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BIBUOTHEEK UNIVERSITEIT UTRECHT
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Rothlauf des Schweines
— die Schweineseuche. —
Nach eigenen Beobachtungen und Untersuchungen
bearbeitet
Dr. Carsten Harms,
Baaptlehrer an der Königl. Tbierarzneischule zu Hannover.
: A
Hannover 1869.
Schmorl amp; von S!eefeld.
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Druck von Ph. C. Göhmnnn in Hannover.
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Der Rothlauf - Rose, Erysipelas des Schweines.
Als Rothlauf bezeichne ich diejenige Krankheit des Schweines, die alljährlich im Sommer seuchenartig auf­tritt und gewöhnlich einfach weg als „Schweineseuchequot; bezeichnet wird.
Am wenigsten bearbeitet von allen Hausthier-Krank-heiten sind die des Schweines. Es hat dies seinen Grund wohl zum Theil darin, dass die Untersuchung dieses Thicres, da es gewöhnlich am schlechtesten d. h. am schmutzigsten von allen Thieren gehalten wird, meistens mit starker Beschmutzung des Untersuchenden verbunden ist; grösstentheils jedoch wohl in dem Um­stände, dass die Untersuchung des Schweines stets mit grossen, mitunter sogar mit unüberwindlichen Schwie­rigkeiten verknüpft ist. Dieses Thier, das von Na­tur aus schon störrisch und widerspenstig ist, lebt ganz für sich allein oder höchstens in Gesellschaft mit einem oder einigen Collegen, so dass es sich fast in einem halbwilden Zustande befindet. Eine Ausnahme von dieser Regel sieht man nur bei kleinen Leuten, bei welchen die Schweine häufig ganz gezähmt, mitunter sogar förmlich dressirt sind. Dies sind indessen Aus-
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nahmen; der Regel nach sind die Schweine so wild, dass eine exacte Untersuchung derselben nur dann möglich ist, wenn ihnen, wie man zu sagen pflegt, der Tod schon auf der Lippe sitzt. — Dass man bemüht sein muss, das Thier zu beruhigen, versteht sich von selbst.
Man nimmt zunächst und zwar aus entsprechender Entfernung die Respiration in Zahl und Eigenthümlich-keit auf, nähert sich dann allmälig dem Thiere, sucht es, wenn nicht anders möglich, durch Kratzen mit der Hand oder mit einem etwas knorrigen Knittel, soweit zu besänftigen, dass die Pulsfrequenz bestimmt, sowie die Percussion und Auskultation ausgeführt werden kann. Ist dies geschehen, oder ist es einem unmöglich, damit zum Ziele zu gelangen, so macht man für die fernere Untersuchung wenig Umstände; man legt das Thier nie­der, lässt es festhalten, und setzt dann die Untersuchung fort. Genug, es sind die Umstände bei dem Sehweine häufig der Art, dass die Krankheitserscheinungen nicht gründlich aufgenommen werden können. Ich habe meiner Meinung nach hierauf ganz besonders aufmerksam machen müssen, weil einige der später folgenden Krankheits-Geschichten nicht ganz vollständig in den wesentlichen Erscheinungen sind.
Was von den Krankheiten des Schweines im Allge­meinen gesagt ist, das gilt ganz besonders auch von dem Rothlauf desselben; diese Krankheit ist zur Zeit noch nicht gründlich erforscht. Sie ist wahrscheinlich so alt, wie das Schwein selbst, und sollte dies am Ende auch nicht der Fall sein, so ist sie doch wohl so alt, wie der Milzbrand, mit dem man sie zusammengeworfen hat. Diese Confundirung von Rothlauf und Milzbrand hat wohl ausnahmslos stattgefunden bis gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts. Von dieser Zeit an finde ich eine Krankheitsform abgehandelt, welche dem Milzbrande nicht beigezählt wird und dem Rothlauf mehr oder weniger entspricht. Es hat sich das Krankheitsbild des Rothlaufs immer mehr und mehr vervollkommnet, jedoch ist man
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zum Abschlüsse über diese Krankheit noch nicht ge­kommen. Es wird nämlich noch stets neben dem Roth­lauf eine Milzbrandform unter dem Namen „Milzbrand-Rothlaufquot; aufgeführt, was nach meiner innigsten Ueber-zeugung falsch ist. Wenn auch einmal beim Milzbrand eine röthliche Hautfärbung auftritt, so ist damit keines­wegs der Rothlaufprocess ausgesprochen; ich bin sogar der festen Ueberzeugung, dass Rothlauf und Milzbrand sich gegenseitig ausschliessen. Der um die Thierheil-kunde so hoch verdiente Hauhner sagt in der fünften Auflage seiner landwirthschaftlichen Thierheilkunde, Seite 336: „Meine schon früher ausgesprochene Ansicht, dass der in rothen Flecken beginnende s. g. Rothlauf der Schweine nur höchst selten, vielleicht niemals Milz­brand ist, und sicher nicht in dem jährlich sich wieder­holenden, gewöhnlichen Auftreten, ohne gleichzeitiges Vorkommen des Milzbrandes bei anderen Thieren, findet immer weitere Bestätigung, und es ist wahrscheinlich der sect;. 247 aufgeführte Krankheitszustand als Milzbrandform ganz zu streichen.quot;
Es geht aus dem Angegebenen hervor, dass der Rothlauf des Schweines eine noch nicht gehörig er­forschte Krankheit ist, und daher Jeder, der da glaubt, zur Aufklärung derselben beitragen zu können, auch dazu verpflichtet ist. Dieses ist um so mehr der Fall, da diese Krankheit in manchen Gegenden alljährlich mehr Opfer fordert, als irgend eine andere Krankheit, ja mehr, als alle anderen Krankheiten zusammen, und gerade das ärmere Publicum verhältnissmässig am stärksten davon betroffen wird. -
Ich habe schon seit Jahren, jedoch namentlich in der letzten Zeit, diese Krankheit mit dem grössten In­teresse verfolgt; ich habe, soweit mir Grelegenheit wurde und die Zeit mir gestattete, Beobachtungen und Unter­suchungen angestellt, und bin dabei zu solchen Resul­taten gelangt, dass ich mich verpflichtet fühle, sie der Oeffentlichkeit zu übergeben, um so mehr, weil gerade in
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meiner Heimath, in Schleswig-Holstein, diese Krankheit sehr stark herrscht, und weil sie dort noch ziemlich allgemein für Milzbrand gehalten wird. Möchte, doch diese eine Thatsache die Königliehe Regierung veran­lassen, dort recht bald eine Aenderung in den thier-ärztlichen Verhältnissen eintreten zu lassen! Möchte sie auch dort recht bald, ähnlich wie in den alten Provin­zen, Departements- und Kreisthierärzte anstellen!
Ich bin bei meinen Beobachtungen und Untersuchun­gen möglichst gewissenhaft gewesen, ich habe mich be­strebt, stets unparteiisch zu sein; sollte dessen ungeachtet die Auffassung in_ einzelnen Theilen eine mangelhafte oder gar falsche sein, so möchte ich zu meiner Ent­schuldigung nochmals andeuten, dass die vorhandene Grundlage eine sehr schwache war.
Jedenfalls habe ich hierdurch zu einer weiteren Erforschung dieser Krankheit angeregt, so dass wir vielleicht nach und nach zu einer grösseren Sicherheit in der Behandlung gelangen; denn die pathologischen Veränderungen und der Verlauf sind bei dieser Krank­heit der Art, dass wir niemals Mittel finden werden, die sie unter jeder Bedingung heilen. Es muss daher, ähn­lich wie bei jeder anderen Krankheit, hier jedoch ganz besonders, unsere Forschung darauf gerichtet sein, eine geeignete Vorbauung zu finden.
Erscheinungen.
Die pathologischen Veränderungen sind beim Roth­lauf wesentlich stets dieselben, dessen ungeachtet sind die Erscheinungen während des Lebens manchen .Schwan­kungen unterworfen, da bald dieses Organ oder System, bald jenes besonders stark afficirt ist. Es ist folglich das Bild des Rothlaufs ein wechselndes, und deshalb werde ich, nachdem ich hier die verschiedenen Erschei­nungen der Reihe nach besprochen habe, in einer der
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später folgenden Abtheilungen besondere Kranklieits-formen des Rothlaufs aufstellen.
Das Fieber.
Bei der Untersuchung der Kranken ist stets eine Hauptaufgabe, festzustellen, ob Fieber vorhanden ist oder nicht, und wenn ein solches besteht, die Höhe des­selben zu ermitteln, weil man dadurch sofort einen An­haltspunkt für die augenblickliche Bedeutung des Lei­dens bekommt. Bei dem Rothlauf des Schweines ist stets Fieber vorhanden, jedoch in sehr wechselndem Grade; mitunter ist es kaum nachweisbar, gewöhnlich aber bedeutend oder sogar sehr bedeutend.
Der Habitus. Die Thiere sind äusserst matt und abgespannt, lassen den Schwanz mehr oder weniger schlaff herabhängen und verkriechen sich gern mit dem Kopfe in die Streu.
Der Puls. Ich kann leider nicht über die qualitative, sondern nur über die quantitative Beschaffenheit des Pulses berichten, da ich für diese Untersuchung stets den Herzschlag benutzt habe. Es ist sogar sehr häufig unmöglich, die Pulsfrequenz zu bestimmen, da dieses Thier, wenn es nicht sehr krank oder sehr zahm ist, durch die fortwährende Unruhe zu stark aufgeregt wird. Soviel habe ich indessen mit voller Bestimmtheit fest­stellen können, dass stets eine Beschleunigung und ge­wöhnlich eine sehr bedeutende des Pulses besteht. Ich habe den Puls auf 100 bis 180 gefunden. Die Puls­frequenz muss bei der Untersuchung ganz besonders be­rücksichtigt werden, da sie die Höhe der Krankheit an­zeigt; freilieh nicht so sicher, als die innere Körper­temperatur,
Die Secretion. Im Anfange der Krankheit sind ganz gewöhnlich alle Ausscheidungen unterdrückt; die Haut ist trocken, der Harn wird selten und jedesmal nur in sehr geringen Quantitäten entleert, der Mist ist nach dem Futter, was verabreicht worden ist, zu consistent,
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wird mitunter sogar in kleinen länglich-runden Kugeln abgesetzt. Die Ausscheidung durch die Haut und die Nieren bleibt während des ganzen Verlaufes der Krank­heit zu gering, wogegen die Ausscheidung im Darm-kanale vielfach im Verlaufe der Krankheit zunimmt, mit­unter in so bedeutender Weise, dass förmlich ein leichtes Laxiren eintritt. Nur eine Ausscheidung ist mitunter von vornherein vermehrt, nämlich die des Maulsecretes. Es ist keine ganz seltene Erscheinung, dass die Thiere — wegen bestehender Uebelkeit — fortwährend Kau­bewegungen mit den Kiefern machen und aus dem Maule speicheln.
Die Temperatur. In früherer Zeit wurde, wie bei jeder anderen Krankheit, so auch bei dieser nur die äussere Körpertemperatur berücksichtigt, jetzt dagegen ganz besonders die. innere. Die äussere Körpertempe­ratur ist stets ungleich vertheilt, im Allgemeinen erhöht und mitunter sogar in sehr bedeutender quot;Weise. Ich fand sie in einigen Fällen, wenn ich nur die Kugel des Thermometers ca. 6 bis 7 Minuten mit der Haut des Thieres in Berührung Hess und unter Ausschluss der Einwirkung des Sonnenlichtes; sowie der Wärme der Hand, auf 40,1 C. Sind Hautschwellungen deutlich sichtbar, so ist an diesen, soviel ich gefunden habe, die Temperatur stets höher, als an den anderen Hautstellen. Die innere Körpertemperatur steigt freilich niemals so bedeutend, als die äussere, doch ist deren Aufnahme viel wichtiger und von der grössten Wichtigkeit, weil sie uns auf das Sicherste den Grad, die Höhe der Krank­heit angiebt. Ich fand die Mastdarmtemperatur von 40,5 C. bis 43,4 C.
In dieser Beziehung muss ich jedoch ganz besonders auf1 das Verhalten der Temperatur in der Agonie bei dieser Krankheit aufmerksam machen^ ich habe gefunden, dass ein bedeutendes Sinken der Temperatur in dersel­ben eintritt. Nimmt man hierauf keine Rücksicht, so stellt man gar sehr leicht eine falsche Prognose.
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Für die Aufnahme der inneren Körpertemperatur muss ich fol­gende Punkte ganz besonders hervorheben:
1)nbsp; Man muss für ein richtiges Thermometer sorgen. Diese Bemer­kung erscheint am Ende den meisten Lesern überflüssig; ich habe indessen Erfahrungen gemacht, die mich zu derselben ver­anlassen und, wie ich denke, auch berechtigen. Die Thermome­ter, die ich zuerst — in Holland — benutzte, stimmten lange nicht überein mit denen, die ich später — auch beim Rothlauf — verwandt habe, obgleich sie sämmtlich von einem und demselben — hier renommirten — Händler bezogen worden waren. Ich habe, was ich mit gutem Gewissen versichern und nöthigenfalls durch Studirende der Anstalt bezeugen kann, eine Differenz von 0,8deg; C. gefunden. In der Wiener Medicinischen quot;Wochenschrift, Jahrgang 18, Nr. 53, habe ich eine ähnliche Bemerkung des Dr. Charles C. Prior in Bedford gefunden. Auch dieser fand die Thermometer sehr ungleich; von fünf Stück, die er längere Zelt verglich, fand er nie auch nur zwei derselben vollkommen gleich.
Ich führe dieses nur an, um darauf aufmerksam zu machen, dass man beim Ankaufe der Thermometer vorsichtig sein muss. Es empfiehlt sich ganz besonders, jedes neu angekaufte Thermo­meter sofort bei gesunden Thieren zu untersuchen, weil man sonst bei Kranken gar leicht zu Fehlschlüssen gelangt. Es haben daher, wie aus dem Vorbemerkten hervorgeht, die von mir später angeführten Temperaturgrade, obgleich sie mit einem und dem­selben Instrumente aufgenommen worden sind, auch nur einen relativen Werth; sie sind dessenungeachtet von der grössten Wichtigkeit, weil sie beweisen, dass die innere Körpertemperatur die Höhe des Leidens ganz bestimmt anzeigt, und ebenfalls dar-thun, einen wie grossen Einfluss ein geringes Mehr der Körper­temperatur auf den Krankheits-Verlauf ausübt.
2)nbsp; Das Instrument muss empfindlich sein, es muss leicht steigen.
3)nbsp; Für die Aufnahme der inneren Körpertemperatur können freilich verschiedene Stellen dienen; stets passend ist jedoch nur der Mastdarm und daher auch diese Stelle von mir benutzt worden.
4)nbsp; Das Instrument muss. immer bis zu einem bestimmten Punkte hineingeschoben werden, weil sonst bei verschiedenen Unter­suchungen Differenzen angezeigt werden, die am Ende gar nicht oder doch nicht in gegebener Grosse vorhanden sind. Beim Schweine und den anderen nutzbaren Haussäugethieren führe ich das Instrument bis auf den Theilstrich „25quot; ein. Steht der After vielleicht offen, dann allerdings weiter.
5)nbsp; Das Instrument muss so lange liegen bleiben bis das Quecksilber nicht mehr steigt; gewöhnlich ist eine Zeit von 3 bis 4 Minuten hierzu ausreichend.
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6)nbsp; Der Mastdarm muss leer sein. Ist er mit Faeealmassen gefüllt, so tritt ganz gewöhnlich eine Entleerung derselben ein, sobald man nur das Instrument eingeführt hat.
7)nbsp; Die Application des Instrumentes nehme ich mitunter beim stehen­den Sclrweine vor; kann jedoch vorsichtshalber gewöhnlich bei diesem Thiere erst geschehen, nachdem es niedergelegt worden ist.
Ich kann den Gebrauch des Thermometers bei dieser Krankheit nicht genug empfehlen, weil das den sichersten Anhaltspunkt für die Prognose liefert. Ich bin zu Schwei­nen gekommen, die bei der blossen Besichtigung wenig erkrankt zu sein schienen, die dabei aber schon eine Temperatur von ^3,3 C. im Mastdarme hatten und auch bald nachher starben. Jedoch wird nicht allein die Prognose durch das Thermometer gesichert, sondern zum Theil auch die Diagnose. In zweifelhaften Fällen ist bei mir wenigstens sehr häufig die innere Körpertemperatur entscheidend gewesen.
Die nervösen Zufälle.
Diese zeigen sich beim Rothlauf des Schweines aus­nahmslos, jedoch nicht immer in quantitativ und quali­tativ gleicher Weise, was durch die verschiedenen Grade der Krankheit und dadurch bedingt ist, dass bald dieser, bald jener Theil der Centralorgane des Nervensystems besonders stark afticirt ist. Die nervösen Erscheinungen sind beim Eintritt der offenbaren Erkrankung schon vor­handen und halten sich während des Verlaufes derselben bis zur Höhe in ziemlich gleicher Stärke oder nehmen allmälig zu.
Die Schwäclie im Hintertheile. Diese Erscheinung fehlt beim Rothlaufe des Schweines niemals, sie ist das constanteste Symptom, von vornherein vorhanden, und daher für die Diagnose von der allergrössten Wichtig­keit. Wenn in der Zeit, wo der Rothlauf seuchenartig herrscht, ein krankes Schwein Schwäche in der Nach­hand zeigt, so ist dadurch schon der gegründete Ver­dacht auf das Bestehen des Rothlaufs ausgesprochen. Graduell tritt diese Erscheinung sehr verschieden auf;
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von einem leichten Schwanken in der Nachhand geht es stufenweise bis zum gänzlichen Unvermögen, das Hinter-theil erheben zu können.
Das Drehen im Kreise. Diese Erscheinung habe ich nur einige Male aufnehmen können. Solche Thiere stehen, soweit jetzt meine Beobachtungen reichen, in grosser Lebensgefahr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; lt;:.
Das Steigen und Bäumen. Diese Erscheinungen habe ich noch seltener gesehen, als die vorige. Die Thiere laufen stets geradeaus und fangen, sobald sie auf ein entsprechendes Hinderniss stossen, an zu steigen. Ein­mal sah ich, dass eip 3/4 Jahr altes Schwein dabei über eine Barriere von 4 Fuss Höhe hinwegsetzte.
Snhlummersvclü. Dieser Zustand ist mitunter in so bedeutendem Grade vorhanden, dass das Thier nicht nurnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; r,|
theilnahmlos gegen die Umgebung ist, sondern dass man es in jede beliebige Lage bringen kann, ohne dass es irgend einen Widerstand leistet.
Krämpfe. Diese habe ich beim Rothlauf nur einmal beobachtet; sie erstreckten sich nur auf die Kopfmuskeln.
Die gastrischen Zufälle.
Ich glaube, behaupten zu dürfen, dass gastrische Zufälle nicht nur von vornherein vorhanden, sondern meistens schon eher da sind, als der Besitzer Kenntniss von der Erkrankung des betreffenden Thieres erlangt hat. Ich habe nämlich bei Thieren^ die, ohne dass der Besitzer eine Erkrankung derselben wahrgenommen hatte, gestorben waren, die Schleimhaut des Darmkanales an verschiedenen Stellen schiefergrau gefärbt gefunden. Die Erscheinungen, die von diesem Systeme aus auftreten, sind von den früheren Beobachtern auch schon aufge­nommen, doch, wie mir scheint, nicht mit der gehörigen Präcision,
Der Appetit. Dieser ist vom Anfange der Krankheit an regelmässig vermindert und im weiteren Verlaufe viel­fach ganz aufgehoben, so dass dann nicht einmal Lecker-
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bissen aufgenommen werden. Dieser letzte Grad von Appetitlosigkeit ist jedoch nur dann vorhanden, wenn die Thiere bedeutend erkrankt sind.
Der Durst. Auch dieser ist regelmässig und ganz gewöhnlich bedeutend vermindert; die Sauflust bleibt in­dessen regelmässig länger bestehen, als die Fresslust, und nur wenn die Krankheit sehr heftig ist, schwindet sie ganz. Haben die Thiere noch etwas Durst, so neh­men sie am liebsten kühles, klares Wasser auf.
Uebelkeit Dieser Zustand besteht jedenfalls dann, wenn die Thiere, was gar nicht selten der Fall ist, fort­während die Kiefer bewegen und aus dem Maule spei­cheln; und da nun die pathologischen Veränderungen im Verdauungsschlauche wesentlich stets dieselben sind, so dürfen wir wohl annehmen, dass eine Uebelkeit stets vorhanden ist, jedoch in sehr verschiedenem Grade.
Erbrechen. Diese Erscheinung tritt allerdings nicht häufig, sondern nur ab und zu einmal auf, ist dessen­ungeachtet ein dieser Krankheit zukommendes Symptom. Dass für gewöhnlich Uebelkeit, Neigung zum Erbrechen vorliegt, selbst dann, wenn Speicheln aus dem Maule nicht besteht, beweist schon, wie mir scheint, der Umstand, dass nach Verabreichung leicht reizender Stoffe wirk­liches Erbrechen folgt.
Schmerz heim Druck auf die Bauchivandung. Dieses Symptom ist in der Literatur angegeben, und ich will das Vorhandensein derselben auch nicht im Mindesten be­zweifeln; denn die pathologischen Verhältnisse im Ver­dauungsschlauche beweisen, dass hier bedeutende Schmer­zen vorhanden sein müssen. Ich muss jedoch in dieser Beziehung bemerken, dass es mir wenigstens in einigen Fällen, wo ich hierauf speciell untersuchte, nicht möglich war, durch Druck auf die Bauchwandung Schmerzens^ äusserungen hervorzurufen.
Der Mist. Gewöhnlich ist der Mist nach dem Futter, was die Thiere erhalten haben, zu consistent, mitunter förmlich hart, zu kleinen länglich-runden Kugeln geformt
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und wird in zu kleinen Quantitäten und zu selten ent­leert. Grar nicht ganz jedoch ist der Mist von normaler, mitunter sogar von breiförmiger Consistenz. Letzteres habe ich gesehen, wenn die Leber sehr stark afficirt war. Die Farbe des Mistes ist ebenfalls nicht immer ganz gleich. Nach Hering — Sp. Pathologie, S. 285 — soll der Mist von schwarzer Farbe sein. Dies habe ich nie­mals gefunden. Ich habe aber wohl gesehen, dass, wenn die Thiere viel Grrünfutter aufgenommen hatten, der Mist auch durch die in ihm vorhandenen Pflanzenbestandtheile von grüner, selbst dunkelgrüner Farbe war. In recht vielen Fällen ist der Mist nach dem erhaltenen Futter zu hell, ja mitunter sogar lehmfarbig, womit der Sectionsbefund auch vollkommen übereinstimmt. Zuweilen ist der Mist von Schleim und abgestossenem Epithel umhüllt, und mitunter diese den Mist einhüllende Masse mit Blutstrie­men oder Blutcoagula durchsetzt.
Die pneumonischen Zufälle.
Solche sind regelmässig, jedoch in sehr verschiedenem Grade vorhanden. Es ist mitunter schwer, ein klares Bild darüber zu bekommen, weil bei der geringsten Auf­regung die Respiration so bedeutend steigt, und weil man nicht immer den Einfluss der Temperatur genau ermitteln kann.
Die erhöhte Respiration. Bei dem Rothlauf des Schwei­nes ist die Respiration regelmässig kurz und erhöht. Um zu einer möglichst richtigen Ansicht hierüber zu gelan­gen, muss man die Respiration aus der entsprechenden Entfernung aufnehmen und fernerhin die — gesunden — Kameraden berücksichtigen.
Die heisere Stimme, das Anschlagen der Luft im Kehl­kopfe. Diese Erscheinung ist mir nur einige Male vor­gekommen, dagegen von vielen Andern recht häufig be­obachtet worden. Immer erfordert diese Erscheinung unsere grösste Aufmerksamkeit.
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Der Husten. Diesen habe ich nicht häufig wahrge­nommen, wenn aber, so war er regelmässig unkräftig, keuchend.
Die Lungengeräusche. Feuchte Rasselgeräusche habe ich ein paar Mal bei rothlaufkranken Schweinen consta-tiren können. Ich muss hierbei ganz besonders hervor­heben, dass ich die Fälle, wo selbige nach dem Ein­schütten von Arznei in die Luftröhre entstanden waren, hier ausgeschlossen halte.
Die Affection der sichtbaren Schleimhäute.
Die Conjunctiva. Selbige ist regelmässig bräunlich roth. Diese Erscheinung ist constant, weshalb man dar­auf in zweifelhaften Fällen ebenfalls besonders Rück­sicht nehmen muss. Ich habe, wenn ich specielle Unter­suchungen anstellte, stets gefunden, dass, wenn ein Schwein eines Stalles am Rothlauf erkrankt war, die anderen Schweine desselben Stalles eine gleiche Färbung der Conjunctiva zeigten. Ja, ich habe sogar gefunden, dass wenn der Rothlauf seuchenartig herrschte, die Schweine solcher Stallungen, in denen zur Zeit noch kein Fall davon vorgekommen war, auch mitunter eine braunröth-#9632;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; liehe Färbung der Conjunctiva zeigten.
Die Maulschleimhaut ist von ähnlicher Farbe, wie die Conjunctiva.
Die Mastdarmschleimhaüt kann man freilich nicht immer, sondern nur zuweilen untersuchen. Wenn, wie es bei dieser Krankheit mitunter vorkommt, der Schliess-muskel des Afters erschlafft ist, so tritt die Schleimhaut des Rectums vor und erscheint dann dunkelroth.
Die Scheidenschleimhaut habe ich niemals stark ver­ändert gefunden.
Die Farhenänöerung in der äusseren Hant.
Die Röthung der äusseren Haut. Diese ist, wenn kein Pigment in der Haut vorhanden, ein constantes Symptom, ist jedoch nicht immer von vornherein vorhanden, son-
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dern tritt vielfach erst im Verlaufe der Krankheit, mit­unter sogar erst eben vor dem Tode oder während des Sterbens ein. Die ßöthung ist eine lichte oder inten­sive, sie kann ins Braune, Bläuliche, Violette übergehen und kommt in folgenden Formen vor:
1)nbsp; In Form von Flecken, die mehr oder weniger scharf begrenzt und von verschiedenem Umfange sind;
2)nbsp; als eine auslaufende, über kleinere oder grössere und verschiedene Körperpartieen verbreitete Röthung. Diese Röthung will ich hinfort, der Kürze wegen, die „diffuse Röthungquot; nennen;
3)nbsp; in Form einer diffusen Röthung, in der sich aber dunklere, mehr oder weniger scharf begrenzte, rundliche Flecke befinden.
Die Schwellung und anderweitige Affectionen der Haut.
Ausser der Röthung der Haut kommen beim Roth­laufe noch regelmässig andere Veränderungen dersel­ben vor.
Die Schivellung der Haut. Eine solche tritt regel­mässig, jedoch in verschiedenem Grade und in verschie­dener Form ein. Die Haut ist mitunter so schwach ge­schwellt , dass man diese Abänderung erst nach dem Tode feststellen kann, wenn man Einschnitte in dieselbe macht. Der Form nach sind die Schwellungen auslau­fend oder sie sind, jede für sich, mehr oder weniger scharf begrenzt und stellen die sogenannten Quaddeln dar.
Die Bläschen auf der Haut. Es tritt bei dieser Krankheit mitunter an kleinen begrenzten Stellen der Haut in Folge einer Transsudation von gelblicher oder blutiger Flüssigkeit eine Abhebung der oberen oder äusseren Schicht der Epidermis, resp. Bläsehenbildung ein. Diese Bläschen waren in den von mir gesehenen Fällen in ihrer Grosse ziemlich constant, in ihrer Zahl aber sehr wechselnd. Diese Form giebt, wie ich mehrfach beobachtet habe, Veranlassung zur Diagnose „Pocken­krankheit.quot;
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Die runden, scharf begrenzten Borken auf resp. in der Haut. Die vorhin -laquo;rwähnten Bläschen trocknen meistens in ca. 24 Stunden ein und hinterlassen dann 4—6 Linien im Durchmesser haltende, runde, scharf begrenzte, röth-liche oder bräunliche Stellen.
Die GescJnvilre in der Haut. Nicht immer ist der Verlauf der Bläsehen der ebenbemerkte, sondern mitunter bildet sich aus jedem Bläschen ein kleines Geschwür, wobei natürlich die Cutis in grösserer oder geringerer Tiefe afficirt ist. Es kommt auch vor, dass mehrere kleine Geschwüre zusammentreten und dann grössere Geschwürflächen darstellen.
Das Absterben von Hautstücken. Diese Erscheinung ist ganz gewiss eine sehr seltene. Selbst habe ich beob­achtet, dass an dem vorderen Theile des Kopfes Haut­stücke von 2—3 Zoll Länge und 1 — IVa Zoll Breite brandig abgestossen wurden; jedoch kann dieser Process auch an anderen Körperstellen und in grösserem Um­fange auftreten.
Die Oedeme in dem Bindegewebe unter der Haut.
Solche kommen sehr häufig und in sehr wechselnder Grosse vor. Ihre Erkennung ist selbstverständlich immer sehr leicht.
Das Absterben der Extremitäten.
Dieses habe ich nur ein paar Mal gesehen und es betraf stets die Ohren und den Schwanz. Die Ohren wurden welk, schrumpften, rollten sich auf und fielen bald ab. Auf ganz dieselbe Weise fällt nicht nur auch der Schwanz ab, sondern sollen sogar die Schenkel ver­loren gehen können.
Von der Epidermis wäre hier vielleicht noch anzu­führen, dass ihre Zellen stets schöne Pilzformationen enthalten.
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Die Yeranderimg des Blutes.
Da es mir niemals um eine Blutverminclerung des Körpers zu thun war, sondern nur darum, etwas Blut zur Untersuchung zu haben, so gewann ich es mir stets auf die Weise, dass ein kleines Stückehen vom Schwänze oder von dem einen Ohre abgeschnitten wurde. Das so gewonnene Blut, das also aus einem Gemisch von arte­riellem und venösem Blut besteht, ist regelmässig von hellrother Farbe, gerinnt bald zu einem festen Kuchen, der schon in einigen Stunden röthlich gefärbtes Serum ausscheidet. Bei der mikroskopischen Untersuchung des Aderlassblutes finden sich ganz und gar die Verhältnisse, wie ich sie später bei den Sectionserscheinungen angeben werde.
In Fällen, wo die Diagnose zweifelhaft ist, kann ich empfehlen, das Blut und die Epidermiszellen zu unter­suchen.
Leichenerscheinimgen.
Die Erscheinungen, die man nach dem Tode findet, sind wesentlich stets gleich, graduell jedoch sehr ver­schieden. Im Allgemeinen findet man die Erscheinungen der Irritation und Inflammation in schwachem, mittlerem oder sehr bedeutendem Grade. Werden die Schweine im Anfange der Krankheit geschlachtet oder sterben sie zu dieser Zeit durch irgend welche Zufälligkeiten, so sind die Erscheinungen geringer,_ als wenn der Tod auf der Höhe der Krankheit eintritt.
Die Todtenstarre. Diese tritt regelmässig ein, jedoch in sehr verschiedenem Grade; sie ist bald kaum nach­weisbar, bald dagegen sehr bedeutend. Ich glaube ge­funden zu haben, dass die Starre nach einem langsamen Verlaufe der Krankheit gewöhnlich schwächer ist, als nach einem raschen Verlaufe.
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Die Haut. Die Cutis ist an den Stellen, wo die Haut an der Oberfläche geröthet erscheint, regelmässig in ganzer Dicke stärker, wie normal durchfeuchtet und geschwellt, ausserdem in verschiedener Tiefe geröthet. Die Schwel­lung der Haut ist ja, wie bei den Krankheitserscheinun­gen schon angegeben, mitunter bei Lebzeiten leicht nachweisbar, mitunter jedoch erst nach dem Tode fest­zustellen, wenn man die Haut in ganzer Dicke durch­schneidet. Die Röthung beschränkt sich anfangs regel­mässig und während des Verlaufes der Krankheit sehr häufig nur auf die Papillarschicht der Haut, durchsetzt in anderen Fällen die Haut in ganzer Dicke, wobei das Unterhaut-Fettgewebe dann noch vollkommen normal aus­sieht, erstreckt sich in noch anderen Fällen jedoch auf dieses, so dass selbiges dann mit kleinen mit Blut ge­füllten Gefässen durchzogen ist und gelblich, selbst röth-lich erscheint. Wie schon während des Lebens, so kann man sich doch ganz besonders bei der Section überzeugen, dass die Haut in den verschiedenen Fällen höchst ungleich afficirt ist. Die Epidermis zeigt, wenn sie von ihrer Unter­lage isolirt ist, gewöhnlich keine abnorme Färbung, ihre Zellen sind regelmässig stark mit Pilzen besetzt. Waren bei Lebzeiten Blasen vorhanden, die platzten, so findet man an diesen Stellen die Epidermis in Form von kleinen rundlichen, braun gefärbten Borken, die ebenfalls Pilze enthalten.
Die Rumpf- und ScJienkelmuskdn. Da die Beschaffen­heit des Fleisches in veterinair - polizeilicher Beziehung von Bedeutung ist, so ist es selbstverständlich einer Untersuchung unterworfen worden. Im Anfange der Er­krankung sieht das Fleisch bei der makroskopischen Untersuchung gesund aus^ bei der mikroskopischen Un­tersuchung findet man dann aber schon eine leichte Ver­änderung, nämlich den Anfang des körnigen Zerfalles. Im weiteren Verlaufe nimmt diese Veränderung zu, so dass man bei am Rothlauf gestorbenen Schweinen die Primitiv-Bündel zum grössten Theile körnig zerfallen, und
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andere derart verändert findet, dass das Längsbinde­mittel gelöst ist, so dass die Spaltung der Bündel in Fibrillen leicht und zwar zu leicht erfolgt. Das Fleisch hat in diesem Falle eine Beschaffenheit angenommen, für welche mir eigentlich ein treffender Ausdruck fehlt; es ist regelmässig anämisch, reichlich durchfeuchtet, mat­schig, weicher und mürber, als gewöhnlich, und hier und da von einer schwach gefüllten Vene durchzogen. Das Bindegewebe zwischen den Muskeln zeigt in Ausnahme­fällen eine schwache, jedoch sehr schwache Injection.
Der Zwerclifellmmlcel zeigt in qualitativer und quan­titativer Beziehung dieselben Veränderungen, wie die Rumpf- und Schenkelmuskeln.
Die .Bauchlwhle zeigt, so weit ich gefurden habe, constante Veränderungen nicht. Dann und wann enthält sie aber reichlich Serum von gelblicher oder gelbröth-licher Farbe, und in Ausnahmefällen ist die Serosa in-jicirt.
Die Nieren sind regelmässig hyperämisch und stark durchfeuchtet; ihre äussere, so wie ihre Schnittfläche sind stets zu stark geröthet, die Nierenwärzchen mitunter dun­kel- bis schwarzroth. In dem abgeschabten Parenchym sind regelmässig Pilze vorhanden.
Die Harnleiter fand ich niemals afficirt.
Die Harnblase ist stets in Mitleidenschaft gezogen. Die Muscularis fand ich stets gesund, die Serosa ist ge­wöhnlich leicht injicirt, und die Schleimhaut zeigt neben einer leichten Schwellung und Injection eine punetirte Röthung — Extravasate —. Diese Erscheinungen zeigen sich namentlich am Grunde der Blase, wo ich auf der Schleimhaut auch regelmässig Pilze gefunden habe.
Der Harn ist gelblich, mitunter etwas feurig, von alkalischer Reaction, frei von Eiweis und stets in gerin­ger Quantität vorhanden.
Uterus und Scheide fand ich stets normal; jedoch muss ich bemerken, dass ich niemals trächtige Thiere secirt habe.
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Die Leher zeigt in Farbe und Grosse nichts Abnor­mes. Sie ist reichlich durchfeuchtet — ödematös —, mürbe und auf dem Bruche treten die Leberinseln zu stark und derart hervor, dass man sie leicht isoliren kann. In einem Falle fand ich die Leber mit hasel- bis wallnussgrossen hämorrhagischen Heerden ganz durch­setzt. In dem abgeschabten Parenchym waren regel-mässig Pilze nachzuweisen.
Die Gallenblase ist stets schwach gefüllt; die Quan­tität Galle, die darin vorhanden ist, beträgt bei einem lOOpfündigen Schweine mitunter nur ca. 20 bis 30 Gramm. Die seröse Haut ist gewöhnlich an verschiedenen kleinen Stellen injicirt; die Schleimhaut zeigt ebenfalls stellen­weise oder überall eine Injectionsröthe, und ist in dem letzteren Falle leicht geschwellt.
Die Galle ist gewöhnlich gelbhräunlich, dünnflüssig, ziemlich klar, jedoch mit kleinen Flöckchen untermischt und von alkalischer Reaction. Nur in einem Falle fand ich die Galle von orangegelber Farbe und von der Consistenz eines Breies.
Die Milz. Dieses Organ spielt bei der Feststellung, ob in einem vorhandenen Falle Milzbrand vorliegt, oder nicht, eine ganz bedeutende Rolle, und deshalb habe ich bei jeder Section namentlich auf selbiges Rücksicht genommen. Ich hebe deshalb auch ganz besonders her­vor, dass die Milz beim Rothlauf in ihrer äusseren Farbe, in ihrer Grosse und Consistenz nicht abgeändert ist; dass die Pulpa eher zu hell, als zu dunkel ist, und dass sich mitunter dicht unter der fibrösen Haut eine hellrothe Schicht von der Dicke einer Linie findet. Die Milz ist stets sehr reich mit Pilzen durchsetzt.
Die Mesenterial-Drüsen sind geschwellt, reichlich durch­feuchtet — ödematös —, auf der Schnittfläche und Ober­fläche injicirt und mit kleinen Extravasaten besetzt; mit­unter ist die ganze Oberfläche dunkelroth und die Schnitt­fläche durch Abwechslung 2-3 Linien grosser, dunkel-
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rother und hellerer Flecke marmorirt. Pilze fand ich hier stets.
Maulhöhle und Zunge zeigen nur das Abnorme, dass ihre Epithelzellen sehr stark mit Pilzen besetzt sind.
Die Rachenhöhle ist in ihrer Schleimhaut vielfach in-jicirt und enthält in ihren Epithelzellen regelmässig Pilze.
Der Magen. Die seröse und Muskelhaut sind mit­unter leicht injicirt und letztere dann ebenfalls geschwellt, für gewöhnlich jedoch nicht in Mitleidenschaft gezogen. Die Schleimhaut des Magens ist dagegen ausnahmslos sehr stark Verändert. Selbige ist in der Cardia-Ge-gend, so weit das Pflaster-Epithel reicht, gewöhnlich grobfaltig und mit einer gelben Masse belegt, die aus mit Pilzen besetzten Epithelzellen und gelblichen Kör­nern besteht. Hebt man diese gelbe Masse ab, so er­scheint die darunter liegende, vom Epithel entblösste Schleimhaut dunkelroth und stark geschwellt. Die ganze übrige Schleimhaut, namentlich die der grossen Curvatur, ist ebenfalls entzündlich geröthet; mitunter nur schwach, mitunter stark, dann und wann so bedeutend, dass sogar ziemlich starke Extravasate vorhanden sind. Diese Schleimhautlläche ist ausserdem auch regelmässig ge­schwellt, lässt sich leichter als sonst von der Muscularis trennen, zeigt im subcutanen Bindegewebe arterielle und venöse Injection und hat sich mitunter zu starken Falten zusammengelegt, die an der Seitenfläche vom Epithel entblösst sind und dunkelroth erscheinen, auf dem Kamm mit der vorhin schon erwähnten gelblichen Masse belegt sind. Wenn man die Schleimhaut des Magens auf eine Glasplatte bringt, trocknet und mit Firniss überzieht, so sieht man, dass eine arterielle und venöse Injection besteht; und untersucht man die Schleimhaut mikro­skopisch, so überzeugt man sich, wenigstens recht häutig, auf das Bestimmteste, dass in derselben ebenfalls die Capillaren gefüllt und mit Ausbuchtungen versehen, so­wie mit kleinen Extravasaton durchsetzt sind. Das Epithel des Magens ist also, wenn der Krankheitsprooess hier
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bedeutend ist, abgestossen ^ sonst doeb wenigstens gelockert. Ich muss hier noch ganz besonders erwähnen, dass gar nicht ganz selten die Schleimhaut des Magens an ein­zelnen Stellen schiefergrau gefärbt ist. Pilze habe ich hier regelmässig gefunden^ jedoch in den pflasterförmigen Epithelzellen leichter, als in den cylinderfürmigen.
Der Mageninhalt. Die Menge derselben variirt sehr. Bei sehr acutem Verlaufe, sowie beim langsamen Ver­laufe, wenn der Magen verhältnissmässig wenig afficirt, ist der Inhalt mitunter ziemlich bedeutend; in den ent­gegengesetzten Fällen stets sehr gering. An der äusseren Oberfläche und im Innern des Inhaltes, sowie im Innern verschiedener verabreichter Futterstücke fand ich regel­mässig, wenn ich mikroskopische Untersuchungen anstellte,
Pilze.
Der Zwölffingerdarm. Die seröse Haut ist gewöhn­lieh und die Muskelhaut mitunter injicirt. Die Schleim­haut ist geschwellt, leicht von der Muscularis zu trennen und hat sich zu Falten zusammengelegt. Die Seiten­fläche der Falten und der Grund zwischen denselben .sind vom Epithel entblösst und dunkelroth gefärbt; der Kamm der Falten ist von der früher erwähnten gelben Masse belegt.
Leer- und Hüftdarm sind regelmässig schwächer, sonst ähnlich afficirt.
Der Blinddarm ist gewöhnlich wenig, mitunter jedoch auch sehr stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Schleim­haut ist meistens nur an einzelnen Stellen entzündlich geröthet, mitunter jedoch ebenfalls an verschiedenen Stellen schiefergrau gefärbt, in Ausnahmefällen in ganzer Ausdehnung vom Epithel entblösst, dunkelroth und ihre Submucosa stark injicirt. In dem letzteren Falle zeigt sich auch eine Injection der Muscularis.
Der Grimmdarm ist eigentlich ausnahmslos stärker afficirt, als der Blinddarm. Die seröse und Muskelhaut sind gewöhnlich normal, mitunter jedoch injicirt. Die Schleimhaut zeigt qualitativ ganz dieselben pathologischen
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Veränderungen, wie die des Blinddarmes. Besonders hervorheben muss ich jedoch noch, dass ich in einem Falle, wo der Tod 12 Stunden nach der offenbaren Erkrankung eintrat, die ganze Schleimhaut des Grimm-darms sehiefergrau gefärbt und erweicht fand.
Der Mastdarm ist mitunter kaum nachweisbar, meistens jedoch ziemlich stark oder gar sehr bedeutend afficirt. In dem letzteren Falle ist die Schleimhaut geschwellt, faltig, dunkelroth und über grössere oder kleinere Strecken vom Epithel entblösst.
Bei der näheren Untersuchung findet man in der gerötheten Schleimhaut des Darmkanals ganz und gar dieselben Verhältnisse, wie ich sie von der Schleimhaut des Magens angegeben habe.
Der Darminhalt ist in Quantität und Qualität recht verschieden nach dem genossenen Futter. Der Inhalt ist mitunter an einzelnen Stellen reichlich mit Schleim, der ab und zu sogar mit Blutstriemen durchzogen ist, bedeckt, doch niemals durch und durch blutig gefärbt. Niemals liegt, wenn die Section in den ersten 12 Stun­den p. m. gemacht wird, eine bedeutende Gasansamm­lung, sowie ein abnormer — stinkender — Geruch der Faecalmassen vor. Sporen sind hier stets in sehr bedeu­tender Menge vorhanden.
Das Gekröse ist ausnahmslos injicirt, mitunter so be­deutend, dass es, aus der Ferne betrachtet, gleichmässig dunkelroth erscheint.
Die Brusthöhle. Die Pleura ist eigentlich durch-gehends normal; nur in einem Falle fand ich sie injicirt. Der Inhalt ist gelblich, zuweilen gelbröthlich und über­steigt mitunter die gewöhnliche Quantität um' einige Gramm.
Die Lungen zeigen im Aussehn, Blutreichthum und in der Festigkeit gewöhnlich nichts Abnormes; nur in einem Falle fand ich ihre Pleura ziemlich stark injicirt und mit Extravasaten besetzt. Die Bronchien sind mit — unblutigem — Schaum gefüllt; die Schleimhaut der-
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selben, sowie die der Luftröhre und des Kehlkopfes ge­wöhnlieh streifig injicirt. Pilze fand ich hier immer.
Der Herzbeutel ist in seiner Farbe mitunter vollkom­men normal, gewöhnlich jedoch geröthet. Die Röthung besteht in einer Injection nebst Extravasation und ist mitunter so bedeutend, dass der ganze Herzbeutel, aus der Ferne besehen, dunkelroth erscheint. Die einge­schlossene Flüssigkeit, die mitunter um einige Gramm vermehrt ist, sieht gewöhnlieh gelblich aus; nur in einem Falle besass sie einen röthlichen Schimmer.
Das Hen. Die äussere Oberfläche ist stets mit Extravasaten besetzt und regelmässig am stärksten am rechten Ohre, so dass dieses mitunter beinahe gleich-massig dunkelroth erscheint. Die Primitivbündol sind in verschiedenem Grade körnig zerfallen. Die innere Ober­fläche , namentlich die der linken Kammer und hier be­sonders an den Papillarmuskeln, ist mit Ecchymosen besetzt. Pilze sind an der inneren Wand des Herzens stets vorhanden.
Die Gefässe zeigen eigentlich durchweg nichts Ab­normes ; nur in einem Falle fand ich die Aorta an der äusseren Fläche injicirt.
Das Blut, dessen Quantität, wie ich glaube, ziemlich abgenommen bat, zeigt ganz bestimmte qualitative Ver­änderungen. Das, was bei der Section abfliesst, ist ver-hältnissmässig hellroth, gerinnt bald und röthet sich noch mehr an der Luft. Das Blut, welches man bei der Section im Herzen findet, ist geronnen, von gewöhnlicher Farbe und enthält sehr häufig Faserstoffgerinsel. Wasser und Salze wirken in der gewöhnlichen und bekannten Weise auf das Blut der am Rothlauf leidenden oder gestorbenen Schweine, wogegen die Kohlensäure es nur sehr langsam und nur wenig dunkler macht. Die rothen Blutkör­perchen sind in der Zahl vermindert, erscheinen, bei der Untersuchung in Blutserum, geschrumpft, gezackt resp. sternförmig, sind zum Theil im Zerfall begriffen und haben sich niemals zu Geldrollen zusammengelegt. Die
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farblosen Blutkörperchen sind zum Theil rundlich, zum Theil jedoch ebenfalls gezackt; sie enthalten entweder einen deutlich nachweisbaren Kern oder nur Rudimente eines solchen und sind mit einer Membran versehen oder präsentiren sich als Protoblasten. Vielfach schien es mir, als ob einige der farblosen Blutkörperchen mit Sporen im lunern erfüllt waren. Pilze fand ich ausnahmslos im Blute.
Der Bückenmarkskanal enthält stets etwas Flüssigkeit, die entweder leicht gelblich, gelbröthlich oder roth — blutig — gefärbt ist.
Die harte Haut des Rüchenmarkes zeigt regelmässig, besonders in der Lendenpartie, arterielle und venöse In­jection und schliesst eine Flüssigkeit ein, die nur gelb­lich oder röthlich gefärbt, in einzelnen Fällen auch blutig ist und beide Arten von Blutkörperchen enthält. Pilze fand ich sowohl an der innern Fläche der Dura, sowie auch in der von dieser eingeschlossenen Flüssigkeit.
Die Gefässhaut des Rückenmarkes ist ebenfalls regel­mässig injicirt und sehr häufig mit Blutextravasaten ver­sehen.
Das Rückenmark zeigt in der Lendenpartie häufig eine leicht gelbliche Farbe und ist hier regelmässig injicirt und erweicht. Die Erweichung des Rückenmarkes ist 4 Stun­den p. m. mitunter schon so bedeutend, dass man es mit einem scharfen Messer nicht derart durchschneiden kann, dass man glatte Schnittflächen bekommt; 1-2—18 Stunden p. m. noch viel beträchtlicher und in dem Grade vorhan­den, dass, wenn man ein 4 Zoll langes Stück an dem einen Ende erfasst und aufhebt, es sofort zerreisst.
Die harte Haut des Gehirns ist regelmässig und ganz gewöhnlich stärker afficirt, als die des Rückenmarkes; stets zeigt sie eine Injection, die in den meisten Fällen mit Extravasaten durchsetzt ist. In einigen Fällen fand ich die eine Seitenfläche der Dura des kleinen Gehirns dunkelroth und dann an der inneren und änsseren Flächfe stark mit Pilzen besetzt. Auch innerhalb der halten Haut
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des Grehirnes ist eine gelbliche, rothliche, blutige Flüssig­keit vorhanden, in der Pilze von mir gefunden worden sind.
Die Gefässhaut des Geldrnes zeigt dieselben Verän­derungen, wie die des Rückenmarkes.
Das Gehirn zeigt an der äussern Fläche, sowie im Innern regelmässig arterielle und venöse Injection und mitunter in so bedeutender Weise,, dass die Gefässe des Ependymas der Seitenkammern sehr stark vortreten; ausserdem ist es ödematös und in ähnlichem Grade wie das Rückenmark erweicht.
Der Pilz beim Rothlauf.
Ich kann natürlich keine exacte Beschreibung des Pilzes, sondern nur Das, was ich mit meinen Laien-Augen gesehen habe, geben, und das ist Folgendes:
1)nbsp; Fäden, die schlauchförmig und anscheinend ohne Querwände waren;
2)nbsp; Ketten, die aus kleinen, aneinandergereiheten, rundlichen Körperchen — Sporen — bestanden — Spo­renketten ;
3)nbsp; blasige Gebilde, welche die Grosse der Blut­körperchen um das 3- bis 4fache übertrafen, und mit Keimsporen gefüllt waren — Sporenblasen;
4)nbsp; nbsp;Schollen von verschiedener Grosse und Form, die nur aus Keimsporen bestanden, und von denen Sporen­ketten oder Fäden gar nicht selten abgingen;
5)nbsp; freie Sporen.
Die Diagnose.
Nächst der Vorbauung ist dieser Punkt unstreitig der wichtigste; denn durch eine falsche Diagnose wird häufig nicht nur der Besitzer eines mit Rothlauf behaf­teten Schweines, sondern die ganze Umgegend zugleich
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mit geschädigt, wenn nämlich Ausfuhrverbote erlassen werden, und dadurch der Handel mit diesen Thieren mehr oder weniger unterdrückt wird. Es soll dieses erst in neuerer Zeit geschehen sein, wo man diese Krankheit als Milzbrand diagnosticirt hatte. Aus diesem Grunde muss ich auch auf die Diagnose ein besonderes Gewicht legen, und daher wird es wohl entschuldigt werden, wenn ich in diesem Capitel längere Citate aus unseren besten Werken über Pathologie bringe.
Erschwerend für die Diagnose ist namentlich der Umstand, dass gleichmässige, über grössere Hautflächen verbreitete Röthungen gar nicht ganz selten während des Sterbens oder gleich nach dem Tode bei diesem Thiere auftreten, so dass selbige durchaus nicht als unter allen Fällen charakteristisch für irgend eine bestimmte Krankheit angesehen werden dürfen. Ich muss hierbei jedoch darauf aufmerksam machen, dass ich die Leichen-röthung niemals in Form von scharf abgegrenzten Flecken gesehen habe, sondern dass sie stets über grössere Haut­flächen verbreitet war und nur oder doch besonders an den abhängigen Körperstellen, so wie da, wo ein Druck einwirkte, sich einstellten. Wo es sich also um die Fest­stellung handelt, ob in einem vorliegenden Falle Roth­lauf vorhanden ist, oder nicht, da thut man gut, auf eine vielleicht über grössere Hautflächen verbreitete Röthung zunächst kein oder doch nur ein geringes Gewicht zu legen, sondern zunächst die anderen Leichenerscheinungen aufzunehmen und erst dann die etwa vorhandene Haut-röthung mit in Rechnung zu bringen.
Eine streng wissenschaftliche Diagnose wird auf der andern Seite auch noch dadurch erschwert, dass man den Krankheiten der Schweine nicht die Aufmerksamkeit ge­schenkt hat, wie den Krankheiten der anderen Hausthiere, und dass die mikroskopischen Untersuchungen des Blutes noch etwas vernachlässigt worden sind.
Ich will jetzt die Krankheiten des- Schweines, mit welchen der Rothlauf wohl bis jetzt häufig verwechselt
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worden ist, soviel es für die Diagnose nöthig und nach dem jetzigen Stande der Wissenschaft möglich ist, be­sprechen.
Der Milzbrand.
Mit dieser Krankheit ist der Eothlauf jedenfalls am häufigsten und unbedingt bis auf die neueste Zeit hin verwechselt worden. Dass dieses früher geschehen, ist zu entschuldigen, weil die Wissenschaft noch nicht die genügenden Anhaltspunkte für die Unterscheidung beider Krankheiten an die Hand gab^ wenn es dagegen ferner­hin geschieht, so ist das nicht zu rechtfertigen, da die Schuld jetzt nicht mehr die Wissenschaft, sondern einzig und allein den Thierarzt trifft: denn wenn Alles, was Beobachtung und Forschung über diese beiden Krank­heiten festgestellt haben, miteinander verglichen wird, so ist eine Verwechslung oder Confundirung derselben gar nicht möglich. Hierauf könnte erwidert werden, dass eine Complication des Rothlaufs mit dem Milzbrande und umgekehrt des Milzbrandes mit dem Rothlaufe der Diagnose am Ende doch Schwierigkeiten bereiten könne. Sollte eine solche Complication einmal vorkommen, deren Möglichkeit ich a priori nicht annehme, so tritt der Milzbrand als die in jeder Beziehung gefährlichere Krankheit in den Vordergrund und bestimmt das einzu­schlagende Verfahren. Doch, ob eine, Complication dieser beiden Krankheiten möglich ist, darauf komme ich am Ende dieses Capitels nochmals zurück.
Die Unterscheidung beider Krankheiten ist schon während des Lebens, wenn man das Milzbrandblut, das dunkel, zähflüssig, theerartig ist, mit dem Roth-laufblute, das hellroth und dünnflüssig ist, ausserdem ge­rinnt und nach der Gerinnung sich in einen festen Kuchen und in ein trübes, röthliches Serum trennt, ver­gleicht, nicht schwer; nach dem Tode jedoch noch leichter. Da so sehr viel auf die Unterscheidung dieser beiden Krankheiten ankommt, weil sie beide seuchen­artig auftreten, und weil, wenn Milzbrand diagnosticirt
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wird, sofort polizeilich eingeschritten werden muss, während solches, wenn nur Rothlauf vorliegt, überflüssig ist, will ich eine vergleichende Uebersicht beider Krank­heiten geben. Ich will dabei, um möglichst unparteiisch zu sein, für den Milzbrand die Angaben von Spinola und Roll, für den Rothlauf meine eigenen Beobachtun­gen benutzen. Ich glaube, dass dadurch selbst der ge­bildete Laie leicht dahin gelangen kann, Milzbrand von Rothlauf zu unterscheiden.
Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Rothlanf.
1)nbsp; Die Cadaver erkalten lang-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Die Cadaver erkalten ebenso sam, sind aufgetrieben, gehen schnell rasch und gehen nicht früher in in Fäulniss über und verbreiten sehr Fäulniss über, als die an anderen bald einen üblen — Aas — Geruch. Krankheiten gestorbener Tliiere.
Sp.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Die Todtenstarre stellt sich regel-
In den Cadavern anthraxkranker massig ein ; mitunter sogar in sehr Thiere stellt sich die Todtenstarre bedeutendem Grade, nur sehr unvollkommen ein, sie gehen, zumal bei höherer Tempe­ratur, unverweilt in Fäulniss über, so dass oft schon nach Ablauf weniger Stunden klare, durch Lei-chenerschehmngen nicht getrübte Sectionserscheinungen nicht mehr zu erwarten sind.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; R.
2)nbsp;Gewöhnlich tritt mit dem Todenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Ein Austreten von Blut aus den schon, oder doch bald nachher, aus natürlichen Oeflfnungen, sowie eine den natürlichen Oeffnungen, Maul,quot;Umstülpung des Mastdarmes und Nase, After, Scheide, ein schwarzes, der Scheide habe ich niemals an dünnes, aufgelöstes, theerartiges den Cadavern gesehen.
und schillerndes Blut. Gänzlich wird diese Erscheinung kaum jemals vermisst. Wenn das Cadaver stark aufgetrieben ist, so ist der Mast­darm vorgedrängt, und die Schleim­haut desselben von blutig schwarz-rother Farbe.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Sp.
Aus Nase und Maul tritt ge­wöhnlich eine blutige Flüssigkeit hervor; die blutiggeröthete Scheide und der ebenso heschaifene Mast­darm sind stark vorgetrieben. R.
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Milzbrand.
3) Nach Wegnahme der Haut findet sich das Capillarnetz, die Venen an und in der Haut, in dem Unterhautbindegewebe insbe­sondere, ungewöhnlich stark von dunkelfarbigem, schwarzem Blute ausgedehnt; sie verlaufen wie schwärzliche Stränge an der Haut hin, und lässt sich das Blut durch Druck aus ihnen leicht in das Ge­webe treiben; dabei sind sie mehr oder weniger deutlich von gelben Strichen begleitet, oder es finden sieh diese in den Gefässwinkeln vor, wo auch Blutaustretnngen, Ecchymosen, vielfach wahrgenom­men werden. Je mehr der Milz­brand in der Rothlaufform bestand, desto mehr ist letzteres der Fall.
Sp.
Bei der Abnahme der Haut er-giessen die Hantgefässe viel dunkles, zähes Blut; die innere Oberfläche der Haut ist von gelbgefärbten, ent­weder gallertartig zitternden oder derben Exsudaten infiltrirt. E.
Bothlaaf. Die Cutis ist an den Stellen, wo die Haut von aussen sichtbar gerö-thet ist, dieses auch auf der Schnitt­fläche, ausserdem auch stärker, wie gewöhnlich durchfeuchtet und folg­lich geschwellt. Die Eöthung und Infiltration beschränkt sich nur auf die Cutis oder setzt sich auf das unter der Haut liegende Bindege­webe und Fett fort. Niemals habe ich hier ein gallertartig-zitterndes oder festes Exsudat gefunden, und nienrels tritt beim Abhäuten dunkles, zähes Blut in grosser Masse aus den Gefässen der Haut hervor.
4) Das Fett wird auffallend ver­mindert und verflüssigt, ölartig, ge­funden. Hat die Krankheit länger bestanden, so ist statt des Fettes nur eine gelbe, sulzige Masse in dem Fettgewebe vorhanden. Sp.
Eine auffällige Verminderung und Verflüssigung des Fettes ist niemals vorhanden j man findet allerdings die Fettschicht unter der Haut, namentlich in ihrer äusseren Partie zuweilen leicht gelblich, mitunter sogar gelbröthlich und dann auch etwas weicher, als sonst j in vielen Fällen doch normal weiss. Ausnahmslos ist das Fett von eini­gen gefüllten Venen durchzogen.
5) Blntaustretungen und Au-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Blutaustretungen sind im Bin-
sammlungen einer lymphatischen,nbsp; nbsp;degewebe niemals vorhanden,
sulzigen Flüssigkeit im Zellgewebenbsp; nbsp;Eine Ansammlung einer gelblichen,
finden sich an verschiedenen Stellen,nbsp; nbsp;lymphatischen, sulzigen Masse in
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Milzbrand.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Eothlauf.
besonders an jenen vor, wo viel dor Nähe der lympathischen Drü-lockeres Zellgewebe gelagert ist, sen liabe ich niemals gefunden 5 namentlich aber in der Nähe der dagegen wohl eine Infiltration der lymphatischen Drüsen (Achsel- und Haut, namentlich des Unterhaut-Leistendrüsen).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Sp. bindegewebes, sowie des lockeren
Bindegewebes unter der Haut mit einer gelblichen, lymphatischen Flüssigkeit gesehen. Diese Infil­tration ist in der Haut immer nur gering, dagegen in dem Bindege­webe unter der Haut mitunter ziemlieh beträchtlich.
6)nbsp; nbsp; Die lymphatischen Drüsennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Die Mesenterialdrüsen sind ge­sind zuweilen durch ausgetretenesnbsp; nbsp;schwellt, reichlich durchfeuchtet, Blut geröthet, selbst schwarz, ver-nbsp; nbsp;auf der Schnittfläche und Ober-grössert und erweicht gefundennbsp; nbsp;fläche injieirt und mit kleinen worden. Sp.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Extravasaten besetzt. Mitunter ist
die ganze Oberfläche dunkelroth und diquot; Schnittfläche durch Ab­wechslung 2 bis 3 Linien grosser, dunkelrother und hellerer Flecke marmorirt.
7)nbsp; nbsp;Die Muskeln werden von ver-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Die Muskeln sehen im Anfange schiedener Farbe gefunden, jenach-nbsp; nbsp;der Erkrankung gesund aus; spä-dera die Obduction früher odernbsp; nbsp;ter, namentlich nach dem Tode, später nach dem Tode unternommennbsp; nbsp;sind sie regelmässig anämisch, wird. Gleich nach dem Ablebennbsp; nbsp;reichlich durchfeuchtet, matschig, können sie noch normal von Farbe,nbsp; nbsp;weicher und mürber, als sonst, oft sogar selbst blasser und dannnbsp; nbsp;und hie und da von einer schwach leicht gelblich, wie gekocht aus-nbsp; .gefüllten Vene durchzogen. Nie­sehend gefunden werden. (Diesesnbsp; nbsp;mals sind sie bräunlich, violett wahrscheinlich beim Milzbrand-nbsp; nbsp;oder gar schwärzlich gefärbt. Rothlauf. Harms). Später aber er­scheinen sie dunkler, bläulich, par­tienweise selbst schwarz und zu­gleich erweicht. Sp.
Die Muskulatur ist meistens wie gekocht, häufig anämisch, manchmal durch Imbibition von Blutfarbstoff dunkel braunroth, violett oder schwärzlich gefärbt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; E.
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Milzbrand.
8) Das Blut ist überall, wie im Leben, so auch nach dem Tode von dunkler schwarzer Farbe, zähe, dünnflüssig', theerartig, lässt sich in den Gef ässen leicht fortstreichen, erscheint nicht geronnen, aber klüm-perig (krümlich), mit gelben Tropfen (Fettaugen) vermengt. Die Keaction ist sauer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Sp.
In jedem Falle zeigt das Blut anthraxkranker Thiere ein eigen-thümliches Aussehn; es ist sehr dunkel, röthet sich schwer an der Luft, ist zähflüssig, theerähnlich und gerinnt entweder gar nicht oder höchstens zu einem lockeren, schlaffen Kuchen. In dem Blute anthraxkranker Thiere finden sich die Milzbrandstäbchen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;R.
Eo thlauf.
Das Aderlassblut, dessen Ge­winnung früher angegeben, ist von hellrother Farbe, gerinnt rasch und trennt sich darauf in einen festen, derben Kuchen und in ein roth­liches, trübes Serum. Selbst wenn die Thiere schon in der Agonie liegen, sind die Verhältnisse des Blutes die augegebeneu.
Das Blut, welches man bei der Section im Herzen findet, ist ge­wöhnlich von ganz normaler Farbe, mehr oder weniger fest geronnen und sehr häufig mit grösseren oder kleineren Faserstoffgerinseln ver­sehen. Das Blut, welches während der Section abfliesst, ist hellroth, ge­rinnt bald und röthet sich an der Oberfläche durch die Einwirkung der atmosphärischen Luft. Hierbei muss ich jedoch darauf aufmerk­sam machen, dass, wenn die Ent­zündung des Darmkanales eine sehr heftige war, das Blut dann etwas dunkler aussieht, wie ge­wöhnlich. Das Blut der Venen in den Muskeln ist nach dem Tode so dunkel, wie das Venenblut ge­wöhnlich ist. Fettaugen sind nie­mals auf dem Blute, nicht einmal bei der mikroskopischen Unter­suchung von mir gefunden worden. Stäbchenähnliche Gebilde habe ich dagegen in dem Blute der am Rothlauf erkrankten und gestor­benen Thiere gefunden, welche die Milzbrandstäbchen in ihrer Grosse bedeutend übertreffen, und die ich für Theile des vorhandenen Pilzes halte. Bei der Einwir­kung der atmosphärischen Luft hellt das Blut sich auf, dagegen ist die Wirkung der Kohlensäure
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Milzbrand.
R othlauf auf das Blut eine sehr schwache. Die Reaction des Rothlauf-Blutes ist nach den sorgfältigen Unter­suchungen meines Collegen Bege-mann alkalisch.
9) Die seröse Haut der Herz­ohren, der rechten Vor- und Herz­kammer ist mit dunklen Flecken besetzt, die mehr oder weniger in die Substanz des Herzens dringen, jenachdem die Obduction früher oder später gemacht wurde. Es stellen diese Flecke theils wirk­liche Ecchymosen dar, theils rühren sie von Imbibition des Blutes her. Weniger -werden solche Flecke in der linken Herzkammer, die nur wenig oder gar kein Blut enthält, gefunden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Sp.
Die äussere Oberfläche des Herzens ist gewöhnlich injicirt und mit Ecchymosen besetzt. Am stärksten sieht man diese Erschei­nung regelmässig am rechten Herz-ohre und hier mitunter so bedeu­tend, dass es, ans der Ferne be­sehen, gleichmässig dunkelroth er­scheint. Die innere Oberfläche des Herzeus, namentlich die der linken Kammer und hier besonders an den Fapillarmuskeln, ist mit Ecchy­mosen gewöhnlich, jedoch nicht immer, besetzt. Eine Imbibitions-röthe habe ich niemals am Herzen gesehen.
Die Lunge zeigt niemals etwas besondeis Auffälliges; sie ist aus­nahmsweise einmal in der serösen Haut injicirt und mit Ecchymosen besetzt, doch niemals mürbe, ver-grössert und blutreich; sie ist stets blass und ganz gewöhnlich so arm an Blut, dass man an der­selben kaum oder gar nicht fest­stellen kann, auf welcher Seite das Thier beim Sterben und in der ersten Zeit nachher gelegen hat.
Die Bronchien enthalten Schaum, der jedoch niemals blutig ist; die Schleimhaut derselben, sowie die der Luftröhre und des Kehlkopfes ist leicht streifig injicirt, doch niemals bräunlich-rnth und mit dunklen Flecken besetzt.
10)nbsp; Die Lungen erscheinen mei­stens reich an schwarzem Blute und ausgedehnt, und dann in ihrem Gewebe erweicht, mitunter in dem Grade, dass es fast breiartig ist; doch pflegt dies nur dann der Fall zu sein, wenn die Obduction nicht bald vorgenommen wurde und die Fäulniss bereits vorgeschritten war; selten werden die Lungen Whss gefunden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Sp.
Die Lunge erscheint gross, mürbe und blutreich.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; R.
11)nbsp; nbsp;Die Bronchien sind mit blu­tigem Schanm erfüllt; die Schleim­haut derselben, wie die der Luft­röhre bräunlich roth und mit dunklen Flecken besetzt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Sp.
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Milzbrand.
12)nbsp; nbsp;Die Brusthölile enthält mit­unter (am häufigsten beim Schafe) eine dunkle, gelbe, rölhliehe, blu­tige Flüssigkeit; ebenso der Herz­beutel, oder dieser (beim Schafe) vorzugsweise allein.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Sp.
13)nbsp; Der Magen zeigt, ausser beim Hunde, im Ganzen selten wesentliche Veränderungen, und wenn solche gefunden werden, so beziehen sie sieh auf fleckige Kothun-gen an der serösen Hautfläche, welche beim Rinde auch häufig an der Schleimhaut des Labmagens gesehen werden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Sp.
14)nbsp; nbsp;Der Darmkanal erscheint von angesammelter, übelriechender Luft ausgedehnt und zeigt, nament­lich am Dünndarm, bräunliche und schwarze Flecke. Der Inhalt be­steht in einer dunkelbraunen, bluti­gen , stinkenden Masse, und die Zotten sind stets dunkel gefärbt. Sp.
15)nbsp; nbsp;Die Leber erscheint ge­wöhnlich vergrössert, auf der Ober­fläche mit dunkeln Flecken besetzt, und in ihrem Parenchym, welches häufig durch Ueberfüllung mit schwarzem Blut dunkel gefärbt ist, erweicht. Die Gallenblase ist mei­stens von einer dünnflüssigen, schmutzigen, gelben, mitunter blu­tigen Galle sehr ausgedehnt; bei letztgenannter Beschaffenheit der Galle besitzt auch die Schleimhaut dunkle Flecke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Sp.
Die Leber erscheint gross, mürbe, blutreich.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; R.
Rothlauf. In der Brusthöhle und dem Herzbeutel ist etwas reichlich Flüssigkeit vorhanden, die gewöhn­lieh schwach oder intensiv gelb­lich, in dem Herzbeutel mitunter leicht röthlich gefärbt ist.
Der Magen ist constant und ganz bedeutend erkrankt. Die se­röse und Mnskelhaut sind gar nicht afficirt oder sonst nur leicht inji-cirt; doch niemals mit Flecken be­setzt. Dagegen ist die Schleim­haut regelmässig bedeutend er­krankt und zwar entzündet.
Im Darmkanale sind die seröse und Muskelhaut an verschiedenen Stellen injicirt, die Schleimhaut entzündet. — Der Inhalt des Darm-kanales zeigt niemals auffällige Veränderungen ; er ist niemals dunkelbraun, blutig und stinkend.
Die Leber ist in ihrer Grosse und äusseren Farbe normal, in ihrem Parenchym stark durch­feuchtet, mürber, als gewöhn­lich, und auf dem Bruche treten die Leherinseln so stark hervor, dass man sie leicht isoliren kann. Die Gallenblase ist in der serösen und Schleimhaut an begrenzten Stellen injicirt, jedoch sind an der Innern Fläche der Schleimhaut nie­mals dunkle Flecke vorhanden. Der Inhalt der Gallenblase ist stets sehr gering. Die Galle ist gewöhnlich bräunlich, leicht flockig, doch klar j nur in einem Falle fand ich sie orangegelb und von der Consistenz eines Breies; blutig ist sie niemals.
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Milzbrand,
16) Die Milz zeigt sehr con­stants Veränderungen. Von aussen erscheint sie schwarzbraun und roth gefleckt, von extravasirtem Blute unter dem serösen Ueberzug und in der eigenen Haut herrüh­rend. In der Mehrheit der Fälle ist sie vergrössert, oft enorm; selten oder nie wird sie normal und eben so selten kleiner gefunden. Ihre Substanz ist häufig in einen blutigen, schwarzen Brei, wie Flie­dermus, aufgelöst, und hat die Dauer der Krankheit hierauf kaum einen Einflüsse denn man findet sie so, sowohl beim Anthrax aeu-tissimus als Anthrax acutns. Sp.
Niemals fehlen umfangreiche, manchmal enorme Geschwülste der Milz (woher der Name Milzbrand), deren Parenchym zu einem violetten oder schwärzlichen Breie zerflossen, manchmal emphytematisch, und deren Kapsel bisweilen geborsten ist.
E.
Rothlauf. Die Milz ist niemals geschwellt und weder an der äusseren Fläche, noch im Innern, in der Pulpa, dunkler, sondern eher heller, wie im Normalzustande. Die Pulpa ist ausserdem niemals erweicht, zer­fallen, sondern fest, wie gewöhnlich.
17) Der Milzbrand ist ansteckend, und die Uebertragnng kann auf die anderen Hanssäugethiere, Vögel und den Menschen auf die Weise geschehen, dass man etwas von der gelben, sulzigen Materie oder Blut in eine zufällig vorhandene oder absichtlich gemachte Wunde bringt; es entsteht mitunter schon eine Infection, wenn der An­steckungsstoff auf die gesunde Haut gebracht wird, ja sogar, wie früher schon mehrfach beobachtet und auch von J. J. Guipon — Centralblatt für medicinische Wis­senschaften, Jahrgang 1868, Nr. 18, S. 281 — gesehen worden ist, weun
Eine Uebertragnng des Roth­laufs in dem gewöhnlichen Sinne, durch Impfung, auf andere Thiere ist nicht möglich. Ich habe diese Versuche zuerst 1860 ausgeführt und später häufiger wiederholt.
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Milzb er in den Verdauungsschlanch go-langt. Um Allen, die den Milz­brand noch gar nicht kennen, die Leichtigkeit, mit welcher derselbe übertragen werden kann, so wie die grosse Gefährlichkeit desselben vor die Seele zu führen, will ich hier noch folgende, ziemlich be­kannte Geschichte anführen. Von einem an Milzbrand gefalleneu Ochsen frass ein Bär, der sogleich auch an derselben Krankheit cre-pirte. Letzteren fand ein Bauer, der ihm die Haut abzog und mit nach Hause nahm. Kaum war er zu Hause, so bekam er heftige, dem Milzbrand eigene Zufälle und starb. Da nun dieser, der Bauer, nicht soviel hinterliess, dass seine Beerdigungskosten hätten bezahlt werden können, so nahm der Pfarrer die Bärenhaut für seine Mühe, in-
rand.
dem er nicht glaubte, dass es mög­lich sei, eine ähnliche Krankheit dadurch hervorzubringen. Er liess sie gerben, und die zwei Menschen, die sich damit beschäftigten, starben an denselben Zufällen. Hierauf bekam der Pfarrer von dem Magi­strate den Befehl, diese Haut zu verbrennen; allein er befolgte den­selben nicht, sondern verkaufte sie, und auch dieser Käufer starb unter gleichen Zufällen. Nach öfterem Ver­kaufe war die Haut ganz zubereitet, und der Pfarrer erhielt dieselbe jedesmal wieder zurück. Endlich sagte er zornig, indem er die Haut berührte: „Ist es möglich, dass die Gefahr noch in derselben sein soll, so sterbe auch ich daran,quot; und er bekam dieselben Zufälle und starb. Nun wurde die Haut auf Befehl des Magistrates verbrannt.
Wenn man die Sectionserscheinungen des Milzbrandes mit denen des Rothlaufs vergleicht, so kommt man doch zu dem Schlüsse, dass beide Krankheiten sich ausschlies-sen müssen. Denn, um nur Eins anzuführen, kann das Blut, was dunkel, schwarz, dickflüssig und von saurer Reaction ist — Milzbrand —, doch nicht zu gleicher Zeit hell, dünnflüssig und von alkalischer Reaction sein — Rothlauf —.
Der Typhus.
Ich würde auf den Typhus hier wohl kaum Rücksicht genommen haben, wenn nicht in neuerer Zeit der Rothlauf mit dem Namen „Fleckentyphusquot; belegt worden wäre. Es geht jedoch mit diesem vermeintlichen Typhus, wie mit dem Fleckentyphus des Pferdes etc.; er ist häufig in 24 Stunden geheilt. Sollte man unter solchen Um­ständen noch von Typhus sprechen dürfen? Dürfen wir
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Thierärzte überall neben dem Milzbrand und Faulfieber noch einen Typhus aufstellen? Wer es thut, der muss auch einräumen, dass der Name Typhus für uns zur Zeit nur eine Collectivbe/eichnüng für viele und zum Theil recht verschiedene Krankheitszustände ist.
Da mir ein generelles, von allen Autoren anerkann­tes Typhusbild nicht bekannt ist, so kann ich selbstver­ständlich einen Unterschied zwischen Rothlauf und Typhus auch nicht aufstellen.
Die Darmentznndnng.
Eine Verwechslung des Rothlaufs mit Darmentzün­dung, und umgekehrt der Darmentzündung mit Rothlauf ereignet sich gewiss gar nicht ganz selten, da beim Roth­lauf stets eine Magen- und Darmentzündung vorhanden ist, die Hautröthungen nicht immer sofort auftreten und weil bei der einfachen, durch Erkältung oder scharfe Stoffe entstandenen, Darmentzündung Hautröthungen gar nicht ganz selten am Ende des Lebens oder sonst gleich nach dem Tode auftreten. Für die Unterscheidung des Rothlaufs von der Darmentzündung muss ich Folgendes hervorheben.
1)nbsp; Das Blut istsowohl bei der passiven — Stauungs-----
Entzündung, als auch bei der activen Entzündung des Ver-dauungsschlauehes von dunkler Farbe, hat seine Gerinn­barkeit mehr oder weniger eingehüsst und enthält nur geblähete Blutkörperchen, wovon ich mich beim Pferde vielfach überzeugt habe. Bei dem Rothlauf des Schweines liegen die entgegengesetzten Verhältnisse vor. Was diesen Punkt anbetrifft, muss ich jedoch darauf aufmerk­sam machen, dass, wenn beim Rothlaufprocesse der Darm­kanal sehr stark afficirt ist, die Schrumpfung der Blut­körperchen etwas zurücktritt.
2)nbsp; Die Hautröthungen treten bei der Darmentzündung niemals in Form von Flecken auf.
3)nbsp; Ein seuchenartiges Herrschen der Magen- und
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Darmentzündung unter den Schweinen ist mir nicht be­kannt.
4) Bei der einfachen Magen- und Darmentzündung steigt, soviel ich gefunden habe, die Temperatur nicht so hoch, wie bei dem Eothlauf.
Die Gehirnentzündung.
Eine Verwechslung des Eothlaufs mit dieser Krank­heit ist nur möglich, wenn eine bedeutende Affection des Gehirns vorliegt, wenn die Thiere schlummersüchtig sind, sich im Kreise drehen, steigen und bäumen etc. Das Fehlen oder Vorhandensein von Hautröthungen kann hier beson­ders für die Diagnose benutzt werden, da ich niemals sah, dass bei der einfachen Hirnentzündung solche sich ein­stellten.
Verschiedene Formen des Rothlanfs.
Der Rothlaufprocess ist freilich wesentlich immer der­selbe, ebenso sind dabei stets die nämlichen Organe erkrankt, dennoch aber fällt das Bild des Eothlaufs recht verschie­den aus und ist dessen Ausgang nicht immer derselbe, weil der Process graduell sehr verschieden sein kann, und weil bald diese, bald jene Organe besonders stark ergriffen sind. Ich habe es deshalb für zweckdienlich gehalten, bestimmte Formen in kurzen Umrissen aufzu­stellen, wodurch dem jungen Praktiker der Ueberblick wohl etwas erleichtert werden dürfte. Ich weiss freilich recht gut, dass zwischen den einzelnen Formen auch üebergänge vorkommen; ebenso dass eine und dieselbe Form nicht immer in ganz und gar derselben Weise auf­tritt und verläuft, und bin mir daher vollkommen bewusst, dass auch in dieser Abtheilung grössere oder kleinere Lücken sich finden werden.
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I. Allgemeines ErankheitsMld.
Die Thiere liegen viel und verkriechen sich gern in die Streu; Press- und Sauflust liegen gänzlich oder theil-weise darnieder; der Mist ist nach dem Futter, was ver­abreicht worden ist; gewöhnlich zu trocken und wird zu selten und in zu kleinen Quantitäten entleert, er ist' jedoch mitunter im Verlaufe, wenn derselbe ein verhält-nissmässig langsamer ist, zu weich oder gar durchfallig; in seiner Farbe ist er meistens normal, gar nicht ganz selten jedoch zu hell, in Ausnahmefällen auch wohl ein­mal mit Schleim oder sogar mit Blut mehr oder weniger eingehüllt. Die Haut ist in verschiedenem Grade und in verschiedener Form geschwellt und, wenn sie nicht pigmentirt ist, fleckig oder diffus geröthet. '
Der Ausgang. Es tritt entweder:
1)nbsp; der Tod,
2)nbsp; unvollkommene oder
3)nbsp; vollkommene Genesung ein.
Der Ausgang in den Tod. Der Tod tritt entweder gleich nach der offenbaren Erkrankung, apoplectisch, ein oder nach 12, 24, 36 Stunden oder, was jedoch selten ist, erst nach Verlauf von einigen Tagen. Es ist für den Praktiker unendlich wichtig, ebenfalls, was ich sehr wohl weiss, mitunter unendlich schwer, zu bestimmen, ob in einem vorhandenen Falle die Krankheit lethal ver­laufen wird, oder nicht. Diese Bestimmung ist jedoch am wichtigsten, wenn man an dem Krankenlager des Schweines armer Leute steht. Die ärmere Klasse kann vielfach nur unter Darben und Hungern der ganzen Fa­milie soviel zusammensparen, als zur Beschaffung eines Schweines nothwendig ist, und wenn dasselbe, nachdem es durch sauer zusammengespartes Geld erstanden und am Ende schon längere Zeit gefüttert worden ist, auf den Tod erkrankt, so ist der Schmerz des Besitzers und dessen Familie, vielfach wohl ein stiller, was man be-
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wundern muss, dabei aber häufig ein verzweifelnder. Wenn man häufig in solche Situation kommt und ein Herz im Leibe hat, so fühlt man sich zum weiteren For­schen und zur Mittheilung des vermeintlich Gefundenen verpflichtet.
Für die Stellung der Prognose kann ich Folgendes der Berücksichtigung empfehlen:
1)nbsp; Den Seuchen-Charakter. Es ist eine ganz bekannte Thatsache, dass nach dem Jahrgange und der Gegend, jedoch namentlich nach der Jahreszeit der Eoth-lauf in verschiedener Bösartigkeit auftritt. Es giebt Zeiten, in welchen der Verlust quot;ein sehr geringer ist; aber auch Zeiten, in denen beinahe alle Schweine, die am Rothlauf erkranken, sterben. Hierbei muss man jedoch berück­sichtigen, dass, wenn diese Krankheit im Allgemeinen in einer bestimmten Zeit als sehr bösartig bezeichnet werden muss, gutartige Fälle zwischendurchlaufen, und dass ebenfalls das Umgekehrte stattfindet.
2)nbsp; Die Röthung der Haut, Besteht diese in Form von Flecken, so ist der Verlauf der Krankheit, soviel ich gesehen habe, ganz gewöhnlich ein günstiger; ist dagegen die Hautröthung eine diffuse, so ist der Ver­lauf im Allgemeinen weniger gutartig. Wird die diffuse Köthe bräunlich, bläulich, schwarz, so ist die Prognose um so ungünstiger zu stellen. Als ein günstiges An­zeichen bei der diffusen Röthe habe ich das Auftreten von dunkleren, scharf begrenzten Flecken in derselben gefunden.
3)nbsp; Die Schwellung der Haut. Sind Hautschwel­lungen nicht sichtbar, so ist die Krankheit gewöhnlich heftiger und der Verlauf weniger günstig, als wenn solche deutlich sichtbar sind; und sind die Schwellungen nach den Seiten hin auslaufend, so ist das weniger angenehm, als wenn sie scharf begrenzt sind. In letzterem Falle erfolgt nach meinen Beobachtungen fast durchweg Ge­nesung.
4)nbsp; nbsp;Der Puls. Je höher dieser, um so bedenklicher
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ist im Allgemeinen der Zustand 5 jedoch kommen in dieser Beziehung Ausnahmen vor. quot;*
5)nbsp; Die Temperatur. Ich meine hier nicht die äussere, die Hauttemperatur, sondern die innere Körper­wärme. Röthung und Schwellung der Haut, sowie der Puls geben nicht so sichere Anhaltspunkte für die Prog­nose, als die innere Körpertemperatur. Ich weiss wohl, dass man gegen die Neuerungen vielfach etwas ungläu­big ist; ebenfalls, dass man, wenn man sie erst aufgenom­men hat, sehr leicht ungebührlich davon fortgerissen wird. Dessenungeachtet muss ich nach den Erfahrungen, die ich gemacht habe, die Benutzung des Thermometers ganz besonders empfehlen, wenn man mögliehst sicher gehen will in der Prognose. Ich habe seit vielen Jahren den Rothlauf alljährlich beobachtet und behandelt, in dem letzten Jahre jedoch erst thermometrisehe Untersuchun­gen vorgenommen, so dass ich in dieser Beziehung durch­aus nicht von grossen Erfahrungen, sondern vielmehr nur von einigen Beobachtungen sprechen darf. Diese Beob­achtungen sind jedoch der Art, dass ich sie mittheilen muss; zum Theil, um schon in der Temperatur einen kleinen Anhaltspunkt zu geben, zum Theil, um zu wei­teren thermometrischen Messungen Veranlassung zu geben. Nach den Beobachtungen, die ich bis jetzt gemacht habe, die ich jedoch durchaus nicht als für alle Fälle mass-gebend hinstellen will, ist die Grenztemperatur, bei der noch Genesung eintritt, -f- 43,0 C. Bei einer Temperatur von -f- 43,1 C. bis 43,4 C. ist stets der Tod einge­treten, wogegen bei 43,0 C. und darunter fast aus­nahmslos Genesung erfolgte. Ich muss hierbei jedoch auf Dasjenige, was ich über die Temperaturaufnahme, sowie über das Verhalten der Temperatur in der Agonie angeführt habe, aufmerksam machen.
6)nbsp; Das Nichteintreten der Blutung nach dem Ab­schneiden des Schwanzes oder der Ohren ist ein sicherer Beweis, dass die Agonie eingetreten ist und der Tod in den ersten Stunden folgen wird.
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Der Ausgang in unvollkommene Genesung oder in Nachkrankheiten. Hierüber weiss ich aus eigener Er­fahrung wenig zu berichten; das, was ich selbst gesehen und durch beiläufige Mittheilungen von Collegen er­fahren habe, ist Folgendes.
1. Mangelhafte Assimilation. Es kommt vor, dasa die Schweine, nachdem sie vom Rothlauf gebeilt sind, bei guter Fresslust und ausgezeich­neter Fütterung durchaus nicht aufnehmen, sondern mager bleiben. Diese Nachkrankheit soll nach den Mittheilun­gen vieler mir befreundeter Thierärzte häufig eintreten; ich habe sie jedoch, obgleich ich viele Hunderte von roth-laufkranken Schweinen beobachtet und behandelt habe, nur dann und wann einmal folgen sehen. Ich habe solche Schweine niemals seeirt, und kann daher über die Ur­sache der mangelhaften Assimilation, des Nichtgedei-hens, durchaus nichts Bestimmtes angeben; ich nehme jedoch an, dass sie in einer Induration etc. der Lymph­drüsen liegt, und dass diese sich namentlich dann ein­stellt, wenn die Lymphdrüsen stark afficirt sind und die Krankheit sich langsam ausgleicht. Ich habe dabei noch die Beobachtung gemacht, dass, wenn man solche Thiere übergehen lässt, sie sich im nächsten Jahre gut mästen. Dieses zu thun ist natürlich gegen die ökonomischen Interessen.
2. Schioäche im Kreuze. Auch diese Nachkrankheit habe ich nur ein paar Mal gesehen, sie soll jedoch in einigen Gegenden, wie mir von praktischen Thierärzten mitgetheilt worden ist, recht häufig zurückbleiben. Eine solche Schwäche im Kreuze ist natürlich auch bei dem Schweine unangenehm, schadet indessen der Mast gewöhnlich nicht.
3. Schwellungen an den Schenkeln. Dass diese Nachkrankheit vorkommt, theilt mir mein hochverehrter College L. aus G. mit. Worin diese Schwel-
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hingen bestehen und ob sie der Mast schädlich sind, darüber habe ich nichts erfahren.
Der Ausgang in vollkommene Genesung. Dieser Ausgang tritt, geringe Ausnahmen abgerechnet, dann ein, wenn die Mastdarmtemperatur auf 43,0 C. und dar­unter stebt und eine sachgemässe Behandlung eingeleitet wird.
II.- Eothlauf mit besonders starker Affection des Gehirns.
Das Gehirn ist beim Eothlauf freilieb jedesmal affi-cirt, jedoch in einigen Fällen ganz besonders stark, wo­durch das Krankheitsbild eine gewisse Eigenthümlicbkeit bekommt, welche sogar zur Verwechslung mit anderen Krankheiten führen kann.
1. Eothlauf, wobei die Thiere schlummersüchtig sind. Ausser den gewöhnlichen Rothlauferscbeinungen findet man die Thiere in einem schlummersüchtigen Zustande, so dass man sie im Stalle oder vor demselben an den Ohren umherscbleppen kann, ohne dass sie den geringsten Widerstand leisten oder auch nur schreien. Ich habe hierbei die Mastdarmtemperatur regelmässig über 43,0 C gefunden. Der Ausgang war stets ein lethaler; der Tod trat in 12 — 36 Stunden nach der offenbaren Erkrankung ein.
2. RotMauf, ivohei dio Thiere sich im Kreise drehen. Diese Form habe ich nur' einige Male gesehen; sie führt, wenn keine Hautrötbung vorliegt, leicht zur Ver-wecbslung mit der einfachen Gehirnentzündung. Die ge­wöhnlichen Rotblaufsymptome können schwach oder stark ausgeprägt sein — in einem Falle fand ich die Tempe­ratur auf -f- 42,7 C. —; das Im-Kreisegehen hält so lange an, bis die Tbiere zusammenbrechen oder sich in einer Ecke für eine kürzere oder längere Zeit festlaufen. Der Verlauf dauert regelmässig einige Tage; der Aus­gang war früher regelmässig ein lethaler, in dem letzten
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Jahre jedoch habe ich durch den innerlichen Gebrauch des schwefelsauren Kupfers und eine Einreibung der Brechweinsteinsalbe Heilung erzielt.
3. Roihlcmf, wobei die Thiere unaufhaltsam vorwärts­drängen, steigen und bäumen. Diese Form habe ich ebenfalls nur ein paar Mal gesehen. Die gewöhnlichen Rothlauf-Erscheinungen sind in verschiedenem Grade vorhanden; die Thiere drängen unaufhaltsam vorwärts und fangen, wenn sie auf ein ent­sprechendes Hinderniss stossen, an zu steigen. Der Verlauf dauert stets einige Tage; der Ausgang war früher regelmässig ein ungünstiger, in dem letzten Jahre habe ich aber durch den innerlichen Gebrauch des schwe­felsauren Kupfers und eine Einreibung der Brechwein­steinsalbe in die Haut des Genicks Heilung erreicht.
III. Rothlauf mit besonders starker Affection des Rückenmarkes in der Ereuz- und Lendenpartie.
Sowie in jedem Falle von Rothlauf das Gehirn afficirt ist, so leidet auch regelmässig das Rückenmark mit; sowie aber das Gehirn mitunter besonders stark afficirt ist, so gilt Dasselbe von der bemerkten Partie des Rückenmarkes. Beim Eothlauf ist das Schwein re­gelmässig schwach im Kreuze, mitunter jedoch so bedeu­tend, dass es kaum sein Hintertheil erheben kann, in einzelnen Fällen sogar derart, dass es festliegt. Diese beträchtliche Affection des Eückenmarkes habe ich beim Rothlauf nicht oft gesehen; sie muss jedoch nach dem, was ich von anderen Praktikern erfahren habe, in eini­gen Gegenden häufig vorkommen. Der Verlauf dieser Form ist, insofern die Thiere gewöhnlich nicht sterben, ein günstiger; doch bleiben sie häufig etwas schwach im Kreuze, erlangen mitunter, so wenn sie zum Festliegen kommen, das Vermögen, sich aufrichten zu können, nie­mals wieder. Wenn Letzteres auch der Fall ist, geht späterhin doch, soviel ich gesehen habe, die Mast einiger-massen von Statten,
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IT. Rothlauf mit besonders starker Affection der Bachenpartie.
Diese Form ist mir nicht ganz selten, Anderen jeden­falls sehr häufig vorgekommen und geht in der Literatur unter dem Namen „Milzbrand-Bräune.quot; Ich nehme we­nigstens nach dem, was ich beobachtet habe, an, dass die in der Literatur angeführte Milzbrand-Bräune weiter nichts ist als Rothlauf mit besonders starker Affection der Rachenpartie. Ich kann mir wohl denken, dass einige Collegen diese Annahme bezweifeln, doch das kann nicht schädlich, sondern nur nützlich sein, da es wohl Veran­lassung zu einer strengeren Prüfung geben wird. Bei dieser Form findet man ausser den gewöhnlichen Roth­lauferscheinungen, die in verschiedenem Grade vorhan­den sein können, regelmässig ein Oedem der Stimm­bänder und meistentheils ebenfalls ein Oedem in dem Bindegewebe unter der Haut in der Rachengegend. Es ist, wovon ich mich auf das Bestimmteste überzeugt habe, nicht immer neben dem Oedem der Stimmbänder ein Oedem unter der Haut vorhanden, und wenn beide Oedeme neben einander bestehen, so ist ihre verhältniss-mässige Grosse eine sehr wechselnde. Das Oedem der Stimmbänder kann bedeutend und dabei das Oedem unter der Haut des Kehlganges ein schwaches sein oder ein solches kann gänzlich fehlen; auf der anderen Seite kann das Oedem der Stimmbänder schwach und das äussere Oedem stark sein. Die Erkennung des äusseren Oedemes geschieht in bekannter Weise durch das Ge­fühl , die des Oedemes der Stimmbänder an dem An­schlagen der Luft im Kehlkopfe, sowie an dem röcheln­den, schlotternden Athmen. Für den Verlauf ist nicht allein die Höhe des Allgemeinleidens, sondern ebensosehr das Localleiden massgebend; da durch dieses Erstickung herbeigeführt werden kann. Bei der Behandlung muss man, wenn das Localleiden bedeutend ist, dieses beson­ders berücksichtigen; die kräftigsten Ableitungsmittel sind dann angezeigt.
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V. Rothlauf mit besonders starker Affection der Bronchien.
Diese Form ist mir auch einige Male in der Praxis vorgekommen. Ausser den gewöhnlichen Rothlauferschei­nungen findet man eine verhältnissmässig sehr hohe Respiration, woneben schon nach kurzem Verlaufe feuchte Rasselgeräusche, die ja mit voller Bestimmtheit durch die Auskultation festzustellen sind, auftreten. Die innere Temperatur ist hierbei verschieden; ich fand sie bis auf -J- 42,8 C. Der Verlauf wird durch diese Lo-calaffection nur insofern abgeändert, als die volle Gene­sung etwas langsamer eintritt, selbst bei der Temperatur von -f 42,8 C. sind die Thiere genesen. Ich habe überall an dieser Form niemals ein Thier verloren, obgleich ich auf das Localleiden bei der Behandlung keine Rücksicht genommen habe; waren einmal kalte Begiessungen in Anwendung gebracht, so wurden sie auch fortgesetzt, bis die Krankheit gehoben war.
VI. Rothlauf mit besonders starker Affection der Leber.
Diese Form ist nach meinen Beobachtungen eine recht seltene; man findet dabei ausser den gewöhnlichen Roth-lauferscheinuugen, die in verschiedenem Grade vorhan­den sein können, den Mist hell, lehmfarbig, weich, selbst durchfällig und von saurer Reaction. Der Verlauf ist nach meinen Beobachtungen ein verhältnissmässig lang­samer, und der Ausgang gewöhnlich günstig. Bei dieser Form verabreiche ich am liebsten Bleizucker.
VII. Rothlauf mit auslaufenden Oedemen.
Diese Form kommt sehr häufig vor. Bei derselben findet man ausser den constanten Rothlauferscheinungen, die durchgehends nur in schwachem oder mittlerem Grade vorhanden sind, Schwellungen der Haut, oder der Haut und des unterliegenden Bindegewebes, die von sehr ver­schiedener Grosse sind, Fingereindrücke annehmen, nach
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den Seiten allmälig auslaufen und wärmer sind, als die Haut an den andern, sonst gleichen Körperstellen. Diese Form ist eine der günstigsten; sie verläuft rasch und höchst selten lethal.
Till. Rothlauf mit scharf begrenzten Oedemen — Quaddeln —.
Diese Form habe ich namentlich häufig im Frühjahr, d. h. im Anfange des Auftretens des Eothlaufs gesehen. Neben den gewöhnlichen Eothlauferseheinungen, die aus­nahmslos schwach ausgeprägt sind, findet man knopfför-mige Hervorragungen auf der Haut, die scharf begrenzt sind und gewöhnlich als Quaddeln bezeichnet werden. Diese Quaddeln sind von sehr verschiedener Grosse, im Anfange gewöhnlich roth, später grau und stets ein wenig wärmer, als die übrigen entsprechenden Hautpartien.
IX. Rothlauf mit BläschenMIdung auf der Haut.
Diese Form kommt nicht ganz selten vor und wird nicht allein von Laien, sondern auch, wie ich selbst ge­sehen habe, von Thierärzten mitunter als „Pockenkrank­heitlaquo; bezeichnet. Neben den gewöhnlichen Rothlauf­erscheinungen treten Bläschen auf der Haut auf, deren Basis die Grosse eines Silbergroschenstückes einnimmt, und die mit einer gelblichen, gelbröthlichen oder blutigen Flüssigkeit gefüllt sind. Im weiteren Verlaufe platzen diese Bläschen und trocknen dann zu einem schmutzig­bräunlichen Schorfe ein, der fest mit der unterliegenden Haut verbunden ist, oder ein jedes Bläschen geht in ein kleines Geschwürchen über, von denen mehrere mitunter zusammenfliessen und dann grössere Geschwül flächen dar­stellen. Auch diese Form gehört zu den günstigsten; nur in einem Falle, wo die Geschwürbildung sehr stark, der ganze Körper allenthalben damit besetzt war, habe ich einen lethalen Ausgang eintreten sehen.
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X. Rothlauf mit brandigem Absteigen griJsserer oder kleinerer Hautpartien.
Diese Form kommt nur selten vor. Nachdem die Rothlauferscheinungen einige Tage bestanden haben, sterben Hautstücke ab und fallen später weg. Nament­lich gern wird die Haut des Nasenrückens betroffen, sonst aber auch jede andere beliebige Stelle. Der Ver­lust kleiner Hautstücke hat keinen Einfluss auf den Verlauf; dagegen muss man den Verlust grosser Haut­stücke wohl mit in Anschlag bringen bei der Beurthei-lung. Ein Fall ist mir bekannt geworden, in welchem ein Schwein, das ein ca. 3 Fuss langes und ca. 2 Fuss breites Hautstück verloren hatte, noch viele Wochen nachher munter und bei vollem Appetit blieb. Ob es jedoch am Leben geblieben, vielleicht sogar gänzlich ge­heilt worden ist, das ist mir leider nicht bekannt.
XI. Rothlauf mit brandigem Absterben der Extre­mitäten.
Diese Form habe ich nur einige Male gesehen. In vier Fällen betraf das Absterben den Schwanz, und schlimme Folgen traten darnach nicht ein; in einem Falle betraf der Brand beide Ohren. Diese wurden dunkelroth, kalt, lederartig, rollten sich etwas auf und fielen später ziemlich dicht am Kopfe ab. Nach dem Abfallen der Ohren trat Verschwärung und so bedeutende allgemeine Abzehrung ein, dass das Thier getödtet wurde.
Ursachen.
Nächste Ursache. Nachdem ich in verschiedenen Theilen rothlaufkranker Schweine einen Pilz gefunden habe, betrachte ich diesen auch selbstverständlich als die nächste Ursache des Rothlaufs. Ich bin von vorn-
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herein überzeugt, dass viele, namentlich ältere Collegen, diese meine Pilztheorie wenigstens mit Kopfschütteln auf­nehmen werden; wird ja doch sogar der ausgezeichnete Forscher Hallier von Männern, die in hohem Ansehen stehen und denen man in Sachen des Pilzes allerdings ein ürtheil zutrauen muss, auf eine etwas unwürdige Art und Weise angegriffen Mag Hallier in seinen einzelnen Behauptungen Recht, oder Unrecht haben, was ich als Thierarzt nicht beurtheilen kann, so muss man jedenfalls seine Beharrlichkeit und seinen Fleiss bewundern, und jeder Mediciner muss dankbar anerkennen, dass er be­müht ist, die Aetiologie nach einer Seite hin aufzuklären. Denn in dieser Lehre giebt es ja, wie allgemein bekannt, unendlich viel Hypothesen, dagegen sehr wenig That-sachen. Aus diesem Grunde sollte man auch die For­scher, die hierin arbeiten, ermuntern und nicht ab­schrecken. Jeder Forscher, er mag arbeiten, worin er will, kommt auch einmal auf eine falsche Bahn; doch ist das durchaus nicht so schlimm, wie man gewöhnlich glaubt. Denn Falsches hält sich niemals lange, wovon wir uns in der letzten Zeit häufig überzeugen konnten. Wie manches Gebäude ist in den letzten Jahren elendig­lich zertrümmert, und doch hat man dem Erbauer nie­mals Vorwürfe gemacht. Warum denn die Männer, die Pilzkrankheiten aufstellen, mitleidig belächeln oder wohl gar heftig angreifen!
Einige der Ungläubigen werden vielleicht das Vor­kommen eines Pilzes bei rothlaufkranken Schweinen be­zweifeln. Diesen kann ich die Versicherung geben, dass ich bis jetzt noch jedesmal bei rothlaufkranken Schweinen einen Pilz und zwar, wie ich glaube, stets denselben fand, wenn ich mikroskopische Untersuchungen anstellte. Andere werden am Ende die Möglichkeit, dass in den Körper eingedrungene Pilze Entzündungen u. s. w. her­vorrufen können, bezweifeln und verlangen den directen Beweis, dass nach Verabreichung von Futter, das mit einem bestimmten Pilz besetzt ist, auch wirklich der
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Eothlauf entsteht. Diesen directen Beweis kann ich nicht liefern; Fütterungsversuche, die hier am Platze wären, habe ich nicht einleiten können; denn hierzu wäre erstens nothwendig, dass der Pilz bestimmt würde, was ich als Thierarzt nicht kann, was sogar von einem Bota­niker, den ich darum ersuchte, aus Mangel an Sach-kenntniss abgelehnt wurde; und zweitens erfordert diese Sache Geldopfer, die ich bei meiner Stellung nicht brin­gen kann. Da ich also, was ich offen einräume, den directen Beweis für meine ausgesprochene Ansicht nicht beibringen kann, so muss ich alle Umstände, auf welchen selbige sich stützt, kurz hervorheben.
1)nbsp; Ich habe, wie schon früher angegeben, bei roth-laufkranken Schweinen jedesmal quot;Pilze gefunden, wenn ich darnach suchte; und es kann doch unmöglich als normal angesehen werden, .Millionen von Pflanzen im Organismus zu beherbergen.
2)nbsp; Es ist eine Thatsache, dass gerade zur warmen Jahreszeit, wo die Bedingungen zur Entwicklung der Pilze am günstigsten sind, der Rothlauf in grösster Hef­tigkeit und in grösster Verbreitung, seuchenartig, auf­tritt; dagegen im Frühjahr, Herbst und namentlich im Winter nur sporadisch vorkommt.
3)nbsp; Ich habe auch bei rothlaufartigen Krankheiten des Pferdes und Rindes Pilze gefunden.
4)nbsp; Ist es mir, wenn ich Untersuchungen anstellte, auch gelungen, in dem Futter, was an rotblaufkranke Thiere verfüttert worden war, Pilze nachzuweisen. Noch am 23. November und 1. December d. J. (1868) fand ich das Futter, was an Schweine, die am Eothlauf litten, verabreicht worden war, stark mit Pilzen besetzt.
5)nbsp; In meiner Praxis habe ich einmal die Beobach­tung gemacht, dass nach Verfütterung von 3 verschim­melten Comraisbroden an 4, etwa 13 Wochen alte Ferkel, diese sämmtlich erkrankten, und namentlich an einem dieser Schweine die Erscheinungen des Rothlaufs unver­kennbar auftraten.
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6) Es ist eine längst bekannte Tbatsache, dass mit Pilzen besetztes Futter, schädlich auf den Organismus wirkt, Schimmliches Futter veranlasst (Haubner, Gesund­heitspflege, S. 453) Kolik, Entzündung, Brand des Darm­kanals; daneben mitunter Eingenommenheit des Kopfes, Aufregung, krampf- und lähmungsartige Erscheinungen. In anderen Fällen bringt es brandige, typhöse Entzün­dungen, Blutschlag, Milzbrand etc. hervor. Mutterkorn bringt (Haubner, 1. c. S. 448) Kolik, Würgen, Erbrechen, Darmentzündung, Mattigkeit, Abmagerung, Schwindel, Betäubung, Convulsionen, Auflösung des Blutes, Lähmun­gen, trockenbrandiges Absterben der Extremitäten hervor.
Die Einführung des Pilzes in den Organismus. Hier­für können nur die Luftwege und die Verdauungs­organe in Betracht kommen. Sporen sind, -wie nach­gewiesen worden ist, stets in der atmosphärischen Luft vorhanden und dringen auch gewiss mit in die Luft­wege ein. Es ist sogar möglich, dass Sporen von den Lungen aus in das Blut gelangen, jedoch nicht wahrscheinlich, dass sie auf diesem Wege in so be­deutender Masse in das Blut einwandern, um die all­gemeinen Erscheinungen, die wir beim Rothlauf sehen, hervorrufen zu können; sondern es ist eher anzunehmen, dass sie durch die Flimmerbewegung und durch das Räuspern wieder aus den Luftwegen ausgeworfen werden. Es treten ja freilich beim Rothlaufe locale Erkrankungen in den Luftwegen auf, jedoch können diese, ebenso gut wie in den andern Organen, vom Blute aus erzeugt werden. Ich kann in dieser Beziehung nur zugeben, dass die mit der Luft eingedrungenen Pilze unterstützend wirken können bei der Erzeugung der localen Erkrankung in den Athmungsorganen.
Aus dem Vorgetragenen ergiebt sich schon zur Ge­nüge, dass ich der Ansicht bin, der Pilz werde mit dem Futter aufgenommen und gelange vom Verdauungs­schlauche aus in die Lymph- und Blutbahn. Als Stütze für diese meine Ansicht möchte ich zwei Thatsachen anführen.
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1)nbsp; Es ist mir, wenn ich Untersuchungen anstellte, stets gelungen, in dein Futter, welches an rothlaufkranke Thiere verfüttert worden war, Pilze nachzuweisen.
2)nbsp; Der Verdauungsschlauch ist stets zuerst afficirt. Dieses Letztere könnte von solchen Collegen, die nur den Rothlauf in Form des Nesselfiebers oder einer ähn­lich gelinden Form gesehen haben, bezweifelt werden, doch hat es mit dieser Behauptung seine volle Richtig­keit; denn erstens bekommt man in dem Vorberichte über rothlaufkranke Schweine sehr häufig die Mitthei­lung, dass das betreffende Thier in den letzten 6, 12, 24—36 Stunden sein Futter verschmäht, aber sonst nichts Abnormes gezeigt habe, und zweitens findet man bei den Schweinen, die anscheinend plötzlich am Rothlauf er­kranken und bis dahin ihr Futter regelmässig verzehrten, wenn sie nach 12, 24—36 Stunden sterben, bei der Sec­tion nicht selten die schiefergraue Färbung an einzelnen Stellen der Schleimhaut des Magens, häufiger jedoch des Dickdarmes, und zwar in sehr verschiedener Ausdehnung. In einem solchen Falle fand ich, wie auch oben angegeben, die Schleimhaut des ganzen Grimmdarms schiefergrau gefärbt.
Es handelt sich nun noch schliesslich um die Fest­stellung der Stoffe, mit denen der Pilz in den Ver­dauungsschlauch eingeführt wird. Die Beantwortung dieser Frage ist, wenn man sich allgemein fasst, nicht schwer; denn in jedem Stoffe, Wasser ja nicht ausgenom­men, tritt, wenn er entsprechend lang unter geeigneten Verhältnissen gehalten wird, eine Pilzentwicklung ein, und jedes Futtermittel incl. Wasser kann demnach unter entsprechenden Umständen den Rothlauf erzeugen. Hier­für spricht auch schon der Umstand, dass der Rothlauf, abgesehen von seinem Alter, so ausgebreitet vorkommt, obgleich hier diese, dort jene Futtermittel allein oder doch hauptsächlich zur Verfütterung gelangen; es wird auch jeder Praktiker, der viel mit dem Rothlauf beschäf­tigt gewesen ist, die Beobachtung gemacht haben, dass
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diese Krankheit nach Verabreichung der verschiedensten Futtermittel und bei verschiedener Haltung, Stall- und Weidehaitung, entstehen kann. Ich habe die Sehweine am Eothlauf erkranken sehen, wenn sie mit alten Küchen-
abfällen, mit alt gewordenen Molkereiabfällen, mit ange­gangenen krautartigen Gemüsepflanzen, mit dem Inhalte aus den sogenannten Tranktonnen gefüttert wurden; ebenso aber auch, wenn sie Korn, Kartoffeln etc. erhielten, wenn diese Stoffe schon längere Zeit vor der Verabreichung gekocht, gebrüht oder einfach mit Wasser behandelt worden waren. Dagegen habe ich die Beobachtung ge­macht, dass, wenn die Schweine die Molkereiabfälle stets ganz frisch erhalten, oder wenn sie auf einer guten Ochsenweide gehen und als Getränk gutes Wasser be­kommen, der Eothlauf nicht auftritt.
Die Ansteckung. Eine Ansteckung in dem gewöhn­lichen Sinne kommt nicht vor. Ich habe schon 1860 versucht, diese Krankheit durch gewöhnliche Impfung auf Hunde und Kaninchen zu übertragen, diese Versuche mit Kaninchen späterhin häufiger wiederholt, jedoch stets mit negativem Erfolg. Ebenso hat Brau eil — Viertel­jahrsschrift, Band 3—1 Füllen, 1 Schwein, 2 Kaninchen und 1 Igel und Fuchs — Thierärztliche Mittheilungen, Band 1, Seite 58 — ein Kaninchen ohne Erfolg geimpft. Man muss überall, so auch hier, wenn einmal einige Thiere eines Stalles in gleicher Weise erkranken,' nicht sofort an eine Ansteckung denken, sondern berücksichtigen, dass sie unter gleichen Verhältnissen leben. Sowie also eine Ansteckung im gewöhnlichen Sinne unbedingt nicht vorkommt, so ist doch nach einer Beobachtung des Thierarztes M e y e r in Sulingen eine Ansteckung in ausser-gewöhnlichem Sinne, eine Uebertragung durch die Mutter­milch, wahrscheinlich. Dieser Thierarzt schrieb mir unter dem 1. August 1868 Folgendes: „Vom 5. bis 12. Mai 1867 wurde mir Gelegenheit geboten, eine Sau zu behandeln, die am Rothlauf litt. Selbige hatte 4 Junge, welche bei meinem ersten Besuche 10 Tage alt und voll-
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kommen munter waren und natürlich einzig und allein von der Muttermilch lebten. Bei meinem zweiten und dritten Besuche, am 6. und 7. Mai, hatten sich bei allen Säuglingen ebenfalls rothlaufartige Erscheinungen einge­stellt; sie fieberten und hatten an verschiedenen Körper­stellen ziemlich scharf begrenzte und etwas erhabene, rötbliche Flecke. — Mutter und Junge genasen.quot; —
Anlage. Wie früher schon bemerkt, kommen, soweit sich jetzt übersehen lässt, alle rosen- oder rothlaufartigen Krankheiten unserer Thiere in ihrem Wesen und ihrer nächsten Ursache überein. Von allen Thieren wird jedoch das Schwein am häufigsten vom Rothlauf befallen, und es drängt sich daher unwillkürlich die Frage auf: besitzt das Schwein vor allen anderen Thieren eine besondere Anlage zu dieser Krankheit? Dies kann ich nicht an­nehmen j ich glaube vielmehr, dass das Schwein mehr, als jedes andere Thier, den Ursachen ausgesetzt ist. Ferner muss hier noch die Frage aufgeworfen werden, ob gewisse Schweineracen eine besondere Disposition zu dieser Krankheit besitzen. Haubner giebt an, dass veredelte und edle Schweine leichter vom Rothlauf befallen werden, als gemeine. Ich habe in dieser Be­ziehung keine Beobachtungen sammeln können, adoptire daher die Haubner'sche Ansicht, und das um so mehr, da mir von vielen Praktikern, die ich speciell darum be­fragte, ein Gleiches mitgetheilt worden ist.
Tilgung der Anlage. Dieser Punkt, der noch niemals erörtert worden ist, muss hier auch seine Erledigung fin­den. Eine Tilgung der Anlage ist nicht möglich; denn die Krankheit lässt sich durch Impfung nicht auf andere Schweine übertragen imd das einmalige Ueberstehen derselben schützt nicht vor einem zweiten Anfalle. Ich habe gar häufig in meiner Praxis die Beobachtung ge­macht, da^s Schweine, die im Frühjahre am Rothlauf gelitten hatten , im darauffolgenden Sommer wieder von demselben befallen wurden.
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Wesen und Benennung.
Bei der Section der am Rothlauf gestorbenen Schweine finclet man je nach dem Grade der Krankheit in den ver­schiedenen Organen die Anfänge der Entzündung, die vollkommen ausgebildete Entzündung oder die Folgen derselben, und demnach muss ich auch das Wesen dieser Krankheit als eine Entzündung bezeichnen. Wenn ich fernerhin dazu die nächste Ursache und die Ausbreitung der pathologischen Veränderungen, sowie die eigenthüm-liche Blutbeschaffenheit in Betracht ziehe, so kann ich den Rothlauf nur als eine specifische Entzündung an­sehen.
Ich glaube, dass Jeder, der häufiger am Rothlauf crepirte Thiere secirt und nicht von der Milzbrandtheorie und dem Namen „Fleckentyphusquot; befangen gehalten wird, meiner Wesensbestimmung des Rothlaufs beipflichten muss.
Was die Benennung anbetrifft, so habe ich aus nach­folgenden Gründen die alte Bezeichnung „Rothlauf, Rose, Erysipelasquot; beibehalten.
Ich bin der Meinung, dass es nur dann gerechtfertigt ist, einer alten, den Erscheinungen nach längst bekann­ten Krankheit einen neuen Namen zu geben, wenn der alte Name schlecht und unpassend, der neue dagegen bezeichnend und kurz ist. Schlecht und unpassend kann ich die alte Bezeichnung nicht nennen, im Gegentheil finde ich sie, da sie auf ein Symptom hindeutet, das, geringe Ausnahmen abgerechnet, als constant bezeichnet werden muss, recht passend und so bezeichnend, dass es mir schwer fallen würde, eine gleich gute zu finden. Wir haben ferner Krankheiten bei andern Thieren, welche in ihren Erscheinungen und, wie ich gefunden habe, auch in ihrer Ursache und in ihrem Wesen mit der in Frage stehenden Krankheit übereinstimmen; ich meine die sogenannten rothlaufartigen Krankheiten oder Rosen.
Als rothlaufartige Krankheiten oder Rosen bezeichnet
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man solche, bei denen aus inneren Ursachen in der Pa-pillar- oder Eeticularschicht der Haut, oder in der Haut in ganzer Dicke, oder in der Haut und dem Bindegewebe unter demselben die Erscheinungen der Irritation oder der Entzündung bestehen, und wobei ein Allgeraeinleiden vor­handen ist. Ich habe gerade in der letzten Zeit einige von solchen Erkrankungen bei dem Pferde und Einde beobachtet resp. behandelt, und erlaube mir, sie in aller Kürze hervorzuheben.
1)nbsp; Bei einem Pferde der internen Klinik, das mit jungen (grünen) Bohnen gefüttert worden, war, ausser einem Fieber, an verschiedenen Stellen die Papillarschicht der Haut entzündet und exsudirte sehr stark. Auf meinen besonderen Wunsch gestattete der Herr Professor Ger­lach, der das Pferd behandelte, bereitwilligst einen Probe-Aderlass, so dass mir Gelegenheit wurde, das Blut zu untersuchen. Ich fand dasselbe ganz so, wie bei dem Kothlaufe des Schweines; die Blutkörperchen waren ge­schrumpft und Pilze in reichlicher Menge vorhanden.
2)nbsp; Bei einem Kinde der externen Klinik, das mit der sogenannten Kopfrose behaftet war, fand ich das Blut helhoth, mit Pilzen besetzt und die Blutkörperchen ge­schrumpft.
3)nbsp; Bei einem Einde der externen Klinik, das an Aphthen im Maule und an den Klauen (Aphthenseuche) litt, fand ich Pilze in den Bläschen des Maules und der Fussenden, sowie im Blute; dieses ausserdem hellroth und die Blutkörperchen geschrumpft.
4)nbsp; Bei einem Einde der externen Klinik, bei dem sich plötzlich ein stai'kes Fieber und beträchtliche Schwel­lungen am After, an der Scham, dem Euter und auf dem Eücken einstellten, so dass das Bild dem des Milzbrandes zum Verwechseln ähnlich war, machte ich einen Probe-Aderlass. Das Blut war hellroth, schied, nachdem es geronnen war, röthliches Serum aus und enthielt ge­schrumpfte Blutkörperchen und Pilze.
5)nbsp; Auch muss ich hier noch die sogenannte Buch-
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weizenkrankheit heranziehen. Ganz so, wie man bis jetzt die rosenartigen Erkrankungen unserer Hausthiere auf eine gewisse, freilich unbekannte Schärfe im Blute zu­rückführt, so glaubt man auch bis jetzt noch, dass der Buchweizen eine besondere Substanz enthält, die, in den Körper eingetreten, unter Einwirkung des Sonnenlichtes eine rothlaufartige Krankheit hervorzubringen im Stande ist. Wäre dieses erwiesen, so hätte ich kaum mit meiner Pilztheorie hervortreten dürfen; das ist es aber nicht. Erwiesen ist in dieser Beziehung nur, dass Thiere, die mit Buchweizen gefüttert und unter Einwirkung des Lichtes gehalten worden, von einem erysipelatösen Leiden befallen worden sind; dass in solchen Fällen der Buch­weizen vollkommen gesund und nicht mit anderm er­krankten, vielleicht mit Pilzen besetztem Futter unter­mischt gewesen, das ist, soviel mir bekannt, nicht weiter hervorgehoben und folglich nicht festgestellt worden. Dagegen ist durch Hering (Pathologie, Seite 178) so zu sagen bewiesen, dass der Buchweizen nicht immer im Stande ist, einen erysipelatösen Ausschlag hervorzubrin­gen, selbst wenn auch die Thiere unter Einwirkung des Sonnenlichtes gehalten werden. Hering sagt darüber: Mir gelang es in den Jahren 1833 bei einem scheckigen Ziegenbocke und 1834 bei 5 Schafen, die blühenden und Samen - tragenden Buchweizen zu fressen bekamen und dabei starker Sonnenhitze ausgesetzt waren, nicht, den Ausschlag hervorzubringen. Diese Versuche sind lange nicht genug gewürdigt worden, denn sie wiegen schwerer, als alle anderen Beobachtungen, und erlauben mir, die Vermuthung auszusprechen, dass der Buchweizen nur dann im Stande ist, einen Ausschlag etc. hervorzurufen, wenn er mit Pilzen besetzt oder mit solchem Futter gemischt ist, das mit dieser Krankheit behaftet ist. Ich darf die Vermuthung aussprechen, dass auch die sogenannte Buch­weizenkrankheit eine Pilzkrankheit ist,
Dass das Sonnenlicht einen so grossen Einfluss auf die Entstehung dieser Krankheit ausübt, liegt wahr-
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sclieinlicli darin, dass es Orgasmus im Blute und ein vermehrtes Hinströmen desselben nach der Haut verur­sacht; dass dasselbe jedoch nicht durchaus nothwendig ist, um diese Krankheit hervorzubringen, deutet wenig­stens Haubner in seiner Pathologie, Seite 370, an.
Nachdem ich meine Meinung über das Wesen etc. des Rothlaufs der Schweine mitgetheilt und thunlichst begründet habe, kann ich nicht unterlassen, den Ansich­ten einiger anderer Autoren Rechnung zu tragen.
Hiuibner (s. dessen Lanchvirthschaftliche Thierlieillcunde, 5. Aufl.). Dieser verdienstvolle Forscher, bespricht unter wesentlich gleichen Symptomen 1) unter dem Milzbrand (1. e. S. 317) den Kothlauf des Schweines, auch Feuer, Vorder- und Hinterbrand genannt; 2) unter dem Typbus (1. c. S. 335) den Typhus des Schweines, auch Peteehial-, Fleck-, typhöses Fieber; Feuer, typhöser, brandiger Rothlanf, Vorder-und Hinterbrand, Schweineseuche genannt, und 3) unter den fieber­haften Ausschlägen, im Speciellen unter Eose, Eothlauf (1. c. S. 597) die Nesseln oder den Nesselausschlag des Schweines, auch Rothlauf, laufendes, fliegendes Feuer genannt.
Hering (Spec. Pathologie) bespricht (1. c. S. 285) ein bösartiges Eothlauffieber des Schweines und ausserdem (1. c. S. 298) einige roth-laufartige Formen des Milzbrandes.
Spinola (Die Krankheiten des Schweines, S. 222) unterscheidet einen gutartigen uud einen bösartigen Eothlauf; diesen letzteren hält er für identisch mit dem Milzbrand.
Eöll (Pathologie, I., S. 440) bespricht diese Krankheit unter dem Namen laquo;brandiger Bothlaufquot; und zählt sie zu dem Milzbrand,
Behandlung.
Da wir zur Zeit ein sicheres Vorbauungsverfahren noch nicht kennen, so muss unsere Forschung namentlich auch auf die Behandlung gerichtet sein. Die leichteren Fälle heilen freilich ohne jeglichen arzneilichen Ein­griff; die schwersten Fälle von Rothlauf sind zur Zeit unheilbar und werden es am Ende auch fernerhin bleiben, und' dennoch ist eine rationelle Behandlung
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von der grössten Wichtigkeit. Es ist doch wahrschein­lich, dass wir durch eine sachgemässe Behandlung man­ches rothlaufkranke Schwein erhalten können, welches sonst verloren gehen würde, und sicher ist, dass wir den Krankheitsablauf, die Heilung, beschleunigen können. Dieser letzte Umstand ist an und für sich schon wichtig: genug, um uns zur Forschung anzuspornen: denn je langsamer die Ausgleichung von Statten geht, um so mehr werden die Verdauungs- und Assimilationsorgane alterirt, und desto schlechter ist später die Verwerthung des Futters.
Die Behandlung ist jedoch nicht allein mit vielen Umständen verknüpft, sondern kann das Thier sogar in Lebensgefahr bringen. Umständlich ist die Behandlung, weil die Thiere störrisch und wild sind und man daher gewöhnlich Zwangsmassregeln ergreifen muss; gefährlich kann sie für das Thier werden, wenn demselben etwas von den Arzneien in die Luftröhre eindringt, was gar nicht ganz selten vorkommt, wenn selbige in flüssiger Form verabreicht werden. Aus diesen Gründen muss man, wenn möglich, die Arznei mit dem Futter aufnehmen lassen, und die flüssige Form nur im Nothfalle verab­reichen. Wenn Arznei in den Kehlkopf resp. in die Luft­röhre eindringt, so kann augenblicklich der Tod ein­treten, was jedoch selten der Fall ist; regelmässig da­gegen tritt, wenn der Tod nicht sofort folgt, eine Laryn­gitis und Bronchitis, mitunter sogar eine veritable Pneu­monic und in Ausnahmefällen ein Emphysem ein. Letzteres gehört aber nach meinen Erfahrungen beim Schweine zu den grössten Seltenheiten.
Die Complicationen, die durch das Eindringen von Arzneien in die Luftwege herbeigeführt werden, sind stets recht unangenehm, da sie mitunter noch längere Zeit bestehen, nachdem das ursprüngliche Leiden schon ge­hoben ist; führen jedoch, wie schon bemerkt, nur in Aus­nahmefällen zum Tode. Aus meiner eigenen Schweine­praxis ist mir nur ein Fall bekannt, wo nach dem Eindringen
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von Arznei in die Luftwege der Tod eintrat; dagegen sind mir reclit viele Fälle auch aus der eigenen Praxis bekannt, wo die Sache günstig verlief. Zwei Fälle von denen, die im letzten Jahre vorgekommen sind, erlaube ich mir mitzutheilen:
Einem Schweine, das am Rothlauf erkrankt war, wurde auf Anrathen eines Nachbarn Thran in unbestimm­ter Quantität eingegeben, worauf das Thier, nach Aussage des Besitzers, sofort anfing zu erbrechen und stark mit dem Leibe zu ziehen. Letzteren Umstandes wegen wurde sofort die Hülfe der Schule requirirt, und bei der sel­bigen Tages vorgenommenen Untersuchung fand ich im Wesentlichen Folgendes: Respiration 60, stark ziehend^ Lunge, so weit sie auskultirt werden konnte, wegsam; feuchte Rasselgeräusche in der unteren Partie derselben; krächzender Husten. Der Rothlaufprocess, der behandelt wurde, war nach 2 Tagen beseitigt; wogegen das Brust­leiden, auf welches keine Rücksicht genommen wurde, erst nach B Tagen verschwunden war.
Ein Schwein, das am Rothlaufe litt und hauptsäch­lich mit kalten Begiessungen behandelt werden sollte, bekam, um die Defaecation zu befördern, eine mit Althae und Wasser zubereitete Salz-Latwerge. Der Besitzer, dem das Eingeben der Latwerge nicht gelingen wollte, mischte diese mit Wasser und gab sie aus der Flasche ein. Bald nachdem stand die Respiration auf 80, war keuchend und wurde mit starker Anstrengung der Brust-und Bauchwand ausgeführt; Druck auf die Rippenwan­dung verursacbte Schmerzensäusserungen, Stöhnen; die untere Partie beider Lungenflügel war unwegsam, die obere Partie emphysematös. Die Begiessungen wurden Tag und Nacht fortgesetzt und wirkten derart günstig, dass der Rothlaufprocess, bei dem ursprünglich die Mast­darmtemperatur auf 4- 43 C. stand, in 3 Tagen vollkom­men, wenigstens soweit zu übersehen, ausgeglichen war; wogegen das Brustleiden, gegen welches ebenfalls Be-
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giessungen angewandt wurden, erst nach 13 Tagen be­seitigt war.
Obschon also, wie ich mit gutem Gewissen versi jhern kann, beim Eindringen der Arznei in die Luftwege beim Schweine die Gefahr nicht so gross ist, als man gewöhn­lich glaubt, so muss man doch möglichst vorsichtig in dieser Beziehung sein, um jeglichen ökonomischen Nach­theil zu vermeiden, und aus diesem Grunde möchte ich mir erlauben, einige Bemerkungen über das Eingeben der Arznei beim Schweine voraus zu schicken.
Für das Eingeben von Arznei ist selbstverständlich zunächst nothwendig, dass man das Schwein in seine Gewalt bringt, und dies kann mit Euhe und Güte oder mit Gewalt geschehen. Will man den ersten Weg be­treten, der sich bei den zahmen Schweinen ärmerer Leute empfiehlt, so reibt und scheuert man das Thier mit der Hand oder mit einem etwas knorrigen Knittel, worauf es sich gewöhnlich bald niederlegt; ist dies geschehen, so fährt man ruhig mit dem Kratzer fort, bringt unter­dessen den Kopf in die geeignete Lage und giebt dann die Arznei ein. So schön diese Methode auch ist, so muss man doch häufig von derselben abstehen und Ge­walt anwenden. Will man diesen Weg betreten, so kann man einfach das Schwein ergreifen, niederlegen, fest­halten und so die Arznei beibringen; richtiger, bequemer und sicherer ist es indessen, wenn man in nachfolgender Weise verfährt: Man nimmt einen entsprechend langen und dicken, mit einer zulaufenden Schlinae versehenen Strick, bringt die Schlinge-über die Rüsselscheibe und sucht sie durch Rückwärtsziehen in das Maul und bis hinter die Hauzähne des Vorderkiefers zu bringen. Ist man so weit gekommen, was jedesmal gelingt, so zieht man die Schlinge fest zu und lässt den Strick über eine Barriere gehen und dort von einem Gehülfen festhalten. Sobald das Schwein den dadurch verursachten Zwang merkt, geht es augenblicklich zurück und hält sich auf
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diese Weise selbst fest. Diese Bewältigungsmethode kann ich ganz besonders empfehlen.
Was das Eingeben der Arznei selbst anbetrifft, so ist das nach der Form selbstverständlich etwas ver­schieden. Die flüssige Arznei bringt man dem Schweine, wenn es platt auf der Seite liegt, mit einem kleinen Löffel oder, wie ich auch gesehen habe, mittelst eines in's Maul geschobenen Trichters bei; wenn das Thier jedoch in der zuletzt erwähnten Weise, mittelst eines Strickes bewältigt worden ist, so kann man die Arznei, wie recht häufig von mir geschehen ist, aus einer kleinen Medicinflasche gern appliciren. Hervorheben möchte ich jedoch, dass man von der flüssigen Arznei nur kleine Quantitäten zur Zeit und niemals während des Schreiens applicirt. Für das Eingeben der Latwerge oder Lecke ist zunächst nothwendig, das Maul zu öffnen, was ganz leicht mittelst eines entsprechenden Knittels in folgender Weise geschieht: Will man z. B. die Latwerge von der rechten Seite eingeben, so schiebt man den Knittel von der rechten Seite in's Maul bis zwischen die Backenzähne der linken Seite, nimmt dann Stütze auf die untere Back­zahnreihe der linken Seite und hebt darauf durch Druck gegen die obere Backzahnreihe der rechten Seite den Oberkiefer vom Unterkiefer ab. Hat man auf diese Weise das Maul geöffnet, so streicht man die Arznei mittelst eines kleinen Holzspatels oder eines ähnlichen Instru­mentes auf den Gaumen oder die Zunge. Ganz ähnlich verfährt man beim Eingeben von Pillen; jedoch möchte ich hierfür hervorheben, dass mir ein Fall aus der Praxis eines älteren Collegen bekannt ist, wo derselbe eine Pille direct in den Kehlkopf schob, und das Schwein in Folge dessen augenblicklieh starb.
Wenn wir uns nun zur eigentlichen Behandlung des Rothlaufs begeben, so möchte ich zunächst im Allge­meinen die Aufgabe, die ich mir dabei stelle, beleuchten, und wenn das geschehen ist, einige specielle Fälle aus
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der Praxis anführen. Die Indicationen, die ich besonders ins Auge fasse, sind folgende:
1)nbsp; Minderung der erhöhten Temperatur,
2)nbsp; Beförderung der Defaecation, resp. Entleerung des Magens,
3)nbsp; nbsp;Deckung der wunden Sehleimhautfläehe des Ver-dauungsschlauehes, Verminderung der Blutzufuhr nach demselben und
4)nbsp; Tödtung der Pilze.
Die Minderung der zu hohen Temperatur des Orga­nismus. Hierzu besitzen wir an dem kalten Wasser ein ganz vortreffliches Mittel. Wir sind durch selbiges im Stande, die Temperatur in kurzer Zeit bedeutend herah-zudrücken. Die Application desselben geschieht in etwas verschiedener Weise. Entweder belegt man die Schweine mit in kaltes Wasser getauchten Säcken, oder begiesst sie mit Wasser, und zwar aus einem Eimer oder aus einer Brause. Gewöhnlich ist es ausreichend, wenn man alle 10—15 Minuten die Kälte in Form des kalten Was­sers applicirt; ist jedoch Gefahr im Verzüge, so kann man die Thiere auch für die erste Zeit continuirlich be-giessen lassen. Wenn die Temperatur im Mastdarme nach meinem Thermometer auf -1- 43 C. und darüber steht, so applicire ich noch Kaltwasser-Klystiere und habe in einzelnen Fällen ausserdem alle 10—15 Minuten Eispillen reichen lassen. Spinola — Schweinekrankheiten, S. 35 — empfiehlt gegen den Milzbrand auch die Kälte als antiseptisches Mittel} er ist jedoch der Meinung, dass die einfachen Begiessungen des Sehweines nicht nach­drücklich genug wirken, und lässt daher das Thier an einem schattigen, kühlen Orte in die Erde eingraben und den ganzen Platz mit kaltem Wasser begiessen. Spinola bestimmt das Verfahren in folgender Weise: Man lässt ein Loch in die Erde graben, welches der Länge, Breite und Höhe des einzugrabenden Schweines entspricht, und dieses, nachdem die vier Füsse des Thieres mittelst eines Strohseiles oder eines breiten,
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nicht schneidenden Strickes zusammengebunden sind, in sitzender Stellung in di'e Grube legen. Unter den Rüssel wird ein Rasen gelegt, wodurch demselben eine vorge­streckte Lage verliehen wird. Nun wird der ganze Kör­per, mit Ausnahme des Kopfes, mit Erde umworfen; auf diese werden ein paar Rasen, und auf diese (oder auch ohne sie) ein Stück Holz oder ein sonstiger gewichtiger Körper gelegt, damit das Thier nicht aus seiner Lage weichen kann, und nun werden von Zeit zu Zeit (alle Viertelstunde) einige Eimer recht kalten Wassers auf die Grrabstelle gegossen. — Mit diesem Verfahren habe ich mich niemals befreunden können, und wenn man, mit dem Thermometer in der Hand, die Wirkungen der Begiessun-gen verfolgt, so überzeugt man sich sofort, dass es nicht nothwendig ist, die Schweine einzugraben, um die Tem­peratur rasch herabzudrücken.
Die Kälte, in Form des kalten Wassers, wirkt beim Rothlauf ausgezeichnet; in den leichten Fällen kann man durch die zeitweisen Begiessungen des Körpers die Krankheit bald und schneller zur Ausgleichung bringen, als ohne dieselben, — in den schweren Fällen unterstützen sie die Kur ganz bedeutend, — in den schwersten Fällen jedoch reicht auch die Kälte nicht aus, selbst wenn man sie in ausgedehntester Weise und neben andern ent­sprechenden Mitteln anwendet, um einen lethalen Aus­gang zu verhüten.
p Ein Punkt, der für den Gebrauch des kalten Was­sers erörtert werden müsste, ist wohl noch der, wie lange man mit demselben fortfahren muss. Habe ich die Schweine unter Aufsicht oder kann ich sie durch die Studirenden unserer Anstalt genau controlliren lassen, so setze ich vorläufig mit den Begiessungen aus, wenn die Temperatur auf die normale Höhe heruntergegangen, und fange wieder damit an, sobald sie auf -j- 40,5 C. hinauf­gegangen ist. Für die Praxis hat diese Regel, was ich wohl weiss, jedoch keinen Werth. Kann ich die Schweine nicht häufiger controlliren, so lasse ich in schweren Fäl-
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len alle 5—10 Minuten, in den leichtern Fällen alle 10 bis 20 Minuten kaltes Wasser auf den Körper auf diese oder jene Weise appliciren.
Die Beförderung der Defaecation. Obgleich diese Indication keine ganz dringende ist, wovon ich mich mehrfach überzeugt habe, so ist doch zu empfehlen, sie zu berücksichtigen. Die Defaecation ist gewöhnlich, na­mentlich zu Anfang der Erkrankung, eine träge; mit­unter ist sogar der Mist trocken und die Entleerung desselben eine bedeutend verzögerte. Man muss für diese Indication berücksichtigen, dass die Schleimhaut mehr oder weniger afficirt, mitunter sogar vom Epithel entblösst ist, und dass die Faeces dann fortwährend reizend wirken. Ich erfülle diese Indication durch Grlaubersalz oder Schmalz. Von dem Glaubersalz lasse ich lOOpfün-digen Schweinen alle 6 Stunden und zwar 4 bis 5mal nach der Reihe 30—40 Gramm in Form einer Latwerge rei­chen; von dem Schmalz gebe ich gleich grossen Schweinen alle 12—16 Stunden 100—250 Gramm. Ich habe mich früher gewöhnlich des Glaubersalzes bedient, gebe jetzt jedoch meistentheils Schmalz, da dieses gleichzeitig ein­hüllend wirkt auf die wunde Schleimhaut.
Die Entleerung des Magens. Diese geschieht am raschesten durch ein Brechmittel und empfiehlt sich dann besonders, wenn die Thiere plötzlich erkrankt sind. Als Brechmittel benutze ich in der Schweinepraxis ausnahms­los die weisse Niesswurzel. Diese Wurzel wurde in früherer Zeit in der Schweinepraxis -unendlich viel benutzt, und nicht allein um brechenerregend, sondern, wie man sich ausdrückte, um gleichzeitig erschütternd und umstimmend aufs Nervensystem zu wirken. Diese letzten Wirkungen mögen dieser Wurzel vielleicht zu­kommen ; bestimmt wissen wir durch die neuen Forschun­gen, namentlich durch die des Engländers Pulmont — Centralblatt für medicinische Wissenschaften, Jahrgang 1868, S. 140 — dass die weisse Niesswurzel noch ausser-dem die Temperatur herabdrückt, sowie den Puls und
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die Respiration verlangsamt. Aus diesem Grunde wird sie in nächster Zeit vielleicht wieder mehr benutzt wer­den, als es in der letzten Zeit geschehen ist. Für die Application dieser Wurzel wähle ich stets die subeutane Methode. Bringe ich ein 4 Gramm schweres, keilförmig geschnittenes Stück unter die Blaut, so treten regel-mässig Brechanstrengungen und wirkliches Erbrechen ein, wobei ich jedoch darauf aufmerksam machen muss, dass das Schwein durchaus nicht so leicht erbricht, wie man gewöhnlich glaubt.
Die Deckung der lovnden Scldeimliauffläclie des Ver­damm gsschlauches und die Minderung der Bhdzuftüir nach demselben. Hierzu habe ich in frühem Jahren die Schwefelsäure, in dem letzten Jahre zwei Metallsalze, Bleizucker und schwefelsaures Kupfer, benutzt. Schon seit Jahren benutze ich gegen die acute Magen- und Darm-Ent­zündung der Schweine und Hunde den Bleizucker, sowie gegen die chronische Entzündung und Hyperämie der Schleimhaut des Magens beim Pferde und beim Schweine das schwefelsaure Kupfer mit dem besten Erfolge; und auch gegen den Rothlauf haben sich beide Salze bewährt, so dass ich selbige für diesen Zweck aufs beste empfehlen kann. Diese beiden Salze verbinden sich mit den Albu-minaten zu Blei- resp. Kupferalbuminaten. Auch im Darmkanale tritt diese Verbindung ein. Die vom Epithel entblosste Schleimhaut, die beim Rothlauf stark geröthet ist, wird, wenn Bleizuckerlösung darauf einwirkt, grau, wenn eine Lösung von schwefelsaurem Kupfer darauf applicirt wird, grau-grün, und diese Farbenänderung zeigt auf das Bestimmteste die Verbindung des betreffen­den Salzes mit dem oberen Theile der Schleimhaut an. Diese in ihrer Farbe umgeänderte Schicht der Schleim­haut ist innig mit dem unterliegenden Theile verbunden und bildet so eine schützende, reizmildernde, schmerz­stillende Decke. Fernerhin wirken diese Salze auf die tieferen Theile der Schleimhaut, ebenfalls durch ihre Verbindung mit deren Albuminaten, schrumpfend, wo-
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durch das Lumen der Gefässe verringert und so das Einfliessen von Blut in dieselben vermindert wird. Diese beiden Salze wirken also auf die Schleimhaut des Darm-kanales deckend, reizmildernd und schmerzstillend; fer­nerhin schrumpfend — adstringirend — und so entzün­dungswidrig. Als mittlere Dosis für lOOpfündige Schweine gebe ich in den ersten 24 Stunden alle 6 Stunden 1 Gramm und am zweiten Tage eine gleich starke Dosis oder, wenn die Krankheit schon etwas nachgelassen hat, alle 6 Stunden 0,5 Gramm. Ich reiche diese Salze stets in Latwergenform.
In früherer Zeit benutzte ich gegen den Rothlauf regelmässig die Schwefelsäure, und das theils um allge­mein kühlend, theils um auf den Verdauungsschlauch deckend und schrumpfend zu wirken. Es kommt diese Säure in ihrer örtlichen, auf den Verdauungsschlauch ge­richteten Wirkung, so viel ich gesehen und beobachtet habe, qualitativ so ziemlich überein mit den beiden vor­hin erwähnten Salzen. Bringt man nämlich Schwefel-säure auf die wunde, vom Epithel entblösste Schleimhaut, so bildet sich augenblicklich ein grau-weisslicher Beleg auf derselben als Schutzschicht, und ebenso erfolgt gleich­zeitig eine Schrumpfung mit den weiteren oben ange­deuteten Folgen. Ich habe diese Säure, wie oben gesagt, früher stets gegen den Rothlauf gebraucht, und muss ein­gestehen, dass ich mit der Wirkung zufrieden ge­wesen bin, wobei ich jedoch die Bemerkung machen muss, dass ich zu der Zeit thermometrische Messungen nicht ausführte, also nicht mit Sicherheit angeben kann, wie viel sie genutzt hat. Ich bin jetzt ganz von dem Gebrauche dieser Arznei abgegangen, weil das Eingeben derselben, was in flüssiger Form geschah und auch wohl geschehen muss, zu umständlich ist. Ich lasse näm­lich von einer aus gleichen Theilen Wasser und concen-trirter Schwefelsäure bestehenden Mischung ca. lOOpfün-digen Schweinen stündlich 50 bis 60 Tropfen, mit der ent­sprechenden Quantität Wasser verdünnt, reichen. All-
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stündlich aber dem Schweine eine solche grosse Quantität Flüssigkeit einzugeben, ist dem Besitzer meistens, nament­lich zur Nachtzeit, etwas umständlich und kommt der­selbe daher der Vorschrift gar häufig nicht nach.
Die Tödtung der Pilze. Ob man diese Indication erfüllen kann, weiss ich nicht mit Bestimmtheit, nehme es jedoch an. Vom schwefelsauren Kupfer weiss man ja, dass es ein sicheres Gift gegen den Brandpilz des Wei­zens ist; vom Bleizucker muss ich ebenfalls nach den Beobachtungen, die ich gemacht habe, annehmen, dass er Pilze tödtet, und deshalb habe ich sofort, nachdem ich den Pilz beim Rothlauf gefunden hatte, beide Salze benutzt; theils um deckend und schrumpfend auf die Schleimhaut zu wirken, theils um die Pilze zu tödten.
Eine äusserliche Behandlung, abgesehen von den kalten Begiessungen, leite ich nur dann ein, wenn Gehirn und Rückenmark sehr stark afficirt sind; in diesem Falle mache ich eine scharfe Einreibung an dem entsprechen­den Orte und wähle dazu stets die Brechweinsteinsalbe.
Nachdem ich diese meine jetzige Behandlungsmethode des Rothlaufs des Schweines im Allgemeinen angegeben habe, will ich mir zunächst erlauben, einige Fälle speciell aufzuführen, wobei nur auf die wichtigsten Symptome Rücksicht genommen wird.
Schwein des Z. in d. Gr. B, Vorbericht: Seit einigen Tagen mangelhafter Appetit. Status praesens: Gang schwan­kend, Respiration 32, Puls 84, Bindehaut stark geröthet, Mastdarmtemperatur -f 43,3 C, Haut diffus geröthet, — nicht sichtbar geschwellt. — Behandlung: Alle 10 Min. bekam das Thier Eispillen, ein Eiswasserklystier und wurde mit kaltem Wasser begossen.
Zweiter Tag. Morgens: Puls 104, Mastdarmtempera­tur 40,7 C, sonst wie am vorhergehenden Tage. Behand­lung dieselbe. Nachmittags: Puls unzählbar geschwind, Mastdarmtemperatur 37,6 C. — Agonie. — Die Be­handlung wurde ausgesetzt. Das Thier starb denselben Abend. Bei der Section, die 12 Stunden p. m. vorge-
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nommen wurde, fand sich namentlich die Schleimhaut des ganzen Grimmdarms schiefergrau gefärbt und dermassen erweicht, dass man sie in Form eines Breies von der Muscularis abschaben konnte.
Schwein des L. z. L. Vorbericht: Seit 24 Stunden schlecht gefressen. Status praesens: Gang leicht schwan­kend, Respiration 52, Puls 130, Bindehaut stark geröthet, äussere Temperatur hoch, Mastdarmtemperatur 43,2 C, Haut diffus geröthet, — nicht sichtbar geschwellt. — Behandlung: Alle 5 bis 10 Minuten mit kaltem Wasser zu begiessen. Das Thier starb 18 Stunden nach einge­leiteter Behandlung.
Schwein des N. in L. Vorbericht: —. Status praesens: Gang stark schwankend, Respiration 48, Puls 130, Binde­haut stark geröthet, Hauttemperatur (durch einfaches Anlegen der Kugel des Thermometers aufgepommen) 38,3 C, Mastdarmtemperatur 43,0 C, Haut diffus ge­röthet, in dieser Röthe traten mehr oder weniger scharf begrenzte, dunklere Flecke auf. Behandlung: Es wurde dem Thiere sofort Natrum sulphuricum 120 Gramm in Latwergenform gegeben und dasselbe alle 10 Minuten mit 2 Eimern Wasser begossen.
Zweiter Tag. Mastdarmtemperatur 39,2 C, sonst wie Tags zuvor. Behandlung ausgesetzt.
Dritter Tag. Respiration 20, Puls 120, Mastdarm­temperatur 41,5 C, Röthe bis auf die dunkleren Flecke verschwunden. Die Begiessungen wurden wieder ein­geleitet.
i ' Fünfter Tag. Respiration 16, Puls HO, Mastdarm­temperatur 39,5 C, Hautröthe gänzlich verschwunden, das Thier war bedeutend munterer und hatte Appetit. Behandlung ausgesetzt.
Siebenter Tag. Respiration 48, Puls 140, Mastdarm­temperatur 41,7 C, Mist hart, klein geballt und selten entleert, Appetit wieder gänzlich aufgehoben, das Thier hustete und war bedeutend hinfalliger, als Tags zuvor;
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Behandlung: Es wurde die Latwerge wiederholt und die Begiessungen wieder eingeleitet.
Achter Tag. Mastdf.rmtemperatur -f 41,0 C, Mist hart und mit Schleim und Blut umhüllt, Husten keuchend, sonst wie Tags zuvor. Die Begiessungen wurden fort­gesetzt.
Neunter Tag. Mist dünn und schleimig; etwas Appetit. Als Futter süsse Milch,
Von diesem Tage an besserte sich das Schwein all-mälig, so dass es am zwölften Tage als Eeconvalescent aus der Behandlung entlassen werden konnte.
Schwein des 0. in der Hstr. Vorbericht: Das Mor­genfutter verschmäht. Status praesens — Morgens 10 Uhr — : Gang schwankend, Eespiration 72, Puls 160, Mast­darmtemperatur 41,4 C., Conjunctiva stark geröthet, Mist hart, Brechanstrengung, Haut an begrenzten Stellen geschwellt und geröthet. Behandlung: 100 Gramm Na-trum sulphuricum in Latwergenform, alle 12 Stunden die Hälfte zu geben. Nachmittags 5 Uhr: Mastdarmtem­peratur -J- 42,0 C, weshalb Begiessungen, alle 5 Minuten eine Brause voll, gema,cht wurden. Abends 10 Uhr: Mastdarmtemperatur - #9632; 41,3 C.; Begiessungen fortgesetzt.
Zweiter Tag. Morgens 6 Uhr: Mastdarmtemperatur 42,0 C. Die Begiessungen wurden in gleicher Weise fortgesetzt. Nachmittags 5 Uhr: Mastdarmtemperatur 41,5 C, sonst wie früher. Die Begiessiingen wurden fortgesetzt.
Dritter Tag. Respiration 60, Puls 120, Conjunctiva weniger roth, Mastdarmtemperatur 40,1 C, die Flecke meistens verschwunden, etwas Appetit. Begiessungen wurden fortgesetzt.
Vierter Tag. Respiration 40, Puls 100, Mastdarm­temperatur 39,7 C., die rothen Flecke ganz ver­schwunden. Behandlung ausgesetzt.
Fünfter Tag. Respiration 30, Puls 100, Mastdarm­temperatur 39,7 C.; das Thier verzehrte seine volle
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Ration mit dem grössten Appetit und wurde dasselbe aus der Behandlung entlassen.
Schwein des E. in der Sstr. Vorbericht: Mittags­futter verschmäht. Status praesens: Respiration —, Puls 130, Mastdarmtemperatur 40,1 C, Bindehaut stark geröthet, Haut an begrenzten Stellen geröthet. Behand­lung: Begiessungen und eine aus 100 Gramm Natrum sulphuricum bestehende Latwerge. Am andern Morgen wurde das Schwein als Reconvalescent aus der Behand­lung entlassen.
Schwein — 50 U schwer — des H. in der gr. Bstr. Vorbericht: Seit 3 Tagen nicht gefressen. Status praesens: Gang schwankend, Respiration 25, Puls 140, Mastdarm­temperatur -}- 42,2 C., Bindehaut stark geröthet. Haut an verschiedenen Stellen auslaufend geschwellt und ge­röthet. Behandlung: Cuprum sulphuricum 3 Gramm in Latwergenform, alle 6 Stunden den vierten Theil zu geben.
Zweiter Tag. Temperatur im Mastdarm 41,9 C, Puls, Respiration, wie Tags zuvor, das Thier hatte etwas Milch aufgenommen.
Dritter Tag. Respiration 20, Puls 100, Mastdarm­temperatur -f- 41,8 C, die rothen Flecke abgenommen, Appetit zugenommen. Die Arznei wurde wiederholt.
Fünfter Tag. Respiration, Puls und Appetit normal, Mastdarmtemperatur 40 C., die Anschwellungen ver­schwunden.
Schwein — 50 S schwer — des H. in der gr. Bstr. Vorbericht: Seit 3 Tagen nicht gefressen. Status praesens: Gang schwankend, Respiration 32, Puls 120, Mastdarm­temperatur 42,8, Conjunctiva stark geröthet. Haut aus­laufend geschwellt und geröthet. Behandlung: Cuprum sulphuricum 3 Gramm in Latwergenform, alle 6 Stunden den vierten Theil zu geben.
Zweiter Tag. Puls, Respiration, Hautaffection, wie Tags zuvor, Mastdarmtemperatur 41,9 C, etwas Appetit.
Dritter Tag. Respiration 25, Puls 100, Mastdarm-
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temperatur 40,8 C., Hautaffection geringer, Appetit besser. Die Arznei wurde wiederholt.
Fünfter Tag. Respiration, Puls, Appetit normal, Mast-darmtemperatur 40,2 C, Hautaffection verschwunden.
Schwein — 60 S schwer — des N. an der W. Vor­bericht: —. Status praesens: Gang schwankend, Respiration 25, Puls 160, Mastdarmtemperatur -f 42,7 C, Haut fleckig geröthet ohne sichtliche Schwellung. Behandlung: Cu­prum sulphuricum 5 Gramm in Latwergenform, alle 4 Stunden den sechsten Theil zu geben, und Begiessungen.
Vierter Tag. Schwein vollkommen gesund.
Schwein — 60 S schwer — des N. an der W. Vor­bericht: —. Status praesens: Gang schwankend,Respiration 30, Puls 140, Mastdarmtemperatur 42,5 C, Haut fleckig geröthet. Conjunctiva stark geröthet. Behandlung: Cu­prum sulphuricum 5 Gramm in Latwergenform, alle 4 Stunden den sechsten Theil zu geben, und nebenbei Be­giessungen des Thieres.
Vierter Tag. Schwein vollkommen gesund.
Schwein — 150 QJ schwer, 3/4 laquo;Jahr alt — des H. auf N. Vorbericht: In den letzten 24 Stunden nicht ge­fressen. Status praesens: Respiration 25, Puls 125, Mast­darmtemperatur —, Bindehaut stark geröthet. Haut diffus geröthet ohne sichtliche Schwellung derselben, das Tbier schwankte im Kreuze, bewegte sich stets gerade aus und be­kam, wenn sich ihm ein hohes, nicht zu nehmendes Hinder-niss entgegenstellte, Krämpfe und fing an zu steigen. Be­handlung: Cuprum sulphuricum 6 Gramm in Latwergen­form, alle 6 Stunden den vierten Theil zu geben, und eine Einreibung von Brechweinsteinsalbe im Genicke.
Zweiter Tag. Die Bewegungen freier, sonst wie Tags zuvor.
Dritter Tag. Das Vorwärts drängen hatte sich ver­loren, Appetit sich eingestellt.
Vierter Tag. Das Thier vollkommen hergestellt und wurde zu seinen Kameraden gelassen.
Schwein — 150 S schwer, 1 Jahr alt — des H. in
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der Nstr. Vorbericht: —. Status praesens: Gang schwan­kend, Fresslust aufgehoben, Mist trocken und selten entleert, Eespiration 40, Puls 120, Mastdarmtemperatur 42,3 C, Bindehaut stark geröthet, Haut an ein paar Stellen leicht diffus geröthet. Behandlung: 3 Gramm Saccharum sa-turni in Latwergenform, alle 8 Stunden den dritten Theil.
Zweiter Tag. Morgens: Respiration 37,, Puls 115, Mastdarmtemperatur -j- 42 C, sonst wie Tags zuvor. Behandlung: Klystiere von Oel und Wasser. Abends: Eespiration 35, Puls 108, Mastdarmtemperatur -|- 41,6 C., sonst wie Tags zuvor. Behandlung: IVg Gramm Saccha­rum saturni in Latwergenform, alle 8 Stunden den dritten Theil, Klystiere fortgesetzt.
Vom vierten Tage an trat sichtliche Besserung ein, und am siebten Tage war das Thier vollkommen geheilt.
Schwein — ca. 60 S schwer — des R. an der Wstr. Vorbericht: Seit einigen Tagen nicht gefressen. Status praesens: Gang schwankend, Respiration 24, Puls 120, Mastdarmtemperatur 42,2 C., Haut hier und da mit bräunlichen Borken besetzt, die von der Grosse und Form eines Silbergroschen-Stückes und innig mit der darunter liegenden Haut verbunden waren. Behandlung: 4 Gramm Plumbum aceticura in Latwergenform, alle 6 Stunden den vierten Theil, und Begiessungen.
Dritter Tag. Zustand im Allgemeinen derselbe; Mist hart und selten abgesetzt, weshalb dem Thiere 250 Gramm Schweineschmalz eingegeben wurden.
Fünfter Tag. Respiration 20, Puls 112, Bindehaut weniger intensiv geröthet, etwas Appetit. Die Arznei wiederholt.
Siebenter Tag. Das Thier vollkommen geheilt.
Diätetische Behandlung: Die Thiere müssen an einem schattigen, kühlen Orte gehalten werden; sollten sie Nei­gung zeigen, etwas aufzunehmen, so lasse ich ihnen frisches, kaltes Wasser, später dünne Mehltränke, frische Molkerei­abfalle, etwas frische Milch oder unreifes Obst reichen.
Schliesslich will ich mir noch erlauben, die verschie-
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denen Methoden und Arzneien, die sonst noch empfohlen werden, anzureihen.
Haubner empfiehlt gegen die Form des Eothlaufs, die er noch dem Milzbrand zuzählt (1. c. S. 327) zunächst ein Brechmittel, dann Salze oder Säuren und 6eissige Begiessungen. Bei dem Petec-cbialtyphns soll (1. c. S. 339) die freie Leibeseröffnung die Hauptsache sein, und hierzu nach den vorliegenden Erfahrungen das Calomel den Vorzug verdienen. Wenn man die dem Eothlauf zukommenden Lei­chenerscheinungen in Betracht zieht, so scheint das Calomel nicht .recht passend zu sein, doch lassen sich Praxis und Theorie recht gut dabei in Einklang bringen. Das Calomel verwandelt sich ja, wie man seit langer Zeit allgemein annimmt, im Verdauungsschlauche in Subli­mat; dieses wirkt ätzend und kann so an den wunden Stellen durch die sofortige Verbindung mit den Albuminaten eine Schutzschicht bil­den. Neben der eröffnenden Wirkung tritt also gleichzeitig die deckende ein. Einige Menschenärzte müssen von einem gleichen Gesichtspunkte ausgeben; denn ich weiss, dass gegen die Diarrhöe der ganz jungen Säuglinge Calomel, und zwar alle 3 bis 4 Stunden 1 Centigramm mit Erfolg verabreicht wird.
Bei dem Nesselfieber kann schon (1. c. S. 601) ein entsprechendes diätetisches Verhalten: Euhe, Verhütung vpr Erkältung, reichliche-und trockene Streu, kühlende und eröffnende Nahrung, ausreichend sein. Sonst empfiehlt er eine kühlende und eröffnende Behandlung und namentlich Begiessungen.
Spinola empfiehlt (Die Sehweinekrankheiten S. 228) gegen den gutartigen Eothlauf, wo zwar meistens ein zweckmässiges diätetisches Verhalten ausreicht, um schneller zum Ziele zu gelangen, ein Brech­mittel, dem in hartnäckigen Fällen, so namentlich, wenn der Eothlauf mit deutlichen Entzündungszufällen besteht, für einige Tage auslee­rende und kühlende Salze folgen müssen. Es soll in solchen Fällen selbst ein Aderlass nothwendig werden können und sogar, namentlich jedoch, wenn eine Hinneigung zur Brandrose besteht, die Säuren in Anwendung zu bringen sein. Es sollen dann auch Waschungen der rothlaufigen Stellen mit erwärmtem Essig oder anderen antiseptischen Mitteln am Platze sein.
Hering (1. c. S. 286) empfiehlt gegen den bösartigen Eothlauf anfangs die antiphlogistische und schweisstreibende, später die anti­septische Kurmethode, überhaupt ein Verfahren, wie bei den ver­wandten Milzbrandformen.
Eöll (1. c. S. 440) empfiehlt zunächst ein Brechmittel, dann Mittel­salze, säuerliche Getränke, kalte Begiessungen, Lehmanstriehe auf die Geschwülste, Blutentleerung aus den Ohren. Bei einem grossen Schwäche­zustande ätherisch-ölige Mittel und Kampher.
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Vorbauung.
Das Schwein ist ja ein Omnivor, es nimmt Fleisch-und Pflanzenkost zu sich, verwerthet Beides gleich gut, ist nicht wählerisch in seiner Auswahl, und deshalb das am meisten geschätzte Hausthier, namentlich der ärmeren Klassen. Das Schwein leidet, obgleich es alle möglichen, selbst verdorbene Futterstoffe aufnimmt, im Allgemeinen sehr wenig an gastrischen Störungen, und eben aus diesem Grunde wird auch auf eine Auswahl der Futter­stoffe für dieses Thier, so lange es nicht auf der Mast steht, sehr wenig Gewicht gelegt, sondern demselben Alles vorgeworfen. Dieses kann auch in der kälteren Jahreszeit ohne Nachtheil geschehen; jedoch, sobald es warm in der Witterung wird oder vielleicht schon gar der Rothlauf aufgetreten^ ist es gefährlich, und es muss dann auf die Wahl der Futtermittel und auf die Futterungsmethode das grösste Gewicht gelegt werden: denn nach dem, was ich über die nächste Ursache ange­geben hahe, dass diese in einem Pilze besteht, muss ich weiterhin auch annehmen, wie dies früher ausführlicher erläutert worden ist, dass selbiger auch nur in hinrei­chender, d. h. krankmachender Menge njit den Nahrungs­mitteln, Futter und Getränk, in den Organismus einge­führt wird. Mit kurzen Worten, bei der Vorbauung des Bothlaufs des Schweines muss das Augenmerk auf Futter und Getränk gerichtet sein. ' Im Aligemeinen kann ich in dieser Beziehung sagen: Futter und Getränk müssen frei von Pilzen sein, und muss mit Pilzen besetztes Futter durchaus an die Schweine verfüttert werden, so muss es vor der Verabreichung so behandelt werden, dass die Pilze als solche wenigstens einen Nachtheil nicht mehr hervorbringen können.
Ich sagte vordem, dass, sobald die Wärme eintrete, die Wahl der Nahrungsmittel und die Futterungsmethode für das Schwein mit Umsicht festgestellt werden müsse.
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Es kommt freilich Rothlauf im Frühjahr und Herbst, ja sogar im Winter vor, besonders jedoch zur warmen Jahres­zeit, und das hauptsächlich, weil die Wärme die Pilzentwick­lung besonders befördert. Pilzsporen sind ja stets in der Luft vorhanden und fallen aus dieser auch auf alle Ge­genstände und folglich auch auf die Futtermittel nieder. Wenn diese nun feucht sind und dann Wärme darauf einwirkt, so ist die Vermehrung der Pilze eine unbe­schreiblich grosse, wovon man sich durch das Mikroskop sehr leicht überzeugen kann, und es kann auf diese Weise das gesundeste Futtermittel in Stunden zu einem sehr gefährlichen werden. Es begünstigt, wie aus dem Vorstehenden erhellt, die Wärme nur indirect, indem sie die Entwickelung der Pilze befördert, den Aus­bruch des Rothlaufs, und nicht direct. Züchter und Mäster haben gewöhnlich kein Mikroskop zur Hand, um die betreffenden Futtermittel zu untersuchen, und so fühle ich mich veranlasst, bestimmte Vorschläge zu machen, die freilich, wie auch schon der Name andeutet, was ich dessenungeachtet besonders hervorheben muss, die Prü­fung in der Praxis im Allgemeinen noch nicht bestanden haben. Sobald der Rothlauf im Anzüge ist, empfehle ich hinsichtlich der Fütterung Folgendes der Berücksich­tigung :
1) Frische abgerahmte Milch und frische Molkerei­abfälle kann ich ganz besonders als geeignete Futter­mittel bei Rothlauf-Epidemien empfehlen. Auf recht vielen mir bekannten Gütern, wo Butter- und Käse-Fabrikation stattfindet, besteht diese Fütterung; und ich kann ver­sichern, dass ich in den Stallungen solcher Wirthschaften niemals ein rothlaufkrankes Schwein gesehen habe. Ich stehe mit dieser Beobachtung nicht allein. Viele Colle-gen haben mir ein Aehnliches mitgetheilt, und ich kann in dieser Beziehung namentlich den Thierarzt Meyer, der zur Zeit auf Nordstrand ist, früher jedoch lange Zeit im holsteinischen Güterdistricte practisirte, als Gewährsmann anführen.
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2)nbsp; Stehen die vorbemerkten Futterstoffe nicht zur Disposition, so reiche man dem Schweine reines, unzer-klein ertes Korn and gesundes Wasser; am liebsten jedes für sich.
3)nbsp; Soll Ersparniss halber, da das ganze Korn, wie bekannt, vom Schweine sehr schlecht zerkleinert und folglich schlecht ausgenutzt wird, Schrot gereicht werden, so muss dieses mit gesundem Wasser, frischer abge­rahmter Milch oder frischen Molkereiabfallen zurZeitder Verfütterung angerührt werden.
4)nbsp; Sollen alte Küchenabfälle verabreicht werden, so müssen sie vor der jedesmaligen Verfütterung gekocht, and nach dem Erkalten sofort verabreicht werden. Es darf das Futter nicht auf 24 Stunden oder noch gar auf längere Zeit gekocht werden. — Dieses gilt für alle Futtermittel ohne Ausnahme. —
5)nbsp; Der Inhalt der sogenannten Tranktonnen, so wie alte MolkereiabfäUe dürfen nicht verfüttert werden.
6)nbsp; Die hrautartigen Gemüsepflanzen dürfen, da mei-stentheils nur das Schlechteste für das Schwein ausge­sucht wird, nicht verabreicht werden. Dagegen ist das frische Gras der guten, alten Ochsenweiden sehr zu­träglich.
7)nbsp; Man muss stets mit blanker Krippe füttern, d. h. den Thieren darf durchaus nicht mehr gegeben werden, als sie bequem zur Zeit verzehren.
8)nbsp; Die Futterutensilien müssen häufig, am besten täglich, gereinigt werden.
9)nbsp; Die Schweine dürfen nicht, wie es au einigen mir bekannten Orten Sitte ist, fortwährend im Düngerhofe liegen, weil sie eben auch hier schädliche, mit Pilz be­setzte Stoffe aufnehmen können.
Es wird, namentlich in neuerer Zeit, sehr häufig die Ursache in dumpfigen u. s. w. Stallungen gesucht, und daher besonders die Einrichtung gesunder Stallungen empfohlen. Ich kann dagegen mit gutem Gewissen be­haupten, dass ich den Rothlauf eben so häufig in guten,
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als in schlechten Stallungen gesehen habe, weshalb icb hierüber auch Nichts weiter zu bemerken habe.
Dagegen muss ich hier noch der arzncilichen Vorbau-ung gedenken, obgleich selbige, und im Allgemeinen auch wohl mit Recht, ziemlich in Verruf gekommen ist. Es ist unendlich schwer, über diesen Punkt zu einem be­stimmten Resultat zu gelangen; denn wenn auch nach Verabreichung dieses oder jenes Mittels eine Krankheit ausbleibt, so ist damit noch nicht gesagt, dass das Mittel auch wirklich Nutzen geleistet hat. Ich mache hierauf um so mehr aufmerksam, weil ich selbst Vorbauungs­mittel verabreicht habe in dem guten Glauben, durch sie etwas erreichen zu können. — Ich will Alles, was man meines Wissens empfiehlt und benutzt, und was ich selbst gebraucht habe, in der Kürze hervorheben.
1)nbsp; Waschungen und Begiessungen mit kaltem Wasser. Diese sollen nicht dann und wann, sondern täglich ein bis zwei Mal ausgeführt werden. Da die Begiessungen bei der ausgebrochenen Krankheit so ausgezeichnet günstig wirken, muss man ihnen als Vorbauungsmittel am Ende auch doch einen Werth beilegen. Ob sie jedoch, wenn die Krankheit zur Zeit bösartig ist, den Ausbruch derselben wirklich verhindern können, das weiss ich nicht. Ich kann in dieser Beziehung nur -eine Thatsache mit-• theilen. In dem einen Zuehthause zu G. werden die Schweine zur heissen Jahreszeit täglich gewaschen und mit Wasser begossen, und ich habe unter diesen Schweinen durch 3 Jahre hindurch, in welcher Zeit diese Krankheit in der ganzen Stadt und Umgegend stark herrschte, niemals den Rothlauf auftreten sehen. Von dieser einen Beobachtung bin ich jedoch durchaus nicht bferechtigt, weitere Schlüsse zu ziehen.
2)nbsp; Empfiehlt man zur Zeit des Herrschens des Roth­laufs, auf freie Leibeseröffnung zu sehen. Dieser Punkt verdient ganz gewiss alle Berücksichtigung: denn consi-stente oder gar harte Faecalmassen wirken, wenn die
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Schleimhaut des Verdauungsschlauches vielleicht schon etwas krank ist, reizend.
3)nbsp; Pflanzensäuren, namentlich in Form des unreifen Obstes. Unreifes Obst empfiehlt sich gcwiss; einmal weil es ein unverdorbenes Futter ist, und zweitens weil es auch ganz gewiss durch seinen Gehalt an Säure vor­bauend wirkt. Die Empfehlung des unreifen Obstes als Futtermittel für Schweine zur Zeit des Herrschens des Rothlaufes un,ter denselben ist eine ziemlich aligemeine. Dass angegangenes, d. h. in Fäulniss begriffenes ausge­schlossen bleiben muss, bedarf wohl kaum der Erwähnung.
4)nbsp; nbsp;Die Verabreichung der Schwefelsäure. Von der Hannoverschen Schule aus wurde früher regelmässig beim Ausbruche des Rothlaufs eine prophylactische Behand­lung eingeleitet, die darin bestand, dass das Thier zu­nächst ein Brechmittel und späterhin die Schwefelsäure erhielt. Prof. Günther ist der Meinung, dass diese Be­handlung Nutzen gestiftet habe, weil das Publikum sich sonst wohl nicht alljährlich wieder eingestellt und die be­merkte Arznei verlangt haben würde.
Ich selbst habe diese Säure in grossartiger Weise als Vorbauungsmittel gegen den Rothlauf gebraucht und — ich glaube — mit Erfolg; doch muss ich dabei an die eben bemerkten Worte, dass man iu dieser Bezie­hung schwer zu einem sichern Resultate gelangen kann, wohl erinnern. Nach den Erfahrungen, die ich^hierin gemacht habe, würde ich, wenn ich fernerhin diese Säure als Vorbauungsmittel verabreichte, von derselben 1 bis 2 Mal täglich die früher bemerkte Dosis mit einem kleinen Theile des ^zukommenden Futters geben lassen, damit 3 bis 4 Tage fortfahren, dann 1 bis 2 Tage aussetzen lassen, und diese Behandlung fortsetzen, bis die Seuche erloschen sei.
5)nbsp; Auch wurde vor einigen Jahren'das Antheeren der Schweine empfohlen; ob dieses aber zulässig oder gar nützlich ist, kann ich leider nicht bestimmen.
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Im Verlage von ScLmorl amp; Ton Seefeld in Hannover sind ferner erschienen:
A. C. Geriach,
Professor und Director der Konigl. Thierarzneischulo zu Hannover.
Hllaquo; Sla4f.?flaquo;s.t.
Nach eigenen Untersuchungen und unter Jcriiischer Benutzung der alten Erfahrungen und neueren Beohachtungen bearbeitet.
Mit 5 Tafeln AUildifflgcn und einer Tafel Temperatur-Tabellen. 14 Bog. geh. 2 Thlr. 20 Gr.
Eine wissenschaftliclie Abhandlung nach eigenen, besonders
im sanitäts-polizeilichen und staatsthierärztlichen Interesse
angestellten Versuchen und Beobachtungen.
6 Bog. nebst Zeichnungen. Preis 1 Thlr. 10 Gr.
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Preis 2laquo;/raquo; Gr.
Populäre Belehrung über die Binderpest.
Preis 2Vraquo; Gr.
L. Begemann,
Lehrer an der Konigl. Thierarzneischulo zu Hannover.
illgrattutt MtttriDnir-^ljnrninküiiiiP,
Thierarztliche Waarenkunde und Receptirkunde.
19 Bog. gr. 8. geh. 1 Thlr. 15 Gr.
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