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W. Tappe,
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Assistenten an der Klinik der Königlichen Thierarznei-Schule zu licrlii
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5fit einer irÄsgrapliirtoi) Tafe^***
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Berlin 1881.
Verlag von August Hirschwald.
NW. Unter den Linden 68.
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Bemerkungen über die staatswirthschaftliche Bedeutung der Schafpocken - Seuche
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quot;W. Tappe,
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Assistenten an der Klinik der Königlichen Tliicrarznei-Schule zu Berlin.
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Berlin 1881.
Verlag von August Hirschwald.
NW. Unter den Linden 68,
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Alle Rechte vorbehalten.
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Vorwort.
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Die Pathologie der Sciiafpockon ist zwar schon in einer grossen Zahl von Abhandlungen bearbeitet worden, aber in keiner Schrift ist die anatomische Struktur der Pocke nach selbstständigen Unter-sucbungen ausreichend geschildert. Grösstentheils sind die Meinungen über die pathologisch-anatomische Entwickelung der Schafpocke nach den von der menschlichen Pocke veröffentlichten ünter-suchungs-Resultaten dargestellt. Bei meinen histologischen Studien über den Gegenstand fand ich Manches, was bisher unbeachtet geblieben oder nicht richtig beurtheilt ist. Ausserdem stellte ich auf experimentellem Wege die Eigenschaften des Pocken-Con-tagiums fest, wobei manche ältere Angaben bestätigt und einzelne Punkte berichtigt werden konnten.
Ich entschloss mich hiernach, die Entwicklungsgeschichte der Schafpocken einer erneuten Bearbeitung zu unterziehen. Meine Untersuchungen führten mich zugleich auf allgemeine Fragen über die Natur der Contagien. Ich nehme an, dass die Erörterung derselben manchem Leser nicht unwillkommen sein wird. Die Abschnitte über die Geschichte und die staatswirthschaftliche Bedeutung der Schafpocken habe ich deshalb bearbeitet, weil nach der Emanation des neuen Viehseuchengesetzes die Frage der Impfung voraussichtlich noch lebhafte Besprechungen in thierärzt-lichen und landwirthschaftlichen Kreisen hervorrufen wird. Hoffentlich werden meine Mittheilungen zur Orientirung in manchen Punkten einigen Nutzen gewähren können.
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IVnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vorwort.
Hiermit empfehle ich die Abhandlung einer wohlwollenden Beurtheilung.
Es ist mir eine augenehme Pflicht, dem Herrn Professor Di eckerhoff für die mannigfache Anregung und Unterstützung bei Anfertigung vorliegender Arbeit hierdurch öffentlich meinen Dank auszusprechen.
Berlin, im März 1881.
quot;W. Tappe.
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Inhalts - Verzeichniss.
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Seite
Einleitung..................nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1
Literatur ...................nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1
Geschichte der Schafpocken.............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2
Allgemeine Pathogenese..............nbsp; nbsp; nbsp;10
Contagium .................nbsp; nbsp; nbsp;12
Pathologische Histologie..............nbsp; nbsp; nbsp;23
Krankheitsverlauf bei einzelnen Thieren und bei Heerden . . . .nbsp; nbsp; nbsp;33
Die staatswirthschaftliche Bedeutung der Schafpocken.....nbsp; nbsp; nbsp;38
Erklärung der Abbildungen.............nbsp; nbsp; nbsp;57
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Einleitung.
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Literatur:*) 1) Joubert, De Feste monspeliens. pest, pecorib. familiar., picot. appellant, 1578. — 2) Stegemann, Epidemia Mansfeldiana etc., 1698. — 3) Fink, Beschreibung der Fockenkrankheit der Schafe und der Wirkung der Inokulation, 1798. — 4) Gonzalez, Instruction para Fastores y Ganaderoses crita etc., 1798. — 5) Busch, Anleitung, die Schafblattern zweckmässig zu behandeln und der weiteren Ausbreitung vorzubeugen, 1799. — 6) Gilbert, Instruction sur le claveau des moutons, 1800. — 7) Abilgaard und Viborg, Anleitung zu einer verbesserten Schafzucht, 1802. — 8) Sick, Ueber die Schafpocken und deren Einimpfung, als ein Mittel, die Macht dieser Krankheit zu vernichten, 1804. —#9632; 9) Salmuth, Gekrönte Freisschrift über die Einimpfung der Schafpocken, nebst Anweisung, selbe auf eine sichere Art zu vernichten, 1805. — 10)Tolberg, Erfahrungen über die Focken der Schafe, 1805. — 11) Sybel, Ueber die Schafpockenimpfung, nebst Anweisung, wie diese Impfung alljährlich zu wiederholen ist, 1805. — 12) Rohlwes, Fraktische Bemerkungen über das Einimpfen der Focken bei den Schafen, 1806. — 13) Voisin, Rapport d'experiences sur la vaccination des betes ä laine etc., 1806. — 14) Laubeuder, Die Seuchen der landwirthschaftlichen Hausthiere, 1811. — 15) Sacco, Neue Entdeckungen über die Kuhpocken, die Mauke und die Schafpocken, 1812. — 16) Mogalla, Ueber die Focken der Schafe, 1816. — 17) Müller, Der Werth der kultivirten Schafpockenimpfung etc., 1817. — 18) Andre, Oekonomische Neuigkeiten, 1817. — 19) Liebbald, Ueber die zweckmässigste Methode, die Schafe vor den Blattern zu sichern, und die allmälige Tilgung dieser Krankheitsform zu bewirken, 1817. — 20) Niemann, Ueber die Schafräude etc. und einige Bemerkungen über die Hautkrankheiten, 1819. — 21) Gasparin, Abhandlung über die ansteckenden Krankheiten der
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*) Von den überaus zahlreichen Abhandlungen über die Pocken der Schafe beschränke ich mich auf die Anführung derjenigen, welche einen historischen Werth besitzen.
Tappe, Schafpocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;\
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2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Einleitung.
Schafe. 1822. — 22) Ileintl, Ueter die Blattern der Schafe, derselben Bebandlung und Impfung, 1823. — 23) Ribbe, Die Krankheiten des Schafviehes etc., 1824.— 24) Tscheulin, Kunst, die Ausschlagsund Abzehrungskranldieiten der grösseren Hausthieie zu erkennen etc., 1824. — 25) Giesker, Uebcr die Schutzkraft des kultivirten ImpfstolTes der Schafpocken etc., 1825. — 26) Krüger, Die Schutzkraft des kultivirten Impfstolfes der Schafpocken und die Impfung der inneren Ohr-fläche als die gefährlichste Stelle für das Schaf, 1825. — 27) Reuss, Beobachtungen und Erfahrungen über pockenartige Ausschlagskrankheiten, 1833. — 28) Dietrichs, Handbuch der speciellen Patholog. und Therap., 1835. — 29) Müller, Schmidt und König, Preisschriften über die Schafpockenimpfung etc., 1837. —; 30) Wirth, Lehrb. der Seuchen und ansteckenden Krankheiten der Hausthiere, 1838. — 31)Veith, Handb. derVeterinairkunde, 1842. — 32) Sp in o 1 a, Handbuch der speciell. Patholog. und Therap. für Thierärzte, 1863. — 33) Cohen, Der Kampf gegen die Sjchafpocken, 1863. — 34) Roll, Lehrb. der Patholog. und Therap. der Hausthiere, 1867. — 35) Müller, Sclmtzpockenimpfung der Schafe, 1868. — 36) Gerlach, Handb. der gerichtl. Thierheilkunde, 1872. — 37) Haubner. Handb. der Veterinär-Polizei, 1869. — 38) Derselbe, Die inneren und äusseren Krankheiten der landwirthschaftlichen Haussäugethiere, 1873. — 39) Zürn, Die pflanzlichen Parasiten, 1874. —40) Oidtmann, Die Zwangsimpfung der Thier- und 'Menschenblattern, 1874. — 41) Bollinger, lieber Menschen- und Thierpocken etc., 1877. — Zeitschriften: Jahrbücher des k. k. Österreich. Staates, Bd. II. — Pariser Moniteur, 1805. — Hannov. Magazin, 1770. — Jahrb. der Staatsarzneikunde von Koppen, 1809. — Magazin von Gurlt und Hertwig HL, IV. etc. #9632;— Möglinsch. Annalen der Landwirthschaft, 1827, 1829. — Mittheil, von Gerlach und Leisering, 1854IT. — Reeueil de mod. vet., 1847. — Hering, Canstatt's Jahresberichte, 1850 etc. — Land-#9632;wirthschaftliche Zeitung d. 1. Vereins zu Hannover, 1862. — Fürstenberg, Annalen der Landwirthschaft, 1868 etc. etc.
Eine hervorragende, sowohl privat- als staatswirthschaftliche Bedeutung haben in den Culturstaaten aller Zeiten die landwirthschaftlichen Hausthiere eingenommen; sie bildeten seit jeher einen Hauptbestandtheil des National-Vermögens. Mit dem Uebergange in die Domestication sind die Hausthiere den Erkrankungen in weit grösserem Umfange ausgesetzt, als bei dem freien Leben in der Natur. Die Krankheiten haben, je nach ihrem Character, nach der In- und Extensität ihres Auftretens, bald mehr, bald minder unter den Viehbeständen aufgeräumt und dem allgemeinen Wohlstande bedeutende Nachtheile zugefügt.
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Einleitung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3
Das Schaf ist zu allen Zeiten von den landwirthschaftliehen Hausthieren eines der werthvollsten gewesen. Bei den alten Culturvölkern wurde es sogar höher geschätzt, als das Rind. Es lag daher nahe, dass man mit dem Beginn einer verbesserten Schafzucht den nachtheiligen Einflüssen, welche die Gesundheit dieses so nützlichen Thieres bedrohen, die sorgfältigste Aufmerksamkeit schenkte.
Zu den gefährlichsten Krankheiten, von welchen das Schaf befallen wird, gehören die Pocken.
Ein Blick in die Literatur ergiebt, dass keine Krankheit seit etwa 200 Jahren die Gemüther der Landwirthe mehr in Erregung erhalten hat, als diese Epizootie.
Ueber das' ursprüngliche Heimathland der Pockenseuche enthält die Literatur keine bestimmten Anhaltepunkte. Wohl fehlt es nicht an Nachrichten, die der Verrauthung Raum geben, dass ihre Wiege, gleich derjenigen der Menschenblattern und Rinderpest, in Asien (Indien, China) zu suchen ist.*)
Wie über die Geburtsstätte, so lassen uns die historischen Quellen auch über die Zeit ihrer Invasion, ihres ersten eu- und epi-zootischen Auftretens unter den Schafen Europa's im Stich. Zwar besitzen wir einige aus der vorchristlichen Zeit stammende Angaben über verschiedene und selbst den Schafen eigenthümliche seuchenartige Ausschlagsformen der Haut, alle jedoch sind so mangelhaft und unbestimmt, dass sich mit Fug und Recht die Frage aufwerfen lässt: „Waren denn jene Pustelausschläge auch in der That unsere heutigen Schafpocken, oder lag nur eine ihnen ähnliche Krankheit vor?quot;
Aus diesem Grunde muss auch die Ansicht Bourgelat's, Columella habe .unter dem den Schafen eigenthümlichen Ignis sacer die Pocken verstanden, als eine irrige, auf rein hypothetischem Boden beruhende Meinung hingestellt werden.
Nicht einmal von den Chronisten des Mittelalters, von denen sich eine grosse Anzahl Nachrichten über Thierkrankheiten und Thierseuchen bis zur Jetztzeit erhalten hat, wird dieser Epizootie gedacht; ein Umstand, der zweifelsohne zurückgeführt werden
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*) Einigen Angaben zufolge soll sie zuerst in Afrika beobachtet worden sein.
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4nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Einleitung.
muss, auf die bei dem damaligen Stande der Wissenschaft namhafte Schwierigkeit, die verschiedenartigen Seuchen streng zu sichten und diagnostisch correct abzugrenzen. So hielt man selbst noch zu Anfang dieses Jahrhunderts hie und da die Räude und einige andere Ausschlagsformen für Schafpocken. Nichtsdestoweniger scheint es mir sehr wahrscheinlich, dass die Pocken schon in alter Zeit unter den Schafen aufgetreten sind.
Nachweisbar sind die Spuren ihres Erscheinens in unserem Erdtheile seit der Mitte des 15. Säculums.*) Um diese Zeit wird ihrer eigenthümlicherweise zuerst in einem Possenspiele: „Avocat patelin, der listige Advokatquot;, gedacht, welches 1460 in Frankreich zur Aufführung gelangte. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts wird die Beschreibung der Seuche bei den Chronisten deutlicher und ausführlicher. Die Epizootic verbreitete sich mit verhältniss-mässig rapider Geschwindigkeit über einen grossen Theil Europa's, in welchem sie vorzugsweise die mehr östlich gelegenen Staaten — Russland, Norddeutschland und auch Frankreich — heimsuchte. Nur wenige Länder blieben ursprünglich ganz frei von ihr. Zu diesen gehört Spanien und Portugal. Den Aussagen Sick's, Veiths, Ribbe's, Niemann'su. A. zufolge, soll die Krankheit in der ersten.Decade des gegenwärtigen Jahrhunderts in die letztgenannten Staaten eingeschleppt sein. Giesker beobachtete sie während seines Aufenthalts in Spanien — die genaue Angabe des Jahres fehlt — in grösster Extension unter den dortigen Merinoschafen; von den Einwohnern wurde die Seuche mit dem Namen „Viruelaquot; bezeichnet. Genauere wissenschaftliche Erwähnungen besitzen wir von Joubert und Rabelais. Joubert beschrieb 1578 eine in der Umgegend von Montpellier unter den Schafen grassirende Pest, welche die dortige Bevölkerung „Picottaquot; (Claveau, Gla-vellee) nannte. Die erste Broschüre, die diesen Gegenstand in Deutschland ziemlich genau behandelt, stammt von Stegemann. Stegemann sah die Epizootic 1698, also über ein volles Jahrhundert später als J., in der Mansfelder Gegend. Sie trat daselbst mit Beginn des Winters auf, befiel und vernichtete den grössten Theil der Schafe. In Ober-Italien gedenkt ihrer Ra-
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*) Nach Plemming sollen die Schafpocken in England bereits um das Jahr 1275, ja wahrscheinlich noch viel früher beobachtet worden sein.
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Einleitung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 5
mazzini 1690 und 1691. Eine eingehendere, mit Secüonsbofunden ausgestattete Beschreibung liefert Borel in dem Werke Barba-ret's, -welcher drei Invasionen — 1746, 1754 und 1761 — in der Nähe von Beauvais beobachtete.
Nach einer längeren von wenig Seuchefällen unterbrochenen Pause erreichte die Krankheit in den letzten Decennien des vorigen Jahrhunderts eine allgemeine Verbreitung. Es sind dieselben Jahre, in denen in Deutschland der Betrieb einer rationellen Schafzucht seine Triumphe zu feiern begann. Frankreich, Deutschland und Italien waren damals die am schwersten heimgesuchten Länder. Mit dem tagtäglich zunehmenden Interesse wuchs auch die Genauigkeit der Beschreibung. In Bezug auf den Reichthum ihres Gehalts und die Schärfe der Darstellung verdienen in erster Reihe die Monographien Sick's, Salmuth's, Tollberg's u. A. hervorgehoben zu werden.
Wie von den ersten Invasionen der Schafpocken in das westliche Europa eine vollständige Kenntniss aus der Literatur nicht erhellt, so ist auch die Zeit, in welcher die Impfung zuerst versucht worden, nicht genau festzustellen. Die erste Nachricht von der Inoculation der menschliehen Pocken soll 1720 durch die Frau des englischen Gesandten in China (Lady Worthley) nach Constantinopel gekommen sein. Von hier aus trat ihre Verbreitung in relativ kurzer Zeit über alle Culturstaaten Europaquot;s ein.
Die historischen Quellen der Schafpockeneinimpfung datiren aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Ganz unzweifelhaft scheint mir auf Grund der späteren Nutzanwendung der Ovination die Deduction, dass speculative Köpfe nach Analogie der Schutzblatternimpfung beim Menschen, solche auch bei den Schafen in Anwendung brachten.
Nach den Angaben landwirthschaftlicher Schriftsteller sollen Landwirthe behufs Erzeugung der Schafpocken in ihren Heerden noch vor Einführung der Impfung Häute umgestandener Thiere in die Streu der Schafställe gelegt oder zum Austrocknen aufgehängt haben, damit die Thiere daran riechen, sich reiben und inficiren könnten. Bourgelat*) gedenkt der Schafpocken-Einimpfung 1765
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*) Anmerkungen zu der, von einer königl. französ. Gesellschaft des Ackerbaues gekrönten Preissehrift des Herrn Barbaret über die epidemischen
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Krankheiten des Viehes, 1765.
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6nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Einleitung.
in Barbarei's Werke. Der Erste, welcher bei einer Heerde mit Erfolg ovinisirte, war Venel. Ihm ahmten Chretien u. A. nach. In Deutschland sagte Erxleben 1770*) den Nutzen der Einimpfung voraus; und noch vor der Publication des Erxleben-schen Ausspruches impfte in dem gleichnamigen Jahre ein Herr v. B-cht-ebr-ch mit sehr gutem Erfolge seine Schafe. 1776 findet die Ovination in einer Ulmer Schrift**) Erwähnung. 1788 wurde von ihr zu Holitz in Ungarn Gebrauch gemacht. 1795 begann Meckel***) auf Veranlassung des Kanzlers v. Hoffmann in Dieskau und Lochau zu inoculiren.
Die günstigen Resultate, welche fast überall das Einimpfungs-Verfahren krönten, hatten alsbald zur Folge, dass sowohl unter den Landwirthen wie Thierärzten eine .allgemeine Agitation zu Gunsten dieser Lehre erfolgte. So erregte Sick, der geniale Schöpfer der Noth- und Praecautions-lmpfung, 1789 und 1790 in Schlesien und Pommern, in welchen Provinzen die Seuche grosse Dimensionen angenommen hatte, allgemeines Aufsehen mit der Inoculation. Salmuth, der Begründer der Schutzimpfung, führte den Gebrauch der Ovination 1798 in der Grafschaft Wormsdorf ein. Sick 1799 in der Umgegend Berlins und im Oderbruche, 1802 zu Prillwitz in Pommern. Fink 1803 zu Kositz unweit Halle. Als Oculateure traten ferner auf: Rohlwes 1804 zu Heimershof bei Schwedt, derselbe 1805 zu Christianshof, Saccof) 1804 zu Capua. 1805 legte die kaiserl. Österreich. Regierung zu Chotieschau in Böhmen ein dauerndes Impfinstitut an. Kurz, es erschienen, vielleicht nicht zum geringsten beeinfiusst durch die Gönnerschaft einer Anzahl hochstehender Personen in geradezu sich jagender, fieberhafter Eile Nachrichten über Nachrichten — in Deutschland neben den bereits oben erwähnten Autoren von Toegl, Pessina, Waldinger, Langenbacher, Sybel; in Frankreich von Tessieu, Chaptal, Voisin, Ladoucette, Husson; in Russland von Brotskji — über die nicht genug anzupreisende Zweckmässigkeit der Inoculation.
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*)nbsp; nbsp;Hannoversches Magazin.
**)nbsp; nbsp;Ueber den Unterricht von vortheilhafter Scbafcultur.
***)nbsp; nbsp;Schreger, Operationslehre für Thierärzte, 1803.
f)nbsp; nbsp;Pariser Moniteur, No. 159.
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Einleitung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 7
Von einer Nothimpfung ging man celeri passu zu einer Vorbauungsimpfung über, bald nach dieser proklamirte man in emphatischen Worten die Schutzimpfung. Im Eifer für die letztere gingen einige Inoculateure — Sick, Salmuth — soweit, dieselbe als eine Art Radikaltilgungsmittel der Schafpocken zu empfehlen. Pessina, Toegl, Waldinger, Pettingkofer, Liebald stellten in dieser Epoche den Satz auf, der cultivirte Impfstoff erlange bei steigernder Progression mildere Eigenschaften.
Erwähnenswerth scheint mir aus dieser Zeit, in welcher zweifelsohne der Stern der Inoculation am hellsten leuchtete, noch der Umstand, dass man das Contagium nicht nur von Schaf auf Schaf, sondern auch von diesem auf den Menschen, das Rind etc., und umgekehrt von diesen wiederum auf jenes überpflanzte. So ovinisirte beispielsweise Sacco 1804 in der Catho-lica — Provinz Italiens — Menschen und erzielte einen der Vaccine vollkommen analogen pathologischen Process. Einen gleichen Effect ergab die Ovination bei Kühen, und andererseits die Vaccination bei Schafen*). Joubert fand zwischen Ovination und Vaccination keine erheblichen Differenzen. Nach Viborg ist auch in Frankreich durch zahlreiche Versuche und Beobachtungen der stricto Nachweis geliefert worden, dass Schafe vor den natürlichen Pocken durch Einimpfung der Kuhpocken geschützt werden können. Den Ansichten und Erfahrungen obiger Autoren schliessen sich ausserdem Niemann**), Pessina und v. Holzmeister an. Es erhellt, dass hier dieselbe Operation vorliegt, die neuerdings durch Pissin***) eine Auffrischung erfahren hat.
Der Enthusiasmus, mit welchem sich die meisten Autoren für die Impfung aussprachen, erklärt sich durch die mitgetheilten günstigen Ergebnisse.
So zählte: Sacconbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;unter 8000 geimpften Lämmern und
2000 „ Widdern Null-Todte. Sicknbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 300 „ Schafen 1 todtes = '/s pOt.
2060 ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ 20 Todte = 1 „
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*) Sacco, Osservationi pratiche, 1804. **) Proeven omtrent de Wirkining van de SmetstofTe etc. quot;**) Die beste Methode der Schutzimpfung, 1874.
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8nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;#9632; Einleitung.
Salmuth unter 2395 geimpften Schafen 8 Todte = c. l/3 pCt. Pessinanbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ 7000 „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ ' 0 „ = — „
Finknbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 471nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ o , = c. % „
Holzmeister „ 24000 „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ 0 „ = — „
Späterhin: Krüger unter 18370 inoculirten Schafen 177 Todte = c. 1 pCt. raquo; 40433nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; io „ =, v4 „
, 15250nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 11 „ = Vu „
laquo; 13218nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;8 , = V16 raquo;
Ganz andere Sterblichkeits-Procente fanden sich hingegen bei den natürlich acquirirten Pocken. Dieselben decimirten in geradezu schrecklicher Weise die Schafheerden. Unter Anderem erlagen nach den Angaben Sick's von einem 13000 Köpfe zählenden Bestände 1600. In einem zweiten von S. #9632; verzeichneten Falle blieben von 1000 Stück nur 100 am Leben.
Salmuth berechnet den Verlust der der natürlichen Pockenseuche alljährlich zum Opfer fallenden Thiere für Deutschland bei einem Gesammtbestande von 50,283,000 Schafen auf 1,047,555 Todte = 314,250 Ctnr.- Fleisch — ä Schaf zu 30 Pfd. Gewicht berechnet — = 2,095,110 Thaler — ä Schaf zu 2 Thaler. — Tollberg bei einem 13,700,000 Häupter zählenden Bestände auf 285,416 Todte; giebt nach gleicher Berechnung 570,832 Thaler.
Die derzeitigen leitenden Gesichtspunkte, nach denen die Inokulation empfohlen wurde, sind kurz resümirt folgende:
a)nbsp; nbsp;Die Impfung sicherte, vereinzelte Fälle ausgenommen, vor der Erkrankung an den natürlichen Pocken.
b)nbsp; nbsp;Die Impfung konnte zu der bequemsten Jahreszeit ausge-geführt werden.
c)nbsp; nbsp;Die Verluste wurden durch die inokulirte Ovine entweder ganz aufgehoben, andernfalls jedoch auf ein Minimum reducirt.
- d) Die Krankheit wurde um ein Bedeutendes abgekürzt, füglich dem landwirthschaftlichen Betriebe und dem Handel ein weitgehender Nutzen gestiftet.
e)nbsp; nbsp;Der Verlust an Wolle war in Folge des milderen Verlaufes der Seuche ein ungleich geringfügiger, ja der Regel nach gleich Null zu erachten.
f)nbsp; nbsp;Nachtheile existirten, abgesehen von vereinzelten Fällen, in denen sich die Impfung nicht als schutzkräftig bewies,
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Einleitung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 9
so gut wie gar nicht. Hier und dort auftretende üble Consequenzeu wurden ohne Weiteres einem Vergehen — sei es .in der Art und Weise des Inokulirens, oder in der Auswahl des Impfstoffes und der Impfstelle — des Inoku-lateurs zugeschrieben. Hinsichtlich der Methoden der Einimpfung sind nachstehende Angaben von Interesse:
a)nbsp; nbsp;Inokulation durch Incision mittelst Messer resp. Bistouri
—nbsp; Salmuth —.
b)nbsp; nbsp;Inokulation durch Einstiche mit der Impfnadel — Salmuth, Fink, Busch, Forke —.
c)nbsp; nbsp;Inokulation mittelst Einführung eines in Impfstoff — Schorf, Blut, Nasenschleim, Eiter, Lymphe — getränkten baumwollenen Fadens (Haarseil) durch die Haut — Sick —.
Von grosser Wichtigkeit war überdies die Wahl der Lymphe. Am liebsten bediente man sich der wasserhellen, welche sich erfahrungs-mässig am 11. Tage in der Blatter gebildet hat — Rohlwes —.
Eiterartige Impfmasse erzeugt nach damaliger Vorstellung falsche Blattern, die nicht schutzfähig waren.
Auch rücksichtlich der Impfstellen am Körper blieb man nicht immer bei ein und derselben stehen.
Inokulirt wurde:
a)nbsp; nbsp;Am oberen, inneren wollfreien Theile des Vorderschenkels, und zwar wählte man der grösseren Bequemlichkeit wegen den rechten — Sick, Tolberg, Rohlwes —.
b)nbsp; nbsp; An der entsprechenden Stelle des Hinterschenkels — Salmuth, Sybel —.
c)nbsp; nbsp;An der unteren nakten Partie des Schwanzes — Mogalla, Müller, Niemann, Thaer, Pessina —.
d)nbsp; nbsp;An der Aussenfläche der Schulterblätter.
e)nbsp; nbsp;Am Ohre, und zwar an dessen inneren wie äusseren Fläche
—nbsp; Albert —.
Von den meisten Autoren wurde letzterwähntes Organ als ein für diese Operation unbrauchbares geschildert, an welchem sich wegen Räumlichkeitsmangel keine Pocken auszubilden vermöchten. Herbst und Frühling galten, wie heutzutage, schon bei den Vorfahren als die geeignetesten Jahreszeiten für die Inoculation,
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A. Allgemeine Pathogenese.
Ueber die Genese der Pockenseuche kursirten unter den alten Autoren die sonderbarsten Vorstellungen. Verdorbene Säfte, nasskalte Witterung, Unreinlichkeit, schlechtes, verdorbenes Futter, Versetzung der Thiere in fremde, ihnen ungewöhnte Klimate, Reif u. dgl. m. galten bei ihnen als legitime Faktoren und Verbreiter der Krankheit. Einer schärferen Kritik gegenüber stellte sich jedoch alsbald die Unhaltbarkeit dieser Theorie, welche lediglich für eine genuine Entwickelung sprach, in klarster Weise heraus. Eine andere Ansicht, welche der Wahrheit bereits um Vieles näher rückte, brachte die Oviue mit Menschenblattcrn und pockenkranken Hasen in ätiologischen Zusammenhang. Es ist das Verdienst, ganz besonders der Autoren aus dem Anfange unseres Jahrhunderts, durch eine sehr grosso Reihe exakter Forschungen den sicheren Nachweis geliefert zu haben, dass die Epizootie die wahren Quellen ihres Werdens, wie ihrer Weiterverbreitung einzig und allein der Existenz eines flüchtigen Contagiums verdankt. Durch ganz prägnant beweisende, mit Leichtigkeit. wiederzugebende Experimente wurde in relativ kurzer Zeit nicht nur in Gelehrtenkreisen, sondern auch im Volke die Unrichtigkeit der behaupteten spontanen Entwickelung dargethan. Nichtsdestoweniger fanden sich noch Leute — Roche-Lubin, Schellhase, Pauli, Beyer, Angyalffy, Harrach, Christ — die den Gedanken an eine originäre Entstehung nicht so schnell aufzugeben vermochten. Ja, es verdient als eine auffällige Thatsache bemerkt zu werden, dass selbst bis in die Neuzeit hinein sich Stimmen für die Aufrechterhaltung jener alten historischen Ansichten allen Ernstes ausgesprochen haben.
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Nach den neueren Erfahrungen der Wissenschaft kann die Behauptung als zweifellos hingestellt werden:
„Wie ohne Milben keine Räude, ohne Bakterien keine Fäulniss, so ohne Contagium keine Pocken I-1 Wie die Dinge zur Zeit liegen, müssen desshalb die Schafpocken als eine acute, contagiöse, typisch verlaufende Krankheit hingestellt werden, bei der sich unter febrilen Symptomen Efflorescenzen in der Haut ausbilden, nach deren progredienter, zeitweilig wechselnder Entwickelungs-stufe eine Eintheilung des pathologischen Processes in verschiedene Stadien erforderlich ist, und zwar:
a)nbsp; nbsp; Stadium incubationis s. invasionis,
b)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ eruptionis s. elevationis,
c)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ suppurationis s. maturationis,
d)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ exsiccationis.
Nach den Vorstellungen der früheren Landwirthe und Thier-ärzte sollte die Epizootic in gewissen Länderstrichen von 6 zu 8 Jahren mit einer constanten Regelmässigkeit wiederkehren. Ganz abgesehen davon, dass diese Theorie schon bei ihrem Auftauchen mit rationellen Gründen bekämpft ist, glaubt heutigen Tags Niemand mehr an eine derartige Periodicität. Schafe, welche einmal befallen und durchgeseucht sind, zeigen sich für die ganze Lebenszeit unempfänglich. Eingeräumt muss jedoch werden, dass es nicht an einer grösseren Reihe von Beobachtungen gebricht, nach denen Schafe, obgleich früher geimpft, beim Ausbruch der natürlichen Pocken abermals erkrankten.
Die Tenacität des Ansteckungsstoifes ist eine ausserordenllich grosse. Es liegen Fälle vor, in denen sie sich auf 3 bis 6 Monate, ja selbst auf ein ganzes Jahr erstreckte. Das Contagium haftet sehr gern an Gegenständen mit rauher Oberfläche, ferner an Heu, Stroh u. s. w., und es ist zweifelsohne hierauf die ungemein leichte, zuweilen unerklärliche Weiterverbreitung der Seuche zurückzuführen. Auch Vögel — Staare — und Hasen sollen eine Ueber-tragung des Virus von kranken auf gesunde Heerden bewirken können. Das inficirende Agens, ein Contagium animatum, erscheint, vollkommen analog dem der Rinderpest, bald als flüchtiges, bald als fixes. Ausser in der Lymphe, im Blute, in allen Se-und Exkreten, tritt es in grosser Menge in der Exspirationsluft und in den Bestandtheilen der Perspiration — Hautausdünstung —
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12nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entwickelung der Schafpocke.
auf. Für die Existenz beider Ansteckungsstoffe — volatil und fix, oder, um mit v. Naegeli zu reden, nass und staubförmig (flabil, was fortgeweht wird) — sprechen einerseits zahlreiche, auf weite Entfernungen — nach Gilbert bei günstiger Luftströmung auf 600, nach Rohlwes, Niemann, Veith sogar auf 1000 Fuss — beobachtete Infektionen gesunder Thiere durch bereits erkrankte, andererseits die alljährlich in umfangreichster Weise vollzogenen Inokulationen der Krankheit bei Lämmern. Die Möglichkeit der Ansteckung ist während der ganzen Krankheitsdauer gegeben; die Ausscheidung eines ansteckungsfähigen flüchtigen Oontagiums erfolgt jedoch erfahrungsmässig immer erst einige Tage nach stattgehabter Pockeneruption. Auf dieser Thatsache basirt auch das vielfach empfohlene und in Anwendung gebrachte Verfahren, durch frühzeitige Separation der kranken Thiere von den gesunden die letzteren vor der Mitdurchseuchung zu schützen und einer grösseren Extension der Epizootie Einhalt zu thun.
. Die Disposition zur Erkrankung ist eine sehr allgemeine. Es können 95, ja selbst 98 pCt. einer Heerde inficirt werden. Ungeachtet die individuelle Anlage zu allen Zeiten eine bald mehr, bald minder hervorragende Rolle gespielt, lässt sich das Faktum nicht bestreiten, dass ohne Unterschied junge wie alte, männliche wie weibliche Thiere, selbst der Fötus pockenkranker Mütter einer Ansteckung fähig sind.
B. Gontagmm.
Einen noch nicht genügend aufgeklärten Punkt in der Geschichte der Schafpockenseuche, wie der Infektionskrankheiten überhaupt, bildet die Beschaffenheit des Ansteckungsstoffes. Bei der immensen Wichtigkeit dieser Frage halte ich es für geboten, eine Beleuchtung des gegenwärtigen Standes der Bakterienkunde und deren Beziehung zur Genese obiger Krankheiten, insoweit Zweck und Raum dieser Arbeit es gestatten, hier folgen zu lassen.
Nach dem Ergebniss der äusserst verdienstvollen Forschungen v. Naegelrs, Cohn's, Klebs u. A. lassen sich zur,Zeit bestimmt drei charakterische Gruppen von Bakterien unterscheiden:
1)nbsp; nbsp;die Fäulnissbakterien,
2)nbsp; nbsp;die Miasmabakterien und
3)nbsp; nbsp;die Contagienbakterien.
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Entwickelung der Schafpocke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;13
Die Entscheidung darüber, zu welcher von diesen Abtheilungen der bei unserer Krankheit vorkommende Pilz zählt, dürfte nach dem bereits Angeführten nicht schwer fallen. Hinsichtlich der bei den Pflanzen vorkommenden Infektionskrankheiten ist zur Genüge bekannt, dass seit Langem bei vielen derselben durch eine Reihe mühevoller Untersuchungen gewisse Pilze als legitime ätiologische Faktoren entdeckt worden sind. Diese Beobachtung führte zu der gewiss richtigen Consequenz, sich die Frage vorzulegen, ob nicht ein Aehnliches der Fall sei bei den miasmatischen und contagiösen Krankheiten der Thierwelt. Behufs Aufklärung dieses Punktes sind seitdem in continuirlicher Reihenfolge Untersuchungen angestellt worden, welche ein überraschendes Er^ebniss geliefert haben. Allgemeines Aufsehen erregten die phytopathologischen und zoopathologischen Untersuchungen Hallier's. Wie bei anderen Krankheiten, so gelang es H. *), auch in der frischen Schafpockenlymphe kleine schwärmende, geschwänzte Körperchen, die als pflanzliche Organismen, beziehentlich als schwärmende Mikrokokken eines Pilzes angesehen werden mussten, im October 1867 nachzuweisen. Ausser den schwärmenden Mikrokokken entdeckte H. ungemein feine Gliederfäden, in deren Gliedern je ein dunkler Kern, den Schwärmern ähnlich, eingeschlossen war. Mit einem von ihm construirten Culturapparat züchtete der nämliche Autor aus dem Mikrokokkus von Pleospora herbarum durch 9 Culturen einen Pilz, dessen vollkommene Identität mit dem bei den Schafpocken vorkommenden Mikrokokkus keinem Zweifel unterworfen sein sollte**).
Aus dem Umstände, dass Pleospora herbarum ungemein häufig auf dem englischen Raygras — Lolium perenne — angetroffen wird, deducirte H., dass Schafe beim Fressen, ganz besonders des verschimmelten Heues, höchst wahrscheinlich die Pockenkrankheit bekämen. Selbstredend wurde die Lehre Hallier's von den Anhängern der originären Entwickelungstheorie mit Jubel begrüsst; hatte man doch endlich das lange vergebens gesuchte „unbekannte sündige Etwasquot; gefunden. In der That war ja auch nichts be-
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*) Annalen der Landwirthschaft in den König], preussisch. Staaten, Februar- und Märzheft 1868, Jahrgang IV.
**) Parasitolog. Untersuchungen, Leipzig 1868.
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14nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entwiekelung der Schafpoclce.
quemer, als, vorzüglich in allen den Fällen, wo die Einschleppung der Seuche nicht bestimmt nachzuweisen war, die Schuld an der Erkrankung auf die mit diesem Pilze befallenen Pflanzen zu wälzen.
Treten wir, ganz abgesehen davon, dass durch zahlreiche Experimente mit Micrococcus, der aus Pleospora herbarum und Rhi-zopüs nigricans cultivirt, der directe Nachweis geliefert worden ist, — sei es durch Inokulation und directe Injection in die Blutbahn, oder durch Einreiben auf die Haut von Schafen, Kaninchen und anderen Thieren — dass jene Beobachtungen H.quot;s auf Irrthümern beruhen, mit einer unbefangenen, vorurtheilsfreien Objectivität an jene Schlussfolgerung heran, so muss schon die einfache That-sache, dass ungeachtet das Raygras in ganz Europa und namentlich in England, angebaut wird, die Pockenseuche aber nur in bestimmten Gegenden auftritt, in England beispielsweise zu den seltensten Erscheinungen gehört, grosses Bedenken erregen.
Einer der schwierigsten Punkte in der ganzen Bakterienkunde knüpft sich an die Frage, ob die vorgefundenen Organismen selbstständige, von einander unabhängige Wesen sind, ob sie eine eigene Pflanzengruppe für sich ausmachen, oder ob sie nur besondere Entwicklungsstufen verschiedener Pilze repräsentiren. Bislang ist es nicht gelungen, durchgreifende characteristische Unterscheidungsmerkmale mittelst unserer heutigen optischen Hülfsmittel bei diesen kleinsten aller Organismen definitiv festzustellen.
Rees*) hat jedoch durch künstliche Züchtung nachgewiesen, dass es sich bei den Hefesorten der verschiedenen Biere eigentlich nur um Rassebildungen handelt und der beste Bacterienkenner der Jetztzeit, F. Cohn, ist hiernach auf die Vermuthung gekommen, dass es sich bei den Bacterien, analog den höheren Thieren und Cultur-pflanzen, eigentlich auch nur um Rassebildungen handelt. Zwischen Vaccina und Variola konnte Cohn einen constanten Unterschied nicht ermitteln und hält derselbe die Micrococcen beider für verschiedene Rassen einer Art. Cohn**) betrachtet die Körperchen in der Pockenlyraphe als lebende und selbstständige Organismen, zu der Klasse der Schizomyceten gehörig, welche als die kleinsten und ein-
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*) Botan. Untersuch, über die Alcoholgährungs-Pilze, Leipzig 1870. **) Cohn, Organismen in der Pockenlymphe. — Virchow's Arch.
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B. 55, 1872.
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fachsten aller Weson ohne Mycelbildung sich nur durch Zellenthei-lung, vielleicht auch durch Bildung von Dauerzellen vermehren. Für die ungemein grosse Vermehrungsfälligkeit der Spaltpilze spricht evident der Umstand, dass sie nach v. Naegeli*) bei normaler Körperwärme in 20 bis 25 Minuten sich zu verdoppeln vermögen. Prüfen wir weiterhin die Frage: „Entsteht das eigenthüraliche, uns unter dem Namen „Pockenquot; bekannte Exanthem, nur bei Gegenwart jener kleinsten Organismen?quot; nach ihrem reellen Werth, so treten uns die frappantesten Erscheinungen entgegen. Durch Keber**) ist beim Menschen der Nachweis geliefert worden, dass gerade diejenigen Theile der Lymphe, in welchen die Gerinnsel der Körperchen am meisten vorgefunden wurden, die grösste Infections-kraft besitzen. Durch Filtrationsversuche haben ferner Chauveau und Klebs***) — Ersterer bei Pockenlymphe, Letzterer bei Fäulnissflüssigkeit — dargethan, dass das speeifische, allgemein krankmachende Agens nicht in der Flüssigkeit als solcher, sondern in den ausserordentlich kleinen Körperchen enthalten ist. Chauveau erzielte, selbst wenn er eine derartige bacterienhaltige Lymphe 500mal mit Glycerin verdünnte, durch die Inoculation fast regel-mässig eine Infection. Es muss hier geltend gemacht werden, dass trotz der zu anderen Resultaten geführten Gegenversuche Wolff's und Hiller's, die von den oben erwähnten und anderen Autoren angeführten Experimente ihre volle Gültigkeit behalten. Die schädlichen Wirkungen beruhen einerseits in dem Vermögen der Bacterien, als energische Fermente lösliche Verbindungen aus der Umgebung aufzunehmen — v. Naegeli —, dieselben zu assimi-liren und dadurch ihre Substanz zu vermehren. Anderseits wirken sie auch mechanisch durch Verstopfung der kleinsten Hautgefässe — Capillaren —. Letztere müssen nach v. Naegeli als die wahren Brutstätten der Bacterien betrachtet werden, weil denselben wegen der in jenen feinsten Röhrchen stattfindenden langsameren und minder energischen Blutcirculation die
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*) v. Naegeli, Die niederen Pilze in ihren Beziehungen zu den In-fectionskrankheiten und der Gesundheitspflege, 1877.
**) Keber, Ueher 'microscop. Bestandtheile in der Pockenlymphe, Virchow's Arch., Bd. XLIL, 1868.
***) Klebs, Beiträge zur pathologischen Anatomie der Schusswunden, Leipzig 1872.
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16nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entwickelung der Schafpocke.
Möglichkeit gegeben ist, sich leicht festsetzen und vermehren zu können.
Cohn spricht sich in ähnlicher Weise aus. Es ist nach ihm höchstwahrscheinlich, dass die Bacterien — Microsphären — der Pockenlymphe als Fermente auftreten und ein Spaltungsproduct des Lymphserums erzeugen, welches, auf einen thierischen Organismus übertragen und in seine Säftemasse aufgenommen, eine Störung in den physiologischen Functionen der Organe und den Eintritt pathologischer Processe zur Folge hat. Hoppe-Seyler's Angaben, in Flüssigkeiten, die eine 1—IVj pCt. krystallisirte Carbolsäure enthielten, könnten keine niederen Organismen leben, haben sich nicht als stichhaltig erwiesen. Nach dem Ergebniss der Michelson'schen Impfversuche müssen die Bacterien als Träger des Contagiums hingestellt werden. Gewisse Thatsachen weisen darauf hin, dass den ansteckenden Krankheiten nothwendig specifische Bacterien zu Grunde liegen müssen. Denn es werden täglich, ja stündlich enorme Mengen von Bacterien durch die Ath-mungs- und Verdauungsorgane in den thierischen Organismus aufgenommen, ohne auch nur die geringsten Spuren einer positiven Erkrankung hervorzurufen.
Der das Pocken-Exanthem bei Schafen erzeugende Micrococcus muss daher mit dem Character der Specifität ausgestattet sein. Sehr wahrscheinlich scheint mir die Angabe v. Naegeli's, nach der die Contagion und die Stoffe, an denen sie haften, zusammen die Contagion erzeugen sollen.
Für die Thatsache, dass die Bacterien nicht rein zufällige Be-standtheile in der Pockenlymphe sind, sprechen die von Weigert*) und Zülzer**) bei menschlichen Pockenleichen und die von Zürn und Klein***) bei Schafen gemachten Beobachtungen, nach denen die Ausführungsgänge der Talg- und Schweissdrüsen der Pockenhaut nicht selten mit Micrococcen total angefüllt waren; Beobachtungen, die ich im Stande bin, nach dem Ergebniss eigener Untersuchungen vollständig zu bestätigen.
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*) Medicin. Centralblatt No. 39, 1871.
**) Centralblatt für die medicin. Wissenschaft, p. 229, 1874 und Berl. klin.Wochenschr., 1872.
***) Quart. Journal of Micr. Scienc., July 1875.
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Entwickelung dor Schafpocke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 11
Nach diesen Ausführungen will ich mich zunächst zur Erörterung der Frage wenden: „Wie und auf welchem Wege gelangen die Microorganismen des Pocken-Contagiums in den thierischen Organismus?quot;
Ich habe versucht, der Lösung dieser Frage auf experimentellem AVege beizukommen. Als Versuchsobjccte wählte ich Lämmer im Alter von einem Jahre*). Durch die erste Versuchsreihe sollte entschieden werden, ob das Gontagium von der Magen- und Darmschleimhaut wirksam aufgenommen werden könne. Zu diesem Zwecke erhielten zwei Thiere mittelst einer an ihrem unteren Ende abgerundeten — um Verletzungen zu vermeiden — offenen Schlundrinne Lymphe in grossen Quantitäten. Zu der Aufnahme der Lymphe dienten kleine Eibisch- und Entianpillen, welche mit der Schlundrinne direct in den Magen gebracht wurden. Nachdem vierzehn Tage vergangen waren, ohne dass die betreffenden Thiere irgend welche Zeichen einer Erkrankung darboten, wurde das nämliche Verfahren bei zwei anderen Individuen wiederholt. Aber auch bei diesen erfolgte keine Infection.
Bei dem folgenden Versuche wurde bei zwei Versuchsobjecten Ansteckungsstoff auf die inneren wollfreien Schenkelpartien — inneres Schenkeldreieck — gerieben, auf die eingeriebenen Hautflächen alsdann bei dem einen Lamme englisches Heftpflaster, bei dem anderen hingegen ein Woll- und Watteverband applicirt. Jedoch auch dieses Experiment verlief, trotz mehrmaliger Wiederholung, resultatlos. Vollkommen gesund blieben die Thiere auch dann, wenn die oben erwähnten Hautstellen zuvor gründlich gereinigt, bis zu hoher Hyperämie frottirt und schliesslich mit Gontagium bestrichen wurden.
Der dritte Versuch hatte den Zweck, zu prüfen, ob eine erfolgreiche Aufnahme durch die Athmungswege stattfinden könne. Zu diesem Zwecke wurde bei einem Lamme der Luftröhrenschnitt ausgeführt und in die geöffnete Luftröhre mittelst einer kleinen
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*) Jedes dieser Thiere, ungeimpft, wurde allein in einen Stall eingesperrt, der von dem anderen dergestalt getrennt war, dass eine Uebertragung der Seuche von dem einen auf das andere Individuum absolut unmöglich war. Die Lymphe, deren ich mich bediente, war c. 2 Monate alt, von bester Qualität und zur Hälfte mit Glycerin verdünnt.
Tappe, Schafpockcu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;o
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18nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entwickelung der Schafpocke.
Hohl röhre — Tube — Lymphe in bedeutender Menge gebracht. 7 Tage später erfolgten, nachdem bereits 2 Tage vorher durch prodromale Temperaturerhöhung, mangelhafte Fresslust etc. die Krankheit signalisirt worden, an der Innenfläche der Oberschenkel die ersten unverkennbaren characteristischen Erscheinungen der Pockenefflorescenz in Form kleiner, punktförmiger, intensiv rother Fleckchen. — Ein diesem analoger Versuch wird von Küchenmeister mitgetheilt. — K. band einem Schöps einen Sack mit einem Hemd, welches ein an natürlichen Pocken Erkrankter, bei dem die Blattern bis zum genabelten Bläschen entwickelt waren, getragen hatte, eine Stunde lang vor. Der Schöps bekam am fünften Tage verminderte Fresslust, am achten deutliche Blatterneruption an den wollfreien Hinterschenkelpartien.
Der vierte Versuch erstreckte sich auf die Prüfung des bereits im Anfange der dreissiger Jahre von Spinola*) ausgeführten Verfahrens. Sp. sah, wenn er Schafe an der Ohrspitze impfte und nach 6, 12 und 24 Stunden die Ohren unterhalb der Impfstelle abschnitt, an dem so gestutzten Ohre die Pocken auftreten. Von den durch mich angestellten Versuchen war nur einer von Erfolg gekrönt. Wurde die Ohrspitze 12 Stunden nach der Inoculation einige Centimeter unterhalb der Impfwunde abgeschnitten, so erfolgte keine Infection; entfernte man dieselbe aber 20 Stunden später und unmittelbar an der Grenze des Einstiches, so trat die Eruption in der von Spinola angeführten Weise auf.
Im fünften Versuche erhielten zwei Thiere mittelst der Pravaz-schen Spritze Pockenvirus in die Jugularvene gespritzt. Während sich in den nächstfolgenden Tagen bei dem einen Lamme keine wahrnehmbaren functionellen Störungen darboten, traten bei dem zweiten Thiere am 8. Tage die ersten Erscheinungen des Exanthems an der inneren Hinterschenkelfläche auf.
Schliesslich wurden im sechsten Versuche bei 2 Lämmern hypodermatische Injectionen der Lymphe an der inneren wollfreien Schenkelfläche und an einigen zuvor abrasirten Bauchstellen gemacht. Das Ergebniss dieser Versuche war, wie sich aus der nachstehenden Uebersicht ergiebt, bei beiden Thieren gleich. An beiden Jährlingslämmern wurde die Einspritzung des Contagiums
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*) Dissertiitio de contagiis etc., 1834.
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Entwickelung der Scliafpocke.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 19
unter die Haut am 6. Mai bewirkt. Die Feststellung der Mastdarmtemperatur erfolgte stets früh Morgens. Vor der Operation am 6. Mai zeigte:
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Beide Patienten documentiren an diesem Tage das Symptomenbild einer catarrhalischen Affection der Kopfschleimhäute; Fresslust äusserst gering. Rapide Abnahme der Kräfte.
No. I.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;No. II.
18.nbsp; Mai 39,6 laquo;C.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 39,9 laquo;C.
19.nbsp; nbsp; „ 39,9%,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;39,3laquo;.,
20.nbsp; nbsp; , 38,5laquo; rnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;38,8laquo;,
21.nbsp; nbsp; „ 38,4laquo;,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;38,3laquo; „
In den nächstfolgenden Tagen hielt sich die Temperatur innerhalb physiologischer Grenzen. Bei No. I. trat nach einem ver-hältnissmässig kurzen Reconvalescenzstadium völlige Genesung ein. Bei No. II. zunehmender Verfall der Kräfte mit letalem Ausgange am 27. Mai.
Ein Rückblick auf das Ergebniss der oben angeführten Versuche lässt erkennen, dass die vielfach verbreitete Ansicht über eine wirksame Aufnahme des Contagiums vom Verdauungstractus aus eine vorgefasste und irrige ist. Zugegeben werden muss, dass,
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20nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Entwickelung der Schafpocke.
abgesehen von den Momenten, welche eine Infection in unserem Sinne nicht zu Staude kommen lassen, die Aufnahme-Verhältnisse im Darmkanal wegen der mit freien Oeffnungen versehenen Darm-epithelien, durch welche diese mit den Anfängen der Chylusgefässe der Darmzotten in directer Communication stehen, die denkbar günstigsten sind. Die Beantwortung der Frage: „Wie kommt es, dass, trotzdem bei der Aufnahme von Nahrungsmitteln und Getränken bei Pockenepizootien zweifelsohne grosse Mengen von Bac-terien in den Verdauungskanal gelangen, keine schädlichen Conse-quenzcn für den Organismus daraus erwachsen?quot; verursacht keine grossen Schwierigkeiten. Nach v. Naegeli ist der Grund einer Nichterkraukung in dem umstände zu suchen, dass die Micrococcen während ihres Aufenthaltes im Magen und Zwölffingerdarm durch die Einwirkung der sauren Absonderungsproducte — Pepsinchlorwasserstoffsäure — und der Galle alle Lebensenergie und vorzugsweise auch ihre Bewegungsfähigkeit gänzlich einbüsscn. Gelangen sie dennoch in die Blutbahn, so geschieht dies stets in einem Zustande, in dem sie unfähig sind, irgend welche penüciöse Eifecte auf den Körper auszuüben; vielmehr werden die Micrococcen er-wiesenermassen nach kurzem Verbleib in demselben durch den Harn etc. wieder ausgeschieden.
Wie vom Darme, so erfolgt auch von der Haut keine Reception. Die Hindernisse, welche sich hier einer Invasion der Parasiten entgegenstellen, sind, wenngleich in anderer Weise, nicht minder erheblich, als an den vorigen Organen. Audi ohne Rücksicht auf den von mir geführten experimentellen Nachweis, würde schon nach rein theoretischen Erwägungen eine derartige Immigration als höchst unwahrscheinlich betrachtet werden müssen. Die verhornte Decke der Epidermis, sowie die starke Epithelschicht des Malpighi'schen Schleimnetzes sind sehr wohl befähigt, einer Invasion der kleinen Feinde auf diesem Wege wirksam vorzubeugen. Ansprechender und einleuchtender ist bei oberflächlicher Betrachtung die Theorie, für welche in der neueren Zeit vorzüglich Luginbühl*) eingetreten ist, nach der die Micrococcen durch die
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*) Arbeiten des bern. patholog. Instituts, herausgegeben v. Klebs, 1871/1872.
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Ausfiilirungsgängc der Talg- und Schweissdrüsen ihren Einzug in den Körper halten und eine Infection hervorrufen sollen. Die microscopische Untersuchung des anatomischen Baues dieser Organe lässt jedoch erkennen, dass die Hindernisse für die Bac-terien nicht minder gering sind, als an den drüsenfreien Hautstellen selbst. Denn die die Drüsen und deren Ausführungsgänge auskleidende dichte Epithelschicht, die aus festem streifigen Bindegewebe bestehende Drüsenmembran und die letztere umgürtende, von der Epidermis ausgehende starke Zellenlage der Horn- und Schleimschicht erweisen sich als Eingangspforte un-passirbar. Andererseits muss auch schon der Umstand Bedenken erregen, dass, während in den in der Pocke gelegenen Drüsen sich zumeist enorme Mengen von Bacterien nachweisen lassen, in den Drüsen der gesunden Haut nicht die geringsten Veränderungen bestehen, und dass das Exanthem, bei sonst günstigem Verlaufe der Krankheit, immer nur an gewissen Stellen, nicht aber allgemein verbreitet auftritt, was nothwendig nach jener Theorie der Fall sein müsste. Analog gestalten sich die Verhältnisse an den mit der Aussenwelt communicirendea übrigen Schleimhäuten. Wir haben hier demnach überall mit Factoren zu rechnen, welche den Schluss gestatten, dass bei vollkommenster Integrität der obigen Organe der Körper durch sie gegen alle Angriffe dieser winzigen Parasiten völlig geschützt ist.
Ungemein günstigere Chancen für das Hineingelangen des Contagiums in die Blutbahn bietet hingegen der Respirationsapparat. Die Bedingungen, welche die Aufnahme von Infectionsstoffen von den Athmungsorganen aus gestatten, sind in der That äusserst einfacher Art und der Erkenntniss leicht zugänglich. Die Bacterien finden durch die Luft auf directem Wege Zutritt zu den Lungen-alveolen und von diesen durch die mit freien Oeffnungen in sie einmündenden Lymphgefässe in das Blut. Für den Umstand, dass wir es hier nicht mit einer blossen Hypothese zu thun haben, sprechen ausser dem Küchenmeister'schen und unserem Versuch die Ausführungen einer grossen Reihe der bedeutendsten Autoritäten. Ich bekenne mich daher offen als Anhänger von v. Nae-geli's, nach dessen Ansicht höchstwahrscheinlich nur durch die Athmungsorgane eine wirksame Einverleibung des krankmachenden Agens statt hat.
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quot;22nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Entwickelüng der Schafpooke.
Ganz unzweifelhaft scheint mir auf Grund des im 5. und 6. Versuch in Anwendung gebrachten Verfahrens, dass auch nach Injec-tionen des Virus in die Blutbahn und in das ünterhautzellgewebe eine Pockeneruption bei Schafen hervorgerufen werden kann.
Im Anschluss hieran sollen in Kürze die von Fröhlich, Senfft und Chauveau gemachton, von den meinigen abweichenden Beobachtungen gelegentlich analoger Injectionsversuche bei Kälbern Erwähnung finden.
Fröhlich*) injicirte Kuhpockenlymphe in das subeutane Gewebe und in die Jugularvene bei Kühen, ohne dass es ihm gelang, eine Pockencruption hervorzurufen. Fr. machte jedoch die interessante Beobachtung, dass die inoculirten Thiere die Disposition, an der Vaccine zu erkranken, völlig verloren, ein Beweis dafür, dass eine Art innerer, verborgener Durchseuchung stattgefunden hatte. Ebenfalls resultatlos blieben Senf ft's**) Experimente, welcher Kälbern Vaccine in das ünterhautgewebe, die Lymph-gefässe und Bauchvenen spritzte.
Ihnen schliessen sich ferner die Angaben Chauveau's***) an.
Bellingerf) glaubt, dass diese Beobachtungen zu der Annahme berechtigen, das Kuhpockencontagium könne nur dann im Körper eine pustelbildende Wirkung entfalten und sich reprodu-ciren, wenn es durch eine wunde Stelle der Lederhaut mit den obersten Schichten derselben in Contact käme, während von der Lunge, vom Blute und Ünterhautzellgewebe keine Wirkung eintrete.
Resümiren wir in Kürze nochmals das in den letzten Ausführungen enthaltene Material, so lässt sich dasselbe in folgende Sätze formuliren:
1) Es ist nach Massgabe zahlreicher Forschungen und aus der eigenthümlichen Wirkungsweise bestimmt anzunehmen, dass der Micrococcus, welcher die Pockenefflorescenz erzeugt, mit be-
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*) Württemberg, medicin. Correspondenz-Blatt So. 20, 1867. **) Berl. Win. Woclienschr. 17, 1872.
***) Vaccine et Variole, etude falte au nom de la Societ. des Sciences med. de Lyon. Kapport par Chauveau etc., Paris, 1865 und Gh., Ueber die Satur des Kuhpockengiftes, Recueil de med. vetcrin., 1868.
f) Ueber Menschen- und Thierpocken, über den Ursprung der Kuh-poclten und über intrauterine Vaccination. Volkmann's Sammlung klin. Vortrüge, 1879.
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stimmten characteristischen Eigenschaften ausgestattet ist, und dass Bacterien, welche keine Pocken erzeugen, auch keine Pocken-bacterien sind, gleich wie Bacterien, welche auf günstigem Nährboden keine Fäulniss bedingen, nach dem Ergebniss bisheriger Untersuchungen nicht zu den Fäulnissbacterien gezählt werden dürfen,
2)nbsp; nbsp;dass Micrococceri, die sich bis dato nicht correct abgrenzen Hessen, in jeder Pockenlymphe vorkommen,
3)nbsp; nbsp;dass die M. in relativ kurzer Zeit auf günstigem Nährboden sich ausserordentlich schnell vermehren,
4)nbsp; nbsp;dass die M. weder zufällige, noch secundäre Bildungen in der Lymphe sind,
5)nbsp; nbsp;dass von den M. befreites Filtrat keine, die auf und in dem Filter zurückgebliebene bacterienhaltige Masse jederzeit Pocken erzeugt,
6)nbsp; nbsp;dass als Atria des Contagiums unter normalen Verhältnissen, d. h. bei vollkommener Integrität der äusseren Haut, der Schleimhäute des Kopfes etc. beim Ausbruch der natürlichen Pocken' höchst wahrscheinlich nur die Athmungsorgane fungiren.
C. Pathologische Histologie.
Die äusserst spärlichen, zumeist noch unrichtigen Angaben über die pathologische Histologie des Pockenprocesses nöthigen mich, diesen Gegenstand in vorliegender Arbeit einer Besprechung zu unterwerfen.
Die nachfolgenden microscopischen Untersuchungen beziehen sich auf Impfpocken und sind an blatternkranken Hautstücken vorgenommen, welche vom Momente der Eruption von 24 zu 24 Stunden durch Harpunisiren von mehreren Schafen gewonnen wurden. Auf diese Weise war es mir ermöglicht, die Veränderungen in der Haut während der verschiedenen Krankheitsstadien ' genau feststellen zu können. Bevor ich jedoch zur Schilderung der feineren Structurveränderungen bei der Ovine schreite, soll mit Uebergehung der weiter unten folgenden characteristischen Erscheinungen des Exanthems an der Aussenfläche der Haut zunächst in möglichster Knappheit der mit unbewaffnetem Auge wahrnehmbaren Veränderungen der Efflorescenzen auf ihrer Durchschnittsfläche gedacht werden.
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Aus dem klinischen Krankheitsbilde der Pocke ergiebt sich, dass dieselbe zuerst als kleinstes Knötchen auftritt und durch gleichmässiges peripherisches Wachsthum sehr schnell grössere Dimensionen annimmt. Die centralen Thoile sind demnach, wie auch Weigert von den menschlichen Pocken anführt, die ältesten. Die Epidermis zeigt sich im Stadio der Eruption ein wenig verdickt. Diese Volumeuvergrösserung erfährt in den nächsten Tagen eine graduelle Steigerung und beziffert sich während des Stadiums der Bläschenbildung auf das Zwei- bis Fünffache ihres normalen Dickendurchmessers. Neben diesen Formveränderungen macht sich gleichzeitig ein erheblicher Farbewechsel an der Oberhaut bemerklich. Ursprünglich weiss, nimmt sie zunächst ein grauweisses, darnach graugelbes und schliesslich hell- oder mattgelbes Colorit an, und ist von trüber, licht brechender, undurchsichtiger Beschaffenheit. Die Cohärenz zwischen der verhornten oberflächlichen und der tiefer gelegenen Schicht des Rete Malpighi einerseits, dieser und der angrenzenden Schicht der Lederhaut andererseits hat in Folge der Infiltration einer lymphatischen Flüssigkeit in erheblichem Grade gelitten. Die geringste Zerrung mit der Präparir-nadel, der schwächste Druck auf das Deckglas genügen in der Regel, eine völlige Ablösung der erwähnten Schichten von einander zu bewirken. Minder bemerkenswerth, als in der Epidermis, sind die Veränderungen an dem cutanen Gewebe. Sein Tiefendurchmesser unterliegt bis zum Eintritt der Bläschenbildung nur geringen Alterationen. Erst mit dem Beginn letzterer und während derselben nimmt er nicht selten die vier- bis zehnfache Dimension seiner Normalstärke an. Der Tiefen- und ßreitendurchmesser ist daher beim Bläschen bedeutend grosser, als beim Knöthchen. In dem derartig modificirten Lederhautgewebe sind zahlreiche kleine, längliche, mit den Bindegewebszügen parallel laufende Lücken (Spalten) zu erkennen, die mit einer serösen Flüssigkeit gefüllt sind. Während die Farbe in dem oberen Abschnitt zuerst eine* röthliche, darnach mattgraue, grauweisse und weisse ist, nähert sie sich in der Tiefe, d. h. dem subeutanen Gewebe mehr einer hellgelben Nüancirung. Bezüglich der Farbe, nicht aber der Con-sistenz, hält das nunmehrige Bild sehr wohl den Vergleich mit einer gallertartigen Masse aus. In longitudinal verlaufender Richtung treten aus der gelben Grundsubstanz bei vielen Pocken
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kleinste Streifen von weisser Färbung hervor. An manchen Stellen, vorzüglich am Papillarkörper, lassen sieh feinste, zumeist scharf begrenzte punkt- und stricbförmige blutige Herde nachweisen. Das ünterhautgewebe verhält sich hinsichtlich seiner Differcnzirungen im Querdurchmesser und in der Farbe — dieselbe ist vorwiegend eine hell-, selbst quittengelbe — -den Alterationen des Hautgewebes nahezu analog. Beim Durchschnitt durch die fertig gebildete Pocke im Stadium der Bläsehenbildung tritt eine klare, alkalisch reagirende, etwas klebrige Flüssigkeit auf die Schnittfläche, in welcher sich microscopisch verhältnissmässig sehr früh feinste Fibrinfäden und weisse Blutkörperchen constatiren lassen.
Nach der Feststellung dieser Prämissen wenden wir uns zu der systematischen Schilderung der feineren Veränderungen der Efflorescenz in ihren einzelnen Stadien. Bemerkt sei hier, dass nachstehende Ausführungen nur den Zweck verfolgen, die anatomischen Veränderungen beim normalen Verlauf des Exanthems zu schildern. Bei den microscopischen Untersuchungen dienten mir zumeist durch die ganze Dicke der Pocke gerichtete, mittelst Doppel- und Rasirmesser angefertigte Schnitte, weiche, um naturgetreue Bilder zu erlangen, ohne Ausnahme von frisch harpunirten Hautstücken angefertigt wurden.
Als Zusatzflüssigkeiten fanden Anwendung: l/.2 pCt. Kochsalzlösung, Glycerin, Essigsäure und essigs. Kali; als Färbemittel: Haematoxylin, carmins. Ammoniak und eine Combination beider. Wurden die Präparate zuerst mit Haematoxylin gefärbt, ausgewaschen und in eine ziemlich concentrirte Lösung von carmins. Ammoniak gelegt, so traten die verschiedenen Gewebsbestandtheile bei gut angelegten Hautschnitten sehr scharf gegen ihre Umgebung hervor, und zwar in der AVeise, dass die obere verhornte Zellenlage der Epidermis eine grüne, das Protoplasma der Rete Mal-pighizellen eine blaue, das cutane und subeutane Gewebe eine intensiv rothe, die in ihnen enthaltenen Bindegewebskörperchen und anderen zelligen Bestandtheile jedoch den Effect der Haematoxylin-färbung darboten. Die Schnitte, gefärbte sowohl, wie ungefärbte, wurden behufs Conservirung in Kai. aceticum. Glycerin und Canada-balsam gölegt.
Die Veränderungen in der Haut bei der Eruption des Exan-
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quot;26nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Bau der Schafpocke.
thems kann ich nicht treffender illustriren, als es Rindfleisch*) mit den Worten: „die Pockenbildung beginnt, abgesehen von der Hyperämie des Papillarkörpers mit einer umschriebenen, parenchy-matösen Entzündung dor Epidermisquot; gethan hat. Wir können gleich an dieser Stelle bemerken, dass die Veränderungen während des papulösen Stadiums vorwiegend in der Epidermis ihren Sitz haben, die des vesiculären und pustulösen hingegen in der Cutis, und unter gewissem Vorbehalt im Unterhautgewebe.
Die microscopische Untersuchung lässt an den Zellen des Malpighi'schen Schleimnetzes eine anfänglich unbedeutende trübe Schwellung erkennen. Die Zellen sind voluminöser, ihre characte-ristische Stachel- und Riffelung verschwindet mehr und mehr und nehmen sie statt dessen eine sphärische Gestalt an.
Gleich Weigert**) betrachte ich diese Veränderung, und die erst später erfolgende Necrobiose der Zellen, ganz besonders der untersten Schicht des Rete 'Malpighi, welche sich mit constanter Regelmässigkeit in allen Pocken und selbst schon in dem jüngsten Stadium zeigt, als einen der ersten Effecte des Pockenvirus auf die Epidermis.
Rindfleisch nennt diesen Zustand der Zellen sehr passend einen geblähten, wassersüchtigen.
Mit der zunehmenden Vergrösserung geht pari passu eine Störung in der Cohäsion, und selbst gänzliche Ablösung von den Nachbarzellen einher, welche dadurch bedingt ist, dass, wie in den Zellleib selbst, auch zwischen die einzelnen Zellen eine Exsudation erfolgt. Diese so isolirten Zellen, wie auch durch Zerzupfen gewonnene Präparate eignen sich ganz besonders zum Studium der an dem Protoplasmaleibe entstandenen pathologischen Alterationen. Während der Schwellung bereitet sich ausserdem noch eine neue Katastrophe an dem Rete Malpighi vor; sie betrifft die Bildung neuer zelliger Elemente in dem Körper der alten Zelle (Mutterzelle). Die Zellenneubildung geschieht auf dem Wege der Zell-kerntheilung, wobei derselbe in zwei oder mehrere kleine rundliche Körnchen zerfällt. Der Vorgang raanifestirt sich hauptsächlich durch eine Zunahme der übereinander gebetteten Zellenschichten.
*) Lehrbuch der patholog. Gewebelehre, Leipzig, 1875. **) Anatom. Beiträge zur Lehre von den Pocken, Breslau, 1874.
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Die neugebildeten Zellen sind durchscheinender und grosser, als die normalen des benachbarten Schleimnetzes. Sie haben entweder nur einen oder mehrere Kerne. — Weigert beobachtete in vielen Zellen der menschlichen Pocke die enorme Zahl von 15 Kernen, welche auf einen Haufen gebettet im Inneren des Zeilkörpers lagen.
Den Proliferationsprocess begleitet eine fettige celluläre Entartung.
Beide Processe, Neubildung und Fettmetamorphose, zusammengenommen, stellen nach Rindfleisch in Frage, ob sie als progressive oder regressive Zellenmetamorphose zu betrachten sind. Die Fettmetamorphose documentirt sich dadurch, dass an dem Protoplasmakörper und Zellkerne zahlreiche, feine, dunkle, scharf begrenzte Körnchen von verschiedener Grosse auftreten, in Folge dessen die Zellen eine trübe, undurchsichtige Beschaffenheit gewinnen. Trotz der hochgradigen zum Tode führenden Veränderungen an den Zellen konnte ich einen gänzlichen Zerfall derselben nirgends nachweisen.
Analoge pathologische Veränderungen, wie an dem Rete Mal-pighi, lassen sich auch an den Zellen constatiren, welche vom letzteren aus sich in die Haartaschen fortsetzen, und die Talgdrüsen in ihrem ganzen Umfange begrenzen*).
Ausser den unregelmässig gestalteten feinen Granula treten in den Zellen eine grosse Menge von Bacterien auf, die sich durch ihre gleichmässige Grosse und Form, ihre typische Gruppirung, ihr Verhalten gegen gewisse Reagienten und Färbemittel evident von obigen molekularen Niederschlägen unterscheiden. Während die Bacterien auf Zusatz von Kali- oder Natronlauge, concentrirter Essigsäure oder Glycerin, ebenso nach dem Kochen feiner micros-copischer Schnitte in Eisessig, darauf folgender Entwässerung in absolutem Alcohol und kräftigem Schütteln in Essigsäure ihre Gestalt behalten, bleibt von den Fett- und Eiweisskörperchen nichts zurück. Auf Färbung microscopischer Präparate mit carmins.
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*) Es bildet nicht nur das Rete Malpighi eine derartige UmWeidungs-schicht der Haarschafte und Talgdrüsen, sondern auch die verhornte Schicht der Epidermis. Ersterer Zellenfortsatz bildet die stärkere äussere, letzterer die schwächere innere Umsäumungsschicht.
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Ammoniak nehmen die bindegewebigen Bcstandtheile der Haut ein rothes Colorit an, die Micrococcen hingegen behalten ihre frühere Farbe bei. Behandelt man jedoch (Weigert*) die in angeführter Lösung gefärbten Schnitte mit Salzsäure-Glycerin, so nimmt die Intercellularsubstanz zwischen den Körnchen eine Farbe an, während das Bindegewebe farblos wird.
In der Behandlung mit verdünnter Kalilauge und nachheriger Färbung mit Haematoxylin fand W.**) ein Mittel, die Kerne und Bacterienkolonien zu färben. Während das körniggeronncne Eiweiss (Lymphe, Detritus etc.), wie manche Parenchymzellen und Granulationen weisser Blutkörperchen keine oder nur eine hellblaue Tinction annahmen, welche bei kurzer Behandlung mit schwach ammoniakalischer Carminlösung meist einer rothen Färbung wich, nahm letztere ein ständig dunkelblaues Colorit an.
In grösseren Mengen, als in den Zellen des Schleimnetzes selbst, treten Parasiten in den Talgdrüsen und deren Ausführungsgängen auf. Das Epithel der Talg- und Schweissdrüsen zeigt sich in der an den Epidermiszellen beschriebenen Weise verändert; zweifelsohne wie an jener der Effect einer durch das Contagium inscenirten parenchymatösen Erkrankung. Die in der Pocke durch-gehends — zuweilen um das Drei- bis Achtfache — vergrösserten Drüsen- und Drüsenausführungsgänge waren grösstentheils buchstäblich mit Micrococcen vollgepfropft. Eine Anschwellung der Hautdrüsen beobachtete bereits Petz***). Auch Spinola glaubte, dass der Eruption des Exanthems eine Entzündung der Talg- und Schweissdrüsen vorhergehe. Nummerisch geringer treten Micro-Organismen in dem cutanen, bezw. subcutanen Gewebe und den Schweissdrüsen auf. Was die Veränderungen der Lederhaut in diesem Stadium anlangt, so sind dieselben von weniger bedeut-Sie bestellen in einer erhöhten Blutanfüllung
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*) Ueber Bactevien in der Pockenhaut, Centralblatt für die medicin. Wissensch., No. 39.
**) Anatom. Beiträge zur Lehre von den Pocken, I. Theil, 1874 und Ueber pockenähnliche Gebilde in parenchymatösen Organen und deren Beziehung zu Bacteriencolonien, Breslau, 1875.
***) Die Pockenkrankheit mit besonderer Rücksicht auf patholog. Anatomie, Leipzig, 1836
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(Hyperämie) der Capillargefässe, welche am stärksten an dem Papillartheil auftritt.
Die Papillen bieten in Folge der erweiterten Gefässschlingen ein oft blutiges Aussehen dar.
Bei intensiveren Entzündungsgraden kommt es zu kleinsten punkt- und strichförmigen Blutergüssen in das Hautgewebe. Die Papillen selbst differiren von denen der gesunden Haut insofern, als sie meist länger, breiter und von unregelmässiger Gestaltung sind. Die Mitaffectiou der bindegewebigen Grundsubstanz resultirt aus ihrer Quellung, der Ausdruck einer nach der Hyperämie eintretenden Exsudation und beginnenden Proliferation theils spindel-, theils sternförmiger zelliger Elemente. In unregelmässiger Gruppirung treten kleine, rundliche Zellen auf, welche, je mehr sich dieses Stadium seinem Ende nähert, immer zahlreicher werden und sich von den weissen Blutkörperchen (Eiterkörperchen, Wanderzellen) in Nichts unterscheiden. Die zu dieser Zeit an dem Unterhautzellgewebe bestehenden Regelwidrigkeiten sind im Wesentlichen denen in der Cutis gleich. Es braucht wohl nicht besonders erwähnt zu werden, dass alle die geschilderten Abnormitäten mit dem Fortschreiten des pathologischen Processes eine Augmentation erfahren, dass mithin das Bild des einen Tages dem des anderen nicht gleichartig ist, sondern sich histologisch, wenn auch nur im geringen Grade, verschieden gestaltet.
Die Anschwellung in der Haut, welche die Pockenpapel re-präsentirt, ist zum grösseren Theile der Effect der in der Epidermis bestehenden Veränderungen, zum geringeren derjenigen in der Lederhaut. Aus der Papel entwickelt sich nach einigen Tagen ('2—5) das Pockenbläschen (9—12 Tage der Erkrankung).
Macroscopisch bietet jetzt die einzelne Pocke eine weisse Farbe dar. Die an ihrem oberen Theile ^Kegel) befindliche stumpfe Abflachung, welche beim leise angewandten Druck eine nachgiebige und an vielen Pocken späterhin eine seichte, muldenförmige Vertiefung (Delle, Nabel) zeigt, hat bei der Vesikel ihren definitiven Abschluss erreicht. Hinsichtlich der Delle sei hier bemerkt, dass sie nur bei der geringeren Zahl von Pocken constatirt werden kann. An der Papel tritt sie nicht auf, wohl aber an dem Bläschen und verschwindet bei diesem mit dem Uebergange in die iterblase. Das Nichtauflreten der Delle soll beim Menschen nach
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30nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Bau der Schafpocke.
Auspitz und Basch*) die Folge eines sehr schnellen Verlaufes der Entzündung und Eiterung sein. Als bildenden Factor der cen-tralen Depression (Delle) kann ich nicht ausschliesslich wie Rindfleisch beim Menschen, Spinola etc. bei Thieren, die concen-trische Anordnung um die Mündung eines Haarbalges, oder einer Schweissdrüse gelten lassen; es betheiligen sich daran ausser jenen Gebilden auch die zwischen ihnen gelegenen Partien der Haut.
Die Delle entsteht gemäss dem bereits oben Angeführten durch die vorwiegend centrale Beseitigung der lymphatischen Flüssigkeit auf dem Wege der Resorption und Austrocknung, die durch letztere stellenweise verursachte Zerstörung der das Vesikel construirenden intervacuolären bindegevvebigen Stützpunkte mit consecutivem Collaps und Nachzug des epidermidalen und cutanen Gewebes von oben nach unten. Für diese Erklärungsweise spricht evident der microscopische Befund der Pocke und das klinische Bild der Delle.
Mit dieser Ausführung stehen auch die Erörterungen Aus-pitz's und Basch's im Einklang.
Die genannten Autoren beobachteten beim Menschen, wenn sie am Rande einer eine Delle tragenden Blatter mittelst einer subcutanen Injectionsspritze Flüssigkeit einspritzten, dass sofort ein allmäliges Sichausgleichen der Vertiefung erfolgte. Wurde hingegen eine volle, nicht genabelte Pustel angestochen und ihr Inhalt ausgelassen, so bildete sich langsam eine Delle.
In histologischer Beziehung bietet dieses Stadium zweifelsohne das grösste Interesse des ganzen Krankheitsverlaufes dar. Während an der Epidermis die oben geschilderten Vorgänge, wenn auch weniger stürmisch, ihren Fortgang nehmen und bei stärkeren Pockenformen nicht selten zum Tode (Necrobiose) des epidermidalen, cutanen und selbst subcutanen Gewebes, oder auch wohl an der Epidermis zur Bildung kleiner mit seröser Flüssigkeit impräg-nirter Spalten führen, spielen sich in der Lederhaut die überraschendsten Vorgänge ab, welche nichts Anderes, als die Formation eines vacuolären Maschenwerks betreifen. Dasselbe kommt
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*) Zur Untersuchung des Blatternprocesses. Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klin. Medicin, von Virchow, Berlin, 18G3.
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durch die entzündliche Exsudation einer lymphatischen Flüssigkeit zu Stande, welche das Hautgewebe auseinander drängt. Ursprünglich klein und der Zahl nach gering nehmen die Vacuolen in relativ kurzer Zeit bedeutend an Umfang und Zahl zu. Mit der Volum- und Zahlvermehrung dieser Räume geht gleichzeitig eine Vervielfältigung und Verdünnung der Zwischenbälkchen einher.
Ihre Form und Grosse unterliegt ausserordentlichen Schwankungen, ihre Gestalt ist aber der ßegel nach eine kugliche oder po-lyedrische. Das Ganze stellt ursprünglich ein aus gestreiftem Bindegewebe und elastischen Fasern, zu denen sich in späteren Stadien noch zahlreiche spindel- und sternförmige Zellen gesellen, bestehendes feines Maschenwerk dar, welches sich durch die ganze Stärke der Lederhaut fortsetzt. Die einzelnen Stränge, welche das Balkenwerk der Pocke construiren, zeigen nicht nur bei den verschiedenen Blattern, sondern auch bei ein und derselben Pocke eine differente Mächtigkeit. Das gesammte Netzwerk wird durch Haarbälge, Ausführungsgänge der Schweissdrüsen in mehrere verschieden grosse Unterabtheilungen getheilt. Die in den Trabekeln gelegenen Ge-fässe (Capillaren) sind enorm erweitert, die Hohlräume selbst, welche dem Beobachter bei stärkeren Vergrösserungen als helle, scharf umschriebene Lücken erscheinen, mit Detritusmassen und Lymphe gefüllt, in welchen, wie in den Septis, viele Eiterkörper-chen und zahllose Kugelbacterien suspendirt sind.
Sticht man in dieser Zeit die Pocke an, so entleert sie nur einen Tropfen Flüssigkeit auf die Oberfläche. Grössere Quantitäten Lymphe treten bei stärkerem Druck hervor; ein Zeichen, dass die Pustel, bezw. Vesikel eine mehrzellige, mehrfächerige Höhle darstellt.
Die Flüssigkeit tritt in vereinzelten Fällen vor ihrem Vertrocknen auf die Oberfläche der Blatter und bildet daselbst im Verein mit den necrotischen Epidermiszellen eine feste bräunliche Kruste, die sich allmälig lockert und schliesslich abfällt. An den Stellen, wo die vertrockneten Massen sich abgestossen haben, bleiben geröthete, bisweilen bräunlich pigmentirte Flecke zurück, welche bei leichten Pockenefflorescenzen später gänzlich verschwinden und nur bei den schwersten, tiefgehenden Pocken als unregel-mässig gestaltete Narben zurückbleiben, welche in späteren Zeiten bei Kälte durch ihr bläulich-marmorirtes Aussehen hervortreten.
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32nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Bau del- Schafpocke.
Bezüglich der Bacterien sei noch erwähnt, dass sie bei scharf-umschriebeneu Rändern von gieichmässig kugliger Form sind, theils isolirt, theils zu Ketten verbunden auftreten und der characte-ristischen Bewegungen anderer Bacterien entbehren. Ervviesener-massen ist diese Ruhe kein Zeichen des Todes, da die Organismen hierbei das Vermögen besitzen, sich zu vermehren (v. Naegeli).
Mit wenig Worten will ich hier noch des eigenthiimlichen Vorkommens der Micrococcen in den drüsigen und zelligen Organen gedenken. Nach Massgabe des prädilectiven Auftretens des pathologischen Processes in der Haut müssen deren Capillargefässe nach früheren Ausführungen als die vornehmsten Brutstätten und ersten Angriffspunkte der Bacterien betrachtet werden. Aus den Capil-laren erfolgt nach reichlicher Vermehrung in kurzer Frist die Einwanderung in das benachbarte Ilautgewebe, und von diesem aus in die Epidermis, Talg- und Schvveissdrüsen. üeberall, wohin die Parasiten in genügender Zahl gelangen, wird ihr Weg durch die oben characterisirten Veränderungen gekennzeichnet. In Folge der vorangehenden und sie begleitenden reactiven entzündlichen Pro-cesse, durch welche die Bestandtheile der Haut zu einem Ort der geringeren Widerstandsfähigkeit und zu einem günstigen Nährboden herabgewürdigt werden, wird es den Micrococcen verhältnissmässig leicht, sich Eingang in die genannten Organe zu verschaffen, von welchen sie an die Oberfläche der Haut gelangen. Wir müssen demnach die Epidermis und Drüsen als Excretions-, nicht aber als Receptionsorgane des inficirenden Agens betrachten, eine Ansicht, der bereits im Jahre 1770 Hoffmann huldigte.
In Betreff der die Pustel darstellenden Räume verdient noch erwähnt zu werden, dass vielfach mehrere kleinere, zartwandigere solitäre Fächer von einem grösseren, dickwandigeren bindegewebigen Ringe umschlossen werden*). Nicht selten geben starke Ansammlungen von seröser oder eitriger Flüssigkeit in den Vacuolen zu Berstungen der Septa Veranlassung, und tritt dann eine Communication, selbst gänzliche Confluenz mehrerer kleiner Lücken zu einem umfangreicheren Räume ein. Selbstredend ist ein derartiger Vorgang stets mit einer Zerstörung der in den Scheidewänden gelegenen Blutgefässe, Nerven etc, verknüpft. Die bereits oben hervor-
quot;O Vgl. Fig. II.
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Krankheitsverlauf der Schafpocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 33
gehobene Neubildung spindel- und sternförmiger Elemente erleidet in dem ganzen vesiculären Stadium keine Unterbrechung. Ihre Gegenwart lässt sich sehr schön auf Zusatz concentrirter Essigsäure constatiren. Die Exsudation in die Lücken und deren Scheidewände nimmt nach 2—4 Tagen (11—15 Tage der Erkrankung) einen immer mehr eiterigen Character an, so dass die Scheidewände der einzelnen Vacuolen nicht selten zum grossen Theil von Eiterkörperchen verdeckt werden. Nunmehr ist auch das Höhestadium der Pocke, das der Pustelbildung, erreicht. Die Kraft des Contagiums, fernerhin noch schädliche Wirkungen auf den Organismus auszuüben, ist gebrochen. Bedeutendere zusammenhängende Eiteransammlungen mit vereinzelter consecutiver Destruction des Papillackörpers beobachtet man namentlich zwischen Epidermis und Lederhaut. Rindfleisch bezeichnet diesen Zustand der Haut bei den pockenkranken Menschen sehr treffend mit einem „umschriebenen eiterigen Catarrh.quot; Der Eiter ist nicht nur Product des Papillarkörpers, sondern der Lederhaut überhaupt. Sticht man die Pocke an, so entleert sie eine consistente grau- oder gelb-weisse, trübe Masse.
Nach dem Angegebenen differirt der Pustelinhalt von dem des Bläschens dadurch, dass er ein quantitativ grösseres Material an Eiterkörperchen besitzt.
Die Beseitigung der purulenten Bestandtheile erfolgt nach denselben Gesetzen, wie bei der Entfernung anderer endzündlicher Producte. Das Ende des Exanthems gestaltet sich in der Weise, dass unmittelbar nach dem Verschwinden der eiterigen Massen eine üppige Neubildung von Bindegewebe folgt, wodurch in wenigen Tagen das ganze Fächersystem überbrückt und ausgeglichen wird.
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D. Krankheitsverlauf bei einzelnen Thieren nnd bei Heerden.
Nach dieser Erörterung über die Aetiologie und pathologische Histologie schulden wir dem Leser noch eine nähere Auskunft über das klinische Symptomenbild und den Verlauf der in mehr als einer Beziehung interessanten Krankheit. Aus dem Angeführten geht zur Genüge hervor, dass es zur Erkrankung nichts weiter bedarf, als der Ucbcrtragung des Ansteckungsstoffes von kranken
T a p p c, Sohafpocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;3
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34nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Exankheitsveiiauf der Schafpocken.
auf gesunde, mit individueller Disposition ausgestattete Thiere. Der pathologische Process als solcher characterisirt sich durch einen typischen Verlauf von bestimmter Dauer. Von dem Momente der Infection bis zum Ausbruch des Exanthems vergeht immer eine Frist von einigen Tagen (2—7), in der sich die Bac-terien zu der Zahl vermehren, in welcher sie bemerkenswerthe Störungen in den StofFcombinationen des Körpers hervorzurufen vermögen. Von der Art und Weise, wie das Contagium in den Körper gelangt, ist im gewissen Grade die Schnelligkeit der Eruption abhängig. Bringt man dasselbe direct in die Blutbahn, sei es auf dem Wege der Impfung, oder durch Injection in die Gefässe, so erfolgt die Efflorescenz der Regel nach etwas frühzeitiger, als nach Aufnahme durch die Athmungsorgane.
Nach den Anführungen v. Naegeli's u. A. übt auf die Schnelligkeit und Energie des Ausbruchs der Krankheit, bei sonst physiologischer Haltung der Thiere, die Quantität und Qualität des Virus einen nicht zu unterschätzenden Einfluss aus, und kann dasselbe:
1)nbsp; nbsp; entweder gleich von vornherein in so grosser Quantität aufgenommen werden, dass es sofort pathologische Veränderungen hervorruft, oder es tritt
2)nbsp; nbsp; in geringer, nicht unmittelbar schädlich wirkender Menge ein, besitzt jedoch die Eigenschaft, sich im Organismus zu der Potenz zu vermehren, in welcher es krankhafte Alterationen hervorzurufen im Stande ist.
Unmittelbar nach der Infection sind keinerlei manifeste Zeichen einer positiven Erkrankung an den Thieren zu beobachten. Erst mit dem sich steigernden Fieber, welches der Eruption einige Zeit vorangeht, und dessen Höhe in proportionaler Beziehung zu der Ausbreitung des Exanthems zu stehen pflegt, treten auch die klinischen Symptome, als Mangel an Fresslust, trauriges Benehmen, steifer Gang u. s. w. in gradueller Progression besser zu Tage.
Der Ausschlag selbst erfolgt nie mit einem Male, sondern umfasst meistens einen Zeitraum von 1—3 Tagen, so dass bei einem Thiere Pocken verschiedener Reife, verschiedener anatomischer Einrichtung vorgefunden werden. Die Stellen, an denen sich die Efflorescenz, zumeist in einer gewissen systematischen
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Krankheitsverlauf der Schafpocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 35
Reihenfolge zuerst zu erkennen giebt, sind das Gesicht, die innere, obere Fläche der Schenkel, überhaupt die weniger bewollten Körperpartien. Gedacht soll hier des Umstandes werden, dass abweichend von dem regelmässigen Verlaufe der Ausbruch unter ungünstigen Aussenverhältnissen auch an inneren Theilen (Organen), der Darmschleimhaut, der Lunge und selbst im Gehirn*) erfolgen kann, und sind bei einem derartig occulten Verlaufe der Regel nach äusserlich wenig oder gar keine Pocken zu sehen.
Der pathologische Process docuraentirt sich anfänglich in Form kleiner, leicht über das Niveau der Haut prominirender, intensiv gerötheter, flohstichähnlicher Punkte, die, wenn sie in zahlreicher Menge auftreten, nicht selten beim Grösserwerden confluiren (con-fluirende Pocken). Erfaiirungsmässig ist schon in diesem Entwicklungsstadium der Pocke die Ansteckungsfähigkeit vorhanden, wie Impfungen mit dem aus solchen Knöthchen entnommenen Blut sattsam dargethan haben. Aus den geschilderten Fleckchen entwickeln sich im Verlaufe weniger Tage (3—5) kegelförmige, härtliche Knötchen von Hirsekorn- bis Bohnengrosse, die mit fortschreitendem quot;Wachsthum sich mehr und mehr entfärben und nur an ihrer Basis eine meist dunkelrothe Zone zurückbehalten. Weiterhin tritt an der Spitze der Knötchen eine Abflachung ein, an welcher die Haut in relativ kurzer Zeit eine weiche, nachgiebige Beschaffenheit und eine blasse, grauweisse Farbe zft erkennen giebt (am 9. bis 11. Tage der Erkrankung). Die Pocke befindet sich nunmehr in dem Stadium ihrer Entwicklung (Stadium der Bläschenbildung), in welchem sie eine klare, wasserhelle, alca-lisch reagirende, schwach klebrige Flüssigkeit (Lymphe) in sich schliesst, welche zur Weiterverbreitung der Seuche die denkbar günstigsten Chancen bietet. Das Fieber, welches vor der Bläschenbildung eine grössere Heftigkeit erreicht hatte, tritt während derselben auf mildere Grade zurück, oder bietet den Character des bald fallenden, bald steigenden Fiebers — Febris remittens — dar.
Mit dem Beginn des dritten Stadiums — der Eiterbildung, am 9. bis 13. Tage — treten die Erscheinungen der Allgemeinerkrankung nicht selten mit erneuter Kraft zu Tage. Das
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*) Bruckmüller, Lehrb. der patholog. Zootomie der Hansthiere, Wien, 18G9.
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Fieber nimmt von Neuem an Intensität zu. Gleichzeitig tritt das Symptoraenbild einer heftigen Affection der Schleimhäute des Kopfes und der Luftwege in den Vordergrund, falls selbiges nicht bereits in dem früheren Stadium zum Ausdruck gekommen. Die Patienten entsagen hierbei der Futteraufnahme fast gänzlich, und es stellt sich oft ein schneller Collaps der Körperkräfte ein.
Im vierten Stadium, dem der Austrocknung, verlieren sich die geschilderten Erscheinungen allmälig wieder und machen die Thiere fernerhin ein von dem Grade der Erkrankung abhängiges mehr oder woniger langes Reconvalescenzstadium durch. An der Basis der Pocke macht sich während der Zeit ihres Bestehens eine zumeist bläulichrothe (hyperämische) Z.one bemerkbar.
Von der grossen Zahl der Nachkrankheiten soll hier nur der Erblindung, der chronischen Cachexie und des stets mit tödtlichem Ausgange verbundenen Starrkrampfes gedacht werden. Verlam-mungcn sind bei trächtigen pockenkranken Müttern häufig vorkommende Ereignisse. Zu den bösartigen Formen zählen die hä-morrhagischen (blutigen), confluirenden und brandigen Pocken. Die ganze Krankheitsdauer erstreckt sich bei einem Individuum auf ca. 15 bis 21 Tage.
Bei einer grösseren Heerde gestaltet sich der Krankheitsverlauf dennassen, dass die Zahl der Kranken in der ersten Periode nach der Einschleppung eine geringe ist. Späterhin jedoch, nachdem erst ein bestimmter Theil inficirt worden, nimmt auch die weitere Ausbreitung ein schnelleres Tempo an. Als Regel darf gelten, dass, je zahlreicher a priori die Productionsquellen des Contagiums sind, um so grosser auch die Zahl der von vornherein inficirten Individuen ist, mit anderen Worten: das Concentrationsverhältniss des Ansteckungsstoffes zur Athmungsluft bestimmt die Summe der Erkrankungen. Hierauf ist auch die Thatsache zurückzuführen, dass die erst befallenen Thiere sich immer leichter afficirt zeigen, als die nachfolgenden, welche die schwersten und schlimmsten Erkrankungsformen aufweisen. Auf die Dauer, den gut- oder bösartigen Verlauf der Pocken sind xm'i'ioxyy die Jahreszeit (Temperatur), Haltung und Pflege und viele andere Nebenumstände von einflussreichem Belang. Schafe, welche beispielsweise in einem engen, dumpfigen Stalle eingepfercht sind, durchseuchen schneller und unter grösseren Verlusten, als solche, welche sich bei gutem Wetter im Freien auf
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der Weide, oder einem sonst bequemen, zweckentsprechend tempe-rirten Räume befinden.
Im letzteren Falle vergehen mitunter mehrere Monate, wird anders nicht durch Inoculation die Seuche zum schnelleren Ausgange geführt, bevor sämmtliche Individuen grösserer Heerden infl-cirt und durchseucht sind. Bezüglich der Disposition zur Erkrankung spielt das Alter einen bedeutsamen individuellen Factor. Alte Thiere erkranken im Allgemeineu schwerer und später, als junge und schwache — cachectisclie — Individuen. Die meisten Verluste an Todten erleidet der bestgenährte Theil der Heerde. Der Verlust beläuft sich bei günstigem Verlauf auf etwa 10—12 pCt. der erkrankten Thiere, beim bösartigen hingegen können 50—70 pCt. und darüber der Krankheit zum Opfer fallen. Letaler Ausgang nach normalem Verlauf der Pocken erfolgt in der Regel erst nach dem 10. bis 13. Tage, im Stadium der Eiterbildung und Austrocknung. Bei schweren, regelwidrig auftretenden Pockenformen kann hingegen der Tod schon im Eruptionsstadium eintreten. Es wird behauptet, dass bei Lämmern, deren Mütter bereits früher die Seuche überstanden, die Anlage eine grössere sei, die Krankheit selbst jedoch milder auftrete. Von namhaftem Interesse sind die Beobachtungen einiger Autoren (Spinola u. A.), nach welchen die zeitweilige Trächtigkeitsperiode auf die spätere Anlage der Lämmer für die Erkrankung insofern einen bedeutenden Einfluss ausübt, als Lämmer, welche unmittelbar nach der Durchseuchung der Mütter geboren werden, für ihre übrige Lebenszeit erkrankungsunfähig werden. Die Aussagen Spinola's haben neuerdings eine Bekräftigung durch die Beobachtungen Rickerfs*) erfahren. Rickert ovinisirte eine ca. 700 Stück zählende Heerde trächtiger Mutterschafe. Die von diesen Thieren geborenen Lämmer wurden in einem Alter von 4—6 Wochen ebenfalls inoculirt und gleichzeitig 36 etwa 10 Wochen alte Lämmer. Bei letzteren stellte sich ohne Ausnahme nach Ablauf der typischen Frist die Pockenefdorcs-cenz ein, hingegen zeigte sich bei ersteren nicht die geringste Spur einer Erkrankung. Anderweitige Impfversuche blieben ebenfalls resultatlos. Es dürften diese Beobachtungen einen Beweis dafür liefern, dass die Disposition beim Foetus in Folge der Ovine bei Mutter-
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*) Magazin für die gesammte Thierheilkunde, 1873, B. 39, p. 162.
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thieren in den letzten Träolitigkeitswocheu getilgt wird, ein Um-•stand, der sich nur durch eine bereits im Mutterleibe stattgehabte Durchseuchung erklären lässt. Für die Unvollständigkeil, einer derartigen fötalen Durchseuchung sprechen jedoch die weiteren Ausführungen Rickert's. R. führte nämlich nach 3 Jahren bei sämmtlichen der oben angeführten Thiere abermals die Impfung aus, und zwar mit nachstehendem Ergebniss: AVährend bei den früher mit negativem Erfolge inoculirten Individuen eine Eruption auftrat, boten die 36 erfolgreich ovinisirten keinerlei Zeichen einer Erkrankung dar.
Aehnliche Beobachtungen machten Ackermann*), Roloff**) u. A. Roloff eonstatirte, dass das Exanthem beim Fötus ungefähr 8 Tage später auftritt, als bei der Mutter.
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Die einheimische Schafzucht ist vor ca. 100 Jahren in eine neue Acra eingetreten. Mit dieser Zeit beginnt die Zucht des edlen, resp. veredelten Schafes, deren Bedeutung für die Land-wirthschaft sich bis zur Gegenwart erhalten hat, obschon die Con-currenz Südamerika's und Australiens dieselbe neuerdings beeinträchtigt.
Der erste Impuls zu der Entwickelung unserer heimischen Schafzucht ging insbesondere von England aus. Im Allgemeinen lässt sich constatiren, dass^mit der Zunahme der Fleischconsum-tion und dem wachsenden Begehr nach hochfeiner Wolle die Züch-
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) Berichte über das Veterinainveson im Königreich Sachsen, 1875, Jahrg. 19, p. 8.
**) Mittheilungen aus der tliierärztlichen Praxis im preuss. Staate, Jahrg. 21, p. 40.
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tung und Haltung von Fleisch-, wie von Merino- und anderen ausgezeichneten Wollschafen gleichen Schritt gehalten hat. So belief sich beispielsweise nach den statistischen Tabellen die Zahl an Merinos, einschliesslich der Lämmer und ganz veredelten Landschafe in Preussen:
1816 auf 719,200 Stück
1831 „ 2,397,171 „
1840 „ 4,119,950 „
1852 „ 4,821,701 „
1861 „ 6,578,686 „ während sie sechs Jahre später, 1867, in den alten Provinzen bereits die respectable Summe von 10,999,275 Stück erreicht hatte. Trotz dieser ausserordentlichen Vermehrung der veredelten Schafe hat sich bis auf unsere Tage unter den deutschen Land-wirthen das Bestreben gezeigt, an Stelle der Feinzucht_ Massenzucht zu treiben, ohne Berücksichtigung der Wollgüte und des Wollwerthes.
Werfen wir einen Blick auf den in der jüngsten Zeit stattgefundenen Umschwung bezüglich der Ein- und Ausfuhr von Wolle und von Schlacht- und Wollschafen, so erscheint derselbe überraschend. Während z. B. noch im Anfange dieses Jahrhunderts der In- und Export mit den gedachten Handelsartikeln nach und aus Deutschland in beschränktem Masse stattfand, hat der Verkehr über die Zollvereinsgrenzen seit dem Jahre 1854*), wie nachstehende Tabelle documentirt, eine andauernd erhebliche Steigerung erfahren**).
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*) 1825 —1842 war derselbe ganz verboten und von 1842—1846 nur gegen einen Zoll von 1—20 Schillingen pro Stück gestattet. **) Statist. Jahrbuch für das deutsche Reich, 1880.
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Aus vorstehenden Zahlenreihen erhellt, dass man bei der Schafhaltung in den letzten Jahren der Fleisch production immer mehr die erste Stelle einzuräumen begonnen hat.
Eine Erklärung für den gewaltigen Umschwung im Schlachtviehhandel ist leicht gefunden, wenn man berücksichtigt, dass in den letzten 20 Jahren mit der zunehmenden Consuration in Deutschland sowohl, wie in England und anderen Staaten eine nicht unerhebliche Erhöhung der Fleisch preise verbunden gewesen ist. Für die Steigerung der Fleischpreisc an dem Londoner und den übrigen bedeutenden Märkten Englands legen unter Anderem die Berichte der „Royal Agr. Society's Journalquot; Zeugniss ab. Nach diesen sind die Durchschnittspreise in den laufenden Jahren folgende gewesen:
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*) Monatshefte zur Statistik des deutschen Reiches und statistisches Jahrbuch für das deutsche Reich, 1880.
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1851nbsp; nbsp;für
1855nbsp; nbsp; „
1859nbsp; nbsp; „
1864nbsp; nbsp; „
1868nbsp; nbsp; „
1871nbsp; nbsp; ,
1875nbsp; nbsp; ,
1879nbsp; nbsp; T
1880nbsp; nbsp; „
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das Pfd.
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d*)
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Die bisweilen sehr bedeutenden Schwankungen der Fleischpreise sind die Oonsequenz des rationellen Fleisch Verkaufs, • d. h. des Verkaufs nach Massgabe der Qualität des Fleisches, der nirgends mehr als in England zu Hause ist.
Im Betreff der Fleischpreise an dem Pariser und Berliner Markt lässt sich ein Aehnliches constatiren. So wurde z. B. 1879 am ersteren das Kgr. mit 1,45—2,15 Frcs., 1880 mit 1,20— 2,10 Frcs. bezahlt.
Die Berliner Marktpreise bewegten sich in den letzten Jahren je nach der Qualität der Waare, von dem englischen Fleischschafe (Southdown) bis herab zu ganz verkümmerter Waare, in den Grenzen von 35—40, 50—70 Pfg. pro i/2 Kgr., in München von 42 bis 68 Pfg., in Augsburg von 36—53 Pfg.**)
Was in letzterer Beziehung von den Fleischpreisen gilt, findet im grossen Ganzen auch Anwendung auf den Wollverkehr.
Besonders hat sieh seit dem Kriege von 1870/71 und später 1878 ein Aufschwung in den Preisverhältnissen bemerklich gemacht und die Rentabilität der Wollproduction in einem besseren Lichte erscheinen lassen, denn zuvor. 1871 wurden in London für gute fehlerfreie Wollen die höchsten Preise gezahlt, wie man sie dort seit Jahren nicht erlebt. Dem Vorjahr gegenüber erfolgte 1877 am Berliner Markte ein Abschlag im Wollpreise von 9—18 Mk. pro Ctr. Für feine Tuchwolle und 3 A Kammwolle zahlte man
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*) 1 Stone ist = 14 Pfd. engl., 1 Pfd. engl. = 20 Schilling, 1 Schilling = 12 d., 12 d = 1 Mrk. deutsch, ld= 8% Pfg. **) Müller. Archiv, B. I., Heft 2.
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174—186, für mittelfeine Tuchwolle 156—168, für mecklenburgische und pommersche Kammwolle 159—174, für ordinäre Wolle 120 bis 144 ML pro Ctr. 1878 erfuhr ausgewählte Wolle eine Preiserhöhung von 8—9 Mk. pro Ctr. Feine Tuch- und Stoffwolle wurde mit 180—192 Mk. bezahlt, mittelfeine Tuchwolle mit 162—174, 2—3A hinterporamersche Kammwolle mit 174—190, vorpommersche und mecklenburgische Kammwolfe mit 165—180, ordinäre Wolle mit 130—150 Mk.
Der Breslauer Markt hatte 1878 für die besseren Wollen die höchsten Preise zu notiren, so: für hochfeine Wolle 255 bis 294, für feine Wolle 210—246, für mittelfeine Wolle 180 bis 204 Mk.
Auf dem Posener Markte wurde hochfeine Wolle mit 210 bis 220, feine mit 180—190, mittelfeine mit 150—170 Mk. pro Ctr. bezahlt.
Pommersche und mecklenburgische Märkte zahlten für feine Kammwollen 170—180 Mk. 1880 wurde auf dem Berliner Markte für mecklenburgische und pommersche Kammwolle 159—174, für ordinäre Wolle 120—144Mk. geboten. Die Preise für Bock-, Hammel-, Schaf- und Lammfelle hielten sich in den letzten Jahren in nahezu constanten Grenzen, und zwar bewegten sie sich pro Stück zwischen 2—3,50 Mk. und darüber.
Rechnen wir auf 27l/2 Kgr. Körpergewicht durchschnittlich V2 Kgr. Schurgewicht, bei den feinen und hochfeinen Schafen auf 33 Kgr. Körpergewicht V/2 Kgr. Schurgewicht, so lässt sich daraus, unter Berücksichtigung der oben erwähnten Fleischpreise, ein anschauliches Bild construiren von den ungeheuren Verlusten, welche die Schafpockenseuche herbeiführt.
Statistischen Angaben zufolge nimmt Deutschland unter den Ländern des Continents, welche Fleischschafzucht nicht nur zum eigenen Bedarf, sondern auch des Exports wegen treiben, die erste Stellung ein. Seine Verkehrsbeziehungen erstrecken sich nicht allein auf England, sondern ganz besonders auch auf Frankreich, Belgien und die Schweiz; Länder, welche sämmtlich vermöge ihrer dürftigen Selbstproduction auf den Import von Schlachtvieh angewiesen sind. Zu der grossen Zahl von Masthammeln, welche alljährlich nach fremden Ländern exportirt werden, kommen noch die ganz bedeutenden Lieferungen an lebendem Vieh sowohl, als an
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ein gesalzenem Fleisch nach den gvossen Hafenplätzen (Hamburg, Bremen) behufs Verproviantirung der in ferne Meere gehenden Schiffe, und der starke Consum an Fleisch im Inlande selbst, welcher den Schafhaltern die Gelegenheit bietet, ihre Waare gegen solide Preise in allernächster Nähe und ohne bedeutenden Kosteuaufwand veräussern zu können. So belief sich beispielsweise der Auftrieb von Schlachtschafen an dem Berliner Viehmarkt, ohne Berücksichtigung der Hammel, welche im Sommer in der Umgegend Berlins auf Weiden verkauft und von dort aus zur Mast direct weiter transportirt wurden, nach statistischen Angaben für: 1871 auf 481,906 Stück
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Es rekrutirten sich diese Schafe aus Merino, Negretti, Rambouillet, Southdown und Oxforddown (reines Blut wie Kreuzung).
Ausser vorzugsweise westpreussischen und pommerschen kamen noch viele polnische langwollige, wallachische, ziegenartige Land-racen aus Mecklenburg, Vor- und Hinterpommern, Ost- und West-preussen, Posen, Schlesien, Galizien, Russisch-Polen, Siebenbürgen, der Wallachei und dem südlichen Russland zum Verkauf. Negretti sind wegen ihres schwachen Körperbaues und ihrer schweren Mästung immer mehr abgeschafft, dagegen Southdown und Rambouillet der ausgezeichneten Fleischproduction wegen beliebter geworden. Die Durchschnittspreise beliefen sich in den letzten Jahren je nach der Qualität für schlechte Waare auf 12, für feine auf 24—40, für hochfeine auf 60—75 Mk. pro Paar. Der Platzhandcl war ein beträchtlicher und stellte sich fette Waare für den Platzconsum in bester Qualität auf 60 Mk. pro 50 Kgr. Schlachtgewicht.
Der Export fetter Hammel richtete sich von Berlin aus in erster Reihe nach Frankreich, wohin Deutschland überhaupt die meiste Schlachtwaare an Schafvieh liefert.
Dank der geographischen Lage Deutschlands sind die Bedin-
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gungeu für den Export nach den benachbarten Continents-Ländern sowohl, wie nach Grossbritannien die denkbar günstigsten.
Um ein Bild von dem in den letzten Jahren stattgehabten Import fetter Schafe nach England aus den wegen ihrer günstigen Lage zur Ueberproduction befähigten Theilen Deutschlands zu gewinnen, mögen folgende, amtlichen Quellen entnommene Zahlenangaben genügen.
Während der Verkehr mit Schafvieh über die Zollvereinsgrenzen in seiner Gesammtzahl 1860 361,818, 1865 610,215, 1867 726,643 Stück*) betrug, belief er sich nach England aus-schliesslich:
1872nbsp;auf 472,634 Stück
1873nbsp; „nbsp; nbsp; 394,476nbsp; nbsp; nbsp; ,
1874nbsp; „nbsp; nbsp; 305,886nbsp; nbsp; nbsp; „
1875nbsp; „nbsp; nbsp; 339.543nbsp; nbsp; nbsp; „
1876nbsp; „nbsp; nbsp; 315,619nbsp; nbsp; nbsp; „
Nach dem „Annual Report of the Veterinary Departement of the Privy Council Office for the year 1877quot; hat die Einfuhr von Schafen aus Deutschland trotz des Schlachtzwanges bedeutend zugenommen. Es wurden ca. 162,000 Stück mehr importirt, als in früheren Jahren.
Nächst Holland liefert Deutschland das meiste Schlachtvieh nach England.- Vergegenwärtigt man sich, dass der alljährliche Gesamintimport Englands an Schlachtschafen etwa die Höhe von 980,000 Stück erreicht, so dürften die obigen Summen in einem ganz stattlichen Lichte erscheinen. Diesem lebhaften Verkehr mit Schlachlschafen haben sich in der Neuzeit bedrohliche Perspektiven in dem immer mehr und mehr sich steigernden Antheil überseeischer Länder an dem Import, vozüglich amerikanischer Farm-producte, nicht nur .an Fleisch, sondern auch an lebendigem Schafvieh, nach England, Frankreich etc. eröffnet.
Die Gefahr, durch amerikanische Concurrenz von dem englischen Markte verdrängt zu werden, ist ganz vorzüglich deshalb gross, weil dem Import aus jenem Erdtheile seitens der englischen Regierung durch veterinär-polizeiliche Massregeln (wegen der nicht
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*) Meitzen, der Boden und die landwirthschaftlichen Verhältnisse des preuss. Staates, Berlin, 1869.
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zu befürchtenden Einschleppung der Scliafpockenseuche) nicht die Schwierigkeiten bereitet werden, wie sie gegenüber der deutschen Waare in Folge wiederholter Rinderpest- und Schafpocken-Invasionen*) sich geltend gemacht haben.
Durch derartige Repressivmassregeln verlieren die Thiere, welche sofort geschlachtet im Vergleich zu anderen, welche lebendig in das Land gebracht werden, bedeutend an Werth. Angesichts dieser nicht allein der landwirthschaftlichen, sondern selbst der gesammten volkswirthschaftlichen Prosperität drohenden Gefahr und angesichts der Thatsache, dass England, so lange sein eigener Viehbestand vor deutscher Waare nicht genügend, sicher gestellt ist, nicht aufhören wird, die Frage der Vieheinfuhr rein an der Hand seiner wirthschaftlichen Interessen zu behandeln, ist es Deutschlands Cardinalaufgabe, soll anders der sich bereits geltend gemachten Calamität Einhalt gethan werden, den Anforderungen, welche die Concurrenz an den Weltmärkten stellt, möglichst gerecht zu werden.
Um eine wirksame Remedur zu schaffen, giebt es im Grunde genommen nur zwei Auswege. Der, eine ist der, in Zukunft der rationellen Mastzucht, wie dem Fleischverkauf ein grösseres Interesse entgegen zu bringen; denn es darf als unbestreitbare Thatsache gelten, dass die Fleischproduction, und insbesondere die Kernmast mit ihren Einflüssen auf die Hebung der Viehzucht sich um so rentabler für den Landwirth gestalten wird, je rationeller der Verkauf des Fleisches, der Nährkraft und Güte desselben entsprechend, betrieben wird. Der andere geht dahin, an der Hand entsprechender gesetzlicher Bestimmungen unsere heimische Viehzucht nach Kräften vor aus dem Auslande kommenden Seuchen zu schützen, im Inlande ausgebrochene Seuchen schleunigst zu tilgen und somit Englands Furcht vor der Einschleppung von ansteckenden Krankheiten durch deutsches Vieh zu zerstreuen.
Erfahrungsmässig steht fest, dass keine andere infectiöse Krankheit der Schafe wegen ihres häufigen und zumeist weit ver-
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*) 1848 trat die Bestimmung in Kraft, dass alle aus Deutschland kommenden Rinder, Schafe und Schweine bei der Landung anzuhalten und zu tödten seien, welche Verordnung, nachdem sie am 14. Januar 1873 aussei' Kraft gesetzt, am 14. Januar 1877 wieder ihre Gültigkeit erlangte.
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46nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Die staatswirthschaüliche Bedeutung der Schafpoclcen.
breiteten Auftretens so viele Opfer fordert, wie die in Rede stehende. Abgesehen von der Einbusse durch Todesfälle kommen noch ganz besonders die Nacbtheile in Anrechnung, welche die Epizootie mittelbar verursacht. Hierher zählen Erblindung, Stillstand in der Wollproduction, Rückgang in dem Ernährungszustande, Verkrüppe-lung, Einbusse in der Zahl der Nachzucht durch Verlammen, Beeinträchtigung der Lämmer in der Entwickelang, bemcrkenswerthe Störungen in dem landwirthschaftlichen Betriebe und den Verkehrsverhältnissen mit Schafen in Folge der bei dem Ausbruche der Ovine in Kraft tretenden gesetzlichen Bestimmungen und die Kosten, welche durch die Ausführung der Inoculation erwachsen. Zu den durch Nachkrankheit entstandenen Schäden gesellen sich später noch diejenigen, welche aus dem durch reichlicheres Futter wieder zu ersetzenden Verlust an Körpergewicht — derselbe beträgt nach Fürstenberg meist ein Viertel des ursprünglichen Gewichts — entspringen.
Für die Berechnung der grossen Verluste geben nachstehende Mittheilungen einigen Anhalt.
Nach Fürstenberg*) wurden 1866 in 4 Kreisen des Regierungsbezirkes Stralsund 66,994 Lämmer und 15,264 ältere Schafe und 1867 bis October 64,446 Lämmer und 10,300 ältere Schafe geimpft. Wird die Einbusse an Körpergewicht bei der Impfung nur zu 2 Pfd. berechnet, so giebt dies für 1866 einen Verlust von 11,094 und für 1867 bis zum 15. October 10,741 Thlrn. Rechnet man den Verlust durch den Tod nur zu 2 pCt., so gingen 1866 1325, 1867 1288 Lämmer zu Grunde; jedes im Durchschnitt zu einem Werthe von ll/2 Thlr., giebt für 1866 einen Verlust von 1987V2 und für 1867 von 1932 Thlrn. Beide durch die Impfungen der Lämmer entstandenen Verluste beziffern sich zusammen für 1866 mit 13,036'2 und für 1867 mit 12,673 Thlr. Selbstredend sind diese Nachtheile bei älteren Thieren durch Einbusse an Körpergewicht, an Wolle und durch den Ausbruch der natürlichen Pocken noch grosser. Rechnet man die Einbusse an Körpergewicht pro Stück zu 4 Pfd., so beträgt der Verlust an Fleischwerth für 1866 bei diesen Thieren 5088 und für 1867 3433' 2 Thlr. Rechnet man den Verlust durch Todesfälle zusammen zu 8 pCt, so ergiebt
*) Ännalen der Landwirthschaft. B. 51, p. 12.
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sich für 1866 ein Verlust von 1020 und für 1867 von 1824 Thlrn. Demnach betragen für den genannten Regierungsbezirk die Verluste nach der Inoculation 1866 19,345,/2 und für 1867 le^SO'/s Thlr., ohne dass bei diesen Schäden die Pocken erloschen wären.
Der Güte des Departementsthierarztes Ollmann, sowie der Kreisthierärzte Munckel und Köhler verdanke ich folgende Mittheilungen über die in dem Berichtsjahre vom 1. April 1878 bis 1. April 1879 im Regierungsbezirk Stralsund vollzogenen Inocu-lationen. Es wurden im Ganzen 60,540 Lämmer und 5,720 ältere Schafe geimpft. Rechnen wir den Verlust an Körpergewicht in Folge der Inoculation mit Fürstenberg wieder nur zu 1 Kgr., und das Kgr. Fleisch im Durchschnittspreise zu 1 Mk., so giebt dies einen Verlust von lö^GB1 3 Thlrn. Wird der Verlust an Todten ebenfalls nur zu 2 pCt. veranschlagt — in Vaschwitz starben z. B. von 364 Schafen 54, in Dussvi'tz auf zwei Bauernhöfen von 45 15, in Jubzow von 350 26, in Boldewitz von 403 175! in Guslin von 121 Lämmern 34 —, so beziffert sich deren Zahl auf 1325. Jedes Thier im Durchschnitt zum Werthe von 4 Thlrn. berechnet, giebt 5300 Thlr. Es beläuft sich demnach die Summe für Körpergewicht und Todte auf 21,9691/3 Thlr. Addirt man ausserdem zu dieser Zahl nocli die peeuniären Opfer, welche in Folge des Verlustes an Körpergewicht, der Einbussc an Wolle, kurz aller bereits oben erwähnten Momente entstehen, so erhalten wir für den Regierungsbezirk Stralsund allein schon eine ganz erkleckliche Verlustsumme. Eine eklatante Illustration zur Casuistik der durch die Epizootic erwachsenen Schäden liefern unter Anderem auch die mir von dem Kreisthierärzte Möllinger zugegangenen Mittheilungen. Danach erkrankten 1877 im Kreise Ostpriegnitz 23,505 Schafe; es starben 2056. 1878 durchseuchten von 19,030 Schafen 18,294 mit einem Verluste von 1807 Stück. 1879 wurden von 18,665 Schafen 17,683 inficirt; es gingen 922 Thiere zu Grunde.
Während des Quartals October-December 1879 fielen der Seuche in den preussischen Provinzen 13,081 Stück zum Opfer.
Nach diesen, für einige Kreise aufgestellten genauen Nachweisen ist es evident, dass das Nationalvermögen der östlichen Staaten und Provinzen des deutschen Reiches durch die Schaf-pookenseuche auch gegenwärtig noch schwer geschädigt wird.
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48nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Die staatswirthschaftliche Bedeutung der Schafpoeken.
Einen Schutz gegen die in Rede stehenden Verluste glaubte man seit Anfang dieses Jahrhunderts in der jährlichen Schutzimpfung der Lämmer gefunden zu haben.
Obgleich der grosse Entscheidungskampf um die fernere Existenz dieser Inoculationsmethode bereits geschlagen ist, so lebt man in gewissen Kreisen irrthümlicherweise noch immer in der Ueborzeugung, das Verbot der Inoculation der Lämmer sei in volkswirthschaftlicher Beziehung ein folgenschwerer Fehlgriif, ein nationales Unglück.
Noch jüngst hat man im Reichstage gelegentlich der Be-rathung des Viehseuchengesetzes diesen Empfindungen lebhaften Ausdruck verliehen; und doch ist -diese Auffassung nicht berechtigt.
Der vor einigen Jahrzehnten noch ernstlich verfolgte Gedanke, durch fortgesetzte Impfung den Impfstoff gewissermassen zu veredeln, oder — wie man sich ausdrückte — zu einer höheren Potenz zu erheben, und mittelst der Schutzimpfung die eigentliche Pockenseuche gänzlich zu tilgen*), ist als ein wissenschaftlicher Irrthum erkannt worden. Gegenwärtig kann als ausgemacht gelten, dass die Schutzpocke in epidemiologischem Sinne jeder anderen Pockenform völlig identisch ist, denn alle zeigen ein in jeder Beziehung adäquates Contagium, welches mit dem Vermögen ausgestattet ist, die Ovine von erkrankten auf gesunde Individuen zu übertragen. Nicht nur die mit allgemeinen Pocken, sondern auch die mit der localisirten Impfpustel behafteten Schafe sind Träger des Contagiums, und sind daher geimpfte Heerden ebenso wie angesteckte zu betrachten.
Wenn sich die Thierärzte fast ausnahmslos gegen die Impfung der Lämmer ausgesprochen haben, so geschah dies, wie Oidtmann**) richtig bemerkt hat. lediglich aus dem Grunde, der Brutstätte des Ansteckungsstoffes in Deutschland den Boden zu entziehen. Denn erwiesenermassen herrscht unter den Sachverständigen, wie wir bereits früher gesehen haben, über die nicht originäre Entwicke-lung der Epizootic auf deutschem Grund und Boden ebensowenig
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*) Dieses Missverständniss führte sogar dahin, dass man in dem Gesetz vom 27. August 180G eine allgemeine Schutzimpfung der Schafe empfahl. **) 1. c.
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Zweifel, als darüber, dass sie in einer überaus grossen Anzahl von Fällen aus den östlichen Nachbarländern zu uns gekommen ist. Auch fehlt es nicht an ausreichenden Mittheilupgen, welche beweisen, dass die Schafpocken hauptsächlich in denjenigen Gegenden zum Ausbruch gelangen, in denen die Schutzimpfung der Lämmer üblich ist. Zum Beweise des Angeführten beziehe ich mich auf nachstehende, nach den Berichten der beamteten Thierärzte in Preussen von 1876/77 zusammengestellte Tabelle.
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Von 1868 bis 1878 waren fast alle Kreise Pommerns conti-nuirlich verseucht. Aehnlich liegen die Verhältnisse in den Kreisen der Provinzen Ost- und Westpreussen, Brandenburg und Sachsen. Zahl und Zeit der Eruptionen der Epizootie stehen in den genannten Gegenden in innigster Beziehung zu der Schutzimpfung. So konnte in den Quartalen, in welchen die Inoculation nur im beschränkten Masse ausgeführt wurde, auch ein selteneres Auftreten, eine weniger extensive Verbreitung beobachtet werden, als in Quartalen, in denen recht viel geimpft worden, mithin die ursächlichen Momente eine grössere Vervielfältigung erfahren hatten. In allen den Districten jedoch, in denen die Schutzimpfung unbekannt ist, kam die Epizootie entweder gar nicht vor, oder sie beschränkte sich auf wenige Eruptionen, welche sich grösstentheils auf eine Einschleppung des Virus durch Handelsschafe, Felle etc. zurückführen Hessen.
Sicheren Beobachtungen zufolge wurden die Infectionen zumeist durch ältere Schafe vermittelt, welche mit geimpften Lämmern in
Tappe, Schafpockcti.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4
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einem Stalle gestanden, und ohne selbst zu erkranken, den An-steekungsstoff in ihrem Wollvlies weiter verschleppt hatten. Die namhaftesten Sachverständigen sind darüber einig, dass die häufigen Eruptionen der Pockenseuche und die damit verbundenen Verluste an Schafvieh in den Schutzimpfungsterritorien einzig und allein auf das viel umstrittene Inoculations-Verfahren zurückgeführt werden müssen. Ja noch mehr! Es fallen der Operation nicht nur die Verluste in den Bezirken zur Last, in welchen die Schutzimpfung gebräuchlich ist, sondern der grösseren Mehrzahl nach auch die Nachtheile, welche entfernten Gegenden Deutschlands durch die Einschleppung des AnsteckungsstofFes aus den Schutzimpfungs-Provinzen erwachsen.
Nächst der Schutzimpfung ist erst in zweiter Linie die Entstehung der Seuche auf eine Einschleppung des Contagiums aus dem östlichen Auslande zurückzuführen. Thatsächlich wird diese Entstehungsart viel seltener beobachtet, als von den Anhängern der Schutzimpfung behauptet worden ist. Müller*) sagt mit Recht: „Es ist eine auffällige Thatsache, dass in den westlichen Provinzen Preussens, im ganzen mittleren und südlichen Deutschland, mithin in Gegenden, welche grössere Mengen Schlachtvieh aus dem Osten beziehen, und durch welche eine Menge Schlachtvieh transportirt wird, die Schafpocken äusserst selten vorkommen, während die Krankheit in Gegenden, welche von den grossen Verkehrsbahnen abgelegen sind und wenig Schlachtvieh importiren, z. B. in den Regierungsbezirken Cöslin und Stralsund, auf der Insel Rügen ganz auffällig häufig beobachtet wird.quot; Und ebendaselbst. „So erklärt es sich mit Leichtigkeit, dass die Schafpocken in dem Masse häufiger vorkommen, in welchem die Schutzimpfung der Lämmer in einer bestimmten Gegend bei zahlreichen Heerden zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten vorgenommen wird.quot;
Trotzdem die Verkehrsverhältnisse mit Schafen ungleich grössere Dimensionen angenommen haben, treten z. B. in der Provinz Schlesien, welche grosse Massen Schlachtvieh aus dem angrenzenden Oesterreich-Ungarn und Russisch-Polen bezieht, die Pocken verhältnissmässig selten auf. Hiernach rauss die Schutz-
*) 1. c.
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impfung, trotz ihrer oft günstigen localen Resultate, in Wegfall kommen, weil sie unmittelbar zur Bildung von Seuchenheerden Veranlassung gieht und hierdurch, wie die oben angeführte Statistik ergiebt. die Epizootie zu einer einheimischen dauernden Ca-lamität macht, üeberdies darf auch nicht ausser Acht gelassen werden, dass es in der Geschichte der Pockenseuche nicht an zahlreichen Fällen gebricht, in denen einerseits die Schutzimpfung sich nicht als wirksam erwies, anderseits den Ausbruch des aligemeinen Pockenausschlages herbeiführte, welcher fast mehr Opfer unter den Schafen forderte, als die gewöhnlichen, sich ohne künstliches Hinzuthun vollziehenden Invasionen der Pockenseuche. Von der grossen Menge der hierher gehörigen Fälle will ich nur einige erwähnen.
Förster theilt von seinen am Wiener Institute gemachten Beobachtungen Nachstehendes mit.
Von den seit 1838 zur Impfung bestimmten 1532 Schafen (meist Lämmer und Jährlinge) wurden 1481 inoculirt, 51 blieben ungeimpft. Die erste Impfung haftete bei 1053 Stück. Bei 22 mit natürlichem Pockenstoff vorgenommenen Ovinationen schlugen 3 fehl; demnach ca. 14 pOt. Mit frischer Lymphe wurden 1233 Stück geimpft, 303 (ca. 28 pCt.) blieben unangesteckt. Mit kalter Lymphe inoculirt, betrug die Zahl der erfolglos ovinisirten 78 pCt.! Bei einer. 1846 geimpften Heerde von 120 Häuptern blieben selbst nach drei- bis viermal wiederholter Impfung 67 frei. Der Lymphe konnte die Schuld an diesen ungünstigen Erfolgen nicht zugeschrieben werden, denn es erkrankten in entfernteren, mit demselben Impfstoff inoculirten Heerden 88 pCt.
Aehnliche üble Erfahrungen machte Bruckmüller*) in den Jahren 1852, 1859 und 1863, in welchen von den am genannten Impfinstitute inoculirten Thieren mehr als 20 pCt. von einem allgemeinen Exanthem befallen wurden und zum grössten Theil zu Grunde gingen.
Bruckmüller spricht sich auf Grund seiner Erfahrungen dahin aus, dass dieSchutzimpfung immer gefährlich, häufig sogar zwecklos sei.
Nach den Angaben Gerlach's**) wurden 1853 und 1864 alle Schafe, bei denen die Ovination nicht haftete (6—12 pCt.,
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*) Müller und Roll. Vierteljahrschrift, Bd. XXII., 1864. *) Canstatt's Jahresberichte.
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ja selbst 20 pCt. und darüber) von den Thieren, bei welchen sie mit Erfolg ausgeführt wurde, inficirt und erkrankten an den natürlichen Pocken. Am heftigsten grassirte die Krankheit unter den best genährten Schafen und Lämmern, und starben in einer Heerde sämmtliche unter 6 Wochen alte Thiere (139 Stück). 1854 bis 1855 gingen von den Ovinisirten 4—12 pCt. zu Grunde.
Analoge Beobachtungen machten Erdt, Cohen u. A.
Diese Thatsachen verallgemeinerten die Anschauung, dass die Schutzimpfung denn doch nicht ein so gutartiges Experiment sei, für das man sie seit mehreren Dekaden gehalten.
Gegenüber den Folgen der Schutzimpfung drängt sich von selbst die Frage in den Vordergrund, ob die Besitzer von Schafvieh beim Auftreten der Pockenseuche in einer anderen Art der Impfung einen genügenden Schutz finden können. Die Erfahrung hat diese Frage zu Gunsten der „Nothimpfung-, d. h. der Inoculation sämmtlicher noch nicht erkrankter Schafe einer Heerde, in welche das Contagium eingeschleppt ist, entschieden. Denn abgesehen davon, dass bei diesem Verfahren die Epizootic nicht zu einer ständigen Gefahr für ganze Provinzen gemacht wird, hat dieselbe bei rechtzeitiger Anwendung auch fast denselben localen Erfolg, wie die Schutzimpfung.
Der Erfahrung zufolge treten grössere Verluste meist nur dann auf, wenn bis zu der Constatirung der Seuche in einer Heerde bereits ein bedeutender Procentsatz inficirt worden ist. Gemäss den Mittheilungen der Thierärzte betragen die Sterblichkeitsverhältnisse bei günstigem A'erlaufe der Schutzimpfung durchschnittlich Vs bis 1 pCt., bei der Nothimpfung 1—3 pCt.
Nach den Angaben v. Herford's war für die bei ca. einer viertel Million Schafen vorgenommene Impfung fast genau 1 pCt. Verlust zu constatiren. Es erhellt, dass diese an und für sich schon geringen graduellen Differenzen in der Mortalitätsstatistik zwischen Schutz- und Nothimpfung vollkommen ausgeglichen werden, wenn man bedenkt, dass in den Landestheilen, in welchen von der Schutzimpfung kein Gebrauch gemacht wird, die Seuche höchstens alle 8 Jahre vorzukommen pflegt. Trotzdem die Disposition der Schafe, an den Pocken zu erkranken, in allen Ländern dieselbe ist, kommen sie in Spanien nur ungemein selten zur Erscheinung. In England kam die Epizootic nach den Angaben Marson's und
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Simond's von 1710—1711, dann erst wieder 1847—1850 und zuletzt 1862 vor. Bei allen Eruptionen liess sich der correcte Nachweis führen, dass die Krankheit durch importirte Schafe nach dem Londoner und anderen Viehmärkten eingeschleppt und von da auf einheimische Heerden übertragen worden war. Bei frühzeitiger Erkennung und sofortiger Tödtung, beziehentlich Absperrung der erkrankten Thiere waren die Verluste äusserst gering und blieben ausschliesslich auf den kranken Import beschränkt. In Baiern*) kam die Krankheit von 1852—1865 ausser in 4 Heerden nicht vor. In Württemberg gehört sie ebenfalls zu den grössten Seltenheiten. Beispielsweise war seit ihrem Ausbruche im Jahre 1866 ein Zeitraum von ca. 40 Jahren verflossen. Die Einschleppung konnte auch hier nachgewiesen werden, und zwar durch Handelsvieh und Felle aus Ungarn und Norddeutschland. Aehnlich liegen die Verhältnisse in dem Königreich Sachsen, welches die Ovine fast regelmässig aus Preussen bezw. Berlin eingeschleppt erhält. Selten sind die Pocken ferner in den Provinzen Schleswig-Holstein, Westfalen, der Rheinprovinz, Hannover, der schafreichen Provinz Schlesien und in Hessen-Nassau. Nach den Mittheilungen aus der thierärztlichen Praxis kam die Seuche in dem früheren Kur-fürstenthum Hessen von 1850—1864 gar nicht vor. Auch in Oesterreich hat man die Beobachtung gemacht, dass die Ovine nur in den deutschen Districten vorkommt, in welchen die Schutzimpfung häufig ausgeführt wird. Wir haben hier demnach überall mit Factoren zu rechnen, welche den bestimmten Nachweis liefern, dass die Schutzimpfung mit Zahl und Zeit der Eruption Hand in Hand geht.
Kehren wir nach diesen Erörterungen zur Nothimpfung zurück, so kann unser Urtheil über dieselbe in aller Kürze dahin zusammen-gefasst werden, dass ausreichende Ermittelungen und Erfahrungen dar-gethan haben, dass ihre wirthschaftlichen Vortheile bedeutend höher zu veranschlagen sind, als die nach der Schutzimpfung. Erwähnt zu werden verdient, dass man, um den Erfolg bei der Nothimpfung möglichst günstig zu gestalten, ausser der sofortigen Separation der bereits erkrankten Thiere von den noch gesunden, die schleunige Tödtung
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*) Thierärztl. Mitth., herausgegeben von der Königl. baierisch. Central-Thierarzneischule.
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der ersteren empfohlen hat. Derartige Propositionen finden sich bereits in den Schriften Revolat's von 1784, Will's von 1787, Gonzalez' von 1798 und Gilbert's von 1800.
Vor mehr als einem Decennium wurde die Tödtung der ersterkrankten Schafe behufs eiliger Tilgung der Epizootie abermals von dem Oeconomierath Wagner und dem Landschaftsrath Richter in den Verhandlungen des preussischen Landesöconomie-Collegiums empfohlen (XII. Sitzungsperiode). In der That gelingt es zuweilen durch sofortige Tödtung und unschädliche Beseitigung der zuerst inficirten Thiere den Rest der Heerde vor der Ansteckung zu schützen. Allein diese Methode ist so unsicher, dass sie für die Gesetzgebung keine Berücksichtigung'verdient. So lange die staatliche Bekämpfung der Viehseuchen für das ganze deutsche Reich nicht einheitlich geregelt werden konnte, Hess sich auch ein durchgreifender Erfolg in dem Verbote der Schutzimpfung in den einzelnen Ländern nicht erwarten.
Durch die Verkehrsbeziehungen mit den benachbarten Bundesstaaten, in denen die Schutzimpfung gewohnheitsmässig ausgeführt wurde, war die wiederholte Einschleppung der Seuche erleichtert. Dieser Verbreitung des Ansteckungsstoffes ist durch das jüngst publicirte Reichsgesetz, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, der Weg verlegt worden. In gedachtem Gesetze ist die Schutzimpfung der Lämmer verboten, und damit zugleich eine seit zwei Jahrzehnten vielfach discutirte Frage vorläufig zum Ab-schluss gebracht. Es wird sich in Zukunft gegenüber den Gefahren, welche die Schafpockenseuche für Deutschland in sich birgt, im Wesentlichen um die Abwehr einer Einschleppung aus dem Auslande handeln. In dieser Hinsicht ist nach den Handelsund Verkehrswegen für die deutschen Bundesstaaten eine Gefahr nur von Russland und zum kleinen Theil auch von Oesterreich-Ungarn zu befürchten.
Schafpockeninvasionen aus Russisch-Polen sind nichts Neues. Schon die Alten beobachteten zu Anfang unseres Jahrhunderts ein Wandern der Epizootie von Osten nach Westen in- derselben Richtung, in welcher beim Viehhandel die grossen Viehtransporte gehen.
Neuerdings ist die Gefahr einer Einschleppung, wie wiederholt erwähnt, in Folge der Vervollkommnung der Communicationswege
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in den östlichen Ländern und des überhand nehmenden Schmuggels vergrössert worden.
Es kommt dabei ferner in Betracht, dass die Massregeln, welche Russland zur Unterdrückung dieser wie aller Seuchen ergreift, höchst mangelhaft sind, und Deutschland für die Richtung, welche der landwirthschaftliche Betrieb in zahlreichen Wirthschaften verfolgt, die Einfuhr von Nutzungsschafen aus dem Äuslande zur Zeit nicht entbehren kann. Mit Rücksicht hierauf kann und wird der Handel mit Schafen aus dem östlichen Nachbarlande, so lange kein directes Verbot entgegengestellt wird und als die Seuche daselbst nicht allgemein herrscht, betrieben werden. Zur möglichsten Beschränkung der Gefahr bleibt aber eine fortdauernde sorgfältige Untersuchung sämmtlicher über die russische und österreichische Landesgrenze einzuführenden Schafe durch verantwortliche Sachverständige geboten. In Fällen jedoch, in denen im Auslande eine grössere Verbreitung der Seuche stattgefunden hat, würden die Grenzen gegen den Eintrieb von Schafen und Ziegen gänzlich zu schliessen sein. Um über den Stand der Seuchen, wie den Character der Gefahr in den benachbarten russischen Grenzbezirken möglichst orientirt zu sein, ist es dringend geboten, dass die Grenz-thierärzte wiederholt Nachforschungsreisen in dieselben machen und mit den russischen Verkehrsverhältnissen in steter Fühlung bleiben. Die Hauptnahrungsquelle findet der hier in vollster Blüthe stehende Schmuggel in den grossen Differenzen der Viehpreise hüben und drüben. Für die bedeutende Rentabilität dieses Unwesens spricht der Umstand, dass die Schmuggler trotz wiederholter Confiscationen einer mehr oder weniger grossen Anzahl Viehstücke dennoch ein gutes Geschäft machen.
An der österreichischen Grenze ist die Gefahr einer Einschleppung weniger zu befürchten, einmal deshalb, weil der Viehverkehr ausserhalb der Landstrassen, der Terrainverhältnisse wegen, bedeutende Schwierigkeiten verursacht, andererseits sind aber auch die Viehpreise diesseits und jenseits der Grenze ziemlich gleich, so dass das Geschäft des Viehschmuggels weniger gewinnbringend ist, als an der russischen Grenze. Gleichwohl sind auch die Massregeln, welche Oesterreich bei Seuchenausbrüchen ergreift, dazu angethan, Deutschlands Wachsamkeit nach dieser Seite hin weniger in Anspruch zu nehmen.
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56nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Die staatswirthschaftliche Bedeutung der Schafpocken.
Eine absolute Absperrung gegen Russland ist nach allen bisher gemachten Erfahrungen unausführbar. Im Allgemeinen lässt sich behaupten, dass nur eine strenge üebervvachung der Grenzdistricte Laudwirthschaft und Viehhandel vor den grossen Verlusten schützt, welche die Sperrmassregeln zum Schütze gegen die Schafpocken unvermeidlich zur Folge haben.
.Demnach kann hier die Rede nur davon sein, den Schmuggel auf das kleinste Maass zu reduciren. Um diesen Zweck zu erreichen, ist es dringend geboten, dass mit drakonischer Strenge gegen das Schmuggeleiwesen zu Felde gezogen und auf die Vieh-controlen ein grosses Gewicht gelegt wird. Erwiesenermassen haben gerade letztere wegen zahlreicher Fälschungen der ürsprungsatteste einen hohen Werth und ist es daher zum Besten unserer heimischen Schafzucht durchaus angezeigt, die Ausstellung amtlicher Zeugnisse nur zuverlässigen Händen anzuvertrauen. Bezüglich der Grenzsperre resp. Grenzcontrole liegt es in dem grössten Interesse Deutschlands, dass keinem der Staaten, von dem ihm die Gefahr einer Einschleppung der Epizootic erwachsen kann, Ausnahmebegünstigungen ertheilt werden. Nicht ausschliesslich jedoch mit der Wacht gegen die östlichen Grenzländer ist Deutschlands Aufgabe erfüllt, dieselbe hat sich ausserdem noch auf alle Stapelplätze für ausländische Waare zu erstrecken. Eine strenge Ueberwachung der Einschiffungshäfen thut hier, wie dort Noth, namentlich zu solchen Zeiten, in denen im Auslande die Pocken herrschen. In Anbetracht dessen, dass von heimischen Schafbesitzern nicht selten die Märkte dazu benutzt werden, sich der kranken und verdächtigen Thiere durch Verkauf zu entledigen, verdienen auch diese zum Zwecke der rechtzeitigen Ermittelung der Seuche eine gewissenhafte Ueberwachung. Denn abgesehen davon, dass der Verkauf der kranken Thiere nicht immer gelingt, kann allein schon deren Aufenthalt auf den Märkten zur Weiterverbreitung der Seuche beitragen. In Districten, in welchen die Schafpocken herrschen, sind die Märkte am besten gänzlich aufzuheben. Eine Controle hat ferner noch bei allen grösseren Anhäufungen von Schafvieh, z. B. bei Auctionen, Thierschauen und auf Schlachtviehhöfen stattzufinden. Vollständig werden die Erfolge erst dann sein, wenn sich alle Interessenten zu gemeinsamer Abwehr, sowohl beim Ausbruch der Krankheit, als auch zu anderen Zeiten, die Hand reichen. Der
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Die staatswirthschaftliche Bedeutung der Schafpocken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 57
Selbstschutz ist und wird auch hier stets der beste Schutz bleiben.
In Fällen, wo die Thiere beim Passiren der Grenze erst frisch inficirt sind und äusserlich noch keine wahrnehmbaren Erscheinungen einer positiven Erkrankung darbieten, kann trotz der Veterinär-polizeilichen Untersuchung eine Einschleppung der Epi-zootie erfolgen. Weiterhin fehlt es nicht an Beobachtungen, nach denen Schafe, ohne selbst zu erkranken, das Contagium in ihrem Wollpelz verschleppten. Daher kann auch auf diesem Wege eine Verschleppung bewirkt werden. Ferner ist eine Einschleppung des Ansteckungsstoffes dadurch erleichtert, dass in grösseren Heerden ein geringfügiges Exanthem nur schwer erkannt werden kann. Auch treten zuweilen die Pocken bei einer bedeutenderen Zahl von Thieren so milde auf, dass eine Constatirung der Seuche nicht unter allen Umständen gelingt. Schliesslich kann die Ovine auch durch Personen, Wolle etc., die mit Pockenvirus behaftet sind, auf unsere heimischen Heerden übertragen werden. Trotz alledem ist nach der wissenschaftlichen Erfahrung zu erwarten, dass bei sorgfältiger Durchführung der Schutzmassregeln die Pocken der Schafe in Deutschland keine grosse Verbreitung finden werden.
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Erklärung der Abbildungen.
Figur 1. Verticaler Durchschnitt durch die gesunde Haut des Oberschenkels eines einjährigen Lammes. Vergr. 200.
a)nbsp; nbsp;Oberflächliche verhornte Zellenlage der Epidermis;
b)nbsp; nbsp;Malpighi'sches Schleimnetz;
c)nbsp; nbsp;Papillartheil der Lederhaut;
d)nbsp; nbsp;Haarschaft;
c) Ausführungsgang einer Talgdrüse;
f)nbsp; nbsp;Talgdrüse;
g)nbsp; nbsp;Ausführungsgang einer Schweissdrüse; h) Schweissdrüse;
i) fortgesetzte Zellenlage der Hornschicht und des Rete Malpighi, den Haarschaft begleitend;
k) Lederhautgewebe (Cutis);
1) Unterhautgewebe mit zahlreichen, zum Theil gruppenförmig auftretenden Fettzellen.
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58nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Die staatswirthschaftliehe Bedeutung der Schafpocken.
Figur 2. Verticaler Durchschnitt durch die Mitte einer Schafpocke im Uebergangs-stadium vom Bläschen zur Pustel. Vergr. 200.
a)nbsp; nbsp;Oberflächliche verhornte Zellenlage der Epidermis;
b)nbsp; nbsp;Schicht des Rete Malpighi im Schwellungszustande;
c)nbsp; nbsp;Papillartheil der Lederhaut;
d)nbsp; nbsp;Haarschaft;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;y-
e)nbsp; nbsp;bedeutend erweiterter Ausführungsgang einer Talgdrüse;
f)nbsp; nbsp;stark vergrösserte Talgdrüse;
g)nbsp; nbsp;Ausführungsgang einer Schweissdrüse; h)nbsp; nbsp;Schweissdrüse; i)nbsp; nbsp;Geschwellter Zellenfortsatz der verhornten Schicht der Epidermis
und des Malpighi'schen Schleimnetzes; k) das den Bau der Pocke darstellende voeuoläre bindegewebige
Maschenwerk in der Lederhaut; 1) Unterhautgewebe, in welchem neben zahlreichen zum Theil in
Häufchen liegenden Fettzellen viele Eiierkörperchen sichtbar sind; m) Vacuole. durch ein bindegewebiges Balkenwerk in mehrere Unter-
abtheihmgen getrennt; n) Hohlräume mit Lymphe gefüllt, in der viele' Eiterkörperchen,
Detritusmassen und Bacterien suspendirt sind.
Anmerkung: Die in Figur 2 zu k. m und n am Rande angedeuteten Stellen haben bei der Bearbeitung der Tafel an Deutlichkeit eingebüsst. Die betreffenden pathologischen Zustände treten inmitten der Figur anschaulicher hervor.
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Gedruckt bei L. Schumacher in Berlin.
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