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(MONDBLINDHEIT)
BEI PFERDEN.
VON
JOSEF v. KEZYSZTOFOWICZ.
Er warf in einen Trppfen Tliau den ^Vurm.
WIEN 1881.
VERLAG VON FAESY amp; FRICK
K. K. HOFHüCimAXDLUNG.
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BIBLIOTHEEK UNIVERSITEIT UTRECHT
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(MOISTDBLINDHEIT)
BEI PFERDEN.
VON
JOSEF v. KRZYSZTOFOWICZ.
^t warf iij^^fcn Tropfen Tliau don Wurm.
WIEN 1881.
VERLAG VON FAESY amp; PRICK
K. K. HOFBUCHirA2fDI.XJNÖ.
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üebersetzung vorbehalten.
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Eingang.
Desto fortschrittlicher das Lehen, je mehr der Henscb die ihm von der Natur entgegen­gestellten Hindernisse zu Überwinden lernte. Der Verfasser,
Uas Augenehme mit dem Nützlichen verbindend, entschlöss ich
mich die Pferdezucht, für die ich eine besondere Vorliebe habe, in meine Landwirthschaft aufzunehmen — selbstverständlich mit dem Griffel iu der Hand, damit mich die diesbezliglichen Rechnungen auf Kosten meiner Liebhaberei nicht trügen. Letztere Massnahme war um so gebotener für mich, als ich aus fremder Erfahrimg weiss, wie diese bald an das Leidenschaftliche streifende Vorliebe jene Verluste weg-zuraisonniren versteht, welche, wie z. B. bei der Landwirthschaft, andere Productionszweige ausgleichen und decken können, um dieser Schwäche zu begegnen, und uicht einen Zweig auf Kosten des anderen zu unter­halten, sah ich mich veranlagst, für diesen Wirthschaftszweig ein eigenes Ausgaben- und Einnahms-Conto zu eröffnen, und die bezüg­liche Buchführimg durch zehn Jahre ausschliesslich iu meinen Händen zu behalten.
Die zusammengestellten Jahresbilanzen ergaben alternirend bald grössere bald geringere Verluste, und nicht einmal nur einen Einnahms-üeberschuss, der einem bescheidenen Zinsenerträgnisse von dem darauf verwendeten Capitate gleichkäme, worauf ich, bei Fleiss, Umsicht und rationell fortschrittlicher Führung gerechten Anspruch macheu durfte.
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Schon fiug ich au, mich mit dem Gedanken vertraut zu machen, diesen Wirthschaftszweig ganz aufzulassen, die innerhalb zehn Jahren meiner Liebhaberei gemachten Opfer zu verschmerzen und mich vor weiteren Verhiütou dadurch zu sebiitzeu, dass ich an dessen Stelle eiuen au-dereu lucrativeren Zweig einführe.
Bevor ich Jedoch an die Ausführiing dieses Gedankens ging, stellte ich an mich selbst die Frage, wie es denn komme, dass die, von der Veterinärkunde für eine erbliche Krankheit ausgegebene periodische Augenentzündung (Mondblindheit), gerade in meinem Falle so zahl­reiche Verheerungen anrichtete und die einzig darauf zurückzuführen­den Verluste beibrachte, da ich zur Zeit der (iestiitsgriindung sehr sorgfältig und rigoros in der Wald der l'rogeueratious-ludividueu vor­ging, und die erblichen Gebrechen überhaupt, die Mondblindheit jedoch, da sie so zu sagen ein Laudesiibel bei uns ist, im Besonderen, am Stammbaume, so weit es thunlich war, in retrograde!quot; Eichtung ver­folgte, so dass ich mir ganz bewusst seiu kann, dieses Gebrechen durch Atavismus nicht verschleppt zu haben.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; |
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Für die Richtigkeit dieser Annahme sprach noch mein- der um­stand, dass nicht bloss Individuell aus einer Familie von dieser Krankheit befallen wurden, sondern dass sie Jung und Alt verschiedener Abstam­mung aufsuchte, welche nicht in entferntester Blutverwandtschaft unter einander standen. Wenn ich schon diesen Erbfehler an einem oder zwei ins Gestüt gebrachten Progenitoren übersah, so konnte ich ibn doch unmöglich an allen insgesammt übersehen haben. Die Beantwortung dieser Frage beschäftigte unablässig meinen Geist, obue ihn zur Kühe gelangen zu lassen. Dies bestimmte mich bis zur endgiltigen Lösung dieses Probleraes, mit der Ausführung meiues Gedankens, hinsichtlich Auflassung der Pferdezucht, als eines meiner Wirthschaftszweige, inne zu halten, was — wie ich bald zeigen will — mich später nicht reute, da mein voreiliger, einer Ucberstürzung gleich kommender Schritt, mir
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und dor gesammteu Pferdezucht Jone Vortheilo entzogen liätt(i, welche die rasche, leichte, mit absoluter Gewissheit und ohne Uiiekt'all ermög-#9632;quot;quot; lichte Bewältigung dieses, irrthümlich für erblich gehaltenen verhee­renden üebels, in Aussicht stellte.
Ein Gedanke brachte den anderen, ein Experiment bedingte das andere, bis es mir endlich glückte, mit Hilfe des Scalpells und Mi-kroskopes dasjenige bestätigt zu finden, was ich in Folge von Beob-acbtuiigeii an erkrankten Tbiereu für zulässig hielt. Namentlich waren es die Momente der Entstehung, Keimung und Reife dieser Krankheit, welche mich auf jene Voraussetzungen schliessen Hessen, die ich her­nach sowohl durch das Mikroskop, als auch durch die hiedurch veran-lassteu Heilversuche in der Erfahrung bestätigt sah — zu Resultaten gelangend, die bei Weitem meine Hoffnungen übertrafen.
Als ich auf diesem Wege die Natur dieser verheerenden Krank­heit und die Stadien ihrer Entwicklung erkannte, wie nicht weniger ein absolut wirkendes Heilmittel entdeckte, sah ich — ferne von allen egoistischen Zwecken — für eine Menschenpflicht an, das Geheimniss nicht bloss auf mich zu beschränken, sondern es ins Eigenthum der daran interessirten Mitwelt zu übergeben, mich zur Entlohnung mit dem Bewusstsein zufrieden stellend, einen Theil des in dieser Richtung engagirten Nationalvermögens vollständig gerettet zu haben, welcher durch diese, bis jetzt für unheilbar gehaltene Krankheit au Pferden der Armee, der Staats- und Privatgestüte, an Nutz- und Luxusthieren, bei Landbesitzern und Städtlern, jährlich zu Grunde gegangen ist und weiter zu Grunde geht.
Madzielöwka, im November 1880.
Der Verfasser,
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Anknüpfend an das Vorausgeschickte will ich dio Symptome dieser Krankheit so genau als nur möglich beschreiben, um sowohl die Berufswelt als den Laien in Stand zu setzen , die periodische Augen-entziindung bei Pferden gleich in ihrer Entstehung mit Gewissheit zu eikenuen, um sie desto erfolgreicher, schneller und sicherer zu be­kämpfen. Obgleich das von mir hier vorgeschlageuc Heilmittel die erhoffte Wirkung selbst damals nicht verfehlt, wenn die in Kede stehende Augenkrankheit eine schon hochentwickelte ist, um sie ein­für allemale zu beheben; so ist sie, wie es aus der Natur der Sache sich selbst ergibt, in den ersten Stadien ihrer Entwicklung viel leich­ter und schneller zu bezwingen. Im letzteren Falle — ich möchte sagen , während ,der Incnhatioiisperiode — sind die Schleimhäute des Auges nur sehr wonig geröthet, dabei trockener als im normalen Zu­stande; welche Symptome, als sie eine abnormal erhöhte Wärme des kranken Organes zur Schau tragen. in Folge dessen die Augenlider theilweise sich zuschliessen, den Beobachter über die Entstehung dieses Augenübels vergewissern.
Am dritten Tage — wenn nicht dagegen gewirkt wird — beginnt ein reichlicher Thränenfluss, die Entzündimg nimmt zu, und um den Band der durchsichtigen Hornhaut bildet sich ein überraschend regel-mässiger milchgrauer Saum, der am vierten oder fünften Tage derart an Ausdehnung zunimmt, dass in der Mitte des Auges kaum eine durchsichtige Stelle zurückbleibt, um es endlieh ganz zu verschleiern. Diese stets und immer hei der Entwicklung dieser Krankheit eintretende
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Bildung dos üeberzuges, als or sich vom Baude gegen dio Mitte des angegriffenen Auges auszudehnen beginnt, ist das wesentlichste Merk--' mal, an welchem dieses UoIjoI in seinen ersten Anfängen mit Leichtig­keit und Gewissheit erkannt werden kann. Bevor noch der obgeschil-derto graue raquo;Schleier das angegriffene Organ gänzlich ftberzieht, bemerkt der licissigo und strenge Beobachter in der Flüssigkeit der vorderen Augenkammer grünlich-gelbe Eiterflockeu, welche sich, da sie specifisch schwerer sind, unten, d. i. zwischen Hornhaut und Iris als Tropfen ab­lagern. (Das letzterwähnte Merkmal der periodischen Augenentzündung bei Pferden bezeichnen Alle, und zwar mit Becht, als ein charakteri-stisches, weil es bei keiner anderen Auo-onkraukheit sieh so wie im besprochenen Falle manifestirt, und nur eine Eiterimg der Hornhaut nach Innen sehliessen lässt.)
Der hochgradige Entzündungsznstand dauert sechs bis zehn Tage, worauf die Krankheitszufälle allmälig abnehmen, um schliesslich fast gänzlich zu verschwinden. Der milchgraue üeberzug wird nämlich lichter und durchsichtiger, das obere Augenlid hebt sich theilweise, und das kranke Auge erscheint nach vier bis sechs Wochen anscheinend hergestellt, aber nur um bei weiteren Anfällen desto gewisser dieser Krankheit zu erliegen. Diese periodisch wiederkehrenden Anfälle des einmal von dieser Krankheit heimgesuchten Organes dauern — wenn das Pferd schon beim ersten Anfalle nicht erblindet, was nicht selten vorkommt, aber auch in diesem Falle (was jedoch am bereits erblin­deten Pferde nicht beobachtet wird) — von drei Monaten bis zu einem Jahre. Jeder von den nachkommenden Anfällen tritt mächtiger und heftiger auf, bis endlich das Erblinden als grauer Staar oder als Zusammenwachsen der Iris — früher oder später zutreffen muss.
„Fast alle staarblinden Pferde sind in Folge der periodischen Augenentzündung (Mondblindheit) blind geworden'-, welchen Grundsatz noch Jeder aufstellte, der Populäres oder Wissenschaftliches über die
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Thierarzneikunde gelehrt oder geschrieben hat. Ich kenne bloss eine Autorität, deren Namen, wenn ich ihn hier nicht anführe, meiner Ab-handlnng keinen Abbrach thut, die sicli zu gestehen herbeiliess, dass die Ursachen der periodischen Augenentzündung l)is jetzt noch uner­klärlich sind. Alle anderen behaupten und halten dafür, ohne jedoch Beweise aus der Erfahrung hiefür erbracht zu haben, dass die Entste-hungsursache dieser verheerenden Augenkrankheit bei Pferden eine viel­fache sei, die sie bald in Blutcongestionen, bald in der Kleefftttening, dumpfen Stallungen, Verkühlung (wessen?) im Mangel an Bewo.cunff, feuchten Weideplätzen, Haarwechsel, Zahnwechsel, [Jeberfütternng 11. s. f. erblicken, und schliesslich gleichsam mit einem Hiebe den Gordischen Knoten zerhauend, sie in der Ererbuug und VTererbung suchen. Die ältere Schule beschuldigt in dieser Beziehung den Mond mit seinem sideriseben Einflüsse, woher die Benennung Mondblindheit. Wagenfeld behauptet sogar, dass die Erblichkeit, beziehungsweise Vererbung müt­terlicherseits entschieden vorherrschender sei. bis endlich der in Sports­kreisen allgemein bekannte Fall mit dem Hengste Turkmanati den Gegnern seiner Ansicht Veranlassuni;' zu ihrer Bekämpfung gab. in welchen unentschiedenen Streit sich jetzt das Mikroskop einmischt, um am Wege der vor die Augen geführten Beweise ihm ein- für allemal ein Ende zu machen.
Das Mikroskop hat nachgewiesen, dass dio Entstehungs-nrsaebe der periodischen Augenentzfiudnng bei Pferden (Mond-blindbeit) auf nirhts Anderes zurückzuführen ist, als auf Pilz­gebilde, welche auf der Hornhaut keimen, sich entwickeln, reifen, mit ihrem Mycelium die Hornhaut durchbohren, in und auf der Horuhaut fruetificiren, zur vollen Reife angelangt absterben, eine Unzahl von keimfähigen Sporen zurücklassend.
Dieses Pilzgebilde ist von lichtbrauner Färbung, fadenartig und ge­gliedert, dessen jedem Keime drei Hauptabzweigungen entsprossen, au
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deren Euden Samenkapseln mcIi entwickeln. Jede reife Samenkapsel ent­leert fünf bis sechs Körner, respective Sporen, welche boi SOOmaliger Vergrösserang gleich feinen Mohnkömern in überraschender Anzahl unter dem Mikroskope zu sehen sind. Es gelang mir, sowohl das entwickelte Pilzgebilde als auch seine Samenkapseln und Sporen, im ruhenden und keimenden Zustande, hei SOOmaliger Vergrösserüng photographisch auf­zunehmen, deren hier beigeschlossene Abbildung meinem geehrten Leser­kreise jene, fiir jeden Pferdezüchter höchst interessanten Pilzgebilde zur Anschauung bringen, um die auch das quot;Wissen in der mikroskopi­schen Welt überhaupt bereichert wurde.
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a. Ein entwickelter Stork raquo;los Pilzgebildes. 6.Fruchtkapseln, c. Sporen im ruhenden ZusUniio. laquo;7, Sporen
vor raquo;lfm Keimen, e. Keimende Sporidien. /. Entwickelter Pilz mit Fruchtkapseln. ,raquo;/. mikroskopisches
Bild laquo;lev gekeiraten und ruhenden Sporidien. SOOmal vergrössert.
Es wird mir wohl Jedermann zugeben, dass die Periodicität dieser Augenkrankheit ebenso wenig nach der Erbllchkeitstheorie, wie ans den von der älteren Schule ausgegebenen Ursachen erklärlich ist. Hiernach frage ich. wie kommt es, dass ein von ganz gesunden Eltern abstammendes Individuum oder ein solches, dessen Vater oder Mutter das rechte Auge in Folge dieser Krankheit einbüssten, die Erbanlage zur Erblindung auf das Auge links bekam. Oder warum war eine Progenitiou bis zum
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dritten Jahre von diesem TJebel gänzlich verschont, als dann jene Zeit­periode eintrat, in welcher sie alternirend erblindete und wieder genas, nni letztlich mit dem grauen Staare abzuschliessen, während seine Eltern in Folge zusammengewachsener Regenbogenhaut (Iris) erblindeten. Sind diese Zufälligkeiten vielleicht auf Grundlage der vorbenannten veralteten Theorien erklärlich? Wie einfach und begreiflich führt sich uns vor das in Rede Stehende, bei der die Erblichkeit ausschliossenden Annahme, welche wir bereits auseinandersetzten. Die nach dem Ab­sterben der Mutterpflanze keimfähigen Sporen im ruhenden Zustande gewähren dem angegriffenen Auge momentan jene Ruhe, welche es zur anscheinenden, theilweisen Herstellung beuöthigt. Tritt jedoch die Zeit der Keimung wieder ein, so verletzen die Wurzeln und die sprossenden Keime neuerdings die Hornhaut und Schleimhäute, in Folge dessen sich wiederholte Anfälle der periodischen Augenentzündung einstellen. Das Erblinden des Pferdes ist eine natürliche Nothweudigkeit in Folge ge­störten Stoffwechsels, weil die dem Sehorgaue zugefflhrte Nahrung, aus dem Oesamintorgaiiismus des Thieres, von diesen vegetabilischen Ge­bilden tbeilweise chemisch zersetzt, theilweise von ihnen verbraucht wird.
Heilverfahren.
Nach dem bis jetzt Gesagten ist es richtig anzunehmen, dass jedes Mittel, welches geeignet ist, vegetabilische Pilzgebilde ahzutödten, auch in unserem Falle angezeigt wäre, von welchem Gedanken ich mich auch anführen liess und zu jenen Resultaten gelangte, über die ich zu sprechen jnich jetzt anschicke. Ohne der vielfachen Versuche, die ich anstellte, zu erwähnen, erlaube ich mir bloss anzuführen, dass während meiner vieljährigen Heilpraxis mir die besten und sichersten Dienste eine Mischung von Petroleum mit Carbolsäure leistete, und zwar im Verhältnisse von 1!) zu 1. Dabei muss ich jedoch darauf aufmerksam machen, dass die krystallinische Carbolsäure im flüssigen Zustande, d. i.
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bis auf (30quot; C. erwärmt, uncl hernach erst im obenerwähnten Verhält­nisse Jem Petroleum beigemischt werden soll. Dieses Mittel wirkt mit - soeiuer absoluten (Jewisslieit und Sicherheit, und so überraseliend schnell, dass wenn man diese Augenkrankheit beim Pferde im ersten Stadium der Entwicklung damit behandelt, schon eine dreimal täglich vorge­nommene Einpinselung hinreicht, um sie für immer zu entfernen.
Wohlgemerkt jedoch, was .ich zur Vorbedingung stelle, um nicht missverstanden zu werden, dass ich nur damals jenen raschen Heilungs­erfolg verspreche, wenn das liier in liede stellende Augenübel das erste Stadium noch nicht überschritten, d. i. wenn das Mycelium der Pilze noch nicht zu tief in die Hornhaut eingedrungen ist. üebersieht man jedoch den ersten Anfall und liiemit in meisten Fällen auch das erste Stadium dieser Krankheit (was sehr oft sich ereignet), und hatten die Pilzgebilde Zeit zu fructiHciren, die keimfähigen Sporen an und in der Hornhaut anzulegen, und tritt in Folge dessen die Krankheit beim zweiten und dritten Anfalle mit allen Symptomen einer hochgradigen Kntziindimg auf, als: abnormal erhöhter Wärme des kranken Organes, milchgrauem Saume, grünlich-gelben EiterHocken in der Flüssigkeit der vorderen Angenkammer, so kann man gewiss sein, dass eine Unzahl Sporidien gleichzeitig keimt und eine zweite Unzahl derselben noch im ruhenden Zustande sich befindet. Die Keimenden tödtet das angegebene Heilmittel augenblicklich, die ruhenden hingegen widerstehen dessen Einwirkung, theils durch ihre embryonale Hülle, theils wegen ihres zu tiefen Sitzes in der Hornhaut. In diesem Falle muss nach der vollen­deten Heilung — worunter ich die Abtödtung der keimenden Sporidien meine — das tägliche Einpinseln mit dem angegebenen Heilmittel vor­sichtshalber als Präservativ fortgesetzt werden, und zwar durch zwei Monate (was jedoch die Berufsfähigkeit des Thieres nicht im geringsten stört, noch irgend welche Spuren am Auge znrücklässt). Ich kann aus meiner Erfahrung anratheu, dass dem Patienten auch das gesunde Auge
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eingepinselt werde (und zwar einmal täglich), weil ich öfters Fällen begegnete, dass der Ansteckungsstoff vom taanken auf das gesunde Auge
sieh vorpflanzte, in Folge dessen nach behobener Krankheit auf einem Organe sie beim nnmittolbareu Nachbar ansbrielit. (Bei dieser Vorsicht ist der letztgenannte Fall nie zu befürchten.)
Anlaugend die Zusammenstellung dieses Heilmittels nach ange­gebener Anordnung und im rechten Verhältnisse, ist es für das gesunde Auo-e so wenig reizend, dass der (iebrauch desselben nicht den geringsten Thränenfluss hervorruft; deshalb kann man es getrost ohne die Befürchtung, mit einem heroischen Mittel zu experimentiren, anwenden. Ich schicke dies voraus, um etwaigen Missverstäudnissen, welche in einzelnen Fällen möglich wären, zu begegnen.
In Folge des Vorausgeschickten weicht entweder die Krankheit nach den ersten Einpinselungen augenblicklich, oder der Entzündungszustand nimmt in einem so besorgnisserregenden Grade zu, dass jeder Laie sich ver­sucht fühlen würde, den hervorgerufenen Zustand der Anwendung des Heilmittels selbst zuzuschreiben. Dies ist jedoch ein gewaltiger Irrthum, denieb nach so vielen Erfahrungen ohne Scheu hier als soleheu hinzustellen wage, und welcher dem. meinem hier aufgelegten, durch die Erfahrung bestätigten Gedankengange Folgenden, von selbst einleuchten wird. Letzterer wird es ganz begreiflich finden, dass es die getödteten Fasern des Pilzgebildes sind, welche, als sie die Naturheilkraft zu entfernen trachtet, die zunehmende Entzündung veranlassen , worauf nach sechs bis sieben Stunden eine wohlthuende Eiterung nach aussen (nicht nach innen) sich einstellt, um die todten Gebilde aus dein Auge zu entfer­nen. Wenn dieser Process vor sich geht, verschwinden gleichzeitig die gelben Flocken in der Flüssigkeit der vorderen Augenkammer, die mikroskopisch kleinen Perforationen der Hornhaut vernarben, und die Heilung ist im vollen Zuge. Wollte Jemand dieselbe noch beschleu­nigen, um dem Thiere die Leiden zu ersparen, so empfehle ich nach
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der Einpinselimg ein sechsstündiges Begiessen mit kaltem Wasser des mit einem weichen Leinwandstäf-k bedeckten Auges, welches die Eite-quot;rung beschleunigende und dem kranken Tliiere wnliltlmeude Vcrfaliren auch dieser Heilmethode zu Gute kommt. Es beschleunigt namentlich die Eeinigung und in Folge dessen deu ganzen Heilungsprocess. Wie ich bereits erwähnte, ist es aus den an dieser Stelle angefühitou Grün­den höchst rathsam, nach beseitigter Entzündung der Vorsicht halber durch zwei Monate — was ohne den geringsten Schaden für das Tltier noch seine Berufsfähigkeit geschehen kann — die Einpinselnng fortzu­setzen. Wahrend der Zeit der Behandlung muss das kranke Organ drei bis viermal täglich reichlich eingepinselt weiden, ausserdem soll der Patient gründlich desinficirt, d. i. geschoren, mit Carbolwasser abge­waschen und die Haarabfälle verbrannt werden. Es ist selbstverständ­lich, dass bei dieser dem Gesagten zu Folge, contagiösen Krankheit die Vorsorge auch dafür spricht, dass siuumtliches Geschirr und Reit­zeug, Decken und Halftern, Krippen, Stand und Streitbalken einer gründ­lichen Desinficirung zu unterziehen sind.
Es ist mir in meiner vieljährigen Praxis nicht ein Fall vorge­kommen, dass der von mir auf beschriebene Art behandelte Patient rückfällig geworden wäre. Honte noch besitze ich solche Thiere, die in hohem Grade an dieser Krankheit litten, welche nach ihrer vollständi­gen Heilung ohne die geringste inclination zum RftckfaUe, als Zug- und Reitpferde jahrelang in Verwendung stehen, deren Sehorgane mir nichts zu wünschen übrig lassen.
Man hüte sich jedoch unter vollständiger Heilung die alsogleiche Beseitigung der Symptome dieser Krankheit zu verstehen; welcher Fall, wie gesagt, nur dann zutrifft, wenn man die in Rede stehende Augen­krankheit in den ersten Stadien ihrer Entwicklung an dem erkrankten Thiere, bemerkt, und mit dem vorgeschlagenen Heilmittel ihr unver­züglich entgegentritt. 1st jedoch das kranke Organ, respective die Horn-
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liaut von keimfähigen Sporen derart überfüllt, dass bei der reiuigeudeu Eiterimg nur einige wenige von ihnen zurückbleiben, so ist dem Vor­ausgeschickten zu Grunde ein Eückfall insoferne möglich, als deren Keimung eine natiirlicbe Nothwendigkeit der fernereu Entwicklung der Pilzsporen ist, welche noch nicht abgetödtet wurden. Eine fernere Be­handlung mit dem angegebenen Heilmittel reinigt jedoch das Auge all-mälig und vollständig, und wenu die Anfälle nicht mehr zurückkehren, hat man hiefür die Sicherheit, dass alle Sporen, selbst die letzten als sie keimten, getödtet und im Eiterungswege entfernt wurden.
In äusserst hartnäckigen Fällen — deren ich nur wenige prakti-cirte — ist es angezeigt, bei den ersten Einpiuselungen das Procent der Carbolsäure bis auf 5 zu 15 zu erhöhen. Letzterer Umstand berechtigt jedoch nicht zum Schlüsse — abgesehen davon, dass das Pilzleben über­haupt Sommer- und Wintersporen kennt, von denen die letzteren wider­standsfähiger als die ersteren sind, welche Zweiartigkeit der Sporen bei dem, die periodische A-Ugenentzündung hervorrufenden Pilzgebilde durch die natürliche Wärme des Auges ausgeschlossen wird — dass es zwei­artige Sporidien gebe, d. i. mehr und minder widerstandsfähige, ihn er­klärt vielmehr die Individualität des Patienten seihst, namentlich dessen grössere Keizbarkeit, in Folge deren der reichliche Thränenfluss das Heilmittel abspült, welches diesanlässlich schärfer sein muss. Wie zu­verlässig, sicher und absolut dieser Krankheit entgegenwirkend mein angegebenes Heilmittel ist. möge der Fachmann daraus ersehen, dass mir aus meiner Praxis Fälle bekannt sind, wro nach vollendeter Heilung bei wiedereingetretener Durchsichtigkeit der Hornhaut eine bereits ein­getretene partielle Krystallisatiou der Linse sich bemerkbar machte, die jedoch durch das Heilverfahren unterbrochen wurde.
Ein höchst wichtiges Moment will ich nicht unerwähnt lassen, auf das mich meine Beobachtung aufmerksam stimmte, und welches meine anfängliche Vermuthuug, dass dieses Augenübel coutagiös ist.
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zur Gewissheit maclate. Ich gewann nämlich die Ueberzeugung, dass in Folge verschiedener Ursachen einäugig gewordene Pferde, früher oder später, selbst nach Jahren auf das gesunde Auge periodisch erkrankten — ein Beweis, dass die vernichteten Organe, welche genug Nährstoff für derartige Pilzgebilde bilden, Pflanzstätten sind, von wo sich der Ansteckungsstoff auf das iu seiner unmittelbaren Nähe befindliche ge­sunde Auge überträgt — weshalb die Vorsicht gebietet, bei einäugi­gen Pferden das verlorene Auge mit dem angegebenen Heilmittel zu desinficiren, um sowohl das andere noch gesunde zu retten, als auch der Weiterverbreitung dieser Krankheit vorzubeugen.
Schluss.
Ob die Folgen meines Forschens weittragende sind, als sie Stadt und Land, Eeich und Arm, Gross und Klein vor Verlusten schützen. die in einzelnen Fällen, besonders dort, wo es sieh um Zuchtmaterial handelt, unberechenbar sind, stelle ich zur Beantwortung allen Jenen, die, als sie daran ein Interesse haben, mich schon aus ihrer eigenen Erfahrung in Allem bestätigen werden. Die von mir auf diesem Gebiete angeregte Gedankenwelt wird mit mir gleicher Ansicht sein, dass ver­erbte und ererbte Gebrechen und Fehler sich jeder Heilung entziehen. Im strengen Sinne des Wortes gibt es ja keine erblichen Krankheiten, bloss Aulagen zu diesen, worauf die Natur die Verschiedenheit der In-dividualitäten in einer principieU gleichartigen Gattung von Lebewesen aufbaute.
Wir sehen, dass ganze Länderdistricte von dieser verheerenden Krankheit heimgesucht werden, welcher umstand in gar keine Bezie­hung zur Erblichkeit dieser Krankheit sich bringen lässt. Die Bedingung derselben ist vielmehr eine so auswärtige, das sie bildende Pilzgebilde ist zu ihrer Entstehimg derart nothwendig, dass ohne diesen von aus-
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wärts hinziitretenden Factor kein Eintreten des krankhaften Ziistandes denkbar i^t. Ebenso weicht die Krankheit, wenn ilie aiuswärtige Ursache des Pilzgebildes entfernt ist. Deshalb konnten auch die sorgfältigsten Ausscheidungen des verdächtigen Zuchtmaterials aus Staats- und Privat­gestüten — was bis jetzt für eine Aufgabe der rationellen Pferdezucht und gewissenhaften Gestütsleitung galt — dem Umsichgreifen dieser Krankheit keinen Einhalt tliun, ein Beweis, dass mit diesen Mitteln in dieser Bichtung nicht abgeholfen werden kann. Unsere beste Lehrerin ist die Erfahrimg, und ich halte dafür, dass anlangend diese Krankheit uns schon die nächste Zukunft mit ganz was anderem vertraut machen wird, namentlich, dass der Wirkungskreis der Gostütsleiter als solcher aufhören und der der praktischen Thierheilkunde beginnen wird.
Wie ich glaube, liegt der grösste Vortheil meiner Entdeckung hauptsächlich darin, dass der, anlangend diese Krankheit höchst unge­rechtfertigten, unbewiesenen und durch die heutige Erfahrung entkräf­teten Erbhchkeitstheorie, keine weiteren Opfer gebracht werden, die einen grossen Theil dos auf die Pferdezucht angewendeten Nationalver­mögens in allen Culturländeru verschlangen. Haben meine ilühe und Arbeit diese Erfolge erzielt, so glaube ich mich um Tbier und Mensch verdient gemacht zu haben, mit welchem Bewusstsein ich mich auch von meinem geehrten Leserkreise verabschiede.
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C. Ueberreuter'scLi- Uutl.drutkeiti (M. Sül/or) in Wien.
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