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No-Xd/J
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Die
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Rinderpestfrage
der
Gegenwart
ihrer Bedeutung für Westeuropa.
Von Professor kaiserlich russischem wirklichem Staatsrathe und Ritter.
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Berlin 1865.
raquo;o^p von W. J. Peiser,
^^nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 'idrichsstrasse 142.
2613
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RIJKSUNIVERSITEIT TE UTRECHT
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Von Professor
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Druck von Rosenthal amp; Co. in Berlin.
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SEINEN LIEBEN LANDSLEUTEN,
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DEN
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LANDWIETHEN UND YETERINAIEEN
SCHLESWIG-HOLSTEINS
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GEWIDMET.
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Vorwort
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Obgleich die Zeitungen es lange vermieden, der jüngst in England ausgebrochenen Rindviehseuche den Namen der Rinderpest (Löserdürre) beizulegen, so unterlag es doch schon nach den Mittheilungen, die von den Vertretern der Veterinairmedicin auf der internationalen Versammlung der Veterinaire .zu Wien darüber gemacht wurden, keinem Zweifel, dass es diese, seit fast einem Jahrhunderte in England unbekannte Seuche ist, welche sich dort eingeschlichen hat. Jetzt ist sie von daher bereits nach Holland übergegangen; Frankreich verbietet die Vieheinfuhr nicht nur aus diesem Lande, sondern auch aus England. Preussen, Sachsen und Hannover senden Vertreter der Veterinairwissenschaft zum Studium der Seuche aus, und auch Schleswig-Holstein
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sucht sich durch Anordnung von Vorsichtsmassregeln zu schützen. Da es namentlich durch den Viehhandel aus Eiderstädt, Altona und Hamburg mit dem englischen Markte in so regem Verkehre steht, so hat es volle Ursache dazu, wenn es diesen bösen Feind, der seine Kinderheerden zum letzten Male in den Kriegsjahren 1813 —1814 decimirte, abweisen, oder doch sofort nach seinem etwaigen Eindringen wieder beseitigen will.
In der langen Zwischenzeit von 1813 bis 1865 haben sich nun allerdings unsere Kenntnisse in Bezug auf die Rinderpest gemehrt und vervollkommnet. Die westliche^ Staaten Europas, bisher geschützt durch die von Oesterreich und Preussen gegen die Verbreitung der Seuche getroffenen Massregeln, möchten jedoch, in Sicherheit gewiegt, wenig Notiz davon genommen haben, und es könnten daher jetzt sowohl als damals sich irrige Meinungen wieder geltend machen, welche der schnellen Tilgung, wenn ihr Eindringen nicht verhütet werden konnte, hindernd in den Weg träten, -^u dieser schnellen Unterdrückung gehört ^r Allem, dass die Seuche sofort von
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den Veterinairen und, womöglich, schon von den Eigenthümern richtig erkannt werde. Wenige von ihnen haberaquo; sie indessen je gesehen und es sind daher, in der ersten Zeit, Zweifel und Missgriffe leicht möglich. Daher wird es hoffentlich gerechtfertigt erscheinen, wenn ein Mann, der hinlänglich Gelegenheit gefunden hat, die Rinderpest unter den verschiedensten Yerhätnissen zu studiren, hier die Hauptpunkte, worauf das Augenmerk besonders zu richten ist, kurz und für Jedermann verständlich hervorhebt; wobei er jedoch aufrichtig wünscht: dass seine Bemerkungen unnöthig und das Vaterland von der Seuche nach wie vor verschont bleiben möge!
Entstanden sind diese Bemerkungen nach einer Sommerreise durch Deutschland, die den Verf. schliesslich wieder in's schöne und stets geliebte Vaterland, Schleswig-Holstein, zurückführte. Kein einziges Buch stand zu Gebote und konnte zu ßathe gezogen werden; das Gedächtniss schöpfte allein aus der Erfahrung. Möchte denn Frische der Darstellung den Mangel an Vollständigkeit einiger-massen ersetzen!
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Till
Meine Absicht war, bei der Abreise nachnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,:gt;
Russland ein kleines, aber nützliches Andenken zu hinterlassen und ich wünsche, dass es so wohlwollend aufgenommen wird, als es wohlmeinend geboten wurde.
Itzehoe, den 29. September 1865.
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Als die Einderpest das letzte Mal in Holstein wüthete, da herrschte noch Zwiespalt über die Massregeln, wodurch sie dennoch schliesslich, nach Abschluss des Waffenstillstandes, als die bestehenden Gesetze zur Ausführung gebracht werden konnten, getilgt wurde, nämlich: die Ueberwachung der Grenzen in Bezug auf den Handel mit Vieh und giftfangenden Sachen; das Todtschlagen der erkrankten und verdächtigen Thiere; die Sperre der angesteckten Ställe, Gehöfte und — in seltenen Fällen — auch ganzer Ortschaften, und die sorgfältigste Vernichtung des Ansteckungsstoffes an allen Gegenständen, woran er haften konnte.
Damals war von einem namhaften, gelehrten Veterinairen (Wolstein) eine Schrift erschienen, welche die Seuche als nicht eingeschleppt, sondern als im Gefolge der Kriegsübel von selbst entstanden darstellte, wodurch Misstrauen gegen die vorgeschriebenen strengen Massregeln des Nieder-scblagens und der Sperre wachgerufen wurde.
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Ein schleswig-holsteinischer Patriot empfahlnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,1
als Heilmittel die von Pessina gerühmte eisenhaltige Salzsäure und die Ghlordämpfe gegen die Verbreitung. Bald war keine Salzsäure, keine Schwefelsäure, kein Braunstein mehr in den Apotheken zu haben, und tausende von Thalern gingen ausseidem für nichtsnutzige Medicamente, von verschiedenen Seiten her empfohlen, darauf. Auch die Impfung kam in Vorschlag. —
Es lässt sich wohl erwarten, ditss der gesunde Sinn der Einwohner Schleswig-Holsteins nicht mehr in solche Inthüiner verfällt, sondern — über das Richtige belehrt — die strengen Anordnungen der Regierung aus Ucberzeugune genau durchführt, wenn dies sich nothwendig machen sollte.
Für alle Staaten Westeuropas, wo die Rinderpest nicht heimisch ist, können diese aber nur folgende Hauptgrund 1 a g e n haben:
A. Zur Ablisiltiing.
1. Aus den Ländern, in denen die Rinderpest herrscht, darf überhaupt gar kein Rindvieh eingeführt werden, oder, dieses ist bei der Einfuhr einer Absperrung an einem abgelegenen Orte und unter strenger Ueber-wachung, auf mindestens 10 Tage zu unterwerfen. Erst wenn bis zum 11, Tage keiu
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Erkrankungsfall unter. demselben vorkommt, darf es, nach sorgfaltiger Abwaschung mit einer Mischung aus 1 Theil Chlorkalk und 40—60 Theilen Wasser, zu dem heimischen Vieh gelassen werden.
2.nbsp; nbsp;Da es in neuester Zeit mit vollkommenster Sicherheit festgestellt ist, dass auch Schafe und Ziegen von der Einderpest durch Ansteckung befallen werden und wieder anstecken können, so gilt für diese ganz dasselbe, was unter 1 von den Rindern gesagt ist.
3.nbsp; nbsp;Auch sonstiges, lebendes Vieh, z.B. Schweine, Hunde, Federvieh, das aus angesteckten Gegenden kommt, muss einer sorgsamen Abwaschung mit der oben erwähnten Mischung aus Chlorkalk und Wasser unterzogen werden, bevor es freigegeben wird.
4.nbsp; nbsp; nbsp;Frische Häute, unausgeschmolzeuer Talg, frisches Rind- und Scbaffleisch, frische Hörner und Klauen, dürfen aus Ländern, wo die Seuche herrscht, gar nicht eingeführt werden.
5.nbsp; nbsp;Zu der Vernichtung des Ansteckimgs-stoffes an andern Gegenständen, die von Rinderpestkranken herstammen, oder mit solchen in Berührung, oder in ihrer Nähe gewesen sein könnten, dienen — ausser der mehrerwähnten Chlorkalkmischung #9632;— das Abwaschen mit kochendem Wasser, oder kochend-heisser Lauge, die heissen Wasserdämpfe und
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das Austrocknen der Gegenstände in einer bis auf 40 oder 50 Grad R. erhitzten Luft, während 48 Stunden. Heu und Stroh wird, um sicher zu gehen, verbrannt, oder an einem Orte, wo kein Vieh hinkommt, einige Tage gelüftet und dann nur für Pferde verfüttert und verbraucht.
6.nbsp; nbsp;Eisenbahnwaggons und Dampfschiffe, die zum Viehtransporte gedient haben, müssen mit den nämlichen Mitteln jedesmal aufs Sorgfältigste gereinigt und — meiner Meinung nach •—#9632; auch noch bei verschlossenen Thüren mit Chlordämpfen (Schwefelsäure auf eine Mischung von Salz und Braunstein getröpfelt) ausgeräuchert werden. — Der Mist aus denselben wird verbrannt oder vergraben.
7.nbsp; nbsp; Alle Menschen die mit Transportvieh oder andern Sachen, aus inficirten Gegenden kommend, zu thun hatten, müssen ihre Kleider wechseln und die während der Reise getragenen auswaschen mit kochendem Wasser, ausräuchern mit Chlordämpfen, oder sie einer erhöhten Temperatur, z. B. in einem geheizten Backofen, aussetzen. —
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B. Kur Tilgung:.
8. Damit der eingedrungene Ansteckungsstoff sich nicht vervielfältigen kann, sondern sofort vernichtet wird, ist jedes Rind, Schaf oder jede Ziege, bei dem die Rinderpest be-
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merkt wird, neben einer vorher schon fertig gemachten Grube, die mindestens 5 Fuss tief ist, sofort zu erschiessen und mit Haut und Haaren zu vergraben. Am besten ist's, wenn man in der Grube ein Feuer aus Stroh, Laub oder Buschwerk anzündet, darauf die Cadaver wirft und über denselben ein ähnliches Feuer ausbrennen lässt, bevor man die Grube wieder mit Erde füllt. Dadurch werden sie theilweise gebraten und es wird der Ansteckungsstoff viel sicherer vernichtet, als durch das Beschütten der Cadaver mit ungelöschtem Kalk. — Die Gruben sind an einem abgelegenen Orte anzulegen und so zu umfriedigen, dass kein Vieh in die Nähe kommen kann.
9. Alles Rindvieh, was mit einem Rinderpestkranken in einem Stalle zusammengestanden hat, ist, als verdächtig, gleichfalls sofort zu erschiessen. Da die Krankheit sich auf Schafe und Ziegen schwerer überträgt, so kann man solche, die mit kranken Rindern communicirten, aber selbst nicht erkrankten, sorgfältig absondern. Erkrankt aber ein Stück mit den Symptomen der Rinderpest, so sind alsbald alle zu tödten. Der Stall, worin Kranke und Verdächtige standen, muss bis zur sorgfältigen Reinigung abgesperrt werden.
Wie in denjenigen Fällen zu verfahren ist, wenn die Seuche auf der Weide, wo eine grosse Menge Rinder zusammengehen, aus-
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bricht; wann Ortssperre einzutreten hat; wie es mit der Taxation der zur Tödtung verur-theilten Thiere, der Vergütung an die Eigen-thümer etc. zu halten ist, besagt die ausführliche Verordnung gegen die Rinderpest von 1801, welche früher für Schleswig-Holstein gültig war. Auch hat ja das Land keinen Mangel an wissenschaftlich gcebildeten Thier-ärzten, die diese Verordnung genau kennen, und an gewissenhaften Beamten, die ihre Ausführung überwachen können, wenn dies nöthig würde. Mein Streben geht nur dahin, darauf aufmerksam zu machen:
dass die angeführten Massregeln, consequent durchgeführt, einzig und allein im Stande sein worden, die einmal eingedrungene Seuche schnell zu tilgen. Man lasse sich daher durch kein Anpreisen von sonstigen Präservativ- oder Heilmitteln täuschen und traue der Versicherung: dass es weder allöopathische, homöopathische oder isopathische giebt, die auch nur den geringsten Grad von Zuverlässigkeit besitzen. Sie verdanken ihren Ruf vielmehr dem Vorurtheile, oder einer besoudern Gutartigkeit der Seuche, die sich hauptsächlich dort oft geltend macht, wo diese schon längere Zeit geherrscht hat und ihrem Erlöschen nahe ist, Selbst die Impfung, der ich
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namentlich einen sehr hohen Werth für die Steppenländer beilege, würde hier von keinem Nutzen sein. Zwar könnten dadurch mehrere der verdächtigen Rinder, die sonst getödtet werden müsston, am Leben erhalten werden und die Seuche wäre dadurch schneller zu tilgen, als wenn man zu Heilmitteln und Durchseuchen seine Zuflucht nehmen müsste. Alber sie vervielfältigt den Ansteckungsstoff und kann daher, bei Mangel an Vorsicht, leicht der Verschleppung der Seuche Vorschub leisten, steht also in sofern, in Westeuropa, der Tödtung der Kranken und Verdächtigen bei weitem nach. — — —
Zu dem Gesagten nun noch einige, weitere Bemerkungen.
Das Todtschlagen der Rinderpestkranken und Verdächtigen geschah, nach der älteren Vorschrift, mittelst einer Axt oder Keule. Daher die Bezeichnung „Keulequot; und „keulenquot; für die ganze Massregel. Diese Methode des Tödtens wurde vorgeschrieben, damit kein Blut Arou den angesteckten und verdächtigen Rindern abflösse und als Träger des Ansteckungsstoffes die Gefahr vergrössere. Sie wurde aber oft genug barbarisch ausgeführt und ist, als eine arge Thierquälerei, gänzlich zu verwerfen. Ein preussischer Veterinair
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hat zuerst das Erschlagen mit dem Erschie-ssen, neben der Grube, vertauscht und ich meine, diese Massregel sollte überall gültig werden. Eine Kugel, die in das Gehirn dringt, tödtet das Thier sicher sofort und ohne grosse Qualen, während oft viele Schläge mit der Axt oder der Keule dazu gehören, wenn diese ungeschickt gehandhabt werden.
Ist die Rinderpest schon im Lande selbst oder doch in nächster Nähe ausgebrochen, so möge jeder Eigenthümer, im eignen Interesse, die Ueberwachung seines Viehstapels verdoppeln. Er halte denselben so isolirt als möglich und lasse keinen Unbefugten hinzukommen. Besonders sind Fleischer, Händler und thierärztliche Pfuscher, die von der Gefahr keinen Begriif haben, gefährlich. Selbst den gebildeten Veterinairen, meinen H. H. Colle-gen, möchte ich den Rath geben, in solcher Zeit immer nur mit einem Wachstuchüberzieher, in einer Wachstuchmütze und mit Ueberschuhen versehen, verdächtige Heerden zu untersuchen und diese Ueberkleider abzulegen, wenn sie bei einer gesunden Heerde zu thun haben. Leider ist man, in neuerer Zeit, in Bezug auf diese Vorsichtsmassregel, viel zu fahrlässig geworden. Erich Viborsr, der 1813 und 1814 die Seuche in Holstein so glücklich tilgte, fuhr damals nie anders und duldete es auch nicht, dass die unter seiner
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Leitung wirkenden Veterinaire, ohne solche Wachstuchbekleidung sich dem kranken und verdächtigen Viehe näherten. In dem wohl-eingericiiteten Institute zur Impfung der Rinderpest, im Poltawaschen Gouvernement, muss Jeder, der zu den Geimpften und Kranken geht, vorher seine gewöhnlichen Oberkleider in einer Räucherkammer ablegen und bevor er die Anstalt verlässt, wird er selbst darin mit Chlordämpfen geräuchert.
Sehr fördernd für die Verbreitung der Rinderpest sind, in solcher Zeit, die Viehmärkte. Nicht genug a!so, dass ujan dort keine Rinder kauft, oder — wenn dies geschieht — solche doch erst 10 Tage vollständig isolirt hält, suche man. wo möglich, den Besuch derselben gänzlich zu vermeiden und verbiete ihn auch den Dienstboten. Aus Orten, wo sie abgehalten werden, muss man weder Heu noch Stroh, frisches Fleisch, frische Häute, ungewaschene Wolle etc. mit nach Hause nehmen. Ueberhaupt kaufe man das frische Rind- und Schaffleisch, was für die Haushaltung notliwendig ist, in solcher Zeit nur von bekannten und zuverlässigen Fleischern und mache es zum Gesetz, dass es nie in Geschirren abgewaschen wird, aus denen später Rinder oder Schafe getränkt werden. Noch weniger darf diesen jemals ein solches Spülwasser verabreicht werden.
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Wo die Seuche in grosser Nähe droht, halte man besonders aiif Reinlichkeit bei seinem Viehstapel, füttere ihn in der gewohnten quot;Weise, doch weniger reichlich, sorge dafür, dass im Fall eines Ausbruches der Seuche mehrere Räumlichkeiten vorhanden sind, wo man Rinder und Schafe abgesondert aufstellen kann, sondere auch jedes Stück sofort sorgfältig ab, was Zeichen einer innern Krankheit verräth und suche, durch schleunige Herbei-rufung des Veterinairen, baldmöaclichst über die Natur des Leidens ins Reine zu kommen. Nichts trägt so viel zur Vermehrung der Seuchenfälle bei, als das anfängliche Ueber-sehen oder gar die absichtliche Verheimlichung derselben.
Es erübrigt nun noch ein möglichst leicht erkennbares Bild der Rinderpest aufzustellen, damit in dieser Hinsicht, besonders in der ersten Zeit, nicht durch Unkenntniss gefehlt wird. — Verbreitet sie sich unglücklicherweise im Lande, so wird man sie leider! bald genug erkennen lernen.
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Die Rinderpest tritt in denjenigen Ländern, wo sie sich nur durch Ansteckung erzeugt und fortpflanzt, in folgender Weise auf.
Ist ein Thier angesteckt, so dauert es doch noch eine geraume Zeit, bevor deutliche Erkrankungszeichen bei ihm hervortreten.
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Mean hat diese Zeit, während welcher der Ansteckungsstoff im Körper die Krankheit vorbereitet, die Incubationszeit genannt, und sie erstreckt sich über 5 höchstens 7 Tage. In dieser Zeit erscheint das angesteckte Thier dem Eigenthiuner noch ganz gesund, während ' das Auge des Sachkundigen allerdings oft schon viel früher Zeichen wahrnimmt, die auf krankhafte Veränderungen im Körper hindeuten. Die Thiere fressen wohl noch, aber nicht so rasch und begierig als früher. Auch das Wiederkäuen geht träger vor sich; die Eigenbewegungen des Wanstes, die man in der linken Hungergrubc wahrnehmen kann und die beim gesunden Vieh rocht lebhaft sind und 2 bis 4 Mal in der Minute bemerkt werden, zeigen sich in geringerer Anzahl, schwächer und nnvollkommner. Milchkühe geben weniger Milch als bisher. Die angesteckten Thiere sind entweder weniger muthig als sonst, liegen mehr als gewöhnlich, oder sie zeigen sich im Gegentheil aufgeregter, unruhiger. Oft findet sich schon am 3. oder 4. Tage nach der Ansteckung ein stossvveise hörbarer, heiserer Husten ein und der seltener abgesetzte Dannkoth ist fester, dunkler gefärbt und trock-ner, als im gesunden Zustande. Doch kann er in andern Fällen auch schon dünner als gewöhnlich und öfter entleert werden. Zur selben Zeit bemerkt man auch zuweilen schon
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ein eigenthümliches Kopfschütteln, was im weitern Verlaufe der Krankheit häufiger auftritt und mit einem Zusammenschaudern des ganzen Körpers verbunden ist. Der Darm-koth wird mit erhobenem Schwanz, oft unter mehr oder weniger starkem Drängen (Tenes-mus — Afterzwang) abgesetzt.
Doch — wie schon gesagt — werden diese Zeichen leicht übersehen und nur von sehr aufmerksamen Eigeuthümem, Veterinai-ren oder Viehhütern und Wärtern beobachtet. So kann also eine Heerde schon mehrere Häupter, welche bereits an der Einderpest krank sind, enthalten, ohne dass man darum weiss.
Vom 5. bis zum 7. Tage nach der Ansteckung wird nun das Erkranken schon ausenfäiliser. Oft tritt ein mehr oder weniger heftiger Fieberanfall, mit Haarsträuben, Zittern am ganzen Körper und beschleunigtem Athmen auf. Dieser Anfäll erfolgt aber zuweilen in der Nacht, dauert nur kurze Zeit und wird daher leicht übersehen. An dem andauernd beschleunigten Puls und Athmen, der erhöhten Körperwärme und dem fortwährend gesträubten Haare, wird dem Kenner die Fortdauer des Fiebers bemerklich. Der Husten wird nun stärker und häufiger; aus den innern Augenwinkeln fliesst zuerst eine wasserhelle, Sjjäter schleimige und schliesslich eiterartige
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Flüssigkeit über die Wangen herab. Beim merklich wahrzunehmenden Ausbruch des Fiebers scheint bei einigen Kranken der geröthete Augapfel wie in Wasser zu schwimmen. Mit der Zunahme der Krankheit erscheinen die Augäpfel mehr und mehr in ihre Höhlen zurückgezogen, während sie anfänglich bei solchen Kranken, die mehr aufgeregt, wild, oder wohl gar stössig sich zeigen, hervorstehend . glotzend und geröthtet sind. Auch die Schleimhäute der Nase und des Mundes sondern stärker ab und es fliesst daher Schleim aus den Nüstern und der Mundspalte. Day Flotzmaul ist trocken oder abwechselnd trocken und feucht, wärmer als gewöhnlich anzufühlen. Die Maul- und Rachenhöhle erscheint blass — rosenröthlich gefärbt, die Temperatur in der Maulhöhle erhöht, ebenso wie die der_ausgeatli-meten Luft, so dass man bei kühlem und kaltem Wetter den Hauch in Dampfform deutlich wahrnimmt. Die Ohren hängen herab; doch bewegt der Kranke sowohl sie, als den Schwanz noch, urn Fliegen zu verjagen. Vom 5. bis zum 7,. spätestens 8. Tage nach der Ansteckung sieht man sehr häufig, wenn auch nicht immer, an der Schleimhaut der Lippen und am Zahnfleische, seltener auf der Nasenschleimhaut, Knötchen oder Bläschen auftreten, die sich bald anscheinend in Geschwüre verwandeln und mit einer ausgeschwitzten Masse
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belegt sind, die oft ein talgähnliches Aussehen hat. Später erscheint die Schleimhaut an diesen Stellen, oft in ziemlich bedeutender Ausdehnung, von der Oberhaut entblösst. Es sind dies die unter dem Namen „Erosionenquot; längst den Veterinairen bekannten Erscheinungen. Die Abniagornng nimmt zu, der Appetit schwindet mehr und mehr, das Wiederkäuen hört gänzlich auf, der abgehende Dannkoth wird entweder noch dunkler und härter als gewöhnlich, mit Blut, in grösserer oder geringerer Menge auf der Oberfläche, oder schon durchfallartig, dünner, abgesetzt.
Vom 8. bis 10., 11. Tage nach der Ansteckung erreicht die Krankheit ihre Höhe und bietet dann folgendes Bild:
Die Kranken stehen mit zusammengestellten Füssen, nach aufwärts gekrümmten Kücken, mit gesenktem Halse und Kopf, gesträubtem, glanzlosen Haare, stark abgemagert, besonders in der Flanken- oder Hungergrubengegend sehr eingefallen. Sie bewegen sich sehr ungern; ihr Gang ist träge und schleppend. Manche liegen auch, den Kopf in die Seite nach der Flankengegend gewendet. Aus den eingesunkenen Augen, der Nase, dem Munde fliesst ein, oft übelriechender, dicker Schleim und Speichel. Das Athmen geschieht mit Stöhnen und wird zuweilen von Husten und Kopf-
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schütteln unterbrochen. Der Darmkoth wird flüssig, zuletzt ohne Erhebung des Schwanzes abgesetzt, enthält nur wenige Futterreste, ist oft blutgemischt und übelriechend, mit gelbgrauen, eiterähnlichen, käseartigen Massen durchsetzt. Die Haare des Schwanzes sind davon verklebt und die hintere Parthie der Extremitäten ist ekelhaft besudelt. Zuweilen ist ein Theil der stark gerötheten Mastdarmschleimhaut wulstartig hervorgedrängt, oder der After steht, weil sein Schliessmuskel gelähmt ist, offen und die Luft passirt, mit hörbarem Geräusche, ein und aus. An sehr warmen Sommertagen sind solche Kranke oft mit Fliegen wie besäet, indem sie in ihrer Apathie dieselben nicht mehr abwehren und nicht so gar selten findet sich um den After herum, in der Scheidenspalte der Kühe und in den Innern Augenwinkeln eine grosso Masse von Fliegenmaden angesammelt.
Wenige Tage vor dem Tode finden sich oft noch ein: Aufblähung des Wanstes in der linken Hungergrube, Luftaustritt in das unterhäutige Zellgewebe (Emphysem) an verschiedenen Körperstellen, z.B. auf dem Rücken, den Kippen etc., wodurch die Haut polsterartig aufgetrieben wird und wobei sich ein
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eigenfhümliches, knisterndes Geräusch hörbar macht, wenn man drückend über diese Geschwülste mit der Hand hinwegstreicht. — Der Tod erfolgt entweder als ein sanftes Einschlafen, oder nach vorhergegangenen mehr oder weniger heftigen Con-vulsionen. Wo die Kranken ein solches Bild darbieten, da ist die Erkennung der Rinderpest nicht schwer und es bedarf kaum der Leichen-öffnung, um zur vollkommnen Gewissheit zu gelangen, dass man es wirklich mit dieser und keiner andern Krankheit zu thun hat. Für den Westen Europas aber hat diese Schilderung nur insofern eine Bedeutung, als man nur bei einzelnen, ersten Fällen die Krankheit bis zur Höhe gedeihen und ihr natürliches Ende erreichen lassen wird; später, wenn das Vorhandensein der Kinderpest schon festgestellt ist, greift die Veterinairpolizei ein und lässt die Ergriffenen schon viel früher tödten, da die Erfahrung unzweifelhaft nachgewiesen hat, dass sie bereits bei dem ersten sichtbaren Erkranken die Krankheit zu übertragen vermögen, also schon am 4. — 5. Tage nach der Ansteckung. Auf die ersten Krankheitszeichen muss also auch hier vorzüglich die Aufmerksamkeit gelenkt werden und obgleich ihrer schon weiter oben gedacht ist, so müs-
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sen wir doch noch einmal darauf zurückkommen.
Ich bitte den Leser es wohl zu beachten, dass in der ganzen Schilderung des Verlaufes der Rinderpest niemals von „Krankheitstagen,quot; sondern von „Tagen nach der Ansteckungquot; die Rede gewesen ist. Ich weiche damit von den bisherigen Beschreibungen, worin mau immer vom 1., 2., 3., 4. u. s. w. Krankheitstage spricht, gänzlich ab, aber keineswegs ohne Grund, da ich es für praotischer und nützlicher halte, den Ansteckuugstag als Ausgangspunkt zu nehmen. Die Eintheilung nach Krankheitstagen geht immer auf den Moment zurück, an welchem die Krankheit zuerst bemerkt wurde, bleibt aber daher auch stets höchst unsicher, indem die frühzeitige
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oder spätere augenfällige Erkrankung nach Massgabe der Kenntniss und Erfahrung des Beobachters, nach der Individualität der Thiere und deren Race, so wie nach der besondern Natur der Seuche, wechselt und abweichen muss. Der erfahrene Veteriuair z. B. entdeckt das Vorhandensein der Krankheit oft schon am 3. oder 4. Tage nach der Ansteckung, zählt also schon den 3. oder 4. Krankheitstag, wenn der Ungeübtere erst die Krankheit ausgebrochen glaubt und also mit dem ersten Krankheitstage die Zählung anhebt. Bei dem Steppenvieh, bei Vieh was in guten
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Verhältnissen ernährt, kräftigeren Widerstand leistet, durchläuft die Krankheit ihre Stadien oft viel langsamer — (wenn sie nicht, was übrigens sehr selten vorkommt, gleich nach dem ersten Fieberanfall in Genesung übergeht, oder durch Ueberfiillung des Gehirns mit Blut, oder reichlicher Wasserergiessung zwischen dessen Hüllen, vorzeitig tödtet), als bei schlecht genährtem, verkümmerten Viehe, von kleinerer Race. So findet mau bei diesem nicht selten am 5. und 6. Tage nach der Ansteckung bereits ergiebige Ausflüsse aus Nase, Augen und Mund und heftige Durchfälle, •während diese bei anderem Vieh viel länger auf sich warten lassen und die Ausflüsse namentlich oft ganz unbedeutend sind.
Die vielfachen Impfungen der Rinderpest haben in dieser Beziehung manche Aufklärung gegeben und ich will versuchen hier dasjenige, was für meinen gegenwärtigen Zweck brauchbar erscheint, besonders hervorzuheben.
Findet sich in einer Hecrde, die schon etliche Häupter an der Rinderest verloren hat, oder mit Rinderpestkranken zusammen gewesen ist, dass mehrere Thiere nicht recht fressen und saufen, in der Milch bedeutend abbrechen, dann und wann kurz husten, träge wiederkäuen, wobei auch die Eigenbewegungen des Wanstes geringer an Zahl und weniger euer-
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gisch geworden sind; thränen dabei die Augen, während sie früher trocken waren und ist das früher feuchte Flötzmaul jetzt trocken; wird der Darmkoth hart, dunkel gefärbt und mit Drängen abgesetzt, so sind solche Thiere als verdächtig und vor 3 oder 4 Tagen angesteckt zu er-
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achten und
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müssen sofort abgesondert
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werden. — Anmerkung. Es kann allerdings vorkommen, dass unter solchen, als verdächtig Abgesonderten, sich einige Stücke finden, die später nicht erkranken, während von denjenigen, die man für unverdächtig hielt, einzelne sehr bald mit der Krankheit befallen. Das liegt theils in der Unvollkommenheit der Beobachtung, theils in der Individualität der Thiere und eine völlige Sicherheit, ob sie wirklich angesteckt sind oder nicht, ist in dieser frühen Periode noch nicht zu erlangen. Haben mehrere Rinder dabei. Erosionen auf der Schleimhaut des Mundes — ohne dass in dein Seuchenorte oder dessen Nähe die Maul- und Klauenseuche herrscht, — hat man einen Fieberanfall bemerkt, oder dauert das Fieber noch fort, finden sich im abgegangenen Darmkoth Blutspuren, tritt neben dem Husten öfteres Kopfschütteln ein, hört man Zähneknirschen, ist das Athmen beschleunigt, so ist die
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Rinderpest da und die Ansteckung 5—7 Tage vorausgegangen.
Der Durchfall stellt sich in der Regel nur bei sehr jungen und schwachen Thie-ren schon in dieser Zeit, meist aber erst am 8. bis 10. Tage nach der Ansteckung ein, und der Veteriuair findet den abgegangenen Darminhalt, bei genauer Untersuchung, oft noch mit Blutspuren, oder schon mit Ausschwitzungsproducten von der kranken Darmschlciinhaut gemischt.
Ist ein oder sind mehrere' Tliiere in einer solchen verdächtigen Heerde bereits verendet, so waren diese spätestens vor 8 und frühestens vor 14 Tilgen angesteckt. Nur äusserst selten stirbt ein Tbier vor dem 8. Tage nach der Infection und von denjenigen Kranken, die 14 Tage nach derselben noch leben, seucht der grösste Theil durch und es geht nur ein geringer Theil derselben an den Folgen der Krankheit, Complicationen oder Nachkrankheiten zu Grunde. Der denkende Veterinair wird wissen, wie er diese Winke, besonders für die so wichtige Bestimmung: zu welcher Zeit die ersten Ansteckungen erfolgt sind, ver-werthen kann. Er weiss es aber auch, dass es sehr schwierig ist, ein Bild einer Seuche zu entwerfen, was für alle Fälle passt, dass diese mit vielen Nüancirungen auftreten
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kann und daher jedesmal neu studirt sein will. Nicht anders ist es auch bei der Rinderpest, die keinesweges immer denselben Charakter aq sich trägt. So herrscht z. B. in einigen Fällen, wie schon erwähnt, bei den Rinderpestkranken anfänglich ein bedeutender Rei-zuugszustand vor, dermassen, dass einige Thiere sogar wild und stössig werden, brüllend auf Menschen und andere Thiere losrennen, und dadurch die Krankheit der Tollwutb ähnlich wird. Nicht minder wird das Kraukheits-bild durch Complicationeu getrübt. So habe ich es erlebt, dass in einer Hecrde bei den zuerst an der Rinderpest erkrankenden Stücken die Zeichen einer Halsentzündung (Bräune) so hervorstechend waren, dass man, dadurch getäuscht, jenes ansteckende Leiden gar nicht dahinter suchte und daher die nothwendigen Massregeln auch #9632; so lange nicht getroffen wurden, bis die richtige Erkenntniss kam. Dann war es aber zu spät und die ganze schöne und kostbare Heerde ging, bis auf einen geringen Bruchtheil, verloren! — So kann sie sich, bei heisser Sommerzeit, mit dem Milzbrand verbinden und die Kranken ungewöhnlich schnell tödteu. Auch mit der Lungenseuche vereinigt sie sich, wo diese gerade herrscht und in dem Falle, wo ich dieses bemerkte, wurde, dadurch der Krankheitsverlauf verlangsamt. Ueberfiillung der Lungen mit Blut (Lungenhyperämie) oder
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selbst Lungenentzündung, die nicht selten zur sogenannten Hepatisation führt, kommt sehr häufig bei der Rinderpest vor. Sehr schwierig wird auch ihre sofortige Erkenntniss, wei^n sie sich der gerade herrschenden Maul- und Klauenseuche zugesellt. —
Es hat nicht in meiner Absicht gelegen, alle Zeichen aufzuzählen, die bei der Rinderpest vorkommen können und in Hand- und Lehrbüchern, oder in Monographien angegeben sind. So habe ich z. B. der Empfindlichkeit des Rückgrates, die sich beim Druck auf die Nierengegend durch tiefes Einbiegen des Rückens zu erkennen giebt, der stark kuhhes-sigen Stellung der hintern Extremitäten, des Ueberköthens beim Geben etc. nicht erwähnt. Diese Zufälle können zugegen sein, aber auch fehlen, und kommen auch bei andern Krankheiten, durch welche die Thiere sehr geschwächt werden, vor. Der so viel besprochene Knötchenausschlag, in einem Leiden der Hautdrüsen begründet, fehlt in manchen Rinderpestepizootien gänzlich und hat keines-weges die günstige, kritische Bedeutung, welche Einige ihm beilegen wollten. Die Kranken sterben so gut mit, als ohne denselben.
Ueberhaupt ist die Vorhersage bei der Rinderpest schwierig. Thiere, bei denen der Wanst gänzlich gelähmt erscheint, so dass gar keine Eigenbewegungen desselben mehr wahrgenommen werden; solche, bei denen sich
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starkes Aufblähen oder Windgeschwulst (Emphysem) zeigt und diejenigen, welche mit geöffnetem Munde, ans dem die Zunge schlaff hervorhängt, athiuen, sah ich indessen fast nie genesen.
Ich huldige aus üeberzeugung dem Grundsatz, dass man in quot;Westeuropa überall da, wo das Eindringen der Rinderpest schon einmal festgestellt ist, so wenig Leichenöffnungen als möglich machen soll. Denn jede Section vergrössert die Verbreitunesarefahr nicht nur dadurch, dass um die Leiche herum sich eine ansteckende Atmosphäre bildet, sondern auch weil die Personen, welche dabei beschäftigt sind, den Ansteckungsstoff in ihre Kleider aufnehmen und wenn sie unvorsichtig sind und sich nicht aufs Sorgfältigste ausräuchern und reinigen, denselben auf gesunde Rinder übertragen können. Der Nutzen, den die Sectionen durch Aufklärung über die Natur der Seuche bringen können, ist höchst untergeordnet; denn es bleiben zur Bekämpfung derselben doch nur die 3 Mittel: Tödtnng, Sperre und Desinfection. Nur in zweifelhaften Fällen, wo sich Streit darüber erhebt, ob die beobachtete Krankheit Rinderpest ist oder nicht, sind die Leichenöffnungen gestattet oder gar geboten. — Es muss daher hier auch kurz auf die Ergebnisse hingewiesen werden, die den Beweis geben können, dass man es wirklich mit dieser Krankheit zu thun hatte.
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Die Rinderpest ist ein eigenartiger, höchst ansteckender Typhus (typhus sui generis), oder — wie Andere es lieber hören: eine typhusähnliche Krankheit (typhoid), die ihre Zerstörungen besonders in den Schleimhäuten und zwar vorzugsweise in denen , der Ver-danungswerkzeuge anrichtet. Vollständig entwickelt und characteristisch findet man diese aber nur dann, wenn die Krankheit ihr natürliches Ende erreichte und die Kranken nicht vorzeitig getödtet wurden. In den ineisten Fällen wird die Krankheit auch von Gehirnzufällen, entweder dumpfem Hiabruten und Theilnahinlosigkeit. oder im Gegentheile ungewöhnlicher Aufregung begleitet, die ihren Grund in einem Leiden der Gehirnhäute oder der Masse selbst haben.
Bei Eröffnung der Bauchhöhle findet man das Netz mit vielen rothen Punkten wie besäet, die von der Berstnng der kleinsten Blutge-fässe herrühren. Im ersten Magen (Wanst) finden sich noch grössere oder geringere Mengen unverdauten Futters. Seine Oberhaut löst sich zuweilen sehr leicht ab; doch ist dies nichts Characteristisches und kommt auch bei andern Krankheiten und wenn die Cadaver lange gelegen haben, bevor die Section gemacht wurde, vor. —
Der zweite Magen (die Haube) ist mit weichen Futterstoffen mehr oder weniger gefüllt und mit der Oberhaut desselben verhält
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es sich ebenso wie bei dem ersten. Der dritte Magen (Psalter) erscheint, in der Regel, ausgedehnt und hart. Schneidet man ihn durch, so klebt das oft pulvertrockne Futter fest zwischen den Blättern und trennt man diese von einander, so bleibt die bleifarbige Oberhaut auf den Futtermassen kleben. Daher der Name Löserdürre, der aber nicht ausschliesst, dass die Futtermassen hier zuweilen weich gefunden werden, was namentlich bei frühzeitig getödteten Krauken oft der Fall sein wird. In allen drei Magen findet man auf der Schleimhaut die schon beim Netz erwähnten rothen Flecke und sie haben dieselbe Bedeutung. Der 4. Magen (Laab) sieht in der Regel schon von Aussen dunkel aus, was von dem Durchscheinen der geschwellten, roth- und oft violettroth gefärbten Schleimhaut herrührt. Auf dieser finden sich hie und da Abschürfungen der Oberhaut, und wenn die Krankheit ihr natürliches Ende erreichte, sind mehrere Stellen derselben mit gelben oder gelbgrauen, käserartigen Massen belegt.
Die Röthung und Schwellung, die an der Schleimhaut des Laabes gefunden wurde, setzt sich, mehr oder weniger stark, durch den ganzen Dünndarm, geringer im Dickdarm, fort. Im Zwölffinger- und Leerdarm sind die sogenannten Peyerschen und solitairen Drüsen hervorragend, geröthet, oder auch mit den er-
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wähnten, ausgeschwitzten Massen, mehr oder weniger dick belegt. Solche Massen trifft man auch in dem chocoladefarbigen Inhalt des Dünndarmes schwimmend an.
Die Leber ist gewöhnlich mürbe; die Gallenblase, in der Regel, sehr ausgedehnt mit einer hellen dünnflüssigen Gralle erfüllt; ihre Schleimhaut geschwellt. Doch kommen auch einzelne Fälle vor, wo sie von normaler Grosse, selbst kleiner und die Galle dunkel und dickflüssig erscheint.
Die Gekrösdrüsen sind angeschwollen, zeigen beim Durchschnitt eine ähnliche, graugelbe Masse, wie die, welche auf den Drüsen der Darmschleimhaut angetroffen wurde.
Auf der Schleimhaut der Luftröhre, des Kehlkopfes, der Zunge, der Rachen- und Mundhöhle, der Lippen, finden sich oft Erosionen und Auflagerungen.
Zwischen den Hüllen des Gehirns und in den Kammern desselben entdeckt man, in der Regel, Wassererguss. — Die Gefässe des Gehirns sind oft blutreich und die Masse desselben ist zuweilen weicher als gewöhnlich.
Dies sind die characteristischen Befunde bei der Rinderpest. Was sich sonst noch bei der Oeflhung ergiebt, ist auf den eigenthümlichen Verlauf oder Complicationen zu beziehen.
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Schlusswort
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Während des Niederschreibens dieser Bemerkungen habe ich den Brief eines Sachkundigen aus Holland und mehrere Zeitungsartikel über die Rinderpest in England gelesen. Aus dem ersten geht hervor, dass der Mangel stricter Gesetze für die Tilgung der Einderpest und das Seifgouvernement in Holland der energischen Ausführung umfassender, strenger Massregeln hindernd in den Weg tritt und die Seuche sich daher weiter und weiter verbreitet. Dieselbe Klage aus England, wo man noch dazu in Zweifel darüber zu sein scheint, ob man es auch wirklich mit der Rinderpest zu thun hat? Der beobachtete Uebergang der herrschenden Seuche auf Schafe und Ziegen scheint, u. a. diese Zweifel zu nähren. Man hat eben die Literatur nicht verfolgt, sonst müsste es bekannt sein, dass dies längst in Russland, Polen, Ungarn, Böhmen wahrgenommen ist.
Dr. Fürstenberg aus Eldena hat ein Schreiben an die Times gerichtet, worin er die in England herrschende Viehseuche für die aus Russland eingeschleppte Rinderpest erklärt und sagt: dass sowohl in England als in Holland die nothwendigsten Vorsichtsmassregeln vernachlässigt werden und viel kostbare Zeit für die Tilgung verloren geht. —
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Ob die Rinderpest nun gerade aus Bussland nach England gebracht ist, kann ich bei dem Mangel an authentisch-verbürgten Nachrichten nicht bestimmen. Darin aber stimme ich dem Herrn Collegen Fürstenberg vollkommen bei, dass sie weder in England noch in Holland sich von selbst erzeugt hat. Wäre es nicht mehr als lächerlich, annehmen zu wollen, dass, nach einer Pause von 100 Jahren, 1865 plötzlich in England sich die Ursachen zu dieser Selbsterzeugung eingestellt hätten?
Ich bin fest davon überzeugt, dass beide Länder mit dem Uebel lange zu kämpfen haben und die grossartigsten Verluste erleiden werden, wenn sie nicht den in diesen Blättern vorgezeichneten Tilgungsweg einmüthig einschlagen und energisch und beharrlich verfolgen.
Trägt aber diese kleine Schrift auch nur etwas dazu bei, dass andere westeuropäische Staaten, wenn sie das Unglück haben, von dieser Geissei auch heimgesucht zu werden, von vornherein und ohne Schwanken den rechten Weg einschlagen, so bin ich für die aufgewandte Mühe reich belohnt. In der Hoffnung, dass sie die Rinderpest nicht so weit einreissen lassen werden, dass man seine Zuflucht zu Heilversuchen nehmen müsste, bin ich auch über dieses unfruchtbare Capitel stillschweigend hinweggegangen. —
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