er meint von 1000 Pferden würden jährlich etwa a bis 3 ron ihr befallen: „sie zeigt sich gegen Ende April, im Mai und bis in die Mitte Juni, während der Daner des heissen, unter dem Namert Eamäift bekannten Windes; es erscheint ein kleiner Knoten auf der Backe, auf den Aogenliedcrn, auf einer Extremität, er lässt eine gelbliche Flüssigkeit ausschwitzen; die benachbarten Theile schwellen an, die Geschwulst nimmt zu, der Tod tritt in einigen Tagen ein. Auch tritt der Carbunkel mit Geschwülsten tot der Brüst Oder am Halse auf, zuweilen werden die Geschwülste gross, nehmen die Glieder ein und ent­wickeln sich.quot; — Allein das im Sommer sehr häufige, schnell tödtliche Blut­stallen wird wohl eben so gut eine Milzbrandform sein wie die ebenfalls TonHamont beschriebene sehr verderbliche enzootische Lebererweichung der Pferde?***).
Derselbe Thierarzt nennt als hierher gehörige Krankheiten des Rindviehs in Egypten: „Das Milzblut oder die blutige Congestion der Milz tödtet sehr schnell, und herrscht besonders im Delta, Verursacht Wird es wahrscheinlich durch die Sumpfemanationen.quot; — „Die ansteckende Brandbräune, Angina gangrenösa. Diese Krankheit herrscht in ganz Egypten, Winter, Sommer, Frühjahr und Herbst; sie ist ansteckend und tödtet die Thiere in
*•) Salcb. med. chir. Zeit. 1804. B. til. S. 187. quot;') Histor. Hiscella muratori I. a. p. 163. **quot;) Uamont l'Egypte laquo;ous Mebemet Ali vol I. p. 567 a,
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zwei, vier bis sechs Stunden; sie hat ihren Sitz im Rachen (goige), eine Geschwulst entsteht oben am Hals (au haut du col), rergrössert sich, gewinnt immer mehr an Umfang und tödtet. Sie ausgealhmete Luft, der Speichel stecken an, wovon wir uns durch Versuche überzeugt haben. Die Brandbräune kömmt sporadisch, enzootisch und epizootisch vor; ihre Ursachen sind unbe­kannt. Kömmt der Arzt gleich zum Anfang der Krankheit, so muss er so­gleich das Güheisen auf den Rachen anwenden, dann die spanische Fliegen-Salbe *).
Von den Scbafen fährt er vorzüglich das Blutstallen an, wahrscheinlich kommen aber mehrere Formen vor.
Auch aus Frunner's Mittheilungen ist nicht viel zu schliessen. Von dem Rindvieh sagt er: „Der Milzschlag tödtet oft die Thiere plötzlich während der Arbeit ohne die mindesten Vorzeichen. — Der Anthrax am Gaumen ist sporadisch und enzootisch in Mittelegypten, kaum je in Unter-egypten beobachtet worden. In wenigen Stunden entwickelt sich eine aus. serordentliche Anschwellung am ganzen Kopfe, und dasThier unterliegt eben so schnell; er ist ansteckend und herrscht von April bis Juli.quot; — „Unter den Büffeln beobachtete man im Sommer des Jahres 1845 eine brandige Hals­bräunequot; **).
Auf dem Vorgebirge der guten Hoffnung scheint Levaillant auch den Milzbrand zu beschreiben unter den Rinderheerden.
Mascar e nis ch e Inseln.
Diese Inseln sind wiederholt von Epizootien verheert worden, welche nicht allein unter allen Säugthiergattungen, sondern auch unter dem Haus­geflügel wütheten. Schon aus einigen älteren Schriften konnte man schlies-
sen , dass es Anthraxkrankheiten sein möchten ***). Epizootien aus den Jahren 1783, 1833 und 1825**'
Die Beschreibung der ') Hess das noch mehr
) Daselbst p. 577.
') Pruner Krankheiten des Orients S. 108.
• aft
• ••raquo;
) B c a u v ai s M lt;#9632; m o i re surquelqnes maladies particuli£-
res de ces colonies etc. Isle de France 1776. (Beauvais) Memoire sur 1 es causes et lesremfedesdala
malad ie contagieuse des volai lies del'Isle de Bourbon. (Beauvais) Memoire sur les maladies fepiiootiqucs des
bStes a cornes deslsles de France et de Bourbon, lie -
de-France 1783. ßeauvais de soins journaliers qu'il faut prendre des
chevauxdans ces colonies. Isle St. Maurice 1812. foI. ) D'Unienville Statistique de l'ile Maurice, vol. III. p.
117. 119,
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erkennen. Endlich hat aber Deabasgyns die Verheerungen beschrieben, welche der Milzbrand auf der Insel Bourbon besonders unter den Maulthieren anrichtet.
Ostindien.
Dass der Milzbrand hier verhehrend genug vorkommelaquo; mag, lassl sich aus vielen Nachrichten vermuthen, aber bestimmte Beobachtungen fehlen uns leider ganz; über die grossen Sterblichkeiten wird allgemein geklagt *).
So wird man ihn schon nach der Schilderung in S e i s t a n wie in den Russischen Steppen vermuthen. Der niederste Theil dieser Provinz liegt 2000 Fuss über dem Meere, andere Ställe 3000 Fuss hoch; der westliche und südwestliche Theil ist eine ausgedehnte Salzwüste ohne Wasser; der östliche Theil enthält viele Salzsümpfe oder sogenannte Hamoons, der grösste der­selben hat, 300 Miles im Umfang, in sie verlieren sich die Flüsse die im Sommer oft austrocknen, und die Hamoons werden zum Theil zu Schlamm­pfützen. Man wird nun wohl nicht an dem Milzbrande, unter solchen Ver­hältnissen, zweifeln, wenn es heisst: „Die Kühe werden von dem Schifich und den Seggen der Hamoons sehr fett, sie unterliegen aber einer grossen Sterblichkeit. Pferde kann man in Seistan nicht halten, sie werden entwe­der von einer Art giftigen Fliege (?) getödtet, welche in Ungeheuern Schwär­men vorhanden ist, oder durch blutige Ausleerungen aus dem Darmcanale, welchen diese Thiere hier unterworfen sind. Kameele und Schafe sterben weniger, gedeihen aber nicht gut **).quot;
Unter dem Namen Burusauttee oder Bursattee, als einem allge­meinen scheint man in Indien verschiedene Viehkrankheiten zu begreifen. So beschreibt Jaks on unter diesem Namen eine eigene Hautkrankheit, die wohl dieselbe ist, welche Monardes bereits erwähnte, und die die Fran­zosen in Indien Mal de Maljaches nennnen. — Dagegen beschreibt Armst­rong unter diesem Namen eine Milzbrandform der Pferde *quot;), und in der folgenden anonymen Beschreibung wird offenbar Zungenanthrax oder Milz­brandbräune der Kühe beschrieben: „Seit einigen Wochen sind in Purflect und in den Sumpfländern seiner Umgebungen eine sehr grosse Menge Kühe von einer Krankheit befallen worden an welcher viele gestorben sind. Diese Krankheit, welche in unsrem Lande keineswegs gemein ist, wird in den Tro­penländern Bursauttee oder die Seuche der Regen genannt, sie besteht in
*) S. z. B. Tytler im Allgemeinen, Ainslit-, über Coimbatore, Mar­schall in Ceylon, Rüttger auf der Insel Riouw u. s. w. quot;) Thornton Gazetteer etc. II. p. 178.
*quot;*) Proceedings of the veterinary medical Association 1838, p. 283.
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einer solchen Geschwulst und Entzündung der Zunge und der Schlipgwerk-zeuge, dass das Thier bald nicht mehr schlingen oder kauen kann. In Ben­galen und den nntern Provinzen Indiens ist diese Krankheit keineswegs sel­ten unter den Kühen, besonders während der Regenzeit; die Behandlung der indischen Kuhhirten besteht darin, dass sie das Glüheisen auf die Fauces und in den Nacken anwenden, und Zunge und Gaumen mit Salz einreibenquot; *). Aus manchen Nachrichten über die grossen Sterblichkeiten der Thiere auf den Ostindischen Inseln, z. B. Ceylon, Java, den Moluken kann man wohl Aehnliches rermuthen; allein es fehlen alle Beschreibungen von den Krankheiten.
Peru.
Der Küstensaum von Peru der so sehr heimgesucht ist von den bösarti­gen Wechselfiebern der Menschen lässt auch schon den Milzbrand erwarten. Die Nachricht, dass das von den Gebirgen herabgetriebene Vieh im Sommer an der Küste unglaublich schnell stirbt*) lässt ihn noch mehr vermulhen. Ueberdiess fand Tschudi die Angina gangränosa unter den Menschen epidemisch. — Besitzen wir auch keine genauem Beschreibungen von dem Milzbrände der Thiere, so beschreibt Archibald Smith deutlich den Mili-brandcarbunkel des Menschen, er nennt als laquo;ehr häufige Hautkrankheiten des Menschen: 1) Furunkel, 3) Anthrax welcher in den Lenden, auf dem Rücken und im Genick erscheint, und besonders den farbigen Menschen eigen ist, 3) Grano di peste oder eine bösartige furunkulöse Pustel, welche ge­wöhnlich an den Armen und im Gesicht erscheint.quot; Er theilt folgende Be­obachtung mit die zur Diagnose der Krankheit vollkommen hinreichen wird: „Sie begann am linken Arm wie ein Mosquitqstisch, da es nur ein kleiner rother Fleck war mit einem kleinen Bläschen in der Mitte; reissend schnell vergrösserte sie sich unter heftigem Fieber, und in vier Tagen war der ganze Arm zum Bersten stark angeschwollen, und die Geschwulst erstreckte sich bis auf die linke Brust. Der Flecken der anfangs nur aussah wie ein Mus-quitostich wurde nun ein harter Knoten oder eine Beule, ganz sehwarz, von einer rothen verhärteten Basis umgeben. Das kleine Bläschen in der Mitte zeigte jetzt eine offne Mündung, welche aber nichts absonderte. Nach Ver­lauf von acht Tagen wurde ein Einschnitt in den Knoten gemacht, es floss aber nichts aus als eine dünne ichoröse Flüssigkeit. Der Knoten erreichte zuletzt die Grosse einer schwarzen Weinbeere, aber an der Spitze war er platt und er war von harter Consistenz. Er wurde mit erweichenden Fomen-
•) Aus: Sy lt;ln ey Monitor Aug 14,1840. in Argus 1841. N. 102. vol. III. p. 16
quot;*) H. Unanue Observa clones so lire el dim a de Lima p. 65.
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talionen behandelt. Ich will nur bemerken, daslaquo; der Grano de peite, der nicht ansteckend ist (?) im Anfange gewöhnlich von entzfindlichen Fie­ber begleitet ist und wenn er nicht gleich vom Anfange an gut behandelt wird so nimmt das Fieber bald einen adynamischen Character an, und nimmt sehr oft einen tödlichen Ausgang.quot; *)
Paraguay.
Nach der Beschaffenheit der Pampas, und besonders der Landstriche am Fasse der Cordilleren muss man den Milzbrand dort erwarten. In dieser Erwar­tung wird man bestärkt wenn man an die nicht seltenen Infectionen denkt, welche bei der Bearbeitung von Häuten aus Paraguay vorkommen. Renggcr erwähnt ihn nun allerdings bei zahmen Ochsen: „Im hohen Sommer zeigt sich zuweilen bei einzelnen Ochsen die stark gebraucht werden der Milz­brand (la mancha), welcher auch die Menschen ansteckt, wenn das warme Fleisch des geschlachteten Thieres von ihnen berührt wird.quot; **) Wahrsshein-lich ist er häufiger.
Brasilien.
Viele Gegenden müssen hier eben so viel au Milbraud leiden wie andre ähnliche tropische Länder. Auch erwähnt schon Piso die plötzlichen Sterb­lichkeiten der Hausthiere nach starken Regen.***) So erwähnt Sigaud eine solche Sterblichkeit gleichzeitig mit einer Epidemie bösartiger Wechsel­fieber des Menschen, und nennt die Epizootic des Carrapato als Ursache der Krankheiten des Menschen ****) Martius erwähnt auch solche Epizoo-tien der Pferde und Maulthiere. f) Am bestimmtesten hat aber neuerlichst Gumbletoa Daunt mitgetheilt, dass er die Pustula maligua oder den Carbunkel als eine häufige Krankheit unter den Pferden im Distrikt von Sao Joao de Macahe Cdieselbe Gegend wo Sigaud die obige Epizootic angibt) beobachtet, und gesehen habe wie man diese Krankheit glücklich durch die Cainca (Chiococca racemose) behandelt habe, ff)
Mexico.
In der tierra calieute von Mexico scheint die Sterblichkeit der Haus­thiere am Milzbrand sehr bedeutend zu seyn. Von den Sterblichkeiten der
*}A. Smitli Diseases of Peru. Kdiugburgli. me d, a. surg Jouru
v o I. 53. p. 337. *') Kenger N'aturg. d. Säugthiere in Paraguay. S. 365. *quot;quot;) H is tori a nat. liraraquo; iliac p. 34. •*'•) Maladies du Bresil. p. 172. t) Reise. H. 343. ft) The Veterinary Record. 1. p. 305,
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Hauslhiere sprechen bereits ältere Beobachter. Zwei neuere Beobachter er­wähnen den Milzbrand der Thiere als Ursache ausgebreiteter Epidemien der Menschen: „Einige Besorgniss erregte im Frühjahr 1831 ein zu Jalapa aus­brechendes, von den Aerzten Calentnra del piojo genanntes sehr bösar­tiges Fleckfieber, welches pestartige Beulen trieb, zuweilen schon binnen 24 Stunden tödtlich, spätestens am vierten Tage, selten heilbar. Man glaubte endlich zu entdecken, dass es mit dem unter dem Rindvieh der Umgegend herrschenden Milzbrande zusammenhänge, als Folge des Fleischgenusses von den dieser Krankheit unterliegenden Thieren. Wirklich verlor sich die menschliche Epidemie, nachdem der thierischen durch zweckmässige Folizei-mittel gewehrt und besonders das zu Markt kommende Fleisch einer strengen Aufsicht unterworfen worden war.quot;*) — Mühlenpfordt sagt von der­selben Krankheit: „In einigen den Küsten nahe gelegenen höheren Gegenden stellen sich zuweilen bösartige Fleckfieber ein. Für eine Abart derselben wird die sogenannte Calentura del piojo gehalten, eine sehr bösartige Krankheit, welche pestartige Beulen treibt, selten heilbar ist, und zuweilen schon binnen 34, spätestens aber binnen 96 Stunden den Tod herbeiführt. Sie soll besonders vom Genüsse des Fleisches mit dem Milzbrande befallenen Rindviehes herrühren.quot; **)
Nord Amerika.
Es ist zu bedauern dass Blaschke die ungeheuren oft tödtlichen Car-bunkel der Aleuten im Russischen America nicht näher beschrieben hat, denn da es dort keine Hausthiere giebt, so wäre es merkwürdig wenn sie milzbrandartig wären. Er sagt nur: „Carbunculi multorum Aleutarum praecipue insulae Kadjak, magnitudinem inauditam attingentes, mortem provo-cant. Non parum eorum evolutioni favet usus nimius carnis balenarum corruptae, nutrimenti eorum recentis praedilecti.quot;***)
In vielen Gegenden der Vereinigten Staaten ist der Milzbrand (the Trembles) häufig. Ueber eine Epizootie welche im Jahr 1819 in Ken­tucky herrschte habe ich die Abhandlung von Kercheval (N. 162) ange­führt. Seine Worte lassen keinen Zweifel: „Ich habe neuerlich einige Fälle von einer ungewöhnlichen und ausserordentlichen Krankheit beobachtet welche durch Infection von Leichen von Kühen verursacht die an einer sonderbaren
•) Mexicanis ehe Zustände in den Jahren 1830 bis 1832. B. II. S. 88.
**) Mühlenpfordt Schilderung der Republik. Mexico. B. 1. p. 856.
•*•) E. Baschke Topographia medtca partus Novo - Ar ehan. g e 1 c e n s i s. p. 75.
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und bösartigen Krankheit die unter ihnen herrschte gestorben waren. Diese Krankheit erschien zuerst unter den Rindviehheerden dieser Gegend im Som­mer 1819, und ihre Bösartigkeit war so gross dass auch Pferde, Kühe und Schafe ein Opfer derselben wurden. Rindvieh das am Morgen anscheinend Tollkommen gesund auf die Weide getrieben wurde starb vor Mittag, und viele die am Abend noch ihr gewohntes Futter gefressen hatten wurden am Morgen todt gefunden, ja solche die man noch eine halbe Stunde zuvor im Felde grasen sah, erblickte man sich in den Klauen des Todes windend und in wenigen Minuten sterben. Der Tod erfolgte in diesen Fällen oft unter heftigen Zuckungen. Als aeussere Zeichen dieser Krankheit trat eine Ge­schwulst auf, zuweilen an der Kehle aber am häufigsten vor der Brust die sich längst der Seiten bis in die Flanken fortsetzte, und über der Lenden­gegend von beiden Seiten vereinigte. Diese Geschwülste waren weich und elastisch, glichen Inflationen, und bei der Untersuchung nach dem Tode ent­hielten sie klumpiges Blut und Ergiessungen von coagulabler Lympfe, sie hatten .ein dunkles und gangränartiges Ansehen; das Blut war in einigen Fällen so aufgelöst dass es durch die Poren der Haut transsudirte. Das wa­ren die characteristischen Erscheinungen dieser höchst tödtlichen Krankheit, die ebenso unbekannt in ihrem Wesen wie einzig in ihren Verheerungen war; man betrachtet sie hier als eine neue Krankheit, und meine Kenntnisse in der Veterinär-Pathologie sind nicht hinreichend ihr ihren Platz unter den vielen Krankheiten unsrer Hausthiere anzuweisen. — In dem Menschen be­gann diese Krankheit oder wenigstens eine die eine Folge derselben war, mit einem kleinen umschriebenen Bläschen, welches eine schwarze trübe Flüssigkeit enthielt, nicht unähnlich den Wirkungen der unächten Vaccine. Diese kreisförmige Erhabenheit breitete sich gleichmässig in allen Richtungen aus, dann sank sie ein und der Mittelpunkt wurde livid, schwarz und endlich brandig. Dieser gangränöse Fleck wurde in seinem Verlaufe von einer harten sehr ausgebreiteten Geschwulst umgeben, begleitet von einer eigenthümlichen Torpidität und Verlust des Empfindungsvermögens des Theils. Fast gleichzeitig mit dem Erscheinen der Localaffektion wurde der Organismus im Allgemeinen mehr oder weniger ergriffen; dieses fing an mit Frost und Schauer worauf bald Fieberhitze folgte, mit dumpfen Schmerzen in den Gelenken und Extre­mitäten, Kopfweh und Schmerzgefühlen nach dem Verlaufe des Rückgrats, in einem Falle erschienen Petechien auf der Haut, dabei eine grosse Prostation der Kräfte. In Beziehung auf Ursprung und Wesen dieser Krankheit muss ich bemerken dass Niemand von ihr befallen wurde, der nicht die Leichen von an der Krankheit verstorbenen Thieren abgehäutet oder auf andre Weise gehandhabt hätte. Unter vier Menschen die an der Krankheit litten hatten sie drei an Vorderarmen, der vierte hatte gangränöse Pusteln im Gesicht. Jedoch wurden nicht alle Leute welche solche Leichen gehandhabt hatten von der Krankheit inficirt, auch hörte ich nicht dass irgend ein Farbiger von der
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Krankheit befallen worden wäre; der Grund davon mag der aeyn daslaquo; solche Personen vielleicht keinen Riss oder Abschilferung in der Haut hatten.quot;
In den letzten Jahren wird die Krankheit in Nordamerika von Hartley erwähnt, nur einseitig vom Füttern mit Branntweinspülig abgeleitet: „In der Krankheit die man Dry-murrain nennt, treten die Symptome plötzlich ein, die Milch verschwindet, das Maul wird trocken, die Zunge trocken und belegt, die Flanken schlagen stark; der Verlauf der Krankheit ist ausseror-dentlich rasch, am Morgen ist das Thier scheinbar wohl, am Abend kann es todt seyn.quot; — „Häufiger kömmt die Bloody Murrain vor .... sie ist wahrscheinlich endemisch und offenbar in manchen Beziehungen verschieden
von der endemischen Rinderpestquot;)........Zu unserer Zeit werden oft
Leute von bösartigen Pusteln befallen, wenn sie vom Gifte der Kühe inficirt werden die an der Blutseuche (bloody Murrain) gestorben sind. Das erste Zeichen dieser Krankheit ist eine gangröse Affection der Haut, worauf sehr gefährliche allgemeine Symptome eintreten, so dass der Tod bald folgt wenn die Krankheit nicht bald gehemmt wird. Die geringste Berührung des Kör­pers eines solchen Thiers welche die Absorption des Giftes zur Folge hat, reicht hin diese bösartige Krankheit zu erzeugen. Im Jahr 1836 hatte Dr. Pennock in Philadelphia vier Fälle dieser Krankheit zu behandeln, wo die Infection durch Abhäuten von Kühen erfolgte, ein Kranker starb. In der Stadt Newyork haben wir neuerlich einen Fall beobachtet der beinahe tödtlich abgelaufeu wäre.quot;*')
Das mehrste Aufsehen hat aber der Milzbrand in America unter dem Namen der Milchkrankheit (the Milksikness) erregt Denn wenn auch Verwechslungen vorkommen sollten, so ist doch die unter diesem Namen be­schriebene Kfankheit wesentlich Milzbrand; dass in diesem Milch, Butter und Käse auch giftig sind und inficiren, ist nicht neu und nicht ungewöhnlich, senderbarer würde nur die Erscheinung seyn dass die Milch zuweilen giftig und tödtlich seyn soll, ohne dass das Thier selbst welches die Milch liefert, bedeutend erkrankt oder stirbt? Ich habe im ersten Abschnitt die Schriften von Lea, Mi Call, Graff, Simpson, Ferry, (N. 168 — N. 171) u. s. w. angeführt, ältere Reisende sprechen aber bereits von ihr, und die mehrsten neueren erwähnen sie auch. In einer Zeitung aus Indiana heisst es: In Logansport, an den Ufern des Wabash warnte man mich vor dem Genüsse von Milch Butter oder Rindfleisch, auf meiner Reise nach Vincennes, und zwar weil, wie man mir sagte, die Milchkrankheit häufig in dieser Ge-
*) Ich lasse die folgenden Stellen weg da dlaquo;r Verf. doch diese Venvechs-hmg begeht, und sieh auf Youatt bezieht, der bekauntlicb seibat die Nilz-
lirandkranklipitdi nicht gut unterscheidet.
quot;j Americau Mcd. Journ. vol. XIX, p. 14,
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gend sei. Ich hatte von dieter Krankheit früher gehört, wimsU aber nichtraquo; Näheres von ihr; man unterrichtete wich dass jährlich viele Menschen an dieser Krankheit sterben. Die Meinungen über die Ursachen dieser Krankheit sind gelheilt; im Allgemeinen glaubt man sie sei eine Folge des gelben Oxyds oder des Arseniks in dem Boden der Niederungen oder des Waldlandes, besonders an den Ufern des Wabash, und dass irgend eine unbekannte Pflanze das Gift aufnimmt und wenn sie von dem Vieh gefressen wird macht dass es zittert und taumelt, und in wenigen Stunden stirbt. Fressen sie Kühe so wird ihre Milch vergiftet und die daraus bereitete Butter, und für diejenigen welche sie gemessen sind diese Milch und Butter so sicherer Tod wie die Pflanze für das Vieh. Man ist sehr sorgfältig darin das an dieser Krank­heit gestorbene Vieh zu begraben, denn wenn Hunde u. s. w. ihr Fleisch fressen, so haben sie dasselbe Schicksal, es wirkt auf sie eben so heftig wie auf das Thier welches gestorben ist.quot; Der Dr. Mc Call von Tennesse sagt: „wenn das Kalb diese Milch saugt so bekömmt es das Zittern und stirbt. Pferde und Rinder sterben von dem Gifte, und Hunde, Katzen, Habichte, Puter, Hühner und Krähen sterben wenn sie das Fleisch der daran gestor­benen Tbiere fressen;quot; auch führt er aus seiner Erfahrung viele Fälle der Krankheit beim Menschen an welche tödtlich abliefen.*) Der Dr. Gtaff in Illinois sagt in dieser Beziehung: ,;Dic Kühe können in einem solchen Grade leiden dass ihr Fleisch und ihre Milch dieselbe Krankheit in dem Menschen erzeugen, und doch zeigen sie selbst durchaus keine Symptome von Krank­heit.....Hunderte von Menschen sterben jährlich in allen westlichen und
südwestlichen Staaten an dieser Krankheit. Butter und Käse welche aus der Milch inficirter Kühe bereitet werden, hält man für das concentrirteste Gift; sie unterscheiden sich von den gesunden Stoffen dieser Art weder im Ansehen, noch in Geruch oder Geschmack; eine sehr kleine Quantität dieser Speisen reicht hin um die Krankheit in dem Menschen zur Entwicklung zu bringen: Man behauptet dass die gewöhnliche Menge Schmand welche man zum Caffee nimmt hingereicht hat die Krankheit zu erzeugen; Butter und Käse so viel man zu einer Mahlzeit geniesst haben oft die Krankheit erzeugt. Das Gift ist nicht in einem Bestandtheile der Milch allein enthalten, sondern durch­dringt alle, die Buttermilch wie die Molke enthalten es.quot; Dr. Graff beruft sich auf das Zeugniss des Dr. J. W. Davis aus Indiana welcher sagt: „Aus meiner eigenen Erfahrung bin ich im Staude anzuführen dass ich eine eigen-tbümliche Krankheit beobachtet habe die keine andre als die Milchkrankheit seyn konnte, in einer Stadt entfernt von ihren localen Ursachen, und die jeden Menschen befiel der von einem gewissen Käse genoss der von einem Wagen gekauft war welcher aus einem inficirten Distrikte kam.quot; Der eben erwähnte Fall trug sich in Chillicothe in Ohio zu „an welchem Ortequot; sagt
') Medical Recorder, vol. VI p, 257.
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Dr. Graff „ich einen befreundeten Arzt traf der eine Anzahl von Fällen in der Behandlung hatte; er erklärte dass er die Krankheit für Milchkrankheit halten müsse nachdem was er von ihr gehört habe, wozu auch komme dass alle seine Kranken einem einzigen Hause angehörten, und dass die Bewohner desselben frei von ihr geblieben wären welche nicht von dem fraglichen Käse gegessen hätten. Derselbe Schriftsteller theilt uns mit dass jetzt eine mör­derische Praxis in gewissen Distrikten herrsche, wo die Einwohner die dort verfertigten Butter und Käse nicht selbst geniessen mögen, aber wenig be­kümmert um Leben und Gesundheit ihrer Nebenmenschen senden sie grosse Quantitäten zum Verkauf in die Städte des Westens, namentlich nach Louisville und St. Louis in Missouri.*)
Ein namhafter Amerikanischer Artzt, der Professor H. Dickson in Charleston, sagt in seinem Handbuche (Manuel of Pathology and Practice) über die Krankheit folgendes: Die Milchkrankheit ist eine eigenthümliche Krank­heitsform die nur in den gebirgigten Theilen der südlichen und südwestlichen Staaten vorkommt, hier aber auch nur in gewissen Gegenden. Unmittelbar wird der Mensch nie von derselben ergriffen, sondern nur Pferde und Kühe; für jene ist die Krankheit gefährlich, da sie leicht daran umstehen, wenn sie keine Hülfe bekommen, Kühe, besonders wenn sie milchend sind, bleiben am Leben, jedoch nehmen ihre Milch, Butter und das Fleisch eine giftige Be­schaffenheit an, und erregen bei Menschen welche dieselbe geniessen eine wirkliche Gastroenteritis. Die Symptome sind: grosse Mattigkeit dann Uebel-keit und Erbrechen, mit Schmerz, Brennen und Druck im Magen, heftiger Durst, trockne heisse Haut, geröthete glasige Augen, ein eigenthümlicher Geruch des Kranken, Verstopfung; anfänglich ist der Puls nicht verändert, dann wird er aber beschleunigt und zusammengezogen, der Kranke hat ein Delirium mite, und stirbt unter den Symptomen des typhus gravior.quot;
Nun freilich müssen wir noch sorgfältigere und bessere Beobachtungen erwarten.
Westindien.
Wahrscheinlich auf allen westindischen Inseln ist der Milzbrand im hohem Grade zu Hause. Hier wird er uns aber zuerst unter noch fabelhafterer Ge­stalt bekannt. Die plötzlichen Todesfälle der Thiere und der Menschen wur­den als Vergiftungen betrachtet und der Bosheit der Neger Schuld gegeben; der Streit über diese sogenannten Vergiftungen hat besonders auf den fran­zösischen Antillen bis in die neuesten Zeiten fortgedauert.
Die ersten Nachrichten finde ich bei dem Pere Lab at, dieser erzählt aus dem Jahre 1704, auf der Insel Martinique: „Schon seit 7 oder 8 Mo-
*) Americi, Journ. of Med. .Sc 1841. April,
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näten herrschte auf unserer Insel eine Krankheit unter den Hausthieren, welche eine ungeheure Menge Pferde, Ochsen, Schafe wegrafft. Da wir nach der Lage unserer Plantage mehr als andere der Karrenochsen bedürfen so beobachtete ich die Symptome der Krankheit sehr aufmerksam, um wo möglich unser Vieh davor zu bewahren; ich sah also bei mehreren unsrer Nachbaren welche die Ochsen, die bei ihnen gefallen waren, öffnen Hessen dass die Leber*) und die Lungen dieser Thiere trocken und zusammengezogen waren und der Darm verengert und trocken fast wie Pergamen. Merkwürdig war es dass man dieselben Erscheinungen bei den Thieren fand welche erst fielen nach­dem sie sich lange herumgeschleppt hatten und zu Skeletten abgemergelt waren, und auch bei denen welche während der Arbeit von der Krankheit befallen wurden und innerhalb 5 bis 6 Stunden unter Stöhnen und Zuckungen ver­endeten. Eine noch schlimmere Erscheinung bei dieser Krankheit war die dass sie sich so leicht durch Ansteckung fortpflanzte, war sie einmal auf einer Plantage so raffte sie alle Thiere auf derselben weg, wenn man nicht sogleich mit der grössten Sorgfalt die erkrankten von den noch gesunden trennte. Einige sahen in der Krankheit die Bosheit eines Menschen; andere, und meiner Meinung nach die klügeren, glaubten sie hänge von der Luftconstitution ab, wie das gelbe Fieber welches schon mehrmals wieder ausgebrochen war nachdem es während mehrerer Monate erloschen war. Um uns vor Unglück zu bewahren, liess ich die Hürden in welche man die Thiere während der Nacht einschliesst verändern, ich liess in der Savanne eine grosse Einzäunung machen, liess den Thieren zur Ader, gab ihnen Abführungsmittel, liess sie im Meere und dann im Fluss baden u. s. w. Auf diese Art hatte ich dass Glück unsre Thiere zu erhalten und nur zwei bis drei zu verlieren. Als aber die Krankheit von den Thieren auf die Neger überging hatte ich nicht dasselbe Glück, trotz aller angewendeten Sorgfalt verloren wir deren 27 in weniger als 8 Monaten; und doch hatten wir nicht die grösten Verluste, andre Besitzer verloren deren viel mehrere wie wir, einer unter andern der ihrer mehr als 60 besass, verlor sie in der That alle, so dass ihm nicht ein einziger blieb. Ich liess einige von denen welche bei uns starben öffnen, man fand dieselbe Erscheinung wie bei allen andern auf der ganzen Insel die gestorben waren, das heisst Leber, Lungen und Darmcanal trocken und zusammen geschrumpft wie gedörrtes Pergamen, die übrigen Eingeweide nor­mal. Manche wurden in Zeit von 8 bis 10 Stunden weggerafft, andre lagen 5 bis 6 Tage, und manche starben unter heftigen Convulsionen. Mir ist keiner bekannt der davon gekommen wäre wenn er von der Krankheit befallen wurde. Die Krankheit ging nicht auf die Weissen über.quot;quot;*)
*) Es ist merkwürdig dass Unamce dieselben Erscheinungen in Peru angiebt, ••) Labat Nouveau Voyage aux iles de l'Amerique. vol. VIII. 245
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Der Glaube, tlass die Neger die Hausthicre, die Sklaven und Glieder der Familie ihrer Herrn vergiftet hätten, wenn diese plötzlich starben, wurde damals allgemein und eine Menge Neger wurden hingerichtet. In den Jahren 1721, 1723, 1735 wurden in Guadeloupe drei Neger und Negerinnen verbrannt; drei Geistliche, welche sie zum Tode begleitet halten, erklärten sie wären unschuldig gestorben, was aber einen allgemeinen Unwillen der Besitzer und der Behörden hervorrief. *) Im Jahre 1746 wurden dieselben Vergiftungen in St. Domingo von den Negern behauptet. Mit Recht hat R ii f z diese Vergiftungen für eine Fabel erklärt. '*)
Die Häufigkeit der Epizootien in denen man an Vergiftungen glaubte, fuhren gar manche Schriftsteller an, ohne sie näher zu beschreiben. quot;quot;)
Von manchen Krankheiten wage ich nicht zu entscheiden ob sie zu den Milzbrandkrankheiten gehören. Z. B. die sogenannten Plan des Hausge­flügels, welche Leva eher auf St. Lucio (wo der Milzbrand gar nicht fehlen kann) beschreibt: „Die Plans bieten nech die sonderbare Erschei­nung dar, dasraquo; sie gewisse Arten von Hausvögeln befallen: Die jungen Pu­ter Und Hühner bekommen tuberkulöse Knoten (boutons tnberculeux) welche ganz den sqnaroösen Plans gleichen; diese Ausschläge finden statt am Kopfe, um die Augen, am Halseraquo; am Kamme; die Bewohner der Colonien nennen diese Tuberkel Plan; sie sind nicht mehr ansteckend für den Menschen, aber wohl für diese Vögel. Sobald sie von ihnen befallen werden sträuben sie die Federn, sind traurig, verstecken sieh und sterben in grosser Zahl. Man Wendet mit Erfolg den Cilroncnsaft gegen sie an, womit man sie täg­lich mehrmals einreibt.quot; **quot;) In Ostindien, in €eyllaquo;oraquo;u. i. w. kommen ähn­liche Seuchen unter den Hausvögeln vor.
*) Desaalles Histoire des Antilles, vol. IV. p. 201. p, 529. *') Anuales d'Hy g. publ. vol. XXXI. p. 892. vol XXXII. p. 170, 351. *quot;) Levacber Guide medical des Antilles p. 243.
Wer übrigens die ganze Absurdität dieses Vergiflungsglaubens ein­sehen will darf nur die läclierlichenExpeetorationen lesen bei Granier de Cassagnac Voyage aux Antilles vol I. p.354. „Les empoison-nenrs sont g£D6ralement exportta a Porto-Rico, et ils n'empoisonnent plus dia qu'ils y-sont.quot; (Weites dort keinen Milzbrand gibt?) „Bst-ce par vengeance? Mon laquo;lieu non; car ils empoisonnent souvent leurs enfants, leur frtres, leurs amis, et les maitres qu'ils aiment qnelquefois le plus. Ces empoisonneurs procedeot comme la foudre, et ils tuent en deux ou trois units, trente boeufs, vingt mulcts, cent moutons, et dix ou douze n^gres, leurs compatriotes. Et cela arrive presqae chaque annfe!quot; Wer Will da naaern Verfahren den Hexenglaubea übel nehmen, vfenn die grosse Nation des nenmehnten Juhrhundertlaquo; einen solchen Glauben bat? ••#9830;•) Levacher p. 812.
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Barbados.
Diese Insel gilt für die gesündeste der westindischen Inseln; sie ist frei von Wechselifcbern, seltener als andere vom gelben Fieber und von der Ruhr heimgesucht; dennoch sind Milzbrandkrankheiten auf ihr vorgekommen.
Hnghes bezeichnet diese wohl ohne Zweifel, wenn er sagt: „Unter den Krankheiten, welche hier das Rindvieh befallen, gibt es eine von sehr ansteckender und pestartiger Natur, denn ein solches Thier kann mit Lust fressen und in jeder andern Beziehung vollkommen gesund erscheinen, aber wenige Stunden darauf ohne irgend ein Symptom yorgängiger Krankheit fallen und sterben. Kluge Pflanzer pflegen die gefallenen Thiere sogleich sorgfältig zu vergraben, und oft noch Wächter dabei zu stellen, um neu gekaufte Neger und andere arme Leute zu verhindern, sie auszugraben und davon zu essen; denn geschieht dieses so kostet es ihnen gewöhnlich das Leben, besonders wenn sie die Leber oder irgend einen Theil der Eingeweide essen; in diesem Falle bricht die Krankheit bei ihnen an den Armen oder an den Schläfen in Gestalt von Pestbeulen aus. Ich habe ein ausserordent-liches Beispiel ihrer Giftigkeit gesehen: Eine Negerin trug auf ihrem Kopfe in einem Bastkorbe ein frisch abgeschnittenes Stück Fleisch von einem sol­chen krepirten thiere; ein paar Blutstropfen fielen durch den Korb auf ihre Brust; wenige Stunden darauf schwoll sie ganz auf und war nicht im Stande ein Glied zu rühren, zwei Tage darauf ereshienen brandige Geschwüre an jeder Stelle, Worauf die Tropfen gefallen waren, und obgleich auf der Stelle zweckmäsige Miliel gebraucht wurden, so ging doch das ganzlaquo; Fleisch der Brust bis anf die Knochen verioren.quot; *)
Hillary erwähnt diese Krankheit des Rindviehes und ihre Folgen auf den Menschen nicht; in früheren Jahren spricht er nur Ton Fieber­beulen der Menschen. Im Januar 1758 beschreibt er aber eine merkwür­dige Krankheit der Kinder bei der man wohl geneigt seyn möchte bereits an eine Vergiftung durch die Milch milzbrandkranker Kühe zu denken: „Etliche Kinder wurden in diesem Monate von einer ungewöhnlichen Krankheit be­fallen, und auch hier herrschte die Krankheit unter den Kindern die unge-gefähr 6 bis 7 Jahre alt waren. Ich erinnere mich nicht diese Krankheit in England oder anderswo gesehen zu haben. Sie befällt hauptsächlich, wo nicht allemal, blos Kinder, denn ausser diesen kam mir Niemand vor der sie hatte, und auch kein Kind wurde von derselben befallen das fiber 7 bis 8 Jahre alt war. Sie klagen sich nicht eher, und scheinen sich nicht eher übel zu befinden, als bis viele kleine stark entzündete Ausschläge, die kleinen Beulen gleichen, an dem Kopfe, dem Halse und an dem Gesichte, meisten-theils aber an der Stirne und am Kopfe ausbrechen. Bisweilen geht eine
') G. Hughes The natural history of Barbadoa. p. 61.
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oder die andere von diesen Beulen in eine erträglich gute Eiterung über; aber bei den meisten geschieht dieses insgemein nicht, und sie enthalten etwas weniges von einer zähen weissen oder gelbligten Materie die nicht gekocht ist. Sogleich oder etwas vorher, eher dieser Ausschlag erscheint, hören die Säfte die sonst aus einem Grindkopfe ausgeworfen wurden, auf auszufliessen, und die Beulen werden blassgelb oder schwärzlich, die Haut in einiger Entfernung um sie herum wird bleich, und die Beulen fangen an in Brand überzugehen. Nun werden die Kranken etwas fieberhaft, der Puls wird weniger fühlbar, klein und geschwind, und meistentheils schwach, sie bekommen starke innerliche Hitze, und wiewohl nicht allemal Durst. Die äusserliche Hitze ist dagegen bisweilen geringer als im gesunden Zu­stande, und bisweilen sind die üussern Gliedmassen kalt, obgleich der Puls geschwind aber klein und schwach ist. Bei einigen fangen die Füsse und die Hände an zu schwellen als wenn sie oedematös wären, oder sie bekom­men diejenige Farbe die man zuweilen beobachtet, wenn ein Glied in Brand übergehen will. Zugleich findet sich ein Stupor oder ein Coma ein, der Schorf wird blassgelber, und es findet sich der kalte oder auch wohl der heisse Brand ein der sich bis auf die Hirnschale, wo nicht gar bis auf das Gehirn erstreckt und die Kranken tödtet.quot; Im Februar sagt er noch: „Da die Witterung in diesem Monat überhaupt genommen sehr trocken und dabei ziemlich kühl und angenehm war so war auch dieser Monat sehr gesund, und ausser den eben beschriebenen Beulen am Kopfe, die die Kinder befielen und so leicht in Brand übergingen, die noch anhielten, und bei einigen tödtlich waren, und ausser den Windpocken kam keine Krankheit vor die eigentlich epidemisch genannt zu werden verdiente.quot; *)
Aus dem Jahre 1795 beschreibt Chisholm den Milzbrand in Barbados und seinen Uebergang auf Menschen: „Die Krankheit war verheerend epi­demisch auf der Plantage des Herrn Cummins, und raffte mehr als 50 Häup­ter Rindvieh weg, so wie auch die Zahl der Neger die in Folge des Essens des Fleisches der kranken Thiere umkam bedeutend war. Ein merkwürdiges Beispiel der Giftigkeit dieser Krankheit kam in der eigenen Familie des Herrn Cummins vor: Eins seiner Kinder, ein Mädchen von drei Jahren, nahm eines Morgens, während des Herrschens der Epidemie, sein Frühstück ein, und zwar eine so grosse Menge Milch, dass es den übrigen Kindern nur wenig übrig liess. Diese Milch war von einer Kuh, welche damals unglück­licher Weise an der Milzseuche litt; nach Verlauf von vier Tagen wurde das Kind von allen gewöhnlichen Symptomen der Seuche befallen, mit bös­artigem Carbunkel, wie man sie an den Negern beobachtete die das Fleisch
*) W. Hillary über d. Veründ d. Luft und die Krankh. in Barbados. S. 156.
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der kranken Thiere assen. Sie wurde mit Mühe gerettet, aber eine tiefe Narbe von dem Carbunkel blieb ihr auf dem linken Arme.quot;*')
Grenada.
Auf dieser gebirgigen und romantischen, aber doch überhaupt nicht ge­sunden, von Fiebern heimgesuchten Insel kam die merkwürdige Epizootie der Milzbrandbräune der Hausthiere mit gleichzeitiger Angina maligna der Men­schen vor im Jahr 1783—1784, welche ich im zweiten Abschnitt unter die­sem Jahre angeführt habe. Andre Nachrichten aus späterer Zeit kenne ich leider nicht.
Martinique.
Die oben angeführten Worte Granier de Cassagnacs lassen die ausserordentliche Häufigkeit deraquo; Milzbrandes auf Martinique vermuthen; eben so die Bemerkungen von Rufz, und die Erzählung von Lab at.
Guadeloupe.
Wir haben aus dieser Insel die Beschreibung der grossen Epizootie deraquo; Jahres 1774 von Bertin (N. 41), die ich im zweiten Abschnitt weiter an­führte (p. 123.)
In den neuesten Zeiten hat Herr S eg retain den auf dieser Insel herr­schenden Milzbrand unter dem Namen des Typhus beschrieben: „Der Ty­phus richtet auf Guadeloupe grosse Verheerungen an; sein Verlauf ist ungeheuer acut, oft reichen 7, 8 oder 12 Stunden hin ein Thier zu tödten; die Krankheit befällt ganz plötzlich mitten in der besten Gesundheit; das Thier wird traurig, hört auf zu fressen, dann erscheinen an den Parotiden, vor der Brust, bedeutende Geschwülste, welche sich sehr schnell entwickeln und gross werden wenn der Tod nicht früher eintritt. Vollkommen ausge­bildet bietet der Thyphus folgende Symptome dar: Die Pupillen sind erwei­tert, die Augen stier, das Maul schleimig, der Athem stinkend, die Flanken schlagen, der Koth ist mit Blut gemischt, Blutungen treten häufig ein, das Rectum fällt vor, reichlicher Schweiss, oft selbst Blutstropfen auf der Haut. Bei der Section findet man den Zellstoff der Geschwülste infiltrit, während die tiefer liegenden Theile schwarz und zerstört sind. Der Magen der Ein­hufer zeigt in seiner rechten Hälfte schwärzliche, 1 bis 2 Zoll lange, unge­fähr 3 Linien breite Streifen, die Schleimhaut ist entzündet, oft besäet mit dunkeln Flecken von der Grosse eines Franken, der linke Sack ist gesund; von dem Pylorus an, der mehr verändert ist wie der Darm, findet man den letzteren bis zum After in seiner Schleimhaut abwechselnd gesund und krank, doch
*) Chisholm on luei bovina introprica Edinb. med. a. laquo;urg.
Journ. vol. Tl. p. 86, Htntincr, MUibrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 24
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sind mehr Stellen krank; überall ist die Schleimhaut und der unterliegende Zellstoff stark entzündet. Das Mensenteriura des Dünndarms ist entzündet, hin und wieder findet man iufiltrirte Fettkugeln und, mag es nun Folge einer Störung des Kreislaufs oder des Wesens der Krankheit selbst seyn, man findet in diesen Fettklumpen mehr oder weniger bedeutende Ergiessungen eines schwarzen und zerfliessenden Bluts; in dem Mesenlerio des dicken Darms hat das in diesen Eettmassen ergossene Blut weder dieselbe schwarze Farbe, noch ist es eben so zerfliessend. In der Brusthöhle bieten die Lungen nichts Bemerkenswerthes dar; das Herz ist grosser als gewöhnlich, nicht selten findet man in den Venensäcken und selbst in den Herzkammern schwarze Flecken. Eine nicht selten beobachtete Erscheinung ist folgende: Erscheinen die carbunkulosen Geschwülste vor der Brust, so sind die Lungen immer infiltrirt; treten dagegen die Anschwellungen zuerst an den Parotiden auf so sind Kehlkopf und Schlundkopf entzündet und gangränös. In diesen Geschwülsten selbst sind die Gefässe sehr gespannt und von Blut angefülll. Selten bietet das Gehirn irgend eine bedeutende Veränderung dar, man findet in ihm Infiltrationen und Veberfüllung der Blutgefässe. Seltener noch als das Gehirn ist die Bindehaut der Augen oder die Schleimhaut der Nase verändert. Eine Behandlung ist nur möglich wenn der Thjrphus nicht den höchsten Grad erreicht hat; dann ist das Aufschneiden und Cauterisiren der Geschwülste das erste was geschehen muss; dann bietet die gleichzeitige Anwendung der China! oft eine Aussicht auf einen glücklichen Erfolg dar.quot; *)
Die bei der Lesung dieser Abhandlung gegenwärtigen Thierärzte sahen wohl sogleich ein, dass es sich hier um den Milzbrand handle, und eben so fühlten wohl die mehrsten, dass die angeblichen Vergiftungen (die Herr S. auch erwähnte) auch nichts als Milzbrand wären, die Bemerkungen von eini­gen sind für die Folge beachtenswerth:
Leblanc fragt Herrn Segrctain wie man zur Kenntniss der Ver­giftungen hat gelangen können ? mitten unter Thieren die an einem solchen Thyphus litten, wie habe man sagen können das eine sey an der Epizootie, das andere an Intoxication gestorben?
Segretain antwortet: erstens die Deuunciationen, dann die Verschieden­heit der Symptome; eine sehr grosse Traurigkeit, geschlossene Augenj ein schaumiges Maul ohne Speichelfluss, Flankenschlagen, und bei der Section findet man nicht die angegebenen auszeichnenden Erscheinungen, zuweilen fand man Veränderungen im Magen, während der Darm venig oder gar nicht krank war, während wie erwähnt im Thyphus riel mehr der Darm als der Magen leidet.
•) La Clinique v6tfrinaire, vol. XV. (1814) p. 473.
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Gratiolet wünschte zu wüssen, ob die Thiere, von denen man an­nahm sie wären vergiftet, einen heftigen Durst zeigten, welches ein bestän­diges Symptom in allen Vergiftungen ist?
Segretain hat niemals beobachtet, dass die Thiere zu saufen suchten.
Dupuy erwähnt, dass er 1823 Mitglied einer Coraission war, die einen Bericht zu erstatten hatte über eine Epizootie der Ochsen, welche in Guade­loupe geherrscht hatte; die Symptome, welche die Krankheit darbot, die Veränderungen welche man nach dem Tode fand, hatten grosse Aehnlichkeit mit denen, welche Herr Segretain beschrieben hat; aber diese Krankheit war nicht Typhus sondern Milzbrand. Daher glaubt auch Herr Dupuy, dass sich Herr Segretain geirrt hat, indem er die Krankheit Typhus genannt hat: Was den Typhus allein characterisirt, das ist die Veränderung der Brunnerschen und Peyerschen Drüsen, welche S. nicht erwähnt hat. Was den raschen Verlauf und den tödlichen Ausgang mancher von S. erwähnten Fälle betrifft, kann man sie nicht erklären ohne seine Zuflucht zum Tyhhus zu nehmen? In der That, folgende Erscheinung kömmt oft im Milzbrand vor: Oedem findet sich am Halse, längs der pneumogastrischen Nerven, der Nerv der oedematischen Seite zeigt zahlreiche schwärzliche Flecken, welche nur von ausgetretenem Blute herrühren können; diese Alteration des Nerven hat eine mehr oder weniger grosse Störung der Respiration zur unmittelbaren Folge, und endlich Asphysie nach Verlauf von 7, 8 bis 12 Stunden; diese Erscheinungen sind ganz gleich denen, welche die Durchschneidung des 8ten Nervenpaars zur Folge hat; daher ist es auch sehr vortheilhaft gleich beim Auftreten des Milzbrands, um diese Blutiiberfüllungcn tu verhüten, Aderlässe zu machen die bis 25 Pfund betragen können.
Haiti.
Hier ist am frühesten der Lärm von den sogenannten Vergiftungen ent­standen und der Milzbrand ist offenbar immer sehr verbreitet und die Ur­sache der ungeheuren Sterblichkeit der Hausthiere gewesen. Besonders wurde aber die Aufmerksamkeit der Aerzte auf sie gelenkt durch die furchtbare Epizootie, welche im Jahr 1770 nach einem Erdbeben auftrat, und angeblich 15000 Menschen das Leben gekostet haben soll, welche ich im zweiten Ab­schnitt (p. 122) nach Placide-Justin erwähnt habe, und die sich seit 1772 auch auf die übrigen Antillen verbreitete, 1774 in Guadeloupe wüthete.
Die erste und sehr gute Beschreibung dieser Krankheit soll Worlook gegeben haben, dereinen Preiss von der Akademie erhielt, ich habe aber diese Schrift nirgends erlangen können*). Eben so wenig eine andere von Art-
*) Simeon Worlook Memoire sur l'epizootie des boeufs de Sainte-Domingue. (Wahrsclieinlich: Cap Francais. 1784). Auch finde ich noch angeführt: Kegnaudot Epizootie de St. Domingue. mir aber auch unbekannt geblieben.
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hand (N. 80). Moreau Saint -Mery erwähnt diese Epizootie im Jahr 1772 unter allen Thieren („attaquant pour ainsi dire tons lei animaux succcsui-rementquot;), und kündigt auch eine Abbandlang über sie an*quot;) von der mir nicht bekannt ist ob sie jemals erschienen ist.
Cuba.
Auch hier, wo das gelbe Fieber vom Juni bis November herrscht, scheint der Milzbrand sehr häufig zu sein. Ein Amerikanischer Arzt bemerkt dar­über: In der trocknen Jahreszeit stirbt das Rindvieh oft an Gangrän, der Fustula maligna der Franzosen, und die Neger werden oft davon inficirt, wenn sie sich mit den krepirten Thieren beschäftigen. Freie Incisionen und tiefes Cauterisiren mit dem Glüheisen sind als die besten Mittel bekannt**}.
Zum Schlüsse dieser Uebersicht die Bemerkung, dass wir allerdings keine Nachrichten aus den Ländern der heissen Zoone besitzen, in welchen der Milzbrand wahrscheinlich am allerverderblichsten wüthet.
Resultate.
Versuchen wir uns wenigstens kurz die Resultate zu ziehen, welche sich aus dem Vorstehenden über das enzootische Vorkommen des Milzbrandes ziehen lassen.
Clima.
Man wird nicht behaupten können, dass der Milzbrand in irgend einem Clima absolut häufiger sei als in dem anderen: Er wüthet in den äussersten bewohnten Polarländern z. B. in Lappland und Sibirien, wie unter den Tropen z. B. auf den westindischen Inseln, und eben so in mittleren Breiten z. B. in Ungarn. Aber im Winter kömmt er in den kältern Ländern niemals in allgemeiner Verbreitung vor, sondern wenn er hier bei einzelnen Thieren oder in einzelnen Ställen erscheint, da findet man seine Ursache entweder in einem vorhandenen Contaginm oder in einer Vergiftung durch kranke Futterstoffe.
Höhe des Landes.
Der Milzbrand kömmt auf den höchsten Alpenweiden in der Schweitz, in Baiern u. s. w. vor, und eben so häufig an den flachen Seeküsten der Provence; die Höhe des Landes hat überall keinen unmittelbaren Einfiuss auf sein Vorkommen.
*) Chabert etc. inatructions Vol.**) Notes on Cuba by a Physician
HI. p. 261. p. WO.
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Geog noitischer Charakter delaquo; Landet.
In einzelnen Landstrichen könnte man wohl auf den Gedanken kommen er komme auf gewissen Formationen und auf andern nicht vor; das wider­legt sich aber, so bald man sein allgemeines Vorkommen vergleicht, er kömmt auf Granit und auf Kalk - Alpen, auf dem Granit in Lappland und Finnland, auf den Uebergangskalk um Petersburg, auf allen tertiären Schichten vor.
Allerdings wird es auffallen, dass er auf keinem der grossen Becken oder Plateaus fehlt die den epilimnischeu Formationen angehören, wie in Frankreich der Beauce, Brasse, Brenne, in Italien, Appulien; eben so scheint er nirgends zu fehlen auf dem Kreide- und Mergelboden der Salmastraje, der Steppen und niedern Prairien, wie in Italien, Russland, dem Misisippi-thale Nordamerikas. Nirgends fehlt er, wenigstem periodisch, auf den Torf­mooren. Bei näherer Betrachtung ergibt sich aber, dass dann diese Locali-täten immer zur Sumpf- oder Malaria-Bildung venigsten Veranlassung geben.
Boden.
Unmittelbar haben die anorganischen Bestandtheile des Bodens offenbar keinen Einfluss auf seine Entstehung; er fehlt auf allen Bodenarten und kömmt auf allen vor. Er kömmt aber wohl nirgends auf einem vollkommen durchlassenden und nicht sumpfigen Boden vor, wenn nicht das Contagium eingeschleppt wird oder Malaria auf das Land geführt wird: Dagegen fehlt er wohl so gut wie nie, wenn der Boden viele organische Bestandtheile ent­hält die in Zersetzung gerathen, daher auf nicht durchlassenden humusrei­chen Boden, auf austroknenden Torfmooren, auf durchlassenden Boden, der auf undurchlassendem in nicht grosser Tiefe ruht, an austrocknenden Sümpfen und Flüssen. Da nun der Gehalt des Bodens an auflöslichen salinischen Bestandtheilen, besonders an Sulphaten jene Zersetzung begünstigt, so er­klärt sich daraus, die Häufigkeit des Milzbrands auf dem Boden der epilimni­scheu und Jüngern neptunischen, wie auf manchen vulkanischen Boden. Kurz der Milzbrand fehlt nie auf Boden der die Malariabildung begünstigt, und das ist der einzige Einfluss des Bodens.
Wasser.
Wasser, welches die Malariabildung begünstigt, also das, welches or­ganische Bestandtheile enthält, also auch Zoogenquellen, salinische, namentlich sulphatische Wasser, müssen wie Malariaboden wirken. In vielen Ländern klagt man aber besonders das Wasser der Tränken an; allerdings ist dieses oft brackisch, enthält viele Salze und an Zersetzung begriffene organische Bestandtheile, und scheint getrunken der eingeathmeten Malaria ähnlich zu wirken. Es kann gleichseitig mit der Malaria wirken, es ist aber woh
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möglicli, dass es wirksam ist, auch wo keine Malaria in der Athmosphäre ist. Im grosseil beschuldigt man den Einfluss solcher Tränken in Sibirien, Ost-preussen, Appulien, in mehreren Gegenden Frankreichs u. s. w.
Malaria.
In etwas grösserer Ausdehnung möchte wohl der Milzbrand nirgends vor­kommen, ohne dass man die Gegenwart von Malaria nachweisen könnte. Sie wird denn auch in der That am allgemeinsten als die Ursache des Milz­brands von den Beobachtern angesehen. Man vergleiche in dieser Beziehung nur Sibirien (Bojanus, Gebier), Orenburg (Schütz), die Wolgaländcr, (Solander), Finnland (Hartmann), Livland, Ehstland (Hunnius), Polen, Posen, Sachsen (Hildebrand, Wenderoth), Baiersche Alpen, Friesland, Sologne, Presse, Brenne, Bcauce, Provence, Appulien, Westindien u. s. w.
Kranke Weiden. Futterstoffe.
Schlechte Weiden und kranke Futterstoffe werden sehr häufig als Ur­sachen des enzootischen und epizootischen Milzbrandes betrachtet: Nun trifft aber dieser Einfluss gewöhnlich mit den vorigen zusammen; denn wo Malaria in der Athmosphäre enthalten ist, da erkrankt die Vegetation, die Gramineen bedecken sich mit Brand und Bost, tragen Mutterkorn, wie wir dieses in einer Menge von Ländern ausdrücklich angeführt haben; dabei ist aber zu bemerken, dass man bis jetzt nur die eultivirten Gramineen beobechtet hat, die Gramineen der Weiden in dieser Hinsicht zu beobachten, hat man ver­nachlässigt.
Rrankhelten welche mit dem Milzbrand zusleich enzoQ-tlgeh oder endemisch vorkommen.
Fäule.
Die Fäule der Thiere ist zwar kein ganz beständiger, aber doch ein sehr häufiger Begleiter des Milzbrands. Die Fäule scheint eine mehr an­haltende Einwirkung der Malaria, und beständige Feuchtigkeit zu fordern; in Ländern wo sich daher die Malaria nur periodisch und vorübergehend er­zeugt, z. B. nach Ueberschwemmungen, oder in sehr trocknen Jahren, oder während sehr grosser Hitze, u. s. w. da kömmt die Fäule gewöhnlich nicht enzootisch vor. Verbindet sich die Fäule mit dem Milzbrand so giebt dieses eine eigene Form die sogenannte Krankheit der Sologne.
Wechselfieber der Menschen.
Es giebt wohl Länder wo gutartige Wechselfiebcr der Menschen etwas endemisch vorkommen ohne dass gerade Milzbrand enzootisch ist, es giebt wohl noch etwas häufiger Localiläten auf denen tob Zeit zu Zeit, auch
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wohl alljährlich auf kurze Zeit Milzbrand vorkömmt ohne daslaquo; die Wechsel­fieber der Menschen endemisch sind: aber in ihrem allgemeinen Vorkommen sind beide Krankheiten die unzertrennlichsten Begleiter, wo die Wechselfieber allgemein und gar bösartig vorkommen da fehlt gewiss der Milzbrand nicht, und umgekehrt wo der letztere eigentlich enzootisch herrscht da fehlt es nicht an Wechselfiebern.
Dieses gegenseitige Verhültniss ist schon mehreren Aerzten nicht ent­gangen: So hat bereits Malingie in der Sologne beobachtet, dass die Krank­heiten der Thiere sowohl in der Zeit ihres Auftretens als in der Intensität ihres Herrschens gleichen Schritt mit den Wechselfiebern der Menschen hiel­ten (s. oben S. 284.)- Ebenso entging es Dupuy im Roussillon nicht, dass an gleichen Orten und zu gleicher Zeit Milzbrand unter den Schafen und bösartige Wechselfieber unter den Menschen erschienen. (S. 303.). Mehrere Aerzte, unter ihnen B a illy erkannten den Zusammenhang, zwischen jleu bösartigen Wechselfiebern der Wenschen und dem allgemeinen Milzbrand der Thiere in der Provence (s. S. 323.). Ancelon war überrascht durch das gleichzeitige periodische Auftreten und die gleichen Ursachen der WechscI-fieber bei den Menschen und der Carbunkelkrankheiteu bei den Thieren in Lothringen. (S.272.}- Metaxa hat dasselbe Zusammentreffen hervorgehoben. M o r i c i will aber in Messina geradezu epidemische Wechselfieber beobachtet haben, in welchen sich Mihbrandcarbunkel im Menschen bildeten, die er da­her Febr. intermtttens pustdaris gangränosa nennt (S. 330.) Endlich soll Marino in einer eignen, mir leider unbekannt gebliebenen, Abhandlung die Identität des Wesens der perniciösen Wechselfieber und des Carbunkels be­wiesen haben. (S. 239.).
Das ZusammeuTorkemmeu dieser beiden Krankhoitsformen habe ich bei den mehrsten Ländern nicht vergessen ausdrücklich anzuführen; es ist eine ganz allgemeine Erscheinung.
Gelbes Fieber.
Schon in Spanien wird man wohl nicht irren wenn man behauptet, wo das gelbe Fieber vorgekommen sei, da sei auth der Milzbrand enzootisch.
In Westindien dürfte man wohl auch kaum einen Irrthum furchten, wenn man aus den vorliegenden Thatsachen schTiessen wollte, dass da wo das gelbe Fieber am häufigsten vorkomme atoch der MHabrand am häufigsten sei.
A n l h r a k u i d e n.
In einem Milzbranddistrikte der meiner Beobachtung unterworfen ist, und den ich mit den benachbarten vergleichen kann, ist der Unterschied sehr auffallend, in ihm sind Fnrunkel und gewöhnliche Carbunkel viel häu­figer, auch haben Wunden, Rosen, Geschwüre, Stomacace unverkennbar eine grössere Neigung in Gangrän überzugehen. Aus mehreren Mihbrandlän-
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dem wird Ähnlichelaquo; berichtet; es iit wahncheinlich eine allgemeine Er-#9632;cheinung.
Scorbut.
Der Scorbut ist in mehreren Ländern ein Begleiter der Fieber und des Milzbrands. So in Sibirien, mehreren Gegenden von Russland, Ehstland, Livland, Curland, Litthanen, Lappland, Italien, mehrern Gegenden Frankreichs.
Ruhr.
Die Malariaruhr ist bekanntlich oft innig verbunden mit Malariafiebern, also auch mit dem Milzbrande.
Rinderpest.
Die Länder die wir als die Wiege der Rinderpest kennen, Egypteu, Un­garn, Wallachei, Russische Steppen, sind Milzbrandländer. Indessen ist es vor der Hand noch schwer etwas über das gegenseitige Verhältnisraquo; dieser Krankheiten zu äussern.
Thiere welche leiden.
Da wo der Milzbrand im hohen Grade enzootisch ist leiden alle von Vegetabilien lebenden Hausthiere, und selbst oft die wilden.
Die Beobachtungen zeigen aber, dass in vielen Ländern vorzugsweise nur die eine oder die andre Thierart leidet. In vielen Fällen lässt sich das erklären, indem oft nur eine Thierart vorzugsweise den Einflüssen ausgesetzt ist. Wenn auf den Alpenweiden vorzüglich das Rindvieh leidet, so wird da auch vorzugsweise nur Rindviehzucht betrieben. Wenn in Russland und in Sardinien vorzugsweise die Pferde leiden, so sind sie in diesen Ländern noch Weidethiere was sie in den mehrsten Ländern nicht mehr sind. Wenn in Sachsen und in Schottland vorzugsweise die Schafe leiden, so sind diese da allein noch reine Weidethiere, während Rindvieh und Pferde auf dem Stalle gefüttert werden. — In manchen Ländern ist es wahrscheinlich, dass die Krankheit nur in einer Thierart beachtet, in andern verkannt wird. — Es ist ja aber möglich, dass manche Angaben richtig sind, dass in einem Lande mehr die Pferde, in einem andern die Schweine, in noch andern die Schafe, in Italien die Tauben, in Ost und Westindien die Puten (wie bei uns die Gänse) leiden. Um die Erscheinung zu erklären müsste man eine sehr ge­naue Kenntniss der Viehzucht dieser Länder besitzen!
Ob irdendwo die fleischfressenden Thiere (bei denen allerdings auch im wilden Zustande Milzbrand beobachtet worden ist) jemals an primären Milz­brand leiden, ist noch sehr zweifelhaft. Hier schon eine Hypothese äussern zu wollen, welche Krankheit an seine Stelle treten könnte? möchte sehr ge­wagt sein.
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Wir haleti gesehen, daslaquo; in mehrern Ländern primärer Milzbrand dei Menschen angenommen wird. Ob dieser wirklich vorkömmt, ist auch noch eine Streitfrage welche uns später beschäftigen soll.
Vorkommende Formen dem milzbrandeH.
Es haben Aerzte beim Milzbrand des Menschen verschiedene Formen unterschieden die gewissen Ländern eigen sein sollen! Das ist aber ganz unrichtig, die sibirische Jaswa und die blaue Blatter Ehstlauds kommen in unsrer Wetterau eben so vor, wie die eczematöse oder eethymatöse Form.
Auch bei den Thieren kenne ich keine Form die nur einzelnen Ländern eigen wäre.
Es ist aber richtig, dass sich in einzelnen Jahren und einzelnen Epide­mien oft bestimmte eigeuthümliche Formen ausbilden und fortpflanzen.
Ebenso ist nicht zu leugnen, dass in manchen Ländern gewisse Formen viel häufiger vorkommen als in andern. In der Auvergne u. s. w. ist der Glossanthrax der Rinder und Pferde viel häufiger vorgekommen als in allen andern Ländern. So ist in Egypten und in Westindien die Milzbrandbräune viel häufiger als wir sie in Europa kennen. Aehnliche Verschiedenheiten können wohl noch mehrere vorkommen, es ist indessen das Urtheil nach den vorliegenden Thatsachen noch schwer.
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Vierter Abschnitt.
Aetlologie der IMlIzbrandkranklieiteii.
Der Milzbrand entwickelt sich, in den Pflanzenfressenden Thieren wenig­stens, ohne vorhandenes Contagium, primär durch automatische Zeugung; aber einmal entstanden, pflanzt er sich fort durch einen AnsteckungstofT den er entwickelt, und der vielleicht der allgemeinste und energischte ist, den wir kennen.
Es könnte vortheilhaft sein, zuerst die Erscheinungen der Ansteckung dieser Krankheit kennen zu lernen, und dann auf die Betrachtung der ursäch­lichen Verhältnisse des primären Milzbrandes überzugehen. Daher mag es uns erlaubt sein diesen, viellecht sonst nicht ganz naturgemässen, Weg ein­zuschlagen.
Contagium.
Es hat von den ältesten bis in die neuesten Zeiten nicht an Thier-ärzten und Menschenärzten, und selbst sehr achtungswerthen, gefehlt, die dem Milzbrande das Contagium ganz abgesprochen haben, und nur die Bil­dung eines Miasmas zugeben, oder die wenigstens behaupten, der Milzbrand sei nicht für die Thiere der eigenen Gattung ansteckend. Selbst in Verord­nungen von Behörden sind diese verderblichen Grundsätze zuweilen ent­halten.
Schwab erklärt sich bestimmt gegen die Contagiosität des Milzbrands, und meint: „Der Hauptumstand, welchem die Meinung zugeschrieben werden muss, dass der Milzbrand contagiös sei, ist die sogenannte Pustula maligna oder schwarze Blatter, welche beim Menschen durch eine Art Inoculation des Milzbrandstoffs entstehen kann. Allein dieses Uebel verläuft, auch wenn es mit dem Tode endigt, nicht wie der Milzbrand, sondern wie diejenigen Krank­heiten, die durch thierische Gifte erzeugt werden. Ein solches ist auch beim Milzbrand im Blut und Serum, sogar in einigen abgesonderten Säften zugegen, nicht aber ein achtes Contagiiim, oder wie es manche lieber nennen,
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ein wahrhafter Krankheitssame *). Diese Ansicht ist aber eine vollkommen irrige, die in der Folge mitzutheilenden Erscheinungen, besonders die Leichen-Öffnungen, beweisen vollkommen, dass nicht eine miasmatische Vergiftung, sondern eine Tollkommene Uebertragung des Milzbrands statt findet.
Ein Hauptanticontagionist war Kau seh, dein sehr viele nachgesprochen haben, er meint: „DieseKrankheit ist bei uns in der Regel nicht ansteckend; aber die Menschen welche das Vieh behandeln, die Hunde welche das Blut, welches aus der Ader abgezapft worden, fressen, die Schweine und Gänseraquo; welche sich mit dem Unratht des milzkranken Viehs befassen, erkranken
sehr oft fücbterlicb, und gehen auch nicht selten daran darauf.....Die
Nichtverbreitung des Milzbrands auf das Rindvieh, welcher sich doch offenbar auf andre Thiergattnngen verbreitet, ist eine der sonderbarsten Erscheinungen
in der Thierheilkuude, daher auch charakteristisch für dieses Uebel!.....
Ein grosser Theil des Viehs, welches dieselbe gemeinschaftliche Hutung hat, bleibt verschont, oft fallen einige Häupter und nichts mehr. Das Uebel schreitet auch nicht von einem Nachbar zum andern, von einem Nachbardorfe zum andern fort. Es überfällt also eben so wenig, nachdem es etwa 14 Tage gedauert hat, auf einmal hinter einander wie die ächte Viehseuche, den grösseren Theil eines Viehstandes, sondern es schreitet zögernd und zwischen durch wieder jähling, dann auch nochmals langsam, bis es aufhört vorwärts. Witterungsveranderungen hemmen und befördern seinen Fortschritt. Kalte Witterung ist sein Feind, häufiger Regen auch; nach unzähligen Regen sah ich indessen 1790 den Milzbrand neue Fortschritte thuu. Wer so häufig wie ich Gelegenheit gehabt hat zu sehen, dass dieses alles sich bei der Vieh­seuche, wo die Ansteckung zu Tage liegt, gerade umgekehrt verhält, der muss apodiktisch überzeugt sein, das hier im gewöhnlichen Sinne keine Con­tagion in der Regel statt findet. Auch mir ist indessen eine Seuche vor­gekommen, wo eine ganze Heerde einmal nach und nach vom Milzbrande angegriffen wurde; man konnte hier kaum die Ansteckung verkennen, ob­gleich sie minder heftig als in der ächten Viehpest erschien. Zu dem tritt der Umstand, dass ich selbst so oft gesehen habe, dass die Schweine, die Gänse und anderes Flügelvieh, die Hunde, letztere besonders nach gefressenem Adcrlassblute (vielleicht die Pferde und Maulesel) angesteckt wurden. Wie oft hörte ich aber in solchen Epizootien, dass diejenigen Menschen, die dem Viehe Eingüsse gegeben, geschwollene Arme bekommen hatten; dass Perso­nen, welche die Leder von den krepirten Stücken abgezogen, oder die von dem Fleische der letzteren gegessen hatten, ein Opfer dieses Uebels gewor­den ! Meine Akten weisen darüber so viele Unglückfälle nach, das der Uebcc-gang dieses Uebels auf andere Thiergattungen für mich ein eben so gc-
•) E. Beitr. znr Vet, Wiss. p. 58.
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wisses Factum ist, als die Nichtcontagion des Milzbrands in der Regel auf der andern Seite es nur sein kannquot; *). Freilich wäre es eine einzige Er­scheinung, wenn sich ein Contagium nicht auf die eigene Gattung aber auf andere Gattungen verbreiten sollte! Allein abgesehen von manchen nicht zu­zugebenden Behauptungen lassen sich die übrigen aus den allgemeinen Ge­setzen der Anlage sehr leicht erklären, und sie kommen bei andern contagi-oscn Krankheiten ebenfalls vor.
Kopp äussert bei Gelegenheit der Epizootic von 1811: „In der ganzen Gegend bewies es sieb, dass sich diese Krankheit nicht auf die gevöhnliche Weise epidemisch-ansteckender Krankheiten dem übrigen Horn- und Schaf-Tieh mittheile. Das Uebel wurde daher von allen, die sich mit der Cur der Thiere beschäftigten, für nicht contagiös erklärt. Dass der Milzbrand unter dem Vieh eines Stalles nicht ansteckend war, davon nur ein Beispiel: Bei einem Viehstand von 31 Stücken, standen 19 Stücke in einem Stalle, in welchem gleiche Temperatur und ein gleicher Luftzug auf das Vieh wirkte. Das oberste auf der rechten Seite wurde plötzlich vom Milzbrande befallen und starb binnen 10 Minuten. Das zweite welches auf der linken Seite in der Mitte stand, durchlief alle Stadien des Milzbrands und verschied binnen 48 Stunden. Kein anderes Stück wurde am Milzbrande krank, ungeachtet das erste 19 Stunden im Stalle liegen bleiben musste, ehe es vom Abdecker weggebracht wurde**).quot; Eine oft vorgekommene Erscheinung die, wie wir im Fol­genden sehen werden, nichts gegen die Contagiosität des Milzbrands beweisst.
Franque's weniger exclusive Behauptungen stehen der Wahrheit näher: „Ansteckung ist nur selten die Ursache des Milzbrands unter dem Rind-viehe. Denn der Ansteckungsstoff, der an dem Blute, der Milch, so wie an allen Flüssigkeiten, am Fette, am Fleische und an den Häuten der von dem Milzbrande ergriffenen Rinder haftet, theilt sich nur bei unmittelbarer Berüh­rung mit, und wird in unserm Himmelsstriche nur selten so flüchtig, dass er durch die Luft andre Thiere anstecken könnte. Daher hat man auch noch nicht beobachtet, dass sich in unsrer Gegend der Milzbrand von Stück zu Stück, von Stall zu Stall, von Ort zu Ort, von einem Landstriche zum andern verbreitet hätte. Viele Schriftsteller rechnen daher auch den Milzbrand nicht zu den ansteckenden Seuchen, und er unterscheidet sich auch von den eigent­lichen Ansteckungsseuchen noch dadurch dass er dieselben Thiere wiederholt befallen kann, dass die einmal überstandene Krankheit vor einem wiederholten Anfalle nicht schützt. Allein in wärmeren Ländern, im südlichen Franreich und in Weslindien, ist er oft schon als ansteckenda, schnell um sich greifende Sci.chc beobachtet worden, und daher bleibt immerhin die gegründete Besorg-niss, dass sich der Ansteckungsstoff unter gewissen Umständen, besonders bei
*) lieber den Milzbrand der Rindviehs, p. 7. 13. 15. •) Jahrb. d. St. A. B. V. p. W,
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sehr hciaser schwüler Witterung auch in weniger warmen Ländern durch die Luft mittheilen könne.quot;*)
Entschiedener schon äussert laquo;ich von Amp ach: „Man war lange un­schlüssig wann man der Milzseuche ein Contagium zuschreiben sollte. So viel die bisherige Erfahrung lehrt, so ist die Milzseuche im gutartigen nor­malen Verlaufe nicht ansteckend. Sie ergreift auch dann selten ganze Heer-den, sondern schweift vielmehr herum und tödlet hier und da ein Stück. Im bösartigen Gange, und in ihren Complicationen ist sie aber ansteckend, aus­genommen den Fall, wenn die Thiere, wie vom Schlage gerührt todt hinfallen. Je geschwinder die Milzseuche ihren Lauf endet desto weniger verbreitet sie sich. Vngezweifelt ist ihre Ansteckungskraft wenn sich Ausschläge, stinkende Durchfälle, oder die fliegende Beule einstellt; ein Thier steckt dann das andere andere an. Ansteckend wird dann das ganze Thier, und alles was ron ihm kämmt, sein Geifer, sein Hauch, sein Mist und seine Ausdünstung u. s. w. Dieser Ansteckungstoff wird dem am Kranken zunächst stehenden mitgetheilt, wenn es sich an dasselbe lehnt, dasselbe beleckt, den Hauch ein­zieht, die Ausdünstung einsaugt oder mit dem Miste derselben bespritzt wird. Auch Wärter und Dienstleute tragen das Contagium von Kranken auf Gesunde über. Dies Contagium bleibt nicht nur allein beim Hornvieh, sondern steckt auch Pferde an, und verbreitet sich öfters über alle Thiergattungen, indem es das Wildpret in Wäldern selbst nicht verschont. Selbst Menschen werden nicht verschont wenn sie unvorsichtig die Leichen öffnen, unbehutsam die Beulen und Ausschläge der Kranken berühren, die Todten abledern, oder sol­ches Fleisch essen. Selbst ein zu geschäftiger Umgang mit solchen Kranken hat die traurigsten Folgen gehabt. Mancher hat diese Unvorsichtigkeit mit seinem Leben bezahlt.**)
Nun eine Anzahl von Aerzten hat freilich die allgemeine Contagiosität des Milzbrands anerkannt, ihre Zeugnisse will ich nicht wiederholen, da die folgenden Mittheilnngen Beweise genug liefern. Aber wenn ein so entschie­denes Contagium bezweifelt werden kann, so kann man sich nicht mehr wun­dern dass sich die Aerzte über die Contagiosität des gelben Fiebers, der Cholera u. n. w. streiten können, wo doch nur ähnliche Verhältnisse wie hier die Veranlassung zum Zweifel gegeben haben.
Zuerst wollen wir die verschiedenen Verhältnisse der A n 1 a g e betrachten.
Gattungsanlage.
Der Milzbrand dürfte wohl diejenige Krankheit seyn für welche die all­gemeinste Anlage durch das ganze Thierreich besteht. Alle Säugthiere und
laquo;) Seuchen in Nassau, p. HO. *')DieLungenfüp|e,MiUlaquo;eucheu, •. W. S, Mt
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Vögelgattungen, zahme und wilde, welche der Analeckung ausgeietzt worden sind, sind auch inficirt worden; die Fische werden wiederholt als inficirt an­gegeben, ja selbst die Krebse werden genannt.
In folgenden Abschnitt habe ich die Thiergattungen bei welchen der Milzbrand beobachtet worden ist, alle einzeln aufgeführt und so viel möglich ihre verschiedene Anlage m ermitteln gesucht. Das Resultat gentigt mir freilich nicht.
Die Anlage zur primären Entwickelung des Milzbrandes isi ganz ent-laquo;chieden bei den Herbivoren am grössten, ob diese aber auch die empfäng­lichsten für das Contagium sind, darüber sind die Stimmen getheilt: Manche nennen die Katzen als die allerempfänglichsten und wahrscheinlich mit Recht, andere die Schweine oder Hunde, *) die ansserordenlliche Empfänglichkeit der Gänse ist mir selbst bekannt.
Die unten mitgetheilten Impfversuchc sind in dieser Reziehung auch nicht entscheidend. Malacarne nimmt folgende Reihenfolge der Empfäng­lichkeit an: 1, andre Rinder, 2, andre Arten der Gattung bos, 3, Schafe, 4, Schweine, 5, Pferde, 6, Esel, 7, Hühner, 8, Hunde, 9, Menschen.*)
Individuelle Anlage.
Das die individuelle Constitution eine grosse Verschiedenheit in der An­lage begründet dafür sprechen alle Erscheinangen.
Was die primäre Entwickelung des Milzbrandes betrifft, so stimmen im Allgemeinen alle Beobachtungen in Frankreich wie in Deutschland, in altern und neuern Zeiten, bei Pferden, Rindern und Schafen, darin überein dass er #9632;unächst und vorzugsweise die stärksten, kräftigsten und bestgenährten Thiere befällt. Es ist das eine allgemeine und feststehende Erfahrung.
Dressler äussert sich in dieser Beziehung folgenderraassen: „Die Dis­position war bedeutend grosser bei den Wiederkäuern als bei den Einhufern und Allesfressern (?); grosser bei den Thieren mit den kräftigsten Constitu-tionen, als bei den Schwächlichen: daher auch am grössten im mittleren Le­bensalter, grosser bei männlichen als bei weiblichen Thieren, unter gleichen -------------------------------------
*) Während dagegen Gerlach (a. a. O. XI. S. 390) meint die Hunde wSrelaquo; im Ganzen wenig empfänglich für das Contagium. Für die ansserordent-liche Empfänglichkeit der Katzen s. unter Fleisch und Milch. Dass die Hunde im Ganzen weniger empfänglich sind, dafür spricht der von Hil­debrand und von Gerlacli beobachtete von Wendrotb und Eil er t durch den Versuch bewiesene Umstand dass Hunde die Milzbrand-tleisch gefressen haben durch ihre Bisse Schafe anstecken, während sie selbst gesund bleiben. Den Schweine-Milzbrand impfte Roche-Lubin (Rec. XI. p. 128) Hunden und Schafen; erstere blieben gesund, letztere starben.
raquo;•) Del carbon chin p. 48.
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Körperiustämlen tind Lebeuavcrhältnissen. Endlich war sie grosser bei den noch im freien Naturzustande, wild lebenden Wieikrkiiucfii als bei den dorne-sücirten.quot;*)
Die letztere Bemerkuug möchte auch in Beziehung auf das Cuntagium gelten, in Wildstände, Parks u. s. w. eingeschleppt scheint es immer grosse Verheerungen anzurichten. Sonst iässt sich in dieser Beziehung bei Thiereu nicht viel ermitteln.
Dass beim Menschen die Anlage verschieden ist ergibt sich wohl,'quot;) aber genauer lassen sich die Individualitäten bis jetzt kaum feststellen; um so mehr da man hier nie sicher ist, ob nicht zufällige Verletzungen, Hautkrank­heiten 11. dgl. die Impfung begünstigt haben.
R e g n i e r der diesem Gegenstande etwas mehr Aufmerksamkeit gewid­met hat, findet dass besonders die Form, der Verlauf und der Ausgang des Milzbrandcarbunkels beim Menschen durch das Temperament und durch den Gesundheitszustand modificirt werden.***) Es ist möglich dass etwas Wahres an diesen Angaben ist, obgleich mir diese Differenzen nicht aufgefallen sind. — Bemerkenswertli ist in dieser Beziehung die Beobachtung von Bo-naccioli (N. 318), wo drei gleichzeitig inficirte Menschen doch in sehr verschiedenem Grade erkrankten.
Sehr viele Fälle die aufgezeichnet sind, wo nur einzelne Individuen auf die Einwirkung des Coutagiums erkrankt sein sollen und viele andere nicht, kann man nicht wohl berücksichtigen, da mau nicht wissen kann, ob diese Personen, welche befallen wurden, nicht auf eigenthümliche Art mit dem Contagium in Berührung kamen.
Schroeder macht folgende Bemerkungen, von denen ich dahingestellt sein lasse ob sie auf Beobachtungen gegründet sind, um so mehr da ich nicht mit allen seinen theoretischen Ansichten übereinstimmen kann. „Nicht unter allen Umständen ist von Seiten des Organismus eine besondere Praedisposition nöthig, um für die Einwirkung des durch die Milzbrandseuche in thierischen Säften entwickelten Coutagiums empfänglich zu werden, vielmehr kann jeder ganz gesunde Mensch, wenn er sich mit den vom Contagium imprägnirten Säften verunreinigt, an der Stelle seines Körpers, wo diese Verunreinigung geschah, die schwarze Blatter bekommen. Nicht so verhält es sich da, wo das Con­tagium in Gasform auf den Körper wirkt; denn obschon auch in diesem Falle dieselben angeführten Gründe beweisen, dass die Einwirkung des Coutagiums eine örtliche war, obwohl also auch hier eine krankmachende Einwirkung des Cou­tagiums auf den ganzen Organismus angenommen werden kann, eben weil die Krankheit als eine ursprünglich rein örtliche angesehen werden muss, so
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*) a. a. 0. B. Ill, S. JOS.
**) Und wurde z. B. auch schon von Malacarne (p. 49) laquo;nerkiumt. •quot;quot;) A, a. 0. p. 88.
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ist doch, ohne bestimmte örtliche Praedisposition, gerade hier die Entstehung einer schwarzen Blatter nicht möglich. Es muss ja doch nämlich irgend ein Grund vorhanden sein, warum gerade blos an der einen oder andern Stelle die Blatter entsteht, und nicht überall da, wo die Oberfläche mit dem Contagium in Be­rührung kommt, nämlich auf der ganzen Oberfläche, soweit sie nicht von Kleidungsstücken bedeckt ist. Sodann scheinen auch mehrere Beobachtungen, die ich zu machen Gelegenheit gehabt babe, direct eine solche Praedisposition zu bestätigen. Diese muss nun wohl eine solche Veränderung einer Stelle der Oberfläche des Körpers, also der allgemeinen Bedeckungen sein die eine Einwirkung des Gifts in einem weit höheren Grade zulässt, als die gesunde Oberfläche eben weil die gesunde Oberfläche für das Contagium im gas­förmigen Zustande keine Emfänglichkeit besitzt; mit einem Worte, ein Zustand, der vom gesunden wenn auch nur relativ gesunden, Verhalten der Haut abweicht. Es disponirt also zur Entstehung der schwarzen Blatter, bei gas­förmigen Zustande des Contagiums, jeder acute oder schleichende Entzündung oder überhaupt Krankheitsprocess der Haut, in Folge dessen die schützende, deckende Function derselben geschwächt, oder wie man es auch wohl aus­drückt, wodurch die Empfindlichkeit dieser Hautstelle gesteigert wird. Am häufigsten gibt ein sich bildendes Hitzblätterchen, ein Furnnculus cutis oder ein anderes diesen ähnliches Hautübel die Anlage ab, und zwar aus dem ein­fachen Grunde, weil dergleichen unbedeutende Hautaffectionen gerade um jene Zeit am häufigten entstehen, wo die schwarze Blatter beobachtet wird,
nämlich in den heissen Tagen des Sommers......Hier erklärt es sich
auch, wie aus einem unschuldigen Mückenstiche dieses Übel sich bilden könne; hat nämlich ein solcher Stich an einer unbedeckten Stelle der Haut einmal eine leichte Entzündung erregt, so ist damit gerade eben so, wie bei den
Hitzblätterchen, die Anlage zur schwarzen Blatter gesetzt......Von
Seiten des Gifts gibt der Grad seiner Concentration bei seiner Einwirkung auf den Körper ein verschiedenes Resultat. In der concentrirtesten Gestalt finden wir es in den thierischen Flüsssigkeiten, aus denen es sich cnlwikelt, oder welche damit gleichsam gesättigt sind; in einem mittleren Grade der der Concentration scheint es sich da zu befinden, wo es au feuchte Dämpfe gebunden ist, wie sie z. B. aus warmen Blute aufsteigen; der diluirteste Zustand endlich ist der, wo es in Gasform in der Atmosphäre vertheilt ist. Berücksichtigen wir nun zugleich die Prädisposition des Körpers, so ergibt sich, dass da, wo eine solche besondere Empfänglichkeit zusammentrifft mit dem Contagium in der concentrirten Gestalt, also wo Säfte eines Thiers, welche durch die Milzbrandkrankheit im hohen Grade verderbt waren, in eine frische Wunde gebracht werden, der höchste Grad der Krankheit erregt wird, derjenige, welchen wir mit der Benennung eines Vulnns sphacelescens bezeichneten *).
,) A. a. O. Rust Magaz. XXIX. p. 284.
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Was der Verf. hier über die gewöhnliche Art der Aufnahme des (Jon-tagiums durch die verschiedenen Arten der Impfung sagt, ist richtig und durch die Erfahrung vollkommen bestätigt. Was die angenommenen verschie­denen Eigenschaften des Contagiums betrifft, so kommen wir unten darauf zurück. Was aber die vom Verf. verneinte Frage betrifft, ob das in die Ath-mungs- oder Verdaungsdrgane gebrachte Contagium eine Hautblatter erzeugen könne? so werden wir zum Theil erst in einem folgenden Abschnitt auf die Beantwortung derselben geführt werden.
Alters - Anlage.
Vorzugsweise werden unter den Thieren immer Thiere des kräftigsten Alters befallen; doch ist kein Alter vor dem Befallen sicher.
Dass der primäre acute Milzbrand nicht leicht alte Thiere ergreife, be­hauptete schon der vielerfahrene Chabert*), und das ist auch wohl das rich­tigste, denn die Ansteckung ist nicht viel weniger bei alten und jungen zu fürchten.
Dass noch nicht ausgewachsene junge Thiere seltener befallen würden, wurde in Epizootien und Enzootien oft angeführt**). Indessen ist auch das Gegentheil vorgekommen, wo Lämmer und Kälber vorzugsweise befallen wur­den, wie mehrere Fälle in den vorigen Abschnitten beweisen.
In Beziehung auf den Menschen meint Erdmann Kinder würden nicht befallen, Regnier sah den Milzbrand nicht im frühesten und im höchsten Alter (a. a. 0. p. 84), Glanström sagt selten litten Kinder und Greise. Ich glaube das rührt nur daher dass sich das mittlere Alter im Allgemeinen am häufigsten der Ansteckung aussetzt, und es scheint mir eben nicht dass das Alter einen Unterschied in der Anlage begründe; denn ohne viel zu suchen bieten sich gleich Beispiele vom höchsten und jüngsten Alter dar.
Schon einer von Thomas sin's Kranken war 60 Jahre alt; eine Beob­achtung bei Wendroth betrifft eine einige sechzig Jahre alte Frau (p. 182); von Geisbüchs Kranken war einer 6], eine andere 66 Jahr alt (p. 39, p.42), bei Hofmann (p. 69) einer66 Jahre alt, und solcher Beobachtungen finden sich viele.
Knaben von 12 bis 14 Jahren gehörten unter meinen Kranken zu den häufigen, weil solche Schafjungen von ihrem Herrn gewöhnlich zum Abziehen der Felle der gefallenen Schafe gebraucht werden. Eine Kranke bei Greese
*) „Ce charbon n'attaque gnere que les jennes animaux; il a para qnc ceux qui avoient au del.H de six ä sept ans en etoient exemts: peut-Stre que la force plus grande du Systeme art6riel en est la causequot;. L. c. p. 154. Dasselbe glaubt Haupt von der Beulenseucbe p. 183. raquo;*) S. z. B. Rhein. S. B 1837. p. 81 — Haupt hält Füllen unter 2 Jah­ren, und besonders unter Uabr für höchst raquo;elten befallen, a.a. 0. p. 184
Hviikinger, JHiUbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 05
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(p. 30.) war 9 Jahr alt; einer von Sicderers Kranken rierjährig (p.34); dreijährige erwähnen Wendroth (p. 147), Schubert (p. JO) nnd Leri-seur (Pr. Ver. Zeit. 1838. p. 207.); einen noch nicht zweijährignn Helbich p. 16.); Maurer beachtete den Milzbrandcarbunkel bei einem einjährigen Kinde*), bei einem halbjährigen Hoffmann.quot;)
G eschlecht.
Wenn bei den Thiercn sehr allgemein vorzugsweise die männlilhen, z. B. Ochsen und Stiere von dem Milzbrand befallen werden, so scheint das zusammenzufallen mit der Bemerkung dass überhaupt die kräftigsten best genährtesten Thiere am meisten für ihn disponirt sind. Doch wäre es mög­lich dass das männliche Geschlecht eine grösserc Bisposition hätte.
Beim Menschen meint zwar Richter das weibliche Geschieht habe eine quot;grössere Anlage,*quot;) ich möchte aber mit Kegnier (p. 84) annehmen dass sich ausser der Schwangerschaft kein Unterschied in der Anlage beider Ge­schlechter erkennen lasse.
Schwangerschaft.
Um so auffallender ist es aber dass der Zustand der Trächtigkeit oder Schwangerschaft nicht ohne Einfluss zu sein scheint.
Bei den Thieren ist man wohl noch nicht aufmerksam genug gewesen. Indessen bemerkt C h a r 1 i e r von der Blutseuche der Schafe: „Schafe welche hoch trächtig sind werden oft ein Opfer derselben; bei ihnen tritt die Blut-congestion fast immer gegen die Gebärmutter ein, bewirkt Abortus, sehr schwere Geburten oft unregelmässige; werden sie eben so behandelt wie die säugenden Schafe, so sterben sie entweder in den ersten Tagen nach dem Abortus, oder sie werden merkwürdig stark und unterliegen 3 bis 4 Wochen später.quot; ****)
Dass sich die Milzbranddyscrasie in den neugeborenen Thieren und nicht in den Müttern äussert ist keine vereinzelt stehende Thatsache. So erzählt Hil d e brand: „Die Mutterschafe des Gutes N. wurden den Herbst und Winter hindurch sehr reichlich mit Kleeheu und Kohlrüben gefüttert, welche theilweise faul geworden waren, und wohl nicht mit gehöriger Sorgfalt gereinigt sein mochten. Die von diesen Schafen gefallenen Lämmer waren sehr wohl ge­nährt nnd dem Anscheine nach gesund, nur fiel es auf dass die weisse Augen-
•) Kopp. Jahrb. B. VI. pag. 434. *•) Rusts Magaz. B. XXI. pag. 119. •**) Hufelands Journal B. L. V. 6. p. 101. ••quot;) Rec. de Med. vet. vol XXII. p. 401. — Dass die Foetus der an dem Milzbrande creptrten trächtigen Thiere gewöhnlich die Erscbeiaungeo des Milzbrandes darbieten, wird in der Folge noch angeführt werden.
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haut sehr in das Bläuliche spielte. Gegen das Frühjahr brach die Blutseuche unter diesen Lämmern aus, während die Mütter von der Krankheit verschont blieben. Jeden Morgen lagen 5 oder noch mehr Lämmer todt im Stalle, bis endlich der Krankheit durch das Austreiben der Mütter mit den Lämmern auf die junge Roggensaat und die Bergabhänge Grenzen gesetzt wurden.quot; *)
Aehnlich ist eine Beobachtung von Gerlach, wo eine Schafherde mit rostigem und verschimmelten Erbsenstroh gefüttert war. Nach dem Lammen bekamen die Mütter Gebärmutterbrand; die zuerst rerhammelten Lämmer be­kamen Hodensackbrand, und unter den übrigen brach später die Blutseuche aus. Magaz. f. Th. B. XII. S. 310.
Ohne hier noch über die Richtigkeit mancher Ansicht entscheiden zu wollen gehören auch folgende Mittheilungen Gerlachs hierher: „In einer Wirth-schaft wurden Spreu und Kaff von sehr befallenen Erbsen den Kühen gefüttertraquo; und im Verlauf von 2 Monaten krepirten von circa 20 Häuptern 7 Stück am Milzbrande und zwar diejenigen Stücke, die im Herbste aus einer fremden Gegend angekauft und daher noch nicht aeclimatisirt waren, während von den dem einheimischen Vieh kein Stück krepirte. Dagegen verkalbten die übrigen Kühe fast alle im siebenten Monate der Trächtigkeit; nur einige Kühe die erst später gerindert hatten, verkalbten nicht. Es unterliegt wohl keinem Zweifei, dass das befallene Futter auf alle Stücke nachtheilig eingewirkt hatte, dass die einheimischen Kühe bei geringerer Disposition zwar nicht förmlich erkrankten, aber eine Antraxdyscrasie davon trugen die eben das Absterben der zarten Leibesfrucht und Abortus zur Folge hatte, später jedoch bei besse­rem, gesunderem Futter wieder aufgehoben wurde.quot;
„Esparsette auf schwarzem leichten Boden hei feuchter Witterung üppig gewachsen, gelagert, sehr stark befallen, so dass die Stengel ganz schwarz waren, und multrig riechend, wurde den Arbeitspferden (20 Stück) als Ueber-futter bei dem gewöhnlichen Körnerfutter gereicht; nach 8 Tagen erkrankten hiervon 2 Stück am Milzbrande. Die Esparette wurde sofort weggelassen und eskrankte dann kein Pferd mehr. Vier anderthalbjährige Füllen bekamen von derselben Esparette so viel sie fressen wollten und dabei kein andres Futter; nach 6 Tagen erkrankte das erste und so in 3 Tagen alle 4 Füllen am Milz­brände, wovon 2 gerettet wurden. Diese Esparette wurde nun getrocknet zum Winterfutter aufgefahren und im Winter einige Wochen vor der Lammzeit den Mutterschafen gefüttert, worauf sich nach 10 bis 14 Tagen häufiges Verlammcn, brandige Gebärmutter und Euter-Entzündungen zeigten. Bei Ein­stellung des Futters hörten auch diese Unfälle allmählig auf, so dass nach 14 Tagen nur noch ausnahmsweise einmal ein Fall vorkam. Dergleichen Beobachtungen habe ich öfter gemacht. Dem Abortiren liegt in solchen Fällen eine Anthraxdyscrasie zum Grunde, die unter Umständen znm förmlichen Aus-
')Dir ßl nls euche der Schafe. S. 55.
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Lniche des Milzbrandes kommt. Hiermit soll aber nicht etwa gesagt sein, dasä der Abortus immer auf einer dem Milzbrände ähnlichen oder gleichen Krank­heit beruhe; nein dieses ist nur dann der Fall, wenn er in Folge des verdor­benen und befallenen Futters durch melanöse Entartung des Blutes entsteht.quot;*)
Es gibt in der That mehrere Beobtungen welche dafür zu sprechen schei­nen dass der Milzbrand den trächtigen Thicren und mehr noch ihrem Foetus gefährlich sei. So thcilt Regnicr die Beobachtungen eines Arztes, Cruel, mit wo ein Mensch von einem zn frühe und todt geborenen Kalbe mit dem Milzcarbiinkel inficirt wurde. **) Vielleicht sind einige andere Infectionen bei schweren Geburten ähnlich zu erklären.
In der That theilen bereits Thomassin (N.46.) Chambon (N. 47.) und Chaussicr(N. 46.) Beobachtungen mit welche bewiesen dass derMilzbrandcar-bunkel schwangeren Frauen und ihrem Foetus besonders gefährlich ist. — So hat Cast ell a eine Beobachtung wo 24 Personen die von dem Fleische einer milzbrandkrankcu Kuh gegessen halten an Colik, Durchfällen und adynamischen Fieber litten, aber alle genasen und nur eine Frau, eine Wöchnerin, starb an vielfachen brandigen Geschwüren, obgleich sie gerade nicht das Fleisch selbst gegessen sondern nur die Bouillon getrunken hatte.quot;*) — Auch Wittcke beobachtete dass eine Schwangere vorzugsweise heftig erkrankte.quot;**) Ray er sagt inficirte Schwangere abortirten gewöhnlich f).
Endemische Anlage.
Es ist bekannt dass in Malarialändern die Eingebornen und Acclimatisirten viel weniger von den Malariafiebern leiden als Neuangekommene und noch nicht Acclimatisirte. Aehnliches findet beim Milzbrand statt.
Ledebour macht bereits die Bemerkung dass in Sibirien vorzüglich allgemein die fremden dahin gebrachten Pferde an den Beulen erkranken, und dass man daher die dortigen Cavallerieregimenter gern mit eingeborenen Kir-gisenferden beritten macht, ff)
Eg an (N. 325) sagt: Wurden aus andern Gegenden Schafe auf die Trift (in Rechnitz in Ungarn) gebracht, so verfielen sie selbst schon nach einer Woche in die Krankheit, und jede zufällige Verletzung im Sommer nahm gern durch Brand daran Theil.
•) a. a. 0. M.agaz. f. Tli. XI. p. 140. ••) a. a. 0. p. 14. •••) Verhandlungen d. med. chir. Gei. des Cantons Zürich.
J. 1827. p. 16. •••) Freuss. Ver. Zeit. J. 1836. S. 146. t) Mal. d. 1. Pean vol. II. p. 31. ft) raquo;• laquo;. 0, II, m. $18,
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Jessen macht dieselbe Bemerkung in Beziehung auf die eingeführten fremden Rindviehra^en in Russland. — Gerlach sagt: „Fremdes Vieh, be­sonders aus Gegenden, wo die Blutseuche gar nicht, oder nur höchst selten vorkommt, ist in Gegenden wo diese Krankheit stationär ist, vorzugsweise zum Erkranken an der Blutseuche dispouirt. Solche Fremdlinge sind im ersten Jahre gewöhnlich die ersten und oft die einzigen Opfer des Milzbrandes. Erst nach einem halben bis einem Jahre, wenn sie au Localität, Futter, Ge­tränk und sonstige Verhältnisse geHÖhnt, mit einem Worte wenn sie einhei­misch geworden sind, erst dann sind sie im Stande, gleich dem übrigen, ursprünglich einheimischen Yiehe den in der Oertlichkeit begründeten Schäd­lichkeiten mehr zu widerstehen.quot;*)
In meiner Nähe ist diese Erfahrung in Beziehung auf Pferde, Rind-und Schaf-Vieh allgemein bekannt.
Auf der andern Seite ist aber auch wieder nicht zu verkennen dass Contagium in Gegenden verschleppt wo der Milzbrand nicht endemisch ist, viel seltener Infectionen hervorruft, als da wo er endemisch ist. Diese Er­scheinung ist in meiner Gegend gar nicht zu verkennen; in unsre Stadt Marburg wird sicher mehr, auch frisches, Contagium eingeschleppt als in alle Milzbrandorte, und doch sind die Milzbrandfälle in der Stadt sehr selten.
Epidemische Anlage.
Der Einiluss der epidemischen Constitution auf die Verbreitung contagiö-ser Krankheiten ist unverkennbar, und doch bei den ärgerlichen Streitigkeiten über die Contagiösität so mancher Krankheiten gewöhnlich verkannt worden.
Schon bei uns und unter gewöhnlichen Verhältnissen haben wir oft ge­nug Gelegenheit diesen Elnfluss zu beobachten bei Verbreitung von Typhen, Blattern, Keuchhusten u. s. w. Man denke aker nur an aussergewöhnliche Ereignisse, wie z. B. die heftigsten Blattcrepidemien auf der Westküste von Africa durch einen eintretenden Harmaltan auf der Stelle erloschen, wie zur Zeit dieses Windes keine Impfung gelingt; man erinnere sich der unten Aveiter zu besprechenden Beobachtung eines französischen Thierarztes der auf gleiche Art und mit gleicher Lympfe Schafheerdcn impfte, am Tage vor einem Ge­witter, und an den Tagen nach dem Gewitter mit vollkommenen Erfolge, nur die ganze Zahl derer die während der Gewitterschwüle geimpft wurde, bekam keine Pocken, sondern sämmtlich den Brand am Euter.
Die Cholera ist freilich überall der Malaria nachgekrochen durch Fluss-thäler und sumpfige Niederungen, doch eben auf Handelsstrassen und in grossc Städte und unter andere, besonders schmutzige, Menschenanhäufungen, an vollkommen malariafreic kleinere Orte ist nur ausnahmsweise ein einzelner Fall verschleppt worden, wie das eben auch beim Milzbrand einzeln vorkommt.
•) a. a, 0. p. 168. 1S9.
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Doch ist kein vorm theilsfrcicr überlegender Arzt im Stande die Verbreitung der Cholera anders ah durch ein Contaginm zu erklären.
Der Milzbrand gehört nun allerdings zu den Contagien, in welchen wir die Macht der epidemischen Constitution am auffallendsten zu erkennen oft Gelegenheit haben. Es ist gar oft vorgekommen dass Milzbrandepizootien Menschen, Säugethiere und Vögel ansteckten, ein einziges starkes Gewitter nnd Abkühlung der Atmosphäre, vom Tage an nicht ein einziger Fall von Milzbrand, weder von primären noch von mitgetheilten.
Nicht wenige Aerzte, besonders im südlichen Frankreich, haben diesen Eiufluss der atmosphärischen Constitution wohl erkannt. In Beziehung auf das Vorkommen des Milzbrands beim Menschen haben sich Manche (z. B. Larrey) dadurch vielleicht zu leicht zur Annahme des primären Milzbrands in diesem bestimmen lassen, wahrend Andre, im Allgemeinen gewiss richtig, durch diese Constitution nur die Anlage zur Infection erhöhen Hessen. So erklärt sich zum Theil wohl auch die ausserordentliche Contagiosität des Milzbrands auf den westindischen Malariainseln in einigen Jahren.
Die Aerzte der wärmeren Malarialänder werden diesen Erscheinungen noch eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen haben.
Daher erklären sich auch viele Fälle wo Milzbrandgift in Häuten, Haa­ren u. s. w. den Winter über unwirksam schlummert; aber mit dem Frühjahre treten Infectionen ein. (S. B. Kopp. Z. p. 72.) Ich habe schon früher dar­auf aufmerksam gemacht, wie nach einem milzbrandreichen Sommer gewöhn­lich im nächsten Frühjahre wieder Fälle auftreten. Zum Theil erklärt es sich aus den begünstigenden äussern Einflüssen.
Mehrmaliges Befallen.
Bekanntlich verhalten sich die Contagien in dieser Beziehung verschieden. Einige heben in dem Organismus den sie einmal befallen haben, die Anlage für immer und gänzlich auf; — andere heben die Anlage für eine Zeit lang, oder sie vermindern sie wenigstens so dass die wieder eintretende Krankheit milder verläuft; — noch andre heben die Anlage gar nicht auf. Wie ver­hält sich das Milzbrandcontagium ?
Von dem Milzbrande der Thiere nehmen alle Schriftsteller an er befalle sie mehrmals, und ein einmaliges Befallengewesensein schütze nicht gegen neue Anfälle. Indessen finde ich keine bestimmten Beobachtungen aufgezeich­net, es ist daher ein Gegenstand fernerer Untersuchungen. — Haupt erklärt in Beziehung auf die Sibirishe Seuche: „Ich weiss dass ein und dasselbe Pferd zwei ja drei mal dieselbe Krankheit in verschiedenen Jahren ja in dem­selben Sommer erlitten hat, was jedoch seltene Fälle sind.quot;*)
•) a. a. O. S, 169.
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Beim Menschen sind einiglaquo; Fälle mehrmaliger Befallung aufgezeichnet. Indessen glauben mehrere Aerzte doch an die Tilgung oder Minderung der Anlage.
S i e d r e r z. B. berichtet: „Mein Vater der den Älilzbrandcarbunkel des Menschen sehr häufig beachtete, hat ihn noch niemals in einem und dem. selben Menschen zum zweiten mal gesehen, ob sich gleich viele der Geheilten der Ansteckung oft aussetzten*)
Hoffmann der Vater theilt eine Beobachtung von zweimaligem Befallen mit: Ein Mann welcher drei Jahre früher den Carbunkel an der Hand ge­habt hatte, und die Narbe noch trug, bekam an derselben Hand einen neuen Carbunkel, er war aber viel milder und nur von erysipelatösen Character,**)
Derselbe beachtete einen andern Fall, ein Dienstmädchen wurde von einem Carbunkel an der Wade geheilt, einige Jahre darauf bekam sie eben­falls wieder einen Carbunkel am Arm. ***)
Ebenso hat Wenderoth eine Beobachtung dieser Art: Eine Frau litt im Jahr 1831 an einem Carbunkel am rechten Vorderarm, im Jahr 1835 bekam sie abermals einen solchen an demselben Vorderarm. ****)
Einen merkwürdigen Fall erzählt Herbst: Ein Dienstmädchen wurde von mehreren Milzbrandblattern an beiden Füssen befallen und geheilt. Es stellte sich heraus dass sie neue Strümpfe angezogen hatte welche aus der Wolle eines milzbrandkranken Schafes gestrickt waren; die Vertilgung der­selben wurde ihr anbefohlen; sie befolgte aber diesen Befehl nicht, sondern zog diese Strümpfe von Neuem an, aber schon am andern Tage brachen mehrere Milzbrandblasen an beiden Füssen ans; sie waren indessen oberfläch­licher und leichter als die ersten, f)
Auch Glanström hat schon eine Beobachtung von einer Frau welche 8 Monate früher einen Carbunkel an der linken Tibia gehabt hatte, sich aber dann vollkommen wohl befunden hatte; während des Webens wurde sie von heftigen Schmerz im Deltoideus des linken Arms befallen , und bald darauf entwickelten sich die heftigsten und gefährlichsten Symptome eines Milzbrand­fiebers, am Abend des dritten Tages brach unter Erleichterung der Symptome eine Milzbrandpustel an der früher schmerzhaften Stelle aus, welche geheilt wurde, ff)
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•) N. 303 p. 38.
deg;#) Neue prakt. Erfahr, p. 69. •••) Rusts Magazin. B. XXXV. p 331. •quot;•) a. a. O p. Iß2. p. 178.
t) De anthracc contagioso. p. 30laquo; *t) De pustula livida. p. If).
#9632; ...
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Haupt erwähnt auch einen Mann in Tobolsk welcher zweimal befallen wurde. *)
AVas nun das Contagium selbst betrifft, so möchte'die erste sich darbietende Frage sein: ob sich dasselbe aus allen Thieren gleich verhalte, oder ob es in seiner Energie eine Verschiedenheit darbiete je nachdem es abgesondert wird 1, von verschiedenen Thiergattungen 2, von verschiedeneu Individuen.
Man muss sich zwar sehr hüten vor exclusiven Behauptungen; indessen in meiner Gegend finde ich durchgehends das Contagium des Milzbrandes von Rindern und von Pferden für den Menschen viel gefärlicher als das von Schafen; der leichte Verlauf und die Naturheilung selbst von vollkommen ausgebildeten Milzbrandcarbunkeln, wie ich sie nach Infectionen durch Schafe wahrgenommen habe, sind mir nach Infectionen durch Rinder und Pferde so gut wie nie vorgekommen. Diese Beobachtung ist auch mir nicht allein eigen, sondern sie wird mir auch von den Aerzten in dem Milzbranddistricte so wohl wie von Hirten und Schäfern bestätigt. Ja viele wollen diese mildere Wir­kung nicht allein auf den Menschen beschränken, sondern auch auf die Thiere ausdehnen. — Gerlach glaubt zwar die Blutseuche der Schafe sei vielleicht in höherem Grade ansteckend als der Milzbrand anderer Thiere; :;:i:,) allein die Zahl der vorkommenden Infectionen und besonders der Todesfälle im Verhältniss zu andern Ländern, scheint mir bei der ausserordentlichen Häufigkeit der Krankheit im Magdeburgischen, eben nicht für diese Ansicht zu sprechen. Doch gebe ich gern zu dass nur vollständige numerische Be­obachtungen entscheiden können.
Was die Verschiedenheit des Contagiums nach den es absondernden In­dividuen betrifft, so wäre es schlimm wenn es immer so furchtbar wüthete wie glücklicher Weise nur in einzelnen Fällen beobachtet wurde, wo alle Personen welche mit einem Thiere nur in Berührung kamen, oder von ihm assen ohne Ausnahme inficirt wurden, ***) während sonst oft nicht ein Mensch oder kaum der lOte oder 20te erkrankten. Bei der Infection der Thiere zei­gen sich ähnliche Differenzen. Daher haben auch schon Malacarne, ****) K o p p iquot;) nud andere eine solche Differenz in der Energie des Gifts angenom­men. Aus demselben Grunde erklärt es sich weswegen der Milzbrand des
•) A a. 0. S. 185. ••) a. a. 0. S. 887.
,quot;'deg;) In dieser Beziehung schon der berühmte Duhamelsche Fall. Hist. de l'aead d. Sc. 17fi6. Der Walzsche p. 88. Der Larrcysche a. a. O. I. S. 12. — Gl an ström p. 9. (5 junge Miiunar). — Der Wal ch-sche Fall. N. 352-*'•*) a. a. 0. p. 55.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;lt;
t) Jahrb. B. X. S. 48.
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Menschen oft an einzelnen Orten nur so bösartig war; 10 heisst es in einem Berichte aus Oppeln: „Auch hier war es bemerkensverth, dass der Milz-brandcarbunkel in einem Dorfe äusserst leicht verlief, während er in einem andern sich sehr tödlich zeigte, und mit heftigen Allgemeinleiden und grosser Erschöpfung der Kräfte verbunden war.quot;:gt;)
Das Wesen dieses Contagiums ist uns so unbekannt, wie das aller andern Coutagien, über seine Eigenschaften und Wirkungen können folgende Erfah­rungen mitgetheilt werden.
Flüchtigkeit des Contagiums.
Nach unserer Kenutniss von den Contagien im Allgemeinen müssen wir annehmen, dass ihre Verbreitbarkeit im Räume oder ihre Flüchtigkeit ab­hängig ist von ihren Trägern oder von dem Substrate, au welchem sie haften; sind diese flüchtiger, so sind es auch die Contagien, sind diese fixer, so sind es ebenfalls die Contagien. Contagien, welche von der Respirationsschleim­haut oder von der äussern Haut im allgemeinen abgesondert werden, sind daher flüchtig, solche welche im Blute, in Pusteln, Geschwüren u. s. w. ge­bildet werden, sind gewöhnlich fix. Indessen hängt sehr viel von dem Zu­stande der umgebenden Athmosphäre ab, durch welche die Verbreitung der abgesonderten Stoffe begünstigt und erschwert werden kann. Daher finden auch üebergänge statt und wir können so gut wie bei keinem die Verbrei­tungssphäre ganz genau angeben.
Das Milzbrandcontagium wird nun zunächst und oft allein im Blute, im Innern der Carbunkel und der Eingeweide gebildet, und wird daher gewöhn­lich als fii zu erwarten sein; da es indessen auch in den Lungen erzeugt werden kann, und da die Wärme, Feuchtigkeit, und organische Unreinigkeit der Luft seine Verbreitung auch begünstigen kann, so wird man wohl be­rechtigt seyn anzunehmen, das es auch flüchtiger werden kann. Die Be­obachtung hat zu entscheiden, ob solches in der That statt findet.
Die grösste Anzahl der Schriftsteller erklärt das Contagium für ein rein fixes. So meint unter den neuern Tscheulin: „Der Milzbrand steckt nur durch nnmittbare Berührung an. Den Ansteckungstoff des Milzbrands kennen wir nicht, aber er scheint nicht von flüchtiger Art zu seyn. Es ist wahr­scheinlich, dass dieser Stoff im dem lymphatischen System von der Natur zu­bereitet wird, sich der Ausdünstung, dem Speichel, Nasenschleim, Darmschleim anhängt, und so auf diesen Wegen durch Berührung gesunde Thiere ansteckt; dadurch muss man nicht verleitet werden zu glauben, als wäre nur die Aus­dünstung, Speichel u. s. w. mit dem Ansteckungsstoff gemischt, nein, alle Theile des Körpers sind giftig, und ich habe sie nur desswegen berührt,
_ _ *) Rusts Magazin B. XVIII S. 332.
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weil durch sie die Ansteckung gewöhnlich geschieht *). •— Entschieden spricht sich in dieser Beziehung ein einfacher Berichterstatter aus Oppeln aus: „Mehrere Erfahrungen, sowohl die hier genannten als andere bestätigen es, dass der Milzbrand unter Umständen einen Stoff entwickele, welchem alle Merkmale eines fixen, beharrlichen Contagiums zukommen, und welcher in gesunden Rindern den Milzbrand erzeugt, wenn sie die Krippen, Tröge, Wände und sonstigen Gegenstände belecken, welche mit diesem Stoffe ver­unreinigt sind, oder die gar nicht oder nicht nachdrücklich genug da­von gereinigt sind. Dieser Stoff scheint sehr beharrlich zu seyn, sich in seiner eigenthfimlichen Natur lange erhalten, und nur durch kräftige Agen-tien zerstört werden zu können. Es sind aber keine Thatsachen beobach­tet worden, welche auf die Vermuthung führen, dass dieses Contagium in der Luft auf löslich sei, wenn gleich es den unmittelbaren Eshalationen der Excremente und dem Athem kranker Thiere beigemengt zu seyn scheint. Dass auch bei den am Milzbrandcarbunkel leidenden Menschen sich ein Con­tagium entwickeln könne, welches gleichfalls in der Luft unauflöslich, aber schwer zerstörbar scheint, und auf andere Menschen übergetragen, den Milzbrand­carbunkel zu erzeugen vermag, darüber sind sichere Erfahrungen vorhanden *). — Hr. Del a fond drückt sich zwar etwas zweifelnd, aber doch nicht ohne Wiedersprüche aus, mehrere seiner Behauptungen werden durch später fol­gende Mittheilungen widerlegt werden: „Der Milzbrand scheint nicht die giftige Eigenschaft durch ein so feines und flüchtiges, so leicht verbreitbares Contagium zu besitzen, wie die Rinderpest. Wir haben alles was über seine Anstecknngsfähigkeit geschrieben worden ist, verglichen (?) und haben keine zahlreichen bewährten Thatsachen gefunden, dass die durch die Winde fort­geführte Luft, dass noch gesunde Thiere die unter Kranken verweilt hatten, dass Menschen die die kranken Thiere behandelt hatten, Thiere verschiedener Gattung, die unter den kranken Thieren wohnten, das Futter und Getränke, welches die kranken Thiere gebraucht hatten, Stallutensilien, das Contagium des Milzbrands in bedeutende Entfernungen verschleppt hätten. Indessen kann es durchaus keinem Zweifel unterworfen sein, das die von der Luft aufgenommenen Ausdünstungsmaterien des Körpers der kranken Thiere um sie eine contagiöse Athmosphäre bilden, in welcher gesunde Thiere nicht verweilen können ohne sich die Krankheit zuzuziehen, dass ferner die Aus­dünstung des Mistes der kranken Thiere sie ebenfalls mittheilen können. Allein man weiss noch nicht wie weit sich diese contagiöse Atmosphäre er­streckt, man weiss ebenfalls noch nicht wie weit der Wind die Contagien verbreiten kann, und ob die Luft den Ansteckungsstoff eine gewisse Zeit lang
deg;) Milzbrand S. 27. ••) Rost Magazin. B. XVIII. S. 332,
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unzemtzt erhalten kannquot;*). — Nur iwei Versuche, die Gerlach machte, können natürlicherweise nichts beweisen: „Am26.Aug. wurde ein altes Schaf in eine enge Bucht abgesperrt, und in eine Ecke neben dem Futter ein Topf mit den Lungen und der Milz von einem am 25. Aug an der Blutseuche krepirten Schafe gehängt. Nach 4 Tagen nahm ich die schon in Fäulniss übergegangenen Kadaverabfälle und das Fell erst weg. Das Schaf blieb ge­sund. Denselben Versuch wiederholte ich später bei einem andern Schafe, aber ebenfalls ohne Erfolgquot;. Auch schlicsst derselbe selbst: „Mehrere Be­obachtungen sprechen dafür, dass das Contagium auch flüchtiger Natur ist, dass die dunslförmige Exhalation der Kranken und die Ausdünstung der Ca­daver ansteckend ist. Dieses muss als wahr angenommen werden, weil viele Beobachtungen dafür sprechen. Meine derartigen Versuche haben dieses zwar nicht bestätigt, sie können aber durch das negative Besultat die be­obachteten Thatsachen nicht widerlegen, theils weil sie noch einzeln dastehen, theils aber weil sie unter solchen Umständen statt hatten, die für die Ent­wickdung des Anthrax sehr ungünstig warenquot; **).
Angenommen wird die Flüchtigkeit des Contagiums von erfahrenen Acrz-ten, doch ohne genügende Beweise. Glanström (p. 8) erklärt: „Morbus raro epidemiens, semper contagiosns est, non tactu solum et vestimentis, sed in distans ope aeris et exeretorum volatiliumquot;. Eben so Ho ff mann sen. der den Dunst des Aderlassblutes, den Hauch der lebenden Thiere, die Aus­dünstung bei bald nach dem Tode angestellten Sectionen bezeichnet*'*). Seh roe der erklärt: „Von den charakteristischen Merkmalen jenes Conta­giums lässt sich für jetzt nur so viel sagen, dass es flüchtiger Natur sei, sich also als gasförmige Flüssigkeit aus den Säften entwickelte und in der Atmosphäre verbreite .... Vermöge der gasförmigen Natur des Contagiums kann nun auch die athmosphärische Luft, wenn sie im hinreichendem Grade mit demselben geschwängert ist, die inficirende Eigenschaft erlangen, und dieses erklärt die Möglichkeit der Entstehung der schwarzen Blatter an Thei-len, welche in keine Berührung mit demjenigen thierischen Theile kamen, der den Träger des Contagiums ausmachtequot; ***'). Carganico: „Da wo die Krankheit einen Theil befällt, von dem man bestimmt wissen kann, dass er nicht unmittelbar mit den Säften eines kranken Thlers verunreinigt worden ist, hat in der Begel das Contagium in Dunstform eingewirkt. Dieses kann nach allen bisherigen Erfahrungen kaum noch in Frage gestellt werden (?) Der gewöhnliche Fall ist der, dass der frische warme Dunst aus dem Cada-
*) Police s an it. des an im. dornest, p. 455. quot;) a a. 0. S. 399. •quot;) a. a. O. p. 399. ••••) RustMagaz. B. XXIX. S. 283.
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rer eines so eben geschlachteten Thien dai Coutagium enthalten , und an ein menschliches Indiriduum gebracht hat, und hieraus ist es erklärlich warum, nächst den Extremitäten, es besonders das Gesicht ist, welches nach
der Handthierung mit einem verdächtigen Thierkörpcr befallen wird.....
Schwieriger sind die Fälle zu erklären, in welchen das au der schwarzen Blatter erkrankte Individuum nicht einmal in die Nähe eines verdächtigen Thierkörpers gekommen war. Und doch kommen auch dergleichen Beispiele nicht selten vor, und sind auch dem Referenten einigemal vorgekommen. Indessen war doch auch hier fast immer irgend ein mehr oder minder con-statirter Fall von Milzbrand bei einem Hausthiere in der weiteren Umgebung des erkrankten Individui, gewöhnlich in derselben Ortschaft, aufzufinden, und es blieb nichts übrig, als hierin den ursächlichen Moment des Krankheitsfalles zu setzen. Man musstc (?) in diesen Fällen zu der Annahme zurückgehen, dass das Milzbrandcontagium auch in einen weiteren Umkreis der Alh-mosphärc überzugehen, und diesem die inficirende Eigenschaft mitzutheilen im Stande sei. Da schon die ursprüngliche Entstehung des Milzbrandes bei Thieren von atmosphärischen Verhältnissen abhängig ist, da die Verbreitung desselben oft den Charakter einer reinen Epizootic annimmt, so hat die Meinung, dass auch das bei dieser Krankheit entwickelte Contagium bis auf einen gewissen Grad zum weiter verbreiteten Luftmiasma (??) werden könne, wenigstens im hohen Grade auflöslich in der Luft sei, an sich nichts Widersprechendes. Dass indessen diese Form des Contagii, zwar nicht völlige Unwirksamkeit, aber doch, durch den diluirten Zustand, eine Schwächung desselben bedinge, muss allerdings von vorn herein für wahrscheinlich gehalten werden, und es geht dieses daraus hervor, dass diejenigen Fälle, welche auf diese Art herbeigeführt zu sein scheinen, zu den seitnern und gewöhnlich auch zu den gelinden gehörenquot;*). — Wendroth nimmt wiederholt eine Infection durch flüchtiges Contagium aus Schaffellen an; ich will nur eine der Stellen an­führen, wie bei ihm mehrere vorkommen: „Während der Winter vom Jahr 1828 und 1829 hatte ich bei heftiger Kälte Kranke dieser Art zu behandeln, wo weder im Orte der Kranken, noch in der Nachbarschaft Milzbrand, Blut-seuche oder Bräune unterm Vieh herrschte. Von der noch fabelhaften Ueber-tragung des Krankheitsstoffes durch Insccten, namentlich durch Fliegen, konnte gar keine Rede sein, da die heftige Kälte alle dergleichen Thiere vertrieben oder getödtet hatte. Die Kranken, es waren in einem Falle Mutter und Tochter, waren auch nicht in nähere Berührung mit Fellen, Wolle oder der­gleichen gekommen, indem wegen heftigen Frostes in einigen Monaten nicht gearbeitet wurde. Dagegen waren in den Wohnhäusern der Kranken Schaf­felle gelagert, die zum Thcil des Milzbrandcontagiums verdächtig, und durch deren Ausdünstung die Kranken ohnstreitig inficirt worden waren, da sie
raquo;) Rust Mafiaz. B. XL1V. p. 393.
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diese Ausdünstungen täglich einathmeteuquot; *). Aber mit wie vielen inficir-ten Stoffen konnten diese Gerberfamilien in Berührung gekommen sein? — In einer Beobachtung von R au dot möchte die Form der Krankheit dafür sprechen, dass in der That die Infection durch Einatbmen des Contagiums erfolgt sei: „Ein Gerber in Bijon hatte mehrere Häute von Ochsen die seit einiger Zeit am Milzbrande gefallen waren, um niedrigen Preis erkauft und besebäftigte sich damit sie zu schlagen und in seiner Werkstatt unterzu­bringen; aber wenige Tage darauf wurde er von einem sehr heftigen Fieber befallen, welches sich durch den Ausbruch gangränöser Flecken an verschie­denen Stellen des Körpers, und besonders an den Geschlechtstheilen ent­schied'quot;*). — Eine ähnliche Beobachtung theilte Ruppr e ch t mit: „Ein Weissgerberlehrling der sich mehrere Tage mit Bearbeitung der Schaffelle beschäftigt hatte, von denen viele nachweislich von milzbrandkranken Scha­fen abgezogen waren, konnte seine Arbeit plötzlich nicht mehr fortsetzen, weil er von Frost, Hitze, Angt und Ucbelkeit, kurz von fieberhaften Erschei­nungen befallen irarde. Am andern Tage zeigte sich unter dem Fortbestehen eines gastrisch entzündlichen Fiebers mit nervösen Erscheinungen ein schwärz­licher Fleck neben dem linken Ohre, der sich bald in einen schwarzen Schorf, auf einer blosen, angeschwollenen, nicht schmerzhaften Hautstelle verwandelte. Am dritten Tage schon stellte sich Diarrhöe, Kälte der Gliedmassen, Irrere­den, kurz die Erscheinungen einer brandigen Unterleibsentzündung ein, an welcher der Kranke am fünften Tage der Krankheit starb. Die Ansteckung war hier durch Einatbmen des Milzbrandcontagiums erzeugt, und zeigte sich auch hier die Neigung zur Karbnnkelbildung am linken Ohre, welche dem Fieber nachfolgte, weil hier die Ansteckung eine allgemeine, von der Lungen­schleimhaut ausgehend gewesen war, während bei örtlicher Infection zuerst die Karbunkelbildnng und seeundär das Fieber eintrittquot; ***).
Die Larrcysche Beobachtungen an der Familie Lenormand scheinen allerdings auch für Ansteckung durch dunstfönniges Contagium zu sprechen. lt;— Odhelius erzählt, dass eine kranke Kuh einer Frau in das Gesicht schnaubte, worauf ihr der ganze Körper anschwoll und sie am 5ten Tage starb quot;'*•). — Schwab referirt: „Bosina Schaucrin von Utting reinigte ihre kranke Kuh, wurde angehaucht und bekam eine brennend heisse, gespannte Gesichtsgeschwulst, mit Schlaflosigkeit und groser Hitze. Auf die von dem Chirurgen angewandte Salbe genas sie nach drei Tagen, indem ihr im gan­zen Gesichte die Oberhaut abgingquot; f). — Miglia erzäht, dass in der 6e-
•) a. a. 0. S. 70. ••) lUgnier I. c. p. 18. •••) Gerlach a. a. O. p. 891. ••quot;) Schwed. Abhandl. B, XXXVII. S. 157, f) a. a. 0. S. 5raquo;.
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meinde Trino in Piemont ein Mensch in einem Stalle nahe bei einer am Milzbrand leidenden Kuh schlief, und nach wenigen Stunden starb *).
Keins von den angeführten Beispielen spricht für eine grosse Flüchtig­keit des Contagiums. Man könnte nun wohl glauben, dass diese lufectionen unter Thieren häufiger wären. Allerdings fehlt es nicht an Beobachtungen Ton Winter thaler in Baiern, Laubender (Milzbrand S. 73.) daselbst, Lux in Sachsen, Chaignebrun, Petit, Nicolau, Chabert u. s. w. in Frankreich, Toggia, Brugnone in Italien, Bertin in Westindien, dass Thiere durch die blose Nähe der Kranken oder Toden, durch bloses Be­riechen oder Beschnauhen u. dgl. angesteckt worden sein sollen; allein bei näherer Betrachtung erscheinen alle diese Beobachtungen zweideutig. In der Zeitschrift von Vix und Nebel**) werden zwei etwas mehr beweisende Beobachtungen mitgelheilt: „Eine Frau, welche Besitzerin von zwei gesun­den Kühen war, kaufte von einem Viehhändler eine dritte, dem Anscheine nach vollkommen gesunde Kuh. Es war im Monat Juli und sehr heiss, als der Viehhändler diese Kuh aus einem Stalle, fünf Stunden von dem Wohn­orte der Frau entfernt, abgeführt und an den Ort ihrer neuen Bestimmung gebracht hatte. Die Kuh wollte am Abend nicht mit Begierde wie sich wohl hätte erwarten lassen, fressen, und gab auch nur wenig Milch; weil man aber dachte, dass dieselbe sehr ermüdet sei, überliess man sie der Ruhe. Am nächsten Morgen als die Frau in den Stall kam, lag die fragliche Kuh todt im Stalle, und ich wurde sofort zur Section gerufen. Der Stall worin diese Kuh todt lag, war schmal, aber so lang, dass gut 10 Stücke Rindrieh darin Platz hätten haben können, und es hatten die zwei, der Frau früher gehörenden Kühe an dem entgegengesetzten Ende des Stalls gestanden, als wo die todte Kuh lag. Die gesunden Kühe waren alsbald in zwei verschie­dene Ställe gebracht worden, wo sie mit anderem Vieh zusammenstanden. Die Section der todten Kuh ergab das Vorhandensein der Karbunkelkrankheit mit dem sthenischen Character. Den zweiten Tag darauf fand man eine der Kühe, des Morgens von der Karbunkelkrankheit getödtet in dem Stalle wo­hin man sie gebracht hat, und die andre sichtlich erkrankt. Die später vor­genommene Section der ersteren zeigte alle Erscheinungen der Karbunkel­krankheit; die letztere wurde geheilt, und das Vieh womit beide zusammen­gekommen waren, wurde vorbeugend behandelt und blieb auch gesund. Zwei Schäferhunde, welche von dem Fleisch der letztgefallenen Kuh gefressen hat­ten, erkrankten und starben kurz darauf eines jämmerlichen Todes. In dem ganzen Orte ist bis auf diesen Tag kein Stück Rindvieh weiter an der Kar­bunkelkrankheit gefallen. — Einen weiteren Fall will ich hier noch anfüh­ren : Ein hiesiger Schäfer hatte eine Kuh gekauft und sie in einen Stall
•) Y e t e r i u a r i a p. tlt-') B. IV, S. 129.
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gestellt, worin noch eine Ziege stand. Die Kuh erkrankte an der Karbun-kelkrankheit und starb denselben Tag noch; die Section habe ich gemacht. Am andern Morgen fand man die Ziege ebenfalls am Verscheiden. Der Schä­fer schnitt ihr den Hals ab, um die Haut davon zu gewinnen, vielleicht auch um sie zu essen. Seinem Hunde gab er die Eingeweide der Ziege zu fres­sen, doch kaum zwei Stunden nach dem Frasse erkrankte der Hund mit hef­tigen Kolikschmerzen, erbrach mit schwarzem Blut vermischte Futterüber­reste, laxirte mit Blut und verendete 10 Stunden nach dem Genuss der Ein­geweide der Ziege. Die Section ergab alle Zeichen der aenten Karbunkel-krankbeit im Darmcanale, sogar das gelbe Wasser fehlte um die Gekrösdrii-sen nicht. Zwischen der Kuh und der Ziege hatte hier keine unmittelbare Berührung und Impfung stattgefunden, und dass in der dennoch angesteck­ten Ziege sich das Krankheitsgift vollkommen entwickelt hatte, bewies die Krankheit des Hundes.quot; Dass indessen auch diese Beobachtungen nicht ge­gen Einwendungen ganz sicher sind, sieht man wohl leicht ein.
Als Herr Roche-Lublin vor kurzer Zeit in der See. de med. veter. das flüchtige Contagium in einer Vorlesung annahm, waren auch die Stimmen der Mitglieder getheilt.
Indessen gibt es eine Form der Milzbrandkrankheiten, freilich vielleicht eine complicirte, in welcher das flüchtige Contagium auf keine Weise ge­leugnet werden kann, nämlich im Glossanthrax. Es ist sehr wahrscheinlich dass sich alle Milzbrandformen der Respirationswege eben so verhalten.
Es ist auch wohl wahrscheinlich, dass in wärmerer und in unreiner Luft, z. B. in Malarialuft das Contagium sich leichter verbreitet *).
Lebenstenacität des Contagiums.
Manche Contagien leben nicht lange, halten sich nicht lange, andre seh lange, manche werden durch die gewöhnlichen atmosphärischen Einflüsse, be­sonders aber durch etwas höhere oder niedere Grade der Temperatur, grose Trockenheit, Säuren, Alkalien, Chlor u. s. w. bald und leicht zerstört, andre trotzen diesen Einflüssen sehr lange und hartnäckig. Worin der Grund die­ser Verschiedenheit liegt, ob in dem Wesen der Contagien selbst oder in ih­ren Trägern, das wissen wir nicht, die Hypothesen die wir aufstellen können sind zu unsicher.
*) Von einer sonderbaren Wirkung des flüchtigen Milzbrandcontagiums be­richtet Larrey: „Auf dem klinischen Saale des Barons Larrey betin-findet sich ein 27 J. alter Soldat, welchem im Jahre 1814 beim Oeftneu einer am Milzbrand gestorbenea Kuh der warme Dunst aus dem Unter­leibe des Thiers in das Gesicht gestiegen war. Er bekam davon sogleich Finnen im Gesicht und eine Augenentzündung die seit 10 Jahren jedem Mittel widerstehtquot; (i B u11 et. de Ia S oc. med. iT Emu 1. 1824.
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Dem Festcoutagio schreibt man eine ganz besonders grose Lebenstena-cität zu; aber unter allen uns näher bekannten Contagien ist uns von keinem andrem eine so grosse Lebenstenacität bekannt vie von dem Milzbrand-contagio.
Die Frage ob Fleisch auch nach starkem Kochen noch Contagium ent­hält, soll uns in der Folge besonders beschäftigen. Eingesalzenes Fleisch hat noch Ansteckung bewirkt, ja es scheint die Beschäftigung mit ihm be­sonders gefährlich.
Dass der aus milzbrandkranken Thieren gekochte Leim das Contagium noch enthalten könne, scheint ein von Carganico beobachteter Fall nicht unwahrscheinlich zu machen: „Im Sommer 1835 verletzte sich ein Tischler in H. mit einem Meisel an der Bengeseitc des Vorderarms auf eine in jeder Hinsicht unbedeutende Weise. Die Wnnde war etwa I Zoll lang, 1/4 Zoll tief, hatte wenig geblutet, und den Mann die ersten zwei Tage hindurch, wo er dieselbe nur mit Arquebusade verband, im Arbeiten nicht gehindert. Da sich dieselbe aber hierbei nicht frisch vereinigen zu wollen schien, so fiel Patient, nach einer hier und da bei den Tischlern üblichen Sitte, darauf, sie mit Leim zu bestreichen, was allerdings kein übles Adhäsivmittel abgibt. Gleich am folgenden Tage bekam nun der Kranke, unter anfänglich grossen Schmerzen, eine ungeheure Geschwulst des Arms, diese wurde bald blanroth, ähnlich gefärbte Blasen entstanden rasch, die Kräfte sanken sogleich auf das Aeusserste, und in 24 Stunden war, trotz aller angewandten Mittel der Mann getorben.quot;*)
Es ist eine alte Beobachtung, dass Seifensieder und Lichterzieher oft am Milzbrandkarbunkel erkranken, wenn sie Talg von am Milzbrand kre-pirten Thieren erhalten.**) So erzählt denn auch Hildebrand einen merk­würdigen Fall: Zwei Schäferweiber erkrankten dadurch, dass ihnen beim Ausbraten des Talgs von an der Blutseuche krepirten Schafen dieses Fett in das Gesicht spritzte. — Aehnliches berichtet Wagner: „Als man den gewonnenen Talg (von einer milzbrandkranken Kuh) ausgebraten hatte, wur­den die Griefen dazu benutzt zwei Schweine, zwei Hunde und eine Katze damit zu laben; drei Thiere starben bald nachher, und zwar die Katze unter Herumwälzen auf kühlem Rasen. Auch die andern beiden sollen später noch darauf gegangen seyn. ***)
Häute haben schon nach langer Zeit und nachdem sie mit den ener­gischsten Desinfectionsmitteln behandelt worden waren, noch den Milzbrand­karbunkel bei Menschen erzeugt. Berühmt ist die Geschichte von der Fin-
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*) Rust Magaz. B. XL1V. S. 400. #9632;gt;') Hist, de I'Acad. de Med. Ann 1M7. p. •quot;) Hufeland Journ, B, LXXIX. 4. S- 84-
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nischen Bärenhaut, die Hartmann mitgctheilt hat: „Von diem Viehe das verwichcnen Sommer (1763) an der russischen Grenze und im Kirchspiele Eumäki durch die Viehseuche fiel, und nicht recht tief eingescharrt war, ward ein Stück von einem Bär ausgegraben, aber diese Malzeit kostete ihm sogleich das Leben. Ein Bauer von Eumäki, welcher den todten Bär fand, sah dies für einen glücklichen Fund an, und zog ihm den Pelz ab; er war aber kaum nach Hause gekommen, als er krank ward und starb. Sobald dies nach Wiborg gemeldet war, kam Befehl die Bärenhaut sollte verbrannt wer­brannt werden, aber der Pfarrer Gestrin, der indessen diese Haut für die Leichengebühren bekommen hatte, konnte nicht glauben, dass sie des Bauers Tod sollte verursacht haben, und anstatt sie zu verbrennen, überredete er einen Bauer sie zuzubereiten. Dieser Bauer und zwei die ihm halfen wur­den krank und starben. Es ward wieder nach Wiborg berichtet und weiter nach Petersburg, worauf J. K. M. Befehl erfolgte, der Pfarrer sollte die Haut innerhalb 48 Stunden liefern, wenn er der auferlegten Strafe entgehen wollte, und die Haut sollte mit dem Hause wo sie war zubereitet worden, auch wo nöthig das Priesterhaus verbrannt werden. Als der Pfarrer endlich die Haut wieder bekömmt, die schon in die dritte oder vierte Hand an die schwedische Grenze verkauft war, nimmt er sie und sagt: wie ist es mög­lich, dass diese Haut an den Todesfällen Ursache seyn sollte? reibt sie und riecht daran. Gleich darauf wird er krank, bekommt eine phlegmonische Geschwulst, wie alle, welche von der Viehseuche angesteckt sind, zu bekom­men pflegen, am Kinne, und stirbt. Dass die Häute des in der Seuche ge­fallenen Viehes ansteckend sind, wenn man sie auch erst im Winter, oder nach 3 bis 6 Monaten anrührt und bereitet, haben der Probst Haartmann in Loimyocki, und der Probst Idmann in Hwittis Kirchspiel, schon vor ein paar Jahren bemerkt, und mir Vorfälle davon angemerkt.quot;*) — Ich selbst habe einen Fall mitgetheilt: „Ein Lohgerber der hiesigen Stadt kam zu mir mit einer Milzbrandpustel über dem rechten Handgelenk, die er selbst voll­kommen gut kannte; obgleich sie erst 24 Stunden bestand, war doch bereits der Arm bis zum Schultergelenk geschwollen und erysipelatös geröthet, Fie­ber, Kopfweh, belegte Zunge, Neigung zum Erbrechen vorhanden; der Kranke wurde gerettet. Die Entstehung gab er Folgendermassen an: Um die Amöne-burg war ein Pferd am Milzbrand gestorben, heimlich die Haut abgezogen und an einen Juden verkauft worden; dieser kannte die Gefahr und Hess die Haut den ganzen Sommer bis in den Winter auf dem Boden seines auf der hohen Amöneburg liegenden Hauses, in der Sonne und im Winde hängen, dann brachte er die ganz dürre Haut dem Gerber; dieser kannte aber auch die Gefahr, kalkte sie sehr sorgfältig ein, und liess sie sechs Wochen in der Grube eingeweicht; dann fing er erst an sie zu bearbeiten und am iwei-
*) Scbwed. Abhandl. B. XXVI, S, 52.
M'nilngcr, MiUbnad,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;laquo;ß
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#9632;-#9632;•. jp-
ten Tage schon erkrankte erquot;*). — So bemerkt auch Kopp, dass ein Gerber und sein Geselle im Frühjahre erkrankten als sie Schaffelle aus dem rergangenen Sommer verarbeiteten**). — Mit Recht macht Schröder auf die gewöhnlichste merkwürdige Art des Erkrankens der Gerber aufmerksam: „Bei den Gerbern sind zwar die ThierfeUe, mit denen sie täglich in Berüh­rung kommen, ohne Zweifel dasjenige, was die Gelegenheitsursache der Krankheit abgibt, allein einerseits kommt ihr Gesicht, welches hier doch so häufig der Sitz der Blatter wird, gerade am allerwenigsten mit jenen thie-rischeu Stoffen in Contact, müsste also am meisten von der Krankheit ver­schont bleiben, andererseits sind auch die Fälle gar nicht selten, und nament­lich auch von mir wiederholt beobachtet, wo solche Handwerker gerade in der Zeit, wo sie von der schwarzen Blatter befallen werden, ganz bestimmt bereits Wochen und Monate lang sich blos mit Bearbeitung schon gar ge­machter und völlig getrockneter, oder auch solcher Felle beschäftigt hatten, die schon längere Zeit in Kalk eingesenkt gewesen waren. Hier war also eine Beschmutzung mit frischen thierischen Säften ganz und gar nicht ge­schehen, überdies wurden gerade diejenigen Personen, von denen ich das Obige bestimmt behaupten kann, sämmtlich im Gesicht von der Krankheit heimgesucht, da doch Hände und Arme am meisten oder ganz allein mit den Fellen in Berührung kamenquot; quot;*). — Merkwürdig sind die Infectionen durch amerikanische Häute die zu uns gebracht werden: Das ist bekannt in unsern Nordseehäfen und in unsern Gerbereien, fast möchte es indessen scheinen als kämen diese Infectionen in den italienischen und französischen Häfen noch häufiger vor, was als Beweis für den Einfiuss der endemischen Anlage merkwürdig wäre. In allen gröseren Häfen kommen ziemlich jedes Jahr Fälle vor, in einzelnen Jahren sind sie häufiger; im Jahre 1843 machten mehrere solche Fälle, die durch Häute aus Montevideo bewirkt waren, und von denen einer tödlich ablief, unnöthigen Lärm in den Zeitungen **#9830;*). — Ein des Alters der Häute wegen allein merkwürdiger Fall kam 1832 (Milzbrandjahr, also epidemische Anlage) in Berlin vor und wird von Barez als zu selten be­trachtet: „In der letzten Hälfte des Monats August erkrankten zwei Brüder Namens S., Lohgerber, gesunde und kräftige junge Männer, der eine von 35, der andere von 19 Jahren an einem Uebel, dessen Verlauf im Wesent­lichen folgender war: Zuerst zeigte sich bei dem altern Bruder auf dem einen Deltamuskel eine kleine röthliche, völlig unschmerzhafte Pustel von der Grosse eines Nadelkopfs, die, wie leicht zu vermuthen, von ihm gar nicht beachtet wurde Nach einigen Tagsn erhob sich indessen diese kleine
•) Caapers Woch cnschrift. 1818. p. 25, quot;) Jahrb. B. V. S. 78. •raquo;•) KustMagaz. B. XXIX. X 273. ••quot;) Frankf. 0, P. Zeit. 1843. N. 178.
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Pustel zu einer Blase, Teiche sich mit einer schwärzlichen Flüssigkeit füllte und an Grosse täglich zunahm; bald folgten dieser mehrere mit bläulicher Jauche gefüllte Blasen, die sich offenbar als Brandblasen zu erkennen gaben, und zugleich wurde die Haut in einem beträchtlichen Umkreise roth und es bildete sich eine harte, sehr schmerzhafte, mit den beschriebenen Brand­blasen besetzte Entzündungsgeschwulst, ungefähr von der Grosse des Hund­tellers. Gleichzeitig mit dem ersten Erscheinen der Brandblasen entwickelte sich ein Fieber, welches bald einen typhosen Charakter zeigte, und den Tod am 11. Tag nach seinem Ausbruch herbeiführte. Bei dem jungem S. ent­stand das Uebel einige Tage früher als bei dem altern am linken Vorderarm. Es verhielt sich genau auf dieselbe Weise, und wich nur darin von dem des altern Bruders ab, dass sich das typhöse Fieber nicht ausbildete, wahrschein­lich in Folge der veränderten örtlichen Behandlung .... Endlich bekam die Gattin des altern, eine junge, gesunde Frau, während der Krankheit ihres Mannes, dieselbe verdächtige Pustel auf der rechten Backe. Auch hier zeigten sich bald Brandblasen; allein auch hier wurden durch die eben er­wähnte Behandlung dem Fortschreiten des Brandes Grenzen gesetzt und das
Leben erhalten..... Die Rindshäute, welche eben damals verarbeitet
wurden, waren aus Buenos Ayres gekommen .... Eine nahe liegende Vermuthung ist die, dass die Carbunkeln durch Uebertragung des Milzbrand-contagiums entstanden sein möchten, welches den Rindshäuten adhärirt habe. Allein auch diese Meinung lässt sich nicht erweisen; denn so viel mir wenig­stens bekannt ist, kommt in Buenos Ayres der Milzbrand überhaupt nicht vor, und die Häute hatten seit ihrer Ankunft in Europa bereits drei Jahre theils in Hamburg theils hier gelegen; eine Zeit, in welcher das Milzbrand-contagium, falls auch die Häute mit demselben inficirt gewesen wären, seine ansteckende Kraft wahrscheinlich verloren haben würde*). — Boy er und Regnier sind sogar der Meinung, dass selbst durch das Gerben oft der An­steckungstoff noch nicht aus den Häuten gewichen ist, und dass die Schuh­macher durch das Leder inficirt werden**).
Rosshaare scheinen das Contagium sehr lange zurückzuhalten; diese Bemerkung ist schon vor langer Zeit in Frankreich gemacht worden. Die Französische Akademie bemerkt schon im Jahr 1777: „Im Allgemeinen be­fällt der bösartige Karbunkel in Paris nur Leute von zwei Professionen, nämlich, die Lichterzieher oder die, welche mit Hammeltalg umgehen, und die Rosshaarbereiter; die letzteren werden aber häufiger befallen, es ist so­gar selten, dass sie ihr Geschäft lange betreiben ohne daran zu leiden, und mehrere sterben davon. Sie haben wahrgenommen, dass die Haare, deren
*) Uufelandi Journ. B. LT. 6. S. 95. quot;) Rlaquo;gnier. p. 14.
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Behandlung am gefährlichsten ist, die sind, welche aus Russland kommen; diese Haare kommen gewöhnlich in schlechtem Zustand an, ein Theil ist zu­weilen in grauen Staub verwandelt, und hat einen unangenehmen Gerach. Die Karbunkelkranke, welche Faulet sah, war ein junges Mädchen, welches einen dieser Ballen geöffnet hattequot; u. s. w.,). — So nennt man auch Koffermacher, welche gar gemachtes, oft sehr altes Schweineleder mit den Haaren verarbeiten, als solche, die sehr oft angesteckt werden. — Schon Borel, Rarne, Fournier, bezeichnen zum Verarbeiten zubereitete Wolle als häufigste Ursache der Infection in der Provence, und der letztere sagt ausdrucklich, dass sich das Contagium in ihr mehrere Jahre erhalte**); Boy er bemerkt eben so, dass das Waschen in freier Luft das Contagium nicht zerstört.
Ray er theilt ein paar interessante Beobachtungen von Milzbrandcarbun-kel bei Rosshaararbeitern mit: „Ein gewisser Chibot wurde am 28. Mai 1829 in das Hospital St. Antoin mit einer Fustula maligna aufgenommen. Dieser Mensch, Rosshaararbeiter, hatte sich seit einiger Zeit unwohl befunden; am 33. Mai war er unwohler als gewöhnlich und konnte nicht arbeiten; am 26. nahmen Schwäche und Entkräftung zu, er hatte Husten und Brechneigung. Ungefähr einen Monat vor seiner Aufnahme hatte er Jucken am Halse ge­fühlt, von einem Ausschlage den er nicht näher beschreiben kann; dieses war lästiger an dem Tage, wo er sich am unwohlsten fühlte, am 23. Mai. Nach ihm wären Schwäche, Entkräftung und Blutspeien gewöhnliche Krankheiten bei den Rosshaararbeitern. Seine Tochter ist unter ähnlichen Symptomen in 5 Tagen gestorben; einer seiner Cameraden starb vor einiger Zeit in zwei Tagen; ein junger Mensch von 18 Jahren, der mit ihm arbeitete, wurde in unsrem Hospital von einer Fustula maligna geheiltquot; Er hatte den Carbun-kel am Hals und starb, die Section werde ich unten erwähnen. Der zweite Fall ist folgender: „Josephe, eine Matrazzenarbeiterin, bemerkte am 12. Juli dass sich ein kleiner rother Knoten (bouton) von der Grosse eines Steck­nadelkopfs in der Gegend deraquo; linken äussern Augenwinkels entwickelt hatte. Am 16. hatte sich dieser Knoten vergrössert und verursachte eine Geschwulst des Augenlids und der Backe. Am 20. bildete sich auf dem obern und untern Augenlide, in der Augenbraue und auf dem Schlafe eine anderthalb Zoll breite und lange, feuchte, braune, blutige, tiefe Borke; der äussere Theil der Augenhöhle bot eine emphysemähnliche Anschwellung dar; die ganze Backe dieser Seite und der entsprechende Theil des Halses waren sehr ge­schwollen, hart und violetroth um die Borke herum. Die die Borke umgebenden Thcile waren nicht lebhaft heiss, wie im entzündlichen Erysipelas, sie hatten
•) Mem. de PAcad- de Med. 1777. p. 221. raquo;•1 Jonrn. de Med. Vol. XL1I. (gt;#9632; 104.
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die Temperatur der gesunden Haut. Der Puls war sehr klein, die Hände kalt, das Athmen und die intelectuellen Verichtungen normalquot; *) etc. Die Kranke starb ebenfalls.
lieber die Wirkung dieser aus Brasilien, Buenos Ayres und Russland kommenden Pferdehaare auf die Arbeiter hat Iberlisle noch interessante Be­obachtungen mitgetheilt**), die die Verwandschaft der Antroxoiden besonders erläutern, ich werde daher unten auf sie zurükkommen.
Ganz vollkommen verarbeitete Wolle hat schon Infectioneu herbei­geführt, wie der oben (S. 245.) mitgetheilte Herb st'sehe Fall beweist, wo die Strümpfe das Contagium enthielten. — Eine gleiche Infectionsart nimmt Schröder in einem Falle an'**). — Bidault hat einen Fall von einer Wollenspinnerin ****}.
Folgende Nachricht dürfte eben nicht unwahrscheinlich erscheinen: „Im Breslauer Amtsblatt ist die Mittheilung enthalten, dass im Kreise Nenmarkt eine Frau Knochen eines vor einem Jahre am Milzbrand ungestandenen Stücks Rindvieh ausgegraben habe und bald nachher vom Milzbrandcarhun-kel an einem Finger befallen worden, woran sie, ohne ärztliche Hülfe ver­langt zu haben, gestorben seiquot; f).
Gerlach theilt einen Fall mit wo von einer Schafheerde von 1500 Stück in wenigen Tagen 223 Stück an der Blutseuche kreppirten. Die Heerde lag im Stall auf Erde, die von einer Stelle weggefahren war an welcher vor drei Jahren 18 Stück am Milzbrand gefallene Schafe ver­scharrt worden waren; eine andre Ursache war nicht aufzufinden -ff). — So habe ich oben (S. 234.) einen Fall mitgetheilt, wo man einen Stall in-ficirt fand, man Hess ihn den Winter über (in Polen) leer stehen; dann wurde im Frühjahre der Lehm der Stallwände klein gemalen und zur Meliorirung auf ein sandiges Stück Land gefahren und da ausgebreitet. Zwei Monate darauf trieb der Schäfer die Schaafheerde über dieses Stück Land. Schon nach einigen Stunden fiel ein Hammel am Blutschlag, am folgenden Tage ein zweiter!
Dass mit dem Blute oder durch die Felle u. s. w. milzbrandkranker Tbiere in-ficirtes Gras anstecken kann, wird man nicht auffallend finden; ein solcher Fall ganz in meiner Nähe kam mir erst im vergangenen Jahre zur amtlichen Anzeige.
•)Traite des Maladies dela peau. Vol. 11. p. 86. quot;) Annales d'Hyg. publ. Vol XXXIII. p. 229. raquo;*) Rust Magaz. B. XXIX. S 334.
deg;0*) Bidault de Villiers Oeuvres posthumes. p. 155. — Siedercr von einer Strickerin, a. a. O. p. 32. f) Med. Centr. Zeit. 1847. N. 62. S. 496. it) Magaz. f. Tbierb. B. XII. S. 821.
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Bei einem Dorfe (Cappel) wurde einem railzbrandkranken Pferde auf einem Anger zur Ader gelassen (wobei der Aderlasser auch mit dem Milzbrandcar-lunkel inficirt wurde); nach einigen Tagen trieb der Gänsehirt eines benach­barten Dorfes (Gisselberg) die Gänse auf diesen Anger, fast die ganze Heerde kreplrte. — So der folgende Fall: „Meinem Hammelknecht starb ein gut-genährler Hammel aus seiner Heerde; diesem zog er, wie dieses gewöhnlich ist, gleich an Ort und Stelle das Fell ab. Zufällig war dieses auf einer Ecke von einem Stücke, wo junge Esparsette zur zweiten Schur nachgewach­sen war. Das Cadaver warf er in einen Wasserriss. Einige Tage darauf, sichelte der Eigenthümer die junge Esparsette auf der besagten Ecke ab und fuhr dies zum Futter für sein Vieh nach Hause. Schon denselben Abend starb eine Ziege, den folgenden Tag zwei Kühe und auch zwei Gänse die von dem Futter gefressen hatten. Bei näherer Erkundigung hörte ich, dass beim Abziehen des Hammels viel Geblfite auf die junge Esparsette gekommen sei, was aber bald durch die Luft aufgetrocknet wärequot;*), — Schon Ha art­mann erwähnt die Schädlichkeit des Weidens an Stellen wo Vieh nicht tief vergraben liegt (S. oben S. 6.). — Aber selbst die auf solchen Stellen später wachsenden Pflanzen werden von erfahrnen Thierärzten als noch Con-tagiam enthaltend bezeichnet; was freilich sehr merkwürdig wäre. So be­richtet Mecke aus der Gegend von Cöln: „Man will beobachtet haben, dass zwei Kühe, die mit Pflanzen gefüttert wurden, welche auf der Stelle, wo eine am Milzbrande krepirte Kuh begraben war, gewachsen waren, gleich­zeitig am Milzbrände erkrankten und krepirten.quot; Und daselbst berichtet Schöngen: „Eine andre Ursache des Milzbrands ist wenn Vieh Futler-kräuter geniesst, welche an denjenigen Stellen, wo das am Milzbrande um­gefallene Vieh begraben wurde, gewachsen sind; aus Erfahrung kann ich sagen, dass hiervon die Seuche entstehtquot; **). — Derselbe Thierarzt erzählt folgenden Fall: „Im Monat Juli krepirte auf der Landstrase, gerade dem Gute gegenüber, das Pferd eines Frachtfuhrmanns, in Folge von Milzbrand. Der Cadaver wurde in ein Brachfeld verscharrt, auf welches der Eigenthümer Rübsamen säete. Nachdem nun im Oktober der Rübsamen, besonders au jener Stelle, wo das Pferd verscharrt war, sich durch seine Höhe auszeich­nete, sammelten die Mägde des Gutes am 19. Oktobor Blätter zum Füttern des Rindviehs und banden auf jener sich besonders auszriclinenden Stelle 3 Gebund. Diese 3 Gebund wurden, nach Versicherung der Mägde und des Gutsbesitzers von 3 Stück Vieh verzehrt, welche sofort erkrankten und bald darauf krepirtenquot;***).
•) Mag. f. Thierh B. XI. S 388.
••) Rheinische SanitäU b n ri c h t e 1833 S. 39. S. 42. •••) Rheinische San. B. 1839. S, 20.
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Abionderungiorgane delaquo; Contagiums.
Bekanntlich verhalten sich die coutagiosen Krankheiten verschieden: Manche sondern den Ansteckungsstoff nur in bestimmten oft sehr beschränkten Absonderungsorgauen ab; bei andern ist derselbe in sehr vielen Secretionen enthalten; bei noch andern sind alle Organe ansteckend. Bei manchen Krank­heiten kommen dieselben Differenzen in verschiedenen Perioden derselben Krankheit vor.
Im Milzbrand ist nun oft genug beobachtet worden dass alle Theile des Thicrs Contagium enthielten, in andern Fällen wurde es aber sehr wahrschein­lich dass nur einzelne Theile des Thiers den Ansteckungsstoff enthielten und andere nicht.
Viele Aerzto sind der Meinung dass das noch lebende Thier am leichte­sten anstecke,*) dagegen hielt Siederers Vater die Ansteckung für gefährlicher wenn die Fäulniss des Thiers schon fortgeschritten war. *!:')
In Beziehung auf manche Theile herrschen unter manchen Verhältnissen Zweifel, die sehr wichtig für die Sanitätspolizei sind: wir wollen daher die wichtigsten Theile durchgehen.
' Carbunkel.
Im primären Milzbrande fehlen innere undäussere Carbunkel oft gänz­lich, wie wir im Folgenden sehen werden. — Wenn dagegen die Krankheit mit Carbunkelbildung, besonders mit äusserer Carbuukelbildung, beginnt, so nehmen mehrere Aerzte wohl mit gutem Grunde an, dass sie dann gewöhnlich Folge von Ansteckung sei. ***)
In dem letzteren Falle scheint wohl längere Zeit auch nur der Carbunkel den Ansteckungsstoff zu enthalten, und das Fleisch des Thier z. B. kann unschädlich sein. Aber auch in den Fällen, in welchen die Carbunkel erst als Symptom der allgemeinen Krankheit auftreten, spricht die Analogie dafür dass sie den Ansteckungstoff vorzugsweise enthalten, und das Volk fürch­tet daher oft die Ansteckung nur von diesen Theilen, freilich oft mit Unrecht. •
Dass die Carbunkel vorzugsweise das Contagium enthielten behauptete bereits ein sehr erfahrener Thierarzt, Will, der in dieser Beziehung einige doch leider zu wenige vergleichende Versuche machte: Einem Hunde gab er die bei einem gefallenen Kinde vorgefundene gelbe Sülze zu fressen, nach 3 Stunden starb er; einem andern Hunde gab er deu Crnor des Bluts, nach etlichen Stunden bekam er Ucbelkeit, Schaum vor dem Munde, und nach 3
raquo;) Hoffmann a a. 0. S. 259. quot;) Siederer I. c. p. 43. !quot;,,) Dressler a, a. 0. S- 168. Chabert etc.
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Tagen war er wieder geiund; ein dritter Hund bekam ein Stück gewaschenfraquo; Fleisch, dieser erhielt starken Durchfall und blieb gesund.41)
Auch der erfahrene Greve hielt die Sülze der Carbunkel für den Haupt-sitz des Contagiums: „Ich sah eine grosse Menge am Milzbrand abgestande­ner Kühe und Ochsen von Abdeckern abledern, ohne üble Folgen für diese; aber sie lederten die Cadaver erkaltet ab, und ihre Hände und Arme waren ohne Verwundungen. Sobald sie mit verwundeten Händen die noch #9632;raquo;armen Cadaver behandelten, trugen sie allemal die gefahrdrohendsten Carbunkeln davon. Fürchterlich wirkte das noch warme gelbe jauchige und stinkige Wasser in der Bauchhöle des krepirten Viehes: Alle Hunde die davon aufleckten, krepirten fast auf der Stelle. Ich sprützte ein paar Tropfen dieser warmen Jauche in das Auge einer Taube, und 3 Stunden nachher war sie todt, ebenso eine Ente welcher ich ungefähr einen Theelöffel davon in den Hals goss. Ein Abdeckerknecht band sein Pferd (ein grosser starker Gaul) dicht neben dem Cadaver einer so eben ainT Milz­brände krepirten Kuh, welche er abledern wollte, an einen Baum. Während er die Bauchhöhle des Cadavers öffnete, die Eingeweide herausriss, und auf die Erde warf, laquo;prützte ein wenig von dieser stinkenden Jauche an die Brust seines Pferdes, und obgleich der Abdecker diese Stelle auf mein Anrathen so­gleich wieder reinigte, so hatte sich doch dort nach 6 Stunden schon ein faustgrosser Carbunkel gebildet der am folgenden Tage schon die Grosse ei­ner grossen zinnernen Schüssel erreicht hatte, und dem Leben des Thiers sehr drohete. *;:)
Beim inficirten Menschen scheint, nach den bisherigen Erfahrungen, nur der Carbunkel selbst Contagium zu enthalten.
Blut.
Wenn ich gleich glaube dass in den angegebenen Fällen die Carbunkel zuerst Contagium zu enthalten, so fällt es mir doch sicher nicht ein im ge­ringsten zu zweifeln dass das Blut im primären Milzbrand, und sehr bald auch im seeundären, durch Infection entstandenen, das furchtbarste Contagium enthalte, ich weiss das aus eigner Erfahrung; nur der unbegründetsten Hypo­these der neuesten Schriftsteller, als müsse das Blut immer das erste Contagium enthalten, habe ich hier gleich entgegentreten wollen. Die Erfah­rungen über die Giftigkeit des Bluts sind überzahlreich.
Dass das Blut in vielen Fällen von Hunden ohne Schaden gefressen worden und die Menschen ohne allen Schaden besudelt hat, während es in andern tödtlich wirkte, muss auf den Gedanken führen, dass es nicht immer Contagium enthält.
*) Anhang zum Unterr. ii. d. Milzbrand **) Erfahrungen und Beobachtungen I, S. 48.
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Man bat wohl behauptet das Blut werde dem Memchen nur so gefahr­lich, wenn die Haut auf irgend eine Art Terletit war: Dass ea in dieaem Falle besonders gefährlich wird erleidet gar keinen Zweifel; auch ist wohl zuzugegeben dass es so gut wie unmöglich ist dafür zu stehen dass ein Mensch nicht einen kleinen Riss oder Stich gehabt (ist doch ein Fall bekannt wo ein Mensch durch einen Flohstieh inficirt wurde); allein noch im vergangenen Jahr habe ich einen Mann durch Aderlassblut inficirt gesehen wo durchaus keine Verletzung der Haut zu entdecken war. Aehnliche Fälle werden sehr häufig angeführt,*) Desplas in der von ihm beobachteten Epizootic sah 6 Menschen auf diese Art inficirt.**) Hurlreld Arboval erzählt einen Fall wo einer Frau beim Aderlassen eines Hammels nur 2 Tropfen Blut auf die Hand sprützten, und an 2 Stellen entwickelten sich 2 Milzbrandpusteln. ***)
Auf den Schleimhäuten scheint die blosse Berührung solchen Bluts noch viel gefährlicher: Einem Manne, der eine am Milzbrande crepirte Kuh ablederte, sprfitzte ein Tröpfchen Blut in den innern Winkel des linken Auges; er wischte es sogleich ab, dennoch bildete sich am dritten Tage auf der Thrä-nencarunkel ein Carbunkel von der Grosse eines Apfels, und die Geschwulst verbreitete sich über das ganze Gesicht und den Hals. Er wurde durch Cau-^erisiren geheilt. — Einem andern Menschen sprützte aaf dieselbe Art etwas Blut in das Auge, das Augenlied wurde schwarz, Gangrän trat ein und der Mensch starb ****) — Mehrmals ist Infection durch Messer an den Lippen vor­gekommen. So erzählt Busch dsss ein Abdecker am Milzbrand krepirte Schweine ablederte, „da es schon kalt war tropfte ihm die Nase, die er mit den mit der Jauche dieser Schweine besudelten Fingern putzte, auch während der Arbeit mitunter das beschmutzte Messer quer in den Mund zwischen die Zähne nahm. Mit den abgezogenen Häuten im Sack ging er nun nach Haus. Dieses war an einem Mittwoch Abends. Schon den folgenden Morgen spürte dieser Mensch ein schmerzhaftes Brennen an der Nase und den Mundlippen. Am dritten Tage waren diese Organe von Brand zerstört und der Kranke starb. •{•)
Dass nun freilich die Gefahr jederzeit noch grosser ist, wenn die Haut verletzt ist, beweisen Beobachtungen genug: „Ein gewisser Chevalier öffnete einen am Milzbrand gefallenen Ochsen, und brachte seine mit Blut beschmutz­ten Hände in das Gesicht, welches gewöhnlich mit Blüthchen besetzt war;
•) Z. B. Rhein. San. B. 44. S. 89. quot;) Chabert etc. Instruct. II. p. 294.
*quot;) Diction torn. IV. p. 430. Aehnlicbe Fälle Instr. torn. I. p. 158 u. s w. ••••) Petit. Chabert etc. Instr. II. p. 273. Ein ähnlicher Fall von R up-recbt bei Gerlach a. a. O XI. S. 891. v) Busch Zeitschr. B I. 4. S 90.
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bald darauf bekam er im Gesicht eine eryaipelatSie Entxftndung, welche einen ganz carbunkulösen Charakter annahm, bald darauf traten die gewöhnlichen allgemeinen Symptome und der Tod ein.quot; — Derselbe Thierarzt, welcher diese Beobachtung machte, Herr Perret, hatte sieh bald darauf die Hand verleUt, und machte mit dieser die Eamp;stirpation eines Carbunkels, bekam Blut in die Wunde und starb am Carbunkel. * — Die ungleiche Wirkung des Bluts und die Gefahr der Impfung des Bluts beweisen folgende Mitthei­lungen Laubeuders: „Bei einer Section sprützte mir das milzbrandige Blut in das Gesicht. Ich war durchaus desswegeu nicht verlegen, und ich erfuhr auch nichts Unangenehmes. Wir tödteten ein Pferd welches am un­heilbaren Milzbrand litt, zerlegten den Körper desselben sehr sorgfältig, wir lebten oder arbeiteten über eine halbe Stunde im Dunste desselben, und kei­ner Ton uns spürte etwas Naciitheiligcs. Ein Zögling wusch sich die Hände und Arme bis an den Ellenbogen mit milzbrandigen Blute, und erst nach einer guten halben Stunde wusch er dieses Blut wieder mit frischem Wasser ab. Er erfuhr nichts widriges. Zwei andre nahmen mehrere Sectionec vor ohne eben besonders vorsichtig dabei gewesen zn sein, und sie blieben wohl. Allein nach vielen glüklich überstandeueu Versuchen kam auch ein unglück­licher: Zufälliger Weise hatte einer dieser Zöglinge eine Wunde am Finger erhalten, die Wunde war verbunden, aber dem ungeachtet drang das Blut bei der Section auf dieselbe ein. Die Wunde entzündete sich, der Zögling erhielt heftiges Fieber mit mehrmaligem Erbrechen, grosser Abgeschlagenheit des Körpers, an der wunden Stelle fuhr eine schwarze Blatter auf, und eine grosse Angst folterte ihn. Allein eine zweckmässige Behandlung machte dass er nach einigen Tagen sich wieder völlig wohl befand. Einem dritten ging es ein Jahr später nicht besser.quot;**}
Weiter unten wo von den zufälligen Impfungen die Bede sein wird, wer­den viele ähnliche Fälle erwähnt werden.
Dass Thiere das Blut milzbrandkranker Thiere gefressen ohne Nachtheil der Gesundheit, ist ziemlich oft vorgekommen, aber noch öfter ist es ihnen tödlich geworden. So sagt schon Kopp: „An mehreren Orten wurden Hunde Schweine und andere Thiere, die von dem aus der Ader laquo;ines am Milzbrände leidenden Thiers gelassenen Blute gefressen hatten plötzlich krank; der Hals schwoll an und es entstanden Beulen.quot; ***) So Ger lach: „Bei den Versuchen von Eulner starben zwei Schafe den dritten Tag nach dem Genuss von Heu welches mit BInt eines an der Blutseuche krepirten Schafes befeuchtet und und zwei Tage lang der Souue ausgesetzt war, an der Blutseuche.quot; ****) Lux:
*) Instrutions etc. lorn. I. p. 150. *') Der Milzbrand etc. S. 46. raquo;••) Jahrb. B. V. S laquo;8. = deg;*raquo;) a. a. 0._S. 88!).
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„Der Milzbrand kam in einer Schäferei in Schlesien zum Ausbrach. Der Schäfer zog den gefallenen die Leder ab, und liess nun seine mit Blut besu­delten Hände von den noch gesunden Schafen ablecken; alle die geleckt hat­ten erkrankten und starben.quot; *) — Daselbst folgende Beobachtung: „In Po-pellan, einem schlesischen Dorfe, wusch eine Bauernfrau milzbrandiges Fleisch in einem Schaff, gab hierauf ihrem Pferde in diesem Schaff zu saufen, ohne dass sie es gereinigt hatte; das Pferd erkrankte und starb auch.quot; — Desplaraquo; sah die Hühner sterben welche die mit dem Aderlassblute der milzbrand­kranken Thiere verunreinigten Stcinchen aufpickten. **) Gilbert sah auf dieselbe Art Hühner, Puten, Enten, Amseln und Staare sterben. ***)
Um zu beweisen dass das Contagium im Blute primär erzeugt werde (was in manchen Fällen möglich ist)theiU Gerlach folgende Beobachtung mit: „Ein Bulle krepirte plötzlich am Milzbrand, nachdem er fünf Minuten zuvor noch eine Kuh besprungen und sich ganz munter gezeigt hatte. Ich war zu­fällig gegenwärtig, öffnete dem sterbenden Thiere die Halsader, fing von dem Blute etwas im Glase auf und impfte später damit ein Schaf welches nach 40 Stunden an der Blntseuche krepirte. Ein beim Abledern des Cadavers behülflich gewesener Drescher bekam nach 6 Tagen eine schwarze Blatter auf der Hand und erkrankte in dem Grade, dass er bald sein Leben einge-büsst hätte. Erkranken und krepiren war hier das Werk einiger Minuten; ich glaube daher nicht, dass sich in diesem Zeiträume das Contagium entwickelt hat, sondern habe die individuelle Ueberzeugung, dass wenn ich dem Bullen 5 Minuten früher zur Ader gelassen hätte, wo er noch ganz gesund erschien^ das Blut ebenfalls schon die coutagiöse Eigenschaft besessen hätte. Die Schafe krepiren meistentheils plötzlich au der Blutseuche ohne vorher krank zu sein oder zu scheinen, und das Blut von solchen Cadavern ist stets an­steckend.quot;***-)
Carganico hält denn ebenfalls das Blut für den hauptsächlichsten Träger des Contagiums: Dass das Blut der von Anthraskrankheiten ergriffe­nen Thiere der hauptsächlichste Träger des die Krankheit fortpflanzenden Princips sei, und dass dieses Princip eine um so gefährlichere Wirksamkeit zeige, je frischer, vielleicht selbst noch mit einiger thierischen Wärme verse­hen und dunstend, das Blut ist, steht wohl noch, wie es immer gelehrt wor­den ist, fest. Bei weitem die meisten Fälle von schwarzer Blatter kommeu noch immer nach dem Schlachten von krankem, und dem Abledern von gefal-
*) L a u b e n d e r a. a. O. S. 51. *') Instructions etc. torn. II. p. 294. deg;deg;deg;) Maladies cha rbo nn eu ses p. 19. quot;laquo;*) a. a. it. S. 150.
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lenem Vieh vor, und zwar an den bei diesen Verrichtungen rorzugsweise ver-unreinigten Theilen, den Fingern, Händen und Armen'quot;4)
Milz und Leber.
Wir werden unten sehen dass zuweilen Leber und Milz in am Milzbrand rerstorbenen Thieren und Menschen gesund gefunden werden; aber in der Regel sind diese Organe, und besonders die Milz, allerdings vorzugsweise krankhaft verändert. Manche Aerzte haben denn auch diese Organe für den Hauptsitz des Contagiums gehalten. Einige Beobachtungen könnten wohl für ihre Ansicht zu sprechen scheinen.
Was er sagt in dieser Beziehung: „Ich hatte in zwei Epizootien Gele­genheit mich zu tiberzeugen dass auf den Genuss des Fleisches von milz­brandkranken Thieren, ohne Berührung des Thiers oder des Fleisches, die meisten Menschen von dieser schwarzen Blatter, doch mit dem Unterschiede befallen wurden, das Jene, welche die Milz genossen hatten, jederzeit, in längstens 48 Stunde, an den heftigsten typhösen Zufällen, ohne Bemerkung einer schwarzen Blatter gestorben, bei den Uebrigen aber, meistens an der linken Seite, und nur an den oberen Gliedmasen, jederzeit zwei bis acht die­ser Blattern ausgebrochen sind.quot;**)
So erzählt Winkler: „Bei einer Frau, die von der Leber eines am Milzbrande erkrankten Thiers gegessen hatte, war es zur Carbunkelbildung nicht gekommen: Die Krankheit hatte mit den Erscheinungen eines gastri­schen Fiebers begonnen, und war auch als Febris gastrica behandelt worden; auf Ekel vor allen Speisen,gleichsam rheumatischen Schmerzen in allen Ge­lenken, vorzugsweise im linken Arme, traten nach 48 Stunden eine ausser-dentliche Angst in den Praecordien, Neigung zu Ohnmächten und unverhält-nismässiger Verfall der Kräfte ein. Als ich sie jetzt zum erstenmal sah, war ihr Bewustsein ungetrübt, der Puls kaum fühlbar, die Extremitäten marmor­kalt, und in der linken Achseihöle eine angeschwollene Drüse zu fühlen: Sie klagte nur über Angst und Schwäche und starb nach 12 Stunden.quot;*)
Berührung der Milz und des Milzbluts scheint doch in einigen Fällen vorzugsweise nachtheilig gewirkt zu haben. So erzählt Hausbrand: „Es erkrankten auf einem Gute plötzlich die Schweine an der Bräune; viele kre-pirten und der Schäfer beeilte sich einen auf der Weide ebenfalls schwer cr-erkrankten Schöps zu schlachten. Weder an noch in dem Cadaver litss sich etwas Krankhaftes wahrnehmen, ausser dass die Milz ein ganz ungewöhnlich dunkeles Ansehen hatte und ausserordentlich weich war. Der Cadaver wurde
*) Rust Magz. B. XIIV. S. 809.
raquo;) Oester. Mee. Jahrb. N. F. B. I. 4. S. 101.
•) Rlaquo;st Magz. B. XXXVII. S. 578,
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sehr bald tief rergraben, doch hatten vorher noch zwei Menschen die Lunge desselben genossen. Beide blieben gesund, während jener Schäfer, der das Thier geschlachtet, und der Wirthschafter, der die Milz desselben, jedoch erst nachdem sie schon erkaltet war, in einen Bogen Papier eingewickelt hatte, an der schwarzen Blatter erkrankten.quot;*)
D i t m e r in Osterwick theilt folgenden Fall mit: „Der Kuhhirt K. und sein Sohn schlagen eine plötzlich erkrankte Kuh todt, ledern dieselbe ab, finden bei Untersuchung der Eingeweide die Milz brandig, durchschneiden dieselbe mit einem Messer, wobei ihnen beiden das hervorquellende Blut an die linke Hand sprützt, und setzen hierauf die Section weiter fort. Drei Tage nachher empfinden sie plötlich ein starkes Jucken, und bald darauf ein brennendes Gefühl, an der linken Hand. Es erhoben sich Pusteln und später grössere Blasen auf derselben, am siebenten Tage suchten die Kranken ärtzliche Hülfe. Es zeigte sich bei beiden der linke Arm vom Ellenbogenge­lenk bis zu den Fingerspitzen mit schwarzen Blattern von der Grosse eines Taubeneies bedeckt, welche eine schwarze Jauche enthielten, und ganz, das Ansehen von Brandblasen hattenquot; etc.**) Beide wurden hergestellt.
In den Rheinischen Sanitäts-Berichlen (1839. S. 18): „Ein Rind war von einem Metzger obducirt und hatte sich dieser dabei mit dem Blute, namentlich mit jenem aus der Milz besudelt, übrigens aber keine Ver­letzung erhalten. Der Mann wurde krank und erhielt am linken Arm 13, am rechten 3 starke bösartige Pusteln.quot;
He Urne r theilt folgenden Fall mit: .,C. K. half seinem Nachbar die am Milzbrande gefallene Kuh desselben am 1. Aug. abledern. Er nahm die Milz heraus, und bemerkte dass beim Durchschneiden derselben eine Menge Eiter und Blut zum Vorschein kam. Am 3. August bekam er ein heftiges Jucken an den Händenj, welches später brennend und äusserst schmerzhaft wurde; am 4ten bekam er kleine Pusteln die sich bald in schwarzblaue Blasen ver­wandelten.....Alle Finger, die Hände und Vorderarme waren mit blauro-
then, harten Pusteln bedeckt, die flach und warzenartig anzufühlen waren, und von breiten Rändern umgeben wurden. In der Mitte jeder Pustel war ein Grübchen welches Lymphe entleertequot;***) etc. Er wurde gerettet.
Rohes Fleisch.
Rohes Fleisch enthält immer Blut, seine Wirkung muss also schon dess-wegen der des Blutes gleich stehen. Indessen selbst ausgewaschenes hat noch inficirt.
•) FreuRB Ver. Zeit J. V. S. 146 ••) Rust. Magaz. B. XX. S. 180. **•) Ru.t. Magaz. B. XVHI, S. 475,
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Allerdings ist Fleisch von am Milzbrand krank gevesenen Thieren sehif oft von Hunden ohne Nachtheil verzehrt worden; man hat mir eine Menge Beispiele mitgetheilt, und ein vielbeschäftigter Abdecker fütterte in meiner Gegenwart seinen Hund mit solchem Fleische, versichernd, dass er das immer thue, er nehme sich nur in acht ihnen Carbunkel, Milz- und Leber zu geben: Aber eine grose Anzahl von Fällen beweist, dass es sehr oft inficirend wirkt. Um den Widerspruch zu erklären, haben Manche angenommen, eraquo; stecke die Thiere nur an, wenn sie irgend eine Verletzung im Maule hätten! Dass sie dann leichter inficirt werden, ist ohne Weiteres zuzugeben; allein in vielen Fällen ist das nicht anzunehmen, es würden dann die Carbunkel immer im Maule entstehen, was oft aber keineswegs immer der Fall ist, und mehrere der unten mitgetheilten Fälle dürften wohl dafür sprechen dass, gegen die gewöhnliche Regel bei der Wirkung der Gifte, zuweilen die In­fection zuweilen auch noch im Magen statt findet. Die Erklärung der Dif­ferenz der Wirkung dürfte in dem zu finden sein, was oben über die ver­schiedene Stärke und Verbreitung des Contagiums, so wie über die individuelle und zeitliche Verschiedenheit der Anlage beigebracht worden ist.
Die Katzen scheinen ausserordentlich empfänglich für das Contagiom zu sein und fressen solches Fleisch vielleicht niemals ungestraft. So berich­tet bereits Lappe: „Die Schweine, Hunde und Ratzen werden angesteckt, wenn sie vom Fleisch der Leichen fressen, oder Blut und gelbes Wasser lecken. Im Sommer 1789, als der Milzbrand in den Hannoverschen Aemtern Meinersen und Etlingen herrschte, wurden einige vierzig Schweine und einige hundert Katzen aus jenen Ursachen angesteckt. Die letztern sollen mit ge­sträubten Haaren, traurig und dabei hohl im Leibe in den Häusern herum­gegangen sein; entweder krepirten sie gleich oder erholten sich bald wieder *).quot;
—nbsp; Indessen scheinen sie sich auch mehr zn hüten, Laubender schreibt: „Auch mit Katzen wollte ich Versuche machen, allein die Landleute ver-versicherten mich gleich, dass nach ihrer Erfahrung dieses nicht möglich sein würde, weil sie alles verabscheuten, was von einem milzbrandig kranken Thiere herkomme. Der Erfolg bestätigte mir denn auch diese Vorhersage. Wie man einer hungrigen Katze Milch von einer kranken Kuh vorstellte, sie selbige beroch, lief sie davon, und kam sobald nicht wieder in das Hausquot;**).
—nbsp; Bidault der den folgenden Fall mittheilt, fragt verwundert, warum die Katze und nicht der Hund inficirt wurde? „Mud. L. versicherte mich, dass sie sich beeilte das Fleisch, was sie noch hatte, wegzuwerfen als sie ver­nahm der Ochse sei am Milzbrand gestorben; ihr Hund und ihre Katze fras-sen es, der erstere blieb vollkommen gesund, die letztere dagegen bekam
*) Ueber den Miltbrand delaquo; Rindviehi. S, 43 ') A. a. O. S. 47.
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Erbrechen und Durchfall, wurde sehr mager und srholte sich erst nach lan­ger Zeit*).quot; — So erklärt denn auch Gerlach: „Die Hunde sind im Ganzen wenig empfänglich für das Milzbrandcontagium, sie fressen fast im­mer von den an der Blutseuche krepirten Schafen, selten ereignet sich ein­mal eine Ansteckung bei ihnen. Dagegen sind die Katzen sehr empfänglich für das Milzbiandcontaginm, sie krepiren gewöhnlich am Milzbrande, wenn sie von solchen Cadavern gefressen haben. Eine Katze krepirte am andern Tage, nachdem sie ein mit milzbrandartigen Blute beschmutztes Stück Holz beleckt balte. Ein alter Dorfhirte sagte mir: Die Katzen krepiren immer, wenn sie von solchem Viehe fressen, was am Milzbrande krepirt istquot; **). — Bei Schwab heisst es: „In Türkenfeld krepirten 4 Katzen, welche vom Fleisch und Blut gefressen hatten, und '2 Schweine krepirten von dem Aase eines krepirten Hirschenquot; '**). — Eben so erhielt in einem andern Fall ein Hund und eine Katze den Abfall von Fleisch, die Katze starb, der Hund genass aber****).
Mit der Bemerkung von Gerlach stimmt es denn überein, dass nach Hildebrand Hunde die Milzbrandfleisch gefressen hatten, ohne selbst zu erkranken, doch durch ihre Bisse Schafe und Binder ansteckten f). — Daher haben denn auch mehrere Schriftsteller die Blutseuche der Schafe für gar nicht ansteckend erklärt, wie z. B. Gasparin: „Diese schrecklichlaquo; Krankheit ist nicht ansteckend. Ich habe die krepirten Thiere öffnen, die Hunde damit ffitten, ja selbst davon essen sehen, ohne dass nur der geringste Zufall danach bekannt geworden wäre.quot; (a. a. 0. S. 90); freilich einige Para­graphen weiter unten führt er selbst Beispiele an, dass das warme Blut an­stecke. (S. 107.) HcrrCharlier behauptet, dieselbe Nichtcontagiosität weil er die noch rauchenden warmen Körper ohne Nachtheil von den Hunden verzehren sah,ff) So erzählt Delafond: „Barthelemy versichert, nach Versuchen die im Jahr 1823 in Alfort gemacht wurden, dass sich fleischfres­sende Thiere ungestraft nähren konnten|von dem Fleische am Milzbrand gestorbener Thiere, und die aus ihren Leibern ausfliessendenFlüssigkeiten trinken, ohne Nach-theil davon zn empfinden. Es ist eine bekannte Sache, dass die fleischfressenden Thiere, Löwen, Bären, Panther, im Jardin des Plantes zu Paris das rohe Fleisch der am Milzbrande verstorbenen Ochsen verzehren ohne davon zu leiden. Ich selbst habe mehrmals das Fleich an Milzbrand krepirter Pferde mehreren
*) Oeuores p. 193. ••) a. a. 0. XI. S. 890. •••) a. a. 0. S. 56.
quot;•••) Wagner: Hufeland Joorn. B. LXXIX, 4. S. 40. t) Blutseucbe S, 89. *t) S. c. p, 404.
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Hunden in fressen gegeben, und keiner ist erkranktquot; '). — Sehr fiele Be­obachtungen beweisen aber das Gegentheil; Delafond führt sebst mehrere an: „In der Epizootie 1776 frassen zwei Hunde das Fleisch von einem au Milz­brand leidenden geschlachteten Ochsen, sie starben. Godine der Vater machte dieselbe Beobachtung im Jahr 2 d. Rep. als der Milzbrand im De­partement der Haute Vienne herrschtequot;. „Desplas sah die Hunde, welche Ton den Leibern der in der Epizootie im Querci gefallenen Thiere frassen, sterben**). Gilbert sah einen Bär und einen Wolf an demselben Tage sterben, wo sie das Fleisch eines am Milzbrand gefallenen Pferdes bekommen hatten. Er gab das Fleisch eines Ochsen mehreren Hunden und sie starben sämmtlich ***). Eben so sah Nicolau im Jahr 1763 im Brougeais die Hunde, sterben, welche Ton den Leichen frassen. Dergleichen Beispiele Hessen sich noch in sehr grosser Anzahl anführen, aber zu den beweisendsten gehören die folgenden: Hübenertheilt folgende Beobachtung mit: „Den 2. April 1830, Morgens früh, bemerkte der Schäfer Brunet zu Nordeck, Kreis Marburg, beim Umschlagen der Heerde, dass ein ungefähr 3 Monat altes Lamm plötzlich erkrankt sei, wobei ein Stöhnen und Schlagen mit dem Kopf und Taumeln, ähnlich dem Trunkensein eines Menschen, die Haupterscheinungen waren, worauf es nach Verlauf einer Viertelstunde krepirte. Beim Abziehen des Felles bemerkte der Schäfer, dass die Adern am Halse noch viermal so dick, als im natürlichen Zustande angeschwollen waren, und dass aus der Mus­kelsubstanz des Buges und des Halses das Blut überall herausrieselte. Nichts Arges ahnend, gab er das Fleisch dieses Lammes seinen beiden Hunden zu fressen, Ton denen der eine das Vordertheil, der andere das Hintertheil Ter­zehrte. Die Hunde, welche vorher ganz gesund gewesen waren, fingen un­mittelbar nach dem Genüsse dieses Fleisches an sich krank zu zeigen und zwar mit folgenden Erscheinungen: Taumeln und Niederstürzen auf den Kopf, wie ein betrunkener Mensch, Verdrehen der Augen, welches zuletzt in Starr­heit überging. Kurz vor dem Tode zeigte sich heftiges Würgen, und der­jenige Hund, welcher das Vordertheil des Lammes gefressen hatte, krepirte schon eine Viertelstunde nach dem Fressen; der andere brach das Fleisch bald aus und krepirte dennoch nach einer halben Stunde. Beim Abdecken der Hunde fand man, dass die Adern des Halses erstaunlich geschwollen und aus den Muskeln des Halses und der Brust, wie bei dem Lamme., überall das Blut Erbsendick heraussickerte. Die Lungen waren voll geronnenen Blutes, auch die Leber war mit Blut angefüllt. Der zuerst krepirte hatte noch das Fleisch im Magen; dieser aber so wie die Gedärme schienen gesund zu sein.
*) Police sanitaire p. MS, ••) Inatr. T. II. p. 289. raquo;••) Gilbert Mem, p. 20
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Der zuletzt krepirte hatte nichts mehr im Magen, nur wamp;t derselbe an meh­reren Stellen roth*quot;). — Ein anderer Fall, wo der Hund alle Zeichen der Innern Carbunkelkrankheit darbot, von Vix, wurde bereits oben (S. 91) mitgetheilt. — In der Epizootic in Ostpreussen 1835 berichtet Drechsler: „Die Hunde erkrankten zahlreich, nachdem sie vom Fleische der Cadaver ge­fressen hatten**). — Gerlach theilt mehrere Fälle mit. So auch Lauben­der (S. 48) u. s. w. die Rheinischen Sanitätsberichte etc.
Die Schweine mögen sich ziemlich ebenso wie die Hunde verhalten, auch sie Terzehren das Fleisch zuweilen ohne Nachtheil, und in andern Fällen leiden sie sehr viel. So heisst es in einer Beobachtung: „Zwei Hunde und drei Katzen, die von dem Blute und der Galle einer nach zwölf Stunden am Milzbrand gefallenen Kuh frassen, krepirten alle nach einigen Stunden. Eben so wurden einige Schweine, die von den Eingeweiden etwas gefressen, schnell und sehr heftig krank, erholten sich aber wieder. Ein Bauer aber der ein Stück von dem gekochten Fleisch ass, blieb gesundquot; ***). — Wirt-gen theilt folgende Beobachtung mit: „Man versichert, dass das Fleisch von Schweinen, welche an Rankom (soie) krepirt sind, tödtlich auf die wirkt, welche davon essen. Zur Bestätigung dieser Ansicht will ich folgendes Beispiel anführen: Ein Ochse, welcher Herrn M. C. in Bettenburg angehörte, starb an einer Carbunkelkrankheit; er wurde nicht tief genug begraben; der Zu­fall führte eine Heerde Schweine an den Ort, mehrere dieser Thiere frassenc davon, eben so zwei Hunde; sie bekamen ein carbunkulöses Leiden am Kopfe, welches in der Gattung Sus Scrofa das Rankorn darstellt. An dieser Krank­heit waren schon mehrere gefallen ehe angemessene Hülfe geleistet wurde, aber die, welche früh genug behandelt wurden, wurden geheilt. Die Kopf­geschwulst der Hunde, die auch von diesem Fleische gefressen hatten, wurde geheiltquot; ****). — „Vier Säue wurden von hrandiger Halsentzündung befallen, nachdem sie von dem Fleische einer am Milzbrand krepirten Kuh gefressen hatten, eine fiel, die drei übrigen wurden gerettetquot;#9632;}#9632;). — „Herr Thomas, Veterinaire im Depart, de Vaucluse, hat eine Beobachtung an die Thierarze-neischnle in Lyon eingesandt, nach welcher von 20 Schweinen die von dem Fleische einer am Milzbrand krepirten Stute gefressen hatten, 18 vom Milz­brand befallen wurdenquot; ft)- — „Drei Schweine und zwei Hunde, welche von einem am Milzbrande krepirten Stück Yieh Fleisch gefressen hatten, be-
deg;) Nebel und Vix Zeit sehr. B. IX. S. 508. ••) Magaz. f. Th. B. III. S, 165. •••) Rust Magaz. B. XV. S. 177. ••••) Journal d'Agricult. des Pays-Bas. tom. XVIII. p. 813. t) Guillame: Mem. de la Soc. d'Agricult. A. 1821* p. 79. it) Delafond Pol. san, p. 503. Hcuilnjer, Milibrnndfnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ij7
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kamen Anthraxbeulen am Halse. *). Uebrigens gibt es auch hier sehr viele Fälle aufgezeichnet. Mir selbst ist ein Fall bekannt, wo der grösste Theil einer grossen Schweineheerde, höchst wahrscheinlich nur auf diese Art ange­steckt, krepirte.
Der Mensch geniesst das rohe Fleisch nicht quot;), aber er erkrankt sehr oft durch einfache Berührung des rohen Fleisches. — Bekannt ist der Mala, carnesche Fall: Ein am Milzbrand Jkrepirter Ochse war zertheilt und das Fleisch verkauft worden, 8 Personen, die das Fleisch berührt hatten, wurden von M. an Milzbrandcarbunkel kehandelt; darunter ein Fourier der in ein Wirtshaus kam, da ein sehr schönes 'Stück liegen sah, es bewundernd in die Hand nahm, und 7Tage darauf einen Carbunkel in,Gesicht bekam ***). — Eine Madame Bonnot zerschnitt das Fleisch eines Hammels der an der Blutseuche krepirt war, und berührte sich mit den Fingern ..das linke Auge; bald darauf bekam sie an dieser Stelle einen (Jarbunkel ****). — Im Jahre 1828 kam ein Fall im Dep. der C6te-d'Or zur gerichtlichen Ver­handlung, wo das Fleisch eines milzbrandkranken Ochsen verkauft worden war, viele Personen, die dieses Fleisch nach Hause getragen oder berührt hatten, erkrankten und mehrere starbenf). Dergleichen Fälle sind sehr oft vorgekommen und werden im Folgenden noch erwähnt werden. Vorzüg­lich häufig sind Infectionen beim Einpöckeln solchen Fleisshes vorgekom­men ff). — Leviseur erzählt: „Anna Fonda hatte ein Stück Fleisch von einem geschlachteten milzbrandkranken Ochsen am 2ß. Aug. abgewaschen, aber nicht davon gegessen. Zwei Tage darauf bekam sie ohne Fieber oder sonst andre Beschwerden an der linken Hand 3 Blattern, die anfangs von der Grosse einer kleinen Erbse, blau, dann schwarz von Farbe, mit einer hornählichen und harten Kruste sich bedeckten, und deren ganze Um­gebung aufgeschwollen warquot; fff) etc.
Gekochtes Fleisch.
Die Frage ob auch gekochtes Fleisch noch Milzbrandcontagium enthalte! ist eine sehr wichtige für den Arzt und für den Staatswirt im Allgemeinen, Leben und Vermögen kommen im hohen Grade in Anschlag. — Sie wird
•) Rhein. San. Ber. 1835. S 40. *#9632;) Indessen sind mir Fälle von, selbst tödtlichen. Erkranken von Familien vorgekommen, wo ich nicht umhin konnte milzbraudige Cervelatwiirste und Schinken zu vermuthen. •quot;) Del carbonchio p. 51. ••••) Delafond Pol. san. p. 501.
t) Mem. de la S o c. d'Agricult. 1820. p. 143. vf) S. Cargamico a. a. 0. S. 398. Kopp a, a. O, Remerlaquo;. unten, tit) Pr- Ver, Zeit. 1338. S. 206,
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sehr oft und sehr allgemein verneint, solches Fleisch für ganz unschädlich erklärt, und zwar theils aus theoretischen Gründen, indem man meint: a) die Siedhitze zerstöre jedes Contagium, was sich aber schon nach dem was oben über die Lebenstenacität desselben erwähnt worden ist, als unrichtig erweist, indem nicht allein der geschmolzene Talg, sondern selbst die nach starken Äusbraten gebliebenen Reste sich sehr ansteckend zeigten; b) alle Conta-gien würden in dem Magen zersetzt und unschädlich gemacht, allein das ist selbst für andre Contagien nicht ohne Ausnahme giltig, und dann würde ja auf dem Wege zum Magen immer noch Infection erfolgen können; theils aber führt man die Erfahrung an, dass dieses Fleisch sehr allgemein ohne Nachtheil verspeist werde! Das ist sehr wahr, da selbst diesen Grundsatz vertheidigen; ich zweifle nicht, dass in meinen Umgebungen jedes Jahr hun­derte Ton Menschen solches Fleisch geniessen, und ich kann keinen strengen Beweis seiner Schädlichkeit beibringen, obgleich ich es wiederholt sehr im Verdacht hatte, und für mein Theil ziemlich überzeugt bin, dass es vor kur­zer Zeit in einem zur gerichtlichen Untersuchung gekommenen Falle, den Tod einer ganzen Familie zur Folge gehabt hat. — Bejaht wird die Frage auch oft, und so viel mir bekannt, nehmen alle Medicinalgesetzgebungen in Russland, Deutschland, Frankreich, Italien u. s. w. seine schädliche und oft tödtliche Wirkung an, und untersagen seinen Gebrauch. Indessen die That-sachen auf die man sich stützt sind, in der Art, wie sie vorliegen, sehr ver­schiedenartig, und werden von den Gegnern mit Recht oft ganz anders ge­deutet. Die Kritik wird daher alle Ursache haben diese Beobachtungen zu sichten und einer strengen Prüfung zu unterwerfen; dann wird sich finden: 1) In vielen Fällen, wo dieses Fleisch genossen wurde und Infection eintrat, fand zugleich Berührung des Viehs oder von Theilen desselben statt, solche Beobachtungen können nichts beweisen; 2) in vielen andern Fällen kann wenigstens nicht bewiesen werden, dass eine Berührung unmöglich war, sie sind also unsicher; man hat sich wohl in beiden Fällen darauf bezogen, dass bei Berührung die Infection an den berührten Stellen eintrete, dass man da­her bei Innern Leiden oder Affection bedeckter Stellen u. s. w. an eine in­nere Infection denken müsse; das ist allerdings in der Regel der Fall, allein wir werden in der Folge sehen, dass es Ausnahmen von dieser Regel gibt. 3) Es bleiben daher nur diejenigen Beobachtungen als eigentlich beweisende übrig, in denen keine andre Art der Einwirkung des Contagiums möglich oder doch wenigstens irgend wahrscheinlich war.
Geleugnet wird indessen die Möglichkeit der Infection durch die Ver­dauungswege bereits von Saucerotte: „Die pustula maligna entseht immer nur durch eine äussere Ursache, d, h. durch ein Gift, welches in den Or­ganismus gebracht wird durch einen Stich, durch eine Excoriation, eine Wunde und zuweilen durch die Poren der Haut .... Mit diesem Gifte verhält es raquo;ich wie mit dem der Viper, welches man verschlucken kann ohne dass
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es schadet; denn es ist sehr oft vorgekommen, dass arme Leute das Fleisch von milzbrandkranken Thieren gegessen haben, ohne dass es ihnen im Ge­ringsten geschadet hat. Soll daher dieses Gift schaden, so muss es unmittelbar in die Haut gebracht werden und die Säfte in den Gefässen rerderbenquot; *) etc. — So erwähnt auch schon Van Phclsum (N. 62) dass man in Friesland nicht allein die Berührung der Thiere, sondern selbst ihren Dunst im höch­sten Grade fürchte, dass man dagegen das Fleisch ohne Nachtheil esse. — So erzählen Wagner von der Epizootic 1756 und Glaser von der 1778, dass das Fleisch ohne Nachtheil verzehrt worden sei. — Gasparin erklärt: „Das Fleisch eines Schafs, welches am Innern Carbunkel gestorben ist, ist gar nicht gefährlich zu geniessen, wenn man das Thier im Augenblick seines Todes abbluten lässt, und wenn man es kocht. Man macht davon täglich auf un-sern Oekonomiehöfcn Gebrauch. Im Langucdoc bereiten sich die Schäfer das Anthraxstück als Speise zu, und behaupten es sei sehr schmackhaft. quot;) — Stahmann, in dem niedersächsischen Haupt-Milzbrand-Distrikte lebend er­klärt: „In unsrer Gegend ist kein Beispiel bekannt geworden, wo Jemand durch den Genuss des Fleisches Schaden genommen hätte. *#9830;*)quot;. — Aus der­selben Gegend berichtet der vielerfahrne Hoffmann d. Vat.: „Meine Er­fahrungen sprechen zwar ganz bestimmt dafür, dass der Genuss solchen in-ficirten Fleisches für Menschen und Thiere nicht schädlich sei, allein ich achte die Erfahrungen der Aerzte, welche das Gegentheil behaupten '***) etc. — Aus dem Schlesischen Milzbranddistrikte (Oppeln) schreibt Schlegel im Jahr 1822: „Sehr häufig hat sich wohl an mehr als 100 Individuen, nur allein zu der Zeit, in welcher die oben beschriebenen Fälle vorfielen, die oft gemachte Erfahrung bestätigt, dass durch das Kochen des Fleisches solcher Thiere, welche am Milzbrände litten, der au demselben haftende Ansteckungs­stoff zerstört werden kann. Weit über 10O Menschen genossen das gekochte Fleich solcher Thiere dem Anscheine nach ohne allen Nachtheil. Wenn ein­zelne unter diesen vom Carbunkel befallen wurden, so zeigte eine nähere Untersuchung, dass sie, ausscr dem Genüsse des Fleisches, auch noch mit den kranken Thieren oder den von diesen berührten Gegenständen in Berührung gekommen waren. Wenn übrigens die in andern Gegenden gemachten Er­fahrungen dafür zu sprechen scheinen, dass selbst durch den Genuss des ge­kochten Fleisches der Milzbrandcarbunkcl oder ein analoges Uebel erzeugt werden könne, so wird die Vermuthung rege, dass die Metamorphose, welche die organische Substanz, die Säfte und Abgänge der kranken Thiere in
*) Journ. de Med. Vol. LV. p. 31.
'*) Von den anstckenden Krankheiten der Schafe. S. 107. •*•) a. a. 0. S. 30. #9830;quot;•) Rust Magaz- B. XXI. S. 96,
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Folge des Milzbrandes erleiden, nicht in jedem Krankheitsfälle gleich, sondern verschieden seinquot; •). — Sehr zahlreich sind allerdings die Beobachtungen, wo Menschen, die oft in grosser Anzahl das gekochte Fleisch assen, alle ge­sund blieben, während alle die dasselbe berührt hatten, krank wurden und starben**). In dem angeführten Fall von Meyer assen 200 Menschen von dem Fleische ohne zu erkranken, und 5 die dasselbe zubereitet hatten, er­krankten, wovon 2 starben. In dem andern von Lorinser mitgetheiiten Falle erkrankten 2 Männer, die eine milzbrandkranke Kuh abhäuteten^ und eine Frau, welche ein Stück Fleisch derselben auf der Schulter getragen hatte, starb am Carbunkel; dagegen von 70 Menschen die das Fleisch gegessen hatten, nur 2 leichtes Erbrechen bekamen. — Kein Wunder, wenn solche Erfahrungen viele Aerzte sicher machen. Besonnene Aerzte urlheilen in­dessen auch nach ähnlichen Beobachtungen vorsichtiger: Helbich, der viele Beobachtungen in Polen machte, sagt: „Cum aestale morbus saevit, nee facile serventur carnes, inter familiäres et amicos distribuntur. C'entenos ipse rus-ticos vidi, qui comes U carne coeta aut assata, optima valetudine gaudebant, dum animalia oeeidentes, pellum detrahentes, aut carnem praeparantes morbo subigerentur. Nolum quuque est, Judaeus minorum Poluniae oppidornm saepissime laniorum vices agere; quorum duo incipienle in vicinis pagis zootia, aegrotantem bovem furtim in civitate Konin inlroduxerunt, quem noeta occisum insequenti die venalem obtulerunt. Plurimi incolae, me forsam haud excepto, hac carne usi sunt. Nemo suceubuit morbo, nec ulla febri la-boravit, dolusque in diem non prodiisset, nisi ejus auetores, infecti Carbun­culo polonico, gravi morbo fraudulentiae poenas dedissent. His exemplis abunde commonstari arbitror, esum carnis pecorum, febre putrida correptorum, oeconomiae animali nullum saepe damnum inferre. Absit tarnen haec a me temeritas, ut nonnullis convictus eiemplis, carnem peeudum gangraenosa inflammatione aegrotantium omnis noxae expertem esuique idoneam judi-cem'1 ***) etc. — Malacarne, welcher 8 Personen durch Berührung des Fleisches von einem am Milzbrande krepirten Ochsen erkranken sah, aber keine von den vielen die es gegessen hatten, schliesst vorsichtig: also kön­nen Menschen solches gekochtes Fleisch zuweilen gemessen ohne zu er-
!
•) Rust Magaz. B XVIII. S 333.
*') S. z. B. U s i a n d ü r G eri u u e r u n gen an I'olizeien etc. S-00 — K n a u x et €lia usier I. c p. 267 — Hoffmannfil. diss-cit. p. 4(raquo;. — Ziegler, Rust Magaz. It. XV. S. 135. — II cine, Rust M. B. XXXV. S. 230.— Schwabe Casper w. 1838. S. 201.— Meyer l'r. Ver. Zeit. 1841. S, 14raquo;. — Lorinser (Meyer) das. 1835. S. 154. •••) De carbunculo polnnicu p. 13.
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kranken, aber ganz richtig fugt er hinzu, oft erkranken auch nur laquo;ehr venige einzelne von denen die es berührt haben, also: Si guardi perö chiun-que dal tirare da questi corollari la falsa consequenza: dunque si mangino, ehe sarrano sempre innocenti; perchfe cio faciendo si dimostrerk turpemente inimico della sicurezza publicaquot; *) etc. — Was man aus diesen] Beo­bachtungen schliessen kann, aber auch Alles was man daraus schliessen darf, ist — das gekochte Fleisch gegessen, ist im Allgemeinen weniger ansteckend als die Berührung der nngekochten Theile des Thiers.
Vergleichen wir nun nach den oben angegebenen Categorien die Beobach­tungen, welche für die Ansteckung durch gekochtes Fleisch sprechen sollen, so sind wegen erwiesener gleichzeitiger Berührung, als nichts beweisend, auszuschliessen: I) Die so oft angeführten sehr zahlreichen Beobachtungen von Bertin in Guadeloupe, wo wohl mit wenigen Ausnahmen, die Berüh­rungen, die gleichzeitig statt fanden, erwiesen sind; obgleich nicht geläugnet werden kann, dass die Form bei manchen für Infection durch die Nahrungsmittel spricht. 2) Bidault de Villiers liefert eine Beobachtung, wo in der Stadt Saulieu ein am Milzbrand verstorbener oder sterbender Ochse geschlach­tet und sein Fleisch an mehr als 300 Personen verkauft wurde, nur eine verhältnissmässig kleine Anzahl erkrankte, wahrscheinlich fast alle durch Berührung. Aber freilich blieben Schlachter und Verlheiler des Fleisches gesund; mehrere erkrankten erst 12 bis 14 Tage nach dem Genuss; ein Mann der 5 oder 6 Tage nacheinander von dem Fleische gegessen halte, litt an Schwindel und Magenschmerzen; mehrere litten an Brechneigung, Kopfschmerzen und selbst an Furunkeln. Eine Frau bekam einen Car-bunkel auf dem Bücken der Hand, der durch Aetzen bald geheilt wurde. Ein Mädchen bekam den Carbunkel an der Nasenspitze der eben so geheilt wurde. Ein Kaufmann kaufte das Unschlitt und schmolz es, er bekam einen Carbunkel am Winkel des Unterkiefers der vernachlässigt und erst spät ge­heilt wurde, es folgten Leiden der Blase und des Darmkanals und nach meh­ren Monaten starb er an einer Verengung des Darmcanals. Eine Frau be­kam den Carbunkel am Vorderarm; eine andere auf der rechten Hand, und eine dritte im Gesicht; ein Kind von 4 Jahren unmittelbar nach den Blat­tern auf einem Augenliede. Ein Mann und eine Frau trugen das Fleisch in einem leinenen Tuche nach Hause, die Frau und ihre Kinder assen 5 bis 6 Tage von dem Fleische, ohne zu erkranken, obgleich sie dasselbe sehr viel gehandhabt hatte; der Mann dagegen hatte nur einmal davon gegessen, und bekam am folgenden Tage schon einen sehr bedeutenden Carbunkel auf der rechten Hand **), In den mehrsten Fällen fand wohl Infection durch
,) Del carbonchio p. 55. ••) Oeuvres, p. 158.
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Btriihrung laquo;tatt. — ST Von einem krepirten Ochsen wurden meLrere Ter-soncn durch Berührung inficirt und eine starb. Der Mann, welcher die Haut abgezogen hatte, brachte seiner Frau noch ein warmes Fleisch nach Hause, welches sie wusch, ihr Kind, ein Knabe von 8 Jahren, soll dasselbe auch berührt haben und dann mit den Händen in das Gesicht gefahren sein; die Familie ass viermal von dem Fleische, der Mann blieb gesund, der Knabe bekam schon am zweite Tage einenn Carbunkel am linken Mundwinkel, die Mutter am dritten Tage auf der rechten Hand*). — 4) Bei einer Reihe von Inficirten, welche Leviseur beschreibt, hatte offenbar bei den mehrsten Berührung statt gefunden, bei einigen hat es dagegen wohl den Anschein, als seien sie durch Fleischgenuss angesteckt: „Bei der Untersuchung zeigte sich Folgendes: a) A. F. hatte ein Stück Fleisch von einem milzbrand­kranken Ochsen am 26. Aug. abgewaschen, aber nicht davon gegessen, zwei Tage darauf bekam sie ohne Fieber oder sonst andre Beschwerden 3 Milz­brandblattern an der linken Hand, b) M. A. hatte nur das abgelederte Fell eines Ochsen auf den Speicher getragen und 3 Tage darauf, ohne vorher­gegangenes Uebclbefinden, an der rechten Hand eine Brandblatter erhalten, c) Z., 30 Jahre alt, hatte am 25. Aug. ein Stück Fleisch erhalten, es ge­kocht und allein verzehrt, zwei Tage nach dem Genuss dieses Fleisches er­hielt sie am Vorderarm zwei Brandblasen, d) A. B., 56 Jahr alt, hatte schon früher, als die Uebrigen ein Stück erhalten, es verzehrt und am Mittel­finger der rechten Hand 3 Blattern bekommen, e) K. verhielt sich ganz so wie die vorige, f) Desgleichen die M. g) K. hatte wie die drei vorigen ebenfalls Brandblattern, sie gestand, 3 Tage vorher von dem Fleische ge­gessen zu haben. Ausseerdem fanden sich die Leichen von: h) der Ehefrau D.. hatte STage vor ihrem Tode ein dergleichen Stück Fleisch verzehrt, bald darauf Zusammenschnüren der Brust, beschwerliches Athmen, ohne Fieber und Stiche, endlich am 3. Tage nach dem Genüsse des Fleisches eine grosse Brandblatter an der linken Hand erhalten. Die Kranke starb apoplektisch. i) Die zweite Leiche war die der Ehefrau M. K., welche 8 Tage vor ihrem Tode ebenfalls von jenem Fleisch gegessen hatte, unter ganz ähnlichen Erscheinungen wie die D. erkrankt und mit dieser an demselben Tage gestorben war. k) Der Sohn des, K. El., 11 Jahr alt, hatte bald nach dem Genüsse von dem fraglichen Fleische nach Ausssage seiner Eltern, an Brustschmerzen gelitten, dann hatten sich Beulen und Geschwüre auf den Brustmuskeln und den Armen des Knaben gebildet, und unter den entsetzlichsten Schmerzen dieser Geschwülste, die gar nicht erst Brandblattern machten, starb der Knabe, nachdem er S Tage lang krank gelegen hatte. 1) Am 1. Sept. erkrankte abermals ein Kind von 3 Jahren, M. N., an einer sehr grossen Brandblatter am rechten Oberschenkel,
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raquo;) Geisbisch I. c. p. 58.
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die sogleich ausgeschnitten und in Eiterung gebracht wurde; dieses unglücl-liche Kind hatte venig Pflege, die Brandblasse ergriff das Scrotum, machte die fürchterlichste Geschwulst über die Bauchbedeckung bis in die nates, und aller Hülfe ungeachtet, starb dasselbe am 4. Tage seiner Krankheit an voll­kommener Erschöpfung; die Leiche glich der eines an Apoplexie Verstorbe­nen. Ob dieses Kind auch von dem Fleische bekommen, konnte die Mutter nicht sagen, m) Am 3. Sept. erkrankte Ch. Bl. an Schmerz im Halse der rechter Seits ganz aufgeschwollen erschien, von einer Pustel oder Blase war nichts zu sehen, am 4. Sept. jedoch bildete sich am Mundwinkel linkerseits ein kleiner blauer Fleck aus, der binnen wenigen Stunden in eine Brand­blatter überging. Nach einem groben Diäfehler starb er. Zwischen den 4. und 11. Sept., also 14 Tage nach dem Genüsse des milzbrandigen Fleisches er­krankten an kleineren Brandblattern: n) W. M. der am rechten Vorderarm eine Blase erhielt, o) A. Sz. eben so wie der vorige, sie hatten das milzbrandkranke Vieh gefüttert, p) J. Kw. und q) J. K. Also im Ganzen 16 Personen von denen 5 starben*). Bei einigen ist die Infection durch Fleisch wahrschein­lich. — 5) Römer theilt eine Beobachtung von Infection dreier Frauen mit, sie hatten aber alle drei das Fleisch eingesalzen **), und nur zugleich solches gegessen. — Aehnliche nicht beweisende Beobachtungen gibt es viele.
Andre Fälle in denen die Berührung nicht nachgewiesen werden kann, lassen doch den Verdacht derselben zu. Nichts kann man auf allgemeine Behauptungen ohne Beweise geben. Fournier's ausgebreitete und viel­fache Erfahrung ist gewiss hoch anzuschlagen, und seine Erklärung, dass das genossene Hammelfleisch in der Provence eine Hauptursache des Erkran-kens der Menschen, und dass die auf solche Art erfolgende Infection die ge­fährlichste von allen sei, bleibt immer von grosem Gewicht, allein Beweise liefert er nicht. Dasselbe Gewicht hat die ähnliche Erklärung Chaberts ***), allein auch er bleibt den Beweis schuldig. Viel weniger ist auch die Be­hauptung Wolffs zu geben die schwarze Blatter sei in Polen immer Folge des Fleischgenusses****). Beweislos steht auch Wasers oben mitgetheilte Behauptung da. Eben so die von Dressler (a. a. 0. S. 191.), und meh­rere andre. Einige Angaben verdienen aber mehr Berücksichtigung. — Car-ganico hat diesen Gegenstand wenigstens mit etwas gröserer Aufmerksam­keit behandelt: „Es sind dem Bef. einige Beobachtungen vorgekommen, in welchen unzweifelhaft der Genuas des Fleisches milzbrandiger Thiere als krankmachende Potenz gewirkt hatte; gewöhnlich war zuvörderst die Person,
•) Pr. Ver. Zeit 1838. S. 206 ••) Hufe land Journ. B. XXXVIII. 1. S. 16. •raquo;•) Instr. vol. II. p. 212. •quot;*) Asklep. 1811. p. 638.
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welche dag Schlachten) des kranken Thiers besorgt hatte, an der Hand er­krankt, und bald darauf fanden sich auch ähnliche Kranke in der Nachbar­schaft, von denen es erwiesen war, dass sie übrigens nicht in die geringste Berührung mit dem verdächtigen Vieh gekommen waren *), wohl aber Fleisch von demselben gegessen hatten..... Zweimal waren es zwei bis drei Glie­der einer Familie, welche, nachdem sie gemeinschaftlich von dem verdächti­gen Fleische genossen, auch mit einander Ausbrüche der schwarzen Blatter bekamen; doch blieben in den dem Verf. vurgekoinmeneu Beispielen stets einige Individuen die an dem Genüsse des Fleisches Thcil genommen hatten, verschont..... Die Möglichkeit und das entschiedene Vorkommen von Milz­brandansteckung auch auf diesem Wege steht sicherlich fest. Das hier Ge­sagte bezieht sich übrigens zuuächst auf solche Fälle, in welchen die Krank­heit der durch den Geuuss von krankhaftem Fleische inficirten Individuen in der Form der gewöhnlichen schwarzen Blatter zum Ausbruch kam; meis-tentheils war der Sitz des Vebels im Gesicht, einigemal jedoch auch an den Füssen und Unterschenkeln. Da diese letzteren Fälle die einzigen Beispiele der Fustula maligna an gewöhnlich bedeckten Theilen sind, die Bef. gesehen hat, so ist dieses ein Grund mehr für die Annahme, dass hier die Krankheit nicht durch die Einwirkung des Contagii auf die Haut, sondern in der That
aus dem Genüsse des krankhaft veränderten Fleisches entstanden sei **).....
Es ist zu erwarten, dass derselbe Genuss auch direct das zunächst betheiligte Organ, den Magen, afficiren, und von dort aus auf die festen und flüssigen Theile des Organismus als krankmachende Potenz wirken werde. So ist es in der That, und auch Bef. hat einigemal innerliche Erkrankungen gesehen, deren Entstehung durch den Genuss des Fleisches Von milzbrandkranken Thie-reu nicht bezweifelt werden konnte. Indessen sind diese Fälle nicht zahl­reich (etwa 10 im Ganzen), meist nur von leichterer Art gewesen, und tödt-lich abgelaufene hat Bef. nicht beobachtet. Derselbe sah gewöhnlich meh­rere Familienglieder auf einmal, nachdem sie von einem wegen Krankheit schnell geschlachteten Thiere eine oder mehrere Malzeiten gehalten, erkran­ken; Magendrücken, Eckel, Erbrechen, Beängstigungen und Schwindel, spä­terhin starkes Leibweh, groser Verfall der Kräfte, der sich auch im äussern Ansehen des Kranken, und besonders im Pulse auffallend aussprach, das wa­ren die Hauptsymptome dieser Krankheitquot; ***). — Pallas erzählt schon: „Bei den Kaimucken ist eigentlich die Gewohnheit, alles am sogenannten Mohmo krepirte Vieh zu verbrennen. Allein die Gefräsigkeit der Armen lässt es selten zu, und sie schneiden alsdann nur das Fleisch, wo die Beule sitzt
*) Auch nicht das Fleisch getragen, gewaschen, gekocht hatten? deg;deg;) Dieser Grand wird durch früher und später von uns mitgetheilte That-Sachen sehr geschwächt,
•quot;) RustMagaz. B. XLIV. S. 395. 124.
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aus, laquo;rid lassen sich das übrige wolil sdiingt;ckcn. Mm sagt; dklaquo;l diejenigen welches solches Luder genossen, ühelartige Blut und Eiterbeulen (Chattigä) bekommen sollen, welche vielmals ansteckend sind. Die Kaimucken sagen der Mohmo der Pferde sei nicht allemal ansteckend, die aber von Kühen und Ziegen sei desto gefährlicher, und stecke nicht nur durch genossenes Fleisch, raquo;cnn es auch unwissend gegessen worden, sondern auch durch die Häute au, wenn man darauf sitze oder liegequot; *). — M a j o c c h i beobachtete die Folgen des Essens der im Jahr 1789 in Italien an der Anthraxepizootie krepirten Hüner, deren Genuss auch mehrere Aerzte für unschädlich erklärten: „Zwar habe ich gleichfalls beobachtet dass das Essen derselben gewöhnlich mit keinen sichtbaren schlimmen Folgen begleitet war; allein das kann ich doch auch nicht sagen, dass der Genuss dieses Fleisches allen, die davon ge­gessen haben, wohl bekommen sein sollte, viel mehr habe ich gar nicht selten bemerkt, dass viele meiner Patienten deswegen sich erbrechen mussten, und Leibschmerzen verbunden mit Poltern im Leibe, bekamen; ja bei einigen trat sogar ein Durchfall ein der einige Tage lang anhielt, und mit Mangel an Esslust, Ekel, unreinem Munde und Mattigkeit verbunden war. Dieses sind nicht die einzigen Zufälle welche diejenigen befielen die von angesteckten Hünern gegessen hatten. Niemals habe ich so sehr über Jucken, Hitzblattern Blutschwären und Rose klagen hören als nachdem die Seuche unter den Hüh­nern ausgebrochen war. Einer ausserordentlichen Menge gastrischer Fieber zu geschweigen, führe ich nur eine carbunkulöse Entzündung an, womit eine sechzigiährige Frau in Velezzo befallen wurde; der ganze linfce Arm war ungeheuer geschwollen und voll schwärzlicher Bläschen, eine Krankheit deren Ursache ihr unbekannt war; nach der einstimmigen Versicherung aller Nach­barn war das Uebel daher entstanden, dass sie mehr als alle ihre Hausge­nossen von todten Gänsen gegessen hatte. Dasselbe Uebel befiel nach dem Genüsse todter Hüner einen gewissen Joseph Poutaluppi von Campalestro an der linken Mittelhand; die Geschwulst nahm den ganzen Handrücken und zu­gleich einen Theil des Vorderarms ein. Eine ähnliche Beobachtung ist mir von einem Wundarzte zu Cergnago mitgetheilt wotden: Ein Bauer bekam einen phleg-monösen Carbunkel, nachdem er eine grosäe Menge todter Hühner gegessen hatte. In der That fehlt es auch gar nicht an Beobachtungen dass Menschen, die vom Fleische angesteckter Thiere gegessen haben, dadurch gleichfalls ange­steckt worden sind: Ein gewisser Bauer in Garlasco Lumellina erfuhr dass man einen an einer Krankheit gestorbenen Ochsen eingescharrt hatte. Weil er nach dem Fleische desselben lüstern war, begab er sich zur Nachtieit an den Ort wo der Körper vergraben war, nahm den Kopf heraus, Hess ihn zu Hause kochen; und ass davon zu Mittag mit seiner ganzen Familie. Unter den vier Personen die davon gegessen hatten war er der erste dem die Mahl-
*) Nordische Bei trlisre B. F. S. 121
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zeit üdel bekam, ei zeigte lieh im Gericht ein Karbunkel; sein Sohn brachte ihn in das Hospital zu Paria wo er starb. Kaum war der Sohn wieder nach Hause gekommen als er gleichfalls einen Karbunkel an dem einen Bein bekam, und in wenigen Tagen folgte er seinem Vater nach. Bei der Mutter wurde der Schlund angegriffen und sie musste auch sterben. Nur die yierte Personraquo; eine Frau, kam davon, nachdem sie einen sehr heftigen Durchfall ausgestanden hatte.quot;*) — Dussausoi theilt 6 Beobachtungen von Milzbrandcarbunkel bei Menschen mit, welche zum Theil durch Fleischcsscn, zum Theil von seihst entstanden sein sollen, und wo es bei dem einen auffallend ist dass er seinen Sitz auf der Milzgegend halte und die Milz selbst zugleich sehr stark ange-ßchwollcn war.'*) — Kopp theilt mehrere Beobaclituugen mit wo der Milz­brandcarbunkel sich nach dem Genüsse von Fleisch eutwickelt haben soll, aber aber bei keinem Kranken ist sicher nachgewiesen dass keine Berührung statt fand, diese vielmehr wahrscheinlich; in folgenden Fällen spricht in einem die Form vielleicht mehr für die Entstehung durch Fleischgenuss: „A.nsser den erwähnten Personen wurden noch mehrere von dem Fleische derselben Kuh angesteckt. Eine Frau hatte den Carbunkel am Daumen, bei einer andern sass er mitten in der Hand. Eine dritte Frau welche von dem Fleische der kranken Kuh genossen, wurde bald nachher von einer erysipelatösen Geschwulst des Beins befallen. Es erschien indessen kein Carbunkel.quot; ***) Eben so ist von einer ähnlichen Beobachtung desselben zu bedauern dass die näheren Ver­hältnisse nicht angegeben sind: „Das Fleisch von dem Binde welches dem I. B. gehörte, konnte nehmen wer wollte. Ich ging zufällig vor dem Hause vorbei, man rief mich und bot mir für meinen Hund davon an. Ich nahm ein ganzes Hinterviertel und den Kopf, und Hess mir es nach Hanse tragen-Den Kopf die Zunge ausgenommen erhielt der Hund. Das andere assen wir selbst zum Theil frisch, das übrige nebst der Zunge wurde eingesalzen, und nach und nach genossen. Personen die mir alle bekannt sind, assen eben­falls vom 'Fleische dieses Bindes ohne weitere Folge, Einer ausgenommen erkrankte am fünften Tage nachdem er vom Fleisch gegessen hatte; es er­zeugte sich aber hier keine Giftblatter, binnen 6 Stunden war der Kopf so angeschwollen dass Äugen und Nase eine Fläche hatten, die Geschwulst war dunkelroth; der Kranke klagte über Übeln Geschmack und heftigen Schmerz im Hinterkopfe, hatte Neigung zum Erbrechen, Druck in der Herzgrube und starke Hitze, der Puls war hart und frequent, die Zunge belegt. Ein Brech­mittel that gute Dienste und der Kranke genass. Am 8ten Juli assen wir zuerst von dem Fleische und am 14ten war eine Giftblatter bei meiner Frau
*) Kühn u. Weigel ital. Bibl. B. I. 2. S. 219. 241. quot;) Journ de Med, vol. LXIX. p. 12. quot; ) Jahr. B. X. S. 46.
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im Entstehen und durchlief alle Stadien; mir hatte der Geuuss nichtlaquo; geshadet. Das übriffe Fleisch wurde weggeworfen.quot; *) — In der folgenden Beobachtung machen es die Form und der Sitz der Carbunkelgeschwülste wahrscheinlich dess die Ansicht des Arztes richtig ist: Kreisthierarzt Stricker bemerkts den Milzbrand zu Rondorf (1832) wo zwei Kühe daran krepirten. Ein Schwein welches wahrscheinlich von dem todten Vieh etwas gefressen hatte, krepirte an einer sehr bedeutenden Carbunkelgeschwulst in der obernquot; Halsgegend. Am 27.Juli machte derselbe eine Untersuchung wegen Milzbrandes unter dem Rind­vieh in Vochem. Es ergab sich dass vor mehr als einem Monat eine Kuh erkrankt war, von der man glaubte dass sie das Blut hätte. Dieselbe wurde geschlachtet und das Fleisch davon veräussert. Einer zweiten bald darauf eben so erkrankten Kuh hatte man ebenfalls den Hals abgeschnitten und ihr Fleisch theilweise eingesalzen. So Hess man nach und nach 8 Stück Horn­vieh, die erkrankten, theils schlachten, theils krepiren. Es ereigneten sich auch hier mehrere traurige Beispiele der Unwissenheit und Nachlässigkeit. Eine Frau hatte bald nach dem Fleischgenuss von ihrer geschlachteten kran­ken Kuh Carbunkelgeschwüre am Kopfe erhalten, wozu bald Anschwellung des Gesichts und später des übrigen Körpers sich zugesellten, an deren Folgen sie nicht lange nachher starb. Eben so waren noch fünf andere Leute im Dorfe, welche von dem Fleische gegessen und in der Nähe des Mundes ein Carbunkelgeschwür halten. Das Geschwür war von der Grosse eines Silber­groschens und hatte in der Mitte einen grossen schwarzen Fleck worin die Haut abgestorben war. In der Umgegend waren alle Theile sehr geschwollen, besonders die Lympfdriisen am Halse. Der Kreisthierazt Str. hält es für wahrscheinlich dass jene Infectionen durch den Fleischgenuss erfolgten, dass das Milzbrandgift, 80 bald es in den Magen gelangt, durch die Säfte desselben zerstört zu werden scheine, dass aber die Uebertragung des Giftes durch jene aufsaugenden Gcfässe geschehe welche in dem Munde oder doch vor dem Magen gelegen sind.quot;*quot;) — Wo dagegen in Familien nur die Hausfrauen nach dem Genüsse des Fleisches erkrankt sein sollen, ***) da hat wohl gewöhn­lich Beriihning des Fleisches heim Kochen die Infection verursacht. — Helmcr in Brieg erwähnt zweier Menshen, welche in Folge des Ablederns eines milz-brandigen Thiers auf die gewöhnliche Art, aber recht bedeutend erkrankten, jedoch beide wieder hergestellt wurden. Mehrere Menschen, welche unbekannt mit der ihnen drohenden Gefahr, von dem Fleische des geschlachteten Thiers genossen hatten, blieben gesund, ohne die mindesten Spuren eines Unwohlseins-Andre dagegen klagten darauf über Uehelkeiten und Neigung zum Erbrechen, wieder andere bekamen aashaft stinkende Diarrhöen; den meisten war ein
*J Das elbst B. V. S. 71 quot;) Rhein. Sau. B c r. 1832. S. 255. raquo;••) Kit ei n, Sii n B. 1839 S, 20 - 1843 S, 25,
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Calmnsaufguss zur Beseitigung ihres IVbelbeliiulcns hinreichend; nur zwei davon fieberten, was aber auch nach wenigen Tagen wich.quot;*) — Höpfner suchte, in der Gegend von Aschaffenburg, die Ursache vieler epidemischer Krankheiten, namentlich der Ruhr und des Petechialfiebers, auser den schwar­zen Blattern, in dem Genüsse Ton milzbrandigem Fleisch^ offenbar ohne Be­weis und hinreichenden Grund; allein bei herrschenden Milzbrandconstitutionen ist ja die Sache doch nicht ganz unmöglish, um so mehr da auch in neuesten Zeiten Äerzte ähnliches in manchen Milzbrandländern z. B. Wallache! und Egypten behaupten. *') Er führt folgende' Beobachtungen an: „Im August 1783**') wurde ich in ein benachbartes Dorf geschickt, allwo Schwarzblattern, Pestbeulen, Pestknoten unter den Menschen sehr häufig waren. Nach dem Genüsse des Fleisches von einem krankgewordenen Stück Rindvieh war dieses Unhell über sie gekommen, und alle die davon assen, wenn nicht sogleich durch ein freiwilliges Erbrechen der Magen sich dessen wieder entledigte wurden mit solchem Hebel bestraft. Also ist der Carbnnkel durch den Genuss des Fleisches von einem kranken Ochsen entstanden! Ich erzähle ihnen noch dass in diesem Dorfe mehrere Stücke Rindvieh mit dem sogenannten Rücken­blut oder Unrath und mit Geschwülsten an dem Kehlkopfe, so wie so wie die Schwarzblattern bei dem Menschen behaftet, und dass die Schweine mit einem carbunkelartigen Rothlauf an den Füssen, wozu sich kurz vor dem Tode die Bräune gesellte, befallen waren, und dass man nach dem Tode in den Einge­weiden der Menschen, des Rindviehs und derj|Schweine einerlei Zerstörungen gefunden habe. Von dieser Zeit an und auch schon früher fand ich hier und fast in allen Orten meines Physikats dergleichen Kranke. In einem an­dern von dem ersten drei Stunden entlegenen Dorfe, worin man nicht so deutlich die Ueberpflanzung des Giftes auf die Menschen hätte darthun können, wurde fast die ganze] Gemeinde mit schwarzen Blattern, mit Pestblasen, Pestbeulen und Pestkohlen befallen. Sie leugneten unge­sundes Fleisch gespeist zu haben; jedoch trug in diesem Dorfe ein Bauer, der einen kranken und nacher geschlachteten Ochsen mit seinem Arm in den After zuwartete, zuerst den Carbunkel an demselben davon, woran er starb. Ich frage sollten nicht alle diese Leute von dem Genüsse ungesunden Fleisches ihre Krankheit bekommen haben? Im Sommer 1784 fand ich nebst diesen in einigen Dörfern die Ruhr, in einigen einzelne Fleckfieber, indessen ich überall mit den berührten Festausschlägen zu schaffen hatte, die jedoch in
•) Rust Magaz. B. XVIII. S. ill.
**) Das Mosaische Gesetz der Unreinigkeit des Schweins hat wohl seinen Hauptgrund in seinen häufigen und so leicht auf den Menschen übertrag­baren Milbrandkrankheiteu.
**) 1783 bis 1787 sehr grosse und ausgezeichnete Milzbraudconstitulionen,
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unsrem nasskallen Summer in Art der Rose und Eiterschwülsten sich viel
öfterer zeigten......Im Hornung 1784 hatte ich eine Familie von mehr
als 40 Personen zu besorgen, die zu einer Zeit theils an einem galligten Seitenstechen, wozu die Flecken und fricselartigen Ausschläge kamen, theils an schwarzen Beulen und bösartigen Geschwüren lagen. Einige waren jetzt verschont, bekamen aber mehrere Monate nachher noch solche Beulen und Geschwüre. Man hatte im Spätjahr einige mit der Bräune behaftete Schweine geschlachtet, aus Oeconomie das Fleisch aufbehalten und ungeachtet ich für dessen Genuss warnte, zu Tische gebracht.quot;*) Er erzählt dann weiter wie Milzbrandkrankheiten der Thiere gleichzeitig mit der Ruhr der Menschen vorkommen u. s. w. — Lorinser berichtet: „Während der heissen Sommer, monate des Torigen Jahres (1834) sind im Regierungsbezirke Oppeln nicht weniger als 28 Menschen am Milzbrandcarbunkel erkrankt, und 11 davon gestorben. In allen Fällen war der Genuss des Fleisches oder[ eine Besudelung, besonders teirn Warten und Schlachten milzbrandiger Thiere vorhergegangen. Allein nicht immer hatten solche Veranlassungen den Ausbruch der Krankheit zur Folge, insbesondere ist eine grosse, Anzahl von Menschen welche gleichfalls von jenem Fleische gegessen hatten, unversehrt geblieben. Einige wurden von einem geringen Uebelbefinden, andre von Erbrechen befallen, ohne einen Carbunkel hervorzubringen. .... Eine Frau die von dem Fleische einer kranken Kuh genossen, erkrankte mit allen erwähnten allgemeinen Symptomen, und starb, noch {ehe ein Carbunkel zum Vorschein gekommen. Von dem Fleische einer Kuh, welches durch Tragen auf dem Arme einer Frau den Carbunkel und den Tod zuzog, hatten mehr als 70 Personen gegessen, und nur zwei davon hatten nach dem Genüsse Erbrechen bekommen; zwei Männer aber die das Abziehen der Haut verrichtet wurden vom Carbunkel befallen, doch wieder hergestellt. Noch vor Kurzen ist in mehreren Dörfern das Fleisch von dem am Milzbrand gefallenen Vieh aus Noth verzehrt worden, ohne üble Folgen hervorzubringen.quot;**) — Der folgende von Geisbüsch mitgetheilte Fall würde vollkommend beweisend sein, wenn es möglich wäre dass die In­fection schon während des Melkens dee Kuh geschehen wäre? „Maria Cassel, 66 Jahr alt, aus Friesdorf, wo damals der Milzbrand herrschte, bemerkte am 3. Aug. 1839, während des Melkens, dass ihre Kuh welche am Mittage noch vollkommen gesundj erschien, plötzlich erkrankte. Von diesem Augenblick an kam die Frau mit der Kuh nicht weiter in Berührung, auch nicht bei dem bald darauf erfolgten Schlachten derselben. Die Verwandten der Frau kochten einen Theil des Fleisches, an welcher Mahlzeit sie Theil nahm; von allen diesen Leuten welche auch das Fleisch zerlegt hatten, wurde aber niemand inficirt, sondern nur diese Frau; am 9ten Aug. entstand über dem manubrio
*) Baidinger Magz. B. VIII. S. 503-••) Fr. Ver. Zeit, 1835. 8. 154.
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sterni eine kleine Milzbrandpustel auf welche bald eine allgemeine Geschwulst des Halses und der Brust folgte, und die gewöhnlichen allgemeinen Symptome. Am läten starb sie.*) — In der folgenden mehrfach interessanten Beobach­tung von Wagner in Schlieben (Sächsischer Milzbrandsdistrict,quot;*) machen es wohl viele Symptome wahrscheinlich dass viele Kranke durch Fleischgenuss inficirt waren: „Den 13ten Jul. 1834 trieb im Dorfe Striesa die herrschaftliche Rindviehherde von der Weide zu Dorfe; hier stürzte das Samenrind zu Boden, und vermochte nicht wieder aufzustehen. In der Meinung das Thier habe lediglich im Kreuze einen Schaden gelitten und werde nicht wieder brauchbar werden, wurde beschlossen dasselbe zu tödten, um Fleisch und Haut zu nutzen; worauf zwei Ortsbewohner, der Gärtner Stack, 40, und der Winzer Teinz, 30 Jahre alt, beide robust und kraftvoll, das Rind abstachen und ausschlachteten. Hierauf wurde das Fleisch vertheilt, und, je nachdem es der häusliche Bedarf er­forderte, bald früher bald später zugerichtet und mit Appetit genossen. Einige Tage nacher erkrankten schnell auf demselben Hofe noch mehrere Stücke, die gleichfalls noch vor dem Ableben getödtet und von demselben Personale abgehäutet, übrigens aber zum Genuss nicht weiter verwandt, sondern nach­her vergraben wurden. Jetzt erregte die Sache Aufmerksamkeit, und das um so mehr, als fast alle Menschen, die von dem Fleische gegessen, sich bald mehr bald weniger unwohl fühlten, doch gröstentheils nur über Druck in den Praecordien und Unterleibsschmerz ohne Fieber vorübergehend klagten; mehrere aber, besonders die Schlächter, welche letztere von dem Fleische ge­nossen, und mit dem Yiehe zugleich zu thun gehabt, sich beiderseits auch an den Händen verletzt hatten, gewaltig über Zerschlagenheit der Glieder, Schwindel und Schwäche anfingen zu klagen. Als gleich darauf, und zwar vom 15. bis 18. noch mehrere Stücke Rindvieh, ohne alle vorangegangene Krankheitszeichen, schnell fielen und auf der Stelle ihr Leben endeten, so gab es Gelegenheit wiederholte Sectionen anzustellen, wobei bell zu Tage kam, dass, auser andern entzündlichen Symptomen im Unterleibe, Wasserge­schwülste hier und da, besonders am Halse, unter der Haut, vorhanden wa­ren, sich die Milz der Thicre aber durchgängig in vollkommen brandigen, oder vielmehr so aufgelösten Zustande befand, dass sie lediglich nur noch einen langen, mit schwarzer breiartiger Masse gefüllten Hautsack bildete, und der Inhalt beim Zerschneiden umherfloss. Jetzt stand fest, dass es der Milzbrand sei, und von nun an wurde auch das gefallene Vieh mit Haut und Haaren begraben, indessen zu spät. Ein grosser Theil der Menschen im Orte, welche mit den kranken Thieren zu thun gehabt, oder auch allein nur Fleisch davon genossen hatten, fingen an über Müdigkeit und gänzliche
*) Diss. cit. p. 42 '•) Eben raquo;o Ergotimmis-LancL
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Zerschlagenheit des Körpers, mit Kopfeinnahme und Schwindel begleitet, zu klagen, und mussten sich legen. Dabei wagte es der Schlächter Stack, in Begleitung eines Freundes am 19. Juli, bis 24deg; R. Wärme, 3 Stunden weit zu gehen, erreichte aber sein Ziel nur mit höchster Anstrengung seiner Kräfte; in der Meinung sich durch Bier stärken zu müssen, trank er zwei mäsige Gläser gutes Bier, und trat den Rückweg an, kam aber nicht weit, als ihn eine so gewaltige Schwäche, mit Leibschmerz und Erbrechen, überfiel, dass er umfallen und auf der Stelle liegen bleiben und sein Begleiter einen Wa­gen holen musste, um ihn nach Hause zu schaffen. Als dieser, nach Ver­lauf von einigen Stunden, ankam traf man den Kranken auf derselben Stelle liegend, aber so gewaltsam an rasenden Leibschmerz leidend, dass er sich die Kleider vom Leibe gerissen und solche von sich geworfen hatte; hierzu hatte sich noch Durchfall, welcher nichts als viel zersetztes, schwarzes Blut entleerte, gesellt, und trotz der grossen Hitze Kälte der Hände und Füsse, unter den Symptomen der heftigsten Cholera verschied er in der folgenden Nacht. Ein ähnliches Geschick traf die 30 Jahre alte Wittwe Gärtner, eine ganz arme Frau, die sich lediglich mit dem Fleischgenusse sehr gütlich ge-than, aber sonst mit dem Viehe nicht in die mindeste Berührung gekommen war, in derselben Nacht. Von dieser wnsste man nichts, als dass sie einige Tage über Herzdrücken und Schwere in den Gliedern geklagt, eine schwarze Pocke am Oberschenkel gehabt, sich den 19. Abends sehr krank gefühlt, ins Bett gelegt, und früh todt darin und zwar zusammengeknauelt, ihr Kind da­neben sanft und ruhig schlafend gefunden worden. Als ich den Leichnam am 22. sehr früh untersuchte, war dieFäulniss schon so arg, dass der ganze Körper dem Zerfliessen nahe stand. Ausserdem traf ich daselbst noch 8 Per­sonen, wozu sich den Tag darauf noch eine 9te fand, bald mehr bald weniger schwer krank, wovon die wenigsten mit den kranken Thieren in Berührung gekommen waren, wohl aber alle Fleisch vom Samenrinde genossen hatten, und darunter noch zwei mit schwarzen Pocken oder Carbunkeln, eine Frau am Daumen, ein Mann auf der äussern Fläche des linken Oberschenkels. Alle beklagten sich gleichmässig über gewaltige allgemeine Schwäche, Schwere der Glieder und gänzliche Zerschlagenheit des ganzen Körpers mit Kopfein­nahme und Schwindel, und hatten dabei insgesammt trockene Haut mit fie­berhaften kleinem, kaum fühlbarem Pulsschlage, wozu sich jedoch bei keinem eine belegte Zunge gesellte. Die Augen hatten ihr gewöhnliches Feuer, die Wangen waren roth und das Gesicht warm, eine Frau ausgenommen die sehr blass aussah und bei der die Augäpfel tief in die Höhlen zurückgetreten waren, die Augen selbst auch gebrochen zu sein schienen, sich aber demun-geachtet einzig und allein von allen nothdfirftig auf den Beinen erhalten konnte. Deliriren that kein Kranker. Manche klagten über Druck in den Praecordien, beim tiefen Einathmen aber nicht fühlbar, andre wieder nicht. Die mehrsten begehwerten sieb über einen süsslichen Geschmack im Munde,
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Die Esslust fehlte allen; Durchfall oder Erbrechen fand, ausser bei einer al­ten Frau, die zugleich den Carbunkel am Daumen hatte, und noch einer zweiten, bei keinem statt. Kein Kranker hatte einen gespannten Leib, wohl aber schienen einige sehr ängstlich zu seinquot; *). Alle wurden hergestellt. — Es gehören hierher noch die Fälle, welche bereits Delafond'*) als Be­weise für die Infectionskraft des gekochten Fleisches angeführt hat. Die Ton Bertin, Worlock, Chisholm, Commins dort angeführten Fälle, welche Negersklaven aus Guadeloupe, Haiti, Grenada und Barbados betreifen, haben zwar ihren Werth, allein eine gleichzeitige Berührung ist hier zu wahrschein­lich. Bei dem von Faulet angeführten Fall der Vergiftung der Soldaten des Regiments Royal Bariere ist es auch wahrscheinlich, dass die Soldaten das empfangene Fleisch in den Händen gehabt hatten; dasselbe gilt von den Ochsenhirten in Minorca. Beweisender ist der Fall von Fauvet, wo eine Familie von 7 Personen, die nicht alle das Fleisch berührt haben konnten, milzbrandiges Fleisch genossen, alle erkrankten bedeutend und zwei starben am Milzbrandcarbunkel ***). Was man aber auch gegen alle einzelnen Be­obachtungen einwenden mag, bei der grosen Uebereinstimmung der Symptome werden sie in ihrer Gesammtheit im hohen Grade beweisen.
Beweisender sind denn aber freilich solche Fälle, wo Berührung nicht stattfand, und wenigstens allgemein nicht stattfinden konnte. Dahin gehören schon wenigstens einige von den alten Fällen, welche P. Frank med. Poliz. YII. 1. 1. anführt. Auch die folgende Beobachtung von Odolant Desnos wird nach allen Umständen wohl hierher gehören: „Am 9. Juli (1760) wurde ich gegen 9 Uhr Abends zu zwei armen Familien in Alenfon gerufen. Ich fand in jedem der beiden Häuser 3 Kranke, welche an heftigen Er­brechen litten, sie leerten aber nur gelbliches etwas zähes Wasser aus, ohne Speisereste; sie hatten heftige Leibschmerzen, und leerten sehr häufig gelbes Wasser mit dem Stuhlgang aus; der Bauch war gespannt und von Luft aufgetrieben, das Athmen kurz und schwer, der Puls schwach, die Zunge trocken, heftiger Durst. Ich erkundigte mich sogleich ob diese Kranken nichts schädliches gegessen hätten? Ich vernahm, dass eine dieser Kranken, Namens Noe, am Sontage eine Lunge und ein Herz von einem Ochsen oder von einer Kuh für 4 sols gekauft habe, woraus sie mit Zwiebeln und Peter­silie ein Ragout bereitet hatte; an dem eisernen Kochgeschirr, der Zwiebeln und der Petersilie fand ich nichts verdächtiges. Man theilte mir mit, dass das Fleisch von welchem diese Leute gegessen halten, von einem an einer Krankheit gestorbenen Thiere herrührte, welches ein Fleischer wohlfeil ge-
*) Hufeland Journ. B. LXXIX. 4. S. 3. **) Police sanit. p. 504. •quot;) Memo ires de la Soc. d'agric. 1825 p. 110.
Uemingei , ülUlirand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;OQ
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kauft und dann einzeln verkauft hatte. Ich erfuhr, dass eine ziemlich grosse Anzahl Menschen ohne Nachtheil von dem Fleische dieses Thiers gegessen hatten. Die Familie Noo welche am Abend von dem Fleische gegessen hatte, befand sich während der Nacht wohl, aber am andern Morgen wurden der Vater, ein Kind und die Mutter nach einander von Frost befallen, von Be­ängstigung und den oben erwähnten Symptomen; die Frau, welche am wenig­sten krank war konnte nicht glauben, dass das Fleisch, welches sie am Abend gegessen hatten, Ursache der Krankheit sei; sie theilte davon am Dienstag der Familie Piron und Äbrouin mit, drei Personen assen davon, aber nicht, viel, weil sie es nicht wohlschmeckend fanden; ungefähr vier Stunden nach dem Essen klagte die Frau Piron über Müdigkeit und Unvermögen ihre Ar­beit fortzusetzen. Gegen 6 Uhr erkrankte ihr Enkel Abrouin, und dessen Mutter ebenfalls; schnell folgten sich alle schon oben erwähnten Symptome.quot; Der genannte Arzt gab öligte Mittel und Theriak. Der jüngste der Kranken starb, die übrigen erholten sich langsam*). — Boreis Fälle gehören zum Theil sicher auch hierher, eben so ein Fall von Faber: Eine Familie von 3 Personen schlachtete ein krankes Schwein mit geschwollenem Halse; erst nach 3 Monaten wurde das gesalzene und geräucherte Fleisch verspeist, alle erkrankten sogleich an Kopfweh, Schwindel, Geschwulst des Gesichts, öftere Ohnmächten und endlich Tod bei allen *¥). — In der Beobachtung von P. Frank lässt sich auch nicht annehmen, dass die ganze Familie das Fleisch ungekocht berührte: „Ich weiss von guter Hand, dass als ein Unterthan der Reichsprälatur Kaisersheim von einem Ochsen ass, welcher an der daselbst 1775 herrschenden Seuche gefallen war, derselbe mit seiner ganzen Familie krank geworden, alle bekamen am ganzen Leibe bösartige Blattern, an wel­chen das jüngste Kind starbquot;***). — Auch in dem Falle von Lange spricht doch Alles für die Wirkung des genossenen Fleisches: Ein Fuhrmann kaufte einen Ochsen der die ersten Zeichen der herrschenden Viehseuche halte, schlachtete und pöckelte ihn ein. Aber 3 Tage nachdem er zum erstenmale von diesem Pöckelfleische gegessen hatte, bekam er ein Pcstilenzialfieber mit blauen kleinen Beulen über den ganzen Leib, nach 14 Tagen starb er, und 5 seiner Hausgenossen folgten ihm****). — In einer, wenn auch unvollstän­digen, Beobachtung von Ricou sprechen auch alle übereinstimmenden Beob­achtungen für die Infection durch das genossene Fleisch: „Vor einigen Jah­ren herrschte der Milzbrand unter den Rindern in meiner Nähe im Waadt-lande. Fünf Personen, 3 Männer und 2 Frauen begingen die Unvorsichtig-
•) Journal de Med. vol. XIV. p. 23laquo;. •') Eph. N. C. dec. I a. VI. obs. 191. ••',) A. a 0. S. 85. •quot;•) Zuckert von den Nahrungsmitieln S. 270.
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keit von dem Fleische eines solchen gefallenen Thiers zu essen: wenige Tage darauf erkrankten alle 3, sie bekamen Uebelkeit, allgemeine Abgcschlagen-heit, heftiges Kopfweh, Frost, starkes Fieber, und verfielen sehr; darauf trat eine Geschwulst des ganzen Kopfes ein, besonders aber des Gesichts, mit Röthe und stechenden Schmerzsn.... Am folgenden Tage hatte nach dem Gebrauche von China, Serpentaria u. s. w. das Allgemeinbefinden sich ge­bessert, aber bei zwei Männern und einer Frau war das Gesicht sehr ange­schwollen und mit Blasen besetzt; am zweiten Tag darauf waren auch bei den beiden andern Kranken diese Blasen ausgebrochen. Allmählig trat Bes­serung ein während die Gesichter sich mit schwarzen Schorfen bedeckten, die später abgestosen wurden*). — Dass die de Caste 11 a'sche Beobachtung nicht rollständig mitgetheilt worden ist, ist zu bedauern, indem in ihr und in der folgenden Beobachtung die Fleischbrühe allein die Infection bewirkt haben soll: „Im Jahr 1809 hat de Castella in zwei Dörfern des Gruycre Bezirks eine Wöchnerin sterben und 24 Personen gefährlich krank gesehen, weil sie Fleisch von einer Kuh gegessen hatten, welche am Carbunkcl ge­litten und welche man in aller Eile geschlachtet und ihr Fleisch heimlich verkauft hatte. Die Frau unterlag einem adynamischen Fieber und brandigen Geschwüren, welche sich an allen Stellen des Körpers bildeten, wo ein leich­ter Druck die Circulation hemmte, wie an den Einbogen, an dem Kreuze, an den Knöcheln; diese Frau hatte indessen nur Bouillon von dem angesteck­ten Fleische gegessen. Die andern Personen litten an Colik, Diarrhöe und mehrern adynamischen Symptomen*^). — Lau bender theilt mit: „1812 zeigte sich in dem baierischen Landgericht Türkheim der Milzbrand. Von den zuerst erkrankten Kühen wurde eine geschlachtet ohne dass man noch Verdacht auf Milzbrand geschöpft hatte. Das Fleisch von dieser geschlach­teten Kuh wurde unter die Einwohner vcrtheill. Eine Frau die sonst schon an Magenkrämpfen litt, ass die Suppe von solch gekochtem Fleische, und bald darauf wurde sie von grosser Angst, heftigem Erbrechen, anhaltenden Magen- und Bauchschmerzen befallen. Auf der Brust kam zu gleicher Zeit eine heftige Anschwellung zum Vorschein. Unter solchen Leiden wurde ihr Puls klein und aussetzend, es folgten Ohnmächten, und unter kalten Schweis-sen und heftiger Auftreibung des Unterleibs starb sie. Die vorgenommene Section bewies den vorgeherrschten Zustand der Entzündung mit Brand und Ergiessung einer gelblichten, braunen Jauche in das Zellgewebe unter der Haut sowohl nach aussen als nach innenquot; ***). — Sollte vielleicht eine be­sondere Neigung zu Ablagerung auf die Brüste im weiblichen Geschlecht vor­handen sein ? Im letzten Fall der folgenden Beobachtung geschah es auch,
*) Museum der Heilk. B. HI. S. 11. ••) Verhandl. d. med Ges. d. C. Zürich J, 1827. S. 16. *•*) Milzbrand S. 57,
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überhaupt aber mehrmals: „Da die Todesfälle (des Viehs am Milzbrand in Schlesien) schleunig, und ohne vorhergegangene Krankheiten sich ereignet haben, so hat man geglaubt, dass das Fleisch nicht verdorben sein könne, und hat sich für den Verlust des Viehs durch den Genuss des Fleisches so­bald schadlos halten vollen. Fünf Personen haben kurz darauf von derglei­chen Fleisch gegessen, und sind sogleich in das bösartigste Fieber mit allen Anzeigen einer brandartigen Verderbnis der Säfte verfallen, welches dreien davon schon am zweiten Tage tödtlich geworden ist; von den übrigen bei­den Personen hat die eine äusserlich am Arme den Brand, die andre daselbst Brandbeulen bekommen, doch beide sind durch diese kritische Ablage der brandigen Schärfe an die äussern Theile noch gerettet worden. Eben der­gleichen schädliche Folgen habe ich bei mehreren Viehsterben dieser Art be­obachtet. Vor etlichen Monaten herrschte dieselbe Epidemie zu N. Ein gros­ser starker Hund, welcher den Abdecker begleitete, frass vom Fleische des abgezogenen, und krepirte in weniger als 6 Stunden. Vor 2 Jahren genoss ein Mann zu Seh. vom Fleische einer Kuh die an einer ähnlichen Krankheit plötzlich hingefallen war, er bekam alsbald den änsserlichen Brand, der mit genauer Noth durch dawider dienliche Mittel gelöscht wurde. Vor drei Jah­ren wurde zu M. eine Kuh, als sie in den letzten Zügen lag, geschlachtet, der Arm des Schlächters wurde durch den Brand so weit angegriffen, als er beim Schlachten mit giftiger Jauche war benetzt worden. Sein Weib hatte die Eingeweide abgewaschen, und erfuhr gleiches Schicksal. Bei einem an­dern Weibe, welches vom Fleich genossen hatte zeigte sich kurz darauf der gefährlichste Brand an den Brüstenquot; *). — Lui erzählt: „In einem andern Dorfe ass eine Frau gekochtes milzbrandiges Fleisch. Sie erkrankte und starb. Man nahm nun das übrige Fleisch, kochte es, schnitt es klein und gab es den Enten zu fressen. Den Schweinen aber reichte man die Fleisch­brühe. So wohl die Schweine als die Enten erkrankten und starbenquot;**). — Turchetti kömmt durch eine einzelne Beobachtung sogar auf die un­richtige Ansicht, dass die Infection leichter durch den Magen als durch die Haut erfolge: Im Val d'Arno inferiore in Toscana herrschte im Jahr 1841 der Zungenanthrax und es starben viele Rinder. Der Cadaver eines solchen Ochsen wurde nach Fucecchio gebracht und das Fleisch sehr wohlfeil ver­kauft. Eine Menge Leute, welche davon gegessen hatten, bekamen 24 bis 48 Stunden darauf carbunculöse Pusteln an den Lippen, im Halse oder an den Armen, von verschiedener Heftigkeit und Gefährlichkeit, mit Symptomen von adynamischen Fieber; es starben mehrere, die mehrsten aber genassen nach 6 bis 7 Tagen. Am mehrsten litten Kinder und Greise, und solche die
*) Oekon. Nachr. d. patriot. Ges, in Schlesien. B. I. S. 819. ••) T, McUxa Annali vol. VII. p. IS,
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ichon kränklich waren, am wenigsten gesunde und kräftige Erwachsene*). — Eine Beobachtung von Costa wird etwas verdächtig durch den späten Ausbruch, und besonders durch den späten Eintritt der Fiebererscheinungen: Ein 40 Jahre alter Feldarbeiter ass von dem Fleische einer krepirten Ziege, 14 Tage darauf empfand er heftiges Jucken am Kinn, bald darauf bildete sich ein dunkeln)ther Fleck, in dessen Mitte eine blaue Blase entstand die in Brand überging, ungeheure Geschwulst des ganzen Kopfs und Halses, der höchste Grad des adynamischen Fiebers. Er wurde durch Aetzmittel und den Innern Gebrauch der China geheilt**). — Fischer theilt folgende bestimmte Beobachtung von Wittke mit: „Ein Mann von einigen und dreisig Jahren zu Wandersieben, gesund und robust, fühlte sich am Dienstag den 4. Aug. nach dem Genüsse des Fleisches von einer erkrankten und geschlachteten Ziege unwohl. Er war vor der Malzeit weder mit dem lebenden noch todten Thiere in Berührung gekommen, da man dasselbe während seiner Abwesen­heit geschlachtet und seine Frau bei seiner Zurückkunft ihm das frisch ge­kochte Fleisch zum Genuss vorgesetzt hatte. Der Mann empfang Unwohl­sein, Neigung zum Erbrechen, Stuhl Verstopfung, Angst in den Präcordien, Abgeschlagenheit der Glieder, Wüslheit im Kopfe, und musste sich am Don­nerstage den 6ten zu Bett legen. Vergeblich suchte er durch Hausmittel Schweiss hervorzurufen, er vermehrte dadurch vielmehr nur seine Hitze und Unruhe. In der Nacht vom 8ten zum 9ten waren Erstickungszufällc einge­treten, und nun wurde Referent gerufen. Der Mann lag im Bette, respirirtc ziemlich ruhig, hatte trockne Hitze, einen kleinen, frequenten, härtlichen Puls, wenig geröthetes Gesicht und eine schwarze Blatter von der Gröse ei­nes Silbergroschens an der linken Seite des Halses; dieser war nach aussen ziemlich stark angeschwollen, das Schlucken aber nicht verhindertquot; ***). Aetzmittel und Abführmittel wurden vergeblich angewendet, der Kranke starb am dritten Tage apoplektisch. — Ausser den schon gelegentlich erwähnten soll auch noch in andern Fällen Thieren das gekochte Fleisch oder die Fleisch­brühe den Milzbrand mitgetheilt haben, ja es sollen auf diese Art Epizootien verbreitet worden sein. So berichtet Legner, dass in einem schlesischen Dorfe, Gungwitz, der Milzbrand unter den Schweinen herrschte, dagegen nicht in Heinrichsdorf; durch aus ersleren Ort in letzteren verkauftes Fleisch wurde er dahin verschleppt: „In Heinrichsdorf sagte die Schullehrerin Anna Rosina Husin aus: am 9. Juli habe ich von dem Leineweber Lerche au-j Gungwitz zwei Pfund Schweinefleisch gekauft, dasselbe am 10. gekocht,- und die Brühe davon den Schweinen unter die Schrotsuppe gegeben; die Schweine
•) T. Metaxa Annali vol. Ml. p. 76. quot;) Daselbst p. 271. •••) Fr, Ver. Z eit. J. 1836. S. 146.
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wurden noch gesund ausgetrieben, kamen aber krank nach Hause, und den 11. Vormittags war eine Range tod, und zugleich ein Mittelschwein und zwei Ferkel, überhaupt habe ich 8 Stück verloren. Dass der Tod meiner Schweine von der Fleischbrühe herrührt schlisse ich auch daraus, dass ein Hund, der davon frass, ebenfalls krank wurde. Die Frau des Mittelknecht Potern hatte gleichfalls am öten von dem Lerche aus Gungwitz Fleisch ge­kauft, und ihrem Schweine am Abend desselben Tages noch die Fleischbrühe davon gegeben, den lOten früh war das Schwein todt. Der HofhirteA.Schwarz hatte desgleichen von Lerche Fleisch gekauft, und die Brühe am laquo;HenAbemls seinem Schweine gegeben; am lOten war es krank geworden, und am Uten Abends krepirt. Dem Schmidt Franz waren 3 Schweine von der Brühe des Gungwitzcr Fleisches krank geworden, ein Stück war krepirt. In Kleint-schunkowe war am lOten Juli dem Gärtner Paul ein Schwein krank geworden, es wurde erschnitten, die Därme waren brandig, die Milz flüssig, man fand keine Gceschwülste, das Fleisch wurde ohne Nachtheil von mebrern Menschen gegessen. Die Hirtin Posigen hatte von diesem Fleische die Brühe ihrem Schweine gegeben, dieses wurde krank und krepirte binnen 12 bis 18 Stunden.quot; *)
Ich übergehe eine Anzahl von Beobachtungen die zwar nicht ohne Werth aber nicht hinreichend begründet sind. Auch ohne einzelne Beobachtungen müssen die zweifellos hingestellten Angaben von der Schädlichkeit dieses Fleisches, von in dieser Hinsicht sehr viel erfahrenen Acrzten, wie einen Bojanus und J. Frank, immer von grossem Gewicht bleiben.
Ich glaube daher dass allerdings das gekochte Fleisch sehr oft sein Con-tagium verloren hat, dass es aber in vielen Fällen seine contagiöse Eigenschaft behält. Die verschiedenen Formen der Krankheit die hier entsehen, werden wir im folgenden Abschnitt näher betrachten.
Speichel. Geifer.
Bereits früher wurden gelegentlich Beobachtungen angeführt wo Menschen nur durch Eingreifen in den Mund kranker Thiere angesteckt wurden. Meh­rere Beobachtungen beweisen dass der Speichel das Contagium enthielt. „G. P. zu Neukirch wurde am 20. Juni 1823 in das Hospital der barmher­zigen Brüder zu Breslau aufgenommen. Nach seiner Aussage hatte eine seiner Kühe 14 Tage vorher den Milzbrand bekommen und war den Tag darauf gefallen. Er liess sie sogleich ins Feld vergraben. Nach einigen Tagen wühlten die Schweine die Stelle auf, und frassen von dem vorgefundenen Fleische. Die Thiere erkrankten und bekamen vorzüglich geschwollene Halsdrüsen. Ein Thierarzt erklärte ihr Leiden für Milzbrand und verordnete einige Mittel zum Eingiessen. Diess zu bewerkstelligen brachte der Eigenlhümer zwischen
•) Kauscb Meiuorabi lien, B. II, S. 118.
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die Kiefer ein Stück Holz, aber während des Gingiessens besprudelte ihm das Thier die Hände mit seinem Geifer. Drei Tage darauf bekam er an den be­spritzten Stellen kleine Bläschen die schnell um sich griffen, gross und hart wurden, und einen heftigen juckenden Schmerz verursachten. Bei seiner Aufnahme fand man beide Arme geschwollen und schmerzhaft; er hatte an einer Hand 3 an der andern 4 Geschwüre. Der Kranke klagte über Schlaf­losigkeit, Mattigkeit in den Gliedern und war sehr niedergeschlagen; das Gesicht war eingefallen, die Zunge belegt, keine Esslust, sparsame Stuhlaus­leerung, der Puls klein und schnell.quot;!::) Er wurde geheilt. — Jänicke theilt folgenden Fall mit: „Ein Kuhhirt in einem benachbarten hannoverschen Dorferaquo; der mehrern kranken Rindviehstücken die Medicin hatte eingeben müssen, hatte seine rechte Hand den Thieren oft tief in den Hals gesteckt, sich dabei die Oberhaut etwas verletzt, und blos mit dem Speichel der erkrankten Thiere sich die Hand besudelt, ohne dieselbe schnell wieder zu reinigen. Auch hier bildete sich hinter der Handwurzel am vierten Tage eine schwarze Blatter; zugleich entwickelte sich ein heftiges Fieber mit bedeutender Affection des Kopfes, etc.**)
„Eine Frau iu Quarnby im Klrshspicle Sjundä, bemühte sich ein krankes Stück Vieh zu curiren, das ihr ins Angesicht schnaubte, welches ihr den ganzen Körper aufschwoll und fünften Tag das Leben nahm.***)
Euter, Milch, Butter, Käse.
Kuheuter muss bekandtlich ausserordentlich lange gekocht werden um genossen werden zu können. Im Jahre 1807 ass in Baiern ein Mädchen ein Stückchen gekochtes Kuheuter von einer am Milzbrand erkrankten Kuh. Sie wurde sehr krank und starb bald. Der Magen und alle umgebenden Einge­weide waren vom Brand zerstört.****)
Die Milchabsonderung verhält sich nicht gleich im Milzbrand: Zuweilen war sie vermindert oder unterdrückt, in der Regel dauert sie fort, selbst bis zum Tode, wie schon van Phelsum beobachtete. Zuweilen schien sie nicht in ihren physischen Eigenschaften verändert; gewöhnlich ist sie von ungleicher Consistcnz und mehr oder weniger gelb,-}-) zuweilen blutig. — Delafond versichert die Milch von an äussern und innern Milzbrand leidenden Kühen untersucht zu haben, und sagt er habe sie immer verändert gefunden: „Ihre Menge ist auffallend vermindert, ihre Farbe ist schmulzig bliiulich - weiss, ihr
•) Uust Magazin. B. XVIll. S. 472. ••) Rust, Magaz. B. XX. S. 181. '*') Seh wed. Ab ha ndl. B.XXXVII. S. 157. •gt;***) Schwab, a. a. O S. 04.
t) La übender fand sie mehrmals sehr gelb. Seu chen I. 2- S. 371, 373,
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Geschmack fade, sie zerestzt sich sehr schnell. Lägst man sie 6 Stunden stehen, und giesst sie dann aus, so sieht man von Zeit zu Zeit rothliche Streifen in ihr, welche von einem, dem des Blutes ähnlichen, röthlichen Farbestoff her. rühren Hat sie vier bis sechs Stunden in einem Gefässe gestanden, so tren­nen sich ihre Beslandlheile, und bald darauf geht sie in fauligte Gährung über, nach 24 bis 30 Stunden ist der Gestank den sie verbreitet, unerträg­lich. *) Diese Beschreibung passt aber nicht auf alle Fälle.
So soll sie denn auch zuweilen den saugenden Kälbern nicht geschadet haben, Renault berichtet von der Epizootic 1846: „Ich fand bei Herrn Coulon in Baudreuil, und bei dem Herrn Grafen Desroy in Chenes 6 Kälber die an ihren kranken Müttern, selbst bis wenige Stunden Tor ihrem Tode, gesaugt hatten, und die sich sehr wohl zu befinden schienen.quot;**) — Mous is in Oleron sah dass ein Kind ohne Nachtheil die Milch einer milzkranken Ziege getrunken hatte. ***)
Allein das Gegentheil ist auch beobachtet worden; mehrere ältere und neuere Sanitätsgesetze nehmen die Infection durch Milch an, und berufen sich zum Theil auf Beobachtungen. Nach Rammazini wurde im Jahr 1509 während der Milzbrandepizootie in Venedig der Verkauf ron Fleisch, Milch, Butter und frischem Käse bei Todesstrafe verboten. ****) — Während der Zun-genanthraxepizootie 1732 wurde im Hannoverschen streng befohlen die Milch-der kranken Thiere wegzuschütten, und nur der Verkauf gesunder Milch ge­stattet, und dabei bemerkt „Die Milch des inficirten Viehs pflegt etwas gelb-röthlicht zu sein, oder doch gelbröthlichte Striche zu haben.quot; Scheuchzer sagt zwar ein Kalb welches an seiner Mutter gesogen sei gesund geblieben, und viele arme Leute hätten die Milch ohne Schaden genossen, doch habe man auch in der Schweiz die Milch verboten „zumalen man an gewissen Kindern bemerket, dass eine ihnen in diesem Umstand beigebrachte Kühemilch ihnen, auch selbst denen Hunden Grimmen und Durchbrüche erwecket; in Winterthur eine Katz eine ihr vorgesetzte Milch von angestecktem Vieh nicht hat fressen wollen, bei vollendeter Cur aber nach fünf Tagen Verlauf wiederum begierig eingeschnappt. Auch in Lucern Proben gemacht worden, welche gezeiget, dass eine solche angesteckte Milch wässerigter sei, sich leichter als eine gesunde scheide, und in Ansehung der Qualität bei ange­stecktem Vieh abnehme.quot; f) — Auch während des Milzbrands 1776 wurde in Frankfurt a. M. der Milchverkauf unter Confiscation, und nach Befinden
•) Pol. sa n. p. 480. ••) Recueil de Med. vet. vol. XXIII. p. 562. •quot;) Compte-rendu de l'Ecole de Lyon. 1824. p. 81. •quot;raquo;) De Con tag. epid. p. 28. #9632;^Fliegender Zungenkrebs. S. 53.
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der Umstände unter Leibesstrafe untersagt. — Die Curländische Verordnung (von Bidder) stellt die Schädlichkeit der Milch als entschiedene T a tsatbe und verbietet den Verbrauch derselben bei strenger Strafe. *) #9632;— Die Ver­ordnung der Regierung in Posen vom Jahr 1819 erklärt dass der Genuss solcher Milch tödtliche Folgen haben könne, und führt das Beispiel einer Frau in Spandau an welche nach dem Genüsse solcher Milch Brandblattern erhielt und daran starb.
Diese Schädlichkeit der Milch bestätigt denn auch schon Metzger. Lappe sagt darüber: „dass die Milch nachtheilig ist, davon habe ich bei Thieren mehrere Erfahrungen gemacht; ich glaube daher dass sie auf Men­schen die nämliche Wirkung hat.quot;**) — Miglia theilt folgende Beobachtung mit: „Im Jahre 1809 kamen mehrere Kranke in das Krankenhaus zu Vercelli in Ficmont: Der Arzt desselben forschte nach den Ursachen ihrer Krankheit, und sie gestanden ihm, dass sie Milch von kranken Kühen getrunken hätten; ich wurde daher von dem Herrn Sanitäts - Präsidenten Lanchetti und von dem Stadtcommissär Guada beauftragt eine Untersuchung anzustellen an dem Orte an welchem sich die kranken Kühe befanden; ich fand dass diese Kühe am bösartigen ansteckenden Fieber litten. ***) — Gobi er beobachtete zu Tra-mois, im Departement de l'Äin, dass ein Mann der mehrere Tage nach ein­ander die Milch von einer am Milzbrand kranken Kuh getrunken hatte, an einem heftigen Durchfall litt der ihn sehr von Kräften gebracht hatte. Die­selbe Erscheinung beobachtete er 1809 in Lyon bei 5 Personen einer Familie, die zu ihrem Caffee die Milch von einer am Euter milzbrandkranken Ziege genossen hatten; besonders eine dieser Personen war sehr krank.****)
Wie mehrere Andre, so sah auch D esplas saugende Kälber durch die Milch ihrer Mütter inficirt werden f). Interessant ist es aber, dass auch in Deutsh-land ein Fall beobachtet wurde, wo die Kälber mehr litten, wie ihre Mütter: „In Enskirchen waren 3 Stück gefallen, und sonderbar genug, zuerst zwei Kälber, die ausser Milch noch kein Futter erhalten hatten; das dritte ge­fallene Stück war eine Kuh, welche in demselben Stalle mit den Kälbern gestanden hatte. Zwei andere Kühe waren bei der ersten Untersuchung ausserdem noch krank, so wie der übrige Viehstand aus demselben Stalle auch etwas kränkelte. Fast alle Kühe nämlich hatten an der Milch nachge­lassen, einige misteten bedeutend härterquot; ff) u. s. w.
•) Henke Zeitschr. B XIII. S. 215. 255. ••) A a. 0. S. 42. •••) A. a. 0. p. 221, ••••) C. c. p. 24.
f) Instr. Vol. II p. 295. t/) Rhein. Sau. Ber. J. 1837. S. 81.
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Das auflallendste Beispiel von Vehertragung des Milzbrands der Kühe auf den Menschen durch die Milch ist das im zweiten Abschnitt unter dem Jahr 1783 aus Barbados mitgetheilte. Am berüchligstcn wurde in neuem Zeiten die sogenannte Milchkrankheit, welche zwar als Milzbrand (the Tremb­les) beschrieben ist, auch oft den Tod der Thiere zur Folge hat; allein es ist merkwürdig, dass die Kuh oft nicht stirbt, während ihre Milch, so wie die daraus bereitete Butler und Käse das furchtbarste Gift für die eigenen Kälber, sowie für andere Thiere und Menschen werden. Von dieser vorzüglich in den südlichen und westlichen Staaten Nordamerikas im Frühjahr und Sommer einheimischen Krankheit war im ersten (S. 29) und im dritten Ab­schnitt (S. 362) die Rede.
Art der U e b c r t r a g u n g des C o n t a g i u in s.
Am häufigsten wird, wie viele erwähnte Beispiele zeigen, das Contagium unmittelbar von dem lebenden oder todten Thiere, und seinen Theileu auf die gesunden übertragen.
Allein auch von mittelbarer Uebcrtragung durch verschiedene Körper gibt es Beispiele genug. In Beziehung auf den Menschen denke man nur an das Beispiel aus Finnland, welches Haartmann millhcilt: „Ein Mädchen in deren Busen die Hausmutter die Hand steckte, damit sie selbst die Heil­mittel dem Vieh in den Hals gesteckt hatte, als das Mädchen auf Befehl solches nicht halte thun wollen, bekam davon sogleich ein schnelles Fieber mit Rölhe und Blasen auf der Brust, und starb ***) — Ein merkwürdiges ähnliches Ereigniss erzählt Helbich: „In page Kramsk ineunle Junio, anni superioris, nonnullac subila morte periere peeudes, nemo hominum eus-que carbimculo laboravit, nec plcbi gravis morbi causa innotuerat. Aliquando tres juvenes ruslici, pellem exuebant bovi extiueto. Puella viginli trium annorum, robustissima, optimaque valeludine vigens, quum forte praeleriret, deridebat puoros, detrahentes pellem pecoris morticini. Videns offensos erorum animos, ulciscendi cupidos, dat fugam puella; illi conspurcatis sanquine maui-bus persecuti prehensam prosternunt et quasi joco, futurorum ignari, faciem circa labia, sinum inqinant, imo unus temeraria manu pudenda conlreclat. Elapse triduo omnibus illis parlibus, antecedente pruritu mordaci, C'arbunculi polonici eflorucrunt. Eo ipso temporc plurimi pagi incolae simili afficieban-tur morbo, quorum unus, omne cura ncglecta, interiit. Gravilas hujus mali qunm ad aures praefeeli pervennisset, auxilium medicum a me petiit. Eo pro-fecliis, excepto jam defuneto, XIV. Carbunculo polonico laborantes iuveni. Miscra vero puella, mortis agoni jam obnoxia, quinta ah. eruptione carbuneu-lorum, oetava ab insitione veneni die, aliquod horaspostqnam adveneram, vila
*) Seh wed. Abbraquo;ntll. B. XX S. 52
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decessitquot;*). — Derselbe theilt eine andere Beobachtung mit, wo ein Mann einer am Milzbrand gefallenen Kuh das Fell abzog und sie begrub. Zu diesem Geschäfte hatte er sein 22 Monate altes Kind mitgenommen, und alsidieses weinte ihm mit seinen blutigen Händen das Gesicht abgewischt. Nach Ver­lauf eines Tages bekam das Kind einen Carbunkel an der Seite des Unter­kiefers **). — Petit erzählt folgenden merkwürdigen Fall: „Francois Mars, aus Ardes, ging ins Gebirge um Häute von am Milzbrand gefallenen Thieren zu holen. Er leg-le seine Jacke auf diese Häute. Die Nacht darauf deckte er mit dieser Jacke die Fasse seiner beiden Töchter zu, von denen die eine 15, die andre 9 Jahr alt war. Gleich am folgenden Tage wurde beiden zuerst der Mund schwarz, dann allmählich der ganze Körper, bei der geringsten Bewegung ging ihnen die Haut ab. Der bei seinem Vater schlafende Sohn wurde von denselben Symptomen befallen. Alle drei starben noch an dem Abende des Tages, wo die Krankheit ausgebrochen war. Der Vater, der die Jacke anzog als er sie von den Häuten wegnahm, erlitt durchaus keine Störung seiner Gesundheit, und er befindet sich wohlquot; ***). Man kann denn wohl vermulhen, dass der Mensch auch durch Kleidungstücke (Decken wie man angibt), Gefässc, Geräthscbaften u. s. w. die mit Contagium beschmutzt sind, inficirt werden kann.
Bei Thieren ist das wohl noch häufiger der Fall, von den Infectionen durch beschmutztes Futter, Stallwände, Erde u. s. w. war im Vorhergehenden die Rede. Eben so häufig kommen lafectionen durch Gefässe, Stallgeräthe, Geschirr, Sattlzeug vor, wovon auch gelegentlich schon Beispiele erwähnt worden sind.
Aufnahme - Organe des Contagiums-
Die härtesten hornigten Theile ausgenommen wird es wohl keinen Theil des thierischen Organismus geben, der nicht zum Aufnahraeorgan des Con-tagiums dienen könnte.
Aeussere Haut.
Es gibt allerdings viele Beobachtungen, welche dafür sprechen, dass die unverletzte Haut am wenigsten empfänglich für das Contagium ist, und der strenge Beweis, dass an einer inücirtcn Stelle kein leichter Riss in der Ober­haut, kein Stich u. dgl. vorhanden gewesen, wird schwer zu liefern sein. — Allein gegen die Behauptung einiger Aerztc, dass das Contagium immer nur durch verletzte Hautstcllen aufgenommen werde, lässt sich doch die unge­heure Anzahl dieser Infectionen, bei der ausdrücklichen Versicherung der
*) De carbunculo potonico p. 12. raquo;') Ibidem p. Id. 'quot;) Instruct. Vol. II. p. 281.
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Aerzte die Haut sei ganz unverletzt gewesen, anführen. Diese Beispiele sind zu zahlreich, als dass es nöthig sein sollte einzelne anzuführen, die doch gelegentlich mitgetheilt werden.
Schleimhäute. Auge.
Die Schleimhäute scheinen allerdings das Contagium noch leichter auf­zunehmen. Die Schleimhaut des Auges scheint z. B. ausserordentlich emp­fänglich zu sein.
Schon im Jahr 1712 kam in Augsburg, bei dem damals allgemein ver-breiteten Milzbrande, eine solche Infection vor: Ein Bauer wollte einem zu flach begrabenen Pferde ein aus der Erde hervorstehendes Bein abhauen; bei dieser Gelegenheit sprützte ihm ein Tropfen Blut in das Auge, alsbald bildete sich ein Carbunkel, der bald den ganzen Kopf einahm*). — Petit hat zwei solche Beobachtungen: „Ein gewisser Giroud lederte im Gebirge eine am Milzbrand krcpirte Kuh ab, wobei ihm ein Blutstropfen in den Win­kel des linken Auges spritzte; er wischte ihn sogleich mit dem Aermel seiner Jacke ab. Drei Tage darauf erschien auf der Thränencarunkel eine schwarze livide Geschwult, welche die Grosse eines gewöhnlichen Apfels er­reichte. Diese Geschwulst breitete sich dann über das ganze Gesicht und den Hals bis zu den Schlüsselbeinen aus.quot; Der Mensch nach Verlauf eines Monats geheilt. „Ein Einwohner der Gemeinde Vesse bekam eben so wie der vorige beim Abhäuten einer Kuh etwas Blut in das Auge. Das Augen­lid wurde bald darauf schwarz und schwoll an; 12 Tage dauerte dieser Zu­stand , aber in den folgenden 8 Tagen nahm die Geschwulst zu, und wurde so bedeutend, dass man keinen Theil des Gesichts mehr unterscheiden konnte, und der Kranke starb am 22ten Tage der Krankheitquot; M). — Die Schnel­ligkeit einer solchen Infection zeigt eine Beobachtung von Ruprecht: „Der Schäfer K. hatte am lö- Aug. 1842 gegen Abend vier am Milz­brande gefallene Schafe abgezogen. Bei dieser Arbeit in Schweiss gerathen, wischte er sich mit den noch blutigen Händen das Gesicht ab, und empfindet kurz darauf schon ein Jucken am rechten Auge. Bald trat Röthe, Geschwulst und Entzündung der Augenlieder ein, so dass der geängstigte K. noch in der­selben Nacht meine Hülfe suchte. Es hatte sich ein Milzbrandcarbunkel am rechten Auge entwickelt, der mehrere Wochen das Leben des Kranken in Gefahr schwebend machte. Die Ansteckung war durch Uebertragung des Blutes der Milzbrandkranken Schafe auf die Schleimhaut des untern Augenliedes er­folgtquot; ***). — Einen ähnlichen Fall theilt Delafond mit: „Madame
') Epbem. Nat. Cur. Dec. II. a. 1. obs. 16. quot;) Instruct, et Obs. Vol. p. 281. •quot;) Mag. f. Thierheilk. B. XL S. 391.
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Bonrol trachte, während sie mit dem Zerlegen des Fleisches eines am Milz­brand krepirten Hammels beschäftigt war, ihre Hand an das linke Auge, und bekam an diesem einen Carbunkelquot; *). Noch einen ähnlichen Fall hat Hoffmann und Sohn **).
Mund. Schlund. Magen.
Zu den häufig vorkommenden Infectiongfallen gehören die, wo Metzger, Ablederer u. s. w. während der Arbeit das Messer in den Mund nehmen, und dann den Carbunkel an den Lippen bekommen.
Besonders bei Schweinen, aber auch bei Hunden kommen die Beobach­tungen nicht selten vor, wo nach dem Fressen des Fleisches der Carbunkel sich im Halse entwikelt ***).
Seltener sind allerdings die Fälle von Carbunkeln im Magen, indessen werden doch unten einige angeführt werden. Chabart, auf dessen Erfahrun­gen man gerade hier sehr viel geben muss, sagt, dass wenn beim Zungen-carbunkel (glossanthrax) die Blasen platzen und die Flüssigkeit verschluckt wird, sogleich die heftigste Gangrän im Magen entsteht: „Les effets de cette humeur dans les ventricules sont si foudroyants, qu' ii peine eile y est pervenue que l'animal tremble, que ses ventricules se meteorisent et qu' il succombe. La panse est semfee de taches gangreneuses; le passage seul de ce fluide en a fait naltre le long de l'oesophage, au pharynxquot; etc. ****).
Respirationsschleimhaut.
Die oben erwähnten Infectionen durch flüchtiges Contagium lassen sich nicht anders erklären als dadurch, dass das Contagium durch die Respira­tionsorgane aufgenommen wurde.
Allerdings scheint es aber, dass das Contagium viel leichter aufgenom­men wird, wenn die äussere Haut oder die Scheimhäute auf irgend eine Art verletzt oder wenigstens von ihrer Oberhaut befreit sind.
Hautkrankheiten.
In einigen Fällen gaben Hautinfectionen Veranlassung zur Aufnahme des Contagiums. Eine solche Beobachtung findet sich schon bei Chabert: „Ein
*) Pol. sanit. p. 501. ••) Disa. cit. p. 37. •••) S. z. B. Guillame: Mem. de la Soc. d'a gri c. 1821. p. 95. — S. auch Walz Rinderpest. S. 88. — Kzean. Annal d. 1. Soc. vet. du Finistere. Toi. II. p. 19. — Beim Schaf nach Eingeben von Milzbrandblut. Wendroth S. 195. — Vix Zeitschr. B. IX. S. 209.
••'•) Inatr, et Obraquo;. Vol I. p. 141.
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gewisser Chevalier halle einen an dieser Krankheit krepirten Ochsen ge­öffnet, und brachte seine noch mit Blut beschmutzten Händen in das Gesicht, welches habituel mit Puslelu besetzt war. Bald darauf bekam er ein Erysi­pelas, welches sich ausbreitete und einen ganz carbunculosen Charakter an­nahm ; Uebelsein, Froslschauer, Ohnmacht und Tod folgten sehr baldquot; **). — B i d a u 11 erwähnt eines Kindes von 4 Jahren, welches eben die Blattern ge­habt hatte, wnd dadurch am Augenlide infiieirt wurde, eine ungeheure Kopf­geschwulst bekam und starb **').
Es ist mir sehr wahrscheinlich, das manche cotnplicirte Formen des Milzbrandes der Thierc, von denen in der Folge die Rede sein wird, wie die Milzbrandmauke, Milzbrandmaulseuche u. s. w. ursprünglich auf diese Art entstehen; dass sie sich dann in ihrer Eigenthümlichkoit fortpflanzen, wider­spricht nicht den bekannten Gesetzen von der Fortpflanzung contagiöser Krankheiten.
Verletzungen.
Sehr häufig sind die Fälle wo, oft kaum sichtbare Verletzungen Ver­anlassung zur Infection gegeben haben, und diese zufälligen Impfungen haben gewöhnlich die allerheftigsten Erkrankungen zur Folge gehabt.
Van Phelsuin erwähnt bereits die Gefahr welche solche leichte Risse und Stiche in den Händen denen brachten welche mit den Thieren zu Ihun hatten. — Walz: „Ich halle eine kleine trockne Ritze an der Nagclwurzel des rechten Daumen, als ich in Dänisch Seeland ein am Milzbrande gefallenes Thier öffnete. Ungeachtet der sorgfältigsten Reinigung mit Seife und Essig bekam ich doch bald darauf eine dunkelblaue schmerzlose Pnstel mit Ficber-anfällen; schleunige örtliche und allgemeine Behandlung hob dieselben.quot;***) — Greve: „Im Sommer 1804 öffnete ein Chirurg aus Limmer bei Hannover eine am Milzbrand krepirtc Kuh, bei der Section sliess er sich mit einem kleinen Knochenspliller einer zerbrochenen Ribbe eine, sonst unbedeutende, Wunde am Arm, allein zum Unglück kam etwas von dem warmen Blulc des Viehes darein, dieses verursachte Brandbeulen am Arm und derMann kam nach 48 Stun­den ums Leben.quot;****) — Chabert: „Der Thierarzt Herr Vinson verletzte sich mit dem Messer, womit er die Section eines am Milzbrand krepirten Ochsen gemacht hatte, unbedeutend am Bein, er bekam fast augenblicklich einen Carbunkel an demselben Bein, und nur eine auf der Stelle eingeleitete ange­messene Behandlung rettete ihn.quot;t) „Siederer: „Der Schäfer F. aus dem
•) Instruct, et übssrv. Vol I. p. •quot;) Oeuvres p. 161. •••) Rinderpest S. 88. •raquo;••) Greve a. a. 0, I. S. 42. t) I nraquo;t r. t o 1. I. p. 1U,
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Dorfe I. halle sich am Morgen beim Rasiren leicht am Kinn verlclzl. Als er am Abend mit der Reinigung von Fellen am Milzbrand krcpirler Schafe be­schäftigt war wischte er sich mit beschmutzter Hand den Schweiss im Gesicht ab, wobei er denn auch jene Verletzung berührte. In der folgenden Nacht fühlte er einen brennenden Schmerz in der Wunde, und am andern Tage war ein Carbunkel daselbst gebildet.quot; *) — Heine: „Der Schilf bauer Michael P. hatte bei der Ernte beide Arme voll Disteln bekommen, und bald darauf am 22. Juli ein am Milzbrand gefallenes Stück Rindvieh abgeledert, und bei diesem Geschäft mit dem Gift desselben sich besudelt. Am 25len fanden sich am linken Arme zwölf, am rechten vier Milzbrandgeschwülste welche eine Aehnlichkeit mit den Kuhpocken zeigtenquot;**) etc. — „Der Dr. Ziegler in Quedlinburg erwähnt der Milzbrandansteckung eines Mannes von 80 Jahren, der, durch einen Holzsplitter in den Zeigefinger verwundet, das Blut eines am Milzbrande kranken geschossenen Fuchses in die kleine Verwundung be­kommen hatte, und daran starb.quot;quot;quot;*) — Laubender: „Ein Fallmeister in Partenkirchen lederte 15 Jahr lang milzbrandige Aeser ab, ohne je daher einen Naehtheil zu verspüren. Allein da er endlich einmal einmal eine un-bedentende Wunde am Finger hatte, wurde hier, während sie verbunden war, etwas weniges Milzbrandgift resorbirt. Eine Brandblatter mit hitzigem Eieber ergriff ihn und er starb nach zwei Tagen.quot; (Milzbr. S. 70.) — „Im Städtchen St. Vith waren einige Stücke Rindvieh am Milzbrande gefallen. Mehrere Personen die bei einer thierärztlichen Untersuchung hier thätigen Beistand leisteten, inficirten angeblich dadurch mit dem Gifte, dass sie beim Abwaschen und Trocknen ihrer Hände statt eines Handtuches Heu nahmen und damit die Epidermis ganz leicht aufritzten. Bald darauf entstanden bran­dige Pusteln auf den Armen, es erfolgte ein allgemeines Fieber und ohne die schleunigste ärztliche Hülfe wären sie gewiss ein Opfer ihrer Unvorsichtigkeit geworden.quot;**'quot;) — Der in Hilberalh wohnende Schmidt lederte krepirte Thicre ab, wurde an einer mit einer feinen Oberhaut überkleidelen Narbe an der Hand inücirt und starb an den Folgen der Milzbrandvcrgiflung.quot;t) Achnliche Fälle giebt es noch in grosser Anzahl.ff)
*) Diss. cit.
••) Rust Magaz. B. XXXVI. S. ,218. Noch ein Fall das. S 212.
•••) Rusts Magazin. B. XX. S. 182.
••••) Rhein. San. Ber. 1835. S. 155.
f) Daselbst. 1832. S. 255.
tt) S. z. B. noch Delafoud Pol. san. p. 494. — Schröder: Rust. Magaz. B. XXIX. S. 275. 2JC. — Lösch: Casper Woch ensch. 1837. S, 586, — Rottmann; HufeUnd Journ. BXLI S. 100.
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Hunde als Impfer.
So wird es denn auch nicht mehr überraschen dass Hunde die von ge­fallenen Thieren gefressen haben, durch ihre Bisse gnsunde Schafe inficiren können, wie Hildebrand uud G e r 1 a c h, (p. 387. 390) behaupten. Be­wiesen wurde diese Thatsache durch bestimmte Versuche Ton Wendroth und Eilert.*)
Insecten als Impfer.
Die eben erwähnten Thatsachen führen uns ganz natürlich auf einen Gegenstand über den ein sehr heftiger Streit unter den Schriftgelehrlen ge­führt wird.
Viele ältere Schriftsteller waren nämlich der Meinung dass die Milz-brandinfectionen oft durch Insecten, Fliegen, Bremsen u. s. w. die erst auf kranken oder todten Thieren gesessen dann gesunde Thiere oder Menschen stechen, bewirkt würden. Viele neuere Schriftsteller erklärten aber diese Mei­nung für ganz unerwiesen, höchst unwahrscheinlich und fabelhaft! So z. B. Schröder (Bust Magz. a. a. 0. S. 288). Carganico (daselbst B. XLIV S. 391), Bongard CBhein. San. Ber. 1826, S. 115) u. s. w.
Auf der einen Seite ist es nun ganz richtig, es können und mögen Täuschungen statt gefunden haben, theils durch das cigenthümliche Ansehen des entstehenden Carbunkels, theils durch das eigenthfimliche Gefühl bei seiner Entstehung.
Ich selbst habe nun leider den ersten Anfang des contagiösen Carbun­kels weder bei Menschen noch bei Thieren gesehen, und sehr wenige mögen so glücklich gewesen sein! Ich habe ihn in einem nicht viel späteren Zu­stande gesehen als die früheste Darstellung die Kopp gibt; diese Abbildung stellt aber wohl auch nicht den allerersten Anfang dar; aller Wahrschein­lichkeit nach ist das erste, was in der am mehrsten characteristischen Form erscheint, nichts als ein ganz kleiner schwarzer (gangränöser) Punkt. Die­ser ist denn wohl manchmal für einen Stich, mit Unrecht, gehalten worden. — Schon Mathy, der Brownianer mit überschwenglicher Phantasie, aber geistreich und unterrichtet, beschreibt dieses schwarze Pünktchen als Anfang: „Was denken Sie davon, wenn sie ein Pünktchen von der Gröse eines Steck­nadelköpfchens an irgend einem Theile eines Menschen entstanden sehen, der sich völlig gesund befindet, und dieses Pünktchen unter schrecklichen Zufäl­len ihn in wenigen Stunden an des Grabes Rand wirft; der Mensch aber im Augenblicke auflebt, sobald Sie nur dieses; Pünktchen entfernen ?quot; **) Mathy Hess sich selbst verleiten, darin den Stich eines fremden, vielleicht
*) Wendroth a. a. 0. S. 200. '*) Briefe etc. S. 163. 161. 178,
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aus Indien kommenden Insects zu erblicken. — Wie Matthy aus der Czarna Krosta Fohlens, so beschreibt es Valli vorn Dalack der Wallache!: „Sie kün­digt sich mit einem Jucken an; bei ihrer Entstehung stellt sie ein schwärz­liches Pünktchen vor, und ist unschmerzhaftquot;*). — Eben so beschreibt Hunnius den Anfang des Wessi Will in Ehstland: „Äliqua corporis parte, cum sensu doloroso punctionis, pruritus aut ustionis, paullatim in dolorem vehementer urentem, perforantem abiente, perspicua, macula parva, irregula-ris, plana, rubra, cujus in medio punctum magis saturatum, pulicis morsus eflfectui haud absimilis, exoriturquot; **). — Bojanus in Litthauen sagt: „Es entsteht in solchen Fällen, gewöhnlich an unbedeckten Theilen des Körpers, ein kleiner schwarzer Funkt, den man häufig (besonders in denjenigen Län­dern, wo der Milzbrand oft auf Menschen übergeht, ohne dass man seinen Ursprung genau zu beurtheilen versteht) für den Stachel eines Insects er­klärtquot; ***). — Kopp beschreibt den Anfang in der Wetterau: „Zuerst zeigte sich ein feiner schwarzer Funkt. Dieser wurde gröser, es entstand eine Ge­schwulstquot; .****) — Wahrscheinlich aus Irrthum, oder bei oberflächlicher Be­trachtung, wird nun dieser schwarze Funkt von manchen Aerzten als Stich bezeichnet (wenigstens in vielen Fällen mag Täuschung unterlaufen). So Hurtrel d'Arboval: „Elle se presente sous la forme d'une tumeur dure, renitente, inegale, environnee d'un bourrelet plus ou moins gonfle et engorge. Le centre de la tumeur est souvent deprime, et quelquefois percc d'une Ouver­türe imperceptiblequot;*)!Hintermayr will freilich den Stich bei 3 Stück Bindvieh genau gesehen haben**) — Herbin beschreibt diesen Anfang folgendermassen: Je remarquai sur le dos de la main gauche de mon berger, qui faisait avec moi l'ouverture d'une bete qui venait de succomber, une tache dont le sommet, formait un point grand comme la Ute d'une epingle, et noir comme du charbon. Douze heures apris, cette tache presentait l'a-spect d'une veritable pustule maligne.quot;
Kann dieser Punkt Veranlassung zur Täuschung werden, so kann es das eigenthümliche Gefühl bei der Entstehung noch mehr. Diesen Stich hat auch bereits Mathy für seine Hypothese in das Auge gefasst: „Vor 5 Jah­ren, als hier diese Gemeinkrankheit das letztemal herrschte, ging eine Frau durch das hier nahe gelegene Gehölz. Flötzlich empfand sie einen stechen-
quot;) Salzb. med. chir. Zeit. 1804. B. III. S. 139. *•) Diss. cit. p. 15. •raquo;•) Seuchen der Hausth. S. 106. ••raquo;•) Jahrb. d. Staatsarzn eik. B. V. S. 63. t) Dictionoair etc.*v o 1. I. p. 408.
tt) Kreutzer Central Archiv J. III. S. 441. Er behauptet gleich nach dem Stich untersucht und denselben gesehen xu haben.
Hduingir, Mllibrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; J9
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den Schincrz linier Jem Kinn wie einen Bienenstich. Sie kratzte daran, und als sie in ihre etwa tausend Schritt davon gelegene Wohnung kam, begann sie zu schwellen und war auf den Morgen Tod. Sie war die erste mit der jenesmal die Epidemie begann. Die andre Wahrnehmung ist folgende: „ein Herr in einem eine Viertelmeile von hier gelegenen Dorfe, ging bei der urvorletzten Epidemie aufs Feld, ihn stach etwas über dem Gelenke der rech­ten Hand, er begann sogleich zu schwellen, und gab nach 4S Stunden den Geist aufquot;*). — Wie Mathy in Polen, beschreibt auch Larrey in der Provence den angeblichen Stich: „Den Anfang dieser Krankheit macht ein unangenehmes Jucken, das mit schmerzhaften Stichen in dem Theile ver­bunden ist, wo sich die Beule bilden will. Der letztere wird rolh, schwillt leicht, und lässt so den Kranken glauben, er sei von einem Insect oder der­gleichen gestochen..... Wir hatten In Mililärlazarcth zu Tonten 13
Kranke der Art, fast zu einer und derselben Zeit, in dlaquo;r Mitte des Mai. Auf häufigen Regen folgte eine sehr grosse Hitze. Da diese Orte sich am ersten mit dem Grün des Frühlings schmückn, so gehen Soldaten und Ein­wohner hier am liebsten spazieren. Alle die von Carbunkel befallen wurden, sagten ein Thier habe sie gestochen, wie sie sich eben aufs junge Gras ge­setzt hättenquot;**). — Schröder, in Sachsen, sagt über diesen Stich: „Die Wahrheit ist, dass allerdings manche Kranke einen durchdringenden Stich empfinden, den sie, wie sie sagen, mit nichts anderem zu vergleichen wissen, als mit einem sehr empfindlichen Insectenstiche, wesshalb sie auch wohl ge­radezu angeben, es habe sie etwas gestochen; aber auf die Frage was sie ge­stochen ? wissen sie nie hinreichenden Bescheid zu geben, sondern erklären alle, das Thier hätten sie nicht gesehen. Wahr 1st es indessen, wie gesagt, dass eine Empfindung, sehr ähnlich der, welche durch den Stich eines Insects veranlasst wird, in manchen Fällen das erste ist, was den Patienden auf das örtliche Leiden aufmerksam machtquot;***). — Schwabe gibt als häufige Er­scheinung an: Die Erkrankten hatten beim besten Wohlsein die momentane Empfindung eines Insectensiichs an der Stelle, wo sich später die Pustel bildete; sie waren im Freien, als sie diesen Stich erhielten, und der Sitz der Blatter war immer an Theilen, die mit Kleidungstficken nicht bedeckt warenquot;*'**). Wendroth theilt ein paar Fälle mit, wie deren mehrere aufge­zeichnet und mir auch vorgekommen sind: „Eine Frau von schwacherKöper-constitution, einige und vierzig Jahr alt, noch menstruirt, fühlte im Monat August 1839, während des Koggenscheidens, einen flüchtigen Stich auf der Brust, juckte
*) a. a. 0 S. 178. •') a. a. O. S. 29. 35. *#9830;•) Rast Mag. B. XXIX. S. 239. ••••) Casper Wochenraquo;ehr. 1838. S. 200.
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und kratzte sich daselbst, befand sich Abends beim Nachhaasogchen unwohl, blieb den andern Tag im Bette liegen, empfand Schaudern, selbst Frost, dann Hitze, Eingenommenheit des Kopfs, Appetitlosigkeit, Angst und grosse Unruhe. Auf der Brust bemerkte sie ein kleines Bläschen wie eine Linse gross. Am dritten Tag ein brandiger Fleck von der Grosse einer Erbse — u. s. w. Am 5. Tage Tod. Eine Ursache war nicht aufzufinden. Ein anderer Fall ist folgender: „Die Wiltwe St., einige und sechzig Jahre alt, empfand im Juni lSä5 beim Abschneiden Ton grünem Roggen, gleich über der Bügung des rechten Ellen­bogengelenks einige Stiche, glaubte von einem Insect gestochen zu sein, konnte aber ein Thier der Art nicht auffinden. Abends juckte die Stelle etwas, am zweiten Tage bemerkte die Kranke ein kleines Bliitterchenquot; etc-am 5. Tage Tod. Ursachen nicht aufzufinden*). — Glanstro ein erzählt folgenden Fall: „Jurri, 58 anorum. abusi spirituosomm deditus et arthritide affectus, cum d. 15. Martii 1810 lignum caederet dolorem subito pungen-tem in extremo digito indice sinistro suseipit, frustulum ligni digito illisum credit, accurate examinat, nihil alieni reperit, ad loborem redit, ob dolorem vero adauetum et infirmitatem brachii desistere domumque redire coactus est. Incrererunt dolores, subveniunt cephalagia etc. am folgenden Tage war der Carbunkel am Finger ausgebildet**). — Am häufigsten ist aber von diesem Stiche in Sibirien die Bede. Nach Haupt scheint dort auch bei Pferden das­selbe Symptom vorzukommen: wenn man das Thier zu dieser Zeit gerade vor Augen hat, bemerkt man im Augenblicke des Entstehens derselben (nach dortigen Ausdrücken, im Augenblicke des Schlags, Stiches, der Vergiftung) eine gewisse, unwillkürliche Bewegung, ein Zusammenfahren, Erschrecken des Thiers, man sieht es kürzere oder längere Zeit dabei gleichsam nach­sinnend, etwas betäubt, traurig, manchmal etwas erzitternd stehenquot;laquo;.s.w.***).— Von Menschen wurden dort viele Beispiele erwähnt, auch Haupt führt einige ausgezeichnete an, und sagt dann im allgemeinen: „Die Menschen fühlen, als erten Ausbruch der Krankheit, oder wie man sagt, indem sie getroffen werden, einen leisen, oft aber auch ziemlich durchdringenden, fast erschüt­ternden örtlichen Schmerz, eine Art von Stich, und indem sie unwillkürlich nach dieser Stelle greifen, sie kratzen oder reiben, spüren sie ein Jucken und
deg;) Wendert a. a. O. S. 153. 182. Ich komme unten, wo vom primären Milzbrand des Menschen die Rede seyn wird, hierauf zurück. Diese Fälle, nicht so sehr selten, aber doch nur in Milzbrangegenden vorkem-mend, weiss ich mir nur durch die Annahme zu erklären, dass an solchen Stellen krepirte Thiere vergraben waren.
*•) Di ss. cit. p. 21. •quot;) a. a. 0, S. 166,
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bemerken einen rothlichen oder auch veissltchen Punkt, ein Blatterchen mit einer kleinen gefühllosen Härte, rund, anfänglich vom Durchmesser einiger (?) Linien*).
Auf der einen Seite also können diese beiden Symptome Täuschungen veranlassen und den ungegründeten Verdacht von Insectenstichen vcranlasst haben: Allein auf der andern Seite ergibt sich auch, dass diese Impfungen durch Insecktenstiche keineswegs so unwahrscheinlich oder gar unglaublich sind, wie man sie hat machen wollen.
Es sind hier zwei Fälle zu unterscheiden: nämlich entweder das Insect schadet allein dnreh die Verwundung, das Contagium wird auf andre Art später auf die Wunde gebracht, oder aber das Inseckt überträgt zu gleicher Zeit das Contagium. Zum ersteren Fall gehört es zum Beispiel, wenn Sie­der er erzählt, ein Mann habe Milzbrandfleisch für seinen Hund mit nach Hanse genommen, während des Gehens habe ihn ein Floh auf den Arm ge­stochen, er habe mit der beschmutzten Hand die gestochene Stelle gerieben, und alsbald einen Carbunkel daselbst bekommen **), so ist das ein sehr wahr­scheinliches Vorkommen, was vielleicht gar nicht so selten ist. Wenn Walz behauptet die Abdecker bekämen leicht den Carbunkel wenn sie während des Ablederns von Fliegen gestochen würden***); oder wenn Majocchi den Fall mittheilt, dass ein junger Mann am Milzbrand starb, weil er während des Zusehens beim Abhäuten von einer Fliege am Bein an die Stelle gestochen #9632;R'urde, wo sich hernach der Carbunkel bildete ****); so ist gewiss das Na­türlichste , anzunehmen die Kranken erschlugen oder verjagten die Fliege nnd rieben denStich mit durch Contagium beschmutzten Händen. Hierbei ist gar nichts Unwahrscheinliches oder Unglaubliches.
Auch für den zweiten Fall werden Beweise angeführt: Siederer führt zwei Beispiele der Kranken seines Vaters an: Ein Ziegelbrenner schlief Mittags im Freien, und wurde durch einen heftigen Stich auf der Wange geweckt, er fuhr sogleich mit der Hand nach der Stelle und fand eine Fliege. Die Stelle blieb aber schmerzhaft und es entstand ein Carbunkel. In der Nähe lag ein zum Theil bereits von den Vögeln aufgefressenes Aas eines Schafes. Eben so wurde eine Frau im Felde ins Gesicht gestochen, und erschlug daselbst eine Fliege mit der Hand. In der Nähe lagen die Eingeweide eines am Milzbrande krepirten Schafs f). — Schwab erzählt: „Johanna Gibsonin, Hebamme von Bürgen, 59 Jahr alt, wurde am 6. Juli von einer Fliege gestochen. Es verschwoll ihr das Gesicht, dann auch die Brust;
•) Daselbst. S. 188. o*) Di s s cit. p. 32. •••) a. a. O. S. 87. ••••) a. a. 0. S. 244. t) Diss. cit p. 30.
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eigentlich klagte sie nichts. Sie starb am 10. Juli *). — Chevalier theilt aus der Beauce mit: „On a tue une espfece de mouche au moment ou eile Tenait de piquer, et sa piqüre a determince une Pustule maligne qui s'est termlnee par la mort **). — Renault erwähnt einen gleichen Fall***). Veberhaupt erklären sich für diese Uebertragungsart, mit mehr oder weniger Berufung' auf die Erfahrung: Thomassin, Enaux et Chaussicr, Gil­bert, Mellado, Ziegler, Regnier, Herbst, Wagner, Krahn u. s. w. Unwahrscheinlich ist sie gewiss nicht. Thomassin erzählt einen Fall wo eine Frau durch einen Bienenstich inficirt wurde; hier doch wohl nur auf die ersterwähnte Art, das Contagium kam auf die vorhandene Wunde.
Absichtliche Impfver su ehe.
Es lag sehr nahe, manche Zweifel durch den Erfolg absichtlich ange­stellter Versuche aufzuklären. Leider haben sich die Aerzte, welche diese unternommen haben, nicht alle die Fragen gestellt, welche zu stellen waren, und ausgedehntere Versuche finden noch ein ergiebiges Feld für die Acli-ologie und Pathogenic der Krankheit.
Schon Laubender hat einige Versuche angestellt, die er seiner Gc. schichte der Seuchen I. 2. S. 353. 356. 378. und seiner Schrift über den Milzbrand S. 42. mitgetheilt hat. Sie sind nicht überall mit der nöthigen Umsicht angestellt.
Greve bewies durch ein paar Versuche nur die sehr schnelle Mitlhei-lung des Milzbrandes durch die Schleimhäute des Auges und der Nase. a. a. 0. S. 48.
Niemaun's Versuche beweisen die leichte Mittheilbarkeit des Milz­brands der Schafe durch Impfung ****}.
Kopp hat einige Impfversuche gemacht. Jahrb. VI. S. 97.
Etwas umfassendere und ergiebigere Impfversuche stellte Wendroth mit dem Thicrazt Eilert an f). Hertwig hat sie später wieder abdrucken lassen. Mag. B. III. S. 438.
Noch entschiedenere Resultate geben die Impfversuche von Gerlach ft)-
*) a. a. 0. S. 61.
*•) Annal. d'hyg. publ. Vol. XXXllf. p. 218 ••*) Recueil de m e d. v e t. V ol. XXIII. p. 5fi3. — Ziegcnb ein wilj sogar einen Carbunkcl haben entstehen sehen nach einem Fliegenstich der durch das Hemd gedrungen war. Magaz. f. d. Thierhcilk. B. I. S. 460. *quot;#9830;) Taschenbuch der Veterinärkunde 8,311. 1) W e n d t o t h a. a. 0. S. 193. ff) a. a. 0. S, 892.
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In Frankreich wurden einige Versuche von Barthelcmy*), Leuret und Roche Lubin**) angestellt.
Auf einige Resultate dieser Impfungen, die im allgemeinen beweisen, dass die Uebertragung eben am leichtesten durch Wunden erfolgt, werde ich Gelegenheit haben im Folgenden zurückzukommen.
For t p f 1 a n z ung s r er m ö g en des Contagiums durch verschiedene Gattungen.
Die gewöhnliche Regel ist, dass sich die Contagicn durch die Individuen einer und derselben Gattung gleichmässig und ohne Verlust ihrer Ansteck­ungskraft fortpflanzen. — Diejenigen Contagicn, welche sich auf andere Thiergattungen fortpflanzen können (und dass der Milzbrand zu diesen ge­hört, sahen wir oben), verhalten sich verschieden: Nur sehr wenige, wenn eins, pflanzen sich in den Gattungen, auf welche sie als fremdartige übergegangen sind, mit gleicher Energie fort, gewöhnlich werden sie ge­mildert (z. B. die Pocken), zuweilen verlieren sie ihre Ansteckungskraft ganz. Gehen sie auf ihre ursprüngliche Gattung zurück, so bleiben sie zum Theil gemildert (Pocken), zum Theil erlangen sie hier wieder ganz ihre frühere Energie. Es entsteht die Frage, wie verhält sich in dieser Bezie­hung der Milzbrand?
Zahlreiche Beispiele, die man im Verlaufe unsrer Untersuchungen mitgetheilt Jindet, beweisen, dass das Contagium durch den Uebergang auf verschiedene Individuen einer und derselben Gattung von Pflanzenfressern, keine Schwä­chung erleidet, sondern durch hunderte von Individuen hindurchgegangen sich noch mit derselben Energie wieder erzeugt.
Dasselbe gilt von dem Uebergange verschiedener Gattungen von Pflanzen­fressern, das Contagium geht unter Schafen, Ziegen, Rindern, Pferden, Hirschen, Rehen, Renen, Elenn, Hasen, Schweinen gegenseitig über, ohne dass eine Schwächung eines Contagiums wahrnehmbar ist.
Das Contagium scheint mit gleicher Leichtigkeit von den Pflanzenfressern auf Carnivoren (vielleicht mit Ausnahme der Katze) überzugehen; indessen gibt es Beispiele des üeberganges von verschiedenen Herbivoren auf Hunde, Wölfe, Füchse, Bären.
Ob nun aber das Contagium auch, und mit gleicher Leichtigkeit und Energie, von einem fleischfressenden Thiere auf das andere übergehe, darüber fehlt es an Beobachtungen. Walz leugnet diesen Uebergang*), er ist aber eher wahrscheiulich. Ob zurück auf Pflanzenfresser ist auch unentschieden.
*) Comte-rendu de l'dcole d'Alfort, a. 1823. p. 31 quot;') Recueil Vol. XI. p 128. *••) A. a. 0. S. 87.
plusmn;
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Auf den Mengeben ist der Milzbrand übergegangen von allen Herbivoren, auch Hasen und Geflügel. Aber auch von Carniroren z. B. Bär und Fuchs; vom Hunde und von Katzen kenne ich kein Beispiel.
Dass der Milzbrand von einem Menschen auf den andern übergehe, wird von sehr erfahrenen älteren und neuem Aerzten durchaus geleugnet: So von Pallas (Nord. Beitr. I. S. 125), Odhelius (a. a. 0. S. 158), der Pariser Akademie (Hist, de l'Acad. de Med. A. 1777. p. 2'2I), Jemina (Brera Giornale I. p. 460), Bäyle, Kopp, (Jahrb. B. V, S. 70), Wendroth (a. a. 0. S. 93.) Schwabe (Caspers Wochenschr. J. 1838. S. 201)') ii. s. w. Sollte ich nach meinen Erfahrungen urtheilen so müsste ich dasselbe behaupten, ich habe nie einen solchen Uebergang, bei der reichsten Gelegen­heit dazu, wahrgenommen; obgleich ich in früheren Zeiten nicht einmal Vor­sichtsmasregeln von Wärtern und Angehörigen anwenden Hess, und bei mei­ner Behandlungsart so gut wie immer Beschmutzungen ausgesetzt bin; denn denn ich öffne immer sorgfältig alle Pusteln und Blasen und nehme alle Jauche laquo;mit Charpie oder Baumwolle weg, und ätze dann mit Schwefel­säure **)
Man wird daher berechtigt aeyn zu schliessen dass dieser Uebergang wenigstens sehr selten seyn müsse ! Allein eine Anzahl von Beobachtungen beweisen doch seine Möglichkeit, wenn man auch einige als unsicher verwerfen will. Der Fall von Larrey, den man anführt wird zu den unsicheren ge­hören : Ein Fleischer in Paris Namens Lenormand schlachtete einen milzbrand­kranken Ochsen; einer seiner Knechte, 27 Jahr alt, wurde während des Aus­weidenraquo; von einer starken Ohnmacht befallen, ihr folgten Kopfschmerz, Schwin­del, Steifheit in der linken Wange, wo sich eine leichte schwärzliche Pustel zeigte, die ihm anfangs gar nicht auffiel; indessen gesellte sich Schmerz und Stockung in den benachbarten Theilen, Hitze Purpurröthe rings um die schwärzliche, in die Mitte vertiefte Geschwulst dazu. Man rief einen Wund­arzt, aber das Uebel nahm so zu dass der Kranke am 21. Mai schon tod war. Ein zweiter Knecht hatte dasselbe Schicksal, bei ihm war der Carbunkel am Halse erschienen. Larrey wurde nun zu der Frau gerufen; bei ihr hatte der Carbunkel, wie beim ersten Opfer, seinen Sitz auf der linken Wange, nach dem Winkel der Kinnlade hin. In der Mitte war schon der Brand, Köthe und Geschwulst rings herum, die Kräfte lagen darnieder, das Athem-
•) Ray er fuhrt sogar aa dass sich einer seiuer Svliüler ilie Milzbrandjauche eines Menschen oiiue Erfolg eingeimpft habe Mal. de la pealt;i II. p. 23.
••) Das jetzt gewühnlicbc Verfahren des Ausschneidens taugt, selbst bei weit fortgeschrittenen Carbunkel , nichts, ist mit Recht schon von älteren er­fahrenen Aerzten verworfen, und zählt eine ganz nnverliältuissige Anzahl unglücklicher Erfolge die ich bei meinem Verfahren nicht kenne; bei neu entstandenen Carbunkel ist es vollends höchst tadelnswerlb.
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holen vrnr schwer, sie schluchzte und der Speichel floss ans dem Munde damit war Ekel, Erbrechen, missfarbige Haut, Kälte der Extremitaeten, kleiner, aussetzender Puls und Irrereden verbunden. Sie wurde gerettet. Noch zwei andre Fleischerbursche wurden überfallen, aber ihrem Uebel geschah gleich durch zweckmässigc Behandlung Einhalt.quot;*) Hier fand wahrscheinlich keine Infection von Menschen aus statt. — Thomas sin theilt eine Beobachtung mit, wo eine Frau ihren am Carbunkel leidenden Mann verband, und mit ihren von Jauche beschmutzten Fingern in das Gesicht kam, zwei Stunden darauf bekam sie an der berührten Stelle einen Carbunkel der sehr rasche Fortschritte machte.**) — Chaussier behauptet dass ein Mann von seiner mit ihm In einem Bette schlafenden Frau inficirt worden ssi. — Rinne behauptet diesen Uebergang zwischen Eheleuten öfters beobachtet zu haben*'*) (Ob sie sich aber nicht gleichen Einflüsaen ausgesetzt hatten?) — Aus Ostpreussen wird dasselbe Factum berichtet, zwei Frauen sollen von ihren Männern angesteckt worden sein.quot; Die Frau des am Milzbrand verstorbenen Gartenwächters Schmidt lag nur eine Nacht bei ihrem, mit Schweiss bedecktem Manne, den folgenden Tag nach dessen Tode bekommt sie Schmerzen auf der rechten Backe, und am linken Mittelzahn, und auf beiden Theilen fanden sich bald dunkclrothe Pusteln mit Fieberbewegungen, die immer grosser wurden und nur mit Mühe sammt dem typhösen Fieber beseitigt wurden. Die Frau des verstorbenen Hirten Frank welche während der ganzen Krankheit ihres Mannes bei demselben in einem Bette gelegen hatte, bekam gleich nach dem Tode desselben eine starke entzündliche Anschwellung beider Brüste, auf denen sich schmerzhafte gangränöse Pusteln erzeugten, die auch nur mit Mühe nebst dem thyphösen Fieber gehoben werden konnten. Doch hatte diese Person durch ainen Fall über eine Tonne, sich die Brüste früher, ohne sie verwundet zuhaben, stark gequetscht.****) — Barez beobachtete in Berlin zwei Brüder, Gerber, welche den Milzhrandcarbunkel bekamen, und fährt fort: „Endlich bekam die Gattin des Aeltern, eine junge, gesunde Frau, dieselbe verdächtige Pustel auf der Backe. Auch hier zeigten sich bald Brandblasen, es wurde aber ebenfalls das Leben erhalten. Die Frau hat sich das Uebel wahrschein­lich dadurch zugezogen, dass sie die Breiumschläge die auf den Arm ihres Mannes gelegt wurden, zum öftern an ihre Wange brachte, um den Wärme­grad derselben zu erforschen.quot;f) — Helbich beobachtete folgenden Fall:
*) Denkwürdigkeiten. Bf. 8.12. *•) Diss. cit. p. 31. ••*) Di ss. cit. p 11.
••quot;) Ascl ep ie con 1811. 2. — K es s el: Hufeland Journ. B. XXII I. S. 124. t) Hufeland Journ. B. LV. 6. S. 97.
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Einem Bauer im Dorfe Zalesie fiel plötzlich eine Kuh am Milzbrand. In Ab­wesenheit seiner Frau häutete er sie ab, verkaufte das Fell an einen Juden, und vergrub die Kuh. Bei dieser Arbeit hatte er sein 22 Monat altes Kind bei sich, und als dieses weinte wischte er ihm mit seinen schmutzigen Hän­den das Gesicht ab. Nach Verlauf eines Tages entstand auf der linken Seite des Unterkiefers des Kindes ein Carbunkel. Da die Frau fortfuhr das Kind zu stillen, so bekam sie einen Carbunkel auf der rechten Brust.quot;*) — Cle-mentz theilt folgende Beobachtung mit: In einem Dorfe hei Dorpat schlach­teten zwei Bauern ein am Milzbrand krankes Schwein; beide bekamen den Milzbrandcarbunkel und einer von ihnen starb, von diesen beiden Kranken wurden zwei Erwashsene und ein Knabe durch Berührung angesteckt. Ausser-dem kam aus einem entfernten Dorfe ein Freund um dem Verstorbenen den letzten Liebesdienst zu erweisen und die Leiche zu waschen und in den Sarg zu legen. Dieses geschah am 23. Sept. 1828. Am folgenden Tage bekam er Fieber, üebelseiu und Druck in der Gegend des Magens und der Leber, und bald darauf brach über dem rechten Auge ein Carbunkel aus, an welchem er in dem Hospitale zu Dorpat starb. **) Derselbe fügt hinzu dass im Jahre 1830 eine ärztliche Untersuchung auf 2 Dörfern in der Gegend von Reval ergab, dass der ursprünglich vom Milzbrand der Thiere entstandene Carbunkel sich nun bei der herrschenden Unreinlichkeit von Mensch zu Mensch fort­pflanzte. — Biederer hat folgende Beobachtung: Ein Hirte hatte milzhrand-kranke Thiere abgehäutet, und dabei seinen an der Stirne leicht verwundeten vierjährigen Knaben mit den Händen die Wunde leicht berührt; es entstand ein Carbunkel an der Stirne des Kranken. Der von der Mutter getragene Knabe legte seine Stirne an die Wange der Mutter; am 5ten Tage der Krank­heit des Knaben bekam die Mutter einen grossen Carbunkel anf der linken Wange.'**) Herbst theilt folgende Beobachtung mit: Eine Wollcnspinnerin in Calbe an der Saale spann quot;Wolle von einem am Milzbrande krepirten Schafe, und bekam einen sehr bösen Milzbrandcarbunkel auf der rechten Wange. Ihre einundzwanzigjährige Tochter welche die Mutter pflegte bekam den Carbunkel am lOten Tage der Krankheit der Mutter, er war aber viel gutartiger, die einfache Blasenform. •**raquo;) — In der Preussischen Vereinszeitung werden fol­gende Fälle mitgetheill: „Schon das Circular der Kurmärkischen Regierung vom 18. Nov. 1810 erwähnt zweier Frauen welche von ihren am Anthrax lei­denden Männern, bei denen sie während der Krankheit eine Nacht gelegen hatten, angesteckt worden waren, Schmerzen und dunkelrothe Pusteln bekamen.
•) Diss. cit. p. 16. quot;) Diss. cit p. 43. 81. 83.
,gt;*,) Digs. cit. p. 34. **raquo;,,) Diss. cit. p. 28
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auch Dr. Hausbrand hatte schon vor mehreren Jahren bei einem zweijährigen Kinde, welches die mit der schwarzen Blatter an der Hand behaftete Mutter bei sich im Bette schlafen Hess, die Ansteckung erfolgen sehen. Das Kind hatte sich nämlich im Schlafe auf die schwarze Blatter der Mutler gelegt, und dieser dadurch einen so heftigen Schmerz erregt, dass sie darüber er­wachte. Sie bemerkte dass einiges aus der Blatter geflossenes Blut das Kinn des Kindes befleckt hatte. Obgleich sie nun dieses, nach ihrer Versicherung sogleich gereinigt, so brach doch an demselben nach einigen Tagen die schwarze Blatter, und zwar im Umfange eines Thalers, aus, und das Kind gerieth an den Rand des Grabes. In der vorjährigen Milzbrandepizootie aber beobachtete
Dr. Hausbrand nachstehenden Fall......Der Schäfer wurde von der
schwarzen Blatter befallen. Bei einer Frau, welche die schwarze Blatter des Schäfers aus Neugierde besichtigt und mit dem Finger gedrückt hatte, wobei einige Tropfen dunkeln Blutes aus der Blatter ausgeflossen waren, welche die Frau mit dem Aermel ihres Camisols abwischte, ohne dabei eben sorgfältig jede Verunreinigung zu verhindern, brach an eben der Stelle, an welcher eine unbedeutende Menge jener Flüssigkeit mit der Hautoberfläche der früher ganz gesunden und sehr kräftigen Frau in Berührung gekommen war, nämlich am rechten Arm, unmittelbar über dem Ellenbogengelenkc, sechs Tage später, nachdem der rechte Arm und besonders die rechte Achseihöle heftig geschmerzt hatte und bedeutend angeschwollen war, ein Carbunkel aus, der mit den schwarzen Blattern der genannten Männer denselben Verlauf gemein hatte. Bei einem dieser letzteren will Hausbrand auch die Bemerkung gemacht haben^ dass die aus einer schwarzen Blatter austretende Feuchtigkeit an einer andern Stelle des Körpers, mit welcher sie in Berührung kommt, wieder eine schwarze Blatter erscheinen lässt.quot;*) — Nöldechen soll den Fall beobachtet haben? wo einer seiner Collegen einem an Fustula maligna Leidenden zur Ader Hess und vom Blute bespritzt wurde; nach drei Tagen erfolgte eine heftige Ent­zündung des ganzen Arms, von heftigen Fieber begleitet, wovon er nur mit Blühe gerettet werden konnte.quot;**) — La übender führt folgende merk­würdige Beobachtung an: 1793 wo der Milzbrand im Bairischen Land­gerichte Weilheim herrschte, hatte eine Schwaigerin ihrer kranken Kuh in den Rachen gegriffen, bald darauf schwollen ihr die Hände auf, bekam grosse schwarze Blattern, und nach mehreren Stunden musste sie sterben. Ehe sie aber starb, bekam sie heftiges Erbrechen. Bei dieser Gelegenheit fiel einer Jlagd die sie wartete, manches von dem Ausgebrochenen auf die nackten Füsse; niclit lange darnach schwollen auch dieser die Füsse, Brandblattern fuhren an denselben auf, und sie mussle schmerzhaft wie ihre Frau sterben.quot; ***)
quot;) Fr. Ver. Zeit. J. 1836 S. 146 quot;) Pr. Ver. Zeit. J 1841. S. 53.
quot;•0 Milzbrand S. 38,
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Die Uebertragung des Milzbrandgifls vom Menschen auf Carnlvoren Ist oft geleugnet worden, und mehrere Impfversuche auf Hunde misslangen, sie waren aber auch mit wenig Umsicht angestellt; mit Erfolg impfte dagegen Hoffmann zwei Hunde mit Milzbrandgift des Menschen. (S. 275).
Auch die Uebertragung des menschlichen Milzbrandgifts auf Schafe ist misslungen, es ist aber wenig Werth auf diese Versuche zu legen. — Da­gegen gelang Greese (diss. cit. p. 46.) die Impfung eines Kaninchens aus der schwarzen Blatter eines Menschen.
Incubationszeit des Milzbrandcontagiums.
Wenn eine Ansteckung erfolgen soll, so muss das Contagium eine gewisse Zeit mit den Organen des anzusteckenden Organismus in Berührung kommen. Diese Zeit des Contacts ist aber eine verschiedene. Die Verschiedenheit hängt ab zum Theil von der specifischen Verschiedenheit der Contagien; in dieser Beziehung haben ältere und neuere Aerzte, z. B. vor kurzer Zeit noch Re­nault, Versuche angestellt, aus denen sich ergeben soll dass z. B. das Rotz-contagium eines Contacts von mehreren Stunden bedarf, das Blattern contagium noch nicht einer Minute u. s. w. Allein ein und dasselbe Contagium zeigt sehr bedeutende Verschiedenheiten, die theils von der Individualität des zeu­genden theils von der des empfangenden Organismus, theils von gleichzeiti­gen befördernd oder hemmend wirkenden Einflüssen abhängen. Aus den vor­liegenden Thatsachen bann man nur schiiessen dass das Milzbrandcontaginm zu denen gehört welche der kürzesten Zeit des Contacts bedürfen.
Wenn aber auch die Aufnahme des Contagiums erfolgt ist, so verläuft doch eine gewisse Zeit bis die Symptome der Krankheit eintreten, das sogenannte Stadium morbi latentis oder die Incubationsperiode, in welcher der Organis­mus 'noch vollkommen gesund erscheinen kann. Auch diese Periode zeigt dieselben Verschiedenheiten in Beziehung auf die einzelnen Contagien sowohl wie in Beziehung auf ein nnd dasselbe Contagium. In Beziehung auf das Milzbrandcontaginm zeigen folgende Beobachtungen welche Verschiedenheiten vorkommen:
Augenblicklich.
Am merkwürdigsten sind ohne Zweifel dfe Fälle wo die Infection, und selbst die tödlliche augenblicklich oder nach Verlauf von ein paar Stunden eintrat.
Einen solchen Fall wo ein Fleischerbursch noch während des Schlach-tens des kranken Ochsens erkrankte, nach Larrey, habe ich eben mitge-theilt. (S. 455).
Einen andern von Ruprecht, wo gleich nach dem Berühren des Auges ein Carbunkel auf diesem erschien, habe ich ebenfalls schon mitgelheilt. (S, 409).
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Eben so die Beobachtung ron Hfibener an zwei Hunden die unmittel­bar nach dem Fressen des Fleisches erkrankten und bald krepirten. S. 416.
Mehrere gleichzeitige Fälle solch schneller Entwickelung die Loretz beobachtete, theilt Faulet mit: Im Jahr 1774 im December bekam ein Flei­scher einen geschwollenen Backen, als er eine Kuh schlachtete; man gab ihm Orvietan der ihm gut that; nach dem Bericht den man an Herrn Loretz ge­macht hatte, zeigte sich auch ein Anthrax an dem mittlern Theile des linken Vorderarms, der sich aber auch gänzlich zertheilte; nach dem plötzlichen Verschwinden der Geschwulst verspürte er Neigung zum Brechen und brach alles weg, was er genommen hatte, dann erfolgten Ohnmächten und eine Stunde darauf starb er. — Ein anderer Fall kam in dem Dorfe Bleno vor: Zwei Brüder Johann und Peter Gaudin, sehr arme Leute, hallen zwei Och­sen und ein Pferd, von diesen Ochsen krepirte plötzlich einer am '29ten Aug. in Zeit von einer Viertel Stunde nachdem sie ihn kurz vorher auf der Weide gesund gehabt hatten. Beide Brüder zogen ihn ab, nahmen den Talg aus demselben und verscharrten ihn in eine Grube. Den Morgen darauf legte Peter Gaudin seine Haut auf sein Pferd, führte sie nach Ploermel und ver­kaufte sie an einen Lohgerber. Als er wieder zurückkehrte, nahm er wahr, dass sein Pferd kaum gehen konnte, und so wie er in den Stall kam, fiel es um und wurde auch sogleich eingescharrt. Peter Gaudin welcher sein Pferd sehr genau besichtigt, merkte dass eine von seinen Ohrendrüsen, so wie auch sein ganzes Gesicht an der nämlichen Seite angeschwollen war, und bald darauf schwoll auch sein ganzer Kopf ungeheuer gross, nicht minder auch sein Hals und Brust, und das Athemholen wurde sehr kurz und beschwer­lich, die Geschwulst wurde endlich allgemein und* breitete sich über den ganzen Körper aus, der zugleich dunkelgelb aussah. Der Kranke starb nach einiger Zeit, und die Krankheit währte etwa 20 Stunden. Johann Gaudin welcher den Tag vorher den Ochsen abgezogen hatte, bekam eine auf­geschwollene Oberlippe, ingleichen eine Geschwulst am linken Augenlied, und er wurde gerettet.quot; *)
Einen Fall von so schneller Wirkung des Contagiums erzählt Lüpke: „Der Hirte Breitmeier, der das Blut von einer kurz vorher zur Ader gelasse­nen Kuh in einem Gefässc auffing, setzte dasselbe mit dem Inhalte vor die Thüre; unbemerkt schleicht sich sein Hund hinzu, frisst das Blut, und indem ich es nochmals besichtigen wollte, fand ich das Gefäss leer. Der Hund -wurde gesucht Hess sich aber durch keine Lockungen sehen; endlich unge­fähr nach einer Stunde, fanden wir ihn im Stroh liegend, es trat Erbrechen ein, und in der 7ten Stunden starb er unter convulsivischen Zuckungen. Bei der Section fand ich wirklich meine Muthmassungen bestätigt, die Milz war
•) P a u 1 e t a. a. 0. S. 82.
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Sehr gross und brandig, der Magen leer und entzündet, und das in den 6e-fässen noch befindliche Blut schwarz von Farbe und theerartig.quot;*)
Kzean führt zwei Beispiele von der schnellen Wirkung des Contagiums des Schweinemilzbrands an: Im Jahre 1836 wollte ein Abdecker aus Specu­lation, die am Milzbrand gefallenen Schweine ausschlachten, und hatte dabei das Unglück sich in den Finger zu schneiden; Hand und Arm schwollen mit solcher Schnelligkeit, dass er in 5 bis 6 Stunden tod war. Im Jahr 1S39 wurden die Schweine der Gemeinde Saint Falen losgelasssn und frassen am Ufer am Milzbrand krepirte Schweine welche man in das Wasser geworfen hatte. Diese Schweine wurden auf der Stelle von einer sehr starken Geschwulst befallen welche an dem Rüssel begann, sich über den Kopf, den Hals und die Brust yerbreitete und sie sämmtlich tödtete.quot; **) So sagt auch schon Gilbert: Ich sah dass ein altes Schwein mit 8 Jnngen fast auf der Stelle fielen als sie die blutigen Spuren einer Kuh berochen, die ich an den Ort, wo sie ein­gegraben werden sollte, hatte hinschleppen lassen.
Einige Stunden.
Oben habe ich bereits den Fall angeführt wo ein Schäfer seinem Hunde die Eingeweide einer am Milzbrande erkrankten Ziege gab, und dieser nach kaum zwei Stunden von Colik, Blutbrechen und Blutlaxireu befallen wurde und nach 10 Stunden starb; die Section ergab alle Zeichen der acuten Car-bunkelkrankheit im Darmcanal, sogar das gelbe Wasser um die Gekrösdrüsen fehlte nicht.'**)
Grevc sah die Krankheit bei Tauben und Enten 3 Stunden nach Injec­tion der Jauche in das Auge und den Schlund ausbrechen, wie oben erwähnt.
In dem oft erwähnten Du ha me Ischen Falle erfolgte der Ausbruch auch schon nach einigen Stunden: Ein Fleischer in Pithiviers liess einen milz-hrandkranken Ochsen von einem seiner Knechte schlachten; während dieses Geschäfts nahm er einige Augenblicke sein Messer in den Mund; einige Stunden darauf schwoll seine Zunge, er empfand zusammenziehende Schmer­zen in der Brust und Athembeschwerde, sein Körper bedeckte sich mit schwar-Fusteln, und er starb am vierten Tage am allgemeinen Brand. Der Wirt der sich in der Mitte der linken flachen Hand an einem Knochen des­selben Ochsen gestochen hatte, bekam nach Verlauf einiger Stunden an der Stelle des Stichs eine livide Geschwulst, der Arm wurde bran dig, und der Mann starb nach Verlauf von 7 Tagen. Von demselben
*) Nebel und Vix Zeitschr. B. XVI. S. 56. '*) Anm. d I. Soc. vet. du Fiuisterre. II. p. 19. •••) Nebel u. Vix Zeitschr. B. IV, S. 130.
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Ochsen wurden noch zwei Frauen iuficirt denen Blutstropfen auf die Hände gefallen waren.quot; *)
Gilbert erzählt, dass er auf der Hüfte eines Pferdes einen Mihbrand-carbunkcl entstehen sah, einige Stunden nachdem es die frische Haut eines am Milzbrand krepirten Ochsen getragen halte, obgleich diese Haut in einem Sacke steckte **).
Hughes erzählt, dass auf der Insel Barbados eine Negerin Fleisch ei­nes am Milzbrand gefallenen Ochsen in einem Korbe auf dem Kopfe trug; einige Tropfen daraus fielen ihr auf die linke Brust; einige Stunden darauf schwoll ihr Körper so dass sie kein Glied rühren konnte, nach 2 Ta­gen wurde die Brust brandig und musste amputirt werden ***).
E.0ehe - Lublin inficirte gesunde Schweine durch Impfung und durch einfaches Zusammenwohnen mit Kranken, so dass der Milzbrand nach eini­gen Stunden ausbrach ****).
Einem Abdeckerpferde sprützte etwas Jauche auf die Brust, obgleich der Abdecker diese Stelle sogleich reinigte, so halte sich doch schon nach C Stunden ein faustgrosser Carbunkel auf derselben gebildet, der am folgen­den Tage die Grosse einer grossen zinnernen Schüssel erreicht halle f).
„Ein grosser starker Hund, welcher den Abdecker begleitete, frass vom Fleisch des abgezogenen Viehs und krepirte in weniger als 6 Stunden ff).
Zwölf Stunden.
Gaullet beobachtete im Jahr 1827 im Departement der Aube einen Abdecker, welcher nachdem er 6 am Milzbrand gefallene Kühe abgehäutet hatte an demselben Tage einen Carbunkel am rechten Arm bekam und in 12 Stunden schon todt war f ff).
V i x: „Vor drei Jahren machte ich an einem am Milzbrande gefallenen Ochsen die Section, mein Hund leckte etwas von dem auf der Erde sich sam­melnden Blute, bekam nach 12 Stunden Brandblasen im Maule, einen ge­schwollenen Kopf und kam nur durch grosse Mühe mit dem Leben davon ffff).
Schwab: Georg Hofmayer, Bauer von Holzhausen, 35 Jahre alt, zog am 24. Juni Abends von einer gefallenen Kuh, mit Beihülfe seines Knechtes,
•)nbsp; Mem. de l'acd. des Sc. A. 1766. p. 315.
**)nbsp; Mem. cit. p. 20.
•••)nbsp; nbsp;Chisholm 1. c.
•laquo;••)nbsp; nbsp;Recueil de Med. vet. vol. XIX. p. 172.
f)nbsp; nbsp;Greve a. a. O. I. S. 48.
ff) Oek. Nachr. d. patriotischen Ges. i. Schlesien. B. I.
S. 820. j-ff) Delafond. P. 8. p. 493. fttt) Nebel u, Vix Zeit sehr. B. IX. S. 209.
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die Haut ab. Am 25. verspürte er bereits Malligkeit, Uebligkeit und stei­genden Kopfschmerzj am 26. nahm er ein sehwelsstreibcndes Mittel; am 27. fühlte er sich wohl; am 28. kam er nach und nach von Sinnen, die steigen­den Kopfschmerzen wurden in der letzten halben Stunde rasend; er starb um 12 Uhr Mittags*).
Gerlach: „In einem Falle waren von einem am Milzbrand gefallenen Schafe zwei Hunde, die vom Cadaver gefressen hatten, angesteckt, die in 12 und 24 Stunden am Milzbrand krepirten.quot; A. a. 0. S. 137.
Vier und zwanzig Stunden.
Ein Schäfer zu €range-le Comte häutete einen am Milzbrand krepirten Ochsen ab, und starb nach 18 Stunden **).
Als in Fossano der Milzbrand unter den Pferden der Garnison herrschte, trieb die Soth einen armen Mann des Nachts die Cadaver auszugraben um das Fett von ihnen zu gewinnen. Am folgenden Tage bekam er einen Car-bunkel in der Kehle, an welchem er nach zwei Tagen starb***).
Gilbert sah zwei Bären und einen Wolf an demselben Tage sterben wo man ihnen das Fleisch eines am Milzbrand krepirten Pferdes gegeben hatte #9830;***),
Gaulle t berichtet, dass man zu Kotiere eine Haut von einer railzbran-digen Kuh auf einer Horde ausgespannt hatte; drei Katzen kamen und leck­ten daran; alle drei starben innerhalb 24 Stunden f).
„Der Einlieger R. zu Rogau schlachtete am 28. Aug. seine plötzlich erkrankte Kuh. Bei diesem Geschäft halfen ihm seine Frau und seine acht­jährige Tochter. Alle drei Personen beschmutzten sich im Gesicht und an den Armen mit dem Blute des geschlachteten Thiers. Ausserdem assen sie mit fünfzehn andern Personen von dem gekochten Fleische des geschlachte­ten Thiers. Diese fünfzehn Menschen blieben vollkommen gesund, aliein der R. mit seiner Frau und Tochter wurde schon am 29. Aug. vom Milzbrand-carbunkel befallen, und zwar nur an solchen Stellen, welche mit dem Blute des geschlachteten Thiers beschmutzt worden waren. Dabei fand heftiges Allgemeinleiden, schnelles und tiefes Sinken der Kräfte Zuckungen und Auf­gedunsenheit des Körpers, besonders aber des Kopfes statt. Die Frau starb am 4. Sept. während die beiden andern Kranken hergestellt wurdenquot; ff).
,) A a. 0. S. 60.
•raquo;) Chabert Instr. vol. I. p. 151. *•0) Instr. et Obs. vol. VI. p. 219. ••••) L. c. p. 20.
t) Delafond P. san. p. 499. ff) Rast Magaz. B. XVIII. S. 830.
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Dressler hat eine Beobachtung, welche für Flüchtigkeit des Conta-giums sprechen soll; ich habe es nicht gewagt, sie in dieser Beziehung oben anzuführen, denn einen Mann der eine Obduktion machen hilft und sich dann auf das Fferd setzt, kann dieses auch auf andre Art inficiren ! *) aber die Schnelligkeit des Ausbruchs der Krankheit beweisen beide Pferde: „Ich ritt am 13. Juli als der Dr. 6. eine Obduction rornehmen wollte, auf einem jungen Hengste nach dem Platze, wo der Cadaver lag. Als ich daselbst an­gekommen war, stank das Luder schon sehr; ich band mein Pferd an einen Baum in der Nähe, achtete aber nicht darauf, dass der Wind von dem Ca­ver nach dem Pferde zu strich. Nach beendigter Obduktion ritt ich nach Hause, und am Abende schon wollte dieses Pferd sein Futter nicht gut fres­sen. Es wurde am folgenden und nächstfolgenden Tage noch nicht sehr krank, und ich glaubte das Uebel werde vorübergehen. Desshalb spannte ich diesen Hengst am zweiten Tage nach der Obduction noch mit einem an­dern Pferde, einen braunen zehnjährigen Wallach, zusammen an, und fuhr nach der Mühle. Als ich von da zurückkam, fing der Hengst an aufzu­schwellen, war sehr traurig und starb am 19. Juli. Jener Wallach, welcher mit dem Hengste nach der Mühle ging^ und auch im Stalle mit ihm zusam­menstand, erkrankte am 17. Juli, am andern Tage nach der Fahrt; er fing an unter dem Leibe zu schwellen, die Geschwulst stieg ihm endlich am Halse in die Höhe, und auch er starb am 25. Juliquot; **).
Auch bei absichtlichen Impfversuchen ist die Krankheit zuweilen schon in 24 Stunden ausgebrochen z.B. bei Wendroth im 8ten Versuch (S. 198.) Eben so bei Gerlach. Bei den mehrsten trat indessen das Erkranken erst am zweiten Tage ein.
Zwei Tage.
Bei den mehrsten absichtlichen Impfversuchen trat das Erkranken am zweiten bis dritten Tage ein; so bei Barthelmy, Gerlach u. s. w.
So bei Schwab: „Anton Aepfelkammer vonütting, 16 Jahre alt, trug am 34. Juni etliche Pfund Fleisch von der Kuh des G. Hofmayer nach Hause, und ohne etwas davon genossen zu haben, überfiel ihn am 26. Frost, und in der Achselgrube entstand eine Geschwulst, welche sich sich je­doch wieder vertheilte; der Puls war klein, die Hände und der Schweiss waren kalt. Es wurden die siärksten Reizmittel angewendet, allein der Pa­tient starb am 30. Juni in der Nachtquot; ***).
Hierher gehören auch die häufig nacherzählten Fälle von M or and ****).
*) Obgleich Form und Verlauf wohl für eine Infection durch flüchtiges Con-tagium sprechen mögen.
••) Dressier a. a. O. 196.
•••) A. a. 0- S. 60.
••raquo;*) Hist, de l'Acad, des Sc. 1766.
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Drei Tage.
Zuweilen auch selbst nach Impfung', z. B. in dem oben (S. 447.) mit-getheilten Fall von Heine wo die Impfung durch Distelnstiche erfolgt war. — Mehrere Fälle Ton Maurer*). — In dem oben (S. 442.) mitgetheilten Fall von Helbich.
Vier Tage.
Die Fälle wo erst nach 3 bis 4 Tagen der Ausbruch erfolgte gehören schon zu den weniger häufigen. Es war aber doch z. B. der Fall in der von Chisholm mitgetheilten Beobachtung Cummins, u. s. w.
Fünf Tage.
Kopp beobachtete einen Juden, der am 18. October eine milzbrandkranke Kuh geschlachtet hatte, erst am 32. bekam er Jucken und einen schwarzen Fleck unter dem linken Auge; am 27. fand K. eine blaurothe holzharte Beule und ungeheure Geschwulst des Backen**).
Sechs Tage.
Eins der yon Ger lach geimpften Schafe schien fünf Tage ganz gesund, am sechsten aber krepirte es, und bei der Section zeigten sich die Erschei­nungen der Blutseuchc ***).
Sieben Tage.
Der Furier in der Beobachtung von Malacorne (s. oben S. 418.) bekam erst sieben Tage nachdem er das Fleisch in seine Hände genommen hatte, den Carbunkel am Schlaf.
Auch Seidler beobachtete einen so späten Ausbruch. „Der Bauer N. 45 J. alt, von gesunder Körperkonstitution, war mit seinem entblösten rech­ten Arm in den Mastdarm einer erkrankten Kuh eingegangen, in der Absicht das Thier von dem sogenannten Rückenblute zu befreien. Zu dem Ende ver­weilte der Arm des N. mehrere Minuten lang imDarmcanale des Thiers und wurde dabei von dem aus den Haemorrhoidalgefässen ausfliessenden Blute benetzt. Am andern Tage fiel die Kuh unter allen Zeichen des Milzbrandes. Sechs Tage vergingen, ohne dass N. das geringste Zeichen von Unwohlsein empfand; am Morgen des siebenten aber sah er seine rechte Hand angeschwol-
•) Kopp Jahrb. B. VI. S. 430. *•) Jahrb. B. X. S. 43.
•**) A a. 0. S. 397. Sechs Tage nahm Schrader nach seinen Impfverlaquo; suchen als gewöhnliche Dauer der Incubationsperiode an; aber offen­bar im Widerspruch mif neuern Versuchen.
lleusinger, MiUbraad.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; on
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len und fand bei genauerer Besichtigung' auf der Streckseite des Vorderarms, über dem Handgelenke, ein kleines schwärzliches Bläschenquot; *) u. s. w. — Auch in N. 352 kömmt dieser späte Ausbruch vor.
Acht Tage.
Schwab: „Tgnatz Lerch, Hüter von Holzhausen, 36 J. alt, lederte am 17. Juni eine gefallene Kuh ab; S Tage später (am 24. Jun.) bekam er Erbrechen, eine Geschwulst in der linken Achselgrube, welche sich gegen die Brust hinzog; er fühlte grosse Mattigkeit, die Hände worden kalt, der Puls unfühlbar, und der Patient starb am 29. Abend 10 Uhr.quot;**).
In dem oben angeführten Fall von Hausbrand (S. 458.) erfolgte der Ausbruch auch erst nach S Tagen. Dergleichen Fälle sind aber sehr selten.
Eilf Tage.
Kopp sah bei einer geimpften Ziege die Brandblatter erst am eilften Tage ausbrechen, und sie starb erst am 22. Tage '**). Das ist durchaus un­gewöhnlich. — Wie selbst bei Infection an Schleimhäuten zuweilen der Aus­bruch erst sehr spät erfolgt, zeigt eine Beobachtung wo an der Lippe erst am 10. Tage die Blatter erschien. Rust Magaz. B. XVII. S. 589.
Odhelius sagt: „Bei einigen kam diese Blatter ganzer 14 oder 15 Tage, nachdem sie todtes oder krankes Vieh handthiert hatten, daher einige glaubten sie hätten solche unmittelbarquot; ****). Selten mag das sicher seyn, es verdient aber alle Beachtung.
Dagegen ist es wenigstens unwahrscheinlich wenn Wendrothf) eine Incuhationszeit von Monaten annimmt.
Ich habe diese Beobachtungen ohne Wahl, wie sie mir der Zufall unter die Hand brachte, zusammengestellt: Wollte man nun auch, besonders nach den Impfversuchen, etwa 2 bis 3 Tage als mittlere Incuhationszeit annehmen, so würde diese immer eine sehr kurze sein, allein in unsern Climaten bietet kein andres Contagium eine solche Masse von Fällen von augenblicklichem oder in den ersten Stunden nach der Infection eintretendem Ausbruch dar! In heissen Climaten mögen ja wohl solche Fälle etwas häufiger seyn; aber bei uns — haben mir wohl ein paar Tripperkrauke auch einen solchen un­mittelbaren Ausbruch behauptet, wo man sich aber kaum auf die Aussagen verlassen darf! Unter tausenden von Typhuskranken erinnere ich mich wohl an ein paar einzelne ähnliche Fälle; von der Cholera bat man mir auch ein
•) Fr. Ver. Zeit. J. 1841. S. 51. ••) Schwab a. a. 0. S. 60, ••• Jahrb. B. VI. S. 97. ••••) a. a, 0. S. 158. t) A. a. 0. S. 141. 151.
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paar mitgetheilt, ein Wundarzt in Schlan erzählte mir sein Erkranken wie er, nachdem er eine Menge von Kranken ohne Nachtheil behandelt hatte, Leim Oeffnen des Bettes eines neuen Kranken sich auf der Stelle inficirt fühlte, das Zimmer rerliess um nach Hause zu gehen, allein vor der Thfire taumelte er, musste sich führen lassen und erkrankte auf der Stelle mit al­len characteristischen Symptomen. Das sind Seltenheiten; beim Milzbrand dagegen ist dasselbe häufig, und die Erscheinung lässt sich nur mit der Wir­kung mancher thierischen Gifte vergleichen.
In welchen Organen ftussert sicli die Krankheit zuerst hei
Ihrem Auftreten?
Bei der Infection müssen die Contagien in den Organismus aufgenommen werden.
Diese Aufnahme erfolgt in den oben bezeichneten Aufnahmeorganen.
Bei Verletzungen ist es möglich, dass das Contagium, eben so wie Gifte unmittelbar in die Gefasse und in den Kreislauf gelangt; ob es aber dann Terändernd auf die Blutkrasis oder auf Nerventhätigkeit zunächst wirkt, das wird eben so wie bei den Giften, von seiner Qualität abhängen.
Sonst wird seine Aufnahme durch Penetration des Zellengewebes der Häute oder der Organe erfolgen. Da wir das Wesen des Contagiums nicht kennen, so können wir auch kaum eine Hypothese über die Art wagen, wie die Penetration erfolgt ? Sie kann nach rein physikalischen Gesetzen der Ad­häsion, Hydrostatik u. s. w. möglicher Weise geschehen; es können eben so gut chemische Kräfte in Wirksamkeit treten; sie kann wohl durch Vermeh­rung yon Keimkörnern erfolgen; es könnten ja eben so gut auch Thierchen die Verbreitung bewirken. Nur die noch fehlende Beobachtung kann darüber entscheiden.
Ist aber das Contagium in das Parenchym der Organe gelangt, so ist es in Berührung mit den organischen Formelementen derselben, mit Gefässen und Nemn; es kann unmittelbar umändernd auf die ersteren, namentlich auf Zellen und Zelleninhalt wirken; es kann in die Gefässe gelangen und mit ihrem Inhalte fortgeführt werden; es kann aber auch eben so gut auf die Nerven primär verändernd einwirken.
Wird das Contagium in die Gefässe aufgenommen, so lehrt die Erfah­rung, dass manche Contagien leichter durch die einsaugenden, andre durch die Blutgefässe aufgenommen und fortgeleitet werden.
Die spepifische Wirkung des durch die Gefässe fortgeleiteten Contagiums *)
*) Es ist wohl gar von neuern Pathologen bezweifelt worden, dass die Conraquo; tagten in das Blut gelangten!! Für das Milzbrandcontaginm ist das schon durch viele mitgetheilte Beobachtungen bewiesen. So sah Bar-
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kann eben so verschieden seyn wie seine locale, sie kann gewisse Form­elemente, Blut oder Nerven treffen.
Werden Contagien durch die Blulgefässe leicht aufgenommen, so muss die Organisation der Aufuahmeorgane einen grossen Eiufluss auf die Leichtig­keit und Schnelligkeit ihrer Fortführung äussern, z. B. Schleimhäute, Res­pirationsorgane, werden sie sehr begünstigen.
Wirken Contagien unmittelbar auf die Nerven, und namentlich vielleicht auf bestimmte Nerven, so muss die Quantität des Aufnahme-Organs auch einen grossen Eiufluss auf den allgemeinen Erfolg ihrer Wirkung äussern.
Mehrere Fragen die sich uns hier in Beziehung auf das Milzbrandcoa-tagium aufdrängen, können bei dem Stande unsrer Wissenschaft überhaupt nicht beantwortet werden. — Andre können vielleicht durch klug geleitete Versuche und Beobachtungen zur Entscheidung gebracht werden. — Auf manche, bei denen wir die Analogie verwandter Krankheiten in Anspruch nehmen können, werden wir im letzten Abschnitte geführt werden. — Hier sollen uns nur die durch unmittelbare Beobachtung festgestellten Erscheinun­gen beschäftigen.
1. Die im Vorhergehenden mitgetheilten Beobachtungen müssen schon einem Jeden die Ueberzeugung gegeben haben dass der Milzbrand gewöhn­lich an der vom Contagium berührten Stelle zuerst ausbricht. Man erinnere sich an die von Hartmann mitgetheilte Beobachtung von dem Mädchen welches am Busen besudelt wurde (S. 244.); an die von Helbich wo ein Mädchen an Gesicht, Busen und Genitalien inficirt wurde (S. 442.); an die vielen Fälle von Infection durch Bluttropfen. Auffallende Fälle noch bei Pell-zaeus und Herbst*) u. s. w. Daher kömmt denn auch beim Menschen der Carbunkel bei weitem am häufigsten an unbedeckten Theilen des Körpers vor; was denn einige ihren individuellen Beobachtungen zu ausschliesslich vertrauende Aerzte veranlasst hat zu behaupten er komme n u r an solchen vor**) (ich selbst sah sie auch noch nie an bedeckten Stellen), das ist aber
thelemy das Blut aus der Arteria coccygea eines Pferdes den Milz­brand erzeugen, obgleich das Thier den Carbunkel am Halse hatte. Aber für eine Meuge Contagien ist dasselbe bewiesen. *) Pelizeus diss. cit. p. 25. — Herbst diss. cit. p. 33. •quot;) Solander, Gebier, 1'raquo; k r o t'sky , G 1 a n s l rii m , Carganiko. Fälle der Pustel auf dem behaarten Theile des Kopfes sind in Deutsch­land und nach Glanström auch in den Ostseeprovinzen sehr selten. Es muss daher in Sibirien ein besonderer Grund obwalten, wenn Haupt sagt: „Vom 4. Jun. bis 17. Jul. waren in der katberinenschen Brennerei 192 Menschen erkrankt, unter welchen gegen 80 die Geschwulst auf dem Scheitel, gegen 50 im Gesichte, oder nächst diesem am Kopfe, im Ge­nicke und am obern Halse, die übrigen an sehr verschiedenen Stellen hatten.quot; a. a. 0. S. 191. Vielleicht Kopfbedeckungen ?
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unrichtig. — Falsch ist aber die einseitige Annahme einiger Aerzte als komme der Carbunkel im Menschen nur an den berührten Stellen vor (Siederer p. 2raquo;. Schraeder S. 284. u. s. w.)
Entsteht der Carbunkel an der berührten Stelle, so sind im Menschen folgende verschiedene Fälle möglich (offenbar eben so bei Thieren);
a. Der Carbunkel bildet sich topisch aus, nicht allein in den milderen Blasenformen, sondern zuweilen auch in der' vollkommen characteristischen Form, wie sie im folgenden Abschnitt beschrieben wird; es wird ein Stück Haut brandig und fällt aus; aber die Krankheit kriecht weder lokal fort, noch entstehen allgemeine Symptome, das Geschwür vernarbt. — Ich habe diesen Verlauf einige mal nach Infection von Schafen beobachtet, ein paar mal suchten die Kranken erst Hülfe, als die Haut ausgefallen war, und sie nun von dem unschuldigen Geschwür mehr in Schrecken gesetzt wurden als von der früheren Pustel. Ich habe ausserdem einige Narben gesehen, und Mittheilungen von Kranken erhalten, welche mich vermuthen lassen, dass diese Form wohl häu­figer vorkommen mag ohne zur Kenntniss des Arztes zu gelangen. — R laquo;g-n i e r, der damit freilich die ganz unrichtige Ansicht vertheidigen will, als bliebe die Krankheit immer eine rein lokale, und es fände keine Absorption des Contagiums statt, führt doch eine hierher gehörige Beobachtung an: „Im Monat October 1820 empfand dieser Kranke, 50 Jahr alt, von trockner, biliöser Constitution, ein lebhaftes Jucken von einer kleinen Pustel am Winkel des Unterkiefers. Er kratzt sie auf, fährt aber fort seinen Geschäften nach­zugehen, da er keine andre Unbequemlichkeit empfand. Wahrscheinlich wäre mir das Leiden ganz und gar unbekannt geblieben, wenn ich nicht zu seinem Sohne gerufen worden wäre, der zu derselben Zeit an einem Wechselfieber litt. Bei dieser Gelegenheit zeigte er mir seine Geschwulst, welche in der Mitte einen Brandschorf von der Grosse eines Viergroschenslücks hatte, der sich zum Theil bereits losgestossen hatte und noch von der gewöhnlichen oedematosen Anschwellung umgeben war. Der Kranke wurde mit trockner Charpie verbunden und heilte sehr schnell. *) — Einen ähnlichen leichten Fall hat Wendroth (S. 139). — Bonaccioli's Beobachtung (N. 318) liefert den Beweis dass von einer und derselben Infection solche sehr leichte und zugleich bedeutende Affectionen entstehen können. Viele Beobachtnngcn wo die Pusteln gleich ausgeschnitten wurden (z. B. bei Pelezaeus p. 24. u. s. w.) gehörten wohl auch hier her.
b.nbsp; nbsp; nbsp;In andern Fällen breitete sich das Localleidcn ziemlich weit aus, ohne dass doch Symptome eines carbunkulösen Allgemeinleidens eintraten.**)
c.nbsp; nbsp; nbsp;Aber in andern Fällen war das topische Leiden und der Verlauf sehr langsam, spät erst, aber dennoch trat lebensgefährliches Allgcmein-
') A, a. O. p. 20.
•) Instr. vol. II. p. 281. — Hufeland Journ. B. XXXII. 1, S. 121.
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leiden ein. — Gualandri hat einen solchen Fall wo sehr spät noch ein innerer Carbunkel entstand: „Ein Bedienter des Grafen Felix Miari, ungefähr 40 Jahr alt bekam einen Carbunkel auf dem rechten Backen, unmittelbar unter dem Auge. Zwei bis drei Tage lang vernachlässigte er das Uebel, weil er es seines geringen Umfangs wegen für die Wirknng eines Insectenstiches hielt. Allein es nahm zu, und der Patient war genöthigt znm Wundarzt seine Zuflucht zu nehmen. Auch ich wurde zu ihm gerufen. Der ganze Backen, der Hals und ein Theil der Brust waren geschwollen, der Puls niedrig, klein und schnell, der Körper mit kaltem Schweiss bedeckt, der Athem schwer. Der Patient musste Theriak mit Wein nehmen; er wurde an der leidenden Stelle, wie gewöhnlich, skarificirt und gebrannt bis er Schmerzen zu empfinden anfing, und bis man deutlich sah dass eine gutartige Entzündung eintrat. Ich und der Wundarzt welcher ihn behandelte, wir glaubten wegen der wie­derhergestellten Empfindlichkeit der Theile einem guten Ausgange mit Grund entgegensehen zu können. Allein wider alles Erwarten entstehen heftige Schmerzen in den Gedärmen, welche den Kranken eine sehr kurze Zeit quälen, und hierauf gänzlich aufhören- Der Patient ist aller Sinne mächtig, die Kräfte nehmen ab, der Puls wird kleiner, es bricht kalter Schweiss in Menge aus, der Tod erfolgt. Ich verlangte die Untersuchung des Leichnams. Nach­dem der Unterleib welcher etwas gelblichtes Wasser enthielt, geöffnet war, zeigten sich Stücke geronnenes Blut, die Gekrösgefässe leer und zerrissen die dünnen Därme an vielen Stellen aschgrau und brandig; das Colon der ganzen Länge nach zusammengezogen; die andern Eingeweide des Unterleibs im natürlichen Zustande.quot; *) In practischer [Beziehung warnt mit Becht Glanström, der auch solche Fälle hat, vor dem insidiösen Verlaufe solcher anscheinend gutartiger Fälle.**}
d. In andern Fällen tritt dagegen das Allgemeinleideu sehr früh, und oft gleichzeitig mit dem Ausbruche der Pustel ein. Vorzüglich ist dieses häufig der Fall nach zufälligen Impfungen und nach Infection durch die Schleimhäute. In beiden Fällen scheint hier das Contagium sehr früh in das Blut aufgenommen zu seyn.
Dahin gehört z. B. der oben mitgesheilte Fall vou Perret, wo sich ein Mann durch sein finniges Gesicht inficirte (S. 409). Dahin der Fall von Majocchi, wo ein junger Mensch durch einen Fliegenstich am Beine inficirt wurde. (S. 452). K z e a n' s Fall u. s. w.
Von den Infectionen durch die Schleimhäute z. B. der Fall von Kzean wo Schweine Milzbrandfleisch gefressen und in dem Maule inficirt waren. (S. 445) Der Fall von Duhamel wo ein Mensch durch ein Messer an der
•) Kühn und Weigel Hai. Bibl. B. II 1. S. 129. •*) dlss. cit. p. 6.
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Zunge sieh infidrt hatte. (S. 395). Die Fälle wo Schafe und Schweine im Maule inficirt wurden. *) — Wo die Infection durch den Magen erfolgte, in dem Fall von Sieber.(S. 460), und in dem von Lüpke (S. 461) u. s. w.
Ausnahmen kommen freilich auch hier vor, wo nach Infection durch die Schleimhaut doch die localen und allgemeinen Symptome sehr spät eintraten, Z. B. der Fall von Becker: „Der zwanzig Jahre alte sehr gesunde Sohn des Gastwirth W. schlachtete ein erkranktes Rind, und nahm dabei das Schlachtmesser oft zwischen die Zähne. Zehn Tage darauf bekam derselbe ein heftiges Jucken und Brennen an der Oberlippe, und es entstand ein blau-rothes Bläschen mit heftiger Geschwulst des ganzen Gesichts und starkem Fieber. Die ganze Stelle wurde schwarz und vergrösserte sich rasch. Tiefe bis in das Gesunde gehende Einschnitte, aromatische Umschläge und der innerliche Gebrauch der China etc. führten die Genesung des Kranken herbei.quot;**)
Es ist sogar noch Heilung eingetreten, nach solchen Infectionen durch die Schleimhaut, wo bereits secundäre Unterleibscarbunkel vorhanden schienen. „Herr Dr. Wetz sah einen Milzbrandcarbunkel, der auf der Oberlippe eines fünfzehnjährigen Mädchens in Folge unmittelbarer Berührung mit dem Infcc-tionssloffs entstanden war. Die Lippe hatte die Grosse eines Gänseeies erreicht; an der Spitze befand sich ein Brandschorf von anderthalb Zoll, und rings herum waren dunkelblaue Pusteln. Die Geschwulst nahm täglich zu, und verbreitete sich fiber das ganze Gesicht, den Hals und einen grossen Theil der Brust, alle diese Theile unförmlich entstellend. Die Sprache der Kranken war rauh und im Basston, dabei Kopfweh, grosse Schwäche und Zerschlagen-hcit der Glieder vorhanden, der Puls beschleunigt und klein. Im Verfolge der Krankheit stellten sich heftige Leibschmerzeu und Uebelkeiten ein, die Kranke lag fast in immerwährendem, klebrigem Schweiss, und als man sie dem Tode nahe glaubte, stellte sich auf einmal (am 16. Tage der Krankheit) Durchfall ein welcher eine grosse Menge übelriechender salziger Lymphe ent­leerte. Die Kranke fühlte sich augenblicklich erleichtert, die Geschwulst nahm ab, der Puls wurde natürlich, und das Mädchen genass in kurzer Zeit.quot;***)
2. Wenn einige Aerzte mit Unrecht behaupten der Carbunkel des Men­schen breche ganz allein an den vom Contagio berührten Stellen aus, so ha­ben andre richtig erkannt dass er auch an von den berührten entfernten Stellen ausbrechen kann; mit Unrecht haben dann aber manche von diesen Acrzten angenommen in diesem Falle habe die Infection immer durch den Magen oder durch die Lungen stattgefunden; die Beobachtungen sprechen da­gegen. Wohl scheinen aber mehrere dieser Beobachtungen für eine Auf
*) Allgem. med. chir. Wochenbl. 1811. Jan. #9830;• Ru st Magz. B. XI1V. S. 598. •quot;) Rust Magazin. B. XVI. S. 440,
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nähme und Fortleitung des Contagiums durch die einsangenden Gefässe zu sprechen.
Der Bauer D. welcher einer am Milzbrande erkrankten Kuh Brod ins Maul gesteckt hatte, wurde vom Carbunkel an der Schulter befallen.quot;*) — „Ein fünf uud fünfzigjähriger Mann bekam einen bösartigen Carbunkel an der linken Schulter, weil er die Füsse eines todten Ochsen angerührt hatte. Das Uebel nahm Überhand und ergriff den ganzen Arm, den Hals nnd die Brust, so dass der Kranke in wenigen Tagen sterben musste.quot;**)
Wegen mancher aufgestellten Ansichten über den Ursprung der Angina malig na des siebenzehnten Jahrhunderts ist die bairische Milzbrandepizootie Ton 1807 merkwürdig; im Anfange dieser Epizootic litten häufig die Achsel-drfisen, aber auf der Höhe derselben derselben der Hals: „Ignaz Lerch, von Holzhausen, 36 Jahr alt, lederte am 17. Jun. eine gefallene Kuh ab, 8 Tage später (am 24. Jun.) bekam er Erbrechen, eine Geschwulst in der linken Achselgrube, welche sich gegen die Brust hinzog; er fühlte grosse Mat­tigkeit, die Hände wurden kalt, der Puls unfühlbar, und er starb schon am 29. Jun.. — „Anton Aepfelkammer ron Utting, 16 Jahr alt, trug am 24. Jun. etliche Pfund Fleisch ron der Kuh des G. Hofmeier nach Hause, und ohne etwas daron genossen zu haben, fiberfiel ihn am 26. Frost und in der Ach­selgrube .entstand eine Geschwulst, welche sich jedoch wieder rertheiltei der Puls war klein, die Hände und der Schweiss waren kalt; der Patient starb am 30. Jun. — „Crescentia Wurmin von Bürgen war sich keiner erlittenen Ansteckung bewusst. Sie trank am 22. Jul. ungemein viel Wasser und kam am 24. mit Halsweh nach Weyl zum Chirurgen; sie starb am 26.quot; — Georg Stängl von Dettensschwang, 42 Jahr alt, lud am 23. Juli eine Kuh auf den Wasenkarren; am 29. bekam er Bauch­schmerzen und eine Geschwulst am Halse, welche wieder verschwand, er klagte auch Brennen auf der Brust. Er starb am 3. Augquot;. „Joseph Berger aus Erpfding, 54 Jahr alt, wurde von einem toden Rind angesteckt. Am 7. Aug. in der Nacht bekam er eine Geschwult und Halsweh, kalten Schweiss, Kälte des ganzen Leibes und massige Unterleibsschmerzen, Er starb den 9. Aug.quot; — „Anton Schmid von Erpfding, 60 Jahr alt, wurde durck ein krepirtes Pferd angesteckt. Am 4. Aug. bekam er eine Ge­schwulst und Steifigkeit des Halses, um 3 Uhr legte er sich zu Bett, um 6 Uhr trat Hitze ein, den 5. war er sinnlos und starb Mittags 1 Uhrquot;. — „Simon Wolfmillers Tochter, von Erpfding, 23 Jahr alt, ange­steckt durch ein krankes Rind, bekam am 8. Aug. einen geschwol­lenen Hals, fieberhaften Puls und Mattigkeit. Auf die Anwendung von
•) Rust. Magaz. B. XVIII. S. 335. '• ) Majocchi a. a. 0. S. 245,
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starken Reizmitteln genass sie am 10. Aug.quot; — „Des Gabelbauers TocLter von Penzing, 16 Jahr alt, wurde am 8. Aug. durch krankes Vieh angesteckt; auch bei ihr schwoll der Hals; sie empfand Mattigkeit und hatte fieber­haften Puls; sie genas am 12. Aug.quot; — „Joseph Asam, aus Langenfeld, 60 Jahr alt, wurde durch ein krepirtes Pferd angesteckt. Am 8. August schwoll er am Halse so, dass er nicht mehr schlucken konnte. Er starb am 13. Aug.quot;. — Philipp Nitsch, aus Stossen, 41 Jahr alt, wurde durch todes Vieh angesteckt. Er bekam am 3. Aug. einen geschwollenen Hals und fieberhaften Puls mit Mattigkeit. Er genass am 18. Aug.quot; *) — Diese von Winterthaler in Landsberg beobachteten Fälle werden zum Theil auch, doch unvollständiger von La übender angeführt, der dagegen noch folgende hinzufügt: „Johann K . . . . , Söldner, berührte eine kranke Kuh. Anch er wurde mit einer heftigen Geschwulst und Halsweh be­fallen. Nach 2 Tagen war er eine Leichequot;. — „Jos. Up ...., Bauer, berührte ein gefallenes Pferd. Bald darauf erkrankte er mit den nämlichen Zufällen. Am 5. Tage war er todquot;. — „Fidelis Fl . . . , ein Rolhgerber-gesell, bearbeitete eine trockne, von einem milzbrandigen Vieh herrührende Haut. Aehnliche Zufälle bemächtigten sich seiner, und nach drei Tagen starb erquot; **). — Wer mit der Geschichte der menschlichen Milzbrandbräune bekannt ist wird leicht einsehen, warum ich diese Beobachtungen alle aus­führlich mittheilte! Nosohistorikern, denen, nicht mit Unrecht, viel unbe­deutendere ähnliche Ereignisse auffielen, ist diese merkwürdige Epidemie im deutschen Vaterlande entgangen ***). Ich komme übrigens bei der Betrach­tung der verschiedenen Formen des Milzbrandes noch einmal auf diesen Gegenstand zurück.
Schon aus den angeführten Beobachtungen, mehr aber noch aus zahl­reichen andern, ergibt sich bei dem Erscheinen der Kranheit an von den berührten entfernten Stellen des Organismus eine dreifache Differenz: Zu­weilen erschien sie auch hier ohne alles vorangehende Allgemeinleiden; häu­figer erschien sie nach Symptomen allgemeinen Erkrankens; aber es trat auch das eigenthümliche Allgemeinleiden, selbst mit tödtlichen Ausgang ohne äussere Exanthembildung ein.
a) Ohne vorausgegangenes Allgemeinleidcn traten die Carbunkel schon in mehreren Beobachtungen ein. Auch in folgenden beiden Beobachtungen von Sieder er ist es nicht wahrscheinlich, dass der Carbuukel an der be­rührten Stelle eintrat, und dennoch trat er ohne Allgemeinleiden auf: „Anno 1816 pastoris R. ex pago w. uxor ad patrem menm, auxilium petens, venit.
•) Schwab a. a. 0 S. 60. '•) Laubender Milzbrand S. 56. '••) Hecker Geschichte der neueren Heilkun de S. 257.
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Carbunculus enim in pectorig latere sinislro, in quartae costae regione, gross! dimidii magnitudine, colore coeruleo, exortus erat. Intumescentia exigna, magis laxa quam tensa, quasi oedematosa ilium circumdedit. Carbunculus ipse parum eleratus, quatuor jam dies durayerat. Status uuiversalis satus bo­nus erat, quod jam ex eo apparet, quod iter breve levi opera perfecerat. Re-mediis necessariis praescriptis domum reversa est. Postridie pater earn yisi-tans, maximam invenit rerum mutationem. Statim quum domum reversa esset, maxima virium debilitate et anxietate correpta est; respiratio difficilis, brevis, corporis jactatio, sitis ardentissima obvenenint. Carbuiftulus multo magis quam pridie collapsus, pallidus apparuit; intumescentia in ambitu ejus non aucta, et mors, praesente patre meo, post horam unam intravit. — Eundem progressum et exitum morbus fecit in fcmina, quinquaginta annorum. Quae ex quinque diebus in latere colli sinistro pustulam grossi amplitudine, colore livido, nullo dolore, absque valetudine turbata acceperat, quam minime cura-vit, quum etiam collum jam hac intumescentia corriperetur. Die quinto mamma quoque intumnit, nullo dolore percepto. Quum autem ad haec sym-tomata virium consumptionis sensus accederet, patris mei consilium desidera-vit, qui eam in conditione tristissima invenit. Colli et pecloris intumescen­tia multo major erat quam in casu supra descripto, tumor fere elasticus, emphysematis instar, sese praebuit, coloris coerulei, marmorati erat et ad praecordia usque sese extendll. Carbunculus ipse grossi amplitudinem habnit et profundius situs erat quam tumor eum circundans. Anxietas maxima, re­spiratio brevis , pulsus parvus, vix sentiendus, conscientia perfecta adfuit; mors nocte proxima intravitquot; *).
b) Nach vorausgehenden Allgemeinleiden treten die Carbunkel an nicht berührten Stellen wohl häufiger ein. Clements nennt diesen Verlanf den Carbunculus symptomaticus, höchst wahrscheinlich nach dem Vorgange Cha­be rts, dessen Eintheilung der Krankheit bei Thieren wohl auch nicht ganz passend erscheinen möchte. Mit Recht zählt aber Clementz diese Fälle zu den sehr gefährlichen und oft verkannten **). — Sehr wenig Glauben verdient die Angabe einiger Aerzte, dass der Carbunkel zuweilen erst nach dem Tode ausbreche; Glanström hat ein paar hierher gehörige Beobachlungen: „Hans, über 50 Jahr alt, erkrankte plötzlich; als ich ihn zum ersten mal sah, klagte er über Kopfweh, Schwindel, Ekel, Stuhlverhaltung seit mehreren Tagen, stumpfe, herumziehende Schmerzen in den Gliedern; der Puls klein und häufig, die Zunge mit weissem Schleime überzogen, das Athemholen häufig, Frost und Hitze wechselten, die trockne Haut massig warm. Am Abend halte die Krankheit zugenommen, grosse Unruhe, viel Durst, einmal Stuhlgang, die Gesichtszüge verzogen, der Puls häufiger, die Hände kalt.
*) S i e d e r e r D i s s. c i t. p. 27. lt;t,,) Clementz diss. cit. p. 31.
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Am zweiten Tage Irrereden, Angst, Unruhe, kleiner zitternder Puls, Gefühl von Druck und Zusammenziehen im Halse. Dritter Tag: Nach einer schlaf­losen unter stillen Delirien verbrachten Nacht, antwortete der Kranke nicht auf meine Fragen, und scheint bewusstlos, die Augen matt und eingesunken, der Puls sehr häufig, schwach, zitternd, kalter Schweiss bedeckt Gesicht, Hände und Fasse, häufiges Stöhnen. Am Abend vollständige Aphonie, unge­heure Angst und Unruhe, endlich unter zähem, kalten Schweiss allgemeine Con-vulsionen, um Mitternacht Tod. Der Carbunkel war nach dem Tode (?) oder während des Todeskampfs im Nacken ausgebrochenquot;. — „Kurz nach dem vorigen Fall befiel die An, eine Frau von kaum 30 Jahren, welche vor 8 Monaten einen Carbunkel am linken Schienbein gehabt hatte, sich aber darnach vollkommen wohl befand, während des Webens *) plötzlich ein heftiger, bohrender Schmerz mitten im linken Deltamuskel, worauf stupor des ganzen Arms, und bald darauf allgemeine Körperschwäche folgten. Einige Stunden darauf fand ich die Kranke auf eine merkwürdige Weise verändert, das Gesicht war blass, die Augen glanzlos und eingesunken, die Stimme schwach, die Hände kalt und zitternd, das Athemholen schwer, Kopfschmerz und Schwindel, die Zunge mit weissem Schleim belegt, der Puls selten, voll, sehr grose Angst, häu­figes Frösteln, heftiger Schmerz im Deltamuskel; aber bei der genauesten Untersuchung nirgends am Arme Geschwulst oder Köthe zu bemerken; doch vermuthete ich nach den Symptomen einen verborgenen Carbunkel, und legte ein Vcsicator auf die schmerzhafte Stelle. Am Abend ging es schlecht mit der Kranken, sie sprach wenig, die Angst hatte zugenommen, der Puls war noch seltener (50 in der Minute), Kopfweh, Schwindel, Ohnmacht, Ekel, wenig Durst, einmal Stuhlgang. Am zweiten Tage, nach einer schlaflosen Nacht, waren die Kräfte noch mehr gesunken, der Puls noch seltener, grose Angst, Todesfurcht, sehr schweres Athemholen, Gefühl von Zusammenziehen der Brust. Der Schmerz im Deltamuskel dauert fort, die Haut aber war, mit Ausnahme der Vesicatorwunde unversehrt. Am Abend keine Veränderung, ungeheure innere Angst, kalte Haut, Puls 45, Anorexie ohne Durst, Ohn­macht, Schmerzen im Nacken, keine Spur von Pustel auf dsm Deltamuskel; ich erwartete den Tod in der Nacht. Dritter Tag: Die Frau hatte die Nacht delirirt, und fiel in Ohnmacht so oft sie sich aufzurichten versuchte, der Puls am Morgen 40, Hände und Füsse kalt, die Ges ichtszüge verzerrt. Der Puls sank noch auf 35 Schläge, aber am Abend erschien der Carbunkel auf der Vesicatorwunde, worauf am andern Tage allgemeiner warmer Schweiss ausbrach, und die Kranke bald in die Reconvalescenz eintratquot;*). — Im fol­genden Fall muss wohl der Carbunkel auch erst später ausgebrochen seyn
•) Wolle? **) GI an ström diss. c i t. p. 17. 19,
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Eiu schwächlicher Tlemgjahriger Fuhrmann Hess mich am 14. Aug. zu sich rufen. Ein bedeutender Gatricismus, eine leichte Anschwellung der Halsdrüsen und Parotis der linken Seite, und ein linsengroses bräunliches Bläschen mit einem schwarzen Punkt, in der Mitte, welches zwischen dem Jochbein und der Nase seinen Sitz hatte und nicht schmerzte, waren seine Leiden. Die Dauer, nach seiner Ang-abe schon 8 Tage, ohne eine Ursache über die Entstehung angeben zu können. Am folgenden Tage keine Veränderung. Am 18. Aug. das Bläschen etwas grosser. Am 19. fand ich den Kranken sehr matt, die Geschwulst bedeutend vergrössert, in der Mitte der kranken Stelle einen schwarzen Brandschorf von der Grosse eines Zweigroschenstücks und ringsherum eine wenig erhobene braune Blase die Jauche entleerte; die Lider des linken Auges waren ödematös und nicht zu öffnen. Ich nahm nun die Oberhaut weg und legte einen Chlorkalkbräu über, den ich alle zwei Stun­den selbst entfernte und wieder erneuerte. Bei der dritten Application hatte das Fortschreiten aufgehört. Am folgenden Tage hatte sich die Geschwulst über die Stirne und rechte Seite verbreitet, und zwar so, dass das ganze Gesicht höchst entstellt war. Beim Durchschneiden des Brandschorfes ent­leerte sich eine Menge Jauche. In der Nacht vom 20. zum 21. Aug. trat Hitze bei dem Kranken, der bis dahin beständig gefröstelt hatte, ein, und es er­folgte ein starker Schweis, der von diesem Augenblicke an dem Leidenden Besserung brachtequot;*). — Becker in Mühlhausen theilt folgenden Fall mit: „Ich wurde zu einem Gerber gerufen, der den ganzen Tag vorher ge­arbeitet hatte, und mit einem Male ganz hinfällig geworden war. Vor sieben Tagen halte der Kranke neun Felle in die Arbeit bekommen, die zwar nicht zum Besten aussahen, worauf er indessen nicht weiter geachtet hatte. Gleich nachher hatte er sich unwohl und öfters Frösteln gefühlt. Nach einigen Tagen bekam er ein Blätterchen auf der Wange; am vierten Tage wurde die Backe dick und schmerzhaft, die Geschwulst nahm in den folgenden Tagen zu, und sein fieberhaftes Gefühl wurde deutlicher. Er schlief unruhig, doch blieb sein Appetit noch ziemlich gut und die Kräfte nahmen eben nicht sehr ab. Da der Blann arm ist, so that er sich Gewalt an und arbeitete noch lange fort. In der siebenten Nacht war er unruhig, und am folgenden Morgen bekam er wieder Frösteln, dann Hitze und eine Ohnmacht, worauf dann der Arzt gerufen wurde. Die rechte Seile des Gesichts war von der Wange bis zur Stirn stark angelaufen, die Augen faustdick geschwollen, braun und blau, nach dem Innern Augenwinkel zu stand eine erysipelaföse Blase, und auf der Wange mehrere Bläschen, die zusammengeflossen und geplatzt waren. Der Schmerz war sehr heftig; der Kranke fühlte sich äusserst schwach und konnte nicht allein stehen, der Puls war klein, wenig
*) Rhein S a n i t. B e r 1835 S. 155.
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beschleunigt, die Zunge feucht, der Athcm beklommen. (Die frischen noch nicht abgestossenen Felle zeigten sich bei der jetzt angestellten Untersuchung mehr oder weniger blutroth. Diese kamen von Schafen die an der Blut­seuche krepirt waren. Die Gerber ziehen diese Felle vor, weil sie meistens schöne Wolle haben, und ein dauerhaftes Leder liefern. Erfahrene Gerber Tersichertcn, dass die Verarbeitung derselben der Gesundheit durchaus un­schädlich sei; indessen muss berücksichtigt werden, dass die Felle selten frisch in die Arbeit kommen, und durch das längere Liegen das an ihnen haftende Contagium verfliegt). Der Kranke war (am Sten Tage) den Tag über schläfrig, und fühlte sich am Abend kräftiger, Puls 88, Zunge dick belegt, massige Hautausdünstung; die Augenlider waren schwärzer, die Ge­schwulst teigigt, empfindungslos, auf der Wange ein Brandfleck von der Gröse eines Groschen. Man legte gequetschten Knoblauch auf, der schon nach einigen Minuten Brennen verursachte, welches so schnell zunahm, dass gleich alles abgenommen werden musste. Noch lange brannte die Gegend, als wenn glühende Kohlen darauf lägen. Am zweiten Tag der Behandlung zeigte sich eine leichte Hautausdünstung. Der Urin hochgelb, brannte beim Abgang, der Puls war häufiger, die Zunge dick belegt, der Geschmack bitter, zuweilen Uebelkeit. Die Brandstelle an Umfang grosser. Nachmittags hatte der Kranke nach ein paar Tassen Kaffe sich besser gefühlt; die Zunge war reiner, die ganze rechtlaquo; Seite des Kopfs ödematös und schmerzhaft, und der Brand griff immer weiter um sich. Dritter Tag der Behandlung. Patient hatte die Nacht gut geschlafen, massig ausgedünstet, am Morgen einen na­türlichen Stuhlgang gehabt; er war aufgestanden und fühlte sich kräftiger. Es wurde nun das brandige abgestossen und Wiederherstellung trat ein *). — Dass bei diesem Allgemeinleiden zuweilen die Bildung innerer Carbunkel im'Spiele ist, scheinen einige Beobachtungen wahrscheinlich zu machen, z. B. die Virizels ehe, die Re yd eilet mittheilt: „Herr Viricel, Ober­wundarzt am Hotel-Dieu zu Lyon, theilt in einem Vortrage den Fall eines Mannes mit, dessen Pustula maligna er durch Cauterisation behandelt hatte, und welcher dennoch starb; bei der Leichenöffnung fand man eine neue Pustula maligna im Colon, welche man mit Grund als Ursache des Todes betrachtetequot; **).
Häufiger kommt wohl dieser Verlauf vor nach Infectionen durch die Schleimhäute der Verdauungs- und Athmungs-Organe. Schon der eben er­wähnte Beckersche Fall könnte hierher gehören; eben so die ähnlichen Fälle von Ran dot und Ruprecht die oben mitgetheilt wurden (S. 397), so wie der Fall von Rayer***); in denen allen die Infection durch die Lungen
•) Rust Magaz. B. XVII. S. 581. ••) Diet, des Soc. med. Art. Pustule maligne. •••) L. c. p. 3laquo;,
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erfolgt seyn kann. — Waser bezeichnet diesen Verlauf nach Infection durch den Magen (a. a. ().)• Mit Wasers Angaben würde die Beobachtung eines altern Schriftstellers übereinstimmen: „Fünf Personen haben kurz darauf Ton dergleichen Fleisch gegessen, und sind sogleich in das bösartigste Fieber mit allen Anzeigen einer bösartigen Verderbniss der Säfte verfallen, irelches dreien davon schon am zweiten Tage tödlich geworden ist. Von den übrigen beiden Personen hat die eine äusserlich am Arm den Brand, die andere daselbst Brandbeulen bekommen, doch beide sind durch die kri­tische Ablagerung der brandigten Schärfe an die äussern Theile, mit Beihülfe dazu schicklicher Arzneimittel noch gerettet worden *). — Auch eine früher mitgelheilte Beobachtung Laubenders über die Wirkung Ton Fleisch­suppe bei einer Frau gehört hierher (s. oben S. 435).
c) Der Gedanke ist nun wohl ein sehr natürlicher, ob sich nicht zu­weilen das Allgemeinleiden entwickeln könne, ohne dass es zur Exanthem-bildung komme? Mehrere erfahrene Aerzte, unter ihnen Siederer der Vater**), leugnen dieses; andere eben so erfahrene, unter ihnen Hoff­mann der Vater***), behaupten solches. Die Richtigkeit der letzleren An­nahme eines Milzbrandfiebers ohne Exanthem beweisen bereits mehrere frühere Mitheilungen, eben so die folgenden: Waser behauptet solches bestimmt nach dem Genuss der Milch (s. oben S. 4)2). — Gie­rn e n t z behauptet dasselbe: „Eruptio carbunculi in externa corporis super-fiele, quamquam plerumque fit, interdum tarnen prorsus desideratur. Casus ejusmodi ad carbunculum symptomaticum pertinent, in quo ut diximus, malum externum diversissimo tempore exoritur, quin etiam usque ad mortis momen­tum non aparet, et in hac specie inde ab evolulione perfectissima usque ad lenssimum vestigium carbunculi omnes gradus observanturquot;****).— Wend­roth führt dafür die Beobachtung eines andern Arztes an: „Ein von mir heobachteter Fall spricht dafür, und denkbar ist es wohl, dass die Natur­kräfte nicht immer im Stande sind, den durch die Lungen, Magen u. s. w. aufgenommenen Krankheitsstoff auf die Haut zu werfen. Der verstorbene Kreisphysikus Dr. Kreissig theilte mir die Krankheitsgeschichle von dem ver­storbenen ältesten Sohne des hiesigen Weissgerber A. H. mit, aus der eben­falls hervorgeht, dass diese Krankheit ohne örtliches Leiden verlaufen kann. Es erkrankte nämlich ein Geselle an dem contagiösen Carbunkel mit sehr heftigen typhösen Fieber, und einige Tage darauf der Sohn an ähnlichen Fieberererscheinungen, aber ohne örtliches Leiden, Beide starben, der
*)nbsp; nbsp;Oeko n. Nachr. d. patr. Ges. in S clesieu. B. I. S. 820.
••)nbsp; nbsp;Diss. cit. fil, p. 29.
raquo;raquo;'')nbsp; Neue, prakt. Erf. S. 156.
••••)nbsp; Diraquo;laquo;, cit, p. 23,
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eine am 9ten, der andere am lOten Tage der Krankheit. Dergleichen Fieber wurden aber von dem genannten Arzte zu damaliger Zeit sonst nicht beobachtet, und er glaubte bestimmt annehmen zu müssen, dass Infection mit dem Milzbrandcontagium, der sich die Kranken häufig aussetz­ten, die Ursache der Krankheit und des Todes gewesen seyquot; *). — Einen Fall von Winkler habe ich bereits oben erwähnt, ein zweiter kann noch zur Erläuterung dienen: „Bei einer Frau, die von der Leber eines am Milz­brand erkrankten Thiers gegessen hatte, war es zur Carbunkelbildung nicht gekommen. Die Krankheit hatte mit den Erscheinungen eines gastrischen Fiebers begonnen, und war auch als leichte febris gastrica behandelt worden. Auf Ekel vor allen Speisen, gleichsam rheumatischen Schmerzen in den Ge­lenken, vorzugsweise im linken Arme, traten nach 48 Stunden eine ausser-ordentliche Angst in den Präcordien, Neigung zu Ohnmächten und unver-hältnismäsiger Verfall der Kräfte ein. Als ich sie jetzt zum ersten mal sah war ihr Bewusstsein ungetrübt, der Puls kaum fühlbar, die Extremitäten mar­morkalt, und in der linken Achseihöle eine angeschwollene Drüse zu fühlen. Sie klagte nur über Angst und Schwäche, und starb nach 12 Stunden. In einem zweiten Falle waren bei einem sonst robusten Manne ein paar kleine schwarze Blattern am rechten Arme ohne sonderliche Veränderung der Um­gebung wahrzunehmen. Diese und die allgemeine Krankheit waren zu glei­cher Zeit vor etwa 3 Tagen entstanden. Die Krankheit stellte sich dar und verlief wie im vorigen Falle; der Tod erfolgte bevor die Kunst noch einen ohnmächtigen Versuch zur Rettung machen konntequot; #9632;**). — Schwab hat ein paar hierher gehörige Fälle aus der Epidemie 1807: „Anton Geiger, Dorfschmid von Bergen, 57 J. alt, bekam bei der Behandlung kranker Thiere, Ekel, und legte sich am 21. Jul. vormittags zu Bett. Tags darauf Morgens klagte er über Schmerz im Unterleib, Hände und Nase waren kalt und der Puls unfühlbar. Es wurde fast gar nichts angewendet. Patient starb an demselben Tage Mittags 11 Uhr. — Georg Hofmayr, Bauer von Holzhausen, 35 J. alt, zog am 24. Jun. Abends von einer gefallenen Kuh, mit Beihfllfe seines Knechtes, die Haut ab. Am 25. verspürte er bereits Mattigkeit, Ueb-lichkeit und steigenden Kopfschmerz; am 26. nahm er ein schweisstreiben-des Mittel; am 27. fühlte er sich wohl; am 28. kam er nach und nach von Sinnen, die steigenden Kopfschmerzen wurden in der letzten halben Stunde rasend; er starb am 12 Uhr Mittagsquot;***). — Zu den merkwürdig­sten Beobachtungen gehören aber ohne Zweifel zwei von Meier mitgetheilte: „Am 12. Juli 1818 kam eine junge Kuh des Gutspächters Blümner zu
•) A. a. 0. S. 65.
quot;) Rust Magaz. B, XXXVII. S. 5J8. •quot;) A. b. O. S. 60. 61.
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Retzow*) krank von der Weide, indem sie nicht frass. Der •Kuhhirt gab ihr gleich am Abend Arznei. Am 13. wurde sie wieder auf die Weide ge­bracht, weil der Hirte glaubte dort würde sie besser fressen als im Stalle. Dieses war aber nicht der Fall. Blüraner ging mit seinem Verwalter Kres­sin auf die Weide, wo sie die Kuh liegend fanden. Blümner öffnete ihr eine Ader am Halse; diese sollte Kressin mit einer Nadel zustehen; da er das aber nicht konnte, so that es Blümner selbst, wobei beiden welche sehr erhitzt waren, die Hände mit dem Blute der Kuh verunreinigt wurden. Die Kuh starb gleich nach dem Aderlass. Sie reinigten sich hierauf beide die Hände in einem Graben, und gingen nach Hause. Beider Hände waren ohne Wunden, und es waren von Augenblick der Verunreinigung der Hände bis zum Reinigen derselben nur drei bis vier Minuten verstrichen. Am 16. wurde Blümner krank, am 18. Kressin. — Kressin ein junger siebenzehn­jähriger gesunder Mann, befand sich am 18. auf dem Felde, konnte aber daselbst nicht aushalten, und ging um vier Uhr Nachmittags nach Hause, woselbst er sich zu Bett legte. An demselben Abend sah ihn der Kreis-chirurgus Pawlovsky aus JSaucn schlafend, und fand seinen Puls ruhig; er wollte ihn nicht stören. Am 19. Morgens klagte Kressin über heftiges Kopf­web, Brennen in den Augen, und starke Neigung zum Erbrechen, erbrach sich auch einigemal. Die Zunge war sehr belegt; übrigens war er fieber­frei; er klagte ferner über Zerschlagenheit der Glieder, und dass ihm Alles weh thäte, was er einem Verheben Schuld gab. Beim fortwährenden Klagen über Zerschlagenheit untersuchte ihn Fawlowsky genau, und fand die rechte Seite des Rumpfes angeschwollen; aber ohne Schmerzen. Von welcher Art diese Geschwulst, welche, wie wir nachher sehen werden auch bei Blümner statt fand, gewesen ist, habe ich nicht genau erfahren können. Am 20. klagte Kr. über Schmerzen im Unterleibe. In der Nacht vom 20. zum 21. hatte der Patient nach dem erhaltenen Berichte abwechselnd Kälte in den Händen, und der Schmerz im Unterleibe hatte zugenommen; an diesem Tage besuchte der Dr. Thaer aus Nauen den Patienten. Der Patient wurde leid­lich und fieberfrei gefunden. Am 21. litt der Pat. an Kälte an den Händen und Füssen; das Gesicht war mit kaltem Schweiss bedeckt, der Puls klein und bei eintretender Kälte kaum fühlbar. So blieb er den ganzen Tag. Er brach so oft er etwas genoss, jedoch nicht häufig, und hatte viel Durst. Gegen Abend kam mein Vater der Dr. Meier aus Rathenow an. Die Nacht vom 21. zum 22. war sehr unruhig, der Schmerz im Unterleibe nahm zu, der Pat. klagte über grosse innere Angst. Um 1 Uhr in der Nacht klagte er über grosse Spannung und Schmerzen im Unterkibe und hatte Erbrechen,
*) Milzbraudland, Milzbrandjabr, und gerade um jene Zeit eine aasgebreitete Epizootic.
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Es wurde ihm fliederthee mit Wein gereicht. Am 22. war der Puls kaum fühlbar, die Kälte blieb sich gleich. Um 10 Uhr starb er bei völliger Be­sinnung am Tierten Tage der Krankheit und neunten der Infection. Am 23. nahm ich die Section vor. Der Unterleib war sehr wenig aufgetrieben ; von der oben erwähnten Geschwulst der rechten Seite des Rumpfes war nichts mehr bemerkbar; der Körper war nicht sehr abgemagert. Nach Eröffnung des Unterleibes wurden die dünnen Därme ziemlich mit Luft angefüllt ge­funden, ihre äussere Haut war etwas, aber nur ganz wenig, entzündet, nur ein ganz kleiner Theil des Ileum war etwas stärker entzündet; das Mesen-terium war aber ganz schwarz, nicht etwa so wie man es häufig findet, dass die Blutgefässe sehr angefüllt, und wie ausgespritzt sind, sondern als wenn Blut zwischen die Platten desselben ergossen wäre. Beim Einschnitt ver­hielt sich diese schwarze Stelle so, als wenn man in das Farenchym eines sehr entzündeten Organs einschneidet, es flössen einige Tropfen Blut aus. In dem Unterleibe befand sich eine gelbe durchsichtige Flüssigkeit, die un­gefähr drei Berliner Quart betragen mochte; an einigen Stellen, namentlich über der rechten Niere, fand sich eine mehr als einen Zoll hohe gelbe Ge-latina. Alle übrigen Unterleibseingeweide waren gesund. — Der Amtmann Blümner klagte am 16. Juli über Uebelbefinden; er ass den Mittag etwas, aber am Abend nichts, und seit diesem Tage gar nichts. Am 17. Nach­mittags legte er sich zu Bett. Er klagte über Kopfschmerzen und Mangel an Esslust; Pawlowsky fand die Zunge stark belegt, den Kranken jedoch fieberfrei. Am 18. Abends fand Pawlowsky den Kranken mäsig fiebernd, über Kopfschmerz, llehelkeit und ein starkes Brennen in den Augen klagend, den Unterleib etwas aufgetrieben und gespannt. In der Nacht vom 18. zum 19. erfolgten vier bis fünf Stuhlgänge. An diesem Tage war der Kranke noch auf dem Felde gewesen, hatte es aber daselbst nicht aushalten können. Am 19. des Morgens hatte er zwar Erleichterung im Unterleibe, klagte je­doch über Uebelkeit und Neigung zum Erbrechen. Nach Erbrechen und Stuhl­gängen in Folge von gebrauchten tartar, stib. befand sich Patient wohl, und klagte nur über ein Spannen in der linken Achsel; Pawlowsky untersuchte diese Stelle und fand die linken Achseldrüsen etwas angeschwollen, aber die Stelle weder schmerzhaft noch roth. Abends 6 Uhr hatte sich das Brennen in den Augen verloren ; die Achseldrüse war wie am Morgen, aber an derselben Seite von der Achsel bis zu den kurzen Rippen befand sich eine weiche Geschwulst, welche aber weder roth noch schmerzhaft war. Der Patient war am Nachmittage ausser dem Bette und fieberfrei. Pawlowsky blieb in der Nacht vom 19. zum 20., welche ziemlich ruhig war, bei dem Kranken, und verliess ihn am 20. ge­gen Mittag fieberfrei und ohne Schmerz. Am 21. früh besuchte er den Kranken wieder und fand ihn in dem nämlichen Zustande; die Aufschwellung der Drüse war sich gleich geblieben, aber die Geschwulst der Seite hatte sich bilaquo; auf die Beckenknochen gesenkt. Am 31. und 22. kamen der Dr.
Hlt;aslnger, Milzkrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 31
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Thaer und mein Vater zum Patienten. Am 2S. sah ich im Kranken zum erstenmal. Ich fand ihn ausser dem Bett, ganz fieberfrei, alier den Puls sehr klein, der Unterleib war etwas gespannt und aufgetrieben, aber so wenig, dass der Patient selbst nicht wusste, ob er stärker sei, als im gesunden Zu­stande, oder nicht. Von der oben erwähnten Geschwulst der linken Seite war nichts mehr bemerkbar. Die Achseldrüse der linken Seite war noch etwas angeschwollen und ungefähr von der Grosse eines kleinen Hühnereies, aber durchaus unschmerzhaft, so wie der Patient überhaupt über keinen Schmerz als über grosse Angst klagte. Am Nachmittag kam mein Vater. Dieser uns ganz neue Erankheitsznstand setzte uns in nicht geringe Verle­genheit. Der Mangel an Schmerz und der ganz fieberlose Zustand des Kran­ken Hessen uns die Abwesenheit einer wahren Entzündung Temrathen; die Kleinheit des Pulses nnd der brandige Znstand der spanischen Fliege Hessen uns im Gegentheil auf ein bedeutendes Gesunkensein der Kräfte schliessen. Am 24. Nachmittags sah ich den Kranken zum zweitenmal. Er war ausser dem Bette. Der Zustand hatte sich im Ganzen nicht viel geändert. Der Puls hatte sich gehoben und der Kranke war Tollkommen fieberfrei. Am 25. Der Zustand war im Ganzen der nämliche, jedoch war der Unterleib etwas mehr aufgetrieben, und es schien Fluctuation bemerklich. Am 26. erhielt ich folgenden Brief von Pawlowsky: So wie Sie gestern Abend abreisten, nahm die Aengstlichkeit, die Auftreibung und Spannung des Unterleibes mit einer zunehmenden Schwäche des Patienten verbunden, immer mehr und mehr zu. Patient war dabei ruhig und sehr gefasst, sprach sehr wenig und ging gegen 10 Uhr zu Bette, schlief um 11 Uhr ein bis gegen 1 Uhr, wo denselben eine sonderbare Rerolution im Körper aufschreckte, und er bestimmt glaubte dass es nun zu Ende mit ihm gehen würde; nämlich Patient bekam in der rechten Seite des Unterleibes, ungefähr in der Gegend des untern Bandes der Leber, drei mal kurz hinter einander sehr auffallende und starke Bücke, so dass es demselben die Luft beinah ganz benahm, nnd gleich darauf ein hör­bares Kollern in den Gedärmen, welches mehrere Blähungen abtrieb. Patient befand sich aber hierauf sehr wohl und munter, und rief mit einem freudigen Geschrei aus: Nun Kinder, nun werde ich gesund, nun ist meine grosse Angst, die ich seit mehreren Tagen gelitten habe und keinem beschreiben konnte, was mir fehlte, vorüber. Es erfolgten hierauf drei sehr übelriechende Stühle, und im Verhältniss zum Trinken sehr viel Urin, drei bis vier Quart. Patient war sehr heiter und froh, schlief gegen drei Uhr ein bis 6 Uhr, wo er sehr ruhig und heiter erwachte. Sein Puls war ganz ruhig und welch, er konnte sich beim Aufstehen viel freier und leichter bewegen, sich schnel­ler von der einen zur andern Seite im Bette herumdrehen und liegen; seine Augen, sein Ansehen, überhaupt sein ganzes Wesen aind den früheren gesun­den Tagen bis auf wenige Abmagerung völlig gleich. Der Unterleib ist zwar noch aufgetrieben und schwappend, aber doch beinahe hllaquo; zur Hälfte nach
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ihrer letztes Untersnchung', nachdem derselbe bis zu dieser Revolution im Körper wenigstens noch einmal so stark aufgetrieben war, geschmolzen. Am 27. Abends sah ich den Kranken mit meinem Vater. Der Zustand war noch ganz der nämliche. Auf der rechten Seite des Unterleibs und auf dem Rücken hatte sich rother Friesel eingefunden. Der Unterleib war nicht mehr und nicht weniger aufgetrieben als frttherhin, und Fluctuation bemerkbar, doch nur so wenig, dass mein Vater selbst daran zweifelte. Am 29. traf ich wieder mit meinem Vater zusammen, auch der D. Thaer, welcher den Kranken einmal in der Zwischenzeit gesehen hatte, hatte sich eingefunden. Die Spannung im Unterleibe war sehr gross gewesen, aber ohne allen Schmerz, Klystiere hatten Erleichterung verschafft. Bei der Untersuchung fand sich der Unter­leib nicht mehr ganz so gespannt, aber noch Fluctuation bemerklich. Diese auffallende Unempfindlichkeit des Kranken setzte uns in Erstaunen. Am 31. bis sieben Uhr Abends war die Beängstigung geringer, der Unterleib hatte aber bedeutend an Umfang zugenommen, und die Geschwulst hatte sich nach einer bis dahin ganz davon frei gebliebenen Stelle verbreitet. Bis jetzt war nämlich die Spannung des Unterleibs nur am unterstersten Thcilc desselben unterhalb dem Nabel befindlich gewesen, jetzt nahm sie aber auch iie regio epigastrica bis zur Cartiloga xiphoidea ein. Bei einer jeden Bewegung von einer Seite zur andern, selbst beim Aufstehen aus dem Bette, war ein deut­liches Kluckern wie vom Wasser hörbar. Patient war grösstentheils ausscr dem Bette, hatte (heute zum erstenmal) ziemlich heftigen Durst, welchen er mit Wasser und etwas Wein zu stillen suchte, auch war der Puls etwas be­wegt. So verliess ich den Patienten um 7 Uhr Abends ausser dem Bette, fast fieberfrei, noch mit mir im letzten Augenblick der Abreise scherzend. Am andern Morgen erhielt ich die Nachricht von seinem in der Nacht um 12 Uhr erfolgten Tode. Mein schriftliches Dringen auf Eröffnung des Leich­nams war vergeblich. Pawlowsky schrieb mir über die letzten Stunden Fol­gendes : Als Sie gegen 7 Uhr abgereist waren, fing Patient an über ein Bren­nen im Unterleibe zu klagen. Zwei hierauf gegebene Lavements aus Camil-len, Seife und viel Oel linderten den Schmerz durchaus nicht, vielmehr nahm das Brennen immer mehr zu, selbst die Brust wurde davon befallen, und dass es äusserst heftig war, bewies seine grosse Unruhe. Er war nicht im Stande aufzustehen, wälzte sich im Bette umher, schrie laut, weinte, bat um Auflösung seines Körpers und Ende seiner Leiden. Dieses Alles er­eignete sich schnell hintereinander. Der Angstschweiss brach dem Patienten aus, der Puls wurde kleiner, sehr häufig, am Ende kaum fühlbar, bis er sich ganz verlor; Hände und Gesicht wurden kalt. Er bekam während der Zeit ein sehr häufiges aber leichtes Erbrechen, welches eine schwarze, schäumende, sich aber gleich verdickende Flüssigkeit ausleerte und bis um zwölf Uhr unter heftigem Brennen im Unterleibe und in der Brust anhielt, ihm nach seiner Aussage siedend heiss über die Zunge stürzte, und laquo;inen fauligten Gerach
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hatte. Die ausgebrochene Masse betrag ungefähr drei Maass, und es erfolgte während dieser Zeit von 7 bis 12 Uhr wenigstens ein funfzigmaliges Erbre­chen. Zuletzt erfolgte noch ein abermaliges Aufstossen, Patient bog sich seilwiirts aus dem Bette, um in eine Schüssel, welche vor seinem Bette stand, zu speien, und verschied. Wegen seiner starken Auftreibung und des Aus­flusses aus Nase und Mund wurde er am andern Tage früh beerdigt.quot;*)
Schädllclikelten, welcbe den ursprunsllchen Bllzbrand
erzeugen.
lieber die Anlage zum ursprünglichen, nicht durch Contagium erzeugten Milzbrand, habe ich gelegentlich einige Bemerkungen einfiiessen lassen; im folgenden Abschnitte muss ich hierauf zurückkommen, daher ich hier nicht dabei verweilen werde.
Die von den Thierärzten in langer Reihe angeführten Schädlichkeiten welche den Milzbrand erzeugen sollen, sind grösstentheils ganz unschuldig! — Wenn man auf der einen Seite betrachtet, wie die Milzbrandepizootien gewöhnlich unter gleichen athmosphärischen Zuständen ausbrechen, wie der­selbe oft gleichzeitig an weit von einander entfernten Orten erscheint, so würde man wohl mit so manchen Schriftstellern geneigt werden, an die Wir­kung der allgemeinsten athmosphärischen Einflüsse zu glauben; allein auf der andern Seite wird man durch das höchst merkwürdige enzootische Vorkommen desselben, durch die jedes Jahr sich wiederholende Beobachtung, dass unter vielen ganz gleichen allgemeinen athmosphärischen Einflüssen ausgesetzten Orten einige ihm alljährlich unterworfen sind, während er in keine balbe Stunde entfernten gänzlich unbekannt ist, noch gewisser überzeugt, dass die ihn ver­anlassende Schädlichkeit an der Oertlichkeit haften muss.
Gehen wir die gewöhnlich genannten Schädlichkeiten einzeln durch.
Schlechte Stallungen.
Schlechte, niedrige, dumpfige, überfüllte Ställe spielen in den Berichten der Aerzte über die Ursachen der Milzbrandkrankheiten, so wie in den Hand­büchern von Chabert bis Delafond, immer eine Hauptrolle, und wahrschein-'ich ganz mit Unrecht.
Dass solche Stallungen ungesund sind, dass sie Cachexien, Hautkrankheiten, den Stalltyphus u. s. w. erzeugen, wird Niemand leugnen wollen; den Milzbrand werden sie wohl niemals veranlassen. Die seltenen Erkrankungen in den Ställen lassen sich gewöhnlich auf Infectionen, oder auf befallene Futterstoffe zurückführen.
*) Hufeland Journ. B. UV. 8. S, 89,
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Gar sehr oft wird man die Stallungen in den Orten to der Milzbrand herrscht, besser finden als an Orten wo kein Milzbrand vorkömmt. Nur zu gewöhnlich kommen die mehrsten Erkrankungen in den grossen Heerden der reichen Oeconomen vor, welche die besten Stallungen besitzen.
Ueberdies ist es in den mehrsten Epizootien eine ganz gewöhnliche Er­scheinung, dass die ganz auf dem Stalle gefütterten Thiere von dem Milz­brande ganz verschont blieben. Ueberall litten Torzugsweise die Weidethiere, besonders diejenigen welche Nachts auf der Weide blieben, oder wenigstens dieselbe am frühen Morgen oder späten Abend besuchten und — so der Wir­kung der Malaria ausgesetzt wurden!
Zu schlechte Ernährung.
Auch zu arme Ernährung wird zuweilen unter den Ursachen genannt; ganz mit Unrecht, da die Erfahrung zeigt, dass die bestgenährten Thiere am mehrsten leiden.
Zu gute Ernährung.
Etwas mehr Grund möchte die Behauptung für sich zu haben scheinen, dass Uebernährung und Blutfülle die Ursache der Krankheit sey; es wird die­ses besonders in Beziehung auf den Blutschlag der Schafe in Frankreich und Deutschland (Delafond, Charlier u. s. w.), aber auch von dem Rindvieh in den Alpen und in andern Gegenden *) behauptet. Dass es nicht die eigent­liche erregende Ursache sein kann, beweisen die Erscheinungen des nur lo­kalen enzootischen Vorkommens zur Genüge; dass aber durch eine solche Blutfülle die Disposition erhöht werde, scheinen doch in der That die Beob­achtungen sehr wahrscheinlich zu machen.
Wechselnde Ernährung.
Besonders ist wiederholt, in Frankreich wie in Deutschland (z. B. in den Alpen) behauptet worden, der Milzbrand breche besonders bei Thieren aus, welche im Winter kümmerlich ernährt, oft kaum erhalten, im Frühjahre nun plötzlich eine sehr reiche Nahrung erhalten. Es scheint mir aber dem eine Täuschung zu Grunde zu liegen. In allen weidereichen Gegenden, wie i. B. in den Alpen, wird es im Winter schwer, nur einen Theil der Thiere nolhdürftig durchzubringen, die im Sommer eine überflüssige Nahrung auf den Weiden finden; wenn sie nun im Frühjahre auf die Weiden kommen,
*) Baissen Observations sur le Sang de Rate. Clinique veter. vol. XIV. p. 107. (Wahrscheinlich erhielten aber hier die Thiere befallenes Futter).
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io ernähren sie sich freilich sehr schnell sehr gut, allein zu gleicher Zeit sind sie dem ganzen Einflüsse der Malaria, die sich jetzt zu entwickeln be­ginnt, ausgesetzt.
Angestrengte Arbeit.
In sehr vielen Gegenden, wo kein Milzbrand Torkömmt, arbeiten die Thiere so angestrengt und noch viel mehr als in Milzbrandgegenden, und doch bekommen sie niemals Milzbrand. Auch ist es ganz gegen die Erfah­rung, dass Arbeitsthiere vorzugsweise befallen werden, eher kömmt das Gc-gentheil vor; reine WeideIhierc, ja Wild leiden vorzugsweise, wenn nicht die Nahrungsstoffe der Arbeitsthiere besonders anzuklagen sind.
Erkältungen.
So oft auch diese Ursache augeführt wird, so wenig gibt es irgend ei­nen Beweis, dass sie jemals wirksam gewesen sey.
Boden.
Ueber diesen von altern und neuem Schriftstellern mehrfach untersuch­ten Einflnss habe ich bereits im dritten Abschnitt meine Bemerkungen mit-getheilt (S. 373.). Keine Bodenart äussert unmittelbar einen Einfluss auf die Entstehung des Milzbrands, und namentlich nicht der rothe eisenhaltige Boden, den ältere schlesische Aerzte, in Frankreich Fougeroux, und in neuem Zeiten Delafond anklagen wollten, wie früher erwähnt wurde.
Fabelhafte Thiere.
Wenn M a 11 h y den Einfall hatte, die Ursache des Carbunkels in at­mosphärischen Thierchen zu finden, die der Wind aus Indien hergeführt ha­ben sollte, wenn Linne und Solander ein Thier, welches sie Furia in-fernalis nannten, als Ursache der Krankheit entdeckt zu haben glaubten, und wenn der Glaube an ein solches Thier auch jetzt noch unter dem Volke in Sibirien, Finnland u. s. w. herrscht; nun so waren das leere Träume der
Einbildungskraft.
Insecten.
Wenn Glaser, Wagner, Hasenest, Hinterm a yr, die Vieh­bremsen, Wespen und andre dergleichen Insecten anklagten, nun so kann höchstens von einer Impfung des Contagiums durch die Stiche dieser Thiere die Rede sein.
F a 1 k beschreibt die Vergiftung durch die Bisse der sogenannten Ta­ranteln der Jaswa ähnlich, und wirft daher die Frage auf, ob nicht die Si­birische Jaswa eine Folge der Tarantelvergiftnng sey ? *) Wahrscheinlich hat
') Beiträge zurKenntniss des Kuss. Reichs. B. III. S. 41J.
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eher tine Verwecbslvng stattgefunden, man hat die wahre Jaswa mit Unrecht für eine Tarantelrerglftuog gehalten. Dass indessen eine nicht zu leugnende Aehnlichkeit zwischen Milzbrandcarbunkei und der Wirkung thieriacber Gifte existirt, davon in einem der folgenden Abschnitte.
Einige Aerite, auch in Deutschland (Seiler) und Frankreich (Reg-nier p. II.), haben das gleichzeitige Vorhandensein von Heuschrecken und Milzbrand in das Auge gefasst. Leicht kann das zufällig sein, da in sehr heissen Jahren, wo der Milzbrand häufig ist, auch die Insecten und so na­mentlich Heuschrecken häufig sind. Nach analogen Erscheinungen ist es aber wohl möglich, dass hier das Vervesungsmiasma dieser Insecten wirk­sam ist.
Eine ganz gleiche Bewandtniss wird es mit den Raupen haben, von denen Seiler in Deutschland, Scheuchzer 1732 in der Schweiz, Haartmann 1756—58 in Finnland reden.
Thierisches Verwesungsmiasma.
In so fern dieses zur Malariabildung beiträgt, wird es in der Folge er­wähnt werden. Wenn man aber die Ursache des Milzbrands in Cadavern fand, die in Ställen, Höfen, auf Weiden begraben waren, so kann leicht eine Täuschung untergelaufen sein, es war dann wohl oft nicht eine miasmati­sche, sondern eine contagiöse Infection; indem die vergrabenen Leichen von am Milzbrand verstorbenen Thieren herrührten.
Electrizität. Gewitter.
Von langen Zeiten her findet man bei den Thierärzten die Angabe wiederholt, der Milzbrand entwickle sich besonders bei Gewitterluft und Schwüle; diese Behauptung findet man auch in neuern Zeiten oft wiederholt, so von Veith u. A.
So bemerkt Tessier: die Blutkrankheit der Beauce herrsche jederzeit am schlimmsten zu Gewitterzeit und in gewitterreichen Sommern. — Eg an (X. 325.) sagt, der Blutschlag herrsche in Ungarn im heissen Sommer, aber oft erst nachdem Gewitterregen die Luft abgekühlt haben!
Hoffmann äussert in dieser Beziehung: „Entschieden scheint es al­lerdings, dass atmosphärische Einflüsse, besonders das elektrische Fluidum, zur Erzeugung des Milzbrandes bei den Thieren kräftig mitwirken, wie meh­rere Thierärzte es bezeugen. Thatsache ist es, dass„ wenn anhaltend schwüle Gewitterluft herrscht, und der Dunstkreis mit Elektrizität überwiegend ge­schwängert ist, der Ausbruch der Krankheit und wohl schneller Tod des Thieres häufig erfolgt. Ich beobachtete nicht selten während eines sich bildenden Gewitters eine im steten Fortschreiten sich mehrende Angst bei Kranken welche am Milzbrandcarbunkei litten; minderte sich die Heftigkeit der Explosionen durch
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Aufzehrung oder Verzweigung der elektrischen Massen, so minderte sich auch die Angst und Beklemmung des Krankenquot;*) u. s. w.
Haupt: „Kalte und nasse Witterung, Ost- und Nordwind sind ihr ent­gegen. Wenn Mai und Anfang Juni trocken sind, wobei wie gewöhnlich Tageshitze sich einfindet, lässt das Hinzutreten der Luftbewegung aus Wes­ten oder Südwesten in einiger Andauer, den Ausbruch der Seuche befürch­ten. Wochenlang andauernde schlaffe, wenig bemerkliche Luftbewegung in ebengenannter Richtung oft der Zustand den man Schwüle nennt, scheint
ein wesentliches Bedingniss zu sein..... Man hat auch bemerkt, dass die
Gewittern oft vorangehende Schwüle, drückende erschlaffende Wärmezeit, die gefährlichste istquot; **).
Am mehrsten hat sich Dressler mit diesem Gegenstande beschäftigt, nachdem er zwei Epizootien beobachtet hatte. Seine nicht überall klaren Ansichten möchten darauf zurückkommen, dass sich der Milzbrand entwickle durch anhaltende stärkere elektrische, besonders negathr elektrische Spannung in der Atmosphäre, die nicht durch stärkere Explosionen, Gewitter ausgegli­chen wird***).
Einen acuten Milzbrandausbruch in einer Heerde Lämmer erklärt L o -wak ebenfalls für eine Folge solcher elektrischen Spannung in der At­mosphäre ****).
Als mitwirkende Ursache wird eine solche gewitterschwangere Luft auch von Ger lach anerkannt f).
Ich war sehr geneigt, diesen Ansichten beizustimmen, da es mir eben­falls nicht entgangen war, dass in gewitterreichen Sommern der Milzbrand Torzugsweise häufig ist. Indessen seit einer Reihe von Jahren, wo ich auf­merksam gemacht worden bin auf die mir vorkommenden Fälle, und auf die Anzeigen von Milzbrandausbrüchen, habe ich doch gefunden, dass der Milz­brand vorzugsweise ausbricht nach Gewitterregen, besonders nach voraus­gegangener Dürre. — Ausserdem kann die negativ elektrische Spannung einen andern mittelbaren Finfluss haben, indem sie die Fäulniss, und dadurch die Malariabildung befördert. — Ferner wird durch jene Gewitterschwüle die Entstehung parositischer Pfianzenpilze begünstigt!
Trotz dieser Einwendungen, die ich mir machen muss, und die auf eine mehr mittelbare Wirkung jener Gewitterschwüle und der negativ-elektri­schen Spannung in der Atmosphäre hinweisen können, möchte ich doch, mit
•) Rust, Magax. B. XXI. S. 76. ••) A. a. 0. S. 161. **•) Magaz. f. d. geraquo;. Thierheilk. B. III. S. 137 ff. ••quot;) Daselbst B. VI. S. 21. t) Daselbst B. XI. S. 133.
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den vielen genannten Aerzten, den Glauben an einen unmittelbaren Einflusa dieser negativ elektrischen Spannung auf die Entstehung des Milzbrands nicht aufgeben; wenigstens möchte sie entschieden die Disposition im höch­sten Grade steigern. Ich stütze mich auf folgende nicht zu leugnende Wirkungen dieses Zustandes der Atmosphäre: 1) Er schwächt im Allgemei­nen die Innervation; 2) besonders scheint er schwächend auf das organische Nervensystem zu wirken, und wahrscheinlich dadurch setzt er die Respiration (nach den Versuchen von Schübler u. A.) herab; 3) er befördert im Allge­meinen die Fäulniss, und in den lebenden thierischen Organismen die Nei­gung zur Gangrän, wie bestimmte Beobachtungen beweisen*}.
Mangel an Wasser.
Wird oft angeführt; allein es gibt viele sehr wasserarme Gegenden in denen der Milzbrand niemals vorkömmt, und manche Beobachtungen, die man als Beweise anführt**), lassen sich ganz anders deuten.
Grosse Hitze.
So ziemlich von allen Beobachtern als Ursache angeführt; wie wir denn auch im zweiten Abschnitt ohne Weiteres zugeben mussten, dass die Milz­brandjahre im allgemeinen die heissesten sind, und dass der Milzbrand vorzugsweise in der heissesten Jahreszeit vorkömmt. — Von sehr vielen Beobachtern will ich nur einige anführen:
Haartmann: „Je grössere Trockne und Hitze im Sommer ist, desto grimmiger hauset diese Krankheit, denn die Feuchtigkeiten des Viehs wer­den davon scharf und zur Fäulniss geneigt, sowohl als bei den Menschen. Ist das Vieh vom Wasser abgesondert, oder auf sumpfigen Wiesen, wo es nur ein faules Wasser geniesst, so wird ihm diese Seuche noch gefährlicher .... Hieraus lässt sich erklären, warum sie in der heissesten Jahreszeit, im Juli, anfängt und am heftigsten ist, gemeiniglich aber im Mittel des Augusts aufhörtlaquo;***).
Franque: „Heisse schwüle Witterung, die Ausdünstung sumpfiger oder durch ausgetretene Flüsse überschwemmter Gegenden, so wie verdorbenes Futter sind die gewöhnlichen veranlassenden Ursachen des Milzbrandes der Pferde .... Nach allen Erfahrungen sind Sümpfe, Ueberschwemmungen und lang anhaltende Hitze, oder vielmehr die Ausdünstungen, welche sich in sumpfigen oder in überschwemmt gewesenen Gegenden bei lange andauern-
*) S. meine Recherches de Pathologie comparie vol. I. p. 2HI etc
••) Vix und NebH Zeitscbr B. VI. S. 124.
• •) .4. a. 0 S 48.
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der heisser Witterung entwickeln, die Hiuptquelle das MUlbnmdM dtlaquo; Rind­viehs..... Schwüle Hitae, die Ausdünstungen suaipfiger und iilerschwemm-
ter Heiden und verdorbenes Gras sind die llrsaclieu, welche auch bei den
Schafen diese Krankheil gewöhnlich erzeugen..... Hitze und Trockenheit
scheinen immer den ersten Anstoss zu den Milzbrandseuchen der Schweine gegeben zu habenquot; *).
Delafond: Grosse lange Hitze des Sommers und Herbstes, welche auf lange Regen und Ueberschwemmnngen folgt. Pflanzen und Weiden ver­brennt, die Erde, Flüsse, Teiche, Sümpfe, Pfuhle, Pfützen austrocknet, die Verflüchtigung schädlicher und fauligter ihierischer Emanationen bewirkt, welche die Thiere einathmen, die fauligten Stoffe in den Tränken der Thicre concentrirt, ist die gewöhnliche Ursache der Milzbrand-Enzootien und Epi-zootienquot; **).
Haupt: „Die Zeit wann die Beulenseuche auftritt und herrscht, ist im­mer die des heissen Sommers, gewöhnlich die heisseste von Anfang oder Mitte Juni bis Anfang oder Mitte August, selten früher oder später. Ich weis keinen Fall, wo sie schon im Mai ausgebrochen wäre, oder sich bis weit über die Hälfte Augusts hinaus gehalten hätte, sie bestand vielmehr sowohl in West- als Ost-Sibirien meistentheils nur im Juni und Juli.... Die Behauptung, dass sie auch in Wintermonaten erschienen, scheint auf Irrthum zu beruhenquot;**').
Wer nun aber wie wir, in der Nähe eines Milzbranddistriktes wohnt, und oft genug wahrgenommen hat, wie viele Orte oft noch trockner und heisser, aber nicht in jenem Distrikte, gelegen, auch während der grössten Hitze, von dem Milzbrand gar nichts wissen, und ihn nicht kennen, wäh­rend er in jenem wfithet, der wird doch auf der Stelle erklären: die Hitze ist keine wesentliche und unmittelbare Ursache des Milzbrands! sondern nur eine mittelbare, indem sie die Malariabildung bewirkt. Das ist unbestreitbar.
Dennoch möchte ich auch hier behaupten, die Hitze erhöht die Disposi­tion zum Erkranken. Höhere Grade der atmosphärischen Wärme wirken erschöpfend auf die Energie des Nervensystems; die Lungenexcretion und die Haeraatose leiden bei dem Athmen in der verdünnten Luft, das Blut bleibt schwärzer und flüssiger****}; dieses um so mehr, wenn das Thier zu gleicher Zeit angestrengt wird. Laubender hat bereits die Veränderungen bezeichnet, die unter diesen Umständen der Organismus erleidet: „Die er-falireiuten und verständigsten Metiger in Partenkirch und Garmisch be-
*) Franque Gesch. d. Seuchen iHen. Nassau. S. 57.105.197.217. *•) Pol. sanit. p. 452. *••) A. a. 0. S. 160.
DPraquo;
) Recberches de Pathologie compar. v-o 1, I. p. 810,
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haupletcn mir, wenn ein Thier im Sommer bei grosser Hitze getrieben und gleich darauf geschlachtet werde, so sey die Milz aufgetrieben und ange­schwollen, mürb und gröstentheils schwarz, auch das Fleisch sey mehr gelb-röthlich und das Fett sehr flüssig, die Gallenblase sehr gross mit dünner grüngelber Galle angefüllt. Einen Beweis dieser ihrer Behauptung lieferten sie an einem Ochsen, der Tags vorher 6 Stunden Wegs war getrieben wor­den. Alles Fleisch, Fett, Milz und Leber waren wie bei einem erst er­krankten Stück Vieh, so dass auf meine Weisung letztere Viscera mussten ungenutzt rergraben werden. Der Camerad dieses Ochsen blieb 8 Tage län­ger stehen und wurde dann erst geschlachtet. Nun hatte Alles das gesun­deste Aussehenquot; •).
Unter diesen Umständen, bei hoher Temperatur und angestrengter Be­wegung (besonders wenn etwa Feuchtigkeit, Insolation, negativ elektrische Spannung dazu kommen) kann plötzlicher Tod bei Menschen und Thieren eintreten; wie es scheint durch gänzliche Cessation der Lungenrespiration; daher man die Krankheit auch Lungenschlag, apoplexie pulmonaire, nannte; nach dem Volksausdruck in Frankreich Coup de sang oder Coup de chaleur, eine Krankheit die jedenfalls vom Sonnenstich, der auch bei niederer Temperatur und in vollkommner Ruhe erfolgen kann, zu unter­scheiden ist. — Bouley bemerkt, dass man in den Leichen der so gestor­benen Thiere nichts finde, als das Blut dunkclschwarz in allen Gefässen und flüssig, das rechte Herz und die Lungengefässe mit Blut überfüllt. Da er nun Lungenschlag und Lungenblutsturz verwechselt, so hält er die erstere Benennung nicht für passend**). — Mercier bemerkt richtig, dass die Krankheit nicht allein bei Pferden, sondern auch bei Ochsen und Menschen, unter gleichen Verhältnissen vorkomme. Von der gleichen Verwechslung aus­gehend wie Bouley, schlägt er für die Krankheit den Namen „anhema-tosequot; vor, nur die gehinderte Blutumwandlung in das Auge fassend, und nicht bedenkend, dass die Störung der Innervation eben so hoch anzuschla­gen ist. Er thcilt eine Anzahl Fälle mit, beschreibt die Symptome genau, und bemerkt Folgendes über die Leichenöffnung: „Immer findet man die ober­flächlichen Venen überfüllt und zuweilen Ecchymosen im Zellstoff. Die Mus­keln haben eine dunkle Farbe, und sind mit Blut überfüllt. Die Gekrösvenen sind voll schwarzen, zuweilen flüssigen und wie breiigten Bluts. Die Ge­hirnvenen sind auch mit Blut gefüllt, das Gehirn hat eine dunklere Farbe als gewöhnlich, aus Durchschnitten desselben sickert das Blut in schwarzen Tröpfchen aus. Das Gewebe der Lungen ist normal, seine Consistenz ist nicht verändert, es ist weder fester noch zerreissbarer als im normalen Zu-
*) Die Seuchen etc. I. 2. S. 889 ••) Recueil de Med. veter. vol. XVIII. p. 201.
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stände; keine Blutergiessun^ in die Substanz der Lunge findet Statt; nur ihre Farbe ist dunkler, und sie ist mit Blut mehr überfüllt, als im normalen Zustande; diese Erscheinung zeigt sich vorzüglich stark auf der Seite, auf welcher die Leiche gelegen hat. Die Lunge schwimmt auf dem Wasser. Hat die Krankheit einige Stunden gedauert, so findet man die Lunge in einem emphysematösen Zustande. Hat Haemoptysis stattgefunden, so findet man in den Bronchienzweigen schaumigtes Blut, niemals Blutgerinsel. Die rechten Herzhöhlen sind mit Blut gefüllt, welches bald geronnen, bald flüssig und breiigt istquot; *). — L a f o r e beschreibt dieselbe Krankheit beim Rindvieh, und sagt von der Leichenöffnung: „Die Lunge ist so mit schwarzem Blut fiberfüllt, dass man kaum ihr Gewebe erkennt, man glaubt einen Blutklum­pen zu sehen. Die grösseren Bronchien und die Luftröhre enthalten einen weinhefenfarbigen Schleim, die kleineren Bronchien enthalten oft Blut. Alle Venen des Körpers sind von Blut ausgedehnt, selbst in den mehrsten Arterien findet man solches. Besonders im Gehirn ist die Blutfiberfüllung gross, und der Herzbeutel enthält eine gewisse Menge blutiges Serumquot;**). — Hert-wig welcher die Beobachtungen von Bouley und Mercier anzeigt, erklärt sie geradezu für acuten Milzbrand, eine Behauptung die ich nicht für er­wiesen halten kannquot;***). Wohl scheinen mir solche Zustände zum Milz­brande disponiren zu müssen.
Ueberschwemmnngen.
Diese werden gewöhnlich unter den Ursachen des Milzbrands genannt, und dass er sehr oft nach ihnen vorkömmt, beweisen eine Menge früher mitgetheilte Beobachtungen (s. z. B. Hablizl, Haartmann, Franque, Regnier, Thaer u. s. w.); die Erklärungen derAerzte fallen verschieden aus, allein es bedarf beim Durchlesen der Beobachtungen kaum noch des Beweises, dass sie durch Malariabildung wirken.
Regen nach langer Dürre.
Diese Ursache wird ebenfalls häufig angeführt. Um nur einige der erfahrensten Gewährsmänner zu nennen, aus den verschiedensten Gegenden: E. Valli in der Wallachei: „Der Kriccian (Carbunkel) und das Tollwerden, die aus einer und derselben Ursache entstehen, herrschen epidemisch, so oft in den heissen Sommertagen kleine Regengüsse mit Sonnenschein abwechseln. Die Sonnenstrahlen zersetzen das Wasser, mit dem die Pflanzen betbaut sind, der frei gewordene Sauerstoff macht sie brandig, und der Genuas dieser
') Daselbst p. 212. p. 280. **) Maladies des grands Ru rim ans p. 617. •••) Jahresbericht für d. Thierheilk, 1841 S. 15,
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kranken Kräuter ist ein Gift für die Heerdenquot; *). — M e l z g e r in Preus-sen: „Häutiger Regen nach langer Dürre, sumpfieg Weiden und Schärfen geben zur Entstehung dieser Krankheit die nächste Veranlassungquot;**). — Lau bender in Baiern: „Eine andere gemeine Beobachtung, so hier von jeher gemacht wurde, besteht darin, dass die einmal entwickelte Seuche dann sich vermehre und verschlimmere, grössern Umfang gewinne, wenn die trockne Witterung mit Regenwetter unterbrochen wird. Heute regnet es, morgen früh hat man viele Kranke, diese Rede ist zum Sprichwort gewordenquot; ***) — Renovantz in Sibirien: Nach kleinen Regen an heissen Sommertagen wer­den Menschen und Pferde mehr befallen; die stärksten Gewitterregen im Juni und Juli thun keinen Einhalt; feuchte, kühle und einige Tage anhaltende Nebel vertilgen sogleich Jaswa, Mücken und Bremsenquot; ****).— So Ger lach in Sach­sen: „Tritt nach solcher anhaltender Dürre ein fruchtbarer Regen ein, der dann gewöhnlich viel, in der Luft angesammelte, schädliche Stoffe vegetabilischer und animalischer Abkunft mit sich auf die Erde herabführt, und der ausser-dem Brand, Rost und andre Pilze von den Bäumen und Pflanzen abspült, welche theils auf den niedrigen Pflanzen und Pflanzenrudimenten, die den Schafen auf der Weide zur Nahrung dienen, und auf der Erdoberfläche ab­gesetzt werden, theils aber sich in dem Wasser in Gräben, Furchen, Fahr­gleisen, Fussstapfen u. s. w. ansammeln, und werden die Schafe bald darauf auf der frisch grünenden Weidefläche gehütet, wobei sie begierig die frisch hervorsprossenden Grasspitzen tief auf der Erde abbeissen und dazu das hier und da angesammelte, mit Effectiven und Pilsen geschwängerte Wasser hin­einschlürfen, dann treten allemal mehrere Sterbefälle an der Blutseuche einquot; f) u. s. w.
Diese Thatsache stimmt überein mit der allgemeinen Beobachtung von der Schädlichkeit der ersten Regen nach der trocknen Jahreszeit in den Tropenländern, in Ost- und Westindien, am Senegal wie in andern Gegen­den Afrikas, in Italien, besonders in Rom u. s. w. Man beobachtet nach ihnen den Eintritt von Wechselfiebern, Dysenterien u. s. w.
Die Erklärung bietet sich auf zweifache Weise dar: Auf der einen Seite werden theils ausgetrocknete Sümpfe, Lachen, Gräben von neuem ge­füllt, theils trifft das Wasser in und auf dem Boden eine sehr grosse Masse
•) A. a. O. S. 141.
**) Krankheiten der Hausthiere S. 40. *•*) Seuchen. 1. 2. S. 384. •quot;•) Nachrichten von den Altaischen Bergw. S. 168.
f) A. a. 0. B. XI. S. 132. Dass auch ich in solchen Fällen, nach Gewitter-regen, den Ausbruch des Milzbrandlaquo; wiederholt beobachtete, führte ich bereit! oben an.
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dürren abgestorbenen organischen Stoff, der nur der Befeuchtung bedarf um in Zersetzung überzugehen, und es wird so eine bedeutende Malariaent-vickelung eintreten. Auf der andern Seite ist es eine bekannte Erfahrung, dass nach solchen Gewitterregen besonders eine weitverbreitete Pilzenent-wickelung eintritt, Blattpilze erzeugen sich oft in ungeheurer Anzahl, die sogenannten Befallungen der Futterpflanzen und Weiden treten besonders gern nach kleinen Gewitterregen ein.
Than. Nebel.
Schädliche Thaue und Nebel figuriren unter den Ursachen seit alten Zeiten, besonders in manchen Ländern z. B. im südlichen Frankreich, in der Provence, in Languedoc u. s. w. (s. den dritten Abschnitt); und in manchen Jahren, z. B. 1779 (s. den zweiten Abschnitt). Bei der Zungenanthrax-epizootie, die 1781 in Velay, Forez, Lionnais, Dauphine, Bresse und Beau-jolais herrschte, beobachtete B r e d i n, dass alle auf dem Stalle gefütterten Thiere verschont blieben, und nur die Weidethiere wurden ergriffen; daher glaubte derselbe, dass eine nachtheilige Wirkung von Thauen oder Nebeln auf die Weiden stattgefunden habe*). — So führt Vallenzasca be­stimmte Erfahrungen aus den Belluueser Alpen an, wo der Milzbrand aus­brach unter den Heerden, die Nachts auf den Weiden blieben oder die früh auf die bethauten Weiden getrieben wurden, dagegen verschonte er die Heerden gänzlich, welche erst spät oder nach dem Verschwinden des Thaus ausgetrieben wurden **). — Eben so bei der Milzbrandepizootie in der Mark Brandenburg 1818: „Einige Landwirthe, die ihr Vieh erst gegen 9 Uhr Morgens, nachdem der Thau verschwunden, austreiben Hessen, oder es wäh­rend der Hitze im Stalle mit Heu fütterten, blieben ganz frei von dem Uebel, während die Umgegend grossen Verlust erlitt, weil man das Vieh früh aus­getrieben hattequot;quot;*). — So Gerlach: „Das Hüten auf bethauten Weiden, besonders beim frühen Aus-, weniger beim spätem Eintreiben, hat nach merhreren Berichten, und wie ich mich davon selbst öfters überzeugt habe, namentlich dann Sterbefälle an der Blutseuche zur Folge, wenn die Witte­rung am Tage sehr heiss ist, wenn es lange nicht geregnet hat, wenn die untern Luftschichten mit vielen schädlichen Dünsten geschwängert sind und wennn es bei kühlen Nächten gegen Morgen stark thautquot; ****).
Allerdings lässt sich annehmen, dass da, wo der Boden irgend Malaria
•) Chabert Instr. Vol. I. p. 20laquo;. ••) A, a. 0. p. 237. 238. •••) Henke Z e i t s c h r. f. Staataarxn. E. H. VII. S. 155. #9830;••raquo;) Ä. a£ (K S. 18i.
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liefert, diese mit dem Thau niedergeschlagen wird, und dadurch auf die Thiere wirken muss, die das bethaute Gras fressen *).
Nebel aber, die aus Sumpfgegenden kommen, können den Malariastoff viele Meilen weit auf sonst ganz gesunde Länder führen, wie das viele That-sachen beweisen.
HonLgthau.
Wird oft genannt, auch bei grossen Epizootien, aber freilich auch oft verwechselt.
Es ist wohl möglich, dass diese krankhafte Excretion der Pflanzen zu­weilen nachtheilig wirkt**). Vielleicht ist es aber von noch grösserem Ein-fluss, dass der Honigthau häufig andere anerkannt schädliche Pflanzenkrank­heiten begleitet, noch häufiger ihnen vorausgeht.
M e h 11 h a n.
Ebenfalls häufig genannt, auch häufig verwechselt. Indessen spricht schon viel grössere Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Mehlthau in der That den Milzbrand verursachen könne. So wird er von Bidder (s. N. 230) und Hildebrand (s. N. 320), eben so von Numann genannt — Beling äussert sich in Beziehung auf eine schlesische Epizootie 1811 folgender-massen: „Im allgemeinen hatte ich die Bemerkung gemacht, dass diese Krankheit zwar wohl als mittelbare Folge der in diesem Sommer statt ge­habten grossen Hitze und Trockenheit der Witterung zu betrachten war, jedoch unmittelbar aus diesem Grunde sich in keiner Art erklären liess. Denn diese Krankheit griff gerade in jenen Dörfern am mehrsten um sich, wo der wenigste Wassermangel sowohl auf der Hutung als im Dorfe selbt stattfand, dagegen fiel ein grosser Verdacht auf den an vielen Orten gefal­lenen und durch keinen Regen abgestreiften Mehlthau auf den Grässern, als Ursache der Krankheitquot;***}. — In Beziehung auf den Milzbrand, der 1834 in dem niedersächsischen Milzbranddistricte unter den Hauslhieren wie unter dem Wilde wüthete, bemerkt Ziegenbein: „In Bezie­hung auf jene Seuche kann, nach der Meinung des Berichterstatters, die im Sommer 1834 anhaltende Hitze und Dürre nur als ein disponirendes Moment betrachtet werden; denn die Witterung wirkte auf alle Orte vom Anfange des Mai ziemlich gleich und dennoch fing die Krankheit erst im August an sich zu zeigen, stieg allmählig, bis sie gegen Mitte des Septem­bers die grösste Ausbildung erreichte. Es waren aber dennoch manche Orte,
*)Reehercbe8 de Pathol. compar. I. p. 331. **) Rech, de Path. comp. I. p. 465. •*•) Kauacb, Memorabilien. B. I. S. 202.
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bei der Bösartigkeit der Krankheit, Terschout geblieben; an manchen stark mitgenommenen Orten gab es Heerden, die kein einziges Stück verloren. In der Stadt Aschersleben starben Ton dem Gemeiudevieh täglich mehrere Häup­ter, während die Domäne und das Gut Hakelberg nicht ein Stück verloren; in Wollmirstädt starb die Hälfte der dem Kloster gehörigen Heerde in weni­gen Tagen, während auf dem Domänenamte und einem andern Gute kein Stück fiel. Auf alle diese Thicre wirkte doch wohl die Witterung gleich-massig ein, und doch war der Unterschied in Betreff des Erkrankens so be­deutend. Offenbar war es daher, dass nur da die Krankheit sich zeigte, wo zu der durch die angeführten Momente bedingten besonderen Anlage die erregende Ursache hinzutrat. Diese aber lag ganz bestimmt in der Beschaf­fenheit der Futterstoffe, wie sie die Thiere theils auf der Weide fanden, theils im Stalle erhielten. Denn augenscheinlich befanden sich alle Futter­gewächse in einem kränkelnden Zustande, der durch die bestehende Witterung herbeigeführt, in ihrem ganzen Habitus sich aussprach, nicht selten, wie nach dem Befallensein von Mehltban, deutlich genug zu sehen war. Einen be­sonderen Fingerzeig gab aber hier dem aufmerksamen Beobachter die Wir­kung, welche sie auf die Thiere hervorbrachten. Denn wenn auch nach ihrer Verabreichung in einzelnen Fällen Koliken, Durchfälle, an Darment­zündung grenzende Zustände sich einfanden, so entstanden in andern Fällen darnach leider nur zu schnell und häufig alle Formen des Anthrax. Auf einem Vorwerke, wo Rinder und dreijährige Füllen seit drei bis vier Tagen mit grüner von Mehlthau befallener Luzerne gefüttert wurden, fielen zwei Rinder am Milzbrande und drei Füllen erkrankten daran, nur eins konnte mit Mühe gerettet werden. Die Krankheit hörte auf und zeigte sich nicht wieder, als die Thiere ihr früheres Futter erhielten. Auf dem Vorwerk einer Domäne waren die jungen Rinder von P/j bis il/2 Jahren bisher mittrokenem Futter genährt worden, wobei sie gesund blieben; als sie nach der Heuernte drei Tage auf den Wiesen geweidet hatten, fand man eines Morgens zwei im Stalle todt. Bei wiederhergestellter trockner Fütterung, mit Weglassung des Weidegangs, fand kein Sterbefa'l weiter Stattquot;*) u. s. w. — Hinter-mayr sagt bei Beschreibung der Milzbrandepizootie an der Donau in Baiern, im Jahr 1846: „Die Witterung war, wie schon angeführt, in den Monaten Juli, August und September sehr trocken, und die Temperatur ausserordent-lich hoch .... In der zweiten Hälfte des Monats Juli kamen einige sehr heftige Strichregen mit Gewittern, abwechselnd mit drückend stechender Hitze Tor. Melhthauniederschläge gesellten sich gleichfalls zu diesen ungünstigen Einflüssen, so zwar, dass in diesen Ortschaften das Laub mehrerer Bäume stellenweise wie mit einem scharfen Fluidum bespritzt aussah, hierdurch bran-
•)Magaz. f. d. Tbierh. B. I. S. 457.
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dig wurde und abstarb ') u. s. w. — Ich fürchte indessen, dasi dalaquo; Wort Mehlthau hier oft in vagem Sinn gebraucht wird.
Kranke Futterstoffe überhaupt.
Da die Pflanzenkrankheiten selten streng diagnosticirt werden, so muss man sich oft damit begnügen, dass nur erkrankte Pflanzen als Ursache nach' gewiesen sind. Das geschieht allerdings oft, es werden Beweise beigebracht, dass die kranken Weidekräuter oder das gereichte Futter die Schädlichkeit enthalten mussten. Daher bezeichnet schon Chabert**) solche verdorbene kranke Futterstoffe als Ursachen. So bezeichnet sie Gilbert für die Epi­zootic 1793. So Glaser für die des Jahres 1778. Für 1818 in der Mark Thaer. Gerlach, der dem Gegenstande eine besondere Aufmerksamkeit ge­widmet hat, führt doch die Terschiedenartigsten Befallungen der Gewächse an.***) Nie mann suchte schon in Pfianzenkrankheiten die einzige Ursache der Milzbrandkrankheiten. ****) N n m a n n und Marchand betrachten die pa­rasitischen Pilze der Pflanzen wenigstens als die vorzüglichste Ursache der­selben. Der letztere nennt als vorzugsweise schädliche: Uredo inconstans, Puccinia graminis, Pucciniola diadelphiae, Accidium confertum et ranunculace-arum, Mucor mucedo, Erysiphe pisi, Xyloma crueiferarum. f) Gerlach überzeugte sich vorzüglich von der nachtheiligen Wirkung von: Uredo sito-phila, Uredo leguminosarum, Uredo rubigo vera und linearis, Puccinia graminis.
Folgende Beobachtungen verdienen, auch ohne strenge Diagnose der wirksamen Pilze, doch aufbewahrt zu werden.
Schimmel.
Die nachtheilige Wirkung verschimmelter Nahrungsmittel auf Menschen und Thiere ist durch viele Beobachtungen bekannt, ff) In den Fällen, die ich an diesem Orte angeführt habe, entstand nicht gerade Milzbrand, obgleich vielleicht primärer Brand. In mehreren Fällen soll aber durch verschimmel­tes Futter Milzbrand entstanden sein.-ttt) Auch Körb er führt einen solchen
raquo;) A. a. 0. S. 438.
••) Instr. vol. I. p. 156.
•••) A. a. 0. B. XI. S. 138. ff.
••••) Taschenbuch der Veterinär Wissens chaft S. 333.
i) Numan etMarchaud Pr opri 61 As nuisi bles des fourragos Groningue. 1830. p. 114.
ft) Recherches de Pathol. corapar. vol. I. p. 456. ttt) Gerlach a. a. 0. S. 141.
Henslnjer, Milibrand,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; oo
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Fall an.*) So wird der folgende erwähnt: „Im Jannar war in einer Oeeo-'Domie zu Pingsdorf, Bürgern. Brühl, der Milzbrand ausgebrochen. Es wurde ermittelt, dasg das dem Rindvieh gegebene Stroh sich in einem hohen Grade von Verderbniss befand. Der untere Theil des Strohes war bis über die Hälfte ron aussen und innen mit Schimmel besetzt, der ein graugrünliches Ansehen hatte. Der Geruch davon war sehr sticksig. Die Entfernung dieser Ursache trug dazu bei, daslaquo; kein weiterer Fall in Pingsdorf vorgekommen ist.quot;quot;)
Es wäre übrigens nicht unmöglich, dass der primäre Brand der Schleim­häute der sonst nach Schimmelvergiftungen, wie bei Vergiftungen durch andere Pilze, beobachtet worden ist, in den genannten Fällen mit Unrecht für Milz­brand gehalten worden wäre.
Schmierbrand.
Von dieser Krankheit (U. sitophilagt; sagt Herr Ger lach: „Brandiges Entzündungsfieber und wirklichen Milzbrand sah ich bei Pferden in den Jah­ren 1842 und 1844 in ein und derselben Wirthschaft zweimal entstehen. Aus Mangel an Hafer wurde Weizen gefüttert und zwar aus allzu grosser Oeconomie der von gutem Weizen abgesiebte schlechte, verkümmerte, bran­dige, und mit Brandstaub beschmutzte Weizen. Bald darauf stellte sich Unverdaulichkeit ein, der Mist zeugte von schlechter Verdauung, denn er wurde in grossen Klumpen mit Schleim überzogen abgesetzt; Kolik zeigte sich fast täglich, und bei der geringsten Veranlassung brach ein brandiges, typhöses Entzündungsfieber und wirklicher Milzbrand aus, so dasraquo; in einem Tag zwei und drei Stück krepirten. — Enten und Gänse, die mit verküm­merten Abfällen von brandigem Weizen gefüttert wurden, krepirten am Milzbrand.laquo; laquo;*)
Ich will wünschen, dass auch nicht hier der gewöhnliche Pilibrand mit Milzbrand verwechselt worden ist.
Rost.
Streng genommen sollte man nur Uredo rubigo, und allenfalls linearis mit diesem Namen belegen; allein oft nennt man andere Uredo und Puccinia Arten auf Gräsern und Hülsenfrüchten auch so. Diese Krankheiten sind denn von alten Zeiten her berüchtigt als Ursachen von Epizootien. ****) Auch ist wohl nicht zu bezweifeln, dass sie wahren Milzbrand erzeugen. Jedoch kom-
•) Magaz. f. d. Thierheilk B. XIV. S. 137. ••) Rhein. San. Ber. 1839. S. 19. ••') A. a. O. S. 256. •'quot;) Rechercheraquo; dePathol, comp. vol. I. p. 470.
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men auch vom Milzbrand verschiedene Krankheiten wie nach Vergiftung durch andere Pilze vor.
Hierher gehörige Beobachtungen hat Nu mann4'), und an demselben Orte Marchand. Mehrere Beobachtungen von Milzbrand nach solchen kran­ken Futterstoffen theilt Gerlach mit.**) Von den mehrsten neuern Thier-ärzten wird dieselbe Ursache anerkannt. Folgende Beobachtung eines schlich­ten Landmanns verdient vielleicht hier eine Mittheilung: „Vorigen Sommer hörte ich vom Herrn Pachter Pnth in Okarben, dass der Milzbrand unter seinen Hammeln gewöhnlich sich dann stark einstelle, wenn sich an einem häufig vorkommenden Unkraut auf den Aeckern ein weisser Brand, eine Art Geschmeiss, wie sich Herr Puth ausdrückte, eingestellt habe; nach welcher Mittheilung ich Herrn Puth bat, mir von dem befallenen Kraute, wenn es sich wieder zeige, etwas zuzuschicken. Derselbe entsprach im October diesem Wunsche, und ich erkannte das Unkraut, das mit einem weissen mehlthan-artigen Ueberzuge befallen war, alsbald für das gemeine Täschelkraut. Ich theilte dasselbe dem Herrn Garleninspector Schnittspahn mit, welcher sich folgendermassen darüber äusserte: Das an dem mir zur Untersuchung mitge-theilten Täschelkraut sich findende sogenannte Geschmeiss ist ein zur Abthei­lung der Brandpilze gehöriges SchmaTotzergewäcbs, der sogenannte weisse Brandpilz***); er zeigt sich besonders häufig-auf den Stengeln, Blättern und Schötchen des Täschelkrautes, sodann noch häufiger auf den Blättern und Stengeln verschiedener anderer, zur Familie der Cruciferen gehörigen Pflan­zen. Dieser Pilz wird ausserdem noch beobachtet an den Wnrzelblättern des grossen Hahnenfusses, welcher in sumpfigen Gräben vorkömmt, und an den Stengeln und Blättern des Wiesenbocksbartes. An letzterer Pflanze dürfte er besonders für das Rindvieh schädlich sein , da dieselbe häufig auf Wiesen vorkommt und wegen ihres süsslichen Milchsafts auch gern gefressen wird.quot;****)
Ich muss indessen wiederholen, dass in diesen Fällen oft Krankengeschichten mitgetheilt werden, die nicht Milzbrand, sondern Pilzbrand, Pilzvergiftungen offenbar betreffen.
Ebenso muss ich wiederholen, dass die Befallungen der Pflanzen unter gleichen Bedingungen mit der Malariabildung vorkommen.
Man muss daher im Urtheil vorsichtig sein!
•) L. e. p. 63. p. 92.
••) A. a. 0. p. 138. 26laquo;.
***) Also Uredo candidraquo;, eraeiferamm. War wohl nur ein Zeichen, dast Bcfallungeu der Pflanzen überhaupt vorkamen? H.
****) Oconom. Zeitschr. für Sachs. Landwirte. J. 1839. S. 879.
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Matterkorn.
Das Mutterkorn entsteht unter ähnlichen Bedingungen, wie die Befallun­gen der Gewächse, es ist Malarialändern eigen, ja die Malaria ist rielleicht mit eine Bedingung seiner Erzeugung.*)
Das Mutterkorn erzeugt nun in der Regel nicht Milzbrand, sondern eine (vielleicht renrandte) Krankheit, die sich durch Conrulsionen, Abortiren und Hautbrand vorzugsireise äussert, auf die ich im sechsten Abschnitt zrückkom-men werde. Indessen es kommen Milzbrand und Mutterkornbrand in gleichen Localitäten vor; selbst als Epizootien und Epidemien haben sie sich begegnet.
Die Erfahrung, dass der Milzbrand oft ausbricht nach demBeweiden der Stoppelweiden, welche die ausgefallenen kranken Körner enthalten, schien für eine nachtheilige Wirkung des Mutterkorns wohl zu sprechen. — Indessen Brugnoue**) und Hunnius***), die ihre Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand richteten, vermochten eine solche nachtheilige Wirkung des Mut­terkorns nicht nachzuweisen.
Sumpfländer.
Dass der Milzbrand Malarialändern eigen ist, und in seiner Verbreitung sich andern Malariakrankheiten eng anschliesst, wurde bereits im dritten Ab­schnitt nachgewiesen (s. S. 374).
Dass der Milzbrand das Eigenthum von Malarialändern ist, darin stimmen denn auch alle Beobachter, denen umfassendere Erfahrungen zu Gebote stan­den, überein. Ich will nur auf Chabert****) und Delafondf) verweisen. In Beziehung auf den menschlichen Milzbrandcarbunkel erklärt denn auch der erfahrene Wendroth: „Ferner entsteht der contagiöse Garbunkel am häufigsten in Niederungen und sumpfigen Gegenden, worin alle Beobachtungen fast übereinstimmen. In'höher gelegenen und bergigen Gegenden hört man höchst selten von dieser Krankheit. Alle mir zur Behandlung vorgekomme­nen Fälle dieser Krankheit fanden in hiesiger Stadt, oder in dem bei der Stadt nahe gelegenen Helmrieth statt, in welchem letzteren den Sommer
*) Im Jahre 1847 kam mir eine merkwürdige Beobachtung vor. In der Nähe meiner Wohnung fiiesst ein Mühlgrabeu, und jenseits desselben liegt ein grosses Ackerfeld. Dieses letztere war mit Roggen bestellt; während der BIttthe des letzteren wurde der Mühlgraben auf 14 Tage abgelassen und gefegt. Als der Roggen reifte, war das ganze Feld längs des Gra­bens mit Mutterkorn bedeckt, vom Rande einwä'rts wurde es immer sel­tener, und etwa 10 Schritte entfernt hörte es ganz auf! quot;) Instr. et Obs. vol. VI. p. 241. •*•) Diss. cit p. 55. ••••) Instr. et Obs. vol. I. p. 156. f) Pol. san. p. 452.
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über eine Menge stagnirender Gewisser in Sümpfen und Gräben stehen. Da­gegen habe ich in den ebenfalls nahe gelegenen Dörfern des Unterharzes (Sangerhausen liegt dicht am Abhänge des Unterharzes) nie einen Fall dieser Krankheit zur Behandlung bekommen, noch je ron einem solchen gehört, obschon ich häufig andre Kranke in dieser Gebirgsgegend ärztlich behandle.quot; *)
Es bleibt daher nur übrig zu untersuchen, ob es wirklich der Malaria­stoff ist, der die Krankheit erzengt.
Fauligtes, sumpfigtes Trinkwasser.
Ich habe mich an einem andern Ort bemüht, zu zeigen, dass, nach der Analogie der Wirkungen, der Malariastoff, der noch in dem Sumpfwasser ent­halten ist, gleich sein mnss dem, welcher in der Malarialuft enthalten ist.**)
So ist denn in der That behauptet worden, dass in Sibirien das Wasser mancher sehr fauligter Seen nicht allein durch Trinken, sondern selbst durch blosse Berührung die Jaswa, nicht allein bei Thieren, sondern selbst im Menschen erzeugt habe: „Man versicherte mir, dass, als sich vor einigen Jah­ren zwei Kosaken in dem Wasser des See Usakul gewaschen hätten, sie geschwollen und Brandbeulen bekommen hätten, die mit Mühe mit Salmiak und Schiespulver curirt worden. Im Jahre 1769 sey dem Kosaken Nikita Witischnikow, als er mit einem Stabe im Teiche rührte, Wasser in das Ge­sicht gespritzt, an diesen Stellen wären auch Brandbeulen entstanden, an
welchen er nach wenig Tagen gestorben.....Der Kauljankul in der
Kirgisischen Steppe, 149 Werst von Troizk, verursachte 1763, dass die Kir­gisen ihr Hornvieh, welches sie in demselben tränkten, verloren.quot; ***) Beob­achtungen, die ich selbst machte, und die ich im folgenden Abschnitt bei der Besprechung des primären Milzbrandes des Menschen erwähnen werde, könn­ten zur Bestätigung dieser Beobachtungen dienen; die Einwendungen, die ich mir dort werde machen müssen, werden aber auch hier gelten.
Dass durch das Trinken von Malariawasser im Menschen bössartige Wcch-selficber und Dysenterien entstehen, zeigte ich am angeführten Orte. Ich führte dort aber auch eine Beobachtung an, wo 40 Kinder Wasser aus einer Flachsröste tranken, alle bekamen die Bräune (Brandbräune?), nur 3 wurden gerettet, alle übrigen starben innerhalb 4 — 5 Tagen.****)
So hat man wiederholt das Wasser der Hanf- und Flachsrösten als Ursache des Milzbrandes angeklagt. So warnt z. B. eine Bekanntmachung der Mag­deburger Regierung aus dem Jahre 1828 vor diesem Wasser als Ursache des
•) A. a 0 S. 70.
**) Recberches de Pathalogie compar. vol. I. p. 414. ''**) Falk Beitr. zur topogr. Kenntnislaquo; d. Russ, Reichs. B. II. S. 5. ****) Reisen in ve rscb. Russ, Gouvernements. B. II. S. 201,
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Milzbrandes.*) Dasselbe thut die von Bidder rerfassle Bekanntmachung delaquo; Curländischeu Gouvernements.**) Der Thierarzt Schön gen will den Milz­brand zweimal, 1836 und 1837, auf den Genuss solchen Wassers haben ent­stehen sehen.***)
Zahlreich sind denn auch die Fälle, wo die Aerite die Ursache des Milzbrandes in sumpfigen Tränken suchten; man vergleiche im dritten Ab­schnitt: Sibirien, Ostpreussen, Äppulien, Frankreich u. s. w. So erklärt E. Yalli in der Wallache! bestimmt: „Die den Dalak veranlassende Ursache ist in den stehenden und verdorbenen Wassern zu suchen, mit denen der Hirt seine Heerden tränkt. Der Einfluss dieser Wasser äussert sich besonders auf die Milz, entweder wegen Mitleidenschaft der Magennerven, die zuerst damit in Berührung kommen, oder wegen unmittelbarer Einwirkung der schädlichen Bestandtheile dieser Wasser, wenn dieselben in die Säftemasse gelangenquot; *'**) u. s. w. Im südlichen Frankreich, wo man wohl die schädliche Wirkung der Sumpflachen beobachtet hat, hat der Aberglaube des Volks um Perpignan die Schädlichkeit in dem Wasser zu finden geglaubt, woraus Rebhühner ge­soffen habenf). — Der erfahrne Tscheuün bemerkt: „Lässt man die Thiere aus dem stehenden Sumpfwasser trinken, so ist dieses noch weit ge­fährlicher, entweder weil der Einfluss der Sumpfwasser besonders auf die Milz nachtheilig einwirkt, oder wegen der Mitleidenschaft der Magennerven, die zuerst damit in Berührung kommen, oder wegen unmittelbarer Einwirkung schädlicher Bestandtheile. In jedem Falle ist dieses Wasser als Getränk äusserst nachtheilig und als eine von den Hauptschädlichkeiten zum Milzbrande anzusehenquot; ff). — Baunscheidts Beispiel würde besonders merkwürdig sein, derselbe erzählt: „Das schlagendste Beispiel weiset eine Quelle in der sogenannten Hofwiese auf dem elterlichen Gute des Verfassers zu Baunscheidt bei Hagen in Westfalen nach. Diese unversiegbare Quelle, die eine solche Lage hat, dass sie Regen und Schneewasser mit sich vereinigt, theilt sich gleich nach ihrem Entstehen in zwei Arme, beide fast parallel gegen Mor­gen laufend. Der eine Arm, von einer Erlen- und Weisbuchenhecke dicht beschattet, ja umschlungen, gibt ein dem Ansehen und dem Geschmack nach überaus frisches, schönes, kühles, aber vergiftetes Wasser, wornach in wie­derholt erprobten Jahrgängen das damit getränkte Rindvieh fast durchgängig perlseuchig oder finnig, endlich (die besten Stücke) theilweise milzbrandig
•) Aschersieb euer Wochenblatt. 1828. St. 25. S. 188. ••) S. N. 230 •••) Rhein. San, Ber. 1837, S. 38. •equot;) A. a. 0. S, 138.
t) Faulet I. c. II, S. 200.
tf) Milzbrands. 1laquo;,
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wurde and rettungslos damals schnell fiel. (Es war dieses in den trocknen Sommern 1811, 1819 und zuletzt noch 1822). Der andre Quellenarm, den ganzen Tag sich im Sonnenlichte spiegelnd, liefert dagegen in trockenen Sommern ein Wasser der Erfrischung, Erquickung, zum Segen häuslicher Bedürfnisse, wie für den Viehstand. Manches Stück Vieh ist verloren vor-den, und nachher kein einziges mehr, ehe die Entdeckung gemacht wurdequot; *). Si fabula vera ist sehr zu bedauern, dass man keine nähern Untersuchungen angestellt. So wird denn auch diese Schädlichkeit von Chabert**) und Metzger*quot;*) anerkannt. Und in einzelnen Fällen wurde sie schon oft von Thieränten nachgewiesen ****). — Körb er, der die Wirkung dieses Einflusses zu beschränken sucht, hat das eigentlich Nachtheilige in dem Ma­lariawasser und in der Malarialuft verkannt, und einseitig nur hypothetische Gase, bei einer eben so einseitigen iatrochemischen Ansicht von dem Wesen des Milzbrandes im Auge gehabt; obgleich derselbe sonst sehr viel Gutes über die Eigenthümlichkeit der Milzbrandländer mittheilt. Ueber die Wir­kung der Tränken äussert er: „Eine mit weit mehr Wahrscheinlichkeit be­gründete Veranlassung des Milzbrandes scheint dagegen durch solches Trink­wasser, welches durch faulende Pflanzen- und Thierstoffe und die dadurch erzeugten Gase verunreinigt ist, gegeben zu werden. Denn Erfahrung und Theorie weisen nach, dass die fauligen und verwesenden Pflanzen- und Thier­stoffe einen nachtheiligen Einfluss auf die Gesundheit der Thiere und nament­lich die gesunde Beschaffenheit des Bluts ausüben. Wo daher solche ver­dorbene Tränken zum Stillen des Durstes der Thiere benutzt werden, dort mag hierdurch mitunter der Milzbrand zum Ausbruche kommen; obgleich ich auch anderseits vielfach solche Tränken habe benutzen sehen, ohne dass der Milzbrand Folge davon war. Wenn man nun aber auch solche Tränken als Veranlassung des Milzbrandes gelten lässt, so würde dadurch nur für jene wenigen Orte, wo derartige Tränken sich vorfinden, eine Veranlassung dieser Krankheit aufgefunden sein, für die bei weitem zahlreicheren Orte aber, wo der Milzbrand alljährlich herrscht und keine solche Tränken be­nutzt werden, die Ursache desselben nicht gegeben sein. Mithin muss also für die allgemeine Ausbreitung der Blutseuche in gewissen Gegenden noch eine andre Veranlassung bestehen. Diess stellt sich um so mehr heraus, wenn man die Erfahrung zu Rathe lieht, welche lehrt, dass selbst an jenen Orten,
*) Der Rind vi ehmilzb rand. S. 9.
'•) L. c. p. 156. 'quot;) Krankheiten d. Hausthiere S. 35. ••••) Rhein. San. B. 1835. S. 41. — 1889. S. 21. — 1843. S. 29. — Boizot und Renault s. o. S. — Wagner 1756. in Baireütb. Fracnk. Sammlung. II. S, 108,
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wo solche Tränken als Ursache des Milzbrands angesehen werden, durch das Aufgeben solcher Tränken nur selten der Ausbruch des Milzbrands verhütet wird #9830;)•
Ganz gewiss die einzige Ursache sind sie nicht, auch nicht die allge­meinste, die man aber eben so wenig mit Körber in den Futterstoffen suchen kann.
Malaria.
Den Werth, den ich auf diesen Einfluss legen zu müssen glaube, habe ich bereits in früheren Abschnitten hervorzuheben gesucht. — So habe ich im zweiten Abschnitt nicht allein auf das gleichzeitige Herrschen andrer Ma­lariaseuchen im Allgemeinen aufmerksam gemacht (S. 197}, sondern auch in einzelnen Epizootien diesen Einfluss besonders als wirksam dargestellt (s. z. B. 1834 Curland, 1835 Ostpreussen, 1836 Brandenburg u. s. w.). — Ebenso habe ich die unrerkenbare Wirkung der Malaria in den ver-breitetsten Enzootien im dritten Abschnitte vorzüglich hervorgehoben (8374) und in Beziehung auf einzelne vergleiche man Sibirien, Russland, Fries­land, Saargegend, Frankreich, Ungarn u. s. w.). — Endlich habe ich eben erst die Wirkung der Malaria im Trinkwasser, im Thau erwähnt, und den Einfluss des Bodens, der Hitze, Ueberschwemmungen, nur auf Malariabildung zurückzuführen gesucht. — An einem andern Orte habe ich bereits auf die Verwandtschaften der verschiedenen Malariakrankheiten, und unter diesen des Milzbrandes, aufmerksam zu machen gesucht **); ich werde im letzten Ab­schnitte darauf zurükkommen müssen.
Ein zwar Hypothesen liebender, aber geistreicher und oft glücklich tref­fender Patholog, Hopf, hat bereits in N. 146 ähnliche Ansichten geäussert, und, freilich wohl etwas zu weit gehend, auch später wiederholt, indem er in Beziehung auf das Sumpfmiasma erklärt: „In meiner Abhandlung über die sogenannte schwarze Blatternkrankheit, Wechselfieber, Ruhr u. s. w. veran-lassten mich sowohl theoretische als Erfahrungsgründe, die Bemerkung vor­zulegen, dass Leberentzündungen, Anthrax, das gelbe Fieber, das ungarische Fieber, Wechselfieber, die ächte Ruhr, Faulfieber, pestartige Krankheiten u. s. w., welche nur zur heissen Jahreszeit an sumpfigen Orten entstehen, aetiologisch in genauer Verbindung zu stehen scheinen, und vom einfachen Wechselfieber an bis zum bösartigsten, von der einfachsten Hautentzündung an bis zur schwarzen Blatter, nur eine Stufenleiter 'stattfinde, deren verschiedene Stufen und Formen theils durch die Intensität des Giftes, die gröstentheils durch das Clima bestimmt werde, theils durch die Reizempfänglichkeit der
•) Hagaz. f. d. Thierbeilk. B. XIY. S. 166.
lt;quot;) Hecherches de Pathologie compar6e. Vol. I. p- 430. etc.
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Individuen sich bildenquot;') u. s. w. — Metaxa (N. 293. bis 296.) ging in gleichen Ansichten noch weiter. Beide haben aber unzweifelhaft Recht, indem sie die wesentliche Ursache des Milzbrandes im Sumpfmiasma suchten. Die mehrsten Schriftsteller heben diesen Einfluss nicht genug hervor, obgleich ihn viele der erfahrensten sehr wohl bezeichnen. So wird er voll­kommen anerkannt von Audoin deChaignebrun (N. 23). Schon nicht ganz so bestimmt, und wieder auf der andern Seite zu ausschliesslich, von Greve: „Ich sah diese Krankheit immer nur bei solchem Vieh entstehen, das auf niedrigen, tiefen und sumpfigen Weiden, ohne Schatten und frisches Was­ser, grasete, und immer nur im Sommer bei lang anhaltender Dürre und grosser Hitzequot;**). — Ziemlich bestimmt sagt Franque: „Nach allen Er­fahrungen sind Sümpfe, Ueberschwemmungen und lang anhaltende Hitze, oder vielmehr die Ausdünstungen, welche sich in sumpfigen oder in über­schwemmt gewesenen Gegenden bei lang andauernder heisser Witterung ent­wickeln, so wie ein plötzlicher Temperaturwechsel die Hauptquelle des Milz­brandesquot; ***). — Schon Thomassin, wie später Regnier****) sprechen sich auch ziemlich bestimmt aus. - Etwas vager Bidder: „Plötzlich ein­tretende und lange anhaltende Dürre disponiren zu dieser Seuche, besonders nach vorhergegangener Ueberschwemmung der Weiden; wird das Vieh unter solchen Umständen auf schlechte, sumpfige Weiden, oder auf dürre alles Schattens entbehrende Weiden getrieben, und fehlt es an reichlichem guten Trinkwasser, wird es bei heisser und schwüler Witterung stark angestrengt, läuft es in starker Hitze zu entfernten Tränken, so entsteht die Seuche leicht f) — Doch wenigstens auch besser als die mehrsten, Gott weiss was für ein Heer von Ursachen aufzählenden, Schriftsteller erklärt Hurtrel d'Arboval: „Es scheint, dass Nebel und stinkende Feuchtigkeit, die Emana­tionen von Ahzugscanälen, Abdeckereien und andernInfectionsheerden, der längere Aufenthalt an niedrigen und feuchten Orten, unter den Exhalationen von infaulig-ter Zersetzung begriffenen thierischen und vegetabilischen Stoffen, besonders während der Hitze des Sommers, und die Sumpfländer, wo die Thiere die kalten Nächte, welche auf sehr heisse Tage folgen, im Freien zubringen, die Ursachen sind, welche die Entwickelung des primären Milzbrands be­günstigenquot; •[quot;•}•). Um so mehr muss man sich wundern, dass er an einer andern Stelle den gewöhnlich aufgezählten Ursachen so viel nachgibt: „Die
*) Henke Zeitschr. f. St. B. 11. S. 174. ••) A. a. O. I. S. 40. •••) A. a. O. S. 107. ••••) L. c. p. 10. 28. 81.
f) Henke Zeitschr. E. H. XIII. S. 249. ft) Dictionoaire de Mraquo;d. vet. art. Cliarbon. Vol. I. p. 410.
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Krankheit kann von einer Menge, gewöhnlich dunkel bleibender, Ursachen herrühren. Die einen beschuldigen den Biss giftiger Thiere, giftige Pflanzen der Weiden, andre grosse Trockenheit nach starkem Regenwetter, Nebel, Ueberschwemmungen, Ausdünstungen von Sümpfen und sumpfigtem Land, noch andre das Trinken des schlammigten und stehenden Wassers der Sümpfe, die anorganischen Bestandtheile des Wassers der Schöpfbrunnen, ferner ver­schlammtes, schlecht geerntetes, überschwemmt gewesenes, mit Rost oder Insec-ten bedecktes Futter, oder solches, welches von niedrigen, feuchten, sumpfigten Ländern herrührt, oder viele Ranunkeln, Seggen oder andre ungesunde Pflanzen enthält; oder auch das Füttern von neuem, verdorbenen Heu, gegypsten Hafer, Kleie und Reste von gegohrenem Getreide, wie das von Brandwein­brennereien und Bierbrauereien; das Füttern von reinem unvermischten Klee, und endlich eine Menge von ähnlichen Umständen, deren Aufzählung zu lang sein würdequot;*).
Entscheidender klingen die Aussprüche mancher andern Thierärzte. Tog-gia, der in einem grossen Malarialande lebte, sagt: „Es ist durch die Erfahrung bewiesen, dass die typhösen und Anthras-Fieber gewissen Ländern eigenthüm-lich sind; die Natur des Bodens, die Temperatur des Climas, die Qualität der Nahrungsmittel, deraquo; Wassers oder der Luft, die Art der Arbeiten u. s. w. erzeugen diese Krankheiten in bestimmten Jahreszeiten. In den Reissfeldern, in feuchten so wie auch in trocknen Ländern, in denen das [ Wasser selten ist, vereinigen sich alle die genannten Einflüsse und in ihnen sind diese Fieber endemisch. Die Provinzen Vercelli, Novara, Casale, Alessandria, sind diejenigen, in welchen jedes Jahr, zu gewissen Zeiten, diese Krankheiten vorkommen, und wo ich sie im Verlaufe von 22 Jahren zu beobachten Ge­legenheit hatte.quot; Er führt nun eine Anzahl von Beobachtungen an, darunter die folgende: „In einem Bauernhofe der Gemeinde Trino kam jedes Jahr das Milzbrandfieber, im Anfange des Monats September, unter den einjährigen Kälbern vor, und viele starben daran. Hingerufen, um diese enzootische Krankheit zn beseitigen, fand ich, bei der Aufsuchung der Ursachen, dass nahe unter den Fenstern des Stalls, die gegen Südosten lagen, sich mehrere Reservoirs befanden, die zum Rösten des Hanfs dienten. Abends bei Sonnen­untergang verbreiteten die fauligten Ausdünstungen derselben einen bedeuten­den Geruch im Stalle. Auf meinen Rath unterdrückte der Eigenlhümer auf der Stelle diese Reservoirs, und ich hatte die Genugthuung zu sehen, dass die Kälber dieses Stalls in der Folge nicht mehr von dieser oder ähnlichen Krankheiten befallen wurdenquot; **). — L array glaubt sogar, wahrscheinlich doch wohl etwas voreilig?, die Menschen wären augenblicklich von der Sumpf-
0) Ibidem. Article: Typhus cbarbonneus. Vol. Tl. p. 218. ••) Storiadclle Maladie de' buoi. Vol. I. p. 3raquo;4.
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luft mit dem Cartnnkel inficfrt worden: „Wir hatten im Militirlazareth zu Toulon 12 Kranke der Art, fast zu einer und derselben Zeit, in der Mitte des Mai. Auf häufigen Regen folgte eine sehr grosse Hitze; in allen Vertief­ungen und Gräben um Toulon herum fanden sich Mollusken, kriechende Thiere. Da diese Orte sich am ersten mit dem Grün des Frühlings schmücken, so gehen Soldaten und Einwohner hier am liebsten spazieren. Alle, die Tom Carbunkel befallen wurden, sagten, ein Tbier habe sie gestochen, wie sie sich eben auf dag junge Gras gesetzt hätten; ohne Zweifel hatten sie aber nur verdorbenes Gas eingeathmet. Dieser Keim der Ansteckung charakterisirt das Endemische des bösartigen Carbunkels in der Provence und andrer ihr im Clima ähnlicher Gegendenquot;*). — Auch Haartmann nennt die faulig­ten Ausdünstungen bereits als Ursachen dieser Krankheiten, in Finnland. — Eben so hält Wendroth (a. a. 0. S. 71) die Sumpfausdünstungen für die Ursache des Milzbrandes. — Winkler schreibt im Jahr 1831 aus Schlesien: „Auf den Gesundheitszustand derjenigen Hausthiere, welche auf im Frühjahre überschwemmt gewesenen und verschlammten Hutungen weideten, schien die an­haltend heisse Witterung durch Vertrocknen der Lachen und Sümpfe, durch Er­regung schädlicher Ausdünstungen aus diesen und durch Yerderbniss des Trink­wassers sehr nachtheilig einzuwirken. Rindviehheerden, welche diesen Schäd­lichkeilen ausgesetzt waren, wurden vom Milzbrande ergriffen, die Schweine hatten die Anthraxbräune zu überstehen, und unter dem Vederviehe, nament­lich den Gänsen und Enten, zeigte sich sehr häufig das Lahmen. Der Milz­brand wurde in den Rindviehheerden durch Einathmung einer mit Chlorgas leicht geschwängerten Luft schnell unterdrücktquot; '*). — Im Allgemeinen richtig, doch mit unstatthafter Annahme über das Wesen der Snmpfausdün-stungen, erklärt Delafond: „Die Schafe bekommen die Carkunkelkrankheit, wenn sie während der Hitze des Juli und August auf Wiesen, die in der Nähe von Sümpfen, Teichen, stagnirenden Wassern, Wasserlachen oder Ab­zugsgräben liegen, oder die im April, Mai oder Juni durch das Austreten der Flüsse oder Ströme überschwemmt worden sind, grasen und hei Tag und Nacht sich daselbst aufhalten. Die stagnirenden Gewässer verbreiten einen verpesteten Geruch, sind grösstentheils trübe, ekelhaft, und haben einen salzigen und widerlichen Geschmack. Ihre Analyse zeigt, dass sie Auf­lösungen salziger Substanzen und vorzüglich eine animalische, leicht in Fäul-niss übergehende Materie enthalten. Diese Gewässer veranlassen daher, in­dem sie durch die Hitze im Sommer sich verflüchtigen und in diesem Zu­stande in der Luft die Elemente verfaulter Stoffe enthalten, die Entstehung von verpesteten Dünsten, welche unter dem Namen fauligte oder septische Ausdünstungen bekannt sind. Dem Schlamme, der den Grund der Sümpfe und
*) Denkwürdigkeiten B. I. S. 35. o*) Rust Magaz. B. XXXVII. S. 579.
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der überschwemmten Orte bildet, entsteigen Luftarten, die dem Lebens-process schädlich sind, wie Stickstoff, Kohlenwasserstoff u. d^I., und diese ver­einigen ihre gefährlichen Wirkungen mit denen von jenen Ausdünstungen. Diese Dünste und Gase entwickeln sich um so übermässiger, je mehr die stag-nirenden Gewässer in concentrirtem Zustande sich befinden, und der Schlamm oder schlammige Satz von der grossen Sommerhitze auszutrocknen beginnt. Die an solchen Orten von diesen fauligten Dünsten geschwängerte Luft weht die letzten mit fort, verbreitet sie in den Umgegenden, und die Thiere, ebenso die Menschen, welche diese schädliche Luft einathmen, verfallen da­von in faulige oder typhöse Krankheiten. Während der Hitze des Tages steigen diese Dünste, welche leichter sind als die Luft, in die oberen Regi­onen der Athmoshpärc, und in Folge dessen ist nun das Einathmen der Luft in den Sumpfgegenden minder gefährlich; aber in der Nacht nähern diese schädlichen Dünste sich der Oberfläche des Bodens durch das Erkalten der Erde, und bilden dicke stinkende Nebel, deren Einathmung sehr gefährlich ist. Der durch ihre Condensirung in Wasser entstehende Thau, der die Pflanzen bedeckt, enthält vorzüglich eine grosse Menge dieser fauligen Elemente. Daher werden die Schafe, welche Tag und Nacht die septischen Dünste ein­athmen und die mit dem dieselben enthaltenden Thau bedeckten Pflanzen ab­fressen, in der That recht bald miasmatisch vergiftet, und hieraus können dann die typhösen und die ;Carbunkelkrankheiten entstehenquot;*). — Stah­mann sagt: „Unfehlbar ist es eine Sumpfkrankheit, kommt in heisser Jahreszeit, wenn anhaltende Dürre mit schwülen und wieder kalten Tagen wechselt, vor, und besonders in Bruchgegenden, die im Frühjahr überschwemmt worden sind, und verdorbenes, mit Mehl und Honigthau verunreinigtes Futter mit Mangel an reinem Wasser liefernquot; **'). Vorzüglich nennt er die Bode.
Manche Aerzte, die die grosse Bedeutung der Malaria bei Erzeugung des Milzbrandes verkennen, haben keine genügende Kenntniss ihrer Quellen, und sind oft in unerwiesenen Hypothesen von ihrem Wesen befangen. Ma­laria kann in Menge vom Erdboden geliefert werden, ohne dass ein ein­ziger offener Sumpf vorhanden ist, ferner vollkommen malariafreie Länder können sie aus meilenweiter Entfernung zugeführt erhalten. Dass Gase das wirksame Agens in der Malaria sein sollten, ist eine unerwiesene Hypo­these. — So sagt Gerlach: „Ich bin mit mir im Zweifel gewesen, ob ich das Sumpfmiasma unter den vorbereitenden oder hier unter den veranlassenden Ursachen anführen sollte. Da es aber fast von allen Thierärzten, die über Anthrax geschrieben haben, als wirklich veranlassende Ursache betrachtet wird, und ich selbst darüber keine Erfahrungen habe, weil es bei uns keine Sümpfe
deg;) Blutseuche S. *') A. h. 0. S. 59.
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gibt, so habe ich es denn auch hier zu den veranlassenden Ursachen gezählt. Die Sumpfluft besteht vorzüglich aus Kohlenwasserstoffgass, Wasserdünsten und organischen, meist stickstoffhaltigen Materien, die sehr schnell in Fäul-niss übergehen und wohl selbst schon bei ihrer Verflüchtigung in Fäulniss begriffen sind. Diese so beschaffene Ausdünstung wird von den Schafen, die auf sumpfigem Boden oder in dessen Nähe weiden und ihr Getränk aufsuchen, eingeathmet, und wirkt schon dadurch schädlich, dass sie gesunde, mit der normalen Quantität Sauerstoff versehene Luft verdrängt, und das Blut in den Lungen nicht so viel Sauerstoff empfängt, als zu seiner Ent­kohlung, zu seiner vollständigen Restauration nöthig ist, wodurch es eine venöse Beschaffenheit bekömmt; bei Zunahme solcher venösen Beschaffenheit des Blutes versinkt das Gasammtnervensystem in Torpor; daher sehen wir denn auch, dass in einer sumpfigen Gegend alle Krankheiten sehr leicht einen typhösen Charakter annehmen und mehr oder weniger zur Dissolution neigen. Ob nun auch die Effluvien organischen Ursprungs in den Lungen an das Blut theilweise abgegeben und von letzterem aufgenommen werden, und wirklicher Milzbrand zu Stande kommt, darüber kann ich nicht entscheiden und muss es dahin gestellt sein lassen.quot;*) Körber meint: „Dasselbe, was über heisse verdorbene Stallluft gesagt worden ist, gilt auch in ziemlich gleicher Art von der Sumpfluft; die Einathmung dieser Luft zieht ebenfalls eine typhöse Blutbeschaffenheit nach sich und mag auch dort, wo sie in reichlichem Maasse eingeathmet wird, den Ausbruch des Milzbrands bewirken. Der auf diese Art zum Ausbruch kommende Milzbrand ist aber im Vergleiche mit den Milz­brandausbrüchen überhaupt, in hiesiger Gegend wenigstens, ungewöhnlich selten : indem der Milzbrand hier gerade ungewöhnlich verderblich in solchen Gegenden herrscht, wo keine Sümpfe sich vorfinden, also auch wenigstens aus Sümpfen sich entwickelnde Sumpfluft nicht vorkömmt. Wenn man aber auch einräumt, was übrigens noch eines nähern Beweises bedarf, dass heisse, durch mephitische Dünste verunreinigte Stallluft und die den Sümpfen ent­steigende Sumpfluft wahre Ursachen des Milzbrandes sind, so sind dadurch für die zahlreichsten Ausbrüche des Milzbrandes, wo diese Verhältnisse nicht einwirken können, die Ursachen dieser Krankheit noch nicht aufgeheilt. **) Die Widersprüche, welche Haupt in Sibirien findet,***) würden auch wohl bei einer genaueren und kundigen Untersuchung .verschwinden. Uebrigens führt er selbst Belege genug an, welche beweisen, dass auch dort die Krank­heit den Malariagegenden eigen ist, wie von vielen andern auch geschehen ist.
•) A. a. 0. XI. S. 28laquo;. ••) A. a. 0. B. XIV. S. 161. •••) A. a. 0. S. 157.
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Resultate.
Was zuerst die Anlage der verschiedenen Thiergattungen zürn primä­ren Milzbrande betrifft, so habe ich auf den folgenden Abschnitt verwiesen.
Die Beobachtung, dass so oft nur einzelne Thiere erkranken, während doch allgemeine Einflüsse als Schädlichkeiten angenommen werden, kann nicht als ein Grund gegen die Annahme dieser Schädlichkeit geltend gemacht wer­den, weil ähnliche Beschränkungen der Anlage auch in andern Krankheiten (Wechselfieber, Ruhr u. s. w.) oft vorkommen, und weil ganz dieselben Er­scheinungen bei dem doch nimmer zu läugncuden Coutagium wiederkehren.
Sehr viele Zustände, die als besondere Anlagen zum Milzbrande ange­führt werden (Erkältungen, Ueberarbeiten, Diätfehler u. dgl.), sind nicht als solche anzuerkennen; sondern nur als allgemeine, indem sie die Empfänglich­keit für jede andere Krankheit eben so erhöhen, wie für den Milzbrand. Wohl aber werden wir im folgenden Abschnitte sehen, dass zufällige Ver­letzungen, sporadische und epizootisch herrschende Krankheiten oft bestimmend auf die Form des entstehenden Milzbrandes wirken. Dagegen:
1.nbsp; nbsp; Ist nicht zu leugnen, dass im Allgemeinen die stärksten, kräftigsten, best genährten Individuen die mehrste Anlage zum Milzbrand haben. Ohne sehr gewagte Hypothesen wird die Erscheinung nicht zu erklären sein.
2.nbsp; nbsp; Es ist sehr wahrscheinlich, dass manche Zustände der athmosphäri-schen Elektrizität, vorzüglich vorwaltende negativ-elektrische Spannung, die Anlage zum Milzbrand sehr erhöhen. Die Erscheinung dürfte aus den bekannten Wirkungen solcher elektrischer Zustände wohl zu erklären sein.
3.nbsp; nbsp; Eben so ist es wahrscheinlich, dass höhere und längere Zeit anhal­tende Hitzgrade die Anlage zum Milzbrande steigern. Auch hier dürfte die Erklärung aus den bekannten Wirkungen der Wärme zu geben sein.
Eine Menge von Schädlichkeiten, die den Milzbrand erzeugen sollen; sind nicht als solche anzuerkennen; aber
1. Es ist keinem Zweifel unterworfen, dass die allgemeinste und wesent­lichste Schädlichkeit, welche den Milzbrand erzeugt, in dem Malariastoffe besteht (der uns seinem Wesen nach noch unbekannt ist), und zwar wirkt dieser
a.nbsp; nbsp;wie er in der Luft, in der Malaria selbst enthalten ist. Hier muss er durch die Lungen, vielleicht auch durch die Haut aufgenommen werden.
b.nbsp; wie er im Trinkwasser enthalten ist, und also durch Mund und Ma­gen aufgenommen wird.
c.nbsp; nbsp;wie er in Thau und Nebel niedergeschlagen wird, und durch Mund und Haut aufgenommen wird.
Es muss uns dieses nothwendig darauf führen (im letzten Abschnitte) den
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Milzbrand mit andern Krankheiten zu vergleichen, welche ebenfalls durch Malaria erzeugt werden.
2. Es steht aber durch vielfache Erfahrungen fest, dass auch Schimmel und parasitische Filzbildungen auf den Nahrungsstoffen der Thiere den Milzbrand nicht selten erzeugen.
Dass nun diese Fflanzenkrankheiten, die so oft selbst Produkte der Mala­ria sind, eben so wirken wie die letztere, ist ohne Zweifel eine sehr merk­würdige Erscheinung!
Ob sich jemals primärer Milzbrand erzeugt, ohne dass sich zugleich ein Ansteckungsstoff entwickelt, ist sehr zweifelhaft; nach den vorliegen­den Erfahrungen ist jeder Milzbrand, und so auch der ursprüngliche durch miasmatische Infection entstandene, contagiös.
Das Wesen des Ansteckungsstoffes ist uns noch so unbekannt, wie das eines jeden andern; wir besitzen aber noch nicht einmal nähere Untersuchungen über seine Träger. In Beziehung auf seine Eigenschaften wissen wir:
a.nbsp; nbsp; nbsp;Er scheint in vielen Fällen vollkommen fix, die Ansteckung erfolgt nur durch unmittelbare Berührung seiner Träger. Allein viele Erfahrungen lassen nicht zweifeln, dass er auch flüchtig werden kann und sich durch die Athmosphäre verbreitet.
b.nbsp; nbsp; nbsp;Seine Lebenstenacität ist die grösste, er steht darin wohl keinem andern nach, er trotzt selbst Jahre lang den Einflüssen der Witterung, zeigt sich unzerstörbar durch die Hitze, selbst oft des Kochens, und die Kälte, die Verwesung u. s. w.
Seine Absonderung erfolgt in allen Theilen des Organismus, vorzugs­weise in gewissen neugebildeten Absonderungsorganen, im Blute, vielleicht in Milz und Leber; zuweilen, wie es scheint, besonders in der Milch.
d.nbsp; nbsp; nbsp;Die Empfänglichkeit für ihn ist die allgemeinste, die wir kennen; Menschen, alle Sängethiere und Vögel - Gattungen, die mit ihm in Berührung gekommen sind, haben Anlagen gezeigt, ja nicht ohne Grund hat man selbst Fischen und wirbellosen Thieren Anlage zu dem Milzbrande durch Contagion zugeschrieben.
e.nbsp; nbsp; Den vorliegenden Erfahrungen gemäss wird die Anlage nicht wesent­lich beschränkt durch eine Menge von Zuständen, die auf andre Contagien wohl einen solchen beschränkenden Einflnss äussern; Alter, Geschlecht, Con­stitution u. s. w. machen keinen Unterschied in der Ansteckungsfähigkeit, die Schwangerschaft erhöht vielleicht die Anlage.
f. Trotz dieser Allgemeinheit der Anlage nach den gewöhnlichen Lebensver­hältnissen und Classen der Organismen, hat doch die individuelle Anlage einen Ein-fluss wie bei wenigen andern Contagien. Wohl gibt es Fälle, in welchen fast alle Individuen angesteckt wurden; diese sind aber selten und wahrscheinlich aus einer besondern Energie des Contagiums zu erklären. Viel allgemeiner sind die Fälle, vo von den Individuen, die sich der Ansteckung aiuaetzten, kaum das zwan-
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/.igste und selbst hundertste wirklich angesteckt wurde. Die Hauptbedingun-gen der Infection scheinen hier folgende zu sein.
a. Die epizootische oder epidemische Anlage. Je ausgebildeter die epidemische Constitution ist, als Milzbrandconstitution, desto leichter und häu-figer erfolgen auch die Infectionen, während zu andern Zeiten auch bei Vor­handensein des Contagiums, bei sporadischem Milzbrande u. s. w. die Conta-gionen viel schwerer erfolgen. Entweder wirken hier die vorhandenen prae-disponirenden Einflüsse, Electrizität, Hitze u. s. w. begünstigend ein, oder auch der gleichzeitig vorhandene Malariastoff befördert die Infection.
ß. Wie ich schon früher erwähnte, hat ohne Zweifel die endemische oder enzootische Anlage einen grossen Eiufluss; ausserhalb der Milzbranddistricte sind, auch bei oft vorhandenem Ansteckungsstoffe, die Ansteckungen viel sel­tener, als in den Milzbranddistrikten. Jedoch werden in den Milzbranddistrik­ten die nicht aeclimatisirten Thicre leichter ergriffen, als die aeclimatisirten.
y. Es dürfte nicht zu verkennen sein, dass manche bereits vorhandene Krankheiten, besonders der Haut, der Schleimhäute und Verletzungen, auch die unbedeutendsten, wie Insectenstiche, Kitzungen durch Dornen, Stacheln u. dgl. die Ansteckung wesentlich begünstigen.
Die Aufnahme des Contagiums erfolgt:
a.nbsp; nbsp; Am häufigsten wohl durch die äussere Haut, besonders wenn deren Ober­haut auf irgend eine Art verletzt oder entfernt ist. Indessen scheinen wenig­stens einige Erfahrungen dafür zu sprechen, dass sie auch durch die unver­letzte Oberhaut erfolgen könne, was indessen immer schwer streng zu beweisen sein wird.
b.nbsp; nbsp; Leicht durch die Schleimhäute des Auges und der Genitalien, wie angeführte Erfahrungen beweisen.
c.nbsp; nbsp; Durch die Verdauungsschleimhaut, offenbar wohl am leichtesten durch die der Maulhöhle; allein die Erscheinungen sprechen dafür, dass es auch durch diejenige der tiefern Organe geschehen kann.
d.nbsp; nbsp; Höchst wahrscheinlich auch durch die Respirationsorgane.
Das Incubationsstadium hat zwar nach den mitgethcilten Beobach­tungen eine sehr verschiedene Dauer, im Allgemeinen aber ist es kurz, und es gibt viele Fälle von einer Kürze desselben, wie sie kaum in irgend einer andern contagiösen Krankheit beobachtet worden ist, indem die Krankheit in dem Momente der Infection begann.
Gewöhnlich beginnt die Krankheit in dem Aufnahme organ, wo die Berührung des Contagiums erfolgt ist. Ist dieses nun die äussere Haut, so kann die Krankheit längere Zeit als rein lokale (wie es eine solche geben kann) erscheinen und sich später erst auf den Gesammtorganismus verbreiten. — Dasselbe kann indessen auch sehr früh bei Infection durch die Haut geschehen, wie es in der Regel der Fall ist bei Infectionen durch die Ver-dauungs- oder Respirationsorgane. — In allen Fällen können aber auch die
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localen Ersheinungen ganz fehlen, und die Krankheit kann sogleich als all­gemeine auftreten.
Bei der Fortpflanzung des Milzbrands durch Contagium, ist die Form, die in dem inficirten Organismus auftritt, oft yerschieden von der, an welcher der inficirende leidet; oft findet aber auch Uebereinstimmung in demsel­ben Statt; ja manche Formen pflanzen sich constant durch ganze Epizootien, selbst unter rerschiedenartigen Thieren fort; davon geben uns der Zungenanthrax, die Milzbräune vorzüglich Beispiele; dasselbe kommt indessen auch beim Lungenbrand., der Milzbrandmauke, dem Augenanthrax u. s. w. wenigstens unter gleichartigen Thieren vor.
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hetulnger, Mlhbrand.
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Fünfter Abschnitt.
Ton den Terscliicdenen formen des If lilinfiraads.
Der Milzbrand, natürlicher Weise, da wir den Namen als einen gene-rischen gebrauchen, seinem Wesen nach eine und dieselbe Krankheit, äussert sich doch unter so verschiedenen Formen, dass diese nicht selten unter ver­schiedenen Namen als eben so verschiedene Krankheiten angesprochen wor­den sind, ja zuweilen auch jetzt noch angesprochen werden. Wir wollen: 1) Die überhaupt vorkommenden Formen im Allgemeinen aufzählen. 2) Nach den Thierarten die bei einer jeden derselben beobachteten Formen unter­suchen.
t) Beobaektete Formen des Milzbrands Im Allsemelnen.
Da ich im Folgenden die in den einzelnen Thierarten häufiger vorkom­menden Formen ausführlich, und so viel möglich mit den Worten der er­fahrendsten Beobachter gegeben habe, so kann ich in Beziehung auf diese hier kurz seyn, um nur eine allgemeine Uebersicht zu geben.
Man kann in diesen l'ormcn vier Hauptgmppen unterscheiden, die freilich durch Uebergangsformen in einander übergehen, doch wie mir scheint für die Auffassung des Wesens der Krankheit nicht ohne Bedeutung sind:
A)nbsp; Die allgemeinen Formen, d. h. solche in denen sich eine Localisirung der Krankheit auf einzelne Organe nicht mit Sicherheit nachweisen lässt, wenn auch einige in der Regel mehr afficirt sind; dahin gehören 1) Der Milzbrandschlag, Milzbrandapoplexie; 2) Die Milzbrandwuth; 3) Das Milzbrandfieber. Die letztere Form ist nicht durch scharfe Gren­zen von der folgenden geschieden.
B)nbsp; Formen, bei welchen sich der Krankheitsprocess auf innere Organe localisirt. Wenn man hier Milz und Leber als Organe, die auch in den allgemeinen Formen in der Regel nicht frei bleiben und in allen andern gewöhnlich mit leiden, ausnimmt, so kann man folgende Formen unter-laquo;cheiden: a) Die Ablagerungen finden in die Zellstoffzüge, besonders um die
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lymphatischen Drusen und um die serösen Haute Statt; die Krankheit ist dann von dem Hilibrandfieber nicht zu unterscheiden. L) Die Ablagerungen finden (primär oder secundär) in oder um die Verdaunngsschleimhaut Statt, es gehören dahin: 1) Der Maul- und namentlich Gaumen - Anthrax; 2) Der Zunge n-An thrax; 3) Die Milzbrandbräune; 4) Der Darm-Anthrax, das Blutmisten; ö) Der Mastdarm-Anthrax. c) Das Leiden concentrirt sich in den Respirationsorganen: 1) Der Nasen-An­thrax; 2) Der Lungenbrand, Lungenmilzbrand, d)In den Geschlechts­organen: 1) Gebärmutterbrand, e) In den Harmrerkzengen: 1) Milz­brandblutharne n. f) Auf der Gränze von Innern und äussern Formen: Der Augen-Anthrax.
C)nbsp; Formen mit äussern Carbunkeln. Der Begriff von aussen und innen ist in Beziehung auf den Organismus freilich ein sehr relativer, alle Organe sind drinnen, daher man auch bei manchen Formen zweifelhaft seyn könnte, ob man sie zu den Innern oder zu den äussern rechnen soll; allein in Be­ziehung auf Diagnose und Verlauf sind die Hautcarbunkeln von grosser Be­deutung. Der Form der Carbunkeln nach unterscheiden wir: 1) Die reine Brandform; 2) Die Quaddel- oder Knoten-Form; 8) Die ödematöse und scirrhöse Form; 4) Die Rothlaufform; 5) Die Blasen-Form; 6) Die einfache Brandpustel; 7) Die zeiligte Brandpnstel. — Die Körperstellen, an welchen die Carbunkeln vorkommen, sind von grosser Bedeutung für den Verlauf und Ausgang der Krankheit, selbst in mancher Beziehung für das Wesen derselben. In dieser Beziehung kann man unter­scheiden: 1) Kopf-Anthrax; 2) Hals-Anthrax; 3) Brust-Anthrax; 4) Rficken-Anthrax; öjLeisten- und Schenkel-Anthrax; 6) Bauch-Anthrax; 7) Gemächt-Anthrax.
D)nbsp; Complicirte Formen. Der Milzbrand complicirt nicht selten vorhan­dene Verletzungen und Krankheiten; bekannte Complicationen dieser Art sind: 1) Neu aufgesetzte Geweihe, Haarseilwnnden, Impfwunden; 2) Maul­seuche; 3) Klauenseuche; 4) Mauke; 5) Katarrh; 6) Influenza; 7) Rotz; 8) Lungenkrankheiten; 9) Rothlauf; 10) Rheumatismus; 11) Blutharnen; 12) Rinderpest.
A. Allgemeine Formen.
Der primäre, selbstständig, ohne Contagium entwickelte Milzbrand er­scheint gewöhnlich in diesen Formen; dieses schliesst aber nicht aus, dass sich dieselben Formen auch in Folge von Contagion entwickeln können.
1) Milzbrandschlag.
Vorläufer fehlen gänzlich (die zuweilen angegebenen sind äusserst rag und ansicher), ja in der Regel werden gerade die allergeiundesten, munter*
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steh und bestgenährtesten Thiere ganz unerwartet, oft vor dem Pfluge, am Wagen, während des eifrigsten Fressens und Weidens befallen.
Beim acutesten Verlaufe starrt das bis jetzt ganz gesunde Thier plötz­lich ror sich hin, schaudert oder zittert, athmct krampfhaft, bekömmt auch wohl ConTulsionen, und stürzt todt nieder, wobei gewöhnlich schaumiges Blnt aus Maul und Nase, oder After, oder Genitalien, oder aus allen diesen Organen hervorstfirzt. Die ganze Krankheit dauert hier oft nur wenige Minuten, oder nur eine Viertelstunde.
Dauert die Krankheit etwas länger, bis 2 auch 4 oder 6 Stunden, so scheinen die Thiere wieder zu sich zu kommen, die bereits erkalteten Ohren, Hörnern, s. w. werden wieder heiss (oft um bald wieder zu erkalten), aber die Augen und die sichtbaren Schleimhäute werden bläulichroth oder blau, das Thier wankt und wakelt oder kann gar nicht gehen, der Puls sehr häufig und klein verschwindet oft ganz, während der Herzschlag sehr stark und heftig oder aber auch sehr klein ist; bald tritt der erste Anfall wieder ein und endigt die Scene, oder aber das Thier erholt sich noch einmal und ein dritter An­fall führt erst zum Tode.
Wenigstens gewöhnlich tritt keine Leichenstarre ein, ob sie ausnahms­weise noch zuweilen eintritt, wage ich nicht zu entscheiden. Die einzige constante Erscheinung in den Leichen ist Ausdehnung und Ueberfüllung der Haargefässnetze von Blut, was zu gleicher Zeit aus ihnen in verschiedener Menge in das Zellgewebe und auf die freien Flächen der Häute ausgetreten ist; das ist denn an einzelnen Stellen und in manchen Organen mehr der Fall als in andern; am allgemeinsten findet es zunächst Statt in der Milz, dann unter und in der Haut, um die Lymphdrüsen, um die Nieren, in den Schleimhäuten, in den Lungen; im Gehirn kömmt es eben so vor, allein das Gehirn ist nicht das Organ, wo es am häufigsten und am bedeutendsten der Fall ist. Das Blut ist schwarz, theerartig dick.
Alle Erscheinungen können nur auf den Gedanken führen, dass hier plötzlich die Innervation der Gefässe cessirte, und dass sich diese Paralyse auf das Rumpfnervensystem reflectirt!
Diese Form kömmt am häufigsten beim Schafe vor, nächst dem beim Pferde, weniger häufig beim Rinde. Selbst beim Menschen kommen ein paar Fälle vor, welche ähnlich verlaufen zu seyn scheinen (s. im Fol­genden Mensch).
2) Milzbrandwuth.
Diese merkwürdige Form, welche in Beziehung auf Dauer und Verlauf theils der vorigen, theils der folgenden gleicht, ist in allen Thierarten, und gelbst im Menschen, und sogar in sehr ausgebreiteten Epidemien beobachtet worden; sie ist aber keiner Thicrart besonders eigen, daher im Folgenden
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auch bei keiner speciell erwähnt; daher muss ich hier die vorhandenen Be­obachtungen zusammenstellen.
Selbst bei dem Menschen ist im Milzbrande Tollheit und Hydrophobie beobachtet worden, wie Solander bereits anführt, und vor kurzer Zeit noch Gerold in einem Falle beobachtete (s. oben S. 83).
Bei dem Mihbrande der Thiere wird diese Form von den mehrsten erfahrenen Thierärzten erwähnt. So bemerkt Waldinger: „Bald ist Stumpfheit der Sinne vorhanden, bald bemerkt man heftiges Toben, und beim Hornvieh Brüllen, Stossen mit den Hörnern, Stampfen mit den Fassen, plötz­liches Niederwerfen und Aufspringenquot; *). — Hurtrel d'Arboval sagt: „On a vu des aniroaux chez lesquels les tumeurs ckarbonneuses, surtout lorsqu' elles se formaient dans la gorge, l'arriere bouche ou le larynx, donnaient lieu, quelque temps avant la mort, ä des symptömes de frenesie et d'hydro-phobiequot; **).
Bestimmter erklärt sich Chabert in Beziehung auf das Pferd: „Es gibt Pferde, welche beim Schenkel-Änthrax (Trousse galant) in eine äusserste Aufregung gerathen, sie beissen in den Boden, in die Krippe, in Alles, was sie erreichen können, die endlich in einen wahren Anfall von Phrenesie ge­rathen, oder vielmehr alle Wuthäusserungen von an der Hund-wuth leidenden Thieren zeigen. Die Innern Theile der Hinterhand und die Sacralnerven und das Rückenmark von den hintern Rückenwirbeln an sind schwarz, oder bläulich, oder von Blut gefärbtquot;***).
Ja ich finde eine Epizootie der Pferde aus dem Jahre 1831 erwähnt, welche nach charackteristischen Erscheinungen (welche ich durch den Druck hervorhebe), wohl keine andere Krankheit seyn kann, als diese Form des Milzbrands: „Es machte sich besonders in der Gegend von Saarbrücken****) eine Krankheit unter den Pferden bemerklich, die um so mehr Aufmerksam­keit verdient, als ihre Ursachen und ihre Natur noch im Dunkeln liegen. Sie wird an manchen Orten Tollkrankheit, von einigen Thierärzten Magen­koller, oder auch symtomatischer Koller genannt, und unterscheidet sich durch die Abwesenheit deutlicher Entzündungszufälle von der wirklichen Hirn­entzündung, so wie durch ihren schnellen Verlauf und die Heftigkeit ihrer Zufälle vom Dummkoller. Die von der Krankheit befallenen Pferde zeigen sich matt, haben einen wankenden Gang, fressen langsam und gähnen öfter. Hierauf lassen sie ganz vom Fressen ab, oder fressen un-rcgelmäsig; sie fallen nämlich bisweilen mit anscheinender Begierde über
*) Specielle Pathologie und Therapie. 3te Aufl. Th. 11. S. 156 ••) Diet, de Med. vet. vol. I. p. 411. •*•) Instr. et Observ. Vol. I. p. 144. **•*) Wo der Milzbrand enüootUcb raquo;st, S. oben den dritten Abscfcoitt
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das Futter her, behalten aber dai mit Hast au der Raufe gezogene Heu längere Zeit im Maule fest zwischen den Schneidezähnen oder kauen solches sehr langsam, halten im Kauen inne und lassen nicht selten einen grossen Theil aus den Maulwinkeln heraushängen. Bei den meisten Pferden ist in dieser Periode der Leib etwas angedostet, Mist- und Urin-Absatz geschehen sparsam; der Mist ist gewöhnlich grob geballt und mit einem zähen gelben Schleime umhüllt, der Urin gelb röthlich. Bei andern Pferden ist der Leib aufgeschürzt, und man bemerkt ein öfteres stossweises Bewegen im Hinterleibe, als wenn alle Eingeweide der Bauchhöhle auf einmal mit H eftigkeit gegen die Brust rorw arts gestossen würden. Der Mistabsatz ist dann gewöhnlich unterdrückt, und es zeigen sich auch Kolikschmerzen. Wallachen und Hengste schlagen oft aus, und stellen sich als wenn sie uriniren wollten. Nach diesen Torlaufenden Symptomen fangen die Pferde an zu wanken, sie stehen mit etwas gespreitzten Hinter­beinen und mit unter den Leib gestellten Vorderbeinen, bald mit unter die Krippe gesenktem Kopfe, bald aufgerichtet. Das Äuge ist dann gewöhnlich starr, die Pupille erweitert, die Pferde scheinen weder zu sehen noch zuhören, und überhaupt ist das Gemeingefühl sehr gesunken. Das bisweilen wie krampfhaft verschlossene Maul ist mit einem zähen, weissen, auch schäumigen, einer dünnen Seifenbrühe ähnlichen Schleime angefüllt. Die sichtbaren Schleimhäute sind blassgelb, die Temperatur des Körpers selten erhöht, nur im höheren Grade der Krankheit schwitzen die Pferde. Der Puls ist weich, voll, selten beschleunigt, wenigstens nicht im Anfange der Krankheit, zuweilen ist er unter der Normalzahl. Der Herz­schlag wird leicht gefühlt. Das Athmen geschieht anfangs unverändert, später wird es mehr oder weniger beschleunigt. Diese Symptome sind mit nur ge­ringen Modificationen bei allen Pferden constant und folgen meistens schnell auf einander, innerhalb 6 — 8 Stunden. Nach dieser Zeit nehmen alle Zu­fälle entweder noch mehr an Heftigkeit zu, oder sie lassen allmählig nach: Im ersteren Falle werden die Pferde unruhig, es tritt erhöhete Wärme, oft Schweiss, überhaupt mehr oder weniger starkes Fieber ein, die Respiration wird beschleunigter, der Puls etwas härter und schneller, doch selten fiber­steigt die Zahl der Schläge 50 bis 60; nun fangen die Pferde an hin und her zu taumeln, sie suchen beständig nach vorn gegen die Krippe, die Mauer des Stalles oder auf die eine oder andere Seite hin zu drängen, oder drehen sich im Kreise herum; sich selbst überlassen, rennen sie mit dem Kopfe gegen die Mauern, Wände oder sonstige feste Gegenstände, bis sie endlich erschöpft niedersinken oder zusammenstürzen; unvermögend wieder aufzu­stehen, liegen sie noch einige Zeit, oft nur noch mehrere Stunden, manchmal aber noch mehrere Tage, nur den Kopf und die Vorderbeine, mit welchen sie in der Luft fuchteln, bewegend; öfters stöhnen sie fürchterlich, und suchen mit der grösten Anstrengung- sich bin und her zu bewegen oder aufzustehen,
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fallen aber erschöpft wieder auf die Seite und schlagen den Kopf mit Heftig' keit auf die Erde; der Puls wird endlich schwach, klein, mlermiltirend und der Tod erfolgt unter einigen Conrulsionen; bisweilen schwillt auch einige Stunden vor dem Tode der Kopf an; diese Geschwulst ist kalt, ödematös, fängt gewöhnlich an der Oberlippe und der Nase an, verbreitet sich über das Kinn und die Backen und nimmt am Ende den ganzen Kopf ein, der in einigen Fällen eine enorme Dicke erreicht. In andern sehr seltenen Fällen, wenn nämlich die Krankheit langsamer verläuft und nicht tödtlich wird, verlieren die Zufälle allmählig an Heftigkeit; unter diesen Umständen werden die Pferde überhaupt nicht so unruhig, es tritt kein merkliches Fieber ein, sie stehen zwar wankend, aber stille mit gesenktem Kopfe vor der Krippe oder diesen in die Krippe stützend, es erfolgen öftere Darm- und Urin-Excretionen, sie fangen bald wieder an zu sehen und auf den Zuruf zu hören, das gesunkene Gemeingefühl hebt sich wieder, die etwa gelegten Eiterbänder bewirken Geschwulst und Schmerz und fangen an zu eitern, die Fresslust kehrt allmählig wieder und somit erfolgt nach und nachraquo; aber sehr langsam, die Genesung. Bei den an der Kränkelt gefallenen Pferden liefert die Section in der Regel folgendes Resultat: Nach Hinwegnahme der Haut zeigt sich alles Fleisch von blasser Farbe, und das etwa vorhandene Fett gelblich, mit einer gelben sulzigen Masse untermengt; die Bauchhöle enthält zuweilen etwas blutiges Wasser. Sämmtliche Gedärme haben eine blassgelbe Farbe, selten bemerkt man Spuren vorhergegangener Entzündung. Der Magen ist meistens sehr ausgedehnt, entweder mit grobem vertrockneten Futter, oder mit Luft ange­füllt, die Aussenseite desselben gewöhnlich blassgelb, die Schleimhaut, wenn jemals, doch nur stellenweise geröthet. Die Bauchspeicheldrüse ist meistens gelblich, weich und lässt sich leicht in einen Brei zerdrücken; die Leber ist ebenfalls blassgelb, sehrvergrössert, mürbe, wie gekocht, desgleichen die Nieren. Die Brusthöhle enthält etwas blutiges Wasser, in sehr acuten Fällen ist eine oder die andere Lunge stark mit Blut angefüllt, hepatisirt (?) und mürbe. Das Herz ist blass, mürbe, seine Höhlen sind oft blutleer, zuweilen auch mit dunkelrothem, coagulirten Faserstoffe untermischtem Blute angefüllt. Alle grossen Gefässe in der Nähe des Herzens und der Lunge enthalten dunkelrothes Blut; oft findet sich aber auch in der hin­tern und vordem Aorta Statt des rothen Blutes Faserstoff, der in langen Zapfen zusammengeronnen ist; das Blut in allen übrigen Gefässen ist ge­wöhnlich dünnflüssig. Die Häute des Gehirns sind etwas geröthet, die Blut­leiter mit schwarzem Blut stark angefüllt und die Hirnhöhlen ent­halten etwas weissgelbliches Wasser; die Hirnsubstanz findet sich öfters weicher als im natürlichen Zustande, ihre Farbe ist meistens unverändert. — Die
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Dauer der Krankheit ist sehr verschieden; tritt sie ohne Vorboten auf, so tödtet sie in 2 bis 3 Tagen, zuweilen nach 6 bis 8 Stunden, in den gelinderen Fällen geht sie nach 5 bis 7 bis 14 Tagen in Genesung über. Gewöhnlich erscheint die Krankheit in der Mitte des Som­mers und herrscht bis in den Spätherbst fort, am stärksten grassirt sie in dem Monat October, wo die Pferde, welche bisher nur grünen Klee im Uebermaass erhielten, nun ihre Nahrung gröstentheils auf der Weide, in Wiesen und Stoppelfeldern suchen und noch fortwährend stark arbeiten müssen, ohne trocknes, kräftiges Futter zu erhalten. Unter solchen Umständen herrscht sie bisweilen allgemein und tödtet oft in kurzer Zeit ein Drittheil der Pferde einer Gemeinde. Da wo die Pferde regelmässig mit Hafer und Heu oder doch nicht einzig und allein mit grünem Klee gefüttert und übrigens ordentlich gepflegt, besonders aber nicht zu sehr angestrengt werden, entsteht die Krankheit höchst selten. Ansteckend ist sie nach den bisherigen Beobachtungen nicht (?). Was die Heilung der Krankheit anlangt, so gelingt diese im Ganzen sehr selten; nur in den gelinderen Graden des Uebels und wenn die Zufälle nicht zu rasch auf einander folgen, ist bis jetzt die Rettung der kranken Thiere gelungen.quot;*)
Beim Ochsen beschreibt Segretain diese Form am vollständigsten aus Guadeloupe: nicht selten sieht man unter den Ochsenheerden welche am Milzbrand leiden, Thiere, deren Krankheit sich durch das Ensemble der Symp­tome bedeutend unterscheidet; wie der Milzbrand befällt sie indessen das Thier in dem Augenblick, wo es sich der alleryollkommsten Gesundheit zu erfreuen scheint, ebenso wie dieser, nur weniger schnell und weniger sicher, wirft sie dasselbe nieder und tödtet es. Also in dem Augenblick, wo das Thier am wohlsten zu seyn scheint, erblickt man an ihm ein erschrockenes Aussehen, seine Augen werden starr, die Pupillen erweitern sich, die Nasen­löcher werden weit aufgesperrt, es erhebt schnell den Kopf, seine Stellung, sein Blick sind furchtbar, es springt auf, rennt fort; trifft es in diesem Au­genblick einen Menschen auf seinem Wege, so senkt es den Kopf, droht mit den Hörnern, und wenn es nicht verhindert wird, so stösst es ihn um, stampft ihn unter den Füssen und zerfleischt ihn, als wolle es sich in einem Augen­blick für alle erlittene schlechte Behandlung rächen. Die Dauer dieses Zu-standes, verschieden nach Alter, Temperament, Heftigkeit der Krankheit, kann nicht genau angegeben werden; sie wechselt zwischen einer halben und zwei Stunden; in den Zwischenzeiten der Anfälle gelingt es mit einiger Vorsicht das Thier anzubinden und einzuschliessen. Sich selbst überlassen ist die Krankheit so gut wie immer tödtlich, in zwei, drei bis vier Tagen durch­läuft sie ihre Perioden; nach Verlauf von 24 Stunden ist gewöhnlich jeder
*) Rheinische San. Ber. J. 1831. S. 125.
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Versuch der Heilung vergeblich. Bei der grossen Anzahl von Thieren, welche sie befällt, und bei ihrer Bösartigkeit hat diese Krankheit ungeheure Verhee­rungen angerichtet; doch muss ich wiederholen, sie verläuft nicht so rasch wie der Milzbrand, und wenn sie auch wenig Hoffnung lässt, so hat man doch zuweilen den Tod verhindern können.quot;*)
Eine Epizootic, die den alten, damals noch sehr jungen, Heim sehr in Verlegenheit setzte, war wohl nichts weiter, als diese Krankheit, obgleich sie derselbe für Hundswuth erklärte. Sie kam im Jahre 1778 im Brandenburger Milzbranddistrikte, bei Spandau vor, während zu gleicher Zeit der Milzbrand unter den Rinderherden und unter den Hirschen herrschte. **) Freilich kamen auch zu gleicher Zeit tolle Hunde vor. Der Gegenstand ist wichtig genug, indessen ist die Abhandlung zu lang, um sie hier mittheilen zu können.
Eine ganz ähnliche Wuthseuche wird von Adolphi in Curland beschrie­ben, und von ihm selbst als Stellvertreter des sonst herrschenden Milzbrands betrachtet. Daher bei der grossen Wichtigkeil des Gegenstandes folgender Auszug wohl an seiner Stelle seyn wird. „Die hier zu beschreibende Krank­heit begann unter der 10-1 Stück betragenden Herde des Privatgutes Heyden im Doblenschen Kreise in Curland nach der Mitte des Monates Juni 1843 und währte bis zum Ende des Julimonates desselben Jahres. Die befallenen Thiere laufen mit aufwärts gerichtetem Kopfe und wildem Blicke auf der Weide umher, gehen auf andere Thiere los und stossen sie mit den Hörnern. Sie ziehen von Zeit zu Zeit die Vorderlippe in der Art aufwärts, wie es brünstige Thiere zu thun pflegen. Zeitweise brüllen sie an­haltend mit einem Tone, der etwas Fremdartiges hat und auf die Umstehen­den einen unangenehmen Eindruck macht. (Dieses Brüllen wird nicht durch den Anblick eines Hundes oder eines andern Thieres erregt, wohl aber da­durch gesteigert). Dabei steht ihnen Schaum vor dem Munde, und der zähe Schleim, mit welchem die Maulhöhle angefüllt ist, spinnt sich fadenförmig aus den Mundwinkeln. Eine Schwäche im Hintertheil macht sich durch den schwankenden Gang der Thiere gleich anfangs bemerklich und nimmt so schnell zu, dass schon am dritten Tage die Kranken meistens liegen und nur mit Mühe sich erheben. Periodisch erfolgen Zuckungen in den Muskeln der Hinterschenkel, der Schultern, des Gesichts. Angebunden sind die Thiere sehr unruhig, haben einen wilden Blick und brüllen oft. Losgelassen laufen sie grade aus über Stock und Stein, bis sie über einen Gegenstand kopfüber fallen, worauf sie erschöpft liegen bleiben. Eine wirkliche Tobsucht zeigt sich bei ihnen gar nicht. Menschen können zu jeder Zeit ohne Gefahr zu
*) La Clinique veter vol. XV. p. 490. deg;) Heim Vermischte Schriften. S. 80.
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ihnen herangehen, ihnen in den Mund greifen, Arzneien eingeben und ein dünner Strick reicht hin sie zu befestigen. Höchst auffallend ist die äusscrst schnelle Abmagerung der Kranken, die geviss nur zum Theil davon herrühren mag, dass die Fresslust und das Wiederkäuen gleich Anfangs bei ihnen auf­hören. Auch die Trinklust verschwindet mit einem Male, nicht aber die Fähig­keit zu schlucken; sie schlingen vielmehr eingegossene Flüssigkeiten z. B. Mehlvasser recht gut hinab, allein es erfolgt danach ein Würgen und Zuckun­gen der Gesichtsmuskeln. Bei allen ist Neigung zu Verstopfung vorhanden, der Mist wird selten abgesetzt und ist consistenter, als gewöhnlich. Der Schlag des Herzens ist schon am ersten Tage fühlbar, tumultuarisch, der Puls voll und um einige Schläge beschleunigt; das Athmen weicht nicht vom Normalzustande ab; die Fieberbewegungen sind nicht bedeutend, und Exacer-bationen habe ich nur am Morgen bemerkt, wo der Puls siebenzig Schläge hatte, ein Horn heiss das andere kalt war, und ein Zittern der Hautmuskeln, besonders an den Schenkeln sich bemerk­lich machte. Zu andern Tagszeiten war der Puls und der Herzschlag nur wenig beschleunigt,*) die Temperatur über den ganzen Körper ziemlich gleich-massig vertheilt, und daher die Gefahr aus dem tiefen Ergriffenseyn des sen-soriellen Lebens erkennbar. Tiefe Röthung der Schleimhäute, ein heisses Maul, eine trockne stachelige Zunge, diese Begleiter der Entzündung habe ich, so sehr ich auch darnach geforscht, bei keinem einzigen Thiere beobachtet. Mit dem dritten Tage der Krankheit nimmt die Schwäche bei den Kranken sehr überhand. Wenn sie bis dahin ziemlich viel standen, so liegen sie nun fast immer, und zwar entweder auf gewöhnliche Weise, nur dass sie das Maul auf die Erde stützen, oder ausgestreckt, oft lange regungslos, so dass man sie schon für todt hält. Die Schläge des Herzens sind höchst ent­wickelt, prellend, der Puls fühlt sich weich an und schlägt bis 80 mal in der Minute. Die Zuckungen, das Brüllen kehren oft wieder; die tiefliegen­den Augen, der wüste Blick, die ungeheure Abmagerung, das struppige Haar geben den Kranken ein abschreckendes Ansehen. Gewöhnlich sterben sie schon am Ende des 4len, nicht selten aber erst am Oten Tage unter gelinden Zuckungen des ganzen Körpers und unter den Erscheinungen der allergrössten Lebenssrhwäche. Dieses Bild passt auf alle Kranken; es fanden wohl Ab­weichungen in der Dauer der Krankheit Statt, abhängig von der Einwirkung dns angewandten Heilverfahrens, durchaus aber keine in den Symptomen, was sich vielleicht daraus erklären Hess, dass in Heyden seit undenklicher Zeit kein Vieh angekauft worden ist, das zur Ergänzung der Herden benölhigte bloss im Hofe und zwar stets auf eine und dieselbe Weise erzogen wird. Die Eröffnung des Schädels konnte leider nicht mit der erforderlichen Sorg-
*) Also periodische Anfälle,
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fait gemacht werden; indessen ergab sich doch so viel als geiriss, dass nicht sowohl das Gehirn selbst, als die Gefässe der dasselbe umkleidenden Häute sehr mit Blut angefüllt waren. Der Schlund, der Kehlkopf, die Organe der Brusthöhle, zeigten sich normal; eben so beschaffen traf ich die meisten Or­gane der Bauchhöhle an. Nur die Gefässe des dritten Magens schienen sehr ausgedehnt und der vom Bauchfelle ausgehende Ueberzug der dünnen Därme zeigte sich an mehreren Stellen in einer Ausdehnung von 6 bis 10 Zoll streifenweise tingirt, gleichsam von Roth überflogen, wo­gegen die darunter befindliche Haut sich als völlig gesund auswies. Diese schwer erklärliche Erscheinung dürfte beachtenswerth seyn, da sie in allen früher von mir beobachteten Fällen constant war.quot; Der Verf. sucht nun zu beweisen 1. dass die Krankheit die wirkliche Wuth war, 2. dass sie nicht von dem Bisse eines tollen Hundes herrührte, sondern sich selbstständig ent­wickelte. Darauf fährt der Verfasser fort: „Viele Erscheinungen weisen dar­auf hin, dass in den Thieren der Doblenschen und Mitauschen Gegend im vergangenen Sommer eine Disposition zur Affection der Gehirnhäute gelegen haben muss. So wurde auf einem drei Meilen von Heyde entlegenen Gute ein Zuchtstier von einem Gehirnleiden ergriffen, und auf einem 3 Werst von Heyden entfernten Krongute erkrankte und stürzte ein Bulle mit allen Symp­tomen der Wuth. Obgleich in der Gegend von Mitau im vorigen Sommer kein toller Hund bemerkt worden ist, so befiel doch nach der Mitte Augusts zwei Kühe der Mitauischen Stadtheerde und etwas später eine Kuh aus einer benachbarten Herde die Wuth. Diese Anlage zu Gchirnaffectionen lag dann auch gewiss in den Thieren der Heydenschen Herde, und bildete das innere Moment der Krankheit; das äussere ist in der lokalen Beschaffenheit von Heyden zu suchen. Auf diesem Gute nämlich wird das Vieh, aus Mangel an einer bessern Weide, grösstentheils in einem Birkenwalde geweidet; daher gedeiht daselbst fremdes, angekauftes Vieh nicht, und selbst das dort erzogene leidet alljährlich an der Blutseuche (Blutharnen). Letztere war in diesem Jahre ausgeblieben, obgleich die Waldweide, die Ursache des Uebels, wegen der verspäteten Vegetation im verflossenen Frühjahre, fast ausschliesslich hatte benutzt werden müssen. Dieses Ausbleiben lässt sich daraus erklären, dass der Eindruck, den der Genuss von scharfen oder adslringirenden Stoffen *) auf das Gangliensystem der Herbivoren zu machen pflegt, nicht auf die Nie­ren, sondern auf die in diesem Jahre besonders zum Erkranken geneigten Hirnhäute reflectirt worden ist. So vicariirt auch in solchen Gegenden, wo die Blutseuche zu Hause ist, in den dem Milzbrande günstigen Sommern die­ser für jene. Demnach bildete sich in Heyden eine der Wuth gleiche Krank­heit aus dem Zusammentreffen von Schädlichkeiten, die auf die Gangliennerven
*) Der Malaria aus dem moorigen Birkenwalde?
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feindlich einwirken, mit einer durch früher statt gehabte Ursachen begrün­deten Krankheitsanlage der das Gehirn umkleidenden Häute. Dass die übri­gen Herden in Heyden von der Krankheit verschont geblieben sind, das kann seinen Grund theils darin haben, dass sie im Winter nicht so reichlich wie die Hofesherde gefüttert worden waren, mithin nicht so empfänglich waren, theils darin, dass sie im Frühjahre nicht ausschliesslich auf die gefährliche Waldweide angewiesen waren. Diese Ansicht von der Waldweide enthält eine Bekräftigung durch den Fall, den ich auf dem Privatgute Bershof im Bauskeschen Kreise vor zwei Jahren hatte, wo dieselbe Krankheit aus den­selben Ursachen entstanden war.quot;*)
Einzelne Fälle von Wuth werden in mehreren Epizootien erwähnt; z. B. von Laubender aus der Baierischen Epizootic im Jahre 1810: „Am 24. Jul. fand ein Bauer Morgens früh seine Kuh auf der Streu liegend, die, als er sie auftrieb, unvermögend war aufzustehen; ihre Augen waren trocken, wild und feurig, das Maul heiss und schäumend, die Ohren kalt, der Mist trocken mit einem Oberhäutchen überzogen. Nach geraumer Zeit fing sie an zu toben, mit den Füssen zu stampfen und gewallig zu ächzen, machte Miene aufzu­stehen, vermochte es aber nicht. Halb sechs Uhr Morgens kam der Thierarzt; er Hess sie von der Streu aufheben, sie schien wie gelähmt; er zapfte ihr ungefähr 4 Pfund Blut ab; nun schien die Kraft stehen zu können wieder­zukehren; allein mit der Wiederkehr dieser Kraft erhob sich die vorige Un­ruhe. Das abgelassene Blut hatte Schaum auf dem Cruor, dieser selbst war hcllroth und betrug die Dicke eines Messerrückens, schied nur sehr wenig Tropfen Serum aus, und war mit sehr vielen grossen scharzen Punkten und Streifen durchwebt, der untere Cruor war wie eine schöne Leber. Gegen Mittag war noch keine Besserung eingetreten; man wiederholte den Aderlass; nun enthielt das abgelassene Blut eben so viel Serum als Cruor, die obere hellrothe Schicht war dünner als zuvor, der untere Cruor war gleichartigraquo; consistent zäh, mit wenigen kleineren schwarzen Punkten und Streifen durch­wirkt. Nachmittags gegen 5 Uhr entschied sich die Krankheit plötzlich mit einem Durchbruche, mit welchem sehr viele goldgelbe Sülze ausgeleert wurdequot; etc. — „Eine andere Kuh erkrankte um 10 Uhr Vormittags: Die Augen waren wild und trocken, sie tobte und schrie, der Puls war voll und hart, die Brusteingeweide und Eingeweide des Bauchs waren sehr in Bewe­gung, sie stampfte mit den Hinterfüssen, und schlug öfters mit denselben auf den Bauch, das Maul war heiss und trocken, an den äussern Lippen hing viel Schaum, der Urin war wasserhell, an den zwei hintern Füssen zeigten sich Spuren von kleinen Geschwülsten, der Darmcanal verstopft, die Milch sehr gelb. Man Hess zur Ader, gab den Trank von Salmiak und Angelica-
*) Magaz. f. d. gesammte Thierbeilk. B. X, S. 314.
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Wurzel, steckte ein Leder. Nach einer Stunde war das Thler ruhiger, die trocknen, feurigen Augen wurden feucht, die grosse Hitze Im Maule liess nach, der Puls wurde weich und geschwinder, der Harn ging gesättigt ab, zeigte viel Fett auf seiner Oberfläche, die Milch wurde weisserquot; etc. — „Am 30. Juli erkrankte Morgens 3 Uhr abermals eine Kuh mit folgenden Zufällen: Die Augen waren trocken, feurig, wild, der Puls voll und sehr ge­spannt, sie tobte und raste in einem fort, schrie beständig, stampfte mit den Füssen, im Maule war viel Hitze, und vor demselben viel Schaum, das Ath. men war sehr beschwert, sie lag und war unvermögend aufzustehenquot; etc. — Am 24. Jul. wurde einer Kuh mit mehreren andern praeservando zur Ader gelassen. Am 14. August Morgens 6 Uhr war sie dieser Behandlung unge­achtet erkrankt; sie raste und tobte, hatte feurige wilde Augen, einen harten, vollen Puls, Schaum vor dem Maul und grosse Hitze in demselben, athmete sehr beschwerlich und der Hinterleib war sehr stark aufgetrieben, die Extre­mitäten waren kalt, die Haare gesträubt, der Mist hart und verhalten, des abgehenden Harns war sehr wenig, und dieser anfangs braun, zuletzt weiss, die wenige Milch sehr gelbquot; *) etc. — Besonders bei der sogenannten Kopf­krankheit in der Schweiz kommen oft ähnliche Fälle vor.**)
Unter den Symptomvarieläten des Milzbrands beim. Schwein erwähnt Ham on eine: ,,Ich habe mehrmals Schweine beobachtet, die so eben mit dem besten Appetit gefressen hatten, plötzlich von einer Art Wuth befallen wurden, mit Anstrengung liefen, sich drehten, wankten, niederstürzten und wie in einem epileptischen Anfalle zuckten, heftig schrien, indem sie das Maul weit aufrissenquot; ***). Viele starben auf der Stelle, andre erholten sich aus dem Anfall, waren aber stumpfsinnig, wankten und frassen nicht bis zum Tode.
Das Ertollen der Schafe gleichzeitig mit dem Milzbrande (Kriccian) in der Wallache! erwähnt schon Euseb. Valli: „Der Kriccian ist eine andre Krankheit bei Schöpsen und Lämmern, welche so wie der Dalak. nicht ansteckend, aber vielleicht weit schrecklicher und verheerender als dieser ist. Die ihn begleitenden Zufälle sind: ein hängender Kopf, schwankender Gang, beschwerliches Athemholen, heftiges Fieber, beständiges Blöcken. Bios fette Stücke werden davon befallen und gehen grösstentheils zu Grunde,
•) A. a. O. B. I. 2. S. 364. ff.
quot;) Im Jahr 1840 kam im Amte Neresheim in Wurtemberg ein solcher Fall bei einem Ochsen vor, in welchem die obducirenden Aerzte zweifelhaft blieben, ob esMilzbrand oder Hundswuth gewesen. Hering Repertor. B. III. S 111. (Ohne Zweifel mit Recht erklärt aber der Herausgeber, es sey Milzbrand gewesen )
*••) Rec de Med. vet. vol. XXIII. p. 490.
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Zu gleicher Zeit werden zarte Lämmer und einjährige Schafe toll, und zwar nur jene, die am besten gemästet sind. Der an ihrem Aufkommen ver­zweifelnde Eigenthümer tödtet sie; ihr Fleisch ist unschädlich und sehr schmackhaft. Der Kriccian und das Tollwerden, die aus einer und dersel­ben Ursache entstehen, herrschen epidemisch, so oft in den heissen Som­mertagen kleine Regengüsse mit Sonnenschein wechseln *).
Aus dem Milzbrandjahre 1826 beschreibt T a i t eine solche Epizootic unter einer Schafherde in England (ohne die Krankheit zu kennen): „Vor einiger Zeit wurde ich ersucht die Schafherde eines Pachters in Torfar-shire zu untersuchen. Ich fand, dass die Schafe während des trocknen Sommers, (1826) bedeutend knapp im Futter gehalten worden waren, und dass man sie seit ungefähr einem Monate auf einem Felde voll sehr schöner Turnips eingepfercht hatte. Das Ansehen dieser Schafe war sehr merkwürdig: etwa eine Minute lang erschienen sie ganz damisch, und dann auf einmal wurden sie ganz wüthend, indem sie sich auf die Erde warfen und auf jeden Menschen, den sie erreichen konnten, lossrannlen; andre sprangen auf, stürzten nieder und starben. In denen, welche starben, zeigten sich ohne Ausnahme jederzeit folgende Erscheinungen: Bei der Oeff-nung der Bauchhöle erschien der Bauchfellüberzug der Därme gefässreicher als im normalen Zustande, und auf der Schleimhaut der dünnen Därme Waren einige schwarze Flecken; die Lungen waren sehr mit Blut überfüllt. Bei der Oeffnung des Kopfs fand ich die Gefässe des Gehirns in einem sehr über­füllten Zustande, fast zum Bersten; und in der That, in einigen Fällen war eine Zerreissung eingetreten, denn es fand sich Blut auf der Oberfläche des Gehirns. Die Herde wurde sogleich von dem Turnipsfelde entfernt, und dadurch der Epizootic ein Ende gemachtquot; **)
Bei der Epizootie unter den Hirschen in England im Jahr 1834, welche Good beschreibt, kam offenbar dieselbe Form vor***). Auch Hin­te rmayr sah ähnliche Fälle bei Hirschen ****). Sie sind auch früher schon bei Hirschen und Rehen beobachtet worden.
Wenn nicht zu leugnen ist, dass in manchen dieser Fälle eine gewisse Annäherung an die Hundswuth erkannt werden kann, so haben manche Äerzte in Hundswuthepizootien nicht diese Krankheit, sondern Milzbrand der Hunde finden wollen. Es ist nicht zu läugnen,, dass diese Epizootien etwas Eigen-thümliches darboten.
Mit dem mehrsten Rechte könnte man wohl einige ältere Epizootien
•) Med. chir. Zeit. 1804. B. III. S 140. •raquo;) The Veterinarian. Vol. VIII.
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) The Veterinarian. 1834. p. 309.
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) A. a. 0. S. 446.
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anführen, namentlich die an der Küste von Peru und auf den westindischen Inseln (an beiden Orten ist der Milzbrand endemisch). Vorzuglich hat man aber folgende neuere im Auge gehabt.
Im Februar 1815 brach in Copenhagen eine Hundeseuche aus, welche sich auch in den Umgebungen und im Amte Friederichsburg verbreitete, auch in Norwegen geherrscht haben soll, und 1816 fortdauerte. Sie wurde für Hundewuth gehalten, auch kamen Infectionen vor. Yiborg aber erklärte, es sey keine Hundewuth, sondern ein bösartiges Entzündungsfieber, worunter er nach den Sectionen nur Milzbrandfieber verstanden haben kann. Als Unter­scheidungzeichen von der Hundswuth gibt er an: 1) Es befällt mehrere Hunde auf einmal; 2) es pflanzt sich durch den Biss nicht fort*); 3) der kranke Hund hat keinen Abscheu vor dem Wasser; 4) der Hund geifert nicht, hat kein finstres tückisches, wildes Auge und keine entfärbte aus dem Munde hängende Zunge; 5) es greift das Thier weit heftiger an und tödtet es schneller, oft schon nach 24 Stunden, längstens innerhalb 4 Tagen; (•) das Beissen in dieser Krankheit hat etwas Eigenes; der kranke Hund beisst den gesunden, wenn er ihn erst auf Hundemanier berochen hat, in das offene Maul und schont selbst seinen eigenen Körper nicht; 7) Bei den an dieser Krankheit ver­storbenen Hunden findet man eine ausgebreitete und starke Blutfiberffillung in dem Zellgewebe unter der Haut, in den Hirnhäuten und Hirngefässen, im Pharynx, Larynx, in den Gedärmen und im Magen, der verschiedene Körper, wie Haare, Sand, Holz, Gras u. s. w. enthält; dunkle Färbung und Weich­heit der Leber, die erstere auch in den Lungen **). — Ohne Zweifel ist die Autorität Yiborgs von grossem Gewicht; allein bei einiger Kenutniss der Hundswuth wird man zugeben müssen, dass die angeführten Unterschei­dungssymptome von keinem grossen Gewicht sind; die Sectionserscheinungen passen zwar auf Milzbrand, aber sie passen auch — auf Hundswuth.
Um dieselbe Zeit vom Herbst 1814 bis Herbst 1815 beobachtete Wal­dinger in Wien die epizootische Hundswuth, die er zwar als solche aner­kennt und darstellt, er kann sich aber nicht enthalten, sie dem Milzbrand­fieber zu vergleichen und diesem im Wesen analog zu finden ***),
Oben (S. 148} wurde erwähnt, dass nach Broocke im Jahr 1823 der Milzbrand furchtbar verheerend unter den Bennthieren und andern Thieren
*) Dann wird aber angenommen, dass Hundswuth zu gleicher Zeit vorkam, denn Hunde wurden inticirt; dagegen erkrankte allerdings von 47 gebis­senen Personen keine einzige; sie wurden aber alle angemessen be­handelt **) Yiborg Comment, de enzootia canina et hydrophobia. Havn. 1817. Auch in Yeter. Selskab. Skriften B. III. *'*) Oesterr. medic. Jahrb. B. III. 3. S. Auch in seinen Krankheiten dtr Hunde.
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im nördlichen Seinreden vüthete, während man in Stockholm annahm, daslaquo; die Hundswuth unter den Thiercn herrsche. So besagen denn auch ander­weitige Berichte: in Russland, Schweden, Norwegen, Dänemark habe die Wuth unter Rennthieren, Hunden, Wölfen, Katzen geherrscht in den Jahren 1823 und 1824. Entweder sind Verwechslungen vorgekommen, oder beide Krank­heiten haben in einer Beziehung zu einander gestanden. In Stockolm wur­den viele Menschen gebissen und zwei starben an der Hundswuth **). Plank meint denn auch, indem er von dem Milzbrande in Baiern in densel­ben Jahren 1823 — 24 referirt: „Vielleicht waren damals auch Hunde, die man für wüthend hielt, und sogleich tödtete, wenigstens zum Theil, nur von der Milzbrandseuche, ursprünglich oder contagiös ergriffen.quot;*)
Prinz beobachtete eine Wuthseuche in Dresden in den Jahren 1828 bis 1830, welche er für einen primär in dem Hunde entwickelten, modifi-cirten Milzbrand erklärt, der aber in die wahre Hundswuth übergehen und ansteckend werden kann ***},
Das Weitere über das Verhältniss des Milzbrands zur Hundswuth im nächsten Abschnitt.
3) Milzbrandfieber.
Je nach dem etwas längeren oder kürzeren Verlauf (von 6 bis 12 Stun­den bis 1, 2, 3, 4, zuweilen 7 und mehreren Tagen); oder auch nach dem die paralytischen Zufälle früher einen höhern Grad erreichen oder die Reaction bedeutender ist; oder nach den vorzugsweise ergriffenen Organen, bieten die Symptome scheinbar eine grosse Manigfaltigkeit dar, aber auch nur scheinbar, die wesentlichen sind gleich.
Vorboten sind auch hier oft nicht vorhanden; sind sie vorhanden, so werden sie wohl oft übersehen, da sich in ihnen oft schon eine wahre In-termittens zeigt. So bemerkt Lappe, dem man treues Wiedergeben des Be­obachteten nicht absprechen kann: „Ungefähr drei bis vier Tage vor dem Aus­bruche der Krankheit geht das Vieh, inbesondere die Zugthiere, sehr träge und ist niedergeschlagen, auch hört wohl das Wiederkäuen auf. Dieser Zustand hält jedoch nur höchstens vier und zw a n zig S tunde n a n, und nach dieser Zeit sind die Thiere wieder munter ****). — Aehnlich Petit in seiner guten Schilderung: „Drei bis vier Tage vor dem Eintritte der Krankheit sind die Thiere trauriger als gewöhnlich, sie fressen weniger, oft hört das Wiederkauen ganz auf. Dieser Zustand besteht aber
•) Magaz. d. ausl. Literatur d. He ilk. B. VIII. S. 273. ••) Veter. Topogr. v on Baiern. S. 143. •raquo;•) Prinz die Wuth der Hunde als Seuche. L eipzig. 1832, •*raquo;•) Mi Izbrand des Rindviehs S. 12.
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nicht immer bis zum Eintritte der Krankheit; hört er auf, laquo;o geschieht, dieses plötzlich, das Wohlbefinden, welches darauf folgt, ist nur eine scheinbare Ruhe, der man niemals trauen darf, die aber trotz der täglichen unglücklichen Erfahrung, die die Hirten machen, diese doch jedesmal täuscht.quot;*)
Mögen nun diese Vorboten (die wobl mehr, als solche sind) beobachtet worden scyn oder nicht, der eigentliche oder Haupt-Anfall der Krankheit tritt plötzlich ein, und trotz der zahlreichen zufälligen Verschiedenheiten wird man in ihm ein Stadium des Krampfes (Froststadium) und ein Stadium der Reaction (Hitzstadium) wesentlich unterscheiden können. **) Die wesentlichen paralytischen Erscheinungen können gleich im ersten Anfall eintreten, aber auch erst in einem folgenden.
Krampfstadium: Das Thier bleibt plötzlich wie erschrocken stehen, starrt vor sich hin, stellt die Beine aus einander, schaudert, zittert, Höruer, Ohren, u. s. w. werden kalt, das Maul blass oder blassgelb, das Herz schlägt häufig, unordentlich, zuweilen sehr heftig fühlbar, zuweilen fast unfühlbar, in beiden Fällen der Puls sehr häufig, klein, kaum fühlbar. Das Athmen kann krampL kaft scyn oder auch nicht; verschiedene äussere Krämpfe können eintreten, häufig in den Bauchmuskeln, in den Kiefern, im Schwänze', gewöhnlich in den Muskeln des Kopfes, der hin und her wackelt, in den Extremitäten, das Thier ist mehr oder weniger unempfindlich. Ausdruck grosser Angst. Dauer einige Minuten, aber auch eine Stunde oder länger.
Stadium der Reaction: Ohren|, Hörner, werden warm, die Augen blau-roth, Torgetrieben, glänzend, die Schleimhäute röthen sich, das Thier stampft wie von Schmerz, der Bauch treibt auf, das Thier sieht oft nach einer Seite, gewöhnlich nach der linken, die Thiere stallen oft, oder äussern Zeichen von Harn- und Kothzwang, der Harn gelb, der Koth trocken, oft eigenthümlich geballt, häufiges eigenthümliches Brüllen; mehr oder weniger Aufregung, besonders auch des Herzens, der Puls bleibt aber wenig fühlbar.
Darauf Remission, auch wohl Tolle Intermission, in der Fressen und Wiederkäuen oft vollständig wiederkehren.
Paralytische Symptome: die rerschiedene Zeit ihres Eintritts ändert be­sonders das Bild, sie können schon im ersten Anfall eintreten, dann schon theilweise im Krampf- oder im Reactions-Stadium, oder nach letzterem, sie kön­nen aber auch erst in einem zweiten Anfall eintreten; im Allgemeinen zunächst
*) I n s t. et 0 b s e r v. v o 1. II. p. 270.
**) Als die aufmerksamsten Beobachter erscheinen mir in dieser Beziehung: Orus (Tratato dialcune malatti dei animali domestici p. tö.), Ts cheulin (Milzbrand. S. 4.) Ampach (a. a. 0. S. 153). Wal ding er (S. 156.).
Bcuinier, Milabrandraquo;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; AI
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Im Gcfiissystcm, die Schleimhäute werden mehr oder weniger'blau oder schwara, oft blutiger Schaum vor Nase und Maul, dünner blutgefärbter Koth, blutiger Harn, eder blutiger Schleim aus den GcschlecUtstheilen, blutrothe Färbung der äussern Haut, selbst blutiger Schweiss;*} das Athmen erscheint oft para­lytisch; das Thier wankt hin und her, geht wackelnd, besonders das Krcui zeigt sich schwach, oft werden die hintern Extremitäten Tollständig gelähmt; die Sinne scheinen oft gelähmt.
Den Wechsel der Symptome erkannten sehr viele Aerzte als auffallend, so z. B. Veit,quot;) Hurtrel d'Arbovalquot;*J; als eigentliche Intermittens erkannten diesen Wechsel aber zunächst Petit im Rindvieh'quot;quot;*), Hau bener bei den Schafen: „Tritt die Krankheit nicht so heftig und plötzlich auf, so gehen durch einige Stunden dem eigentlichen Krankheitsanfalle ein träges Benehmen, Abstumpfung, getrübtes Bewustsein u. s. w. voraus. Dieser er­folgt ganz so wie beim Milzbrandschlage, aber ohne zu tödten, vielmehr stellt sich ein Nachlassen der Krankheit ein, so dass die Thiere auf kurze Zeit wieder munter erscheinen, der Herde folgen, selbst Nahrung annehmen u. s. w. bis wieder ein erneuerter Anfall sich einstellt, und so unter Steigen und Na c hl as s nach 6 bis 12 Stunden (bei stattgefundener Behandlung auch später) der Tod erfolgt; quot;f) auch Haupt in der Sibirischen Beulenseuche der Pferde schildert sie offenbar, ohne ihnen indessen die ver­diente Aufmerksamkeit zu schenken; ff) entschieden hat dagegen Lafore diese Intermissionen und Paroxysmen aufgefasst, ich habe seine Worte unten unter Milzbrand des Rinds angeführt; er hat danach den Milzbrand für eine febris intermittens maligna erklärt.
Zwei Ursachen sind es, welche die Aerzte bisher verhindert haben, diesen intermittirenden Verlauf des Milzbrands zu erkennen: 1. Die Kürze der Intermis­sionen ; während man im Menschen gewohnt ist, die Paroxysmen nach 24,36,48 u. s. w. Stunden wiederkehren zu sehen, kehren sie hier schon nach l/1,1,2, doch auch erst nach 6 bis 12 Stunden zurück. 2. Die Hauptursache liegt aber in den zuweilen durch die Reaction, besonders aber durch die Paralyse her-
*) Segr£tam a. a. 0. p. 474. •quot;) A. a. 0. S. 455. ••quot;) Diet vol. VI. p. 211. ***') „A la suite de ces S^'mptdmes succede une remission sensible et dans laquelle les animaux boivent et mangent comme a roidioaire, et parais-sent assez gais; mais ce mieux est bientut aecompagn^ de frisson, et constamment et presque imm^diatement suivi ou de l'apparition de tumeurs ou de la mort.quot; Instr. et Obs. vol. II. p. 271. t) Handbuch der Krankheitlaquo;- und Heilungsieb re. I. S. 136. tf) A. a. 0. S. 165. ff.
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beigeführten organischen Veränderungen, welche während der Intermission fortbestehen: Eine eigenthümliche Veränderung der Blutcrasis von der unten weiter die Rede sey n wird, tritt, wenn auch nicht ganz so allgemein, als man gewöhnlich angibt, doch in der Regel gleich mit dem Anfange der Krankheit ein; die Secretionen erleiden Veränderungen, die Milch wird gelb, salzig und bitter, die Blut- und Sülze - Extrarasate müssen die Verrichtungen der Organe stören, in denen sie eingetreten sind.
Der Tod erfolgt gewöhnlich nach 1 bis 4 Tagen, zuweilen auch erst nach 7 bis 10, unter Convulsionen oder ruhig in Folge gänzlicher Erschöpfung.
Dass diese Form selbst im Menschen zuweilen vorkommt, wird unten er­wähnt; bei Pferden, Ochsen, Ziegen, Schweinen wird sie unten speciell be­schrieben.
B. Milzbrand mit Innern Carbunfceln.
Manche dieser Formen treten in Folge localer Infection auch zuerst local und ohne allgemeine Symptome auf, die indessen bald folgen; in andern da­gegen tritt die Krankheit sogleich mit allgemeinen Symptomen auf und sie localisirt sich nur mehr auf einzelne Organe; die allgemeinen Symptome sind aber keine andern, in beiden Fällen, als die des oben abgehandelten Milz­brandfiebers, bedürfen daher keiner Wirterholung.
a.nbsp; nbsp; nbsp;Wenn kein Organ vorzugsweise ergriffen scheint, und nach dem Tode sich Blutextrarasate in Milz, Leber, im Zellstoffe unter der Haut und an verschiedenen Stellen des Innern finden, so hat man die Krankheit wohl schlechtweg den Innern Milzbrand genannt, sie ist indessen in diesem Falle vom Milzbrandfieber nicht zu unterscheiden.
b.nbsp; nbsp; Die Ablagerungen finden in der Verdauungsschleimhaut, oder um dieselbe Statt.
1. Maul- und Gaumen-Anthrax.
Diese Form ist zuweilen auch in Pferden, Ochsen, Schafen, ja selbst im Menschen beobachtet worden; am häufigsten kömmt sie aber im Schweine vor, nächst diesem im Hunde.
Ohne Zweifel am häufigsten ist diese Form Folge einer localen Infection, indem Milzbrandcontagium mit der Schleimhaut des Mauls in Berührung kam. Daher entsteht der Carbunkel am gewöhnlichsten ohne vorausgegangene allgemeine Symptome (Milzbrandfieber), die aber gewöhnlich sehr bald ein­treten.
Der Carbunkel kann sich an allen Stellen der Maulhöhle entwickeln, häufig kömmt er am Gaumen vor. Am häufigsten kömmt er wohl in der Blasenform Tor, doch auch die Knotenform ist häufig, und auch die oedematöse kommt vor. — Gewöhnlich breitet sich der Brand schnell aus und der Tod tritt bald ein; ist der Verlauf etwas langsamer und wirkt der Brand
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auf die Gaumcnknochen, so werden diese zerstört, indem sich eine Art Spina rentosa bildet. *)
2. Zungen-Anthrax.
Diese merkwürdige Form entwickelt sich primär am häufigsten beim Rind­vieh, dann bei Pferden, wahrscheinlich auch bei Schweinen und Schafen; sie ist aber äusserst ansteckend, und geht mit grösster Leichtigkeit auf alle Thiere, selbst den Menschen über. Verwechselt wird der Zungenanthrax oft mit der Maulseuche, allein nicht einmal die bösartige oder gangröse Maulseuche oder die Complication der Maulseuche mit Milzbrand, yon der später die Rede seyn wird, darf hierher gerechnet werden, wenn man Verwirrung vermeiden will.
Entsteht der Zungencarbunkel primär und ohne Contagium (oder ist es, um mit Chabert und den französischen Nosographen zu sprechen, ein symto-matischer Carbunkel), so müssen der Entwickelung desselben auch die Symp­tome des Milzbrandfiebers vorausgehen. Bei der ersten Entwickelung der Epizootien müssen natürlicher Weise zuerst einige Thiere auf diese Art erkranken, diese werden selten beobachtet; dagegen sieht man dann hunderte, und bei grosser Verbreitung tausende und hunderttausende von Thieren zuerst topisch auf der Zunge erkranken,ohne allgemeine Symtome, die erst später eintreten, nach er­folgter Resorption der Jauche; ihre Krankheit ist Folge des Contagion (oder es ist, um mit Chabert zu reden, essentieller Carbunkel), da gewöhnlich nur diese Fälle beobachtet werden, so haben auch die französischen Nosographen den ganzen Glossanthrax zum essentiellen Carbunkel gerechnet (offenbar mit Unrecht).
Grosse Epizootien wie 1682, 1731, oder auch nur 1780 und 1786, hat man in diesem ganzen Jahrhundert in Europa noch nicht gesehen; kleinere, von geringer Ausbreitung, scheinen besonders in Italien, im südlichen Frank­reich häufiger vorzukommen,**) doch auch in Russland, wo die Krankheit unter dem Namen Jaschtschur bekannt ist. In Deutschland ist dagegen die Krank­heit entschieden selten; ich habe noch keinen Thierarzt getroffen, der die reine Form selbst beobachtet hätte. Merkwürdig ist nicht allein ihre ausser-ordentliche Contagiosität, sondern auch die beständig gleichartige Verbreitung derselben speeifischen Form auf alle Thierarten.
Der Carbunkel entwickelt sich an allen verschiedenen Theilen der Zunge, doch wie es scheint vorzüglich leicht an den untern und seitlichen Theilen. Gewöhnlich nur ein Carbunkel; die Blasenform auch mehrfach.
Die Form des Carbunkels mag wohl so verschieden seyn, wie die des äussern Hautcarbunkels.
•) Chabert Instr. et Obs. vol. I. p. 141, laquo;•) Die letzte im Jahr 1838 in der Auvergno s. oben S. 180. — 1811 in
Tracamlaquo;
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Chabert beschreibt eine Form, welche offenbar dem oedematösen Haut-carbunkel, oder dem Charbon blanc der Franzosen gleicht: „Man sieht den Carbunkel auf der Zunge auch unter der Form einer runden oder länglichen Induration, die fester und härter ist, als die beschriebene Blase: Es ist eine Erhebung der äussern Haut der Zunge, und die Härte wird durch einen trock­nen Brand hervorgebracht; diese Capsel verbirgt unter sich ein zersetztes Blut oder eine sehr ätzende Lymphe, welche die Substanz unter sich mehr oder weniger tief zerstört, ohne die äussere Haut weiter zu verletzen.quot;*)
Eine andere Form wird in den grossen Epizootien 1682 und besonders 1731 beschrieben, welche mehr der Knoten- oder Quaddel-Form des Hautquot; carbunkels zu entsprechen scheint.
Die Blasenform erscheint zuerst als eine oder mehrere kleine oder grös-sere, weissliche, missfarbige, bläuliche oder schwarze Bläschen, welche sich sehr schnell vergrössern, platzen, die sehr scharfe Jauche ergiessen, und um sich greifende Brandschorfe bilden, welche die Zunge oft unglaublich schnell zerstören, so dass sie oft noch vor dem Tode des Thiers aus dem Maule
herausfällt.
Die topischen Erscheinungen sind dann oft sehr unbedeutend und wer­den leicht übersehen, aber oft schon nach 6 bis 12, zuweilen erst nach 24 Stunden sind die Carbunkel geöffnet oder die Jauche resorbirt, und alle Symp­tome des Milzbrandfiebers treten auf, und führen sehr schnell zum Tode* Das Weitere suche man unten bei den einzelnen Thierarten.
3. Milzbrandbräune.
Diese Form entwickelt sich am häufigsten primär im Schwein, und breitet sich sehr häufig epizootisch aus; in unsern mitteleuropäischen Climaten viel weniger häufig im Binde, wo sie aber schon in Spanien häufiger zu seyn scheint, und in wärmeren Climaten, namentlich in Nord-Africa und Egyplen scheint sie unter den Bindviehherden sehr häufig zu seyn; noch seltener wird sie in Pferden beobachtet, wo jedoch auch beschränktere Epizootien von Bourgelat, Brugnone, Laubender beschrieben und früher mitge-theilt worden. In andern Thieren ist sie noch weniger häufig. Dass sie auch auf den Menschen übergeht, und dass sie in diesem auch nach Infection durch andere Milzbrandformen entsteht, ist bereits früher erörtert worden. — Ebenso entsteht sie in Hunden und Schweinen durch Infection von andern Milzbrandformen. — Sie pflanzt sich aber auch ebenso wie der Zungen-carbunkel unter den Thieren in ihrer specifischen Form fort.**)
•) Instr. et Observ. vol. I. p. 138.
quot;) So soll sich auch die von Brugnone N. (43) beschriebene Epizootie in einem einzigen Pferde entwickelt und dann auf sehr viele fortgepflanzt haben
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Keineswegs kann man aber alle in Brand übergehende Formen der An­gina ihr zurechnen; und die in neuern Zeiten Torgekommenen Formen der epidemischen bösartigen Bräune des Menschen können ihr nicht zugezählt werden.
Entwickelt sie sich primär, so gehen ihr die Symptome des Milzbrand-fiebers voraus oder treten zugleich mit ihr auf, ist sie dagegen Folge der Contagion, so erscheinen zuerst nur die topischen Symptome, denen aber hier sehr bald die des allgemeinen Milzbrandfiebers folgen.
Ihre Formen bieten übrigens auch Verschiedenheiten dar: a. Sie er­scheint als erysipelatöse Form, die Theile des Rachens sind zuerst nur erysi-pelatös geröthet, allerdings etwas dunkel, aber das auffallendste Unterschei­dungszeichen ist ein mehr oder weniger paralytischer Zustand der Gaumen­muskeln, der mehr, als es die Geschwulst erwarten lässt, das Athmen erschwert, die Stimme eigenthümlich dämpft, und das Schlingen sehr erschwert oder unmöglich macht. Bald treten aber Brandflecke auf, die schnell um sich greifen, und bei deren Erscheinen die allgemeinen Symptome nie mehr fehlen, b. Es entwickeln sich Blasen ganz wie beim Zungencarbunkel, die auch ganz eben so verlaufen, c. Es entwickeln sich Knoten wie bei der beschriebenen ersten Form des Zungencarbunkels, denen sehr schnell Infiltrationen des Zell­gewebes bis zur Stimmritze und um den Kehlkopf folgen. Bei allen drei Formen nimmt sehr bald die äussere Haut um den Hals und Kopf an der Kränkelt Theil. Die Krankheit ist gewöhnlich schnell tödtlieh.
4. Magen- und Dünndarmcarbunkel.
Ob jemals selbstständig und primär ist hoch sehr zweifelhaft; indessen wohl möglich nach der Aufnahme von Contagion in den Magen.
Am ausgedehntesten kommen diese Magenaffectionen nach Zungencarbun­kel und Miltbrandbräune vor, wenn die Jauche verschluckt worden ist. Aber nach allen Formen des Milzbrands werden sie gefunden, selbst in dem Men­schen, wo Bayer z. B. einen solchen Brandfleck des Magens abgebildet hat. Bert in beschreibt sie wiederholt im Darm des Menschen.
Sie erscheinen entweder als Blut- und Sülze-Ablagerungen unter der Schleimhaut, oft zugleich als Brandflecken der letzten, aber auch als wahre knotige Carbnnkel.
5. Mastdarm - Carbunkel.
Kömmt als selbstständige Form im Rindvieh, in Pferden und Eseln vor.
Als eigentlicher Aftercarbnnkel soll er zur Zeit, wo der Zungencarbunkel
herrscht, mit und auch ohne den letzteren bei den genannten Thieren, ganz
Eine solche Epizootie einer einzigen Rinderheerde in Italien s. oben S. 146.
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in derselben Form und mit demselben Verlauferorkommen. Toggia beschreibt diese Form ausführlich.
Bei uns kommt er gewöhnlich höher oben im Mastdarm, als sogenanntes Rückenblut, in grossen Ablagerungen Tor, vom Anfange an mit Milzbrandfieber S oft mit andern Carbunkelforaen complicirt.
C. In den Respirationsorganen.
1. Nasen-Carbunkel.
Wohl selten kömmt er auf der Schleimhaut der Nase vor. Dass dieses indessen selbst im Menschen der Fall gewesen seyn soll, wird unten ange­führt werden. Eben so soll er zuweilen in Thieren vorgekommen seyn.
Lungen - Milzbrand.
1.nbsp; nbsp; Wie das ganze Gefässsystem, so leiden auch die Lungen in den allgemeineren Formen an Blutüberfüllung und Blutexsndaten, von schwarzem theerartigen Blut, wie wir durch mehrfach mitgetheilte Sectionsberichte gezeigt haben. Wie alle andern Organe können aber auch die Lungen voll­kommen frei und gesund gefunden werden.
2.nbsp; nbsp; In manchen Enzootien und Epizootien leiden aber die Lungen so allgemein mit, dass sie dem Erankheitsbilde einen eigenthümlichen und speci-fischen Charakter geben.
Dieses ist z. B. nicht selten beim Schweine der Fall.*) Dahin gehört der enzootische Milzbrand der Rinder im Lüttichschen den Wagelmans beschreibt: „Die Krankheit beginnt plötzlich mit Frostschauern, Verlust des Appetits und des Wiederkauens, Versiegen der Milch; die Haut ist trocken, mehr oder weniger gespannt, die Haare gesträubt, das Maul trocken, die Augen glänzend und verstört, Ohren und Hörner kalt; viele Sensibilität und Irritabilität, das Maul schleimig, schaumig, der Athem zuwei­len stinkend und sehr heiss, das Athemholen schwer und kurz, der Puls voll und beschleunigt, 60 bis 70 Schläge in der Minute, sehr oft ein reichlicher und sehr stinkender Durchfall, in andern Fällen hart­näckige Verstoffung. — Beim Abledern der Haut erblickt man oft die Haut-Muskeln mehr oder weniger alterirt, ein schwarzes Blut ist aufgehäuft. Beim Oeffnen des Mauls findet man dasselbe fast immer gefüllt mit schaumi­gen Geifer, Larynx und Pharynx sind geschwollen und entzündet (?); ver­folgt man die Luftröhre bis zu den Lungen, so findet man die Schleimhaut in einem Zustande mehr order weniger heftiger Entzündung (?) und die
*) Wahrscheinlich die Epizootic bei INüsken Vieharzncibucli. II S. 209.
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Lungen vie faul, eine unförmliche Masse darstellend, in welcher man kaum noch eine Spur von Organisation erken­nen kann, während das Herz in einer grossen Menge gelblichen Wassers schwimmt, welche den Herzbeutel und die ganze Brusthöhle erfüllt. Verfolgt man dann den Oesophagus vom Pharynx bis in den Magen, so sieht man in diesen beiden Organen nichts Bemerkenswerthes, aber die drei folgenden Magen sind immer mehr oder weniger zerstört, die Schleimhaut trennt sich mit der grösslen Leichtigkeit von der Muskelhaut. Die dünnen Därme zeigen immer sehr grosse Veränderungen, die Häute des Verdauungskanals sind nicht zu unterscheiden und gangränös, des Chymus ist mit Blut vermischt und stellt eine homogene, verdorbene, sehr stinkende Masse dar; diese Desorgani­sation setzt sich zuweilen bis zum Bectum fort; zuweilen ist der Darm auch nur stellenweis ergriffen. Die Leber ist oft sehr gross; immer hat man die Milz noch einmal so gross als gewöhnlich gefunden, und wie die Leber an­gefüllt von schwarzem Blut.quot;*)
3. In manchen Enzootien und Eplzootien ist aber die Lunge immer das vorzugsweise, ja zuweilen allein leidende Organ. So scheinen die Er­fahrungen von Eausch gewesen zu seyn^ der daher den Milzbrand geradezu als Lungenbrand, Lungenlähmung, Lungenschlag bezeichnete.
Ich bin sehr geneigt anzunehmen, dass der wahre (primäre) Lungenbrand der Rinder, die Pulmonera nera der Italiener, die Pneumonie gan-greneuse der Franzosen immer zum Milzbrand zu rechnen ist; aber frei­lich muss man diesen wohl unterscheiden von Pneumonien, die in Gangrän übergehen, oder von Lungenseuche, die sich auch mit Gangrän complicirt !**) Man höre folgende Beschreibung von einem der neuesten Nosographen, L afore: „Die Krankheit beginnt mit allgemeiner Hitze der Haut, und Färbung der sichtbaren Schleimhäute, Häufigkeit des Pulses und der Respiration, der Husten ist anfangs selten, dann häufiger und abgebrochen, erhöhte Sensibilität der Wirbelsäule, vermehrter Durst, verminderte Fresslust, unvollkommenes Wiederkäuen, das Thier magert sehr schnell ab. Das Athemholen wird schwerer, die allgemeine Körperwärme nimmt ab, die Schleimhäute nehmen eine gelblich-weisse oder livide Farbe an, die Augen werden vorgetrieben,
•) N. 240 S. 159. *') S. Delafond Police laquo;an. p. 522., der diese Lungenkrankbeiten gut unterscheidet, v. Ampachauf Grünfeldena. a. 0. S. 128. bezeich­net diese Krankheit als Lungenlabmung. Warum Lafore (1. c. p 701.) nach obiger Beschreibung den Lungenbrand noch nicht zum Milz­brand rechnet, sehe ich nicht ein. Bei den neueren deutschen Thierärzten herrscht eine grosse Confusion in den Lungenkrankbeiten, aber offenbar ist der Lungenbrand bei uns vie! seltener, als in südlichen Ländern, wo er oft enzootisch und höchst contagiös herrscht
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die Bindehaut sondert eine gallertartige gelbliche Materie ab. Der Husten wird häufig aber kraftlos, es entsteht ein rother krümeligter Ausfluss aus der Nase; Fresslust und Wiederkauen fehlen ganz, der Leib ist verstopft. Um diese Zeit der Krankheit entstehen oft Geschwülste unter der Haut, welche aber schnell durch Metastase verschwinden. Der Puls wird unfühlbar, während die Herzschläge eine gewisse Stärke behalten; die Extre­mitäten sind kalt, die Haut trocken, es entstehen convulsivische Bewegungen der Hautmuskeln; die Kranken wanken mit den Füssen und knirschen mit den Zähnen, der Blick ist stier, die Pupillen erweitert und unempfindlich; das Athemholen ist sehr schwer, stossweises Flankenschlagen tritt ein, die Nasenflügel contrahiren sich krampfhaft, der Husten hört auf, der Nasen-ausfluss nimmt zu und bekommt einen stinkenden Geruch; es tritt Durchfall ein, die Ausleerungen sind stinkend oft schwarz, die Schwäche erreicht den höchsten Grad, und das Thier stirbt. — In den Leichen scheint das Blut eine ähnliche Veränderung erlitten zu haben wie im Milzbrande, es ist schwarz und in den Haupteingeweiden angesammelt. Die Lunge zeigt merkwürdige Yeränderungen: ihr Gewebe ist erweicht und von schwarzem, schaumigten Blut überfüllt; in manchen Fällen ist der Geruch nach Gangrän deutlich, ab er oft fehlt dieses Z eichen; doch bemerkt man, dass dieser Geruch bald eintritt, wenn man die aufgeschnittene Lunge in Berührung mit der Luft liegen lässt. Die Bronchien, besonders diejenigen, welche den erweichten Stellen der Lunge entsprechen, enthalten eine röthliche übelriechende Materie, wie die welche aus den Nasen floss. Auch die Pleura bietet einige Veränderungen dar, sie hat im Laufe der Krankheit eine sero-albuminose Materie abgesondert, welche geronnen ist und Concretionen bildet, besonders um das Herz und die grossen Gefässstämme. In dem Zellgewebe unter der Pleura befinden sich Ecchymosen, und ähnliche auf verschiedenen Unterleibsorganen, besonders in der Schleimhaut der Blase.quot; Der Verlauf ist sehr acut, die Contagiosität unzweifelhaft. Manche andre Beschreibungen, z. 6. von Amp ach, Chabert, Gervy u. s. w. bieten noch mehr Beweise der Uebereinstimmung dar, z. B. die gewöhnlichen Re­missionen oder Intermissionen, die Andeutung von Hautcarbunkeln, die patha-logischen Veränderungen der Milz und Leber.
d. In den Geschlechtsorganen. Geh arm utter brand.
Bei andern und allgemeinen Milzbrandformen kamen Blutungen ans den Genitalien und Ablagerungen in diesen vor; einige früher angeführte Beob­achtungen über die Wirkungen des Milzbrands auf Schwangere und tragende Thiere, so wie auf den Fötus, könnten wohl für eine besondere Anlage zur Affection der Gebärmutter sprechen, indessen ist mir nur eine Beobachtung
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von Gerlach bekannt, wo nach dem Lammen unter einer Herde Schafe Gebärmutterbrand vorgekommen seyn soll.*) Ist indessen die Deutung der Krankheit richtig, so gilt wohl die Erklärung, die unten bei den complicirtcn, Formen gegeben wird, dass das eben vorzugsweise gereizte Organ befallen wird.
e. In den Harnwerkzengen.
Milzbrandblutharnen.
Nieren und Blase leiden hei den allgemeinen Formen sehr gewöhnlich und selbst vorzugsweise mit. Die Blutungen aus den Harnwerkzeugen sind bei dem Milzbrande der mehrsten Thiere, besonders der Schafe, gewöhnliche Erscheinungen. Daher ist es schon wahrscheinlich, dass der Milzbrand wohl auch allein unter dieser Form erscheinen möchte; die Erfahrung bestätigt diese Annahme; allein manche Schriftsteller gehen wohl zu weit, wenn sie fast jedes Blutharnen zum Milzbrand rechnen wollen: So thun Bojanus und Ger­lach gewiss unrecht, wenn sie die sogenannte Waldkrankheit ganz hier her ziehen. — Lafore beschreibt: 1. entzündliches Blutharnen, 2. die Wald­krankheit, 3. ein astenisches Blutharnen. Das letztere könnte am ersten hierher gehören, allein die von ihm mitgetheilten Sectionsergebnisse passen doch nicht. Adamowicz thut auch zu viel, wenn er alles enzootische Blut­harnen für milzbrandig hält.
Dagegen Blaser hat die verschiedenen Formen des Blutharnens gut unterschieden und das Milzbrandblutharnen als besondere Form unterschieden. Ich werde seine Beschreibung unten bei den Milzbrandformen des Rindviehs mittheilen.
Eine Form des Milzbrandblutharnens der Schafe, die sogenannte rothe Krank­heit der Sologne, wird unten unter den complicirten Formen erwähnt werden.
f. Der Augenanthrax.
Ich habe unten beim Menschen die leichte Infection des Menschen durch die Bindehaut der Augen erwähnt; aber auch die Vorliebe, welche die Milz-brandcarbunkel des Menschen für die Umgegend des Auges haben scheinen, wo sie häufiger vorkommen, als mau wohl glauben kann, dass da die Infection vorkommen möchte!
Diese Augencarbunkel des Menschen scheinen in der That bereits die Griechischen Aerzte gekannt zu haben, denn auf die gewöhnlichen Carbunkel passen die Beschreibungen nicht. Werlhof hat bereits die betreffenden Stel­len gesammelt, ich gebe daher lieber hier seine Zusammenstellung wieder: „Oculorum carbunculum sive ävd-qaxaffv primus descripsit Herodotus (In-trod. c. 15.) ubi de oculorum affectibus: „carbunculus, ait, est nlcus cum
•) Magaz. .f. gelaquo;. Thicrlieilk, B. XII. S. 310. Vergl. oben S. 274. 301.
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eschara (effyaQcode?) depascens (/raquo;era vofiris) jancto flnore (gev/iaTOs) et tumore duro inflammato (ßooßavog), accidentibus interdum febribus, quod turn circa totum corpus, seu in quacunqne corporis parte, turn sigillatim non-nnnquam circa oculus accidit.quot; — Celsus distinctius (L. VI. c. 6. sect;. 10) „carbunculos, dicit, solere ex inflammatione nasci, nonnunquam in ipsis modo ab interiors, modo ab esteriore parte.quot; Aegineta (L. III. c. 22,) de ävamp;qaxmael seu carbunculo et de carcinomate oculi simul agit, et illos ulcus malignum iffxccqades dicit „aliquando in bulbo oculi, aliquando in palpebra consistens quemadmodum in reliquis corporis partibus.quot; — Aetins ex Severe accuratissime describit; ubi de pustulis oculorum dixit, singulari deiude capite carbunculos palpebrarum pertractat, quos non pustulam, sed iZapamp;TjfiaTtop genere esse dicit, et solicite ab hordeolo, panis et varis distin-guere docet, ne imperiti decipiantur; qua cautione opus non foret, si oculorum affectum in rariolarum morbo fieri solitum intelligeret, quem imperitissimum Tulgus facile distinguit. „Carbunculi, ait, ruborem ab initio habent (nempe in ipso oculo, palpebra enim distensa potius albescit) ut oculum sibi peruri pu-tent, tumorem vero, aut eminentiam in palpebra non statim inducunt. Nam ob immodicam caliditatem velut ruptionem quandam carbunculus sustinet, et quod effluit ex ipso, quum sit acre et mordax, superficiem quidem carbunculi resiccat, et iaxaqav inducit, vicinis Tero locis morbum inserit. Consequitur igitur ad ipsos fortis inflammatio, tum ipsius oculi, turn partium circumsitarum, et maxime glandularum circa aures, ut interdum magnarum ulcerationum et ruptionum oculi causa fiant, insuperque prolapsuum et nuditatis palpebrarum, et circatrices a carbunculis crassae fiunt et assidue nlcerantur. Et in reliquo quidem corpore sanguis, qui ex carbunculis effluit, niger reperitur, propter summum adustionis gradum; in oculis vero sanguis non omnino ex carbun­culis manat, quod neque redundat in oculis sanguis, unde plerumque etiam albi colore sunt carbunculi in palpebris. Et, si quidem motio affectionis cito contigerit per convenientem curationem, carbunculus penitus disparet, si vero durarerit, et aegre discuti poterit, locus necessario nigrescit.quot;. (Tetrabibl. II. Serm. 3. cap. 30.*) — Alexander Trail gibt eine fast noch bezeichnen­dere Beschreibung. Die Unbekanntschaft der neuern Aerzte mit der Krank­heit hat oft zu falschen Deutungen geführt. Ich selbst habe den Carbunkel noch nie im Auge gesehen, aber wiederholt an den Augenlidern. **)
•)Werlhofde variolis et antracibug. p. 118. '•) Aus eigener Erfahrung beschreibt ihn Andreae Augenheilk. B. 11. S. 35. Er glaubt an seine Eutstebung auch ohne thierisches Con-tagium. Ich bezweifle das aus oben in der Aetiologie angefahrten Grün­den; aber aus den Gründen, die ich eben dort anführte, glaube ich, dass die Infection nicht immer an dieser Stelle erfolgt ist, wo sich der Carbunkel entwickelt.
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Wenn man nicht an Insectenstiche denkt, so sollte man glauben, bei den Thieren müsste die Infection an den Augen noch seltener und schwerer seyn; dennoch kömmt der Augencarbunkel bei ihnen häufiger vor.
Hubert beschreibt eine Epizootic von sogenannten essentiellen Carbun-kein der Rinderherden im Berry, von der er sagt: „Les progres de cette epizootic etoient on ne peut pas plus prompts; la tumeur, d'abord dur et insensible, se montroit aux flancs ou k la tuberosite de la mächoire posterieure, et frequemment au grand angle de l'oeil; ä son apparition, eile etoit de la grosseur d'une noix, son aecroissement ctoit sensible ä la rue, en sorte qu' en douze ä vingt - qualre heures eile etoit enormequot; etc. *)
Flaubert beobachtete eine Carbunkelepizootie der Pferde zu Nogent-sur-Seine, von der er sagt: „La partie que la tumeur charbonneuse affectoit de preference etoit la tete; en deux jours de tems cette partie etoit tres enflee et d'un volume enorme, tous ceux qui etoient ainsi affectes perdoient la vueraquo; les yeux se decomposoient dans l'orbite, et la gangrene faisoit des progres si rapides, qu'on etoit oblige d'extirper le globe, d'employer le feu et les antigangreneux les plus puissans pour en arreter les progres. **)
So bemerkt Hurtrel d'Arboval; „On a vu, dans le cheval et dans les volailles, le charbon attaquer un oeil, et sous forme d' Infiltration livide, atteindre la membrane pituitaire du cheval, et ajoute-t-on le cerveau.quot; ***)
Am häufigsten und am bekanntesten ist aber der epizootische Augen-anthrax unter unsern Hausvögeln, besonders den Hühnern. Er war schon den Alten bekannt, und ist auch in neuern Zeiten wiederholt vorgekommen ****)
C. Milzbrand mit aeussern Carbunkeln.
Die äussern Carbunkel der Haut erscheinen entweder nach den Erscheinun­gen des Milzbrandfiebers, als Symptome des allgemeinen Milzbrands, in welchem Falle sie Chabert als symptomatische Carbunkel bezeichnete; oder sie entstehen in der Haut ohne alle vorausgehende Erscheinungen des Milzbrands, bei anscheinend vollkommner Gesundheit, und die Symptome des Mihbrandfiebers treten erst ein, nachdem sie einige Zeit bestanden haben, in welchem Falle sie Chabert essentielle Carbunkeln nannte, man wird sie aber immer als Fol­gen der Contagion, in der Regel an der Stelle, wo sie erscheinen, betrach­ten können, obgleich zuweilen die .Contagion an andern Stellen erfolgt ist. Es ist wahrscheinlich, doch durch die Beobachtung noch nicht festgestellt,
deg;) Instr. et Observ. vol. I. p. 194. deg;*) Daselbst p. 200 •••) Dictionn. vol. I. p. 412.
•quot;quot;) Dabin gehört auch die Epizootie, welche Huzard unter dem Namen A Ibugo beschreibt; Instruct, et Observ. vol. IV. p. 315.
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dass sich gewöhnlich die symptomatischen Carhunkeln von den sogenannteil essentiellen oder contagiösen in der Form unterscheiden werden. Die Form Verschiedenheiten der Carbunkel sind folgende:*)
1.nbsp; nbsp; Die primäre Brand form. Zum Wesen des Milzbrands gehört es, dass der Carbunkel in Brand übergeht, und zwar wesentlich in trocknen Brand durch Absterben und lederartiges Erhärten der Haut. Bei dieser Gele­genheit nimmt die Haut gewöhnlich eine dunkle, in der Regel eine schwarze Farbe an; sie kann indessen auch entfärbt und weiss werden, der sogenante weisse Brand, der bekanntlich nicht allein im Milzbrand, sondern auch unter andern Verhältnissen vorkommt, und den man wahrscheinlich mit Recht dar­aus erklärt, dass während des Absterbens und Erhärtens alles Blut aus den Gefässen der Haut hinausgedrückt wird. Dass dieser weisse Brand im Milz­brand, besonders der Schweine aber auch anderer Thiere häufiger vorkömmt, ist vielleicht nicht gleichgültig bei der Erklärung des Wesens desselben.
Bei der hier genannten Form ist aber der Brand oder das Absterben eines Hautstückchens, welches ganz unempfindlich hart und todt ist, überhaupt die erste, oft die einzige Erscheinung in der Haut, denn es kann sich das­selbe abgrenzen und durch Eiterung ausgestossen werden; in der Regel breitet er sich in der Haut immer weiter aus, es wird Blut oder Milzbran-stoff unter ihm abgesondert, und allgemeine Symptome treten ein.
Dass diese Form in dem Menschen vorkömmt, habe ich unten durch meine eigenen Beobachtungen, so wie durch die von Hunnius, Clementz u. s. w. bewiesen. Ob sie aber nicht vielleicht noch viel häufiger den An­fang andrer Formen bildet, ist daselbst weitläufiger besprochen.
Im Pferde ist diese Form jedenfalls seltener, dass sie indessen doch auch als Anfang der Beulen vorkömmt, ist theils im vorigen Abschnitt, theils weiter unten nach den Beobachtungen von Chabert, Alibert, Haupt gezeigt worden.
Etwas häufiger ist sie schon im Rinde, wie unten angeführte Beobachtun­gen von Devillaine, Chabert, Malacarne, Youatt beweisen.
Nicht selten ist sie im Schafe, wo ich sie selbst kenne, Chabert, Gaspa-rin u. s. w. sie beschrieben haben.
Am häufigsten ist sie im Schweine, wie unten nach Chabert, Toggia und vielen andern gezeigt werden wird.
2.nbsp; Die Quaddel- oder Knotenform. (Ob ihr nicht oft, namentlich im Menschen und im Pferde ein Brandpunkt vorausgeht, bleibt noch unent­schieden, nach dem im vorigen Abschnitt, und weiter unten Mitgetheilten). Es bildet sich nach einem Gefühl von Stechen oder Jucken eine wenig hervorragende
•) Wie viel allgemein bestimmt bewiesen, was noch unvollkommen beobachtet, sehe man unten bei der speciellen Beschreibung unter den einzelnes Thiergattuogen
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Anschwellung im Derma, von der Farbe der Haut oder heller, weiss, von der Grosse einer Linse bis zu der einer Bohne und allmählig grosser; sie hat eine grosse Aehnlichkeit mit einer Urticaria-Quaddel; dieser Knoten selbst ist vollkommen unempfindlich, gibt auch beim Einschneiden fast kein Blut; doch äussert das Thier bei stärkerem Druck oft Schmerz; dieser scheint sei­nen Sitz in den benachbarten Theiien zu haben.
Zuweilen und besonders in manchen Thieren scheint wohl diese Form rein für sich zu bestehen; gewöhnlich geht sie aber in andre Formen über, und bildet nur das erste Stadium von diesen, daher auch die Russen diesen Knoten den Mutterknoten, Matka, nennen. Entweder sie geht in Brand über, also in die vorige Form, wie das beim Halsanthrax der Schweine gewöhnlich der Fall ist; oder es lagert sich unter ihr Blut, Sülze, Serum, oft mit Luft (Rauscher) in grosser Menge ab, sie geht in die oedematöse Form über; oder es bilden sich auf ihr Blasen oder Pocken, sie geht in die Blasen- oder Pocken-Form über; oder die Haut wird durch Sugillationen geröthet, sie geht in die erysipelatöse Form über.
Am ausgezeichnetsten kömmt diese Form im Schweine vor, wo der so­genannte Milzbrandrothlauf gewöhnlich mit solchen Urticaria ähnlichen Quaddeln beginnt. Aber in allen andern Thieren und in dem Menschen kömmt sie vor.
3.nbsp; nbsp; nbsp;Die oedematöse und scirrhöse Form. Der eigentliche Charbon oder Charbon blanc der Franzosen. Entweder ohne vorausgegangene andre Form oder nach vorausgegangenen andern Formen wird in dem Zellstoffe unter der Haut Blut, Serum, oder eine eigenthümliche gelbe Sülze, oder eine festere speckartige Masse abgelagert, und es bilden sich Geschwülste, die zuweilen nur Zolle, zuweilen aber mehrere Fuss im Durchmesser haben. Später wird die Haut auf ihnen brandig und ans den entstandenen Löchern fliesst Jauche oder gelbes Wasser aus.
Ohne Zweifel entstehen sie oft ohne andre Formen, besonders bei Rin­dern; indessen auch bei andern Thieren kommen sie so vor, wenn gleich seltener. Auch bei uns kommt sie zuweilen im Menschen vor, wie unten mitgetheilte Fälle zeigen; vielleicht ist sie aber in manchen Gegenden auch unter den Menschen häufiger, denn die oben aus der Beauce beschriebene, und lumeur Beauceronne genannte Form {oben S. 63.) ist nichts als diese oedematöse Form. Leider fehlen uns noch mikroskopische und chemische Untersuchungen der abgelagerten Massen. Was bekannt ist, findet man unten gpeciell mitgetheilt.
4.nbsp; nbsp; nbsp;Die Rothl auf form. Der Name ist ein alter, dass er sehr passend sei, möchte ich grade nicht behaupten, denn von dem wahren Erysipelas unterscheidet sich die Krankheit doch bedeutend. — In den Thieren erschei­nen zuerst einzelne rothe Flecke, die in den Schweinen wenigstens sehr oft Quaddeln gleichen, nach einigen Beobachtern ist dieses auch im Schafe der
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Fall. Diese Flecke fliessen bald zu grossen rothen Flächen zusammen. In den Schweinen ist wenigstens in vielen Fällen, im Anfange kein ergossenes Blut zu erkennen, sondern es ist eine esanthematische Injection; wie es sich im Schafe verhält, weiss ich nicht. Schnell aber ändert sich die Scene, die Röthe wird gleichmässig bläulich oder liride, und rührt deutlich von im Derma, und unter der Epidermis ergossenen Blut her, die Blasen, die zufällig im Schweine entstehen, sind Blutblasen; dagegen sollen bei Schafen exante-matische Bläschen und Blasen entstehen. Bald entsteht Milzbrandoedem unter der Haut und Brand der Haut selbst. — In dem Menschen entsteht eine Geschwulst der Haut, offenbar von Auflockerung im ünterhautzellstoff, und die Haut wird roth, die Röthe ist nicht die des exanthematischen Erysipelas, sondern gleicht mehr der der Roseola (die immer mehr an Blutstese und an Blntexsudat erinnert,*) nicht selten kommen bald auch wahre Blutexsudate (Purpura- Flecken) zum Vorschein; auf dem gerötheten Fleck, der gewöhnlich eine ganze Hand, einen ganzen Vorderarm u. dgl. einnimmt, fahren aber schnell eine Anzahl gelb oder bläulich, schmutzig gefärbter Blasen auf, die bald platzen und einen schwarzen brandigen Grund hinterlassen. Die allge­meinen Symptome sind wie bei allen Formen die des Milzbrandfiebers, nur oft milder.
5)nbsp; Milzbrand-Blasenausschlag. Vielleicht kann es als Spielerei betrachtet werden, dass ich diese Form von der vorigen trenne, indessen ist es hier wohl gut, alle vorkommenden Formen, wenn sie auch Uebergangsfor-men sind, zu trennen.
Nicht so selten kömmt es vor, dass an dem Menschen (besonders an Händen) nach Milzbrandinfection, ohne die eben beschriebene erysipelatöse Geschwulst, und ohne vorausgegangene Brand- oder Mutterkneten-Bildung, nur eine Anzahl gelbliche oder bläuliche Blasen auffahren, welche platzen und einen schwarzen Grund hinterlassen. Die Form gehört zu den leichte­sten, doch darf man nie trauen; Symptome von Hilzbrandfieber treten auch doch oft ein, und sie kann tödtlich endigen.
Vorzüglich bekannt ist diese Form bei dem Menschen, und unten nach meinen eigenen Beobachtungen, wie nach Thaer, Carganico u. A. beschrieben. Sie scheint indessen auch in dem Schafe, doch gefährlicher, vorzukommen.
Die folgenden beiden Formen sind diejenigen, welche die französischen Schriftsteller eigentlich als Pustule maligne bezeichnen.
6)nbsp; Die einfache Pustel- oder die Brandblasenform. Sehr oft mag hier wohl der Anfang durch ein Brandpünktchen bezeichnet seyn, sehr oft mag der Mutterknoten dem Bläschen vorausgehen, indessen in beiden
*) Die in einander übergehenden Krankheitsformen Roscola rbeumatica und Purpura rbeumatica erläutern dieses gut.
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Beziehungen sind die Beobachtungen unvollkommen; als bestimmt beobachtet kennen wir nur die Entstehung eines gelblichen, anfangs flachen Bläschens von der Grosse eines Hirsekorns, umgeben von einem rothen Hof; das Bläs­chen wächst aber sehr schnell, man erblickt nun eine erhabene Blase (Pustula pro-eminens) von der Grosse einer Erbse, von geblicher, grünlicher, livider Farbe, umgeben von einem blaurothen Hof und auf einem harten, unempfindlichen Mut­terknoten stehend. Diese einfache, nicht zeiligte Blase platzt, ergiest ein scharfes Serum, und zeigt auf ihrem Boden einen schwarzen Brandfleck, schnell fährt nun in dem rothen Hofe, rund um den Brandfleck, ein Kranz von neuen Bläschen oder Blasen auf (der sogenannte Blasenwulst mancher Nosographen), der rothe Hof nimmt sehr bedeutend an Umfang zu, der Brand und die Blasen­bildung schreitet excentrisch fort, ein Oedem bildet sich unter der Haut, die Symptome des Milzbrandfiebers machen dem Leben ein Ende, wenn nicht die angemessene Behandlung eintritt.
Die Form ist nur beim Menschen bekannt.
7) Die Pockenform. Wahrscheinlich beginnt die Krankheit mit einem kleinen Brandpunkt, um welchen sich eine Quaddel oder der sogenannte Mut­terknoten erzeugt, wohl möglich, dass auch oft zuerst ein kleines Bläschen aber dem Brandpunkte entsteht, welches platzt, was manche Schriftsteller als allgemeine Kegel aufstellen; über diesen Anfang besitzen wir keine genü­genden Beobachtungen; wenn die Krankheit zur Beobachtung kömmt, so fin­det man folgendes: Ein kleiner vertiefter schwarzer Funkt bildet den Mittel­punkt einer Pustel, in ihm haben offenbar einige Beobachter eine Aehnlich-keit mit dem Nabel einer Pocke finden wollen, eine scheinbare, äussere, ober­flächliche Aehnlichkeit ist wohl vorhanden, aber keine wahre; um diesen Punkt steht eine niedrige, platte Pustel (Pustula depressa), zuerst nur von dem Durchmesser von ein paar Linien, sie ist oft weiss und glänzend, aber auch gelblich, röthlich, oder livid bläulich, sie ist fest, elastisch und von offenbar zelligem Gefüge, als bestände sie aus vielen kleinen verschmolzenen Bläschen, um sie herum ein bläulich rother Hof, und ihre Basis ist hart, unempfindlich, besteht aus dem sogenannten Mutterknoten. Bald erhebt sie sich mehr, wächst an Umfang, der Hof wird grosser, in ihm entsteht ein Blasenwulst, wie in der vorigen Form, und der weitere Verlauf ist ganz wie in dieser. Nicht wenige Beobachter haben in dieser Form eine Aehnlichkeit mit der Menschenpocke oder mit der Kuhpocke erkennen wollen.
Auch diese Form ist nur beim Menschen näher bekannt.
Was die Stellen des Körpers betrifft, wo die Carbunkel ihren Sitz haben, so ist früher schon erwähnt worden, dass sie danach in altern Zeiten oft als ganz verschiedene Krankheiten betrachtet worden sind. Chabert hat die verschiedenen Namen gesammelt, unter denen sie in Frankreich bekannt waren*}.
•) Instr. et übserv. Vol. 1. p. 189.
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Merkwürdig bleibt es, dass in einzelnen Epizootien eine solche Vorliebe für den Sitz an bestimmten Körperstellen hervortritt; so dasa in manchen Epizootien die Carbunkel an den Geschlechtstheilen, in andern am Kopfe, in noch andern in den Ffissen u. s. w. auftreten *). Die Ursache muss in der endemischen oder epidemischen Constitution gesucht werden. So scheint z. B. auf hohen Gebirgen der Kopfcarbunkel vorzüglich häufig.
Dass die Gefahr der Carbunkel nach ihrem Sitze sehr verschieden ist, wuastcn schon alte Aerzte; so sagt schon Heister: „Pessimae vcro illae ob-servantur, quae vel in facie, vel in collo, vel in pectore, Tel sub axillis nas-cuntnr, fere semper enim hominem conficiunt.quot; Darin stimmen auch alle neue­ren Menschen- und Thierärzte überein. So sagt auch Malacarne vom Milz­brand des Rindviehs: „Riescon meno pericolosi i Carbonchi delle mani e de' piedi, e ne cresce il pericolo a misura ehe s'aecostano al tranco, al capo, al collo, luoghi malaugurati per la sede die questi mecidiali tumori.quot;
1)nbsp; Am Kopfe scheinen die Carbunkel besonders häufig beim Schafe vorzukommen, wie wir unten sehen werden, sie erscheinen indessen hier auch oft bei Pferden und Rindern; dass sie auch beim Menschen eine Vorliebe für die Umgegend der Augen zu haben scheinen, wurde wiederholt erwähnt. Die Gefahr dieser Carbunkel bei den Thieren erklären die Aerzte gewöhnlieh daraus, dass sie die Knochen zerstörten und sich auf das Gehirn fortsetzten. In den Menschen tritt indessen gewöhnlich der Tod ein, ehe die Zerstörungen so weit gediehen sind; wohl möchte es aber nach den Symptomen scheinen, dass das Milzbrandgift sehr bald auf das Gehirn wirke.
2)nbsp; nbsp; Am Halse kommen die Carbunkel vorzüglich häufig beim Schweine vor, die Halscarbunkel sind aber nicht weniger gefürchtet beim Pferd und beim Rindvieh, und auch beim Menschen kommen sie hier viel häufiger vor, als man die Infection an dieser Stelle erwarten kann. Als Segretain (a. a. 0.) von der Gefahr dieser Halscarbunkel der Rinder in Guadeloupe sprach, be­merkte Dupuy, er sei der Meinung, dass die Gefahr daher rühre, dass das Milzbrandgift auf den Nervus pneumogastricus wirke, und durch diesen schnell Exsudate in den Respirationsorganen hervorrufe. Der Gegenstand verdiente wohl, dass man einige Versuche über die Wirkung des Milzbrandcontagiums auf den Nervus pneumogastricus anstellte.
3)nbsp; Der Carbunkel auf der Brust ist von alten Zeiten her als sogenanntes Avantcoeur wegen seiner Gefahr verrufen. Im Cameel ist es die einzige Form, welche angeführt wird; beim Pferde und beim Rinde ist sie besonders in manchen Gegenden häufig.
*) tn der von Hinter meyr beobachteten Epizootie sollen die Hirsche den (salzigen, oedematosen) Carbunkel jederzeit am Halse, unter dem Sternomastoideus gehabt haben. A. a. 0. S. 446. 447.
Hctuinger, Hibkrnri.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; or.
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;S.i
4)nbsp; Auf dem Rückeu ledmatt der Carbunkel besonders im Pferde, doch auch beim Rinde vor, und ist ebenfalls sehr gefährlich, indem er sehr bald auf die Organe unter der Wirbelsäule wirkt.
5)nbsp; Auf dem Bauche ist er etwas seltener, doch kommen ein paar merk­würdige Epizootien von Bauchcarbunkel vor, besonders die sonderbare von Grog-nier an Schafen beobachtete.
6)nbsp; An den Gegchlechtätheilen, besonders den männlichen, kömmt er be­sonders bei Pferden vor, und war hier in einigen Russischen Epizootien vor­zugsweise häufig.
7)nbsp; An den Oberschenkeln kömmt er, besonders von den Inguinaldrfisen ausgehend, als sogenannter Musaraigne der Franzosen vor.
8)nbsp; An den Fassen als sogenannte Trousse galant bei Pferden, doch auch bei andern Thieren. Häufig wohl als complicirte Form.
9)nbsp; Am Schwänze wahrscheinlich beim Rindvieh als sogenannte Sterz­seuche. Aber nicht alles, was unter diesem Namen beschrieben wird, kann hierher gerechnet werden.
D, Complicirte Formen.
Wiederholt, und namentlich in der Aetiologie, wurde darauf aufmerksam gemacht, daes der Grund, wesswegen der Milzbrand gerade in einem Organ und nicht in anderen ausbreche, kein andrer sey, als derselbe, welcher be­wirkt, dasraquo; ein Thier von dem Centagium inficirt wird, und zehn andere, auf die dasselbe auch wirkte, nicht; nämlich das Vorhandenseyn der besonderen Disposition. Diese Disposition ist aber gegeben durch den bestehenden Zu­stand der erhöhten Thätigkeit, der Reisung in einem Organe. Diese Reizung kann aber Folge von Verletzungen und Kränkungen durch mancherlei Ein­flüsse, durch endemische und epidemische Constitution seyn.
Das Contagium kann unmittelbar auf das eben gereizte Organ wirken und so die Contagion herbeiführen; es ist aber bereits früher durch mehr­fache Thatsacheu bewiesen worden, dass dieses keineswegs immer der Fall, sondern oft ist die Aufnahme des Contagiums durch ein ganz andres Auf-nahmeorgan erfolgt, und doch bricht die Krankheit in dem, oft entfernten, disponirten Organe aus, wofür Beispiele genug angeführt sind.
Ist nun das disponitte Organ schon wirklich von einer Krankheit befal­len, so wird eine Complication einer andern Krankheit mit Milzbrand die Folge seyn. — Wenn nämlich zwei Krankheiten auf den Organismus wir­ken, so hängt es von dem Wesen der Krankheiten ab, ob sie sich gegen­wärtig ausschliessen, in welchem Falle entweder die frühere Krankheit nur fortbesteht, oder der mächtigere Kranheitsreiz sich geltend macht, oder aber ob sie sich gegenseitig mit einander zu verbinden im Stande sind. Der Milz­brand hat nun leider eine Neigung, sich mit sehr vielen Krankheiten zu ver­binden, und die complitirten Formen sind häufig.
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Bas Gesetz, dass die eben gereizten Theile befallen werden, wird durch zahlreiche Beobachtungen erläutert.
Dahin gehört z.B. die Beobachtung von Hintermeyr, dass Hirsche, welche gerade im Aufsetzen begriffen waren, den Milzbrand an den sich bildenden Geweihkolben bekamen. „Die Dammböcke fangen zu dieser Zeit an aufzu­setzen, und bekanntlich ist der Rosenstock zur Zeit des Aufsatzes sehr em­pfindlich, daher Reitz und sonach vermehrter Zuflnss der Säfte nach diesen Theilen. Auf diese neuen jungen Aufsätze macht die Krankheit, wie über­haupt auf jeden nur etwas gereizten Thcil, Metastasen von enormer Grosse, so zwar, dass einige hicvon befallene Stücke nicht mehr vermögend waren? den Kopf in gerader Richtung zu tragen, sondern denselben ganz nach der Seite hangen Hessen, wegen der Grosse and Schwere einer solchen Ablage­rung. Das Volumen eines solchen Auswuchses hatte die Grosse von einer starken Kegelkugel, und war selbst noch zweimal so gross. Ich sah sie je­desmal nur an einem Geweihe, das andere war in der Regel gesund. Beim Durchneiden eines solchen entarteten Auswuchses entquoll demselben schwärz­lich-bräunliche Jauche. Die eigentliche Substanz war eine bräunliche sulzig-schwammige Masse, von ekelhaftem äussern und Innern Ansehen, besonders von üblem widerlichem Gerüche. Der Grund eines solchem Gebildes war ge­wöhnlich mit schmieriger, schleimig-jauchiger Flüssigkeit besetzt. Der Ver­lauf der Krankheit war bei den hievon befallenen Stücken in der Regel auch etwas länger, weil der Krankheitsstoff sich zuerst auf diese äussern, etwas entfernten Theile hinwarf, um vielleicht dort sich einen Ausweg zu suchen. Ja ich habe mich sogar überzeugt, dass ein Schaufler, der mit einer Ablage­rungsgeschwulst behaftet war, dieselbe instinetmässig herunterschlug, auf solche Weise dem Krankheitsstoff einen Ausweg bahnte, und den man mit den vom Kopf herabhängenden Stück später noch öfters laufen sah, durchseuchte *).
In diesem Falle konnte möglicher, ja wahrscheinlicher Weise das Con-tagium auf die jungen Aufsätze gelangt seyn, nothwendig war das aber nicht.
Bereits mehrere ältere Aerzte machten die Bemerkung, dass Thiere, die man durch gelegte Haarseile gegen die Krankheit praeserviren wollte, den Carbunkel gerade an den Haarseilwunden bekamen.
So bemerkte Bojanus in einem epizootischen Milzbrandfieber, dass bei den daran leidenden Pferden „die Eiterbänder ein beständiges Auströpfeln gelben Wassers bewirkten, und bisweilen fanden sich in ihrer Nachbarschaft Beulen einquot; **).
Brognone beobachtete sogar in einer Epizootic, dass die Krankheit jederzeit an den Haarseilnarben ausbrach: „C'etait precisement par l'ancien
•) A a. 0. S. 447. ••) A. a. 0- S. 140.
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ulcire, que l'approche de la maladie s'annon^ait dant touraquo; les animaux, aux-quels on avail fait quelque cautere dans le dessein de lei en pr^ierrer; cet ulcire, quoique cicatris^, se rouyrait subitement par I'ecoulement d'un sang noir et par le gonflement des parties voisines *).„
Wahrscheinlich sehr mit Recht haben mehrere Aerzte Tor dem Impfen der Schafpocken zur Zeit von herrschenden Milzbrand gewarnt, indem leicht an den Impfstellen sich Carbunkeln entwickeln **).
Von Ampach bemerkt über die Complicationen: „Oft geht der Milz­seuche die Klauenseuche, die Maulseuche voran, oder sie vereinigen sich mit einander. Als Gesellschafterinnen der Milzseuche kommen am öftersten die Lungenseuche und die Ruhr vor ***).
Die bekannten complicirten Formen sind folgende.
1) Maulseuche.
Die Maulseuche, obwohl Ton manchen Aerzten zu den Erysipelatosen gerechnet, und ich will den Anschein einer solchen Verwandschaft nicht leugnen, kömmt doch unendlich oft vor ohne eine Spur von Milzbrand, sie hat 1838 nicht allein in meiner Umgegend, sondern überall und selbst in vielen Milzbrandländern, viele tausend Stück Vieh befallen, ohne jemals in Milzbrand überzugehen oder sich mit ihm zu compliciren ****}. Sie ist aber auch in manchen einzelnen Fällen, auch nicht selten allgemeiner in manchen Epizootien in Gangrän übergegangen, und eine solche gangränöse Maul­seuche hat doch noch nichts mit dem Milzbrande gemein (s. im folgenden Abschnitt: Gangränösen), also auch eben so wenig mit dem Zungenanthraz.
Der Umstand, dass in langen Jahren keine allgemeine Zungenanthrax-Seuche vorgekommen ist, dass derselbe überhaupt auch nur in seinem Vater­lande, Frankreich und Italien sporadisch oder enzootisch in diesem Jahr­hundert erschienen ist, hat veranlasst, dass die deutschen Aerzte oft Maul­seuche und Zungenanthrax, und dann wieder die erstere mit dem Milzbrande verwechselt und zusammengeworfen haben, wozu denn die vorgekommenen Complicationen noch beigetragen haben können. Die Beschreibungen der grossen Zungenanthraxseuchen der vorigen Jahrhunderte, welche wir im zweiten
•) Instr. et Obsv. Vol. VI. p. 233.
*) Huntrel d'Arboval I.e. Vol. L p.
423. Auch andere Aerzte.
A. a. 0. S. 160.
Das bestätigt auch K ö r b e r: „ Fast in dem grössern Theile der Um­gebungen meines Wohnortes ist der Milzbrand stationär und fordert jedes Jahr zahlreiche Opfer; in dieser Gegend habe ich viermal die epizootische Maulseuche beobachtet, nie aber dabei eine Abänderung im Auftreten des Milzbrandes wahrgenommen.quot; Krankheiten de* Rindlaquo; rieba II, S. 18.
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Abschnitt gaben, so vie die Darstellungen dieser Krankheit rou franiösiscben und italienischen Beobachtern, welche im gegenwärtigen Abschnitte enthalten sind, werden das Irrige dieser Verwechslungen nachweisen.
Pessina, Waldinger, Schrader u. s. w. haben daher ohne allen Grund eine Gleicheit von Maulseuche und Milzbrand angenommen. Es ist unbegreiflich wie Waldinger, dessen Autorität ohne Zweifel sehr rerführ-rerisch gewesen ist, zu solchen Aesserungen kömmt: „Die Entzündung im Maule (beim Maulweh) erreicht in kurzer Zeit eine bedeutende Höhe, kann sogar in Brand übergehen, so dass diese Krankheit als partieller Milzbrand zu betrachten ist *). — „Im geringeren Grad der Bösartigkeit erscheint der Milzbrand, unter der Form von Maulweh, Zungenkrebs und Klauenweh. Das Maulweh und der Zungenkrebs sind jedoch oft sehr schnell yerlaufend, gefährlich, und scheinen eine besondere Form des Milzbrandes zu seyn, wel­cher sich metastatisch auf diese Theile wirft, und ausser der schnellen Tödt-lichkeit auch noch durch die Ansteckungsfähigkeit verderblich wirdquot; **).
Bojanus kennt offenbar die Complication der Maulseuche mit dem Milz­brand, aber nicht den wahren Zungenanthrax! So erklärt er richtig: „Manche sehen den Zungenkrebs nicht als ein Zusammentreffen von Milzbrand und Maulseuche an, sondern vielmehr, entweder blos als Milzbrand, dessen ört­liche Zufälle (Carbunkel) das Maul treffen, oder sie nennen es eine blosse Maulseuche, die aber Milzbrandartige Natur annimmt, oder endlich sie be­haupten gar, Milzbrand und Maulseuche seyen dem Wesen nach einerlei Krankheit, nur dem Grade und zufälligen Sitze nach verschieden; es könne also das örtliche Leiden im Maule gelinde sejn oder heftig: Im ersteren Falle habe es die Form der gutartigen Maulseuche, im zweiten die des Zungen­krebses. So wenig ich nun auch diese Meinungen theile und so unhaltbar mir insbesondere die letzte scheint, welche die Maulseuche und den Milz­brand für verschiedene Gestalten eines und desselben Uebels hältquot; u. s. w. ***) Es ist aber ganz irrig, wenn er sagt: „Wenn sich Milzbrandfieber oder Car-bunkelkrankheit zur Maulseuche gesellt, so legt sie ihre milde Natur ab und verläuft mit dieser Seuche eigenen Heftigkeit. Dies ist das ziemlich seltene, aber, unter dem Namen des Zungenkrebses sehr
verschrieene Uebelquot;...... Schlimmer ist es, wenn sich, wie
zuweilen geschieht, zu der Maulseuche Milzbrand gesellt. Dann wird die Seuche, wegen der Eigenthümlichkeit dieses vorwaltenden Uebels, ohne merk­liche vorläufige Kranheitszufälle, oft plötzlich tödtlich und man findet erst in den Toden oder dadurch aufmerksam gemacht, nachher auch kurz vor dem
deg;) Spec. Path. u. Teraphie B. 1. sect;. ?3. •*) Daselbst B. II. S. 167. •••) A. a. 0. S. 204,
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Tode bei Lebenden, die früher übersehenen örtlichen Zufälle im Maule etc. *). Die Complication ist richtig bezeichnet, aber der wahre Zungenanthrax ist dem Verfasser unbekannt.
Ryebner äussert Ansichten, denen man wohl geneigt seyn möchte beizu­stimmen, wenn nur das von ihm angenommene Wesen der Maulseuche voll­kommen bewiesen wäre. Er beobachtete nämlich eine ausgebreitete Milzbrandepizootie in der Schweiz während der grossen europäischen Maul-seuchenepizootie im Sommer 1839, und zwar an den Stucken, die eben durchgeseucht hatten an der Maulseuche, und zum Theil noch die Spuren dieser Seuche trugen **). Er glaubt nun, dass die Anlagen zum Milzbrand durch die Maulseuche begründet worden sei: „DieMaulseuche, der Familie derErysipela-ceen angehörig, lässt, obschon der Hauptsache nach die Krankheit sich als eine Eruption auf der Schleimhaut des Maules zeigt, eine Affection der Hinter­leibsorgane, und wäre es auch die Schleimhaut des Darmcanals, nicht weg­denken, und wir wären erbötig, schon von viel früherem Datum, und aus ganz andern Localitäten nachzuweisen, wie gern Maul- und Klauen-Seuche oft sehr beunruhigende hepatische Zufälle hervortreten lässt, so dass eine Dis­position im Hinterleibe ohne Zweifel zu Metaschematismus vorhanden ist u. s. w. (Seine weitere Nosogenie möchte ich nicht unterschreiben).
Mag nun eine solche Beziehung vorhanden seyn oder nicht, die Com­plication kömmt nicht selten vor.
Im Jahr 1842 kam diese Complication häufig epizootisch vor: „Im Reg. Bez. Düsseldorf wurde der Milzbrand als Complication der Maul- und Klauen­seuche vom Kreisthierarzte Sanberg zu Kecken und Nicl im Kreise Cleve beobachtet; im zweiten Quartale wurden 6 Kühe und 2 Kälber eines Guts­besitzers davon befallen, welche sämmtlich mit Ausnahme einer Kuh, binnen sechs Tagen krepirten; von hier verbreitete sich die Maulseuche auf das Vieh der Gemeinde und starben von 45 noch 6; die Thiere zeigten rasch eine grosse Hinfällgkeit, Schwanken im Kreuze, öfteres Urinen, Mistverhal­tung, livide Färbung der Aphthen, starkes Fieber und stinkenden Athem. Auch im dritten Quartale wüthete der Milzbrand mit der Manlseuche an den­selben Orten noch heftiger fort; Anfangs Juni starben einem Landmanne binnen kaum acht Tagen von 9 Häuptern 7; als Krth. Sanberg mit der Untersuchung amtlich beauftragt wurde, war die Sache bereits sehr bedenk­lich, denn auf der Gemeindeweide lagen schon 45 Stück eingescharrt; er fand, dass die Kranken die ertsen Anfälle der Maul - und Klanseuche bereits überstanden hatten, und dass mit dem fünften, siebenten bis neunten Tage die oben beschriebenen Symptome des Milzbrands hinzutraten; die Fresslust
•) Daselbst S. 188.199. ••) S. N, 336 und .S. 183 oben.
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Hess dann plötzlich nach, die Haut wurde trocken nnd kalt, die Schleimhaut des Maules bteifarbig, die Aphthen schmutzig, der Charakter des Fiebers war torpid, der Puls klein, weich und aussetzend, beim Saufen kam die Flüssig­keit oft mit Speichel und Schleim zurück, oft stellte sich auch förmliches Erbrechen ein und die Thiere gingen alsdann schnell zu Grunde. Bei der Obduction zeigte sich der Cadaver aufgetrieben, ein grünlicher Ausfluss aus dem Maule, Blutabgang aus dem After, eine theerattige Beschaffenheit des Blutes, Corrosionen und Entzündungen der Innern Schleimhäute und dieBlut-gefässe des Magens und der Milz strotzend angefüllt; die Milz war mürbe und beim Drucke wie Syrup zerfliegsend; mitunter fanden sich auch sulzige Ergiessungen im Verlaufe der Luftröhre, des Schlundes und um die Bauch­speicheldrüse. In Kecken und Niel starben nach amtlicher Angabe mehr als 180 Stück. Auch im Kreise Elberfcld bemerkte Thierarzt Pfaffrath eine An-thraxcomplication der Maulseuche bei 4 Schweinen, welche Mehlbrühe aus den Krippen kranker Kühe erhalten hatten; eins fiel beim Fressen todt nieder, sein Speck war dunkelroth wie Rindfleisch, auf der Zunge fanden sich Ero­sionen: Die drei andern Schweine zeigten viele handgrosse Flecken zwi­schen den Schenkeln und dem Bauche; sie worden wieder hergestellt*).quot;
Diesen ähnliche unzweifelhafte Fälle von Milzbrandmaulseuche kommen häu­figer vor. Dagegen wird z. B. die folgende Beschreibung einer Seuche, welche der hiesige Kreisthierarzt Herr Hüb n er im Winter 1823/2 4 im Kreise Witzenhausen beobachtete, weder auf Milzbrandmaulseuche, noch auf Znngen-anthrax passen, sondern es war gangränöse Maulseuche: „Es bil­deten sich unter der Zunge, in der Gegend des Zungenbandes entweder eine oder mehrere, oft auch sehr viele kleine feine Blattern, von der Grosse eines Stecknadelkopfs, oder es entstanden Blasen, die den Brandblasen durch Feuer sehr ähnlich waren, und die Grosse einer Erbse bis zu der einer Haselnuss hatten; oder es entstanden kleine Balggeschwülste? die zerschnitten eine sandartige Masse enthielten. Fing die Krankheit mit vielen Blattern auf einmal an, so entstanden in 1 bis 2 Tagen grosse flache Geschwüre, die schnell um sich griffen; entstanden aber grosse Blasen, so bildeten sich sehr tiefe oder auch Hohlgeschwüre, die eine Länge von 3 bis 4 Zoll und eine Breite von IVj Zoll in zwei bis drei Tagen erreichten; alle diese Geschwüre wurden sehr bösartig, wenn nicht die schleunigste Hülfe geleistet wurde. Die Heilung dauerte 14 Tage bis 3 bis 4 Wochen, bei einigen 8 Wochen. Diese Seuche herrschte in den Orten Grossalmerode, Weissenbach, Asbach, Wei*-denbach, Henningerode, Albshausen, Laubach, Ermschwerd, Oberrieden, Klein-vach. Nach eingezogenen Nachrichten herrschte sie auch in den Kreisen Eschwege und Hofgeisraar. Eigenthümlich war dieselbe dadurch: 1) dass
•) Rhein. San. Ber. 1849. Vet. 8.25,
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sie nur das Rindrieh befiel; 2) dass keine Klauenseuche dabei erschien;
3)nbsp; dass sie durch die Heilkräfte der Natur nicht geheilt werden konnte;
4)nbsp; dass die Geschwüre sehr bösartig waren und blos in der Gegend des Zungenbandes erschienen.quot; Allerdings manches Eigenthümliche, allein es herrschte in jenem Jahre eine allgemeine Maulseuchenepizootie in Deutschland.
2. Klauenseuche.
Vielleicht eben so häufig nimmt die Klauenseuche durch Complica­tion den Milzbrandcharacter an; aber auch hier darf die noch häufigere gan­gränöse Klauenseuche nicht mit Milzbrand zusammengeworfen werden.
(Manche Anginen verhalten sich wahrscheinlich der Maulseuche ganz analog, man kann das aus einigen Beobachtungen vermuthcn, bestimmtere Darstellungen sind mir aber nicht bekannt.)
3. Mauke.
Die Mauke geht oft, und in ganzen Epizootien in Gangrän über; diese Brandmauke hat nichts mit dem Milzbrand gemein; aber es ist sehr wahr­scheinlich (ihrem ganzen Wesen nach), dass sich die Mauke gern mit Milz­brand complicirt.
Lüpke theilt eine Beobachtung unter dem Namen Anthraxfieber mit Mauke complicirt bei einem Pferde mit*). Milzbrand war es nun freilich gewiss, ob aber Mauke mit Milzbrand oder ursprünglicher Fussmilzbrand (Trousse galant), das lässt sich aus der unvollständigen Beobachtung nicht entnehmen, weil die Symptome einer vorangegangenen Mauke nicht angege­ben sind.
4. Catarrh, Schnupfen, Influenza, Rotz.
Die vorliegenden Beobachtungen zeigen, dass der Milzbrand wahrschein­lich nicht selten die genannten Leiden der Respirationsschleimhaut com­plicirt.
Sehr zweifelhaft ist eine Beobachtung, die Lüpke als Milzbrand mit catarrhalischen Symptomen bezeichnet**), denn aller Wahrscheinlichkeit nach war es vom Anfange an nur Milzbrand mit Drüsenanschwellungen.
Richtiger ist dagegen eine folgende Beobachtung desselben Arztes als Influenza mit Anthraxbräune (besser mit Halsanthrax) bezeichnet: „Am 12. Mai zeigte mir der Verwalter ein kleines Littauer Pferdchen, und be­merkte dabei, dass dieses Thier schnell athmete, aber noch Heu fresse, und auf jeden Fall an derselben Krankheit (Influenza) leide, woran sechs Gespann-
•) Zeitschr. für Thierheilk. •*) Daselbst. S.58.
B. XVI. L S.61.
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pferde gelitten hätten. Nach genaner Untersuchung fand ich seine Aussage bestätigt. Am 12. Tage der Behandlung war völlige Genesung eingetreten und ich konnte nur noch dem Tbiere einige Tage Ruhe empfehlen. Allein es trat am 15. Tage ein andres Leiden hinzu und zwar so schnell, dass nach Aussage des Wärters, um 11 Uhr Mittags das Pferd sehr gut gefressen ha­ben soll, und um halb zwölf Ubr, bei meiner Ankunft, der Hals schon so angeschwollen war, dass Erstickung drohte. Die besondern Zufälle, welche mich zu der Yermutbung, dass es Anthraxbräune sei, bestimmten, sind fol­gende: Die Krankheit enstand plötzlich und ohne Vorboten, das Pferd war sehr ängstlich, stand mit gesenktem Kopfe und zitternden Körperbewegun­gen, von der Krippe entfernt, um den Kehlkopf herum und an der Luftröhre hinab fand sich eine gespannte heisse Geschwulst; die sichtbaren Schleim­häute waren missfarbig, etwas bläulich-röthlich, die Zunge war angeschwol­len, die Hitze im Maule abwechselnd, die Ohren und Extremitäten kalt, das Athmen war sehr beschleunigt, schnarchend und wurde mit aufgesperrten Nasenlöchern und starker Flankenbewegung ausgeübt, das Schlingen war unmöglich, die Fieberhitze war sehr hoch gesteigert, also der Puls sehr be­schleunigt, aber klein und weich und kaum fühlbar, der Herzschlag war sehr unfühlbar, alle Se- und Excretionen waren unterdrückt, dabei war die Unruhe sehr gross, es legte sich das Thier öfters nieder und sprang dann plötzlich wieder auf*).quot; Am Tierten Tage war es hergestellt.
Einen ausgezeichneteren Fall wo eine Lämmerherde, am Schnupfen litt, und nun von Milzbrandschlag mit vorzugsweiser Affection der Lungen befal­len wurde, den Lowak beobachtete, habe ich bereits früher im Auszuge mit-getheilt**).
Die sogenannte bösartige Form der in der Schweiz unter dem Namen der hitzigen Kopfkrankheit der Rinder bekannten catarrhalischen Seuche möchte wohl häufig hierher gehören, in einer Complication von Kopf-catarrh mit Milzbrandfieber bestehen.
Einen ähnlichen Character scheint eine Epizootie gehabt zu haben, welche in den Jahren 1834 und 1835 die Schafherden in Neusüdwales yerheerte: „Die Triften, auf welchen die Schafe gehalten wurden, bestanden in lufti­gen Hügeln mit vortrefflicher Weide und gutem Wasser. Sie befanden sich seit 5 bis 6 Jahren an diesen Orten und waren vollkommen gesund geblie­ben. Die Wintermonate waren trocken mit starken Frösten gewesen, als aber die Regen im letzten Theile des Frühjahrs eintraten, erschien die Seuche. Das Thier sondert sich von der Herde, scheint nie­dergeschlagen und traurig, die Augen wässern, die Schleimhaut der Nase ist
*) Daselbst. S. 59. quot;) S. oben S. 170.
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roth und las Schaf niesst häufig; aus einem Nasenloche fliegst eine waslaquo; serigte Flüssigkeit, welche aber bald schleimig und dick wird, und an den Augenlidern hängen Krusten von angetrockneten Schleim, das Thier hört auf wiederzukäuen, hängt den Eopf, ist unruhig und wechselt beständig seine Lage und seine Stellung. Dieses erste Stadium dauert 4 bis 12 Stunden. Nun werden Augen und Nase röther, die Absonderung ist reichlicher, wird dicker und gelblich, trocknet an den Nasenlöchern und erschwert das Athem-holen; die Nasenlöcher sind geschwollen, das Athemholen ist offenbar be­schleunigt, und das Thier ist sehr angegriffen, der Kopf ist schwer und wird auf die Horden des Pferchs gelegt, ein angreifender schmerzhafter Husten wird gehört. Nun tritt das dritte und letzte Stadium ein: die Schleimhaut der Nase bekömmt eine bleigraue oder dunkel purpurrothe Farbe, der Aus-fluss ist geringer aber sehr dick und mit Blut gestreift, das Athmen wird schwerer und der Husten angreifender; die Lippe besonders die Unterlippe, die Nase, zuweilen das ganze Gesicht und der Kopf sind ge­schwollen, und jetzt überfällt das Thier Zittern, es scheint dumm, es rennt gegen Alles, was ihm in den Weg kömmt, es kniet nieder oder fällt nieder, wird comatos, und stirbt nach einigen Zuckungen. In manchen Schafen trat der Tod 6 Stunden nach dem ersten Anfall ein, häufiger nach 12Stunden, und zuweilen schleppte sich dasThier bis zum drit­ten Tage hin; überlebte es diese Zeit, so kam es gewöhnlich davon. Die, welche genasen, blieben eine Zeit lang schwach, und fast an allen fiel die Wolle ab, und das Thier war vollkommen nackt. Die Haut erschien nach dem Tode dunkel purpurroth oder livid gefärbt, und die Thiere gingen sehr schnell in Fäulniss über. — Bei der Obduction fand man in den mehrsten Fäl­len Entzündung aller Sinus des Kopfs, starre Affection der Hirnhäute, aber nicht die geringste krankhafte Veränderung im Gehirn selbst; die Schleim­haut der Nase war sehr entzündet und verdickt, und auf ihr war eine dicke zähe Materie ergossen, welche man mit dem Messer abschaben konnte. In vielen Fällen war die Krankheit auf diese Häute beschränkt, ausgenommen, dass das Herz mit schwarzem Blut überfüllt war. In andern Thieren war die Krankheit auf die Lungen beschränkt, die Entzündung erstreckte sich abwärts durch den Kehlkopf, die Luftröhre und die Bronchien hindurch, die Schleimhaut war verdickt und die Luftwege durch Schleim verstopft. Die Magen waren gewöhnlich gesund und mit normalem Futter gefüllt, der ganze Darm war gesund, ausgenommen, dass die Faces in harte Klumpen aufge­häuft waren, und einige Erosionen der Schleimhaut bewirkt hatten. Die Leber war frei von Krankheit, wie auch Nieren und Blasequot;). Ein sogenann-
•) Sponer The sheep etc. p, 417.
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ter Schafrotz, die Gründe die mich bestimmen eine Complication mit Mili-brand amunehmen habe ich durch den Druck hervorgehoben; die Section ist wohl ungenügend.
5. Lungenkrankheiten.
Ich habe wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass es besondere epi­demische und endemische Einflüsse seyn müssen, welche bewirken, dass der Milzbrand in ganzen Epizootien als Lungenbrand erscheint, wovon wiederholt die Rede war, und was Rausch verleitete, den ganzen Milzbrand als Lun­genbrand zu betrachten. — Dieser reine Lungenmilzbrand hat mit der Lun-genseuche nichts gemein und darf mit ihr nicht zusammengestellt werden; ein Fehler von dem sich v. Amp ach bei einer vielleicht bessern Kenntniss dieser Krankheiten, als man sie bei vielen Andern findet, nicht frei gehal­ten hat.
Dass man Lungengangrän, die in Folge von Entzündung, vielleicht selbst von Lungenseuche eintritt, nicht hier herziehen könne, versteht sich von selbst.
Dagegen nennt von Am pack die Complication von Lungenseuche mit Milzbrand eine häufige*); Bojanus sagt, der Milzbrand geselle sich zuwei­len zur Lungenseuche**); beide geben keine specielleren Darstellungen. Die neuesten Schriftsteller über Lungenseuche, Delafond, Euers, Fuchs, San­ier, Gerold, Swaton u. s. w. erwähnen diese Complication nicht, ja Wagen­feld glaubt, beide Krankheiten schlössen sich aus; allein beim Durchlesen mehrerer Beobachtungen kann man sich nicht enthalten, jene Angaben für höchst wahrscheinlich zu halten; vielleicht ist diese Complication häufiger in den südlichen Ländern.
6. Rinderpest.
Wiederholt haben wir darauf aufmerksam gemacht, dass die Schriftstel­ler über die Rinderpest im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts, Rinder­pest und Milzbrand mit einander verwechseln; allein in gar manchen dieser Beschreibungen muss man eine Complication von Rinderpest und Milzbrand erkennen ***).
Diese Complication ist denn auch schon von mehreren älteren Aerzten anerkannt worden. In neueren Zeiten bemerkt Wal ding er: „Es ist übri­gens sehr hemerkenswerth, dass der Milzbrand in seinem Verlaufe bei dem
•) A. a. O. S. 160. ••) A. a. O. S. 160. ***) Auch noch in diesem Jahrhundert! z. B. 1800 in der Schweiz. S. Beitr, Schweiz. Thierärzte. B.I.S.amp;3.
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Rinde auch mit der Löserdürrc complieirt erscheinen kann*).quot; Lorinraquo; raquo;er erklärt zwar: „Die Verbindung des Milzbrandes mit der Rinderpest kommt selten vor, und wird aus den Eigenschaften beider Krankheiten er­kannt, von denen man jedoch in diesem Falle die des ersteren für die vor­waltenden hält**).quot; — Indessen erzählt noch Jessen Ton der Rinderpest 1826: „Zuweilen gesellte sich auch der Milzbrand zu der Seuche und been­dete schneller das Leben der Kühe. Es entstanden Geschwülste am Triel und am Kehlgange, die ein gelbliches Wasser enthielten; ausser den Zeichen der Pest wurden bei der Section die Lungen brandig, die Milz von schwar­zem Blute ausgedehnt und Brandflecke auf den Gedärmen gefunden*quot;*).quot; Ueberdies gehörten zwei Fälle, die er kurz zuror anführt, wohl ebenfalls dem Milzbrande (der Milzbrandwuth) an: „Zwei Kühe wurden wild und stössig und starben plötzlich in einem Anfalle von Raserei. Bei diesen fanden sich die Augen sehr geröthet, die Adern am Halse, Kopfe und in den Hirnhäu­ten von Blut ausgedehnt, Entzündung und Brand der Eingeweide.quot; Weiter unten: „Die Milz ist in der Rinderpest klein und welk; nur wo sich Milz­brand mit der Fest vereinigt hatte, war sie vergössert und von schwarzem Blut strotzend.quot; Und noch weiter: „Der Milzbraud tritt im nördlichen Russland selten als Epizootie unter den Rindern auf, weit häufiger bei den Fferden. Ich habe schon bemerkt, dass er sich zuweilen mit der Rinderpest vereinigt; in solchen Fällen aber tödtet er oft schon, ehe noch die Symp­tome der letzteren sich gehörig entwickeln können, und daher wird es sehr schwierig, ja unmöglich, die Krankheit richtig zu bestimmen ****).quot;
7. Rheumatismus?
Lüpke a. a. 0. S. 55. theilt eine Beobachtung mit als Milzbrand mit rheumatischen Complicationen, ich gestehe indessen, dass ich darin nur reinen Milzbrand erkennen kann. Möglich, ja wahrscheinlich ist aber diese Com­plication allerdings.
8. Blutharnen.
Wir haben früher das Milzbrandblutharnen von andern Formen des Blut-harnens unterschieden. Es ist aber kaum einem Zweifel unterworfen, dass Thiere die bereits am Blutharnen leiden, z. B. in Folge von Nahrungsmit­teln, z. B. Waldweiden, Heide weiden u. dgl., wenn sie vom Milzbrand be­fallen werden, in der Regel Nieren- und Blasen-Milzbrand vorzugsweise be-
•) Spec. Path. u. Ther.I. S. 108. Auch: II. S.163. 16S.
quot;)
• ••#9632;raquo;
Lorinser Unters, üb er die Rinderpest S. 180,
*) Die Rinderpest. S 30. '••#9830;) Daselbst. S. 187. S.199,
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kommen irerden. Ihre Krankheit wird dann allaquo; eine complicirte tu betrach­ten ieyn.
9. Ruhr.
Die Milzbrandblutungen treten, vie wir früher gesehen haben, oft Tor­zugsweise durch den Darmcanal ein. Wenn nun aber ein Thier bereits am Darmcanal leidet, oder wenn eine solche Epizootie herrscht, und es tritt Milzbrand hinzu, so wird sich dieser wohl gewöhnlich auf das bereits lei­dende, oder besonders disponirte Organ werfen, und es wird auch so eine complicirte Form auftreten. Daher denn auch mehrere Schriftsteller die Ruhr als eine der häufigsten Complicationen des Milzbrands betrachtet haben.
10. Fäule. Rothe Krankheit der Sologne.
Wenn ein Thier an der hydroämischen Cachexie leidet, welche wir Fäule nennen, und nun vom Milzbrand befallen wird, so muss das notwen­dig einen grossen Einfluss auf seine Symptome haben: Denn bei dem Ein­treten der -Gefässparalyse wird das Blut fiberall um so leichter hervortreten, und zwar in eigenthümlich aufgelöstem Zustande, zunächst aus allen Schleim­häuten, der Augen, der Nase, der Harnwerkzeuge, Geschlechtstheile, des Darmcanals; zu gleicher Zeit können sich aus einem solchen Blute nicht die festeren gallertartigen Gerinnsel, und die theerartigen schwarzen Ablagerun­gen bilden, wie bei Thieren von normaler Blutcrasis.
Ist nun in einem Lande die Fäule enzootisch und der Milzbrand auch, wie das in Sumpfländern allerdings oft der Fall ist, so muss nothwendig eine eigenthümliche complicirte Form der Krankheit daraus hervorgehen. Dieses wird sich denn um so leichter erklären, wenn wir vielleicht in der Folge finden sollten, dass beide Krankheiten dem Wesen nach verwandt sind.
Die Schafe (und Ziegen) sind zu beiden Krankheiten vorzugsweise dis-ponirt, und doch müssen sie, aus öconomischen Gründen oft vorzugsweise als Hausthiere in solchen Ländern gehalten werden.
Eine solche complicirte Form ist denn die sogenannte Rothe Krankheit der Sologne, welche die genannte Provinz verheert, aber auch in andern Provinzen Frankreichs, und eben so in andern Ländern, z. B. in Deutschland, wenn auch nicht so häufig, vorkommt. Ich habe Darstellungen derselben nach Flandrin, Tessier, Guillaume, Dupuy u. s. w. früher gegeben.*)
Allgemeine und wesentliche Erscheinungen in den Leichen.
Ich habe im Laufe dieser Schrift zahlreiche Leichenöffnungen und im Folgenden noch speciell die Sectionsergebnisse aus dem Menschen
•) S. oben S.284ff. S.803.
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mitgetheilt; daher soll hier eine kurze allgemeine Uebersicht hinreichen. Die citirten Namen beziehen sich vorzüglich auf die folgenden Bogen, zum Theil auf frühere; ich suchte Wiederholung der Citate zu vermeiden, Nach­schlagen im Register wird aber leicht die Stellen auffinden lassen. Die Haupterscheinungen sind:
1)nbsp; Es fehlt die Todtenstarre.
2)nbsp; Wird die Section bald nach dem Tode gemacht, so zeigt sich keine Spur von Fäulniss oder fauligter Zersetzung, kein besonders übler Geruch des Körpers. Brugnone, Haupt, Laubender, Körber. Dieses sind die bestimmten Beobachtungen vorsichtiger und aufmerksamer Aerzte. — Die fauligte Zersetzung tritt aber bald, nach venigen Stunden ein und schreitet sehr rasch fort; daher die Angaben der Aerzte, die gewöhnlich die Section zu spät gemacht haben.
3)nbsp; Die Blutgefässe, namentlich die Haargefässe, sind von dunkelfarbigem Blut stark ausgedehnt, und das Blut lässt sich durch leichten Druck aus ihnen in die Gewebe leicht ausdrücken. An vielen Stellen ist Blut ergossen. Dieser Zustand kann im ganzen Körper stattfinden, oder in einem grossen Theile der Organe, oder nur in einzelnen gleich zu erwähnenden; wo dann obenan die Milz steht, dann aeussere Haut und Darm, dann Nieren, Leber, Lunge, Lymphdrüsen.
4)nbsp; Das Blut ist zwar auch noch heller roth, auch noch etwas geronnen gefunden worden; das sind aber seltene Ausnahmen. Im Allgemeinen ist es schwarz im ganzen Körper, die Hände sehr stark eigenthümlich dunkelroth, weinroth färbend; nicht geronnen, aber dicklich, klümperig, zäh, ohne Serum, so dass man es am besten mit einer zu stark gekochten Johannisbeerengeice, oder mit Theer verglichen hat.
5)nbsp; Der Zellstoff ist es vorzugsweise der die erwähnten Ueberfüllungen der Haargefässe und Blutanstretungen darbietet; die Zahl und Grosse der Flecken, wo dieses der Fall ist, ist aber aeusserst verschieden. Es werden unten Fälle angeführt, wo das sämmtliche Blut aus dem Zellstoffe ausfloss, und der Zellstoff ganz normal zurückblieb. Hau­ben er. In vielen Fällen ist aber der Zellstoff durch und durch von dem Blute gefärbt; in noch andern Fällen ist er gefüllt und verklebt durch die ergossene gelbe sulzige Masse.
6)nbsp; Das Fett wird allgemein oder auch nur stellenweise sehr verändert gefun­den, zuweilen wie gelbes Oel austropfend, zuweilen in eine gelbe sulzige Masse umgewandelt, oder dnreh diese ersestzt.
7)nbsp; Die serösen Häute bieten stellenweise, oft in grosser Ausdehnung, die­selben Blut- Serum- oder gelbe Sülze-Ablagerungen dar, wie der Zellstoff, vorzüglich häufig ist dieses an dem Bauchfelle und an seinen Fortsetzungen der Fall. Nicht selten finden sich auch in ihren Höhlen Ergiessungen von Blut oder blutigen Serum,
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8)nbsp; Die Schleimhäute mhalten sich im allgemeinen wie die serösen Häute, Torzugsveise liegen die Blutergiessungen in dein Zellstoffe auf ihrer äusseru Fläche, aber häufiger wie in jenen sind sie auch gam von dem ergossenen Blute durchdrungen, roth, Llauroth oder schwarz gefärbt, dann auch erweicht, abgestorben und aufgelöst.
9)nbsp; Im Magen finden sich diese Veränderungen der Schleimhaut im Allge­meinen weniger häufig als im Darmcanal; sind sie vorhanden so liegen sie vorzüglich im Pylorustheil, bei Wiederkäuern, wie es scheint vor­züglich im dritten Magen, Haupt, Bojanus, Haubner, Hainen. Allgemein finden sich jene Ergiessungen am Darmcanal.
10)nbsp; An der aeussern Haut liegen die genannten Ergiessungen auch vorzugs­weise im Zellstoffe der Innern Fläche; doch durchdringen sie auch oft das Gewebe der Lederhaut, so dass sie unvergänglich blauroth gefärbt wird, so von Gerbern und andern Arbeitern leicht erkannt wird, und diese Färbung oft nach wochenlangen Einwässern noch nicht ganz ver­loren hat, das Gewebe der Lederhaut selbst scheint aber nicht weiter zu leiden, sie giebt gutes Leder. Freilich wird aber anch sie am Ende durch Absterben erweicht und brandig zerstört.
11)nbsp; Was die Carbunkel selbst betrifft, so habe ich im Folgenden alle vor­handenen Untersuchungen ausführlich mitgetheilt.
12)nbsp; Die lymphatischen Drüsen in der Nähe der leidenden Theile sind vor­zugsweise durch Blutaustretungen geröthet, oft schwarz, vergrössert, und endlich erweicht. Gilbert, Brugnone, Laubender, Philippe.
13)nbsp; Es ist möglich dass bei Milzbrand des Kopfes und Halses die Schild­drüsen vorzugsweise an Blutaustretungen, rother und schwarzer Färbung leiden. Cannes.
14)nbsp; Besonders in manchen Thieren, Hunden, Katzen, Schweinen scheint die Parotis vorzugsweise auf die angegebene Art zu leiden. Sehr oft ist sie aber ganz gesund.
15)nbsp; Die Leber wird zwar ziemlich oft ganz gesund gefunden, zuweilen ist sie das einzige leidende Organ: In den mehrsten Fällen ist sie mit schwar­zem Blute überfüllt, vergrössert und erweicht. Haupt, Haubner, Bell. Gallenblase gewöhnlich mit sehr vieler Galle gefüllt
16)nbsp; Die Milz ist zwar auch ausnahmsweise in sehr einzelnen Fällen gesund gefunden worden; aber in grosser Allgemeinheit ist sie das am constan-testen, in nicht wenigen Fällen das allein leidende Organ; und zwar in allen Thierarten. Sie ist vergrössert, oft ungeheuer gross, mit schwarzem Blute gefüllt, dieses oft ausgetreten, ihr Gewebe erweicht, oft ganz auf­gelöst. Glaser, Rychner, Bell. — Haupt, v. Ampach, Lappe, Kausch, Laubender, Walz, Beling, Heim, Greve, Herpin, Vatel, Hurtrel, Adami, Gilbert, Hintermeyr,
17)nbsp; Die Lungen sind oft ganz gesund, in nicht wenigen Fällen die Torzugs-
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weise leidenden Organe; im Allgemeinen gewöhnlich mitleidend. Sie sind mit schwarzem, theerartigen, ungeronnenen Blute gefüllt, dieses in ihr Zellgewehe und in die Bronchien ausgetreten, gross, schwer, mehr oder weniger erweicht. Kausch, Laubender, Wagelman ns, Rych-ner, Lappe, Cruzel.
18)nbsp; Die Nebennieren leiden sehr allgemein an Blutüberfüllungen und Blut-ergiessungen. Auch die Nieren sind oft überfüllt, Tergrössert, erweicht, Kelche und Becken enthalten Blut.
19)nbsp; Gehirn im Allgemeinen normal. Seine Häute zuweilen, in manchen For­men, überfüllt, doch auch hier selten Ergiessungen.
20)nbsp; Nerven nicht genügend untersucht, Ergiessungen am Pneumogastricus sollen einen sehr nachtheiligen Einfluss haben. Dupuy.
21)nbsp; Die Muskeln oft normal, oft hlass, zuweilen stellenweis hlau, schwarz, erweicht, aber nur in der Nähe der Carbunkel. Schlaff sind sie wohl allgemein.
22)nbsp; Die Knochen sind oft so durchdringend blauroth gefärbt wie die Leder­haut, so dass man den .Milzbrand oft noch an den trocknen Knochen auf den Angern erkennen kann. Spuren von Entzündung kommen wesentlich im Milzbrand niemals vor.
Finden sie sich in sehr seltenen Fällen, so sind sie Zeichen eingetretener Reaction. So kommen sie namentlich beim Hautcarbunkel, bei seiner Heilung Tor, wo sich der gesunde Organismus durch sie vom Carbunkel abgrenzt.
*. Von den In den einzelnen Tliierarten vorkonimenden Formen dea llllzbrands.
Wenn gleich der Milzbrand im Allgemeinen in den verschiedenen Thier-arten eine grössere Uebereinstimmung der Symptome zeigt, als vielleicht die mehrsten andern Krankheiten; so sind doch die Verschiedenheiten der Form, so wohl des spontanen als des mitgetheilten Milzbrands, in denselben, von sehr grosser Wichtigkeit, nicht allein an sich, sondern auch für die Pathologie im Allgemeinen. Daher auch eine nähere Betrachtung derselben von grossem Interesse.
1. Mensch.
Der Mensch leidet sehr oft an dem ihm von den Thieren mitgetheilten, durch Contagium erzeugten, Milzbrande; aber eine noch unentschiedene Frage ist es, ob der Milzbrand sich in ihm auch primär, spontan, ohne auf ihn übertragenes Contagium erzengen könne?
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Von dem spontanen oder primären Milzbrande des Menschen.
Welche Krankheiten dem Milzbrande ihrem Wesen nach etwa gleich zu setzen, oder nahe zu stellen seyn möchten, ist eine Frage, die uns hier noch nicht beschäftigen darf, wir verweisen deren Betrachtung in den folgenden Abschnitt. Hier baben wir nur die Frage zu beantworten, ob sich eine Krankheit, die nicht allein dem Wesen, sondern auch der Form nacb, mit den bekannten Milzbrandformen übereinstimmt, spontan oder primär in dem Menschen entwickelt hat?
Die Meinungen der Aerzte sind in dieser Beziehung getheilt: 1. Viele, und darunter sehr erfahrene, Aerzte leugnen das Vorkommen des spontanen Milzbrandes in dem Menschen durchaus, und glauben, dass er nur durch Uebertragung von Thieren entstehe; 2. Andere nehmen die Möglichkeit seiner spontanen Entstehung aus theoretischen Gründen, und auf oft ungenügende und unbegründete Voraussetzung hin an; 3. Noch andere berufen sich auf be­stimmte Beobachtungen, die aber tou sehr ungleichem Werthe sind.
Geleugnet wird der spontane Milzbrand des Menschen von sehr vielen Aerzten; an ihrer Spitze Metaxa, der so viele Krankheiten, eigentlich alle Contagion des Menschen aus ihm entstehen lässt, hält es für wesentlich, dass er sich in dem Menschen nicht ursprünglich erzeuge. — Sehr viele führen als Beweis ihrer Meinung an, dass er immer auf unbedeckt getragenen Stellen des Körpers vorkomme, dem Gesicht, Hals, Händen, Armen, dann Beinen. Dass dieses meisteutlieils der Fall ist, ist richtig, allein Ausnahmen kommen doch vor; wie früher angeführt wurde, so sah Thomassin den Carbunkel auf der Schulter, Dussausoi auf dem Bauche, Bichter und Regnier auf der Brust, Haupt u. A. auf dem Rücken u. s. w. — Im Ganzen ist es die grosse Mehrzahl der Aerzte, welche den spontanen Milzbrand leugnet.
Allerdings gibt es auch eine nicht kleine Anzahl von erfahrenen Aerz­ten, welche den spontanen Milzbrand des Menschen annehmen, doch ohne den Beweis zu liefern. So theilt ¥ o u r n i e r (N. 40) die Milzbrandcarbunkel des Menschen in spontane und in von den Thieren mitgetheilte. „II 7 en a de spontanes, uniquement dependants de la putrefaction des humeurs, tandis que la plus graude partie doit etre evidemment imputee a la contagion, et au concours des causes externes. Le charbon malin spontane se declare commu-nement pendant les grandes chaleurs de Pete, et attaque toujours les artisans, les paysans, les pauvres gens de la campagne, qui, etant journellement epuises par le travail, sous un soleil tres ardent, ne se nourrisent que des plus mauvais fruits de la saison, et sent encore exposes ä boire d'une eau mal-saine, dont ils se surcharchent pour öteindre la soif, qui les devore. On pour-roit joindre k ces deux causes la malproprete ordinaire aux pauvres gens, ou, ce qui n'est pas moins commun, l'impossibilite oü ils sont, par l'indigence, de changer de linge, et la necessity absolue de garder sur leur corps, pendant
Heniinger, Milibraad.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Jfö
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des semaines enüktea, des chemises trempees d'une süeür de mäuvaU characlcre.quot; — Larrcy, der in denselben Gegenden wie Fournier beobachtete, glaubt ebenfalls an die spontane Entstehung der Carbunkel des Menschen: „Ausser einer besondern Disposition des Körpers liegen dem Cebel mehrere Localursachen zum Grunde. Die Tornehmsten sind die allgemeine und parti­elle Einsaugung zerstörender gasartiger Stoffe, welche in einigen Gegenden des südlichen Frankreichs häufig ausströmen. Vorzüglich ist das der Fall, wenn die erste Wärme des Sommers die Poren der Erde öffnet und die Zer­setzung thierischer und vegetabilischer Körper begünstigt, die während des erstarrenden Frostes des Winters und in den ersten Tagen des Frühlings langsam verwesten. Die Gegenden, welche dem am meisten preisgegeben sind, sind die Anger, die Kirchhöfe, wo der Schnee den ganzen Winter liegen bleibt, die Umgebungen von stehenden Wassern, Lachen, worin sich eine grosse Menge kriechender Thiere, Mollusken, Fische erzeugen. Trocknen sie nun aus, so verfault eine ungeheure Menge derselben und verpestet die Luft. Hierauf vornemlich gründet sich das endemische Verhältniss der Pest in Egypten, des mehr oder weniger epidemischen Typhus in Polen u. s. w. Setzt sich ein Individuum, das für einen Krankheitsreiz empfänglich ist, der Einwirkung solcher Stoffe aus, so wird es vom Karbunkel oder einer solchen Krankheit überfallen werden, je nachdem Clima und Temperatur dabei thätig sind; der erstere erscheint dann bösartig oder gutartig, wie die Einwirkung des Gases nun beschaffen war. Wurde es blos durch einen Theile der Kör­perfläche aufgenommen, wie dnreh Gesicht, Hände, Hals, so kann es idiopa-thisch, lokal, gutartig bleiben; kam aber das zerstörende Princip durch die Aufsaugung der Haut, der Lunge, in den ganzen Organismus, so zeigt es sich auch mehr oder weniger gefährlich.quot;raquo;) Sehr schön, nur — Beweise! Dussausoi, auch im südlichenFranhreich, sagt kurzweg: „Le charbon est une maladie, qui se prcsenle asscz frequemment dans l'höpital de Lyon. Dans Vüi de 1783, nous eumes qnatre malades attaques de cette maladie. Le siege du charbon n'etoit pas le meme chez ces differens: dans Tun il iioit place ä la paupiire superieure; dans l'autre c'etoit au poignet; lapartie affecttSe chez le troisieme etoit la joue; et chez le quatrtäme le charbon etoit fixe aux tegumens du ventre, sur la region de la rate, qui Holt singulierement volu-rainense. Deux de ces malades avoient contracte le charbon par contagion, en enlevant la peau d'une vache morte de cette maladie; mais le charbon etoit survenu spontanement dans les deux autres.quot; **) — Auch Boiccjümmt die Möglichkeit der spontanen Entstehung in dem Menschen an. — In Sibirien nehmen die älteren Beobachter, die den Milzbrand der Thiere noch nicht hin-
•) A. a 0 S. 8. **) Journal de M6d. vol. LXIX. p. 11
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reichend kannten, alle die spontane Entstehung an, während mehrere neuere doch auch nur die Uebertragung annehmen. Haupt hat indessen auch jetzt noch die spontane Entstehung hartnäckig rertheidigt. Die Beobachtungen, auf die er sich beruft, habe ich bereits im ersten Abschnitt (N. 345) angeführt, seine Gründe sind folgende: „1. Eine sorgfältige Untersuchung enreist nur, dass die Seuche in der Mehrzahl der Jahre mit Pferden den Anfang macht, aber keineswegs stets und überall, dass aber in mehr als einem Falle schon in verschiedenen Orten eher seuchenkranke Menschen, als Pferde vorge­kommen sind. 2. Es sind nicht gar seltene Fälle, dass Menschen an der Beulenseuche erkranken, welche nicht allein in keine Berührung mit einem kranken Thiere kommen, sondern auch an Orten, wo es gar keine der letztern gibt; die sogar als ganz abgsonderte sporadische Krankheitsfälle dastehen. 3. Die Beulenseuche der Menschen und die der Pferde, obgleich ganz gleich­artige Krankheiten, sind allem Anschein nach durchaus nicht von einander abhängig und stehen in sehr geringer Beziehung zu einander, in keiner an­dern etwa, als dass beiderlei Geschöpfe ihrer Grundursache gelegentlich unter­worfen sind. Für Bekräftigung dieses Satzes sprechen allgemein bekannte Thatsachen, besonders gehört der Umstand dazu, dass in mehreren Jahren und Orten Pferde erkranken, aber dennoch keine oder nur wenige Menschen; so wie bisweilen unerwartet und unerklärbar viele Menschen leiden, indem zu gleicher Zeit die Pferde in nur massigem Grade der Allgemeinheit und Uebelartigkeit betheiligt sind; ferner dass in manchen Orten fast jedesmal, wenn die Seuche herrscht, auch einige Menschen, in andern aber nur über einige, wohl viele Jahre einmal theilhaftig werden. 4. Wenn eine Mitthei­lung der Krankheit von Pferden auf Menschen stattfände, so wäre es wohl die natürlichste Folge, dass diejenigen Menschen zuerst, wenigstens eher und in grösserer Zahl, erkrankten, welche kranken Thieren nah, am nächsten sind, welche sie behandeln, warten, bei ihnen Tag und Nacht verweilen und nach dem Absterben noch mit ihnen zu thun haben? Aber gerade hierin, als sollte das Gegentheil direkt bewiesen werden, erweist sich die Erfahrung ganz anders, sie zeigt kein Beispiel von Ansteckung, aber wohl oft kranke Menschen, Frauenspersonen, die keinem kranken Thiere auch nur von fern begegnet sind. 5. Man kann nicht allein keine wirkliche Ansteckung nachweisen, nicht mehr etwa wie den Schein derselben, die Zufälligkeit, Willkürlichkeit des Ausbruchs widerspricht nicht allein überall derselben, sondern man kann auch keinen haltbaren Grund haben, warum die Beulenseuche sich im Men­schen nicht eben so wohl ursprünglich erzeugen könnte, wie andere ende­mische und epidemische Krankheiten.quot;*) — Auch Erdmann glaubt an ursprüngliche Entstehung in Sibirien wie in Esthland. — In Deutsch-
#9830;) A. a. 0. S. 186.
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land ist selbst der Tiel erfahrene Hof mann geneigt, aagt;die spontane Ent­stehung zu glauben: „Es gibt viele Fälle, wo weder bei Thieren noch bei Menschen eine Ansteckung nachzuweisen ist. Bei Thieren möchte wohl oft genug das an den Wänden, Krippen, Riemenzeug u. s. w. haftende Conlagium, welches sich lange Zeit unzerstört erhält, die Ansteckung bewirken, besonders wenn Unreinlichkeit der Stallungen, schlechtes Futter, fauligtes schlechtes Wasser hinzukommen. Sind die oft engen Ställe nicht mit hinreichenden Oeffnungen zur Communication mit der freien Luft versehen, so müssen sich durch die Ausdünstungen der Thiere, durch deren Excremente, durch das fauligte Futter, und das in den Gefässen, wenn sie nicht oft genug und sorgfältig gereinigt werden, faulige Wasser u. s. w. sehr schädliche Gase entwickeln, welche, wenn sie von Thieren und Menschen eingeathmet, oder durchdas Haut­organ resorbirt werden, höchst nachtheilig auf die thierischen Organismen einwirken, und mindestens die Praedisposition, ja wohl den Milzbrand selbst hervorrufen können, wie die Erfahrung hinreichend bestätigt. Vielleicht kann auch bei Menschen der Milzbrand idiopathisch erzeugt werden, wie bei den Thieren, nur unsern Sinnen und Versland noch unerklärbar.quot;*) — Thaer hatte sich bereits früher in ein paar Fällen für die spontane Entwickelung erklärtquot;*) und wiederholte diese seine Ueberzeugung nach Beobachtung einer Epidemie und mehrerer späterer Fälle: „Ich bemerke nur, dass mir freiwillige, von Ansteckung unabhängige Entwickelung, so wohl während jener Epizootic, als in späteren Jahren in zwei Fällen sehr wahrscheinlich geworden ist, wo nämlich, der sorgfältigsten Nachforschung ungeachtet, kein Moment entdeckt wer­den konnte, was für Uebertragung sprach, man müsste denn annehmen, dass die betroffenen Individuen vom Fleische anscheinend ganz gesunder Thiere gegessen hätten, die aber doch, nach dem oben Gesagten, schon auf der allerhöchsten Stufe der Opporlunität stehen konnten, ohne Krankheitssymptome zu zeigen.quot;***) — Hufeland, nachdem er die im Milzbrandjahre 1822 so häufig vorgekom­menen Carbunkelbeobachtungen an Menschen mitgetheilt hat, fügt folgende Bemerkung hinzu: „Aus dem Vorhergehenden und dem schon früher Bekann­ten ergeben sich folgende Resultate: 1. Der Carbnnkel entsteht sehr häufig durch Mittheilung eines contagiösen Stoffes, und zwar besonders des Milz­brandes und der Blutseuche, und in diesem Falle hat er ebenfalls eine conta-giöse Natur, und kann sich durch Contact andern mittheilen. 2. Aber er kann auch ohne dieses durch eine örtliche heftige Reizung, bei disponirten Körpern, oder eine durch die Reizung erregte Krankheitsmetastase, entstehen; wie ich einige mal selbst, besonders durch zu starke Reizung eines Vesicato-
•)Ra8tMagaz. B. XXI. S. 93. •*) Caspers Wochens chrift. B. I. S- 271, *laquo;') Daselbst B. IV. S. 261.
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riumi oder Sinapismulaquo;, beobachtet habe. Auch beweisen es die nachfolgen­genden Beispiele aus Polen. 3. Die diesen Sommer vorgekommenen schienen grösstentheils durch contagiöse Einwirkung von Milzbrand- und Blutseuche-Stoff, und zwar zum Theil vermittelt durch Insecten, entstanden zu seyn.quot;*) — Der sehr viel erfahrene Wendroth kämpft ebenfalls für die spontane Entvickelung: „Nach meinen Beobachtungen entsteht der contagiöse Carbunkel nicht allein in Folge des Contacts mit dem Milzbrandcontagium, sondern auch durch Einathmung des Sumpfmiasmas, sowie durch Einathmung der Ausdün­stung von faulenden thierischen Stoffen, aus welchen vorhandenes Milzbrand­contagium emanirt.quot; (Er führt mehrere Fälle an, wo der Carbunkel, auch im Winter, in Häusern ausbrach, in welchen Felle von milzbrandigen Schafen gelagert waren, dagegen ist nach früher Erwähntem, über flüchtiges Contagium nichts einzuwenden; hier handelte es sich nicht um spontanen Milzbrand. Er fährt aber fort:} „Ferner entsteht der contagiöse Carbunkel am häufigsten in Niederungen und sumpfigen Gegenden, worin alle Beobachtungen fast über­einstimmen.....Soll eine die belebte Welt krankmachende Ursache nicht
ebenso auf Menschen vie auf Thiere wirken können? Liegt einmal Disposi­tion zu dieser Krankheit in dem Menschen, und diese kann doch nicht geleugnet werden, so müssen sie auch primär von dieser Krankheit ergriffen werden können.quot;**) — Ich will nun den angeführten Gründen alles Gewicht sicher nicht absprechen; allein zu widerlegen sind sie alle, beweisen können sie am Ende nichts; sie kommen auf folgende zurück: Das Miasma muss auf den Menschen wie auf die übrigen Thiere wirken. Analog wirken allerdings die Einflüsse auf alle Organismen; diese zeigen aber, wie eine Masse von Erfahrungen beweist, eine sehr verschiedene Empfänglichkeit, das Schaf stirbt sicher in den Sümpfen, in welchen der Büffel herrlich ge­deiht; der Tiger verbringt sein kräftiges Leben in den Schilfichen, die dem Menschen in einer Stunde den Tod bringen können u. s. w. Dass also gleiche Einflüsse auch gleiche Krankheitsformen in verschiedenen Organismen erzeugen müssten, das kann die Erfahrung nicht zugeben. — Es kam gerade kein Milzbrand unter den Thieren vor. Diese Angabe hat an sich keinen grossen Werth; wenn man sieht, wie wenig die Beobachter unterrichtet waren von den sehr verschiedenen Formen des Milzbrandes bei sehr verschie­denen Thieren. Sie kann aber richtig seyn, und beweist doch nichts, da wir im vorigen Abschnitte gesehen haben, wie sehr lange, und auf wie verschie­dene Art, durch aufbewahrtes Fleisch, alte Felle, Pelze, Wolle, Garn, Klei­dungsstücke u. dgl. das Contagium mitgetheilt werden kann. — Die Men­schen waren mit Thieren gar nicht in Berührung gekommen.
*) Huf eland Journal. B. LV. 6. S. 102, ••) A. raquo;. 0. S. 79.
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Der Beweis ist auch hier sehr schwer zu führen. Die Angabe kann aber ganz richtig seyn, sie beweist nach dem eben Angeführten doch nichts, weil die Menge der möglichen mittelbaren Mittheilungen, die wir früher angeführt haben, gar nicht zu controllireu sind. Der Carbunkel kam an bedeckt getragenen Stellen des Körpers Tor. Fürs erste muss jedermann zugeben, dass keine Stelle des Körpers der mittelbaren Berührung gänzlich entzogen werden kann. Zweitens ist aber im vorigen Abschnitt bewiesen worden, dass der Carbunkel zwar in der Regel, doch keineswegs immer an der Steile der Infection erfolgt.
Die Beobachtungen, welche man als Beweis für die spontane Entwicke-lung anführt, sind von sehr ungleichem Werthe. Unter denen von Wend­roth sind mehrere, die seiner eigenen Angabe nach mehr auf flüchtiges Con-tagium zurückzuführen sind (s. p. 156. p. 159. u. s. w.); andere sind gar zu zweifelhaft (p. 189 p. 190); kein grösseres Gewicht kann ich, nach dem früher angeführten, auf folgende Mittheilung desselben legen: „Ein sehr ge­bildeter Oeconom in Yoigtstedt, einem im Helmriethe gelegnen Dorfe, der vorstehende Impfrersuche mit anstellte, hat noch die Beobachtung gemacht, dass wenn der Milzbrand bei dem Rindvieh oder die Blutseuche bei Schafen ausbrach, und dieses ist in Yoigtstedt nicht selten der Fall, zuweilen schon vorher Menschen an dem contagiösen Carbunkel litten, ohne sich irgend einer Art von Ansteckung ausgesetzt zu haben. Diese Thatsache fand einigemal im Winter, selbst bei heftiger Kälte Statt, und spricht ohne Zweifel für die Richtigkeit und Wahrheit der Meinung, dass sich der contagiöse Carbunkel auch primär bei Menschen erzeugen kann und erzeugtquot; *) — B a r e z be­schreibt einen vollkommen characteristischen, wahren Milzbrandcarbunkel auf der Wange eines Israeliten in Berlin, der (offenbar wegen mangelhafter topi­scher Behandlung) tödtlich ablief. Die genauestc Untersuchung vermochte durchaus nicht, irgend eine Quelle des Contagiums nachzuweisen, 6. nimmt da­her an, es sei spontan entstandener Milzbrandcarbunkel gewesen **)! Wenn nur nicht die Wege der Contagion so mannigfaltig und oft so schwer auf­zufinden wären. — Nicolai theilt 3 merkwürdige Fälle mit, von denen zwei wegen mangelhafter topischer Behandlung tödtlich abliefen. Der Vater, ein Lohgerber, hatte wahrscheinlich, da zur Zeit Milzbrand herrschte, Häute von gefallenen Thieren gekauft, er bekam die Carbunkel am linken Augen­lide, am Kinn und an der linken Seite des Halses, und starb daran. Erst nach Verlauf von vollen drei Monaten erkrankte die Tochter, sie bekam den Carbunkel an der rechten Seite des Halses, und starb. Bald nach ihrem Tode erkrankte ihr Bruder ebenfalls am Carbunkel an einer Seite des Halses, er
•) A. a. O. S. 201. ••) Caspars Wochenschr. 1836. S. 33.
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wurde gerettet*). Hier ist es freilich sehr sonderbar, dass alle drei Per­sonen den Carbunkel am Halse bekamen, wo doch schwerlich bei allen die Infection erfolgt war; aber spontan war er deswegen wohl nicht, wahrschein­lich war die Aufnahme des Contagiums durch die Athmungs- oder Verdauungs­organe erfolgt, von aufbewahrten Fellen oder Fleisch. — Cramer theilte bereits im Jahr 18S8 mehrere Fälle von Pustula nigra spontanea mit, das heist Fälle von Milzbrandcarbunkel des Menschen, in denen eine Ansteckung nicht nachgewiesen werden konnte **). Vor kurzer Zeit hat derselbe Arxt eine Anzahl späterer Beobachtungen hinzugefügt, und daraus geschlossen, dass der Milzbrandcarbunkel sich auch in dem Menschen durch miasmatische In­fection, ohne Uebertragung des Contagiums von Thieren, erzeugen könne, und fasst seine Ansichten in folgende Punkte zusammen: „1) Die schwarze Blatter ist eine selbständige Krankheit; 2) ihr passender Name ist schwarze Blatter, Pustula nigra; 3) ihre Ursache bald ein Contagium, bald ein Mi­asma, der Träger des ersteren ist vorzugsweise das Blut der kranken Thiere. Die­ses durch Verwundung in die Säftemasse des Menschen gebracht, wird zu­nächst ein Fieber (?) und dann (?) ein örtliches Leiden erzeugen. Das Miasma wird durch Einathmen in das Blut gebracht, doch hat es auch viele Neigung, sich auf der Haut zu fixiren. In diesem Falle geht die topische Affection dem Reactionsfieber voran. Den Ursachen würde ein Beiname entsprechen, also Pustula nigra contagiosa und Pustula nigra miasmatica oder spontanea. 4) Prognose stets (?) schlecht. 5) Therapie eben so einfach als sicher. 6) Das Fleisch ist gehörig ausgewässert und gekocht essbar und unschädlich. Man sehlachte also die Thiere, lasse sie gehörig ausbluten, zerlege sie nach dem Erkalten und werfe alles Krankhafte weg **').quot; (???)
Was mich betrifft, so hatte ich in meinen Studienjahren, und dann auch längere Zeit Milzbrandcarbunkel des Menschen niemals gesehen, vom Milz­brand der Thiere hatte ich, auf dem Lande geboren und erzogen, wohl etwas gehört, aber ich hatte in keiner eigentlichen Milzbrandgegend gelebt, als ich zum erstenmal den Milzbrandcarbunkel auf der Stirne eines Soldaten in Flandern zur Behandlung bekam; er stsrb, weil ich die Krankheit so wenig kannte, wie alle meine damaligen Collegen, wir hatten nie in Milzbrandgegen­den gelebt. Ich wohnte glücklicher Weise bei dem liebenswürdigen, vor kurzem verstorbenen V e r b e e k, einem vielbeschäftigten Arzte, besonders Wundarzt und Geburtshelfer, Schüler von Bichat, damals Professor der Bo­tanik, später der Physiologie zu Gent, dem ich ausser vielem Anderem, auch eine vollständige Kenntnis dieser Krankheit verdanke; er theilte mir seine viel-
•) Caspers Wochenschrift. B. I. S. 268. **) Caspers Wochenschr. 1838. S. 485. quot;•) Med. Zeit vom Verein f. Heilk. in Pr. 1847. N, 18,
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fachen Erfahrungen, die Schriften von Thomassin, Enaux und Chausier mit, und ich habe das Glück gehabt, weder von den bald darauf ankommenden weiteren Kranken dieser Art, noch in der Folge jemals wieder einen zu ver­lieren. Ich war entschieden der Ansicht, dass es keinen spontanen Milz­brand des Menschen gebe, sondern dass er ron Thieren übertragen sei. — Während eines zwanzigjährigen Aufenthaltes in der Nähe eines Milzbrand-districtes fiel mir indessen zunächst die Eigenthümlichkeit der Krankheils-constitution in ihm auf: Alle Fälle von Noma, die mir vorkamen, waren aus diesem Distrikte; Wund- und Sumpfgangrän gehörten ihm eben so an; be­sonders aber konnte mir die ausserordentliche Häufigkeit der Furunkel und gutartigen Anthrax - Bildung nicht entgehen; unter den letzteren kamen IJebergangsbildungen vor, die etwas in Verlegenheil setzen konnten; so kam eine Frau mit einem vollständig in Brand übergegangenen Knoten auf der Mitte des Flatysmamyoides am Halse, dessen Inhalt alles dunkelschwarz färbte; eine Stelle ungewöhnlich für den Anthrax und selbst für den Furun­kel, dagegen gewöhnlich für den Milzbrandcarbunkel; von diesem unter­schied er sich indessen durchaus, er wurde als brandiger Furunkel betrachtet, behandelt und geheilt. Unter den Milzbrandcarbunkeln von dort war natür­licher Weise, wie überall, eine gute Anzahl, wo die Veranlassung unbekannt seyn sollte, bei manchen gelang es hinter die Wahrheit zu kommen, bei andern nicht; allein die Umstände waren so, dass eine Infection durch thierisches Contagium durchaus am wahrscheinlichsten war. Es kamen aber allerdings eine Anzahl Fälle vor (aufgezeichnet habe ich 5) wo eine spontane Erzeugung durchaus wahrscheinlicher war. Der erste merkwürdige Umstand bei allen diesen Fällen war, dass sie ohne Ausnahme alle sich entwickelt hatten nach dem Herausnehmen von Flachs aus den Rösten: Damit will ich nicht behaupten, die Krankheit könne nur auf diese Art entstehen, aber mir sind nur solche Fälle vorgekommen. Ein zweiter merkwürdiger Umstand ist der: sie gehörten sämmtlich der im Folgenden bezeichneten erysipelatösen Form an, mit Ausnahme eines einzigen. Diesen letzteren entdeckte ich nur zufällig. Bei meiner Anwesenheit auf einem Hofe, der an der Grenze des Milzbrandistrikts liegt, wo in der Regel kein Milzbrand mehr vorkömmt (er liegt auf einem Berge) und während damals überhaupt kein Milzbrand herrschte, sah ich den Besitzer mit einer grünlich - blauen Brandblase, von der Grosse einer kleinen Bohne auf der linken Seite der Nase, mit bläulichrothem Hofe von geringem Umfange, kein Oedem darum, auch keine Verhärtung darunter. Was habt ihr denn da? Ich weiss nicht, heute Morgen, wie ich aufstand, war das Ding da, es juckt, aber es fehlt mir ja sonst nichts. Was habt ihr den gestern gemacht ? (ich sah und roch schon aus der Ferne den aufgestell­ten Flachs). Ach wir haben den Flachs aus der Röste genommen, da mag mir ja wohl faules Wasser ins Gesicht gespritzt seyn. Nehmt euch in Acht, kommt zu mir, ich will euch das Ding wegbringen. Ach es wird nichts zu
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sagen haben, ich bin ja gesund. Am folgenden Tage erschien er doch bei mir, zwar so gesund wie gestern, aber er war erschrocken, die Blase war geplatzt, und der Fleck war brandschwarz. Der Brand der Lederhaut war fest umgrenzt, durchaus keine Geschwulst vorhanden, wahrscheinlich wäre Naturheilung eingetreten; allein natürlicher Weise wurde er zur Vorsicht doch mit Schwefelsäure geätzt, und erhielt Holzessig zum Verband. Nach 8 Tagen sah ich Ihn mit einer fast geheilten tiefen Narbe wieder. — Ich sprach über meine Beobachtungen mit den Äerzten in jenem Districte, die nicht an dem Vorkommen des spontanen Milzbrandes zweifelten, vorzüglich bestimmt äusserle sich in dieser Beziehung der Physikus Dr. Rehm, der auch in seinen officiellen Berichten den spontanen Milzbrand als nicht selten angab; derselbe sandte eine Beobachtung ein, welche ich in Casper's Wochen­schrift ausführlich mitgetheilt habe *). Auch diese Beobachtung gehört zur erysipelatösen Form, kam aber ausnahmsweise an beiden Händen vor. Eine Infection durch Thiere war durchaus nicht nachzuweisen, dagegen bemerkt der Verfasser in Beziehung auf die ursächlichen Verhältnisse: „Angeführt verdient zu werden, dass der Kranke mehrere Tage vor dem Entstehen der Pusteln auf sehr nassen, sumpfigen Wiesen mit Torfboden sich mit dem Aufräumen eines Grabens beschäftigte, wobei er sehr oft mit blossen Füssen in fauligem Wasser stand, wozu noch die starke und schädliche Ausdünstung dieses Bodens zur jetzigen Jahreszeit zu rechnen ist. Die primäre Ent-wickelung dieser Krankheit ist besonders beobachtet worden bei Menschen, die viel in diesen Sumpfwiesen zu thun haben, namentlich bei Mägden, die dort das Gras holen.quot; — Äehnliche Fälle, wo der Milzbrandcarbunkel nach dem Bespritzen mit fauligem Sumpfwasser entstanden seyn soll, führte ich oben ( S. 211) nach F a 1 k aus Russland an. — Einen neuen Fall dieser Art finde ich von Renaudin mitgetheilt, aus einer Gegend des Elsass, wo der Milzbrand als enzootisch zu betrachten ist, und wo er allerdings um jene Zeit auch vorkam, wie eine auf die fragliche folgende Mittheilung zeigt: „Am 3. Juli 1835 begaben sich Jean Herb, 54 Jahr alt, seine Tochter Chri­stine 24, und sein Sohn Jacob 17 Jehr alt, Morgens 11 Uhr auf ihr Feld, und gruben in einem ausgetrockneten Graben, ein ungefähr 65 Centimeter tiefes Loch. Nachdem sie Lagen von Thon, Gruss und Sand durchgraben hatten, sahen sie ein Wasser hervorsprudeln, welches das Loch bald ausfüllte. Dar­rauf gingen sie nach Hause und assen mit Appetit. Zwischen vier und fünf Uhr Nachmittags begaben sie sich von Neuem auf das Feld, und begossen mit dem Wasser die Pflanzen auf dem Felde. Allein so bald sie mit dem Wasser in Berührung kamen, hatten sie ein Gefühl von Brennen und Ziehen in den benetzten Theilen, sie empfanden selbst ein Gefühl von Eriebeln im
•) J. 1818, S. 28.
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(Gesiebt. Christine glaubte die Schmerzen, die sie empfand zu beruhigen, indem sie sich die Arme wusch, allein das üebel nahm nur noch zu. Vater und Kinder sahen sich ausser Stand ihre Arbeit fortzusetzen und gingen nach Hause. Bald zeigte sich eine bedeutende Geschwulst an den zuerst ergriffenen Theilen, an den Armen bei der Tochter, an den Händen bei Vater und Sohn, bei dem letzeren waren auch die Fasse geschwollen. Verschiedene Stellen des Gesichts nahmen mehr oder weniger Theil an dieser Geschwulst. Die Haut nahm dann eine dunkel braunrothe Farbe an, sie war gespannt und glatt, hart und bei der Berührung schmerzhaft. Am untern Theil des Vor­derarms der Christine bildeten sich sehr breite Blasen, die mit einer ziem­lich hellen Serosität gefüllt waren. Die heftigen reissenden Schmerzen, welche die Kranken empfanden, ausgenommen, war ihr Befinden beruhigend. Ein Arzt verordnete der Christine 20 Blutigel an den Arm, aber nur wenige bissen an und diese starben unmittelbar, nachdem sie gesaugt hatten. Dasselbe ereignete sich bei dem Vater, dem man am fiten Juli Blutigel setzte, lieber-dies wurden die Bisse brandig. Die Geschwulst nahm aber nur noch mehr zu, jede Bewegung wurde unmöglich. Leichte Frostschauer traten ein und Christine klagte über Kopfweh. Am '7ten nahm bei Christine die Geschwulst des Arms ab, aber Vorderarm und Hand blieben in demselben Zustand; das Fieber ist stärker, besonders am Abend; dabei Mangel an Appetit, Trockenheit des Mundes, Kopfweh, heftige Schmerzen, besonders während der Nacht. Vater und Sohn zeigen dieselben allgemeinen Erscheinungen, doch in etwas gerin­gerem Grade. Am 9ten schien die Geschwulst abzunehmen, Spannung und Hitze sind geringer, aber die reissenden Schmerzen sind immer noch vorhan­den. Am lOten trat Eiterung ein. Zwischen dem 13ten und 15ten wurden schwarze Brandborken abgestossen. Am lOlcn sind die Schmerzen noch sehr lebhaft, aber die Eiterung ist gut, alle Brandborken sind abgefallen, an ihrer Stelle sieht man kleine Geschwüre, die bis zu zwei Linien tief sind. Das Gesicht ist wieder in seinem früheren Zustande, man bemerkt aber an ihm eine leichte Abschuppnng. Erst am 27ten Juli war die Heilung vollen­detquot; *). — Fournier gibt doch auch wohl ähnliche Ursachen des spontanen Carbunkels des Menschen an, wenn er sagt: „Er entsteht gewöhnlich während grosser Hitze, befällt immer Handwerker und Landleute, die ungesundes Wasser trinken, :im Schmutz leben, oder in den Dörfern an den südöstlichen Küsten des Languedoc wohnen, in der Nähe der Teiche, deren Wasser bei hohen Fluthen mit Meerwasser gemischt wird, was besonders um Parols, Mangnio, Vilieneuve und Miroval ist.quot; — Man vergleiche im folgenden Abschnitt, was über die Ursachen andrer Anthrakoiden angeführt werden wird.
Nach diesen Beobachtungen bin ich allerdings geneigt anzunehmen, dass
') Archives jn6dic. de Strasbourg. 1835, Sept. p. 23.
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auch in unsrem Clima der Milzbrandcarbunkel zuweilen spontan vorkömmt, doch wohl in der Regel in milderer Form; in heissen Sumpfländern könnte dieses vielleicht häufiger der Fall seyn. #9632;—gt; Doch darf ich nicht verschweigen, dass ich mir bei meinen Beobachtungen eine gewichtige Einwendung machen muss: Fauligte Flachsrösten kommen in gar vielen Orten meiner Umgebung vor, aber nie hat man bei einem Menschen den Milzbrandcarbunkel entstehen sehen, das ist nur der Fall in dem Milzbranddistrikte! Diese Erscheinung könnte man nun freilich auf die früher angegebene Art aus der endemischen Constitution erklären; allein diese Rösten liegen gewöhnlich auf Angern, an Weiden u. dgl., oft werden wohl am Milzbrand verstorbene Thiere hineinge­worfen, oder an ihm leidende Gänse, Enten (was sehr oft vorkömmt), Rat­ten u. s. w. ertrinken in ihnen? und dann enthalten sieMilzbrandcontagium! Wer weis, ob nicht an den Stellen, wo Rehm's, Renaudins, Fourniers Kranke inficirt wurden, Jahre vorher am Milzbrand verstorbene Thiere ver­scharrt worden waren ? Diese Einwendung weis ich bis jetzt noch nicht zu beseitigen *).
Von dem contagiösen Milzbrande des Menschen.
Nach dem im vorigen Abschnitte Erörterten tritt der durch übertragenes Contagium entstandene Milzbrand gewöhnlich, doch nicht immer, an der be­rührten Stelle zunächst als locales Leiden auf. Bei den Thieren hat man diese durch Infection entstandenen Localleiden, nach Chaberts Vorgang, eben nicht sehr passend den essentiellen oder i diopathischen Car-bunkel, im Gegensatz zum symptomatischen genannt; im Menschen sind diese Exantheme unter den Namen der Giftblasen, schwarzen Blattern, Czarna Crosta, blauen Blattern, Jaswo, Pokolwar, Buba rea. Pustule de Bourgogne, Charbon de la Provence, Pustule ma­ligne, am besten wohl unter dem Namen Milzbrandcarbunkel des Menschen bekannt.
Dieser Milzbrandcarbunkel des Menschen oder die schwarze Blatter ist nun nach der Versicherung vieler, und selbst berühmter Äerzte, in ihrer Erscheinung so bekannt, dass man die Beschreibung gar nicht zu wiederholen braucht! Es verhält sich aber hier wie so oft mit den vermein­ten allbekannten Dingen: lieber die erste Entstehung und Entwickelung die­ser Carbunkel ist mir keine einzige genauere Beobachtung und Untersuchung bekannt, was natürlicher Weise für die Feststellung der Formen und des Wesens sehr zu beklagen ist; der Zufall wird selten die Gelegenheit dazu bringen, aber ich glaube, dass zahlreichere und klug geleitete Impfversuche
*) Einen der allermerkwiirdigten Fälle von scheinbar spontanem menschli­chen Milzbrand, vonFarozzi, wage ich nicht hier mitzutheilen, er soll im letzten Abschnitt folgen.
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Vielleicht unsre Kenntniss vervollständigen könnten. — Eben so wenig kenne ich eine vollständigere und genauere anatomische Untersuchung derselben. Es fällt mir nun gewiss nicht ein, mit den modernen anatomischen und mi­kroskopischen Schulen den Werth dieser Untersuchungen der Krankheitpro­dukte zu überschätzen; allein ich bin eben so sehr überzeugt, dass sie ein unentbehrliches Stück der Basis für unsre Pathogenic sind. — Eben so we­nig besitzen wir irgend* eine nennenswerthe chemische Untersuchung des In­halts der Carbunkel oder der Säfte des Organismus, die doch in ihrer Zu­sammensetzung augenscheinlich eine bedeutende Veränderung erlitten haben. Man wird aus dem Folgenden ersehen, dass ich gewiss kein Anhänger uns-rer modernen Humoralpathologie bin, die da meint, in ihrer Jatrochemie den Schlüssel der Pathogenie und Therapie gefunden zu haben, während sie doch in der That nicht um eine Linie über dem alten ehren Sylvius mit seinem Brauhause steht, nur dass sie das ihrige „au gout du jourquot; gebaut hat. Aber nil mirare — nil despice! Jede wissenschaftliche Forschung kann möglicher Weise unsre Kenntniss fördern, ja sie muss es thun! durch die verkehrten Anwendungen der Resultate dürfen wir uns nicht zu ihrer Verachtung hin-reissen lassen. Wenn daher vor kurzer Zeit ein wissenschaftlicher Verein, um diese Lücke auszufüllen, eine Preisfrage aufgeben wollte, um zu einer chemischen Analyse des Bluts u. s. w. im Milzbrande zu gelangen, und diese verhindert wurde durch das Gutachten eines berühmten Physiologen, diese Analysen könnten der Medicin nichts nützen! nun so können wir Aerzte ihm nur dankbar dafür seyn, dass er auch durch seine Autorität den gräulichen Missbrauch anerkannt hat, den diese jatrochemische Schule mit ihren Spie­lereien treibt; allein abusu non tollitur usus, wir beklagen es, dass wir da­durch um jene Untersuchungen gekommen sind.
Sehr häufig entsteht freilich das locale Leiden nur an einem einzigen kleinen Punkte, es entwickelt sich zunächst nur eine einzige kleine Blatter; wenn man es aber vor kurzer Zeit noch als eine ausserordentliche Seltenheit heschrieben hat; dass sich zu gleicher Zeit, 7Blattern entwickelten*), so ist das, ein Irrthum; schon Thomassin, Matthy, Clementz, Heine und Andre, die wir früher angeführt haben, beschreiben Fälle, in denen sich bis 15 und mehr Blattern zu gleicher Zeit entwickelt haben.
Dass die Form, unter welcher diese Carbunkel erscheinen, Verschieden­heiten darbietet, hat man wohl erkannt, aber in der Aufzählung und Fest­stellung derselben sind die Nosographen nicht glücklich gewesen. Der Ver­such, sie nach ihrem Vaterlande einzutheilen, in die Sibirische, Esthnische, Finnische, Ungarische u. s. w. Blatter, ist ein ganz unglücklicher, denn in
*) Bourguet Obs. de pustule maligne multiple-, Gazette m^dic. de Paris. 1818. 2, trim.
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allen tändern kommen alle Formen vor*). — Rayers Unterscheidung einer Pustula prominens und Fustula depressa, liegt wahre Beobachtung zu Grunde, allein sie ist nicht erschöpfend, und so wie sie dasteht, im Ganzen ohne Werth, — Besonders die erysipelatöse Form ist Ton einigen Beobachtern be­reits unterschieden worden; die ödematöse von andern, jedoch ohne auch die übrigen gehörig zu unterscheiden. — Der Versuch mancher Beobachter, gut­artige und bösartige Formen zu unterscheiden, ist ein misslicher; es ist zwar richtig, dass die im Folgenden aufgestellte erste Form häufiger gutartig ver­läuft, die letzten im Allgemeinen sehr bösartig; allein auch die ersten wer­den oft tödtlich, und auch in den letzten tritt zuweilen, freilich selten, Na­turheilung ein.
Durch Lücken in der Beobachtung wird zwar die Unterscheidung der Formen erschwert, indessen dürfte die Unterscheidung folgender Formen der Natur wohl ziemlich entsprechen: 1) die erysipelatöse Form; 2) die oedema tose undscirrhöse Form; 3) die reine Brand form; 4) die Blasenform; 5) die einfache Pustel- oder Brandblasenform; 6) die Pockenpustel oder Blatterform.
1) Die erysipelatöse Form.
Schon Enaux und Chaussier**) erwähnen diese Form, so wie meh­rere spätere Beobachter; folgende Beschreibungen Ton Benedict, Thär und Schwab entsprechen am bestimmtesten und richtigsten den Fällen, die ich selbst wiederholt beoachtet habe: „Bei allen Kranken, bei welchen sich die brandige Rose zeigte, wurde anfangs bei der Aufnahme nur das gewöhn­liche Erysipel der Haut wahrgenommen, auf welchem eine Menge Blasen sich erhoben hatten. Erst am zweiten, selbst am dritten Tage, nahmen diese vor­her durchsichtigen Blasen eine schwarze Farbe an, platzten auf, und zeigten eine gangränöse Grundfläche. Die schwarze Farbe breitete sich nun rasch Ton dem Biasengrunde über den grössten Theil der Hautstellen aus, welche Torher geröthet gewesen waren. So wurde ein mehr oder minder grosser Brandschorf gebildet, welcher auf die gewöhnliche Weise sich absonderte.
*) Seit den Zeiten Fourniers (dessen Worte ich Absch. I. unter Nr. 40. angeführt habe) unterscheiden die französischen Nosographen als ver­schiedene Krankheiten den Charbon (de Provence etc.) und die Pu­stule maligne (de Bourgogne etc). Zwar haben auch dort Hervez de Chegoin und Lejeune, in einer eigenen Abhandlung, und Yidal de Cassis, in seiner Pathologie externe, ihre Identität behauptet; aber im Allgemeinen, ohne ihre Landsleute zu ihrer Ansicht bekehren zu kön­nen: Noch Baumes in seiner Dermatologie II. p. 303 sucht ihre Ver­schiedenheit zu beweisen; gewiss mit Unrecht.
••) 1, c. p. M.
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)er Brand hatte hier nur in der Haut und in dem Fettgewebe unter dersel-
ben
seinen
Sitz *).'
#9632;
„Erysipelatöse Form. Hier war bei sehr geringem, oft kaum bemerk­barem Fieber mit gastrischen Erscheinungen, namentlich solchen, die auf das Biliöse hindeuten, eine mehr oder weniger heftige rosenartige Entzündung in weiter Ausdehnung an irgend einem Theile vorhanden (besonders an sol­chen, die mit den kranken Thieren in Berührung gekommen waren). Auf dieser Fläche zeigten sich viele in einander überfliessende kleinere und grös-sere Blasen, die mit bläulicher, sehr bald schwarz werdender Flüssigkeit ge­füllt waren. Manche dieser Blasen hatten auch wohl anfangs jene gallertar­tige Füllung in sich. Schnitt man sie auf, so war die darunter liegende Cutis mehr oder weniger zerstört, und wurde in den spätem Tagen förmlich brandig. Solche Kranke hatten am wenigsten Ton der Innern Angst, und auch selten jenes Brennen im Leibe, was bei den andern Formen in der Re­gel temporärer oder dauernder vorkam. Nur grosse Zerschlagenheit und un­gewöhnlich hoher Grad von Mattigkeit, im Verhältniss des scheinbar statt­findenden Allgemeinleidens war hier, wie in den andern Formen, schon früh vorhanden. In der Behandlung konnte ich immer einfacher verfahren; da der Erfolg mich lehrte, dass die Kranken in der Regel genasen **).quot;
„Eine leichtere, von der beschriebenen Form der Milzbrandansteckung wohl zu unterscheidende, ist die erysipelatöse, die ich in mehreren Fällen zu beobachten Gelegenheit hatte. Es entsteht nämlich eine rosenartige, bald einen grössern, bald geringern Umfang einnehmende Geschwulst des inficirten Theils, auf welcher sich mehrere mit gelblicher Flüssigkeit gefüllte Bläschen von verschiedener Grosse ausbilden, die nach Verlauf einiger Tage, gewöhn­lich am dritten, eine dunklere Färbung annehmen und aufplatzen. Die näch­sten Umgebungen dieser Bläschen sind nicht, wie bei der früher beschriebe­nen Form, verhärtet; sie verläuft ohne bedeutende Störungen zu erregen, und unterscheidet sich dadurch von der wahren Pustula maligna: 1) dass sich gewöhnlich mehrere Bläschen ausbilden, denen die kreisförmige harte, die Pustel umgebende Scheibe fehlt, 2) dass die brandige Entartung nur die Haut ergreift, 3) dass das Allgemeinleiden fast gar nicht oder unbedeutend her­vortritt, und 4) dass die Cur durch leichte äussere Mittel sowohl, als auch durch die Natur allein zu Wege gebracht wird #9830;#9830;•).quot;
Durch die hier hervorgehobene Leichtigkeit der Krankheit soll sich aber doch ja Niemand täuschen lassen; in der Regel ist es der Fall, aber oft tre­ten plötzlich die gefährlichsten Symptome auf.
*) Benedict Fragin. aus d. Tagebuche eines klio. Lehrers. Rust, Mag az. B. XL1V. S. 847.
••) Thar: Casper's Wochenschr. 1836. S. 255, ••*) Schwab: Caspers Wochenschr. 1838. S. 203,
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Ich habe früher erwiihnt, dass der spoiil;ine Milzbrand ita Menschen oft in- dieser Form erscheine; man soll aber ja nicht glauben, dass sie im­mer nur als solcher auftrete, ich selbst, wie die obigen Beobachter^ habe diese Form nach entschiedener Infection durch Milzbrandcontagium, besonders von Schafen, auftreten sehen.
Wenn Schmidt und Fischer*), und eben so Hoffmann**), den Unterschied von Erysipelas gangraenosum und dieser Form des Milzbrands darein setzen, dass in jenem erst das Fieber eintrete und dann das Exanthem erscheine, in letzterer dagegen erst das Milzbrandexanthem und dann das Fieber, so ist das nur halbrichtig, nämlich nur in den Fällen, wo der Milz­brand an der inficirten Stelle unmittelbar ausbricht.
Wenn dagegen Auerbach ***) diese Form vorzüglich nur nach dem Essen von Milzbrandfleisch hervorhebt, so ist auch das, nach dem im vori­gen Abschnitt Mitgetheilten, nur theilweise richtig; die von-ihm angeführ­ten, auch von uns früher mitgetheilten Fälle von Höpfner, Ricou, Ma-jocchi, gehören aber allerdings zur erysipelatösen Fornu Davon gleich wei­ter unten.
Diese Form gleicht allerdings ganz der primär gangränösen Rose'quot;*); wir werden im folgenden Abschnitt darauf zurückkommen.
2) Die oedematöse und scirrhöse Form.
Bei den im Folgenden näher beschriebenen, am mehrsten characteristi-schen Formen (besonders 5 und 6} entsteht nach der Entwickelung der Pu­steln eine Anschwellung im Unterhautzellstoff, oft in sehr bedeutender Aus­dehnung; diese Geschwulst ist in manchen Fällen knisternd und rauschend wie ein Emphysem, in andern Fällen dagegen wie ein Oedem, und in noch andern ganz hart wie eine Induration. Veber ihren Inhalt im Folgenden.
In den Thieren, ganz besonders im Rindergeschlechte, aber auch im: Pferde u. s. w. kömmt diese Art Geschwülste ganz gewöhnlich, ohne vor­ausgegangene Pustelbildung, vor, ist in Deutschland und Frankreich unter mancherlei Trivialnamen, besonders als Charbon blanc, allgemein bekannt.
So häufig nun diese Form in den Säugethieren primär vorkömmt, so allgemein sie in dem Menschen seeundär nach der Pustelbildung auftritt, so selten erscheint sie in dem Menschen primär und für sich allein. Ich selbst habe sie nie in dieser Art gesehen.
•) Hufeland Journ. B. LXVI. Dec. S. 115. *) Rast. Magaz. B. XXI. S. 83.
) De necrose opia hom. venen. authracis exstinet. p. 24.
••••
) Zum Unterschied von dfem Erysipelas, in welchem die Gangrän Folge der Entzündung- ist, und' von dem eigenthiimliehen Erysipelas aerpens.
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In der Beauce in Frankreich muss aber wohl diese Form hänamp;g und en­demisch vorkommen, wie folgende Miltheilung CheTalliers (DuviTier's) beweist: „Le troisieme type des maladies charbonneuses est connu dans le departement, sous le nom de charbon blanc, et n'est decrit, d'apres le dire des medecins eus-memes, dans aucun oimage de medecine. Les symp-tomes, qui le caracterisent, sont: un gonflement leger, quelquefois nul, du tissu dermoide, sans inflammation ni rougeur; en debutant il n'occasionne au malade qu'un sentiment de pesanteur ou de tension. Ce gonflement est plus ou moins circonscrit, et quand il s'etend, il est sourent fort difficile d'en reconnoitre le point de depart ou foyer primitif. Sous la pression du doigt, il fait entendre une legere crepitation annonfant un dereloppement de gaz, qui, en remplissant les alveoles du tissu cellulaire souscutane, est le signe (Tun commencement de disorganisation et occasionne le gonflement emphy-semateux. Le virus s'insinue insensiblement, sans que le malade s'en aper-foivc, et porte sourdement la mort dans les organes. Six ou sept jours apres son invasion il est trop tard, d'y porter remede. Quelques medecins comparent l'activite de ce virus k celle du venin de la vipire, Le malade tombe bientöt dans un etat de torpeur et de malaise, accompagnes de maux de tele et d'envies de vomir qui deviennent de plus en plus frequentes, et le huitiemc jour au plus tard, il succombe. Ce charbon est endemique au de­partement d'Eure-et-Loir, et se d^veloppe sur toutes les parties du corps, qui peuvent l'etre. II pent se communiquer par inoculation, mais non au-trement *).quot;
Anderwärts gehört diese Form aber zu den sehr seltenen. Im Jahr 1818 kam sie zu gleicher Zeit und durch dieselbe Infection von einem Pferde in der Mark Brandenburg bei zwei Menschen vor; ich habe diese Fälle bereits eben nach der Beschreibung von Meier ausführlich mitgetheilt (s. S. 4J!)). Thär der sie auch beobachtete, erwähnt sie mehrmals**). Am ersteren Orte sagt er: „Eine Krankheit, deren wesentliche Symptome fast nicht zu schildern sind, die ich aber in der anfangs stattfindenden schwappenden, un­schmerzhaften, nicht umschriebenen oder gerötheten Geschwulst, nebst An­schwellung der derselben nahe liegenden lymphatischen Drüsen, welchem Zu­stande Uebelkeit, grosse Abgeschlagenheit, heftige Angstperioden, Erbrechen, Stuhlverstopfung, fast kein Fieber folgt, charakterisiren möchte.quot; — Am zweiten Orte bezeichnet er sie als die Form, bei welcher sich die bei denThieren mehrfach erwähnte gelbe Geschwulst zeigte. „Hiervon hatte ich bur zwei Fälle Gelegenheit, gemeinschaftlich mit dem Dr. Meier aus Brandenburg, und dessen Vater aus Rathenow zu behandeln.
•) Annales d'hygiene publ. vol. XXXIII. p. 2lf. quot;•) Casper's Wochenschrift B. 1. S. 271 und Bd. IV. S. 26*
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Beide Kranke starben, und nur bei dem Einen erreichten wir die Öbduction. Nie habe ich weder vorher noch nachher, von ähnlichen Fällen etwas ge­hört oder gelesen......Die beiden gemeinschaftlichen Symptome waren:
das Entstehen jener gallertartigen Geschwulst in den ersten Tagen, grosse Abgespanntheit, fast absoluter Mangel von Fieber, bedeutende innere Angst, brennender Schmerz im Leibe, und plötzlich eintretender Tod, den die eben vorangehenden Erscheinungen nicht so schnell ahnen Hessen.quot; Das Uebrige siehe oben am angeführten Orte.
Man könnte wohl noch einige unvollkommen mitgetheilte Fälle, z. B. von Erdmann, Glanstroem, Helbich hier her rechnen.
Ohne allen Zweifel gehört hierher aber auch die von Carganico be­schriebene Form, wo das Bild nur durch die zuweilen secundär eintretenden Eiterungen etwas verwischt wird: „Aber das Contagium des Milzbrandes, obschon es aus begreiflichen Gründen vorzugsweise und am gewöhnlichsten das Hautorgan befällt, äussert seine Wirkung auch in tiefer gelegenen Ge­bilden. Am häufigsten nächst der eigentlichen Pustula maligna — im Gan­zen 6 bis Tmal — sah Ref. auf Milzbrandansteckung eine sphacelöse Zell-gewebsentzündung folgen. Die ärztlichen Schriftsteller über den vorliegenden Gegenstand haben, wie es scheint, diese Krankheitsform von der eben er­wähnten gewöhnlichen noch nicht genau und entschieden gelrennt, sondern betrachten dieselbe nur als eine Abart oder einen höhern Grad der letztern. So bezeichnet Dr. Schröder diese Form von carbunkulöser Infection nicht aus­drücklich und besonders. Auch Hoffmann führt einen höchst interessanten hierher gehörigen Fall von Brand und Vereiterung im Zellgewebe des gan­zen Gesichts mit andern Fällen von der gewöhnlichen Form der Pustula ma­ligna zusammen an, und unterscheidet ihn von diesen nur durch die Bemer­kung: dass dort die Entwickelung der Vereiterungen und des Brandes aus der Tiefe nach dem Hautorgan herauszudringen schien, ein Factum, welches er zum erstenmal beobachtet habe. Refer, kann aber versichern, dass er in der angegebenen Zahl von Fällen eine von der sphacelösen Hautaffection deut­lich verschiedene eigenthümliche Krankheitsform gesehen habe, die nur ein paar mal mit jener complicirt, die anderen male aber völlig für sich be­stehend war. Die vom Refer, gesehenen Fälle kamen alle am Vorderarme vor; doch beweist schon der erwähnte Fall von Hoffmann, dass das Uebel eben so wohl andere Theile befallen könne. Die Symptome dieser Form der Milzbrandansteckung sind nach den vorliegenden Beobachtungen, im Allge­meinen die einer Fhlegmone oder eines Pseudoeryslpelas überhaupt *): röth-liche, schmerzhafte Geschwulst des afficirten Gliedes, gewöhnlich in seinem ganzen Umfange, und in seiner ganzen Ausdehnung, anfangs gespannt, spä­ter hier und da weich werdend, flucluirend, und nach natürlicher oder kuust-
') Vage Ausdrücke ebne Sinn, Hiuiin{cr, MiUbrud.
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lieber Oeffnung, eine Zerstörung des Zellgewebes, und Verwandlung dessel­ben theils in eine eiterartige *) Flüssigkeit, theils in mortificirte Flocken und Fetzen zeigend, begleitet von einer allgemeinen fieberhaften Krankheit, und, wenn diese nicht etwa eine schlimme Wendung nimmt, allmählich durch die bei Eitergescbwfiren gewöhnlichen Naturprocesse begrenzt, verkleinert und zur Heilung gebracht. Dieses allgemeine Krankbeitsbild zeigt aber von Anfang an noch ganz besondere und eigenthüraliche Züge, welche auf die speeifische Ursache und Natur derselben hindeuten. Die Farbe der Geschwulst ist nie rein roth, sondern entweder stark gelblich tingirt, oder ins Bläuliche fallend, oft beides zugleich, das letztere mehr im mittleren Theile, das erstere an den Grenzen. Die Epidermis hat eine Neigung sich hier und da in Bla­sen, oft von sehr bedeutender Grosse, zu erheben, doch ohne dass diese von einer besonderen Entzündung umgeben wären, oder eine sphacelecirende Basis zurückliessen; die letztere ist yielmehr eine einfach röthliche und sonst nicht übel aussehende, nässende Stelle der Cutis, die ohne weiteres eintrocknet, und sich in kleinen Schorfen ablöst. Der Schmerz ist verhältnisimäsig ge­ring, mehr dumpf und spannend, als entzündlich, reissend und stechend und klopfend. Die Spannung der Geschwulst mag noch so gross seyn, so be­hält dieselbe doch immer etwas Oedemtöses, Teigiges, so dass man wenig­stens an vielen Stellen bleibende Gruben in sie drücken kann. Die Eiter­bildung erfolgt nur sehr langsam; somit erscheint auch die Fluctuation spät, fast nie an einer Stelle, sondern an mehreren, da sich die Eiterheerde unordent­lich und zerstreut bilden, oft tief zwischen die Muskeln eindringen, und lange complicirte Gänge darstellen. Der Eiter selbst ist, wenigstens seiner Haupt­masse nach, nie gutartig, sondern graugelb, saniös, auch nicht sehr reichlich, da das abgestorbene Zellgewebe beinahe zur grösseren Hälfte in Form von festen Stücken, Flocken und Fetzen ausgestossen wird. Die Haut selbst wird an den am meisten unterminirten Stellen leicht missfarbig und gangränös, und dann auch stellenweise abgestossen. Das begleitende Fieber tritt, wie bei der Pustula maligna, nur im Ganzen immer heftiger und bedeutender, mit anfallender Prostratio virium, grosser Unruhe und Angst, Neigung zu Schwindel und Ohnmächten, äusserst kleinem und weichem Pulse, kurz, mit einem entschieden typhösen Charakter, gewöhnlich noch von einigen gastri­schen Störungen begleitet, auf. Die Kräfte, besonders in den Functionen der Irritabilität, im Herz- und Pulsschlage und den Muskelactionen, erschei­nen bisweilen so gesunken, dass selbst an den Eintritt einer Paralyse des Herzens zu denken ist. Den Tod sah der Ref. zwei mal in dieser Krank­heit eintretenquot;**).
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deg;) Kann nie einfache Folge des Milzbrandprocesses, sondern nur einer selt; cundä'ren Entzündung seyn.
••) Ruts Magazin B. XL1V. S. 411
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Ob vielleicht Fälle Baylc's, auch einiger anderer Beobachter, dieser Form angehören ? rermag ich nach der Beschreibung nicht zu entscheiden.
3) Die reine Brandform.
Diese Form, die in Schafen nicht so sehr selten ist, vielleicht auch in Schweinen, habe ich im Menschen zweimal gesehen. Ein Schafjunge kam mit einem schwarzen Fleck von der Grosse eines Silberkreuzers, unter dem äussern Winkel des linken Auges, zu mir; er habe vor vier Tagen, wie er meinte, einen Insectenstich bekommen und darauf ein ganz kleines schwarzes Fleckchen bemerkt, welches allmählich bis zu dieser Grosse gewachsen. Im Anfang habe er wohl Stechen gefühlt, jetzt habe er eben keinen Schmerz. Allgemeinleiden war gar nicht vorhanden. Von Blauen oder Pusteln hatte weder er noch seine Mutter etwas bemerkt, auch erscheint der Fleck ganz rein wie eine feste, lederartige und mit Oberhaut versehene Lederhaut. Der Fleck ist im Umfang bereits vollkommen abgegrenzt durch eine Furche, die gute citer-artige Lymphe absondert. Ich glaube, wenn ich es hätte wagen wollen, es wäre Naturheilung eingetreten. — Die andere Kranke war ein jnnges Mäd­chen, bei welcher der ganz ähnliche Fleck seinen Sitz an der Seite des Halses hatte. Hier war aber schon bedeutendes Allgemeinleiden vorhanden, und höchst wahrscheinlich wäre die Krankheit ohne ernstliches Einschreiten bald tödtlich abgelaufen *).
Ich finde diese Form von deutschen und französischen Aerzten selten erwähnt. Bestimmt unterscheidet sie Hunnius, als seine vierte Form, von den mit Blasenbildungen verbundenen, die er vorher beschrieben hat. Seine Worte sind: „Quarta species, qua corporis parte exoriatur, cum vehementl inchoat dolore, quemsubsequitur macula rubra, aequa, parva, concolor, acuto margine limitata, lentis velnummuli argentei (Fünfer) magnitudinem aemulans; quaeque macula, colore mutato ex rosaceo in violaceum nee non dein in subnigrum, tandem subsidit. Tumor parvus ill am circumdans, quum cernitur, semper duriusculus, vix ac ne vix quidem rnbtr cute reliqua calidior esse solet; non nunquam plane desideratur circa maculam, vel saltem perexiguus dicitur **).
Eben so beschreibt sie Clementz als seine fünfte Form: „Formicatione in cute praegressa, macula circumscripta, subrubra, magnitudine pisi exeolitur, quae colorem magis coeruleum et nigrura induit et vix supra cutis super-ficiem prominet. Macula nunquam majorem ambitum adipiscitur, quam semi-rubeli argentei vel ad summum ruheli. In casu mihi noto dolor non fuit gravis, neque oranino ab initio observatus estquot; ***).
deg;) Beide gestanden übrigens, mit milibrandkrankeii Thieren umgegangen
zu seyn. quot;) L. c. p. 18. quot;) L c. p. 8.
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kühne! bezeichnet diese Form auch, wenigstens im Allgemeinen: „Wahrend der heissen Sommermonate des Torigen Jahrs (1834) sind im Regierungsbezirke Oppeln nicht weniger als 28 Menschen am Milzbrand er­krankt, und 11 davon gestorben. In allen Fällen war entweder der Genuss des Fleisches oder eine Besudelung, besonders beim Warten und Schlachten milzbrandiger Thiere, vorhergegangen. Allein nicht immer hatten solche Ver­anlassungen den Ausbruch der Krankheit zur Folge, und insbesondere ist eine grosse Anzahl von Menschen, welche gleichfalls von jenem Fleische gegessen hatten, unversehrt geblieben. Einige wurden nur von einem geringen Uebel-hefinden, Andere von Erbrechen befallen, ohne einen Carbunkel hervorzu­bringen. Wo aber dieser erschien, da konnte man, wie der Kreisphysikus Dr. Kühnel in Tarnowitz berichtet, in der Form eine Verschiedenheit be­merken, je nachdem der Kranke entweder genas oder starb. In den Fällen nämlich, wo die Genesung erfolgte, war der Carbunkel von grosser Ausdeh­nung, und brachte ein breites brandiges Geschwür und eine beträchtliche Zerstörung der weichen Gebilde hervor, während das allgemeine Befinden un­gestört oder nur wenig verändert erschien. Wo hingegen das Uebel einen tödtlichen Ausgang nahm, da zeigten sich die Carbunkel meistens nur als begrenzte schwarze Flecke oder als kleine Pusteln auf der Haut, und der Tod erfolgte schon, bevor noch die brandige Verderbnis in der Tiefe nnd im Umkreise sich weit verbreiten konntequot; *),
Um die Entwickelung dieser Form genügend zu erklären, müssten wir den ersten Anfang der Krankheit vollständig genau kennen. Das ist leider nicht der Fall! Gen drin (an der unten angführten Stelle) gesteht aufrich­tig, dass er den ersten Anfang nie gesehen habe. Ich selbst habe die Krank­heit in dem Zustande gesehen, den Kopp**) als den Anfang abbildet; allein das ist doch nicht mehr ganz der erste Anfang, ein Skeptiker könnte doch behaupten, das Bläschen sei bereits geplatzt. Ich bin freilich ziemlich sicher, dass dem nicht so ist, und dass Kopps Abbildung nur durch die Grosse des Brandfleckes und durch die beginnende Geschwulst von dem ersten Anfange sich unterscheidet. Ich bescheide mich aber gern, dass der volle Beweis nur durch die Beobachtung selbst geliefert werden kann.
Dass in den vorbeschriebenen Formen 1 und 2 die Krankheit nicht mit Brand beginnt, sondern dass das Exanthem oder Oedem vorausgeht, wird wohl keinem Zweifel unterliegen. — In der folgenden Form 4, die über­haupt eine Uebergangsform ist, ist es ja wohl möglich, dass bald der Brand, bald die Blasenbildung primär ist. — Dagegen glaube ich allerdings, dass in den eigentlich character;süschen Formen 5 und 6, ein Brandpünktchen
•) Med. Zeit. d. Ver. f. Heilk. in Pr. 1835. S. lamp;l. ••) A. a. 0. B. VI. S. 9laquo;,
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in der Cutis der erste Anfang der Krankheit ist. — Dann ist die uns hier beschäftigende Form nichts Anderes, als ein Fortschreiten des ursprünglichen Brandpunktes, ohne dass es zu Blasen oder Pustelbildung kömmt.
Um diese meine Ansicht zu begründen, verweise ich zunächst auf das, was ich im rorigen Abschnitt (S. 448) über den Stich und Funckt als An~ fang der Krankheit gesagt habe. Dann führe ich aber folgende Beschrei­bungen der Aerzte von dem Anfange der Krankheit an, die, wenn sie auch vielleicht nicht durchaus Beobachtungen des ersten Anfangs sind, doch von grossem Gewichte bleiben.
Am entschiedensten beschreibt den angegebenen Anfang der Krankheit mit einem Brandpunkte Kopp: „Die Form der Krankheit ist characleri-stisch ausgezeichnet. Zuerst zeigte sich ein feiner schwarzer Punkt. Dieser Punkt wurde grosser, es entstand eine Geschwulst, deren Mitte blaue Blasen oder eine blauschwarze Farbe hatte. Der Kern der Geschwulst war ein har­ter Knoten. Die Haut umher war scharlachroth, sehr heiss. Beim Anfüh­len empfand der Kranke wenig oder gar keinen Schmerzquot; etc. *). Bei der Erklärung der vor ihm gegebenen Abbildungen sagt derselbe: „Fig. 1. Das erste Stadium der Brandblatter. Der schwarze Punkt entsteht plötzlich ohne vorhergegangenen Schmerz. Dieser Punkt ist gleich beim Entstehen ganz hart (selbst kunstverwandte glaubten daher anfangs, es sei der Stachel eines Insects oder ein Dorn darin verborgen), er juckt etwas und eine kleine Entzündung umgibt ihn. Fig. 2. Das zweite Stadium. Der schwarze Punkt hat einen grössern Umfang angenommen und ist immer noch hart, fast wie Sohlleder. Eine ringförmige mit Lymphe angefüllte Geschwulst von Bleifarbe, zuweilen ins Bothe spielend, umschliesst ihn. Die Entzündung hat den höch­sten Grad erreicht. Fig. 3. Das dritte Stadium. Der Anfang der Eiterung. Sie beginnt im Umfange des schwarzen Theils, wo die Absonderung des Le­benden von dem Abgestorbenen erfolgt. Die Entzündung und Spannung lässt mit eintretender Eiterung und Absonderung allmählig nach. Fig. 4. Das vierte Stadium. Die Abstossung erfolgt. Der schwarze noch fortdauernde harte Theil hat sich abgclösst und es bleibt eine Aushöhlung zurück **).
S o 1 a n d e r und Pallas beschreiben den anfangenden Brandpnnkt eben so bestimmt: „Nach Solander fühlt man einen Stich, wie von einer Nadel, sieht an der Stelle gleich Anfangs einen schwarzen Punkt, und fühlt iluselbst ein heftiges Jucken. Bald darauf hebt ein heftiger Schmerz au; es entsteht ein rother Fleck, und von dem schwarzen Punkt breitet sich eine brandige Stelle aus. Gräuliches Beisscn und Stechen' begleiten das zu­nehmende Uebel, und es stellt sich ein Entzündiingsficber mit abwechselnden Ohnmächten und Basen ein, welches oft nach einen oder zweien Tagen, ja
') Jahrb. d. S ta ats ar zei k. B. V. S. 68. quot;) Daselbst B. VI. S. 90,
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oft nach wenigen Stunden den Garaus macht.....Bei den Sibirischen
Brandbeulen sind die Zufälle, wie man sie, sonderlich an den mit dem Uebel befallenen Menschen, vom Beginnen an zu bemerken pflegt, hauptsächlich folgende: Ganz gesunde Menschen von allerlei Älter und Geschlecht empfin­den, wenn sie über Feld gewesen sind, ganz unvermuthet ein Jucken, wel­ches eine kleine harte Geschwulst begleitet, die man anfänglich für einen unbemerkten Mücken- oder Bremsen-Stich zu halten geneigt ist. Er nimmt aber sehr geschwind an Grosse und Härte zu, und ehe man darauf achtet, pflegt es gemeinigliglich schon so weit damit gekommen zu seyn, dass man an der geschwollenen und Terhärteten Stelle mit einer Nadel in die Haut stechen kann, ohne dass der Kranke eher Schmerzen fühlt, als bis man ins ge­sunde Fleisch kommt. Man sieht alsdann gemeiniglich im Mittelpunkt der Verhärtung äusserlich einen rothen oder bläulichen Punkt, einem Insectenstich ähnlich, bei welchem auch, wenn nicht Mittel gebraucht werden, Brand und
Gangrän anfängt, und von da um sich greift..... Die Soongaren unter
den wolgischen Kalmücken, welche diesen Zufall auch in ihrem vorigen Yaterlande am altaischen Gebirge kennen gelernt haben, rathen dawider auf der Beule ein Stückchen von einer chinesischen Räucherkerze, die sich wie Lunten verzehrt, brennen zu lassen, und dann mit einer Kupfernen oder eisernen Nadel in den schwarzen Funkt, welcher sich in der Mitte zeigt, bis auf das empfindliche Fleisch durchzustechen. Es muss aber vor Verflies-sung des zweiten Tages Hülfe geschehen, sonst ist dieses Mittel ohne Wir­kungquot; etc. *).
Auch Yalli ans der Wallachei beschreibt den Anfang der dortigen Buba rea eben so: „Das Gift mag mit der äussern Oberfläche des Körpers, oder mit der des Magens in Berührung kommen, so entsteht immer darauf eine Brandbeule: sie kündigt sich immer mit einem Jucken an, welches auf jene Stelle eingeschränkt ist, die nachmals zur Brandbeule wird. Bei ihrer Ent­stehung stellt sie ein schwärzliches Pünktchen vor, und ist unschmerzhaft. Wenige Stunden nach dem Erscheinen der Brandbeule fühlt sich der Kranke wie berauscht und schläfrig: „die Brandbeule greift nach und nach weiter um sich, die benachbarten Theile schwellen consensuell an, und entzünden sich etc. **).
Sehr genau beschreibt die allmähliche Entstehung des Brandfleckchens Haupt: „Die Menschen fühlen als ersten Ausbruch der Krankheit, oder, wie man sagt, indem sie getroffen werden, einen leisen, oft aber auch ziemlich durchdringenden, fast erschütternden örtlichen Schmerz, eine Art von Stich, und indem sie unwillkührlich nach dieser Stelle greifen, sie kratzen oder reiben, spüren sie ein Jucken und bemerken einen röthlichen oder auch
•) Neue nordische Beiträge. B. I. S. 144. 118. 121. ••) A. a. 0. S. 139.
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ireisslichen Punkt, ein Blätterchen mit einer kleinen, gefühllosen Härte, rund, anfänglich vom Durchmesser einiger Linien. Diese kleine Geschwulst oder Beule ist flach, kaum oder gar nicht über die allgemeine Bedeckung erhaben, fast gleich mit dieser Ton Farbe, oder etwas blässer, nicht tief gehend, wie es scheint in der Haut enthalten, schmerz- oder fast gefühllos; sie nimmt aber an Umfang schnell zu, so dass sie in einer oder einigen Stunden sich beträchtlich Tergrössert, ringsum anschwillt, roth glänzend und schmerzhaft wird, entzündungsartig sich ausbreitet, und nahe Theile in Mitleidenschaft zieht. Der rothe oder weissliche Mittelpunkt bleibt einige Zeit und wird dann gelblich, dunkel, schwärzlich; es hilden sich aus oder um ihn kleine Bläs­chen mit gelblicher wässeriger Feuchtigkeit gefüllt, und er geht bei einigen in einen brandigen Fleck über etc. *).
Auch Gualandri beschreibt diesen Anfang der Krankheit: „Au der Stelle der Haut, wo die Krankheit ihren Sitz einnimmt, fühlt man zuerst ein Jucken, und es zeigt sich ein kleiner röthlicher Fleck, in dessen Mittelpunkt sich ein sehr kleiner bleifarbener Punkt findet. Unachtsame Leute nehmen diesen Fleck zuweilen für die Folge des Bisses eines Insects. Hierauf färbt sich der bleifarbene Punkt immer tiefer, die Haut erhebt sich an dieser Stelle wenig oder nicht, und anstatt eines schwarzen Punkts, bemerkt man sehr bald einen schwarzen Fleck, der nichts anderes ist als in trocknen Brand übergegangene Haut.quot; A. a. 0. S. 120.
Die Beschreibungen einiger Beobachter weichen etwas ab, und wenn wir gesehen haben, dass in den beiden ersten Formen der primäre Brand ganz fehlt, so ist es ja wahrscheinlich, dass der entartete Fleck der Cutis, der so­genannte Mutterknoten, Matka der Russen, nicht immer gleich vollkom­men brandig wird, sondern nur einen Uebergang dazu bildet. Keineswegs allgemein gültig ist die Beschreibung Richters von der Czanna Kosta in Polen: „Der Schmerz ist, wenn auch, wie gewöhnlich, nur ein Carbunkel entseht, so heftig, dass der Mensch die erste Nacht, zuweilen etliche Nächte nicht schlafen kann. Nach etlichen Stunden von Anfang der Entzündungs­zufälle (?) zeigt sich an einer Stelle, wo der Schmerz am heftigsten ist, ein bleifarbener Fleck, welcher etliche Stunden nachher schon erhaben ist, so dass er sich gespannt anfühlt, und man schon eine Feuchtigkeit darin ver-muthen kann. Diese Feuchtigkeit befindet sich nicht unter der Epidermisraquo; sondern unter dem Corium; es ist mithin der Tumor keine eigentliche Blatter und gehört nicht zu den Ausschlagskrankhciten (?), sondern es ist eine Ent­zündung mit Extravasat unter dem Corium. Diese erhabene Stelle, oder schwarze Blatter, ist nicht wirklich ganz brandig, sondern der höchste Grad von Entzündung ist blos in den gelindesten Grad des heissen Brandes über-
*) A. a. 0. S. 18S.
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gegangan (??) und die Blatter ist äusserst empfindlich und schmerzhaft (?); binnen 2 bis 3 Tagen erhebt sie sich so, dass sie an Grosse ungefähr einer durchschnittenen Haselnuss gleicht. Nach 2 bis 3 Tagen bekommt die Blat­ter in der Mitte, wo vorher ein kleines Bläschen von der Grosse eines Hirse­korns sich gebildet hatte, welches in einer Ablösung der Epidermis vom Co-rium besteht, und ebenfalls ein wenig Feuchtigkeit enthält, eine durch das Corium dringende OefFnung von der Grosse eines kleinen Nadelkopfs etc. *).
Carganico hat sicher nicht den ersten Anfang beobachtet, wenn er von einer so grossen Anzahl von Fällen allgemein erklärt: „Die von mir gesehenen Fälle waren zur grössten Mehrzahl (33 bis 36 mal) Exemplare der einfachen schwarzen Blatter, Fustula maligna, carbunculus contagiosns. Eine mit der Bildung kleiner Bläschen von gewöhnlich livider Farbe begin­nende brandige Absterbung der Haut in einem kleinern oder grössern, meist kreisrunden Umfange, und zwar immer in der Form des Sphacelus, so dass die abgestorbene Hautpartie schwärzlich, trocken und meistentheils etwas eingesunken erschien, umgeben von einer bedeutenden Geschwulst, die sich aber von einer einfachen entzündlichen Anschwellung durch die oede-matöse, teigige Beschaffenheit, die verhältnissmässig geringe Schmerzhaftig-keit, und die entweder ins gelbliche oder ins livide spielende Röthe , so wie durch die Neigung zur Blasenbildung auf der Oberhaut, auch in einem wei­teren Umfange, unterschied.....Die Cutis ist daher der wahre und
alleinige (?) Sitz dieser Erankheitsform, und man muss letztere als einen Spha­celus cutis, hervorgerufen durch das eigenthümliche Contagium, bezeichnen**).
In Hoffmanns Beschreibung sind zunächst wohl nur die Worte schlecht ge­wählt, der Sinn wohl richtig: „Ohne ein vorhergehendes bestimmtes, dem Milz-brandcarbunkel angehörigesUebelseyn entsteht an einer Stelle eine kleinePustel (?) oder Blase, von der Grosse eines Hirsekorns, mit Jucken und Prickeln, welches zum Kratzen und Reiben reizt, verbunden. Diese Pustel wird täglich, ja unter Umständen stündlich, grosser, erreicht die Grosse einer Linse und dar­über, erhebt sich mehr oder weniger über die Umgebung, breitet sich flacher oder tiefer, in die Hautsubstanz und das Zellgewebe eindringend, aus, ist ursprünglich hart, starr, unempfindlich und ein wahrer Brandfleck.quot;***) Ganz ungenügend ist freilich seine angebliche Diagnose von Carbunkel und bran­digen Abscess (S. 88), wo er nicht alle Formen des Milzbrandcarbunkels im Auge hat; hier nennt er aber allerdings den ursprünglichen brandigen Fleck als sein wesentliches diagnostisches Zeichen.
quot;)
Hufeland Journ. B. LA'. 6. S. 105. Ich saj;e, die Beschreibuni; ist niclit alljremeiDjrültig; aber keineswegs will ich die Richtigkeit der Be­obachtung bezweifeln, denn diese Form entspricht z. B ganz dem Hals-carbunkel der Tbiere, der weissen Borste. R u s t M a g a z. B. XLIV. S. 403. 409,
••)
oquot;) Rust Magaz. B. XXI, S. 70,
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Hat thy (a. a. 0. S. 168) hat offenbar auch schon diesen primären Brand der Haut als Anfang der Krankheit wiederholt beobachtet. Herbst auch.
4. Die Blasen -Form.
Die mitgetheilten Beobachtungen dürften hinreichen, zu beweisen, dass (und das wohl immer in den folgenden Formen 5 und 6) Brand der Haut primär und ohne Torausgehende Blasenbildung eintreten kann. Dass indessen die Beobachtungen noch nicht vollkommen ausreichen, wurde bereits früher zugegeben.
Es gibt denn freilich eine Anzahl auch sehr erfahrener Aerzte, welche die Blasenbildung auch immer als eine primäre und nothwendige Erscheinung betrachten. Bei einer Vergleichung dieser Beschreibungen wird man wohl auf Enaux als Quelle zurückgeführt. Dieser sagt nämlich: Wenn die Haut von dem Contagium berührt worden ist, so entsteht bald ein leichtes Jucken der Haut, die sich in ein kleines, zuerst durchsichtiges, helles Bläschen erhebt, welches aber bald eine dunklere Farbe annimmt, nach Kratzen zerreisst das Bläschen und ergiesst ein oder zwei Tröpfchen Serum. In der zweiten Peri­ode entsteht dann ein hartes, plattes Knötchen von der Grosse einer Linse, dessen Farbe wenig von der der Haut abweicht*) etc. — Biederer gibt zwar die Entstehung aus dem primären Knoten an, lässt aber immer die Blasenbildung dem Brande vorausgehen, und nimmt die peripherisch fort­schreitende Blasenbildung als charakteristisch an. **) He Ibi ch betrachtet eben­falls die Blasenbildung als wesentlich: „Incerto tempore, modo post aliquot horas, modo post aliquot dies, si integumenta communia aliquam partem peeudis febre putrida extinetae immediate tetigerunt, aut sanguine ejus inqui-nata sunt, loco entis infecto parva oritur intumescentia absque rubedine auc-toque calore, culicis puneturae similis, quasi nodulum circumscriptum tangenti offerens. Brevi tempore et fere eodem momento, quo nascitur intumescentia, in centro ejus efflorescit pustula, initio nunquam excedens magnitndinem milii, microscopio submissa aliquid viseidi laticis continens. Efflorescentia hujus pustulae magno pruritu stipatur, immoderatamque scabendi affert cupidinem. Sejuncta epidermide, sensim increscit pustula, ichorosum humorem coneipiens, quo livet ac nigrescil. Qua pustula aut sponde, aut frictione, aut instrumento patefaeta effusisque saniei sanguinolentae aliquot guttulis, ulcusculi fnndus ap-paret ex livido niger, circa margines paulo sublimior, in centro depressus, coneavus et fovea, tanquam umbilico, priimtivam affectionem secuta (?), desig-natus; omnis superficies ichorem secernit.quot;*'*) etc. — Regnier stimmt im Allgemeinen mit Enaux, indem er die ersten Perioden (in der Bourgogne)
l„
*) Enaux et Ch a ussi e r L. c. p. 184. •raquo;) L. c. p 21. •quot;) Diraquo;8 cit. p. 17.
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iquot;
beschreibt: „lin periode: Sa imie est ordinairement de 24 k 36 heures. La matiere veDeneuse deposelaquo; sur I'epiderme s'insinue peu ä pen dans le corps muqeueus; cela se fait d'abord sans changement de couleur k la peau; cependant le malade commence k eprouver line legere demangeaison, mais incommode, puis un picotement vif, mais passager. L'epiderme se detache et forme une Tesicule de la grosseur d'un grain de millet; peu h. peu eile se dereloppe (levient brunätre; la demangeaison continue, le malade se gratte, la vesicule se crere, un petit ecoulement de serosite a lieu, et la demangeaison se calme pendant quelques heures. 2'*'deg;' periode: Sa duree peut etre de plusieurs jours, mais le plus sourent eile est de quelques heures. Sous la vesicule premiere, dans le tissu meme de la peau, il s'etablit un petit tubercule d'une forme lenticulaire, de couleur livide, citronnee; la demangeaison augmente de force et de frequence, et s'accompagne d'un sentiment d'erosion; la peau se gonfle, s'engorge, devient luisante; une seconde tumeur se forme autour du point central: cette derniere, plus molle et d'une couleur, qui pent Tarier du pale au rougeätre, du rougeätre au livide, ou etre nuancee de ces couleurs, a recu le nom d'areolc. Cette areole, plus ou moins large, toujours superficielle et formee par le tissu de la peau, est parsemee de petites phlyetenes, d'abord isolees, puis reunies, et contenant une serosite roussätre. Le tubercule central et primitif derient brunätre, dur et s'etend. 3i*me periode: Chez un sujet sain eile peut durer 4 S 5 jours. De la surface de la peau le mal penetre dans le tissu cellulaire sous-cutanee; sa marche, de lente et incertaine qu' eile etait, derient rapide, la tumeur primitive prend plus de durete, d'etendue, de profondeur et devient enlicrement noirequot;*) etc. etc. — Gendrin in seiner übrigens sehr aehtungswerthen Darstellung supponirt die ron ihm nicht ge­sehene primäre Blase nach seinen französischen Vorgängern: „Quoique nous ayons observe plusieurs fois la pustule maligne, et que nous l'ayons vue de­terminer la mort dans deux cas, nous ne Favons jamais rencontree encore k son debut. Lorsqne la maladie n'existait que depuis un terns trcs court, la petite phlyctene ou resicule, par laquelle eile debute, etait de ja dechiree par le gratter dumalade, proyoqne par le prurit habituel au point oü la pustule se developpe. On voit alors, dans le lien oil l'epiderme a ete soulevee, une petite surface dure, deprimee d'une ligne de diametre environ et d'une coleur rouge livide. Cette petite surface domine une tumeur tuberculeuse du volume d'un gros grain do plomb, que I'on sent sous les doigts, et qui occupe une partie de l'epaisseur de la peau. Une legere areole rouge jeunätre entoure cette petite tumeur tuberculeuse. A cette periode de la maladie encore peu avancee, mais deja suffissamment characterisee, la desorganisation du petit tubercule par le cau-stique peut arreter tous les accidents. Si I'on incise ce petit tubercule avant
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•) L. c. p.
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de le cauteriser, il est complamp;ement insensible; il präsente k la pointe de la Itncette une resistance assez grande. II est forme par un tissu rougeätre, assez dense, duquel il ne s'ecoule point de sang et avec ilequel parait combinee la matiere colorante de ce fluide. Les parties voisines de la peau, atteintes rapidement par le fer ä cause du peu d'etendue de la petite escharre, saignenj tres peu et fournissent une serosite rougeätre; elles ne sont pas aussi sensibles ä l'incision ni ä Faction du caustique, que le serait le tissu cutane dans l'etat sain et surtout dans l'etat d'inflamation aigue. Un peu plus tard, au moment, que l'on a considere comme celui de la fin de la deuxieme periode, la petite surface dcprimee est derenue noire et plus large; l'areole a acquis plus d'etendue; eile est tumefiee, rouge livide et parsemee de petites phlyc-tenes au contact de l'eschare. Sur les liraites eile est jaune citron et semble soulevec par une infiltration sereuse du derme, qui en cet endroit, et jusqu' a la distance de huit a dix lignes, est devenu comme pateux.quot;*) etc. — L a r r e y gibt eine ähnliche Darstellung: „Den Anfang dieser Krankheit macht ein unangenehmes Jucken, das mit schmerzhaften Stichen in dem Theile verbunden ist, wo sich die Beule bilden will. Der letztere wird roth, schwillt leicht an, und lässt so den Kranken glauben, er sei von einem Insect oder so etwas gestochen. Aber bald nachher zeigen sich auf der schmerzhaften Stelle eine oder mehrere gelbliche Bläschen, die eine scharfe citronenfarbige Flüssigkeit enthalten. Das Zellgewebe der Haut wird nun ringsherum dick geschwollen, bildet eine Art Umkreis, der anfangs röthlich dann bläulich ist und fast immer Bläschen erzeugt, die den eben beschriebenen gleichen. Die Geschwulst und Härte verbreitet sich mehr oder weniger im Umfang. Die Bläschen des Mittelpunkts platzen und lassen ihre Feuchtigkeit ausfliessen. Das Zellgewebe der Haut wird nun entblösst, schwarz, trocken, hart, und sieht wie schwarzes Leder aus. Indem dieser Mittelpunkt fest an den unter ihm liegenden Theile anhängt und sich zusammenzieht, erbebt sich der Umkreis immer mehr und mehr, wird bläulicher und geht nun auch bald in Brand überquot;**) u. s. w.
Diese Darstellungen, welche vielen Beobachtungen vollkommen treu ent­sprechen, sind doch zu sehr verallgemeinert, und durch sie wird das Wesent­liche und Charakteristische, wie es die folgenden beiden Formen darbieten, zu sehr verwischt. C1 e m e n t z ***Xunterscheidet die Formen besser, seine beiden ersten, die wohl zusammenzuziehen sind, entsprechen dieser Blasenform. Viele Beobachtungen bestimmen mich diese Form als eine häufige Mittelform zwischen der erysipelatösen und der folgenden anzunehmen; von der erysipelatösen un­terscheidet sie sich durch die Abwesenheit der verbreiteten exanthematisch-
*) Histoire anatomique des inflammations vol. I. p. 473. ••) A. a. 0. S. 29. •••) A. a. 0. p. 6.
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eryslpelalösen Injection und Geschwulst, Ton der folgenden durch die fehlende oder unvollkommene Enhriclelung des Mutterknoten. Sie ist ausgezeichnet durch die frühe und peripherisch gewöhnlich rasch fortschreitende Blasenbildung, der Knoten fehlt anfangs oder zeigt eine Menge Terschiedene unvollkommene Entwickelungsgrade, der Brand tritt unter den Blasen zuweilen sehr früh, zuweilen spät ein.
Dieser Form würden z. B. die Beschreibung von Saucerotte entspre­chen: „Ceux qui en sont attaques, commencent par eprouver une demangeai-son incommode, qui les oblige k se gratter; il se forme ensuite une vessie principale, autour de laquelle il arive parfois, que plusieurs vesicules s'assem-blent; cette phlyetene Haut ouverte, laisse voir une tache brunätre, qui noir-cit bientöt, laquelle n'est autre chose, qu' une espece d'escare, environnee d'une legere durete, qui s'augmente ensuite en largeur et en profondeur. A cette epoque un gonflement oedemateux s'empare de la partie affectee, et fait dans peu des progres extraordinaires; le malade devient alors inqniet, triste et abattu; il ressent des anxiötes au coeur et k l'estomacquot;*) etc.
Eben so Schröder: „Das Bläschen, welches zuerst entsteht, wenigstens in den Fällen, wo kein Stich empfunden wird, bietet bei seinem Entstehen durchaus keine Verschiedenheit von dem so häufig zur Sommerszeit an ver­schiedenen Hautstellen sich entwickelnden Blätterchen (Hydroa) dar; es ist hirsekorngross, enthält eine klare lymphatische Flüssigkeit und sitzt auf einer
angeschwollenen, keineswegs gerötheten Hautstelle.....Die Geschwulst
nimmt allmählig, keineswegs rapide, zu, es entwickeln sich um das zuerst entstandene Bläschen mehrere, dicht mit ihm zusammenhängende, welche dieselbe klare Lymphe enthalten, aberallmälig ein mehr blassgelbes Ansehen bekommen.... Die Erhebung der Oberhaut in Bläschen schreitet nach allen Richtungen hin rings um das znerst entstandene fort, und zwar so, dass sie keinen glatten Zwischenraum übrig lassen, und ohne dass die Basis, auf der sie stehen, gerölhet erschiene; ihre allmählig gelbere Färbung rührt aber nicht so wohl von einer Veränderung der iu ihnen enthaltenen Lymphe, als von Verdichtung der sie bildenden Oberhaut her, die in der That pergamentartig wird, so dass das Messer einen merklichen Widerstand findet, wenn man sie aufsticht. Diese Verdichtung der Oberhaut ist wohl die natürliche Folge des gereizten Zustandes der Partie, in ihren festen nicht minder, als in ihren flüssigen Theilen, in Folge dessen die ausgeschwitzte Lümpfc in festeren Lagen sich absetzt; denn es muss erinnert werden, dass die im Verlaufe der Krankheit sich anlagernden Bläschen meist grosser sind, als das erste, und dass es ge­wöhnlich ist, in der säteren Periode einzelne Blasen von der Grosse einer Bohne zu finden.....Am dritten Tage der Krankheit pflegt das zuerst
•;journ. de Med, voI. r^V. p, 29,
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entstandene Bläschen und schnell auch die dasselbe zunächst umgehenden eine dunkle braune oder schwarze Farbe anzunehmen, und es zeigt sich jetzt eine Stelle Ton ziemlich zirkelrunder Form und einem Durchmesser von etwa zwei Linien als eine harte, todte Crustcquot; *) u. s. w.
Sollte Kercheval's Beobachtung in Kentucky genau seyn, so würde sie auch hierher gehören. Freilich ist es möglich, dass die Erscheinungen der folgenden Form von ihm übersehen worden sind: „In the human subject this disease or at least one which was derived from it, commenced in a small and circumscribed reside, containing a dark and turbid fluid, exhibiting an appearance not unlike that which is sometimes excited by the first effects of spurious vaccine matter. This circular elevation extending itself in every direction, formed a circular and progessive margin to the ulcer, and as it receded the centre become livid, black and finally sphacelated. This gangre­nous spot became encompassed in the course of its progress with a hard swelling of very great extent, attended with a peculiar torpidity and loss of sensorial power in the part.quot; **)
Eine Form die Thaer heschreibt, durch eine Veranlassung die sehr oft vorkömmt, und die ich auch wiederholt gesehen habe, wird man als einen Ueber-gang zur erysipelatösen Form zu betrachten haben: „Eine häufige Eruption von Brandblasen am Arm, die mit geringer Rothlaquo; umgeben sind, eine massige Anschwellung des Theils wie auch der Achseldrüse zur Folge haben, nicht sehr schmerzen, und sich in den von mir beobachten 4 Fälle dadurch erzeugt hatten, dass die Befallenen mit ihrem Arm in den Mastdarm der kranken Thiere weit hineingegriffen hatten, um denselben von dem vertrockneten Mist zu befreien.quot; ***)
Eine sehr milde Form kömmt zuweilen vor, und ist mir mehrmals vor­gekommen, wo die Diagnose oft zweifelhaft bleiben muss, die aber auch Car-ganico bezeichnet: „Nicht selten kommen ganz leichte und unvollständige Exemplare der schwarzen Blatter vor, in welchen das anfängliche Lymph­bläschen ohne Weiteres eintrocknet, die Geschwulst schnell wieder verschwin­det, und der kleine Hautschorf sich beinahe ohne alle Eiterung abstösst.quot; ****)
Die eigentlich ausgebildeten characteristisch beiden Formen des mensch­lichen Milzbrandcarbunkels sind aber die beiden folgenden.
•) Rust. Magaz. B. XXIX. S- 245. ff. *•) L. c, p. 445. •*•) Casper Wochenschr. B. I. S. 271.
•••#9830;) A. a. 0- S. 407.
Der Pemphigus gangranosua nicht allein in Ungarn, sondern auch in Irrlaud mag wohl hier her gehören.
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5. Die Brandblasen-Form.
Dieses ist die Form, die wohl französische Nosographen am gewöhnlich­sten mit dem Namen der Pustula preominens bezeichnet haben, die Sinni wil der Ehsten.
Gewöhnlich kömmt diese Form einfach vor, indessen kommen auch meh­rere Pusteln zugleich vor. Die verschiedenen Angaben der Aerzte über den Anfang dieser Form weiss ich nicht auszugleichen. Ich selbst habe den An­fang nie gesehen, und die Angaben der Kranken sind zu vag. Ich kenne sie nur als mehr oder weniger erhabene, nicht zellige sondern einfache Blase von schmutziger blaulicher oder grünlicher Farbe. Geöffnet fliesst die ganze dünne scharfe Jauche aus, der Boden ist schwarz und brandig und bildet einen Theil des Mutterknotens. Der übrige Verlauf ist wie bei andern Formen, es bildet sich die bekannte oedematose Zellgewcbsanschwellung, im Umfang entstehen neue Blasen, der Brand breitet sich aus u. s. w.
In der Dissersation von Grese finde ich zwei Fälle aus der Krukenberg-schen Klinik mitgetheilt, welche (die grosse primäre Geschwulst im ersten Falle abgerechnet, wahrscheinlch weil es ein Kind war) als characteristische Beispiele dieser Form gelten können: „P.S., 5. a. nat, tempore promeridiano, subito molesto pruritu atque ardore inter policem digitumque indicem dextrae manus affectus, dorsum volamque manus paulo post intensam esse, sensit, qui dolor paulatim usque at antibrachium dififusus est. Konnullis deinde horis pe-ractis, partes istae calidae, tumentes adeoque durae factae aunt, at digiti tactu impressiones non relinquerentur, quamquam cutis colorem nativam, fere immu-tatam, retinebat. Sub vesperam pruritus iile atque ardor molestior factus est, aegerque totam per noctem ita imaginibns vexatus est, ut somnnm vix capere posset. Apparuit autem per noctem inter pollicem et digitum indicem loco eo, quo primum pruritum senserat, vesicula, colore livido - nigricante semipel-lucida, magnitudine fabae minoris, supra cutem non multum erecta, quae aperta flavum humorem emisit et epiderraide remota, nigricantem atque gan-graenosam cutem ostendit, cujus in circuitu vesiculae, lentis magnitudinem non superantes, pellucidae, limpidam lympham continentes, ortae sunt. Similis mi-noribus vesiculis, vesicula medio in dorso manus observata est. Altero die manus multo tumidior, durior, calidior, quam priore reddita est, fuscoque colore erysipelatosa in superficie nitebat (wurde durch Aetzmittel geheit). — 2. 11. St., 54 a. nat., .... tempore vespertino subito pruritu in fiexura cubiti dextri correpta, non multo post locum, paululum rubefactum, magnitu­dine thaleri animadvertit, cujus media in parte, vesicula sublivida, milium magnitudine nun superans, eminebat, quae sensim ancta est. Rubor deinde et tumor per noctem increscens totum per brachium diffusus est. Aegra de dedolatione arluum et lassitudine querebatur, cibos repudiabat etc. Animo sol-'icita, quum totam per uoctem somnum capere non posset, altero die tarnen
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bracliium raelius se habere rata, relaquo; demesticas solito modo curarit. Interim vesicula ad pisi magnitudinem adaucta, colorc liviilo nigricante, pellucida, ircuitu duro cincta esse coepit. Acccssit etiam febris aliaque incommoda, quae totum per diem fuerant perspivua. Nocte insequente propter dolores capitis in basi cranii positos, dormire non potuit. Postero di mane velicmens dolor cubiti exortus est, frigus conquassans et calor alternarunt; totum brachium tumore et colore erysipelatode insigne, impressionibus digiti tangentis restitit. Interea vesicula ista magnitudinem fabae majoris assecuta est, et altera simi-lis paululo minor, in interiori latere fleuxurae cubiti posita, simili colore tincta, proveail. Duae istae yesiculae, orbe resicularum circumdatae, quarum majores ambitum tumoris proxime tangebant, minores remotius apparebant, limpidam lympham continentes, a magnitudine milii usque ad pisi magnitudi­nem extensae sunt. Primitms vesiculis apertis in fundo griseis, secundariis-que cauterium potentiale allatum estquot;*) etc. Sie wurde geheilt.
Glanstroem beschreibt diese Form mit folgenden Worten: „Aeger in loco eruptionis dolorem percipit prurientem, urentem, pungentem, et macula mox conspicitur rubra, vel vesicula e flavo viridis aut lirida, vei papula parra rubra acuminata. Macula ilia semper forsan prirnum morbi vestigium est, in vesiculam hanc statim transiens lividam, et rarissime per horas plurcs subsi-stens. Si pustula digitum extremum tenet, epidermis mox ab initio in vesi­culam longam tollitur, quae prope unguem, ad articulum nonnnnquam tertium vel secundum extenditur. Pustula ubi formata est, halone rubro vel livido cincta, tumorem partium vicinarum nonnunquam levem, plurimum autem in-signem suscitat. Sensus doloris in eruptione aut vehementissimus aut nullus. Die morbi secundo aut tertio pustula, cujus diameter lineas tres aut sex aut plures aequat, impressionem offert, collabitur, livet, crusta nigra tegitur gan-graenosa, cujus margines cirrum exstant et liquorem fundit subfiavum, acrem qui odorem interdum singularem spargit, et partes saepe vicinas co'rrodit. Die quarto sextove vel serius crusta gangraenosa separatur, et ulcus nascitur magis minusve purum.quot;*)
Von den Formen, die Clementz annimmt, gehört die dritte hierher „Tertia forma vehementi pruritu et dolore ardente terebranteque annuntiatur, deinde parva macula rubra apparet maculae petichiali omuino similis. In media macula hac evolvitur vesicula magnitudine lentis, initio alba, qui color tarnen saepe celerrime in colorem ex coeruleo nigrum commutatur. Circumdata est illi areola, quae eadem ratione colorem mutat. Neque vero diu vesicula con­spicitur, sed cito collabitur.quot;**)
•) D i s s. c i t. p. 32. p. •*) D i s s. c i t. p, 4. •••) Dissraquo; cit. p. 8,
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Bei Hunnius gehört die zweite Form hier her: „Altera species jam ah initio in forma vesiculae rubrae, lineam et quod eicurrit, supra cutis superfi-ciem elevatae, aliqua corporis parte pruritu plerumque aut dolore praecedenti-bus, fundo subsidet violaceo - rubro et colorem panlatim in yioiaceum, subni-grum permutat; halo ut plurimum inflammationem sistit magnam rosaceam, dolentem, quae plus minusve extensa, paulatim in cutis colorem consuetum abit. Interdum haec species in ambitu suo, albam, a cutis colore minus diver-sam, tactui attamen calidiorem offert duritiem. Fartes circumjacentes et sub-jacentes pari modo tumidae apparent. Ipsa vesicula pisi dimidiati magnitu-denem rix superare solet et rarissime in nucis avellaneae molem accrescit.quot; **)
Zu dieser Form gehört z. B. der von Barez beobachtete Fall: „Zuerst zeigte sich bei dem älteren Bruder auf dem einem Deltamuskel eine kleine, röthliche, Töllig unschmerzhafte Pustel von der Grosse eines Nadclknopfes, die, wie leicht zu vermuthen, von ihm nicht im geringsten beachtet wurde. Nach einigen Tagen erhob sich indessen diese kleine Pustel zu einer Blase, welche sich mit einer schwärzlichen Flüssigkeit anfüllte, und an Grosse täglich zu­nahm, bald folgten dieser mehrere mit bläulicher Jauche gefüllte Blasen, die sich offenbar als Brandblasen zu erkennen gaben, und zugleich wurde die Haut in einem beträchtlichen Umkreise roth und es bildete sich eine harte sehr schmerzhafte, mit den beschriebenen Brandblasen besetzte Entzündungs­geschwulst, ungefähr von der Grosse eines Handtellers. Gleichzeitig mit dem ersten Erscheinen der Brandblasen entwickelte sich ein Fieber, welches bald einen typhösen Charakter zeigte, und den Tod am Uten Tage nach seinem Ausbruche herbeiführte.quot; **)
Hoffmann unterscheidet zwar die Formen auf keine genügende Art, doch bemerkt er: „Entsteht die Blatter in Form einer blauen, schwarzen, glänzenden Blase, so ist nach Entfernung der Epidermis der Grund schwarz und brandig.quot;
6. Die Pocken - Form.
Vorzugsweise die Pustula depressa der Aerzte, die Wessi Wil der Ehsten.
lieber das Verhältniss des vollkommen Beobachteten zu dem nur zu Er-schliessenden sehe man oben die dritte Form. Mit Beziehung darauf wird man von dieser ohne Zweifel merkwürdigsten aller Formen folgende Darstel­lung geben können. Zuerst erscheint auf der Haut ein rother Fleck einem kleinen Flohstich sehr ähnlich, in der Mitte auch mit einem stichähnlichen dun-kelrothem Punkte versehen; durch das Gefühl unterscheidet man an dieser Stelle
*) Diss. cit. p. 16. *•) Hufeland Journ. B. LT. 6, S. 96.
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in der Cutis eine linsenförmige Verdicbung (den Multerknotcn). Der mittlere Punkt erscheint bald darauf schwarz und brandig, während sich die Haut um diese Stelle herum wulstförmig erhebt, und aussieht, als wollte sich auf ihr ein Kranz ron in einander fliessenden Eczemabläschen entwickeln. Bald aber hat sie sich in eine Pustel verwandelt, von der Grosse einer Erbse bis zu der eines Viergroschenstücks wechselnd, ihre Farbe ist weiss oder gelb oder röthlich, gewöhnlich livid bläulich, gewöhnlich ist sie nur 1 bis 2 Linien hoch, ihre Oberfläche platt, sie fühlt sich fest und elastisch an, und hat ein deutlich zelligtes Gefüge, als bestände sie aus vielen verschmolzenen Bläschen; in der Mitte ist sie durch eine Vertiefung unterbrochen, wie der Nabel einer Pocke, nur weiter, deren Boden schwarz, gewöhnlich lederartig trocken, doch zuweilen auch nässend ist. Während sich nun um diese Pustel herum eine rasch fortschreitende oedematös erysipelatose Geschwulst bildet, die sich bald mit schmutzigen Brandblasen bedeckt, trocknet die erwähnte Pustel selbst zu einem schwarzen, harten, mit dem unterliegenden Mutterknotlaquo;n fest verbundenen Schorf ein. Der weitere Verlauf ist wie bei allen andern Formen. In meiner Nähe ist diese Form selten, dagegen scheint sie in andern Gegenden häufig. Es kommen aber alle Uebergänge bis zur vorigen Blasenform, auf der andern Seite aber auch zur dritten Form vor.
Die oben mitgetheilte Beschreibung Gendrins passt schon auf diese Form (S. 586)
Bei Hunnius gehört entschieden die dritte Form hier her (nur dass er mit seinen Vorgängern eine ursprüngliche Centralblase annimmt, die er wohl nie gesehen hat): „Tertia species macula insignitur rubra, in qua mox resurgit vesicula hemisphaerica sen oblonga, simnl cum doloribus lancinanti-bus, per totam partem morbo correptam, ocyssime circum vagantibus; incres-cit vesicula et sensim ad pisi dimidii usque adscendit magnitudinem; colorem induit violaceum, dein quoque subnigrum; ambitus vesiculae colore coeruleo infectus, modice inflatus, cum temperiei et sensibilitatis minori aut plane nullo augmento, halonem exhibet magnum, extus margine acuto et dendato termina-tum. Partes subjacentes tensae, tumidae, coni lati et depress! sishint formam, cujus in apice, ipsa vesicula locum tenet.quot; — Indessen auch seine erste Form gehört wohl hier her.*)
Glanstroem beschreibt sie besser, obgleich von sehr gutartigem Ver­lauf: „Alia fuit forma pustulae in aegris pluribus, quos paucas ante hebdo-mades in praediis duobus curavi. Pustula variolae vaccinae naturae si mi 11 im a, quamvis duplici major, coloris rutili, nee halone rubro neque tumore cineta erat, ex impressione parva, in medio perforata, liquor effluxit limpidus, acer; crusta gangraenosa non conspicua et sanatio brevi tempore
*) Diss. cit. p. 14.
Henslnjrr Milzbrand.
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jicrlacta l'uit. Formam hanc, W e s s i Will, pustulam aqliosam dicunt Esthones.quot; *)
Trotz einer etwas sonderbaren Darstellung beschreibt sie auch schon Mathy: „Ein junger Mensch hatte auf jedem Arm eine Blatier: dunkelbraun ron Farbe, in der Mitte eine schwarze Vertiefung, Ton der Zurückzerrung, die der Ausfflhrungsgang der Drüse bewirkt, wie bei den Pocken, und die Narben der Haut in die Höhe gedehnt, so daas sie Einschnitte bildeten, und die Blattern vollkommen die Gestalt einer gefurchten Pastete oder einer Art Ton Liebesäpfel darstellte. Ich skarificirte diese, legte diachylon comp. darüber, empfahl ihm Branntwein zu trinken, und so genass er.quot;**)
In den Beobachtungen von Bert in auf Guadeloupe kommen auch offen­bar hier her gehörige Fälle vor: „Der Kranke der fünften Beobachtung war eiu Neger von ungefähr 30 Jahren, von einer guten Constitution. Er hatte seit drei Tagen am Arm drei weisse durchsichtige harte Blattern, mit einer Härte in der darum liegenden Haut, und in jedem Mittelpunkt der Blatter war eine schwarze Vertiefung. Den ersten Tag vermehrte sich diese Härte etwas weniges, der Arm war aufgeschwollen und gespannt. Der Kranke klagte über eine brennende Hitze am ganzen Leib; das Fieber war stark, der Durst beträchtlich, und das Athmenbolen sehr beschwerlich, der Kranke bekam öf­tere Ohnmächten u. s. w. Die Brandborken laquo;tiessen sich ab, und der Kranke genass.
Fournier und Saucerotte beschreiben den Charbon de Provence besonders als diese Form: „C'est une tumeur peu eminente, fort douloureuse, livide dans son centre, et d'un rouge vif et luisant dans sa circonfereuce, lequel se nuance ensuite difleremment, et sempare plus ou moins vite des parties adjacentes, en raison du degre de malignite qui, pour 1'ordinaire, est precedee ou aecompagnee de pustules, qui noirclssent bientöt; ou de petites phlyetenes livides, lesquelles, s' ouvrant, laissent ecouler une serosite rous-ätre et trfes-acrimonieuse^ qui cause un sentiment insupportable de chaleur et de d6mangeaison.quot; ***)
Heine beschreibt nach seinen, wie es scheint nicht sehr zahlreichen Beobachtungen, drei Formen; aber alle drei gehören nur verschiedenen Graden der gegenwärtigen Form an: „a) Milde Form. Die entstandene Pustel trocknet nach der Lymphenbildung von selbst ein; die Entzündung im Um­fange der Pustel ist nur im Anfange der Krankheit, obgleich unbedeutend zugegen, verschwindet aber bald ganz. Blascnwulst (d. h. jene Brandblase, welche sich wurstförmig im ununterbrochenen Zusammenhange unmittelbar an der Grenze des Sphacelus um die trockene Pustel? herumzieht) und Bla-
*) Diss. cit. p. 5. -) A. a O. S. 170. ••') Journal de M6d. vol. LV. p. 28.
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senkranz (A. h. jene einzelnen, linsenförmigen Brandbläschen, welche die Milzbrandpustel erst in einiger Entfernung von derselben wie eine Perlen­schnur umgeben) fehlen bei dieser Form; eben so ein allgemeines Gefässfieber. Die Genesung des Kranken erfolgt hier ohne weiteres Hinzuthun sehr bald von selbst, und zwar ohne Eiterung und ohne Substanzverlust im Krankheits-heerde. — b) Die gangränöse. Form. Die [Milzbrandpustel ist vom Anfange der Krankheit bis zum Ende derselben gangränös, und während bei der milden Form die Pusteln mehr oder weniger dunkelblau und völlig undurch­sichtig sind, und eine welke schlaffe Oberfläche haben, so zeigen sie bei der gangränösen Form eine vom Rosenrothen bis zum tiefsten Braun allmälig übergehende Farbe, sind dabei etwas durchscheinend, und haben eine pralle Oberfläche. Entfernt man das Oberhäutchen, welches diese bildet, so erscheint die Lederhaut als ein aufgelockertes, vielfach verzweigtes Gefässnetz, das den Krankheitsheerd bildet, und die Lymphe der Pustel absondert. Rings um die Pusteln befindet sich der Blasenkranz, der Blasenwulst fehlt dagegen gewöhn­lich ganz, oder ist nnr im Entstehen begriffen. Die nahen Theile sind mehr oder weniger, oft ganz ausserordentlich stark, geschwollen, roth, heiss und schmerzhaft. Wenige, etwa zwei bis drei Tage nach dem ersten Erscheinen der Milzbrandblattern stellt sich ein allgemeines, oft nur gelindes, oft dagegen sehr heftiges Gefässfieber ein, das entweder durch kritischen Schweiss und Harn Sistirung des Krankheitsheerdes, und hierdurch Genesung herbei­führt, oder aber schnell in ein sogenanntes Faulfieber übergeht, welches in wenigen Tagen durch Lähmung des Herzens tödtet. — c) Die sphacelöse Form. Wenige Tage nach ihrer Entstehung (?) wird die Milz­brandblatter in ihrer Mitte sphacelös, indem sie kohlschwarz, hart und trocken wird. Zwischen dieser völlig todten Borke und dem Lebenden bildet sich der oben beschriebene Blasenwulst, lieber ihn hinaus sind die Theile gewöhn­lich im hohen Grade gangränös, und der Blasenkranz, welcher anfangs immer nur in geringer Entfernung vom Blasenwulste sich befindet, und aus kleinen Bläschen besteht, bildet sehr bald grössere, oft mehr als mandelgrosse Brandblasen, welche keinen Kreis mehr bilden, sondern unregelmässig verthcilt sind, so dass einige der Blatter näher, andre davon entfernter sitzen. Das Gefässfieber ist gewöhnlich sehr stürmisch, führt aber keine Krisen her­bei, sondern nimmt in kurzer Zeit, während die Krankheit rasch um sich greift, den Charakter eines Faulfiebers an, das sich selbts überlassen mit dem Tode endigt.quot;*)
Was die Aehnlichkeit dieser Form mit den Pocken betrifft, so ist sie nicht allein Glanström und Matlhy aufgefallen, deren Worte ich an­führte ; auch Hopf erwähnt sie schon; eben so Herbst: „Die schwarze-
•) Rust Magai. B. XXXVI. S. 232.
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Pockc ist ein mit der Kuhpocke sehr verwandtes thicrisches Gift, und es bat der Verlauf beider Krankheiten vieles mit einander gemein, nur sind die Symptome der schwarzen Pocke heftiger und bösartiger. Schon nach dem ersten Tage der Ansteckung zeigt sich eine kleine Erhöbung von der Grosse einer Linse, die den dritten Tag bedeutend zunimmt; in der Mitte zeigt sich ein schwarzes Pünktchen; auf dem Rande werfen sich blauröthliche Brand­bläschen, auf; die Geschwulst nimmt mit jedem Tage zu, die Pocke erreicht den Umfang von einem Zweigroschenstück bis zum Thaler und darüber. Vom 7ten bis Uten Tage entsteht ein Fieber. Mit dem 9ten Tage hat die Krankheit den höchsten Gipfel erreicht, die Geschwulst fällt so schnell, wie sie gestiegen ist, die ergriffene Stelle wird schwarz, trocken und lederartig ; nach dem Uten Tage entsteht ein Eiterrand.quot;*) Der Verf. beruft sich auf eine zwanzigjährige Erfahrung bei mehr als 180 Kranken; allein etwas zu regelmässig und gleichmässig ist der Verlauf jedenfalls angegeben. — Diese Aehnlichkeit mit der Variola mag ja auch wohl Metaxa zu seinen Hypothesen verführt haben.
Was nun überhaupt die Stellen des Körpers betrifft, wo der Milzbrand-carbunkel des Menschen am häufigsten vorkommt, so habe ich davon schon im vorigen Abschnitt gesprochen. Jedenfalls scheint mir derselbe am Halse und Kopfe verhältnissmässig viel häufiger vorzukommen, als wohl da die In­fection vorkommen möchte. Seine Vorliebe für die Augen war schon alten Schriftstellern wohl bekannt, wie schon Werlhof durch eine recht interessante Zusammenstellung der zum Theil recht merkwürdigen Stellen aus Herodot, Celsus, Alexander, Paulus, Eusebius, Amatus Lnsitanus etc. gezeigt hat.*)
Sccundärer Milzbrandcarbunkel des Menschen.
Wir haben oben gesehen, dass mehrere Aerzte den Milzbrandcarbunkel des Menschen, der nach vorhergehenden Fiebererscheinungen ausbricht, gleich­sam als kritisches Exanthem, mit dem Namen des symtomatischen bezeichnet haben.
Dass in diesen Fällen häufig die Aufnahme des C'ontagiums durch die Lungen oder durch den Magen erfolgt ist, beweisen Fälle, die wir im vorigen Abschnitt mitgetheilt haben; dass aber auch in ähnlichen Fällen das Contaraquo; gium ebenfalls durch die Haut aufgenommen war, ohne gleich an der be­rührten Stelle eine Localaffection zu erzeugen, wurde daselbst auch nachgewiesen.
Dass dann die Carbunkel wesentlich verschieden seyn müssten von den primär durch locale Berührung erzengten, das ist keineswegs anzunehmen
') Freu s s. Staatszeit. 1822. N. III. 116. daraus Henke Z. E. II. III. S. 222. und Hufeland Journ. B. LV. S. 100.
c) Werlhof deVariolis et Ant L racib u s. p. 118, etc.
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oder nachzuweisen. Chaussier ist indessen dieser Meinung: „Als Herr von Chaignebrun einen am Milzbrand leidenden Kranken besuchte, zeigte man ihm plötzlich ein unter dem Kranken hervorgezogenes Nachtgeschirr roll sehr stinkender Massen: Ton dem Augenblicke an hatte er das Gefühl von Unwohheyn, eine krampfartige Erschütterung, und am andern Tage bekam er einen Carbunkel am Schenkel. Hier war der erste Eindruck auf die Innern Organe erfolgt, der Carbunkel war ein secundärer Ausschlag, was sehr ver­schieden ist von der Pustula maligna, die nicht die Folge eines Innern Erankheitsprocesses ist, sondern deren Ursache immer eine locale und äussere ist.quot; Diese Ansicht ist nach den vorliegenden Erfahrungen eine unhaltbare.
Innere Milzbrandcarbunk el des Menschen.
Dass auch in dem Menschen, wie in den Thieren, innere Carbunkel-geschwülste vorkommen könnten, ist wohl früher von den Aerzlen geleugnet worden. In den neuern Zeiten sind sie allerdings zuweilen ohne hinreichen-den Beweis angenommen worden.
Für das Vorkommen derselben dürften wohl schon die häufigen Fälle von Milzbrandbräune sprechen, welche nach Infectionen nicht allein durch die Athmungsorgane, sondern auch durch die Haut vorgekommen sind, von denen früher die Rede war (s. oben S. 443).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,n raquo; b a ü t a V
Ferner sprechen für ihr Vorkommen die Sectionsergebnisse in mehreren Fällen, wo Menschen mit äussern Carbunkeln starben, und in,Innern Organen ähnliche Ablagerungen vorkamen, wie in den Carbunkeln der Thi^re.'S. be­sonders die mitgetheilten Fälle von Schwab, Meier, und ThaerJ,.'San-
_,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;brna esbrtoslod
son, B a r e z u. s. w.
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Allerdings sprechen auch sehr dafür die Symptoiiic in inanely
kunsren, wo aber Leichenöffnungen nicht gemacht wurijen, oder' die Angaben , ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;/ iah o'n .•illiii Mi-i.n') m
sind ungenügend.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;, ,
So behauptet Fournier im Jahre 1727 im Languedoc in
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demisches Milzbrandfieber beobachtet zu haben.;
machte, sagt er: L'ouverture de trois cadavresdemontra dan's le'vöMinage de „ .. . ,, . 3i,,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; j raquo;^ #9632;raquo;I jnalMJoo .'iJ/iwhsiji gtriiun
lonnce infeneur de restomac de petites pustules et quelques pomts rouge-,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ./•.., ..nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; . .niBTa.iJsIgzs.sniBSSß8 raquo;UfiobinB oils
atres vers les ramifications des arteres stomachiques et pylonques.** .
Oben (S. 447) habe ich bereits äie^ Miffirannf Wm^llefs.angeroamp;n, dass Viricel eine Pustula maligna im Colon gefuhuen naoe; 'aber ohne %lle nähern Angaben.
Dass in dem Falle von Winkler (Rust Mag. B. XXXVII. S. 578) die Section nicht gemacht worden üt, ist lju7berfarflrn-.quot;''quot; quot;'l boBfsVnH (•
Clementz (p.23) beschreibt solche Erkra!ai/ün|eyjquot;4!B^ybHK,e,gMionen.
Bertins Sectionen beschreiben am licstthimteätek irifteW' üki'lAmiel ites Darms; so z. B. die dritte Beobachtung, quot; quot;
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Milzbrand - Appolexie des Menschen.
Ob die häufigen Apoplexien in Malaria — und Milzbrandländern hierher gerechnet werden könnten, ist hier noch nicht der Ort, zu untersuchen.
Aus Finnland wird ein Fall mitgetheilt, wo sich ein Bauer aus Muth-willen Abends in die frisch abgezogene Haut eines am Milzbrande krepirten Thiers wickelte, und Morgens todt in ihr gefunden wurde.
Wagner theilt folgenden Fall mit: „Ich hatte vor einigen Jahren im Dorfe Grosswessen den Fall, dass ein Hirt Abends seiner kranken Kuh Blut abliess, worauf er früh todt im Bette und die Kuh todt im Stalle gefun­den wurde. An Bildung eines Carbunkels war hier gar nicht zu denken *).
Milzbrandfieber.
Das Vorkommen eines Zustandes, der dem Milzbrandfieber der Thiere gleicht, erwähnen ausser den schon genannten Fournier, Clementz, (oben S. 229) Wagner, Winkler, und den im zweiten Abschnitt (S. 93) und im Torigen (S. 378) angeführten, mehrere Aerzte, besonders nach dem Ge­nuas von Fleisch. Vorzüglich gehören mehrere Fälle Berlins hierher.
Carganico führt leichtere Erkrankungen dieser Art nach dem Genüsse von Fleisch an. (S. oben S. 424).
Veränderungen in den Leichen von Menschen, die am Car-
bunkel starben.
Au erb ach hat bereits die Resultate aus den vorhandenen Sectionsberich-ten mit vieler Vollständigkeit zusammengestellt**).
Folgendes sind die allgemeinen Resulate:
Das Nervensystem ist wohl nie genau untersucht worden. Ray er gibt Gehirn und Rückenmark als gesund an (1. c. p. 38). Nicht so Geisbüsch in einem Falle, wo der Carbunkel an der Hand seinen Sitz hatte: „Cavo cranii aperto inter calvariam atque duram matrem sanguis coagulatus oecure-bat; dura mater ipsa fortiter injeeta erat, et ea remota arachnoideam impri­mis in regione frontali et in dextra hemisphaera magna copia coagulati san-quinis nigrescentis obtectam inveni. Venae valde injeetae atque sinus ipsi atro fluidoque sanguine expleti erant. Similes sanquinis extravasaliones cerebro remoto in basi cranii oecurrebant, vasis undique impletis. E canali spinali magna seri copia effluebat. Cerebrum ipsum tarn emollitum fuit, ut tactu
•) Huf eland Journ. B. LXXIX. 4. S. 40. Man Tergleiche noch den vorigen Abschnitt S. 459.
••) J. Auerbach. diss. in. de necroscopia hominum veneno aufhracis c x t i uet o ru m. Berolini. 1841.
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difflueret. In rentriculo dextro nigriscens scrum apparebatquot;. (L. c. p. amp;1) Aehnlich He 1 big (p. 30).
Das Blut. Meines Wissens haben alle, welche Aderlässe gemacht haben, das Blut als sehr schwarz, dicklich und schwer fliessend bezeichnet, so na­mentlich Bertin, Chobart, Hoffmann n. s. w. — Nach dem Tode wird dasselbe ebenso allgemein als schwarz und nicht geronnen, von Man­chen als klfimprig, breiartig, von Andern als dünn angegeben oder theerartig zäh, so Bertin, Larrey, Siederer, Otto.
Injection der Haargefässe findet sich zwar nicht allgemein, aber fast immer in einzelnen Organen, oft nur in einem oder dem andern, zu­weilen in mehreren, die Farbe ist dunkelroth und stellenweise schwarz; Tor-zugsweise die Schleimhaut der Verdauungsorgane, dann die Lungen, die se­rösen Häute sind auf diese Art verändert. Die Aerzte nennen das gewöhn­lich entzündet, aber ohne allen Grund]; offenbar ist es Folge von Gefässpara-lyse. Die innere Haut der Gefässe, namentlich auch der grösseren Arterien und des Herzens, wird oft sehr roth gefunden, was Erdmann auf den Ge­danken brachte, eine Arterienentzündung anzunehmen, gewiss mit Unrecht, es ist nur Imbibition, die eben so wohl eine Folge der Erschlaffung der Häute, als der Zersetzung des Bluts seyn kann.
Jederzeit kamen an verschiedenen, oft an sehr vielen Stellen, Austretun­gen des Bluts oder wenigstens eines flüssigem Theils, Ecchymosen, in das Parenchym der Organe, den Zellstoff, oder in die Höhlen der serösen oder Schleimhäute vor, offenbar auch Folge der Paralyse. S. vorzüglich die Beobachtungen von Barey, Erdmann, S a n s o n, Brunn, Borne­mann u s. w.
Eine Anzahl lympatischer Drüsen, in der Nähe der Carbunkel oder der Ecchymosen, wurden gewöhnlich stark mit Blut, oder Serum oder der sogenannten gelben Milzbrandsulze infiltrirt gefunden, wie sich denn wäh­rend des Lebens auch zuweilen geschwollene Achseldrüsen und selbst Bubo-nen zeigen #9632;'). Bei einem Manne, der den Carbunkel auf der Wange hatte, fand B a r e z: „Am vorderen Rande der Parotis, so wie in einem Ausschnitt des unteren Bandes dieser ganz normal beschaffenen Drüse, fanden sich je eine bohnengrosse schwarzrothe und stellenweis auf der Durchschnittsfläche mürbe Lymphdrüse, die von normalem Zellgewebe umgeben war; die Lymphge-fssse waren, so viel sich bei einer raschen Bloslegung von einzelnen dersel­ben erkennen Hess, nicht verdickt noch mit krankhaften Stoffen angefüllt. Die hinter der V. jugularis liegenden Lymphdrüsen waren sehr beträchtlich angeschwollen, durch und durch schwarzroth gefärbt und stellenweis mürbe und erweicht, aber ohne eine flüssige Ablagerung zu enthalten; diese Ver-
raquo;) Verhaodl, der Scbweitz. aertj. Ges. 183Q, S. 75,
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ändorung der Lymphdrüsen reichte aber bloss bis zum obern Rande delaquo; Brustbeins und erstreckte sich nicht auf die Bronchialdrüsen, welche weder
geschwollen noch geröthet waren..... Die Mesenterialdrüsen waren
ohne Ausnahme im ganzen Gekröse, Torzugsweise aber immer an den Stellen, wo sich in den Darmhäuten Carbunkelgeschwülste fanden, ganz auf dieselbe Weise entartet, wie die Lymphdrüsen an der rechten Seite des Halses. einzelne dieser entarteten Gekrösdrüsen hatten die Grosse eines 'Tauben­eies *). In einem ähnlichen Falle fand S a n s o n die Entartungen noch grosser: „Les ganglions lymphatiques yoisins sont d'un rouge noir; l'un d'eui plus Tolumineux que dans l'ctat naturel et place au devant de la reine jugulaire inlerne est comme infiltre de sang, et renferme quelques pe-tits caillots noirätres. De petits vaisseaux partant de ce ganglions sont in-jectes de sang de meme couleur. On crut alors les recherches terminces, et l'on pensa que ces vaisseaux etaient des reines. Mais quelques jours apres l'eleve charge du service des autopsies s'aper^ut, que quelqes ganglions ab-dominaux presentaient le meine aspect, que ceux du col. II resprit son examen, et trouva, que les ganglions mesenteriques, h. partir de la moitie de la largeur du messentere jusqu' h la' colonne vertebrale, que tous ceux des lombes et tons ceux, qui sont places le long des arteres iliaques, etaient d'un rouge noir et gorges de sang; il vil aussi que les vaisseaux lymphatiques, provenant des ganglions mesenteriques engorges ou places le long de la reine care et de l'aorte, etaient injeetes de sang noir et liquide, ainsi que le reservoir de Pecquet et le canal thoracique jusqu' i son embouchure dans la veine sous-clavii're. II examina alors comparatirement les vaisseaux, qu' il avait trouves partant des ganglions du col, et qu' il avait pris pour des veines et se con-vainquit que e'etait des vaisseaux lymphatiques. C'est alors que la piece fut separee pour etre presentee h 1'Academii **). Bertin erwähnt dasselbe in mehreren Fällen. Ebenso Bornemann, Erdmann, Rayer.
Die auffallendsten Veränderungen zeigen sich fast immer in dem Zell­stoffe, sowohl in der Nähe der Hautcarbunkel unter der Haut, als auch an entfernteren Stellen, in den Zellgewebsschichlen zwischen den Muskeln, um die Schleimhäute und serösen Häute u. s. w. Es bilden sich hier die soge­nannten Carbunkelgeschwülste, Austretungen von Blut, Serum, oder der soge­nannten gelben Sülze, Milzbrandmaterie (Humor anthracicus), gewöhnlich mehrere dieser Stoffe gemischt. Sie finden sich entweder in Klumpen an­gesammelt, oder der Zellstoff wird durch sie oedematös infillrirt oder in eine feste, oft sehr harte Masse verklebt, oder gangränös erweicht und zersetzt. Genaue Untersuchungen fehlen uns leider noch. Ray er beschreibt die Ein­schnitte der Haut im Lebenden folgendermassen: „En ecarlant les levres de la
•) Caspera W. 1836. S. 89. **) amp; Brosphet. Le Sytfeme lyrapha t ique, r. 294.
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plaie, on distinguait, de dehors en dedans une ligne formte par la peau noire et seche, et au dessous une couche noirätre profondement ecchymosee
et insensible.....Une autre incision limitait inUrieurement la teinte
violacee de la peau: Dans ses deux tiers eiternes la peau etait rouge comme dans l'erytheme et non gangreuee, plus profondement le tissu cellulaire grais-seux paraissait sain; dans le tiers interne, au contraire, le tissu cellulaire off rait trois ou quatre taches bruuatres, analogues a des ecchymosesquot; *). Und nach dem Tode: „Le tissu cellulaire sous-cutan^ des paupieres, de la langue et de la region malaire, etait gangrene, noir et impregne d'une sanie verdätre.quot; In einer andern Beobachtung: „En incisant la pustule maligne laquo;xterieure, qui avait et6 cauterisee, on trouva le tissu cellulaire engorge et un peu rougeätre; vers le milieu du con, on Tit entre les fibres du muscle, du sang epanche dans le tissu cellulaire et baignant toutes ces parties, jus-que pres de la colonne vertebrale. Le larynx lui-m£me en etait teint. m Leg ganglions du cou du meine cote, etaient rouges, engorges et plein d'un sang noir.quot; — Herbst, der die reiche Erfahrung seines Vaters für sich hat, sagt: „Tela cellulosa prope pustulam mutata et aut in duram steatomatosam massam, colore albido, rubro, ex rubro nigricante marmoratam, conrersa in-venitur, aut in duram gelatinosam üavi coloris substantiam; quae gelatina non solum sub cute, sed etiam in omnibus partibus, quibus magna telae cel-lulosae copia adhaeret, ut circa mesenterium et omentum, exsudata et accurau-lata reperiturquot; *). — In dem Falle Ton Barez: „Der Schorf war ober­flächlich weich, hreiig, schwarzbraun, in der Tiefe fest, und an den Rändern noch nicht'gelöst. Darunter bildete die Cuüs (? der Mutterknoten ?) eine schwarze und schwarzrothe, noch feste Masse, die mit dem zunächst darun­terliegenden Zellgewebe eine zusammenhängende speckige, aber weislieh und roth und schwarzroth marmorirte Masse bildete, welche sich unter der Cutis weiter ausbreitete, als äusserlich der Schorf reichte; diese marmorirte Masse, war in den schwarzrothen Massen etwas mürbe, nirgends elastisch und dehn­bar, aber in den weisslichen Stellen fast so fest, wie Faserknorpel. Die marmorirte und schwarzrothe Entartung setzte sich in die tiefen Zellgewebs-schichten fort, und erstreckte sich namentlich zwischen dem untern Rande des Musculus zygomaticus und dem vordem Rande des Musculus Masseter in dem daselbst befindlichen reichlichen Zellgewebe über einen Zoll tief bis auf die äussere Fläche des Musculus buccinator. Die Muskeln litten eben so wenig als das Wangenbein mit. Sämmtliches Zellgewebe der Wange war derb und spröde, besass keine Elasticität und Dehnbarkeit, und wäre hier­nach unbedenklich als in hohem Grade entzündetes Zellgewebe zu betrach­ten gewesen, hätte nicht Röthung und Ergiessung seröser Feuchtigkeit ge-
•) Diss. cit. p. 23.
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fehlt*). S ans on beschreibt den Carbunkel, der Trahrscheinlich der rein-brandigen Form angehörte, folgenderraassen: „La joue droite, les paupieres de l'oeil droit, les levres, et la partie superieure et droite du col etaient le siege d'un gonflement considerable et douloureux, avec rongeur legere et comme crysipelateuse de la peau. Au centre de ce gonflement on voyait un rassem-blemeut de petites vesieules remplies d'une serosilc jaunätre et demi-transpa-rente, occupant un espace egal k celui, que recouvrirait une piece de trois francs, et au centre de ee rassemblement de vesieules une petite plaque irrc-guliere, de deus lignes de diametre ou environ, laquelle etait brunätre et dessecheequot;. Nach dem Tode: „Les vesieules, qui recouvraient la tumeur pendant la vie, ont disparu. Celle-ci n'offre, dans le poient central et bru­nätre , dont il a etc parle, aueune trace de gangrene (? es war doch selbst Brand). Le tissu cellulaire de la joue droite et de la region sous-maxilaire est affeetc d'un engorgement, qui s'etend jusqu' au voisinage de la glolte. Le repli epiglottoarytenoidal droit est le siege d'une infiltration oedemateuse peu considerable et incapable d'obstruer le passage de l'air **). Partout ail-leurs l'engorgeraent est constitue par une infiltration de liquide sanguinolent noirätrequot;. p. 294. 1. c. — Carganico theilt die Untersuchung eines Anns mit, an dessen Hand ein tödtlich gewordener Carbunkel entstanden war: „Es fand sich hier das ganze Zellgewebe bis tief in die Achselhöhle hinein, so wie zwischen allen Muskeln, blauroth und blutig, mit einer eben so gefärbten sulzigen Masse infiltrirt, und selbst halbflüssig, so dass man es mit der Pin­cette nicht fassen konnte, doch ohne freies Extravasat an irgend einer Stelle; die Muskeln alle ebenfalls durch und durch dunkelblau-roth, ihre Substanz sehr mürbe und weich, und die Blutgefässe, Nervenstämme und Achseldrüsen eben so gefärbt; doch hatte diese Färbung ihren Sitz nur in der Zellhant der genannten Organe, denn beim Durchschneiden zeigte weder die Medul-larsubstanz der Nerven, noch die Textur der Blutgefässe oder der Lymph­drüsen eine erhebliche Abweichung. Nur die innere Fläche der grossen Ve­nenstämme erschien etwas mehr als normal gerölhet, und das Blut, womit dieselben stark angefüllt waren, war dunkel, fast schwarz, und halbgeronnen, theerartig. Aeusserlich wurde an der Leiche, ausser den noch verhandenen Blasen und sonstigen Spuren der Gangrän am ganzen ergriffenen Arme, bis an die Brust hinauf, die schon ungewöhnlich weit fortgeschrittene Verwesung
•) Caspers W. 1836. S. 38.
,„) Bei den pützlichen ganz unvermutheteo Tode des Kranken ist es doch wohl möglich, dass er dadurch erstickt ist. Ich habe auch ein solches todtlicbes, sehr leicht und bestimmt diagoosticirtes Oedem der Glottis beobachtet, welches nach dem Tode so verschwunden war, dass Nie* piand darin die Ursache des Todes hätte linden mögeq,
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und der Mangel aller Todenstarre bemerkenswerth gefunden*).quot; Gendrin, der den unrichtigen Ausdruck Inflammation essentelietnent gangreneuse ge­braucht, da nach seiner eigenen Angabe keine Spur der Entzündung yor-kömmt, theilt die Section eines Menschen mit, der den Carbunkel an der linken Seite des Unterkiefers hatte: „toute la face etait tumifiee, la peau etait comme luisante, d'une couleur jaune-terreuse. A la dissection nous trouvanes la peau, le tissu celluraire sous-cutane et intcrmusculaire gangre­nes. Les muscles u'ctaient point i^pargnes, mais seulement dans une petite etemliie. Dans le reste de la partie malade ils etaient intacts au trarer3 da tissu cellulaire sphacele. L'escare etait humide, molle, fetide et adherait aux parties saines. Le tissu cellulaire, sain autour de l'eschare, etait d'un rouge brunätre, infiltre d'un fluide sereux, rougeatre, fetide; il etait ramolli, sans consistance, comine pulpeux. Les vaisseaux, qui le traversaient, etaient dilitates et remplis de sang noir **).quot; An einer andern Stelle sagt er: „En pratiquant le debridement, on voit dans l'eschare un tissu grisätre, humide entierement mortifie, el dans les parlies environnantes un tissu tres infiltre, assez resistant ä l'action de l'instrutnent et comme combine avec la partie colorante noire du sang. Ce tissu est peu sensible et ne fournit li l'incision qu' un sang noir et sereuxquot;. Ibid. p. 4:7-1.
Die Veränderungen in der äussern Haut selbst habe ich früher und eben nach vielen Beobachtungen angegeben, aber auch erwähnt, dass uns genauere Untersuchungen durchaus noch fehlen. In letzter Zeit hat Simon einen ausgeschnittenen und in Weingeist aufbewahrten menschlichen Milz-brandcarbunkel beschrieben: „Das Präparat ist ein gegen 2 Zoll langes und ungefähr 1 Zoll breites Hautslück vom Vorderarm, welches seiner ganzen Dicke nach bei einem lebenden Menschen ausgeschnitten war. Auf demsel­ben befinden sich zwei Milzbrandbculen, eine grössere die, 1/2 Zoll, und eine kleinere, die 1/i Zoll im Durchmesser hat. Beide bilden hügelförmige An­schwellungen, welche an ihrem erhabensten Theile die Hautoberfläche um etwa 4 Linien überragen. Die grössere Beule hat auf ihrer äussern Fläche eine graubräunliche Farbe mit einigen dunklem, rothbraunen, etwa hirse-korngrossen Flecken. Die Epidermis ist auf der Geschwulst noch vorhanden, an einzelnen kleinen Stellen aber von der Culis losgetrennt. Die Geschwulst wird durch eine Verdickung der Cutis gebildet, die an der kranken Stelle ihrer ganzen Dicke nach eine aschgraue Farbe zeigt, und so mürbe erscheint, dass sie sich sehr leicht zerbrökeln lässt. Bei der mikroscopischen Untersu­chung erkennt man in dem so veränderten Cutisgewebe nur eine feinkörnige Masse, in der sich hier und da einzelne Bindegewebefasern unterscheiden lassen. In den untersten Schichten der Cutis befinden sich in der Gegend
•) Rust's Magaz. B. XL1V. S 422.
') Hist auat des In fla mm. T ol. I. p 40.
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der Geschwulst mehrere rothbraune Flecken, die wie Bluteitrarasate aussehen. Die kleinere Beule ist an dem mittleren Theile ihrer Oberfläche von dersel­ben Farbe, wie die grössere, an den übrigen Fartieen aber von hellerer, gelb­licher. An dem Durchschnitte erkennt man, dass auch hier das Gewebe der Lederhaut in eine graue, mürbe Masse umgewandelt ist, die sich unter dem Mikroscope eben so, wie in der grössern Beule verhält. In der Umgegend der Geschwülste ist die Oberhaut an mehrern Stellen zu erbsengrossen Blasen erhoben *).
Die serösen Häute leiden ganz eben so und auch wohl eben so häufig wie der Zellstoff. Dieselben Austretungen von Blut, Serum oder gelber Sülze? theils in ihre Höhlen, theils auf ihre äussere Fläche; ganz besonders häufig kommen diese in der Bauchhöhle vor, wovon gelegentlich viele Beispiele er­wähnt worden sind.
Der Verdauungscanal. Dass sich durch unmittelbare Berührung des Conlagiums Milzbrandcarbunkel an den Lippen, auf der Zunge, am Gaumen wiederholt erzeugt haben, wurde früher mit^etheilt **). Dass sich Milzbrand­bräune bildete, auch wenn das Contagium auf die äussere Haut oder auf die Lungen wirkte, ist ebenfalls oben erwähnt worden. Ob nach Aufnahme des Contagiums in den Magen sich auch hier primäre Carbunkel erzeugen können, konnte nicht entschieden werden, wir mussten solches aber wahrscheinlich finden ***).
Secundär entstehen bei Menschen, die am Milzbrandcarbunkel der Haut leiden, am häufigsten Affectionen des Yerdauungscanals, die den beschriebe­nen des Zellstoffs und der serösen Häute vollkommen analog sind, und die von den Aerzten sehr allgemein ganz unrichtig als Entzündung bezeichnet werden. — Am bestimmtesten werden diese Affectionen den Milzbrandcarbim-keln der äussern Organe ähnlich beschrieben von Bert in und Barez. Der erstere erwähnt dieses Leiden zwar bei fast jeder Beobachtung, aber z. B. in der 3ten Beobachtung: „Bei der Ocffnung seines Körpers fand man die Innern Häute der dünnen Gedärme sehr entzündet ****); längs der Verbindung der Gedärme mit dem Netze traf man eine erstaunliche Menge verstopfte Drüsen -j-) an, die in die Innern Wände der Gedärme hervorragten, von der Grosse der Spitze des Daumens; einige davon waren schwarz und glichen geronnenem Blute, andre waren von aussen blassroth und inwendig weiss. Der Zwölffingerdarm und der leere Darm waren ganz voll von einer galligten
*) G. Simon die Hautkrankheiten, u. s. w. S. 214. **) S. den vorigen Abschnitt S. 445. •quot;) S. oben S. ff. 445. ••••) das beisst roth! f) d, b. Geschwülste,
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rßlhlichen Materie. In dem Krummdarm fand man ergossenes Blut, und in den dicken Därmen viel galligte Materie, die in dem Mastdarm war mehr leimartig und dem geronnenen Blute ähnlich, der Unterleib enthielt viel Was­ser, das Gekriis und die Häute der Gedärme waren verdickt.quot; — Barez „Der Magen war gegen den Grund hin mit etwas gerötheter Schleimhaut um­geben, sonst normal. Das Netz war ebenfalls normal, aber an der Oberfläche, wie an allen mit dem Peritoneum überzogenen Theilen, entzündet (?) das heisst mit stellenweise sehr reichlichen Gefässramificationen versehen, die so­gar an vielen Stellen, namentlich an der concaven Seite des Zwerchfells, mit schwarzen scharf begrenzten Blutaustretungen umgeben waren! Die wichtigste Veränderung zeigte sich aber am Darmkanale; hier fand sich schon eine Hand breit unterhalb des Endes des Duodeni eine runde, derbe, schwärzliche, reich­lich mit schwarzrothem Blute durchdrungene, wallnussgrosse, jedoch blos etwa 4 bis 6 Linien dicke Geschwulst, auf der einen Seite mit Faserstoffaus-schwitzungen bedeckt, auf der Schleimhautseite braunschwarz gefärbt, meh­rere Valvulae conniventes einnehmend, aber blos auf deren Rande eine pul-pöse Erweichung der Schleimhaut zeigend. Zwischen Muskel- und Schleim­haut war die Zellgewebsschicht und Gefässhaut sehr dick (3 bis 4 Linien), aufgeschwollen, derb und schwarzroth marmorirt, vollkommen gleich der Färbung der Gewebe des Carbunkels im Gesichte. Solcher praller Geschwülste fanden sich grössere und kleinere (jedoch keine unter der Grosse einer Haselnuss, einige so gross wie ein Taubenei) bis zur Valvula coli hin einige dreissig; im Dickdarm befand sich dagegen keine einzige. Die Me-senterialdrüsen waren fast ohne Ausnahme im ganzen Gekröse, vorzugsweise aber immer an den Stellen, wo sich in den Darmhäuten die beschriebenen Carbunkelgeschwülste fanden, ganz auf dieselbe Weise entartet, wie die Lymph­drüsen an der rechten Seite des Halses*).quot; — Ray er beschreibt die Ver­änderungen in einem Falle folgendermasen: „La cavite abdominale ouverte, il s'ecouln environ une pinte de liquide jaunätre; puis en deplacjant las intestins on vit un liquide plus fonce et puriforme entre l'estomac et le foie. Le grand epiploon et la surface exterieure de l'estomac etaient rouges. Cette rougeur etait produite par 1'accumulation du sang dans les veines. Des points noirs etaienl repandus cii et 1k sur l'iutestin grele. La cavite de l'estomac parut agrandie, eile contenait peu de liquide. Dans quelques points ce vis-cere avait plus d'un pouce et demi d'epaisseur; sa membrane muqucuse pre-sentait six taches arrondies ou ovales. Ces plaques noires au centre, etaient jaunes ä leur circonference. Sur quelquesunes la membrane muqueuse existait encore, mais eile etait ramollie et s'enlevait par le simple toucher, comme si eile eut ele putrcficc, quoiqu' eile n'exhalät pas I'odeur de gangrene; au dessous d'elle, un fluide epaia et noir la separait du tissu cellulaire sousja-
•) A. a. 0, S. 40,
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cent, engorge, epaissi, qai presentait quelques rougeurs entremelees de points blancs. La circonKrence de ces laches noires etait entouree d'une aureole jaune, de largeur variable, oü la membrane muqueuse elail plus ferme que sur les points noirs. Des taches gangreneuses, les unes avaient la largeur d'une piece de six francs; les autres etaient plus petiles. Autour d'elles, la membrane muqueuse etait d'un rouge livide et un peu pointille. Partout eile etait facile ä dechirer; on I'enlerait cependant encore par petits lambeaux blanchätres; une legere pression peu forte suffisait pour la sillonner; ses ri­des etaient effacees. Au dessous de cette membrane, le tissu cellulaire etait grisatre, gorge de scrosite, epaissi, et dans un etat participant k-la-fois de Pemphyseme et de l'oedeme. A deux ou trois pouces du duodenum, qui etait sain, I'intestin grele presentait une tache rouge noiratre, et sur ce point la membrane muqueuse etait un peu ramollie. Plus loin, le long d'une val-vule, on rencontrait une crete rouge, brune, solide, consistante , formee par le tissu cellulaire sous-jacent, epaissi par le depot d'un liquide noirätre que Ton faisait sorlir de ce tissu en le comprimant; les membranes musculaire et piritondale etaient saines **).quot; — In andern Sectionen sprechen die Ver­fasser zu Tag nur von Entzündung und Gangrän. Sans on bezeichnet die von ihm gefundenen Veränderungen noch etwas genauer: „La surface in-ftrieure de l'estomac est parsemee, dans sa moitie pylorique, de pustules lenticulaires, au nombre de vingt - cinq k trentc, dues ä l'engorgement de la membrane muqueuse, et recouvertes d'une couche pseudomembraneuse gri­satre. Le reste de cette membrane est le siege d'une forte injection sanguine. Le duodenum et le reste de I'intestin grele sent sains, h l'exception de quel­ques portions un peu plus injeetees que le reste et comme ecehymosees *).'' — DemMilzbrande der Thiere besonders analoge Erscheinungen bot der Fall von Meyer und Thär dar, den ich oben (S. 479u.576) bereits mitgetheilt habe. — Geisbüsch: „Duodenum duos pollices a pyloro remotum nigrum atque gangraenosum, ita ut levissimo tactu singulae membranae rumperent. Inter tunicam mueosam et muscularem reperiebantur nigrescentes noduli modo majores modo minores, quibus incisis massa albida lardaceaque se offerebat. Tunica serosa intestini tenuis pcllucida hue illuc maculas rubras sanguine intermixtas thaleri magnitudine offerebat. In regione fiexurae sigmoideae tunica serosa in loco circumscripto livido colore et tumefaeta fuit, sub qua qnoque massa lardacea oecurrebat. L. c. p, 52.
Die Leber wurde mehrmals gesund gefunden, Meyer fand sie er­weicht *).
Die Milz wurde von Barez und Rayer gesund gefunden; sehr Ter-
•) I. c. p. 39. ••) L. c. p. 293. •••) Me d. Ver. Zeit. J. 1841, S.149,
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grössert erwähnt sie Dussausoi; ein paarmal wurJlaquo; sie erweicht ge­funden **).
Die Lungen wurden gesund gefunden von Erdmann, von Barez, eben so Ton San son, ron Seh fidler. Geisbfisrh dagegen: „Pleura aperta in sinistro ejus saeculo aliquid serj invcutum est; pulmone hujus la-teres separate ex vasis pulmonalibus sinistris unc. XXII. ^anguinis iiqnidi atque atri effluxerunt, pleura vero dextra aperta major seri copia oecurrebat. Superficies dextri pulmonis nigra et in utroqua lobulo inferiori fissurae erant nigra et gangraenescenti quasi areola circumdatae, in quas, quot incisiones feceris, cava aperta sunt sanguine atro impleta. Pulmo sinister maculas ni-grescentes minoris ambitus ostendebat.quot; L. c. p. 51. Ray er im ersten Fall: „Le poumon droit, quoique engorge, etait mou, crepitaitt, difficile k dechirer surtout k sa partie moyenne; le sommet etait sain, et ä l'incision il ne s'en ecoulait point de liquide. Le sang paraissait combine avec le tissu pulmo-naire; la surface de la section etait noire, et en la raclant avec le scalpel, on n'enlevait rien. Le poumon gauche etait sain.quot; 1. c. p. 38. Im zweiten Falle: Le poumon droit etait legerement hepatise dans son lobe inferieur ou au moins fortement engome. Le poumon gauche hepatise et impregne de pus dans son lobe superieur. etait d'autant plus distinct du lobe inferieur, que celui-ci etait seulement un peu engorge. La coupe du lobe superieur etait grisätre, et le pus ruisselait de sa surface, lorsqu' on la grattait avec un scalpel, ou lorsqu'on comprimait le poumon, qui exhalait une odeur fe-tide, quoique non tout-k fait gangreneuse.quot; p. 45.
Diese Sectionsergebnisse beweisen eine vollkommne Gleichheit des mensch­lichen und thierischen Milzbrands.
2) Pferd.
Wir haben bereits im dritten Abschnitt darauf aufmerksam gemacht, dass es Länder gibt, in denen die Pferde die vorzugsweise am Milzbrand leiden­den Thiere sind, wie Sibiren, mehrere Provinzen Kusslands, Sardinien; we­nigstens auch noch häufiger leiden die Pferde in Polen und Preussen; dage­gen in unsern Ländern sind die Pferde diejenigen Hausthiere, welche am seltensten am Milzbrände leiden. Als wahrscheinlichste Ursache dieser Dif­ferenz erkannten wir am angeführten Orte, dass in den erstgenannten Län­dern die Pferde noch Weidethiere sind, während bei uns gerade bei ihnen die Stallfütterung am allgemeinsten und ausschliesslicbsten eingeführt ist.
Die beobachteten Formen sind die folgenden:
a) Milzbrandapoplexie. Bei uns ist sie unter den Pferden seltener, als unter Schafen und Rindern; in Sibirien und Russland scheint sie aber häufiger zu seyn, und in derselben Art vorzukommen, wie bei uns unter
*) Am eben angeführten Orte. Auch daseibat. 1835. S. 154,
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andern Hausthieren: nämlich wenn Epizootien ausbrechen, so gehören ge­wöhnlich die ersten Fälle vorzugsweise der apoplektischen Form an, die fol­genden dann mehr der Carbunkelform; wo man denn anzunehmen berechtigt ist, die ersteren sind spontaner Milzbrand, die letzteren gewöhnlich Folge von Contagion.
Haupt bemerkt: „habe man nun Recht oder nicht, so will man doch eben die ersten kranken oder schon verendet gefundenen Thiere mehrmals ohne alle Beulen, Geschwülste und andre Krankheitsmerkmale gesehen ha­ben......Das Thier hat hier gar keine oder nur die wenigen Symptome
des Todeskampfs, der einige Minuten, Vj bis 1 Stunde, selten darüber dauert.quot; A. a. 0. S. 164. 1C7. — Das Blut soll in diesen Fällen oft nicht vom ge­sunden abweichen. S. oben. — Die Symptome sind die allgemeinen oben angegebenen.
b) Milzbrandfieber. Wenn auch die apoplektische Form bei uns nicht häufig ist, so ist doch ein sehr acuter Verlauf den Pferden vorzugs­weise eigen; er vorläuft dann oft als Milzbrandfieber ohne äussere Beulen, nach dem Tode findet man dann zuweilen innere Beulen, zuweilen aber auch nicht. Als treues Bild der Krankheit können die Beschreibungen zweier Epi­zootien von zwei berühmten Aerzten dienen:
Die erste ist die Beschreibung der Epizootic zu Fossano von Brugnone (N. 63): „Vom Anfang der Krankheit an war das Thier traurig, es hatte verdrehte, halb geschlossene Augen, wilden Blick; es frass nicht wie gewöhn­lich; wenn es ging, so sah man seinen ganzen Körper, besonders die Hin­terhand hin und her wackeln, fast immer lag es; einige Stunden darauf äusserte es unzweideutige Zeichen von Colikschmerzen, indem es jeden Augen­blick aufstand und sich wieder legte, und mit dem Kopfe nach den Flanken sah; auch selbst wenn es lag und ruhig schien, wendete es den Kopf nicht von einer der Flanken weg; bei mehreren zeigte sich schweres Harnen, und der Harn, der im Anfange der Krankheit hell und wie man sagt roh war, wurde gegen das Ende trüb und roth; der Mist war im Allgemeinen wie im gesunden Zustande; die Haare des ganzen Körpers waren glanzlos und ge­sträubt. Bei einigen folgte auf die Colik allgemeines krampfhaftes Zittern der Haut, bei andern leichte Zuckungen in den Muskeln der hintern oder vordem Extremitäten; alle hatten trocknes Maul, sehr heissen zuweilen übel­riechenden Athem, weisse Zunge, die Ohren und die Extremitäten abwech­selnd kalt und warm. — In der ersten Zeit der Krankheit konnte man kaum eine leichte Veränderung in der Bewegung der Flanken wahrnehmen, wenn sich aber der Tod näherte, d. h. 10, 12 bis 18 Stunden nach dem Anfange der Krankheit (fast nie dauerte sie über 24), schlugen das Herz und die Flanken'mit einer ausserordentlichen Schnelligkeit, die Nasenlöcher waren sehr erweitert und zuckten krampfhaft; das Thier, um besser athmen zu kön­nen, verlängerte den Hals, hob den Kopf, und zeigte laquo;ine solche Schwäche,
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dass es siili nicht mehr zu legen wagte; wenn es sich bewegte', so fuhr sein ganzer Körper fort zu wackeln; endlich fiel es und starb augenblicklich, ent­weder ruhig und ohne irgend eine ungewöhnliche Bewegung zu machen, oder unter Convulsionen. — Die Krankheit dauerte länger bei denjenigen, welche erkrankten, nachdem sie einige Zeit im Freien gelebt hatten, sie zogen sich hin bis zum siebenten oder achten Tag, und zwei bis drei Tage vor dem Tode schwollen ihnen gewöhnlich der Kopf, oder die Kehle oder die Geschlechts-theile an; fast allen floss aus der Nase eine gelbe, blutige, übelriechende Flüssigkeit, und eine mehr oder weniger grosse Menge Blut aus dem After. Bei allen denjenigen Thieren, denen man als Präservatirmittel ein Cauterium applicirt hatte, war es gerade das alte Geschwür, durch welches sich die Krankheit ankündigte; dieses, wenn auch vernarbte, Geschwür öffnete sich plötzlich wieder, Hess ein dickes schwarzes Blut ausfliessen, und die benach­barten Theile schwollen an. — Das Blut, welches man aus den Venen ent­leerte, entweder im Anfange oder in der Mitte, oder am Ende der Krankheit, selbst das, welches man in den Cadavern fand, war sehr schwarz, sehr dick und zäh, man unterschied in ihm nicht die geringste Menge Serum, wenn man es auch ganze Tage in einem Gefässe stehen Hess. — Die Leichen verbreiteten nicht den geringsten üblen Geruch; bei ihrer Oeff-nung sah man unter der Haut, in dem Zellstoffe, mehr oder weniger grosse schwarze Flecke, eben so an den Muskeln, an dem Magen, am Darm, an den Lungen, an dem Herzen selbst, sowohl auf seiner äussern, wie auf sei­ner innern Fläche. An den häutigen Eingeweiden befanden sich diese Flecken in dem Zellgewebe, welches zwischen der Muskelhaut und Schleimhaut liegt, so dass sie sich nur auf ihrer innern Fläche zeigten; die Milz hatte eine schwärzere Farbe, als gewöhnlich, und ihre Gefässe waren sehr erweitert; Leber und Nieren wurden gesund befunden, aber die Harnblase, die Schleim­haut der Nase und des Schlundkopfs waren fast immer entzündet *). Die Gehirnhäute und das Gehirn befanden sich immer im normalen Zustande; die Lungen dagegen waren durch und durch brandig und ausgedehnt von einem schwarzen schaumigen Blute, oder wenigstens mit schwarzen oder liriden Flecken versehen. In allen Cadavern waren die Gekrösdrüsen verstopft, schwarz und wie verbrannt. In demselben Zustande befanden sich die mehrsten übri­gen lymphatischen Drüsen, z. B. diejenigen neben den Nierengefässen, den Milzgefässen, Magen-Netz-Gefässen u. s. w., die glandulae oesophageae^ jugulares, selbst die Thymus und die Ovarien; an allen diesen Theilen war das Zellgewebe in der Nähe der Drüsen von einer gelblichen, gallertartigen Flüssigkeit gefüllt.quot; A. a. 0. p. 230.
Die zweite Epizootie dieser Art ist von Bojanus beschrieben: „Die­ses Uebel trat auf unter den Pferden eines grossen Marstalls in Deutschland;
i
') Soll ohne Zweifel licisscu geröthet.
Ucusingcr, Milibrand.
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trgriff vorzüglich Thiere Ton feinem Schlage, die mit Hefer gut genälirt wor­den, ohne Unterschied des Geschlechts, magere selten, noch seltener gemeine Pferde. — Haarsträuben und Fieberschauer kündigten den, immer plötzlichen, unvorhergesehenen Eintritt des Uebels an. Der Puls wurde gleich klein und schnell (60, gewöhnlich 70, 72, in der Folge auch wohl 100 Schläge in einer Minute), der Herzschlag war uufühlbar; der Leib aufgeschürzt, mit Flankenschlagen; die Hitze vermehrt, die Nasenhaut dunkelblau, alle Absonderungen sparsam, kein Mistabgang, dabei Kratzen mit den Yorderffissen, wie bei Kolik, und öfteres Umschauen nach dem Leibe; aus der Ader gelassenes Blut war dick, schwarz, auf der Oberfläche pfaufarbig schillernd; Eilerbänder bewirkten ein beständiges Auströpfeln gelben Was­sers , bisweilen fanden sich in ihrer Nachbarschaft Beulen ein; die Fresslust und Munterkeit bestanden, auf eine höchst verführerische, die Gefahr ver­bergende Weise bis zur Höhe der Krankheit, die schon mit 18, 24 oder höchstens nach 36 Stunden den Tod herbeiführte. In den Leichen fand sich das gesammte Muskelfleisch mürbe, wie gekocht, die Lungen gewöhnlich schwarzblau und an einer oder der andern Stelle aufgelöst, zerfliessend; das Futter im Darmcanal weich, breiig und verdaut; bei allen endlich im Magen Spuren einer in Brand übergegangenen Entzündung *), vom Durchmesser eines halben Zolls, bis zu einer Hand gross. Auch die Därme stellenweis entzün­det und brandig. Da diese letzteren Zerstörungen nie fehlten, so erklären sich daraus wohl die der Kolik nahe kommenden Zeichen in den Kranken; aber nicht so die bestehende Fresslust, die sich kaum mit einem so bedeu­tenden Leiden des Magens und Darmkanals vertragen zu können scheint. Uehrigens galten als bezeichnende Erscheinungen der laufenden Krankheit: das Kratzen mit den Yorderffissen, bei bestehender Fresslust und Munterkeit, der schnelle, kleine Puls, bei unfühlbarem Herzschlag, die Schwärze des aus der Ader gelassenen Blutes, auf der Oberfläche farbig und in das Blaue spielend. — Als Ursache dieser Krankheit klagte man Sumpfheu an, das auf Wiesen gesammelt wurde, welche alljährlich den Ueberschwemmungen ausgesetzt sind; ausserdem reichliche Nahrung bei wenig Arbeit; Mangel an Bewegung und das Zusammenstehen sehr vieler Pferde in einem, obwohl sehr geräumigen und prachtvollen Stalle **).quot;
c) Milzbrand mit äusseren Carbunkeln. Ich selbst glaube zwar nur Carbunkel von oedematoser Form im Pferde gesehen zu haben, kann mich aber, da ich in den letzten Jahren keine Gelegenheit hatte Sectioncn beizuwoh­nen, und früher wohl nicht vollkommen aufmerksam auf diese Verhältnisse war, nicht darauf verlassen, eben so wenig aufdie Berichte, die ich jedes Jahr erhalte.
•) Bei fortbestehender Fresslust? und ohne Mistabgang? Freilich gab es eine Zeit, wo man keinen Brand ohne Cntzünilung sich denken konnte. •) Seuchen der Haust liiere S. 139.
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So viel ist richtig, dass die Beulen im Pferde gewöhnlich oder immer nicht so gross und hervorragend sind, wie im Rindvieh, sondern sich mehr platt in der Fläche ausbreiten. So mag es ja wohl auch oft der Fall seyn, besonders wenn sie seeundür, nach den Erscheinungen des Fiebers auftreten, und im spontanen Milzbrand, dass sie rein in der oedematösen oder scirrho-sen Form, im Zellgewebe, ohne vorgängige Affection des Derma auftreten.
Die primären, wahrscheinlich durch Contagion erzeugten. Beulen dage­gen scheinen, den Beschreibungen nach, zunächst mit einer Affection des Derma, einem Brandpunkte oder wenigstens einem Knoten, einer Quaddel zu zu beginnen. Genaue und vollkommen zuverlässige Beobachtungen besitzen wir noch nicht. Haupt beschreibt den Anfang folgendermassen: „Bei der ersten Entstehung und Entdeckung der Beule zeigt sie sich als eine kleine, flache, über die allgemeine Haut kaum erhabene, runde oder länglich-runde, begrenzte, meist schmerzlose, härtliche Geschwulst, mehrmals so geringfügig, dass man sie, besonders an stark behaarten Stellen mit Mühe für den An­fang einer gefährlichen Krankheit hält. Sie ist zu dieser Zeit in der allge­meinen Bedeckung meist begriffen. An weniger behaarten Orten, wie am Schlauche, Euter, und diesen Theilen näher am Hinterleibe, macht sie sich eher merkbar. Sie nimmt gewöhnlich so wohl im Umkreise als in der Dicke schnell zu, so dass sie in Zeit von einer oder einigen Stunden vom anfäng­lichen Durchmesser eines halben oder eines Werschoks die doppelte und drei­fache Grosse erlangt hat, und verhältmässig erhabener oder tiefer nach innen
geworden ist.....Einige Beobachter wollen überhaupt auf denselben einen
spitzigen (Mittel- laquo;der Anfangs-) Punkt, eine kleine erhabene schwärzliche Stelle der eben entstandenen Beule gefunden haben, mir ist es aber fast nie gelungen, diesen zu bemerken; ohne dagegen streiten zu wollen, muss ich nur bekennen, dass ich etwa ein oder ein paarmal etwas Aehnliches auf An­fangsbeulen des Schlauchs oder Euters zu bemerken geglaubt habe, aber ich bin nicht gewiss, ob ich mich nicht geirrt habe; auf Geschwülsten andrer Stellen habe ich vergeblich darnach gesucht. Uebrigens zeigten sich mir, so weit nicht sowohl das Auge, als Betastung zu Hülfe kamen, etwa zwei oder drei Unterschiede oder Beulenarten, die ich jedoch bei weitem nicht im­mer genau beobachten konnte: 1) Beulen, die man äussere, gutartige oder Hautbeulen nennen könnte — sie sind flach in der allgemeinen Bedeckung enthalten, in ihr eingeschlossen, begrenzt, sollten auch 2 oder 3 neben ein­ander vorhanden seyn. -Ich sah derselben mehrmals in gutartigen Krankheiten, und sie wichen gewöhnlich den angewandten Mitteln leicht; 2} einfache wie die vorigen, aber durch die allgemeine Bedeckung hindurch mit den unter­liegenden Theilen verbunden, zusammenhängend; 3) unter der allgemeinen Bedeckung sich befindende, meist gleichsam zusammengesetzte, aus mehrern Klumpen, Abtheilungen bestehende. Diese könnte man etwa bösartige, innere nennen. Die erste Art Beulen kann man mit den Fingern umfassen, mit
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der allgemeineu Bedeckung gewissermassen aufheben; bei der zweiten Art jst dieses nicht möglich, und bei der dritten lässt sich die Haut über der Beule bewegen, hin- und herschieben, obgleich sie nicht ganz ohne Anschwellung und schwielige Härte ist.quot; A. a. 0. S. 172. — Alibert gibt richtig auch an, dass es Carbunkel unter der Haut, ohne Hautbeulen (die oedematöse Form) gebe, von den Hautbeulen (nach seiner Beschreibung die Quaddelform mit Brandöffnung in der Mitte) sagt er: „La tumeur, quand eile existe, est renitente et dure, perforce dans son milieu, par une ouverture sou vent dif­ficile h distinguer: cette ouverture repond h un filament celluleux, que 1'on croit etre le corps pseudo-membraneux^), irreductible par la suppuration; cette tumeur est tantut unique, tantöt multiple, sourent aussi petite qu'une fi-ve; eile acquiert quelquefois un prodigieux volume; eile est tantöt lente dans son apparition et son dereloppement **).quot;
Mögen aber die Carbunkel entstehen, wie sie wollen, immer entwickelt sich bald, im Allgemeinen sehr viel früher als im Menschen, ein Fieber, wie es unter Milzbrandfieber beschrieben worden ist, und oft erfolgt der Tod, ehe noch der Carbunkel in Brand übergegangen ist. Ist aber der Verlauf lang­samer, so entsteht Brand auf dem Carbunkel, und nach dem Abstossen der Brandborke fliesst gelbes Wasser aus ihm, oft in grosser Menge.
Die Carbunkel können freilich an allen Stellen des Körpers vorkommen, aber allerdings giebt es für sie Lieblingsstellen, und die Gefahr, die sie bringen, ist nach diesen Stellen nicht gleich:
a) Eine dieser Stellen ist die Kehlgegend, vor dem Kehlkopfe, oder die Gegend zwischen ihm und der Ohrspeicheldrüse. Diese gelten wohl mit Becht Ton allen für die gefährlichsten; man glaubt, weil die gallertartigen ausgetretenen Massen sich auf den Kehlkopf selbst verbreiten und Erstickung herbeiführen. Dieses ist wohl zum Theil richtig, aber wer weiss, ob der oft so schnell tödtliche Ausgang nicht durch eine Affection des Nervus vagus und sympathicus herbeigeführt wird?
ß) Von alten Zeiten her berücksichtigt ist der Carbunkel, welcher sei­nen Sitz auf der vorderen Brustfläche, neben der Spitze des Brustbeinknor­pels bis gegen das Bug hin hat. Die Anticardia pestis der altern Aerzte, lange unter dem Namen des Avantcoeur, den sie in Frankreich führte, Anticuore, allgemein bekannt. Die ausgetretenen Milzbrandmassen, senken sich bald in die Brusthöhle. Auch dieser Carbunkel ist sehr gefährlich.
y} Ebenfalls bedeutend gefährlich ist der Carbunkel, welcher an den äussern Geschlechtstheilen erscheint, sich gewöhnlich schnell ausbreitet. In manchen Epizootien kam er vorzugsweise vor.
d) Wenigstens gewöhnlich nicht so rasch verlaufend ist der Carbunkel,
*) ? durch Brand abgestorben. #9830;•) Dermatuses vol. I, p. 198.
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welcher unter den Franzosen ah Musarai^ne, den Italienern als Topa* ragno bekannt ist; er entsteht auf den Inguinaldrüsen und breitet sich längs des Schenkels aus.
e) An andern Stellen der Schenkel führt er gewöhnlich den Namen Trousse-galant.
t) Ueber den Hufen erscheint er an den Fassen, manchmal an einem, oft an mehreren zugleich.
An andern Stellen der Haut ist er nicht so häufig bei Pferden.
Merkwürdig ist, dass im Pferde der Augen carbunkel, der in den Vögeln häufig ist, auch zuweilen vorkömmt, er setzt sich auf die Nase, und, wie man sagt, nach innen auf das Gehirn fort *).
Die Milzbrandbräune der Pferde ist einige Mal epizootisch vorge­kommen, s. oben S. 115. 128. u. s. w.
Der Zungenanthrax kömmt gewöhnlich epizootisch vor; in Deutsch­land nicht so oft, wie in Frankreich und in Russland.
Ueber die Sectionsergebnisse berichtet Haupt, wie folgt: „Die Cada­ver Hessen keine ungewöhnliche Neigung zur Verwesung, zur Fäulniss und keinen aussergewöhnlichen Gestank wahrnehmen. — Die Beulen oder Geschwülste zeigten nach Abnahme der allgemeinen Bedeckungen zuerst eine, etwa fingerdicke Lage von gelblicher Sülze, ge­ronnener Lymphe, über Muskeln und andre Theile der eingenommenen Stelle ergossen, flach in die Breite oder in unregelmässigen Streifen auf der Oberfläche, in die Zwischenräume der Muskeln, in die Tiefe nach dem innern Körper und seinen Höhlen sich fortsetzend. Die allgemeine Haut lösste sich leicht von der unterliegenden Lymphlage ab, und Hess keine Merkmale eines genauem, festern, vorher bestandenen Zusammenhangs gewahren; auch bei solchen, welche durch die Heftigkeit der Krankheit schnell krepirt waren, sah man keine Spur einer Verletzung oder Beschädigung der innern oder äussern Hautfläche, nichts einem Anfangspunkte der Beule Aehnliches, ausser den Zeichen, wo sie von Instrumenten durchstochen, durch stark wirkende Mittel gereizt, ein mehr entzündliches, wohl brandiges Ansehen hatte. Von aussen am lebenden Thiere klein und unbedeutend scheinende Geschwülste fanden sich nach Entblössüng von der Hautdecke und bei Verfolgung dersel­ben dennoch von nicht minderer Ausdehnung, sie waren gewöhnlich flacher, ebenmässiger auf der Oberfläche des Körpers ausgebreitet. Es ist mir nie geglückt, einen Fall zu treffen, wo die Beule noch ganz oder grössern Theils in der allgemeinen Bedeckung enthalten gewesen wäre. Die Geschwülste am obern Theile des Halses, um die Kehle, hatten eine Seite mehr als die andre, bisweilen auch beide bis zu den grossen Ohrdrüsen und unter diese hin ein­genommen. Die ganze Gegend war von Sülze bedeckt und diese war in die
*) Hurtrel d'Arboyal vol. I. p. 418,
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Zwischenräume der Muskeln und da sich vorfindenden mit Zellgewebe leicht verbundenen Theile fortgegangen; in die Rachenhöle, unter die Zunge, um die Ohrendrfisen, die bisweilen gleichsam davon durchdrungen waren; nach unten Ergiessungen in Streifen und Flächen zwischen allen am Yorderhalse gelegenen Organen, mehr oder weniger deutlich und bedeutend, manche bis in die Brusthöhle, unter die Schulterblätter und über die untere Brustfläche. Der Luftröhren - und Schlundkopf bei einigen entzündet *), besonders von aussen, auch entzündete Stellen am Anfange der Luft- und Schlundröhre, so auch die nächstliegenden Theile, von oben herab einige blutige Streifen, strahlenförmig von der ersten Geschwulst aus, Ergiessungen von Blut oder blutiger Feuchtigkeit der Brust zu, unter die Schulterblätter und über die Ribben, blutige, brandig-schwarze Flecken und Punkte. Wenn die Beule eine Seite der Kehlgegend getroffen hatte, so. waren diese krankhaften Zu­stände mehr auf diese ganze Seite beschränkt; doch war die ent­gegengesetzte, besonders des ohern Halses nicht ganz frei davon, wenigstens nicht immer. Geschwülste der vordem Brustfläche, die beinahe immer mas­senhafter sind, waren übrigens in ihrem Ansehen und ihrer Beschaffenheit, so wie gleichfalls der unmittelbar oder mittelbar berührten Theile, den vori­gen sehr gleich; sie verhielten sich in ihrer weitern Ausbreitung wie jene. Alle Sulzergiessungen waren hier gewöhnlich stärker, als in den Halsgeschwül­sten und auch die weiteren Ablagerungen grosser, vorzüglich unter die Schul­terblätter und auf der äussern untern Fläche dem Hinterleibe zu. Nach oben gingen sie nicht weiter, als ungefähr die Geschwulst unmittelbar be­rührte, aber auf dem Wege nach innen, der Brusthöhle zu, waren Muskeln und andere Organe, wie Luft- und Schlundröhre, aufsteigende Gefässe, mit Sugillationen u. s. w. bezeichnet und diese liessen sich weit Verfolgen, näm­lich ins Mittelfell, unter die Lungenflügel, auf der Fläche des Brustbeins und der daranstossenden Ribben, überall, ausser der mehr oder weniger er­gossenen Lymphe, brandige und entzündete Stellen, Flecke und zerstreute Punkte, wie diese auch auf dem äussern Brustkasten, besonders unter den Schulterblättern sich vorfanden. Geschwülste des Hinterleibs, der Geschlecbts-theile, breiteten sich, je nach der ursprünglichen Lage kürzer oder weiter über die Nachbarschaft aus, so über den ganzen Hinterleib bis an oder auf das Brustbein, oder beschränkter auf einen Theil, über eine oder die andere Weichenseite; wenn Euter oder Schlauch nicht anfänglich ergriffen waren, so erreichte sie die Geschwulstergiessung doch meistens, so wie mit letztern auch den Hodenbeutel; wenn aber die Beule von ihnen ausging, so dehnte sie sich auf die untere Fläche des Leibes, aber nicht auf die Schenkel oder nach hinten aus. Doch fand ich nicht, dass Ruthe und Hoden selbst ange­griffen waren; dagegen war das Euter nicht allein davon übergössen, son-
•) gerötbet ?
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dem auch durchdrungen. — Nach Eröffnung' der Banchhöhle findet sich hier meistens eine massige, auch wohl ansehnliche Menge gelblichen oder röthli-chen Blutwassers vor. Magen und Darmcanal sind mit Futtermasse hinläng­lich angefüllt; ersterer ist nur seilen etwas entzündet oder zeigt entzündungi-ähnliche Stellen, Flecken, Funkte; letzterer alles dieses sowohl ron aussen als innen, und besonders der dünne Darm, vom Zwölffingerdarm an fast durch­aus in hohem Grade, grössere oder kleinere Portionen einseitig oder durch­aus, entzündet*), mit ausgezeichneten Flecken und Punkten ron Blutunter-laufungen, bläulich und brandig-schwarz, bald nur oder mehr die äussern, bald auch alle Häute durch und durch. Der dicke Darm meist weniger be­troffen, sogar von aller Entzündung u. s. w. frei. Das Netz und Gekröse scheinen entzündet, die Blutgefässe sehr sichtbar, oft stark angefüllt, mit Blutergiessungen, am meisten der Gekröstheil des dünnen Darms, wenn die­ser stark gelitten hat. Mehr als Alles zeichnet sich das Fett aus; es mag dessen viel oder wenig hier enthalten seyn, so ist alles in eine gallertartige, gelbliche, feste Lymphe verwandelt, in eine andre Gestalt fibergegangen, gleichsam aufgelöst,-mit Lymphergiessungen wohl auch vermischt; das ge-sammte Fett des Hinterleibs, oftmals beinahe auch das der Brusthöhle, be­findet sich nicht selten in denselben Verhältnissen. — Die Milz ist aufge­dunsen, roll schwarzen' Bluts, im äussern Ansehen diesem gemäss verändert. — Die Leber oft vergrössert, von gleichem Blut wie die Milz erfüllt, ins Gelblichlaquo; spielend, mürbe. — Die Nieren tragen bisweilen Merkmale von Entzündung, im Nierenbecken etwas gelbliches Wasser, dem der Bauchhöhle ähnlich. — Die Harnblase enthielt manchmal einen dicken, sulzigen, öligten, gallertartigen Harn. — Die Nieren sind gewöhnlich von einer Schicht, Lage, so verwandelten Fettes, wie eben erwähnt worden, umgeben, wohl ganz be­deckt; diese Fettsulze schien hier ihren vorwaltenden Sitz und meiste Aus­bildung- zu haben, sie umgab in Gestalt eines dicken Klumpens die eine oder die andre Niere, auch beide gleich dick, so dass sie völlig davon bedeckt waren; sie bietet ein Mittelding von coagulirter BIntlymphe, Gallerte und Fett dar und kommt der sehr nah, welche den grössten Bestandtbeii der Ge­schwülste und- ihre Ablagerungen ausmacht, oder sie ist dieselbe, nur'mit Fett vermischte, verschmolzene Masse; es ist die Frage, ob sich dos Fett selbst so verwandelt, oder ob er eingesogen und von der krankhaft ausge­schiedenen Lymphe ersetzt wird', oder- ob sich beide mit einander innig ver­einigen? — In der Brusthöhle und im Herzbeutel war mehrmals dasselbe gelbliche Wasser, nur in geringerer Menge, vorhanden, wie in der Bauch­höhle. — Das Mittelfcll enthielt Lymphergüise ^ wie- Netz und Gekröse, nur dass die hier ergossene Masse von den äussern, vorhin beschriebenen Brust­geschwülsten ausgegangen und abhängig schien; dean wo diese nicht statt
•) gerötbet.
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fanden, habe ich, dünkt mich, auch nichts ron jener pctroffen. — Die Brust­drüse, sofern sie wenigstens bei einigen jungen Pferden noch Ueberbleibsel oder Spuren ihres gewesenen Daseyns hinterlässt, oder ihre Stelle, war Ton der Sülze bedeckt und umgeben und selbst schien sie ein Stück geronnenes Blut auszumachen. — Die Lungen sind veniger aufgedunsen als zusammenge­fallen, mitunter theihveise entzündet, von aussen verändert, dunkler, blaulich, schwärzlich, mit sugillirten Stellen und Flecken; aufgeschnitten zeigen sie sich voller Blut; doch auch ohne diese Merkmale. — Am Herzen war keine krankhafte Veränderung bemerkbar. — Die Luftröhre war vor ihrer Theilung auf der Innern Oberfläche, unter obgewalteten Brustgeschwülsten, leicht eut. zündet, von röthlichen Aussehen, mit weissem und blutgemischtem Schaum bedeckt.quot; A. a, 0. S. 174.
Diese Sectionserscheinungen sind so allgemein giltig, dass kaum weitere Mittheilungen nothwendig erscheinen, indessen zum Beleg des früher im Allgemeinen Angeführten noch folgende beide Sectionen von Laubender: „Section eines Wallachen der am fiten Tage der Krankheit todt gestochen wurde: Das Gehirn etwas weicher. Das Fleisch ganz gesund, und mit ausserordentlich vielem Fett durchwebt, welches tropfte, wie Butter an der Sonne. Das Blut ganz aufgelöst, ohne den mindesten Faserstoff, sowohl in Venen als Arterien hellroth, nnd von der Beschaffenheit, als hätte man einen Röthcl im Wasser aufgelöst; nachdem es auf dem Boden zusammengeflossen war, wurde es schwarz und ganz wie eine Sülze, weil das Fett sich mit sel­bigem mischte, was vom Fleische überall abtropfte. Das Fett war ganz die­selbe Sülze, wie sie in den Extravasaten vorkömmt; daher ich fest glaube, ein Miasma möge aus Verwandschaft vorzüglich das Fett angreifen, selbes auflösen, Fieber erregen, und im Fieber dieses bald da bald dorthin absetzen, und auf diese Weise, je nachdem ein edlerer, oder ein nicht edler Theil ge­troffen wird, die Verheerungen und den Tod verursachen. Die Gekrösdrüsen verhärtet, schwarz, inwendig mit gelber Sülze angefüllt. Die Lunge war in der Farbe fast ganz natürlich, auch sah man im Leben nicht die geringste Affection derselben; nur da und dort schien sie etwas blasser, an den beiden Spitzen aber, wo viele gelbe Sülze gelagert war, etwas brandig. Die Leber etwas grosser, mit sehr vielen grauschwarzen Tupfen besetzt, inwendig etwas mürbe. Die Milz vergrössert, mit schwarzen Tupfen und gleichfalls mürbe. Magen inwendig theilweis entzündet, eben so die Gedärme. Das beträch-lichste Extravasat fand man äusserlich vor der Brust und dem Schulterblatte, am Bauche, und am Schlauche; hier lag der schwammartige Speck oft 3 Fin­ger dick, unter demselben schwarz geronnenes Blut.quot; — Ein Fohlen, welches auf verschiedene Weise geimpft wurde, fiel am zwölften Tage der Versuche. Die Section lieferte folgendes, da es noch ganz warm war. Ein beträchtliches Extravasat an der vordem Fläche der Brust, das sich längs der ganzen Luftröhre hinauf erstreckte, selbst den ganzen Luftröhrenkopf sowohl in-
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als auswendig umzog. Die Ohrdrfise war ganz schwarz, mit schwarzen Blut-blumpen untermischt, auf der Oberfläche aber viele gelbe Sülze. Diese Geschwulst erstreckte sich bis unter die Spitze des rechten Bugs, und unter das rechte Schulterblatt. Das ganze Zellgewebe unter den Schulterblattmus­keln und den Ribbenmuskeln war Toll gelber Sülze und hier und da mit Blutextravasaten untermischt, besonders in jener Gegend, wo die Gefässe und NerTenstämrae sich vertheilen und den Giiedmassen zulaufen. Auf dem obern Theile des Herzbeutels undan der Vertheilung der Aorta in die hintere und vordere fand man ebenfalls viele goldgelbe Sülze, Die Nieren waren mit dieser Sülze ganz überzogen. Alle Arterlen fand man blutleer, in den Venen war sehr weniges, Schwarz geronnenes und aufgelöstes Blut; in den Herz­kammern war auch nur weniges Blut von derselben Beschaffenheit. Das Fleisch am ganzen Körper war blassgelb, also von solchem Ansehen, als habe es schon 14 Tage oder 4 Wochen in der Maceration gelegen; nicht ein einziger blassrother Muskel war mehr wahrzunehmen, Die Lunge war ganz biass, ohne Blut, nur der linke Flügel, auf dem es gelegen hatte, war an einem Theile etwas röthlich, in der Brusthöhle fand sich vieles Wasser. Der Grimmdarm war leicht entzündet, die Milz aber von ganz natürlicher Beschaffenheit; die Leber zeigte sich etwas mürbe, so dass man mit dem Finger die Substanz leicht durchdringen konnte.quot; *)
3. Esel. Maulthier.
Es sollen nach den Beobachtern diese Thiere an denselben Formen wie das Pferd leiden. Nach Greve**) und Chabert*quot;*) ist der Verlauf aber oft acuter. Nach den, französischen Thierärzten leiden diese Thiere in West­indien und auf den Mascarenischen Inseln ganz vorzugsweise am Milzbrand und sterben in grosser Anzahl.
4. Dschiggetai.
Dass auch die wilden Dschiggetai an dem Milzbrande leiden beweisst der oben mitgetheilte Fall ivon Pallas oder W. Cassow, [wo sich die Krankheit von ihnen auf die Pferde verbreitete. ****)
5. Rind.
Man sagt wohl, das Rindvieh leide am meisten am spontanen Milzbrande im mittleren Europa; das möchte sich schwer rechtfertigen lassen, es ist nach
*) Seuchen I. 2. S. 351. ••) A. a 0. S. 49. •*•) Instr. vol. I. p. 145. raquo;•quot;) Nord. Beitr. B. I, S. 151. (N. 52,).
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den Lucalitätea und der Behandlung der Thiere verschieden. Im Allgemeinen leiden Schafe und Schweine eben so viel.
Im Allgemeinen sind die Formen dieselben wie im Pferde:
a. Milzbrand-Apoplexie. In Deutschland unter den Namen Schlag, Erdstun, Angriff u. s. w. bekannt; in Frankreich Coup de sang, la misse u. s. w.
Sie ist oft, seit langer Zeit, nach der Natur geschildert worden. So erkennt Tessier ihre volle Uebereinstimmung mit dem Blutschlage der Schafe in der Beauce: „Oefters verliert ein Stück Vieh, welches man für recht gesund- und wohl hält, auf einmal die Fresslust, trägt den Kopf in die Höhe, sperrt Maul und Nase auf, und. es scheint, als ob das Thier ent­weder einlaquo; grosserraquo; Menge Blut oder eine bessere Luft in die Lungen auf­nehmen wollte. Seine Äugen sind alsdann dick, roth und voller Thränen, aus seinen Nasenlöchern fliesst Blut, es fällt um, stirbt jähling und insgemein in der Nacht Und dieses betrifft die besten Kühe, die- fettesten und öfters den Ochsen der Heerde, welcher ganz plöltzlich ums Leben kommt. Oeffnet man die Thiere, welche an einer dergleichen Krankheit umkommen, so findet man insgemein die Blutadern voller Blut, insbesondere diejenigen, welchlaquo; sich auf der Oberfläche des Körpers befinden, die Milz schwarz und von Blut überfüllt, und viel Blut in dem Kopfe ausgetreten, so dass der Tod dieser Thiere gleichsam in einem Schlagfluss besteht, nnd diese Krankheit kommt mit der Blutkrankheit der Schafe in der Beauce gar sehr überein.quot; *)
De Villaine, einer der ersten bessern Schriftsteller über Bindviehkrank­heiten, bezeichnet sie ebenso bestimmt: „Die ersten Symptome zeigen diese Krankheit sehr spät an; denn das Thier, welches davon befallen ist, säuft, frisst und käuet wieder, und alle diese Funktionen gehen wie im gesunden Thiere vor sich, und nur erst, wenn die Thiere in der grössten Gefahr augenblicklich zu sterben sind, lagern sie sich, haben Flankenschlagen und bekommen fürchterliche Zuckungen.quot;*)
Körb er beschreibt diese Form: „Gewöhnlich beim epi- und enzooti-schen Auftreten des Milzbrandes und namentlich bei schwüler Sommerhitze sieht man eins oder einige der besten Stücke der Heerde plötzlich nieder* stürzen und unter Zittern, Verdrehen der Augen und wenigen convulsivischen Bewegungen verenden. Häufig tritt zu den vorgenannten Erscheinungen im Todeskampfe der Ausfluss eines schwarzen flüssigen Blutes aus Maul und Nase. — Nachdem ein oder einige solcher Fälle in der Heerde vorgekommen sind, oder häufig auch ohne Vorangehen solcher Fälle, gewinnt der Krank­heitsverlauf des Milzbrands eine längere Dauer, so dass dann der Tod meist erst nach 1 bis 18 Stunden erfolgt. Doch auch nun treten folgende Symp-
deg;) Auserl. Beitr. z. Thierarzneik. II. S. 4, •) Daselbst f. 198,
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tome plö)zlich und heftig herror: Die erkrankenden Stücke lassen plötzlich vom Fressen ab, hören mit Wiederkäuen auf, es bemeistert sich ihrer eine grosse Aengstlichkeit, sie zittern am ganzen Körper, sind sehr niedergeschla­gen und betäubt, schwanken und taumeln bei der Bewegung mehr oder weniger, ihr Blick ist stier und meist etwas glotzend, die oberflächlich lie­genden Venen treten häufig stark herTor, in andern Fällen sind sie weniger sichtbar, die Bindehaut des Auges und die Schleimhäute sind meist dunkel-roth, mitunter aber auch bleich von Farbe, und in letzterem Falle ist die Zunge meist etwas welk. Das Athmen ist immer sehr beschleunigt, und meist mit krampfhafter, stoss- und nickweiser Bewegung der Bauchmuskeln verbun­den. Die oberflächlichen Arterien sind bald sehr stark aufgetrieben, bald aber auch leer und schlaff, der Arterienschlag ist immer sehr beschleunigt, gewöhn­lich aber wenig bemerkbar. Der Herzschlag ist in der Regel unfühlbar, in manchen Fällen aber wieder deutlich herTortretend. *) Beim Herannahen des Todes werden die Kranken gewöhnlich ängstlich, unruhig, trippeln mit den Beinen unruhig hin und her, athmen stöhnend, 'auffallend angestrengt, rollen das Auge [krampfhaft, stürzen nieder, es tritt unter den heftigsten Conrulsionen ein blutiger Schaum vor Nase und Maul und unter dem Aus­flüsse von aufgelöstem Blut aus dem herrorgedrängten After verenden die Thiere. — Wird die Section bald nach dem Tode gemacht, so findet man das Muskelfleisch im Allgemeinen gewöhnlich frisch und ohne sonderlichen Tadel und den abgesetzten Talg an den meisten Stellen ziemlich körnig und makellos. Wird hingegen die, Section, besonders bei heissen Sommertagen, 2i bis 36 Stunden nach dem Tode unternommen, so findet man den Bauch von Luft stark aufgetrieben, das Muskelfieisch im raschen Uebergang zur Fäulniss und den Talg schmierig. Ferner findet man das Blut im Herzen und in den Arterien und Venen dunkelschwarz, bald theerartig flüssig, bald theilweise zu einem schwarzen Coagulum vereinigt. In letzterer Beschaffen­heit findet man häufig das Blut im Gekröse, um die Nieren herum, in der Umgegend von Lymphdrüsen in grossen Massen extravasirt, oder in den grossen Gefässstämmen der Milz, der Leber und der Lungen und in den Blutleitern des Gehirns angehäuft. Ferner findet man das Blut häufig zwischen die Häute der Magen und des Darmcanals in dunkelsckwarzen Massen, wovon die Häute selbst eine schwarze Farbe erhalten, extravasirt; seltener zeigt sich dieses zwischen den Häuten der Gebärmutter und der Blase. Ferner findet man gewöhnlich um die Lymphdrüsen herum und namentlich in der Achsel­grube gelbe, sulzige, oft mit schwarzem Blut durchmengte Ablagerungen, welche gewöhnlich um so deutlicher hervortreten, je länger der Krankheits­verlauf war.quot;**)
') Ich habe den Puls fehlen sehen bei ansserst starkem Herzensscblag! II deg;*) ^örber Krankheiten des Rindviehs. B. 1. S 296.
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Es ist kein Mangel an Beschreibungen von Epizootien dieser Form, aus den neuesten Zeiten von Buisson (N. 327): „Die erste Kuh, welche er­krankte, war 7 bis 8 Jahre alt. Den 30. Äug. Abends nahm ihre Milch ah; am andern Morgen war ihr Blick unruhig und auf die Wand gerichtet, als mit einem male ihre Respirationsbewegungen beschleunigt wurden; sie legte sich, und trotz eines an der Drosselader gemachten Aderlasses wurde die Oppression grosser, kalter Schweiss bedeckte den Körper, der Puls Terschwand gänzlich, und der Tod war nahe, als der Metzger erschien und sie schlachtete. Man fand die Milz bedeutend vergrössert, erfüllt von schwarzen, syrupartigen Blut; einige rothe Flecken im Becken, und ein dun-kelrothes Serum. Bei dem Aderlass an der Drosselader war das Blut nicht so hellroth wie gewöhnlich, die Blutfarbe herrschte vor, und bei dem Erkal­ten des Blutes bildete sich auf der Oberfläche des ziemlich festen Kuchens eine Lage von der Dicke eines Sou, welcher heller war, als der untere Theil, was sonst gewöhnlich nicht der Fall ist, bei normalen Kuhblute. — Am 2. Sept. wurde eine am entgegengesetzten Ende des Stalles stehende Kuh plötzlich befallen. Zuerst bemerkte man eine hedeutende Abnahme der Milch-secretion, dann zeigte sich das dieser Krankheit eigenthümliche, ungewöhnliche Flankenschlagen, nahm mehr und mehr zu, und verband sich mit Symp­tomen von Colik. Acht Stunden darauf war das Thier im Sterben, sie wurde-noch geschlachtet. Die Milz vollgepfropft von schwarzem Blut; zahlreichere ecchymotische Flecken auf der äussern Fläche des Darmcanals, auf dem Ge­kröse; rothe Streifen und Punkte, besonders gegen das Becken hin mit Blut gemischtes Serum; der Nahrungscanal mit Futter gefüllt.quot;*)
Laubender liefert mehrere Sectionen solcher schnell gefallener Thiere: „Ein Stier, so vor einer Stunde noch gefressen, lief von der Heerde weg in in den Stall, fiel daselbst um und war todt. Bei der Oeffnung zeigte sich zur rechten Seite der Brust ein beträchtliches Extravasat von gelben Wasser, das sich unter das Schulterblatt hineinzog, vorzüglich stark war es bei der Nerven- und Gefässvertheilung. Ein gleiches Extravasat fand man auf dem Herzen bei der Aortavertheilung und längst den Rückenwirbeln, gerade in der Richtung nach dem Laufe der Rücken- und Lenden-Nerven, so dass diese auch selbst schwärzlich aussahen. Die Lungen waren ohne eine merkliche Veränderung, nur etwas blasser. Die Nieren waren mit einer grossen Menge gelben Wassers umgeben; die Leber war gross aufgelaufen und mürbe; die Milz ganz schwarz, sehr aufgetrieben und weich wie Muss; die Gallenblase gross, mit dünner, brauner Galle angefüllt; die dünnen Därme entzündet; im Herzen wenig geronnenes schwarzes Blut; alles Fleisch ohne merkliche Ver­änderung, nur etwas blasser; das Peritoneum, Omentum, Mesenterium ganz
•) La Clinifjuraquo; yttitin. vol. XVI. p, 13,
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ohne Fett, wie ausgetrocknet, nur etwas gelb aussehend. — Section einer schnell gefallenen Alpenkuh: Bei dem Abziehen der Haut fand man beinahe die ganze Oberfläche entweder mit schwärzlichem Blute unterronnen, oder mit gelber Sülze bedeckt. Am rechten Bugspitz war ein Torzüglich grosses Exu-dat; die Ohrdrüse schwarz; der Luftröhrenkopf mit gelber Sülze überzogen; die Lunge blass, von Innen etwas entzündet; die Leber gross, aufgelaufen'; die Milz sehr gross, schwarz, ganz moderigt; die Gallenblase gross, mit dün­ner, brauner Galle angefüllt; die Nieren ganz mit gelber Sülze bedeckt; die dünnen Gedärme entzündet. An der Lendengegend bei Vertheilung der Ner­ven nnd Gefässe ein starkes Extrarasat von gelber Sulzc; das Mesenterium, Peritoneum, Omentum ganz ohne Fett, wie ausgetrocknet, etwas gelb.quot; A. a .0 . II. 2. S. 349.
Besonders beachtenswerth sind die Symptome und Sectionsergebnisse, wie sie Bychner (N. 336. Oben S. 184.) im höchst acuten Verlaufe 1839 in der Schweiz beobachtete, wo nicht allein die Lähmung der Gefässe und Lun­gen, sondern auch des Darmcanals, auffallend hervortritt.
Eine scharfe Grenze zwischen dieser Form und der folgenden ist nicht zu ziehen, sie gehen durch allmählige Zwischenformen in einander über. In dieser Beziehung ist die Beobachtung von Howel: N. 331.) beson­ders interessant, da dieser die Krankheit gar nicht kannte, also ganz Torurtheilsfrei war: „Die Krankheit begann mit einer Stumfpheit, die Kühe hingen den Kopf, bogen den Rücken, und hatten keine Neigung sich zu be­wegen ; doch frassen sie immer noch etwas. Wenn diese Vorläufer acht bis 12 Stunden bestanden hatten, begann ein Zittern der Muskeln des Nackens nnd der Schultern, die Augen wurden matt, die Kehldrfisen schwollen an, das Athmen wurde schwer, und bei einigen verschwand die Milch gänzlich. Die Schnauze war feucht, Ohren und Hörner von normaler Temperatur, der Koth weich, bei einigen Neigung zum Abführen, das Wiederkauen dauerte fort, und fast bei allen bestand Fresslust bis zum Tode, Diejenigen, welche star­ben, standen auf, etwa 2 bis 3 Stunden nach dem Anfalle von Zittern, worauf sie plötzlich niederfielen, die Nase wenige Minuten nach der linken Seite wendeten, dann den Kopf Torausstreckten und ohne eine Zuckung starben. In der That wenige Stunden vor dem Tode waren sie so wenig afficirt, dass ein Fremder, der in den Hof oder in das Feld kam, nicht im Stande war, die gesunden von den kranken zu unterscheiden. — Bei der Oeffnung der Unterleibshöhle nahm man eine leichte Röthung des Peritoneums und des Omentums wahr, und nach der Wegnahme des Darmcanals fand man eine grosse Menge dunkel gefärbter blutiger Flüssigkeit ergossen. Die Milz war 4 mal so gross, wie gewöhnlich (in einer Kuh wog sie 123/4 Pfund), sie war erweicht, enthielt eine Menge sehr dicken dunkel gefärbten Blutes, von dem einiges aus kleinen Rissen auf ihrer coneaven Fläche hervordrang. Das Omasum war leicht entzündet und enthielt eine Menge dunkel gefärbter Fliis-
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Bigkeit. Herz und Lungen waren vollkommen gesund, die Lungen sehr weiss. Das Gehirn erschien gesund. Ein Theil des Fleisches von der ersten Kuh wurde 3 Schweinen gegeben, sie starben alle drei. Von dem Aderlassblute einer andern Kuh wurde etwas einer Sau gegeben; sie starb am folgenden Tage.
b) Milzbrandfieber. Der etwas langsamere Verlauf ohne äussere Carbunkelbildnng, den man gewöhnlich Milzbrandfieber nennt, ist von dem eben beschriebenen nicht wesentlich verschieden; wohl kommen aber bei ihm manche Abweichungen Tor, nach der Verschiedenheit der getroffenen Organe. Es ist sehr schwer, hier wieder einzelne Formen abgrenzen zu wollen, obwohl besondere Namen für sie existiren, und sie auch in der That in einzelnen Epizootien hervortreten. Man kann dann etwa annehmen: a) eine allgemeinere Form, wo die Localisirung nicht so deutlich hervortritt, ß) das sogenannte Bückenblut, y) das Blutharnen, d) die Kopfkraukheit, e) der Milzbrandlungenbrand.
a) Das allgemeine Milzbrandfieber. Lafore, der vielleicht das Wesen am besten begriffen hat, hat sich doch verleiten lassen, zwei offenbar gleiche Krankheiten für verschieden zuhalten. Sein Sang de rate und Ficvre char-bonneuse gehören offenbar zusammen. Vom ersteren sagt er: „Die Krank­heit beginnt plötzlich, und die Symptome folgen sich gewöhnlich in folgender Ordnung: Allgemeiner Schauder oder partielles Zittern, Trampeln mit den Füssen, wie in der Nierenkolik, vorgetriebene, rothe, injicirte und thränende Augen, krampfhafte Contractionen in der Gegend der Oberschenkel und des Bugs; Geschwulst des Gesichts, der Augenlieder, des Afters, der Schaamlippen; der Puls voll, hart und unregelmässig, die Temperatur des Körpers erhöht, das Maul heiss und schaumig, Spannung des Bauchs in der linken Seite, mit Meteorismus; im letzteren Falle bemerkt man hinter der letzten Ribbe eine umschriebene Geschwulst, welche von der vergrösserten, nach hinten verlängerten Milz gebildet wird; wackelnder Gang, schweres keuchendes Athem-holen, halbgeöffnetes Maul, hervorhängende Zunge; Blutungen aus der Nase, dem After, den Geschlechtstheilen. Tod oder Genesung nach einer Crise. Bei der Section findet man alle Organe mit Blut überfüllt, die Milz hat einen Ungeheuern Umfang, sie wiegt zuweilen bis 20 und 25 Kilogramme, ihr Ge­webe zerreisst leicht, das Blut ist in ihre Zellen ergossen, die Leber erscheint ebenfalls vergrössert, durch die grosse Masse in ihrem Parenchyme ange­häuften Blutes; die Schleimhaut des Verdauungscanais ist roth; auf dem Pe­ritoneum Fetechien von verschiedenem Umfang; in der Harnblase und im Darmcanale Blut. Die Lunge ist sehr mit Blut überfüllt oder in einem voll­kommen apoplectischen Zustande, im letzteren Falle ist Blut in die Bronchien ausgetretenquot;*). Mit Unrecht will Lafore hier ein einfaches Entzündungsfie-
*) L. c. p. 625.
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tier sehen. Von der Fievre charboimeuse glaquo;gt er: „Bas Milzbrandfieber tritt ohne Vorläufer laquo;in, es wird ang-ekundigt durch leichte Schänder, krampfhafte Zackung'en der Muskeln, der Schultern und der Schenkel, das Wiederkauen hört auf, das Thier trampelt mit den Hinterffissen, zeigt Angst, sein Puls ist unregelmässig, anfangs klein und zusammengezogen, dann weich und kaum fühlbar; das Athmen scheint schwer, das Flankenschlagen ist stark und erfolgt stossweis, aus der Nase fiiessen schaumigte Massen; der Koth wird weicher und zeigt oft Streifen von schwarzem Blut; die Entkräftung wird ausserordentlich gross, und der Tod erfolgt innerhalb 2-1 Stunden. Zuweilen, entweder weil die Ursachen nicht mit so grosser Intensität gewirkt haben, oder weil die Lebenskraft zu grossen Widerstand leistet, scheint die Krank­heit aufzuhören; die Angst lässt nach, das Athmen wird leicht, das Wieder­käuen erfolgt selbst wieder; wenn sich aber der Puls nicht hebt, so täuscht dieser Schein der Besserung, ein neuer Anfall kündigt sich an wie der erste, durch einen Schüttelfrost, und rafft das Thier weg. Junge Thiere widerstehen selten mehr als zwei Anfäl­len, alte unterliegen zuweilen dem dritten. Bei der Section findet man alle Organe, besonders aber die Milz, die Lunge, die Leber von schwarzen, dicken, grünlichten, aber nicht vollständig geronnenen Blut überfüllt. Schwarze oder violette Flecken finden sich in dem Zellsoffe unter der Haut, auf den serösen Häuten und auf der Schleimhaut der Blaslaquo;. End­lich, man findet keine andern Veränderungen als solche, welche durch Blutstase bewirkt sind, die die Folge einer Verlan gs amerung des Blutlaufs ist. Nachdem man lange Zeit über das Wesen des Milzbrandfiebers gesprochen, sind die Thierärzte end­lich bei der Ansicht stehen geblieben, dass es von einer Alteration dei Bluts abzuleiten sey. Diese Ansicht, welche wir nicht zu widerlegen versuchen wollen, hat einen Punkt der Therapie dieser Krankheit aufgeklärt, aber sie ist weit entfernt, die wahren Indicationen kennen zu lehren, weil die Krank­heit in den mehrsten Fällen noch eben so unheilbar ist, wie früher. Man muss daher in dem Milzbrandfieber etwas anderes suchen, als nur eine Alte­ration des Blutes; obgleich es bei dem jetzigen Stande der Wissenschaft un­möglich ist, auf eine positive Art andere materielle Veränderungen nachzu­weisen, so lässt doch der Verlauf der Krankheit wenig Zweifel darüber, dass sie einen intemittirenden oder wenigstens remittirenden Charakter hat. Wir betrachten aber diese Krankheit wesentlich als ein perniöses Wechsel­fieber, welches von einer Störung in der Thätigkeit des Nervensystems ab­hängt, und zu der in sehr kurzer Zeit ein Zustand der Atonie des Gefäss-systems und eine Alleration des Bluts sich geselltquot;. L. c. p. 680. — Die Symtome können die manuifaltigsten Abweichungen darbieten, weil die Blut-stasen in den verschiedendsten Organen statt finden können. — Eine An­zahl beacbtenswerlher Krankengeschichten liefert Lattbender ara oft ange-
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führten Orte: „Am 24. Juli fand ein Bauer Morgens früh seine Kuh auf der Streu liegend, die, als er sie auftrieb, unvermögend war aufzustehen; ihre Augen waren trocken, wild und feurig, der Mund war heisa und schäu­mend, die Ohren kalt, der Mist trocken, mit einem Oberhäutchen überzogen; nach geraumer Zeit fing sie an zu toben, mit den Füssen zu stampfen, und gewaltig zu ächzen, machte Miene aufzustehen, vermochte es aber nicht. Um halb sechs Uhr traf der Thierarzt bei der Kuh ein; er Hess sie von der Streu aufheben, sie schien wie gelähmt; er zapfte ihr beiläufig vier Pfund Blut ab, nun schien die Kraft stehen zu können wiederzukehren; allein mit der Wiederkehr dieser Kraft erhob sich die vorige Unruhe; man gab innerlich einen Trank von zwei Loth Salmiak mit zwei Loth Angelica-wurzel in lauen Wasser und steckte Leder. Das abgelassene Blut hatte Schaum auf dem Cruor, dieser selbst war hellroth und betrug die Dicke eines Messer­rückens , schied nur sehr wenige Tropfen Serum aus, und war mit sehr vielen grossen schwarzen Punkten und Streifen durchwebt, der untere Cruor war in der Farbe wie eine schöne Leber. Gegen Mittag war noch keine Bese-rung eingetreten. Man wiederholte also den Aderlass und den Trank inner­lich: Nun enthielt das abgelassene Blut eben so viel Serum als Cruor; die obere hellrothe Schicht war dünner als zuvor; der untere Cruor war gleich­artig, consistent, zäh, mit wenigem und kleinern schwarzen Punkten und Streifen durchwirkt. Nachmittags gegen 5 Uhr entschied sich die Krankheit plötzlich mit einem Durchbruche, mit welchem sehr viele goldgelbe Sülze ausgeleert wurde, der Urin, welcher nach diesem Durchbruche gleichfalls häufiger abging, war braun und den andern Morgen war die Hälfte grauer schleimigter Bodensatz, mit vielem Fette auf der Oberfläche des wässerigten Theils. Von nun an Hess die Volle des Pulses nach, und der beschwerliche Athem verminderte sich, der Herzschlag wurde fühlbar, das Leder zog eine enorme Geschwulst; die Kuh sah sich um, das Auge war lebhaft, man gab ihr zu saufen und etwas zu fressen, welches sie Alles mit Wohlbehagen annahm; nachdem sie etwas gefressen hatte, kaute sie auch wieder. Gegen 8 bis 9 Uhr gab sie wieder eine halbe Maal Milch. Am 25. Juli war sie völlig gesund, nur die Geschwulst des gesteckten Leders musste noch einige Tage lang behan­delt werden. — Eine andere Kuh erkrankte um 10 Uhr Vormittags: die Augen waren wild und trocken, sie tobte und schrie, der Puls war voll und hart, die Brnsteingeweide und Eingeweide des Bauchs waren sehr in Be­wegung, sie stampfte mit den Hinterfüssen, und schlug öfters mit denselben auf den Bauch, der Mund war heiss und trocken, an den äussern Lippen hing viel Schaum, der Urin wasserhell, an den zwei hintern Füssen zeigten sich Spuren von kleinen Geschwülsten, der Darmcanal verstopft, die Milch sehr'gelb. Man liess zur Ader, und gab innerlich den Trank von Salmiak und Angelicawurzcl-Pulver, steckte ein Leder. Nach einer Stunde ward das Thier ruhiger, die trocknen, feurigen Augen worden feucht, die grosse Hitze
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im Munde Hess nach, der Puls ward weich und geschwinder; der Harn ging gesättigt ab und zeigte viel Fett auf seiner Oberfläche; die Milch wurde weisser; das abgezapfte Blut gerann gleich und schied wenig Serum aus, der Cruor war mit vielen und grossen schwarzen Tropfen und Streifen durchwirkt und auf der Oberfläche des rothen Cruor Schaum mit sehr vieler goldgelber Sülze bedeckt. Nachmittags wurde der Trank wiederholt, wo man schon kein Zeichen von Fieber mehr antraf. Gegen Abend frass und wieder­kaute das Thier wie zuvor; aus der Geschwulst des Leders floss sehr viel gelbes Wasser, die Geschwülste an den zwei hintern Füssen verschwanden ohne alle nachtheilige Folgen; doch setzte man zur Vorsicht an ihre Stelle zwei Haarseile. Den andern Tag war keine Spur von Krankheit mehr vor­handen. — Am 24. Juli wurde einer Kuh mit raehrern andern Praescrvando zur Ader gelassen. Am 14. Aug. Morgens war sie dieser Handlung unge­achtet erkrankt; sie raste und tobte, hatte feurige wilde Augen, einen har­ten vollen Puls, Schaum vor dem Maul und grosse Hitze in demselben, athmete sehr beschwerlich und der Hinterleib war sehr stark aufgetrieben; die Extremitäten waren kalt, die Haare gesträubt, der Mist hart und ver­halten, des abgehenden Harns war wenig, und dieser Anfangs braun, zuletzt weiss; die wenige Milch war gehr gelb. Es wurden ihr sogleich 4 Pfund Blut abgezapft, ein Leder vor die Brust gesteckt und innerlich der gewöhn­liche Trank gereicht: Das Blut hatte nur wenige Tropfen Serum, aber viele gelbe Sülze auf der Oberfläche, im Cruor viele schwarze Tropfen und Strei­fen eingemischt. Abends 6 Uhr, nachdem die Eingüsse noch zweimal wie­derholt worden waren, zeigte sich die vollkommenste Besserung, der Puls war weich, der Herzschlag fühlbar, das Athemholen leicht und ganz gesund-heitsgemäss, der Mund gehörig feucht und warm, die Augen feucht, munter und lebhaft; die bedenkliche Verstopfung hatte sich ganz verloren, der Haut­krampf war gewichen, die gesträubten Haare hatten sich gelegt, der Urin ging weiss mit vielem Bodensatz ab; man melkte und fand die Milch ganz weiss. Man gab ihr zu saufen und zu fressen und sie benahm sich, als sei sie gar nicht krank gewesen. Den andern Tag blieb sie ohne alle innerliche Behandlung, nur die Geschwulst des Leders, welche viel gelbes Wasser lieferte, musste noch mehrere Tage behandelt werdenquot;. Noch mehrere ganz gleiche Beobachtungen werden mitgetheilt a. a. 0. S. 3ß4 — 375.
/?) Rückenblut. Mit dem Namen Rückenblut pflegt das Volk das Milzbrandfieber zu bezeichnen, wenn sich Blutstasen vorzugsweise in dem Dickdarme, und namentlich im Mastdarme entwickeln. Die allgemeinen Symptome sind ganz dieselben, wie im vorigen Falle (wo sie fehlten, würde man es nicht mit Milzbrandblutmisten zu thun haben), aber zu gleicher Zeit ist ein häufiges und heftiges Drängen auf Mistabsatz vorhanden, wobei ent­weder Mist mit Blut überzogen, oder dünner Mulgemischter Mist, oder aber reines schwarzes, oder dünnes gelbschwarxes Blut in grosser Menge entleert
Hcnilagtr, MiUbrind.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;£0
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wir.l. Bei uns ist diese Form sehr häufig. Man findet dann nach dem Tode grosse Blutablagerungen im Becken, zwischen den Häuten des Dick­darms, in der Nähe des Afters u. s. w.
Es ist aber ein häufig begangener Fehler, wenn man jedes Blutmisten für Milzbrand hält; dasselbe findet z. B. auch Statt in der Ruhr, die, wie wir im folgenden Abschnitt sehen werden, freilich in mancher Beziehung mit dem Milzbrande verwandt, aber doch keineswegs mit ihm zusammenzuvrcrfen ist, überhaupt ist aber in den Wiederkäuern viele Neigung zu solchen Blu­tungen.
y) Blutharnen. Eben so gibt es auch eine Form des Milzbrandfie-hers, in welcher die Blutstasen vorzüglich in den Harnwerkzeugen eintreten, und oft vieles Blut mit dem Harne ausgeleert wird. Aber es gibt mehrere Arten des Blutharnens, von denen das Milzbrandblutharnen wohl zu unter­scheiden ist. Blaser hat über die verschiedenen Arten des Blutharnens, die in der Schweiz unter den Namen Winterrothes, Sommerrothes, Aurothcs, Feldrothes, viertelrothes Alpenblutharnen, bekannt sind, eine eigene diagnostische Abhandlung geschrieben*); nur das letztgenannte, das sogenannte Viertel-rothe, ist eine Milzbrandform, welche B. folgendermassen schildert: „Die Krankheit erscheint mit grosser Mattigkeit, welche sich zuerst dadurch äus-sert, dass die Thiere beim Eintreiben hinter der Herde zurückbleiben, den Kopf und die Obren hängen lassen, und auf die Umgebungen unachtsam sind. Zugleich ist die Milchabsonderung geringer, die Temperatur der all­gemeinen Decke vermindert und der Blick stier. Nach 6 bis 8 Stunden tritt öfters Drang zum Harnen ein, wobei auf einmal nur wenig durchsichtiger, dunkelbrauner Urin mit Zwang und Schmerz entleert wird, es erfolgt Frost, der zuweilen mit Schütteln der hintern Gliedmassen und selbst mit Zuckun­gen fiber den ganzen Körper verbunden ist, und 1 bis 2 Stunden andauert, worauf die Temperatur erhöht wird, an den extremen Theilen indessen zu­weilen noch mit Kälte wechselt. Die Augen sind geröthet und hervorgetrie-hen, das Maul ist heiss und mit Geifer gefüllt, das Athmen wird kurz, be­ängstigt, schnaufend, der Herzschlag oft unfühlbar, der Puls beschleunigt, klein und hart. Die Thiere versagen nun das Futter und Getränk, der Hin­terleib wird aufgetrieben und der Mist selten, trocken und mit Schleim um­hüllt, abgesetzt. Im weiteren Verlaufe der Krankheit werden die Thiere stumpfsinnig und stehen mit hängendem Kopf und halbgeschlosscnen Augen, laquo;der sie zeigen Unruhe, Beängstigung, und wechseln oft ihre Stellung; das Athmen wird immer mehr beschleunigt und erschwert, der Herzschlag pochend, es bricht Schweis aus, die Thiere legen sich nieder oder stürzen zusammen, und der Tod erfolgt unter Zuckungen und ächzendem Athmen. Zuweilen
^Archiv Schweiz Thierärzte. N. F. B, VII. S. 284.
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ist der Verlauf der Krankheit sehr rasch, und in einzelnen Fällen bis gegen das Ende derselben Fressinst und Munterkeit vorhanden, bis auf einmal die Augen verdreht und stark in ihren Höhlen herumbewegt und die Ohren em-porgestsllt werden, Zittern des Kopfs und Entleerung eines rothen oder grü­nen Urins eintritt, die Thiere niederstürzen, und unter heftigen Zuckungen verenden. Oft erfolgt der Tod schon in zwölf bis achtzehn Stunden, zu­weilen dauert die Krankheit drei Tage, und geht im letzteren Falle, so wie auch bei noch längerer Dauer, meist in Genesung über. Die Cadaver der an dieser Krankheit getödteten oder umgestandenen Thiere sind gewöhnlich bald nach dem Ableben stark aufgetrieben, der Mastdarm und die Scheide sind hervorgedrängt, und oft fliesst aus denselben eine blutige Flüssigkeit. Die Hinterleibseingeweide sind meistens entzündet *), der Löser ist hart, der Lab und die dünnen Gedärme sind violett oder braun gefärbt; in letztern findet man zuweilen bei solchen Thieren, die einen grünen Urin entleert hatten viel geronnenes Blut; die Milz ist gross, die Substanz derselben mürbe und enthält ein theeratiges Blut; die Gallenblase ist mit schwarzgrüner Galle stark gefüllt, das Nierenfett gewöhnlich sulzig und oft findet man an ver­schiedenen Stellen der Baucheingeweide Blntextrarasate. In der Brusthöhle zeigen sich die Lungen oft entzündet und das Herz, so wie die grossen Ge-fässe, immer blutleerquot;.
6) Kopfkrankheit der Schweizer. In andern Fällen sind dagegen die Schleimhäute des Kopfs der Hauptsitz der Blutstasen und Ablagerungen. Wohl möglich, dass der Aufenthalt auf sehr hochliegenden Bergweiden, wie in den Alpen, besonders zu dieser Form disponirt. Ich bezweifle nicht, dass man unter demselben Namen auch rein catarrhalische und rheumatische Leiden dieser Schleimhäute begreift, aber die bedeutenderen Epizootieen dieser Art mit den Symptomen des Milzbrandfiebers, violetter Färbung der Mund- und Nasen-Schleimhaut, Blutungen ans diesen, gehören offenbar hierher.
e) Lungenbrand. In allen Formen des Milzbrands findet man nicht selten Blutstasen und Blutaustretungen in den Lungen; in manchen Epizoo­tieen ist dieses aber allgemein und vorzugsweise der Fall. Solche Epizootieen hatte Kausch beobachtet, und er kam dadurch auf die zu einseitige Ansicht, der Milzbrand sei nichts als Lungenlähmung. So sagt er über den Znstand der Lungen im Milzbrande : „Bei der Oeffnung der Brusthöhle findet man das Herz im natürlichen Zustande, die Lunge ist zusammengefallen, weich, welk, blanroth, violettblau; schneidet man in die Substanz, so ist sie inwendig noch dunkelfarbiger, an vielen Stellen gleicht sie einem geronne­nen Blut klumpen; sie ist mithin völlig brandig (?). So ist die Lunge be­ständig (?). Ich erinnere mich, sie kaum unter 30 und mehr Sectionen
*) versteht sich, soll heissen geröthet.
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einmal, wenn auch nur zum Theil heller, und der Entzündung sich nähernd, gefunden zu haben; aber auch bei 100 Sectionen sah ich sie nicht einmal hart, schwer, compakt, marmorartig im Schnitt, vie sie in der ächten, reinen Entzündung zu seyn pflegt. Jedoch war in der Epizootic von 1790 zuweilen ein Theil der Lunge etwas lichtroth, doch weich dabeiquot; *). Das ist einseitig, sehr oft ist im Milzbrand die Lunge nicht mehr verändert, als das übrige Gefässystem des Organismus. Es fällt mir auch nicht ein, einen jeden Lun­genbrand für Milzbrand zu erklären. Dass aber gar manche angebliche gan­gränöse Lungenentzündungen, die Polmonera der Italiener, nichts als Milz­brand waren, dürfte keinem Zweifel unterliegen; ich habe im zweiten Ab­schnitt bereits solche Epizootieen bezeichnet **). — Die Beschreibung, die Lafore Ton der Fneumonie gangreneuse gibt, passt ganz auf Milzbrand: „Sie beginnt mit allgemeiner Hitze der Haut, Färbung der sichtbaren Schleimhäute, Häufigkeit des Pulses und des Athemholens; Anfangs seltener, dann häufiger und abgebrochener Husten, Empfindlichkeit der Wirbelsäule, vermehrter Durst, verminderte Fresslust, unvollkommenes Wiederkäuen, das Thier magert schnell ab. Dann wird das Athemholen schwerer, die Hautwärme nimmt ab, die Schleimhäute nehmen eine weissgelbe oder livide Färbung an, die Augen werden vorgetrieben, und die Bindehaut sondert eine gelbe gallertartige Ma­terie ab; der Husten wird häufiger, aber weniger kräftig, eine röthliche grün. ligte Absonderung erfolgt aus der Nasenhöhle; die Fresslust ist verschwun­den, das Wiederkäuen hört auf. Um diese Zeit der Krankheit entwickeln sich oft Geschwülste unter der Haut, die durch Metastase schnell verschwin­den. Sodann wird der Puls unfühlbar, obgleich der Herzschlag eine gewisse Kraft behält, die Extremitäten sind kalt, die Haut trocken, in dem Haut­muskel entstehen convulsivische Bewegungen, die Kranken wanken auf ihren Füssen, knirschen mit den Zähnen, der Blick ist starr, die Pupillen erweitert und unempfindlich; das Athmen ist sehr schwer, die Flankenbewegung stoss-weis, die Nasenflügel ziehen sich krampfhaft zusammen; der Husten lässt nach, der Nasenausfluss nimmt zu und bekömmt einen stinkenden Geruchj es tritt Durchfall ein, durch den übelriechende oft schwärzliche Massen aus­geleert werden, die Kräfte schwinden und das Thier stirbt. Bei der Section findet man, dass das Blut eine ähnliche Alteration erlitten hat, wie in den Milzbrandkrankheiten; es ist schwarz und in dem Parenchym der Hauptein­geweide angesammelt. Die Lunge zeigt merkwürdige Veränderungen, ihr Gewebe ist erweicht und von schwarzem schaumigten Blut angefüllt, in man­chen Fällen ist der Geruch nach Gangrän wahrnehmbar, aber oft fehlt er gänzlich; doch nimmt man wahr, dass der üble Geruch bald eintritt, wenn
laquo;) Milzbrand. S. 32. Dasselbe wiederholt in laquo;einen übrigen Schriften. ••) S. oben S. 181.
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man die zerschnittene Lunge an der Luft liegen lässt. Auch das Ribben-fell bietet einige Veränderungen dar, es hat im Verlaufe der Krankheit eine gero-albuminose Materie abgesondert, die geronnen ist und eine Art von Pseudomembranen bildet, besonders findet man diese Materie um das Herz herum und um die grossen Gefässe. Ecchymoscn befinden sich in dem Zell­stoffe unter der Pleura, so wie auf verschiedenen Organen des Unterleibs, besonders auf der Schleimhaut der Harnblasequot; *).
An die letzterwähnten Formen des Milzbrandfiebers schliessen sich Car-bunkelformen der Schleimhäute an, die aber streng lokalisirt, eine gewisse feste Form angenommen haben, die sich auch in ihrer Eigenthümlichkeit fortpflanzt.
c) Milzbrandbräune. Ich glaube nicht, dass eine jede Angina gangraenosa der Rinder für Milzbrandbräune zu halten ist; z. B. eine von Evrard neuerlich beschriebene ansteckende Brandbräune '*) möchte eher der sogenannten diphtheritischen Bräune des Menschen gleichen; dagegen wird es keinem Zweifel unterliegen, dass die von Chisholm beschriebene Bräune in Westindien ***) Milzbrandbräune war. — Eben so wenig wird zu bezwei­feln seyn, dass die von Bourgelat beschriebene Bräune in der Dauphine 1772, Milzbrandbräune war. „Ein Ekel vor allerlei Art von Futter, ja selbst vor Saufen, eine Schwere des Kopfs, niederhängende Ohren, thränende Augen, nicht mehr glänzende Haare, gänzliche Verhinderung des Mistens, eine schmerzhafte Geschwulst an dem innern und hintern Theil des Kinnbackens und längs des Halses, ein mehr gedrängter als häufiger Puls, das aus der Nase und dem Rachen bei einigen erfolgende Herauslaufen einer schaumigen Flüssigkeit waren die Kennzeichen, welche sich in 24 Stunden ereig­neten, und welche 2, 3 auch 4 Tage anhielten, nach deren Verlauf ein heftiges Schlagen mit den Flanken, und eine Mattigkeit des kranken Viehs
ein unvermeidliches und geschwindes Verenden ankündigte..... In
dem hintern Theil des Rachens, an den Muskeln des Schlundes und der Luftröhre, in dem dieselben umgebenden und verbindenden zelliglen Ge­webe, ja selbst in dem Schlünde und der Luftröhre zeigte sich ein erster Grad der Fäulnis, durch eine wirkliche schwarzblaue Farbe, und durch eine mehrere oder mindere Verstopfung der Blutgefässe dieser Theile. Bei einigen krepirten Stücken Vieh war das Netz angegangen, bei andern einige Därme. Bei diesen war die Milz mit Blut heftig ausgestopft, bei jenen war weder die Leber noch die Lungen im natürlichen Znstand, und bei allen war die Verdauung verdorben, wie es in schweren Seuchen gewöhnlich zu geschehen
•) L. c. p. JOl.
••) Journ. veter. et agri.c. de Belgirjue. Vol I. p. 814-•••) S, oben S, 368.
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pflegt *). (Zu gleicher herrschte in der Stadt Macon eine sehr bösartige Brandbräune unter den Menschen). Im südlichen Frankreich und Italien sind solche Epizootieen mehrmals vorgekommen; in Egypten sind sie enzoo-tisch **) — In einem Thelle des Lütticber Landes beschreibt Wagelmans eine Milzbrandform als enzootisch, in welcher wenigstens Milzbrandbräune und Lungenmilzbrand mit vorzukommen scheinen: „Oft sind die Thiere keine 3 bis 4 Tage krank, zuweilen dauert die Krankheit 12 bis 24 Stunden, selbst 3 bis 4 Tage länger, dann hat man Hoffnung die Thiere zu retten. Die Krankheit beginnt plötzlich mit Schüttelfrost, Mangel der Fresslust und des Wiederkauens, Versiegen der Milch; die Haut ist trocken, mehr oder weni­ger gespannt, die Haare gesträubt, das Maul trocken, die Augen glänzend, stier, Ohren und Hörner kalt, sehr erhöhte Sensibilität, das Maul schleimig, und schaumig, der Äthem zuweilen stinkend und sehr heiss, das Athemholen schwer und kurz, der Puls voll (?) und beschleunigt, oft reichliches und stinkendes Misten, in andern Fällen hartnäckige Verstopfung. Bei der Abnahme der Haut findet man oft die Hautmuskeln mehr oder weniger alterirt, ein schwarzes Blut ist ange­häuft. Bei der Oeffnung des Mauls findet man es fast immer mit schaumigen Geifer angefüllt, der Kehlkopf und der Schlundkopf sind geschwollen und entzün­det (??)) verfolgt man die Luftröhre bis zu den Lungen, so findet man die Schleimhaut in einem Zustande mehr oder weniger heftiger Entzündung (?) und die Lungen sind faul (?), stellen eine unförmliche Masse dar, in welcher man kaum Spuren der Organisation unterscheiden kann, während das Herz in einer grossen Menge gelben Wassers schwimmt, welches den Herzbeutel und die ganze Brusthöhle erfüllt. Verfolgt man den Schlund vom Schlundkopfe bis in den Magen, so findet man in diesen beiden Orga­nen nichts Bemerkenswerthes, aber die drei übrigen Magen sind immer mehr oder weniger zersetzt, die Schleimhaut trennt sich immer mehr oder weni­ger leicht von der Muskelhaut. Gelangt man zu den dünnen Därmen, so findet man immer grosse Störungen, die Häute des Darms sind wie gangrä­nös, der Chymus ist mit Blut gemischt und stellt eine homogene sehr stin­kende Masse dar; diese Desorganisation setzt sich zuweilen bis zum Rectum fort. Die Leber ist oft sehr gross; immer fand man, dass die Milz dop­pelt so gross als gewöhnlich war, und dass sie, wie die Leber, von schwar­zem Blut angefüllt war. Untersucht man dann die Beckenhöhle, so findet man die Harnblase mehr oder weniger entzündet, eben so die Gebärmutter, in andern Fällen sind diese Organe nicht verändert. *#9830;*).quot; Ueber die epizoo-tische Milzbrandbräune in den Belluneser Alpen s. oben S. 145.
•) Barberet über die epidemischenKrankLeiten desViehs. S. 99.
••) S. oben S. 355.
quot;quot;) Journal d'agricult. des Fays-Bas. 3. II. p. 154.
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d) Znngenanthrax. Diese Form ist dem Rindergeschlechte vorzugs­weise eigen, und kömmt bei andern Thieren (auch beim Menschen) gewöhn­lich durch Infection vom Rinde vor. Bei uns entwickelt sie sich selten als Epizootic, häufiger ist sie in wärmeren Ländern, und im dritten Abschnitt habe ich gezeigt, dass uns die berühmten grossen Epizootieen immer aus dem südlichen Frankreich zugekommen sind. Ich habe oben schon darauf auf­merksam gemacht, dass man hier wieder 3 Unterformen unterscheiden muss:
a) Die Milzbrandmaulseuche. Die gutartige Maulseuche complicirt sich mit Milzbrand, pflanzt sich aber dann mit diesem eigenthümlichen Charakter fort. Diese Form kömmt auch noch am ersten bei uns vor, wie oben er­wähnt wurde; dasselbe mag in England der Fall seyn, denn You at hat vorzüglich nur diese Form im Auge.
ß} Die Blasenform, die der Maulseuche immer noch etwas näher steht, gewöhnlich entwickeln sich aber nur ein oder zwei Brandblasen , die schnell in Gangrän übergehen.
y) Die offenbar am mehrsten charakteristische Knotenform, wo sich zuerst ein Knoten oder eine Quaddel, wie beim Hautcarbunkel bildet, der schnell in Gangrän übergeht.
Ich habe oben schon im Allgemeinen von diesen Formen gesprochen; die beiden letzteren sind in den früher geschilderten allgemeinen Epizootieen oft genug beschrieben worden. Ich will nun hier die allgemeinen Beschreibungen von zwei Schriftstellern aus ihrem Vaterlande folgen lassen.
De Villaine kennt nur die Blasenform. „Die Zungengeschwulst (Boucle) ist eine kleine Blase, welche an der Zunge der Ochsen und Kühe zum Vorschein kommt. Sie ist selten grosser, als eine Haselnuss, hat eine röthlichbraune Farbe, welche bisweilen in die fahlgelbe übergeht. Die Krank­heit zeigt sich an durch Mangel an Esslust und Traurigkeit; das Thier rich­tet sich gar nicht mehr nach der Krippe, und lässt den Kopf immer herab­hängen, will gar nicht mehr fressen und kaut auch nicht mehr wieder. Man muss diese Blase sogleich zerplatzen und öffnen, und hierzu bedient man sich entweder der Finger oder eines Bistouri, darauf muss man mit Erde oder Weinessig die Geschwulst reiben, und man bemerkt alsdann, dass die Thiere ihren eigenen Speichel nicht hinterschlucken, auch muss man ihnen nicht zu saufen geben, denn die fauligte Flüssigkeit könnte sich aus dem Magen ins Blut verbreiten, ihm ihre schädlichen Eigenschaften mittheilen, und zu einem allgemeinen Brande Gelegenheit geben. Denn wenn das Eiter oder das Blut, welches aus dieser Geschwulst hervortritt, oder wenn einige Stücken dieser Zungenblase verschlackt werden, so wird man wahrnehmen, dass das Thier aufschwillt, und dass sein Unterleib sich wie ein Luftball ausdehnt *).quot;
Beide Formen dagegen gchildert La fore: „Wenn dje Krankheit ejn-
•) A. a. 0. S. 179,
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zootisch oder enzootisch herrscht, so beginnt sie mit denselben allgemeinen Symptomen wie die übrigen Formen des Milzbrands, Schüttelfrost, bewegter nnregelmässiger Puls, Kraftlosigkeit; ist aber der Glossanthrax sporadisch, so beobachtet man im Anfange die allgemeinen Symptome nicht, sie treten erst ein nach der Oeffnung der Phlyctaenen auf der Zunge. In allen Fällen sind die topischen Erscheinungen dieselben: Das Maul ist heiss und voll fadenziehendeu Speichels; an der Basis der Zunge, auf jeder Seite und hin­ter dem Zungenbändchen bemerkt man kleine Blasen mit dünnen durchsichti­gen Häuten, welche leicht zerreissen und eine jauchigte Flüssigkeit aus-illessen lassen, die corrodirend auf die Theile wirkt, mit welchen sie in Be­rührung kömmt; bald nachdem sich diese Phlyctaenen geöffnet haben, nimmt die Stelle, auf der sie ihren Sitz hatten, das Ansehen eines Ihidcn oder schwärzlichen Geschwürs an; gewöhnlich ist zu gleicher Zeit eine oedema-töse, kalte und schmerzlose Anschwellung unter den Ganaschen und am obe­ren Theile des Kehllappen vorhanden. In vielen Fällen geht den Bläschen ein harter violetter Knoten an der Basis der Zunge voraus, aus welchem ein schwarzes dickes Blut hervortritt, wenn man ihn scarificirt; er exeoriirt sich an seiner Oberfläche und bildet Geschwüre mit callösen Rändern, die viel bösartiger sind, als diejenigen, welche aus den Phlyctaenen entstehen. Wenn sich diese Geschwüre ausbreiten, so schwillt die Zunge in ihrer gan­zen Ausdehnung an, wird livid, kalt, hängend, und gibt kein Blut mehr, wenn man Incisionen in sie macht, sondern eine jauchigte Flüssigkeit, die eine solche Schärfe besitzt, dass sie in kurzer Zeit die Mundschleimhaut cor-rodirt, und selbst die unterliegenden Knochen cariös macht. Die allgemei­nen Symptome nehmen dann an Intensität zu, der Puls wird sehr häufig, klein und endlich nnfühlbar; das Athemholen wird beschleunigt, die Ent­kräftung steigt auf den höchsten Grad, und ein stinkender Durchfall, der allgemein vorhanden ist, kündigt den nahen Tod an. In Epizootieen dauert die Krankheit oft nur 12 bis 24 Stunden; in sporadischen Fällen ist die Krankheit gewöhnlich gutartiger und sie dauert 5 bis 0 Tage. Bei der Sec­tion findet man im Innern dieselben Erscheinungen, wie beim symptomati­schen Carbunkel, mit Ausnahme der Gangrän der Zunge, welche sich oft auf den Schlundkopf und die Speicheldrüsen erstreckt *).quot;
e) Milzbrand mit äussern Carbunkeln, Beulenseuche. Die allge­meinste und gewöhnlichste Form, hunderte Mal beschrieben und doch noch nicht genau untersucht!
Seit Chabert haben die französischen Nosographen die Eintheilung in den symptomischen und essentiellen Carbunkel beibehalten, und es liegt etwas Wahres darin, man wird aber den etwas sonderbarer Weise so­genannten essentiellen, allgemein als durch Contagium entstandenen, den symp-
*) Maladies des grands Ruminants, p, 685.
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tomatischen als Erscheinung des spontanen Milzbrandes betrachten können. Ich will die, vie mir scheint, treueste Beschreibung beider Formen von dem neuesten Nosographen, La fore, hier folgen lassen:
„Der symptomatische Carbunkel beginnt mit Frostschauern, Angst, Steif­heit des Körpers, klagendem Athemholen, Ohren und Hörner abwechselnd kalt und warm, Puls klein, weich, unregelmässig, Mangel an Fresslust. Auf diese Symptome folgt bald die Erscheinung von Carbunkelgeschwülsten an yerschie-dcnen Stellen des Körpers, aber besonders am Triel, am Hals, am Bug, über­haupt wo der Zellstoff sehr reichlich ist. Diese Geschwülste erreichen ent­weder schnell einen sehr grossen Umfang, oder sie nehmen allmälig zu, in allen Fällen gelangen sie zu ihrer vollen Grosse in Zeit von zwölf bis vier und zwanzig Stunden; sie sind dann weich, oedematös, unempfindlich, cre-pitirend, zuweilen hart, gespannt und schmerzhaft; doch kommen die letztern Eigenschaften nur ausnahmsweise vor und gehören mehr dem essentiellen Carbunkel an. Macht man Scarificationen in die Geschwülste, besonders wenn die Crepitation in ihnen deutlich ist, so strömen stinkende Gase aus, vor deren Eiuathmen man sich hüten muss, und röthliche oder grünliche, mit schwarzem Blut gemischte Flüssigkeiten, die an den Stellen, über welche sie fliessen, die Haare zum Ausfallen bringen und die Haut aufälzen. Diese Inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Geschwülste öffnen sieht nicht eher von selbst, als nachdem sie in Gangrän
übergegangen sind, was immer in den 2i Stunden geschieht, welche auf ihre Entwickelung folgen, wenn sie nicht Metastasen bilden, oder durch eine angemessene Behandlung modificirt werden. Sinken diese Geschwülste in Folge ihres Uebergangs in Gangrän plötzlich ein, so folgen neue Frostschauer, convulsives Zittern, die Bespiration wird beschleunigt, der Puls verschwin­det, und das Thier stirbt.quot; Bei der Section findet man dieselben Verände­rungen wie nach dem Milzbrandfieber.
„Bei dem essentiellen Carbunkel erscheinen die Geschwülste ohne vor­hergehende allgemeine Symptome, an verschiedenen Stellen dss Körpers, aber vorzugsweise am Triel, an den vorderen Extremitäten, auf den Ribben und auf dem Nacken; sie entstehen plötzlich, sind hart, gespännt, heiss, sehr schmerzhaft. Auf den ersten Blick könnte man glauben, sie wären gewöhn­liche Entzündungsgeschwülste; allein die Art ihrer Entwickelung, schnell und ohne bekannte Ursache, erleichtert die Diagnose in dieser Beziehung. In Zeit von 24 Stunden hat die Geschwulst ihre volle Grosse erreicht, die Haut erweicht sich im Mittelpunkte, berstet und lässt ein schwarzes Blut ausfliessen, welches entweder aussickert oder auch in einem Strahle hervorsprützt, und in kurzer Zeit das Ausfallen der Haare zur Folge hat. Um den Mittelpunkt der Geschwulst herum bilden sich Phiyctaenen, welche eine scharfe und ätzende Serosität enthalten; endlich wird die Haut runzeligt, roth oder violett, und es bildet sich ein Pfropf, welcher ausgestossen wird, wenn hinreichende Reac­tion stattfindet. Dieser Pfropf ist das Zeichen, dass ein Theil der Geschwulst
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durch Gangrän geendigt hat, und wenn diese Erscheinung eintritt, so nimmt man gewöhnlich die Crepitation im Zellstoffe der Umgebung wahr *).
So wenig man mit dieser Beschreibung zufrieden seyn kann, so wenig ist mir irgend eine genauere anatomische Untersuchung derselben oder eine Beob­achtung ihrer Entwickelung bekannt. Vergleicht man indessen die vorhandenen Beschreibungen, so muss man doch auf den Gedanken kommen, dass sie doch kei­neswegs so ganz gleichartig sind, wie sie ausgegeben werden. Aber gerade die Verschiedenheiten, die angegeben werden, sind vielleicht die unbedeuteren.
Greve sagt: „Sie sind bei diesen Thieren oft in ihrem Wesen sehr verschieden. Die eine Art sieht beim Zerschneiden inwendig wie Speck aus, das mit röthlichen Adern durchdrungen ist; die andre Art enthält inwendig eine gelbe klebrige Sülze, und diese besitzt die meiste Ansteckungsfähigkeit, wenn sie auf die, von der Oberhaut entblösten Stellen, oder in Wunden andrer gesunder Thiere geräth. Eine dritte Gattung Carbunkeln ist mit mehr Hitze und Schmerz verbunden, und gleicht mehr einer wahren Entzündungs­geschwulst, und endlich eine vierte ist ganz oedema lös, voll von einem hel­len klaren Wasser, und sitzt unter den Ganaschen, am Kehlkopfe oder Halse; sie ist immer platt, und behält die Eindrücke der Finger teigartig eine lange Zeit w).quot;
Laubender bemerkt über sie: „Machte man gleich, wie die Geschwülste sich bildeten, Einschnitte in dieselben, so tropfte ein mehr oder weniger waa-serhelles oder goldgelbes Wasser aus denselben; je früher dies geschah, desto mehr Wasser floss heraus. Machte man mehrere Einschnitte, so tropfte oft aus einigen Einschnitten wasserhelles, aus andern goldgelbes Wasser, machte man die Einschnitte recht tief, so kam auch Blut zum Vorschein. Je jünger eine Geschwulst war, desto weicher war sie auch, und desto mehr war das Enthaltene flüssig; je älter sie war, desto mehr speckartig war sie, oder hart, das Enthaltene geronnen (coagulirt). Zog man nach dem Tode von einer solchen Geschwulst die Haut ab, so sah man eine gelbliche honig-rostartige, oder speckartige, mehr oder weniger feste Masse, und schnitt man hinein, so floss aus derselben eine meistens gelbe Flüssigkeit. Daher könnte man diese Geschwülste mit einem lockern, speckartigen, faserigten Schwamm vergleichen, aus dem man, wenn man so ein Stück ausschnitt, und mit der Hand drückte, noch viele Flüssigkeit pressen konnte. Hatte die Krankheit einen hohen Grad erreicht, wo es mit dem Thiere sehr gefährlich schien, und zweifelhaft war, ob es davon kommen möge oder nicht, und man schnitt in eine solche Geschwulst, so floss fortwährend aufgelöstes Blut aus den gemachten Einschnitten, und das Thier war nun so unempfindlich, dass man die Geschwulst unter aller Ruhe desselben förmlich ausschälen konnte.
*) Lafore Maladies des grands Rumianta. p. 680. 687 ••) A. raquo;, 0. S.Slaquo;,
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Zog man nach dem Tode die Hant von einer solchen Geschwulst ah, so war unter der Speckmasse alles Fleisch schwarz, mit kohlschwarzem geronnenen Blut übergössen*).quot;
Die Beschreibung, welche Kau seh giebt, ist folgende: „Es gibt solche Geschwülste, welche umschrieben, hart, und in der Grosse eines Hut­kopfes hervortreten, ihr Wesen ist speckigt und das Fleisch unter denselben wird bei der Section mehr oder weniger speckigt gefunden. Vorzüglich trifft man diese Gattung in der Gegend der Brust und des Halses. Andere sind weich; sie enthalten eine gelbe, gallertartige Feuchtigkeit; diese kommen meist an abhängigen Orten vor, in ihrer Gegend wird die Verwüstung des Sphacelus bei der Section ungleich grosser als bei jenen angetroffen, sehr oft findet man ausgetretenen kohlschwarzen Cruor unter denselben im Fett, oder grosse Blutstriemen, Blutanhäufnngen in den Zellen der Fetthaut, daher dieselben sich von jenen Congestionen, die durch Entzündung erfolgen, sehr wesentlich unterscheiden. Zuweilen findet man natürlich auch bei den Lei­chenöffnungen die oben von mir angegebene dritte Art von Geschwülsten, welche anfänglich heiss sind und gern ganze Gliedmasen einnehmen **).quot;
Uebereinstimmend damit sagt Lappe: „In Rücksicht ihrer Beschaffen­heit weichen die Beulen beim Milzbrand von einander ab; einige sind weich und enthalten von dem gelben Wasser bald mehr, bald weniger, diese brei­ten sich in der Regel ziemlich aus; durchschneidet man die Haut, so kommt dem Operateur die gelbe Feuchtigkeit entgegen und die Geschwulst fällt zu­sammen; sie sind bald grosser bald kleiner, man trifft sie von der Grosse einer Faust bis zu der eines Kinderkopfs an; diese Gattung findet man zu­weilen an den Ganaschen, wo sie sich öfters ganz am Hals hinab erstrecken. Andere haben einen fest aufsitzenden Speck zur Grundlage, der aus der ver­dickten Lymphe und der Fetthaut zusammengesetzt ist, doch findet man auch hier etwas gelbe Flüssigkeit; sie entstehen oft an Orten, wo sich Drüsen be­finden , als an der Weiche und dem Buge, sind nicht so ausgebreitet als die vorigen, und wegen des Specks auch härter; weder diese noch die vorigen Geschwülste sind heisser Natur, auch verursachen sie den Thieren keine Schmerzen. Bisweilen bilden sich auch Geschwülste an den Hinterschenkeln und zwar am obern Theile derselben, welche den Thieren ein Hinken ver­ursachen; mehrentheils sind diese heiss anzufühlen, und enthalten ausser einem gelben scharfen Wasser noch schwarzes ins Zellgewebe ausgetretenes Blut raquo;*#9830;).laquo;
Cruzel theilt den Sectionsbericht über einen nach vier und zwanzig-stündiger Krankheit verstorbenen Ochsen mit: „Nach Abnahme der Haut
•) A. a. 0. S 345.
**) Milzbrand S. 29. **•) A. a. 0. S.31.
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fand ich auf der linken Schulter bis zu dem unteren Ende des Glieds, und auf den Ribben etwas hinter der Schulter, eine umfangreiche Ergiessung von schwärzlichem, halbflüssigen Blut, unter dieser Ergiessung war das Zellge­webe zwischen den Muskeln infiltrirt mit einer röthlichen Flüssigkeit von öl-artiger Consistenz und mit vieler Luft gemischt, die entsprechenden Muskeln #9632;waren entfärbt. Die Magen und der Darmcanal waren von einer grossen Menge Gas ausgedehnt; auf dem Bauchfelle bemerkte man einige Ecchymosen^ aber die Schleimhaut des ganzen Yerdauungscanals war in ihrer ganzen Aus­dehnung blass. Die Lunge war zusammengefallen, halb so gross wie gewöhn­lich, ihre Oberfläche stark ecchymosirt, besonders gegen die Basis des lin­ken Lappens. Diese Ecchymosen genau untersucht, schienen mir aus schwarzem zwischen die Pleura und die Oberfläche des Lungenparenchyms ergossenen Blute gebildet. Es fanden sich eine grosse Anzahl dieser Ecchymosen in den Bronchien, auf dem Herzbeutel und in den Herzhöhlen; die Substanz des Herzens war weich und schlaff. Die übrigen Organe boten nichts be­sonderes dar **).quot;
a) Genauere Untersuchungen sind nicht vorhanden, aber nach den Be­schreibungen gehören diese Carbunkel zu der Form, die wir als die oede-matö s-sc irrhösen bezeichnet haben, gleich viel, ob sie mehr Blut, oder Serum, oder gelbes Wasser, oder fester geronnene Masse, sogenannten Speck, enthalten, ob zugleich Luft vorhanden oder nicht. Ob niemals primäre Ver­änderungen in der Haut vorhanden gewesen, dafür möchte ich freilich nicht stehen; allein dass diese Carbunkel ohne Veränderungen in der Haut vorkom­men , davon habe ich mich selbst mehrmals bei Sectionen überzeugt. In die­sen Fällen habe ich immer die benachbarten Lymphdrüsen vergrössert, mit Blut infiltrirt und erweicht gefunden. Diese letztere Bemerkung finde .ich nicht in den obigen Beschreibungen, wohl scheint aber Malacarn e dasselbe zu beschreiben: „Der oedematöse Carbunkel (II carbonchio edematoso o biano) pflegt das Fett unter der Haut einzunehmen, wo er sich in Gestalt dicker und weicher, wenig von einander entfernt stehender Knoten zeigt, die durch gewisse dünnere Verlängerungen mit einander verbunden sind, ge­rade so, als wenn man in einen Strick in gewissen Entfernungen von einan­der Knoten knüpfte. Der Mittelpunkt, von welchem diese Knotengeflechle ausgehen, ist durch eine callöfe Anschwellung bezeichnet, auf welcher das Fell gefaltet und das Lcder erhärtet ist, während die übrige Geschwulst oede-matös ist. Zuweilen ist ein jeder der grössern Knoten durch eine ähnliche Callosität, mit Runzelung des Fells und Härte der Lederhaut bezeichnet**).quot;
ß) Die ursprüngliche Brandform des Carbunkels kenne ich selbst zwar nicht, wie sie mir aus dem Schafe bekannt ist; allein mehrere Be-
•) Journ. des progr. des Sc, zooiatr. vol. VII. p. 66. '•} Del. carbonchio p. 12.
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Schreibungen scheinen hinzureichen, zu beweisen, dass sie ebenfalls bei den Rindern vorkömmt. Devi Haine z. B. scheint die Krankheit unter dem Namen le tachet zu beschreiben: „Diese Benennung hat die Krankheit von einam schwarzen brandigten Fleck bekommen, welcher an verschiedenen Theilen des Körpers sichtbar wird. Ohne Zweifel mögen die Thiere, ehe diese fürchterlichen Symptome sich einstellen, einen stumpfen und brennen­den Schmerz in dem Theile, welcher brandig werden und absterben will, empfinden?, allein unglücklicher Weise geben sie dieses durch kein Zei­chen zu erkennen. Der Brandfleck fängt allezeit mit einer Geschwulst an, die nach und nach immer mehr auftritt, und Luft in sich enthält, man darf sie nur wenig drücken, und es entsteht ein Knistern, welches dem gleichkommt, wenn man ein Stück Pergament zerreibt*)quot; u. s. w. — Cha-bert bezeichnet diese Form als Charbon essentiel, qui se montre sur la peau par des taches noires: „dieser kündigt sich durch ein­fache weisse, livide oder schwarze Flecken an; diese Farbennuan^en folgen sich im Fortschreiten der Krankheit: diese Flecken haben ihren Sitz nur in der Haut, welche fast immer aufgehoben, losgetrennt und crepitirend ist; die scharfe und corrosive Flüssigkeit wirkt unter sich, und das Muskelfleisch wird in verschiedenem Grade aufgelöst; der Verlauf dieses Carbunkels ist ge­wöhnlich langsamer, aber nicht weniger tödtlich'*).quot; — In England und Schottland, wo diese Form häufig zu seyn scheint, führt sie den Namen the black leg: „Der Hinterbrand (the black leg or black spauld) herrscht in gewissem Grade in den mehrsten Gegenden der Hochlande. Die Krankheit ergreift eine der Extremitäten, gewöhnlich eine hintere; sie schwillt nicht an, aber die Kuh oder der Ochs wird ganz lahm, und die Extremität sieht wie gelähmt aus. Wenn das Thier todt ist, so hat das Fleisch des Beins eine blaue oder schwärzliche Farbe, und ist nicht so fest, wie das Mus­kelfleisch der übrigen Extremitäten *quot;).quot; Auch YouaU erwähnt diese Krankheil *quot;*).
y) Die Knoten- oder Quaddel-Form ist wahrscheinlich häufig und nur aus Unaufmerksamkeit nicht beschrieben. Malarcane beschreibt ihn unter dem Namen Carbone o Carbonchio maligno: „dieses ist die
•) V. a. 0. S. 171.
•') Ins t ru etion s vol. I. p. 142. •quot;) Walker hist, of the Hebrides vol. II, p. 63.
quot;quot;) Aber gewiss nicht jeder Hautbrand ist deswegen Milzbrand. Zu ihm ge­hört z, B. nicht der Brand der Extremitäten, den man wohl mit Recht als Mutterkornbrand oft beschrieben hat, der ganz ähnliche, den Siebert in Calcor beschreibt (Rhein. Vet. 15er. 42. S. 5.), der auch als Mutter­kornbrand betrachtete, welcher in den nördlichen Staaten Nordamerikas enzootisch ist (Recberches de Path, comp )
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dritte Art, die acuteste, ansteckendste'und gefährlichste von allen; er zeigt sich an den am wenigsten behaarten Theilen des Körpers der Ochsen, und zwar zuerst in Gestalt eines dicken, rauhen und harten Knoten (bottone), dessen Mittelpunkt schwarz ist; er macht rossende Fortschritte, und wird bald so gross wie ein Handteller. Um den härteren schwarzen Mittelpunkt herum liegt ein unregelmässiger, entzündlicher Kreis, der mehr oder weniger erhaben, rauh und schmerzhaft ist; auf diesem erheben sich Bläschen oder Blasen, gefüllt mit einem scharfen, ätzenden Serum, was die Excoriationen beweisen, welche entstehen, wenn die Flüssigkeit der geplatzten Bläschen über die benachbarten Theile fliesst.quot; *)
Was die Stellen betrifft, wo die Carbunkel beim Rindrieh ausbrechen, • so sind sie sehr mannigfaltig, vorzugsweise der Triel (Avant-Coeur), die Ganaschen, am Kehlkopf, Bug, Weichen, Rücken, Füsse. Unter dem Namen Sterzwurm, Sterz seuche u. s. w, werden offenbar mehrere verschiedene in neuern Zeiten seltene, epizootische Seuchen des Rindviehs im Schwänze beschrieben, von denen aber eine wohl ohne Zweifel dem Milzbrande an­gehört.
6. Büffel.
Wenn man sieht, wie der Büffel in den ungesundesten Sumpf- und Fie­ber-Ländern, wo das Rind nicht gedeiht, recht gut lebt, z. B. in Ungarn und in Italien, so muss man wohl annehmen, dass er weniger zum Milzbrande disponirt ist. Indessen ist es bekannt, dass er in der Romagna ebenfalls am Milzbrande leidet und stirbt. — Eben so leidet derselbe nach Hamont und F r u n e r in Egypten an der Anthraxbräune.
7. Hirsch. Dammhirsch.
So wohl die Edelhirsche als das Dammwild leiden sehr oft am Milzbrand. Er scheint sich sogar besonders leicht unter ihnen zu verbreiten, die Sterb­lichkeit in den Parks und Wildständen ist oft sehr gross.
Gewöhnlich kömmt der Milzbrand dieses Wildes gleichzeitig mit dem der zahmen Thiere vor, und es ist schwer zu sagen, unter welchen Thieren er den Anfang gemacht hat.
Vielleicht ist der Verlauf unter ihnen besonders acut, sonst ist das Wesen der Krankheit ganz gleich wie beim Rindvieh, wie die Sectionen von Wagner, Glaser, Heim, Vicq d'Äzyr, Hinter meyr u. s. w. beweisen. Die neueste Beschreibung des Verlaufs und der Symptome der Krankheit, wie sie unter dem Dammwilde eines Parks vorkam, hat Hintermeyr gegeben: „Der Verlauf dieser Seuchenkrankheit war, den Beobachtungen an einzelnen
•) L. .c. p. 16.
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Stacken und dem Auffinden derselben zufolge, gevöhnlich sehr acut: von 2, 4, 6, 12, 18 höchstens 24 Stunden. Die Symptome der Erkrankung waren: verlorene Fresslust, Absonderung von den gesunden Rudeln, Suchen toii fin-stern Waldstellen, Aufsuchen von Sullachen, bei yorgerücktem Leiden Umher­irren, als ob vermindertes oder verlorenes Sehevermögen oder wohl gar eine Art Betäubung oder Tollheit eingetreten wäre, sichtbar vermehrte Respi­ration, sogar mit aufgesperrtem Maule, mit bald sehr gehobenem, bald ge­senktem Kopfe, ängstlichem, wildem Umhersehen, endlich Drehen in einem unregelmässlgen Kreise, Taumeln, Gruppiren/ Hauen mit den Vorderfüssen in die Luft, plötzliches Zusammenstürzen, sodann Verenden unter wenigen Convulsionen, als ob schon im Leben allgemeine Paralyse eingetreten wäre. Schnell entwickelte sich ein Meteroismus im Hinterleib, als Folge der schnell eingetretenen Putreszenz. Aus After, Nase, und Maul quoll öfters eine bräunliche, schaumige, ekelhaft riechende, mit Blut vermischte Flüssigkeit. Bei Ablederung der Haut zeigte sich die Muskulatur dunkelrolh, welk, mit bräunlich sulzigem Fette. Auf der untern (vordem) Fläche des Halses fanden sich jedesmal, nach dem Verlaufe des Brustbeinkiefermuskels, unterhalb dem S chlund und Kehlkopf angefangen, bis an das Brustbein, bräunlich - sulzige Exsu­date, welche bis hinter den Schlund und die Luftröhre, fast der ganzen Länge nach sich ausdehnten, nämlich die Richtung nach den Jugularvenen und den Lymphge-fässen nahmen. Auch um die Ohrendrüsen waren ähnliche bräunliche sulzige Er-giessungen. Das aus den Venen ergossene Blut war dick, geknollt und pech­schwarz. Ausser der Anschwellung am vordem und untern Rande des Halses und um die Ohrdrüse habe ich nie Oedeme oder Emphyseme unter der Haut gesehen.*) Die Gedärme und Mägen waren von widerlich riechender Luft aufgetrieben, entweder ganz schwarz oder stark mit schwarzen, brandigen Streifen besetzt. An den Gekrösdrfisen fanden sich einigemal Pusteln (Kar­bunkeln) von der Grosse einer Haselnuss, welche beim Durchschneiden schwar­zes theerartiges Blut enthielten. Die Leber war jedesmal etwas vergrössert und mit Blut überfüllt. Die Milz war aufgeschwollen, fast um das Doppelte vergrössert, mit beulenartigen Erhöhungen besetzt, und schwarzoth gefärbt; beim Durchschneiden derselben entquoll schwarzes, entmischtes Blut, das Parenchym war in eine Breimasse aufgelöst, und lief von seihst aus. Die Nierenkapseln waren in eine schwarze sulzige Masse verwandelt, die Nieren selbst mit schwarzen Punkten besetzt. Die sulzigen Exsudate, welche gewöhn­lich bei den grössern Hausthieren in Theilen, wo mehr Fett vorkommt, z. B. im Netz, den Nierenkapseln, dem Gekröse, sich gelblich zeigen, waren bei diesem Dammwilde schwärzlich braun. Selbst brandige Flecken und Streifen
*) Das ist dann aber nur dieser Epizootie eigen gewesen; Wagner, Glaser a. A. fanden dieselben Carbunkel wie im Rindvieh.
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fanden sich auf der Innern Oberfläche der Bauchlandungen. Niemals traf ich Wasser im Abdomen. Die Lunge war in der Regel schwärzlich punktirt und deren Gefässe stark mit aufgelöstem Blute überfüllt. Der Herzbeutel war zuweilen mit bräunlichen Streifen besetzt, und sein Inhalt bräunliches Serum. Das Herz welk und in den Kammern schwarzes, theerartiges, zersetztes Blut enthaltend.quot; *)
Das seuchenartige Vorkommen des Milzbrandes unter den Hirschen wird oft erwähnt: So wahrscheinlich schon 591p. C. im südlichen Frankreich.**) Ebenso in mehreren spätem Jahren. Im Jahr 1712 wie es scheint sehr all­gemein. — 1748 auf dem Thüringer Wald.***)
1757 die allgemeine Milzbrandseuche in Frankreich, in welcher an 400 Hirsche verendeten, nach Wagner u. A, ****)
1757 in der Brie in Frankreich, in der von Audouin von Chaigne-brun beschriebeneu Fpizootie, in welcher neben vielen Hauslhieren auch viele Hirsche fielen.
1776. Die Epizootic unter den Hirschen im Walde von Saint Germain, welche Vicq d'Azyr, Faulet u. s. w. beschrieben haben, f) — In dem­selben Jahre starben in Chursachsen während einer Milzbrandepizootie unter den Hausthieren auch die Hirsche, f-f)
Im Jahre 1778 herrschte die von Glaser beschriebene Epizootic auf dem Thüringer Walde, in welcher mehrere hundert Hirsche fielen, iff) — In dem­selben Jahre fielen in dem Milzbranddistricte der Mark Brandenburg ansser Bindern und Pferden auch die Hirsche #9632;ftfiO
Im Jahre 1782 starben wieder neben dem Bindvieh, Schafen und Gänsen auch die Dammhirsche in dem Brandenburgischen Milzbranddistrikte.*}
Im Jahre 1807, einem allgemeinen Milzbrandjahre, starben mit allen andern Thieren, nach Ammon, Schwab und Laubender auch die Hir­sche in Baiern und in Franken.
1818 starben wieder in dem Brandenburger Milzbranddistrikte über 600 Edel- und Damm - Hirsche. **) Wieder mit Milzbrand der Hausthiere.
•) Kreuzer Central Archiv. B. III. S. 446.
••) Recherches de Pathai. compar£e II..p. C. XXXIX. Soge­nanntes Ignis sacer. ••^Gläser Knotenkrankheit. S. 9. ••,0) Frank. Samml. B. S. 102. 111.
f) Hist, de la Soc. r. de M 6 d. 1777. p. 150. tf) Rumpelt in Faulet Viehsencben B. II. S. 183. ttt) A. a. O. S. 7.
tttt) Heim vermischte Schriften. *) H e i m a. a. 0. S. 37. •deg;) Thaer in Casper's Wochensch. 1836. S. 250.
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In derselben Gegend der Mark Brandenburg deeimirte wieder de Milzbrand die Hirsche, wie er unter den Hansthieren herrsehte, im Jahr 1834. *} —i In demselben Jahre starb eine grosse Anzahl (T ausende) Hirsche, nach Good, in den englischen Parks, höchst wahrscheinlich am Milzbrand, **) nach der Beschreibung.
Im Jahre 1846 beobachtete Hintermeyr die erwähnte Epizootie unter den Dammhirschen im Park zu Duttenstein in Schwaben; es fielen 217 Stück in wenigen Wochen. Zugleich herrschte er unter dem Hornvieh.
8. Rehe.
Die Rehe leiden in gleicher Art, und gewöhnlich gleichzeitig mit den Hirschen, und ganz an denselben Formen.
9. Rennthiere.
Unter den Rennthieren richtet der Milzbrand oft grosse Verheerungen an, ganze Herden reibt er auf und bringt die Lappen an den Bettelstab. Genaue Beschreibungen kenne ich nicht, aber was bereits Hofb erg, dann viele Reisende, z.B. Acerbi mittheilen,***) so wie das, was ich unter dem Jahre 1823 nach Brookes angeführt habe, dürfte hinreichen die Krankheit als Milzbrand zu charakterisiren. Etwas, doch kaum erheblich, zweifelhaft ist die Beschreibung, welche Gisler giebt: „Der Kopf hängt, das Maul fühl sich trocken an, und das Geweihe kalt, zuweilen bemerkt man ein Zittern und Beben auf den Beinen, die Augen sind wässerigt und rinnen, aus der Nase läuft wässerigter Rotz, der Speichel ist schleimigt und hängend, das Maul hat blaue und dunkelblaue Flecke, die mit Schwärze bis an das Zahn­fleisch aussen und innen, und bis an den Gaumen, die Zunge, den Hals u. s. w. gehen. Das Vieh hat Verstopfungen. Wenn die Krankheit zu ihrer Höhe gekommen ist, werden die Augen eiterigt, der Rotz wird schleimigt, dick, übelriechend, und wird blutig herausgeröchelt, das Maul wird ganz schwarz mit Flecken, Blutblasen, scharfen aufsteigenden Hübein, wie mit einem Leichengeruche. Das Athemholen wird langsam und schwer, die Lust zum Essen und das Wiederkäuen hören auf, das Vieh steht zitternd auf den Füssen, die Milch sieht blauwässerigt und geronnen aus, die Augäpfel werden grün, endlich torkeln sie auf den Füssen, schleppen sich auf dem Felde hin, ohne zu fressen oder zu saufen, schnauben stark, bis sie endlich umfallen. Bei denen, so hiervon umgefallen sind, findet man Hals, Därme, Leber n. a. Ein­geweide schwarz, roth vom kalten Brand, die Lunge verfault und ver-
•) Magaz. f. Thierheilk. B. I. S. 456. *•) The Veterinarian 1834. p. 496. ***) Besonders auch L e e m s a. oben S. 220. BtiuiD|cr, MlUbrind.
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Kehrt.quot; *) Nur Lungenfiiula kim-le gt;gt;lt;*r laquo;usser MUibrand angenommen wer­den. — ümweifelhaft ist die Terhcerendlaquo; Milzbrajidepiiootie 1823. S. oben S. 148. und für 1848 S. oben S. 205^
10. Elenn.
DU Zahl der Eieunthlere soll in neuerer Zeit vorzüglich durch wieder­hülle Milzbrandseucluüi tu Pceussen stark vermindert worden seyn. Besonders war dieses der Fall im, Jahr 1835,**)gt; ja nach Pnessler war in diesem Jahr die Sterblichkeit bei keiner andern Thierart so gross, als bei dem Elenn­wilde. ***)
11. Kam eel.
Eameele scheinen nicht selten am Milzbrande zu leiden. Pie Form, welche bei unsern Thieren ÄTant-coeur heisst, wird beim Kamcel von den Arabern Dsch am genannt. Pallas*1quot;*) nennt die Karaeele unter den Thieren, welche an der Beulenseuche leiden. Hamont begreift sie wahrscheinlich unter dem Namen Dysenterie.
12. Schaafe.
Die Schaafe sind in vielen Gegenden die am häufigsten leidenden Thicre. Die vorkommenden formen sind:
1. Milzbrand-Apoplexie. In Deutschland bekannt unter dem Namen: Blutscblag, Blutstaupe, Blutseuche, Milzblut, Rük-kenblut. Bran dblut, u. s. w., in der Wallachei als Dalak, in Frank­reich: Mourroy, Mourroy rouge. Sang de rate, Sang, Maladie de Sang, Maladie de Beaucc, Apoplexie splenique, (Herpin), Splenorrhagi e (Vatel) etc., in England: The Trembles, Trembling ill, Lou ping ill etc. — Ich habe im ersten, zweiten und dritten Theil so ausführliche Beschreibungen der Krankheit mitgetheilt, ans der Wallachei von Valli, aus Deutschland von, Gerlach u. s. w., aus Frankreich von Delafond, Guillaume, Herpin, Dupuy, Charlier u. s. w., dass ich sie hier nicht zu; wiederholen brauche. Die Meinung Delafonds und Charliers, welche die Krankheit nicht zum Milzbrand rechnen, son­dern als arterielle Apoplexie oder vielmehr Haemorrhagie betrachten, brauche ich auch nicht zu widerlegen, da die Gleichheit der, Krank­heit der Beauce und des Blutschlages in Deutschland aus den mitge-
•) Seh wed. Abhandl. B. XXI. S. 287. — Oben S. 219. **) Königsberger Sanitätsbericht. 1835. Sem. 2. S. 10. 70,
quot;•)Magaz. f. Thierheilk. B. III. S. 165. raquo;•quot;) N. Nord. Beitr. B. I, S. 117,
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theiltcn Beschreibungen und Sectionsberichten einleuchtet, auch durch die In­fection andrer' Thiere und der Menschen ihre Milzbrandnatnr hinreichend be­wiesen ist. Bei dem raschen Verlaufe, wo der Tod in wenigen Stunden, oft in wenigen Minuten nach dem Erkranken eintritt, können sich hier keine eigentlichen Carbunkel bilden, sondern nur Blutstasen durch Erweiterung der Gefässe, die ganz mit Unrecht als Folgen von Entzündung und actirer Congestion betrachtet wurden, und Blutaustretungen, wobei das Blut die ge­wöhnliche Veränderung erleidet. Das Organ, welches auf diese Art am allge­meinsten, in vielen Enzootieen und Epizootieen ohne Ausnahme, oft allein, leidet, ist die Milz, nächst ihr die äussere Haut, dann aber alle verschiedenen Schleim- und serösen Häute; oft alle diese Organe zu gleicher Zeit.
2) Milzbrandfieber. Dieselbe Krankheit, im Allgemeinen mit den­selben Erscheinungen, nur mit länger gezogenem Verlaufe. Merkwürdig sind hier oft dieselben periodischen, wie ich sie oben beim Rindvieh nach Lafore angeführt habe. Mir sind sie noch auffallender erschienen, als in der fol­genden Beschreibung; damit man aber nicht glaube, ich wolle sie einer Hy­pothese zu Liebe hervorheben, so lasse ich die Beschreibung von Haubner folgen: „Tritt die Krankheit nicht so heftig und plötzlich auf, so gehen durch einige Stunden dem- eigentlichen Krankheitsanfalle ein träges Benehmen, Ab­stumpfung, getrübtes Bewusstseyn u. s. w. voraus. Dieser erfolgt ganz so^ wie in der vorigen Form, aber ohne zu tödten1; vielmehr stellt sich ein Nach­lassen der Krankheit ein, so dass die Thiere auf ganz kurze Zeit wieder munter erscheinen, der Herde folgen, seihst Nahrung annehmen u. s. w. bis wieder ein erneuter Anfall sich einstellt, und so unter' Steigen und Nach-lass nach 6 bis 8 Stunden (bei stattgefundener Behandlung auch später) der Tod erfolgt. Häufig stellen sich Lähmungen eines oder des andern Theils (Schenkel, Ohren) auch einer ganzen Körperhälfte ein. Der Absatz der Ex-cremente ist immer ganz aufgehoben, oder sie werden sparsam und mit Zwang entleert, sind hart, fest, schwarz, klein, geballt, häufig mit Schleim oder Klfimpchen von schwarzem Blut untermischt, oder nur Schleim und Blut allein wird hervorgepresst. Auch der Urin wird häufig mit Blut vermischt abgesetzt.quot;*) Sterben die Schaafe erst am zweiten oder dritten Tage, so findet man auch innere Carbnnkeln (besonders wenn Lähmungen stattfanden) vor­züglich um die Nieren und den Mastdarm.
Soll ich ausser den Beschreibungen dieser beiden Formen, auf die ich verwiesen habe, als in früheren Ahschnitten enthalten, noch eine anführen, so ist eine ältere von A mm on gegebene, kurz und gut: „Gewöhnlich werden die Schaafe schnell und unvermuthet davon befallen. Aeusserst selten bemerkt man vorher eine Krankheitsanzeige, weder Traurigkeit noch Beängstigungj noch beschwerliches Athemholen oder sonst etwas; die Fresslust ist unverän-
*) Haubner Krankheitalehre. ß. I, S. 136.
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dert, ja manche Schaafe fressen noch, wit gesunde, venige Minuten Tor ihrem Tode; alle Krankheitsäusserungen folgen sehr schnell aufeinander*). Auf einmal steht das Schaaf still, ist äusserst traurig und niedergeschlagen, ganz dumm und empfindungslos; es hat viel Hitze im Maul, eine trockne Zunge, kaltes Maul und Ohren, und es geht ihm Blut mit dem Unrath und Harn ab, selte­ner ist Verstopfung zugegen. Kaum |hat man diese Symptome bemerkt, so fällt auch das kranke Thier jählings um, und stirbt, ehe man es Termuthet. Den gefallenen Stücken fliesst mehrentheils ein dickes, schwarzes Blut aus dem Maule und den Nasenlöchern, ihre Körper schwellen oder laufen schnell auf, und die Fäulniss nimmt erstaunlich schnell überhand. Der Verlauf des Milzbrandes ist unbestimmt; er währt manchmal kaum eine Tiertel oder halbe Stunde und der Tod erfolgt, ja oft stürzen die Thiere, wie Tom Schlage gerührt, auf der Weide, im Stalle oder wo sie sich sonst befinden, zur Erde nieder, lassen Blut durch den After von sich gehen und sind sogleich des Todes. Zuweilen dauert jedoch die Krankheit auch länger, und der Tod erfolgt erst nach 10 bis 12 Stunden; nur wenn die Krankheit recht gelinde ist, stellt sich der Tod oder Besserung erst den zweiten, dritten oder vierten Tag ein. Bei der Oeffnung der gefallenen Stücke bemerkt man zuerst, dass die Hautgefässe strotzend roll Blut sind, und dass das Blut eine ungewöhn­liche Auflösung und Schwärze, und das Fleisch grösstentheüs eine violette Farbe darbietet; die Lungen sind weich, welk, ungewöhnlich dunkelfarben und von schwarzem Blute angefüllt; die Gedärme und Haube findet man leer, die übrigen Magen sind aber allezeit roll; die Materien, welche der Psalter oder das Buch enthält, sind alle trocken; die Milz ist grosser, als sie gewöhn­lich zu seyn pflegt, und allemal sehr dunkelfarben, und so weich und mürbe, dass sie dem, der sie angreift, oftmals zwischen den Fingern wie ein Brei zerfliesst; lässt man den Kopf auch öffnen, so findet man das Gehirn mehr oder weniger mit Blut angefüllt; .an der Leber und den Nieren ist nichts besonders zu bemerken.quot;**)
3) Milzbrandblutharne n. Wir haben eben gesehen, dass das Blut­harnen ein gewöhnliches Symptom der beiden vorigen Formen ist; zuweilen tritt dasselbe, besonders in manchen Localitäten so hervor, dass man die Krankheit Blutharnen, Pisse-sang, genannt hat; die es begleitenden übrigen Symptome des Milzbrands reichen indessen immer hin, es von andern Arten des Blutharnens zu unterscheiden. ***)
*) Ihrer Hypothese von einer Blutdyscrasie zu Liebe haben manche Aerzte demonstriren wollen, die Thiere wären hier doch schon krank gewesen! Das ist gar nicht der Fall, eine Minute vor dem Anfall ist das Thier noch frisch und gesund. **) Ammon, Handb. der prakt. Pferdearzneik. B, II. S. 290. •quot;) S. Caunea N. 211. S. 307. Dupuy N, 212. S. 808.
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4)nbsp; Zungenanthrax. In Zungenanthrax - Epizootieen unter Rindrieh und Pferden wurden auch die Schaafe von demselben befallen. Unter Schaafen allein ist er wohl nicht leicht bemerkt worden?
5)nbsp; Milzbrand-Rothlauf. Gewöhnlicher exanthematischer Roth­lauf, wie er am gewöhnlichsten in dem Menschen Torkömmt, ist bei den Schaafen eine häufige Krankheit; aber auch der primär gangränöse Roth-lau f (d. h. ein Erysipelas, welches nicht in Folge der Complication mit Ent­zündung, sondern wegen einer eigenthfimlichen Modification des exanthemati-laquo;chen Processes in Gangrän übergeht), welcher in den Menschen, wenigstens in unsern Climaten, keine häufige Erscheinung ist, kömmt bei den Schaafen oft vor, Tcrursacht oft das Ausfallen grosser Hautstücke, des Euters u. b. w. und ist desswegen durchaus noch kein Milzbrandrothlauf. Die Grenzen die­ser Krankheiten sind aber wohl nicht immer leicht zu ziehen. Auf jeden Fall ist diese Form in dem Schaafe noch viel weniger bekannt, als im Schweine. Da sie in Italien und in Spanien viel häufiger seyn soll, als in nördlichen Ländern, so sind Aufklärungen von dort besonders zu erwarten.
Bei den älteren Aerzten werden unter dem Namen Rose, Feuer, heiliges Feuer, wildes Feuer die erwähnten Krankheiten unter einander geworfen. So beschreibt z. B. Ammon zuerst den gutartigen Rothlauf oder das Feuer richtig, dann den bösartigen oder das wilde Feuer, wo aber Erysipelas gan-graenosum und Erysipelas carbuneulosum unter einander geworfen werden.*}
Gasparin nennt sie nach dem Blutschlage und sagt von dieser Form: „Sie ist selten in der Provence, wo man sie rothe Seuche (mal rouge) nennt. Es scheint, als wenn die Alten diese Varietät unter dem Namen des heiligen Feuers kannten. Die Haut ist hier mehr ergriffen als das Zellgewebe, sie wird dunkelroth gefärbt, der Brand kündigt sich bald durch Blattern an; das Thier ist übrigens allen Zufällen ausgesetzt, welche wir im rorigen Artikel (von der Blutseuche) angezeigt haben; es verliert die Fresslust, bleibt stehen, wirft sich hin und her und scheint viel zu leiden; der Tod ist nahe, wenn das Uebel erschienen ist, immer aber weniger schnell als bei der vorigen Form; es befällt gleichfalls nur starke Thiere. Diese Form scheint in heissen Ländern sehr ansteckend zu seyn, sie theilt sich selbst dem Menschen sehr leicht mit. In der Provence ist sie sehr selten, mehrere Schäfer haben mir jedoch versichert, sie gesehen zu haben, und sie eilen das Thier zu tödten, sobald der Körper eine Purpurröthe zeigt, indem sich eine Tradition von der Ansteckung des Uebels unter denselben erhalten hat; sie verhindern so die Verbreitung durch Ansteckung, und selbst die' Entwickelung derselben bei dem einzelnen Thiere.quot;**)
•) A. a. O. 298.
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) A. a. 0, 90.
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Hurtrel d'Arlioval beschreibt das Erysipelas als E. simplex, phlegmo-nosum, ocderaatosum, und fügt sodann hinzu als besondere epizootische Form E. gangraenosum, oder das Ignis sacer der Alten. Er meint es müsse jetzt seltener seyn, als in alten Zeiten, es komme aber besonders noch in Spanien und Italien Tor; in der Provence sey es früher häufiger gewesen, als jetzt. Seine Beschreibung ist indessen vag. *)
Mehrere Beobachter übertragen offenbar zu leicht hin die Krankheit­symptome der Schweine auch auf die Schaafe; was selbst wohl Ton Veith geschieht.
Hering beschreibt unter Bothlauffieber das Erysipelas simplex, phlegmonosum, oedematodes und — malignupi der Schaafe und Schweine quot;); unter Milzbrand den brandigen Rothlauf der Schaafe und Schweine. Von diesem sagt er: „Bei den Schaafen bemerkt man, nach den im Allgemeinen bereits angeführten Vorboten, plötzliches Hinken oder einen steifen Gang, besonders an den hintern Gliedmassen, der ergriffene Schenkel ist bei nähe­rer Untersuchung dunkelroth, in verschiedener Ausdehnung, etwas geschwol­len, die Geschwulst manchmal knisternd. Die Färbung geht ins Violette oder Bläuliche über, manchmal sickert scharfes Serum aus, und die Thiere sterben unter den allgemeinen Symptomen des Milzbrands innerhalb 6 bis 24 Stunden, selten später. Die Krankheit kommt unter denselben Verhält­nissen, wie die andern Milzbrandformen vor, ich habe sie aber auch im Win­ter und Frühling herrschen gesehen. Die stärksten Thiere der Herde wur­den plötzlich traurig, trippelten, hoben einen Fuss um den andern auf, wur­den lahm und verschmähten das Futter; plötzlich bildeten sich auf dem Kreuze, an den Vorder- und Hinter - Schenkeln Geschwülste, die beim An­fühlen kühl und mit Wasser von röthlicher Farbe und widrigem Geruch ge­füllt waren. Nach dem Tode des Thiers wurde die Flüssigkeit schwärzlich. Nicht selten zeigte sich keine Geschwulst, bis das Thier todt war; dann aber erschien sie sogleich.quot;
Wangen fei d führt diese Form ebenfalls unter dem Milzbrande an: ,6ei manchen Stücken entstehen beim Eintritt der Krankheit an verschiede­nen Stellen der Haut, besonders an jenen, wo dieselbe nur spärlich mit Wolle besetzt ist, und desshalb unterm Bauche, am Euter und an der jnnern Fläche der Schenkel, rothlaufartige Flecken, welche anfangs kleine Knoten darstellen, welche sich rasch auf grosse Flächen der Haut verbreiten. Die ergriffene Haut ist anfangs roth, wird aber sehr bald violett oder blan-violell oder blauroth, sie schwillt etwas an und erscheint hier und da mit kleinen Bläschen besetzt, welche eine wässerigte Flüssigkeit enthalten. Diese
•) Diet. vol. II. p. 285. raquo;) Spec. Fathol. u. Tlier. 2te Aufl. S. 280.
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rothlaufig-e Forin der Blutseuche heisst laufendes, heiliges oder St Anlonius-feuer, auch brandiger Rothlauf. Der Verlauf der Krankheit ist etwas lang­samer, doch ist dieselbe nicht minder gefährlich, und sie tödtet meist in 12 bis 24 Stundenlaquo; #9830;).
Haubner dagegen will diese Krankheitsform vom Milzbrand trennen, doch als verwandt betrachten; wahrscheinlich mit Unrecht. Seine Beschrei­bung ist folgende: „Die Schäfer behaupten übereinstimmend, dass die Krank­heit gani unerwartet, bei anscheinend gesunden Thieren hervorbreche, und sie haben ganz recht, bestimmte, sichere Vorboten sind nicht da, sieht man aber eine Herde, in der die Krankheit herrscht, genau durch, so fällt doch eines auf, walaquo; zwar nitht als Vorbote gelten kann, aber eine vorherrschende Krankheitsanlage bekundet (?), nämlich: die Thiere sind etwas träge, lässig, die Excremente im Verhältniss zur Fütterung klein geballt, trocken und wer­den öfters unter lebhaften Fflrzeln entleert; dann hat bei vielen Thieren die Haut keine reine Rüthe, sondern einen Stich ins Bläuliche oder Violette; der Appetit erscheint ungetrübt, aber der Durst weniger rege. — Die Krank­heit ist durch eine iweifache Gruppe von Erscheinungen characterisirt, näm­lich; a) ein heftiges, fieberhaftes Allgemeinleiden, mit steter Affection der VerdauungsWerkzeuge und häufigem Ergriffenseyn der Urinwerkzeuge; b) eine eigenthümliche Haut- und Unterhautzellgewebs-Affection, die an Erysipelas erinnert, aber richtiger als eine Haemorrhagie zu bezeichnen ist. Ihr häufig­ster Sitz ist an der Innern Fläche eines Hinterschenkels, weniger häufig am Vorderschenkel, und sehr selten schlägt sie ihn am obern Theil des Halses, in der Kehlgegend auf. Die Krankheit bricht plötzlich hervor, gewöhnlich des Nachts, demnächst in den Vormittagsstunden, selten am Nachmittage. Die augen­fälligste Erscheinung, durch welche sie sich gewöhnlich bekundet, ist Hinken mit dem ergriffenen Schenkel, die Erscheinungen sind im übrigen wie folgt: Die Thiere halten sich abgesondert, folgen nicht der Herde beim Herausbla­sen aus dem Stalle, oder ziehen hinten nach, stehen still, in sich gekehrt, zusammengekauert da, lassen den Kopf hängen, sind abgestumpft wie be­täubt, haben weder Appetit noch Sauflust, und am Blick und allen Aeusse-rungen bekundet sich ein schweres tiefes Leiden; dabei sind sie verstopft und hartleibig, und die Urinentleerung stockt. Das Athmen ist nicht be­schleunigt, oder angestrengt, wenigstens nicht im Anfange, und der Art, dass es bei den Erscheinungen merklich ins Gesicht fiele. Unter und mit diesen Zufallen bildet sich nun auch die Haut- und Zellgewebsaffection aus, und ist immer schon geschehen, wenn man das Thier als krank erkennt; sie ist characterisirt durch Schmerz, Geschwulst und eine bläuliche Böthe (wie bei Sugillation) und greift schnell um sich; die Geschwulst ist keine elastisch angespannte Entzündungsgeschwulst, sondern nach Verschiedenheit der Kör-
*) Wagenfeld Eneyklopaedie d- Tbierbeilk. S, 149.
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perstelle und des Extrarasats mehr derb oder nachgiebig; ob Anfangs ver­mehrte Wärme zugegen, mass ich dahingestellt seyn lassen, wenn es der Fall, dauert sie nur kurze Zeit an. Der gewöhnliche Sitz dieser Affection ist, wie bereits bemerkt, die innere Fläche der Schenkel und zwar vornäm­lich der Hinterschenkel; immer habe ich nur einen Hinterschenkel oder einen Yorderschenkel ergriffen gefunden, niemals beide Vorder- oder beide Hinterschenkel; breitet sich die Krankheit über beide Schenkel aus, dann sind es die Schenkel einer Seite, doch so, dass einer derselben am heftig­sten und zuerst ergriffen ist; in Beziehung auf den Sitz am Schen­kel ist zu bemerken, dass immer die ganze innere Fläche leidet, bald aber ist mehr das Schienbein, bald mehr die obere Partie der vornämliche Sitz und Brennpunkt der ganzen Affection; schlägt das äussere Leiden seinen Sitz in der Kehlgegend auf, dann bleibt es selten auf diese be­schränkt, sondern setzt sich auch nach den benachbarten Theilen fort, und gemeinhin wird auch noch ein Schenkel ergriffen, wenn auch erst in späte­rer Zeit. Sehr schnell verändern sich die örtlichen Zufälle, sie verbreiten sich am Sehenkel nach oben, nach Brust und Bauch, in der Kehlgegend nach Ga­naschen und Vorkopf; die Röthe wird violett, bleifarben, schmutzig-bläulich, die Geschwulst teigig, kalt, oft durch Luft aufgetrieben, rauschend, knisternd; dazu kommt Gefühllosigkeit oder geringe Gefühlsempfindung, selbst bei tiefen Einschnitten in Haut und Zellgewebe; die Wolle geht leicht los, und reisst man sie aus, dann sickert gemeinhin eine blutig-wässerige hellröthliche Flüssigkeit (dünnflüssiges Blut) aus, die auch von selbst oder beim starken Drucke auf die Geschwulst aus der Haut hervorschwitzt; Einschnitte in die Geschwulst geben ein entmischtes, flüssiges, schmutzig-bläuliches oder bräun­liches Blut oder eine sogenannte brandig-blutige Flüssigkeit; das Hinken, wenn ein Schenkel leidet, nimmt zu und steigert sich zur Lähmung d. h. zur gänzlichen Unbeweglichkeit des Schenkels. In gleicher Weise steigert #9632;ich das Allgemeinleiden; Abstumpfung und Betäubung nehmen zu; die Thiere stehen ruhig, zusammengekrümmt da, bewegen sich nur ungern und erschei­nen dabei matt und hinfällig, sie legen sich gern oder fallen um, und blei­ben dann regungslos auf der Seite liegen; der Blick ist starr, das Auge gläsern, trübe, die Schleimhäute blass, livide; die Hartleibigkeit oder Ver­stopfung besteht fort oder sie schlägt gegen das Ende der Krankheit auch in Durchfall um; bei vielen stellt sich eine Entleerung blutigen Harnes ein, eine Erscheinung, die jedoch in manchen Zeiträumen gänzlich fehlte; das Athmen wird wenig beschleunigt, aber geschieht mit Anstrengung der Bauch­muskeln und Erweiterung und Verengung der Nasenlöcher; nur bei einem Kehlleiden stellt sich eine wirkliche Athmungsbeschwerde und Athmungsnoth, neben Beschleunigung des Athmens ein. — Die Krankheit ist absolut tödt-lich; von vielen, vielen hundert Fällen kenne ich keine einzige Genesung, weder durch Naturhülfe, noch durch Beihülfe der Kunst; gemeinhin erfolgt
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der Tod zwischen 18 bis 24 Stunden, selten lässt sich das Leben durch zwei bis drei Tage fristen, bei einem Kehlleiden kommt der Tod auch noch etwas früher, schon mit 8 bis 12 Stunden. Meistens erlischt das Leben allmäh­lich, mit geringem Todeskampfe, nachdem die Kräfte schnell dahin gesunken und das Thier schnell regungslos zur Seite darniederlag; nur höcht selten stürzen die Thiere plötzlich nieder und enden schneller unter stärkerem Todes­kampfe. Während des Todes entleert sich öfters ein hellrothes, flüssiges Blut aus der Nase, auch blutiger Urin wird wohl entleert, aber nie weiss ich Ton blutigen Entleerungen aus dem After. — Die Cadaver bleiben weich und biegsam, es fehlt die Todesstarre, und die Bauchhöhle treibt bald von Luft auf, deren Entwickelung vornämlich im ersten Magen, doch auch stellen­weise in den Därmen Statt hat. Aus der Nase tritt öfters ein hellrothes, flüssiges Blut hervor, doch in geringer Menge und nur auf der Seite, auf welcher das Thier gelegen. Nach Abnahme der Haut bietet sich an deren innerer Fläche und der Oberfläche des Cadavers nichts Bemerkenswerthes dar, ausser an den Stellen, die der Sitz der eigentlichen Affection waren, also an der innern Fläche der ergriffenen Schenkel oder am Halse; hier ist die innere Fläche der Haut mit Blut unterlaufen, und das Unterhautzellgewebe immer bedeutend mit Blut infiltrirt, auch wohl von Luft knisternd. Das Blut ist schmutzig, bräunlich oder dunkel violet, schillernd und ganz flüssig; schnei­det man eine solche Zellgewebspartie heraus und lässt sie einige Zeit liegen, so läuft alles Blut von selbst aus und es hinterbleibt ein ganz weisses, ge­sundes Stück Zellgewebe; die Muskeln an der ergriffenen Stelle erscheinen ganz gesund, nicht mit Blut überfüllt oder brandig ergriffen, mit einem Worte, so wie an den übrigen Körpertheilen. Die Bauchhöhle, wie bereits bemerkt, ist von Luft aufgetrieben; in derselben wird gemeinhin ein röth-liches Serum angetroffen, aber in nicht erheblich vermehrter Menge. Die Ma­gen sind dem Aeussern nach ganz gesund, auch im Innern, oder hier stellen­weise und ganz oberflächlich profits geröthet; immer aber ist der dritte Ma­gen krank, nämlich von Aussen derb, fest anzufühlen und das Futter in ihm trocken, fest, selbst hart, so dass es zerreiblich ist, ja selbst so hart seyn kann, dass die durchschnittenen Blätter beim Schütteln des Magens an ein­ander klappern; das Epitelium klebt am Futter an, bei alledem ist der Magen nicht vergrössert, d. h. vom Futter übermässig ausgedehnt. Der Darmcanal kann ganz gesund erscheinen, aber auch eine schmutzige, bräunlich - oder bläulichrothe, vermischte Färbung zeigen, die dann auch an der Schleimhaut angetroffen wird, und von dieser eigentlich ausgeht; der Inhalt zeigt keine Veränderung, nur im Mastdarm, wo auch die profuse Röthe am sichersten vorkömmt, sind die Escremente trocken, klein geballt, auch wohl mit Schleim-klümpchen besetzt, niemals aber fand ich sie blutig. Die Leber kann eben­falls ganz gesund erscheinen, nach Farbe, Grosse, Testur und Blutgehalt; vergrössert und mit Blut überfüllt habe ich sie eigentlich nie gefunden, aber
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das Blut in ihr ist meistens Ton einer auffällig krankhaften Beschaffenheit; es ist flüssig, quillt auf der Schnittfläche leicht hervor, ist entmischt, aber nicht dunkel, schwarz, venös, sondern mehr bräunlich. Die Leber ist und Trird leicht weich, und ihre Körnchen erscheinen dann mehr aufgelockert; die Gallenblase ist bald reichlich gefüllt, bald fast leer und zusammengezogen, eben so ist die Galle sehr verschieden. Die Milz ist wenig oder gar nicht angeschwollen, auch nicht mit Blut überfüllt, noch weniger strotzend von Blut; allerdings enthält sie mehr Blut als bei geschlachteten, aber nicht viel mehr als bei vielen andern Krankheiten, wo die Thiere einei natürlichen Todes sterben; das Geirebe ist weich, aufgelockert. Netz und Gekröse sind normal. Die Nieren sind meistenlaquo; krampfhaft afficirt; sie sind dunkel gefärbt, angeschwol­len, mit Blut überfüllt, weich, höheren Grades ganz dunkelschwarz und matschig, fast breiig; daneben dann ein blutiges Extravasat in der Nierenkapsel und bluti­ger Harn im Nierenbecken und in der Harnblase, letzteres dann gleichfalls profus dunkelgeröthet, selbst ganz schwarzroth. In der Brusthöhle findet sich mei­stens, vielleicht regelmässig, ein blutiges Serum, bisweilen in bedeutender Menge. Die Lunge erscheint geröthet und enthält mehr oder weniger Blut, niemals habe ich viel Blut, Blutüberfüllung angetroffen. Im Herzbeutel ein gering blutiges, auch normales Serum, das Herz schlaff, enthält eine geringe Menge geronnenen, ins Bräunliche spielenden Blutes; Sugillationen von Blut an den innern oder äussern Wandungen des Herzens, eben so Rothfärbnng der innern Gefäss-wand, habe ich niemals getroffen. Schädel- und Rückenmarks-Höhle ist nicht untersucht *). Der Verf. versichert, dass in der Gegend von Pommern, wo diese Kranheit herrscht, niemals Milzbrand andrer Thiere vorkomme, auch habe er niemals etwas von einer Infection von Menschen oder Thieren ver­nommen; wiederholte Impfversnche, die er anstellte, blieben ohne Erfolg, dann gelang aber doch ein Versuch, der Hammel wurde angesteckt. Nicht in dem mir nahen Milzbranddistricte des Ohmthals, aber etwas entfernter in den Thälern der Antrift und Schwalm, wo der Milzbrand anderer Thiere wenig­stens nicht mehr enzootisch ist, kömmt die hier in Frage stehende Krankheit der Schaafe ebenfalls vor, und ist allgemein unter dem Namen des wilden Feuers bekannt; zwei Kranke des Referenten gaben bestimmt an, durch das Abziehen solcher Schaafe inficirt worden zu seyn. — Uebrigens bietet die Krankheit alle wesentlichen und characteristischen Symptome des Milzbrandes dar. Was das Ansehen des Blutes und der Milz betrift, so legt H., der na­türlicher Weise in diesen Krankheiten nichts als Blutdyscrasien sieht, dar­auf einen viel zu grossen Werth; überdies wird die Milz Von den Aerz-ten des eben bezeichneten Districts als gleich wie im Milzbrande aussehend geschildert. — Die Analogie des Rothlaufs der Schweine ist hier natür­licher Weise von sehr grossem Gewichte.
•) Magazin f. i Tbiorbeilk. B. XV, S. 183.
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6) Milzbrand mit äussern Haut carltunkeln. Die Ablage' rung-eu unter der Haut im Blutschlage und im Milzbrandrothlaufe sind freilich nicht so wesentlich verschieden von Carbunkeln; aber die ausgezeichneten Carbunkel, wie sie in andern Thieren vorkommen, sind in dem Schaafe sehr selten. Indessen mehr oder weniger kommen doch Annäherungen an die ge­wöhnlichen Formen vor, die wir im Rindvieh und andern Thieren kennen.
a)nbsp; nbsp;Oedematöse Form. Schon der Milzbrandrothlauf nähert sich ihr, indessen scheint diese Form in manchen Gegenden, oder in manchen Epizoo-tieen sich noch mehr zu entwickeln. So beschreibt Hurtrel d'Arboval den Milzbrand der Schaafe, welchen er 8 bis 10 Jahre lang im Pas-d e-Calais beobachtete: „Er besteht in einer abgeplatteten, langen und breiten Infiltration, auf welcher sich Phlyctänen entwickeln. Er erscheint vorzüglich auf den Inguinal- und Aiillar-Drüsen, von wo er sich schnell über die ganze innere Fläche der Oberschenkel oder Oberarme ausbreitet, und zuweilen auf die Bauch- und Brustwand. Man beobachtet ihn auch am Halse, selbst auf den Lenden, aber am gewöhnlichsten auf den Hinterschenkeln. Diese Infil­tration bedeckt sich bald mit einem ausgedehnten Brandschorf, unter welchem die verschiedenen Gewebe desorganisirt und mit einer sero-gelatinösen Masse infiltrirt sind. Seine Fortschritte sind so rasch, dass er den Tod in weniger als 24 Stunden herbeiführt. — Die allgemeinen Symptome sind wenig in die Augen fallend; das Schaaf scheint gesund, frisst und weidet wie die üb­rigen, auf einmal steht es still, wird sehr krank, und hat nur noch wenige Stunden zu leben; im Stall und im Pferch hat man Schaafe am Morgen todt gefunden, die am Abend zuvor noch kein Zeichen von Krankheit darboten. — Im Anfange unsrer Praxis glaubten wir wahrzunehmen, dass diese verheerende Krankheit vorzugsweise diejenigen Schaafe befalle, welche sich zu wenig be­wegen, oder zu gut genährt werden; allein in der Folge haben wir Gelegen­heit gehabt, uns zu überzeugen, dass Herden, die sich unter ganz andern Ver­hältnissen befanden, nicht mehr von ihr verschont wurden. Die wahren Ur­sachen der Krankheit haben wir noch nicht auffinden können; wir glauben nicht, dass dieser Carbunkel ansteckend ist (?)raquo; we^ er in den'Herden, in denen er erscheint, eine so grosse Anzahl von Individuen verschont; aber wir haben einige Gründe zu glauben, dass er sich durch Impfung fortpflanzt (!). Wir haben Gelegenheit gehabt, uns zu überzeugen, dass Kälte und Frost seiner Verbreitung Einhalt thun, dass er aber bei eintretender wärmerer Temperatur von Neuem erscheintquot; *).
b)nbsp; Blasen-Form. Diese zweite Form, welche Hurtrel unterscheidet, bildet offenbar den Uebergang zwischen der vorigen und der folgenden. „Zu der zweiten Varietät des Carbunkels der Schafe kann man diejenige rechnen,
quot;) I) ictio nn. de Melt;i. vet vol. I. p. 424.
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welche unter den gewöhnlichen allgemeinen Erscheinungen am Kopfe erscheint und sehr gefährlich wird: Die Oberhaut bedeckt sich mit Blasen, aus wel­chen eine scharfe Serosität herausiliesst; die Haut trennt sich von den unter­liegenden Theilen, sie ist wie Ton Luft aufgeblasen, und wenn man mit der Hand darauf drückt, so hört man eine deutliche Crepitation, es erscheinen schwarze Flecken, die Haut wird trocken und brandig; die Serosität der Bla­sen verbreitet sich auf die benachbarten Theile, wie das Ohr und die Augen­höhle, sie zerstört mit grosser Schnelligkeit die Organe, welche sie berührt. Dann fiebert das Thier, ist betäubt wie im Coma, es treten Convulsionen ein, und das Thier stirbt im Verlauf von 2 bis 3 Tagen *)•quot;
c)nbsp; Primäre Brandform. Es waren mir ein paarmal an am Milz­brand gefallenen Schaafen schwarze Brandflecken als einzige Veränderung der Haut aufgefallen; Schaafbesitzer und Schäfer, welche ich darüber befragte, äusserten, es sei das die gefährlichste Form, die Thiere fielen wie am Blut­schlage, und nach dem Tode sehe man diese Flecke; nur ein Schäfer meinte, die Flecke entständen an den Schaafen, wenn sie noch ganz gesund wären, aber bald darauf erkrankten sie und fielen: Diese letztere Ansicht bestä­tigte ein junger Thierarzt, der mir bald darauf ein paar Köpfe von gefalle­nen Schaafen schickte; es befanden sich daran schwarze Flecke, von der Grosse eines Silbergroschen bis eines 5 Groschen Stücks, entweder unter der Parotis oder in der Schläfengegend, die Haut war hier nicht erhaben, total trocken brandig, unter ihnen der Zellstoff nur leicht mit rothem Serum und etwas Luft infiltrirt; weiter keine Abweichung; die Baucheingeweide und nament­lich die Milz sollten sich wie nach dem Blutsschlage verhalten haben. Nach dem, was mir bekannt geworden, möchten es wohl sogenannte idiopathische, oder richtiger: Carbunkel durch Infection seyn; anfangs rein topisch, aber durch Ällgemeinwerden bald tödtlich. Mir ist es wahrscheinlich, dass sie gleich in reiner Brandform auftreten. Manchmal scheinen sie langsamer zu verlaufen und dann grosse Zerstörungen in den Knochen zu veranlassen. S. unten Kopfanthrax.
d)nbsp; Knotenform. quot;Wenigstens in manchen Gegenden scheint aber auch die Knoten- oder Quaddel-Form vorzukommen, wo es aber die Beschreibun­gen zweifelhaft lassen, ob nicht auch gleich primärer Brand zugegen ist, und dieser etwa den Anfang macht. Wahrscheinlich entstehen diese Carbunkeln immer durch Infection. Sie werden besonders von Gasparin und von Hurtrel beschrieben. Bei dem ersteren heisst es: „Die Varietät, welche lange Zeit jeder Gattung der Anthraxkrankheit als Grundform gedient hat, ist von der bösartigen Blatter oder dem eigentlichen Anthrax begleitet. Sie zeigt sich häufig in Languedoc und Roussillon, viel seltner in der Provence. Ich denke, man habe dieses der hohen Feinheit der Haut bei den Thieren in den Land-
•) Ibidem p- 423.
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ichaften der ersten Provinzen zuzuschreiben, welche Veranlassung wird, daslaquo; die Hautabsätze sich Luft nach aussen machen. Das Thier hört auf wieder­zukäuen und zu fressen. Es zeigt sich an den ron der Wolle freien Stellen eine harte umschriebene Geschwulst, deren Mittelpunkt mit einem schwarzen Funkte besetzt ist; um denselben erscheinen Blattern; es bildet sich eine Anffillung ron Säften in dem unterliegenden Zellgewebe; der Anthrax oder schwarze Punkt breitet sich aus, und scheint die Blattern Toranzuschicken, die immer weiter um sich greifen. Jetzt tritt nun der Fall ein, dass sich entweder der Brand beschränkt, dass die ron der Geschwulst eingenommene Stelle abfällt und nun tiefe Schwären an der entblössten Stelle hinterlässt, die einen reichlichen Abfiuss von Eiter macht, und so die Heilung des Thiers herbeiführt, oder auch, dass die Geschwulst sich ausdehnt und einen allge­meinen Brand, so wie den Tod bewirkt*). — Hurtrel d'Arboval gibt folgende Beschreibung: „Es zeigt sich an einer der Stellen, welche von Wolle entblösst sind, wo das Haar gewöhnlich feiner ist, wie unter dem Bauche, an der Innern Seite der Schenkel, am Hals, am Euter, am Kopf, eine mehr oder weniger erhabene, harte, umschriebene, etwas rauh anzu­fühlende, lebhaft geröthete und sehr schmerzhafte Geschwulst. Die Haut, welche sie bedeckt, nimmt bald eine violette Färbung an, und in der Mitte des Knoten zeigt sich bald ein kleiner schwarzer Funkt, der aus einem Brandschorfe besteht Diese Geschwulst macht bald bedeutende Fortschritte, und gelangt bald zu der Grosse eines Fünffrankenthalers und mehr; gegen ihre Mitte und rund herum erscheinen mit einer scharfen Serosität gefällte Phlyctaenen; diese reizt die Haut, über Welche sie fliesst, und bereitet ihre früher oder später erfolgende Zerstörung vor; ausserdem entsteht eine oede-matöse Geschwulst in dem unterliegenden Zellgewebe, der Carbunkel oder schwarze Punkt vergrössert sich und scheint die sich ausbreitenden Phlyctae­nen vor sich her zu treiben; die Umgebungen zeigen eine livide Böthe, und
geben deutliche Anzeigen der Gangrän...... Die allgemeinen Symptome
bestehen in hartnäckiger Verstopfung, Meteorismus und heftigen Coliken. Ist Fieber zugegen, was gewöhnlich der Fall ist, so ist das Thier ausser dem Mangel der Fresslust und des Wiederkauens, traurig, niedergeschlagen, bleibt liegen, und stirbt zuweilen am zweiten Tage, oder nach Verlauf von 5 bis 24 Stunden; der Tod tritt besonders ein, wenn etwa die Carbunkelgeschwillst plötzlich zusammenfällt, und eine Metastase im Innern wüthet.quot; quot;)
Die Stellen des Körpers, wo die Karbunkel vorzugsweise auftreten, sind im Vorhergehenden bereits im Allgemeinen bezeichnet; einige besonders ausgezeichnete Formen mögen aber noch besonders hervorgehoben werden:
*) Gaspariu von den ansteckenden Kra nkh ei ten der Schaafe S. 91,
**) L, c. p. 422,
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a)nbsp; Kopf anthrax. Diese im Schaafe häufige Form wurde oben schon unter der reinen Brandform angeführt, der sie indessen nicht allein angehört; Gasp arin und Hurtrel erwähnen sie, Chab er t beschreibt sie mit folgenden Worten: „Die Carbunkelgeschwulst, welche den Kopf der Schaafe ergreift, ist eine sehr häufige und gefährliche Krankheit; die Geschwulst ist wenig eerhaben, die Haut ist Ton den unterliegenden Theilen getrennt, und wird wie aufge­blasen, sie ist trocken und brandig, Zellgewebe und Pericranium sind zerstört. Die ätzende Flüssigkeit verbreitet sich unter dem Ohre und unter der Periorbita, und zerstört beide Organe mit der grössten Schnelligkeit. Dann treten allgemeine Erscheinungen der Krankheit ein, das Thier fiebert, ist be­täubt und comatos; darauf folgen Convulsionen, das Thier stirbt spätestens in zwei bis drei Tagen. Bei der Leichenöffnung findet man das Gehirn mehr oder weniger mit Blut infiltrirt, und mehr oder weniger aufgelöst, die glan-dula pinealis und pituitaria sind schwarz und zersetzt; der plexus choroideus und das rete mirabile Willisii sind schwarz und brandig, man hat die Schä­delknochen auf ihren beiden Flächen und in ihrem Innern schwarz gefunden.quot;*)
b)nbsp; nbsp;Nur aus einer einzigen Epizootic bekannt ist der oben (S. 546} erwähnte Bauchanthrax.
c)nbsp; Der Schenkelanthrax wurde oben erwähnt.
d)nbsp; Man erwähnt auch eines Klauenanthrax in den Schaafen. Gas-parin sagt von demselben: „Zuweilen erscheint der Milzbrand an den Gliedmassen, besonders an den hintern, das Thier scheint 11 bis 12 Stunden lebhaft Schmerzen zu empfinden, der Brand stellt sich ein, die Klauen fallen ab und das Thier stirbt.quot;**)
Als complicirte Formen wurden früher dargestellt: Der Milzhrand-Schaafrotz, Milzbrand-Maulseuche, Milzbrand-Fäule (Krank­heit der Sologne) u. s, w.
13) Ziegen.
Die Ziegen leiden sehr häufig an Milzbrand, namentlich wird derselbe in Italien als eine häufige Ursache ihrer Sterblichkeit angeführt; aber nähere Beschreibungen der Formen ihres Milzbrands kenne ich nicht.
Ohne allen Zweifel, Milzbrand ist eine Krankheit, die Gattiker in Rich-tenschweil als häufig in der Schweiz beschreibt, und ganz mit Unrecht für entzündliche Ruhr hält: „Diese Krankheit ergreift in meiner Gegend am gewöhnlichsten die besten Milchziegen, und rafft in jedem Jahr mehr oder weniger hinweg, indem sie in den meisten Fällen mit dem Tode endet. Die . Krankheit giebt sich in der Regel durch folgende Erscheinungen zu erkennen: die Ziegen werden ohne Vorboten plötzlich Ton derselben ergriffen, ein hef-
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quot;J Instructions vol. 1. p. 142. ••) A. a. 0. p. 95.
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tiges. Zittern ubfitfalll; sie; der Hinterleib wird aufgetrieben, Fresslust und Wiederkauen sind verloren; es geht öfters ein dünnflüssiger und oft mit Blut gemischter Mist unter immerwährendem Drange ab; häufig knirschen sie mit den Zähnen, und der Kopf und die Extremitäten werden kalt, die Augen fallen ein; der Kreislauf ist aufgeregt. Diese Erscheinungen steigen mit je­der Stunde, die Kräfte nehmen stark ab, und der Drang im Mastdarm nimmt immer zu; nach 24 Stunden fängt das Thier an zu blöken, kommt in Con-vuUionen, und steht nach ein paar Stunden um. Der Cadarer läuft auf und geht achnell in Fäulniss über. — Bei der Section ist das Blut schwärzlich, Lunge und-Leber sind mit demselben überfüllt, die kleinen Gedärme entzün­det (0) der Mastdarm brandig, so wie in einigen Fällen die Milz mit Bran-flecken besetzt; öfters werden diese Flecken auch auf dem ganzen Darmka-nale wahrgenommen. lieber die Ursachen dieser Krankheit bin ich ganz im Dunkeln; ich habe sie zu allen Jahreszeiten und unter allen Verhältnissen wahrgenommen; im Frühling ergriff sie jedoch die meisten Ziegen,, beim schnellen Wechsel der Witterung und Fütterung auch zu andern Zeiten. Zie­gen , welche sich mit Laubholz ernähren, werden seltener ergriffen, als solche, welche in Ställen gefüttert werden; bei ganz jungen Ziegen kommt diese Krankheit gar nicht häufig Tor*).quot; Milzbrandfieber.
14. Gemsen.
Bei allgemeinen Milzbrandepizootien in den Alpen, namentlich in Baiern, werden die Gemsen gewöhnlich unter dem leidenden. Wilde angeführt.
15. Schweine.
Die Schweine werden wohl diejenigen unserer Hausthiere seyn, weicht am häufigsten am Milzbrande leiden. Die Hauptursache davon liegt aber wohl in der äusserst leichten und häufigen Infection, welcher sie durch ihre Lebens- und Nahrungsweise ausgesetzt sind, und in der unglaublichen Nach­lässigkeit, mit welcher sie in dieser Beziehung behandelt werden.
1) Milzbrandfieber. Im Schwein ist die Neigung zu Blutessudaten und zu Infiltrationen in der Haut und unter ihr so gross, dass fast immer die Bildung von Petechien oder Exanthemen vorkömmt, daher eine scharfe Trennung dieser Form von der folgenden unmöglich; daher haben denn auch mehrere Schriftsteller, wie z. B. Spinola, kein Milzbrandfieber als beson­dere Form im Schwein angenommen. Indessen besonders in den südlichen Ländern Europas möchte wohl dieselbe zu rechtfertigen seyn. Wahrscheinlih ist schon die febbre nervosa putrida von Toggiaquot;) hierher zu rechnen.
Hamen hat unter dem Namen GastroeiUcrile du porc! die Epizootie
*) Archiv. Schweiz. Thierärzte B. XII. S. 130. *quot;) Toggia dall eduzione etc. d eile razze dei porci. p. 156.
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beschrieben, welche eine Reihe Ton Jahren verheerend in der Bretagne herrschte*); es ist dieselbe Epizootie, welche Kzean (N. 312. und oben S. 176.) als Milzbrandrothlauf beschrieb; der letztere beobachtete sie im Bezirk von Brest, der erstere in den Bezirken von Dinan und St. Brieuc. Hamon theilt den Verlauf in 3 Perioden: „Wie in vielen andern Krankhei­ten waren die Symptome nicht in allen Kranken ganz gleich; im Anfange ist eine eigenthümliche Somnolenz vorhanden, eine Art von Stupor; die Schweine fressen beständig fort, aber mit weniger Appetit; sie gehen herum wie ge­wöhnlich, legen sich aber häufig nieder und tragen den Kopf tiefer als ge­wöhnlich; dieser Zustand dauert ungefähr einen Tag, wo dann ' die zweite Periode beginnt. — Auf einmal legen sich die Thiere sehr häufig, lässt man sie aufstehen, so thun sie das sehr ungern und legen sich gleich wieder nieder, sie sind unruhig und verändern oft ihre Lage; sie stossen, anfangs in längeren Zwischenzeiten, später anhaltend, ein klagendes Grunzen aus; sie suchen den Rassel in ihre Streu zu vergraben; oft hört mau einen kur­zen, stossweise erfolgenden Husten, er ist immer trocken und gleicht sehr dem Röcheln, welches die Schweine hören lassen, wenn sie nach einem Laufe ausser A them kommen; jagt man sie aus dem Stalle, so ist ihr Gang wankend, und sie suchen sich beständig in das Wasser der Pfützen zu legen und Mistjauche zu saufen; mehrere haben deutliche Brechneigungen, aber es kömmt nicht zum Erbrechen; untersucht man die Ohren und die Extremitäten, so findet man ihre Temperatur sehr vermindert; die Bindehaut ist infiltrirt und hat eine gelbrothe Farbe; der Koth wird noch ziemlich leicht ausgeson­dert, aber er ist trocken und gut geformt; das Maul ist heiss und die Zunge an der Spitze und an den Rändern geröthet. Beobachtet man die Thiere genau, so sieht man zuweilen deutlich, dass die Haut, welche gewöhnlich röthlich weiss ist, plötzlich eine leichenweisse Farbe bekömmt, mit einigen violetten ecchymotischen Flecken, die sich auch plötzlich an verschiedenen Stellen des Körpers zeigen; dann hören die Thiere auf zu fressen und jede Hoffnung ist verloren. In der dritten Periode sind die Thiere schon von Leiden erschöpft; sie nehmen nichts mehr an, bleiben beständig liegen und husten fortwährend; sie lassen oft das anhaltende klagende Grunzen hören, von dem ich schon gesprochen habe, besonders wenn man ihnen den Bauch mit den Händen drückt; über den ganzen Köprer sieht man weinhefenfarbene Flecken verbreitet; diese sind von verschiedener Grosse, von der Grosse einer Fingerspitze bis zu der einer Hand, ja des halben Körpers; sie zeigen sich zuerst an den Ohren, um den Nabel, an den Flanken, an der Innern Fläche der Schenkel; es ist kein Oedem unter ihnen vorhanden. Ueberall ist die Temperatur des Körpers vermindert, besonders an den violetten Flecken, wo
•) C. Hamon Gastro enterite du porc. Recueil de M6d. vet, vol. XXIII. p. 487.
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estnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i
die Haut schon ertödtet zu seyn scheint; das Athemholen ist beschleunigt und abgebrochen; trenn man die regio hypogastrica drückt, so äussern die Kranken durch einen sehr charakteristischen Klageton Zeichen von lebhaftem Schmerz; Husten ist nicht mehr vorhanden; sie versuchen nicht mehr aufzu-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; j
stehen, und sterben am zweiten oder dritten Tage, selten später. Zuweilen ist die Krankheit mit sehr acuter Pneumonie complicirt. — Bei der Oeffnung sehr vieler an dieser schrecklichen Krankheit gefallener Thiere habe ich im­mer dieselben Veränderungen gefunden: Von aussen hat die Haut immer die Farbe der Weinhefe; die mehr oder weniger breiten Ecchymosen nehmen nur die Dicke der Haut ein, deren Gefässnetz von schwarzem Blut angefüllt erscheint; genau untersucht scheinen diese Flecken das Besultat einer Blut-turgeszenz in den Hautgefässen und einer Infiltration des Cruors des Bluts, welcher in das Gewebe der Lederhaut abgesetzt ist, die übrigens in ihrer Dicke keine Veränderung erlitten hat; keine Infiltration ist unter der Haut vorhanden an den Stellen der Flecken. Die Lunge ist überfüllt von schwar­zem, sehr dicken Blute. Die Leber zeigt Flecken ganz von derselben Farbe, wie die der Haut. Die dicken Därme zeigen zuweilen deutliche Spuren einer heftigen Entzündung (?) und eine grünlich - braune Färbung, wenn die Ent-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,
zündung in Gangrän übergegangen ist. Der Magen zeigt die grössten Ver­änderungen; in seinem linken Sacke findet man eine kleine Menge Futter, welches einen Übeln Geruch verbreitet, der rechte Sack ist der Sitz einer heftigen Entzündung (?) und gleichmässig livid roth (!), seine Schleimhaut ist sehr verdickt und mit Blut überfüllt, wie die Haut (!); an vielen Stellen findet man immer Erosionen oder Geschwüre, diese haben immer einen ge-franzten Rand, und auf ihrem Boden sieht man die entblösste Fleischhaut, diese entblössten Stellen zeigten immer eine rostgelbe Farbe, oder besser, sie sahen aus, als wären sie durch starkes Cauterisiren mit Salpetersäure hervorgebracht (!), ihre Grosse wechselt von der eines Hanfsamenkorns oder einer Erbse bis zu der eines halben Franken-Stücks; auch erkennt man leicht
eine Infiltration in das Gewebe der Schleimhaut und in dem Zellstoffe unter
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der Schleimhaut, wodurch der Magen dreimal so dick wird, als im normalen Zustande; bei andern Tbieren, welche schneller gestorben sind, findet mannbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;U
statt dieser Geschwüre sehr schwarze Pctechien, welche, wenn das Thier länger gelebt hätte, nicht ermangelt haben würden, die Desorganisation der Schleimhaut herbeizuführen. Der Pförtner ist noch einmal so dick als ge­wöhnlich, unregelmässig angeschwollen, und von derselben Farbe, wie der rechte Sack des Magens, seine Anschwellung rührt von einer ähnlichen In­filtration her wie in dem letzteren Organe. Der dünne Darm zeigt in einer Länge von einem halben Meter ganz dieselben Veränderungen, wie der Ma­gen, Röthe, Geschwüre, Dicke und Infiltration des Zellstoffs unter der Schleim­haut; bei vielen Thieren findet man noch, in geringer Entfernung von dem Magen, Gangrän des Darms, und die Schleimhaut geht bei der geringsten
Heaslnger, MiUbtud.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;43
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Keibung weg, in Gestalt eines grünlichen Breis, welcher den characleristi-schen Geruch dieses Ausgangs Terbrcilet. Im Herzen bemerkt man in der linken Kammer und in der Nähe der Aortenklappen dieselben schwarzen Flecken, wie bei Leiden des Bluts. Das Blut ist in allen Thieren schwarz und theerartig. Bei der Oeffnung der Thiere, welche mit einer Complication Ton Pneurnonie (?) gestorben sind, findet man ausser den angegebenen Ver­änderungen noch die Folgen der acuten Pneumonic (?), das heisst die Lun­gen sind schwer, gross und schwarz (!), die Entzündung geht sogleich in rothe Induration über, begleitet Ton miliärer und zerstreuter Suppurationquot;. Von der Conlagiosität konnte sich Hamon nicht überzeugen, Kzean hat die­selbe in derselben Epizootie nachgewiesen.
Ebenfalls hierher gehört die Epizootie, welche Roche-Lubin mehrere Jahre lang im Departement de l'Aveyron beobachtet hat, und wir früher be­sprochen haben (N. 263'. 268. und oben S. 301). Bereits Hering hat sie zum Milzbrandfieber gerechnet, wie überall fehlen freilich Annäherungen an die folgende Form nicht.
Eben so gehört hierher die von Ginoux unter dem Naman Gatsro-ente­nte charbonneuse beschriebene Krankheit der Schweine in der Provence (N. 334. S. 423).
Ferner hat Festal Philippe diese Krankheit unter dem Namen Fievre charbonneuse beschrieben *)• „Das Schwein fängt an die Fresslust zu ver­lieren, es sucht mit Begierde kalte Flüssigkeiten, besonders solche, die Urin enthalten; es verschmäht Alles, was warm ist; die Glieder sind steif, die Haut warm, die Schwäche gross, sein Benehmen gleichgültig, der Schwanz ist nicht mehr spiralförmig gewunden,, von Zeit zu Zeit lässt es einiges Grunzen hören; die Bindehaut ist injicirt, aber die Injection hat einen eigen-thümlichen, bemerkenswerthen Character, die Schleimhaut hat eine dunkel ziegelrothe Farbe: im Stalle verbirgt sich das Thier unter seiner Streu, um seinen Körper in unmittelbare Berührung mit dem Boden zu bringen. Auf der Höhe der Krankheit hat die Schwäche zugenommen. Haut und Ohren sind brennend, der Puls ist unregelmässig und die Schläge des Herzens sind beschleunigt, beim Druck auf den Leib und besonders auf die regio hypo-gastrica äussert das Thier seinen Schmerz durch kurzes, wiederholtes Grunzen; es ist Verstopfung zugegen; diese letzteren Symptome haben die Aerzte der physiologischen Schule für Zeichen einer Gastro-enteritis gehalten, allein, wenn man auch die Brust untersucht, sie drückt und comprimirt, so wird man finden, dass das Thier denselben Schmerz äussert, und dass Im Allge­meinen alle Körpergegenden schmerzhaft sind, das Athemholen wird mehr und mehr beschleunigt, die Schläge des Herzens sind sehr häufig, die aus-geathmete Luft verbreitet einen faden Gerurh, der Puls verliert seine Kraft und
•) M e m de la Soc. d'Agric. de Paris. A. 1845.
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fliegt mit einer ausserordentlichen Schnelligkeit unter den Fingern weg. Gegen die letzte Periode bemerkt man das Entstehen dunkelrother Ecchymo-seii auf den Schleimhäuten, besonders auf der Bindehaut der Augen; sechs bis acht Stunden später erscheinen Petechien auf der Haut, an den Stellen, wo sie am feinsten ist, und verwandeln sich bald am Bauche, an den Ohren, an der Innern Seite der Schenkel, in breite bräunliche Flecken; das Auge ist triefend; die Haut hat ihre Wärme verloren; das Thier bleibt beständig liegen, und verbirgt den Rüssel unter der Streu; die Herzschläge werden immer häufiger und schwächer, der Puls fadenförmig; man vernimmt einiges convalsivisches und schmerzhaftes Grunzen und diese Symptome schlicssen die Scene. — Wenn zahlreiche Ecchymosen unter dem Bauche, und an den Schenkelflächen erscheinen, so kann man das Thier als verloren betrachten; concentriren sie sich dagegen an den Ohren, und tritt an diesen eine Ge­schwulst auf, oder am Halse, oder wirft sich die Infiltration auf den Schwanz, oder auf das untere Ende der Gliedmasen, so kann man hoffen, dass das Thier durchkommen werde, obgleich nicht mit heiler Haut, denn entweder die Ohren, oder der Schwanz, oder die untern Enden der Glieder werden durch die Gangrän abgestossen werden. Ich habe nicht einmal, sondern wohl zwanzigmal Thiere beobachtet, bei denen ein Ohr oder beide, oder der Schwanz, oder die Enden von zwei oder selbst vier Gliedern in Folge dieser Krankheit abgefallen waren *), und die sich leicht genug mästeten, doch ist wohl zu bemerken, dass das Fleisch seinen Geschmack verloren hatte, und dass es das Salz nicht gut annahm. — Bei der Oeffnug des Cadavers findet man Ecchy­mosen auf der Verdauungsschleimhaut, vorzüglich im Pharynx, im Magen, im Dünndarm; man möchte fast an eine Gastroenteritis glauben, allein auf der andern Seite bieten die serösen Häute des Bauchs fast dieselben Veränderungen dar, die serösen Häute des Bauchs, der Brustfelle, der Herzbeutel, sind punktirt, in dem grössten Theile ihrer Ausbreitung ecehy-mosirt, zeigen braune Flecken; so zeigt der Herzbeutel immer grosse Flck-ken dieser Art; Leber, Milz und vorzüglich die gefässreichsten Organe bieten ungefähr dieselben Veränderungen dar; die lymphatischen Drüsen zeigen auch Infiltration und Ecchymosen, besonders die mesaraischen Drüsen sind am mehrsten überfüllt, sie sehen schwarz, in das Violette ziehend aus, wenn man sie durchschneidet, so findet man sie durch kleine rothe Punkte gefleckt. Die rechte Herzkammer zeigt Ecchymosen, die die ganze Dicke der serösen Haut einnehmen und sich bis in das Muskelgewebe des Herzens erstrecken; auch die äussere Fläche des Herzens und der Herzbeutel sind punktirt; die innere Wand der Arterien findet man um so dunkler geröthet, je früher
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*) Sollte hier nicht etwa eine Verwechslung mit Mutterkornbrand stattge­funden haben?
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nach dem Tode mau die Sectionen macht; das Blut ist schwarz, theerartig', nicht gerinnbarquot;.
Auch (I c 11 e in seiner Pathologie bovine gibt eine gute Beschreibung einer Epizootic von Milzbrandfieber der Schweine im Jahr 1806, auf die ich besonders in pathogenischer Hinsicht verweisen möchte, weil er einer der sehr wenigen ist, die wie wir ein primäres Nervenleiden iu der Krank­heit sehen.
2) Milzbrandrothlauf*), das Feuer, Feu St. Antoin, Mal rouge, Feu volant, u. s. w,, die häufigste und verderblichste Form des Milzbrands der Schweine, die oft weit ausgebreitet epizootisch geherrscht hat, so in diesem Jahrhundert 180-1—7 in Italien und Frankreich, 1822 in vielen Län­dern, 1838 bis 1846 eben so in vielen Ländern Europas; in vielen Gegen­den enzootisch. Dass sie sehr schwer von der vorigen Form abzugrenzen ist, wurde erwähnt, und bemerkt, wie die Epizootic in der Bretagne, die Hamon und Kzean beschrieben, zu beiden gerechnet werden könnte, das­selbe gilt von der von Gandolfi und Mis ley beschriebenen italieni­schen u. s. w.
Trotz der ausserordentlichen Häufigkeit und Gemeinheit der Krank­heit, vermisse ich in den Beschreibungen manche Symptome, so dass die Krankheit in der Regel plötzlich mit Frost und Zittern beginnt, ferner dass die Hautaffection in der Regel mit der Urticaria ähnlichen Quaddeln beginnt, die Verschiedenheit der Hautaffection, welche oft, besonders gewöhn­lich im Anfange, vollkommen nur als exantematische Injection (desshalb doch Milzbrand, wie die sehr häufigen Infectionen beweisen), aber dann in allen Uebergängen bis zur vollständigen Blutexsudation vorkömmt. Die häufigen Compücationen mit andern Milzbrandformen werden von den mehrsten Beobach­tern angeführt, eben so die häufigen Infectionen auch andrer Thiergattungen. Die Verwechslungen mit Entzündung sind natürlicher Weise auch hier allge­mein. Als Beispiele will ich die Beschreibungen von Leutweiler, Frey und Bell folgen lassen.
Leutweiler: ,,I)ie mit einer solchen Krankheit befallenen Schweine verabscheuen plötzlich alles Futter und Getränk, man beobachtet ein mehr stilles Betragen und fast beständiges Liegen auf der linken Seite mit aus­gestreckten Schenkeln, will man sie zum Aufstehen zwingen, so weigern sie sich und schreien mit schwächerer Stimme, gleichsam ächzend, und beim
•) S. die Schriften von Gaudolfi (N. 122a), Misley (122b), Leut­weiler (S. 347), Milliam und Grave (N. 181), Wirtgen (192), W a gel in a n s (211), Frey (269), Willi (Arch. Schw. Thierärzte B. VII. S. 318), Bell (323), Van den Eede (Journ. de Hed, vet. belg. Vol. IV. p. 102), Mener (Repertor. d. Thierheilk. B. V1L S.302). Auch oben S, 186.
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Berühren der Milz- und Lebergegend und des Rückens, geberden sie raquo;ich, als fühlten sie innerlich Schmerzen, sie atbmen ängstlich, geschwind und in kurzen Züg'en, wobei man eine stärkere Anstrengung der Bauchmuskeln, ohne verhältnissmässiges Mitwirken der Flankenbewegung beobachtet; treibt man sie noch zur Bewegung an, so bemerkt man grosse Mattigkeit, sie hängen den Kopf, schwanken auf den hintern Beinen, bei manchen äussern sich ge­linde Zuckungen in denselben, die Temperatur des Körpers ist abwechselnd, besonders an den Ohren, dem Maule und den Schenkeln. Uebersieht man sie genauer, so bemerkt man auf der Haut kleine, flache dunkelrothe Beulen*), welche sich oft in wenigen Stunden weiter ausdehnen und blau-roth erscheinen. Ehe die Flecken oder Beulen bemerkt werden, äussert sich zuerst Mangel an Fresslust, Ekel vor dem Futter, harte Extremitäten, dann ungefähr nach sechs, zwölf oder achtzehn Stunden kommen dunkelrothe Fle­chen zum Vorschein. Auch den zweiten und dritten Tag erscheint unter dem Hals und Bauch die ganze Haut blauroth. Bei solchen kleinen und furcht­samen Thieren ist der Herzschlag immer mehr oder weniger fühlbar, nur ist er der Zeit und der Stärke nach ungleich, und die Anzahl der Schläge ent­spricht den geschwinden Athemzügen nicht; das Fieber und die Entzün­dung scheint geringer, als die geschwinden Athemzüge anzeigen, die her-Torgedrängten Augen sind röthlich, aber das Roth spielt mehr in das Gelbe; so ist auch die Farbe im Maule, am Zahnfleisch oft deutlich gelb, und die Zunge bedeckt ein gelbschmutziger leicht schäumender Schleim. Der Harn, wenn einiger abgeht, ist oft wasserhell oder gelb, durchsichtig, stark riechend, der Mist wird nur in kleinen Portionen oder einzelnen Ballen mit Schleim um­hüllt, oft erst durch Klystiere erzwungen, ausgesetzt. — Nach dem Tode der gefallenen Schweine findet man unter der Haut in den dunkelrothen Flecken ein gelbes, in das fächereiche Gewebe ergossenes salziges Wasser. Alle Luftröhrenäste, und die Luftröhre selbst sind von einem röthlichen Schleim roll; auch sind die Lungen oft von Luft aufgetrieben, mit dunkelrothen Flecken besetzt, sie sind in ihrer Substanz meist hellroth und mürbe, ganz weich; die Gallenblase klein, zusammengeschrumpft und oft ganz leer; die Milz und Leber sind von einem schwarzen Blute angefüllt, und in ihrem Innern weich und mürbe; die kleinen Gedärme mit rothen Flecken besetzt und stellenweis entzündetquot;.
Frey: „Im Anfange der Krankheit Trägheit, Mattigkeit, verminderter Appetit zum Futter und Getränk, jedoch in so geringem Grade, dass sie manchmal kaum beachtet werden. Bald bemerkt, man aber, dass die Haare gesträubt sind, die Temperatur bald vermehrt bald vermindert ist, beson­ders an den äussern Theilen, z. B. an den Ohren und an den Fassenden,
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*) Einer der sehr wenigen Beobachter die-.sie anfüliren. Poch auch Krauer oben S. 186.
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die Äugen aus ihren Höhlen vortreten, und die Bindehaut derselben eine gelbrothe Farbe angenommen hat, die Schleimhaut der Maulhöhle ebenfalls gelbroth ist, und die Zunge mit einem zähen Schleim besezt wird. Die Tliiere liegen fast beständig mit ausgestreckten Gliedmassen, und wenn man sie zum Aufstehen zwingen will, so weigern sie sich und schreien mit schwäche­rer Stimme, als gewöhnlich. Das Athmen ist beschleunigt und ängstlich, mit angestrengter Bewegung der Flanken, die Fresslust verliert sich gänzlich und die Thicre nehmen nur noch etwas Getränk zu sich, bei manchen tritt Reitz zum Erbrechen ein, oder auch wirkliches Erbrechen. Der Herzschlag ist bei diesen kleinen Thieren immer mehr oder minder fühlbar; die Ab- und Aussonderungen sind vermindert, der Harn wird in geringer Menge abgesetzt, und ist entweder durchsichtig oder hat eine gelbröthliche Farbe, der Mist wird selten und in kleinen mit Schleim umhüllten Ballen abgesetzt. Wäh­rend diese Erscheinungen allmählich zunehmen, bemerkt man auf der Ober­fläche des Körpers, an der Brust, dem Bauche und Rücken rothe Flecken oder Punkte, welche Flecken manchmal in kurzer Zeit eine beträchtliche Grosse, so wie auch eine dunkelrothe oder bläuliche Farbe annehmen und hei manchen Schweinen wird am zweiten oder dritten Tage die ganze Haut an der Brust und an dem Bauche blauroth. Diese Flecken bilden oder haben manch­mal verschieden geformte Figuren, und je mehr die Krankheit sich dem Tode nä­hert, desto mehr spielt die Farbe derselben in das schwärzliche; je mehr dieselben eine schlimme Beschaffenheit annehmen, um so heftiger werden auch die Fieber­symptome ; die Thiere liegen beständig mit in die Streu gesteckter Schnauze, im Gehen schwanken sie, das Athmen wird ächzend, sie nehmen weder Getränk noch Futter zu sich, und gehen endlich, wenn sie nicht geschlachtet werden, unter Zuckungen zu Grunde. — Bei der Section der an dieser Krankheit getödteten oder umgestandenen Schweine findet man unter der Haut, da wo die Flecken sich vorfinden , eine gelbe oder gelbröthliche Flüssigkeit in das Gewebe ergossen; auch in dem sogenannten Speck ist manchmal, wenn sich daran auch keine Flecken zeigen, ein gelbes Wasser ergossen; die Gedärme sind stellenweise entzündet, und manchmal auch sphacelirt, im Innern dersel­ben ist eine übelriechende Luft enthalten; die Milz und Leber sind mürbe, weich oft aufgedunsen und erstere sphacelirt; die Gallenblase ist zu­sammengeschrumpft, leer, indem die Galle in den Darmcanal ergossen oder in der Gallenblase vertrocknet ist; im letzteren Falle hat sie die Grosse eines Taubeneies oder ist noch grosser, besitzt eine schwärzliche Farbe und sieht dem eingetrockneten Süssholzsafte ähnlich; die Gefässe blutreicher Thcile sind mit einem schwarzen theerartigen Blute überfüllt; die Lunge ist manchmal entzündet und mit rothen Flecken besetzt, in ihrer Substanz mürbe, das Herz welk und schlaff, die Zunge angeschwollen, entzündet, die Gefässe des Gehirns mit schwarzem Blute angefüllt. Diese Erscheinungen werden nie bei einem einzelnen Thiere insgesammt angetroffen, sondern nur bald die einen, bald die andern.quot;
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Bell: „Die Schweine stehen plötzlich vom Fressen ab, suchen einsame Orte (Winkel) und rerkriechen sich in ihre Streu, schreien heiser, wenn sie in ihrer Ruhe gestört werden, gehen träge, lassen Schwanz und Ohren hän­gen; im höheren Grade der Krankheit ist der Gang mit dem Hintertheil schwankend, wie kreuzlahm, sie fallen zuweilen auf das Hintertheil und können nur mit grosser Mühe wieder aufstehen. Der Hals ist manchmal etwas an­geschwollen, die Bindehaut der Augen gelbroth injicirt, der Rüssel blass und
der Bauch auf und eingezogen; auch rerrathen die Krauken beim Drücken
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in der Lebergegend zuweilen Schmerz; die Temperatur ist ungleich vertheilti manchmal stellt sich wirkliches Frösteln und Zittern ein. Selten ist es der Fall, dass sie noch Milch saufen, noch eher frisches Wasser, und sehr oft grosse Massen Mistjauche; der Kothabgang ist verzögert und trocken, selten ist Durchfall zugegen; der Urin geht selten, in geringer Menge und braun­gelb gefärbt, ohne Bodensatz ab. Den Puls konnte ich bei keinem Stück) weder an der Arterie temporalis, noch an der Arteria maxillaris externa fühlen, wobei wahrscheinlich die bedeutenden Fettablagerungen bei denselben grösstentheils Schuld sind. *) Den Herzschlag fand ich verschieden, bald fühlbar und unregelmässig, klopfend, bald konnte ich I ihn nicht erforschen. Das Athmen war zwar nicht beschleunigt, dagegen, wenn die Krankheit nur einigermassen vorgerückt war, stöhnend mit starken Bewegungen der Bauch- und Brustwandungen. Hatte die Krankheit schon 24 bis 86 Stunden bestanden, so färbte sich die Haut der Schenkel, des Unterbauches oder Halses roth, später braun oder blauroth; die Kothentlcerungen wurden einigemal kolliquativ und die Kranken gingen ohne weitere auffallende Er­scheinungen zu Grunde. Die Dauer dieser Krankheit war sehr verschieden:nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vj Thiere, welche am Abend ihr Futter noch munter und mit bestem Appetit verzehrten, fand man am nächsten Morgen nicht selten schon todt und steif im Stalle liegen, jedoch sind dieses die selteneren Fälle gewesen;**) gewöhnlich nahmen die Krankheitserscheinungen ohne Nachlass zu, und endeten gegen den zweiten oder dritten Tag des Krankseyns mit dem Tode. Ging die Krankheit der Genesung entgegen, so zeigten sich schon während der ersten
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24: bis 36 Stunden Spuren davon, jedoch vollkommene Genesung erst um den dritten oder vierten Tag. Kritische Erscheinungen konnte ich keine beobachten; die Symptome verloren sich allmählig, wie sie gekommen (nur langsamer), so dass die Kranken am zweiten Tage der Krankheit keine Arzneien mehr bedurften. — Wie bei allen typhösen Krankheiten trat auch hier die Fäul-
deg;) Ist aber charakteristisches Symptom delaquo; Milzbrands.
') Da^pgpn scheint in Belgien uud Frankreich in diesen selben Jahren
1838 — 1810, ein solcher acuter Verlauf von 6 .— 20 Stunden der
gewühuliche gewesen zu seyu.
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niss lei den an dieser Krankheit umgestandenen Thicren bald ein. Das Zell­gewebe unter der Haut an den gerötheten Stellen und manchmal selbst den Speck fand ich gelblich gefärbt und etwas breiig; das Muskelfleisch hatte auch seine frische Farbe verloren, und war bald bläulich, bald schwarzgrau. Im Innern des Körpers waren es immer die Hinterleibsorgane, welche als vor­herrschend leidend befunden wurden, und unter diesen vorzüglich die Leber; ich habe Sectionen in den verschiedensten Perioden der Krankheit beigewohnt, allein immer gefunden, dass, wenn auch andere Organe mitgelitten, die Leber doch vorzugsweise alienirt war; ja ich habe Sectionen gemacht, wo das Krankseyn kaum einige Stunden angedauert, ausser der Leber noch kein Organ als krank bezeichnet werden konnte und die Leber lehmfarbig, sehr mürbe und mit einzelnen braunrothen Flecken besetzt gefunden wurde. Hatte die Krankheit ihren Culminationspunkt erreicht, so wurde die Leber bei den Oeffnungen gewöhnlich schwarzroth und breiig gefunden; die Gallenblase war gewöhnlich leer von Galle, dagegen die Pfortader mit kohlschwarzem, schmie­rigen Blut überfüllt. Nur wenn die Krankheit ihren höchsten Grad erreichte, fand man auch den Nahrungscanal mit braunen oder schwarzrothen Flecken besetzt, von Luft aufgetrieben und leicht zerreissbar. Die Nieren trugen sodann Zeichen von venöser Blutcongestion. Die Milz fand ich bei wenigen Cadavern, und nur im Beginn der Krankheit noch verschont mit krank­haften Veränderungen. Alle übrigen krankhaften Sectionserscheinungen waren nicht constant und trugen sämmtlich das Gepräge venöser Blutüber­füllung.quot;
3) Milzbrand mit äussern Carbunkeln. Grosse ausgedehnte Carbunkeln wie in Rindern, Hirschen, selbst Pferden kommen im Schweine so gut wie gar nicht vor, sie ähneln entweder der oben be­schriebenen Rose, oder erscheinen sogleich als totaler Hautbrand, weisser oder schwarzer.
Ein merkwürdiges Beispiel von einem grössern Carbunkel, der überdies auf ein scheinbar gutartiges Erysipelas folgte, erzählt Chabert: „Ein ein­jähriges Schwein, ungefähr 300 Pfund schwer, wurde im Monat August 1781 von einem Erysipelas des rechten Ohrs befallen, dieses war roth und auf beiden Seiten mit Pusteln besetzt. Dieser Ausschlag erschien am Morgen, ohne dass irgend eine kankhafte Erscheinung vorausgegangen war; er ver­schwand am Abend; auf sein Verschwinden folgte sogleich Fieber und Flan­kenschlagen, das Thier wurde traurig, niedergeschlagen, verlor die Fresslust, worauf ein Carbunkel am Bauche erschien, zwischen Nabel und Sternum, er hatte eine ovale Gestalt, 6 Zoll lang, und 3 Zoll breit, er war unempfindlich, kalt, schwarz, hart, fest und die Epidermis löste sich leicht von ihm los. Die Geschwulst wurde scarificirt und zum Theil weggenommen, die Wunde canterlsirt und mit spanischer Fliegen-Salbe verbunden, das Thier erhielt alle 6 Stunden einen Einguss von Chinadecot mit 12 bis 15 Tropfen Ammo-
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niumflüssigkeit. Am dritten Tege war die Gangrän beschränkt, und nach 9 Tagen war das Thier geheilt.quot;*)
Uebrigens kommt wohl in der Regel der äussere Carbunkel der Schweine immer in der primären Brandform, entweder als schwarzer oder sogenannter weisser Brand Tor. — Bei uns scheint die erste und dritte der folgenden Formen sehr selten zu seyn, nur die zweite kommt, und auch selten, vor.
a)nbsp; Zwei sehr erfahrene Thierärzte, Chabert und Toggia, beschreiben den Carbunkel an den verschiedensten Stellen des Leibes. Der letztere be­schreibt ihn, als mal luetto, malasso auf folgende Art: „Die Schweine werden in dieser Krankheit zuweilen von einem Carbunkel befallen, der sich in Gestalt weisser, lirider oder schwarzer Flecken an irgend einer Stelle des Körpers zeigt. Diese Flecken beobachtet man nur an dem Felle, welches fast immer in die Höhe gehoben und durch ein leichtes Emphysem getrennt ist; der contagiöse Stoff bahnt sich einen Weg nach innen, und das Muskel­fleisch wird in verschiedenem Grade zerstört. Obgleich dieser kleine Carbun­kel nicht so schnell verläuft, wie in dem Rindvieh, und er langsamere Fort­schritte macht, so sind seine Wirkungen doch um nichts weniger tödtlich. Die ergriffene Stelle ist wenig oder gar nicht entzündet und schmerzhaft, drückt man ihn mit den Fingern, so fühlt man ein leichtes Knistern; dann wird der ergriffene Theil ganz unempfindlich und kalt, als Zeichen der Gan­grän; das Schwein ist sehr traurig, liegt beständig theilnahmlos, stösst kla­gendes Grunzen aus, frisst und säuft nicht, athmet schwer, der Puls ist schwach und kaum zu fühlen, der Athem ist übelriechend, die Zunge ist schleimig livid; die Augen zusammengezogen, thränend; die Ohren, auch der ganze Körper kalt, das Thier ist unempfindlich für Rufen, Schlagen, Stechen, und wenn es sich von der Streu erhebt, so kann es sich kaum auf den Füs-sen erhalten, und wenn es sich zu legen versucht, so fällt es hin wie eine todte Masse. Alle diese Symptome kündigen den Tod an.quot;**)
b)nbsp; nbsp;Am häufigsten kommt aber dieser Carbunkel am Halse vor, und ist hier bekannt unter dem Namen der weissen Borste, Seta alba, Soyon, bosse, maladie piquante, piquet, poil pique, soi^s piques; in der Provence lou pel; il mal della setola, setolone; doch ist sie in Deutschland selten, von den wenigsten Thierärzten selbst beobachtet; man hat mir versichert, dass sie in Polen häufiger sei; in manchen Gegenden Ungarns enzootisch; gewöhnlich nimmt man an, dass sie in den südlichen Ländern Europas häufiger sei. Alle Thierärzte wiederholen übrigens die Be­schreibung von Chabert, welche folgende ist: „Der Sitz dieser Krankheit ist auf einer Seite des Halses, zuweilen auf beiden, zwischen der Vena jugu-
*) Instructions et Obs. vol. I. p 215. quot;) Delle raze de' porci p 181,
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laris und der Luftröhre, in einiger Entfernung von den Parotlden, gerade den Maudeln gegenüber. Die Borsten, welche auf der kranken Stelle stehen, sehen aus, wie eine ausgebreitete Holle, es sind ihrer 12 bis 15, gesträubt, starr, hart und dicker wie die übrigen, von denen sie sich auch durch gänz­lichen Mangel an Glanz unterscheiden; wenn man sie berührt, oder daran zieht, so äussert das Thier Schmerz; die Stelle, auf welcher sie stehen, ist vertieft oder eingedrückt; die Haut ist schwarz gefärbt in Thicren mit weissen Borsten, dagegen entfärbt in solchen mit schwarzen Borsten. Muskeln, Äpo-neurosen, Blutgefässe, Nerven und Drüsen, welche an dieser Stelle liegen sind zusammengezogen, vertrocknet und abgestorben; die Bälge der kranken Bor­sten sind mit einander verschmolzen, und bilden nur eine einzige Masse von der Grosse einer Bohne. Das sind die einzigen Symptome welche dem Besitzer auffallen; indessen ist dieser Hautaffection heftiger Durst, Mangel an Fress­lust, Zähneknirschen und Traurigkeit vorausgegangen. Ist aber die Krankheit auf ihre Höhe gekommen, so ist das Thier ausserordentlich traurig, frisst gar nicht, ist sehr träge, bewegt sich nicht, und ist im Allgemeinen so unempfind­lich wie der leidende Theil, es hört auf kein Bufen, fühlt keine Schläge, bleibt liegen, und gelingt es, es zum Aufstehen zu bewegen, so wankt es und fällt. Das Fieber ist um so heftiger, je älter die Krankheit ist, die Flanken schlagen, das Maul ist brennend heiss, voll Geifer, der in reichlicher Menge ausfliesst; die ausgeathmete Luft ist heiss und gegen das Ende der Krankheit stinkend, der Hinterkiefer wird beständig von einer Seite zur andern bewegt; die Augen sind geröthet; es ist entweder Verstopfung oder Durchfall zugegen; im letzteren Fall erleichtert diese Ausleerung, welche jauchig und stinkend ist, das Thier nur momentan und verlängert die Krankheit ohne Nutzen; es verfällt in Marasmus und stirbt unter den heftigsten Convulsionen, am 7ten, 8ten oder 9ten Tag; besteht aber die Verstopfung fort, so verläuft die Krankheit viel schneller, es tritt grosse Angst ein und das Thier stirbt suffocatoriseh nach Verlauf von 2-1 bis 48 Stunden. — Die Thiere, welche in den ersten 2-1 Stunden sterben, zeigen nach dem Tode die Muskeln, die Halsdrüsen, die Luftröhre und den Kehlkopf, den Schlund und den Schlund­kopf gangränös; das Gehirn und seine Häute sind mit schwarzem, dicken Blut intiUril.; diejenigen dagegen, welche sterben, nachdem sie Durchfall gehabt haben, zeigen diese Theile weniger ergriffen, aber die Brusteingeweide sind mehr oder weniger entzündet, diejenigen des Hinterleibs, besonders der Darmcanal sind gangränös und ulcerirt. lt;— Diese Krankheit ist als ein wahrer Carbunkel zu betfachten; sie ist oft epizootisch und immer contagiös; sie theilt sich nicht allein von einem Schwein dem andern mit, sondern sie steckt auch die fleischfressenden Thiere an, welche das Fleisch und Blut der daran gefallenen Schweine fressen; Menschen, welche aus schmutzigem Geiz das Fleisch der gefallenen Thiere zerlegen, sind oft ein Opfer desselben ge-
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worden, eben so wie diejenigen, welche thöricht genug waren, davon zu essen, wenn sie auch noch so vorsichtig waren, Hals, Kopf und Eingeweide wegzuwerfen.quot;*)
Hurtrel d'Arboval, der die Contagiosität bezweifelt, hat offenbar keine eigenen Beobachtungen und folgt in der Beschreibung Chabert. Ich glaube vielmehr, dass diese Form so gut wie immer durch Contagium entsteht, durch Infection von der Maulhöle aus, nach Fressen von milzbrandkrankem Fleisch, wo sich auch in den Hunden eine ähnliche Krankheit entwickelt. Es sind mehrere Fälle dieser Art aufgezeichnet, auch von uns bereits mitgetheilt worden. Wirt gen erzählt z.B. einen Fall dieser Art: „Ein Ochse welcher Herrn C, Gutsbesitzer in Bettenburg gehörte, starb am Milzbrande; er wurde nicht tief genug begraben; zufällig gerieth eine Herde Schweine an den Ort, mehrere Schweine und zwei Hunde frassen von dem Aase, sie bekamen den Carbunkel an dem Kopfe, der den Schweinen eigen ist, und den Namen la soie führt; mehrere Schweine fielen, die übrigen wurden gerettet, auch die beiden Hunde wurden hergestellt.quot; **)
Metaxa beschreibt diese Form auch aus dem mittlern Italien, wo sie unter dem Namen mal del riccio bekannt ist.***)
c) Der Drüsen- Anthrax oder die Bubonenseuche, welche wir in andern Thieren kennen lernten, kömmt bei uns nicht leicht an den Schwei­nen vor; Toggia beschreibt ihn aber als an den Leistendrüsen vor­kommend.
1. Milzbrand mit Innern Carbunkeln. Bereits bei den vori­gen Formen sind die Innern carbunkulösen Ablagerungen angeführt worden; sie unterscheiden sich von denen des Pferdes, des Binds u. s. w. gerade eben so wie die äussern, die ausgedehnten sulzigen Massen finden sich nicht leicht. Die, am häufigsten vorkommenden Innern Formen der Schleim­häute sind Bräune, Glossanthrax und Bankern.
a) Milzbrandbräune. Eine der häufigsten, von den ältesten Zei­ten her (schon bei Aristoteles) als verheerend bekannte Milzbrandform des Schweins.
Selbst in den Beschreibungen der bösartigen Bräune des Menschen herrscht bei neueren Aerzten manche Verirrung, weil die Brandbräune des ITten und 18ten Jahrhunderts sporadisch sehr seifen vorkömmt (doch habe ich sie beob­achtet, und Berends beschreibt sie gut, offenbar nicht allein nach fremden, auch nach eigenen Beobachtungen), und epidemisch ist sie in neuern Zeiten nicht vorgekommen, sondern anstatt ihrer die sogenannte diphtheritische Bräune. Trotz der so grossen Heftigkeit scheinen mir die Bräuneformen des Schwei-
*) Ins tru et et Obs er v vol. IF p 209 **) Journal d'Ap;riciilture des Pays-Has vol. XVIII. p. 34g. * *) Metaxa delle malatti coutagiose p. II, p. 3i7,
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nes nicht genügend unterschieden, und unter den Namen Mihb randbräune, Kehlsucht, Kehlbrand, Kropf, werden, abgesehen von gröberen von Laien begangenen Verwechslungen, mehrere Formen des Milzbrands zusammen­geworfen (was in praktischer Beziehung freilich gleichgültig ist, nicht aber in wissenschaftlicher).
Wenn vorerst manche Aerzte behaupten, die Krankheit beginne gar nicht in den Innern Theilen, sondern sei anfangs ein Milzbrandrothlauf der Hals­haut, oder ein Carbunkel unter der Haut um den Kehlkopf, so bezweifle ich nicht einen einzigen Äugenblick das Vorhandenseyn einer solchen Krankheit, da wir sie ja bereits auch bei andern Thieren, und selbst beim Menschen kennen gelernt haben, sie ist dann aber eben der äussern Milzbrandrose oder den Hautcarbunkeln, wie wir sie im Vorigen betrachteten, zuzuzählen.
a) Am mehrsten characteristisch ist ohne Zweifel die Form, wo die Krank­heit mit einer Carbunkelbildung in oder unter der Schleimhaut der Fauces oder des Schlundkopfs beginnt. Auf sie bezieht sich z. B. die Beschreibung von Toggia: „Es pflegt auch bei bösartigen nervösen Fiebern (Milzbrand­fiebern) zu geschehen, dass sich ein kleiner, im Anfange kaum wahrnehm­barer Knoten zeigt, welcher zuerst unter der Kehle oder in den Seitentheilen der Fauces, unterhalb der Parotiden, erscheint, wächst und sich mit einer gewissen Schnelligkeit ausbreitet, ohne dass Zeichen einer eigentlichen Ent­zündung vorhanden sind. In dem Verhältnisse, wie dieser Knoten grosser wird, werden die äussern Bedeckungen von einer ausserordentlichen Hitze be­fallen, die so gut wie niemals im Anfange der Anschwellung vorhanden ist. Von jetzt an zeigt sich das Schwein niedergeschlagen, lässt den Kopf hän­gen und ist von stärkerem Fieber angegriffen. Um diese Zeit breitet sich die Geschwulst ausserordentlich aus, längs des Halses abwärts auf die Brust und zwischen die Schultern; das Thier wird von sehr heftigen Frostschauern ergriffen, und von solcher Muskelschwäche befallen, dass es sich mit vieler Mühe kaum auf den Beinen erhalten kann. Diese symptomatische Geschwulst, welcher man den Namen Angina gangraenosa gegeben hat, wird gebildet durch eine Exsudation (stravasimento) und Infiltration in dem Zellgewebe und in dem Fette, von einer gelblichen Flüssigkeit, die einen scharfen, ichorösen, corrosiven Charakter hat, und alle Theile, mit denen sie in Berührung kömmt, desorganisirt.quot;quot;) Sie geht in Gangrän über und die Sectionserscheinungen sind dieselben wie nach andern Milzbrandformen.
Diese Form hat auch Spinola im Auge: „Es besteht diese Krankheit in einer milzbrandigen Entzündung des Rachens, des Kehl- und Schlundkopfs, welche durch eine in der Nähe dieser Theile zur Ausbildung gelangende Milzbrandbeule verursacht wird, wobei auch gleichzeitig, als Abspiegelung der eigentlichen Natur dieses Uebelraquo;, ein brandiger Rothlauf am Halse sich
•) A. a. 0 S. 192.
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zeigt. Diese Milzbrandform ist die am häufigsten bei uns rorkommende, und erscheint (in gewitterreichen Frühlingen und heissen Sommern) kaum anders, denn als Seuche, jedoch mit beschränkter Verbreitung. *) Daher kom­men denn auch neben ihr ganz gewöhnlich noch andere Milzbrandformen vor. Man hat in solchen Fällen wohl einen Unterschied machen und die Bräune als nicht dem Milzbrande angehörig betrachten wollen, sie viel mehr als eine Entzündungskrankheit aufgestellt; das ist indessen falsch: **) Denn die Än-thraxbräune ist ihrer Form nach eigentlich weiter nichts, als dass in der Nähe der genannten Organe ein Carbunkel entsteht, in Folge dessen die Er­scheinungen von Bräune hervorgerufen werden. Sie verdankt daher, gleich allen übrigen besonderen Milzbrandformen, lediglich einer symptomatischen Richtung, welche der Milzbrand in diesem Falle nach dem Kehlkopfe u. s. w. nimmt, ihre Entstehunp,*quot;*) indem (durch Ausscheidung von Anthraxmaterie aus dem Bluie} an dieser Stelle eine Geschwulst (Carbunkel) erzeugt wird, der, wie es ihm eigenihümlich zukömmt, gern brandige Zerstörung in der Umge­bung anrichtet. Wenn wir dieses festhalten, so lassen sich einzelne Anoma­lien, welche in den Zufällen und dem Verlaufe der Anthraxbräune beobachtet werden, recht gut erklären und auf die grössere oder geringere Schnelligkeit, womit der Carbunkel seine Ausbildung erlangt, und auf dessen Sitz, ob er mehr die äussere Umgebung, oder den Kehlkopf selbst in seiner vorderen Partie, namentlich den Kehldeckel, ergreift, zurückführen. Auf diesen Um­ständen beruht es, dass der Tod bald unglaublich schnell, durch Erstickung (wenn der Carbunkel in der Rachenhöhle zur Entwickelung gelangt, und den Luftröhrenkopf umlagert) bald aber erst zögernder nach 1 bis 3 Tagen er­folgt (wenn der Carbunkel mehr in den Aussentheilen entstand). Aus den­selben Umständen auch erklärt es sich, warum in dem einen Falle deutlich eine Geschwulst nach aussen hin hervortritt, im andern wieder nicht; warum in dem einen Falle die Angst und Unruhe, Taumeln und Schwanken, höchst heisere Stimme, Aufsperren des Mauls und gewaltsames Einziehen der Luft mit dem Eintritt der Krankheit schon gesehen werden, in andern Fällen aber die Asngt und Unruhe geringer, die Stimme noch frei und das Athmen erst gegen Ende der tödtlichen Krankheit angestrengt erscheint. — Rasch und ohne bemerkbare Vorboten, wie alle Milzbrandformen, entwickelt sich auch die Anthraxbräune, und die ersten Zeichen der gestörten Gesundheit bekunden die bereits gebildete Krankheit. Mattigkeit, taumelnder Gang, Herabsenken und Schütteln des Kopfs, auch wohl zeitweises Stampfen mit den Füssen,
*) Oft! aber doch auch oft über ganze Länder verbreitet.
*') Die gewöhnlichen Formen der Brä'uue kommen im Schweine oft vor.
'**) Oft ja! Oftabrr durch topiscbe Infection inderMaalbühle! Oft durch dasspeci-filaquo;che Contagium, indem so viele Milzbrandformen, wie auch andre Contagien, eine groase Keigung haben, lieh in ihrer speeifiachen Form fortzupflanzen.
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Zittern, Zurückbleiben hinter der Heerde oder ein ängstliches Verkriechen der Kranken in die Streu und Aufsuchen schattiger, kühler. Orte kündigen zunächst den Eintritt der Krankheit an. Diesen Symptomen gesellen sich, oft binnen wenigen Minuten, ein mehr oder weniger erschwertes, keuchen­des, pfeifendes Athmen und eine heisere Stimme hinzu. Die Körperwärme ist erhöht, besonders am Rüssel und im Maule ist die Hitze gross, die Augen sind sehr geröthet und glotzend, der Blick stier, ängstlich. Häufig stellt sich ein schmerzhaftes Würgen ein, dem jedoch selten wirkliches Erbrechen folgt; die Mistentleerung ist entweder unterdrückt, oder es werden nur wenige trockne und feste Excremente abgesetzt. Unter den genannten Erscheinun­gen pflegt sich gleichzeitig, seltener später, im Kehlgangc, in der Gegend des Kehlkopfs, eine heisse schmerzhafte, jedoch nicht sehr erhobene Ge­schwulst zu entwickeln, die gewöhnlich rasch an Umfang zunehmend, sich längs der Luftröhre am Halse hinab erstreckt, und deren Ausdehnung durch stärkere Carmoisin-Röthe der Haut deutlich bezeichnet ist. In andern Fäl­len ist jedoch diese Geschwulst höchst unbedeutend, und es scheint lediglich die Haut eine Veränderung der Farbe zu erleiden, indem sich im Kehlgange ein oder mehrere rothe Flecke auf derselben zeigen, die gleichfalls rasch an Umfang zunehmen, zusammenfliessen und am Halse sich weiter Terbreiten. Indem nun die zuerst genannten Symptome an Heftigkeit zunehmen, nament­lich das Athmen, bei geöffnetem Maule, immer anstrengender und beschwer­licher Ton Statten geht, wird die Stimme immer mehr und mehr heiser, erlischt bald gänzlich, oder sie erhält sich noch ziemlich frei. Im ersten Falle verrathen die Thiere die allergröste Angst und Unruhe; sitzend auf dem Hintern suchen sie durch das weit aufgesperrte Maul, aus dem die geschwol­lene und bläulich gefärbte Zunge hervorgestreckt ist, und schaumigter Speichel fliesst, und durch die weit aufgerissenen Nasenlöcher noch gewaltsam Luft einzuathmen; die Röthe am Halse changirt in das Bläuliche, Livide, welche Farbe nun auch der Rüssel und die Maulschleimhaut annehmen, und unter einigen taumelnden und kreisenden Bewegungen erfolgt der Erstickungstod 3, 6, bis 12 Stunden nach den ersten Erscheinungen der Krankheit. Im zweiten Falle ist aber die Angst und Unruhe der Thiere nicht so gross, das Athmen nicht so erschwert und gewaltsam, die Fieberbewegungen steigern sich indessen rasch vorwärtsschreitend aufs höchste; der Herzschlag tritt auf beiden Seiten der Brust deutlich fühlbar hervor, der kleine, krampf­hafte, vibrirende, aussetzende Puls entschwindet dem Finger zuletzt gänzlich, und indem die Geschwulst am Halse noch zunimmt, sich wohl selbst bis unter die Brust und den Bauch hin erstreckt, die Haut auf derselben immer tiefer geröthet, rothblau, violett, selbst schwarzblau wird, erfolgt der Tod, nach einer Dauer von 6, 12, 24 bis 48 Stunden.quot;')
•JSpinola Krankheiten der Schweine, S. 21
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ß) So häufig auch diese Carhunkelform der Milzbrandbräune seyn mag, die einzige ist sie doch nicht, davon habe ich mich vor einigen Jahren selbst bei einem aufmerksamen Oekonomen überzeugt, und habe alle Ursache zu glauben, dass die ganze damalige Epizootie den gleichen Charakter hatte. Die bis dahin vollkommen gesunden, muntern (jungen) Schweine fingen plötz­lich an den Kopf gerade auszustrecken, hin und her zu schütteln, erfolglos zu würgen, ängstlich zu athmen, und anhaltend mit ganz heiserer Stimme zu grunzen; sie suchten mit dem Rüssel alle kühlen feuchten Stellen; unter­suchte man jetzt die Maulhöhle, so zeigten sich die ganzen fauces leicht geschwollen und wie mit einem blaurothen Erysipelas bedeckt, aber nirgend eine Spur von einem entstehenden Carbunkel, am Halse äusserlich durchaus noch gar keine abnorme Erscheinung. Bald darauf fingen die Thiere an zu zittern und zu schaudern, die Stimme wurde ganz heiser, das Athmen im höchsten Grade schwer, ohne dass mau ein entsprechendes mechanisches Hinderniss entdecken konnte, die fauces sahen aber aus und verhielten sich, als wären sie von Paralyse befallen. Jetzt erst entstanden blaurothe, #9632;von Blutexsudat in und auf der Lederhaut berührende Flecken am Halse, unter denen man eine knisternde Anschwellung des Zellstoffs erkannte, die sich bald weiter ausbreiteten, während die ganze Schleimhaut des Mauls und der hervorhängenden Zunge ebenfalls blauroth oder schwarz wurde. Sie wurden äusserst schwach, und nach wenigen Stunden (3 bis 6) starben sie unter Convulsionen. (Die Gänse ('es Hofs starben ebenfalls am Milzbrand). Es gibt daher eine erysipelatöse Form der Milzbrandbräune.
b) Rankkorn, Gerstenkorn, Rankh (ein slavisches Wort), Stomanthrax hordeolum, boucle, boussole, louet. Bei uns scheint diese Form selten, und doch sprechen nur die deutschen Thierärztc spe-ciell von ihr; in Ungarn, namentlich im Bannate, soll sie enzootisch seyn*); die französischen Thierärzte, z.B. Rochc-Lubin, Pradal, unterscheiden es nicht von Glossanthrax, mit dem die Krankheit freilich auch rollkommen übereinkömmt; so ist es dieselbe Krankheit wie die Carhunkelform der Milz­brandbräune, nur dass sich hier der Carbunkel in der Maulhöhle entwickelt.
Das Compendium von Tolnay, der ja die Krankheit wohl selbst be­obachtet hat, besitze ich nicht; ob einer von den deutschen thierärztlichen Schriftstellern das Rankorn selbst beobachtet hat, ist mir nicht klar, sie scheinen sich alle einander zu wiederholen. Körber gibt folgende Beschrei­bung der Krankheit: „Bei dem Rankorn der Schweine ist vor dem Ausbruch der Blase kein Fieber bemerkbar. Die ersten Symptome der Krankheit, welche aber auch meist übersehen werden, sind Hitze und Trockenheit des Maules. Hierauf erhebt sich bei vieler Schleimabsonderung im Maule, am gewöhnlichsten am gefurchten Gaumen, seltener an der Zunge, eine
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*) Muller: Wiener Jahrb. 1843. Sept. S. 369.
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erbsengrosse, weissliche Blase, die bald violett oder schwärzlich wird. Die in dieser Blase enthaltene Flüssigkeit ist, gleich jener in den Blasen beim Zungenkrebs, sehr scharf, Teranlasst Anfressungeo, Geschwüre mit jauchi­gen Absonderungen und sphacelöse Absterbungen der nahe gelegenen Tbeile. Gleichzeitig mit dem Hervortreten der Blase im Maule oder bald nachher zeigen sich Fiebererscheinungen, welche in sehr kurzer Zeit eine bedeutende Höhe erlangen. Gewöhnlich hat das Fieber von vorn herein einen fauligen Character, und wenn derselbe auch in einzelnen Fällen bei starken Schwei­nen Anfangs entzündlich ist, so geht er doch sehr rasch in den fauligen über. Die Dauer dieser Krankheit beträgt oft nur 5 bis 10 Stunden, und bei ungünstigem Ausgang selten mehr als 1 bis 2 Tage. Das Rankorn der Schweine zeigt sich gewöhnhlich epizootisch, selten sporadisch; am häufigsten herrscht dasselbe in der letzten Hälfte des Sommers und im Herbste, jedoch häufiger im Süden, als im Norden von Europa; heisse Witterung, ver­dorbene Luft, fauliges Wasser, Alangel an Wasser, schlechtes verdorbenes Futter, zu reichliches Könerfutter u. s. w. werden ebenfalls als veranlassende Ursachen des Rankorns betrachtet. Auch diese Krankheit hat ein scharfes Contagium fixer Art, welches, auf andere Thiere und den Menschen übertragen, Carbun-keln oder die schwarze Blatter hervorruft. Die Gegenwart dieses Contagiums in der Blatter des Rankorns ist erwiesen, ob aber auch andere Theile der erkrankten Thiere davon durchdrungen sind, ist noch nicht nachgewiesenquot; ??*)
Pradal, der wie erwähnt, das Rankorn nicht von Glossanthrax unter­scheidet, sagt: „Diese Krankheit beginnt mit heftigen Fieberanfällen, Mangel an Fresslust, Zähneknirschen, Schwäche, welche man an der Unbeweglichkeit des ergriffenen Thiers erkennt, so wie an dem gesenkten Kopfe und der Gleichgültigkeit^ mit der es liegen bleibt. Es entsteht an irgend einer Stelle des Maules eine weissliche Blase, welche nach und nach braun, schwärzlich und gangränös wird, und endlich abfällt. Der Brand theilt sich alsbald den benachbarten Theilen mit und tödtet das Thierquot; quot;).
c) Zungenc arbunke 1, Glossanthrax, Cancro volantc. Kömmt im Schwein, wie bei allen übrigen Hausthieren vor, und gewöhnlich gleich­zeitig mit dem Zungencarbunkel des Rindviehs u. s. w. Offenbar ist er im südlichen Europa häufiger, als im nördlichen. Die Darstellung des erfahrenen Toggia ist vorzüglich beaebtenswerth wegen der Bemerkungen über die grosse Gefahr der Infectionen, auch für den Menschen, die er hervorhebt: „Der Glossanthrax, Zungencarbunkel, gewöhnlich Cancro volante genannt, ist ein contagiöser Ausschlag, dem auch die Schweine unterworfen sind. Er zeigt sich gewöhnlich mit einer, oder auch mit mehrern Blasen von verschiedener Farbe und Grosse, auf der obern oder untern Fläche oder an der Seite der
*) Seuchen der Haust liiere S. 130. '*) Pradal Maladies du porc. p. 87.
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Zunge, fast immer gegen ihre Wurzel hin, welche, wenn sie platzen, oder vernachlässigt werden, in ein phagedänisches, gangränöses Geschwür über­gehen , die abgefaulte Zunge ausfallen lassen und das Thier in der kürzesten Zeit tödten. Ihr gewöhnlicher Sitz ist, wie erwähnt, die Zunge; es ist mir unbekannt, ob sie in dem Schweine auch, wie im Pferde, im Maulthicr und Ochsen, im After vorkommen oder tiefer im Rectum, wo sie reissend schnelle Fortschritte machen. Sobald man nur bei einem einzigen Schweine den Zun-gencarbukel erkennt, muss man auf der Stelle die Zunge aller übrigen Schweine untersuchen, die mit jenem in Berührung gekommen sind, und wenn man kein Zeichen der Krankheit erkennt, sie sogleich von dem kran­ken trennen; man muss dann sogleich die Blase, wenn sie noch vorhanden ist, zerreissen, wozu man sich gewöhnlich einer Münze, eines Löffels oder eines andern silbernen Instruments bedient; dabei muss man immer den Kopf des Schweins nach vorn geneigt halten, damit es die Jauche und das Blut, welche ausgeleert werden, nicht verschluckt, sondern diese ausflicssen; dann muss man das Geschwür gut reinigen, und es drei- bis viermal täglich mit einem rauhen in scharfen Essig getauchten Tuche reiben, oder in starken Wein mit Knoblauchquot;, Zwiebeln, Seesalz und Pfeifer, die grob gestossen sind, ein allen Landleuten bekanntes Mittel. Sind aber bereits fungöse Ex-crescenzen in dem Geschwüre, so muss man es kauterisiren, und dann mit Salpetersäure oder Chlor behandeln. Personen, welche solche am Zungen-carbunkel leidende Schweine behandeln, müssen die allergrösste Sorgfalt an­wenden, sich oft die Hände zu waschen, wenn sie nur etwas mit Blut oder Jauche beschmutzt sind, wenn sie sich nicht der Gefahr aussetzen wollen, von der Krankheit befallen zu werden, wie das mehrmals vorgekommen ist; dann müssen sie jedesmal das Stück Tuch verbrennen, dessen sie sich zur Reinigung der Geschwüre bedient haben. Unter allen contagiösen Krankhei­ten verlangt diese vorzugsweise die grösste Aufmerksamkeit von Seiten der Eigenthümer, dass sie die angesteckten Schweine sorgfältig entfernt halten von jeder andern Art von Thieren, weil man beobachtet hat, dass dieses Contagium die Eigenthümlichkeit hat, sich nicht allein Thieren der gleichen Art, sondern auch den verschiedensten mitzutheilen, die mit ihnen Ställe, Weiden, Tränken theilen, oder wenn Personen oder Gegenstände, die in Be­rührung mit einem kranken gekommen waren, dann,gesunde berühren. Ueber-dies darf man den Genuss des Fleisches der Thiere, welche an dieser Krank­heit gelitten haben, nicht gestatten, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass es im allerhöchsten Grade schädlich ist *).quot;
Die grosse Häufigkeit der Maul-, Zungen- und Rachencarhunkel der Schweine, die überdies so gut wie immer ohne Fieber, als primäre, locale,
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•) L. c. p. 175.
Heuainger, Milz brand.
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sogenannte idiopathische auftreten, scheint mir nur zu erklären aus dem häu­figen Genuss von contagiöser Nahrung, welche das Maul inlkirt.
16. Hunde.
Primärer, nicht durch Contagium erzeugter Mihlrand, ist im Hunde noch niemals beobachtet worden *). Dass der Hund im Ganzen auch weniger Empfänglichkeit für das Contagium zu besitzen scheint, wie die mehrsten übrigen Thiere, wurde oben erwähnt; da er, wenn er Milzbrandfleisch ge­fressen hat, durch seine Bisse Schafe und Schweine inficirt, ohne selbst zu erkranken. Auch kommen wohl häufiger Heilungen Tor, als bei andern Thie-ren. Indessen oft genug wird er doch inficirt, erkrankt, und stirbt manchmal laquo;ehr plötzlich. Dass die Ursache dieser Verschiedenheit zuweilen in der yer-schiedenen Empfänglichkeit verschiedener Hunde liegt, ist sehr wahrscheinlich; dass aber in andern Fällen die Ursache in der Terschiedenen Energie des Conlagiums liegt, wird durch die Fälle bewiesen, wo durch ein und dasselbe Thler mehrere Hunde, ja ganze Meuten inficirt wurden. Ein Fall, wo ein Hund den andern angesteckt hätte, ist mir noch nicht aufgestossen.
Es sind in dieser Schrift bereits viele Fälle von Infectionen der Hunde angeführt worden, genaue Beobachtungen und Sectionen fehlen aber noch. Der vorgekommenen Formen wegen will ich aber folgende hier wiederholen:
Dass die durch Fleischfressen inficirten Hunde oft sehr schnell sterben, ohne äussere Zeichen von Erkranken, ist wiederholt angeführt worden z. B. von Greve, a. a. 0. I. S. 52; von Gerlach a. a. 0. S. 137. 389. Hüb­ner glaubt in einem Falle, die Hunde wären eben so am Blutschlage gestorben, wie das Lamm, dessen Fleisch sie gefressen, weil die Leichen ähnliche Erscheinungen darboten **).
Andre beobachteten die ähnlichen Innern Milzbrandablagernngen wie in den Thieren, von denen sie inficirt wurden, wie Lüpke bei einem Hunde, der das Aderlass-Blut gefressen hatte „eine Stunde darauf fanden wir ihn im Stroh liegen, es trat Erbrechen ein, und in der 7. Stunde starb er unter convulsivischen Zuckungen. Bei der Section fand ich wirklich meine Muthmassungen bestätigt, die Milz war sehr gross und brandig, der Magen leer und entzündet, und das in den Gefässen noch befindliche Blut schwarz Ton Farbe und theerarlig *quot;). — Noch bestimmter war der Befund eines andern Beobachters: Der Hund erhielt die Eingeweide einer am Milzbrand erkrank-
*) Tscheulin (Milzbrand S. 27.) behauptet dieses zwar, aber ohne Ueobaclitungen zum Belege anzuführen Ein Fall von Prinz liisst auch Zweifel zu. S. den folgenden Abschnitt. ••) S. N. 326. •••) Zeitsehr. für Thierheilk.
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ten und geschlachteten Ziege „doch kaum zwei Stunden nach dem Fcasse er­krankte der Hund mit heftigen Kolikschmerzen, erbrach mit schvarzem Blut Termischte Futterüberreste, laxirte mit Blut, und verendete 10 Stunden nach dem Genuss der Eingeweide der Ziege. Die Section ergab alle Zeichen der acuten Carbunkelkrankheit im Darmkanale, sogar das gelbe Wasser fehlte um die Gekrösdrüsen nicht*).quot;
Ohne Zweifel erfolgt fast immer die Infection in der Maulhöhle, daher auch mehrmals Maulanthrax vorkam. So erzählt Vix: „Vor drei Jah­ren machte ich an einem am Milzbrände gefallenen Ochsen die Section; mein Hund leckte etwas von dem auf der Erde sich sammelnden Blute, bekam nach 12 Stunden Brandblasen im Maule, einen geschwollenen Kopf und kam nur durch grosse Mühe mit dem Leben davon **).quot;
In andern Fällen trat Halsanthrax ein. So referirt Ger lach: ,,Einem Hirtenhunde wurden die spitzen Zähne abgefeilt, und Tags darauf Fleisch von einem Schaafe gefüttert, welches ich geimpft hatte und in Folge dessen an der Blutseuche crepirt war. Am andern Tage wurde der Hund krank und bekam einen dicken Hals, er genass aber nach mehrern Tagen wiederraquo;quot;).quot;'
Am häufigsten scheint sich aber Kopfanthrax zu entwickeln, und was sehr merkwürdig ist, es scheint in vielen Fällen (auch altern) zuerst die Parotis anzuschwellen! Wirtgen erzählt, dass von einem gefallenen milzbrandkranken Ochsen eine Herde Schweine und zwei Hunde frassen. „Sie wurden alle von der Carbunkelgeschwulst des Kopfs befallen, welche man in dem Schweingeschlecht soce nennt. An dieser gefährlichen Krankheit waren bereits mehrere Schweine gefallen, aber alle die, welche zweck-mässig behandelt wurden, wurden gerettet. Die beiden Hunde, welche an der Kopfgeschwulst litten, wurden geheilt ****). — Die merkwürdigste Beob­achtung dieser Art ist aber die von Rougicux: Die aus 150 Hunden be­stehende Meute des Baron von Schickler in Morfantaine bei Paris erhielt durch die Nachlässigkeit des Jägers das Fleisch eines am Milzbrand gefalle­nen Pferdes zur Mahlzeit; schon am folgenden Tage brach der Milzbrand unter ihnen aus, so dass in 4 Tagen an 100 Hunde ergriffen und bei der Ankunft der Aerzte schon 00 verendet und 40 in einem hoffnungslosen Zu­stande waren. „Beim Beginn der Krankheit bemerkte mau zuerst eine An­schwellung der Ohrspeicheldrüsen, dann eine kleine rundliche Geschwulst (ohne Wärme, Empfindlichkeit oder Veränderung der Hautfarbe) an irgend
i1.
•) Daselbst. B. IV. S.130. ••) Daselbst B. IX. S. 209. quot;•) Magazin für Thierheilk. B. IX. S. 890. 'quot;) Journal d'Agriculture des Pays-Bas. vol. XYIII. p. 313.
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einem Theile des Kopfs, z. B. der Lippen, der Stirn, im Kehlgang u. s. w., selten am Körper oder den Füssen. In wenigen Stunden breitete laquo;ich die Anschwellung bedeutend aus und gab, besonders wenn sie am Kopfe war, dem Thier ein abscheuliches Ansehen; es bildeten sich Tiolette Punkte auf der geschwollenen Hautstelle, oder sie wurde durchaus bläulich, wie auch das Innere des Mauls, aus welchem zäher Speichel floss. Der Appetit, die Aufmerksamkeit und die Ausicerungen fehlten ganz, der Mist war manchmal etwas blutig, grosse Schwäche der Muskeln, anhaltendes Liegen, besonders auf feuchten und kühlen Stellen. Der Verlauf dauerte oft nur 21 Stunden, im höchsten Fall 3 bis 5 Tage, die Thiere gingen unter erstickenden Rö­cheln zu Grunde. Eben so rasch stellte sich in den günstig verlaufenden Fällen die Genesung ein. Die unmittelbar nach dem Tode Torgenommenen Sektionen ergaben, dass die Ecchymosen in der Haut nur diese betrafen, nicht aber tiefer gingen; das darunter liegende Zellgewebe war der Sitz eines Ergusses von weisslichem Serum, das sich auch zwischen die Muskeln hinein erstreckte und hauptsächlich die äusserlich sichtbare Geschwulst bildete. Die öfters bedeutend angeschwollenen Parotiden waren mit blutigem Serum infiltrirt, ihr Zellgewebe mit Blut überfüllt, hier und da wenig ausgebreitete Blutflecken zeigend. An den der Infiltration des Zellgewebes nahe liegenden Muskeln sah man nicht, wie beim Milzbrand der grösseren Hausthiere, schwarze Ecchymosen. Das Blut war sehr schwarz, pechartig. Herz und Lungen zeig­ten nichts Abweichendes; die Schleimhaut des Dünndarms war in einigen Ca-davern geröthet und hatte etwas Blut ausgeschwitzt. Ueber die Ansteckungs­fähigkeit liegen zwei entgegengesetzte Beobachtungen vor; ein der Meute ganz fremder Hund wurde über Nacht zu mehreren bedeutend erkrankten gesperrt und den folgenden Morgen herausgelassen, er blieb gesund; dagegen wurden von 5 Hunden dieser Meute, aus einem etwas entlegenen Stalle, die nicht Ton dem Pferdefleisch gefressen hatten, einige dadurch krank, dass sie mit den bereits erkrankten zusammen eine Promenade gemacht hatten*).quot; — Dahin gehört denn wohl auch die Beobachtung yon Walch: „Auch der dem Schä­fer Meier gehörige Hund, welcher von dem Fleische des am Freitag zuvor getödteten Ochsen gefressen, hatte sich am Montag Morgen traurig und krank gezeigt; in der Nacht vom Montag auf den Dienstag krepirte der Hund, und wurde von seinem Herrn tief verscharrt; der letztere erzählte mir erst später, das Thier habe an jedem Backen eine bedeutend grosse, weiche Geschwulst, oder eigentliche Beule bekommen**).quot;
Bougieux erwähnt oben, dass zuweilen die Hunde auch Beulen am Rumpfe oder an den Extremitäten bekommen, ich kenne sonst kein Beispiel von sol-
•) R ecueil de Med. vet. 1847. *•) Zeitschr. für Thierheilk. B, XVI. S, 185.
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chen Hau tear bun kein der Hunde*); Grevc beschreibt die Carbuukcl der Hunde, ohne ihren Sitz anzugeben: „Die brandigen Geschwülste der fleischfressenden Hausthiere, als des Hundes und der Katze, verursachen die­sen Thieren vielen Schmerz, und gleichen im Anfange sehr den Furunkeln der Menschen. Sie sind in der ersten Periode mit heftiger Entzündung ver­verbunden, werden aber nach und nach ganz kalt, und gehen in Brand über. Bei diesen Thieren sehen wir gewöhnlich nur einen einzigen grossen Car-bunkel, selten zwei oder mehrere**).
In wiefern vielleicht eine andre Krankheit der Hunde in einer Bezie­hung zum Milzbrande stehen könnte, soll uns im folgenden Abschnitt be­schäftigen.
17. Wolf.
Bei Epizootien wird die Infection der Wölfe, welche die gefallenen Tbiere frassen, wiederholt erwähnt, besonders in Frankreich***). Thomas sin theilt eine Beobachtung mit, wo ein Mann, der einen Wolf todt im Felde gefun­den , und ihm das Fell abgezogen hatte , vom Milzbrandcarbunkel befallen wurde. Sehr voreilig schliessen aber einige Schriftsteller daraus, als könne sich der Milzbrand primär im Wolfe entwickeln; es ist viel natürlicher an­zunehmen , dass der Wolf ein milzbrandiges Thier gefressen hatte.
18.nbsp; nbsp; nbsp;Fuchs.
Auch das Sterben der Füchse während allgemeiner Milzbrandepizootieen wird wiederholt angeführt (z. B. 1807 in Baiern). Ziegler theilt auch einen Fall mit, wo ein achtzigjähriger Mann, der einen am Milzbrand lei­denden geschossenen Fuchs abhäutete, den Milzbrandcarbunkel bekam ****). Da sich der Fall im sächsischen Milzbranddistrikte ereignete, so ist wohl anzunehmen, der Fuchs hatte milzbrandiges Fleisch gefressen.
19.nbsp; nbsp; nbsp;Katze.
Die Merkwürdigkeit, dass die Katzen so ganz ausserordentlich empfäng­lich für das Milzbrandgift sind, während es die Hunde wenig sind, wurde bereits oben erwähnt, und mit Beispielen belegt. Untersuchungen über die Formen des Milzbrands bei diesen Thieren sind mir aber nicht bekannt; Lappelaquo; Schwab, Gaul!et, Bidault, Laubender, Gerlach u. s. w. führen keine speciel-Icn Beobachtungen an.
e) Doch finde ich bei Laubender einen Fall von einer GeschwaUt am Bauche. S. Milzbrand S. 45. ••) A. a. 0. I. S. 53.
***) Früher an mehreren Stellen erwähnt, auch noch aus ganz neuen Zeiten S. oben S. 178.
••*•) Rust. Magazin. B. XX. S. 182.
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20. Bär.
Die Ansteckung von Bären in Milzbrandepizoolieen der Hausthiere wird aus Finnland und aus Frankreich berichtet, wie früher angeführt wurde, und im ersteren Falle wurden durch die Bärenhaut mehrere Menschen augesteckt.
21. Dachs.
Die Ansteckung von Dachsen wird ebenfalls in mehreren Epizooticen, z.B. in Baiern u. a. w. angeführt.
22. Hasen und Caniu chen.
Das Sterben der Hasen und Caninchen in allgemeinen Milzbrandepizoo-tieeu wird oft angeführt. Auch sonst, z. B. 1830, 1831 u. s. w. hat man die cpizootische Sterblichkeit der Hasen, z. B. in Böhmen, Sachsen, von Milzbrand abgeleitet. Genauere Untersuchungen sind mir nicht bekannt; Chans si er führt aber einen Fall an, wo eine Köchin durch das Abziehen eines Hasen sich einen Mihbrandcarbunkel zuzog.
23.nbsp; nbsp; Mäuse.
Es ist eine vielfach beobachtete Thatsache, dass in manchen Jahren un­ter den Feldmäusen Epizootieen ausbrechen, an denen sie in grossen Massen plötzlich sterben. — In einem solchen Falle wurden mir einmal viele solche Mäuse gebracht, bei deren Untersuchung ich an jeder einen Exanthemflecken von verschiedener Grosse, gewöhnlich mit Blasen oder Bläschen besetzt fand; ich hielt es für ein Erysipelas; Blutextravasate von schwarzem Blut, die ich frei­lich wahrgenommen hatte, hatte ich für zufällig, für Folgen von Druck, Schlä­gen u. dgl. gehalten, zuletzt erst fiel mir die Uebereinstimmung auf, dass bei allen unter den Hautflecken schwarze Blutextravasate lagen, und eben solche an verschiedenen Stellen des Unterleibs, es leuchtete mir eine Aehn-lichkeit mit dem Blutschlage ein! aber zu spät; ich erhielt keine Mäuse mehr, und habe seit jener Zeit nichts Aehnliches mehr gesehen. Es scheint mir indessen der Mühe werth, in der Folge etwas aufmerksam auf diese Krankheit zu seyn.
Aus dem Mitgetheilten ergiebt sich, dass der primäre ohne Contagium entwickelte Milzbrand nur im Pferde, in den Wiederkäuern und im Schweine bewiesen ist; dass dagegen wohl alle Säugthiere von dem Contagium des Milzbrands inficirt werden können. Die folgenden Beobachtungen dürften wohl beweiren, dass auch alle Vögel für das Contagium empfänglich sind.
24.nbsp; nbsp;Gänse.
Unter allen Vögeln könnte man wohl am ersten bei den Gänsen eine primäre Entwickehing erwarten; indessen bei der Häufigkeit und Leichtigkeit
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ihrer Infection durch das Contagium der Säugthiere ist das Vorkommen des primären Milzbrandes doch noch sehr zweifelhaft.
Ich habe früher schon erwähnt, dass vor anderthalb Jahren in meiner Nähe der Fall vorkam, dass die ganze Gänseherde eines Dorfes plötzlich starb, weil der Hirte die Unvorsichtigkeit gehabt hatte, die Hecrde auf einen Wasen zu treiben, auf welchem kurz zuvor ein am Milzbrand erkranktes Pferd erstochen worden war.
C ha b e r t theilt allerdings eine Beobachtung mit, wo er die Krank­heit für primären Milzbrand hielt: Zu Marolles-sur-Seine war nämlich im August 1780 eine Epizootie unter den Gänsen ausgebrochen, an welcher be­reits 389 gestorben waren, 427 noch erkrankte wurden geheilt. „Die Krank­heit begann mit Fieber, Schwäche, Mangel an Fresslust, Traurigkeit, Lahmen, unregelmässigen Bewegungen des Kopfs, Krümmen des Kückens, grossen Schmerzen der Extremitäten und des Kopfs; bald darauf wurde der Schna­bel schwarz, und es trat Gangrän in den Anschwellungen der Schwimmhaut zwischen den Zehen ein, einige Minuten vor dem Tode colliquativer Durch­fall. Bei der Section fand man die Eingeweide schwarz und brandig, die Muskeln des Magens schwarz und brandig, die innere Haut desselben schwarz, trocken und sphacelös; Leber und Nieren ganz zersetzt; die Bauchmuskeln grünlich und in einem Zustande der Fäulniss; so dass das Thier 3 bis 4 Stunden nach dem Tode ganz faul zu scyn schien. Die Ursache glaubte man zu finden in der ausserordentlichen Hitze und Trockenheit, der Unreinlichkeit der niedrigen, nicht gelüfteten und sehr übel riechenden Ställe. Dabei hatten die Thiere nach der Ernte auf dem Felde ausgefallene und in Gährung übergegangene Getreidekörner gefressen, von denen der Kropf und der Magen voll waren, und zwar in einem wahren Zustande der Fäule, dazu kam noch stinkendes Sumpfwasser in den Lachen, welches die Thiere soffen.quot; Die Krankheit soll seit Jahren, jedes Jahr grosse Verheerungen angerichtet haben *).
In Milzbrandepizootieen wird die Infection der Gänse oft erwähnt, z. B. schon 1712 von Schröck in Augsburg, in den Cholerajahren 1830 und 1831 in Posen**) und anderwärts. Im Jahr 1835 in Ostpreussen (mit Milzbrand der Haussäugthiere) ***).
Laubender wiederholt nur die Beschreibung von Chabert.
Greve bemerkt: Die Carbunkeln der Gans und der Ente nehmen ge­wöhnlich den Hals dieser Thiere ein, und sind kalt. Beide Thiergattnngen enden sehr schnell daran****).
deg;) Inatruct. et Obs. Vol. I. p. 219. u. 375. **) San. Ber. von Posen. 1830. II. S. 64. auch in folgenden Jahrgängeraquo;. *quot;) Königsberger San. Ber. 1835. 2. Sem S. 71. ••••) A. a. 0. S. 53.
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In meiner Nähe kommt die Infection der Gänse sehr häufig Tor. Ge­wöhnlich erscheinen ilic Carbunkeln in Gestalt harter Hauer Blasen an den Schwimmhäuten der Füsse, was man sogleich an einem sehr clgenthümlichen Gang der Thiere erkennt (was auch den Landleuten sehr wohl bekannt ist). Die Krankheit verläuft freilich oft sehr schnell, aber eben so oft bestehen die Carbunkel 4, 8, selbst 2i Stunden, ehe sich allgemeine Symptome ent­wickeln (und können dann durch topische Behandlung sicher geheilt werden); wird aber die Krankheit allgemein, so fängt das Thier an zu zittern, die Federn zu sträuben, mit dem Kopfe zitternd hin and her zu wackeln, lässt die Flügel zitternd und paralytisch herabhängen, kann sich kaum auf den Beinen halten; dann wird das Gesicht und der Schnabel blau, es tritt schwar­zer stinkender Durchfall ein und das Thier stirbt unter convulsivischem Zit­tern. Wenn die allgemeinen Symptome eintreten, so hat das Thier nur we­nige Stunden zu leben. Nach dem Tode findet man schwarzes theerartiges Blut exsudirt unter den Nieren, zwischen den Häuten des Darms, um den Kropf und die Speiseröhre, die Leber ist schwarz, ganz weich und mit Blut überfüllt. Hautcarbunkeln habe ich zwar nicht gesehen, sie sollen aber oft am Halse und Kopfe vorkommen. — Wahrscheinlich ist die Krankheit in al­len Milzbrandländern eben so häufig *).
25.nbsp; Enten.
Enten sollen gam ähnlich leiden, ich selbst habe solches nicht gesehen.
26.nbsp; Puten.
Die Infection derselben in Epizootien wird wiederholt erwähnt, so 1712, 1757, 1763, 1780 u. s. w. Die Carbunkeln kamen gewöhnlich an den Köpfen, besonders an den Augen vor.
Während die Hühner eines Hofes am Augenanthrax litten, beobachtete Chabert an den Puten desselben Hofes den Zungenanlhrax: „Der Carbunkel be­schränkte sich auf die Zunge; diese war geschwollen, schwarz und gangrä­nös; wurde der Schorf weggenommen, so sah man ein Geschwür von der Farbe des Weinsteins. Man erkannte das Daseyn dieses Carbunkels an dem Mangel an Fresslust, Schwäche, Traurigkeit, Ausfallen der Federn; auf das Erscheinen des Carbunkels folgte bald der Tod, ohne dass irgend eine Crise, eine Convulsion vorausgegangen wärequot; **). Höchst wahrscheinlich war die Krankheit hier auch Folge der Infection.
Es ist wohl wahrscheinlich, dass die grosse Sterblichkeit dieser Haus­vögel in mehreren tropischen Ländern, z. B. auf Ceylon, auf mehreren westin-
•) Der laquo;ogenannte Kah (Pyl Repert. II. 1. S. 103.) gehört auch wohl hierher?
•raquo;) Observ. et Inst. vol. I. p. 219.
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dischen luselu u. 8. w. auch vonnbsp; nbsp;einer carbunkulöseu Krankheit herrührt;
Jfh kenne aber aus keinem diesernbsp; Länder eine nähere Beschreibung dieser Krankheit.
27.nbsp; nbsp;Fasane.
Es kömmt in den Fasanerieen eine akute epizootische Krankheit vor, in welcher den Fasanen der Kopf schwillt, blau wird und sie schnell sterben. 'Wahrscheinlich ist es Milzbrand, ich habe sie indessen weder selbst gesehen, noch kenne ich eine hinreichend genaue Beschreibung. —• Während des Hüh-nermilzbrands 1763 erwähnt Tarn auch das Sterben der Fasane.
28.nbsp; Hühner.
Die Infection der Hühner, wenn sie Futter oder Steinchen mit Blut oder Unrath milzbrandkranker Thiere gefressen, kömmt sehr oft vor, und ist von uns auch früher oft erwähnt worden.
G r e v e sagt darüber: „Die Carbunkeln des Haushahns nehmen gewöhn­lich den Kamm und die Lappen unter der Kehle ein; der Kamm wird erst blau-roth, dann kalt, endlich schwarz und fällt zuletzt ab.quot;
Am häufigsten scheint mir aber der Augenanthrax und der Zungenanthrax vor­zukommen, beide habe ich selbst mehrmals gesehen. Dahin gehörtauch die Beschrei­bung der Krankheit eines Hühnerhofs, welche Chabert gibt: „Die Krankheit trat ein mit Traurigkeit, Mangel an Fresslust und Ausfallen der Federn auf dem Rücken; um diese Zeit zeigte sich der Carbunkel am Kopf; dieser schwoll allgemein an, und zwar auf einer Seite stärker, als auf der andern; das Auge der afficirten Seite war trüb, vorgetrieben, bedeckt von der verdickten Bindehaut, die eine schwarzrothe Farbe hatte, wie das untere Augenlid, wel­ches gewöhnlich brandig war; aus dem innern Augenwinkel floss eine seröse, zersetzte, ausserordentlich scharfe Flüssigkeit, welche auf die Theile, über welche sie floss, ätzend wirkte. Der Theil des Gaumens, welcher dem kran­ken Auge entsprach, war erhaben, schwarz und brandig, und die übrigen Theile des Maules waren sehr entzündet. Der Kamm, der Schnabel und die Füsse waren im Anfange der Krankheit blassroth, am Ende derselben wurden sie schwarz und brandig. Die Federn der Flügel waren locker, fielen ent­weder von selbst aus, oder konnten durch leichtes Ziehen weggenommen wer­den. Der Tod wurde angekündigt durch einen klagenden Schrei, den man mit einem heftigen Röcheln vergleichen konnte. In den todten Körpern fand man ein schwarzes brandiges Blut, Ecchymosen in den blutreichen Eingewei­den; das Muskelfleisch schwarz, und alle Theile des Kopfes sphacelirt; das Gehirn war schwarz und mit Blut überfülltquot; *).
Bei der grossen Zungenanthraxepizootie 1732 litten die Hühner sehr häufig an derselben Krankheit.
*) Ins truet. et 0 b se r v. vol. 1. p. 217.
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Die grosse Geflügelseuche 1763 und 1764 iu Spanien, Italien, Frank­reich, Böhmen, Oesterreich *), war wohl ursprünglich kaum Milzbrand, Tiel-leicht bösartige Maulseuchc (die bei dem Geflügel oft vorkommt), allein in mehreren Gegenden ist sie in Kopfanthrax übergegangen.
Die grosse Hühnerseuche in Italien 1789 und 1790 ist zwar nach den Beschreibungen auch nicht ganz sicher zu diagnosticiren **), indessen mehrere Zeichen raquo;eisen auf Milzbrand hin, und besonders hat sie Menschen mit dem Milzbrand inficirt.
Die häufigen tödtlichen Seuchen des Geflügels vor und während der Cho­lera 1830 bis 1836, trugen mehr oder weniger das Gepräge des Milzbrandes, werden in mehreren Ländern geradezu als Milzbrand bezeichnet ***).
Laubender beschreibt den Milzbrand der Hühner: „Sie werden traurig, versagen das Futter, die Federn sind gesträubt, die Kämme mehr kalt, ent­färbt, eben so die Füsse, zuletzt werden die Kämme blau, schwarz, am Kopfe oder am Leibe fahren braudigte Geschwülste auf, unter Convulsionen fallen sie endlich um und sterben. Bei der Section zeigt sich der entzündlich (?) brandigte Zustand, das schwarze Blut, eine gelbligte Ablagerung in die Ge­schwülste mit Brand der nahe liegenden Theilequot; ****).
Epizootischer Milzbrand, namentlich auch Milzbrandschlag kam 1835 in Böhmen unter den Hühnern vor. S. oben S. 167.
29. Tauben.
Me tax a beschreibt Milzbrandepizootieen der Tauben, die die Folge von schlechtem Mais Futter gewesen seyn sollen; was er aber beschreibt, ist die räthselhafte, sonst unter dem Namen der Blattern des Geflügels bekannte Krankheit f); es wäre freilich gut, wenn wir diese besser kennten; ich
*) S. Recherches de Pathologie compar^e. vol. II. P. I. p. XCII. quot;) Recherches d e P a t h. c o in p. II. 1. p. XCIII. Dieselbe Krankheit verheerte wieder die HUhnerhufe der Lombardei im Jahre 184Z, und wurde auch wieder für Milzbrand gehalten. Gazette med. di Mi­lan o 184 3. Maggio. •••) Daselbst p XCIV. p. CCCXXXHI u. ff. *'•'') Milzbrands. Milzbrand S. fiO.
t) Recherches de Pathologie comp. vol. II. 1. p. CX. 8 e q.
In den letzten Jahren, wo mich Epidemieen von Pocken, ächten und Tarioloiden iu allen Ucbergängen, nur zu viel geplagt haben, habeich mir #9632;viele Mühe gegeben, junge Tauben zu inticiren , ich habe sie geimpft, in den Blatternstuben gehalten, BlatternUindern in das Bett gegeben, aber bis jetzt ist mir noch keine Uebertragung gelungen.
Bine besonders ausgebreitete angebliche Gefliigel-Blattern-Seuche zu-
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kenne nur eine Eclhyma oder Rupia ähnliche Krankheit, besonders der Puten Milzbrand kann ich vor der Hand in diesen Krankheiten nicht erkennen.
Allerdings werden aber auch die Tauben mehrmals unter den inficirteu Thieren in Milzbrandepizooticen genannt.
30.nbsp; nbsp;Krähen. Raben.
Die Infection eines Raben wurde früher erwähnt. — Solche von Krä­hen erwähnt Wendroth. — Billing*) erzählt, dass während der gros-sen Milzbrandepizootie im Sommer 1826, in Upland, Krähen und Elstern, die sich sonst in grosser Anzahl dort aufhalten, gar nicht mehr gesehen wurden.
31.nbsp; Amseln. Staare.
Die Infection dieser beiden Vögelarten heobachtete Gilbert.
82. Fische.
Da Blut, Unrath und Aeser der am Milzbrand erkrankten und verstor­benen Thiere leidet oft in Gräben, Flüsse und Teiche geworfen werden, so ist ohne Zweifel häufig Gelegenheit zur Infection von Fischen gegeben, wenn diese Empfänglichkeit für das Contagium besitzen.
Eine solche Infection der Fische erwähnt Audouin de Chaignebrun (N. 23.) in der grossen Milzbrandepizootie in der Brie 1757.
Dieselbe erwähnt Jessen in der Milzbrandepizootie in Russland 1826: Es waren nach ihm viele der im Wolchowflusse gefangenen Fische mit bös­artigen Geschwüren bedeckt **)•
Es gibt gewisse andre Epizootieen der Fische, deren Milzbrandnatur frei­lich nicht bewiesen ist, die Symptome könnten aber wohl dafür sprechen. In manchen derselben war auch wohl eine solche Infection möglich, in andern scheint sie unwahrscheinlich, und man könnte an primären Milzbrand denken, wenn die Krankheit wirklich Milzbrand war. Es ist zu bemerken, dass die angegebenen Einflüsse mehrmals dieselben waren, wie die, welche in den Säugthieren den Milzbrand erzeugen. Ueberdiess kamen sie wiederholt in Milzbrandländern vor. Es gehören dahin folgende:
Adam in Caen theilt folgende Nachricht mit: „Seit dem Jahre 1760 hat man zwei bis dreimal eine Epizootie unter den Fischen des Flusses Dive (Dep. du Calvados) beobachtet. Die Sterblichkeit ist in der That nicht allge-
gleich mit Scliaafpocken beschreibt übrigens Büchner Miscellanea pbys. m e d. 1728. 2. p. 138G. Diese wichtige Stelle war mir in den Recherches entfallen. •) S. Nachtrag N. 218. b. •0) Rin d e rp e s t p. 24.
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mein gewesen; allein ausser denen, die starben, waren die mehrsten krank, schwammen auf der Oberfläche des Wassers, wo man sie leicht fangen konnte, ihre Kiemen waren blass, wie auch das Fleisch derer, welche man zerschnitt. Vielleicht hat diese Epziootie schon mehrmals stattgefunden, ohne dass man darauf geachtet hat, ich habe mir in dieser Beziehung keine Aufklärung Ter-schaffen können. Die Sterblichkeit trat am Ende des Sommers ein, in einer Länge von 4 bis 5 Meilen; man fand hier und da Salmen und Hechte todt, die Ufer waren aber bedeckt mit Flundern. Es war leicht die Ursache dieser Sterblichkeit in der schlechten Qualität des Wassers zu finden, welches, nachdem es in den dem Flusse benachbarter Sümpfen gestanden hatte, seine Verderbniss dem Wasser des letzteren mitgetheilt hatte; in der That, die er­wähnte Krankheit hat sich nur in den Jahren gezeigt, in welchen im August reichlicher Regen eingetreten war; diese grosse Menge Regen bewirkt noth-wendiger Weise Ueberschwemmungen der Dieve, deren Bett an einigen Stel­len sehr yerengt ist und die nur wenig Fall hat; dazu kömmt, dass die be­nachbarten Wiesen sehr tief liegen, wenn sie überschwemmt werden, so faulen die Pflanzen, und die Hitze der Jahreszeit vermehrt noch die Verderbniss; es ist nicht zu verwundern, dass das faule Wasser dem Flusse seine schädlichen Eigenschaften mittheilt, wenn es in denselben zuriiekfliesst, und ihn so ver­giftet, dass die Fische sterben.quot; Hier ist allerdings die Krankheit gar nicht beschrieben; sie ist aber unter diesen Umständen, und besonders durch das Wasser aus Flachs- und Hanfrösten, mehrmals vorgekommen, und die Fische waren dann mit schwarzrothen Blasen, wie in den folgenden Fällen besetzt.
Godefroy (den bereits P. Frank anführt) erzählt in seiner Chronik, dass im Jahre 1655 viele Fische in den Seen gestorben waren, worauf die Hunde, die sie frassen, toll wurden, und die Menschen, die sie assen, bekamen eine pestilentielle Krankheit, woran sehr viele starben.**)
Bekannt ist besonders eine Beobachtung von Stegmann: „Ante ultimam pestis invasionem, anno nimirum 1680 pisces in lacu dulei Mansfeldiaco, pisci-nis Langenbogianis (minime vero in lacu amaro vel salso) lue quadam epi-demica, magna perierunt in copia, maculas habuerunt variorum colorum ex nigro rubentes, flavas et virides per Universum hinc inde corpus sparsim ex-pansas, gravem spirarunt odorem, et nauseabundam sapuerunt putredinem, a quorum esu pauperioris sortis homines insignem praecordiorum anxietatem, subitaneam virium prostrationem, nauseam, vomitum, putridas malignasque febres sunt passi. Medici Hallenses, Islebienses et alii mirnm hoc phaeno-menon curiosa mente indagantes, illud ad unum omnes malignis, tunc tem-poris aquam inquinantibus nebulis adscripserunt, utpote qui aer nebulosus
') Instruct, e t O bs. v o 1 III- p. 331 **) Gothofredi Chron. a. 1655,
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tantae fait corrosiritatis, ut piscatorum aquis innatantium facies cxulccraverit, aquasquc cuticula ex flaro coerulea obtexerit.quot; *)
Im Jahre 1709 kam im Züricher See eine Epizootie unter den soge­genannten Blaulingen oder Bratfischen (Corregonus maraenula) vor, in welcher sich der Körper derselben mit Beulen bedeckte, sie magerten schnell ab und schwammen bald darauf gänzlich faul auf dem Wasser, so dass der Magistrat den Verkauf derselben verbot. **)
Scheuchzer berichtet, dass im Jahre 1722 einlaquo; allgemeine Sterblichkeit unter den Fischen des Bodensees herrschte. Man fand in allen die Gallen­blase ausserordentlich gross, und in allen Eingeweiden röthliche Pusteln. Die Ursache laquo;uchte man in einer grossen Hitze im Monat März, worauf heftige Kälte folgte. #9830;*#9830;)
In den Jahren 1762 und 1813 kam eine Epizootie unter den Blaulingen des Vierwaldstädter Sees Tor. Diejenigen, welche auf der Oberfläche des Wassers erschienen, waren so verdorben, dass sie keine Katze anrührte, weder roh, noch gekocht. Gekocht lösten sie sich in eine gelbliche ekelhafte Gal­lerte auf. Jurine beobachtete dieselbe Epizootie an den Blaulingen des Genfersees.**'*)
Im Jahr 1822 im September sah Valenciennes eine grosse Sterblich­keit unter den Fischen des Teiches Saint Gratien, es starben weniger Karpfen, viele Barsche und besonders viele Hechte. Der Körper dieser Thiere war mit rothen Flecken bedeckt.
Aehnliche Sterblichkeiten der Fische kamen in den Cholerajahren 1830 bis 1836 an vielen Orten vor.
Es ist sehr zu wünschen, dass man die Wirkung des Milzbrandgifts auf die Fische durch directe Versuche beobachtet.
Nach Jessen sollen selbst die Krebse im Wolchowflusse während der Milzbrandepizootie gestorben seyn.
Älgemeine Resultate.
Leichenöffnungen habe ich bei den einzelnen Formen und bei den einzel­nen Thicrarten möglichst genau angeführt.
Die Leichenbefunde in dem Menschen habe ich oben unter Mensch noch vollständig zusammengestellt.
Endlich habe ich am Ende des ersten Theils dieses Abschnitts die allge­meinen Resultate aller Leichenöffnungen zusammengestellt.
•) Ephem. Nat. Cur. D ec. II. a. set. 6. p. 3g6. **) Hartmann helvetische Ichthyologie und Meyer Ahrens
in: v. Pomm er Schw eiz. Zei tschr. B. VI. S. 338. 'quot;) Didier Trait6 de la peate p. 540. ****) Histoir e des poiss ons du lac Lern an. p, 194.
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Kommenbei Lctchenöffnuugen ausnahmsweise einmal Zeichen von Kntzundiui-gen ror, so sind diese jederzeit anfCompIicationen oder auf Reactionen desOrganis­mus zurückzuführen. Aus dem Leichenbefunde ist das allgemeinste Resultat zu ziehen: Entz ün dungsprodukle kommen beim Milzbrande nie­mals vor. Eben so wenig ist aber aus diesem Befunde zu schlies-sen, dass irgend eine primäre Zersetzung, Auflösung, stattgefunden habe, sondern wesentlich weist derselbe hin auf unmittelbares Absterben der Organe, die abgestorbenen Butgefasse Hessen das Blut ganz oder theilweise transsudi-ren, und die abgestorbenen Gewebe selbst yerdorrten (trockner Brand) oder zerfielen.
Ein zweites Resultat, welches aus den Leichenöffnungen sowonl, als aus den Symptomen gezogen werden muss, ist das: Der Milzbrand ist wesentlich eine und dieselbe Krankheit, mag er primär entstanden oder durch Contagion mitgetheilt seyn; mögen die Organe, welche er befällt noch so verschieden seyn; mag der Verlauf acuter oder langsamer seyn; ferner auch in allen verschiede­nen Thierartcn; die Krankheit im Menschen ist ganz dieselbe wie in den Thie-ren; verdient daher auch durchaus keinen besondern Namen, die Pustula ma-ligna u. s. w. ist nichts anders, als der Milzbrand der Thiere.
In Beziehung auf das Contagium gelten die Resultate: Das Conta-gium wirkt, auf ein Organ gebracht, in diesem zunächst rein local, nicht chemisch zersetzend, auflösend oder ätzend, sondern einfach ertödtend: das Contagium muss sich aber vervielfältigen, denn im kleinsten Funkte begonnen, geht dieser Absterbungsprocess nach allen Seiten in der Contiguität fort, oft auf sehr grosse Flächen. Ist das befallene Organ für den Organismus von keiner grössern und allgemeinern Bedeutung, so ist auch dieser locale Abster­bungsprocess (z. B. in der Haut) für den Gesammtorganismus ganz gleichgültig, das Thier, der Mensch, ist so gesund wie zuvor. Das Contagium kann aber (offenbar durch die Lymphgefässe, die es oft local afficirt, sowohl, als durch die Blutgefässe) weiter in den Organismus verbreitet werden, und dann entstehen Erscheinungen, welche ganz gleich denen sind, welche wir im primär ent­wickelten Milzbrand beobachten.
Diese allgemeinen Erscheinungen sind aber wesentlich folgende: 1) Die Krankheit beginnt, im gesundesten Thiere urplötzlich, wie durch einen elektrischen Schlag, ohne dass Erscheinungen der allmähligen Krank­heitsentwickelung vorausgegangen sind, wie wir sie bei Dyscrasien oder or­ganischen Gewebsverbildungcn zu beobachten pflegen. (Entwickelt sich die Krankheit allmählicher, gehen Störungen des Allgemeinbefindens voraus, so erkennen wir in diesen auch locale Einwirkungen des Krankheitsstoffes auf einzelne Organe. Dass der Krankheitsstoff eine längere oder kürzere Zeit im Organismus ruhen kann, hat er mit allen andern Miasmen und Contagien gemein).
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2)nbsp; nbsp;Gleich die ersten Krankheitserscheinungen können unmittelbar und plötzlich den Tod herbeiführen. S. den vorigen Abschnitt u. s. w.
3)nbsp; nbsp;Werden aber die passenden Mittel angewendet, ehe noch bedeutende organische Zerstörungen eingetreten sind, so sehen wir, auch bei dem aller-heftigsten Erkranken, eben so plötzlich und unmittelbar die Gesundheit wieder eintreten; das Thier kann nach einer Stunde wieder so gesund seyn, wie vor dem Anfall; es bedarf keiner langen Rcconvalcscenz, wie wir sie bei or­ganischen Krankheiten wahrnehmen. Laubender u. A. (Die Krankheit unterscheidet sich aber hierin auch von andern Nervenkrankheiten, die oft einer langen Reconvalescenz bedürfen, auch wenn gar keine organischen Veränderungen erkannt werden).
4)nbsp; Die ersten wesentlichen Erscheinungen weisen auf Krampf, und zwar zunächst auf Gefässkrampf hin: das Thier friert, die Extremitäten (Ohren, Hörner, Rüssel) werden kalt, es zittert, der Puls wird sehr häufig, klein oft schon unfühlbar, wobei der Herzschlag entweder sehr stark und pochend, oder aber auch klein und unfühlbar ist; zunächst zeigen sich am häufigsten Krämpfe der Athmungs- und Verdauungsorgane, die Nüstern werden aufge­rissen, das Maul aufgesperrt, alle Athmungsmuskeln arbeiten, die Unterleibs­organe werden oft stossweis im Unterleib hin und her bewegt. Häufig ent­steht Krampf in der Hautmuskeln, nicht selten imKiefer und in den Extremitäten. Diese Symptome dauern Minuten, aber auch viertel und halbe Stunden. Das Bild der Krankheit variirt nun, je nach dem die im Folgenden erwähnten Symptome der Lähmung früher oder später, allgemeiner oder mehr local auf­treten; immer aber folgt doch
5)nbsp; nbsp; eine Reaction, mehr oder weniger wahrnehmbar; die erkalteten Theile werden warm, die Krämpfe lassen nach, das Thier äussert selbst Schmerz, zuweilen treten auch wohl Zeichen von Congestion ein.
6)nbsp; Darauf folgt ein allgemeiner Nachlass. In sehr charakteristischen Formen, und wenn die folgenden Erscheinungen nicht in wichtigen Einge­weiden eingetreten sind, so ist es eine volle Intermission, in welcher das Thier frisst, wiederkaut, sich frei bewegt u. s. w., nur der Puls bleibt ge­wöhnlich klein und häufig. Sind bereits Lähmungen eingetreten, so zeigen sich auch diese Intermissionen mehr nur als Remissionen, die indessen in der Regel wahrnehmbar genug sind. Diese Intermissionen oder Remis­sionen dauern Viertelstunden, halbe Stunden, aber auch Stunden.
7)nbsp; Die subjeetiven Symptome, welche unter diesen Umständen von dem Menschen wahrgenommen werden, sind Gefühl von Wärme und Brennen im Unterleibe, ausserordentliches Angstgefühl, Abdominalangst, Gefühl ausseror-dentlicher Schwäche. Dass auch in den Xhieren Aehnliches vorkömmt, zeigt ihr Benehmen: Sie sehen gewöhnlich nach der Milzgegend, schlagen mit den Füssen nach dem Unterleibe; ihr ganzes Benehmen zeigt Angst und Prostratio virium.
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8)nbsp; Nach dem Krämpfe, oft gleich im ersten Anfalle, wenigstens hald in den folgenden, treten Anaesthesie und Paralyse ein, bald mehr in diesen, bald mehr in jenen Organen. Die Anaesthesie verräth sich durch grosse Unempfindlickeit der Haut, gegen Schläge u, s. w., Stumpfheit des Gehörs, und Schwäche des Gesichts; die Paralyse zeigt sich yor Allem, auf gleich anzugebende Weise im Gefässsystem, vo sie schon der Puls verräth, un­sicheren wackelnden Gang, Kreuzlähme, Lähmung einzelner Ohren, Extremi­täten u. s. w.
9)nbsp; Die Paralyse des Gefässsytems kann sehr allgemein, aher doch ge­wöhnlich immer mehr an einzelneu Organen hervortreten. Zuerst werden die Haargefässnetze mit Blut von schwarzrother Farbe überfüllt, die sicht­baren Schleimhäute der Augen, der Nase, des Mauls, der Genitalien, des Afters werden mehr oder weniger roth, blauroth oder schwarz gefärbt, häufig tritt eine ähnliche Färbung der Haut ein, es können viele Stellen auf diese Art leiden, oder auch nur wenige. — Bald transudirt Blut durch die Ge-fässwände in das Gewebe und auf die freien Flächen der Organe: Es kann selbst auf der äussern Haut als blutiger Schweiss erscheinen (wie es scheint vorzüglich in heissen Cliraaten. Bertin. Segretain. Kercheval. S. oben S. 361. 369); gewöhnlicher durch die Schleimhäute der Nase, des Mauls, des Darms, der Harnwerkzeuge, der Genitalien. Aber zu gleicher Zeit erfolgen nun die Transsudationen in die verschiedenen Gewebe, Milz, Leber, Lunge, Darm u. s. w., wodurch nun Symptome herbeigeführt werden, welche von der Störung der Verrichtungen dieser Organe abhängen,
10)nbsp; Wird dem Thiere Blut gelassen, so ist dieses schwarz, dick, theer-artig, gerinnt nicht oder sehr unvollkommen. Die Art der Veränderung des Bluts ist bis jetzt noch unbekannt, es ist weder mikroskopisch noch chemisch untersucht. Die Ursache dieser Veränderung auch noch nicht zu erklären: Ob sie einfach Folge der Gefässparalyse und der unvollkommenen Bewegung des Bluts? Ob zum Theil Folge der Lungenparalyse? Ob Folge der Transu-dation vorzugsweise des Plasmas? Ob Folge einer speeifischen Affection des Plexus splenicus und hepaticus? Die Fragen können nicht beantwortet werden.
11)nbsp; Die Erfahrung zeigt, dass die Entstehung äusserer Carbunkel gün­stig auf den Verlauf der allgemeinen Krankheit wirkt, und dass die Mög-ligkeit der Heilung dadurch erhöht wird. Auch diese Erscheinung können wir nicht erklären, sondern nur Hypothesen darüber aufstellen. Eben so wenig können wir bis jetzt die Bildung der verschiedenen Stoffe dieser Car­bunkel, namentlich der gelben Sülze, erklären. Als ziemlich sicher können wir nur annehmen, dass in diesen Carbunkeln vorzugsweise Contaginm aus­geschieden wird.
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Sechster Abschnitt.
Ion deraquo;Terwandsclmfteii und von dem Wesen des Jflilzlirands.
Die Schulen, so viele deren nacheinander in der Wissenschaft aufgetre­ten sind, haben nicht ermangelt, dem Milzbrande in ihren Systemen eine Stelle anzuweisen, und dass die neueste chemiatrische darin nicht die faulste gewesen ist, beweisen die im ersten Abschnitte angeführten Schriften.
Ob diese Schule glücklicher gewesen, als die anatomische mit ihren Ent­zündungsprodukten, die sie fälschlich gesehen, die Brownianer mit ihrer As-thenie, die Naturphilosophen mit ihren dynamischen Construktionen, können wir hier billig dahin gestellt seyn lassen; die kommende Schule wird über sie richten, wie sie ihre Vorgänger gerichtet hat.
Fern sey es Ton mir, dieser Schule denselben Vorwurf machen zu wol­len, den sie ihren Vorgängern freigebig gemacht hat, sie hätten nur ge­schadet! Die Schulen, mit Einschluss der neuesten chemiatrischen, haben alle geschadet, und alle in ziemlich gleichem Grade, indem sie von einseitigen Principien ausgingen, besonders indem sie ihre Speculationen mit Thatsachen verwechselten; allerdings die wohl vorzugsweise, die sich am mehrsten durch den Schein von Thatsachen blenden Hessen. Sie haben aber am Ende auch alle genützt, die letzte nicht weniger und nicht mehr als die ersten, indem sie aus dem Bedürfnisse der Zeit hervorgehend eine neue und nothwendige Seite der Forschung hervorhohen, und diese vervollständigten. Dass am Ende in jeder Zeit der wahre Gewinn an Resultaten sehr klein war, ist, und seyn wird, beweist die Geschichte im Gegensatz zu den stolzen Prätensionen der Gegenwart, im Leben wie in jeder Wissenschaft.
Die einfach negirende Skepsis ist eine dankenswerthe Kritik der Schu­len, führt aber die Wissenschaft selbst nicht weiter.
Weder aus den durch anatomische und mikroscopische Untersuchung er­kannten Krankheitsprodukten und Gewebsverbildungen, noch aus den Eduk-ten und Produkten der chemischen Analyse, noch aus dem supponirten Kräfte-verhältniss können wir das Wesen der Krankheitsprocesse construiren. Trotz des vornehmen Nasenrümpfens der Theoretiker und Schulweisen haben die Aerzte aller Zeiten gefühlt, dass Analogie und Induction ihnen noch die beste Gewähr des Fortschritts in der Kenntniss des Wesens der Krankheiten gebe.
Heusinger, Hilibrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ij_j
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Wir wollen daher sogleich Verzicht leisten auf den stolzen Gedanken einer Construction des Wesens des Milzbrands; um so mehr, da wir im Laufe unserer Untersuchungen auf so grosso Lücken in unseren Kenntnissen auf­merksam machen mussten, freilich Lücken von deren Ausfüllung, so wünschens-werth sie seyn mag, wir noch eben so wenig einen Abschluss erwarten durften.
An Analogieen des Milzbrands mit andern Krankheiten, theils in aetiolo-gischer, theils in symptomatologischer, theils in angenommener essentiel­ler Hinsicht, haben sich die Aerzte auch schon oft angeklammert! Viel­leicht kann uns ja aber eine Tollständigere Auffassung dieser Analogieen nütz­lich seyn.
Wir wollen daher zunächst einen vergleichenden Blick auf die Erkran­kungen werfen, in denen wir- in aetiologischer, oder in symptomatologischer, oder incssentieller Hinsicht eine Analogie mit dem Milzbrande aufzufinden hof­fen könnten, und wollen sehen, ob wir aus dieser Vergleichung Resultate abzuleiten Termögen. Natürlicher Weise werden wir besonders auch die Krankheiten berücksichtigen müssen, in welchen die Aerzte bereits eine solche Analogie erkannt zu haben glauben.
In ätiologischer Beziehung kommen hier in Betrachtung 1) Erkrankun­gen durch gewisse allgemeine kosmische Einflüsse, 2) Erkrankungen durch gewisse vegetabilische und animalische Gifte; in symptomatologischer: 3) Krank­keiten, die wir unter dem Namen der Erysipelatosen zusammenfassen können; 4) Die Anthrakoiden, 5) die Gangränösen; in Beziehung auf das Wesen: 6) Die Malaria-Neurosen, 7) Typhoide, 8) Hundswuth.
1. Erkrankungen durch gewisse kogmlselie Einflüsse.
Die Einflüsse die hier in Betrachtung kommen können, sind: Electri-cität, Sonne, Wärme.
a. Electricität.
1. Wirkt die Electricität concentrirt (der Blitz) auf den thierischen Organismus ein, so können freilich Zerreissungen und Verbrennungen den Tod verursachen; allein sehr oft ist davon keine Spur vorhanden, und dann finden sich oft Erscheinungen, welche zu beweisen scheinen, dass die Elec­tricität der Leitung der grösseren Nervenmassen gefolgt ist *), und dass der Tod durch plötzliche Aufhebung der Innervation erfolgt ist. In den
,)Recherches de Pathologie compa r. v o I. I. p. 289. etc. Den dort angeführten Beispielen füge man hinzu: Scheuchzer IS'a tu r-gesch. des Schweizer Land. III. p, 198 und Bericht über die Fortschr. d. med. Geogr. 1847. p. 163.
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Leichen so getödteter Menschen tritt keine Todenstarre ein, und die Zer­setzung beginnt sehr bald.
Dass auch im Milzbrand der Tod oft so schnell eintritt, wie vom Blitze gerührt sagen die Beobachter, ist eine sehr oberflächliche Aehnlichkeit, dabei könnte die Todesart immer noch eine sehr verschiedene seyn. Von mehr Bedeutung könnte es seyn, dass auch die am Milzbrande gestorbenen Thiere keine Todenstarre zeigen und schnell in Fäulniss übergehen! Es könnte die Ursache der Erscheinung darin liegen, dass auch hier der Tod durch Nerven­lähmung erfolgt sey: Das ist sehr wahrscheinlich; indessen unsere Kenntnisse von der Todenstarre und dem Eintritt der Fäulniss erlauben uns doch noch keinen solchen Schluss.
2.nbsp; Unsere Eenntniss von der anhaltenden Wirkung geringerer Grade der atmosphärischen Electricität auf den thierischen Organismus, ist noch eine sehr dürftige; indessen nach dem, was ich am erwähnten Orte angeführt habe, scheint es wohl, dass anhallende Einwirkung der negativen Electri­cität vorzugsweise die Innerration schwächt, und das Blut zur Zersetzung geneigt macht, wie das auch im Milzbrande der Fall ist.
3.nbsp; Dass aber der Behauptung, der Milzbrand sey Folge electrischcr Ein­flüsse die empirische Begründung fehlt, wurde oben gezeigt (_S. 488.); wo­bei doch nicht geleugnet wird, dass der Einfluss negativer Electricität wohl die Disposition zum Milzbrande erhöhen mag.
b. Sonne.
Die Ursache der plötzlichen Todesfälle durch Einwirkung der Sonnen­strahlen auf Kopf und Rücken des Menschen und der Thiere (des Sonnen­stichs), ist noch eine sehr dunkle; eben so wenig besitzen wir eine genü­gende Kenntniss der anhaltenden Einwirkung der Strahlen der Sonne (und vielleicht des Mondes).
Bisher hat man entweder gar nicht weiter über die Erklärung nachge­dacht, oder man hat sich bei dem Vorhandenseyn einer Entzündung (Ence­phalitis insolationis) beruhigt, die bei plötzlichen Todesfällen gar nicht vor­handen ist, in andern Fällen doch später erst eintritt. An mitgetheilte Wärme ist nach den Erscheinungen gar nicht zu denken, ob aber Wärmestrahlen, Lichtstrahlen, oder aber — vielleicht Electricität das eigentlich Wirksame sind, ist noch unentschieden*). Pritchett hat vielleicht nicht ohne Grund den letztgenannten Einfluss im Verdacht.
Mangel an Todenstarre scheint auch hier vorzukommen; doch reichen die Angaben zum Beweis nicht aus.
quot;) Recherches de Path. comp. I. p. 630. — Jahresber. über die med. Geogr. 1816. p. 175. — 1847. p. 161. — 1848. p.
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Jedenfalls scheint hier der Einfluss immer unmittelbar auf das Gehirn zu wirken, und eine wesentliche Aehnlichkeit mit Milzbrand kann wohl hier auch nicht angenommen werden. Wohl mag man aber annehmen können, dass der nervenschwächende Einfluss der Insolation die Disposition zum Milz­brand erhöhen könne.
c. Wärme.
Von den Wirkungen der Wärme auf den Organismus weitläufiger zu sprechen, ist hier nicht der Ort *). Es kömmt aber in Folge ihres Einflusses in Menschen und Thieren eine Krankheit vor, der Coup de chaleur oder An-hematose der Franzosen, Lungenschlag, welche solche Aehnlichkeit mit dem Milzbrande hat, dass sie ein berühmter Thierarzt geradezu für Milzbrand er­klärt hat, während sie von Andern mit dem Sonnenstiche (Coup de soleil) verwechselt wird. Gerade weil behauptet worden ist, die Krankheit sey Milz­brand, so wird es schon nothwendig seyn, die Beobachtungen über diese, vorzüglich im Süden häufige Krankheit etwas vollständiger mitzutheilen. Sie sind von Bouley, Mercier und Lafore.
Bouley's Bemerkungen sind folgende: „Im Laufe des Sommers 183!) wurde ich zu Herrn Labbe, Postmeister in Alfort, gerufen, um ein Pferd zu behandeln, welches im Augenblicke des Ausspannens von einem Blutschlage getroffen wurde. Die Hitze war an diesem Tage sehr gross, und das Pferd hatte den Weg von Ville-Neuve-St. George nach Alfort sehr schnell durch­laufen. Als ich das Pferd sah, waren von dem Auftreten der erstem Symp­tome an höchstens fünf Minuten verflossen. Man hatte bereits eine Drossel­ader geöffnet, aus welcher ein sehr schwarzes Blut ausfloss; das Pferd lag auf der linken Seite und war mit Schweiss bedeckt; das Flankenschlagen war sehr beschleunigt und wie krampfhaft, die Brustwand erhob sich bei einer jeden Inspiration so weit, als es irgend möglich war; die Nüstern wa­ren weit geöffnet, der Nasenflügel war krampfhaft zurückgezogen und das Auge hatte den Ausdruck der Angst, welcher dem Gesichte des Pferds im Augenblicke des Sterbens ein so charakteristisches Ansehen gibt.quot;
„Bei der Wahrnähme dieser Symptome stellte ich eine schlechte Prog­nose, doch war der Puls noch stark und kräftig, die Herzschläge kraftvoll, die wahrnehmbaren Schleimhäute hatten eine dunkelrothe Farbe, die Maulhaut war selbst violett. Ich Hess das Blut aus der Drosselader in dickem Strahle fortlaufen, starke Frictionen wurden an den Extremitäten und über den gan­zen Körper gemacht, kalte Uebergiessungen über den Kopf. Nichts half, das Thier machte einige heftige krampfhafte Bewegungen, machte vergebliche Anstrengungen aufzustehen; dann trat Gähnen ein, wie es dem Tode kurz
*} Re eher ehe s de Path. comp. I, p. 804. p. 310.
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vorauszugehen pflegt, und nicht zehn Minuten vergingen und das Leben war erloschen.quot;
„Bei der Oeffnung der Brusthöhle fallen die Lungen durch den Luftdruck zusammen; ihr Gewebe ist dunkel schwarz, doch leichter als das Wasser; aus den Schnittflächen fliesst, ohne Unterschied aus allen Gefässen, ein flüs­siges schwarzes Blut in reichlicher Menge aus; an keiner Stelle finden wir eine Zerreissung oder eine Extravasation des Bluts in das Lungengewebe; abgesehen von ihrer schwarzen Farbe ist die Lunge normal. — In den Bron­chien keine schanmigte Flüssigkeit. — Das Herz ist im normalen Zustande; seine Höhlen, besonders die rechten enthalten eine ziemlich grossc Menge flüssigen, sehr schwarzen Bluts.quot;
„Ich fand eine krankhafte Veränderung in den Organen der Bauchhöhle; das Blut zeigte sich mir nur in allen venösen und arteriellen Gefässen sehr dunkel schwarz.quot;
„Ich öffnete die Kopfhöhle, alle Organe, welche sie enthält, befanden sich im normalen Zustande. Also nirgends organische Veränderungen, keine wesentliche Organisationsstörung, welche man als Ursache des Todes betrach­ten konnte; fiberall schwarzes flüssiges Blut, das war Alles.quot;
„Was war also die Ursache des Todes dieses Pferdes? Man betrachtet gewöhnlich den Blutschlag (coup de sang), den Hitzschlag (coup de chaleur), als Congestion oder Apoplexie entweder des Gehirns oder der Lunge *); aber wo finden sich in dem beschriebenen Falle die Verletzungen, welche anzei­gen, dass Gehirn oder Lunge von Apoplexie oder nur von Congestion betrof­fen waren? Nirgends; denn die Anfüllung der Lungengefässe von schwarzem Blut kann man nicht als Ursache des Todes betrachten, wenn das Lungen­gewebe übrigens normal, leicht knisternd, ohne Ergiessung von Flüssigkeit zwischen den Läppchen gefunden wird. Die Theorie schweigt also in diesem Falle. Später habe ich sie in der Erklärung ähnlicher Fälle eben so unvoll­ständig und ungenügend gefunden.quot;
„Sollte man in den vorliegenden Fällen den Tod nicht als eine wahre Asphyxie betrachten können? Ich glaube das. Ich glaube, weil das Blut nicht hinreichend haematosirt ist, weil es zum grossen Theil schwarz in die Arterien übergeht, werden die Verrichtungen der Nerven aufjgehoben (annean-ties) und mit ihnen die Muskelbewegungen, die unter ihrem Einfluss stehen.quot;
„Die Pferde werden gewöhnlich vom Blutschlag getroffen, oder wie man im Volke, und richtiger, sagt pris de chaleur, im Sommer, und zwar in
*) D. h. bei dem allgemein in Frankreich, wie in Deutschland, unrichtigen Gebrauche des Wortes Apoplexie, Was auch unsere deutschen Hand­bücher der pathologischen Anatomie, Rokitansky, Hasse u. s. w. unter diesem Mamen beschreiben, sind nicht Lungenapoplexieen, sondern Lungenhämorrbagieen,
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denjenigen Monaten, in denen die Hitze am grössten ist, und während der Stunden des Tags, wo die Sonne am heftigsten brennt, oder endlich in solcher Zeit, wo die Luft mit Electricität überladen ist, wie vor Gewittern. In der That unter den erwähnten Umständen ist die Luft wirklich verdünnt, folglich weniger geeignet den Lungen das zum Leben erforderliche Aliment zu lie­fern: Die Thiere, deren Lungenapparat entwickelt ist, befinden sich während solcher atmosphärischer Zustände in einem Zustande von Malaise und Ange­griffenheit; es ist der Zustand, den wir bezeichnen wollen, wenn wir sagen, die Hitze ist erstickend, oder die Luft ist schwer; unpassende Ausdrücke für das Wesen der Erscheinung, die aber die durch sie hervorgebrachten Wirkungen einer mit Wärmestoff und Electricität beladenen Atmosphäre auf den Lungenapparat gut wiedergeben.quot;
„Sind die atmosphärischen Zustände von dieser Art, und die Thiere werden zum Laufen genöthigt, so müssen sich die Respirationsbewegungen im Verhältniss zur Schnelligkeit des Laufes beschleunigen, um den nöthigen Ersatz dem Blute zu liefern; nun kann es aber geschehen, dass in dem^Au­genblicke der vollen Thätigkeit der Bewegungsorgane der Lunge das zur Verarbeitung erforderliche Material nicht geliefert wird, in dem Momente, wo das Blut in Strömen in dem Lungengewebe ankömmt, so dass ein Theil des­selben im schwarzen Zustande in die arteriellen Gefässe übergeht. Wenn in dem Augenblick, wo diese Erscheinung eintritt, das Thier nicht am Ende seines Laufes ist, wenn es nicht anhalten kann trotz des Gefühls von lln-wohlseyn, welches es unter dem Einflüsse einer nicht ausreichenden Haematose empfinden muss, wenn es selbst zu demselben schnellen Laufe genöthigt wird, so kann es dahin kommen, dass das Blut nicht mehr excitirende Frincipieu genug enthält, um den Verrichtungen des Nervensystems zu genügen, gewis-sermassen von Stupor getroffen, verlässt das letztere das Muskelsystem, die Bewegungen werden unmöglich, das Thier fällt.quot;
„Untersucht man die Leiche, so findet man nichts als Flüssigkeit und schwarze Farbe des Bluts in den arteriellen und venösen Gefässen, das heisst Veränderungen, welche die nolhwendige Folge eines Mangels an Hae­matose sind. Hat irgend etwas auf die Idee von einer Congestion im Lun­genapparate führen können, so ist es der Blutreichthum in seinen Gefässen; allein cine Congestion, welche während des Lebens entsteht, modificirt immer die Textur des Organs, in welchem sie entsteht; allein ich habe in diesen Fällen keine solche organische Veränderung gefunden, üebrigens spricht diese Anhäufung von schwarzem Blut in den Lungengefässen noch zu Gunsten meiner Ansicht; es ist eine bekannte Thatsache, dass in Todesfällen durch Asphyxie die Lungen und das rechte Herz immer mit schwarzem Blut ge­füllt sind.quot;
„Endlich die beiden entgegengesetzten Erscheinungen, die ich bei den vom Hitzschlag getroffenen Pferden erwähnte, nämlich die schnelle Rückkehr
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zur Gesundheit durch die alleinige Thätigkeit der Nalurheilkraft, in manchen Thieren; die andre, dass der Tod unabwendbar in andern Thieren eintritt, wenn auch die energischste Hiilfeleistung angewendet wird; diese beiden Er­scheinungen seheinen auch noch meine Ansicht zu unterstützen. In dem er-steren Falle liegt das Thicr am Boden, die Muskelansfrengungen haben nach­gelassen, das Herz schlägt allmählig seltener, das Blut kömmt in kleinem Strömen auf die athmende Fläche, nach und nach werden die Athmungsbe-wegungen weniger häufig, und die Luft in grösserer Menge in die Brust­höhle, dann stellt sich das normale Verhältniss zwischen der Luftmenge, welche in einer gegebenen Zeit zur Oxygenation erforderlich ist, und der Blutmenge, welche der Oxygenation bedarf, allmählig wieder her, und das Leben erwacht wieder. Wenn der Hitzschlag, wie man allgemein glaubt, in einer Congestion oder Apoplexie *) bestände, könnten wohl wenige Augen­blicke hinreichen die Heilung herbeizuführen? In andern Fällen ist die As-phyxie vollständig, die Innervation ist vollständig erloschen durch die zu lange dauernde Berührung mit schwarzem Blute, und trotz der Inspirationsanstren­gungen, welche das Pferd in den letzten Momenten macht, trotz der künst­lichen Blutentleeningen ist das Leben nicht wieder zu erwecken.quot;
„In dem letzteren Falle ist es vielleicht nicht allein die Oxygenation, welche dem Blute fehlt, vielleicht hat die vereinte Wirkung der Wärme und Electricität mit einer unzureichenden Hämatose, das Blut so tief verändert, dass es nicht allein [unfähig wird, das Leben zu erhalten, sondern noch schäd­lich für den Organismus. Ich wäre sehr geneigt diese Ansicht anzunehmen^ wenn ich die merkwürdige Thatsache betrachte, dass sich der Milzbrand sehr oft bei Ochsen entwickelt, welche bei heissem Wetter in langen und schnel­len Märschen auf die Märkte getrieben werden. Was ist in dem Organismus dieser Thiere vorgegangen? wir wissen es nicht. Aber was wir wahrnehmen, ist, dass das Blut nicht allein unfähig zur Ernährung geworden ist, sondern schädlich, selbst giftig für das Thier, dem es angehört, und dass es ein für das Leben andrer Thiere tödtliches Princip enthält. Ist es erlaubt anzuneh­men, dass etwas Aehnliches in den Pferden vorgeht, welche vom Hitzschlag getroffen werden?quot;**).
Mercier's Ansichten sind ähnlich: „Ich werde vorschlagen, mit dem Namen Anhematose die Krankheit zu bezeichnen, welche man im gemei­nen Leben Coup de sang, Coup de chaleur nennt; ich hoffe nämlich in dieser Abhandlung zu zeigen, dass diese Krankheit in der That in einem Nichterfolgen der Hämatose besteht.quot;
deg;) In dem falschen Sinne des Verfassers, der Apoplexie und active Conge­stion als gleichbedeutend nimmt.
•*) IV ecu eil de m6d, vet. vol. XV11I, p, 201.
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„Man hat diese Krankheit his jetzt als eine Lungencongestion betrachtet, und ich begreife vollkommen, weswegen diese Ansicht so lange gegolten hat und noch gilt, denn sie beruht auf wahrscheinlichen Gründen: So ist es ja ganz annehmbar zu supponiren, dass sich unter dem Einflüsse eines schnellen Laufes während heissen Wetters, die Lunge mit dem Blute, welches ihr zu­strömt, überfüllt (s'engoue); es ist sehr annehmbar zu supponiren, dass die Dyspnöe, die schwarze Farbe des Bluts und seine Flasticität (?), die Hae­moptysis Folgen einer Congestion wären. Endlich bei der Section, könnten ja die krankhaften Veränderungen, welche man in der Lauge gefunden zu haben vorgiebt, Folgen einer Congestion seyn. Da ich indessen bei der Section dieser Thiere die Veränderungen, welche eine wahre Lungenconge­stion bezeichnen, nicht gefunden habe, so habe ich nach einer andern Ur­sache des Todes suchen müssen.quot;
„Diese Krankheit ist dem Pferde nicht eigenthümlich, sie kann auch bei allen andern Thieren vorkommen, und selbst beim Menschen. (Während der Feldzüge in Africa sind viele Soldaten auf diese Art gestorben). Indessen am gewöhnlichsten befällt sie das Pferd, wegen der Art der Dienste, zu wel­chen dieses Thier verwendet wird.quot;
„Nur im Sommer, wenn das Wetter sehr heiss und windstill ist, werden die Pferde vom Hitzschlag befallen. Dieses kann geschehen während der Buhe im Stalle, und während des Laufens, im Trabe oder im Gallop, das letztere ist am häufigsten der Fall. Während der Buhe wird das Pferd be­fallen, wenn es in einem Stalle steht, welcher der Mittagssonne ausgesetzt ist und ohne Luftzug, oder wenn viele Pferde mit ihm zusammenstehen. Die Post- und Diligencen-Pferde werden oft vom Hitzschlag befallen, ent­weder während des Dienstes oder nach demselben; es ist nicht selten, diese Pferde unter dem Beiter, oder im Geschirre sterben zu sehen, weil ihre Füh­rer den Anfang der Krankheit nicht erkannt haben, und ihre Beise nicht unterbrechen wollten. In diesen Fällen fehlt dem Pferde die Bespiration, wie man gewöhnlich sagt, das Blut ist nicht hinreichend hämatosirt, und das Thier stirbt an Asphyxie. Ich werde mich zur Unterstützung dieser An­sicht auf die Beweise berufen, welche uns die Physik liefert, auf die un­mittelbare Beobachtung, und auf die Analogie zwischen Asphyxie und Hitz­schlag, welche man leicht nachweisen kann.quot;
„In unsrem Clima ist eine Temperatur von 12deg; bis 15deg; die gewöhnliche, eine solche von 24deg; ist nicht häufig, und eine von 27deg; bis 28deg; ist sehr selten und kömmt nur an einzelnen heissen Tagen des Sommers vor, ge­wöhnlich in den Monaten Juli und August, und gerade an diesen einzelnen Tagen beobachtet man den Hitzschlag bei den Pferden. Welches sind nun die Wirkungen dieser durch plötzlichen Uebergang fast verdoppelten Tempe­ratur? Die Hämatose wirl unvollständig im geraden Verhältniss zur Erhö­hung der Temperatur, denn die Quantität Oxygen, welche in jedem Volum
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Luft, das Lei der Inspiration in die Langen eindringt, ist, ist sehr verminderl, daraus entspringt für das Pferd eine Abnahme der thierischen Wärme und der Vitalität des arteriellen Bluts, dessen Farbe dunkler wird; daher auch eine Zunahme der Flasticität desselben (?) im Verhältniss zur Zunahme der Hautausdünstung. Der ganze Organismus muss diese Veränderungen empfin­den, die Verdauung wird langsamer, die Bewegung weniger energisch, die geistigen Verrichtungen weniger lebhaft; der geringste Lauf bewirkt Dyspnoe. Dasselbe gilt von dem Aufenthalte an einem wärmeren Orte.quot;
„Was wird nun erfolgen, wenn ein Pferd bei einer Temperatur von 28deg; einem schnellen Laufe ausgesetzt wird? Die nothwendige Folge des Laufes ist ein vermehrter Blutverbrauch, daher das Bedürfniss einer reichlicheren Hämatose, und zwar im Verhältniss zur Länge und Schnelligkeit des Laufes, Nun reicht aber bei einer Temperatur von H0 diese Hämatose, so vollstän­dig sie auch seyn mag, kaum hin, dem Blute seine vitalen Eigenschaften zu erhalten; wird also das Thier zu einer Zelt zu einem schnellen Laufe ge-nöthigt, wo im Zustande der Ruhe seine Hämatose kaum hinreichte, die excitirenden Eigenschaften des Bluts zu erhalten, wie das bei einer sehr ho­hen Temperatur der Fall ist, so muss nothwendiger Weise seine Respiration noch viel unvollkommner werden, und noch viel weniger zur Erhaltung der allgemeinen Erregung hinreichen. Daher Dyspnöe — Asphyxle — Tod. Diese Erklärung scheint mir um so wahrscheinlicher, weil, wenn man zeitig die Dyspnoe wahrnimmt, und das erkrankte Thier anhält, die Respiration sich wiederherstellt und allmählig normal wird, während das Thier stirbt, wenn man den Lauf fortsetzt. Befände es sich in diesem Falle unter einer Lungencongestion, so würde sicher der Verlauf nicht ein solcher seyn.quot;
„Endlich giebt es Krankheiten, deren Ursachen nicht zweifelhaft sind, und deren Analogie mit dem Hitzschlage nicht geleugnet werden kann. So ist es z. B. bekannt, dass Personen in den Schauspielhäusern die Respiration fehlt, wenn sie sich auf den höchsten Plätzen befinden, da wo die Luft am dünnsten und am wärmsten ist, und dass man sie in das Leben zurückruft, wenn man sie an einen Ort bringt, wo freier Luftzug ist und die Tempera­tur nicht zu warm. Zwischen den Krankheiten dieser Personen und den vom Hitzschlag befallenen Pferden herrscht eine sehr grosse Analogie; die Ursache ist dieselbe, unvollständige Hämatose.quot;
„Die Symptome sind: Grosse Dyspnöe, welehe sich ankündigt durch Erweiterung der Nasenlöcher, Bewegung der Nasenflügel, beschleunigte und unregelmässlge Flankenbewegung; das Pferd im Laufe sinkt unter der Hand des Führers, es wankt und wird unempfindlich gegen die Peitsche; nimmt der Postilion diese Zeichen wahr und hält an, so nimmt die Dyspnöe ab und die Respiration kehrt bald zu ihrem regelmässigen Zustande zurück; wird dagegen das Pferd genöthigt seinen Lauf fortzusetzen, so treten bald weitere Symptome ein: Das Thier steht steif, es hält den Kopf niedrig, die
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Nase verlängert und gegen den Wind gestreckt, es steht unbeweglich auf seinen Fassen wie auf Säulen, das Auge ist starr und vorgetrieben, das Flankenschlagen ist sehr häufig und krampfhaft, das Respirationsmurmeln ist stark, in den Bronchien vernimmt man Blasebalggeräusch, der Fercussions-ton ist hell, die Schläge des Herzens sind stark und beschleunigt, der Fuls ist sehr klein und schnell, die Schleimhäute sind reih und injicirt, die ober­flächlichen Venen angeschwollen und vorspringend, kalter Schweiss bedeckt den Körper, Ohren und Extremitäten sind kalt.quot;
„Macht man einen Aderlass, so ist er oft schaumig, das ausfliessendc Blut ist sehr schwarz und sehr plastisch, es gerinnt schnell und gibt einen fast ganz schwarzen Kuchen. Bei einigen Thieren fliesst ein schaumigtes Blut aus den Nasen. Der Verlauf der Krankheit ist sehr schnell, ihre Dauer sehr kurz; zuweilen stirbt das Thier während des Laufes, in andern Fällen verlaufen noch einige Stunden bis zum Tode.quot;
„Der Ausgang ist Heilung oder Tod. Die Heilung ist um so sicherer, je weniger erstickend die Dyspnöe ist, und je mehr die Krankheit hei ihrem ersten Anfange angegriffen wird; hat man ihren Eintritt zu spät erkannt, und ist die Dyspnöe sehr gross, so ist der Tod fast gewiss; die Intensität der Symptome nimmt zu, das Thier stürzt zusammen wie ein lebloser Körper, um einige Minuten darauf zu sterben.quot;
„Bei der Section findet man immer die oberflächlichen Venen überfüllt, und zuweilen im Zellgewebe Ecchymosen, besonders am Halse und am Kopfe ist diese Injection stark, wo das Kummet und die Halfter liegen. Die Muskeln sind dunkel und mit Blut überfüllt. Die Gekrösvenen sind mit schwarzem, zuweilen flüssigen und klümperigten Blut überfüllt. Auch die Gehirnvenen sind mit Blut gefüllt; das Gehirn ist dunkler gefärbt als im normalen Zustande, aus Einschnitten siekert das schwarze Blut tropfenweis aus. Die Lungen sind im normalen Zustande, nur eine reiserförmige Injec­tion der Gefässe unter der serösen Haut ist vorhanden; die Consistenz der Lungensubstanz ist nicht verändert, sie ist weder zerreisslicher noch fester als im normalen Zustande; kein Blutextravasat ist in ihnen vorhanden; ihre Farbe ist nur dunkler und mehr als im normalen Zustande mit Blut überfüllt; diese Erscheinung ist besonders auffallend auf der Seite, auf welcher das Thier gelegen hat. Um sich übrigens von dem gesunden Zustande des Lun­gengewebes zu überzeugen, darf man sie nur in Wasser werfen, man wird sehen, dass sie schwimmt, und sich nach und nach entfärbt und von dem enthaltenen Blute befreit. Hat die Krankheit einige Stunden gedauert, so findet man die Lunge emphysematös. War Hämoptysis vorhanden, so findet man in den Bronchien schaumiges Blut, niemals Gerinnsel. Die Herzhöhlen enthalten schwarzes, bald geronnenes, bald flüssiges und klümperigtes Blut. Niemals habe ich den Zustand der Congestion einer oder beider Lungen gefunden, mit Vermehrung der Consistenz des Gewebes, Zcrrcibbarkcit der
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Substanz, Blutextrarasaten in den interlobulären Zellstoff, und bedeuten­den Gerinnseln in den Lungengefässen *).quot;
Mercier theilt eine Anzahl Beobachtungen zum Beleg seiner Behauptun­gen mit.
Lafore beschreibt die Krankheit bei Ochsen: „Diese Krankheit zeigt sich fast nur bei sehr heissem Wetter; sie erscheint plötzlich, verläuft sehr schnell und endet tödtlich. Das Athemholen ist schwer, die Flanken schla­gen, die Nasen sind sehr erweitert, das Maul halb offen, enthält vielen schau­migen Speichel, die Zunge hängt aus dem Maule; der Puls voll, hart, un-regelmässig; der Augapfel vorgetrieben, die Bindehaut injicirt; die Hautvenen von Blut aufgetrieben. Wird die Krankheit nicht geheilt, so wird das Athemholen keuchend, die sichtbaren Schleimhäute bekommen eine violette Farbe, aus der Nase fliesst mit Blut gemischter Schleim, das Thier leidet an grosser Angst, wankt und stirbt. Alle diese Erscheinungen folgen sich in kurzer Zeit, zwei bis drei Stunden, zuweilen weniger. Die Ursachen sind Verdünnung der Luft durch hohe Temperatur, Insolation, bei anhaltender und anstrengender Arbeit; we­nigstens unter diesen Bedingungen kömmt die Krankheit gewöhnlich vor.quot;
„Bei der Section findet man die Lunge überfüllt mit schwarzem Blut, kaum kann man ihr Gewebe erkennen, man glaubt einen Blutklumpen zu sehen. Die Bronchienstämme und die Luftröhre enthalten weinhefenfarbigen Schleimj die kleinen Bronchienzweige enthalten oft Blut. Alle Venen des Körpers sind mit Blut überfüllt, selbst in den mehrsten Arterien findet man solches. Die Blutüberfüllung ist besonders sehr stark im Gehirn. Der Herz­beutel enthält eine gewisse Menge blutiges Serum **).quot;
Schon Laubender (I. 2. S. 38Ü) machte die Bemerkung, dass in al­len vor dem Schlachten in der Hitze getriebenen Ochsen, das Blut schwarz, die Milz schwarz und angeschwollen, die Muskeln gelbroth, die Gallenblase gross und mit vieler Galle gefüllt gefunden würden, und glaubte darin eine Aehnlichkeit mit dem Milzbrande zu finden, wohl mit Unrecht. Eben so wenig bewiesen ist die Behauptung Bouley's, dass die Ochsen durch das Treiben allein den Milzbrand bekämen. Die Ansicht, dass die Hitze allein den Milzbrand erzeugen könne, ist oben widerlegt, aber zugegeben worden, dass eine solche Blutcrasis die Disposition zu demselben wohl bedeutend er­höhen müsse. Wenn Hertwig den Hitzschlag für Milzbrand erklärt (Jah­resbericht 1841. S. 15), so scheinen mir dagegen die wesentlichsten Symp­tome des letzteren zu fehlen.
Was die Todesart bei dem Hitzschlag betrifft, so lässt die Analogie mit dem Lungenschlag aus andern Ursachen (s. weiter unten) die Ansicht als die wahrscheinlichste erscheinen, welche Bouley andeutet, dass nämlich die
•) Recueil de M6d. veter. vol. XVIII. p. 212. **) Maladies des grands Ruminants p, 617,
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verdünnte, heisse, sauerstoffarme Luft, bei dem grossen Bedürfniss des Or­ganismus, die Lungennerren nicht mehr hinreichend erregt, dass die Inner-vation cegsirt, und die Thiere am wahren Lungenschlage sterben (den die obigen Verfasser, wie allgemein, mit der Lungenhämorrhagie Terwechseln).
Die ganze Analogie der obigen Erkrankungen und Todesarten durch die genannten allgemeinen Einflüsse mit dem Milzbrande kömmt also darauf zu­rück, dass sie eben so wie der Milzbrand die Innerration auf­heben, durch Schlag (Apoplexie) tödten: Electricität und Licht (wenn sie verschieden wirken) scheinen aber primär auf die Centralorgane, Gehirn und Rückenmark zu wirken, was bei dem Milzbrande nur selten und in einzelnen Formen der Fall ist; die Wärme dagegen auf die Respirationsnerven, was bei dem Milzbrande zwar auch vorkömmt, doch immer mehr als Ausnahme; bei ihm erfolgt die primäre Wirkung offenbar auf das Gangliensystem. — Man wird daher leicht bemerken, dass meh­rere der wesentlichsten Symptome des Milzbrandes bei den obigen Krankhei­ten fehlen.
9. Vergiftungen durelt gewisse organlsclie (Slfte.
Schon oft haben die Aerzte eine Aehnlichkeit zwischen der Wirkung des Milzbrandgifts und der Wirkung mancher organischen Gifte zu finden ge­glaubt. In der That bei einer genaueren Betrachtung zeigt sich diese Aehn­lichkeit nicht allein als eine oberflächliche, wie sie diesen Aerzten erschien, sondern als eine tiefere, wesentlichere.
Die Gifte, welche in den Organismus Aufgenommen werden, wirken ent­weder primär auf die Blutcrasis und das plastische Leben (dann oft speeifisch auf einzelne Organe), oder sie wirken primär auf das Nervensystem (und dann oft auf einzelne Sphären desselben, Gehirn, Rückenmark, Ganglien, Ge­schlechtsnerven, Respirationsnerven u. s. w.), oder beide Wirkungen sind ge­mischt , wo es dann aber oft sehr zweifelhaft ist, ob nicht nur die einen primäre sind. Die hier in Frage kommenden Gifte dürften wesentlich Ner­vengifte seyn, so sehr auch diese Annahme den gewöhnlichen Ansichten wi­derspricht.
a. Pilzgift.
Die Krankheit durch Pilzgift muss wohl dem Milzbrande sehr ähnlich
seyn, da wie wir oben (S. 497.) sahen, Schimmel und viele parasitische
Pilze, die man gewöhnlich als Brand und Rost bezeichnet, geradezu Milzbrand
erzeugen, d. h. eine Krankheit, die wir bis jetzt*) durchaus nicht vom
•) Herr Delafond meint wohl beide Krankheiten wären verschieden, al­lein er giebt keine UnterscheidungszeicheD an, und bis jetzt sind keine solchen bekannt.
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Milzbrand zu unterscheiden vermögen. Man spricht zwar auch hier von Darmentzündung, allein auch bei dem Menschen sprechen weder die Symp­tome, noch die oft ausserordentlich schnelle Wiederherstellung*) für eine Entzündung.
Unsere Eenntniss der Vergiftungen durch die bekannten giftigen Filze ist noch eine sehr unvollkommene. Wir besitzen sehr wenige zuverlässige Sectionen; wohl spricht man auch hier oft von Entzündungen des Magens und des Darmcanals, allein ich stimme Phoebus vollkommen bei, wenn er meint, man könne wohl die rothen und brandigen Flecken falsch gedeutet haben! Sie werden wohl dieselbe Bedeutung haben, wie im Milzbrande, wo sie auch so oft Entzündung Messen. Auch spricht die anerkannt schnelle, günstige Wirkung des Opiums in diesen Vergiftungen durchaus nicht für Entzündung. In den wenigen bessern Beobachtungen wird sie auch in der That nicht hervorgehoben, und es tritt dann allerdings nicht geringe Achn-lichkeit mit den Symptomen des Milzbrandes entgegen.
Zu den besten Beobachtungen gehören die von Erombholz, welcher 10 Tbiere mit Agaricus muscarius vergiftete, nämlich 1 Katze, 2 Hunde, 2 Finken, 1 Taube, 1 Coluber tessellatus, 2 Laubfrösche, 1 Hecht, von denen 8 starben. Er fasst das Resultat der Beobachtungen in folgenden Worten zusammen: „Bei kleiner Gabe oder sehr verdünnter Flüssigkeit blieben die Zufälle nur auf einem geringen Grade stehen , die Thiere wurden traurig, ihr Aussehen verrieth Missbehagen; bei den meisten folgte Erbrechen oder häufige Darmausleerung, oder beides zugleich, wonach die Thiere bin­nen V2 bis 1 Stunde sich vollkommen erholten. Nur bei grösse-ren Gaben oder concentrirter Flüssigkeit folgten die heftigeren Zufälle; am schnellsten und heftigsten traten sie auf die Einspritzung in's Zellgewebe ein. Als beständige Erscheinungen wurden beobachtet: Unruhe, Streben zu entfliehen, oder wenigstens den Ort zu wechseln, Furcht, allgemeines Zittern, Schwindel, Trunkenheit, erweiterte Pupille, Trübung der Hornhaut, vermindertes und bald ganz aufgehobenes Sehvermögen, her-vorgetriehene Augäpfel, endlich Stumpfheit aller Sinne, schnelles, schweres, gegen das Ende hin aber sehr langsames, mühevolles Athemholen, Unvermögen, sich in der natürlichen Stellung zu erhalten, Zuckungen der Halsmuskeln, der Augenlider, sehr bald eintretende Läh­mung, besonders des Hintertheils und der hintern Extremi­täten. Weniger beständig waren: die vermehrten und willkührlichen Eva-cnationen, und der Speichelfluss. Am wenigsten constant war eine der Be­täubung vorausgehende Erhöhung der Empfindlichkeit, die Wasserscheu und der heftige Durst. Der Tod erschien bald ruhig, bald unter Convulsionen. Die Katze und die Hunde erlagen den allgemeinen Zuckungen; heim Hecht
') Recherches de Pathol. comp. vol. I. p. 457.
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erschienen örtliche Zuckungen der Kiemendeckel, der Kiemenlögen und der Kiemenblättchen; bei der Taube, Schlange, den Fröschen weder allgemeine noch örtliche. Nach dem Tode fand man bei allen Ueberfüllung der arteriellen und venösen Blutgefässe und der rechten Herz­hälfte mit schwarzem Blut (nur bei einem Frosche war das Herz blutleer), so zwar, dass Blutextrarasate bei der Taube im Rückenmarkscanal, bei der Otter in der Schädelhöhle und beim Frosche im Kreuzbeincanale ent­standen waren; bedeutende Rölhe der Bindehaut; Blutvölle der Respi­ration s o rgane, der Diploe, der Blutleiter des Gehirns, des Rückenmarks, der Nieren, der Gekröse, der Muskeln, Haut­decken, Leber; Klebrigkeit und Schwärze d e s B 1 uts, grös-sere Röthe des Schleimhautsystems (mit Ausnahme der Schleim­haut der Speiseröhre und des Magens bei der Katze), Heryorgetriebenscyn der Augen, Zusammengezogenheit und Leere des Darmcanals; Ueberfül­lung der Gallenblase mit Gallenflüssigkeit; normale Beschaffen= heit aller Nerven. Weniger constant waren: der Glanz der Augen, Röthung der harten Hirnhaut am Grunde der Hirnschaale, der Mundhöhle und der Speicheldrüsen; das Blut bei den warmblütigen Thieren im halb­geronnenen, bei den kaltblütigen im ganz flüssigen Zustande; seröse Extravasate in den Höhlen , Aufgetriebenheit des Bauches.quot; — In einem Falle von Vergiftung eines Mannes fand Krombholz ähnliche Erscheinun­gen, von Entzündungen spricht er auch nicht.
Devergie, der den folgenden Fall mittheilt, bemerkt, Rayer habe ihm gesagt, er habe im Hopital St. Antoine mehr als zwölf Todesfälle durch giftige Schwämme beobachtet, aber in keinem habe er Sparen der gangränösen Entzündungen des Verdauungscanais gefunden, von denen die Schriftsteller sprechen. Der Fall von Devergie ist folgender: „Garner, ein Schuhmacher, 39 Jahre alt, wurde in die Cha-riti gebracht. Einer seiner Begleiter erzählte, er habe am Sonntage in Vin-cennes Champignons zu Mittag gegessen; er fühlte darauf Druck und Schmerz im Epigastrium. In der Nacht darauf erbrach er sich mehrmals; am Mon­tage hatte er auch noch Erbrechen, und dann trat Durchfall ein. Am Diens­tage kam er in das Hospital in folgendem Zustande: Allgemeine Schwäche, Kälte des Körpers, leichte bläuligte Färbung der ganzen Haut, Puls unfühl-har an den Radialarterien, Rückenlage, die Augenlider geschlossen, die Pupil­len im normalen Zustande, Antworten langsam, klagend, die Zunge weiss, feucht, grosser Schmerz im Epigastrium, grosser Durst, Athemholen langsam, ruhfg, regelmässig. Keine Convulsionen und kein Erbrechen, häufige reich­liche Stuhlgänge, der Stuhlgang orangegelb flüssig. Er starb um 4 Uhr Abends. Bei der Section war Todtenstarre vollkommen eingetreten. Die Haut der ganzen hintern Fläche der Leiche bläulich, violette Färbung des vorderen und unteren Theils der Schenkel, was auf Tod durch primäre oder
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secundärc Asphyxie schliessen lüsst. Keine Flecken an den Fingern oder Lippen. Mundhöhle und Schlundkopf blass; Speiseröhre in ihrer ganzen Länge weiss. An der Cardia eine einen Zoll lange , sechs Linien breite Ecchymose. Magen und Darm von aussen weiss; auf der Schleimhaut des Magens eine dicke Lage Ton weissem Schleim, ein 3 Zolle im Durchmesser haltender Imdrother Fleck im Blindsack und an der vorderen Wand des Magens; reiserförmige Gefässinjection in der Gegend des Pylorus; der Rest der Schleimhaut blass und von normaler Consistenz; im Magen fand sich eine Finte einer Reisabkochung ähnlicher, nur in's gelbliche ziehende Flüs­sigkeit. Die ganze Schleimhaut des Darmcanals feucht, in den zwei oberen Drittheilen mit veisslicher Materie überzogen. Der Darmcanal enthält viele Flüssigkeit, die der des Magens ähnlich ist, nirgends findet sich die geringste Spur von festen Stoffen; alle Valvluae conniventes sind sehr vorspringend; die Leber im gesundesten Zustande, die Gallenblase ausgedehnt von einer schwärzlich grünen Galle; Milz, Nieren normal; die Harnblase so zusammen­gezogen, dass man sie nicht erkennt, sie enthält keinen Urin. Der Kehl­kopf, die Luftröhre vollkommen gesund; die Lungen zusammengefallen, weich, aber crepitirend und gesund. Die rechten Herzhöhlen und die Venenstämme vollgepfropft von Blut; es hat sich aus dem Blute eine bedeutende Menge einer gelblich-weissen fibrinosen Materie gesondert, die aber ein gallertartiges Ansehen hat, diese Gerinnsel finden sich in grosser Menge. Die Gefässe der harten Hirnhaut überfüllt von Blut, die der Arachnoidea wenig injicirt; das Gehirn enthält sehr vieles Blut, dieses ist weniger der Fall im kleinen Ge­hirn , und noch weniger in der Brückequot; *). Es ist hier freilich nicht zu übersehen, dass der Tod spät erst eintrat.
Delafond bemerkt über die Pilzvergiftung bei Schaafcn: „Die Thiere leiden an Koliken von Diarrhöe begleitet, und haben ein schäumendes Maul; mitunter zeigen sich rothe erysipelatöse Flecke auf der Haut; die Conjunctiva ist gelblich und trägt oft kleine Ecchymosen; das Blut ist schwarz und wenig gerinnbar; der Urin ist im natürlichen Zustande; das Herz schlägt heftig, der Puls ist immer klein und schnell, die Mattigkeit bedeutend; vorübergehender Schauer, keine Convulsionen. Der Verlauf der Krankheit ist ziemlich schnell, die Thiere sterben in 24 bis 36 Stunden, und manchmal viel früher. — Bei der Section: Rothe Flecke an den Zotten der Schleimhaut des Pansen und des Blättermagens; die in­nere Fläche des Labmagens und der Gedärme ist geröthet; schwärzliche Flecken sind hier und da verbreitet, Ecchymosen in dem Mesen-terium, den Nieren, der Milz und der Leber; ein wenig gelblicher Urin in der Blase; nichts Bemerkenswerthes im Herzen und an den Lungen; das in den Gefässen enthaltene Blut ist schwarz und nngerinnbarquot; **).
*) Devergie Medecine legale vol. III. p. 666. •*) Blutkrankheit der Schaafe S. 121. 123.
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Auf der einen Seite wird man sich zu hüten haben, Reactionssymptome des Organismus nicht zu verwechseln mit den Symptomen der Wirkung des Gifts; auf der andern Seite ist es ja wohl möglich, dass manche Arten Filze noch eigenthümliche Stoffe enthalten, die auch besondere Wirkungen äussern: Vergleicht man aber die obigen zurerlässigeren Angaben, und die Masse der älteren weniger brauchbaren Beobachtungen, die man bei Wibmer, Phoe­bus, Christison u. s. w. angeführt oder mitgetheilt finden kann, so kann man wohl nicht im Zweifel seyn, dass das Pilzgift wesentlich ein Nervengift ist; in manchen Pilzen tritt wohl die Wirkung auf das Gehirn mehr hervor, aber im Allgemeinen weisen Symptome und Sectionsergebnisse auf eine pri­märe Wirkung auf Vagus, Sympathicus, Lungen- und Gefässsystem hin; die dem Milzbrande auffallender ähnlichen Wirkungen scheinen doch den parasi­tischen Pilzen vorzugsweise mehr eigen.
b. E r g o t i s m u s.
Das Mutterkorn wirkt wesentlich dem Pilzgifte, und namentlich dem der parasitischen Pilze gleich.
Dass zwischen convulsivischem und gangränösem Ergotismus kein wesent­licher Unterschied besteht, sie noch viel weniger durch verschiedene Stoffe erzeugt werden, lehrt eine nur einigermasen aufmerksame Betrachtung der Symptome ; ob mehr die convulsivischen Erscheinungen oder mehr Gangrän hervortreten, hängt offenbar theils von der Menge des aufgenommenen Gifts, theils von gleichzeitigen Einflüssen (Wärme, Licht, Electricität) ab.
Fasst man die zahlreichen vorhandenen Versuche über die Wirkung des Mutterkorns zusammen, so lässt sich nicht verkennen, dass die erste Wir­kung der in das Blut aufgenommenen Ergotine auf das Gangliensystem ge­richtet ist — die ersten Erscheinungen weisen hier auf vermehrte Contrac-tionen im Uterus, dann auf dieselben im Darmcanale hin; worauf denn Re­flexkrämpfe in dem willkührlichen Muskelsysteme zunächst eintreten können; diese Convulsionen gehen aber endlich in Paralyse über. In den Gefässen tritt offenbar zunächst auch vermehrte Contraction, Krampf ein, daher Er­bleichen, Kälte, dann Absterben der Haut, des Schwanzes, des Schnabels, der Ohren, Extremitäten (trockner Brand) ; dann aber Paralyse, Stasen, Sugilla-tionen. Nach dem Tode findet man das Blut flüssig, oder theerartig, sehr schwarz; Blulaustretungen in verschiedenen Eingeweiden; Brandflecken vor­züglich in den Schleimhäuten der Geschlechtstheile, Harnwerkzeuge und des Verdauungscanais, zuweilen in den Lungen und im Gehirn. Gewöhnlich keine Leichenstarre oder geringe. Keine Spur von Entzündung oder Eiterung.
Die Analogie mit der Wirkung des Pilzgifts und — des Milzbrands ist nicht zu verkennen.
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c. Arachnideng-ift.
In den Tropenländern gibt es Spinnen, die so giftig sind, wie die gif­tigsten Schlangen. Die mehrsten Spinnen sind wohl, wie die Scorpione, giftig, aLer gewöhnlich sind die Symptome nicht so gefährlich.
Als locale Erscheinungen in Folge des Scorpionenstiches und der Spin­nenhisse werden oft heftige Schmerzen, Entzündungen und Exantheme ange­führt, die das Gift dem Milzbrandgifte nicht nähern würden. Sehr oft wird aber angeführt, dass nach Scorpionstichen und Spinnenbissen unmittelbar und ohne Entzündung schwarze Flecken, Hautbrand, erscheinen; darin würde sich eine IJebercinstimmung mit der Wirkung des Milzbrandcontagiums zeigen.
Die allgemeinen Erscheinungen, welche eintreten, stimmen ganz überein mit denen, welche das Schlangengift bewirkt*). In diesen hat man schon eine Aehnlichkeit mit Milzbrand und Malariakrankheiten finden wollen. Be-merkenswerth ist in dieser Beziehung eine angebliche Beobachtung vonCelle aus Mexico: „Es existirt eine gewisse Aehnlichkeit zwischen den Symptomen der Malariakrankheiten (Maladies paludeennes), wie remittirende Gallenfie­ber und Wechselfieber, und denen, welche auf die Inoculation der Gifte ge­wisser giftiger Insecten, z.B. des Scorpions folgen: Anfangs Frostschauer, dann Hitze, worauf Schweiss folgt, galliges Erbrechen, Gefühl von Zusam­menziehen im Schlundkopf und in der Brust, allgemeine Gelbsucht. Das Gift dieser Insecten wirkt offenbar zersetzend auf das Blut; denn es ist viel wirksamer, wenn die Vergiftung an der innern Seite der Glieder erfolgt, als an der äussern, da wo die Einsaugung lebhafter erfolgt, als da wo die­ses weniger der Fall ist. Ohne auf diese Analogie, die man nicht zu weit treiben darf, zumal wenn es sich um die weiteren Erscheinungen der Ma­lariakrankheiten handelt, einen zu grossen Werth zu legen, will ich nur bemerken, dass in Mexico sehr oft vorkömmt, dass sich Wechselfi eher nach dem Stiche der Scorpione entwickeln. Unter andern Fällen will ich nur den von einem Mädchen ron 19 Jahren erwähnen, welches voa einem Scorpion in die Fusssohle gestochen wurde, und unmittelbar darauf ein sehr heftiges Tertianfieber bekam, welches acht Monate dauerte **), Hier fand also offenbar eine Affection des Gangliensystems Statt.
d. Schlangengift.
Mit den Wirkungen des Schlangengifts haben schon viele Aerzte die­jenigen des Milzbrandcontagiums verglichen, wie Jemina, Gilbert, Car-ganico, Schröder, Wagner, Orfila u. s. w.
Ich habe an einem andern Orte bereits meine Zweifel über die angeb-
v)
i
*) Rech, de Path. comp. vol. Lp. 597. **) Gelle Hygiene prat. des Payt chauds. p.89. Hcniloger, Mlhbrucl,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; £5
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i
lichen septischen Symptome nach dem Schlangenbisse geüussert*); wenn ich indessen die dort angeführten neuern Beobachtungen Ton Breton, But­ter, Rengger u. s. w. mit den altern von Williams, Macrae, Bus­sel, Home u. s. \r. vergleiche, und bedenke wie wenig Sinn die altern Beobachter mit den Worten Entzündung, Zersetzung u. dgl. rerbinden, so finde ich, dass ich in der That dort zu vorsichtig mit meinem Zweifel ge­wesen bin. Es sind in der That, wie bereits Rengger bemerkt, keine wahren primären septischen Erscheinungen zugegen, das Gift zeigt sich als Nervengift, und zwar als Gangliengift und als Cerebrospinalgift, wahrschein­lich ist aber die Wirkung auf die Ganglien die primäre.
Die localen Wirkungen bestehen in Ertödtung, Brand ohne vorausge­gangene Entzündung, Blutungen, Blutaustretungen (Sugillationen und Fc-techien), Lähmungen, Lähmung der Gcfässnerven.
Die allgemeinen Symptome sind äusserste Schwäche, Krämpfe, Läh­mungen, allgemeine Blutungen und Blutaustretungen.
Die Leichenstarre fehlt, die Leichen gehen dann schnell in Zersez-zung über.
Allerdings zeigen dann diese Vergiftungen eine grosse Aehnlichkeit mit dem Milzbrande**).
e. Schildkrötengift, Fischgift, Muschelgift etc.
Es gibt gewisse Thiere, die, so viel bekannt, kein bestimmtes Gift ab­sondern, deren Körper aber, als Speise genossen, giftig wirkt, und die Zu­fälle bieten theils eine gewisse Aehnlichkeit mit den eben abgehandelten Vergiftungen dar, theils erläutern sie im Folgenden zu betrachtende Krank-heitsproecssc.
Am wenigsten gekannt ist noch das Schildkrötengift; doch sind manche Arten sehr giftig. Selbst die sehr gesuchte und beliebte Testudo Mydas soll zuweilen nachtheilig gewirkt haben, wie Ans on erzählt. — Allgemein bekannt ist aber die giftige Wirkung der Caretschildkröte (T. im-bricata). Schon Labat erzählt, dass man in Martinique, wenn man sie esse, von Furunkeln heimgesucht werde, und das Fieber bekomme; Grall schreibt von St. Martin: „la chair du caret sera la source d'erup-tions interminables do furoncles malins tres - douloureux; victime de la me-prise d'un cuisinier noir, j'ai eiperimente ce fait d'une manure si peu
*)Rechercbes de Pathol. com p. vol.1, p. 598.
*') Merkwürdig ist noch die Beobachtung, dass bei Genesenen (Menschen und Tliieren) die Zufälle oft jedes Jahr um dieselbe Zeit wiederkehren. Und da ist dann trieder eine Beobachtung von CapeIIo (oben S. 338) bemerkenswert!], bei dem auch der Milzbraudausschlag jedelaquo; Jahr wie­derkehrte.
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agriMe, que je ne conseille k personne de renouveler nno teile experiencequot;*). Nach Dampier verursacht sie Erbrechen und Durchfälle. Ben nett iah sie aber in Ceylon sogar den Tod Terursachen: „die Testudo imbricata ist nicht allein ungesund, sondern in manchen Jahreszeiten geradezu giftig; im Jahr 1826 starben im Distrikt Mahagampatto mehrere Eingeborene Tom Genüsse ihres Fleisches; ihre Krankheit bot alle Symptome der Asiatischen Cholera darquot;**). Auch die alten indischen Aerzte wussten bereits dasselbe.
Bekannter sind wenigstens die Erscheinungen der Fischvergifraquo; t u n g e n. Eine bedeutende Anzahl von Fischen sind immer giftig, andere nur in gewissen Jahreszeiten, noch andere ausnahmsweise. Autenrieth hat die bekannten Erfahrungen zusammengestellt. — Dieser Schriftsteller hat drei Formen angenommen, die zwar selten so getrennt vorkommen, aber doch eine gute Uebersicht gewähren.
Schon in denjenigen Fällen, wo die Fischspeise blos den Magen ver­derbt, wo ausser Ekel, Mattigkeit, Schaudern, Druck in der Magengegend, öfterem Aufstossen, gelegenheitlichem Erbrechen, Durst und Eingenommen­heit des Kopfes keine bedeutendere Beschwerden stattfinden, zeigen sich je nach der Individualität des Kranken zwei Bichtungen, nach welchen sich die krankhafte Störung weiter zu entwickeln vermag, nämlich entweder in Folge des einfach schwächenden Eindrucks, den die Gefässnerven erlitten haben, eine ausschliessliche Beziehung zu diesen; hieraus entsteht, wie dienbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,%,
Beobachtungen beim Lachs und Schlei zeigen, kaltes Fieber oder we­nigstens leicht ein Kückfall desselben*quot;); oder aber auf den Eindruck, dennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;laquo; die weichen Nerven überhaupt erlitten haben, folgt einige Aufreizung (?) v.lt;i in diesen, die sich auch auf die harten Nerven überträgt und einerseits zu
einer gewissen Entmischung des serösen Theils der Säftemasse (?) andrer-
h
seits zu mehr oder weniger starken Gliederschmerzen, wie in dem beim Karpfen angeführten Falle, Veranlassung gibt. In ersterer Beziehung ent­steht, durch bittern Geschmack und gelbliche Trübung der Sclerotica ange­zeigt, rothlaufartige Entmischung und Pigment, das nicht nur einen nähern Aniheil der Leber beurkundet, sondern auch als fremdartiger Beiz gelegent­lich Anschwellen der lymphatischen Drüsen und wenigstens nach den Er­fahrungen von Cullen selbst den Ausbruch von erysipelatosem Hautausschlag bald mit bald ohne Begleitung von Fieber bewirkt. Dann aber geht auch
.'.
deg;) Essai de Topographie de Pile Saint Mar tin. p. 21. ••) Ceylon etc. p. 111.
quot;quot;) Auch nach Vergiftungen durch andre Fische, z. B. Muraena anguilla und Muraena ophis ist wiederholt Wechselfi eher beobachtet worden. Bei der grossen Seltenheit von Wechselfiebern, die durch andre Ursa­chen als Malaria erzeugt werden, erinnere man sich aber, dass sie auch durch Schildkröten gift und durch Scorpionstich entstanden!
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die Krankheit unmittelbar in den zweiten Zustand über, der der Ausdruck der Wirlungen deraquo; eigentlichen Fischgifts ist.quot;
„Diese Wirkungen des eigentlichen Fischgifts gründen sich auf eine Aufreizung (?) des Gefässsystems, welche gleichzeitig mit einem mehr oder weniger schwächenden Eindruck auf das Nervensystem verbunden ist. Durch die Gefässreizung wird jedoch letzteres gleichfalls beunruhigt^ aber dann auch um so leichter bis zur Lähmung erschöpft, je intenser der schwächende Eindruck war, den es bei der ersten Einwirkung des Giftes erlitt. Je nach­dem nun die Gefässaufreizung bald mehr nur in vermehrter Secretion des Darmcanals sich ausspricht, bald das Gefässsystem im allgemeinen betrifft, entstehen die verschiedenen Formen des Yergiftungsprocesses, welche man die cholerische und die scarlatinöse nennen könnte. Beide gehen übrigens in denjenigen Fällen, wo der lähmende Eindruck auf das Nervensystem überwiegt, in die Zeichen von diesem über.quot;
„Was die cholerische Form anbelangt, so äussert sie sich, wenn man die Fälle abrechnet, wo die Wirkungen der Fischspeise sich blos auf Durch­fall mit unbedeutendem Bauchgrimmen beschränken, durch folgende Zufälle: Meist einige Stunden nach dem Genuss des Giftes stellen sich schneidende Bauchschmerzen ein, die bald unerträglich werden; damit ist Ekel, Druck in der Magengegend, Gefühl von Brennen im Magen oder wirklicher Magen-tchmerz verbunden; der Kranke empfindet eine ungewöhnliche innere Hitze und wird vom heftigsten Durst gequält; der Mund ist trocken; Angst, Bangigkeit und ein innerstes Krankheitsgefühl verrathen die Stärke und Gefahr des erlittenen Eindrucks; bald gesellt sich zu diesen Beschwerden auch angestrengtes Erbrechen und häufiger Durchfall unter Begleitung von kaltem Schweiss und Kälte der Hände und Füsse, der Puls wird schnell, ungleich und schwach, manchmal kaum wahrnehmbar; überhaupt erscheint bei dieser Form von Vergiftung die Gefässaufreizung in der Regel unbedeu­tend und mehr blos örtlich auf die innere Oberfläche des Darmcanals einge­schränkt; dagegen nimmt das ganze Nervensystem aus Mitleidenschaft desto grössern Antheil an der krankhaften Störung; consensuel vom Magen aus entsteht Schwindel, es kommen Anwandlungen von Ohnmacht und häufig wirkliche Ohnmacht; auch die Rückenmarksnerven werden in einigen An­spruch genommen und dadurch verschiedene krankhafte Sensibilitäts - und Irritabilitäts - Erscheinungen hervorgerufen. Einerseits hat der Kranke ein eigenes lästiges Gefühl in den untern Gliedmassen, Gliederschmerzen und nicht selten eine juckende Empfindung auf der Haut, mit welcher gelegent­lich Spuren eines Hautausschlags oder ein Wundwerden der Haut verbunden sind, andrerseits findet ein Zittern und krampfhaftes Zucken in Armen und Beinen Statt; so dauert der Zustand oft viele Tage hindurch, bis endlich das Nervenleiden in Lähmung, bald Hemiplegie des Körpers, bald Para-plegie der untern Extremitäten, bald Taubheit oder Gesichtmrdunkelung
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übergeht, und zugleich ein jauchiger oder eiterartiger (?) Ausfluss aus ir­gend einer Stelle der Haut den Vergiftungsprocess beschliesst. Erst nach langer Zeit erholt sich der Kranke wieder. — Als bezeichnend für die cho­lerische Form im Ganzen dürfte die vorzugsweise Beeinträchtigung des Gang­liensystems, bei welcher Gehirn und Rückenmark mehr, wie es scheint,
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durch Mitleidenschaft, und meist dann in leichterem Grade ergriffen werden,
so wie eine auf die innere Oberfläche des Darmkanals eingeschränkte, in vermehrter Secretion sich aussprechende Rückwirkung des Gefässystems an­gesehen werden.
„Anders verhält es sich dagegen in der scarlatinösen Form. Den An­fang der Scene macht, gewöhnlich ganz kurze Zeit nach der Mahlzeit eine plötzliche stürmische Aufregung des Gefässsystems mit ausgezeichnetem Blut­andrang nach dem Kopfe; während die Carotiden klopfen, die Augen sichnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i-j-röthen und vom Säfteandrang strotzen, empfindet der Erkrankte Schwindel und die heftigsten Kopfschmerzen, wie wenn der Kopf zerbersten wollte; dasnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; j Auge rollt wild in seiner Höhle und die Augenlider werden krampfhaft auf­gerissen, gleichzeitig schwillt Gesicht, schwellen Rumpf und Glieder auf, und eine scharlachene Röthe oder ein nesselartiger Ausschlag überzieht un­ter lästigem Brennen oder Jucken den ganzen Körper, seltener erheben sich Bläschen oder Blasen auf der Haut; taucht der Kranke zur Linderung seiner Hitze die Hände in kaltes Wasser, so fühlt er jederzeit ein eigenes stechen­
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des Prickeln in denselben, so wie auch in der Nase; mit diesem Ausbruch ist einerseits Fieber mit hartem häufigem Puls, mit Beengung auf der Brust und allgemeinem Zittern, andrerseits heftiges Gliederreissen, oft unter Be­gleitung von Rückenschmerzen, oder bisweilen selbst Fühllosigkeit und gänz­liche Unbeweglichkeit der Glieder verbunden; aber auch die innere Oberfläche des Körpers nimmt jetzt, doch immer in weit geringerem Grade, als bei der cholerischen Form, Antheil an der krankhaften Aufregung; es stellen sich Magen und Bauchichmerzen ein und bald folgt Würgen, Erbrechen und Durch­fall; mit diesen Ausleerungen nimmt übrigens in leichtern Fällen derErethis-mus der Gefässe allmälig wieder ab, die Hautgeschwulst sinkt, der Puls ver­liert seine Härte und wird kleiner, später kommt ein wohlthätiger Schweiss, der die im Ganzen nur kurz dauernde Krankheit beendigt; doch pflegt häufig eine Abschuppung der Oberhaut auch hier nachzufolgen. Nicht so rasch geht es dagegen mit der Genesung in jenen schweren Fällen, welche auf den Genuss vom Sackflosser, vom Barracuda und der Borstenflosse sich ereignen: Abgesehen davon, dass dann die vorerwähnten Zufälle in der Regel weit hef­tiger sind, dass die Hitze glühend, das Jucken unerträglich, der Kopf und Bauchschmerz wüthend ist, dass der Schwindel oft bis zum rauschartigen Taumel mit Verdunklung des Gesichts gesteigert ist, und der Ausschlag mehr Frieselform annimmt, kommen auch noch weitere Symptome zum Vorschein; namentlich sind es die fürchterlichsten Krämpfe in den Gliedern und Bauch-
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eingeweiden, eine eigene Zusammenschnürang im Schlünde mit Blechendem Brennen darin, häufig auch schmerzhafter Zvang beim Stuhlgang und Stran-gurie, wodurch sich solche schwerere Fälle auszeichnen. Bisweilen gesellt sich hierzu sogar eine Bildung von galligtem Pigment, wie sie beim Schlan­gengift schon beobachtet worden ist; der Harn zeigt alsdann gelbe Färbung, der Schweiss färbt die Leinwand gelb, und der ganze Körper überzieht sich mit dem Anstrich der Gelbsucht. In seltenen Fällen rerfallen auch die Spei­cheldrüsen in krankhaften Zustand, sie schwellen an und es entsteht ein starker Speicheliluss. Besonders lästig aber sind noch für den Kranken schiessende Schmerzen in den geschwollenen Gelenken der Kniee, der Hand­wurzeln und des Vorderfusses, oder manchmal auch in der Beinhaut der eylindrischen Knochen. So schwankt der Kranke längere Zeit zwischen Le­ben und Tod, bis endlich die Heftigkeit der Zufälle abnimmt; mit dieser Ver­minderung erfolgt eine Abschuppung der Haut an verschiedenen Stellen des Körpers, die Haare gehen aus und selbst die Nägel fallen ah. Häufig kommt hierzu noch die sonst für den typhösen Process so günstige Crise der Abscess-bildung*), jedoch bei der Vergiftung durch Fische, im Gegensatz zum Ty­phus, wo mit dem Erscheinen von Furunkeln auch die völlige Genesung be­werkstelligt ist, mit dem Unterschiede, dass es eher eine mit den Wirkun­gen des Schlangengiftes vergleichbare eiterartige (?) Auflösung des Zellge­webes unter der Haut **), besonders unter den Fussohlen oder an den Hän­den, als Bildung von eigentlichem, phlegmonösen Abscess ist. Unter diesen Umständen hat diese Eiterung kaum critische Bedeutung, und wirklich blei­ben auch lange Zeit noch Schmerzen und 'Krämpfe in den Gliedern, Lähmung derselben, eine brennende Empfindung in den Fusssohlen und allgemeine Er­schöpfung des Körpers zurück. Ja was höchst merkwürdig und charakteri­stisch für das Fischgift ist, sowohl jene Gelenkschmerzen, als auch die Ab-schuppung der Haut und das Ausfallen der Haare wiederholen sich oft eine Beihe von Jahren hindurch, wie beim Barracuda erwähnt wird ***). In an­dern Fällen ist übrigens der Ausgang noch viel unglücklicher, und der Kranke erliegt entweder schon der Heftigkeit der Krämpfe, wo dann Schlundröhre und Magen stark entzündet (?) angetroffen werden, oder der tödtlichen Schwäche, welche der Eindruck des Gifts unmittelbar zur Folge hat, oder selbst später noch einer durch übermässige Eiterung der Haut eingeleiteten Abzehrung.quot; „Was endlich den letzten Zustand betrifft, welcher als Wirkung von
*) Nein, sehr lästige Furunkel- und Carbunkelbildung. **) Vielmehr Brand und Verjauchung.
***) Bekanntlich ist dieselbe merkwürdige Erscheinung, bei Menschen und Thieren, nach den Schlaogenbiss beobachtet worden; ja sogar nachMilz-brandwecbselfieber bieten bekanntlich sich oft ähnliche Erscheinungen dar.
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Fischgift erkannt werden kann, so zeichnet sich dieser nach den beim Stint und Stichling gemachten Erfahrungen durch einen schon Ton vorn herein ausgesprochenen Tölligen Mangel an Aufreizungssymptomen dergestalt aus, dass man ihn mit allem Recht die paralytische Form der Vergiftung durch Fisehc nennen kann. Der Tod erfolgt hier sanft und schmerzlos mittelst langsameren Hinschwindens der Kräfte nach einigen Tagen unter den Er­scheinungen Ton einer Art von Trunkenheit, von Vergehen der Sinne, leich­tem Irrereden, Ohrensausen, Unvermögen zu schlucken, weissem Zungenheleg, Fühllosigkeit der Glieder und -hin und wieder unter Zeichen von Blutauf-lölfcg *).quot;
Mehrere Auffassungen in dieser Darstellung (die übrigens, auch abge­sehen von neuern Beobachtungen, nicht ganz vollständig ist) kann ich nicht j,
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billigen, vielleicht würde sie der Verfasser gegenwärtig auch anders gegeben
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haben; ich habe indessen absichtlich eine fremde gegeben, um zu zeigen, wie man auch von verschiedenen Grundansichten ausgehend doch auf wesent­lich gleiche Resultate kömmt.
Aus der Gesammtheit der Beobachtungen ergibt sich: das Fischgift ist wesentlich Gangliengift, erzeugt zunächst Krampf und Lähmung in den As­similationsorganen und im Gefässystcm (und Wechselfieber), nur durch Irra­diation und Reflex, Spinal- und Cerebralkrämpfe. Die Exanthembildungen auf der Haut in Folge von Ganglienleiden, und wohl vorzugsweise der Ge-fässnerven, sind uns nach dem Früheren nicht mehr neu, wir werden aber wiederholt im Folgenden auf sie zurückkommen, und die gewonnenen Resul-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,,
täte bei der Erörterung des Wesens des Milzbrandes in Anwendung bringen.
Beachtenswerth ist die Erfahrung, dass auch gegen das Fischgift, wie
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gegen Schlangengift und Pilzgift das Opium sich als das wirksamste Mittel gezeigt hat.
Wichtig ist auch die Beobachtung, dass Fische, die gewöhnlich giftig sind, vorzugsweise in Sumpfwasser, oder gemischtem Meer- und süssem Was­ser leben; dass die, welche nur an manchen Orten giftig sind, dann ge­wöhnlich in solchem Wasser lebten; und die, welche es nur in gewissen Jahreszeiten sind, dann gewöhnlich des Laichens wegen die Untiefen oder das gemischte Wasser suchen. Wohl möglich, dass sie Materialstoff enthalten. Bei mehreren zeigte sich vorzugsweise die Leber giftig.
Mit Recht hat bereits Autenrieth geschlossen, das Muschelgift sey identisch mit dem Fischgift. Die Symptome der Vergiftung, welche ver­schiedentlich (von Behrens, Bauzmann, Menzel, Möhring, Lorry, Beunje, Burrows, Fodere, Combe, Scattigna, Edwards, Montfegre, Durondeau u. s. w.) nach dem Genüsse von Muscheln (der Gattungen, Ostrea, Mytilns, Murex) beobachtet worden sind, waren dieselben, wie Fischvergiftungen, ausgehend
*) Autenrieth Über laquo;Jas Gift der Fische. Tübingen. 1833.
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Tom Gangliensystem, Krämpfe, Paralysen, Exantheme. Wenigstens manchlaquo; Fälle möchten auch hier geneigt machen, anzunehmen, dass die giftigen Thiere in unreinem Wasser gelebt hätten.
Man kann sich nicht enthalten, an diese Gangliengifte gewisse thieri-fiche Zersetzungsgifte anzureihen, die Vergiftungen durch todte Fische (rorzüglich Thunfische), gesalzene Fische, Salzfleisch, Rauchfleisch, Gehirn, besonders das Wurstgift und Käsegift. Zwar kommen Differenzen in den Symptomen Tor, doch wohl noch mehr üebereinstimmungen. Die nähere Betrachtung möchte aber doch hier nicht wesentlich unsern Zweck fördern.
In wie weit die Wirkung von Leichengift, Brandjauche hierher gehört, soll unten bei den Gangränösen besprochen werden.
Dagegen muss ich hier noch Erscheinungen hervorheben, die zuweilen allein durch die Anhäufung einer grösseren Anzahl von Thieren oder Men­schen bewirkt werden. Ich werde zwar im Folgenden bei der Besprechung der Anthrakoiden und der Typhoide auf sie zurückkommen, da diese Krank­heiten auch unter ihrem Einflüsse auftreten; allein in andern Fällen bieten die entstehenden Erkrankungen eine grössere Analogie mit den eben erwähn­ten, oder geradezu mit dem Milzbrande dar.
f. Vergiftungen durch Thierdunst-Miasma.
Das Thierdunst-Miasma ist schon oft als Ursache des Milzbrands ange­klagt worden, ich habe dem früher aus empirischen Gründen widersprochen; dass aber analoge Krankheiten entstehen können, soll nicht geläugnet wer­den , die oben genannten Krankheiten sprechen dafür. Es gibt eine beson­ders belehrende Beobachtung, die oft unter falscher Firma angeführt wird, nämlich die Tarozzische, die unvollständig deutsch mitgetheilt, immerund immer von den Aerzten, unter andern gleich oberflächlichen, als Rotzinfektion angeführt wird, während gar nicht bewiesen ist, dass sich ein rotziges Pferd im Stalle befand, dieses im Gegentheil ganz unwahrscheinlich ist, und die Krankheit der Menschen hat gar keine Aehnlichkeit mit dem Rotze. Es ver­lohnt sich daher der Mühe, die Beobachtung aus der Quelle wiederzugeben.
„Die Krankheit, welche ich beschreiben will, entstand im Jahre 1815, unter der Zusammenwirkung einiger ungewöhnlicher Umstände, in einem Stalle der Gemeinde Ostiano. Ich habe gesagt, diese Krankheit entstand in einem Stalle, und ich sagte dieses, weil nie hat nachgewiesen werden kön­nen, dass sie durch einen von aussen eingeschleppten Krankheitskeim ent­standen wäre.quot;
„Ich hatte Gelegenheit, mich zu vergewissern, dass in diesem Jahre und in den vorangegangenen Jahren unter dem Vieh keine schwere und anstek-kende Krankheit herrschte , und dass in den Stall, in welchem sich diese pestilentielle Krankheit entwickelte, niemals ein fremdes Thier, und niemals ein fremder und unbekannter Mensch aufgenommen wurde. Ich überzeugte
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mich auch, dass in jener Reihe von Jahren in der ganzen Gegend, und be­sonders in der Gemeinde selbst, keine Art von pestartiger oder wahrhaft con-tagiöser Krankheit geherrscht hatte. Auch wurde ermittelt, dass kein ein­
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ziger der Kranken Fleisch von Thieren gegessen hatte, die an einer faulig-ten oder coutagiösen Krankheit gestorben waren.quot;
„Allerdings waren daselbst die Menschen seit einigen Jahren Ton Lei­den schwer heimgesucht worden; diese Krankheiten, einander gleichend durch den stehenden Krankheitscharakter, erschienen doch unter den verschiedenen Formen von rheumatischen und catarrhalischen Fiebern, oder aber von Pleure-sien, Lungenentzündungen, Leberentzündungen , die oft in einen schwer zu heilenden typhösen Zustand übergingen; sie schienen aber weder einen cou­tagiösen, noch einen reinen endemischen Charakter zu haben, sondern viel­mehr von einer ausgebreiteten rein epidemischen Constitution auszugehen, wie das von dem Professor Bodei in der benachbarten Provinz Brescia bereits bemerkt worden ist.quot;
„In einem kleinen Stalle, wenig über zwanzig Fuss lang und breit, 7 Fuss hoch, mit einigen durch Stroh verstopften OefFnungen in der Mauer, und einem einzigen verglasten Fenster, befanden sich zum Ueberwintern in den ersten Monaten des Jahres 1815, drei sehr gesunde Kühe und zwei Pferde , von den letzteren war eins vor ungefähr einem Jahre rotzig (moc-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;V
cioso) angekauft worden, und blieb immer in diesem Zustande, nur dass sich zuletzt mit dem Rotze ein heftiges Fieber verband, jedoch ohne Geschwülste und ohne irgend eine Art von Eruption; dabei hatte sich doch das andre Pferd, welches der Mann seit drei Jahren besass, immer gesund und wohl befunden. Um den Raum des Stalles wärmer zuhal­ten , liess der Herr den unter den Kühen und den Pferden weggenommenen Mist an einer Seite des Stalles gut zusammenschlagen und anhäufen. Es waren bereits zwei und ein halber Monat verflossen, während welcher die Thiere sich beständig darin eingeschlossen befanden, und fast eben so lange Zeit hielten sich in dem Stalle zweiunddreissig erwachsene Personen und fünfzehn Knaben und Kinder auf. Während dessen wurde die Luft im höch­sten Grade verdorben, theils durch den Ausfluss aus der Nase des kranken Pferdes, welche beständig stinkende Jauche absonderte, theils durch die Effluvien des gährenden Mistes, so wie endlich durch das Athmen so vieler Individuen in einem engen und eingeschlossenen Baume.quot;
„Es war gegen Ende Januars, wo fünf Erwachsene, welche den Stall zu frequentiren pflegten, erkrankten; im folgenden Februar erkrankten noch fünf Erwachsene und ein Kind. Bei einigen war der Verlauf der Krankheit so heftig, dass der Arzt keine Hoffnung der Heilung hegen konnte, während sich bei andern die Krankheit mit wechselnder Besserung hinzog. Die Krank­heit trotzte einer jeden Behandlung, und endigte daher fast immer mit dem
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Tode; ein einziger von diesen Kranken genass 10 ziemlich nach Verlauf Ton zwölf Monaten.quot;
„Die Krankheit bestand in einem Fieber von der Art des Synochus nach Cullen , in welchem die organischen Functionen wenig litten, während das Sensorium nicht selten einer mehr oder weniger schweren Störung unterlag. Im Verlaufe der Krankheit fanden sich Muskelschmerzen ein, häufiger Leiden, Entzündungen und Geschwülste der Gelenke, zuweilen andre eiternde Beulen, livid-violctte Flecken und zerstreute blasige Ecchymosen der Haut; eine ery-sipelatose oder phlcgmonöse Anschwellung kündigte den Ausbruch eines gros-sen Anthrax an , oder am gewöhnlichsten den gleichzeitigen Ausbruch ver­schiedener, hier und da zerstreuter gangränöser Pusteln. Nur in drei Indi-riduen kam es nicht zur Entwickelung des Carbunkels, wo er aber erschien, da war er gewiss von der grösslen und tiefsten, und immer von der bösen Art, welche man carbon vespajo nennt.quot;
„Einer Immunität gegen die Miasmen erfreute sich nur ein Individuum: Ein gewisser Antonio Babbini, ein junger Mensch von 15 Jahren, der der Gehülfe des Kuhhirten war, befand sich fast immer in dem verpesteten Stalle; er trug Heu und Heksel in die Krippen, streute den Thieren, machte ihnen ihre Lager zurecht; er allein entfernte die Kühe davon, reinigte die Jauchen-canäle, und brachte dann allen Mist an den bestimmten Ort, er striegelte und putzte die Thiere. Bei alle dem erkrankte dieser Mensch niemals.
Krankengeschichten: 1. Die Krankheit zeigte sich unter verschiedenen Formen. Der, welcher mit der grössten Heftigkeit befallen wurde, starb am achten Tage der Krankheit; es war dieses der Eigenlhümer des Stalles, Fran­cesco Ercole, 50 Jahre alt, ein starker Landmann, welcher befallen von einem anscheinend guten Fieber , unter dem Bilde einer sehr heftigen Synocha, nach dem Gebrauche von antiphlogistischen Mitteln und zwei reichlichen Aderlässen mit sehr starker Crusla inflammatoria, Erleichterung fühlte; nur erhob sich oben am linken Arme, der schon ganz oedematös, schmerzhaft, erysipetatös war, in der Gegend des Schulterblatts eine grosse Geschwulst, in deren Mitte der Anthrax vespajo ausbrach; nun begann das Deliriren, und nahm immer mehr zu, der Puls wurde klein und schnell, die Extremitäten kalt, und der Tod trat ein , obgleich der Anthrax mit Messer und Glüheisen behandelt worden war.quot;
2. „Theresa Rampi, eine Bäuerin, litt zwölf Tage lang. Sie war 60 Jahre alt, und hatte anfangs keinen eigentlichen Fieberanfall, das Fieber hatte den Charakter eines einfachen rheumatischen Fiebers, und sie litt an allgemeinem Muskelschmcrz, welcher durch die Berührung vermehrt wurde; innerhalb acht Tagen wurden drei masige Blutentziehungen gemacht, an den schmerzhaftesten Theil des Rumpfs wurden einige Schröpf köpfe gesetzt, es wurden Frictionen und Linimente angewendet, einige schwächende Mittel in­nerlich gegeben, Nachdem die entzündliche Periode der Krankheit abgelau-
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fen war, trat auf der Haut ein nicht erleichternder Schweiss ein, das Athmen wurde schwer, und es entstanden auf der Haut einige einzelne Pusteln wie grosso reife Blatternpusteln mit gangränösem Boden. Bald darauf befiel ein oedematöses Erysipelas den ganzen Kopf, und am innern Winkel des linken Auges brach der Vespajo - Carbunkel aus. Nun traten grosse Störungen der geistigen Verrichtungen ein, die Muskelkräfte schwanden , die Pulse wurden schwach und leer. Ich weiss nicht, ob die excitirenden Mittel, welche in dieser zweiten Periode gegeben wurden, das Leben auch nur um einen Augen­blick verlängert haben.quot;
3. „Giuditta Amidani, eine junge Braut von floridem Habitus , welche nur zuweilen zum Besuch zu den übrigen Frauen in den verpesteten Stall in ihrer Nachbarschaft kam, unterlag dem Tode am lOten Tage dieser merk­würdigen Krankheit. Sie wurde zuerst von ihrem eigenen Vater, einem Em­piriker behandelt, der ihr zwei Aderlässe gemacht und dazwischen antiphlo-gistische Abführmittel gegeben hatte, als ich sie am neunten Tage sah; sie sagte mir damals, dass sie sich während ihrer Menstruation von einer ausser-ordentlichen Schwäche befallen fühlte, die in eine Krankheit überging, die anfangs den Charakter einer Geleukgicht mit heftigem Fieber darbot, welches sie nicht mehr verliess; ich fand damals eine ausgebreitete dunkelrothe Ge­schwulst nach Innen vom grossen Trochanter des linken Schenkels, dessen Hüftgelenk unbeweglich und sehr schmerzhaft war; wie in einer Gelenkgicht waren ihr auch beide Elnbogengelenke entzündet und geschwollen; die Wan­gen waren lividrolh, Lippen und Zunge schwarz und verbrannt; sie litt an einem unauslöschlichen Durst, sehr schwerem Athmen, Schlaflosigkeit, Un­ruhe, Aufregung. Die Kranke erhielt leichte Abführmittel, dann Dowersche, Pulver und Holztrank ohne Erfolg; ich vermied das Aderlassen, weil der Ver­ein der krankhaften Erscheinungen, so wie der Puls, darauf hinzuweisen schienen, dass die Krankheit schnell in einen adynamischen Zustand über­gehen werde. Unter diesen Umständen wurde der sehr erfahrne Dr. Fac-coni aus Aquanegra hinzugerufen, mit welchem ich übereinkam, hier und da Vesicatore zu legen und der Kranken säuerliche Getränke und Spiritus Mindereri zu geben; in der That trat eine vorübergehende scheinbare Ruhe ein; dann schwollen aber die Knöchel an, und eine Bleifarbe mit einigen bläulichen Flecken überzog die ganzen untern Extremitäten. In diesem Zu­stande behielt sie nichts destoweniger die grösste Freiheit des Geistes, aber das Athemholen erfolgte sehr schwer und unter Röcheln. Um 4 Uhr Mor­gens am sechzehnten Februar, während sie unterbrochen mit ihren umstehen­den Verwandten sprach, sah man sie einen tiefen Athemzug thun und auf der Stelle verschied sie.quot;
„4) Domenico Cremonesi, fünfzig Jahre alt, voll Schärfe, zitternd, aber doch von lebhafter Farbe und nicht schlecht genährt, wurde am dritten Feb­ruar von dem tödtlichen Uebel befallen, und mustte am 16. Tage der Krank-
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heit sterben. Zuerst wurden die Gelenke der untern Extremitäten schmerz­haft, feucht, geschwollen, und die Füsse verdrehten sich; das Fieber, ein un­zertrennlicher Begleiter der Krankheit, schien im Anfange von entzündlichem Charakter; kaum war eine Woche verflossen, so sah man sich Gesicht, Hals, dann die vordere Fläche der Oberschenkel mit einem lividen Erysipelas be­decken; bald darauf wurde die Haut des Rumpfes entstellt durch den Aus­bruch pockenartiger Pusteln, theils zerstreut, theils zusammenfliessend, und auf schwarzer und gangränöser Basis stehend; ausserdem fanden sich hin und wieder noch Ecchymosen, auf denen sich die Haut in zollgrosse, fluetui-rende, halbleere, unregelmässige, ein sehr flüssiges und schwärzliches Blut enthaltende Blasen erhob. Wenige Tage darauf erschien im Gesicht ein sehr grosser Carbunkel von favöser Gestalt; dann schwoll der livide und erythe-matöse Kopf auf eine enorme Art an, die Augenlider bekamen die Grosse von Hühnereiern, Nase und Lippen bildeten eine facies leonina, und aus dem aufgesperrten Munde hing die Zunge vor. Endlich brachen neue Carbunkel auf den Schenkeln und auf dem Gesässe aus; endlich starb er verstümmelt, verzogen und ganz zu Gangrän geworden. Dieser unglückliche Mann liess sich nur selten in dem verpesteten Stalle sehen; es traf sich aber einmal, dass er einen Schlüssel verloren hatte, und um ihn wieder zu finden, suchte und wühlte er lange in dem Miste, der, wie erwähnt, an einer Seite des Stalles aufgehäuft lag. Neben diesem gährenden Miste befand sich die be­beständig aus den Nasen des halbverzehrten rotzigen Pferdes fliessende Jauche, welche die Effluvien noch giftiger machte.quot;
5) „Maria Encole, Frau des Besitzers des Stalles und mit diesem von gleichem Alter, wurde am 23. Januar von einem entzündlichen Fieber befal­len, welches nach einem Aderlass verschwand. Fünf Tage lang besorgte sie wie gewöhnlich ihre häuslichen Geschäfte; aber auf einmal entwickelte sich ein Erysipelas im Gesicht, ein Haufen violetter schnell hervorbrechender Pus­teln erschien an der linken Augenbraune und bildete einen favösen Carbun­kel; andere Pocken voll gelblichen Eiter brachen um die Carbunkelgeschwulst herum aus. Die letztere breitete sich aus, die Gesichtszüge wurden entstellt, der Kopf schwoll unförmlich auf; es traten Anzeigen von Delirien ein, sie erkannte ihren gefahrvollen Zustand nicht, sie verfiel in Bewustlosigkeit, und starb am 17. Tage.
6. „Francesco Posio, 22 Jahre alt, erkrankte mit häufigen Klagen über Schmerzen im Unterleibe, am 2. Februar; eine Mannaauflösung mit etwas Ricinnusöl beseitigte noch denselben Tag den einfachen Reiz der Stercoral-kolik; er war ohne Fieber und glaubte bald vollkommen geheilt das Bett verlassen zu können, er dachte nicht daran, dass er die verpestete Luft im Stalle Ercole eingeathmet hatte. In der That nach vier Tagen anscheinender Reconvalescenz bekam er Fieber mit catarrhalischen Symptomen. Ich ver­ordnete einen Aderlass und eine schleimige Antimonialsolntion; darauf fühlte
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er sich wohl, er bekam wieder Appetit. Aber auch diese zweite Reconvales-cenz war von kurzer Dauer; es offenbarten sich endlich die Symptome der furchtbaren Krankheit, welche ihn in zwanzig Tagen dem Grabe zuführte: Das Fieber kehrte wieder, eine kleine bald ohne Veränderung der Hautfarbe in Eiterung übergehende Geschwulst erhob sich an der rechten Seite der Nase, die Kniegelenke und die Fussgelenke wurden steif durch sehr schmerz­hafte gichtische Geschwülste; das ganze Gesicht wurde ödematös und blei­farben, und darauf brach der Vespajo-Carbunkel aus; in Folge dieses Aus­bruchs schwoll der Kopf sehr an, die Augenlider wurden aufgetrieben und leerten eine eiterige Flüssigkeit aus; hervorragende Pusteln, dazwischen lym­phatische Bläschen, bedeckten überall die Haut des Kranken; es trat dann Abstumpfung der Sinne ein, Zittern der Glieder, bei passiver Lage im Bette. Er wälzte von Zeit zu Zeit auf dem Kissen seinen enorm entstellten rothen Kopf, welcher noch furchtbarer erschien durch die grossen schwarzen Augen­deckel, von denen die ungeheuer angeschwollenen untern Augenlider einge-fasst waren. Zuletzt pfiff die Luft bei dem Athemholen durch die verstopf­ten Nasenhölen, er knirschte mit den Zähneu, und murmelte unartikulirte Laute im Gaumen.quot;
7)nbsp; „Ein von Natur stumpfsinniger Alter, Giuseppe Maghella, wurde auch am 25. Januar von der bösen Stallkrankheit befallen, und der Kranke zog sein Leben hin bis zum 26. Tage. Rheumatische Schmerzen in den vordem Bauchmuskeln machten ihm gleich vom Anfang an die Beugung des Rumpfs unmöglich; darauf wurde er von hitzigem Fieber gequält; ein salinisches Mittel, zwei Aderlässe und Frictionen stellten ihn wieder her; er wurde wie­der krank am zehnten Tage seiner vorübergehenden Besserung; er lag nun apathisch auf dem Bette, er war immer zerstreut und in sich gekehrt, als wenn er sich selbst vergessen hätte; eine Art von Chiragra machte, dass die Finger seiner linken Hand wieder anschwollen. Zuletzt nahm er weder Speisen noch Arzneien; er verfiel in eine grosse Entkräftung und starb.quot;
8)nbsp; „Laura Guerreschi war eine Frau von männlichem Geist, hoher Sta­tur, und vierschrötigem Bau; sie war jung, heftig, entschlossen, robust, ge­wöhnt an Entbehrung und an Arbeit. Bei alle dem war die Gewalt der un­bezwingbaren Krankheit so gross, dass sie, nach schweren Leiden, am 31. Tage der Krankheit ebenfalls sterben musste. Das erste Zeichen ihrer Krank­heit war eine arthritische Anschwellung des rechten Knies, welchlaquo; die Grosse eines Menschenkopfs erreichte. Diese Frau, welche nichts anfocht, war von allen die erste, welche erkrankte (es war am 18. Januar); sich auf ihre kräftige Konstitution verlassend, suchte sie spät erst die, übrigens auch un­mächtige ärztliche Hülfe. Ich suchte die entzündliche Localaffection des Knies und zugleich das begleitende Fieber zu beseitigen durch drei immer grössere Aderlässe, und zwölf Blutegel in der Nähe der Geschwulst, sowie durch ab­führende und andre schwächende Mittel, Fomcntc, Cataplasmen, autiphlogu-
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tische und auflösende Linimente wurden nicht vernachlässigt. Die Krankheit widerstand allen Mitteln, sie wurde noch schwerer, indem sie einen Verein neuer Symptome darbot, welche den Arzt nachdenklich machten und die bös­artige Natur der Krankheit offenbarten: Prostration der Kräfte, Unruhe, Schlaflosigkeit, aussetzender Puls kündigten das zweite Stadium der bösarti­gen Krankheit an; China, Opium, Campfer, excitirende Mixturen wurden ohne allen Erfolg angewendet. In den folgenden Tagen nahm die Grosse der Kniegeschwulst ab, und sie wurde weniger schmerzhaft, um andern höchst schmerzhaften Anschwellungen Platz zu machen, welche an den Gelenken der Arme und Füsse entstanden, die nacheinander von Oedem, Anchylosen und Verdrehungen befallen wurden; nach diesen Erscheinungen schwoll ihr Kopf auf eine monströse Art, wie ein Kalbskopf an, und nahm überall eine violette Färbung an, die Nase wurde aufgetrieben und ungeheuer breit, die Augenlider schwollen, wurden schwer und hängend, die Lippen wurden dick und stark nach aussen gebogen, durch diese Zufälle hatte sie alles mensch­liche Ansehen verloren; endlich brach der favöse Carbunkel gross auf der Stirne aus, er wurde scarificirt, eiterte, und ergoss dann eine gelbe Flüssig­keit, welche zum Theil an der Luft gerann, zum Theil ekelhaft herabfloss bis in den offenen Mund; die Zunge und die Zähne waren schwarz; die Unter- und Oberschenkel waren gefleckt durch gangränöse Phlyctaenen; das Fieber war schleichend, der Athem schwer, der Puls klein und leer. Sie behielt aber den freien Gebrauch ihrer Geisteskräfte, weder die Schwere ih­rer Krankheit, noch der Todeskampf ihrer Leidensgefährten, nicht der traurige Ton der Todenglocke, nicht die Einsargung ihrer Freunde vermochten ihren starken Geist zu schrecken, sie pflegte zu sagen, sie allein unter den Er­krankten habe über den Tod triumphirt. Bald darauf aber kam ein Tag, an welchem sie ein Vorgefühl ihres Endes hatte: Ein kleiner Schweiss der sie immer mehr schwächte, profus wurde und sich über die ganze Haut verbrei­tete, schien das Vehikel, durch welches sich der schwache Rest ihrer Lebens­kraft ergoss; am Abend des 21. Febr. starb sie ruhig.
9) „Angela Lodigiana, 10 Jahre alt, deren Krankheit am 22. Januar begann und 50 Tage dauerte, genass zuerst von einer heftigen Synocha durch vier Aderlässe. Nicht lange darauf wurde sie von einem leichten Erysipelas in der Gegend des linken Auges befallen, welches von dem Dr. Chizzoni beseitigt wurde, und man glaubte schon die Kranke dauerhaft geheilt zu haben; aber kaum waren sieben Tage verflossen, als das Schultergelenk und das Kniegelenk der rechten Seite anfingen anzuschwellen; bald darauf schwol­len die Knöchel des linken Fusses; darauf verliefen Tage und Nächte ohne Fieber und ruhig. Darauf erhoben sich an einigen Stellen der Haut Haufen dicker eiterig-gangränöser Pusteln, aus welchen der genannte Dr. Chinozzi Materie nahm, um nur auf grossen gesunden Stellen der Haut der Kranken selbst Impfversuche anzustellen; in der That wenige Tage nach
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der Inoculation brachen an jedem Impfstiche eben solche gungriinose Pusteln aus, vie die, aus denen die Materie genommen war. Es dauerte nicht lange so entwickelte sich das Fieber mit sehr beschleunigtem Pulse, und von die­sem Tage an wurde sie beständig gequält Ton unbesiegbarer Unruhe, Schlaf­losigkeit und sehr schmerzhaftem Stechen. Es erschien dann ein Oedem auf der Stirne, eine kleine jauchige Anschwellung entwickelte sich in der Nähe der Orbita der linken Seite, und alle Gelenke wurden entzündet und geschwol­len wie in der Gicht; endlich brach am rechten Kniegelenk ein Vespajo-Carbunkel aus, der eine blutige Jauche ergoss; die Extremitäten wurden steif und zusammengezogen, und die gangränösen Blasen verbreiteten sich über die ganze Haut. Die Kranke war abgemagert, ausgezehrt, zitternd, furchtsam, ihr Schicksal beklagend, weil sie wohl einsah, welches Loos ihrer in kurzer Frist warte. Nach diesem fiel sie in Betäubung, ermuntert lind befragt brachte sie nur unterbrochene und unverständliche Worte hervorj facies hippoeratica bildete sich aus, die Haut wurde gelb, das Athmcn röchelnd; bewustlos lag sie im Bette, war trocken, zum Skelet abgezehrt, die Extremi­täten kalt, der Puls formicans, und so verlor sie allmählig Wärme, Athem und Leben.quot;
10) „Am 4. Februar erschien Battista Faustinelli, von mittlerem Alter, wie ein Mensch, der von schwerer Pleuresie sehr heimgesucht worden ist; achtzig Tage dauerte seine Krankheit, und in dieser langen Zeit traten we­nige Momente scheinbarer Heilung ein. Es wurde ihm die am roehrsten indicirte Hülfe geleistet, durch mehrere Aderlässe, Anwendung von Antimo-nialsolutionen, Pflastern und Schröpfköpfen auf die schmerzhaften Stellen, und er schien nur einige Zeit ganz hergestellt, nur die Muskeln der rechten Wade wurden allmählig livid, hart, schmerzhaft; er litt dünn an Dyspepsie und es trat ein anomales erratisches Fieber ein, mehrere Wochen kränkelte er auf diese Art, die Antifebrilia, die er erhielt, die lange gebrauchte verdünnte Salzsäure, die Einreibungen von Mercurialsalbe in die verhärteten Waden, änderten nichts in seinem krankhaften Zustande; als Ptyalismus ein­trat, Zahnschmerzen und Fungosität des Zahnfleisches, so wurden die Mer-curialeinreibungen ausgesetzt und in wenigen Tagen verschwanden die Mer-curialsymptome. Es schien, als wenn die, doch gehörig verdünnte, Salzsäure den Kehlkopf reizte, und einen trocknen quälenden Husten hervorrief, welcher nach dem Aussetzen des Gebrauchs gemäsigt aber nicht beseitigt wurde. Unterdessen wurde die Haut befleckt durch kleine vibices und grosso schwärz­liche scorbutische Sugillationen; die rechte verhärtete Wade nahm eine Blei­farbe an, das Gesicht wurde wachsfarbig und leichenhaft; schon waren die Kräfte so gesunken, dass ihm das blosse Aufheben der Beine eine Ohnmacht verursachte. Nachmals bekam er auf jeden Schluck Getränk einen krampf­haften hydrophobischen Anfall mit Zusammenziehen der Fauces. Der Kranke verfiel in Abzehrung, er kam so herunter, dass er nicht mehr im Stande
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war, dem Arzte den Arm zur Untersuchung des Pulses zu reichen. Am Ende wurde das leichenhafte Gesicht leicht oedematös und nahm eine grünliche Erdfarbe an, das Athmcn wurde schnell, zitternd und rasselnd, der Athem übelriechend, die Stimme heisser. Ein ruhiger Tod endigte das Leben.quot;
11) „Antonio Vighcnzi, 9 Jahre alt, wurde am i. Februar Ton der Krankheit befallen, und war von allen der einzige, welcher die Krankheit überlebte. Die Eltern und die Geschwister des Kranken, welche den un­glücklichen Ausgang der Krankheit bei seinen übrigen Leidensgefährten kann­ten, und wussten, dass sie ebenfalls oft in dem gefährlichen Stalle verweilt hatten, fürchteten für sich selbst ein gleiches Schicksal. Die Krankheit fing mit einem leichten Catarrhalfieher an, von welchem es schien, als könne es leicht durch wenig einfache antiphlogistische Mittel beseitigt werden. Es verliefen 8 Tage, ohne dass die Krankheit des Kindes sich verschlimmerte. In derFolye erhob sich ohne grosse Beschwerden ein kliiner oberflächlicher Car-Lunkel mit wenig Entzünduugshof in der Gegend der rechten Augenbraune; er wurde hervorragend, ging bald in Eiterung, und entleerte nach gemach­ten Einschnitten Jauche. Von der Zeit an wurde der kleine Kranke etwas schwach, und wir reichten ihm nach einander verschiedene Dosen von Chi-nadecoct, the.ils rein, theils mit Opium. Die Krankkeit verlief schon zum Bessern, und bei ihrer geringen Intensität konnte man schon glauben, dass sie sich ihrem Ende nähere; aber wir irrten uns in diesem Glauben, denn nach Verlauf von zwei Wochen sahen wir sich die beiden Knöchel des lin­ken Unterschenkels in eine einzige runde entzündete und pulsirende Geschwulst verwandeln, an welche erst zehn Blutigel gesetzt wurden, dann wurde sie mit warmen Schmuckerschen Fomentationen bedeckt, zuletzt mit Vesikatoren. Es war bereits ein Monat verlaufen und der kleine Carbunkel sonderte noch Jauche aus. Das Fieber war leicht und unregelmässig, die Geschwulst der Knöchel wurde immer grosser und runder. Die Verdauungsverrichtungen litten nicht. Gegen den dritten Monat hin war er nur noch mager, er klagte gar nicht mehr über die stechenden Schmerzen im linken Fuss.quot; Es bildete sich Spina ventosa, nach einem Jahre war er hergestellt.
„Sieben und vierzig Personen besuchten den inficirten Stall Ercole, und nur 11 erkrankten wirklich an der Krankheit. Mehrmals schliefen Ehegat­ten bei ihren erkrankten Ehegatten ohne angesteckt zu werden. Arzt und Wundarzt, die sie mehrmals am Tage besuchten, wurden nicht angesteckt.quot; Dagegen erkrankte der Geistliche, welcher die Kranken im Krankenhause besucht hatte; die Krankengeschichte gibt das Bild eines schweren Typhus, doch ohne die Haut - und Gelenkleiden der andern Kranken *).
*) T. Tarozzi Casi di malattia pestiforme nata in una stalla, in cui era un cavallo moccioso. Annali univers. di Medicina. vol. XXIII. p. 220.
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Diese Beobachtungen, so laquo;nvollständig sie auch sind, und so wenig passend die Behandlung erscheint, Meten ohne Zweifel ein grosses Interesse dar. Mit Rotz hat die Krankheit keine Äehnlichkeit, und mit Unrecht wird sie von den Äerzten in ihr Sammelsurium von Rotzvergiftungen aufgenommen. Näher steht sie den Fäulnissinfectionen. Die acuteren Fälle besonders haben eine so grosse Äehnlichkeit mit den Infectionen durch milzbrandkrankes Fleisch, dass man fast gewiss an eine solche denken würde, wenn die Personen einer Familie angehörten, und wenn nicht gerade solche Personen inficirt worden wären, die seltener in den Stall kamen, während die ganz an die Miasmen gewöhnten weniger litten, wie das gewöhnlich bei miasmatischen Infectionen der Fall ist.
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Fassen wir die Resultate dieses Abschnitts zusammen, so müssen wir schliessen: Es gibt gewisse Gifte, und zwar vorzüglich in oder auf lebenden Pflanzen und Thieren erzeugte (filzgift und Mutterkorngift, Schlangengift, Schildkrötengift, Fisch­gift, Muschelgift, Arachnidengift, thie ris ches Excretions-miasma), doch wahrscheinlich auch bei beginnender Zer­setzung sich entwickelnde(Wurstgift, Eäsegift u. s. w.), wel­che in den Organismus gebracht zunächst die Imiervation (die ei genthümliche, am Ende immer auf Empfindung und Be­wegung zurückzuführende Thätigkeit) der Ganglien- (und Gefäss-) Nerven stören, Schmerz, Krampf, Paralyse in den Eingeweiden, Wechselfieber, Cholera, Lähmungen derGe-fässe, Blutungen erzeugen; dann aber ihre Wirkungen auf das Cerebro-Spinalsystem ausstrahlen, äussere Krämpfe und Lähmungen, und Exantheme erzeugen, so wie durch ihre Wirkung auf die Respirations- und Circulationsner-ven die Erhaltung der normalen Krasis des Blutes unmög­lich machen. Ob und welche Veränderung die Nervengifte bei ihrer Auf­nahme in das Blut erleiden, ist uns unbekannt.
Dass hier die Äehnlichkeit mit dem Milzbrande überall eine sehr viel grössere ist, leuchtet auf den ersten Blick ein; ja eins dieser Gifte, das Pilzgift erzeugt geradezu Milzbrand, wenigstens eine Krankheit, welche wir bis jetzt nicht vom Milzbrand zu unterscheiden vermögen.
Eine auffallende Analogie mit dem Milzbrande zeigt sich besonders in dem Hervortreten von Hantaffectionen, Brand, Exanthem und dann Entzün­dung. Der Gedanke, den hier der Humoralpatholog und Chemiater wohl he­gen wird, als zeige sich in jenen Hautleiden ein Streben des Organismus zur Ausscheidung anomaler Stoffe, wird wohl nach allen Erscheinungen zu­rückzuweisen seyn, und ihre Entstehung wird eben so, wie die der Stasen und Blutungen, aus der Wirkung der Gefässnerren abzuleiten seyn. Eine
Hcaiinger, Mibbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; £{}
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weitere Erklärung zn versuchen verbietet uns der Stand unserer Kenntnisse von dem Bau und den Verrichtungen der Gangliennerven.
Die bei diesen Vergiftungen vorkommenden Hautleiden sind aber auch nicht die einzigen, in denen eine solche Beziehung zum Gangliensysteme und zu dem Zustande der Vaterleibsorgane erkannt wird, sondern dieselbe ist längst auch in vielen andern Hautkrankheiten von den Aerzten anerkannt worden, und darunter befinden sich solche, (Erysipelatosen und Anthrakoiden) die auch in ätiologischsr und phänomenologischer Hinsicht eine Annäherung zum Milzbrande zeigen.
Die sogenannten dyscrasischen Hautleiden, die man wohl nicht selten vorzugsweise als abdominelle bezeichnet, gehören gröstentheils gar nicht hier­her, entweder sie verdienen diesen Namen in der That, sie sind Aesserun-gen einer anomalen Blutkrasis und daraus hervorgehender Anomalie der Haut­bildung, oder sie sind Folgen mechanischer Störungen des Kreislaufs. Diese sind aber von den Aerzten vorzugsweise in das Auge gefasst worden, wenn sie die Ursache Her Hautkrankheiten im Unterleibe suchten. — Etwas allge­meiner sind wohl diese Beziehungen von einigen altern und neuern Aerzten aufgefasst worden, Baumes z. B. haben sie wohl bei seiner Fluxion re-fltchie vorgeschwebt*). Klarheit findet man aber nirgends.
Uns würde hier eine allgemeine Betrachtung viel zu weit führen, und die Ausbeute für unsern Zweck würde zu gering seyn; wir beschränken uns auf die früher genannten speciellen Hautleiden.
3. Erysipelatosen.
Ausser so vielen andern Hemmnissen tritt uns bei der Betrachtung der Hautkrankheiten besonders die Unkenntniss der materiellen Veränderungen der Haut, der fast gänzliche Mangel an anatomischen und mikroskopischen Untersuchungen entgegen, die nothwendig sind, wenn gleich sie der Arzt nur mit sehr grossem Misstrauen benutzen und deuten darf.
Die Physiologen haben in den letzten Zeiten sehr gross damit gethan, dass sie den Aerzten gelehrt haben, die Exantheme (im Willanschen Sinne) wären Entzündungen! Dass Exantheme sich mit Entzündung verbinden, in Entzündung übergehen können, dass es ein entzündliches Erysipelas, eine entzündliche Scarlatina gibt, wissen wir wohl, dann sind alle Erscheinungen der Entzündung zugegen und der ganze Charakter der Krankheit ist geändert. Dass aber in den einfachen Exanthemen die vorhandenen Erscheinungen, Röthe, Hitze, Geschwulst und Schmerz, im Allgemeinen und noch abgesehen von ihren speeifischen Differenzen, Folgen derselben letzten Bedingungen wären wie in der Entzündung, das haben sie nicht bewiesen, und, abgesehen von dem praktischen Unglück, welches eine solche Lehre anrichtet, würde
quot;j P. Baumes Nouvelle Dermfttologie. vol. J. p. 79.
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sie uns in der Wissenschaft um nichts weiter bringen, da wir nothwendig dann doch noch, eben so wie früher, nach den Ursachen der verschiedenen Arten der Entzündung suchen müssten.
Der exanthematische Process ist, wie auch schon die ganz verschiedene Blutkrasis beweist, verschieden von dem entzündlichen. Will man mit eini­ger Aussicht auf Erfolg nach dem Wesen der exanthematischen Processe for­schen, so wird man den sicherern Weg gehen, wenn man die Exantheme einzeln für sich untersucht, und es dann dem Erfolge überlässt, ob sich all­gemeine Resultate ziehen lassen, nicht aber generalisirend die Exantheme, die ja am Ende doch nur eine künstlich gebildete Gruppe sind, in das Auge fasst.
Das wahre exanthematische Erysipelas war wohl den alten Aerzten und denen des Mittelalters, die in ihre Fnsstapfen traten, besser bekannt als den neuern *). Das Verdienst der neuesten Aerzte ist es, von dem exanthe­matischen Erysipelas wieder Hautleiden getrennt und unterschieden zu haben, die man unrechtmässiger Weise mit ihm zusammengeworfen hatte, und die man nun unter dem Namen Pseudoerysipelas zusammengefasst hat. An einem andern Orte habe ich bereits aufmerksam gemacht, dass dieser Aus­druck die verschiedenartigsten Hautleiden umfasst, von denen sich eine An­zahl unter andre Krankheitsformen der nosologischen Systeme bringen lässt; aber es bleiben solche übrig, welche zu keiner dieser Formen passen wollen; man hat sie freigebig Dermatitis genannt, nun gibt es wohl auch solche Formen, die diesen Namen vollkommen verdienen; es gibt aber auch solche, und zwar hier für uns besonders wichtige, welche von der Dermatitis so weit entfernt sind, wie von dem wahren Erysipelas, nämlich diejenigen Blutstasen, entweder gleich mit Blutextravasat oder doch mit der grössten Neigung dazu, wie sie bei Brandjauchen- und Eiter- oder auch Miasmen-Infection vorkom­men, und eben so oft im Milzbrand, offenbar analog in vorerwähnten Ver­giftungen, und offenbar sich anreihend an Hautblutungen, die man gewöhn­lich Purpura nennt! Auf sie werden wir im Folgenden zurückkommen; hier soll uns nur das wahre exanthematische Erysipelas zunächst beschäftigen; dann wollen wir ein paar Krankkeiten anreihen, welche eine unverkennbare Verwandtschaft mit diesem zeigen.
a. Erysipelas.
Das wahre axanthemathische Erysipelas, mag es nun aus constitutionellea Störungen im Organismus selbst sich entwickeln, oder Folge eines miasmati­schen Einflusses, oder einer epidemischen Constitution, oder des Contagiums
*) Man lese z. B. den alten Guy von Chauliac oder seinen eleganteren Parapbrasten Targault: Sriptores de Chirurgia ed C. Geg­ner, p. 25. b.
an*
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seyn, erscheint als eine allgemeine fieberhafte Krankheit, welche sich mit dem Hautleiden entscheidet.
Die Symptomatologie des Erysipelas und seiner Formen hier zu wieder­holen, kann nicht unsre Aufgabe seyn. Folgende Funkte sind es, welche in Beziehung auf den Milzbrand hier für uns ein Interesse haben.
1)nbsp; Das Erysipelas ist oft Folge der Einwirkung von thieri-schem Zersetzungsmiasma. So theilt Alibert einen Fall mit, den Hervez de Chegoin beobachtete: „Ein Maurer von 55 Jahren war einige Tage mit der Ausbesserung der Todtenkammer im Val-de-Grace beschäftigt. Am Ende dieser Arbeit wurde er plötzlich krank, fast zu gleicher Zeit zeigte sich ein rother Fleck von der Grosse einer Hand auf der vorderen Fläche des rechten Unterschenkels, und ein ähnlicher Fleck auf der hintern Seite des linken Vorderarms; der Urin ging unwillkfihrlich ab, die Lippen waren von einander entfernt, die Zähne aneinandergepresst, und mit zähem Speichel überzogen, die Sprache schwer. Die erysipelatöse Eruption nahm eine livide Farbe an, die Geschwulst war bedeutend, und am zweiten Tage der Krank­heit starb der Kranke'-*). Dieses miasmatische Erysipelas, besonders als epidemisches und endemisches in Hospitälern, ist aber in den neuesten Zeiten durch eine presse Anzahl Beobachtungen deutscher, französischer und beson­ders englischer Aerzte nachgewiesen worden, welche man zum grossen Theil in den bekannten Schriften von Williams, Nnnneley, Gregory u. s. w. gesammelt findet. Es soll nach diesen Aerzten ein und dasselbe Miasma seyn, welches Erysipelas, Hospitalgangrän und Puerperalfieber erzeugt. Der ach-tungswerthe Williams lässt sich gar verleiten, anzunehmen, es müsse zu allen Zeiten, nur in verschiedener Quantität und Intensität, ein Erysipelas-miasma in der Luft enthalten seyn! **)
Es entgeht mir nun sicher nicht, dass die grosse Anzahl Beobachtungen englischer Aerzte einer sehr bedeutenden kritischen Sichtung bedürfen! Es werden nicht allein das oben bezeichnete Pseudoerysipelas, dessen Ver­wechslung am verzeihlichsten, vielleicht selbst zu rechtfertigen ist. Ery­thema und Dermatitis, sondern selbst Krankheitsformen, welche viel richtiger zu den Gangränösen gezogen werden, sogar Phlebitis und Lymphangoitis zusammengeworfen! Trotz dem bleibt aber eine sehr gute Anzahl von wahrem Erysipelas übrig, für dessen Entwickelung aus thieri-schem Zersetzungsmiasma alle Gründe sprechen, und welches daher auch sehr oft contagiös wurde.
2)nbsp; Das Erysipelas ist endemisch in Malarialändern, und steht oft in sehr naher Beziehung zu Malariaseuchen. Bereits alte Aerzte, von den Griechen an, erkannten daher eine gewisse Verwandt-
•) D e r m a t o s e s v o I. I, p. 59.
*) On morbid Poisons vol. I. p. 259.
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schaft mit dem Wechselfieber. Man höre z. B. den alten Guy von Chau-liac oder Targau It: „Ad haec erysipelas motnm sequitur tertian ac felris, laquo;am ad ejus materiam quandam habet analogiam; utriusque enim materia humor est biliosusquot;*). So beobachtete Sims (Observations on epidemic disorders) in den sumpfigen Gegenden Irlands nicht allein jährlich wieder­kehrende Erysipelas, sondern sah sogar Erysipelas in Tertianfieher übergehen.
So ist es nach Lind und Andern bekannt, dass sich in Ostindien, in Bata-
via u. s. w. Erysipelas sehr häufig mit Wechselfiebern verbindet, so wie mit allen andern Fiebern**). Ueberhaupt ist aber die Rose sehr häufig in allen Malaria-Gegenden ***). S. übrigens unten Malaria-Neurosen.
3)nbsp; nbsp;Milzbrandconstitutionen und Erysipelas-Constitutio-nen sind gewöhnlich zu gleicher Zeit vorgekommen. S. oben p. 198.
4)nbsp; nbsp;Nach Einwirkung von Milzhrandcontagium ist heim Menschen zuweilen nicht Milzbrand, sondern nur Erysipelas entstanden. Ein paar auffallende Beobachtungen hat z. B. Kopp: „Per­sonen, die mir alle bekannt sind, assen von dem Fleische eines am Milz­brande leidenden und geschlachteten Rindes ohne weitere Folgen, einer aus­genommen; dieser erkrankte am fünften Tage, nachdem er vom Fleische ge­gessen hatte; es erzeugte sich aber hier keine Giftblatter, binnen 6 Stunden war der Kopf so angeschwollen, dass Augen und Nase eine Fläche hatten. Die Geschwulst war dunkelroth. Der Kranke klagte über einen üblen Ge­schmack und heftigen Schmerz im Hinterkopfe, hatte Neigung zum Erbrechen,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;£*
Druck in der Herzgrube und starke Hitze; der Puls war hart und fre-
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quent, die Zunge belegt. Ein Brechmittel that gute Dienste, der Kranke ge-nassquot; ****). — „Eine dritte Frau, welche von dem Fleische der milzbrand­kranken Kuh gegessen, wurde bald nachher von einer erysipelatösen Ge­schwulst des Beins befallen; es erschien indessen kein Carbunkelquot; -f).
5)nbsp; In den Thieren kömmt zwar die gutartige exauthema-tische Rose wie in dem Menschen vor, und die Milzhrand-rose gleicht mehr dem oben bezeichneten Pseudoerysipelas des Menschen; allein in einigen Thierarten sind die Uebergänge so, dass es sehr schwer, wenn nicht unmöglich wird, nur aus der Form des Ausschlags, den einfachen Rothlaufvon dem Milzbrandrothlauf zu unterscheiden.
•) 1. c. p. 26. **) Hasper Krankheiten der Tropenl. B. II. S. 803. ***) Nauman Handb. d. med. Klin. III. 2. p. 258. S. besonders: An­ne sie y on the mare prevaltnt diseases of India p. 514. ••••) Jahrb. B. V. S. 72. t) Daselbst B. X. S. 46.
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Man vergleiche darüber, wamp;s oben über diese Form im Allgemeinen, eo vie über sie im Schaaf und Schwein angeführt worden ist. S. 543. S. G45. S. 660.
6) Die erysipelatöse Milzbrandform des Menschen, wenn sie auch manches Eigenthümliche darbietet, bildet doch einen Uebergang zum Erysipelas.
Diese Uebergänge werden um so klarer, wenn man die verschiedenen Formen des Erysipelas im Menschen etwas näher beachtet. Kein anderes Exanthem, etwa ein paar Roseolaformen ausgenommen, bietet überhaupt das Bild der einfachen Stase, und die Neigung zu Blutaustretungen in solchem Grade dar, wie das Erysipelas. In manchen Fällen wird aber dieses noch auffallender.
F r i c k e ' s Unterscheidung der Formverschiedenheiten des Erysipelas-exanthems dürfte zwar unsres Erachtens noch nicht ausreichend seyn; allein unsres Wissens hat doch noch kein andrer Arzt darauf geachtet. Er sagt darüber: „Wir beobachteten folgende drei Formen: lie Form. Lebhafte in's Gelbliche spielende, nicht umschriebene Röthe und starke Turgescenz der Haut, meist sehr ausgesprochene vorläufige Fieberbewegungen mit gastrischen Erscheinungen; meistens regelmässiger Verlauf in vier bis fünf Tagen bis zu der bedeutenden Abschuppung. Zuweilen Blasen mit gelbem Serum gefüllt. 2te Form: (ohne dass das subeutane Zellgewebe mitergriffen, also ein Pseu-doerysipelas anzunehmen gewesen wäre) *) viel saturirter, fleckig, wie ge­sprenkelt , mit scharfen Umrissen , geringe Turgescenz der Haut, selten vor­läufiges Fieber; meistens gesellte sich im Verlauf, der einige Tage länger zu dauern pflegte, als bei der vorigen Form , einige Störung der gastrischen Functionen hinzu; freie Abschuppung, manchmal kaum merklich, immer in kleineren Stücken, kleienförmig. Nur einmal bemerkten wir diese Form im Gesichte und zwar an der Nase; auch an den Extremitäten war sie seltener, als die erste Form. 3te Form. Blass rehbraune Färbung der erysipelatosen Hautfläche mit einer schwachen bläulichen Beimischung, die kranke Hautstelle durch scharfe Grenzen von der gesunden Umgebung geschieden und ohne be­sonderen Turgor zu zeigen über dieselbe erhaben; bedeutendes Allgemeinlei-den; das Fieber heftig und, wenn es schon vor dem Ausbruche der Rose be­stand, durch diese keine Mässigung erleidend. Verlauf wegen der grossen Neigung zum Wandern oder zur Ortsveränderung unbestimmt; kleienartige Ab­schuppung.quot; Die letztere Form bildet offenbar den Uebergang zum Er. ma-lignum älterer Aerzte, Er. serpens einiger Neuern, Er. ambulans ma-lignum Fengers. Alle drei Formen kamen in einer und derselben Epidemie vor, wie ich ähnliches auch beobachtet habe; so dass man nicht etwa das
*) Das ist ein Irrtbum, es gibt kein Erysipelas, bei welchem die Gefässe des Unterhautzellstoffs nicht mitleiden sollten.
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einfache exanthematische Erysipelas als vesentlich verschiedeu vom epidemi-Bchen Hospital-Erysipelas betrachten darf, wie Einige gemeint haben; sondern die Formen gehen in einander über. Richtig fügt Fr icke hinzu: „Ueber-sehen wir nochmals diese drei Formen des Erysipelas, welche sich unsrer Betrachtung darboten, so zeigt sich die erste offenbar als eine Krankheit von vorherrschend entzündlichem Charakter; *) während die zweite mehr eine Stagnation des Bluts im Hautgewebe, Tielleicht schon mit einigen Ergiessun-gen in dasselbe darstellt, und endlich die dritte wohl als das Produkt der erysipelatösen Krankheitsconstitution mit einer schon früher bestehenden Al­teration nicht nur des Hautlebens, sondern auch der Säftemasse und selbst des Nervensystems betrachtet werden muss.quot;**)
7) Die innige Beziehung des Erysipelas zu gewissen Ab­dominalsymptomen, die ihm vorauszugehen pflegen, hat zwar die Aerzte von den ältesten Zeiten her beschäftigt; aber alle Erklärungsversuche sind durchaus ganz ungenügend ausgefal­len; wenn man die Verwandtschaft des Erysipelas mit dem Milzbrande, und den Malaria-Neurosen, und die immer ähnlichen erythematösen Leiden in den vorerwähnten Ver­giftungen betrachtetsollte es dann nicht am natürlich­sten seyn, auch hier ein primäres Leiden des Gangliensys­tems beim Erisipelas anzunehmen?
An eine eigentliche Erklärung ist bei dem Stande unserer Kenntnisse vom Gangliensysteme natürlicher Weise nicht zu denken, es ist nur das Her­vorheben einer Analogie, und die Beziehung lässt sich eben sowohl denken durch Reflex auf das Spinalsystcm, als unmittelbar durch die Gefässnerven; das letztere möchte ich wahrscheinlicher finden.
Die Beziehung des Erysipelas zum Nervensysteme ist schon unserem grossen Peter Frank nicht entgangen***).
Die Literatur der Untersuchungen über die Beziehungen der Hautkrank­heiten zum Abdominalsysteme hat R a y e r zum Theil zusammengestellt ****). Sie verdient wohl vollständiger bearbeitet zu werden.
b. M a u 1 s e u c h e.
Die Maulseuche ist von manchen Aerzten geradezu zu den erysipelatösen Krankheiten gerechnet worden. Einige Erscheinungen könnten für diese
•) Was ich bezweifle, das ist erst der Fall, im Erysipelas phlegmonodes. quot;) Hamburger Zeitschr. von Fricke, Oppenheim u. a. w, B. VI.
(1837) S. 405. 409.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i
***) Epitome Lib. III. p. 49. In manchen Epidemien von Abdomiualtyphus
ist das Erysipelas sehr gemein, er beginnt oft damit. '**) TraitC- des Maladies de la Peau. vol. I. p. 27.
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Ansicht zu sprechen scheinen. — Sie hat sich aber oft auch in einer sehr nahen Beziehung zum Milzbrand gezeigt.
Rychncr bezeichnet die Maulseuche geradezu als Erysipelas epizooticum oris, und glaubt sich überzeugt zu haben, dass sie immer mit Leiden der Hinterleibsorgane, wie das Erysipelas, verbunden sei *). Mehrere Aerzte ha­ben dieser Ansicht beigestimmt, von der man wohl glaubtm möchte, dass ihr etwas Wahres zu Grunde liegt, ob ich gleich keine bestimmteren Beweise kenne.
Richtig ist aber ihre, bereits im vorigen Abschnitte nachgewiesene, Nei­gung sich mit Milzbrand zu verbinden, in Milzbrand überzugehen. In frü­heren Epizootieen kam dieses so oft und so allgemein vor, dass Waldinger, Fessina u. s. w. Maulseuche und Milzbrand für Krankheiten von gleichem Wesen hielten. In der grossen Maulseuchenepizootie 1838 — 1842 kamen aber diese üebergänge wohl nicht häufig vor. Ryebner glaubt sie in der Schweiz beobachtet zu haben. Im Grossherzogthum Niederrhein kamen diese Üebergänge wenigstens auf gleiche Art, und ziemlich häufig vor**).
c. Mauke.
Wenn man alle möglichen Ausschläge an den Füssen der Pferde, oder auch nur am Fessel Mauke nennt, so kann freilich vieles davon nicht hierher gehören.
Nimmt man selbst die bessern Schriftsteller, wie z.B. Tscheul in***), so hat dessen flechtenartige Mauke nichts mit unserer Krankheit gemein. Greve****) hat zuerst diese Ausschläge besser geordnet und die wahre Mauke als Impetigo erysipelatodes bezeichnet, worin ihm Viele gefolgt sind, aber wohl nicht ganz zweckmassig; eher sollte man sie Erysipelas im-petiginodes nennen.
Was es mit der sogenannten Schutzmauke für eine Bewandnis habe, ist noch ganz unklar. Nach den Ansichten mancher Aerzte von den Ver­wandtschaften und Uebergängen, dem Ursprünge der Exantheme, könnte frei­lich die Pocke von unserer Mauke abstammen, aber da hat die Phantasie ein weites Feld. — Jenners Ansichten waren wohl zunächst rein theore­tische. Coleman erklärte, es gebe kein einziges bewährtes Beispiel einer gelungenen Impfung der Pocken aus Mauke f). Alle zuverlässigen Versuche sind fehlgeschlagen. Will man nun die gelungenen Versuche von ein paar
*) Zeitschr. für Rindviehk. I. S. 132. ••) Rheinsiche San. Ber. 1842. S. 25. ***) A usschlag skrank h eiteu p. 28. ••••) A. a. O. II. S. 128.
T) FercivallHippopathology. vol. I. p. 306.
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sehr achtbaren Autoritäten nicht renrerfen, so dürfte in der That nichts übrig bleiben, als anzunehmen, dass das Pferd an diesen Stellen auch zu­weilen an den Pocken leide, vas um so wahrscheinlicher ist, da die absicht­liche Impfung' an dieser Stelle bekanntlich gelungen ist; diese Krankheit hat dann aber nichts mit der Mauke gemein.
Die wahre Mauke, Tscheulins zweite Gattung, und wohl auch Vi-borgs Schutzmauke, ist in der That eine erysipelatöse Krankheit. Besser, als frühere, ist schon Ammons Beschreibung: „Gewöhnlich zeigt sich das Pferd erst traurig, hat keinen rechten Appetit, und hernach kommt eine runde, harte und etwas heisse Geschwulst um den Fesselknochen zum Vor­schein, die sich zuweilen bis über das Köthengelenk hinauf erstreckt; diese Geschwulst, scheint nicht tief einzudringen und mehr in der Haut ihren Sitz zu haben; sie verursacht aber doch dem Thiere grosse Schmerzen. Nach­dem auf diese Art sechs bis acht Tage vergangen sind, beginnt der Schaden eine klare Feuchtigkeit auszuschwitzen, die einen eigenen stinkenden Geruch hat. Nun entstehen queer laufende Risse und Schrunden, welche eine dünne, stinkende, garstige Jauche von sich gebenquot;*) etc. Bestimmter Greve: „Bei dem Eintritte der wahren Mauke entsteht fast immer zuerst ein mehr oder weniger starkes Fieber, welches sich durch einen kurzen Frost und darauf folgende Hitze, gänzlichen Mangel an Fresslust, Verstopfung des Harns und Mistes, Flankenschlagen, durch einen vollen Puls und Stumpfheit der Sinne gegen äussere Eindrücke zu erkennen gibt. Meistens sah ich dasselbe gegen Abend eintreten, und schon am folgenden Morgen fand ich ein oder mehrere Fesselgelenke bei solchen Pferden geschwollen; die Lust zum Fressen aber hatte sich in diesem Falle ganz wieder eingefunden, und von Fieber war keine Spur mehr vorhanden. Die nach dem Fieber plötzlich entstandene Maukgeschwulst nimmt gewöhnlich nur die Köthe und das Fesselgelenk ein, erstreckt sich aher auch nicht ganz selten höher hinauf bis zum Sprungge­lenke und zum Vorderknie: Sie ist etwas wärmer, wie der übrige Körper, gespannt und sehr schmerzhaft; in diesem Zustande verbleibt die Geschwulst bei einigen Pferden etwa 24 Stunden, bei andern aber zwei, drei bis vier Tage, dann fängt die hintere Fläche der Kölhe an, eine bald farbenlose, bald etwas gelbliche, durchsichtige, schmierige, widerlich riechende Jauche auszu-duften, und zwar meistens aus kleinen erhabenen Pusteln, doch wohl auch aus unzähligen kleinen Poren ohne alle fühl- und sichtbare Erhabenheiten; eigentliche Blasen oder Bläschen habe ich bis jetzt bei dieser Krankheit nie bemerkt. Die ausschwitzende Jauche ist sehr scharf, frisst die ganze Ober­haut der Köthe an, so dass sie stellenweise sich ablöst; hier und da zeigen sich kleine vertiefte Geschwüre, in den Falten und Vertiefungen der Köthe
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*) Handbuch für an geh ende Pferdeärzte. Zehnte Aufl, S. 193.
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wird die ganze Oberhaut durchfressenquot; u. i. w. — Diese Beschreibung wie­derholt Hering*).
Wie der Rothlauf des Menschen hat auch die Mauke der Pferde eine grosse Neigung in Gangrän überzugehen, so dass die Haut in grossen Stücken abfällt, und zwar nicht durch die Heftigkeit der Entzündung, die im Ganzen gering ist.
Es ist keinem Zweifel unterworfen, dass die Mauke in sumpfigen Län­dern enzootisch ist. Ebenso entwickelt sie sich in unreinlichen mephitischen Ställen. Die Ursachen der epizootischen Mauke sind noch nicht genau be­kannt, doch kommen diese Epizootieen am häufigsten in sumpfigen Gegen­den, besonders im Herbst und Frühjahr vor. Contagiös wird sie oft.
Dass sie sich mit Milzbrand complicirt, wurde im vorigen Abschnitte erwähnt.
Eine wohl ganz gleiche Krankheit kommt im Rindergeschlecht vor, der sogenannteTräberausschlag oderdieRindermaukc,Erysipelas pustu­le sum Körber; diese Krankheit war in früheren Zeiten unbekannt, kommt aber jetzt häufig genug vor, und ist besonders von Peters, Quidde, Haubner, Walch, Rychner u. s. w. beschrieben worden.
Das Fieber ist freilich oft nicht beobachtet worden in dieser Krankheit, aber wahrscheinlich nur aus Unaufmerksamkeit; aber oft beobachtete man ein heftiges Eruptionsfieber, mit trockner pergamentartiger Haut, welches etwa 24 Stunden dauert; dann entsteht eine rosenartige Anschwellung (er­höhte Röthe, vermehrte Wärme, Schmerz und Geschwulst) von der Eöthe bis zum Fessel, und selbst bis zum Sprunggelenk herauf, einige Tage spä­ter erheben sich auf der Geschwulst kleine Bläschen, welche eine helle, gelbliche, etwas scharfe Flüssigkeit enthalten, von eigenthümlichem Gerüche; bald nach ihrer Entstehung platzen diese Bläschen, wodurch die in ihnen enthaltene Flüssigkeit die Haare zu borstenähnlichen Büscheln verklebt und dann zu gelbbräunlichen Schorfen eintrocknet. Werden die veranlassenden Schädlichkeiten entfernt, so heilt die Krankheit gewöhnlich in 12 bis 16 Tagen, ausserdem entstehen dieselben Hautentartungen, wie nach der Fferdemauke.
Diese Krankheit ist die Folge der Füttcrrung von Trabern und Brand-weinspülig, besonders wenn diese Stoffe alt und gegohren, also mehr oder weniger in Zersetzung begriffen sind. Sie dürften sich also wohl in ihren Wirkungen manchen der oben erwähnten Gifte nähern.
4. Anthrakoiden.
Wie schon erwähnt sind es nicht allein die Erysipelatosen unter den Hautkrankheiten, in denen sich eine so nahe Beziehung des Abdominalsy-
*) Specielle Pathologie und Therapie p. 209
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stems, und namentlich wohl der Gangliennerren zu den Hautleiden zeigt, sondern auch mehrere andre: Unter diesen zeigen die schon erwähnten Ery-theme, und die Urticaria Annäherung an manche Formen des Milzbrands der Thiere; dagegen nähern sich Furunkel und Carbunkel, die wir als Anthrakoiden bezeichnen, in vieler Hinsicht der Carbunkelform des Milzbrands.
a. Urticaria.
Eine zwar alltägliche, aber anatomisch noch gänzlich unbekannte Krank­heit. Sogenannte Quaddeln, Knoten, bilden sich in der Haut, die in einem Nu entstehen und in einem Nu wieder vergehen können, ohne eine Spur zu hinterlassen, was also schon beweist, dass an eine dauernde orga­nische Veränderung, und auch an eine Entzündung gar nicht zu denken ist; sie sind zuweilen röther wie die Haut, häufig von gleicher Farbe, sehr häufig weisser. In der Epidermis und auf der Oberfläche der Lederhaut ist durchaus keine Veränderung zu erkennen. Die Quaddel scheint von der Lederhaut gebildet zu werden, allein eine Injection oder Ergiessung in ihr ist durchaus nicht wahrzunehmen, auch höchst unwahrscheinlich; dagegen ist es wahr, gewöhnlich, wenn man durch die Lederhaut mit einer Nadel hindurchsticht, kömmt ein Tröpfchen Serum zum Vorschein, woraus man also schliessen könnte, dass mehr Serum im Unterhautzellstoff angehäuft wäre. Die Quaddeln können aber auch mehrere Tage stehen bleiben (dann aber doch oft noch schnell verschwinden).
Dass der Milzbrand in dieser Form erscheint, und dass dann ein Lei­den des Zellstoffs unter der Haut besteht, welches sich bald als Brand er­weist, wurde oben erwähnt*); dass diese Fora im Schwein besonders häu­fig und der Urticaria so ähnlich ist, da;s im Anfange Verwechslungen vor­kommen können, und wohl in der That vorgekommen sind, wurde ebenfalls schon früher erwähnt **).
Wie in manchen chronischen Leiden, deren Beginn die Aerzte im Un­terleib suchen müssen, wh namentlich bei Eämorrhoidariis und Arthriticis die Urticaria eine alltägliche und of* sehr lästige Erscheinung ist, ist allen Aerzten sehr wohl bekannt, und hat bereits Graves zu geistreichen prak­tischen Bemerkungen Veranlassung gegeben ***); mehrere Aerzte, unter ihnen K r e y s i g ****), betrachteten daher die Urticaria als Zeichen eines Pfortader-
•) S. 541. ••) S. oben S 660. ***) System of c Unikal. Medicine, p. 645. Die hier erwähnte Ver­bindung der Urticaria mit Gelbsucht hatte schon Wichmann (Ideen It. III. S. 129.) gesehen, ist iiberbaunt nicht selten. *•quot;,) System B. I. Abth II. S. 593.
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leideng, wo man laquo;lenn mit demselben Rechte wird sagen können laquo;— eines 6an glienleidens!
Am bekanntesten ist aber der Ausbruch der Urticaria nach Reizungen der Yerdauungsorgane. i'lumlie sah ihn hei empfindlichen Frauen erfolgen nach blosser stärkerer Ausdehnung des Magens durch die mildesten Substan­zen, Flüssigkeiten; bekannt genug ist die Idiosyncrasie mancher Menschen, welche die Urticaria nach dem Genuss Ton Himbeeren, Erdbeeren, Mandeln*) bekommen. Am häufigsten kömmt aber die Urticaria nach dem Genüsse sol­cher Substanzen vor, welche wir oben, unter manchen Verhältnissen, als Gangliengifte wirken sahen. Unter den Tegetabilischen hebt Biett besonders die Pilze hervor, und ich glaube, er hat Recht. Unter den thierischen sind es besonders Muscheln, Krebse, Krabben, Fische, geräuchertes und gesalzenes Fleisch, Käse u. dgl. Die Urticaria kann hier zuweilen ein paar Tage be­stehen, gewöhnlich dauert sie keine 25 Stunden, oft kaum 1 Stunde, und hinterlässt keine Spur yon Uebelbefinden, wenn sie auch unter den Sympto-tomen von Kolik oder Cholera ausbrach.
Unter diesen Umständen ist das häufige Auftreten der Urticaria in Wechsel fiebern, diesen offenbaren Neurosen des Gangliennerven, gewiss bedeutungsvoll. Jeder etwas erfahrne Arzt weiss, wie oft alte Fieberkranke, besonders an Quartanen leidende, von Urticaria perstans oder häufiger Urti­caria eranida geplagt werden. Die Aerzte haben aber oft eine noch bestimm­tere Beziehung der Urticariaausbrüche zu den Paroxysmen der Wechselfieber erkannt, und sprechen nicht mit Unrecht von einer Febris intermittens urticata.
Planchon beschrieb bereits eine febris tertiana, wo in jedem Paroxys-mus eine Urticaria erschien, welche jedesmal mit dem Schweissstadium ver­schwand**). — Aehnlich war wohl eine Beobachtung von Morton: „Domi-nus Langley habitans prope hospitium dictum Bridewell, ubi a frigore sus-cepto, valetudinario ad unam vel alteram hebdomadam degisset, tandem nausea aegritudine et vomituritione per quatriduum conlinuata affectus, atque etiam efflorescentia, per horas quatuor a primo decubitu, singulis noctibus recur-rente, et febrem scarlatinam simulante, per totam cutim sparsam una cum pruritu et calore inflammatorio, admodum molesto, afflictus, a me nuperrime opem petitquot;***)- Et wurde durch China geheilt. Werlhof und Morand
*) Mandeln sind freilich in dieser Beziehung gefährlich. Wie sehr oft sehe ich bei Kindern Hautausschläge nach dem Genuss von Mandeln, Mandel­backwerk. Ich habe Kinder und Frauenzimmer schon wiederholt von Gesichtsausschlägen befreit, indem ich ihnen die Macronen streng un­tersagte,
••) Journ. de Med. vol. XVII. p. 75.
raquo;••) De pro tei form. febr. in term. gen. hist 23. 24.
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haben ähnliche Beobachtungen. — In Minorca waren nach C1 eghorn diese tertianae urlicatae häufig *). — Peter Frank beobachtete drei Fälle dieses Fiebers, welche er ausführlich mittheilt **). — Koch hat eine Dissertation über diese Wechselfieber geschrieben***). Weniger bestimmt sind die von Rayer hierher gezogenen Beobachtungen von Godard****) und Golfinf). — Dagegen theilt Ray er eine eigene Beobachtung einer Urticaria interniittens mit, welche durch Chinin geheilt wurde ff). — Jos. Frank sah dergleichen Wechselfieber in Pavia und in Wilna; an letzterem Orte sogar epidemisch: „Mensibus Martio et Aprili a. 1812 febris intermit-tens urticata fere epidemica fuit, et annis proxime sequentibus Vilnae ver­näh quovis tempere grassabatur, imo haec febrium intermittentium forma quotannis inter reliquas prima apparuit. Plerumque haec typum tertianae, give simplicis sive duplicis, sequilur. Benignus morbus cum leni faucium in-flammatione, ardore oculorum et tussi ineipit; perniciosus vero saeva lumbagine, anxietate, jaetatione, lipothymiis et singultu insignitur. Com-parente exanthemate symptomata hujusmodi utplurimum evaneseunt; com-comparet vero illud aut versus finem stadii frigoris, aut ineipiente eo caloris, atque cum sudore evanescit. Sub ipsa tamen apyrexia urticariam aliquando perstitisse observavismusfff).quot; — Richter scheint ähnliche Beobachtungen gemacht zu haben, denn er bemerkt: „Auch ein intermittirendes Fieber be­gleitet zuweilen den Nesselausschlag, der dann gewöhnlich zugleich mit dem Schweisse ausbricht, und noch nach dessen Endigung fortdauert. Doch fehlt er gewöhnlich in den früheren Paroxysmen, stellt sich erst in den späteren ein, ist hier in der Regel ein Beweis, dass das Fieber bald ausbleiben will, und daher gewissermassen als kritisch zu betrachten. In einzelnen kalten Fieberepidemieen kommt er besonders häufig vor ttft)-quot; — Notari ann i führt in den Pontinischen Wechselfiebern die Uebergänge der verschiedenen Exan-theme von der Urticaria bis zum Hautbrand an*). — Puccinoti der diese
*) Obs. on the ep. diseases in Minorca. •raquo;) Interpretationes clinicae. p. 405. •••) Koch Frogr. de febrearticata. Lips. 1792. •'••) Journ. de M6d. vol. X. p. 316.
t)Journ. deMed. deSedillot vol. LV. #9632;j-f) Maladies de la peau torn. 1. p. 258. fff) Prax. med. Praec. P. I. vol. I. sect 2. p. 433. fttf) Specielle Therapie. S. 528.
•) „In molte occasioni queste febbri portano alia pelle una eruzione simile alia scarlattina ehe chiamaDO urtieazione, la ijuale e per lo piii pre-ceduta da leggere colliclie e seguita da tutti i sintomi di malignitä. Ad altri poi fiorirono milliari bianche e rosse. Ho veduto un infermo
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Exanthcme oft sah, gibt aus seiner Erfahrung 6 lehrreiche Beobachtungen, obgleich von falschen pathogenetischen Ansichten ausgehend: 1) „Alessandro hat den zweiten Anfall eines Wechselfiebers, nach Erbrechen und Darmkräm-pfen, und unter Hautjucken sieht er sein Gesicht, seine Arme, seine Brust bedeckt von grossen Flecken, die sich etwas über die Haut erhoben, von blassrother Farbe, in der Mitte weisslich, von nngleicher Gestalt, hier und da zusammenfliessend und röther an iarer 3asis. Nachdem der Paroxysmus durch Schweiss beendigt war, verschwand das Exanthem, um wieder zu er­scheinen in den folgenden Paroxysmen des Fiebers, welches einen Quotidian-typus hatte. Er wurde durch Brechmittel und China mit Rhabarber geheilt.quot;
2)nbsp; „Gaetano, wurde ebenfalls beim dritten Anfall seines Fiebers, welches anfangs eine cardialgica werden zu wollen schien, am Körper, besonders aber an den Oberschenkeln bedeckt von handgrossen, dunkelrothen, härtlichen Tuberkeln von ungleicher Oberfläche, die ein unerträgliches Jucken verur­sachten (urticaria tuberosa). In den fieberfreien Zeiten wurde das Exanthem blass und flach. Er wurde durch Aderlässe und dann China behandelt.quot;
3)nbsp; „Teresa Pieroni, 18 Jahre alt, von sanguinischem Temperament, wurde nach einem trocknen Husten, grosser Beschwerde in den Präcordien, und Oppression in der Herzgrube von Frost und Ohnmacht befallen, darauf von sehr beissender Hitze, während welcher Furpurflecken ausbrachen, die ihr den ganzen Körper rötheten; ausserdem hatte sie ein sehr heftiges Kopfweh, geröthete Augen, heissere Stimme, schweres Athemholen. Während drei auf einander folgenden Paroxysmen erschien das Exanthem, und verschwand mit ihnen. Sie wurde durch zwei Aderlässe und reichliche Gaben China mit Tar­tarus stibiatus geheilt.quot; 4) „Anna Onori, eine 65 Jahre alte Römerin, von gesunder Constitution, erkrankte nach verschiedenen Gemüthsbewegungen am 14. Sept. an Fieber mit Frost, starkem Kopfschmerz, bitterem Geschmack, Durst u. s. w. Sie nahm Bittersalz und Wurmsamen, weil sie vermuthete, dass die Schmerzen, welche sie im Leibe fühlte, von Würmern herkämen. Am 16. wo sie von viel heftigerm Fieber befallen wurde, erschienen Petechien über die ganze Oberfläche des Körpers. Am 17. wurde sie in das Hospital aufgenommen: Sie hat wenig Fieber, eine etwas ikterische Färbung, be­legte Zunge, flüchtige leichte Leibschmerzen; sie erhielt ein Brechmittel. Am 18. Morgens Aufregung, vermehrte Leibschmerzen; gegen 2 Uhr Nach­mittags neuer Fieberanfall, Schlafsucht, und nun sah man von Neuem grosse Petechien in grosser Anzahl erscheinen, vorzüglich an den Armen, nicht über die Haut erhaben, von Chocoladefarbe, und von ungleichem Umfang. Am
coprirsi di pustole come quelle del vaiola. In un giovane vitturino si videro fiorire aleune machie rosse alle spalle ehe subito divennero cangrene cutanne ehe in pochi giorni guadagnarono tatto il tronco.quot; Osservaz. sulie fe.bbri di mutazione. $. 12. 17. 20. 44.
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19. Morgens hatte das Fieber nachgelassen und die Petechien Taren ver­schwunden *). Sie hatte noch vier weitere Paroxysmen mit demselben Exanthem. Sie erhielt noch ein Brechmittel, welches reichliche gelbgrüne Massen ent­leerte, dann erhielt sie reichliche Gaben China mit Rhabarber.quot; 5) „Dome-nica Palma wurde im zweiten starken Paroxysmus ihres Fiebers, welches den typus eines Hemitritaeus hatte, um die Mitte des Rumpfs mit Erythemen bedeckt, welche aus sehr vielen kleinen zusammeniliessendeu Erhabenheiten bestanden, die roth im Umfang waren, durchsichtig in der Mitte, woraus eben so viele kleine Phlyctänen wurden (Erysipelas phlyetaenodes?). Auch diese wurde durch Brechmittel und China geheilt. Ganz dasselbe Symptom wurde bei einer andern Kranken, Maddalena de Angelis beobachtet.quot; 6) „Bei der Anna Maria Turchi wurde im dritten Paroxysmus ein kaum erhabenes, rothes, punktförmiges, zusammenfliessendes Exanthem CRubeola vulgaris ?) am Hals, an den Armen und auf der Brust beobachtet. Es verschwand und kam mit den Paroxysmen des Fiebers. Sie wurde ebenfalls mit Brechmitteln und China behandelt.quot; 7) „Marianna Colazzi, 45 Jahre alt, von ungesundem Habitus, hatte zwei Fieberparoxysmen, in welchen sie an Nasenbluten und sehr übelriechenden Schweissen litt, der dritte Paroxysmus begann mit einem sehr lange dauernden Frost, einer Todenblässe, häufigem Seufzen, Ohnmäch­ten, kleinem, schnellen Puls, und dann wurde sie mit sehr kleinen, zahlrei­chen, spitzen, violetten Pustelchen bedeckt, deren jedes in der Mitte mit einem ganz kleinen weissen Punkt versehen war (miliaris scorbutica). Diese Erscheinung folgte vollkommen den Paroxysmen des Fiebers; sie dauerte sehr lange und wich erst dem Gebrauche von China mit Säuern **).quot;
In allen aufgezählten Fällen hat die Humoralpathologie keine auch nur entfernt befriedigende Erklärung, das Hautleiden erscheint als Reflex des Ganglienleidens.
b) Furunkeln.
Wieder ein alltägliches Hautleiden, dessen anatomische Entwickelung unbekannt ist. Sehr bald kam man darauf, dass der sogenannte Pfropf (bourbillon) die Ursache der eigentlichen Furunkelbildung sei; sehr leicht erkannte man auch, dass die Lage des Pfropfs in den Fasermaschen der Le­derhaut sei; man nahm nun an, dass ein Bündel Zellstoff mit Gefässen und
*) Es waren also wohl keine Petechien, sondern Reseda. **) Puccinotti storia delle febbri intermitt. perniciose. Opere med. Macerata. 1835. vol. I. p. 299.
Am merkwürdigsten ist es freilich, dass sich selbst Pemphigus in den Paroxysmen vollkommen ausgebildet hat,yum in den Apyrexien wieraquo; der zuheilen. Casper Wochenschrift 1835. S. 421. — Journ. de m6d. de Bourdeaux. 1843. S. 566.
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Nerven brandig geworden und so den Pfropf gebildet habe, der nun als frem­der Körper die Entzündung hervorrufe. In neuern Zeiten ist nun behauptet worden, der Pfropf sei ein neu gebildetes aus Exsudatkörpern bestehendes Produkt! Das ist fürs erste schwer zu begreifen, denn was ist aus den Thei-len geworden, die früher an der Stelle lagen ? es ist aber auch geradezu unwahr, denn selbst in der Zeit, wo man bis jetzt nur die Untersuchung vorgenommeH hat, bleibt nach Auflösung und Entfernung der Exsudatkörper eine ziemlich grosso Menge unregclmässiger Fasern und Stäbchen zurück. Die Untersuchung beweist aber überhaupt nichts, weil sie nur zu einer Zeit vorgenommen ist, wo nothwendig Exsudat eingetreten seyn musste.
Verläuft der Furunkel rasch, so kann man allerdings die vorgängige Bildung des Pfropfs nicht unterscheiden, aber gar oft, besonders bei Men­schen, die an habitueller Furunkelbildung leiden, ist der Verlauf viel lang­samer: Dann entsteht zuerst ein kleines, gar nicht oder kaum über die Haut hervorragendes, hartes Knötchen, gewöhnlich mit der erweiterten Mündung eines Hautbalgs darauf, die Farbe der Haut ist unverändert, die Temperatur nicht erhöht, es ist schmerzlos, auch bei leichter Berührung, drückt man stärker, so hat der Kranke gerade auch noch keinen Schmerz, aber das Gefühl, als wenn er durch einen fremden stumpfen Körper gekitzelt würde; später entsteht dieses juckende Gefühl von selbst; wodurch der Kranke ver-anlasst wird, sich wiederholt zu kratzen, bei welcher Gelegenheit er es ge­wöhnlich zuerst entdeckt (nur solche, die sehr an die Furunkelbildung ge­wöhnt sind, entdecken sie gewöhnlich schon früher); in diesem Zustande der Pfropfbildung, denn etwas andres ist es nicht, verharrt die Krankheit oft mehrere Tage, zuweilen Wochen lang, bis Entzündung und die gewöhnlich in den Beschreibungen der Furunkelbildung angeführten Erscheinungen ein­treten. Aus dieser Periode besitzen wir noch keine Untersuchung, sie allein kann aber Aufschluss über das Wesen der Krankheit geben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,
Der erste Beobachter des Pfropfs, Gendrin, ist ein Mann, den man um so mehr achten lernt, je mehr man seine Angaben prüft; allein er hat zu spät untersucht und geht von der unrichtigen Voraussetzung aus, dass Brand nur die Folge der Entzündung seyn könne: „Le bourbillon des fu-roncles penetre tonte l'epaisseur da derme et remplit une? areole; il existe avant que la tumefaction soit encore tres pronor.cce, et il est le resultat de l'inflammation du tissu cellulaire, qui remplit les areolos. Cette phlegmasie produit un veritable corps pseudomembraneux, qui constitue le bourbillon. II est probable, que ce corps n'est pas susceptible de s'organiser, car il entre-tient l'inflammation, qui determine autour de lui une suppuration, et qui fa-vorise ainsi son expulsion en dclruisant ses adhörences avec le tissu dans le sein duquel il s'est forme. Le bourbillon existe avant que l'inflammation, qui s'annonce dans le derme, soit arrivee a sa plus grande violence; car lorsqne l'on debride iha le debut de cette inflammation, on le trouve deja
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tout forme; il cst k la verite beaucoup moins volumineux qu'il ne le serait derenu. Autour de ce corps blanc-jaunätre, on voit le tissu injecte, gonflc, mais fort adherent au bourbillon, dont on ue peut encore le separer; si le bourbillon ctait une portion de tissu cellulaire gangrenee ou priree de vie, il ne se yerrait pas avant le plus haut degrc de rinflammation *).'f
A schers on erklärt nach der mikroskopischen Untersuchung: „Dieser Untersuchung zufolge ist der Eiterpfropf ein durchaus neues Gebilde; er be­steht grösstentheils aus Eiterkfigelchen, die Termittelst einer zähen Substanz zu einer zusammenhängenden, nicht ganz leicht theilbaren Masse verbunden sind; diese Zwischensubstanz hat unter dem Fressschieber das Ansehen einer Membran, die an einzelnen Stellen etwas Streifiges, sonst aber keine Spur von Organisation zeigt. Hier und da in derselben zerstreut findet man sehr wenige schmale Bündel von Zcllgewebsfasern, und etwas häufiger, obwohl auch noch sehr vereinzelt, eine Art von Fasern, die den Zellgewebsfasern ähnlich sehen, sich aber durch den wenig gekrümmten Verlauf wesentlich unterscheiden; gewöhnlich verlaufen mehrere von ihnen in ein Bündel ver­einigt eine Strecke neben einander fort und trennen sich dann, wodurch eine Art von Verästelung entsteht **).quot;
Die Beschreibung des neuesten, sonst sehr zuverlässigen, Beobachters Günsburg erregt noch viel grössere Zweifel: „Furunkel, Carbunkel und Anthrax besthehen in einer circumscripten, vom Derma beginnenden, in Eiter­bildung endenden Exsudation***)? Diese schreitet in die Umgebung und nach den obern Hautschichten vor, nach deren Durchbrechung die sogenannten Pfropfe mehr oder weniger losgelassen werden. Diese Pfropfe zeigen die Fasern des Derma einzeln, in Schichten und Lagen, als ob sie auf das sorg­fältigste macerirt wären *#9830;#9830;*).quot;
Die Entwickelungsgeschichte des Furunkels ist daher noch gänzlich un­bekannt , was des Folgenden wegen sehr zu beklagen ist. So unbekannt wie die ersten Veränderungen ist natürlicher Weise auch das Gewebe des Derma, in welchem die Krankheit beginnt. Eine Beziehung zu den Talg­drüsen der Haut, die man früher allgemein annahm, wird von den neuern Nosographen allgemein verworfen; indessen spricht dafür nicht allein die oben erwähnte Entstehungsart des . Carbunkels, sondern auch seine grosse Vorliebe für diejenigen Stellen des Körpers, an welchen die Talgdrüsen am
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quot;) Hiat. anat. des Inflamm, vol. I. p. 448. ••) Casper Wochenschr. 1837. S. 729. *quot;*) Hier kann nur die Rede seyn vom einfachen und zusammengesetzten Fu­runkel, denn Character des Carbunkels ist es in circumscripten Brand überzugehen, und der Anthrax ist fortschreitender Brand, niemals Eite­rung, ausser bei der Heilung von den gesunden Theileu aus. **•*) Die pathologische Gewebsichre. B. IL S. 17. Hcuiinger, Milibrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 47
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mehrsten entwickelt sind; ferner die Analogie des Augenlidfurunlels oder Hordeolum, welches dem Ausfübrungsgange einer Meibomschen Drüse ent­spricht*), aber auch nur dem Ausführungsgange, bis an die Drüse selbst reicht das Hordeolum sehr selten; auch spricht dafür das sehr häufige, gleich­zeitige Vorkommen Ton Acne und Furunkeln, grosse Acne infiammata wird nicht selten unrichtig für Furunkel gehalten. Auch heim gewöhnlichen Fu­runkel scheint wohl nicht der Hautbalg selbst, sondern nur der Ausführungs-gang oder seine Umgebung primär zu leiden.
Es gibt zusammengesetzte Furunkel, nach Tan Swieten Ton den Holländern Negenoog genannt, die Italiener brauchen für sie wohl vorzüglich das Wort Vespajo, doch verbinden sie damit keinen recht fe­sten Sinn, da sie zuweilen auch den Carbunkel und den Anthrax so nennen. Foshrooke nennt ihn carbuncular furuncle. Malvani hat eine Anzahl Beobachtungen über diese Form mitgetheilt; ich habe sie selbst wie­derholt gesehen. Sie unterscheidet sich von dem einfachen Furunkel durch ihre Grosse, die oft sehr bedeutend ist, durch ihre platte Gestalt, so wie die mehrfachen Oeffnungen, die zu eben so vielen Pfropfen führen, und die Veranlassung zu den holländischen und italienischen Namen gegeben haben. Es dürfte nur eine Zusammensetzung mehrerer verwachsener Furunkel seyn; Gangrän tritt sehr oft nicht ein, und wenn sie eintritt, ist es mehr zufällig, daher dürfte diese Form nicht zum Carbunkel zu rechnen seyn.
Ob es formelle Uebergtinge von Furunkel zum Milzbrand gibt? Larrey und mehrere Andre nehmen sie an, Dupuytren, Codet und viele Andre leugnen sie. Hie Entscheidung hängt eben von der Entwickelungsgeschichte des Furunkels ab. Bei der Entwickelung der Furunkel aus innern Ursachen bieten Fieber, gastrische Erscheinungen u. s. w, allerdings Annähemngspunkte zum Hilzbrandfieber dar.
Die aetiologischen Verhältnisse weisen aber allerdings auf Verwandtschaft beider Krankheiten hin. — Man hat oft ein Fortkriechen der Furunkel durch Infection der Nachbarschaft behauptet; es ist auch nicht zu leugnen, dass man oft beobachtet, dass nach der Entstehung eines Furunkels nach und nach eine Anzahl neuer in der Nachbarschaft entstehen. — Man hat selbst eine Contagiosität der Furunkel zuweilen angenommen, B1 a n e glaubte diese auf mehrereren Schiffen beobachtet zu haben. — Sicher sind die Furunkeln (auch bei Thieren) oft Folgen äusserer Hautreize, sie entstehen oft nach manchen scharfen Einreibungen, nach spanischen Fliegenpflastern u. s. w.
Aber sie entstehen aus innern Ursachen unter ziemlich gleichen Bedin­gungen wie die Urticaria: Sie sind eine gewöhnliche Erscheinung der Ac­climatisation auf den westindischen Inseln. Sie sind gewöhnliche Erschei­nungen bei Hämorrhoidariis, Arthriticis, bei Wechselfieberkranken. Ihre Ent-
deg;) Middlemore diseases of the eye. II. p. 771. — Andre a ell. p. 32.
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Wickelung ist oft eine kritische Erscheinung in Dysenterien und Abdominal-typhen. In allen diesen Fällen zeigen sie eine ähnliche Beziehung zum Gan-gliensystem, vie die Urticaria.
Bereits früher wurde darauf aufmerksam gemacht, dass manche Aerzte die Entstehung der Furunkel nach dem Genüsse von Milzbrandfleisch zu be­obachten glaubten, eben so wie nach der Wirkung der oben erwähnten Gang­liengifte. Merkwürdig für die Verwandtschaft des Milzbrands mit den Furun­keln ist eine Beobachtung von Iberlisle. Oben haben wir nämlich bereits Beispiele genug angeführt, wo durch die Bearbeitung von Bosshaaren, die ohne Zweifel von an Milzbrand gefallenen Pferden herrührten, Menschen den Milzbrandcarbunkel bekamen und starben; die folgende Beobachtung Iber-lisles weist nun Uebergänge von Furunkel, Carbunkel und Milzbrandcar­bunkel nach.
„Im Zuchthause zu Metz, wo die Gefangenen mit der Reinigung der Rosshaare beschäftigt werden, klagten im Monat Mai 1842 vier Gefangene, von 19 bis 20 Jahren, über Müdigkeit, allgemeines ünwohlseyn und Erschei­nungen , welche auf einen Status gastricus hinwiesen; bald darauf sah man sich ziemlich schnell an verschiedenen Stellen der Haut am Hals, an den Armen, auf den Schenkeln mehrere Furunkel entwickeln. In diesen vier Fällen waren diese Geschwülste auf das Maschengewebe der Lederhaut be­schränkt; nachdem sie längere oder kürzere Zeit der Sitz grosser Hitze und lanciuirender Schmerzen gewesen waren, öffneten sie sich und ergossen eine blutige Serosität oder wahres Eiter, und zeigten auf dem Grunde der Oeff-nung die kleine zelligte Masse, welche man den Pfropf nennt. Es waren also hier nur einfache Furunkel, welche wenig Entzündung in dem umgeben­den Zellgewebe erregten, und den Gefangenen erlaubten, ihre Arbeit bald wieder zu beginnen. — Nicht so verhielt es sich bei einem fünften Gefan­genen , welcher an einem Leiden erkrankte, welches anfangs von derselben Art, wie die vorigen, zu seyn schien, aber von viel ernsterer Natur. Dieser Gefangene, von hoher Statur und sehr starker Constitution, litt seit mehreren Tagen, als er am 28. Mai untersucht wurde, er hatte in der rechten Nacken­gegend eine grosse, dicke, harte , sehr schmerzhafte Geschwulst, die einen Entzündungshof von gewissem Umfang zeigte, welcher einen dunkelbraunen Mittelpunkt umgab. Diese Geschwulst erstreckte sich von der Zitzengegend die sie zum Theil bedeckte, bis in die Gegend der Schilddrüse, und er­schwerte sehr das Schlingen. Diese Localerscheinungen waren begleitet von Trockenheit der Haut, Durst, sparsamen Urin, Angst; das Fieber war heftig und anhaltend, das ganze Gesicht geschwollen, geröthet, der Puls hart und voll. Es wurde ihm sogleich ein starker Aderlass am Arm gemacht, und eine Limonade mit Nitrum verordnet, Fussbäder mit Senfmehl und ein eröff­nendes Klystier, erweichende Umschläge auf die Geschwulst. Am Abend schien das Allgemeinleiden des Kranken gebessert, er hatte einen Stuhlgang
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gehabt, liess mehr Urin, der Puls war sehr weich geworden und hatte nur iH) Schläge; zweimaliges Erbrechen von schleimigten Stoffen hielt man für eine Folge des Aderlasses; die Geschwulst war weniger schmerzhaft, aber durchaus nicht erweicht, nur der fast schwarze Mittelpunkt war eingesunken und wie exeoriirt. Am andern Morgen war der Zustand des Kranken sehr verändert, aber auf eine besorgliche Weise; ein adynamischer Zustand war hinreichend bezeichnet durch Schwäche, eingefallene Gesichtszüge, und ein Gefühl von allgemeiner Prostration der Kräfte, der Puls war frequenter, klein und schwach; die Geschwulst gelbst war noch immer eben so hart, und hatte nicht abgenommen, aber wesentlich entfärbt in ihrem ganzen Umfang, der Mittelpunkt zeigte einen Brandschorf drei Quadratcentimeter gross , der schwarz, dick, vertieft war und eine übelriechende Serosilät aussickern liess. Als man jetzt einen wahren Carbunkel erkannte, so befürchtete man in der Anwendung eines allgemeinen Aderlasses gefehlt zu haben, statt dessen man vielleicht eine locale Blutentziehung an der Geschwulst selbst hätte vorziehen sollen. Wie dem auch sei, man beeilte sich eine eingreifende Curmethodc einzuschlagen: So setzte man der Limonade Orangensyrup zu, und gab stundenweis eine stärkende Mixtur mit schwefelsaurem Chinin; der Schorf wurde Morgens und Abends verbunden mit einer Salbe aus vier Theilen Fett und einem Theile rothen Praecipitat. Bei dieser Behandlung, welche einige Tage fortgesetzt wurde, hörte die Gangrän auf fortzuschreiten, und nach einer reichlichen Eiterung zog sich der Schorf zusammen, wurde hart, trocken, und es stellte sich eine Demarcationslinie ein, welche die gesunden Theile begrenzte, und endlich das Abstossen des Schorfs bewirkte. Am 4. Juli war die Vernarbung vollendet, aber erst zwanzig Tage später war die Geschwulst vollkommen zertheilt. — Bis dahin konnte man die ersten Furunkeln als eine kritische Eruption bei jungen Leuten von sanguinischem Temperament betrachten, und den letzten wahren Anthrax als einen sporadischen Fall; allein die Anzahl ähnlicher Krankheiten, welche sich noch entwickelten, und die alle von den Rosshaararbeitern geliefert wurden, lenkte den Verdacht auf die wahre Ursache. — Nach den erwähnten fünf Kranken wurden sechs andre Sträflinge von nicht weniger schwerem Anthrax ergriffen, als der be­schriebene. Von diesen sieben Fällen kam der Anthrax viermal in der Zitzen-und Nackengegend vor, zweimal mitten auf der Backe, und einmal in der Lendengegend. Der Verlauf war heftiger und rascher bei robusten und san­guinischen Menschen, langsamer und weniger heftig bei schwachen und lym­phatischen. — Fünf weitere Rosshaararbeiter hatten auch Geschwülste auf der Schulter, am Halse, am Schenkel, welche die Mitte hielten zwischen Furunkel und Anthrax, aber ohne Gangrän; bei mehreren dauerte es lange, bis der grosso Pfropf ausgestossen wurde. — Eilf andre Gefangene, welche die Zahl von 27 analogen Krankheitsfällen voll machen , hatten ähnliche Furunkeleruptionen, wie die vier ersten, auf welche man wenig geachtet
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haben wurde , wenn sie nicht durch eine und dieselbe Ursache erzeugt wor­den wären, wie der Anthrax.quot; *)
Ich habe femer das gleichzeitige Vorkommen von Furunkeln der Men­schen mit Milzbrandepizootieen der Thiere wiederholt angeführt. So beobach­tete Rudolph das epidemische Vorkommen der Furunkel schon vor der Milzbrandepizootie. **) — Höpfner schon führt das Vorkommen von Car-bunkeln und Furunkeln zur Zeit des herrschenden Milzbrandes an. ***) — Majocchi führt das sehr häufige Vorkommen von Furunkeln, Carbunkeln und Rose zur Zeit des Hühnermilzbrands in Italien an; so wie das Vorkom­men derselben Ausschläge, neben wahrem Milzbrand, nach- dem Genüsse jener Hühner und Gänse. ****)
Eben so habe ich auch schon früher darauf aufmerksam gemacht', dass in Ländern, in welchen der Milzbrand enzootisch ist, die Furunkel- und Carbunkclbildung unter den Menschen endemisch ist. — So nennt sie schon Monfalcon unter den Krankheiten der Sumpfländer. — Eben so erwähnt Alibert die Häufigkeit der Carbunkel in sumpfigen Ländern, wo es viele stehende und faulige Wasser gibt, f) — Jos. Frank erwähnt die Häufig­keit und das epidemische Vorkommen der Furunkel um Vilna, wo der Milzbrand auch enzootisch ist, an der oben angeführten Stelle. — Ich selbst habe oben angeführt, dass in dem Milzbranddistrikte in meiner Nähe die Furunkel- und Carbunkelbildung sehr viel häufiger ist, als in allen übrigen Distrikten meiner Umgebung, ff) — Witt spricht sehr oft von der unge­meinen Häufigkeit der Furunkel und Carbunkel in der Wallache!, wo der Milzbrand so verbreitet ist. ftt) Dasselbe gilt von Italien, Egypten u. s. w., und es wird dieses Zusammenvorkommen wohl allgemein seyn.
c) C arbunkel.
Schon mehrere ausgezeichnete Gelehrte haben sich abgemüht, die von den Alten beschriebenen Anthrakoiden zu diagnosticiren, mit sehr wenig Glück; die Aufgabe, die Angaben der Neuern über Furunkel, Carbunkel, An­thrax zu sichten und in Einklang zu bringen, wäre keine kleinere.
Schliessen wir vorerst, wie man nothwendig muss, die früher erwähn­ten zusammengesetzten Furunkel aus, so stellt sich die Entwickelung des Carbunkel folgendermassen dar:
•) Annales d'Hyg. publ. vol. XXXIII. p. 340. quot;) N. 167. •••) S. oben S. 429. ••••) S. oben S. 42laquo;.
t) Dermatologie vol. I. p. 231. tt) 0 b e n S. 375. ftt) Wallachei S. 3. 34. 54. 65. 17raquo;. u. s. w.
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Bei langsamerer Entwickelung geht auch hier dem Carbunkel ein Ge­fühl von Jucken und Prickeln Toraus *), sonst entsteht gleich unter, oft hef­tigem, spannenden Schmerz eine gewöhnlich mehr platte , oft ganz platte, selten mehr zugespitzte Geschwulst, entweder von livid bläulicher, oder blassrother oder dunkelrother Farbe, von bedeutender, oft sehr grosser Härte, die im Unterhaulzellgewebe fest aufsitzt, und unverschiebbar ist; ihre Grosse wechselt von der einer Erbse oder Bohne, bis zu mehreren Zollen, was gewöhnlich ist (ich habe selbst vor mehreren Jahren eine solche in der Lendengegend eines Mannes behandelt, die vollkommen einen Schuh lang war, er trägt noch eine einen halben Schuh lange Narbe). Wenn die Ge­schwulst ihre volle Grosse erreicht hat, was in 24 Stunden, aber auch erst nach mehreren Tagen der Fall seyn kann, so fahren zuweilen auf ihr einige Jauche oder Blut enthaltende Blasen auf, was aber keineswegs eine gewöhn­liche Erscheinung ist, sondern häufiger fehlt. Gewöhnlich auf einmal lassen alle Schmerzen in der Geschwulst nach, und dem unerfahrnen Arzt ganz unerwartet ist die Geschwulst schwarz wie eine Kohle, und eingesunken, Haut und Unterhautzellstoff sind todt und brandig. Seltene Fälle ausgenom­men ist aber die brandige Geschwulst von den gesunden und entzündeten Umgebungen vollkommen abgegrenzt, der Brand schreitet nicht fort, sondern die Eiterung der gesunden Theile stösst die unförmliche aus der ganzen Le­derhaut und dem Unterhautzellstoffe, nicht aus einzelnen Pfropfen, bestehende Brandmasse allmählig ab. Nie entsteht Eiterung im Carbunkel selbst.
Gewöhnlich gehen dem Ausbruche des Carbunkels Fiebererscheinungen voraus, oder sie treten doch mit demselben sogleich ein, die im Allgemei­nen mehr oder weniger an das Milzbrandfieber erinnern.
Vergnies sucht den Unterschied des Furunkels und des Carbunkels darin, dass bei ersterem die Zellgewebs-, Gcfäss - u. s. w. Bündel, die durch das Maschengewebe der Lederhaut treten, die primär leidenden Organe sind, bei letzterem dagegen die Fasern des Maschengewebes selbst **). Was ihn bei dieser Annahme, denn etwas anders kann es wohl nicht seyn, geleitet haben kann, das lässt sich wohl leicht denken, ohne Untersuchungen bleibt es aber eben so ohne Werth, wie die zuerst von Dupuytren und dann von einigen neuern Anatomen behauptete Identität beider Bildungen; denn auch dieser letzteren Behauptung fehlt es an allen sie gründenden Untersu­chungen. — Frits ch hat eine Diagnose zwischen Furunkel, Carbunkel und
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*) Vergnies, in der unten angeführten Schrift p. 12, sieht darin ein pa-thognomonisches Symptom, welches beim Furunkel nicht vorkomme, wohl mit Unrecht. ,gt;!,) Vergnies Traitfe de Panthrax non contagieux. Paris 1847. p. 16.
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Milzbrandcarbunkel aufstellen wollen *), allein mehrere seiner Annahmen in Beziehung auf letzteren sind Ton uns bereits früher vollkommen wider­legt worden.
Die wesentlichen anatomischen und physiologischen Differenzen oder Uebereinstimmungen festzustellen, muss daher künftigen Untersuchungen vor­behalten bleiben. In ätiologischer Beziehung ist dagegen diese Uebcrein-stimmung wohl nicht zu bezweifeln, mehrfache Mittheilungen haben uns be­reits nachgewiesen, dass Furunkel und Carbunkel unter gleichen Bedingun­gen vorkommen, nur nähern sich die letzteren in dieser Beziehung noch mehr dem Milzbrande und den Wechselfiebern. So erwähnt Smith ah gleichzeitig sehr häufig an der Küste von Peru, Furunkeln, Carbunkeln und Milzbrand S. oben S. 384.
So erwähnt z. B. Blaschke, dass in Neu-Archantelsk im Russischen Amerika die Furunkeln unter allen Einwohnern sehr häufig sind, die Car­bunkeln von ungeheurer Grosse und oft tödtlichem Ausgange, besonders nur unter den Aleuten. Die Ursache sucht B. in dem Genüsse von verdorbenem Wallfischfleisch •*).
Mehrere Fälle, z. B. von Chaignebrun u. A. beweisen die Entste­hung von Carbunkeln bald nach der Einwirkung von thierischem Zersetzungs­miasma.
In tödtlichen Fällen besonders zeigen die Symptome und die Leichenöff­nung oft eine gewisse Annäherung an den Milzbrand', ohne ihm ganz zu gleichen. So theilt ganz vor kurzer Zeit Günsburg eine Beobachtung mit, wo es die localen Erscheinungen in Zweifel lassen könnten, ob es Car­bunkel oder Milzbrand war, die Leichenöffnung beweist aber entschieden, dass es nur Carbunkel und nicht Milzbrand war. Sie kann als ein Beispiel vieler ähnlicher dienen: „Die 26jährige Tochter eines Tuchmachers, im Elend verkommen, abgezehrt, hatte mehrmals an Intermittens gelit­ten. Am ll.Nov. suchte sie, angeblich an Quotidiana leidend, das Hospital auf. Am Nacken befand sich in der Haut, über dem Dornfortsatz des sechsten Halswirbels, eine erbsengrosse Blatter mit schwarzer Färbung der Oberhaut. Sie wuchs in den folgenden Tagen, während welcher profuse Nasenbluten und Delirien sich einstellten. Am 5. Tage der Krankheit (16. Nov. 44.), wo ich die Kranke zum ersten mal sah, ward die Hautfarbe des Gesichts erdfahl, Physiognomie mit dem Ausdruck des Stupor, die Augen starr und gläsern, die gesammten Bedeckungen schmutzig gelb gefärbt, die Lippen blass, die Zunge welk, blassbraun, feucht, am untern Rande mit
•) Hufelands Journ. Bd. LXXV. 2. S. 117.
0) Blaschke To pographiam ed. port. ISov. Archanl Petrop. 1842.
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•weisslichen Bläschen besetzt. Ohne Bewustseyn richtete sie sich bei Anfäl­len heftiger Dyspnoe oft plötzlich auf; das yesiculäre Äthmcn war an allen Theilen des Thorax vernehmlich; die exspirirte Luft halte einen höchst wi­derlichen Geruch. Der Puls war unzählbar schnell, die Herztöne unverän­dert. Stuhlexcretion war retardirt. Der Urin enthielt viel Erdphosphate. Die Blatter war durch das Glüheisen zerstört worden. Der Tod erfolgte am siebenten Tage der Krankheit. Körper mittlerer Grosse, abgemagert. Kopfhaar und Iris braun. Ein dicker brauner Schorf von Grosse eines Acht­groschenstücks war über dem Dornfortsatz des sechsten Halswirbels, nur in Vorderarm und Kniegelenken war Todenstarre 48 Stunden nach dem Tode. Schädelgewölbe oval, Längenblutleiter leer; Arachnoidea verdickt, halbdurch­sichtig und leicht zerreisslich; weisse Marksubstanz des Gehirns glänzend weiss, zähe, blutleer, graue Masse blass, blutarm, in den Ventrikeln einige Drachmen klares Serum. Beide Lungen frei, an den vordem Rändern em-physematös, das Gewebe blassbraun, krepitirend, schaumigtes Serum auf dem Durchschnitt der erweiterten Bronchien entleerend, die Schleimhaut der letzteren verdickt und glänzend weiss. Im Herzbeutel 2 Drachmen klares Serum, die Wandungen des linken Ventrikels um das Doppelte verdickt, die Muskelsubstanz fest und zähe. In der linken Kammer einige Körner leicht zerdrfickbares Blut- und weniges schlaffes Faserstoff-Gerinnsel, in der rech­ten Kammer Faserstoffgerinnsel nebst flüssigem Blute, eben so in den gros-sen Gefässen schlaffe Faserstoffgerinnungen. Leber im rechten Lappen tief nach abwärts verlängert, auf dem Schnitt dunkelbraun, viel hellrothes Blut entleerend. Milz klein, ihre Kapsel geschrumpft, ihre Gewebe dicht, hell-röthlich. Fankreas fest und zähe, Magenschleimhaut in dem Pylorustheile verdickt, schiefergrau tingirt, die Submucosa zu lö'quot; Dicke verstärkt, im übrigen Magentheil ist sie stark gewulstet. Die Schleimhaut des Dünn- und Dickdarms blass und blutleer. Nieren klein, blassroth, blutarm. In der Bauchaorta und untern Holvene dünnflüssiges, dunkelröthliches Blut mit ein­zelnen Faserstoffpfröpfen. Ovarien geschrumpft, Harnblase gefüllt, ihre Schleimhaut blass *).'* Wenn der Verfasser hinzufügt: „Der wesentliche Befund beruhte also in dem anatomisch dargestellten Character der Blutmasse in dem Herzen, den grossen Gefässen und Blutdrüsen. Derselbe ist dem der Pyämie verwandt und durch grössere Defibrination von ihm unterschiedenquot; — so ist es eben nur der anatomische Charakter, es kann aber, wie wir gleich sehen werden, in diesem Falle die humoralpathologische Erklärung die rich­tige seyn in Beziehung auf die seeundären Symptome und den tödtlichen Ausgang.
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') Giiusburg patbol. Gewebsl. II. S. 17.
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d. Aleppo-Pustel.
Ich nenne hier diese seit langen Zeiten den Aerzten im Allgemeinen bekannte Krankheit, weil sie Ton den bessern neuern Schriftstellern über Hautkrankheiten, Alibert, Ray er u. s. w. bereits unter die Anthrakoiden gerechnet, Ton einem intelligenten neuern Augenzeugen, Forbes, auch ge­radezu als Carbunkel dargestellt worden ist.
Es wäre auch wohl möglich, dass sie hier in Betrachtung zu ziehen wäre (auf keinen Fall wird sie in einer Geschichte der Kenntniss des Milz-brandcarbunkels unter den arabischen Aerzten so ausserAcht zu lassen seyn, wie das bis jetzt geschehen ist); iallein trotz dem wir in der letzten Zeit in jedem Jahre Nachrichten über sie erhalten haben, im vergangenen Jahre noch von Rafalo witsch, so sind uns doch Ursachen und Wesen der Krank­heit noch Tollkommen unbekannt. Während die einen in ihr nur einen en­demischen Carbunkel sehen, betrachten sie andere als einen unvollkommenen Stellvertreter der Pest, noch andere, als einen solchen des Aussatzes. Daher verweilen wir auch nicht bei ihr.
Gangraenosen*).
Als eine wesentliche Erscheinung
des Milzbrandes haben wir eben
Brand, Gangrän , erkannt, und zwar haben wir es zu oft schon vor­läufig verrathen, Gangrän durch Cessation der Innervation, Lähmung der Gefässnerven. Es muss für uns von grosser Wichtigkeit seyn, zu untersuchen, ob nicht ausser dem Milzbrande auch noch in andern Krankheiten auf ähn­liche Art Brand eintritt.
Brand kennen wir als Folge gänzlicher Zersetzung der Gewebe durch Aetzung, Erfrieren und Verbrennen, wir kennen ihn durch Verschliessung der Arterien (Obstruction, Verknöcherung, Obliteration) und Mangel an Blut-einfluss, durch Unwegsamwerden der Venen, was auf dieselbe Ursache führt, durch Vernichtung der Nervenstämme, allgemein gehinderte Innervation; fer­ner auf der Höhe der Entzündung, wo verschiedene Erklärungen möglich und auch wahrscheinlich sind. Alle diese Arten des Brandes werden für uns hier kein besonderes Interesse haben.
Die Brandformen, welche hier für uns von Interesse seyn können, sind: 1) Infectionsbrand, 2) Sumpfgangrän, 3) Wnndgangrän, 4) Noma, 5) Brand­bräune, 6) Von den Eingeweidegangränen vorzugsweise die Lungengangrän. — Eine in das Einzelne gehende Darstellung dieser Zustände wird man an diesem Orte nicht erwarten. Die bis gegen die neuesten Zeiten herrschende
') Wenn ich liier soklie allgemeine Ausdrücke zur Bezeicbnini}!; von Krank-heitsfamilien gebrauche, so will ich mich doch dagegen verwahren, als wollte ich in einem nosograpbisclien Systeme die Krankheiten auch so ordnen.
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Ansicht, die freilich noch von manchen Praktikern getheilt wird*), dass jede Gangrän Folge von Entzündung seyn müsse, wird keiner Widerlegung mehr bedürfen, da diese unhaltbare Meinung von den neuern Histologen (Vogel, Leite rl u. s. w.) bereits verlassen ist.
Die Thiere und besonders die Herbivoren sind viel mehr zum Brand geneigt, als der Mensch, daher die Beobachtung der Erscheinungen hei ihnen sehr zu empfehlen ist.
a. Infec tionsgangrän.
Oben (S. 712.) bei der Betrachtung der Gangliengifte wurden wir zu­letzt auf die Wirkung der thierischen Miasmen geführt, und erkannten, dass sie eingeathmet, oder in den Verdauungscanal gebracht, gangränöse, selbst dem Milzbrande sehr ähnliche Krankheiten erzeugen.
Diese thierischen Fäulnissproduktc, durch Impfung in Wunden gebracht, erzeugen ebenfalls locale Gangrän, und allgemeine Symptome, welche jenen der genannten Vergiftungen gleichen.
Die geringste Analogie zeigt hier noch das sogenannte Leichengift im Menschen. Indem hier local in der inficirten Wunde doch Haut und Zellgewebs-Entzündung, und in der Regel wahre Eiterung eintritt; darauf offenbar durch Resorption Entzündung der Lymphgefässe und Drüsen, oder der Venen; die allgemeinen Symptome bieten mehr Analogie dar, #9632;—. Man bedenke aber, dass nach dem früher Mitgetheilten, auch das Milzbrandgift, wenn es we­niger energisch local einwirkt, ähnliche erythematöse und erysipela-töse Hautleiden, auch (freilich gegen seinen Charakter bei gewöhnlicher energischer Einwirkung) doch zuweilen, wenigstens im Menschen, Ei­terung bewirkt, wo denn freilich seine Gefahr nicht gross ist. Secundäre Entzündung der Lymphgefässe kommt auch beim Milzbrand vor. Immer hat denn doch die Entzündung durch Leichengift eine allgemeine Neigung in Gangrän überzugehen.
Da die Erscheinungen dieser Vergiftung allgemein bekannt sind, so scheint es nicht passend, länger bei ihr zu verweilen**).
Wichtiger ist uns die Vergiftung durch wahre Brandjauche, oder
•) Hurtrel d ' A r b o v a 1 vol. II. p. 651. 652. — v. W al th er Sys-
t e m der Chirurgie B. I. S. 166. *quot;) Es fehlt zwar weder in Frankreich noch in Deutschland an Beobachtun­gen von solchen Leichenvergiftungen , indessen sind sie zuerst in Eng­land mehr aufgefallen, und nach den Arbeiten von Co lies, Duscan, Stafford, Brodie u. s. w. findet man eine zweckmässige Zusammen­stellung von Williams On morbid Poisons vol. II. p. 335. Die Verwechslung mit Milzbrand zieht sich durch alle diese Arbeiten, da er den englischen Aerzten zu unbekannt ist. Ich selbst habe wiederholt solche Vergiftungen beobachtet,
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durch eigentlich faule Substanzen; wir besitzen darüber unmittelbare Versuche von Barthelemy, Dupuy, Kühn und besonders von Hcrt-wig. Allerdings bewiesen aber die Versuche von Barthelemy und Hert-w i g, dass Milzbrandjauche immer andere und speeifisch verschiedene Er­scheinungen hervorrief.
Barthelemy nährte Hunde mehrere Tage mit brandigem Fleisch, ohne dass sie erkrankten, ebenso gab er Thieren ohne Schaden Brandjauche zu saufen, von der 1/3 30 unter die Haut iuoculirt hinreichte, sie zu tödten. Derselbe sammelte d. 14. Febr. 1815 Jauche aus einem brandigen Abscess, bewahrte sie in einem verschlossenen Glase auf, und impfte damit d. 10. Jan. 1816 eine gesunde Stute, welche einen brandigen Abscess bekam und nach 3 Tagen starb. Derselbe brachte Stücke Musltelfleisch eines Pferdes, nachdem es in Fäulniss übergegangen war, unter die Haut der Schenkel von zwei Pferden, von denen das eine nach 4, das andere nach 5 Tagen starb, obgleich in die Wunde des ersten Pferdes nur 20, in die des zweiten nur 2 Grammen von dem faulen Fleisch eingebracht worden waren*).
Dupuy schliesst aus seinen Versuchen zum Theil etwas zu voreilig: „que des matieres provenant d'animaux plcins de sante tues dans les bou-cheries, tellcs que du sang ou de la chair musculaire, introduces sous la peau de chevaux vigoureux, apres avoir ete altere es ä l'air, ont de-ternirae des affections, qui reunissaient tous les caracteres (?) des maladies charbonneuses et qui out fait perir ces chevaux en cinq jours. A leur Ouvertüre oh a trouve les lesions indiquees par les auteurs, qui ont traite de ces maladiesquot; **). Nein, ähnlich waren wohl die Erscheinungen, aber die gleichen wie im Milzbrande waren es nicht.
Zufällige Impfungen des Brandes finden leider in Hospitälern nur zu -oft statt. Der Thierarzt Kühn erzählt einen merkwürdigan Fall: Derselbe castrirte an einem Tage eine bedeutende Anzahl Schweine, zuerst bei meh­reren Besitzern, deren Schweine vollkommen gesund blieben, dann bei einem Besitzer 5 Schweine, die ebenfalls gesund blieben, allein das fünfte von die­sen hatte ein brandige Geschwulst im Saamenstrange, welche zerschnitten wurde, aber 34 Schweinchen, 3 Sauen und 4 Kälber, die mit demselben Messer castrirt wurden, bekamen den Brand in der Castrationswunde und starben in kurzer Zeit, während einige mit einem andern Messer castrirte Schweine ebenfalls gesund blieben ***).
Am instruetiosten sind eine Anzahl von Hertwig unternommene Impf­versuche: 1) Bei einem Pferde war eine zufällige Verletzung am Fusse bran­dig geworden. Von dieser Brandjauche Avurden einige Tropfen in eine kleine
deg;) Comptc rcndii des travaux de l'ficole d'Alfort. IBW. Nov. ••) Compte r endu des t r a vaux de l'lieol c d'Alfort 1818. Octob, •raquo;*) Magaz. f. ges. Thierheilk. B. XII. S. 421.
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durch die Haut gehende Wunde an der linken Schulter eines ganz gesunden Pferdes gebracht. Die Wunde erschien hiernach am ersten und zweiten Tage nicht wesentlich verändert zu seyn, aber gegen den Abend des letzleren Ta­ges wurden ihre Ränder dicker und bogen sich mehr aussen um; die Pulse waren um zwölf Schläge in der Minute rermehrt, übrigens aber keine Krank-heitssyraptome am Thicre zu bemerken; am dritten Tage war die ganze Um­gegend der Wunde oedematös angeschwollen, die letztere klaffte auseinander, ihr Grund erschien schmutzig roth, weich, sehr wenig empfindlich*); der allgemeine Zustand wie am Tage vorher. Am vierten Tage war die ödema-töse Anschwellung in der Umgebung der Wunde, und auch vier Zoll über ihren obern Rand hinauf, noch grosser, die Haut wenig, stellenweis gar nicht empfindlich, aber noch durchaus warm; das Zellgewebe unter ihr ent­hielt blutiges Serum und Luft; aus dem Grunde der Wunde sickerte eine sehr stinkende Materie, und mit der Pinzette konnte man Flocken von Zell­gewebe bis auf die Muskeln abnehmen, ohne dass das Thier dabei eine Em­pfindung äusserte; dasselbe zeigte sich matt, athmete etwas schneller, hatte 70 kleine Pulse, aber der Appetit bestand noch fort. Am sechsten Tage trennten sich die ganz kalten Wundränder am untern Theile der Wunde über einen Zoll breit von der umgebenden Haut ab, wodurch die Wunde daselbst 21/2 Zoll breit wurde; eben so lösten sich ganze Stücke des Zellgewebes und selbst einige 3Iuskelbündel vom hintern Grätenmuskel ab; der allgemeine Zustand des Thiers war derselbe, wie am vorigen Tage. Am siebenten Tage erschien die Wunde fast durchaus rein, die Jauche war in der Menge sehr vermindert, nicht so sehr übelriechend, die Geschwulst in der Umgegend sehr vermindert, dabei eine vermehrte Empfindlichkeit in allen Theilen zu bemerken. Vom achten Tage an zeigte sich wirkliche Eiterbildung in der Wunde, und die Heilung erfolgte dann in 14 Tagen vollständig. — 2) Von einem Pferde, welches in Folge des Schweifkerbens den Brand am achweife hatte, wurden einige Tropfen der stinkenden Jauche in eine frische Wrunde an der Brust eines gesunden Pferdes gebracht. Am folgenden Tage bestand in der Umgegend der Wunde mehr Geschwulst, als dies bei einer so kleinen Verletzung für sich allein der Fall zu seyn pllegt; die Wunde selbst war ganz trocken und hatte ein bräunliches Ansehen: das Thier zeigte sich mun­ter und bei gutem Appetit, sein Puls war nur um einige Schläge vermehrt, dabei klein und massig hart. Am dritten Tage hatte die Anschwellung be­deutend zugenommen, die Wundränder waren ödematös, die Wunde livide und mit ein wenig röthlicher Feuchtigkeit bedeckt, die Zahl der Pulse 70 in der Minute **)• Am vierten Tage alle Zufälle vermehrt, das Sekret der Wunde süsslich faulig riechend. Am fünften Tage zeigte die noch stärker
*) Also keine Entzüadung. *deg;) Alles keine Zeichen, die notbwendig eine Entzündung bezeichnen.
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gewordene Anschwellung au mehreren Stellen bei angebrachtem Druck ein Knistern, die Haut auf ihr war blauroth, glänzend und die Haare gingen aus, die Empfindlichkeit war nur gering, die Wärme massig vermehrt; die Wunde sickerte reichlich eine sehr stinkende Jauche und hatte eine unebene, hräunlichrothe Oberfläche, die nur sehr wenig Empfindlichkeit zeigte. Am sechsten Tage bestand derselbe Zustand. Am siebenten und achten Tage löste sich ein Theil des Zellgewebes in der Wunde und unter der Haut an den Wundrändern ab, so dass dasselbe an einzelnen Stelleu lappig herunter­hing, die Absonderung einer bräunlichen sehr stinkenden Jauche war sehr reichlich, die vermehrte Zahl der Pulse bestand noch fort, das Thier war matt und sein früher sehr guter Appetit etwas vermindert. Den neunten Tag trennte sich ein Stückchen Hautrand ab. Vom zehnten an trat an der Grenze der Wunde allmählig mehr gute Eiterung ein, die Wunde wurde rein, das Fieber verschwand und bis Ende der vierten Woche erfolgte die gänzliche Heilung. — 3) Ebenfalls von Schweifbrand eines englisirlcn Pferdes wurde Jauche genommen und eine Stute in eine Wunde an der untern Seite des Schweifs, b) ein Wallach in eine kleine Wunde an der rechten Keule, und c) ein 1 Jahr alter gesunder Spitz im Genick geimpft. Bei den Pferden war der Erfolg im Wesentlichen so wie in den zwei ersten Versuchen, indem in resp. 5 und 7 Tagen das brandige Absterben des Zellgewebes, zum Theil auch der Muskelsubstanz, und etwa 30 Stunden später auch der Hautränder an den betroffenen Stellen vollständig zu bemerken war, auch ein Reizfieber mit asthenischem Charakter dabei bestand, bis sich gutartige Eiterung eingestellt hatte. Der Hund wurde schon am zweiten Tage traurig, bekam Fieber, die Impfwunde klaffte breit auseinander, ihre Ränder waren bläulich, der Grund bräunlich, der Hals um die Wunde etwas angeschwollen. Am dritten und vierten Tage erstreckte sich die Geschwulst noch weiter, am fünften sickerte aus der Wunde etwas stinkende Jauche und das Thier war sehr matt. Am sechsten Tage frass es nicht mehr, die Wunde hatte ein bleifarbiges Anse­hen, das Zellgewebe in ihr war ungleich aufgelockert, an der Oberfläche weich, sehr wenig empfindlich, die Absonderung eine röthliche sehr stinkende Jauche. Eben so am siebenten Tage, wo die Anschwellung den ganzen Hals einnahm, so dass das Thier denselben kaum bewegen konnte. Am achten löste sich das Zellgewebe an einzelnen Punkten ab, im Uebrigen waren die Zufälle wie gestern. Am neunten Tage starb das Thier ganz sanft. Bei der Section fand sich das Zellgewebe rund um den Hals und die sämmtlichen Halsmuskeln an der Oberfläche in brandiger Verjauchung, die Gefässe und Nerven aber, wie es schien, gar nicht afficirl. Selbst die Muskeln auf den Schulterblättern und an der Brust waren an der Aussenfläche missfarbig, mehr blass, und alle Muskeln waren weicher, als im normalen Zustande, Von den Eingeweiden wurde nur allein das Herz etwas verändert gefunden, und zwar grosser und weicher und mit dünnem, schwarzem Blut in beiden Half-
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ten angefüllt. Eben so beschaffen war das Blut in allen Gefässen. — 4) Als gegen Ende des Winters 182Ö und 1830 die sogenannte ausfallende Mauke epizootisch herrschend war, und Hertwig selbst, wie auch einige Schüler, in Folge des häufigen Berührcns der Geschwüre heftige Entzündungen der Fin­ger, der Hände und selbst der Arme, und einen den Kuhpocken ähnlichen Ausschlag bekommen hatten, unternahm Hertwig mit der in den brandigen Geschwüren erzeugten Materie an 5 Pferden, 3 Kühen und 3 Hunden Im­pfungen an verschiedenen Körpcrtheilen. In allen Fällen entstand hiernach eine erysip elatöse Entzündung der Impfstellen, bald in engerer, bald iu weiterer Ausbreitung; die Wunden fingen am dritten Tage an eine seröse, röthliche, übelriechende Flüssigkeit abzusondern, und bei zwei Pferden, so wie bei einem Hunde, entstand nach 5 Tagen eine Absterbung der Wnnd-ränder und des Zellgewebes in der Grosse eines Quadratzolles, worauf gute Eiterung und Heilung erfolgte. Bei den übrigen minderte sich nach 4 bis 5 Tagen die Absonderung, und nach 8 Tagen zeigten sich die Wunden mit trockenen Schorfen bedeckt. Fieber war bei keinem Thiere zu bemerken, und an den Kühen, wo die Impfung am Euter geschehen war, bildeten raquo;ich keine Pocken. — 5) Zur Vergleichung impfte H. nun auch mit Milz­brandblut: „In dem Dorfe Blankenburg war der Milzbrand unter dem Bind­vieh ausgebrochen und mehrere Stücke ihm bereits erlegen. Von einer da­selbst gestorbenen Kuh nahm ich etwas von dem ihr aus dem After geflos= senen Blut und impfte damit am folgenden Tage in Berlin ein ganz gesun­des Pferd durch Einstreichen einiger Tropfen in eine Wunde an der linken Schulter. Hierauf schwoll die Umgegend der Wunde binnen 24 Stunden bedeutend an, das Thier hatte einen fieberhaften, sehr kleinen Puls (bis 70 Schläge in der Minute), sehr matten Herzschlag, kurzen Athem, vermin­derten Appetit und zeigte sich matt. Am folgenden Tage bestand derselbe Zustand und zugleich war die Bindehaut der Augen ganz gelb gefärbt; die ganze Schulter war enorm geschwollen und sehr heiss. Am dritten Tage eben so und die Geschwulst bis zum Knie ausgebreitet; die Zahl der Pulse über 100 in der Minute, der Herzschlag unfühlbar, der Athem kurz, der Leib aufgetrieben, der Appetit ganz fehlend, die Darmexcremente wässerig, dünn, sehr stinkend, die Urinentleerung ganz aufgehoben. Am vierten Tage starb das Thier im höchsten Grade entkräftet. Bei der Section fanden sich unter der Haut überall, besonders aber in der Gegend der Bug- und Leisten­drüsen, gelbliche sulzige Ergiessungen, das Blut überall theerartlg, die Lun­gen und die Milz mit solchem Blut überfüllt*}.quot;
So meint Girard in seiner Schrift über die Schaafpocken, dass die nach der Impfung derselben oft vorkommende Gangrän wohl die Folge der Impfung mit fauligter, zersetzter Lymphe seyn könne. Das kann sehr wohl
') Magaz, f. die ges. Thierheilk. fid. XII. S. 432.
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seyn, allein wir werden sogleich noch auf andre Erklärungen dieser Erschei­nung kommen.
b)nbsp; Sumpfgangrän.
Ich habe bereits an einem andern Orte *) gezeigt, dass alle Arten von Gangrän in Malarialändern sehr häufig sind; besonders hat Zierman**) auf diese Häufigkeit in den Malariagegenden Siciliens aufmerksam gemacht. Besonders interessant sind die in dieser Beziehung in neuester Zeit Ton Ebrard aus der Brcsse mitgetheilte Beobachtungen, nach denen in jenem verrufenen Sumpflande die kleinen Kinder, besonders Säuglinge, oft an Wech­selfiebern leiden, die ihnen selbst durch die Muttermilch mitgetheilt werden sollen, und die sich oft mit Gangrän an verschiedenen Stellen des Körpers compliciren, oder in diese übergehen***). Er beschreibt diese Gangrän der Noma ähnlich, und sie ist anfangs durch Chinin heilbar. Er nennt sie wohl nicht mit Unrecht Sumpfgangrän. — Man könnnte hier freilich daran denken, dass in Sumpfländern das Mutterkorn auch häufig vorkömmt, und dass die Gangrän Folge von diesem seyn könnte; allein der Beschreibung nach gleicht sie nicht dem Mutterkornbrande, und das gleichzeitige Vorkommen des Wechselfiebers ist zu charakteristisch. Dass in diesen Ländern gleich­zeitig der Milzbrand verkömmt, ist uns aus dem Früheren zur Genüge bekannt.
c)nbsp; nbsp;Wundgangrän.
Mit dem Namen Wundgangrän, Hospitalbrand, bezeichnen wir die gan­gränöse Erweichung, welche in Wunden, den grössten, wie aber auch den allerunbedeutendsten, in Geschwüren aller Art, besonders gern in syphiliti­schen, eintritt ****).
Diese Gangrän kann in jeder Periode der Verwundung eintreten; ehe noch irgend ein Anfang der Entzündung vorhanden ist, wo sich denn unmit­telbar die normalen Gewebe zu zersetzen beginnen, wovon ich mich bestimmt überzeugt habe; aber oft tritt er erst in den verschiedenen Perioden der Entzündung ein, wo dann zunächst die Produkte der Entzündung zersetzt werden; war es noch nicht zur Eiterung gekommen, so kommt es auch nicht dazu; war die Eiterung schon eingetreten, so geht sie allmählig in Jauchen-
') Recherches de Pathol. comp. vol. I. p. 427. 435. **) Die Krankheiten Siciliens p* 195. quot;D) L'Union mödicale 1848. Nr.4.
••••) Die Erscheinungen der gangränösen Erweichung scheinen mir am besten dargestellt von J. Vogel, Pathologische Anatomie I. S. 371. und Icones histolog. pathol. tab. X. et tab. XXIV. Es wäre nur eine Weiterführung zn wünschen.
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bildung über. Die g-an^ranöse Erweichung oder Zersetzung selbst ist aber doch nichts andres, als faule Gührung',
Die Ursachen dieser Gangrän sind mannigfaltig, bieten aber Interesse dar, insofern sie oft übereinkommen mit den Ursachen andrer Formen der Gangrän, ja zum Theil des Milzbrands selbst.
a) Eine der häufigsten Ursachen ist die Gegenwart zersetzbarer und in Zersetzung übergehender fremder Stoife in den Wunden, und unter diesen wohl am häufigsten des Bluts. Die Wahrheit dieses Satzes ist zwar Ton Niemanden einleuchtender durch die Erfahrung nachgewiesen worden, als von Renault*), der diese Ursache in 25 instruetiven Beobachtungen nach­weist: Allerdings nimmt er diese Ursache zu ausschliesslich an, nnd geht von der nur zum Theil richtigen Voraussetzung aus, dass die Gangrän Folge der Resorption des zersetzten Blutes sey, während die im Allgemeinen richtige Erklärung wohl die ist, dass die faulige Gährung des Bluts sich den Geweben des Organismus, und namentlich den noch schwach belebten neugebildeten Entzündungsprodukten mittheilt; wobei denn aber keineswegs die spätere nachtheilige Wirkung der Resorption in das Blut geleugnet wer­den soll.
Man sieht ein, dass in diesem Falle der Brand ganz, seinem Wesen nach, zusammenfällt mit dem oben als Infectionsbrand bezeichneten.
Renaults Bemerkungen über den Verlauf dieser Gangrän sind übrigens in vieler Hinsicht beachtenswerth **). Dahin gehört namentlich eine'Erschei­nung, auf die ich auch oben beim Milzbrand aufmerksam gemacht habe (worin ich keinen Vorgänger zu haben glaube, sie ist aber hier auch nicht immer vorhanden), dass nämlich beim Allgemeinwerden der Krankheit die Schläge des Herzens immer stärker und härter werden, während der Puls immer klei­ner und endlich unfühlbar wird. Renaults Erklärung, dass hier das Herz von dem anomal gemischten Blute stärker gereizt werde ***), könnte ja wohl richtig seyn; allein die einzig mögliche ist' sie gewiss nicht, es könnte ja wohl z. B. eine Folge der theilweisen Verdickung des Bluls seyn, wodurch dieses schwerbeweglicher würde; allein ich gestehe, dass es mir wahrschein­licher ist, dass auch hier ein Gangliengift im Spiele ist, dass ein Krampf der peripherischen Gefässe eintritt, wodurch das Herz bestimmt wird, dem Widerstände eine grössere Kraft entgegenzusetzen.
Die sorgfältigen Leichenöffnungen Renaults haben für uns einen beson­dern Werth, indem sie uns Uebereinstimmungen, aber auch grosse Unter­schiede , zwischen gewöhnlicher Gangrän und Milzbrand kennen lehren.
•) Renault Gangrene traumatique. Mcm. et Obg. Paris, 1810. •*) L. c. p. 95 etc. quot;•) L. c. p. 100. 105.
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„•)Herz: In einigen Iiulmduen, besonders in solchen, welche lange nach dem Tode geöffnet wurden, findet man eine mehr oder weniger bedeutende Menge serös-blutiger Flüssigkeit im Herzbeutel ergossen; in einigen folgen auch Blutflecken, Haufen kleiner Blutpunkte oder ein rother Hof dem Ver­laufe der Herzgefässe durch die Furchen und Einschnitte desselben. Die Herz­muskeln sind immer blass, schlaff, und sehr leicht zerreisslich. Die Herz­höhlen sind niemals von gleicher Beschaffenheit: linker Ventrikel: dieser enthält im Allgemeinen weniger Blut als der rechte, es ist gewöhnlich ge­ronnen in einen kleinen Klumpen, welcher zur Hälfte aus weissem Gerinn­sel, zur andern Hälfte aus wenig consistentem schwarzen Kuchen besteht; in andern Fällen findet sich nur schwarzer Kuchen, selten findet man da­selbst flüssiges Blut, in keinem Falle habe ich einen gangränösen Geruch wahrgenommen. In allen Individuen habe ich an der innern Wand des lin­ken Ventrikels Ecchymosen in verschiedener Quantität, von der Grosse einer Linse bis zu der eines Fünffrankenstücks, gefunden, die sich oft über die ganze innere Fläche des Ventrikels verbreiteten, am gewöhnlichsten aber die Vorsprünge der Fleischsäulen einnahmen; diese Ecchymosen bestehen aus Ablagerungen von reinem Blut, welches zwischen der innern Haut und dem Muskelgewebe ergossen ist, und das letztere ist oft bis zur Tiefe von ein bis zwei Millimetern von ihm durchdrungen; diese Ablagerungen sind sel­ten dicker als ein Papierblatt, indessen habe ich solche von der Dicke eines Frankenstücks gesehen, die seröse Haut, welche sie bedeckt, ist immer vollkommen gesund **). An allen Stellen, wo diese Ecchymosen fehlen^ hat die innere Wand des Ventrikels ungefähr ihre normale Färbung; roth oder braun in ihrer ganzen Ausdehnung ist sie nur in den seltenen Fällen, wo das Blut, welches er enthält, flüssig und sehr dunkel ist, und die Section sehr lange nach dem Tode gemacht wurde. Bechter Ven­trikel: Das Blut in diesem Ventrikel ist nicht allein reichlicher und dunkler gefärbt, sondern immer auch mehr zerfliessend, als im linken; nie habe ich daselbst einen weissen Kuchen gefunden; zuweilen ist es in sehr weiche schwarze Kuchen geronnen, zuweilen ist es ganz flüssig und gleicht in der Consistenz geschmolzenem Pech; in manchen Fällen hat es einen Ge­ruch, der mehr oder weniger dem der Gangrän gleicht. Findet die Section nicht unmittelbar nach dem Tode oder wenige Stunden darauf statt, so hat
•) Ich übergehe die localen Veränderungen, da sie nichts besonders Wich­tiges darbieten. raquo;•) Der Verf., der mit Recht dagegen warnt, sie für Folgen der Entzündnng zu halten, und einsieht, dass sie auch nicht von Imbibition herrühren klinnen, meint sie wäquot;ren Folgen ven Zlaquo;rreissuogen im Muskelgewebe. Das ist, da sie auch in nicht muskulösen Organen eben so vorkommen, unmüglich; das Wahrscheinliche ist — Gefässlähmung.
IIcDiInger, Milibrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;48
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die ganze innere Wand des Ventrikels eine um so dunkler rolhe Farbe, je später nach dem Tode die Section gemacht wird; macht man die Section eine, zwei bis drei Stunden nach dem Tode, so ist diese Färbung sehr selten vorhanden; trennt man die innere Haut sorgfältig ab, so kann man sich leicht überzeugen, dass das Muskelgewebe durchaus keinen Antheil an dieser Färbung hat, dass keine Blutexsudation stattgefunden hat, die sie erklären könnte, dass nur die seröse Haut gefärbt ist, und zwar ziemlich gleichmässig in ihrer ganzen Ausdehnung, dass sie ihre gewöhnliche Glätte zeigt und von keiner krankhaften Secretion bedeckt ist, auch keine grössere Dicke, als im normalen Zustande hat. Ecchymosen sind im rechten Ventrikel eben so sel­ten, wie sie im linken häufig sind; doch findet man sie zuweilen, in diesem Falle erkennt man sie nur dann leichter , wenn diese Höhle noch nicht die erwähnte dunkelrothe Färbung angenommen hat. Arterien: Niemals habe ich in dem arteriellen Systeme bemerkenswerthe Veränderungen gefunden ; in keinem Falle schien das Blut in ihnen auffallend verändert. Venen: Die von mir beobachteten Veränderungen des venösen Bluts fanden sich be­sonders in den grossen Stämmen und ihren bedeutendsten Aesten. Mochten sie die innere Wand der Venen, oder Jas in ihnen enthaltene Blut betreffen, so konnte man sich überzeugen, dass sie weder in allen Individuen constant, noch bei denen, wo sie sich fanden, in der Intensität gleich waren, z. B. die rothe Färbung der innern Wand der Venen, carmoisinroth in einigen Indivi­duen, war in andern scharlach, rosa oder normal, je nach der kürzeren oder längeren Zeit nach dem Tode, wo die Section stattfand: In dieser Beziehung gelten ganz die Bemerkungen, welche ich in Beziehung der Röthung der innern Wand des rechten Ventrikels machte. Aber es zeigte sich in Beziehung auf die Venen eine sehr merkwürdige Eigenthümlichkeit, die mir der Beachtung werth zu seyn scheint, nämlich, je nach dem sich die Gangrän in einem vorderen oder hinteren Körpertheile entwickelt hatte, war auch die Färbung der Venen stärker in den vorderen oder den hinteren Ve­nen, ferner, wenn das Venenblut einen Gangrängeruch verbreitete, so nahm man diesen Geruch nur in dem Blute der Venen wahr, weiche das Blut aus dem gangränösen Theile zuführten; ferner war das Blut immer mehr schwarz, zertliessender und theerartiger in den Venen, welche das Blut aus dem gang­ränösen Theile zuführten. Die Verschiedenheiten in dieser Beziehung waren zwischen den beiden Venensystemen so gross, dass man aus den mitgetheil-ten Beobachtungen sehen kann, wie in Individuen, in denen das Blut der hintern Hohlvcnc und oft der mehrsten Venen, die sich in sie ergiessen, mehr oder weniger flüssig oder theerartig war, dasselbe in der vordem Hohl-vene ganz, oder zum Theil coagulirt war, und umgekehrt. Milz: In einer sehr grossen Anzahl von Fällen wurde die Milz mit Blut überfüllt uud be­sonders bedeutend erweicht gefunden, und merkwürdiger Weise fast immer, wenn die Gangrän in den hintern Theilen des Körpers ihren Sitz hatte.
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während diese Erscheinung oft fehlte, #9632;wenn der Sitz der Gangrän in den vordem Theilen war. Ausscr diesen erwähnten Veränderungen liefern die Sectionen der an der hier besprochenen Gangrän verstorbenen Thiere kein constantes Resultat. Man findet nur noch einige Ecchymosen unter dem Bauchfell, oder unter der Pleura, wenn der gangränöse Theil in der Nähe des Bauchfells, oder der Pleura lag; zuweilen blutige Infiltrationen der be­nachbarten Lymphdrüsen, röthliche oder livide Flecken um einige Gefässe, oder in ihrem Verlaufe u. s. w.; aber in keinem der Haupteingeweide findet man etwas bemerkenswerthes, keine krankhafte Veränderung, die ursprüng­lich abbinge oder eine nothwendige Folge wäre von dem gangränösen Lei­den ; nichts, was etwa durch irgend ein entzündliches Leiden den so schnel­len Tod erklären könnte.quot; *)
b)nbsp; Man wird leicht einsehen, dass die Wundgangrän durch mias­matische Vergiftung der Wunden von der eben beschriebenen nicht verschieden ist. Es ist eine bekannte Erfahrung, dass die Wundgangrän in Malariagegenden, und zu den Zeiten, wo die Malaria vorzüglich wirksam war, immer vorzüglich verheerend geherrscht hat, wie in den neueren Zeiten die Küsten von Spanien, Sicilien, Ostindien, West-Afrika bewiesen haben. Die verdorbene Hospitalluft ist von Poutean's Zeiten an bis auf Brug-mans oft genug als Ursache nachgewiesen worden; eben so in Paris die Nähe von Schlachthäusern und Abdeckereien. Dasselbe ist in Thierarznei-schulen beobachtet worden. In allen diesen Fällen ist wohl anzunehmen, dass der Malariastoff und die fauligten Effluvien auf die Wanden eben so wirken, wie das sich zersetzende Blut im ersteren Falle, sie erzeugen eine faule Gährung in der Wunde. Das Leben in der Malarialuft erhöht aber ohne Zweifel die Disposition in den Kranken.
c)nbsp; Man hat aber den epidemischen Hospitalbrand oft von besondern Wiiterungsconstitutionen abgeleitet**) und besonders Hitze und Electricität angeklagt. Besonders für den Einflnsa der letzteren scheint eine merkwür­dige Beobachtung von Drouard zu sprechen: Dieser impfte eine bedeutende Anzahl Schaafe; an den früheren und an den späteren Tagen verliefen die Impfungen gut, nur an einem Tage, wo eine ungeheure Schwüle herrschte, welche sich durch ein heftiges Gewitter entschied, bekamen alle geimpften Schaafe den Brand. Wahrscheinlich wurde durch die negative Electricität eine faule Gährung in der Wunde eingeleitet. ***) Auf diese Art ist auch hier die Entstehung des Wundbrands wie im ersten Falle erklärt.
•) L. c. p. 107. *•) Boggie On hospital gangrene. Lend. 1848 p. S7.
'**) Recherches de Pathol. comp. vol. I. p. 296. 281.
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A) Der Hospitalbrand wird durch Contagium fortgepflanzt. Viele Fälle von angeblicher Contagion können zweifelhaft erscheinen , der übertragene Stoff brauchte nicht als speeifisches Contagium, sondern konnte wie jede andre Brandjauche wirken; eben so ist das experiment um crucis, welches OlliTier an sich selbst machte, auch einer verschiedenen Deutung fähig; indessen sprechen zu viele Fälle für das speeifische Contagium *), und die Erschei­nung stimmt mit den Gesetzen der Contagienlehre im Allgemeinen überein. — Hier würde dann die Analogie dafür sprechen, dass wohl das Contagium wie das Miasma wirken möchte, durch Erregung fauler Gährung. (Ich bin aber durchaus nicht der Meinung, dass alle Contagion auf gleiche Art wirken müssten; ihre Wirkung kann so verschiedenartig seyn, wie die der Gifte; wir werden z. B. gleich eine andre Wirkungsart des Milzbrandcontagiums annehmen).
e) Endlich ist aber gar nicht zu verkennen, dass die individuelle, wie die endemische und epidemische Disposition einen grossen Einfluss auf die Entstehung des Hospitalbrands ausüben. Namentlich die vorhandene Stim­mung des Nervensystems , das gleichzeitige Bestehen von Malarianeurosen scheinen einen grossen Einfluss zu haben. Renault hat bereits auf solche Zustände bei den Thieren aufmerksam gemacht; **) jeder etwas erfahrne Arzt weiss, wie gross die Disposition zur Wundgangrän bei solchen ist, welche an Wechselfiebern, Dysenterien, Typhen u. s. w. leiden.
Uebrigens sieht man leicht ein, dass in allen diesen Fällen der Gangrän keine Entzündung vorauszugehen braucht, wie wir das früher schon anführten; Renault der derselben Ansicht ist, wie wir, hebt daher mit Recht den Wi­derspruch hervor, welcher in folgenden Worten von Hurtrel d'Arboval***) liegt: „La gangrene, qui succede h une inflammation causee par la presence d'un seton pratique mal k propos dans les leucophlegmaties, certains phleg­mons et quelques maladies eruptives ou epizootiques, presente des phenomenes particuliers: Ce seton ne determine que peu ou point de douleur, bien qu'anime par les cantharides, il n'evacue que de la serosite, et point de pus; mais le troisieme ou le quatrieme jour, l'enflure, que sa presence occasionne, prend le caractere gangreneux, et eile devient enorme en deux ou trois jours. II en est de meine des trochisques introduits sous la peau dans des circon-stances semblables!quot;
d) Noma. Dass Carbunkel und Noma verwandt seyn müssen, lehren schon die vor­gekommenen Verwechslungen: Chatenet****) beschreibt unter dem Namen
*) Boggle 1. c. p. 75. — Ballingall Militari Surgery Lond
1814. p. 168. ••) A. a. O. p. 141. •••) Diet vol. II. p. 658. •*•raquo;) Essai sur l'Anthrax p. 17.
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raquo;57
Anthrax Krankheitsfälle bei Kindern, die offenbar nichts als Noma waren. Die beiden von Alibert unter dem Namen Charbon sporadique mitge-theilten Fälle *) gehören wahrscheinlich der Noma an. Auf der andern Seite kommen unter dem Namen Noma Beobachtungen, die man sehr geneigt seyn möchte, für Milzbrandcarbunkel zu halten. In der That wird es Fälle geben, wo bei Unbekanntschaft mit der Ursache die Diagnose so gut wie unmöglich seyn wird.
Die oben erwähnte Sumpfgangrän Ebrards steht dem Wesen nach der Noma vollkommen gleich. So ist denn auch nicht allein von mir, son­dern auch schon von vielen früheren Beobachtern**) die Noma bei Kindern nach Wechselfiehern beobachtet worden.
Dass die Noma wesentlich eine Krankheit von Sumpfländern ist, ist eine alte Beobachtung. '**) Ich kenne die Noma in meiner Umgegend nur in dem Malariadistrikte, und frühere von hier aus bekannt gemachte Beobach­tungen betreffen denselben Distrikt.
e) Brandbräune, Lungenbrand.
Das Yerhältniss der Brandbräune des Menschen zum Milzbrand der Tliicre haben wir bereits früher wiederholt besprochen: Wir wissen, dass beide gleichzeitig epidemisch vorkamen, wir wissen ferner, dass durch die mannig­faltigsten Uebertragungsarten des Contagiums doch Milzbrandbräune im Men­schen entstand. ****) Die Brandbräune im Menschen pflanzt sich leicht fort. Aber nicht in allen Brandbräunen lässt sich eine solche Beziehung zum Milz­brande nachweisen, oft sind sie dann den Erysipelatosen verwandt.
Der Lungenbrand als Lungenmilzbrand der Thiere hat uns früher be­schäftigt. Dass jeder Lungenbrand der Thiere Milzbrand seyn müsse, das kann gar nicht behauptet werden, es liegen viel mehr Beweise vom Gegen-theil vor; dass er es aber sehr häufig ist, erleidet keinen Zweifel f)
Der nicht gerade seltene umschriebene Lungenbrand des Menschen hat mit den hier in Frage kommenden Brandarten eben nichts gemein; seine rein
*) Dermatosesvol. Lp. 195. quot;} Wiegand Wasserkrebs. S. 104. quot;•) Siebert in Hufelands Journ. B. XXXIII. St. 6. S. 84. — Wie­gand a. a. 0, S. 102. ff. — Recherches de Patb. comp. Lp, 427. •••#9830;) 0 be n S. 197. S. 470- S. 501. S, 629,
f) Oben S. 535. 627. Dass auch der Lungenbrand, der nicht Milzbrand ist, in den Tbiereu häufiger vorkömmt, als im Menschen, das erleidet wohl keinen Zweifel. Renault (a. a. 0. S, 42. S. 179.) erklärt ihn hier durch Blutgerinnsel, die sich bei dem Zutritt der Luft zersetzen Dass diese Erklärung in vielen Fällen richtig seyn mag, soll nicht geleugnet werden.
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lojiische Genesis ist im Allgemeinen Mar. —#9632; Der nicht umschriebene Lun­genbrand des Menschen dagegen ist bei uns, und im Allgemeinen in nicht ausgedehnten Malarialändern eine sehr seltene Krankheit. Dass er auch aus andern Ursachen, und ohne Mal aria einfluss vorkömmt, davon bin ich, nach eigenen und fremden Erfahrungen vollkommon überzeugt, die Einflüsse schei­nen aber dann ähnlich zu wirken, seine Entwickelungsart im Allgemeinen eine gleiche. In bedeutenden Malarialändern scheint er aber häufiger; seine Entwickelung steht dann aber wohl in der innigsten Beziehung zur Lungen-apoplexie. Von dieser letzteren wird gleich im Folgenden weiter die Rede se.jn, wohin wir daher verweisen.
6. Malaria-Neurosen.
In Beziehung auf diese Ueberschrift erinnere ich vorerst an die Anmer­kung zum vorigen Abschnitt. Ich schreibe hier kein nosographisches System, und nicht einmal alle Krankheiten, die unter diese Ueberschrift passten, sol­len in Betrachtung kommen, der Name soll hier nur dienen, Verwandtes zu­sammenzufassen.
Wir haben im Vorhergehenden unter dem Namen von Gangliengif­ten eine Anzahl von organischen Giften zusammengefasst, nämlich Pilzgift (inclusive Schimmel, Rost, Mutterkorn u. s. w.), Arachniden-, Schlangengift Fischgift, Muschelgift n. s. w., thierisches Zersetzungsgift, Wurst-, Käsegift, von denen mehrere, wenn nicht alle, nicht allein Brand und Milzbrand, son­dern auch Cholera und Wechselfieber erzeugten, was in Beziehung auf das letztere, bei seinen sonst sehr beschränkten Ursachen besonders auffallen musste.
Oft schon mussten wir nun auf die Uebereinstimmung der Wirkung des Malariastoffes mit diesen Giften aufmerksam machen, und nicht weniger fiel es uns auf, dass die Contagion, die sich in diesen Krankheiten erzeugen, ganz gleich wirken den Miasmen, die sie ursprünglich in das Leben riefen.
Eine eigentliche Erklärung von der Wirkung der Malaria und der übri­gen Gangliengifte zu geben, sind wir nicht im Stande, theils schon wegen unsrer Unkenntniss von dem Innern Processe der Innervalion überhaupt, theils aber wegen unsrer noch grösseren üukenntniss von den Verrichtungen, ja selbst zum Theil noch von dem Bau des Gangliensystems.*) Wir sind be­schränkt auf Schlüsse aus den Störungen, welche diese Einflüsse in den Or­ganen hervorrufen, und welche wir mit den etwas bekannteren des Cerebro-spinalsystems vergleichen.
Die genannten Gifte bewirken nun allerdings die ersten Störungen in den vom Gangliensystem versorgten Organen des Verdauungs-, Gefäss-, Excre-
quot;) In unsrer Unwissenheit von dem Leben des Gangliensystems liegt dia Hälfte unsrer Pathogenic begraben I
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tions-Apparates. Wenn nun aber auch ihre allgemeinen Wirkungen, beson­ders auf das Gefässsystem, sehr viele Uebereinstimmung zeigen, so scheint es doch bei näherer Betrachtung, dass nicht alle, oder nicht unter allen Ver­hältnissen , auf ein und denselben Theil des Gangliensystems primär wirken, sondern auf verschiedene Sphären desselben, das eine mehr auf Milz, das andre auf Geschlecbtsorgane u. s. w.
Ihre Wirkung verbreitet sich dann aber von der ersten Invassionssphärc auf die übrigen Sphären des Gangliensystems, die alle gleich leiden können, aber oft fixirt sich das Leiden auf eine, und oft entfernte Sphäre , wo uns dann oft der Grund dieser Fixirung unbekannt ist, oder wir ihn nur ahnen können.
Ich habe in dieser Schrift zur Bezeichnung dieser Verbreitung oder Ver­schiebung der Affection den Ausdruck Irradiation gebraucht, den man zur Bezeichnung ähnlicher Vorgänge im Cerebrospinalsystem angewendet hat, auch nicht etwa als eine aus Erkenntniss der innern Processe hervorgegan­gene Erklärung, sondern als ein verständliches Bild. Ob aber der Ausdruck auch bei diesen Processen im Gangliensystcme vollkommen passend ist, kann noch zweifelhaft seyn.
Die Erscheinungen der Wirkung dieser Krankheitsreize verrathen sehr bestimmt eine relative Unabhängigkeit des Gangliensystems vom Cerebro­spinalsystem, indem sich die Störungen oft längere Zeit in jenem allein, oder doch vorzugsweise verrathen; allein sie beweisen eben so gut, dass diese Unabhängigkeit nur eine relative ist, früher oder später verbreiten sie sich auf das Cerebrospinalsystem.
Dieses Mitleiden des Cerebrospinalsystems zeigt sich oft nur als leichte Miterregung, es treten nur leichtere Beflexerscheinungen ein (z. B. in gut­artigen Wechselfiebern, im Ergotismus u. s. w.); dagegen andre dieser Gifte, oder alle unter gewissen Verhältnissen , die Innervation im Cerebrospinal­system tief ergreifen und vernichten können. *)
Die Fortpflanzung des Leidens von dem Ganglien - auf das Cerebrospi­nalsystem ist hier natürlicher Weise durch die Verbindungszweige des Sym-pathicus klar; da diese aber im ganzen Verlaufe des Gehirns und Bückcn-marks eintreten, so muss nach den afficirten Sphären des Gangliensystems, und nach der Afficirbarkeit der Cerebrospinalorgane, eine grosse Mannigfal­tigkeit der Erscheinungen möglich seyn.
*) Es ist in dieser Beziehung eine wichtige Erfahrung, dass das heftigste Uirngift, das Opium, und in sonst gar nicht vertragenen Gaben, das an­erkannt beste Mittel gegen die Wirkung der Gangliengifte (Schlangen­gift, Fisobgift, Pilzgift, selbst Malariagift in pernieiösen WechselfiebernJ ist
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Als in die Augen fallendste Erscheinung bietet sich immer Krampf und Paralyse der Gefässe dar, local oder mehr oder weniger allgemein. Blutun­gen, Brand oder Entzündungen treten aber in deren Folge auf, Störungen der Sensation und Reflexkrämpfe bezeichnen die Centralisation des Leidens auf das Cerebrospiualsystem.
Die Malariakrankheiten, welche hier zunächst in Betrachtung kommen, sind: 1) Wechselfieber, 2) Cholera, 3) Malariaruhr, 4) Paralytische Blut-stasen und Blutungen, 5) Hirnapoplexie.
a) Wechselfieber.
Hier wirkt die Schädlichkeit, und das ist in der Regel und in der grossen Ueberzahl der Fälle die Malaria, nur ausnahmsweise eine andre, durch Respiration oder Haut in das Blut*) aufgenommen, auf die Abdominalgan­glien, und wie es scheint zunächst auf den Plexus splenicus, durch Mitlei­den treten Spinal'irämpfe ein.
Eine genügende Erklärung der Periodicität und mancher materieller Kri­sen Termögen wir noch nicht zu geben.
Der Anfall beginnt mit Seltener- und Langsamerwerden des Pulses **), Erbleichen der Haut, Gänsehaut, Anschwellen der Milz (jederzeit durch Ge­fühl und Percussion zuerkennen), Kältegefühl, Kleiner- und Häufigerwerden des Pulses, Gähnen und Dehnen — bis dahin kein Zeichen eines andern Leidens, als der Ganglien und der Gefässnerven — nun aber Schaudern, Zittern, Rappern, als Zeichen der Theilnahme des Rückenmarks, Eingenom­menheit des Kopfs, Schwäche der Sinne, als Zeichen des Mitleidens des Gehirns. Darauf die bekannten Symptome der Reaction und Crise.
Verschiebung des Leidens des Plexus splenicus auf den Plexus hepaticus, gastricus, entericus, pulmonalis, oder auch den Vagus oder Quintus gibt die verschiedenen F. comitatas oder larvatas; stärkere Mitaffection des Rücken­marks die F. algidas, tetanicas, epilepticas etc., des Gehirns die F. soporo-sas, apoplecticas, amauroticas etc. Concentration auf einzelne Gefässnerven die F. haemorrhagicas, exanthematicas, gangraenosas etc. Das Weitere ge­hört nicht hierher.
Die Beziehungen des Wechselfiebers zum Milzbrand sind die folgenden:
1) Beide, wenn sie auch zuweilen und ausnahmsweise durch eine andre und verwandte Schädlichkeit hervorgerufen werden, haben doch dieselbe Ge-
c) Was aber zunächst und primär offenbar keine Veränderung erleidet, son­dern diese Veränderungen treten nur seeundär erst auf. **) Sonderbar, dass die Aerzte dieses Symptom so wenig hervorheben; wie oft habe ich am Krankenbette, wo noch kein andres Symptom zu­gegen war, wo der Kranke selbst glaubte, der Anfall werde ausbleiben, erklärt, in einer Viertelstunde ist der Anfall da.
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meinschädlichkeit im Allgemeinen zur Ursache, nämlich die Malaria*). Da­her können wir auch schon in Beziehung auf ihr Wesen eine nahe Ver­wandtschaft derselben erwarten.
2)nbsp; nbsp;Daher ist auch die endemische und epidemische Verbreitung heider eine gleiche; sie kommen zu gleicher Zeit, an gleichen Orten vor; sehr oft sehen wir, dass sie in Beziehung auf Intensität und auf Extension gleichen Schritt halten **).
3)nbsp; Ausgezeichnete regelmässige und reine Formen des Milzbrandes las­sen daher auch oft einen auffallenden intermittirenden Verlauf erkennen, wie das Petit, Haubner, Segretain, Lafore u. s. w. angeben; so dass der letzgenannte Beobachter den Milzbrand geradezu für eine Intermittens perniciosa erklärte, und die beiden Me tax a in Rom den Milzbrand der Thicre als den Stellvertreter der Wechselfieber der Menschen betrachten ***). Ja Marino soll in einer, mir leider unbekannt gebliebenen, Abhandlung die Identität beider bewiesen haben ****), wozu sein Vaterland freilich die beste Gelegenheit bot.
4)nbsp; Wenn, nach der von uns oben gegebenen Erklärung, allerdings auch schon in dem reinen und gutartigen Wechselfieber, ein niederer Grad des Ganglien-, Milz- und Gefässnerven-Leidens, welches im höheren Grade im Milzbrande hervortritt, erkannt werden muss, so tritt doch ohne Zweifel die Verwandtschaft beider Krankheiten noch klarer hervor in den sogenannten per-niciösen und comitirten Fiebern.
Was in diesen die eintretenden Blutstasen und Blutungen betrifft, so werde ich unten unter d) besonders von ihnen handeln. — Was die an diese Gefäss- oder Gefässnervenleiden zunächst sich anschliessenden Exantheme — Erysipelatosen, Erytheme, Anthrakoiden betrifft, so habe ich von ihnen be­reits oben unter 2, 3 und 4, gehandelt, und sie als Folgen gleicher Ur­sachen darzustellen gesucht.
Am bestimmtesten tritt diese Verwandtschaft aber in den Gangränösen uns entgegen, deren Abhängigkeit von Malaria- und Ganglienleiden, so wie deren Beziehung zum Wechselfieber früher nachgewiesen wurde, wie eben im vorigen Abschnitte von der Sumpfgangrän (S. 751) und von der Noma (S. 756), so wie die angeführten Stellen von Notarianni (S. 733) und die früher citirten von Fallica und Morici (oben S. 329).
Ich habe früher auf diese Stelle verwiesen, weil es meine Absicht war.
•) Oben S. 500, 504, 510. — Recherches de Path. comp. I. p. 259. 436.
**) Beweise: Recherches I. c. 259. 429. 436. und oben S. 375. 272. 284. 303. 223. 359.
***) Oben S. 520. 530, 623 643. 6i7. 337. Recherches etc. p 435.
••••) Oben S. 329,
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eine Tollsländigere Darstellung dieser Fieber an diesem Orte zu geben, ich fühle aber, dass es mich zu weit führen würde, ich begnüge mich daher nur eine oben citirte Stelle von Annesley über die Verbindung des Erysipe­las und der Gangrän mit den Wechselfiebern, in Indien, anzuführen:
„Erysipelas erscheint nicht selten bei denen, welche am Fieber leiden, oder es gesellt sich zu irgend einer leichten Verletzung oder einem Geschwür während des Verlaufs von remittirenden oder intermittirenden Fiebern von adynamischen oder bösartigen Charakter. Diese Complication wird am häu­figsten beobachtet in den mehr sumpfigen und ungesunden Lagen in der Nähe der Mündungen und Ufer der Flüsse, und in dick bewaldeten Distrik­ten, wo die Effluvien am schädlichsten sind; auch sind ihr die regnigten und kalten Jahrszeiten besonders günstig, wo die Effluvien am mehrsten concen-trirt und verderblich sind. Unter solchen Umständen nehmen Geschwüre, leichte Hautverletzungen und Wunden leicht einen erysipelatösen Charakter an; dieser letztere aber hat, besonders in Hospitälern, eine sehr grosse Nei­gung in Gangrän überzugehen. Diese Complication und ihre Folgen, unter den obigen Umständen, haben sich meiner Beobachtung in verschiedenen Ge­genden Indiens, und besonders bei der Expedition nach Batavia, sehr oft dargeboten.quot;
„Unter den Eingeborenen sind Geschwüre an den unteren Extremitäten sehr häufig, und nehmen während des Verlaufs von remittirenden und inter­mittirenden Fiebern oft einen unreinen und hartnäckigen Charakter an. So­wohl Erysipelas als äussere Geschwüre werden durch Sumpfmiasmen immer verschlimmert und compliciren sich nicht selten mit intermittirenden Fieber.quot; A. o. a. 0.
Ich kann nur beiläufig darauf aufmerksam machen, welchen Einfluss diese Auffassung des Wesens der Malarianeurosen auf die Deutung der so­genannten scorbutischen Zufälle, der Blutungen, Geschwüre u. s. w., bei Milz- und selbst bei Leberkrankheiten haben muss.
b) Cholera.
Dass die asiatische Cholera eine Aehnlichkeit mit dem Milzbrand habe, daran haben schon vor langer Zeit einige Aerzte gedacht; namentlich Thier-ärzte, denen die Analogie mehr auffallen musste *.). Die Auffassung war aber freilich eine sehr oberflächliche.
Ohne Zweifel ist die Cholera eine Malaria - Neurcse, die sich allerdings an Wechselfieber und Milzbrand zunächst anreiht.
1) Die Cholera-Schädlichkeit wirkt auch hier zunächst anregend auf die Ganglien des Sympathicus **) (wie ? wissen wir so wenig, wie bei allen andern
*) S. z. B. Ho ffmana in Busch Zeitschr. II. 4. S. 89. *•) F. Giinsburg UbeF diraquo; gegenwärtige Epidemie der asiati-
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hierher gehöriffen Krankheiten, ob vielleicht auf andre Sphären oder allge­meiner als im Wechselfieber, wissen wir auch nicht), die nächste Folge ist allgemeiner Gefässkrampf (wie im Wechselfieber, nur energischer und allge­meiner), Blutstasen in den Haargefässen, wie im Milzbrand, Kälte, Angst, Abdominalbeklemmung, Plasmadurchschwitzen (wie anfangs in jenem, wie auch in Intermittens perniciosa), Paralyse der GefässncrTen (wie im Milz­brand, aber allgemeiner wie in jenem, wo sie gewöhnlich nur in einzelnen Sphären, doch beim Mihbrandschlag auch oft allgemein, eintritt), in Folge der Paralyse Blutaustretungen, Ecchymosen (wo sich im Allgemeinen die Differenz zeigt, dass im Milzbrand das Blut vollständig, oder als sogenannte gelbe Sülze austritt, in der Cholera aber mehr nur Plasma mit Blutfarbe, und in viel geringerer Menge; doch kommen in beiden Krankheiten Ueber-gänge vor *).
Die Miterregung des Cerebrospinalsystems ist in beiden Krankheiten eine auffallend gleiche, die Cholerakrämpfe gleichen ganz den Milzbrandkrämpfen. Die Freiheit der Gehirnthätigkeit kömmt in beiden vor und wird in beiden auf analoge Art gestört.
Die nach dem Tode erkennbaren Veränderungen der Gewebe und der Blutmischung bieten scheinbar grosse Uebereinstimmung, auch manche Dif­ferenzen dar; aber die vorhandenen Untersuchungen in beiden Krankheiten sind noch ungenügend und zu Erklärungen unzureichend. Ein hemerkens-werther Unterschied zeigt sich in der Leichenstarre, so allgemein sie im Milz­brand fehlt, so allgemein ist sie in der Cholera vorhanden.
2) Die asiatische Cholera kömmt in den Malarialändern Indiens jähr­lich vor, ihr Entstehen aus Malaria-Miasma ist wohl nicht zu verkennen, und sie scheint gewöhnlich nicht contagiös zu seyn; wie alle anderen Malaria­krankheiten ist sie in manchen Jahren häufiger, in anderen seltener. Kur in einzelnen Jahren erreicht sie aber in ihrem Vaterlande eine sehr allge­meine und contagiöseVerbreitung, während ihr Charakter zugleich bösartiger wird. Welches Zusammentreffen von Bedingungen diese Zunahme der Inten­sität und der Extension der Krankheit bewirkt, ist noch unentschieden, die Untersuchung würde uns hier viel zu weit führen; dieselbe Erscheinung kömmt aber in andern Epidemien eben so vor. Dieser Fall ereignete sich im Jahr 1817, von wo an die Krankheit die Grenzen Indiens so überschritt, dass sie im Jahr 1829 die Grenzen Europas erreichte. — Mit derselben Wuth und in derselben Verbreitung erschien sie wieder in Indien im Jahre
sehen Cholera. Bresla u 1818. S. 6L Obgleich in sehr wichtigen Punkten abweichend, wird man doch vielleicht unsre Ansichten am mebr-sten mit den von diesem Verf. geäusserten übereiustimmc-ud finden. *) Fast scheint es, als wären in manchen Epidemien, z. B. in Ostindien dilaquo; Ecchymosen vollständig wie im Milzbrand vorgekommen.
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1845, und man konnte wohl damals schon eine neue Weiterverbreitung der­selben erwarten*). Sie reiste aber diesesmal schneller, schon im Herbst 1847 halte sie die Grenzen Europas erreicht.
3) Die allgemein geglaubte Fabel von der regelmässigen Verbreitung der Cholera von Ost nach West ist eine reine Täuschung, wie ich seit langer Zeit an mehr als einem Orte erklärt habe; die Cholera von 1817 hat sich schneller und früher nach Süd, Südost und Ost verbreitet, als nach West **), nach Nord und Nordost standen ihr physische Hindernisse entgegen, in Eu­ropa hat sie sich aber z. B. in Italien geradezu von West nach Ost verbrei­tet. Sie hat sich, wie in der Regel die aus Miasma entwickelten contagiösen Epidemieen, aus einem Centro, ihrem Mutterheerde, strahlenförmig verbreitet. Sie bietet in dieser Beziehung die grösste Analogie mit der Verbreitung mancher Milzbrandepizootieen z. B. dem Zungenkrebs 1682, 1730 u. s. w. dar ***). Die Cholera ist hier den Wegen des Handels und des Verkehrs ge­folgt, und ihre Verbreitung war nicht anders, als durch Contagium möglich, wie das bei dem Milzbrande eben so der Fall ist.
4) Die Wahrnehmung, dass die Choleraepidemieen sich zuweilen auf ihre Heerde in Indien beschränken, zuweilen dort einen sehr grossen Raum einnehmen, ohne doch die Grenzen Indiens zu überschreiten, während ein­zelne sich über die ganze Erde verbreitet haben — stimmt ganz überein mit den Wahrnehmungen über die ähnliche Verbreitung der Milzbrandepizoo­tieen im südöstlichen Frankreich, wie ich sie an den erwähnten Stellen mit-getheilt habe.
Die Ursachen dieser beschränkteren oder weiteren Verbreitung können verschieden seyn: 1) kann sie abhängen von der Masse und der Energie des Contagiums, 2) von begünstigenden localen Verhältnissen, der endemischen Constitution, 3) von der allgemeinen epidemischen Constitution oder der Con-stitutio stationaria.
Das letztere möchte in Beziehung auf die Cholera gar manches für sich haben. In den letzten 30 bis 40 Jahren haben wir zwei allgemeine Wech-selfieber-Constitutionen gehabt: die erste begann im Jahr 1826 und erreichte ihre Höhe im Jahre 1829; nach dem Jahre 1830 nahmen die Wechselfieber sehr bedeutend ab, und wurden besonders 1838 bis 1844 so selten, dass man aus fast allen Malariagegenden über die vermeinte Befreiung von dem bösen Feinde jubelte! allein 1846 nahmen sie wieder zu, und 1847 und 1848
•) Bericht über dieFortschr. d. medic. Geographie 1845 S. 253.
•*) Man nehme die Verbreitungsgeschichte von Merriman in der Med. Chirurg. Transactionlaquo; vol. XXVII. zur Hand. •••) S. oben S, 196 und früher; besonders S, 389.
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bis 1849 noch, waren sie so häufig, wie wohl in keinem früheren Jahre. Man sieht aber, dass diese Perioden mit der Verbreitung der Cholera voll­kommen zusammenfallen, und ihre schnelle Verbreitung im Jahre 1847 kann wohl damit im Zusammenhange stehen.
5) Indessen auch der EinÜuss der localen Verhältnisse, der endemischen Constitution, kann nicht verkannt werden. Trotz der allgemeinen Verbreitung ist die Cholera überall den Malariagegenden durch Flussthäler und Sümpfe nachgekrochen (grosse volkreiche Städte wird man ihnen gleich stellen müs­sen). Auch hier verhält sich das Cholera-Contagium ganz wie das Milz-brandcontagium. So unzweifelhaft erwiesen das letztere ist, so verbreitet es sich doch gewöhnlich nur in den Malariadistrikten, die Heerden, eine halbe Stunde von den letzteren entfernt, sind Jahre lang vollkommen frei, während er unter den Heerden der ersteren haust; trotz vielfach verschleppten Con-tagium sind die Milzbrandinfectioncn in malariafreien Orten selten und ein­zeln *). Einzelne Fälle weiden aber verschleppt von Cholera, wie von Malaria.
So gewiss die Cholera die nächste Verwände sowohl des Wechselfiebers**) als des Milzbrandes ist, so wenig würde man berechtigt seyn, sie zu einem Wechselfieber oder zu einem Milzbrande zu machen; alle 3 Krankheiten ha­ben bei aller Aehnlichkeit noch genug specifische Unterscheidungszeichen. — i— Wie sich die Intermittens perniciosa mehr dem Milzbrande nähert, so gibt es allerdings auch Formen des Milzbrands, die sich der Cholera mehr nähern.
Zu diesen letztern rechne ich z. B. die Fälle von Buisson (N. 32?quot;.) beim Bind, die Epizootie der Schweine, welche Gelle beschreibt, aus dem Jahre 1806. Diese letztere ist ganz instruktiv, da sie grosse Uebereinstim-mungen, doch auch wesentliche Differenzen nachweist, daher lasse ich sie hier zur Vergleichung noch folgen.
„Diese Krankheit herrschte in den Monaten August und September 1806, unter den Schweinen im Depart. Deux-Scvres. — Sie kündigte sich an durch Traurigkeit, plötzliche Mattigkeit, Abnahme und Verlust der Fresslust, beis-sende Hitze und Trockenheit der Haut, Sträuben der Borsten. Bei der Un­tersuchung des Mauls fand man die Zunge weisslich und feucht, bei den mehrsten Thieren den Durst gross. Ich beobachtete überdiess eine Beschleu­nigung der Herzbewegungen, eine Häufigkeit der Respiration, die einen all­gemeinen fieberhaften Zustand verrieth, den ich auf keine wahrnehmbare Entzündung irgend eines Organs zurückführen konnte. Eine ziemlich con-stante Erscheinung bestand in dem Vorhandenseyn einiger kleinen purpurfar-
*) Oben S. 389. **) In welcher Beziehung besonders die Intermittens cholerica in das Ange zu fassen ist.
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benen Flecken auf der Bindehaut der Augen. — Auf dieses ziemlich kurze erste Stadium folgte Zunahme des Fiebers, Wanken auf den Hinterfüssen, äusserste Schwäche, vollkommener Mangel an Fresslust; zahlreiche Petechien von weinrolhcr Farbe erschienen auf verschiedenen Theilen des Körpers, am zahlreichsten waren sie um die Augen herum, um die Ohren, die Nase, den Rüssel, an der Kehle, auf der Brust, am Bauche, an der inneren Seite der der Glieder. Trotz der Heftigkeit des Fiebers, während dessen der Puls klein, zusammengezogen und beschleunigt war, waren alle Extremitäten kalt, die Kraftlosigkeit sehr gross, und die Stimme ganz erloschen. Bei einigen Thieren war Durchfall vorhanden, bei allen war der Urin roth und stinkend. — Das dritte Stadium war ausgezeichnet durch eine ungewöhnliche Häufig­keit des Pulses, seine Kleinheit und Zusamraengezogenheit, das ausserordent-liche Flankenschlagen und ein klagendes Athmen; auch bemerkte manFlech-sensprlngen, höchsten Grad der Schwäche der Muskeln, Stumpfsinn und irren Blick. Darauf wurde die Schleimhaut des Mauls livid und purpurfarben, sie bedeckte sich wie die der Zunge mit einem russigen Beleg, die ausge-athmetc Luft war kalt und übelriechend. Das Thier stiess einige Schreie aus und starb, gewöhnlich nach Verlauf von 12, 2-1 oder 48 Stunden, sel­ten dauerte die Krankheit drei Tage. — Das Unterhautzellgeivebe war all­gemein infiltrirt mit röthlichen und blutigen Serositäten, besonders an den Stellen, wo sich Petechien in der Haut befanden; die lymphatischen Drüsen der Weichen, des Bugs, und an den Speicheldrüsen waren serös infiltrirt, angeschwollen und leicht injicirt, wodurch sie leicht gerothet waren; die Milz und die Leber waren überfüllt von schwarzen Blut; die Verdauungs­schleimhaut war roth im Magen und im dünnen Darm, ich habe sie selbst an einigen Stellen verdickt und erweicht gefunden; die Blase enthielt einen gelben übelriechenden Urin; das Innere des Maüls, der Pharynx, der Larynx und die Luftröhre waren besäet mit violetten und lividen Flecken, die Lun­gen von schwarzen Blut überfüllt und mit schwarzen Ekchymosen besäet; das Herz enthielt zum Theil flüssiges Blut, es war auch bedeckt mit zahl­reichen lividen und schwarzen Petechien, sein Gewebe war erweicht und leicht zerreissbar; der Herzbeutel enthielt viele röthliche Serosität, seine seröse Haut wie die Pleura waren mit purpurfarbigen Petechien besäet. Das Gehirn war erweicht, die Gefässe der Hirnhäute injicirt und die Hirnhölen mit citronengelben Serum gefüllt.quot;
c) Malaria Dysenterie. Nicht jede Dysenterie gehört zu den Malaria-Neurosen*). Allerdings gehört es zum Wesen einer jeden Dysenterie, dass hei einem verschiedenar-
•) Ich kann nur wiederholen, dass es mir nicht einfällt, diese aetiologischen Eintheilungsprincipe in einem nosographischen Systeme anzuwenden.
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tigen Leiden der Schleimhaut Krampf in der Muskelhaut des Dickdarms be­steht, ein Zustand, der dann immer einen grossen Einfluss auf die Stimmung des gesammten Gangliensystems und auf die Blutvertheilung in den Unter­leibsorganen ausüben muss; allein desswegen rauss das Leiden noch nicht von einer Intoxication des Gangliensystems ausgehen! Dieses ist z. B. schwer­lich der Fall in der einfach catarrhalischen Dysenterie, wo die Genesis des Leidens wohl dieselbe ist, wie bei einem Catarrh der Nase, des Kehlkopfs u. s. w. Es ist wohl eben so wenig der Fall in der rheumatischen Dysen­terie, in der wohl allerdings wie in allen rheumatischen Krankheiten Krampf und Paralyse der Gefäsenden, natürlich durch die Gefasnerven, statt findet, allein nichts beweist, dass der Reiz hier primär auf die Centralganglien ein­gewirkt habe. Die entzündliche, auch oft epidemische, Dysenterie, wie sie mir ausgezeichnet vorgekommen ist, geht gewöhnlich aus den vorigen For­men hervor.
Dagegen die mehrsten epidemischen Dysenterien, wie sie in Malariage­genden vorkommen, gehen offenbar von einer solchen Intoxication aus und gehören zu den Malaria-Neurosen.
Da es hier meine Aufgabe nicht ist, über die Dysenterie zu schreiben, sondern nur ihre Verwandschaft mit den übrigen Malaria-Neurosen, den Wech­selfiebern, der Cholera und dem Milzbrande nachzuweisen, so werde ich wohl nicht nöthig haben, obigen Satz hier näher zu beweisen; denn, wenn auch schon ältere Aerzte die Wahrheit desselben geahnt haben, so besitzen wir doch besonders aus den letzten Jahrzehnten eine solche Masse von Schriften der Aerzte, welche die Dysenterien in Spanien, Ostindien, Westindien, Algier beobachtet haben, in denen der Beweis des Gesagten geliefert ist; zugleich ergibt sich aus ihnen, dass Dysenterie vorzugsweise (obgleich nicht allein) eintritt, wenn der Malariastoff durch das Getränk aufgenommen wird (wo dann aber wieder die ähnliche Wirkung bethauter, bereifter, mit parasiti­schen Pilzen bedeckter Früchte und Gemüse oder Futters, sehr beachtenswerth erscheint).
Bei aufmerksamer Lesung der erwähnten zahlreichen Schriften wird man dann auch wohl kaum Anstand nehmen, anzuerkennen, dass in diesen Dysen­terien auch primärer Brand der Schleimhaut (Sumpfbrand), ja höchst wahrscheinlich die Entwickclung von Anthrakoiden und Erysipelatosen vor­kömmt.
Leicht könnte ich nun in grosser Breite phaenomenologisch die üeber-gänge von Dysenterie und Milzbrand in Menschen und Thieren nachweisen; allein, das Princip einmal festgestellt, glaube ich, reichen die früheren Mit­theilungen hin, dem Leser selbst die Ausführung zu überlassen. Ich fühle zu sehr, wie diese Schrift über ihr ursprüngliches Mass hinauslaufen würde, wenn ich mich noch in specielle Ausführungen einlassen wollte.
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d) Paralytische Blutungen.
Indem wir in dem Milzbrande eine Ganglienneurose sahen, erkannten wir als die wesentlichsten Erscheinungen eine solche Störung der Inncrva-tion durch die Gefasnerven, dass zuerst Krampf, sehr bald aber Paralyse der Gefässe eintritt, zunächst der Haargefässe, sehr allgemein aber auch des Herzens selbst, und als Folgen dieser Paralyse betrachteten wir die eintre­tenden Blutstasen und Blutaustretungen.
Wir haben nun bereits die Stasen und Blutaustretungen in andern Ma-larianenrosen, der Cholera, Dysenterie und dem Wechselfieber eben so er­klärt: Diese Erscheinungen sind indessen in vieler Beziehung und besonders in Beziehung auf die Krankheiten mancher Organe so wichtig, dass wir noch einige Augenblicke bei ihnen verweilen wollen.
Was den Process selbst betrifft, so ist es uns noch gänzlich unbekannt, welche Veränderungen die Gefässe bei dieser Paralyse erleiden, obgleich Beobachtung und Versuch darüber wohl Aufschluss geben müssen. Ganz gleich sind sie wahrscheinlich nicht, da in manchen Fällen helles Serum, in andern fest gerinnende Stoffe, in noch andern volles Blut durchgeht.
Die grosse Neigung zu Blutungen in Wechselfieberkranken verrathen nicht allein die so häufigen Hämorrhagien in der Form sogenannter comitirter und besonders verlarvter Fieber, sondern auch die im Folgenden bezeichneten or­ganischen Veränderungen, die wohl eben so bestimmt wieder auf die Ana­logie mit dem Milzbrände hinweisen. Ja, dass die Störung der Innervation gelbst im Centralorgane des Kreislaufs stattfinden mag, darauf könnten hin­weisen: a) die so häufige plötzliche Tödtlichkeit des Aderlasses im Froststa­dium bei heftigen Fiebern, wovon Tommasini noch vor kurzer Zeit einige merkwürdige Beispiele aus der neueren Zeit mitgetheilt hat*); b) die be­stimmten Angaben grosser älterer Anatomen (Harvey, Bonet, Senai) über den Zustand von Herz und Lungen im Anfange des Paroxysmus **); c) die im Herzen von an Wechselfiebern wie am gelben Fieber gestorbenen Menschen oft beobachteten Veränderungen (die ähnlich im Milzbrand und in der Cholera vorkommen), die falsch gedeutet zur Annahme einer Herzentzün­dung geführt haben ***).
*) 6. Tommasini Sülle affezioni intermittent! periodic he Parma. 1815. p. 153. '•) Zusammengestellt von Jos. Franck Frax. med. Praec. F. I. vol. I. s. 1. p. 217.
•••) Biaggisullaverasede dellafebbre. Padova. 1842___Mugna
Tratt. crit. della febbre Pad. 1844- — J. Ardevol Apuntes acerca la Cardite en tert ro pi cal clamada febbre amma-rilla. Paris. 1833.
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Die so sehr häufigen Blutungen bei Milzkranken, zugleich mit grosser Neigung zu Erweichungen und Gangrän *), sind wohl zuweilen aus me­chanischen Störungen des Kreislaufs zu erklären, allein in der grossen Mehr­zahl der Fälle weisen sie ganz sicher darauf hin, dass das Milzleiden von gleichem Wesen mit dem Wechselfieber ist, die Blutungen sind paralytische.
Ehe ich nun einige Worte über die speciellen Blutstasen und Blutungen hinzufüge, muss ich eine Begriffsverwirrung hervorheben, auf die gute Pa­thologen freilich längst aufmerksam gemacht haben, und die jedem Kinde einleuchtet; allein trotzdem vermeiden sie die neuern Aerzte nicht, weil — sie über dem Handthieren das Studium der eigentlichen allgemeinen Patho­logie gänzlich vernachlässigen. Mit dem Worte Apoplexie bezeichnen wir in der Pathologie Tod durch Cessation der Innervation, und zwar ursprüng­lich Cessation der Innervation vom Gehirn aus, Hirnapoplexie; es war aber nichts dagegen einzuwenden, wenn man denselben Ausdruck auch zur Bezeichnung der Cessation der Innervation in andern Sphären des Nerven­systems gebrauchte, also Cessation der Innervation im Rückenmark Spinal­apoplexie, Cessation derselben in den Ganglien — Ganglienapoplexie, gewöhnlich Abdominalapoplexie, und selbst in einzelnen Sphären des Gangliensystems, z. B. Cessation der Innervation in der Leber Leber­apoplexie, in der Lunge Lungenapoplexie u. s. w. zu nennen. (Cessation nur in den Bewegungsnerven Paralyse, in den Empfindungs­nerven Anästhesie).Eine, aber auch nur eine der Ursachen der Hirnapoplexie sind Blutergiessungen im Gehirn; da diese aber eben nicht die einzige Ursache der Apoplexie sind, und auch ohne Apoplexie bestehen können und in der That bestehen, so nannten klar auffassende Aerzte diesen Zustand schon längst nicht mehr Hirnapoplexie, sondern Hirnhämorrh a-gie; leichtsinnige Aerzte haben dagegen nicht alllein diesen Ausdruck bei­behalten, sondern nun gar die Blutergiessungen in das Gewebe andrer Ein­geweide z.B. in die Leber, in die Lunge u. s. w. anstatt Lungenhämor-rhagie, Leberhämorrhagie ebenfalls Lungenapoplexie, Leber­apoplexie u. s. w. genannt, und dadurch zur heillosesten Verwirrung Ver­anlassung gegeben, die wir durchaus vermeiden müssen.
1) Der Zustand der Milz selbst in den Wechselfieberanfällen ist nach zahlreichen aber ungenügenden altern Beobachtungen, in den neuesten Zeiten
*) Am besten bei Twinin g D is eas e s of Bengal p. 274. — Hein­rich Krankheiten der Milz S. 141. Gegen seine Erklärung der Hämorrhoiden, als einfacher Blutfliisse muss ich aber sehr protestiren : Diese Schwester der Arthritis entwickelt sich als Dyskrasie. Will man beide aus einem Ganglienleiden erklären, so wende ich dagegen veniger ein, aber die Hypothese steht in der Luft.
Ucnsinger, Hibbrind.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 49
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besonders Ton Audouard, Bailly, Maillot, Piorry, Nepple*), Niret, Boyer u. t. A. besser untersucht irorden. Freilich wahrnehmbarer in älteren und stärkeren, aber doch auch in jeden , auch den leichtesten regelmäsigen Wechselfiebern beginnt die Milz mit dem ersten Anfange des Paroxysmus zu schwellen, und nimmt mit dem Schweisse allmählig wie­der abquot;). Die am gewöhnlichsten gegebene, auch Ton Heinrich ange­nommene, mechanische Erklärung ist unzureichend, und nach allen Erschei­nungen unmöglich. Ich weiss keine bessere Erklärung, als Schwächung der Innervation des Plexus lienalis; geht diese in Tolle Milzapoplexie über, so kann auch die Milz vollkommen zu Muss erweichen, in Sumpflän-dern keine seltene Erscheinung, oder sie kann zcrreissen und tödtliche Blu­tungen veranlassen, wie das, ausser Andern, besonders instructiv Boki-tansky im Froststadium des Wcchselfiebers, im Choleratyphoid und im Ty­phus sah***). In andern Fällen, wo die Milz nicht auf ihre frühere Grosse zurückkömmt, folgen einfache Hypertrophien, oder Austretungen eines plasti­schen Stoffs, welcher in dem Gewebe gerinnt; dann können aber auch in Folge der Beizung Entzündungen, entzündliche Induration und selbst Eite­rung folgen ****).
2) Die Leber leidet in den Anfällen unsrer gutartigen Fieber gar nicht (wenn auch die Milzanschwellungen sehr bedeutend sind), dass es aus­nahmsweise der Fall ist, ist bekannt; dagegen in den Fiebern heisser Mala­rialänder ist dieses sehr häufig der Fall, und in Typhoiden und im gelben Fieber kommen solche Leiden der Leber sehr gewöhnlich vor. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass sie eben so aus Schwäche der Innervation und Apo­plexie zu erklären sind. Bis jetzt fehlen aber alle Untersuchungen; die Zu-
*) Neppte Sur les alterations de la rate dans lenr rapport avec la flevre intermittente. Journal de Medecine de Lyon. vol. I. p. 253. p. 349. Mit zahlreichen, doch nicht immer richtig gedeuteten Beobach­tungen. quot;) Wer viele Sectionen gemacht hat, weiss, dass die Milz in allen Bewoh­nern der Fieberländer viel grosser ist, als in den Bewohnern fieberfreier Länder; die Sache verdiente aber wobl durch Wiegungen und Ermitte­lung des Mittelgewichts festgestellt zu werden. Wahrscheinlich verhält es sich bei Thieren eben so: In meinem benachbarten Fieber- und Milzbranddistrikte sind Vergrüsserungen der Milz beim Kindvieh nicht so selten; vor kurzer Zeit sandte mir der Herr Tbierarzt Gipper eine Kuhmilz, welche über 14 Pfund weg. quot;quot;) Zusammenstellungen bei Heinrich S. 405. **quot;) Dass nun mannigfaltige Afterbildungen eintreten können, versteht sich von selbst. Heinrich sind mehrere der wichtigsten Beobachter un­bekannt geblieben.
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stände, welche Haspel als Hyperemie hyp ostatique*), Twining als weiches blutiges Enlargement, Budd u. A. als Lebererweichung beschrei­ben, gehören wahrscheinlich gröstentheils hierher; indessen muss die Fest­stellung ferneren Untersuchungen rorbehalten bleiben.
3)nbsp; Dass die serösen und blutigen Entleerungen aus dem Darmkanal, im Milzbrand, in der Cholera und in der Malariadysenterie unsrer Ansicht nach Folge einer Gefässparalyse sind, wissen wir aus dem Vorhergehenden: Diese Darmblutungen kommen aber ebenfalls als Symptom des Wechselfiebers Tor; über diese Febris intermittens enterorhagica (oder f. i. dysenteries, sub-cruenta und atrabiliaria) gibt eine nicht sehr kritische Zusammenstellung Puccin otti **), ein paar Fälle theilt Folchi mit***).
4)nbsp; Vollkommen typische Metrorrhagien, und gewöhnlich mit Fie­beranfällen, oder deutlieh als Ersatz derselben sind mehrmals vorgekommen. F other gill macht als häufiger vorkommend im Allgemeinen auf sie auf­merksam*quot;*). Einen sehr merkwürdigen Fall theilt Routi er mit iquot;). Einen andern neuerlich Thierfelde r ff). Schwerlich ist hier andre Erklärung möglich, als dass die Nerven der Uterusgefässe eben so afficirt wurden, wie sonst nur die der Milzgefässe. — Ganz ähnlich kommen unter gleichen Ver­hältnissen Blutungen aus dem Harn Systeme vor.
5)nbsp; Was die Haut betrifft, so beziehen wir uns zunächst auf das, was wir oben, unter Anthrakoiden, über das Auftreten von Urticaria, Erythem, Roseola und Petechien oder Purpura im Wechselfieber gesagt haben, wie über ihre Verwandtschaft mit den Milzbrandexanthem, so wie ihrer gegenseitigen Uebergänge bis zur Gangrän.
Roseola und Purpura sind in der That die nächsten Verwandten; in der Roseola finden wir Blutstasen in den Gefässen, in der Purpura kömmt es zum Austreten der Blutstoffe aus den Gefässen, die Uebergänge beider zei­gen sich besonders schön im Typhus und im Rheumatismus.
Mit dem Namen Purpura bezeichnet man also Hautblutungen, die dann
quot;) Recueil de M^moires de Med. mil. vol. LVIII. p. 3. •') 1. c. vol. I. p. 218.
•••) Sulla origine delle febbri periodiche Mem. second, p. 182. — Eine merkwürdige f. i. haemetica bei Schmidtmann Summa ob-servat. vol. III. p. 33. •'••) London med. Observ. and Inquiries, vol. V. p. 163.
•J1) Observation sur nne fievre intermittente, dont chaqne paroxysme 6toit accompagn6 d'fagmorragie uterine. Leroux Journ, de Med. vol. XXXI. p. 229. ff) Schmidt Jahrbb. 1843.Dec. S.295. — Ein anderer neuerer Fall von Sallion: Journal de Med, de la Loire iuffiricure vol. XXII. (1816). p. 24.
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natürlicher Weise Symptome sind, die Ton go rerschiedenartigen Ursachen ausgehen, wie die Blutungen in andern Organen: Nun haben Chemiater den Einfall gehabt, die Blutkrasis in der Purpura zu untersuchen! und die Aerzte schämen sich nicht, sich mit solchem Zeuge Jahre lang herum zu schleppen! Was würde man wohl von einem Menschen sagen, der den tol­len Einfall bekäme, die Blutkrasis beim Nasenbluten zu untersuchen, und nun das Blut von einem plethorischen Schlächter, einem chlorotischen Mädchen, und einem faulfieberkranken Proletarier untersuchte ? Quousque tandem.-------
Die Verhältnisse, unter denen diese Hautblutungen vorkommen, oder vorkommen sollen, möchten sich etwa unter folgende Hautpunkte zusammen­fassen lassen:
a) Purpura activa, gewöhnlich, aber fälschlich, apoplectica genannt: Bei vollblütigen Menschen sollen diese Flecken durch active Congestion und Zer-reissung der Gefässe entstehen. Ich erinnere mich nicht, sie gesehen zu haben, möglich sind sie sehr wohl.
h) Purpura colliquativa (Petechiae , Vibices) in Folge von Verschlechte­rung der Krasis und Zerfallen des Bluts , z. B. in den letzten Stadien der Phthisis, der Wassersucht, Skrofelsucht, nach erschöpfenden Exanthemen, in sogenannten- septischen Fiebern. Wenigstens ist die Erklärung wahrschein­lich, auch durch manche Versuche noch wahrscheinlicher gemacht; obgleich auch Fälle vorkommen, wo eine andre Erklärung wahrscheinlicher erscheinen kann.
c)nbsp; Roseola und Purpura typhosa (dann beide kommen in einander über­gehend vor) , das Typhusexanthem. Es erscheint zu einer Zeit und unter Umständen, wo die für die vorige Form (b) gegebene Erklärung durchaus nicht passend erscheint; dagegen weisen alle Erscheinungen auf eine Störung der Innervation hin, nur von welcher Sphäre diese ausgeht, ist nicht so leicht anzugeben, das Wesen daher noch nicht festzustellen.
d)nbsp; Roseola und Purpura rheumatica, die Peliosis rheumatica von S chön-lein. Beide Formen Roseola und Purpura kommen einzeln für sich, aber beide auch gemischt vor. Merkwürdig ist oft ihr urplötzliches Erscheinen, was die Menschen in Schrecken setzt, gewöhnlich mehr local, an einer Ex-tremität, an beiden untern Extremitäten u. s. w. Uebrigens ein leichter un­schuldiger Ausschlag. Sein Wesen dürfte zu erklären seyn, wenn meine Ansicht vom Rheumatismus die richtige ist, worüber ich hier nicht streiten will: Ich habe nämlich diesen immer als peripherische (nicht von den Gang­lien ausgehende) Paralyse und Stase der Haargefässe betrachtet, und glaube mir so die Erscheinungen und Uebergänge, wie die Entstehung am wahr­scheinlichsten erklären zu können. Ist dieses nun der Fall, so darf nur ein etwas höherer Grad der Paralyse eintreten, um Roseola und Purpura zu er­zeugen. Natürlicherweise kann es nur eine Hypothese bleiben. (Im vergan­genen Winter war diese Purpura rheumatica häufiger, als in vielen Jahren).
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e)nbsp; Purpura scorbnticn. Ein Symptom des Skorbuts, der sich manchmal fast allein in diesem Symptome äussert. Immer eine häufige Form, beson­ders aber in den letzten Jahren, wo der Skorbut so häufig vorkam. Obgleich eine alte, weit verbreitete Krankheit, über die so viel geschrieben ist, beson­ders auch wieder in den letzten Jahren, wagt man es doch nicht, sich eine
Hypothese über das Wesen des Skorbuts zu bilden.
f)nbsp; Purpura spleno-gangraenosa. Dass die Uebergänge von Urticaria,
i
Erythema, Purpura bis zur Gangrän im Milzbrand vorkommen, ist oben zur Genüge bewiesen.
g)nbsp; Purpura intermittens; dass dieselben Uebcrgänge in den Wechsel­fiebern vorkommen, wurde eben so gezeigt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;|
h) Purpura splenetica. Dass bei Milzkrankheiten eben so oft Purpura vorkömmt, ist eine sehr alte, auch neuerlich wieder bestätigte Erfahrung. *) In diesen drei Formen f), g) und h) haben wir die Ursache in einer Gang­lien- und Gefässlähmung gesucht.
i) Purpura haemorrhagica Werlhofii. **) Diese, überall nicht häufige. Form kömmt zunächst im Knabenalter, besonders um die Zeit des Zahnwcch-sels, dann aber fast immer bei skrofulösen Kindern, die gewöhnlich schon Symptome von Hirnskrofeln zeigen, vor und in diesem Falle ist sie am we­nigsten rein und charakteristisch ; dann aber besonders um die Jahre der Pubertät, und wieder im Anfange des Mannesalters, bei altern Leuten kömmt sie wohl nicht leicht vor. Sie kann mit Fieber beginnen und akut verlaufen (wie es scheint, im Süden häufiger, als bei uns), aber eben so auch chro-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.
nisch und fieberlos; immer kommen aber mit ihrem Beginn mehr oder weni­ger Hirnsymptome, besonders häufig Empfindlichkeit und Schmerz in einem oder beiden Ohren, Morosität, Hängen des Kopfs, mehr oder weniger tiefer nicht heftiger Kopfschmerz, über den aber die Kranken doch immer klagen. Sind gastrische Symptome vorhanden, so sind es die gewöhnlichen bei Hirn­leiden, Stuhlverhallung, Schmerz in der Herzgrube, Appetitmangel, auch wohl dann und wann Erbrechen. Mit diesen Symptomen treten runde Pur-puraflecken heller oder dunkler, gewöhnlich zuerst hellroth und in den fol­genden Tagen bläulich werdend, verschwindend und durch andre ersetzt, ge­wöhnlich zuerst am Hals und auf der Brust, dann im Gesicht und an den Armen auf, die untere Körperhälfte wird gewöhnlich sehr spät erst mit er­griffen; dagegen erscheinen sie gewöhnlich früh auf den sichtbaren Schleim-
•) Heinrich a. a. 0. S. 226.
•*} Den Namen habe ich beibehalten, nicht etwa, weil Werlhof selbst
etwas zur Diagnose der Krankheit beigetragen hätte, sondern nur, weil
gleich nach ihm der Streit über das Wesen derselben begann, und sich
Viele abmühten, die Diagnose derselben festzustellen, doch nur Einzelne
mit einigem Erfolge.
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häuten; gewöhnlich gleich mit dem Beginn treten Blutungen und zwar sehr oft profuse und häufige ein, gewöhnlich zuerst, oft allein ans der Nase, nicht selten aus den Ohren, dann aus den Lungen, aus dem After und aus den Harnwerkzeugen oft gar nicht oder spät erst; einen skorbutischen Habitus bekommen die Kranken nie, das Zahnfleisch wird gewöhnlich gar nicht, wenn zuweilen, wohl nur durch Complication, angegriflfen, dagegen bekommen sie den Habitus der Anämischen oder Chlorotischen; gewöhnlich werden sie im­mer stiller und moroser. Sich selbst überlassen, oder durch indifferente Mit­tel behandelt, geht der Anfall zuweilen vorüber, um aber nach kurzer Zeit wieder einzutreten, auch nach Heilung durch eingreifende Mittel bleibt eine grosse Neigung zu Rückfällen; die gegen Skorbut und skorbraquo;tische Purpura so wirksamen Säuern und tonischen Mittel leisten hier nichts; nur drastische Ableitungen auf den Darmcanal erleichtern schnell, und Mittel gegen das Hirnleiden bewirken zuweilen Heilung, besonders wenn früh angewendet, die mehrsten sterben. Nach dem Tode findet man, ausser Flecken auf den serö­sen und Schleimhäuten , und einigen haemorrhagischen Infarkten keine an­dern wesentlichen Veränderungen, als im Gehirn, diese in der Regel viel­leicht von besonderer Form.
Diese Bemerkungen über die letztgenannte Form, theilte ich mit Er­wähnung einiger Fälle 1847 in Caspers Wochenschrift mit, anführend , dass sich analoge Fälle aufgezeichnet fänden.*) Etwas besonders Auffallendes konnte ein nur etwas unterrichteter Arzt daran nicht finden, da ihm Analo­gien bekannt seyn mussten; von einer Encephalitis haemorrhagica musste er gehört haben, wenn er sie nicht selbst gesehen hatte, wozu sich oft genug die Gelegenheit bietet; die nicht seltenen Blutungen hei Rückenmarksleiden mussten ihm eben wohl bekannt seyn. **) Denkende Aerzte haben aber aus der Gesellschaft, in welcher ich diese Beobachtungen mittheilte, geschlossen, dass ich ein besonderes Nervenleiden im Auge habe; das ist richtig, aber die Gründe auseinanderzusetzen, war weder dort noch hier der Raum. Die Be­ziehung der Exantheme zu den Nerven überhaupt lehren aber die Herpesfor-men, und besonders der Herpes Zoster, der jederzeit ganz genau linear der Verbreitung eines Empfindungsnerven von der Wirbelsäule bis zur Mit­tellinie , oder bis zum Ende des Nerven an einer Extremität folgt, woran ja wohl gegenwärtig kein auch nur mittelmässiger Beobachter mehr zweifeln wird.
*) Seit jener Zeit sind in und ausser Deutschland wieder ein paar ähnliche erschienen, und ich habe einen dort erwähnten Kranken im Jahr IS18/^ an einem neuen gleichen Anfall behandelt. **) Benedict Blutflüsse als Begleiter von Rückenmarksaffectionen. Rust Magaz. B, XL1V. S. 248.
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6)nbsp; Die Blutungen aus der Nase sind die gewöhnlichsten unter allen
Blutungen, welche die Wechselfieber begleiten , und welche als sogenanntenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ' .
verlarvte Fieber an die Stelle von regelmässigen Fiebern treten. Der Grund dieser Häufigkeit ist kein andrer, als derselbe, weswegen die Neuralgien des Quintus unter allen interinittirenden Neuralgien die gewöhnlichsten und häu­figsten sind, nämlich die nahe Beziehung des Quintus zum Sympathicus. .Belege für die Häufigkeit der Epistaxis iutermittens sind bei ihrer grossennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'J
Zahl kaum erforderlich, als neueste Beobachtungen fallen mir zwei von Gou-raud und Sallion in die Hände*). — Eben so gewöhnlich sind abernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'i
die Nasenblutungen bei den Milzkrankheiten des Menschen. **) — Dass sie eben so allgemein im Milzbrände rorkommen, wurde früher oft erwähnt. — Dass sie in allen diesen Fällen vorzugsweise paralytische sind, ist nicht zu verkennen, wenn gleich auch mechanische und dyscrasische vorkommen.
7)nbsp; Sehr häufig wird in allen Malarianeurosen die Lunge das leidende Organ.
Die älteren Aerzte führen eine Febris intermittens haemoptoica oder eine Haemoptysis iutermittens an, von der es zweifelhaft ist, wo die Blutung statt fand; in mehreren Fällen wahrscheinlich in den Bronchien. Sie müssen im Ganzen ziemlich selten seyn; Morici, indem er eine Beobachtung von Costa**'') anführt, sagt, dass er unter vielen Tausend Fieberkranken in Messina niemals eine Febr. haemoptoica gesehen habe. Äeltere Beobachtungen gibt es in­dessen von R. A. Vogel, Stoerk, so wie neuere von Marcescheau, Kfihlbrand, Schmidtmann, Sallion. In Fällen wie die von Sallion, Schmidtman, wo die Kranken vielleicht früher schon lungenkrank waren, ist es wohl möglich, dass leichtere Coagestionen Blutergiessungen bewirken konnten; aber in den Fällen von Costa, Marcescheau u. a. wo gar keine so ausserordentlichen Congestionserscheinungen zugegen waren, und wo nach den Anfällen die Lungen vollkommen gesund und frei waren, halte ich es für unmöglich, die Blutung von dem blossen Rückflusse des Bluts aus der Haut bei gesunden Lungengefässen abzuleiten, wie ich es auf der andern Seite für unmöglich halte, zu erklären, wie Lungen, die wiederholt in einen solchen Congestionszustand versetzt würden, dass die Gefässe rissen und Blut ergössen, mit einem Schlage wieder vollkommen gesund und frei wären. Man muss auch hier eine Lähmung der Gefässe annehmen.
deg;) Gou r an d E tud e s s ur 1 a fievre in termi tt en te etc. Avig­non. 1842 p. 106. — Sallion 1. c. p. 25. •0) Heinrich S. 149.
**') Era di tipo terzanario , ad ogni accessione, ehe avea il suo comincia-inenlo per orror di freddo, offriva l'emottesi, ehe cedeva al comparire del sudore. Huesta escrezione craenta era aecompagnata da molesta lossc e da dolor pungente al torace, Morici 1, c. p. 23,
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Es ^ibt aber einen andern, viel häufigeren nnd für uns viel wichtigeren Zustand der Lungen. Es gibt Lungenblutungen durch Zerreissung der Ge-fiisse, in die Bronchien, selbst in den Pleurasack, vorzüglich in das Faren-chym der Lungen, wo das ergossene Blut die so oft beschriebenen und ab­gebildeten hämorrhagischen Infarcfus bildet. Wenigstens die häufigsten Ur­sachen dieser Lungenblutungen sind mechanische, Congestionen und Stockun­gen veranlasst durch organische Krankheiten des Herzens, Organisationsfehler der Lungen u. s. w. Diese Lungenblutungen warfen Laennec nnd seine Nachfolger unter dem Namen Lungenapoplcxie mit der wahren Lungenapoplexie aus Cessation der Innervation durch den Plexus pul-monalis zusammen, und die neuern Schriftsteller über pathologische Anatomie (Hasse, Rokitansky) haben unter Lungenapoplexie nur die Folgen dieser Lungenblutungen im Auge. Dass für diese Krankheiten aber der Name Apop­lexie nicht passt, ist oben gezeigt worden im Allgemeinen; für sie fand be­reits Gendrin den Namen Lungenapoplexie unpassend und schlug vor, sie Fneumohcmorrhagie zu nennen; eben so erkannten Bouillaud, Skoda u. A. das Unpassende des Namens. Diese Krankheit hat für uns hier wei­ter kein Interesse.
Wahre Lungenapoplexie, das heisst Cessation der Innervation, in deren Folge Stase des Bluts in den Lungengefässen, Cessation der Haematose und Austretung des Bluts aus den Gefässen eintritt, kömmt aber in dem Menschen vor (als primäre Krankheit, denn wie oft das der Ausgang anderer Krankheiten seyn mag, gehört nicht hier her). Die Krankheit ist aber wohl, wenigstens in unseren malariafreien Ländern, eine ziemlich seltene, wie ich bei Gelegenheit der Mittheilung einer Beobachtung über dieselbe zeigte *). Als Hauplursachen derselben haben sich bis jetzt ergeben grosso Hitze, über-mässiger Genuss spirituoser Getränke und Gemüthsbewcgungen, die in den von mir beobachteten Fällen zusammenwirkten.
Wir haben nun vorerst oben (S. 692.) den Hitzschlag, Coup de chaleur, der Thiere ebenfalls für Lungenapoplexie erklärt, und glauben, dass in dem Menschen ähnliche Fälle vorkommen, die nur gewöhnlich mit Sonnenstich oder Hirnapoplexie verwechselt worden sind.
Wir haben aber das speeifische Leiden der Lunge, welches sehr häufig im Milzbrand auftritt, zuweilen die Hauptform bildet, den Lungenmilz­brand (oben S. 535) ebenfalls für Lungenapoplexie erklärt, und hatten darin Rausch zum .Vorgänger.
Bei der allgemeinen Analogie der Malarianeurosen, die wir erkannt ha­ben, würde es nun sehr sonderbar seyn, wenn ähnliche Zustände, in den Wechselfiebern nicht vorkämen! Sie kommen aber in der That vor. Wir be-
•) Casper Wochentchrift 1847 S. 40.
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trachten in dieser Beziehung a) Die Intermittens pneumonica oder Pneumo­nia inlermittcns; b) Die Lungenentzündungen in Sumpfländern überhaupt.
a) Intermittens pneumonica. Vorerst muss bemerkt werden, dass sich allerdings eine bereits bestehende und zufällig erworbene Pueumonie in Malarialändern mit einem Wechselfiebcr compliciren kann, und das oft thut; eben so kann sich durch einwirkende Schädlichkeiten eine Pneumonie zu einem Wechselfieber gesellen. In diesen Complicationen kann die Pneu-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ||
monie in Terschiedenera Grade vorwiegen und sich geltend machen; aber es ist eine allen vorurtheilsfreieu Aerzten in Malarialändern Tollkommcn bekannte Erfahrung, dass sich in diesen Fällen das Intermittenselement in einem sol­chen Grade geltend macht, dass das Schicksal des Kranken von der ersten und nächsten Berücksichtigung desselben abhängt. — Eben so gewiss ist es, dass die Malariastasen in der Lunge eben so gut und häufiger, als wir es in andern Organen, Milz, Leber u. s. \r. bereits anerkannt haben, Veranlas­sung zur Entzündung werden können, wo denn aber auch das Schicksal des Kranken von der sorgfältigen Berücksichtigung des Grundübels abhängt*).
Wenn Tommasini**) erklärt, eine Entzündung könne nicht intermit-
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tiren, es könne daher keine intermittirenden Entzündungen geben, so wird er Recht haben, kömmt es zur Entzündung, so wird sie auch in der Apyrexie fortbestehen; aber Blutstase und Gefäsausdehnung, die selbst bis zu Blutaus-tretung, Blutfluss gehen kann, kömmt ganz entschieden vor, im hohen Grade und verschwindet spurlos in der Apyrexie, wie man das sehr leicht mit den Augen beobachten kann in der Ophthalmia intermittens, wo ich es selbst gesehen habe, und diese ist um so charakteristischer, wenn sie, wie das oft der Fall ist, mit Neuralgie verbunden ist***); hier ist keine andere Erklä­rung möglich als eine Störung der Innervation. So ist es denn auch sicher in der Lunge, eine;Entzündung ist ursprünglich nicht vorhanden, und ist auch nicht gefolgt in den Fällen, wo das Leiden in der Apyrexie verschwand; sondern nur eine Lähmung der Lungengefässe, eine Lungenapoplexie, mit einem Wort derselbe Zustand, der sonst regelmässig nur in der Milz eintritt.
Pet. Frank hat bereits drei Beobachtungen von Pneumonia intermittens ausführlich mitgetheilt (und auf ältere hingewiesen) ****). Man hat wohl gegen sie eingewendet P. Frank habe noch kein Stethoskop gehabt! Das
) Wenn man die Schriften so mancher neuern Theoretiker, Chemiater, Bistoiater u. s, w., liest, die sich oft mit langen statistischen Krank-beitslisten brüsten, so ist man nahe daran, einem jeden Menschen, der in ein Malarialand reist, zu ratben : Wenn sie krank werden, gehen sie ja zu keinem Doctor, sondern zum ersten besten Landbarbier!
) 1. c. p. 9.
laquo;laquo;•
) Bourges Journ. de Med. de Bordeaux 1843. Sept. p. 5ff7. quot;) Interpretationes clinicae p. 30.
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ist eine kindische Ueberschätzung einzelner Symptome, Francks Diagnosen sind sicherer als viele neuere mit dem Stethoskop gestellte.
Delourmel beschreibt eine Epidemie Ton Wechselfiebern an der Nie-der-Loire, und ernähnt unter den anomalen Formen: „Zweimal sah ich sie unter der Form einer Pleuritis und Pleurodynie. Ein Kranker bot mir zweimal während der Anfälle eines Quotidianfiebers folgende Symptome dar: Malter Percussionston, und stumpfer Schmerz in der rechten Seite, welcher -während der Inspirationen zunahm, und blutiger Auswurf, Symptome, welche mit dem Ende des Anfalls verschwanden, mit Ausnahme der Mattigkeit des Tons, welche im geringeren Grade fortbestandquot; *).
Gregoire in Nismes, theilt eine Anzahl von Beobachtungen mit, um zu zeigen, dass in solchen scheinbar entzündlichen Wechselfiebern die anti-phlogistische Behandlung ganz unwirksam ist, unter diesen folgende von einer Ficvre i n t e r mit ten t e tierce, pleuropneumonique per-nicieuse: „Ein Schäfer, Namens Jauffret, 46 Jahre alt, von starker Con­stitution, wurde am 26. Juli 1827 Morgens früh von einem heftigen Schüt­telfrost befallen, der fast eine Stunde dauerte, nach welchem er anfing einen stechenden Schmerz unterhalb der linken Brustwarze zu fühlen; als er wahr­nahm, dass dieser Schmerz heftiger wurde, legte er sich zu Bett. Ich sah den Kranken Morgens 10 Uhr, drei Stunden nach dem Eintritte des Frostes, er zeigte folgende Symptome: Hohe Röthe der Wangen, stossweiser Husten mit rein katarrhalischen Auswurf, Dyspnoe; Husten, Percussion und Einath-men vermehrten das Seitenstechen; der Puls häufig und voll, die Haut bren­nend und trocken, der Ton der Brust überall sonor, das Athmungsgeräusch schwächer auf der linken als auf der rechten Seite. (15 Blutegel auf die schmerzhafte Stelle, Gerstentisane, ein Brustsaft). Um 2 Uhr Mittags war der Husten häufiger geworden, der Kranke warf zähe rostfarbene Sputa aus, welche aber doch nicht fest an den Wänden des Gefässes klebten; es hatte sich auf der linken Seite rhonchus crepitans eingefunden, über den ganzen untern Lungenlappen, der Schmerz dauerte fort, die Dyspnoe hatte zugenom­men. Ich machte sogleich einen grossen Aderlass, worauf der Kranke etwas ruhiger zu werden schien, allein nach einer halben Stunde verschlechterte sich alles, er fing an irre zu reden, es trafen Erstickungsanfälle ein, und der mehr roth gewordene Auswurf klebte an den Wänden des Gefässes. Ich sah den Kranken erst Abends 6 Uhr wieder: Seine Haut war schon weich geworden, bald war sie mit einem reichlichen Schweiss bedeckt, der die ganze Nacht hindurch anhielt. Von dem Augenblick an Hessen alle Symp­tome nach, der Auswurf wurde wieder rein schleimig, und klebte nicht mehr an den Wänden des Gefäses, der rhonchus crepitans war fast verschwunden.
*) Archives g£n6r. de Med. vol. XIX. p. 525,
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Am andern Morgen war das Fieber Tollkommen yerschwunden, und mit ihm alle Symptome der Pleuropneumonie. Das gleichzeitige Aufhören des Fiebers und der Symptome der Pleuropneumonie, der geringe Nutzen der Blutent­ziehungen, die Seltenheit oder das gewöhliche Fehlen wahrhaft entzündlicher Leiden in der Jahrszeit, in welcher wir uns befanden, endlich die damals herrschende Epidemie schwerer Wechselfieber, führten mich auf die Ansicht, dass diese Krankheit eine wahre febris pleuropneumonica perniciosa sey; ich beeilte mich daher ein Pulver zu verschreiben aus 15 Gran Chininsulphat und 1 Drachme Chinaharz, in 24 Stunden zu nehmen. Der Kranke weigerte sich aber durchaus meine Verordnung zu befolgen, indem er meinte, das Mittel sei wenigstens überflüssig, da er sich durchaus nicht mehr unwohl fühle. — Der 27. Juli verging gut, und der Mann wünschte sich schon Glück, dass er meinen Vorstellungen nicht nachgeben habe. — Aber am 28. um 7 Uhr Morgens trat ein ähnlicher Frost ein, wie der, welchen er am 26. gehabt hatte, um dieselbe Stunde, und eröffnete die Scene eines zweiten noch furchtbarem Anfalls, wie der erste gewesen war. Der Verlauf war sehr rasch. Mittags, fünf Stunden nach dem Eintritte der Fiebers, schien Alles verloren: Aeusserste Athmungsnoth, keuchende Stimme, kein Auswurf, matter Ton auf der ganzen linken Seite, rhonchus mucosus unter den Schlüs­selbeinen, blasses etwas livides Gesicht, sehr häufiger leicht wegzudrückender Puls, mehr kalte, als warme Haut, feuchte bräunlich belegte Zunge, grosse Kraftlosigkeit. (Zwei Sinapismen auf die Unterschenkel; Decoct von zwei Unzen China in acht Unzen Wasser mit zwei Unzen Chininsyrup). Um drei Uhr kehrte die Wärme zurück, der Puls voll und kräftiger, mehr Röthe des Gesichts, Auswurf einiger sehr zähen, rostfarbenen Sputa, die übrigen Symptome dauern fort. Gegen fünf Uhr fängt die Haut an etwas zu dunsten, bald darauf tritt ein sehr reichlicher Schweiss ein, die Symptome nehmen ab und verschwinden während der Nacht ganz. — Am 29. Morgens war der Kranke ohne Fieber, nur an der hintern untern Brustgegend war der Ton noch etwas matt, und das Respirationsgeräusch im untern Lungenlappen war nicht ganz vollständig. Das am 27. verschriebene und von dem Kranken nicht genommene Pulver wurde nun verabreicht. Das Fieber blieb aus; der Husten nebst einem rein schleimigen aber sehr reichlichen Auswurf bestand noch drei oder vier Tage, wo sich dann der Kranke stark genug fühlte, um zu seinen Geschäften zurückzukehrenquot; *).
Aus Raymond Faure traite des fifevres intermittentes continues, den ich nicht besitze, führt G o u r a u d folgende Beobachtung an , die Behand­lung mit Recht höchlich tadelnd und ausrufend: ein Glück, dass das in Strassburg war, in Corsica oder in Algier wäre der Kranke in 2-1 Stunden
*)Delpecb Memorial des hopitaux du Midi 1829. luillet p. 322.
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todt gewesen: „Pegnel, Soldat im 10. Linienregiment litt Tom 3. bis 5. Jim. 1832 an Wechselfieber eomplicirt mit Hirn - und gastrischen Symptomen, gegen welches mit Erfolg (??) ein Aderlass von zwölf Unzen und 30 Blut­igel an Schläfen und Herzgrube angewendet wurden. — Am 5. Juni Nach­mittags Oppression der Brust, Schmerz und leichte Mattigkeit des Percus-sionstons im obern Theil der Brust, Husten, blutiger Auswurf, starkes Fie­ber, topischer Schweiss. — Am 6. Puls weniger häufig, fast normaler Per-cussionston, heftiger Magenschmerz, fast kein Schmerz auf der Brust, 20 Blut­gel auf die Magengegend, am Abend wenig Exacerbation. — Am 7. um drei Uhr heftige Aufregung, Irrereden, blutiger Auswurf, Zunahme der Mat­tigkeit des Tons, Abnahme des Respiralionsgeräusches auf der rechten Seite, pueriles Athmen auf der linken, brennende Haut, häufiger Puls hart und stark. Aderlass von acht Unzen. — Am 8. grosse Entkräftung, weniger starker Puls, Remission der Brustsymptome. Bouillon, Gummiwasser, Sal­peteremulsion. — Am 9. um dieselbe Stunde wie am 7. Matter Percussions-ton und vollkommne Abwesenheit des Respirationsgeräusches, tiefes Coma, trismus, Gesicht und Hals in Schweiss gebadet. Puls langsam. Sinapismus auf die Brust, fast plötzliches Erwachen mit heftiger Gehirnaufregung, welche erst um Mitternacht nachlässt. — Am 10. Reichlicher allgemeiner Schweiss, kein Delirium, wenig Mattigkeit des Tons, wahrnehmbares Respirationsge­räusch, Ruhe. Es wurden vier Gran Chinasulphat verordnet, und dieselbe Dosis an den folgenden Tagen wiederholt, vertrieb wie durch Zauber alle krankhaften Symptome, Mattigkeit des Tons, Abwesenheit des Respirations­geräusches, blutigen Aufwurf, Kopfweh, Delirium, Stärke des Pulses, Hitze u. s. w. Nur der Husten trotzte noch. Die Reconvalescenz war sehr rasch, Appetit und Kräfte kehrten fast plötzlich wieder, und am 27. Juni verliess er das Hospitul vollkommen geheilt*).quot;
Maillot theilt ebenfalls eine solche Beobachtung von febr. interm. pneumonica aus Algier mit **), der arme Kranke wurde mit Aderlässen und Blutigeln maltraitirt; mit Recht skandalisirt sich Gouraud über die Behand­lung, und ruft aus: wenn der Herr Professor wieder nach Algier komme, so schreie er au feu!
Dass in Griechenland diese pneumonischen Fieber häufig sind, kann man schon aus dem Roux'sehen Bericht vermulhen. Dass dieses wirklich der Fall ist, zeigt ein Berichl von Reinhold, der, wenn auch seine Erklärung nicht vollkommen genügend ist, doch eine viel richtigere Ansicht hat, und angemessen behandelt: „Die hiesigen Wechselfieber (in Athen) sind häufig von Symptomen begleitet, welche, ohne Rücksichtsnahme auf den herrschen-
*) Gouraud I. c. p. 104. •quot;) Traite des fievres iotermittentei p. 126.
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den Krankheitscharakter, leicht für Zeichen einer Pneumonic gehalten werden könnten, obgleich dieselbe nichts andres sind, als die Folge der durch das Fieber bedingten Congestion zur Lunge. Behandelt man diese rein passive Hypostase mit entzündungswidrigen Mitteln in der Voraussetzung eines pneu-monischen Zustandes, so führt man den Kranken seinem sichern Verderben entgegen. Wird dagegen die Idee fest gehalten, dass der Paroxysmus des Wechselfiebers eine Anschoppung des Blutes in der Lunge bewirkt, und dass der einzig richtige Weg der sey, durch Abschneidung des Fiebers der Wieder­holung dieser Congestion zu begegnen, oder doch dem Organismus die nöthige Kraft zur Durchführung des nächsten Paroxysmus zu geben , so darf man eine günstige Prognose stellen, wenn nicht durch vorausgegangene unzweck-mässige Blutentziehungen der Kranke schon zu sehr geschwächt ist.quot; B. theilt vier Fälle mit, von denen ich die zwei ersten hier folgen lasse: 1) „B., 36 Jahre alt, wurde um 10 Uhr Morgens in's Hospital gebracht. Der Kranke war bei Bewustseyn, fieberte stark, hochgeröthetes Antlitz mit angstvollem Ausdruck, heftige Athembeklemmung mit dem Gefühle drohender Erstickung. Durch die Dringlichkeit der Symptome verleitet, Hess man so­gleich einen reichlichen Aderlass machen, worauf Nachlass der beängstigen­den Erscheinungen eintrat, und nur ein dumpfer Schmerz im linken Hypo-chondrium zurückblieb. — Als ich Nachmittags den Kranken zuerst sah, war derselbe durchaus fieberfrei, die Gesichtszüge aber halten den eigenthüm-lich entstellten Ausdruck, der sich sogleich zeigt, wenn, wie es hier offenbar geschehen war, im Paroxysmus zur Ader gelassen wird. Das Blut zeigte nicht die mindeste Speckhaut. Unter grosser Anstrengung wurde flüssiges, mit dünnem Schleim gemischtes Blut ausgehustet mit drückendem Schmerz im linken Hypochondrium und Unmöglichkeit einer andern, als der Rücken­lage. Die Anamnese ergab, dass der vorher vollkommen gesunde Mann gestern von einem heftigen Froste befallen worden, welchem ähnliche Er­scheinungen , wie die heutigen, gefolgt seyen, ohne später eintretenden Schweiss. üeberzeugt, ein Wechselfieber vor mir zu haben, dessen nächster Anfall, bei dem durch den übermässigen Genuss des Weines und den Ader­lass geschwächten Zustande des Kranken, eine Lungenlähmung herbeiführen könne, wurde ohne Zaudern, trotz der scheinbaren Pneumonie, eine sehr starke Gabe schwefelsauren Chinins in kurzen Zwischenräumen gereicht. Unter Fortsetzung kleinerer Gahen desselben Mittels, nebst Goldschwefsl und Hautreizen, fing der blutige Auswurf an, sich zu mindern, und, da die zwei nächsten Tage kein Anfall weiter eintrat, und leicht schleimige Expectoration sich einstellte, schien der Zustand ohne Bedenken zu seyn. Doch am Mor­gen des vierten Tages zeigte sich wieder Erwarten die Scene gänzlich ver­ändert: höchste Angst, mühsame Respiration ohne allen Auswurf, Augen wie gebrochen, Puls klein und frequent, Haut an Händen und Fassen kalt und klebrig, stille Delirien; kurz es war deutlich, dass ein Anfall im Anzüge sey,
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dessen glückliche Durchführung kaum mehr zu hoffen : Doch bei energischer Anwendung kräftiger Hautreize und einer Moxa auf die Brust, während zu­gleich ein Klystier von Asa foetida und Kampfer gegeben und innerlich rasch mehrere Dosen Moschus, anfangs zu einem, dann zu drei Gran gereicht wur­den, gelang es nach zweistündigem Kampfe, die Circulation wieder anzu­fachen. Die Besinnung kehrte zurück und ein leichter Ausschlag zeigte sich an den Lippen; diesen als Andeutung des beendigten Poroxysmus be­trachtend, da ein regelmässiges Hitze- und Schweissstadium nicht zu erwar­ten war, wurden sogleich wieder 2J Gran Chinin in schnell auf einander folgenden Dosen gereicht, in Verbindung mit einem Decoctum Senegae. Um 1 Uhr Nachts wiederholte sich dieselbe Scene, doch weniger heftig und von dem erwünschten , wenn gleich schwachen Hitzstadium gefolgt. Durch fer­nere zwölf Gran Moschus und achtundvierzig Gran Chinin gelang es den nächsten Paroxismus abzuschneiden. Am folgenden Tage , dem fünften der Krankheit, war nun zwar der Kranke fieberfrei, allein die Schmerzen im lin-hen Hypochondrium waren heftig, das Gefühl drohender Erstickung fortdau­ernd , Expectoration gänzlich unterdrückt, der Leib hoch aufgetrieben und schmerzhaft, Stuhlgang seit Anfang der Krankheit verhalten. Indessen kaum waren sechs Gran Calomel genommen, als Abgang reichlicher harter verbrann­ter Massen die Härte des Leibes schmelzen machte, der Schmerz im Hypo­chondrium sich linderte, die Expectoration freier wurde und eine natürliche Wärme sich über den ganzen Körper ergoss. Senega und Chinin in kleinen Dosen wurden noch bis zum achten Tage fortgegeben, von welcher Zeit an, obgleich von Zeit zu Zeit kurze Ohnmächten Besorgnisse erregten, durch mildstärkende Diät und kleine Gaben Wein die Kräfte des gänzlich erschöpf­ten Kranken sich rasch ersetzten und die längere Zeit noch immer leicht blutige, dann schleimige Expectoration sich unmerklich verlor. Durch den ersten Aderlass war die Entwickelung des Fiebers gestört worden, ein zwei­ter würde sichern Tod gebracht haben, während Moschus und vor Allem Chinin den Sterbenden noch ex orci faueibus errettete.quot; — 2) S., 42 Jahre alt, hatte sich nach einem heftigen Aerger und reichlich dabei genossenem Weine*) unwohl gefühlt, und ohne ärztliche Erlaubnislaquo; einen reichlichen Aderlass machen lassen. Am folgenden Tage zu Rathe gezogen, fand ich den Kranken ohne Fieber, aber über ausserordentliche Abgeschlagenheit und dumpfe Schwere auf der Brust klagend. Bei der herrschenden Constitution und der mir bekannten Anlage des Kranken zweifelte ich nicht, dass ein Wechselfieber sich ausbilden würde. Schon am folgenden Tage erfolgten den auch ein Paroxysmus mit solcher Heftigkeit, dass das Delirium, die bedeu-
*) Wie wir oben sahen auch bei uns die gewöhnlichen Ursachen der Lun­genapoplexie ohne Wechselfieber. Wahrscheinlich war es zugleich heiss
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tende Oppression der Brust und der fast rein blutige Auswurf ohne mein ausdrüchlickes Verbot zu einem zweiten Aderlass veranlasst haben würden; statt diesem verordnete ich, ohne die gänzliche Beendigung des Paroxysmus abzuwarten und ohne Rücksicht auf den scheinbar pneumonischen Zustand, sobald nur etwas Nachlass der Fieberhitze zu bemerken war, 24 Gran schwe­felsaures Chinin in acht Gaben rasch zu nehmen. Darauf blieb schon der nächste Anfall aus und einige spätere Rückfälle wurden leicht durchgeführt, ohne beängstigende Zufälle. China und Eisensalmiak mit stärkender Diät und etwas Wein stellten in wenigen Wochen den Kranken her, dem eine fernere schwächende Behandlung ein langwieriges Siechthura bereitet haben würde *).quot;
Eühlbrand, der eine Anzahl larvirter Fieber beschreibt, beobachtete auch die nachtheilige Wirkung des Aderlasses , ohne sich wohl so viel als nöthig von ihm frei machen zu können. „Einigemal beobachtete ich kalte Fieber mit Brustentzündung. Hier musste man Ader lassen. Doch ist die Bemerkung vielleicht nicht unwichtig, dass zuweilen der Aderlass nachtheilig wirkte. Manche verfielen gleich nach dem ersten Aderlass, wenn auch nur eine Tasse Blut gelassen wurde, in Nervenfieber und dis Krankheit wurde sehr bedenklich; bei einigen stellte sich eine ungemeine Schleimabsonderung in der Brust ein, die den Kranken an den Rand des Grabes brachte. Ich will aber hiermit keineswegs behaupten, dass sie stets schädlich sind; im Gegentheil habe ich bei zweien gute Dienste davon gesehen; aber, wie ge­sagt, im Durchschnitt waren sie schädlichquot;).quot;
Neuerlich hat ein Arzt aus einem verrufenen Sumpffieberlande, der Loire inferieure, die längste Reihe Beobachtungen über solche pneumonische Wech­selfieber bekannt gemacht;***) auch zeichnen sich diese Beobachtungen Herrn Marce's durch die genaue Diagnose vermittelst Percussion und Auscultation aus, und sie sind in mehrfacher Hinsicht verdienstlich, aber mit seinen An­sichten über das Wesen dieser vermeinten Complicationen, und mit seiner antiphlogistischen Behandlung können wir uns nicht einverstanden erklären.
In Beziehung auf die erwähnten Diagnosen ist zu bemerken, dass in diesen Lungenstasen die Percussion keine andern Zeichen gibt, als in der Pneumonie; die Auscultation ergibt auch denselben Mangel an Vesiculärath-men, dasselbe Bronchialathmen, und einen rhonchus, den man zunächst auch
•) Casper Wochensciir. J. 1813. S. 198. **) Casper Wochen seh r. J. 1835. S. 437. Ebenso erkannte den Nach­theil der Blutentziebungen auf den Jonischen Inseln Hennen Medi­terranean p. 384. p. 389. ***) Marc 6 Observations de fievres intermittentes compliqu^es de pneumo-nies et de congestions pneumoniques. Journal de Med. de la soc. de la Loire inf£rieure. vol. XIX. p. 285. vol. XXI. p. 19.
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nur als rhonchus crepitans bezeichnen kann; aber schon Laennec, auf den man, wo es sich um feines dlstinguirendea Auffassen handelt, immer am lieb­sten zurückgeht, fühlt das Bedürfnis.--, es näher zu bezeichnen, indem er hin­zufügt,'mit trocknen Blasenplatzen; Marce schwankt zwischen räle crepitant und souscrepitant, und Andre fühlen dasselbe Bedürfniss *); es ist in der That in der eigentlichen Lungenapoplexie, wie in diesen paralytischen Sta-sen, und selbst in den Lungenhaemorrhagien ein eigenthümlichcs knackendes Crepitiren, was sich von dem der Lungenentzündung unterscheidet.
Nepple in seinem Sumpflande kennt auch offenbar diese Fieber recht gut**), und nimmt wohl richtig an, dass die Stase als Intermittensform be­stehen kann, dass dagegen das Fieber rcmittircnd wird, sobald die Stase in Entzündung übergeht; allein das eigentliche Wesen als ursrüngliches Nerven­leiden erkennt er doch nicht.
Anncsley erklärt nach seiner reichen Erfahrung, diese Lungenleiden bei Wechselfiebern kämen in Westindien und in den nördlichen Provinzen Ostindiens oft vor, aber in Bengalen und überhaupt in den südliehen Provin­zen Ostindiens, wo die Schleimhaut des Darmcanals, Leber und Milz allge­mein litten, wären sie selten. Auch er fühlt wohl, dass dieser Zustand ur­sprünglich nicht Entzündung ist***).
Es passt wohl für dieses Leiden, wenn es in Entzündung übergeht, recht gut der Autenrieth'sche Ausdruck neuroparalytischc Entzündung. Die altern Aerzte kannten auch diese Lungenwechselfieber recht gut, und nann­ten das Lungenleiden Pneumonia notha****), ein Ausdruck, unter dem sie freilich vielerlei zusammenwarfen; unter diesem Namen kanu man denn auch bei den altern Aerzten noch viele Beobachtungen finden t). Bei allen son­derbaren physiologischen Ansichten kannten sie am Ende diese Krankheit doch besser, als die neuern, trotz Plessimeter und Stethoskop. — Ich selbst
*) S. auch Rat er sur l'apoplexie pulmonaire. Journ, de Med. de Lyon. vol. I. p. 448. **) Essay sur les fievres in termitte ntes p. 39. 99. 124. •••) L. c. p. 53fi. 543. An letzterem Orte: „In some of the vnrm countries which are situate near to , or without, the tropics , or in those which have great elevation above the level of the sea, pulmonary affections not unfrequently supervene to, or accompany, the prevailing form of fever, especially during the cold and rainy seasons. The pulmonary disease in some individuals is so great as to amount to inflammation of the lungs, and to occasion all the consequences which usually follow this malady.quot;
•raquo;••) W. Grant. V o n der Nat ur und H eilu n g d e r Fi e b er. S. 99. S. 465.
t) Schmidtmann Summa observationum v o I. I. p. 83. p. 52.
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hale übrigens die Intcrmiltens pneumonica wiederholt beobachtet, und halte sie gar nicht für sehr selten.
b) Lungenentzündungen in Malarialändern.
Wollte ich ein Buch schreiben, anstatt dieser kurzen Bemerkungen, so könnte ich leicht aus den Schriften älterer Äerzte nicht allein, sondern eben sowohl aus der Geschichte neuer Epidemieen in Sumpfländern beweisen, welche grosse Rolle dieses Malarialungenleiden gespielt hat. — Bei der Frage nach der relativen Häufigkeit der Krankheiten nicht allein, sondern auch bei der nach den Resultaten der Behandlung, hat man in neuern Zeiten mit kecker Zuversicht die Resultate statistischer Berechnungen hingestellt! Ich verachte diese statistischen Untersuchungen gewiss nicht, die Idee ist sehr gut, wenn sie nur so leicht ausgeführt wäre, wenn man nur erst die Beobachtungen gewogen hätte, die man zählen und vergleichen wollte. Leider sind die Re­sultate , besonders wenn sie in das Specielle gehen, gänzlich ohne Worth. Diese Beobachter kommen mir oft vor, wie ein Bauer, der sehen wollte, ob er mehr Bohnen oder Erbsen auf einem Acker gezogen, und nun die Säcke mit Bohnen und Erbsen zählt, ohne sich darum zu kümmern, wie viele Wik-ken und Linsen unter den Erbsen sind.
Hippocrates in Griechenland, Joseph Frank in der Lombardei^ haben behauptet, die Fneumonieen wären sehr häufig1 in den Sumpfländern; Grisolles mit mehreren Neuern kömmt auf das entgegengesetzte Resultat*). Aber beide haben sich nicht die Mühe gegeben, zu unterscheiden, ob die Fneumonieen in Malarialändern und in malariafreien Ländern auch wesentlich und ursprünglich dieselben Krankheiten sind. Hätten sie es gethan, so wür­den beide auf ein andres Resultat gekommen scyu. Ich muss mich hier auf wenige Andeutungen beschränken.
Nicht allein die altern Aerzte haben die Fneumonieen in Sumpfländern oft als Fneumonia notha bezeichnet. Ich erinnere mich recht wohl, wie mich schon in meinen Jüngern Jahren die Sectionen der in Holland an Fneumo­nieen Verstorbenen in Vergleichung der in Deutschland Verstorbenen oft frap-pirt haben, und wie sie einen Einfluss auf meine damals freilich nicht zur Klarheit gekommenen Ansichten von erhöhter Venosität u. s. w. gehabt haben.
In neuern Zeiten sind denn auch wieder die Aerzte in den südfranzö­sischen Ualariadistrikten oft auf diese Differenzen aufmerksam geworden; sie meinen, es kämen dort wenige Fneumonies franches vor, es wären mehr, wie sie sich ausdrücken, Fneumonies bätardes! Zu irgend einem Resultat über das Wesen derselben sind sie indessen nicht gelangt.
•) Grisolles Trait 6 d e la Pneumonie. p. 183.
Heuinger, Mibbrand.
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Dasselbe gilt von Sigaud, der in Brasilien auf diese Lungenleiden ge­führt wurde. Er erklärt die Lungenentzündungen wären in den tropischen Jlalariagegenden sehr häufig*), und käman besonders in den Fiebern vor. „Dans une scrie de fievres intermittentes, les maladies aigues des poumons s'observent en nombre, tantut sous forme de congestion ou d'engouement, tantöt sous celle d'une apopleiie pulmonaire, eifrequemment avec le caractere de veritable phlegmasie. C'cst cette phlegmasie latente, qui produit la mort chez les individus forts et robustes, peutetre un plus grand nombre de fois que la phlegmasie du cerveau.quot; Er gesteht dann, dass er Unglück mit der anti-phlogistischen Behandlung dieser Krankheiten gehabt habe, und fährt fort: „Re-venu plus tard k l'emploi d'autres methodes, je donne aujourdhui la preference ä celle, que pendant longues annees de sa clinique appliqua avec succes le docteur Henriquez de Paiva, medecin ä Bahia. Dans ces phlegmasies bätar-des des poumons, nn large vesicatoire entre les epaules, deux autres aux cuisses, l'emploi du tartre slibie ou de l'ipecacuanha, des boissons expectoran-tes chaudes, dans lesquelles entrent la scille et i'oxymelquot; **) etc.
Ohne ihr Wesen zuerkennen bezeichnet auch Salvagnoli-3Iarch etti diese Lungenapoplexien in den Toscanischen Maremmen: ,,.,.. Selten bildet sich ein wahrer Entzündungsprocess aus, öfter bilden sich passive Anschop­pungen, Congestionen der Lunge, die sich niemals durch Blutentziehungen allein zerthcilen, ja eingreifend und ausschliesslich antiphlogistisch behan­delt, endigen sie sehr oft mit dem Tode der Kranken, bei denen man aus dem Mangel des Vcsiculärathmens und aus dem matten Percussionstone, auf den Uebergang der Krankheit in Hepatisation geschlossen haben würde. Wirft man bei der Section die aus der Brust genommene Lunge in das Wasser, so sieht man sie gewöhnlich zu Boden sinken, was die gestellte Diagnose zu rechtfertigen scheint; allein zerschneidet man sie mit dem Messer, so zeigt das Lungengewebe nicht die Consistenz der Hepatisation und nicht das An­sehen derselben, aber man sieht das Blut aus den Zellen *quot;) herausriesseln; drückt man ein Stück Lunge mit der Hand aus, so dringt das Blut reichlich daraus hervor, wie aus einem Schwämme, und wirft man es dann wieder in das Wasser, so schwimmt es darauf; so zeigt sich deutlich, dass der krankhafte Zustand in einer übermässigen Anfüllung der Blutgefässe ohne wesentliche Veränderung des Lungengewebes bestandquot; ****).
*) Die Häufigkeit dieser Lungeokrankheiten ergibt sich auch aus: Bom-tempo sobre algumas enfermidades do Rio de Janeiro. Rio de Janeiro 1825. p. 30. sonst ist daraus nicht viel zu ent­nehmen. •*)Maladiesdußr6silp. 301. 303. •••) Nach dem Folgenden offenbar nur ein übereilter Ausdruck, es riesselt aus den Gefässen, ****) Statistikraquo; inedicadelleMaremme Toscane. II.p. 45-
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Genug für diesen Ort. Das Lungenleiden in Malarialändern, vie die Lungen-Intcrmittens, ist ursprünglich und wesentlich nichts als Lungen­apoplexie.
7) Hirn - Apoplexie.
Genauere statistische Yergleichungen über die relative Häufigkeit der Apoplexieen in Malaria-Ländern und in Malariafreien Ländern, besitzen wir nicht; besässen wir sie in der Art, wie sie die Listen vor der Hand nur liefern können, und wie sie z. B. die Schriften von Ferrario und Sor-mani enthalten, so würden sie uns nichts nützen, weil die Ursachen und Formen der Apoplexie nicht unterschieden sind.
Dennoch können wir mit ziemlicher Sicherheit annehmen, die Apoplexieen sind Torzugsweise häufig in Malarialändern. Von Rom war dieses längst bekannt, von den Toscanischen Maremmen beweisen es die Tafeln von Sal-vagnoli-Marchetti, auf eine Anzahl anderer Schriftsteller habe ich an einem andern Orte *) verwiesen. Unter diesen vorzüglich auf Witt, der ge­radezu behauptet, die plötzliche Einwirkung des Malariagifts auf das Sonnen­geflecht sei die Ursache der häufigen merkwürdigen Apoplexieen der Menschen und der Thiere in der Wallachei gewesen.
Dass der Milzbrand in Form der Apoplexie erscheint, und dass das Milz­brandgift in Thieren und Menschen oft plötzliche Apoplexieen hervorrufe, ist oben mehrfach gezeigt worden**).
Dass die Apoplexie eben so im Wechselfieber vorkomme, ist zu bekannt, als dass ich länger dabei zu verweilen brauchte. Jedermann kennt die feb-res apoplecticas, in denen der apoplektische Anfall entweder erst später im Verlauf des Fiebers eintritt, oder aber das Fieber tritt gleich unter der Form der Apoplexie auf, tödtet gleich im ersten oder in einem der ersten Anfälle.
Die nachgewiesene Analogie lässt uns nicht zweifeln, dass in allen drei Fällen die Apoplexie auf gleiche Art erfolgt. Mechanisch, durch Störungendes Kreislaufs würden sich diese Apoplexieen nur ausnahmsweise in sehr einzel­nen Fällen erklären lassen. Die Intoxication des Bluts, welches dann auf das Gehirn wirken soll, ist unerwiesen, und die Erklärung, so oft sie auch vorkömmt, bei einer Vergleichung der Erscheinungen unhaltbar. Es bleiben zwei Erklärungen, die beide möglich sind, und von denen in verschiedenen Fällen bald die eine bald die andere wahrscheinlicher ist: 1) Die erste ist die, dass die Lähmung der Gefässnerven, welche im Milzbrand, wie im Wech­selfieber regelmässig zunächst die Milznerven trifft, aber dann auch in andern
*) Rech erch es de Patho logie comp. vol. L p. 423.
*gt;) S. o b e n S. 515. 698. 687.
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Sphären auftritt, hier im Gefässystem der Cerebro-Spinal-Organe erscheint, und so Stasen, erfahrungsmässig selten Blutungen, bewirkt; dass erstere aber hinreichen Apoplexie zu erzeugen, ist eine bekannte Sache'::J. Diese Er­klärung möchte in den mehrsten Fällen die wahrscheinlichste seyn: 2) Allein wir haben gesehen, wie schnell sich, im Milzbrand wie im Wechselfieber, die Symptome des Ganglienleidens auf das Cerebrospinalsystem reflectiren, und wie die Symptome des letzteren oft schnell prädominiren; es kann da­nach nicht unwahrscheinlich erscheinen, dass diese auch bis zur Cessation der Innerration sich unmittelbar steigern können, ohne dass das ersterwähnte Gefässleiden einzutreten braucht.
(Man sieht wohl ein, dass auch die Betrachtung der spastischen Er­scheinungen uns auf vieleAnalogieen führen könnte; der Baum nöthigt uns, sie zu übergehen, wie ich auch so manche, uns nahe liegende, chronische Malariakrankheiten, z. B. die Fäule der Schaafe, und die Hypoaemia inter-tropica der Menschen, beide Folgen unrollkommner Wechselfieber, habe über­gehen müssen).
8. T y p h o i d e.
Wenn man einmal die Verwandtschaft der Krankheiten aufgefasst hat, so ist das Streben verführerisch Ton Analogie zu Analogie fortzuschreiten und nicht eher zu ruhen, bis man an das Ende des Kreises gelangt ist. — Allein wenn uns die im Vorhergehenden betrachteten Krankheiten als die einfachen, reinen erscheinen, deren Auffassung uns wenige Schwierigkeiten darbot, so gelangen wir zu andern, in denen wir wohl dieselbe Grundlage erblicken, allein zu den ersten ursächlichen Momenten treten neue, neue Or­gane und Systeme treten in Thätigkeit, es bildet sich ein Gewirre von Fä­den, der Versuch der Abwickelung erfordert Geduld und Zeit.
Ich müsste überdies fürchten, die Geduld des Lesers zu sehr zu ermüden, wenn ich noch Gegenstände in den Kreis meiner Betrachtung ziehen wollte, die zwar keineswegs sehr weit, aber doch immer weiter, als die bisherigen, Ton dem ursprünglichen Ziele meiner Aufgabe abführen würden.
Daher begnüge ich mich damit, die hierher gehörigen Krankheiten zu nennen, ihre Berührungspunkte mit den frühreren kurz zu bezeichnen, die Ausführung einer andern Gelegenheit überlassend, für die sie mich viel be­schäftigt haben.
1) Für die erste dieser Krankheiten wähle ich, um den Begriff der­selben sogleich enger zu begrenzen, den Namen Enterodothienie. Ohne hier irgend etwas über das Wesen dieser Krankheit im Allgemeinen entschei­den zu wollen, wird doch jeder Erfahrne zugeben, dass bei der Entwicke-
') Ob nicht nacli der Analogie der Lungenapoplexie, auch manche andere Hirnapoplexieen^ z.B. bei Trinkern, eben so zu erklSren seyn möchten?
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lung oft eine grosse Annäherung, ja Uelergänge zum Wechselfieber vorkom­men. Die Affection des Gangliensystems schien manchen Aerzten so bedeu­tend, dass sie die Krankheit als Ganglicntyphus bezeichneten. — Das Lei­den der Milz fehlt in dieser Krankheit nicht leicht, Ton den neuern Aerzten vielfach beachtet haben Louis, Davidson, Rokitansky, J. Vogel, Vierordt, Günsburg*) verschiedene Erklärungen versucht; mir erscheint nur die oben für die Malarianeurosen gegebene die wahrscheinlichste. — Die häufigen Erysipelatosen und Anthrakoiden auf der Verdauungsschleim­haut und auf der äussern Haut, in ihrer oben angegebenen Bedeutung, be­zeichnen dieselbe Verwandtschaft. — Es entstehen einzelne, selten auch wohl etwas epidemische, Enterodothienieen da, wo die erwähnten Malarianeurosen nicht vorkommen; allein ich werde wohl alle nur etwas aufmerksamen und erfahrenen Beobachter für mich haben, wenn ich behaupte, ihre örtliche und zeitliche Verbreitung kömmt mit der der Malarianeurosen, besonders Wech­selfieber und Dysenterieen, überein **). In meiner Gegend ist das freilich be­sonders auffallend; der noch auffallenderen Ancelonschen Beobachtung hier einen kleinen Raum noch zu gönnen, halte ich für zweckmässig:
„Eine Thatsache scheint mir sehr wichtig: Das ist die in bestimmten Perioden regelmässige Wiederkehr schwerer Krankheiten, welche fast immer dieselbe Verbreitung, dieselben Symptome, denselben Charakter darbieten; diese durch ihr regelmässiges periodisches Erscheinen merkwürdigen Endemieen sind: a)Typhoidfieber: (ünsre Beobachtungen betreffen die mehr oder weniger örtlichen Epidemieen der Jahre 1830, 1833, 1836, 1839, 1812, welche sich sehr wenig von einander unterscheiden), b) Wechselfieber, beobachtet während der Jahre 1829, 1832, 1835, 1838, 1841. c) Endlich Milzbrandkrankheiten, von uns beobachtet in den Jahren 1831, 1834, 1837, 1810, 1843. — Typhoidfieber: Der Theil Lothringens, welchen wir be­wohnen, liegt tief (200 Metres über dem Meere), sein Boden ist feucht, sumpfig, mit zahlreichen Teichen und schlammigen Bächen bedeckt, wegen des geringen Falles fast ohne Abfluss; der ganze Theil des Bodens, wel­cher nicht sumpfig ist, ist sehr reich und schwer, vollkommen geeignet die Luft zu verderben, wenn eine zu grosse und zu anhaltende Hitze (wie im Jahre 1842) „die Erde öffnet und ihre Innern Miasmen an die Luft treten lässt. Allein unsere Epidemieen beginnen immer an demselben Punkte, fol­gende Beobachtungen haben wir in dieser Beziehung gemacht: Die Ge­meinde Guermange, als der Hauptheerd unserer Typhoidendemieen zu betrach­ten, war früher mit grossenTeichen umgeben; das Typhoid erschien daselbst
*) S. die Zusammenstellung bei H e i n r i c h a. a. 0. S. 210. Die Paralysen der Lunge, Leber, Niereraquo; (Aluminurie) und des Darms in dieser Krank­heit verdienen aber dieselbe Beachtung.
'*) Herrn B o u d i n s entgegengesetzte Angabe ist gänzlich falsch.
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alle Jahre, bald im Nordosten, bald im Südwesten, und tödtete viele Men­schen; seit ungefähr 25 Jahren ist eine merkwürdige Veränderung in der Richtung der Verbreitung der Krankheit eingetreten, welche seit jener Zeit nur von West nach Ost erfolgt; dieses rührt daher, dass seit 25 Jahren ein benachbarter Teich, im Nordosten des Dorfes, ausgetrocknet worden ist, dass der ganze südwestliche Theil der Wohnhäuser gleichsam gebadet ist in den Fluthen des Ungeheuern Teiches der Indre-Basse, und dass uns seit jener Zeit unsere Typhoidfieber-Epidemieen nur alle drei Jahre wiederkehren. Diese Periodirität hängt offenbar von der Art derBewirthschaftung des Indreteiches ab. Dieser Teich oder vielmehr dieser See nimmt eine Fläche von 671 Hectaren ein, seine mittlere Tiefe beträgt wenigstens 3 Metres, und sein Gehalt ungefähr 20,000,000 Kubikmetres Wasser; zwei Jahre lang ist er voll Wasser und mit Fischen besetzt, dann wird er im Herbste abgelassen und im dritten Jahre dem Ackerbau überlassen; diesen Wechsel beobachten die Eigenthümer regelmässig. Die Dotbinenteritis-Epidemieen erscheinen im zweiten Jahre, wenn der Indreteich mit Wasser gefüllt ist. Man könnte die Erscheinung daraus erklären, dass während der zwei Jahre durch die Wirkung des Wassers und der Hitze eine ungeheure Menge vegeta­bilischer und animalischer Detritus, den die Fluthen während zwei Jahren, besonders an der Ostseite des Teiches aufhäufen, in fauligte Gährung übergeht. Vielleicht würde aber diese Ursache für sich allein nicht hinreichen, das Typhoidfieber zu entwickeln, wenn sich nicht noch andre mit ihr vereinigten, wie die Unreinlichkeit unsrer immer kothigen Dörfer, die schlechte Bauart der zu niedrigen etc. Wohnungen. —#9632; Wech­selfieber: Im Norden, und bedeutend tiefer, als der lange Damm des Teiches, liegt das kleine Dorf Indre-Basse; oberhalb der Seille und ganz am Südende des Teiches liegt Assenoncourt. Diese beiden Gemeinden geben das Signal des Ausbruchs der Wechselfieber. Ihre Erscheinung entspricht dem ersten Jahre, in welchem der Indreteich mit Wasser gefüllt ist, wenn die Atmosphäre fähig ist, sich mit Miasmen zu beladen, die aber, möchte man sagen, noch nicht während zwei Jahren Zeit gehabt haben, an den Sonnen­strahlen zu reifen. Im Frühjahre, während einiger Wochen, eröffnen die Quotidianfieber die Scene, machen dann den Tertianfiebern Flatz, welche fast vollkommen verschwinden, wenn die trockne Sommerhitze eintritt, um mit den Herbstnebeln wieder zu erscheinen und zuweilen in ausgebildete Quar-tanfieber überzugehen. Feuchte und heisse Jahre haben wir etwas zu fürch­ten, sie bringen uns schwer zu hellende doppelte Tcrtianfieber, und perni-ciöse cephalische Tertianfieber. Feuchtes kaltes Wetter gibt ihnen einen ka­tarrhalischen Charakter; sehr grosse Hitze führt stupor herbei und verwan­delt die Quotidianfieber schnell in Typhoide. Ob verlarvte Fieber vorgekom­men sind, ist noch zweifelhaft, oft gibt es neuralgische, seltener pernieiöse. — Milzbrandkrankheiten: Wenn der Indreteich zwei Jahre lang mit
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Wasser bedeckt gewesen ist, so leert man ihn im Herbst langsam ans, man fischt ihn, und trocknet ihn dann während des Winters aus, um ihn im fol­genden Frühjahre zum Ackerbau zu benutzen; die Pflugschaar, welche im März und April diesen Schlammboden aufreisst, bereitet uns für den Sommer, besonders wenn er etwas warm ist, eine reiche Ernte Ton Milzbrandkrank­heiten. Jetzt ist es aber nicht Guermange, der Heerd des Typhoidfiebers, nicht das kleine Dorf Indre-Basse, von dem die Wechselfieber ausgehen, wo wir die ersten Fälle von Milzbrand beobachten; sondern es ist ein ziemlich hoch über dem Teiche liegender Punkt: An einer der südlichen Buchten des Teiches liegt ein Hügel von ungefähr 55 Hcctaren Oberfläche, welcher eine Halbinsel bildet, auf der das kleine Dorf Tarquimpol erbaut ist. Hier lag einst im Vereinigungspunkte mehrerer römischer Strassen eine mächtige Stadt, welche allmählig unterging, eben so sehr, sagen die Chroniken, durch die giftigen Sufnpfmiasmen, als durch Hunger und das Schwert der Barbaren. Hier liegt jetzt noch alle drei Jahre der Heerd unsrer Milzbrandkrankheiten. Es scheint, als wäre nur die hohe Temperatur der Monate Juli, August und zuweilen September geschickt, das Milzbrandmiasma zu entwickeln und in Thätigkeit zu setzen; wir haben seine Wirkung, wenigstens allgemein, nicht in andern Monaten des Jahrs beobachtet *).quot;
Ist hier die Verwandtschaft und der Uebergang der Typhoide zu Wech­selfieber und Milzbrand nachgewiesen, so kommen eben so die Uebergänge des Typhoids zum gelben Fieber vor; einzeln schon zuweilen bei uns, viel häufiger im südlichen Frankreich, besonders in seinen Malariadistrikten**). Noch mehr in südlicheren Ländern ***).
2) Gelbes Fieber. Haben wir eben die Uebergänge des europäischen Typhoids zum gelben Fieber erwähnt, so sind die Uebergänge von Wechscl-fiebern, gewöhnliehen remittirenden Fiebern und gelben Fieber so einleuch­tend von vielen Aerzten der Tropenländer nachgewiesen , dass man darüber kein Wort mehr zu verlieren braucht, es sind Krankheiten von gleichem We­sen , nur durch Intensität und Extension im Organismus unterschieden. Die Sectionsergebnisse bieten aber die zahlreichsten Beweise, dass dieselben Läh­mungen der Ganglien, der Gefässnerven, wie in den pernieiösen Wechsclfic-bern und selbst wie im Milzbrande vorkommen: Milz, Leber, Verdauungs-canal, Herz und Muskeln haben sie besonders dargeboten. Besonders merk­würdig, und namentlich an zuweilen im Milzbrand vorkommende Erscheinun-
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*) Comptcs rendas de l'Acad. des Sciences, vol. XXI. p. 158.
**) M. s. z. B. was ich oben aus Ketz anführte S. 299. Aber ähnliche Beobachtungen sind häufig.
•••) S. z. B. Röser Krankbeiteo des Orients. S. 31.
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gen erinnernd, ist ein zuweilen in den Muskeln vorkommender Zustand die­ser Art, den Gilkrest näher beschrieben hat *)
S) Bubonenpest. Die Pest entwickelt sich in Ländern, in welchen Malarianeurosen und besonders auch Milzbrand endemisch sind, und zu glei­cher Zeit mit diesen. Die Sectionsergebnlsse bieten nicht unbedeutende Ver­schiedenheiten von denen andrer Malarianeurosen dar, nur mehrere Formen des Milzbrands geben ähnliche. Die Entwickelung von Petechien, Carbunkeln und Bubonen kann durch Analogie derselben Entwickelungen in den Malaria­neurosen erläutert werden.
4) Rinderpest. Die Länder, in welchen sie sich ursprünglich ent­wickelt, sind solche, in welchen Malarianeurosen (und Pest) der Menschen, Milzbrand der Thiere endemisch sind, Milzbrand kömmt mit ihr zugleich vor; Milzbrandepizootieen sind ihr vorausgegangen. Sie bietet aber auch An­näherungen an ganz andre Krankheiten dar. Im Allgemeinen ist es unter den hier genannten Krankheiten diejenige, welche mir ihrem Wesen nach noch am dunkelsten erscheint. Möglich, dass eigene Beobachtung, die mir fehlt, das Dunkel etwas mehr aufhellt.
Uebrigens kann ich nur wiederholen, dass alle für die, in diesem Ab­schnitte genannten, Krankheiten aufgefundenen Analogieen und Verwandtschaf­ten, doch noch sehr weit entfernt sind, ihre Pathogenie vollständig aufzu­klären.
9. Hundswuth.
Nach dem früher Versprochenen bin ich genöthigt, noch einige Worte über eine Krankheit hinzuzufügen, in welcher man schon wiederholt eine Be­ziehung zum Milzbrande hat erkennen wollen. Meine Bemerkungen sollen aber auch gerade nur diese möglichen, oder angenommenen Beziehungen treffen.
1) Wir haben oben eine besondere Form des Milzbrands unter dem Na­men Milzbrandwuth angenommen (oben S. 516). In dieser Form treten alle Symptome der Wuth, und selbst Hydrophobie ein; daher sie denn auch schon, z. B. von Heim, vor kurzer Zeit noch von Adolphi, wie wir oben anführten, für Hundswuth gehalten worden ist.
*) .... „the infiltration of venous blood in the most uniform manner pos­sible into the cellular tissue of the minutest fibres of the muscles which appeared almost black, seemed one soft mass, which yielded to pressure between the fingers as readily as the spleen. The blood thrown out was grumous, so that incisions caused but little exudation from the part, no putrid odour or appearance of sloughing etc.laquo;
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Wie wir S. 517 enrähnten, ist die Form selbst im Menschen vorgekom­men. Daselbst wiesen wir nach, wie diese Form in Hirschen, Ochsen, Schaa-fen, Pferden, Schweinen, selbst epidemisch, beobachtet worden ist.
Es lässt sich nicht leugnen, dass die Diagnose dieser Milzbrandform zu­weilen bedeutende Schwierigkeiten darbieten kann, da auch die Sectionser-gebnisse allerdings gewisse Uebereinstimmungen darbieten.
2)nbsp; Es gibt allerdings auch Wechselfieber, in deren Anfällen nicht allein Hydrophobie und Aphagie, sondern (wenigstens in dem Falle von Puc-cinotti) auch alle Symptome der Wuth eintraten. Diese Febres hydropho-bicae werden von vielen Aerzten genannt, und Faber*) erinnert vielleicht nicht ohne Grund an die Seuche, welche nach der Eroberung Roms im Jahr 553 unter den alemannischen Soldaten ausbrach. Bestimmtere Beobachtun­gen werden von Torti, besonders aber von Notarianni, Dumas, Puc-cinotti**) und Raso***) mitgetheilt.
3)nbsp; Sagen, dass die Hundswuth bei Hunden ausgebrochen wäre, nachdem Hunde Milzbrandfleisch gefressen, existiren bei altern Aerzten, es scheint in­dessen nicht viel auf sie zu geben.
Ob im Jahr 1690 und 1691 nach Ramazzini's Schilderungen eine Beziehung der epidemischen Hundswuth zu Milzbrand anzunehmen sey, wie Prinz glaubt, muss nach dem von uns oben (S. 100) Angeführten unent­schieden bleiben.
In den Jahren 1709 und 1710 kann ein solches Zusammentreffsn wahr­scheinlich erscheinen ***#9830;),
Im Jahr 1712 sollen nach Gen sei die Hunde in Ungarn ertollt seyn, nachdem sie von den vielen am Milzbrand gestorbenen Thieren gefressen f). Wenigstens kamen in diesem Jahre wohl Milzbrand und Hundswuth gleich­zeitig epidemisch vor.
Dasselbe scheint 1726 der Fall gewesen zu seyn, wo in Schlesien auch die Hunde nach dem Fressen von Milzbrandfleisch ertollt seyn sollen ff).
1778, wo der Milzbrand im nördlichen Deutschland überhaupt häufig war, kam mit ihm zugleich (nach Heim) um Berlin die Hundswuth vor. (Oben S. 521).
In den Jahren 1783 und 1781 sind auf den westindischen Inseln Milz­brand und Hundswuth gleichzeitig sehr verbreitet gewesen.
•) Wuthkrankheit S. 511.
••; 1. c. I. p. 101.
•••) Febbri della Calabria p. 23. ••raquo;•) Oben S. 100 — Prinz Wuth d e r H u n d c. S. 4.
t) Recher ch es de Patbo I. comp ar. vol. U. F. I. p. 191. if) Oben S. 103.
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In dem Jahre 1814 — 15 kam in Wien eine Wuthseuche unter den Hunden vor*), welche Waldinger, doch eben nicht nach sehr genauen Untersuchungen, dem Milzbrände verglich. Das gleichzeitige Herrschen und Uebergänge von diesem werden nicht erwähnt, genaue Seclionen sind nicht gemacht worden, und die Seuche kam vorzüglich im Winter vor!
Merkwürdiger war dagegen eine verbreitete Hundswuthseuche in Copen­hagen und in der Umgegend im Jahre 1815—16, welche C. Viborg genau beobachtet und beschrieben hat**). Die oben mitgetheilten Symptome und Sectionsergebnisse bestimmten Viborg, diese Seuche nicht für die Hundswuth, sondern für eine bösartige Entzündung zu halten. Es liegt aber freilich ein sonderbarer Widerspruch darin, dass gleichzeitig wahre Hundswuth vorkam, deren Unterscheidungszeichen nicht angegeben werden.
v. Franque suchte mit mehreren Laien das Wesen der Fuchswuth dieses Jahrhunderts in einem Anthraxleiden, und leugnete ihre Identität mit der Hundswuth; derselbe hat jedoch später diese Ansicht zurückgenommen. — Der erste Ausbruch dieser merkwürdigen Seuche fällt allerdings in ein allgemeines Milzbrandjahr (1803) und in ein Land, wo der Milzbrand sehr häufig ist (Waadt)'*raquo;).
Das Jahr 1822 war, wie wir oben zeigten, ein allgemeines sehr gros­ses Milzbrandjahr (s. oben S. 146. 189). Im Jahr 1823 war der Milzbrand im mittleren Europa wenigstens unter den Schweinen ganz allgemein verbrei­tet (S. 148), namentlich im südlichen Frankreich; nach Barthelemy war aber auch die Hundswuth ungewöhnlich häufig. — Furchtbar aber wüthete der Milzbrand in Skandinavien, namentlich im nördlichen Schweden unter allen Thieren, besonders unter den Rennthicren, und offenbar in der Form der Milzbrandwuth **'*). Darauf herrschte aber im Jahre 1824 die Hunds­wuth in einer ausserordentlichen Verbreitung in Russland, Schweden, Nor­wegen, Dänemark, England, besonders beschrieben aus Stockholm-f). Die schwedische Epizootie scheint besonders viel Eigenthümliches dargeboten zu haben, und verdiente wohl, wenn es möglich ist, noch eine nähere Be­schreibung.
*) quot;)
t)
Oben S. 527. Oben S. 527.
In dasselbe Jahr fällt der Ausbruch der allgemeinen Wuthseuche in den furchtbarsten Milzbranddistrikten von Peru. Oben S. 148.
Recherches dePathol. comp. vol. II. P. I. p. CCCIII. — Be­sonders: Eckström in: Ars-Berättelse om Svensk. Läk. Sällskap. 1824. — Ich bedaure, dass ich auch in den Recherches oft nicht nach den skandinavischen Quellen referiren konnte, weil die däni­sche und schwedische Literatur bei uns unverdienter Weise so wenig verbreitet ist.
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Im Jahre 1826 war der Milzbrand überall, besonders aber in Russland und Schweden (oben S. 149 und Nachtr. Billing) sehr Terbreitet. Im Jahre 1827 entwickelte sich in Schweden die Hundeseuche sehr bösartig und dauerte 1828 fort, Ton Prinz unter dem Namen des gelben Fiebers der Hunde beschrieben*). Im Jahr 1828 war aber die Hundsvuth in Frank­reich und in Deutschland allgemein sehr Terbreitet. In Dresden dauerte die Hundswuthseuche Tora August 1828 bis zu Anfang des Jahres 1830. Auch in Leipzig gab Böhme an, dass 1821) bis 1831 unter den Hunden Tollwuth und Milzbrand geherrscht habe**). Wagner in Schlieben berichtet, dass das Ertollen der Hunde seit Menschengedenken dort nicht so häufig gewesen, als 1831 während der Kriebelkrankheit (es ist aber ein Milzbranddistrickt). Prinz hat nun nach genauen Beobachtungen, und besonders nach den Sec-tionsergebnissen die Meinung Tertheidigt, dass diese epizootische Wuth ein Ton der gewöhnlichen Huudswuth Terschiedenes anthraxartiges Leiden sey. — Die Ansicht, dass sie Ton der Hundswuth Terschieden sey, wird auf keine quot;Weise zu rechtfertigen seyn.
4) Ich hätte nun sehr gewünscht, ermitteln zu können, ob die Hunds­wuth ebenfalls in Malarialändern häufiger sey, als in malariafreien? Allein es liegt leider kein Material vor, um dieses ermitteln zu können. Sieberg Tabelle über die Verbreitung der Hundswuth unter den Menschen ist nach den Quellen, nach der Art der Aufstellung, und nach der Hypothese des Verfassers unbrauchbar***).
Einige Beobachtungen könnten wohl für die Bejahung jener Frage sprechen. So ist Sicilien Ton den Alten schon wegen der Häufigkeit der Hundswuth bezeichnet. Ihre Häufigkeit in Appulien wird nicht allein schon Ton BagÜTi angegeben, sondern auch Ton neueren Schriftstellern****). Dass sie um Rom besonders häufig ist, dafür scheinen viele Beobachtungen zu sprechen #9632;}quot;). Eben so um Lyon. Ihre Häufigkeit in Ungarn und in der Militärgrenze ergibt sich wohl aus Sieb er. Berlin scheint im Verhältniss zu andern Städten Tiele Fälle von Hundswuth zu zeigen. Auch in den Malarialändern von Ceylon und Bengalen soll sie häufig seyn. Dagegen ist sie freilich entschieden selten in Egypten.
•) Recherches 1. c. p. CCCXXIV.
*•) Prinz die Wuth der Hunde. S. 24 — Recherches I. c. p. CCCLXII p. CCCLIX.
'quot;) Eben so die in Preussen nach den Provinzen geordneten; obgleich sie für die Bejahung der Frage zu sprecheu scheinen könnten. •*•#9830;) Baglioi 0 pp. ed. Lips. II. p. 332 — Oben S. 335.
t) Im malariafreien Sondrio wird sie als äusserst selten , im fieberreichen Como als äusserst häufig angegeben.
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In Amerika könnten die Beobachtungen entscheidender scyn; allein hier erheben sich bedeutende Zweifel über die Verwechslung der Hundeseuche und der Hundswuth, und das gegenseitige Verhältuiss dieser Krankheiten; ich habe vorläufig auf diese Erscheinungen hingewiesen *), behalte mir aber vor, demnächst an einem andern Orte eine ausführliche Geschichte der Hunde­seuche mitzutheilen. So viel ist aber sicher, dass heftige Wuthseuchen in den Malariadistrikten Perus und auf den Westindischen Inseln vorgekom­men sind.
5) In Beziehung auf die Sectionsergebnisse lässt sich nicht leugnen, dass die Hundswuth durch die Qualität des Bluts, die Änfüllung der Haut-gefässe, die Schwärze und Weichheit der Milz und Leber, die gewöhnlich vorhandenen kleinen Blutaustretungen in der Schleimhaut des Magens und Darmcanals — einige Annäherung an den Milzbrand zeigt.
(Meine Erfahrungen können sich freilich nicht mit denen mehrerer Schrift­steller messen; indessen habe ich mehrere Hunde und Füchse, und zwei an der Hundswuth verstorbene Menschen, den letzten vor einigen Jahren hier im Erankenhause, untersucht, und immer die angegebenen Veränderungen ge­funden, aber niemals in dem Grade, wie sie T o b 1 e r und Prinz beobach­tet haben).
Das Resultat ist, dass wir vor der Hand über das Verhältniss der Hunds­wuth zum Milzbrande noch gar nichts feststellen können. Der Gegenstand ist aber so wichtig, dass die bezeichneten Punkte der Aufmerksamkeit der Aerzte und Behörden im höchsten Grade würdig erscheinen.
Endresultate*
Die Ansichten der Aerzte über das Wesen des Milzbrandes sind im er­sten Abschnitte mitgetheilt worden. Eine specielle Kritik derselben würde uns vielen Raum weggenommen haben, und der Gang unsrer Behandlung des Gegenstandes schien dieselbe vollkommen entbehrlich zu machen.
Die Ergebnisse unserer Untersuchungen haben wir in den einzelnen Ab­schnitten sogleich zusammengestellt. So findet man:
Die Schlüsse aus dem epizootischen Vorkommen, und den gleichzeitigen Epizootieen und Epidemieen S. 188 gezogen.
Eine Zusammenstellung der Resultate über seine geographische Verbrei­tung und die gleichörtlichen Enzootieen und Endemieen S. 374.
Die Endergebnisse der Untersuchung über die aetiologischen Momente sind gesammelt S. 510.
') Rech er ehe s de Pathologie comp. to 1. I. p. 655,
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#9632;
Die Resultate der Leichenöffnungen sind zusammengestellt worden S. 557. 598.
Eine Uebersicht der wesentlichen Krankheitserscheinungen findet man S. 687.
Endlich haben wir im letzten Abschnitt die verwandten Krankheitspro-cesse verglichen, um zu sehen, in wie fern sie sich gegenseitig erläutern.
Es erübrigt jetzt die allgemeinen Endresultate zusammenzuziehen:
J) Es gibt eine Anzahl von Giften und Schädlichkeiten, deren nächste Wirkung (wenn sie in das Blut aufgenommen, höchst #9632;wahrscheinlich aber auch, wenn sie unmittelbar auf die Nerven angewendet werden) auf das Gangliennervensystem gerichtet ist. Sie wirken nicht gleich, indem sie bald mehr die eine, bald mehr die andre Sphäre desselben vorzugsweise zu affi-ciren scheinen; sie erzeugen indessen alle verwandle Krankheiten, die wir verglichen haben, und ihre gemeinschaftlichen Wirkungen kommen auf Krampf und Paralyse der Gefässe zurück, dadurch Brand, Tod der getroffenen Stellen.
2) Zu diesen Giften gehört die Malaria, welche die Malarianeurosen erzeugt, als deren einfachsten Typus wir das Wechselfieber erkannten.
S) Zu diesen Malarianeurosen gehört auch der Milzbrand.
4)nbsp; Die Malaria ist die gewöhnliche und allgemeine Ursache des Milz­brands der Thiere; indessen muss wenigstens noch ein Gangliengift, das Pilzgift, auch als Ursache desselben anerkannt werden.
5)nbsp; Die Malaria wirkt hier wie bei Erzeugung des Wechselfiebers auf das Gangliensystem, der Milzbrand ist eine Ganglienneurose.
6)nbsp; Es scheint, dass sie allerdings auch vorzugsweise und zunächst auf den Plexus splenicus wirkt.
7)nbsp; Ihre nächste Wirkung ist Paralyse der Milzgefässe und Absterben der Milz; daher der Name Milzbrand auch nicht so verwerflich.
8)nbsp; Dieselben Lähmungen der Gefässe, daraus hervorgehende Blutstasen und Blutaustretungen, und Brand treten dann aber in den verschiedensten Organen ein, die wir einzeln betrachtet haben.
9)nbsp; Ausnahmsweise kann zuweilen die Milz verschont werden und die Wirkung sich auf andre Sphären des Gangliensystems richten. Daher ver­schiedene Formen. (Gleichsam verlarvter Milzbrand, wie verlarvte Wechsel­fieber).
10)nbsp; Die Gesetze, nach welchen die Ausbreitungen und Verschiebungen des Leidens erfolgen, sind uns noch unbekannt.
11)nbsp; Das Gangliensyslcm pflanzt sein Leiden, in verschiedener Ausdeh­nung und in verschiedenem Grade auf das Cerebrospinalsystem fort. Daher verschiedene Formen.
12)nbsp; Ist einmal Gangrän entstanden, so muss diese freilich auf den Or­ganismus zurückwirken, wie jede andre Gangrän; allein, wenn nicht Ab­grenzung und Abstossung erfolgt, so besteht das Leben selten so lange, dass
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diese Symptome eintreten können; der Milzbrand ist daher ron allen andern Gangränösen wesentlich verschieden. Diese Eigenthümlichkeit zeigt sich in Ablagerungen, zpecifischen Krankheitsprodukten, die einen Krankheitssamen enthalten, der aber bald alle Theile des Organismus erfüllt.
13) Es erzeugt sich nämlich ein Contagium, dessen merkwürdige Eigen-echaften wir weitläufig betrachtet haben, und welches, wenn es die günstigen Entwickelungsbedingungen trifft, die wir ebenfalls betrachtet haben, die Krank­heit fortpflanzt, nicht allein auf Thiere derselben Art, sondern der yerschie-densten Arten, selbst der Terschiedensten Thierklassen, in denen primär kein Milzbrand Torkömmt.
1-4) Das Contagium wirkt gleich der ursprünglich erzeugenden Schädlichkeit.
15)nbsp;Local scheint es zunächst auch Ertödtung der Nerven, Brand zu bewirken.
16)nbsp; Der entstandene Brand wirkt aber nicht einfach wie eine andre Gangrän auf die Umgebung, sondern alle Erscheinungen beweisen, dass eine Fortzeugung des Contagiums erfolgt. Die Krankheit bleibt eine verschiedene Zeit local, je nach den Organen, die getroffen wurden, und nach den mehr oder weniger günstigen äussern Bedingungen.
17)nbsp; Es gibt einige, oben mitgelheilte, Erscheinungen, welche vermuthen lassen, dass seine locale Einwirkung auf gewisse Nerven, wie Vagus, Quin-tus u. s. w, vorzüglich schnell höchst nachtheilig wirkt.
18)nbsp; Seine Aufnahme aus dem localen Leiden in den Organismus er­folgt offenbar durch die Lymphgefässe, wahrscheinlich aber häufiger noch durch die Blutgefässe. Aufgenommen wirkt es auf das Gangliensystem, wie die erste erzeugende Schädlichkeit.
19)nbsp; Alle scheinbar noch so verschiedenen Formen, in allen Thieren nnd in dem Menschen sind dem Wesen nach vollkommen gleich. Doch scheint vorläufig die Fortpflanzung von manchen Thieren aus leichter, auch die Energie des Contagiums von manchen Thieren stärker. Doch müssen diese Punkte noch weiter festgestellt werden.
20)nbsp; Mit Sicherheit kennen wir die primäre Entwickelung des Milzbrands bis jetzt nur in den pflanzenfressenden Säugthieren, Einhufern, Wiederkäuern, Schweinen. Alle Thiere sind aber für das Contagium empfänglich.
21)nbsp; Ob er vielleicht die epizoolischen Sterblichkeiten mancher wilden Thiere, der Mäuse u. 8. w. bewirke, ob er sich unter günstigen Bedingun­gen auch in dem Menschen, in Carnivoren, unter Fischen entwickeln könne, müssen künftige Beobachtungen entscheiden.
22)nbsp; Eben so wenig kann noch darüber entschieden werden, ob manche Krankheiten andrer Thiere als Stellvertreter desselben betrachtet werden kön­nen. Für schlechtweg unmöglich dürfen aber diese letzteren Punkte nicht erklärt werden.
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1
Maehtrag
zu S. 36, S. 149. S. 223.
Ich bedanre wegen der Seltenheit der Schwedischen Zeitschriften in Deutschland folgende Schrift an den angegebenen Stellen übersehen zu haben:
213b. S. Billing über den Milzbrand. Srenzka Läkar e-S älls-kapets-Handliuger. Bd. XI. (1827).
Leider kenne ich sie auch jetzt noch nicht aus der Quelle, sondern nur aus der Anzeige: Med. chirur. Zeit. 1830. I. S.279.
Nach diesem Verf. sind es in Schweden vorzüglich die Proyinzen S chonen, S m aland, Westgothland^ Ostgothland, Gottland, Westmannland und Upland, wo der Milzbrand am häufigsten Torkömmt. Ein StrichLandes zwischen Christians tad undHelje soll schon von Alters her in dem Übeln Rufe stehen vom Milzbrande heimgesucht zu werden.
Im Sommer 1826 (wo Russland bekanntlich so viel von Milzbrand litt, weil der Sommer im Norden so ausserordentlich heiss war) brach die Seuche auch in verschiedenen Kirchspielen des nördlichen Theils von Upland aus. Sie erschien im Juni und endigte um die Mitte des Septembers. Sie war so heftig, dass man keine allgemeinen Sicherheitsmittel dagegen gebrauchen konnte, und raffte beinahe 300 Stück Pferde, Hornvieh, Schweine und Schaafe, so wie eine grosse Menge Federvieh weg. Unter den wilden Thieren wurden Hirsche und Wölfe von ihr befallen. Krähen und Elstern, die sich sonst in grosser Menge in jener Gegend aufhalten, wurden während der Zeit, als der Milz­brand daselbst herrschte, nicht gesehen. Die Krankheit zeigte sich unter zweierlei Formen, die eine war äusserst acut, die Thiere stürzten ganz un-vermuthet wie vom Schlage getroffen todt nieder; die andre verlief langsamer, dauerte 3, 5, 7 Tage oder noch länger, und es entstanden Carbnnkeln. Diese soll aber nach dem Verf. in Schweden nicht so häufig vorkommen, wie in den mehr südlich gelegenen Ländern. Er glaubt, dass die Krankheit in
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Upland in Folge der starken Hitze und Dürre des Sommers 1826 entstanden sey, indem das Gras auf den hoch gelegenen Theilen yerdorrte, und das Vieh gezwungen war sein Futter an den niedrig gelegenen Stellen zu suchen, woselbst es dann die Pflanzen mit Morast, faulenden Insecten, Schalthieren u. s. f. überzogen fand, die durch das Austrocknen des Wassers an diesen Stellen zurückgeblieben waren.
Zu S. 22.
116b. Bericht des Dr. Eusebius Yalli über die Krankheit Dalak und Kriccian genannt. Salzb. Med. chir. Z. 1804. Bd. III. S. 137. Ist hier aus Versehen ausgefallen. Vergleiche aber oben S. 354, wo das Wichtigste daraus mitgetheilt worden ist.
Zu S. 20 u. s. w.
Die oben S. 343 unvollständig citirten Schriften der beiden Jem in a bitte ich folgendermassen einzuschalten:
101b. Marc. Anton. Jemina de carbone sive carbunculo bovillo.
In: Tractat. de pleuritide etc. Monteregali. 1789. 190 b. Giambat. Jemina Memoria sul carbonchio borino neu'uomo.
In: Calendario georgico. 1824. Folgende Schrift ist mir unbekannt geblieben : 147 b. D e n t i s de Anthrace Specimen. Taurini 1814.
Zu S. 140.
lieber den Schweincmilzbrand in Frankreich in diesen Jahren, und na­mentlich 1806, ist mir erst während des Drucks dieser Schrift eine gute Beschreibung von Gelle, in dessen Pathologie bovine, zu Gesicht gekom­men. Ich habe später noch Veranlassung genommen, Einiges daraus mitzu-theilen.
Zu S. 34 u. S. 149.
Folgende beide Abhandlungen ron L e s s o n a sind mir erst nach dem Drucke dieser Schrift zugekommen.
204b. Lessona Osservazioni sopra una malattia di carattere perni-cioso, sviluppatasi nelle bestie bovine in molti luoghi e terri-torii delle provincie di Cuneo, di Saluzzo e di Mondovi nell' anno 1823. — Annali di Veterinaria di Torino. Vol. II. (.1839) p. 110. Ausgebreitete Milzbrandepizootie im Sommer des genannten Jahres. Be­sonders Bemerkenswerthes enthält die Beschreibung nicht, trotz ihrer Weit­schweifigkeit (sie läuft durch drei Jahrgänge dieser Zeitschrift).
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Mil
204c. Lessona delle affezioni flogoso-gangrenose carlunculari o car-
bonchiose. In derselben Zeitschrift, vol. IV. (1842). p. 224. Ebenfalls yon keiner grossen Bedeutung.
Zu S. 49.
319b. V. Giolo primitivo e yero uso della milza nel bue. Annali di Veterinaria di Torino, vol. III. (1842). p. 434,
Der Verfasser hält den Milzbrand für eine Milzentzündung. Er theilt die Section eines am Milzbrande gefallenen Ochsen mit, in welchem die Milz 27 Pfund wog!
Zu S. 82.
349b. Allessandro Andreis Studj pratici intorno alia febbre perni-ciosa cquina alia zoppina Lombarda al cancro rolante. Milano 184ß. 12.
Ich bedaure aufrichtig, diese paar Blätter eines alten erfahrenen Thier-arztes so spät erst kennen gelernt zu baben. Er kennt vielleicht nicht die gesammten Milzbrandkrantheiten in ihrer Verwandtschaft, yielleicht nicht einmal die Uebereinkunft der von ihm beschriebenen Form mit andern Milz­brandformen des Pferdes; aber unter dem Namen Febbra perniciosa equina beschreibt er das Milzbrandfieber der Pferde, und ist einer der sehr wenigen, die dieselbe Ansicht von dem Wesen der Krankheit haben wie wir, er betrachtet sie als Intermittens perniciosa, und beweist die Rich­tigkeit seiner Ansicht durch die Erfahrung; er behandelt sie sehr glücklich mit China und Chinin in Verbindung mit Opium. Leider wird die Behand­lung nicht viele Nachahmer finden können, denn welcher Thierarzt wird 5 Unzen China und x/i Unze Opium in einer Flasche Wein für ein Pferd verschreiben dürfen! Wahrscheinlich wird man aber mit einigen Granen Ar­senik, oder ein paar Scrupeln, was zu ermitteln ist, eben so weit kommen?
Dass es übrigens Milzbrandfieber ist, was der Verf. beschreibt, zeigt folgender kurze Auszug: „Die pathognomischen Symptome sind folgende: geschwächte Sehkraft, die Hornhaut gelb gefärbt, kleiner leicht wegzudrücken­der Puls, abgestumpftes Empfindungsvermögen. Zu diesen Symptomen gesellen sich andre, welche ihr mit andern Krankheiten gemein sind: Schaum vordem Maule, Muskelzucken, Mangel an Trinklust oder Vermögen, das Thier steckt das Maul in das Wasser, trinkt aber nicht. Diese Symptome sind dem er­sten Stadio der Krankheit eigen, im weiteren Verlaufe wird das Pferd voll­kommen blind, der Puls wird unffihlbar, der Körper kalt, ganz unempfind­lich gegen Schläge. Es giebt ein sicheres Mittel sich zu überzeugen, ob das Pferd wirklich an febris perniciosa leidet; dieses besteht darin, dass man ihm einige Unzen Blut entzieht, fast in demselben Augenblick verschlech­tert sich das Thier, das entzogene Blut gerinnt nicht, sondern bleibt eine
Heusinger, Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; r |
.
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weiche, schwarze Gallerte. — In den wenigen Pferden, welche mir an diesem Fieber gestorben sind, fand ich bei der Section nur einige Blutüberfüllungen der Arachnoidca, einiges Swum in den Hirnhöhlen, und in dem Zellstoff unter der Haut eine dicke gallengelbe Flüssigkeit, durchaus kein Zeichen, was auf eine vorhanden gewesene Entzündung hin­gewiesen hätte. Dieser gelbe Stoff in dem Zellgewebe unter der Haut sollte die Aufmerksamkeit der Pathologen auf sich ziehen, weil er mir, in Ver­bindung mit andern Erscheinungen, auf die ich hier nicht eingehen kann, Veranlassung geben könnte, den Sitz der Krankheit im Gangliensysteine anzunehmen.quot;
Zu S. 674.
Ich bin leider einige Zeit im Rückstande mit den Ostindischen Journa­len, und besitze denn auch noch nicht den 8ten Band der Transactions of the medical Society at Bombay; in ihm befindet sich eine Abhandlung von Elijah Impey, welche beweist, dass auch der Elephant zu den Thieren gehört, welche am Milzbrand leiden und von denen der Mensch inficirt wird.
Die kurze Mittheilung aus dieser Abhandlung, welche sich in der London Medical Gazette, May 1849, befindet, ist die folgende: „Vier Personen, welche bei der Section eines Elephanten, der auf dem Marsche nach Poona den 29. März 1846 gestorben war, thätig gewesen waren, wur­den von Pustula maligna befallen. Es herrscht in Indien der Glaube, dass derjenige, welcher einen Elephanten secirt, an einer Krankheit leidet, welche periodisch alle zwölf Monate wiederkehrt*). Ob in dem vorliegenden Falle die bösen Folgen gewissen normalen Stoffen des Elephanten zuzu­schreiben waren, oder einem krankhaften Zustande gerade dieses Elephanten, konnte nicht ermittelt werden. Die sämmtlichen erwähnten Kranken ge­nassen nach 4 bis 5 Wochen. In keinem Falle hatte eine Verletzung der Haut stattgefunden, so dass man annehmen musste, es habe eine Absorp­tion durch die Haut stattgefunden.quot; Es lässt sich aus dieser Anzeige nicht viel schliessen, ich hoffe bald im Besitz der Quelle zu seyn.
*) Dass in der That auch in Europa diese sonderbare Erscheinung vorge­kommen ist, wurde oben erwähnt, und auf analoge Erscheinungen auf­merksam gemacht. Oben S. 706.
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Register der angeführten ^ehriftsteller*
(Die In Parenthese beigesetzten Zahlen beziehen sich auf die Nummern Im ersten Abschnitt ; die
übrigen auf die Blattseite).
Adam 683. Adami (61) 127, Adamowicz 159. 230. Adolph! 531. Alibert. Ambrosius 94. Ämmon 645. 729. Ampach (160. Ifil.) 350. 381. Ampsing 96. Ancelon 272. 375. 789. Andreae 539. Annesley 784. Armstrong 357. Ar-thaud (80). Ascherson 737. Audouin (23) 114. 505. Auerbaeh (313) 575. 598. Auteorietb 707. 711.
V. Baer 32. 228. Baertsch (62 b.). Bailly 323.375. Baiardini 340. Ballingall. Baraillon (74) 294. Barez (282) 402. 456. 566. Barrier 125. 2lt;8. Barth (270). Barth616my 454. 747. Bartlet 267. Basedow (255). Baun-scheid (346) 231. 502. Bayle (106) 320. 455. Beauvais 134. Becker (194) 471.476. Beling (147) 143. 495. Bell (323) 663. Belleroq 317. Belot(112) Benedict 774. Bennet 707. Bergierenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Bergmann (29).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Bertia
(41) 123. 422. 594. Bertonye 120. Beyerstein (32) 125. Bidault de Villiers (219 b.) 405. 414. 422. Bidder 4J1. 495. Biett 732. Billing (213 b.) Biörlund (32). Blascbke 300. 743. Blaser 345. 62fi. Boggle. Boeckel (275). Bojanus (159) 212. 449. 609. Boizot (338) 294. Bonaccioli (318) 883. 469. Boncerfnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Bongard (266). Bordenave (38).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Borel 805.
404. Borneuiann (69). Bottaul 146. Bouley 692. ßourgelat (36) 115. 629. Bouwinghausen (84). Boyer 403. 404. 663. Brazier 295. Bredin 494. Brencky (141) 141. Brieude 313. Brockmüller (265) 313. Brooke 149. 527. Brugnone (43. 63.) 128 608. Brunn 216. Buechner 103. Buisson (327) 485. 620. BunSe (157). Busch (234) 409.
Caffort 310. Camper 265. Capello 337. Carganico (277) 395. 400. 411. 424. 577. 584. 602. Carron (156) 314. Castella 346. 388. 435. Cauues (211) 307. 309. 310. Celle 705 Cliabcrt (50. 58) 385. 424. 415. 446. 654. 665) 679. Chambon (47) 386. Charlier (322) 274. 386. 415. Chatenet (110). Chaussicr (64) 388. 456. 678. Chevalier (343) 452. 576. Chisholm 131.368. 639. 465. ' Cbodowitzky (237). Chopart 599. Christison 70-1. Classen. (217). Clementz (274) 228. 457. 579. 587 591.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Clichy (213).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Clo-
quet (67). Codet 26.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Coleman 728. Costa (317) 437. Cramer (300)
567 Cruelnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Cruzel (278) 300. 635. Cummins 433.
Dangers (105). Daunt 359. Davy de la Chevrie (119). Delafond (321). 277. 394 415. 439. 415. 490. 703. Delourmel 778. Denos 433. Desbassyns Desplas (72) 40;gt;. 411. 441. Dessalles 366. Dessasix (3). Devillaine 618. 631.637. Devergie702. Dickson 363. Didry (180). Ditmer (193) 413. Donath (299). Dressler (288). 164. 382.417.464.488.642. Duhamel 116. 120.461. 470. Dupuy (212) 302. 375. Duroi (55). Dussausoi (70) 427. Duverdier (292) 181. Duvivier 576.
Eandi 343. Eberhard (233). Ebrard.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Egau 388. 4S7. Eilert. 448. 453.
Ellisen (127). Enaux (64) 5Sd. Engel 104. Erdmann(]87. 188. 189.) 563. Erues (333). Escobar 120. Evrard (319) 629.Ewerts (220. 221).
Kaber 434 Fabricius.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Falk 121. 206. 211. 486. Fantinl.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Fauvet 433.
Felix (214.) 149. 300. Fischer 106. 575. Flandrin (57) 283. Flaubert. Flormann (73). Foddre 343. Folchi 771. Forry 362. Fougeroux486. Four-nier (39. 40.) 404. 434. Fracastoro 96. Frank Jos. 230. 733. Frank Pet. 434 733. 777. v. Franque 380. 489. 5U5. 794. Frey (269) 347. 661. Fricke 736. Friedenreich (351).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Frilsch (261).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fuchs (194).
Gandolfi (123 a.) 133. 139. Gasparin (178) 281. 420. 645. 652. Gattiker 654. Gaullet 462. 463. Gautier (143). Gebier 204. Geisbüsch (306) 423. 430. 606. Olie 660. 765. Gelpke (250). Gendrin 580. 602. 736. Gensel 101. Georgi 124. 203 Gerardin (120.).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Gerlach (337) 238. 387. 389.
392. 395. 405. 410. 415. 453 193. 497. Gerold (350). 237. Gervy (81). Gilbert (88. 89) 137. 411. 416 462. 463. Ginoux (334) 323. 658. Giolo (236). Girard Gissler 114.641. Glaustrom (190) 228. 391. 395.451. 591 593. Glaser (45)105.107.128. Gmeliu 202. Godcfroy 684. Goiiicr (113) 140. 441. üon-
51*
,
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804
tard (37). Good 526. Gourand S27. 775. Graff (170) S62. Grail 706. Granier.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Graut.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Graves 731. Gregoire 778. Gre^orius Turon 94.
Greese (273) 459. 590. Grense (298). Grere (154) 408. 446. 453. 461. 505. 634. 677. 729 Grisolles 785. Grognier.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Gualandri (92) 3U. 583.
470 Giiusburg 737 Günther (265). Guillaume 292. Gumbleton-Daunt (333). Guy vou Cliauliac 723. 725. Guyot.
Haartmann (24. 25. 26. 27.) 111. 222. 401. 406. 442. 489. Habertnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hablizl
(53)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hameley (93). Hamon 525.655. 660. Hamont 355.638. Hancke
(221) 230. Hardouin 310. Hartley 362. Haseuest (21). Haspel 771. Haubner (342) 530. 643 647. Haupt (345) 141. 143 147 212. 390. 451. 488. 490. 563. 582. 611. 613. Hausbrand (287) 458. 466 Havemaun (94). Hecker 473. Heilbrouu (150).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Heim (98. 99. 100. 101.) 128. 521.
Heine II (256 ) 447. 594. 465. Heine 225. Helmer 413. 428. Heibig (206) 421. 442. 456. 5S5. 465. Held (283).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Hanneu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Herbst P. G (301)
245 391. 457. 4f)8. Herbst 5)5. Hering 646. 658. Herrmann 219. Herpin (279) 293. 449. Herrera (2). Hertwig 492. 747. Hervez de Chegoin 573. 721. Heuroth (126). Heyer (340). Hildebrand (320) 238. 386. 400. 495. Hillary 367. Hintermeyer (344) 251. 449. 496. 638. Högström 219. Höpfuer (68) 134. 429. Hochmeyer (165). Hoffmann J. F. (207. 208. 209. 210) 391. 395. 418. 478. 487. 564. 575. Hoffmann L. G. (163). Hoffmann M. F. (231) 459. Homer 94. Hopf (146) 504. Houben (225). Howel (331) 621. Hughes 367. 462. Hübner (326.) 416. Hufeland 564. Hunnius (166) 227. 449 57raquo;. 592. 593. Hurtrel d' Arboval 409. 449. 505. 646. 651. 667. Hupel 114. 226. Huzard 126.
Jaeueke (193) 439 Jaenike (347). Iberlisle 405. 739. Jemina G. (I90b ) Jemina M. A. (101b.) Jenuer 728. Jessetf^äO. 225. 389. 683. Ilmoui 221. Josephu. Ithen (254).
Kahlert. Kalm (17). Kaltschmid (310) Kausch. (77. 78. 79.) 136. 379. 627. 634. Kercheval (162) 360. 589. Kessel (140) 143. 456. Keutel (328) Kirchner Atban. Kirchner (341). Koch 732. Kölpin (97). Kör­ber (349) 249. 497. 503. 618. 671. Koller (339). Kopp (137. 138. 139). 144. 38traquo;. 392. 410. 427. 449. 455. 581. 725.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Koschny (287% Koltmann
(151). Krahn (205).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Kratkoje (103).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krebel (329).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Kren-
müller 351. Krombbolz 701. Krysinsky (185). Kühn 747. Kühne 1 58 Kühlbrand 783. Kuthy 351. Kzean (312) 176 461. 6(i0.
Labat 364. 706. Lacroix (89). Lafore 492. 530. 622. 628. 631. 692. La-merville 292. Lange (193). Lange 434. Langhans. Lapousse (239). Lappe (134) 414. 441. 528 635. Larrey (145) 399. 450. 455. 506. 562. 587. Laubender (153) 137. 252. 410. 414. 435. 447. 453. 490. 616. 620. 634. Lau-zeral. Lea (lfi8). Ledebour 209. 388. Lecm Leitner (141b.). Leg-uer (152) 145. 437. Lerche 106. Le Roi (55) 324. Le Koi (34). Lesso-na (204). Levacher 366. Levin (305). Leviseur 418. 423 Leutwei-ler 347. 660. Liman (287). Linn6 220. Lösch (285). Lohmeyer (155) 141 Loretz 460 Lorinser (272) 421. 430. Lowak (308. 309) 169. 488. Luciano (232). Ludwig (194). Lüpke 460. 674. Lux 436.
M'Call (l(i9J 363. Madier 306. Maillot 780. Majocchi (91) 426. 452.470. Ma-lacarne (104) 382. 392. 418. 421. 636. Maliugi6 284. Marchand (251) 497. 499 Marc*raquo; 784. Marchetti 339. Marino 375. Marmora 328. Martins 359. Malthy (107) 448. 594. Maurer (136) 144 465. Mccke (264). Meier (172. 287) 576 Mellado (186) Meuis 339. Mercier 491. 695. Metaxa L (293. 294. 295) 337. 375 505. 667. 682. Metaxa T. (296) 375. Metzger (118 h.) 235.441.492 Meurer (4). Meyer (316) 421.479. Meyer 271. Meyer 209. Michelangelo 335 Miglia 397. 441. Millet 295. Milleter (10). 351. Milliau(181) Älisley (122b.) 139. Monraneda y Molina (9). Mont6ls (44). Montens (116). Monticelli. Morand 464. 732. Moreau de St. Mery 123. 372 Morici 329. 375. 775. Morton 732. Mousis 410. Moses 93. Mühlen-pfordt. 360. Müller (194). Muratori.
Naumann. Neff 133. Nepple 770. 784. Nicolai (258) 566 Nicolau (35) 117 Niederhuber (85). Niemann 453. 497. Nöldecben 458, Notarianni 783. 793. Nüsken. Numau (251) 497. 499.
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805
Odhelius 124. 223. 397. 466. Odoardi 341. Or us. Orlandi 135. Outhovius 97. Ovidius 94.
Pallas (51) 208. 425. 455. 581. Paris. Faulet (42) 124. Peret 410. 4J0. Peli-zaeus (314) 468. Petersohn (83). Petit (82) 134 314. 443. 444. 528 Pe-triui. Plielsum (62) 420. Pliilippe 658. Phoebus 701. Piso 359. Placide-Justin 123. Plauclion 732 Plank 148. Plenciz. Pliuius 309. Plouquet (71) Pokrowsky (330) 205. 468. Pradal (183. 198. 200. 202. 253. 280) laquo;72. Priuz 528. 795. Pruner 356. 638. Pucciuotti 149. 338. 733. 771. 793.
Uuiifdiies (12).
Uamazziui. Rame 404. Rau (271). Raudot -397. 477. Rayer 388. 605. Rrtcaudot 371. Regnier (224) 383 403. 487. 585. 469. Rebm 569. Reil (2(i5). Reinfeld 230. Reiubold 780. Reiter (95)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Remer (148).
Renault 440 453. 752. Renaudin (276) 569. Render 359. Renovanz (54) 203. 493. Retz 299. Rey (199. 201. 252). Reydellet 477. Reynier (33) 114. Ribbe (142). Richter (164) £61. Ricou (96) 345. 434. Rijksen (197). Rijnders (217. 218). Riualdini 340. Rinne (128) 456. Ritseber (286). Roche-Lubin (267. 268) 153. 301. 434. 462. Römer 424. 658. Rö-laquo;er. RoloiT (265). Rosen (15). Rosenbergcr (194). Rougieux 675. Roupp (195). Routier 771. Rudolph (167). Rufz. Ruprecht 397. 444. 477. Rychner 185. 728. Sagar 121. Sail ion 775. Salvagnoli-Marcbetti 786. Sanctus Severus 91. San-son 606. Santin (184). Sarget (291) 311. Sauberg 174. 178. Saucerotte (49) 419 588. Saussol (179. 183). Sauvages 103 Scbädler (235) 141 Schäfer(102 b.) Schäffer (149). Scheltema (226)265. Schenk (284) Scheuchzer 13)104. 440. 685. Schilling (175). Schlegel 420. Schmiedel 108. Schmidt (219) 575. Schöngen 17*.' i06. 502. Schrader (222) Schraud (118 a.) 351. Schmeck 101. Schröder (228) 383. 895. 402. 450. 588- 469. Schubert (196). Schürmayr (241). Schütz P. 217. Schütz Th. 218.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Schwab
(130. 131) 378. 397. 439 452. 462. 464. Schwabe (303. 304) 450. 455. Seg-raain (335) 369. 520. Seidler (315) 465. Seiler (132) 143. 487. Seneca 94. Severinus 97. Siedrer (302) 244. 391. 452. 457. 469. 473 Sigaud 359. 786. Silva y Olivera 3. 26 Simpson (170 b.). Sims 725. Smith 358. Snellmann (28). Solander (30) 220. 581. Spangenberg 95. Spinola 668. Spooner. Stadiin 347. Stahmann (307) 245. Stegmann 684. Steifcusand 261. Steiumüller 348. Steller 202. Steubing 99. Stohler. 347. Stricker 428. Strömberg. Struve (117). Stumpf (194). Tait 526. Tarn 121. Tarrozzi 720. Tessier (56. 114.) 278. 283 302. 487. 618. Testas (102.). Teuffei (144). Textor 103. Thär (239.260) 145. 564. 576. Thierfelder 771. Thomas 417. Thomassin (46. 48) 295. 388. 456. 677. Thornton 357. Tissot (191 ) Tobel (324.). Tobler 796. Toggia (115. 116) 342. 506. 665. 672. Toisy. Tolnay 671. Tommasini 777. Tom­balle ^225.) Tossi a Serra (1.). Troilo (5.) Trümpy. Tscheulin (129.) 257. 393. 502. Turchetti (297) 339.436. Turk (182.) Twining 769. Uden 138. 203.
Valenciennes 685. Vallenzaska 342 494. Valli (116 b.) 334. 449. 492. S25.582. Vallisneri (11) 350. Valvasor. Vergnies (289.) 742. Viborg 527.7!.'4. Vix462. Vicq. d' Azvr (42). Villa Escusa (59). Villeneuve 322. Virgilius 94. Viricel 477.597. Voigt (18. 20 ) 108. Vogel 746. A'olpi 130. Wagelmans (240.) 267. Wagenfeld 646 Wagner 400. 598. Wagner P. C. L. (19.) 108. Wagner P. (22.). Walch 676. Waldinger 527. 794. Walker 270. Walser 97. Walz (109.) 138. 446. 452. Waser (229) 412. 424 478. Weber (281 ). Weier. Weikard. Wendroth (290.) 243. 396. 448. 450. 455 464. 500. 507. 565. Werlhof 732. 773. Wetz. Wibmer 704 Wilde. Will (65) 135. 407. Williams 724. Winkler (257). Winkler98.412. 507. Winterlhaler 473. Wirtgen (192 a.) 417. 667. Witke (287) 388. 437. Witt 353. 787. Wikes 95. Wlassof (52) 205. Wöhler (121). Wolff (135) 424. Worlook 9. 371. Wrangell 205. Vouatt 268. Young. Yvart (215). Zandt (32) 125. Ziegenbein 156. 495. Ziegler (193. 191) 447. 677.
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Dnickfelilei*.
Bei der Entfernung des Druckorts habe ich nur circa die ersten 20 Bogen nachsehen können, die daher auch im Allgemeinen correct gedruckt sind: die letzten Bogen sind es auch wieder grösstentheils; dagegen haben sich leider in den mittlernnbsp; Bogen eine grosse Anzahl Druckfehler eingeschlichen Die leicht erkennbaren typographischen wolle man entschuldigen, folgende sinnent­stellende Fehlernbsp; bitte ich aber vor dem Lesen zu corrigiren.
S. 13 Z. il anstatt: Mihkrankheiten lies Milzbrandkrankb eit en.
—nbsp; nbsp; nbsp;41 — 17nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Bassedow 1, Basedow.
—nbsp; nbsp; 49 — 27nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1812 1. 1842.
—nbsp; nbsp; 97 — 13nbsp; nbsp; nbsp;'—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Uaiamp;a/oyt] XovtaJij; 1. Hatifayyoyij Xoiumönc.
—nbsp; nbsp;147 — 31nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Antrakoiden- I. Anthrakoiden-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; quot;#9632; •nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;er i
—nbsp; 183 — 14nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Prunn I. Prüm.
—nbsp; nbsp;193 — 37nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Zunijenan- 1. Zungenantbrax und An-
—nbsp; U03 — 32nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ***) 1. )
—nbsp; 'iül — 37nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Pobrowsy I. Fobrowsky.
—--------38nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Nord-Saissau l. Nor-Saissan.
—nbsp; 238 — 30nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Nur 1. Nun.
—nbsp; 377 — 19nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Kalksteine I. Kalkerde.
—nbsp; 283 — 26nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Uebel I. Nebel.
—nbsp; 294 — 18nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Mitvre 1. Nievre.
—nbsp; 296 — 11nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Topf I. Kopf.
—nbsp; S97 — 19nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Morelats I. Morelots
—nbsp; 298 — 38nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; den Thieren I. den Menschen und Milzbrand unter den Thieren.
—nbsp; 300 — 26nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; die I. die Picote.
—nbsp; 301 — 3nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ***) I. *).
—--------36nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Atlieologie i. Aetiologie.
—--------39nbsp; nbsp; nbsp; _nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; *) |. **•).
—nbsp; 302 — 6nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; übrigen I. übrigen Thieren. —--------41nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Frank 1861 I. Franc. 1801.
—nbsp; 303 — 15nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Schafen I. Schafen findet.
—nbsp; 305 — 10nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; racornissent I. racornissement.
—nbsp; 307 — 8nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; to 1. es.
—nbsp; nbsp; — — 18nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Cannes l. Caunes.
—nbsp; 308 — 24nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Födns I. Ffitns.
—nbsp; 309 — 5nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Asphixie I. Asphyxie.
—nbsp; nbsp; —--------nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Schafstätte I. Schafställe.
—nbsp; nbsp; — — 29nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Cannes I. Cannes.
—nbsp; 310 — 7nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Castras I. Castres.
—nbsp; nbsp; — — 12nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; längst berücksichtigt 1. längst berüchtigt.
—nbsp; nbsp; — — 18nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Cannes 1. Caunes.
—nbsp; nbsp; — — 31nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nannte 1. kannte.
—nbsp; nbsp; — — 39nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; reventi I. reverti.
—nbsp; 311 — 2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Kinder I. Rinder.
—nbsp; 313 — 2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; blank I. blanc.
—nbsp; nbsp;314 — 28nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Paisson I. Paillason.
—nbsp; nbsp; — — 38nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; renouvellent 1. se renouvellent.
—nbsp; 316 — Stnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; übrichens I. übrigens.
—nbsp; nbsp; — — 30nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; polipösen I. polyposen (u. so mehrmals).
—nbsp; 319 — 23nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Barrrnx 1. Barranx.
—nbsp; nbsp; — — 33nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Champsaur I. du Champsanr.
—nbsp; nbsp;322 — 34nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Artes 1. Arles.
—nbsp; nbsp;323 — 3nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Antrax I. Anthrax.
—nbsp; nbsp; — — 38nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Provence 1. der Provence.
—nbsp; nbsp;324 — 9nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Guiterme Bocoles I. Guilermo Bowles.
—nbsp; nbsp; nbsp;— — 35nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Escabor 1. Escobar.
—nbsp; nbsp; nbsp;— — 37nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Joterizia 1. leterizia.
—nbsp; 325 — 26nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Colnmbra 1. Coimbra. _--------29nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fruxillo I. Truxillo.
—nbsp; 327 — 3nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; und I. schrieben und. _ _ __ 7nbsp; nbsp; nbsp; __nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ***) I. *).
—nbsp; nbsp; — — 35nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Guerolt 1. Gut'roult.
—nbsp; 330 — 40nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Incorrgimento 1. Incorraggimento.
—nbsp; 331 — 32nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Marimosci 1. Marinosci.
—nbsp; 332 — 36nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; d' I. del.
—nbsp; nbsp;333 — 7nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Toggla 1. Foggia.
—nbsp; nbsp; nbsp;— — 14nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Cognazzl 1. Cagnazii, -------23nbsp; nbsp; nbsp;lt;Jnbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Pagliraquo; I. Pusüa.
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807
S. 333 Z. S6nbsp; anslall: Pano lies Faro.
nbsp; — — 34nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;appanto 1. appnnto,
nbsp; — — 41nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;sano 1. sono.
—nbsp; 334 — 16nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Nolizjahre 1. Nothjahre.
—nbsp; nbsp; — — 34nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Daurien 1. Dannien.
—nbsp; nbsp; — — 36nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Cognazzi 1. Cagnazzi.
—nbsp; 336 — 1nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Abrozzo 1. Abruzzo.
—nbsp; 338 — SInbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1'ucciuatti 1. Puceinottl.
—nbsp; nbsp; — — 33nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Comacchis 1. Comacchio.
—nbsp; 339 _ 4nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;24—35—36—28 1. 34—35—36—37; 28.
—nbsp; nbsp; _ — 39nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Postula I. Pustula.
—nbsp; 341 — 25nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Qualandri I. Gualandrl.
—nbsp; 342 — 25nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Castale I. Casale.
—nbsp; 346 — 15nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Castell'i 1, Caslella's.
—nbsp; 350 — 11nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ampoch I. Ampach.
—nbsp; 353 — 26nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Anthraxoiden I. Anthrakotden.
—nbsp; 355 — 36nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;gangrenosa I. gangraenoaa.
—nbsp; nbsp; — — 39nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;muratori I. Muratori,
—nbsp; 356 — 11nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Frnnners I. Pruiurs.
—nbsp; 357 — 10nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ställe I, Stellen.
—--------16nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;SchiBch 1. Schilfich.
—nbsp; nbsp; — — 27nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Maljaches I. Malgachea.
—nbsp; 358 - 15nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;*) I. **).
—nbsp; 362 — 14nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;gangrflse 1. gangränöse.
—nbsp; 365 — 38nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;*) I. **).
—nbsp; nbsp; — — 39nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Unamee l.Unanne.
—nbsp; 369 — 19nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Thyphuraquo; 1. Typhus (und so mehr).
—nbsp; 373 — 8nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Brenne, in Italien 1. Brenne; in Italien.
—nbsp; 374 — 10nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(Solander) 1. Lappland (Solander).
—nbsp; nbsp; — — 17nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Athmosphäre 1. Atmosphäre (u. s. in.) __ 3S7 — 22nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Antrax 1. Anthrax.
—nbsp; 390 — 21nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;S. B. Kopp 8, I. S. I. B. Kopp a. a. 0.
—nbsp; 394 — 2nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;einfacher I. erfahrner.
—nbsp; 405 — 6nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Antroxoiden 1. Anthrakotden. _ 408 — 28nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;zu enthalten I. enthalten.
—nbsp; nbsp; — — 31nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;unbegründetsten I. unbegründeten.
—nbsp; 412 — 29nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;*) I. *#9830;*).
_-------37nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;XIIV I. XUV.
—-------38nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;*) I. **).
_-------39nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;*) I. *#9830;*).
—nbsp; 414 — laquo;20nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ratzen I. Katzen.
—nbsp; 415 — 40nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;S. I. L.
—nbsp; 416 — ]inbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Brougeais 1. Bronageais.
—nbsp; 417 — 4nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Drechsler I. Dressler.
—nbsp; 418 — 39nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Cargamico I. Carganico.
—nbsp; 421 — 17nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;pellum I. pellem.
__ 423 __ 3nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Fleisch I. Stück Fleisch.
—nbsp; nbsp; — — 40nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Geisbisch 1. Geisbüsch.
—nbsp; 424 — 28nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;auch I. auf.
—nbsp; 430 — 30nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;möglich 1. nicht möglich.
—nbsp; 432 — 3nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;bis I. bei.
—nbsp; 433 — 7nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Commins I. Cummins.
—nbsp; nbsp; — — 18nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;beweisen 1. beweisend.
—nbsp; 439 — 20nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;fünften 1. am fünften.
—nbsp; 441 — 2nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Thatsache I. Thatsacbe anf.
—nbsp; 442 — 22nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;***) I. *).
—nbsp; nbsp; — — 24nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ensqne 1. eousqne.
—nbsp; nbsp;— — 28nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;puoros 1. pueros.
—nbsp; nbsp; — — 29nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;sanquine 1. sanguine.
—nbsp; nbsp; — — 36nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;pervennisset I. pervenisset. _ — — 39nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;aliquod I. aliquot.
__ 445 — 4nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hoffmann und Sohn 1, Hoffmann der Sohn.
—nbsp; nbsp; — — 28nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Hantinfectionen I. Hautaffectionen.
—nbsp; 447 — S3nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;inficirten I. infieirten sich
—nbsp; 449 — S3nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Herb in I. Her pin. mm 451 — 13nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; abusi 1. abusnl.
_ — — 33nbsp; nbsp; nbsp;_nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wenderth I. Wendroth.
—nbsp; 453 — 17nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;er 1. er in.
_ 460 — 29nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Augenlied I. Augenlid (n. s. m )
—nbsp; 462 — 12nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lublin I. Lnbin.
—nbsp; 465 — 20nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Malacorne I. Malacarne.
—nbsp; 476 — 13nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Chlorkalkbrän 1. Chlorkalkbrei.
—nbsp; 477 — 37nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Randot 1. Raudot.
—nbsp; 484 — 16nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;athmosphärischen 1. atmosphärischen (u. s. m.)
—nbsp; 493 — 83nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Effcctiven 1. KfTluvien.
—nbsp; 505 — 6nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Audoin 1. Audonin.
—nbsp; B13 — 8nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Milzbräune 1. Milzbrandbränne.
—nbsp; 517 — 30nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;syrntomatlscher 1. symptomatischer (n. I. m.)
—nbsp; 616 — 9nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Torfar- 1. Forfar.
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—nbsp; 529 — 38nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;malatll 1. malattle.
—nbsp; 532 — 8nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;gaDgrfise 1. gangränfise. -T- 534 — 29nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Bayer I. Rayer.
—nbsp; 538 — 16nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;astenisches 1. asthenischea,
—nbsp; nbsp; — — 29nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;haben 1. zu haben.
—nbsp; 539 — 2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ßooßiovos l' ßovßiovos-
—nbsp; 543 — 7nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;exante • l. exanthe •
—nbsp; 545 — 13nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;trauen 1. tronco.
—nbsp; nbsp; — — 14nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;die questi mecidiale I. di qnesti micidialt.
—nbsp; 541 — 36nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Brognone 1. Brognone.
—nbsp; 550 — 24nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Sanberg 1. Sauberg.
—nbsp; 554 — lt;i8nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;starre 1. starke.
—nbsp; nbsp; — — 41nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Sponer I. Spooner.
—nbsp; 561 — 14nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Voraussetzung 1. Voraussetzungen.
—nbsp; 566 — 8nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;dass der 1. dass der Ausbruch der.
—nbsp; 571 — 39nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Farozzi I. Tarrozzi.
—nbsp; 585 — 31nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;sponde 1. sponte.
—nbsp; 589 — 13nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;become 1 became.
—nbsp; 597 — 20nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; 443 I. 472.
—nbsp; 598 — 29nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;sanquinis 1. sangulnia,
—nbsp; 599 — 5nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Chobart I. Chopart.
—nbsp; nbsp; — — 21nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;eines 1. seines.
—nbsp; nbsp; — — 24nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Barey !. Barez.
—nbsp; 600 — 12nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ce 1. ces.
—nbsp; 602 — 11nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;potent 1. point.
—nbsp; 612 — 30nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;berücksichtigt I. berüchtigt.
—nbsp; 617 — 29nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;W. Cassow 1. Wlassow.
—nbsp; 625 — 13nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Handlung I. Behandlung.
—nbsp; 628 — 9nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; Folmonera 1. Poimonera nera.
—nbsp; 630 — 1nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;gleicher I. gleicher Zeit.
—nbsp; 640 — 11nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Franreich I. Franken.
„ 643 — 14nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;periodischen 1. periodischen Anfälle.
—nbsp; 646 — 30nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wangenfeld I. Wagenfeld. _ 650 — 1tnbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;krampfhaft 1. krankhaft.
—nbsp; 660 — 8nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Antoin 1. Antoine.
—nbsp; 661 — 12nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Extremitäten 1. Excremente.
—nbsp; 667 — 37nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Heftigkeit I. Häufigkeit.
—nbsp; 675 — 24nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;soce I. soie.
—nbsp; 677 — 17nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;als I. also.
—nbsp; 693 — 12nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;eine 1. keine.
—nbsp; 696 — 9nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Lange I. Lunge.
—nbsp; 697 — 1nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ist, ist 1. enthalten ist, 1st.
—nbsp; 701 — 36nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;und willkühiliehen I. unwillkührlichen.
—nbsp; 711 — 33nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;MateriaUtoflt I. Malariastoff.
—nbsp; 735 — 34nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; Reseola 1. Roseola.
—nbsp; 743 — 13nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Archantelsk I. Archanlelsk.
—nbsp; 747 — 31nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ein l. eine.
—nbsp; 756 — 38nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Militari 1. Military.
—nbsp; 760 — 22nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Rappern l. Klappern.
—nbsp; 768 — 27nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Senai I. Senac.
laquo;— — — 38nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;entertropical clamada 1. entertroplca Clamada.
—nbsp; 77t — 23nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Milzbrandexanthem 1. Milzbrandexanthemen.
—nbsp; nbsp; — — 33nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;haemetica 1. haematemetica. —gt; 772 — 23nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;dann 1. denn.
—nbsp; 775 — 35nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Gonrand 1. Gonraud.
—nbsp; 776 — 36nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Rausch 1. Kansch.
—nbsp; 785 — 3nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Uebersehrift nicht abgesetzt, sondern nie B S. 777.
—nbsp; 795 — 3nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Schweden 1. Sachsen.
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