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BIBUOTHEEK UNIVERSITEIT UTRECHT
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LEHRBUCH
der
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Veterinär-Augenheilkunde
für den
Unterricht und praktischen Gebrauch
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Fr. Blazekoviö
königl. Vicegespannschafts-Veterinär für Veröczc, Gestütsthierarzt der Jankovicischen Gestüte Teresovatz Czabuna, Mitglied der naturwissenschaftlichen Gesellschaft in Budapest.
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Druck und Ve r lag,i#611-amp;:'quot;W.' Seidel ft Sohn
1882.
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Vorrede.
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Trotz mancher verdienstvoller Arbeit auf dem Gebiete der Veterinär-Ocnlistik war dieser Zweig unseres Faches bis in die neueste Zeit arg vernachlässigt. So verdienstvoll die bahnbrechende Arbeit und Mühe eines Fridberger, Vogel, Berlin, Jakobi, Bayer etc. auf dem Felde der Veterinär-Oculistik ist, so werden noch immer mit zu wenig Interesse in der Praxis und in der Schule die Errungenschaften der neueren For­schungen der Oculistik verwerthet. Denn man fand und findet es noch immer bequemer, den alten, bereits breitgetretenen Weg der Irrthümernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;j
und Täuschungen zu wandeln, als nach den begonnenen Spuren richtiger Erkenntnis vorwärts zu schreiten.
Bis zu der 2. Hälfte unseres Säculums wurde nur selten oder kaum die Veterinär-Oculistik auf streng wissenschaftlicher Grundlage behandelt, mit einigen Ausnahmen war der Begriff äussere und innere Augen­entzündung das Alpha und Omega der Veterinär-Oculistik, der natürlich wieder nur andere abstracte Begriife zur Folge haben musste.
Mit den üblichen, leider mangelhaften veterinär-ocuiistischen Kennt­nissen ausgestattet, trat auch ich vor zehn Jahren in das praktische Leben und wurde vom Schicksale in meinen Wirkungskreis hineingeworfen, in welchen gerade der mangelhafte Zweig meines Faches, die Oculistik, der wichtigste sein sollte.
An anderer Stelle habe ich meine Mühe und Plage auseinander­gesetzt, bis ich schliesslich zur Einsicht kam, mit den bestehenden veterinär-ocuiistischen Hilfsmitteln nicht erfolgreich wirken zu können, in dem Studium der menschlichen Oculistik mein Heil fand und mit Studium, Vergleich und Experimenten, ferner mit Nutzbarmachung inner­halb der zehn Jahre erscheinenden, auch von anderer Seite oft guten veterinär-ocuiistischen Arbeiten des Schlendrians der älteren Theorie mich ganz entledigen konnte und die anatomische Ordnung des Auges, als die einzige richtige Grundlage zum weiteren Studium annahm, schliesslich meine Erfahrung so weit ergänzte, dass ich mit einer abgerundeten Arbeit als Ganzes vor die Kritik der geehrten Fachgenossen treten kann, in welcher ich meine Erfahrung mit der Erfahrung Anderer (in der
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neuesten Zeit verfassten Arbeiten) für unser Fach nutzbar zu machen trachte.
Schwierig war der Anfang dieser Arbeit, denn ohne jede einleitende Grundlage, und in der kolossalen Menge der gesammten menschlicken und veteriuär-oculistischeu Literatur (die einzelnen Autoren sind am be­treffenden Platze, so weit es nöthig ist, erwähnt) musste ich oft erst durch Suchen nach dem Richtigen während zehnjähriger Mühe Alles Wohl­gestalten. Das Herrschen der Blennorrhöe in meinem Amtskreise durch Jahre gab mir jedoch soviel Studienmaterial zur Verfügung, dass ich all­mählich aus dem Labyrinthe auf den wahren Weg zu kommen glaubte und hier das Resultat meiner Arbeit in Form eines veterinär-oculistischeu Lehrbuches den Fachgenosseu übergebe. Wenn auch nicht Alles darin von bleibendem Werth ist, wenn neueres Studium und Forschung manches verbessert oder beseitigt, ist ja doch der Zweck und meine Aufgabe erfüllt worden, denn die Anregung und der Weg zum Fortschreiten in einem so wichtigen Zweige unseres Faches ist gegeben.
Möge also diese Arbeit dem Fachpublikum empfohlen sein, möge sie zum Vortheile unseres Standes gereichen.
Teresovatz (Slavouien), im December 1881.
Der Verfasser.
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Ei nieitung.
Die Grundlage zum Studium der Augenkrankheiten unserer Haus-thiere, die anatomische Ordnung und Zusammenfügung der Augenthoilhaber innerhalb des Augapparates, ist die einzige richtige und wissenschaftliche.
Dieselbe gibt uns für jeden einzelnen Vorgang im Augapparate gerechtfertigte Aufklärung, sie gibt uns den pathologischen Grund an die Hand. Es ist zwar zur Beurtheilung der Augenleiden von dieser Seite aus ein eminentes Studium und Kenntniss der Augenanatomie uöthig, wird aber anderseits dadurch belohnt, dass wir für jeden Vorgang im Augen­apparate die gerechtfertigte Erklärung finden, also so in der Natur der Sache selbst, ohne weit herumsuchen zu müssen, oder sich in abstracte Begriffe zu verirren. Die Anatomie, die sich doch am Ende in allgemeinen Begriffen gruppirt, gibt jenem, der Augenleiden vor sich hat, die wichtigste Basis, ein begriffliches Etwas zur Weiterforschung und wird hierdurch in die Lage versetzt, den Sitz der Krankheit festzustellen. Es liegt in der Natur der Sache, dass in vielen Fällen nicht blos ein anatomisches gege­benes Gewebe allein, sondern mehrere zugleich leidend gefunden worden. Es ist von ganz besonderer Wichtigkeit in einem solchen Falle zu bestimmen (wenn das möglich ist), ob schon a priori vom Anfange mehrere Gebilde gleichzeitig erkrankten, oder ob von einem derselben das Leiden gleichsam auf die anderen überging, also diese in Mitleidenschaft gezogen, d. h. consecutiv ergriffen wurden. Weil eben die anatomischen Verhältnisse die rationellste Grundlage zur Lehre der Augenleiden sind, haben sich alle hervorragenden oculistischen Autoren bemüht, nicht nur das Studium der Pathologie, sondern auch das der Anatomie des Auges speciell aufmerksam zu behandeln und haben alle in ihren Werken den Lesern und Lernenden besonders die anatomischen Verhältnisse des Auges erschöpfend dargestellt. Die Bedeutung dieses Verfahrens würdigend, haben wir uns besonders für das Studium der Anatomie des Thierauges interessirt und die Erklärung für manches bis jetzt Unerklärte darin gefunden. Wir halten es daher für nöthig, die anatomischen Kenntnisse des Auges bei den Fachgenossen voraussetzend, die Anatomie und Physiologie der Augentheilhaber dennoch genau zu erörtern, da diese doch die Basis oculistischer Studien sind. Diese Arbeit ist für den Unterricht zum Gebrauche des praktischen Veterinärs und als Nachschlagebuch geschrieben; es wird aber sicher in keinem Falle der anatomisch-physiologische Theil des Werkes überflüssig
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sein, ja am Katheter soll dasselbe das erste Vortragsobjekt oculistischen Lernens bilden.
Demnach ist es nicht möglich, die äussere und innere Augenent­zündung als systematisches Princip rationell aufzufassen; denn schon nach der anatomischen Lagerung der Theilhaber im Augenapparate, wird jede Aifection, und gehe dieselbe von welchem immer aus, auf den nächsten übergehen und wie eine Kette aus einzelnen Gliedern als inniger Nexus mit oder nebeneinander vereinen, die Affection der äusseren Augentheil-haber an die inneren übergehen und umgekehrt.
Der Anfang und das Fundamental-Bedingniss jeder Augenaffection ist immer die Enkündung und deren natürliche Vorgänge und Folgen; möge die Affection blos örtlich, auf einzelne Theilhaber gebunden sein oder den ganzen Augenapparat betreffen, ob sie nun vereinzelt steht oder neben und nacheinander als inniger Nexus erscheint. Ausser den Entzündungsvorgängen sind es die nervösen und sympatischen Affectionen, welche eine ganz hervorragende Rolle in der Reihe der Augenleiden ein­nehmen und die entweder als ein gegebenes Leiden selbständig oder im Verein mit den Entzündungsvorgängen die Kette der Augenleiden als Glied ausfüllen, und dann als die gefährlichsten ursächlichen Nexen zur Heivorrufung anderer Leiden fungiren.
Eine eigenthümliche Art pathologischer Processe im Auge sind die senilen Vorgänge. Im nervösen und diaptorischen Theile des Auges, entstellen mit dem vorgeschrittenen Alter solche Veränderungen, ohne vorheriger entzündlicher Action, die das Sehvermögen entweder beein­trächtigen oder gänzlich aufheben.
Möge jedoch die Affection im Auge welcher Art immer sein, so wird uns die eifrige Forschung nach dem anatomisch gegebenen Gebilde des leidenden Augentheiles immer auf die richtige Spur des pathologischen Processes und damit auch der Diagnosis führen.*)
*) Bevor ich auf den specielleu Theil übergehe will ich noch einiges bemerken.
Von einer Seite wurde mir der Vorwurf gemacht, dass ich in vielen meiner Behandlungen ausschliesslich der Ansicht einer oculistischen Autorität folge (Arlt). Ich gestehe offen mich in den meisten meiner Arbeiten der Ansicht dieser, ich glaube zur Genüge mächtigen Autorität untergeordnet zu haben. Ich weise aber die Zumuthung zurück, blindlings gefolgt zu haben; jede, auch die kleinste Behandlung ist erfahren und erlebt. Ich habe mich zwar der Führung dieser Autorität anvertvaut, habe aber auf meinem Wege nur das aufgezeichnet und verwerthet, was ich richtig gesehen und erfahren habe, und ist dieses die Frucht meiner Mühe und Plage. Dass ich mich im Principe dieser Autorität unterordne und das was ich richtig und bestätigt fand, aeeeptire, verdient, glaube ich, keinen Vorwurf.
Der Verfasser.
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Die Untersuchung des thierischen Auges.
Allgemeine Untersuchung.
Jeden Gegenstand, beziehungsweise jedes Object, welches dem Arzte in seiner Praxis zur Behandlung vorkommt, muss derselbe, um seine Aufgabe mit Erfolg zu lösen, zu beurtheilen wissen und sich, so viel als möglich, Klarheit über den momentanen Zustand desselben zu verschaffen trachten.
Die Richtigkeit der Diagnose, die möglichst richtige Prognose und eine rationelle Therapie sind die Ergebnisse einer gründlichen und fach-gemässen, nach den Regeln der Wissenschaft ausgeführten Untersuchung des erkrankten Organes.
Je genauer und vollständiger eine Untersuchung vorgenommen wird, desto sicherer ist das Resultat des anzustrebenden Zweckes.
Es sind dieses wohl durch langjährige Erfahrungen bestätigte Regeln, die kaum der Wiederholung bedürfen, die ich aber zu erwähnen insoferne für nothwendig erachte, als gerade in der Ophthalmologie jede Ober­flächlichkeit strenge zu vermeiden ist.
Im praktischen Leben ist es bei einigen internen Krankheiten, mit einiger Erfahrung und Geschicklichkeit sehr oft möglich, durch einen flüchtigen Blick sich über die Diagnose etc. eines Leidens ein zutreffendes ürtheil zu bilden. Bei äusserlichen Krankheiten aber werden wir nicht allzuselten das Irrationelle einer oberflächlichen Untersuchung, die blos auf praktischer Erfahrung basirt, wahrnehmen und obgleich sich in jedem Zweige der Veterinär-Wissenschaft die Oberflächlichkeit oft unliebsam rächt, so kann dieselbe, namentlich in der Ophthalmologie, die schwersten Folgen nach sich ziehen. Da heisst.es, das kranke Auge gründlich und aufmerksam untersuchen, denn die Symptomatologie der Augenkrankheiten, deren Charaktercomplicationen, sowie die Mitleidenschaft der benachbarten Organe sind so mannigfaltig, dass oft die Vernachlässigung der anscheinend geringsten Kleinigkeit die schwersten Folgen nach sich ziehen kann. Ich will hier nur eines Beispieles erwähnen:
Die oberflächliche Untersuchung einer congestiv gerötheten Binde­haut veranlasst uns Conjunctivitis zu constatiren und die entsprechende Behandlung einzuleiten; nun stellt es sich aber heraus, dass wir es im
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vorliegenden Falle mit dem Beginne einer Ophthalmoblennorrhöe zu thun haben und das Auge ist iu Folge der flüchtigen Untersuchung innerhalb 24 Stunden verloren; denn die incorrecte Therapie, welche Conjunctivitis annehmend, den blennorrhöetischen Process nicht hemmen konnte, verhin­derte nicht nur denselben, sondern leistete ihm sogar Vorschub zum Verderben des Augenapparates.
Das Auge, als ein vollständig optischer Apparat und als wichtiges Hilfsorgan dem Gesamratorganismus beigegeben, ist als äusserst compli-cirtes Gebilde in seinem anatomischen Baue, seinen physiologischen Ver­richtungen und seinem Sitze zufolge den mannigfaltigsten Zufälligkeiten ausgesetzt, wird somit oft Gegenstand der Erkrankung und Behandlung.
Ein erschwerender Umstand für die Untersuchung des Thierauges ist die mangelhafte Ermittelung der subjectiven Erscheinungen: Schmerz, Jucken, Brennen u. s. w., welche Factoren dem Oculisten nicht unwich­tige Andeutungen über gewisse Zustände geben können, und deren Beur-theilung in der Mehrzahl der Fälle dem Veterinär entgehen.
Bei aufmerksamer Beobachtung aber werden sich solche Merkmale vorfinden, welche uns mit einiger Sicherheit einen Schluss auf das Vor­handensein solcher subjectiver Empfindungen zu folgern erlauben, so z. B. wird man durch die Gegenwart von Hautabschürfungen an den Lidern des erkrankten Auges, welche durch Reiben hervorgerufen worden sind, oder durch die Gegenwart fremder Körper, die aus dem gleichen Anlasse vorhanden sind, auf eine juckende oder brennende Empfindung im Auge des Thieres schliessen können, wenn anderwärts die Untersuchuug ergibt, dass diese Verletzungen etc. nicht die Ursache, sondern eine Folge der Erkrankung sind.
Die manuelle und physikalische Untersuchung des Auges ist die Grundlage einer rationellen Behandlung, nur durch diese allein werden wir in die Lage versetzt, richtige Schlüsse zu ziehen, eine richtige Diagnose zu stellen und eine rationelle Therapie einzuleiten.
Durch die manuelle Untersuchung verschafft man sich Aufklärung über die Art und Weise, sowie die Ausdehnung der Schwellung der Augen­lider; der Druck belehrt uns über den Grad der Empfindlichkeit des Auges, also über Ergebnisse der Entzündung. Das Aufheben der Lider lässt uns die Beschaffenheit der Bindehaut, Cornea und der Augendrüsen erkennen.
Die Untersuchung auf Blindheit oder mangelhaftes Sehvermögen wird bei Pferden in der Regel mehr vorgenommen als bei anderen Haus-thieren und ist als der allgemeine Theil der Augenuntersuchung anzu­sehen ; die specielle Unterscheidung, die uns genau Aufschluss geben soll, welcher Theilhaber des Auges erkrankt ist, wird mit Instrumenten und Vorrichtungen vorgenommen.
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Die gewöhuliche Art, das Auge auf Blindheit zu untersuchen, ist folgende:
Ein blindes oder schlecht sehendes Thier hat einen unsicheren Gang, trägt den Kopf ungewöhnlich hoch, ist es bios auf einem Auge blind, etwas seitwärts, beim Gehen hebt es die Füsse auf und setzt sie vor­sichtig, um nicht an Gegenstände auf dem Boden anzuslossen, nieder; die Ohren werden immer gespitzt und lebhaft bewegt, die Nasenlöcher ungemein erweitert, daher beriecht und beschnauft das Thier alle Gegen­stände, um durch das Gehör oder Gefühl das mangelhafte Sehen zu er­setzen.
Wenn das Thier auf beiden Augen blind ist, dann geht es auf die im Wege stehenden oder liegenden Gegenstände, Wände, Pfeiler, Thür-pfosten etc. an und wird, wenn an diese ankommend, leicht scheu-
Die Untersuchung soll immer an solchen Orten geschehen, an welchen die Lichtstrahlen nur von vorne in das Auge einfallen und selbes so be­leuchten, dass man darin jede krankhafte Aenderung wahrnehmen kann; dies geschieht am besten unter einer dunklen Stallthüre oder einem Thalweg; es ist diese Stellung deshalb nöthig, damit die Augen des Untersuchenden nicht durch einen hellbeleuchteten oder weissen Hintergrund geblendet werden.
Nachdem das Thier so gestellt, wird es von vorne und von der Seite untersucht, wobei der Untersuchende das Gesicht an die Backen des Pferdes unter und hinter dem Auge anlegt und auf diese Weise durch die durchsichtige Hornhaut durchsehend den Zustand des Augapfels beur-theilen kann.
Bei dieser Gelegenheit überzeuge man sich, ob die Pupille auf Licht­reiz reagirt, ob sie sich erweitert oder verengert oder unbeweglich und starr bleibt.
Durch den anatomischen Zusammenhang der Ciliarnerven und der Netzhaut steht die Beweglichkeit der Pupille mit dem Zustande der Netz­haut im Zusammenhange, was also nicht bloss durch den Zusammenhang und die substanzielle Veränderung der Iris vorkommt.
Man überzeugt sich hiervon dadurch, dass man eine Zeitlang mit der flachen Hand den Eintritt der Lichtstrahlen in das Auge verwehrt und dann plötzlich einlässt. Sobald die Strahlen eingedrungen, werden wir die Keaktionsdifferenzen der Pupille wahrnehmen können, und zwar er­weitert sich dieselbe im Dunkeln und verengert sich im Lichte; krankhafte Reaktionen, mangelhafte und gänzliche Aufhebung der Beweglichkeit der Pupille, lässt diese starr und unbeweglich erscheinen.
Weiters muss man mit einem Stocke oder der flachen Hand langsam und ohne Wind zu erregen beim Auge vorbeistreifen; das blinde Thier wird dabei weder mit den Augenlidern noch mit dem Kopfe eine Bewegung
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macheu. Dieser Versuch muss aber immer sehr sorgsam gescheheu, denn das schnelle Vorbeiführen mit der Hand oder einem Gegenstand u. dgl. macht eine bedeutende Luftbewegung und bewirkt, dass auch ein blindes Pferd mit dem Kopfe und den Augenlidern eine Bewegung macht und blinzelt.
Wenn dieses noch nicht genügt, um sich über den Stand des Seh­vermögens zu überzeugen, dann führe man das Thier an eine Mauer oder an einen vorgespannten Strick, ein vorgelegtes Brett u. s. w. und lasse es auch daran angehen; ganz blinde Pferde gehen an diese Gegenstände an, ohne auszuweichen; es versteht sich von selbst, dass für den Fall als nur ein Auge blind ist, das gesunde Auge mit einem Tuche ver­bunden werden muss.
Hält man sich von der mangelhaften oder gänzlich unterbrochenen Sehkraft überzeugt, dann wird es unsere Aufgabe sein, sich über den Sitz des Leidens zu orientiren. Wir haben schon die manuelle Untersuchung erwähnt, genügt diese nicht, so werden wir uns mit Instrumenten und Hilfsmitteln die Untersuchung erleichtern und vervollständigen.
Es ist ein besonderes Verdienst einiger strebsamer Fachmänner, in der Veterinärpraxis diese Uutersuchungsart eingeführt zu haben und sich solcher Hilfsmittel zu bedienen, die manche Käthsel im Auge aufklären helfen.
Die Beleuchtung des Auges.
Diese Untersuchung wird mit einer Sammellinse, welche die Licht­strahlen einer Lampe oder Kerze in einem dunklen Räume auf das Auge wirft, vorgenommen, dazu kann man eine beliebige Sammellinse von dem Mikroskope etc. benützen.*)
Fig. 1.
Physikalischer Vorgang hei Untersuchung des Auges mit dem Hohlspiegel und der Flamme (Theorie des Augenspiegels).
Ai und A.j sind Flammen, die man je nach Beliehen in der hezeichneten Richtung
___________nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; stellen kann.
*) Oest. Monatschrift für Thierheilkunde Nr. 6, 1879. Beiträge zur Veterinär-ophthalmologie von F. Blazekovic.
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Zur Untersuchung der Bindehaut und äusserer Augentheile bedient man sich eines Hartuak'scheu Oculars, wie es die Augenärzte in Ver­wendung haben, indem die Linse der biossgestellten Bindehaut oder Cornea entsprechend genähert wird und wo auch alle vorhandenen Veränderungen deutlich wahrgenommen werden können.
Nachdem, wie es schon oben erwähnt wurde, die innersten Augen-theilhaber, als Chorioidea, Netzhaut, Sehnerv und der Bruchtheil des Glaskörpers der Besichtigung durch diese einfachen Mittel nicht zu­gänglich gemacht weiden können, weil aus dem zu beobachtenden Auge von den eingebrachten Lichtstrahlen nicht genügend in das Auge des Beobachters zurückreflektirt werden kann; damit für dieses ein fassliches Bild entsteht, hat man auf Mittel gesonnen, diesem Mangel der Strahlen­reflexe aus dem Auge nachzuhelfen und durch künstliche Mittel soviel Strahlen in das zu beobachtende Auge hineinzuführen, damit trotz aller Ahsorbirung von der Aderhaut und trotz der vielseitigen Brechung inner­halb des Augapparates aus diesem dennoch genügend Lichtstrahlen zurück­strömen, um einen regelmässigen Lichtkegel zu bilden und für das Auge des Beobachters ein fassbares Bild zu liefern. (Siehe Netzhaut, Physiologie des Sehens.)
Der geniale Forscher Helmholtz hat zuerst auf die Möglichkeit eines solchen Verfahrens aufmerksam gemacht und hat es auch selbst durch seine Spiegeluntersuchungen nachgewiesen und der modernen Ocu-listik dienstbar gemacht, indem er nachwies, warum die Netzhaut von uns nicht gesehen wird.
Die Aufgabe, die Netzhaut für das Auge des Beobachters sichtbar zu machen, ist eine dreifache; der zu beobachtende Augengrund muss hinreichend beleuchtet werden, das beobachtende Auge muss in die Kich-tung der ausfahrenden Strahlen gestellt werden und diese müssen einen solchen Neigungswinkel nehmen, dass sie auf der Netzhaut des Beobachters einen regelmässigen Lichtkegel und dennoch auch ein Bild werfen, uns werden also die ausführenden Strahlen aus convergenten in parallele oder divergente verwandelt.
Die Lösung ist in der Hauptsache folgende:
Man lässt in einem dunklen Räume das Licht einer Lampe auf eine gut polirte Glasplatte fallen, so dass dieses in das zu beobachtende Auge gelangt, und der Beobachter von der Rückseite der Glasplatte in das Auge durch ein Concavglas von 8—14 Ctm. Brennweite blickt.
Nach diesen Gesetzen haben sich die bis jetzt entstandenen Be­leuchtungsapparate und Augenspiegel mit verschiedenen Modificationen entwickelt.
Wenn man sich auf diese Resultate von Bricke und Helmholtz stützt und für die Veterinärpraxis dienstbar machen will, so kann man diese
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mittelst eines Hohlspiegels auf folgende Weise ausnützen, wenn man wie in Fig. I folgendes Verfahren befolgt:
laquo; sei die Lampenflamme,
d das beobachtende Auge,
6 das beobachtete Auge,
S ein Hohlspiegel mit einer Centralöifnung, durch welche oder neben welche das Auge d nach B hinblickt.
Das Blicken durch den Spiegel hat den Vortheil, dass man nicht neben, sondern durch die Flamme blickt und L eine Conyexlinse von der Brennweite Lf. Die Distanz LB soll kleiner sein als die Distanz Lf.
Der Vorgangquot; ist folgender:
Strahlen, die von der Flamme a durch die Linse L vom Hohl­spiegel S hingeworfen werden und ein convergentes Licht nach B, werden im diaptorischen Apparate B von der Netzhaut (zl in o) vereinigt und treffen dann die Netzhaut B schon als Zerstreuungskreis {oy), das Auge B sieht vor sich eine Lichtscheibe und kann sich ohne Hilfe des anderen Auges nicht für eine bestimmte Distanz accommodiren.
Es werden also die einzelnen Punkte des lichten Kreises ap als Cylinder parallel fortgehen, deren Richtung durch den Zerstreuungspunkt x bestimmt wird.
Diese Strahlen nun, welche von dem beleuchteten Netzhautareal reflek-tirt werden und unter sich parallel ans dem Auge B ausfahren, werden durch die Linse L in deren jenseits gelegenen Brennpunktsebene f {a'p') vereinigt.
Es wird also in der Fläche ap ein deutliches, jedoch umgekehrtes Bild von der Netzhaut vy entworfen und wenn der Beobachter sein Auge 7) für die Entfernung FB adaptirt, kann er in vB ein deutliches, umge­kehrtes Bild eines Theiles der Netzhautpartie sehen, er bekommt also ein ophthalmoskopisches Bild.
Statt des Hohlspiegels kann man in Ermanglung dessen auch einen einfachen Schirm in S gebrauchen, doch hat man den Nachtheil, dass mau nicht mitten durch die Flamme, sondern bloss neben dieser sehen kann, dann dass die Strahlen nicht so convergent wie vom Hohlspiegel in das Auge B einfallen.
Schliesslich, was in der Veterinärpraxis von besonderem Werth ist, kann man bei Benützung des Hohlspiegels auch die Linse L entbehren und dennoch das ophthalmoskopische Bild wahrnehmen, was bei Unter­suchung unbändiger Thiere von besonderem Werthe ist.
Durch dieses haben wir.^die ophthalmoskopische Untersuchung mit dem Hohlspiegel für unseren Gebrauch dienstbar gemacht und werden, wenn die durchsichtigen ßemedien, durch welche Licht eindringen soll, nicht verdunkelt sind, immer ein befriedigendes Resultat erhalten; die
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feste und kräftige Handhabung des Pferdes geschieht selbstverständlich am besten mit einer Trense, dunkler Raum ist Bedingung.
Untersuehttng mit dein Augenspiegel.
In Instituten, Gestüten und wo es die Mittel erlauben und man sich über den Vorgang im Auge noch genauer Aufschluss verschaffen will, kann man sich des Augenspiegels bedienen ; dieser Apparat ist eben­falls auf Grund der Helraholtz'schen Theorien construirt und nach ver­schiedenen Modificationen zusammengestellt.
Es gibt solche nach Helmholtz, Stellwag etc. In der Veterinärpraiis wurde dieser Apparat schon von Vogel, Berlin und Friedberger versucht und neuerer Zeit immer mehr verwendet.
Seit Helmholtz*) und Cocci us die physikalischen Gesetze der Lichtbrechung sich zu Dienste gemacht und die Untersuchung des Augen­grundes mit dem Augenspiegel vornahmen, ist der Ophthalmologie eine ganz neue Richtung gegeben, indem man Dinge gesehen und erforscht hat, von denen bis jetzt kaum etwas zu ahnen war.
Von allen Fachmännern, ist diese in der Oculistik epochemachende Entdeckung mit Freude begriisst und auch vielseitig angewendet worden. Was Wunder, wenn sich mit der Zeit diese Erfindung durch neue ergänzte und vervollkommnete; schon 1854 hatte Cocci us ein neues Instrument, welches auf den Helmboltz'scheu Theorien basirend, jedoch von seinem erfundenen Augenspiegel abweicht, bestehend aus einem Planspiegel von Glas, dessen Durchmesser 14quot; betrug und in seiner Mitte 2quot; durch­bohrt war; der Stand, an welchem der Spiegel mittelst einer Schraube befestigt ist, trägt noch einen horizontalen Arm, welcher um die verti-cale Achse des Instrumentes drehbar ist, und an seinem entgegengesetzten Ende auf einen bis zur Höhe des Spiegels hinaufreichenden kleinem Stiele eine Convexlinse von 5quot; Brennweite hatte, in einem federnden Ringe befestigt.
Das Licht wird beim Gebrauche dieses Spiegels einige Zoll weiter als die doppelte Brennweite von letzterem entfernt, die Linse stellt man schief zum Spiegel, so dass das von ihr entworfene Flammenbild auf das Auge des Untersuchten reflectirt wird — dieses war der Uebergang, sagt Ernst Föringer**) in seiner vorzüglichen Arbeit über Ophthalmoscopie,
*) Im Jahre 1851 hat Helmholtz, damals Professor der Physiologie in Königs-herg, den Augenspiegel erfunden und dort zum Gebrauche eingeführt, das erste Instrument hat aber seither viele Modificationen erlitten.
**) Vorträge für Thierärzte, redigirt von Seidamkrotzky, 1881, IV. Serie, Heft 4.
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zur Construction weniger compendiöser und leicht transportabler Augen­spiegel, jedoch erst Euette*) vermittelte den Uebergang vom platten zu den heute gebräuchlichen concaven Spiegel. Er modificirte später seinen grossen, zu Demonstrationszwecken bestimmten Augenspiegel so, dass er einen kleinen Hohlspiegel von l1!./' Durchmesser und 4—6quot; Brennweite an einem metallenen Handgriffe befestigte, hinter welchem sich eine Fassung für das Correctionsglas des üntersuchers befindet.
Von dem lichtschwachen Helmholtz'schen Spiegel, der in seiner originären Fassung heute nirgends mehr gebräuchlich ist, bis zu den neuesten Instrumenten sind mannigfache Modificationen an der Construc­tion solcher Augenspiegel vorgenommen worden. Fast jeder bedeutendere Augenarzt wollte sich einen neuen Spiegel construiren, so entstanden polirte Spiegel von Jäger, Klaunig, Burov, Prismeuspiegel von Ullrich, Maierstein, Fröbelins, Coccius, Zentner etc. Es wurden ihrer bis heute schon so viele erfunden, dass nach Föringers Angabe bereits über 50 Ophthalmoscope existiren, deren Form, Vortheile, Gebrauch etc. zu beschreiben, hier sehr überflüssig ist und zum Zwecke durchaus nichts beiträgt.
Die verschiedenen Arten der Augenspiegel wurden schon besprochen, wir wollen daher sofort mit der Art der Auguntersuchung beginnen. Der gebräuchlichste Spiegel zu Untersuchungen ist heute der von Liebreich, welcher nach dem Spiegel von Euette construiert und verbessert ist. Es ist ein metallener im Centrum durchbohrter Concavspiegel mit dahintep. befindlichen Lumule zur Aufnahme der Correctionsgläser, die nöthige Eingabe zweier starker Convexlinsen von 2—3'' Brennweite vervollständigen den Apparat. Wer die Geschichte und Entwicklung der Ophthalmoscopie überhaupt näher kennen lernen will, den verweise ich auf die Abhandlung von Ernst Föringer im 4. Heft, IV. Serie, der Vorträge für Thier-ärzte.
Die einzelnen Untersuchungsmethoden mit künstlichem Lichte sind:
I. Die locale Beleuchtung.
Gleich der vorhin erwähnten Localbeleuchtung mit Beleuchtungslinsen. Diese wird entweder in der bereits besprochenen Weise mit einer cou-vexen Linse durchgeführt oder mit einem Hohlspiegel von kurzer Brenn­weite. Der Hauptvortheil dieser seitlichen Beleuchtung ist, dass hiebei die vorderen Theile des Auges unter intensiver Beleuchtung auch nach Belieben vergrössert betrachtet werden können. Alle Cautelen, welche bei dieser Untersucbungsmethode bezüglich Stellung der Lichtquelle, sei es
raquo;) Graf es Ant., 1855 I.—II., p. 348.
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Kerze u- oder Lampenlicht, zu beobachten sind, werden wohl am besten durch eigene Uebung erlernt. Diese einfache Procedur geschieht in der Weise, dass das Auge mittelst einer Convexlinse (etwa 5 Cm. Brennweite) in der Art beleuchtet wird, dass man dieselbe zwischen das Auge und zwischen einer seitlich und in gleicher Höhe mit dem Auge gelegenen Lichtquelle hält, der auf diese Weise erzeugte Lichtkegel wird auf das Auge geworfen und nach dessen Intensivität dasselbe mehr oder weniger beleuchten.
Die Vortheile, welche man mit der localen seitlichen Beleuchtung erzielt, sind gegen die gebräuchliche Uotersuchungsmethode von ausser-ordentlicher Wichtigkeit.
II. Untersuchung bei durchfallendem Licht.*)
Das Licht wird durch den Augenspiegel gerade und direct in das zu untersuchende Auge hineingeworfen und es entsteht der schon be­sprochene physikalische Vorgang. Das liegende Auge wird dabei in die Eichtung der Lichtstrahlen gebracht, dadurch kann man die brechenden Medien auf die Durchsichtigkeit prüfen, denn jede, auch die geringste Trübung in demselben, wird als ein umschriebener Schatten oder Fleck auf dem erleuchtenden subtilen Grunde erscheinen. Die Ophacitaten der Cornea, Trübungen im Pupillargebiete, in der Linse und Glaskörper sind auf diese Art mit Sicherheit zu constatiren. Zugleich befähigt uns diese Methode alles das zu controliren und eventuell bestätigt zu finden, was wir durch die locale Beleuchtung vorgenommen haben. Die Glaskörper­trübungen, welche sich schon bei der geringsten Kopfbewegung als hin und her schwimmende schwarze Körperchen wahrnehmen lassen. Nach Föringer lassen sich auf diese Art bei starker Reaction der Iris auf Atropin, auch zuweilen der Linsenrand sehen, doch dürfte ein solcher Be­fund zu den äussersten Seltenheiten gehören, und dann wäre genau darauf zu achten, um einen solchen Befund nicht mit einer Netzhautablösung zu verwechseln.
III. Die eigentliche ophthalmoscopische Untersuchung des Augenhintergrundes.
Die Untersuchung des Augenhintergrundes mit dem Augenspiegel, wodurch man ein ophthalmoscopisches Bild, d. h. den inneren Zustand des Augengrundes zu sehen bekommt, beruht genau auf dem bereits besprochenen Principe.
*) Diese besteht genau auf dem besprochenen Principe und der Theorie der Hohlspiegel-Untersuchung.
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Es ist die Untersuchung nicht so schwierig als mau sich das im ersten Momente vorstellen möchte, und mit Geduld und Ausdauer, ver­nünftiger Behandlung des Thieres, freundliches Zureden wird mehr und sicherer zu erreichen sein, als mit Eohheit und Gewalt. Das zur Unter­suchung verwendete Thier wird mit seinem Hintertheile an eine feste Wand-mauer, am besten umgekehrt im Stande gestellt. Der Kopf des Thieres wird auf die Schulter eines Mannes gelegt, während ein anderer Gehilfe die Kerze oder Lampe mit der einen Hand hält und mit der anderen den Pferdekopf fixirt. Der Untersuchende soll sich selbst, wenn er nicht genug gross ist, auf einen erhöhten Schemel stellen, damit er sein Auge höher als das Pferdeauge bringe, was wegen der äusserst tiefen Insertion des Sehnervs uöthig ist.
quot;Was die Anwendung des Lichtes anbetriift, so ist natürlich in einem etwas dunkleren Räume die Anwendung des künstlichen Lichtes am zweck-mässigsten, so das Kerzen- oder Lampenlicht (Prof. Dr. Bayer z. B. empfiehlt Kerzenlicht, während Föringer Lampenlicht für zweckmässiger hält), ich muss hier hervorheben, dass es ganz gleichgiltig ist, nur muss bei der Beurtheilung des ophthalmoscopischen Bildes die Art des Lichtes in Betracht gezogen werden. Am besten ist es, sich mit einer Licht­art einzuüben, damit man mit seinem Urtheile genauer und sicherer sein kann.
Von besonderer Wichtigkeit für den Untersuchenden ist der Um­stand, ob denn auch sein eigener Sehapparat normal ist, ob er nicht etwa an Refractions- und Accommodationsmangel leidet, kurz- oder weit­sichtig ist. Wie wir an anderer Stelle sehen werden, ist es für das directe Sehen erforderlich, dass sich die einfallenden Strahlen in der Macula lutea vereinigen. Wenn wir selbst einen Gegenstand fixiren, wird von uns die Macula lutea mittelst des Accommodationsapparates eingestellt. Ist nun das Einstellungsvermögen unseres Auges abnorm, d. h. der Refractionszustand unrichtig, so werden im diaptorischen Theile des Auges die einfallenden Strahlen entweder hinter, wie bei Hypermetrophie oder schon vor der Netzhaut sich kreuzen, wie bei Myopie. Demnach ist es selbstverständlich, dass Individuen mit solchem Refractionsmangel ihr Auge nicht accommodiren werden können; berücksichtigen wir weiter, dass auch das zu untersuchende Thier abnormsichtig sein kann, so hat man dadurch eine zweifache Störung in dem Brechungsverhältnis der ein- und ausströmenden Strahlen. Die Folge ist, dass auch die Refractionsfähigkeit des untersuchten Auges für das untersuchende ins Gewicht fällt. Wenn also beide Theile eme-trophisch sind, wird der Untersuchende ein deutliches Bild des Augen-hiutergrundes erhalten, in entgegengesetzten Fällen ist die Refraction durch Coucav- oder Convexgläser zu corrigiren. Bei hypermetrophischen Augen werden die austretenden Strahlen durch ein Convexglas gesammelt,
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bei myopischen durch Convexgläser zerstreut. Jedem Apparate sind daher solche Gläser, die man Correctionsgläser nennt, beigegeben, durch welche man die besprochenen Mängel corrigiren kann, um sich zu seinem Seh­verhältnis gleichsam eine accommodive Einstellung zu machen.
Durch längere Versuche und wiederholte Anwendung wird sich der ünteräucher bald bewusst, wie er die Kefractions-Anomalien durch die ent­sprechenden Gläser corrigiren soll. Wie das schon an anderer Stelle er­wähnt wurde, wird mit der einfachen Anwendung des Hohlspiegels die Untersuchung im umgekehrten Bilde mit einer etwa 3—4 fachen Ver-grösserung vor sich gehen, weil die Strahlen durch die betreffende Con-vexlinse an die Netzhaut, welche jenseits des Brennpunktes liegt, zu einem umgekehrten Bilde sich vereinen. Im aufrecht stehenden Bilde werden die brechenden Medien gleichsam als Loupe benutzt, der Augenhintergrund erfährt hier eine 10—12 malige Vergrösserung. Demnach bedient man sich zweier Methoden zur Untersuchung des Augenhintergrundes, d. h. im umgekehrten und aufrecht stehenden Bilde. Die technische Ausführung ist folgende:
a) Zar Untersuchung im umgekehrten Bilde ist es absolut nöthig, dass die Linse von dem untersuchenden Auge entfernt wird, dass der Pupillarrand aus dem Gesichtsfelde verschwindet, der kleine Finger der die Linse haltenden Haud wird auf dem supraorbitalen Bogen des Pferdes, der Spiegel gegen den eigenen rechten Augenbogen gestützt,*) sodann hat man sich auf das ganz nahe unserem Auge befindliche Luftbild zu aecommodiren, was Anfängern sehr schwer fällt, da sie sich stets auf das untersuchte Auge aecommodiren. Ist Licht in den Augengrund gelangt, so gibt sich dieses sofort durch das Aufleuchten des Augenhintergrundes kund, dann suche man fürs erste die Eintrittsstelle des Opticus, die Pupillen der Sehnerven auf. Diese werden für uns den Hauptorientirungs-punkt im Auge bilden, vorzüglich jedoch desshalb, um damit aus der mehr oder minder deutlichen Erkennbarkeit der Pupillargefässe den Eefractioiiszustand zu bestimmen, die Brechungsfähigkeit festzustellen und schliesslich die Correctionsgläser auswählen zu können. Das Pferd wird mit dem Kopfe oft das aufgefangene Lichtbild wieder verschieben, man muss also die Untersuchung von Neuem beginnen und ist uns hiebei nöthig mit dem Auge und Augenspiegel stets der nämlichen Kichtung zu folgen, nach welcher die für uns massgebenden Pupillen verschwinden.
Föringer empfiehlt, die Linse stets etwas um ihre Achse zu drehen, um die auf derselben entstehenden Reflexbilder möglichst zu unterdrücken.
*) F ö r i d g e r.
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6) Die Untersuchung im aufrecht stehenden Bilde ist von der ersteren dadurch verschieden, dass durch starke Vergrösserung das erleuchtete Pupillarfeld nahezu fast ganz von der Sehnervscheibe occupirt ist, und somit eine Mittelstellung der der Pupille angrenüenden Theile unmöglich ist. Die Technik dieser Methode ist weit schwieriger, denn bei der noth-wendigen maximalen Annäherung an das zu untersuchende Auge müssen wir auch unsere Accommodation selbstverständlich als Maximum forciren. Es ist daher zur Neutralisirung der aufgebotenen übergrossen Accom­modation eine Anzahl Correctionsgläser nöthig. Neuerer Zeit hat man zur Bequemlichkeit eigene Kefractionsspiegel constmirt (nach Winker, Knopp, Landolf, Hirschberger etc.), hei welchen hinter dem Ketlector des Augenspiegels eine zweite rotirende Scheibe augebracht ist, die eine An­zahl positiver und negativer Gläser enthält, die dann nach Bedarf vor die durchgebohrte Oeffnung des Spiegels geschoben werden.
Kurzsichtigen ist zu empfehlen, vor Begiuu der Uutersuchuug ihre Brillen abzulegen und als Ersatz ein entsprechendes Concavglas hiuter den Spiegel einzusetzen, welches stets um einige Grad stärker sein soll, als die wirkliche Brille. (Jedem Ophthalmoscope sind die erforderlichen Correctionsgläser beigelegt.) Ich gebrauche das Ophthalmoscop von Lieb­reich mit vorzüglichem Erfolge.
Gegen alle Erwartung fällt bei Pferden das aufrechte Bild güustig aus, nach der Meinung Föringers wäre das die Ursache, weil der ßefractiouszustaud bei Pferden vorherrschend hypermetropisch ist. Für Anfänger ist es gut, sich vor allem iu umgekehrten Bildern einzuüben, doch ist es zweckmässig, beide Methoden der Untersuchung anzuwenden, u. z. das umgekehrte Bild behufs Gewinnung einer allgemeinen Uehersicht und das aufrechte für das Studium der Details. (Zum Liebreich'scheu Ophthal­moscope gebrauche ich die Correctiouslinse Nr. 7 am zweckmässigsten.*)
Das normale opldhalmoscopische Bild des Auges.
Bevor wir auf die Beschreibung des normalen ophthalmoscopischen Bildes übergehen, ist besonders die Lichtquelle zu beachten, mittelst welcher wir das Auge untersuchen. Es ist nämlich nicht gleichgiltig, welche Qualität des Lichtes wir zur Untersuchung verwenden, da das Licht von grossem Einfluss auf die Färbung des Augenhintergrundes ist. Natürliches Tageslicht veranschaulicht uns das Bild am richtigsten, doch ist die Beleuchtung mit Tageslicht sehr schwierig, ja kaum durchzuführen. Bei Anwendung des künstlichen Lichtes leiten wir viel gelbes Licht in das Auge, wodurch einerseits die rothe Farbe einen Stich ins Orange,
*) Liebreichs Ophthalmoscop sammt Gläser ist um den Preis von 9 fl. ö. W zu beziehen und ist als besonders practisch zu empfehlen.
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anderseits das bläuliche Tapetum einen Schimmer ins Griinliche und Gelb­liche erhält. Dieser Umstand ist besonders bei vergleichenden Unter­suchungen zu beachten und bei Beschreibungen immer anzugeben, welche Lichtquellen man zur Untersuchung verwendet hatte.
Die Quantität des einfallenden Lichtes ist ebenfalls massgebend für den Befund. Es ist selbstverständlich, dass je grosser die Lichtquelle ist, welche den Augenhintergrund beleuchtet, um so schöner dieser wahrzu­nehmen sein wird. Doch kann durch die zu intensive Beleuchtung auch die Farbe des Augenhintergrundes Veränderungen erleiden. Ferner ist noch zu bemerken, dass je mehr Licht in das Auge fällt, je enger die Pupille wird, ein Umstand, dem man aber durch künstliche Erweiterung abhelfen kann. Zum Schluss sei noch hervorgehoben, dass man den ganzen Augen­hintergrund nie auf einmal zu Gesichte bekommt, sondern man muss trachten, durch Bewegung des eigenen Auges und des Spiegels immer neue Bilder zu erlangen. Bei Untersuchungen im verkehrten Bilde ist es durch Verschieben der vorgehaltenen Linse möglich, verschiedene Stellen in das Gesichtsfeld zu bekommen. (Bayer.)
Die Farben, welche aus der Tiefe des Thierauges hervortreten, sind ganz anders als die des Menschenauges. Bei Menschen z. B. leuchtet der gesunde Augengruud intensiv roth auf, was durch Keflexion des in der Aderhaut circulirenden Blutes vermittelt wird, zum Theil aber auch auf Eechming des Sehpurpurs gestellt werden kann (Roll, Kühne). Dieses Roth wird nur durch den Sehnervscheider unterbrochen; und von vielen Seiten wurde selbe wiederholt mit dem aufgehenden Monde einer schönen Sommernacht verglichen. Die Farbe der Thieraugen, besonders solcher, die mit Tapetum versehen sind (z. B. Pferden), ist ganz anders.
Sobald das Licht bis zum Augengrunde gelangt, besonders im An­fange bei flüchtiger Beleuchtung, schimmert eine gelblich grüne, bis ins meergrüne sich steigernde Färbung, die von Föringer als der Reflex des Tapetum lucidum angesehen wird.
Das Tapetum lucidum, welches ^ der gesammten Augenhintergrund-fläche einnimmt, finden wir auf einer quer und horizontal den Hinter­grund durchziehenden Zone, jenseits derer (im umgekehrten Bilde) die schwarze Pigmentschichte sich befindet. Diese Zone ist die Grenze zwischen der Pigmentlage und dem eigentlichen Tapetum, oder richtiger zwischen Tapetum lucidum und Tapetum nigrum. Doch ist sie nicht in scharfer Linie, sondern in einer verschwommenen Contur ausgeprägt.
In der Nähe der Grenzlinie befindet sich die Pupille, diese fällt sofori durch ihre mehr röthliche Farbe auf. Der rothe Schein dürfte einerseits durch die grellen Farben, anderseits durch die zahlreichen und dicht aneinander liegenden, wenn auch feinen Pupillargefässe des Pferdeauges entstehen. Namentlich im aufrechten Bilde leuchtet die Pupille stets roth.
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Die Lage der Pupille ist immer eine gleiche, manchmal liegt sie näher dem Tapetum, oft aber entfernter. Bezüglich des weissen Bandes herrschen ebenso Verschiedenheiten, die Conturen der Pupillen weichen in sehr vielen Fällen von der runden regelmässigen Beschaffenheit ab. Normal misst sie anatomisch 5—6 Mm. Länge und 3—4 Mm. in der Höhe, im umgekehrten Bilde ist sie daher 10—12 Mm. hoch und 12—15 Mm. lang. Sie befindet sich fast ausnahmslos im Tapetum nigrum und meist einige Millimeter von der Grenzzone entfernt, hie und da ganz nahe au dieser Zone, dass sie gleichsam eine Tangente zur Opticusscheibe bildet. Nach der Form ist sie im Normalen eine oblonge Querovale und weicht wie schon oben bemerkt in mancher Beziehung von dieser Form ab. Es giebt welche, deren Conturen vollständig unregelmässig ausgezackt, ja wie ausgenagt sind.
Das öftere Auffinden sehr kleiner runder Pupillen soll nach Föringer physiologisch sein. Dann sehen wir wieder Pupillen, die ganz breite helle Höfe haben, zum Theile als vorne befindlicher Ring, zum Theil als yar-tialer Raum. Es ist eben die grösste Verschiedenheit in den physiologischen Grenzen möglich. Anschliesseud an die vorgehende Behauptung, dass man zuerst den Augenhintergrund verschwommen grün sieht, werden wir, wenn wir ihn erst längere Zeit fixirt und accomodirt haben, Details desselben vernehmen. Die Peripherie des Gesichtsfeldes sehen wir grün, die Mitte desselben, also die Stelle, auf welche die Spitze des Strahlenkegels fällt, mehr gelblich. Im grünen und gelben finden sich zahlreiche dunkle Punkte, deren jeder von einem schmalen Hofe umsäumt ist. Nach Brücke's Untersuchungen stammen diese vom Pigmente her, das iu den 6 eckigen Zellen, welche eine Tapetschichto mitbildeu, enthalten ist. Weiter nach abwärts geht die leuchtende grüne Farbe oft scharf, oft allmählig, jedoch geradlinig begrenzt in eine rothbraune Farbe über, dieselbe ist jedoch nicht gleichmässig, sondern aus dicht gedrängten rothbraunen Punkten bestehend.
Innerhalb dieses dunklen Abschnittes liegt der Sehnervenitrit in Gestalt einer querovalen röthlichen Scheibe, deren unterer Bogen manch­mal in der Mitte etwas abgeflacht oder eingezogen erscheint (Bayer). Diese röthliche Scheibe ist von einem weissen Ringe umsäumt, an dessen äusseren Conturen das Pigment einen dunklen Rand bildet. Nur unbe­deutend vom Rande entfernt, innerhalb der Pupille, entspringen zahlreiche gerade verlaufende, nach aussen radienförmige Gefässe, welche innerhalb der dunklen Zone bis zum grünen Tapete, oft aber auch noch innerhalb desselben sich verfolgen lassen.
Ganz besonders wichtig ist die Beschaffenheit der Gefässe, welche bei Pferden in ganz anderen Verhältnissen sich vorfinden, als beim Menschen. Vor Allem sei hervorgehoben, dass bei Pferden solche Central-
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gefässe fehlen, die wir beim Meuschen, Rinde und Hunde finden.*) (Die oft vorgefundenen Angaben über Veränderung der Centralgefässe bei Pferden bewiesen, dass die betreffenden Autoren sehr viel Phantasie hatten, aber in Wirklichkeit noch keinen Augeugrund des Pferdes ge­sehen haben.)
Die rothe Scheibe verblasst gegen die Mitte zu etwas, hält sich aber ganz im Centrum wieder auf und wird stärker. Gefässe kann man darin nicht wahrnehmen, selten sind feine rothe Striche zu sehen.
Das Gefässsystem ist beim Pferde ein stauueuswertb sparsames, welches nicht aus der Mitte der Pupille, sondern kranzförmig aus dem äusseren Drittel der Opticusscheibe entspringt. Diese austretenden Ge­fässe sind so, dass sie nur bei der stärksten Einstellung verfolgbar sind. Nach Berlin und Essberg sind diese 3—6 Mm. ins Tapetura hinein verfolgbar, nach Föringer 6—7 Mm., um dann plötzlich zu verschwin­den. Beim üebertritt ins Tapetum lucidum nehmen sie eine grünliche Farbe an.
Im Centrum der Pupille findet man öfters eine dunklere punkt-förmige Stelle (auch von mir oft gesehen, d. Verf.), die Föringer als einen Gefässknäuel erklären möchte, von welchem nach seiner Ansicht die Gefässe gleichsam unter der Lamina cribrosa eine Strecke weit ver­laufen und im äusseren Drittheile wieder zum Vorschein kommen.
Im ganz hellen Tapetura lucidum lassen sich die Gefässe oft sehr weit verfolgen, mit durchaus geradlinigen Verlauf.
Die Unterscheidung von Arterien und Venen ist bis jetzt noch keinem Forscher bei Pferden gelungen, während dies bei Menschen leicht sein soll. Ebenso wird eine anatomisch physiologische Dignität der Macula lutea des Menschen entsprechend nicht gefunden. Da mit Ausnahme des Affen die Macula lutea bei Säugethieren mangelt.
Was die Beschaffenheit des Tapetum betrifft, so ist hervorzuheben, dass wir im Tapetum lucidum ein Tapetum cellulosum und ein Tapetum fibrosura unterscheiden, je nachdem seine Structur faserig oder cellules ist. (Tapetum cellulosum findet man bei Wiederkäuern, Einhufern, Elephanten; Delphine, Walfische, Vögel und Amphibien haben kein Tapetum.) Das Tapetum lucidum liegt stets in der Coroidea, und je nach dem stär­keren oder geringeren Gehalte der Zellenschichten am Pigment erscheint das Tapetum bald mehr, bald weniger gefleckt; von Interesse ist es, zu beachten, dass dasselbe bei Pferden, ebenso wie bei Menschen, der Farbe der Behaarung entspricht, d. h. bald heller, bald dunkler ist. Bei Schim-
*) Schöne Vergleiche lieferte uns darüber Prof. Dr. Bayer in seinem Augen­spiegelbefunde bei Thieren, durch 4 chromolithographirte wiedergegebene Spiegel­befunde bei Mensch, Pferd, Rind und Hund, in der österr. Vierteljahrschrift für Thierheilkunde LV. Band, I. Heft, 1881.
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mein soll stets eine hellgrüne Färbung zu constatiren sein. Das Tapetum selbst besitzt keine eigenen Gefässe, sondern ist nur von Gelassen durch­bohrt, welche von den ober dem Tapetum liegenden Capillargefässnetz stammen.
Das Tapetum nigrum ist der weit kleinere Theil. Es bildet eine mehr oder weniger bräunlich bis schwarze, gewöhnlich rostbraune Fläche, die matt, nicht glänzend und durchaus nicht homogen ist, sondern eine deutliche Hörnung zeigt. Hie und da ist es rosenkranzartig durchge­brochen und lässt dann die Sclera durchschimmern.
Der Augenhintergrund anderer Hausthiere zeigt von dem des Pferdes folgende Abweichungen:
Beim Kinde. Stark porig verzweigte, weit und leicht verfolgbare, helle Gefässe, die Pupille ist verschwommen, an den Conturen fast un­sichtbar. Die Gefässe stammen deutlich aus dem Centrum und treten hauptsächlich nach unten aus, das Tapetum lucidum ist blassgrüu, nicht so feurig, wie beim Pferde, das Tapetum nigrum ist sehr hell.
Bei Ziegen ist ein überraschend schöner Fundus, das Tapetum sehr spärlich vorhanden, die Gefässe sind vom Centrum aus nach allen Gegenden hinaus deutlich zu verfolgen und heben sich von dem hell­leuchtenden Tapetum lucidum klar ab, Pupille graulich.
Bei Hunden. Aus der Peripherie des Options treten viele kleine Gefässe zum Vorschein, nebst einigen grösseren Venenzweigen, die sich durch Anostomose auf der Pupille zu einem oft vollkommenen ßinge verei neu (F ö r i n g e r).
Scharf und schön sind die dunkelrothen Gefässe auf goldgrünem Grunde.
An solchen Stellen, welche das Tapetum nicht bedeckt, schimmern Chorioidealgefässe aus der Tiefe durch.
Die Pupille ist graulich, starke weit verfolgbare Gefässe, ähnlich wie bei Menschen, wundervollem Tapetum lucidum, viel braunes Pigment, häufig Pigmentringe, Pupille unregelmässig rund.
Bei Katzen. Kunde kleine graue Pupille, dunkle starke Gefässe, aus dem Centrum nach oben, aussen und unten austretend und leicht verfolgbar, das Tapedum lucidum stark leuchtend, blaugrün, Tapetum nigrum graulich, die Pupille liegt im Tapetum lucidum.
Schliesslich sei bemerkt, dass Dr. Baye r Untersuchungen mit einem eigens construirten Reflector und den nöthigen Correctionsgläsern vor­nimmt (diese Instrumente bezieht er vom Instrumentenmacher H. Keiner Wien, van Swiotengasse, um den Preis von 6 fl.).
Die practische Anwendung des Augenspiegels in der Veteiinäroculistik ist von eminenter diagnostischer Bedeutung zur Erkenntniss nachweis­barer pathologischer Bilder, welche bis jetzt jeder Beobachtung ent­gingen.
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Durch den Augenspiegel lässt sich schön der Atrophin des Sehnervs uachweiseu, dieser ist danu welk, starr, ohne Aufleuchtung und ßöthung und blass. Weiterhin Netzhautablösungen, Glaskörpertrübuugen, Hyperämien, Blutungen in der Netzhaut.
Besonders wichtig ist aber der Augenspiegel zur Diagnostik in dem ersten Studium der Monatblindheit, der uns befähigt jene feinen Con-gestionen und Hyperämien zu constatiren, welche dem freien Auge niemals zugänglich sind.
Ferner Eetinitis pigmentosa, Streuuugspupillen. Injection der feinen Aderhautgefässe, Emudation, Fleckung des Tapetum, Pigmentanhäufung, Trübungen, Gefässervveiteruug etc. Besonders interessant ist das Verhalten des Tapetum, dessen Färbung bei Monatblindheit, Chorioideal- und Eetiual-lucidurn, wie mit der Besserung die normale Färbung zurücktritt und mit der Verschlimmerung die Injection sich steigert. Ueber weitere Ver­änderungen wird an betreffender Stelle gesprochen.
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Die Schutzorgane des Auges und der Bewegungsapparat.
Anatomie und Physiologie der Schutzorgane und des Bewegungsapparates.
Das Sehorgan (Organ, visus) oder das Auge (Oculus, opbthalmos) ist ein zusammengesetzter Apparat und besteht aus dem eigentlichen Augenapparat und den Schutzorganen desselben; der eigentliche Seh­apparat ist ein nach physikalischen Gesetzen zusammengesetztes Organ, welches nebst einem Bewegungsapparat auch mit Schutzvorrichtungen zu seinem Schütze gegen äussere schädliche Einwirkungen versehen ist; den Bewegungsapparat vertreten einige Augenmuskeln; zu den Schutzorganen gehören die Augenhöhle, der Augapfel, die Augenlider und Thränen-organe.
Augenhöhle und Augenhöhlenfett.
Zu beiden Seiten des Kopfes liegen die Äugeuhöhlungen für die beiden Augäpfel, als Einlagerungsraum dienend. Die nach vorne und aussen geöffnete Höhlung ist beim Pferde und den Wiederkäuern von einem geschlossenen Knochenringe umgeben mit einer vollständig knöchernen Grundlage; diese vereint sich nach hinten, oben und aussen mit der Schläfengrube.
Die Augenhöhle (orbita) wird von einem fibrös elastischen hohlen Kegel oder Trichter ausgekleidet, die Basis dieses bildet der knöcherne Augenhöhlenring und dessen Spitze das Sehloch und die hintere Augen­höhlenspalte.
Dieser fibrös elastische Trichter wird die Augenhöhlenhaut (Perior-bita) genannt; sie umschliesst den Augapfel und dessen Hilfsorgane und trennt dieselben von dem knöchernen Theile der Augengrube.
Auf der äusseren den Knochen nicht anliegenden Fläche ist auf dieser ein breiter elastischer Längsstreif eingeschaltet, der nach hinten zuge-
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spitzt ist und sich auf die über das Sehloch hervorrageude Knochenleiste anheftet.
Die Periorhita, die die zur Ernährung des Auges nöthigen Venen und Arterien durchlässt, schliesst einen kleineu länglichen Knorpel, den Koll­knorpel am Augenhöhleufortsatze des Stirnbeines ein, über welchen der grosse schiefe Muskel wie über eine Rolle hinweggeht.
Die Augenhöhlenhaut ist ausserdem noch mit Muskelfasern versehen und nimmt dadurch Einfluss auf die Bewegung des Auges.
Sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Augenhöhlenhaut findet sich eine reichliche Menge Fettmasse vor, die als Augenfett und Fett­polster bekannt sind.
Der extraorbitale Fettpolster liegt in der Schläfengrube, erstreckt sich bis zur Beule des Oberkieferbeines, zieht sich hinten hinab am Schläfenmuskel und inneren Kaumuskel, begrenzt die Augenhöhlenhaut und bedeckt zugleich die unter derselben liegenden Gefässe und Nerven.
Der extraorbitale Fettpolster schützt das Auge vor dem vom Knorpel­fortsatz des Unterkiefers ausgehenden Druck. Seine Ernährung wird durch eine nicht zu unbedeutende Arterie ermittelt.
Das intraorbitale Augenfett oder die Fettkapsel des Auges (Capusula adiposa bulbi) füllt den Raum zwischen den Augenmuskeln aus, umgibt den Sehnerv, einen Theil des Blinzknorpels und der Harder'scheu Drüsen und trägt zur Beweglichkeit des Augapfels insoferne bei, als dieser davon weich gebettet und eingehüllt wird.
Die Augenlider (PalpeMae)
sind klappenartige Bandfalten, welche über und unter jeder Augenhöhle sich befinden, und deren Aufgabe es ist, das Auge vor Schädlichkeiten zu schützen. Sie werden in ein oberes und unteres Augenlid unter­schieden.
Das obere Augenlid ist grosser und beweglicher als das untere und deckt daher auch den Augapfel besser. Jedes Augenlid ist mit einer ge­wölbten äusseren und einer ausgehöhlten inneren Fläche und einem freien etwas gestreiften Rande versehen.
Der Raum, welcher schräg zwischen den Rändern des oberen und unteren Augenlides frei entsteht und in Folge der Liderbewegung an Dimension und Grosse vielfach differirt, ist die Augenlid- oder Sehspalte (Fissura palpaebrarum).
An den Enden der Augenlidspalte bilden die beiden Augenlider Winkel, u. z. einen äusseren und oberen, auch Schläfenwinkel (Angulus s. canthus oculi externus s. temporalis) und einen inneren oder unteren, auch Nasenwinkel (Angulus s. canthus oculi internus siouasalis) genannt.
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In dem inneren Augenwinkel liegt ein erbsengrosser Vorsprung, die Thränen-Carunkel.
Das Augenlid besteht aus zwei Hauptplatteu, welche auf dein freien Rande übereinander gehen, aus dem Kreismuskel der Augeulider und einem Zwischeubindegowebe, welches aus dem Eande der knöchernen Augenhöhle ausgeht; ausserdem schliesseu sich noch am oberen Augenlide die Sehnen des oberen Hebers an.
Die äussere Platte ist die Fortsetzung der äusseren allgemeinen Decke; sie ist mit kurzen feinen Haaren besetzt, zwischen welchen sieh auch Fühlhaare befinden, welche länger und steifer sind.
Die innere PhittB ist die Schleimhaut, welche den Namen Bindebaut hat und über die au anderer Stelle alles gesagt wurde.
Der Eand der Augenlider ist zumeist glänzend, schwarz, wulstig und glatt; an der Grenze des Randes befinden sich mehrere steife Haare, die Augenwimpern (Ciliae). In der Mitte des Augenlidrandes sind diese zahlreicher, gegen die Winkel verlieren sie sich; die im inneren Augen­winkel liegende Thränen-Carunkel (Caruncula lacrimalis) ist auch noch von der äusseren Haut überzogen und bei Pferden meist schwärzlich pigmentirt und mit feinen Härchen versehen.
Sie ist mit Talgdrüsen versehen, welche eine fettige, der Augen­butter ähnliche Masse absondern.
Die Ernährung der Augenlider geschieht von der Stiinarterie und Thränenarterie, dann von der Unteraugenlidarterie, welche die Ernährung des unteren Augenlides besorgt.
Die Venen kommen aus der Augenwiukelvene (Vena ocularis) der Unteraugenlidvene (Vena malaris b.).
Die Nerven stammen aus dein Thränennerv (Nervus lacrimalis), dem Augaste vom Unteraugenlidnerven.
Der Thränennerv verbreitet einen seiner Zweige in die äussere Haut des oberen Augenlides, ebenso endet der Stirnnerv (Nervus frontalis) in der äusseren Haut des oberen Augenlides, während der untere Rollnerv (Nervus infratrachlearis) sich theilweise in dem unteren Augenlide und der Thränen-Carunkel verbreitet.
Die physiologische Aufgabe der Augenlider ist, das Auge, u. z. die äussere Hornhautfläche desselben vor äusseren schädlichen Einflüssen zu schützen. Durch die bedeutende Beweglichkeit der Augenlider wird dieser Schutz vielseitig ermöglicht und durch die Tasthaare unterstützt.
Die Thriinenorgaiic.
Die Thränenorgane (Organa lacrimalis) sind aus den thräneuabson-dernden Drüsen und dem Canale zusammengesetzt.
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a) Die Thräaeudrüse (Glandula lacrimalis) ist eine platte, röthliche, ocinöse Drüse, welche innerhalb der Augenhöhlenhaut und unter den Augenbogenfortsätzen des Stirnbeines gegen den äusseren Winkel so ge­lagert ist, dass sie in lockerer Verbindung mit dem Augapfel denselben von oben und aussen bedeckt; sie hat eine obere gewölbte und eine untere ausgehöhlte Fläche. Aus der Thränendrüse gehen 10—12 Aus­führungsgänge (Ductus lacrimales), welche mit einem Cylinderepithel aus­gekleidet sind.
Diese bohren die Bindehaut des oberen Augenlides bis zum äusseren Augenwinkel durch; die Oeffnungen dieser Mündungen sind mit kleinen Decktäfelchen versehen, die man auch mit freiem Auge sehen kann.
Die Thränendrüse sondert eine wasserhelle Flüssigkeit, die Thräne (Lacrima) aus; diese wird durch den Lidschlag zum inneren Augenwinkel befördert, sammelt sich dort um die Thränencarunkel herum im soge­nannten Thränensee (Lacus lacrimalis) und wird von da in die Thränen-röhrcheu aufgenommen.
h) Die Thränenröhrchen oder Thräneucanäle (Coniculi lacrimalis) sind zwei enge dünnhäutige aus Schleimhaut bestehende Röhrchen, welche am Rande eines jeden Augenlides von der Thränencarunkel etwa 1 Ctm. entfernt sind.
Sie nehmen ihren Anfang mit kleinen spaltförmigen Oefinungen, den sogenannten Thränenpunkt (Puncta lacrimalis) und münden nach einem kurzen Verlauf in den Thränensack. Das obere Thränenröhrchen ist länger als das untere.
c) Der Thränensack (Saccus lacrimalis) ist der weitere trichter­förmige Anfangstheil des Thränencauales und liegt im weiteren Anfangs-theile des knöchernen Thräuencanales. Der Thränensack geht, nachdem er sich verengert, in den Tbränencanal oder Thränennaseugang (Canalis lacrimalis s. naso lacrimalis) über und ist seine Lage theils im knöchernen Thränencanale, theils in einer eigenen Rinne an der inneren Fläche des Oberkieferbeines nehmend, bis zum Augenhöhlenloch mit einem dünnen Knochenplättchen bedeckt. Von hier tritt er unter dem Kuochenvorsprung hervor, der von der Kiefer- und Nasenhöhle entsteht, und wird von der sich hier befindlichen dünnen Nasenschleimhaut überzogen.
Nun erweitert er sich unter dem Nasenfortsatze des Zwischenkiefer­beines und unter dem Sförmigen Knorpel und bildet, von zahlreichen venösen Gefässen der Nasenschleimhaut umgeben, eine ampullenartige Ausbuchtung. Nachdem er sich wieder verlängert, mündet er im unteren Ausgange ganz in der Nähe der üebergangsstelle, wo die äussere Haut in die Schleimhaut übergeht.
Die Gefässe der Thränenwerkzeuge stammen aus dem Muskelzweige der Thränenarterie (Arter. lacrimalis). Die Venen münden zum grössten Theil in die Stirnvene.
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An Nerven besitzen die Thränenwerkzeuge den Thranennerv (Nerv, lacrimalis). In die Thränencarunkel gibt der Eollneiv (Nerv, infratrochealis) einige Fäden ab.
Die Aufgabe der Thränenwerkzeuge ist die Absonderung einer schleimigen, sulzigen, wasserklaren Flüssigkeit und die Zufubr derselben zum Auge.
Durch diese Flüssigkeit wird theilweise der Augenschutz unterstützt, indem auf die Horn- und Bindehaut gelangte fremde Körper, wie Staub, und andere feine feste Körperchen, welcher Art immer, weggeschwemmt werden. Ausserdem erhalten die Thränen die Binde- und Hornhaut in einem Grade beständiger, gleichmässiger Feuchtigkeit, mengen sich mit dem abgesonderten Schleim der Bindehaut und tragen zum Glänze und zur Geschmeidigkeit der Hornhaut bei.
Der Bcwegungsapparat.
Die AugenmusJceln.
Die Lage der Augenmuskeln befindet sich mehr oder weniger theils in, theils ausser der Augenhöhle, je nach der Bestimmung der Augen­muskeln, welche entweder für die äussere Bedeckung des Auges oder für die Bewegung des Augapfels bestimmt sind.
Diese Muskeln sind folgende:
I. Serie, a) Der Kreismuskel der Augenlider (Musculus orbicularis palpoebrurum). Dieser liegt um den ganzen Augenhöhlenrand herum und ist an diesem nur locker, zwischen der Bindehaut und der äusseren Haut be­festigt ; die Fasern dieses Muskels ziehen in coucentrischem Bogen um die Augenlider herum und verbinden sich mit der Haut. Sie heften sich theils an die Augenlidsehne, theils gehen sie über diese hinweg.
h) Der äussere Heber des oberen Augenlides (M. corrugator super-cilii h.) liegt unmittelbar unter der Haut, ist ein kleiner, dicker, drei­eckiger Muskel, der am Grunde des Augenbogenfortsatzes entspringt und sich mit dem Kreismuskel vermischend, bis zum Kand des oberen Augen­lides erstreckt.
c) Der Niederzieher des unteren Augenlides. Dieser ist ein dünner, wenig zusammenhängender Muskel, welcher an der Jochleiste entspringt und bis zum Ende des unteren Augenlides sich erstreckt.
Die physiologische Aufgabe der drei eben beschriebenen ausser der Augenhöhle sich befindlichen Muskeln, ist die Schliessung, Oeffnung und Bewegung der Augenlider zu vermitteln, weshalb sie als Mittel zum Schütze des Auges auch als Schutzorgane betrachtet werden.
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I II. Serie. Der eigentliche Bewegungsapparat des Augapfels sind die
innerhalb der Augenhöhle sich befindenden Augenmuskeln, doch ist auch
noch der innere Heber des oberen Augenlides innerhalb der Augenhöhle.
Die in der Augenhöhle sich befindenden Muskeln sind:
a)nbsp; Der innere Heber des oberen Augenlides (Muse, levator palpoebrae superioris). Dieser Muskel ist dünn, entspringt am Grunde der Augen­höhle über dem Sehloche, wird nach vorne zu breiter und endet am Rande des oberen Augenlides.
b)nbsp; Die geraden Augenmuskeln (Muse, recti oculi). Es sind vier ge­rade gleichförmige Muskeln. Sie entspringen um das Sehloch am Grunde der Augenhöhle und gehen, indem sie breiter werden, den Grundmuskel des Auges umgebend, nach vier Seiten der Augenhöhlenhaut, nach vorn und von einander, um sich mit glatten feinen Sehnen am Rande der Hornhaut hinter der Bindebautanheftung am Augapfel anzuheften.
Diese vier Augenmuskeln sind:
1.nbsp; Der obere gerade M. r. superior;
2.nbsp; der äussere gerade M. r. extern.;
3.nbsp; der innere gerade M. r. entem.;
4.nbsp; der untere gerade M. r. inferior. Diese liegen und verlaufen an der ihrem Namen entsprechenden
Seitenfläche des Augapfels.
c)nbsp; Der Grundmuskel oder Zurückzieher des Auges ist ein Muskel, der dem Menschen gänzlich mangelt. Er wird von den vier geraden Muskeln eingeschlossen und ist dem Sehnerven unmittelbar anliegend; der­selbe entspringt am Sehloche und theilt sich in vier stumpfspitzige Por­tionen, welche sich an der hinteren Hälfte des Augapfels anheften.
d)nbsp; Der grosse schiefe Augenmuskel, auch Rollmuskel (Muse, obli-quus oculi superior). Er ist der längste Muskel des Auges, entspringt etwas über dem Grundmuskel, geht an der inneren Augenhöhlenfläche in schräger Richtung nach vorn und oben, tritt durch einen in der Roll­grube des Stirnbeines befestigten Ring, „die Rollequot;, dessen Grundlage ein Knorpel ist, wendet sich dann nach aussen, tritt unter den oberen ge­raden, kreuzt sich mit demselben und endet an der Sclerotika zwischen dem oberen und äusseren geraden mit breiter Sehne.
e)nbsp; nbsp;Der kleine oder untere schiefe Augenmuskel (Muse, obliquus oculi inferior). Dieser ist viel kürzer, doch auch dicker als der vorher­gehende, entspringt in der Grube des Thränenbeines hinter dem Thränen-canale, geht in einem Bogen schräg von innen unten nach aussen und oben und endigt breitsehnig an der lateralen Seite der undurchsichtigen Haut.
Die Gefässe der Augenmuskeln stammen aus Zweigen der Arteria frontalis, der Art. lacrimalis und der Siebbeinarterie; die Venen gehen aus
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der oberen und unteren Augenlidvene, der Stiruvene und Ciliarvene, wo­hin besonders Zweige der Augenlidvene einmünden.
Die Nerven stammen aus dem Angenast des dreigetheilten Nerven, und zwar aus dem gemeinschaftlichen Augenmuskelnerv, dem Nasennerven für den Grundmuskel, dem unteren Kollnerv für den Eollknorpel, für die übrigen aus dem Stirn- und Thränennerven.
Die physiologische Aufgabe der Augenmuskeln ist, einerseits den Augapfel zu schätzen, und zwar fällt diese Aufgabe den Lidmuskeln zu, anderseits dein Augapfel zu bewegen, was die eigentlichen Augapfelmuskeln ausführen, und zwar werden die geraden Augenmuskeln zur Wendung des Augapfels verwendet. Sie sind auch iu der Wirkung mit dem Grund­muskel combiuirt, welcher den Augapfel zurückzieht.
Der schiefe Muskel bewirkt eine Drehung des Augapfels unter die Lider; bei der Wirkung des grossen schiefen Muskels wird die Pupille so zu stehen kommen, dass der äussere Winkel aufwärts, der innere ab­wärts zu stehen kommt, während der kleine schiefe Muskel die entgegen­gesetzte Wirkung hervorbringt.
Weiterhin ist die Gesammtwirkung der Augenmuskeln für Accomo-dation des Auges von besonderer Wichtigkeit und ist die Accomodation hauptsächlich von den Augeumuskelwirkungen abhängig, d. h. diese tragen den erössten Theil bei.
Krankheiten der Schutzorgane.
KranMieiten der Augenhöhle.
In der Augenhöhle kann ein Erkrankungsprocess von drei Seiten hervorgehen, und zwar von der Wandung der Orbita, also der Bein­haut und Periorbita, von dem Fettgewebe und von den Gefässen, welche durch die Augenhöhle in den Augapfel verlaufen. Die Neubildungen, ausgenommen jene, welche an anderer Stelle besprochen werden, werden Affectionen in der Augenhöhle als vom Entzündungsprocess ausgehend zu constatiren sein; zumeist werden solche Entzündungen auf Veranlassung mechanischer Ursachen und Verletzungen entstehen, obzwar es nicht un­möglich ist, dass auch andere Eeizproducte zum Entstehen von Orbital-Affectionen beitragen.
Ueberhaupt ist die Beobachtung von Orbital - Erkrankungen sehr geringfügig in der Veterinärliteratur verzeichnet und dürfte auch im praktischen Leben selten vorkommen.
Folgende Affectionen in der Orbita sind bis jetzt Gegenstand der Beobachtung gewesen.
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Aneurysma der Art. ophtalm., welche während des Lebens kaum zu diagnosticiren ist, wird bei Sectionen vorgefunden uud kann diesem Be-fuude jedenfalls Bedeutung zugesprochen werden, als kaum denkbar ist, dass die Veränderung der Augenarterie gar keinen Einfluss auf etwa vor­handene Augenaffectionen hätte.
Die Entzündung des Fettpolsters und des Bindegewebes innerhalb der Orbita kommt sowohl in acuter als chronischer Form vor. Diese Entzündung ist in der Regel traumatischen Ursprunges. Ob sie nach Piämie wie beim Menschen vorkommen könne, darüber mangeln Angaben.
Die Symptome sind heftige Lichtscheu, Abnahme uud Erlöschen des Sehvermögens, üdematöse Schwellung der Conjunctiva bulbi und der Lider, oft Vordrängung des Bulbus nach vorne; die Pulsfrequenz ist vermehrt und Fieber vorhanden. Der Ausgang der acuteu Entzündung des Fett- und Bindegewebes ist fast immer Vereiterung desselben, je tiefer der Process in der Orbita vor sich geht, umso grosser ist die Gefahr für den Aug­apfel, die Bindehaut, die Periorbita uud das Knochengerüste, von der Eiterung mit ergriffen zu werden.
Das Mitergreifen des Bulbus schliesst immer die Gefahr der Er­blindung und Zerstörung (Phthisis) des Bulbus ein.
Die chronische Entzündung des Fettgewebes verlauft nicht so stür­misch und gipfelt in der Hypertrophie des Binde- und Fettgewebes, wo­durch der Bulbus aus seiner Höhle hervorgeschoben wird und aus diesem Befunde leicht zu diagnosticiren ist.
Die Behandlung der acuten Fettgewebsentzündung beschränkt sich auf die wirksame örtliche und allgemeine Antiphlogose, damit wo mög­lich der Eiterungsprocess verhindert werde. Sobald sich dieser eingestellt hat, ist das betreffende Auge verloren; demnach sind Aderlässe Eisüber­schläge, abführende Mitte], kühlende Salze, besonders bei Pulsation, an­gezeigt.
Ist bereits Eiterung eingetreten, dann wären um den Process abzu­kürzen, lauwarme Bähungen aus Leinsamen oder Käsepappel anzuwenden, wodurch die Eiterung unterstützt wird.
Angezeigt wäre die Exstirpation des Bulbus, sobald der Process zur ßeife kommt.
Entzündung der Periorbita und der Beinhaut kommt sehr selten vor und ist bezüglich der Erscheinungen überhaupt auf jene ßegeln zu verweisen, welche die Beiuhautentzündung charakterisiren.
Während des Lebens ist sie nur complicirt mit Beinbruch und Entzündung des Fettgewebes zu diagnosticiren.
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Krankheiten der Augenlider.
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Wir übergehen die an den Augenlidern vorkommenden Erkrankungen, welche in den Rahmen der engeren Chirurgie fallen und nicht ausschliess-lich der Oculistik zukommen.
Solche sind Verletzungen, Verbrühungen, Quetschungen der Augen­lider, welche in jedem guten Buche über Chirurgie abgehandelt und dem Wesen und der Form nach mit den äusseren Affectionen der Organe gleichbedeutend sind.
Dazu käme noch die erysipelatöse Hautentzündung der Augenlider, welche von der erysipelatösen Hautentzündung der übrigen Hautdecke gar nicht verschieden ist und, welcher nur insoferne grössere Bedeutung zuzuschreiben ist, als sie durch unliebsame Ausgänge etwa die Bindehaut und den Augapfel in Mitleidenschaft ziehen könnte und dadurch für das Sehvermögen verderblich wird. In solchen Fällen wird sie eine zweck-mässige Behandlung der phlegmonösen Affection mit der bestehenden Complication nach den Regeln der Chirurgie wohl verbinden lassen. Ist der Verlauf ein günstig normaler, dann sind keine Besonderheiten zu fürchten.
Die Lidraiidcntzüiulnng (Blepharadenitis ciliaris).
Diese Liderkrankheit wird zwar selten, aber doch bei unseren Haus-thieren beobachtet, und zwar als Begleiterin anderer Bindehaut- und Lid­krankheiten in Folge von traumatischen Ursachen, als Folge dieser oder in Folge von Hautexanthemen und Schmarotzern, besonders als Begleiterin der Variola hei Schweinen und Schafen und neben Krätze der Katzen, Hunde, auch Pferde, wenn diese schon auf die Augenlider übergegangen ist.
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Symptome.
Die Krankheit äussert sich dadurch, dass neben dem ursächlichen Exautheme und Schmarotzer sich längs des Lidraudes oder nur theil-weise auf demselben ein mehr oder weniger ausgebreiteter und hervor­ragender Wulst zeigt; dieser ist eine knotige Schwellung des Lidrandes und kann entweder am oberen oder unteren Augenlide vorkommen; diese Schwellung ist mit Röthung, Injection und Krustenbildung über die Fläche des ergriffenen Randes verbunden.
Wenn man die Kruste vom Rande ablöst, erscheint die Cutis dar­unter geröthet und von der Epidermis biossgestellt, hie und da werden einzelne kleine Grübchen gefunden, welche mit Eiter gefüllt sind.
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Die Krusten sind mit den Bändchen (Cilien) fest verklebt und an diese anhaftend, bestehen nicht nur aus vertrocknetem Schleim, sondern auch aus Eiterkörnern und abgelösten (besonders an der ßandbasis) Epi­thelzellen.
Die Production am Lidrande kann sich in regelmässige Eiterung verwandeln, und zieht dann oft die Vereiterung des Haarzwiebelbodens nach sich, im anderen Falle kommt es zur Verdickung des Bandes und zur Hypertrophie (Sclerosirung) des Bindegewebes um die Haarzwiebel. Die Ursache wurde schon vorher erwähnt und sind solche Fälle einer Lidrandentzündung ungemein selten, wo nicht Exantheme oder Krätze zu Grunde liegen. Doch ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass auch andere ursächliche Momente diese Krankheit hervorzurufen vermögen.
Behandlung. Die erste Aufgabe der Behandlung ist Keinlichkeit, Entfernung der verklebenden Krusten mittelst lauwarmen Wassers und laugsame Loslösung dieser von den Cilien.
Wenn Variola vorhanden ist, dann muss man diese mit leichtpercen-tigem Carbolöl bestreichen und die Vertrocknung der Variola abwarten.
Sind Milben Ursache der Blepharadenitis, dann müssen selbe mittelst geeigneter Mittel getödtet und dafür gesorgt werden, dass sich die Schuppen uud Krusten leicht ablösen.
Die nun rein zurückgebliebene Lidranderkrankung ist je nach ihrer Höhe zu behandeln; in der Regel heilt sie, wenn die Ursache beseitigt ist, von selbst; bei schwereren Fällen wäre der gereinigte Lidrand mit einer Salbe, bestehend aus 100/0 weissen Präcipitat mit Schweinefett, oder noch besser Ung. emol. gemengt; Bepinseln des Bandes mit Solut. lap. infern.
Ist Vereiterung der Haarbälge erfolgt, so muss man den Eiter aus den Balgöffnungen herausdrücken, und die schlecht granulirende Grube mit Jodtinktur, Karbolsäure oder Silbersalpeter betupfen; bald wird eine gute Granulation die Grube ausfüllen und durch Anwendung der bewussten Präcipitatsalbe zur Vernarbung und Deckung gelangen.
Hypertrophie und Verdickung wäre mit Jod und Jodkalisalbe zu beseitigen, nach ganz neuer Erfahrung auch mit Jodoform. Doch selten wird Erfolg zu erwarten sein, zumeist bleibt die Verdickung des Augea-lidrandes permanent.
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Einstülpung der Augenlider.
Ein Leiden, welches an beiden Augen, am unteren und oberen Augenlid vorkommt, aber auch zumeist an beiden Lidern vorhanden ist; zur Beobachtung und Behandlung kommt es fast immer veraltet und als
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Folgekrankheit chronischer Bindehautkrankheiten. Meistens betrifft sie Hunde, seltener Fohlen und ältere Pferde; durch Einschrumpfung des Augen­lidknorpels, durch Zusammenziehen der Bindehaut in Folge Vernarbungen wird das betreffende Augenlid gegen den Augapfel gestülpt, die Wimper­haare berühren dadurch die Binde- und Hornhaut und reizen selbe zur Unterhaltung entzündlicher Vorgänge.
Bei Pferden kann das Uebel dadurch entstehen, dass vorhergehende Verwundungen derart geheilt wurden, dass in Folge der Vernarbung eine Einstülpung erfolgen muss. Auch kann selbe dadurch veranlasst werden, dass ein Stück vom Augenlide durch Brandigwerdeu verloren ging, nach und nach wird sich dann der Rand des Lides nach innen einstülpen ; weiters kann chronische Bindehautkrankheit das üebel nach sich ziehen, doch siud das sehr seltene Fälle.
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Erscheinungen und Verlauf.
Das Auge erscheint als ob es kleiner wäre, ist stets schmierig und die Augenlider verklebt, besonders des Morgens, wodurch die Physiognomie des Thieres verändert wird.
Das allgemeine Befinden ist nicht gestört; nach manueller Unter­suchung des Auges findet man das kranke Augenlid, eines oder beide der Länge nach gefaltet und gegen die Hornhaut hineingebogen. Wenn dieser Einhug aufgestülpt wird, dann werden die verklebten, auf den Bulbus stossenden Wimperhaare sichtbar.
Die Bindehaut ist geröthet, oft leicht entzündet, partiell injicirt, mit Schleim belegt, die Hornhaut matt, doch ohne Verdunklung (ich habe auch Verdunklung gesehen, ob gerade dieses Ursache war, sei da­hingestellt).
Wenn beim Pferde die Umstülpung durch eine gespaltene Narbe veranlasst ist, dann findet man diese Narbe, wenn man die Augenlider hervorstülpt.
Wenn man den Zustand sich selbst überlässt, tritt Verschlimmerung­ein, weil sich die Umstülpung vergrössert und das Thier durch den im Auge vorhandenen Reiz belästigt wird, so kann auch eine bedeutende Entzündung entstehen.
Die Prognosis ist günstig; die Behandlung ein rein operatives Ver­fahren. Sie besteht darin, dass man die Umstülpung des Augenlides durch operatives Verfahren beseitigt. Dieses geschieht dadurch, dass man mittelst eines Messers oder einer Scheere ein Stück Haut aus dem betreffenden Augenlide herausschneidet, welches parallel mit dem Augenlid lauft und einige Linien, etwa Vg Ctm. davon entfernt ist, und die beigebrachte
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Wunde zuheftet. Der Einbiegungsfalte muss das zugeschnittene Hauptstück der Grosse entsprechen, ja etwas grosser als die Einstülpungsfalte des Lides sein, damit die Augenlider in die natürliche Lage kommen; ausser-dem ist es uöthig, dass die Lappenwunde etwas über den Augenwinkel hinausragt, weil sonst die Operation nichts nützt.
Wenn die Falte mit dem Messer unbequem auszuschneiden wäre, so kann man das mit einer Scheere bequemer ausführen, indem man eine mit dem Finger oder der Pinzette gemachte OefFauug anbringt und von der Basis losschneidet, die der Länge und Breite entsprechen muss.
Nachdem dies geschehen ist, werden die klaffenden Wundränder mit einem feinen Bindfaden durch mehrere dicht nebeneinander stehende Stiche vereinigt, doch dürfen diese nicht zu oberflächlich sein, weil sie sonst leicht ausreissen. Sobald man die Bindfäden anspannt, hebt sich das Augenlid aus seiner ümstülpung, und je näher die Wundränder zu-sammenkommeu, um so gerader wird das Augenlid. Nun werden die Fäden fest geknüpft, und deren Ende kurz abgeschnitten.
Die Wunde heilt entweder per primam intentionem oder durch Eiterung.
Auf das operirte Thier ist beson­ders zu achten, damit es durch Unruhe nicht die Knopfnaht aufreisse, deshalb ist es von Vortheil, dasselbe anzubinden (verkehrt in den Stand zu stellen).
(Siehe Operation nach Fig. 2.)
Manchmal kommt es vor, dass die Augenlider sich etwas nach aussen stül­pen, das verliert sich aber in kurzer Zeit.
Das Durchschneiden des Kreis­muskels gegen Einstülpung der Lider
hat nach Stockfleths Angabe in der „ .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,. „
Tr . . ..nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; • i •nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -iir .i to- -j. Operation gegen die Einstülpung des
Vetennarpraxis keinen Werth. Weiter- oberen AugenlideS nach Stockfleth.
hin gibt Stockfleth an, dass er seit
längerer Zeit Einstülpungen auf folgende Weise gehoben hat. Statt Aus­schneiden der Hautfalte bringt er in eine Hautfalte des Augenlides senk­recht eine Reihe von Nadeln, deren Enden so fest mit einem Faden um­schlungen werden, dass diese wie eine Ligatur wirken (also eine Art Achternaht). Die Spitzen der Nadeln werden hierauf ganz kurz abgezwickt, die umschlungene Hautpartie wird vom Brand ergriffen und abgestossen und es bleibt eine Reihe kleiner rundlicher Hautwunden dicht am Augen­lide zurück, welche durch Granulation heilen; durch die Contraction des Narbengewebes werden die Augenlider hervorgestülpt; das Thier soll während einiger Tage an einem dunklen, massig warmen Ort gebalten werden;
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die Nachbehandlung ist so wie bei anderen Drüsen. (Siehe Stockfleths Chirurgie.) Wie weit sich dieses Verfahren als zulässig erweist, kann ich nicht bestimmen, da mir darüber Versuche mangeln.
Verwachsung der Augenlidspalte.
Oft kommt es vor, dass bei neugeborenen Hunden und Katzen, welche bekanntlich mit verwachsener Augenlidspalte zur Welt kommen, diese Spalte 10—14 Tage verwachsen bleibt. Zumeist finden wir in solchen Fällen die Lidränder nur miteinander fest verklebt, jedoch können sie miteinander auch verwachsen sein, und zwar manchmal in der ganzen Lid­länge, manchmal nur stellenweise.
Doch selbst bei vollständiger Verwachsung ist eine Querlinie markant vorhanden, welche die Vereinigungsstelle andeutet, und wenn man die Lider verschiebt, findet man den Augapfel innerhalb derselben liegen.
Die Verwachsung kann auf einem oder beiden Augeu vorkommen; dieselbe kommt bei anderen Thieren nur ausnahmsweise vor. (In den Mit­theilungen für thierärztliche Praxis 1859 hat Kreisthierarzt Walter eine solche bei einem Fohlen beschrieben.)
Behandlung.
Wenn die Verbindung der Augenlider nur in Verklebung besteht, kann mau sie durch Spannen der Augenlider lösen; wenn die Ränder verwachsen sind, dann hebe man mit einer Pinzette oder Haken die Lider und mache mit einer Scheere oder Messer eine kleine Oeffnung in die Verbindungslinie. Diese Linie wird dann nach einer Hohlsonde längs der Verbindungslinie der verwachsenen Lider erweitert und diese von einem bis zum anderen Augenwinkel getrennt; die Nachbehandlung ist die einer Wunde, doch ist zu achten, dass keine wiederholte Verklebung geschiebt.
Krankheiten der Thränenwerkzeuge.
Die Thränenwerkzeuge, sowohl der Thränensack als auch der Thränen-canal, können ebenso wie andere Organe der Entzündung unterworfen sein, welche zumeist chronischen Verlaufes ist und oft in Blennorrhöe des Thränencanals übergeht.
Ursache. Fremde Körper, welche in die Nasenhöhle und in den Thränencanal gelangten, Verstopfung des Canales durch successive Bildung von Concrementen und Speichelsteinen, Verengerung des Canales, in Folge dessen entzündliche Zufälle, Mitleidenschaft der Thränenwerkzeuge mit chronischem Bindehautcatarrh und besonders Blennorrhöe, wenn sie sich im Thränencanal entwickelt.
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Symptome.
Ein beständiger Thränenfluss kennzeichnet die Affection der Thränen-werkzeuge; Anätziingen der Hautstelle, über welche die Thränen laufen, beweisen, dass die Thränenflüssigkeit ihre neutrale mildernde Eigenschaft verloren hat, und statt dieser scharf und ätzend ist; die Conjunctiva der Lidtheile ist höher geröthet, die Augenlider selbst in dem inneren Augenwinkel geschwollen, die Thräuenpunkte und Thränenröhrcheu ragen stark hervor. Aus denselben kann man eine schleimige, oft klebrige eitrige Flüssigkeit herausdrücken.
Dieses sind die Erscheinungen des gewöhnlichen chronischen Ent-zündungsprocesses des Thränensackes und Thränencanales. Wenn aber Thränenaffactionen der Thränenapparate mit der Bindehautblennorrhöe cou-secutiv vorkommen, dann ist oft auch die Blenuorrhöe ausgebildet; doch kann die Blennorrhöe des Thränensackes und Thränencanales auch ohne Bindehautblennorrhöe vorkommen. Dann finden wir den Ausfluss eitrig, jauchig, missfärbig mit Epithel und Detritus gemischt, oft auch mit Blut­körperchen vermengt; die Schwellung der Lider nebst dem inneren Augen­lide ist eine viel bedeutendere, auch die Conjunctiva ist nachdrücklicher injicirt und'tiefer geröthet.
Solche Blennorrhöen sind in der Eegel sehr langwierig und entstehen durch Alcepationen in den Wänden des Thränensackes oder Canales, eine Durchbohrung dieser Wände und eine veritable Thränenfistel.
Behandlung.
Zuerst wäre zu untersuchen, ob nicht fremde Körper im Thränen-canal eingedrungen sind und Veranlassung zur Entzündung geben. Wenn Verstopfung und Keizung durch Concremente die Veraulasser der Affection sind, sind natürlich in beiden Fällen diese Reize zu entfernen. Dieses geschiebt indem man den Canal spaltet und durch Auspinslung mit lau­warmem Wasser die fremden Körper entfernt; die an der Klinik zu Tou­louse sehr oft vorkommende Verstopfung des Thränencanales bei Maul-thieren und Eseln, welche durch das Eindringen der Taubtrespe (Brornus sterilis) im Thränencanale geschieht, verursacht einen bedeutenden Thrä­nenfluss, der sofort gehoben wird, wenn die Trespe entfernt ist. Thränen­fluss durch Verstopfung des Thränencanales, wie sie in Herings Reper-torium (26, sect;. 42) beschrieben und auch Tyvart (Anal, der med. Vet. Bruxelles 1864) beobachtete, sind nicht so selten und können durch Beseitigung der Verstopfung gehoben werden.
Chronische Entzündungszufälle und einfache Catarrhe des Thränen­canales können mit Einspritzungen von lauwarmem Wasser und schwacher Zinklösung gehoben werden (nach Stockfleth 1 : 200); die Einspritzung
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wird vom Thränenpunkte aus ausgeführt, doch kann man dieselbe, was auch zugleich bequemer ist, von der Nase aus durchführen, dann soll aber die Zinklösung um die Hälfte schwächer sein, damit sie die Binde­haut nicht alterire.
Wenn durch diese Behandlung der Thränenfluss gehoben wird, ver­liert sich die Entzündung der Bindehaut von selbst. Weit schwieriger ist dio Behandlung der Blennorrhöe des Thräaencanales, denn durch die crou-pöse, eitrige und jauchige Eigenschaft des Ausflusses wird die Verstopfung des Thränencanales ermöglicht und dadurch die Wände desselben ulcerirt und gereizt.
Es ist also durch fleissige Einspritzung für die Entfernung des Secretes womöglich zu sorgen, und das ist der wichtigste Theil der Be­handlung. Einspritzungen von stärkerer Zink-, (2 : 100) oder Silbersalpeter­lösung 2—3mal täglich vorzunehmen; in der Kegel wird sich das Uebel, wenn es nicht gar zu langwierig und hartnäckig ist, bewältigen lassen.
Hat sich eine Thränenfistel gebildet, so verfahre man nach den Regeln der Chirurgie.
Krankheiten in der Tliränenkarunkel sind ungemein selten als selbst­ständige Leiden beobachtet worden und dürften zumeist als Consecutiv-leiden mit Bindehaut- und Augenlidaffectionen vorkommen. Nach einigen Angaben in der Literatur wird chronische selbständige Entzündung der Thräuenkarunkel beobachtet; dann ist sie aber Hypertrophie derselben.
Thatsache meiner Beobachtung ist, dass bei Blennorrhöe die Thräuen­karunkel auch den Process eingeht. Die Behandlung dieser fällt dann mit der Blennorrhöe zusammen.
Bei selbständigen Affectionen der Thräuenkarunkel wird sich dem Umstände angemessen bald ein Behandlungsmodus finden lassen.
Krankheiten der Augenmuskeln.
Erkrankungen der Augenmuskel sind als selbständige Krankheit während des Lebens selten Gegenstand der Diagnose, besonders jene Muskeln, welche innerhalb der Augenhöhle liegen, weil sie schwer zu­gänglich sind.
Die der äusseren Docke näher stehenden Muskeln werden allen jenen Erkrankungen unterworfen werden, wie die äussere Decke. Dieses hat besonders auf die Muskeln der Lider Bezug; da werden traumatische Verwundungen, Quetschungen, Phlegmone etc. ebenfalls die Muskeln in Mitleidenschaft ziehen können und ist die Behandlungsweise solcher Zu­fälle als ein Gegenstand der Chirurgie aufzufassen.
Viel mehr Bedeutung hat die Functionsstörung der inneren Augen­muskeln, welche den eigentlichen Bewegungsapparat des Auges repräsen-
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tiren, da deren Functionsstörung für die Bewegung des Auges von Wich­tigkeit ist.
Grossen Einfluss hat die gestörte Function der Augenmuskeln auf die Accommodation des Auges; da dieselben die Hauptvermittler der Accommo­dation sind, so wird dieselbe jedenfalls bei der geringsten Functions­störung der Augenmuskeln sofort alterirt und beeinträchtigt. Leider fehlen in der Veterinärliteratur Angaben über Beobachtungen auf diesem Felde und ist dieser Gegenstand noch der weiteren Forschung der Fachmänner zu empfehlen.
Positive Accominodations-Mängel, welche die Muskeln mit alteriren, haben wir an anderer Stelle besprochen.
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Der Augapfel (ßulbus oculi).
Anatomie und Physiologie des Augapfels.
Wenn wir Fig. 3 genau betrachten, welche den Augapfel in seinem Durchschnitte darstellt, so werden wir finden, dass dieses Organ von rundlicher Form ist und in seiner Zusammenfügung mit Hilfe seiner übrigen Mittheilhaber eine vollständige Camera obscura als physikalischer Seh­apparat bildet.
Der Augapfel lagert in der Augenhöhle (Orbita) und wird von Fett, Muskeln, Drüsen, öefässen und Nerven umgeben, durch welche er in seiner Höhlung und Lage erhalten wird, u. zw. so locker und gefügig, dass er sich mit grosser Leichtigkeit in den verschiedensten Eichtungen bewegen kann, respective bewegt wird.
Das vordere der Eundung entsprechende Flächendrittel des Augapfels tritt durch die Grbitalöifnung hervor, wird von der Bindehaut überzogen und durch die Augenlider bedeckt, wenn diese geschlossen sind; durch den Sehnerven, der sich zum Bulbus verhält wie der Stiel zur Frucht, steht dieser mit dem Gehirne in Verbindung.
Während des Lehens und kurz nach dem Tode ist der Augapfel prall und ändert durch die Wirkung seiner contractiven Gebilde sehr un­bedeutend die Form, während er nach dem Tode in längerer oder kürzerer Zeit zusammenfällt.
Der Form nach bildet der Augapfel keine vollkommene Kugel, sondern besteht aus zwei ungleichen Kugelabschnitten (Sphäroidal-Ab-schnitte), von denen der hintere grosser ist als der vordere.
Den grössten Durchmesser zeigt er in der Quere von einem Augen­winkel zum anderen, den geringsten in der Tiefe von vorn, aussen nach hinten und innen; die Eintrittsstelle des Sehnervs ist an der unteren Augapfelhälfte etwas nach aussen. Seiner Zusammensetzung nach besteht der Augapfel aus drei concentrisch übereinander lagernden Häuten (einer Zwiebel ähnlich), welche den Kern des Augapfels, die lichtbrechenden Medien einschliessen.
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Fig. 3. Verticaler Durchschnitt durch ein Pferdeauge nach Leisering. Schematisch.
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I.nbsp; Sclerotica, 2. Cornea, 2' von der Bindehaut herrührende Epitheliallage derselben, 2quot; Wasserhaut (Demourr'sche Haut), 3. die Sclerotica durchbohrende Ciliargefässe, 4. Aderhaut, 4' Ciliarfortsatz, bei 4quot; ist der Schnitt zwischen zwei Ciliarfortsätzen ausgeführt gedacht, 5. Regenbogenhaut, 5' Pupille, 6. Traubenkörner, 7. Sehnerv bei seinem Durchtritt durch die Sclerotica die Siebplatte bildend, 8. Netzhaut, 9. innere Begrenzungshaut derselben. Bei 9' verbinden sich mit derselben feine, aus dem Glaskörper hervorgehende Fibrillen und bilden 10. das sich mit der Linsen­kapsel verbindende Strahlenplättchen (die Ciliarzone oder Aufhängeband der Linse).
II.nbsp; Vordere Augenkammer, 11' hintere Augenkammer, 12. Linse, 13. Glaskörper,
14. Ciliarmuskel, 15. Schlemmscher Kanal.
Diese Theile sind a) die äussere Augenhaut, welche die eigentliche ümhüllungshaut ist und durch h) in die durchsichtige Hornhaut abge­grenzt wird; c) die zweite Schichte; die besteht wieder aus zwei Theilen, der Aderhaut und d) der Regenbogenhaut; e) die dritte Schichte ist die Netzhaut, der eigentliche lichtempfindende mit den Sehnerven in Ver­bindung stehende Organtheil. Die inneren Theile sind f) die wässerige Flüssigkeit; g) die Krystalllinse und h) die Glaskörper. (Siehe Fig.)
Jeder dieser Theile wird für sich abgehandelt, sowie auch an dieser Stelle des Ernährungs- und Empfindungssystems des Augapfels und seiner Theilhaber gedacht und darüber gesprochen werden wird.
Die den Augapfel ernährenden Blutgefässe sind in zwei vollständige Systeme getheilt, und zwar das Netzhautsystem und Aderhautsystem, welche nur durch kleine Aeste und Zweige an der Eintrittsstelle des Sehnervs zusammen hängen; die eigentlichen Gefässe dieser Systeme
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stammen zumeist aus der Arter. ophthalmica, welche den Augapfel mit Blut versorgt und werden bei jedem einzelnen Augentheilhaber erwähnt und behandelt werden.
Das Venensystem ist aber gemeinschaftlich durch die Ven. verticosa repräsentirt, durch welche der grösste Theil des Venenblutes Abfluss findet; das Lymphsystem des Augapfels ist nach Schwalbe in vordere und untere Lymphbahnen zu unterscheiden; zwischen diesen Bahnen bildet der Ciliar-körper die Grenze und dieselben communiciren nicht miteinander. Die Augennerven werden bei jedem Theile für sich besprochen.
Heber die Accommodation.
Ueber die Accommodation und Refraction des Auges sind bezüglich jener Theile, welche diesen Process beeinflussen, die Ansichten der Fach­männer in einigem nicht ganz übereinstimmend, da von einer Seite im Glaskörper und Linsensysteme, von der anderen Seite in den Augenmuskeln jene Elemente gesucht werden, welche die Accommodation und Refraction beeinflussen; für uns bleibt diese Meinungsverschiedenheit gleichgiltig, wir haben nur zu constatiren, dass einerseits für den richtigen Process des Sehens die Accommodation nöthig ist, anderseits nachzuweisen, dass diese Accommodation factisch vorhanden ist; weil nun die Accommodation den ganzen Augenapparat als Camera obscura betrifft und alle Augen­theilhaber diesen Apparat darstellen, so müssen wir die Accommodation als solchen Process betrachten, der den gesammten Bulbus betrifft, und eben deshalb wählten wir diese Stelle als passend, um darüber das nöthige abzuhandeln, als physiologischen Vorgang, der den ganzen Augapfel mit alterirt.
Der Augapfel in seiner Gesammtheit stellt eine Camera obscura vor, die Hornhaut, Krystallkörper und die beideu Kammern bilden das Objectiv oder Sammelglas, die Netzhaut den Schirm, und der Glaskörper das Zwischenmedium zwischen beiden.
Jedes Auge hat vermöge seines Baues einen bestimmten Refractions-zustand, welcher durch die Krümmung und Brechungsverhältnisse seine durchsichtigen Remedlen und durch die Distanz der Netzhaut von dem Objective bedingt ist; dieser Refractionszustand hat ein bestimmtes Mittel­verhältnis, über welches er sich nicht zu erheben vermag. Nun aber sind alle Sehobjecte (siehe weiter die Physiologie des Sehens) nicht immer dem Refractionsverhältnisse in Distanz genau angepasst, sondern theils weiter, theils näher als es das Refractionsverhältnis des Bulbus gestattet.
Damit aber die Netzhaut die Sehbilder dennoch in richtigem Ver­hältnisse für die Distanz empfinde, d. h. damit sie diese nicht zu kurz oder weit fassen könne, accommodirt sich der ganze Bulbus je nach der
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Distanz des Sehbildes zum Brechungsvftrhältnis der durchsichtigen Beme-dien und zur passenden Entfernung der Netzhaut von diesem, damit das Bild richtig ausfalle; dieser Vorgang wird Accommodation oder Einstellungs­vermögen genannt.
Die Accommodation oder Einstellung des Auges für nahe Objecte geschieht durch die Verlängerung des Bulbus in der Sehachse (nach Arlt); durch Zurückdrängung der hinteren Wand des Bulbus und Anstossung zur Netzhaut; die gleichzeitig veränderte Pupille begünstigt ebenfalls die Auflösung.
Je entfernter nun das Sehobject, welches sein Lichtbild auf die Netzhaut sendet, urasomehr wird sich die Accommodation dem eben ange­gebenen Verhältnisse entgegen verändern und mit der Veränderung der Distanz des Sehobjectes wird immer eine passende neue Einstellung des Auges erfolgen. Bei Mängeln und Abnormitäten in der Sehpräcisiou, welche Abweichung als Kurz- oder Weitsichtigkeit aufgefasst wird, d. h. wenn die Accommodation für nahe Objecte mangelhaft ist, werden diese mangel­haft oder gar nicht gesehen.
Auf diese Abnormitäten werden wir später noch zurückkommen.
Unter den wesentlichen Bedingungen des deutlichen Sehens gehört auch die, dass die auf der Netzhaut entworfenen Bilder durch Objecte bis zu einem gewissen Grade scharf begrenzt sind, und dass die Netz­haut jederzeit in der der jeweiligen Objectdistanz entsprechenden Ver­engerungsweite liegt.
Die Verengerung des Lichtbildes mit der Netzhaut bedingt die richtige Empfindung des Sehens.
Unter dem Ausdrucke Accommodation oder Einstellungsvermögen des Auges verstehen wir einen Vorgang, in welchem eine Abänderung des Refraktionszustandes, eine Abänderung der diaphtorischen Verhältnisse und behufs richtiger Distanz Empfindung der Netzhantbilder vor sich geht; es ist die Accommodation sonst nichts als eine immer wechselnde Ver­änderung der Einstellungsverhältnisse der diaphtorischen und nervösen Theile des Augapfels und zwischen der Distanz und Entfernung der Ob­jecte, welche gesehen werden sollen.
Dem Distanzverhältnis passt sich immer der Bulbus an und es ist dies ein Process des gesaramten Bulbus mit allen seinen Augentheil-habern.
Vorzüglich aber regeln die Augen- und Ciliarmuskeln die Accommo­dation des Auges; es participiren daran das Linsensystem, die Hornhaut, und auch die Glaskörper.
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Krankheiten und Veränderungen am Baibus.
Die Erkrankungen des Gesammtbulbus, welcher Art immer, sind von den Erkrankungen seiner Theilhaber abhängig; diese Theüaffectionen, welche nicht dem Bulbus als vollständigen Apparat zukommen, sondern Nebenerkrankungen der betreifenden Theilbaber sind, werden an anderer Stelle besprochen werden.
Als Erkrankungen und Veränderungen des Bulbus können nur solche Affecte angesehen werden, welche alle den Bulbus bildende Theilhaber gleichmässig und insgesaramt betreffen; nur dann kann man von einer Totalaffection des Bulbus sprechen.
Die Quelle zu solchen Bnlbusaffectiouen liegt vorerst in den mannig­fachen Erkrankungen seiner Theilbaber, wovon die Affection gewisser-massen auf alle Augentheilhaber fortgepflanzt wird, bis der Bulbus in seiner Totalität ergriffen wird, oder es ist die Quelle totaler bulbulärer Affectionen von aussen zu sehen, die im Entstebungsmoment eine Total­affection veraulasst, welche auf alle seine Theilhaber gleichmässig mechanisch einwirkt, also ein Trauma ist.
Demnach liegt die Quelle totaler ßulbusaffectionen in der Fortpflanzung der entzündlichen Processe von einzelnen Augentheilhabern auf den ganzen Augapparat, oder in der schädlichen Einwirkung auf alle Augentheilhaber zugleich von Aussen, die den Bulbus in seiner Totalität a priori betrifft.
Vorfall des Angapfels.
Wenn auf die hintere Aequatorhälfte des Augapfels starker mecha­nischer Stoss, gewaltsamer Druck etc. einwirken, wobei die Augenmuskel, die Bindehaut und der Sehnerv stark ausgedehnt werden, so entsteht ein Vorfall des Augapfels, d. h. der Augapfel ist aus seiner Höhlung her­vorgedrängt worden.
Solche Vorfälle sind bei Pferden seltener, weil der Augenbogen den Augapfel vor solchen mechanischen Einflüssen schützt und diese nicht so häufig zulässt, während beim Schwein, Hund und Katze das Auge der äusseren Gewalt mehr ausgesetzt ist (weil statt des Augenbogens ein sehniges Augenbogenband das Auge schützt) und der Augapfel durch äussere mechanische Einwirkungen leichter hervorgedrängt werden kann.
Die Ursache liegt durch das eben Gesagte auf der Hand. Besonders sind es die Stösse, die sich die Thiere einander beibringen, bei Pferden Hufschläge, bei Hornvieh Hornstösse und ähnliche Einwirkungen, die solche Vorfälle hervorrufen.
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Erscheinungen und Verlauf.
Der Augapfelvorfall ist entweder elu einfacher oder ein complicirter.
Einfach ist er dann, wenn keine Nebeutheile verletzt sind und nur der Bulbus aus der Orbita hervorgedrängt ist.
Complicirt dagegen, wenn z. B. bei Pferden Bruch des Augenbogens in Folge eines Schlages und etwaige Senkung der Bruchstücke zugegen sind, ferner wenn der Augapfel durch Neubildungen hervorgedräugt ist. In solchem Falle müssen wir besonders den complicirteu Vorfall berück­sichtigen.
Bei solchen Vorfällen, welche durch plötzliche gewaltsame Einwir­kung auf das gesunde Auge veranlasst werden, finden wir den Augapfel hervorgedrungen und in die Ränder der Augenlider vollständig einge­klemmt. Die Hornhaut ist durchsichtig; am Augengrunde findet mau oft Blutaustritt; das Allgemeinbefinden ist durchaus nicht getrübt; gelingt Reposition gleich, dann ist der Zustand gehoben; ist jedoch der Vorfall sich selbst überlassen, dann verdunkelt sich die Hornhaut allmählig, wird trocken und schrumpft zusammen, die Gefässe der Bindehaut werden inji-cirt und die Muskeln des Augapfels können in Folge der anhaltenden Spannung gelähmt werden.
Nach und nach verschrumpft die Cornea gänzlich, die obere Schichte derselben wird schorfig abgestossen; die Bindehaut sondert eine Menge Schleim und Secret ab, welches die umliegenden Haare verklebt. Der ganze vorgefallene Bulbus ist schmerzhaft, das Thier scheut jede Be­rührung und wenn die Reposition nicht bald vor sich geht, treten Symp­tome einer allgemeinen Augenentzündung (Panophtalmitis und Phthisis bulbi) ein.
Ist der Vorfall complicirt, dann findet man den Augapfel gänzlich hervorgedrängt, den Augenbogen zerschmettert oder die Augenmuskel zerrissen; ist auch der Sehnerv zerrissen, dann tritt oft der ganze Aug­apfel ausserhalb der Höhle.
Die Vorhersage ist bei kürzlich entstandenen frischen Vorfällen günstig, ist der Vorfall dagegen schon veraltet, die Hornhaut eingetrocknet, das Auge angeschwollen, Blutung vorhanden und der Vorfall mit Bein­bruch, Muskel- oder Sehuervenriss complicirt, dann ist die Prognosis unter allen Umständen ungünstig.
BeJiandlung.
Beträfe der Vorfall ein Thier welcher Art immer, so wird ein solcher auf folgende Weise reponirt:
Der Bulbus ist mit lauwarmen Wasser abzuwaschen und mit feinem Olivenöl einzuschmieren; ein Gehülfe hält den Kopf des gefesselten oder
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im Nothfalle geworfeneu Thieres zurecht uad der Operateur drückt mit der flachen Hand langsam, aber mit immer steigerndem Drucke auf den Augapfel.
Oft genügt dieses Verfahren, um die Operation zu vollführen, doch manchmal ist der Bulbus zwischen den Augenlidern zu stark eingeklemmt und sein Volumen in Folge der Anschwellung zu gross.
In solchen Fällen nehme man mit einer Staarnadel oder Lanzette die Punktatiou der Hornhaut vor; nach vollbrachtem Stiche tritt das Xammerwasser aus, der Augapfel fällt zusammen und wird kleiner. Nun versuche man wieder die Keposition mittelst Druck der flachen Hand durch­zuführen ; weicht der Bulbus trotzdem nicht zurück, so bleibt nichts übrig, als das obere Augenlid sammt dem Bindehautsack durchzuschneiden und so eine grössere Oeffnung zu bekommen. In der Regel kann man den Bulbus leicht reponireu, doch fällt er wieder gern vor, weil die Oeffnung durch die Trennung des oberen Augenlides verhältnismässig zu gross ist.
Mau muss daher sofort nach der Reposition die Wunde am oberen Äugenlide mittelst einer Achternath wieder schliessen und auf das Auge einen entsprechenden Druckverbaud appliciren (siehe Punktation der Horn­haut, Druckverband). Kalte Umschläge werden sehr angezeigt sein; nach einigen Tagen entferne man den Druckverbaud und die Nath von der Wunde, welche in der Regel schon verheilt gefunden wird.
Zurückgebliebene Verdunklungen der Hornhaut oder andere Zufälle sind darnach zu behandeln.
Complicirte Vorfälle, Risse der Muskeln oder des Sehnervs, Zer­schmetterung des Augenbogens, Neubildungen in der Augenhöhle, Phthisis bulbi vereiteln jede Hoffnung auf Erfolg und ist in solchen Fällen am besten die Exstirpation des Bulbus vorzunehmen.
Allgemeine Entzündung und Zerfall des Augapfels.
(Panophthalmitis.)
Wie schon vorher erwähnt, entsteht am gesunden Auge nach Ein­greifen heftiger chemischer oder mechanischer Einflüsse ein Zustand, bei welchem gleichmässig alle oder mindestens der grösste Theil der Augen-theilhaber einer heftigen entzündlichen Action unterworfen sind ; dieser Zustand wird allgemeine Entzündung des Augapfels (Ophthalmitis totalis oder Panophthalmitis) genannt.
Ursache.
Die Panophthalmitis entwickelt sich von der Chorioiditis aus, wenn die Aderhaut verwundet ist, nach schweren Verletzungen des Bulbus, nach
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Operationen; Dislocation oder Üiscission wurde in der Veterinärpraxis bei der Panophtalmitis schon oft beobachtet; auch nach heftigen Er­schütterungen des Bulbus, Stössen mit stumpfen Körpern; sie entwickelt sich ferner als Consecutivleiden von der Cornea aus, wenn diese in Folge heftiger Bindehautblennorrhöe zerstört ist oder in Folge chemischer Ein­wirkungen in Verschrumpfuug geiathen ist.
Auch nach Berstung von Hornhautnarben und nach complicirten Augapfelvorfällen, die man nicht repouiren konnte.
Symptome.
Die Panophtalmitis ist eigentlicii sonst nichts als eine gleichzeitige Entzündung aller Augentheilhaber insgesammt, deshalb werden wir alle jene Symptome vertreten finden, welche die Entzündung dieser Theilhaber charakterisiren, es ist also die Beschreibung und Aufzählung dieser Er­scheinungen an jener Stelle zu suchen, wo speciell jeder Augentheilhaber für sich abgehandelt wird; auch sind Symptome bald dieser, bald jener Art in verschiedenen Fällen vorherrschend, je nachdem der eine oder andere Augentheilhaber intensiver ergriffen ist.
Specielle Erscheinungen, welche der Panophtalmitis zukommen, sind noch folgende:
Im Beginne der entzündlichen Action schwellen die Augenlider sehr stark an, besonders das obere, und sind sehr heiss und empfindlich gegen Druck; die sehr stark injicirte Conjunctiva ist in allen ihren Theilen sehr stark angeschwollen und erhebt sich dieselbe zu einem hochgradig dunkel-rothen Saum über die Hornhaut; der Bulbus ist in dem Maasse als alle Theil­haber, auch die Tunica vaginalis bulbi, infiltrirt ist, aus der Höhle her­vorgedrängt und in seiner Bewegung gehemmt; die Geschwulst der Binde­haut wird in der Folge so gross, dass sie sich besonders am unteren Lide aus der Lidspalte hervordrängt.
Die Schmerzen dürften sehr hochgradig sein, denn das Thier lässt nicht einmal Jemanden in die Nähe des kranken Auges zu.
Fiebererscheinungen und Pulsfrequenz sind immer vorhanden.
Die Erscheinungen an der Iris und Cornea (die Symptome der Chorioiditis können wegen der Trübung nicht gesehen werden), haben die Zeichen heftiger Entzündung und Exsudation an sich, bald au der einen, bald an der andern mehr hervorragend.
Nach kurzer Zeit wird entweder die Cornea oder Sclera von der schnell erfolgten Eiterung durchbrochen und der Bulbus geht an Phthisis zu Grunde, noch bevor Phthisis erfolgt ist, ist schon totale Erblindung ein­getreten. Die Linse, Kapsel, Glaskörper werden durch verschiedenartige Verdunklungen die Höhe des Processes bekunden.
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Behandlung.
Der Grundsatz, welcher bei Behandlung von Panophtalmitis zu ver­folgen ist, ist die nachdrückliche intensive Antiphlogose, allgemeine und örtliche Blutentleerungen, Aderlässe, Scarificationen der Bindehaut und womöglich Entblutung derselben, beständige Eisüberschläge und Anwen­dung der Kälte tagelang, für den Fall die Entzündung zurückweicht, 8 bis 14 Tage lang fortzusetzen.
Starke Purganzen und Abführmittel, wie Aloe, kühlende Mittelsalze in grossen Dosen mehrmal täglich; dieses Verfahren könnte vielleicht den üebertritt in Eiterung verhindern und den Process in einen minder heftigen überführen.
Bleiben an einzelnen Theilhabern Spuren zurück, so sind diese nach der an der betreffenden Stelle gemachten Angabe zu behandeln; Eintritt der Eiterung, welches der ungünstigste Ausgang ist, ist gleichbedeutend mit phthisischem Process.
Eiteriger Zerfall und Schrumptung des Augaxrfels.
(Phthisis bulbi.)
Der Begrifl Phthisis bulbi gilt nicht nur für den eiterigen Zerfall des Augapfels, sondern auch für die Schrumpfung und Verbildung desselben; unter Phthisis werden überhaupt solche Veränderungen am Augapfel ver­standen, welche die Zerstörung aller oder eines grossen Theiles der Theil-haber bedingen. Dass der eiterige Zerfall der häufigste Process der Phthisis ist, wird wohl leicht begreiflich sein, da sich phthisische Processe nach heftigen Entzündungen entwickeln, diese Veränderung also als das häufigste Merkmal der Phthisis gefunden wird.
Schrumpfung und Verbildung einzelner oder mehrerer Augentheil-haber innerhalb der im phthisischen Process eingegangeneu Bulben, ent­weder isolirt oder mit anderen Augentheilhabern vereint, ist einigermassen eine Folge schon vorausgegangener oder noch bestehender Vereiterung, mehr aber als Abschlussprocess der phthisischen Entzündung zu be­trachten.
Ursache.
Die Phthisis ist immer ein Secundärleiden, ein Folgeprocess heftiger Entzündungen im Auge; deren Entstehen ist nach allen jenen Vorgängen möglich, welche einer heftigen entzündlichen Action zu Grunde liegen.
Dieses gilt besonders von solchen phthisischen Processen, welche alle Augentheilhaber zu gleicher Zeit ergreifen. Von dieser Seite aus be­trachtet, ist die Panophtalmitis die eigentliche Quelle der Phthisis und ist
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die Scheidungsliuie zwischen Panophthalmitis und Phthisis kaum festzustellen, da beide Leiden einigermassen eines darstellen.
Die ursächlichen Noxen von Phthisis und Panophthalmitis bleiben sieh gleich.
Es ist aber nicht absolut nöthig, dass der Phthisis Panophthalmitis vorausgehen muss, sondern es kann sich diese von einzelnen Theilhabern aus entwickeln, und dann auf den ganzen Augapfel übergehen, in solchem Falle findet mehr ein chronischer Process statt, bei welchem der Zerfall au einem Augentheilhaber anfängt und sich allmählig auf das ganze Auge erstreckt.
Zu solchen chronischen Vereiterungen neigt besonders die Cornea und Chorioidea; von da aus wird der plithisische Process über das ganze Auge verpflanzt.
Chorioiditis, Glaucom und Monatblindheit im letzten Stadium, dann Blenuorrhöe, Geschwürsbildung, Ceratitis können oft als die Anfänge der Phthisis angesehen werden.
Erscheinunf/cn.
Die eiterige Zerstörung und Zerfall aller oder nur einzelner Augen­theilhaber, charakterisirt den phthisischen Process, der in Schrumpfung und Verbildung jener der Eiterung nebenstehender oder von dieser verschont gebliebener Theile endet.
Im Anfange der Phthisis werden wir immer entweder an der Horn­haut oder an der Sclerafiäche geschwürigen Durchbruch und Hervortreten der eiterig-jauchigen Flüssigkeit finden; ein Zeichen, dass die inneren Augeutheilhaber schon der Eiterung und Verjauchung unterliegen.
Ist Panophthalmitis die Quelle des Processes, dann finden wir auch noch mehr oder weniger Erscheinungen der pjutzündung vor; ist der Process mehr chronisch, dann ist die Bindehaut zwar röther und injicirt, heftige Entzüudungssymptome aber mangeln.
Der Eiteruugsvorgang dauert bald kürzere, bald längere Zeit, dann werden jene Ueberreste, welche der Eiterung widerstanden oder auch von ihr nicht ergriffen wurden, verbildet oder verschrumpft.
Die Eeste der Cornea sind sehnig, oft lederartig, oder ganz ver­schrumpft; die Iris fehlt oft gänzlich, oder ist wieder zu einem rudi­mentären verbildeten Häutchen verschrumpft; die Linse ist ebenfalls ver­schrumpft und deren Ueberreste breiig, manchmal fast verdunkelt; der .Glaskörper ist erweicht, verjaucht und zerfallen, behält die Zeichen der Verflüssigung und Verbildung (siehe Krankheiten des Glaskörpers), der Ciliartractus mangelt entweder ganz oder ist in Form rudimentärer Fäden und Fetzen zu finden, die Netzhaut ist fast immer ganz verschrumpft, an anderen Stellen verdickt oder verbildet. Ein grosser Theil ist der
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Entartung unterlegen, oft findet man wieder auf den Stelleu der Linse und des Glaskörpers Spuren von Verkalkungen, der Sehnerv ist sehnig verbildet, zu einem Stumpf verschrumpft.
Die Sclera ist zumeist von der Eiterung mitergriffen, deren Reste verdickt, sehnig, lederartig; die gesammten Ueberreste eines phthisischen Bulbus erscheinen als kleinerer oder grösserer Stumpf in der Augenhöhle, welche von der verbildeten oder auch sehnigen Bindehaut mit der Orbita zusammengehalten wird.
Alle Veränderungen zu schildern, welche solche phthisische Bulben durchmachen, wäre wohl überflüssig und die pathologische Anatomie des Auges genügend erschöpfend, ist zur Kenntnis des Processes zu erwähnen, dass dieser sich im Kreise beschriebener Vorgänge bewegt.
Behandlung.
Von der therapeutischen Behandlung etwa innerhalb des Processes Heilung zu erwarten, wird wohl Niemandem einfallen.
Die Aufgabe der Behandlung ist vielmehr den Eiterungsprocess zu beschleunigen, damit dieser eher zur Ruhe und zum Abschluss kommt, dann sind weiter die grossen Schmerzen, welche das Thier leidet, zu lindern, denn wenn wir den schmerzlichen Gesichtsausdruck solch eines Thieres ansehen, möchte man sagen, dass mau sein Leiden mitempfindet; wie oft sieht man solche bedauernswerthe Zugthiere mit eiternden Augen vor den schweren Wagen gespannt!
Schmerzstillend wirkende Einreibuugen von üng. hydrarg. mit Opium auf den Augenbogen applicirt; lauwarme Ueberschläge und Bähungen mit Käsepappeln, Heublumen und aromatischen Kräutern beschleunigen den Eiterungsprocess und mildern auch die Schmerzen. Oft wird die Er­weiterung der Durchbruchöffnung mittelst einer Lanzette von Nutzen sein; kommt der Process zur Ruhe, so ist es geboten, wenn der Eigen-tbümer nichts dagegen hat, die Exstirpation des Bulbus vorzunehmen und wenn es die Verhältnisse erlauben, einen künstlichen Bulbus einzu­setzen.
Die Exstirpation und Enucleation des Bulbus.
Nach Hering und B o n n e t.
(Siehe Herings Operatiouslehre, Forster Instrumenten- und Verband­lehre, D. Berlin Enucleatio bulbi, Repertoire für Thierheilkunde 1876.) Die Entfernung des kranken, zerstörten oder noch eiternden, aber er­blindeten Bulbus aus seiner Lagerung in der Orbita hat auch in der Veterinärpraxis schon vielseitig Anwendung gefunden, sowohl in thera­peutischer Beziehung zum Zwecke des Schutzes des zweiten Auges vor
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syinpatischer Erkrankung oder behufs Einsetzung eines künstlichen Bul­bils. Die Entfernung desselben ist in folgendem Falle geboten:
1.nbsp; Bei Luxation des Augapfels, wenn die Eeposition nicht gelingt, oder der Vorfall durch Knochenbrüche der Orbitalknochen und Muskel­risse complicirt ist.
2.nbsp; nbsp;Bei ausgedehnten Verletzungen der Sclera, Cornea und der Mit­theilhaber, wenn der Verlust des Augapfels durch langwierige Eiterung zu erwarten ist (chronische Phthisis).
3.nbsp; Bei empfindlichen physischen Stumpfen- und ßulbenresten, wenn die Empfindlichkeit und der zurückgebliebene Stumpf das Einsetzen eines künstlichen Auges nicht gestattet.
4.nbsp; nbsp;Bei Monatblindheit und hochgradigen Cborioideal-Erkrankuugen, die auf einem Auge schon so hoch ausgebildet sind, dass mau befürchten muss, dass das zweite, gesunde Auge durch Sympathie mitergriffen wird und die Erhaltung des einen Auges geboten erscheint.
5.nbsp; Bei Vorhandensein inteioculärer Geschwüre und Neubildungen, wenn diese die Grenzen des Augapfels nicht überschritten.
Um die Exstirpation durchzuführen, ist es nöthig, die grösseren Hausthiere zu werfen und zu fesseln, die kleineren stehend durch Gehilfen halten zu lassen; dort wo es geboten ist, wäre die Anwendung der Nar-cose zu empfehlen.
Die Exstirpation nach Hering wird in folgender Weise ausge­führt:
Den geworfenen Thieren schneidet man die Bindehaut und die Augen­muskel des zu exstirpirenden Auges durch, resp. man löst die Bindehaut von der Verbindung mit dem Augapfel; um denselben besser fassen zu können, ziehe man eine Schlinge durch denselben. Nachdem die Binde­haut losgelöst ist, trennt man nacheinander alle Augenmuskeln von dem Augapfel und schneidet mit einer Scheere oder Bistouri den Sehnerv und Gruudinuskel durch und zieht dann mit der Schlinge den Augapfel heraus, das noch lose haftende Bindegewebe mit der Scheere lostrennend. Wenn das Auge entfernt ist, wird die Blutung durch Ausfüllen der Augenhöhle mit Werg- oder Charpie-Compressen gestillt, die man in verdünnte Liqu. ferr. sesquichon. tränken kann.
Die Enucleation des Bulbus nach Bonnet wird laut Angabe folgender-massen ausgeführt:
Das Thier ist auf jene Seite zu werfen, welches Auge man ent­fernen will; der Operateur kniet hinter dem Kopfe, ein Gehilfe zieht die beiden Augenlider ab, dass dritte Augenlid lässt man durch einen zweiten Gehilfen nach der inneren Seite durchschieben.
Nachdem man die Lidspalten nach aussen um l'b Centimeter er­weitert hat, wird mit einer Pinzette in horizontaler Richtung eine Falte
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Fig. 4.
Flügelfell und Operation desselben.
der Bindehaut unmittelbar vor dem Ausätze des Muse. rect. exteru. ge-fasst und mit einer Cooperischeu Scheere (es muss nicht gerade eine Cooperische Scheere sein) eingeschnitten.
Diese Biudehautwundo wird nun mit einer unter die Schleimhaut geschobenen Scheere nach unten und oben bis zu den Ansätzen des Muse. rect. sub. verlängert, ein gewöhnlicher Schielhaken unter die Sehne des Muse. rect. extern, geschoben, dieser scharf angezogen und mit der Scheere durchschnitten, ebenso werden die übrigen Muskeln losgelöst.
Behufs Abtrennung des Zusammenziehers des Auges wird an die obere Peripherie der Muskelanhaftung eine Lücke in diesen gemacht, der Haken in diese Lücke eiugetrennt und mit diesem dann das Auge her­vorgezogen, und der Muskularansatz durch seine ganze Peripherie durch­schnitten. Nun wird der Zeigefinger der linken Hand zwischen den Aug­apfel und äusseren Augenhöhlenrand bis zum Sehnerv hervorgehoben, auf diesen die Scheere geführt und der Sehnerv durchschnitten, worauf sich der Augapfel leicht hervorziehen lässt.
Die Blutung ist eine geringe und mittelst Compressen leicht zu stillen. Nach einigen, längstens 20 Tagen ist die Heilung soweit beendet, dass man ein künstliches Auge einsetzen kann.
Einsetzen künstlicher Ausen.
(J. Stengl über künstliche Augen, Nr. 6 der österr. Monatsschrift für Thierheilhunde; Hertwigs Angaben im Magazin für Thierheilkunde, 1873; Stoekfleth, Chirurgie, S. 39, 11. Theil; Koch, Pariser Ausstellungs-briefe.)
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Bei Thieien, welche ein Auge durch Exstiipation oder auf andere Weise verloren haben, hat man, um die dadurch entstehende Entstellung zu beseitigen, ein künstliches Auge eingesetzt, welches aus Kautschuck, Glas oder Horn verfertigt ist. Obwohl in der Menschen-Augenheilkunde das Einsetzen künstlicher Augen schon im Alterthum bekannt war, hat man diese Procedur erst in neuerer Zeit eingeführt.
Die in der Menschenoculistik bis jetzt verwendeten künstlichen Augen wurden aus Schmelz verfertigt und sind Abschnitte von Kugelschalen, in welchen, ebenfalls von Schmelz (Email), die Hornhaut sammt Iris dargestellt ist. Nach genauer Angabo der Grosse, Farbe etc. werden solche Augen verfertigt, die dann dem lebenden Auge ganz gleich sind. Früher wurden solche Augen aus Glas oder Porzellan verfertigt, mit Farbe be­malt und im Schmelzofen gebrannt oder auch aus edlem Metall ge­macht.
In der Veterinärpraxis werden künstliche Augen ausschliesslich hei werthvollen Pferden verwendet, um die Einäugigkeit zu decken. Solche künstliche Pferdeaugen bestehen im Allgemeinen aus halbkugeliger Schale mit einer vorderen glänzenden und mit einer hinteren coucaven, unpolirten matt glänzenden Fläche mit glatten und abgerundeten Rändern.
Solche Augen werden aus Porzellan, edlem Metall, Glas, Guttapercha und in letzterer Zeit aus Kautschuck erzeugt. Die Metall- und Porzellan­augen können ihrer Schwerer halber bei Pferden nicht gebraucht werden, weil sie leicht verloren werden können; die von Glas und Porzellan können durch Anreiben des Thieres leicht brechen und dasselbe verletzen.
Nach Hertwigs Angaben haben solche künstliche Glas- und Porzellan­augen eine Dicke von 1 Millimeter und ein Gewicht von 30 Gramm, denn nach heftigen Kopfbewegungen und während des Sprunges, besitzt das Augenlid nicht soviel Kraft das Kunstauge zurückzuhalten; das leichte Herausfallen ist jedenfalls ein Nachtheil. Um diesem Maugel abzuhelfen, hat Hertwig künstliche Augen aus Guttapercha anfertigen lassen ; dieselben haben aber den Nachtheil, dass, wenn sie noch so gut vulkanisirt sind, in der Augenhöhle erweicht werden und dadurch ihren Glanz und ihre Form verlieren.
Später wurden solche Augen aus Horn bereitet; diese sind von kreis­runder Form, haben gegen 4—4-5 Cm. im Durchmesser, die Aussenfläche ist concav, die Fläche etwa 2 Ctm. hoch; die Innenfläche ist hohl und die Wand gegen 2 Cm. dick. Um die Mitte der gewölbten Aussenfläche lauft eine feine etwa 1 Mm. tiefe Kreisfurche, die einen 2 Cm. grossen Mitteltheil umgrenzt und die Pupille darstellen soll.
Die Convexfläche ist spiegelblank polirt, die innere glatt. Das Ge­wicht der Kapsel für ein grosses Pferd 11 — 12 Gramm, für ein kleines 9—10 Gramm.
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Viel kostspieliger sind die aus weissem Horn mit brauner Iris und Pupille angefertigten Augen.
Die Hornaugen können nicht länger als 24 Stunden in der Orbita liegen, denn sie deformiren durch die Erweichung, welche durch die Ein­wirkung der Thränen erfolgt; auch verlieren sie durch Staub und Ein­wirkung der atmosphärischen Luft ihren Glanz, weshalb sie alle 24 Stun­den herausgenommen und gereinigt werden und vor dem wiederholten Gebrauch an der Luft eine Stunde getrocknet werden müssen.
Landesthierarzt Zünde 1 in Strassburg lässt eben solche Augen aus Hartkautschuck anfertigen, welche 8 Tage in der Orbita bleiben können, ohne herausgenommen zu werden.
Diese Augen haben den Vortheil, dass sie durch Thränen nicht er­weicht weiden, stimmeu jedoch in der Construction mit den von Hartwig verfertigten ganz überein.
J. Stengl hat eben solche aus hartem Kautschuck angefertigt, jedoch mit dem Unterschiede, dass er jenen Theil, welcher die Pupille darstellt, wegliess, dagegen jenen, der die Cornea darstellt, etwas stärker wölben lässt; die Dicke dieser Augen ist 2 Mm., der Durchmesser 4'5—8 Cm. (nur nach zwei Sorten), das Gewicht 6—8 Gr. Diese Steugl'schen Augen hätten den Vortheil der Widerstandsfähigkeit gegen den Thränen-einfliiss, das längere Belassen in der Orbita und auch den Vortheil ent­sprechender Leichtigkeit für sich. Schliesslich sei noch erwähnt, dass A. Koch in seinem Referat über Exposition von Veterinär-Artikeln bei der Pariser Ausstellung (Nr. 10 der österr. Monatsschrift für Thierheil-knnde 1878) sehr schöne Glasaugen für Pferde vom Oculisten Henry Liskene ausgestellt gefunden hat, und dass derselbe auf Bestellung, wenn ihm darüber Angaben und Aufträge zukommen, solche Augen liefert (Adresse: Henry Liskene, Rue de Rivoli 68, Paris).
Was die Procedur des Einsetzens eines künstlichen Auges in die Orbita anbelangt, darf diese erst dann vorgenommen werden, wenn von der Bindehaut oder dem zurückgebliebenen Stumpfe jede Spur von Ent­zündung, Eiterung, Granulation, Geschwürszustand etc. verschwunden ist, sonst könnte das Einsetzen neuerdings heftige Entzündungen erregen, jeden­falls den Thieren grosse Schmerzen bereiten.
Sollte die Einäugigkeit schon lange Zeit bestehen, so dass die Augen­lider sehr contrahirt sind, dann ist es besser, wenn mau erst ein künst­liches Auge kleinerem Massstabes nimmt, bis sich die Augenlidspalten vergrössert haben, man kann dann nach kurzer Zeit die passende Grosse wählen.
Die Manipulation ist leicht und folgendermassen zu bewerkstelligen:
Man fasst das obere Augenlid mit der linken Hand an den Augen­wimpern, hebt es in die Höhe und schiebt das etwas befeuchtete, in der
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rechten bereit gehaltene künstliche Auge unter d.'is obere Augenlid uacli abwärts und drückt dann den Rand des künstlichen Auges unter dieses hinein.
Beim Herausnehmen zieht man mit der linken Hand das untere Augenlid nach abwärts und führt unter den Eand eine Sonde ein, wo bei einem geringen Druck das Auge zum Vorschein kommt, welches mit der linken Hand erfasst und herausgezogen wird.
Ein zweites in Eeserve gehaltenes künstliches Auge setzt man wieder ein, doch muss man die Augenhöhle vorher mit frischem Wasser von dem Secrete reinigen.
Nach dem Einsetzen eines künstlichen Auges kann in der Binde­haut Entzündung eintreten, welche durch adstringirende Mittel ge­hoben wird.
Wenn das Pferd schon längere Zeit ein künstliches Auge trägt, kann sich um dasselbe herum ein Kranz von Granulationen bilden und das Herausnehmen desselben überflüssig machen, doch kann dies nur bei solchen Kunstaugen geschehen, die aus einer Masse verfertigt sind, welche der Erweichung von Thränen nicht unterworfen ist.
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Die harte Augenhaut (Tunica sclerotica).
Anatomie und Physiologie der Sclerotica.
Als weisse, auch harte Augeuhaut, undurchsichtige Hornhaut, Sehnen­haut genanntes Gewebe (Sclera tunica sclerotica s. albuginea oculi), um­gibt den Augapfel in seinem Umfange und bildet gleichsam das Gehäuse desselben, welches in seinem Innern die flüssigen und durchsichtigen Medien des Auges enthält und an welche die Cornea gleich einem Glase auf das ürgehäuse angefügt ist. Der flüssige Inhalt des Bulbus erhält die Sclera in einer gleichmässigen Spannung, sie übt aber dagegen ver­möge ihrer Elastizität auf die inneren Augentheile einen bestimmten Druck aus.
Diese wechselseitigen Spanuungs- und Druckverhältuisse haben grossen Eiufluss auf die Grosse und Gestalt des Augapfels und bestimmen die Form desselben. Die Sclera umfasst 4/5 des Augapfels von Aussen und ist besonders durch ihre sehnige Derbheit und Stärke das hauptsächlichste Schutzwerk des Augenapparates.
Die Gewebszusammenfügung ist ein starkes, fibröses Gewebe, welches aus feinen elastischen faserigen Fibrillen (welche auch die Elasticität der Sclera bedingen) und Bindegewebe besteht, welche der Länge und Quere nach durcheinander geflochten sind, und zwar ist auf der Oberfläche vor­herrschend laugzügige Faserung, während in der tieferen Schichte ein ringförmiges Gefüge besteht. Die Dichtigkeit und Festigkeit des Gewebes verhält sich von aussen nach innen in einem auffällig zunehmenden Ver­hältnis.
Die Gewebsschichten sind nicht überall gleich, weshalb auch die Sclera an ihrer Fläche verschiedene Dicke- und Stärkeverhältnisse auf­weist.
Am dicksten ist sie an den Eintrittsstellen des Sehnerven, am schwächsten au der Aequatorschichte, d. h. an jener Stelle, wo sie die grösste Wölbung einnimmt, und wo man durch einen denkbaren gerad­linigen Schnitt, den Bulbus in die vordere und hintere Hälfte theilt.
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Durch Maceration wird die Sclera in eine Breimasse, durch Kochen in Leim aufgelöst.
An ihrer äusseren Fläche ist sie rauh und filzig und durch loses Bindegewebe an die Augenscheidehaut (Augenhöblenhaut, Tunica vaginalis bulbi) angelöthet, welche übrigens bei Pferden und den übrigen Haus-thieren nicht so ausgebildet wie beim Menschen ist und auch von manchem Anatomen übersehen und nicht beschrieben wird; in der Augenhöhle aber als factisches Bindegewebe besteht.
Weiter inseriren sich auf die äussere, zumeist weissfärbige Fläche der Wölbuugsform entsprechend (davon das Weisse des Auges) die Augen­muskel, welche zur Hebung des Augapfels bestimmt sind. Die äussere Fläche betreffend, ist noch bemerkenswerth, dass die weisse Färbung an den dünnen Stelleu einen bläulichen Schein wahrnehmen lässt; der vordere aus der Augenhöhle hervorragende Theil wird von den als Conjunctiva bulbi bekannten Bindehauttheilen überzogen. Die innere ausgehöhlte Fläche ist glatt und von der Aderhaut überzogen, welche ein zartes Bindegewebe in sehr feinen elastischen Fasern und zahlreichen pigmentirten stern­förmigen Zellen an diese anfügt. Diese, früher das braune Häutchen (Lamina s. membrana fusca) genannt, und als besondere Schicht aufge-fasst, wird zur Aderhaut gezählt.
An dem hinteren unteren Anfange wird die harte Augeuhaut durch den Sehnerven durchbohrt. Die Oeffnung, welche zum Durchtritte des Sehnerven nöthig ist, wird durch die sogenannte Siebplatte verschlossen (Lamina cribosa). Diese Siebplatte entstellt dadurch, dass das Bindegewebe, welches die einzelnen Sehnervfascikel umgibt, sich mit dem Gewebe der Sclerotica vereint (durch Maceration lässt sich das nachweisen).
Der äussere Rand der Sclera vereinigt sich mit der Cornea, und zwar so, dass die beiden sich zu vereinigenden Häute in entgegengesetzter Richtung zugeschärfte Ränder zeigen, welche in einander übergreifen, so dass die Cornea in der Sclerotica wie in einem Falze steckt. Der Raum, welchen die Einfügungsstellen der Hornhaut oder der Hornhautfalz be­schreibt, ist die vordere Oeffnung der Sclera. Sie ist queroval und hat vom äusseren zum inneren Augenwinkel den grössten Durchmesser; zum Durchtritt der Nerven und Gefässe finden sich ausserdem entsprechende Oeffnungen vor. Durch diese dringen Gefässzweige in das Gewebe der Sclera, theils als Ernährungsgefässe dieser, theils durchbohren sie die Sclera, um in das Innere des Auges zu dringen. Die Ernährungsgefässe der Sclera entspringen theils aus dem Muskelzweig der Augenarterie, theils aus der vorderen und hinteren Ciliararterie und bilden ein sehr feines grossmaschiges Capillarnetz.
Die Nerven der Sclera entstammen dem Nervus naso-ciliaris, der feine Zweige und Fäden als Nervi ciliares dahin abgibt; diese durchbohren
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;gt;fgt;
beim Sehnerven die harte Augeuhaat und verlaufen zwisclieu dieser uud der Aderhaut bis zum Räude der Regeabogenhaut; aus diesen Fäden ent­stammen auch die Scleralnerven.
Krankheiten der Sclera.
Enteündung der Sclera (Schritis).
Die Entzündung der Sclera habe ich bis jetzt noch nie selbständig beobachtet, doch liegt ihr selbständiges Auftreten nicht aussei- der Möglichkeit.
Selbständige Scleral-Entzündungen, wie sie von Menschenärzten beobachtet uud beschrieben werden, sind bei Thieren ein Gegenstand ausserordentlicli seiteuer Beobachtung. In den bis jetzt bekannten veterinär-ärztlichen Werken ist auf die selbständige und consecutive Erkrankung der Sclera ungemein wenig, ja gar keine Rücksicht genommen worden.
In der veterinär-oculistischen Praxis ist die Scleritis, wenn nicht ausschliesslich, so doch meist als Cousecutivleideu gleichzeitig mit Kera-ditis, Iritis oder Chorioiditis äusserst selten nach hochgradiger Blennorrhöe. Die Scleritis ist dann entweder neben oder als Folge der Quellenerkrankung leicht zu constatiren.
Symptome.
Die Symptome einer Consecutiv-Scleritis sind stets mit den Symp­tomen jenes Leidens vereint, mit welchem die Scleritis consecutirt. Es ist eben mit Rücksicht auf die vorhandenen Symptome genügend, zu constatiren, dass neben dem Primärleiden auch Scleritis vorhanden ist, welcher Umstand zweifelsohne für die Hochgradigkeit der ersteren spricht.
Die Entzüudungsmerkmale an der Sclerotica äussern sich folgeuder-massen:
An welcher Stelle immer der Selera, in der Regel aber in der vorderen Hälfte, dem Hornhautrande sehr nah (natürlich ist dieser Process an der vorderen Hälfte öfter und leichter sichtbar, desshalb ist aber die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass Entzündungsmerkmale auch in der zweiten Hälfte der Sclera innerhalb der Augenhöhle vorkommen) entstehen erst lichte, später dunkelrothe Flecken, an welchen sich stark injicirte Gefässnetze auflösen. Die Zahl solcher Flecken bleibt unbestimmt und hängt von der Höhe der Einwirkung ab. Solch ein Fleck wird bald zu einer Erhabenheit über die Scleral-, resp. der Conjunctivafläche, variirend in der Grosse von einem Hirse- bis Linsenkorn. Doch ist bei dieser Erhaben­heit sehr leicht wahrzunehmen, dass diese nicht in dem Gewebe der Conjunctiva bulbi sitzt, sondern dass gleichfalls die Conjunctiva von unten
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aus mit erhoben ist, was als ein Hauptinoment zur Unterscheidung der Scleritis mit angehender Conjunctivitis anzunehmen ist.
Diese Erhabenheit ist die Folge eines Infiltrates, welches als eine derhe gleichmässige, zumeist flache Aufwulstung erscheint, wenn das Cou-secutivleiden zur Heilung oder dessen entzündliche Action zur Kühe kommt (bei selbständiger Scleritis ohne fremde Einflussnahme als der Behandlung und der Rückbildung), wird ein solcher Hügel abgeplattet, verändert sich auch in seiner Farbe. Diese ist erst eine dunkelviolette, wird später schiefergrau, bleifarbig, endlich normal. Das Exsudat ist einfach resorbirt worden. (Das sind jene Fälle, wo wie erwähnt, die entzündliche Action des Consecutivleidens, sei es durch Heilung, sei es durch anderweitigen Verlauf, zum Abschluss kommt.)
Verlauf und Ausgänge.
Der günstigste Ausgang und Verlauf ist der oben beschriebene, wo Rücktritt der betreffenden Eiitzündungsmerkmale erfolgt.
Die mitentzündete Sclera kann als Consecutivleiden allen jenen Ver­änderungen ausgesetzt werden, welche als natürliche Folge einer Entzündung angenommen werden: Exsudation, Erweichung, Verwachsung, Zerfall, Ge­schwürsbildung sind solche Ausgänge, die hier zu finden sind. Schliesslich ist Phthisis der Sclera mit Phthisis bulbi oder der Cornea selbstverständlich im Bereiche der Möglichkeit, doch ist der gänzliche Zerfall der Sclera sehr selten, sondern nach phthisischen Processen im Augapfel vertrocknet und schrumpft die Sclera zu einem unförmlichen Stumpf, oder geht eine Verwachsung und Organisation mit den übrigen Theilhabern ein. Nicht häufige, doch auch zur Beobachtung kommende Fälle sind gleichmässige Ausdehnung und Verdünnung der Sclera (Ectasia et Stophylomata Sclerae). Solche Processe kommen in Folge verschiedener Zustände vor, und zwar entweder im Ganzen Umfange oder nur partienweise, zumeist als Folge vou Aifectionen der tiefereu Gebilde, namentlich Chorioidea, Retina und Glaskörper; wir erwähnen noch weiter jene Veränderungen, welche als Begleiter vorerwähnter Krankheiten in der Sclera vorkommen können:
a)nbsp; Seröser Erguss zwischen Sclera und Chorioidea oder zwischen Retina und Sclera kann partielle oder allgemeine Scleraectasie bewirken.
b)nbsp; Partielle Ausdehnungen und Verdünmmgeu auf bestimmten Um­fang beschränkt; solche werden im Allgemeinen mit dem Namen Staphylom bezeichnet. Es sei hier das als für uns wichtige Staphyloma sclera anti-cum erwähnt, welches wohl als Ausgang bei Monatblindheit und Glancom nicht sehr selten beobachtet wurde. Dieser Zustand äusserst sich in Form einzelner Hügel oder Wülste hinter der Cornea in verschiedener Grosse. Diese Wülste sind sonst nichts als Ausdehnungen und Ausbuchtungen
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der Sclera nach ansseu. An Bulbeu, wo die Cornea durch Narbengewebe tbeilweise oder gänzlich verbildet und mit der Iris verwachsen ist, sind solche Staphylome, die auch auf die Ausdehnung der ganzen Sclera sich erstrecken, zu beobachten.
c) Sichtliche Scleralstaphylome, welche als isolirte seichte, aggregirte bläuliche Hügel in der Aequatorgegend erscheinen, sind Folgen von Scleral-Entzündung, und werden durch Verwachsungen der Chorioidea, Ketina und Sclera mit einander erzeugt und gebildet.
Prognosis
und Behandlung richtet sich bei consecutiver Scleritis stets nach der zu Grunde liegenden Affection. Selbständige Scleritis ist, wie schon erwähnt, ein Gegenstand sehr seltener Beobachtung und wird die Heilung in der Regel ohne ärztliches Zuthun leicht erfolgen, wenn nicht gar zu nach-tlieilige Einwirkungen noch weiter Einfluss auf das kranke Auge nehmen. Selbständige Scleritis wird in der Veterinärpraxis in der Regel über­sehen.
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Die Bindehaut (Tunica conjunctivae).
Anatomie und Physiologie der Bindehaut.
An den inneren Flächen der wichtigsten Schatzorgane des Auges, den Lidern, breitet sich mit einem grösseren Flächenraum, als man nach der oberflächlichen Untersuchung glauben möchte, die Bindehaut als Fort­setzung der allgemeinen Decke aus. Diese Membran überzieht die innere Fläche der Lider und den freien Theil des Augapfels. Sie ist das Binde­mittel der Schutzorgane mit dem eigentlichen Apparate einerseits und als letztes Schutzorgan des mit ihr in knappem anatomischen Contacte stehenden Augentheilhabers.
Die Bindehaut besitzt alle Eigenschaften der Schleimhaut; ist jedoch in ihren anatomischen Verbindungen mit den äusseren Theilhabern des Auges manchen Abweichungen unterworfen, die in der Kegel Schleim­häuten nicht zukommen. Diesen Abweichungen zufolge bietet die Binde­haut in ihrer Ausdehnung Structurverschiedenheiten dar, welche man zur Grundlage einer systematischen Eintheilung wählte.
Sie bildet als Fortsetzung der äusseren Decke die innere Hautplatte des einen Augenlides, bekleidet da folgerichtig den inneren Theil der Augenlider, tritt nun auf die vordere Fläche des Augapfels, um sich hier wieder zu biegen und als innere Hautplatte des zweiten Lides zu dienen. Somit sind beide Augenlider im Innern verbunden und die Bindehaut stellt in Folge dessen einen Sack dar, in welchem der Augapfel hinein­geschoben zu sein scheint.
Doch ist der ganze Bindehautsack an seinem anatomischen Charakter nicht gleich, sondern in seinen einzelnen Portionen namhaften anatomischen Sonderheiten unterworfen, welche die präcise Unterscheidung gewisser Partien erfordern.
I. Der Augenlidtheil der Bindehaut, auch Tarsatheil oder Lidbinde­haut (Conjunctiva palpebrum), ist eine festere, derbe und gefässreiche Bindehautschichte, welche durch eine bedeutende Lage des Bindegewebes au die Augenlidknorpel und Lider gebunden wird.
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Dieser Conjunctivatheil ist nach A r 11, G u r 11, Müller und Leise ring mit kleineu Lymplifollikeln versehen, welche im normalen Zustande klein und cylindrisch, zumeist als kleine, gelbliche Erhöhungen wahrnehmbar sind und besonders au der Nickhaut uud im inneren Augen­winkel in grösseren Haufen zusammen liegen. Im abnormen Zustande sind diese Follikel besonderer Veränderungen und Vergrösserungen fähig und werden dann als Trachomfollikel betrachtet.
Wenn man diesen Theil der Bindehaut in ganz normalem Zustande mit einer Loupe am gesunden Auge beobachtet, so findet man als ob die Bindehaut mit ganz kleineu unzähligen Kügelcben übersäet wäre, die, mit dem freien Auge besehen, der Bindebaut ein sehr feinkörniges sammtartiges Aussehen geben.
Der übrige Theil dieser Partie ist ein adenoides Gewebe, welches mit einer Lage geschichteten Epithels versehen uud mit dem Augenlid­knorpel durch vielfach durchschluugeue Bindegewebsfasern auf das Engste verbunden ist. Die ganze Fläche ist mit zahlreichen Gefässen und Nerven durchzogen.
II.nbsp; nbsp;Von der inneren Fläche der Lider und des Augenlidknorpels (Tarsus) abgebogen, bildet die Bindehaut, bevor sie auf deu Bulbus über­geht, eine Art falziges Bindehautgewölbe (Fornix conjunctiva), durch welches deutlich ein üebergangstheil charakterisirt wird, und welcher in der Menschen-Ophthalmologie auch diesen Namen führt. Hier ist das zellige Stroma der Conjunctiva weit lockerer, die Partie ist von einzelnen grösseren Gefässen durchzogen, sie charakterisirt sich durch eine bedeutende Ver­schiebbarkeit und Gewebslockerheit und ist in normalem Zustande blässer als der Tarsaltheil.
Schleim- und Lymphfollikel sind hier nicht so häufig und treten als mattgelbe oder krystallhelle Bläschen hervor uud haben bei congestivem oder entzündlichem Zustande (besonders bei Conjunctivitis acuta) pathog-uostische Bedeutung.
III.nbsp; nbsp;Von hier tritt die Bindehaut auf die Sclera, überdeckt diese und überzieht sammt einem Theil den Bulbus, wodurch sie den Namen Augapfeltheil (Conjunct, bulbi, con. sclerae) erhält.
Der Scleraltheil ist viel feiner und nicht so derb als der Lidtiieil, hat weniger Gefässe, welche in normalem Zustande kaum wahrzunehmen sind; sie heftet sich mehr locker au die Sclera und die inserirenden Muskeln an und ist um die Hornhaut, ganz besonders in der Gegend des äusseren Augenwinkels mit einem dunkel pigmentirten (besonders bei Pferden und Hornvieh) Papillenfollikel und Drüsen bedeckt, ganz niedrig entwickelt, erscheint zerstreut und durchscheinend, das Epithel ist ge­plattet und in der tieferen Schicht in weichen cylinderförmigen Lagen
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eufcwickelt; es erstreckt sich von da auf die durchsichtige Hornhaut, welche mit dieser sehr sehr eng verbunden ist.
IV. Von der Conjunctiva sclera geht das Epithel als regelmässig gekörntes Pflasterepithel auf die Cornea über und bildet den Epithelial-überzug der Cornea; sie ist daher mit der durchsichtigen Hornhaut eng verbunden; daselbst besteht sie nur aus einer geschichteten Epitheliallage, deren tiefste Schiebte (nach Müller und Leisering) weisse cylinder-förmige Zellen trägt.
Der Saum der üebergangsstelle von der Conjunctiva bulbi auf den Epithelialüberzug der Cornea wird von den Menscbenärzten Limbus con­junctiva corneae — ßindehautsaum der Cornea — genannt.
In der Veterinäranatomie als Horuhautrand bezeichnet (Leyh) hat diese Stelle ein ungemein pathoguostisches Interesse und spielt in der Lebre der Binde- und Honihautkraukheiten eine sehr wichtige Koile. Nur feine Schlingen von Capülargefassen finden sich au dieser Stelle vor, die in kaum merklicher Menge bis an die Hornhaut heranreichen und am Räude derselben gegen die Conjuntivalseite schlingenförmig umbiegen.
Bei Wiederkäuern sind diese Gefässe etwas mehr entwickelt; merk­würdigerweise ist auf die Wichtigkeit dieser anatomischen Gefässanordnung in der Veterinärophthalmologie noch nicht hingewiesen worden.
Die Bindehaut enthält ausserdem acinose, resp. schlauchförmige Drüsen, die an einzelnen Stellen als Knäueldrüseu erscheinen (beim Pferd und Rinde), an der Schleimhautgrenze des Ciliarrandes findet man kleine an einander gereihte Oeffnungen, mittelst welcher die Augenlid- oder Meibom'schen Drüsen ausmünden (Glandulae palpebres. seu Meibomianae).
Diese Drüsen sind im verfilzten Bindegewebe eingebettet, haben ein gelblichweisses Aussehen und schimmern an der inneren Lidfläche, sind einen halben Ctm. lang und bis 2 Mm. breit, werden nach dem Augen­winkel hin kürzer und verschwinden bald ganz.
Die Meibom'schen Drüsen produciren ein Secret, welches man Augen­butter nennt und das eine gelbliche, fettige Materie darstellt; sie sind modificirte Talgdrüsen (nach Leisering und Müller), deren einzelne Läppchen durch einen Längskanal in Verbindung stehen.
Zwischen den Augenlidern und der noch von der äusseren Haut überzogenen Tbränenkarnunkel findet sich am inneren Augenwinkel der halbmondförmigen Platte der Bindehaut die beim Menschen analoge mächtige, aus der Verdopplung der Bindehaut hervorgegangene Falte, welche zwischen ihren Platten einen eigenen Schützknorpel enthält; es ist das die Blinzhaut, Nickhaut, oder das dritte Augenlid (Membran, nictitans s. palpebra tertia).
An der Innenfläche der Bindehautverdopplung über dem Blinzknorpel ist eine feste Verbindung der Knorpelconjunctiva mit der Harder'schen
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Drüse zu consfcatiren. Diese Drüse ist von acinösem Bau, gelblicher Farbe und mündet mit 2—3 Ausfübrungsgilngen an der dem Augapfel zuge­kehrten Fläche der Blinzhaut conjunctiva. Ihre Gefässe erhält die Binde­haut und zwar die Arterien aus der Arteria ophthalmica und zumeist aus den Muskelzweigen derselben, im oberen Augenlid auch wahrscheinlich von der Arter. lacrymalis. Die Venen führen vom inneren Theile aus in die Vena malaiis und in die Vena angularis, welche am inneren Augen­winkel mit Zweigen der Ophthalmica anastomisirt.
Die Nerven, welche in der Bindehaut zahlreich vertreten sind, stammen vom dreigetheilteu Nerven und zwar vom Nervus ophthalmicus und von dessen Zweigen, dem Nervus lacrymalis und unteren Rollnerv (Nervus infratrachealis); sie verzweigen sich in der Bindehaut, der Nickhaut der Conjunctiva und in der Hader'schen Drüse.
Die Function der Bindehaut besteht in der Befeuchtung und Ver­mittlung der Beweglichkeit des Augapfels; sie liefert einen grossen Theil jener das Auge feucht erhaltenden Flüssigkeiten, ist somit auch ein Schutz­organ, da es durch ihre Feuchtigkeit die feinsten Fremdkörper vom Auge fernhält; die oberste Schichte ihres Epithels löst sich in dieser Flüssigkeit auf und scheint diese nach Martini ein Bedingniss zur Erhaltung der Durchsichtigkeit des Hornhautüberzuges zu sein. (Siehe Arlt, die Krank­heiten des Auges.)
Erkrankungen der Bindehaut.
Die anatomische Lage, sowie die histiologische Beschaffenheit der Bindehaut machen diese vielseitigen Erkrankungen zugänglich; dieses Schleimhautgebilde ist nicht selten der Erreger vieler gefährlicher Augen­leiden, deren primitives Hervortreten aus der Conjunctiva stammt und von dort aus den gesammten Augenapparat in Mitleidenschaft zu ziehen vermag.
Sie ist der Vermittler contagioser und virulenter Reizungsproducte auf das Auge. In meinen veröffentlichten oculistischen Arbeiten habe ich stets mit Nachdruck auf diese Eigenschaft der Bindehaut hingewiesen und besonders die intensiven Erkrankungen hervorgehoben, von welchen die BindehauÜ befallen werden kann und diese als die Quelle für den Augen­apparat schädlicher Complicationeu dargestellt. Wir finden also die Binde­haut häufig im kranken Zustande und zwar primär zumeist unter jenen Erscheinuugen, welche man in der Regel unter Entzündung zusammenfasst.
Die hieher gehörenden Zustände sind im Allgemeinen mit dem Namen Conjunctivitis zu bezeichnen. Doch die Verschiedenheit derselben bezüg­lich des Sitzes, des Grades etc. erfordern eine specielle Gruppirung. Die­selbe kann jedoch weder haarscharf durchgeführt werden, noch kann mau eine strenge Ausschliessung der speciellen Formen untereinander aufstellen.
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Die Biudehauterkraukungen sind vielmehr eine Kette pathologischer Processe, welche sich nicht abgeschlossen, einzeln für sich, scharf begrenzen lassen, sondern durch Vermittlung von Uebergangsgliederu als Theile in der ganzen Kette anzusehen sind. Als die eigentlichen Träger eines jeden Processes in der Bindehaut sind die Biudegewebskörper anzusehen. Der entzündliche Process in der Bindehaut ist immer mit Hyperaemie des Gefüges eingeleitet und nimmt dann schliesslich nach Intensität des Pro­cesses einen productiven Character an.
Höhere Intensitätsgrade der Entzündung bestimmen dann die Höhe der als Complication aufgetretenen Consecutivprocesse der mit der Con­junctiva in unmittelbarer Nähe befindlichen Balbustheile.
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Bindehautcatarrh.
(Conjunctivitis catar rhalis.)
Als Bindehautcatarrh bezeichnen wir eine Entzündung der Augen­bindehaut, die sich in einer vermehrten Gefässinjection mit nachfolgender vermehrter Ausscheidung eines schleimigen, eiweisshältigen Secretes zu erkennen gibt; bei minderem Grade ist die Hyperaemie und Lockerung des Bindehautgefüges blos auf den Tarsaltheil vom Lidrande aus be­schränkt; im höheren Grade participireu auch die Conjunctiva bulbi am Processe.
Charakteristisch ist neben den Erscheinungen der Hyperaemie und Gewebsschwelluug die Absonderung eines trüben schleimigen oder schleimig eiterigen Secretes in wechselnder, jedoch massiger Quantität.
Symptome.
Die Hyperaemie ist die hauptsächliche Erscheinung der Bindehaut-catarrhe, sie ist in- und extensiv und nach dem Grade der Affection sehr wandelbar.
Sie kann sich auf einzelne Partien der Bindehaut beschränken, fängt zumeist von beiden Lidrändern an und setzt sich in den faltigen Theil, das dritte Augenlid und die Conjunctiva bulbi, welche dann netzförmig injicirt ist, fort.
Die Conjunctiva ist im Beginne der Hyperaemie hellroth, auch Scharlach- und gelblichroth, letzteres, wenn die catarrhalische Erschlaffung eintritt, Kupferröthe erreicht sie nie; und in einem solchen Falle ist die Diagnose mit Vorsicht zu stellen und Blennorrhöe zu vermuthen. Die Köthe findet man weiter am Tarsaltheile dicht gleichmässig, z. B. wie die gleich-massige Farbe des Scharlachtuches, am Uebergangstheile in die Conjunc­tiva bulbi streifig netzförmig; im späteren Stadium wird sie schmutzig röthlichgelb. Die Gefässfülle und die Schwellung des Conjunctivalgewebes
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kann schliesslich bis zur Chemosis gedeihen. In den späteren Stadien kann das geschwellte Conjuuctivalgewebe unter Abnahme der Turgescenz faltig und schwammig gelockert werden.
Durch die Schwellung kann der üebergangstheil zu einer die Cornea buckeiförmig überragenden Falte emporgetrieben werden. Ebenso ist ein bedeutendes Symptom die Schwellung der Schleimfollikel im Lid und Uebergangstheile in Form von blassgelben durchsichtigen Bläschen, die im Parenchym sitzen und wenig über der Oberfläche hervorragen; die Schwellung Palpebraltheile ist eine bedeutende; dieselben sind durch ihr körnig-filziges Aussehen charakterisirt. In solchen Fällen ist man nicht mehr vermögend die Meibom'schen Drüsen zu sehen. Oft kommt auch eine ödematöse Schwellung einzelner Bindehautpartien vor, ohne dass eine sehr intensive Hyperaemie oder gar ein Entzüudungsprocess die Ursache davon wäre.
Die Secretion ist im Anfange bei anhaltender Hyperaemie sparsamer, später reichlicher. Sie ist nach der Intensivität des Processes schleimig, serös schleimig oder schleimig-eitrig.
Nach der Entwicklung des Processes steigt die Secretion des schlei­migen Productes und kann oft den Charakter des reinen Eiters annehmen, dessen consistente Bestandtheile legen sich gern an den Winkeln der Karunkel und Cilien an und bilden, durch die Luft vertrocknet, eine spröde, gelbliche Kruste.
Durch eine beständige Benetzung der Lidspalte mit dem reichlich ausgeschiedenen Producte sehen wir eine Erweichung und Auflösung der Epidermis an solchen Stellen, Escoriation und Haarverlust (besonders bei Masseucatarrhen im Hochsommer, von welchen das Hornvieh am Stoppelfeld oft befallen wird, ist dieses Symptom sehr ausgeprägt). In dieser Flüssig­keit ist aufgelöstes oder unzerstörtes, einfach abgestossenes Epithel in Begleitung von Fett und Schleimkugeln mikroskopisch nachzuweisen; sicher ein üeberproduct der Meibom'schen und anderen Gewebsdrüsen.
Oft bilden sich unter Begleitung obiger Erscheinungen an den Winkeln, oder der Conjunctiva bulbi Pusteln mit consecutiver Geschwürs­bildung in Form eines oder zwei bis drei ganz kleinen oberflächlichen Geschwürchen mit Auflockerung und Anschwellung der umgebenden Binde-bautpartie.
In der Menschen - Augenheilkunde wird diese Form Ophthalmica catarrhalis pustularis genannt. Sehr bedeutende Einspritzungen der Binde-hautgefässe am Hornhautrande können einen hellrothen Saum um die Horn­haut verursachen. Diese Form hat man zum Unterschiede der von den oben beschriebenen auf dem Tarsal und Üebergangstheil der Bindehaut be­schränkten einfachen Augencatarrh, Ophthalmica catarrhalis genannt (siehe Arlt); die seröse Schwellung im Uebergangs- und Scleraltheil, die dann einen, förmlichen Wal! in die Cornea bildet (Arlt meint nach plötzlicher
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Erkältung), ist schou erwähnt worden. Mit solchen Schwellungen ist auch Oedem der Lider längs der Bänder (Oedema callidum acuta) verbunden; ebenso Erweichungen einzelner Bindehautpartien, durch Hirse-, Hanfkorn-und Maisgrosse weisse Stellen (häufig bei Pferden), an denen das Epithel abgestossen erscheint, die aber durch Ersatz des Ephithels und Straffheit des Gewebes bald zur Heilung gelangen.
Ein Mitergriffeusein der Hornhaut kommt bei Bindehautcatarrhen nicht vor, und in solchen Fällen, wo die Hornhaut an der Action parti-cipirt, ist sicher Blennorrhöe vorhanden.
Ursache.
Das primäre Auftreten des ßindehautcatarrhes ist durch Schädlich­keiten bedingt, welche die Conjunctiva direct betreffen; traumatische Ein­wirkungen, fremde Körper im Auge, chemische ßeagentien, zwecklose Behandlung mit übermässig ätzenden Substanzen sind sehr häufige Ver­anlassungen von Bindehautcatarrhen; ferner auch unreine Stallluft, scharfe, schädliche Exhalationen organischer Abfälle und Excremente; starker an­haltender Strassenstaub während der Verwendung der Thiere. Scharfe, grosse Disteln auf der Weide und am Stoppelfelde können auch als Ur­sachen angenommen werden.
Nicht selten ist unterdrückte Hauttranspiration, jähe Witterungs­änderung, scharfe Ost- und Westwinde der Veraulasser von Biudehaut-erkraukungen in Masse, die dann epidemisch vorkommen und auch die Möglichkeit der Ansteckung für sich haben, obzwar von Arlt eine solche nicht beobachtet wurde.
Weiter wird auch eine Ansteckung von vielen Seiten hervorgehoben obwohl eine solche von mir bisher nicht beobachtet wurde.
Als Consecutivleiden ist der ßindehautcatarrh ein steter Begleiter der Bleunorrhöe, entweder als Vorläufer oder Nachzügler, kann aber auch bei der Entzündung der Schutzorgane, z. B. der Augenlider, des Trachom, der Drüsen etc. erscheinen. Affectionen der Chorioidea, Cornea und Iris werden in der Regel durch Erscheinungen, die der Conjunctivis zukommen, besonders aber in höheren Stadien der Monatblindheit, als Begleiter von Allgemeiuerkrankungen, wie der Influenza der Drüsen, Lungen- und Bron-chialcatarrhen, des Typhus zur Beobachtung kommeu, und hat dann ein richtiges pathognostisches und diagnostisches Interesse, so z. B. bei Pocken, Hautkrätze etc.
Verlauf, Ausgänge und Prognosis.
Der Verlauf der Conjunctivitis ist im Allgemeinen abhängig von der längeren oder kürzeren Einwirkung der Ursache.
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Dort, wo die Einwirkung der Ursache lange und fort besteht ist der Verlauf oft ein sehr langwieriger, überhaupt neigt die Binde- sowie jede Schleimhaut zu chronischen Processen; bei frisch entstandenen Bindehaut-catarrheu, wo die Möglichkeit vorhanden ist, die Ursache ausfindig zu machen und zu beseitigen, ist der Verlauf bei Einleitung einer richtigen Theraphie ein verhältuissmässig kurzer, die Prognosis im Allgemeinen günstig zu stellen und auf baldige Heilung zu hoffen; schwerere Fälle können jedoch oft sehr langwierig werden.
Unter günstigen Verhältnissen ist der Ausgang Heilung, doch kann der Bindehautcatarrh, wenn er chronisch und hartnäckig ist, den Boden zur Blennorrhöe sehr geeignet vorbereiten und bei den geringsten Reizungen, welche überhaupt Blennorrhöe hervorzurufen geneigt sind, zu derselben ausarten, man sagt dann: der Catarrh ist in Blennorrhöe übergegangen; besonders dürfte dieses dann vorkommen, wenn Catarrhe die Infection der Blennorrhöe unterstützen.
Langwierige Catarrhe können einen granulösen Zustand der Binde­haut hinterlassen, den man als Trachom bezeichnet. Verdickungen der Augenlider, Sprödigkeit einzelner Bindehautpartien, Affectionen der Thränen-drüse, Schrumpfung der Bindehautexcoriationen sind zu den ungünstigen Ausgängen zu rechnen.
Therapie.
In therapeutischer Beziehung sind Bindehautcatarrhe in Begleitung anderer Krankheiten, als Drüsen, Influenza, Staupe, möglichst indifferent zu behandeln; bei Krätze und Pocken ist auf das Primärleiden besonders Rücksicht zu nehmen.
Als selbstständige Krankheit behandelt, ist vor Allem eine ent­sprechende Augendiät einzuhalten, die in der Fernhaltung aller möglichen Reizungen besteht und oft allein zur Heilung ausreichend ist.
Solche Reizungen sind Rauch, Staub, grelles Licht, grosse Dunkel­heit, dumpfer Aufenthaltsort etc. Die Entfernung von möglicherweise im Auge sitzenden fremden Körpern ist selbstverständlich; es geschieht dies am besten mit einer feinen Augenpinzette, wenn die Fremdkörper sehr klein und fein sind, als Horn, Distelfäden, Staub, oder mittelst eines in gummi arabic.-Lösung getauchten Augenpinsols. Um die Augenlider aus­einander zu halten, benützt man am besten den von Stockfieth empfohlenen Stumpfhaken.
Von Professor Dr. Berlin wird ein praktischer Augenlidhalter empfohlen, der in der Thierarzneischule zu Stuttgart verwendet wird und von dem bereits gesprochen wurde.
Entfernung der Reagentien oder Neutralisirungen derselben mit öligen schleimigen Mitteln, durch Milch etc. ist vor der Einleitung der Behand-
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lung eine Bedingung. Oftmaliges und wiederholtes Einspritzen mit lauem Wasser oder einer Eibischwurzelabkochung sind sehr geeignet, den ätzenden Stoff, z. B. Kalkstaub und andere Chemikalien, aus dem Bindehautsacke zu entfernen. Heftige Hyperaemien und Entzündungserscheinungen mit dunkelrother oder scbarlachrother Bindehaut, mit bedeutender Gefassinjec-tion erfordert die Anwendung allgemeiner und örtlicher Antiphlogose, während schleichende Processe diese nicht vertragen, besonders wenn die Bindehaut gelblichroth, locker und erweicht ist.
Zur Anwendung örtlicher Antiphlogose eignen sich besonders kalte üeberschläge, sei es Eis oder sehr oft gewechseltes Brunnenwasser mit oder ohne Zusatz vonBleiessig, Bleiwasser, Salmiak, Weingeist, Schmuckerische Lösung, Böete Mischung etc., Purganzen durch Aloe, Doppelzalz mit Zu­satz von Nitrum oder cremor tartar, unterstützen das örtliche Verfahren ganz besonders; auch ist die wohlthätige Wirkung von Weinstein und Brechweinstein bei allen entzündlichen Augenaffectioneu hervorzuheben und Jedem zur Anwendung zu empfehlen.
Die Grosse und Menge der Dosen werden vom ordinirenden Arzte je nach umständen schon bestimmt werden können; ich habe mehrmals über 2 Tage innerlich Arzneien verwendet. Im Stadium der Secretion sind Colinen aus Silbersalpeter oder Sublimat zweckdienlich. Zinkvitriol, Alaun, mit Zusatz von Opiaten und Narcotica.
Dort wo der Catarrh längere Zeit andauert, ist die Schleimhaut ge­lockert und sind gar Escoriationsfurchen vorhanden, dann sind stärkere Colinen nöthig, besonders ist da Lap. divinus in Aqu. destill, zu empfehlen; sehr gut und von mir oft mit Erfolg angewendet wurde Colirium adstring. luteum, rein oder mit destillirtem Wasser gemischt, nach der Erschlaffung und Production.
Es gibt verschiedene Col. adstring. lut.; am gebräuchlichsten ist das — beiläufig nach Vorschrift:
Sal. amon 1-50. Sulf. Zinc. 2,0, solv. in aqua destill, com. 150. adde Camph. in unciam una alcoholis gr. specif. O850 solut 0-tiO.
Croc. austr. 0-14. Mixt, diger. in color, grad. ßeaum. 3Ü0/0—350ln ad perfact. croci. Exts. Rignif. filtr. et extibit usui. (Arlt.)
In Stadien der Erschlaffung sind überhaupt Adstringentia angezeigt; in leichten frischen Fällen sind Lösungen von Silbersalpeter oder Sublimat wirksam, mit Zusatz von Tinct. opii. crocat. oder Tinct. opii. simpl. in sehr schwachen Lösungen 2—3 mal täglich zu 8 — 12 Tropfen in das Auge getropft oder mit einem Pinsel oder Feder auf die Lider gebracht, z. B.:
I. Lap. infern. O'IO.
Tinct. opii. croc. gutt. sex. Aqu. destill. 150.
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II. Merc. subl. coir. 07.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;VII. Lap. divin. 050.
Tinct. opii. crocat. gutt. 20.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Tinct. opii. simpl. 20.
Apua destill. 40*0.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Aqu. destill. 60-0 etc. etc.
III. Zinc, sulfur. 10
Tinct. opii. simpl. 3-0. Aqu. destill. 1200.
VIII. ßp. Calcii. chlorotae l'OO Aquae destill. 100-0 Filtretur Sg. Bei Eitriger Conjunctivitis) zum Auspinseln.
IX. Ep. Acidi salicylici 0-30. Acidi borici 1-00. Aquae destill 100-0. Sg. Bei iufectiöser Binde­hautentzündung.
(Dr. E. Vogel).
IV. Lap. divin. 050.
Muc. gum. arab. 200-Aqu. dest. 90-0.
V. Cupr. Alum. 0-30. Tinct. opii. 1-50. Aqu. destill. 20-0.
VI. Lap. infern. 20. Aq. destill. 200 S. zum Auspinseln.
Das Anwenden von Colinen ist bei Pferden und anderen Haus-tbieren zu umständlich, sogar oft gänzlich wirkungslos; denn in vielen Fällen wird die Colinenflüssigkeit abfliessen, ohne in das Auge zu ge­langen oder den Bindehautsack zu beirren; bei chronischen Catarrhen sehen wir oft Colinen, wenn nicht schädlich, so doch ohne Erfolg. Hier ist Anwendung von Augensalben besonders am Platze, wie auch im All­gemeinen die Salbenform in der Veterinär-Augenpraxis, wenn es die dazu verwendeten Chemikalien erlauben, viel vortheilhafter anzuwenden ist, als flüssige Medicamentenformen.
Hier ist der Vortheil der leichteren Application mit der beständigen und sicheren Wirkung vereint.
Zur Augensalbe ist zu empfehlen, weisses und rothes Präcipitat in Fett, Butter oder in ung. emoliens, in den Bindehautsack, je nach Erfor-derniss Mais- oder Erbseukorngross 2—3mal täglich zu bringen; bei stärkeren Entzündungen nimmt man lap. divin. mit Zusatz von Opiaten dazu z. B.:
I. Mercur. corosiv. 0-ö. Ung. emol. 15-0.
II. Merc, praeeip. alb. r5. Ax. porc. 20-0.
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III.nbsp; Lap. divin. 0 50. Hypr. praecip. rubr. 10. üng. emol. 150.
IV.nbsp; Hydr. praecip. rubr. 1*0. üng. glycer. 15-0.
V. Hydr. praecip. rubr. 20. Flor. zinc. 1-0. Urg. emol. 25-0. VI. Merc, praecip. rubr. Camphor, a a. l-0. Ung. emol. öO'O etc. etc.
Am besten ist diese Salbe unter das obere Augenlid zu streichen, von wo aus sie auf den ganzen Bindehautsack durch die erfolgende Thränensecretion vertheilt weiden; gegen etwa vorhandene Lichtscheue sind Einreibungen von Mercursalbe auf den Augenbogen von Nutzen.
Die Ausenblennorrhöe.
Bis auf die veröffentlichte Arbeit in der deutschen Zeitschrift für Thierheilkunde und vergleichende Pathologie über Augenblennorrhöe der Pferde (Band 18. Jahrgang 1878) und in der österreichischen Monats­schrift für Thierheilkunde, ist unter diesem Namen blos vom Verfasser eine Augenkrankheit in der Veterinärliteratur beschrieben worden. Obzwar diese Krankheit immer bestanden hat und in allen Veterinärwerken, welche über Augenkrankheiten handeln, theils besser, theils mangelhafter be­schrieben wurden; ist doch kein Beobachter auf den richtigen patholo­gischen Grund des Leidens gerathen, sondern haben sich zumeist in weiten Kreisen vielseitiger Irrungen bewegt.
Bleiweiss, Teneker, Strauss, Haubner, Her twig etc. beschrieben diese Krankheit mehr weniger vollkommen als böse Augen, bösartiger Augencatarrh, immer jedoch theils mit der Monatblindheit, theils mit dem eigentlichen Augencatarrh vermischt, ohne strenge wissen­schaftliche Scheidung.
Haubner ist in seinem Lehrbuch der inneren und äusseren Krank­heiten sect;. 292—294, Seite 357—358 der Sache am nächsten gekommen und beschreibt Erscheinung und Behandlung einer Art äusseren Augen­entzündung, die sonst nichts sein kann als Blennorhöe. In vorerwähnter Abhandlung über Augenblennorrhöe der Pferde, abgedruckt in der deutschen Zeitschrift für Thierheilkunde und Pathologie, habe ich die Geschichte meiner Forschung und .Erkenntniss dieser Krankheit besonders hervor­gehoben, aus welcher ersichtlich ist, dass die verderbliche Augenkrankheit wohl in allen Veterinärwerken erwähnt, niemals aber am richtigen Orte und mit richtiger Erkenntniss beschrieben wurde.
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Bevor ich auf meiueu jetzigen Posten berufen wurde, practicirte ich im kön. ung. Gestüt Mezöhegyes. Schon beim Antritte meiner Amtsthätig-keit machte mich mein Chef besonders darauf aufmerksam, dass in meinem Amtssprengel eine bösartige Augenkrankeit, von welcher die Pferde jenes Kreises befallen werden, herrsche, und dass es meine ganz besondere Aufgabe sei, dieser Krankheit, welche durch ihre Verheerungen der Bevölkerung schon zahlreiche Pferde verstümmelte und in mancher Hin­sicht dienstuntauglich machte, Herr zu werden. Er empfahl mir, dieser Aufgabe mit umsomehr Fleiss uud Umsicht nachzukommen, als die schon zahlreichen, an die höhere Behörde gelangten Klagen über die seuchen­artige Krankheit bedenklich werden; meine Aufgabe sei um so rühmlicher, nachdem das Einschreiten schon so vieler ausgesandter Fachmänner und Commissionen erfolglos blieb.
Voller Hoffnung und mit frischem Muthe versprach ich, dieser mir gestellten Aufgabe gerecht zu werden und stellte mich in kurzer Zeit, meinen Posten einnehmend, der mir vorgesetzten Behörde zur dienstlichen Verfügung.
Zu meiner Beschämung muss ich leider gestehen, dass ich die mir gestellte Aufgabe als einen ganz geringfügigen Gegenstand vorstellte und mit einer grenzenlosen Sorglosigkeit und Zuversicht an die Bekämpfung dieses — meiner Ansicht nach — ganz bedeutungslosen Uebels ging, welches in den Ännalen der Veterinärgeschichte zweifellos ohne Beispiel dasteht.
Und wie auch nicht?
Gab es doch nach meinem Dafürhalten in jener Zeit keine patholo-logische Veränderung des Auges, die ich nicht kannte?
Besuchte ich doch fleissig alle Vorträge an der Schule, war wirk­licher diplomirter Veterinär und practicirte unter der Leitung tüchtiger Fachmänner.
Lauter Umstände, die mich in meiner Meinung nur noch bekräftigen konnten. Es war diess jener Eigendünkel der Jugend, welcher Jedermann mehr oder weniger kurze Zeit zum Opfer fällt, und von welchem man sich sobald als möglich loszumachen trachten muss.
Zu bald jedoch sollte ich mich davon überzeugen, wie geringfügig ich eine so ernste Sache genommen und wie schwierig meine Auf­gabe war.
Im Anfange fiel mir zwar die Menge der theils auf einem, theils auf beiden Augen erblindeten Pferde auf, welche in dieser Gegend vor­herrschten.
Mancher Eigenthümer und Züchter hoffte durch mich das kranke Auge seines Pferdes zu heilen und ich wandte auch alles, was mir aus der Augenheilkunde bekannt war, an, gab dem Eigenthümer die besten
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Hoffnungen, und glaubte selbst am meisten an den Erfolg meines Heil­verfahrens ; diese meine Hoffnung war um so grosser, als gerade in jener Zeit ein Stillstand im seuchenartigen Herrschen dieser Augenkrankheit eintrat, ich aber diese scheinbare Besserung zu Gunsten meines Einschreitens in Kechnung stellte.
Als aber Wochen, Monate, ein halbes Jahr verstrich und ich nicht nur keine Besserung, sondern mit jedem Tage heftigeres und häufigeres Auftreten der Krankheit sah, und ich gewahrte, dass ein Pferd um das andere seines Augenlichtes verlustig wurde, als ich endlich zur üeber-zeugung gelangte, dass mein Heilverfahreu geradezu zwecklos ist, und durch Beobachtungen zur Einsicht gekommen bin, dass alle kranken Pferde im Wesentlichen an einer gleichartigen Krankheit leiden, dass diese Krank­heit bei einzelnen Individuen verschieden erscheint, kurz, als ich sah, dass ich hier mit einer Krankheit zu thun habe, die ich nicht kenne, von der ich nichts gehört, die mir also ganz unbekannt ist, da verwandelte sich meine in Hoffnungen gewiegte Zuversicht in eine grenzenlose Verzweiflung.
Zwei Jahre waren schon verflossen, ich kannte zwar das Wesen der Krankheit schon ganz genau, mir war ihr Auftreten, ihr verderbliches Portschleichen bekannt, hie und da waren auch Heilversuche gelungen, aber diess konnte man alles blos dem Zufalle zuschreiben.
Meiue Lage war schrecklich; von einer Seite schwand das Vertrauen der Bevölkerung, besonders der Züchter, von der anderen Seite drückte mich die Unzufriedenheit meiner Vorgesetzten. Die Züchter der Gegend Hessen sich zumeist Thierärzte von aussen kommen, doch denen ging es so wie mir.
Der eine declarirte die Krankheit als Augenseuche, der andere als Monatblindheit, der dritte als eine vom Futter, Getränke etc. herstammende Krankheit und als schliesslich ein Professor der Thierheilkunde einen wissenschaftlichen Vortrag über die Vererbung dieser Krankheit und In­zuchtsfolgen hielt, und diesen Fall hier argumentirte, da konnte ich mich doch eines Lächelns nicht erwehren, und gewann die üeberzeugung, dass diese, „an meiner Verlegenheit sich labenden Herrenquot; in dieser Sache nicht weniger, doch jedenfalls nicht mehr wussten als ich, besonders aber konnte ich nicht die Inzucht auf einer Fläche von 125 Qu.-Klm. als Ursache dieser Krankheit begreifen.
Nach eifrigen Studien über dieser Gegenstand in von der Veterinär­kunde handelnden Werken kam ich zur Schlussfolgerung, dass diese Krank­heit weder aufgezeichnet noch beschrieben ist.
Zwar fanden sich einige unbestimmte Andeutungen (Strauss, Blei-weiss), die ich so zu sagen nur erhaschen konnte, die aber entweder sehr unvollkommen beschrieben oder beobachtet wurden.
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Besonders waren es die sehr weitgreifenden und ausgedehnten Be­griffe der sogenannten Augenseuchen, dann einer äusseren und inneren Augenentzündung, die mir jede Basis einer Handlungsweise entzogen.
Als die Bevölkerung und besonders die Züchter endlich durch Er­fahrung belehrt wurden, dass die fremden Fachmänner in keiner Weise mit ihrem Rath genutzt haben, schöpften sie wieder einiges Vertrauen zu mir, da ich durch die leider so zahlreiche Praxis doch etwas er­fahren war.
Ich aber verliess mich auf meine eigene Kraft, beobachtete, machte Versuche, studirte mit Fleiss die Anatomie des Auges bis in das kleinste Detail, beobachtete den pathologischen Process und Veränderungen am Auge mit einer ängstlichen Aufmerksamkeit, verschaffte mir aus der Menschen - Augenheilkunde die vorzüglichsten oculistischen Werke von Peiringer, Arlt, Stellwag-Carion, Rosas etc. und verglich das so Gelernte mit dem Vorgefundenen oder bereits Erfahrenen. Besonders kam mir in dieser Periode die neuerdings mit einer besonderen Heftigkeit unter den Pferden der eine halbe Stunde Weges entfernt liegenden Ca-vallerie-Landwehr-Garnison auftretende Krankheit zu statten, wo ich die Stelle des Militärveterinärs zeitweilig inne hatte und bei mehr als 60 Stück Beobachtungen anstellen konnte, und Versuche auch ungehindert machte.
Auf diese Art eroberte ich mir allmählig, Schritt für Schritt, festes Terrain auf dem bis jetzt mir unbekannten Boden, lernte das Wesentliche von dem Zufälligen unterscheiden, zog eine Grenze zwischen Haupt- und Folgeleiden, bis ich mir endlich ein zusammenhängendes Ganzes bilden konnte.
War ich endlich mit dem Charakter der Krankheit im Klaren, dann bildete ich mir, gestützt auf die nun ziemlich zu Gebote stehende Theorie und nach meinen gemachten Erfahrungen eine Therapie, die schliesslich von einem grossen Erfolge gekrönt wurde, so dass ich von zehn Kranken sicher neun heilen konnte, also in dem Verhältnis zu den Verheerungen, die die Krankheit vorher gemacht hait, ein sehr günstiges Resultat er­zielte.
Nachdem ich alles Erfahrene gründlich durchgedacht, kam ich zur sicheren üeberzeugung, dass diese Augenkrankheit, mit der ich 4 Jahre so viel zu kämpfen hatte, die „Augenblennorrhöequot; ist und schliesslich als Folge oder selbstständige Form das granulöse Augenleiden oder Trachom nach sich ziehen kann.
Ich kam aber auch zur Einsicht, dass diese verschiedenen Formen immer den blennorrhöetischen Grundcharakter haben, und dass diese ver­schiedenen Formabweichungen keine selbstständige Krankheit darstellen, ähnlich wie ja auch der Antrax ziemlich abweichende klinische Krank-
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heitsbilder darstellen kann. Diese meine Beobachtungen werde ich trachten, den geehrten Fachgenossen nach Möglichkeit klar darzustellen, und wenn vielleicht durch weitere Forschung auch gerade nicht alles bleibenden Werth behalten sollte, so verbleibt dennoch, davon bin ich überzeugt, manches hier erwähnte als bereits fertiges unumstössliches Factum.
Nun schliesse ich meinen Vorbericht; ich glaube, er war nicht über­flüssig, da er doch die Geschichte meiner Forschung wiedergibt, ander­seits dem Leser ein klarer Beweis sein soll, dass es kein zerfallendes Phantasiegebilde ist, sondern erfahrene, durchforschte Thatsachen.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass mir die Beobachtung einer blennorrhöetischen Augenkrankheit bei Menschen in Masse (Ophtalmie) noch mehr Klärung und Ueberzeugung verschaffte.
Folgen wir der näheren Bezeichnung der Bindehautkrankheiten, so wäre die Blennorrhöe nach der ethymologischen Bedeutung des Wortes ein „Schleimflussquot; und finde ich die Wurzel seines sprachlichen Ursprunges in den griechischen Wörtern ßlew Schleim und agciv fliessen; obzwar mein Bischen Gymnasialgriechisch schon längst verraucht ist, ich also weder das Verständniss noch den Willen habe, über solche Wortbedeutungen abzuhandeln, die ja doch im Grunde zum Wesentlichen nichts beitragen, so mögen sie doch, als zum Ganzen gehörend, hier erwähnt sein. Nach dem medicinischen und pathologischen Begriife aber ist Blennorrhöe ein Schleimfluss, abgesondert von abnormen Schleimhäuten und sowohl in Quantität als Qualität von abnormer Beschaffenheit.
Bei näherer Specificirung des pathologisch-anatomischen Zustandes des krankhaften Gewebes, wäre dieser Begriff nirgends begrenzt und da jeder Schleimfluss folgerichtig nur an den Schleimhäuten seine Quelle hat, deutet der Begriff der Blennorrhöe auf eine entzündliche Affection der Schleimhaut hin, worin ein seroplastisches oder mehr weniger plastisches Exsudat einen Absatz in das Gewebe findet.
Nach den Veränderungen, die im Gewebe vorgehen, ändert sich auch die Oberfläche der erkrankten Schleimhaut und sondert je nach dieser ein Fleischwasser ähnliches schleimig-blutiges, eitriges oder rein schleimiges Secret ab.
Augenblennorrhöe ist demnach ein pathologischer Zustand des Auges resp. der Bindehaut (also einer Schleimhaut), wodurch in Folge einer entzündlichen Action mehr oder weniger seroplastisches oder plastisch seröses Exsudat in eben diese Bindehaut abgesetzt wird, und wobei die Oberfläche dieser Schleimhaut eine grössere Menge Schleim, Epithelial-detritus und eitrigen Ausfluss im Verlaufe dieses Processes secernirt.
Gleich allen Schleimhautaflectionen findet auch die Augenblennorrhöe ihre Abstufungen im Augencatarrh; doch die Endresultate beider Processe
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sind höchst verschieden und haben dieselben nur insoferne eine Verwandt­schaft, als der Augencatarrh unter dem Einflüsse gewisser, für dessen Verlauf ungünstiger Umstände in Augenbleunorrhöe übergehen kann, resp. die Prädisposition für Blennorrhöe geschaffen hat; obzwar es dann in einem solchen Falle schwer wird, die Grenze zu bestimmen, wo der Catarrh endet und die Blennorrhöe anfängt, ja eine solche Bestimmung selbst zur Illusion wird.
Der Unterschied eines reinen Augencatarrhes von der Blennorrhöe liegt in der abnormen Beschaffenheit und Veränderung des producirenden Gewebes, während die Producte des Catarrhes nur von einer rein entzünd­lichen Action der betieöenden Schleimhaut herstammen und diese ent­zündliche Action nur die Schleimhaut betrifft und alle nächstliegenden Gewebe unberührt lässt.
Folgerichtig kann diese geringfügige, blos auf die Schleimhaut sich beschränkende Affection nicht jene Masse sehr qualitativ veränderten Exu-dates secerniren, als die hochgradige Action, welche bei der Blennorrhöe zum Vorschein kommt, und nicht blos auf die Schleimhaut, sondern auf das Ganze der nächstliegenden Bindehautgewebe, ja sogar auch den ganzen Sehapparat in Mitleidenschaft zieht und in Folge dieser hochgradigen entzündlichen Action für das Auge als höchst verderblich auftritt.
Die Unterscheidung dieser beiden Processe der Augenbindehaut ist zur Klärung der ganzen Sache unbedingt nöthig, weil sie für diagnostische Momente viel Werth hat und weil sie ferner in der Aetiologie der Blen­norrhöe eine Kolle einnimmt, da doch zugegeben wurde, dass unter Um­ständen der Catarrh in Blennorrhöe übergehen kann, das heisst dieser die Prädisposition und leichtere Empfänglichkeit schafft. Wer aber den Unter­schied beider Processe gesehen und begriffen hat, wird kaum in die Lage kommen, dieselben zu verwechseln.
Nachdem der Begriff der Blennorrhöe gegeben, stellt sich die Auf­gabe, die nun als selbststündig behandelte Krankheit einer genauen Be­sprechung zu unterziehen, bevor die Abstufungen und Formen dieses Leidens zur notwendigen Erweiterung gelangen.
Das ursprüngliche Auftreten der Augenblennorrhöe ist stets ein acutes, welches entweder in sehr kurzer Zeit zur höchst möglichen Ent­wicklung einer entzündlichen Affection gelangt und zwar mit den Resul­taten einer hochgradigen Exsudation, dickem eitrigem Ausfluss mit Er­griffensein der nächst der Bindebaut liegenden Gewebe, Blasenbildung, Trübung der Hornhaut und der Augenflüssigkeiten, Blut extravasation, ja schliesslich brandige phacölöse Excoriationen der Hornhaut, Auflockerung der Cornealsubstanz zu einer Blase, Berstung derselben und schliesslich
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Verlust des Auges; oder fiudet ihr Auftreten uach mehreren Stunden, selten aber nach einigen Tagen — nachdem die ursächlichen Reize, seien sie welche immer, gewirkt haben — statt, so stellt sich ein sero­plastisches Exsudat in der Bindehaut des Auges ein und reizt dort zu weiteren Veränderungen und Exsudationen mit mehr oder weniger sero­plastischem Charakter.
Dieser Process bleibt entweder auf die Bindehaut und die Augen­lider beschränkt (Blepharoblennorrhöe) oder erstreckt sich auf den ganzen Bindehautsack und veranlasst schliesslich eine entzündliche Action des mit der Bindehaut in Verbindung stehenden Gewebes (Ophthalmoblenuorrhöe). Diese zweiseitig vorherrschenden Anhaltspunkte, welche den Verlauf der Krankheit in einer oder der anderen Richtung begleiten, dienen zur Ab­stufung der zweierlei Formen dieser Krankheit in Blepharoblennorrhöe und Ophthalmoblennoirhöe. Die dritte Form des granulösen Augenleidens ist hier keine selbststäudige Form der Krankheit, sondern sie stellt eigentlich nur ein Folgeleiden einer der vorher erwähnten Formen dar — wenn Trachom überhaupt nach Blenuorrhöe vorkommen sollte — der Entzün­dungscharakter dieser Formen ist mit Rücksicht, auf die anatomischen Vorgänge theils exudativ, theils purulent und ulcerös, beim Vorhandensein hochgradiger Stasen ein degeuerativer und schliesslich bei der granulösen Augenentzündung ein productive!-.
Die Ausgänge der Krankheit sind sehr vielseitig und endet das Leiden, wenn zu seiner Bekämpfung irrationell vorgegangen wird, in der Mehrzahl der Fälle mit dem Verluste des Sehvermögens, sei es in Folge der zu hochgradigen Action und jener besprochenen Zerstörungen oder aber in Folge aller möglichen Complicationen und Folgeleiden, als: Trübung, Verbildung, Staar etc. Mithin hätten wir die Grundprincipien des Haupt­leidens klargestellt und werden uns in Nachfolgendem die speciellen Formen zum Vorwurf nehmen.
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Ursache.
Es ist wohl der schwierigste Theil meiner Aufgabe die ursächlichen Momente dieser Krankheit zu definiren und mit dem Wesen derselben in Einklang zu bringen. Schon im vorigen Abschnitte habe ich hervorgehoben, dass die Krankheitsformen dieses Leidens mit Rücksicht auf die ursäch­lichen Einwirkungen spontan und virulent sind; vor allem muss ich con= statiren, dass die Krankheit sporadisch und als Enzotie auftritt.
Was das Auftreten der Krankheit als Enzotie betrifft, so sind wohl die Hauptfactoren, welche die ursächlichen Momente beeinflussen, nebst einer herrschenden Krankheitsconstitutiou noch klimatische und tellurische Verhältnisse, welche nicht wenig zur Entstehung und Aufrechthaltung der Enzotie beitragen, wenn nicht dieselben ausschliesslich verursachen und
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unterhalten. Einflüsse der verschiedensten Art, denen die Pferde ausgesetzt, sind im Stande unter gleicher Einwirkung solche Affectionen der Augen­bindehaut hervorzurufen. Schnell wechselnde scharfe Winde, besonders wenn sie nass und kalt sind, haben diese Krankheit oft als Enzotie zum Vorschein gebracht; grosse anhaltende Hitze und übermässiger Staub er­höht die Empfänglichkeit des Auges für die Blennorrhöe. Zweifellos spielen in der Aetiologie der Blennorrhöe Pilze und andere Organismen eine nicht unbedeutende Rolle; durch vielseitige mikroskopische Untersuchungen blennorrhöesischen Secretes habe ich stets dariu Bacterien und Micrococen gefunden.*) Es entsteht also die Vermuthung, dass diese Gebilde durch Inoculation auf die Bindehaut als ursächliche Norm wirken und die Blen­norrhöe hervorrufen können, zumal Dr. Bayer nachgewiesen hat, dass durch septische Infection Augenentzündungen möglich sind. Locale Uebel-stände, ungünstige Bodenverhältnisse und nicht selten zweckwidrige Unter­kunft der Pferde machen ein vielseitiges Auftreten der Krankheit möglich; weiterhin sind es Fütterungsverhältnisse und das Einwirken klimatischer Einflüsse, welche der Krankheit einen enzootischen Character verleihen, und da nimmt der Jahreszeitwechsel einen ersteu Platz ein; denn ich beobachtete sehr oft, zeitlich im Frühjahre und Spätherbste ein gleich­zeitiges Auftreten der Krankheit unter solchen Umständen und in solcher territorialer Entfernung, dass man unmöglich eine Ansteckung in Com­bination ziehen konnte, während sich in anderer Zeit die Krankheit wieder verringerte, ja ihr Vorkommen als blos sporadisch aufgefasst werden konnte; dann kam sie wieder manchmal unter dem Einflüsse sehr unbe­deutender Witterungsverhältnisse, als Winde, Trockenheit, so wuchtig zum Vorschein, wie eine jede andere Seuche.
Eine untergeordnete Bedeutung für die enzootische Verbreitung hat der Charakter der Krankheit. Ich betone ausdrücklich „virulentenquot; und nicht contagiösen Charakter, denn in diesem Falle ist Virus und Contagium streng zu scheiden und es ist vielleicht bei keiner Krankheit, welche durch Ansteckung übermittelt werden kann, der Unterschied zwischen Virus und Contagium so klar ausgesprochen als eben hier, denn der Virus erhält erst dann seine Wirksamkeit als Austeckuugsstoff, wenu er zur Umsetzung der Producte im kranken Theile kommt und möglicherweise zur Bildung gewisser organischer Gebilde und Fermente (Pilze, Bacterien) reif wird oder diese Entwicklung befördert, während das Contagium un­abhängig von dem Entwicklungsgrade oder Fortschritte des Processes, von dem es abstammt, als Austeckuugsstoff wirkt, und es ist nicht nöthig zu seiner Wirkung einen gewissen Zeitpunkt abzuwarten; sein Wirkungs-
*) Die von J. Kristofovicz angebliche Ursache von Pilzgebilden im Auge, die Monatblindheit hervorbringen sollen, hat Einiges für sich, insoferne die von ihm beobachtete Krankheit Blennorrhöe ist.
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vermögon wird von keinem Zeitraum beschränkt, mag die Ansteckungs­quelle wo auch immer herstammen. (Centralblatt für medicin. Wissen­schaft, Entzündung der Hornhaut durch septische Infection.)
Diese Abgrenzung des Virus vom Contagium kommt eben bei der Augenblennorrhöe durchgreifend zum Vorschein.
Im November 1878 trat unter den Jährlingsfohlen des Gestütes Theresowatz die Blennorrhöe auf und war zuerst auf die Lider beschränkt [als Blepharoblennorrhöe], später aber erstreckte sich dieselbe auf den ganzen Bindehautsack und Bulbis als Ophthalmobleunorrhöe. Im Anfange erkrankten acht Stück theils an einem, theils au beiden Augen, und zwar so, dass von den Erkrankten keines bei den Andern gestanden ist. Fünf Tage später erkrankten vier Stück neuerdings, aber alle auf einem Auge und merkwürdigerweise auf jenem Auge, an welcher Seite das augenkranke Nebenpferd stand; diese vier Stück erkrankten nicht aus der Mitte der gesunden 43 Stück Fohlen, welche im Stall standen, sondern durch An­steckung vom Secrete der Kranken im Nebenstaude. Ich vermuthete also eine Ansteckung; diese meine Vermuthung bestätigte sich bald als richtig; nach diesen Fohlen erkrankten im zweiten Stall 3 Stück dreijährige Hengste an derselben Krankheit. Der Stall war weit entfernt von dem ersten, also musste ich auf spontane Entstehung schliessen. Ich sonderte die Kranken von den Gesunden (es waren 11 Stück im Stalle) und die Kranken Hess ich weit von einander binden, reingte fleissig die beschmutzten Gegenstände, Raufen, Halftern etc. von Eiter und Schleimsecret und keiner der Hengste erkrankte am laquo;weiten Auge, auch die zurückgebliebenen Hengste blieben gesund.
Die Augenblennorrhöe ist zweifellos ansteckend, doch besitzt sie nach meiner Erfahrung und Beobachtung kein regelmässiges Contagium, sondern die Krankheit muss gewisse Phasen durchmachen, bis die Secrete eine ansteckende Eigenschaft erlangen, die Krankheit ist somit nicht in allen Phasen ihres Verlaufes ansteckend.
Der eingeleitete Krankheitsprocess muss erst gewisse Stufen durch­machen, bis er in jenes Stadium gelangt, dass die durch ihn erzeugten Producte und Secrete eine ansteckende Eigenschaft erhalten und als ein krankheitserregendes Agens auf den nächsten gesunden Organismus wirken können.
Der Ansteckungscharakter der Kränkelt also ist ein virulenter; nach­dem aber der Ansteckungsstoff vermöge seiner virösen Eigenschaft ein stabiler ist, ist die Gefahr der seuchenartigen Ausbreitung der Krankheit um ein Bedeutendes geringer, als diess bei Seuchen mit flüchtigen An­steckungsstoffen der Fall ist.
Eine Grenze der Verbreitung der Augenblennorrhöe durch Ansteckung bildet zweifelsohne auch der Umstand, dass der Ansteckungsstoff auf eine
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bestimmte Zeit, welche eben von dem pathologischen Vorgänge des Pro­cesses abhängig ist, beschränkt ist. Dieses mit dem zuvor Erwähnten mag wohl die Ursache sein, dass die Augenblennorrhöe nicht als Epizotie auftritt, sondern immer, wenn sie auch zeitweilig einen seuchenartigen Charakter angenommen hat, in die Grenzen der Enzotie zurücktritt und zumeist die ursächlichen Momente der Entstehung auf die Primärent-wickluug zurückführt; soviel von der virulenten Eigenschaft als ätiolo­gisches Moment.
Wohl sind in den meisten menschenärztlichen Werken über Augen­leiden manche Klagen verzeichnet über die grosse Verbreitung der Krank­heit durch Ansteckung, doch kein Autor hat die Flüchtigkeit des An-steckungsstoffes hervorgehoben; die Verbreitung lässt sich leicht durch Verunreinigung erklären, was doch beim Menschen und besonders bei der arbeitenden Classe sehr leicht geschieht. Während in den Werken für Menschen-Augenheilkunde darauf hingewiesen ist, dass häufig durch Ver­unreinigung ein Auge vom anderen angesteckt wird, habe ich diesen Umstand in meiner Praxis bei Pferden nur einmal beobachtet und glaube, dass die Ansteckung nicht so häufig ist, denn ich beobachtete bei Pferden, die als Paar vorgespannt waren, also immer in naher Berührung waren, doch keine Ansteckung, während wieder bei anderer Gelegenheit Ansteckung zweifellos bestimmt werden konnte. Sind überhaupt beide Augen erkrankt, so war die Erkrankung gleichzeitig.
Ursprünglich habe ich überhaupt an eine Ansteckung nicht glauben wollen, nur durch menschenärztliche Werke aufmerksam gemacht, haben mich vorgenommene Impfungen erst von der Ansteckung dieser Krank­heit belehrt; diese Impfungen haben mir eben den virulenten Character des Ansteckungsstoffes bewieseu und gezeigt, dass das Secret von gewissen Erkrankungen wirkungslos ist; die Mehrzahl der Erkrankungen von Augen­blennorrhöe Hess sich blos auf eine spontane Ursache zurückführen und erst von da an als Entwicklungsfolge auf eine virulente. Eine evidente Gelegenheitsursache war gar nicht nachzuweisen, ausser wie schon er­wähnt, scharfe Winde, Staub und etwa Hitze in sehr seltenen Fällen, andernfalls war schon die geringfügigste Keizung genügend, die Krankheit zum Vorschein zu bringen. Diese Reizung, sei sie welcher Art immer, unterstützt durch die vorerwähnte constitutionelle Anlage und hervor­gerufen durch die iocalen an die Gegend gebundenen klimatischen und tellurischen Einflüsse, war geeignet, eine solche Krankheit hervorzurufen. Ich kann es mir wenigstens auf keine andere Weise erklären; übrigens ist gerade die Aetiologie der Augenblennorrhöe der Pferde jener Theil, welcher der weiteren-Forschung noch am meisten bedürftig ist. Wie sich der Catarrh zur Augenblennorrhöe verhält, wurde bereits erwähnt.
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Symptome.
A) Die Blepharoblennorrhöe
wird desshalb als die geringere Form betrachtet, weil sie sich im Anfange zumeist auf den Tarsaltheil der Bindehaut beschränkt, also vor allem die Lidbindehaut betrifft und dann erst in weiterem Verlaufe auf die Con­junctiva bulbi und den ganzen Augapfel übergeht und zur Ophthalmo-blennorrhöe wird.
Die Erscheinungen einer solchen stellen sich je nach dem Grade der veranlassenden Heizung folgendermassen ein und potenziren sich in der Kegel im Zeiträume von 24—36 Stunden auf die höchste Stufe. Ge­wöhnlich wird die Abnormität des Auges durch den Eigenthümer oder Wärter dadurch bemerkt, dass das Auge eine reichlichere Thränenmasse secernirt als im normalen Zustande. Ferner ist das Eeiben und Kratzen der Augenlider an jedem den Pferden zugänglichen Gegenstand dem beob­achtenden Laien besonders auffallend, was erst in der Eegel zu einer näheren Untersuchung des so aufgeriebenen Auges Anlass gibt und zur Beobachtung der weiteren sich einstellenden Veränderungen führt.
Dem untersuchenden Arzte muss vor Allem das äussere Bild des Auges der Aufmerksamkeit werth erscheinen. Solch ein krankes Auge ist von dem oberen Augenlide ganz verdeckt, das untere Augenlid aber, so lange die Krankheit noch in der ersten Entwicklimgsperiode ist, trägt zur Schliessung des Auges bei, später jedoch, nach der bereits erfolgten vollkommenea Entwicklung des Leidens, ist das untere Augenlid dick, wulstig, vom Auge schlaff herunterhängend und lässt seine Schleimhaut-flache frei, obgleich sich das Pferd bestrebt, den Augapfel womöglich zuzudecken, um sich vor dem Licht, dessen Keizung dem Patienten sehr un­angenehm zu sein scheint, zu schützen; es mangelt ihm jedoch das Ver­mögen, das untere Augenlid zu schliessen, weil das sehr aufgewulstete Lid seinen Spielraum, den es zur Schliessung nöthig hat, vollkommen ausfüllt.
Nach dem Grade der Lidgeschwulst richtet sich die Contractions-fähigkeit der Lidmuskeln und liect^hS^SMem Augapfel mehr an, oder
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ab. Das obere/^^laquo;nW'^^^eijiß bedeutende Wölbung, ugapfel vergröggert,quot;1 ote^gjfe^us s^fidm Lager vorgefallen ;
lie Iß-a^che dieser ausser-itzünqliQhen Action, welche
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ativöraquo;.. Zustande vorfindet.
es AUgfeulides selbst findet 'schürfungen, Narben, Haar-iaguöäe einer traumatischen 6
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hochgradigen Augeulideutzüuduug oder eiuer traumatischen Blepharitis verleiten, doch stellen diese Verletzungen thatächlich nichts anderes dar, als die Folgen von ßeiben und Kratzen des Augenlides an jedem zugänglichen Gegenstand, was zweifellos desshalb geschieht, damit sich das Thier eines heftigen Juckreizes entledigt.
Die Augenwinkel sind von einer zähen, gelblichen eitrig-schleimigen Masse erfüllt, die Wimperhaare durch eine ähnliche Masse mit einander verbunden; die Thränensecretiou ist eine sehr reichliche und hinterlässt Spuren ihres Ausflusses längs der Backen und Gesichtspartie.
Diess wäre beiläufig das äussere Bild eines an Biepharoblennorrhöe erkrankten Auges und ist stets als ein richtiges diagnostisches Mittel zu gebrauchen. Oft ist die Bleunorrhöe noch in keiner Kichtuug entwickelt, und blos durch das heftige Reiben des Auges verräth das Pferd den Au-fang einer Verderben drohenden Action, die sich im Anfange in Juckreiz und wahrscheinlich auch heftigem Brennen (als Folge des hyperämischen Processes) kundgibt. Nimmt man am leidenden Auge eine nähere Unter­suchung vor, so liudet man hochgradig entzündliche Action der Lidbinde­haut, in der Kegel aber des ganzen Bindehautsackes; diese Action ist begleitet von einer mehr oder weniger intensiven Eöthe, Gefässinjection, filziger Auflockerung und Schwellung der betreffenden Bindehautpartie. Gleichzeitig sind die Gefässe der Conjunctiva bulbi ebenfalls injicirt, be­sonders um die Cornea herum, an einzelnen Stellen der geschwellten Augapf'elbindehaut lassen sich Blutextravasate nachweisen, die Cornea ist glänzend, die Lichtscheue als Folge des Coujuuctivzustaudes ist bedeutend. Somit hat die entzündliche Action begonnen und gibt sich durch Absatz der Exsudate in und auf die Conjunctiva zu erkennen.
Dieser activ entzündliche Zustand dauert einen bis vier, sogar sechs Tage, nebenbei nimmt aber die Infiltration in das Gewebe der Bindehaut und deren Fortsetzung immer zu.
Die Thränensecretion wird immer reichlicher, der Ausfluss aus dem Auge dicker und eitriger; besichtigt mau den hochgradig injicirten Binde­hautsack des ganzen Auges näher, so findet man an der Oberfläche, be­sonders am oberen Theile der Conjunctiva bulbi und an der Grenzfalte, wo die Augapfelconjunctiva in die Lidbindehaut übergeht, eine Anzahl ziemlich fester, sulziger, durchscheinender, graulicher oder graulich gelber Erhabenheiten, welche in Gestalt kugeliger Segmente in scharfer Ab­grenzung über die Oberfläche der Bindehaut hervorragen und in ihrer ganzen Form am besten mit den Körnern des Froschlaiches zu vergleichen sind; diese Körner lagern sich in der Kegel an der freien Fläche, welche die hochgradig injicirten Gefässe am Gewebe noch freilassen, also zwischen diesen Gefässen ein.
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Das Vorhandensein dieser froschlaich - ähnlichen Körner ist nicht blos auf die oberwähute TheilMäche der oberen Augapfelbiudehaut be­schränkt, sondern kann sich auf den ganzen Bindehautsack verbreiten, und zwar entweder einzeln oder angesammelt und gruppirt; doch ist der obere Theil der Conjunctiva bulbi in der Regel das Lageruugsbett dieser ker­nigen Gebilde, welche ganz sicher als die geschwellten kleinen Lymph-follikel der Conjunctiva zu betrachten sind. Nächst diesen Körnern findet man die Bindehaut mit serösem und seroplastischem Exsudate in oder an der Oberfläche iufiltrirt und ist die Consistenz und Beschaffenheit dieses Exsudates von der grösseren oder geringeren Plasticität oder Serosität ab­hängig ; das an die Oberfläche der Bindehaut angesetzte Exsudat erscheint als eine gelblich-weisse, durchsichtige, sulzige Masse, welche sich zumeist auf der inneren Fläche des Bindehautsackes einlagert. Die Lidbiudehaut selbst ist flächenweise bedeutend aufgelockert und sehr iufiltrirt. Doch das Augenlid und besonders das untere, ist in Folge der erfolgten Infiltra­tion wulstig. Die an der Oberfläche der Conjunctiva sich kreuzenden injicirteu Gefässe sind hochgeröthet und verleihen dem Bindehautgewebe, insofern dessen Fläche vom Exsudate frei ist, ein kupferiges Aussehen; besonders tritt diese kupferige Röthe am Rande des unteren Augenlides mit Nachdruck hervor; die Blinzhautschleimhaut ist in jeder Beziehung mit dem oben Gesagten im Einklänge. Ist der Entzündungszustand noch activ, so ist beim Betasten des Auges mit der Hand eine gesteigerte Temperatur nachzuweisen. Dieser active entzündliche Zustand dauert einige Tage, wobei die Infiltration in das Gewebe der Lidbindehaut und deren Fortsetzung immer zunimmt und der Ausfluss ein eitriger und klebriger wird, bis sich endlich der Process erschöpft. Fängt der Process an, sich seiner Erschöpfung zu nähern, so verliert sich allmählich — in 6 — 14 Tagen -=- die Lidgeschwulst, der Juckreiz scheint nachzulassen oder gänzlich zu verschwinden, die Lichtscheue wird geringer, das Thier versucht das Auge zu öffnen, die Turgescenz der Gefässe lässt nach und verschwindet schliesslich; die Lidbindehaut bleibt mehr oder weniger infiltrirt, hoch- oder tiefroth, an ihrer Oberfläche uneben und hügelig, der Uebergangstheil wulstig geschwellt, die Lider legen sich nicht genau an den Augapfel. Oft kommt es vor, dass das Augenlid längere Zeit, nach dem die entzündliche Action schon nachgelassen hat und der zurück­tretende Exsudativprocess sich legt, noch immer schlaff herunterhängt und zum Augapfel sich nicht schliesst. Bei manchen von der Blennorrhöe gänzlich ruinirten Bulben bleibt dieser Zustand längere Zeit; in der Regel ist eine Verdickung des Augenlidgewebes die Ursache dieser Er­scheinung. Bei der näheren Betrachtung des nunmehr freien Auges zeigt die Cornea öfters kleine Epithelial Verluste und Excoriationen, der Binde­hautsack secernirt noch immer eine grössere oder geringere Menge eitriger Flüssigkeit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;6*
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Die entzündliche Action hat sich in ihrem Fortschreiten nur auf­gehalten, es besteht aber dennoch ein Keizuugszustand, der bei der ge­ringsten Veranlassung das Weiterschreiten des Processes anregt. Sind nun die nöthigeu Bedingnisse einer Heilung vorhanden, so gebt nach 10—14 Tagen die Injection der Conjunctiva bulbi zurück und die Secretion wird geringer, nicht mehr eitrig, sondern blos schleimig mit voluminösen Flocken durchsetzt. Die Infiltrationen nehmen nach und nach ab und an der Blinzhaut treten manchmal kleine filzige, scharf begrenzte Auswüchse hervor. Es ist diess jene Partie, wo das Exsudat copiöser war und die Resorption langsamer vor sich gieng. Endlich verlieren sich auch diese Auswüchse, die Bindehaut wird durchsichtig, glatt, glänzend, biassröthlich, die Secretion wird immer schleimiger, klarer und geht schliesslich in normale Feuchtimg über.
Diess wären beiläufig die Erscheinungen des günstigen Verlaufes der Blepharoblennorrhöe, doch ist dieser Verlauf sehr selten. In der Regel lässt die Krankheit grossartige Zerstörungen eines Theiles oder des ganzen Sehapparates zurück und zieht in Folge der hochgradigen Ent­zündung einzelne, ja oft alle Theile des Auges in Mitleidenschaft und bedingt dadurch die Beeinträchtigung, ja sogar zumeist den Verlust des Sehvermögens, wenn man nicht zur Zeit das heftige Fortschreiten des Leidens zweckmässig zum Stillstand bringt.
Das Gefahrvolle des blennorrhoeschen Processes an und für sich wäre nicht so bedeutend und könnte man schliesslich geringschätzen, wenn nicht während des Verlaufes der Krankheit so vielseitige Veranlassungen zur Erkrankung der Hornhaut und des inneren Sehapparates gegeben würden, üeberreste einer hochgradigen entzündlichen Action, als Trübung der Hornhaut, Narben derselben. Phthisis der Cornea, Synechieu der Regen­bogenhaut, Staphilome und endlich Phthisis bulbi beweisen, welch ein Ver­derben bringendes Leiden hier seinen Sitz hatte.
Alle diese Leiden kommen mehr weniger als Complicationen vor und sind in concretem Zusammenhange mit dem Ursprungsleiden; sie können mit jeder Form vereint vorkommen, binden sich aber das eine Mal an die Blepharo-, das andere Mal aber an die Ophthalmoblennorrhöe und pflanzt sich dann der entzündliche Process bei Blepharoblennorrhöe besonders gern auf die Hornhaut fort.
Im Jahre 1878 beobachtete ich 18 Blennorrhöefälle, 12 daran blieben auf Blepharo-, d. h. Bindehautblennorrhöe beschränkt und fünf davon nahmen die Cornea in Mitleidenschaft, 2 Bulbi gingen an Phthisis der Cornea zu Grunde, 3 behielten grössere oder beschränkte Verdunklungen, einer von diesen dreien war mit einem Hornhautgeschwür behaftet, sämmtliche wurden geheilt, bis auf jene zwei phthisischen; die übrigen sechs Fälle, bei welchen der ganze Bulbus in Mitleidenschaft genommen wurde,
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waren zumeist complicirt. Dort wo Iridocilititis vorlianden war, ging das Auge an Glaucom zu Grunde. In der Mehrzahl der Fälle wird eine linsen-grosse ocTer auch grössere halbmondförmige oder rundlich geformte Partie der Cornea, meist am Kaude derselben, sehr ausgedehnt trübe, graulich­gelb, undurchsichtig. Diese nicht anfänglich umschriebene Stelle wird nach etwa zwei Tagen schärfer begrenzt, beginnt zu zerfasern, erweicht und zerfällt endlich in eine eitrige Masse. Durch diesen Process entsteht ein Hornhautgeschwür mit graulich - gelber Basis, eben solchen Kändern und einer vorherrschenden Neigung sich in die Tiefe auszubreiten.
Diese Hornhautgeschwüre weichen einer zweckmässigen Behandlung trotz der Infiltration des Eiters in die Faserschichten und hinterlassen manchmal an der Cornea Narben, im schlimmen Falle Irisvorfall; oft hinterlässt die Action kleine begrenzte, lymphatisch-seröse Ergüsse, die nicht selten von einer Entwicklung sichtbarer Gefässe begleitet sind. Eine weitere Complication sind idiopathische Ergüsse in die Hornhaut, zuweilen nur in sehr geringer Quantität; in anderen Fällen erweitern sich die Hornhautgefässe bedeutend, es erfolgt eine massige Absetzung des Exsudates und ist dieser Befund nunmehr als Pannus zu verzeichnen. Das in die Hornhaut abgesetzte Exsudat wird bei circum scripter Ceratitis zu Eiter und es bilden sich Cornea-Abscesse. Der Eiter aus diesen Abscessen wird entweder nach eingegangener Metamorphose resorbirt oder bricht nach aussen durch, die Hornhautgeschwüre vernarben manchmal ohne eine Spur zu hinterlassen, oder es findet ein Durchbruch der Cornea oder ein Iris­vorfall statt.
Sehr oft findet man in der Cornea erweiterte Blutgefässe, die noch sehr lange verbleiben, nach dem sich schon wieder Alles normal ge­bildet hat.
Eine sehr häufige Complication ist der herpetische Process, der sich durch Bläschen und Pustelbildung auszeichnet. Diese Bläschen und Pusteln platzen und es entstehen entweder Resorption oder eitrige Geschwüre, die sich entweder reinigen und heilen oder die Hornhaut durchbrechen und Irisvorfall veranlassen. Constante Trübung der Hornhaut durch geronnenes Exsudat, Verbildung der Iris, Trübung der wässerigen Feuchtigkeit des Glaskörpers sind ebenfalls vorkommende Complicationen. Grauer Staar kam jedoch sehr selten zur Beobachtung. Durch diese Complicationen wird die Umwandlung der einfachen Blepharoblennorrhöe in die eigentliche
B) Ophthalmoblennorrhöe
hergestellt. Durch ihr heftiges seuchenartiges Auftreten im französischen Expeditionsheere in Egypten (1798) bekam die Ophthalmoblennorrhöe den vulgären Namen egyptische Augenkrankheit (Ophthalmie militaire Conta-
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gieuse). Neuere Forschungen wiesen nach, dass die Ophthalmie sonst nichts ist, als eine der heftigsten Blennorrhöeformen. Nach meinen Beobachtungen kann ich diese Blennorrhöeform auch bei Pferden als ein höcbsl gefähr­liches Augenleiden bezeichnen, welches sich folgenderweise dem Beobachter darstellt:
Kurze Zeit nach den erfolgten ursächlichen Reizungen, manchmal im Verlaufe mehrerer Stunden, stellen sich schon die weitgreifendsten Veränderungen am Auge ein und erscheint das noch vor einigen Stunden ganz gesund aussehende Auge im höchsten Grade angegriffen, oder aber es wird die schon längere Zeit anhaltende Blepharoblennorrhöe plötzlich und manchmal ohne besonders auffallenden Grund zur Ophthalmoblennorrhöe oder Ophthalmie.
Wenn man sowohl die ältere als auch die neue Veterinärliteratur studirt und nach einer der Ophthalmie ähnlichen Augenkrankheit sucht, so wird man in jedem und noch so unscheinbaren Werke über Augenleiden jene Symptome und besonders aber pathologische Processe verzeichnet finden, welche mit der Ophthalmoblennorrhöe zweifellos als identisch angesehen werden müssen.
Strauss, Hertwig, Haubner, Veith u. a. m. führen Er­scheinungen der Ophthalmoblennorrhöe an und beschreiben den patholo­gischen Process derselben mit mehr oder weniger Bestimmtheit, doch nie als selbständiges Krankheitsbild, sondern als Theilerscheinungen der verschiedenen inneren und äusseren Augenentzündungen.
Es hat dieser Umstand zweifellos zu vielseitigen diagnostischen Irr-thümern und Verwechslungen Anlass gegeben. Die Ophthalmoblennorrhöe, sowie die Blennorrhöe überhaupt scheint zu allen Zeiten beobachtet, aber niemals als selbständiges Leiden gewürdigt, sondern theils mit der perio­dischen Augenentzündung, theils mit Augengeschwüren u. dgl. identisch aufgefasst worden zu sein. Es geht diess aus den unklaren, unbestimmten Andeutungen der neueren oculistischen Veterinärarbeiten zur Genüge hervor. Nur J. E. Veith scheint unter dem Namen Ophthalmia equi periodica diese Krankheit gemeint zu haben. Es finden sich wenigstens in seiner Beschreibung der Monatblindheit ganze Sätze, die sich nur mit unserer Krankheit in Beziehung bringen lassen, dagegen nicht zu den eigentlichen Bildern der periodischen Augenentzündung passen. Es musste demnach die Ophthalmoblennorrhöe schon beobachtet, aber theilweise mit der perio­dischen Augenentzündung zu einem unklaren Krankheitsbilde vermengt worden sein.
Ich habe übrigens die feste üeberzeugung, dass jeder Fachmann nun unschwer die eigentliche periodische Augenentzündung von der hier beschriebenen Krankheit wird unterscheiden und die der Ophthalmie ent-
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lehnte Beschreibung, soweit sie sich unter der Rubrik der Monatblindheit findet, au ihren gegenwärtigen Ort wird setzen können.
Betrachten wir nunmehr die Erscheinungen der Ophthalmoblennorrhöe oder Ophthalmic. Wie schon erwähnt, stellen sich nach kurzen Reizer­scheinungen die weitgreifendsten Veränderungen ein. Das äussere Auge schwillt au, das obere Augenlid überragt den Augenbogen, an demselben sind jene schon bei der Blepharoblennonhöe beschriebenen mechanischen Verletzungen wahrzunehmen. Es überragt noch mit seinem Ciliarrande das untere Augenlid, welches bis zu den Backen geschwellt ist.
Schmutzig getrübtes, röthliches Secret tritt aus dem Auge reichlich hervor, die Augenlider sind schwer auseinander zu bringen, die dem Aug­apfel fest anliegenden Lider lassen kaum eine schmale Lidspalte offen, durch welche der Conjunctivalsack zu sehen ist. Die sehr glänzende Cornea ist unverändert uud umwuchert von einem hochrotheu Wulste, welcher sich zumeist zum Schlüsse der entzündlichen Action darstellt. Bei näherer oder manueller Untersuchung des Auges findet mau in der Regel im Auge fremde Körper, als Stroh, Haare, Heustückchen eingelagert, die in Folge des Reibens, welches durch den hochgradigen Juckreiz ver-anlasst wird, in das Auge gelangen.
Schon im Verlaufe von 6—12 Stunden erscheinen reichliche Exudat-flocken und ein dicker, eitriger, reichlicher Ausfluss.
Im weitereu Verlauf stellt sich eine Trübung der Cornea ein, welch letztere au ihrer Oberfläche uneben und wie bestäubt erscheint. Schliess-lich bildet sich eine schmutzig - weisse welke Aufloclcerung, die in der Regel die Form eines spitzigen Dreieckes annimmt, dessen Basis dem Cornealraude, dessen Spitze der Mitte der Cornea zugewendet ist.
Bei manchen hochgradigen Fällen erhebt sich die Auflockeruug der Comealsubstanz zu einer eiterigen Blase, die sehr bald berstet und ein schnell um sich greifendes bösartiges Geschwür hinterlässt. In diesem Falle ist das Auge, wenn nicht sehr bald, ja momentane Hilfe geschafft wird, unrettbar verloren. Weicht die Geschwulst der Lider etwas und sinkt die Conjunctiva-Wulstung, so wird es einigermassen möglich, die Lider weiter zu öffnen, oder gar umzustülpen. Man findet dann die Lid­bindehaut hochgradig geröthet, kupferfarbig, geschwellt, uneben hügelig. Auf der Oberfläche dieser so veränderten Conjunctiva finden sich die schon vorher erwähnten froschlaich-ähnlichen Körper in sehr reicher Menge, welche, mit croupösen Pseudomembranen abwechselnd, die Fläche be­decken.
Lässt die entzündliche Action nach, so dass man das Auge einer eingehenderen Besichtigung unterziehen kann, so findet man stellenweise die Conjunctiva mit einem gelblichen Exsudat überzogen, welches von der hochrothen Grundfläche der Bindehaut deutlich absticht.
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Dieses oberflächliche Exsudat geht im Verlaufe der Krankheit theils in Flocken ab, theils zerfällt es in Eiter. Tritt endlich die Möglichkeit ein, das Auge einer genaueren Untersuchung zu unterziehen, so findet mau die schon vorher besprochenen Veränderungen noch deutlicher aus­gesprochen.
Auf der Coujuuctiva sind hügelige granulöse Erhabenheiten, sie ist geschwellt, schwammig und durch die beginnenden granulösen Neubil­dungen an ihrer Oberfläche uneben. Die Unebenheiten sind hügelförmig, stumpfkolbig oder nagelförmig und die allgemeine, so oft erwähnte Wulstuug verschwommen. Die Färbung der Oberfläche ist zumeist dunkel-, kupfer- und schmutzigroth. Die Conjunctiva bulbi meist mit sehr er­weiterten Gefässen durchsetzt, die Cornea ist immer mitleidend, da sie der hochgradigen entzündlichen Action nicht widerstehen kann, sondern in den krankhaften Process mit hineingezogen ist. In solchem Falle stellt sich die beschriebene Veränderung der Cornea ein, die oft eine linsen-grosse und auch grössere Partie der Cornea ergreift.
Ein häufiger Begleiter der Ophthalmoblennorrhöe ist der Sphacelus corneae, der so zu sagen den Höhepunkt des Leidens bezeichnet. Mit diesem Process ist in der Regel die acute Zerstörung durch die schon erwähnte eitrige Infiltration und Blasenbildung vereint.
Die weiteren Veränderungen haben schon bei der Abhandlung der Blepharoblennorrhöe genügende Würdigung gefunden. Der septische Charakter ist natürlich auch ein heftiger Begleiter dieser Blennorrhöeform, überhaupt sind die bei der Blepharoblennorrhöe beschriebeneu Compli-cationen auch hier als selbstverständlich anzusehen und ist die Scheidung dieser beiden Formen in ihrem höchsten Grade kaum möglich; nur vom Anfange ist die Blepharoblennorrhöe überhaupt als solche zu erkennen, da ihr Auftreten nicht so heftig und ihr Verlauf viel langsamer als der der Ophthalmoblennorrhöe ist. Erstere entwickelt sich langsam zu ihrer Höhe und geht in die Ophtalmoblennorrhöe über, die dann nach ihrer geringeren oder grösseren Heftigkeit entsprechende Zerstörungen hinter-lässt, während die Ophthalmoblennorrhöe sofort sehr heftig auftritt, ihren Höhepunkt in verhältnissmässig sehr kurzer Zeit erreicht, zufolge dieser fast unbegrenzten Heftigkeit die verderblichsten Zerstörungen hinterlässt und verhältnissmässig, man könnte sagen, wie befriedigt von ihrem ver­derblichen Wirken, die verschiedensten Folgeleiden hinterlassend verläuft, wenn ihr nicht rechtzeitig durch zweckmässige Behandlung entgegenge­wirkt wird.
Wenn wir das Wesen der Blennorrhöe überhaupt betrachten, so werden wir sehen, dass die eigentliche Scheidung der Blepharo- und Ophthalmoblennorrhöe nur eine in der Oculistik angenommene Formsache ist, denn die Ophthalmoblennorrhöe ist sonst nichts als ein höherer Grad
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der Blephaioblennorrhöe, resp. ein Uebergehen des Processes von einem beschränkten Kreis auf den Bulbus und eine in Mitleidenschaftziehung sammtlicher oder einzelner nächst liegenden Theilhaber des Auges; es ist auch in manchen oculistischen Werken die Scheidung dieser beiden Formen nicht so präcis ausgesprochen, doch in der Veterinärpraxis ist nachge­wiesen, dass zumeist die Bleanorrhöe im Anfange der Action auf die Bindehaut der Lider und bis zum üebergüngstheile beschränkt bleibt, kann also in solchen Fällen der Natur der Sache nach nicht schlechtweg Ophthalmoblennorrhöe geheisseu werden, weil sie den Ophthalmus noch nicht ergriffen hat; Blenuorrhöe schlechtweg wäre aber nach der Aus­einandersetzung wieder zu allgemein. Ich glaube also die Formbenennung beizubehalten, denn diese participirt genau den von beiden betroffenen Theil der Bindehaut oder des Augapparates selbst.
Verlauf und Ausgänge.
In der Menschen-Augenheilkunde wird der Verlauf der Bindehaut-blennorrhöe im Allgemeinen in drei Grade eingetheilt, so in die Blen-norrhöe ersten Grades in jener Minimalerscheiuung des Ausflusses, der an der Scheidegrenze zwischen Blennorrhöe und Catarrh steht. Wollte man nun die Blennorrhöe gradatim in ihreu Verlauf eiutheilen, so wäre zu den ersten gerade jene Anzahl von Fällen zu rechnen, welche an der zweifelhaften Grenze zwischen Blennorrhöe und Catarrh liegen und dem augemessen behandelt werden. Durch Einwirkung schädlicher Einflüsse entwickelt sich die Blennorrhöe nachdrücklicher, so wie sie oben be­schrieben wurde und wir bekommen das Bild der Blennorrhöe zweiten Grades.
Wo die Action eine hohe, so dass sie sich über die ganze Bindehaut­fläche ausbreitet und die Gefahr vorhanden ist, dass die Cornea und andere Augentheilhaber in Mitleidenschaft gezogen werden, so wäre dies als eigentliche Ophthalmoblennorrhöe als Blennorrhöe dritten Grades auf­zufassen. Diese graduelle Eintheilung hat für den Veterinär nicht so grosse Bedeutung, ist aber dennoch zu berücksichtigen, denn in der Ein­leitung der Therapie wäre nach dieser Norm viel leichter das richtige Mass zu finden.
Ueberhaupt ist bei Pferden die Blennorrhöe viel acuter und der Verlauf viel nachdrücklicher, wenn sie einmal zum Vorscheine kommt, kann aber auch entweder nicht geheilt oder ursprünglich sehr schwach auftreten, sehr lange fortbestehen mit kleinen functionellen Störungen begleitet, bis sie schliesslich wuchtig und verderblich auftritt. Der Aus­gang der Blennorrhöe endet mit vielseitigen Veränderungen im Bindehaut­gewebe, besonders im Tarsal und üebergangstheil.
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Auflockerung des Gewebes, Excoriationen, Schrumpfung und Ein­trocknung der partiellen Bindehaut, theilweises Zugrundegehen der Mei-bom'schen Drüsen, Schwellung des Papillarkörpers sind die allgemeinsten Ausgänge der günstig verlaufenden Blennorrhöe.
Nach theilweisem Nachlassen des entzündlichen Processes, bleibt oft ein Wucherungsprocess zurück, der sich im Erzeugen von granulöser Schwellung der Lymphfollikel äussert. Dieser zumeist chronische Zustand, als granulöses Augenleiden oder Trachom bezeichnet, wird für sich be­sprochen; ist auch ein häufiger Ausgang der Blennorrhöe.
Mitleidenschaft der Cornea, in Folge dessen Verdunklung, Pustel-bildung, kleinere oberflächliche oder grössere tiefer im Gewebe sitzende Geschwüre, oft phacelöse Zerstörung der Hornhaut, Durchbruch und Iris­vorfall sind die Ausgänge heftiger Blennorrhöe.
In solchen Fällen ist nicht selten Iritis, Chorioiditis etc., kurz eine theilweise oder gänzliche Ophthalmie das Endresultat dieses verderblichen Leidens.
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Pathologische Anatomie und mikroskopischer Befund.
Der pathologische Vorgang wurde zur Genüge im Vorhergehenden besprochen. Es möge um Wiederholungen zu vermeiden, in Kürze Folgendes Platz finden.
Die Conjunctiva ist der Hauptsitz des Leidens; von ihr aus setzt sich die Entzündung auf die benachbarten Theile, auf die Cornea, Mei-bom'schen Drüsen, auf die Harder'schen Drüsen und auf die Thränen-karunkel fort. In das submueöse Zellgewebe weiden bedeutende Exsudate abgelagert, die zuweilen zur Gewebsneubildung und Sclerose führen. In der von dem kranken Auge abgesonderten Flüssigkeit und in den ab­gestreiften Schorf finden sich massige Kundzellen, Eiter und Schleim-körperchen, Pflasterepithelien oft in staunenswerther Menge und in fettiger Entartung begriffene Zellen. Ausserdem finden sich in Menge Mikro-koccenketten, Mikrokoccenhaufen (Zogloeaformeu), vereinzelte Mikrokoccen-bacterien, letztere oft in grosser Menge. Sie werden meist von den übrigen Zellgebilden verdeckt und treten nach der Anwendung von Kalilauge oder Aether erst deutlich hervor.
Freie Fetttröpfchen und in dem höheren Grade der Entzündung viele Blutkörperchen finden sich vor. In den festeren Theilen des Exsudates finden sich Netze geronnenen Faserstoffes, in deren Zellräumchen Schleim­körnchen und freie Crouphäutchen eingebettet sind.
Prognosis.
Die Prognosis ist natürlich von dem Grade und der Höhe der Krankheit abhängig; bei jenen Fällen, die sich blos als leichtgradige
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Blepharoblennorrhöe zeigen, ist für den Verlust des Sehvermögens sehr wenig oder gar nichts zu befürchten, vorausgesetzt, dass die Krankheit in den Grenzen der Blepharoblennorrhöe bleibt, doch ist bei Nicht-behandlung oder zweckloser Therapie auch in diesem Falle das üeber-treten in einen höheren Grad, und dann das Aergste zu befürchten. Sehr hartnäckig kann aber die Blepharoblennorrhöe werden; grosse entzündliche Action, reichliches croupöses Exsudat auf der Bindehaut, schliesst immer eine Gefahr für die Hornhaut in sich, sowie auch starkes üeberragen des Hornhautrandes, grosse Derbheit derselben, und Druck, die Zerstörung der Hornhaut befürchten lässt; die weiteren Ausgänge sind bereits be­sprochen worden und werden am betreffenden Platze noch erwähnt und näher darauf eingegangen werden. Wenn die Hornhaut nicht mit ergriffen ist und keine Geschwüre an derselben entstehen, ist das Sehvermögen nicht gefährdet.
Die Dauer der Krankheit ist von 5 Tagen bis zu 3 Wochen, in chronischen Fällen, doch, zumeist bei Pferden, wenigstens in der Mitte von 12—25 Tagen vom Anfange der Krankheit bis zur gänzlichen Heilung; manchmal, wenn im Anfange gleich zur Behandlung geschritten wird, erfolgt die Heilung auffallend schnell, oft in zwei Tagen; längere ent­zündungslose Blennorrhöefälle sind mehr als Trachom anzusehen und finden dort ihre Berücksichtigung.
Behandlung.
Sobald einmal eine sichere Diagnose auf Blennonhöe (gleichviel ob Blepharoblennorhöe oder Ophthalmobleunorrhöe) gestellt ist, so ist vor allen Dingen zu untersuchen, bis zu welchem Grade die Krankheit schon fortgeschritten, und welche Zerstörungen sie schon erzeugt hat.
1st das Leiden nur auf die Conjunctiva beschränkt, und bietet die Cornea noch keine Zerstörung dar, so sucht man sich zunächst von der Anwesenheit der Froschlaichkörner zu überzeugen. Oft sind dieselben, besonders im ersten Stadium, bei sehr hochgradiger Entzündung, nur sehr schwer zu finden; man kann sich da mit Vortheil eines Oculars (Hart-naks' Ocular für Augenärzte) bedienen. Diese Körner sowohl, wie die ganze Oberfläche der Conjunctiva müssen nun, und zwar ohne Rücksicht auf den Grad der Krankheit, der Entzündung und Exsudation, mit Silber­salpeter in Substanz intensiv geäzt werden, und zwar ausschliesslich mit Lapis mitigatus.
Eine besondere Aufgabe des behandelnden Arztes muss die Ent­fernung des Secretes und der Producte sein; es geschieht dies am besten durch oftmaliges Ausspülen des Auges mit lauwarmem Wasser; sehr gute Dienste leistet eine Spritze mit Kautschukrohr, mit welcher man auf jeden
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beliebigen Theil der Bindehaut die Flüssigkeit applicirt und so das Secret entfernt. Die Anwendung des noch zweckmässigeren Chrisophors wäre für Institute, Kliniken besonders zu empfehlen. Dieses hat alle Vortheile eines zweckmässigen Berieselungs-Instrumentes für sich. Hochgradige Ent­zündung erfordert oft eine allgetneine Behandlung und werden manchmal kleine Aderlässe, Purganzen von Nutzen sein; besonders sind Mittelsalze zu empfehlen.
Hautreize, Fontanelle hinter dem Ohr und am Hinterhaupte, scharfe Einreibungen sind zwecklos und als irratiouell zu vermeiden, sie sind nur eine Plage der Thiere und Aerzte.
Dort wo man sich des Lapis mitig. in Substanz nicht bedienen oder diesem ausweichen will, ist zur Tilgung des Exsudates und Wucherungs-processes, Silbersalpeter in Auflösung TöO auf 40-0 dest. Wasser zu ver­wenden, mittelst eines Pinsels die Stelle zu touchiren und dann mit der Spritze der Wasserstrahl hineinzuleiten, damit diess entfernt werde; Sulfur, cupri eignet sich ebenfalls für diese Procedur.
Ist nach gebrochener Heftigkeit der Entzündung am Uebergangs-theile dor Scleralbiudehaut Verheerung und Lockerung des Biudehaut-gewebes zurückgeblieben, was in der Kegel gerne geschieht, so ist diese durch Salbe aus weissem oder rothen Präcipitat l'O auf'40-0 Fett zu heben. Tinct. opii crocat. thut in solchen Fällen auch gute Dienste. Stärkere Verheerungen, wenn sie auf der Bindehaut sitzen, könnte man auch mit dem Messer abtragen; auch Arg. nitric, in Substanz, wäre am Platze, doch ist es nicht überflüssig nach der Anwendung einige Stunden Eisüberschläge zu applicireu; Goutreh'sche Salbe aus 0-40 Arg. nitr. auf 4'0 Fett ist zu empfehlen.
Sind keine Wucherungen, aber dennoch Schlaffheit der Bindehaut zurückgeblieben, dann sind Adstringentia am Platze, besonders Col. adstring. luteum. Gegen Lichtscheue Einreibungen von Uug. hydrar. mit oder ohne Zusatz von Extr. opii oder Belladonna auf den Augenbogen und die Schläfe, üeberhaupt kann ich bei Augenbehandlung nicht genug empfehlen, sich vor Schablonen zu hüten und nach oben Gesagtem, die Verhältnisse gut durchzustudiren; jeder logisch denkende Arzt wird das Kechte finden, wenn er nur die Regel im Allgemeinen beobachtet. Recepte lassen sich in solchen Fällen nicht fabriciren, die für Alles und Jedes applicirbar wären.
Die Complicationen werden wir noch auf den betreffenden Stellen berücksichtigen. In Betreff der Aetzung ist hervorzuheben, dass diese selbst dann geschehen muss, wenn die Entzündung in Brand überzugehen droht, jedoch ist in solchen Fällen durch Scarificatiouen dem Brande vor­zubeugen.
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Das Aetzen ist nicht nur auf die Oberfläche der Augenlidpartie der Conjunctiva zu beschränken, sondern es müssen auch die Augapfelpartieu derselben, namentlich der geschwellte Cornealrand der letzteren, sowie der Ciliarrand des unteren Augenlides nachdrücklichst geäzt werden.
In Folge der Verbindung des Silbers mit Chlorverbindungen und Eiweiss bildet sich unmittelbar nach der Aetzuug ein dünner Schorf. Das ganze Auge wird in Folge des Keizes, welchen der Höllenstein*) ver-anlasst, von Thränen überströmt und hiedurch ein Theil des gelösten Silbersalpeters hinwegeschwemmt.
Mit einer schon bereit stehenden Kochsalzlösung und mittelst eines Leinwandlappeus wird nun das Auge gewaschen, damit das etwa zurück­gebliebene Silbersalpeter vollkommen neutralisirt wird. Es ist selbst­verständlich, dass etwa vorhandene Fremdkörper aus dem Auge entfernt werden, ehe mit der Aetzung vorgegangen wird.
Es geschieht dies leicht mittelst eines in Guuirai-arab. Lösung ge­tauchten Pinsels. Nachdem die Aetzuug der Bindehaut und die Neutrali­sation des überflüssigen Aetzstoffes geschehen ist, muss eine wirksame Autiphlogose durch Eisumschläge 12 —18 Stunden hindurch über das kranke Auge unterhalten werden. Wenn die Entzündung nicht nachlässt, so muss mit den Eisumschlägen noch länger fortgefahren werden; ist die Entzündung dagegen in der Hauptsache gewichen und finden sich nur noch im Gewebe der Conjunctiva oder an der Oberfläche desselben Exsudat-massen vor, so müssen an diesen Stellen die Aetzungen mit Silbersalpeter wiederholt werden; nach jeder Aetzung haben auch die Eisumschläge in Anwendung zu kommen.
Wenn man dieses Verfahren einige Male wiederholt hat, so wird mau finden, dass sich die Entzündung legt. Sowohl das infiltrirte als auch das der Conjunctiva aufgelagerte Exudat verschwindet und das Auge kehrt allmählich zur Norm zurück. Oefters bleiben verdickte oder er­schlaffte Stellen der Schleimhaut zurück, ohne jedoch das Sehvermögen im Wesentlichen zu alteriren.
So äussert sich das Heilverfahren in den günstigeren Fällen, wo die Blenuorrhöe ohne jede Complication, blos auf die Conjunctiva beschränkt war. Ist jedoch bei dem Leiden auch die Cornea ergriffen, sind Geschwüre an derselben vorhanden, oder droht Brand, dann gestaltet sich die Sache schlimmer.
Es muss jedoch hier ohne Zeitverlust das oben angeführte Aetzungs-verfahren mit Silbersalpeter nachdrücklichst in Anwendung gebracht und selbst die erkrankten Theile der Hornhaut (Geschwüre u. dgl.) vorsichtig
*) Der Anwendung des Nitras Argeuti in Substanz ist dort, -wo es die Noth-wendigkeit nicht besonders erfordert, eine 3—4n/0ige Lösung vorzuziehen.
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betupft werden; auch hier folgen Eisumschläge der Aetzung nach. Es gibt Fälle, wo die Hornhaut nahezu zerfallen und das vorhandene Ge­schwür schon tief in deren Substanz sitzt und das Auge als unrettbar verloren erscheint; trotzdem muss man das Hornhautgeschwür ohne Scheu nachdrücklich ätzen und so lange das Aetzen wiederholen, bis das Ge­schwür vernarbt; hiebei darf man den Zustand der Conjunctiva nicht aus dem Auge lassen.
Oft erfolgt eine Rückbildung des krankhaften Processes schon nach der zweiten, ja manchmal schon nach der ersten Aetzung und das Auge ist in 2—3 Tagen gesund. Oft zieht sich jedoch der Process in die Länge, die Verbildung der Bindehaut wird eine bedeutende und man ist genöthigt den Gebrauch des Silbersalpeters 10—12mal zu wiederholen.
Bei der häufig vorkommenden Trübung der Hornhaut als Begleit­erscheinung der Blenuorrhöe, muss man natürlich besorgt sein, diese zu heben. Da muss ich nun besonders darauf aufmerksam machen, dass es sehr nachtheilig ist, mit der Bekämpfung der Hornhauttrübung zu warten, bis vielleicht die Entzündung vergeht, denn bis dahin wäre das in der Hornhaut sich vorfindende Exsudat geronnen. Man muss vielmehr sofort einige Stunden nach der Aetzung die Bekämpfung der Hornhauttrübung in Angriff nehmen und darf sich gar nicht geniren, wenn man zu gleicher Zeit Eisumschläge machen muss.
Zu diesem Zwecke habe ich das rothe Quecksilberpräcipitat als bestes Mittel kennen gelernt, nur muss man die Vorsicht gebrauchen, dasselbe erst 3—4 Stunden nach der Anwendung des Lapis zu appliciren. In jenen Fällen, wo nach Ablauf des Entzündungsprocesses noch Licht­scheue zurückbleibt, sind Einreibungen mit grauer Quecksilbersalbe zu empfehlen.
Nun haben wir die Behandlungsweise gesehen, von welcher man nach meiner Erfahrung Erfolg erwarten kann. Aber auf welche Weise wirkt das Silbersalpeter hier so heilsam?
Ich erkläre mir diese Wirkung auf folgende Weise: die nächste Wirkung desselben ist eine ganz oberflächliche Schorfbildung; durch diese chemische Action wird vor Allem dem Exsudate der virulente Charakter genommen und auch die Möglichkeit, dass die Entzündung sich auf in der Nähe gelegene, noch gesunde Partien fortpflanze.
Die Richtigkeit dieser Ansicht sieht man deutlich in jenen Fällen, wo die Krankheit sich selbst überlassen ist. Im Weiteren wird durch die chemische Action ein hyperämischer Zustand erzeugt, welcher die Ab-stossung des Schorfes vermittelt und sich bis zum Erguss auf die Ober­fläche steigern kann. Die gesteigerte Thätigkeit vermittelt offenbar die Resorption flüssiger Ergüsse und organisirter Exsudate. Durch beharrliche Anwendung der angegebenen Behandlungsweise gelangt man zur Heilung,
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u. zw. um so sicherer und leichter, je mehr das Exsudat flüssig war und je weniger Gewebsvegetationen vorhanden sind. Die Anwendung anhal­tender Kälte als ein integrirender Theil der Behandlung ist unbedingt nöthig zur Hebung der intensiven Hyperämie und Hintanhaltung der Stase oder erneuerter Exsudation.
Das granulöse Augenleiden.
(Conjunctivitis trachomatosa, Trachoma s. esperitudo
conjunctiva e.)
Arlt gibt in seiner Augenheilkunde folgende Charakteristica zum Trachom:
Die trachomatöse Bindehautentzündung charakterisirt sich durch Ablagerungen eines sulzigen Exsudates in Form isolirter selbständiger Körner oder Hügel und nicht blos unter das Epithel der Liderbindehaut, sondern auch in das Parencbym derselben und durch Einleitung von Schrumpfung der inliltrirteu Gewebe.
Zunächst sei bemerkt, dass in der Menschenophthalmologie Trachom zumeist als selbständiges Leiden dargestellt wird, in der Veterinärliteratur aber darüber Anhaltspunkte fehleu. Während der Druckvorbereitung dieses Werkes ist es dem Verfasser gelungen, Trachom ganz selbständig ohne vorangehende ßleuuorrhöe zu constatiren.
Leyseriug spricht zwar von Lymphfollikel, die, wo sie schwellen, Trachomfollikel geuaunt werden; es ist also blos trachomatöse Schwellung constatirt, aber weiter ist man bis jetzt darüber nicht hinaus. Nach be­kannter ßlennorrhöe sind von mir Fälle beobachtet worden, wo sich all­mählich und langsam an der Bindehaut, ohne so stürmische Entzündungs-symptome, wie bei Blenuorrhöe, granulöse sulzige Ablagerung mit voll­ständiger Körner- und Hügelbildung entwickelte, welcher Zustand der Bindehaut nicht mehr ßlennorrhöe ist, weil die heftigen Eutzündungs-symptome fehlen, auch nicht Catarrh, weil solche Veränderungen dem Catarrh nicht zukommen, sondern blos als Trachom oder granulöses Augenleiden aufgefasst werden muss. Trachom ist also ein chronischer exsudativ productive!- Process auf jeder beliebigen Stelle der Augenbinde­haut. In der menscheuärztlichen Literatur wird die Ansteckung seines Secretes von einer Seite bestritten, von anderer wieder hervorgehoben.
Es scheint jedoch das Secret nicht ansteckend zu sein, denn in der Veterinärpraxis ist solche Ansteckung mit negativem Resultate beobachtet worden.
Ich halte die Ansteckungsfähigkeit des Trachomsecretes eben so charakteristisch wie die der ßlennorrhöe, und behaupte, im Verlaufe der Krankheit entwickelt sich mit dem Secrete auch dessen Ansteckungs-
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fahigkeit. Das trachomatöse granulöse unterscheidet sich von dem blen-norrhöetischen Secret demnächst dadurch, dass es blos als selbständig begrenzte Hügelkörner oder Auflockerungen im Bindehautgewebe sitzt, während das Blennorrhöeproduct gleichmässig verschmolzen, die ganze Oberfläche der betreffend^u Bindehautpartie deckt. Mangel der Entzün­dung, niemals stürmischer Verlauf, spärliche Secretioneu, oft gar keine, unterscheiden dieses Biudehautleiden von der Blennorrhöe.
Symptome.
Die Erscheiuungen des granulösen Augenleidens sind daher darnach, dass sie sehr leicht erkennbar sind; vor allem ist zu bemerken, dass die primitivsten Erscheinungen in den ersten Stadien der Krankheit dem Arzte kaum zur Beobachtung gelangen. In der Regel wird die Intervention des Thierarztes gefordert, wenn der Eigenthümer durch reichliche Thränen-und Exsudatsecretion oder durch die partielle Verdunklung der Hornhaut, die oft als Begleiter des Trachom erscheint, aufmerksam gemacht wird, dass das Auge, seines Pferdes krank sei.
Leichte Grade von Trachom haben in der Regel eine gelblich-rotbe Bindehaut mit injicirten Gefässen aufzuweisen; auf der Bindehautober-tiäche, dem üebergangstheil, als auch auf den Scleraltheil, finden sich geschwellte Schleim- und Lymphfollikel, nunmehr Trachomfollikel ge-heissen.
Sulziges, gelbes Exsudat auf der Schleimhautoberfläche sichert die Richtigkeit der Diagnose. Sind diese Exsudate schon längere Zeit vor­handen, hat der Productivprocess schon jene Höhe erreicht, dass sich selbständige Granula bilden, dann sind zwar die Follikel noch geschwollen vorhanden; die Gewebsgranulation äussert sich aber demnächst eben in den Follikeln und stellt isolirte Hügel und Erhabenheiten an der Binde­hautoberfläche vor; die Bindehaut ist in solchen Fällen schon dunkler und iujicirt, die Hyperämie ist eine grössere, die Gefässe strotzen, wir haben das Gefühl als sähen wir eine entzündliche Action im Anzüge; in solchen Fällen ist die geringste Reizung genügend, eine heftige Blen­norrhöe hervorzurufen und das Auge droht zu verderben. In solchem Grade findet man ganz dieselben durchsichtigen sulzigen Körner, die wir oben Froschlaichkörner nannten, wie bei der Blennorrhöe tief eingebettet, u. zw. einzeln oder gruppenweise, um den Lidknorpel dicker, mehr derb und es erfolgt eine allmähliche Ablagerung des Exsudates in die Binde­haut. Ist letzteres dann vertrocknet oder fest orgauisirt, so bleibt es als immerwährendes Irritans und Veranlasser zu neuem Processe. In diesem Zustande werden dann die hyperämischen Erneuerungen zumeist mit der Monatblindheit vertauscht.
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Ich habe mich als Amtsveterinär schon häufig überzeugt, und zwar bei üeberprüfung von Zeugnissen privater Thierärzte, welche selbes auf Monatblindheit ausstellten und wo nichts als Trachom vorhanden war, besonders wenn Panus und Hornhautsymptome schon zugegen waren.
Es ist kaum zu glauben, was in der Praxis Alles für Mouatblindheit erklärt wird; es ist in solchen Fällen ungemein schwer, seines Amtes als öffentlicher Fachmann zu walten, wenn man weiss, dass der Irrthum nicht von einzelnen, sondern dem grössten Theile der Fachgenossen be­gangen wird, es wäre wirklich an der Zeit sich davon zu emancipiren. —
Dieser Umstand ist schon von Blei weiss und Haubner hervor­gehoben worden, dass man äussere Augenentzündung mit Monatblindheit verwechselt. (Siehe Ha üb ner, Krankheiten der Hausthiere, 1863. S. 365.)
Die Bildung des Panus erfolgt zumeist allmählich, es ist aber die Möglichkeit einer plötzlichen Bildung vorhanden, und geschieht diese in der Weise, dass der Epithelüberzug über der Hornhaut, zumeist am Horn-hautrande, grau, trüb und suculent, schliesslich von dem, dem Panus charakteristischen feinen Haargefässe durchzogen wird; in der Regel ist die Unterlage der Gefässbildung diese mattgraue Verdunklung; in sehr seltenen Fällen sitzt der Panus im klaren Hornhautgewebe. Uebrigens wird der Panus bei den Krankheiten der Hornhaut, als zunächst dort hingehörend, genauer besprochen, so viel sei aber erwähnt, dass Panus als Begleiter oder Folge des Trachoms meist nur auf und unter der Epithelschicht der Hornhaut vorkommt, welche, wie schon in dem ana­tomischen Theil erwähnt, eine Fortsetzung der Bindehaut ist; hier sieht man deutlich, dass die panÖsen Gefässe aus der Bindehaut stammen, die sich unterm Epithel als Fortsetzung der eigentlichen Bindehaut ent­wickeln.
Dieses Epithel wird oft durch Exsudativprocess von der Hornhaut gehoben und dann erscheint die Hornhaut als ob sie mit kleinen Hügelchen besetzt oder mit kleinen Körnern übersäet ist; oft begleitet diesen Pro­cess eine ausgebreitete Exsudatschichte und bildet eine partielle Auf­lagerung an die Hornhaut. Dieses Exsudat sitzt nicht auf der Hornhaut, sondern unter dem Epithelüberzug und ist dann als trachomatöse Ver­dunklung, resp. Auflagerung sehr leicht zu diagnosticiren.
Verlauf und Ausgang.
Trachom ist und wird mit Recht als ein chronischer Process be­trachtet. In der Veterinärpraxis kommt er öfter vor als man in der Regel glauben möchte, und zwar desshalb, weil er, Dank der oberflächlichen Untersuchungen, vielseitig mit anderen Augenleiden verwechselt wird, und zwar in der Regel von den meisten Fachmännern in die grosse
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Kategorie der äusseren Augenentzündung, an der die Veterinär - Augen­heilkunde krankhaft laborirt, gestellt wird. Wie oft wird Trachom be­handelt und geheilt, ohne dass der Betreffende Kenutniss davon hätte, um was es sich im vorliegenden Falle handle.
Nach der Natur der Sache ist der Process ein productive!-, der in das Bindehautgewebe Exsudatproducte absetzt, die, wenn sie organisirt sind, dann als neues Irritans, neue Processe hervorrufen und eine solche Höhe erreichen könne, wie wir sie oben geschildert haben. In der Praxis kommen viele Fälle vor, wo der Eigenthümer des Pferdes keine Kenut­niss hat, dass das Auge seines Thieres krank war, und doch die Horn­haut jetzt partiell oder ganz dunkel, resp. aufgelagert ist. Es ist dies der häufig beobachtete Ausgang bei Pferden, bei anderen Hausthieren fehlt genaue Erfahrung.
Weitere Ausgänge, die Trachom als selbständiges Leiden nehmen könnte, wie es in der menschenärztlichen Oculistik verzeichnet ist, habe ich nicht beobachtet und ist bei Hausthieren auch kaum glaubwürdig.
Bleibt Hornhaut und Pauus unbehandelt, dann können sich natür­lich Secundärprocesse, Keratitis, von dieser Iritis etc. entwickeln, die dann das Auge zum Ruine führen. Zumeist habe ich aber nach Ein Wirkung welch immer ursächlichen Momente, die Blennorrhöe als Folge­leiden auftreten sehen, welche in der Regel dann sehr heftig und ge­fährlich war.
Ursache.
Von mir sind granulöse Augenleiden schon vielseitig als Folgeleiden der Blennorrhöe beobachtet worden, und ich habe bis in die jüngste Zeit geglaubt, dass Trachom bei Thieren nicht selbständig vorkommt, bin aber vom Gegentheil überzeugt worden, und muss zugeben, dass Trachom auch als selbständiges Leiden, ohne vorausgegangene Blennorrhöe vor­kommt.
Trachom als ein Folgeprocess der Blennorrhöe — da beide doch eine pathologische Basis und pathologischem Processe zu Grunde liegen, — leichte Blennorrhöegrade, bei denen ein Einhalt der Entzündungs­symptome von der Natur möglich ist, auch solche, wo die entzündliche Action durch künstliche Hilfe getroffen wurde, müssen natürlich und folgerichtig solche Processe hinterlassen, welche dem Trachom gleich­kommen, ja mit diesem identisch sind.
Eine Hauptursache des Trachoms also ist die Blennorrhöe, umsomehr
als ein Rückfall von Trachom in die Blennorrhöe möglich ist, ja häufig
auch vorkommt; dass auch andere Einflüsse Trachom hervorrufen können,
muss jedoch zugegeben werden, denn auch der chronische Catarrh kann
solche Degenerativ-Processe hervorrufen, die man notwendigerweise als
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Trachom bezeichnen muss; wer kann aber bestimmen, wo der Catarrh aufhört und die Blenuorrhöe anfängt? Wir sehen hier eine Kette von Leiden, die eine gleiche anatomische und pathologische Grundlage haben.
Es wird mir doch Jeder zugeben müssen, dass dieselben Einflüsse, welche den Catarrh ergänzen können, wenn sie fort und nachdrücklich wirken, auf Blennorrhöe und Trachom ergänzt werden können. Die Binde­hautkrankheiten sind überhaupt darnach angethan, dass sie zwar primitiv selbständig in ihrer gegebenen Form und Art entstehen können, dass sie sich aber von einander entwickeln und potenziren.
Für die Entwicklung des selbständigen Trachoms ohne vorausge­gangene Bindehautaffection ist alles jene massgebend, was bei der Aetio-logie der Blennorrhöe gesagt wurde.
Prognosis.
Dieselbe hängt von jenen Umständen ab, welche eben auf das leidende Auge Einfluss nehmen, von der Höhe des Productiv- und Exsudativ-processes, von den Veränderungen in der Hornhaut, von der Grosse des Panus und von der Art der Complicationea. Leichte Fälle sind günstig zu beurtheilen, während schwere zweifelhaft oder gar ungünstig zu prog-nosticiren wären.
Behandlung.
üeber die Behandlung des Trachoms lässt sich wenig weiter sagen, nachdem man die Therapie der Blennorrhöe bereits weiss; gleiche Pro-cesse sind zweifellos durch dieselben Einflüsse zu bekämpfen. Bei Exsudat­hügeln, insofern nicht schon Blennorrhöe zugegen ist, sind Lap. infern, mitig. Nitr. argenti cum Kali, nitric, oder Cupr. sulfur, am Platze.
Es wird hiebei theilweise durch die Aetzung die Anhäufung zer­stört und durch die Irritation und Reizung die Resorption befördert.
Wie oft die Touchirung zu wiederholen ist, wird der ordinirende Veterinär am besten selbst wissen. Bei leichteren Fällen genügen Salben aus weissem Präcipitat auf die Lider und Bindehaut gebracht, 0-40 auf 4-0 Fett. Lapislösung mit Gummi arabicum gemischt, ist in solchen Fällen auch sehr gut. Wenn schon Panus zugegen ist, so ist zuerst die Bindehaut zu behandeln und zu trachten, den Panus zu heben; man kann da Lapislösung in das Auge einträufeln, um beides zugleich zu er­reichen. Später oder zugleich Land, liquid. Lyduch. ins Auge zu 8 Tropfen eingeträufelt, macht erstaunliche Wirkung; leichte Trübungen und Auf­lagerungen in der Hornhaut sind ebenfalls auf diese Art zu heben. Weitere Complicationen sind nach dieser Art zu behandein, was am ge­hörigen Orte besprochen wird.
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Sind zu grosse Granulahaufen auf der Bindehaut vorhanden, und glaubt man nicht schnell genug zum Ziele zu gelangen, so ist es am besten, wenn man ohne Scheu mit einem scharfen Messer die Granula abträgt, und dann mit Lapis oder Kupfervitriol gut ausätzt. Ist die Ent­zündung eine intensive, so wären kalte Umschläge anzurathen. Die weitere Behandlung bestimmt der Verlauf.
Die Angenseuche der Kinder.
(Blenuorrhöe epizootica Boum.)
Die oft im Sommer epizootisch und seuchenartlg vorkommende Augenkrankheit der Rinder, welche in der Veterinärliteratur schlechtweg die Augenseuche der Binder genannt wird, ist sonst nichts, als durch gleichmässige und gleichwirkende Ursache seuchenartig auftretende Augen-blennorrhöe der Rinder, welche durch permanente Einflüsse bedingt ent­standen ist und sich auf die eine Gattung beschränkt, weil eben nur die eine Gattung diesen schädlichen Einflüssen unterworfen ist. In ihren Er­scheinungen, Verlauf und Ausgang ist sie zu verschiedenen Zeiten sehr verschieden; oft leicht und ungefährlich, oft wieder schwer und für das Auge des Thieres sehr gefährlich, lässt sie Spuren zurück, die nur der Blenuorrhöe zukommen. Sie ist auch von den verschiedenen Veterinär-schriftstellern verschieden beschrieben worden; die einen (Tenneker, Amon, Günter, Bleiweiss) halten die Krankheit für ungefährlich, während Haub ner die Augenseuche als eine gefährliche Augenentzünduug beschreibt, ja in manchen Werken ist eine leichtere ungefährliche und eine schwerere (böse Augen, Tenneker, Amon) beschrieben.
Haubner sagt in Kürze, die Entzündung erscheint seuchenartig (Augenseuche, Augenstaupe) besonders bei Wiederkäuern, selten bei Pferden. Er sagt also, dass diese oder eine ähnliche Krankheit auch bei Pferden vorkommen könne, kann aber damit nur die Blennorrhöe bei Pferden gemeint haben, als eine mehr oder minder heftige Entzündung (catarrha-lische) mit Trübung der Hornhaut, Bläscheubildung etc., auch mit Fieber. Es liegen allgemeine Verhältnisse (Erkältung, dunstige feuchte Weiden etc.) zu Grunde, auch Ansteckung durch Augenschleim wird vermuthet, so wörtlich Haubner von seiner Augenstaupe der Rinder; ist seine Augenstaupe nicht eine und dieselbe Krankheit wie unsere Blennorrhöe, sind Ursachen und Erscheinungen, im Kurzen gedrängt, nicht dieselben, die nur der Blennorrhöe eigen sind ? Auch B1 e i w e i s s beschreibt satzweise nur Blennorrhöe, ohne es zu ahnen. Unsere Aufgabe ist, die schon beobachteten, aber verkannten Facta auf den ihnen gebührenden Platz zu stellen.
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Symptome.
Im Hochsommer, zumeist von Mitte Juni bis Ende August, tritt diese Augenkrankheit bei Rindern auf. Im Anfange ist eine vermehrte Thränenabsonderung wahrzunehmen, die Spuren des reichlichen Thränen-ausflusses sind an den Backen und Gesichte wahrzunehmen, die Haare sind an solchen Stellen ausgefallen, das Epithel aufgelöst, die Bindehaut und auch der Uebergangstheil ist gelblichroth oder hochroth, die Gefässe injicirt. Bald, zumeist nach zwei bis drei Tagen, lässt die Hyperämie nach und es tritt eine vermehrte Productensecretion auf, die mit Exsudat-production im Gewebe der Bindehaut begleitet, jene der Blennorrhöe charak­teristischen, gelben, sulzigen Exsudatauflagerungen (Wucherungsprocess, der sich in Bildung von Hügel und Granulahaufen ergeht) liefert. Schwellung der Lymphfollikel und Körner in kleinerem oder grösseren Massstabe, Zerfallen der Exsudatschichten zu Eiter, der sich mit den Thränen und Schleim zu einer gelblich-graulichen, auch mit Blutstropfen gemischten Secretion bildet, die längs den Augenwinkeln fliesst, zuweilen den Lidrand verklebt und auf den Augenwinkeln schmierig vertrocknet; mehr oder weniger bedeutende Schwellung der Augenlider und des Pupillar-körpers begleiten diesen Process, der entweder von einer Hyperämie und activen entzündlichen Action herstammt oder die Folge einer bedeutenden Infiltration des Bindehautgewebes ist. Auflockerung kleinerer oder grösserer Mengen durchsichtiger Follikel, resp. Froschlaicbkörner, vervollständigen das Bild der Augeuseuche, welche in der Eegel ohne ärztliche Hilfe innerhalb 10—14 Tagen ihren Abschluss findet. Es ist dies die leichte Form der Augenseuche, welche in den Veterinärwerken zumeist als unbedeutend verzeichnet ist.
Tritt aber die entzündliche Action mit jener der gewöhnlichen Blennorrhöe eigenthümlichen Heftigkeit auf, ist die ganze Bindehaut mit in den Process verwickelt, hat sich die entzündliche und productive Action auf der Conjunctiva bulbi und von dort auf die Hornhaut ausgedehnt, dann finden wir alle jene Erscheinungen vereint, welche einer heftigen Blennorrhöe zukommen, und finden auch jene heftigen, das Auge zum Verderben bringenden Symp­tome, die dunkle oder kupfrige Röthe des Bindehautsackes, grosse, auf alle Gefässe ausgebreitete Injection, die sich in einem erhabenen Ge-fässnetz äussert. Erheben der Conjunctiva bulbi über den Hornhautrand zu einem Saume, bedeutende und sehr reichliche Secretion der Binde­haut, grosse Exsudation und Organisirnng der Exsudate, Auflagerung auf der Bindehaut, massenhaftes Anlagern der Froschlaicbkörner, Verdunklung der Hornhaut, Geschwürsbildung und Panus; sehr oft treten auch Durch­bruch der Hornhaut und des Hornhautrandes als Miterscheinungen dieser Krankheit auf.
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Eiue sehr häufige Erscheinung ist ferner die Bildung von Pusteln auf der Hornhaut, die ein kalkartiges, käsig - weisses Ansehen haben und im Hornhautgewebe sitzen; es ist das ein Charakterristicum der Augen­seuche. Man kann von weitem auf dem kranken Auge der Rinder diesen Befund constatiren.
Consecutivleiden kommen ebenso wie bei der Blennorrhöe vor und ist deren Art und Höhe für die Gefährlichkeit bestimmend.
Ursache.
Ohne scheinbare Veranlassung wird in der Herde ein Thier nach dem anderen von der Krankheit ergriffen, zur Zeit der grössten Hitze, wenn längere Zeit kein Regen fiel, ist die Krankheit jedoch heftiger.
Auf Stoppelfeldern hat man oft die Krankheit auftreten gesehen, man schrieb dies der mechanischen Verletzung der Augen durch die Stoppeln zu, was nicht wahrscheinlich ist, denn es ist nicht anzunehmen, dass die ganze Heerde ihre Augen verletzt; dann ist auch die traumatische Conjunc­tivitis und Keratitis im Bild und Ausgange von der eben beschriebenen Krankheit verschieden (siehe Augencatarrh und Keratitis); grosser, an­haltender Staub ist als Ursache wohl nicht auszuschliessen. Eine grosse ätiologische Rolle spielen nach meiner Ansicht klimatische Ursachen, schädliche Ausdünstungen auf Weiden, ungünstige Windrichtungen, dann Schicomycetten in Form von schädlichen Pilzen, deren Einwirkung und Art noch näher zu bestimmen wäre.
Die Beobachtung, dass nach Regenwetter im Hochsommer die Krank­heit nachlässt, spricht besonders für diese Ansicht, weil den Ausdünstungen aus den tiefereu Bodenschichten Einhalt geboten ist, obzwar die Krank­heit auch in anderen Jahreszeiten vorkommen kann. Die Ansteckung ist von vielen Seiten hervorgehoben und auch in gewissen Stadien und Phasen der Krankheit wahrscheinlich, ja sogar als sicher bestätigt.
Verlauf und Ausgang.
Innerhalb 5—8 bis 16 Tagen wickelt sich der Verlauf der Krank­heit in der Regel ab; entweder ist in leichten Fällen eine Naturheilung zu erwarten, dann ist der Charakter der Seuche überhaupt nicht bösartig.
Die Symptome erreichen nicht jene drohende Höhe und mit wenigen, fast unbedev\tenden Perzentverlust an Augen heilt die Krankheit bei der ganzen Heerde ohne besondere Schwierigkeit. In schweren Fällen, wenn die Seuche bösartig auftritt und den Erscheinungen der Ophthalrnoblennorrhöe nahe kommt, sind die schlechtesten Ausgänge zu befürchten, und ein grösserer oft bedeutender Verlust an Augen, Durchbruch der Horn-
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haut, Hornhautbrand, bedeutende Hornhautgeschwüre, Iris Vorfall, Phthisis des Bulbus, ist dann nicht selten zu erwarten. Der üebergang in Consecu-tivleiden, zumeist Iritis, ist in solchen Fällen selbstverständlich, obzwar alle Theilhaber des Auges in Gefahr sind, mitergriffen zu werden und die Entwicklung der Total-Ophthalmitis möglich ist.
Prognosis.
In leichten Fällen ist die Prognosis als günstig zu stellen in Bezug auf eine befriedigende Perzenttheilung der ergriffenen Anzahl Hornvieh.
Einzelne Bulben sind immer dem Verluste preisgegeben, wo sich be­sonders ungünstige Localeinflüsse dazu gesellen. Wenn die Seuche von bösartigem Charakter ist, dann ist ein höherer Percentsatz von Verlusten an Bulben zu befürchten und auch für einzelne Fälle die Prognose als zweifelhaft oder gar ungünstig zu stellen.
Behandlung.
Die Behandlung der Augenseuche ist sehr schwierig durchzuführen, weil sie als Massenerkrankung solche Massregeln erfordert, welche nicht leicht durchzusetzen sind.
In der Privatpraxis, wo man zu einzelnen Thieren gerufen wird, er­gibt sich die Behandlung durch die auf die Blenuorrhöe im Allgemeinen einzuleitende Therapie. Ist eine Heerde von der Krankheit befallen worden, so wären in leichteren Fällen keine therapeutischen Massregeln zu ergreifen nöthig, sondern die Naturheilung zu erwarten, und nur die schwereren Einzelnfälle einer Behandlung zu unterwerfen. Bei schweren Seuchefällen sind Touchirungen mit Kupfervitriol in Masse vorzuziehen, Waschungen mit Schwefelsäure, Kupferlösung. Werthvolle Thiere sind einer aufmerk­samen Einzelnbehandlung zu unterziehen, die sich nach den Regeln der Blennorrhöe-Therapie halten. Hornhautgeschwüre, Pusteln sind mit Lap. mitig. in Substanz zu betupfen und das Secret mit Waschungen wenig­stens täglich einmal zu entfernen. Massenverdunklungen der Hornhaut sind am besten durch Einblasen von Kalomel mit Zucker zur Heilung zu bringen,
Consecutivleiden sind nach Erforderniss zu behandeln, überhaupt muss man sich auf einen gewissen perzentualischen Misserfolg gefasst machen, wobei ein 10—150/0iger Verlust als günstig zu betrachten ist.
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Die Angenstanpe der Schafe.
(Conjunctivitis blennorrhöea discratica ovis.)
Die Augenstaupe auch scrophulöse Augenentzündung der Schafe ist eine eigenthümliche, nur den Schafen eigene Krankheit und der Conjunc­tivitis scrofulosa bei Menschen ähnlich.
Die Erscheinungen dieser Krankheit treten in der Regel nicht so heftig als die der Blennorrhöe auf, sind aber durchaus mit dem reinen Catarrh nicht gleich; sie entstehen also beiläufig in der Mitte zwischen Blennorrhöe und Catarrh.
Wie überhaupt alle Krankheiten der Schafe schon nach der Natur der Sache grosse Neigung zur Exsudation haben, mit wenig activen Ent-zilndungsmerkmalen, ist auch dieses Augenleiden mit dem Zeichen tor-pider Entzündung ausgestattet, welche durch einen schleichenden Verlauf in Begleitung von unscheinbarer Exsudation und Gefässreizung in Form von Bündeln und partieller Zerstörung der Hornhaut, der Bläschen, Pusteln und Kuötchen-Eruptionen als Folge hinterlässt, welche entweder zur Heilung gelangt oder durch höher potenzirten Verlauf der Krankheit als discrasisches Allgemeinleiden jene für das Auge verderbliche Höhe erreicht, die bei der Blennorrhöe zu finden ist.
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Symptome.
Die Entzündung ist keine heftige, sondern von schleichender, im Beginne massiger Hyperämie und Gefässinjicirung begleitet, welche der Bindehaut jene orangegelbrothe Färbung verleiht, die das Charakteristische serotischer Leiden ist. Oft steigert sich die Röthe partiell bis auf das Hoch- und Kupferrothe, jedoch durch diese gelblichrothe Färbung unter­brochen und gestreift, so dass die Bindehaut Nuancen beider Färbungen zeigt. Die Gefässinjicirung ist eine partielle, mit bündeiförmigen Ein­spritzungen, oft auf jenen Theil der Bindehaut sich beschränkend, wo die Exsudation vor sich geht; oft aber, wenn die Exsudation eine allgemeine ist, ist die Einspritzung auf der ganzen Conjunctiva bulbi ausgebreitet. Diese Bündelgefasse können bis in die Cornea hinein ragen, wo sie sich dann entweder gänzlich verlieren oder mit dem dort vorhandenen Exsudate verschmelzen. Die Keactionserscheinungen stehen in keinem Verhältniss mit der Production und Secretion, die manchmal so stark ist, dass das Auge das Aussehen des Vereiterns bekommt, wovon auch der Name Eiter­auge zu stammen scheint. In manchen Fällen ist sowohl die Secretion, als auch Exsudation eine massige.
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Die Exsudation nimmt die Form von Bläschen und Pustelbildung an oder sie ist in hochgradigeren Fällen jenen Metamorphosen unter­worfen, die in der Regel bei der Blennorrhöe gefunden werden.
In solchen Fällen ist die vorgerückte Krankheit von der Blennorrhöe kaum zu unterscheiden; in leichteren Graden ist die Exsudation eine partiell umschriebene, die sich zumeist an die Conjunctiva bulbi anlegt und von partieller Gefässeinspritzung begleitet wird. Höhere Krankheits­grade ergreifen den ganzen Bindehautsack und erstrecken die Exsudation auch auf die Lidbindehaut und auf die Cornea, die dann in Form von Pustelbläschen und Körnern von grauweisser Farbe, mit oder ohne schwü­rigem Grunde auf der Hornhaut einlagert; die Gefässeinspritzung der Cornea erscheint als Panus, der oft unbedeutend und nur partiell die exsudative Partie umkreist, oft aber auch grössere Flächen einnimmt, welche dann, mit geflochtenen Bündeln von Gefässen überdeckt, hoch-oder rosenrothem Tuche ähnlich sind und auf die ganze Hornhautober­fläche übergehen. Geschwürsbildung in der Hornhaut, Verdunklung der­selben, Durchbruch und Irisvorfall begleiten die höchsten Grade der Krank­heit, die dann der Blennorrhöe ganz gleich kommt, jedoch mit dem charakteristischen Unterscheidungsmerkmale, dass die exsudativen Granula und Producte in der Bindehaut ungemein zum Zerfall neigen, und einer schwammig weichen, sulzigen Masse gleichen, und zu Eiter und Jauche zerfallen. Diese Secretionsflüssigkeit ist sehr scharf und ätzend, erweicht das Epithel und bringt die Haare zum Ausfallen, um das Auge veran-lasst es Pustelbildung im anliegenden Gewebe der äusseren Decke, und hat die Eigenschaft, sehr schnell das Gewebe, auf welches sie einwirkt, zu ulceriren, weshalb in der Eegel das Auge in diesem Grade der Krank­heit an Hornhautverschwärung oder Phthisis bulbi eingeht.
Vorkommen und Ursache.
Die Krankheit kommt vereinzelt sporadisch als Zufallsleiden vor, oft in manchen Schafheerden alle Jahre und zu jeder Jahreszeit, nur einzelne Stücke befallend. In solchen Fällen ist keine andere Ursache, als individuelle Blutdiscrasie denkbar, die bei Schafkrankheiten überhaupt eine grosse Rolle einnimmt; obzwar eine erregende Ursache als nächstes ursächliches Moment, welches die Krankheit hervorruft, nicht geläugnet werden kann.
Bei Massenerkrankungen, wenn ganze Heerden davon befallen werden, sind zuerst jene ursächlichen Momente zu erwägen, welche eine solche specifische Blutscrase hervorrufen können, welche die Neigung zu solcher Augenkrankheit hervorruft, unterstützt oder befördert.
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Unbestimmte kliraatiscüe Einflüsse müssen zweifelsohne vorwalten, denn die Krankheit kommt selten vor, und ist in wenigen Fachwerken als selbständiges, specielles Leiden beschrieben worden. Also scheint deren Beobachtung nicht so häufig zu sein, obzwar jeder gute, erfahrene Schaf­hirt darauf aufmerksam gemacht wurde. Weiter scheint sie wieder an ge­wisse Localeinflüsse gebunden zu sein, denn eine seuchenartige Verbreitung ist mir nicht bekannt. Es sind also in erster Keihe solche Einflüsse, die eine prädisponirende Blutscrase schaffen können, und sobald geeignete, erregende Normen einwirken, kommt das Leiden zum Ausbruch. Schlechte, dumpfige, schimmliche Nahrung, TJnreinlichkeit im Aufenthalte, zu grosse Anhäufung von permanenter Streu, wie das in vielen Schäfereien üblich ist, niedere, sumpfige Weiden sind wohl zu den Hauptursachen zu zählen. Ferner kann Ansteckung nicht geläugnet werden, besonders bei Massen­erkrankungen.
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Verlauf und Ausgang.
Der Verlauf ist in der Regel langwierig und chronisch, die Aus­gänge sind verschieden; wenn die Krankheit milderen Charakters ist, dann bleibt sie in den oben beschriebenen, massigen Grenzen, und der Schaden ist dann nicht so gross. In der Regel bleibt Verdunklung der Hornhaut, Panus, Pustelbildung auf der Cornea zurück, wenn die Krank­heit durch Naturheilung gehoben ist; oft verschwinden auch diese, so dass nur auf wenigen Augenlidern bei ganzen Heerden Spuren zurück­bleiben; nimmt aber die Krankheit einen bösartigen Charakter an, steigern sich die Symptome, wie jene der Blennorrhöe, dann ist Durchbruch der Hornhaut, Verschrumpfung dieser. Phthisis bulbi, Irisvorfall etc. zu be­fürchten, lauter solche Erscheinungen und Zufälle, die dem Auge ver­derblich sind. Das Percentverhältniss zu Grunde gegangener Bulbi ist dann oft sehr bedeutend.
Prognosis.
In leichteren Graden ist die Prognosis günstig zu stellen, in schwereren für das betroffene Auge ungünstig; es ist nur zu trachten, den allgemeinen Zustand des Schafes durch kräftiges Futter, frische Luft etc. zu heben, damit man dasselbe als Schlachtthier verwehrten und aus der Heerde ausmustern kann.
Behandlung.
Für das erste ist für einen gesunden Aufenthaltsort zu sorgen, am besten durch Wechseln des Ortes, und wenn nicht lüftige Stallungen zu
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Gebote stehen, ist es in milder Jahreszeit gerathen, die Schafe im Freien zu lassen, und den Stall erst nach gründlicher #9632;Reinigung und Desinfection wieder in Gebrauch zu nehmen.
Tleissige Desinfection des Stalles mit Carboldämpfen dürfte von besonderem Nutzen sein, in leichteren Fällen genügen nebst Reinigung des Auges diese Massregeln zur Heilung. Bähungen mit aromatischen Kräutern, natürlich in Masse, unterstützen den Heilungsprocess besonders. Solche Kräuter sind Chamomill, Menth. piper., Melissae etc. Wenn man sonst nichts zur Hand hat, genügen Heublumen, rein durchgeseiht mit Zusatz von einigen Stücken schwefelsaurem Kupfer. Es tonisirt die Binde­haut und verhindert jenen verderblichen, gern zum Zerfall neigenden Exsudationsprocess. In hartnäckigen Fällen ist Kupfervitriol-Lösung etwas stärker zu nehmen oder die Bindehaut mit Cupr. sulf. in Substanz zu ätzen und dabei fleissig mit lauwarmen, aromatischen Abkochungen zu reinigen.
In hochgradigen Fällen ist die Bindehaut mit Silbersalpeter in Sub­stanz nach Art der Blennorrhöe zu ätzen, jedoch die Eisumschläge aus­zulassen, überhaupt mit der Anwendung von Kälte vorsichtig zu sein, womöglich dieselbe ganz zu meiden. Nach Erforderniss ist die Aetzung mit Silbersalpeter zu wiederholen und für sorgfältige Entfernung des Secretes zu sorgen. Die Veränderungen an der Hornhaut sind durch die schon erwähnten weissen oder rothen Präcipitatsalben, durch einfache oder combinirte Opiumtiuktur zu beheben. Auf den allgemeinen Zustand ist besonders zu achten, für gute Nahrung zu sorgen und die Natur mit tonisirenden Mitteln, als Ofenruss, Kalmus, Enzian, Tormentill etc. zu unter­stützen. Hoinhautdurcbbrüche, Irisvorfall und die möglich vorkommenden Consecutivleiden sind nach Erforderniss einer speciellen Behandlung zu unterziehen.
Am besten ist es, solche Schafe, wenn sie nicht etwa sehr werth-volle Mutter- oder Vaterthiere sind, zur Schlachtbank auszumustern und dem Eigenthümer den Verkauf derselben zu empfehlen. Wenn es die Ver­hältnisse gestatten, ist die Absonderung der Kranken von den Gesunden durchzuführen.
Flügelfell {Pterygium).
Nach Bleiweiss, Augenfell genannt, ist eine selten vorkommende, pathologische Veränderung am Thierauge, welche immer in der Binde­haut ihren Sitz hat.
Der Begriff Pterygium ist bei manchen Autoren der Veterinärliteratur ein verwirrter, denn unter Flügelfell versteht man nicht etwa einen üeber-zug über die durchsichtige Hornhaut in Form von weissen Flecken und
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Pusteln, wie sie Manche beschreiben, sondern das Plügelfell ist eine durch Entzündung bedingte, productive Entartung der Conjunctiva bulbi, deren Basis gegen die Peripherien des Bulbus gerichtet ist und die Spitze gegen die Cornea hineinreicht. Zumeist in dreieckiger Form, oft vom inneren Augenwinkel mit der Basis beginnt und so theilweise die Horn­haut überdecken kann, oder auch von der Conjunctiva bulbi auf das obere Augenlid sich erstreckt und in dessen Tarsaltheil eine Verschrumpfung eingeht. (Siehe Fig. 4.)
Durch einen ßeichthum von Gefässen fällt das Pterygium dem Beob­achter von der übrigen Bindehaut besonders auf, welche auf der Peri­pherie des Felles gegen die Cornea convergent verlaufen sollen, besonders erweitert und eingespritzt sind. Die Eikeuntniss des Flügelfelles ist keine schwierige, denn von deren Basis aus findet man auf der Oberfläche des Augapfels die verdickte und entartete Bindehaut, welche in Gestalt eines Dreieckes mit einer halbrunden Spitze bis oder über die durchsichtige Hornhaut sich erstreckt und so die Oberfläche des Augapfels mit einem fleischigem Felle überdeckt, welches von bläulich-röthlicber, schmutzig­gelber oder hochrother Farbe, je nach dem Grade der entwickelten Ge-fässe und Hyperämie überzieht und mit dem darunter liegenden Gewebe oft locker, oft fest verbunden ist, so dass man es mit einer Pinzette leicht fassen kann. Je nach dem Blutreichthume des eingelagerten Exsu­dates unterscheidet man ein Pterygium tenae und Pterygium crossum.
Das Flügelfell entwickelt sich als Polgeleiden acuter Bindehaut-Blennorrhöe, Trachom, intensiver Catarrhe und kann nach meiner An­sicht als die Folge einer Missbehandlung der Bindehaut angesehen werden, obzwar auch durch heftige traumatische Conjunctivitis das Entstehen zu­gegeben werden kann.
Eine Hauptursache des Flügelfelles ist das Vorkommen der Blen-norrhöe und des Trachoms, wo jedes einzelne Granula als Basis zur Fort­entwicklung des Ptygiums dienen kann.
Die Behandlung des Flügelfelles, insoferne eine solche die Umstände zulassen, gipfelt sich in der unbedingten Entfernung der Entartung.
Im Anfange, wenn man den Ansatz und Gewebswucherung an der Conjunctiva bulbi wahrnimmt, ist dieser durch Lap. iufern. oder Cupr. sulfur, zu zerstören.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;.
Entwickelte Flügelfelle sind mit einer feinen Scheere und Zuhilfe­nahme einer Pinzette ohne weiteres abzutragen oder auch mit einer blatt­förmigen Lanzette, und zwar nach Fig. 4.
Ist zwischen dem Flügelfell und der unteren Bindehaut offener Eaum, d. h. sitzt das Flügelfell locker, so schiebe man die Scheere in den Zwischenraum und trenne das Fell von der Basis; wenn es an die Hornhaut angewachsen ist, auch von dieser; bleibt an der Basis noch
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granulireiides Gewebe zurück, so ist dieses am besten mit einer krummen Scheere abzutragen, so dass die Scbnittfläcbe einer muldenförmigen Höhlung (z. B. U) gleich ist. Wo man mit der Scheere unter das Flügel­fell kommen kann, ist diess mit einer laubförmigen Lanzette durchzuführen und die Anwachsung erst dann mit der Scheere zu trennen. Zum Zweck der Operation ist das Thier zu fesseln, am besten zu werfen und der Bulbus nach der bekannten Methode zu fixiren.
Die Operation ist bei gehöriger Vorsicht ganz gefahrlos, die Blutung sehr unbedeutend. Nach der Abtragung sind die Ueberreste mit Silber­salpeter zu zerstören und die Procedur so lange zu wiederholen, bis der üeberproduction Einhalt gethan wird und die Wundflächen durch nor­males Gewebe vernarben.
Exantheme der Bindehaut.
Exautheuiatische Allgemeinleideu lagern sich nicht selten auch in die Bindehaut ein, und rufen dort die vielseitigsten Veränderungen der Bindehaut und ihrer Nebentheilhaber hervor, so dass das Sehvermögen oft sehr beeinträchtigt oder gänzlich gefährdet ist.
In erster Reihe sind die Blattern zu erwähnen, welche das Auge in Folge Einlagerung auf die Bindehaut oder gar Cornea nicht selten ver­derben, besonders bei denjenigen Hausthieren, welche diesen Zufällen häufig unterworfen sind, was sicher schon von den meisten Fachmännern beobachtet wurde.
Prognosis, Ursache und Verlauf sind vom Allgemeinleiden abhängig. Will man das Auge behandeln, so ist dafür zu sorgen, dass die Pocken nicht zu grosse Zerstörungen hervorrufen.
Am besten ist es, man öffnet die Variola mit einer Nadel oder fein zugespitztem Lap. inferu., besonders wenn sie auf der Cornea sitzen und behandle die Consecutivzustände nach der Regel.
Weiters sind Exantheme, welche sich auf die Bindehaut übersetzen könnten, bei Katzen und Schafen die Krätze, welches von mir oft beob­achtet wurde; natürlich wird durch die Vernichtung der Krätzmilbe auch der exanthemische Process schwinden und der richtige Weg zur Heilung bald zu finden sein (etwa Carbolöl, oder Carbolseife etc. etc.).
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Die Hornhaut.
Die durchsichtige Hornhaut.
(Tunica cornea s. cornea pelucida.)
A. Anatomie und Physiologie der Hornhaut.
Die durchsichtige oder schlechtweg Hornhaut, verhält sich zu dem Augenapparate wie ein Uhrglas zu seinem Gehäuse, und hilft so die Form des Augapfels vervollständigen. Sie gestattet Dank der durchsich­tigen Eigenschaft den Eintritt der Lichtstrahlen in das Innere des Augen­apparates.
Ihre Oberfläche ist leicht gewölbt, die hintere ausgehöhlt, und stellt bei Pferden (nach Leisering) ein querliegendes Oval dar, dem inneren Augenwinkel mit ihrem breiten Ende zugekehrt.
Von der inneren Fläche ihrer Anheftungsbasis ist sie nicht ganz kreisrund, ein sehr sanftes, kaum merkliches Oval bildend. (Bei Hunden und Katzen jedoch völlig kreisrund.)
Ihre Krümmung entspricht einem viel kürzeren Eadius, als die der Sclera.
Die Dicke der Cornea ist relativ verschieden, in der Mitte ist sie am schwächsten, gegen den Hornhautfalz dagegen wird sie immer stärker, so dass sie bei erwachsenen Pferden in der Mitte relativ ge­ringer, bei minderjährigen Fohlen, besonders bei Saugfohlen relativ stärker ist (eigene Beobachtung des Verfassers); verhält sich also ganz in denselben Verhältniss wie beim Menschen.
Sie vereint sich an ihrer Kandbasis mit der Sclera so, als ob sich die letztere an dem Hornhautbasisrand anschmiegen würde, die Cornea-fasern au dieser Stelle ihre Natur ändern und plötzlich in Scleralfasern übergehen würden.
(Beim Menschen soll dieses üebergreifen der Corneal- in die Scleral­fasern besonders im reiferen Alter hervortreten; bei Hausthieren mangeln darüber Angaben.
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Die durchsichtige Hornhaut besteht in ihrer Gewebszusammenfügung aus drei Membran schichten; von diesen drei Membramen ist die mittlere die bei weitem wichtigste und repräsentirt das eigentliche Strotum des Hornhautgewebes, d. h. die faserige Schicht derselben. (Manche Anatomen fügen der Hornhaut nur zwei Schichten bei, indem sie die Epithelschicht nicht dazu rechnen.)
I. Die von aussen dem Beobachter zuerst zugängliche, ist die Epi­thelschichte, von den älteren Anatomen als eine besondere Haut, als vordere Grenzschicht oder Busolmembran (Lamina elastica anterior) an­genommen; sie ist nach Kolof aus denselben Fibrilen zusammengesetzt, wie das eigentliche Hornhautgewebe, jedoch mit dem Unterschiede, dass die anatomische üebereinandergreifung der Fasern ein verschiedenartig winkliebes Geflecht bildet.
Die äusserste Epithelschicht, welche diese Membram total überzieht, ist fast sonst nichts als die Fortsetzung des Bindehautepithels, welches als Pflasterepithel (siehe Anatomie der Bindehaut) schichtweise anlagert, und zwar erscheinen die inneren Zellen länglich, die mittleren und äusseren plattförmig, somit zusammen drei substanzielle Schichten aus­machend.
H. Unter der Epithelschicht lagert die eigentliche Hornhautsubstanz; die faserige Hornhautschicht besteht aus Bindegewebsfasern, welche sich netzförmig kreuzen, und einer Anzahl Lamellen und bandartiger Streifen, welche auch diese Kreuzung eingehen, diese Kreuzungsstreifen oder Bün­deln sind das Product einer sehr feinen fibrilen Zusammensetzung, welche mit einem Zellennetz durchsetzt ist, dessen einzelne Zellen unter dem Namen „Hornhautkörper'1 bekannt sind und aus membranlosen mit Kern versehene Zellen bestehen und mit einander durch Fortsätze vielfach ver­bunden werden. Die Hornhautstreifen und Bündeln begleiten in der Lage die Hornhautoberfläche und richten sich nach derselben; dieser Umstand veranlasste Viele diese Fasern als selbständige mit der Oberfläche in Ver­bindung stehende Schutzfasern zu beschreiben.
Schliesslich sind die nach Kenklinghausen noch beobachteten Wander­zellen in dieser Schicht zu erwähnen, welche sich besonders durch ihre Formveränderungen und Aneroid-Bewegungen innerhalb des Gewebes aus­zeichnen sollen.
III. An die Hornhautsubstanz hinten angelagert, ist die innere begrän-zende Membran, welche Wasserhaut oder Descemetische Haut (Demours-sche Haut, Membrana humoris aquei s. descemeti) bekannt ist. Von Duddel in London (1729) und später von Descement und Demours 1758 be­schrieben.
Diese ist nach Henle ein vollkommen wasserhelles Häutchen, welches die ganz gleiche physikalische Eigenschaft hat, wie die Linsenkapsel und
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nebst der Wasserhelle auch ein elastisches, scharf abgesetztes Häutchen (Lamina elastica posterior) besitzt, welches farblos und gleichförmig durchsichtig, wie das reinste Krystall ist. Sie lässt an sich keine Faserung, sondern eine kaum merkliche Streifung wahrnehmen. Vom frischen Auge ist es schwer, von mit. gewissen Chemikalien macerirten Augen aber leicht abzulösen, und hat die Eigenthümlichkeit, sich an deu abgetrennten Rändern einzurollen, wie lang eingerolltes Papier. Ihre helle Durch­sichtigkeit geht aber dessenungeachtet weder durch Kochen, noch durch Reagentien verloren.
Die freie Oberfläche ist mit einer Schicht polygonaler Zellen, dem Endotel der Wasserhaut oder dem inneren Epithel der Hornhaut über­zogen (nach Leisering), welcher mit dem Endotel des Irisfortsatzes im Zu­sammenhange steht und zur Bildung des Schlemm'schen Canales beiträgt.
Sie dehnt sich ferner mehr nach rückwärts in die Augentiefe, als iu die (Jornealsubstanz und verbindet sich mit einem zugeschärften Rande zwischen der eigentlichen Cornealsubstanz und Iris (Heule). Wenn all-mälige Einflüsse einwirken, ist sie einer bedeutenden Ausdehnung fähig.
Die Hornhaut ist vollkommen farblos und durchsichtig, sehr fest und dicht im Gewebe, biegsam und elastisch; durch Reagentien und Aus­kochen wird sie trübe, milchig und opalartig.
Die Annahme, dass die Hornhaut in gesundem Zustande frei von Gefässen ist, ist nicht richtig. Gegen deu mittleren Theil der Hornhaut sind natürlich solche kaum wahrzunehmen, sind aber jedenfalls als Vasu serosa vorhanden, welche Huschke durch die vordere Ciliararterie in die Hornhaut der Pferde mündend, nachgewiesen hat.
In ganz neuerer Zeit hat Tannhof er durch zweifellose Experimente das Vorhandensein der Gefässe in der Hornhaut nachgewiesen. Grössere Gefässschlingen, welche oft auch mit freiem Auge bemerkbar sind, findet man am Hornhautrande bei Pferden, weniger bei Wiederkäuern; diese stammen theils von jenen Gefässen der Bindehaut, theils von den Ciliar-arterien und den Muskelästen der Arter. Ophthalmica. Jene Gefässe, welche vorerst die Bindehaut passiren, und zwar durch die Conjunctiva bulbi in die Hornhaut übergehen, stammen von der Arteria lacrimalis, welche auch dann jene Gefässe abgibt, die den sogenannten limbus con­junctiva Cornea ausmachen.
Wenn die Hornhaut auch minder empfindlich ist, und dieser Augen-theilhaber in der Regel als der am wenigsten empfindliche Augentheil angesehen wird, so hat sie doch Nerven, und zwar stammen diese vom Ciliarnerv ab, dringen vom vorderen Rande der Sclerotica in die Horn­haut und verlieren sich darin, indem sie ihre Markscheiden verlassen; ferner stammen einige Nervenfäden aus dem Nervenkranze der Ciliar- und
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Gangliennerven, welche in die durchsichtige Hornhaut von dort abge­geben werden.
Der Stoffwechsel ist in der Cornea ein sehr lebhafter, denn die Ver­wundungen werden sehr leicht geheilt, und Substanzverlust ersetzt sich vollkommen, oft ohne Narben zu hinterlassen, und sehr ausgedehnte Exsu­date gelangen zur Resorption.
Die physiologische Function der Hornhaut besteht in der Aufnahme und Brechung der Lichtstrahlen. Wenn auch diese Brechung mit mathe­matischer Genauigkeit nicht nachweisbar ist, so ist es doch sicher nach­gewiesen, dass die Cornea im Verein mit dem Humor aquaus die Licht­strahlen zu Achsenstrahlen convergent brechen, und dass besonders die Wölbung der Cornea für den Eefractionszustand des Auges von ganz be­sonderer Bedeutung ist.
J3. Krankheiten der Cornea.
Die Hornhaut erkrankt theils selbständig und unabhängig von den übrigen Augentheilhabern, theils ist sie Consecutiv-Erkrankungen unter­worfen. Sie kann selbständig und für sich allein, oder als Folge-Er­krankungen anderer Augentheilhaber und gemeinschaftlich mit diesen einen Eutzüudungsprocess eingehen.
Erscheinungen, Verlauf und Ausgänge der selbständigen Formen sind je nach der Einwirkung der ursächlichen Form verschieden; sie können auch mit den Ausgängen der Consecutiv-Leiden gleichbedeutend sein. Die Cornea nimmt an der Erkrankung der Bindehaut sehr oft An-theil, ja diese ist der wichtigste, einwirkende Factor auf die Consecutiv-und Folge-Erkrankung der Cornea.
Bei der Entzündung der tieferen Gebilde des Auges nimmt sie auch sehr oft Antheil und behauptet in der Erscheinungsgruppe solcher Leiden einen wichtigen Platz für sich (siehe Monatblindheit), wie wir an der betreffenden Stelle sehen werden.
I. Hornhautentzündung (Eeratitis).
A. Bheumatische Hornhautentzündung. (Keratitis rheumatica.)
Die rheumatische Keratitis ist stets, wie es nach der Natur der Sache selbstverständlich ist, eine Folge von Erkältung, und nur dort, wo eben die Einwirkung anderer, ursächlicher Normen ausgeschieden ist, kann man von Keratitis rheumatica sprechen.
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Bei leichtgradigeu Erkältungeu kommt sie selbst ohne Consecutiva vor, bei heftigen ist auch Conjunctiva und Iris mit ergriffen.
Die Hornhautentzündung äussert sich mit Ausschluss sehr strenger Sonderung in zwei Formen und zwar: in Keratitis mit vorwaltend serösem Exsudate als leichtere Form, und in Keratisis mit eitrigem Exsudate als schwerere Form; doch ist die strenge Scheidung beider Formen, wie schon erwähnt, in der Praxis nicht ganz möglich, weil das Ueber- und Unter-einandergreifea beider Formen öfters vorkommt
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Symptome.
Nach Eintreten einer rheumatischen Keratitis finden wir im Anfang um den Hornhautrand einen rosenrothen Gefässkranz, der sich mehr weniger tief gegen das Hornhaut-Centrum verbreitet.
Diese Gefässinjection ist entweder eine oberflächliche, d. h. in den oberen Schichten der Hornhaut gelegene, aus den Gefässen der Binde­haut und Arteria lacrimalis abstammend oder sie ist in den tieferen Ge-websschichten violettroth und von der Injection der Ciliararterie ab­stammend.
Die Conjunctiva ist je nach dem Grade der Krankheit zumeist in ihrer ganzen Ausdehnung geschwellt, gelockert und mit zahlreichen hoch-rothen, ja zuweilen dunklen Gefässen durchzogen, man möchte sagen übernetzt; der Lidrand wird in der Eegel serös geschwellt, blass- oder hochroth, die Cornea erscheint mit einem erhöhten Glanz, die Thränen-secretion ist eine vermehrte, oft sehr bedeutende, auf der Bindehaut ist oft eine schleimig-eitrige Flüssigkeit zu finden, welche als Consecutiv-erscheinung der Bindehaut aufzufassen ist.
Bald nach dem Hervortreten der beschriebenen Erscheinungen stellt sich eine Trübung der Hornhaut ein, welche über die ganze Cornealfläche oder einen Theil derselben ausgebreitet ist.
Die Cornea erscheint matt, verliert den Glanz, ist lichtgrau, halb oder gar nicht durchsichtig und an der ganzen getrübten Fläche gleich-massig gesättigt. Diese gleichmässige Trübung ohne Flecken und inten­siver Trübungsflecken ist ein Charakteristicura des leichteren Grades der rheumatischen Keratitis mit vorwaltend serösem Exsudate, welches sich in dem Hornhautgewebe gleichmässig eingelagert hat, welche Trübung oft von kleinen Wasserbläschen begleitet ist, die an der matten Oberfläche der Cornea sitzen und nach erfolgter ßerstung sehr kleine Facetten hinter­lassen, die jedoch ersetzt und geheilt werden.
Hat die Affection nicht mit den oben bescbriebenen Erscheinungen ihre Höhe erreicht, und fängt die Klärung der Hornhaut und Eücktritt der Entzündung an, und tritt die Bildung eines Abcesses in der Sub­stanz der Hornhaut ein, dann haben wir es mit einer Keratitis mit eitrigem Exsudate zu thuu.
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Sobald sich tiefere Eiterherde bilden, ist Iritis zu befürchten, welche von einem gelblichen eitrigen Exsudate begleitet ist. (Diese Erscheinung nannten die älteren Oculisteu Hypopiutn spurium, weil sie glaubten, dass die eitrige Flüssigkeit in der Vorkammer eine Folge des entleerten Ge­schwüres oder Abscesses sei, welches die Hornhaut nach innen zerstört hätte; doch ist dieses nicht der Fall, sondern diese Erscheinung ist eine Folge der Iritis als Consecutivleiden, wie wir das an betreffender Stelle sehen werden.)
Das Auftreten einzelner oberflächlicher und tieferer Blutgefässe in den Zerstörungsherd kann mau dann als Zeichen beginnender Resorption und Vernarbung ansehen.
Ursache.
Affectionen der Hornhaut werden verhältnissmässig mehr bei Pfer­den als bei anderen Hausthieren beobachtet; das Pferd scheint besonders für Hornhautaffectionen und Keratiden zu prädisponiren, denn viele Augen-affectionen ziehen die Cornea consecutiva in Mitleidenschaft.
Speciell können Keratitis jeder Art mechanische und rheumatische Einwirkungen hervorrufen, welche dann blos als Gelegenheitsursache die möglich bestehende Prädisposition zur Erkrankung anfacht.
Besonders ist diese Prädisposition vorherrschend, wenn die Schädlich­keiten auf schon catarrhalisch afficirte Augen wirken. Solche schäd­liche Einflüsse wieder sind Ost- und Nordwinde, schneller Temperatur­wechsel, plötzliche Abkühlung, dumpfe, dunkle, ungesunde Stallungen, die mechanische Keizung durch grosse Staubkörner, chemische Mittel als Kalk, widersinnige Verwendung scharfer ätzender Substanzen, Schläge, Stösse, Peitschenhiebe, Disteln, Dornen und scharfe Gräser auf der Weide etc.
Vor wenigen Jahren erkrankten in einem Gestüt in Slavonien einige Pferde an traumatischer Keratitis, oft mit sehr ungünstigem Ausgange. Ich forschte lange nach der Ursache, ohne auf diese zu kommen; endlich stellte sich heraus, dass die Schwertdistel (Cantium spinosum), welche in grosser Menge auf der Weide vorhanden war, zur Reife gelangte, ihre Borsten und Stacheln sehr bald verlor, welche auf verschiedenen Theilen des Pferdekörpers haften blieben, auf diese Art natürlich auch in das Auge gelangten, sich in die Hornhaut einnisteten und so Keratitis ver-anlassten. Mit der Ausrottung dieses Uebels von der Weide war die Krankheit, welche vorher seuchenartig auftrat, beendet.
Behandlung.
Die erste Aufgabe einer rationellen Therapie ist eine strenge Ab­haltung aller möglichen Einwirkungen von Gelegenheitsursachen und
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Heizungen. Strenge Augendiät, d. h. nicht zu lichter aber luftiger, gesunder Aufenthalt; besonders ist das Thier vor grellem Licht und schnellem Lichtwechsel zu schützen.
Allgemeine Antiphlogose, z. B. Aderlass ist nur bei sehr heftiger Keratitis, wenn die Gefässinjection eine sehr dunkelrothe ist, zu Statten gekommen. Purganzen sind jedenfalls gut anzuwenden, besonders sind Mittelsalze, Weinstein und Brechweinstein zu empfehlen, kleine Dosen von Brechweinstein in öfteren Zwischenräumen, 5—6mal täglich. Kalte, wenn möglich Eisüberschläge sind so lange anzuwenden, bis sich keine Spuren von Exsudation mehr zeigen, dann wäre davon abzustehen.
Nur iu besonders heftigen Fällen, wo Brand droht, sind Eisüber­schläge auch während der Exsudation zu gebrauchen.
In solchen Fällen sind Scarificationen der Bindehaut am Platze, die oft von gutem Erfolge begleitet sind; ebenso Einreibungen auf die Schläfe und Augenbogen von Ung. Hydrarg. und Esctr. opii. (1 Theil Opium auf 40 Theile Ung. Hydrarg.) Besonders ist die Anwendung des Vogel'-schen Augenlinimentes zu empfehlen, welches täglich zweimal auf eine kleine Stelle neben dem Auge eingerieben wird. (Das Augenliniment von Dr. E. Vogel in Stuttgart besteht aus:
Atroph. sulf. angl. 0-30. Spirit, vini. conc Chloroform.
aa. 10-00. 01. camphor.
8-00.
Ist die Heftigkeit der Entzündung gebrochen, dann ist dafür zu sorgen, die Exsudation und Verdunklung in und auf der Hornhaut zu entfernen.
Was die Verdunklung anbelangt, so ist betreffs dieser auf das Capitel über Hornhautverdunklung zu verweisen, da diese als Folge verschiedener Augenaifectionen für sich abgehandelt wird.
Angesammeltes Exsudat und Eiter in der Vorkammer ist durch Ke-sorptionsmittel aufzulösen und aufzusaugen.
Gelingt die Resorption der Exsudate, besonders des Eiters, in der Vorkammer nicht, dann scheue man sich ja nicht, die künstliche Ent­leerung des Eiters vorzunehmen; es ist diess oft das einzige Mittel, das Sehvermögen des Auges zu retten. (Die Halbblutstute Bulott erkrankte an rheumatischer Keratitis mit sehr reichlicher Exsudatproduetion in der Vorkammer, welches sich schliesslich senkte, und theilweise an dem inneren Hornhautrand anklebte; ich schlug dem Eigenthümer eine Horn-
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hautpunction vor, was er aus Furcht vor einer grossen Verwundung nicht zuliess. Nach kurzer Zeit ging das Auge an Phthisis bulbi zu Grunde.)
Die Entleerung geschieht mittelst eines 0quot;5 Centimeter langen Ein­stiches am unteren Rande der Cornea mit einer scharfen Lanzette; die Operation wird am stehenden Thiere ausgeführt.
Das Pferd ist mittelst eines Zwangzaumes zu fesseln, und nachdem m an das Auge mit dem Daumen und Zeigefinger der linken Hand fixirt; der Stich ist nicht zu schnell aber auch nicht langsam auszuführen; ist der Eiter in der descemetischen Haut in der Vorkammer, so steche man auch diese durch. Lagert sich der Eiter aber zwischen der descemeti­schen Haut und der Cornea, so verfahre man wie bei Fig. 5.
Ist die Operation durchgeführt, so regele man die Druckverhältnisse im Bulbus nach dem Modus, wie diess bei Iridodesis angegeben wurde, und führe selbe mittelst Augendruckzaumes durch.
Die Behandlung der Hornhautgeschwüre ist in dem betreffenden Capitel zu sehen; während die entzündliche Reizung noch besteht, ist es am besten von der Anwendung jenes Mittels auf das Auge abzusehen. Der üebergang von der antiphlogistischen zur resorbtionellen Behand­lung ist mit verdünnter Tinctura opü crocuta oder leichter Lapislösung einzuleiten.
B. Traumatische Hornhautentzündung. (Keratitis traumatica.)
Die traumatische Hornhautentzündung ist nur nach der Art der ein­wirkenden Ursache zu erwähnen, und man kann die hieher gehörigen Fälle nicht als selbständige Erkrankungsart nach der pathologischen Grundlage, sondern nach der Art der einwirkenden Norm hinstellen, welche Auflösung es dann wohl ermöglicht, die traumatische von der rheumatischen Keratitis zu scheiden.
Verlauf und Ausgänge sind von der Intensivität der mechanischen Einwirkung abhängig und ist hier besonders der Umstand massgebend, ob Trennung des Zusammenhanges vorhanden und ob die Verwundung bedeutend ist, die dann die Entzündungsaction bedingt, welche natürlich grosser und bedeutender ist, je grosser die vorhandene Verletzung. Solche Verletzungen veranlassen aber auch Consecutivleiden der Nebentheilhaber, die oft in Iritis, Chorioiditis, Byclitis und Ophthalmitis ihren Abschluss finden.
Die Erscheinungen der traumatischen Keratitis sind, die schwere Verletzung abgerechnet, von den der Keratitis rheumatica nicht ver­schieden. Sie treten nach Beginn der entzündlichen Reaction ebenfalls mit jenen Hyperämie- und Congestivzuständeu hervor, welche zur eigent-
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liehen Exsudation führt und sich ganz nach der Ordnung der Keratitis rheumatica richtet.
Die Therapie ist in gleicher Weise für Keratitis rheumatica mit Hornhautgeschwüren geltend, die Verdunklung und Vernarbung findet ihre Abhandlung für sich.
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II. HornhautgeschwUre.
(Nach Muster der Arlt'schen Augenheilkunde glaube ich nicht zu fehlen, wenn ich des besseren Verständnisses halber die Hornhautgeschwüre für sich abhandle).
Als Folge hochgradiger entzündlicher Affectionen werden verschie­dene Geschwüre mit oder ohne Begleitung des Hornhautdurchbruches in die Corneasubstanz gesetzt, abhängig von der Hochgradigkeit des entzünd­lichen Processes in der Hornhaut, von der beständig oder nur momentan einwirkenden Ursache, und schliesslich auch unleugbar von der Krank-heitsdisposition des Individuums, äussern sich im Hornhautgeschwüre gewisse Abstufungen, welche von pathologischer Grundlage getragen, theils vorausgegangene Erkrankungen anderer Augentheilhaber, als Consecutiv-leiden an die Cornea übertragen und zersetzt werden, theils in der Pri-mär-Erkrankung der Cornea selbst ihren Sitz haben, und sich in gewisse Formen einer möglichen graduellen Steigerung einreihen lassen, wie das überhaupt bei jedem pathalogischen Processe denkbar ist.
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Erscheimmgen.
Es werden in der Ophthalmologie in der Regel blosse Erosionen oder Epithelverluste, Eesorptionsgeschwüre oder Facetten und Eitergeschwüre unterschieden.
Einfache Erosionen und Epithelverluste sind als die Folge von catarrhalischen und rheumatischen Entzündungsprocessen anzusehen. Doch ist ihr Vorkommen nach leichten mechanisch oder chemisch wirkenden Potenzen beobachtet worden; es ist die gefahrloseste Form der Hornhaut geschwüre und kann auch der Substanzverlust ohne jedes ärztliche Ein­greifen wieder ersetzt werden, wenn sie auch grössere Hornhautpartien betrifft.
Bedeutender ist das Resorptionsgeschwür oder die Facetten dadurch, dass selbes schon den Charakter eines Geschwüres annimmt, sich in die Hornhautfasern setzt und dort, wenn nicht sehr gefährliche, doch erheb­liche Zerstörungen verursacht; diese Resorptionsgeschwüre werden in kurzer Zeit, nachdem sie aus kleinen gebildeten Bläschen, welche ge­borsten sind und sich iu die Cornealsubstanz eingelagert haben, bald von
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plastischem Exsudat ausgefüllt, welches in den tieferen Hornhautschichten die Fasern an der Oberfläche, sowie das Epithel ersetzt und bald in relativ kürzerer oder längerer Zeit vollständig aufgehellt wird.
Narben solcher Geschwüre bleiben auch monatelang unverändert, opalartig und undurchsichtig, besonders wenn dem Auftreten des Ge­schwüres eine sehr hochgradige entzündliche Affection zu Grunde liegt.
Solche aus dem ausgeschiedenen Stoffe zurückgebliebene Narben, bleiben darin graulich-trüb und werden schliesslich bläulich halbdurch­sichtig, weichen aber nach Einwirkung zweckmässiger Therapie von der Hornhautoberfläche.
Weit gefährlicher und wichtiger ist das Eitergeschwür für das Schicksal der Hornhautsubstanz; das Eitergeschwür kann die Quelle vieler für die ganze oder theilweise Hornhaut drohender Zufälle werden und kann den Verlust des Auges herbeiführen, obzwar auch die Heilung solcher Geschwüre im Bereiche der Möglichkeit liegt.
Das Eitergeschwür der Cornea hat in der Regel ausgezackte faser-förmige Ränder, bald unterminirt, bald auf der Substanz festhaftend; unterminirt in der Regel dann, wenn sich Eiter in die Cornealfasern durch Erweichung und Infiltration ergiesst; hierdurch werden diese aufgeworfen und erhaben, während sie von Eiter unterminirt eingesunken sind. Die Grosse der Geschwüre ist eine relativ verschiedene, von Senfkorngrösse bis zu der eines Kreuzers und darüber vanirend.
Die entzündliche Action begleitet oft auch das schon zersetzte Ge­schwür, oft ist es aber in mehr torpidem Zustande. Ist noch Entzündung vorhanden, dann ist nebst den Entzündungsmerkmalen, welche fur das Allgemeine als massgebend gelten, noch zu bemerken, dass die Umgebung des Geschwüres leicht getrübt und gelockert ist, von Thränenfluss und Lichtscheue als Theilerscheinungen begleitet und mit der Conjunctiva der Ciliar- und Bindehautgefässe endet.
Oft bleiben die Geschwüre sehr lange im torpiden status quo ziem­lich unverändert, bis sie plötzlich von Entzündung ergriffen den Durch­bruch der Hornhaut hervorrufen.
Als Zeichen von beginnender Reinigung und Heilung ist Capillar-Gefässentwicklung im Umkreise des Geschwüres, Resorption des Eiters, Reinigung und Flachwerden der Ränder anzusehen. Ausschwitzung pla­stischer Lymphe, Ausfüllung der Tiefen des Substanzverlustes mit derselben, welche der ganzen ergriffenen Hornhaut sorgsam ein graulich-trübes Aus­sehen gibt; die in Heilung und Vernarbung begriffene Geschwürsfläche ist mit Gefässen durchzogen, was den Laien gewöhnlich Furcht um den Verlust des Auges verursacht, da in diesem Stadium das Auge wirklich misslich aussieht.
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Die erfolgte Narbe kann sich mit Zeit gänzlich aufhellen, kann aber auch als undurchsichtiger Streifen oder Fleck an der Hornhaut bleiben.
Ursache.
Geschwüre der Hornhaut sind überhaupt immer als die Folge ent­zündlicher Processe anzusehen; ihr selbständiges primäres Auftreten ist iu den seltensten Fällen nach Einwirkung mechanischer Ursachen denk­bar, in welchen Fällen den erst erfolgten getrennten Zusammenhang des Hornhautgewebes Geschwürsbildung veranlasst.
Vielseitige und verschiedene Entzündungsprocesse der Binde- und Hornhaut sind die Quelle der Hornhautgeschwüre; in ersterer Weise ist die ßlennorrhöe die gefährlichste Vermittlerin von Hornhautgeschwüren, die Augenseuche der Rinder, die Augenstaupe der Schafe, die wohl als verwandtschaftliche Form der Blennorrhöe gelten kann, führen die Ver­mittlung und Erzeugung auf dieselbe pathologische Grundlage wie die Blennorrhöe.
Die Conjunctivitis catarrhalis kann in hochgradigen Fällen, wie wir das schon oft gesehen haben, zur Entstehung von Resorptionsgeschwüren und Pustelbildung Veranlassung geben, doch kann in solchem Falle auch das Eitergeschwür vorkommen. Trachoma, das granulöse Augenleiden, ist eine häufige Quelle der Hornhautgeschwüre, ist auch bei Pterigium be­obachtet worden, insoferne das Flügelfell mehr mit als ohne Geschwüre vorkommt.
Die Keratitisformen sind die Erzeuger zumeist seichter gefahrloser Pustelbläschen und Resorptionsgeschwüre, während die Exanthema, z. B. Variola, in der Regel sehr gefährliche Eitergeschwüre hervorbringen, und oft die schwersten Zerstörungen der Hornhaut nach sich führen.
Verlauf und Ausgang.
Abgesehen von der Reinigung und Vernarbung der Hornhautge­schwüre sind dieselben im Verlaufe und Ausgang oft mancherlei Modifica-tionen unterworfen, die zu verschiedenen Schlusserscheinungen fähren können. Der günstige Verlauf und Ausgang jedes Hornhautgeschwüres, welcher Art immer, ist die schliessliche Resorption mit Reinigung des Geschwürbodens.
Der Abgang des durch die Geschwüre entstandenen Substanzverlustes ist zweifellos ersetzbar, doch wird der Ersatz niemals vom Grundgewebe hergestellt (wie das in anderen Fällen durch Granulation geschieht), son­dern immer durch ein schlaffes Exsudat, welches die Verlustpartie auf­hebt und deckt, sich dort zur Epithel- oder Fasernarbe organisirt und
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schliesslich auch ganz durchsichtig wird, wenn nicht eben ungünstige Umstände einwirken. Was für das eitrige Gewebe die Granulation, ist für den Ersatz der Cornea das plastische Exsudat.
Dieser merkwürdige Regenerationsvorgang in der Hornhaut gibt also unter günstigen Umständen einen Ersatz und Regenerationsfähigkeit der Cornea; doch ist dieser günstige Ausgang einigermassen davon ab-bängig, ob die descemetische Haut noch intact ist, d. b. die vorhandene Verletzung und Zerstörung der descemetischen Haut lässt den Regenerations-process der Cornea zweifelhaft erscheinen. Obzwar es durchaus nicht als Regel gelten kann, dass jeder Hornhautdurchbruch, wo die descemetische Haut mit ergriffen ist, unaufgeklärt und unregenerirt bleibe (wie wir das bei der Bleunorrhöe der Pferde und Augenseuche der Rinder oft sehen können).
Der Höhegrad des Hornhautgeschwüres ist jedenfalls Durchbruch der Hornhaut in Folge Gewebszerstöning; es ist dies ein partieller Ulce-rationsprocess im Hornhautgewebe nach innen. Das Geschwür deckt und lagert sich in tiefere Schichten der Cornea, bis diese schliesslich dem Centraldrucke der flüssigen und halbflüssigen Theile des Auges nicht widerstehen kann und berstet.
Wenn auch die Wasserhaut berstet, fliesst aus der Oeffnung der Humor aquaus, aus der Vorkammer drückt Iris, Linse und Glaskörper, dem centralen Drucke nachgebend, nach vorne, und wir bekommen eine merkliche Verkleinerung des Bulbus zur Beobachtung.
Wenn bei diesem Vorgange noch grösserer Durchbrüche das Kammer­wasser sehr rapid ausfliesst, so kann auch der Glaskörper mitfliessen oder das Aufhängeband raitreissen, oder wird ein Theil der Iris mit fort­gerissen, in die geborstene Oeffnung hineingezwängt und so als Iris-Vor­fall entweder in die Hornhaut eingezwängt oder randfrei aus der Riss­öffnung hervorragend, ohne dass sie von den Rändern eingezwängt wäre; eine so hineingedrängte Iris in die Hornhautöffhung ist ein Iris-Vorfall.
Die Geschwürsbildung kann, wenn sie nicht mit totalem Durch­bruche endet, das Fasergewebe der Cornea partiell zerstören und den pro-ducirenden Eiter in das Hornhautgewebe zwischen den Fasern hinein­senken.
Solche Eitersenkungen in der Cornealsubstanz haben in der Regel die Aehnlichkeit mit einem gelben Streifen oder Halbmond, der von der gesunden Cornealfläche weissgraulich absticht; in der Regel an der tiefsten Stelle der Cornealwölbung gelegen und oft von Congestionsabscessen be­gleitet ist.
In der Homioculistik nennen die älteren Augenärzte solche Eiter­senkungen Unguis oder Onyx. Obzwar dieser Ausgang der Hornhautver-schwärung von manchen Seiten bezweifelt wird, ist sein Vorkommen eine
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Thatsache der Beobachtung, welche nicht weggezweifelt werden kann ; bei Blennorrhöe ist dieser Fall nicht gar zu selten.
Als zunächst liegend sei noch die Eiteransammlung in der Vorder­kammer erwähnt.
Ich halte diese Erscheinung nicht so sehr für eine Folge der geschwü­rigen Cornea, sondern für eine Folge der Iritis, welche hier als Consecutiv-leiden vorhanden ist. Solche Eitersenkungen in die Vorkammer (Hypo-pium), sind schon oft beobachtet und geheilt worden, was nicht der Fall wäre, wenn dies eine Folge der Hornhautverschwärung wäre, denn dies ist nicht so leicht zu bewerkstelligen; ist nämlich die Eitersecretion der Hornhaut eine so grosse, dass die Vorkammer davon angefüllt wird, dann darf man schon die Zerstörung, welche durch die Verschwänmg entsteht, als so bedeutend annehmen, dass eine Heilung kaum denkbar wäre. Dort, wo Eitersenkung in die Vorkammer Folge der Hornhautverschwärung ist, ist auch bald Hornhaut-Phthise als natürliche Folge zu erwarten.
Manchmal lässt sich der Weg nachweisen, welchen die Eitersenkung vom Geschwüre aus genommen, und beide Eiterherde untereinander communiciren in Form eines weissen Streifens zwischen Geschwür und Eitereinlagerung.
Wenn die tiefere, in Folge des Durchbruches helle, blossgelegte Hornhautfläche, die dem Centraldrucke nicht genügend Widerstand leisten kann, durch das Kammerwasser hervorgedrängt wird und als ein weisses, durchsichtiges, kuppeliges Crystallglas-Bläschen hier erscheint, wird ein solcher Befund Caratocelle genannt.
Ist der Hornhautdurchbruch mehr im Centrum, nächst oder über der Pupille, dann ist es möglich, dass die Wasserhaut oder Iris, vom Centraldruck geschoben, die Oeffnung verlegt, respective verstopft; wenn dieses an die Hornhautöffnung anklebende und verstopfende Eemedium die Oeffnung umhüllt, so geschieht es, dass die vordere Kapsel mit der Hornhaut verwächst, mit oder ohne Synechie, wie sich eben die Lage der Iris gestaltet; dieser Zustand ist eine permanente Verwachsung der vorderen Kapsel mit der Hornhautnarbe.
Wenn sich die Iris durch die Durchbruchsöffnung bedeutend nach vorwärts drängt und in einem bestimmten Umfange blosslegt, dann mit dem Narbengewebe, welches die Cornea ersetzen soll, verwächst, und mit solchem theilweise oder ganz überzogen erscheint, wird dieser Zustand Staphylom genannt.
Nach der älteren, oculistischen Auffassung ist der Ausdruck Sta­phylom für jene Entartung am Auge gebraucht worden, die eine Aehnlich-keit mit einer Weinbeere hatte. NachArlt werden nur solche Entartungen als Staphylom bezeichnet, welche folgende Merkmale haben:
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1.nbsp; Hervorragung der Hornhaut über ihre natürliche Wölbung, so dass die Erhabenheit mehr weniger einer Birne gleicht.
2.nbsp; Theilweise oder gänzliche Trübung und Structurveränderung der hervorstehenden Partien.
Verwachsung der getrübten und hervortretenden Partien mit der Iris.
Sind diese Bedingnisse zur Staphylom-Entwicklung vorhanden, so kann sich ein partielles und allgemeines Staphylom ausbilden.
Das Totalstaphylom entwickelt sich, wenn ein Centraldurchbruch dazu Veranlassung gibt; in solchen Fällen verwachsen die Pseudomembramen mit dem ganzen Pupillarrande und Vorderkapsel, veranlassen oft Zer-reissung der Linse und Kapsel, theils durch den hinteren und Augen­muskeldruck, theils durch die Anspannung in Folge der Verwachsung; bei solcher Bewandtniss ist der Glaskörper verschmolzen, die Iris an die Cornea angelagert.
Das Totalstaphylom, wenn es hochgradig ist, nimmt in der Kegel eine kugelförmige Form an und lässt ringsum eiuenSaum gesunder Horn­haut unversehrt.
Als partiell wird das Staphylom betrachtet, wenn '/j,, der Hornhaut­fläche gesund und durchsichtig, und die Pupille mit der vorderen Augen­kammer noch nicht verbildet oder zerstört ist.
Der Inhalt der in der Regel kuppeiförmigen Staphylome ist seröse Flüssigkeit, doch können durch die extra erfolgte Einreissung der Zonula auch Theilchen des Glaskörpers im Räume sitzen, wodurch das Linsen­system eine schiefe Lage erhält, und von der Grosse des eingeklemmten Glaskörperstückes abhängt, das wahrscheinlich als Hebel wirkt.
Der ungünstige Ausgang von hochgradigen Geschwüren ist die Phthisis der Hornhaut und Phthisis des Bulbus. Die Phthisis der Cornea ist in Folge der zu grossen Zerstörung und Eiterung der Cornealgeschwüre eingetretener, gänzlicher Zerfall des Cornealgewebes, welches durch trübes, sehniges Narbengewebe ersetzt wird. Solches Ersatzgewebe hat nicht mehr die gewölbte Form der Cornea, sondern eine mehr platte, wahrscheinlich wegen der mangelnden Extensität und so behält der Bulbus ein plattes Aussehen; der Ausgang in Phthisis bulbi wurde an seinem Platze er­örtert.
Behandlung.
Die Behandlung der Hornhautgeschwüre und deren Folgen erheischt nach der Gestaltung und Complication des Leidens mancherlei Modifica-tionen; Resorptionsgeschwüre weichen nach Bekämpfung der Entzündung der Behandlung leicht.
Anwendung leichter Reizmittel, nämlich erst nach Rücktritt der wenigstens hochgradigen Entzündungssymptome, schwache Lösungen von
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Nitr. argent., Salben aus Merc, praecip. rubr. in sehr geringem Verbältniss zum Fettgehalt, Betupfen mit Laud, liquid. Syden., unterstützen die Eesorptiou und den Gewebeersatz am besten, in hartnäckigen Fällen Be­tupfen mit Lap. infern. c. Kai. nitric, in Substanz auf die Geschwürsfläche.
In der Eegel ist eine entsprechende Augendiät am zweckdienlichsten und die Veränderung schwindet nach Anwendung entsprechender Anti-phlogistica zumeist obne weiteres Zuthun, auch die Erosionen und Epithel­verluste erfordern keine weitere Behandlung.
Tiefer eindringende Eitergeschwüre, die das Faseigewebe angreifen und zum Durchbruche zu bringen drohen, weit um sich in die Tiefe greifen, besonders wenn die nöthige Keaction zur Narbenbildung mangelt, sind durch ernstliche Reiz- und tonisirende Mittel zu bekämpfen, Ein-träuflung von Tinct. opii comp., Lösung von Lap. divin. 4u/0 auf 600,'0, mit Zusatz von 100/0 Tinct. opii simpl.
Bei ganz mangelnder Eeaction betupfe man die Geschwürsfläche mit Tinct. jod. oder Lap. infern, in Substanz.
Sehr zweckmässig ist nach Mittheiluug des k. k. Oberthierarztes Schwär zl das Bestreichen mit l0/u Carbolsäure auf lü0'0 Glycerin mit einem Pinsel.*)
Natürlich sind diese Mittel alle nur anzuwenden, wenn bereits die hochgradige Entzündung gebrochen ist.
Zu vermeiden ist in solchen Fällen die Anwendung von Kupfer-, Zink- und Aluminiumpräparaten, weil sie in der Regel unheilbare Trübung hinterlassen; die möglicherweise erfolgte Eitersenkung in die Vorkammer ist zur Resorption zu bringen.
Die bereits erwähnten Mittel sind mit Zuthun von Mere, praecip. rubr. oder alb. ausreichend.
Ist die Eiteransammlung etwa in Folge von consecutiver Iritis eine so bedeutende, dass keine Aussicht auf Resorption vorhanden wäre, und ist Verschwärung, auch Phthisis der Cornea zu befürchten, dann muss man ohne Säumniss die Punctation der Hornhaut vornehmen, damit Eiter und Exsudat aus der Vorkammer Abfluss finden.
Die Operation ist nicht schwierig, und bei einiger Vorsicht gefahrlos; man kann diese am stehenden, oder auch zu diesem Zwecke geworfenen Thiere vornehmen, doch ist dem stehenden Thiere eine Bremse anzulegen.
Das obere und untere Augenlid fixirt man mit dem Daumen und Zeigefinger der linken Hand, oder wendet der Augenhalter auch andere Fixirinstrumente an, und nimmt den Bulbus zugleich zwischen den beiden Fingern fest; ist der Bulbus bereits fixirt, macht man mit einer kleinen,
*) Prof. Vogel empfiehlt zur Verhütung des Durchhruches gegen Cornea-geschwüie folgende Form: Salicylsaures Eserin (Physostigm. salicylici) 005; destillirtos Wasser 5-00. — Täglich einige Male das Geschwüf auszupinselii.
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fein zugeschliffen en Lanzette oder Staarmesser an der tiefsten Stelle der Hornhautwölbung einen Stich durch die Horn- und Wasserhaut. Sofort tritt aus der Oeffnung Eiter, Exsudatflocken mit Kammerwasser geschwemmt hervor; in der Kegel bleibt festes Exsudat zwischen den Wundrändern haften, welches mau dann mit einer kleinen Augeupinzette entfernt.
Auch kann man mit einer solchen Pinzette oder Irisbäkchen das in der Vorkammer noch festsitzende Exsudat und Eiter herausbringen, und die Operation ist beendet.
Es tritt eine zweite Aufgabe an den Operateur, die Druckverhältnisse des Bulbus zu regeln; es kommt nämlich bei künstlicher Oeffnung der Hornhaut dasselbe Missverhältuiss im Centraldrucke des Bulbus wie bei Durebbruch der Hornhaut vor; das Kammerwasser fliesst sofort heraus; die Linse, Iris, Glaskörper-Kapsel rücken nach vorwärts, und es findet eine Verschiebung dieser Theile statt; um diesem vorzubeugen, wende ich sofort nach der Operation einen Gegeudruckverband an, der mittelst eines Druckverbandzaumes (Fig. 5) bewerkstelligt wird.
Fig. 5. Anwendung des Augendruckverbandes.
A Vordere Ansicht, a Kleine Schnallen. B Seiten-Ansicht. C Eopfgestell. a Stirn­riemen, h Augenbinde, c Kehlriemen, ä Befestigungsschnallen, e Nasenriemen, f Be­festigungsriemen, g Schnalle.
Dieser Druckverbandzaum bietet dem Centraldrucke einen Wieder­stand, wodurch das Ausfliessen des Kammerwassers verhindert wird.
In Folge dessen schliesst sich die Hornhautwunde bald, das Kammer­wasser füllt die Vorkammer wieder aus und die Hornhautwölbung wird wieder normal; bevor man diesen Druckzaum applicirt, ist es nöthig
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dass man das opeiirte Auge mit dem oberen Augenlide schliesst, einige Gbarpiepauschen anlegt und mit dem angefeuchteten Lederlappen das Auge überdecke.
Bei Durchstich der Hornhaut in Folge durchgebrochener Geschwüre, ist vor Allem zu trachten, die Oeffnung der Hornhaut zur Schliessung zu bringen, dazu ist nöthig, wenu das Aussickern des Kammerwassers nicht nachlässt, den oben beschriebenen Druckverband anzulegen; das durchbrochene Geschwür ist wie jedes andere Hornhautgeschwür zu be­handeln und ist für die hinreichende Reizung zum Ersatz des Substanz­verlustes, falls Reaction mangelt, zu sorgen und durch Einträuflung starker Nitras. argent.-Lösung, Tinct. opii, Lap. divin. und Alumen. zu bewerk­stelligen.
Die Anwendung von Alumen ist schon hier mehr angezeigt, weil es Hauptsache ist, die Wunde zu schliessen, wenn auch die Narbe dunkel bleibt, wenn nur der übrige Tbeil der Cornea gerettet ist. Weil den Hornhautdurchbruch meist Iritisvorfall begleitet, ist bei der Behandlung besonders darauf zu achten.
Wenn der Vorfall im Entzündungszustande begriffen ist, so wäre dieser mittelst Antiphlogose zu bekämpfen; stark hervorragende Vorfälle über die Hornhautfläche, wenn sie schon in die Wunde eingekeilt sind, soll man mit einer Scheere abtragen, oder wenn das nicht thunlich ist, mit Tinct. opii croc. sogleich einigemal betupfen, bis der Vorfall nicht verschrumpft.
Sind alle entzündlichen Merkmale verschwunden, kann man auch mit Lap. mitig. ätzen.
(Der einjährige Hengst Roxano erkrankte in Folge von Blennorrhöe an schweren Hornhautgeschwüren mit Durchbruch der Cornea und Iris­vorfall. Sobald die Blennorrhöe gehoben wurde, trug ich das hervorragende Irisstück ab und ätzte die wunde Stelle mit Lap. infern, mitig. in Sub­stanz. Die Prozedur nahm keine günstige Wendung, denn sehr hoch­gradige Entzündung der noch frisch verletzten Iris war in Folge dieser Ueberreizung eingetreten; ich bekämpfte die Entzündung durch Eisüber­schläge und stellte einige Tage jedes therapeutische Verfahren ein.
Nachdem sich die Entzündung einigermassen gelegt hatte, betupfte ich den Prolapsus mehrere Tage einigemal mit Tinct. opii simpl., und zu meinem Erstaunen wurde das Auge immer schöner; sechs Wochen wiederholte ich dieses Verfahren und gelangte zu einem sehr günstigen Resultate, natürlich mit Beobachtung der strengsten Augendiät, denn an der Stelle der Wunde und Prolapsus war eine kaum merkliche streifige Narbe sichtbar, die übrige Hornhaut war normal).
Kleinere Vorfälle sind auch zum Rücktritte zu bringen durch An­wendung von Eisüberschlägen, so lauge noch Entzündung da ist; nach
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starker Lösung von Atropin treten Iriscontractionen ein, und die Iris be­freit sich aus der Einklemmung, vorausgesetzt, dass nicht schon Prolapsus zugegen ist.
Hat sich aus dem Irisvorfall Staphylom entwickelt, dann ist selten etwas zu machen, die Abtragung wäre zu versuchen, obzwar bei Haus-thieren Staphylome, so wie man sie in der menschlichen Oculistik kennt, ein Gegenstand sehr seltener Beobachtung ist.
Bei Phthisis der Hornhaut und in Folge dessen Phthisis bulbi, ist leider nichts mehr zu thun, als für den schnellen und regelmässigen Ab-fluss zu sorgen, damit Discrasie vorgebeugt wird; Exstirpation des Bulbus ist sehr angezeigt.
III. Trübungen der Hornhaut.
Die Hornhauttrübung, sei sie welcher Art immer, wenn sie nicht senilen Ursprunges ist, wird grösstentheiis als ein Glied verschiedener Krankheitsprocesse in der Hornhaut zu betrachten sein, selten kommt spontane Hornhauttrübung ohne Quellenkrankheit zur Beobachtung.
In der Veterinärophthalmologie haben diese eine besondere Be­deutung, nicht nur als pathologischer Process, sondern als eiuflussnehmender Factor auf den Werth des Nutz- und Zuchtmateriales; sie werden von der Sports- und Züchterwelt nach dem Sitze, der Ausdehnung und Wirkung mit verschiedenen Namen bezeichnet und im praktischen Leben von Laien äusseres Augeufell, Hornhautfleck und Blümel genannt.
Besonders ist der Ausdruck Blümel beliebt, auch bei älteren Fach­männern wird die Benennung Blümel für den geringeren Grad einer Trübung gebraucht; ältere, veterinärpathologische Werke von Bleiweiss, Ten-neker, Amon, Strauss etc., halten sich nach diesen Begriffen.
Symptome.
Die Trübung der Hornhaut wäre demnach in zwei Gruppen ein-zutheilen, in die spontane und senile Trübung, ohne vorausgegangener entzündlicher ßeaction, welche Art wenig in der Veterinärpraxis beob­achtet wird (z. B. bei alten Hunden). Solche sind die allmählich sich einstellenden Hornhauttrübungen bei Hunden, die zumeist Vorläufer des senilen Staares sind; alte Pferde schweren Schlages werden plötzlich von Hornhauttrübungen befallen, ohne dass man etwa entzündliche Merk­male nachweisen kann.
Solche Trübungen pflegen in der Regel erst als weisslich grauer Dunst oder Rauch am Rande der Hornhaut sich einzustellen, organisiren sich dort zu einem halbmondförmigen Ringe und bleiben dann für einige
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Zeit stationär ohne besondere Nachtheile für das Sehvermögen des Auges. Manchmal lassen diese halbmondförmigen Kandtrübungen streifige, wolken-artige, unregelmässige Ausläufer gegen das Centrum der Hornhaut, wo sie schon mehr die Function des Auges beeinträchtigen.
Längere Zeit bleibt dieser Zustand unverändert, dann häufen sich die Exsudatmassen au und der Process endigt mit partieller, selten totaler Hornhauttrübung.
Eine besondere Eigenheit dieses Vorganges ist, dass sich dieser selten zum Besseren wendet und wenig Neigung zur Rückbildung hat; ich schreibe diesen Umstand der eingetretenen Schlaffheit und dem Beactions-mangel bei älteren Thieren zu.
Die entzündliche und exsudative Trübung der Hornhaut, welche nach Entzündungen und Geschwürsbildungen in der Coruealsubstanz zurück­bleibt, kann man in zwei gesonderte Formen unterscheiden, und zwar exsudative Ausschwitzung und Ablagerung in und zwischen das Faser­gewebe der anatomisch intacten Cornea, und Ersatzexsudat an die Stelle des durch Eiter und Geschwür zerstörten Cornealgewebes als Regenerations-process. Oft kommen beide Formen der Trübung neben einander vor, die dann in prognostischer Beziehung besonders berücksichtigt werden müssen.
Trübungen, als Folge entzündlicher Exsudatausscheidung in der Coruealsubstanz, in der Praxis kurzweg Hornhautflecken genannt, werden durch Ablagerung faserstoffiger Exsudate oder durch Ersatzexsudat an der Stelle normalen Gewebes gebildet. Dieses Ersatzgewebe oder Exsudat ist dann entweder umwandlungsfähig in klare Coruealsubstanz oder bleibt au der durchsichtigen Cornealfläche als unveränderliches Fasern- oder Narben­gewebe zurück.
Verlauf und Ausgang.
Der Verlauf der Hornhauttrübungen kann, nachdem einmal die Entstehungsanlässe gegeben sind, in Regeneration und Aufklärung, oder in Organisation und Gewebsbildung enden.
Die punktartigen Trübungen, welche der Innenseite der Hornhaut­wand in Folge des in der Vorkammer oder producirten Exsudates her­stammen, sind zumeist als Folge von Iritis anzusehen, und sind in ihrem Ausgang und Verlauf von dem Quellenleiden der Iritis abhängig; können nach Rücktritt dieser als unheilbare Punkte und Flecken an der Horn­haut haften bleiben, werden aber auch, wenn die Iritis nicht zu hoch­gradig ist, aufgesogen. Trübungen des Hornhautepithels kommen und verlaufen zumeist als Folge von Panus, theils sind sie selbst auf das Epithel beschränkt, theils lagern sich Parechien der Cornea ein. Lange bestehender und hartnäckiger Panus wandelt die Gefässe in ein fibroides
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Gewebe um, und es entsteht eine Art theilweiser Üeberhäiitung und Pibroidablageniug auf der Cornea; diesen Zustand haben die alten Veteri­näre (Ten necker, Am on) Hornbautfeli genannt.
Wenn das Epithel durch bestimmte Reiznngsursache zur proänc-tiven Exsndation neigt, kann sich eine kleine, schwielemlhnliche Ver­dunklung auf der Hornhaut zeigen, als ob ein Stiickciieu Haut darauf gelöthet wäre; auch tiefere Hornhautuarben können ähnlich wuchern; dieser Zustand stimmt mit den Begriffen des Laien und Praktikers überein.
Was Blümel bedeutet, habe ich schon erwähnt, doch sei nur noch bemerkt, dass nach den Begriffen der Züchter und Sportsmen als Blümel*) jede zum Abschluss kommende Trübung betrachtet wird, sei sie welcher Art immer, wenn die Ausdehnung iu kleinerem Umfange beschränkt bleibt, und die übrige Hornhaut normal ist.
Grössere zum Abschluss kommende trübe Hornhautflächen, die als Folge oben beschriebener Processe erscheinen, werden als heilbare oder unheilbare, partielle oder Totaltrübungen aufzufassen sein.
In Anbetracht, dass die Verdunklung zumeist als Abschlussprocess verschiedener Eatzöndungsactionen und ihren Folgen zu betrachten ist, mit Rücksicht, dass diese eine natürliche Folge der Regeneration, Exsudation und Vernarbung ist, werden in solchen Fällen alle jenen ursächlichen Momente angenommen, welche die iu Frage stehenden Zustände, Ver­dunklungen der Hornhaut nach sich ziehen und als Quelle solcher dienen ; dieselben sind schon ausführlich und erschöpfend besprochen worden.
Behandlung.
Es ist eine zweifellose Thatsache der Beobachtung, dass durch Be-handlungseingriffe auch chronisch gewordene Trübungen mit Erfolg auf­gehellt werden.
Die Behandlung solcher Trübungen ist nach der Art und deren Alter einzuleiten,' und sind dazu besondere Mittel, welche sich durch langjährige Erfahrungen bewährten, hervorzuheben.
Die Regeneration und Umwandlung bewerkstelligenden Mittel, welche die getrübte Hornhaut zur Durchsichtigkeit verwandeln sollen, sind nach Arlt in folgender Weise einzutheilen. Ich werde alle hier erwähnen und besonders jene hervorheben, welche sich iu der Veterinärpraxis besonders bewährt haben und gebraucht wurden.
a) Electricität, angewendet auf die kranke Hornhaut, direct durch örtliche Reizung und Erregung, wird eine Auflösung und Aufsaugung des Exsudates bewirken; wird meines Wissens in der Veterinärpraxis noch nicht augewendet.
*) Von Oculistflii als ..Maculaquot; bezeichnet.
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6) Schleimig-ölige Mittel durch Auflösung schleimiger Pflanzentheile in Wasser, als : arabisches Gummi, Quitteuschleim, Fett, Oel etc., werden eine Lockerung und Erweichung der Hornhauttrübungen bewerkstelligen, und so die Aufsaugung unterstützen. In der thieriirztlichen Praxis finden diese Mittel in Form von schleimigen Augenwässern und Bähungen aus Quittenschleim, Leinsamen, Käsepappel-, Eibischabkochungen, Lösung von arabischem Gummi etc. Anwendung.
c)nbsp; nbsp;Die Augenwasser, in denen gewisse Substanzen aufgelöst sind, werden in destillirtem Wasser als Zwischenträger an die kranke Horn­haut applicirt; hieher sind noch einige Tincturen zu zählen. (Vogel.)
In der Veterinärpraxis ist besonders Laud, liquor. Sydeu. mit Wasser vermischt oder rein einige Male in das Auge geträufelt, ein unersetzbares Mittel, dessen Gebrauch nicht genug anempfohlen werden kann; Suhl. corr. 1 Theil auf Tinct. opii comp. 8 Theile. ist auch sehr gut und er­folgreich anzuwenden. Lap. inferu. 0-25—0-50 auf lö-O Aq. destill, mit oder ohne Zusatz von Tinct. opii.
Aetzkali auf 6—12 Centigramm in 40—60 Gramm destiliirtes Wasser, 2—4mal täglich das Auge damit zu befeuchten. (Hartwig.)
d)nbsp; Am geeignetsten für Thierärzte sind die Mittel in Salbenform, schon ihrer leichten Anwendung halber, indem man sie in den Augen­winkel streicht; ihrer gleichmässigen Theilbarkeit halber leisten sie, wenn sie sonst augezeigt sind, sehr gute Dieuste. Mit frischer Butter, ungesalzenem Fett, reinem Unschlitt, Glycerin oder Oel gemischt, werden die nöthigeu Substanzen verrieben und in das Auge gebracht.
Als wirksames Mittel obenan steht das rothe und weisse Quecksilber-präcipitat, das Calomel, die Pottasche, Kai. caustic, Jodkali, Höllenstein. Diese alle werden mit oder ohne Zusatz von Narkotica als Extr. opii, Extr. Belladonna, Tinct. opii crocat., Atropin etc. verwendet.
Ich habe mit den ebeu erwähnten Methoden noch immer mein Ziel erreicht, und finde es nicht nöthig weiter u\ greifeu.
In der Veterinärpraxis werden ausserdena noch Kupfer- und Zink­vitriol, hei veralteten Flecken Grünspan, Zinkvitriol, Aetzsublimat. Nnssöl mit Cautharideü und Borax gebraucht.
Diese reizen mehr als sie nützen.
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Als verlässlich sind folgende Formen zu empfehlen :
I Calomel.
Extr. Belladon.
aa 2-0. 01. olivar.
30-0.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (Falke.)
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II.nbsp; nbsp; Kai. carbon.
10.
Vaseline.
6-0.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (Her twig.)
III.nbsp; nbsp; Kai. canst.
0-5. Axnng. pore
40-0.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(Her twig.)
IV.nbsp; nbsp; Kai. jodat.
0-3.
Axung. porc.
4-0.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(Hertwig.)
V. Mere, praeeip. rnbr. Extr. opii Aqnos.
aa. 0-40. üng. emoliens. *)
10-0.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; (Blazekovic.)
VI. Zinc, sulfur. 8-0. Camph.
4-0. Vaseline.
60-0.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(S t r a u s s.)
VII. Mere, praeeip. alb. 0-30.
Vaseline.
200. Tinct. opii erocat.
8-0.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(Blazekovic.)
VIII. Hydrg. oyd. flavi. 1-00. Vaseline.
2500.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(Vogel.)
IX. Olei Therebintbiuae Olei. Jecor. Aselli aa.
5-00.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;(Vogel.)
*) Statt Fett ist Vaseline viel zweckraässiger, weil es gelinder ist.
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In der Bogel sind diese in Salbenform augewendeten Mittel 2 bis Smal täglich linseugross im inneren oder äussereu Augen winke], oder unter die Augenlider einzustreichen, wovon sie auf das ganze Auge zer-theilt werden.
e) Arzneimittel in Pulverform in das Auge einzublasen oder mit einem Pinsel auf die Hornhaut zu bringen, jedoch ist auf die gleich-massige Vertheiluug dieser Arzneimittel besonders zu achten, da sonst selbe mehr schaden als nützen. Zu solchen Pulvern ist in der Eegel weisser Zucker als Zusatzmittel zu nehmen.
Auch gepulvertes Glas, Weinstein mit Zucker, Borax, Calomel etc., sind zu verwenden.
Alle diese Mittel wirken, indem sie einen mehr oder weniger be­grenzten Reizungszustand auf der kranken Hornhautpartie ausüben, welche dann eine Erweiterung der Gefässe und Durchschwitzung mit Blutserum des betreifenden Gewebes, Erweichung und Auflockerung der dort sich organisirten Exsudate und schliesslicli Aufsaugung desselben bis zur Nor­malität des Gewebes herstellen.
Arlt hebt besonders hervor, dass die erzeugte Reizung eine be­stimmte Höhe nicht erreichen und nicht au Entzündung grenzen darf, denn dann würde die zu hohe Reaction mehr schädlich als nützlich sein.
Es ist bei Heilung solcher Trübungen das Auge genau zu beob­achten, ob nicht die erzielte Reaction jenes Mass überschreitet, welches zur Auflösung des Exsudates uöthig ist.
Bei der Wahl des Mittels ist auf den Reizungszustand des Auges besonders zu achten, wenn die Behandlung ihren Zweck nicht verfehlen soll.
In ganz neuerer Zeit wird zur Unterstützung der Zertheilung, Masage der Augeulieder mit gutem Erfolge angewendet. Durch sanften Druck und Reibung auf den Augenlidern werden einerseits die auge­wendeten Medicamente in die Lymphbahnen gedrängt, das aufgelöste Exsudat weiter befördert, die Contraction vermehrt, die Nerventhätigkeit angeregt, und die Aufsaugung unterstützt.
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Die Augenkammer und wässerige Feuchtigkeit.
Die Augenkammer ist mu in der vorderen Hälfte des Auges sich. befindender Raum, welcher mit einer Feuchtigkeit, dein Kainuierwasser, ausgefüllt ist. Man unterscheidet eine vordere Augenkammer (Camera oculi anterior) und eine hintere Angeilkammer (Camera oculi posterior).
Die vordere Augenkammer wird durch die Cornea von vorne, und hinten durch die Regenbogenhaut begrenzt; je nach der Erweiterung der Pupille begrenzt die Linse mehr oder weniger die Augenkammer ebenfalls.
Die hintere Augenkammer ist ein spaltförmiger Kaum, welcher sich zwischen der hinteren Fläche der Iris, der Linse, dem Strahlenblättchen und dem vorderen Thoil des Faltenkranzes befindet; durch die Pupille cominuniciren beide Augenkammern und sind mit dem Kammerwasser (huinus aquaeus) ausgefüllt, welches Spuren von Eiwoiss und Kochsalz zeigt.
Dieses Augenwasser bespült die die Augenkammer begrenzenden Theilhaber.
Das Nähere ist darüber an anderer Stelle gesagt worden.
Die Erkrankungen innerhalb der Augenkammer kommen niemals selbständig, sondern immer als Cousecutiv- und Folgeleideu vor, und finden au betreffender Stelle die nöthige Beachtung.
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Die Regenbogenhaut (Iris).
Anatomic und Physiologie der Iris.
Die Regt'iibogenliaut (Blendung, Iris) entspricht nach der Gestalt einer in der Mitte durchbrochenen Scheibe, welche sich vor die, vom Faltenkranze umgebene Linse legt, zwischen der Krystalliuse der Horn­haut wie eingeschoben erscheint und sich in der Gesaumitgestaltuug des Bullius so verhält wie das Zifferblatt einer Uhr.
Sie steht nach ihrer Peripherie mit dem festeren Augengebilde im Zusammenhang, ihre übrige elliptische, Fläche wird gänzlich vom Kammer­wasser umspült, sie trennt also die vordere von der hinteren Augeukammer.
Au der Regenbogen haut werden eine vordere und hintere Fläche, ein äusserer mit der Aderhaut und Coruea in Verbindung stehender Kand, und ein innerer Kaud, welcher die Begrenzung des Sehloches ausmacht, unterschiedeu.
Die vordere, der Hornhaut zugewendete Fläche, verschiedene Farben­töne bildend, bestimmt dadurch die Farbe des Auges, je nach der Art der Farbenabstufung, bei Pferden zumeist bräunlich gelb gefärbt, und mit einigen dunklen, ovalen, in die Pupille sich ziehenden Hingen verseheu.
Sie ist in seltenereu Fällen weisslich oder geileckt; die hintere der Linse zugeweudete Fläche liegt zumeist dicht an derselben, so dass die Regenbogenhaut sich uach vorne etwas wölbt, weshalb auch die Kegeu-bogenhaut keiue gerade horizontale Fläche bildet, souderu eiue kaum merkliche schiefe Ebene darstellt.
Eine beträchtliche Pigmeutschichte überkleidet die innere Fläche, welche mit dem Namen Traubenhaut (Uvea autornin) bezeichnet wird, und der Fläche ein sammtartiges Aussehen verleiht.
Läugs der Verlaufsfläche von den Ciliarfortsätzen bis zum Pupillar-raud zeigeu sich au der Peripherie die stollenförmigeu Erhabeuheiteu als Ausläufer der Ciliarfortsätze.
Der äussere oder Ciliarraud ist mit der Aderbaut, dem Ciliarkörper und der Cornea iu Verbiuduug; der etwas vorspringende Ciliarmuskel
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säutnt den Kand mit einem schwarzen Streifen ein, und überzieht diesen mit Pigment; nach hinten ist der Ciliarrand durch Gefässe mit den Ciliartortsiitzen verbunden, nach vorne durch elastische Fasern mit der descenietischen Haut der Cornea. Diese Gesammtfaseru stellen das kamm-t'örmige Band dar (lig. pectinatum iridis). Durch einen leichten Zug mittelst eines Hakens lässt sich die Iris aus dieser dreifachen Anheftung sehr leicht ablösen; eine Irisablösung kann auch durch einen Stoss auf das Auge theilweise oder ringsherum stattfinden.
Zumeist, wenn durch einen Stoss von Aussen die Cornea abgeplattet. und dadurch ihre Basis am Ciliarraude erweitert wird.
In solchen Fällen kann mau leicht wahrnehnien, dass die Anheftung der Iris, den Ciiiarfortsätzen entsprechend, eine solide und contiuuir-liche ist.
Der innere, auch Pupillarrand genannt, begrenzt die Pupille, er bestimmt die jeweilige Form und Grosse derselben, welche je nach der Ausdehnung und Zusammeuziehuug der Iris wechselt. Die Forin der Pu­pille ist bei massigem Lichte eine querovale; nach geringerem Lichte verengert sich selbe zur rundlichen Form, bei noch intensiverem Lichte wird sie einer Querspalte ähnlich erweitert.
Bedeutend angelagertes Pigment in Form von dunklen Büscheln ragen vom oberen Theil des Pupillarraudes in die Pupillenöffnung hinein, während am unteren Rande diese Pigmentanhäufungen sich zu kleinen dunklen Vorsprüngen gestalten; diese werden Traubenkörner oderSchwämm-cbeu genannt.
Das Gewebe der Iris ist sehr weich und locker, elastisch dehnbar, so dass es auf deu doppelten umfang ihrer eigentlichen Grosse ausgedehnt werden kann; es besteht in Wesentlichem ans Arterien und Venen, welche theils direct durch Capilarieu in einander übergehen, theils aus zahlreichen Nerven und Muskelfasern aus tibrilem Biudegewebsstroma mit zahlreichen eingelagerten Pigmentzelleu, und einer starken, die hintere Fläche bedeckenden Pigmentschicht.
Die im Irisgewebe verlaufenden Muskelfasern ordnen sich kreis-und radienförmig; die kreisförmig geordneten sind in der Pupillarzone der Kegenbogenbaut vorwaltend, und bilden in ihrer Gesammtheit den Schliesser der Pupille (sphincter pupillae) im Gegensatz zu den vom Pupillarraude zum Ciliarraude strahlenförmig sich ausbreitende Muskel­fasern, welche unter dem Namen ., Ei weiterer der Pupille.quot; (dilatator pupillae) bekannt sind. Dort wo sich die Traubenkörner vortiuden, ragt in Form grösserer oder kleinerer Büschel das tibrile Bindegewebe vor und über den Pupillarrand hinaus, es ist mit grosseu Pigmentzellen versehen; die Form dieser ist zumeist rundlich, bei lichten Augen sind diese Zellen pigmentlos.
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An der hinteren Fläche vorkommende Zellen gleichen in Wesent­lichem der Pigaieutschicht der Netzbaut, doch nicht die bfischelförmige Form der letzteren darstellend, laquo;ondern mehr rundlichen l'igmentklumpen ähnlich, und zwar vorzugsweise ihrer starken Füllung wegen.
Die Elemente des Regenbogeuhaütgewebes sind durch zartes, mehr oder neuiger mit Pigment durchsetztes Bindegewebe mit einander ver­eint; die Vorderfläche ist mit dem gleichen Pflasterepithel belegt, wie die hintere Fläche der Cornea resp. der Glashaut dieser, welches sich über die Vorderfläche der Iris fortsetzt und diese überzieht, wodurch der Iris ein gewisser Glanz gegeben wird.
Die Regenbogenhaut erhält ihre Gelasse ans der Augenarterie (Arterie ophthalmica), wovon die Arterien der Kegen bogen haut und Ader­haut entspringen, und zwar, theils aus der Augenarterie selbst, theils aus dem Muskelzweige derselben, welche unter dem Namen Ciliararterie (Arteria ciliaris) bekannt ist.
Vorzugsweise sind es die vorderen und hinteren Ciliararterien, welche last ausschliesslich der Iris angehören, zahlreiche Aeste der hintereu kurzen und vorderen Ciliararterie durchbohren die nndursichtige Hornhaut.
In der hinteren Hälfte des Augapfels und der undurchsichtigen Hornhaut verlaufen, in Büscheln getheilt, zwischen dieser und der Aderhaut in vielen kleinen Zweigen, welche mit den benachbarten Ciliargefässen communi-ciren und bis zum Ciliarbande, Büschel und Aeste an die Aderhaut und das Ciliarband abgeben.
Die vorderen Ciliararterien durchbohren au der vorderen Hälfte des Augapfels die harte Augeuhaut, und zwar hinter dem Rande der Cornea, verzweigen sich in dem Faltenkranze, indem sie diesem Zweige abgegeben und treten in die Iris am Ciliarrande, wo sie an der hinteren Fläche geschlängelt bis zum Pupillarrand verlaufen.
Eine gabelförmige Spaltung bildet an der Vorderfläche der Iris in Folge gegenseitiger Anastomosen der Ciliararterien (vorzüglich mit der hinteren langen Ciliararterie) ein kreisförmiges Gefässnetz, den grossen Gefässkreis der Iris (Circulus arteriosus Iridis magnus), aus welchem zahlreiche geschlängelte Zweigeheu zum Pupillarrand verlaufen.
Innerhalb des grossen Gefässkreises der Iris verlaufen gegen die innere Zone zahlreiche kleine Aedercheu, theils aus dem grossen Gefäss-zweige, theils direct aus den Ciliararterien entspringend, und bilden durch gescblängelte Anastomosen abermals ein kreisartiges Gefässnetz, den kleinen Gefässkreis der Iris, welcher beim Pferde nicht so ausgebildet ist, wie beim Menschen, ja von einigen Anatomen ganz übersehen wurde.
Die Arterien der Iris zeichnen sich ganz besonders durch stark geschlängelten Verlauf und durch überaus starke Wandungen aus.
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Die Veuen der Iris lagern hinter deui Aiterieunetze und sind durch zahlreiche Anastomoseu verbunden, vom Pupillar- bis zum Uiliarraude verlaufend, tuliren sie ihr Blut, durch die Chorioideal- und Irisvenen (Veua ciliares) in die Nasen- und Augenveue (Vena ophthalmica).
Die Nerven der Iris entstammen dem Nervus naso ciliaris und Nervus Ciliaris. Durch die Ciliarnerven wird die Iris mit motorischen sensitiven und sympatischen Nervenfasern sehr reichlich versehen.
Sie verzweigen sich zumeist in der Vorderfläche der Iris und bilden zahlreiche Bogen und Schlinguetze.
Mit Ausnahme des langen dünnen Blendungsnerven (Nervus ciliaris) stammen silmmtliche Irisnerven aus dem Augeuhöhlenknoten (Ganglion ophthalm s. ciliar.). Dieser ist platt, etwa Hirsekorn gross und liegt am unteren Aste des gemeinschaftlichen Augenmuskelnerves, von welchem er auch seine motorischen Wurzeln empfängt.
Von dem Ganglion ciliar. entspringen alle jene Nervenfasern, welche mit den ähnlichen Fäden des ersten und zweiten Astes des fünften Nerves und vom Keilbein-Gaumenbeiuknoten entspringenden Fäden vereint, das Blenduugsgeflecht bilden; (Plexus ciliaris.)
Aus diesem Blenduugsgeflecht und aus den fortlaufenden Ciliar­nerven, welcher in mehrere Sträugchen getheilt ist, werden jene sehr feinen Ciliarfäden abgegeben, die in 5—8 Fäden geschlängelt sind.
Die Ciliargefässe begleiten diese Nerven in der Nähe des Sehnervs und durchdringen sie zwischen der Aderhaut und harten Augenhaut, bis zum Pupillarraude der Kegenbogeuhaut verlaufend, geben au der Sehuerven-fläche der Iris verschiedene kleine Fäden ab, die einen Nervenkranz bilden, welcher für die Ciliarmuskel, Eegenbogenhaut und durchsichtige Hornhaut Fädchen abgibt.
Aus diesen Geflechten erstrecken sich die Nervenfasern des Nervus sympaticus in die Muskeln, welche die Pupille erweitern, und jene, welche die Pupille verengen. Die Nervenfasern des stammen aus den gemeinschaftlichen Augenmuskelnerv, welche dem Blendungsgeflechte bei­gemischt sind.
Krankheiten der Iris.
I. Die Entzündung der Iris im Allgemeinen.
Die anatomische Lage und Beschaftenheit der Regenbogenhaut unter­wirft diesen Augentheil nicht selten solchen schädlichen Einflüssen, die von ihren Mittheilhaberu ausgehen, die nicht eine nachtheilige Wirkung auf diese haben, sondern sehr für entzündliche Action prädisponirbar, ja die Iris einer solchen unterwerfen und so allen jenen Veränderungen aus­setzen, welche als natürliche Begleiter der Entzündung auftreten, obzwar
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die Iris für sich allein solche Verändeningeii durch machen kann, und der Process der primären Iritis in der Veterinärpraxis bei etwas aufmerksamer Beobachtung nicht selten zu constatiren ist.
Dennoch ist die Entzündung der Iris zumeist bei Pferden ein Pro­duct consecutiver Aifectionen, neben oder als Folge der Entzündung ihrer Nachbartheile.
Es sind mehrere Affectionen der Nachbartheile dieses Organen, welche die Regenbogenhaut zur Mitaffection indirect veranlassen und die in der Kette der gemeinschaftlichen iritischen Erkrankungen als einzelne Vermittlnugsglieder ihren Platz ausfüllen und behaupten.
Es gibt Augenkrankheiten bei unseren Hausthieren, die ohne Iritis kaum denkbar, ja als Begleiter uueiiilsslich sind. In anderen Fällen sind es die vielseitigsten Zufallserkraukungen der Augentheilbaber, welche in ihrem Verlaufe und Ausgang Iritis, wenn nicht bedingen, so doch consecutiv nach sich ziehen können: es ist demnach zum Verständniss sehr vieler krankhafter Zustände am Auge unserer Hausthiere unbedingt nölhig, auf die Kenntuiss der Iritis und ihrer Folgen ein ganz besonderes Gewicht zu legen, umsoinehr, da sie uns fur die Prognosis und Therapie von grosser Wichtigkeit ist. zu bestimmen, ob wir es mit der selbständigen primären Iritis zu thuu haben oder ob diese nicht die Glieder jener Cou-secutivkette sind, welche wir vorhin erwähnt haben. Damit eine sichere Grundlage zur Kenntniss der Iritis gegeben werde, dass ihre Couiplica-tionen beurtbeilt werden können, ist es vor Allem uöthig, jene Verände­rungen und Erscheinungen kennen zu lernen, welchen die Iritis unter­worfen ist, damit nach diesen der Massstab genommen wird, nach welchen die Art der selbständigen oder consecutiven Aft'ectiou zu beur-theilen sei.
Symptome
welche die Iritis im Allgemeinen charakterisiren und ihr Vorhandensein bestimmen, sind:
In erster Keihe fällt die vermehrte Injection der vorderen Ciliar-arterien auf, welche als rosen- oder hochrot her Saum auf der Sclera lings um die Hornhaut wahrnehmbar ist; dieser rothe Gürtel ist das erste Zeichen einer beginnenden Iritis, und wird manchmal fehlen, ist jedoch nich specitisch für die Iritis, da bei der Conjunctivitis chorioiditis und Keraditis diese Erscheinung ebenfalls vorkommt, was auf die Gefäss-verbiudung dieser Theile wohl leicht erklärlich ist.
Das zweite Symptom der Iritis ist die Verfärbung der Iris; die FarbenVeränderung derselben hängt mit dem pathologischen Vorgange eng zusammen. Als von der Hyperämie der Iris und Stasis abstammend, in deren Gewebe Exsudation in Form graulich-gelber Exsudate und in Folge der Gewebsauflockerung die Verfärbung stattfindet, äussert sie sich durch
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rothe, später grünlichgraue oder grauröthliuhe uud gelbrothe, gelblich-bratuie Farbe des Gewebes (letztere häufig bei Pferden).
Ein sehr wichtiges specifisches Symptom der Iritis ist die Umlage-rung des Exsudates im Humor aquaeus und an der Oberfläche der Iris, besonders am Pupillarrande.
Diese Exsudation trägt wohl am meisten zur Verfärbung der Iris bei, wo sie an der Fläche derselben angelagert ist; das Exsudat ist seröser oder faserstoffartiger Natur, auch oft gemischt, füllt in der Regel die Vorderkammer aus uud trübt den Humor aquaeus.
Es wird iu das Parenchym der Iris eingelagert oder vom Pupillar-raud ausgeschieden. Das im Humor aquaeus gesammelte Exsudat verursacht Trübung dieser Feuchtigkeit uud ist kaum mit der Trübung der Horn­haut zu verwechseln, denn es ist leicht im Humor aquaeus das flockige faserige nach dem Strömen des Kammerwassers sich bewegende Exsudat, von weissliuh-gelber-graulicher Farbe nachzuweisen.
Als Folge der Exsudation ist auch die Schwellung und Lockerung der Iris zu zählen, was symptologiscbeu Werth hat; die Auflockerung ist als grobfilzig, dicke Wulstuugen erzeugend, wabrzunehmeu.
Ein bedeutendes ja specifisches Symptom ist eine verminderte, ja aufgehobene Beweglichkeit der Iris, begleitet mit mehr oder weniger Ver­änderung der Pupille; es ist diess die Folge einer Lähmung der Strableu-und Eingfasern, welche die Entzündung eingegangen sind, uud änssert sitii dieses Symptom bei jenen Fällen, wo im Kammerwasser grosse Exsu­dation vorzufinden ist, mit relativ erweiterter Pupille, während bei jenen Formen mit vorherrschender Schwellung uud Auflockerung des Parenchyms die Pupille sich relativ verengert.
Störung des Sehvermögens kommt bei Iritis in den verschiedensten Abstufungen vor und zwar von Verschleierung bis zur Stockblindheit. Wie man sich über den hohen Grad der Sehstöruug überzeugt, wurde bereits erörtert. (Siehe üntersuchungeu des Pferdeauges.)
Ein constantes Zeichen der Iritis ist gesteigerte Empfindlichkeit gegen das Licht, eiue bedeutende Lichtscheue. Es wird sich diese Er­scheinung je nach der Hochgradigkeit der Entzündung bis zum gänzlichen Nicbtrertragen des Lichtes steigern, üeber die Art von der Höhe dieser Erscheinung sich zu überzeugen, verweisen wir auf die betreffende Stelle.
Thräuenfluss hat insoferne Bedeutung, als mau diesen als allge­meines Symptom der Augenaffectiou zu betrachten gewohnt ist. Eine nicht zu übersehende Hyperämie der Augenlider, der Conjunctiva bulbi (und in der Cornea) ist in den meisten Fällen für constatirte iritisebe Affectionen sicher vorhanden, ob consecutiver oder selbständiger Art; besonders in dem Befunde bei acut verlaufenden, sehr heftigen Fällen ist sie sehr häufig in Begleitung einer matten, glanzlosen, ödematösen Cornea, in
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heftigen Anfällen von Monatblindheit fast constant. Schliesslich laquo;ist auch nicht zu unterlassen, nach dem Pulse zu fühlen, da nus dieser anzeigt, ob und inwiefern der Gesainnitoiganismus in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Bei sehr acuten, heftigen Irisentzüniiungeii ist eine Pulssteigerung und Fieber-Erscheinungen nicht selten zugegen, ja bei Monätblindheit ist, wenn diese in das Stadium der Consecutiv-liitis tritt, erhöhte Pulsfrequenz oft vorhauden; ein Umstand, den man jetzt aussei Acht zu lassen scheint, der aber sicher von diagnostischem Worth ist.
Mithin wären hier die Erscheinungen besprochen, welche die Iritis überhaupt als solche charakterisiren; sei diese ein Glied der Kette der Consecutiv- oder selbständiges Leiden; ist sie das Gruudleiden, oder die verderbliche Polge anderer Quellonleiden.
Das Bestimmen ist die wichtigste, aber auch die schwerste Auf­gabe des Diagnostikers, welches nur durch Heissiges und aufmerksajnes Studium des ßeobachtungsobjoctes und durch genaue Keuntuiss der Ana­tomie dieses Gebildes, durch stetes Beobachten des pathologischen Pro­cesses erzielt werden kann.
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11. Vorkommen und Ursachen dor Iritis.
Zur Erkrankung der Iris disponireu alle Haussäugethiere in erster Linie, und besonders aber das Pferd. Iris-Affecüoiien sind demnach am meisten beim Pferde anzutreffen, ja sie sind die häutigsten und gefähr­lichsten Angenaffectionen.
Es ist dieser Umstand hauptsächlich dem anatomischen Bau und der Lage dieses Gebildes zuzuschreiben, welcher solche Mit- und Neben-erkrankungen ermöglicht. Dennoch ist das Vorkommen der Iritis als selbst­ständiges, primäres Leiden, nach traumatischen Eingriffen, zufälligen Ver­letzungen der Iris oder ihrer Nebentheile als bestimmt anzunehmen, und als Iritis tranmatica zu betrachten. Weitere, ursächliche Momente zum Hervorrufen primärer Iritis sind Erkältung, scharfe Winde, Zugluft, schnelle Abkühlung, Temperaturveränderungeu, überhaupt alle jene Ein­flüsse, welche man zu der grosseu, noch vielseitig ungekannten Gruppe Erkältung zählt, sind im Stande, eine selbständige, primäre Entzündung der Regenbogenhaut zu verursachen.
Die Iritis rheumatica, thatsächlich Gegenstand vielseitiger Beobach­tung und von grosser Wichtigkeit, muss der Iritis als consecutives und Eolgeleiden mit oder neben den Erkrankungen gewisser Antheilhaber bei­gemessen werden.
(Erkrankungen der Iris als Begleiter der Influenza sind in der Lite­ratur oftmals besprochen worden. S. Oester. Vierteljahrsschrift f. wissen­schaftliche Veterinärkunde, Band XIX., Heft 2, pag. 135).
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Obenan ist der pathologische Vorgang, welcher bei der Monatbliud-heit vorgeht, für die Erkrankung der Iris bei Pferden sicher das wichtigste Moment, und von diesem wieder Kyplitis, d. h. die Entzündung des Ciüarbogens, welcher, Dank der anatomischen Verbindung des Ciliar-tractus mit der Regenbogenhaut hier die Vermittlungsstelle zu Consecutiv-leiden der Nebenorgane übernimmt.
Das Vorkommen der Iritis bei Monatblindheit ist constant, und ist ^elbe ein Glied jener Kette, welche das eigentliche Wesen der Monat­blindheit ausmacht; weiter wird die Iritis consecutiv von Chorioiditis durch den Ciiiartractus übertragen, und ist das Vorkommen der Iritis mit Chorioiditis auf diese Art oft erklärlich.
Die Erkrankung des Glaskörpers und der Linse begleitet die Iritis ebenfalls oft, und ist bei Staar-Entwicklung im Anfange Affection der Iris zu beobachten.
Die Erkrankung der Hornhaut pflanzt sich auf die Iris gern fort, besonders wenn letztere sehr hochgradig ist, somit kommt die Iritis, wenn die Bedingnisse dazu vorhanden sind, bei allen jenen Krankheiten com-pensiv wieder vor, welche neue Affection der Cornea hervorrufen können. Als solche sei die Blenuorrhöe besonders hervorgehoben, die acute, heftige, traumatische Keratitis, das Trachomen, die Augeuseuche der Rinder und das callöse Augenleiden der Schafe.
Schliesslich sei noch die sympatische Iritis erwähnt, welche unter Einflussnahme der im Ciiiartractus vorhandenen Nerven, durch sympa­tische Irritation von einem Theilhaber des Auges auf den gleichnamigen des anderen übertragen wird. (Siehe Monatblindheit.)
Wir sahen besonders Iritis als Begleiter verschiedener Augenkrank­heiten auftreten, und müssen uns in der Beurtheilung dieser nach den Quellen richten, um unsere Prognosis und Therapie gründlich aufzustellen. In vielen Fällen müssen wir dieses Problem oder Nebenleideu mühsam suchen, um in unserer Diagnosis richtig zu sein.
III. Die primäre rheuinatiscke Kegenbogenhaut-Entzündung.
(Iritis rheumatica.)
Unter rheumatischer Iritis verstehen wir eine solche Entzündung der Regenbogenhaut, welche durch Entwicklung rheumatischer Einflüsse primär entsteht, ohne dass sie au den Erkrankungen anderer Antheilhaber participirt, also selbständig, als reine Iritis vorkommt.
Die selbständige Erkrankung beginnt immer mit eiuer bedeutenden Injection etc.
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Die rheumatische Iritis kann selbstverständlich, wenn sie sehr hoch­gradig ist, durch den Entzttndungsprocess auf andere Äntheilhaher über­tragen werden, dann ist jedoch dieser Fall leicht zu constatiren, denn die Iritis ist immer vorausgegangen, während bei consecutiver Iritis jenes Quellenleiden vorausgegangen ist, aus welchen die Iritis entstand. In solchen Fällen, wo man nicht Gelegenheit hat, diese Entwicklung zu beobachten, und wir ein Krankheitsbild zur Einsicht bekommen, wo die Iritis schon als Nebenleiden existirt, wird uns der Verlauf der Krankheit über die Art derselben belehren.
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Die traumatische Begeubogeiiiiaut-Entziiudunp:.
(Iritis traumatica.)
Die Iritis kann oft entzündliche Frocesse eingehen, wenn sie unter dem Einflüsse mechanischer Einwirkung zur Entzündung gereizt wird, zu­fällige oder absichtliche Verletzungen, Contusionen, Schläge, Stösse auf das Auge, geben zur traumatischen Iritis Veranlassung. Die Symptome solcher Iris-Affectionen aussein sich im Allgemeinen in der schon be­schriebenen Richtung höher oder minder, je nach der Intensivität der ursächlichen Einwirkung. Nur ist zu bemerken, dass die Symptome mechanischer Verletzungen oder sonstiger Gewalteindrücke am Bulbus meist wahrzunehmen sind. Es lässt sich überhaupt in Fällen von nach Trauma entstandener Iritis keine genaue Schilderung entwerfen, da die Erscheinungen und der Verlauf je nach der Art di-r Einwirkung vielseitigen Modificationen unterworfen sind. Im Allgemeinen gelten hier folgende Anhaltspunkte zur Beurtheilung der Symptome.
Die vorwaltend von mechanischen Ursachen abhängige Iritis zeichnet sich durch deutliche Entfärbung, Lockerung und Schwellung des Regen­bogenhautgewebes aus, welches in der Regel von deutlichen Gefäss-injectionen begleitet ist.
Wir werden eine reichliche Menge faserstoffhältigen Exsudates vor­finden, und wenn kein mechanisches Hinderniss vorhanden ist, so ist die Befuircbtong einer Pupillensperre durch dieses reichliche, faserstoffige Exsudat begründet, ja manchmal tritt dieser Fall thatsächlich ein, zumal dort, wo die Chorioidea zuerst oder gleichzeitig die Iris der traumatischen Ent­zündung unterworfen wurde.
Hochgradige Frocesse verlaufen auch mit Eiterausammlung in der Augenkammer, der rosenrothe oder violette Rand um die Cornea ist gleich­zeitig mit dieser faserstoffhältigen Exsudation zugegen. Als Folge eiuer starken Injection der vorderen Ciliararterie Röthung und Schwellung der Conjunctiva bulbi, oft auch des ganzen Bindehautfleckeus, Auflockerung
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der Bindehaut zn einem dunkelrotlien Wall um die Cornea, heftiger Tbränenfluss, grosse Lichtscheue und oft bedeutende Fiebererscheinungen begleiten nach bedeutenderen mechanischen Einwirkungen die traumatische Iritis. Schliesslich sei noch der Umstand erwähnt, dass bei traumatischer ßegenbogenhaut-Entzündung die Pupille in der Regel sehr verengert vor­gefunden wird. Sehr schlechte Folgen in Begleitung hochgradiger Symptome können solche Fälle haben, wo fremde Körper im Auge zurückgeblieben und immer wieder zur Irritation und neuen Entzündung Veranlassung gaben.
Der Mutterstute x, welche in Folge einer Keratitis die Hornhaut trüb geblieben ist, blies der Czikos (Wärter) täglich zwei Mal gestossenes und gesiebtes Glaspulver in das Auge. Da das Auge immer schlechter wurde, wurde mir das Pferd zur Untersuchung vorgeführt, und konnte ich eine sehr hochgradige Iridokeratitis mit auffallender Verengerung der Pupille und einen Coucentrationspuukt der Hornhauttrübung constatiren. Genaue Untersuchung mittelst eines Hartnak'schen Oculars belehrten mich darüber, dass in der Hornhaut am Ciliarrand der Iris ein Glas-splitter eingekeilt ist, welcher die Hornhaut durchbrochen, und in ihrem Gewebe fest sass; ich erweiterte die vorhandene Hornhautwunde mit einer Lanzette und entfernte den Splitter mittelst einer kleinen Pinzette, sofort fiel die Iris in die Oeffuung vor, was jedoch nicht hinderte, dass das Pferd bald als geheilt entlassen werden konnte.
Unbestimmte Formen von Iritis.
Es ist mit diesem Abschnitte nicht etwa eine besondere Art von Iritis gemeint, welche als selbständiges Beobachtungsobject für sich Platz nimmt, sondern es ist damit jene Masse von Consecutiv-Iritis gemeint, welche nicht von bestimmten, genau zu präcisicirenden Einflüssen ab­hängig sind, und als Glieder jener Kette von Folge- und Nebenleiden betrachtet werden, welche wir bereits an besonderer Stelle abgehandelt haben.
In die Reihe der uubestiinmten Formen von Iritis schlagen besonders jene Fälle ein, bei welchen man nicht mit Bestimmtheit oder Wahr­scheinlichkeit die Ursachen nachweisen kann, welche auf die Erkrankung des Auges Einfluss genommen haben. In solchen Fällen bleibt uns nichts übrig, als sich damit zu begnügeu, die Iritis constatiren zu können, und wenn uns die vorgefundenen Veränderungen am Auge genügende Anhalts­punkte zur Prognosis bieten, können wir wohl zufrieden sein.
Chronische, langandauernde, durch Vernachlässigung oder durch schlechte Behandlung in den Zustand der Verwahrlosung gerathene Iritis, weiden uns in der Praxis nicht selten zwingen, auf jede Forschung nach der
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Primäraffection und Ursache zu verzichten, und die vorhandene Kranlcheits-l'orm einfach als unbestimmt ad notam zu nehmen.
Von dieser Eventualität werden sich die Leser wohl überzeugen können, denn gerade das Auge lässt der EigentLümer des Thieres zumeist ausser Acht, oder bemerkt es erst dann, wenn die Krankheit einen solchen Grad von Complicationen erreicht hat, dass dem Thierarzte sonst nichts übrig bleibt, als das Chaos der Complicationen zu coustatiren.
Mit Resignation muss mau da auf die Wahrscheinlichkeit eines Er­folges verzichten, und dennoch die Pfiicbt eines Versuches machen.
Man muss in solchen Fällen durch Ausschliessuug der ursächlichen Momente, mit Benützung der bereits vorhandenen Veränderungen im Auge, Anhaltspunkte für die Prognosis und Therapie suchen. In diese Gruppe der Irisaffectionen gehören auch jene, welche als begleitendes oder charak­teristisches Merkmal der Mouatblindheit constant vorkommen, auf welche Form wir noch zurückkommen.
Die Symptome, welche solche unbestimmte Formen von Iritis be­gleiten, sind mannigfaltig und drehen sich natürlich im Kreise der vor­her beschriebenen Erscheinungen.
Mit einer eingehenden Schilderung der combinirten Formen wäre zum Verständniss dieser nicht nur nicht geholfen, sondern die vielseitigste Verwirrung geschaffen, in welcher man die Symptome anderer Augen­krankheiten mit denen der Iris in ein unlösliches, für den Anfänger schwer verständliches Chaos zusammenwerfen möchte. Es ist dennoch zur Beurtheilung solcher unbestimmter und consecutiv combinirten Formen von Iritis die beste Grundlage, das Studium der reinen ausgeprägten, einfachen Irisformen, mit Berücksichtigung der bereits beschriebenen Symptome, welche ausschliesslich der Iritis zugehören, ohne sich von Nebenerscheinungen beeinflussen zu lassen.
Es ist die Beobachtung dieser Kegel die beste Grundlage zur Be­urtheilung der erwähnten Iritisformen, denn mit der genauen Kenutniss der Grundtypen wird mau sich auch bei den Nuancirungen bald zurecht finden, und gibt hinreichende Anhaltspunkte für jene Formen, wo man über die Art der ursächlichen Einwirkung nicht klar werden kann.
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Verlauf und Ausgang der Iritis.
Mit Berücksichtigung der schon oft erwähnten Vielseitigkeit der Iritisformen, variiren ihre Symptome in verschiedenen Fällen, sowohl in Bezug der Reihenfolge, als auch in Bezug des jeweiligen Complexus mit einer geradezu erstaunlichen Unbeständigkeit; nur selten wird man die Erscheinungen in der Reihenfolge, wie sie beschrieben sind, und wie sie.
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zu erwarten wären, vereint finden, noch seltener aber alle vereint und gruppirt wahrnehmen.
Die Diagnose stützt sich in der Regel auf das Vorhandensein einiger charakteristischer Erscheinungen und begleiten diese den weiteren Verlauf; zu diesen gesellen sich im Verlaufe der Krankheit auch andere. Mag die Iritis in welcher Form, oder in Folge welcher Veranlassung immer auf­treten, sie bedroht immer das Sehvermögen des Auges, und zwar durch die Exsudate, welche ein bedeutendes Hinderniss für den freien Licht­eintritt in die Pupille bilden; noch mehr aber durch die Veränderungen, welche in der Chorioidea, Netzhaut und Cornea als Folgen entstehen können.
Die heftigsten Folgen der Iritis sind, wenn diese nicht ohne nach­theilige Ueberbleibsel zur Rückbildung kommt, die hinteren oder auch vorderen Synechien. *) Jede Synechie äussert sich dadurch, dass der Pupillar-rand der Iris durch plastisches Exsudat an mehreren Stellen für immer oder für unbestimmt lange Zeit entweder an der Cornea, oder an der Linsenkapsel angelöthet wird und in ersterera Falle vordere, im zweiten hintere Synechie genannt wird.
Diese Verklebungen können schon in der ersten Periode der Iritis entstehen, können den Pupillarraud theilweise oder ringsherum fesseln und sind häufiger an der unteren als oberen Hälfte des Pupillarrandes zu finden.
Die Synechien beeinträchtigen das Sehvermögen ungemein und zwar um so mehr, je weiter sie gegen das Centrum der Kapsel hervorragen und die Bewegungen der Iris incommodiren; die Störung des Sehens be­ruht in solchen Fällen auf der gehinderten Accommodationsfähigkeit des Auges zur quantitativen Lichtabsorbirung. Manche Synechien verschwinden mit der Zeit, die meisten bleiben aber; bei chronisch verlaufender Iritis bilden sich die Synechien oft in sehr ausgedehntem Masse, so dass selbe um den Pupillarrand ringförmig erscheinen, durch eine Exsudatschichte wie eingesäumt, die Pupille ist dann durch Exsudat vielseitig bedeckt.
Gänzliche oder theilweise Synechien der Pupille durch ausgespannte Exsudatschichten, welche auf dem Pupillarrand haften und mehr weniger mit einem Spinngewebe Aehnlichkeit haben, beeinträchtigen natürlich das Sehvermögen, da sie den Eintritt des Lichtes in das Auge hindern; diese Membranen sind durch ihre Undurchsichtigkeit und dunkle, zackige, un-regelmässige Form in Gestalt von Sternen oder Kreuzchen, innerhalb der Pupille haftend, leicht zu erkennen.
Schon bei den Krankheiten der Cornea haben wir das Blypopium genannt, es ist diess eine Menge faserstoflfigen Exudates, welches sich in der Vorkammer als Folge der Iritis zu Boden setzt. Aus dem entzündeten Irisgewebe hat sich dieses Exsudat in den Humor aquaeus ausgeschieden,
*) Verwachsung oder Anlöthung der Papillae.
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und je nach der Menge vom Boden der Vorkammer aus, dieselben in Halbmondform ausgefüllt; dieses Exsudat kann eitrig werden und ist dann die Verschwärung und der Durchbruch der Hornhaut zu befürchten.
Viel öfters vermittelt dieses Exsudat, wenn es nicht zur Aufsaugung kommt, eine Verklebung der Hornhaut mit der Iris. Nach längerem Be­stände reichlicher Exsudate, findet man häufig eine kometförmige Trübung der hinteren Hornhautfiäche, mehr oder weniger zahlreiche, lichtgraue Flecken in der Grosse eines Stecknadelkopfes bis zur Hirsekorn- und Linsengrösse.
Gut lassen sich solche Trübungen von der gewöhnlichen Hornhaut­trübung durch die Loupe unterscheiden, weil die Punctation so nahe an einander ist, so dass man selbe scheinbar gleichmässig zertheilt zu finden glaubt.
Wir finden oft nach chronischer Iritis die Form und Lage der Kegenbogenhaut vielseitig verändert; eine Form der verschiedenartig er­folgten Abstufungen und Ausbreitung auf die Linse, Kapsel und Horn­haut, wodurch die Regenbogenhaut verzerrt und zerzaust wird.
Sehr chronisch verlaufende Affectionen der Iris ziehen selbstver­ständlich auch die Mittheilhaber in Mitleidenschaft; manchmal sind solche schleichende Fälle mit einer übermässigen Production des Humor aquaeus begleitet, welcher in der Kegel mit Exsudat vermengt ist.
Ferner lässt sich eine Erweichung und Ausdehnung der Sclera con-statiren, die dann als Scleralstaphylom an den Veränderungen des Bulbus theilnimmt.
Ist die Iritis mit Chorioiditis combinirt, sei es aus welcher Ver­anlassung immer, so kann gänzliche unheilbare Erblindung erfolgen.
(Wir werden auf die Darstellung dieser Zustände am betreifenden Platze zurückkommen. [Siehe Krankheiten der Aderhaut.])
Eine weitere Folge von Iritis ist Hypertrophie der Regenbogenhaut, welche dem nur etwas aufmerksamen Beobachter nicht entgehen wird.
Atrophie ist eine ebenfalls mögliche Folge langwieriger Iritis, und kommt nach Affectionen, besonders am Pupillarrand der Iris vor. Der atrophirte Theil der Iris ist schiefergrau oder bleigrau, hat seinen Glanz und Farbe verloren, und ist als ein verschrumpftes Partikel leicht wahr­zunehmen.
Solche Atrophien kommen bei der Regenbogenhautverwachsung mit der Cornea nicht selten vor, dann sind die einzelnen Fasern der Iris morsch, weich, gehen auseinander und hinterlassen Lücken zwischen sich. (Siehe Arlt's Augenheilkunde.)
Partielle Atrophie kommt auch in Begleitung der Iris Veränderungen vor, sowie Veränderungen der Aderhaut, Netzhaut und Glaskörper, und ist besonders bei der Aufnahme des Befundes auf die obgenannten Theil-
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haber die ganze Aufmerksamkeit zu verwenden, ob und wie diese den Befund beeinflussen.
Schliesslich sei noch die bleibende Erweiterung und Verengerung der Pupille nach Iritis erwähnt, so wie das bei Menschen beobachtet und in den oculistischen Werken beschrieben wird. Dass Erweiterung und Verengerung der Pupille ohne Einfluss der Entzündung entstehe und sich weiter entwickle, ist mir in meiner Praxis noch nicht vorgekommen, und wären in dieser Richtung hin Beobachtungen nöthig.
Die Erweiterung der Pupille bei gehirnleidenden Tbieren und Starr­krampf, sind nicht so als Leiden der Iris, sondern vielmehr als ein Neben­symptom des allgemeinen Zustandes zu betrachten.
Wahre Midriasis kommt bei Pferden nur nach leicht verlaufener Iritis vor und ist als Folge jener Zustand der Regenbogenhaut zu be­trachten, wo die Pupille abnorm erweitert und ihre Beweglichkeit sehr beeinträchtigt oder aufgehoben ist; der Grund dazu liegt wahrscheinlich in der Lähmung der Schliessmuskelfasern, möglicherweise auch eine Folge des Druckes von noch haftendem Exsudate.
Künstlich kann Midriasis durch einige Narkotica, wie Belladonna, Atropin und Hyoscyamus hervorgerufen werden.
Doch dauert die Wirkung dieser nur auf kurze Zeit, aus welchem Grunde auch ihre vielseitige Verwendung bei der Iristherapie erklärlich ist. Myosis, d. h. Verengerung der Pupille, kann in der Veterinärpraxis gleichsam nur als Folge der Entzündung angeführt werden, so lange nicht weitere verlässliche Beobachtungen vorliegen.
Als Nebensymptom ist Myosis bei Hydrophobie besonders für den Veterinär von Werth, zugleich erzeugt mau Myosis durch Nicotin und Cyan.
Prognosis.
Die Iritis ist ein schweres Augenleiden, umsomehr, da die Iris so grosse Neigung hat mit anderen Nebeutheilhabern des Auges Neben- oder Consecutivprocesse einzugehen.
Bei Stellung der Prognosis ist besonders dieser Umstand zu be­achten und die Art und der Grad des Consecutiv- und Nervenleidens zu bestimmen.
Davon hängt überhaupt die Prognosis der Iritis ab; besonders wird die ungünstige Prognosis an die Langwierigkeit solcher Processe gebunden. Hochgradig acute Iritisfälle sind günstiger zu prognosticiren als lang­wierige, chronische, schleichende Fälle.
Die günstigste Prognosis kommt der rheumatischen Iritis zu, und wenn nicht gar zu grosse Verletzungen vorhanden sind, dann wäre auch die primäre traumatischen Iritis günstig zu beurtheilen, hauptsächlich dann,
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wenn sie nicht zu hochgradig und zu complicirt ist. Im Allgemeinen und Besonderen ist es für den Anfänger schwer, die Prognosis zu stellen, wie diess auch bei jedem Iritisvorkommen in der ersten Zeit factisch der Fall ist, bis man'nicht sieht, wo der Ausgang hinneigt.
Behandlung der Iritis.
Bei Angriffnahme der Iritistherapie ist für das erste darauf zu achten, mit welcher Art von Iritis man es im vorliegendem Falle zu thun hat.
Bei traumatischer Iritis muss diese zuvor untersucht werden, ob nicht fremde Körper in die Iris oder den anderen Augentheilhabern ein­gedrungen sind, und noch dort haften; ist diess der Fall, so muss man selbe zu entfernen trachten.
Ist nun Iritis zugegen, so folgt im Anfange die Application kalter üeberschläge mit Zusatz von Weingeist, tinct. Myrh., strenge Kühe, massiges Kraftfutter. Innerlich wären abführende Mittelsalze oder Calomel zu verabreichen. Wenn einmal die Heftigkeit der Entzündung gebrochen ist, trachte man das vorhandene Exsudat zu entfernen und richte sich dann nach der unten beschriebenen Form.
Kheumatische Iritis wird insofern einer Modification unterworfen, als man in der Anwendung von kalten Waschungen und Umschlägen ungemein vorsichtig sein muss. Vor Allem ist für einen guten gleich-massig temperirten Aufenthalt zu sorgen, welcher jedoch nicht gar zu dunkel gehalten sein darf; anderseits aber vor grellem Lichte geschützt sein soll. Im Sommer Laub und Keisig, im Winter leinene Tücher auf die Fenster, werden das richtige Lichtverhältniss im Stalle herstellen.
Bei zu heftigen Entzündungen, begleitet von einer lebhaften Eöthe der Sclera, wären Scarificationen am Platze} doch ist solchen womöglich auszuweichen, und nur dann, wenn die Sclera dunkelroth wird, anzu­wenden.
Von bedeutendem Nutzen sind Einreibungen mit üng. Hydrarg. und Extr. opii mit oder ohne Zusatz von Belladonna oder mit Extr. belladon. für sich.
Zur Verschärfung solcher Einreibungen ist ein Zusatz von Mere, praeeip. alb. angezeigt.
Solche Salben sind zweimal täglich über das Augenlid und den Augenbogen zu streichen.
Letztere Zeit habe ich mit gutem Erfolge das Augenliniment von Prof. Vogel in Stuttgart angewendet.
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Dieses besteht aus: Atropin. Sulf. Anglic.
aa. 0-30. Spirit, vin. cone. Chloroform.
aa. 10-00. 01. camph.
8-00.
Auf eine kleine Stelle neben dem Auge und Augenbogen zweimal täglich einzureiben.
Der Erfolg ist ein erstaunlich günstiger. Sind Verwachsungen der Iris mit der Linsenkapsel oder Hornhaut zu befürchten, so sind täglich zweimal einige Tropfen Atropinlösung in das Auge zu träufeln.
Wenn bedeutende Exsudatschichten in der Vorkammer eingelagert sind, ist die locale Behandlung durch eine allgemeine zu unterstützen. Grosse Gaben vou Weinstein in öfteren Zwischenräumen, sodann Emetic. Hydrargyri Chlorat. mit. unterstützen die Aufsaugung des Exsudates ungemein.
Bedenkliche Keizung des Auges ist mit Einträuflung von Tinct. opii simpl. zu behandeln, während absoluter Mangel an Reaction und Schlaffheit durch aromatische Bähungen von Myrrhentinctur etc. anzu­bahnen ist.
Wenn eine grosse Menge von Exsudat in der Vorkammer ange­sammelt ist und dieses in Eiterung überzugehen und den Bulbus zu zerstören droht, so scheue man sich nicht, das Exsudat aus der Vor­kammer zu entfernen; in solchem Falle ist die Punctation der Hornhaut dringend geboten um dem Secret Abflnss zu verschaffen und verderblichen Zuständen thunlichst zu begegnen.
Man soll sich vor dieser Operation, die man auch am stehenden Pferde ausführen kann, nicht scheuen; wird nur einigermassen vorsichtig mit der Lanzette eingestochen, so ist eine Verletzung anderer Antheil-haber wie der Hornhaut nicht möglich, es lassen sich sogar mittelst einer kleinen Pinzette Exsudatflocken durch die gemachte Hornhaut-öflfnung entfernen; die Operation wird auf dieselbe Weise ausgeführt, wie dies bei der Behandlung der Hornhaut beschrieben wurde, und es ist zu bemerken, dass unbändige Pferde der Sicherheit halber zu werfen sind.
(Siehe Punctation der Hornhaut.)
Nach vollführter Operation hat man für die Anlage und Erhaltung eines zweckmässigen Druckverbandes Sorge zu tragen.
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Man schliesse das Auge zu, gebe darauf erst Charpie, dann eine entsprechende Menge Werg, und lege einen zweckentsprechenden Verband darüber, welcher sich ganz gut mit dem Kopfzaum in Verbindung bringen lässt. Am besten ist die Application des Augendruckverbandes (siehe Punctation der Cornea).
Bestehende oder drohende, vordere oder hintere Synechie ist durch eine künstliche Mydriasis zur Heilung zu bringen. Durch beständige An­wendung solcher Mittel, welche Mydriasis erzeugen (siehe Mydriasis), wird eine Erweiterung der Pupille erzielt, und in Folge dessen eine Irisbewegung, wie z. B. nach zweimaliger Anwendung von Atropin oder Belladonna ebensolche Irisbewegungen erzeugt werden; durch diese Iris­bewegung wäre es möglich die Anlöthung der Iris zu verhindern.
Wenn durch Vorhandensein faserstoifartigen Exsudates solche An­wachsungen zu befürchten sind, ist noch vor der Entzündungsperiode eine künstliche Mydriasis am Platze, die eine Anlöthung verhüten kann. Ob durch Anwendung des Natron Salicylicum Intiden sich bessern, wie das Leber beim Ophthalmologen-Congress in Heidelberg behauptete, soll durch Versuche bewiesen werden.
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Die Iridectomie.
Die Iridectomie ist ein operatives Verfahren an der Iris, wodurch man Zertheilung der Irisaffectionen und des Ciliartractes, überhaupt ge­wisse günstige Bediugnisse schaffen will.
Die Iridectomie ist nicht nur bei Affectionen der Iris in Anwendung zu bringen, sondern überhaupt bei hochgradigen entzündlichen Affectionen des Ciliartractus und der inneren Antheilhaber; sie dürfte bei Monat­blindheit besonders angezeigt sein.
Die Iridectomie ist eine aus der menschlichen Oculistik in die Veterinärophthalmologie übertragene Manipulation, eine Methode, künst­liche Pupillen zu bilden.
In der Menschenoculistik nimmt die Bildung künstlicher Pupillen, welches Verfahren Camerophosis genannt wird, eine bedeutende Rolle ein, und sind drei Verfahrungsmethoden dazu angezeigt:
a) Die Iridectomie; sie besteht darin, dass man durch einen Ein­stich am Kande der Cornea mit einer Pinzette oder Irishäkchen in die vordere Kammer eingeht, die Iris am Pupillarrande oder einem anderen geeigneten Platze fasst, hervorzieht und ausserbalb der Cornea mit einer Scheere abschneidet und auf diese Weise nicht nur eine Oeffnung in der Irisfläche, sondern eine Reduction des Irisgewebes erzweckt.
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b)nbsp; Die Iridotomie; diese besteht darin, dass man mit einem Staar-messer die Cornea durchschneidet, und zugleich mit der Spitze des Messers die gespannte Iris quer durchschneidet, und dadurch eine pupillen-iihnliche Oeffnung in der Iris bekömmt.
c)nbsp; Die Iridodialisis (Iridodectomiedialisis); diese besteht darin, dass man durch vorschriftsmässige Drehung des Messers in der Augenkammer und dem Irisgewebe mit Zuhilfenahme der Scheere, an der Basis [des Ciliar-randes eine dreieckige Pupille erhält; diese Methode wird, weil sehr complicirt, selten angewendet.
Für uns hat die Iridectomie Interesse, weil sie in der Veterinär-oculistik Anwendung findet; die anderen zwei Methoden wollen wir weiter unbeachtet lassen.
Prof. Friedberger hat die Iridectomie versuchsweise angewendet und äussert sich (im Jahresberichte der Central - Thierarzneischule in München, pro 1873/74, pag. 48) darüber, dass die Versuche von Jakob­sohn und Nagel zwar erwiesen haben, dass die Iridectomie am rechten Platze gewiss angezeigt und nützbar, aber nicht in jedem Falle helfen könne, was zweifellos klar ist.
Der Nutzen der Iridectomie am passenden Platze ist zweifellos zu­gestanden.
Die Durchführung der Operation wird folgendermassen bewerkstelligt:
Das zu operirende Thier wird geworfen, wenn nöthig chloroformirt, bis zum Grade gewisser Abstumpfung und Schläfrigkeit, doch kann man die Operation auch ohne Narcose vornehmen.
Nachdem man das Auge genügend fixirt hat, macht man mit einem geraden oder lanzettförmigen Messer am Rande der Cornea einen 04 bis 1-0 Centimeter langen Einstich ins Cornealgewebe durchschneidet dieses und dringt durch die descemetische Haut in die Cornea; nachdem dieses geschehen, zieht man das Messer vorsichtig zurück, schliesst das obere Augenlid und lässt das Auge kurze Zeit ruhen; die Ausführung des Stiches muss gleichmässig ruhig mit gleicher Kraft und gleichem Druck geschehen. Sobald die Hornhaut durchstochen ist, dringt aus der Vor­kammer das Kammerwasser hervor.
Man lasse sich durch dieses nicht beirren, sondern trachte durch Schliessung des Auges mit dem oberen Augenlide das Kammerwasser auf­zuhalten. Nach dem vollbrachten Hornhautstich ist der erste Theil der Operation vollbracht.
Der zweite Theil der Operation besteht darin, dass man das obere Augenlid wieder öffnet, was der Gehilfe thun soll; der Operateur dringt mit einer feinen Pinzette oder Irishäkchen durch die gemachte Horn-
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hautöffnung in die Vorkammei-, fasst da die Iris, zieht dieselbe vorsichtig durch die Hornhautöffnung hervor und schneidet mit der hereitgehaltenen Scheere ausserhalb der Hornhaut das vorgezogene Irisstück ab.
Sobald das vorgezogene Irisstückchen entfernt wurde, schnellt die Iris in ihre natürliche Lage zurück; eine Menge Kammerwasser tritt hervor, und die Operation der Iridectomie oder Pupillenbildung ist voll­endet.
Nachdem die Operation vollbracht wurde, ist es unsere Aufgabe einen zweckentsprechenden Gegendruckverband anzulegen, damit einerseits der innere Centraldruck im Auge paralisirt, anderseits wieder der Aus­tritt des Kammerwassers verhindert wird.
Der Druckverband wird am besten durch den schon beschriebenen Druckverbandzaum bewerkstelligt. An diesem Zaum sind zwei Lederlappeu angebracht, die man nach Erforderniss über das eine oder andere Auge überschnallen kann.
Auf das leidende Auge lege man etwas Charpie, dann eine genügende Menge Werg, und schnalle den Lederlappen über das Auge. Nach zwei Tagen kann der Verband entfernt werden, und wir finden dann die Horn­hautwunde in der Regel geschlossen.
Manchmal ist der normale Verlauf der Operation durch Blutaustritt aus der Iris in die Vorkammer gestört; das Blut trachte man dadurch zu entfernen, dass man das Augenlid wiederholt öffne, und die Hornhaut­wunde mittelst einer Pincette einige Male auseinander schiebt.
Das durch die Oeffmmg ausgetretene Augenwasser wird im Strome auch das Blut mitnehmen, der Rest des Blutes kann der Aufsaugung überlassen werden.
Bedingnisse, welche die Iridectomie erfordern, sind in der Veterinär-Oculistik von jenen der Menschen-Ophthalmologie etwas verschieden; der Menschenarzt stellt das Haupterforderniss auf die Operation, die Bildung einer künstlichen Pupille.
In der Veteriuärpraxis hätte wohl die Anlegung künstlicher Pupillen bei Verschliessung der eigentlichen Pupille, oder bei Verunstaltung dieser, die Verdunklung der Hornhaut sehr praktischen Werth, doch wäre zu wünschen, dass darüber mehr Erfahrungen vorliegen. In der Veterinär­praxis ist die Anwendung der Iridectomie als ein Mittel zu betrachten, die kolossale Spannung im Bulbus bei Entzündung des Ciliartractes, und bei Chorioiditis die zu grosse entzündliche Gefässinjection durch Ent­fernung eines Stückes der Iris als einen der gefässreichsten Augentheil-haber zu heben, und ist der Erfolg dieses Verfahrens oft von erstaun­lichem Nutzen. Demnach ist die Anwendung der Iridectomie bei hoch­gradiger Entzündung des Ciliartractes mit drohenden Symptomen ange­zeigt, insbesonders bei Chorioiditis und angehendem Glaucome.
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ignbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;In den ersten Stadien der Monatblindheit lässt sich die günstige
nnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wirkung der Iridectomie nicht leugnen, doch lasse man sich nicht ver-
leiten, von ihr in jedem Falle Erfolg zu erwarten. 'enbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Sie wird gewiss, wie Friedberger mit Recht sagt, am rechten
ttnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Platze nutzbringend und angezeigt sein, aber nicht in jedem Falle helfen
'quot;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; können.
Nur gründliches Studium in diesem Fache kann solche Fälle genau
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Die Aderhaut.
Anatomic und Physiologie der Aderhaut.
Die Aderhaut (tunica chorioidea s. vasculosa oculi) erstreckt sich vom Anfange der Eintrittsstelle des Sehnerven nach vorn bis zum Rande der Hornhaut; sie liegt zwischen der harten Augenhaut und Netzhaut und ist nach Form dieser Häute genau gespannt; sie ist mit dieser durch die verlaufenden Gefässe verbunden, hängt an der Sclera am Hornhaut­falze und am Eintritte des Sehnervens zusammen. Mit dem hinteren, dickeren, festen Theil der Netzhaut ist sie ebenfalls nur locker verbunden, und wird der innere Theil der Pigmentschicht der Netzhaut stellenweise so ziemlich fest mit einander verbunden, weshalb auch die älteren Ana­tomen diese Schicht als zur Netzhaut gehörend betrachteten; sind diese Verbindungsstellen absichtlich oder zufällig gelöst, so wird dann die Ader­haut von ihrem Nebentheilhaber sehr leicht abgelöst und aufgerollt, da sie sonst mit dieser locker zusammeugefügt ist.
Der Farbe nach ist sie eine dunkelbraune Membran, legt sich bei­läufig 1 Centimeter weit von der Verbindungsstelle der undurchsichtigen Hornhaut mit der Cornea in Falten, die von vorn und auch von innen gesehen, über diese Verbindungsstelle hervorragen, und hier der Chorioidea das Ansehen einer regelmässig gefalteten Krause geben. Wird aus dem quer durchgeschnittenen Augapfel der Glaskörper entfernt, so ist dieses Verhältniss am klarsten wahrzunehmen.
Obwohl die Aderhaut ein continuirliches Ganzes bildet, so muss mau doch wegen ihrer Verschiedenheit des Baues an ihren verschiedenen Theilen unterscheiden, und zwar:
a) der Faltenkranz, Strahlenkranz, Strahlenkrone oder Strahlenkörper (corona ciliaris s. corpus ciliare) ist der gefaltete und die Linse umgebende Theil der Aderhaut; der Strahlenkörper wird von faltenartigen Vorsprüngen dargestellt, welche Strahlenfortsätze oder Ciliarfortsätze (Processus s. plicae) genannt werden; sie bilden radienartig gestellte Streifen mit abgerundeten
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vorderen Enden; zwischen diesen Fortsätzen bilden sich der Zahl ent­sprechend ebensoviel Einsenkungen. Die Zahl der in das Auge springenden grösseren Strahleufortsätze beläuft sich bei Pferden auf über hundert; dieselben sind I Centimeter und auch darüber lang, fangen schmal und niedrig am peripherischen Ende an, und werden an dem der Linse zuge­kehrten Ende allmählig höher und dicker; bei Pferden erreichen jedoch die Strahlenfortsätze am inneren Umfange des Faltenkranzes diese Lage nicht, sondern beschränken sich nur auf etwa die Hälfte derselben, um sich nach oben und unten hin allmählig zu verlängern, daher auch der Faltenkranz des Pferdes keinen ganz regelmässigen, runden Kreis dar­stellt.
Das dickere Ende der Ciliarfortsätze begrenzt eine grosse, runde Oeffnung, von welcher der äussere Band der Linse umfasst wird. Zwischen den bereits beschriebenen, grösseren Fortsätzen finden sich noch kleinere, welche niedriger sind, und mehr am peripherischen Theile des Falten­kranzes hervortreten.
b)nbsp; Der gefaltete Theil der Aderhaut wird durch einen, etwas un-regelmässig gezackten Uebergangstheil von den glatten Theilen der Ader­haut getrennt, wodurch die Form eines Randes entsteht, welcher seines unregelmässigen, gezackten Verhältnisses halber der gezackte Kand, (Ora serrato) genannt wird.
c)nbsp; Die flache Aderhaut bildet den grösseren Theil der Aderhaut, ist weich, dehnbar und leicht zerreissbar, ihr Gewebe wird besonders aus Gefässen gedildet, die noch durch Muskel- und Nervenfasern ergänzt und durch ein Stroma zusammengehalten werden; dieses besteht aus einem Netze verästelter Fasern, welchem sich zahlreiche, sternförmige oder auch unregelmässig geformte, längliche Pigmentzellen einlagern; diese, das Ge­webe der Chorioidea bildenden Elemente, werden in verschiedene Schichten unterschieden, und zwar:
1.nbsp; Die obere Aderhaut (Membrana suprachorioidea); es ist dies jene Schichte, welche schon bei der Beschreibung der harten Augenhaut als braunes Häutchen erwähnt wurde.
2.nbsp; Die Gefässschichte, diese besteht aus zwei Lagen, die äussere und innere; die erstere enthält grössere Gefässstämme, die letztere besteht nur aus Capilaren. Die äussere Lage (Chorioidea propria, s. tunica vas-culosa Halleri), ist durch das geschwungene, bogenförmige Verhalten der Venen ausgezeichnet, welche sich strahlenförmig in fünf bis sechs Stämmen vereinigen, und in der Gegend des Grundmuskels die harte Augenhaut durchbohren; ihres eigenthümlicheu Verlaufes halber haben sie den Namen Strudel oder Viertelgefäss (vasa verticosa), erhalten. Wenn das Pigment von der Aderhaut weggewaschen oder abgepinselt und entfernt ist, und eine
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weisslichblaue Farbe angenommen hat, wird das Verhalten dieser Gefässe leicht bemerkt.
Die innere Lage der Gefässschicht dagegen wird aus einem feinen Capillarnetz gebildet, welches aus der sternförmigen Ausbreitung der Arterien (Stellulae vasculosae) hervorgeht und nur bis zum gezackten Rande sich ausbreitet. Dieses maschige Capillarnetz wird an den Strahlenfortsätzen weitmaschiger und lang gestreckt.
3.nbsp; Die Gefässschicht begrenzt zunächst nach innen die Glashaut oder Glaslamelle (lamina vitrea); dieses Häutchen erscheint nach An­wendung von Eeagentien faserig, und ist mit dem Aderhautstroma fest verbunden (zuerst von Busch beschrieben und membran. pigmenti ge­nannt). Am Faltenkranze wird diese etwas dicker und erhält eine netz­förmige Beschaffenheit. Diese Glashaut grenzt nach innen an die Pigment­schicht der Netzhaut, an todten Augen trennt sie sich zumeist von der letzteren und bleibt an der Aderhaut haften.
Nach Frisch sollen dieser Schicht einzelne, leicht isolirbare Zellen, die fast regelmässig sechseckig sind, elliptische und selbst stabförmige Pigmentkörner enthalten und kleine Krystalle sein, welche in diesen dünnen Häutchen enthalten sind.
4.nbsp; Das Tapetum der Aderhaut ist an der inneren Fläche etwas ober­halb der Eintrittsstelle dos Sehnervens; es ist dies ein eigenthümlich schillernder, lebhafter, metallischer Glanz, welcher bei Pferden in einer fast geraden Linie beginnt, aus dem Bläulich-grünen in das Azurblaue übergeht und den oberen Theil der Chorioidea bis an den Strahlenkörper hin einnimmt.
Dieses Tapetum liegt zwischen der inneren und äusseren Lage der Gefässschicht der Aderhaut.
Das eigentliche Wesen des Tapetum ist noch nicht klargestellt und hinlänglich erforscht. Es wird theils angenommen, dass es bei Pferden und Wiederkäuern aus sich übereinander durchkreuzenden und durch­flechtenden, gewöhnlichen Bindegewebsfasern besteht (Tapetum fibrosum), theils glaubt man wieder, dass seine Fasern weder mit dem Bindegewebe, noch mit anderen elastischen Geweben Aehnlichkeit haben.
Zweifelsohne darf man das Tapetum nicht aus, der Chorioidea fremdem Elemente bestehend betrachten, sondern es sind sicher noch nicht genau ermittelte Lagerungsverhältnisse des fibrilaren Stromas der Chorioidea selbst, durch welche Interferenzfarben. zu Stande kommen.
An jenen Stellen, laquo;vo das Tapetum liegt, sind die Zellen der Pig­mentschicht der Netzhaut entweder pigmentlos oder nur mit wenigen Pigmentmolecülen erfüllt.
5.nbsp; In der Aderhaut vorkommende, glatte Muskelfasern häufen sich am vorderen und unteren Theile des Strahlenkörpers an, uavj-'ben diesen
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ringförmig und bilden in ihrer Gesammtheit den Strahlen- oder Spanu-muskel der Aderhaut (M. ciliaris, s. tensor chorioideae) oder das Strahlen­band (lig. ciliare, s. orbiculus ciliaris) der älteren Anatomen. (Siehe Ana­tomie L e i s e r i n g.)
Die Fasern dieses Muskels sind grösstentheils iu der Kichtung der Ciliarfortsätze gelagert; er hat auf dem meridianellen Durchschnitte eine dreieckige Form und stösst mit seinem vorderen, dickeren Ende an die Verbindungsstelle der Sclerotica und Cornea und verbindet diese und die Kegenbogenhaut mit dem Faltenkranze der Aderhaut.
Durch das braune Häutchen ist der Strahlenmuskel in seinem hinteren Theile von der Sclerotica geschieden. Durch diese Muskelfasern erhalten die Ciliarfortsätze an ihrem Linsenrande zunehmende Mächtigkeit und be­stehen auch zum grössten Theü aus demselben. In der äussersten Ab­theilung des Faltenkranzes laufen die Muskelfasern ringförmig und bilden den Müller'schen Kingmuskel (Compressor lentis).
Die Arterien der Aderhaut stammen aus der Arter. chorioidea ante­rior, welche das Adergeflecht bilden hilft, und aus der Arter. chorioidea posterior. Diese beiden Arterien entstammen der inneren Kopfarterie und tragen das meiste zur Bildung des Adergeflechtes bei; ferner verzweigen sich in der Aderhaut Auslaufer der Ciliararterien, die anatomosirend mit den Ciliarzweigen der Eegenbogenhaut das Arteriennetz der Chorioidea vervollständigen.
Das Venengeflecht entstammt der Augenwinkelvene, und zwar aus der Vena ciliaris, welche als besondere Aderhaut- und Regenbogenhaut­venen, das Aderhautvenengeflecht ausraaehen.
Die Nerven stammen natürlich aus dem Augenaste des dreigetheilten Nerven und zwar aus dem Nerv, ciliaris, welcher seine geschlängelten Fäden vom Blendungsgeflecht aus in die Aderhaut senden. Die dort sich verbindenden Zweige bilden auch zugleich die Nervenfäden für den Ciliar-muskel, welche ihr Empfindungswesen diesen verdanken.
Die physiologische Bestimmung und Function der Chorioidea wäre im Folgenden zu präcisiren:
a) Die bedeutende Pigmentlage an der Aderhaut steht in inniger Be­ziehung zur Function der Retina, da diese die eindringenden Lichtstrahlen theils abhält, theils absorbirt; wie in dem inneren eines optischen Appa­rates die Lichtreflexe, welche die Reinheit der Bilder beeinträchtigen würden, durch den dunklen Anstrich vermieden sind, so wird im Auge dasselbe durch die zahlreichen, dunkelpigmentirten Zellen, welche auf der Aderhaut aufgelagert, und diese umgeben, zu Stande gebracht. Die hiemit scheinbar im Widerspruche stehende, glänzende Oberfläche bei Tbieren heeinträchtigt nicht, wie man früher vermuthete, das Sehen (das Tapetnm der Fleischfresser ist gelblich gefärbt, und soll nach Hasenstein eine
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bedeutende Schicht mikroscopischer Kalksalze euthalten), sondern es trägt zum schärferen Sehen im Dunkeln bedeutend bei, ja es ist für Thiere eine physiologische Nothwendigkeit, denn das durch das Tapetum reflectirte Licht geht durch die Stäbchenschicht zurück, triift dieselbe also noch einmal, und wird dauu erst von der stets mit dunklem Pigmente ver­sehenen, hinteren Fläche der Regenbogenhaut und dem dunklen Falten­kranze der Aderhaut absorbirt, ohne nach allen Seiten zerstreut zu werden. Die durch das Tapetum in der Richtung der Pupille nach aussen geleiteten Lichtstrahlen bewirken das Leuchten der Augen im Dunkeln.
Ein Beweis für die Wichtigkeit der Function des Tapetums ist der, dass Thiere, welchen dasselbe fehlt, im Dunkeln weniger gut sehen, als solche mit Tapetum; dass Thiere bei Nacht überhaupt besser sehen, als Menschen, die kein Tapetum haben. Brücke fand, dass bei Fleischfressern das Tapetum auch aus polygonalen, keruhältigen Zellen besteht, welche aus bei auffallendem Lichte blau, bei durchgehendem, gelblich gefärbten Zellen zusammengesetzt ist, die als dünne Blättcheu ebenfalls Licht­differenzen der Farben erzeugen, und dass auch durch das Tapetum eine Portion Licht durch die Pupille aus dem Auge hinausgeworfen wird. Dieses wurde von Brücke zuerst bestimmt nachgewiesen und von H e 1 m h o 11 z in seiner Augenspiegeltheorie für die Diagnose so wichtig dienstbar ge­macht. Der grössere Gefässreichthum des Ciliarkörpers und die Ciliarfort-sätze werden als Matrix der Augenfiüssigkeit, des Kammerwassers, des Glaskörpers und vielleicht auch der Linse angesehen; eine Ansicht, die zwar von vielen Anatomen bestritten wird, die aber vollkommen begründet erscheint, wenn mau den Zusammenhang der Ernährung und Ernährungs­störung und die krankhaften Zustände dieser Gebilde genau verfolgt und nachforscht.
Der innigste Zusammenhang der Chorioidea mit der Iris ist ferner für uns von bedeutendem physiologischen Interesse, so zwar, dass die Integrität der Aderhaut mit der Iris unerlässlich ist. Die Iris bekommt #9632; ihre sämmtlichen Gefässe und Nerven durch die Aderhaut, von dieser ist auch deren Ernährung abhängig, hängt also physiologisch eng mit dieser zusammen, desshalb hat dieser Zusammenhang von pathologischem Stand­punkte eine ganz besondere Bedeutung.
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Krankheiten der Chorioidea.
Die Aderhaut der Hausthiere ist viel häufiger, als man nach der bisherigen Kenntnis angenommen hat, der Herd, von welchem krankhafte Processe in das Auge ausgehen und mit den Erscheinungen und Folgen der Entzündung identisch sind; ist die Aderhaut nicht der Ausgangspunkt für Augenleiden, dann ist sie wieder consecutiv von der Horn- oder Regen-
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bogenhaut in den Zustand der Entzündung gerathen; es ist daher sehr er­klärlich, wenn die Erscheinungen, welche die Erkrankung der Chorioidea charakterisiren, sehr verschieden sind, sowohl im jeweiligen Complexe, als auch in der Keihenfolge und Intensivität, in der sie nach der Natur des bestehenden Chorioidealleidens zum Vorscheine treten.
Heber den Befund der Aderliautkrankheiten im Allgemeinen.
Wie schon bereits erwähnt, ist es die Entzündung, welche als die primitivste Erkrankuugsart der Aderhaut dieselbe für spätere Verände­rungen empfänglich macht und dazu veranlasst; es ist daher zur genauen Keuntuiss der von der Entzündung ausgehenden Processe sehr wichtig, erst jene Vorgänge kennen zu lernen, welche im Allgemeinen das Vorhanden­sein einer entziindlicheu Action und deren Folgen in der Aderhaut kenn­zeichnen, besonders ist aber darauf zu achten, in wie weit der bestehende Process noch ausschliesslich auf die Aderhaut beschränkt ist, oder sich schon auf die Nebentheiihaber und innigsten Participienten derselben ver­breitet.
Die Erscheinungen, welche auf Entzündung, also Chorioiditis in weiterem Sinne des Wortes schliessen lassen, sind vor Allem eine ver­mehrte Kesistenz des Bulbus; mau wird sich nach genauer Prüfung des leidenden Auges bald davon zu überzeugen wissen, besonders leicht wird dies sein, wenn nur ein Auge leidet, da wir das gesunde Nebenauge als Controle unserer Untersuchung benützen können; doch ist die vermehrte Resistenz wohlgemerkt nur bei gewissen Aderhauterkrankungen zu finden, bei anderen werden wir vielmehr Schrumpfung (z. B. bei Mouatblindheit) finden; im Allgemeinen wird vermehrte Resistenz selten bleibend sein, denn auf sie folgt zumeist bei einigen Formen ausschliesslich (periodische Ophthalmie) eine Verkleinerung des Bulbus. Bleibende Vergrösserung des Bulbus wird vorwaltend bei Vorhandensein seröser und albuminös seröser Exsudate getroffen (oft bei Glaucom); die Schrumpfung und Verkleinerung des Bulbus wird durch die veränderte Form desselben: abnorme Eckigkeit und Abplattung von Seite der Cornea, stete Verkleinerung und Erweichung derselben, gekennzeichnet. Der Vergrösserung und Schrumpfung zu Folge werden wohl auch Lageveränderungen des Bulbus vorkommen, die gering­fügig sind.
Seröse Exsudation, die sich auf die Bindehaut, auf die Tunica vagi-nalis bulbi, auf die Orbita, ja in späteren Stadien auch auf den Fett­polster erstreckt, ist ein constantes Zeichen und Begleiter jeder Art von Aderhauterkrankung. Starke uud zahlreiche Injectionen der vorderen Ciliar-gefässe, sowohl der Arterien, als auch Venen werden in den meisten Fällen die Affection der Aderhaut begleiten, und dem aufmerksamen Beobachter
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sicher nicht entgehen. Die Blutüberfüllung der Gefässe wird dem Exsu-dationsprocess schon vorausgehen, und wird so lange constant bleiben, so lange die Exsudation andauert; hat diese nachgelassen, so wird auch all-mählig die Gefässinjection nachgeben.
Bisweilen lässt die Infiltration kleine, rost- oder schieferförrnige Flecke an der Stelle in der nächsten Umgebung der Cornea, wo die erweiterten Gefässe durch die Sclera in den Bulbus eindringen.
Ist der Kückfluss des Blutes theils durch den auf den Venen haf­tenden Druck des Exsudates, theils durch Verwachsung der Sclera und Aderhaut gehindert, so wird man eine bedeutende Anschwellung dieser wahrnehmen.
Die bedeutende Injection bei raschen Exsudationen bildet ein dichtes Gefässnetz im Umfange der Hornhaut, oft kann auch der sichtbare Theil der Sclera roth tangirt sein; die Gefässe der Bindehaut sind dann auch reichlich injicirt. Die Sclera kann entweder normal sein, doch nach län­gerem Bestände der Aderhautaffection, wird sie in der Regel schmutzig ins gelblichgrauliche und dunkelblaue gefärbt. Nach bestimmten Aus­gängen der Chorioiditis erheben sich dunkelgraue schieferfarbige Hügel auf der Sclera, besonders wenn flüssige Exsudate zugegen sind.
Die Veränderung, welche an der Hornhaut zu finden ist, hat bei der Monatblindheit besonderen Werth; in anderen Fällen bleibt sie zu­meist unverändert, doch wenn zu viel verändertes Exsudat vorhanden ist und wenn die Eiterbildung zu bedeutend, wird auch die Hornhaut Zer­störungen und Trübungen ausgesetzt.
Von ausserordentlicher Wichtigkeit für die Diagnosis von Chorioi-dealkrankheiteu ist das Verhalten der Regenbogenhaut zur Aderhaut und zu der bestehenden Affection, wie wir das in der speciellen Abhandlung über Monatblindheit sehen werden. Rascher Erguss von Exsudat veranlasst eine bedeutende Erweiterung und völlige Lähmung der Iris.
Chronische periodische Processe bedingen ungleiche Erweiterung, die von partieller Entzündung der Aderhaut abhängt und die schmälste Stelle der Irisfiäche entspricht dem Entzündungsherde in der Aderhaut. Charakteristisch ist diess bei Chorioiditis, wo die Erweiterung der Pupille ungleichmässig buchtig oval vorkommt; die Farbe der Iris bleibt, für den Fall, als sie nicht mitergriffen ist, intact, spätere Steigerung der Aderhaut-affectionen und atrophisirtes Gewebe führen auch eine Entfärbung der Iris nach sich. Die Atrophie des Irisgewebes ist jedoch nicht immer die Folge jeder Chorioiditis, sie kommt zumeist als Begleiterin der Monatblindheit vor, dann aber ist die Veränderung bedeutend, wird matt gebleicht, stellenweise oder gänzlich schmutziggrau.
Die Veränderung der Irislage ist bei hochgradigen Erkrankungen oft vorhanden, und wird bei der speciellen Beschreibung näher erörtert werden.
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Eiu wichtiges Symptom für Aderhaut-Erkraukungeu ist das Verhalteu der durchsichtigen Eem^dien und des Äugengrundes; die Pupille ist nicht nur erweitert, sondern auch der normalen Schwärze verlustig, die Farbe, welche wir in der Tiefe vorfinden, kann sehr verschieden sein und ist von mannigfachen Umständen abhängig. Einlagerung von Exsudaten zwischen der Netzhaut und Aderhaut, Einlagerung und Trübung, Verflüssigung durch flockiges oder seroplastisches Exsudat*) bewirken eine Entfärbung des Augen­grundes. Die bei Glaucom vorkommende bouteilleugrüne Färbung ist auch eine Folge solcher Exsudationsverhältnisse, Trübungen der Linse und aus­gesprochene Cataracta hat für die Diagnosis der Cliorioidealeiden nicht soviel Wichtigkeit, obzwar der Abschluss derselben zumeist mit cataracta endet.
Verschiedene Veränderungen in dem Kristallkörper selber, besonders dessen Verbindung mit den Ciliarfortsätzen hat viel mehr Wichtigkeit und diagnostischen Werth.
Schliesslich sei noch als wichtiger Begleiter die Abnahme oder momen­tane Störung des Sehvermögens erwähnt, oft wird der Higenthümer durch Zufall dieser Sehstörung gewahr und sucht in diesem Stadium Hilfe für sein Thier, oft tritt eine bedeutende Abnahme des Sehens erst dann ein, nachdem schon sehr bedeutende Zerstörungen vorhanden sind. Das Thier äussert Schmerz durch Lichtscheue, welche in der Regel sehr bedeutend ist, und auch bei der Monatsblindheit während des Anfalles hervorragt.
Wir haben hier in Kurzem jene Merkmale hervorgehoben, welche im Allgemeinen eine Affection in der Aderhaut charakterisiren; es wird, wenn wir auf diese Erscheinungen achten, um so leichter sein, die specielle Erkrankungsart, die Höhe des Leidens und die vorgeschrittene Zerstörung der bestehenden speciellen Fälle zu bestimmen. Wenn wir uns solche allge­meine sichere Zeichen zur Grundlage nehmen, die einzelnen Abweichungen, das Hervorragen des einen oder des anderen Symptomes, die Bedingung der gewohnheitsmässigen Complication, laquo;erden wir durch die charakteri­stische Angaben jede Erkrankungsalt für sich behandeln.
Das ophthalmoscopische Bild ist von ganz besonderer Wichtigkeit, wir finden im Anfange ein bedeutendere?-Aufleuchten des Tapetum mit intensiv rothem Augeugrumje.'quot;Zumeist -als. Zeichen bedeutender Gefässan-fülluug der Aderhaut, spötgr,quot; im,_Flt;)r.tschrit'te,der Krankheit werden uns verschiedenartige Fleck/ii-auf ^ter ^iut'iji-gruiijdfläche auffallen, die der Ausdruck einer beginuendeii Exsüdatiuu-smd: Cy^
Anhäufungen voll PigmentäiTfloekernug thu|h Vergrösseruug von dunklen Flecken nebst hervorgötretener'lnjectioa. Iter Aderhautgefässe die in Verästelungs- oder sternförmiger Form hervortreten — oft ist Stauungs-
*) Siehe die Arbeiten Berlin'B über die opbthalmoscopische Diagnose der Netzhautablösung.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; -.., ^quot;#9632;quot;--1 •-''
#9632;gt;;
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papille vorhanden. — Hochgradige Affectioueii und eingegangene Complica-tionen geben, als Glaskörperflocken und Trübungen, Netzhautablösung etc. als die Folge sich entwickelter, verderblicher Affection. Ferner ist die Veränderung der Pigmentmembraufleckeu von lebhafter Farbe, oft von überraschend schöner polychromer Zeichnung.
Die Aderhautentzüiulun^.
(Chorioiditis rheumatica et traumatica.)
Wird die einfache Entzündung durch rhreumatische Einflüsse hervor­gerufen, so nennt mau sie rheumatische, sind mechanische Einwirkungen die Ursache, wird sie traumatische Entzündung genannt.
Bei der rheumatischen Chorioiditis ist das seröse oder faserstoffartig seröse Exsudat vorherrschend und wird immer, wenn die Krankheit gehoben wird, von vorübergehender Beeinträchtigung des Sehvermögens begleitet sein, stellt sich eiu höherer Grad von Chorioidealleiden ein, so wird sie auch mit bleibender Sehstörung verbunden sein.
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Symptume.
Thränenausfluss, der oft sehr reichlich ist, macht in der Kegel aut das Vorhandensein eines schweren Augenleidens den Eigenthflmer und Arzt aufmerksam, welche mit Empfindlichkeit gegen das Licht und be­deutende Lichtscheue gepaart ist; hochgradige ßöthe der Conjunctiva sind in der Begel die ersten Anzeichen einer Chorioidialentzündung. Zugleich wird auch die Resistenz des Bulbus, wenn schon Exsudation vorhanden ist, verändert und durch eine Spannung desselben bei der Untersuchung leicht wahrzunehmen sein, obzwar dieselbe nicht immer zugegen sein muss. Injection der Ciliargefässe, die Iris ist entfärbt, oft sind deren Muskel gelähmt und diese ist erweitert, wodurch sie gross und starr an­zusehen ist. Der Augeugrund ist entfärbt, blau inquot;s grünliche verwandelt, doch ist iu der Mehrzahl der Fälle der Augengrund oft mattgelb anzu­sehen, wodurch die Pupille diese Farben erhält.
Diese Pupillenentfärbung kann man als ein diagnostisches Zeichen der einfachen Chorioiditis ansehen; doch darf man sich nicht auf die aus­gesprochene bouteillengrüne Färbung verlassen, denn diese kommt dem Glaucom zu; überhaupt sind bei jeder Art von Chorioidealleiden der Augeugrund und die Pupille matt und entfärbt, doch von keiner ausge­sprochenen Farbe.
Diese Trübungen bewegen sich iu Nüancirungen zwischen gelblich-grün; schwerere Fälle von Choirioditis werden auch mit Iritis begleitet, dann ist die Pupille bedeutend erweitert, in leichteren Fällen bleiben so­wohl Pupille und Iris intakt. In der vorderen Augenkammer sieht man
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bald faserstoffartiges, bald serös faseriges Exsudat angesammelt; dieses Exsudat kanu allß jene Veränderungen erleiden, welcbe bei der Iritis be­schrieben wurden.
In weniger heftigen Fällen ist nur eine leichte Trübung des Kammer­wassers, welches geblichgrün, oft auch grauweiss oder goldgelb aussieht, vorhanden. Diese Trübung verschwindet allmählich, je nachdem die trüben Exsudatflocken aufgelöst und aufgesogen werden; dort wo mehr Exsudat in der Vorkammer angesammelt, ist dieses in Form von Punkten au der hinteren Wand der Cornea angelegt. Diese Exsudate sind faserstoffartigen Charakters. Die Ausgänge, welche rheumatische Chorioiditis nehmen kanu, sind in ganz leichten Fällen Heilung oft auch ohne ärztliche Behandlung; schwerere Fälle gehen in bedeutende Exsudation und schliesslich in Glau-com über.
Die traumatische Chorioiditis ist viel schwerer als die rheumatische und in ihren Ausgängen oft verderblicher; sie ist nach den zurückgelassenen Spuren und Verletzungen zu beurtheilen. Die Ausgänge richten sich uach der Art der Verletzung und ziehen sehr oft den Verlust des Auges nach sich.
Die Symptome aussein sich beiläufig in Folgendem:
Nach zufälliger oder absichtlicher Verletzung des Bulbus sehen wir Erscheinungen auftreten, welche vorzüglich oder ausschliesslich durch Ent­zündung der Chorioidea bedingt sind.
Das zwischen Netz und Aderhaut gelagerte Exsudat ist vorwaltend faserstoffartig und wird in heftigeren Fällen eitrig.
Dieser Exsudationsprocess bleibt entweder blos auf das Bereich der Aderhaut beschränkt und bringt bei wenig oder gar nicht veränderter Form des Bulbus Vernichtung des Sehvermögens, oder aber es werden in der Mehrzahl auch alle Nebengebilde mit ergriffen und es entsteht Pan-ophthalmitis; durch Eiterung wird die Form des Auges bald vernichtet.
Wenn der Exsudationsprocess blos auf die Chorioidea beschränkt bleibt werden die Entzündungszufälle minder heftig vorgefunden. Schwellung der Conjunctiva, Injection der vorderen Ciliargefässe, bei chronischen Fällen sehr wenig ausgesprochen; die Iris ist in der Regel entfärbt, die Pupille mehr oder weniger erweitert und bildet bald früher oder später einen lichtgrauen silberweissen und goldgelben Reflex. Charakteristicum der traumatischen Chorioditis. Dieser Reflex ist durch eine Platte oder Schale bedingt, welche bis zur hinteren Wandung oder blos einen Theil derselben einnimmt und in manchen Fällen Echymosen und erweiterte Blutgefässe wahrnehmen lässt.
Das Sehvermögen wird, wenn nicht zur Zeit Hilfe geleistet wurde,
bald gestört und oft vernichtet.
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Ursache.
Rheumatische Chorioiditis entsteht gern nach; plötzlichen und heftigen Erkältungen, durch Abkühlung, starken Schweiss, Winde, Zugluft etc. Die traumatische Chorioiditis entsteht bisweilen in Folge Einwirkung eines Schlages oder Stosses auf das Auge, sie ist aber auch nach Verletzungen der Sclera und Trennung des Zusammenhanges nach Cataracta-Opera-tionen möglich und oft beobachtet worden, Verletzungen der Choirioidea sind immer von sehr schweren Folgen begleitet, und haben unbedingt den Verlust des Auges zur Folge.
Belimdlung.
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Im Anfange sowol der iheumatischen als auch der traumatischen Chorioiditis ist die antiphlogistische Behandlung am Platze, auch dann wenn das Exsudat, selbst das getrübte Kammerwasser noch flüssig ist, und nur wenig fibröse Gerinnsel in denselben vorhanden sind. Man ver­abfolge den Thiereu Mittelsalze, später tart. stibiat.; örtlich sind flüchtige Reizmittel anzuwenden: man reibe die Augenbogen und die Stirne mit Chloroform, Terpentinöl. Seifengeist etc. ein. Ferner verwende man folgendes Liniment von Dr. Vogel zweimal täglich neben dem Auge auf eine Stelle des Augenbogeus:
Atrop. sulf. augl. 0-30. Spirit, vini concent. Chloroform, aa. 10-00. 01. camphor.
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Bei starker Lichtscheue sind Einreibungen mit Merkursalbe und Opium oder Belladonnaextract am Platze; auch Jodkali in Form von Salbe ist angezeigt; in das Auge direct einige Tropfen tinct. opii. crocat. oder Atropinlösung zweimal täglich zu träufeln.
Bei traumatischer Entzündung ist eine wirksame Antiphlogose jeden­falls am Platze.
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Das (flaiieom. der grüne Staar. *)
(Glaucoma autorum.)
Das in der Thieiheilkunde bis jetzt angeführte Augenleiden, welches man mit dem Namen Glaucom bezeichnete, ist in der jüngsten Zeit viel­seitigen Inthümern und falschen Auffassungen unterworfen worden, zu­meist dadurch, dass man das Glaucom mit der periodischen Augenentzün­dung itendificirte, was ganz falsch ist, denn die Monatblindheit und Glau­com sind zwei ganz verschiedene Augenleiden, obzwar mit Monatblindheit Glaucom complicirt weiden kann, ja sehr oft diese als Polgeleiden begleitet, was die diessbezügliche Beobachtung Jak ob is und Nagels ganz richtig bestätigt, es ist daher nicht richtig, wie das Berlin behauptet, das Glau­com bei Pferden nicht vorkommt, so hoch ich die Autorität Berlins achte, kann ich doch durchaus diese Behauptung nicht gelten lassen, denn jeder Process der auf Iridochoriditis basirt, wird unter gegebenen Bedingungen zu glaucomatöser Entzündung und mit dem Glaucome identische Ver­änderungen nach sich führen. Alles diess berechtigt jedoch Niemandem zu dem Ausspruche, die Monatblindheit und Glaucom sei eine und dieselbe Augenkrankheit; nur ungenügende und oberflächige Beobachtung kann solche Argumente aufstellen; die älteren Veterinäre waren in dieser Beziehung viel rigoroser, denn sie kannten zwar das Wesen des Glaucoms nicht, wussten aber die treffliche Benennung grüner Staar für dieses verderbliche Leiden zu finden und haben es niemals mit der Monatblindheit ver­wechselt. *)
Das Glaucom ist also eine ganz selbständige Augenkrankheit, die aber auch mit anderen Augenleiden, also sagen wir mit der Monatblindheit als Folgeleiden in Complication stehen kann; es ist diess ganz die ophthal­mia ortritica der Menschen, nur insoweit beim Pferde und den anderen Hausthieren verschieden, als die nach der Natur der Sache, der Lebens-umstände und Verhüllnisse, Wartung, Dienst etc. nicht anders zu er­warten ist.
Das Glaucom der Hausthiere ist also eine seltene bei Pferden, aber bei anderen Hausthieren, besonders bei Schafen, eiue öfters vorkommende
*) So wie Gerlach mit seiner Behauptung: olmraquo; Glaucom keine Monatbliud-heit, im Irrthume ist. Da Glaucom mit der Monatblindheit durchaus nicht identisch sein kann, so ist ebenfalls Foringer mit seiner Behauptung im grossen Irrthume, dass bis heute bei Thieren kein Glaucom beobachtet worden. (Die Ophthalmoscopie von Ernst Foringer in Vorträge für Thierarzte, IV, Serie Heft 4, Seite 137.—). Jeder der Gelegenheit hatte, Mengen von augenkranken Thieren zu beobachten, wird fürs erste das Vorkommen des Glaucomes, besonders noohChorioiditis nicht leugnen könuen so wie auch die Verschiedenheit im Verlaufe der Monatblindheit und des Glaucomes,
*) Möller's Glaucoma seplex. — Bericht über die königl. Thierarzneischule in Berlin .1880 — bestätigt ebenfalls das Vorkommen selbssläadigen Glaucoms.
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Augenkraükheit. Dieselbe ist eine hochgradige Entzündung der Aderhaut, welche chronisch oder acut verlauft, und besteht im Wesentlichem in partieller oder totaler Verwachsung der Aderhaut mit der Eetina und Sclera, Erguss des Serums und Eiweisses und Consecutiv-Nutritions-Störungeu in der Iris, Glaskörper und Linse ; mehr grüne Färbung der Pupille und des Augengrundes mit aufgehobenem Sehvermögen. Es ist nicht wie G e r 1 a c h angibt, der Glaskörper der primitive Sitz des Leidens, sondern es ist die Aderhaut, von welcher das Leiden ausgeht, und der Be­fund im Glaskörper, welchen Ger lach als solchen angibt, wie: Zerfliessen und Entfärbung desselben, ist eine Folge des im Glaskörper von der Chorioidea eingedrungenen Exsudates; dieser Ausgang ist auch der Monat­blindheit analog.
Der Unterschied zwischen beiden liegt darin, dass bei dem Glaucom die Entziindungserscheinungeu einer gleichmässigen und stufenweisen Steige­rung unterworfen sind, während bei der Monatblindheit nach dem perio­dischen Auftreten der Eutzünduugsmerkmale merkliche Besserung mit Kücklassung geringer Spuren des vorausgegangenen Anfalles, die bis zur Erblindung des Auges immer erheblicher werden. Beim Glaueome ist das wechselnde Bild von Erkrankung und scheinbarer Besserung des ergriffenen Auges nicht zu beobachten, sondern dessen Verlauf ist gleichmässig mit steter Steigerung fortdauernd bis zum Abschlüsse des Leidens, welches in der Kegel mit Blindheit endet.
Symptome.
Die Erscheinungen, welche uns dazu berechtigen, das bestehende Augenleiden als Glaucom zu diagnosticiren, sind starke Injektion der vor­deren Ciliar-Arterien und Erweiterung derselben. Ist der Exsudat-Erguss sehr rasch erfolgt, so begleitet diesen ein mehr weniger dunkelrother Gefäss-saum um die Hornhaut; die Bindehaut, besonders die Conjunctiva Culbi, ist in der Kegel stark injicirt und ödömatös angeschwollen.
Die Beweglichkeit der Iris ist in acuten Fällen bald nach kurzer Zeit, in chronischen Fällen in längerer Zeit völlig oder allmählich aufge­hoben, manchmal findet man den der Chorioiditis entsprechenden Theil der Iris gelähmt, während der übrige Theil auf Licht noch reagirt.
Ferner wird die Iris bald verändert, entfärbt, als ob sie gelblich oder vergilbt wäre, hie und da ist sie mit grauen oder blei- und schiefer-färbigen Flecken, welche bald grosser, bald kleiner sind, übersäet; oft wird das Gewebe atrophirt und manchmal verändert die Iris samrnt der verdunkelten Linse die Lage und rückt nach vorne, die Pupille ist in der Kegel erweitert, was als charakterische Erscheinung für das Glaucom immer gilt.
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Wenn eine rasche und bedeutende Exsudation vorhanden ist, dann findet sich die Erweiterung gleich anfangs und in bedeutendem Grade. Wenn eine Verklebung einzelner Theile der Iris stattgefunden hat, welche eine gleichmässige Erweiterung hindert, findet man die Regenbogenhaut ungleichmässig erweitert.
Eine mehr oder weniger grünliche Färbung des Glaskörpers, also auch der Pupille ist eine permanente Erscheinung des Glancoms, von welcher Färbung die Krankheit den Namen Glaucom erhalten hat und den alten Veterinären als grüner Staar bekannt war. In solchen Fällen, wo die grüne Färbung des Glaskörpers durch Trübung der Hornhaut oder das Kammerwassers nicht sichtbar wird, kann dieses die Richtigkeit der Diagnose irrthümlicher Weise beeinflussen, wäre aber dadurch zu erkennen, dass das Auge ein eigenthümliches düsteres, gebrochenes, sehr mattes Aussehen hat. Diese eigenthümliclie bouteillengrüne Trübung des Augen-grundes wird in späterem Verlaufe durch das Trübwerden der Linse ver­schiedenartig verändert; kann das Licht durch die getrübte Linse durch­strömen, so spielt die Färbung solcher Staare deutlich in das schmutzig grüne, sobald aber Verkalkung oder Vorbildung eintritt, hört diese grüne Färbung auf, ein constant bestimmtes Symptom zu sein, weil es durch die veränderte Linse verdeckt oder verändert ist.
Verlauf und Ausgänge.
Der Krankheitsverlauf des Glancoms ist insofern ein gleichmässiger als die Krankheitserscheinungen gradatim bis zum Verluste des Auges steigern und fortschreiten, die glaucomatöse Affection beginnt nach Arlt'schen Beobachtungen im vorderen Anfange der Aderhaut als um­schriebene begrenzte Affection und führt demnächst zur Verwachsung der Retina und der Sclera mit der Aderhaut; bald nach längerem Bestände oder mehreren solchen Affectionen erfolgt ein albuminös seröser Erguss, welcher zur weiteren Zerstörung, Trennung der Aderhaut von der Netzhaut, Er­guss im Glaskörper, was durch den Augenspiegel schon nachzuweisen ist und zur plötzlichen oder allmählichen Erblindung führt. Im Stadium der Hyperämie kommt dieses Augenleiden nur selten zur Beobachtung, weil es zumeist übersehen wird; in sehr sorgfältig verwalteten Gestüten, (hei uns in Teresovatz schon dreimal) ist man in der Lage einen der­artigen Fall des Anfangsstadiums zu Gesichte zu bekommen; man findet dann im Allgemeinen die Symptome einer rheumatischen Chorioiditis, oft von den Erscheinungen eines einfachen Augencatarrhs begleitet.
Doch pflegt die Hyperaemie der Bindehaut, wenn sie von Glaucom begleitet ist. besnuders im Bereiche der Sclera hervorzutreten, die abnorme
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Injection der Ciliargefasse, die leicht zu constatireude vermehrte Resistenz des Bulbus, ferner der schon besprochene Befund im Augenhintergrunde, welcher alle Aderhauterkraukungeu begleitet, wird uns von der Gegenwart dieses verderblichen Leidens überzeugen; bald nach erfolgten bedeutenden serös-albuminösen Exsudat-Ergüssen wird uns die Erkenntniss dieses nicht mehr schwer fallen, denn dann ist der Augengruud verfärbt mit jener amaurotischen schon beschriebenen grünen Färbung, auch das Kammer­wasser ist getrübt, die Iris in Structur und Farbe verändert, allmählig tritt flüssiger Brguss auf mit stufenweise steigender Exsudatiou; in diesem Falle ist bedeutende Injection der Ciliargefässe, ungleiche Erweiterung (bei partieller Entzündung) und Veränderung der Gestalt der Pupille, Ver­färbung der Iris, die in Structur und Farbe verändert wurde, schliesslich allmähliche Abnahme und Vernichtung der Sehkraft die Folge. Bedeutende Exsudation führt manche Cousecutivprocesse verschiedener Ausgänge und Complicationsleiden im Auge mit sich; der Bulbus ist iu der Regel in Folge der Exsudation gespannt, manchmal auch bedeutend vergrössert und mit flüssigem oder festem Exsudate überfüllt, dass mau oft über dessen Grosse staunt.
Die Sclera hat im Aligemeinen ein schmutziges in's Gelbe und Graue spielendes Aussehen, und ist häufig mit dunkelgrauen Flecken und Hügeln überstreut. Die Ciliargefässe sind schliesslich sehr erweitert und bilden einen förmlichen Kranz in ihrem Verlaufe. Die Iris wird sehr häutig par­tiell oder total atrophirt, iu den noch uoimalcn Theilen der Iris sind eine Anzahl dinikehother Gefässe schon mit dem freien Auge sichtbar.
Es sind diess Venen, aus denen das Blut zurückzufliessen gehindert ist; oft entleert sich eines dieser Gefässe iu die Vorkammer, wo man dann ein Extravasat findet. Der grünfärbige Augengrund wird durch die ver­dunkelte Linse verschieden nüancirt, diese ist oft nach vorn gerückt; in diesem Stadium ist das Glaucom von den Endausgängen der Monatblind­heit kaum zu unterscheiden, obzwar für den genauen Beobachter noch immer Unterscheidungsmerkmale vorhanden sind. (Ablösung der Netzhaut, Trübung des Glaskörpers, Verdunklung und Verschwärung der Hornhaut und in allen Fällen cataracta der Linse, Ablösung der Aderhaut, sowie tief­greifende Vernaibungen der Iris sind die den Process abschliessenden Veränderungen dieser verderblichen Augenkrankheit.
Oft schliesst diesen Process Phtysis bulbi oder Panophtalmitis, be­sonders wenn sich zum Glaucom noch eine durch zufällige Ursache oder in der Natur des Verlaufes bedingte hochgradige Entzündung mehrerer oder einiger Theilhaber gesellt, und dann bekommen wir jenen Zustand, denHertwig in seiner Chirurgie mit den Namen entzündliches Glaucom bezeichnet.
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Ophtalmoscopischer Befund.
Das ophtalmoscopisclie Bild, welches bei Glaucom zu finden ist, wird sich im Anfange der Krankheit auf die partielle oder totale Ent­zündung der Aderhaut beschränken, die sich uns durch Farbe-Veränderung, Hervortreten einiger Gefässstämmcheu, und Flecken an der Aderhaut kund­gibt; hauptsächlich sind diese Flecke, welche bleifarbig grau, gelblich schmutzig auf der Aussenfläche des Spiegelbildes der Aderhaut und Netz­haut erscheinen von Bedeutung; sind bereits Trübungen, Exsudatflocken, Ablösung der Aderhaut und Netzhaut, Verwachsungen vorhanden , so werden wir diese durch die im Spiegelbilde entsprechende Veränderung constatiren; ist wolkige Trübung und Verdunklung der durchsichtigen Kemedieu vorhanden, dann bleibt natürlich die ophtalmotische Untersuchung resultatlos.
Die Excoriation des Sehnerven ist, wie Friedberg er richtig bemerkt, (wenn sie auch ein Charakteristicum des Glaucoms ist) bei Thieren während des Lebens noch nicht nachgewiesen worden, weil das Fehlen grösserer Centralgefässe an der Eintrittsstelle des Sehuerves im Augapfel deren Verlauf im oplitalmoscopischen Bilde Aufschluss geben könnte, der Konstatirung hinderlich ist und man sich diesbezii^lich nur auf den Sectionsbefund stützen kann.
Sections-Be fund.
Das Sections-Ergebniss glaucomatöser Augen wird uns natürlich je nach der Höhe des Processes und dor Art der Zerstörung verschiedenartig vorkommen.
Wir werden in der Regel, abgerechnet jene Veränderungen, welche für das Glaucom nur consecutiv mit afflcirten Augen vorgefunden werden, als, Hornhaut. Bindehaut etc., folgende Veränderungen finden, Ciliarkörper und Fortsätze verbildet und atropisch, die Iris, wenn selbe noch theilweise vorhanden ist, theils mit Exsudat belegt, durch weissgraue Stellen gekennt-zeichnet, theils atrophirt verschrumpft, oft verfärbt fleckig, manchmal normal. Den Pupillarrand findet man oft zackig, stellenweise gleichsam wie ausgefressen, die Iris oft auch schwarz. Die Linse ist je nach der Trübung grauweiss opalartig, fest, weich, etc., je nach der Art der cataracta.
In der Eegel fliesst beim Durchschneiden der Sclera, und der an dieser haftenden Chorioidea wässerige gelbliche Flüssigkeit, die entweder klar, oder trübe und mit Flocken gemischt ist; der Glaskörper ist ent-
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weder ganz aufgelöst, verflüssigt oder uoch partiell vorhanden. Oft ist die Aderhant mit der Sclera und Ketina stellenweise verwachsen, manchmal ist dazwischen flüssiges, trübes flockiges Exsudat, oft ist die Aderhaut theilweise oder gänzlich geschrumpft, atrophirt, verbildet, die Netzhaut ist in der Regel zusammengeschrumpft, an der Eintrittsteile des Opticus haftet dann gewöhnlich ein häutiger schwacher Stumpf der zerstörten Netz­haut, der Sehnerv selbst ist excorirt, d. h. an seiner Eintrittsstelle in das Gewebe seiner Umhüllung und der Sclera hineingeschrumpft, zurückgezogen, wodurch eine merkliche Abgrenzung und leicht muldige Vertiefung entsteht, welchen Befund man als Sehuerv-Excavatiou bezeichnet uud bei Glaucom charakteristisch ist, besonders bei Menschen, doch bei Pferden nicht un-zweifelbar nachzuweisen ist; der Sehnerv kann auch ausser der häutigen Schicht verbildet, verhärtet aufgefunden werden. Bei Pferden ist die Seh-uerv-Excavation, die sogenannte glaucomatöse Excavation, nach mehreren Forschungen (Friedberger,Vogel, Berlin) nicht nachzuweisen, ich habe sie aber factisch bei anderen Hausthieren gefunden, z. ß. bei Rindern und Schafen, welche an Glaucom oft leiden.
Dieses sind beiläufig die Zerstörungeu, welche an glancomatöseu Augen vorkommen. Von vieler Seite wird das Vorkommen des Glaucoms bei Pferden desshalb bestritten, weil die Excavation des Sehnervs nicht zweifellos nachzuweisen ist. Es ist das insofern richtig als bei Pferden überhaupt eine solche Veränderung am Sehnervenstich die einer Excava­tion gleich kommt unmöglich ist, da die Bedinguisse, ein ausgebildetes Central-Gefässsystem wie beim Menschen, fehlt dazu, desshalb darf man aber die Existenz des Glaucomes bei Pferden nicht bestreiten (und man kann sie auch nicht bestreiten), denn es kann Niemand behaupten, das Schrumpfung des Sehnervens bei Pferden nicht vorkommt, besonders aber alle jene Erscheinungen bei Pferden zu constatiren sind, welche die Seh-nerv-Excavation, ausgenommen den Glaucom bei Menschen, charakterisiren.
Ursache.
Das Glaucom ist eine Augenkrankheit, die allen Hausthieren eigen ist, dass es bei Pferden am meisten beobachtet wird, ist dem Umstände zuzuschreiben, weil das Pferd überhaupt zumeist der ärztlichen Beobachtung zugänglich ist. Das Glaucom ist bei Pferden ein selbständiges Zufallsleiden bedingt durch alle jene Missverhältnisse der Wartung, Pflege, Dienst- und Lebensbedingnisse, welche auf das Auge als ursächliche Norm wirken können, Pferde im Dunste unreiner Stallungen, solche die sich viel im Staube bewegen, übertriebene Forderungen im Dienste wodurch Congestio-nen gegen den Kopf entstehen, schliesslich grosse Verkühlung, schlechtes.
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windiges Wetter, Ueberreizung durch zu grelles Licht, Sonuenstrahlen. Metallglauz, Schneeflächeu, schliesslich zu grosse Hitze siud die Gelegeu-heitsursachen für Glaucom; so wie zu allen Augenleiden die gemeinen schweren Racen mit wulstigen Augenlidern prädisponireu, so ist dies auch beim Glaucom der Fall; Thatsache der Beobachtung und ein Oharakteri-sticum ist, dass das Glaucom in der Mehrzahl in der zweiten Hälfte der Lebenspeiiode vorkommt, es ist also eine Krankheit der mehr älteren als jüngeren Thiere, obzwar damit nicht gesagt wird, dass bei jungen Thieren nicht Glaucom vorkommen könne; im Gegentheil, ich habe dieses auch bei jungen Thieren beobachtet, aber ausschliesslich als Folgeleiden nach Chorioiditis, besonders auch nach heftiger Iritis und Keratitis, die sich in das Innere des Auges verpflanzte.
Ophtalmobleiiuorrhöe, wenn sie heftig ist und nicht mit Panophtal-mitis oder Fhtysis endet, entartet gern nach kürzerer Zeit in Glaucom, doch ist solches nach Blennorrhöe auch nach abgeschlossenen Processeu leicht zu bestimmen, weil dann an der Bindehaut und Cornea, die der Blennorrhöe zukommenden Zerstörungen vorgefunden werden; dass Glaucom auch die Monatblindheit begleitet, ist bereits erwähnt worden, und auch noch bei mechanischen Einwirkungen und Traumen vorkommen kann.
Prognosis.
Nach der Beschreibung dieses verderblichen Augenleidens wird es jedem Fachraanne einleuchtend sein, dass die Prognosis höchst ungünstig ist; in den seltensten Fällen ist ein Stillstand im Fortschreiten des Pro­cesses zu beobachten, völlige Heilung niemals, der Abschluss ist Blindheit; wo etwa Heilung vorkäme, ist diese mehr der rheumatischen Chorioiditis als dem Glaucome in Rechnung zu bringen.
Behandlung.
Von dem Standpunkte der schweren Heilbarkeit des Glaucoms aus­gehend, wäre unsere Aufgabe die Entzündung womöglich zu mindern und der drohenden und verderblichen Exsudation vorzubeugen. Eine zweck-mässige diätetische Behandlung wird das meiste leisten können, besonders in solchen Fällen, wo man die Ursache des Leidens in den misslichen Lebens- und Dienstverhältnissen des Thieres vermuthen kann, daher Entfernung des Thieres von allem, was dem Auge schädlich sein kann, zweckmässige Augendiät und Schonung des kranken Auges. Thatsache der BeobacbtuDg ist. dass Pferde, die im Dienste an Glaucom erkrankten
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wenn sie in das Gestüt auf die Weide gebracht wurden, sich bedeutend besserten, ja auf Jahre hindurch das Augenlicht behalten haben, sobald sie aber für den Dienst gebraucht wurden, wurde in kurzer Zeit das Augen­leiden wieder schlechter; mir stehen mehrere solche Erfahruugen zu Ge­bote. Eine quot;Vorbeugung des Exsudat-Ergusses wird selten gelingen, und in Fällen, wo man glaubt, dass das Exsudat ausbleibt, überrascht es uns auf einmal, wenn man seiner Sache schon sicher zu sein glaubt; doch wären allenfalls Mittelsalze und abführende auflösende Mittel anzuwenden; dazu nehme mau Glaubersalz in kleinen aber öfteren Gaben mit grossen Dosen quot;Weinstein, überhaupt sind grosse Dosen von demselben bei jedem Augen­leiden zu empfeliien.
Jeder wird sich von der heilsamen specifischen Wirkung auf den Augapparat überzeugen können: auch kleine Dosen Brechweiustein können die Wirkung unterstützen, ebenso Aloe, Rheum und kohlensaure Salze; bei hochgradiger Entzündung Scarificationen der Bindehaut, auch ein Aderlass. Man hüte sich vor allen Augenwässern, und sehe sich jede Augeuentzündung genau an, damit man nicht beginnendes Glaucom oder Chorioiditis mit einem Augeucatanhe verwechsle, denn da sind die kalten Umschläge nur schädlich, und die Bxsudation folgt dieser Behandlung am Fusse.
Dagegen kann das schon oft erwähnte Augenliuimeut von Prof. Dr. Vogel nicht genug empfohlen werden, welches uns in der Bekämpfung der Entzündung gerade überrascht (Anwendung siehe Chorioiditis). Gegen Exsudation, wenn diese schon erfolgt und Schmerz mit Lichtscheue vor­handen ist, sind Salben auf den Augenbogen und die Schläfe anzuwenden, und zwar entweder Extr. opii aqnos mit Fett verrieben im Verhältniss 1:20. Extr. belladon., eben in diesem Verhältnisse, Lin. volatil mit Land. liqu. Syd., das letztere zum ersten im Verhältniss wie 5:15; man kann es zu gleichem Theileu gebrauchen zur Einreibung auf die Schläfe und Augen­bogen, örtlich in das Auge wäre einzig das Har twig's ehe Augenliniment mit einem Pinsel täglich zweimal in das Auge zu streichen.
Rp.: Hydr. inuriat. mit 30. Extr. belladon. sive. Extr. hyosc. aa. 2-0. 0. olivar. 15-0. oder nach Lausch
Atrop. sulfur. (HO. Glycer. pur. lö'O.
Täglich zweimal einen Tropfen in das Auge zu streichen. Jedes andere Verfahren ist zwecklos und schädlich, besonders kann ich nicht genug
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vor örtlichen Reizen, scharfen Einreibungen und Fontanellen warnen. Wenn der Buibus gar zu gespannt ist, so kann man mit einer Staarnadel die Puuctation der Hornhaut vornehmen; dieses Verfahren wird nicht schaden und ist nur Nutzen zu erwarten, denn sobald das Kammerwasser ausgeflossen ist, werden sich die gespannten Druckverhältnisse im Buibus einigeimassen ausgleichen; viele Augenärzte empfehlen im Stadium der Exsudation oder noch im Anfange der Krankheit die Vornahme der Iridec-tomie. Thatsächlich hat diese Operation bei Menschen schon manchem Patienten das Augenlicht verlängert.
Wie wir das an der betreffenden Stelle gesehen haben, ist diese Operation auch in der Veterinärpraxis schon oft und von raassgebenden Autoritäten angewendet worden, und für den Fall es auszuführen wäre, soll mau sich nach den dort angegebenen Normen richten (siehe Iridec-tomie); docii empfehle ich mit der Operation nicht lange zu warten, son­dern dieselbe im Anfange der Krankheit vorzunehmen. Die Nachbehandlung ist an der betreffenden Stelle angeführt.
Die periodische Augenentzünduiig, auch Monatblindhoit.
(Ophtalmia periodica. Iridochorioiditis.)
Die periodische Augenentzündung der Pferde ist eine ausschliesslich dem Pferdegeschlechte eigeiitliiiniliche Augenkrankheit, welche bei keiner anderen Thiergattung vorkommt. Dieselbe ist ein gemeinsames auf das Pferdegeschlecht begrenztes Augenleiden, und ist in seinen Erscheinungs­anlässen, Verlauf und überhaupt seinem ganzen Charakter so eigenthümlich und selbstehend, dass es mit keinem anderen Leiden des thierischen Auges weder verglichen, noch identificirt werden kann.
Vielseitige Irrthümer über diese Augenkrankheit haben in der Veterinär­literatur Eingang gefunden, und die Begriffe darüber noch mehr verwirrt, und sowohl in den älteren als auch neueren Veteriuärwerken sind einigei­massen richtige Begriffe darüber zu finden; wir wollen nebst den vielen anderen Irrthümern darüber auf das Urtheil Ge rl ach s aufmerksam machen, der zweifelsohne mit seiner Behauptung „Grlaucotn ist bei Monatblindheit constantquot; folgen musste, da doch nach der Natur der Sache diese beiden Augenleiden von einander getrennt werden müssen; bevor wir speciell auf die Ursache und Erscheinung dieser Krankheit übergehen, wollen wir die­selbe einer allgemeinen üebersicht unterwerfen.
Die Genesis der periodischen Augenentzündung haben vorzüglich Friedbergerund Vogel zuerst einigermassen geklärt, und alle bis jetzt veröffentlichten Ansichten kamen diesen in keiner Beziehung gleich;*)
*) Neuerer Zeit lieferte Eversbusch und Berlin vorzügliche und mustergiltige Arbeiten.
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diese haben umimstösslichen, bleibenden Werth uud sind auch einzig massgebend. Bewährte Kräfte, wie B u o 1 i u, L e u b 1 a u c, Müller, S t o ck-fletli, Hähnl, van KocT,Bierollet, Haase, Büttner etc., haben sich mit der Genesis dieser Krankheit befasst, doch die meisten sind in den Fehler verfallen, dass sie die Krankheit nach vorgenommeneu ana­tomisch, pathologischen und mikroscopischen Befunde, der bereits abge­schlossenen Processe und Zerstörungen beurtheilten.
Eine vorzügliche Arbeit ist die von Eversbusch erschienene Ab­handlung (Deutsche Zeitschrift für Thiermedicin. Leipzig 1881), die sich vornemlich mit den Differentialdiagnosen uud Veröffentlichung gelungen beschriebener Befunde erblindeter und zerstörter Bulbeu, uud deren mi­kroscopischen Verhältnissen befasst. So präcis diese Arbeit ausgeführt ist, erlaube ich mir dazu doch Folgendes zu bemerken; durch was ist es be­wiesen, dass bezeichuete Veränderungen, einige ausgenommen (Fig. 45b, Tafel III, IV) wirklich von vorausgegangener Monatblindheit herstammen? Ist es überhaupt möglich, wenn bereits solche Veränderungen zu coustatiren, von wo, und welcher Art die Primäraffection war? Ich vermag es nicht zu unternehmen, ich habe über 1500 kranke Bulbeu während 14 Jahren untersucht, ich habe Gelegenheit gehabt, den ersten Anfang der perio­dischen Augeuentzündung in Gestüten, wenn das Fohlen im Alter von 2 Jahren daran erkrankt, bis zum Abschlüsse zu beobachten, und habe den Befund am erblindeten uud zerstörten Auge, mit zerstörtem Bulbus in Folge einer anderen verderblichen Krankheit der Blennorrhöe oder einer traumatischen Einwirkung verglichen, uud muss aufrichtig gestehen, dass ich ebenfalls dieselben Veränderungen vorgefunden habe, wenn ich sie an dem Bulbus, der in Folge periodischer Augeneutzündung zugrunde gieng, vorfand.
Nicht der Befund am bereits zerstörten und veränderten Auge bestimmt die Genesis der Krankheit, sondern der Befund in den ersten Anfängen, in Beginne der Krankheit. Nicht dort suche man ihren Charakter und ihre specilische Art, wo sie aufhört, sondern dort wo sie anfängt, nicht beim Abschlüsse, sondern beim Beginne.
Ich behaupte aber zuversichtlich, dass die periodische Augenentzündung nur in der ersten Hälfte, ja im ersten Drittel ihres Verlaufes mit Sicher­heit zu constatiren ist. Jede Diagnose, die sich auf bereits vorgeschriebene Veränderungen stützt, ist bezüglich der Monatblindheit zweifelhaft, mau kann Staar, Glaskörperverflüssigung, Netzhautablösung etc. constatiren, aber zu behaupten, sie sind die ausschliesslichen Folgen der periodischen Augeu­entzündung, wäre immer gewagt; wenn ich denselben Befund, eine einfache Chorioiditis, Retinitis-Iritis veranlassen kann, ohne den specifischen Charak­ter der Monatblindheit zu haben oder ihn nach einem Faustschlage oder Peitschenhiebe finden kann, darf ich nicht mehr behaupten, er ist aus-
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scbliessliches Eigeuthum der specifisclien Mouatbliudheit. Die Monatbliad-heit ist nur in ihrem Anfange specifisch, sie ist nur mit ihrem Beginne eigenartig, eine dem Pferdegeschlechte eigene specifische Indochorioiditis und Kyclititis aber auch blos im Beginne. Sie ist nur im Stadium der Iritation und Hyperämie charakteristisch, sobald die ersten Anzeichen einer heftigen und mächtig eingreifenden Action eintreten und die Eefundien und Producte einer Entzündung vorzufinden sind, hört zwar die specifische Eigenheit nicht auf, sie ist aber nicht mehr nachzuweisen, denn es treten alle jene pathologisch - anatomischen Veränderungen auf, die der Indochorioi­ditis überhaupt zu Grunde liegen, desshalb ist es nicht richtig, wenn man solche Veränderungen im Auge findet, die der Indochorioiditis zu Grunde liegen, auf periodische Augeuentzündung zu diognosticiren. Die vielfachen und zahlreichen Aufzähluugen vom Constatiren der periodischen Augeneut-zündung in der Literatur, der Ausscbluss jeder Dift'ereutialdiagnose, lassen mich darauf schliesseu, dass eben auf die oben angegebene Weise in Sachen der Monatbliudheit so gesündigt wurde; denn die periodische Augenentzündung ist eine seltenere Augenkrankheit, als dies bis jetzt an­genommen wurde. Von sämmtlicheu bliudeu Bulben fallen erst 10 Percent auf die periodische Augeueutzüudung; alle diesbezüglichen Angaben in der Literatur von massenhaften Erkrankungen etc., sind blos auf Irrthum und Verwechslung zurückzuführen.
Wenn man nach abgeschlossenem Processe die periodische Augenent­zündung diagnosticireu wird, dann werden wir natürlich diese Krankheit in Masse constatiren. Eversblisch sagt, dass sich in den abgelaufenen Formen oft pupilare Verheerungen au der Bindehaut vorfinden, in solchen Fällen ist der Bulbus an Trachom und Blenuorrhöe eingegangen. Es wird noch immer Vieles auf das Conto der Monatbliudheit geschrieben.
Um die Vervollkommnung unseres Wissens über die sogenannte Monat­blindheit des Pferdes haben sich in neuerer Zeit u. A. besonders Profes­sor Vogel und Prof. Fr iedb erg er verdient gamacht, und werden deren Arbeiten namentlich in pathologischer Beziehung einen bleibenden Werth haben, indem dieselben in der richtigen Erkeuntniss des eigentlich erkrankten Gebietes bei den an der periodischen Augenentzfludung erkrankten Augen gipfeln.
Im Nachstehenden will ich es versuchen, die ätiologischen Momente, sowie das pathologische Bild dieses Augenleidens zum Gegenstande einer ausführlichen Besprechung zu machen und Einiges über das Glaucom, welches schon in der letzten Abhandlung erörtert wurde, so weit es zur Klarstellung der unbegründeten Identificirung desselben mit der Monat­blindheit erforderlich ist, hier einzuflechten.
Schon in der „Oest. Monatschrift f. Thierheilk.quot; Nr. 2 d. J., habe ich das Glaucom von der Manatblindheit geschieden und auf die Ungleich-
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artigkeit der Entstehungsursache, aber den gleichen Ausgang beider Leiden hingewiesen.
Der Grund der Identificiiung dieser im Wesen verschiedeneu Augen­krankheiten dürfte eiuestheils in dem letzterwähnten Umstände, nämlich dem gleichen Ausgange mit der Monatblindheit, anderntheils aber darin zu suchen sein, dass die meisten Veterinär-Schriftsteller ihre Studien an Augen mit bereits abgeschlossenen Kraukheitsprocessen machten, an welchen die Begrenzungsmerkmale dieser beiden scheinbar ähnlichen Krankheiten kaum festzustelleu sind.
Die älteren veterinar-ocuiistischen Arbeiten haben nach meinem Dafür-halteu für die Diagnose der Monatblindheit absolut keinen Werth, indem selbe sich fortwährend um veraltete Ansichten drehen, die in der Veteri. när-Augenheilkunde ein eingebürgertes üebel zu sein scheinen. Fried-berger fällt das Verdienst zu, zuerst den Versuch gemacht zu haben, die periodische Augenentzünduug vom Glaucom zu scheiden.*)
Die meisten Autoren stimmen darin überein, dass das Glaucom, sowie die Monatblindheit in der Chorioidea ihren Ursprung habeu, doch differiren sie schou im Beginne derKraukheitserscheinungen so wesentlich von einander, dass bei genauer und aufmerksamer Untersuchung des erkrankten Auges eine Verwechslung kaum möglich ist; nicht minder wird uns der Verlauf dieser beiden Krankheitsformen ihren Unterschied bald gewahr werden lassen.
Es ist eine festgesetzte Thatsache. dass sich die Monatblindheit in einer Combination der Irido-Keratitis, Irido-Cyklitis, Cyklo-Chorioiditis, Ketinitis und Hyalitis äussert, ihren Anfang aber immer in der Aderhaut nimmt, wesshalb sie auch unter die Erkrankungen der Aderhaut einzu­reihen ist und dann erst auf die vorher erwähnten Augentheilhaber über­geht und schliesslich zum Glaucom und Staar führen kann. Ist einmal ein Auge in Folge des Glaucoms odar des Staares degenerirt, so ist eine Unterscheidung beider Processe kaum mehr möglich.
Ich halte die periodische Augeueutzundnug für ein genuines Augen­leiden und ich glaube mit Kecht, denn weder beim Menschen, noch bei was immer für einer Thierart, mit Ausnahme des Pferdes, ist eine speci-fische Augenkrankheit nachgewiesen, wie bei letzterem die Monatblindheit. Obgleicii einige Schriftsteller das Vorkommen der Mouatblindheit bei an­deren Thiereu als dem Fferde gesehen haben wollen (W. Haase, Prof. quot; Gay, Dr. Kaiser u. A.), so glaube ich, dass die von den citirteu Schrift­stellern beobachteten Fälle der periodischen Augenentzünduug bei Kühen,
*) S. das Glaucom beim Menschen und die periodische Augeneutzüudung beim Pferde vom Prof. iFriedberger im Jahresberichte der kön. Central-Thierarznei-Schule in München 1873/74.
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Hunden etc., auf Erkrankungen einzelner Augentheilbaber zurückzufuhren sind, welche das Glaucom zur Folge hatten; ähnliche Fälle habe ich aucb beobachtet, diese können aber keinesfalls mit der Monatblindheit gleich­bedeutend sein und werden vergleichende Untersuchungen mit dem Augen­spiegel den Irrthum aufklären.
Die Monatblindheit ist meiner Ansicht nach eine dem Pferdegeschlechte eigene specifische Augenkrankheit, deren Entstellungsursache nicht so sehr in dem anatomischen Missverbältniss der abgegrenzten und greifbaren Augentheilbaber, als vielmehr in einem Missverhältnisse in der Art der Öewebsbildung, in den Zellen der an der Erkrankung participirenden Organtheile des Auges zu suchen sein dürfte. — Ich bin weiters der An­sicht, dass ein Auge, welches äusserlich wahrnehmbare Merkmale der Monatblindheit zeigt, schon vor dem Auftreten dieser äusseren Erscheinun­gen sich in jenem abnormen Zustande befand, welchen die Wissenschaft mit dem Namen Prädisposition belegt und der in der abnormen Construc­tion der Gewebe seineu Grund hat; denn ein vollkommen gesundes und normales Auge besitzt meiner Meinung nach keine Prädispositiou zur Monatblindheit.
Unter diesen, ich möchte sagen embryonalen abnormen Verhältnissen schreitet die Entwicklung des Auges fort und erreicht in der ersten Lebens­hälfte die makroscopisch wahrnehmbaren Stadien. Bekanntlich kommt die Monatblindheit fast ausschliesslich nur bei jungen, selten über 8 Jahre alten Pferden vor.*)
Weitere histologische Untersuchungen (namentlich au embryonalen Pferdeaugen) über die Structurverhältnisse des Auges werden hoffentlich diese Frage richtig stellen.
Wenn nun schon die primitivsten Zellgebilde abnorm gestaltet sind oder sein können, so ist der Grund zu Circulations- und Ernährungsstönm-gen zweifelsohne gelegt, und werden diese gradatim mit der Entwicklung des Auges fortschreiten, bis scliliesslich jene Stufe erreicht ist, die uns die Abnormität in Form der Erkrankung gewahr werden lässt. Aus diesem Grunde ist nach meiner Ansicht die Monatblindheit vom Glaucom schon im Entstehen verschieden, indem erstere den Keim des Werdens gleichsam in sich birgt!
Untersuchen wir ein Pferd, welches unmittelbar nach dem Auftreten der ersten Symptome der MonatblindLeit uns vorgeführt wird, so werden wir in der Regel an den erkrankten Theilbabern des Auges, wie an der Gefässhaut, Iris, Retina, sowie am Ciliarbogen Veränderungen fiuden, welche zweifellos bekunden, dass das betreffende Auge schon längere Zeit erkrankt war, ohne dass es äusserlich bemerkt worden wäre; woraus her-
*) üiesbczügl. Beobachtungen wären als statistischor Bohdf sehr interessant.
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vorgebt, dass die ersten Anfänge dieses Leidens unserer Beobachtung ent­gangen sind. Die neuerer Zeit von hervorragenden Fachkreisen aufgestellte Behauptung (Zündel, Schütz), dass ein Miasma die alleinige Ursache der Monatblindheit wäre, wird sich jedenfalls mit der Zeit klären, denn die lieobacbtete massenhafte Indochorioiditis ist sonst nichts als eine iufectiöse Sumpf- und Bodenkrankheit, die ich in der slavonischen Podra-viuo vielfach beobachtet habe. — Es ist dieselbe Augenkrankheit, deren ursächliche Mikroorganismen Dr. Koch gefunden hat — die aber mit der Monatblindheit nichts gemein hat.
Das Glaucom aber entwickelt sich, wie schon erwähnt, gleich massig von seinem Beginne bis zu seinem verderblichen Ausgange. Das erkrankte Auge durchläuft alle Phasen der pathologischen Veränderungen ohne merk­liche Unterbrechung, das Sehvermögen ist häufig schnell verschwunden, was in der raschen Desorganisation der Sehnervenzellen seinen Grund hat, in deren Folge Excavation der Sehnerven eintritt. Bei der Monatblindheit aber kehrt oft während der Intervalle die Sehkraft, wenn auch geschwächt, wieder. Sie bildet sich in begrenzten Abschnitten (Perioden) allmälig heran, der verderbliche Ausgang schreitet von Stufe zu Stufe bis zur Erreichung des Culmiuationspunkte.s fort, äussert sich zuerst in einer Affection der vorhererwähnten Gebilde und zieht schliesslich den ganzen Bulbus in Mitleidenschaft. Dieser periodische Entzündungsprocess währt in den feinsten Zellgebieteu der ergriffenen Augentheilhaber fort, iu dem einen kommt er zum Abschlüsse, in einem anderen entwickelt er sich von Neuem, stets durch sympathische Aff'ectiouen unterstützt oder hervorgerufen.
So lange die Natur diesen Process im Entstehen und geringen Um­sichgreifen zu bewältigen vermag, entziehen sich diese Vorgänge unserer Aufmerksamkeit; nimmt derselbe aber überhand, dann erst stellen sich deutlich sichtbare Merkmale der Entzündung ein.
Sehr interessant ist es, ein monatbliudkrankes Auge während einer Intervall-Periode zu beobachten. Wir sehen die ergriffenen Augentheilhaber hyperämisch und im Zustande der venösen Stase. Wir beobachten ueuge-bildete Zellen und Zellenwucherungen in allen Abstufungen.
Dieser verborgene, man könnte sagen, „glimmendequot; Entzündungs­process währt kürzere oder längere Zeit, das Grundleiden äussert sich immer in einer primären entzündlichen Action der erwähnten Augentheile, welche im Anfange eine minimale Ausdehnung und geringe Heftigkeit haben und ohne erhebliche Störung der erkrankten Gebilde schwinden, später aber zweifelsohne in Folge einer venösen Stase in der Aderhaut und im Ciliarapparate sich nach scheinbaren Besserungen wiederholen kann, bis die Entzündung der ergriffenen Organe mit jenen erheblichen Zerstörungen des Auges ihren Abschluss findet, welche wir nach der Monatblindheit zu suchen und zu finden gewohnt sind. Nicht immer sind
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während der erstereu Stadien die an dem Enfzfindungsprocesse participi-renden Gebilde gleichzeitig ergriffen, bisweilen ist eines oder das andere verherrschend erkrankt, was wir nach einem Anfalle auch zu constatiren vermögen.
In vorgeschrittenen Stadien der inneren Augeneutzündung sind aber nicht selten alle Augentheilhaber gleichzeitig ergriffen.
Die primäre Ursache der Monatbliudheit ist für mich zweifelsohne eine typisch genuine und in den mannigfaltigsten Verhältnissen der Nach­zucht zu suchen, wofür zahlreiche Beweise sprechen. Die secundäre Ur­sache ist in der gegebeneu Erkrankung' der betreffenden Augentheilhaber selbst zu suchen, welche zufolge ihrer anatomischen und physiologischen Zusammensetzung den Reizprodomen einer vorausgegangenen entzündlichen Affection zur Wiederholung einen geeigneten Boden bieten, ja dieselbe auf sympathischem Wege auch auf das gesunde zweite Auge zu vermitteln im Stande sind. Diese, zur periodisch auftretenden Eeeidive bestehende Geneigtheit dürfte mit der complicirten anatomischen Configuration der Augentheilhaber in Zusammenhang zu bringen und nicht minder in der physiologisch bedingten Empfindlichkeit derselben gegen Reize begründet sein.
Zur Festigung dieser Annahme möge wohl der Umstand erwähnt sein, dass nach einer vorausgegaugenen entzündlichen Affection dieser complicirten anatomischen Gebilde ein vollständiger, ich möchte sagen, reiner Rücktritt von Stasen, Exsudaten, Infiltraten etc. schwer anzunehmen \ / ist, indem schon die bekannte physiologische Empfindlichkeit gegen jede Art von Reizen reagirt, urasomehr auf wenn auch noch so minimale pa­thologische Anlässe oder Producte als Reizprodome für Folge-, resp. Wie­derholungs-Erkrankungen wirken wird.
Zieht man weiters den Gefässreichthum der erkrankten Gebilde in Betracht und erwägt, dass schon unter normalen Verhältnissen deren phy­siologisch nothwendige transudative Thätigkeit keine unbeträchtliche ist, so ist es wohl erklärlich, dass eine abnorme Affection dieser Theile — ohne exsudative Producte als ein Plus des naturgemässen und den phy­siologischen Gesetzen untworfenen Könnens rückzulassen — denkbar ist, welche fort und fort neuerliche Reizprodome abgeben und einigermassen die periodische Wiederholung der Entzündungsaufälle begründen dürfte.
Symptome. Wie wir eben gesehen haben, erkranken beider Monatblindheit immer mehrere Membranen und geben dadurch jenen Symptomeucomplex, der die Monatblindheit charakterisirt. Es kann die Erkrankung der an der Monatbliudheit participirenden Theilhaber zu gleicher Zeit entweder von zweien oder mehreren oder nur einen ausgehen und erst später auf die übrigen dazu berufenen übergehen: es ist Thatsache der Beobachtung, dass
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die Aofangsstadien und der Verlauf der periodischen Augenentzündung einen gleichmässigen präcisen Vorgang unterworfen sind und so diese Augen­krankheit das Bild einer vorwaltend regelmässigen Gleichheit zeigt und nicht jenen vielseitigen Modificationen in Verlauf und Ausgang unterliegt, durch welche sich die meisten Krankheiten auszeichnen; auf dieses Fac-tum hin gestützt nennt Stockfleth die-periodische Augenentzündung mit Recht ein typisches Leiden, weil sie einen typischen Verlauf hat.
In diesem gleichmässigen eigenartigen Verlaufe, besonders aber in den Anfangsstadien, besteht die specilische Eigenschaft der Indochorioiditis, welche die Grundlage der periodischen Augenentzündung ist.
In sorgfältig verwalteten Gestüten findet man oft schon hei zweijährigen Fohlen thränende Augen und unbedeutende Iritation, die wenn sie unbe­achtet bleibt auch bald ohne jede Hilfe verschwindet, solche Iritations-Anfälle wiederholen sich öfters im Jahre, besonders im Herbste und Früh­jahr, wenn man in diesem Stadium das Auge mit dem Augenspiegel unter­sucht, dann wird man sehen, wie verschieden das ophthalmoscopische Bild von den eines gesunden Auges ist und werden Veränderungen in dem Ciliartractus im Augenhintergrunde finden, die uns schon jetzt zur Diag­nose auf periodische Augenentzündung berechtigen.
Solche Anfangsstadien kommen denn auch bei altern Pferden vor; doch niemals in der zweiten Hälfte des Lebens ; die Monatblindheit ist ausschliess-lich eine Krankheit der ersten Lebenshälfte.
Die Symptome, die auf Grundlage dieses Verlaufes die Krankheit kennzeichnen, sind desshalb fast ansschliesslieh gleiehmässig in gewisse Bahnen beschränkt, und es ist kaum glaubwürdig, dass man sich bis heute über diese Krankheit vielen Irrthümern hingeben konnte.
Die Entstehungsmomente der Monatblindheit entgehen in der Regel dem Eigenthümer und somit auch dem Pachmanne, zumeist bekommt man Monatblindheit in der Praxis als Streitobjekt zur Beobachtung, in welchem Falle dann schon präcise Merkmale vorhanden sind, die auf Monatblindheit schliessen lassen und die Entzündung der vier Häute in Form von Chorioiditis, Cylititis. Iritis und Keratitis vorhanden ist in dem Anfangsstadium und späteren Verlaufe.
Die Kombination von Ciliochorioiditis, Irido Kyelititis und Irido Cera-titis äussert sich vorhersehend bis die Krankheit theils mit dem Vorhanden­sein aller dieser Processe, theils noch mit anderen Consecutiven zur höchsten Sfufe sich steigert und zur Zerstörung und Trübung der durchsichtigen Reme-dien. Linse und Glaskörper und schliesslich mit oder ohne consecutiven Glaucom zum Verderben des Auges führt; immerhin ist die Erkrankung der vier Häute und die angeführte Combination der Grundtypus der Monatblindheit.
In seiner vorzüglichen Arbeit über Monatblindheit aeeeptirt auch V. Eversbusch die Darstellung des klinischen Bildes wie sie Berlin, Vogel geben. Danach ist als der Hauptsitz der entzündlichen Veränderun-
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gen im Auge der Uvealtractus zu bezeichnen und je nachdem sich der Process in den vorderen, mittleren oder hinteren Theil localisirt, werden wir Iritis-Iridocyclititis und Iridochorioiditis vorfinden.
Die Localisation in der Iris und dem Ciliarkörper, welche sich durch Absetzung von Entzündungsproducten auf die vordere Irisfläche, auf das Anlagern derselben an den Boden der Vorderkammer, die vordere Iris­fläche und vordere Liusenkapsel, dann durch Consecutiv-Mittheilung auch auf die Hornhaut, ist schon dem freien Auge leicht wahrnehmbar, während die in der Chorioidea localisirteu Erscheinungen nur mit dem Augenspiegel exact nachzuweisen sind.
Die ersteien Entstehuugsmerkmale sind in den Ilachen Theilen der Aderhaut und oft auch im Ciliartractus zu finden. Es sind diess Er­scheinungen weder der Entzündung noch der Hyperämie, sondern die einer kaum merklichen Irritation; wie gross und welcher Art die Keize waren, welche in der Tiefe des Augengrundes Irritation hervorrufen und unter­stützen; ist bis jetzt kaum zu bestimmen. Eine solche Irritation in den ersten Entstehungsstadien ist durch vergleichsweise Untersuchungen und Vergleiche mit ganz gesunden Augen im ophthalmoskopischen Bilde wahr­zunehmen; äusserlich ist diese kaum durch unbedeutende Lichtscheue und etwas vermehrtes Thräneu des Auges wahrzunehmen, sonst ist das ganze Auge normal.
Innerlich aber haben wir im ophthalmoskopischen Bilde eine fleckweise, an der Aderhaut coupü'te erhöhte Röthe, an der azurblauen und pur­purnen Fläche des Tapetums und der Aderhaut wahrgenommen, welche mit den feinsten haarähnlichen Gefässstreifeu durchzogen ist, der Mangel an grössereu Gelassen im Bereiche des Sehnerveneiutrittes lässt die Unter­suchung in diesen Aufangsstadien sehr schwierig au, überhaupt ist diese nur im Gestüte und auf solchen Plätzen möglich, wo mau an bestimmten Individuen, auf die Erblichkeit gestützt, den Eintritt der Monatblindheit erwarten kann, und zu diesem Behüte öfter Untersuchungen an noch ge­sunden Augen vornimmt (wie ich es factisch gethan habe). Besser ist das Stadium der Irritation am Ciliarkörper wahrzunehmen, dort wird man sie an den vorderen Ciliargefässen besser, wenn auch kaum merklich einge­spritzt finden; die Arterien werden mehr von Blut strotzen, die Venen sind dunkler, mehr blau als im normalen Zustande, nur ein mit den Vor­gängen der Hyperämie und Congestion sehr vertrautes und geübtes Auge kann diesen Unterschied bemerken und constatiren, sonst aber ist das ganze Auge normal, während der Irritatiousprocess fortschreitet, steigern sich die ausseien Symptome gar nicht einmal zur eigentlichen Hyperämie; für das freie Auge ist das Aufangsstadium nicht wahrnehmbar.
Die Erscheinungen der Erkrankungen der Einzelntheilhaber werden uns dann das Charakteristische der Monatblindheit liefern, die sich in fol­genden wichtigsten Merkmalen äussert als:
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a) Chorioiditis disseminata.
Weiter vorgeschrittener Process wird sich iu einer bedeutenden In­jection der Aderhaut und Ciliargefässe äussern, die aber bald schwinden werden, und für den Fachmann entsteht das erste merkliche Intervall die erste Periode der Krankheit. Nie wird in den folgenden Anfällen der Charakter der Krankheit mehr zum Vorscheine treten und wir bekommen in diesen Stadien den Vorgang einer Cyclo chorioiditis als ersten Entzündungs­anfall zur Beobachtung; heftiges Thränen des kranken Auges, bedeutende Lichtscheue, höhere Köthe und Hyperämie der Bindehaut und besonders der Coujuuctiva bulbi. Oedem der Bindehaut und Schwellung derselben, dann eine kaum merkliche rauchig dunstige Farbe (nicht wolkig) Veränderung des Glaskörpers, die dem Augengrunde eine ungleiche dunkle und schwarze Pupille geben, sind die ausseien sichtbaren Merkmale dieses Stadiums; mit dem Augenspiegel entdeckt man eine mehr oder weniger hervortretende Einspritzung der feinen Aderhautgefässe, dann Veränderungen in der Pig-mentmembran der Aderhaut, welche durch eigenthiimlich gestaltete Flecken von verschiedenen, jedoch immer sehr lebhaften Farben sich kundgibt und dann oft in sehr schönen lebhaftem Both aufleuchten. Wir haben also schon eine ausgesprochene Form von Entzündung vor uns, mit welcher die entzündliche Periode der Monatbliudbeit beginnt, und dies ist die Aderhautentzündung, welche ihrer Form nach Chorioiditis disseminata ge­nannt wird.
Demuachi st die Chorioiditis und zwar ausschliesslich die Chorioiditis disseminata im Verein mit der Cyclititis, die erste merkliche Entzündungs­periode .der periodischen Augeuentzündung und man kann mit Kecht die Monatblindheit als von der Chorioidea ausgehend annehmen. Der Chorioiditis zunächst steht die Cyclititis und wenn diese hervortritt, dann haben wir den Befund Cyclo chorioititis zumeist als äusserlich merkbares Anfangs-Intervall der Monatblindheit.
Der innigste Zusammenhang und Anastomose des Ciliarbogens mit dem flachen Theile der Aderhaut, mit der Iris und diese wieder mit der Hornhaut, dann die Iris mit dem Ciliarmuskel machen gerade den Ciliar-tractus als den gefährlichen Vermittler des Entzünduugsprocesses auf die benannten Theilhaber und stellen ihn so eigentlich mit Recht dar, als den Mittelpunkt der entzündlichen Ausströmungen auf die anderen Augen-theilhaber, wenn der primäre Irritations- und spätere Entzündungsprocess von der Aderhaut ausgegangen ist; es ist daher sicher der Ciliartractas, der diesen Process unterhält, wo sich derselbe immer mehr und mehr steigert, stärker und nachdrücklicher auf seine Nachbartheilhaber verpflanzt; im Ciliartractus ist der eigentliche Centralsitz der Monatblindheit: dort ist der dem freieu Auge verborgene Keim, welcher dieses Augenleiden als so eigenartig und verderblich herangedeihen lässt.
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Mit der Choiioiditis diseminata werden wir, zumeist jedoch nicht immer, auch die Retinitis pigmentosa vorfinden, welche gleichsam als Begleiterin der Chorioiditis erscheint und zumeist in solchen Stadien zum Vorschein tritt, in welchen sie durch gewöhuliche Untersuchung am Auge keine Anomalie erkennen lässt. Sie kann nur durch ophthalmoscopische Befunde constatirt werden.
Der weitere Entzündungsprocess, welcher so verderblich wirkt, wird Cyclititis genannt.
b)nbsp; Die Cyclititis äussert sich im Anfange vornehmlich in einer ver­mehrten Einspritzung der zahlreichen kleinen fadenförmigen Blutäderchen und Ciliargefässe, wovon die vorderen Ciliargefässe leichter sichtbar sind als die hinteren; das Hervortreten der Venen, welche als dunkle, blaue Gefässfäden erscheinen, wird besonders auffallend. Die Ursache dieser be­deutenden Ueberfüllung der Veuen ist ein mechanisches Hlnderniss, welches durch ein aussergewöhnliches Aufquellen des Strahlenkörpers den Rück-tiuss des Blutes hindert. Die Pupille ist immer verengt, was als charak­terisches Zeichen in den Anfangsstadien der Moratblindheit gelten kann und bei Cyclititis constant ist; dies ist in den ersteu Intervallen, so lange noch keine bedeutende Exsudation vorhanden ist, der Fall; die Gefassein-spritzung, Schraerzhaftigkeit des Bulbus, Verengerung der Pupille, Licht­scheue, dunstige rauchige Entfärbung des Augengrundes und der Pupille, welche in Folge der vermehrten Ex- und Endosmose in der Linse und dem Glaskörper hervortritt, und später als der Anfang der Exsudation dort angesehen werden muss (siehe Krankheiten des Glaskörpers) sind die Zeichen der ersten Intervallsanfälle oder Perioden der Mouatblindheit; oft ist Iritis schon vorhanden, oft mangeln diese Erscheinungen, treten nach kurzem oder längerem Bestände zurück und das Auge ist einige Zeit scheinbar ge­sund, nur jene matte grauschwarze Farbe der Pupille, die dieser ein starres Aussehen verleiht, bleibt zurück.
Gleichzeitig finden sich an der Iris Zeichen einer Entzündung, welche durch das Ligamentum iridis pecticatum auch auf die Hornhaut übergeht und wir haben den Befund einer
c)nbsp;Irido cyclititis, denn die Iritis ist bei der Monatblindheit niemals selbständig, sondern immer mit Cyclititis vereint; in diesem Falle tritt der Charakter der Mouatblindheit schon ganz hervor, die Affection bleibt nicht auf die Irritation oder Gefässeinspritzung beschränkt, sondern es erfolgt bedeutende Exsudation als Folge der Entzündung und geben den Beweis einer vorhandenen Iridocyclititis und damit aber auch der Monatblindheit selbst. Das entzündliche Exsudat (welches nach Guilmont gallertartig von fibrinöser Beschaffenheit ist), lagert sich auf der Oberfläche der Iris, wo­durch die Farbenveränderung der Regenbogenhaut bedingt ist, weil das Exsudat an Bliitfaserstoff reich ist: an der hinteren Irisfläcbe ist jedoch
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die Exsudation viel bedeutender, welche sich mit dem Exsudations- und Entzündungsprocesse des Glaskörpers und der Äderhaut vereinen und dadurch zu einer bedeutenden Exsudatmasse heranwächst. Diese Exsudatmasse ist an Faserstoff uüd Eiterzellen sehr reich und bleibt theils in der hinteren Augeukammer, um dort durch sein Volumen die Iris nacb vorne zu schieben, oder strömt durch die Pupille in die vordere Augenkammer, sammelt sich dort, erscheint als eine misstarbige, flockige mit Faser­stoff und Eiter vermischte Exsudatmasse und bildet, wenn die Elterzellen vorherrschend sind, das Hypopyon.
Wird das Auge behufs Untersuchung mit der Loupe künstlich be­leuchtet, so wird in der Umgebung des Ciliarrandes ein Veuenkranz sicht­bar, sowie auch zahlreiche Kapillaren zwischen dem Pigment, welche ein Exsudat in geringer Menge liefern, das dort zur Verhärtung, Erweichung, Hypertrophie etc. Aulass gibt; durch das ausgeschiedene Exsudat wird dann Synechie der Pupillarräuder mit der Linsenkapsel vermittelt; es entstehen dadurch Verzerrungen der Pupille, welche uebst der Farbeuveräuderung und Verwölbung der Iris ein zuverlässiger Beweis der Iridocyclitis ist.
Durch Einträuflung einer wässerigen Atropiulösung 1:100 kann maa sich über die Dauer der Anlöthung Klarheit verschaffen; frische Synechie löst sich bald, bereits erfolgte Verwachsung wird durch die Wirkung des Atropins nur eine Verzerrung der Pupille zu Stande bringen; wenn aber dennoch Synechieu losgerissen werden, bleibt zuweilen etwas Pigment in Gestalt kleiner Flecken an der Linse haften, welche für die Diagnose der Iridocyclititis. also für die Monatbliudheit bestimmten Werth haben.
d) Keratitis der Monatblindheit wird auch zugleich mit der Iri­tis angetroffen und wird dann als Iridokeratitis diagnosticirt; in den Anfaugsstadieu, wenn die Cyclitis nicht in Exsudation ausartet, sondern an der Linse und den Glaskörper die wolkigen Zeichen blos einer vermehrten En- und Exosmose vorhanden sind, wird blos ein leichter verminderter Glanz der Hornhaut sichtbar, welchen man erst durch Vergleiche mit dem anderen Auge wahrnehmen kann; in den späteren Perioden wird dann die Hornhaut rauchig milchig opalisirt, wobei das geschichtete Pflasteiepithel aufgelockert und mit Unebenheiten übersäet erscheint; in den tiefereu Schichten zwischen den Hornhautlameilen sind aber streifige Trübungen eingelagert; diese streifigen Trübungen können als ein charakteritisches Zeichen für die Keratitis der Monatblindheit gelten. Beider peripherischen Eandtrübuug tritt auch der sonst nicht sichtbare Capillargefässkranz deut­lich hervor. Bei localer Beleuchtung durch eine Linse lässt sich dieser Process genau verfolgen und die pericorneale Gefässeiuspritzung sehr schön sehen, auch die ueugebildeten Gefässe, welche bis auf die Faserschicht eingreifen, lassen sich sehr schön unterscheiden. Die gleichzeitige Ent­zündung dieser vier Häute gibt dann die Combination Cvclochorioiditis
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und Iridokeratitis und charakterisiren die Monatblindheit in ihrer schönsten
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Entwicklung, auf der Höhe des Mittelstadiuais der Krankheit.
Wir werden auch dann bei monatblinden Augen in solchen Stadien während der Anfallperiode mehr oder weniger alle jene Erscheinungen vereint und combinirt antreffen, die wir so eben beschrieben haben, und je nachdem das Leiden vorgeschritten ist mit mehr oder weniger grösserer Exsudation gepaart, die dann selbstverständlich in den durchsichtigen Re-medien des Auges bedeutende Zerstörungen und Veränderungen hervorruft; vom Anfange der ersten Irritation in der Aderhaut und Ciliartractus bis zum Abschlüsse des Leidens ist dessen charakteristische Eigenschaft, dass sie mit merkbaren Nachlässen iu der Heftigkeit und sich wiederholenden Intervallen die längeren oder kürzeren Zwischenpausen ausfüllend, fortläuft. Die zeitweiligen Nachlässe besonders der activen entzündlichen Action sind so bedeutend, dass in den ersten Anfangspeiiodeu die bestandene Entzündung fast vollständig zum Kücktritt kommt, und nur mittelst Augenspiegel wirklich nachzuweisen ist, dass ein Irritations- und Con-gestionsprocess iu den tieferen gefässreicheu Schichten der Aderhaut und Ciliarkörper weiter e.xistirt, damit er als Anreger zu weiteren Vorfällen bestehe. Ist die Krankheit schon vorgeschritten und hat sich die Periode öfter wiederholt; dann sind die zurückgebliebenen Veränderungen eines Entzündungsprocesses, die auf der Aderhaut, Iris, Cornea, Linse und dem Glaskörper vorgefunden werden, so bedeutend, dass sie auch ohne technische Mittel vorgenommen und als Folgen der Monatblindheit erkannt werden, d. h. zur Grundlage der Diagnosis angenommen werden.
An der Linse und dem Glaskörper, welche durch einige Anastomosen mit den primär erkrankten Theilhaberu verbunden sind, werden bald nach den ersten Unfällen ganz bedeutende Veränderungen wahrgenommen ; im Anfange fällt die durch die vermehrte Ex- und Endosmose bedingte rauchige, wolkige Trübung in Glaskörper und der Linse besonders auf und ist für die Monatblindheit von diagnostischem Wert. Später wo die Exsudation eine grössere ist, verflüssigt das cyclochorioiditische Exsudat den Glaskörper und lagert sich iu dessen nun flüssiger Masse, erscheint dort in Form von trüben beweglichen Wölkchen oder Flocken in denselben, ^ welche Flocken für die Mouatblindheit pathognostisch sind.
Später erfährt der ganze ßulbus durch Verflüssigung des Glaskörpers eine erhebliche Consistenzverminderung; diese lässt sicii dadurch leicht constatiren, dass man auf die Wölbung des oberen Augenlides einen leichten Druck ausübt und Vergleiche mit einem gesunden Auge anstellt; dadurch werden wir auch über die grosse Schmerzhaftigkeit des Bulbus aufgeklärt. Das Gesammtbild im höchsten Grade der Krankheit äussert sich beiläufig folgender Art:
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Nachdem eiu Intervall kürzere oder längere Zeit währte, stellen sich neuerlich Erscheinungen der Entzündung ein, die sich auf die Iris und Cornea erstreckt und auch die Aderhaut, den Ciliarrand, den Glaskörper und die Linse in Mitleidenschaft zieht. In so vorgeschrittenen und zur vollkommeueu Entwicklung gelangten Äffectionen finden wir die Chorioidea aufgelockert und injicirt, ebenso erscheinen die Gefässe des Ciliarapparates stark gefüllt und die Wucherungen in der Pigmetmembrane sind beträchtlich.
Die Folge dieses heftigen Entzündmigsprocesses ist eine beträchtliche Exsudation.
Das Exsudat lagert sich sowohl zwischen der Netzhaut als der Cho­rioidea ab und führt zur Ablösung derselben; ebenso scheidet es sich in den Glaskörper, sowie in die Linse aus und bedingt die für die Monat­blindheit charakteristische flockige wolkige Trübung. Diese Flocken sind zum Theile abgelöste Pigmentzellen, Producte der vorher stattgehabten Wucherungen, welche in dem durch das Exsudat aufgeweichten und ge­trübten Glaskörper eingelagert sind, welche Erscheinung einigen diagno­stischen Werth hat. Auch die Iris wird, wenn sie mit in den Eutzündungs-process gezogen, entfärbt, sie sondert ein gallertartiges, fibrinöses Exsu­dat ab, welches in der vorderen und hinteren Augenkammer ausgeschieden wird, im Vereine mit dem Transsudate der Aderhaut und des Ciliarkörpers die Iris vorzudrängen vermag und eine Lageveränderung derselben, sowie nicht minder der Krystall-Linse, deren Aufhängeband zerstört wurde, bedingen kann. Es können sich überdies Verwachsungen zwischen der Iris und den da­hinter liegenden Organen bilden, zu deren Eiterung und Degeneration führen.
In der vorderen Augenkammer bildet sich oft das Hypopyou (Eiter­auge), wodurch Verwachsungen der Pupillenränder mit der Linsenkapsel vermittelt werden, üie hiedurch entstehenden Wölbungen und Verzehrungen der Iris resp. Pupille sind eiu sicheres Zeichen der Monatblindheit, denn sie documeutiren deu Process der Irido-Cyclitis-Fibrinosa. Derartige An-löthungen können unter Umständen durch Anwendung einer l-percentigen Atropinlösung behoben werden, in welchem Falle aber Pigmentfleckeu und Unebenheiten zurückbleiben, welche Merkmale einigen diagnostischen Werth haben.
Veränderungen an der Hornhaut sind bei vorgeschrittener Monatblind­heit stets vorhanden, dieselben charakterisiren sich anfänglich durch Auf­lockerung des Epithels, Unebenheiten desselben und streitige Trübungen in den tieferen Schichten, selten gelangt dieselbe zur Eiterung, fast gar nie zur Durchbohrung.
Oft ist ein deutlich sichtbarer Capillargefässkranz um die Peripherie wahrnehmbar, welches ein charakteristisches Zeichen aller Irido-Keratiten ist. Mit der Beleuchtungslinse lassen sich in diesem Kranze die Capillar-netze und neugebildeten Gefässe sehr schön wahrnehmen.
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Eine mehr oder weniger hochgradige Coujuuctivitis ist ein steter Begleiter der Mouatblindheit, in deren Höhen-Stadien wir Cataracte aller Art, Verhärtungen, Erweichungen, Schrumpfungen als Endresuldat beob­achten. Die Verkleinerung des erkrankten Augapfels schreitet allmälig vor, was zweifelsohne eine Schrumpfung oder Erweichung der Medien, nament­lich des Glaskörpers, zur Folge hat. Ebenso bemerkt man eine auffallende Verringerung des Fettpolsters um das Auge.
Der Vollständigkeit wegen seien hier noch die von Professor Vogel angegebeneu wichtigsten äusserea Merkmale der Mouatblindheit erwähnt. Es sind dies:
1.nbsp; Tiefliegender, in die Augenhöhle zurückgezogener (eingefallener) Augapfel.
2.nbsp; Faltung des oberen Augenlides und des dritten Augenwinkels.
3.nbsp; Phthisis des Bulbus, erhöhte Empfindlichkeit desselben beim Drucke.
#9632;i. Grosse Lichtscheue während eines Entzünduugsanfalles.
5.nbsp; Entfärbung der Iris.
6.nbsp; Exsudat-Ansammlungen in den Augeukarameru und in den durch­sichtigen Medien.
7.nbsp; Hervortreten der Gefässe am peripherischen Kande der Iris.
8.nbsp; Luxation und Ortsveränderung der gedrückten Krystall-Linse.
9.nbsp; Streifige und punktförmige Hornhaut-Flecke und milchige Trü­bungen.
10.nbsp; Ablösungen der Netzhaut in Folge von hochgradiger Retinitis und zwar Retinitis punctata und ChorLoiditis und Einlagerung des Exsuda­tes zwischen diese Membran.
Bezüglich des Vorhandenseins und Mitattection des Glaucoras mit der Monatblindheit, sei noch einmal besonders hervorgehoben, dass das Glaucom durchaus nicht als constant mit der Monatblindheit vorkommend aufzufassen sei, aber solche Erscheinungen, die auf Glaucom schliessen lassen, wohl auch bei der Monatblindheit vorkommen und das Glaucom als Consecutivleiden der Monatblindheit anzusehen sei. Die Auflösung des Glaskörpers und grüne Färbung des Auglaquo;ngrundes kommt wohl auch bei Monatbliudheit als Folge von Ernährungsstörung vor, und stellt so die Erscheinungen des Glaucoms dar, das hier ausschliesslich als Consecutiv­leiden hervortritt; auf die Unterscheidungsmerkmale werden wir noch zurückkommen.
Gerlachs Ausspruch: ohne Glaucom keine Monatblindheit, ist daher ein diagnostischer Irrthum.
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Ojphthalmoscopischcr Befund.
Der ophthalmoscopischen üutersuchung sind monatblinde Augen nur insolauge zugänglich als die durchsichtigen Remedien desselben nicht völlig verdunkelt und getrübt sind; für den Beobachter ist die Untersuchung während der Anfangsstadien der Krankheit interessant, und hat für die Aufklärung des pathologischen Vorganges besonderen Wert. Auffällig ist noch im Stadium der Chorioiditis disseminata die liöthe und fleckige Farbe-veränderuug der Aderhaut, die partielle Auflockerung der Pigmeutzellen, die Auflockerung der Chorioidea selbst und die Einspritzung der hervor­ragenden und bedeutenden Chorioidealgefässe, welche dunkel über die Chorioi-dealfläche streifen und kreuzen; die Injection der feinen Aderhautgefässe, welche in der Kegel nicht gesehen werden, die aber jetzt durch Verästelung und sternförmige Zeichnung hervortreten.
In späteren Stadien und nach wiederholten Intervallen wird die Netzhaut ebenfalls den Irritations- und hyperämischen Process, von der Aderhaut überpflanzt, eingehen und wird der Entzündung unterliegen; es entwickelt sich die Retinitis pigmeutosa; jenen vielseitigen Ver­änderungen unterworfen, welche wir bei der Retinitis und Netzhaut-Amaurosis beschrieben haben. Veränderungen in der Pigmentinembran, welche sich durch Auflockerung und Auflagerung des Pigmentes kund­gibt, in Form von Flecken verschiedener Farbe und Zeichnungen. Auf­leuchtende, auffallend hochrothe Flecken werden im Anfangsstadium der Chorioiditis überraschend schön gefunden, die später ins matte Dunkle und Schiefergraue übergehen.
Im Anfange der Entzündung tritt die tiefrothe Färbung des Augen-bintergruudes in grösseren oder kleineren Partien, die sich erst tiammig ausbreiten, hervor, und sich später in matte Flecken verwandeln. Die Pu­pille ist stark roth, die Retinalgefässe iujicirt und Anastomoseu von Ge-fassen nachweisbar.
Von besonderem Interesse ist bei Mouatblindheit das Verhalten des Ciliartractus; im Anfange wird nur massige Irritation der arteriellen Ciliargefässe beobachtet, welche mit jedem erneuerten Anfalle stets ge­steigert wird, bis diese schliesslich in einen rothen Saum um den Horn-hautraud ausarten, der seine strahlenartigen Ausläufer in die Iris und Hornhaut abgibt, es ist die hochgradige Injection der vorderen Ciliarge-gefässe. Das Venengefässnetz des Ciliartractus ragt durch die besondere Anschwellung und dunkle Färbung aussergewöhulich hervor, so dass die Gefässe vom Blute strotzen. Dieser Befund erscheint dann, wenn der Ciliarkörper und Muskel auch eine Exsudation eingegangen ist und der
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ßückfluss des Venenblutes durch den Exsudatdruck gehindert ist. Deutlich ist an dem Ciliartractus auch die Exsudation wahrzunehmen, welche durch Verdickuug unregeimässiger Flächen, Aufbauschung und fleckige Verfär­bung desselben sich kundgibt; sobald auch die Iris mitergrifl'en ist, werden die Zeichen einer Iritis gefunden, die bereits an anderer Stelle beschrieben wurden.
Die dunstige Trübung der Linse und des Glaskörpers, welche beson­ders in der ersten Hälfte der Monatblindheit vorgefunden wird, ist umso bedeutender als der Ciliarkörper mehr angegriffen ist, da dieser als Er­nährungsmatrix eine sehr bedeutende Ex- und Endosinose in die Linse sendet und von da auch von der Hyaloidea ein vermehrter Stoffwechsel im Glaskörper stattfindet, innerhalb dieser im Spiegelbilde dunstig rauchig wird, später flockig, zum festen Exsudate, oft in der 'Glaskörpermasse, wenn sie erweicht ist, schwimmend, oft sich wieder auf den Boden setzend ; in der zweiten Hälfte des Verlaufes sowohl während der Kühe als auch zur Zeit des Anfalles, wird schon die graue opalisirte, punktirte oder streifig dunklere Stelle in der Linse bemerkt, die, je nachdem sich der Staar zu entwickeln sucht, entweder im Centrum, an der Peripherie etc. anfängt und den Beginn des grauen Staares anzeigt; mit dem Fortschreiten des Staares hat die ophtalmoscopische Untersuchung an Wert verloren, weil die Lichtstrahlen eben nicht eindringen können. Die keratitische Veränderung der Monatblindheit und die Exsudation in der Vorkammer, ist mit dem freien Auge oder localer Liusenbeleuchtung wahrnehmbar und bei der Symphomonologie der Krankheit beschrieben worden.
Sections-Befimd.
Charakteristische Veränderungen, welche an monatblinden Bulben postmortal gefunden worden sind:
Wenn solche Augen in den Anfangsstadien der Krankheit zur Sec­tion gelangen, so wird für uns von besonderem Interesse die Veränderung im Ciliartractus sein, weil dieser mit der Aderhaut die Grundlage der Monatblindheit überhaupt ist.
Infiltration und Verbildung des Ciliartractus, Pigmentauflockerung und Exsudatorganisation, welche Verwachsungen und Synechien bedingen, bedeutende venöse Gefässerweiteruug, oft Staasen ; die Chorioidea ist er­weicht, das ganze Gefässnetz, insbesondere die Vierteige fasse (Vosa verti-cosa). durch bedeutende Injection und venöse dunkle Färbung hervorragend, manche Stämme sind bedeutend angeschwollen und ragen besonders her­vor. Die innere Gefässschicht wird durch des injicirte Sterngefässnetz besonders markirt, Exsudation, Ablagerung, Organisation desselben, pig-
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mentriite Auflockerung, Entfärbung durcli bleifarbige und schiefergraue Flecken, Erweichung, Schrumpfung und gänzlicher Verlust der Tapetum-farbe und seiner Zellen sind die hervorragendsten Sectionsbefunde der Monatbliudheit. Das Verhalten des Glaskörpers und der Linse ist von Bedeu­tung: der innigste Zusammenhang dieser durch die Glashaut im Ciliar-tractus, sofort an jeder Affection des Ciliartractus und der Aderbaut zu parti-cipiren: dieses ist durch Exsudatfiockeu in der vielleicht noch normalen oder schon erweichten Glaskörpermasse besonders anschaulich und von dem Fortschreiten der Krankheit ist die Veränderung im Glaskörper ab­hängig, in der Linse wird man schon nach den ersten drei bis vier An­fällen Spuren von Staaranföngen nachweisen können, die mit der Wieder­holung der Anfälle bis zur vollkommenen Ausbildung der Staarart fort­schreitet, welche überhaupt nichts pathogones für die Monatbliudheit hat. Vorgefundene Veränderungen kämen jenen der Eetiuitis und in Folge dieser entstaudeneu Amaurose gleich; ist Glaucom mit vorhanden, dann dürfte mau die Erscheinungen dieses mit der Monatblindheit complicirt vorfinden : die Veränderungen der Iris und Hornhaut kommen jenen der Iritis und Keratitis gleich; war Phthtysis bulbi der Abschluss des Leidens, dann sind jene schon beschriebeneu Veränderungen mit dem Verlust des Auges gleich­bedeutend.
Mit verdienstvollem Eifer hat V.Eversb lisch (deutsche Zeitschrift für Thiermedicin, VII. Band, 1.—2. Heft) einige Befunde au in Folge perio­discher Augenentzündung eingegangenen Bulben veröffentlicht, die zweifellos bleibenden Werth habeu und die wir in wesentlichen Folgen lassen. Bei der Section des Bulbus nach einem frischen acuten Anfalle von periodischer Augeneutzündung ergaben sich folgende makroscopische Veränderungen: Iris und Ciliarkörper massig verdickt, erstere mit der vorderen Linsen­kapsel durch graugriinliches Exsudat verklebt, von derselben Masse ist auch die vordere Augenkammer ausgefällt, der Glaskörperinhalt ist von gleicher Beschaftenheit. Die Netzhaut ist durch eine 1 Millimeter dicke Exsudat-scbichte von der Aderhaut abgeboben. Der Opticuseintritt erscheint dadurch als ein sich verjüngender Zapfen in das Augeninnere hineingedrängt, die Netzhaut in deutlich zwei Blätter geschieden; die Chorioidea in ihrer ganzen Ausbreitung nicht unerheblich verdickt. Das in der Vorkammer im Glaskörper zwischen Netz- und Aderbaut vergefundene Exsudat erscheint auf der Schnittfläche ganz homogen und von mittlerer Consistenz, welche sich bei der mikroscopischen Untersuchung als fibrinöse Ausscheidung in welcher zahlreiche in regressiver Metamorphose begriffene weisse Blut­körperchen zerstreut suspendirt sind.
In den Gefässen des Corpus cilioe und der Iris findet man die lym-phoiden Zellen vollgepfropft; ebenfalls das Pareuchim dieser beiden Theilhaber ist vollständig mit dieser zelligen Masse infiltrirt, dabei ist deren Gefüge
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im Allgemeinen wohl erhalten; die angrenzenden Theile der Cornea boten ihren mittleren und früheren Schichten entzündliche Infiltrationen mit zahl­reichen neugebildeteu Gefassen. Die Corneallamellen sind durch Anhäufung von Zellen auseinander gedrängt. Das Coruealepithel ist gelockert und zerklüftet.
Die Chorioidea ist ebenfalls so wie die Iris auf ihrer ganzen Fläche infiltrirt und auseinandergedräugt. Das Pigmentepithel ist vielfach gelockert. Der fibrinöse Urgus zwischen Pigmentepithel und den übrigen Theilen der Netzhaut ist eine eigenthümliche Vacuolenbildung, welches von zahl­reichen in fettigen Zerfall begriffenen weissen Blutkörperchen angefüllt ist.
Das normale Bild der Netzhaut ist in Folge zelliger Anhäufung verloren gegangen. Der Glaskörper ist mit einer gleichen Vacuolenbildung wie in den Interstitieu zwischen Netzhaut und Aderhaut, durchsetzt, die normalen Zellen-Elemente desselben sind zumeist untergegangen. Der Sehnerv zeigt eine entzündliche Schwellung, welche sich zwar massig, aber doch noch rückwärts über die Lamina cribrosa hinaus erstreckt.
Die Lederhaut zeigt im vorderen Tracte Zeichen massiger Ent­zündung.
Im weiter vorgeschrittenem Stadium fand er eine Vordrängung der Netzhaut in den Bulbus und eine starke Hereinziehnug des Opticusstieles in das Innere des Auges.
Noch weiter vorgeschritten und dem Abschlüsse nahe, findet er gleiche Befunde, wie ich sie ebenfalls beschrieben und gesehen habe, wie Verwachsungen der Linse mit der Eegenbogen- und Hornhaut, Verdickun-gen der Cliorioidea und des Ciliarkörpers, Ausfüllung der tellerförmigen Grube mit fibröser Masse. Verwachsungen und Adhäreuzeu zwischen der vorderen Linsenkapsel und Membrane descemeti und der vorderen Iris­fläche. Atrophie oder Hypertrophie des Ciliarkörpergewebes, Verdickung der Gefässwandungen, Atrophie der Netzhaut, Zerstörung der Limitas interna und externa, absolute Zerstörung des Netzhautgewebes. Das Aderhautstroma verringert deren Gefässe stark, hypertrophirte Einbusse der Anordnung und Form der Pigmentzellen, Ausfüllung der Zwischenräume mit seröser Flüssigkeit.
In anderen Fällen, die beschrieben sind, werden insbesondere die Veränderungen des Linsensystems hervorgehoben; ist die Linsenkapsel krausenartig zusammengefügt, die Linse vollständig kataractös mit Kalkab­lagerungen, die Bindenciliarkörper hochgradig atrophirt.
Die Netzhaut und den Sehnerv besprechend, hebt er besonders hervor die Netzhautablösung, und deren Verschrumpfung und Atrophie, die Vor­bildung des Sehnerves zu einem ins Innere des Auges hineinragenden Stümpfchen, und behauptet die Ansicht Müllers sei richtig, wonach die Netzhautablösung (wie nach Kosen und Sichel) nicht das mechanische Eesultat einer Chorioideal-Exsudation sei, durch eine, in Folge der krank-
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bafteu Veränderung des Glaskörpers eingeleiteter Störung der Differsion zwischen der wässerigen Lösung der Glaskörpersalze und der in den Chorioideal-Capillare strömenden Blutflüssigkeit zu Stande kommt. Bezüg­lich der Ablösung der Eetina hält er nach Müller und Berlin für wahr­scheinlicher, dass sie durch Zug nach vorne und nicht durch Druck von hinten geschieht.
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Ursache.
Die Ursache der Monatblindheit war seit jeher der interessanteste Theil für die Kenntnis dieser Krankheit; sie ist insoferne noch eine offene Frage als sich die Ansichten darüber noch vielseitig spalten und nicht zum eigentlichen Schluss kommen können, ja von mancher Seite wurde dieMouatblindheit als typsichöses selbständiges Augenleiden geleugnet; was sonst nichts als eine zu oberflächliche oder gar mangelnde Beobachtung beweist.*)
Die gemachten Erfahrungen der früheren Beobachter mit den Ergeb­nissen der neueren Forschung auf dem Gebiete der Ophthalmologie über­haupt haben gerade für die Symptomoiogie der Monatblindheit ganz besonderen Werth und liisst uns manches Räthselhafte als erklärt erscheinen.
Durch vielseitige und bestimmte Erfahrung der Züchter ist es als eine festgesetzte Thatsache zu betrachten, dass sich die Monatblindheit in Folge einer angeerbten Prädisposition zu entwickeln vermag: ein Zu­stand, den man für gewöhnlich mit Anlage zu bezeichnen pflegt: doch die Prädisposition der Monatblindheit ist nicht blos als Anlage im Organis­mus vorhanden, die nur dann die betreffende Krankheit entstehen lässt, sobald eine dazu passende ursächliche Norm die Krankheit einigermassen hervorruft und erweckt, sondern diese Prädisposition bedingt das Her-
*) Einpu Beweis solcher Olierflächlichkeit und Einbildung hat uns die jüngst er­schienene Broschüre von J. v. fCrzysztofovitz, Wien 1881, Verlag von Faesy amp; Frik gegeben. Eine Summe von Ausfeilten über ilie schon die Fachkritik den Stab gebrochen hat, die aber nur von einem Laien behauptet werden konnte. Ich glaube kaum, dass je eine Arbeit mit einer gleichen Unkenntnis des behandelnden Stoffes geschrieben wurde. Abgesehen von der melir als mangelnden Beschreibung der Symp­tome, wollen wir nur darauf aufmerksam machen, dass Kulturen von Pilzen in der Hornhaut, die schon von vieler Seite gemacht wurden, ganz andere Erscheinungen als die der Monatblindheit hervorbringen. Ks ist daraus nur die vollständige Unkennt-niss der Pilzbiologie des Verfassers bestätigt, die sich in einer ersonn'iien Tcrapie mit Carbolsäure und Petroleum im Verhältnis 10—1 bis 15—5 erhöht, wieder in der Unkenntnis des zu behandelnden Gewebes äussert. Ich glaube die Heilerfolge J. v. K's. waren dann am glänzendsten als er mit seinem Mittel zu experimentiren. aufhörte.
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vortreten der Krankheit iu bestimmten typischen Formen unter be­stimmten gleichmässigen Modalitäten, wenn auch die Ausgänge ver­schieden sind.
Trotz allem Läugnen und allen Argumenten lässt sich die Tbat-sache nicht ändern, dass monatblinde Eltern wieder mönatblinde Producte erzeugen, es lässt sich weiter die Thatsache nicht läugnen, dass innerhalb gewisser Pferderacen die Monatblindheit ein constanter Fehler, eine häufige Krankheit ist. während wieder andere Pferderacen für diese Krankheit unempfänglich sind.
Was auch immer gegen den Einfluss der Häredität geschrieben und gesprochen wird, lässt sich dieser auf die Entstehung der Mouatblindheit nicht abstreiten, und gewisse Gestüts-Veterinäre werden das bestätigen müssen, abgesehen davon, dass man die gewichtigsten Autoritäten, wie Solleysel, Brugnol, Po/.zi, Müller, Braungord, Gerlach, Haase, Stoekfleth dafür hat, muss mau doch zugeben, dass wenn ich im Gestüte immer wieder Glieder einer und derselben Familie an Augenkrankheiten laborireu sehe, und trotz Klima und anderer Ursachen das übrige Gestüt verschont bleibt, dass wenn ich Familien, die bis jetzt von Augenleiden verschont blieben, mit solchen kreuze, die an Augen leiden und am Producte wieder Augenkrankheiten finde, denn doch für die Häredität einstehen muss. Die meisten Gestütsinhaber wollen aber dieses Factum nicht ein­gestehen, sondern trachten es ungeschehen zu machen, weil sich jeder fürchtet sein Gestüt in den Buf zu bringen mit einem Erbfehler behaftet zu sein. Da ist auch die Verwechslung der periodischen Augenentzündung mit anderen Augenkrankheiten daran schuld, denn ich wiederhole es noch einmal, die Monatsblindheit ist eine seltene Krankheit und nur 10 Percent der eingegangenen Bulben geht an periodischer Augenentzündung zu Grunde. Ich kann keine andere Ursache als Häredität gelten lassen, so­wohl Miokose wie meteorologisch klimatische Verhältnisse können als • directe Ursache angegeben werden. Schliesse man alle augenkrauken Pferde von der Zucht aus und die periodische Augenentzündung wird aufhören zu existiren. .
Die steierischen, friessländer, hollsteiner Pferderacen sind der Monat­blindheit sehr unterworfen, während nach Stockfleths Angaben bei dänischen Pferden diese Krankheit gar nicht vorkommt, ja gar nicht von den dänischen Fachmännern gekannt wird; anderseits ist die Beob­achtung, dass schwere Pferderacen eher für diese Krankheit prädisponireu ganz richtig, weil überhaupt der Bau des Kopfes und der Augenpartie bei solchen Kacen zu Augenkrankheiten prädisponiren. Jedenfalls ist aber die individuelle ererbte Prädisposition der wichtigste ursächliche Factor der Monatblindheit, was durch sorgfältige Beobachtung solcher Fälle in
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Gestüten edler ßacen zur Genüge bewiesen ist, wo doch Kacenpiädis-position nicht zur Geltung kommen kann.
Eine Thatsache der Beobachtung ist, dass Pferde, die nicht weiter ron monatblinden Eltern abstammen, jedoch an anderen Augenübeln litten, an ihre Producte die Prädisposition für Monatblindheit vererben, resp. deren Producte factisch an Monatblindheit erkrankten.
Es hat sich dadurch das Bestreben der Natur geäussert, im Leben entwickelte und im fertiggestellten Zustande Mängel von älteren Thieren auf das Product zu übertragen, wodurch wieder die angeborene Prädisposition gegeben wird; schon der Umstand, dass in allen Fachwerken, welche über Monatblindheit sprechen, diese Augenkrankheit als solche angesehen wird, die ausschliesslich in den ersten acht Jahren, am häufigsten vom zweiten bis zum sechsten Jahre auftritt, lässt diese Prädisposition als unum-stösslich zu.
Wir dürfen uns die bestehende ererbte Prädisposition nicht etwa im Baue des Auges im Verhältnisse seiner Mittheilhaber vorstellen, sondern der Keim der Prädisposition liegt in den feinsten tiefsten Cellularver-hältnissen jener Augentheilhaber, in welchen wir die ersten Anfänge dieser Krankheit entstehen sehen, es ist nicht die eigenthümliche Beschaffenheit der körperlichen Constitution wie es die Alten meinten, welche die Prä­disposition hervorruft, sondern es ist die Beschaffenheit der Fundament­elemente, diese Constitution der Cellular Verhältnisse in den Augentheil-habern selbst, welche diese Prädisposition, und zwar weil diese Miss­verhältnisse blos im Auge vorhanden sind, auch nur für das Auge verderblich macht, sowie etwa die Prädisposition für den Späth blos das Sprunggelenk angeht.
Demnach ist die Einwirkung des gesammten Organismus auf das Auge nicht nöthig um die Prädisposition zu schliessen, sondern der Keim derselben liegt in den Cellularverhältnissen der Augentheilhaber selbst, und zwar wie wir aus der Symphologie dieser Krankheit gesehen haben, in der Aderhaut und dem Ciliartractus.
Sobald eine durch ein solches Missverhältniss entstehende Organi­sation den ersten Impuls zum Irritationsprocess in Aderhaut, Ciliartractus und dem ganzen Auge gegeben hat, ist auch schon der Keim gelegt, aus welchem sich die Krankheit zu jener Höhe entwickelt, zu welcher wir gewohnt sind, sie steigen zu sehen. Mikroscopische Forschungen sind in erster Reihe berufen, diesem ursächlichen Varhältniss nachzuforschen; der Keim der Monatblindheit liegt also nicht innerhalb des Auges, sondern ist in diesem selbst. Sobald die ererbte Anlage auf die bereits erklärte Weise bestanden, sobald die ersten, wenn auch noch so geringen Anfänge einer Action der irritirten Theilhaber gegeben sind, ist schon der
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sympathischen Irritation ein offenes Feld gegeben, als zweiter Factor der Monatblindheit Ursache der Affection zu verpflanzen und weiter zur Voll­kommenheit gelangen zu lassen. Wie die sympathische üebertragung jeweiliger Krankheit von Organ zu Organ unstreitig ist, ebenso un-hestreitber ist das Auge der grösste Heerd sympathischer Processe. Was verstehen wir unter sympathischer Affection und warum ist das Auge und insbesondere in Fällen der Monatblindheit so häufig der Heerd sympathischer Affection? Auf die erste Frage zu antworten ist sicher jedem geläufig, der einigermassen die Verhältnisse der nervösen Elemente der Organismen im Allgemeinen kennt; doch bezüglich des Auges als Heerd sympathischer Affectionen, ist besonders der anatomische Bau und die physiologische Function der nervösen Elemente im Auge selbst die un.iusweichliche Ursache; die Verhältnisse der im Auge sich kreuzenden Nerven einerseits zum Centralorgane selbst, dann wieder die innigste Anastomose dieser Nerven-EIemente unter sich, einzelne Augentheilhaber die unzweifelhafte Verbindung und gemeinschaftliche Quelle dieser Nerven-EIemente gleichmässig in beiden Augen, zu Folge deren physiologischen Function diese nervösen Organe als einheitlicher Apparat betrachtet wird, das alles dedingt diese ausserordentliche Feinheit der Empfindungen und nervösen Function, welche nicht nur für jeden auch noch so unbedeutenden Keiz empfänglich ist, sondern auch diesen weiter fortpflanzen und auf das gleichmässige Organ und dessen partieipirenden Theilhaber über­mittelt. Auf diese Weise entwickeln sich eine Keihe sympathischer Affec­tionen im Auge, deren Glieder ausschliesslich ihren Bestand den anato-physiologischen Verhältnissen der nervösen Elemente des Auges zu ver­danken haben, und gerade die Glieder dieser Kette sind es, welche ins-gesammt die Monatblindheit ausmachen.
üeberflüssig wäre es, den anatomischen Zusammenhang der ner­vösen Elemente des Auges mit den übrigen substanziellen Theilhabern zu wiederholen, da dieses Verhältniss auf den betreffenden Stellen zur Genüge erklärt und besprochen ist, doch ist es nicht überflüssig zu erwähnen, dass die Nerven des Ciliartractus, also die Ciliarnerven, die vornehmlichsten Vermittler der sympathischen Irritation sind, und nicht blos von dem Cent rum ihres substanziellen Sitzes und Ursprunges aus, sondern von allen Verbindungs- und Anknüpfungspunkten ihrer Ausläufer die Mittheilhaber des Auges, dieselben also die eigentlichen Vermittler jener bereits erwähnten Glieder der Kette sympathischer Affectionen sind, obzwar die sympathische Vermittlung nicht ausschliesslich den Ciliar­nerven zukommt, sondern auch die übrigen nervösen Theile des Auges, vornehmlich die Netzhaut und Sehnerven daran bedeutend partieipiren und die sympathische Vermittlung bis an das Centralorgan über­greift, wie das bei Amaurosis oft der Fall ist. Er bleibt aber doch
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der nervöse Theil des Ciliartractus jener Factor, welche die sym­pathische Affection im diaptorischen Apparate unterhält, diese in das Centrum verpflanzt, und den Centralorganeu übermittelt und somit durch seine gleichnamigen Ciliarnerven des anderen Auges auf dieses über­mittelt.
Demnach ist die sympathische Vermittlung auf alle substanziellen Theilhaber des Auges ausgebreitet, die unter dem Einflüsse der Ciliar­nerven stehen, diese Vermittlung ist aber vornämlich durch substanzielle Veränderung der betreffenden Augeutheilhaber bedingt, obzwar auch sym­pathische Processe ohne nachweisbare substanzielle Veränderung vor­kommen und auf Rechnung der sympathischen Irritation zu stellen sind, welche dann nicht im Ciliartractus^ sondern in der Netzhaut ihre primäre Entstehung hat, von dem Ciliarnerven aber von der zweiten vermittelt werden kann. Auf die substanzielle Veränderung als Erreger der sym­pathischen Affection zurückkommend, wäre dann die Cyclitis und Chorioiditis a priori die Hauptquelle aller substanziellen (nicht iritativen) s_Ympathischeu Affectiouen und mit diesen im Verein auch die Iritis und Retinitis; da aber die combinative Erkrankung dieser Häute eben das Wesen der Monatblindheit schon an und für sich den gegebenen Verhältnissen der Krankheit zusichern, abgesehen davon, ob sie von der substanziellen Veränderung der unter dem Einflüsse der Ciliarnerven stehenden Theil­haber oder aber von dem Irritationsverhältnisse der Netzhaut ihre Ur-spruugsquelle haben, oder vom Sehnerv oder Centralorgane selbst (wie bei Amaurosis).
Demnach wäre die Vermittlung von Erkrankungen von einem Theil­haber des Auges auf den anderen und von einem Auge auf das andere wohl ganz erklärlich, und auch die sympathischen Verhältnisse der Monat­blindheit innerhalb deren Grenze klargestellt. Wenn die angeborene Prä-dispositiou der erste ursächliche Impuls zur Entstehung der Monat­blindheit ist, so ist sicher die sympathische Affection jener Factor, welcher die Krankheit zur weiteren Entwicklung von Theilhaber zu Theilhaber, von Auge zu Auge übermittelt.
Prognosis.
Ist ungünstig, denn die Heilung der Monatblindheit ist nur eine ausnahmsweise Sache, weil, wie wir gesehen haben, die Ursache des Leidens erst zu beseitigen ist, welches doch die erste Bedingniss jeder Heilung ist. Wie Stockf leth mit Recht bemerkt, bilden die massenhaften blinden Ausschusspferde in Deutschland, England, Frankreich und Oester-reich-Ungarn genügenden Beweis dafür.
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Therafie.
Das erste Princip zur Verhütung der Mouatblindheit ist der voll­ständige Ausschluss monatbliuder Pferde von der Zucht; nur weil diese Regel nicht streng durchgeführt wird, ist die Wahrnehmung der Krank­heit möglich.
Was die therapeutische Behandlung betrifft, so wird diese nicht von grossem Nutzen sein; je nach dem Stadium der Partialafi'ection ist die Behandlung der Iritis, Cyclititis und Chorioiditis angemessen an­zuwenden, vorzüglich jedoch nach der Vorschrift der Iritis und Chorioi­ditis, weil die Cyclititis als selbständige Krankheit nicht vorkommt und hier auch nicht beschrieben wurde.
Besonders ist in allen Anfangsstadien durch Einträufluug von Atropinlösung die Verwachsung zu vermeiden. Es hat den Anschein als ob bei der bedeutenden Entzündung der betreffenden Augentheilhaber Eisumschläge mit Erfolg anzuwenden wären, doch werden solche in der Regel mehr schaden als nützen.
Nützlicher sind innerlich Purganzen, besonders Mittelsalze und Weinsteinpräparate, nutzlos, ja schädlich, örtliche Reizungen, Haarseile, Fontanelle, scharfe Einreibungen, die in anfallfreier Zeit angewendeten Waschungen mit Pottaschelösung; auch hat die empfohlene Anwendung von Strichnin, Sublimat, Präcipitat, Calomel absolut keinen Wert. Die Behandlung ist ausschliesslich auf die Bekämpfung von Erkrankungen der einzelnen Theilhaber zu richten. Die innerliche Anwendung von Chinin, Sublimat, Terpentin, Leberthran ist auch ohne Nutzen.
Nützlich sind im Anfange der Krankheit Scarificationen, Blutegel (50 St. fünfmal nach einander, Stockfleth) Einreibungen von Quecksilber­salbe mit Opium auf den Augenbogen und Lider.
Man hat neuerer Zeit die Punctation der Hornhaut vorgenommen, die wässerige Feuchtigkeit entleert und die Iridectomie durchgeführt, wenn auch die Versuche von Dr. Berlin und Prof. Bassi ein negatives Resultat ergaben, so ist dennoch die Operation weiter zu versuchen, weil sie durch die bewerkstelligte Entspannung des Bulbus und des Ciliartractus Erfolg zu erwarten berechtigt, doch wäre die Operation frühzeitig, im Anfange der Krankheit, durchzuführen.
Die Ausführung der Operation und Nachbehandlung ist an gehöriger Stelle besprochen worden. Um die sympathische üeberführung der Krank­heit auf das andere Auge zu verhüten, ist das sicherste Mitte], die Exätirpation des bereits erkrankten Bulbus vorzunehmen, jedoch darf man nichts erwarten, wenn schon bedeutende substanzielle Veränderungen
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stattfinden, weil da die sympathische Affection bereits übermittelt wäre, daher die Operation zwecklos ist.
Sobald nachgewiesen ist, dass die vorliegende Krankheit die Monat­blindheit ist, ist ohne Säumen die Exstirpation vorzunehmen und so das eine Auge zu retten.
Natürlich scheitert vieles an dem Unverständniss und der Energie des Eigenthümers.
Die Monathlindheit ist in den meisten mitteleuropäischen Staaten Gewährsmangel und hat in Oesterreich-Ungarn, Deutschland etc. eine Gewährszeit von 30 Tagen.
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Die Linse und Linsenkapsel.
Anatomie und Physiologie der Linse und Linsenkapsel.
Die Linse, Krystalllinse (Lens crystalina) ist ein vollkommen durch­sichtiges kristallhellfs linsenartiges Gewebe, welches zwischen der Iris und dem Glaskörper gelegen ist, vom Faltenkranze der Aderhaut umgeben wird und mit diesen Theilen verbunden seine Lage dazwischen einnimmt.
Die Form der Augenlinse ist beim Pferde kreisrund und lässt in Folge dessen zwei Flächen und einen kreisförmigen Kantenrand unter­scheiden; vermöge dieser Form ist die Linse an den Strahlenkranz (cor­pus ciliare) der Aderhaut und durch Anlagerung an die tellerförmige Aushöhlung des Glaskörpers an diesen befestigt; die Verbindung der Linse mit dem Ciliarkörper vermittelt das Aufhängeband der Linse (Camino cili-aris), welches bei Menschen eine gewisse Stärke und Elasticität besitzt (bei Thieren fehlen darüber noch genaue Angaben), das Aufhängeband der Linse ist eine aus der Netzhaut und dem Glaskörper hervorgehende Membran (siehe Glaskörper), welche die Verbindung des Linsenrandes mit den Ciliarfortsätzen vermittelt.
Die beiden Flächen des Krystallkörpers sind nicht gleich convex, denu die Krümmung der hinteren Fläche ist bedeutender als die der vorderen; die vordere Fläche liegt unmittelbar hinter dem Sehloch und der Traubenhaut der Iris und ist gleichsam in das Kammerwasser einge­senkt, resp. wird von diesem bespült; die hintere stärker gekrümmte Fläche ist in die entsprechend tellerförmige Grube des Glaskörpers passend einge­lassen.
Nach Messungen von Leisering und Frank ist der Radius der vorderen Linsenkrümmung 15 Mm., der der hinteren 10 Mm., die Tiefe der Linse 15 Mm., die Höhe und Breite derselben 24-4 Mm., jedoch mit Vorbe­halt einzelner möglicher Schwankungen, angegeben. Die Linse, als Körper
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betrachtet, besteht aus zweierlei Theilen, aus der Hülle und der eigent-licheu Linsensubstanz.*)
A.nbsp; Die Liusenkapsel, Linsenhülle, capsula lentis, ungefähr wie die Schale eines Apfels das Parenchym, umschliesst die Linsenkapsel die eigentliche Linsonsubstanz und bildet diese Verhüllung ein unterbrochenes Ganzes. Die Kapsel ist eine vollkommen durchsichtige, glashelle, spröde und elastische Membran und soll diese durchsichtige Eigenschaft nach jahrelanger Aufbewahrung in Weingeist, Sublimat oder Essigsäure bewahren, ist also in dieser Eigenschaft mit der descemetischen Haut der Cornea gleich; mit der Liusensubstanz ist sie nur schwach verbunden, so dass beim Aufschneiden der Linsenkapsel letztere leicht heraustritt; wird die Linsenkapsel eingerissen, so rollt sich diese leicht auf.
Das Gewebe der Liusenkapsel soll ohne nachweisbare histologische Elemente structurlos sein, wenigstens ist es bis jetzt den Anatomen nicht gelungen, Gefässe, Nerven oder deutliche Faserung nachzuweisen; obwohl an der inneren Fläche der vorderen Wand Lagen structurloser polygonaler Zellen vorkommen, werden diese nicht als Zellen der Kapsel, sondern als solche der Linsensubstanz angehörende Schichte (nach ßabuchin) betrachtet; denn durch sorgfältiges Abstreifen kann diese Fläche von der Liusenkapsel befreit werden (Brücke), die vordere Fläche ist mit einem ähnlichen feinen Epithel wie an der descemetischen Haut überzogen.
B.nbsp; Die eigentliche Linse oder das Linseuparenchym könnte man in zwei Lagen eintheileu, den Linsenkern und die Binde. Die Binde ist nach der Entfernung der Kapsel nach aussen weich, feucht, fast breiartig; je mehr man sie im Durchmesser nach innen verfolgt, wird man diese schicht­weise immer dichter und fester finden bis sie in der Mitte eine ziemlich bedeutende Härte erlangt, und den Linsenkern bildet: sowohl der Kern als auch die Binde besteht aus concontrisch übereinanderlagernden Blättern; diese schichtweise Anordnung lässt sich nach Leise ring angetrockneten oder gehäxteten Linsen schön nachweisen, welche sich wie die Schalen einer Zwiebel zu einander verhalten. Uebrigeus ist diese Schichtung auch an frischen Linsen zu merken.
Diese Linsenblätter (lamina lentis) bestehen aus sechsseitigen abge­platteten langen bandförmigen Fasern, den Linsenfasern oder Linsenbändern ;
*) Dlaquo;r Biechungsiudex und dessen Verhältnisse sind nach Forschungen Mat-thiessens für die Linsenkapsel (y : b = 1.0) 1.3784, für Corticalschicht (y : b = 0.8) 1.3970, für die mittlere Schicht (y : b = 0.55) J.4265, für die äussere Kernschicht (y : b = 0.35) 1.4392, für Kerncentrum (y : b =0.0) 1.4458. Nach Becker wäre dieser für den vorderen Pol 1.3845, für den Linsenkern 1.4341, für den hinteren Pol 1.3885. — Berlin stellt den Totalindex der Linse W.j = 1.4887 fest, welchen er aus den Bccker'schen Messungen ableitet. (Siehe Berlin, über den physikalisch-opti­schen Bau des Pferdeauges, Zeitschrilt für vergleichenJe Augenheilkunde. Heft I. 1882).
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diese Faseru, welche durch Nebeneinanderliegen eiu Blatt bilden, sind zartwandige regelmässig geordnete Köbrcheu (siehe Leisering) mit einem zähen Inhalte, welche die Grundelemente der Linsensubstanz bilden; sie sind Produkte zelliger Bildung und greifen durch zackige Känder ineinander fest ein, die Fasern verlaufen im Allgemeinen von der Mitte der Linse nach dem Rande und über denselben zur Mitte zurück; man sieht nicht etwa den Rand als Abschluss joder Faser betrachtet, da sie sich am Rande zu grössereu Gruppen vereinigen. Nach chemischen und mechanischen Einwirkungen auf die Linsenfläche sehen wir sternförmige Figuren ent­stehen oder die Linse in keilförmige Abschnitte zerfallen, deren Spitzen nach dem Linsencentrum hin verlaufen.
Diese, zwischen solchen Abschnitten befindlichen Streifen heisst man die Näthe. In denselben fehlen die Liusenfasern und werden diese theils durch eine homogene theils feinkörnige Masse von weicher Beschaffenheit ersetzt.*)
Wie schon oben erwähnt wurde, sind bis jetzt mit Bestimmtheit weder Gefässe noch Nerven in der Linse nachgewiesen worden. Wenn die Linse überhaupt durch Gefässe ernährt wird, was man doch als wahrschein­lich annehmen kann, so geschieht die Ernährung, wie das Arlt angibt, in ihrer vorderen Hälfte durch die Zouula, in ihrer hinteren mittelst der Hyoloidea; meiner Ansicht nach dürfte hier durch Gefässzweigchen, oder wenn nicht von diesen, so doch durch Ex- und Endosmose vom corpus ciliare aus die Ernährung stattfinden. Die physiologische Aufgabe der Linse ist folgende:
Der KrystaUkörper lässt die Lichtstrahlen, nachdem diese die Pupille passirten, nicht einfach durch sich gehen, sondern ändert ihre Richtung solcher Art, dass sieb dieselben hinter ihm an einem bestimmten Punkte vereinigen; er ist die vollkommenste biconvexe Linse, und bildet im Vereine mit der Hornhaut und dem Kammerwasser ein vollkommenes System zweier Sammellinsen.
*) Die Entfernungen tbr Linse von der Cornea resp. von der Retina beim Pferd von der Cornea 5.5 (nach Matthiesen), 8.5 (nach Berlin), von der Betina (nach Matthiesen 18.5, nach Berlin 21.75). Beim Kind nach Koschel von der Cor­nea 4.4, von der Retina 15.8. Beim bchaf von der Cornea 11.8, von der Retina 10.9. Der Querdurchmesser der Linsenaxe ist nach Berlin 13—25 mm, beim Pferd und Rind 12.0mm, beim Schaf 10.4mm, Schwein nach Matthiesen 7.5mm, Katzen 7.5mm. = Die Gewichtsverhältnisse der Linsen sind folgende: Pferdeltnsen wiegen im Durchschnitte 5.2 Gr., verhalten sich zum Auge wie 1 : 19.4, Rindsliusen 4.3 Gr. (1:15.1), Schafslinsen 2.3 Gr. (1:10), Schweinslinsen 1.55 Gr. (1:12.3). (Siehe Jioschel, Verhältnisse der Linsen.)
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Krankheiten der Linsenkapsel und Linse.
A. Entzündimg [Periphacitis).
Eigentliche Entzündung der Linsenkapsel (Periphacitis) und Linse zu koustatiren, sowie wir diesen Process bei dem übrigen Gewebe des Auges zu sehen gewohnt sind, dürfte wohl selten oder noch gar nicht gelungen sein; ich habe eine solche selbständige Entzündung nicht gesehen und bin aussei- Stande Erscheinungen anzugeben, welche diesen Vorgang charakterisiren könnten; auch in der mensch liehen Oculistik ist man über Auffassung der selbständigen Entzündung der Linse und Kapsel ungemein vorsichtig.
In der Veterinär-Literatur findet man von Bleiweiss über Ent­zündung der Linsenkapsel Angaben, welche er dadurch charakterisiren will, dass das Vorhandensein entzündlicher Symptome am Auge, die bläulich weiss getrübte Linsenkapsel mit der Entzündung behaftet, während bei Mangel an allgemeinen Entzündungsmerkmalen diese Trübung als Staar aufzufassen sei.
Abgesehen davon, dass diese Behauptung jeder wissenschaftlichen und erfahrungsgemässeu Grundlage entbehrt, zerfällt sie in Nichts, wenn man bedenkt, wie oft man neben Staar Entzündungssyraptome gesehen hat, welche sich auf das ganze Auge oder auf die Nachbartheilhaber der Linse erstrecken; wenn man weiter bedenkt, dass entzündliche Processe der Nachbartheilhaber der Linse, seien dieselben auf welche Grundlage immer zurückzuführen, kaum die Linse unberührt lassen können, und wenn auch der grosse Maugel an Gelassen in der Linse und Linsenkapsel die Entzündung nach dem gewohnten Massstabe nicht entstehen lässt, doch eine grössere Gereiztheit, wenn auch keine merkliche Abnahme der Durchsichtigkeit hervorrufen kann.
Gerade dieser Umstand erlaubt die Annahme, eine locale Entzündung der Linse und Linsenkapsel sehr in Zweifel zu ziehen, denn sowie die Mitaifection der Linse in der Praxis und besonders in der Veterinärpraxis bei entzündlichen Processen der Augentheilhaber oder des ganzen Bulbus konstatirt ist, so ist wieder ein selbständiger Process in der Linse kaum beobachtet worden, aber auch nach dem jetzigen Stande der anatomischen Kenntniss der Linse in der Ausdehnung jener der Entzündung zukommenden Vorgänge kaum recht denkbar (wenn die neuere Forschung nicht etwa besseren Aufschluss bringt). Ein der Entzündung ähnlicher selbständiger Process in der Linse und Linsenkapsel ist nur durch eine vermehrte und heftige Ex- und Endosmose vom corpus ciliare aus denkbar, wovon anzu-
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nehmen ist, dass dieses Gebilde ernährt wird. Ein gleicher Vorgang dürfte auch in solchen Fällen eintreten, wo wir die Linse neben Eützündungs-processen anderer Augentheilhaber mit afficirt sehen; dennoch entfällt die Angabe positiver charakteristischer Merkmale und Erscheinungen einer Linsen- und Linseukapsel-Eutzüuduug.
Selbständig habe ich weder solche Entzündungen gesehen, noch auch in der Veterinär-Literatur verlässliche Daten gefunden.
Der fleis'sige Gebrauch des Augenspiegels wird sicher diese Frage befriedigend lösen.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass hervorragende Oculisten, wie Arlt, in ihren Werken die selbständige Entzündung der Linse und Linsen-kapsel ganz übergehen und in Zweifel stellen. In der Veterinär-Oculistik ist dieser Vorgang thatsächlich weder beschrieben noch beobachtet worden und alle hier einschlagenden Fälle sind als Staar aufzufassen.
Trübung, Oataraeta {grauer Staar).
Ein sehr häufiger und in der Veterinärpraxis beklagenswerther Vor­gang in der Linse ist die Trübung und schliesslich völlige Verdunklung und Degeneration derselben. Die Trübung der Linse (cataraeta lenticularis) betrifft entweder die Eindensubstanz (Cataraeta corticalis) oder den Lin-seukern (cataraeta nuclearis), oder aber erstreckt sich die Trübung auf beide Theile, Staar, Cataraeta totalis.
Vorkommen und Ursache.
Der graue Staar ist ein sehr häufiger Befund in der Veterinärpraxis; sein Vorkommen ist das Endresultat mehrseitiger Erkrankungen am thieri-schen Auge. Die Möglichkeit des Vorkommens von Cataraeta hat in der Veterinäroculistik eine eminente Bedeutung auf die nachtheiligen Abschlüsse äctioneller Vorgänge im Augapparate. Diese Möglichkeit benimmt in vielen Fällen die unter anderen Umständen vielleicht berechtigte Hoffnung auf Heilung bestimmter Augenübel.
Obwohl sich die ursächlichen Normen des Staares beim Menschen und Thiere — auf das staarig gewordene Organ selbst Kücksicht genom­men — vom pathologischen Vorgänge, der solche Trübung hervorruft, ganz gleichen, so sind diese doch in der anregenden Ursache zu solchem Processe beim Thiere wesentlich verschieden von jenen beim Menschen.
Während beim Menschen das Alter, die constitutiouellen Missver-hältuisse eine besonders hervorragende Bolle in dem Reiche der ursäch­lichen Normen einnehmen, und die Entzündung erst in zweiter Reihe als solche berechtigten Platz einnimmt, ist gerade bei Hausthieren und
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insbesonders beim Pferde die entzündlicbe Action der Augentheilhaber, welche schliesslich die Linse, weuu auch uicbfc iu förmlich ausgesprochene Entzündung, so doch in Mitaffection und Irritation mit einzubeziehen im Stande ist, vorherrschend, und ist so als primitivster Anreger des ca-taractösen Processes auf das Linsensystem von besonders nachtheiliger Wirkung.
Es lässt sich nicht leugnen, und muss als Thatsache der Beobachtung hervorgehoben werden, dass auch bei Hausthieren Alter und Missverhält­nisse des Organismus den Staar hervorrufen und anregen können; wir wollen nur den senilen Staar bei alten Hunden erwähnen. Doch muss diese Norm sicher der Einwirkung der Entzündungsprocesse auf die Linse in Anbetracht der Häufigkeit ganz untergeordnet werden.
Eine weitere besonders hevorzuhebeude Ursache des Staares bei Thieren und Menschen ist die erbliche Anlage ; sowohl in der mensch­lichen Oculistik als auch iu der Veterinär-Literatur sind zahlreiche Fälle verzeichnet, wo mehrere Glieder einer Familie von diesem verderblichen Augenübel befallen wurden.
Die Veterinär-Literatur hat die Monatblindheit als analoges Ver-hältniss schon oft verzeichnet; dieser Umstand zur Seite gestellt ist Lei Hausthieren die Entzündung, sei dieselbe auf welcher Grundlage immer entstanden, der häufigste Veranlasset- von cataracta, wenn nicht, wie schon oben bereits erwähnt wurde, unter den der Entzündung zukommen­den Vorgängen, so doch als übertragender Iritansprocess von dem entzün­deten Nachbartheilhaber auf die Linse und Linsenkapsel übergeht.
Dennoch ist das Vorkommen des Staares nach jeder hochgradigen entzündlichen Augenkrankheit möglich und denkbar, ja dieses ist eine festgesetzte Thatsache der Beobachtung, wie wir das in der Praxis oft sehen.
Blennorrhoe, Keratitis, Iritis etc. gönnen die Grundursache des Staares werden, und dass nach Entzündung des Ciliartractus der Staar am häufig­sten beobachtet wird, ist doch eine anerkannte Sache, da doch der Ciliartract der nächste Nachbar der Linse ist.
Aus diesem ist auch erklärlich, warum die periodische Augenent­zündung bei Pferden fast ausschliesslich mit Staar zum Abschluss kommt, ja diesen hervorruft, ohne dass eigentliches Glaucom zugegen ist. Die Monatblindheit nimmt in der Keihe der Erreger cataractöser Processe den ersten Platz ein, sie ist der grösste Feind der Linse; die grosse Gefährlichkeit der Monatblindheik für die Linse hat nur darin ihren Grund, weil das eigentliche Wesen der Monatblindheit im Ciliartractus ihren Sitz hat.
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Kennzeichen und Arten des Staares.
Die sichtliche Trübung der Krystallinse und das gestörte oder gänzlich aufgehobene Sehvermögen sind die präcisen Kennzeichen des grauen Staares, welche wir immer finden werden, doch diese Kennzeichen werden wir je nach dem Grade und Art der Affection in verschiedenen Abstufungen vorfinden, welche uns dann als Charakteristicum dieses genauer präcisirten cataractöseu Processes dienen und solche nach Ab­stufungen, Umfang und Intensivität klassificiren, das verlässlichste Mittel nach der Vorname der schon besprocheneu Art der Augeuuntersuchung ist die Anwendung des Augenspiegels, um auch die geringste Trübung im Bereiche der Linse und ihrer Kapsel nachzuweisen. Sobald mit diesem der Augengrund hell beleuchtet wird, kann man jede Trübung als ein graues Wölkchen unterscheiden.
Wenn man sich einer oberflächlichen Diagnose nicht hingeben will, sondern sich über die Art der Trübung aufklären will, ist dieses Verfahren unerlässlich. wenn auch in der Praxis entbehrlich, so doch in der Schule und auf der Klinik, wo nur die Gründlichkeit am Platze sein soll, nie zu unterlassen.
Insoweit die Sortirung der Staararten in der Veterinärliteratur über­sehen wurde, und wo meine Erfahrung nicht ausreichte, habe ich die fest­gesetzten Regeln der menschlichen Oculistik acceptirt.
I. Kernstaar wird die Linsentrübung geheissen, wenn sie sich auf den Kern oder einen Theil desselben beschränkt; ein solcher Kernstaar ist eine scharf begrenzte mohnkorngrosse, grauweisse, punktartige Trübung des Linsenkernes, oft von licht oder dunkelgrauem Hofe umgeben; beim Kernstaar kann der Kern allein verdunkelt sein oder es ist auch die in dem Kern lagernde Masse trübe, dann erscheint der schon erwähnte Hof und verdunkelte Kern ; Ceutralkerustaar wird eine solche Trübung dann genannt, wenn sich dieselbe ausschliesslich auf das Centrum des Linsen­kernes beschränkt; die Cousistenz des Kernes ist dann entweder wachs­artig, derb und zäh oder in anderen Fällen etwas weicher teigig, oft wieder bröcklig. Als Varianten des Kernstaares sind zu nennen:
a) der harte Kernstaar. Diese Staarform wird zumeist in jenen Fällen gefunden, wo die cataractöse Trübung in hohem Lebensalter als seniler oder auch rein pathologischer Process angetroffen wird. Nach Arlt soll diese Verdunklung im Centrum beginnen und von da immer weiter gegen die Peripherie fortschreiten; nachdem die Centraltrübung einige Zeit fort­bestanden hat, gesellt sich auch die Trübung der Rinde hinzu. Die Trübung des Centralkernstaares zeigt eine gelblich graue bisweilen in's grünliche nuancirende Färbung.
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Ist die Trübung des Kernes eine totale, den ganzen Kern einehruende, dann ist die Farbe ein helles Grau, der Schlagschatten, welchen mau wegen der Entfernung des getrübten Kernes von der Iris wahrnimmt, und welchen man bei gut einfallendem Lichte bemerkt, ist halb mondförmig. Ist die Farbe der verdunkelten Linse dunkelkastanieubraun, dann ist die Diagnose, zumal wenn die Nachbartheilhaber gesund sind, ohne Augenspiel sehr schwierig; Nachdem die Trübung im Auge bereits ausgesprochen ist, verpflanzt sie sich auch auf das zweite Auge, welchen Vorgang wir in der Praxis so oft Gelegenheit zu beobachten haben.
6) Der weiche Kernstaar; er kommt häufig nach Einfluss entzünd­licher Processe im Auge vor, ist von lichtgrauer, anfangs bläulicher Färbung, molkenähnlich ausgebreitet und nirgends begrenzt. Die Trübung des Kernes ist bald weich breiartig, und im Verlauf von eiuigen Wochen oder Monaten zur Entwicklung gelangt, dann in der Regel in seiner Ent­wicklung fortschreitend wird er zu einem Totalstaare; wenn sich ein solcher entwickelt hat, ist es schwer zu bestimmen, welcher von diesen voraus­gegangeneu ist; diese Staarform finden wir sehr häufig bei Pferden, oft als Endabschluss der Monatblindheit, erst auf dem einen, und bald dar­nach auf dem anderen Auge sich entwickelnd.
II. Der Rlndenstaar ist jene Form der Linsenverdunklung, welche ihren Ausgangspunkt aus der Rindensubstanz der Linse nimmt, die Trübung ist gleichmässig spinngewebähnlich und rauh, gleichsam als Beschlag über die Vorderfläche der Kapsel ausgebreitet, oder aber als einzelne weisse oder gelblich graue Streifen und Flecken, von gelblich weisser Milch oder opalartiger Färbung, die im ganzen Anfange über die Fläche verlaufen. Der Ausgangspunkt des Rindenstaares ist in der Regel der Rand der Linse weshalb, wie das auch Beobachtungen bestätigen, derselbe auch zu­meist als Schluss entzündlicher Augenleiden gefunden wird. Wenn sich vom Rande aus die weissgrauen Streifen, welche als Zeichen einer Staar-entwicklung auftreten, gegen die vordere Fläche hinneigen und ein merk­licher Theil dieser Fläche die Verdunklung eingeht, von da aus sich dann der Process auf die übrigen Theile der Linse verbreitet oder mit schon vorhandenen Verdunklungen in der Tiefe der Linse vereint, wird dieser Process vorderer Rindenstaar genannt.
a) Der vordere Rindenstaar erscheint dann von seinem Aus­gangspunkte aus in Form linealer centripetaler Streifen mit oder ohne gleichmässiger Trübung; derselbe ist immer lichtgrau und wird nur durch die verdunkelten Bindefasern bläulich weissgrau modificirt.
Können von den tieferen Lagen noch Lichtstrahlen zurückreflec-tiren, so bemerkt man auch hier den Schlagschatten der Iris. Weitere Farbennuancirungen findet man, wenn die Trübung sehr be-
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trächtlich und dicht ist und sich die Farbe dem kreideweiss nähert., doch mangelt die Gleichmässigkeit und Reinheit der Kreide; von sehnen-oder perlmutterartigem Glänze ist die Färbung dann, wenn sich die getrübte Partie direct an der Kapsel befindet, gleichsam als Beschlag an der hinteren Fläche der Kapsel haftet; wenn gleichzeitig auch der Kern verdunkelt ist. so hebt sich diese lichte Färbung gegen das grau­gelbe lies Kerustaares besonders ab und wir sehen dann diese zwei Farbeurichtungen ausgesprochen.
b)nbsp; DerhintereRindenstaar wird von einer Trübung eingeleitet, welche von der hinteren Hälfte der Riudensubstanz ausgeht. Diese Trü­bung ist nicht immer gleichmässig, sondern in Gestalt zackiger oder keil­förmiger grauweisser Streifen zwischen dem klaieq hellen Räume, welche diese Streifen lassen, können noch Lichtstrahlen durchdringen, so lange bis sich nicht zu dieser bestehenden Trübung noch weitere Trübung des Kernes oder der vorderen Rindensubstauz gesellt. Die nun so durchgedrun­genen Strahlen werden zurückgeworfen, und wenn sie durch den gelben Kern durchgehen, verleihen sie der Linse eine gelbliche oder boutteillengrüne Färbung, durch welche mau sich aber nicht zu der Annahme verleiten lassen darf, hier Glaucom zu diagnosticiren.
c)nbsp; Totaler Linsenstaar. Ob die Verdunklung der Linse vom Kerne oder der Rinde ausgeht, ob die eine oder die andere lange Zeit isolirt bleibt, schliesslich wird doch die ganze Linsenmasse ergriffen, und wir bekommen den totalen Linsenstaar zu sehen. Die Entwicklung des totalen Linsenstaares geht hakquot; vom Kern, bald von der Rinde, bald von beiden zugleich aus; desshalb bietet der totale Linsenstaar in der Art der Verdunklung und Färbung ein verschiedenes Aussehen dar, was von dem Fortschritte der Entwicklungsstufe abhängig ist und der Verdunkluugs-und Verbindungsprocess im inneren der Linse sich in seiner Abstufung dem Beobachter vorstellt. Das Aussehen des totalen Linsenstaares ist also von der Entwicklung der Ausdehnung und der Consistenz abhängig. Im Allgemeinen gilt der Satz bei den Oculisten, je dunkler die Farbe der getrübten Linse, um so härter der Staar, welche Behauptung übrigens nicht fest steht und Abweichungen vorkommen. Bei völliger Verdunklung und Erweichung der Rinde ist die gleichmässig gesättigte weisse, bläu­liche oder gel blich, graue Färbung vorherrschend, überhaupt bei Verflüssi­gung der Linse, während man bei Verkalkung des Krystallkörpers gleich-massiges kreideweisses und lichtgelbes Aussehen findet; bisweilen findet man in der gleichmässig getrübten Fläche dunklere oder lichtere Punkte, es sind das zweifelsohne jene in der Menschenoculistik angeführten spe-cifisch schweren Körner (vom Verfasser oft beobachtet).
Ein Charakteristikum des Totalstaares ist, dass er keine halbmond­förmigen Schlagschatten wirft, was sehr leicht zu erklären ist, nachdem
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die ganze Linse gleichmässig verdunkelt, weder Strahlen durcblässt noch reflectirt.
III. Kapselstaar wird jene Trübung der Linsenkapsel genannt, welche sich entweder als Auflagerung von Exsudat auf die äussere Fläche der Kapsel (Cataractar super) oder als Verdunklung nud Degeneration der Kapselsubstauz selbst äusseru; solche Trübungsprocesse sind er-fahrungsgemäss zumeist in der vorderen Hemisphäre der Liusenkapsel zu tiuden und werden dann als vorderer, im entgegengesetzten, doch viel seltenerem Falle als hinterer Kapselstaar aufgefasst. Der vordere Kapsel­staar (auch wahrer Kapselstaar) ist eine gleichmässig ausgearbeitete, stellen­weise mehr oder weniger gesättigte, bläulich oder grauweisse Trübung, welche unmittelbar hinter der Iris erscheint. Diese Trübung ist immer mehr oder weniger gleichmässig verbreitet, niemals nach bestimmter symme­trischer Ordnung in Streifen, Radien und Sectoivn der Linse.
Die Kapsel ist durch Infiltrationen und Auflagerungen zu einer körnigen Masse verdickt, derb und zähe, die Trübung ist im mittleren Theile der Kapsel vorherrschend und reicht selten bis zum Rande der­selben, ist unregelmässig und oft scharf begrenzt. Die genannte körnige Masse ist fest an die Kapsel gebunden und lässt sich von dieser schwer oder gar nicht trennen.
Diese Form von Cataracta ist für den Veterinär die wichtigste, denn sie hängt mit den Congestiv- und Entzündungszustäuden der Chorioidea zusammen und ist die häuflge und verderbliche Folge der Monatblindheit als Endresultat (siehe Monatblindheit) und Iridochorioiditis recediva. Sie ist mit dem Processe im Ciliartractus eng verbunden. Ob dieser Vorgang mit der Entzündung der Linsenkapsel (Periphacitis im Zusammenhange steht, lässt sich so lange nicht entscheiden, bis darüber nicht genaue Auf­klärungen vorliegen. Der hintere Kapselstaar wird hier erwähnt, weil er in einer vollkommenen Arbeit nicht fehlen darf; in der menschlichen Ocu-listik wird sein Vorkommen als sehr selten bezeichnet. Er soll in Form haufkorngrosser oder eckiger centraler weisser und weissgelblich schillern­der Scheiben vorkommen. In der Veterinärliteratur mangeln darüber An­gaben; ich habe nicht Gelegenheit gehabt, denselben genau zu studiren, möglicherweise ist er auch im Anfange meiner Augenpraxis übersehen worden, letztere Zeit konnte ich davon nichts beobachten.
Verschrumpfang des Krystallkörpers.
Durch Erschütterung, Verschiebung der Linse, durch Verletzung der Linsensubstanz oder Kapsel durch Zerreissung der zonula cinii, durch erfolgten Zutritt des Kammerwassers zur Linsensubstanz, sei diese auf quot;welche Art immer erfolgt; durch Verschiebung des Ciliarkörpers über-
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haupt, wird die Linse und Linsenkapsel verflüssigt, und verliert nicht nur durch partielle oder totale Trübung ihre Durchsichtigkeit, sondern auch ihre Form, indem sie schrumpft; hievon sehen wir einige cataracte Formen entstehen, welche nicht nur Trübung, sondern auch Schrumpfung des Krystallkörpers zeigen. Wir sehen in solchen Fällen, wenn die Linse merk­lich geschrumpft ist oder fehlt, die Iris bei raschen Kopfwendungen deutlich schlottern, doch ist dasselbe nicht immer zugegen, besonders dann nicht, wenn die Iris angewachsen ist.
Solche Schrumpfungen und Trübungen der Linse aussein sich folgendermassen: Die Trübung ist theilweise oder gänzlich undurchsichtig, kreide- oder gelblichweiss, auch blauweiss, spinugewebeähnlich; die Kon­sistenz kann knorpel- oder lederartig, auch weicher, mürbe, bröcklich, leicht zerreisslich sein (diesen Befund nennen die Augenärzte: Cat. membranea, traumatica, secundaria), weil die zurückgebliebenen Linseupartikelchen nach Staaroperationen oft solche Veränderung eingehen. Zumeist wird dieser Process durch Schrumpfung und Faltung der vorderen Kapsel, durch Substanzveränderung nach heftigen Entzttndungsprocessen im Bulbus (oft bei hochgradiger Blennorrhoe von mir beobachtet) hervorgerufen.
Bei hochgradiger Irisentzündung, wo Auflagerungen an die Aussen-liäche der Kapsel stattfinden, kann er als Folge der Iritis hervorgehen-
Bisweilen werden wir den Krystallkörper gänzlich oder theilweise geschrumpft, die Kapsel aber vorhanden getrübt und verdickt finden; die Verbindung der Kapsel mit dem Ciliar und Glaskörper ist bedeutend ge­lockert, auch manchmal gänzlich unterbrochen.
In Folge dieser Veränderung wird der Krystallkörper in eine schlaffe Blase verwandelt, welchen Zustand man Balgstaar (Catar. C3rstica) genannt hat. Es dürfte dieser Zustand bei Pferden häufiger als man glaubt, zu finden sein, da m sich am häufigsten au Buiben entwickelt, welche an Chorioiditis und Iriuochorioiditis litten und gerade dieser Process bei der Monatblindheit ein wesentlicher Theilhaber ist, also ist bei eataraetösen Pferdeaugen nach Monatblindheit auf den Balgstaar besonders zu achten. Auch soll diese Form nach Erschütterung der Linse vorkommen.
Cataracta arida siliquata heissen die Monschenärzte jene Staarform, wo die Linsensubstanz eingedrückt, eine ganz undurchsichtige weiche Masse darstellt; die Kapsel ist hier gerunzelt und in ihrer Substanz ver­ändert, ähnlich einer eingetrockneten Schotenfrucht; des Krystallkörpers halber ist dieser Form obiger Nnme gegeben worden, der für den Ve­terinär nichts Wesentliches enthält.
Nach Erschütterung und Dislocation der Linse soll diese Form am häufigsten sein.
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Veränderung der Lage.
In Folge mechauischer Einwirkungen von aussen verändert die Linse manchmal ihre normale Lage und kommt zur Senkung, um auch in kurzer Zeit getrübt zu werden. Je nach der Art der Einwirkung findet man die Linse in die Vorkammer vorgefallen, wo sie dann mit Kammerwasser umspült ist, und kann auch dort theilweise aufgesogen werden. Zumeist erregt die vorgefallene Linse Entzündung der Nachbartheilhalber oder auch des ganzen Bulbus, was zumeist dann geschieht, wenn die Linse einiger-massen in die Iris eingeklemmt ist.
In solchen Fällen ist die Linse vom Ciliar- und Glaskörper getrennt, oft ist auch die Kapsel eingerissen.
Alle möglichen Zufälle und pathologischen Processe folgen solchen Dislocationen und Luxationen der Linse je nach der einen oder anderen Entwicklungsart, und wir finden dann in solchen Fällen Schrumpfung, Erweichung, Verflüssigung etc. des Krystallkörpers und haben dann nach abgeschlossenem Processe, die betreffende Cataracta-Art mit Luxation odei Dislocation der Linse.
Prognosis.
Für das Pferd und die anderen Hausthiere ist der graue Staar überhaupt ein unheilvolles, schweres Augenleiden, für welches in der Veterinärwissenschaft leider keine Hilfe existirt, und somit jede Hoffnung auf Heilerfolg schwindet; obzwar auch für den Menschen der Staar ein für das Augenlicht gefahrdrohendes Leiden ist, wird doch die Verderb­lichkeit dadurch vielseitig gemildert, dass durch operatives Eingreifen manchem unglücklichen das Sehvermögen wieder zurückgegeben wird, was bei Hausthieren aus Gründen, die wir unten anführen werden, kaum oder gar nicht möglich ist.
Nachdem unter solchen Umständen, das durch die Trübung des Krystallkörpers gesetzte Hinderniss nicht beseitigt werden kann, und wenn dasselbe auch mit Erfolg zu beseitigen wäre, dennoch ein so bedeutender Faktor, wie die Linse im Auge des Thieres nicht so wie beim Menschen künstlich ersetzt werden kann; so ist die Prognosis für alle Fälle un­günstig sowohl mit Rücksicht auf den Ausgang des Leidens selbst, als auch mit Rücksicht auf den Heil- und operativen Erfolg.
Behandlung.
Nach dem Stande der heutigen medicinischen und oculistischen Wissenschaft ist es noch nicht gelungen, durch pharmaceutische und
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diätetische Behandlung factisch ausgesprochene Trübung der Linse und deren Kapsel zur Heilung zu bringen.
Jedem Laien ist es heute schon bekannt, dass der graue Staar nicht anders als durch operatives Eingreifen beseitigt werden kann. Es sind zwar einzelne Fälle spontaner Herstellung des Gesichtes möglich, jedoch nicht Heilung des Staares. Durch Senkung des Krystallkörpers in dem erweichten Glaskörper, der Berstung der vorderen Kapsel und Kesorption der Linse durch Verschrumpfung etc. wird das Hiuderniss der getrübten Linse theilweise beseitigt und die Lichtstrahlen können zur Netzhaut ge­langen; doch ist diese spontane Wiederherstellung des Lichtes eine Seh­störung, denn das Thier kann ohne Linse das Object nicht zu Gesicht bekommen, wie es in der Wirklichkeit ist. und ein solcher Zustand ver­ursacht in der Kegel einen grösseren Schaden als Nutzen. Trübungen der Linse und Kapsel, welche das Gesicht aufheben, können nur durch Ent­fernung des getrübten Theiles aus der Sehaxe für das Auge unschädlich gemacht werden; beim Menschen ist durch operatives Verfahren die Linse zu entfernen nicht nur heilsam, sondern ein Segen der Wissenschaft; doch anders verhält es sich beim Thiere, besonders bei Pferden, welche uns das grösste Interesse einflössen, denn abgesehen von allen Nebenleiden, welche den Staar nach Monatblindheit begleiten, wie vordere und hintere Synechie, Verwachsung der Pupille, intensive Hornhautflecken, und wenn die Operation vollkommen gelingt, so bedeutend dieser Vortheil für das Eindringen des Lichtes in das Auge ist, bleibt dieser für den praktischen Werth doch illusorisch. Wenn auch die Operation noch so gut ausgeführt ist, und das Auge noch so klar bleibt, so wird das Pferd doch nicht richtig sehen können, denn durch die Herausnahme der Linse ist der optische Apparat nicht mehr vollständig und wir können dem Pferde nicht so wie dem Menschen die Linse ersetzen. Wird das operirte Thier dann fernsichtig, so bekommt es das Sehobject nicht richtig zu Gesichte und wird scheu; die Verwendung des Thieres ist unsicher, ja gefährlich und wir haben durch die Operation den Zweck nicht erreicht; denn während das vollkommen blinde Pferd neben einem gesunden vollkommen lenkbar ist, wird der Gebrauch des falsch sehenden Thiares gänzlich illusorisch; obwohl nach der Veterinärliteratur Staaroperationen bei Pferden und be­sonders von französischen Thierärzten in den 40er und 50er Jahren, auch in ganz neuer Zeit angeblich mit Erfolg versucht und ausgeführt wurden, was übrigens aus vorerklärten Gründen kaum zu glauben ist, weil ich hier die Operation des grauen Staares bei Pferden, ebenso wieHayne, Blei-weiss, Viborg, Brognier, Hering, Peters, Edward mit angeblich verschiedenem Erfolge, zumeist aber ohne Erfolg ausführte. Auch Pro­fessor St ockf let h hat in seiner Chirurgie die Staaroperation im Wesent­lichen nach gleichen Angaben augeführt.
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Staaroperation.
Eine bedeutende Schwierigkeit in der Ausführung dieser Operation mussten die angeführten Autoren durch die AuiFindung einer Methode, den Buibus zu fixiren, überwinden; Hayen erzweckt das, indem er den Grundmuskel des Augapfels am geeignetsten zur Fixirung hält.
Zu diesem Behufe wird das Thier geworfen, in der Mitte der ober der Augenhöhle liegenden Augengrube des zu operirenden Auges wird mittelst eines Bistouri ein senkrechter Schnitt, beiläufig 2 Centimeter lang, durch die Haut bis zum Fettpolster gemacht; durch diese Oeffnung führt nun der Gehilfe einen Finger seiner Hand gegen den Grund des Augapfels ein, drängt diesen etwas hervor und erhält ihn auf diese Art in einer so ruhigen Lage, dass der Operateur bequem das Instrument in das Auge einführen kann.
Die gewaltsame Hervordrängung des Augapfels und das Dehnen und Zerren der Sehnerven soll, wenn es nicht zu gewaltsam und roh geschieht, gar keine schlechten Folgen für den Sehnerven haben und keine Lähmung hervorbringen; ebenso sicher und ohne Nachtheil heilt die beigebrachte Augengrubenwunde in kurzer Zeit.
Was Stockfleth mit Recht bezweifelt und befürchtet, ist, dass bösartige Eitersenkungen in das lose Bindegewebe einen schlechten Aus­gang nehmen können; übrigens verwirft er diese Methode ganz und findet die Staaroperationen nicht anwendbar. Auch glaubt er durch das Eindrücken eines Fingers in die Schläfengrube während der Operation durch einen Gehilfen dasselbe zu erzwecken.
Stock fleth lässt zum Zwecke der Fixirung und Operation das Thier betäuben und erfasst dann mit einer Pinzette eine Falte der Binde­haut, so breit als möglich, damit die Bindehaut nicht leicht zerreisse und fixirt so das Auge.
Lebleur fixirt das Auge eines nicht betäubten Pferdes mit einem dreiarmigeu Augenspiess in Form einer Gabel, von welcher ein grösserer winkliger Querast ausgeht. Nach S to ckfleths Angabe ist dieses Instru­ment total unbrauchbar.
Brognier hat einen Diaptateur empfohlen, welcher in drei oder vier spiralförmigen, einem Korkzieher ähnlichen Spitzen endet; wenn die Bindehaut damit gefasst wird, soll jede Muskelwirkung aufhören und das Auge vollkommen ruhig sein.
. Brogniers Diaptateur und Stockfleths Pinzette handhaben sich ziemlich gleich.
Nachdem das Fixiren des Buibus auf welche Weise immer sicher­gestellt ist (was übrigens, wie wir bei Beschreibung der Iridodectomia
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gesehen haben, auch ohne Durchschneidung des Grundmuskels und Diap-tateur möglich ist) schreitet man zur Ausführung der Operation, welche auch bei Thieren iu der von den Menschenärzten angewendeten Art aus­geführt wird. Bleiweiss, Hayne, sowie die bereits angeführten Autoren vollführen solche Operationen nach Rofas Angabe (die Operations­methode blieb seit jener Zeit unverändert und ist dieselbe wie heute wie folgt:
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und zwar:
gebräuchlichen Methoden, den Staar zu operireu, sind drei,
a)nbsp; der Staar wird durch eine seiner Grosse entsprechende Oeffnung, die man der Cornea oder Sclera beibringt, aus dem Auge entfernt, Aus­ziehung (Extractiv cataractae).
b)nbsp; Der Staar wird in den Glaskörper versenkt, so dass er aus dem Bereiche der Pupille verschwindet; Niederdrückung oder Umlegung (Depressiv vel reclinativ cataractae).
c)nbsp; Die getrübte Linse wird durch Einschneiden oder Einreissen der vorderen Kapsel dem Einflüsse des Kammerwassers ausgesetzt, damit sie allmählig verflüssigt und aufgesogen werde. Zerstücklung (Discissio cataractae).
Nach Bleiweiss' Angabe ist die Operation ad a) in der Veterinär­praxis nicht durchführbar, denn nachdem der Augapfel fixirt und zum Behüte der Staaroperation die untere, obere oder äussere Hälfte der Horn­haut oder Sclera durchschnitten wird, so stürzt in Folge des Central-druckes, bevor man noch zum Staare kommt, ein Theil oder der ganze Glaskörper sammt der wässerigen Feuchtigkeit durch die Oeffnung heraus, die Regenbogenhaut drängt sich ebenfalls vor, und durch diesen Regen­bogenhaut- und Glasliörpervorfall ist natürlich der Bulbus ohnehin als Apparat zerstört, und die Operationsfolge war statt Hilfe eine Verstümm­lung des Auges. Für den Veterinäroculisten ist also nur die Staarnieder-drückuug und Staarzerstücklung anwendbar, welche Operationen auch schon angewendet wurden. Doch sei hier auch die Extraction der Linse erwähnt, wie Stockfleth in seiner Chirurgie. S. 70—72, anführt. Auch der französische Veterinär Edward soll mehrere Pferde durch Extraction der Linse geheilt haben. Brognier gibt jedoch an, dass Extractionen wenig gut gelingen. Peters operirte ein Pferd, bei welchem zwar das Auge, abgesehen von der entfernten Linse, sein früheres Aussehen behielt, aber blind blieb; auch Stockfleth erklärt, dass ein so operirtes staariges Auge an Eiterung zu Grunde ging. Ich halte die Angabe von Bleiweiss für die richtige.
Mit Nachfolgendem seien die Staaroperationsmethoden angeführt.
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I. Die Extraction der Linse.
Sie ist zwar eine radicale Operation, uiisslingt aber oft in Folge der bedeutenden Beschädigung des Auges. Sie eignet sich am besten für jene Fälle, in welchen der Staar hart und eingeschrumpft ist. Zur Ausführung derselben ist ein Staarmesser, ein scharfer Haken, eine Staar-nadel und eine Pinzette erforderlich.
Nachdem die Pupille durch Atropin so viel als möglich erweitert worden ist, wird das Thier geworfen und chloroformirt Sodann wird die Spitze des Staarmessers von dem ausseien Augenwinkel aus durch den oberen Rand der Hornhaut, ungefähr eine Linie innerhalb der Sclerotica, hineingeführt.
Wenn das Messer in die Augenkammer gelaugt ist, wird es, um eine Beschädigung der Iris zu verhüten, der Fläche uach gegen deu inneren Augenwinkel hingeführt, wo die Hornhaut durchstochen wird und das Messer durch die ganze zwischen deu Endpunkten liegende Partie der Hornhaut dringt. Hiedurch erhält mau eine Lappenwunde, welche so gross sein muss, dass die Linse hindurch kann; durch das Herausfliessen der wässerigen Feuchtigkeit fällt das Auge etwas zusammen, und die Linse wird theils durch die Spannung der Augenmuskeln, theils durch schwachen Druck mit der Pinzette oder dem Diaptateur etwas hervorgedrängt. Die vordere Fläche der Linsenkapsel wird mittelst der lanzenförmigen Staar-nadel gespalten und die Linse durch die Wunde herausgedrückt, oder mit einem scharfen Haken hervorgezogen. Bleiben verdunkelte Reste der Kapsel zurück, so werden sie ebenfalls mittelst Pinzette oder Haken her­ausgezogen. Wenn die Operation beendet ist, fallen die Wundränder von selbst zusammen und werden von den Augenlidern bedeckt; die Nach­behandlung wird im Uebrigen wie bei der Depression eingerichtet.
Um das Thier an dem Reiben des Auges zu hindern, hat man vor­geschlagen, ein Gitter oder Futteral von starkem Eisendraht über das Auge zu legen.
Dasselbe erreicht man aber, wenn man das Pferd umgekehrt in den Standraum stellt, mittelst zweier Zügel an den Pfeiler befestigt und aus einem Troge füttert. Nach Verlauf von sechs Tagen können die Wund­ränder in der Cornea vereint sein, es dauert iudess 20 Tage, bevor die Narbe wirklich stark geworden ist (Brognier).
Während der Operation kann in der Augenkammer Blutung eintreten, was ein grosses Hinderniss ist, da das Blut die Regenbogenhaut bedeckt; drückt man zu stark auf das Auge, so kann der Glaskörper herausfliessen, und das Auge ganz zusammenfallen, endlich kann später ebenso wie nach der Depression, eine heftige zerstörende Entzündung im Auge entstehen. Viel mehr Werth für die Oculistik in der Thierheilkunde und grössere
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Möglichkeit eines wahrscheinlichen Erfolges hesitzt die Methode der Zer­stücklung und Niederdrückung des Staares.
II. Die Zerstücklung oder Niederdrückung des Staares durch die Hornhaut. (Keratonyscis.)
Wenn man diese Operation vornehmen will, so ist, wenn es durch die Hornhaut geschieht, die Pupille durch Mydriasis zu erweitern (l Thl. Belladonna auf 5 Thl. Wasser); das Instrument, welches man dazu verwendet, ist die gerade Staarnadel von Beer (Fig. 2.) Die ganze Operation zerfällt in drei Momente, und zwar in den Einstich und die Führung der Nadel bis zum oberen Staarrande, in die Zerscbneidung und Vertheilung des Staares, oder die Niederdrückung desselben und in das Zurückziehen der Nadel aus dem Auge.
Im eisten Operationsmomente wird die in die rechte Hand gleich einer Schreibfeder gefasste Nadel mit senkrecht stehender Schneide und gegen die Pupille gerichtete Spitze in der Mitte zwischen den Mittelpunkt der Hornhaut und dem äusseren unteren Band durch die Hornhaut gestossen und sobald das Instrument durch die vordere Kammer gedrungen ist dasselbe bei schwacher Senkung des Heftes dem oberen Staarrande zuge­führt. Ist dieses geschehen, so schreitet man zum zweiten Momente und sucht nach Bedarf die vordere Kapsel oder den ganzen Krystallkörper zu zerstückeln; zu diesem Zwecke wird nun die Kapsel mit 4—6 sich schief durchkreuzenden Schnitten in rautenförmige Stücke zerschnitten, und fühlt man die Linse von weicher Consistenz, so ist auch diese zu zerstückeln; dann wird ein Theil der zerstückelten Linse in die vordere und ein Theil in die hintere Kammer verschoben.
Wird aber die Linse von harter Consistenz gefunden, so wird diese nach durchschnittener Vorderkapsel ganz, ohne sie zu zerstückeln, in die hintere Kammer in die äussere untere Gegend des Glaskörpers eingelegt und niedergedrückt; ist dieses geschehen, dann schneidet man mit zwei sich senkrecht kreuzenden Schnitten die hintere Kapsel durch; der dritte und letzte Operationsmoment ist der, dass die Nadel in derselben Kich-tung, in welcher sie in das Auge eingeführt wurde, wieder zurückgezogen wird, womit die Operation beendet ist. Diese Operationsmethode ist wegen ihrer leichten Ausführung und geringen Gefahr, das Auge zu verletzen, für den Veterinär die tauglichste.
III. Zerschneidung des Staares oder Niederdrückung desselhen durch die Lederhaut. (Scleronyscis.)
Der Einstich bei dieser Operationsmethode geschieht an der Seite der äusseren Augenmuskel, einige Linien unter dem horizontalen Durch­messer des Augapfels, nicht ganz am Hornhautrande, mit der einen Fläche der Nadel nach aufwärts, mit der anderen nach abwärts, die Spitze gegen
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den Mittelpuukt des Augapfels gerichtet. In dieser Richtung wird die Nadel nur so tief eingeschoben, bis die kleine trichterförmige Vertiefung der Lederhaut, welche sich heim Ansetzen des Instrumentes bildet, ganz verschwindet, hierauf wird die obere Fläche der Nadel nach vorn gewendet und zugleich das Heft so weit gegen die Schläfe hin gedrängt, bis die Nadel mit der Iris parallel steht und die Nadelspitze dem inneren Augen­winkel zugewendet ist.
Sodann schiebt man die Spitze der Nadel zwischen dem ausseien Kande der Kapsel und den Ciliarfortsätzeu aus dem Glaskörper in die hintere Augenkammer und führt sie, über die vordere Kapselfläche hin­wegleitend, bis zum inneren oberen Pupillarrand, richtet jetzt die eine Schneide des Instrumentes schief gegen den Staar, zerschneidet diesen oder drückt ihn entweder ganz so wie beim Hornhautstich angegeben wurde, und zieht endlich die Nadel in derselben Richtung, wie man sie hineingeführt, wieder heraus.
Bei Fällen, wo es unmöglich ist, die zähe Kapsel zu zerschneiden, umgehe mau den Staar mit der Nadel und drücke diesen ganz nieder; sollte der niedergedrückte Staar wieder aufsteigen, so ist das Herunter­drücken so lange zu wiederholen, bis er in der gewünschten Lage bleibt (Bleiweiss). Nun ist die eigentliche Operation vollendet und für eine entsprechende Nachbehandlung zu sorgen, jedenfalls wird es von Nutzen ein, sofort den Augendrückzaum anzulegen (siehe Iridodectomie), damit die gestörten Druckverhältnisse im Auge geregelt werden, welcher Ver­band 2—3 Tage zu verbleiben hat.
Eingetretene Augenentzündung ist durch Eisüberschläge und gebräuch-iche Antiphlogose zu bekämpfen; schliesslich ist für einen zweckmässigen dunklen Stand zu sorgen und das Pferd so zu binden, dass es sich nicht reiben und etwa beschädigen kann: nachdem man den Verband entfernt hat, sei man vorsichtig uud lasse nicht gleich volles Licht in das Auge fallen, sondern gewöhne allmählich das Thier an normales Licht.
Scbliesslich sei zu erwähnen, dass, im Falle die Operation gelingt, dem Eigeuthämer zu rathen ist, das operirte Pferd immer nur nebön einem mit gesunden Augen zu gebrauchen, v/eil dieses, wie oben erwähnt, nothweudigerweise oft scheu werden wird.
Ich habe diese Operation hier, weil es doch zur Sache gehört, nach Angabe angeführt. Sollte Jemand davon Gebrauch machen, so sei man in der Erwartung nicht zu hoffnungsvoll, denn die physikalischen Gesetze, welche durch den Mangel der Linse verletzt sind, werden sich nach Maas-nahme accommodiren.
Wünschenswerth wäre es, das Resultat solcher Operationen in der Fachliteratur zu besprechen und zu veröffentlichen.
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Der Grlaskörper (Corpus vitreum).
Anatomie und Physiologie des Grlaskörpers.
Der Glaskörper (corpus vitreum) hat im Weseutlicbeu die Gestalt einer Kugel, ist der Masse nach der grösste Theil der durchsichtigen Kemedien im Auge und füllt den ganzen hinter dem Faltenkranze und der Linse liegenden, von der Netzhaut umgebenden Eaum aus. Er stellt eine vollkommen farblose, durchsichtige Masse dar, ist in hohem Grade elastisch biegsam und etwas mehr als Wasser compensibel, weil das Ver-hältniss seiner festen Bestandtheile zu den tropfbar-flüssigen verschwindend Hein ist. Die Glaskörpermasse ist im Ganzen und in Stücken, wie wir das bei anatomischen Studien sehen, schüpfrig schwer anzufassen, wird sie jedoch gefasst, erscheint dieselbe stark fadenziehend und dehnbar und lässt sich durch Auspressen und Filtriren in eine feine hyaline Substanz und in eine klare Flüsigkeit scheiden.
Die ganze Glaskörperkugel, welche an ihrer vorderen Abtheilung platt und mit einer runden, tellerförmigen Vertiefung versehen ist, in welche sich die hintere Fläche der Linse und ihre Kapsel einsenkt, und die man die tellerförmige Grube nennt (fossa hyaloidea s. lovea partel-laris s. leuticularis) ist ein eigeuthümlicbes leculameutes Gewebe, von der den Glaskörper bildenden Flüssigkeit infilthrt; das ganze ist von einer äusserst dünueu Hülle umschlossen.
Die Substanz des Glaskörpers ist vollkommen klar, durchsichtig und von flüssiger, gelatinöser, schlüpfriger Beschaffenheit, sie zerfliesst nicht sofort, sondern lässt erst nach und nach ihre enthaltene Flüssigkeit aus-fliesseu. Wegen der ausserordentlicheu Durchsichtigkeit des Glaskörpers ist die Structur desselben ausserordentlich schwierig festzustellen. Man hat bisher als erwiesen gefunden, dass er von einem besonderen Membrau der Glashaut (Membrana hyaloidea) umgeben ist, welche die Glasfeuchtig­keit einschliesst, die Glashaut ist jedoch identisch mit der inneren Be­grenzungshaut der Netzhaut, diese Hülle schmiegt sich vorn au die hintere
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Linsenkapselhälfte an und verbindet sich mit ihrem Ciliartheile der Netz­haut bedeutend stärker, stets mit meridional verlaufenden, in den Glas­körper entspringenden Fasern (Leisering); diese Verbindung und Anlage der fibrilen Fasern ist eine so feste, dass es am bezeichneten Rande nicht gelingt, den Glaskörper von der Netzhaut abzuziehen, ohne dass an den­selben nicht Partikeln der Membraua lamina interna haften bleiben : die auf diese Weise aus Bestandtheilen der Netzhaut und des Glaskörpers gebildete Membran heisst das Strahlenblättchen. Die Ciliarkrone oder das Aufhängeband der Linse (ciliaris s. cini lig. Suspensorium lentis).
Nach der bis jetzt am meisten verbreiteten Anschauung spaltet sich das Strahlenblättchen in ein vorderes und hinteres Blatt, tritt an den Linsenrand und verschmilzt da an der vorderen Seite der Linse; das hintere Band verbindet sich mit dem hinteren Linsenrand; der durch das Aus­einanderweichen dieser Blätter entstandene Eaum ist der Petitische Kanal, der nicht, wie Leisering behauptet, bei Pferden problematisch, sondern blos nicht so präcise wie beim Menschen ausgeprägt ist, jedoch factisch besteht.
Nach Fran or wird die vordere Wand des Petitischen Kanales von der Zonula cinii dargestellt, während die hintere Wand durch die glatte Fläche des Glaskörpers gebildet wird; dennoch bildet die Glashaut, von diesen Anheftungen und Vereinigungen ausgehend, einen vollständig geschlossenen Sack, in welchem die Glasfiüssigkeit, auch Glasfeuchtigkeit (Humor vitreus) nach Ausscheidung aller festen Bestandtheile zurückbleibt; sie ist farblos, wasserklar, dünnflüssig, klebrig und etwas fadeuziehend; in chemischer Beziehung ist sie mit Humor aquaus so ziemlich von gleicher Beschaffenheit und enthält nach Bercelius undMolon in 100 Theilen 9840 Wasser, 0-16 Eiweiss, 1-42 Kochsalz, eine extraktige Materie und etwas Harnstoff. Dieser chemischen Gleichheit halber steht der Brechungs-Index dem Humor aquaus ganz nahe, welchen Brevster bei Menschen auf 1-336—1-3394, wenn der Brechungs-Index des Wassers als Einheit angenommen wird, der 1-3358 beträgt, festsetzt und der zweifelsohne auch bei den Hausthieren vorhanden und nur nach der Grosse der Sehaxe ver­schieden, ganz sicher denselben Einheiten unterliegt, umsomehr, da neuere Untersuchungen von durchsichtigen Remedien am Bulbus von Menschen, Hunden, Ochsen und Kaninchen nach Potischin, Lieberkühn und Schwalbe gleiche Structur und BrechungsVerhältnisse nachweisen, was ganz klar ist, da doch jedes Auge so gebaut sein muss, dass es als voll­kommen optischer Apparat dem physikalischen Process des Sehens entspreche.
In Bezug auf die Structur das Glaskörpers ist ermittelt worden, dass sich der peripherische vom centralen Theil einigermassen unterscheidet, und zwar, dass der peripherische Theil einen ausgesprochenen geschichteten
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Bau zeigt, während der centrale sich homogen zeigt. In den oberfläch­lichen Schichten bei jüngeren Individuen ist es gelungen, im Glaskörper Zellen nachzuweisen (Iwanov theilt diese in drei Gruppen): 1. runde Zellen mit grossen Kernen, 2. spindel- und sternförmige Zellen, 3. eine besonders charakteristische Form von runden Zellen, die im Innern grosse, ganz durchsichtige Blasen enthalten. In Bezug auf das Zellenverbältniss sind von Potchin, Lieberkühn und Schwalbe übereinstimmende Untersuchungsresultate gemacht worden (Archiv für pathologische Anatomie von Virchow, Band 72, Heft 2, pag. 157, Berlin 1878). welche darin übereinstimmen, dass im Glaskörper bei erwachsenen Thieren nur eine Zellenform existirt, welche man identisch mit dem weissen Blutkörper oder Wanderzellen halten muss.
Nach diesen lagern diese Zellen vorzugsweise in den anderen Schichten des Glaskörpers nahe an der Hyaloidea und sind lymphoide Elemente, welche mit den weissen Blutkörperchen des betreffendeu Thieres überein­stimmen. Histologisch stellt Virchow den Glaskörper als Schleimgebilde an die Seite der Nabelstränge.
Gefässe und Nerven sind im Glaskörper kaum nachzuweisen, seine Ernährung geschieht wahrscheinlich durch Ex- und Endosmose vom Cor­pus ciliaris aus und zwar durch die mit der Hyaloidea verschmolzene Zonula Zinii.
Bis jetzt sind weder durch Injection noch durch das Mikroscop Gefässe nachgewiesen worden, so wie auch noch nicht beobachtet wurde, dass sich im Glaskörper nach verschiedenen pathologischen Processen Gefässe entwickeln, wie etwa bei der Cornea; die Verwundbarkeit des Glaskörpers ist eine sehr geringe.
Oft pflegen auffallend bedeutende Schnitt-, Stich- und Bisswunden zu heilen, ohne dass wahrnehmbare Abnormitäten zurückblieben; auf diese Eigenschaft des Glaskörpers ist die Operation der Staarniederdrückung, die dadurch entstandene Verletzung der hinteren Kapsel und der Hyaloidea im Strome des Glaskörpers vertheilt, ohne dass Entzündung entsteht, und ohne sichtbare Narbe. Verflüssigung ohne sichtbare Entzündungs­symptome kann man eher beobachten. Die Kegenerationsfähigkeit des Glaskörpers wird allgemein als Faktum angenommen; es ist bekannt, dass durch Verlust von Glaskörpern partiell leer gewordene Räume sich wieder ausfüllen; wie sich die Ersatzmasse zur normalen Masse verhält, wäre durch weitere Forschungen nachzuweisen.
Die physiologische Bestimmung des Glaskörpers ist folgende:
Seine Aufgabe ist, den Raum zwischen der Linse und der Netzhaut auszufüllen, die Schonuugsverhältnisse im Bulbus mit einer Gleichmässig-keit herzustellen, die nothwendige Accomodation in den inneren Ent-
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fenuings-Differenzen in der Sehaxe und Strahlenbrechung (den Abstand zwischen Linse und Netzhaut) als elastischer, biegsamer Körper herzu­stellen. Derselbe unterhält die Ernährung der Linse und sichert der frei­schwebenden Iris einen festen Hinterhalt als vollkommen durchsichtiges Gebilde mit bestimmten Brechungsindex und der Lichtwellen beim üeber-gange von der Linse in den Glaskörper einen bestimmten Einfluss; bei Brechungsindex steigt und fällt sie entsprechend seiner Dichtigkeit mit ganz besonderem Einfluss auf die frühere oder spätere Vereinigung der Lichtstrahlen, also auf die kürzere oder längere Brennweite des Auges.
Bei Mangel der Linse würde sich sein Einfluss auf den Ketractions-zustand kaum vermehren, weil das Kammerwassr beinahe gleich ist.
Krankheiten des (xlaskörpers.
Die abnormen Zustände, welche wir im Glaskörper finden, sind zu­meist Folgen von Krankheiten seiner Nebentheilhaber und von Zuständen der ihn umschliessenden Gebilde abhängig; bei der Betrachtung der Glas-körperaffektionen sind besonders jene Umstände zu berücksichtigen, welche die Mitleidenschaft des Glaskörpers bedingen und in welcher Weise er mit leidet, theils jene Metamorphose besonders aufmerksam zu verfolgen, welcher der Glaskörper im Laufe der Mitleidenschaft unterworfen wird und welches Endresultat dadurch zu erwarten sei.
Abnorme Zustände des Glaskörpers, welcher Art immer, die in ihren Erscheinungen gewisse Selbständigkeit zeigen, müssen vom pathologischen Standpunkte auf diese Selbständigkeit ganz verzichten, denn obzwar diese Zustände als eigentliche Erkrankungen des Glaskörpers beschrieben werden, sind diese dennoch von den Erkrankungen anderer Neben- und Mittheil­haber des Auges abhängig, und beziehen von dort ihren ersten Krankheits­impuls (selbstverständlich vom Trauma abgesehen), der dann den schein­bar selbständigen Process anregt und unterhält. Ja, die Entzündung als Action im Glaskörperstroma und seiner Umhüllung kann nicht nach jenen Normen aufgefasst werden, unter welchen man den gleichen Vorgang in anderen Organen zu sehen gewohnt ist, denn wie uns die Anatomie lehrt, sind im Glaskörperstioma eigentlich nach anatomischen Begriffen aus­gesprochene Gefässe und Nerven nicht vorhanden, sondern eine specielle, den Gefässverhältnisseu anpassende Ernährung.
Es kann also der Entzündungsprocess in diesen Gebilden und unter so gegebenen Verhältnissen nicht ein gleicher sein mit jenem Processe, der sich unter dem Einfluss eines regelmässigen Gefässnetzes entwickelt, es ist also die Annahme der Glaskörperentzündung nicht eine Aufstellung von Symptomen, welche nur auf Entzündung des Glaskörpers bezogen werden, sondern blos das Bestreben, für jedes Gebilde im Auge eine Beihe von Er-
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scheinungen aufzustellen, welche den Begriff Entzündung wiedergeben und systematische Vorführung der Krankheiten den Begriffen klarer zu stellen und keine Lücke erscheinen zu lassen.
Von solchen Einflüssen ist die Verflüssigung und das Vorkommen faserstoftartiger Exsudate im Glaskörper sowie der Bluterguss ebenfalls abhängig; nur das Zerfallen des Stromas mit Fettbildung sind Zustände, welche dem Glaskörper an und für sich zukommen, während die eitrige Schmelzung so wie die Verdrängung durch Chorioidealexsudate oder durch Pseudoplasmen Zustände sind, die jeder Selbständigkeit vollkommen ent­behren.
Alle oben angeführten Zustände haben insgesammt ein einziges Symptom constant, wenn auch in verschiedener Weise abgeändert, im Ge­folge und dieses Störung des normalen Sehvermögens.
Die Veränderung des Bulbus und seiner Form in grosse Spannung etc. ist in der Kegel Begleiter von der Zu- oder Abnahme der Masse des Glaskörpers, welche in der Kegel mit der Veränderung, Dichtigkeit und Zerfall des Stromas geht; die Störung in der Durchsichtigkeit ist immer ein Hauptsymptom und sicherer diagnostischer Behelf zur Bestimmung von Affectionen des Glaskörpers, welche nach der Natur der Sache nie­mals mangeln kann.
Entzündung des Glaskörpers.
(Hyalitis).
Wie bereits oben erwähnt wurde, ist dem Begriff Entzündung für die Bezeichnung eines Exsudativprocesses in der Glaskörpermasse nicht jene Bedeutung beizumessen, unter welchen wir den gleichnamigen Vorgang in Geweben, welche dem Einflüsse eines regelmässigen Gefässnetzes unter­worfen sind, verstehen.
Wir dürfen in einer Gewebsmasse, wo das notwendigste Material zur Entstehung von Entzündungsvorgängen, ein regelmässiges Capilarnetz zwar nicht absolut mangelt, aber in einem bis jetzt noch kaum zu bestim­menden Minimalverhältniss vorhanden ist, das man durch die Annahme einer Ex- und Endosmose zu bestätigen sucht, nicht jene Kriterien und Erscheinungen sehen, um den Entzündungsprocess in diesen Organeu fass­bar zu machen, welchen wir bei Gewebe mit vollständigen Gefässnetzen beobachten. Es ist also mit dem Begriffe Hyalitis nicht so sehr das Bestreben factische Entzündungsprocesse begreiflich zu machen, welche innerhalb der Glaskörperaffection dem Entzündungs-Vorgang gleichkommen, um so bei der systematischen Vorführung des Krankheitsprocesses keine Lücke zu lassen.
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Es ist zweifelsohne schon Jedem, der sich in der Veterinärpraxis einigermassen mit Beobachtung krankhafter Augen befasste, die feste That-sache klar geworden, dass sowohl im Gerüste als auch in der Umhüllung, also im ganzen Glaskörper solche Substanzen vorkommen, welche nur als Entzüuduugsprodukte betrachtet werden können; da aber weder das Stroma noch die Hyaloidea ausgesprochene Gefässe oder Nerven besitzen, sind diese Substanzen nicht im Glaskörper selbst durch Entzündung seines Gerüstes und Umhüllung erzeugt, sondern von Aussea her in diesen ein-gedruugen; dieser Sitz ist um so sicherer, als man niemals Produkte im Glaskörper findet, ohne dass die Chorioidea Zeichen von Entzündung zeige.
Es bleibt also die einzige reelle Stütze für die Lehre der Hyalitis (Arlt), dass die in Eede stehenden Substanzen Produkte der entzündeten Chorioidea und des corpus ciliare sind und auf dieselbe Weise wie im ge­sunden Zustande das ernährende Plasma im Glaskörper bilden.
Symptome.
Obenan ist die Störung des Gesichtes als das erste Zeichen, welches den Eigenthümer veranlasst, Hilfe für sein Thier zu suchen, denn das mangelhafte Sehvermögen belehrt ihn, dass im Auge des betreffenden Thieres etwas nicht richtig sei. In der Eegel wird man das zu unter­suchende Auge schon mit einer hochgradigen Affection behaftet finden und sowohl in der Chorioidea, als auch im Ciliartractus namhafte Ent­zündungserscheinungen wie Congestion, Hyperämie, Stase, auch partielle Exsudation vorfinden, die uns wohl das Vorhandensein der Exsudateinlagerung im Glaskörper zur Genüge erklären wird; dann wird man sehen, wie eben Dr. St eil wag von Carion sagt, dass die bedeutende Masse Blastems im Glaskörper unmöglich aus der Differentiation normaler Vitrina abgeleitet werden kann, sondern es müssen diese plastischen Elemente und Theilchen in Form von Exsudatmasse in den Glaskörper eingedrungen sein; und zwar ist es die ganze innere Fläche des corpus ciliare von der ora serota bis zum petitschen Kanal, welche die Exsudatmasse in den Glaskörper liefert. Wir werden also den Glaskörper nicht hyperämisch finden können, aber wir werden seine Nachbartheilhaber in der verschiedensten Weise entzündlich verändert finden.
Es ist also immer bestimmt vorauszusetzen, dass Vorläufer solcher Exsudativprocesse im Glaskörper Aflfectionen der Chorioidea des Ciliartractus in der Netzhaut bestanden haben oder auch während der Untersuchung noch bestehen.
Wenn diese Exsudate etwa für sich, ohne den besprochenen Entzün-dungsprocess, gefunden werden, oder ohne hinterlassene Spuren solcher Processe, was äusserst selten vorkommen dürfte, ist als ganz bestimmt
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anzunehmen, dass sich der bestandene Entzündungsprocess in einen oder auch allen Nebentheilhabern des Glaskörpers gehoben habe und zur Rück­bildung gelangte, während die im Glaskörper abgelieferten und gesetzten Exsudate dort weiter verbleiben und theils unschädlich, theils als fort­währendes Irritans den bestehenden Zustand nach Massgabe beeinflussen.
Die Exsudation und Trübung des Glaskörpers ist also immer ein Consecutiv-Zustand.
Wir finden solches Exsudat nach frischen Fällen im Glaskörper zumeist nächst der iunereu Fläche des corpus ciliare; ist die Infiltration noch ^iefer, dann findet mau diese hinter und um die Achse des gelegenen Theiles; die Trübung erscheint bei auffallendem Lichte im Anfange dunst­und rauchförmig, grau-bläulichen Wellen und Wogen ähnlich, theils gleichmässig, theils wieder begrenzt, partiell vertheilt. In weiter vorge­rückten Stadien wird die Trübung dann milch- und opalartig, lichtgrau, auch dunkelgrau, weiss, oft gegen die Ständer bläulich. Mit dem Augen­spiegel untersucht, werden wir oft punktförmige oder difuse Opacitäten finden, diese Punkte werden wir in unbestimmter Anzahl in den verschie­denen Schichten des Glaskörpers liegend sehen; sie stellen im Ganzen einen feinen Staub oder Eegen vor (Gräfe), der sich nach der Bewegung des Auges in einzelne kleine Klümpchen zusammenballt, oft wieder sind einzelne verschlungene Fäden und Flecken vorhanden, dann kann man sie mit dem Augenspiegel als stark durchscheinende gesprenkelte Mem­branen, die sich bald ab- bald aufrollen, sehen. Ferner flockige Opacitäten, die einzelne Pfropfe von verschiedener Grosse bilden, schneeflockenähnliche Wölkchen und organisches Gerinsel; oft sind neben diesen Flocken, wenn der Glaskörper schon eine Verflüssigung eingegangen ist, zahlreiche Cho-lestearin-Krystalle, welche zum Theil mit solchen Flocken adhäriren, theils zwischen denselben sich frei bewegen.
Diesen Befund werden wir im Spiegelbilde des Glaskörpers natürlich nicht nach einer präcisirten Reihenfolge flnden, sondern je nach dem Ver­laufe des Processes in verschiedenen Abstufungen und Nuancen.
Mit dem freien Auge oder der Loupe dürfen wir ebenfalls keinen Anspruch auf deutliches Sehen dieser Exsudatgestaltungen erheben, sondern werden wir die besser organisirten Massen als dunkle graue, graublaue Punkte, Flocken, Klumpen oder unbestimmt geformte Gestalten in der Glaskörpermasse sehen, die im Ganzen mehr oder weniger ihre Durch­sichtigkeit eingebüsst hat und mit einem trüben Schlammwasser am besten zu vergleichen wäre ; anderweitige Veränderungen sind an jener Stelle der Consecutiv-Leiden angeführt.
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Vorkommen und Ursache.
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Exsudativprocesse, welche uuter den Erscheinungen einer Entzündung auftreten, sind im Glaskörper nach dem bereits Gesagten als eine Conse-cutiv-Erkrankung aufzufassen. Die Ursache der Glaskörper-Aifectionen ist dann immer in jenem Theilhaber zu sehen, welcher zur Exsudatioii in der­selben Veranlassung gibt.
In erster Keihe ist es der Ciliartractus, welcher den Glaskörper in Mitleidenschaft zieht, und indem er selbst der Entzündung unterworfen wird, solche Erscheinungen im Glaskörper hervorruft, die denen der Ent­zündung nahe kommen und sein Entzündungsprocess das Exsudat dem Glaskörper übermittelt. Weiterhin sind es die vielseitigsten Affectionen der Gefässhaut, welcbe ebenfalls den Glaskörper mitafficiren und jene Symptome theilweise oder zusammen erzeugen, welche wir oben beschrieben haben und insgesammt den Begriff der Entzündung des Glaskörpers aus­machen ; die Iris, als mit dem Ciliartractus eng verbunden, übermittelt, wenn sie einer Erkrankung unterliegt, ebenfalls einem Exsudativprocesse, der den Ciliarkörper und das Aufhilngeband im Glaskörper betrifft; dennoch ist das Vorkommen der Glaskörperaffectiouen bei allen jenen Augenkrank­heiten zu erwarten,- bei welchen der Ciliartractus die Chorioidea, Iris und Netzhaut leidet, also bei Chorioiditis, Iritis, Ciklititis und Iridochorioiditis; vorzüglich wird die Glaskörperaflection der niemals fehlende Begleiter der Monatblindheit sein, sie ist hauptsächlich bei Glaucom zu suchen und wird als Begleiter von Katarrhen und auch bei anderweitigen hochgradigen Entzüudungsprocessen am Auge gefunden, wenn diese durch ihre Heftigkeit bis in die Tiefe des Auges dringen. Es soll also durchaus nicht befremden, wenn wir in Begleitung von Blennorrhoe oder heftiger Keratitis Abnormitäten finden, denn eben diese Processe waren dann die Uebermittler und Her­vorrufer einer tiefgreifenden entzündlichen Action, welche sich von Aussen nach Innen verpflanzte und welcher zweifellos auch der Glaskörper unter­liegen und sein lockeres, weiches, elastisches Gewebe für die Infiltration reichlicher, der Entzündung entstammender Exsudate preisgeben raüsste.
Ausgang und Folgezustände.
a) Verflüssigung (SynicMsis.) Wenn in Folge Exsudativ Vorganges im Glaskörper gänzliche oder theilweise Zerstörung und Auflösung des Eächerwerkes und der Glaskörpermasse erfolgt, wird ein solcher Zustand Verflüssigung (Synichysis) genannt.
Genau der Verflüssigung zukommende Erscheinungen können im Allgemeinen jene Formen annehmen, die man bei der Hyalitis finden kann,
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nur charakterisirt diesen Vorgang eine allgemeine bestehende Erweichung des Gewebes, welches seine normale Consistenz allmählig verliert und zu einer breiartigen Masse zerfällt.
Die Verflüssigung des Glaskörpers kann eine allgemeine, auf die ganze Glaskörpermasse gleichmässig vertheilte sein, oder sie ist auf bestimmte Fächerungeu partienweise vertheilt.
In dem verflüssigten und aufgelösten Glaskörper finden wir die der Hyalitis zukommenden Symptome in bedeutenderem Masstab ausgebildet die punktförmigen und flockigen Opacitäten werden wir in der verflüssigten Masse ebenfalls stark vertreten und in der breiartigen Masse vertheilt vorfinden. Merabranöse und flockige Opacitäten können als sichere Be­gleiter der Verflüssigung gelten. Die erstere wird durch ihre sich bald aufrollende, bald entfaltende gesprenkelte Membran ein polimorphes An­sehen darbieten, während die einzelnen flockigen Pfropfe in unbestimmter Ausdehnung in der verflüssigten Glaskörpermasse und organischen, theils festeren, theils flüssigeren Masse vorkommen; oft findet man statt dem Gerüste eine wässerige salzige Masse im Glaskörper, als vollkommenen Grad der Verflüssigung.
Die Entstehung der verschiedenen Zustände, welche den Verlust der Consistenz und des Gefüges veranlassen, lässt sich ausser dem oben an­geführten Entzündungsprocesse, für's erste dem Einflüsse mechanischer Ein­wirkungen durch Verletzung des Glaskörpers oder hauptsächlich seiner Nebentheilhaber, der Zerreissang temporärer oder bleibender Luxation des Glaskörpers zuschreiben; obwohl derselbe, wie'wir an anderer Stelle gesehen haben, für mechanische Verletzungen sehr widerstandsfähig ist, dürften doch unter Umständen solche Fälle vorkommen, wo eine mechanische Ver­letzung den Verflüssigungsprocess einzuleiten vermag.
Nach angenommener Theorie in der Oculistik soll die Verminderung des auf den Gefässen im Inneren des Auges lastenden Druckes den ersten Anstoss zur Ausscheidung und Verflüssigung des Glaskörpers geben; die Erklärung dieses Vorganges wäre in Folgendem zu suchen:
Die Gefässe des Auges stehen unter einem permaneuten Druck, ent­sprechend der Spannung des Bulbus. Einen wesentlichen Theil zur Er­haltung dieses Druckes bilden die Wandungen, welche in einem gewissen Grade elastisch und resistent sein müssen : diese Wände sind in der Sclera und Cornea, wenn also, aus welchem Grunde immer, die Elasticität und Resistenz dieser beiden zu Grunde geht, ist ein Missverhältniss im Drucke auf die Augengefässe geschaffen, es erfolgt so vermehrte Serumausschei­dung, die sich in gleichem Verhältniss steigert, in welcher die Eesitenz der äusseren Scheide schwindet und der Druck an die Gefässe verloren geht, somit ist es erklärlich, wenn wir nach Extasien der Sclera noch Hornhautausdehnung und Staphj'loma-Verflüssigung des Glaskörpers vor­finden.
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Wir werden sogar noch bedeutende Hornhautnarbeu, durch welche auch die Druckverhältnisse zerstört werden können, und wenn nicht in der Rej^el, so doch oft Verflüssigung finden, desshalb dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir nach heftiger Blennorrhoe, die wir zu heilen dachten, in einigen Monaten Affectioueu und Verflüssigung des Glaskörpers vorfinden und nach diesem Befunde uns berechtigt fühlen, Monatblind­heit zu diagnosticiren; dass Erkrankungen der Chorioidea. Netzhaut, Iris und der Ciliartractus die häufigste Quelle der Auflösung und Verflüssigung des Glaskörpers ist, wenn man die anatomische Lage dieser Theile in Betracht zieht, ist sicher ohne weitläufige Erklärung jedermann klar, dess­halb wird Glaucom und Monatblindheit die Verflüssigung constant für sich in Anspruch nehmen, sowie überhaupt die Verflüssigung des Glaskörpers immer in innigstem Contakt mit den Erkrankungen seiner oben ange­führten Nebentheilhaber sein wird.
b)nbsp; nbsp; Die eitrige Schmelzung ist ein, wenn auch seltener, so doch vorkommender Zustand des Glaskörpers und wird in der Kegel nach sehr heftigen Entzündungen des Auges zu finden sein; wir werden in solchen fällen in der Glaskörpermasse eitrige Pfropfe und zerfallenes Stroma finden, welches in dem ophthalrnologischen Bilde durch den Augen­spiegel leicht zu sehen ist und auch mit freiem Auge zu constatiren wäre. Jauchiges Zerfallen und auch Umwandlung wird man dann finden, wenn der Bulbus dem ganzen Process unterliegt.
c)nbsp; Eettbildung im Glaskörper darf nicht so sehr als Product der Entzündung (obzwar diese nach Entzündung vorkommen kann) ange­sehen werden, sondern vielmehr als eine Anomalie der Ernährung. Sehr veraltete Glaskörperaftectionen nach Mouatblindheit können Fettbildung als theilweisen Befund aufweisen.
Verdrängung des theilweise normalen, theilweise veränderten oder verschrumpften (gänzlich oder partiell) Glaskörpers durch Chorioideal-exudate, die sich im Glaskörperraum ansammeln und von der kranken Chorioidea ausgehend durch ihre Menge und Consistenz allmählich sich zwischen dem Glaskörper und der Chorioidea und Netzhaut einlagern und den Glaskörper verdrängen, sind Befunde, die noch an der betreffenden Stelle besprochen werden.
d)nbsp; Blutergiessungen im Glaskörper werden bei Hausthieren zumeist nach Einwirkung mechanischer Ursachen gefunden; ich habe einige Fälle solcher Blutergüsse beobachtet die durch eine rein mechanische Ursache entstanden sind, z. B. in Folge erhaltener Stösse und Schläge mit stumpfen Gegenständen auf das Auge selbst oder auf die Schläfen­gegend.
Stösse am Augenbogen und sogar Augenloch lassen zuweilen solche Er­güsse erfolgen; Verletzungen und momentane Abplattung oderblos Erschüt-
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.terungeu des Bulbus verursachen BlutaustriW, aus den wahrscheinlich gebor­stenen Chorioideal- und Ciliargefassen in die Glaskörpermasse ; wenn man solch ein Auge mit Bluterguss im Glaskörper untersucht, so findet man zumeist die Augengegend von dem Blutextravasat verstellt. In der im Anfange klaren, später verdunkelten Glaskörpermasse ist das Extravasat deutlich wahrnehmbar und roth, röthlichbraun, nach längerer Zeit der Blutung auch dunkelgrau, entweder als homogene coagulirte oder als getrennte -Masse in Form von angereihten Blutkörpern eingelagerte Partikelchen. Solche kleine getheilte Ergüsse entstehen bei krankhaftem Zustande des Bulbus, bei aktiver mechanischer Hyperämie der Ader- und Netzhaut und bei verminderter Eesisteuz der Bulbuswandungen.
Die Quelle des Blutes, welches sich in den Glaskörper ergiesst, ist die Ader- und Netzhaut, ausserdem die Ciliargefässe; das ausgetretene Blut wird zertheilt, oder nach mannigfachen Umwandlungen vollständig resorbirt, doch kann durch Zersetzung und Zurücklassung einzelner Extra-vasattheile die Auflösung und Zerstörung des Glaskörpers bewirkt werden, so dass das Stroma in mehr weniger grösserer Ausdehnung bleibend zer­stört und der Glaskörper ganz oder theilweise in eine Flüssigkeit umge­wandelt wird: in dieser Flüssigkeit werden dann dunkle Elemente in Form von Puncten, Fäden, Flocken etc. gefunden, kurz, die Erscheinungen der Verflüssigung als Ausgang konstatirt.
Die Prognosis ist bei spontan eingetretener Blutung weniger günstig als bei Blutung nach mechanischen Verletzungen, doch muss man mit der Prognosis immer vorsichtig sein, denn während in manchen Fällen vollständige Kcsorption und Heilung eintritt, steht unter anderen Um­ständen heftige Entzündung, Exsudation und Zerstörung des Bulbus zu erwarten.
Behandlung.
Wie Stockfleth in seiner Chirurgie Seite 73, Band II, über Glas-#9632;körperkrankheiten etwas zu kurz gehaltenen Behandlung richtig bemerkt, wird die Behandlung der Glaskörperkrankheiten als selbständiges Leiden, kaum rationell und wissenschaftlich aufzufassen sein, da es nicht nur, wie es dort heisst, nicht klinisch nachweisbar ist, sondern wie wir eben gesehen haben, weder anatomisch noch pathologisch denkbar ist. Die häufige Affection des Glaskörpers mit und neben der Entzündung der gefässreichen Häute des Auges und seiner nächsten Theilhaber kann vom therapeutischen Standpunkte nur an der betreffenden Stelle im Verein mit dem Quellen­leiden abgehandelt werden.
Von der Therapie der Blutergiessungen als einzige selbständige Krankheit des Glaskörpers sprechen wir an der betreffenden Stelle.
Bei der Behandlung der Blutergüsse im Glaskörper ist zu unter­scheiden (was oft schwierig ist), ob man es mit frischer Blutung oder mit Folgezuständen zu thun hat.
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Bei frischen Blutungen ist nach dem ursächlichen Moment ganz besonders zu forschen und darauf Rücksicht zu nehmen; dem leidenden Auge ist vor Allem Ruhe und strenge Augendiät zu verschaffen; an das Auge selbst sind in der ersten Zeit der constatirten Blutung kalte Um­schläge zu appliciren und zwar ist dieses Verfahren längere Zeit zu wieder­holen.
Innerlich kühlende, abführende Mittel, Weinsteinsäure, Salze, vor­züglich Doppelsalz und Weinstein in grösseren Dosen werden sehr nützlich sein.
Bei erfolgter Entfärbung des Extravasates Brechweinstein in kleinen aber öfteren Dosen täglich zu verabreichen; auf das kranke Auge selbst local im Anfange Arnikatinktur den Umschlägen beizumischen, später, wenn das Extravasat die Farbe wechselt, Tinct. opii crocat. einige Tropfen zweimal täglich in das Auge zu träufeln.
Einreibungen von Ung. hydrar. mit extr. opii auf die Schläfen und Augenbogen werden von Nutzen grossem sein, die auch mit Jodkalisalbe abgewechselt werden können.
Doch ist wie schon bereits erwähnt, der Erfolg der Behandlung nicht immer sicher, denn einmal gelingt die Resorption des Extravasates vollständig, während wieder unter anderen Umständen das Auge ver­loren geht.
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Der Sehnerv und die innere Augenhaut, auch Netzhaut (Retina s. tunica nerv, oculi.)
Anatomie und Physiologie der Netzhaut und des Sehnerven.
Die Netz- oder Nervenhaut (retiua, tunica nervea oculi) kann als die häutige Ausbreitung des Sehnerven, eigentlich als dessen Anfang im Auge angesehen werden; sie stellt in Wesentlichem die Ausbreitungen des Sehnervens dar und liegt an der Aderhaut unmittelbar an, umgibt daher den Glaskörper bis zum Faltenkranze; von hier zieht sie sich, indem sie einzelne Bestandtheile verloren hat, als Ciliartheil der Netzhaut über den Faltenkranz bis zur Linse und heftet sich an diese mit einer Schichte an.
Während des Lebens des Thieres ist sie durchsichtig, jedoch von vollkommener Klarheit erscheint sie am todten Auge als eine weiche, markige, trübe, weissliche dünne Membran, welche sich leicht von der Aderhaut loslöst, und nach Entfernung des Glaskörpers zusammenfällt. Von ihrem äusserst komplicirten Gewebsverhältnisse lässt sie mit blossem Auge nichts wahrnehmen.
Unter dem Mikroskope lassen sich folgende Lagen oder Schichten der Netzhaut unterscheiden, welche aus Nervenfasern und Nervenzellen zusammengesetzt sind.
Das ganze Gewebe ist in einer spongiösen Bindesubstanz eingebettet; zu diesen Bestandtheilen gesellt sich noch ein aus Stäbchen und Zapfen bestehender Endapparat; diese sämmtlich zu einander parallel liegenden Schichten hat Schulze von innen nach aussen in folgender Weise bestimmt:
1.nbsp; Innere Begrenzungshaut (membr. limitas intern.)
2.nbsp; Optikusfaserschicht.
3.nbsp; Ganglienzellenschicht.
4.nbsp; Innere granulirte (moleculäre) Schicht.
5.nbsp; Innere Kernschicht.
6.nbsp; Aeussere granulirte (Zwischenkörner-) Schicht.
7.nbsp; Aeussere Körnerschicht mit Einschluss der an bestimmten Stelleu vorhandenen Faserschicht.
8.nbsp; Aeussere Begrenzungsschicht (membr. lamin. extern).
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9. Stäbchfiii und Zapfenschicht. 10. Pigmentschicht.
Die Stäbchen und Zapfenschicht hat von allen Schichten für die Lichtempfindung' die grösste Wichtigkeit (stratum bacillomum s. membrau. Jacobi) die Stäbchen (bacilli) und Zapfen (coni) stehen pallisadenförmig nebeneinander; diese Stäbchen sind von lauggestreckter cylindrischer Gestalt, hell und reflectireu das Licht stark (nach Einigen sind diese Stäbchen kleine Röhrchen); sie kommen mit Ausnahme des Sehuerven-eintrittes überall gleichmässig vor.
Die Zäpfchen sind kürzer, tiascheuförmig laufen konisch zu und enden mit einem zugespitzten Schlüsschen: sie kommen zwischen den Stäbchen in verschiedeneu Kegionen und Anzahl vor; sowohl die Stäbchen als Zapfen laufen nach innen in düuue Fasern oder Fäden aus: durch Untersuchungen von E. S. Müller, Kolliker und Gerlach ist nach­gewiesen, dass die Elemente der Stäbchen- und Zapfenschicht durch äusserst zarte, gleich dicht aneinander gedrängte Kadiea verlaufende Fasern mit der Körnerschicht und diese wieder mit den Optikusfasern verbunden ist; zusammengefasst von vielen Anatomeu werden die oben aufgezählten Schichten nur in fünf Schichten unterschieden u. zw.:
1.nbsp; die Stäbchen-Zapfenschicht,
2.nbsp; nbsp;die Körnerschicht,
3.nbsp; die Lage der grauen Nervenfasern oder Nervenzellen, die Kugel-schicht,
4.nbsp; die Faserausbreitung des Nervus opticus,
5.nbsp; die Grenzhaut der membr. limitans.
Vom Sehnerveneintritt bis zum Falteukrauze hin wird die Netzhaut allmählich dünner, an der ora serosa verschwinden die Nervenelemente ganz und die ßindesubstanz wird dagegen stärker und bildet hauptsächlich den Ciliartheil der Netzhaut, üeber die innere Begrenzungshaut, welche von Schulze zur Netzhaut gezählt wird, sind die Ansichten der Autoren nicht gleich, weil dieselbe mit der Oberfläche des Glaskörpers innig ver­bunden ist, so wird diese als limit, hyaloidea aufgefasst. Händel hält diese als selbständige Haut und benennt sie mit dem obigen Namen. Bei der Bildung der Ciliarzone ist diese stark betheiligt und von bedeutendem Einfluss (siehe Anatomie des Glaskörpers). Von der Pigmentschicht der Netzhaut ist schon bei der Aderhaut gesprochen worden.
Die Gefässe der Netzhaut gehören dem Netzhautgefässsystem an und stammen aus der Centralarterie der Netzhaut (Arteria ceutralis retina) welche den Sehnerv bis in den Augapfel begleitet und sich dann in der Netzhaut ausbreitet, beim Fötus auch mit einem Zweige gerade nach vorne durch den Glaskörper bis zur Linsenkapsel geht.
Dieser Umstand verleiht also einigen Anhaltspunkt zur Richtig-
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Stellung der Ernährung der Linse. (Der Verfasser.) Sobald die Arterie in die Netzhaut gelangt, löst sie sich in ausserordentlich feine Kapillaren auf und verbreitet sich in der Faser und Zellenschichte der Netzhaut (Gerlach, Bruns).*)
Von der Netzhaut als seiner Endausbreitung im Bulbus geht der Sehnerv durch die orbita gegen das Gehirn, dem Centrale jeder Empfin­dung, zu.
Er ist der Sinnesnerv für das Gesichtsorgan und entspringt vom oberen Theil des Sehhügels und von der vorderen Erhabenheit der Vier­hügel. Er krümmt sich als ein anfangs platter (tractus options) dann rundlicher Strang, windet sich über den Schenkel des grossen Gehirnes, mit welchem er auch verbunden ist und geht an der äusseren Seite des Markhügelchens herab, von welchem er auch einen kleinen Markschenkel erhält; vor dem Trichter vereinigt und kreuzt er sich unter einem stumpfen Winkel mit dem Sehnerv der anderen Seite und bildet auf diese Weise die Kreuzung der Sehnerven, von welcher dieselben nach aussen von­einander weichen; an der Kreuzung betheiligen sich die inneren Fasern während die äusseren direkt verlaufen.
Durch das Sehloch des Keilbeius tritt er in die Augenhöhle und wird von einer festen Scheide von der harten Hirnhaut bis zum Augapfel begleitet, welche in die undurchsichtige Hornhaut übergeht; in der Augen­höhle macht der Sehnerv, da er länger ist als die Entfernung vom Seh­loche bis zum Augapfel, zwei Windungen, vom Grundmuskel und Fett­polster umschlossen.
Der Sehnerv vermittelt das Sehen, indem er die durch die Licht­wellen in der Netzhaut erregten Eindrücke und Zustände zum Central-organ fortpflanzt; daher alles was den Sehnerv alterirt und seine Leistungsfähigkeit beeinflusst, auch das Sehen alterirt und aufhebt. Solche Einflüsse sind speciell Druck, Riss, Durchschneidung, pathologische Ver­änderung etc.
Das Licht wirkt vermittelst der Netzhaut auf den Sehnerven und kann das Licht dort nicht empfunden werden, wo die Netzhaut zerstört ist. Kein Reiz, sei dieser mechanischer oder elektrischer Art, kann auf den Sehnerv andere Empfindung als eben die des Lichtes verursachen und niemals Schmerz, Wärme etc. erregen.
Die Netzhaut ist der eigentliche Aufnehmer der Lichtstrahlen und Regulator der qualitativen Empfindung der zu ihr gelangten Lichtstrahlen, sie regulirt aber auch den ganzen Augenapparat zur entsprechenden
*) Schöne vergleichende anatomische Studien über Netzhautgefässe veröffent­lichte Bruns im 2. Heft der Zeitschrift für vergleichende Augenheilkunde, wo be­sonders darauf hingewiesen ist, wie ein relativ kleiner Theil der Netzhaut beim Pferde (auch Kaninchen) mit Gefässen versorgt ist.
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Accomodatioa aa die einwirkenden Lichtstrahlen zum Zwecke des Sehens und leitet dann die bereits fertigen physikalischen und empfundenen Bilder durch den Sehnerv zum Centralorgan, wo das Wahrgenommene, an der Netzhaut Empfundene zum Bewusstseiu des Individuums kommt.
Wenn die Beschaffenheit der Apparate nicht abnorm ist, dann gestattet sich die Erregung und Empfindung der Lichtstrahlen vollkommen gleich auf beide Augen; es ist eben das Bewusstsein vorhanden, als ob das Sehen ein einheitlicher unzertrennbarer Process mittelst beider Augen­apparate sei; obzwar thatsächlich zwei Empfindungswerkzeuge und zwei Vermittlungsmotore existiren, ist doch im Centralorgane die Vereinigung der vou beiden Seiten ausgehenden Erregung auf einem bestimmten Punkte zum einheitlichen Empfindungsprocess der nun vereinten Erregung; es ist daher im normalen Zustande kein Unterschied, ob das sch-empfiudende Individuum mit einem oder beiden Augen sieht.
Jede Erregung der Netzhaut kann und wird unbedingt im Central­organe wahrgenommen werden, wo die natürlichen Bedingnisse dazu vor­handen und nicht gestört oder gänzlich aufgehoben sind. Die normale natürliche Erregung der Netzhaut geschieht durch das Licht, welches durch selbstleuchtende oder reflectirende Lichtäusserungen der Netzhaut zugeseudet wird; doch antwortet auch die Netzhaut durch Licht­empfindung auf Keize mittelst Elektricität, Druck, Zerrung etc. mit sub-jectiver Lichtempfindung, d. h. ohne bestimmte objective Bilder. Zu dieser Art Empfindung wären auch jene Erscheinungen zu rechnen, welche nach sehr intensiver Lichtempfindung längere Zeit zurückbleiben, die Netzhaut einigermassen in Erregung erhalten (Nachtbilder). Während Haüuciuationen, das Sehen nicht vorhandener Objecte, nicht der Erregung der Netzhaut, sondern psychischer Thätigkeit zuzuschreiben ist (bei Thieren schwerlich vorkommend) und von dem krankhaften Zustaud des Central-organes ausgeht (Koller, Kopftyphus).
Die einfache normale Lichtempfindung wird erst dann zum Processe des Sehens, wenn sie die Form des lichthemmenden Objectes im Bereich der Empfindung mit einschliesst. Zum Processe des Sehens gehört daher der Hormale materielle Bestand der Licht empfindenden Factoren, Netz­haut, Sehnerv, Centralorgan, dann ein dioptrischer Apparat, welcher das lichtspendende und lichthemmende Object im fassbaren Bild der Empfin­dung der Netzhaut zugänglich und empfänglich macht, denn die Netz­haut wird zum Sehen nicht durch das lichtspendende Object erregt, sondern durch dessen Bild, welches der Apparat der Netzhaut zurecht­stellt; desshalb können zu nahe Objecte am Auge nicht wahrgenommen werden.
Der Process des Sehens ist bei allen thierischen Organismen, die mit dem gleichen Apparate versehen sind, ein gleicher; gleichen physi­kalischen Gesetzen, gleichen Abänderungen und Normen unterworfen.
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Die physiologische Darstellung des Sehens entnehme ich aus den nach der heutigen Anschauung bedeutendsten oculistischen Werken; es ist für den Veterinär umso wichtiger über diesen physikalischen Vorgang in Klarheit zu sein, da er sozusagen angewiesen ist, zu rathen, auf welche Weise die Störung im thierischen Auge den physikalischen Vorgang im Auge beeinträchtigt.
Wenn man Kaninchen- und Menschenaugen, dessen Medien noch gehörig durchsichtig sind, nebeneinander einem Fenster gegenüber stellt, vor welchem sich, mit Ausnahme eines hohen Gegenstandes, das Firmament frei ausbreitet, und Sclera und Chorioidea am hinterem Pole etwas ent­fernt, so sieht man zuerst auf der biosgestellten durchscheinenden Netz­haut das Fenster abgebildet, falls dessen Entfernung eine entsprechende ist; der entfernte höhere Gegenstand ist ebenfalls, aber kleiner, abgebildet. Das Bild der Fensterrahmen erscheint so wie bei einer anderen Camera ob-scura dem Beschauer relativ zum Objecte verkehrt und verkleinert; das Phänomen ist auf beiden, Menschen- und Kaninchen- oder anderen thieri­schen Augen, gleich. (Nach Angabe Arlts vom Verfasser experimentirt.)
Der Eindruck des Lichtes wird durch Schwingungen eines elastischen Mediums des Aethers erregt; die Anzahl dieser Schwingungen, die Farbe, deren Weite und Helligkeit, ihre lineare kreisförmige oder elliptische Gestalt bringt die Polarisation hervor; es ist dies ein gleicher Vorgang, nach welchem z. B. das Obr bei Schwingungen der regelmässig erzitternden Luft Töne wahrnimmt; die Netzhaut empfindet so bestimmte Farben und Licht nach einer Anzahl Aetherschwingungeu. Die Nacheinanderfolge solcher Schwingungen bringt der Netzhaut die Empfindung beständigen Sehens bei; das Abbrechen dieser Schwingungen ist der Zustand der Ruhe für das leicht erregbare Nervenmaterial der Netzhaut und ist der Zustand des Dunkels, vollständiger Abbruch solcher Strahlenschwingung Finsterniss.
Leuchtende Körper und der Process des Brennens bringen also factische Bewegungen des die Netzhaut umgebenden Aethers hervor. Zum deutlichen Sehen sind bis zu einem bestimmten Grade begrenzte und lichte Bilder des zu sehenden Objectes auf der Netzhaut nöthig. Der dioptrische Sehapparat, das Auge als camera obscura mit seinem Linsensysteme stellt und formirt diese Bilder der Netzhaut fertig zur Verfügung. In diesem Apparate bildet die Hornhaut mit dem Krystallkörper und Kammerwasser das biconvexe Linsensystem, welches vorn von der Luft, hinten vom Kammerwasser begrenzt wird.
Die Sehaxe dieses Linsensystems liegt in der Richtung der geraden Linie, welche die vorderen und hinteren Pole des Auges verbindet.
Die Brennweite ist an den verschiedensten Thieraugen verschieden, je nachdem der Abstand der hinteren und vorderen Brennpunktebene gleich dem Abstände des hinteren Linsenpoles differirt.
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In dem aus verschiedeneu Kemedien zusammengesetzten thierischen Auge ist der Brennpunkt, nicht wie das früher angenommen, wurde in der Mitte der Pupille gelegen, sondern nahe am hinteren Pole der Krystallinse. Dieser Punkt wird von Volkmaun der Kreuzungspunkt der Kichtungsliuien und von Listing der mittlere Knotenpunkt genannt.
Stelleu wir uns jedes leuchtende oder lichtreflectirende Object als eine Summe leuchtender Punkte vor, ein Büschel Strahlen gelangt von jedem solchen Punkte zum Auge, die Spitze dieser Strahlen ist der leuchtende Punkt, die Basis die Cornea. Nun wird ein Theil der zur Cornea gelangten Strahlen unregelmässig zerstreut und zurückgeworfen, und macht dadurch die Cornea sichtbar, ein anderer Theil wird regel-mässig rellectirt und bildet dann in der Hornhaut sich spiegelnde Keflex-bilder derselben. Jene Strahlen, welche durch die Hornhaut durchgelassen wurden, weiden in einem Theil der Iris aufgehalten und von der vorderen und hinteren Kapsel auf gleiche Weise wie die von der Cornea reflectirt; die übrig gebliebenen durcbgelasseneu Strahlen, welche nicht von der Cornea oder Liuse reflectirt wurden, convergireu nach ihrem Eintritte in den Glaskörper kegelförmig nach einem Punkte (dessen Lage sich durch Ziehung der Kichtuugslinie vom leuchtenden Punkte aus durch den Ereuzungs-punkt bestimmen lässt), bilden einen Kegel, dessen Spitze immer an die Netzhaut fällt (was bei deutlichem Sehen immer der Fall sein muss) und ist der Reflectionszustand des Auges der Entfernung des leuchtenden Punktes angemessen. Der Punkt an der Spitze des inneren Kegels, der die Netzhaut trifft, gibt deutlich das Bild des Punktes des ausseien Kegels wieder, von wo der Kegel ausgeht, somit kann das Bild eines Objectes aus so viel Punkten zusammengestellt gemacht werden, so viel lichtsendende Punkte das entsprechende Object zu eigen hat.
Die Bedingung des deutlichen Sehens ist umso genauer, je schärfer am entsprechenden Punkt der Netzhaut die vom Objectivpunkte abgesandten Strahlen concentrirt werden. Wenn aber die Refraction des Auges der Entfernung des leuchtenden Objectes nicht entspricht, dann fällt, wenn der Punkt zu weit entfernt ist (für die Netzhaut ist er zu nahe), hinter diese, dem Vereinigungspunkt des Strahlenkegels; dadurch bekommt die Netzhaut nicht das fertige Bild, sondern wird im ersten Falle von den wieder über den Verengerungspunkt sich zerstreuenden, im zweiten Falle von dem noch nicht zum Vereinigungspunkt vollkommen sich verengenden Strahlen getroffen, also von einem Kegelschnitte oder Theile und nicht vom Kegel- oder Lichtpunkte. So greifen die Lichtstrahlen des einen Kegels in das Bereich des anderen über, daher jeder Objectpunkt auf der Netzhaut gesondert und begrenzt sein kann.
Von jedem Lichtkegel, der seine Richtung in das Auge nimmt werden jene Lichtstrahlen, welche in geringer Entfernung in der Richtung
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der Kegelachse verlaufenil (also Achsenstrahlen) auf die Cornea fallen und in einem und denselben hinter dieser, d. h. jenseits vereinigt. Jene Strahlen desselben Kegels, welche weiter entfernt auffallen, werden Raudstrahleü genannt; sie sind stärker gebrochen und werden früher dem Achsenstrahle des inneren Lichtkegels zugelenkt und zerstreuen sich dann schon, wenn die Centralstrahlen erst zusammentreten. Wenn also die Netzhaut dem Vereiniguugspunkt der Centralstrahen entsprechend liegt, bilden die ßand-strahlen auf diese einen Zerstreuungskreis, welcher durch die sogenannte sphärische Aberration bedingt ist; das ist zweifellos eine Beeinträchtigung der Bildschärfe, welche jedoch durch das Verengeruugs- und Erweiterungs-vermögeu der Pupille wieder theilweise paralisirt wird: wenn die Auf­fassimg mangelhaft für die Objectdistauz ist, wenn die sphärische Aberration bedeutend, die Abhaltung der Strahlen mehr weniger gehindert ist, dann macht sich diese Zerstreuung, welche das Licht vermöge eines jeden Kegels seiner Zerlegbarkeit während des Durchganges auf die lichtbrechenden Kemedien des Auges ausübt, beim Sehen geltend.
Alle Strahlen des Spectrums werden nicht gleich gebrochen, die blauen werden stärker als die gelben, diese stärker als die rothen ge­brochen, desshalb kommen die stärker gebrochenen Strahlen immer etwas früher zur Vereinigung als die schwächer gebrochenen. Damit jedes Netzhautbild deutlich gesehen werde, ist eine Menge von Lichtstrahlen nöthig, welche sich an der Spitze jedes an die Netzhaut fallenden Licht­kegels treffen. Die Menge ist nicht nur von der Masse der Lichtstrahlen des lichtspendendeu Punktes, sondern auch von der Entfernung desselben abhängig. Es ist im Allgemeinen bekannt, dass je länger der Lichtkegel d. h. je entfernter das Object, um so geringer die Zahl der auf die Kegelbasis der Cornea auffallenden Lichtstrahlen ist; die Menge der auf­fallenden Strahlen, verhält sich genau zu der Entfernung der leuchtenden Punkte, desshalb wird die Menge der concurrirenden Strahlen zur Bildung des inneren Kegels umso kleiner sein, je entfernter und seitlicher der leuch­tende Punkt liegt, denn jene Strahlen desselben Kegels, welche unter einem Winkel von 48 Grad auf die Cornea fallen, werden reflectirt und gehen für den Sehkegel verloren, und je schräger die Irisebene zum Achsen­strahle des leuchtenden Punktes gestellt ist, desto weniger Strahlen des­selben Kegels können durch die Pupille eindringen; je durchsichtiger endlich die Eemedien sind, durch welche die Strahlen dringen, um so deutlicher und vollständiger ist die Beleuchtung der Netuhaut. Die Fein­heit d. h. die Deutlichkeit des Gesichtes und Schärfe hängt, wenn durch die Verdunklung der durchsichtigen Remedien das richtige Eindringen des Lichtkegels zur Netzhaut nicht gehindert ist, von der Energie der Netzhaut selbst und der Grosse der Netzhautbilder ab. Es findet sich in der Netzhaut die Fähigkeit gebotene Lichteindrücke aufzunehmen.
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bald vollständiger bald mangelhafter, und die darstellenden Objecte ent­weder m.t einer Feinheit und Präcisität oder mangelhaft und unrichtig zu unterscheiden. Diese Verschiedenheit der Energie und Empfänglichkeit ist theHs ,n einer primären Anlage der Netzhaut gegeben, theils aber as Folge mann.gfacher Erkrankungen. Die Feinheit des Gesichtes über­steig aber nie gewisse Grenzen, und ist durch die Energie der Netzhaut selbst besehränkt, denn nur bei einer bestimmten Distanz der Bildpunkte aut die Netzhaut, welche zwei leuchtenden Objectpunkten entsprechen können solche in der Empfindung als distinct auftreten.
Zur Bestimmung der Distanz zweier Bildpunkte auf der Netzhaut verwendet man den Sehwinkel. Diesen erhält man, wenn von den leuch­tenden Endpunkten des Objectes gerade Linien zum Centrum der Cornea-oberflache gezogen werden, genauer noch, wenn man sie durch den Kreuzungspunkt der Richtungslinie gezogen denkt (nach Fig. 6), wie
Fig. fi.
d.ess die bekannte Figur nach Volkmann zeigt; wenn laquo;c die Endpunkte der Dimension des Objectes sind, so wird, falls die Verbindungslinie ac normal, d. h. senkrecht auf der Sehaxe o-n steht, und x der Kreuzungs-puukt der Richtungslinien ist; der Abstand b-a die Gesichtsdimension des Netzhautbildes sein.
Wenn ein Gegenstand, wie in derselben Figur e-s, der Netzhaut näher hegt, wird er doch, trotz bedeutend geringerer Grosse durch ein gleich grosses Netzhautbild entwerfen, sobald Grosse und Entfernung in einem bestimmten Verhältniss zu einander harmoniren. Ein kleiner naher Gegenstand kann also einen grösseren entfernten vollständig decken und unsichtbar machen, wenn für beide ein und derselbe Sehwinkel existirt (tig. ef, a-c).
Der ganze Vorgang des Sehens wäre nach beistehender Fiff 7 noch einmal wie folgt zu erklären:
o, ist der äussere Punkt des ausseien Lichtkegels vom lichtsen­denden Punkte; die vordere Fläche der Cornea h-a ist die Basis des Kegels. o2 ist der äusserste Punkt des inneren Lichtkegels, welcher aus durch die Linse und den Glaskörper gedrungene Strahlen gebildet wurde und auf die Netzhaut auffällt, und das Bild des Leuchtungspunktes o
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Fig. 7.
.o wJ8!^8 AU1ge fÜr die 0bJecfcdista^ Dicht accommodht, dauu ist es vllZ ZZfTThamp;beD quot;^ inFig- 6 ersichtlich ^ WeM d Nkte K. 8nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^ Weit.iSt- ^ der V--^-^P-kt vor der
^ezüau Fig. 8; wenn em Zerstreuungskreiskegelschnitt c-d die N tzhaut trifft, ist der leuchtende Punkt relativ zu nahe, dann trifft d
IT STTm d^ Lic!:tkegels hinter der Netzhaut -d ^tTei
#9632; N tl,. /. /, aUfc n0Ch aIs Ze^eaüUg8krei8; dass die Energie der Netzhaut der Ab- und Zunahme unterworfen ist, ist wohl kaum nöthS zu erwähnen. Die Netzhaut ist, wenn der Augapparat normal ist ti offenem Auge stets mit soviel Objectbilderu bedeck, 'als diese zu hr £ich strahlen senden können; je entfernter ein Object, desto kleiner das hm •entsprechende Bild; die Summe derObjecte, .JelcLe bei ^7^^ Auge neben und hintereinander wahrgenommen werden, ist das S hfe d
S GelZr611^ ^^ ^^ Wird d-^-inschaftlict si oder Gesichtsfeld an Ausdehnung grosser, es wird zum Gesichtskreis • aus diesem ergAt sich das directe uud indirectlaquo; Sehen. Das direct Seh^ gibt uns das Bild eines Objectes, das indirecte Sehen dagegen vmie,!
Obiec^rse^r^fa' ^T**' ^er-und Hin Jeinandei dt
UDjecte im Sehfelde und Gesichtskreise.
Oh,-laquo;.? iSt gieichuSa^ dieregelmässige systematische Folge des direktiven Objectes im Gesichtsfelde. Die Wahrnehmung der Entfernung ist glei h-ze.t.g m drrecten uud indirecten Sehen in der Erregung der perFpheri-
im s'ehnf aUtrrtiegegend- ^ derSelbe11 0^^' - welcher de o£e Netzha. Tnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Uüd ÜbereiDander gel^n sind, werden diese an d
Netzhaut wahrgenommen und zwar in der nämlichen Anordnung Doch ist gleichzeifag die Abbildung der hinter einander liegenden Objecte uf
Xrchcarb^etfutflä:hlt;;-a,so die Aüffassu^ ^^ raquo;^
möglich, sobald der nächstliegende Gegenstand alles Licht, welche das Auge von entfernten Gegenständen erhält, nicht abhält. W s unmittelblaquo; vor den Fussen des Thieres oder Menschen liegt, wirft ein Bild auf deD
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vorderen Theil der oberen Hälfte der Netzhaut, was einige Schritte vorn liegt ist auf der Netzhaut ebendaselbst etwas mehr hinten abgebildet und so fort bis zum letzten fixirten Punkte des Sehfeldes.
So schreitet das Thier vorwärts ohne eigentlich den Blick auf den Weg zu werfen, die obere Fläche der Netzhaut rapportirt jedes Hinderniss am Wege, welches das betreffende Thier noch während des Gehens aus­zuweichen trachtet, desshalb ist jedes Thierauge in seiner Orbital-Lage diesem Bedürfnisse entsprechend eingelagert. Schön lässt sich das bei schnellaufeuden Hunden, beim Hetzen von Wild, beim Trab oder Flachrennen beobachten, daher aueh mangelhaftes Sehvermögen das Stolpern bedingt.
Fig. 8.
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Durch die Einrichtung des Auges, dass eines das andere im Sehen unterstützt und ergänzt, mithin die Sehachse jedes Auges auf das Objekt gerichtet werden muss, ist die Folge dieser Einrichtung, dass die Augen zum Objekte des directen Sehens in correspondirender Bewegung sich verhalten. Diese Bewegungen sind schon angeborene bestehende Verhältnisse zwischen der Netzhaut des betreffenden Nerven- und Centralorganes.
Aus diesem Verhältniss ergibt sich auch die Folge, dass mit beiden Augen zugleich jedes Objekt einfach gesehen wird. Diesem Verhältniss ist es wahrscheinlich auch zu verdanken, dass die Objekte aufrecht gesehen werden, obzwar sie sich auf der Netzhaut verkehrt abspiegeln; wahrscheinlich dirigirt die Netzhaut durch Reflexion die accommodative Veränderung des Sehaxenkonvergens, diese Accommodation und Assoaction aber dem Ein­flüsse der Netzhaut auf die Wirkung der Augenmuskeln zufällt.
Schliesslich sei noch die entopische Erscheinung beim Sehen erwähnt, welche gerade in der Sehempfindung des Thieres eine nicht zu unter­geordnete Rolle einnahmen.
Entopische Erscheinungen sind jene, welche für den Gesichtskreis auch bei solchen Gegenständen und Objekten wahrgenommen werden, welche sich in oder an den durchsichtigen Remedien befinden; so werden sie nicht nur für diese Stelle wo sie oben sind, den Lichteinfluss auf das thierische Auge hindern, sondern sie werden durch die Abhaltung von Lichtstrahlen (wenn diese in das Auge gelangen können) auf das Seh­feld, Schatten auf die übrigens hellbeleuchtende Netzhaut werfen und
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sofort clinch den Kontrast hiezu empl'uudeu und für dunkle Objecte des Sehfeldes selbst gehalten werden. Jedes Object, welches also auf den oder in den durchsichtigen Remedien des Auges befunden wird, wird von dem Thiere selbst empfunden und gesehen werden. Dieses wird aber im Allgemeinen mir dann geschehen, wenn die Gegenwart der Lichtstrahlen vorhanden ist, welche im Glaskörper in einer parallelen, wenig conver-genten oder divergenten Richtung zur Netzhaut laufen und die vorhandenen Objecte zur Schatteubildung veranlassen.
Auf diese Weise ist unter Umständen das Vorhandensein durch Krankheit entstandener pathologischer Objecte in den durchsichtigen Kemedien des Auges, der Thiere wahrnembar.
Krankheiten der Sehnerven und der Netzhaut.
Die Krankheiten, welchen der Sehnerv und die Netzhaut unterliegt, äussern sich zunächst in der Gesichtsschwäche und Störung (Amblyopie) und der gänzlich abgebrochenen Lichtemptinduug (Amaurosis); doch können diese beiden Begriffe nicht so genau geschieden werden, besonders nicht für den Thierarzt, wo sowohl Ampiyopie als Amaurosis zumeist ein Gegenstand gerichtlicher Untersuchung ist, da es doch in vielen Fällen vorkommt, wo Amaurosis mit mehr oder weniger noch vorhandener Licht-empfindung besteht, und man doch diesen Zustand als Lichtstöruug dektarireu kann; es wird also mit dem Ausdrucke Amblyopie nervöse Gesichtsschwäche und Amaurosis nervöse Erblindung schwarzer Staar im gegebenen Falle solcher Verlust des Sehvermögens und eintretende Gesichts-störung bezeichnet, welche ausschliesslich durch einen krankhaften Zustand des Sehnerven der Netzhaut und der Centralorgane bewirkt ist. Es ist daher der Ausdruck Amblyopie nur für jene Sehstörungen zu gebrauchen, welche in dem nervösen Apparat ihren Sitz haben, während jene die in Folge von Veränderungen im diaptorischen Apparate entstanden sind, gänzlich von dieser Bezeichnung ausgeschlossen werden müssen.
Als solche wären alle Fehler der Cornea, Iris, Glaskörper, Linse etc,, welche Lichtstörungen hervorrufen können und solche, die im Bereiche des diaptorischen Apparates ihren Sitz und Wirkung haben, auf den ner­vösen Apparat insofern wirken, als sie das Lichtbild mangelhaft oder gar nicht hin gelangen lassen. Anders verhält es sich mit den mangelhaften Zuständen der Refraktion und Accomodation, wodurch Amblyopie theil-weise entstehen kann und zwar in der Aeusserung von Kurzsichtigkeit oder auch anderweitiger Gesichtsstörung, denn abgesehen davon, dass die Kurzsichtigkeit zumeist auch mit Störungen der nervösen Elemente des Auges vorkommt und nicht ausschliesslich auf die mangelhafte Accomo-datiousfähigkeit der Augenmuskeln beruht, ist nur in seltenen Fällen der Accomodationsmangel eine Folge der materiellen Verhältnisse der inneren
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Augenmuskeln (durch Entzündung und ihren Folgen) sondern zumeist die Folge der gestörten nervösen Kefraction und dirigender Einfluss von Seite der Netzhaut die begreiflicherweise die Accomodation leiten.
Wir kennen also bis jetzt noch nicht die Kefractions- und Accomo-dationsstörung als krankhaften Zustand der Accomodationsorgane für sich, sowie es die Menscheuärzte erklären, sondern müssen mit Vorbehalt der bestehenden Accomodationsverhältnisse mit geringen Ausnahmen die Seh­störungen in Folge Accomodationsfehler, als eine in der Netzhaut zu suchende Abnormität ansehen, welche die Accomodation und Refraction beeinträchtigt, umsomehr als uns Beobachtungen über Kurzsichtigkeit nicht so zahlreich wie bei Menschen zu Gebote stehen.
Schliesslich sei noch Amblyopie und Amaurose als seniler Process bemerkt, welcher in der Sensibilität der ganzen oder theilweisen Netzhaut seinen Ursprung hat, wo besonders das Alter der Individuen Einfluss nimmt. Die Abnormität in der Empfindung der Lichtbilder äussert sich also im nervösen Apparat als Amaurose gänzlicher Mangel jeder Empfindung, der höchste Grad der Sehstöruug, als Amaurose und Amblyopie mit theil-weiser schon aufgehobener, theilweise noch mangelhaft bestehender oder geschwächter Lichtempfindung. Als Amblyopie und Amaurose die zeitweilig bestanden hat und allmählich schwindet oder wenigstens die Lichtempfindung sich bessert als Folge entzündlicher, oft heilbarer Processe, z. B. Retinitis also für den Moment und Zeit der bestehenden Veränderung in der Netz­haut besteht und schliesslich Gesichtsstörung und Amblyopie die in den geschwächten oder mangelhaften Momenten und bestehender Wahrnehmung der Sehobjekte sich äussert und zu welcher auch die Refractions- und Accomodationsmängel beitragen, als geringster Grad der Sehstörung zu betrachten ist und bei unseren Hausthieren, namentlich aber bei Pferden sich in der Scheue und Schreckhaftigkeit äussert.
Die Scheue des Pferdes auch Schreckhaftigkeit.
Die Scheue des Pferdes ist als der geringste Grad der nervösen Sehstörung aufzufassen, sie ist nicht die eigentliche Krankheit, sondern vielmehr als ein Symptom oder eine Reihe von Krankheiten, welche auf den Bestand einer Abnormität in der Lichterapfiudung hinweisen.
Die Scheue kann bleibeud und längere Zeit, auch für das ganze Leben bestehen, oder aber momentan und intervaliter für eine bestimmte kürzere oder längere Zeit auftreten und wieder verschwinden, je nachdem die Veränderungen, welche im Auge entstehen, bleibend oder vorüber­gehend sind. Das üebel für sich hat für den Gesundheitszustand des Pferdes keine so grosse Beeinträchtigung, als dass es den Gebrauch des Thieres beeinträchtigt. Jeder Fachmann und Pferdekenner weiss, welche
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iiuangenehme Beeinträclitiguiig des Gebrancbeü eiu scheues Pferd nach sich zieht und wie uusicher mau in seiner Verwendung ist.
Doch darf man die krankhafte Scheue mit dem normalen Scheu­werden und Erschrecken des Pferdes nicht verwechseln. Jedes Pferd, sei dessen Auge noch so gesund, wird, wenn ihm plöt?lich ungewohnte ansser-gewöhnliche Eindrucklaquo;' vorkommen, schreckhaft und scheu werden, was sicher schon Jedermann gesehen hat.
Anders verhält es sich mit der krankhaften Scheue, dort sind die Eindrücke, welche das Erschrecken verursachen, entweder nicht vorhanden oder rechtfertigen dieses Benehmen nicht: schliesslich ist (Ins normale Scheuwerden äusserst selten, während sich das krankhafte bei jeder geringfügigen /um Schenwerden nicht bestehenden Veranlassuni,' wiederholt.
Symptome. E rschei u u ngen des Beuehm ens. Im Benehmen äussert während des Gebrauches ein mit der Scheue behaftetes Pferd ein plötzliches Zusamnienfahren. auf die Seite springen Bäumen, etc.. kurz die Erscheinungen von Angst und Schrecken, die sich auch in Zittern. Wiehern etc. kund geben ; oft sind diese Erscheinungen .so kurz, düss sie während der Verweniiuuj vorkommen, (ins Pferd macht .beim Fahren oder Reiten einen Seitensprung, wendet- den Kopf nach der Seite, wo sich der betreffende (Gegenstand befindet, glotzt mit den Augen diesen an. oder betrachtet ihn aufmerksam und nachdem es sich mit diesem vertraut gemacht, fährt es in seiner Dienstleistung ungestört wieder fort: oft gestalten sich die Erscheinungen aber viel bedeutender; das Thier erschreckt vor einem Gegenstande derart, dass es nicht vorwärts will und sich sträubt weiterzugehen: in solchen Fällen grenzt die Scheue oft an Stetigkeit, wie es auch vorkommt, dass der Stetigkeit ein krankhafter lietinalznstand zu Grunde liegt: in anderen Fällen ist das Scheuwerden mit einer so bedeutenden Schreckhaftigkeit verbunden, indem das betreffende Thier dermassen aufgeregt wird, dass es durchgeht: solche Thiere werden auch Durchgeher genannt, ohzwar das Durchgehen nicht immer eine Folge der Scheue ist, sondern oft Ursache und Folge zweckwidriger Behandlung H]eg Pferdes.
Symptome am Auge. Jede Gesichtschwäehe in Folge Ketinalaffectionen lässt den diaptorischen Apparat und die durchsichtigen Remedien normal oder kaum verändert, so auch die Scheue.
Doch ist es Thatsache der Beobachtung, dass Erweiterung und Verengung der Pupille, ohne dass Sysecfaie vorhanden wäre, vorkommen und zwar kann solche beständig sein oder nur während des Scheuwerdens eintreten.
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Veränderungen an der Netzhaut selbst lassen sich mittelst Augen­spiegel sehr schwer oder gar nicht nachweisen und solche sind sehr geringe congestive und Hyperämie-Zustände, geringfügige Veränderung der Sehnervenpapillen, unbedeutende Störung der Durchsichtigkeit der Netzhaut, sehr geringe partielle Exsudatauflagerungen und Entfernung der Netzhaut, oder Ablösung dieser in kleine Theilchen in Folge von Keti-nitis oder Chorioiditis. Schliesslich ist sie bei angeborener Anomalie gar nicht nachweisbar und lässt sich aus einem Missverhältiiiss ein Zelleubau folgern; ebenso ist auch bei gestörter Accomodatiou und Refraction nichts zu finden.
Ursache.
Ursache der mangelhaften und gestörten Empfindung innerhalb des nervösen Seha pparates. Die Ursache der Scheue ist eine Art der geringgradigsteu Amblyopie in der Netzhaut, welche sich in dem unvollständigen Auffassen einiger Sehobjecte innerhalb des Sehfeldes äussert. Es ist eine mangelhafte Empfindung für die von ein­zelnen Objecten ins Auge und auf die Netzbaut kommenden Lichtbilder. Das Thier sieht zwar das es erschreckende Object, doch die Deutlichkeit des Bildes ist gestört, in Folge dessen wird das Object in der Dimension, Form, Einheit und Zahl nicht richtig gesehen, d. h. auf der Netzhaut werden in Folge der krankhaften Veränderung ganz verschiedene Bilder empfunden, als das Object in Wirklichkeit durch den Lichtkegel wirft.
Das Thier hat die Sehempfindung, als sehe es vor sich etwas ganz Aussergewöbnliches, schreckt zusammen und wird scheu. Weiterbin ver­breitet sich auch die Anomalie auf die factische Gesicbtsschwäche ein­zelner oder nur eines Theiles der Netzhaut. Alle Objecte, die innerhalb des Sehfeldes auf diesen Theil der Netzhaut ihr Lichtbild werfen, werden ungenügend empfunden, d. h. schlecht gesehen; Wenn nun das im Ge­brauche stehende Pferd das ganze Sehfeld übersehen kann und nur eiu-xelue oder nur ein Object des Sehfeldes ungenügend sieht, so wird es, was ganz erklärlich ist, wenn das Object in das Bereich des directen Sehens gelangt, vor diesem zurückschrecken, stutzig werden und sieh scheuen, weil ihm die Netzhaut das ganze Sehfeld nicht gehörig, sowie es in der Wirklichkeit ist, zur Empfindung brachte. Dieser Vorgang wird sich so oft wiederholen, so oft ein Object-Bild auf eine schadhafte Stella der Netzhaut fällt; dass das Bild des schreckenden Objectes auf der schadhaften Netzhautstelle nicht der Wirklichkeit entsprechend empfunden wird, ist wohl erklärlich uud es werden dort doppelt oder mehrfache grössere, kleinere verschwominene, undeutliche Bilder empfunden, die das Thier zu sehen glaubt und sich davor schreckt; sobald sich aber das Thier mit dem schreckenden Gegenstand vertraut macht und auf ihn direct das Auge wendet, verrückt es mit der ganzen Wendung das Seh-
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feld und den Gesichtskreis uud bekommt einen neuen. Alle nun frisch aufgenommenen Bilder der Sehobjecte werden auch au der Netzhaut den Platz der Abspiegelung wechseln, d. h. sie fallen auf andere Stellen der Netzbaut als vorher, in Folge dessen wirft auch das schreckende Object die Emlpuukte seiner Strahlenkegel und sein Bild auf eiue andere Stelle der Netzhaut, weicht der schadhaften Stelle aus und nun empfindet das Thier das Bild des Sehobjectes richtig, weil dieses auf die normale Netzhaut fällt, es sieht den Gegenstand gut, hat sich mit demselben vertraut gemacht, deshalb sehen wir das scheuende Pferd sich schliesslich so gewöhnen, und sich mit dem Gegenstand vertraut machen, d.h. das Sehfeld ändert sich, ohne dass Störung des Dienstes eintritt.
Ursache im fehlerhaften Zustande der Refraction und Accomodution.
Unter der Accommodation verstehen wir jenes Vermögen des ge-sammten Augapfels, das Auge zum Sehobjecte so einzurichten, dass dieses dem Verhältuiss der Sehaxe entsprechend seine Lichtkegel in den Seh-apparat riehtig eindringen lässt und der Netzhaut mittheilt. Wir wollen die bis heute herrschende Meinungsdiffereuz bezüglich der Accommodation bei Seite lassen und nur so viel erwälmen, dass die Accommodation einer­seits durch die Augenmuskelu, andererseits durch die Ciliarmuskel und durch den Glaskörper, kurz, durch das Mitwirken des ganzen Sehappa­rates stattfindet.
Die Accoiiunndatioii und Refraction des Auges ist für die mittleren Sehverhältnisse eingerichtet. Das Einstellungsvermögen bezweckt also das Auge so zu gestalten, dass die auffallenden Strahlen mit ihrer Kegelspitze direct auf die Netzhaut fallen, und so ein deutliches Bild geben. Der Impuls zu diesem Processe geht wahrscheinlich von der Netzhaut aus, welche die Accommodation ebenso gestaltet, wie sie sie zur Passung des Bildes braucht.
Wenn nun die Accommodation uud Kefractiou mangelhaft oder gänzlich aufgehoben ist, so wird sich das Auge nicht accommodireu können uud die Netzhaut bekommt die Bilder nicht im richtigen Ver­hältuiss zur Empfindung; aus diesem Missverhältnis entsteht eiue Abnor-initiit im Sehen und zwar die Kurz- und Weitsichtigkeit.
Die Kurzsichtigkeit, Myopia, lässt sich als jeuer blendende Zustand in der Hefraction bezeichnen, bei welchen der optische Mittelpunkt des Sehobjectes, der Kreuzuugspunkt der Richtungslinien uud das Empfindungs-orgau des Lichtbildes von der Netzhaut abnorm weit abstehen. Das noth-wendige Ergebuiss dieses Abstandes zwischen dem optischen Mittelpunkte und der Netzhaut ist die natürliche Folge, dass die Distanz der Objecte, welche auf der Netzhaut abgebildet werden sollen, eine kürzere sein muss •als beim normalen Auge. Ein kurzsichtiges Auge sieht daher Objecte von
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einer gewissen Entfernuug, in welcher diese das normale Auge noch deut­lich sieht, bereits undeutlich oder gar nicht.
Die Weitsichtigkeit, Presbyopia, dagegen beruht auf dem Unver­mögen, das Auge, welches entfernte Objecte deutlich zu sehen vermag, für das Sehen naher Objecte einzustellen.
Für unseren Fall wollen wir die Kurzsichtigkeit als Ursache der Scheue erörtern:
Wenn nun das Auge von einer gewissen Entfernuug bestimmte Objecte nicht wahrzuuebmeu vermag, also diese factisch mangelhaft, oder auch gar nicht wahrnimmt und diese Objecte, sobald das Tbier während des Laufes sieb ihnen so nähert, dass es diese plötzlich wahrnehmen kann, so wird das Thielquot;, was leicht erklärlich ist, sofort zurückschrecken, weil vor ihm ein Gegenstand sich befindet, welchen es nicht mehr wahr­nehmen konnte, keine Kenntniss davon hatte: es wird schreckhaft, scheu, bis dieser Gegenstand in dem Bereich seines Sehvermögens gelangt, und sich mit diesem vertraut macht.
Behandlung.
Nach dem. was wir soeben von der Ursache der Scheue sagten, wird auf den Erfolg therapeutischer Behandlung schwerlich au hoffen quot;sein, weil die Ursache nicht leicht zu beheben ist. Pferdehändler pflegen, um das scheue Pferd leichter zu verhandeln, einen Aderlass zu appliciien, was auch bei partieller Congestion und Hyperämie der Netzhaut helfen wird.
Jedenfalls könnte man Piuganzen und abführende Salze versuchen, und die Behandlung der Retinitis einleiten. Scharfe Einreibungen und Gegenreize sind ganz zwecklos. Mehr werth ist die Umgangsart mit dem Pferde: hier kann ein verständiger Fachmann oft Wunder wirken: durch Belehrung des Eigenthiimers über das Wesen der Krankheil, wird dieser mit dem Thiere auch mehr Geduld haben und nicht zuerst durch ange­wendete Züchtigung das Thier martern, sondern beim Scheuwerden das Thier mit dem Gegenstand vertraut macheu. Auf diese Art wird das Thier einigermassen gewöhnt und frisch erzogen, es wird mit seinem kranken Auge sehen lernen und die Scheue wird schliesslich ein kaum merkbares Uebel.
Von bedeutendem Nutzen dürfte auch der Weidegang sein; dort in der Freiheit wird sich das Thier früher an seinen Zustand gewöhnen und wird ihm das Vertrautmacheu mit den mangelhaft sehenden Gegen­ständen zur zweiten Natur werden. Wer Gelegenheit hatte, augenkranke Thiere auf der Weide und im Gestüte zu beobachten, wird mir sicher zustimmen müssen. Ob Pulsatilla, welche von Homöopathen gegen Scheue empfohlen wird, dieses Uebel beseitigen kann, ist, glaube ich, überflüssig in Frage zu stellen.
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Die fcreslchtsselxwäche (Amblyopie).
Amblyopie ist bei Thieren eine sehr selten beobachtete Krankheit, des nervösen Theiles im Auge, doch ist ihr Vorkommen schon von vielen Seiten bestätigt worden, was auch sehr erklärlich ist.
Hering sah einen solchen Fall bei einem Pferde, welches au Gehirnentzündung gelitten hat. Stockfleth erwähnt diese Krankheit ia seiner Chirurgie ebenfalls.
Zumeist wird die Sehschwäche als Vorläuferin des schwarzen Staares beobachtet; die Sehschwäche kann als nervöse Gesichtsschwäche durch mangelhafte Energie der Netzhaut als angeborene Amblyopie bestehen, doch dürfte dieser Zustand kaum, oder äusserst selten in der Veterinär­praxis beobachtet werden.
Schlechtes Sehen der neugeborenen Hunde und Katzen entspricht in der ersten Woche diesem Zustande. Weiterhin kann die Amblyopie durch Krankheiten des Celebralsystems und durch pathologische Zustände in der Netzhaut bestehen und erworben werden. Eine Art momentaner Amblyopie ist auch die Blendung durch weite Schneeflächen, die bei Pferden vorkommt und auch manchmal eine längere Zeit bestehend beob-r achtet wurde. Schliesslich sei noch erwähnt, dass GesicbtsschWäche an und für sich mit allen jenen Vorgängen eng verbunden ist, welche den schwarzen Stanr bedingen.
Symptome. Die Erscheinungen, welche die Sehschwäche bezeichnen, aussein sich in dem Bestreben, lichte Gegenstände, als solche, die mehr Licht-ränder besitzen, wie Mauerflächen, offene Thüren (nach Bleiweiss' Be­schreibung) u. s. f. zu erkennen und zu sehen, während dunkle Gegen­stände, also solche, die weniger Lichtstrahlen senden, mangelhaft oder gar nicht erkannt werden; solche schwachsehende Thiere rennen gern gegen dunkle Gegenstände au, vor anderen scheuen sie sich: sie werdea einige Gegenstände wahrnehmen, während sie wieder an andere anrennen, dort, wo sie vertraut sind, werden sie sich benehmen, als ob sie gana gut sehen; sobald sie aber au unbekannte Orte kommen, werden sie un-vertrant und unsicher in Gang und Benehmen; natürlich kann diesen Erscheinungen nur dann auf Kechnimg der Netzhaut Werth beigelegt werden, wenn die übrigen Augentbeilhaber sonst gesund sind, denn es ist dieses das Benehmen eines schlecht sehenden Pferdes überhaupt. Solche mit Gesichtsschwäche behaftete Pferde sehen oft wieder neue Gegenstände während des Gebrauches, oft weichen sie diesen aus; im gewöhnlichen Leben sagt man, das Pferd hat einen Schein. Die Gesichts­schwäche ist nicht so selten als man glaubt, häufig wird hochgradige Amblyopie für schwarzer Staar angesehen. Eine eigenthümliche Form der
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Gesichtsschwäche ist die Nachtblindheit (Hemerolopie); sie wird mitunter bei Pferden beobachtet und ist von Stockfleth in seiner Cliirurgie be­schrieben worden. Die Krankheit äussert sich dadurch, dass das Thier, welches am Tage gut sieht, Abends seine Gesichtsschärfe verliert und überall anläuft.
Ursache.
Die Ursache der Ambiyopie ist in den verschiedensten Abnormitäten der Netzhaut und des Sehnerves zu suchen. Eine beschränkte oder mangel­hafte Energie der Netzhaut, ohne dass dieselbe pathologisch verändert ist, wäre genügend, um Gesichtsschwäche hervorzurufen; dort, wo der Augenspiegel keine Veränderungen nachweist, ist man gezwungen, eine primäre Materien- und Zellen-Unrichtigkeit anzunehmen, auch solche vielleicht in den Sehnerven zu suchen. Dort, wo Veränderungen nach­weisbar sind, gelten als Ursache alle jene Zufälle, welche Amaurosis erzeugen können; wie vorausgegangene Chorioideal-Affectiouen, Ketinitis, Auflagerung von Exsudat, Entfärbung der Netzhaut und schliesslich Ver­kühlung und rheumatische Zufälle.
Die Ursache der Hemerolopie beruht auf primärem Baufehler der Netzhaut, wodurch dieselbe ungemein starkes Licht benöthigt, um die Lichtbilder zu empfinden; sobald sich das Licht verringert, dunkel wird, wird auch die Empfindung der Lichtbilder beeinträchtigt, das Sehver­mögen nimmt in dem Masse ab, als die Lichtstärke herabsinkt.
Die Prognosis dieses Leidens, wenn es überhaupt constatirt wird, ist sehr zweifelhaft und schlecht zu stellen, da iu den seltensten Fällen Behandluugserfolge zu erwarten sind, und wo Heilung des Uebels und Besserung der Sehkraft erfolgt, zumeist nicht als ein Resultat der Therapie, sondern vielmehr eine Folge der beseitigten Ursache anzusehen ist, welche durch Zufall oder eingetretene günstige Verhältnisse von der Natur selbst bewerkstelligt wurde. Itnmerbiu kann mau Heilversuche vornehmen, die sich im Allgemeinen nach dem Princiiie des schwarzen Staares zu richten haben.
Thatsache der Beobachtung ist, dass Naturheiluug und Kräftigung des Gesichtes factisch vorkommt.
Die Entziinduiig' der Nelxliaut. Dietyitls, Retinitis.
Mit der Bezeichnung Retinitis wird ein Symptomeucomplex ver­standen, der sich auf acuteu, oder subacuten, selten chronischen Verlauf einer Retinal-Auomalie mit vorherrschenden Erscheinungen der Entzündung stützt, und sich vorzüglich in momentanem oder zeitweiligem Unterdrücken der gänzlichen oder theilweisen Sehkraft äussert. Vor dem Gebrauche des Augenspiegels zur Untersuchung, konnte man nur nach Sectionsbefundeu folgern und bestimmen, dass auch in der Retina Entzündungsprocesse
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vor sich gehen und die Wirkungsfähigkeit derselben beeinträchtigen; es konnten nur gewagte Vermuthungeu auf einen entzündlichen Zustand der Eetina während des Lebens geschlossen werden, doch mit dem Ge­brauche des Augenspiegels ist uns der Vorgang in jeden einzelnen Augen-theilhaber durch das ophthalmoskopisehe Bild zur Wahrnehmung gebracht worden und unserer freien Beurtheilung und begründeten Diagnose frei­gegeben. Zur Constatirung der Netzhautentzündung brauchen wir uns nicht Vermuthuugen hinzugeben, sondern können durch die bestehende Sehstörung zur Untersuchung veranlasst, mit gewisser Bestimmtheit das Vorhandensein einer ßetiuitit; als Eesultat unserer Untersuchung aus-gprechen, obzwar uns jeder Anhalt an subjective Symptome mangelt, die den Menschenürzten so zu Statten kommen; uns sind die Augenspiegel­befunde mit anderweitigen objectiven Erscheinungen hinreichend, um die Existenz einer Netzhautentzündung sicherzustellen.
Die Netä;bautentzüuduug ist überhaupt ein fulminant acut auf­tretender Process, doch ist damit nicht gesagt, dass die Netzhautent­zündung ausschliesslich acut vorkomme; es ist auch die subacut oder chronisch verlaufende Netzhautentzündung, wenn auch seltener als die erstere, ein Gegenstand der Beobachtung und wird, da ihr hervorstehen­des Symptom eine allmälige Abnahme des Sehvermögens ist. theils als Amblyopie, theils als Amaurose aufgefasst.
Symptome.
Mit der Auffassung subjectiver Erscheinungeu sind wir leider sehr beschränkt, wir können höchstens die eingetretene Sehstörung und Ab­nahme der Sehkraft, auch völlige Erblindung nach dem Benehmen des Tiiieres beurtbeilen, ja positiv bestimmen; je nachdem das Sehvermögen mehr oder weniger gestört ist. oder völlig unterliegt, wird auch die Sicherheit des leidenden Thieres in Gang, Dienst, nenehinen bedeutender oder minderer sein, es wird vorsichtig auftreten, die Füsse hoch heben, tn'it den Ohren spielen, etc., kurz, alle Eigenschaften eines erbüudeten Thieres zeigen, welche zu beschreiben wir schon oft Gelegenheit hatten.
Es wird uns weiter eine ausseist gros.se Empfindlichkeit gegen das Licht und Lichtscheue auffallen. Die Lider des kranken Auges werden fort geschlossen sein, Wiederholung der Untersuchung und Sehprobe wird uns von der sehr raschen Abnahme der Sehkraft belehren, und äusserst gesteigerte Empfindlichkeit gegen jeden Lichtreiz zeigen.
Objectiv wird uns reichlicher Thränentiuss, dunkle oder lichte Köthe der Lidränder mit Gefässinjectionen begleitet, mehr oder weniger bestimmt als abnorm zu bezeichnende Injection der vorderen Ciliararterien und Verengerung der Pupille stets in auffallend hohem Grade vorkommen.
Dies sind bei Mangel einer anderen Augeuaffection die Erscheinun­gen, welche auf eine Entzündung der Netzhaut schliessen lassen; doch
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können mit diesen Symptomen auch Eischeiuimyen der Iritis oder Choiioiditis vorhanden sein, die sich als Complication dazu gesellen. In wieweit diese auf den Zustand Einfluss nehmen und zu beurtheileu sein, werden, wird uns die Untersuchung mit dem Augenspiegel belehren.
OphthahnofCOpischer Befund. Krkeunbar durch den Augenspiegel sind folgende durch die Ent-! Zündung der Netzhaut gesetzte Veränderungen :
a)nbsp; nbsp;In frischen acuten Fällen Hyperämie und Echimosirung (iet: Gefässe hei chronischen und inventerirteu Fällen, Verminderung deraquo; Kalibers und dunkle Färbung desselben.
b)nbsp; Dunkle oder hellfarbige Trübung der Netzhaut, begrenzt quot;der ausgebreitet an einer oder mehreren Stellen in einzelnen Regionen, oder in ganzer Ausdehnung, welche dann mit dem heilen Aufleuchten einzelner begrenzten Partien der Netzhaut, oder mit völliger dunkler Punctations-ümdeckung ins Schwarze sich wabrnehmen lässt, zumeist wird sie als Begleiterin der iMonatblindheit gefunden und mit den Namen Ketinititt punetata bezeichnet siehe Ursache der Scheue)'.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; '
c)nbsp; nbsp;Veränderung der Sehnervpapilleu in Farbe. Grosse, Abgrenzung und Umgebung.
Bezüglich der Hyperämie ist zu bemerken, dass die grössere Köthi* des Augeugrundes besonders zu beachten sei und ist nicht so die abnorme Köthe. besonders in chronischen Fällen, welche auffällt, als die dunkle Färbung der Gefässe. welche auffällt, Die (jentralget'ässe dort, wo solche nachzuweisen sind, z. B. beim Rind, sind oft erweitert, oft können diese aber sowohl an Zahl, als auch an Lumen vermindert sein, dann erscheine,, was übrigens sehr selten sein dürfte (nach Arlt), der Augengrund auf­fallend licht. Im Bereiche des Sehnerves kommen kleine zahlreiche feine Gefässchen vor, die in der Fläche ein förmlich röthliches Aussehen geben ; auf diesen Flächen sitzen oft kleine Echimosen und röthliche Punkte, oder punetirte Flächen Ketinitis punetata). Die vorhandenen Exsudate. sind oft so klein, dass man sie durch das Ophthalmoscop nicht auffinden kann. Die Trübungen, welche dadurch in der Netzhaut entstehen, sind röthliche Flecken, grau, gelblich, bläulich, weiss, oder dunkel pigmentirt. oft sieht man quer über die Fläche laufende röthliche Streifen: die lichteren Trübungen sind zumeist schleierartig, gegen den gesunden Netz-hauttheil sich allmälig verlierend.
Ablösung der Netzhaut von der Chorioidea kommt dort vor. wo Retinal- und Aderhaut übel complicirt sind, so z. B. bei Monatblindheit-Solche Netzhauttrübungen können mit Trübung der Linse und des Glas-körpers verwechselt werden.
f igmentirte Netzhauttrübungeu verleihen der Netzhaut ein gedecktes Atissehen Bei Ketinitis sind die Sehnerveupapillen während des Gou-'
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gesttöns als auchExsudatiousprocesses rötlilich, dann später von schmutzigem Teint, uml hat neben deu gewöhnlichen Getassstämmen noch zahlreiche abnorme kleine Zweige.
Ursache.
Die Keuntuis der Ursache der lieliuitis ist sehr mangelhaft; so viel steht fest, dass sich bald nach Einwirkung intensiven Lichtes acute Retinitis entwickelt. Besondere Prädisposifcion kann auch bestehen, sicher ist. dass starke Sehanstrengiiug in Folge schon bestehender Ab-uoimitUt an den dnrchsiclitigeii Kemedien des Auges. Belinitis hervoi-nit'eii kann; die Be-tinitis als Consecutiv bei Monatbliudheit und zwar besonders die Form der Ketiuitis punctata ist schon oft erwähnt worden, auch Verletzungen gehören zur Ursache der Retinitis; die häutigste Ur­sache ist jedoch die Einwirkung intensiven Lichtes, Sonnenstrahlen, Schneeglanz, .-ehr glänzende das Auge zufällig treffende Metalltlächeu etc.
Schlechtes Geschirr könnte auch Ketiuitis hervorrufen, dmch Druck an die Halsgefässe, Zuschnüren des Kopfes, übermässiges Ziehen etc.
Die Prognosis ist in allen Fällen zweifelhaft oder ungünstig zu stellen, die Affection kann bei zweckmässiger und rechtzeitiger Hilfe­leistung vollständig zurückgehen, doch bildet sich in kurzer Zeit, darnach Ainblyopie noch öfter Amaurose; wenn Iritis oder Chorioiditis hinzutritt, ist die Prognosis um so ungünstiger. Die peripherische Retinitis soll minder ungünstig als die centrale sein, bleibt auf die Peripherie be­schränkt oder schreitet nur sehr langsam vorwärts.
Behandlung.
Vor Allem ist für das Abhalten jedes Lichtreizes zu sorgen, also das kranke Thier in womöglich dunklen Kaum unterzubringen.
Hei acuten Fällen ist eine allgemeine Blntentziehnng durch Ader-lass, eine örtliche durch Scarificatiou der Lider angezeigt. Die Anwendung der Blutegel in der Veterinärpraxis ist nicht zweckmässig.
Die örtliche Antiphlogose werden Eisumschläge einige Tage lang vervollständigen; ich habe mittelst hartnäckiger Anwendung des Eises-factische Hetinitis uach Blenorrhöe zurückgeblieben und noch im Con­gest ivzust a nde beseitigt.
Allgemein kann man durch Aloe oder abführende Mittelsalze iä kleinen aber häutigen Gaben die örtliche Behandlung unterstützen; kühleudei Mittel besonders Weinstein in grösseren Dosen sind wohlthuend, ferner kleine Gaben von tart. stibiat. 1st das entzündliche Stadium gebrochen, dann macht man Einreibungen von Quecksilbersalbe auf den Augen-bogen, um die Aufsaugung des Exsudates zu unterstützen. Zur Linderung der Lichtscheue wird dieses auch beitragen. Mit der Anwendung der
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Narkotica soll man vorsichtig sein, und ist Opiumtinctur und Opium-extract mit Quecksilbersalbe zu vermischen.
Belladonna ist im Anfange ganz zu vermeiden, weil die Erweiterung der Pupille den Lichtreiz erhöht, von Menschenärzten wird die Anwendung kalter Umschläge und ganz milde feine Staubregen, Douche als wohlthuend besonders empfohlen; die Anwendung erregender Mittel, Keize und Gegeureize, Einreibungen, eine leider noch immer beliebte Quaksalberei ist nicht nur nicht nützlich, sondern positiv schädlich. In den spätesten Stadien ist Electricität zu versuchen; Jodsalbe, Kolomelsalbe, Waschungen mit Salmiaklösung, wie diese von manchen Seiten empfohlen werden, haben problematischen Werth (Strauss, Hertwig).
Strichnin nach Guilemont, Atropien nach llichter und Nagel sind mehr schädlich als nützlich, zumeist vereitelt es den möglichen Behaud-lungserfolg und wirkt auf den Eintritt der Amaurose.
II
Der schwarze Staar (Amaurosis).
Mit der Bezeichnung Amaurose wird der höchste Grad der Seh­störung oder gänzlicher Mangel des Sehvermögens als Folge einer Ano­malie der nervösen Elemente des Auges bezeichnet. Das betreffende Thier leidet daher dann an Amaurose, wenn es entweder vollständig blind ist, oder die Sehstörung in einem der Blindheit nahen Stadium sich befindet, ohne dass am diaptorischen Apparate an den durchsichtigen und licht-brechenden Remedien nachweisbare Veränderungen gefunden werden. Der graduelle Unterschied der für die totale Blindheit und noch theilweise bestehenden Lichtempfindung, also Arablyopie, die Grenze zwischen Am-blyopie und Amaurosis und die graduelle Abstufung dieser Sehstörung bestimmen, wird bei Thieren kaum oder gar nicht gelingen, weil man nur mit den unzuverlässigsten Mitteln darauf bezügliche Sehproben vor­nehmen kann. Es wird für uns auch die hochgradige Amblyopie sowohl bezüglich des Principes als auch der Rechtsfrage vollständig gerechtfertigt sein, für Amaurosis anzunehmen und zu halten. Jede bestehende Seh­störung, welche so hochgradig ist, dass das betreffende Thier seine Lich-emptindung für sich nicht mehr verwenden kann, und in der Abnormität der nervösen Elemente des Auges besteht, ist mit dem culminativen Namen schwarzer Staar zu bezeichnen und als solcher aufzufassen, ohne Rücksicht darauf, ob die Lichtempfindung eine total unterbrochene, oder in kaum merklichen Bruchtheilen noch vorhanden ist. Sobald die Licht­empfindung nicht so stark ist, dass sie das Sehen vermitteln kann, ist ihr Werth problematisch und mit der Blindheit gleichbedeutend.
Durch den Ausdruck schwarzer Staar (Schönblindheit) wird also ein krankhafter Zustand des Sehnervens, der Netzhaut und der Ceutral-organe bezeichnet, welche im gegebenen Falle hochgradige Gesichts-
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schwäche oder totale Blindheit hervorruft: dieser kraukhafte Zustand der nervösen Augentheilhaber kann sich entweder auf diesen selbst beschränken, oder auf einzelne derselben beschränkt bleiben und auf sämmtliche sich ausbreiten, kann aber auch in Begleitung anderer, nicht den nervösen Elementen ausschliesslich angehörenden Augentlieilhabern vorkommen (als Begleiter von Chorioidealleiden). Es ist also nicht Bedingnis, dass alle nervösen Theile des Auges abnorm sein müssen, um Amaurosis hervorzurufen, es kann diese auch in Begleitung von Chorioidealleiden auftreten.
Demnach unterscheiden wir: a) lietinal-Amaurosis, b) eine Ürbital-Amaurosis, c) eine Celebral-Amaurosis.
lietinal-Amaurosis ist primär, zumeist bloss auf Affectionen der Netzhaut beschränkt, doch kann diese wieder als Folge von Giaskörper-uud Cborioideal-Processen auftreten und wird dann als eine von Glas­körpern und der Aderhaut ausgebende Ketinal-Amaurosis betrachtet. In allen Fällen sei, welche pathologische Grundlage der Amaurosis immer vorhanden, so kann diese beide Augen oder eines derselben betreffen als binoculäre und mouoculäre Amaurosis: doch wird zumeist mit der Zeit die monuculären, zur binoculären, was in der Kegel zu erwarten ist.
Erschemtmgen.
Die aurgebobene Verrichtung des Sehorganes kennzeichnet im Wesent­lichen diese Krankheit, wo dann auch das Thier in seinem Benehmen die bestehende Blindheit äussert, Ist die Krankheit noch im Stadium der Amblyopie und die völlige Blindheit noch nicht ausgebildet, so wird das Pferd jene Erscheinungen zeigen, welche bei Amblyopie beschrieben wurden, und wird auch durch den Lichtreiz von hellen und glänzenden Gegen­ständen, die auf das Auge plötzlich einwirkten, erschreckt und scheu gemacht. Die Eniptindlichkeit der Netzhaut und des Sehnerven scheint beim Beginne der Krankheit überhaupt gesteigert zu sein, was auf einen entzündlichen Zustand der nervösen Theile deutet. Im hoben Grade der Krankheit ist das Auge gegen jeden, auch den heftigsten Reiz unem­pfindlich. In diesem Falle kann man ohne reale Untersuchungen nach dem Benehmen des Tbieres auf vollständige Blindheit schliessen. Das staarbliude Pferd ist im Ganzen unsicher, trägt den Kopf erhaben und hebt die Füsse während des Ganges hoch, als ob es im Wasser waten würde. Es geht auf die im Wege stehenden Gegenstände an und weicht diesen nicht aus. Die Ohren eines solchen Pferdes sind immer gespitzt und werden zum Zwecke des Horchens lebhaft bewegt, auch die Nasen­löcher werden mehr als gewöhnlich erweitert, um den mangelnden Gesichts­sinn durch den Geruch und das Gebor zu ersetzen, die Form des Auges ist oft unverändert, oft soll der Augapfel nach Angabe älterer Werke
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eingefallen seiu mid die Augenlider gefaltet erscheinen. Das Sehioch wird, wenn das Thier an einem dazu geeigneteu Platz gebracht wird (siehe Untersuchung des Pferdeauges), sieh nach Einwirkung des Lichtes weder verengern noch erweitern; doch ist zuerst, bevor man auf die Reaction der Pupille seine Diagnose stützt, darauf zu sehen, ob nicht vordere oder hintere Synechie zugegen ist, welche ebenfalls die Erweiterung und Verengerung der Pupille nicht zulässt. Wie man den Lähmungszu-stand der l'upille diagnosticirt, ist schon au anderer Stelle gesagt worden Hei einseitigen Staarblindheiten kann es jedoch vorkommen, dass sich die Pupille des kranken Auges mit dem des 'gesunden erweitert. Um sich darüber Gevvissheit zu verschaffen, verhindert mau den Einfall der Licht­strahlen in das gesunde Auge, indem man dieses verbindet, und nimmt, den Versuch auf Pupillenreaction wieder vor; sicher weiden wir durch die üubeweglichkeit derselben auf positive Resultate kommen, denn diese ist für sich allein unbeweglich, die Pupille ist immer hochgradig laquo;r-weitert, so das die Kegenbogeuhaut nur als ein ganz schmaler King sicht­bar wird. Auch ist die Pupille oft nicht so intensiv dunkel und hat ihn; normale Farbe, sondern ist theilweise oder ganz entfärbt, umflort. Auch der vollkommen klare Grund wird manchmal ein grünlicher, oder aucli sonstig verfärbter, der besonders ,...' Veränderung der Netzhaut durch Entzündung scbliessen lässt. und bei Amaurosis noch Aderhautaftection-n im Gefolge hat.
1st auch Retinitis vorhanden, dann könnte die Pupille unter Bia-Huss dieser noch verengert seiu. sobald aber die Entzündungserscheinungen schwinden, ist die Pupillenerweiterung ein Charakteristicum der Amau­rosis, sowie überhaupt die Verengerung der Pupille das Zeichen acute.r Hntziindungsprocesse, die constant erweiterte Pupille ein Zeichen abge­schlossener Vorgänge ist.
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Ophthalmoscopischer Befuntl.
Der Befund, den wir im ophthalmoligischen Bilde finden, wird uicht immer gleich sein, sondern sich nach der pathologischen Grundlage und Ursache, auf welcher die Amaurosis beruht, richten. Oft werden wir trotz totaler Blindheit gar nichts finden, was einen Anhaltspunkt zur be­stehenden Sehstörung bieten würde, und wir werden die Staarblindheit als eine Celebral-Amaurosis, die durch im Centralorgane vorkommende Abnormitäten entstanden ist, erklären, zuweilen werden jedoch positive Befunde vorliegen.
Bei der Stellung unserer Diagnose müssen wir aber auf alle im Auge vorkommenden Veränderungen bedacht sein, die uns sicher in dem Spiegeibilde erscheinen werden und uns in der Diagnose auch irreleiten können: denn es können oft Trübungen und Affectionen. die der Amau-
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rosis vorausgegaugpu, oder auch von liiesev nuabhängig sind, vorhanden sein. Die vefschiedensten Processe, Trübungen. Exsudate etc. in der Hornhaut, Glaskörper. Linse, Iris können da vorkommen, ohne dass sie auf den bestellenden Zustand vvesentliclien Eiufluss nehmen: in solchen Fällen heisst es vorsichtig prüfen und besonders alle jene Befunde be­achten und suchen, welche als Charakteristica der einen oder der anderen Affectionen bezeichnet wurden: hauptsächlich ist aber darauf Rücksicht #9632;/.V: nehmen, oh denn auch diese Veränderungen, welche an den durch­sichtigen Bemedien vorhanden sind, so hochgradige Sehstörüng und Blind­heit hervorrufen konnten.
Dort wo die Amblyopie und später Amaurosis angeboren isi. weiden wir selten etwas linden, nur die raikroscopische Untersuchung könnte etwa Aufschluss geben über die verhandene Veränderung, üeberhaupt ist die mikroscopische Untersuchung berufen, über das Wesen der Amau­rosis vielseitige Aufklärung zu geben, in anderen Fällen dort, wo die N fitzhaut affectionen in Folge oder mit Glaskörper- und Aderhautleiden '#9632;utstanden ist. solche Veränderungen, welche diese Leiden charäkterisiren und die an der betreffenden Stelle angegeben winden.
Infiltration der Cborioidea und Netzhaut, Exsudatablagerung im Glas­körper, grüne Verfärbung ties Augengrundes. Ablösung der Netzhaut von der Aderhaut, Schrumpfung werden uns beweisen, dass das Netz­hautleiden hier nicht primär ist. sondern dass diese von ihrem Neben-tbeilhaber mit ergriffen wurde, zumeist, nach Glaueom. In diesem Falle wird sich dieser Befund als solcher herausstellen, der schon bereits mit dem Namen amaurotiscbes Katzenauge bezeichnet und von Berlin bei Pferden constatirt und beschrieben wurde. (Siehe österr. Vieteljabres-schrift für Thierheilkunde. XVII. Band. Heft 1. S. 41.)
Bei Amaurosis nach Retinitis sind jene Befunde, die im Allgemeinen der Retinitis nur im erhöhten Massstabe zukommen, vorherrschend, natür-
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lieh mit Ausschluss jeglicher acuteu Entzündungserscheinungen, denn so lange noch diese vorhanden sind, muss die Bezeichnung Retinitis als normirt bleiben und wenn factisch Amaurosis besteht, denn der Vorgang ist noch nicht abgeschlossen.
Wir linden daher Veränderung der Sehnervenpupillen in Volumen, Farbe, Ausbreitung, und da nun diese kleinen Gefässzweige die Netzhaut theils im Centrum, theils in der Peripherie in der ganzen Ausbreitung, oder nur parciell fieckweise begrenzt, verändert. Diese Veränderungen sind bläuliche, gräulich-röthliche, metallfärbige Trübungen oder Verfärbung in unbestimmten Dimensionen oder begrenzt; oft ist die Trübung nur schleier­artig, kaum wahrnehmbar, oft kann man deutlich sehen, dass das Netz-hautgewebo erweicht ist; rothe Punkte, Streifen die ins schiefergraue übergehen, echimosenartige Punkte, Resultate vorgekommener und noch bestehender Exsudatiou werden uns die eingetretene Sebstörung zur Ge­nüge erklären; in den seltensten Fällen werden Spuren von Blutungen der Netz- und Aderhaut vorgefunden werden, noch seltener Neubildungen, doch sehr oft kommt es vor, dass wir nicht oder kaum etwas linden werden, wenn eben die Amaurosis auf Anomalien des Ceutialsystemes oder des Sehnervs-beruht.
Ursache.
Die Ursache des schwarzen Staares ist mit der pathologischen Grund­lage der Amaurose im innigsten Zusammenhang, denn eben der patho­logische Vorgang im nervösen Augentheile bringt die Blindheit hervor.
Die pathologische Grundlage ist entweder eine nachweisbare, aber doch vorhandene, und durch die Section offenbare Veränderung. lieber äthiologische Affacte sind wir noch sehr im dunklen und weiterer For­schung bedürftig. So viel ist durch langjährige Beobachtung und Erfahrung festgestellt, dass übertriebene Dienstleistung eine vorherrschende Prädis­position bilden, /.• B. bei gemeinen Racen zu Monatblindheit, bei Pferden edlerer Racen zu Krankheiten des nervösen Augentheiles, heftiger über-mässiger Lichtreiz, Sonnenstrahlen, die in das Auge direct einfallen, Schueeflächen und Metallplattenglanz, möglich auch heftige Verkühlung, rheumatische Zufälle; in manchen Fallen ist das Uebel angeboren, Vor­handensein von Krankheiten der Centralorgane, Lähmung des Sehnerven, Genuss giftiger Pflanzen, Belladonna, Hyoscyamus etc. sind solche Ein­wirkungen, die das Auftreten des schwarzen Staares wohl begninden.
Schliesslich sind es pathologische Veränderungen des nervösen Augen-theilhabers selbst oder ihrer Nebenorgane, die Amaurose hervorrufen, d. h. dieser als Grundlage dienen.
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Pathologische Ornndlage der Amauro^is. Amaurosis in Folge bulbulärer Netzhaut-Affcctionen.
I. Arnaurosis die durch von Choirioidea und Glaskörper ausgehende Netzh aut-Af fecti on verursacht wird.
Der innige anatomische Zusammenhang der Netzhaut mit dem Glas­körper und der Aderhaut, macht es wohl begreiflieb, dass Krankheiten der benannten Augentheilhaber die Netzhaut mit afficiren könnfii, und diese seeundär als Consecutivleideu, zumeist den entzündlichen und exsuda-tiven Process und seinen Folgen unterworfen ist. Die seröse Entzündung der Netzhaut, die gestörten Druckverhältnisse, entstandener Glaucom nehmen die Netzhaut vielfach in die Mitaffection und verursachen in Folge dessen den schwarzen Staar. Die Befunde sind in solchen mit dem des Glaucoms gleichzustellen, und werden sich mit Ablösung der Netz­haut von der Chorioidea von serösem Erguss in die Aderhaut-Exsudation im Glaskörper etc. und mit den Erscheinungen des Glaucoms präsentiren. Gleichgiltig ist es, ob die Meinung Roser's und Sihnl's die richtige ist, dass nämlich die Netzhaut-Ablösung als mechanisches Kesultat eine Chorioidial-Exsudation sei oder ob die Ansicht H. Müller's und Buelman's die richtige ist, dass die Ablösung der Netzhaut dadurch zu Staude kommt, „das aus dem chemisch-veränderten Glaskörper bestimmte Stoife, wie Sülze in die Blutflüssigkeit übergehen, dass das gelöste Albumin eine grösseie Verwandtschaft in Endosmosi gegen Sulzlosung besitze und der Diffusionsstronl des Eivveisses mit der wachsenden Concentration der Sulz­lösung schnell zunimmt. Dass aus dem Aderhautgefässe leicht durchgetretene Eiweisslösuug sich schnell zu Membranen diferirt an den Poren der Netz­haut verdunstend findet und so diese vor sich her und von der Aderhaut ab­drängt.quot; Meiner Ansicht nach wirken bei Zustandekommen der Netzhaut-Lösung beide Factore mit, sowohl der Exsudatiousdruck von hinten, als auch durch Zug in Folge stellenweiser Adhäsion mit dem Glaskörper­strome. — Speciell zur Aufweichung der Chorioideal-Verbindung mit der Retina ist eine Aufflechtung nur von der ersteren bemerkbar, die durch zwischen beide gesetztes Exsudat Zustandekommen, — Später stark zellig infiltrirt und in der Folge durch solche Infiltrationen, die sich auch zellig organisiren, beide Häute von einander getrennt werden. Ich kann nicht diese Erklärung des Processes aufgeben, zumal man sich davon leicht Ueberzeugung verschaffen kann, denn die meisten Netzhaut-Ab­lösungen werden wir in dem Raum zwischen Netz- und Aderhaut, wie auch die erwähnten Häute nach mikroscopischen Untersuchungen zellig infiltrirt finden, während im Glaskörperraum sich seltener Zeichen einer Adhäsion mit der Netzhaut, oder orgauisirter Fermente, sondern blos Spuren zelliger Infiltration zu finden sind. Die Untersuchungen von Eversbusch bestätigen meine Behauptung.
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11. A m a ii id l i sc lies K a L/,imi auge.
Aus soldier Affection der Clioiioidea entwickelt sich das von Prof. Berlin besclniebeue amaurotiscbe Katzenauge (bei Pferden und auch bei anderen Haustliieren möglich). Diese Affection kennzeichnet-sich durch die vollkommene Durchsichtigkeit der vorderen durchsichtigen Remedien, durch den Augenspiegel nachweisbare fadenförmige Gla.skörpertriibungen. durch einen goldgellilicben Reflex aus der Tiefe des Augengrundes und durch die vollkommene Durchsichtigkeit des Linsensystems, Beer hat diesen Er-scheimingen. wenn sie mit Staarblindheit vorkommen, den Namen amaii-rötisches Katzenauge gegeben. Der Vorgang ist nach Berlin folgender:
Durch Chorioiditis wird eitriges Product in den Glaskörper gesetzt, die entzündliche Durchträuknng des Glaskörpers und gleichzeitig emiitind-lichi' Affection der Netzhaut führt zur Verklebung der Hyalioidea und Netzbaut: sobald di^ Entzündung naclüässt tritt Resorption der flüssigen Bestandtheile im veränderten Glaskörper. daher Verkleinerung und Schrumpfung derselben ein; die Netzhaut löst sich von der Aderhaut ab 'lind die entstandene Lücke füllt ein flüssiges Transudät.
Hl. l'ii märe Retinal-Amanrosis
ist oft angeboren und wird zumeist bei Schafen gefunden, wo die Netz­haut theilweise oder gänzlich fehlt, was Stockfleth öfters bei Lämmern 'zu beobachten Gelegenheit gehabt zu haben vorgibt. Mangelhafte angeborene Energie der Netzhaut, die sich zur Amanrosis entwickelt, ist oft auch vorgekommen.
IV. Die a c n t e, n nd c li r o n i s c b e N e t zh a u t- E u tz ii n d n n g j.st schon erschöpfend gewürdigt worden und sind deren pathologisch er­folgte Veränderungen wohl fähig, die Ainaurosis hervorzurufen.
V. Ämaurose in Folge von Netzhautblütung tritt nach Apoplexie der Retinalgefässe, nach übermässiger Anstrengung des Auges im Dienste (Rennen, Schnellfahren, Sprung) und nach allen jenen Affecten, welche eine Congestion gegen Kopf und Auge hervor­rufen.
VI. Neubildungen in der Netzhaut und zwar vorzüglich Cistenbildung und iMarkscbwamm werden sieber am seltensten vorkommen, weil sie aber auch Amanrosis hervorrufen können, ?ci seien auch diese als äthiologisches Moment erwähnt.
J}. Amanrosis in Folg? orbitaler Aff'tdiofi.
Orbitalamaurosis wird der schwarze Staar dann genannt, wenn die Ursache desselben in der Erkrankung jener Theile liegt, die innerhalb der Orbita ihren Sitz haben, und zwar liegt entweder die Abnormität im Seh­nerv selbst längs seiner Orbitalportion von der Netzhaut aus bis zum
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Eintritte in das Gehirn, oder es geht die Erkrankung als Entzündung von dem Gebilde der Orbita auf den Sehnerv über; im ersteren Fall ist der Sitz des Leidens entweder das Nervenmark, die Nervenscheide, Cenlral-arterie oder Vene, im zweiten Falle ist zwar auch der Sitz des Leidens hier zu suchen, doch ist dieses von dem Orbital-Gebilde darauf über­gegangen, z. B. vom Orbitalfett der Muskel, Beinhaut etc.; in beiden Fällen ist das Auffinden und Bestimmen der Grundlage des Staares während des Lebens sehr schwer und kaum mit Bestimmtheit nachzu­weisen, sondern blos zu vermutben.
Der Sectionsbefund bestätigt daun unsere Vermuthung. Degene­ration, Verschrumpfung und Verbildung des Nervens und seiner Scheide sind in der Regel die vorgefiiudeiieu Abnormitäten; auch Extravasate, Folgen von Appoplexie, Exsudate u. s. w. erklären uns die unterbrochene Thätigkeit des Sehnervens.
C. Amaurosis in Folge Affection des Central-Organes.
Celebralamaurosis ist jene Art d^s schwarzen Staares, die ihre Ur­sache in den Abnormitäten und nachweisbaren Erkraukaugeo des grossen und kleineu Gehirnes, deren Hüllen und der Erkrankung des Sehnervens innerhalb der Schädlhölile hat,
Demzufolge vermögen alle acuten und chronischen entzündlichen Affectionen des Gehirnes, sowohl des Markes als der Häute, Amaurosis hervorzurufen. Ferner Meningitis, menegitis celebrospinalis und alle Ab­stufungen dieser Exsudate und Extravasate im Gehirn, kurz jede patholo. gische nachweisbare Veränderung des Centralorgaues und des Sehnerven innerhalb der Schädelhöhle köunen die Krankheit hervorrufen.
Weiterhin kann momentane oder bestehende Anämie und Hyper­ämie, Ernährungs - Störungen, Verletzungen am Kopfe, Circulations-störungen im Centralorgane, Ablagerungen, Geschwülste, Neubildungen, Tuberkeln, sarcome Fibroide, Cysten in der Schädelhöhle, kurz alles was Druck und Verbildung, Veränderung der gesichtsfähigen Elemente im Centralorgane verursachen kann, die Quelle des Leidens sein.
D. Amaurosis in Folge sympathischer Affection.
Es ist Thatsache der Beobachtung, dass Amaurosis von einem Auge auf das andere übergeht, und dass gerechtfertigte Ursachen dazu vorliegen möchten; fast in jedem Falle, wo sich die Amaurosis auf einem Auge zuerst entwickelt, übergeht sie mit der Zeit auch auf das zweite Auge.
Die vollständige Blindheit wird sehr selten erzeugt, bleibt die Amaurosis moneculär und wird schliesslich eine binoculäre; ferner kann sich Amaurosis entwickeln, ohne dass pathologische Veränderungen
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an einem der lichtempfindenden Elemente nachweisbar wäre; solche Fälle werden unter dem Einfluss sympathischer Norm gestellt. Oft entwickelt sich auf dem einen Äuge Ä.maurosis, wenn das andere durch heftige Entzündung und Vereiterung zu Grunde ging. Die Irritation der sym­pathischen Nerven-Elemente des einen Auges hat auf das andere Auge eine nervöse Irritation übertragen, sowie überhaupt die sympathischen Elemente der nervösen Augentheile die gefährlichsten und sichersten Ver­mittler von Augeuaffectionen von einem auf das andere Schwesterorgan sind, umsomehr wird eine Affection, die ausschliesslich nur die nervösen Theile des Auges betrifft, dieser Vermittlung unterworfen sein-
Amaurosis in Folge Genuss giftiger Pflanzen wurde bereits er­wähnt.
Behandlung
Durch Therapie ist leider wenig oder gar nichts auszurichten, der vollständig entwickelte schwarze Staar und Amblyopie ist unheilbar; alles was dagegen empfohlen und angeblich mit Erfolg angewendet wurde beruht auf Selbsttäuschung oder Irrung in der Diagnose.
Will man Heilversuche anwenden, so ist darauf Rücksicht zu nehmen, ob die Amaurosis ein selbständiges oder die Erscheinung eines Gehirn­leidens ist, und wird darnach das Verfahren regeln; giftige Pflanzen trachte man durch Gegenwirkungen zu beheben; Anämie des Gehirne? durch kräftige Diät etc., bei Retinal-Amaurosis wäre die Therapie der Retinitis zu versuchen, grosse Dosen von Chinin sollen gut sein. (?) Reizmittel, wie Kantharidensalben, Haarseil etc. sind zu vermeiden.
Specifische Mittel, wie das Phosphoröl von Dr. Jawignot, Jodkali nach Hertwig. Pottasche, Atropin nach Kreutzer, Strichnin und Belladonna-Extract nach Guilmout sind absolut zwecklos, sowie Pulsatilla und Stramonium nichts nützen.
Gewährzett. Im Sinne des sect;. 925 des allgemeinen bürgl. Gesetzbuches II. Theil ist der schwarze Staar einer Gewährszeit von 30 Tagen sowohl in Oesterreich-Üngarn als auch in den meisten Staaten Mitteleuropas unter­unterworfen. #9632; #9632;#9632; - - #9632; #9632; #9632; - -- c:-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;• - #9632;'#9632;-
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Neubildungen und Parasiten im Auge.
I. Neubildungen im Auge.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; . .
Jeder Augentheilhaber ist wie jedes andere Gewebe der Eventualität unterworfen von guten und bösartigen Neubildungen behaftet zu werden, welche in dem betreffenden Theile eine Functionsstörung, eine patholo­gische Veränderung entwedpr dieses Theiles für sich oder mehrere Augen-theilhaber, auch des ganzen Augapparates bewirken, welche sich in totaler oder theilweiser Störung und in gänzlicher oder theilweiser Zerstörung einzelner Theilhaber des ganzen Augapparates äussert.
Einige dieser Neubildungen beeinträchtigen nur zeitweise oder während des Wachsthums die Function des Auges, wenn sie auf solchen Stellen vorkommen, die zur Ausführung des Sehprocesses nicht absolut uöthig sind, andere sind wieder für das Sehvermögen und den Bestand des Auges von ihrem Entstehungsmomente an, bis zu dem verderblichen Abschlüsse absolut verderblich. Die ersteren lagern in der Regel an dem hinteren und äussoren Augentheile, die letzteren aber an den weichen und innen gelegenen Theilen, besonders haben die Krebse von da ihre Ausgangs­punkte; doch ist damit nicht gesagt, dass jene Neubildungen, die auf dem äusseren Augentheile lagern, für das Sehvermögen nicht nachtheilig sind, ja sie enden fast immer verderblich, doch liegt es in der Natur der Sache, dass sie nicht so schnell die .Sehstörung hervorrufen werden, wie solche, die in den inneren Theilen, an der Aderhaut, Netzhaut, Glaskörper etc. lagern.
Wir wollen die Eutstehungsanlässe, pathologische VeräuderungS'
formen, Bau und Charakteristik dieser im Auge vorkommenden Pseudo-;
plasmen überhaupt unberücksichtigt lassen, da wir dadurch viel zu viel
in das Gebiet der Chirurgie übergreifen müssten, was doch der Okulistit
nicht zukommt, umsomehr als man voraussetzen muss, dass alles, was die
Ursache, Erkenntnis, Bau, Pathologie der Pseudoplasmen betrifft, jedem
Fachmanne hinlänglich geläufig ist und sein muss; desshalb wollen wir
auf dieser Stelle nur das Vorkommen der Pseudoplasmen innerhalb und
auf die Augapparate besprechen, sowie dieselben bis jetzt beobachtet
wurden, mit specieljer Beachtung ihrer ordnungsgemässen Eintheiluug.
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An der Bindehaut beobachtet man selten spontan entstandene Neu­bildungen und wenn auch solche vorkommen, so sind diese nach dem meisten Verzeichnissen der Literatur gutartiger Natur, oft sogar durch operatives Verfahren nach den Eegeln der Chirurgie heilhar, zumeist jedoch wenn sie im Anfange nicht zu gross sind, für das Sehvermögen des Auges nicht sehr störend. Von spontanen Neoplasmen kommen in der Bindehaut Cysten, und zwar einfache seröse Cysten in dem Bindehaut­gewebe eingelagert vor; mehr Bedeutung haben die warzenartigen Neu­bildungen, welche ebenfalls dieselbe Missbildung in der Conjuctiva zeigen, wie jene mit dem Namen Warzen bezeichneten Neubildungen der Cutis. Diese Neoplasmen werden verschieden benannt, wie Chonaroma conjunc­tiva, Lipoma crinosum (nach Gräfe), Trichosis bulbi (nach Makenzie), sind aber sonst nichts als Gebilde warzigen Charakters; ihr Sitz ist zu­meist an der Verbindungsstelle der Sclera mit der Cornea am Limbus conjunctiva, wenn sie eben nicht zu gross sind, beeinträchtigen sie das Sehvermögen nicht besonders.
B. Neubildungen an der Cornea.
Neubildungen an der Hornhaut sind sehr selten Gegenstand der Beobachtung, wenn man sich streng au die definitiven der Pseudoplasmen hält, und nur solche in Betracht zieht, die vollkommen ausgebildete organische Gebilde zeigen. Anders ist es mit dem Ersatz und Narben­gewebe, denn da die Cornea sehr regenerationsfähig und sie auch dem GewebsVerluste und Durchbruche sehr ausgesetzt ist, kommt es nicht selten vor, dass das sich bildende Narbengewebe mit einer übermässigen Production, Gewebsbildung und Wucherung endet, welche an der Horn­haut einer krankhaften Production als Process gleichkommt und schliesslich ausgesprochenen eigentlichen Neubildungen ähnlich ist. Zumeist haben solche narbige Ueberbildungen, faserigen sehnigen Charakter, greifen oft auf das Epithel über und weiden im schlimmsten Falle auch Fliesswärzchen) granulierende Pseudoplasmen; sie sind oft Producte und Folgen plan- und zielloser irrationeller Behandlung; oft auch traumatische Verletzungen der Hornhaut; im Allgemeinen aber selten kommen sie in solchem Umfange und solcher Ausbildung vor, dass man Eecht hätte, sie als vollkommene Pseudoplasmen oder Krebs zu betrachten.
Als selbständig ausgesprochenes Neoplasma ist das von Dr. Bayer (in der österr. Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Thierheilkunde, XIX. Band, 2. Heft) beschriebene Epithelcarcinom aufzufassen.
Dasselbe sass, der Beschreibung zufolge, mit der Basis an der Horn­haut, bestand aus einem derben, faserigen, stellenweise mit kleinen Hohlräumen versehenen Gewebe und hing mit der Hornhaut zusammen.
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Doch ist dieser Krebs nicht ausschiesslich au der Hornhaut gesessen, sondern aat auch in die Bindehaut hineingeragt. Die mikroscopische Unter­suchung zeigte das Vorbandensein von geschwänzten Zellen, deren Proto­plasma stark granulirt Ist; der runde excentriscbe Kern hebt sich deutlich ab und ist mit 1—2 Kernkörperchen versehen. Diese Zellen liegen zer­streut in einer embryonalen bindegewebeaitigen Grundlage und zeigen in der Mitte die für Krebs charakterische quirlförmige Anordnung, die Be­handlung wurde durch Exstirpation auf operativem Wege durchgeführt; der Erfolg ist dem Eefereuten nicht bekannt, weil das Thier zu schnell seiner Aufsicht entzogen wurde.
Schliesslich sei noch bemerkt, dass die Bestimmung, ob eine solche Neubildung aus dor Cornea oder Bindehaut ausgeht, zur Zeit der voll­ständigsten Ausbildung kaum zu constatiren sein wird, da die Basis innig verschmolzen ist.
C. In der Iris.
Von Aftergebilden in der Iris sind es die melauotischen und medulären Ablagerungen, welche nach deu bekannt gemachten Beobachtungen auch in dem Gewebe der Iris vorgefunden werden, obzwar sie höchst selten von der Iris ausgehen, sondern diese Membran zumeist erst dann befallen, wenn schon andere Gebilde des Auges^ namentlich die Netz- und Adeihaut in grossem Umfange infiltnit und destruirt sind und die Iris dann in den Process mit einbezogen wird; minder selten als melanotische und Medular-Ablagerungen, soll nach Beobachtungen von Arltuud Fischer die Bildung der Cysten in der Iris sein; in der Veterinilrliteratur sind dies­bezügliche Angaben kaum zu finden und jeder Anhaltspunkt mangelt, es wäre denn man nehme zu den diesbezüglich gemachten Erfahrungen in der menschlichen Okulistik die Möglichkeit des Vorkommens auch bei Hausthieren an, was eigentlich zugegeben werden kann um wenigstens zur besseren und genaueren Beobachtung für die Zukunft anzuspornen.
D. Neubildungen in der Chorioiäea
sind in solchen Fällen zu verzeichnen, wo die Ablagerungen von der Netz­haut aus ausgehen, in die Aderhaut sich einlagern und diese zerstören; sehr selten ist der Ausgangspunkt des Krebses die Hornhaut, so zwar, dass sich dieser von da aus auf die anderen Augentheilhaber ausdehnt, ja den gemachten Beobachtungen zu Folge sollen diese melauotischen Ablagerungen viel häufiger von der Sclera als von der Aderhaut ausgehen; auch in der Veterinärliteratur sind einige Fälle melanotischer Krebsab­lagerungen in der Chorioidea verzeichnet und nach der Untersuchung des Zelleasystemes und Stromas als Epithelcarcinom oder Markschwamm diag-
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uosticiit worden, besonders ist diesbezüglich die Beschreibung von Dr. Bayer (in der österr. Vierteljahrsschrift) und die des Dr. Born (im Archiv für wissenschaftliche und praktische Thierheilkunde, Band II. S. 404) als sehr massgebend zu betrachten, nach welcher wir sehen, das die Ab­lagerung, wenn sie einmal von einem bestimmten Punkte ausgeht, sicher auch die Chorioidea und den übrigen Augentheilhaber des Auges, den einen mehr, den anderen weniger, mitergreift und zerstört.
E. Neubildungen in der Netehaut.
Von allen Augentheilhabern ist die Netzhaut das vorzüglichste Quellen­organ von Neubildungen und zwar vorzüglich bösartiger krebsiger Gebilde. Zumeist sind es Markschwamm-Ablagerungen, welche von da ihren Ursprung nehmen und sich auf die übrigen Augentheilhaber aus­breiten; sie sitzen mit der Basis in der Netzhaut und verbreiten sich von da aus im Umfange auf die Aderhaut, Iris, Glaskörper, Linse und Sclera, oft aber bleiben sie auf einen kleinen Umfang beschränkt in der Tiefe des Auges und sind dann nicht mit dem freien Auge von aussen zu sehen und und nur mit dem Augenspiegel zu diagnosticiren. Nach Dr. Born ist das Zellensystem und Stroma und vorherrschend Rundzellen oft granulirt und besitzen 1 oder zwei grosse Kerne; ausser diesen Rundzellen kommen noch ovale Kolben und spindelförmige polymorphe Gebilde vor; die spindelförmigen Zellen besitzen einen Kern und ein Kernkörperchen; ausserdem sind noch kleine stark glänzende freie Körner und Körperchen bemerkbar. Die Netzhaut, auf welcher das Neoplasma sitzt, ist in eine röthliche Geschwulstmasse umgewandelt, die aus feinkörnigen runden Elementen besteht, die Nuclei sind verhältnissmässig gross, scharf begrenzt und in mehrfach ruuden Körpern vorhanden. Die Zellen liegen in ver­einzelten Gruppen dicht aneinander oder mehr zerstreut, durch eine fein­streifige Intercellularsubstanz getrennt; ferner sind viele grosse auffallend stark granulirte runde Gebilde mit polymorphen und spindelförmigen Zellen vorhanden.
Zumeist ist der Befund noch durch zahlreiche Blutextravasate und sehr vielen von Blut strotzenden Kapillaren ergänzt, so dass man immer die Netzhaut als den Ausgangspunkt der Neubildung annehmen muss, weil dort die ältesten Veränderungen anzunehmen sind.
Der Form und Ausdehnung nach sind diese Neubildungen von aussen granulierend, höckerig mit unbestimmter rundlicher Form, gehen auf die übrigen Augentheilhaber und zerstören schliesslich, über die Hornhaut hervorragend, den Augapfel; die Folge dieser Neubildung ist bedingungs­lose Erblindung. Therapie ist erfolglos, höchstens wäre die Exstirpation des Auges vorzunehmen. Veränderungen, welche durch Krebse und Nep-
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plasmen im Glaskörper, Linse, Augenkammer und Sclera vorkommen, sind mit denjenigen in der Netzhaut beschriebeneu gleichbedeutend, weil diese von der Netzhaut auf die benannten Theilhaber übergehen und dort vor­erst durch Infiltration, daun durch taktisches Zerstören verderblich wirken. Nur an der Sclera wäre die Möglichkeit einer primären Krebsent­wicklung denkbar und ist solche iu der Literatur, wenn auch spärlich, so doch verzeichnet und erwähnt. Die Zerstörungen, welche wir an dem ob-genannten Theilhaber finden, kommt iu der Regel auf passivem Wege durch Einwanderung und Vermehrung der grossen granulirten Zellen zu­stande. Die Erweichungsheeide, welche sich in dem Glaskörper uml der Linse vorfindeu, die völlige Zerstörung dieser Theile durch das Hervor­ragen des Markschwammes in der Masse, die schliessliche Auflösung, Erweichung und Verkalkung des Glaskörpers und der Linse sind die Folgen eines solchen Vorganges.
II. Parasiten im Ange.
Vielseitige Beobachtuugen der neueren Forschung haben dargethan, dass in das thierische Auge gewisse Gattungen von Parasiten einwandern können und dort die Ursache verschiedener Veränderungen darstellen.
Vorzüglich sind es die Fadenwürmer, welche im Äuge gefunden werden, oft einzeln, oft aber auch in Mehrzahl, und je nach dem Sitze und Theilhaber des Auges, in welchen sie als Wohnthier eingewandert sind, wird der angestellte Schadeu grosser oder geringer sein, oft für das Auge minder gefahrbringend, oft aber auch verderblich werden. Die Er­krankung des Auges in Folge von Parasiteu, kann sich auf einzelne Fälle beschränken, kann sich aber auch zu enzootischen Augenleiden empor­schwingen.
Diesbezügliche Beobachtungen und Bekanntgaben iu der Literatur sind bis jetzt häufig vorhanden. Zahlreich sind die Fälle, wo im Auge Würmer gefunden werden, noch zahlreicher aber jene, die übersehen wurden; die älteste Beobachtung darüber stammt von 1622, von Spiegel beobachtet im Innern des Auges eines Pferdes; später wurden mehr weniger sporadisch solche Beobachtungen gemeldet.
1782 beobachtete John Morgan und Hopkinson einen solchen Fall. 1804 fand Sick im Auge eines Pferdes einen Wurm, später Grellier, Breuser, Albigard. Am Wiener Thierarznei-Institute beobachtete Diesing einen Wurm in der quot;Vorkammer des Auges eines Pferdes. Das in Indien häufige Leiden, welches die Eingeborenen Rumoe nennen, äussert sich in Parasiten im Auge und Schwäche in den Lenden, wahrscheinlich auch in Folge von Parasiten. Nach Oktison sollen während dieser Krankheit in der Vorkammer des Auges Wärmer vorhanden sein, solches berichtet auch
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Breton und Tirsering; Infreson hatte mit Erfolg solche Würmer aus der Vorkammer des Auges operativ entfernt. In Europa sind auch solche Be­obachtungen verzeichnet, so von Busch. Aus Schweden von Flormann, Sund, Liudquist, Bergsen, Paniza, Pospischil? Die beste Beschreibung gab Gurlt in seiner Filaria lacrimalis. Eine ausführliche Behandlung gibt Ballet; Chaigmaad hat im Auge der Rinder öfter Würmer beobachtet; Gurlt fand Filaria papilosa im Auge eines Pferdes, Durechon beschreibt eine Augenkrankheit in Folge eines Wurmes, au welcher das Thier erblindete.
Koche, Lubin hat durch die Punctatiou der Hornhaut sieben Würmer aus der Vorkammer eines Ochsen entfernt. Dr. Nikerle entfernte im Jahre 1872 an der Wiener Thierarzneischule aus dem Auge einer achtjährigen Stute einen Fadenwurm. Die von Gurlt beschriebene Filaria lacrimalis wurde auch von Bonetti, Gescheid, Creplin, van Benedeu, Rhodes, Michaelis, Will, Sik, Gräfe u. a. m- gefunden. In der Thierarzneischule zu Toulouse wurden von Seres in der Hornhaut oft Würmer beobachtet, die in der Zahl bis zwanzig vorkamen.
M. Rondane beschreibt im „Journal de medecine veterinairequot; 1876 ein enzootisches Augenleiden durch Würmer bedingt. (Siehe öster. Viertel­jahrsschrift für wissenschaftliche Thierheilkunde, XIX. Band, 11. Heft.)
Zumeist sind es Fadenwürmer, welche sich in das Auge einnisten und in den verschiedeneu Augentheilhaberu einlagern.
Ursache und Gattung.
Die eingewanderten Parasiten im thierisehen Auge gehören zumeist der Species der Fadeuwürmer an, sind also Nematoden. Es sind dies weissliche oder gelblich-röthliche Würmer, elastisch und fadenförmig, etwa 80 - 500 mal länger als dick, gegen das Ende hin sehr oft verjüngt. Ihr Kopf ist unbewaffnet oder mit Saugnäpfchen versehen, der Mund rund oder dreieckig, die Speiseröhre kurz, röhrenförmig, enger als die Eingeweide, der After am Ende; die Bedeckung glatt und fein der Quere nach ge­streift, das Weibchen in der Regel länger als das Männchen, die Vulva am vorderen Ende, die Eier sind eliptisch, fast rund, gewöhnlich glatt (0-02—0-06 M.), häufig finden sich auch freie Junge im mütterlichen Körper (siehe Fadenwürmer im Sehapparate von Dr. Bayer).
Von den Filarien sind es die:
a)nbsp; Filaria lacrimalis, welche in den Ausführungsgängen der Thränen-drüse des Pferdes und des Rindes, zwischen den Augenlidern und dem Inneren des Augapfels sich vorfindet;
b)nbsp; Filaria papilosa findet sich oft in der vorderen Augenkammer des Pferdes und Rindes, im Glaskörper und der Hornhaut.
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Aus der Familie der P a 1 apo de n-Würmer fand ich während laquo;iner herrschenden Luugenwurmseuche auch in den Augen grösserer Hausthiere (Hornvieh) den
c)nbsp; fadenförmigen Kalepopenwurm (Str. filaria Rud), zwar unvoll­kommen ausgebildet, vor.
d)nbsp; Die Familie der Haarwürmer wird durch die gewöhnliche Trichine, welche wie in allen Körpertheilen ebenso auch in dem muskulösen Theile des Auges vorkommen kann, vertreten.
e)nbsp; Schliesslich sei noch erwähnt, dass Cystenbildung in Folge von Cysticercus auf der Ader- und Netzhaut von Menschenärzteu sehr oft beobachtet wurde.
Die eigentliche Frage, auf welche Art die Schmarotzer überhaupt in das Auge gelangen, ist noch nicht klargestellt und bleibt der Zukunft vorbehalten. Ob die Würmer noch als Eier oder Embryo mit der Blut­bahn oder ob sie direct auf und in das Auge von ausson gelangen, ist bis jetzt noch nicht aufgeklärt. Letztere Zeit machte Professor Ercolani die Entdeckung, dass an Getreide und Gräsern auch im getrockneten Zu­stande frei lebende geschlechtslose Rundwürmer in grosser Zahl vor­handen, ebenso auf feuchter Erde, niederen Wiesen etc.
Wenn wir den Umstand vor Augen halten, dass die Mehrzahl der durch Würmer hervorgerufenen Krankheiten nur in niederen Gegenden vorherrschend ist, wenn wir weiterhin erwähnen, dass die Angaben über die epizootischen Augenkrankheiten, durch Würmer verursacht, wieder ausschliesslich das tiefe Terrain, auf welchen solche Krankheiten vor­kommen, hervorheben, so ist die Möglichkeit einer Einwanderung von aussen leicht denkbar, während man wieder nicht läuguen darf, dass das Vorkommen der Cysticercus-Cyste in der Aderhaut und Netzhaut kaum anders als durch in die Blutbahn gelangte Eier der Tania-Arten her­vorgerufen wird.
Es ist also wahrscheinlich das Richtigste, beide Arten der Ein­wanderung als möglich anzunehmen.
Symptome.
Sind in der Hornhaut die Würmer eingelagert, dann findet man dieselbe stellenweise, wo der Wurm eingelagert ist, verdunkelt, grau-weiss, opalartig, oft ist auch gänzliche Verdunklung der Hornhaut und wässerige Feuchtigkeit, besonders wenn sich vielleicht Filaria papilosa im Auge befindet, vorhanden; solche Würmer findet man oft in der vorderen Augenkammer in der wässerigen Feuchtigkeit frei liegend oder sich darin in Form eines graulich gelben Zwirnes bewegend.
Ist der Wurm im Glaskörper gelagert, dann findet man denselben entweder bei freier Hornhaut im getrübten Glaskörper mit oder ohne
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schlangenhafte Windungen, es ist aber auch die Hornhaut und das Kammer­wasser mit getrübt. In der Regel ist auch Lichtscheue, mehr oder weniger injicirte Gefässe der Hornhaut und Conjunctiva bulbi, kurz die Erschei­nungen von Keratitis vorhanden; auf der Bindehaut sind Veränderungen unbedeutend.
1st in den Falten der Bindehaut unter dem Blinzknorpel oder in dem Ausführungsgange der Thränendrüse die Filaria lacrimalis eingelagert, dann wird uns vorerst das Vorhandensein der Entzünduugs-Merkmale auf das Leiden aufmerksam machen und die bei jedem Augenlide sorgsam ge­botene Untersuchung auf das Vorhandensein der Filaria bringen; besonders Affectionen des Blinzkuorpels und um diesen dann der Thräheawerk-zeuge sollen uns auf die Suche nach Filaria veranlassen.
Behandlung.
Die zweckmässigste und einfachste Behandlungsmethode ist das operative Verfahren. Die in der Hornhaut-Vorkammer sich befindlichen Würmer werden durch Punctation der Hornhaut auf der passendsten Stelle entfernt und dann entweder mittelst einer Pincette der Wurm aus der Hornhaut herausgezogen oder es spült denselben das Kammerwasser aus.
Zu diesem Zwecke ist dasselbe operative Verfahren zu beobachten, wie es bei der Punctation bereits beschrieben wurde.
Viel schwieriger gestaltet sich die Sache, wenn im Glaskörper oder gar der Netzhaut Würmer und in der letzteren Cysten vorbanden sind; es ist in solchem Falle von einer erfolgreichen Behandlung kaum zu sprechen und die Erblindung zu gewärtigen.
Um die Würmer zu tödten sind verschiedene Vorschläge gemacht worden, als electrische oder galvanische Schläge auf das Auge, Ein­reibungen mit Terpentinöl in der Umgebung des Auges, Bestreichen der Hornhaut mit 1% Carbolsäure und 100% Oel, Waschungen mit Aloe­tinktur mit Wasser verdünnt. Anhaltender Gebrauch bitterer Mittel innerlich.
Randome entfernt Würmer, wenn sie blos in der Falte der Binde­haut sich befinden, namentlich unter dem Blinzknorpel mittelst einer Ein­spritzung von Kupferlösuug; schon durch die Stärke des Stromes werden die Würmer ausgespült und leicht entfernt;'sind diese beseitigt, so ist auch die Augenentzündung gehoben.
Das sicherste Verfahren ist aber, dort wo es möglich ist, die Ex­traction und mechanische Entfernung des Wurmes.
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