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RIJKSUNIVERSITEITTE UTRECHT
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Praktische
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Arzneimittellehre
für
Thierärzte.
Von
Dr. €ail Heinrich Hertwig,
Professur an der Künigl. Thicrarzucischulc xu Berlin, Veterinär-Assessor bei dem Königl. Medizinal-Collegium der Provim llr.nndenburg, Mitglied der Gesellschaft naturfiirschender Freunde in Berlin, der medizin. chimrg. Gesellseliaft daselbst und des Vereins fur Heil­kunde in Preufsen, Ehrenmitglied der medizin. chimrg. Gesellschaft in Zürich und der Gesel!si(lwftquot;.S,cb:H?i?laquo;iik/rhier;irzte, correspondirendes Mitglied der physikal. mediz. Socielut zlaquo; irS'Bgsn^etSyiJesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur und des kyvnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; quot;quot;-fiidustriv und Cultur-Vereins xu Nürnberg.
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#9632;fZweifei.'veri^ilirte und verbesserte Auflage.
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Berlin,
Verlag von Veit amp;* (! o m p.
1840.
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dem Kiinigl. Preufsisclien wirld. Gclieimcn Staats- nud dirigiren-dcu Igt;Iiiiisler iler Geistlichen-, Unterrichts- und Medizinal-Ange­legenheiten, des rothen Adler-Ordens erster Klasse und des eisernen Kreuzes Ritter u. s. w. u. s. w.
Herrn
Freiherrn v. Stein zu Altenstein
ehrfurchtsvoll gewidmet.
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Vorwort.
v/bgleich über die thierärztliche Arzneimittellehre bereits mehrere deutscbe Schriften vorhanden sind, so scheint doch keine derselben ibrem Zwecke und dem jetzigen Standpunkte der Wissenschaften zu entsprechen; denn der angehende Thierarzt, der sich über diese wichtige Doctrin unterrichten mufs, und ebenso der forschende Menschenarzt, der durch comparatives Studium seine Kenntnisse über die Arzneiwirkungen vermehren will, stöfst in jenen Schriften fast überall auf grosse Lücken und Mängel, besonders in Betreff der Wirkungen, der Gabe und Anwendung der einzelnen Arzneikörpep beim Rindvieh, bei Schafen, Ziegen und Schweinen; und selbst in Beziehung auf das Pferd und den Hund sind die Angaben sehr oft unvollständig, in zu allgemeinen Ausdrücken und daher zweifelerregend. Der praktische Thierarzt bemerkt dagegen aufser den bezeichneten Mängeln in jenen Schriften auch noch grolse, und in ihren Folgen gefährliche Irrthü-mer, wie z. B. dafs die sämmtlichen narkotischen Arz­neimittel selbst in sehr grofsen Gaben bei pflanzen­fressenden Thieren keine Wirkung erzeugen,— dafs die Digitalis den Pferden in ganzen Unzen, — die
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getrocknete Belladonna sogar wie Heu gegeben wer­den könne, ohne dafs besondere Zufälle davon ent­stehen, u. dgl. m.
Es spricht sich daher das Verlangen nach einem Handbuche der thierärztlichen üftf/ma medica, wel­ches eine mehr vollständige und erfahrungsmafsige Belehrung gewährte, von allen Seiten aus und seit fast 10 Jahren bin ich sowohl von hohen Vorgeselz-tcn wie auch von sehr vielen Thierärzten häufig auf­gefordert worden , ein solches Handbuch im Sinne meiner, in der Königh Thierarzneischule über diesen Gegenstand gehaltenen Vorlesungen herauszugeben.
Wenn ich bisher diesen Aufforderungen nicht nachgekommen bin, so lag die Ursache darin, dafs ich es für Pflicht hielt, zuerst noch durch einige Zeit die sämmtlichen, in der Thierarzneikunde gebräuch­lichen Arzneimittel einer fortgesetzten praktischen Untersuchung zu unterwerfen. Dies ist nun gesche­hen, theils durch die, nach bestimmten Heil-Indica-tionen ausgeführte Anwendung der meisten Mittel bei einer sehr grofsen Anzahl kranker Thiere von al­len Arten, theils durch mehr als 1500 Versuche an gesunden Pferden, Rindern, Schafen u. s. w. Ich habe dabei weder Mühe noch Kosten (welche letztere durch den Ankauf der Thiere entstanden) gespart, und selbst die meisten Versuche, welche bereits von Andern, namentlich von Vitet, Gilbert, Vihorg, Smith, J. TVithe und Orfila gemacht worden sind, wiederholt, um mich von der Richtigkeit der­selben zu überzeugen. Um jedoch die Verdienste An­derer nicht zu schmälern, sondern vielmehr dank­bar anzuerkennen, habe ich im vorliegenden Buche,
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wenn es mir nüthig schien Versuche speziell anzufüh­ren, diejenigen von bewährten Schriftstellern fast im­mer den meinigen vorgezogen, — wenn übrigens die Resultate von beiden gleich waren. Dies habe ich hinsichtlich derjenigen Versuche, welche von JE. Triborg in seinen „Sammlungen für Thier-ärzte und Oekonomenquot; mitgelheilt sind, um so lieber gethan, da diese werthvolle Schrift im Buch­handel kaum noch zu erhalten ist. Auf diese AVeise sind an manchen Stellen einige Citate unvermeidlich gewesen, die ich sonst zur Ersparung des Raumes gern weggelassen hätte.
Die angeführten Versuche an gesunden Thieren und mit zu grofsen und tödtlichen Gaben der Medi­camente, werden Manchem als überflüssig erscheinen, da hiervon kein unmittelbarer Gebrauch für die ge­wöhnliche thierärztliche Praxis gemacht werden kann; ich hielt aber ihre kurze Angabe, wenigstens bei den wichtigern Mitteln, nicht allein aus den, in sect;. 118 —120 der vorliegenden Schrift angeführten Gründen, sondern auch deshalb für nöthig, weil mitunter ge­richtliche Klagen und Untersuchungen über die Anwendung der Arzneimittel in zu grofsen Gaben vorkommen, und weil die Thierärzte sich in solchen Fällen bisher mehrentheils vergeblich nach einer Grundlage umsahen, auf welche sie sich in ihrer Ver-theidigung, oder auch bei der Beurtheilung Anderer, beziehen konnten. Denn eine Veterinär-Toxikologie besteht bis jetzt gar nicht, und die vorhandenen Hand­bücher der gerichtlichen Thierheilkundesind (obgleich das von J. F. Veith einige gute Notizen enthält) in
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dieser Beziehung sämmtlich zu arm und in ihren An­deutungen viel zu allgemein.
Ebenso werden Manche in der grolsen Menge der hier abgehandelten Arzneimittel einen Anstols finden. Ich bemerke jedoch hingegen, da(quot;s das Buch ein Lehrbuch sein soll, in welchem sich Jeder über die wichtigsten und gebräuchlichen Mittel unter­richten kann, ohne dals ihm in der Zahl und Auswahl derselben für den praktischen Gebrauch ein Zwang aufgelegt wird ; ich komme mit weniger als 30 Arznei­mitteln aus, und auf meinen Reisen habe ich sehr be­schäftigte und recht gute thierärztliche Praktiker ken­nen gelernt, die sich ebenfalls auf eine nicht grüfsere Anzahl von Mcdicamenten beschränkten. Allein, überall fand ich die Auswahl verschieden, und was der Eine hochschätzte und häufig benutzte, wurde vom Andern verachtet und niemals angewendet. Eine strenge und zu enge Grenze läfst sich daher in einem Lehrbuche der Arzneimittellehre niemals ziehen.
Das Pharmakologische habe ich am Anfange der einzelnen Artikel stets nur in möglichster Kürze so weit berührt, wie es zur Verständigung über die wirk­samen Bestandtheile, über die Wirkung und Anwen­dung dringend nöthig zu sein schien, da mein College, Herr Apotheker und Lehrer Er d m a n n eine vollstän­dige Pharmakologie für Thierärzte, nach derselben Eintheilung, welche im vorliegenden Buche benutzt ist, herausgeben wird.
Bei dem grofsen Umfange des Gegenstandes und bei den nicht unbedeutenden Schwierigkeiten, welche sich der Bearbeitung desselben entgegenstell­ten, war es nicht möglich, manche Unvollkommen-
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licit im Inhalt zu vermeiden; und eben so konnte ich bei meinen überhäuften, und sehr anstrengenden Dienstgeschüften diejenige Sorgfall auf den Styl nicht verwenden, welche ich selbst in dem Buche zu finden wünschte. Dennoch hoffe ich, billige Sachkenner werden aus ihm ersehen, dafs ich das Gute gewollt und etwas Nützliches gethan habe.
Dr. Bertmg.
Vorwort
zur zweiten A u f 1 a g e.
In dieser zweiten Auflage der Arzneimittellehre ist die Einrichtung des Buchs im Wesentlichen unver­ändert geblieben, weil dieselbe (nach sehr vielen mir zugekommenen Urlheilen von Sachverständigen) eine einfache leichte Uebersicht des ganzen Materials und eine nalürliche Vertheilung der einzelnen Gegen­stände, ohne Wiederholungen zu machen, gestaltet. Durch Benutzung der, seit dem Jahre 1833 mir bekannt gewordenen Fortschritte im Gebiete der Arzneimittellehre sind jedoch viele Zusätze und ei­nige Berichtigungen entstanden, durch welche das Buch um 4 Bogen stärker und die Zahl der Paragra­phen etwas abgeändert worden ist.
Ich habe auch bei diesen Zusätzen wieder die Na­men Derjenigen genannt, von denen Beobachtungen über die Wirkung oder Anwendung eines Arzneimit-
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tels benutzt worden sind, um so Jedem das Seinige zu erhalten und zugleich um den Leser mit den Quellen bekannt zu machen. Vielleicht findet hierin auch mancher Thierarzt eine Aufforderung, seine Beobachtungen über das eine oder das andere Arz­neimittel in den thierärztlichen Zeitschriften mitzu-theilen und hierdurch zur Bereicherung und zur gröfseren Vervollkommnung der thierärztlichen Arz­neimittellehre etwas beizutragen. Diese Gründe für die im Buche befindlichen Citate leuchten jedem Unbefangenen gewifs von selbst ein; es schien mir aber nöthig sie denen vorzulegen, welche die Citate als Gelehrtthuerei darstellen, oder welche vom Egois­mus verleitet, in ihren Schriften nur allein sich selbst citiren. —
Herlwig.
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Allgemeine
üebersicht des Inhalts.
Seile Einleilung.............,......]
Allgemeine Arzneiwirkungslehre.
Erstes Kapitel. Theorie der Arznciwirkangen.....12
I.nbsp; nbsp; nbsp;Von den Kräften, durch welche die Wirkungen der Arzneimittel im thierischen Organismus erfolgen. 12
II.nbsp; nbsp; Von der Weise, auf welche die Arzneimittel im Thicrkörper aufgenommen werden und zur Wirksam­keit gelangen .............24
HI. Von den verschiedenen Wirkungen der Arznei­mittel................33
IV. Von den Bedingungen, durch welche die Wirkun­gen der Arzneimittel verändert werden können . 76
Zweites Kapitel. Einlheilung der Arzneimittel.....124
Drittes Kapitel. Quellen und Geschichte der Arzneimittellehre 131
Specielle Arzneiwirkungslehre.
Erste Klasse: Indifferenle Arzneimittellehre ...... 158
J. Abtheilung: Eiweisstoff- und gallerlhaltige Mittel . 164 II-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Schleim- und giinunihallige Mittel . . 176
HI-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Mehl u. Stärkemehl enthaltende Mittel 192
IV.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; —nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Süfse oder zuckerhaltige Mittel . . . 207
V.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Fett- und ölhallige Mittel.....219
Vf.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Wachs ...........231
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Zweite Klasse: Bitire Mittel............233
Dritte Klasse: Adstringirende oder zusammenziehende Arznei­mittel .................254
Vierte Klasse: Aetherisch - ölige (gewürzliafte) Mittel,
Kamplier, harzige und empyreumatische Mittel . . 291
I.nbsp; nbsp; nbsp;Abtheilung: Aetherisch - ölige oder gcwürzhai'te
Mittel...........293
II.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Karnpher..........374
III.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; —nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Harzige und halsamische Arzneimillel 399
IV.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; — hrenzliche, oder empyreuraatisch-ölige Mittel.................439
Fünfte Klasse: Weingeist- und älhe^haltige Mittel .... 463
Sechste Klasse: Scharfe Mittel...........480
Siebente Klasse: Betäubende (narkotische) Mittel .... 565
Achte Klasse: Chemisch-eilifaclie Arzneistoffe......648
Neunte Klasse: Säuren, saure Mittel.........685
Zehnte Klasse: Reine Alkalien und Erden.......725
Eilfte Klasse: Salze der Alkalien und Erden......759
Zwölfte Klasse: Metallische Arzneimittel.......819
Register.............•......933
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Einleitung.
sect;• raquo;
Jjer thierisclie Organismus ist ein selbstthatiger und in einer bestimmten Form gebildeter Körper, der das Ver­mögen besitzt, durch eigene Kräfte und Organe sich ge­gen die Einwirkungen der ihn umgebenden äufsern Ein­flüsse nicht nur bis zu einem gewissen Grade zu erhal­ten, sondern auch dieselben zu seiner Erhaltung sich an­zueignen.
sect;• 2. Diese Selbstthätigkeit des thierischen Organismus für seine Erhaltung ist zwar hauptsächlich durch die soge­nannte Lebenskraft, welche sich durch Empfindung (Sen­sibilität), Reizbarkeit (Irritabilität) und Bildungsthatigkeit (Vegetation) äufsert, bedingt, dabei aber auch von der Art und dem Grade der äufsern Einflüsse abhängig.
sect;• 3. Als äufsere Einflüsse, oder äufserc Potenzen, Aussendinge, Aussenwelt u. s. w. betrachtet man Alles, was aufserhalb des Thierkörpers besteht und mit dem­selben auf irgend eine Weise, mittelbar oder unmittel­bar in Berührung kommt. Die Menge und Verschie­denheit der äufsern Einflüsse ist daher unendlich grofs; denn Nahrungsmittel und Getränk, Luft, Licht, Wärme und Kälte, Elektrizität, Magnetismus, alle mechanischen oder chemischen Einwirkungen, und selbst die gröfsten-
Hertwig ArznciTnittpI.i. ;rp.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;I
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theils noch unbekannten Einwirkungen der übrigen Welt­körper auf unsre Erde und deren Bewohner, gehören hierher.
sect;• 4. Die äufsern Einflüsse können den thierischen Orga­nismus auf eine dreifach verschiedene Weise berühren und auf denselben einwirken, nämlich: a) mechanisch (d. h. durch ihre äufsere Form, durch Schwere, Bewe­gung u. s. w.); oder b) chemisch (d. h. durch ihre Be-standtheile und deren Beziehungen und Wechselwirkun­gen auf die Bestandtheile des Körpers); oder c) dyna­misch (d. h. durch andere eigenthümliche, noch unbe­kannte Kräfte, z. B. Wärme, Elektrizität und dgl). Diese verschiedenartige örtliche Berührung des Organismus durch die äufsern Einflüsse bezeichnet man als deren Einwir­kung (Actio). Bei derselben wird zuerst immer die Materie des Thieres betroffen, zugleich aber auch die damit verbun­dene Lebenskraft affizirt und zu Gegenwirkungen (Reaktio­nen) veranlafst, welche sich in der verändertenThätig-keit der betroffenenTheile und der mit denselben auf irgend eine Weise in Verbindung stehenden Organe zei­gen. So entstehen die Wirkungen der äufsern Einflüsse, welche daher weder blos örtliche, oder blos materielle Erscheinungen, noch von den Eigenschaften der äufsern Einflüsse allein abhängig sind, sondern nur zum Theil von diesen, zum Theil aber von der Lebenskraft eines Thieres erzeugt werden, und somit als das gemeinschaft­liche Produkt einer innern und einer äufsern Kraft zugleich erscheinen.
sect;. 5. Da alle Wirkungen der äufsern Einflüsse nur durch die Mitwirkung der Lebenskraft entstehen und sich durch veränderte organische Thätigkeit zeigen, so müssen die­selben nach ihrer Verschiedenheit auch für den Lebens-prozefs selbst von verschiedener Bedeutung sein. Diefs zeigt auch die tägliche Erfahrung, indem entweder: a) un­ter gewissen Einflüssen der ganze Lebensprozefs in einem,
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tier Erhaltung des Organismus entsprechenden Grade gleichmä-fsig fortbesteht; oder b) indem bei abge­änderten Einflüssen die Lebensthätigkeit entweder zu sehr erhöhet, oder zu sehr vermindert wird; oder cf'ia-dem dieselbe in einzelnen Organen oder Systemen eine veränderte tjualitative Richtung nimmt.
Diese Verschiedenheiten des Lebensprozesses wer­den im Allgemeiaen unter zwei verschiedenen Zuständen betrachtet, die man als Gesundheit und als Krank­heit bezeichnet.
sect;• 6.
Gesundheit ist derjenige Zustand eines lebenden Thieres, wo alle Verrichtungen des Organismus mit ein­ander übereinstimmend dem Zwecke des Lebens ent­sprechen, und mit Wohlbefinden leicht und kräftig von statten gehen. —
Sie wird erhalten, wenn die änfsern Einflüsse iu Be­schaffenheit. Menge und Stärke, zu dem Organismus in einem solchen Verhältnisse stehen, dafs sie Von ihm auf­genommen und mit Leichtigkeit ertragen werden können, so dafs die normale Mischung, Form und Verbindung der organischen Gebilde nicht gestört und deren Thätig-keit nicht zweckwidrig geändert wird.
sect;• 7.
Krankheit ist jede Abweichung des lebenden Or­ganismus vom gesunden Zustande, die sich durch Stö­rung der naturgemäfsen Verrichtungen und des Wohlbe­findens zu erkennen giebt.
Sie entstellt, wenn die äufsern Einflüsse durch Menge, Stärke oder qualitative Eigenschaften in einem Mifsver-hältnifs zu dem Organismus stehen, so dafs sie entweder dessen Kräfte, oder Materie (Mischung, Form und' Zu­sammenhang der Organe) zweckwidrig umändern, und besonders hinsichtlich der erstem die Lebensthätigkeit bald im Allgemeinen erhöhen oder vermindern, bald aber auch nur ihre Modifikationen (Sensibilität, Irritabilität, Vegetation) in ein Mifsverhältnifs gegen einander bringen.
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sect;. 8. Krankheit ist also kein selbstständiger, von der Ge­sundheit wesentlich verschiedener Zustand des Lebens, sondern nur eine Abweichung von derselben, bald in einzelnen Organen, bald im ganzen Organismus, bald in den festen, bald in den flüssigen Theilen und oft in bei­den; denn im kranken Zustande waltet dieselbe Lebens­kraft, wie im gesunden, und wenngleich in dem erstem ihre Aeufserungen nicht so frei und übereinstimmend er­folgen, wie im letztern, so ist doch mehreutheils ihr Be­streben zur Erhaltung des Organismus noch deutlich wahr­zunehmen, und oft sogar in einem noch viel höhern Grade als selbst im gesunden Zustande.
sect;. 9-Auch im kranken Zustande ist der Organismus von den äufsern Einflüssen noch völlig abhängig, und die Lebensthätigkeit ist durch dieselben mehreutheils noch leichter als im gesunden Zustande umzustimmen, weil: a) der kranke Organismus bei seiner veränderten Em­pfindlichkeit und Reizbarkeit für viele Einflüsse weit em­pfänglicher ist, und b) weil er die Uebereinstimmung aller seiner Verrichtungen zu einem gemeinschaftlichen Zwecke verloren hat und dadurch viel unfähiger geworden ist, den äufsern Einwirkungen zu widerstehen und sie zu be­herrschen.
sect;• io.
In jenem, auch im kranken Zustande, noch fortdauern­den Bestreben des Organismus für seine Erhaltung und in seiner beständigen Abhängigkeit von den äufsern Ein­flüssen, wie auch in der oft vorhandenen Möglichkeit, dafs die krankmachenden Einflüsse entfernt, oder in ihren Wirkungen gemindert, oder durch zweckmäfsigere ersetzt werd n können, ist die Möglichkeit zur Heilung der Krankheiten begründet.
sect;• 11.
Die Heilung oder der Heilungspro zefs ist eine solche innere Veränderung im kranken Organismus, durch
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welche der kranke Zustand beseitiget und in den der Ge­sundheit wieder umgewandelt wird.
Sie kann im Allgemeinen auf zweierlei Weise ver­mittelt werden, nämlich a) entweder allein durch die eigenen Kräfte des Organismus, durch die sogenannte Heilkraft derNatur, — oder b) durch die zweckmäisige Einwirkung und Leitung äufserer Einflüsse, d. i. durch Heilmittel oder Kunsthülfe.
sect;• 12.
Als Heilkraft der Natur bezeichnet man jenes innere, im lebenden Organismus liegende und aus dem Leben selbst hervorgehende Bestreben desselben, sich zu erhalten, die, durch äufsere Einflüsse entstandenen Störungen des Lebensprozesses wieder aufzuheben und diesen in das normale Verhältnifs zurück zu führen.
Sie ist alse keine besondere, von der Lebenskraft verschiedene Kraft, sondern nur diese selbst, in ihrem Wirken für die Heilung. Sie ist daher auch bei dem llcilungsprozefs einer jeden Krankheit thätig und ohne sie ist keine Heilung durch Heilmittel möglich; da sie aber sehr häufig entweder in einem zu hohen Grade aufgeregt, oder entgegengesetzt zu wenig und nicht aus­dauernd genug thäthig erscheint, oder auch eine der Heilaquo; lung nicht entsprechende qualitative Richtung zeigt, so mufs sie oft durch die Heilmittel geleitet, unterstützt und geregelt werden.
sect;• 13.
Als Heilmittel betrachtet man, im weitesten Sinne des Wortes, Alles, was durch seine Einwirkung auf den krankenThierkörper im Stande ist, den Uebergang der Krankheit in Gesundheit, d. i. die Heilung, zu vermitteln.
Da nun jeder äufsere Einflufs, welcher mit dem Organismus in Berührung kommt, naeh seinen Eigen­schaften u. s. w. eine bestimmte Reaktion veranlassen und somit eine Umänderung der Lebensthätigkeit her­beiführen kann (sect;. 4. 5.), so kann auch Alles, was
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anlserhalb des ürgauismus besteht, zum Heilmittel wer­den, — jedoch nur, wenn die Einwirkung un­ter Verhältnissen und Bedingungen stattfindet, welche dem kranken Zustande des Organismus genau entsprechen.
sect;, 14-
Hieraus ergiebt sich: a) dafs die Heilmittel eben so unendlich zahlreich und verschieden sind wie die aus-sern Einflüsse selbst (sect;. 3.); und — b) dafs es keine ab­solute (d. h. für sich allein und unter allen umständen heilend wirkende Mittel giebt, sondern dafs die äufseren Einflüsse nur dann zu Heilmitteln werden,, wenn sie unter entsprechenden Bedingungen auf den kranken Organismus einwirken. Denn unter andern Bedingungen können dieselben Einflüsse bald als Nahrungsmittel. bald als krankmachende Schädlichkeiten oder als Gifte einwirken.
sect;• 15.
Der Inbegriff alles Wissenswürdigen über die sämmt-lichen Heilmittel bildet die gesammte Heilmittel­lehre (Jamatologia). Da aber diese in ihrem Umfange eben so unermefslich sein würde, wie die Menge der Heilmittel unendlich grofs ist (sect;. 14.), so ist ihre ganz vollständige Darstellung als eine begränzte Doktrin nicht gut möglich, und man hat daher, der bessern Uebersicht wegen, die sämmtlichen Heilmittel nach ihren vorher­sehenden Kräften und nach der Art ihrer Einwirkung auf den Organismus unter mehrere Hauptabtheilungen gebracht. und jede derselben als eine besondere Doktrin betrachtet.
sect;. 16.
Nach den hier angedeuteten Verscliiedcnheiten unter­scheidet man nämlich: mechanische, physikalische und diätetische Heilmittel und sogenannte Arzneimittel.
A) Meehsnische Heilmittel sind diejenigen, welche durch Druck, Stofs, Reibung u. dgl. auf den Thier-körper einwirken und die Heilung durch Trennung oder Vereinigung oder Verdichtung der organischen Substanz
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u. dgl. vermitteln. Zu ihnen gehören die chirurgischen Instrumente, Maschinen und Bandagen, und die Kenntnifs ihres säramtlichen Vorraths wird in der Akologie (Aco-logia) dargestellt.
B)nbsp; Physikalische oder physische Heilmittel sind solche, die aus der beständigen Wechselwirkung der meisten Substanzen auf einander als besondere Naturkräfte hervorgehen, und gröfstentheils als sogenannte unwägbare Stoffe (Imponderabilien) bestehen, wie besonders Licht, Wärme, Luft, Schall, Electricität, Galvanismus, Magne­tismus u. s. w.
C)nbsp; Diätetische Heilmittel sind Substanzen, die durch ihre Mischung in einer solchen Beziehung zum gesunden Thierkörper stehen, dafs sie, im passenden Verliältnifs angewendet, dessen Thätigkeit in einem mas­sigen Grade erregen und erhalten, indem sie durch den Verdauungs- und Assimilationsprozefs der organischen Mischung des Körpers einverleibt werden, und so nicht nur die durch den Lebensprozefs verbrauchten und aus­geschiedenen Bestandtheile ersetzen, sondern auch zur Erzeugung und Ausbildung neuer Theile den Stoff geben. Sie sind zum Fortbestehen des Lebens im gesunden und kranken Zustande durchaus noting, und werden deshalb gewöhnlich Nahrungsmittel oder Lebensmittel ge­nannt. Die Kenntnifs von ihren Wirkungen und von ihrer zweckmäfsigen Benutzung zur Erhaltung der ge­sunden und zur Widerherstellung der kranken Thiere, wird in der Zoo-Diätetik gelehrt.
Dl Arzneimittel (Pharmaca, Medicamenta), sind selche Substanzen, welche zwar auch zunächst durch ihre eigenthümliche Mischung und Bestandtheile auf den Organismus einwirken, jedoch so, dafs sie vorzüglich dessen Thätigkeit auf eine ungewöhnliche Weise um­stimmen, aber dabei der organischen Materie entweder gar keinen, oder doch nur einen ganz unverhältnifsmäs-sig geringen Stoff zum Ersatz der verbrauchten Bestand­theile abgeben, indem ihre eigenen Bestandtheile von der
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Art und in einem solchen Verhaltnifs zu einander sind, dafs sie nicht wirklich assimilirt werden können. Die Arzneimittel sind daher für sich allein auch nicht im Stande, die Gesundheit zu erhalten, wohl aber dieselbe zu stören, wenn sie bei gesunden Thieren angewendet werden, weil sie durch die gewöhnliche Einwirkung auf die Kräfte des Organismus das normale Verhaltnifs der organischen Verrichtungen stören, und somit den Lebens-prozefs selbst aus dem Gleichgewicht bringen *). — Alles Wissenswürdige von ihnen zusammengenommen bildet die Arzneimittellehre fPharmacologia. Materia medica).
sect;. 17. Die thierärztliche Arzneimittellehre (Phar-
*) Anmerkung. Mit dieser Erkliirung über das Verhaltnifs der Arzneimittel zum Organismus, ist die Erklärung von den Giften sehr verwandt. Beide wirken vorzüglich durch das Verhaltnifs ihrer chemischen Bestandtheile und dynamischen Kräfte, beide können unter entsprechenden Umständen heilsam oder auch schädlich nnd tödtlich sein. Als Arzneimittel existiren diese Substanzen aber nur in Beziehung auf den kranken Organismus und in der Idee, densel­ben zur Genesung umzustimmen; sie enlsprechen dieser Idee nur in einer gewissen Gabe und Art der Anwendung. Gifte beziehen sich auf den gesunden und kranken Organismus, und es können dies die­selben Substanzen sein, die auch als Arzneimittel dienen, wenn sie in zu grofsen Gaben und ungeschickt angewendet werden. Eine strenge Grenzlinie zwischen beiden ist daher nicht möglich festzu­setzen, so wie es auch sehr schwer ist, eine genügende Definition von dem was Gift ist, zu geben. Die beste scheint noch folgende zu sein: „Gift ist jede, dem thierischen Organismus fremde Substanz,welche in gröfserer oder geringererGabe dem­selben beigebracht, schnell oder langsam auf eine che­misch-dynamische Weise die Gesundheit stört, oder das Leben gänzlich vernichtet — und sich in demselben nicht wieder erzeugt. (Der letztere Punkt dient zur Unterscheidung des Giftes von dem Conlagium). — In thierärztlichcr Hinsicht ist es noch viel schwieriger, zu bestimmen: was Alles zu den Giften gerechnet werden soll, als in menschenärztlicher; weil mancher Stoff bei den Thieren einer,Galtung als heiliges Gift wirkt, bei Thieren anderer Geltungen aber en'weder nur eine geringe Schädlichkeit zeigt, oder sogar unschädlich jnd nicht giftig ist.
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macologia veterinaria, Zoo-Pharmacologia) beschäftiget sich mit der Erkennung, Zubereitung, Wirkung und Be­nutzimg der zur Heilung kranker Hausthiere gebräuch­lichen Arzneimittel, und sie umfafst demnach:
a)nbsp; nbsp;die naturhistorische Beschreibung der Arzneimittel hinsichtlich ihres Ursprunges, ihrer Kennzeichen und physischen Eigenschaften, oder, die medizinische Waarenkunde, oder Droguenlehre CPharmaco-graphia, Pharmacognosis);
b)nbsp; die Vorschriften zur zweckmäfsigen Gewinnung, Auf­bewahrung und Zubereitung der Arzneimittel, oder die Apothekerkunst (Pharmacia), und
c)nbsp; nbsp;die Darstellung der Kräfte imd Wirkungen, welche die Arzneimittel bei ihrer Anwendung auf den Thier-körper unter verschiedenen Verhältnissen entwik-keln, — die Arzneiwirkungslehre (Pharraaco-dynamica).
sect;• 18.
Der Inhalt dieser drei Abtheilungen der Arzneimit­tellehre zusammen gewährt erst eine vollständige Kennt-nifs der Arzneimittel und sie sind in dieser Beziehung von gleicher Wichtigkeit und von gleichem Werthe. Da sie aber in ihrer Vereinigung noch ein zu umfang­reiches Gebiet von Kenntnissen und Fertigkeiten darstel­len, so werden sie jetzt fast überall, sowohl bei der theoretischen Betrachtung (beim Unterricht) wie auch im praktischen Leben als natürliche begränzte, und für sich bestehende Gegenstände behandelt, um so das Studium jedes einzelnen Theiles für bestimmte Zwecke desto aus­führlicher und gründlicher betreiben zu können. — Aus diesem Grunde soll auch hier nur die Lehre von den Arzneieinwirkungen abgehandelt werden.
sect;• 19. Da die Wirkungen der Arzneimittel nur bei der Anwendung derselben auf den thierischen Organismus entstehen, und eben so wie die Wirkungen der Heilmit­tel im Allgemeinen von verschiedenen Bedingungen, na-
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mentlich aber von der Mitwirkung der Lebensthätigkeit abhängig sind, so ergiebt sich, dal's sie nur allein durch Beobachtungen, Versuche und Erfahrungen an lebenden und besonders an kranken Thieren erforscht werden kön­nen. Die Lehre von den Arzneiwirkungen ist daher eine Erfahrungswissenschatt, welche in ihrem wesentlichen Theile aus einer Zusammenstellung von empirischen Kennt­nissen über die Arzneiwirkungen besteht und zur Wis­senschaft dadurch wird, dafs in ihr die Summe aller vorhandenen Erfahrungeü zu bestimmten allgemeinen Re­sultaten zurückgeführt, mit den Grundsätzen der ver­wandten Zweige der Thierheilkunde, namentlich mit de­nen der Physiologie, Pathologie und Therapie in Ein­heit gebracht, und so nach den Prinzipien jeder andern Wissenschaft zu einem regelmal; igen Gebäude verbunden werden. — Leider ist jetzt die Thierarzneikunde noch sehr arm an wirklichen, ächten Erfahrungen über die Wirkungen der Arzneimittel auf unsere verschiedenen Hausthiere, und die Arzeiwirkungslehre zeigt daher noch grofse Lücken und Mängel, besonders im Vergleich zu den übrigen beiden Theilen der Arzneimittellehre, wel­che durch ihre Hülfswissenschaften (Naturgeschichte, Bo­tanik, Chemie u. s. w.) einen hohen Grad von Vollkom­menheit erreicht haben.
sect;• 20. Aber auch in ihrer jetzigen ünvollkommenheit ist die Lehre von den Arzneiwirkungen für den praktischen Thierarzt einer der wichtigsten Theile seines nbthigen Wissens, weil sie die Einsicht in die innere Beschaffen­heit des Heilungsprozesses sehr wesentlich fördert, und zugleich die Gründe lehrt, warum und wie in jedem Krankheitsfalle gerade das eine oder das andere einzelne Mittel, welches durch die therapeutischen Indikationen nur im Allgemeinen angedeutet werden kann, anzuwen­den ist. Sie setzt daher bei der Auswahl der passenden Arzneimittel dem Zufall, dem Schwanken und der schäd­lichen Willkühr Grenzen, und ihre Kenntnifs hat somit
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einen unmittelbaren und sehr grofsen Einfluls auf die Zwecke und Erfolge der praktischen Thierheilkunst
sect;• 21. Die Arzneiwirkungslehre umfafst zwei Theile, näm­lich einen allgemeinen oder theoretischen, und einen speziellen oder praktischen Theil.
laquo;) Die allgemeine Arzneiwirkungslehre beschäftiget sich:
1)nbsp; mit der Darstellung der Kräfte und Wirkungen der Arzneimittel überhaupt (Theorie der Arz­nei Wirkungen);
2)nbsp; mit der Classification oder Eintheilung der Arzneimittel, und
3)nbsp; nbsp;mit den Quellen und der Geschichte der Arzneimittellehre.
/gt;) Die spezielle Arzneiwirkungslehre enthält dagegen von jedem einzelnen Arzneimittel:
1)nbsp; seine Eigenthümlichkeit und seine Wirkungen auf die Thiere von verschiedenen Gattungen;
2)nbsp; nbsp;die Gründe für und wider die Anwendung bei bestimmten Krankheiten;
3)nbsp; nbsp;die Bestimmung der Gabe, Form, Art und Wie­derholung der Anwendung bei verschiedeneu Krankheiten der einzelnen Hausthiere, und
4)nbsp; nbsp;die wirksamsten Zusammensetzungen und Ver­bindungen mit andern Mitteln für bestimmte Heilzwecke.
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Allgemeine Arzneiwirkiingslehre.
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Ersies Kapitel.
Theorie der Arzneiwirkungen.
sect;• 22. Als Wirkungen eines Arzneimittels betrachtet man die ganze Summe der Veränderungen in den Erscheinungen der Lebensthätigkeit, welche nach seiner Einverleibung in den Thierkörper durch eine gewisse Zeit in demselben erfolgen, und die ohne diese Einverleibung nicht erfolgt sein würden. Sie sind aus den Einwirkungen der Arz­neimittel und aus den Reaktionen des Organismus zu­sammengesetzt.
sect;• 23. Es ist die Aufgabe der wissenschaftlichen Thierheil-kunde, eine möglichst richtige Theorie darüber aufzu­stellen: wie die verschiedenen, in der Erfahrung nachge­wiesenen, uud mancherlei Abänderungen unterworfenen Wirkungen der Arzneimittel bei ihrer Anwendung auf den thierischen Organismus entstehen, oder, wie der letz­tere und die Arzneimittel bei ihrer gegenseitigen Berüh-rung sich verhalten. Dieselbe mufs daher nachweisen: 1) durch welche Kräfte die Arzneimittel überhaupt im thierischen Körper wirken; 2) wie und auf welche Weise die Arzneien im Körper zur Wirkung gelangen; 3) wie verschieden die Arznei Wirkungen sind, und J) durch welche Umstände die gewöhnlichen Wirkungen eines Mit­tels modificirt oder ganz unterdrückt werden können.
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I. Von den Kräften, durch welche die Wirkungen der Arzneimittel im thierischen Organismus erfolgen.
sect;• 24.
Die Kräfte eines Arzneimittels können für sich selbst­ständig nicht gedacht werden (da es nirgends eine Kraft ohne Materie giebt), sondern sie sind immer an seine Bestandtheile und deren Eigenschaften gebunden, und vermöge derselben äufsern die Arzneimittel, ähnlich wie andere Einflüfse, wenn sie mit dem thierischen Organis­mus in Berührung kommen, mechanische, chemische oder dynamische Kräfte, indem sie auf ihn in der einen oder in der andern Art einwirken. Die Einwirkung ist jedoch nur bei wenigen Arzneimitteln bekannt, und zwar nur bei denen, wo die Physik und die Chemie über ihr Verhalten zu den organischen Bestandtheilen eine hin­reichende Aufklärung gegeben haben: wo dies noch nicht geschehen ist, fehlt es auch noch an einer genügenden Erklärung der Einwirkung. Sehr häufig ist die Letztere mit der eigentlichen Wirkung des Arzneimittels verwech­selt worden, indem man alle Erscheinungen der Arznei-wirkung einseitig als blofse Folge der mechanischen, der chemischen oder dynamischen Kräfte eines Mittels er­klärte.
sect;. 25.
Auf mechanische Weise wird der Organismus bei der Anwendung eines jeden Arzneimittels nothwendig berührt, da sich keine Einverleibung eines materiellen Stoffes in den Körper ohne gegenseitige Berührung den­ken läfst: doch kann durch diese Art von Einwirkung gewifs am allerwenigsten die eigenthümliche Wirkung eines Arzneimittels bestimmt werden, weil 1) die aller­meisten Arzneimittel weder durch ihre Masse und Form, in denen sie gewöhnlich angewendet werden, noch durch die Art ihrer Anwendung eine nur etwas bedeutende me­chanische Kraft äufsern können; — 2) weil verschieden­artige Arzneien, wenn sie auch in gleicher Menge, Form
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n. s. w. angewendet werden, dennoch nach ihren innern Eigcnthümlichkeiten sehr verschiedenartige Wirkungen er­zeugen; und hauptsiichlich, weil 3) der Organismus durch­aus nicht nach den Gesetzen der Mechanik, sondern nach denen seiner eigenen Lebenskraft gegen äufsere Einwir­kungen reagirt, wenn auch die letztem durch mechanische Kräfte erzeugt worden sein sollten.
Die mechanische Einwirkimg der Arzneimittel kommt daher nur in so fern in Betrachtung, als sie örtliche Er­scheinungen veranlafst und dadurch die Erscheinungen der eigentlichen Wirkung etwas modificirt, wie z. B. bei aufserordentlich grofsen, oder zu schnell wiederholten Gaben, welche den Magen anfüllen: oder bei sehr schwe­ren und unauflöslichen Substanzen, welche auf die be­troffenen Stellen drücken, z. B. metallisches Quecksilber, rohes Spiefsglanz, gefeiltes Eisen, Zinn und dergl. 5 #9632;— oder auch, bei einzelnen Formen der Mittel und der Art ihrer Anwendung, z. B. grobe Pulver, feste Bissen und Pillen, Pflaster, schwere Breiumschläge, Einspritzun­gen u. s. w.
sect;• 26.
Eine chemische Einwirkung inufs bei der An­wendung eines jeden Arzneimittels stattfinden, weil: a) die Eigenschaften und Kräfte der Arzneimittel (wie aller an­dern Substanzen) hauptsächlich von ihren Bestandtheilen und ihrer Mischung abhängig sind; und b) weil, den ge-nauesten Untersuchungen zufolge, die Bestandtheile der Arzneimittel mit den Stoffen des Thierkörpers nach den Gesetzen der chemischen Verwandschaft in Wechselwir­kung treten, so dafs gegenseitig Zersetzungen und neue Verbindungen entstehen. Dies wird dadurch näher er­wiesen, dafs:
1) Arzneimittel von gleichen chemischen Bestand­theilen und von gleichen Mischungsverhältnissen im le­benden Thierkörper, — wenn dieser nicht selbst Ver­schiedenheiten darbietet, — stets dieselben Wirkungen erzeugen.
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2)nbsp; nbsp;Arzneimittel von ähnlicher chemischer Zusam­mensetzung bringen auch .meistens (jedoch nicht im­mer) ähnliche Wirkungen hervor; z. B. die Mineral­säuren, die verschiedenen Mittel mit Gerbstoff, mit äthe­rischem Oel, die verschiedenen Fette u. dgl. — Die Verschiedenheiten, welche die einzelnen Mittel bei Be­trachtung ihrer vollständigen Wirkung wahrnehmen lassen, hängen zum Thcil von der Beschaffenheit der neu gebil­deten Verbindung, zum Theil auch von der gleichzeitig eingetretenen Veränderung der festen und flüssigen Theile des Körpers ab. (Siehe sect;. 43.)
3)nbsp; nbsp;Arzneimittel von verschiedener chemischer Zu­sammensetzung erzengen immer verschiedene Wirkungen, wenn auch einzelne Erscheinungen der letztern dieselben sind; z. B. die Alkalien, die Säuren, der Weingeist u. dgl.
4)nbsp; nbsp;Solche Arzneimittel, die aus Substanzen zusam­mengesetzt sind, deren Wirkung im Einzelnen verschieden ist (z. B. aus arseniger Säure und Kali, aus Kohlensäure und Kali), zeigen bald mehr die Wirkung der einen, bald mehr die der andern Substanz. Die Ursache dieses ver­schiedenen Verhaltens ist bis jetzt noch nicht bekannt
5)nbsp; Viele Arznei-Substanzen zerstören das organische Gewebe und die Mischung des lebenden Thicrkörpers, in­dem sie sich ganz auf dieselbe Weise wie am todten Kör­per, mit den Bestandtheilen desselben chemisch verbin­den; z.B. salpetersames Silberoxyd wird mit der Chlor­wasserstoffsäure der thierischen Säfte zu Hornsilber ver­bunden.
6)nbsp; Wenn die im Magen und Darmkanal abgesonder­ten Säfte zu viel Säure enthalten (z. B. bei der Leck­sucht des Rindviehes), so kann man dieselbe durch An­wendung kalischer Mittel neutralisiren und für den Au­genblick ihre schädlichen Wirkungen verhindern.
7)nbsp; Eben so kann man Gase, die sich in den Bauch­eingeweiden in zu grofser Menge entwickelt haben (z. B. bei der Trommelsucht des Rindviehes u. s. w.), durch Anwendung solcher Mittel, die sie ehemisch absorbiren
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und binden, z. B. Kalkwasser, Aschenlauge, Aetz-Ammo­nium und dergl. die Symptome der Krankheit beseitigen.
8)nbsp; nbsp;Aetzende Substanzen und mehrere mineralische Gifte können, so lange sie sich noch im Magen oder Darmkanal befinden, durch solche Mittel, welche ihre chemische Beschaffenheit umwandeln, unschädlich gemacht werden (z. B. Aetz - Sublimat durch Eiweis oder Leim, Kupfersalze durch Zucker).
9)nbsp; Wenn der Urin zu reich an Harnsäure ist, und wenn Harnsteine oder Gries in den Nieren oder in der Blase sich erzeugen, so kann man jene krankhafte Be­schaffenheit des Urins und diese abnormen Erzeugnisse durch Mittel beseitigen, welche ihrer chemischen Beschaf­fenheit entgegengesetzt sind.
10)nbsp; Eisenfeile, Spiefsglanz und dergl. verlieren bei der innerlichen Anwendung ihre metallische Beschaffen­heit und werden durch die im Magen vorhandene Säure oxydulirt, also chemisch verändert: dagegen verlieren manche Oxydule und selbst Oxyde im Körper ihren Sauerstoff und werden in regulinisches Metall umgewan­delt, wie zuweilen die Quecksilber-Präparate.
11)nbsp; nbsp;Salpeter, Weinstein und andere Salze, eben so die Alkalien, Pflanzensäuren u. a. Substanzen werden in Thierkörper zersetzt und in den verschiedenen Flüssig­keiten desselben, namentlich in dem Harn u. s. w. wer­den ihre Bestandtheile, bald frei, bald in andern Ver­bindungen, wiedergefunden.
'nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; sect;. 27.
Die chemischen Einwirkungen der Arzneimittel sind hiernach von der gröfsten Wichtigkeit, theils, weil sie so vielfältig und ausgebreitet erfolgen und daher eben so vielfältige und verschiedenartige Reaktionen bedingen, theils auch, weil sie dem Heilzwecke oft für sich allein vollständig genügen, z. B. bei dem Gebrauch mancher Mittel zum Zerstören krankhafter Gebilde, — oder gegen Säure, Gase und Gifte in dem Verdauungskanal. Doch sind auch hier die Erscheinungen der Einwirkung nicht
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mit der vollständigen Wirkung zu verwechseln; denn sie stehen, so weit sie von der chemischen Wahlverwandt­schaft abhängen, nicht unter dem Einflüsse der Lebens­kraft, und die letztere wird sogar vernichtet, wenn die chemische Aktion der Stoffe im Körper zu sehr vorwal­tet, wie z. B. bei Aetzmitteln und chemischen Giften. Wenn daher die Wirkung vollständig erfolgen soll, so mufs nach der chemischen Einwirkung die organische Gegenwirkung eintreten, — wie sich dieselbe z. B. in der Reizung, Entzündung, Eiterung und Granulationsbil-dung nach geschehener Anwendung eines Aetzmittels zeigt.
. sect;- 2S:
Sehr viele Arzneimittel bringen bei ihrer Anwendung auf den Thierkorper keine bemerkbare Einwirkung her­vor, erzeugen aber dennoch eine kräftige Reaktion in ihm. Da nun bei diesen Mitteln die Wirkung auf mechanische Weise gar nicht, auf chemische, aber nicht genügend er­klärt werden kann; — da überhaupt die Wirkungen der Arzneimittel so sehr verschieden und bei jedem einzelnen Mittel so sehr eigenthümlich sind, dafs man sie, selbst bei einer zugegebenen Mitwirkung chemischer und me­chanischer Kräfte, doch nicht aus diesen allein genügend erklären kann, so mufs man annehmen, dafs jedes Arz­neimittel aufser jenen physischen noch andere eigenthüm-liche Kräfte besitzt, die man, da sie nicht näher und be­stimmter bezeichnet werden können, dynamische Kräfte genannt hat.
sect;. 29.
Diese dynamischen Kräfte der Arzneimittel sind nur bei ihrer Einverleibung in den lebenden thierischen Organismus, aus den hiernach entstehenden eigenthüm-lichen Reaktionen der Lebensthätigkeit, oder mit ande­ren Worten, aus ihren Wirkungen zu erkennen. Da also jede Arzneiwirkung von der dynamischen Kraft der Arzneimittel und der Lebenskraft zugleich erzeugt wird, so kann man sie mit Recht im Allgemeinen als eine dynamische Wirkung bezeichnen.
Hpriwig Arzneunittellelirtnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2
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sect;. 30.
So wie aber jedes Arzneimittel durch besondere physische Eigenschaften, namentlich durch die Art, Menge und Verbindung der chemischen Grundstoffe und Bc-standtheile durch spezifische Schwere, Farbe, Geruch u. s. w. einen spezifischen Körper darstellt, so sind auch die hiervon abhängigen dynamischen Kräfte und Wirkungen eines jeden einzelnen Arzneimit­tels spezifisch, d. h. eigenthümlich und von den Kräf­ten und Wirkungen aller andern Mittel verschieden, und man kann daher in diesem Sinne jedes Arzneimittel als ein spezifisches Mittel betrachten.
Hieraus geht zwar hervor: dafs die dynamischen und spezifischen Kräfte der Arzneimittel von der Materie der­selben abhängig sind; doch ist es bis jetzt trotz aller Bemühungen noch nicht gelungen, jene Kräfte aus den materiellen Eigenschaften dieser Mittel erklären zu kön­nen, — und aus dem sect;. 19. und 29. angegebenen Grunde mufs wohl auch jede solche Erklärung, die sich nur auf die Grundstoffe, Bestandtheile und Kräfte der Arzneimit­tel allein bezieht, stets ungenügend bleiben.
sect;• 31.
Die spezifischen Kräfte eines Arzneimittels zei­gen sich dadurch, dafs dasselbe bei seiner Anwendung auf den thierischen Organismus nicht gerade am Orte der Anwendung seine Hauptwirkung zeigt, auch nicht den ganzen Organismus gleichmäfsig afficirt, sondern dafs es immer auf ein bestimmtes System, auf einen organischen Apparat — oder selbst auf ein besonderes Organ vorherrschend — wirkt, und dessen Funktion bald allgemein, bald auch nur in den einzelnen Modifikationen der Lebens­kraft ergreift und eigenthümlich umändert. So wirken z. B. das Opium vorherrschend auf das grofse Gehirn, der Kampher auf das kleine Gehirn und das verlängerte Mark, desgleichen auf die Nieren, die Brech-nufs auf das Rückenmark, der Brechweinstein auf den
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sympathischen Nerven, die Aloe auf die Leber, die Can. thariden auf die Harnwerkzeuge u. s. w.
sect;• 32.
Wie die spezifischen Wirkungen der Arzneimittel entstehen? — ist nicht genau zn erweisen, da sie in Veränderungen des unerklärlichen Lebensprozesses der einzelnen Organe selbst bestehen, und nur aus ihren äufsern Erscheinungen zu erkennen sind. Aus diesen geht aber hervor: 1) dafs jedes Arzneimittel sich wie ein spezifisches Reizmittel für ein gewisses Organ ver­hält, und daher auch wahrscheinlich zuerst die spezifische Sensibilität desselben afficirt; 2) dafs diese Affektion bei manchen Arzneimitteln durch Fortleitung der, an dem Orte der Anwendung entstandenen Umstimmung der Ner-venthätigkeit allein bewirkt wird, bei den meisten aber durch die materielle Hinleitung der Arzneistoffe zu dem Organ der spezifischen Wirkung, entsteht; 3) dafs sowohl mit jeder spezifischen wie mit jeder andern Arzneiwirkung eine Veränderung in dem materiellen Zustande (in der Organisation) des betreffenden Organs verbunden sein mufs, weil ä) die Beschaffenheit der Materie des Körpers von der Lebensthätigkeit überhaupt abhängig ist, und da­her auch jede veränderte organische Thätigkeit eine Ver­änderung in der Beschaffenheit und Mischung verursacht, und i) weil nach einem allgemeinen bestätigt gefundenen organischen Verhalten oder Gesetz jede Reizung mit einem vermehrten Zuflufs der Säfte zu dem ge­reizten Theile verbunden ist, — wodurch allein schon bedeutende Veränderungen in der Organisation desselben entstehen können, wenn auch dieselben nach aufgehobener Reizung wieder vorübergehen: — und 4) wenn Arzneimittel gewisse Sekretionen erregen, so wer­den sie gewöhnlich mit denselben durch das betreffende Organ wieder aus dem Körper ausgeschieden.
sect;. 33.
Da also die Arzneimittel in der Lebensthätigkeit und in dem materiellen Zustande des Thierkörpers Verände-
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rungen hervorbringen, die Krankheiten aber wesentlich auch in solchen Veränderungen bestehen, so ergiebt sich: dafs jede Arzneiwirkung eine Art künstlich erzeugter Krankheit ist, die sich nach der Verschiedenheit der bei der Wirkung afticirten Organe u. s. w. äufserlich durch entsprechende Symptome, welches die Erscheinungen der Arzneiwirkung sind, zu erkennen giebt.
sect;#9632; 31.
Die Wirkung eines Arzneimittels behält, wenn es dieselbe spezifische Beschaffenheit besitzt, auch stets die­selbe spezifische Richtung auf ein bestimmtes Organ oder System, es mag auch noch so verschieden an oder in den Körper gebracht werden, und das spezifisch afficirte Organ mag in einem gesunden oder krankhaften Zustande sich befinden. Aber die Ersclieinungen dieser spezifischen Wirkungen können dennoch sowohl in der Art, wie in der Stärke, durch die verschiedenen äufsern und inneren Verhältnisse, die bei der Anwendung eines Mittels zuge­gen sein können, aufserordentlich modifizirt werden. So wird z. B. der Brechweinstein bei allen unsern Haus-thieren, sie mögen gesund oder krank sein, zwar stets eine Wirkung auf den grofsen sympathischen Nerven und auf die Organe zeigen, die von ihm ihre Nerven erhalten; aber nur bei dem Schweine, bei dem Hunde, der Katze und bei einigen Vögeln kann er, in hinreichender Menge angewendet, Erbrechen hervorbringen, und zwar eben so­wohl, wenn er durch das Maul in den Magen gebracht, wie auch, wenn er in die Blutadern eingespritzt ist.; in geringerer Menge angewendet, bewirkt er nur Ekel und vermehrte Absonderung im Schlundkopf, im Schlünde, Magen u. s. w. 5 in sehr grofser Menge erzeugt er Entzün­dung der Lunge, des Magens und der Gedärme; bei vor­handener Vergiftung durch betäubende Stoffe, bringt bei Schweinen die sonst wirksame Menge des Mitttels kein Erbrechen hervor und dergl, (Siehe weiter unten sub IV.).
sect;. 35.
Die spezifische Wirkung eines Arzneimittels bildet
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niemals dessen alleinige oder ganze Wirkung (Total-Wirkung), da auch noch theils die örtliche Einwirkung und materielle Weiterverbreitung der Arzneistoffe Reak­tionen und eine veränderte Lebensthätigkeit in den be­troffenen Organen veranlafst, theils aber hierdurch und durch die spezifische Wirkung selbst die Lebensthätig­keit in andern Organen auf consensuelle oder antago­nistische Weise verändert wird. Die Totalwirkimg zeigt sich daher in einer ganzeuReihe von Erschei­nungen der veränderten Lebensthätigkeit, welche in ihrer Beschaffenheit, Stärke, Dauer und Ausbreitung über mehrere Organe bei einem und demselben Mittel sehr verschieden sein können, je nachdem die Anwendung in verschiedener Menge, Wiederholung, Form und in der Verbindung mit andern Mitteln auf verschiedene Organe und bei verschiedenen Lebenszuständen geschiehet.
Auch ist die spezifische Wirkung weder in der Gröfse, Stärke und Dauer der Erscheinungen, noch für bestimmte thierärztliche Heilzwecke immer als die Haupt­wirkung zu betrachten, denn sie wird bei sehr vielen Arzneimitteln durch die Erscheinungen der örtlichen Ein­wirkung oder durch die der consensuellen und antago­nistischen Wirkung weit übertroffen, und diese werden deshalb von manchen Thierärzten nur allein beachtet und zur Beseitigung der vorhandenen Krankheitszustände benutzt.
sect;.36. Die Heilung krankhafter Zustände des thierischen Organismus mit Hülfe der Arzneimittel erfolgt durch dieselben (im Vorhergehenden angedeuteten) Kräfte, und die Heilwirkungen selbst werden auf dieselbe Weise ent­wickelt. Absolute Heilkräfte (sect;. 14.) besitzen die Arzneimittel nicht, und es kommt daher bei ihrer Aus­wahl für einzelne Krankheitszustände — abgesehen von den übrigen therapeutischen Indikationen — vorzüglich darauf an: aus allen vorhandenen Krankheits-Symptomen das ursprünglich oder vorherrschend leidende Organ oder
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System (Sitz und Form der Krankheit), die qualitative Art (den Charakter) und den Grad der krankhaften Lebensthätig-keit richtig zu erkennen und hiernach dasjenige Arznei­mittel in passender Gabe, Form u. s. w. anzuwenden, welches nach seinen, aus der Erfahrung bekannten Wir­kungen am meisten geeignet ist, gerade diese abnorme Lebensthätigkeit und diesen Zustand der kranken Organe gründlich, schnell und leicht umzuändern.
Diese Umänderung aber kann durch die Wirkung der Arzneimittel auf zweierlei, fast entgegengesetzte Art erreicht werden; nämlich entweder d) indem die ange­wendeten Mittel eine der krankhaften Thätigkeit in jeder Hinsicht entgegengesetzte Thätigkeit erregen (z. B. ad-stringirend wirken bei zu grofser Erschlaffung der Ge­bilde, — betäubend bei zu sehr aufgeregter Sensibilität und dergl.), — bis der normale Zustand oder die mög­lichste Annäherung hierzu erreicht ist (auf allöopathische und antipathische Heilungsweise); — oder indem sie b) eine solche Thätigkeit hervorrufen, welche dem vor­handenen Krankheitszustande, und somit auch den Krank­heitssymptomen ähnlich ist (auf homöopathische Heilungs­weise), und durch welche daher die letztern bis zu einem gewissen Grade gesteigert werden können. Wie die Hei­lung auf die erstere Art vermittelt wird, leuchtet von selbst ein; die andere Art der Heilwirkung aber läfst sich nur dadurch erklären, dafs es
1)nbsp; viele Krankheiten giebt, welche einen bestimmten (normalen) Verlauf haben und zur gründlichen Heilung nur gelangen, wenn dieser Verlauf mit vollkommener Ausbildung der ganzen Krankheit beendet werden kann. Ist also diese Ausbildung einer solchen Krankheit auf irgend eine Weise von ihrem bekannten Normal-Typus abweichend, so kann eine künstliche Beförderung dessel­ben, namentlich bei zu geringer Thätigkeit des Organis­mus, durch entsprechende Arzneimittel erfolgen und nütz­lich sein;
2)nbsp; nbsp;dafs viele Krankheiten, deren günstige Entschei-
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dung auch nicht eben von einem solchen bestimmten Verlauf abhängig ist, durch die Krankheits-Symptome doch häufig eine Tendenz zu gewissen andern krank­haften Thätigkeiten zeigen, welche, der Erfahrung zu Folge, die Heilung herbeiführen, aber für sich allein nicht vollständig genug entwickelt werden können, und da­her durch ähnlich wirkende Mittel befördert werden müssen. Und
3) dafs nach einem allgemein bestätigt gefundenen Verhalten der Lebenskraft „eine schwächere dynamische Affektion im lebenden Organismus von einer stärkeren dauerhaft aufgehoben wird, wenn diese (der Art nach von ihr abweichend) jener sehr ähnlich in ihrer Aeufse-rung ist.quot;
In welchen Fällen die heilsame Umänderung der Lebensthätigkeit auf die erste oder auf die andere Weise durch entsprechende Arzneimittel vorzüglicher ist, mufs die Therapie lehren.
Da aber die unmittelbare Umänderung der krank­haften Thätigkeit des ursprünglich oder vorzüglich er­griffenen Organs nicht immer möglich, und eben so nicht immer hinreichend für die gänzliche Beseitigung aller Krankheitserscheinungen ist, weil theils die spezifischen Mittel für manche Organe und deren verschiedenartige Veränderungen noch nicht bekannt genug sind, und weil ferner aufser dem dynamischen Mifsverhältnifs auch häufig noch materielle schädliche Stoffe (bald die ersten Ursachen, bald die Produkte der Krankheit) im Körper zugegen sind und die gründliche Heilung hindern, so ergiebt sich: dafs die Heilwirkung auch mittelbar theils in consensuel-len und antagonistischen Veränderungen, theils in mate­rieller Umänderung oder Ausleerung und Entfernung der krankhaften Stoffe begründet sein kann.
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II. Von der Wcisi-, auf welche die Arziifimitu 1 im Thier-
körpev .'lufgcnoinmeü werden und zur Wirksamkeit
gelangen.
sect;• 37.
Die Arzneimittel kommen bei ihrer Anwendung auf den Thierkörper entweder mit dessen Oberflächen (mit der Haut oder den Schleimhäuten), oder mit verletzten Stellen und geöffneten Blutgefäfsen in gegenseitige Be­rührung und erzeugen hier zuerst eine Einwirkung mit bald mehr, bald weniger deutlich bemerkbaren örtlichen Erscheinungen. Bei den meisten Arzneimitteln finden sich aber sehr bald noch Erscheinungen sehr regelmäfsig an andern, selbst an den entferntesten Theilen des Körpers hinzu, und diese letztern Erscheinungen beweisen also, dafs die Wirksamkeit der Arzneimittel über die Grenze ihrer lokalen Einwirkung hinausgeht. Da man diese Wei­terverbreitung der Arzneiwirkung stets nur bei der, An­wendung auf den lebenden Thierkörper, niemals am tod-ten sieht, und da es somit gewifs ist, dafs sie nur durch die organische Thätigkeit des Körpers zu Stande ge­bracht wird: so ist es auch nöthig, zu untersuchen: von welchen Organen und wie die Arzneikräfte auf­genommen und zur Entwicklung ihrer Aveitern Wirkungen gebracht werden?
sect;. 38.
Die Physiologie hat nachgewiesen, dafs von Seiten des thierischen Organismus die Aufnahme aller äufseren Einflüsse, und somit auch die der Arzneimittel nur auf eine zwiefache Weise (sect;. 32.) und von zwei organischen Systemen möglich ist: nämlich a) dynamisch, durch blofse Berührimg empfindlicher Flächen des Körpers — also vom Nervensystem; und b) durch materiellen üebergang in die Säfte des Körpers, — durch das Gcfäfssystem, vorzüglich vermittelst der Aufsaugung (Absorption, Re­sorption) seltener, und nur künstlich bewirkt, durch ge­waltsames Einbringen in die gröfsern Gefäfse vermittelst der Infusion.
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sect;• 39. a) Durch die Berührung empfindlicher Flächen ent­steht zwar bei der Anwendung eines jeden Arzneimittels ein Theil der Wirkung, nämlich die mit der Einwirkung verbundene örtliche Affektion der Irritabilität und Sensi­bilität; bei manchen Arzneimitteln scheint aber auf diese Weise die ganze spezifische Wirkung mit ihren sämmt-lichen Erscheinungen zu erfolgen, da dieselbe so schnell und so vollständig eintritt, z. B. bei der Blausäure, dafs man sie weder aus der örtlichen Reaktion allein, noch aus der hiervon entstandenen consensucllen und antago­nistischen Wirkung erklären kann. Höchst wahrscheinlich entstehen diese schnellen, flüchtigen Wirkungen nur aus einem dynamischen Eindruck auf die Nerven (als spezi­fische Reizimg) oder aus einer dynamischen Wechselwir­kung, welche zwischen den Arzneikräften und der Ner­venkraft stattfindet, und die daher nur durch das Ner­vensystem vermittelt wird. Dies geschieht von dem letz­tern ganz auf die ihm eigene Weise, indem nur allein die freien, peripherischen Endpunkte der Nerven die Ein­wirkung der Arzueikräfte aufnehmen, die gröfsern Ner­venzweige aber die entstandene Reizung bis zum Gehirn oder Rückenmark, und hierauf auch wieder von hier die spezifischen Reaktionen zu andern Organen hinleiten. — So wie die mit der Berührung der Nervenenden verbun­dene spezifische Umstimmimg der Nervcnthätigkeit (der dynamische Eindruck oder die Reizung) von den spezi­fischen Kräften • eines Arzneimittels abhängig ist, eben so ist auch diese Art der Aufnahme selbst gröfsten-theils durch die Art seiner Bestandtheile bedingt; denn man sieht, dafs vorzüglich flüchtige und stark riechende Arzneien, z. B. die Aetherarten, spirituöse Mittel, die Blausäure, Kampher u. s. w. ihre Wirkung durch blofse Berührung des Körpers entwickeln. Eine materielle Auf­nahme dieser oder anderer flüchtiger Stoße durch die Nerven findet nicht statt; aber sie können durch die Blut-und Lymphgefäfsc materiell aufgenommen werden und da--1
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durch auf eine zweite Weise zugleich zur Entwickelung ihrer spezifischen Wirkung gelangen. Mit dieser dynami­schen Wirkung selbst sind jedoch immer materielle Ver­änderungen im Körper verbunden, wenn auch nicht die materielle Aufnahme der Arzneistoffe erfolgt ist. — In früherer Zeit, wo man den materiellen Uebergang der Arzneimittel durch die Absorption nicht genügend kannte, suchte man die Arzneiwirkungen fast allein aus der Be­rührung und Umstimmung der Nerven zu erklären; in der neuern Zeit ist diese Erklärung jedoch mit Recht nur bei wenigen Mitteln als anwendbar befunden worden, weil sie sich schwer nachweisen läfst, die Absorption aber bei den meisten Mitteln wirklich nachgewiesen ist.
sect;• 40. J) Die materielle Aufnahme der Arzneistoffe durch Gefäfse in die Substanz des Thierkörpers (Aufsaugung, Einsaugung, Resorption, Absorption) findet bei der An­wendung fast aller Arzneimittel statt, wie dies durch eine sehr grofse Anzahl physiologischer Versuche und clini-scher Beobachtungen bewiesen ist. Die wichtigsten hier­her gehörigen Thatsachen sind folgende:
1)nbsp; nbsp;Die Quantität einer, mit dem Körper in Berüh­rung gebrachter Arzneisubstanz wird nach und nach im­mer mehr vermindert, auch wenn durch Verdunstung u. dgl. kein Verlust entstehen konnte.
2)nbsp; Solche Arzneimittel, die nach und nach absorbirt werden, bringen an entfernten Organen Wirkungen her­vor, die mit dem Verschwinden der Arzneisubstanz an der Anwendungsstelle in einem entsprechenden Verhält­nisse stehen.
3)nbsp; nbsp;Sehr viele Arzneistoffe sind im Chylus und im Blute wiedererkannt worden, und zwar manche durch ihren Geruch und ihre Farbe, andere nur mittelst chemi­scher Reagentien, und selbst nur nach geschehener Zer­störung der organischen Bestandtheile des Bluts und des Chylus. Mehrere Substanzen, die man in den sezernirten Flüssigkeiten und in den festen Theilen des Thierkörpers
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wiedererkennen kann, z. B. die Färberröthe, Rhabarber u. a., hat man zwar bis jetzt im Blute und im Chylus nicht entdecken, können, obgleich sie in diesen Säften vor­handen sein müssen. Da aber die Untersuchungen hier­über sehr schwierig und zumTheil mit den gewöhnlichen Methoden und Hülfsmitteln gar nicht auszuführen sind; so darf man aus dem bisherigen Nichtauffinden dieser Substanz doch nicht schhefsen, dafs dieselben in das Blut nicht übergehen.
4)nbsp; nbsp;Manche angewendete Substanzen finden sich in den festen Theilen des Thierkörpers wieder, z. B. der Farbestoff der Färberröthe in den Knochen.
5)nbsp; Sehr viele Arzneistoffe werden in den Aussonde­rungen der Thiere wiedergefunden, und zwar verhältnifs-mäfsig in weit gröfserer Menge und leichter als im Blute und im Chylus; doch sind viele Stoffe hierbei chemisch zersetzt. — Im Urin kommen die meisten Stoffe, z. B. Jod, Rhabarber, Schwefel, Alkalien, Säuren, Salze, Me­talle und ihre Verbindungen, u, dgl. vor. — In der Lungenausdünstung bemerkt man hauptsächlich die flüch­tigen, leicht verdunstenden Stoffe, z. B. ätherische Oele, Kampher, Weingeist, Phospor. — Im Schweifse sind nur wenige Stoffe mit Sicherheit nachgewiesen, wie Schwe­fel, Phospor, die flüchtigen Bestandtheile der Zwiebeln, des Knoblauchs. Wahrscheinlich wird auch Terpentinöl, Quecksilber, Ammoniak u. dgl. durch die Hautausdünstung aus dem Blute entfernt. — In die Milch gehen sehr viele Stofie über und geben sich durch Geruch, Geschmack und Farbe, durch chemische Reagentien und selbst durch ihre eigenthümliche Wirksamkeit auf Menschen und an­dere Thiere zu erkennen, wenn diese die Milch geniefsen. So ist es mit dem Bitter- und Farbstoff vieler Pflanzen, mit dem scharfen Stoff mancher Purgiermittel, mit Harz, Jod, Zucker u. a.
6)nbsp; Wenn die Absorption eines Arzneimittels gehin­dert wird oder nicht stattfindet, so entstehen blos ört­liche Wirkungen; z. B. wenn die Gefäfse an der Appli-
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katiousstelle gelähmt, unterbunden, durchschnitten, oder auf eine andere Weise unthatig geworden sind; oder, — wenn die Arzneimittel unlöslich sind, und eben so, wenn sie an den Stellen der Einwirkung mit solchen Stoffen zusammenkommen, mit denen sie unlösliche Verbindungen bilden. So sind z. B. salpetcrsaures Silberoxyd oder essigsaures Bleioxyd in Verbindung mit Eiweisstoff im Wasser unlöslich, und werden daher für sich allein nicht absorbirt.
7)nbsp; nbsp;Manche Arzneimittel bringen in den entfernten Organen ganz dieselben Erscheinungen hervor, welche am Orte der ersten Berührung eintreten, obgleich der letz­tere eine verschiedene Funktion ausübt. So erregen die Canthariden und die arsenige Säure, wenn sie in hinrei­chender Menge äufserlich angewendet werden, erstere in den sämmtlichen Harnwerkzeugen und letztere im Magen ganz ähnliche Reizung, Entzündung und Zerstörung wie an der Anwendungsstelle.
8)nbsp; Nach der Anwendung mancher Arzneimittel und Gifte besitzen die flüssigen und festen Theile des betrof­fenen Thieres dieselbe Wirkungskraft auf andere Thiere, wie jene Mittel selbst, — auch wenn hierbei die ursprüng­lich berührten Theile aufser der Betrachtung bleiben. So wirken oft Abführungs- und Brechmittel,, auch betäubende Mittel und einige Metalle durch die Milch eines Thieres auf andere Thiere (und selbst auf Menschen); der Genufs des Fleisches von Thieren, die durch Arsenik getödtet sind, wirkt auf andere vergiftend u. dgl.
sect;. 11. Aus diesen auffallenden Thatsachen hat man es schon lange erkannt, dafs ein materieller Uebergang der Arznei­stoffe in die Materie des Thierkörpers stattfindet, und dafs hierbei die meisten Stoffe in das Blut gelangen; ob aber die Aufnahme derselben durch die Blutadern selbst und allein, oder durch die Lymphgefäfse allein geschieht? war eine, bis in die neuere Zeit bestrittene Frage geblie­ben, da man sowohl im Venenblute verschiedener Organe,
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als auch in der Lymphe und im Chylus Arzneistoffe ge­funden hat. Eine genaue und unpartheiische Untersuchung zeigt aber, dafs die Absorption weder einseitig von den Blutadern, noch von den Saugadern allein vollführt wird, sondern dafs viele Stoffe von den letztern, die meisten aber von den erstem, und viele von beiden zugleich auf­genommen werden.
sect;. 42. Die Aufsaugung selbst geschieht vorzüglich durch die feinsten Zweige oder Wurzeln der genannten Gefäfse, und sie ist daher immer um so stärker, je reicher ein Theil an feinen Blut- und Saugadern ist, je mehr ober-flachlich dieselben liegen und je gröfser die Berührungs­fläche für die angewendeten Arzneimittel ist. Sie findet überall im Körper statt, wo Venen und Lymphgefäfse bestehen, scheint aber am lebhaftesten an den häutigen Flächen, und zwar vorzüglich an den serösen Häuten, etwas schwächer an den Schleimhäuten, und noch etwas schwächer an der äufsern Haut zu erfolgen. Bei dicken, fetten und vollblütigen Thieren äufsert sie sich schwächer als bei magern, und sie kann durch vorausgegangenes Reiben eines Theiles, durch Beraubung seiner Oberhaut, durch Muskelbewegung, durch magere Diät und durch reichliche oder schnelle Säfteentziehung (Aderlassen, Pur-giren und dergl. sehr befördert werden. — Mit dem Grade der Absorption steht auch mehrentheils der Grad der spezifischen Arzneiwirkung in einem gleichen Ver­hältnisse.
sect; 43, Wenngleich nach dem oben Gesagten die Resorption durch die eigene Thätigkeit der Gefäfse bewirkt wird, so ist sie doch nicht von dieser allein abhängig, sondern sie wird auch: a) von der Beschaffenheit der angewendeten Substanzen, so wie b) von der Beschaffenheit der Theile und der Flüssigkeiten an den Stellen der Einwirkung be­dingt. Als Erfahrungssatz steht hierbei fest: dafs nur auf­lösliche Substanzen resorbirt werden; — und der mate-
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rielle Uebergang der Arzneien erfolgt daher auch um so leichter, schneller und vollständiger, je mehr dieselben an und für sich auflöslich in den thierischen Säften sind, je-mehr sie aufgelöst und flüssig in den Körper gelangen, oder, jemehr sie geeignet sind, mit den an der Einwir­kungstelle vorhandenen Stoffen aufiösliche neue Verbin­dungen zu bilden. Unter entgegengesetzten Umständen findet die Resorption wenig oder gar nicht statt, sondern es entsteht blos eine lokale Einwirkung durch Berührung, worauf zuweilen durch Sympathie eine weitere Umstimmung im Körper erfolgt. — Manche Stoffe werden unverändert resorbirt und wirken deshalb auf alle Gebilde, zu denen sie gelangen, ganz gleichartig, z. B. die Fette; diejenigen Stoffe aber, die bei der ersten Einwirkung chemisch ver­ändert und dann erst resorbirt werden, bringen an den entfernteren Theilen eine andere Wirkung hervor, als am Orte der ersten Einwirkung. — Von manchem Arznei­mittel entstehen mehrfache Zersetzungen und neue Ver­bindungen, je nach den verschiedenen Theilen, mit denen es nach und nach in Berührung kommt. Gelangt ein Mit­tel in die Maulhöhle, in den Magen, den Darmkanal oder auf die Haut, so kommen zunächst die hier abgesonderten Flüsigkeiten, im Magen und Darmkanal auch der ganze Inhalt dieser Organe, und dann erst die Oberflächen der­selben in Betracht; und sowohl mit jenen Flüssigkeiten, als auch mit den organischen Stoffen dieser Letztern, ent­stehen bald lösliche, bald unlösliche Verbindungen. Hier­auf beruhet es wahrscheinlich, dafs einige Arzneimittel, die im Wasser unlöslich sind, z. B. Calomel, Schwefel u. dgl. dennoch resorbirt werden. Auch ist es aus dem­selben Grunde zu erklären: warum manche Mittel an einer Stelle des Körpers mehr resorbirt werden und kräftiger wirken, als an der andern, oder, warum einige Mittel (z. B. die arsenige Säure und der Kupfervitriol) die auf der Haut oder in grofsen Gaben auch innerlich angewendet, neben ihrer spezifischen Wirkung auch eine heftige örtliche Ein­wirkung erzeugen, während die letztern von kleinen Ga-
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ben bei innerlicher Anwendung nicht eintritt. Kleine Quantitäten dieser Mittel werden nämlich durch die Se­krete der Magen- und Darmschleimhaut vollkommen ge­sättiget, so dafs sie dieselbe nicht mehr chemisch angrei­fen, während bei grofsen Gaben die Schleimhaut selbst zu der neuen Verbindung mit dem Medikament beitragen mufs, da das Sekret hierzu nicht hinreichend ist.
sect;• 44. Durch die materielle Aufnahme der Arzneistoffe in die Gefäfse mufs zwar immer zuerst eine Veränderung in der Mischung und Beschaffenheit der Lymphe und des Blutes, und eben so eine veränderte Reaktion der betref­fenden Gefäfse bewirkt werden; allein diese ersten Wir­kungen sind bei sehr vielen Arzneimitteln, und selbst bei solchen, die scharfe Stoffe enthalten, nur ganz unbedeu­tend und wenig bemerkbar. Da aber auf diese Umände­rung der Gefäfsthätigkeit und der thierischen Säfte die Arzneiwirkung niemals beschränkt bleibt, sondern sich hauptsächlich durch Veränderung der Lebensthäthigkeit bald im ganzen Körper, bald in einzelnen Organen und sehr verschiedenartig äufsert, so kann man wohl nicht an­nehmen, dafs die durch die Aufsaugung in den Körper gelangten Arzneistoffe ihre eigentlichen Wirkungen nur durch die mehr oder weniger heterogene Beschaffenheit ih­rer Stoffe im Vergleich zur Blutmasse und zur organischen Materie überhaupt, hervorbringen, sondern es ist vielmehr wahrscheinlich: dafs sie mit den Säften in das Innere der Gebilde gelangen, hier mit den Ausbreitungen der Nerven überall in innige Berührung treten und nun im Verhältnifs der Stärke und Richtung ihrer Kräfte zum Nervensystem ihre spezifischen Wirkungen entwickeln, hierauf aber meh-rentheils durch das eine oder das andere Excretionsorgan weder aus dem Körper entfernt werden. — Haben aber die absorbirten Stoffe keine sehr heterogenen Eigenschaf­ten, besonders in Beziehung zum Nervensystem, so wer­den sie häufig als Mittel für die Bildungsthätigkeit an einzelne Organe abgesetzt, wie dies z. B. bei den meh-
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ligen, schleimigen, eiweisbaltigen, fetten u. a. Mitteln der Fall ist, die als Nahrungsmittel dienen.
sect;. 45.
Dieser ganze Prozefs der Arzneiwirkung durch Ab­sorption u. s. w. Vird bei manchen Mitteln und unter günstigen Umständen sehr schnell, bei andern aber etwas langsamer und auf die Weise vollführt, dafs die aufge­nommenen Stoffe erst mit dem Blute den ganzen Kreislauf, und zwar vielleicht mehrmals, durchgehen müssen, ehe sie auf ein Organ ihre volle Wirkung ausüben und ehe sie wieder entleert werden. So z. B. wird das Terpen­tinöl, wenn es innerlich angewendet oder äufserlich in die Haut eingerieben ist, oft schon nach einer halben Mi­nute zum Theil wieder mit der ausgeathmeten Luft aus­geschieden, wahrend die Aloe erst mit 20 bis 24 Stunden purgirende Wirkungen hervorbringt, und die Färberröthe sich gewöhnlich erst eben so spät in der Milch erkennen läfst. — Bei vielen aufgesogenen Stoffen wird die schnelle Wirkung durch unmittelbaren Eindruck auf die Nerven gleichzeitig vermittelt und dadurch sehr befördert.
sect;. 46.
Aufser diesen beiden Arten, wie die Arzneimittel im Thierkörper zur Wirkung gelangen, hat man auch noch eine dritte Art angenommen, nämlich das Eindringen (diePenetration) der Arzneistoffe durch die Poren der organischen Gebilde.. Ein solches Eindringen und Durchdringen läfst sich allerdings von sehr vielen Stoffen? z. B. von fetten und ätherischen Oelen, von färbenden Stoffen, von Grünspan, von Wasser, Weingeist, von den meisten Gasarten und dergl., in mehreren oberflächlichen Theilen des Körpers, wie in der Haut, in den Schleim­häuten, im Zellgewebe, in hornigen Theilen u. s. w. nach­weisen und auch aus der Porosität des ganzen Körpers erklären. Allein, die physiologische Untersuchung dieses Vorganges zeigt, dafs derselbe a) in keiner lebendigen Thätigkeit besteht, sondern nur in einer örtlichen, rein physischen (mechanischen und chemischen) Einwirkung,
die
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die auch ganz auf dieselbe Weise am todten Thierkörper erfolgt, wie dies das Durchschwitzen der Galle durch die Haute der Gallenblase, die Todtenflecke u. s. w, zeigen; und 6) dafs vermittelst des Eindringens der Arzneistoffe durch die Poren eine vollständige Wirkung nicht vermit­telt wird, sondern dafs die in's Zellgewebe u. s. w. ge­kommenen Mittel immer erst entweder mit den Enden der Nerven in Berührung treten oder von den Gefäfsen ab-sorbirt werden müssen, um zur vollkommenen Wirkung zu gelangen. — Doch ist es gewifs, dafs durch das Ein­dringen der Arzneistoffe durch die Haut u. s. w. nicht nur die Resorption sehr erleichtert und befördert wird, sondern dafs auch viele örtliche, und eben so manche sympathische Heilwirkungen hierdurch erzeugt werden, z. B. durch Anwendung fettiger und schleimiger Mittel bei trocke­nen, sehr gespannten Oberflächen entzündeter Theile.
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III. Von den verschiedenen Wirtungen der Arzneimittel.
Die Wirkung einer Arznei beginnt mit dem Moment
und an dem Orte, wo ihre Kraft mit dem Organismus
in Berührung und mit seinen Kräften in Wechselwirkung
tritt, verbreitet sich aber dann auf verschiedene Weise
und im verschiedenen Grade über andere Organe (sect;. 32,
39 — 46.), so dafs zuletzt wohl der ganze Organismus
i an diesen Wirkungen Theil nimmt. Die Totalwirkung
besteht daher aus einer bald gröfsern bald kleinern Reihe
von Veränderungen in der Beschaffenheit und Mischung
der Materie und in der Lebensthätigkeit (sect;. 35.), welche
1 man theils A. nach den Kräften, durch welche sie erzeugt
i werden, theils B. nach der Art und nach dem Verhältnifs
i der Reihefolge, wie sie hervortreten, theils aber C. nach
1 den äufsern Erscheinungen sehr verschiedentlich als be-
i sondere Wirkungen bezeichnet.
sect;. 48. A. Es ist bereits erörtert worden, dafs man die Wir-
Hertirig \nneimiUeIIeTire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;u
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kungen der Arzneimittel nach den Kräften derselben als dynamische (sect;.29.) und als spezifische (sect;.30 — 32.) betrachtet. Hinsichtlich der letztern ist aber hier noch zu bemerken, dafs viele Arzneimittel mit ihrer eigenthüm-lichen Beziehung zu bestimmten Systemen oder Organen auch zugleich besondere heilsame Beziehungen zu einzelnen Krankheiten zeigen, und dafs man in der praktischen Heilkunde gewöhnlich nur in diesem letztern Sinne von spezifischen Wirkungen und von spezifischen Mitteln spricht. Ein spezifisches Mittel (Spezifikum) ist hiernach dasjenige, welches gegen eine Krankheit sichere Hülfe verschafft, und dem kein anderes in dieser Hinsicht gleichzustellen ist. So ist z. B. die Salzsäure als ein Spe­zifikum gegen die Rinderpest, die Wurzel und das Kraut der Tollkirsche gegen die Hundswuth, der Schwefel ge­gen Rotz und Wurm gerühmt worden. — Dafs manche Mittel solche spezifische Wirkungen gegen gewisse Krank­heiten äufsern, ist gewifs, und aus der spezifischen Rich­tung der Arzneikraft auf gewisse Systeme oder Organe, in denen diese Krankheiten eben ihren Sitz haben, ist diese Wirkung auch erklärlich. Da jedoch die Arznei­mittel keine absolute Heilkraft besitzen (sect;. 36.), und da jeder einzelne Krankheitsfall durch die Individualität des kranken Thieres, durch das Stadium, den Grad der Krank­heit u. s. w. Eigenthümlichkeiten erhält, die ihn von an-, deren ähnlichen Fällen verschieden machen; so ergiebt sich, dafs selbst bei den gerühmtesten spezifischen Mit­teln die Heilwirkung niemals ganz sicher sein kann, wenn man dieselben ohne Unterschied für alle Krankheiten der­selben Art benutzt. Ein solches Heilverfahren ist ge­meine Empirie, so wie überhaupt die letztere mehrentheils die Mutter und die Stütze der spezifischen Heilmittel ist.
sect;• 49. B. Nach der Art und nach der Zeitfolge, wie die einzelnen Wirkungen nach der Anwendung der Arznei­mittel hervortreten, unterscheidet man sie in primäre und sekundäre, in örtliche und allgemeine, in con-
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sensuelle und antagonistische und in direkte und indirekte.
I sect;. 50. Die primären (oder ersten) Wirkungen entstehen unmittelbar aus der Wechselwirkung der Arzneikraft mit der Lebenskraft, und ihre Erscheinungen treten fast im­mer an dem Orte, an welchem die Einwirkung des Mit­tels stattgefunden hat, zuerst auf, sind aber nicht immer auf das zuerst berührte Organ beschränkt, sondern die ^ Kraft der Arznei greift bei dem weitern dynamischen oder materiellen Uebergange des Mittels weiter um sich und erlangt dabei einen verschiedenen Grad der Ausdehnimg und der Stärke, je nachdem seine Beschaffeuheit und Menge, und das Verhältnifs des Organs der Aufnahme und des ganzen Organismus dies gestatten (sect;. 26. 39. 43.). Die primären Wirkungen sind daher wohl zum grofsen Theil durch die Einwirkung bedingt, doch aber nicht mit ihr zu verwechseln, da die letztere nur von der Art der
S Kräfte der Arzneimittel und von der Art und dem Orte ihrer Anwendung abhängig ist.
Man kann die primären Wirkungen einer Arznei so weit annehmen, als sich im Wesentlichen dieselben Er­scheinungen wie am Orte ihrer ersten Einwirkung wahr-1 nehmen lassen; z. B. die Zufälle von Reizung nach der Anwendung des Weingeistes; — die Erschlaffung und Reizmilderung nach Einwirkung der schleimigen und fet­ten Mittel.
Bei den meisten Arzneimitteln erscheint die primäre Wirkung (abgesehen von der mechanischen oder chemi­schen Einwirkung auf die Materie des Körpers) in einer mit örtlicher Reizung verbundenen Umstimmung der Le-bensthätigkeit zu bestehen, welche durch die Arzneikraft in eigenthümlicher Art hervorgeru­fen und durch die Sensibilität und Irritabilität vermittelt wird. Ausnahmen hiervon sind nur bei den sogenannten indifferenten Mitteln, z. B. bei den schleimigen, bei der Gallerte, dem Eiweis und dergl. mit
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einigem Grunde zu machen, da bei ihrer Anwendung eine Rei­zung nur sehr undeutlich oder gar nicht wahrzunehmen ist.
Die primären Wirkungen erfolgen sicherer und gleich­artiger als die sekundären und sind für die Heilung von grofser Wichtigkeit, aber bis jetzt weder hinreichend be­kannt noch gehörig beachtet.
sect;. 51.
Als secundäre Wirkungen (Folge- oder Nachwir­kungen) betrachtet man diejenigen, welche ohne fortdauern­des Mitwirken der Arzneikraft, sondern nur durch die bei den primären Wirkungen bereits veränderte Lebensthatig-keit hervorgehen. Sie treten daher zwar immer erst nach den primären Wirkungen auf und sind durch diese be­dingt, stehen aber mit ihnen mehrentheils weder in der Art noch in der Stärke und Ausbreitung in einem glei­chen Verhältnifs. Bei den Mitteln, welche vorherrschend auf das Nervensystem wirken, wie die flüchtigen Reiz­mittel, viele betäubende Mittel und dergl., findet man ge­wöhnlich den Grad der sekundären Wirkung verhältnifs-mäfsig zu dem der primären, aber die Art (der Charakter) der Lebensthätigkeit ist bei beiden ganz entgegengesetzt, nämlich bei der primären (im Allgemeinen und ohne Rück­sicht auf die spezifische Weise der einzelnen Mittel) er­höhet, bei der-laquo;ecundären herabgestimmt. Man kann da­her bei diesen Mitteln als Grundsatz annehmen: dafs, je gröfser die Erregung bei der primären Wirkung ist, desto gröfser ist auch die nachfolgende Er­schöpfung der Lebensthätigkeit. Bei vielen andern Mitteln (z. B. bei den bittern, den zusammenziehenden) läfst sich dieses nicht in derselben Art behaupten, sondern der Charakter ihrer secundären Wirkungen ist dem der primären ähnlich. In der Ausbreitung über andere Or­gane sind die secundären Wirkungen fast ohne Aus­nahme gröfser als die primären, und eben deshalb sind auch ihre Erscheinungen mehrentheils mannigfaltiger und auffallender als die der letztern. Die secundären Wirkun: gen fehlen niemals; da sie aber sehr viel von den con-
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sensuellen Verhältnissen des zuerst berührten Organs, von der Stimmung des ganzen Körpers u. s. w. abhängig sind, so erscheinen sie nicht immer so sicher wie die primären. Dennoch aber sind sie zur Vermittelung des Hciiprozesses von wesentlichem Nutzen, und die therapeutischen Indi­kationen sind bisher fast allein auf sie gerichtet gewesen. (Z. B. die primäre Wirkung des Opiums ist eine Auf­regung der Thätigkeit in den Verdauungseingeweiden, desgl. im Gefäfssystem, im Gehirn und den Sinnesorganen, da­her Vermehrung des Appetits, Verbesserung der Verdauung, verstärkte Resorption der Flüssigkeiten im Darmkanal, Hei­lung des Durchfalls u. s. w.; die sekundäre Wirkung dessel­ben ist eine eigenthümliche Herabstimmung aller Funktionen des Gehirns und des Nervensystems, besonders Verminde­rung der Sensibilität, daher Milderung der Schmerzen u. s. w.)
sect;. 52. Die örtlichen Wirkungen sollen, nach der gewöhn­lichen Ansicht hierüber, blos auf den Ort der Anwen­dung eines Arzneimittels beschränkt sein, und man glaubt besonders, dafs viele Mittel bei der äufserlichen Anwen­dung solche beschränkte Wirkungen zeigen; — als all­gemeine Wirkungen betrachtet man dagegen diejenigen, durch welche die Verrichtungen eines ganzen Systems oder des ganzen Körpers verändert werden, und die also eine weite Ausbreitung erreichen. Jene Ansicht von den örtlichen Wirkungen ist aber der Erfahrung und allen richtigen physiologischen Begriffen über den thierischen Organismus, und besonders über die Einheit der Lebens­kraft und über den innigen Zusammenhang aller Organe und ihrer Funktionen, ganz zuwider; denn wenn auch oft die Erscheinungen der örtlichen Einwirkung und der hier­durch unmittelbar erzeugten Reaktionen am meisten sicht­bar sind, so bestehen sie doch niemals allein, und sie dürfen daher immer nur als ein Theil der ganzen Wir­kung betrachtet werden. — In der neueren Zeit hat man auch zuweilen die spezifischen Wirkungen mancher Mittel auf bestimmte Organe als örtliche Wirkungen bezeichnet,
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jedoch ebenfalls nicht ganz richtig, da die spezifischen Wirkungen gerade den Beweis geben, dafs die Arznei­kraft in den ganzen Körper übergegangen und daher die quot;Wirkung um so mehr eine allgemeine ist. — Nur von einer örtlichen Einwirkung läfst sich sprechen, und zwar besonders bei solchen Mitteln, die nicht resorbirt werden können (sect;. 40. No. ö. sect;. 43.).
sect;• 53.
Bei der Ausbreitung der Arzneiwirkung im Orga­nismus wird die Funktion mancher Organe auch auf con sensuelle und antagonistische Weise ergriffen, und es entstehen hierdurch die consensuellen und an­tagonistischen Wirkungen. Die erstem stimmen in der Art der Erscheinungen stets mit den primären Wir­kungen überein und werden deshalb auch oft zu diesen gerechnet; die letztern aber sind immer von entgegenge­setzter Art. Beide setzen eine veränderte Thätigkeit in andern Organen voraus, und beide können in jedem Or­gane, doch niemals gleichzeitig, hervorgerufen werden; denn ihr Entstehen ist nur von der Stimmung und von dem Verhältnifs des Organs der Aufnahme zu den übrigen Organen und von der Art der örthehen Erregung durch die Kraft der Arznei abhängig.
sect;- 54.
Mit den bisher erläuterten verschiedenen Wirkungen, namentlich mit den primären und seeundären, ist der Be­griff von direkter (unmittelbarer) und indirekter (mit­telbarer) Wirkung verwandt. Bei der direkten Wirkung wird die Funktion und der Zustand eines Organs durch das angewendete Arzneimittel gradezu auf eine gewisse Weise verändert; bei der indirekten aber wird immer zu­erst entweder eine andere Art von Thätigkeit hervorge­rufen, oder es wird die Verrichtung anderer Organe um­geändert, ehe die beabsichtigte Heilwirkung auf das kranke Organ erfolgt. (So kann z. B. zu starke Absonderung im Darmkanal aus Schwäche der absondernden Gefäfse uncl der Schleimhaut überhaupt, direkt durch bittere und
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zusammenziehende Arzneimittel, — indirekt durch innere oder äufsere Anwendung der urintreibenden Mittel geheilt werden, und zwar, indem die erstem auf die erschlaffte Schleimhaut selbst einwirken, ihr mehr Tonus geben, ihre Gefafse verengern, und hierdurch die Absonderung ver­mindern; die letztem aber, indem sie in das Blut über­gehen, in den Nieren eine vermehrte Absonderung, und hierdurch antagonistisch und sekundär eine verminderte Absonderung im üarmkanal verursachen.)
sect;. 55.
C. Die gröfste Verschiedenheit zwischen den Wirkun­gen wird durch die äufsern Erscheinungen dersel­ben und durch ihre nächsten Beziehungen zum kranken Organismus bedingt, und man unterschei­det hiernach vorzüglich: a) eine erregende oder rei­zende, — b) eine erhitzende, — c) eine kühlende, — d) eine betäubende, — e) eine krampfstillende, — /) eine beruhigende, schmerzstillende, — g) eine Nißsen erre­gende, — h) eine Speichelflufs erregende, — i) eine Aus­wurf befördernde, — k) eine Ekel und- Erbrechen er­regende, — /) eine abführende, — m) eine wurmtrei­bende, — n) eine blähungtreibende, — o) eme urintrei­bende, — p) eine schweifstreibende, — q) eine zusammen­ziehende,— r) eine stärkende,— 5)eine schwächende,— t) eine erschlaffende, erweichende, -^ u) eine zerthei-lende, — raquo;) eine entzündungswidrige, — w) eine Eite-rung befördernde, — x) eine fäulnifswidrige, — y) eine säurewidrige, — z) eine steintreibende, — aa) eine scharfe, blasenziehende, — bb) eine ätzende Wirkung.
Diese Wirkungen entstehen bald primär, bald se­kundär u. s.w., und nach ihnen werden gewöhnlich auch diejenigen Arzneimittel, durch deren Kräfte sie am sicher­sten erzeugt werden, auf dieselbe Weise wie die Wir­kungen selbst bezeichnet; obgleich dies bei vielen Mit­teln sehr wenig gründlich geschiehet
sect;. 56.
a) Eine erregende oder reizende Wirkung ist
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zwar nach der Anwendung der meisten Arzneiinitttel auf den lebenden Körper, wenigstens bei. den primären Wir­kungen wahrzunehmen, und man könnte daher im weite­sten Sinne fast jedes Arzneimittel ein erregendes oder reizendes Mittel nennen; allein im engern und ge­wöhnlichen Sinne versteht man hierunter nur solche Mit­tel, welche die Lebensthätigkeit sehr schnell im ganzen Körper zu einem höhern Grade aufregen und die Ver­richtungen aller Organe, besonders aber die des Gehirns und des Nervensystems lebhafter machen.
Diese Wirkung erfolgt bei manchen Arzneimitteln aufs erordentlich schnell, ist aber nur von kurzer Dauer, während sie bei andern etwas langsamer eintritt und durch längere Zeit besteht. Man nennt hiernach die cr-steren flüchtige, die letzteren aber anhaltende, per­manente oder fixe Reizmittel. Zu jenen gehören z. B. die verschiedenen Aether, der Weingeist, die soge­nannten versüfsten Säuren, Kampher, Hirschhornsalz, Sal­miakgeist, viele freie ätherische Oele, Pfeffermünzkraut und dergl.; zu den fixen Reizmitteln werden dagegen alle Mittel aus dem Pflanzenreiche gerechnet, welche ätheri­sches Oel oder einen andern flüchtigen Stoff in Verbin­dung mit Bitterstoff, mit adstringirendem Prinzip und dergl. enthalten, wie z. B. die Angelikawurzel, die Baldrian­wurzel, Kalmuswurzel, Wolverleiblumen, Kamillenblumen und dergl.
. Die Erscheinungen, welche mit den Wirkungen die­ser Mittel im Allgemeinen verbunden sind, sind bei de­ren innerlicher Anwendung: vermehrte Thatigkeit des Ma­gens und Darmkanals, verstärkter Appetit, verstärkte wurm-förmige Bewegung mit vermehrter Resorptionskraft und mit dünnflüssigerer Absonderung der Darmsäfte, — leb­haftere Sinnesthätigkeit, erhöhete Contractilität des Her­zens, häufigerer Puls, freiere Sekretionen und dergl. — Aufser diesen allgemeinen Erscheinungen zeigt jedes ein­zelne hierher gehörige Mittel nach seiner Eigenthümlich-keit auch noch andere, zum Theil spezifische Wirkungen,
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und nach Verhaltnifs des Krankheitszustandes können sie bald blos erregende, bald erhitzende, krampfstillende, zer-theilende, stärkende u. a. Wirkungen veranlassen.
Die flüchtigen Reizmittel regen blos die Lebonsthä-tigkeit auf und sind für sich allein nicht im Stande, den Körper wirklich zu stärken; es wird im Gegentheil bei dieser Aufregung ein Theil seiner Kräfte verzehrt, und sie hinterlassen daher als Kachwirkung gewöhnlich eine verhältnifsmäfsige Mattigkeit. Die fixen Reizmittel können dagegen den Körper wirklich und mehr anhaltend stärken.
sect;. 57.
b) Die Annahme einer erhitzenden Wirkung grün­det sich auf die Beobachtung, dafs nach der Anwendung mancher Arzneimittel die Wärme des Thierkörpers be­deutend erhöhet wird. Der Erzeugungsprozefs der thie-rischen Wärme ist zwar bis jetzt noch nicht gründlich erforscht, aber die hierüber gemachten Versuche und Be­obachtungen lehren doch, dafs er nicht selbstständig be­steht und nicht von einem einzelnen System oder Organ vermittelt wird; sondern dafs die Wärme das Produkt al­ler organischen Funktionen, aber namentlich von der Thä-tigkeit des ganzen ßlutgefäfssystems und des Gehirns, von der Respiration, der Verdauung, Ernährung und Muskel­bewegung abhängig ist, und dafs ihre Entwickelung um so stärker geschieht, je lebhafter oder mit je gröfserer Anstrengung die organischen Verrichtungen von Statten gehen. (Im kranken Zustande wird die Wärme auch wohl noch auf andere Weise, besonders aber bei typhösen Krankheiten durch beginnende Zersetzung der Säfte, ver-#9632; mehrt).
Die Arzneimittel, welche eine allgemeine' erhitzende Wirkung veranlassen, müssen also die Lebensthätigkeit in allen Organen gleichmäfsig erhöhen, was aber von keinem einzelnen Mittel vollständig geschehen kann. Am meisten noch entsprechen dieser Bedingung die im vorigen sect;. bereits genannten Reizmittel, vorzüglich die terpentin­artigen ätherischen Oele, eben so die Harze, Gummiharze,
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die Balsame, das Opium, mehrere scharfe und adstringi-rende Stoffe, auch der Schwefel und das Eisen. Aufser-dem wird auch die Wärmeentwickelung sehr befördert durch reichliche, kräftige Nahrung, durch das Einathmen einer sauerstoffreichen Luft, durch anstrengende Bewegung, Frottiren des Körpers, warmes Bedecken und Mittheilung künstlich erzeugter äufscrer Wärme.
Die Erscheinungen der erhitzenden Wirkungen sind denen der reizenden sehr ähnlich, jedoch heftiger auf das Blutgefäfssystem gerichtet als bei diesen, und im höhern Grade der Wirkung nähern sie sich selbst den Erschei­nungen der Entzündung: die Thätigkeit in den Verdauungs-eingeweiden wird vermehrt, die Arterien werden voller, ihre Pulse schneller und kräftiger, die Venen der Haut füllen sich stärker mit Blut und werden sichtbarer, und die Schleimhaut in der Nase, am Maul u. s. w. wird rö-ther, die ausgeathmete Luft ist wärmer, das Innere des Mauls und die aufsere Haut desgleichen, der Durst ist vermehrt, zuletzt zeigt sich Schweifs u. s. W.; — beim Menschen ist hierbei noch ein subjektives Gefühl von innerlich und äufserlich vermehrter Wärme zugegen, und gewifs haben die Thiere unter diesen Umständen dieselbe Empfindung. Auch wird bei diesen Wirkungen immer die Beschaffenheit des Blutes geändert, und namentlich wird dasselbe mehr geröthet, mehr expandirt und zur Entzün­dung geneigt. Ob diese Umänderung durch unmittelbare Einwirkung auf die Blutkügelchen oder durch einen Reiz auf die Fasern des Herzens und der Gefäfse erfolgt, ist nicht mit völliger Sicherheit zu entscheiden: wahrschein­lich aber ist es, dafs die Wirkung auf beide Theile zu­gleich stattfindet.
sect;. 58.
c) Der erhitzenden Wirkung steht die kühlende, welche sich durch Verminderung der Temperatur aus­spricht, entgegen, und es finden daher auch bei ihrer Er­zeugung entgegengesetzte Bedingungen statt. Da nämlich die Wärmeerzeugung von der organischen Thätigkeit und
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unter gewissen Umständen im kranken Zustande auch wohl von einer beginnenden Zersetzung der organischen Ma­terie, besonders der Säfte abhängig ist, so kann ihre Ver­minderung in dem erstem Falle nur durch Herabstim­mung des krankhaft aufgeregten Lebensprozesses (z. B. bei Congestionen, bei Entzündungen), — im letztern Falle dagegen (z. B. bei Faul- und Nervenfiebern), durch qua-Utative Ümstimmung desselben, besonders durch Beseiti­gung der Mifsverhältnisse zwischen der Nerven- und Ge-fäfsthätigkeit, durch Verbesserung der Mischung des Bluts u. s. w. erreicht werden.
Hieraus ergiebt sich, dafs die kühlende Wirkung nicht stets so gleichartig ist, wie die erhitzende, und dafs eben so die Mittel (kühlende Mittel, Refrigerantia), welche bei verschiedenartigen pathologischen Zuständen diese Wir­kung erzeugen, von verschiedener Qualität sein müssen. Bei dem blos oder hauptsächlich quantitativ verstärkten Lebensprozefs, besonders im Blutgefäfssystem, wirken* die meisten Neutral- und Mittelsalze (z. B. Salpeter, Glauber­salz, Doppelsalz, Weinstein, Bittersalz) und die Pflanzen­säuren als kühlende Arzneimittel, und aufserdem wird durch Blutentziehung, durch strenge, magere Diät, durch Ruhe und durch Anwendung der äufsern Kälte (der kal­ten Luft, des kalten Wassers, des Eises u. s. w.) eine kühlende Wirkung hervorgebracht; dagegen sind bei Faul- und Nervenfiebern sehr häufig nur die flüchti­gen und fixen Reizmittel, die Mineralsäuren und die ad-stringirenden Mittel im Stande, die brennende Hitze zu mindern.
Die Mittel der letztem Art wirken zuerst immer er­regend und zusammenziehend, und die überraäfsige Wär­meentbindung wird erst dadurch beschränkt, dafs die in einzelnen Organen gesunkene und unregelmäfsige Lebens-thätigkeit im ganzen Körper auf einen gleichmäfsigen Grad erhöhet und dadurch die weitere Zersetzung der Säfte gehindert wird. Die Erscheinungen der Wirkung sind diesen Verhältnissen entsprechend. — Ganz anders ist
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es bei den kühlenden Salzen und den vegetabilischen Säu­ren. Diese müssen zwar an der Stelle der Anwendung und Berührung auch zuerst eine Reizung erzeugen; die­selbe ist aber so gering und so eigenthümlich, dafs sie als bethätigende Reizung fast gar nicht auf das Gefäfs-und Nervensystem fortgepflanzt wird. Dagegen entsteht aber schon örtlich durch die Auflösung der Salze eine kühlende Wirkung, indem den naheliegenden organischen Gebilden Wärme entzogen wird. Aufserdem gehen Salze und Säuren (wenn auch etwas verändert) in das Blut über, machen dasselbe dünnflüssiger, mindern seinen Ge­halt an Faserstoff und hierdurch auch seine Neigung zu gerinnen, machen die Pulse schwächer, weicher, die Schleim­haut in der Nase und im Maul blasser, die innere und äufsere Temperatur geringer, und alle Absonderungen reichlicher, den Dannkoth lockerer oder weicher, den ab­gesonderten Schleim zäher u. s. w. — Diesen Erschei­nungen sind die nach Blutentziehungen, bei fortgesetzter strenger Diät und dergl. sehr ähnlich.
Gewöhnlieh pflegt man nur die zuletzt betrachteten Mittel als kühlende zu bezeichnen. Dieselben können in anderer Beziehung zugleich als schwächende und entzündungswidrige Mittel betrachtet werden.
sect;• 59.
d) Die betäubende (narkotische) Wirkung (Nar­cosis) besteht in einer Herabstynmung der Nervenkraft, besonders der Sensibilität, und äufsert sich nach dem Grade, nach der Ausbreitung und nach der Art oder dem Charakter sehr verschieden. Hinsichtlich des Grades be­merkt man sie von der leichtesten Verminderung des Ge­fühls bis zur gänzlichen Betäubung der Empfindlichkeit, des Rückwirkungsvermögens (Lähmung) und des thieri-schen Bewufstseins (narkotischer Schlaf). Die geringeren Grade dieser Wirkung sind an gesunden Thieren oft kaum wahrnehmbar, an kranken aber doch mehrentheils sehr deutlich zu bemerken und oft heilsam, indem sie die krank­haft aufgeregte Empfindlichkeit mindern, Krämpfe und
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Schmerzen stillen u. s. w. Die höhern und höchsten Grade sind dagegen immer sehr auffallend, werden aber nur sel­ten zu Heilzwecken benutzt, weil sie in einer wirklichen Vergiftung bestehen und sehr gefährlich sind. — Hin­sichtlich der Ausbreitung zeigt sich die betäubende Wir­kung bei manchen narkotischen Mitteln am ganzen Ner­vensystem ziemlich gleichmäfsig, bei andern aber vorherr­schend auf das Gehirn, auf einzelne Theile des Gehirns, auf einzelne Sinnesnerven, auf das Rückenmark, auf die Ganglien-nerven u. s.w. beschränkt: — und hinsichtlich der Art er­scheint sie fast bei jedem einzelnen narkotischen Mittel eigentkümlich, namentlich aber bei einigen Mitteln mit gleichzeitiger Aufregung, bei andern mit Herabstimmung der Gefäfsthätigkeit; einzelne verursachen kaum eine Spur von örtlicher Einwirkung, während andere starke Blutan­häufung, oder sogar Entzündung in verschiedenen Orga­nen, so wie Veränderungen im Blute, in den Se- und Ex-kretionen erzeugen, u. s. w. — Die Erscheinungen sind daher bei den einzelnen Mitteln sehr abweichend von ein­ander. (Siehe: spezielle Arzneiwirkungslehre, die VII. Klasse.)
sect;. 60. e) Eine krampfstillende (antispasmodische oder antispastische) Wirkung zeigen die Arzneimittel, welche die unwillkührliche, zu starke und gewöhnlich auch schmerz­hafte Zusammenziehung (den Krampf) in den Weichge­bilden aufheben. Dieser abnorme Zustand beruhet zu­nächst zwar immer in dem eigenen Zusammenziehungsver-mögen (in der Contraktilität oder Tonizitat) der Weich­gebilde, wird aber durch sehr verschiedene Ursachen her­vorgerufen, und zeigt aufserdem noch verschiedenartige Verhältnisse. Denn bald ist dabei die Irritabilität, bald die Sensibilität gegenseitig zu sehr erhöhet oder auch zu gering; oder die letztere ist qualitativ verändert; und fast immer sind ungewöhnliche, zu heftige oder eigenthümlich reizende, oder das Blut und die übrigen Säfte plötzlich verändernde Einflüsse bei der Entstehung der Krämpfe im
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Spiele. Bei der Heilung der Letzteren müssen daher jene abnorme Verhältnisse der Irritabilität und Sensi-bilität (des Blutes und der Nerven) und zugleich die veranlassenden Ursachen des Krampfes beseitiget wer­den , und die krampfstillende Wirkung der Heilmittel kann daher entweder in der blofsen Ausleerung schar­fer reizender Stoffe, (z. B. der Eingeweidewürmer, des unverdaulichen, gährenden Futters, der Blähungen) durch Brechmittel und Abführungsmittel, — oder in der Ein­hüllung solcher Stoffe durch Schleim, fettes Oel und dergl., — oder in Verminderung der zu starken entzünd­lichen Reizbarkeit und der Congestionen durch Aderlas­sen, kühlende Salze, strenge Diät, — oder in Herabstim­mung der zu grofsen Empfindlichkeit durch betäubende, schleimige, fette Mittel, — oder in Aufregung der Ner­venkraft durch reizende und erhitzende Mittel bestehen.
Es ergiebt sich hieraus, dafs der Begriff der krampf­stillenden Mittel (Antispastica, Antispasmodica) sehr aus­gedehnt und vieldeutig ist, obgleich man im engern Sinne gewöhnlich nur die flüchtig erregenden und die betäuben­den Mittel als krampfstillende betrachtet.
sect;. 61.
f) Durch die beruhigende, besänftigende, schmerzstillende Wirkung soll die ängstliche Unruhe und die übermäfsig bis zum Schmerz aufgeregte Sensibi­lität beseitiget werden. Da aber der Schmerz, ähnlich wie der Krampf, durch verschiedene Ursachen entstehen und in verschiedenen pathologischen Verhältnissen begrün­det sein kann, so mufs auch die schmerzstillende Wir­kung nach diesen Verschiedenheiten modifizirt sein, und entweder 1) in einer örtlichen Verminderung der zu sehr gesteigerten Empfindlichkeit des Theils selbst, in welchem der Schmerz seinen Sitz hat, — oder 2) in einer allge­meinen Betäubung der ganzen Sensibilität, so dafs die schmerzhaften Erregungen nicht mehr im Gehirn empfun­den werden, — oder 3) in der Heilung des Krampfes oder der Entzündung, — oder auch 4) in der Beseitigung
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mechanischer Störungen (fremder Körper, Knochensplitter, Frakturen und Luxationen, Eiteransammlungen, unvollstän­dige Trennungen in Nerven u. dgl.) bestehen.
Die hierzu dienenden Mittel (Sedativa) sind im er­sten Falle betäubende und schleimige Pflanzenstoffe als Breiumschläge nnd Bähungen applicirt; im zweiten Falle die betäubenden Mittel innerlich angewendet; — im drit­ten Falle die verschiedenen, im vorigen sect;. bezeichne­ten, so wie die kühlenden und die entzündungswidrigen Mittel; — und im vierten Falle ist mehrentheils nur auf chirurgische Weise das Aufhören des Schmerzes zu be­wirken. Die Erscheinungen bei der schmerzstillenden Wirkung können daher wieder sehr abweichend von ein­ander sein.
sect;• 62.
g) Bei der Niesen erregenden Wirkung entsteht in der Schleimhaut der Nase, und consensuell auch in der Luftröhre und ihren Verzweigungen, in der Lunge, im Zwerchfell und in den Brust- und Bauchmuskeln eine solche Reizung, dafs ein heftiges, schnelles und kurzes Ausathmen durch die Nase, oft mit Austreibung von Schleim, Eiter oder andern fremden Körpern, welche in der Nasenhöhle, in den Vorderkiefer- und Stirnhöhlen ihren Sitz haben (z. B. Oestruslarven), erfolgt. Auch wird dabei ein stärkerer Zuflufs des Blutes zum Kopfe, eine Erschütterung der sämmtlichen Brust- und Bauchein-geweide, vermehrte Absonderung des Schleims in der Nase u. s. w. erregt und dadurch zuweilen eine heilsame Aufregung im ganzen Körper hervorgerufen. Alle diese Erscheinungen werden durch den grofsen sympathischen Nerven vermittelt, und sie können fast durch alle scharfe Stoffe, wenn dieselben als feines Pulver in die Nase ge­langen (auch durch scharfe Dämpfe, durch mechanische Reizung der Nasenschleimhaut u. s. w.), erzeugt werden. Doch benutzt man am gewöhnlichsten als sogenannte Niese- oder Brausemittel (Sternutatoria) nur scharfe Pflanzen, wie z. B. Taback, schwarze und weifse Niese-
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würz, Senf, Salbei, Pfeffer, Euphorbium und dergl. Die Anwendung dieser Mittel ist nur selten nöthig.
sect;. 63.
h) Die Speichel oder Speichelflufs erregende Wirkung zeigt sich in einer vermehrten Absonderung des Speichels, welche zuweilen so bedeutend wird, dafs die Thierc den sämmtlichen abgesonderten Speichel nicht ver­schlucken können, sondern denselben zum Theil aus dem Maule hcrausfliefsen lassen (Speichelflufs). Diese Wir­kung entsteht immer durch eine Reizung der Speichel­drüsen, welche entweder auf spezifische Weise durch das Quecksilber, oder blos consensuell durch Reizung der Schleimhaut des Mauls, des Magens und Dannkanals her­vorgerufen wird. Im letztern Falle können alle reizende und scharfe Stoffe, welche die Schleimhaut des Mauls nur etwas anhaltend berühren, die Absonderung des Speichels vermehren, M7ie namentlich die meisten Salze, die ätheri­schen Oele, Pfeffer, Ingwer, Zimmt, Taback, Bertramwur­zel, Pimpinellwurzel, der stinkende Asand und dergl., und diese Mittel nebst dem Quecksilber wurden daher als Speichel erregende Mittel (Salivantia) bezeichnet. Wenn nun auch das Quecksilber bei unsern Hausthieren nicht in dem Grade diese Wirkung zeigt wie bei dem Menschen, so ist sie doch oft genug deutlich zu erkennen, besonders beim Hunde: allein der Speichelflufs erscheint überhaupt bei Thieren nicht so deutlich, weil sie nicht ausspucken können, und deshalb beständig mit der Zunge den ausfliefsenden Speichel von den Lippen ablecken und ihn verschlucken. Dagegen ist eine Art Speichelflufs bei manchen Krankheiten, namentlich bei denen das Schlingen gehindert ist, z. B. bei Bräune, beim Starrkrampf, bei der stillen WTuth, bei fremden Körpern im Schlünde, und bei Verletzungen im Maule zugegen.
Die genannten Speichel erregenden Mittel wurden ehedem auch als Kauinittel bezeichnet, weil man sie den Pferden sehr häufig an das Gebifs befestigte, um so ihre Einwirkung auf das Maul desto langer zu unter-
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halten und, wie man glaubte, den Appetit zu verbessern und ansteckende Krankheiten abzuhalten. Sie werden jetzt fast gar nicht mehr benutzt.
sect;. 64. i) Die Auswurf befördernde Wirkung bezieht sich auf die, durch Medikamente veranlafste, erleichterte und verstärkte Entleerung von Schleim, Eiter und aus­geschwitztem Faserstoff (zuweilen auch von Würmern) aus den Respirationsorganon. Diese Entleerung der ge­nannten Stoffe, welche man im Allgemeinen als Lungen­auswurf bezeichnet, wird gewohnlich unter den Er­scheinungen des Hustens bewirkt, mufs aber in den ein­zelnen Krankheitsfällen auf sehr verschiedene Weise ver­mittelt werden, da die pathologischen Zustände, bei wel­chen die Entleerung nöthig ist, sehr wesentlich von ein­ander verschieden sind. Denn zuweilen ist dabei 1) ein zu hoher Grad von entzündlicher Reizbarkeit, 2) in an­dern Fällen zu grofse Empfindlichkeit und krampfhafte Zusammenziehung, 3) in noch andern Fällen zu geringe Empfindlichkeit, Reizlosigkeit, Schwäche und Unthätigkeit in der Schleimhaut des Kehlkopfes, der Luftröhre und ihrer Zweige und in der Lunge zugegen, und oft ist i) zu dicke Consistenz und zu grofse Zähigkeit der Aus­wurfsmaterie als Hinderuifs ihrer Entleerung zu betrach­ten. — Bei dem ersten Zustande wird der Auswurf durch Salze, namentlich durch Salpeter, Weinstein, Ca­lomel, Brechweinstein, Salmiak, durch schleimige Ge­tränke, durch Dünste von lauwarmen Wasser, und im hohen Grade des üebels selbst durch einen Aderlafs be­fördert. — Bei dem zweiten Zustande passen zu diesem Zwecke gleichfalls schleimige Mittel, lauwarm in flüssi­ger Form angewendet^ lauwarme Dämpfe von Wasser eingeathmet, äufserlich angewendete Reizmittel, vorzüg­lich aber narkotische Mittel (Bilsenkraut, Blausäure, Opium und dergl.), und eben so die süfsen Stoffe (Zucker, Ho­nig, Süfsholzwurzel, Mohrrüben). — Dem dritten Zu­stande entsprechen Reizmittel, besonders solche, welche
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ätherisches Oel, mit Schleim und süfsem Stoff verbunden, enthalten (z. B. Fenchel- und Anissamen, Wachholder-beeren, Alantwurzel, Liebstöckel- und Kalmuswurzel), desgleichen die Schleimharze, die Harze und Balsame, der Theer, einige scharfe und narkotische Stoffe (Meer­zwiebelwurzel, Fingerhutkraut), der Salmiak, Schwefel, Spiefsglanz und seine Präparate, Brechmittel, Dämpfe von Infusionen aromatischer Pflanzen, von Terpentinöl, Theer und dergl. — Die zu zähe Consistenz der Aus­wurfsmaterie ist von einem krankhaften Zustande der Re­spirationsorgane, besonders von exsudativer Entzündung ihrer Schleimhaut oder auch von Erschlaffung und Auf­lockerung derselben, abhängig, und die Materie ist daher durch die genannten Mittel theils zu verändern, theils zur Entleerung zu bringen.
Diese Auswurf befördernde Mittel (Expectorantia) können entweder auf direkte oder auf indirekte Weise zur Wirkung gelangen, und zwar 1) direkt, indem man diejenigen, welche flüchtige Bestandtheile enthalten, durch heifses Wasser oder durch blofse Hitze in Dämpfe ver­wandelt, und diese durch das Einathmen mit der Schleim­haut der Respirationsorgane in unmittelbare Berührung bringt, wie z. B. ätherisches Oel, gewürzhafte Mittel, Harze, Balsame, den Theer. In Verbindung mit Wasser­dämpfen ist die Wirkung dieser Mittel stets milder, als wenn sie für sich allein durch trockne Hitze oder durch offenes Feuer verdunstet und dabei zum Theil verbrannt (empyreumatisch) werden. Alle fixen Stoffe, und daher auch schleimige und süfse Arzneien, die Manche noch häufig zu Dampfbädern benutzen, können, in dieser Form angewendet, nichts wirken, weil ihre Bestandtheile nicht in die Dämpfe übergehen; werden sie aber auf glühenden Kohlen oder auf heifsem Eisen verbrannt, so wirkt der hiervon gebildete Rauch als ein Reizmittel auf die betroffenen Theile. — 2) Auf indirekte Weise wir­ken diese Mittel den Auswurf befördernd, indem sie in den Magen u. s. w. gebrarht werden, und nach ihren
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spezifischen Kräften erst, die Thätigkeit anderer Orgaue umstimmen, und dann consensuell und antagonistisch ihre Wirkung auf die Respirationsorgane äufsern. Da jedoch manche flüchtige Stoffe, wie besonders Kampher., athe-risches Oel, Weingeist und dergl. durch die Lungenaus­dünstung wieder aus dem Körper ausgeschieden werden, so scheint es, dafs durch solche Arzneien eine materielle Berührung und Reizung der Respirationsorgane erfolgt, auch wenn sie zuerst in den Magen gebracht wor­den sind. Es ergiebt sich hieraus, dafs unter der Be­zeichnung „Auswurf befördernde Mittelquot; (die man auch Brustmittel zu nennen pflegt) viele sehr verschie­denartige Mittel enthalten sind, und -dafs eben so die Auswurf befördernde Wirkung sehr verschiedenartig ist.
sect;. 65.
A;) Die Erbrechen erregende Wirkung äufsert sich in einer stofsweise erfolgenden Ausleerung (Erbre­chen) von genossenen Nahrungsmitteln, von Schleim, Magensaft, Galle und andern Stoßen durch den Schlund und das Maul. Diese Ausleerung entsteht durch eine eigenthümliche Reizung, welche irgend einen Punkt des Speisekanals, besonders am vordem Ende desselben, be­troffen hat und wodurch eine krampfhafte Zusammenzie­hung der Bauchmuskeln, des Zwerchfells und des Ma­gens, zugleich mit einer rückgängigen (antiperistaltischen), d. h. vom Darmkaual gegen den Schlund gerichteten wurmförmigen Bewegung des vordem Endes des Dünn­darms erzeugt wird. Dem wirklichen Erbrechen geht ge­wöhnlich eine besondere Verstimmung des Gemeingefühls voraus, welche man Ekel nennt, und die sich durch Widerwillen gegen Futter und Getränk, durch stärkere Absonderung des Speichels, durch Schaudern der Haut und durch Mattigkeit zu erkennen giebt.
Das Erbrechen ist nicht bei allen Hausthieren gleich-raäfsig leicht und vollständig zu erregen; bei Hunden, Schweinen, Hühnern, Tauben und Papagaien erfolgt es sehr leicht; bei Katzen, Gänsen. Enten und Affen etwas
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schwerer; bei dem Rindvieh ist es /war nicht unmöglich, doch aber schwer und nur unter hierzu günstigen Be­dingungen (z. B. durch Einsprützen der Brechmittel in die Blutadern und bei bestehender Grasfütterung) her­vorzurufen; bei Schafen und Ziegen ist die Schwierigkeit noch gröfser, und Pferde, Esel und deren Bastarde kön­nen sich gar nicht erbrechen, so lange ihr Magen, der Darmkanal, der Schlund und das Zwerchfell im unver­letzten Zustande sind. Bei den letzteren Thieren ist die anatomische Beschaffenheit dieser Theile, namentlich die spiralförmige Klappe an der Schlundöffnung des Ma­gens und die Lage eines Theils von dem sehr dicken Grimmdarm und Blinddarm zwischen dem Magen und den Bauchmuskeln, das wahrscheinliche Hindenuis: indem hierdurch sowohl der zur Entleerung des Magens nöthige Druck der Bauchmuskeln auf denselben und gegen das Zwerchfell, als auch das Zurücktreten der Futterstoffe und dergl. aus dem Magen in den Schlund, nicht erfol­gen kann. Das Erbrechen tritt daher bei diesen Thieren nur als eine sehr gefahrdrohende Erscheinung im kran­ken Zustande ein. Dagegen können aber Ekel und selbst Anstrengungen zum Erbrechen beim Pferde und bei den Wiederkäuern durch Arzneimittel ganz wie bei andern Thieren erzeugt werden.
Der Ekel und das Erbrechen entstehen primär durch eine spezifische Reizung der Lungen-Magennerven und der grofsen sympathischen Nerven. Dieselbe wird ge­wöhnlich in der Schleimhaut des Magens, im Schlund­kopfe oder im Darmkanal erzeugt, kann aber auch von andern Organen (z. B. von der Luftröhre) ausgehen, und wird dann consensuell oder antagonistisch auf den Magen, das Zwerchfell und die Bauchmuskeln fortgepflanzt, worauf als Reaktionen die Erscheinungen des Erbrechens eintreten. Als sekundäre Wirkungen erfolgen hierbei meh-rentheils noch folgende Veränderungen: 1) wird die Ab­sonderung des Magensaftes, des Darmsaftes, der Galle und des Saftes der Bauchspeicheldrüse vermehrt und ver-
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ändert, weil durch jede Reizung eines Theils des Ver-dauungskanals die, diesem Theilc entsprechenden Hiilfs-organe consensuell gereizt und in erhöhete Thiitigkeit ge­setzt werden; 2) wird die Absonderung und der Auswurf des Schleims aus der Schleimhaut der Respirationsorgane befördert; 3) wird der Andrang des Blutes zur Haut ver­stärkt und hierdurch die Hautausdünstung zuweilen bis zum Schweifs vermehrt; 4) erfolgt eine lebhaftere Thä-tigkeit der Lymphgefdfse und Lymphdrüsen, stärkere Re-sorbtion, Zertheilung von Ergiefsungen und Verhärtun­gen, — und 5) tritt eine Aufregung und Umstimmung der Thätigkeit des ganzen Nervensystems ein, theils durch Fortpflanzung der spezifischen Stimmung der Lungen-Ma­gennerven und des grofsen sympathischen Nerven, theils durch die Erschütterung, welche mit dem Erbrechen je­desmal verbunden ist. — Das Erbrechen ist also eine sehr zusammengesetzte und in ihren Folgen sehr tief in den Lebensprozefs eingreifende Wirkung, durch welche die Heilung krankhafter Zustände auf mehrfache Weise vermittelt werden kann.
Diese Wirkung kann durch jede Substanz hervor­gerufen werden, welche entweder scharfe Bestandtheile enthält (z. B. alle scharfen Pflanzen, die Canthariden, die ätzenden Kalien, konzentrirte Säuren, Metalloxyde, Me­tallsalze u. s. w.), oder die entgegengesetzt sehr mild und fade ist (z. B. Fett, fettes Oel, Fischthran, Schleim), und durch welche der vordere Theil des Verdauungska­nals heftig gereizt, oder auch blos in einem gewissen Grade angefüllt wird. Da jedoch mehrere solche Sub­stanzen das Erbrechen nur unsicher oder nur in einem geringen Grade hervorzurufen vermögen, andere aber sehr üble Nebenwirkungen, besonders Anätzung und Entzün­dung des Magens verursachen, so wählt man als Brech­mittel (Emetica) nur diejenigen Stoffe, welche eine spe­zifische Wirkung auf den Lungen-Magcnnerven in einem vorzüglichen Grade besitzen und dabei die möglichst wenigen schädlichen Einwirkungen auf den Magen und
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Darmkaual veranlassen. Dergleichen Mittel sind: der Brechweinstein, der Zinkvitriol, die Brechwurzel, die weifse Nieswurzel und das Gottesgnadenkraut.
sect;. 66.
i) Bei der abführenden Wirkung erfolgen, den äufsern Erscheinungen nach, Entleerungen von Darmkoth und andern Stoffen durch den Mastdarm in kürzern als gewöhnlichen Zwischenzeiten, in gröfserer Menge und von lockerer, weicherer und selbst flüssiger Consistenz. Diese Entleerungen werden zunächst durch eine unge­wöhnliche Reizung der Schleimhaut des Darmkanals ver-ursacht, wodurch in demselben eine schnellere und stär­kere wurmförmige (peristaltische) Bewegung, zugleich aber auch eine vermehrte und qualitativ veränderte Ab­sonderung der Darmsäfte, der Galle und des Saftes der Bauchspeicheldrüse entstellt. Diese, im Verhältnifs zur Aufsaugung vermehrte und zugleich in der Beschaffenheit veränderte Absonderung der Darmsäfto ist eine sehr we­sentliche Bedingung zum Entstehen der abführenden Wir­kung, und die blos verstärkte wurmförmige Bewegung ist ohne sie zur Erzeugung derselben niemals hinreichend. Denn wenn dieses der Fall wäre, so müfste dieselbe Wir­kung auch durch jedes flüchtig reizende, oder gewürzhafte Mittel hervorgerufen werden können, — was aber nicht möglich ist.
Die Mittel, welche die bezeichnete Wirkung besitzen, werden im Allgemeinen als abführende Älittel bezeich­net, sind aber von verschiedener materieller Qualität und hinsichtlich des Grades und der Art der Wirkung sehr abweichend von einander, so dafs man sie schon seit al­ten Zeiten in zwei Abtheilungen gebracht hat. 1) Die Mittel der ersten Abtheilung wirken sehr gclind und ver­ursachen im Darmkanal keine erhitzende Reizung, auch bei ihrem Uebergange in das Blut keine entzündliche Auf­regung, sondern vielmehr eine Kühlung und Erschlaffung. Sie heifsen deshalb gelinde oder erschlaffende Ab­führungsmittel, oder Laxirmittel (Laxantia), und es
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gehören hierher die bereits im sect;. 77. als kühlende Mittel genannten Salze, das versüfste Quecksilber, Tamarinden, Manna, fette Oele, Honig, Zucker und dergl.r wenn sie in grofsen Gaben angewendet werden. — 2) Die abfüh­renden Mittel der zweiten Abtheilung bewirken dagegen eine starke und erhitzende Reizung in den Gedärmen, Unruhe, Kolikschmerzen, schnellen, fieberhaften Puls, Hitze und Trockenheit im Maule und dergl. Man nennt sie erhitzende Abführungsmittel, Purgirmittel (Rei­nigungsmittel, Purgantia), weil man früher die unrichtige Ansicht von ihnen hatte, dafs sie nur die verdorbenen schädlichen Säfte aus dem Körper führen und denselben gleichsam reinigen. Es gehören hierher die Crotonkör-ner, das Skammoniumharz, die schwarze Nieswurz, die Aloe, die Coloquinten, das Gummigut, der Lerchen-schwamm, die Jalape, die Rhabarber, die Sennesblätter, Zaunrübe und dergl. Einige von diesen Mitteln wirken heftiger als die übrigen und verursachen besonders sehr leicht reifsende Schmerzen im Darmkanal, heftiges Drän­gen zur Entleerung des Kothes, Abgang von Blut, Darm­entzündung, grofse Erschöpfung der Kräfte und dergl. Diese Wirkung bezeichnet man als eine drastische (scharfe), und die Mittel als drastische Purgirmittel. Dergleichen sind namentlich die Crotonkörner, das Skam-monium, das Euphorbium, die schwarze Nieswurz, das Gummigut, der Lerchenschwamm und zum Theil auch die Aloe,
Die abführende Wirkung erfolgt durch diese Mit­tel nicht bei allen unsern Hausthieren gleichmäfsig leicht und stark: am leichtesten und schnellsten tritt sie beim Hunde und Schweine, schwerer und später bei den Wie­derkäuern, und am schwersten und spätesten bei dem Pferde ein; auch ist sie bei den gröfsern Thieren nur durch ganz unverhältnifsmäfsig grofse Gaben der Mittel zu erzwecken.
Diese Wirkung wird zuerst wohl durch einen un­mittelbaren reizenden Eindruck der genannten Mittel auf
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die Schleimhaut des Darmkauais veranlafst, doch niemals hierdurch allein vollständig bewirkt, sondern die wirk­samen Stoffe gehen in das Blut über, imd wirken dann nach ihren verschiedenen spezifischen Eigenschaften in verschiedener Art auf den Darmkanal und auf andere, mit diesem in Verbindung stehende Organe zurück, so dafs einige die Absonderung wässeriger Flüssigkeiten aus den serösen Gefäfsen, andere die Absonderung des Schleims und noch andere wieder die Absonderung und Ausleerung der Galle und des Saftes der Rauchspeicheldrüse vermeh­ren. — Aus diesem Gange der Wirkung ist es zu er­klären: 1) warum dieselbe bei den meisten Abfiihrungs-mitteln viel später als andere Arzneiwirkungen eintritt; 2) warum die Farbe, der Geruch und die übrige Beschaf­fenheit der Exkremente bei jedem Mittel verschieden ist, und 3) wie durch die vom Nervensystem ausgehende Rück­wirkung auf den Darmkanal zuweilen ein sehr erschöpfen­des Purgiren und selbst der Tod erfolgen kann, ohne dafs eine Darmentzündung entstanden ist.
In ihren Folgen ist diese Wirkung nicht allein auf den Darmkanal beschränkt, sondern so wie die Wirkung der Brechmittel tief eingreifend in den ganzen Lebens-prozefs, besonders aber in die Bildungsthätigkeit, welche durch sie mehr als durch jede andere Arzneiwirkung be­schränkt und herabgestimmt wird. Dies geschieht theils dadurch, dafs a) in Folge der Reizung des Darmkanals ein sehr verstärkter Andrang des Blutes zu den Bauch­eingeweiden, hierdurch antagonistisch eine Ableitung von andern Organen bewirkt und so die Ernährung der letz­tern mangelhaft wird; 6) dafs einige Arzneistoff'e (die Salze, das Calomel), indem sie in das Blut übergehen, dasselbe so verändern, dafs es weniger gerinnbar und weniger zur Bildung geeignet wird; c) dafs durch den Verlust der ausgeleerten Säfte dem Körper wirkliche Bil­dungsstoffe unmittelbar entzogen werden, und dafs zu­gleich eine entsprechende Verminderung der Lebenskraft herbeigeführt wird. — und fO dafs dagegen durch den-
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selben Umstand auf antagonistische Weise die Thätigkeit der aufsaugenden Gefäfse gesteigert wird. — Hierdurch entstehen' sekundäre Wirkungen auf das Gehirn, auf die Augen, auf die Respirationsorgane, auf die Nieren, auf Haut u. s. w., welche jedoch stets denselben, d. h. den schwächenden Charakter zeigen.
sect;. 67. rn) Die wurmwidrige oder wurmtreibende Wir­kung bezieht sich auf die Eigenschaft mancher Arznei­mittel, die im Magen oder Darmkanal enthaltenen Ein­geweidewürmer todt oder lebendig durch den IVJaamp;tdarm auszutreiben und ihre fernere Entwickelung zu verhüidern. Die Mittel, denen man diese Wirkung zuschreibt twurm-widrige Mittel, Anthelminthica), sind ihrer eigentlichen Wirkung nach von dreierlei Art, nämlich 1) solche, wel­che durch ihre materiellen Eigenschaften und dynamischen Kräfte die Eingeweidewürmer tödten oder wenigstens be­täuben; 2) solche, die ihre Ausführung durch vermehrte Darmbewegung und verstärkte Absonderung von Darm­säften bewirken; und 3) solche, welche die Bedingungen zum Entstehen und Bestehen dieser Parasiten im Darm-kaual aufheben. — Zu denen der ersten Art gehören: das Quecksilber und alle seine Präparate, Arsenik, ge­feiltes Eisen und Zink, Eisenvitriol, Terpentinöl, brenz-liches Thieröl, Chabertsches Oel, Steinöl, Ofenrufs, Kam­pher, Farrenkrautwurzel, die sogenannten Wurmsamen, Rainfarrenkraut, Brechnufs, Opium, Stinkasand, Knoblauch und andere Zwiebelarten und dergl. Zu den Mitteln der zweiten Art sind alle Purgirmittel, besonders die drasti­schen, zu rechnen, und zu denen der dritten Art alle Arzneimittel, welche die Lebensthätigkeit im Darmkanal erhöhen und denselben stärken, die wurmiormige Bewe­gung und die Aufsaugung bethätigen, die Verdauung bes­sern, die Absonderung des Schleims vermindern, und so­mit den Würmern ihre schützende Einhüllung und die Nahrung entziehen. Dergleichen Mittel sind alle, welche bittere, aromatische, reizende und adstiingirende Kräfte
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besitzen, wie Enzian, Bitterklee, Wermuth, Kalmus, Bal­drian, Weidenrinde, Eichenrinde, die Aloe, Jalape, Eisen und dergl.; nebst Bewegung in freier Luft, und gesunde, kräftige Nahrung in mafsiger Menge.
sect;• 68. n) Auch die blähungtreibende Wirkung ist nicht stets auf dieselbe Weise und durch dieselben Mittel zu erwecken. Denn die Anhäufung von Blähungen C Gasar­ten ) im Magen und Darmkanal beruht entweder auf einer zu starken Entwickelung oder auf einem gehinderten Ab­gänge derselben, und die Ursachen, hierzu liegen theils im TJiierkörper selbst, theils in den Nahrungsmitteln, Hinsichtlich des Körpers ist besonders Schwäche, zu grofse Reizbarkeit und Krampf in den Verdauungseingeweiden, fehlerhafte Absonderung der Galle, des Magen- und Darm­saftes, namentlich zu viel Schleim und Säure in densel­ben, sehr oft zu heschuldigen; hinsichtlich der Nahrungs­mittel aber ist die Gährung und Verderbnifs derselben, zu reicher Gehalt an Kohlensäure, an Wasserstoffgas und dergl. die gewöhnlichste Veranlassung zu Blähun­gen. — Bei der blähungtreibenden Wirkung müssen daher bald die Verdauungseingffweide durch bittere, erre­gende und zusammenziehende Mittel gestärkt und die Ab­sonderungen in ihnen verbessert, bald die zu grofse Reiz­barkeit und Krämpfe durch betäubende oder durch erre­
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ende Mittel beseitiget, bald die Darmentleerungen durch
Klystiere u. s. w. befördert, die Gährung der Nahrungs­mittel durch Säuren, ätherische Oele und dergl. unter­drückt, die vorhandenen Gasarten durch Kalien und an­dere Mittel absorbirt werden. (Bei Krampf und Lähmung des Darmkanals sind Frottiren des Leibes und Begiefsen desselben mit kaltem Wasser oft sehr nützlich, und bei übermäfsiger Anhäufung der Blähungen ist ihre Entleerung auf operativem Wege zuweilen allein hülfreich). — Es ist daher ein Irrthum, wenn man, wie es gewöhnlich ge­schieht, als blähungtreibende Mittel (M. carminativa) blos die erregenden, ätherisch-öligen Mittel bezeichnet.
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sect;, 69. o) Bei der urintreibenden Wirkung (Diuresis) erscheint die Absonderung und Ausleerung des Urins ver­ändert und hauptsächlich so vermehrt, dafs die Menge des j Urins die des genossenen Getränkes übertrißl. Diese l Wirkung kann, physiologisch betrachtet, nur dadurch ver-anlafst werden, dafs eine specifische Reizung der Nieren in einem mäfsigen Grade und ein stärkerer Zuflufs des Blutes zu denselben stattfindet. — Der Arzneivorrath ist reich an solchen Mitteln, welche urintreibend wirken kön-i neu (Diuretica); aber diese Wirkung findet nur bei weni­gen Mitteln auf eine direkte Weise statt, und bei allen i ist sie mit bedeutenden Nebenwirkungen verbunden, durch * welche sie selbst einen verschiedenen Charakter erhält. Nach diesem Charakter unterscheidet man im Allgemeinen eine erhitzende und eine kühlende urintreibende Wir­kung, und bezeichnet auch die hierher gehörenden Mittel I auf dieselbe Weise. Zu den Mitteln der ersten Art ge-I hören diejenigen, welche die Blutgefäfse und die Nieren 1 vermittelst stark reizender, scharfer Stoffe in einen solchen #9632;; Grad von erhöheter Thätigkeit versetzen, dafs die Er-: scheinungen der erhitzenden Wirkung (sect;. 57.), und oft I auch örtliche Zufälle der Reizung in den Nieren und in der Blase, und consensuell auch in den Geschlechtsthei-j len, wahrzunehmen sind. Solche Mittel sind namentlich: ; die spanischen Fliegen, Maiwürmer, Maikäfer, Terpenthin || und alle andere Harze, viele ätherischen Oele, das Kraut #9632; des rotheu Fingerhutes, Saamen, Kraut und Wurzel der Petersilie, Senf, Meerrettig, Zwiebeln, Weingeist, Subli-; mat u. a. — Zu den barntreibenden Mitteln der zweiten Art gehören die, welche neben der spezifischen Wirkung auf die Nieren noch die Irritabilität, besonders in den Gefäfsen des Hinterleibes vermindern, entzündliche Rei­zungen beseitigen und das Blut durch Verminderung des Faserstoffes dünnflüssiger machen, wie dieses die kühlen­den Neutral- und Mittelsalze in kleinen Gaben, der Brech­weinstein, die verdünnten Pflanzensäuren, die Kohlensäure
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und die kohlensauren Kalien und Erden thun. — Zu­weilen rechnet man hierher auch noch die nicht scharfen narkotischen Pflanzen und die schleimigen Mittel, jedoch nicht ganz mit Recht, da durch diese Mittel keine ver­mehrte Absonderung wirklich erzeugt wird, sondern höch­stens nur krampfhafte Zustände, welche dieselbe hindern, beseitiget werden können.
Die wirksamen Bestaudtheile der urintreibenden Mit­tel gehen in das Blut über und werden mehrentheils ma­teriell, obgleich zum Theil verändert zu den Nieren ge­bracht und durch diese mit dem Urin wieder aus dem Körper entfernt. Ihre reizende Einwirkung auf die Harn­werkzeuge erfolgt daher gröfsteutheils durch unmittelbare Berührung, wie sich dies aus den örtlichen Spuren dieser Einwirkimg, besonders bei zu grofsen Gaben oder bei zu lange fortgesetzter Anwendung der erhitzenden harntrei­benden Mittel (aus der Entzündung der Nieren, der Harn­leiter und der Harnblase), — bei den kühlenden Diure-ticis aber aus der Erschlaffung dieser Theile deutlich zeigt. — Dennoch tritt die uriutreibende Wirkung nur sehr unsicher ein, und zwar weil 1) die Hinleitung der wirksamen Arzneistoffe zu den Nieren sehr oft -von dem Krankheitszustande, von den hierbei bestehenden consen-suellen und antagonistischen Verhältnissen zwischen den Nieren und andern Organen und von andern Einflüssen abhängig ist; so dafs sie unter andern Umständen (selbst bei blos veränderter Temperatur und Witterung) bald auf die Haut, bald auf die Respirationsorgane u. s. w. hin­wirken, und somit auch schweifstreibend oder Auswurf befördernd sein können; — und 2) weil Urinabsonderung nur bei einem gewissen Grade der Reizung der Nieren möglich zu sein scheint, dieser Grad aber in den ver­schiedenen einzelnen Krankheiten aufserordentlich schwer zu erforschen, und noch schwerer in der Stärke der Arzneiwirkung abzumessen und zu erzeugen ist. Der Beweis hierzu findet sich darin, dafs die erhitzenden harntreibenden Mittel bei Entzündungskrankheiten die Urin-
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absonderung nicht vermehren, sondern vermiuJern, wäh­rend die Salze ihre Wirkung thun, und dafs man nicht selten bei der Sektion gestorbener Thiere an den Nie­ren sehr deutlich Spuren der reizenden Einwirkung die­ser Mittel findet, ohne dafs während des Lebens ein ver­mehrter Harnflufs eingetreten war.
Die sekundären Wirkungen der urintreibenden Mittel sind denen der abführenden Mittel sehr ähnlich, beson­ders in Beziehung auf die durch sie bewirkte Verminde­rung der Bildungskraft und auf die verstärkte Thätigkeit der einsaugenden Gefäfse; doch sind sie weniger heftig eingreifend als bei jenen Mitteln.
sect;. 70.
p) Eine schweifstreibende (diaphoretische) Wir­kung zeigen die Arzneimittel, welche die Ausdünstung durch die unverletzte Haut in einem solchen Grade her­vorrufen, dafs die ausgedünstete Materie auf der Haut in Tropfen (als Schweifs) erscheint. Die gewöhnliche Aus­dünstung oder Absonderung durch die Haut erfolgt näm­lich im gesunden Zustande und an ruhig stehenden Thie-ren nur in Gas- oder Dunstform, so dafs man sie höch­stens riechen, aber nicht sehen und nicht fühlen kann, weshalb man sie auch als unmerkliche Ausdün­stung bezeichnet. — Die Stoffe, welche durch die Haut aus dem Körper ausgeschieden werden, sind noch nicht vollständig bekannt, man bemerkt aber dabei vorzüglich: wässerige Dünste, Wasserstoff, Stickstoff, Ammonium, Kohlensäure, Phosphorsäure, manche Bestandtheile von Nahrungs- und von Arzneimitteln u. s. w. Diese Stoffe sind bei den Thierenjeder Gattung, bei vielen Ra^en u. s.w. eigenthümlich, und sehr wahrscheinlich auch beim Schweifs von denen der unmerklichen Ausdünstung an einem und demselben Thiere quantitativ und qualitativ verschieden. Eben so zeigen sie sich bei verschiedener Witterung (be­sonders an Hunden), bei verschiedener Nahrung und bei einzelnen Krankheiten sehr abweichend von ihrer gewöhn­lichen Beschaffenheit und Menge.
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Die Hautausdiliistung kann zwar bei allen Thieren verändert und vermehrt, aber doch nicht bei allen bis zum fliefsenden Schweifs verstärkt werden; Pferde, Schafe, und Schweine schwitzen unter unsern Hausthieren am leichtesten und am reichlichsten, Rinder und Ziegen viel schwerer, und bei Hunden und Katzen ist flüssiger Schweifs fast niemals zu sehen. Es kann daher von der schweifstreibenden Wirkung und von schweifstreibenden Mitteln in Beziehung auf Hund und Katze keine Rede sein. Als einen Grund dieser physiologischen Verschie­denheit kann man die bei den einzelnen Thiergattungen sehr verschiedenartig vorhandenen Schweifsdrüsen der Haut betrachten; denn dieselben stehen hinsichtlich ihrer Grofse und Menge in einem ziemlich gleichen Verhältnifs zu der angegebenen Verschiedenheit der Hautausdünstung.
Die Erzeugung des Schweifses ist zunächst durch eine Aufregung der aushauchenden Arterien in der Haut und durch verstärkten Andrang des Blutes nach der äu-fsern Oberfläche des Körpers bedingt, und die schweifs­treibende Wirkung kann daher durch alle Einflüsse ver­mittelt werden, welche diese Bedingung erfüllen. Dies geschiehet vorzüglich: 1) durch einige Arzneimittel auf spezifische Weise, wie z. B. durch das Einsprützen der Tinktur oder des Infusums der weifsen Nieswurz in die Blutadern, durch innerliche Anwendung des Schwefels, des Spiefsglanzes und seiner Präparate, der Fliederblu­men und dergl.; — 2) durch die meisten flüchtigen Reiz­mittel und die erhitzenden Mittel; — 3) durch narko­tische Mittel, besonders das Opium; — 4) durch inner­liche und äufserliche Anwendung und Mittheilung künst­lich erzeugter Wärme, z. B. in Form von warmen Kräu­terbrühen, von dergl. Bähungen, Dunstbädern u. s. w.; — 5) durch schnelle und anstrengende Muskelbewegimg der Thiere, durch starkes Reiben der Haut, durch Be­deckung mit wollenen Tüchern; und 6) bei Entzündungs­krankheiten durch Aufhebung der entzündlichen Reizung, namentlich vermittelst reichlicher Blutentziehung.
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Diese verschiedenen Einflüsse erregen den Schweifs auf mehrfache Weise, und zwar theils durch unmittelbare Einwirkung auf die Nerven und durch Erhöhung der Le-bensthätigkeit überhaupt, theils mittelbar durch Beseiti­gung des Hautkrampfes oder des Entzündungsreizes. Auch gehen die wirksamen Bestandtheile der bezeichneten Arz­neimittel Cl —3gt; in das Blut über, verändern dessen Be­schaffenheit und erregen Orgasmus und Congestionen. Die Erscheinungen bei der schweifstreibenden Wirkung sind daher gröfstentheils denen bei der reizenden und erhitzen­den Wirkung gleich. Die schweifstreibende Wirkung selbst ist immer eine sekundäre, und bei unsern Hausthieren eine sehr unsichere Erscheinung, welche nur durch wenige Mit­tel (nur durch die unter 1) angegebenen) mit einiger Be­stimmtheit zu erzeugen ist. Es mufs daher mehrentheils, um sie hervorzurufen, eine methodische Vereinigung und gleichzeitige Anwendung mehrerer der genannten Einflüsse stattfinden.
Als Folgen der schweifstreibenden Wirkung entste­hen: 1) Verminderung des Blutes und Veränderung sei­ner Beschaffenheit, besonders durch die stärkere Aus­scheidung seiner wässerigen Bestandtheile; 2) stärkere Erregung des Durstes; 3) antagonistische Verminderung anderer Absonderungen; 4) vermehrte Thätigkeit der ein­saugenden Gefäfse; und 5) bei starken, wiederholten oder anhaltenden Schweifsen auch Verzehrung der Kräfte.
sect;• 71.
q) Die zusammenziehende (adstringirende) Wir­kung der Arzneimittel besteht wesentlich in der Erzeu­gung eines stärkern Zusammenziehungsvermögens (Con-traktilität) der Weichgebilde, und einer gröfsern Gerinn­barkeit des Blutes und der Lymphe. Diese Wirkung ist primär fast ganz allein auf die physische Beschaffenheit der organischen Faser und der Säfte gerichtet, und daher auch mehrentheils zuerst nur in den Veränderungen der physischen Kräfte an der Stelle der Einwirkung bemerk­bar; das Nervensystem wird dabei nur wenig affizirt, und
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schnell eintretende Erscheinungen einer allgemeinen Wir­kung sind daher mit ihr nicht verbunden. Deshalb ist aber den hierher gehörenden Arzneimitteln (adstringiren-den Mitteln) eine allgemeine Wirkung nicht abzusprechen, denn sie zeigen eine solche bei innerlicher und durch einige Zeit fortgesetzter Anwendung auf mehrfache Weise, besonders aber dadurch: dafs 1) die Cohäsion der orga­nischen Gebilde vermehrt wird, so dafs dieselben eine gröfsere Dichtheit und Derbheit erhalten; 2) dafs eben so die Spannkraft (der Tonus) im Herzen, in den Ge-üifsen, Muskeln, Sehnen, Bändern u. s. w., und hierdurch auch das Rückwirkungsvermögen vermehrt wird; 3) dafs das Blut (wie bereits angegeben) mehr gerinnbar und auch röther wird, und 4) dafs alle Absonderungen ver­mindert und theils hierdurch, theils durch die übrigen Wirkungen Durchfall, zu heftige Schweifse, die soge­nannte Harnruhr u. s. w. geheilt, und eben so auch Blu­tungen gestillt werden.
Mit Beziehung auf diese Wirkungen hat man ehedem die adstringirenden Mittel auch als stärkende (tonische), als anhaltende, als blutstillende (styptische), und mit Beziehung auf die Verminderung des Eiters oder der Jauche in Wunden und Geschwüren, als austrocknende Mittel bezeichnet. — Es gehören hierher alle Arznei­mittel aus dem Pflanzenreiche, welche adstringirendes Prinzip (Gerbestoff und Gallussäure) enthalten, wie na­mentlich: Galläpfel, Eichenrinde, Tormentillwurzel, Wei­denrinde (China, Ratanhia, Catechu) u. a. — dann die Mineral-Säuren und mehrere mineralische Mittel, theils für sich, vorzüglich aber in Verbindung mit Säuren, wie Eisen, Eisenvitriol, Zinkvitriol, Alaun, die sämmtlichen Blei-Präparate, auch Eis, Schnee, kaltes Wasser und dergl. — Jedes einzelne von diesen Mitteln zeigt sich aber nicht nur im Grade der adstringirenden Wirkung, sondern auch in der Art derselben und in der Beziehung auf Gefäfse, Nerven u. a. Organe eigenthümlich. (Siehe: Spezielle Arz­neiwirkungslehre die III. Klasse).
sect;#9632; 72.
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sect;. 72. r) Durch die stärkende Wirkung soll der Organis­mus, wenn er auf irgend eine Weise, örtlich oder allge­mein, geschwächt ist, sein normales Maafs an Kräften wieder erhalten, und zwar so, dafs die Lebensänfserun-gen mit melir Dauer, Kraft und Stätigkcit geschehen und weniger leicht Erschöpfung darauf erfolgt. Diese Wirkung ist allerdings durch Arzneimittel zu erzeugen; die Erfahrung lehrt aber, dafs es kein Mittel giebt, wel­ches auf eine direkte Weise die Kräfte des Körpers wirk­lich vermehren könnte, sondern dafs die Stärkung immer nur mittelbar- und durch Mittel von ganz verscldedener Wirkung erfolgen kann; da die Schwäche aus verschiede­nen Ursachen entstehet und in verschiedenen Verhältnissen des Körpers begründet erscheint. Man hat daher fol­gende Arten der Schwäche unterschieden: 1) Die Krank­heitsschwäche, oder jene Verminderung der Lebenskraft, besonders in den willkülirlichcu Muskeln, welche immer als Folge einer im Organismus entstandenen Krankheit eintritt und bald in wirklichem, auf direkte oder indirekte Weise entstandenen Mangel an Kräften, bald nur in einer sogenannten Unterdrückung derselben besteht. — 2) Die Schwäche aus Mangel an den nothwendigsten Lebens­reizen, namentlich aus Mangel an Nahrung, Getränk, Wärme und an reiner Luft, oder aus zu starkem Verlust an Säften und Kräften durch Aderlassen, Purgiren, Eite­rung, zu starke Anstrengung und dergl. — 3) Die in der Constitution und Beschaffenheit des Körpers beruhende Schwäche, welche besonders aus einem ungleichen Ver-hältnifs der Lebenskraft in den einzelnen Systemen und Organen entsteht und hiernach bald als arterielle, als ve­nöse, als nervöse und als lympathische Schwäche; oder, in Beziehung auf die Lebensthätigkeit, als irritable, als sensible und als torpide Schwäche bezeichnet wird; — und 4) die Altersschwäche, welche in einem natürlichen Schwinden der physischen und dynamischen Kräfte besteht.
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Die erste Art der Schwäche kann durch keine be­sondern Stärkungsmittel, sondern nur allein durch eine, der Krankheit entsprechende Behandlung überhaupt besei­tiget werden, und es können daher selbst solche Mittel, die man ihren gewöhnlichen Wirkungen nach für schwä­chend hält, bei gewissen umständen stärkend sein, wie dies z. B. die Salze bei Entzündungskrankheiten bewei­sen. Bei der zweiten Art der Schwäche können nur die Nahrungsmittel, reine Luft, mäfsige Wärme, Ruhe und Mit­tel, dnrch welche übermäfsige Absonderungen und Entlee­rungen beschränkt werden, stärken. Bei der dritten Art der Schwäche dienen, nach ihren Modifikationen, bald die adstringirenden, die bittern und bitter - aromatischen Mit­tel, das Eisen, die Mineralsäuren, die Phosphorsäure, aber auch die milden, indifferenten Mittel zur Stärkung. Die vierte Art Schwäche ist nur durch Ruhe und gute Diät, vielleicht auch durch die Transfusion des Blutes von jungen Thieren etwas zu mindern, aber nicht ganz zu beseitigen.
Ehedem machte man von den stärkenden Mitteln ver­schiedene Abtheilungen nach den angenommenen, aber nicht gehörig erwiesenen, Beziehungen auf einzelne Organe, und man bezeichnete sie daher als herzstärkend, nerven­stärkend, magenstärkend und dergl.
Aus dem Ganzen ersieht man, dafs der Begriff von der stärkenden Wirkung sehr weit umfassend, und im All­gemeinen angewendet, undeutlich ist, und dafs daher auch der Begriff von einem stärkenden Mittel nur ganz relativ sein kann.
sect;. 73.
s) Als schwächend kann die Wirkung eines Arz­neimittels betrachtet werden, durch welche alle Lebens-äufserungen, und besonders auch das Wirkungsvermö­gen im thierischen Organismus vermindert werden. Diese Wirkung ist zwar mehr direkt und stets weit sicherer als die entgegengesetzte (stärkende) durch Arzneien und durch andere Einflüsse zu erreichen; dennoch aber entsteht sie
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auch sehr oft als Folge anderer Wirkungen, auf seeun-däre und indirekte Weise. Sie kann vorzüglich erzeugt werden: 1) durch sehr wässerige Nahrung oder durch möglichste Verminderung derselben (Hungerkur); 2) durch starke Blntentziehungen; 3) durch reichliche Ausleerungen seröser und anderer Säfte bei der abführenden, der schweifs­treibenden und urintreibenden Wirkung: 4) durch Entzie­hung der Wärme, besonders bei örtlicher Anwendung des Eises, Schnees u. s. w.; 5) durch die kühlenden Salze in grofsen Gaben; 6) durch die vegetabilischen Säuren5 7) durch schleimige, ölige Mittel; S) durch betäubende Mittel; 9) durch flüchtige Reizmittel, wenn sie anhaltend oder in sehr grofsen Gaben angewendet werden, so dafs eine Ueberreizung erfolgt; 10) durch Mangel an Licht und reiner Luft; 11) durch zu starke und anstrengende Bewegung.
Die grofse Menge und Verschiedenheit der hier ge­nannten Einflüsse zeigt wieder deutlich, dafs auch der Be­griff eines schwächenden Arzneimittels sehr weit umfassend und nicht sicher begründet ist.
sect;• 74.
t) Die erschlaffende, erweichende Wirkung be­zieht sich auf eine örtliche Verminderung der zu starken Contractilität in den Weichgebilden, wie namentlich bei Entzündungen, bei Krämpfen, bei Verhärtungen und bei Verdickung einzelner Theile: sie wird durch schleimige Mittel, durcli alle milden Fette, fetten Oele und Salben, durch Gallerte, Honig, durch warmes Wasser und seine Dünste und durch die künstlichen Emulsionen erzeugt, und mehrentheils durch das Eindringen der genannten Heilstoffe in die Poren der organischen Materie und durch unmittelbare Erschlaffung und Erweichung der Fasern oder der ausgeschwitzten und verhärteten organischen Stoffe, theils aber auch durch Einhüllung und Milderung der vorhandenen Reize, und durch Ersatz des mangelnden Schleims, wenn derselbe zu reichlich ausgeleert, oder we­gen zu starker Reizung und Spannung der Theile nicht
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gehörig abgesondert wird, vermittelt. Diese Wirkung er­folgt bei innerlicher und äufserlicher Anwendung jener Mittel auf gleiche Weise; sie ist in beiden Fällen fast rein örtlich, kann aber durch Beseitigung der örtlichen Zufalle auch in andern Theilcn Krankheitserscheinungen heben, wenn dieselben consensuell entstanden sind. We­gen ihrer verschiedenen Wirkungsweise hat man die be­zeichneten Mittel und ihre Wirkungen auch als einhül­lende, als entzündungswidrige, als krampfstillende, als schmerzstillende, als eiterungsbefördernde und auflösende bezeichnet.
sect;. 75. u) Unter einer zertheilenden, auflösenden Wir­kung versteht man diejenige, durch welche stockende, theils noch in den Gefafsen befindliche, theils in die Zwi­schenräume der Organe und in das Zellgewebe ergossene Säfte wieder in Circulation gebracht, die starre Materie flüssig und für die Organe der Rückbildung aufnehmbar gemacht, und die zur krankhaften Bildung strebende oder in einem gewissen Grade schon entartete thierische Ma­terie der Rückbildung selbst wieder unterworfen wird. Diese Wirkung mufs zum Theil durch eine veränderte und vermehrte Thätigkeit der absondernden Gefäfse, be­sonders der serösen, noch mehr und vorzüglich aber durch erhöhte Thätigkeit der aufsaugenden Gefäfse vermittelt werden, und es können daher im Allgemeinen alle Arz­neistoffe, welche auf die Haargefäfse wirken und die Funk­tion derselben direkt oder indirekt bethätigen, als zer-theilende oder auflösende Mittel (Resolventia) dienen. Die Zahl dieser Mittel ist sehr grofs, und es gehören be­sonders hierher: die aus Kalieu gebildeten Neutralsalze, auch der Salmiak und BrechWeinstein, überhaupt das Spiefsglanz und seine Präparate, desgleichen die sämmt-lichen Präparate des Quecksilbers, der Schwefel, das Jod, das Brom, das Chlor, die Blausäure, die Kohlensäure, die reinen Kalien, der Kalk, die kohlensauren Salze, die Schwefelkali-Salze, die vegetabilischen Säuren, die nar-
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kotisclieu Mittel, die harzigen, die ätherisch-öligen, die aromatischen, scharfen und bittern Stoffe, und endlich die erweichenden Mittel, Schleim, Fett u. s. w., besonders in Verbindung mit Wärme und Feuchtigkeit. Aufserdem wird der Zertheilungsprozefs noch durch Hunger, durch Blutverlust, durch reichliche Ausleerungen anderer Säfte, durch Muskelbewegung, und örtlich durch Druck und Reibung befordert. — Die zertheilende Wirkung mufs daher wieder mit sehr verschiedenartigen Erscheinungen anderer Wirkungen verbunden und begleitet sein.
sect;. 76. v) Die entzündungswidrige, antiphlogistische Wirkung der Arzneimittel spricht sich vorzüglich durch Verminderung der krankhaft aufgeregten Irritabilität im Gefäfssystem und durch Herabstimmung der Plastizität des Blutes und der Bildungstiiätigkeit überhaupt aus. Sie kann mehrentheils nur auf indirekte Weise erreicht wer­den, und zwar im Allgemeinen durch die bei der schwä­chenden Wirkung (sect;. 73.) genannten Mittel und Einflüsse, jedoch mit Ausnahme der anstrengenden Muskelbewegung und der stark reizenden Einflüsse. Da aber die Entzün­dung in ihrem Charakter, d. h. im Verhältnifs der Irri­tabilität zur Sensibilität, so wie im Grade u. s. w. sehr wichtige Verschiedenheiten zeigt, so mufs sie in einzelnen Fällen bald vorzüglich durch die kühlenden Mittel (sect;. 58.), bald durch die narkotischen (sect;. 59.), bald durch die ab­führenden (sect;. 66.), bald durch die erschlaffenden (sect;.71.) und bald durch die zertheilenden und auflösenden Mit­tel (sect;. 75.) beseitiget werden, und die Erscheinungen bei der entzündungswidrigen Wirkung sind daher, aufser der Verminderung der Entzündungszufälle, auch noch mit den eigenthümlichen Wirkungserscheinungen jener Mittel noth-wendig verbunden. Im engern Sinne werden als entzün­dungswidrige Mittel (Antiphlogistica) gewöhnlich nur die kühlenden Salze bezeichnet; das kräftigste Antiphlogisti-omn ist aber der Aderlafs.
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%. 77.
uo) Durch die Eiterung befördernde Wirkung raquo;oll die Bildung einer eigenthümlichen Flüssigkeit, die man Eiter nennt, in entzündeten Theilen, in Wunden und Geschwüren befördert werden. Die Erzeugung des Eiters geschieht nur durch den Eutzündungsprozefs, und zwar in den meisten Fällen durch denselben ganz allein, oft sogar gegen den Willen und gegen das Bestreben des Thierarztes; und sie darf daher nur in solchen Fäl­len befördert werden, wo sie bereits im Entstehen oder zur Heilung krankhafter Zustände nothwendig ist, der Eiter jedoch entweder zu langsam, in zu geringer Menge oder von schlechter Beschaffenheit entsteht. So wie die Eiterbildung mir durch die Entzündung bewirkt wird, so sind auch ihre Mängel in der Beschaffenheit derselben, und besonders entweder a) in einem zu geringen, oder b) in einem zu hohen Grade von entzündlicher Reizung und Spannung der kranken Gebilde begründet. Die Be­förderung der Eiterung geschieht daher in Fällen der er­sten Art durch Herabstimmnng des Entzündungsprozesses, mit örtlich angewendeten erschlaffenden, erweichenden und betäubenden Mitteln, besonders in Form von milden Salben, von lauwarmen Breiumschlägen, von warmen Bä­dern und Dämpfen: in Fällen der zweiten Art aber durch örtlich angewendete Reizmittel (Honig, Sauerteig, ranzige Fette und Oele, Harze, Terpentin, Terpentinöl, Pech, Thoer, Zwiebeln u. s. w.), welche nach dein Grade der Ünthätigkeit und Reizlosigkeit ausgewählt werden müssen.
Die letztern Mittel werden auch als zeitigende oder reifmachende Mittel (Maturantfa) bezeichnet, wenn man sie zur Beförderung des Eiterungsprozesses in Abszessen, — und als wundreinigende oder Di-gcstivmittel, wenn man sie zur Verbesserung des Ei­ters in Wunden anwendet.
sect;• 78.
a) Die fäuliiifswidrigc (antiseptische) Wirkung ist auf die Verhütung und Beschränkung der Kelbstzcr-
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setzung (Fäulnifs) der thierischen Materie, namentlich der Säfte, gerichtet. — Man hat zwar eine solche Zersetzung im lebenden Organismus geläugnet, und, in Beziehung auf die wirkliche Fäulnifs, wohl mit Recht; da dieselbe erst nach dem gänzlichen Verschwinden der Lebenskraft, ent­weder Örtlich bei dem brandigen Absterben eines Kor-pertheils, oder aligemein mit dem Tode des ganzen Kör­pers eintritt; die Erfahrung lehrt dagegen aber auch, dafs eine Neigung zur Zersetzung oder selbst ein geringer Grad derselben bei allen asthenischen Fiebern, bei Faul-und Nervenfiebern (Typhus), bei dem Milzbrande und dergl. sich entwickelt und dafs örtlich eine wirkliche Ab­sterbung und Fäulnifs eintritt. Diese beginnende Zer­setzung entsteht mehrentheils aus mangelnder Lebenskraft in den Organen, zum Theil aber auch aus fehlerhafter Mischung der Säfte, verursacht durch zu grofse Entzie­hung oder zu starke Verdünnung derselben, oder durch aufgedrungene fremdartige Stoffe, besonders durch an­steckende Stoffe, miasmatische Einflüsse und Gifte. Die fäulnifswidrige Wirkung mul's daher vorzüglich durch Auf­regung der Lebensthätigkeit, durch hinlängliche Einver­leibung gesunder Nahrungsstotfe, durch Verminderung der zu reichlichen Ausleerungen, und zum Theil auch auf chemische Weise durch unmittelbare Beschränkung der weitern Entmischung, vermittelt werden. Dies kann, den speziellen Umständen entsprechend, durch flüchtige und fixe lleizmittel, durch die adstringirenden Mittel, nament­lich durch die Mineralsäuren, die versüfsten Säuren, die Citronensäure und andere Pflanzensäuren, durch die China-, Eichen- und Weidenrinde und dergl., durch das Kochsalz, die Kälte (kaltes Wasser zum Getränk, zu Begiefsungen und Waschungen), reine, sauerstoffreiche und kühle Luft, gesunde und leicht verdauliche Nahrungsmittel u. s. w. geschehen.
sect;• 79. j) Die säure widrige Wirkung besteht darin, dafs eine, bei manchen Krankheiten im Magen in zu grofser
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Menge und von zu scharfer, widriger Beschaffenheit ent­wickelte Säure durch Arzneimittel entweder chemisch ge­bunden, unwirksam gemacht und ausgeführt, oder dafs ihre fernere Erzeugung durch Umstimmung der absondern­den Thätigkeit des Magens verhütet wird. Gewöhnlich pflegt man nur die erstere Art der Wirkung als eine säurewidrige zu bezeichnen, und in dieser Beziehung das Kali, Holzasche, und Natron, die reine Thonerde, den kohlensauren Kalk (Kreide, Eierschaalen, Austerschaalen), die Magnesia (Bittererdc), selbst den Aetzkalk und .(Jas Kalkwasser als säurewidrige Mittel zu betrachten. Diese Mittel bewirken zwar, indem sie gleichsam die Säure im Magen absorbiren und sich mit derselben zu einem mil­den Mittelsalze verbinden, eine schnelle Verminderung der von der Säure erzeugten üblen Zufälle: ihre Wirkung ist aber stets nur oberflächlich und bald vorübergehend. Die gründliche Verhütung der Säureerzeugung ist schwer zu erreichen, weil man ihre Ursachen und den dabei be­stehenden pathologischen Zustand der absondernden Drü­sen und Gefäfse des Magens nicht genügend kennt. Da jedoch mehrentheils Schwäche der Verdauungseingeweide, bald mit zu grofser, bald mit zu geringer Reizbarkeit da­bei gleichzeitig vorhanden ist, so leisten bittere, gelind er­regende und zusammenziehende Mittel in der Regel die besten Dienste.
sect;• 80. s) Eine amp;Ttein- und griestreibende Wirkung hat man bei einigen Arzneimitteln angenommen, welche sich durch eine solche spezifische Richtung auf die Harnwerk­zeuge auszeichnen, dafs sie theils die Ab- und Ausson­derung des Urins vermehren, theils und vorzüglich aber die Bestandtheile und chemische Beschaffenheit desselben so umändern, dafs seine Neigung zur Bildung erdiger Concretionen in den Nieren, in den Harnleitern und der Blase aufgehoben wird, oder schon vorhandene Erzeug­nisse der Art mit dem Urin ausgeführt werden, — wenn dies nämlich ihre Grofse gestattet. Solche Mittel sind:
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Kali, Natron und Magnesia, sowohl für sich allein als auch in Verbindung mit Kohlensäure, das Kalkwasser, die Seifen, die Salzsäure, das Chlorwasser, Chlorkalk, Salpetersäure, Essig, die Bärentraube, Zucker, Mohrrüben und andere süfse Wurzeln, frische, saftige Pflanzen und dergleichen Früchte.
Ehemals glaubte man auch, jedoch irrthümlich, dafs durch diese Mittel selbst eine Auflösung und Vernichtung der bereits gebildeten Concretipnen erfolge, und man nannte sie deshalb auch steinauflösende, oder sogar steinzerreibende Mittel (Lidiontriptica).
sect;. 81.
cki) Die scharfe, die Haut rothende Wirkung besteht in einer örtlichen Reizung der Haut, wodurch au der gereizten Stelle ein juckendes, brennendes oder beifsen-des Gefühl, verstärkter Zuflufs des Blutes, erhöhete Wärme, Anschwellung und, bei weifser Haut auch vermehrte, dunk­lere Röthüng derselben, entsteht. Bei stärkern Graden der Reizung erfolgt aufserdem noch aus den Haargefäfsen der Haut eine Ergiefsung seröser Flüssigkeiten, welche entweder frei durch die Oberhaut schwitzen, oder sich an einzelnen Stellen unter derselben ansammeln, und sie zu Bläschen erheben; in beiden Fällen pflegt die Ober­haut hiernach bald mehr, bald weniger vollständig abge-stofsen zu werden und zugleich mit der ausgeschwitzten Flüssigkeit zu Schuppen oder Schorfen zu vertrocknen. Wird aber die Reizung der Haut an derselben Stelle auf gleiche Weise fortgesetzt, so kann dadurch auch Eiterung entstellen. Die scharfe Wirkung besteht also in verschie­denen Graden von Entzündung der Haut. — Eine sol­che reizende Wirkung verursachen alle Arzneimittel, wel­che einen scharfen Stoff, ätherisches Oel oder andere flüchtige Bestandtheile reichlich besitzen, wie namentlich: Senf, Meerrettig, Pfeffer, Spanischer Pfeifer, Zwiebeln, Terpentin, Terpentinöl, Lorbeeröl, Salmiakgeist, rektifi-zirter Weingeist, Spanische Fliegen und ihre Präparate u. dgl. Diese Mittel werden als Einreibungen. Waschungen oder
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als Umschläge unmittelbar auf die Haut gebracht; der Grad ihrer Wirkung ist nicht allein von dem Grade ih­rer spezifischen Schärfe, sondern zum Theil auch von laquo;der Empfindlichkeit und Zartheit der Haut, und von der Dauer ihrer Berührung mit derselben, abhängig; denn ein und dasselbe Mittel kann, wenn die Oberhaut sehr dick und die Zeit der Berührung nur kurz ist, blos als ein die Haut röthendes, und unter entgegengesetzten Umstän­den als ein blasenziehendes Mittel wirken. Im Allge­meinen erscheint die Wirkung dieser Mittel bei den Haussäugethieren verhältnifsmäfsig viel heftiger als bei Menschen.
Die ganze Wirkung kann auch durch das Einströmen äufserer Hitze in die Haut, z. B. durch siedendheifse Flüssigkeiten, durch heifses Metall, selbst starke Sonnen­hitze u. dergl. erzeugt, und jederzeit durch vorher ge­machte Frottiruugen sehr befördert werden.
Die angedeutete Wirkung der scharfen und der bla­senziehenden Mittel kann im Allgemeinen auf zwiefache Weise zur Heilwirkung werden, nämlich: 1) indem an dem Orte der Anwendung und oft (durch Consensus, oder durch Uebcrgang der reizenden Stoffe ins Blut u. s. w.) auch im ganzen Körper, eine starke Aufregung der Le-bensthätigkeit erfolgt; 2) aber, indem, nach dem Gesetz des Antagonismus, durch die örtliche Reizung, und bei den blasenziehendsn Mitteln auch durch die Ausleerung von Säften, das Blut von andern Organen abgeleitet, die Reizbarkeit und die Vegetation in den letztern gemindert, die Resorption aber gesteigert wird. Auf die erste Weise wirken diese Mittel als belebende, krampfstillende, resor-birende, zertheilende Heilmittel bei Lähmung, Schwund, Krampf, bei asthen. torpider Entzündung, bei dergl. Ex-travasaten und Verhärtungen; auf die zweite Weise wer­den sie bei Entzündungen tief liegender, innerer, edler Organe, bei Rheumatismus, bei Hypertrophie u. s. w. sehr nützlich.
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sect;. 82. bb) Die ätzende (caustisclie) Wirkung besteht darin; dais durch die chemischen Kräfte gewisser Substanzen das organische Gewebe und die Vitalität in den von ihnen unmittelbar betroffenen Organen zerstört wird. Gewöhn­lich wird hierbei das organische Gewebe zuerst erweicht, selbst bald mehr bald weniger flüssig, dann aber in einen harten, trockenen Schorf umgewandelt. Diese Erscheinun­gen entstehen nur durch die chemische Einwirkung der ätzenden Stoffe, indem dieselben nach den Gesetzen der chemischen Wahlverwandschaft sich mit den Bestandthei-len der von ihnen berührten Organe verbinden. Sie ent­stehen daher am todten wie am lebenden Körper; an dem Letztern treten aber noch andere Erscheinungen hinzu. Denn gleich bei dem Entstehen dieser Wirkung und ehe die Zerstörung völlig geschieht, wird die Lebensthätigkeit zu Reaktionen angeregt, und Schmerz, stärkerer Zuflufs der Säfte, und darauf Entzündung und Eiterung im Um­fange der geätzten Stelle hevorgerufen; auch werden von den meisten Aetzmitteln die wirksamen Bestandtheile dnreh Absorption in die Säfte aufgenommen und hierdurch an entfernten Organen spezifische Wirkungen erzeugt. (Siehe z. B. spez. Arzneimittellehre vom Arsenik.) Die ätzende Wirkung ist daher weder eine blos örtliche, noch eine rein chemische. Zu den Aetzmitteln gehören: die reinen Alkalien, die reine Kalkerde, die conzentrirten Mineral-säuren, salpetersaures Silber- und Quecksilber-Oxj-d, Chlor-Zink, ätzendes Chlor-Quecksilber, Chlor-Spiefsglanz, ro­tlies Quecksilber - Oxyd, gebrannter Alaun, schwefelsaures Kupfer-Oxyd, Arsenik. — Ihnen ähnlich wirkt das glü­hende Eisen. — Die Heilwirkung dieser Mittel besteht in der Zerstörung und Entfernung krankhafter, besonders wuchernder Gebilde, in der Zerstörung ansteckender Stoffe in Wunden und Geschwüren, — in der Erregung eines lebhafteren Heiltriebes und in der antagonistischen Herab-stimmung der Thätigkeit in andern Organen.
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IV. Von den Bedingungen, durch welche die Wirkungen der Arzneimiüel verändert werden können.
sect;. 83. _ Die Erfahrung lehrt, dafs die Wirkungen eines Arz­neimittels im kranken Thierkorper nicht in jedem Falle und nicht unter allen Umständen sich völlig gleichmäfsig zeigen, sondern dafs sie häufig sowohl im Grade der Stärke, wie auch in der Art ihrer Erscheinungen von den gewöhnlichen Wirkungen abweichen, oder dafs sie sogar ganz ausbleiben. Der allgemeinste Grund hiervon besteht darin: dafs die Arzneimittel weder absolute Csect;. 14. sect;. 36.), noch nothwendige Wirkungen besitzen, sondern dafs ihre Wirkungen überhaupt, und somit auch die Modifikationen derselben, von gewissen Bedingungen und Verhältnissen abhängig sind (sect;. 3.).
sect;• 8^-
Diese Bedingungen sind daher von der gröfsten Wichtigkeit und verdienen stets eine genaue Beachtung. Sie liegen theils A. in den Arzneimitteln, — theils B. im kranken Organismus, — und theils C. in der gleichzei­tigen Einwirkung anderer Einflüsse.
Bei den Arzneimitteln beziehen sie sich: d) auf die materielle Beschaffenheit und Güte derselben; h] auf ihre Form oder Gestalt bei der Anwendung; c) auf die Con-zentration; d') auf die Verbindung mit andern Arzneimit­teln; e) auf die Gabe;/) auf die Art und Dauer der Ein­wirkung, und g) auf die Wiederholung der Anwendung. — Auf Seiten des kranken Organismus sind es: li) die Thier-gattung; €) das Alter; 1t) das Geschlecht; V) die Constitu­tion und das Temperament; m) der Krankheitszustand, und n) der Ort und das Organ zur Applikation; und hin­sichtlich der äufsern Einflüsse sind es; o) das diätetische Verhalten der Tliiere, besonders ihr Futter und Getränk; /)) die Luft (ihre Reinheit. Temperatur, Electrizität): und q) Klima und Witterung.
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sect;. 85. a) Da die spezifischen Kräfte eines jeden Arzneimit­tels von seinen eigenthümlichen materiellen Bestandthei-len und Eigenschaften abhängig sind, so erscheint als die erste wesentliche Bedingung für die Erzeugung sicherer und gleichartiger Wirkungen: die gleichartige Quali­tät der Arzneimittel. Dieselbe kann jedoch geändert werden: 1) bei Arzneimitteln aus dem Thierreiche, durch das Alter, die Art der Ernährung, den gesunden oder kranken Zustand der Thiere, durch das Klima, die Jah­reszeit u. s. w.; so enthält. z.B. das Fleisch junger Tliiere viel mehr Gallerte, das Fleisch alter Thiere dagegen mehr Osraazom, Faserstoff und Eiweifs; eben so ist die Milch nach Verschiedenheit der Nahrungsmittel von sehr ver­schiedenen Eigenschaften. — 2) Bei vegetabilischen Arz­neimitteln sind Veränderungen bedingt: a) durch den Standort der Arzneipflanzen; denn die Erfahrung zeigt, dafs fast alle wildwachsende Pflanzen wirksamer sind, ds die in Gärten cultivirten; dafs Pflanzen von der­selben Spezies auf sonnigen, trocknen Orten und auf Ber­gen mehr aromatische, an schattigen, feuchten Orten mehr fade und wässerige, und im Sumpfboden mehr scharfe Be-staudtheile in sich entwickeln, als dies auf entgegenge­setzten Standorten geschieht, i) Durch das Klima, in­dem viele Pflanzen in gewissen Ländern und unter ge­wissen Breitegraden ihre eigenthümlichen Bestandtheile und Kräfte vollständig entwickeln, wie z. B. diejenigen, welche Kampher, Schleimharze u. dgl. enthalten, c) Durch das Alter der Pflanzen; denn der Erfahrung zufolge ent-halten sehr junge Pflanzen viel mehr Schleim als zur Zeit ihrer völligen Ausbildung, dafür aber wenig oder gar keine von den ihnen später eigenthümlichen Substanzen; z. B. fast alle Giftpflanzen sind in der ersten Zeit nach dem Aufkeimen unschädlich, und das Bilsamkraut ist im ganzen ersten Jahre nur von sehr geringer Wirksamkeit. d) Durch die Zeit des Einsaramelns, weil in den Pflanzen nicht zu allen Zeiten die wirksamen Bestand-
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theile gleichmäfsig entwickelt sind, sondern z. B. in den perennirenden Wurzeln mehrentheils im Frühlinge, vor dem Treiben der Stengel und Blätter, — bei den einjäh­rigen dagegen mehr im Herbst, nach völliger Ausbildung der Pflanzen, — bei den Rinden am besten im Frühjahre, besser in den jungen Stämmen und Zweigen als in den alten und dergl. — 3) Bei zubereiteten Mitteln durch die Art und Methode ihrer Bereitung. Manche Arzneistoffe werden zwar in dem einfachen Zustande an­gewendet, in welchem sie die Natur erzeugt hat; aber die meisten werden vorher auf gewisse Weise zubereitet, oder selbst erst durch künstliche chemische Prozesse ge­wonnen. Für manche Mittel giebt es mehr als eine Be­reitungsart, und deshalb sind auch ihre Bestandtheile und Wirkungen wenigstens quantitativ verschieden, z. B. bei der Blausäure, bei dem Brechweinstein, bei manchen Ex-tracten und andern. - - 4) Bei allen Arzneimitteln durch die Art und Dauer der Aufbewahrung. Luft, Licht, Wärme und Feuchtigkeit entziehen den Arznei­mitteln einzelne Bestandtheile oder verursachen Zerset­zungen, wie besonders bei Blausäure, Höllenstein, bei kohlensauren Kalien, bei dem Aetz-Kali, den Schwefel-Kalien u. s. w. Die Wirkung eines frisch eingesammel­ten oder frisch bereiteten Mittels ist daher fast immer viel kräftiger als die eines alten und verlegenen. — 5) Durch absichtliche, zum Betrug gemachteVer-fälschlingen, wie z. B. bei dem Opium durch Beimen­gung des Süfsholzsaftes, bei dem Stinkasand durch ein Gemenge von Zwiebelsaft, bei dem Saffran durch getrock­nete feine Fleischfasern, bei der Arnika durch die Blü-then von Doronicum Austriacum u. s. w. bewirkt werden.
sect;. 86. 6) Unter der Form der Arzneimittel oder der zube­reiteten Arzneien versteht man sowohl ihre äufsere Ge­stalt als auch die, derselben zum Grunde liegenden Con-sistenz. In Beziehung auf die letztere unterscheidet man im Allgemeinen 1) eine trockene und feste, 2) eine
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weiche oder breiartige, 3) eine tropfbar flüssige und 4) eine elastisch flüssige (Dampf- oder Gasform). Zu der ersten gehören die Pulver; zu -der zweiten die Pillen, Latwergen, Bissen, Breie, Salben und Pflaster; zu der dritten die Auflösungen, Infusionen, Abkochungen, Tinkturen, Mixturen, Emulsionen und Linimente; und zur vierten gehören die Dämpfe und Gasarten. Die meisten Arzneien sind in mehr als eine Form zu bringen und an­zuwenden; aber die Erfahrung zeigt, dafs nicht jedes Me-dikamet in allen Formen gleich zweckmäfsig zu benutzen ist, dafs in manchen Formen die wirksamen Bestandtheile unverändert bleiben, in manchen freier entwickelt und wirksamer gemacht, in andern aber eingehüllt und be­schränkt werden können. Aufserdem ist aber auch nicht jede Form für die verschiedenen Applicationsstellen, nicht bei allen Krankheiten und selbst nicht für die Thiere je­der Gattung gleichmäfsig geeignet. Unter gleichen Um­ständen hält man diejenige Form für die beste, bei wel­cher am wenigsten chemische Veränderungen der Bestand­theile erfolgen, und bei der alle wirksamen Bestandtheile des Mittels zur gleichmäfsigen Entwickelung gelangen; doch kann der Heilzweck hiervon eine Ausnahme ver­langen und nur die Entwickelung des einen Bestandtheiles wünsch ens werth machen *).
sect;. 87. 1) Die Pulverform enthält die einfachen Arzneien ara meisten unverändert, da das Pulverisiren nur in der mechanischen Trennung und Verkleinerung, ohne irgend eine chemische Umänderung derselben besteht. Daher sind auch die quot;Wirkungen eines pulv. Arzneimittels nicht wesentlich verschieden von denen, welche bei der An­wendung desselben Mittels in fester Substanz (in einem
*) Die llegpln zum Verordnen einer Arzneiform ans der Apo­theke lehrt die Rezeplirkundc. Siehe hierüber: Ecke], G. F., thier-an | 'ira'l. Rezeptiiknnst Wien 1826. 8vo. oder — Kreuzer, J. M., ne i Handb. d. lliierärztl. Arzneiverordnnngslelire. Augsburg 1837. 8vo.
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Stücke) entstehen: dagegen sieht man aber durch diese Verschiedenheit des Aggregatzustandes sehr oft Verschie­denheiten in der. Starke, in der Ausbreitung und in der Schnelligkeit der örtlichen Einwirkung und somit auch in der ganzen Wirkung, bedingt. Denn die pulv. Arznei­substanz besitzt mehr Berührungspunkte als ein festes Stück derselben; sie verbreitet sich bei dem geringen Zu­sammenhange ihrer Theile mehr und schnell auf eine gröfsere Oberfläche, tritt schneller und gleichmäfsiger mit den vorhandenen Säften in Verbindung, und es erfolgen eben so die Reaktionen von Seiten des Körpers. Ist aber dieselbe Arznei nur in einem Stücke angewendet, so bleibt seine Einwirkung auf eine Stelle beschränkt, seine chemische Natur unverändert, die Wirkung wird langsamer, aber oit örtlich zu eingreifend, selbst zerstö­rend. Die meisten Mittel wirken jedoch in Pulverform etwas langsamer als in Auflösungen, weil sie an dem Orte ihrer Anwendung erst aufgelöst oder auf andere Weise, z. B. bei innerlicher Anwendung durch die Verdauung, zur Wirkung vorbereitet werden müssen. Diese Anwen­dung setzt daher eine immer noch nicht zu sehr ge­schwächte Verdauungskraft voraus, besonders bei solchen Pulvern, welche holzige, schwer auflösliche oder mit un­verdaulichen Stoffen gemengte Pflanzcnbestandtheile ent­halten. — Aufserdcin vertheilen sich die Pulver im Ma­gen und Darmkanal ungleichmäfsiger als flüssige Arzneien, und sie können daher, wenn sie stark reizende, scharfe Bestandtheile enthalten, sehr leicht an einzelnen Stellen eine zu heftige örtliche Wirkung, selbst Entzündung und Aetzung verursachen. Die Thiere erleiden diese örtlichen Einwirkungen bei der Anwendung solcher Pul­ver noch mehr im Maule, weil sie jedes Pulver erst kauen und dadurch auf längere Zeit mit der Zunge, den Backen u. s. w. in Berührung bringen, ehe sie es ver­schlucken. Bei Schweinen entsteht sogar leicht eine hef­tige Bräune und selbst der Tod durch scharfe feine Pul­ver. Diese Form der Medikamente ist deshalb zur inner­lichen
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liehen Anwendung bei kranken Thieren nur sehr wenig geeignet und fast nur noch bei den sogenannten Frefs-pulvern, Drusenpulveru und Lecken (letztere für Schafe) gebräuchlich.
Aeufserlich wirken die Pulver theils nach ihren eigenthümlichen chemischen und dynamischen Kräften, theils aber auch mechanisch, durch den Reiz bei der Be­rührung, und in Wunden und Geschwüren noch durch Absorption der abgesonderten Flüssigkeiten, daher aus­trocknend.
sect;• 88.
2) In der weichen oder breiartigen Consistenz sind mehrentheils Pulver, und neben ihnen verschiedene, flüs­sige oder weiche Bindemittel zusammengemengt enthalten. Von der Beschaffenheit der Letztern hängt es zum gröfs-ten Theile ab, ob die wirksamen Stoffe der Arznei schnell oder langsam aufgelöst; mit einer gröfsern oder geringeren Oberfläche der betreffenden Organe in Berührung gebracht werden. So z. B. gestatten Althaewurzelpulver, Mehl, Ei weis, Fett, Talg und manche Extrakte nur eine lang­same, dagegen Honig, Zucker, Syrup, Süfsholzsaft, Seife eine schnelle Auflösung der mit ihnen verbundenen Arz­neimittel. — üeber die, von den hierher gehörigen For­men bedingte Verschiedenheit der Wirkungen ist hiernach zu bemerken:
Bei den Pillen. Sie wirken fa|t ganz so, wie die Pulver, aus denen sie bestehen. Auch hier ist ein ge­wisser Grad von Verdauungskraft erforderlich, um die Wirkung zur Entwickelung zu bringen, und zwar nicht allein wegen der unauflöslichen Beschaffenheit der in den Pillen enthaltenen Pulver, sondern zuweilen auch wegen der Pillenmasse selbst, besonders wenn schwer auflösliche Bindemittel zur Bereitung der Pillen benutzt sind, oder wenn die Letztern bereits alt und hart geworden sind. In diesem Falle lösen sie sich gewöhnlich nicht im Ma­gen ganz auf, und ihre Wirkung entwickelt sich dann auch nicht in ihm, sondern erst im Dickdarm, daher spät
Hprtirig Arnmmincilclirr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;O
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und unvollständig. Werden solche harte Pillen in schnell auf einander folgenden Zwischenzeiten eingegeben, so kommen leicht mehrere Gaben in dem Verdauungskanale zusammen und bringen gemeinschaftlich eine ungewöhn­lich heftige Wirkung hervor. — Hunde brechen sehr häufig die Pillen wieder aus, noch ehe dieselben ihre Wir­kung beginnen. Dagegen hat diese Form den Vorzug, dafs scharfe Substanzen vollständig eingehüllt und ohne nachtheilige Einwirkung auf das Maul oder auf den Schlund in den Magen gebracht, und dafs die einzelnen Gaben der Medikamente sehr genau abgetheilt werden können.
Die Latwerge enthält ebenfalls die wirksamen Be-standtheile der Arzneien, aus denen sie besteht, ohne we­sentliche Veränderungen. Da sie weicher ist als die Pil­len, so ist sie auch leichter im Magen auflöslich, wirkt daher etwas schneller und gleichinäfsiger, und besitzt da­bei doch noch die meisten Vorzüge der Pillenform. Wenn aber zur Bereitung der Latwergen süfse, leicht in Gäh-rung übergehende Säfte benutzt worden sind, so entsteht zuweilen eine Gährung der Arznei und hierdurch eine schädliche Umänderung ihrer Bestandtheile und Wir­kungen.
Die Eigenschaften der Bissen, kommen mit denen der Pillen und Latwergen fast ganz überein.
Bei Breiumschlägen kann durch schlechte Berei­tung und fehlerhafte Anwendung die sonst gewöhnliche Wirkung ihrer Bestandtheile verändert erscheinen; z. B. wenn aromatische Kräuter stark gekocht, wenn die Brei­massen zu schwer und drückend gemacht oder zu heifs angewendet, oder zu selten und in verschiedenen Wärme­graden gewechselt werden.
Die Salben werden, wenn sie Fett enthalten, mit der Zeit ranzig und scharf, und bedingen hierdurch eine gröfsere Reizung, als sie für sich allein haben sollten. Salben ohne Fett (z. B. die aus Eigelb und dergl. be­stehende Digestivsalben) zersetzen sich leicht auf andere
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Weise, und solche, die reich an metallischen Bestandthei-len sind, lassen dieselben sehr leicht auf den Boden des Gefäfses fallen, besonders wenn sie (lurch die Wärme mehr weich oder flüssig geworden sind. Hierdurch wer­den ungleiche, bald zu geringe, bald zu heftige Wirkun­gen bedingt. — Werden Salben auf die Haut stark ein­gerieben, so kann das Reiben eine ungewöhnliche, rei­zende Nebenwirkung erzeugen; ein blofses Aufstreichen auf die behaarte Haut ist dagegen meistens mit zu gerin­gen Wirkungen begleitet, besonders bei den Salben, wel­che scharfe Stoffe enthalten und durch welche Reizung bezweckt werden soll.
Der Salbe sehr ähnlich, aber flüssiger als sie,; ist das Liniment, von dem Alles gilt, was von der Salbe gesagt worden ist.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. _.
Die Pflaster sind gröfstentheils durch Schmelzen und Zusammenmengen von Harzen, Wachs und dergl. bereitet. Durch das Schmelzen, besonders bei zu starker Hitze, können aber die aromatischen und andere flüch­tige Stoffe zerstört werden, imd dann die Pflaster eine ungleiche Wirkung zeigen. — Im Ganzen finden die Pflaster bei kranken Thieren nur eine sehr beschränkte und seltene Anwendung, weil die behaarte und durch den Hautmuskel sein- bewegliche Haut, mehrentheils ein gro-fses Hindernifs dabei ist.
sect;• 89. 3) Die flüssigen Arzneiformen sind am meisten ge­eignet, eine schnelle und gleichmäfsige Wirkung zu be­dingen, da in ihnen die wirksamen Bestandtheile am leich­testen mit einer gröfsern Fläche des Thierkörpers schnell und gleichmäfsig in Berührung gebracht und auch leichter absorbirt werden können. Diese Formen der Arzneien verdienen daher bei grofser Schwäche der Verdauimgsein-geweide, bei den meisten akuten Krankheiten, und beson­ders bei den innerlichen Krankheiten der wiederkäuenden Thiere den Vorzug vor den übrigen, und zwar bei den letztern deshalb, weil die flüssigen Mittel Chauptsächlich
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wenn man sie in kleinen Quantitäten einschüttet) sicherer in den vierten Magen und in den Darmkanal gelangen als trockne und feste Mittel. Die Letzteren kommen da­gegen, besonders wenn sie in grofscn Portionen gereicht werden, mehrentheils in den Wanst und in die Haube, wo sie neben den grofsen Futtermassen nur langsam und schwach wirken. Wenn aber die flüssigen Arzneien nicht mit gehöriger Vorsicht den Thieren eingegeben werden, so dringen sie zuweilen in den Kehlkopf, und weiter in die Luftröhre und Lunge, und verursachen daselbst, nach Verschiedenheit ihrer Qualität, Reizung in verschiedenen Graden, Husten, Erstickungszufälle, Bräune, Lungenent­zündung, und selbst den Tod^ — Zufälle, die man ganz unrichtig zuweilen als eigenthümliche Wirkungen der Arz­neimittel betrachtet. Dergleichen widrige Zufälle entste­hen vorzüglich leicht, wenn die Thiere schon an Respi-rationsbefchwerden leiden, und am häufigsten bei Pferden, Schweinen, Hunden und Katzen, weniger bei Schafen und Ziegen, und am wenigsten bei dem Rindvieh.
Aufserdem können die flüssigen Arzneimitel durch die zu ihrer Bereitung benutzten Flüssigkeiten auf mehrfache Weise von ihrer ursprünglichen Qualität, und somit auch von ihren eigenthümlichen Wirkungen abweichend gemacht werden. Dies geschiehet vorzüglich: A) durch die Art der Flüssigkeit, welche als Lösungsmittel dient; denn wenn dieselbe nicht chemisch reines Wasser, sondern kohlen­säurehaltiges, kalkhaltiges oder salziges Brunnenwässer, Essig, Weingeist u. s. w. ist, so tritt ein neuer, wirksa­mer Stoff zu dem Arzneimittel hinzu, und dasselbe ist daher als eine neue Mischung zu betrachten. Dabei kommt noch sehr viel darauf an: ob das Lösungsmittel einen Arz­neikörper ganz oder nur zum Theil in sich aufnimmt (z.B.Wasser als Auf lösungsmittel der Schleimharze nimmt nur das Gummi auf) — ob es die Bestandtheile in ihren eigenthümlichen Verbindungen läfst, oder sie trennt und in andere Verbindungen bringt, B) Durch die Menge der benutzten Flüssigkeit; denn hiervon hängt, es ab, ob
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die Arznei die wirksamen Bestandtheile eines Mittels sehr conzentrirt oder sehr verdünnt enthält, u. s. w. (Siehe sect;. 91.) C) Durch den Grad und die Dauer der Einwir­kung der Wärme bei der Bereitung, so wie auch auf den Grad der Wärme bei der Anwendung mancher Auflösun­gen, der Aufgüsse, Dekokte u. a. flüssige Arzneien.
In der Auflösung ist die ganze Substanz eines Arzneimittels chemisch mit der Flüssigkeit verbunden. Zu den Auflösungsflüssigkeiten benutzt man, den chemi­schen Eigenthüralichkeiten der Mittel und den Heilzwecken entsprechend, Wasser, Weingeist, ätherische und fette Oele, Säuren und dcrgl., und es gelten daher hinsichtlich der, durch sie bedingten Veränderungen die im Vorste­henden gemachten Andeutungen.
In den Aufgüssen oder Infusionen sind nur die flüchtigen und leicht auflöslichen Bestandtheile eines ve­getabilischen Arzneistoffes enthalten, die Wirkungen daher meistens etwas milder und schneller vorübergehend, oft aber auch flüclitiger als bei denselben Mitteln, wenn sie in Pulverform angewendet werden. Aufgüsse von solchen Arzneimitteln, welche blos fixe Bestandtheile enthalten, wirken weit schwächer als die Dekokte von denselben Mitteln.
Die Abkochung enthält mehrentheils die fixen, schwer auflöslichen Bestandtheile eines Mittels, welche aus ihm durch die Siedhitze ausgezogen worden sind; be­sitzt dasselbe auch flüchtige Stoffe, so werden diese beim Kochen entweder ganz zerstört; oder doch sehr geschwächt. Rein flüchtige Mittel, im Dekokt angewandt, wirken da­her schwach und unregclmäfsig, dagegen die Dekokte von fixen, Cz. B. von bittern und adstringirenden) Mitteln wir­ken in dieser Form leichter und schneller, als dasselbe Mittel in Pulverform.
In der Tinktur wird die spezifische Wirkung der Arzneistoffe theils durch die Mitwirkung des Weingeistes, theils aber dadurch sehr verändert, dafs durch den letz-letztcrn zwar die meisten, aber doch nicht alle Bestand-
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theile aufgenommen werden, wodurch dann die Wirkung einseitiger wird, als sie bei dem ursprünglichen Arznei­mittel ist.
Die Mixtur enthält in einer Flüssigkeit mehrere Arzneimittel, sowohl äuflösliche als auch unauflösliche, gemengt. Sind die Mittel auflöslich, so heifst die Mixtur eine einfache, sind sie unauflöslich, so heifst sie Schüt­telmixtur, weil sie im letztern Falle vor dem Gebrauch jedesmal umgeschüttelt werden mufs, damit die auf den Grund gesunkenen unlöslichen Bestandtheile sich wieder gleichmäfsig in der Flüssigkeit vertheilen. Wird dies un­terlassen, so ist die Wirkung von verschiedenen Gaben derselben Arznei sehr ungleich. Ausserdem erfolgen in den Mixturen sehr oft gegenseitige Zersetzungen der in sie gebrachten Mittel.
Die Emulsion ist der Mixtur im Wesentlichen ganz ähnlich, jedoch viel consistenter als sie. In ihr sind ge-Avöhnlich schwer auflösliche, oder ganz unauflösliche, oder scharfe Substanzen durch ein Bindemittel (Schleim, Ei- ^ weis, Eigelb) mit der Flüssigkeit verbunden. Manche Arzncimmittel wirken daher in dieser Form milder und weniger örtlich reizend, als in Substanz angewandt; auch gehen die schweren und unauflöslichen Mittel auf den Boden des Gefäfses, und die Emulsionen erzeugen dann ebenfalls sehr ungleiche Wirkungen, wenn sie nicht vor der Anwendung gut umgeschüttelt werden. Aufseydem zersetzen sich die Emulsionen leicht, gehen in Gährnng über, und verändern dann die Wirkungen auf qualitative Weise.
sect;. 90.
4) Die elastisch-flüssige oder die Dampf- und Gasform ist bei einzelnen Arzneimitteln im gewöhnlichen Zustande derselben vorhanden, z. B. bei Sauerstoffquot;, Chlor, Kohlensäure; manche Heilmittel nehmen diese Form schon bei der gewöhlichen Temperatur an (z. B. Aether, Al­kohol, Blausäure); — bei andern ist sie vollständig nur durch Einwirkung eines höheren Wärmegrades, bald mit
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bald ohne Mitwirkung von Flüssigkeiten zu erhalten (z. B. bei Essig, Terpentinöl, Theer, aromat. Pflanzen); — und bei mehreren Mitteln erzeugt man sie durch wirkliches Verbrennen (z. B. bei Wachholderbeeren, Wachholder-holz, Bernstein, Zucker, Schwefel). Bei den Mitteln der ersten und zweiten Art erfolgt die Wirkung durch ihre eigentliümlichen Bestandtheile allein und deshalb ohne bemerkbare Veränderung. Bei denen der dritten Art sind die zur Dampferzeugung benutzte Wärme und Feuchtigkeit stets mitwirkende Einflüsse, welche bald mehr bald we­niger Nebenwirkungen bedingen, indent sie in geringem Grade die Lebensthätigkeit erhöhen, namentlich die Ab­sonderungen, die Resorption und den ganzen Stoffwechsel befördern, — bei höhern Graden aber durch Verbrühen stark reizen, und selbst die Oberfläche der betrofl'enen Organe zerstören. Ausserdem kann auch durch grellen Wechsel in der Einwirkung der warmen Dämpfe und der kälteren Atmosphäre eine nachtheilige Wirkung erfolgen. — Bei der Dampf- (eigentlich Rauch-) Erzeugung durch das Verbrennen der Arzneimittel werden nicht blos die flüch­tigen Bestandtheile der Letztern verdunstet, sondern die Mittel werden dabei gröfstentheils zerstört und die ver­dunstenden Stoffe werden zum Theil chemisch verändert, namentlich empyreumatisch, deshalb mehr reizend; so z. B. enthält der Dampf von verbranntem Schwefel nicht mehr den Letztem, sondern schwefliche Säure, — der Rauch von verbrannten Wachholderbeeren nicht blos äthe­risches, sondern auch brenzliches Oel. — Ausserdem ist bei allen Mitteln in der elastisch-flüssigen Form noch zu bemerken, dafs die wirksamen Bestandtheile durch die zwischen ihnen befindliche Luft oder durch dampfförmiges Wasser stets in einem gröfsern Räume vcrtheilt erhalten werden und deshalb für sich allein sehr selten eine starke örtliche Einwirkung erzeugen. Doch kann die Menge dieser Luft- oder Wassertheile sehr verschieden sein und hierdurch das Mittel eine verschiedene Conzentration und Stärke erhalten. Uebrigens dringen die elastisch-flüssigen
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Arzneimittel in die organische Substanz des Thierkörpers leicht ein, und werden schnell absorbirt. Sie wirken so­wohl durch unmittelbare Berührung, als auch durch Ue-bergang in die Säfte. Ihre Anwendung findet hauptsäch­lich bei örtlichen Krankheiten der Nasen-, der Stirn- und Rachenhöhle, der Luftröhre und der Bronchien, des Mast­darms und der Haut, so wie bei manchen Wunden, Ge­schwüren und Geschwülsten statt, zuweilen auch bei all­gemeinen Krankheitszuständcn, wie namentlich bei rheu­matischen und katarrhalischen Leiden, bei Faulfieber, u. dgl-
sect;• 91. c) Unter Conzentration versteht man das Verhält-nifs der wirksamen Bestandtheile einer Arznei zu dem ganzen Volumen derselben. Dieses Verhältuifs ist in vie­len Mitteln schon von Natur sehr verschieden, und ausser-dem kann es in allen durch künstliche Zubereitungen noch weit mehr verändert werden, wie besonders bei flüssigen Formen durch die Menge der benutzten Auflösungsmittel, bei Latwergen, Pillen, u. s.w. durch die Menge der Bin­demittel, bei Salben durch die Quantität des Fettes, bei wirksamen Pulvern durch den Zusatz von andern, weniger wirksamen Pulvern u. dgl. Je nach der Stärke der Con­zentration ist auch die Wirksamkeit der Mittel sehr ab­weichend, und zwar nicht allein im Grade der örtlichen Einwirkung, sondern auch oft in der Art der Wirkung. Jene ist immer am heftigsten und gleichmäfsigsten, wenn ein Mittel recht conzentrirt, d. i. in reiner Substanz an­gewendet wird; dagegen weichen die Erscheinungen der Wirkung um so mehr ab, je mehr vertheilt und verdünnt das Mittel durch andere Substanzen ist. So z. B. ver­ursacht Brechweinstein in Substanz oder in recht conzentr. Verbindung mit Wasser oder mit Fett in der Haut, Schleim­haut u. s. w. Entzündung und Anätzuug, — in einer mäfsigen Menge Wassers gelöst erregt er bei Hunden, Schweinen u. s. w. Erbrechen, — mit viel Wasser bewirkt er das Letz­tere sehr selten, dagegen gewöhnlich Laxiren, oder reich­liches Urinireu. Der Grund dieter Verschiedenheit ist wahr-
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scheinlich derselbe, welcher bereits binsiclitlich der ver­schiedenen Absorptionsfähigkeit der Mittel (sect;. 43.) und der gröl'sern Wirksamkeit der Pulver (sect;. 87.) angege­ben ist.
sect;• 92. d) Die Verbindung oder Zusammensetzung mehrerer Arzneimittel mit einander ist eine der wichtig­sten und gewöhnlichsten Ursachen der Veränderungen ih­rer Wirkungen; denn es kann hierdurch 1) eine chemi­sche Umwandlung der ganzen Arznei oder des Hauptmit­tels entstehen, — oder 2) wenn auch dies nicht geschiehet, so können die einzelnen, zu einer Arzueimasse verbunde­nen Mittel in ihren dynamischen Kräften sehr verschie­den, bald verwandt und den beabsichtigten Wirkungen forderlich, bald entgegengesetzt und hinderlich sein. — und 3) vermindern die zu einem wirksamen Mittel hinzu­gesetzten übrigen Mittel auch die Conzentration (sect;. 91.). — Auf jene erstere WTeise erfolgen gegenseitige Verbindun­gen und Zersetzungen, oft so, dafs der neu entstandene Körper mit den einzelnen, ihm zum Grunde liegenden Stollen keine materielle Aehnlichkeit besitzt und daher auch von ganz anderer, zuweilen von ganz unbekannter Wirkung ist. Manche Stoffe werden durch solche mate­rielle Veränderungen erst recht wirksam (wie z. B. das rohe Spiefsglanz in Verbindung mit Säuren, der weifse Arsenik durch Verbindung mit Kali), in anderen Fällen wird aber die bekannte Wirkung eines Arzneistoffes ent­weder sehr geschwächt, oder verändert oder sogar ganz aufgehoben (z. B. bei Blausäure in Verbindung mit Eisen-Präparaten, Eisen-Vitriol mit kohlensaurer Magnesia, ätzen­der Sublimat mit Spicfsglanzleber, oder mit Seifen und dergl). — Auf die zweite Weise erfolgt die Verände­rung der Arzneiwirkung wohl nicht dadurch, dafs die dy­namischen Kräfte einer Arzncisubstanz unmittelbar durch die Kräfte eines andern, mit ihm verbundenen Stoffes vermehrt oder aufgehoben werden; denn wäre dies der Fall, so müfste aus der Zusammensetzung zweier Mittel
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von entgegensetzten Kräften eine ganz unwirksame Masse hervorgehen, — was aber die Erfahrung nicht bestätigt Es ist daher wahrscheinlicher, dais hierbei durch das ge­meinschaftliche Hinwirken mehrere Stoffe auf ein Organ oder auf ein ganzes System, die Thätigkeit desselben auf mehrfache Weise aufgeregt oder verändert wird, oder dafs selbst durch die Wirkung mehrere Mittel auf verschiedene Orgaue und Systeme durch den Consensus oder Antago­nismus derselben die Wirkung des einen Mittels bald sehr befördert, bald unterdrückt oder qualitativ modificirt wird. — Es gehört daher, abgesehen von der erforder­lichen gründlichen Einsicht in den Krankheits- und Hei-lungsprozefs, eine sehr genaue und vollständige Kcnntnifs von den chemischen und dynamischen Eigenschaften der Arzneimittel dazu, um bei der Verbindung mehrer Mittel in eine Arznei keine Fehler zu machen und doch die Zwecke zu erreichen, welche man durch solche Verbin­dungen beabsichtiget. Die vorzüglichsten dieser Zwecke sind: 1) die zuweilen nothwendige Erfüllung mehrerer Heil-Indikationen bei complizirten Krankhcitszuständen; 2) die Beschränkung oder Verstärkung oder qualitative Umänderung der bekannten Wirkung eines Mittels, wenn dieselbe für den vorhandenen Krankheitszustand nicht völlig geeignet ist: und 3) um eine bestimmte, für die Anwendung nöthige Form der ganzen Arznei, z. 13. Pillen, Mixturen und dergl. zu erhalten. Aufserdem werden auch noch manche Zusammensetzungen angewendet, weil die Erfahrung ihre Wirkungen in gewissen Krankheiten als vorzüglich heilsam gezeigt hat. Ist das Letztere wirklich der Fall, so darf man selbst solche Compositionen be­nutzen, welche den Grundsätzen der Chemie nicht ent­sprechen, wie z. B. das nach der alten Methode aus Aetz-Sublimat und Kalkwasser bereitete Phagadänische Wasser, dessen eigenthümliche und milde Wirkung bei schmerzhaften veralteten Geschwüren bewährt ist, und das durch die chemisch richtigere Auflösung des Sublimates in destillirtem Wasser mit dem Zusatz von Salmiak nicht
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ersetzt wird. Wo aber die Erfahrung über die Wirkung der zusammengesetzten Arzneien mangelt, oder wo keine bestimmten Zwecke solche Zusammensetzungen ausdrück­lich vorschreiben, gebietet es stets die Pflicht, nur ein­fache Arzneimittel anzuwenden.
sect;. 93. e) Die Gabe (Dosis) eines Arzneimittels ist die be­stimmte Quantität desselben, welche auf einmal und in einem bestimmten Zeiträume, dem kranken Thierkörper einverleibt wird. Auf Seiten eines Arzneistoffes ist das quantitative Verhältnifs ein höchst wichtiger Umstand, der die Wirkungen nicht allein quantitativ, sondern auch schein­bar qualitativ verändert. Letzteres gilt wenigstens von den sichtbaren Erscheinungen der Wirkungen, welche bei angewendeten kleinen Gaben oft so verschieden von de­nen der mittlern und grofsen Gaben sind, dafs kaum noch eine Aehnlichkeit zwischen ihnen zu bestehen scheint. Dafs aber die innere, wesentliche und spezifische Wir­kung eines Arzneistoffes durch die blofse Verschiedenheit der angewendeten Menge wirklich verschieden gemacht wird, ist nicht zu glauben, da doch ein Gran eines Mit­tels dieselben qualitativen Eigenschaften, und daher aucli dieselben dynamischen Kräfte äufsern mufs, wie die hun­dert übrigen Grane, von denen jener eine genommen ist. Dies zeigt auch die aufmerksame Beobachtung der Wir­kungen nach der Anwendung verschiedener Quantitäten einer Arznei, wo man im Wesentlichen nur Unterschiede des Grades der Stärke und der Ausbreitung über meh­rere Organe entdecken kann. Denn wenn auch, z. B. ein Gran des Brechweinsteins einem Hunde nur Ekel, drei Grane dieses Mittels aber wirkliches Erbrechen machen, — oder wenn ein Quentchen der Aloe bei einem Pferde den Durchfall heilt, eine Unze desselben Mittels aber einen Durchfall künstlich erzeugt, so werden doch diese Wir­kungen bei dem ersten Mittel in beiden Fällen auf die­selbe Weise durch die veränderte Stimmung der herum­schweifenden und der grofsen sympathischen Nerven, bei
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dem zweiten Mittel vorzüglich durch stärkere spezifische Reizung und dadurch veränderte Absonderung in der Le­ber und in der Darraschleimhaut vermittelt. Diese, durch 11 es die verschiedene Quantität des Arzneistoffes bedingten i tig( Modificationen der Wirkung beruhen vorzüglich darauf: dafs die Wirkung (besonders die chemische) überhaupt au eine gewisse Menge der Materie gebunden ist, und daher nur mit einer bestimmten Gabe erfolgen kann; denn in zu geringer Menge angewandt, erhält ein Mittel ent­weder nur eine so kleine Berührungsstelle, dafs die Ein­wirkung, nebst der hierauf folgenden organischen Reaction, nur örtlich bleibt, schnell vorübergeht, und vom Korper I ^al ertragen wird, ohne dafs die ganze Thätigkeit eines Or­gans, oder eines ganzen Systems verändert erscheint; oder, Ar: wenn auch so sehr kleine Gaben durch Absorption in die im Säfte gelangen, so verlieren sie in der Menge derselben | milt; ihre Eigenschaften; bei zu greisen Gaben wird dagegen | deg;ei die organische Thätigkeit gleichsam überwältigt, es erfolgt ' bei entweder dynamisch eine üeberreizung der Kräfte in den ) betreffenden Organen, so dafs sie zuerst in unmäfsiger [ | P*e Heftigkeit und zu hastig, dann aber auch erschöpft, träge und abgestumpft sich äufsern; oder es werden die che­mischen und meclianischen Eigenschaften der Mittel vor­waltend, und bringen örtlich zu heftige Einwirkung, selbst Zerstörung hervor, und veranlassen dadurch auch consen-suell ganz ungewöhnliche Erscheinungen.
Die vollständige und regelmäfsige Wirkung wird da­her nur durch eine solche Gabe erzeugt, welche zwischen der zu grofsen und der zu kleinen steht, und die man im Allgemeinen als eine mittlere bezeichnen kann. #9632; Diese mittlere Gabe ist jedoch bei keiner Arznei unbe- I dingt feststehend, sondern sie mufs für Thiere von ver­schiedenen Gattungen, und eben so bei jedem einzelnen Thiere nach Verschiedenheit des Alters, der Gröfse und Constitution des Körpers, der vorausgegangenen und ge­genwärtigen Einflüsse, besonders aber nach Verschieden­heit des Krankheitszustandes und der dabei festgestellten
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Heilzwecke sehr verschieden abgemessen werden. (Siehe die folg. sect;sect;.) Für jeden einzelnen Krankheitsfall giebt es daher eine besondere entsprechende Gabe, deren rich­tige Bestimmung eben so sehr die Fähigkeit des Thier-I arztes in Anspruch nimmt, wie die geschickte Auswahl nnd Verbindung der Arzneimittel selbst, und das um so mehr, da sich bestimmte und allgemein geltende Regeln 'hierzu nicht geben lassen; denn nur die Erfahrung über die Wirkung der verschiedensten Gaben eines jeden Arz­neimittels bei den einzelnen Thieren und die richtige Be-urtheilung aller vorhandenen Umstände nnd Verhältnisse kann hierbei leiten.
Aus diesen Gründen kann man auch in der speziellen Arzneimittellehre nach den gesammelten Erfahrungen nur im Allgemeinen eine mittlere Gabe der einzelnen Arznei­mittel bezeichnen, um dadurch wenigstens einen annähern­den Maafsstab zur Richtung für die Bestimmung der Ga­ben in besondern Fällen anzugeben.
Als allgemeine Regeln lassen sich hier nur noch em­pfehlen :
1)nbsp; nbsp;Da man die individuelle Empfindlichkeit eines Thieres für den Arzneistoff nicht immer im voraus ganz genau bestimmen kann, so ist es rathsairi; mit kleinen Ga­ben zu beginnen und allmählig so lange zu steigen, bis die beabsichtigte Wirkung eingetreten ist. Doch machen akute und andere lebensgefährliche Krankheiten mehren-theils hiervon eine Ausnahme, indem sie sogleich grofso Gaben verlangen, die schnell eine entscheidende Wirkung erzeugen.
2)nbsp; Je mehr ein Arzneimittel dem Organismus fremd­artig ist, und dem Begriffe der Gifte entspricht, je mehr es in einzelnen Organen oder Systemen tief eingreifende Veränderungen hervorzubringen vermag, und dadurch dem ganzen Lebensprozesse leicht nachtheilig wird; je mehr es der Assimilation widerstrebt, um so kleiner wird die Gabe sein müssen, um die heilsame Umstimmung zu er­zeugen nnd Nachtheil zu verhüten. Weniger wirksame,
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den Nalirungsmitteln in der Wirkung naliesteliende, und der thierischen Organisation mehr homogene Mittel, müs­sen dagegen in weit gröfsern Gaben gereicht werden, wenn sie heilsame Wirkungen hervorbringen sollen.
sect;. 9^. • /) Die Dauer der Anwendung und Einwir­kung einer Arznei mufs sich vorzüglich nach den Eigen­schaften derselben, nach der Empfindlichkeit und Be-' schaffenheit des Applikationsorgans, nach den Heilzwecken, und nach den schon eingetretenen Wirkungen richten, denn sie kann sehr viel zur Verschiedenheit des Grades der Wirkung beitragen, namentlich bei Arzneimitteln, wel­che einen scharfen oder giftigen Stoff enthalten, oder welche hart, fest und schwer auflöslich sind. Die erste-ren verursachen bei kurzer Zeit der Berührung der orga­nischen Gebilde nur eine mäfsige Reizung, bei längerer Berührung Entzündung, selbst Anätzung und Zerstörung, und man kann daher durch solche Mittel, (z. B. durch die Cantharidcn) besonders wenn sie blos äufserlich an­gewendet werden, sehr verschiedene Heilzwecke errei­chen. — Bei den schwer auflöslichen Mitteln verhält es sich ähnlich 5 wenn diese zu schnell durch den Nahrungs­kanal gehen, z. B. bei Durchfällen, oder wenn sie durch ent­stehendes Erbrechen, wieder aus dem Magen entleert wer­den, so können sie ihre Wirkung nur unvollständig oder gar nicht entwickeln.
sect;. 95. sect;•) Die öftere oder seltnere Wiederholung der Arzneien wird gewöhnlich nach der bekannten Dauer und Stärke ihrer primären oder sekundären Wirkungen, zum Theil auch nach den Heilzwecken bestimmt. Bei an­haltenden Krankheiten wird nämlich selten die gewünschte Umänderung des Zustandes durch eine einzige Arzneigabe erreicht, und man sucht deshalb, sobald die Wirkung derselben vorüber zu sein scheint, oder wo sie nicht voll­ständig genug eingetreten ist, eine erneuerte Wirkung, durch eine neue Gabe der Arznei zu erzeugen. Je flüch-
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tiger, rascher und schneller vorübergehend daher eine Arznei wirkt, in desto kürzern Zeiträumen müssen die Gaben wiederholt werden; je mehr sie aber ihre Kräfte langsam und andauernd entwickelt, um so weiter ausein­ander entfernt können die einzelnen Gaben von einander gereicht werden.
Mittel, welche schnell umstimmend auf die Tliätig-keit des Nerven- und Gefäfssystems, auf die Sensibilität und Irritabilität wirken, müssen in kürzern Zwischenzeiten wiederholt werden, als solche deren Wirkung blos auf die Umgestaltung der thierischen Materie (auf die Vege­tation und Reproduktion) gerichtet ist.
Oft richtet sich auch die schnellere oder langsamere Wiederholung einer Arznei darnach, ob man ihre primä­ren oder sekundären Wirkungen zur Erreichung eines be­stimmten Heilzweckes benutzen will. —
Bei nicht gehöriger Beobachtung dieser Umstände kann es geschehen, dafs eine zweite Gabe einer Arznei angewendet wird, während die Wirkung der ersten noch nicht ganz vorüber ist; die gemeinschaftliche Wirkung wird nun zu heftig, oder die primären Wirkungen der zweiten treffen mit den secundären der ersten Gabe zu­sammen, und heben einander auf oder modifiziren sich bedeutend. Bei oft wiederholter Anwendung einer Arznei wird die Empfänglichkeit des Organismus für sie abge­stumpft, das Rückwirkungsvermögen gemindert, und da­durch auch die Wirkung immer mehr geschwächt, so dafs auch die Gabe immer mehr verstärkt werden mufs, wenn man fortwährend eine gleiche Wirkung des Mittels er-zwecken will.
sect;. 96.
h) Eine der wichtigsten Ursachen, durch welche die Wirkung der Arzneimittel bei unsern Hausthieren modi-fizirt wird, ist in der Verschiedenheit der Organi­sation, des Lebensprozesses und der Körper-gröfse bei den Thieren von verschiedener Gattung be­gründet. Denn eben so abweichend, wie das Pferd, die
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Wiederkäuer, das Schwein, der Hund, die Katze und das Federvieh in ihrem äufsern Habitus, im Baue und der Beschaffenheit der wichtigsten Organe, und in ihrer Le­bensweise von einander sind, eben so verschieden zeigen sich auch die Modifikationen der Lebenskraft, (Sensibi­lität, Irritabilität und Vegetation), und daher eben so ver­schieden die Empfänglichkeit für gewisse äufsere Ein­flüsse, und das Rückwirkungsvermögen auf derenEinwirkung. Die hierdurch bedingten Abweichungen der Arznei­wirkungen bei den verschiedenen Hausthieren beziehen sich theils auf die Qualität der Wirkungserscheinungen, theils auf den Grad ihrer Stärke. Hinsichtlich der er­stem ist bereits in den vorhergehenden sect;sect;. (63. (55. 66. 70.) angegeben worden, wie die speichelerregendc, die brechenerregende, abf iirende und schweifstreibende Wir­kung bei manchen Thieren sehr leicht und stark, bei an­dern gar nicht erfolgt, und es ist nur noch in Beziehung auf den Wirkungsgrad zu erinnern: dafs die pflanzenfres­senden Thiore im Aligemeinen eine geringere Empfindlich­keit für die meisten Arzneimittel zeigen, als die fleisch­fressenden, und dafs namentlich auf die letztern viele Arz­neien aus dem Pflanzenreich in kleinen Gaben sehr heftig, selbst tödtend einwirken, welche bei den erstem in un-verhältnifsmäfsig grofseu Gaben eine kaum bemerkbare ähnliche Wirkung erzeugen. So z. B. macht das Opium bei Pferden, Rindern und Schafen in der Gabe von einer Unze nur eine geringe Betäubung, während sich die letz­tere bei Hunden nach einer halben bis ganzen Drachme im höchsten Grade zeigt (wenn das Mittel nicht etwa weggebrochen wird); dieJalapenwurzel wird von Pferden in Gaben von zwei Unzen und darüber, und von Schafen zu drei bis vier Drachmen ertragen, ohne Purgiren zu erregen, was aber bei Hunden durch eine halbe Drachme dieses Mittels bewirkt wird; — Krähenaugen ertrug ein Huhn in zwanzig Tagen 1114 Gran, d. i. so viel als nö-thig wäre, um zwei und neunzig Hunde zu tödten; — Schellkraut, wird von den Schafen fast bis zur Sättigung
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verzehrt, ohne eine nachtheilige Wirkung; und eben so soll Schierling von den Ziegen, und Bilsenkraut von den Schweinen in grofser Menge ohne Nachtheil genossen •werden können. — Doch würde man sehr irren, wenn man als allgemeine Regel annehmen wollte: dafs alle ve­getabilische Mittel auf pflanzenfressende Thiere nur sehr schwach wirken; denn man sieht bei denselben von meh­reren Mitteln der Art, selbst wenn sie in mäfsigen Ga­ben angewendet werden, heftige Wirkungen erfolgen, wie z. B. bei Pferden von der Wurzel und dem Kraut der Tollkirsche, von dem Kraute des rothen Fingerhutes, von der schwarzen Nieswurzel, bei Schafen von mehrern Ra­nunkeln im frischen Zustande u. a.; wogegen einzelne dieser Thiere wieder manche mineralische Mittel, z. B. das Pferd den Arsenik und den Kupfervitriol, in ganz aufserordentlich grofsen Gaben Cd. h. im Verhältnifs zum Schwein, zum Hunde und zur Katze) ertragen.
Es ist daher wohl anzunehmen: dafs zum Theil die Art und Beschaffenheit der Nahrungsmittel und die von demselben abhängige Beschaffenheit der Flüssigkeiten im Magen und Darmkanal (z. B. die, bei Pflanzenfressern sehr oft in grofser Menge vorhandene Gallussäure), die Arzneistoffe bei innerlicher Anwendung chemisch verän­dern und somit auch ihre Wirkungen modifiziren; dafs aber die letztere hauptsächlich von dem Grade der Aus­bildung der wichtigern Organe und Systeme und von dem Vorherrschen ihrer Thätigkeit bei den einzelnen Thieren abhängig ist. Alan kann in dieser Beziehung deutlich be­merken: dafs bei dem Pferde das Blutgefäfssystem, die llespirationsorgane und Muskeln (die Irritabilität), — bei dem Hunde und der Katze das Nervensystem (die Sen­sibilität) und bei den Wiederkäuern die Verdauungsor­gane (die Reproduktion) mehr vorwaltend erscheinen, als bei den übrigen Thiergattungen, und es müssen daher wohl die Wirkungen derjenigen Arzneien bei den einzel­nen Thieren am stärksten und deutlichsten hervortreten, welche auf die schon vorherrschenden Grundkräfte gerich-
Hcrtwig AnneimiUellehre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7
#9632;
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tet sind; denn es zeigt sich fast überall, an gesunden und kranken Thieren, dafs Mittel, welche die vorherr­schende Richtung (Tendenz) der Grundkräfte be­günstigen, in gewissen Gaben stets heftiger wir­ken als andere, welche eine jener Richtung ent­gegengesetzte Thätigkeit hervorrufen.
Die Thiergattung verlangt daher nicht blos bei der Auswahl der Art der Mittel eine Berücksichtigung, son­dern sie bedingt auch vorzüglich die Gabe derselben. Hinsichtlich der letztern hat mau sich bemühet, ein all­gemeines Verhältnifs zwischen den Gaben für die Thierc der einzelnen Gattungen zu bestimmen, indem man an­nahm: dafs, wenn bei gleichen Umständen die Gabe für ausgewachsene Pferde oder Rinder einen ganzen Theil des Mittels beträgt, sie für Schafe, Ziegen und Schweine nur den vierten, für Hunde, Katzen und Affen den zwölften, und für das gewöhnliche Hausgeflügel nur den vierundzwanzigsten Theil enthalten soll; z.B.für:
Pferd uod Riml.
Scliaf, Ziege und Schwein.
Hunde, Kalzcn, Affen.
Geflügel.
n bis 1 Unze. 1 raquo;2Quentcli. 1 raquo; 2 Skrupel. 1 raquo; 2 Gran.
I bis i Vuentclien 15 raquo; 30 Gran. 5 raquo; 10 Gran. raquo; h Gran.
1 bis '2 Skrupel 5 raquo; 10 Gran. Ij raquo; 3j Gran. ri raquo; i Gran.
7 bis 1 Skrupel. 2k quot; 5 Gran.
11 Gran. y.-i Gran.
Dieses Verhältnifs ist zwar bei vielen ArzneistofFen als ziemlich richtig zu betrachten, bei andern aber nicht, wie diefs schon zum Theil die oben (in diesem sect;.) an­geführten Beispiele (Opium, Krähenaugen, Arsenik u. s. w.) bestätigen. Es mufs defshalb auch hier wieder erinnert werden; dafs solche aligemeine Bestimmungen höchstens nur dazu dienen können, ganz grobe Mifsgrüfe zu ver­hüten, und dafs die Wirkung eines jeden einzelnen Arz­neistoffes, in verschiedenen Gaben bei den sämmtlichen Hausthieren durch die Erfahrung bestimmt werden mufs (sect;. 93 und 97.).
sect;• 97.
i) Das verschiedene Alter der Thieie verursacht ebenfalls qualitative und quantitative Abweichungen in
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raquo;
der Wirkung der Arzneimittel dadurch, dal's der Orga­nismus in jeder besondern Lebensperiode sich verändert und in der Beschaffenheit und Entwickelung der Organe? wie in der Beschaffenheit und Menge der Säfte, und in der Stärke und Richtung der Lebenskraft verschieden ist im Vergleich zu andern Perioden. Im Allgemeinen kann man drei Haupt-Perioden unterscheiden, nämlich die der jugendlichen Entwickelung, der vollkommenen Ausbildung, und die der Abnahme.
Im frühcsten jugendlichen Alter haben die flüssigen Theile noch ein Uebergewicht über die starren; mehrere Organe sind noch sehr unvollständig entwickelt, aber die Bilduugsthätigkcit erscheint sehr vorwaltend über die Ir­ritabilität und Sensibilität. Deshalb schreitet der Bildungs-prozefs um so rascher fort, die Thätigkeit der drüsigen Organe und der Lympligefäfse ist um so gröfser, je jün­ger ein Thicr ist; aber bei der zarten und schwachen Organisation ist auch die Empfänglichkeit für äufsere Ein­flüsse gröfser, und doch das Rückwirkungsvermögen schwä­cher als bei erwachsenen Thieren, und es erfolgt leicht eine Ueberreizung der Organe und Erschöpfung der Kräfte. — Später entsteht bei der Ausbildung der Zähne, der Genitalien und anderer Organe, ein stärkerer und un-gleichmäfsiger Blutandrang, z. B. zu dem Kopfe, u. s. w.; überhaupt wird die Thätigkeit der Blutgefäfse und zu­gleich auch die Irritabilität immer mein: vorherrschend, je mehr das Thier sich seiner vollständigen Ausbildung nä­hert. Daher bringen im jugendlichen Alter alle stark rei­zende und vorherrschend auf die Thätigkeit des Nerven-und Blutgefäfssystems wirkenden Mittel, besonders aber die narkotischen, sehr leicht und selbst in kleinen Gaben heftige und selbst gefährliche Wirkungen hervor, während dagegen solche Mittel, die beschränkend auf die Bildungs-thätigkeit wirken, wie namentlich das Quecksilber, in ziem­lich grofsen Gaben ertragen werden.
In der Periode seiner vollkommnen Ausbildung zeigt der Körper das angemessenste Verhältnifs der festen Theile
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zu den flüssigen, und dabei ein, der Thiergattung ent­sprechendes gleichmafsiges Zusammenwirken der drei Mo­difikationen der Lebenstliätigkeit; sein Leben äufsert sich möglichst frei und selbstständig und mit den kräftigsten Rückwirkungen gegen die äufsern Einflüsse, welche letz­tere daher auch leichter überwältigt, in ihrer Fremdartig-keit beschränkt j oder selbst dem Organismus einverleibt werden. Es zeigen sich daher auch die Arzneiwirkungen sehr regclmäfsig und gleichartig, und diese Periode ist die geeignetste zur Ergründung der Wirkungsweise der Heilmittel und zur Bestimmung eines Mittelmafses in der Gabe derselben.
Nachdem der Organismus in diesem Zustande, we­nigstens ohne auffallende Umänderung durch einige Zeit bestanden hat, tritt eine immer mehr zunehmende Ver­minderung der Säfte, Zusammenschrumpfung, Verhärtung und Verirdung der festen Thcilc, Mangel an Ncrven-und Muskelkraft, Sinken der Thätigkeit des Herzens und der Arterien und Verminderung der Absonderungen, der Temperatur u. s. w. ein; die Reizempfänglichkeit erlöscht immer mehr, und eben so erscheint das Reaktionsvermö­gen immer schwächer. Defshalb werden jetzt alle Reiz­mittel in ziemlich starken Gaben ertragen, obgleich sie der schnellen Erschöpfung der Kräfte wegen, doch einige Vorsicht und kürzere Zwischenräume bei der Wiederho­lung verlangen; alle schwächenden, auflösenden, und den Lebensprozefs beschränkenden Mittel bringen leicht nach­theilige Wirkungen hervor und dürfen immer nur in schwä­chern Gaben angewendet werden, als bei Thieren im Zu­stande der vollkommnen Ausbildung.
Diese Lebensperioden verlangen daher nicht allein bei der Auswahl der Arzneimittel, sondern auch vorzüg­lich bei der Bestimmung der Gabe derselben, eine ge­naue Berücksichtigung. Sie treten bei den Thieren von verschiedener Gattung in einem verschiedenen Alter ein, so dafs die vollkommene Ausbildung bei dem Pferde in das sechste, bei dem Rind und Schaf in das vierte, bei
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dein Schwein in das dritte, bei dem Hunde und der Katze gegen das Ende des ersten Jalires fällt. — Nimmt man die, dieser Periode aus Erfahrung entsprechende mittlere Arzneigabe als Maafsstab an (sect;. 93.96.), und beachtet man, dafs die Gabe um so kleiner sein mufs, je jünger ein Thier ist, so läfst sich dieselbe für jüngere Tliiere in fol­genden Verhältnissen andeuten:
Man giebt z. B. von einem Arzneimittel:
in Unzen,
oder gleich:
in Drach­men,
oder clciclt:
in
Scru peln,
od quot;leicli:
m Gra­nen.
I. Für
3 bis 6 Jahr I.' - 3 -
9 bis 18 Mona
P f e r tl c:
alt 1 Theii, also
_ i _ ,
raquo;Iti -
480
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120
60
30
360 U30
|15
m
^3]
I
4'. - 9 - - i
r - 4i - - j-a -
II. Für Rinder:
also
480
240
120
60
30
360 1430
I
i
2nbsp; bis 4 Jahr alt 1 Theil 1 - 2 - - i - • i - 1 - - \ - #9632;
3nbsp; bis 6 Monat alt l 1 - 3 - - h - -
III.nbsp; nbsp; nbsp;Für Schaafc:
bis 4 Jahr alt 1 Theil, also..
-nbsp; nbsp; 2 - - i -
-nbsp; nbsp; 1 - - | . bis 6 Monat alt j -nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - ..
-nbsp; nbsp; 3 - - x .
IV.nbsp; nbsp; nbsp;Für Sch-wcinc: von 11 bis 3 Jahr alt 1 Theil. also.
-nbsp; 9 bisnbsp; 18 Monat alt hnbsp; nbsp; nbsp; -
-nbsp; 41 -nbsp; nbsp; nbsp; 9 - - Inbsp; nbsp; nbsp; -
-nbsp; 2i -nbsp; nbsp; 4t - - lnbsp; nbsp; nbsp; --1 -nbsp; nbsp; nbsp; 2 - - hnbsp; nbsp; nbsp; -
Y. Für Hunde:
3 60 1.130
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Dieses Verhältnifs der Arzneigaben kann jedoch we­der bei allen Mitteln, noch für alle Fälle als feste Regel betrachtet werden, da in ihm nur die Quantität, aber nicht die qualitative Wirkung der Mittel in den verschiedenen Lebensperioden berücksichtiget ist, — da auch die Ausbil­dung, Gröfse und Stärke des Thierkörpers nach Verschie­denheit der Rage, des Klimas, der Ernährung u. s. w. bald etwas früher, bald etwas später eintritt, und da auch die Art und der Grad der Krankheit sehr grofsen Ein-flufs auf die Bestimmung der Gabe haben. Das vorste­hende Schema kann daher wieder nur als Anhaltepunkt und zur Verhütung von groben Fehlern dienen.
sect;. 98. - i) Das verschiedene Geschlecht hat ebenfalls einen Einflufs auf die Arzneiwirkungen, obgleich nicht einen so wichtigen, wie beim Menschen; Der Organismus männ­licher Thiere zeichnet sich im Allgemeinen durch feste, derbe Faser, durch ziemliche gleichmäfsigc Entwicklung der Irritabilität, Sensibilität und Bildungsthätigkeit und durch Kraft und Widerstand gegen die äufsern Einflüsse aus. Die vollständigen Wirkungen erfolgen daher erst bei einer vollen Gabe der Mittel, sind aber kräftig und gleichmäfsig. Bei weiblichen Thieren bemerkt man gro-fsere Weichheit der Faser, mehr lockeres Zellgewebe, gröfsern Reichthum an Säften, gröfscre Empfindlichkeit, aber schwächeres Rückwirkungsvermögen; die Bildungs­kraft ist während eines grofsen Theils des Lebens vor­waltender, und der Körper erreicht seine Vollkommenheit früher als bei männlichen Thieren. Daher wirken Arz­neimittel, welche dem Bildungsprozefs entgegen stehen, mehrentheils nur in eben so grofsen oder oft auch erst in gröfseren Gaben als bei den Letztern; die meisten Reizmittel wirken dagegen schneller, und durch einige Zeit auch heftiger, aber auch schneller vorübergehend als bej diesen. Aufserdem werden noch die Arzneiwirkungen bei den weiblichen Thieren durch die Brunst und durch die Trächtigkeit zuweilen sehr bedeutend modificirt, besonders
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dem Grade nach verstärkt, und man mufs defshalb, na­mentlich bei dem letztem Zustande, solche Arzneien, die eine spezifische Wirkung auf die Geschlechtstheile zeigen, die den bildenden Prozefs sehr beschränken, die Abson­derungen dagegen stark vermehren (z. B. die drastischen Purgirmittel, die scharfen urintreibenden Mittel), eben so die erhitzenden Mittel u. dergl., nur mit grofser Vorsicht und in mäfsigen Gaben anwenden. Eben so kann auch zur Zeit des Gebarens und des Säugens die Arzneiwir­kung verändert erscheinen.
sect;. 99.
f) Aufser den angegebenen, durch die Gattung, das Alter und das Geschlecht bedingten allgemeinen Verschie­denheiten, zeigt jedes Thier auch nocli besondere Eigen-thümlichkeiten, die ihm als Individuum zukommen, und die sich theils körperlich in der Constitution oderLei-besbeschaffenheit, theils mehr dynamisch in dem Temperament zu erkennen geben. Beides ist blos der besondere Ausdruck des Lebensprozefses, der bei dem einzelnen Thiere nach Verschiedenheit der ererbten Au­lagen, der Nahrung und der übrigen äufsern Einflüsse, welche bis zu einer gewissen Zeit des Lebens eingewirkt haben, unendlich verschieden hervortritt.
Die Constitution erscheint wesentlich in dem gegen­seitigen Verhältnifs der drei Modifikationen der Lebens-thätigkeit (Vegetation, Irritabilität und Sensibilität) be­gründet. Ist nämlich die Lebenskraft überall in dem Grade tliätig, und ist die Entvvickelung der Organe in der Voll­kommenheit geschehen, wie es die Gattung, das Geschlecht, die Rage und das Alter erfordern, so wird das Thier auf die äufsern Einwirkungen eine verhältnifsmäfsig kräftige Reaktion zeigen. Man bezeichnet diese Beschaffenheit des Körpers als starke, kräftige Constitution. Die Wir­kungen der Arzneimittel erfolgen bei derselben sehr gleich-mäfsig, kräftig und in gehöriger Dauer. Aber nur selten findet man in einem Thiere die sämmtlichen Organe und die sämmtlichen Funktionen so gleichmäfsig entwickelt,
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sondern es sind einzelne Organe und selbst ganze Sy­steme bald mehr ausgebildet und in ihrer Thätigkeit vor­waltend, bald wieder ungleich zurückgeblieben; und dies hat die Folge, dafs der Organismus bei verschiedenen In­dividuen derselben Thierart bald an der einen bald an der andern Stelle den äufsern Einwirkungen mehr zugäng­lich geworden ist und in den Reaktionen auf dieselben Verschiedenheiten zeigt. So kann z. B. der Brechwein-stein bei einem Pferde mit sehr reizbaren Nieren urin-treibend, bei einem andern mit schlaficr Haut schweifs-treibend wirken.
Im Allgemeinen berücksichtiget man die Abweichun­gen der Leibesbeschaffenheit darnach: ob die Thätigkeit der Arterien, oder die der Venen, oder der Lymphge-fäfse oder des Nervensystems vorherrschend ist, und man unterscheidet hiernach: 1) eine arteriöse, 2) eine venöse, 3) eine lympathische und 4) eine nervöse Constitution.
Bei der erstem ist die Thätigkeit des Herzens, der Arterien und der Lunge sehrquot; lebhaft, daher auch die Be­schaffenheit des Blutes mehr arteriell und zum Gerinnen geneigt, die Muskelfaser ist derb und gespannt, ihre Reiz­barkeit und das Reaktionsvermögen stark, im Ganzen die Irritabilität vorwaltend. Man nennt sie daher auch die irritable Constitution. Reizende und erhitzende Arzneien wirken hier sehr stark und oft zu kräftig: die Lebensthä-tigkeit herabstimmende Mittel werden dagegen selbst in grofsen Gaben ohne heftige Wirkung ertragen. —
Bei der venösen Constitution sind die Venen so­wohl in der materiellen Entwicklung, wie in der Thä­tigkeit über die Arterien vorherrschend, besonders in den Baucheingeweiden. Der Körper erscheint mehr trocken, das Auge ist matt, die Schleimhaut im Maule u. s. w. hat ein rothbläuliches Ansehen, das Blut ist dunkel und zähe, alle Verrichtungen gehen langsam von statten, die äufsern Einflüsse werden schwach empfunden, und bewirken nur schwache, aber ziemlich andauernde Reaktionen. Flüch­tige Erregungsmittel, besonders ätherische Oelc und Harz
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wirken hier mehrentheils wohlthätig, müssen aber in gro-fsen Gaben gereicht werden; dagegen die Wirkung von solchen Mitteln, welche die Lebenskraft mindern, na­mentlich den Bildungsprozefs beschränken und die Mi­schung des Blutes schlechter machen, daher auch beson­ders die betäubenden Mittel, hier oft zu heftig und unre-gelmäfsig erscheinen. —
Die lymphatische Constitution zeigt sich durch lockeres Zellgewebe und schwammige, weiche Textur, durch blasse Farbe der Schleimhaut, durch wässriges, an Cruor armes Blut, durch ein Uebermaafs von Fett und Gallert, und von lymphatischen, wäfsrigen Säften, durch geringen Zusammenhang der Gebilde, und durch sehr ge­ringe Empfindlichkeit und schwaches Reaktionsvermögen derselben. Sie heilst daher auch die torpide, schlaffe Constitution. Alle Arzneien wirken hier in den gewöhn­lichen Gaben nur sehr schwach, manche auch gar nicht; Beizmittel werden vorzüglich gut ertragen, aber schwä­chende und kühlende Mittel können in grofsen Gaben und bei fortgesetzter Anwendung leicht üble Folgen, be­sonders einen kachektischen Zustand erzeugen. —
Die nervöse Constitution spricht sich weniger durch eine bemerkbare Beschaffenheit des Körpers, sondern vor­züglich durch eine überwiegende Thätigkeit des Nerven­systems entweder im Allgemeinen, oder speziell im Ge­hirn, oder im Rückenmark, oder in den Gangliennerven aus. Zuweilen ist sie jedoch mit einem zarten Körperbau verbunden. Grofse' Empfindlichkeit gegen äufsere Ein­flüsse mit schneller, aber nur kurze Zeit andauernder und oft unregelmäfsigcr Reaktion und sehr leichtes Entstehen consensuellcr und antagonistischer Erscheinungen, bilden hier den Charakter. Sie wird defshalb auch als zarte und schwache Constitution bezeichnet. Die Arzneien, besonders die reizenden, bringen daher mehrentheils schon in mäfsigen Gaben ziemlich heftige und oft ganz unge­wöhnliche Wirkungen hervor; sie müssen defshalb in klei­nen Gaben angewandt und in kurzer Zwischenzeit wie-
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derholt und nach ihren specifischen Beziehungen zum Gehirn, Rückenmark u. s. w. bei der Auswahl genau be­achtet werden.
Die Temperamente der Thiere zeigen sich besonders durch die Aeufscrungcn der Gehirnfunktionen, namentlich durch den Willen, durch Empfindung und Bewegung. Sie sind weniger deutlich unterschieden, als bei Menschen, und auch noch nicht genügend bekannt. Man pflegt fast nur allein Unterschiede im Grade der Lebcnsthätigkeit als verschiedene Temperamente zu betrachten und hiernach z. B. ein lebhaftes, feuriges und ein phlegmatisches, tor-pides Temperament zu unterscheiden; allein die Verschie­denheiten sind gewifs noch mannigfaltiger. Ihr Einflufs auf die Wirkungen der Arzneimittel scheint sehr ähnlich dem bei den verschiedenen Constitutionen zu sein.
sect;. 100.
m) Der Krankheitszustand ist eine höchst wich­tige Ursache zu Abweichungen in der Arzneiwirkung von dem regelmäfsigen Typus. Denn da bei den verschiede­nen Krankheiten, je nach ihrer Art, ihrem Sitz, ihrem Charakter und ihrem Grade auch die Lebcnsthätigkeit theils im Allgemeinen, theils vorherrschend in einzelnen Syste­men oder Organen, quantitativ und qualitativ verändert wird, und da auch die materielle Beschaffenheit;, nament­lich in den abgesonderten Säften hierbei verändert wird, so ergiebt sich, dafs sowohl die Einwirkungen der Arz­neimittel auf den Körper, wie auch die Reaktionen des­selben auf sie, durch die aufserordenllich verschiedenarti­gen Krankheitszustände modificirt werden können, und wie daher die letztern auf die Auswahl der einzelnen Mit­tel und auf die Bestimmung ihrer Gabe den wichtigsten Einflufs haben müssen. So erzeugen z. B. bei Ansamm­lungen von Wasser in den Hirnhöhlen (bei dem sog. Dummkoller) die abführenden Mittel oft selbst in doppelter Gabe wenig oder gar kein Purgiren. Das Verhältnifs der Wirksamkeit eines Arzneistoffes zu verschiedenen Krank-heitszuständen läfst sich nur durch zweckmäfsig unter-
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nommene Versuche ermitteln, und man muls sich daher vorzüglich an bewährte Beobachtungen halten, deren Re­sultate in der speciellen Arzneimittellehre benutzt sind. So zahlreich dieselben auch sind, so bleibt doch noch sehr viel der fernem Untersuchung und dem eigenen Ur-theile der Thicrärzte überlassen, weil jeder Krankheitsfall ein besonderer ist, und weil aufser der Krankheit selbst noch die übrigen modifizirenden Einflüsse berücksichtigt werden müssen. Defshalb läfst sich auch von keinem gegen eine Krankheit empfohlenen Mittel eine, für alle Fälle ganz entsprechende Gabe im Allgemeinen be­stimmen.
sect;. 101.
Die Heilmittel können mit dem Organismus an sei­ner ganzen innern und äufsern Oberfläche in Berührung gebracht werden; aber vorzüglich benutzt man als AVege zu ihrer Einverleibung:
1) den Magen und Darmkanal; 2) den Mastdarm; 3) die Luftröhre und Lungen; 4) die äufsere, unverletzte Haut; 5) Wunden und Geschwüre, und 6) die geotfnete Blutader.
Der Ort der Anwendung der Arzneimittel bedingt jedoch nach der verschiedenen Beschaffenheit der betref­fenden Einverleibungsorgane mancherlei Abweichungen von den gewöhnlichen Arzneiwirkungen, die zwar nicht in den wesentlichen Veränderungen der Wirkung selbst, sondern hauptsächlich nur in dem Grade derselben, wie im Grade und der Art der örtlichen Reaction, begründet sind. Von groiser Wichtigkeit ist dabei an den, von der Arznei un­mittelbar berührten Gebilden, aufser dem besondern Le-benszustande (Gesundheit und Krankheit derselben) noch: laquo;0 ihr Reichthum an Nervenausbreitungen und an absor-birenden Gefäfsen; b) ihre physiologische Funktion; c) die Beschaffenheit und Menge der vorhandenen Säfte und an­derer Substanzen, und d) ihr Verhältnifs zum übrigen Körper und besonders zu den kranken Organen. — Da diese umstände an verschiedenen Orten, die für die Ap-
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plikation der Arzneimittel benutzt werden, sehr verschie­den sind und daher bei der Auswahl dieser Orte, für einzelne Krankheitsverhältnisse berücksichtigt werden müs­sen, so ist es noting, das Wichtigste davon noch anzu­führen.
1) Der Magen und der vordere (obere) Theil des Darmkanals sind für die innerliche Anwendung der Arzneien die gewöhnlichsten und wichtigsten Organe. Obgleich in Struktur, Form und Ausdehnung bei den Thieren von verschiedener Gattung sehr verschieden, be­sitzt doch sowohl der Magen als der Dannkanal bei al­len Thieren dieselbe vielseitige Nervenverbindung, durch den Nervus vagus nnd sympathicus magnus, durch das Sonnengeflecht und durch die übrigen Nervengeflechte, mit dem Gehirn und Bückenmark, mit den Sinnesorganen, mit der Lunge und dem Herzen, mit der Haut, mit den Extremitäten, und vorzüglich mit den übrigen Bauchein-geweiden. Hierin ist der grofse Consensus und Antago­nismus zwischen dem Verdauungskanal und allen andern Organen begründet. Aufserdcm aber besitzen der Magen und Darmkanal beide auch in ihrer Schleimhaut eine aufserordentliche Menge von absorbirenden Gofäfsen und hierdurch eine sehr lebhafte Aufsaugung. Der Magen (bei den Wiederkäuern besonders der vierte) und der Darm­kanal sind daher zur Erzeugung sehr schneller, kräftiger und ausgebreiteter Arzneiwirkungen, primärer und seeun-därer Art, ganz vorzüglich geeignet. Der Erstero ist zu­gleich der Centralpunkt der Verdauung und solche Mit­tel, welche zur Entwickelung ihrer Kraft nothwendig der Verdauung (oder der Auflösung in dem Magensafte) be­dürfen, und besonders auch solche, die auf das Assimi­lationsgeschäft einen primären Einflufs ausüben sollen, können daher von keinem andern Organ, wie vom Ma­gen aus, gehörig kräftige Wirkungen erzeugen. Eben so können sich solche Mittel, deren Wirkung sich auf Um-stimmung der Thätigkeit oder der Empfindlichkeit der grofsen sympathischen und des Lungen - Magennerven bc-
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ziehen soll, wie z. B. Brechmittel, Purgier- und Laxier-mittel, nur am sichersten durch den Magen, an dem jene Nerven sich verbreiten, und in ihm den besondern Cha-rakter der Empfindlichkeit bedingen, ihre Wirkungen dar­stellen. Dabei ist aber zu bemerken, dafs die eigne ört­liche Empfindlichkeit des Magens und Darmkanals, durch die beständige Berührung seiner innern Flüche von Fut­terstoffen und Getränk, gegen äufsere Einwirkungen gleich­sam abgehärtet ist, und er erträgt und verarbeitet defshalb ganz leicht auch solche Arzneien, welche an andern Stel­len einen heftigen und die reine Arzneiwirkung störenden örtlichen Eindruck erzeugen. Wird aber einmal durch chemische oder mechanische Einwirkungen seine organi­sche Beschaffenheit zu sehr ergriffen, so sind auch die nunmehr erfolgenden sekundären Wirkungen bedeutender und stärker als bei andern Einverleibungsorganen. —'#9632; Da­gegen ist aber auch sehr oft die eigne Empfindlichkeit des Magens zu grofs, und es entstehen dadurch ganz un­erwartete, consensuelle und antagonistische Wirkungen der Arzneien, oder Letztere werden bei Thieren die sich er­brechen können, namentlich bei Hunden, sehr schnell und ohne dafs sie ihre spezifischen Wirkungen entwickeln konnten, wieder ausgebrochen. Aufserdem können die Arzneien im Magen und Darmkanal noch durch die hier angehäuften Futterstoffe (besonders bei den Wiederkäuern im ersten und zweiten Magen, und beim Pferde im Ma­gen, im Blind- und Grimmdarm) zu sehr eingehüllt, ver­dünnt und in ihrer Wirkung geschwächt werden; noch mehr aber werden dieselben sehr häufig durch Verbindung mit den einheimischen Säften, namentlich mit dem essig-und salzsauorn Magensaft, mit der Galle, dem Saft der Bauchspeicheldrüse, dem Darmschleim u. s. w. chemisch umgewandelt und dadurch ihre Wirkungen bald beschränkt, bald aber auch wirklich umgeändert. (sect;. 96.)
2) Im Mastdarm ist zwar die fortgesetzte Schleim­haut des übrigen Darmkanals auch wieder das Gebilde, durch welches die Wirkungen der hierauf angewandten
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Medicamente vermittelt werden 5 dieselbe ist jedoch hier viel weniger reich an Nervenausbreitungen und an ab-sorbirenden Gefafsen, und die Fortleitung des Blutes ge­schieht in den sehr schlaffen Venen viel langsamer, als am Magen und am vordem Theile des Darmes. Auch ist der Consensus und Antagonismus zwischen dem Mast­darm und andern Organen weniger ausgebreitet und schwä­cher, und nur an den naheliegenden Darmtheilen., an den Nieren, der Harnblase und den Geschlcchtstheilen etwas lebhaft. Die allgemeine Wirkung der meisten Arzneien erfolgt daher bei der Anwendung auf den Mastdarm in einem schwachem Grade, langsamer und weniger ausge­breitet, als bei der Anwendung in den Magen, so dafs man z. B. bei den ernährenden, den anhaltend und flüch­tig reizenden, und andern Mitteln kaum durch eine drei-bis achtfach verstärkte Gabe solche Wirkungen in ihm hervorrufen kann, wie in dem Magen durch eine einfache Gabe. Bei den meisten narkotischen Mitteln scheint je­doch die Wirkung, wenn sie auch langsamer eintritt als vom Magen her, doch keinen so sehr bedeutenden Un­terschied im Grade zu erleiden. Mit der örtlichen Wir­kung verhält es sich dagegen bei den Reizmitteln fast um­gekehrt; denn der Mastdarm ist an die Einwirkung fremd­artiger Stoffe (mit Ausnahme der Exkremente) nicht ge­wöhnt, und daher sehr empfindlich gegen sie, so dafs er sie bei weitem nicht in der Art und in dem Grade erträgt, wie der Magen. Sehr stark reizende, oder iu zu grofsen Quantitäten in den Mastdarm gebrachte Mittel, veranlassen leicht eine zu heftige Contraktion desselben, wodurch sie zu früh, und ohne gewirkt zu haben, wieder entleert wer­den. Deshalb müssen alle Mittel, wenn sie bei dieser Anwendung eine allgemeine oder spezifische Wirkung er­zeugen sollen, immer nur in geringer Quantität, und wenn sie stark reizend sind, immer mit milden, schleimigen oder fetten Substanzen gemengt, applicirt werden. Eine Ausnahme hiervon findet statt, wenn man durch Erzeu­gung einer örtlichen Reizung ableitend von andern Or-
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gaiieu, oder wenn man biofs ausleerend wirken will. — Qualitative Veränderungen der angewendeten Arzneien entstehen zwar hier auch, aber auf andere Weise als im Magen, weil die im Mastdarm vorhandenen Stoffe nicht sauer, sondern (wenigstens im gesunden Zustande) alka­lisch reagireu. Dies ist für die Wirksamkeit solcher Mit­tel, die durch die Säuren des Magensaftes vollständiger auflöslieh werden, wie z. B. das essigsaure Blei, von gro-fser Bedeutung; denn diese Mittel können bei der An­wendung in den Mastdarm nur eine unvollständige Wir­kung erzeugen, weil sie hier nur zum Theil aufgelöst und resorbirt werden. Ausserdem zeigen auch solche Arz­neien, deren Kräfte nur durch vorausgegangene Verdauung entwickelt werden können, z. B. die bittern und adstrin-girenden Mittel, bei der Anwendung auf den Mastdarm nur unvollständige allgemeine Wirkungen. — Die hier gebräuchlichsten und zweckmäfsigsten Formen der Medi­kamente sind die flüssige und die dunstartige, als ge­wöhnliche Klystiere und als Rauchklystiere; Salben und sogenannte Afterzapfen sind bei Thieren wenig gebräuch­lich, und die Mittel gestatten in diesen Formen nur eine unvollständige und zu langsame Entwicklung der Wir­kungen.
3) Die innere Fläche der Respirationsorgane, namentlich der Lungen und der Luftröhre, besitzt in ihrer Schleimhaut eine eigenthiimliche Empfindlichkeit und Reizbarkeit, diese Theile stehen aber mit andern Organen in geringerer Nervenverbiudung als der Magen. Dagegen geschieht hier die Aufsaugung aufserordentlich lebhaft, und in den Lungenbläschen, woselbst die Schleimhaut aufserordentlich weit ausgedehnt, verdünnt und zart ist, erfolgt bei dem Respirationsprozefs selbst durch blofse Durchdringung (Penetratio sect;. 46.) ein so reichlicher und unmittelbarer Uebergang materieller Stoffe in das Blut, wie dies an keinem andern Orte geschieht. Doch ist nicht blos die Aufnahme der Stoffe in das Blut, sondern auch ebenso die Ausscheidung anderer Stoffe aus dem-
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selben, durch das Athmen sehr lebhaft, und namentlich werden manche Arzneistoffe (z. B. ätherisch #9632; ölige, spiri-tuöse Mittel, harzige Stoffe, Campher, Stinkasand, der flüchtig-scharfe Stoff der Zwiebeln, Phosphor u. m.) theils unverändert, theils in ihre Bestandtheile zersetzt, mit Was­serdämpfen n. dergl. gemengt, wieder aus dem Körper entfernt, wenn sie durch andere Applikationsorgane ihm einverleibt worden sind. — Die innere Fläche der lle-spirationsorgane ist ihrer phj-siologischen Bestimmung nach beständig der Atmosphäre ausgesetzt und fast nur allein zur Aufnahme von luftartigen Stoffen und Dünsten geeig­net. Die unmittelbare Einwirkung fremder Substanzen von anderer Consistenz wird, jener grofsen und eigen-thümlichen Empfindlichkeit wegen, nicht ohne Nachtheil ertragen; selbst stark reizende Gasarten und Dämpfe ver­anlassen leicht einen heftigen, convulsivischen Husten, und werden dabei entweder wieder ausgestofsen, oder sie ver-schliefsen sich selbst^ durch Erregung einer krampfhaften Zusammenziehung der Stimmritze, den ferneren Eintritt: zuweilen erzeugen sie auf gleiche Weise auch plötzlich Erstickungszufälle, oder heftige und lebensgefährliche Ent­zündungen. Die Wirkungen der Medikamente können daher bei der Anwendung auf die Respirationsorgane theils dadurch, dafs sie bei der Umwandlung in die luftartige und dunstartige Form (wahrscheinlich auch etwas durch den hier vorhandenen Schleim) materiell und chemisch verändert (sect;. 90.), theils durch Erzeugung heftiger Nebenzufälle in den höchst reizbaren Theilen, sehr bedeutend modificirt werden. Deshalb und zugleich weil die Lunge mit andern Organen nur durch geringe Ner­venverbindung in einem, im Vergleich zum Magen und zur Haut, nur schwachen Consensus und Antagonismus steht und daher zur Erzeugung allgemeiner Arzneiwirkun-gen nicht gut geeignet ist, wird dieser Einverleibungsweg im Ganzen weniger benutzt, als die übrigen. Derselbe gewährt jedoch bei örtlichen Krankheitszuständen der Re­spirationsorgane, und wenn man die Mischung und Be­schaffen-
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scliaffenheit des Blutes sehne!! umändern will, grofse Vor-theile, die durch andere Einverleibungswege nicht erreicht weiden küimen.
4) Die äufsere Haut gestattet für die Anwendung der Arzneimittel eine sehr ausgebreitete Berührungsfläche. Sie ist sehr reich au Nerven, welche theils vom Gehirn, theils vom Rückenmark abstammen, und nicht blofs un-
l ter sich, sondern auch mit den grofsen sympathischen Nerven in Verbindung stehen. Hierdurch erhält sie fast
! auf allen Punkten einen so bedeutenden Grad von Sensi­bilität, dafs sie zum allgemeinen Organ des Gefühls wird. Noch viel reicher als an Nerven ist sie aber an feinen Blut- und Lymphgefal'sen, durch deren beiderseitige Thä-tigkeit ein beständiger und sehr lebhafter Stoffwechsel, theils durch Aufsaugung fremder Stoffe von aufsen her. vorzüglich aber durch eine sehr starke Absonderung dunst­artiger und seröser Feuchtigkeiten, aus ihr (Hautausdün-
! stung sect;. 70.) bewirkt wird. — Durch jene Nervenver­bindungen, besonders aber durch ihr Verhältnifs als Ab­sonderungsorgan, steht die Haut mit fast allen innern Or­ganen, namentlich mit dem Magen und Darmkanal, mit den Nieren, der Lunge und Luftröhre, den serösen und fibrösen Häuten u. s. w. in sehr innigen wechselseitigen Beziehungen, die sich, nach Verhältnifs der Umstände, oft durch Consensus, am häufigsten und stärksten aber I durch Antagonismus aussprechen.
Die Bedingungen zur Aufnahme der Arzneistoffe und zur Entwicklung und Verbreitung ihrer Wirkungen, schei­nen hiernach in der Haut recht günstig zu sein. Die Erfahrung zeigt jedoch, dafs die meisten Mittel, bei der Anwendung auf dieses Organ eine viel langsamere, viel schwächere, weit weniger ausgebreitete, und überhaupt eine weniger regelmäfsige allgemeine Wirkung zeigen, als bei der Anwendung auf den Magen und Darmkanal; dafs daher, um nur einigermafsen eine allgemeine Wirkung zu erzwecken, stets ganz aufserordentlich grofse Gaben erforderlich sind; und dafs dennoch manche speeifische
Hcrlwig Arznelmittelklire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;8
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Wirkungen ganz ausbleiben, wie z. B. bei Thieren, die sich erbrechen können, die brecherregende Wirkung des Brechweinsteins. — Die Ursachen hiervon liegen zum Theil darin, et) dafs die Haut bei den meisten Thieren ein ziemlich für sich bestehendes und mit dem übrigen Körper nur schwach zusammenhängendes Gebilde (der Balg) ist, dessen Gefafse und Nerven zwar zahlreich, aber gröfstentheils nur sehr dünn sind, und einen sehr langen Verlauf in der Haut selbst machen, ehe sie zu einem Centralorgan gelangen; — b) dafs die Haut wegen der sehr geringen Quantität thierischer Säfte auf ihrer Oberfläche, und wegen des Mangels an Säure in diesen Säften nicht im Stande ist, die Arzneistoffe so zu verän­dern, wie dies in dem Magen und Darmkanal geschieht und wie es zum Uebergange der Stoffe in das Blut er­forderlich ist; dafs daher manche Substanzen, z. B. die ernährendeiä (die des Verdauungsprozefses bedürfen), oder die chemisch einwirkenden Stoffe (die zuerst neue Ver­bindungen eingehen müssen), von der Haut gar nicht auf­genommen werden, oder wenn dies auch geschiehet, dafs sie fast unverändert und deshalb gröfstentheils unwirksam durch den Körper gehen; c) dafs die Haut an ihrer äu-fsern Fläche mit der unempfindlichen und ganz gefäfs-losen Epidermis bedeckt ist, welche nur durch sehr feine Oeffnungen (Poren) den Arzneistoffen den Zugang zur Haut selbst gestattet *), und — d) dafs ebenso durch
*) in der Mensclienlieilkunde hat man seit einigen Jahren häu­fig die Arzneimittel auf die, vorher durch ein ülasenpflasler von ih­rer Epidermis enthlöfsle Haut applizirt, um die Aufsaugung der Arz­neistoffe hierdurch zu erleichtern. Diese Methode der Anwendung heifst die endermatische (Methodus endermalica). Die in ihr be­nutzten Mittel müssen I) leicht auOöslich sein, ohne dafs hierzu eine Säure erforderlich ist (z. B. die Pflanzen-Alkaloide, die Salze der­selben, manche Extrakte und Metallpräjiarate); denn die hier abge­sonderte Flüssigkeit enthält leine Säure; 2) sie müssen in kleinen Gaben sehr wirksam sein. Im Ganzen ist aber auch hier die Wir­kung sehr unsicher, und man hat deshalb in derThierheilkunde diese Methode bisher sehr wenig benutzt.
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die Haare die freie Einwirkung dieser Stoffe etwas ge­hindert oder beschränkt wird.
Aus diesen Gründen, und weil man die Quantität der aufgenommenen Arzneistoffe nicht ausmitteln kann, wird die Haut für sich allein bei innerlichen Krankheits-zuständen nur selten zur Anwendung der Arzneimittel für den Zweck benutzt, um allgemeine Wirkungen zu erzeu­gen, wie z. B. da. wo der Zugang durch das Maul in den Magen oder auch das Schlingen gehindert ist, wie bei dem Trismus, bei Schlagflufs, bei heftigen'iKrämpfen u. s. w. — Dagegen gewährt die Anwendung der Heilmittel auf die Haut sehr oft eine ganz vortreffliche Unterstützung und Verstärkung der innerlich angewendeten Arzneien; und bei dem innigen Wechselverhältnisse der Haut mit andern cdeln Orgauen leisten besonders solche Mittel sehr viel, welche den Lebensprozcfs der Haut selbst auf eine kräftige Weise orgreifen, oder selbst neue, künstlich erzeugte Absonderungen in ihr erregen (wie z. B. die scharfen, blasenziehenden und ätzenden Mittel), um anta­gonistisch die krankhaft aufgeregte Thätigkeit der innern Organe zu mindern. Dergleichen Mittel können hier um so mehr zur Anwendung kommen, da die Haut, bei ihrer grofsen Empfindlichkeit doch Verletzungen, wenn diesel­ben nicht einen zu grofsen Raum einnehmen, recht gut erträgt und wieder beseitiget. — Dennoch sind die ört­lichen Wirkungen von allen scharfen und reizenden Mit­teln in der Haut viel stärker, als bei der Anwendung auf den Magen und Darmkanal (sect;. 81.). Durch diese Um­stände und durch den, bei der freien Lage der Haut sehr leichten Zugang zu derselben, und aufserdem noch durch die Möglichkeit, den Grad der örtlichen Wirkung zu be­obachten, und nach dem Erfordern der Umstände zu ver­stärken, oder zu mindern, und die Dauer der Berührung zu verlängern, oder plötzlich abzubrechen, erhält die An­wendung der Arzneimittel auf die Haut, besonders bei örtlichen Krankheitszuständen, einen grofsen Vorzug vor der Anwendung auf die übrigen Organe. —
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Obgleich die Beschaffenheit, Dicke und Empfind­lichkeit, und ebenso die physiologische .Thätigkeit der Haut bei Thieren von verschiedener Gattung etwas ver­schieden ist (sect;. 70.), so werden hierdurch doch nur ge­ringe Differenzen in den Wirkungen der, auf dieses Ge­bilde unmittelbar angewendeten Arzneien, veranlafst. Doch ist es bemerkenswerth, dafs Katzen durch blofscs Fett oder fettes Oel, wenn es über den ganzen Körper ein-oder inehreremal eingerieben wird, in Zeit von einigen Tagen zum höchsten Grade der Abmagerung gebracht, und selbst getödtet werden können. Ob diese eigenthüm-liche Wirkung auf mechanische Weise durch gänzliche Unterdrückung der Hautausdünstung, oder durch Störung der Haut-Electrizität, oder auf irgend eine andere Weise herbeigeführt wird? — ist bis jetzt nicht bekannt.
Zur Einverleibung der Arzneien in die Haut, eignen sich die flüssigen, dunstartigen und halbflüssigen Formen derselben (als: Waschungen, Bähungen, Dunst- und Was­serbäder, Linimente, Salben, Breiumschläge u. s. w.) am besten, da sie eine innige Berührung mit der Haut ge­statten und noch am meisten die Wirkung begünstigen.
5) In Wunden und Geschwüren können die Wirkungen der auf sie angewandten Arzneimittel viel schneller und kräftiger, als bei der Anwendung auf die blofse Haut entwickelt weiden, da in ihnen Nerven, Blut-und Lymphgefäfse entblöfst und verletzt sind, und eine unmittelbare Berührung zwischen diesen Gebilden und den Arzneistoffen stattfinden kann. Frische Wunden mit reinen Flächen sind hierzu vorzüglich geeignet, und oft erfolgt bei ihnen ein unmittelbares Eindringen eines Thei-les der Arzneistoffe in die, durch die Verletzung laquo;reöffne-ten Gefäfse, und also sehr schnell ihr materieller Ueber-gang in die Säfte. Daher entstehen auch die allgemeinen Wirkungen von vielen Arzneien (z- B. von Arsenik bei Pferden, von Krähenaugen und Gauchheil bei Hunden u. s. w.) in einem weit heftigem Grade, als bei der in­nerlichen Anwendung derselben Stoffe und in derselben
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Menge. Doch sind die Erfahrungen hierüber noch nicht gehörig festgestellt. — Wunden, die bereits in Eiterung begriffen sind, und eben so veraltete und callöse Ge­schwürsflächen gestatten weder eine vollständige Absorp­tion noch eine freie Einwirkung auf die Nerven, und ver­mitteln daher eine weit schwächere Wirkung als frisch entstandene Wunden und Geschwüre. Aufserdem ist der Grad der Wirkung noch von der eigenthümlichen Em­pfindlichkeit, von dem Gefäfsreichthum und von der Gröfse und Tiefe der verletzten Stellen, wie auch von der Art, Consistenz und Menge der hier vorhandenen Flüssigkeiten (Blut, Eiter, Jauche u. s. w.) abhängig. Die letztern können theils die Wundflächen so bedecken, dafs die Einwirkung der Arzneien ganz gehindert wird, theils kön­nen sie diese selbst auch auf chemische Weise verändern, und unwirksam machen. — Diese Umstände veranlassen eine grofse Unsicherheit, sowohl in der Stärke, wie in der Ausbreitung der Wirkungen bei der Anwendung der Arzneimittel auf diesem Wege, und da es ein seltnes Zu­sammentreffen ist, dafs ein Thier an innern allgemeinen Krankheiten und zugleich an hinreichend grofsen offnen Verletzungen leidet, es auch nicht immer zulässig ist, Wunden und Geschwüre zu diesem Zwecke schnell zu erzeugen, und endlich, da sehr viele Mittel, wenn sie in gehörig starker Concentration auf Wunden und Geschwüre gebracht werden, daselbst heftige örtliche Wirkungen (Entzündung, Schmerz, selbst Brand) veranlassen, und dadurch theils ihre Wirkungen modifiziren, theils sich selbst den weitern Eingang in den Organismus hindern, so wird diese Anwendung bei Thieren im Ganzen nur sehr selten dazu benutzt, um allgemeine Arznei Wirkungen zu erzeugen. Dagegen ist sie aber bei örtlichen Krank-heitszuständen unentbehrlich und sehr wirksam. — Die geeignetste Form der Mittel hierzu ist wieder, wie bei Anwendung auf die Haut, die flüssige, halbflüssige, dunst-und gasartige; doch werden auch Pulver, besonders wenn
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sie auflösliche Bestandthcile enthalten, recht gut ertragen und aufgenommen.
6) Bei der Anwendung in eine geöffnete Blutader werden die Arzneien durcli kunstmäfsige Einspritzung oder Eingiefsung (Injectio, Infusio) unmittelbar dem Blute bei­gemischt und mit den inuern Wänden der Blutgefäfse in Berührung gebracht, worauf sie mit dem Blute durch das Herz und die Lungen gehen, und dann im ganzen Kör­per sich verbreiten. Diese Art der Einverleibung zeich­net sich vor allen andern besonders dadurch aus, dafs die Arzneien hierbei am schnellsten *) und mchrenthcils auch im reinsten Zustande zu den Ccntralorgancn des Körpers gelangen, und daher auch, selbst in sehr kleinen Gaben angewendet, die schnellsten und kräftigsten allge­meinen Wirkungen veranlassen. — Die Einspritzung der Arzneien in die Blutadern scheint daher bei kranken Thieren sehr empfehlenswerth zu sein, und zwar um so mehr, da hierbei durch die ganz unverhältnifsmäfsig klei­nen Gaben Cim Vergleich zu denen, welche gewöhnlich bei der Anwendung auf andern Wegen zur Erzeugung einer vollen Wirkung nöthig sind), auch die Medicinko-sten aufserordentlich verringert werden. Es sind jedoch mehrere Umstände vorhanden, welche der allgemeinen Benutzung der Infusion sehr hindernd entgegentreten. Die wichtigsten davon sind folgende: a) Weil oben liier die Arzneimittel so direkt und ohne auf irgend eine Weise durch ein Assimilationsorgan vorbereitet zu sein, in das Blut gelangen, so bewirken viele Substanzen in dem Blute selbst plötzlich chemische Veränderungen, besonders in­dem sie unlösliche Verbindungen mit ihm eingehen und es zum Gerinnen bringen (so z. B. reiner Weingeist, con-centrirte Säuren, saure Salze und dergl.). Hierdurch aber
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*) Nach Herings Versuchen findet sich z. B. das in die Dros-selvene eines Pferdes injicirte Cyan-Eisenkali schon nach 20 —25Se-Lunden fast im ganzen Körper verbreitet. S. Zeitschrift für Physio­logie v. Tiedemann etc. Bd. I. Heft 3. S. 122 u. f.
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können auf zweifache Weise sehr nachtheilige Nebenwir­kungen und selbst der Tod entstehen; denn es wird das Leben des Blutes vernichtet, und das, wenn auch nur zum Thcil geronnene Blut, verstopft die freien Gefäfse in der Lunge, so dafs zuweilen heftige Störung der Cirkulation, Lungenkrampf, Zcrreifsung einzelner Blutgefäfse, Bluthu­sten, Entzündung mit ihren Folgen, oder selbst plötzliche Erstickung eintreten. — ö) Selbst manche ganz milde Mittel, z. B. Fett, fettes Oel, Auflösungen von arabischem Gummi, von Mehl u. s. w. bringen, wenn ihre Consistenz und Zähigkeit die des Blutes übertrifft, ähnliche üble Fol­gen hervor, indem sie bei ihrem Uebergange in die fei­nen Gefäfse der Lunge auf rein mechanische Weise Ver­stopfung, Reizung, Entzündung, selbst Eiterung u. s. w. erregen *). c) Ganz auf dieselbe Weise sind pulverige, uuaufgelöste Substanzen fast immer mit nachtheiligen Ne­benwirkungen begleitet, d) Luftartige Substanzen in gro-fsen Quantitäten, können die Gefäfse ohne Nachtheil gar nicht ertragen. Kleine Portionen von atmosphärischer Luft bewirken zwar bei Pferden und Rindern kerne, bei Hunden imd Katzen aber die heftigsten Zufälle, und oft den Tod sehr plötzlich. — c) Da die, dem Blute ge­waltsam aufgedrungenen Arzneistoffe mit ihm den Kreis­lauf durch die Lunge machen müssen, und hier mit den feinen Verzweigungen der Lungen-Magennerven und der grofsen sympathischen Nerven in sehr innige und viel­fache Berührung treten, so verursachen viele Mittel, die sonst auf diese Nerven keine besondern Beziehungen äu-fsern, doch sehr starke Affektionen derselben, z. B. sehr beschleunigtes, krampfhaftes und beschwerliches Athmen, krampfhafte Zusammenziehungen der Bauchmuskeln, Er­brechen, oder Anstrengungen dazu, öfteres und gewaltsa-
*) Nach Dupuy's Versucliungen sclieint das Rindvieh die In­jektion solcher diclllüssiger Suhstanzen besser zu ertragen, als dies
bei den übrigen Thieren der Fall ist. 1836. p. 174.).
S. Journ. de medec. veterin.
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mes Ausstofsen der Darm-Excremente, Schweifs und dergl. heftige Zufälle, deren Stärke, Ausbreitung und Dauer sich bei keinem Mittel, weder nach seiner bekannten Wirkung bei innerlicher Anwendung, noch nach der Constitution des betreffenden Thieres im Voraus bestimmen läfst. — fy Die richtige Gabe der einzuspritzenden Arznei ist viel schwerer zu bestimmen, und dennoch von weit gröfserer Wichtigkeit als bei der Einverleibung durch andere Or­gane; denn der individuelle, durch Rage, Constitution, Temperament, Alter u. s. w. bedingte, aber vorher auf keine sichere Art erkennbare Grad der Empfindlichkeit des Körpers für ein Medikament spricht sich bei den In­jektionen weit stärker aus, als an den, durch äufsere Ein­flüsse abgehärteten Verdauungseingeweiden und der Haut. Zu kleine Gaben wirken, wie immer, zu schwach, und die schnelle oder bedeutende Verstärkung derselben bringt oft wieder zu heftige Zufälle hervor. Dafs letztere von manchen Stoffen, z. B. von den Brechmitteln durch grofse Gaben bei der Infusion eher entstehen, als wenn diese Mittel auf den Magen selbst angewendet werden, liegt wohl gröfstentheils darin, dafs im letztern Falle das üe-bermaafs der Gabe durch das Erbrechen wieder ausge­leert werden kann, bei der Infusion aber in den Blutge-fäfsen zurückbleibt. — Ein allgemein richtiges Verhält-nifs zwischen der Wirkungskraft der innerlich angewende­ten, und der in die Adern gespritzten Arzneien ist nicht gut anzugeben; manche Arzneien wirken, auf die letstere Weise angewendet, mit dem vierten, andere mit dem ach­ten, ja mit dem zwölften Theile der innerlichen Gabe schon recht stark. Es ist behauptet worden, dafs vege­tabilische Mittel gleiche Wirksamkeit zeigen, sie mögen in den Magen oder in die Blutgefäfse gebracht sein, die thierischen Substanzen hingegen in den Blutgefäfsen eine stärkere, die mineralischen aber eine schwächere Wirkung äufseru sollen, als im Magen; das ist aber eine viel zu allgemeine und gröfstentheils unrichtige Angabe. Nur ge­naue Beobachtungen über jedes einzelne Mittel können
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hier leiten. — g) Endlich ist die Infusion immer noth-wendig mit einer chirurgischen Operation verbunden, wel­che anatomische Kenntnisse und chirurgische Geschick­lichkeit verlangt, und daher in der Regel nur vom Thier-arzte selbst verrichtet werden kann; dieselbe ist aber bei grol'ser Unruhe, oder bei ungünstiger Lage der Thiere schwierig auszuführen, und zuweilen verursacht sie durch das Eindringen der atmosphärischen Luft oder durch nach­folgende Entzündung und Eiterung der Venen (Aderfisteln) widrige Zufälle.
Dieser Einverleibungsweg für die Medikamente wird daher gewöhnlich benutzt, wenn: 1) Der Zugang durch das Maul und den Schlund verschlossen ist, aber doch schnelle und kräftige allgemeine Wirkungen nöthig sind, wie z. B. bei dem Trismus. 2) Wo ein sehr hoher Grad von Abstumpfung besteht und überhaupt da, wo eine stark eingreifende Umstimmung und Erschütterung des Körpers erfordert wird, wie z. B. bei dem Dummkoller der Pferde; und 3) wenn bei Thieren, die sich erbrechen können, fremde Körper im Schlünde stecken und durch künstlich er­regtes Erbrechen entfernt werden sollen, das Brechmittel aber auf gewöhnlichem Wege nicht beizubringen ist. — Bei der Anwendung der Arzneimittel auf diesem Wege hat man im Allgemeinen zii beobachten, d) dafs die Arz­neien ganz dünnflüssig und von ganz gleichmäfsiger Con-sistenz (am besten colirte Auflösungen, schwache Tink­turen, Infusionen oder Abkochungen) sein müssen; b) dafs sie vor der Anwendung bis zur Temperatur des Blutes (d. h. bis gegen 28 Grad R.)*erwärmt sein müssen; c) dafs man nur mit sehr kleinen Dosen beginnen, und nur allmählig mit denselben steigen darf; c?) dafs man concentrirte Säuren, gesättigte Auflösungen von sauren Salzen, concentrirte Abkochungen von adstringirenden Mitteln, rektificirten Weingeist, Alkohol, Aether und alle Mittel, welche in der Körperwärme leicht gasartig wer­den, oder welche Gase aus sich entwickeln, ebenso fette Oele und Schleim, und alle unauflösliche Substanzen ganz-
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Hell vermeiden inufs, und c) dafs mau die Infusion der Mittel langsam und so verrichten mufs, dafs keine Luft in die Adern dringt.
sect;• 102. o) So wie das diätetische Verhalten der Thiere durch die Art, Beschaffenheit und Menge der Nahrungs­mittel und des Getränkes, durch den Aufenthalt in ge­sunden oder ungesunden Ställen, oder im Freien, durch träge Ruhe, durch mäfsige oder anstrengende Bewegung u. s. w. die Thätigkcit der Organe und Systeme des Kör­pers in verschiedenem Grade erregt oder vermindert, und hierdurch nicht nur die vollkommnere oder unvollkomm-nere Ausbildung desselben, sondern auch das Fortbeste­hen der Gesundheit oder das Entstehen von Krankheiten ganz unverkennbar begünstigt, — ebenso verhalten sich diese Einflüsse auch auf die Wirkung der Arzneimittel, indem sie dieselben bald begünstigen, bald beschränken, bald qualitativ ändern. So z. B. erfolgen bei den inner­lich angewandten Arzneien die Wirkungen im Allgemei­nen um so schwächer, je mehr der Magen und Darmka­nal mit Futterstoffen angefüllt sind; bei den Brechmitteln entsteht aber das Erbrechen leichter, wenn der Magen etwas Nahrung enthält, als wenn er ganz leer ist; die Wirkung aller Purgirmittel wird durch reichlichen Genufs von lauwarmen Getränk sehr befördert, aber von kaltem Getränk entstehen dabei leicht Krämpfe, Kolikschmerzen, selbst Darmentzündungen und übermäfsiges Purgiren; wenn Kühe grünes Futter erhalten, bewirkt die, unter die Haut gebrachte weifSc Nieswurz, sehr oft Erbrechen, Avas auch unter denselben Umständen von der in die Adern ge­spritzten Nieswurztinktur ganz gewöhnlich, aber bei trock-nem Futter nur sehr selten erfolgt u. dgl. Der Thierarzt mufs daher das diätetische Verhalten jedesmal den Um­ständen und den Eigenthümlichkeiten der angewandten Mittel möglichst entsprechend anordnen, und alle Hinder­nisse der Wirkung im Voraus verhüten.
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gt; #9632;
sect;. 103.
p) Die atmosphärische Luft übt einen mächtigen Einflufs auf die Stimmung dor Lebensthätigkeit im thieri-schen Organismus, und somit auch auf die quot;Wirkungen der Arzneimittel aus. Besonders wichtig scheint ihre Rein­heit und Trockenheit, ihre Temperatur, Electrizität und die normale Mischung ihrer Bestandtheilc zu sein. Denn diese Umstände bedingen es, je nach ihrer Art, dal's die Haut- und Lungenausdünstung, die Gallenabsondcrung und antagonistisch auch die Ürinabsonderung u. s. w. bald mehr leicht und vollständig, oder entgegengesetzt unvoll­ständig von statten gehen; dafs also der Andrang des Blutes zu den betretfenden Organen in verschiedener Stärke stattfindet, und dafs hierdurch die Wirkung man­cher Arzneimittel gleichsam vorbereitet, begünstiget und verstärkt, oder entgegengesetzt, vermindert und gehemmt wird. So z. B. zeigen die schweifstreibenden Mittel bei feuchtwarmer Luft einen sehr starken, die urintreibenden Mittel aber einen sehr geringen Wirkungsgrad. — Ein eigenthümlicher, bis jetzt nicht erforschter Zustand der Atmosphäre ist häufig die sog. epizootische Krank-heits-Constitution, durch welche ebenfalls die Wirk­samkeit mancher Arzneimittel modifizirt wird, z. B. zur Zeit, wo typhöse Fieber herrschen, bringt die Anwendung der rein antiphlogistischen Mittel in den sonst gebräuch­lichen Gaben leicht zu reichliche Ausleerung der Säfte, oder zu grofse Schwächung hervor. —
sect;• 104.
5) Wie mächtig der Einflufs des Chma, der Jah­reszeiten und der damit verbundenen Witterungs­verhältnisse auf den thierischen Organismus ist, das zeigt die oft ganz verschiedene Entwicklung der Thiere einer Gattung in verschiedenen Climaten, das regelmäfsige Wechseln der Haare und Federn (Abhaaren und Mau­sern oder Rauhen), ebenso das regelmäfsige Erwachen des Geschlechtstriebes in gewissen Jahreszeiten u. s. w. Es müssen also durch den Einflufs dieser Aufsenverhält-
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nisse einzelne Organe und Systeme materiell sehr ungleich entwickelt und (wie im vorigen sect;. angegeben) in eine ganz andere, bald erhöhte, bald verminderte Thätigkeit versetzt werden. Man sieht auch hier Congestionen des Blutes zu einzelnen Theilen, oder Orgasmus im ganzen Gefäfs-system entstehen, die Empfindlichkeit im Winter vermin­dert, die Hautausdünstimg beschränkt, aber die Urinab­sonderung und das Reaktionsvermögen im Allgemeinen verstärkt werden u. s. w. Es ist daher sehr natürlich, dafs auch die Reaktionen des Organismus gegen die Arz­neimittel, durch jene Einflüsse verändert erscheinen. Doch fehlt es hierüber noch sehr an solchen Beobachtungen, aus welchen man den besondern Antheil der äufsern Ein­flüsse, des kranken Thierkörpers, und der angewandten Mittel an den Abweichungen der Arzneiwirkuugen mit Sicherheit nachweisen könnte.
Zweites Kapitel.
Ei n thei'Iung (Classifikation) der Arziieimittol.
sect;. 105. JJie Hauptaufgabe der Arzneimittellehre mufs zwar dar­auf gerichtet sein: jedes einzelne, bei den kranken Thie-ren in Gebrauch gezogene Arzneimittel nach seinen Eigen-thümlichkeiten und nach den, durch die Erfahrung be­währten Wirkungen u. s. w. (sect;. 21. b.) genau und rich­tig darzustellen; da aber die Menge und Verschiedenheit dieser Mittel sehr grofs ist, so mufs diese Darstellung zugleich mit einer Ordnung verbunden sein, in welcher das Aehuliche mit dem Aehnlichen zusammengestellt und das Ganze in einen wissenschaftlichen Zusammenhang ge­bracht ist, um hierdurch einen richtigen üeberblick zu
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raquo;ewähren, das Studium zu erleichtern und Weitschweifig­keit und Wiederholungen zu vermeiden.
sect;. 106.
Die Nothwendigkeit und deuWerth einer guten Ein-theilung der Arzneimittel hat man stets anerkannt, und die Schriftsteller über Arzneimittellehre haben eine solche auf vielfache Weise aufzustellen versucht. Alle diese Ver­suche sind jedoch bisher in einzelnen Punkten unvollstän­dig und mangelhaft geblieben, weil es an einem wesent-lichen Eintheilungsprinzip fehlt. Denn dieses Prinzip könnte nur allein aus der wirklichen Kenntnifs der iii-nern Gründe hervorgehen, auf welchen die, bei den Arz-neiwirkungen entstehenden Erscheinungen beruhen und welche sich theils auf den Arzneistoff, theils auf den le­bendigen Organismus beziehen. Da jedoch unsere Kennt­nifs von dem Wesen der Lebenskraft, und eben so von dem Wesen der dynamischen und spezifischen Kräfte der Arzneimittel fast nur allein auf die sinnlich wahrnehmba­ren Eigenschaften der letztern und auf die, durch sie er­zeugten sichtbaren Veränderungen des Organismus be­schränkt ist (sect;. 29. 30.), so kann auch jede Eintlicilung der Arzneimittel nur auf blofse Sinneswahrnehmungen über ihre Eigenschaften und Wirkungen gegründet und daher, wie diese Wahrnehmung selbst, in vieler Hinsicht nur mangelhaft sein.
sect;. 107.
Bei den sämmtlichen verschiedenen Eintheilungen der Arzneimittel in bestimmte Abtheilungen, oder Klassen und Ordnungen, hat man diese Mittel 1) bald für sich allein, d. h. ohne Beziehung auf den thierischen Organismus, als blofse materielle Stoffe, nach ihren naturhistorischeu Verhältnissen, oder nach ihren chemischen und andern Eigenschaften, — 2) bald wieder nur ihre Anwendung auf den kranken Thierkörper, und ihre Wirkungen in demselben als Eintheilungsgrund benutzt; und — 3) zu­weilen nach diesen beiden Rücksichten ein System zu­sammengestellt.
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sect;. 108. Die Einthcilung der Arzneimittel nach ihren Bezie­hungen zum kranken Thierkörper scheint den Zwecken der praktischen Thierheilkunst am meisten zu entspre­chen, und ist deshalb in frühern Zeiten fast ganz allein benutzt, aber mit sehr wesentlichen Verschiedenheiten ausgeführt worden. Schon das letztere beweiset him ei­chend, dafs diese Eintheilung ihren Zwecken nicht ge­nügt; noch mehr aber ergiebt sich dies, wenn man fol­gende, als die vorzüglichsten hierher gehörenden Einthei-lungsarten näher betrachtet. —
1)nbsp; Als die älteste Eintheilung der Arneimittel kann man wohl diejenige betrachten, in welcher die Mittel nach den verschiedenen Krankheitsformen, gegen die sie bei empirischer Anwendung nützlich erschienen, in Gruppen zusammengestellt sind. So unterscheidet man z. B. Mit­tel gegen Fieber, gegen Entzündung, gegen Krampte, ge­gen Würmer u. dgl., und man hatte daher eben so viele Klassen von Arzneimitteln, wie von Krankheiten. Die sämmtlichen Arzneimittel waren gleichsam spezifische Mit­tel. Da aber im Verlaufe der Zeit und bei vorurtheils-freien Beobachtungen die Sicherheit solcher spezifischen Heilmittel nur bei wenigen Krankheiten bewährt gefunden worden ist; da ferner die meisten Krankheiten, mehr nach den Symptomen, als nach ihrem wesentlichen Zustande, bekannt sind und — da auch fast jedes Mittel nach Art und Zeit der Anwendung, nach der Grofse der Gabe U. s. w. gegen mehrere, zum Theil ganz verschiedene Krankheiten mit Nutzen angewendet wird, so ist diese Eintheilungsart ganz verwerflich, um so mehr, weil sie zu­gleich keine gute Uebersicht gewährt, und gar keinen wissen­schaftlichen, sondern nur einen ganz empirischen Grund hat.
2)nbsp; nbsp;Eine zweite Eintheilungsweise der Arzneimittel ist auf die, nach ihrer Anwendung erfolgenden Wirkungs­erscheinungen gegründet; nach denen man z. B. die Mit­tel in Brechmittel, Purgirmittel, flüchtige und anhaltende, Erregungsmittel, Aetzmittel u. s. w. theilt (sect;sect;. 55 — 82.).
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Obgleich man hierbei keine strenge Rücksicht auf die vorhandenen Krankheiten nimmt, so ist doch das Ent­stehen mancher Wirkungen und ihrer Erscheinungen nur von dem Dasein eines gewissen Krankheitszustandes allein abhängig (z. B. die krampfstillcnde Wirkung nur bei Krämpfen, die wurmtreibende nur bei Würmern), und derselbe wird daher für die Eintheilung mit benutzt. Der Grund zu dieser Eintheilung ist also theilweis mit dem der vorigen übereinstimmend, und sie hat daher auch zum Theil dieselben Mängel wie diese; ihr gröfster Feh­ler liegt aber darin, dafs Wiederholungen unvermeidlich sind1, weil ein und dasselbe Mittel, unter verschiedenen Umständen, namentlich in verschiedener Gabe, Conzen-tration, Form, bei verschiedenen Krankheiten u. s. w. eine verschiedenartige (wie z. B. der Weinstein, eine auf­lösende, laxirende, urintreibende, kühlende, entzündungs-widrige, schwächende) Wirkung leisten kann, und daher auch in verschiedenen Klassen stehen raufs.
3) Als den Grund zu einer dritten Eintheilnngsweise betrachtet man die Innern Veränderungen, welche in den Kräften, in der Thätigkeit und BeschalTcnheit bald des ganzen Körpers, bald der einzelnen Systeme und Organe durch die Medikamente erzeugt werden können. Dieser Eintheilungsgrund ist aus der Annahme von sogenannten Grundansichten des Lebens und von Grundkrankheiten entstanden. Da aber, trotz der Bestrebungen, durch wel­che diese Ansichten geschaffen wurden, unsere Kenntnisse über den innern Grund des gesunden und krankhaften Lebensprozesses nur sehr beschränkt sind, und in vieler Hinsicht nur auf Theorien und Hypothesen beruhen, so hat sich auch eine gründliche Einsicht in den Prozefs der Arzneiwirkung für jetzt nicht erlangen lassen. Daher ist auch die Eintheilnngsweise selbst nach den sogenann­ten medizinischen Systemen sehr verschieden gemacht wor­den, z. B. nach Browns System in sthenisirende und asthenisirende, oder nach Rasori in stimulirende und constrastimulirende; nach Broussais Ansichten in anti-
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phlogistiscbe, revellirende und alterirende; nach einigen naturphilosophischen Aorzton in expandirende und con-trahirendo, — in positive und negative Mittel, — nach Vogel in Mittel, welche auf die Empfindlichkeit, und in solche, welche auf die Bewegung wirken; — nach mehreren Aerztcn der neuern Zeit in Mittel, welche in ihren Wirkungen auf die Sensibilität, Irritabilität und Reproduktion gerichtet sind, und diese Grundkräfte er­höhen oder vermindern. — Die Eintheilung auf die letz tere Weise scheint vor den übrigen noch den meisten Werth zu haben, weil allerdings sehr viele Mittel, zu einer der drei Grundthätigkeiteu und zu den organischen Systemen, in welchen dieselbe vorwaltend ist, eine spe­zifische Beziehung äufsern. Allein auch sie ist einseitig und mangelhaft; denn diese Beziehung hängt nicht immer von den Mitteln allein, sondern oft auch von dem Krank­heitszustande ab; die meisten Mittel wirken nicht blofs auf ein System oder Organ, sondern sie ergreifen auch, und zwar zuweilen schon in der primären, ganz sicher aber in der sekundären Wirkung die übrigen Systeme und Organe und verbreiten sich zuletzt über den ganzen Körper; auch besteht die Wirkung nicht blofs in der Vermehrung oder Verminderung einer Grundthätig-keit, sondern eben soviel in der qualitativen Verän­derung derselben.
4) Den Grund zu einer vierten Eintheilungsweise nahm man von der innerlichen und äufserlichen Anwen­dung der Arzneimittel, und unterschied sie hiernach in innerliche oder therapeutische, und in äufsere oder chi­rurgische Mittel. Diese Eintheilung entspricht jedoch weder wissenschaftlichen noch praktischen Zwecken, da ihr Grnnd ein sehr unwesentlicher ist, sehr viele Mittel innerlich und äufserlich angewendet werden, und da auch die Thierarzneikunde nicht wie die Menschenheilkunde in Medizin und Chirurgie geschieden werden kann.
sect;. 109.
Auf die naturhistorischen und materiellen Eigenschaf­ten
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ten der Arzneimittel sind folgende verschiedene Einthei-lungsweisen gegründet worden.
1)nbsp; Nach den drei bekannten Naturreichen hat man die Arzneimittel in drei Hauptklassen gebracht, und sie nach ihren äufsern Aehnlichkeiten, bald nach demLinne-schen, bald nach dem sogenannten natürlichen System geordnet — Wenn nun hierbei auch einzelne Mittel von gleichen oder ähnlichen dynamischen Kräften neben ein­ander zu stehen kommen, so findet doch mehrentheils das Entgegengesetzte statt; Substanzen von unähnlicher Qualität sind mit einander zusammengestellt, und ähnliche sind von einander getrennt. Daher geht bei dieser Ein-theilung die praktische Uebersicht ganz verloren; aufser-dem leidet sie aber noch an Unsicherheit, indem manche Mittel in verschiedene Naturreiche versetzt werden kön­nen, wie z\ B. der kohlensaure Kalk und die Blausäure.
2)nbsp; Nach ihren materiellen Bestandtheilen und ihren chemischen Eigenschaften hat man die Arzneimittel auf zweierlei AVeise eingetheilt, indem man c) die einfachen Elementarstoffe, namentlich die gasartigen Grundstoffe (Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff und Wasserstoff) als laquo;lie nächste Ursache der spezifischen Kräfte der Arznei­mittel betrachtete, und nach der Quantität und der gegen­seitigen Verbindung dieser Stoffe in den einzelnen Mit­teln, die Klassen und Ordnungen derselben bildete; — oder indem man i) nur die nähern Bestandtheile beachtete und nach dem Vorwalten derselben, die gleich­artigen Mittel in Klassen zusammenstellte. Die erstere Eintheilungsweise ist hypothetisch und unsicher, theils weil von manchen Stoffen keine gründliche chemische Analysen bisher bekannt geworden sind, dann, weil sich aus der Kenntnifs der Elementarstoffe eines Arzneimittels wenig, oft auch gar nichts für die Wirkung desselben in Krankheiten ergiebt, und weil mit der Vervollkommnung der Chemie und mit dem Wechsel ihrer Systeme sich die Ansichten über diese Elemente oft ändern. — Dage­gen erscheint die zweite Eintheilungsweise fester begrim-
Hprfiriquot; Arznpi-ninHlcVr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; fl
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det und sehr brauchbar; denn jedes Arzneimittel hat, wenn es gleich gemeiniglich aus mehreren -verschiedenartigen Stoffen zusammengesetzt ist, doch einen vorwaltenden Bestandtheil, von dem vorzugsweise seine Heilkraft ab­hängt, und den man daher als Heilstoff bezeichnen könnte, z. B. Bitterstoff, ätherisches Oel, Campher u. dergl. Diese Stoffe werden wohl immer als dieselben betrachtet werden, wenn auch die chemische Analysis noch so ver­schiedene Elemente und subtile Unterschiede in ihnen entdecken sollte. Dabei zeigen die Mittel von gleichen oder sehr ähnlichen nähern Bestandtheilen auch eine gro-fse Uebereinstimmung in ihren Wirkungen, so dafs sich über dieselben, so wie über die Indikationen und Contra­indikationen zu ihrem Gebrauch, über ihre Verbindungen mit andern Mitteln u. s. w. allgemeine Betrachtungen bei den einzelnen Gruppen aufstellen lassen. Die auf die vorwaltenden Bestandtheile der Mittel gegründete Ein-theilung hat daher nicht blofs einen pharmakologischen, sondern auch einen therapeutischen Werth, und dieselbe soll daher auch hier für die spezielle Arzneimittellehre benutzt werden, um so mehr, da ihre Klassen sehr einfach und natürlich sind, eine leichte Uebersicht ge­währen, und Wiederholungen unnöthig machen. Sie ist zwar ebenfalls nicht ganz frei von Mängeln, die aber im Vergleich zu ihren Vorzügen nicht in Betracht kommen, und die hoffentlich mit der Zeit verbessert werden können. Sie umfafst folgende zwölf Klassen: Ite Klasse, enthält Mittel, deren Bestandtheile sich zu denen des Thierkörpers am wenigsten mate­riell verschieden (different) verhalten, und die man daher als indifferente Mittel be­zeichnet. Ute Klasse, Mittel mit vorwaltendem Bitterstoff; — bit­tere Mittel. Illte Klasse, Mittel mit vorwaltenden adstringirenden Stof­fen; adstringirende Mittel.
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IVte Klasse, Mittel Init vorherrschendem Gehalt an äthe­rischem Oel, Campher und Harz; — äthe­risch-ölige, gewürzhafte, campher-haltige und harzige Mittel. Vte Klasse, spirituöse, ätherartige, flüchtige Mit­tel. VIte Klasse, Mittel, die scharfe Stoffe enthalten, —
scharfwirkende Mittel. Vllte Klasse, Mittel die betäubende Stoffe enthalten, —
betäubende, narkotische Mittel. VlllteKlasse, Mittel, die als chemisch einfache Stoffe
bekannt sind. IXte Klasse, Säuren, saure Mittel. Xte Klasse, Alkalien und Erden;— kalis ehe Mittel. Xlte Klasse, Salze der Alkalien und Erden. XIIteKlasse, Metalle, Metalloxyde und Metall­salze.
sect;• no. Da jede Eintheilung ihre Mängel besitzt, so haben einige Schriftsteller die systematische Darstellung der Arz­neimittellehre ganz aufgegeben, und dafür die einzelnen Arzneimittel nach der Buchstabenreihe zusammengestellt. Dies Verfahren hat jedoch, namentlich bei dem Studium nocli weniger Werth, als selbst eine unvollständige Ein­theilung, und sie ist höchstens für ein zum Nachschlagen bestimmtes Wörterbuch zu benutzen.
Drittes Kapitel.
Quellen und (rcschichte der Arzueimiitcllchre. sect;. 111.
Die thierärztliche Arzneimittellehre enthält eine sehr grofse Menge von Arzneistoffen der verschiedensten Art,
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die aus allen drei Reichen der Natur entnommen, und aus fast allen Ländern der Erde zusammengebracht wor­den sind. Alle diese Stoffe sind von den Thierärzten gegen gewisse, selbst gegen die gefährlichsten Krankhei­ten empfohlen, und es könnte hiernach bei oberflächlicher Betrachtung scheinen, dafs wir bei der grofsen Anzahl der gebräuchlichen Arzneistoffe sehr reich an wirklichen Heilmitteln sind, dafs die Arzneimittellafire einen hohen Grad der Ausbildung erreicht habe, und den Zwecken der Thierheilkunde vollkommen genügen müsse. Allein, wenn gleich die letztere auch in diesem Theilc, gegen ihren früheren Zustand, einige Fortschritte gemacht hat, so zeigt doch eine nur etwas gründliche Untersuchung, dafs unsere Kenntnifs über die Natur und über die Wir­kungen der meisten Arzneistoffe, nur oberflächlich und lückenhaft sind — dafs also die Arzneimittellehre noch weit entfernt von der wünschenswerthen quot;Vollkommenheit ist, — dafs sie daher der praktischen Thierheilkunde die nöthige Sicherheit nicht gewährt, — und dafs jener schein­bare Reichthum an Arzneistoffen vielmehr ein Beweis von der mangelhaften Kenntnifs der einzelnen Mittel ist. Denn gewifs könnten wir mit der kleinen Hälfte derselben voll­kommen ausreichen, wenn wir ihre Wirkungen genau kennten.
sect;• 112. Dieses Gestandnifs ist nicht sehr erfreulich, beson­ders wenn man dabei erwägt, 1) dafs die Anwendung der Arzneimittel zur Heilung kranker Hausthiere schon seit den ältesten Zeiten versucht und fortwährend geübt worden ist, da das Eigenthums-Interesse, und ein, im Menschen eingepflanzter natürlicher Trieb zu helfen, die Heerdenbesitzer ehemals gewifs eben so stark wie jetzt hierzu angeleitet hat; und 2) dafs die Thierarzneikunde bereits fast SO Jahre in besondern Schulen, rationell ge­lehrt und cultivirt wird. — Es ist daher nothwendig und von grofser Wichtigkeit für das künftige bessere Gedeihen der Arzneimittellehre, die Quellen zu beachten, aus denen
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durch zweckmäfsige Benutzung eine Vermehrung an gründ­lichen Kenntnissen über die Arzneiwirkungen zu erlan­gen ist.
sect;. 113.
Die Arzneimivtellehre ist ihrem Ursprünge und ihren Zwecken nach eine ErfahrungsWissenschaft (sect;. 19.) und ihre Vervollkommnung kann daher auch nur allein durch Erfahrungen, besonders über die Wirkungen der Arznei­mittellehre an kranken Thieren, befördert werden. Es ist aber, der vielen Hindernisse wegen, sehr schwer in der Arzneikunde) gründliche und echte Erfahrungen zu machen (obgleich fast Jeder von ihnen spricht, der nur einigemal irgend ein Mittel gegen eine Krankheit ange­wendet hat), und Mancher gelangt in einer vieljährigen praktischen Laufbahn kaum zu einer einzigen Erfahrung, weil er die nöthigen Bedingungen hierzu weder kennt noch besitzt, und daher mehrcntheils einseitige Beobach­tungen für wirkliche Erfahrung hält.
sect;. 111.
Um Erfahrungen in der Arzneimittellehre zu machen, ist erforderlich: a) eine gründliche materielle Kenntnifs der Arzneimittel; h) gründliche Kenntnifs des Organismus der verschiedenen Hausthiere im gesunden und kranken Zustande; c) Geschicklichkeit und Ausdauer bei der An­stellung von Versuchen und Beobachtungen, und — d) Kenntnifs und richtige Beurtheilung der mitwirkenden äu-fsern Einflüsse.
a) Die gründliche Kenntnifs der Arzneimittel mufs 1) die naturhistorischen und 2) die chemischen Eigen-thümlichkeiten derselben umfassen und sich daher auf Naturgeschichte und Chemie stützen. — 1) Durch naturhi­storische (physiographischc) Kenntnisse sind wir im Stande jeden Arzneikörper nach seinem Ursprünge, nach seiner Güte und Aechtheit zu erkennen, und nach seinen syste­matischen, bei allen eultivirten Nationen gültigen Namen richtig zu bezeichnen, daher auch ihn von andern zu un­terscheiden und Verwechselungen mit unwirksamen oder
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mit giftigen und schädlichen Stoffen zu verhüten. Durch die Kenntnifs der naturhistorischen Verwandschaft und Aehnliclikeit eines wirksamen Arzueistoffcs mit andern, werden wir veranlafst, bei den letzten auf ähnliche Kräfte zu schliefficn, hierüber Versuche au Thieren anzustellen, und dadurch auf mehrfache Weise zu nützen, indem theils der Arzneivorrath überhaupt mit neuen wirksamen Mitteln bereichert wird, oder indem wirksamere Stoffe an die Stelle der bisher gebräuchlichen treten, oder indem an die.Stelle der theuren ausländischen Stoffe, inländische, wohlfeilere aufgefunden werden. Das Letztere ist für die Thierarzneikunde, die nur nützlich ist, wenn sie wohl­feil heilen lehrt, stets ein wahrer Gewinn, und alle Thier-ärzte sollten es sich daher zur Pflicht machen, ihre na-turhistorischen Kenntnisse, besonders in der Botanik, auf diese Weise zu benutzen.
2) Die Chemie belehrt uns über die Restandtheile und Mischungsverhältnisse der Arzneimittel, und über das wechselseitige Verhalten derselben zu andern Stoffen; sie lehrt durch kunstmäfsige Zersetzungen, bei den mei­sten organischen Arzneistoffcn die wirksamen Bestandtheile möglichst einfach und rein darzustellen, und liefert so­wohl hierdurch als auch durch richtige Zusammensetzun­gen, die kräftigsten Arzneimittel; sie begründet überhaupt eine zweckmäfsige sich immer gleiche Bereitungsweise der Arzneien, und zeigt, wie die Zusammenmischung solcher Stoffe zu vermeide:! ist, deren chemische Verhältnisse ein­ander widersprechen, die sich daher zersetzen und ein neues Produkt bilden, welches unmöglich die von den einzelnen Mitteln bekannte Wirkung auf den thierischen Organismus äufsern kann. Mit Hülfe der Chemie sind verfälschte Arzneimittel häufig von den ächten zu unter­scheiden. Ferner, da die Erfahrung zeigt, dafs die äus-sern Einflüsse den Organismus nicht allein quantitativ, sondern vorzüglich qualitativ afficiren und seine Materie umändern, und dafs Stoffe von ähnlichen Bestaudtheilen auch gröfstentheils ähnliche Wirkungen im Thierkörper
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veranlassen, so läfst sich aus der Vergleichung der, durch chemische Analysis aufgefundenen Bestandlheile eines Kör­pers mit den Wirkungen der, ihn an Mischung ähnlicher Stoffe einigermafsen im Voraus der pathologische Zustand andeuten. Bei dem jener Stoff als Arzneimittel passend sein kann. Bei manchen Giften sind fast durch die Che­mie allein die wirksamsten Gegengifte aufgefunden wor­den. Auch über die Verbreitimg mancher angewendeten Arzneistoffe im Körper, über ihre Ausscheidung durch bestimmte Organe und in gewissen Flüssigkeiten, und über ihr Verhalten zu den verschiedenen Gebilden und Säften des Körpers, kann die Chemie Belehrungen geben, die nicht allein von Interesse für die Wissenschaft, son­dern auch sehr wichtig für die Praxis sind.
sect;. 115. Aber wie grofs auch die Dienste sind, welche die Naturgeschichte und die Chemie der Arzneimittellehre leisten, so darf man diese Wissenschaften hierbei doch nicht höher stellen, als es ihnen wirklich gebührt; sie sind nur Hülfswissenschaften der Arzneimittellehre, und müssen daher den höhern Prinzipien derselben unterge­ordnet sein, dürfen sie aber niemals beherrschen. Dies ist besonders hinsichtlich der Chemie zu beherzigen, weil dieselbe manche Erscheinungen und Veränderungen im #9632; Thierkörper sicher und überzeugend nachweist, und daher selbst zur alleinigen Erklärung über die innersten Lebens­veränderungen bei den Wirkungen der Arzneimittel gel­tend gemacht, und auch eben so wie die Naturgeschichte, als Eiutheilungsprinzip benutzt worden ist (sect;. 109. No. 2.). Jene Erklärungen können sich jedoch mehrentheils nur auf die Einwirkung der Mittel (sect;. 27.) beziehen, und aufserdem ist hier noch zu erwägen, dafs sehr viele Re­sultate der chemischen Forschungen nicht unerschütterlich und ganz zweifelfrei sind; denn die Chemie zerlegt die Körper durch die Anwendung der wirksamsten Reagentien, durch welche einzelne Bestandtheile zerstört, und andere umgewandelt werden, so dafs sie Produkte erhält, die in
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dem zerlegten Körper nicht vorhanden sind und also sein wahres Mischungsverhältnifs nicht bezeugen können. Auch können uns die einzeln dargestellten Bestandtheilc der Arzneikörper die Beziehung der letztern zum kranken Or­ganismus deshalb nicht genügend erklären, weil jedes Arzneimittel etwas Ganzes ist, und seine Bestandtheile in der eigenthümlichen Art ihrer Verbindung eine andere Kraft ausüben, als wenn wir sie einzeln und losgerissen aus dem Gan/en, auf den kranken Organismus anwenden. Noch weniger läfst sich aber aus dem eigenthümlichen Einwirken gewisser Stoffe auf todte Körper, eine gründ­liche Erklärung über die Wirkungen dieser Stoffe im kranken, lebenden Thierkörper entnehmen; denn bei sol­chen Versuchen fehlt der zweite Akt jeder vollständigen Arzneiwirkung, nämlich die Mitwirkung der Lebenskräfte, gänzlich. Die so erlangte Ansicht wird daher oft einsei­tig und unrichtig sein, und durch gewöhnliche Thatsachen häufig widerlegt werden. So schützt z. B. der Salpeter todtes Fleisch eine lange Zeit gegen Fäulnifs, und über­trifft hierbei die fäulnifs widrige Kraft der Chinarinde; aber wie grundfalsch wäre die Annahme einer gleichen Wir­kung im kranken Organismus, wo er die Auflösung der Materie schnell befördert und die Entwicklung und Ge­rinnung der plastischen Bestandtheile beschränkt!
Die Arzneimittellehre darf daher die Aussprüche der Chemie, welche sich auf das Verhalten der Arzneistoffe zum Thierkörper beziehen, nur mit Vorsicht, und nach­dem sie durch Versuche am lebenden Thierkörper sich praktisch bewährt haben, annehmen.
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6) Da der thierische Organismus der Gegenstand ist, auf den die Arzneimittel angewendet werden, und durch dessen Mitwirkung sie ihre Heilkräfte entwickeln, so er-giebt sich von selbst, wie nothwendig die Kenntnifs von ihm ist. Diese Kenntnifs mufs aber sowohl den gesun­den als den kranken Zustand umfassen, und daher sich auf die gesammte Physiologie und Pathologie gründen. —
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Die erstere erforsclit und erklärt die Eigenschaften, Kräfte und Verrichtungen des Organismus bei den verschiedenen Thieren im normalen Zustande, stellt die Abweichungen dar, die bei den einzelnen Thiergattungen in den Funk­tionen, in der Empfindlichkeit gegen äufsere Einflüsse u. s. w. bestehen, und begründet so die Erkenntnifs und Erklärung der Veränderung, welche durch Krankheit, durch Heilmittel, oder durch zufällige äufsere Einflüsse erzeugt worden sind.
Die Pathologie macht uns mit den verschiedenen Krankhcitszuständen, deren Beseitigung eben die Haupt­aufgabe der Thierarzueikunde ist, bekannt; sie lehrt die durch den Verlauf, durch die Ausgänge u. s. w. beding­ten Veränderungen in den Krankheitserscheinungen richtig erkennen, und von denen unterscheiden, welche durch die Arzneien erzeugt und als deren quot;Wirkung zu betrach­ten sind; sie stellt durch richtige Beschreibung die ein­zelnen Krankheitszustände, bei denen gewisse Arzneimittel heilsame oder schädliche Wirkungen hervorgebracht ha­ben, nach ihren Symptomen, Ursachen, Graden und an­dern Verhältnissen fest, und giebt nur hierdurch den ge­machten Beobachtungen Sicherheit und Brauchbarkeit für künftige Benutzung; sie lehrt aus den genau und vollstän­dig erkannten Symptomen, die innem wesentlichen Ver­änderungen des Lebensprozesses zu erforschen, um hier­durch auf rationelle quot;Weise für die Anwendung der, nach ihrer quot;Wirkung bereits empirisch bekannten Heilmittel eine sichere Grundlage zu gewinnen; und indem sie die im Wesen verwandten Krankheitszustände in Klassen zusam­mengestellt, gewährt sie für die praktische Anwendbariveit der einzelnen Medikamente eine einfachere tlebersicht. — Leider, dafs unsere Kenntnifs des Organismus sowohl in physiologischer, wie in pathologischer Hinsicht sehr man­gelhaft ist, dafs uns namentlich von den wichtigsten krank­haften Zuständen fast nicht viel mehr als die äufsern Er­scheinungen bekannt sind, und dafs wir uns sehr oft nur mit blofsen Ahnungen und Hypothesen begnügen müssen.
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Daher die vielen quot;Widersprüche, die entgegengesetzten An­sichten über eine und dieselbe Krankheit, die Unsicher­heit und der beständige Wechsel in der Anwendung dlaquo;r Arzneimittel und den Heilmethoden überhaupt! — Die Arzneimittellehre kann nur dann grofsere Fortschritte machen, wenn die Physiologie und Pathologie gründli­chen Zuwachs erhalten; die Mängel dieser Doktrinen werden stets auf die erstere zurückwirken, und in ihr wieder zu erkennen sein.
sect;. 117. c) Weder die Kenutnifs des thierischen Organismus, noch die materielle Kenutnifs der Arzneistoffc ist für sich allein hinreichend; um über die Wirkungen derselben auf den lebenden Körper, und besonders in den verschiede­nen Krankheiten eine sichere Belehrung zu gestatten, son­dern diese ist nur zu erlangen, indem man die einzelnen Arzneistoife unter verschiedenen, genau bestimmten Ver­hältnissen mit dem Thicrkorpcr in Berührung bringt, d. h. thierärztliche Versuche macht, und die hierauf ent­stellenden Erfolge richtig beobachtet. — Als Versuche betrachtet man gewöhnlich nur die Anwendung der Arz­neimittel auf gesunde Thiorc, wobei die Erforschung der Arzneiwirkung eben der Zweck ist; allein, genau betrach­tet, besteht auch die gewöhnliche medizinische Behand­lung der Thiere bei vielen Krankheiten zum gröfsten Theile in blofsen Heilungsversuchen, — wie diefs auch bei dem Mangel an umfassenden und gründlichen Erfah­rungen nicht gut anders sein kann.
sect;• us.
Versuche an gesunden Tliiercn sind defshalb von grofsem Werlh, weil bei ihnen die Reaktion des Orga­nismus gegen die Einwirkung der Arzneistoffe nicht durcJi eine krankhafte Lcbensthätigkeit modifizirt oder durch die Erscheinungen der Letzteren undeutlich werden. Diese Versuche zeigen daher die möglichst reinsten und gleich­artigen Wirkungen und man kann aus ihnen am deutlich­sten entnehmen, welche Funktionen bei der Wirkung eines
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Mittels ergriffen sind, wie die Kräfte und Säfte des Or­ganismus verändert werden, und welche spezifische Wir­kunsren also ein Mittel besitzt. Solche Versuche haben noch dieVortheile für sich, dafs man die hierzu bestimm­ten Thiere in die, für den sichern Erfolg günstigsten Ver­hältnisse bringen, und namentlich die störenden Einflüsse viel mehr abhalten oder beseitigen kann, als dies bei der Behandlung kranker Thiere möglich ist, wie auch, dafs man die Arzneimittel ungehindert von den kleinsten bis zu den gröfsten Gaben und bei Thieren von verschiede­ner Art oft wiederholt anwenden und so die hierdurch bedingten Modifikationen der Wirkung beobachten kann.
sect;• HO.
Doch sind diese Versuche auch nicht ohne Manuel, und ihre Resultate gestatten deshalb nur eine vorsichtige Anwendung. Denn i) besitzen die Thiere, besonders unsere nutzbaren und mclirentheils zu sehr benutzten Hausthiere keine ideale, sondern stets nur eine individuelle, relative Gesundheit (s. sect;. 99.), und es ist deshalb schwer, Subjccte von gleicher Gesundheit zu den Versuchen zu erhalten, noch schwerer aber zu bestimmen, welches der richtige Grad der Gesundheit sei. — 2) Sind auch die störenden äufsern Einiliissc niemals ganz unwirksam zu inachen. Beides trägt dazu bei, dafs auch an gesunden Thieren ein und dasselbe Mittel nicht jedesmal dieselben Erscheinungen veranlafst. — 3) Vermag der gesunde Organismus mit einem hohen Grade der Selbstständigkeit sich gegen die äufsern Einflüsse, also auch gegen die Arzneistoffe zu behaupten, ihre Wirksamkeit zu vernich­ten und die durch sie erzeugten Veränderungen sogleich im Werden zu ersticken. Daher bringen an gesunden Thieren nur die wirksameren Stoffe, und mclirentheils nur in sehr greisen Gaben, bemerkbare Veränderungen der Lebensthätigkeit hervor; andere, weniger wirksame Arzneistoffe erscheinen dagegen fast ganz indifferent, ob­gleich sie im krankhaften Zustande sehr auffallende Wir­kungen hervorzubringen vermögen. — 4) Die von dem
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Kraukheitsprozefs ergriffenen Organe und Systeme sind anders wirkende Glieder in dem Ganzen geworden; die Modifikationen der Lebensthatigkeit sind in einzelnen Or­ganen erhöhet, in andern vermindert und fast stets qua­litativ umgeändert; neue sympathische und antagonistische Verhältnisse entwickeln sich, und die Arzneistotfo müssen daher an kranken Thicren andere Wirkungen zeigen als an gesunden, und zwar um so mehr, je mehr sie zu den kranken Organen eine spezifische Beziehung haben. Da­her sind stark wirkende Arzneistotfe durch die vorhan­dene Krankheit in ihren Wirkungen oft gemindert, aber eben so oft ist die Empfänglichkeit für sie aufserordent-lieh erhöht.
120.
Auf diese Gründe bat mau den Einwurf gestützt, dafs die Wirkung der Arzneimittel bei kranken Thieren zu sehr verschieden von der Wirkung bei gesunden sei, und dafs daher die an den letzten angestellten Versuche gar keinen Nutzen für die praktische Thierheilkunde ge­währen. Dieser Einwurf ist jedoch unrichtig; denn eine genaue Vergleichung der Wirkungen bei gesunden und kranken Thieren zeigt auf das Bestimmteste: dafs in beiden die qualitative Wirkungsweise, und die spezifische Richtung der Arzneien im Wesent­lichen ganz gleich ist und dafs die Unterschiede nur im Grade, theils in der Stärke, theils im Umfange der Wirkungen beruhen. Die C'anthariden z. B. wirken bei gesunden und kranken Thieren ganz gleichartig reizend auf die Harn- und Geschlechtsorgane, und der Campher zeigt dabei stets seine spezifische Gegenwirkung; Wein­geist, Opium, Belladonna, Brechweinstein u. s. w., selbst die milden, schleimigen Mittel verhalten sich qualitativ stets auf dieselbe Weise bei gesunden ui;d kranken Thieren.
sect;. 121.
Dennoch bleibt die Anwendung der Arzneimittel auf kranke Thiere und die Beobachtung der hiernach erfol-
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genden Wirkungen die wichtigste Quelle der praktischen Arzneimitteilelire; denn nur hierdurch lernen wir die Be­ziehungen der letzterji zu bestimmten Krank­heitsverhältnissen des Organismus kennen, und so die Zwecke der Thierarzneikunde sicherer erfüllen. Alle Resultate, die auf den vorher angedeuteten, oder auf an­dern Wegen der Forschung über die Wirkungen der Arzneistoft'e gewonnen werden, bedürfen immer erst noch der Bestätigung durch Versuche am kranken Thierkörper, ehe sie einen praktischen Werth erhalten.
sect;• 122. Wenn Versuche an Thieren zu muglichst sichern und vollständigen Resultaten über die Wirkung der Arz­neistoffe führen sollen, so ist es nöthig, sie in einem ge­wissen Umfange zu machen, sie oft zu wiederholen und dabei folgende Regeln zu beobachten. Man beginne mit ihnen bei den .auf der niedrigsten Stufe stehenden Thie­ren, und setze sie durch alle Klassen bis zu den Säuge-thieren, und speziell an den Hausthieren selbst, fort; man berücksichtige bei den letztem das Alter, Geschlecht, Temperament, die Constitution und Gröfse, und wähle zu den Versuchen solche, die sich möglichst ähnlich sind; man beobachte und untersuche dieselben vor der Anwen­dung der Mittel genau, und beobachte die sämmtlichen äufsern Verhältnisse, denen die rJ liiere vor, während und nach dem Versuch unterworfen sind; man bringe die Mit­tel auf den verschiedensten Wegen mit dem Körper in Berührung, und zwar zuerst möglichst einfach, spater in den verschiedensten Formen, und selbst in bekannten und als wirksam empfohlenen Zusammensetzungen; eben so suche man stufenweise von kleinen bis zu den stärk­sten Gaben die Wirksamkeit des Arzneistoffes, vom nie-dern bis zum höchsten Grade durchzuführen, und so die Modifikationen der Wirkung zu erforschen; dabei achte man auf die sich zeigenden Veränderungen, und forsche besonders nach, auf welche Organe und Systeme der an­gewandte Stoff eine besondere oder vorherrschende Rieh-
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tung äufsert; man untersuche daher die Beschaffenheit des Herzschlages, der Arterien, des Athemholens, der Schleim­haut in der Nase, im Maul, der Bindehaut der Augen, der änfsern Haut, die Wärme an verschiedenen Theilen des Körpers, die Gröfse und Veränderlichkeit der Pupille bei verschiedenem Licht, die Stellung oder Lage, die Auf­merksamkeit und das Benehmen der Thiere u. s. w.; man untersuche die Menge und Beschaffenheit der abgesonder­ten Säfte in verschiedenen Organen (namentlich da, wo die Arzneistoffc primär einwirkten), eben so die Exkre-tionsstoffe, und zwar sowohl sinnlich als chemisch; ster­ben Thiere, so stelle man am Cadaver zuerst Versuche mit dem Galvanismus an, dann genaue Sektionen und hierauf an den wichtigsten einzelnen Theilen auch che­mische Untersuchungen. Einzelne Thiere tödte man zur Zeit der gröfsten Wirkung, andere später, um durch die Sektion ihrer Kadaver Belehrung zu gewinnen, und noch andere lasse man ungestört, um an ihnen die Nachwir­kungen und Folgen zu beobachten. — Bei Versuchen an kranken Thiercu mufs man zuerst den vorhandenen Krankheitszustand, besonders den Zusammenhang zwischen den Symptomen, die Form der Krankheit, ihre innern Verhältnisse und den Gang ihrer Entwicklung erforschen, und dann auf die zuletzt angegebene Weise verfahren. Auch hier ist es zweckmäfsig, bei vielfach vorkommenden, oder seuchenartig herrschenden Krankheiten einzelne kranice Thiere, die mit den therapeutisch behandelten unter glei­chen Einflüssen leben, ganz ohne Medikamente zu lassen, um hierbei zu sehen, welchen Einflufs die letztem auf den Gang und auf die Entscheidung der Krankheit aus­üben. — Bei allen diesen Versuchen achte man aber stets das Leben der Thiere und diese selbst als fremdes Eigenthum; man unternehme sie daher nur sehr vorsich­tig, und bei der Anwendung heftig wirkender Mittel nur mit Genehmigung des Thierbesitzers. Wo erprobte und sichere therapeutische Regeln gegeben sind, weiche man von diesen nicht ohne Noth ab.
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sect; 123.
Da es jedoch einerseits nicht gut möglich ist, alle vorhandenen Arzneistoffe selbst zu prüfen, indem hierzu theils für ihre Anzahl das Menschenalter zu kurz ist, theils auch nicht jeder Thierarzt die hierzu erforderliche Zeit und Gelegenheit besitzt, andererseits aber die eigene Prüfung auch nicht allein ausreichend ist, um sichere Resultate zu geben, indem der einzelne Mensch sich nicht von allen Fehlern in der Beobachtung frei erhalten kann, und jeder nur auf seine ihm eigcntliümliche Weise sieht und beobachtet, so sollte jeder Thierarzt die auf irgend einem Wege gemachte Wahrnehmung und Beobachtung als ein Gemeingut der Wissenschaft betrachten und des­halb sie öffentlich mittheilen. Dies mufs jedoch mit Klar­heit und Vollständigkeit, vorzüglich aber mit der gröfsten Wahrheitsliebe geschehen; denn falsche und unrichtige Aussagen schaden auf mehrfache Weise, und besonders hemmen sie für lange Zeit das Fortschreiten der Wissen­schaft. Leider ist in der Thierarzneikunde die Zahl der unvollständigen, obcrilachlichen und unrichtigen Beobach­tungen und Mittheilungen sehr grofs. Ihre Literatur und Geschichte (Siehe folg. sect;. sect;.) erlaubt daher auch nur eine schwierige, beschränkte und vorsichtige Benutzung für die Arzneimittellehre, und die hierbei gewonnene Ausbeute für dieselbe ist nur gering.
sect;. 124.
Die ersten Heilmittel für kranke Thiere sind wohl nur entweder durch blofsen Zufall, oder durch Beobach­tung des Instinktes der Thiere, oder durch Uebertragung aus der Menschenheilkunde zur Anwendung gekommen. Ihre Kenntnifs wurde nach und nach verbreitet, und so Eigenthum des Volkes, namentlich der Landwirthe, denen sie am meisten ein Bedürfnifs war. Diese Kenntnifs konnte jedoch nach der Art ihres Ursprunges, bei dem Hange zum Aberglauben, und bei dem niedern Stande der Bildung derer, die sie bewahrten, nnr höchst einseitig und roll sein. Man kannte nur einzelne Mittel dorn Na-
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men nach gegen einzelne Krankheiten. Die erstem wur­den schon in frühern Zeiten zu einer bedeutenden Menge angehäuft, und später auf die unzweckmäfsigste Weise in vielfachen Zusammensetzungen, bei denen sich Mittel von der entgegengesetzten Wirkung befanden, ohne patholo­gische Kcnntnifs und ganz ohne Heil-Indikationen, ange-wendet. — Der Aberglaube trat hinzu und unterdrückte jede bessere Einsicht durch die Annahme von sympathe-thischen Kräften in Amuleten, in Sprüchen und Zauber­formeln, durch den Glauben an den übermächtigen Ein-flufs der Gestirne auf die Krankheiten u. s. w. — Diefs war, mit wenigen Ausnahmen, ziemlich der allgemeine Stand der Thierarzncikunde und der thierärztlichen Arz­neimittellehre, von den frühesten Zeiten bis zur letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, wie dies die thierärzt­lichen Schriften jener Zeit beweisen.
sect;. 125. Aristoteles (384 bis 322 v. Chr.) giebt die ersten Notizen über einige Thierkrankheiten, aber ohne Werth für die Arzneimittellehre; er nennt als Arzneimittel den Wein. — Cato (ISO J. v.Chr.) theilt in seinem Werke über Landwirthschalt einige Belehrungen über Thierheil-kunde mit, welche nur von Unkeimtnifs und Aberglauben zeugen. So liefs er z. B. das kranke Rindvieh bei allen Krankheiten ohne Unterschied ein rohes Ei verschlucken, wobei der Knecht, der es dem Pferde eingab, nüchtern sein mufste u. s. w. '). Besser und mehr auf Erfahrung gegründet sind die Mittheilungen, welche J. Moderatus Columella (20 Jahre nach Chr.) in seinen Büchern über Landwirthschaft macht; er nennt schon viele wich­tige Arzneimittel, namentlich den Salmiak, der damals schon allgemein gebräuchlich war, die Nieswurz u. a.; die meisten scheinen jedoch Hausmittel gewesen zu sein,
wie
') Seriptorcs rci rusticae velcrrs lalini. Carante Joli. Uatb. Gesner. 2 Vol. 4;o. Lipsia.; J735, 1774. MdrinBeim lquot;9i. Vol. ) Cap. 71. p. 75.
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wie z.B. Weinhefen, Lorbeeren, Oel u. s. \v. ^— Gar-gilius Martialis in seinem Bruchstück über Rindvieh­krankheiten (230 n. Chr.) enthält nichts Besseres als Columella2). — Von dieser Zeit, und im ganzen vier­ten Jahrhundert, scheinen die Römer keine ausgezeichne­ten Thierärzte gehabt zu haben, der einzige Schriftsteller aus dieser Zeit, Pelagonius, enthält hinsichtlich der Arzneimittel und deren Composition sehr viel Unsinn 3). — Die Griechen betrieben dagegen die Thierarzneikunde recht fleifsig, und hatten besonders mehrere berühmte Rofsärzte, von denen als Schriftsteller Eumelus von Theben (300 Jahre n. Chr.), Apsyrtus (330 Jahre n. Chr.), Hippocrates (nicht der berühmte Menschenarzt), Hemerius, Theomnestus, Vindanius Anatolius, Hierocles (340—400 Jahre n. Chr.) und Andere bekannt sind. Sie finden sich (17 an der Zahl) in einer Samm­lung 4) vereinigt, welche der griechische Kaiser Cons tan­tin Porphyrogenetus im lOten Jahrhundert über die Pferdekrankheiten machen liefs. Von allen ist Apsyrtus der berühmteste; er verordnete mehrentheils einfache Mit­tel, und hat über die abgehandelten Krankheiten zum Theil ganz richtige Ansichten, — aber auch bedeutende Mängel. Gegen Ende des vierten Jahrhunderts schrieb Vegetius Renatus ein Werk über Thierheilkunde 5), welches zum Theil auf Apsyrtus und die übrigen frü­hern Schriftsteller, theils offenbar auf eigne Erfahrungen gegründet ist; an Vollständigkeit übertrifft es alle frühern, besitzt aber dieselben Mängel wie diese, besonders in
') Ebendaselbst. Columella, Libri XII.
z) Ebendaselbst. Vol. II. p. 305.
') Pelagonii veterinaria. Florentiac 1826.
4)nbsp; nbsp;Togt;v InnimQixoiv ßißXla öiiio. Veterinariae raedicinae Libri duo; herausgegeb. von Jos. Raellius. Basil. 1538. Dcutscb zn Nürnberg 1669.
5)nbsp; nbsp;Vegetii Renati artis veterinariae sive Wiilomedicin.ie Libri quatuor. Basilae 1528. 4to 1537. Manheimii 1781. 8vrgt;.
nertwie Arrnfimitlcllehrenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;l\f
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der unschicklichen und zu grofsen Zusammenmengung der Arzneien, ohne Angabe bestimmter Indikationen für dieselben. In dem nun eingetretenen finstern Mittelalter, wo alle Cultur darniederlag, scheint auch die Thierarz-neikunde völlig gesunken zu sein; denn aufser jener Samm­lung des Kaisers Constantin findet sich durch fast volle 800 Jahre keine Spur ihres Fortbestehens. Um desto erfreulicher ist das kleine Werk über Pferdearzneikunde von Jord. Ruffus x) und über die Krankheiten der Jagdfalken von Demetrius2) aus der Mitte des drei­zehnten Jahrhunderts; beide sind durch Einfachheit und ziemlich gute Auswahl der empfohlenen Arzneimittel aus­gezeichnet. Hierauf aber währte in den nächsten vier Jahrhunderten der gänzliche Stillstand fort, oder es tra­ten vielmehr Rückschritte ein; die Pferdearzneikunde war in den Händen der Stallmeister, Bereuter und Schmiede, und die Behandlung der übrigen Thierkrankheiten blieb den Hirten und verschiedenen andern Quacksalbern über­lassen. Es finden sich aus jener Zeit nur einige verwor­rene, und mit den Vorurtheilen derselben ausgestattete Bruchstücke in den Schriften über die Reitkunst, welche sämmtlich, bis auf Solleysei, keiner Erwähnung verdie­nen. Und auch von diesem ist in Beziehung auf die Arzneimittellehre nur zu bemerken, dafs er aus eigner Erfahrung die Wirkung mehrerer Spiefsglanzmittel (des Schwefelspiefsglanzes, des Metallsafrans, des Goldschwe­fels, des Brechweins und des Rulandischen Wassers) besser kannte als alle Thierärzte vor ihm, und selbst besser als sehr viele nach ihm 3), dafs er dagegen aber auch viele und sehr grofse Irrthümer verbreitste und na­mentlich in Beziehung auf die Arzneimittel behauptete, dafs die Anwendung der kühlenden Mittel beim Pferde,
') Jord Ruffi, Calabricnsis Hippiatria. Patavii 1818, 2) Script, rei accipittariae. Ed. Rigault. Lulet. 1612. 4to. p. 1. s) Solleysel, le veritable parfait Mareclial. Paris 1654. 4to. 6tc Aufl. mit deutscher Uebersetzang zu Genf, 1677. Fol. p. 558. n. f.
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selbst wenn es an Entzündungskrankheiten leidet, unzweck--mäfsig sei und auf Vorurtheilen beruhe ^ dafs aber die erhitzenden Mittel dem Temperament dieses Thiers ver­wandt und deshalb demselben vorzüglich heilsam sind. Er wendete daher auch fast nur Mittel der letztern Art an, und hat hierdurch und vermögö seines Ansehens, in welchem er durcli langö Zeit laquo;tand, nicht nur unzähligen kranken Thieren, sondern auch dem Fortschreiten der Wissenschaft geschadet. Die spätem Schriftsteller übfer Reitkunst u. s. w. (z. B; Saulhier, La Guerinifere, Garsau 1t, Loehneisen u,A.) schöpften fast nur aus ihm, und die Arzneimittellehre blieb, wie die ganze Thier-arzneikunde, noch durch einvolles JaliÄundert in ihrer vorherigen grofsen Unvollkommenheit.' BemörkensweMh für die erstere sind jedoch die, laquo;m ;die-Mitte kles-siebeii?-zehnteH Jahrhunderte von dem berühmten Ar^t Wepfei­gemachten Versuche und' gesammelten Beobachtungen über die Wirkungen des WaSserschierliiigs,' des gt; gefleckten Schierlings, des Eisenhutes; der Brechnufs, der weifsen Niefswurz und anderer heftig wirkender'Substanzen, --obgleich diese Vei'stichg zum Tlleil sehr mangelhaft sind •gt;; — und eben so verdienen quot;'dies später von dem Afäfe Sproegel an lebenden Thieren mit mehreren Giften ge­machten Versuche erwähnt zu werden 2)-
sect;r 126. I
Ein besserer Zustand der Thierarzneikunde begann um die Mitte des vorigen Jahrhunderts, mit der Errich­tung besonderer Thierarzneischulett in Frankreich (1761). Bourgelat, der Gründer dieser Schulen, gab bald dar­auf das erste, der thierärztlichen Arzneimittellehre allein gewidmete Werk 3) heraus, welches er jedoch bei dem
') J. J. Wepler. Cicutae aquaticae Jiisloria et noxae, liasilae 1679. Ale neue Auflage. Lugd. Batav. 1716. 1733.
2) J. A. T. Sproegel. Experimentraquo; circa varia venena in vivilaquo; raquo;nimaiibus institula. Goeltins;. 1753. 4to. '..
quot;#9632;) Bourgelat. Eleinnhs d^ l'art vHtrmmre. Matiei-e Medicalc
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Mangel an eigner hinreichender Erfahrung ganz nach den damals gebräuchlichen Arzneimittellehren der Menschen­ärzte bearbeitet hatte. Es ist daher „wenig klassisch, enthält verjährte Theorien, viele Lücken, noch mehr Un­brauchbares, und eine grofse Menge Irrthümer, welche im Stande sind, die Schüler zu verwirrenquot; '). Der ge­niale Bourgelat wufste aber dennoch ziemlich gut, was zur Begründung einer bessern Arzneimittellehre gehört2) und sah auch seine gemachten Fehler selbst ein. Um sie zu berichtigen, unternahm er zahlreiche Versuche anThie-ren, welche in der Thierarzneischule zu Alfort, später­hin durch Huzard (d. Vater) fortgesetzt und in der Thierarzneischule zu Lyon durch Fla ndrin, unter der Leitung Chaberts und nach der Anweisung Bourge-lats zum gröfsteu Theil wiederholt wurden3). Letzterer gelangte aber hierdurch nicht zu einer Verbesserung sei­nes Werks, und erst lange nach ihm gab Huzard die vierte Auflage desselben vermehrt und mit guten Anmer­kungen versehen (Paris 1805. An. XIII.) heraus. — Zu gleicher Zeit mit der ersten Ausgabe von Bourgelats Matiere Medicale erschien von Bart let in England eine Art von praktischer Arzneimittellehre, unter dem Namen:
raisonnee, ou precis des Medicamens considerces dans leurs effets etc.; a l'usage des Eleves des Ecoles Vetcrinaires, avec les Formules mc-dicinales et officinales des memes Ecoles. Lyon 1765. 8vo. 2te Aufl. 1771. — Deatsch : Bourgclat's Lehrbegriffe der medizinischen Ma­terie. Aus d. Franz. Leipzig 1766. 8.
') SieheGrognier, Notice historique et raisonnee surC. Bour­gelat. Lyon 1805. 8. p. 81-101.
J) Siehe: das Vorwort (Discoars preliminaire) zur 2ten Auflage der Matiere Medicale.
^ Siehe: Grognier a. a. O. iraquo;. 83. — Diese spätem Versuche finden sich in den Annales d'Agricultnre franpaise ((.Serievom J.VI der franz. Republik, 1792-93), bis 1817, 70 Bde.; II. Serie von 1818 — 28, 47 Bde., und in den proces verbales der genannten bei­den franz. Tbierarzncischulen; aufserdem in den seit 1824 bestehen den thierärztlichen Journalen.
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„Pharmacopöe oder Apotheke eines Rofsarztesquot; '). Das Werk ist zu viel mit Pathologie und Therapie überladen, und verbreitet sich selbst über einen Gegenstand, der nicht im Entferntesten hierher gehört, nämlich: ertrunkene Personen wieder ins Leben zu bringen; es enthält aber dennoch, für seine Zeit betrachtet, viele gute und beson­ders viele einfache Arzneiformeln, obgleich auch einige empfohlene Mittel zu theuer, oder ganz unbrauchbar sind, und bei vielen die richtige Gabe nicht angegeben ist. — Die um dieselbe Zeit erschienenen guten Schriften der beiden Lafosse 2) (Vater und Sohn) trugen zur bessern Aufnahme der Thierarzneikunde sehr viel bei, wenn gleich sie nur einen mittelbaren Einflufs auf die Arzneimittellehre hatten. Sehr wichtig in Beziehung auf diese ist dagegen das Werk von Vitet3), welches eklige Jahre später er­schien, und im 3ten Bande einen reichhaltigen Abschnitt für die Arzneimittellehre enthält. Vitet war ein Arzt zu Lyon, beschäftigte sich aber fast ausschliefslich mit der Thierarzneikunde, und verwendete auf Versuche über die
J) Pliarmacopaeia luppiatria, or the Gentleman Farriers Re­pository of elegant and iniproved Remedies for the Diseases of Hor­ses. Lond. 1765. 8. II. part. — Nach der 3ten Auflage (1773) deutsch herausgegeben von Buchholz, unter dem Titel: Bartlets Phar­macopöe oder Apotheke eines Rofsartes, welche auserlesene Mittel für die Krankheilen der Pferde enthält u. s. w. Weimar 1778. 8. mit 2 Kupfern.
2)nbsp; nbsp;Lafosse, pere, Observations et deconvertes faites sur les chevaux. Paris 1754. 8. Ins Deutsche übersetzt vonSchreber, in dessen Sammlung verschiedener Schriften, welche in die Ökonom, u. a. Wissenschaften einschlagen. 4te Theil. Halle 1765. 8. va. Kpf. S. 240 — 375.
Lafosse, fils, Guide du Marechal. Paris 1766. 4. Derselbe, Cours d'bippiatrique. Fol. in. 65 Kpf. 1772. Deutsch herausgegeben von Knoblauch in vier 8. Bdn. Prag u. Lpzg. 1788. Derselbe, Dictionnaire hippiatrique. 4 Vol. 1775.
3)nbsp; Vitet, Medecine veterinaire. Tome III, Lyon 1771. Deutsch von Erxleben und Henne mann unter dem Titel: Vitet, Untcr-richl in der Vieharzneikunst in 5 Bdn Lemgo 1773—86.
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Wirkung der Arzneimittel an Thieren neun Jahre Zeit imd 20000 Franks '). Er verminderte die zu grofse An­zahl der Arzneimittel und empfahl dringend die Anwen­dung der einfachen Stoffe, um deren Wirkung erst ken­nen zu lernen. Doch ist er selbst von diesem Prinzip zuweilen abgewichen und hat dann unrichtige Schlüsse über die Wirkung gemacht; so z.B. hat er statt des rei­nen Opiums die Tinctur desselben angewendet, die Jalape nicht für sich allein, sondern mit Milch und Salz, die Aloe mit dem Gelben vom Ei abgerieben und in reinem Wasser aufgelöst, gegeben. Daher konnte er das letztere Mittel, in so grofsen Gaben, für Pferde und Rinder von anderthalb bis drei Unzen, reichen. — Nach diesem Werke verdienen die, zwar nicht sehr ausgedehnten, aber recht guten Versuche von D'Aubenton über die Purgier­mittel bei den Schafen 2), und später die Versuche von Viborg, Scheele und Flormann über viele Arznei­mittel und Gifte 3) vor allen andern Leistungen genannt zu werden, da sie mehrentheils gründliche Beobachtungen enthalten und höchst nützliche Beiträge für die Arznei­mittellehre sind. — Gegen Ende des vorigen Jahrhun­derts schrieb Tennecker ein „Handbuch der Heil­mittellehre für Pferdeärzte u. s. w. 4), das manches Gute, aber auch manches Unrichtige und in zu ausge­dehnter Schreibart enthält. — Im Anfange dieses Jahr­hunderts schien die thierärztliche Arzneimittellehre mit Eifer bearbeitet zu werden, denn es folgten schnell hin­tereinander mehrere Schriften über dieselbe. Fr. Pilger
') Sielie; Rozier, Observations sar la Physique clc. Vol. 3, 4, 5. 1771.
quot;) Memoircs de la Socii'-te Royale de Medecine. Annees 1780 u-81. Paris .1785. 4. p. 256. — Deutscli, in den: Auserlesenen Beiträ­gen zur Thierarzneikunde. Lpzg. 1786. lies Stück S. 184.
3)nbsp; Viborg,E., Sammlung von Abhandlungen für Thierärale und OeLonomen. 5 Bde. 8. Copenhagen 1795 — 1807.
4)nbsp; 2 Bde. Leipz. 1799 n. 1800. - 2te vermehrte Aull. 1824.
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beschrieb „Versuche, durch den Galvanismus die Wirkung verschiedener Gifte und Arzneimittel auf die erhöhete oder verminderte Reizbarkeit der Nerven zu prüfen1), und gleich darauf in seinem: „Systematischen Handbuch der theoret. und prakt. Vetcrinarwissenschaftquot; 2) eine Uebersicht der Arzneimittellehre, die jedoch zu kurz und unvollständig ist. — Zu gleicher Zeit erschien das „Handb. der Zoopharmakologie für Thierärzte von Chr. Rat­zeburgquot; 3), welches zwar hinsichtlich der Menge der aufgezählten Arzneimittel an Vollständigkeit alle übrigen Schriften der Art übertrifft, und manches Gute, aber auch wesentliche Fehler besitzt; denn Ratzeburg war kein Thierarzt und hat daher viele unrichtige Angaben ganz ohne Prüfung und ohne Kritik aus andern Schriften auf­genommen ; die zusammengesetzten Arzneimittel stehen vor den einfachen, und die Eintheiluug der speciellen Arznei­mittellehre ist nach dem Linneischen System, weder praktisch noch übersichtlich gemacht. — Aus derselben Zeit verdient noch das klassische Werk von P. Scheel über „die Transfusion des Blutes und Einsprit­zung der Arzneien in die Adern,quot; 4) genannt zu werden; es enthält aufser der vollständigen Geschichte der Transfusion fast alle vor ihm bekannt gewordenen und mehrere eigene Versuche über die Wirkung von sehr vielen, bei Thieren in die Adern gespritzten Arzneimit­teln. — Die in Laubender's Handbuch der Thierheil-kunde *) enthaltene Darstellung der Arzneimittel ist sehr
') Giefsen 1S01.
-) 2r. Bd. in. Kpfrn. Giefsen 1802. 8vo.
3)nbsp; Ir. Theil, Berlin 1801 C2te Aufl. vonE.L. Schubarth 1821). 2r. Theil ebend. 1803.
4)nbsp; Copenhagen 1802. 2 Tille. 8vo. — Dr. Dieffenbach hat das Werk mit einem dritten Theil (unter obigem Titel, Berlin 1823) bereichert.
raquo;) Her Bd. Erfurt 1805, S. 48-85.
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oberflächlich, unpraktisch und ganz im Sinne desBrown-schen Systems. Bald darauf erschien die „Praktische Heilmittellehre zum Gebrauch für Thierärzte und Landwirthe von Dr. J. A. Schlaberg, (damals Arzt in Hildesheim) Berlin 1805.quot; Ein dickes Buch, welches, trotz des Titels, ganz ohne praktischen Werth ist; es liegt ihm die Preufs. Landes- Pharmakopöe zum Grunde und enthält alle in derselben angegebene Arznei­stoffe, ohne Unterschied des Preises, der Wirkung u. s. w. In thierärztlicher Hinsicht ist es höchst mangelhaft und steht der Zoopharmakologie von Ratzeburg weit nach.— Zwei Jahre später theilte Gohier einige nicht uninteres­sante Versuche über mehrere mineralische und vegetabi-lische Gifte mit1), denen aber etwas mehr Vollständigkeit zu wünschen ist. — Gleich darauf folgte von H. Wal­dinger eine Schrift „Ueber die Nahrungs- und Heilmittel der Pferdequot; 2), welche in Kürze einen Schatz von eigenen Erfahrungen über die bei kranken Pferden am meisten gebräuchlichen Arzneimittel enthält. Sie ist aufserdem auch originell, da Wal ding er (wie in seinen übrigen Schriften) unter den Thicrärzten der Erste ist, der einer chemischen Ansicht bei der Erklärung über die Wirkungen der Arzneistoffe huldiget. — Gleichzeitig gab auch Viborg den ersten Band von den Schriften der thierärztlichen Gesellschaft zu Kopenhagen •3) heraus, in welchem er recht gute und ausführliche Versuche über die Wirkung des Eisenvitriols, des Fichtenharzes, der Spiefsglanzmittel u. a. bekannt machte4). — Im J. 1812.
) Observations et Experiences, faites ä lEcole Imperiale Veterin. de Lyon sur le pain moisi, et sur qoelqaes Poisons mineraux et ve-getaux. Paris n. Lyon 1807. 8vo. p. 33—61. 2) Wien 1808. 3te Aufl. 1816.
') Vcterinair-Selskabets Skriftcr. Kiöbenhavn 1808. (2r Theil 1813, 3r Theil 1818.)
4) Sie sind von Viborg ins Deutsche übersetzt in dem „Ma­gazin für tbcoret. und prakt. Thierh eilkunde von Dr. S. J. Teuffcl.quot; Karlsruhe 1811 — 15. im 2. und 3. Heft enthalten.
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erschien von Dr. A. Rysz ein „Handbuch der prakt. Arzneimittellehre für Thierärztequot; l) zum Thei! nach eigenen Erfahrungen, vorzüglich aber nach Wai­ding er's Arzneimittellehre gut bearbeitet und alphabe­tisch geordnet. — Ihm folgte ein Jahr später von Bouil­lon Lagrange ein: „Dispensaire Pharmacochimique a l'usage des Eleves des Ecoles veterinaires, Paris 1813quot;, welches jedoch nur in pharmakoligischer Hinsicht zu beach­ten ist.-— Dagegen haben die, in demselben Jahre von Go­bi er herausgegebenen „Memoires et Observations veteri­nairesquot; einen praktischen Werth; sie enthalten unter an­dern einige gute Bemerkungen über einzelne Arzneimittel, und namentlich Versuche über die weifse Niefswurz. — Im folgenden Jahre erschien der zweite Theil des „Hand­buchs der Pferdearzneikunde von James Whitequot;2), welcher im ersten Abschnitt die Arzneimittellehre, im zwei­ten aber pharmazeutische Vorschriften enthält. In der erstem findet mau zwar mehrere, auf Versuche und rich­tige Beobachtungen gegründete, gute Angaben, sie ist aber viel zu umfangreich, zu sehr mit theuren, entbehrlichen und ganz unbrauchbaren Mitteln überladen, gröfstentheils sehr oberflächlich gearbeitet und aufserdem in alphabeti­scher Form dargestellt. — G. Pozzi, der schon in sei­ner Zoojatria (2r Bd. Milano 1807) eine kurze Darstel­lung der wichtigsten Arzneimittel in alphabet. Ordnung und nach Brownschen System gegeben hatte, schrieb im Jahre 1816 eine Materia medica, chimico-pharmaceu-tica applicata all' Uomo et ai Bruti (Milano); in beiden Schriften ist aber die Arzneimittellehre mit prakt. Beob­achtungen nicht bereichert. — Später erhielt die Arznei­mittellehre einen guten Beitrag von B. A. Greve in den ..Wahrnehmungen am Rindvieh, um über dessen
*) Vierte Aufl. Würzburg 1825.
i2) Aus d. Engl. (A Treatise on velerinarj Medicine, in 2 Vol. London) nach der 9ten Aufl. übers, durch Victor v. Müller. Mit Kpfrn. Hannover 1813 u. 14.
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Befinden urtheilen zu können.quot; Istes Bdchn. Ol­denburg 1819. In einem angehängten Verzeichniss der für das Rindvieh brauchbaren Heilmittel sind recht gute und auf Ei fahrung beruhende Bemerkungen über die An­wendung und Wirkung derselben enthalten. — Auch die im folgenden Jahre von Wal ding er herausgegebene „Abhandlung über den Schwefel und seine Ver­bindungen mit Metallen, Kalien und Erden, wie sie am und im thierischen Körper wirken u. s. w. Wien und Triest 1820, ist ein schätzbarer Beitrag. — In demselben Jahre gab E. L. Schubarth eine „Neue Pharmakopöe für Thierärztequot; heraus-, welche aber, ihrem Zwecke gemäfs, nur eine für die gröfsern Haus-thiere, besonders für das Pferd brauchbare] Auswahl von einfachen, präparirten und zusammengesetzien Arzneimit­teln enthält. — Ein ähnliches, aber sehr umfassendes Werk ist die „Pharmacie vetcrinaire, chimique, theorique et pratique,quot; von Leb as, Paris 1823 '). — In demsel­ben Jahre erschien auch die zweite Auflage von Bracy Clark's „Pharmacopoeia Equina, or new Pharmacopoeia for Horses,quot; (London 1823. 4to.), welche aber nur ober­flächlich bearbeitet ist und in keiner Hinsicht einen be­sondern Werth hat. Dennoch ist sie später in das Fran­zösische übersetzt worden 2). Im Jahre 1825 gab J. F. C. Dieterichs in Berlin ein Handbuch der allge­meinen und besondern, sowohl theoret. als prakt. Arzneimittellehre für Thierärzte und Landwirthe, heraus, welches 1830 eine 2te wenig ver­änderte Auflage erhielt. Hierauf erschien von A.L.Buch­müller ein Systemat. Haudb. der Arzneimittel-
') Jtc Aufl. Paris 18i7. Ein Auszug davon ist enlhallen in: Vatel, P., Clemens de pathologie Telerinaire. Tome II. itne partie. Paris 1828. p. 719 — 795.
-) Pharrnacopee velerinaire, ou nouvelle pharmacie liippialriquc, contenant une classification des Medicamens etc. par Bracy-Clark. 1 Vol. in 12rao., orne de planches. Paris 1835.
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lehre f. Thierärzte und Oekonomen, Wien 1829, in welchem aber die Thierarzneikunde um nichts geför­dert wurde, — wie dies fast überall der Fall ist, wo ein wissenschaftlicher Gegenstand für Aerzte oder Thierärzte und zugleich für Laien dargestellt wird. Ausserdem ist der Verfasser nicht prakt. Thierarzt und daher ganz ohne eigene Erfahrung. Dagegen erhielt die Arzneimittellehre im folgenden Jahre durchL. Moiroud, in dessen „Traite elementaire de matiere medicale, ou de Pharmacologie Tetexinaire, suivi d'un Formulaire pharmaceutique raisonne etc. Paris 1832.1) eine sehr gute und systematische Dar­stellung, in welcher die neuem Ergebnisse der Chemie, der Pharmakologie, der Physiologie und der prakt. Thier­arzneikunde (obgleich nur der Französischen) mit Fleifs imdKenntnifs benutzt sind. In Frankreich, wo seitBour-gelat und Vitet die Arzneimittellehre nicht mehr voll­ständig neu bearbeitet worden ist, mufs Moiroud's Werk eine neue Epoche in diesem Theile der Veteri­när - Literatur machen. — Deutschland erhielt in demsel­ben Jahre zwei thierärztliche Rezeptbücher, das eine von einem gewissen Dr. M. Schmidt2}, das andere von Dr. A. P. Wilhelmi 3}. Beide Bücher sind blofse Rezept-Sammlungen, ganz ohne Sachkenntnifs und ohne Kritik gemacht. Um so erfreulicher war im folgenden Jahre das Erscheinen der „Theoret. prakt. Darstel­lung der in der Thierheilkunde bewährten diä-
*,) Ist ins Deutsche übersetzt, von Dr. A. P. Wilhelmi, unter il. Titel: Handb. d. Thie.rarzneimille.I leh re oder nach den neuesten Grandsätzcii der Chemie abgefalste Materia medica für Thierärzte und Landsvirthe, nebst einem ArzneibereithngS- u. Rezept-formnlar. Von L. Moiroud. Leipz. 1832. 8vo. Das franz. Werk ist in Brüssel 1836 nachgedruckt.
quot;) ßecepte, F. d. Krankheiten d. Hausthiere, sammt einer Dosen-lehrc. Leipz. 1832. 8.
3) Vollständ. Rezeplbuch für Thierärzte. Landwirlhe, so wie überhaupt f. Eigenthümer v. Hauslhieren jeder Art. Oder Auswahl von mehr als 2000 der bewährtesten nnd wirksamsten Arzneiformeln etc. elc. 2 Bde. 8to. Leipz. 1832.
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tetischen, pharmazeutischen und chirurgischen Heilmittel, nach ihrer Natur, ihren Wirkungen und ihrem Gebrauche, von Ant. Hayne. 2 Bde. 8vo. Wien 1833.quot; Dieses Werk enthält nicht blos die sog. Arzneimittel, sondern die sämmtlichen thierärztl. Heil­mittel, wissenschafüich und nach den Ansichten und Er­fahrungen des Verfassers sehr gründlich bearbeitet in einem Systeme, welches zwar Wiederholungen mit sich führt, aber therapeutischen Zwecken sehr gut entspricht. Ihm folgte eine „Veterinär-Rezeptirkunst von J. C. G. Lüpke, Aschersleben 1834,quot; die aber sehr mangel­haft ist1); — dann, eine „Homöopathische Arznei­mittellehre für Thierärzte, nebst Anweisung zur Bereitung der homöopath. Arzneien etc. von J. C. L. Genzke, Leipz. 1837, — und als neueste/Schrift ein „Handb. der gesammten Arzneimittellehre, von Dr. G. C. Haubner, Anklam 1838 (Als 3ter Theil von dessen Handb. der populären Thierheilkunde für Land-wirthe u. dgl.).
Aufserdem finden sich noch einzelne Versuche und Beobachtungen zerstreuet in thierärztlichen und in meh­reren medizinischen Zeitschriften. Von den erstem sind vorzüglich zu nennen: das von den Lehrern der Thier-arzneischule zu Alfort herausgegebene „Recueil de med. veterinairequot;, Paris 1824 — 39; — das „Journal pratique de med. veterin.quot; von Dupuy u. Vatel, Paris 1826—31, und zum Theil auch das „Journal de medec. veterin. theorique et pratiquequot; von B racy-Clark, Leb lane u. a. Paris 1830—36; — die englische Zeitschrift: „The Ve-terinarienquot;, Lond. 1828 — 39; das „Archiv der Thier-
') Zu den Lehrbüchern über thierärztl. Kezeptirkunst gehören auch die. S. 79 genannten von Eckel und von Kreuzer, auf wel­che hier, der Kürze wegen, nur hingewiesen wird. — Einige schlechte u. werthlose Rezeptbücher, wie z. B. das Rezept-Ta­schenbuch von J. D. Busch (Marburg 1801.) u. A. sind in der vorstehenden Autzählung absichtlich Übergängen worden.
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heilkunde, von einer Gesellschaft Schweizer Thierärzte,quot; Aarau 1816 — 39;— die „Teutsche Zeitschrift für die gesammte Thierheilkunde von J. D. Busch, 1828 — 1833, und — „die Zeitschr. f, d. ge­sammte Thierheilkunde, v. L. W. Nebel u. C. W. Vix, 1834—39; — das Magaz. f. Th. von Gurlt und Hartwig, lieber homöopath. Arzneiwirkungen sind viele Angaben in der „Zoojasis von J. W. Lux, Leipzig 1833—36.quot; enthalten.
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Specielle Arzneiwirkungslehre.
Erste Klasse.
Indifferente Arzneimittel. {Medicamentu indijferentia),
Begriff, AVirliung und Anwendung dieser Mittel im Allgemeinen.
sect;• 127. Üs giebt Arzneimittel, welche hinsichtlich ihrer Bcstand-tlieile und Eigenschaften mit gewissen Bestandtheilen des Thierkörpers die gröfste Uebcreinstimmung zeigen, zum Theil sogar Produkte des Thierkörpers selbst sind, und die bei innerlicher Anwendung auch gröfstentheils dem­selben wieder materiell angeeignet werden können. Diese Mittel verhalten sich daher materiell, und eben so auch in ihren Wirkungen, unter allen Arzneimitteln verliältnifs-mäfsig am wenigsten diiferent zum Thierkörper. und wer­den deshalb im Allgemeinen als indifferente Arznei­mittel bezeichnet.
sect;. 128. Zu diesen Mitteln gehören alle diejenigen, welche 1) Eiweisstoff, Milch und Gallerte, — oder 2) Gummi und Schleim,— oder 3) Stärkemehl, Mehl und Kleber, — oder 4) süfse, zuckerartige Stotfe, — oder 5) Fett und fettes Oel, — oder 6) Wachs als vorwaltende und als vorherrschend wirkende Bestand-theiie enthalten.
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Diese verschiedenen Hauptbestandtheile der indiffe­renten Mittel begründen eben so verschiedene Ünterab-theilungen derselben, die auch in therapeutischer Hinsicht beachtet werden müssen: obgleich die sännntlichen hier­her gehörigen Mir.tel bei der Anwendung auf den Thier-körper eine sehr ähnliche örtliche und allgemeine Wirkung zeigen.
sect;. 129.
Die örtliche Wirkung erfolgt durch blofse Berüh­rung der organischen Gebilde und mehrenthcils ohne be­merkbare Gegenwirkung derselben. Sie besteht dalier fast aliein in dieser milden Einwirkung, und äufsert sich bei fast allen hieher gehörigen Mitteln (mit Ausnahme des krystallisirten JZuckers) in Erschlaffung und Erweichung der organischen Materie, in Verminderung der Spannung und Contraktilität der Fasern, in Verminderung der Reiz­barkeit und Empfindlichkeit, und in Vermehrung der Se­kretionen an den von ihnen berührten Absonderungsflä­chen. Aufserdem kann noch, zum Theil aber durch die Mitte selbst, eine isolirende und schützende Decke für die betreffenden Organe gebildet, und dadurch die Ein­wirkung der äufsern Einflüsse auf dieselben gemindert oder abgehalten werden.
sect;.130.
Die erschlaffende und abspannende Wirkung u. s. w. verbreitet sich durch Consensus auch auf andere Organe, besonders wenn krankhafte Reizung und Spannung in ihnen besteht. Auch erfolgt diese Wirkung ganz gleich­artig bei innerlicher und äufserlicher Anwendung der in­differenten Mittel; doch sind die consensucllen Erschei­nungen am stärksten bemerkbar bei der innerlichen An­wendung; wo sie sich oft über den Magen, den Darm­kanal, den Schlund, die Luftröhre und Lunge, und über die Harn- und Geschlechtsorgane verbreitet zeigen.
sect;. 131.
Die allgemeine Wirkung entsteht zum Theil durch diese consensuelle Verbreitung der örtlichen Wirkungen
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über andere Organe, vorzüglich aber durch den Ueber-gang der wirksamen Bestandtheile dieser Mittel in den Körper, — und wenn das Letztere geschieht, können sie wieder auf zwiefache Weise wirksam werden, nämlich a) indem sie die Bildung neuer organischer Materie ver­mehren, oder ö) indem sie die thier. Säfte qualitativ ver­ändern. — Denn sie werden bei innerlicher Anwendung verdauet und assimilirt, und gehören daher mehrentheils zu den vorzüglichsten Nahrungsmitteln. Die Verdaulich­keit und Assimilirbarkeit ist aber nicht bei allen diesen Mitteln und nicht für alle Thiergattungen gleichmäfsig leicht, und mit diesen Eigenschaften steht die Nahrungs-kraft nicht bei allen im gleichen Verhältnifs. Der hierin bestehende Unterschied wird zum Theil durch die ver­schiedene Organisation der einzelnen Thiergattungen, be­sonders durch die eigenthümliche Bildung ihrer Ver­dauungsorgane und durch die hiermit übereinstimmende Lebensweise bedingt, wie dies schon die allgemein be= kannte Verschiedenheit der fleischfressenden (Carni-vora), der pflanzenfressenden (Herbivora) und der alles fr essen den Thiere (Omnivora) beweiset; vorzüg­lich aber hängt dieser Unterschied von der Anzahl, che­mischen Mischung und Bindung der Grundstoffe in den Mitteln selbst ab. Denn es ergiebt sich aus Magen die's Versuchen '), dafs nur solche Mittel, welche neben an­dern Stoffen auch Stickstoff enthalten, wie vorzüglich das Eiweis, die Milch, Fleisch, Gallerte, Kleber (daher Kör­ner und Hülsenfrüchte) bei fleischfressenden Thieren ver­mögend sind, den Körper dauernd zu ernähren, dafs da­gegen Mittel, welche keinen Stickstoff enthalten, z. B-Gummi, reiner Zucker, Butter und Oel für sich allein und bei langer Dauer zur Ernährung nicht geeignet sind, ob­gleich sie verdauet und in Chylus verwandelt werden,
und,
') Grundrifs der Physiologie von F. Magen die. A. d. Franz. von Heusinger. Eisenach 1820. 2r Theil. S. 379 u. f. (neueste Ausgabe, 2r Bd. 1836. S. 418 u. f.).
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und, mit stickstoffhaltigen Substanzen in Verbindung, auch die Ernährung befördern können. Bei den pflanzenfressen­den Thieren verhält sich dies nicht ganz auf dieselbe Weise: denn sie nähren sich und gedeihen auch von sol­chen Substanzen fast allein, die wenig oder gar keinen Stickstoff enthalten, — wie dies bei den meisten vegeta­bilischen Substanzen der Fall ist. — Die allesfressenden Thiere verarbeiten fast jedes Nahrungsmittel gleichmäfsig gut und gedeihen bei einer gemischten Nahrung am besten.
sect;. 132. Auch die qualitativen Veränderungen, welche diese Mittel im lebenden Thierkörper herbeiführen, sind nach ihren Eigenthümlichkeiten verschieden. Die Nahrungs­mittel aus dem Thierreichc (die eben verhältnifsmäfsig den meisten Stickstoff enthalten) sind am leichtesten verdau­lich und assimilirbar; sie bewirken (mit Ausnahme des Fettes und der Butter) eine stärkere Plasticität und gro-fsere Spannung der Fasern, verstärkte Muskelkraft und überhaupt lebhaftere Aeufscrungen der Irritabibtät. Selbst alle abgesonderten Säfte und die Ausleerungen enthalten mehr thierische Stoffe und einen durchdringenden Geruch. Daher entstehen bei zu reichlicher und anhaltender Er­nährung mit diesen Stoffen gewöhnlich Congestionen, An­lage zu Entzündungskrankheiten oder diese Krankhei­ten selbst. — Die Nahrungsmittel aus dem Pflanzenreich sind dagegen etwas schwerer verdaulich und befördern mehr die Bildung einer schlaffen, lockern und wei­chen Materie, namentlich die Bildung des Zellgewebes und des Fettes, zugleich Verminderung der Contraktilität und der Reizbarkeit in den festen Theilen, geringere Pla­stizität des Blutes und mildere Beschaffenheit der abge­sonderten Säfte. Unter ihnen nähren die mehlhaltigen Saamen der Getreidearten und die Hülsenfrüchte noch am stärksten und sie nähern sich in ihren Wirkungen eini-germafsen den thierischen Nahrungsmitteln; die fetten
Hcrt-R-ig AnneiiniUellefaramp;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;11
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Oele verhalten sich wie Fett und nähren am wenigsten kräftig.
sect;. 133. Ihren Eigenschaften nach können die indifferenten Mittel sowohl als Arzneimittel wie auch als Nahrungs­mittel benutzt werden, und zuweilen wendet man sie für beide Zwecke zugleich an. Sie sind im Allgemeinen an­gezeigt: 1) bei Krankheiten mit grofsem Verlust von Säf­ten oder von Kräften, wie z. B. bei sehr reichlicher und langwieriger Eiterung an grofsen Flächen, bei Abzehrun­gen u. s. w., wie auch im Zeiträume der AViedergeuesung nach den meisten Krankheiten. Die stark nährenden Stoffe werden hierbei, mit Berücksichtigung der Thier-gattung, den Vorzug verdienen. — 2) Bei zu scharfer, reizender Beschaffenheit der abgesonderten Säfte (z. B. bei zu scharfem Urin, bei scharfer Jauche in Geschwüren u. dgl.), und bei den hiervon entstehenden Beschwerden (z. B. schmerzhaftem Üriniren, bei Diarrhöe von zu schar­fer Galle). — 3) Bei schmerzhafter Reizung und Span­nung und bei dergl. Entzündungen der innern oder äufsern Oberfläche und der ihnen nahe liegenden Gebilde; na­mentlich bei Magen- oder Darmentzündungen, bei Entzün­dungen der Nieren, der Harnblase, der Harnröhre, der Gebärmutter und Mutterscheide, bei catharrhalischen Rei­zung und bei Entzündung der Rachenhöhle, des Kehl­kopfes, der Luftröhre und Lungen, u. dgi. — 4) Eben so bei zu grofser nervöser Empfindlichkeit und daraus entstandenen krampfhaften Zusammenziehungen einzelner Theile, z. B. bei zu grofser Empfindlichkeit des Magens und hieraus entstehendem Erbrechen bei Hunden, bei Krampfkolik, bei krampfhaften Harnverhaltungen u. s. w. In allen diesen Fällen C2 — 4) verdienen bei innerlichem Gebrauch die milden, nicht stark nährenden Substanzen (Gummi, Schleim, milde, frische Fette und Oele) den Vorzug vor den stark nährenden. — 5) Bei Anätzungen äufserer oder innerer Organe, bei schmerzhaften äufsern Entzündungen und Verletzungen, bei Verbrennungen u. dgl.
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6) Bei verschluckten scharfen, atzenden Giften und an­dern, chemisch oder mechanisch in die Organisation scharf eingreifenden Substanzen (z. B. bei scharfen Knochensplit­tern), um sie einzuhüllen, der innern Oberfläche einen deckenden Ueberzug zu geben und die schädliche Ein­wirkung zu mindern. Daher auch — 7) oft präservativ bei der Anwendung scharfer, ätzender, stark reizender Substanzen (z. B. der Canthariden, des ätzenden Subli­mats, des Phosphors), um sie einzuhüllen, ihre Conzen-tration zu vermindern und hierdurch ihre örtliche Einwir­kung zu mildern. Ausserdem benutzt man — 8) mehrere Mittel dieser Classc als Bindemittel für andere Arznei-stoffe, um denselben eine schickliche Form zu geben, z. B. Schleim und Gummi zur Bindung des Kamphers in wäs­serigen Flüssigkeiten,
sect;. 134.
Die allgemeine Gegenanzeige gegen die Anwendung dieser Mittel, ist Erschlaffung und Reizlosigkeit der thier. Gebilde, und besonders innerlich grofse Schwäche und Unthätigkeit des Verdauungskanals.
sect;. 135.
Die Gabe mufs sich zwar bei der innerlichen An­wendung der indifferenten Mittel auf kranke Thiere nach denselben Verhältnissen richten, wie bei den übrigen Mit­teln ( sect;. sect;. 93 —104 ); doch kann sie, da jene Mittel auf dynamische Weise keine heftige Wirkungen zu erzeugen vermögen, gröfser sein als bei allen mehr differenten Mit­teln, und dies um so mehr, wenn die Thiere bereits im gesunden Zustande an den Genufs einer solchen Substanz gewöhnt waren. Ueberladung des Magens mufs jedoch genau vermieden werden. Die zur äufserlichen Anwen­dung nöthige Menge von diesen Mitteln, richtet sich nur allein nach dem Umfange des kranken Gebildes und nach der, durch die Heftigkeit der Zufälle bedingten öftern oder seltenern Wiederholung der Applikation.
sect;. 136.
Als die schicklichste Form, in der diese Mittel an-
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gewendet werden, erscheint die flüssige und breiartige; sie werden so als Getränk, als Eingufs, Latwerge, Waschung, Bähung, Klystier, Liniment, Salbe und Umschlag (bald in Verbindung mit Wasser u. dgl., bald auch im reinen Zustande, z. B. Fett, fettes Oel) angewendet, und sind in diesen Formen nicht allein am leichtesten verdaulich, son­dern bewirken auch die Einhüllung, Erweichung, Erschlaf­fung u. s. w. am besten.
Erste Abtheilnng.
EiweisstoiT- unrl gallorthaltige Mittel (Medic, allmminosa ei gelatinasa)
sect;. 137. Der Eiweisstoff {Albumen} findet sich als ein nä­herer Bestandtheil der organischen Substanz sowohl im Thier- als im Pflanzenreiche. Hier soll nur von dem thie-rischen Eiweisstoff die Rede sein, da das vegetabilische für sich allein nicht benutzt wird. Er ist im Blute, im Milchsaft, in der Milch, im Gehirn etc., und in den se­rösen Flüssigkeiten des Thierkörpers reichlich enthalten; auch macht er den Hauptbestandtheil des Blutwassers aus, in welchem er aber nach seiner Beziehung zur thierischen Substanzbildung gewöhnlich als Faserstoff des Blutes bezeichnet wird. In der Milch erscheint er etwas verän­dert als Käsestoff, und in den Muskeln, Sehnen, Kno­chen und Knorpeln ist er theils noch meiir modificirt, theils~ mit andern Bestandtheilen sehr innig verbunden, so dafs er nur durch das Kochen dieser Theile mit Was­ser als Gallerte zu erhalten und darzustellen ist. Am einfachsten und reinsten kömmt er in den Eiern der Vö­gel als Eiweis vor.
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1. Eier, Ova (am gewölmliclistcu Hühnereier, Ova gallltiacea').
sect;. 138.
Die Eier enthalten in ihrer, aus kohlensaurem Kalk etc. bestehenden Schale das Eiweis und das Eigelb.
d) Das Eiweis (Albumen ovi) ist fast reiner Eiweis-stoff und Wasser, mit einem geringen Gehalt an kohlen­saurer Soda. Es fault leicht und entwickelt dabei viel Schwefelwasserstoffgas; es gerinnt bei einer Wärme über 70deg; R., eben so bei der Einwirkung von stark. Min. Säu­ren, Alkohol, Aether, Terpenthinöl 5 dagegen lösen Alkalien, Essigsäure und Salzsäure (welche beide im Magensaft ent­halten) ihn auf, und Essigsäure verhütet sogar sein Coa-guliren. Mehrere Salze schlagen das Eiweis aus Flüssig­keiten coagulirt nieder und werden dabei zum Theil selbst zersetzt, so z. B. Bleizucker, Bleiessig, Alaun, die Vitriole, Höllenstein, Aetz-Sublimat. Letzterer soll dabei in Ca­lomel umgewandelt werden. Auch die Gerbsäure schlägt ihn nieder, coagulirt und verändert ihn. Mit Kalk erhär­tet es zu einer festen Masse (Kitt). — Innerlich angewendet ist es stark nährend, doch weniger als das Eigelb und noch weniger als die Gallerte: auch steht es diesen Sub­stanzen als Nahrungsmittel darin nach, dafs es nicht so leicht auflöslich wie sie, sondern mehr zum Gerinnen ge­neigt, und deshalb zuweilen etwas schwerer verdaulich ist. Es wirkt aber auch milder als die Gallerte und kommt in dieser Beziehung dem Schleim sehr nahe. — Oertlich wirkt es einhüllend, reizmildernd und erschlaf­fend, so lange es mit Feuchtigkeit verbunden ist. —
h) Das Eigelb, Eidotter (Vüellum ovi') besteht aus Eiweis und aus einem milden fetten Oel. Es löst sich leichter als das Eiweis im Wasser auf und bildet mit demselben eine Art Emulsion 5 eben so befördert es die Auflösung und gleichmäfsige Mengung des Kamphers, der Harze, der Schleimharze und der äther. Oele mit wässe-
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rigen Flüssigkeiten, mit Fetten u. dgl. Man hält es bei innerlicher Anwendung für stärker nährend und für leich­ter verdaulich als das blofse Eiweis, und äufserlich er­scheint es mehr erschlaffend und reizmildornd als dieses.
sect;. 139.
Die innerliche Anwendung findet bei beiden Substan­zen auf ziemlich gleichmäisige Weise statt und mehren-theils giebt man beide mit einander verbunden: bei gro-fser Erschöpfung der Kräfte, bei grofsem Säfteverlust, bei gehinderter Ernährung auf gewöhnlichem Wege, z. B. bei Starrkrampf und Kinnbackenzwang, bei schwächlichen jungen Thieren, welche zu früh ihre Mütter verloren, bei schmerzhafter Diarrhöe, bei dem Blutharnen nach dem Geuufs scharfer Pflanzen, und bei Vergiftungen durch Kanthariden und durch Metallsalze. Bei den letztern ist das Eiweis vorzüglich empfohlen 5 man kann von ihm aber nur Hülfe erwarten, wenn es in kurzer Zeit nach dem Verschlucken der Gifte eingegeben wird, so dafs eine Zersetzung derselben möglich ist, ehe sie den Kör­per affiziren.
Man giebt ausgewachsenen Pferden und Rindern auf einmal 3 bis 6 Eier, in einem halben Quart Milch, Mehl­suppe oder Bier gut abgerührt, drei- bis viermal des Tages; Schafen, Ziegen und Schweinen die Hälfte, Hun­den und Katzen nach Verhältnifs ihrer Gröfse den vier­ten bis sechsten Theil davon auf einmal. Bei rein asthe-nischen Zuständen kann man gewürzhafte Mittel, z. B. Kalmus, Kümmel u. dgl. damit verbinden; aber Kalk, ad-stringirende Mittel, Säuren und Metallsalze dürfen nicht mit eiweishaltigen Mitteln verbunden werden. — Bei Vergiftungen mit Metallsalzen giebt man das Eiweis in der bezeichneten Menge mit zehn Theilen Wassers ab­gerührt, in recht kurzen Zwischenzeiten (etwa alle 3—5 Minuten) so lange wiederholt, bis die heftigen Zufälle vorüber sind. Zu reizmildernden und zu ernährenden Klystieren können die Eier auf dieselbe Weise verwen­det werden
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sect;. 140.
Aeufserlich wird das Ei weis als einhüllendes, dek-kendes Mittel auf oberflächliche Verletzungen, wo Haut­verlust zugegen ist, angewendet; es ist jedoch für diesen Zweck, so lange noch starke Entzündung besteht, für sich allein wenig zu empfehlen, weil es schnell zu einer harten, fast hornartigen Kruste vertrocknet. Dagegen eignet es sich, aus derselben Ursache für solche Wunden und Geschwüre recht gut, die der Heilung nahe sind und blos einer schützenden Decke bedürfen. Der Zusatz von einer Drachme fein pulverisirten Alaun auf eine Unze Eiweis bewirkt, dafs diese Decke sich sehr fest bildet und auch fest mit der betreffenden Oberfläche zusammen­hängt. — Bei frischen, oberflächlichen Verbrennungen ist ein Liniment aus einem Theil Eiweis und zwei Thei-len Baumöl, (oder Leinöl) — oder aus gleichen Theilen Eiweis, Oel und Milchrahm, als kühlendes, erweichendes Mittel recht wirksam und als Hausmittel leicht anzu­wenden.
Das Eigelb benutzt man äufserlich fast nur als Zu­satz oder Vehikel zu Salben, die aber immer frisch be­reitet sein müssen, da sie sich nicht lange halten. Bei allen Verwundungen, wenn sie trocken und sehr schmerz­haft sind, und mit erweichenden und andern Umschlägen oder Fomentationen nicht behandelt werden können, ist Eigelb und Baumöl zu gleichen Theilen zusammengerie­ben, die beste Salbe, besonders auch, um die Brand-schorfe bei Schulswunden zur Abstofsung zu bringen. — Bei zu geringer Eiterung ist das Eigelb mit Terpentin oder mit Terpentinöl, im Verhältnifs zum Grade der be­stehenden Reizbarkeit verbunden, die einfachste und beste Digestivsalbe.
Das in dem Eigelb enthaltene und durch Auspressen der hart gekochten Eidotter bei gelinder Wärme leicht zu gewinnende Eieröl (CM. ovor.') wurde ehemals sehr häufig auf schmerzhafte, entzündete Theilc, auf Wunden und Exkoriationen angewendet; es ist aber, da es sich
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duröh keine besonderen Eigenschaften vor andern fetten Oelen auszeichnet, zu entbehren und durch Leinöl, Baum­öl u. dgl. zu ersetzen.
2. Die Milch, Lac.
sect;• Ilaquo;-
Die Milch ist eine eigenthümliche, in den Eutern der weiblichen Thiere abgesonderte Flüssigkeit, welche haupt­sächlich aus vielem Wasser, aus Eiweis- oder Käsestoff, Milchzucker, Butter, etwas Milchsäure und verschiedenen Salzen besteht. — Aufserhalb des Thierkörpers zersetzt sie sich nach einiger Zeit durch die Einwirkung der Luft und Wärme von selbst (was auch künstlich und schneller durch den Zusatz von Weingeist, Säuren, eines Stück­chens von einem Thiermagen, Schleim u. s. w. bewirkt wird); diese einfache Trennung giebt jedoch nicht genau die sämmtlichen genannten Bestandtheile, sondern a) einen wässerigen Theil oder die Molken, welche aus Wasser und Milchzucker, etwas Eiweisstoff und Salzen besteht; b) einen käsigen Theil, der fast nur aus Eiweis besteht, und c) einen fetten oder öligen Theil, den Rahm oder die Sahne, welche Fett und Eiweis enthält und durch schnelles, oft wiederholtes Durcheinanderbewegen zu But­ter umgewandelt wird.
Das Verhältnifs der Bestandtheile und somit auch die Beschaffenheit der Milch ist verschieden nach der Verschiedenheit der Thiergattung, nach der Constitution und Gesundheit der einzelnen Thiere, nach der Periode ihrer Absonderung, nach der Beschaffenheit und Menge der Nahrungsmittel u. s. w. — Die Milch scheint das Pfodukt der ersten unvollständigen Assimilation zu sein; sie zeigt sehr auffallend die materiellen u. a. Eigenschaf ten der von den Thieren genossenen Substanzen bald nach der Verdauung derselben, und sie hat z. B. bei ani­malischer Nahrung der Thiere eine mehr thierische (stick­stoffhaltige), bei Pflanzeunahrung eine mehr milde, vege­tabilische Beschaffenheit: auch gehen häufig fremdartige
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Stoffe, z. B. Harz, Farbestoff, scharfe Stoffe u. dgl. in sie über.
sect;• 142.
Die Milch ist ein sehr leicht assimilirbares, mildes Nahrungsmittel, steht aber an Nahrungsgehalt den Eiern und der Gallerte nach. Sie ist die von der Natur für alle Saugethiere bestimmte erste Nahrung unmittelbar nach der Geburt, bis ihre Kau- und Verdauungswerkzeuge mehr entwickelt und fähig sind, andere, mehr differente oder mehr konzentrirte Nahrungsstoffe zu verarbeiten. Für fleischfressende Tliiere und für Schweine bleibt sie aber während des ganzen Lebens ein angenehmes und brauchbares Nahrungsmittel. — In dem Magen wird sie durch den Magensaft schnell zum Gerinnen gebracht (in die obigen Bestandtheilc zersetzt), worauf aber der kä­sige Theil auch bald wieder aufgelöst wird. — Die Er­nährung durch sie geschiehet, wenn die Milch von Thie-ren derselben Gattung kommt und von gewöhnlicher Be­schaffenheit ist, ohne reizende Nebenwirkung; in den er­sten Tagen nach der Geburt führt sie jedoch zugleich ab und befördert dadurch die Entloerung des sogenann­ten Füllenpechs. Auch kann sie, wenn die Thiere eine mit bittern, harzigen oder scharfen Stoffen versehene Nahrung geniefsen, durch diese Stoffe bald mehr, bald weniger bedeutende Nebenwirkungen erzeugen. Selbst mineralische Stoffe gehen in siü über und zeigen sich noch wirksam in ihr.
Oertlich wirkt sie auf die zunächst von ihr berühr­ten Theile einhüllend, erschlaffend und sehr schmerzstil­lend, ähnlich, aber noch besser als das Eiweis: auch zersetzt sie, wie dieses, mehrere Metallsalze, und wan­delt den Quecksilber-Sublimat in Calomel um.
sect;• 143. Man wendet die Milch bei asthenischen Krankheiten der Schweine und fleischfressenden Thiere als nährendes Mittel an, vermeidet sie aber bei heftigem Durchfall, wel­chen sie oft noch vermehrt. Für die übrigen Thiere
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duröh keine besonderen Eigenschaften vor andern fetten Oelen auszeichnet, zu entbehren und durch Leinöl, Baum­öl u. dgl. zu ersetzen.
2. Die Milch, Lac.
sect;• Ilaquo;-
Die Milch ist eine eigenthümliche, in den Eutern der weiblichen Thiere abgesonderte Flüssigkeit, welche haupt­sächlich aus vielem Wasser, aus Eiweis- oder Käsestoff, Milchzucker, Butter, etwas Milchsäure und verschiedenen Salzen besteht. — Aufserhalb des Thierkörpers zersetzt sie sich nach einiger Zeit durch die Einwirkung der Luft und Wärme von selbst (was auch künstlich und schneller durch den Zusatz von Weingeist, Säuren, eines Stück­chens von einem Thiermagen, Schleim u. s. w. bewirkt wird); diese einfache Trennung giebt jedoch nicht genau die sämmtlichen genannten Bestandtheile, sondern a) einen wässerigen Theil oder die Molken, welche aus Wasser und Milchzucker, etwas Eiweisstoff und Salzen besteht; b) einen käsigen Theil, der fast nur aus Eiweis besteht, und c) einen fetten oder öligen Theil, den Rahm oder die Sahne, welche Fett und Eiweis enthält und durch schnelles, oft wiederholtes Durcheinanderbewegen zu But­ter umgewandelt wird.
Das Verhältnifs der Bestandtheile und somit auch die Beschaffenheit der Milch ist verschieden nach der Verschiedenheit der Thiergattung, nach der Constitution und Gesundheit der einzelnen Thiere, nach der Periode ihrer Absonderung, nach der Beschaffenheit und Menge der Nahrungsmittel u. s. w. — Die Milch scheint das Pfodukt der ersten unvollständigen Assimilation zu sein; sie zeigt sehr auffallend die materiellen u. a. Eigenschaf ten der von den Thieren genossenen Substanzen bald nach der Verdauung derselben, und sie hat z. B. bei ani­malischer Nahrung der Thiere eine mehr thierische (stick­stoffhaltige), bei Pflanzeunahrung eine mehr milde, vege­tabilische Beschaffenheit: auch gehen häufig fremdartige
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Stoffe, z. B. Harz, Farbestoff, scharfe Stoffe u. dgl. in sie über.
sect;• 142.
Die Milch ist ein sehr leicht assimilirbares, mildes Nahrungsmittel, steht aber an Nahrungsgehalt den Eiern und der Gallerte nach. Sie ist die von der Natur für alle Saugethiere bestimmte erste Nahrung unmittelbar nach der Geburt, bis ihre Kau- und Verdauungswerkzeuge mehr entwickelt und fähig sind, andere, mehr differente oder mehr konzentrirte Nahrungsstoffe zu verarbeiten. Für fleischfressende Tliiere und für Schweine bleibt sie aber während des ganzen Lebens ein angenehmes und brauchbares Nahrungsmittel. — In dem Magen wird sie durch den Magensaft schnell zum Gerinnen gebracht (in die obigen Bestandtheilc zersetzt), worauf aber der kä­sige Theil auch bald wieder aufgelöst wird. — Die Er­nährung durch sie geschiehet, wenn die Milch von Thie-ren derselben Gattung kommt und von gewöhnlicher Be­schaffenheit ist, ohne reizende Nebenwirkung; in den er­sten Tagen nach der Geburt führt sie jedoch zugleich ab und befördert dadurch die Entloerung des sogenann­ten Füllenpechs. Auch kann sie, wenn die Thiere eine mit bittern, harzigen oder scharfen Stoffen versehene Nahrung geniefsen, durch diese Stoffe bald mehr, bald weniger bedeutende Nebenwirkungen erzeugen. Selbst mineralische Stoffe gehen in siü über und zeigen sich noch wirksam in ihr.
Oertlich wirkt sie auf die zunächst von ihr berühr­ten Theile einhüllend, erschlaffend und sehr schmerzstil­lend, ähnlich, aber noch besser als das Eiweis: auch zersetzt sie, wie dieses, mehrere Metallsalze, und wan­delt den Quecksilber-Sublimat in Calomel um.
sect;• 143. Man wendet die Milch bei asthenischen Krankheiten der Schweine und fleischfressenden Thiere als nährendes Mittel an, vermeidet sie aber bei heftigem Durchfall, wel­chen sie oft noch vermehrt. Für die übrigen Thiere
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will, z. B. Nieswurzel, Salpeter, Weinstein iu dgl. Me­tallsalze eignen sich jedoch zu dieser Verbindung nicht, weil sie zum Theil zersetzt werden. — Bei Schafen und Ziegen kann man sie gleichfalls, bei Entzündungskrank­heiten und bei Verstopfung des Leibes, bei dem Aufblü­hen u. dgi. als ein wohlfeiles, mildes Laxiermittel an­wenden.
Die Gabe läfst sich für Schweine nicht ganz genau bestimmen, sondern nach Verhältnifs der Gröfse der Thiere auf etwa 2 bis 8 Qi^art täglich annehmen. Je mehr sie saufen, für desto besser hält man es. — Scha­fen und Ziegen giebt man auf'Äimal 1 bis I5 Quart (36 bis 54 Unzen).
b)nbsp; Der käsige Theil der Milch, der Käse (Caseum) hat im frischen Zustande mit dem Eiweis sehr viel ge­mein, unterscheidet sich aber von diesem, dafs er auch von der Essigsäure aus Flüssigkeiten niedergeschlagen und zum Gerinnen gebracht wrird. Er ist sehr schwer ver­daulich, und wird für sich allein nicht benutzt. Wenn er alt und durch Zersetzung und Fäulnifs scharf und ran­zig geworden ist (alter Käse), wirkt er reizend auf die Verdauungseingeweide und wirkt jedoch nur schwach ab­führend und ist durch bessere Mittel zu ersetzen. Die Gabe ist ein halbes bis anderthalb Loth, am besten fein geschabt und mit etwas Oel gemengt.
c)nbsp; Die Sahne, der Rahm (Cremor Lactis) wirkt fast wie ein fettes Oel, sehr einhüllend, erschlaffend, erwei­chend und reizmildernd, und wird innerlich selten, etwa nur bei Entzündungen und bei dem Blutharnen vom Ge-nufs scharfer Stoffe, für sich allein oder mit Eiweifs und Eigelb zusammengerieben angewendet. Die Gabe ist für Pferde und Rinder ein halbes, für Schafe, Ziegen und Schweine ein viertel Quart, Hunden und Katzen 1 bis 3 Efslöffel voll. — Aeufscrlich dient er bei Anätzungen, Verbrennungen und überhaupt bei schmerzhaften Entzün­dungen, bei denen heftige Spannung, Exkoriationen, Bla­sen oder Schorfe zugegen sind; eben so bei dem Teig-
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T
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mal der Kälber, bei dem Maulweh, bei den Poeken der Schafe u. s. w. Man kann ihn für sich allein, recht zvveekmäfsig aber auch mit gleichen Theilcn eines milden Oels verbunden, — oder auch in einem Gemenge mit Eiweis und fein pulv. Stärkemehl (von letztern beiden ä 1 Theil auf 1 Theile Rahm) anwenden. In letzterer Verbindung ist das Mittel gegen das epizoot. Maulweh, zur Zeit wo das Epithelium der Maulschleimhaut sich ablöste und das Maul wund und sehr schmerzend war, mit dem besten Erfolge benutzt worden. Eben so hat sich bei frischen Verbrennungen die Verbindung mit Oel von ganz vortrefflicher quot;Wirkung gezeigt.
lt;/) Die Butter, siehe bei den Fetten.
e) Die Buttermilch (Lac ebutyratum) ist gelind näh­rend und kühlend, wie die Molken, aber etwas mehr ein­hüllend als diese. Bei Pferden soll sie, in grol'seu Ga­ben als Eingufs angewendet, ganz dieselben heftigen Zu­fälle hervorbringen, wie die Molken. Dies hat sich bei Viborg's u. A. Versuchen zwar so gezeigt, kommt aber nur bei dieser Art der Anwendung und bei dem Eindrin­gen des Mittels in die Luftröhre vor (S. Anmerk. sect;. 144. S. 171.). — Man giebt die Buttermilch bei Entzündungs­krankheiten, und besonders bei der Bräune der Schweine zum Getränk und mengt ihr die etwa nöthigen andern Arzneimittel, z. B. kühlende Salze, die Nieswurzel u. dgl. bei. — Gegen das entzündliche Blutharnen des Rind­viehes hat sie sich abwechselnd mit Pökelfleischbrühe (oder mit Salpeterauflösung), alle Stunden ein Quart ein­gegeben, oft sehr nützlich gezeigt. Dabei mufs aber nur sehr weniges und ganz gutes Grünfutter, Heu oder Kleie gegeben werden.
/) Der Milchzucker {Saccharun lactis) bringt in ziemlich grofsen Gaben (bei Pferden zu Ih bis 2 Unzen pro dosi gereicht) bei den sämmtlichen Hausthieren kaum bemerkbare Wirkung hervor. Er soll gelind nährend sein, ähnlich wie die Molken, ist aber für die kranken Thiere zu theuer und ganz entbehrlich. Die Homöopathen
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benutzen ihn, als eine sehr indifferente Substanz, zur Verdünnung trockener Arzneien.
3. Gallerte, Gelatina.
sect;. 145.
Die Gallerte kommt als ein wesentlicher Bildungs-theil des Thierkörpers in fast allen Theilen desselben und im ganzen Thierreich vor. Bei den höher organi-sirten Thieren findet man sie am reichlichsten in der Mnskelsubstanz, in den Sehnen, Knorpeln und Knochen. Oft ist sie (am meisten im Fleische älterer Thiere) mit thier. Extraktivstoffen (einem weingeistigen, Osmazom, und einem wässerigen, Zomidin) u. a. thier. Bestand-theilen verbunden und hierdurch in ihrer Qualität ver­schieden. Die reine Gallerte ist in mehrfacher Hinsicht mit dem Eiweifsstoff verwandt, vmd ihre Verschiedenheit von derselben scheint theils von einem höheren Grade der thierischen Assimilation, theils von der Art ihrer Ge­winnung verursacht zu sein; denn sie ist nur durch Ko­chen aus den thierischen Gebilden zu erlangen. — Aus Fleisch bereitet und mit. vielem Wasser verbunden stellt sie die Fleischbrühe dar; aus Sehnen, Knorpeln und Knochen bereitet und völlig getrocknet, erscheint sie als Leim (Gluten anmale s. Colla animalis).
sect;• M6-
Die Gallerte ist für fleischfressende und für solche Thiere, die von gemischter Nahrung leben, das kräftigste und am leichtesten zu verdauende Nahrungsmittel; für Pflanzenfressende Thiere ist sie weniger geeignet, aber doch auch anwendbar. Sie bedarf zur Assimilation nur einer ganz geringen Verarbeitung durch die Verdauungs­organe und sie nährt daher schnell und reichlich. Diese Wirkung ist bei der reinen Gallerte ganz mild; ist aber viel Osmazom mit letzterer verbunden, so ist sie etwas reizend auf das Gefäfssystem. Bei lange und reichlich fortgesetztem Genufs der Gallerte zeigt die Ernährung
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und die Beschaffenheit des Körpers die (im sect;. 131. 132.) angegebenen Wirkungen der animalischen Nahrung.
Oertlich wirkt sie in Verbindung mit Wasser ähn­lich wie das Eiweifs, und übt auch auf vorhandene Me­tallsalze, namentlich auf den Quecksilber-Sublimat, ähn­liche zersetzende Wirkungen wie dieses.
sect;. 147.
Die innerliche Anwendung der Gallertc als nähren-rendes und einhüllendes Mittel ist ganz bei denselben Krankheiten angezeigt, wo das Eiweifs empfohlen ist; sie verdient aber bei Hunden und Katzen vor diesem Mittel den Vorzug. —
Dagegen darf die Gallerte innerlich nicht angewendet werden bei Vollblütigkeit, Entzündungsfiebern, bei vor­handenen örtlichen, heftigen Entzündungen, bei Hautkrank­heiten (Flechten und Räude), besonders wenn dieselben aus zu reichlicher thierischer Nahrung entstanden sind, wie dies bei Hunden sein: oft der Fall ist.
sect;. 148.
Man wendet die Gallerte gewöhnlich in einer star­ken Fleischbrühe oder in einer Auflösung des Leims an, und zwar als Eingufs (wenn die Thiere sie nicht selbst saufen) oder auch als Klystier. Bei sehr grofser Schwä­che, bei heftigem Durchfall u. s. w. bringt man sie zu­weilen auf beiden Wegen in den Körper. — Wo bei der Schwäche des Körpers zugleich eine grofse Empfind­lichkeit der Verdauungseingeweide vorhanden ist, und in Folge derselben Erbrechen u. s. w, eintritt, giebt man die Gallerte entweder ganz rein, oder man setzt ihr kleine Gaben Opium bei; — wo aber diese Empfindlichkeit nicht zu bemerken ist, verbindet man die Gallerte mit gewürz­haften Mitteln und mit Kochsalz, theils um der allge­meinen Schwäche entgegenzuwirken, vorzüglich aber um die Verdauungseingeweide zu gröfserer Thätigkeit anzu­regen und die Verdauung zu befördern. — Adstringi-ronde Mittel, starke Säuren und saure Salze soll man da-
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benutzen ihn, als eine sehr indifferente Substanz, zur Verdünnung trockener Arzneien.
3. Gallerte, Gelatina.
sect;. 145.
Die Gallerte kommt als ein wesentlicher Bildungs-theil des Thierkörpers in fast allen Theilen desselben und im ganzen Thierreich vor. Bei den höher organi-sirten Thieren findet man sie am reichlichsten in der Mnskelsubstanz, in den Sehnen, Knorpeln und Knochen. Oft ist sie (am meisten im Fleische älterer Thiere) mit thier. Extraktivstoffen (einem weingeistigen, Osmazom, und einem wässerigen, Zomidin) u. a. thier. Bestand-theilen verbunden und hierdurch in ihrer Qualität ver­schieden. Die reine Gallerte ist in mehrfacher Hinsicht mit dem Eiweifsstoff verwandt, vmd ihre Verschiedenheit von derselben scheint theils von einem höheren Grade der thierischen Assimilation, theils von der Art ihrer Ge­winnung verursacht zu sein; denn sie ist nur durch Ko­chen aus den thierischen Gebilden zu erlangen. — Aus Fleisch bereitet und mit. vielem Wasser verbunden stellt sie die Fleischbrühe dar; aus Sehnen, Knorpeln und Knochen bereitet und völlig getrocknet, erscheint sie als Leim (Gluten anmale s. Colla animalis).
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Die Gallerte ist für fleischfressende und für solche Thiere, die von gemischter Nahrung leben, das kräftigste und am leichtesten zu verdauende Nahrungsmittel; für Pflanzenfressende Thiere ist sie weniger geeignet, aber doch auch anwendbar. Sie bedarf zur Assimilation nur einer ganz geringen Verarbeitung durch die Verdauungs­organe und sie nährt daher schnell und reichlich. Diese Wirkung ist bei der reinen Gallerte ganz mild; ist aber viel Osmazom mit letzterer verbunden, so ist sie etwas reizend auf das Gefäfssystem. Bei lange und reichlich fortgesetztem Genufs der Gallerte zeigt die Ernährung
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und die Beschaffenheit des Körpers die (im sect;. 131. 132.) angegebenen Wirkungen der animalischen Nahrung.
Oertlich wirkt sie in Verbindung mit Wasser ähn­lich wie das Eiweifs, und übt auch auf vorhandene Me­tallsalze, namentlich auf den Quecksilber-Sublimat, ähn­liche zersetzende Wirkungen wie dieses.
sect;. 147.
Die innerliche Anwendung der Gallertc als nähren-rendes und einhüllendes Mittel ist ganz bei denselben Krankheiten angezeigt, wo das Eiweifs empfohlen ist; sie verdient aber bei Hunden und Katzen vor diesem Mittel den Vorzug. —
Dagegen darf die Gallerte innerlich nicht angewendet werden bei Vollblütigkeit, Entzündungsfiebern, bei vor­handenen örtlichen, heftigen Entzündungen, bei Hautkrank­heiten (Flechten und Räude), besonders wenn dieselben aus zu reichlicher thierischer Nahrung entstanden sind, wie dies bei Hunden sein: oft der Fall ist.
sect;. 148.
Man wendet die Gallerte gewöhnlich in einer star­ken Fleischbrühe oder in einer Auflösung des Leims an, und zwar als Eingufs (wenn die Thiere sie nicht selbst saufen) oder auch als Klystier. Bei sehr grofser Schwä­che, bei heftigem Durchfall u. s. w. bringt man sie zu­weilen auf beiden Wegen in den Körper. — Wo bei der Schwäche des Körpers zugleich eine grofse Empfind­lichkeit der Verdauungseingeweide vorhanden ist, und in Folge derselben Erbrechen u. s. w, eintritt, giebt man die Gallerte entweder ganz rein, oder man setzt ihr kleine Gaben Opium bei; — wo aber diese Empfindlichkeit nicht zu bemerken ist, verbindet man die Gallerte mit gewürz­haften Mitteln und mit Kochsalz, theils um der allge­meinen Schwäche entgegenzuwirken, vorzüglich aber um die Verdauungseingeweide zu gröfserer Thätigkeit anzu­regen und die Verdauung zu befördern. — Adstringi-ronde Mittel, starke Säuren und saure Salze soll man da-
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Sie müssen dagegen vermieden werden, wo örtliche oder allgemeine Schwäche, Erschlaffung, Reizlosigkeit, wo üppige Granulation und zu reichliche Eiterbildung besteht. Auch dürfen sie innerlich immer nur durch kurze Zeit angewendet werden, weil sie bei fortgesetztem Gebrauch die Verdauungseingeweide zu sehr erschlaffen und schwächen.
I. Arabisches Gummi. (Gummi arabicum s. Dlimosae).
sect;. 150.
Das arabische Gummi löst sich sehr leicht im Was­ser auf und bildet mit demselben einen reinen Schleim. Dasselbe kann daher in allen Fällen gebraucht werden, wo schleimige Mittel überhaupt passen; indessen benutzt man es doch vorzüglich nur für kleine Hausthiere, weil es für die grofsen durch die nöthigen grofsen Gaben zu theuer wird und durch inländische, wohlfeilere Mittel, z. B. Altheewurzel und Leinsamen recht gut zu ersetzen ist. — Bei Magen- und Darmentzündungen, bei Nieren­entzündungen und bei Strangurie, so wie bei Lungenent­zündungen und bei schmerzhaftem Husten, bei Durch­fällen und Ruhr mit Reizung des Darmkanals gehört es mit zu den wirksamsten Heilmitteln. Auch zersetzt es den Sublimat und andere Quecksilbersalze und Eisensalze, und ist theils defshalb, theils seiner einhüllenden und schützenden Wirkung wegen, bei Vergiftungen durch sol­che Mineralpräparate mit Vortheil anzuwenden. Die che­misch zersetzende Einwirkung auf die Metallsalze ist aber viel schwächer als von dem Eivveis und von dem Quit­tenschleim.
Man giebt es ausgewachsenen Pferden und Rindern zu einer bis zwei Unzen, Kälbern, Füllen, Schafen, Zie­gen und Schweinen zu einer halben Unze, Hunden zu fünfzehn Gran bis 2 Drachmen. Die flüssige Form ist die zweckmäfsigste; doch verlangt das Gummi weniger Wasser als die übrigen schleimigen Mittel; mit dem vier-
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fachen Gewicht Wasser verbunden, giebt es diesem die Consistenz eines dünnen Syrups. Es wird bei den ver­schiedenen Krankheitszuständen bald rein, bald mit pas­senden andern Mitteln verbunden gegeben, z. B. bei Lun­genentzündung und Husten mit Blausäure, mit Bilsenkraut-Infusum oder mit dergl. Extrakt, bei Durchfall mit Opium, mit Rhabarber u. dgl. *).
Aeufserlich wird es fast gar nicht angewendet; es ist aber bei trockenen, schmerzhaften Augenentzündungen zu Augenwässern sehr gut zu benutzen (1 Th. auf 12 Th. Wasser colirt). Mit gleichen Theilen Alaun und Eisen­vitriol, bildet es ein, zwar in chemischer Hinsicht nicht ganz richtig zusammengesetztes, aber doch wirksames styp-tisches Pulver gegen parerchymatose Blutungen.
2.nbsp; nbsp; nbsp;Ki rscbgummi. Gummi Cerasorum. Pflaiiincngummi.
Gummi Prunorum
sect;. 151.
Beide inländische Gummiarten sind zwar nicht so rein wie das arabische, kommen ihm aber fast ganz gleich und können als wohlfeile Surrogate anstatt desselben und wie dieses benutzt werden. Ihre vollständige Auflösung geschieht jedoch nur mit heifsem Wasser.
(Das Traganthgummi, G. Tragacanthae giebt zwar einen mehr consistenten Schleim als das arab. Gummi, ist aber ganz zu entbehren;)
3.nbsp; nbsp; nbsp;Quittcnsaamcn, Q uittenkorne. Semina Cydoniorum.
sect;#9632; 152. Sie enthalten in ihrer Schale sehr reichlich Schleim, der sich durch Einweichen der Saamen in kaltem und warmem Wasser und durch starkes Schütteln mit dem-
*) Statt ilcs arab. Gummi dürfte das in ncupicr Zfit enldeckle, viel wohlfeilere Dexlrin (sect;. IfiiS.} zum innern Gebrauclie dienen Icönnen.
12*
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selben, leicht auflöst. I Theil Saamen macht 40 Theile Wasser bei anhaltendem Schütteln ziemlich schleimig, und beim Kochen werden 48 Theile Wasser mit 1 Theil Saa­men eben so schleimig, wie gleiche Theile Wasser und arabisches Gummi. Dieser Schleim hat einen geringen Antheil von Eiweis und adstringirendem Princip, und wirkt zersetzend auf die meisten Salze, besonders auf essigsaures Blei, Sublimat, Vitriole, und er selbst wird von diesen Mitteln, von Säuren und vom Weingeist zum Gerinnen gebracht.
Die Wirkungen des Quittenschleims sind gleich de­nen der vorigen Mittel. Seine innerliche Anwendung ist in der Thierarzneikunde nicht gebräuchlich, und die äu-fsere ist fast nur auf schmerzhafte catarrhalische, rheu­matische und andere Augenentzündungen beschränkt. Man wendet ihn hierbei gewöhnlich rein an, indem man 1 bis 2 Quentchen mit 1 Pfund kalten Flufswassers schütteln und durchseihen läfst, und mit der klaren Flüssigkeit die Augen alle Stunden befeuchtet; oft setzt man aber auch narkotische Mittel, Opium u. dgl., oder selbst Bleiessig oder Bleizucker hinzu. Letzteres ist nach dem Vorste­henden wohl nicht chemisch richtig; manche Praktiker behaupten jedoch, dafs die Erfahrung die gute Wirkung solcher Augenwässer häufig bestätiget habe. Es ist aber zweckmäfsiger, wenn man die Anwendung solcher Blei­mittel oder der Vitriole neben dem schleim. Mittel für durchaus nöthig hält, das arab. Gummi statt des Quitten­schleims zu benutzen, weil ersteres weniger und langsa­mer zersetzend wirkt.
4. Leiusaamen. Semen Lim'.
sect;. 153.
Die äufsere Schaale der Leinsaamen enthält gegen g des ganzen Gewichts dieser Saamen an Schleim, (in Verbindung mit etwas Stärkemehl, Wachs und andern Stoffen), so dafs 1 Theil unzerstofsener Saamen 16 Theile
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darauf gegossenes kochendes Wasser in einen ziemlich dicklichen, fadenziehenden Schleim verwandeln; der in­nere Kern enthält dagegen l fettes Oel in Verbindung mit vielem Eiweis, mit Gummi, Kleber u. s. w. Der Lein-saamen kommt daher sowohl seiner schleimigen Theiie, wie auch seines Oels wegen in Betrachtung (Letzteres in der 5ten Abtheil, dieser Klasse, sect;. 197.).
Die Wirkungen des reinen Leinsaamenschleims, wie man ihn aus der Schaale der ganzen Saamen erhält, sind so wie bei den vorhergenannten Mitteln, und eben so sind die Anzeigen und Gegenanzeigen bei seinem Gebrauch dieselben wie sie im Allgemeinen angegeben sind.
Man gebraucht ihn daher innerlich gegen Entzün­dung des Magens, des Darmkanals, der Nieren, der Blase, des Halses und der Lunge; gegen Vergiftungen mit schar­fen, ätzenden Stoffen; gegen schmerzhafte Krämpfe in den Baucheingeweideh; bei Durchfall, — und äufserlich bei schmerzhaften Entzündungen, Verbrennungen und Wun­den, bei Anätzungen, bei heftiger Reizung durch unge­schickte oder unzweckmäfsige Anwendung scharfer Stoffe u. dgl. (sect;. 133.).
Man bereitet.diesen Schleim, indem man 1 Th. Lein-saamen mit 16 bis 20 Th. kochend. Wassers übergiefst oder mit eben so viel Wasser kocht und dann die Flüs­sigkeit durchseihet. — Seine Anwendung geschieht nur in flüssiger Form, innerlich als Eingufs, oder als Einsprit­zung in den Mastdarm, in die Scheide u. s. w., äufser­lich als Bähung und Waschung; bei grofser Wärme des leidenden Theils oder des ganzen Thieres wendet mau den Schleim kalt, sonst aber gewöhnlich lauwarm an. Pferde und Rinder erhalten davon 2—3 Pfund, Schafe, Zie­gen undSchweine 1 — 1^ Pfund, Hunde Jj— 1 Pfd., und Katzen 1 — 2 Unzen auf einmal, nach Verhältnifs der Zufälle jede halbe bis ganze Stunde wiederholt. Zum innerlichen Ge­brauch versetzt man ihn bei Entzündung der Eingeweide und bei Verstopfung des Leibes mit Oel, oder auch mit
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abführenden und kühlenden Salzen; sonst aber wendet man ihn am besten rein an.
sect;. 154.
Der pulverisirte Leinsaamen oder das Lein-saamenmehl (Pulvis oder Farina Seminum Uni) enthält die sämmtlichen Bcstandtheile dieser Saamen, und wirkt vermöge des fetten Oels noch mehr erschlaffend und er­weichend als der blofse Schleim, erschlafft aber bei fort­gesetzter Anwendung die Verdauungseingeweide oft zu sehr und erzeugt Unverdaulichkcit. — Mit 20 bis 24 Theilen Wasser gelinde gekocht, giebt es eine schleimig­fettige Flüssigkeit von ziemlich dicker Consistenz, die in­nerlich und äufserlich ganz wie der reine Leinsaamenschleim zu benutzen ist. Mit wenigerem Wasser oder auch mit Milch bereitet man durch blofses Uebergiefsen und Zusammen-rühren oder durch gelindes Kochen einen Brei, den man zu Umschlagen auf entzündete, schmerzhafte und verhärtete Theile lauwarm anwendet, um zu erweichen, Spannung und Schmerzen zu mildern, vorzüglich aber um die Eiterung zu befördern. Ein solcher Brei ist ziemlich derb, erhält die Wärme und Feuchtigkeit lange gebunden und wirkt zum Theil eben dadurch recht wohlthätig; er wirkt aber auch zuweilen durch seine Consistenz und Schwere auf die schmerzhaften Theile drückend und belästigend. Um letzte­res zu mindern, setzt man dem Leinsaamenmehl gleiche Theile Malvenkraut, oder Althäenkraut, oder Kleie zu.
sect;. 155.
Die Leinkuchen (Placenta seminum Lini), sind der, nach dem Auspressen des Oels aus dem Leinsaamen ver­bleibende Rückstand. Sie enthalten also, nebst den trockenen Schalen dieser Saamen, die schleimigen und eiweisartigen Bcstandtheile und, je nachdem das Aus­pressen mehr oder weniger vollständig geschehen ist, auch noch etwas Oel. Mit der Zeit und bei dem Auf­bewahren an feuchten Orten verändert sich ihre Beschaf­fenheit, und besonders werden sie leicht ranzig oder achimmlich. — Die Wirkung der guten Leinkuchen ist
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innerlich und äufserlich der des Leinsaamenmehls sehr ähnlich; sie sind jedoch, innerlich angewendet, weniger erschlaffend, aber etwas leichter verdaulich und mehr nährend als das letztere. Hiermit ist aber nicht gesagt, dafs sie leicht verdaulich und in dieser Hinsicht als Nah­rungsmittel zu empfehlen sind, obgleich sie als solches von Landwirthen und andern Thierbesitzern für gesunde und kranke Thiere sehr häufig benutzt, und, theils grob zerstofsen, und mit anderm Futter gemengt, theils im Wasser aufgelöst, als Trank gegeben werden. Gesunde Thiere mit kräftigen Verdauungseingeweiden ertragen sie gut; aber von dem anhaltenden Gebrauch erhalten Pferde ein schlaffes, aufgedunsenes Fleisch, bei Kühen soll die Milch einen öligen, widrigen Geschmack bekommen, bei Schweinen der Speck ölig und leicht ranzig, und bei Scha­fen das Fleisch von ähnlicher Beschaffenheit werden. — Als diätetisches Heilmittel sollten sie nur bei solchen Krankheitszuständen, die mit vermehrter Reizbarkeit ver­bunden sind, und wo schleimige Mittel überhaupt passen, wie z. B. bej Bräune, bei dem Maul weh, bei und nach Entzündungen innerer Organe angewendet werden. Bei schwacher, träger Verdauung, bei Verschleimung und Wür­mern ist die Fütterung der Leinkuchen stets nachtheilig, und eben so können sie im verdorbenen Zustande selbst bei ganz gesundenThieren schädliche Wirkungen veranlassenl).
Am zweckmäfsigsten werden die Leinkuchen äufser­lich, pulverisirt und mit Wasser oder Milch gekocht, theils zu schleimigen Waschungen, theils zu Breiumschlä­gen, ganz so wie der Leinsaamenschleim und wie das Leinsaamenmehl, angewendet. Leinkuchenbrei wird je­doch bei dem nöthigen oftmaligen Erwärmen sehr bald
'3 Im Terdorbenen, besonders im ranzigen Zustande, wirkt der Leinkuclien innerlicli zuweilen sogar wie ein scharfes und reizendes Millel. Ich kenne einen Fall, wo 9 Kühe zugleich durch reichlichen Gcnuls solcher Leinkuchen, Magen- und Darmentzündung bekamen und 3 davon starben. — Aehnlichc Nachlheile hat mau in mehre­ren Fällen von dem Futtern der Rübsaamen-Oelkuchcn beobachtet.
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sauer und stinkend, und mufs deshalb bei fortgesetzter Anwendung alle 24 Stunden frisch bereitet worden.
5. Bockshornsaamcn. Semen Foeni graeci.
sect;. 156.
Er besitzt fast eben so viel Schleim, wie der Lein-saamen, so dafs er, mit heifsem Wasser ausgezogen, an 16 bis 18 Theile desselben ziemlich schleimig macht. Aufserdem enthält er flüchtige Theile, die sich durch einen süfslichen, dem Steinklee ähnlichen Geruch zu er­kennen geben, ihrer Beschaffenheit nach aber noch nicht bekannt sind. — Die Wirkung dieser Saamen ist wie bei den schleimigen Mitteln überhaupt, und die flüchtigen Theile kommen dabei kaum in Betracht. Man kann sie innerlich und äufserlich wie Leinsaanienschleim und Lein-saamenmehl anwenden, aber auch durch dieses ganz ent­behrlich machen. Dennoch benutze ich sie oft als einen sehr passenden Zusatz zu andern, mehr wirksamen Mitteln, zur Bildung der nöthigen Latwergen-Masse, bei schmerz­haften Lungen-Entzündungen, bei dergl. katarrhal. Leiden u. s. w., so lange der Husten noch kurz und trocken ist. Ehedem wurden sie häufiger als jetzt benutzt, besonders gegen Druse, und es ist nicht zu läugnen, dafs durch ihre Anwendung bei schmerzhaftem, trocknem Husten, und überhaupt so lange ein gereizter Zustand bei den catarrha-lischen Krankheiten besteht, gewifs mehr genutzt und we­niger geschadet wird, als durch die beliebten Drusenpul­ver, welche mehrentheils aus stark reizenden Mitteln zu­sammengesetzt sind, und erst in einem spätem Zeitraum der Krankheit nützlich sein können.
6. Molinsaamen. Syrien papaceris albi et nigri *).
sect;. 157.
Die schleimigen Theile sind hier mit fettem, sehr mildem Oel verbunden. Die erstem lassen sich nicht so
•) Molmlojife, siehe bei Opium.
#9632;#9632;H
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wie bei den vorher bezeichneten Mitteln, durch üeber-giefsen oder Kochen, sondern nur durch Zerreiben der Säamen mit Wasser ausziehen und bilden dann mit den öligen zugleich die Mohusaamenmilch {Emulsio papaveris). — Diese Pflanzenmilch wirkt ausgezeichnet erschlaffend, reizmildernd und kühlend, und ist daher #9632;innerlich bei al­len Hausthieren gegen krampfhafte und entzündliche Krank-heitszustande, nainentlicli gegen Koliken zu benutzen, um so mehr, da der Mohnsaamen eben so wie der Leinsaa-men, auf dem Lande häufig als Hausmittel zu haben ist Man bereitet sie, indem man 1 Theil Mohnsaamen mit 8 Theilen kalten Wassers in einem Mörser recht gut zer­reibt, und dann die Flüssigkeit durch Leinwand seihet. — Bei heftiger Entzündung setzt man ihr Salze, besonders den Salpeter, auch Oel u. a. Mittel zu. Die Gabe ist für Pferde und Rinder 2—4 Pfund, für Schafe, Ziegen und Schweine 1 Pfund, Hunden und Katzen nach Ver-hältnifs der Gröfse 1 Pfd. bis herab auf i Pfund.
7. Hanfsaameu. Semen cannabis.
sect;. 158. Die Hanfsaamen enthalten mehr Schleim als die Mohnsaamen, aber ebenfalls mit fettem Oel und aufser-dem noch mit einem schwer riechenden, etwas betäuben­den Stoffquot; verbunden. Man benutzt sie am besten in einer Emulsion, die man durch Zerreiben der Saamen mit kal­tem Wasser (I Theil zu 10 - 12 Theilen) bereitet, we­niger zweckmäfsig in einer Abkochung mit 15 — 20 Th. Wasser. — Die Wirkung ist ganz ähnlich der der Mohn-saamemnilch, aber besonders wohlthätig auf die Harn-und Geschlechtsorgane, wenn dieselben sich in einem krampfhaften, gereizten oder schmerzhaft entzündeten Zu­stande befinden; auch bei zu grofser Aufregung des Ge­schlechtstriebes und zur Verhütung derselben. Ich habe sie hier, mit kühlenden Salzen, mit Oel oder auch mit Cam­pher verbunden, oft mit dem besten Erfolge angewendet, und besonders in Verbindung mit dem letztern bei schmerz-
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Laften Reizungen der Nieren und der Blase durch Can-thariden. — Die Gabe ist wie bei der Mohnsaamen-milch. — Aeulserlicli kann man die Hanfsaamen wie die Leinsaamen benutzen.
S. Eibisch- oder Althee würz el uml £ibisoli- uderAlthee-kraut. Radix et Herba Altheae.
sect;. 159.
A) Die Eibischwurzel enthält sehr viel, ziemlich reinen, (doch mit etwas Gummi und Stärkemehl gemeng­ten) milden Schleim, der fade und etwas süfslich schmeckt, und sich durch Kochen dem Wasser vollständig mittheilt. Auch im kalten Wasser löst sich dieser Schleim zum Theil aus der Wurzel, wenn sie pulverisirt oder ganz klein zerschnitten mit demselben in Berührung kommt. — Die Wirkung der Eibischwurzel ist ganz übereinstimmend mit der Wirkung der schleimigen Mittel überhaupt. Sie nährt sehr wenig, und steht in dieser Wirkung dem Lein­saamen nach; daher ist ihre Anwendung bei Entzündungs­krankheiten nicht nachtheilig, wie manche Thierärzte dies glauben. Man kann sie als einhüllendes, erschlaffendes, reiz- und schmerzmilderndes Mittel überall benutzen, wo die schleimigen Mittel überhaupt angezeigt und nützlich sind. — Die Anwendung geschieht im Dekokt, innerlich als Einguls oder Einspritzung und als Klystier, aulserlich als Waschung, auch als Augenwasscr. Das Dekokt wird bereitet, indem mau 1 Theil von der pulv. oder klein zerschnittenen Wurzel mit 20 bis 30 Theilen Wassers bis auf die Hälfte einkochen, — oder, bei grofser Eile, 1 Th. des Pulvers mit 12 bis 20 Th. Wassers nur durch einige Minuten tüchtig schütteln läfst. Die Gabe des De-kokts ist wie bei dem Leinsaamenschleim. Nach Erfor­dern der Umstände wird es mit andern Mitteln versetzt, und oft dient J2a nur zur Einhüllung derselben, z. B. des Therpentinöls, des stinkenden Thieröls, des Camphers, der Säuren, der Metallsalze u. dgl. Von den letztern zersetzt der Althäeschleim mehrere, jedoch in einem et-
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was geringeren Grade als Quittenschleim und arab. Gummi, und er hat daher zuweilen vor diesen den Vorzug, wenn man Metallsalze mit schleimigen Mitteln verbunden, in Anwendung bringen will, wie z. B. den Bleizucker bei Augenentzündungeu, bei schmerzhaften Gallen u. s. w. Mit den Gummiharzen verbindet sich der Altheeschleirn durch Reiben recht gut, und kann daher bei der Berei­tung der Emulsionen ans diesen Mitteln das arab. Gummi und das Eigelb ersetzen.
Aufserdem benutzt man die pulverisirte Altheewurzel als ein zweckmäfsiges Bindemittel für andere Arzneisub-stanzen bei der Bereitung der Latwergen und Pillen. Sie hat vor den sonst hierzu gebräuchlichen süfsen Säften (dem Honig, Syrup u. a.) den Vorzug, dafs sie wohlfei­ler ist, besser bindet und dafs die Latwergen nicht so leicht in Gährung und Verderbnils übergehen, als wenn sie mit diesen Mitteln bereitet sind. Auch vor dem Mehl verdient sie in dieser Hinsicht fast allgemein (aber nicht zum Binden des Chlorkalkes in Latwergen und Pillen) den Vorzug, weil dasselbe immer schmierige Latwergen macht, die sich nicht gut eingeben lassen, und die leicht in Gährung übergehen. Dagegen habe icli oft bemerkt, dafs Pillen, welche mit vielem Althecwurzelpulver bereitet sind, sich im Magen sehr langsam und unvollständig auf­losen. Man darf daher bei ihnen und bei Latwergen nur so viel von diesem Pulver nehmen, als eben zur Bindung nöthig ist, nämlich nur etwa 1 bis H Unze zu 1 Pfund anderer Pulver, oder 2 bis 3 Unzen, wenn Salze in gan­zen Pfunden zu Latwergen oder Pillen genommen werden.
B) Das Eibisch- oder Altheekraut enthält einen ähnlichen Schleim wie die Wurzel, jedoch in einer viel geringern Menge. Man kann es wie die letztere und wie alle schleimige Mittel anwenden; benutzt es aber mehren-theils nur äufserlich, mit Wasser gekocht zu Breiumschlä­gen, oder das blofse Dekckt zu Waschungen, zu Klystie-ren und andern Einspritzungen. Oft wird es mit Lein-saamenmehl, mit Leinkuchen, oder auch mit Bilsenkraut
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u. s. w. angewendet. Diese Breiumschläge haben vor de­nen, die aus Leinsamen oder Leinkuchen allein bestehen, den Vorzug, dafs sie bei gleichem Umfange der Masse viel leichter sind und defshalb weniger belästigen. — Das Altheekraut ist durch das wohlfeilere Malvcnkraut völlig zu ersetzen, und die Althee-Blumen sind ganz entbehr­lich. — Als Präparat bestand ehemals die Altheesalbe (JJnguentum Altkacae) ein Gemenge aus dickem Althee-, Leinsaamen- und Bockshornsaamenschleim (zus. 2 Quart), ungesalz. Butter 5 Pfund, Wachs giv und Curkumawur-zel 5). Sie wirkte im frischem Zustande erschlaffend, wie einfaches Fett, wurde aber bald ranzig, ist defshalb in den neuem Pharmakopöen weggelassen und dafür das Uvg. flamm (jetzt Ung. Eesinae Bird Burgundicae) an die Stelle gesetzt. Diese Harzsalben haben aber mit der Al­theesalbe I eine Aehnlichkeit und ihre Wirkung ist viel reizender. Siehe IVtc Klasse, Burgunderharz.
9. Schwarzwurzel. Radix Consolidae majoris s. Rad. Symphiti,
sect;. 1G0. Sie enthält noch mehr Schleim als die Altheewurzel (nämlich | ihres Gewichts); derselbe ist aber mit etwas Ei weis, Zucker und zusammenziehendem Prinzip verbun­den, und die Wurzel reihet sich defshalb auch in ihren Wirkungen den schleimig-adstringiiendcn Mitteln am. Sie ist namentlich einhüllend, reizmildernd, gelind nährend, zusammenziehend und stärkend. Durch die beiden letz­tern Eigenschaften unterscheidet sie sich von der Althee­wurzel, dem Leinsaamen und den meisten übrigen schlei­migen Mitteln (mit Ausnahme einiger Malvenarten). Ihre Anwendung ist bei denselben Krankheiten zu empfehlen, wo die schleimigen Mittel überhaupt gebraucht werden; doch pafst sie nicht bei ächten, sthenischen Entzündun­gen, und besonders nicht bei Entzündungskoliken; — we­nigstens verdienen hierbei die rein schleimigen Mittel den Vorzug. Dagegen ist sie bei asthenischen schmerzhaften
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Entzündungen, bei dergl. Blutharnen, besonders in den ersten Stadien und bei heftigem, ruhrartigem Durchfall ein ganz vortreffliches Mittel, welches sich eben so sehr durch seine Wirksamkeit, wie durch seine Wohlfeilheit und dafs es fast überall zu haben ist, zum thierärztlichen Gebrauch empfiehlt.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder 1 bis 2 Unzen, für Schafe, Ziegen und Schweine ^ bis 1 Unze, für Kat­zen und Hunde ~ bis 2 Drachmen, alle Stunden, oder bei weniger dringenden Zufallen alle 2 bis 3 Stunden wiederholt.
Man wendet sie in Abkochungen an, die man aus 1 Thcil Schwarzwurzel und 10 bis 15 Theilen Wasser, bis zur Hälfte eingekocht, bereitet, und nach Erfordern der Umstände noch mit andern passenden Mitteln, z. B. bei Durchfällen und gleichzeitigen krampfhaften Schmer­zen im Darmkanal mit Chamillen, mit Opium u. dgl. ver­setzt. Schafe sollen das Dekokt freiwillig und gern saufen.
Aeufserlich wirkt die gepulverte Wurzel bei Blutun­gen aus kleinen Gefäfsen blutstillend, theils indem es die Bildung einer Kruste befördert, theils indem es in den Gefäfsen und Fasern die Zusammenziehung gelind ver­mehrt. — Das Dekokt wirkt bei Quetschungen zerthei-lend und schmerzstillend; es mindert in Wunden und Geschwüren die zu sehr erhöhete Reizbarkeit und dadurch auch die Neigung zum Jucken; es bessert und vermindert die zu reichliche und zu dünne Eiterung, verdichtet et­was die Granulation und befördert somit die Heilunsr. Die Wurzel wurde defshalb in frühem Zeiten als eins der wichtigsten Wundheilmittel betrachtet und sehr häu­fig gebraucht *).
Auch kann man die Schwarzwurzel wie die Althee-
') Man schrieb ihr ehedem fast wunderbar heilende und ver­narbende. Kralle zu, und eitheille ihr davon aucii im Lateinischen den Namen Consolida und im Deutschen den Namen 15 ein well.
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wurzel als Bindemittel bei der Bereitung der Latwergen und Pillen benutzen.
10. Klcttenwurzel. Radix Bardanae.
sect;. 161.
Der Schleim ist in dieser Wurzel in geringerer Menge als in der vorigen, und zugleich mit Stärkemehl und mit etwas bitterm Harze enthalten. Sie wirkt auf die Yer-dauungseingeweide kaum bemerkbar, weder so erschlaffend wie die übrigen schleimigen Mittel, nocli reizend; dage­gen äufsert sie auf die Nieren eine erregende Wirkung und vermehrt die Urinabsonderung, jedoch auf eine viel mildere Weise als die harzigen und scharfen Mittel. Die alten Thierärzte wendeten sie innerlich bei Hautkrank­heiten, namentlich bei Flechten und beim Jucken der Haut, eben so bei Steinbeschwerden und bei Catarrh und Husten der sämmtlichen Hausthierc an; jetzt ist sie aber fast ganz aus dem Gebrauch gekommen und wird nur noch äufseiiich zum Waschen bei Flechten, bei juckender Haut und beim Ausgehen der Haare, daher besonders bei dem sogenannten Rattenschweif der Pferde benutzt, um das Wachsen der neuen Haare zu befördern.
Die Gabe ist zur innern Anwendung wie bei der Schwarzwurzel.
Man benutzt sie innerlich und äufserlich am besten in einer Abkochung, die man aus 1 Theil Wurzel und 12 Theilen Wasser oder Bier, bis zur Hälfte eingekocht, bereitet.
Die frischen Klettenblätter und der aus ihnen und aus der Wurzel geprefste Saft, besitzen ähnliche Kräfte und werden hin und wieder von den Landleuten bei Verbrennungen, bei Verwundungen und Geschwüren mit gutem Erfolge äufserlich angewendet.
11. Mal von kraut. Herba ßlalvae.
sect;. 162.
Die verschiedenen Malven enthalten in der ganzen
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Pflanze, vorzüglich aber in den Blättern, eine ziemliche Menge Schleim, der aber in einigen Arten mit etwas zu­sammenziehendem Stoff verbunden ist. — Die Wirkun­gen des Malvenkrautes sind denen des Altheekrautes fast gleich; nähern sich aber denen der Schwarzwurzel etwas. — Man kann es daher ganz wie das Altheekraut bei Augen­entzündungen, bei Bräune, Catarrh, Lungenentzündimg, Magen- und Darmentzündung, Diarrhöe, bei schmerzhaften Quetschungen, bei dergl. Gallen, bei eben solcher Mauke u. s. w. benutzen; es hat aber vor diesem noch den Vor­zug, dafs es überall wildwachsend, leicht zu haben und viel wohlfeiler ist. Es eignet sich defehalb auch beson­ders zum äufserlichen Gebrauch, wo es theils als Dekokt zu Waschungen, wannen Bähungen, Einspritzungen, theils als Brei zu Umschlägen verwendet wird.
Die Gabe und Verbindung ist gleichfalls wie bei dem Altheekraut.
Die Malvenblumen sind gänzlich zu entbehren.
12. Wollkraut (und Blumen). Herha etßores verbasci.
sect;- 163.
Die Blätter des Wollkrauts besitzen ziemlich reinen Schleim, die Blüthen etwas fettes Ocl und Schleimzucker.
a) Die erstem können als ein sehr wohlfeiles Ersatz­mittel für Leinsaamen, Altheekraut u. s. w., besonders zum äufserlichen Gebrauch dienen, wo sie im Dekokt oder als Breiumschlag angewendet werden. Die Gabe und Verbindung mit andern Mitteln ist wie bei dem Al­theekraut.
6) Die Wollkrautblumen wirken gelind erregend auf die Schleimhaut der Respirationsorgane, und befördern daselbst die Absonderungen. Sie sind gegen Catarrh und Husten, jedoch vorzüglich nur bei kleinen Haus-thieren und nur als wohlfeiles Hausmittel in Anwendung zu bringen, übrigens aber zu entbehren. — Man giebt für Katzen und Hunde \ bis 1 Drachme, mit 8 Theilen
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heifsen Wassers infundirt und gut durchgeseihet, taglich vier bis sechsmal.
13. RindeTinist. Stercus bourn ant caccarum.
sect;• 164. Im frischen Rindermist ist aufser andern Ueberresten des genossenen Futters, auch eine Menge Pflanzenschlcim und zugleich thierischer Schleim aus dem Darmkanal ent­halten. Er wirkt sehr erweichend und kann zum äufser-lichen Gebrauch überall angewendet werden, wo Brei­umschläge von schleimigen Mitteln nöthig sind. Auf dem Lande ist er als ein sehr wohlfeiles Heilmittel leicht zu haben, und diefs empfiehlt ihn noch mehr. Doch wird er fast nur allein zu Umschlägen auf Hüfc und Klauen, bei Quetschungen und Entzündungen, wie auch bei zu grofser Trockenheit und Sprödigkeit derselben, und bei zu geringem Wachsthum des Horns angewendet. Er er­weicht hier das Horn, mindert die Reizung und Entzün­dung und trägt auch zur Beförderung der Eiterung bei. — Man wendet ihn zuweilen mit dünnem Lehmbrei gemengt, an. Er hat vor dem blofsen Lehm den Vorzug, dafs er länger feucht bleibt, mehr wirklich erweicht, und sich nicht in so harte Ballen unter der Sohle zusammenballt, wie jener. Er mufs gewöhnlich durch längere Zeit fort­gesetzt, aber täglich mit frischem gewechselt und oft mit kaltem Wasser begossen werden.
Dritte Abtheilunfj.
Mclil- und Stärkemclillialtige Mittel. Medic, farinosa et amylacea.
sect;. 165.
Das Mehl iFarinä) findet sich als ein natürlicher Be-standtheil in den Saamen der Getreidearten, in vielen Hül­senfrüchten und in manchen Wurzeln und Knollen. Es be­steht im Wesentlichen aus Stärkemehl oder Kraftmehl und Kleber in verschiedenem Verhältnifs, und nebenbei aus Pflanzeneiweifs, Schleim, Zucker und Extraktivstoffe.
a) Dalaquo;
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a) Das gemeine Stärkemehl iAmylum), aus Wal­zen, Gerste, Kartoffeln u. s. w. durch Erweichen, Kneten und Auswaschen dieser Materiahen gewonnen und von dem Kleber geschieden, besteht aus kleinen Körnchen, die im trockenen Zustande ein weifses Pulver darstellen. Es ist in kaltem Wasser wenig auflöslich, die Lösung ist klar; mit wenig Wasser bildet es einen zähen, schleimi­gen Kleister und beim Kochen eine schleimige Flüssig­keit; welche nach dem Erkalten zu einem gallertartigen Kleister wird. Durch verdünnte Schwefelsäure wird es nach kurzer Zeit in eine gummiähnliche Substanz, Dex­trin, und bei längerer Einwirkung in Stärkezucker umge­wandelt; übrigens geben verdünnte Säuren mit Stärkemehl eine dünne Flüssigkeit, keinen Kleister. Conzentr. Säu­ren verhalten sich dagegen sehr verschieden, — was aber für unsern Zweck ohne Bedeutung ist. Aetz-Kali-Lauge wirkt auf Stärkemehl wie heifses Wasser; Kalk, Baryt, Bleioxyd geben mit ihm unlösliche Verbindungen. Auf die meisten Metallsalze verhält sich Stärkemehl indiffe­rent. Durch Jod in gröfserer Menge wird es schwarz­blau, in geringerer Menge aber violet gefärbt, und Gall-äpfeltinctur macht aus Stärkeabkochung einen blai'sgelben Niederschlag. Alkohol, Aether, ätherische und fette Oele haben keine Wirkung auf das Stärkemmehl.
Bei der Anwendung auf den Thierkörper wirkt das reine Stärkemehl innerlich als ein mildes, leicht verdau­liches Nahrungsmittel. Es wird hierbei durch den Ver-dauungsprozefs höchst wahrscheinlich in Gummi (Dex­trin) und Zucker umgeändert*)- Oertlich wirkt es, mit Wasser in Verbindung erschlaffend, reizmildernd, wie die schleimigen Mittel; als Pulver wirkt es gelind austrock­nend ohne zu reizen. Man benutzt es als ernährendes Mittel bei schon etwas geschwächter Verdauungskraft, wo es nicht so leicht die Beschwerden wie das Mehl erregt;
*) Tiedemann und Gmelin, die Vcrdanans; nach Versuchen. Heidelberg 1826. S. 180 u. f.
Hcrtwig Arxneirmttellefare.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;13
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namentlich giebt man es bei dem Starrkrampf, bei Läh­mungen, bei erschöpfenden Durchfällen u. s. w., entwe­der mit 12 bis 16 Theilen Wasser abgerührt, oder mit 20 bis 25 Theilen desselben gekocht, als Eingufs oder als Klystier, oder auch in Latwergen und als Bissen. — Als Arzneimittel benutzt man es innerlich und äufserlich wegen seiner einhüllenden u. a. Wirkungen bei Entzün­dungen, Maulweh (sect;. 144. c), Anätzungen u. dgl. statt der schleimigen Mittel, denen es aber bei Vergiftungen mit Metailsalzen nachsteht, weil es dieselben nicht zersetzt oder unlöslich macht. Dennoch ist es gegen Sublimat­vergiftungen empfohlen. — Die Gabe ist für Pferde und Rinder 2 bis 4 Unzen, für Schafe, Ziegen und Schweine l bis 2 Unzen, für Hunde | bis \ Unze täglich 6 bis 8 mal. Zu Klystieren nimmt man für die grofsen Thiero \ bis 1 ganze Unze, für die kleinen Thiere i bis 2 Drach­men. Es wird auch als Bindemittel für andere Arznei­stoffe bei der Bereitung der Pillen und Latwergen, und zum Ausfüllen der Kastrirkluppen, oder vielmehr zur Auf­nahme des, in die Rinne derselben gebrachten Aetzmittels benutzt.
ö) Der Kleber (Gluten vegetabile') wird durch Aus­waschen des Mehls der Getraidearten u. s. w. als Rück­stand gewonnen, ist eine zähe, stark klebende Masse, löst sich in kaltem Wasser sehr wenig auf, fault leicht und verhält sich dann dem faulen Käse ähnlich; auf meh­rere Metallsalze wirkt er zersetzend; mit Stärkemeld und Wasser gemengt bildet er bei mittlerer Temperatur der Luft Dextrin und Zucker. Er ist ist daher in dem ge­wöhnlichen Mehl ein sehr nährender Bestandtheil, wird aber für sich allein nicht benutzt.
sect;. 166.
Das Mehl wirkt seinen Bestandtheilen entsprechend. Es wird bei innerlicher Anwendung von allen Thieren verdauet und nährt viel reichlicher und intensiv kräftiger als der Schleim. Die mehligen Mittel gehören defshalb zu den wichtigsten Nahrungsmitteln, besonders für pflan-
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zenfressende Thiere; aber auch die Fleischfresser können dabei gut bestehen, und zwar, wie es scheint, um so mehr, je reicher diese Mittel an Kleber sind, da dieser sich in mehrfacher Hinsicht der thierischen Gallerte ähn­lich zeigt. Doch verlangen die mehligen Mittel immer noch wenigstens einen mäfsigen Grad von Verdauungs­kraft; denn wo diese zu sehr gesunken ist, gehen sie im Magen und Darmkanal leicht in saure Gährung über, er­zeugen Säure, Blähungen und Ycrschleimung, verursachen Krämpfe und Koliken und befördern die Erzeugung der Würmer. Diese nachtheiligen Wirkungen entstehen beson­ders dann, wenn bei schwacher Verdauung die mehligen Mittel zu reichlich und zu anhaltend, olme gehörige Bei­mischung anderer Nahrungsmittel gegeben werden. — Oertlich zeigen sie die im Allgemeinen (sect;. 12.9) angege­bene einhüllende, abspannende und reizmildernde Wir­kung der indifferenten Mittel, stehen aber darin den schleimigen Mitteln nach. — Auf mehrere Metallsalze, namentlich auf Quecksilber-Sublimat und Kupfersalze wir­ken diese Mittel zersetzend, und gehen mit ihnen schwer lösliche Verbindungen ein. Sie zeigen diese Wirkung um so mehr, je reicher sie an Kleber sind.
Die mehligen Mittel sind in Krankheiten, wo all­gemeine Schwäche und Abmagerung besteht und be­sonders, wenn diese Zustände durch vorausgegangenen Nahrungsmangel, durch übermäfsige Anstrengung, durch Säfteverlust, durch Fieber u. s. w. entstanden sind. Da­gegen darf man sie nicht anwenden, wenn der Bil-dungsprozefs stärker als im normalen Zustande hervor­tritt; daher nicht bei Entzündungen und bei Fiebern mit sthenischem Charakter. — Wo Schwäche und Tor-pidität, oder entgegengesetzt, ein hoher Grad von Reiz­barkeit im Magen und Darmkanal zugegen ist, dür-fen sie nur vorsichtig angewendet werden. — Ihrer ört­lichen Wirkung wegen benutzt man diese Mittel innerlich bei Vergiftungen durch scharfe, besonders durch metalli­sche Substanzen, bei Durchfällen, bei der Harnruhr und
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bei dem asthenischen Blutharnen; äufserlich bei Entzün­dungen und Exkoriationen, um einzuhüllen und zu er­schlaffen, oder auch um die Eiterung zu befördern.
Auch dient das Mehl als Bindemittel und zur Ein­hüllung anderer Medikamente, ist jedoch nicht für alle Fälle passend; denn es macht mehrentheils die Latwergen etwas kleisterig, so dafs sie sich nicht so gut eingeben lassen, -wie die mit Altheewurzelpulver bereiteten; es be­fördert die Gährung und dadurch das Verderben der Arzneien, und macht viele Metallsalze zum Theil oder ganz unwirksam.
1. W a i z e n. Triticum.
sect;. 167. Der Waizen enthält ein sehr feines, weifses Mehl, welches an Stärkemehl (50 — 75 p. C.) und an Kleber (11 — 38 p.C.) reicher ist, als das aus allen übrigen Ge­treidearten und welches am meisten nährt, aber auch leicht säuert und schwer auflöslich ist. Als Nahrungs­mittel wird der Waizen nicht häufig benutzt, weil er im Allgemeinen zu theuer und aufserdem für Pferde et­was schwer verdaulich ist. Beides gilt auch von dem Waizenmehle {Farina tritici). Man giebt dasselbe kran­ken, sehr schwachen Thieren unter den im sect;. 166 be­zeichneten Umständen, (Pferden und Rindern gegen l — 3 Pfund, Schafen, Ziegen und Schweinen \—1^ Pfund, Hun­den, nach ihrer Gröfse ^ij —Jvj pro Tag) gewöhnlich mit Wasser zusammengerührt als Mehltrank, welchen sie gern laquo;aufen, der aber in reinen Gefäfsen recht oft erneuert werden mufs, weil er bald sauer und stinkend wird. Als Heilmittel wendet man dünnflüssige Mehltränke, als sog. Maulwasser bei dem Maulweh an, und zwar bei heftigen Schmerzen rein oder mit Milch oder Sahne gemengt, spä­ter, und bei üHem Geruch aus dem Maule, mit Zusatz von etwas Essig oder Salzsäure, Kochsalz oder Salmiak. — Als Bindemittel benutzt gilt das, hierüber vom Mehl im Allgemeinen Angegebene (sect;. 166.) — Das über dem
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Feuer braun geröstete Mehl enthält empyreuraatische Be-standtheile und wirkt zugleich gelind reizend. Es ist bei Eingeweidewürmern empfohlen. — Das Waizenmalz wirkt fast ähnlich, ist aber durch seinen Gehalt an Zuk-ker und Gummi noch mehr auflöslich und leichter ver­daulich. Es kann bei grofser Schwäche, bei Cachexie, Diarrhöe u. dgl. Zuständen nützlich sein. Gabe, wie vom Mehl.
Das Waizen-Stärkemehl verhält sich wie das Stärkemehl überhaupt. — Das Waizenbrod ist mehr nährend und leichter verdaulich als das Waizenmehl, da dasselbe durch die Brotgährung und durch das Backen bedeutend umgewandelt ist; es wird aber, des Preises wegen, nur für kleine Hausthiere, denen man einen ein­gebildeten Werth beilegt, als Nahrungsmittel benutzt. Aeufserlich ist es, mit Wasser oder Milch zu einem Brei gekocht, als ein erweichender, schmerzmildernder Um­schlag zu gebrauchen. — Die Waizenkleie {Furfur tri-tici) enthält die bei dem Mahlen der Waizenkörner von dem Mehl getrennten Hülsen derselben, in Verbindung mit Kleber und mit noch einer geringen Menge Mehl. Sie ist ziemlich leicht verdaulich, nährt aber für sich al­lein nur wenig, erschlafft die Verdauungseingeweide, ver­ursacht bei Pferden, die an ihren Genufs nicht gewöhnt sind, in der ersten Zeit einen mehr weich und looker ab­gehenden Koth, zuweilen selbst Laxiren, Und reichlich gefüttert veranlafst sie oft Unverdaulichkeit und Kolik. Pferde und Rinder werden zwar bei starker Kleifütterung und bei weniger Arbeit, gewöhnlich recht wohlbeleibt und ansehnlich; sie haben aber dabei schlaffe Fasern und sehr lockeres aufgedunsenes Zellgewebe, und ermatten, und schwitzen viel leichter als bei Kornerftitter. Die Wirkung der Kleie als Nahrungsmittel ist daher der Wirkung der schleimigen Mittel sehr ähnlich. — Sie ist wegen ihres geringen Nahrungsgehaltes bei Entzündungskrankheiten, und wenn das Kauen und Schlucken des Körnerfutters und des Heues erschwert ist, wie z. B. bei Druse, bei
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Halsentzündung, bei schmerzhaftem Husten, bei Verwun­dungen im Maule, auch bei Hartleibigkeit u. dgl. anzu­wenden. — Alan giebt sie am besten rein, mit etwas Wasser angefeuchtet zum Futter; oder in Wasser einge­rührt als Getränk (Kleitrank). — Beides mufs, beson­ders im Sommer, oft erneuert werden, weil es leicht sauer wird. — Mit Wasser gekocht und durchgeseihet giebt die Kleie eine schleimige Flüssigkeit, die recht gut zu Klystieren zu benutzen ist, und mit warmen Wasser zum Brei gemacht, ist sie zu erweichenden Umschlagen, be­sonders am Hufe sehr brauchbar und ihrer AVohlfeilheit wegen dem Altheekraut, Leinsaamen u. s. w. -vorzuziehen.
2. Ger s i e. Hordeum.
sect;. 168.
Die Gerste enthält nach Einhof 67 pr. C. Stärke­mehl und Kleber, nach Proust 87 pr. C. Stärkemehl und Gerstestoff (Ilordcbi) in so inniger Verbindung, dafs diese Stoffe auf die gewöhnliche Weise durch folofses Wasser nicht von einander zu scheiden sind. Unter ge­eigneten Umständen wandelt sich ein grofser Theil dieser Stoffe in Dextrin und Zucker um; sie ist daher wohl stark nährend, aber schwer verdaulich, und da sie in Verbindung mit Feuchtigkeit leicht und schnell in saure Gährung übergeht ^ so erzeugt sie die bei den mehligen Mitteln im Allgemeinen und bei der Waizenkleie angege­benen Verdauungsfehler sehr leicht. Sie pafst daher als Nahrungsmittel nur für solche Pferde, die gesunde und kräftige Verdauungsorgane besitzen. Dennoch wird sie als Pferdefutter in manchen Gegenden sehr häufig und im Orient fast allgemein benutzt, und auch in manchen Gestüten den edlen Hengsten, besonders während und nach der Beschälzeit gegeben. Nach Waldinger's An­gabe l) benutzen sie die Pferdehändler, um ihre Pferde bald dickleibig zu machen; sie nehmen Gerstenschrot, be-
'} Nalirungs- und Hrilmitlcllehre S. 83.
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arbeiten dasselbe mit vielem Wasser, seihen dann nach einer halben Stunde das Flüssige ab und geben es als Trank, das übrige Gröbere aber mit Häcksel gemengt zum Futter. Solche Pferde lallen dann beim Haferfutter wieder ab, misten im Amfange weich, schwitzen und er­matten sehr leicht. Füllen erhalten Anlage zu Einge­weidewürmern, und Waldinger glaubte auch, dafs die deutschen Pferde von der Fütterung mit gequellter Gerste ihre grofse Anlage zum Dummkoller bekommen. Dem Rindvieh, den Schafen und Schweinen gereicht dagegen die Fütterung mit gequellter oder mit geschrotener Gerste, und der daraus bereitete Trank bei und nach asthenischen Krankheiten zu einem der besten Nahrungs- und Stär­kungsmittel, welches auch zum Mästen für sie mit Nutzen gebraucht wird. Ein schleimiges und sehr nährendes Ge­tränk bereitet man auch, indem man 2 Hände voll Gerste mit 2 bis 3 Quart Wasser Kocht und dann die Flüssig­keit abseihet. — Als Heilmittel wird die Gerste nur zu Dampf- oder Dunstbädern bei catarrhalischen Krankheiten (bei Druse, Strengel, Bräune und Luugencatarrh) in der Periode der entzündlichen Reizung benutzt, um die Trok-kenheit und Spannung der Schleimhaut zu mindern und die Absonderung des Schleims zu befördern. Man kocht sie für diesen Zweck mit Wasser bis die Körner auf­platzen, läfst die Flüssigkeit etwas abkühlen und dann ihren mäfsig warmen Dunst einathmen, indem man gleich­zeitig den Kopf und Hals der Thiere von oben her mit einer Decke bedeckt. Die so bereiteten Dämpfe enthalten aber keinen aufgelösten Schleim, wie mau sonst irrthüm-lich glaubte, sondern sie wirken allein durch Feuchtigkeit und Wärme. — Gerstenmehl besitzt die Eigenschaf­ten der Gerste und ist wie das Waizenmehl zu benutzen. •— Gerstenmalz {Maltum liordei) enthält viel, durch den Keiniungsprozefs gebildeten Zucker und Dextrin; es ist leichter verdaulich, daher noch mehr nährend als die rohe Gerste, scheint aber im braunen Zustande etwas mehr erregend zu sein als die Letztere und als das Wai-
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zeninalz. Man giebt es als Nahrungsmittel schwachen Pferden und Rindern zu l Pfund, täglich 3—4mal. Bei Durchfällen, die nicht mit verstärkter Reizbarkeit ver­bunden sind, mindert es die Entleerungen, besonders wenn es braun geröstet ist. So ist es auch bei der Fäule und bei den Lungenwürmern der Schafe, wenn das Uebel noch nicht zu weit gediehen ist, ganz vorzüglich wirk­sam. Für 50 Schafe läfst man 3 Scheffel braun geröste tes Malz in 60 Quart Wasser bis zum Weichwerden ko­chen, setzt dann 2 Pfund Wachholderbeerenpulver und 2 Loth Eisenvitriol hinzu, und giebt das Ganze nach dem Erkalten zum Getränk. — Das Bier {Cenvisia), durch das Brauen aus dem Malze der verschiedenen Ge­treidearten, vorzüglich aber aus dem Gerstenmalz berei­tet, enthält nährende Bestandtheile in Verbindung mit etwas Spiritus, und gewöhnlich auch mit bittern, aroma­tischen Stoffen. Es wirkt nährend und stärkend und kann entkräfteten Thieren, z. B. zur Zeit der Geburt, wenn die Wehen zu schwach sind, und in ähnlichen Fällen ge­geben werden. Man kocht es mit Brot und setzt nach Bedürfnifs der Umstände aromatische Mittel, Branntwein oder Wein hinzu. — Bierhefen, siehe Kohlensäure, IX. Klasse. — Die nach dem Brauen zurückbleibenden Trebern oder die Seihe geben für Kühe, Schweine, Schafe und Geflügel ein brauchbares, der Kleie ähnliches Futter, welches aber sehr leicht säuert.
3. Roggen. Seeale.
%. 169.
Der Roggen (das Korn) enthält nach Ein ho f, an Stärkemehl 61, und an Kleber gegen 10 pr. C; aufserdem eine Quantität Gummi in Verbindung mit dem Kleber, durch welches derselbe äuflöslich in Wasser wird. Der Roggen säuert unter allen Getreidearten am schnellsten und ist für Pflanzenfresser verhältnifsmäfsig auch am schwersten zu verdauen. — Er nährt sehr stark, ist aber als Nahrungsmittel wieder nur für solche gesunde Pferde,
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welche kräftig verdauen und die schwere Arbeit verrich­ten müssen, geeignet; dabei mufs er aber vor dem Füt­tern etwa eine halbe Stunde in reines Wasser eingeweicht, oder wenigstens bei dem Füttern gut angefeuchtet werden; auch müssen die Thiere erst allmählig an seinen Genufs gewöhnt werden, und nach dem Abfüttern die zur Ver­dauung nöthige Ruhe erhalten. Am besten reicht man ihn mit anderm Futter, z. B. Hafer, Häcksel u. dgl. ge­mengt. Ohne Beachtung dieser Vorsichtsmaafsregeln, oder zu reichlich gegeben, verursacht er leichter als die übri­gen Körnerarten UnVerdaulichkeit, heftige Koliken (bei dem Rindvieh und den Schafen Aufblähung), Anlage zum Koller, zur periodischen Augenentzündung und zum Er­blinden. Bei Pferden, die an seinen Genufs nicht ge­wöhnt sind, bewirkt er oft heftigen akuten Rheumatismus und bösartige Hufentzündung (das sogenannte Verfut­tern oder Verschlagen). Alle diese üblen Folgen entstehen besonders leicht durch frischen (d. h. erst ge-erndteten) Roggen, mit dem man kaum vorsichtig genug sein kann. — Der geschrotene Roggen und das Roggenmehl sind als Nahrungsmittel fast ganz dem Roggen gleich, aber etwas leichter verdaulich; bei Krank­heiten mit grofser Schwäche sind sie so zu benutzen, wie Gerstenschrot und wie Waizenmehl. Mit Wasser zur Suppe gekocht wird beides noch mehr verdaulich. Aeufser-lich wendet man das Mehl, mit Wasser, Bier oder Honig zum Brei gemacht, mit Butter u, dgl. gemengt und mäfsig erwärmt, als Ueberschlag auf Verhärtungen und Entzün­dungsgeschwülste an, um sie zur Zertheilung oder die letztern auch zur Eiterung zu bringen. Aufserdem be­nutzt man es wie das Waizenmehl zu den sogenannten Maulwässern. — Der Sauerteig (Fermentum) d. i. der in saure Gährung übergegangene Teig, wirkt innerlich kühlend und erfrischend, äufserlich bei längerer Berüh­rung der unbehaarten Haut aber gelind reizend. Man rührt ihn mit vielem Wasser ab und giebt ihn so als Getränk, bei entzündlichen Fiebern mit astheu. Charakter,
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besonders im Sommer bei dem Milzbrande, bei der Lun­genseuche u. dgl.; äufserlich laquo;benutzt man ihn zu reizenden Breiumschlägen, besonders als ein schickliches Vehikel fur das Senfsaamenpulver bei der Bereitung des Senftei­ges oder sogenannten Senfpflasters. — Das Roggen­brot ist weit nahrhafter und viel leichter verdaulich als der Roggen selbst, und kann daher bei grofser Schwäche und Ermattung so wie dieser, aber mit noch gröfserem Nutzen gegeben werden. Zu reichlich oder im verdorbe­nen Zustande gefuttert, bewirkt es jedoch dieselben Nach­theile wie der Roggen selbst. Für kleine Hausthiere ver­dient das Waizenbrot den Vorzug. Mit Wasser oder Milch zum Brei gekocht, dient es als ein erweichendes, die Eiterung beförderndes Mittel. — Die Roggenkleie wird für etwas nahrhafter gehalten als die Waizenklcie, hat aber übrigens dieselben Eigenschaften wie diese und ist auch wie sie zu benutzen. — (B r a n n t w e i n s s c h 1 e m p e siehe bei den Spirituosen Mitteln, V. Klasse, und das Mutterkorn bei den narkotischen Mitteln, VU.Klasse).
4. Hafer. Avena.
sect;• 170.
Der Hafer besitzt weniger Stärkemehl (in 100 Th. Hafermehl nur 59 Th.) als der Waizen und Roggen, und mehrentheils auch weniger als die Gerste; Kleber ent­hält er (nach Vogel's Untersuchung) nur gegen 4 pr. C; dabei auch etwas Schleimzucker, Eiweifs und einen ge­würzhaften Stoff, der im Geruch der Vanille ähnlicli ist. Hieraus läfst sich schon entnehmen, dafs er weniger stark nährt als die übrigen Getreidearten; dafür ist er aber auch leichter verdaulich, säuert später und blähet weniger als diese. Aus diesen Gründen und der Erfahrung zufolge, ist der Hafer für Pferde das geeignetste Körnerfutter, bei dem sie am besten gedeihen und am wenigsten den bei der Fütterung mit Waizen, Gerste und Roggen so leicht entstehenden Verdauungsbeschwerden u. s. w. ausgesetzt sind. Bei kranken Pferden, denen Kbrnerfutter zur Star-
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kung nützlich ist, verdient defshalb der Hafer den Vor­zug vor allem andern, besonders wo Schwäche der Ver­dauungseingeweide besteht. Auch für die übrigen pflan­zenfressenden Thiere ist er ein recht gesundes Nahrungs­mittel. Doch kann er auch, wenn er zu reichlich oder unvorsichtig, besonders solchen Pferden gegeben wird, die an seinen Genufs nicht gewöhnt oder die zu sehr er­hitzt sind, ähnliche Nachtheile erzeugen wie der Roggen. Wenn er dumpfig oder schimmelig ist, verursacht er bei Pferden leicht Husten und Kurzathmigkeit (Dämpfigkeit), sehr oft aber Harnruhr, zuweilen auch Rotz und Wurm. — Den braun gerösteten Hafer {Avena tosta) giebt man mit Nutzen gegen den Durchfall der Pferde (besonders der Füllen), Schafe, Ziegen und Schweine, wenn derselbe in Schwäche und Reizlosigkeit der Verdauungseingeweide begründet ist. Noch wirksamer ist hierbei dies Mittel, wenn man es mit braun gerösteten Linsen i\ bis die Hälfte) * gemengt giebt. — Hafergrütze CAvena decorticata s. exorticafa') wird in Abkochungen mit Wasser (1 Unze Hafergrütze zu 4 Pfund) oder Milch oder Fleischbrühe als nährendes, leicht verdauliches und sehr mildes Mittel, besonders für Hunde, bei grofser allgemeiner Schwäche, bei krankhafter Reizbarkeit des Verdauungskanals, bei Durchfall u. s. w. mit gutem Erfolge innerlich angewen­det, oder als Vehikel für andere Arzneimittel benutzt. Die durchgeseihete Flüssigkeit von diesen Abkochungen wird zu nährenden, oder zu rcizmildernden, schleimigen Klystieren, zu Bähungen u. dgl. wie die schleimigen Mit­tel gebraucht. Doch ist der Hafergrützschleim keines­wegs dem reinen Schleim von Althee, von Leinsaameu u, s. w. gleich, sondern durch seinen weit gröfsern Nah­rangsgehalt von diesem sehr verschieden. Aufserdem kann die Hafergrütze, mit wenigem Wasser oder Milch zum Brei gekocht, als erweichender Umschlag ganz so wie der Leinsaamen und Leinkuchen angewendet werden.
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5. Isländisches Moos. Lichen Islandicua s. Celraria is-landica.
sect;. 171.
Das isländische Moos, oder vielmehr die isländische Flechte, enthält als vorwaltenden Bestandtheil 20 bis 25 Prozent eines eigenthümlichen Stärkemehls (Lichenin), mit herbem Bitterstoff verbunden. — Dieses Flechtenstärke-mehl kommt im Wesentlichen mit dem gemeinen Stärke­mehl überein, unterscheidet sich aber von ihm dadurch, dafs es in der conzentr. Abkochung der Flechte beim Erkalten eine Gallerte giebt, welche vom Jod braungrau gefärbt wird. Es löst sich in verdünnten Säuren auf (also auch im Magensafte) und bildet bei längerer Ein­wirkung derselben Dextrin und Zucker. Der Bitterstoff der isländischen Flechte löst sich etwas in kaltem, mehr in heifsem Wasser, in Weingeist und in wässerigen Solu-tionen von kohlensauren Kali, und durch letztere ist er ganz zu entfernen, so dafs das Stärkemehl allein in der Flechte übrig bleibt. — Diesen Bestandtheilen gemäfs kann das isländische Moos, je nachdem es von dem Bitterstoff be­freiet, oder mit demselben angewendet wird, eben so gut als ein mildes, leicht verdauliches und doch intensiv näh­rendes Mittel, oder als ein blos einhüllendes, reizmin­derndes, und als ein gelind tonisches Heilmittel wirken. In letzterer Beziehung zeigt es eine vorherrschende Rich­tung auf die Schleimhaut der Respirationsorgane und des Verdauungskanals, und eben so auf eiternde Flächen,; es vermehrt daselbst den Tonus ganz ällmählig, vermindert und verbessert die Absonderungen, und beschränkt den Zersetzungsprozefs.
Das Mittel dient blos zum innerlichen Gebrauch und ist angezeigt, wo Schwäche mit zu grofser Reizbarkeit, Abmagerung, zu reichliche Absonderung, und besonders zu starke Sehleimsekretion zugegen ist. Man gebraucht es daher namentlich: gegen Vereiterung der Lunge, gegen schwindsüchtige Abmagerung bei gleichzeitiger chronischer
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Schleimabsonderung in der Luftröhre und Lunge, daher auch bei chronischem Husten mit vielem Schleimauswurf, bei der Kurzathmigkeit, die oft unmittelbar nach Lungen­entzündungen zurückbleibt nnd in blofser Schwäche und Reizbarkeit der Respirationsorgane besteht, und bei chro­nischem Durchfall. Es mufs immer durch einige Zeit fortgebraucht werden, ehe man bei den Krankheiten der Respirationsorgane einen guten Erfolg sieht, und oft er­leichtert es dieselben nur.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder 1 bis 3 Unzen, für Schafe, Ziegen und Schweine ^ bis 1 Unze, für Kat­zen und Hunde 1 bis 2 Drachmen, täglich 3 bis 4mal. Die Anwendung geschieht theils fein gepulvert in Lat­wergen und Pillen, theils zerschnitten im Dekokt; doch ist es nicht gleichgültig, ob man das Mittel in der er-steren oder in dem letzteren gicbt, und wie dieses berei­tet ist. In der Latwerge ist es zwar nicht ganz so mild und so leicht verdaulich wie im Dekokt, besitzt aber seine volle Bitterkeit und wirkt defshalb besonders stärkend; — im Dekokt mindert sich die Bitterkeit in dem Verhältnifs, je länger das Kochen dauert, und die Flüssigkeit wird zuletzt fast reiner Schleim. Man nimmt gewöhnlich 1 Unze zerschnittenes Moos auf 1 bis 1| Pfund Wasser und kocht es bis zur Hälfte ein. Die Entfernung des Bitterstoffes durch kohlensaures Kali ist zum Gebrauch für die Thiere nicht nöthig; denn will man blofses Stär­kemehl geben, so ist das Amylum wohlfeiler und leichter anwendbar.
sect;• 172.
Zu den mehl- und stärkehaltigen, aber als Heilmittel wenig benutzten Substanzen gehören noch:
a) Die Kartoffeln CTubera Solani tuberosi'). Sie enthalten 25—30 pr. C. trockene Substanzen, und unter denselben 10 bis 18 Th. Amylum, welches im Herbst und Winter reichlicher vorhanden ist, als gleich nach der
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Erndte und spät im Frühjahre. Sie sind leicht verdau­lich, sehr nahrhaft, aber durch ihre grofse Menge Feuch­tigkeit etwas erschlaffend. Sie können daher, besonders im rohen Zustande, als diät. Heilmittel bei entzündlicher Reizung der Respirations-Organe, der Augen, des Gehirns, und der Nieren, bei Neigung zu Leibesverstopfung, bei Abmagerung und schlechtem Haar der Pferde nach vor­ausgegangenen Entzündungskrankheiten, angewendet wer­den. Aeufserlich dient der Brei von zerriebenen rohen Kartoffeln als ein kühlendes Mittel bei Verbrennungen; derselbe mufs jedoch immer nach 5 Minuten erneuert werden. — Das Kartoffelkraut (HerJa Solan, tuber.) ist in seinen Wirkungen noch nicht gehörig geprüft; sehr wahrscheinlich verhalten sich dieselben aber anders, als die des Grases, Klees u. dgl. Bei Kühen sah man von dem reichlichen Genüsse des Krautes Vergiftungszufälle entstehen; dagegen heilte und verhütete Haubner durch das Futtern dieses Krautes bei Schafen die sog. Blut­seuche. In wie weit das in dem Saamen und in den Keimen der Kartoffeln enthaltene Solanin auch hier wirksam sein mag, ist noch nicht ermittelt. Das Letz­tere hat bei kleineren Thieren (Kaninchen und jungen Schweinen) Betäubung, Krämpfe und selbst den Tod, bei Hunden aber nur Erbrechen gemacht.
amp;) Die Hülsenfrüchte, namentlich: Erbsen (.%raquo;?. Ptlaquo;), Bohnen {S. Fhaseoli u. S. Fabae), Linsen (S-Ervi) und Wicken {S, Viciae). Sie sind sämmtlich sehr reich an Pflanzeneiweis und Kleber mit Stärkemehl, daher nähren sie stark, aber erhitzen und blähen auch sehr. Als Heilmittel benutzt man blos die gerösteten Linsen gegen solche Diarrhöe, die aus Erschlaffung und aus zu wässeriger Nahrung entstanden ist (S. sect;. 170).
c) Die Buchwaizensaamen sind sehr reich an Mehl, welches dem Gerstenmehl ähnlich und sehr nährend ist. Sie dienen in manchen Gegenden als Nahrung für Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine, und müssen mit der­selben Vorsicht wie die Saamen der Getreidearten gegittert
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werden. Merkwürdig ist es, dafs der Buchwaizensaamen (auch die Spreu davon und das Stroh) zuweilen auf weifse und weifsfleckige Schweine eine andere quot;Wirkung macht als auf schwarze, und dafs er namentlich bei den erstem Zufälle erregt, die denen von manchen narkoti­schen Mitteln sehr ähnlich sind, wie z. B. Betäubung, Schwindel, Schwäche im Kreuz, Tobsucht, Anschwellung des Kopfes und eine eigenthümliche Entzündung der Ohren. Eben so merkwürdig ist es, dafs diese Zufälle nur entstehen sollen, wenn die Schweine bei der Buch-waizenfütterung dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Weifs­fleckige Kühe sollen hiervon an den weifsen Stellen einen Ausschlag bekommen. Das grüne Buchwaizenkraut er­zeugt bei den letzteren Thieren diese Wirkungen nicht, aber auf Schafe wirkt das frisch abgeblühete Kraut eben so nachtheilig l). — Die Buchwaizengrütze kann ganz so wie die Hafergrütze zu erweichenden Breium­schlägen angewendet werden.
Vierte Abtheilung.
Süfse oder zuckerhaltige Mittel. (31. sacchiarina s. mellagineq).
sect;. 173.
Der Zucker kommt als ein eigenthümlicher Bestand-theil in vielen organischen Körpern, und besonders in vielen Pflanzen vor, und kann auch künstl. aus organ. Substanzen dargestellt werden, z. B. durch das Malzen des Getraides, durch Einwirkung erhitzter Min. Säuren auf Stärkemehl u. s. w. Er charakteriärt sich ini Allge­meinen durch, einen süfsen Geschmack und durch Auf-loslichkeit im Wasser, erscheint aber übrigens durch die
*) Siehe: Möglin'sche Annalen d.Landwirthschaft Bd.5. S. 278. — Bd. 6. S. 331. - Bd. 7. S. 264. - Bd. 8. S 533. — Bd. 20. S. 366. — und Oekonom. Neuigkeiten Jahrg. 1825, No. 33. S. 263. — Dnpuy, Joarn. prat. de med. vetcr. 1826, p. 551; u. enfgegenges. Beob. im Arch. d. teutscli. Landw. v. Pohl, 1838, Seplbr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; t'
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Art seiner Bildung und durch die Verbindung mit man­nigfaltigen, ihm fremden Stoffen (z. B, Schleim, Eiweis, Extraktivstoff, Säure u. dgl.) in den einzelnen Substanzen, in denen er enthalten ist, etwas verschieden, so dafs man hiernach in der neuern Zeit auch verschiedene Arten des • Zuckers unterschieden hat (z. B. krystallisirbaren Zucker, wozu der Rohrzucker gehört, Obstzucker, Schleimzucker u. dgl.).
sect;. 174. Die Wirkung der süfsen Mittel auf den Thierkörper, ist zwar nach diesen Verschiedenheiten bei den einzelnen Mitteln etwas modifizirt, im Ganzen aber übereinstim­mend. Sie sind für sich allein viel weniger nährend und einhüllend als die übrigen Mittel dieser Classe, dagegen aber wirken sie innerlich und äufserlich an den Stellen der Berührung primär gelind erregend und dadurch die Sekretionen umändernd und vermehrend. Je mehr sie aufser dem Zuckerstoff noch Schleim u. dgl. enthalten, um so mehr wirken sie auch einhüllend und erweichend. Durch den Consensus bringen sie auch mehr ausgebreitete Wirkungen in andern Organen hervor. Sie regen na­mentlich die Schleimhäute zu einer vermehrten und dün­nern Absonderung auf, wodurch sie, in mäfsigen Gaben angewendet, den Appetit und die Verdauung bessern, den Husten mildern, den Auswurf des Schleims aus der Luft­röhre erleichtern und befördern, und eben so auf die Absonderung des Urins und der Milch wirken; in grofsen Gaben auf einmal gereicht, können sie gelindes Laxiren erregen. In Wunden und Geschwüren wirkt der reine Zucker reizend, die Resorption befördernd, austrocknend, selbst schwach ätzend und die Granulation beschränkend; wogegen er in Verbindung mit Eigelb u. dgl. die Abson­derung eines mehr consistenten Eiters und die lebhaftere Erzeugung der Fleischwärzchen befördert (Digestivmittel). — Bei dem Zusammentreffen mit Metallsalzen, besonders mit Kupfersalzen, sollen diese Mittel zersetzend wirken; sie thun diefs auch im Thierkörper, jedoch nur im ge­ringen
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ringen Maafso, weil die vollständige Zersetzung dieser Salze erst mit Hülfe der Siedhitze stattfindet.
sect;• 175.
Viele von den süfsen Mitteln, wie besonders der­gleichen Wurzeln und Früchte, dienen für die pflanzen­fressenden Thicre als ganz vortreffliche Nahrungsmittel, wozu sie jedoch mehrentheils erst durch ihren Gehalt an andern Stoffen geeignet werden, obgleich der Zucker zur leichtern Verdaulichkeit derselben viel beiträgt. Für sich allein ist der letztere nicht zur Ernährung geeignet, we­nigstens für fleischfressende Thiere nicht. Erhalten z. B. Hunde durch längere Zeit nichts anders als reinen Zuk-ker und destill. Wasser, so magern sie sehr ab, werden mehr und mehr schwach, verlieren den Appetit, bekom­men Geschwüre auf der Hornhaut der Augen u. s. w. und sterben zuletzt in gänzlicher Erschöpfung und an Cachexie um den 20sten bis 3()sten Tag. Magendie (a. a. O.) schreibt diese Wirkungen des Zuckers dem Mangel des­selben an Stickstoff zu.
Die süfsen Mittel sind angezeigt, wo man die Ab­sonderungen quot;gelind befordern und umstimmen, und be­sonders die Säfte verdünnen will. Man benutzt sie meh­rentheils als diätetische Heilmittel 5 — als wirkliche Arz­neimittel ist ihre Anwendung ziemlich beschränkt, weil sie dann zu theuer, verhältnifsmäfsig zu wenig wirksam und durch kräftigere zu ersetzen sind. Sie werden be­sonders angewendet: bei catarrhalischen Krankheiten mit entzündlicher Reizung, bei trockenem Husten mit wenigem Auswurf, bei dergl. Bräune und Maulweh, bei Vergiftun­gen mit scharfen Metallsalzen, besonders mit Kupfer-Prä­paraten (gegen welche jedoch Eiweis und Stärkemeld den Vorzug verdienen), bei Schmerzen in den ürinwerkzeugen, bei Stockungen und Verhärtungen in der Leber u. s. w., und äufserlich bei Wunden und Geschwüren mit zu ge­ringer Bildungsthätigkeit als sogenannte Digestivmittel, zu­weilen auch entgegengesetzt bei zu üppiger Bildung als austrocknende Mittel.
Hertwig ArineimitlellcW.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 14
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Ehedem gebrauchte man mehrere süfse Mittel, beson­ders die flüssigen oder saftförmigen, auch sehr häufig als blofsen Zusatz zu andern Mitteln, theils um diese zu bin­den und in Pillen- oder Latwergen-Consistenz zu brin­gen, theils auch, um ihren Geschmack zu verbessern, be­sonders für Pferde und Hunde, welche gegen solche ver-süfste Medikamente weniger Widerwillen zeigen als gegen andere. Sie sind jedoch für diese Zwecke mehrentheils zu entbehren, um so mehr, weil sie (wenigstens in den Apotheken) als Bindemittel viel zu theuer sind und bei warmer Temperatur leicht gähren und dann auch die übri­gen Arzneistofie verderben.
I. Rohrzuckor. Succharum- (Gowohiiliehor laquo;eifsor Zucker,
S. album.)
sect;. 176. Er enthält den Zuckerstoff am reinsten und in der gröfsten Menge, daher auch seine örtlichen Wirkungen verhältnifsmäfsig zu den übrigen süfsen Mitteln am mei­sten gelind erregend und am wenigsten nährend und ein­hüllend sind. Im Uebrigen besitzt er die Wirkungen der süfsen Mittel. Bemerkenswerth ist es, dafs Regenwürmer, Blutegel, Frösche und Eidechsen durch ihn getödtet, und Fische im zuckerhaltigen Wasser betäubt werden. Auch Tauben sollen von 5 Skrupeln Zucker sterben, nachdem hiervon Anschwellung des Kopfes und Zuckungen ent­standen sind '); ich habe diesen Thieren sehr oft 5 bis 10 Skrupel in Wasser aufgelöst und in Pillen gegeben, aber niemals irgend eine heftige Wirkung bemerkt. Nach Viborg's Versuchen laxiren Hühner von 1 bis l^ Unze, und bei Schafen wirken 6 Unzen in \ Pfund Wasser auf­gelöst als ein heftiges Laxirmittel; die Wirkung trat schon 9 Stunden nach dem Eingeben ein und dauerte bis zum dritten Tage fort. Dieselbe Gabe verursachte bei einem
') Carminati, Opusc. therapeut. Vol. 1; und Viborg, Samml. 4. B.]. S. 278.
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jungen Schweine, und eben so bei einem alten Pudel kein Abführen, und ich habe 8 bis 10 Unzen bei jungen und alten Hunden gleichfalls ohne diese Wirkung gegeben-dagegen wurde die Urinentleerung sehr vermehrt. Pferde und Rinder ertrugen 1 bis 1^ Pfund Zucker in Auflösung mit Wasser eingeschüttet, oder mit Kleie als Futter ge­geben, ohne Laxiren oder eine andere sichtbare Wir­kung zu zeigen; nur der Durst schien stärker erregt zu sein1).
sect;• 177.
Innerlich wird der Zucker nur äufserst selten ange­wendet; doch ist er überall zu gebrauchen, wo die süs-sen Mittel überhaupt nützlich sind (sect;. 175.), und beson­ders für kleinere Hausthiere. Auch kann er bei Schafen, in Ermangelung anderer Salze, in den im vorigen sect;. be­zeichneten Gaben als Laxirmittel dienen. — Aeufserlich ist er als gelindes Reizmittel zur Beförderung der Re­sorption bei Flecken und Verdunkelungen der Hornhaut allgemein gebräuchlich; man wendet ihn als feines Pulver, entweder für sich allein, oder in Verbindung mit dem zehnten bis zwölften Theil Zinkvitriol, oder besser mit der Hälfte Calomel an, indem man ihn mittelst eines feuch­ten Pinsels täglich 1 bis 2 mal ins Auge streicht. Eben so wird er als austrocknendes, gelind ätzendes und rei­nigendes Mittel in schlaffe, üppig granulirende Wunden und Geschwüre gestreuet. Das früher häufig empfohlene Räuchern der an der Druse leidenden Pferde mit Zucker, der auf glühende Kohlen gestreuet ist, ist mehr schädlich als nützlich.
sect;• 178.
Der Zucker-Syrup (Syrupus Sacchari) ist im reinen
') Im Stalle des Königs von Hindoslan sollen die Pferde mit Zacker nnd Balter gefüttert werden, und dabei jedes Pferd täglich 3 Pfand Zacker erhalten. Viborg hat (a. a. O.) einen Versuch darüber gemacht, aus dem hervorgehl, dafs die Pferde Ekel gegen dieses Fuller zeigen, davon laxircn und sehr angegriffen werden.
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Zustande eine eingedickte Auflösung des Zuckers im Was­ser; in dem gemeinen Syrup iS. communist ist dieselbe aber noch mit vielem Schleime und mit empyreumatischen Theilen verbunden. — Nach den Erfahrungen verschie­dener Thierärzte soll der letztere Syrup abführend wir­ken, besonders bei dem Rindvieh, wenn er in Verbindung mit Salz gegeben wird; Viborg sähe aber von l Pfund Syrup und \ Pfund Kochsalz bei einem alten Stier der trocknes Futter erhielt, diese Wirkung nicht erfolgen, sondern Fieberanfälle, Durst und vermehrten Abgang von Urin entstellen. — Bei Husten, Bräune und andern Krankheiten der Respirationsorgane ist er, wie die süfsen Mittel überhaupt, zu benutzen und als ziemlich wohlfeil vor den übrigen zu empfehlen.
Die Gabe ist bei diesen Krankheiten für Pferde und Rinder 2 bis 4 Unzen, für Schafe, Ziegen und Schweine l bis 2 Unzen, für Katzen und Hunde 2 bis 4 Drach­men, täglich 3 bis -imal. Die englischen Thierärzte ge­brauchen ihn häufig als Bindemittel bei Bereitung der Latwergen und Pillen.
2. Honig. Mcl. (Gromoinor Honig. M- commune)
sect;• 179.
Dieses Produkt der Bienen ist aus Schleim- und Honigzucker, aus Schleim, Wachs, einem gewürzhaften Stoff und einer freien Säure zusammengesetzt. Seine Wirkung ist eigenthümlich, gelind reizend, wie die des Zuckers, zugleich aber einhüllend, erweichend, und et­was nährend. Innerlich in grofsen Gaben angewendet befordert er, wie die süfsen Mittel überhaupt, die Ab­sonderungen, besondess in der Schleimhaut der Respira­tionsorgane und des Verdauungskanals, und bringt da­durch die im sect;. 196. angedeuteten Heilwirkungen hervor. Aeufserlieh wirkt er erweichend, und zugleich durch seine reizenden Bestandtheile örtlich die Gcfäfsthätigkeit ver­mehrend, daher die Eiterung in entzündeten Theilen, wie auch in Wunden und Geschwüren befördernd.
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sect;. 180.
Man gebraucht den Honig innerlich in denselben Krankheitszuständen, wo die süfsen Mittel überhaupt an­gezeigt sind (sect;. 175.), wendet ihn aber seines Preises wegen nur wenig an. Wo er jedoch vielleicht als Haus­mittel wohlfeil zu haben ist, ist er seiner Wirksamkeit wegen zu benutzen. Bei Brustkrankheiten befördert er die Lösung und den Auswurf des Schleims besser und stärker als der Zucker, und verdient deshalb vor diesem zuweilen den Vorzug, und eben so möchte er bei Ver­giftungen durch Kupfer- und andere Metallsalze vorzüg­licher sein, weil er zugleich einhüllend wirkt. — Als blofses Bindemittel für Pillen und Latwergen ist er zu theuer, und defshalb, wenn ein süfser Saft dazu gebraucht werden soll, durch den wohlfeileren Syrup oder Mohr­rübensaft zu ersetzen. Auch ist er mehr als die übrigen süfsen Mittel zur sauren Gähroug soneigt und daher im Stande, die Wirksamkeit einer Arznei zu verändern.
Die Gabe ist wie bei dem Syrop (sect;. 200), und die Anwendung geschieht mit andern Mitteln verbunden in Latwergen und Pillen, oder mit Wasser oder Milch auf­gelöst in flüssiger Form.
Aeufserlich wird er auf mehrfache Weise benutzt. Mit Meld zu einem Teige gemacht, und diesen auf ent­zündete Theile gelegt, dient er zur Beförderung der Ei­terung, besonders in entzündeten Drüsen und unter Um­ständen, wo man die gleichmäfsige Anwendung warmer Breiumschläge nicht haben kann. Seine Wirksamkeit ist hier, wenn die betreffenden Theile zu sehr torpide sind, oder wenn sie Neigung zum Verhärten zeigen, durch den Zusatz von mehr reizenden Mitteln, z. B. von zerquetsch­ten halbgebratenen Zwiebeln, von grüner Seife, Lorbeeröl u. dgl. zu verstärken. — Bei Wunden und Geschwüren, in denen die Tliätigkeit nicht zu gering ist, wird er für sich allein als Eiterung beförderndes und reinigendes Mit­tel zum Verbinden oder zum blofsen Bestreichen der Flächen oft mit dem besten Erfolge angewendet, bei zu
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geringer Thätigkeit aber mit Terpentin, Terpentinöl, Theer u. dgl. reizenden Mitteln zur stärkern Digestivsalbe ge­macht. — Bei pustulösen Entzündungen im Maule Cdem Maulweh) und bei Verletzungen daselbst, wird in der ersten Zeit der Honig mit Wasser (1 Theil zu 6 Thei-len) und Essig (4 bis 6 Theile) verdünnt, und zuweilen noch mit Mehl oder Altheewurzelpulver, späterhin aber, bei schon eingetretener Eiterung, mit aromatischen Kräu­terbrühen versetzt, als sogenanntes Maulwasser eingespritzt oder mit einem Pinselstock zum Auspinseln des Mauls angewendet. — Bei altern Wunden und bei unreinen Geschwüren sowohl im Maule wie an andern Theilen, kann man ihn auch mit harzigen Tinkturen (Aloe- oder Myrrhentinktur) in verschiedenem Verhältnifs zusammen­gemengt, benutzen. — Bei frisch entstandenen Flecken und Verdunkelungen der Hornhaut ist er, taglich 2 mal mit einem Pinsel auf dieselbe gestrichen, schon für sich allein, noch mehr aber in Verbindung mit fein pulverisir-tem Zinkvitriol (20 bis 30 Gran zu l Unze Honig) ein ganz vortreffliches Mittel. (Sauerhonig aus den Apo­theken ist entbehrlich und zu theuer. Grünspan-Sauer­honig siehe bei Grünspan, in der XII. Classe.)
3. Süfsholzwurzel. Radix Liquiritiae s. Glycyrrhixae.
sect;. 181. Sie enthält neben der Holzfaser Stärkemehl, Eiweis-stoff, eine harzige, etwas scharfe Substanz etc., haupt­sächlich aber eine eigenthümliche, süfse, ungährbare Sub­stanz (Glycyrrhtzin, Glyldrrhina, auch Glycion genannt), in Verbindung mit Schleim und mit etwas bitterer kratzen­der Substanz. — Ihre Wirkungen bestehen in sehr ge­linder Erregung der Schleimhäute, besonders der der Re­spirationsorgane, wodurch vermehrte Absonderung, mehr lockerer Husten und leichter Auswurf entsteht. Auch kann sie, wie die übrigen süfsen Mittel, etwas einhüllend wirken und dadurch einen gereizten Zustand der Respi-
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rations- und Harnwerkzeuge mindern. Auf Metallsalze wirkt sie kaum bemerkbar ein.
sect;. 182.
Die Süfsholzwurzel wird jetzt in der Thierarzneikunde weniger als ehemals angewendet. Vitet lobt eine Ab­kochung von ihr zum innerlichen und äufserlichen Ge­brauch bei Flechten, und behauptet, dafs dadurch selbst in solchen Fällen Heilung bewirkt worden ist, wo früher alle Mittel nichts fruchteten 1). Sie ist aber für diesen Gebrauch ganz in Vergessenheit gekommen, und das wohl mit Recht, da wir kräftigere Mittel gegen Hautausschläge besitzen. Am häufigsten wird sie noch bei Krankheiten der Respirationsorgane, die mit vielem trocknen Husten verbunden sind, benutzt, wo sie am besten beim Ueber-gange des ersten Stadiums in das zweite, und bei gelin­dern Graden der Entzündung passend ist. Eben so be­nutzt man sie bei dem schmerzhaften üriniren, besonders wenn blos eine zu scharfe nnd reizende Beschaffenheit des Urins die Ursache der Schmerzen ist. Doch gebraucht man die Süfsholzwurzel fast niemals als Hauptmittel, son­dern mehrentheils nur als ein passendes Vehikel für an­dere wirksame Arzneien, welche in kleinen Gaben ange­wendet werden, z. B. Brechweinstein, Calomel, Schwefel­leber u. dgl. Ich benutze sie hierzu gern, theils weil sie die Wirkung dieser Mittel unterstützt, theils auch weil sie den Pillen und Latwergen eine bessere Consistenz giebt, und dieselben besonders lockerer und leichter auf­löslich macht, als wenn man, um die nöthige Masse zu gewinnen, blos Mehl oder Altheewurzelpulver in grofser Menge hinzusetzt.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder 1 bis 2 Unzen, für Schafe, Ziegen und Schweine ^ bis 1 Unze, für Kaz-zen und Hunde 1 Skrupel bis 2 Drachmen. — Diese Gaben könnten zwar ohne Nachtheil der Thiere um das
') Vilel, Uoterriclit in der Vieliarzneikunde. 5. Bd. 78.
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zehnfache verstärkt werden, sind aber für den Heilzweck in der bezeichneten Grofse ausreichend.
sect;. 183. Der Süfsholzsaft, Lakrizensaft {Succus Liqui-ritiae) besitzt dieselben Wirkungen wie die Siifsholzwur-zel selbst, wird aber als Arzneimittel für die Thieie noch weniger gebraucht als diese. Da er wohlfeil ist, könnte er gegen Husten und andere catarrhalische Zufalle bei den kleinen Hausthieren in Auflösungen (1 Drachme zu 2 bis 3 Unzen Wasser), Pillen und Latwergen angewen­det werden. Rysz empfiehlt den gepulverten Süfsholz­saft als Bindemittel bei Latwergen zu benutzen, besonders wenn man die Medikamente über Land verschicken und in gröfseru Quantitäten für mehrere Tage zusammengesetzt geben mufs; man soll 1 bis 2 El'slötfel voll von ihm zu den übrigen Ingredienzien hinzuthun, und dann das Ganze mit dem nöthigen Wasser zur Latwerge machen. Auf diese Weise 'kann man die für jeden Tag nöthige Portion der Medizin richtig abgetheilt in Papier geben, somit den Transport erleichtern und das Verderben der in grofsen Massen zusammengesetzten Latwergen verhüten, was sonst bei der Verbindung mit süfsen Stoffen fast unvermeidlich ist, was hier aber um so weniger stattfindet, da Succ. Li-quiritiae nicht gährt.
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4. Mohrrüben. Radices Dauci.
sect;• 184.
Die Mohrrüben, Möhren oder gelben Rüben enthal­ten eine bedeutende Menge Zucker, in Verbindung mit Stärkemehl und andern Stoffen. — Sie wirken ähnlich wie die übrigen süfsen Mittel, alle Se- und Exkretionen Cbei melkenden und säugenden Thieren besonders die Milchabsonderung) befördernd, zugleich aber sehr näh­rend, und sie werden deshalb vorzüglich als Nahrungs­mittel, besonders für pflanzenfressende Thiere, und bei verschiedenen Krankheiten auch als diätetisches Heilmittel benutzt. Namentlich leisten sie gute Dienste bei chroni-
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schem Husten, bei veralteter Druse, bei Dampf, bei ei­ternden Lungenkuoten, bei der Lungenseuche des Rind­viehes, bei sclilechter Frefslust, bei Schwäche der Ver­dauungseingeweide, bei Eingeweidewürmern, (erprobt bei Spuhlwürmern) bei unvollständiger Ernährung, daher bei allgemeiner Abmagerung und Schwäche, und in ähnlichen Fällen, — auch in der Rekonvaleszenz nach allen diesen Krankheitszuständen.
Man giebt sie mehrentheils roh, blos rein gewaschen und klein zerschnitten oder zerstampft, bald für sich al­lein, bald mit anderm kurzen Futter, z. B. mit Kleie, mit Hafer und Häcksel gemengt, zuweilen aber auch, beson­ders für Schweine (und für Hunde immer) gekocht, in Mehlsuppen u. dgl.
Im Anfange giebt man den Thieren nur kleine Quan­titäten, z. B. Pferden und Rindern 6 bis S Pfund, Scha­fen, Ziegen und Schweinen 2 bis 3 Pfund, Hunden \ bis 1 Pfund, auf 3 bis 4 Portionen vertheilt, und verstärkt dieselben in dem Verhältnifs wie der Appetit und die Verdauung sich bessern, allmählig immer mehr bis zur doppelten Menge und darüber.
Die Mohrrübenfütterung mufs immer durch längere Zeit fortgesetzt werden, wenn man einen guten Erfolg da­von sehen will.
Der Mohrrübensaft. (Succas Dauci inspissatus s. Rooh Dauci) wirkt ähnlich dem Honig, wird aber für sich als Arzneimittel nicht benutzt; dagegen kann er als der wohlfeilste von den eingedickten süfsen Säften zur Be­reitung von Pillen und Latwergen als Bindemittel in sol­chen Fällen verwendet werden, wo süfse Mittel überhaupt passend sind. Doch darf man dann nur kleine Quanti­täten solcher Arzneien zubereiten lassen, weil der Mohr­rübensaft sehr leicht in saure Gährung übergeht.
sect;. 185.
Zu den süfsen Mitteln, die aber als Arzneimittel we­nig benutzt werden, sind noch zu rechnen:
a) Die Pastinakwurzel {Pastivaca saiiva). so wie
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auch die Wurzel von den verschiedenen Arten und Ab­arten des Mangold (Beta)) namentlich die rothe Rübe (Beta vulgaris), und die Runkelrübe, Burgunderrübe (Beta aUissima). Sie sind den Mohrrüben sehr ähnlich, sowohl in den Bcstandtheilen wie in den Wirkungen, und man benutzt sie daher als Nahrungs- und als diäte­tisches Mittel für pflanzenfressende Thiere, besonders für Kühe, Schafe und Schweine wie die erstem. — Fast eben so ist es mit den Wurzeln von den verschiedenen Arten der Kohlrüben (Brassica rapa, B. napobrassica u. s. w.)- welche jedoch viel weniger süfsen Stoff, dafür aber etwas scharfe Bestandtheile enthalten.
ö) Die Quecken- oder Graswurzel (Radix grami-nis). Sie enthält einen eigenen Zuckerstotf, Schleim, Ei-weis und Extraktivstoff, vermöge welcher Bestandtheile sie ähnlich wie die Mohrrüben wirken kann. Man be­nutzt sie daher bei denselben Krankheitszuständen wo diese empfohlen sind, und giebt sie, sowohl im frischem Zustande, wie auch getrocknet,rein gewaschen und klein zerschnitten, den pflanzenfressenden Thieren mit Hafer u. dgl. gemengt zum Futter, oder auch diesen und den übrigen Thieren im Dekokt mit Wasser. — Die Gabe ist für Pferde und Rinder gegen 1 bis 3 Pfund, für Schafe, Ziegen und Schweine gegen \ bis | Pfund, für Hunde und Katzen | bis 1 Unze, täglich 3 mal. Zu dem De­kokt nimmt man 1 Unze auf 1 Pfund Wasser, und läfst diefs zur Hälfte einkochen und dann durchseihen. Man setzt dasselbe den Thieren als Getränk vor, und wenn sie es nicht freiwillig saufen, so giebt man es ihnen als Eingufs. Dies Mittel ist seiner Wohlfeilheit wegen auf dem Lande sehr zu empfehlen; aber der ehedem gebräuch­liche Queckensaft und das Queckenextrakt sind entbehrlich.
c) Die Manna ist ein süfser, conkreter Saft von verschiedenen Arten der Mannaesche, besteht aus Trau­benzucker, aus einem nicht gährungsfähigen süfsen Stoff (Mannastoi'f, Mann it), und aus schleimigem Extraktiv-
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stoff. Sie wirkt bei innerl. Anwendung fast ähnlich dem Honig. Sie wurde ehedem als Laxirmittel gebraucht, verdient aber ganz aus dem thierärztlichen Arzneivorrath ausgeschlossen zu werden, weil sie nur wenig wirksam, viel zu theuer und durch bessere Mittel zu ersetzen ist. Pferde vertragen 1 Pfund ohne zu laxiren; bei Schafen bewirkten, nach Dauben ton's Angabe, 2 Unzen im Wasser aufgelöste Manna gar nichts, 3 oder 4 Unzen aber brachten nach 9 Stunden eine Abführung quot;hervor, ohne dafs die Thiere Schmerzen erlitten oder den Appe­tit verloren: 5 Unzen brachten dieselbe Wirkung hervor, schienen aber etwas Schmerzen zu verursachen 1).
d)nbsp; nbsp;Das Pflaumenmus. Pulpa pricnorum. Dieser säuerlich - süfse, eingedickte Saft wirkt fast ähnlich wie der Honig, jedoch mehr kühlend, die Sekretionen im Darm­kanal vermehrend und daher bei kleinen Hausthieren ge­lind laxirend. Es kann die Manna und die ähnlich wir­kenden (ehedem auch in der Thierarzneikunde gebräuch­lichen), aber zu theuren Tamarinden vollkommen er­setzen. — Man wendet es vorzüglich bei Entzündungs-krankheiten, namentlich bei Entzündungen der Lunge und der Baucheingeweide, jedoch nur bei Katzen und Hun­den an, und giebt es zu 2 bis 3 Drachmen in 6 bis 8 Theilen Wasser aufgelöst, und mit Weinstein, Glauber­salz oder Salpeter versetzt, täglich 3 bis 4 mal. — Bei den grofsen Hausthieren leistet es sehr wenig und wird deshalb auch bei ihnen nicht benutzt. — Zum Binde­mittel für andere Arzneien eignet es sich nicht so gut wie die vorher angegebenen süfsen Mittel.
e)nbsp; Milchzucker. Siehe b. Milch, S. 173. sect;. 144.
Fünfte Abtheilung. Fett- und ölhaltige Mittel, (üf. pinguia et oleosu.)
sect;. 186. Die hierher gehörigen Mittel sind die sogenannten
') Auserks. Beiträge z. ThieranneiL 1. Stck. Lpzg. 1766. S. 181.
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Fette, Talge und fetten Oele, welche sich als ein Bestandtheil organischer Körper in Thieren und Pflanzen häufig finden. Man unterscheidet sie in thier. und vege-tabil. Fette: doch ist zwischen beiden kein wesentlicher Unterschied, weder in den Grundbestandtheilen noch in ihrem Verhalten zum Thierkorper oder zu andern Substan­zen. Ihre Elementarbestandtheile sind: sehr viel Kohlen­stoffquot;, mit Wasserstoff und Sauerstoff; aber weder die thier. noch die vegetabil. Fette enthalten Stickstoff. Die nähern Bestandthcile der meisten Fette, Talge und fetten Oele sind Oelstoff {Oleine) und Talgstoff (Stearine), zu denen in manchen Fällen noch eigene, einfache Fett­arten (z. B. Bocktalgfett, Hircine u. dgl.) gemischt sind. Der Oelstoff bildet den Hauptbestandtheil der nicht aus­trocknenden fetten Oele, wogegen der Talgstoff den Haupt-bestandtlieil der Talgarten ausmacht. Aussei- diesen we­sentlichen Bestandtheilen sind in den fetten M. noch sehr oft fremde Stoffe, namentlich Eiweis, Schleim, Gallert, Farbstoffe, Harz, äther. Oel, Salze u. s. w. beigemengt enthalten; auch verändern sich diese M. durch Einwirkung der Luft, indem sie Sauerstoff aufnehmen, hierdurch ver­schiedene Fettsäuren bilden, mehr oder weniger eintrock­nen, und scharf und ranzig werden. Die Veränderungen geschehen bei den schmierigen Fetten und den fetten Oelen weit schneller und mehr, als bei den Talgarten; sie sind wichtig, denn in den ranzigen Fetten ist auch die Wirkungsart verändert, nicht mehr mild, sondern rei­zend, und die trocknenden Oele bilden auf der Ober­fläche des Thierkörpers firnifsartige, festsitzende Krusten. Daher eignen sich diese Oele nicht zur Bereitung der Linimente. #9632;— Von den übrigen Eigenschaften der fetten Mittel sind in arzneilicher Hinsicht folgende die wesent­lichsten: Bei gewöhnlicher Temperatur der Atmosphäre sind diese Mittel theils fest (Talgarten), theils schmierig, weich (Fett- und Buttcrarten), theils flüssig (Oel, Thran); bei geringerer Temperatur erstarren auch die Fette und die Oele. bei höherer Temperatur wird auch Talg flüssig;
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im reinen Zustande haben sie einen schleimig-süfslichen Geschmack, keinen hervorstechenden Geruch; sie sind im Wasser gar nicht, in kaltem Alkohol wenig, in heifsem mehr löslich; aber in Aether und in äther. Oelen lösen sie sich auf und verbinden sich mit ihnen in allen Ver­hältnissen; mit Wasser können sie durch Schleim, Gummi, Eigelb, und kohlens. Kali oder kohlens. Natron innig ge­mengt werden und bilden so die Emulsionen; ölhaltige Saamen, mit Wasser zerrieben, geben auch ohne Zusatz solcher Mittel Emulsionen; durch ätzende Alkalien, alkal. Erden und einige andere Metallbasen werden die Fette zersetzt und in Seife umgewandelt; concentr. Säuren zer­stören die Fette und Oele; diese Mittel nehmen Wachs, Harze, Pflanzensäuren, Metalloxyde in sich auf, den Schwefel und Phosphor lösen sie mit Hülfe der Wärme, den Kampher auch ohne diese auf.
sect;. 187. Die Hauptwirkung der fettigen Mittel ist eine ört­liche und besteht in der im sect;. 129. angegebenen Einhül­lung, Erweichung und Erschlaffung der von ihnen be­rührten organischen Gebilde, und in Verminderung der Reizbarkeit und Empfindlichkeit derselben. Als Folge­wirkungen zeigen sich dann gelinde Vermehrung der Se-und Exkretionen, Minderung der zu grofsen krankhaften Spannung, der Härte und Schmerzen u. s. w. Diese Wir­kungen erfolgen bei innerlicher und äufserlicher Anwen­dung fast ganz gleichartig, und in einem noch höhern Grade als bei den schleimigen Mitteln. Bei innerlicher Anwendung bringen sie zwar durch die Erschlaifung u. s. w. auch consensuell in andern Organen, z. B. in der Luft­röhre, in den Nieren und in der Blase, Minderung der Schmerzen und der krankhaften Spannung hervor; sie schwächen aber, in grofsen Gaben oder öfter wiederholt angewendet, sehr bald die Verdauungseingeweide in ho­hem Grade, und erzeugen Appetitlosigkeit, Durchfall und Abmagerung; denn für sich allein gegeben sind sie schwer verdaulich, besonders für pflanzenfressende Thiere, und
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wenn sie auch verdauet werden, so können sie vermöge ihrer Grundihischung (wegen gänzlichen Mangels an Stick­stoff) doch nicht zur Ernährung des Körpers dienen (sect;. 181.). Hunde, welche blos reines Olivenöl oder Butter zur Nahrung, und destillirtes Wasser zum Getränk erhielten, starben bei Magendie's Versuchen ziemlich gleichmäfsig um den 36sten Tag, nachdem sie sehr schwach und mager geworden waren, und Geschwüre auf der Hornhaut der Augen bekommen hatten '). — In Ver­bindung mit andern Substanzen können aber die fetten Mittel ziemlich gut verdauet und assimilirt werden, und auch die Ernährung befördern, besonders bei fleischfres­senden Thieren; doch wird bei ihrem längeren Gebrauch das Blut mehr dunkel gefärbt und mehr reich an Kohlen­stoff, welchen sie als vorwaltenden Grundstoff enthalten und wahrscheinlich an das Blut absetzen.
sect;. 188.
Besitzt ein fettes Mittel andere als die angegebenen Wirkungen, so sind dieselben entweder durch fremdartige Stoffe, oder durch den ranzigen Zustand veranlafst. Im ranzigen Zustande wirken alle fettige Mittel scharf reizend auf die berührten Stellen; im Darmkanal verstär­ken sie die Absonderung seröser Flüssigkeiten und die wurmförmige Bewegung, und können dadurch Laxiren erzeugen. Aeufserlich verursachen sie an der Haut juk-kenden Schmerz, und bei langer Dauer der Einwirkung selbst Entzündung, Ausschwitzung, Zerstörung der Ober­haut und Ausfallen der Haare, welche letztere jedoch sehr bald wieder nachwachsen.
sect;. 189.
Die Anwendung der fetten Mittel ist angezeigt: im Allgemeinen bei jeder örtlichen Reizung, sowohl innerlich als äufserlich, daher bei Einwirkungen scharfer, reizender oder ätzender Stoffe (aber nicht bei Vergiftungen mit Ar­seniksäure oder mit Canthariden, denn beide Substanzen
') a. a. O. S. 383. u. 384.
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werden durch Fett noch wirksamer, wenn letzteres nicht in sehr grofser Menge gegeben wird); ferner, bei Entzün­dungen, bei krampfhaften Zusammenschnürungen, (beson­ders im Verdauungskanal, in den Harn und Geschlechts­organen), bei Krampfkolik, bei hartnäckiger Verstopfung und bei Verstopfungskolik, bei Koth- und Haarballen in den Gedärmen, bei verschluckten fremden reizenden Kör­pern, z. B. Knochensplittern, Sand u. dgl. — bei Ver­brennungen, bei schmerzhaften, trocknen Wunden, beson­ders Schufswunden, — bei Hautausschlägen, — bei auf­gesprungenen Zitzen, — bei Steiffigkeit, zu starker Con­traction und Verkürzung der Muskeln, Sehnen und Ge­lenkbänder, — zu erweichenden. Schmerzlindernden und ausleerenden Klystieren, — zur Erweichung festsitzender trockner Schorfe oder Borken, als Vehikel für andere wirksame ArzneistofFe, und zum Bestreichen der Hände und Instrumente bei verschiedenen Operationen.
Dagegen darf man diese Mittel nicht anwenden, wo grofse Schlaffheit und Reizlosigkeit, und in Folge dieses Zustandes vermehrte Absonderung besteht; auch bei Un-verdaulichkeit sind sie im Allgemeinen nicht passend. —#9632; Auf entblöfste Knochen und auf seröse Häute zeigen sie eine sehr nachtheilige Einwirkung, und Katzen ertragen sie auch auf der äufsern Haut nicht, wenn sie hier über den ganzen Körper verbreitet angewendet werden. In mehreren Fällen der Art entstanden in kurzer Zeit Trau­rigkeit, Abmagerung und in 10 Tagen der Tod.
sect;. 190.
Zum innerlichen Gebrauch giebt man die fetten Mit­tel entweder für sich allein, und zwar die Oele oft in ihrem natürlichen Zustande, die Talgarten aber über ge­lindem Feuer geschmolzen, oder mit Schleim etc., und Wasser zu Emulsionen gemacht. Nach Erfordern der Umstände setzt man ihnen auch Salze und andere Mit­tel bei. Aeufserlich werden sie gleichfalls bald für sich allein, bald in Verbindung mit Metalloxyden, mit äthe­rischem Oel, mit Campher u. dgl. in Form von Salben
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und Linimenten, odei- mit Alkalien als Seifen ange­wendet.
Sowohl zur iunerliclien wie zur äufscrlichen Anwen­dung müssen die Fette frisch, d. h. nicht ranzig sein, und bei der letztern Anwendungsart dürfen sie nicht zu lange auf der Haut u. s. w. sitzen bleiben, weil sie durch die Körperwärme, durch die Hautausdünstung und an­dere Einflüsse noch schneller als sonst durch die Luft allein ranzig werden, und dann reizend und schädlich wirken (sect;. 188.). Cm dies zu verhüten, wäscht man nach einigen Tagen das aufgestrichene Fett oder Oel mit war­mem Seifenwasser oder mit einem schleimigen Dekokt, rein ab und ersetzt es durch frisches. — Alle ranzigen Fette sind nur zu Salben und Linimenten, die erregend wirken sollen, zu benutzen.
sect;. 191.
Die Gabe zum innerlichen Gebrauch ist bei der un­bedeutenden Verschiedenheit der einzelnen fetten Mittel, von allen ziemlich gleichmäfsig für Pferde und Rinder auf 6 bis 12 Unzen, für Schafe, Ziegen und Schweine auf 2 bis 6 Unzen und für Katzen und Hunde auf ^ bis 2 Unzen zu bestimmen. Die Wiederholung dieser Gaben wird durch die Art, Heftigkeit und Dauer der Krank-heitszufälle bestimmt. Bei fortdauernder Reizung, bei Ent­zündungen und Krämpfen giebt man die kleineren Gaben nach kurzen Zwischenzeiten (etwa alle halbe bis ganze Stunden) oft wiederholt; dagegen bei vorhandenen frem­dem Körpern und bei scharfen Stofien, die man einhül­len will, und bei Verstopfung des Leibes giebt man gro-fse Gaben nach langen Zwischenräumen (in 24 Stunden nur 2 bis 3 mal) und im Ganzen seltener, gewöhnlich bis Poltern im Leibe entsteht.
Bei dem äufscrlichen Gebrauch richtet sich die Menge der nöthigen fetten Mittel nach der Gröfse der zu bedek-kenden Fläche, und zu einein Klystier nimmt man für die grofsen Hausthiere 2 bis 3 Unzen, für die kleinen aber \ bis 1 Unze, als Zusatz zu schleimigen u. a. Flüssigkeiten.
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]. Schweineschmalz. Schweinefett Adeps sitilln * A.run-gia porcina.
sect;. 192. Es ist weich, schmierig und im reinen Zustande sehr mild, wird aber schnell ranzig. Die Wirkimg und An­wendung ist so wie im Allgemeinen angegeben (sect;. 187. bis 191.); doch wird es innerlich nur wenig, und fast nur bei Pferden gegen Verstopftmgskolik gebraucht, und am besten mit einem schleimigen Dekokt eingegeben. Aeufserlich findet es daseien seiner weichen Consistenz und seiner Wohlfeilheit wegen eine häufige Anwendung in den im Allgemeinen (sect;. 189.) angedeuteten Fällen, und besonders wird es zum Schütze der Haut gegen die Ein­wirkung scharfer Jauche aus Wunden und Geschwüren, bei Haarseilen und Fontanellen, bei der Anwendung scharfer Salben und Einreibungen oder flüssiger Aetz-mittel u. dgl. als die einfachste Salbe angewendet. Es dient zur Grundlage der meisten zusammengesetzten Sal­ben steht aber bei Augensalben der frischen ungesalzenen Butter etwas nach.
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?. Butter. Butyrum.
sect;. 193. Die Butter ist ziemlich von der Consistenz des Schweineschmalzes und im reinen und frischem Zustande das mildeste Fett, wird aber ebenfalls leicht ranzig. Sie wirkt wie die Fette überhaupt, und ist auch ganz wie diese, besonders wie Schweinefett zu benutzen. Ihre innerliche und äufserliche Anwendung ist aber nicht sehr gebräuchlich, denn man benutzt sie fast nur allein bei schmerzhaften Entzündungsgeschwülsten (namentlich bei Euterentzündungen), die man bald zur Zertheilung oder zur Eiterung bringen will, und wo man sie entweder blos für sich allein aufstreicht oder mit schleimigen Mitteln zugleich in Breiumschlägen anbringt. Am meisten dient sie zur Bereitung der Angensalben, wo sie vor allen an-
Hcrtwij Ari.nrimillellelgt;rr.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;15
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dem Fetten den Vorzug besitzt. Diese Beschränkung des Gebrauchs der Butter ist aber unrecht, da man sie fast überall als Hausmittel leichter, wohlfeiler und reiner haben kann als die übrigen Fette, und da sie vermöge ihrer Consistenz sich leicht anwenden läfst. Zu Augen­salben mufs sie frisch, rein, ausgewaschen und ungesalzen {Butvrum recens, B. insulsum) sein.
3. Haminel- oder Schöpstalg. Sevtim ovillum s. tereecinum s. hircinum : u.
4. Rindcrtals
Sevttm tuurinum s. bovmum.
sect;. 194.
Sie besitzen beide eine viel festere Consistenz als die übrigen gebräuchlichen Fette, und werden innerlich noch seltener als das Schweineschmalz und die Butter, äufserlich aber fast nur als Zusatz zu Salben benutzt, um dieselben etwas mehr dickflüfsig zu machen. Zum Innern Gebrauch müssen beide vorher geschmolzen, und dann mit lauwarmen schleimigen Flüssigkeiten in Verbin­dung angewendet werden.
Sie sind ziemlich entbehrlich.
5. Fischthran. Adeps piscarius s. Axungia cetaria, s. Oleum
piscitim.
sect;. 195. Er bleibt bei gewöhnlicher Temperatur flüssig, ist nicht trocknend, aber stets etwas scharf und daher in sei­ner Wirkung den ranzigen Fetten ähnlich. Der sog. Berger Leberthran enthält (nachKopp u. de l'Orme) auch Jod, wodurch die Wirksamkeit dieses Mittels, im Vergleich zu den übrigen Fetten bedeutend verändert wird. — Innerlich in etwas grofsen Gaben (wie sie im Allgemeinen [sect;. 191.] bezeichnet sind) angewendet, er­regt er leichter als die übrigen Fette Laxiren und er wird deshalb mit gutem Erfolge bei Verstopfung des Lei­bes, bei Verstopfungskolik u. s. w. bei allen Hausthieren
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benutzt; doch mufs er mit einiger Vorsicht gebraucht werden, weil er leicht Unverdaulichkeit und andere ga­strische Beschwerden erzeugt. — Gegen chronischen Rheumatismus, wo er in neuerer Zeit bei Menschen mit Nutzen angewendet worden ist, habe ich ihn bei Pferden, Rindern und Hunden, in verschiedenen Gaben innerlich und zugleich äufserlich durch lange Zeit fortgebraucht, fast ganz ohne günstigen Erfolg versucht. — Aeufserlich leistet er bei Verdunkelungen der Hornhaut, bei Steifig-keit der Sehnen, und bei Geschwülsten an denselben (bei dem sogenannten veralteten Sehnenklapp) als erweichen­des und gelind reizendes Mittel oft gute Dienste, und eben so ist er bei flechtartigen Hautausschlägen, welche dicke Borken oder Schorfe bilden, wie z. B. das soge­nannte Teigmal bei Kälbern und Lämmern, ein recht wirksames Heilmittel. Man benutzt ihn hier oft für sich allein oder mit Schiefspulver (1 Theil zu 2 Theilen war­men Thran) zur dünnen Salbe gemacht, welche man auf die, vorher von den Schorfen befreiten Stellen aufstreicht und in Zwischenzeiten von 24 Stunden noch 1 bis 2 mal wiederholt. Selten ist eine öftere Anwendung zur gänz­lichen Heilung nbthig. — Zu Klystieren ist er für die meisten Fälle zu reizend und daher nur bei chronischer Verstopfung anv/endbar.
Aufserdem wird der Thran noch häufig als ein be­liebtes Volksmittel von unwissenden Kutschern und An­dern, innerlich bei der Staupe der Hunde, äufserlich bei Entzündungsgeschwülsten, bei Spatt, Gallen u. dgl., je­doch gröfstentheils zur Unzeit und mehr zum Schaden als zum Nutzen angewendet.
6. Baumöl oder Olivenöl. Oleum Olivarum.
sect;. 196. Seine Wirkungen im frischen und im ranzigen Zu­stande stimmen mit den, im Allgemeinen bezeichneten Wirkungen der fetten Mittel überein, und es kann daher auch ganz nach den gegebenen allgemeinen Andeutungen
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benutzt werden. Bei dem Starrkrampf in die Haut ein­gerieben, scheint es durch Isolirung des Körpers gegen die äufsern Einflüsse nützlich zu wirken. Schmiederer empfiehlt es, auf 28 jährige Erfahrung gestützt, vorzüg­lich gegen Darmentzündung der Pferde, in Verbindung mit schleimigen Flüssigkeiten zu geben 1), und Greve hat es bei Wiederkäuern in Koliken, welche mit Verstop­fung und mit gehindertem Wiederkauen bestehen, und die von zu häufigem Genufs trockener Körnerfrüchte, von Mehl, Spreu u. dgl. entstanden sind, mit gutem Erfolge in grofsen Gaben angewendet 2). Waldinger 3) und Ryfs4), welche sehr gegen den Gebrauch des Baumöls und der fetten Mittel überhaupt sind, weil sie (wie oben bemerkt) innerlich leicht gastrische Beschwerden erzeu­gen, auf der Haut ranzig werden, wollen es nur bei sol­chen Koliken empfehlen, die von zu viel verschlucktem Sande herrühren; in allen übrigen Koliken soll es mehr schädlich als nützlich sein. Diefs ist jedoch sehr gegen die Erfahrung. — Im krampfhaften trockenen Reizhusten u. s. w. leistet es, besonders bei Hunden gute Dienste, wenn man es lauwarm zu einem halben bis ganzen Efs-löffel voll bei den Anfällen eingiebt. um es hierbei noch wirksamer zu machen, kann man es mit Opiumtinktur oder mit Bilsenkrautextrakt (^ Drachme auf 1 Unze Oel) ver­binden. —
Bei schmerzhaften Maulschwämmen der Kälber und Lämmer, giebt man mit Nutzen täglich 2 mal einen klei­nen Efslöffel voll Baumöl, sorgt aber dabei für Reinlich­keit und für gesundes Futter. Bei Entzündungen des äufsern Gehörganges, welche mit heftigen Schmerzen und mit Ausflufs einer fressenden Jauche begleitet sind, be­wirken einige Tropfen reines Baumöl schnelle Minderung
lt;) Teuffel's Magaz. f. Thierheilk. 1. Bd. S. 49. 50.
2)nbsp; WahrnehmuDgen am Rindvieh. S. 104.
3)nbsp; Nahrungs- u. Heilmittellelire. S. 206. *) Arzneimillellelire. S. 32,
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der Zufälle, wenn anch nicht wirkliche Heilung. Eben so mindert es die Spannung und den Schmerz bei Stich­wunden, wenn es auf die umliegenden Theile gelind ein­gerieben wird, und bei Stichen und Bissen von Insekten und Nattern gehört das Baumöl zu den vorzüglichsten Heilmitteln. — Bei fremden Körpern im Schlünde er­leichtert es deren Fortschaffung. — Man glaubt auch, dafs es den Haarwuchs befördere und wendet es zu die­sem Zwecke auf kahle Hautstellen, nach Exkoriationen, Verbrennungen, Verwundungen u. s. w. an; sein Nutzen hierbei ist jedoch noch sehr zweifelhaft. — Auf die Haare gestrichen hält es im Sommer die Fliegen gut ab. Zu Klystieren u. s. w. ist es, wie im Allgemeinen ange­deutet, zu benutzen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; s
Mit Bleiessig, mit Kampher, mit Salmiakgeist, mit Phosphor und mit Terpentinöl verbunden, giebt es ver­schiedene Linimente. Es eignet sich hierzu und überhaupt zum äufsern Gebrauch recht gut, weil es langsamer als manche andere Oele vertrocknet.
Seines Preises wegen mufs es aber zum thierärztlichen Gebrauch mehrentheils dem Leinöl und andern einländi-schen Oelen nachstehen, besonders wenn es in grofsen Quantitäten angewendet werden soll; auch sind die gerin­geren Sorten des Baumöls weit ranziger, schärfer und daher zum medizinischen Gebrauch schlechter als die in­ländischen Oele.
7. Leinöl. Oleum Liui.
sect;• 197. Es ist ein sehr trocknendes Oel, wird schnell ranzig, löst sich in 5 Th. kochenden und in 40 Th. kalten Al­kohols auf. 'Wenn es frisch und ganz rein ist, besitzt es die Wirkungen wie die übrigen fetten Mittel, im ranzigen Zustande nähert es sich aber den Wirkungen des Fisch-thrans, und erregt wie dieser Laxiren. — Es ist ganz so wie die fetten Mittel überhaupt, aber besonders wie das Baumöl innerlich und äufserlich zu gebrauchen. Vor
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dem letztem hat es den grofseu Vorzug der Wohlfeilheit; es steht ihm aber bei äufserlicher Anwendung darin nach, dafs es in kurzer Zeit zu einer firnifsartigen Kruste ver­trocknet, die sich selbst mit Seifenwasser schwer aus den Haaren herausbringen läfst. Es ist deshalb bei seinem Gebrauch eine fleissige Reinigung der betreffenden Stel­len unerlafslich.
sect;. 198. Mit den obigen fetten Mitteln im Wesentlichen über­einstimmend sind auch die folgenden:
1) Nicht trocknende Oele, Fette und Talgarten: Pferdefett oder sog. Kammfett CAxungia equo-rum); geschmolzen ist es fester als Schweinefett, aber wie dieses zu benutzen. — Gänsefett iAxwig. anserina'), sehr weich, bei mittler Temperatur der Luft halbfiüssig, wird sehr langsam ranzig. Benutzung wie Schweinefett; ausserdem bei frischen Hornhautflecken. — Hundefett iA. canin.'), mehr talgartig; ist entbehrlich. — Ochsen­klauenfett CA. pedum Tauri), ölartig, flüssig, wird nicht leicht ranzig, zur äufserlichen Anwendung, wie fette Mittel überhaupt, sehr brauchbar. — Hirschtalg GSfewm cemquot;) ist ganz gleich dem Rindertalg. — Eier öl, siehe sect;. 140. — Fette von verschiedenen Fischen, z. B. Quap­penfett, Aalruppenfett u. dgl. werden leicht ranzig, sind dem Thran sehr ähnlich, stehen hin und wieder im Ruf als sehr wirksam gegen Verdunkelungen der Horn­haut, sind übrigens entbehrlich. — Rübiil (OZ. Napi, 01. Baparum^), neben dem Leinöl das wohlfeilste inländi­sche Oel, ist wie Baumöl zu benutzen, — Buch öl oder Bucheckernöl (CM. nucleorum FagO, im frischen Zustande sehr mild: Benutzung wie das vorhergehende *). —
*) Die Buclieckcrnölkuclicn cntliallen einen, im Wasser lösli-clien, aber nicht näher nachgewiesenen Stoff, der bei Pferden die heftigsten Krämpfe, Schmerzen im Leibe und selbst den Tod Ter-anlafst. Pferde starben von '. bis 1 Pfund, Esel von 4 — 6 Unzen dieser Oelkuchen in Zeil von !0—16 Stunden. Die Sektion zeigte
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Mandelöl (O. Amygdalarum^ sehr mild, wird sehr spät ranzig, ist zum Gebrauch bei grofsen Thieren und in grofsen Gaben zu theuer. — Palmöl (0. Palmae), von butterartiger Consistenz, seit einiger Zeit von engl. Thier-ärzten statt anderer Fette viel benutzt, ist entbehrlich.
2) Trocknende Oele:
Hanföl (0. Cannabis), von mildem Geschmack, aber unangenehmen Geruch, trocknet zu einem zähen Firnifs, ist wie Leinöl zu benutzen. — Mohnöl (O. Papaveris), im Geschmack und Ansehen gleicht es dem Baumöl, ist sehr mild, enthält nichts Narkotisches von 'dem Mohn-saamen, wird wie Baumöl benutzt. — Wallnufsöl (0. nueum Inglandium) hat einen angenehmen, milden Ge­schmack, keinen Geruch, wird leicht ranzig, trocknet noch mehr als Leinöl, ist gegen Verdunkelung der Hornhaut gerühmt, sonst aber entbehrlich — Ricinusöl (0. Ri-cini s. Palmae Christi), dickflüssig, ohne Geruch, von fa­dem Geschmack,, in Alkohol vollkommen auflöslich, wird mit der Zeit ranzig, erträgt mehrere Grad Temperatur unter 0 ohne zu gerinnen; es enthält etwas scharfes Harz und Rici'nussäure, bewirkt Laxiren, mufs aber für diesen Zweck den grofsen Hausthieren zu 15 — 16 Unzen, den kleinern zu 2—3 Unzen gegeben werden; es ist für den gewöhnlichen Gebrauch zu theuer und entbehrlich.
Sechste Abtheiinng.
Wachs. Cerlaquo; (besonders gelbes Wachs Cerajlaeu).
sect;. 199.
Das Wachs ist sowohl in seinen materiellen Eigen­schaften wie auch in seinen Wirkungen dem Fette, und
entzähtlliclie Reizung und Blatanhüafang in den Baaclieingewriden. Bei andern Thieren sind solche. Wirkungen nicht beobaclilrt wor­den. Auch die Bucluofcerii selbst verursaclien, jedoch erst in 3 bis 4 mal giöfserer Gabe, bei Pferden und Eseln ähnliche Wirkongen, Siehe auch: llecueil de med. veler. 1!S3(). p. i49.— Archiv Schweiz. ThierSrzte. Bd. 3. S. 87. Landw. Zeilung von Schnee, 1824 Ko. 43. S. 415 und Viborg's Samml. 5. I5d. S. 291 u f.
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namentlich dem Talge ähnlich, hat aber vor diesem den Vorzug, dafs es nicht ranzig wird. — Es ist bei inner­licher Anwendung sehr einhüllend und leistet bei ruhr­artigen Durchfällen, die mit einem gereizten Zustande des Dar-nkanals verbunden sind, oft recht heilsame Wir­kungen; es wird aber nur selten benutzt, weil es sehr schwer verdaulich ist und weil seine feste Consistenz die Anwendung erschwert. Man kann es zuweilen als wohl­feiles Heilmittel anwenden und den grofsen Hausthieren zu 1 bis lk Uüzen, den Schafen, Ziegen und Schweinen zu i Unze, Katzen und Hunden zu | bis 2 Drachmen auf einmal, und täglich 2 bis 3 mal geben. Zur Anwendung wird es geschmolzen und mit warmer Fleischbrühe, oder mit dergl. Melilsuppe, oder mit einer Abkochung von Stärkemehl zusammengeschüttelt, oder mit Eigelb (2 Theile), einem fetten Oele und warmen Wasser (12 bis 16 Theile) zusammengerieben.
Am häufigsten wird das Wachs äufserlich in Salben, zu deren Grundlage es mit den Fetten dient, benutzt. Es macht die Salben mehr consistent, so dafs sie weni­ger leicht zerfliefsen, dafür aber besser decken. — Die einfache Wachssalbe ( Unguentum cereum s. Ceratum sim­plex), welche aus gelben Wachs (1 Theil) und Schweine­fett (4 Theile), oder statt desselben Baumöl (2i Theile) besteht, ist ein gutes Heilmittel bei Verbrennungen, bei Exkoriationen u. dgl., und kann aufserdem als das beste Schutzmittel für die Haut gegen die Einwirkungen schar­fer Jauche, des Eiters und scharfer Medikamente benutzt werden.
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Zweite Klasse.
Bittere Mittel. (Medicamenta amara).
Begriff. Wirkung und Anwendung dieser Mittel im Allgemeinen.
sect;. 20raquo;.
Als bittere Arzneimittel betrachtet man alle diejenigen, deren Hauptbestandtheil Bitterstoff oder bitterer Ex­traktivstoff (Principium amaruni) ist.
Dieser Stoff kommt im Pflanzenreich häufig (und zwar in allen Theilen sehr vieler Pflanzen), bei Thieren aber nur in der Galle vor, und giebt sich im Allgemeinen hauptsächlich durch einen bittern Geschmack zu erkennen. Er erscheint aber in der Natur nirgend für sich allein oder im reinen Zustande bestehend, sondern bald mit Schleim oder Gummi, bald mit Stärkemeld, Eiweifs, Pflan­zensäuren, Kalien, Salzen, mit ätherischem Oel, Harz, adstringirendem oder narkotischem Prinzip, Farbstoff und dergl. verbunden. In neuerer Zeit hat man ihn auf che­mischen Wege aus mehreren Pflanzen rein dargestellt, in vielen andern ist aber seine Verbindung mit jenen Stoffen so innig, dafs es bisher der Chemie nocli nicht gelungen ist, aus ihnen den Bitterstoff für sich allein darzustellen. Daher sind auch hier seine charakteristischen materiellen Kennzeichen noch nicht bekannt. Aber auch von den be­kannten Arten des reinen Bitterstoffes ist das chemische Verhalten zu andern Stoffen, besonders zu denen des thier. Organismus, nur wenig ermittelt.
sect;. 201.
Die einzelnen bittern Arzneimittel erhalten nach der Art und nach dem Verhältnifs der übrigen Stoffe, welche mit dem Bitterstoft' verbunden sind, einen verschiedenen Charakter, und man unterscheidet sie hiernach: d) in ei­gentlich bittere Mittel, in denen der Bitterstoff überwie-
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gend ist und die im lebenden Körper, der Erfahrung zu Folge inn* milde, diesem Stoffe allein zukommende Wir­kungen erzeugen; — und b) in solche, wo andere Stoffe entweder materiell oder auch in den Wirkungen über den Bitterstoff vorherrschen. — Von den letztern kann hier nicht die Rede sein, da sie, wie z. B. die bittern narkotischen und die bittern purgirenden Mittel in andere Classen gehören. — Aber auch die Arzneimittel mit vor­waltendem Bitterstoff erscheinen darin, dafs sie entweder diesen Stoff ohne andere wirksame Bestandtheile enthal­ten, oder dafs sie neben ihm noch etwas Schleim, Salze, adstringirendes Prinzip oder ätherisches Oel besitzen, verschieden von einander, und sind hiernach bald rein bitter, bald schleimig und salzig bitter, bald ad-stringirend und aromatisch bitter.
sect;. 202. Die Wirkung der innerlich angewendeten bittern Mittel besteht wesentlich in einer Stärkung der sämmtli-chen Verdauungs - und Assimilationsorgane. Sie äufsern dieselbe zuerst und vorzüglich auf den Magen und Darm­kanal, weiterhin aber auch auf die Leber, auf die Bauch­speicheldrüse, auf die Gekrösdrüsen, auf die Blutgefäfse und auf die sämmtlichen Absonderungsorgane, — und zwar in der Art, dafs sie den Appetit erregen, die Verdauung und die Ernährung befördern, und hierdurch die Straff­heit und die Kraft dieser Theile, besonders die Kraft der Muskelfasern (die Irritabilität) erhöhen, jedoch ohne dafs weder gleichzeitig eine unmittelbare Aufregung des Ge-fäfs- und Nervensystems, noch eine vermehrte Zusammen­ziehung (Contractio) der Gewebe damit verbunden ist. Hierdurch unterscheidet sich die Wirkung der bittern Mittel von der der erregenden und zusammenziehenden Mittel. Wo aber ein Mittel neben dem Bitterstoff noch ätherisches Oel oder Gerbestoff enthält, da nähern sich auch seine Wirkungen den cigenthümlichen Wirkungen dieser Stoffe, und zeigen neben der Stärkung auch Reizung und vermehrte Contraktion der betreffenden Theile.
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sect;; 203. Da die bittern Mittel im reinen Zustande weder un­mittelbar erregend noch zusammenziehend wirken, so kann auch ihre Wirkung nur äufserst wenig durch blofse Be­rührung vermittelt werden, sondern dieselbe erfolgt haupt-sächlich dadurch, dafs die Mittel wirklich verdauet und assimilirt werden, ihr Bitterstoff mit dem Chylus in das Blut und in die übrigen Säfte gelangt und dann zum Theil an die Gebilde abgesetzt, zum Theil aber durch die Se- und Exkretionen wieder aus dem Körper entfernt wird. Dafs dieses so ist, ergiebt sich daraus, dafs 1) die bittern Mittel bei der Anwendung auf der Haut we­der eine örtliche noch allgemeine irgend bemerkbare Wirkung äufsern; 2) dafs sie fast gar nicht wirken, wenn die Verdauung gänzlich darnieder liegt und sie also nicht verdauet werden; 3) dafs sie ihre vollständige Wirkung nur langsam und ganz in dem Verhältnifs entwickeln, wie die Verdauung und Assimilation Stufe für Stufe vor sich geht; und 4) dafs bei längerm Fortgebrauch dieser Mittel sehr oft (aber nicht immer) das Fleisch, die Milch und die übrigen abgesonderten Säfte der betreffenden Thiere einen bittern Geschmack annehmen. Doch ist über die­sen Gegenstand, namentlich darüber: wie der Bitterstoff im Magen verändert wird, wo und wie er in das Blut aufgesogen und durch welche Organe er wieder ausge­schieden wird, durch direkte Versuche noch Manches zu entscheiden.
sect;. 204. Bei gesunden Thieren kann man von den angedeu­teten milden, fast nur allein auf die Reproduktion gerich­teten Wirkungen der bittern Mittel, selbst wenn mau diese in grofsen Gaben anwendet (aufser der bittern Be­schaffenheit der abgesonderten Säfte), sehr wenig wahr­nehmen: aber an kranken Thieren, und namentlich bei fehlerhafter Verdauung und Ernährung zeigen sie ihre Wirkungen deutlich. Hier erregen und verstärken sie den Appetit, befördern die Verdauung, vermehren den Tonus
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und die Kraft der Muskelfasern im Magen und Darmka­nal, verstärken mäfsig die wurmförmige Bewegung, min­dern die zu reichliche Absonderung der Verdauungssäfte gleichfalls in einem mäfsigen Grade und verbessern deren Beschaffenheit; besonders wird der Darmschleim weniger zähe abgesondert, weniger Säure erzeugt, der üebergang der Futterstoffe in die saure Gährung verzögert oder ganz verhütet, die Entwickelung der Gasarten (Blähungen) und der Eingeweidewürmer beschränkt, und wo letztere schon vorhanden sind, werden sie nicht selten durch die stär­kere Verdauung getödtet, so dafs sie bald mehr bald we­niger verdauet abgehen; die Absorption im Verdauungs­kanal wird verstärkt, und daher Durchfall beseitiget. Bei dieser gesteigerten Thätigkeit der Verdauungsorgane wird aus den genossenen Nahrungsmitteln mehr Chymus er­zeugt als vorher, die Assimilation wird ebenfalls gebessert, daher auch mehr und besser gemischtes Blut erzeugt, hier­durch die Ernährung im Allgemeinen befördert, und somit zuletzt der ganze Körper gestärkt.
Man betrachtet daher die bittern Mittel speziell als magenstärkende, als wurnnvidrige etc., und auch als stärkende oder tonische Mittel überhaupt,
sect;. 205.
Die Anwendung der bittern Mittel findet gröfsten-theils nur innerlich statt und ist im Allgemeinen ange­zeigt: bei allen Krankheiten, die in atonischer Schwäche, d. i. Erschlaffung und Unthätigkeit der Verdauungs- und Assimilationsorgane, oder in mangelhafter Ernährung und Blutbildung be­gründet, oder wo bei allgemeiner Schwäche doch jene Organe in starke Mitleidenschaft ge­zogen sind. Die Zahl der Krankheiten, wo diefs der Fall ist und wo daher auch die bittern Mittel ihre An­wendung finden, ist sehr grofs, und es gehören nament­lich hierher:
a) Die unterdrückte Frefslust C sogenannte reine Ap­petitlosigkeit), wie sie besonders beim Pferde in einer
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gewissen Selbstständigkeit, ohne einen andern erkennba­ren Krankheitszustand und ohne Fieber, nicht selten vor­kommt.
b)nbsp; Schlechte Verdauung, wo die Darm-Exkremente noch erkennbares, unverdautes Futter enthalten, wo sie ihre gehörige Consistent nicht haben, sondern zu locker und weich, mit zu vielem Schleim umhüllt, bei Pferden zu grofs geballt sind, sauer und widrig riechen.
c)nbsp; Aufblähung (Trommelsucht) und Windkolik (mit Ausnahme solcher Fälle, wo die Aufblähung Folge von Einklemmimg, Verwickelung, Entzündung oder Zerreifsung eines Eingeweides ist); — wenngleich hierbei die bittern Mittel nicht immer die Hauptmittel sind.
rf) Durchfall und Ruhr; sie sind dabei überall wo kein entzündungsartiger Zustand des Darmkanals besteht, von guter Wirkung und zuerst den mehr stopfenden, zu­sammenziehenden und erregenden Mitteln vorzuziehen.
e) Eingeweidewürmer von allen Arten, wo diese Mittel nicht allein dadurch nützen, dafs sie den vorhan­denen Würmern im Verdauungskanal zuwider sind und deren Tod oder Abgang befördern, sondern vorzüglich dadurch, dafs sie die fehlerhafte Schleimabsonderung bes­sern, die Verdauung mehr beleben und somit die für die Wurmbildung günstigen Verhältnisse gründlich beseitigen. Bandwürmer und Oestruslarven werden jedoch von den bittern Mitteln wenig oder gar nicht gestört.
/) Gastrische und andere asthenische Fieber (wie namentlich Schleimfieber, asthen., catarrhalische und rheu­matisch-gastrische Fieber, Faulfieber, Typhus u. dgl.), wo die bittern Mittel fast in jedem Stadium passend sind, jedoch mit andern, dem speziellen Zustande entsprechen­den Mitteln, und namentlich in der ersten Zeit mit Sal­zen verbunden werden müssen.
g) Fehlerhafte Beschaifenheit der Milch bei Säuge-und Melkvieh (z. B. blaue, rothe, fleckige und klümprige, zu leicht säuernde Milch u. s. w.), wo dem Uebel, wenn es nicht aus einer fehlerhaften Beschaffenheit der Nah-
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rungsmittel oder aus Mangel an Reinlichkeit der Milch-gefäfse entstanden ist, fast immer ein gastrisches Leiden, und besonders Schwäche der Verdauungseingeweide zum Grunde liegt.
h) Die asthenische Harnruhr und das asthen. Blut­harnen.
i) Zu reichliches Schwitzen, wenn dasselbe ohne hin­reichende äufsere Veranlassung erfolgt, — wie es oft bei und nach dem Haarwechsel, nach überstandenen Krank­heiten u. s. w. der Fall ist.
k) Kachektische und dyskrasische Krankheiten, wie z. B. Gelbsucht und Räude bei den verschiedenen Thie-ren, die Bleichsucht, Fäule und Egelkrankheit der Schafe, chronische Schleimflüsse, bösartige Druse, Rotz und Wurm bei den Pferden u. dgl. Hier können die bittern Mittel durch Besserung der Reproduktion sehr viel zur gründ­lichen Heilung beitragen und wenigstens stets die Wir­kung der, bei diesen Krankheiten gebräuchlichen spezifi­schen und äufserlichen Mittel sehr unterstützen.
sect;. 206.
Als Gegenanzeige gegen die Anwendung der bittern Mittel ist im Allgemeinen Vollblütigkeit, jede hef­tige Reizung und jede synochöse Entzündung, so­wohl örtlich wie auch bei allgemeinen fieberhaften Krank­heiten, zu betrachten. Auch müssen diese Mittel bei sehr verminderter Absonderung der Schleimhäute, bei derjenigen Verstopfung des Leibes, die mit Trockenheit der Schleimhäute und zu starker Contraktion der Gebilde begleitet ist, und bei völliger Unverdaulichkeit nur vorsichtig und nur in Verbindung mit andern passenden Arzneimitteln, besonders mit Neutral- und Mittelsalzen gegeben werden. Asthenische und complizirte Entzün­dungen und eben solche Fieber, z. B. entzündlich-gastri­sche Fieber, schliefsen dagegen die Anwendung der bit­tern Mittel neben andern nicht aus.
sect;. 207. Die Gabe, in welcher diese Mittel angewendet wer-
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den, ist ziemlich gleichmäfsig von den einzelnen Mitteln, für Pferde und Rinder gegen 1 bis 2 Unzen, für Schafe, Ziegen und Schweine 1 bis 4 Drachmen, für Katzen und Hunde 10 Gran bis 1 Drachme. Von den Mitteln, die den Bitterstoff recht conzentrirt und rein enthalten, wie z. B. Enzian, Quassia und Bitterklee, giebt man gewöhn­lich etwas kleinere Quantitäten als von den übrigen, schwächeren Mitteln. Gröfsere Gaben als die bezeich­neten sind, schaden zwar bei den Thieren nicht offenbar, sie bringen aber auch keinen Nutzen; in zu grofser Masse werden sie nicht verdauet, sie belästigen und stören die Verdammgseingewcicle, und zuweilen bringen sie Appetit­losigkeit, Leibschmerzen und Diarrhöe hervor.
sect;. 208.
Die bittern Mittel können in jeder Form angewendet werden; in Pulverform streut man sie den Thieren auf das Futter, wo sie aber leicht Ekel gegen das letztere erregen, und dann nicht in der nöthigen Menge genossen werden. Es ist daher besser, sie in Pillen und Latwer­gen zu geben. Bei grofser Schwäche der Verdauungsein-geweide giebt man sie aber am besten im Infusum mit heifsem Wasser oder in einer schwachen Abkochung, weil sie darin für die Verdauung mehr vorbereitet werden. Bei Wiederkäuern verdient die flüssige Form auch noch aus andern Gründen den Vorzug (sect;. 89.). Benutzt man zur Bereitung des Aufgusses oder der Abkochung die bittern Mittel gepulvert, so ist das Durchseihen der Flüs­sigkeit nicht nöthig.
Man giebt sie zuweilen für sich allein, mehrentheils aber mit andern Mitteln, nach Bedürfnifs der Umstände verbunden. Bei sehr grofser Schwäche und Reizlosigkeit setzt man ihnen die ätherisch-öligen und flüchtigen Reiz­mittel, z. B. Kalmus, Pfeffermünze, Terpentinöl, Kampher u. dgl. zu; bei Wurmleiden sind aromat. Mittel, Terpen­tinöl, stinkendes Thieröl, Eisen, — bei Aufblähung und Säure Schwefelleber, Kreide, Kalk, — bei vorwaltender Erschlaffung sind adstringirende Mittel, bei Verstopfung
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des Leibes und bei Ansammlung von unverdauten Futter­stoffen im Darmkanal sind abführende Salze, Aloe, — und bei cachektischen Krankheiten sind aromatica, Ter­pentinöl, Kochsalz, Eisen, Schwefel, Spiefsglanz u. dgl. mit ihnen zu verbinden. — Auch setzt man die bittern Mittel in kleinen Gaben den Neutral- und Mittelsalzen bei, um die laxirende Wirkung derselben zu verstärken. — Aeufserlich benutzt man mehrere bittere Mittel bei schlaf­fer Granulation in Wunden und Geschwüren, besonders aber, um Insekten von den Thieren abzuhalten.
A. Reine bittere Mittel. 1. Enzianwurzel. Radix Genlianae,
sect;. 209.
Die Enzianwurzel (der Enzian) enthält unter den inländischen bittern Mitteln den meisten Bitterstoff, den man in neuerer Zeit rein dargestellt und Enzian bitter, Gentianin genannt hat) 5 derselbe ist mit etwas Schleim, zuckerartigem Stoff, ätherischem Oel und Gerbstoff ver­bunden und theiit sich dem Wasser, Wein und Weingeist leicht und vollständig mit. Die sämmtlichen zuletzt ge­nannten Bestandtheile sind jedoch nur in so unbedeuten­der Menge vorhanden, dafs sie nicht in Betracht kom­men, und dafs daher die Enzianwurzel gewöhnlich zu den rein bittern Mitteln gerechnet wird.
Ihre Wirkungen stimmen der Art nach mit der überein, die den bittern Mitteln überhaupt eigen ist *), dem Grade nach aber übertrifft sie alle andere. Deshalb und ihrer Wohlfeilheit wegen ist sie auch bei den Thier-ärzten am meisten im Gebrauch. _________nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Sie
*) Manche wollen ihr auch narkotische Kräfte 7,usclireiben. Ich habe deshalb versuchsweise die gepulverte Wurzel Pferden und Rin­dern zu 6 bis 24 Unzen, Hunden zu 2 bis 4 Unzen auf einmal, und durch 3 Tage wiederholt gegeben, aber keine Spur einer narkoli-schen Wirkung sehen können.
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Sie kann bei allen ästheuischen Krankheiten, bei denen bittere Mittel empfohlen sind (sect;. 205.), angewen­det werden, eignet sich aber besonders da zum Gebrauch, wo mit der Schwäche zugleich Unthätigkeit, Erschlaffung und Ausdehnung besteht: daher namentlich bei Ueberfut-terungskolik, besonders wenn dieselbe oft wiederkehrt, und weniger in wirklichem Ueberfüttern, als vielmehr in allmähliger Ansammlung der Futtermassen in den Gedär­men begründet ist; eben, so in den spätem Stadien der Gelbsucht, Fäule und Egelkrankheit der Schafe und des Rindviehes, bei ünverdaulichkeit, wenn der Koth grofs geballt, in grofsen Klumpen und mit Schleim überzogen abgeht, bei Schleimficbcr, bei Würmern u. dgl.
Bei entzündlich gastrischen Zuständen haben zuwei­len der Bitterklee und die übrigen schwächeren Mittel den Vorzug vor dem Enzian.
Die Gabe und ihre Wiederholung ist wie bei den bittern Mitteln überhaupt. — Die Anwendung geschieht theils in Pulverform, besonders bei Pferden und Schafen (in den sogenannten Frefspulvern und Lecken), theils in Pillen und Latwergen, theils im Aufgufs oder im Dekokt, — letzteres besonders beim Rindvieh. Im Pulver ist zwar die Wurzel sehr wirksam, die Thiere verderben pich aber dadurch mehrentheils sehr bald den Geschmack und dadurch auch den noch etwa vorhandenen Appetit.
Man verbindet die Enzianwurzel oft mit abführen­den Salzen, und namentlich bei entzündlichen Krankhei­ten, bei Ueberfütterungskolik und bei solchen gastrischen Zuständen, welche mit Verstopfung des Leibes verbunden sind, oder wo der Koth dunkel gefärbt, klein und hart abgesetzt wird; in andern Fällen dagegen den Umständen entsprechend mit andern Mitteln (sect;. 208.).
Aeufserlich benutzt man . das Enzianwurzelpulver zu­weilen als ein gelind erregendes, tonisches und austrock­nendes Mittel zum Einstreuen bei üppig granulirenden, stark jauchenden Wunden und Geschwüren, besonders wenn dieselben zugleich durch Tnsektenmaden verunrei-
Hirliv-Ie \nneiitliltcllp.1ire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 16
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nigt sind. Man versetzt es hierzu auch mit Kohlenpul­ver und Eichenrindenpulver zu gleichen Theilen, oder auch mit der Hälfte Zinkvitriol oder Alaun, oder mit dem achten Theil Campher oder rothen Präzipitat u. dgl. — Eben so kann man bei Wunden und Geschwüren von jener Beschaffenheit auch ein Enziandekokt (1 Theil Wurzel zu 8 bis 10 Theilen Wasser) benutzen.
Von dem Enzian giebt es mehrere offizineile Präpa­rate (namentlich ein recht wirksames Extrakt und eine Tinktur), welche jedoch in der Thierarzneikunde fast ganz zu entbehren sind.
2. Quassiaholz (Bitierholz). Lignum Quassiae.
sect;. 210. Unter allen Mitteln besitzt es den Bitterstoff (Quas­sin genannt, ein Alkaloid) am reinsten und in grbfster Menge *), und es gelten deshalb von seiner Wirkung vor­züglich die, über die Wirkung der rein bittern Mittel im Allgemeinen gemachten Angaben. Besondere Heilkräfte gegen einzelne Krankheiten besitzt es, im Vergleich zu den übrigen bittern Mitteln, nicht, und es ist daher durch inländische Mittel der Art, namentlich durch Bitterklee oder Enzian zu ersetzen. Mit dem erstem hat die Quassia zwar grofse Aehnlichkeit, ist aber stärker, und von dem letztern unterscheidet sie sich dadurch, dafs sie keine erregende Nebenwirkung aufsert.
quot; Man wendet das Bitterholz nach den allgemeinen Regeln an, und giebt es am besten in einem schwachen Dekokt.
Da es theurer ist als der Enzian, so wird es inner­lich sehr wenig, und äufserlich gar nicht benutzt. Das Quassia-Extrakt ist sehr wirksam, aber zum thierärztlichen Gebrauch zu theuer.
*) Dieser Billersloff wirkt auf Fliegen und andere Insekten be­täubend, auf die Hausthiere aber nicht; eine Abkochung des Hol/.cs (i Unze zu 3 Unzen Colatar), mit Zusatz von etwas Milch und Zuk-ker, vrird häufig als das gefahrloseste Fliegengift benutzt-
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3.nbsp; nbsp; Bittcrklee (Fieberklee, Wasserklee). Herba Trifolü
fibrini.
sect;• 211.
Die Stengel und Blätter dieser Pflanze enthalten, besonders wenn sie im Herbst gesammelt ist, den Bitter­stoff in sehr grofser Menge und fast ganz ohne wirksame Nebenbestandtheile. Man rechnet sie daher mit Recht zu den kräftigsten rein bittern Mitteln, unter denen sie nur vom Enzian und von der Quassia übertroffen wird. Der Bitterklee ist der letztern in der Wirkung sehr ähn­lich und für sie das beste Ersatzmittel. Er verdient, da er fast überall zu haben und eben so wohlfeil als kräftig in seinen Wirkungen ist, eine häufigere Benutzung in der Thierarzneikunde als bisher.
~ Die Anwendung kann überall geschehen, wo die bit­tern Mittel überhaupt und der Enzian besonders empfoh­len sind.
Die Gabe, Form und Verbindung ist bei dem ge­trockneten (pulverisirten oder zerschnittenen) Kraut eben­falls nach den allgemeinen Angaben einzurichten. Im Sommer kann man auch das frische Kraut benutzen und dasselbe entweder im Dekokt, oder für grasfressende Thiere kleingeschnitten und mit anderem Futter gemengt geben. Auf letztere Weise reicht man täglich 3 mal für Pferde und Rinder jedesmal 1 bis 1| Pfd., oder gegen 2 bis 3 Hände voll, für Schafe, Ziegen und Schweine den 3ten Theil. — Zu dem Dekokt nimmt man auf die­selbe Menge eine achtfache Quantität Wassers, läfst dies auf die Hälfte einkochen und durchseihen, und dann auf ein- oder zweimal eingeben. — Das Extrakt wirkt wie das Mittel selbst, ist aber durch dieses zu ersetzen.
4.nbsp; nbsp; Tansendgüldcnkraut. Herba s. Summitafe* Centaurei
minoris.
sect;• 212.
Diese Pflanze besitzt gleichfalls in den Stengeln und Blättern viel Bitterstoff, der jedoch schwächer als bei der
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vorigen und zugleich etwas salzig uud kratzend schart ist. Ihre Wirkungen sind denen des Enzians ähnlich, aber milder als bei diesem Mittel. Anwendung, Gabe und Form sind wie bei den übrigen bittern Mitteln zu bestimmen.
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ii
B. Auflösende und schleimige bittere Mittel.
5. Rin'ttsgalle. Fei Tutiri.
sect;. 213.
Die Wirkungen der Thiergalle und namentlich der llindsgallo stimmen mit dem überein, was von den bit­tern Mitteln im Allgemeinen angegeben worden ist. Aufser der stärkenden Wirkung (welche schwächer als die der Enzianwurzel, des Quassiaholzcs und des Bitter­kleekrautes ist), besitzt sie aber noch durch ihre alkali­schen und salzigen Nebenbestandtheile gelind auflösende Wirkungen. —
Die innerliche Anwendung der Galle ist bei densel­ben Krankheitszuständen angezeigt, wo die bittern Mittel überhaupt nützlich sind, und sie verdient bei grofser Schwäche und gleichzeitiger Reizbarkeit der Verdauungs­eingeweide vor den rein bittern Mitteln den Vorzug, weil sie sehr mild wirkt und als thierisches Produkt sehr leicht verdaulich und assimilirbar ist; sie wird jedoch nur wenig und fast nur bei den kleinen Hausthieren benutzt, weil sie nicht immer und in der nöthigen Menge frisch zu haben ist und bei der Aufbewahrung leicht fault und verdirbt. Um dies zu verhüten, wird sie über Feuerquot;ein­gedickt {Fei Tauri inspissatum)] allein hierdurch verliert sie auch viel von ihrer Eigenthümlichkeit, so dafs sie den bittern Extrakten sehr ähnlich wird, und besser durch diese zu ersetzen ist. — Die Gabe von der frischen Rindsgalle ist für die verschiedenen Thiere nach dem im Allgemeinen (sect;. 2Ü7.) angedeuteten Verhältnifs einzurich­ten, und die Anwendung geschieht theils in Auflösungen
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mit einem andern bittern, oder bitter-aromatischen Infu-sum, oder in Pillen und Latwergen, bei denen die Galle zum Thei! auch als Bindemittel dienen kann.
Aeufserlich angewendet wirkt die Galle gelind erre­gend, auflösend und zertheilend, und man benutzt sie da­her als Einreibung zur Zertbeilung schlaffer Geschwülste, welche Neigung zeigen sich zu verhärten, wie z. B. ver­altete Piphacken, Stollbeulen, Drüsenknoten u. dgl. Man wendet sie theils für sich allein, mehreutheils aber mit andern ähnlich wirkenden Mitteln verbunden an, z. B. mit grüner Seife, mit Kochsalz, mit Kampher- oder Am-moniumliniment, mit grauer Quecksilbersalbe u. dgl. In der Thierarzneischule zu Berlin ist folgende, sehr wirk­same Zusammensetzung unter dein Namen: grüne zer­theilend o Salbe gebräuchlich:
Man nimmt: Altheesalhe (oder Schweinefett) 4 Un­zen, Ochsengallc, geschabte weifse Seife, von jedem li Unze, Steinöl 1 Unze, pulveris. Kampher ~ Unze, Hirsch-, hornsalz 2 Drachmen. Mische alles durch Reiben zu­sammen.
Auch hat man die Galle bei Flecken der Hornhaut als resorbirendes und auflösendes Mittel mit gutem Er­folge angewendet. Sie wird hier bei noch bestehender krankhafter Reizbarkeit mit 3 bis 4 Theilen reinen Was­sers verdünnt, später aber für sich allein oder in Ver­bindung mit andern Mitteln (Honig, Merkurialsalbe, Hirschhornsalz u. dgl.) benutzt, indem man sie täglich 1 bis 2 mal zwischen die Augenlider streicht.
6. Kai-ilobeneAikteiikraut Her6a Cardui benedicti.
sect;. 214.
Es enthält neben dem bittern Extraktivstoff noch eine bedeutende Menge von Kali- und Kalksalzen etwas Schleimzucker u. s. w. Es wirkt daher nicht allein to­nisch, sondern auch auflösend, und die Sekretion der Schleimhäute, sowohl im Verdauungskanal wie auch vor­züglich in den Respirationsorganen vermehrend. Mau
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benutzt es daher mit ^utem Erfolge bei solchen gastri­schen Krankheiten, bei denen Reizung und verminderte Absonderung der Schleimhäute zugegen ist und wo die rein bittern Mittel, und besonders der Enzian nicht gut ertragen werden. Doch wird es im Ganzen auch nur wenig angewendet. — Von der Gabe, Form und Ver­bindung gelten auch hier die allgemeinen Andeutungen.— Das Extrakt ist zu entbehren.
7. JGrdr auch kraut. Her 6a Fumariae.
sect;. 215.
Diese Pflanze enthält aufser dem bittern Extraktiv­stoff viel salzsaures Kali und ist ähnlich der vorigen, tonisch und zugleich auflösend, die Absonderungen be­fördernd. Man vergleicht es auch mit den Wirkungen der Thiergalle; es ist aber weit schwächer als diese, und überhaupt eins der schwächsten bittern Mittel. Es wird daher bei den Hausthieren nur äufserst selten benutzt, und es ist wohl auch ganz zu entbehren, obgleich es wie das vorhergehende Mittel und wie die Galle ange­wendet werden kann.
Anmerkung. Dem Erdrauch fast ganz ähnlich ist das Kraut des we if sen Andorns {Herha Marrubii albi), und es gilt das eben Angegebene auch von ihm,, — Von gleicher Art aber noch schwächer wirkend, ist das Kraut und die Wurzel des Löwenzahns (Herb, et rod. Ta-raxaci), welche nur im frischen Zustande als diätetisches Hausmittel zu benutzen sind; — ferner die Cichorien-wurzel (Rad. Cichorü syhestris), das Kraut des Huf-lattigs (Herba Tussilaginis), und des Ehrenpreis {Herba Veronicae) und mehrere andere von ähnlicher Qualität. Sie sind sämmtlich zu entbehren und werden auch jetzt fast gar nicht mehr angewendet. — Ein salzig bitteres Mittel ist auch das Kraut des Färbeginsters iHerba et summitates Genistete tinetoriae), welches in der neuern Zeit von Dr. Marochetti zur Verhütung der Wasserscheu bei Menschen, welche von tollen Hunden gebissen sind.
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laquo;dir empfohlen worden ist. Das Mittel brachte bei mei­nen Versuchen an Thieren selbst in grofsen Gaben (bei Pferden und Kühen zu 2 Pfd., bei Hunden zu 1 bis 6 Unzen pro dosi, täglich 2 mal und durch 8 Tage fort­gesetzt) keine auffallende Wirkung hervor, und die ge­rühmten Heilwirkungen haben sich weder bei Menschen noch bei Thieren bestätigt.
C. Aromatische oder erregende bittere Mittel.
S. VVcrmutli (das Kraut inif ilt-u Hlüthen). Herba et aummi-iates Absynlhü.
sect;. 216.
Der Wermuth besitzt einen aufserordentlich bittern, harzigen Stoff, in Verbindung mit etwas ätherischem Oel, Salzen u. s. w. Das frische Kraut ist den Pferden in hohem Grade zuwider und wird auch von Kühen nur bei grofsem Hunger gefressen; Schafe und Ziegen fressen es eher, scheinen aber auch keinen Wohlgeschmack daran zu finden. Nach etwas anhaltendem Genufs dieser Pflanze wird die Milch, das Fleisch und der Urin der betreffen­den Thiere bitter.
Der Wermuth besitzt in einem hohem Grade die tonischen Wirkungen der rein bittern Mittel, ist aber von diesen darin verschieden., dafs er durch sein ätheri­sches Oel noch etwas erregend auf das Gefafs- und Ner­vensystem wirkt. Doch ist die Wirkung des Bitterstoffes bei weitem vorwaltend. Er nähert sich somit den äthe­risch-öligen, flüchtigen Erregungsmitteln und findet des­halb vorzüglich bei solchen Krankheiten der Verdauungs­und Assimilationsorgane seine Anwendung, wo neben der Schwäche noch Reizlosigkeit besteht, oder wo Würmer zugegen sind. Gegen letztere ist er eins der vorzüglich­sten und wirksamsten Mittel. Seiner erregenden Neben­wirkung wegen ist er bei schlaffen, phlegmatischen Thie­ren, und daher besonders auch bei den Wiederkäuern
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den übrigen Mitteln sehr vorzuziehen, üebrigens ist er innerlich bei denselben Krankheitszuständen anzuwenden, wo die bittern Mittel überhaupt passend sind; aber bei reinen und heftigen Entzündungen ist er mehr zu vermei­den, als die im Vorhergehenden abgehandelten bittern Mittel.
Die Gabe ist wie bei den übrigen bittern Mitteln. Die Anwendung kann in Pulver, in Latwergen, Pillen, Aufgüssen und Abkochungen mit Wasser geschehen. Das Pulver eignet sich, da die übrigen Thiere dasselbe wenig oder gar nicht fressen, nur für Schafe; man mengt es für sie mit Gersten-, Hafer- oder Malzsclirot, oder mit Kleie, mit Kochsalz, Wachholderbeeren oder andern aromati­schen Mitteln zu einer Lecke zusammen und setzt ihnen dieselbe zum freiwilligen Genufs vor, z. B. bei der Egel­krankheit :
Nimm: gepulv. Wermuth,
raquo; Kalmus von jedem 4 Unzen.
raquo; Glanzrufs,
raquo; Kochsalz von jedem 2 Unzen.
raquo; Terpentinöl h Unze,
Schrot oder Mehl 2 Pfd. Menge alles gut zusammen und gieb es für 10 Schafe auf einen Tag. Nehmen die Thiere von dem Mittel zu wenig, so macht man es mit Wasser zur Latwerge und giebt einem Schafe früh und Abends den 20. Theil davon auf einmal ein. Bei der Bleichsucht setzt man dieser Mengung noch Eisenvitriol C\ bis ' Unze), und bei Säu­rcentwicklung in den Eingeweiden noch pulverisirten ge­brannten Kalk (1 Unze), oder pulv. weifs gebrannte Kno­chen (2 bis 3 Unzen) zu.
Bei dem Rindvieh benutzt man den Wermuth, je nachdem man die erregende oder die tonische Wirkung vorzüglich wünscht, im Aufgufs oder in Abkochungen (1 Unze zu 1 Pfund Flüssigkeit), und bei Pferden, Schwei­nen und Hunden am besten in Pillen und Latwergen, und verbindet ihn nach Bedürfnifs mit verschiedenen passen-
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den Mitteln, z. B. mit stink. Thierol, Steiuöl, Terpentin­öl, Kampher, Weingeist, Pfeffermünze, Kochsalz, u. s. w. — Bleizucker, Sublimat, Eisen- und Zinkvitriol schlagen in Dekokten und Infusionen vom Wermuth einen grofsen Theil der wirksamen Bestandthoile nieder.
sect;. 217.
Aeufserlich wird der Wermuth bei fauligen, schlaffen, unreinen, mit stinkender Jauche versehenen, oder mit Maden behafteten Geschwüren, z. B. bei dergleichen Wie-derrüstschädeu und bei asthenischeu und brandigen Ent­zündungen, z. B. bei ausfallender Mauke u. s. w. bald als Breiumschlag, bald in flüssiger Form als Waschung und Bähung benutzt. — Zu dem Breiumschlag nimmt man die zerschnittenen, von den groben Stengeln befrei­ten Blätter und kocht dieselben gelind mit so viel Was­ser, wie zur Consistenz des Breies nöthig ist; — zu den Bähungen benutzt man einen Aufgufs oder eine Abko­chung wie zum innern Gebrauch.
Ein solches Infusum oder Dekokt wendet man auch zuweilen als Waschmittel auf die gesunde und kranke Haut in der Absicht au, um Läuse oder Milben zu tod-ten, oder um von den Thieren die Bremsen, Fliegen und andere Insekten abzuhalten, weil letztere die bittern Sub­stanzen fliehen oder von ihrem Genufs betäubt werden und sterben.
Der Wermuth ist auch im frischen (grünen) Zustande, innerlich und äufserlich auf die angegebene Weise, je­doch in doppelter Gabe zu benutzen. Die Präparate (Ex­trakt, Tinktur, äther. und gekochtes Wermuthöl) sind ähnlich wirkend, aber für Thiere zu theuer.
9. llainfarrukr.-uit. Rainfarrnblumen iiult;l Saaincn. Herba, Flo res et Semen Tanaceti,
sect;. 218. Die ganze Pflanze enthält einen bittern Extraktivstoft' in Verbindung mit harzigen Bestandthcilen, mit einem scharf bittern. ätherischen Oel. etwas oisongrünendem
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Gerbstoff u. a. Das Kraulaquo;, oder die Blatter besitzen von dem letztern am wenigsten und sind mehr rein bit­ter, dagegen die Bhimen, und noch mehr die Saamen viele flüchtige Bestandtheile zeigen.
Die Wirkungen des Rainfarrnkrautes kommen im Wesentlichen mit denen des Wermuths überein und un­terscheiden sich von diesem nur dadurch, dafs sie mit noch etwas stärkerer Erregung der Gefafs- und Nerven-thätigkeit in den Verdauungseingeweiden verbunden sind, als bei dem zuletzt genannten Mittel. — Die Wirkungen der einzelnen Theile des Rainfarrnkrautes sind ziem­lich mit einander übereinstimmend, aber im Grade der erregenden Nebenwirkung, nach der verschiedenen Menge der in den letztern vorhandenen reizenden Bestandtheile, etwas von einander abweichend.
Die Anwendung geschieht innerlich und äufserlich wie bei dem Wermuth. Gegen Eingeweidewürmer hält man den Rainfarrn, und besonders den Saamen für wirk­samer als letztern und auch für wirksamer als den soge­nannten Wurmsaamen oder Zittwersaamen.
Auch die Gabe, die Form und Verbindung, in denen der Rainfarrn angewendet wird, sind wie bei dem Wer­muth.
Anmerkung. Der Wurmsaamen (Seinen Cinae s. Santonici etc.) stammt von einer in Syrien u. s. w. wild­wachsenden Wermuthart, enthält als wirksame Bestand­theile einen eigenthümlichen Bitterstoff iSantonin'), gum-migen Extraktivstoff, Harz, äther. Oel; wirkt ähnlich wie der Rainfarren, ist in der Menschenheilkunde sehr ge­bräuchlich, aber für Thiere zu theuer und durch Rain­farren und AVermuth zu ersetzen,
10. Hopfen (die weibliehen Blüthen, Fruchtähren oder Zapfen). Flores s, Strobili s. Coni Lupuli.
sect;. 219.
Sein stark bitterer etwas harziger Geschmack und der eigenthümliche aromatische, etwas betäubende Geruch
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zeigen, dafs er ein bitteres Prinzip mit flüchtigem Oel und Harz als wirksame Bestandtheile enthält. Dieselben finden sich besonders in dem gelben, klebrigen Staube, der die Hopfensaamen umgiebt und den man in der neuern Zeit mit dem Namen Lupulin bezeichnet hat. In diesem Staube beruhet daher auch vorzüglich die Wirksamkeit des Hopfens.
Die Wirkung desselben auf den Thierkörper stimmt mit denen der übrigen aromatisch bittern Mittel sehr überein 5 sie ist jedoch mehr erregend als die Wirkung des Wermuths und des Rainfarrnkrautes. Narkotische Wirkungen, von denen manche Schriftsteller sprechen, habe ich von kleinen und grofsen Gaben und bei mehr­tägiger wiederholter Anwendung des frischen und des ausgetrockneten Hopfens bei Pferden, Kühen, Schafen und Hunden nicht wahrnehmen können.
Man kann den Hopfen wie den Wermuth und bei denselben Krankheitszuständen innerlich und äufserlich benutzen; bei hohen Graden vonAtonie, und bei hieraus entstandener Cachexie, Wassersucht u. dgl. scheint er aber den Vorzug vor diesem Mittel zu verdienen.
Weil der Hopfen sehr schwer zu pulvern ist, so giebt man ihn nicht in Pillen und Latwergen, sondern am besten im Aufgufs oder in einer gelinden Abkochung Cl bis 1^ Unze auf 1 Pfand Wasser).
H. Schafgarbenkraut und Blütlien. Summitaiss s. Herba et Flores Millefolii.
sect;. 220.
Die Schafgarbe enthält einen gelind zusammenziehen­den Bitterstoff in Verbindung mit ätherischem Oel; der erstere ist zwar vorwaltend, aber beide Bestandtheile sind in geringerer Menge zugegen als bei dem Rainfarrn und bei dem Wermuth. Im frischen Zustande wird die Schaf­garbe von allem Vieh gefressen und die Schafe suchen sie mit Begierde auf; auch getrocknet ist sie den Thie-ren nicht so zuwider wie die übrigen bittern Mittel,
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und sie eignet sich deshalb vorzüglich zur Anwendung in Lecken.
Die Wirkungen sind stärkend erregend, bliihungtrei-bend und krampfstillend, aber schwächer, als bei den drei vorigen Rütteln, besonders im getrockneten Zustande.
Man benutzt das Schafgarbenkraut mit den Blüthen zugleich, sowohl frisch als getrocknet, ganz wie den Wermuth. Es steht dem letztem in der wurmwidrigen Wirkung nach, ist aber bei Krämpfen, daher auch bei Krampfkoliken, und bei krampfhaften Harnbeschwerden, — auch bei asthenischen Entzündungen und deren Aus­gängen, besonders bei dergleichen Lungenentzündungen, Verschleimungen, Diarrhöe u. s. w. vorzüglicher als jenes Heilmittel.
Gabe und Form, so auch die Verbindung mit andern Mitteln, ist wie bei den bittern Mitteln überhaupt.
Aeufserlich kann das Schafgarbenkraut als ein stär­kendes, die Thätigkeit erhöhendes und zertheilendes Mit­tel bei schlaffen, schlecht eiternden Wunden, bei Quet­schungen und Quetschwunden, bei Blutergiefsungen, Ver­härtungen und bei schlaffen Geschwüren u. s. w., theils in Breiumschlägen, im Infusum oder Dekokt angewendet werden.
Das Mittel empfiehlt sich, wie die beiden vorher­gehenden, wegen seiner Wohlfcilheit ganz besonders zum thierärztlichen Gebrauch.
12. Haute. Herba Rulae.
sect;. 221. Das Bantenkraut (mit und ohne Blüthen und Saa-men) enthält ähnliche wirksame Bestandtheile wie der Wermuth, nur mit dem Unterschiede, dafs es weniger Bitterstoff, und dafür etwas mehr und zugleich schärferes ätherisches Oel besitzt. — Die Wirkungen sind denen des Wermuths älmlicli, nur etwas schwächer tonisch, da­gegen vom frischen Kraut etwas stärker örtlich erregend.
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Im trocknen Kraut erscheint die erregende Kraft des Mittels gemindert.
Die innerliclio Anwendung, Gabe u. s. w. findet (wie von den übrigen aromatiscli bittern Mitteln) bei astheni-schen Krankheiten mit torpidem Charakter statt, und be­sonders bei solchen Krankheiten der Verdauungseinge-weide. Aufserdem ist die Kaute seit alten Zeiten als Präservativ gegen ansteclcende Krankheiten, und zuletzt wieder von Delabcre Blaine l) gegen das Entstehen der Wuthkrankheit nach dem Bisse von tollen Hunden, empfohlen worden. Es ist jedoch hierbei auf dieses Mittel so wenig zu trauen wie auf die meisten übrigen, und es darf bei seiner Anwendung niemals die örtliche zweckmäfsige Behandlung der Bifswuude und die übrige nöthige Vorsicht unterlassen bleiben.
Aeufserlich ist das Kraut wie der Wennuth und die Schafgarbe zu benutzen.
[3. G u n (1 c r m a d n , E r d o p heu. Herl/fi Iledcrne terrestris.
. sect;. 222. Das Kraut ist gewürzhaft bitter, jedoch beides nur in einem gelinden Grade 5 es ist überhaupt das schwäch­ste Mittel von den bisher genannten aromatisch bittern, und wird deshalb auch sehr wenig benutzt. Es wirkt der Schafgarbe ähnlich und kann wie diese, jedoch in stär­keren Gaben angewendet werden.
14. Cremeincr Haarstraixg. Peucedanutu q/ßcinnle.
sect;. 223. Die Wurzel besitzt einen widrigen, ranzigen Geruch und einen unangenehmen, sehr bittern, etwas gewürzhaf­ten Geschmack. Sie enthält Bitterstoff, Harz, Gummi und' eme geringe Quantität äther. Gel. Ihre Wirkungen stimmen mit den im Allgemeinen angegebenen Wirkungen
') Die Krankheiten der Hunde. Aus d. Engl. Leipzig 1820. S. 69 u. f.
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der bittern Mitteln überein, daher die Wurzel nach den­selben Indikationen wie Werrauth und Hopfen angewen­det werden kann. Ehemals wurde sie häufig bei astehn. Brustkrankheiten, bei Absonderung von zähem Schleim, bei Gelbsucht, Wassersucht aus Atonie, bei Würmern, Hautkrankheiten in Folge mangelhafter Säftebildung u. dgl. benutzt, jetzt ist sie fast ganz vergessen, verdient aber mehr beachtet zu werden.
Dritte Klasse.
Adstr ingi r ende oder zusammenziehende Arzneimittel.
(lUedicamenia adstringentia.)
Begriff, Wirkung und Anwendung dieser Mittel im Allgemeinen.
sect;• 22J. Zu den adstringirenden Mitteln kann man im weite­sten Sinne alle diejenigen rechnen, welche bei ihrer Ein­wirkung auf thierische Weichgebilde eine Zusammen-schrumpfung derselben, und auf der Zunge eine herbe, zusammenziehende Empfindung hervorbringen. Diese Ei­genschaft besitzen: a) viele Pflanzen und Pflanzentheile, in denen ein eigen thümlicher zusammenziehender Stoff, oder ein sogenanntes adstringirendes Prinzip enthalten ist; b) die meisten Säuren, besonders in einem mäfsig conzentrirten Zustande; c) mehrere Metalle und manche Verbindungen derselben mit Säuren, wie nament­lich das Eisen und seine Präparate, Zink- und Kupfervi­triol, Grünspan, die essigsauren Bleipräparate und der Alaun, und d) die Kälte und solche Substanzen, an de­nen sie gebunden ist.
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Im engen und gewöhnlichen Sinne versteht man aber unter adstringirende Arzneimittel nur die zuerst be­zeichneten vegetabilischen Substanzen, von denen auch deshalb hier nur geredet werden soll. Die Säuren finden in der IXten, der Alaun in der Xlten und die metalli sehen Mittel in der Xllten Classe ihren Ort.
sect;. 225.
Der eigentlich wirksame Bestaudtheil in den adstrin-girenden Pflanzen ist der sog. Gerbstoff oder die Gerbe­säure (Principium adsfringens, Tannin, Acid, tanninum). Dieser Bestandtheil findet sich ungemein häufig in den verschiedensten Pflanzen und deren einzelnen Theilen, am meisten concentrirt aber in der Rinde und der Wur­zel vieler Bäume und Sträucher, besonders der jungem Zweige, auch in den Blättarn, Saamen und Früchten meh­rerer Gewächse. Er ist meistens mit andern Bestandthei-len dieser Pflanzen, bald mit Schleim, bald Bitterstoff, Säuren, Alkalien, äther. Oel u. dgl. verbunden, wodurch die einzelnen Arzneimittel dieser Classe wieder einige Abweichungen von einander zeigen. Auch erscheint der Gerbstoff selbst in den verschiedenen Pflanzen etwas mo-difizirt, so dafs man hiernach eine Eichengerbesäure, eine Chinagerbesäure und eine Catechugerbesäure unterschieden hat. Seine Grundbestandtheile sind Koh­lenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, und sein chemisches Verhalten zu andern Substanzen charakterisirt ihn im All­gemeinen als eine Säure, indem er sich mit Alkalien, Er­den, Alkaloidcn und Metalloxyden zu gerbesauren Salzen verbindet, und dabei die etwa vorhandene Kohlensäure austreibt. Bei dem Zutritt der Atmosphäre nimmt er mehr Sauerstoff' aufj oxydirt sich und bildet neue Säuren. Die Gerbesäure löst sich leicht in Wasser, besonders in kochendem und in Weingeist, auch in gewöhnlichem Ae­ther auf, aber nicht in fetten und in äther. Oelen; sie wird durch Chlor und conzentr. Salpetersäure zerstört; [Hut Schwefelsäure verbindet sie sich und ist dabei in Wasser löslich; aus einer conzentr. Auflösung wird sie
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durch Salpeter-, Salz-, Phosphor- und Arseuiksäure ge­fällt, aber nicht durch Essig-, Citronen- und Milchsäure. Die hierbei entstehenden Niederschläge sind Verbindun­gen dieser Säuren und der Gerbesäure, und dieselben lö­sen sich wieder in Wasser, aber nicht in der fällenden Saure. Stärkemehl, Gallerte (Faserstoff), Eiweis, thier. Schleim, Bitterstoff, Pflanzenalkaloidc werden aus Flüssig­keiten durch die Gerbesäure gefallt, dieselbe verbindet sich auch mit der Gallert und dem Faserstoff der thier. Theile im lebenden und todten Zustände derselben zu unlöslichen, festen Massen. Mit Metallsalzen macht sie unlösliche Niederschläge von verschiedener Farbe, indem sie sowohl mit den Basen, wie auch mit den Säuren die­ser Salze sich verbindet, und nur die letztere Verbindung aufgelöst bleibt, die erstere aber sich abscheidet.
sect;.226. Die Wirkung der adstringirenden Mittel auf den lebenden Thierkörper ist im Wesentlichen so, wie sie be­reits im sect;. 71. angedeutet worden ist. Sie ist zuerst ört­lich eine chemische und hängt dem Grade nach von der Verwandsehaft der Gerbesäure zu den organischen Ge­bilden, mit denen sie in Berührung kommt, ab. Man er­kennt dies aus den fast sogleich erfolgenden unlöslichen Niederschlägen, die der Einwirkung dieser Mittel auf Säfte, die Eiweis oder Gallert enthalten, entstehen. Die örtliche Wirkung erfolgt daher grofstentheils schon durch blofse Berührung und ist zuerst nur auf die unmittelbar berührte Stelle beschränkt; sie verbreitet sich aber auch über den ganzen Körper, und zwar hauptsächlich durch den unmittelbaren Üebergang des adstringirendes Stoffes in die Safte, zum Theil auch durch Consensus. Das Letz­tere geschieht zuweilen ziemlich schnell, aber niemals in einem hohen Grade; das Erstere erfolgt nur bei der An­wendung der zusammenziehenden Mittel auf die Ver­dauungseingeweide, und die allgemeinen Wirkungen er­folgen hierbei zwar langsamer, aber in einem deutlich bemerkbaren Grade und sehr andauernd. Es ist noch
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nicht völlig ermittelt, ob die Absorption des adstringireh-den Prinzips im Verdauungskanal durch den Verdauungs-prozefs oder durch die chemische Verbindung mit den Säften des Verdauungskanals vorbereitet wird. Wahr­scheinlich tragen beide Umstände hierzu bei. — Es wird aber nicht alles adstringirende Prinzip, welches in den Verdauungskanal gebracht ist, absorbirt, sondern es geht ein bald gröfserer bald kleinerer Theil deutlich erkennbar mit dem Koth wieder ab; auch wird ein Theil der orga­nischen Substanzen, die sich mit der Gerbesäure verbun­den haben, unverdauet mit dem Darmkoth entleert. — Der erfolgte Uebergang des adstringirenden Prinzips in die thier. Säfte ist am bestimmtesten an dem Urin zu erkennen, indem derselbe nach der etwas reichlichen An-i wendung adstringirender Mittel mehr gelb gefärbt abgeht, an der Luft aber braun wird und nach dem Hinzuthun einer Eisenchloridauflösung einen starken grünen Nieder­schlag macht, in welchem noch organische Bestandtheile enthalten sind. Bei dem sichern Vorhandensein des ad­stringirenden Stoffes in dem Urin mufs der erstere wohl auch im Blute enthalten sein; hier ist derselbe aber nicht deutlich nachzuweisen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;' •
sect;. 227. Bei der innerlichen Anwendung dieser Mittel in mäfsigen Gaben entsteht zunächst in der Schleimhaut des Magens und des Darmkanals eine stärkere Zusammenzie­hung, welche sich bald ihren Gefäfsen und Drüsen, und dann auch der Muskelhaut mittheilt. Dadurch werden die Absonderungen vermindert, der vorhandene Schleim gerinnt, die wurmförmige Bewegung wird lebhafter und mit vorwaltender Zusammenziehung ausgeübt, und die Re­sorption vermehrt. In Folge dieser Wirkungen sieht man den Darmkoth von festerer Consistenz, bei Pferden klei­ner und härter geballt, gewöhnlich auch gut verdauet, aber etwas mehr als sonst organische Substanz enthal-|tend und in längeren Zwischenzeiten abgehen. —:; Wei­terhin erstreckt sich die Wirkung auch auf die Lymph-
R'Mwij Anneimiilrllchrf.
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und Blatgefäfse und auf andere Organe: die Gefäfse ver­engern ihren innern Kaum, ihre Häute worden derber, die Pulse kräftiger, abet nicht vermehrt; die Säfte erhal­ten mehr Neigung zum Gerinnen und das Blut wird mehr hellroth gefärbt; das Zellgewebe schrumpft zusammen und wird dichter, Muskel- und Sehnenfasern werden straffer, drüsige Organe kleiner und härter und alle Absonderun­gen gemindert — Zu grofse Gaben dieser Mittel ver-ursachen Appetitlosigkeit, Verstopfung des Leibes, zuwei­len Kolik, Erbrechen (wo dies bei Thieren möglich ist), Anätzung, Entzündung und Verdickung der Schleimhaut, Abzehrung u. s^ w.
Aeufserlich angewendet bringen diese Mittel ganz dieselben Wirkungen hervor. Sie schrumpfen die Haut und die zunächst liegenden Theile zusammen, verdichten sie, machen die organische Cohäsion fester, die Fasern straffer, die Gefäfse enger; in Wunden und Geschwüren beschränken sie die üppige Bildung und die zu reichliche Absonderung.
Einsprützungen von adstringirenden Mitteln in die Blutadern bewirken, wenn man schwache Auflösungen der Gerbesäure hierzu benutzt, nur etwas schnelleres und mehr angestrengtes Athmen, welches aber nach 1—3 Stun­den gewöhnlich wieder ganz vorübergeht; sprützt man aber sehr concentr. Flüssigkeiten in die Adern, so ent­stehen fast augenblicklich die gröfsten Beschwerden im Athmen, heftiges Herzklopfen, ängstlicher Blick,, Zittern, Krämpfe und oft binnen kurzer Zeit der Tod.
sect;. 228.
Aus diesen Wirkungen ergiebt sich, dafs dieselben mit der stärkenden Wirkung der bittern Mittel einige Aehnlichkeit haben; beide unterscheiden sich aber von einander dadurch, dafs die adstringirenden Mittel nicht den ganzen Lebensprozefs von den Verdauungs- und As­similationsorganen aus blos dynamisch stärken, wie dies die bittern Arzneien vermögen, sondern dafs sie vorzüg-lich eine Bedingung der physischen Kräütigkeit, näm-
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lieh den dichteren Zusammenhang der Fasern und die Contraktilität der Gebilde vermehren. Auch sind sie noch schwerer verdaulich und daher für die Verdauungs­organe mehr belästigend als die bittern Mittel. — Von den in der Wirkung gleichfalls verwandten Säuren un­terscheiden sich die adstringirenden Pflanzenmittel dadurch, dafs die letztern im Allgemeinen langsamer, aber anhal­tender und auf die Verdauungseingeweide milder und we­niger erregend wirken, und dabei die Vitalität und gute Mischung des Blutes nicht (wie viele Säuren) mindern, sondern dieselbe erhöhen und die Plastizität vermehren. Von den ebenfalls in der Wirkung verwandten essigsau­ren Bleipräparaten unterscheiden sie sich fast auf ähn­liche Weise; dagegen sind sie dem Eisen in seinen Wir­kungen sehr ähnlich, aber milder und sanfter als dieses. Achnlich ist es mit den Vitriolen und mit dem Alaun. Alles dies gilt jedoch nur in Beziehung auf die adstrin-girende, und ohne Rücksicht auf die übrige Wirkung die­ser Stoffe.
sect;. 229.
Vermöge ihrer eigenthümlichen Wirkung können die zusammenziehenden Mittel solche asthenische, und vor­züglich chronische Krankheitszustände heilen: 1) wo die Schwäche in wirklicher Erschlaffung iLaxitas} begründet, oder mit derselben und mit Auflockerung und zu starker Ausdehnung der organischen Materie verbunden ist; — 2) wo zu häufige und zu reichliche Absonderungen mit schlechter Mischung der abgesonderten Säfte, gleichfalls aus Erschlaffung und Schwäche entstanden sind, und 3) wo aus gleicher Ursache eine Neigung zur Entmischung der Materie zugegen ist.
Man benutzt sie daher, wenn dergleichen Grundver­hältnisse des Krankseins vorhanden sind, innerlich be­sonders bei Erschlaffung und Ausdehnung der Verdauungs­eingeweide und bei hieraus entstandenen gastrischen Zu­ständen, wie: Unverdaulichkeit, Durchfall und Ruhr, Wurmleiden, Blähungen, Windkolifc laquo;nd Trommelsucht*
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bei der Fäule der Schafe; bei Ausdehnung der Gefäfse und darin begründeten passiven Congestionen und Blu­tungen, z. B. dem asthenischen und chronischen Bluthar­nen; bei der Harnruhr; bei langwierigem Schleimausflufs aus der Nase, den Lungen, den Harn- und Geschlechts­organen; bei typhösen und fauligen Fiebern, bei zu reich­licher Eitemng und Jaucheabsonderung u. dgl. — äufser-lich aber bei Erschlaffung und Ausdehnung der Mus­keln, Bänder u. a. Theile nach Quetschungen und Ver­renkungen u. s. w.; bei Gelenk- und Sehnengallen, bei dem Vorfall des Mastdarms, der Scheide und Gebärmut­ter, jedoch überall erst dann, wenn die Entzündungszu: fälle vorüber sind; bei Wunden und Geschwüren, die zu viel und zu dünnen Eiter oder Jauche absondern, bei üppiger, blasser und schlaffer Granulation, bei dem kal­ten Brande, bei ödematösen Anschwellungen.
sect;. 230. Dagegen ist der Gebrauch der adstringirenden Mittel nachtheilig: im Allgemeinen bei jedem Krankheitszustande, der mit activer Reizung des Gefäfssystems, mit übermäfsi-ger Zusammenziehung und mit Krampf verbunden ist; da­her namentlich bei aktiven Congestionen und Blutfiüssen; bei synochösen und schmerzhaften Entzündungen, bei Entzündungsfiebern, bei Nervenfiebern mit Aufregung oder mit Anfällen von Raserei; bei gastrischen Krankheiten, so lange noch Anhäufungen von unverdauten Futtermassen, von Galle und andern Stoffen im Magen und Darmkanal zugegen sind, oder wo anhaltende Verstopfung des Lei­bes, Trockenheit der Schleimhäute und Verminderung der Absonderungen zu bemerken ist; bei Verhärtungen, besonders drüsiger Organe; bei Verkürzung der Muskeln, Sehnen und Bänder, bei Entzündungen und Verwundun­gen der Augen mit Trübung der durchsichtigen Hornhaut, und bei ähnlichen Zuständen. — Reine Lebensschwäche überhaupt, und sehr grofse Schwäche der Verdauungs­eingeweide im Besondern, so wie auch veraltete, dem Körper zur Gewohnheit gewordene krankhafte Absonde-
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rungen, z. B. veraltete Geschwüre, eben so alle kritische heftige Ausleerungen gestatten Innerlich und Aeufserlich nur einen sehr vorsichtigen und feeschränkten Gebrauch dieser Mittel. Bei Durchfällen, welche im Frühjahr und Herbst bei dem Weidevieh nach Veränderung der Fütte­rung zu entstehen pflegen, ist ihr Gebrauch unnütz und oft auch schädlich, — wenigstens bald nach dem Eintritt solcher Durchfälle.
sect;. 231. Da die adstringirenden Mittel ihre allgemeine Wir­kung mehrentheils nur langsam entwickeln (sect;. 226.), so müssen sie gewöhnlich durch einige Zeit fortgebraucht werden. Eine zu anhaltende Anwendung ist jedoch nach­theilig, indem sie leicht zu starke Zusammenziehung, Ver­dickung und Verhärtung der Organe, Verminderung des Appetits, Unverdaulichkeit, Verstopfung des Leibes, Be­schränkung der Gefäfsthätigkeit durch verminderte Expan­sion, Stockungen, Entzündung, Abgang von blutigem Darmkoth und dergl. Urin, Abmagerung u. s. w. herbei­führt *).
Solche üblen Folgen entstehen um so eher, je mehr die angewendeten Mittel das adstringirende Princip rein und conzentrirt enthalten. Die bitter- und schleimig ad­stringirenden Mittel, und eben so die Chinarinden wer­den dagegen besser ertragen.
sect;. 232. Obgleich die adstringirenden Mittel theils in der Art und in der Menge ihres zusammenziehenden Prinzips, theils dadurch, dafs sie dasselbe bald rein, bald in Ver-
*) Alle diese Angaben sind durch mehrere Versuche an ver­schiedenen Hansthieren mit Eichenrinde, Eichenlaub und Tormen-tillwurzel bestätiget;. — Aulserdem aber findet sich ein Beweis hierzu in der sog. Waldkrankheit und in dem Blutharnen des Rindviehes, der Schafe und Ziegen, welche Krankheiten im Früh­jahre zuweilen entstehen, wenn die Thiere in den Wäldern weiden und aus Diangel an Gras zu viel und zu anhaltend das junglaquo; Laub der Eichen und dergl quot;oniefsen.
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binduug mit andern Stoffen enthalten, etwas von einander verschieden sind, so ist dies doch in Beziehung auf die Grofse der Gabe zum laquo;kmerlichen Gebrauch (mit Ausnahme des Gummi Kino und der Terra Catechu), von keiner we­sentlichen Bedeutung, und man kann daher ihre Gabe, wie bei ;den bittern Mitteln^ ziemlich gleichmäfsig im All­gemeinen bestimmen, und zwar für Pferde und Rinder von | bis \\ Unzen, für Schafe, Ziegen und Schweine von 1 — 3 Drachmen, für Katzen und Hunde von 5—30
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Gran, -r-r täglich 3 — 4mal wiederholt.
Gröfsere und
öftere Gaben reicht man nicht gern, weil dieselben ört­lich zu stark auf die Verdauungseingeweide wirken und dann; die; im sect;. 227 und 231 bezeichneten Nachtheile hervorbringen können. Dies gilt besonders wieder von denea, welche das adstringirende Prinzip sehr conzentrirt enthalten, und daher vorsichtiger als die übrigen ange­wendet werden müssen.
sect;. 233. Man giebt diese Mittel Innerlich nur selten im trock­nen Pulver, häufiger in Pillen und Latwergen; sie sind aber in diesen Formen schwer auflöslich und schwer ver­daulich, und daher bei Scliwache der Verdauungseinge­weide nicht zuträglich. — Durch blofses Uebergiefsen mit kaltem oder heifsem Wasser wird (ausgenommen Kino und Catechu) nur eine geringe Quantität des adstrin-girenden Stoffes aus ihnen ausgezogen, und das Infnsum ist deshalb zum thierärztlichen Gebrauch fast überall von zu geringer Wirksamkeit. Am besten ist es daher, sie in Abkochungen mit Wasser (1 Unze zu 1 bis 1^ Pfund des letztern) anzuwenden, da sie in diesen am wirksam­sten sind und von den Verdauungseingeweiden verhält-nifsmäfsig am besten ertragen werden. Durch gelindes oder starkes Einkochen der Flüssigkeit (J bis zur Hälfte des Ganzen) kann man das Dekokt von derselben Menge des Mittels bald schwächer, bald stärker conzentrirt er­halten.
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. . #9632; #9632;.....•:#9632;-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ; sect;.:234;.-;-i: #9632;•nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; : #9632;. .lit ; - ; '
Die adstrmgirenden Mittel werden innerlich nur sei-.
tea für sich allein, soudoru uiehreutlieils in Verbindung mit Mttern Mitteln und mit Reizmitteln angewendet, tlieüs um ihre Verdauung und: Assimilation durch grofsem Er--regnng der1 Thätigkeit in den Verdauungsorganen zu be­fördern, und um ihre i örtliche nachtheilige Einwirkung zu mindern, theils aber auch um gleichzeitig andere Heil-Indikationen, welche beL den oben genannten astheuischen Krankheiten fast immer gleichzeitig zu beachten sind, zu erfüllen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; u......:gt;#9632;/, laohahh #9632;.; iii alisd]
. Benutzt man dergleichen Verbindungen in flüssiger Form, so läfst man die zusammenziehenden Mittel. xue*st mit etwas mehr Wasser, als zu dem blofsen Dekofct laquo;laquo;#9658;-thig ist, kochen und dann mit dem letztern die ilüchtigou Mittel heifs infundiren ioder auch nach, dem Erkalten blofs mengen, je nachdem ihre Beschaffenheit dies; ges-stattet.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ....... •#9632;•nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;- .:nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; • . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,.;,.:;„;
Mit thierischer Gallerte und mit Kali soll man Ad­stringentia nicht verbinden, weil Erstere hierdurch ganz unwirksam wird, und Letzteres der Wirkung entgegen steht. Auch Metalloxyde, Eisen und Blei, eben so Kalk­wasser verbindet man nicht gern mit adstr. Mitteln} die hieraus entstehenden ehem. Verbindungen sind aber kei­neswegs unwirksam.
sect;. 235:
#9632; ,#9632;
ns-i
Aeufserlich wendet man sie in Pulverform und in Abkochungen an. In der erstem werden sie in Wunden und Geschwüre eingestreut, um aufser der Termehrten Cohäsion der betreffenden Theile noch eine starke Auf­saugung des Eiters oder der Jätiche in das Pulver selbst zu bewirken. Man benutzt sie hierzu bald für sich al­lein, bald in Verbindung mit andeim absorbirenden öder mit erregenden Mitteln, z. B. mit Kohlenpulver; mit Ka­millenblumen, mit Kampher, Myrrhe' und dgl. —• Im Dekokt dienen sie, warm und kalt zu Waschungen und
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Bähuugeu, zu Fufsbadem, zu. Einspritzungen und Kly-stieren, und zwar gleichfalls: wieder oft für sich allein, oft aber mit Infusionen von aromatischen Kräutern, mit Spiritus, Terpentinöl und dergh versetzt, um dadurch nicht allein die Spannkraft der: Fasern zu vermehren, sondern auch die Erregbarkeit in den Nerven und Ge-föfsen, und somit auch die Resorption ergofener Flüssig-, kielten zu verstärken.
Die adstringirenden. Pflanzenmittel werden, mit Rück­sicht auf die in ihnen etwa vorhandenen Nebenbestand-theile in verschiedene Unterabtheilungen gebracht, und namentlich unterscheidet man: A. rein adstringirende Mit­tel; £. schleimig adstringirende Mittel; G. bitter adstrin-gkende Mittel; D. äther. ölige adstring. Mittel; E* säuer-Keh! adstringirende Mittel und F. adstringirende Mittel nritl Älkaloiden. Mehrere Mittel dieser Classe sind je-do;ch in ihren JSebenbestandtheilen noch nicht genügend bekannt, und erhalten daher von verschiedenen Schrift-siellern verschiedene Stellen im System der Arzneämittel-lehi^.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; I ' k-i'A lt;#9632;#9632;•:#9632;
li'f-rv :nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;•quot;'•••!! abquot;' ... gt;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,.; ,.
.,,;;,;.. A. Rein adstringirende Mittel.
. ; Die Mittel dieser Äbtheilung enthalten als wirksa­men Bestandtheil fast nur Gerbesäure, und von ihnen gilt hauptsächlich, was über die Wirkung der adstringi­renden Mittel im Allgemeinen (sect;. 226 u. f.) gesagt wor­den ist. .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i
J. Eichenrinde, Corlea: Quercus, und Eiolicnblatter, Folia
' .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Quercus.
-. lt;#9632;. #9632;: ;#9632;#9632; . #9632;. . ^ #9632; #9632; #9632;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;#9632;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ''..... ! #9632; #9632;
sect;. 236. ß) Die Eichenrinde enthält als wirksamen Bestand­theil die Eichengerbesäure (12 —16 pr. C), welche am reichlichsten in der innern weifsen Rinde (dem Bast), besonders der jungen Zweige und im Frühjahre enthalten ist. Diese Gerbesäure löst sich leicht in Wasser auf, et­was weniger im Weingeist und Aether; sie macht mit
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Auflösungen der Eisenoxydsalze dunkelblaue Nieder­schläge und beim Zutritt der atmosphärischen Luft bil­det sie durch Aufnahme von mehr Sauerstoff Gallus­säure *) und Kohlensäure, welche letztere entweicht, übrigens verhält sie sich wie sect;. 225 von der Gerbesäure im Allgemeinen angegeben.
Die Eichenrinde wirkt sehr stark adstringirend und wird in dieser Hinsicht nur von den Galläpfeln, von dem Catechusaft und dem Kino übertroffen. — Sie bringt bei innerlicher und äufserlicher Anwendung die im All­gemeinen bezeichneten Wirkungen (sect;.226—228) in einem hohen Grade hervor, und findet in allen den angedeute­ten Fällen, wo zusammenziehende Mittel überhaupt pas­sen, ihre Anwendung. Da sie jedoch schwer verdaulich ist und die Schleimhaut des Magens sehr stark zusam­menzieht, so verdienen die Weidenrinde, die Kastanien­rinde und andere bitter adstringirende Mittel zum inner­lichen Gebrauch sehr oft den Vorzug, besonders bei gro-fser Schwäche der Eingeweide.
Hinsichtlich der Gabe, in der sie gereicht wird, gel­ten die allgemeinen Regeln (sect;. 232 u. f.), und eben so mufs man bei ihrer innerlichen Anwendung das beachten, was über die nachtheiligen Wirkungen der zu lange fort­gebrauchten adstringirenden Mittel (sect;. 231.) angegeben worden ist 2).
'3 Diese Säure bildet sich auf dieselbe Weise auch in mehre­ren andern adstring. Pflanzeustoffen, besonders reichlich in den Gall­äpfeln. Sie ist von der Gerbesäure hanptsächlicli dadurch abwei­chend, dafs sie Auflösungen des Eiweisses und des Leims nicht fällt. Für sich allein wird sie als Arzneimittel nicht benutzt, ist aber in den adstring. Mitteln zuweilen neben der Gerbesäure wirksam, wenn die Letzlere sich darin nmändern konnte. Ihre Wirkungen sind noch nicht erforscht; nur so viel ist bekannt, dafs sie bei in­nerlicher Anwendung in die Säfte übergeht. Siehe Wühlers Vers, in Tiedemanns und Treviranus Zeitschr. f. Physiologie, Bd. 1. S. 140.
3) In der Thierarzneiscbule zu Lyon hatte zwar ein Pferd hei den angestellten Versuchen in 20 Tagen mehr als 20 Pfd. Eichen-
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Man gicbt sie, ans schon angeführten Gründen, In­nerlich am besten in flüssiger Form und fast immer in Verbindung mit bittern aromatischen Mitteln, bei Durch­fall auch mit Schleim oder Stärkemehl, oder auch mit Opium, bei Faul- und Nervenfiebern mit Mineralsäuren, mit Terpentinöl, Campher und dergl. Bojanus (über Seuchen, Seite 150) empfiehlt z. B. bei dem langsam ver­laufenden Milzbrande:
Eichenrinde gjv.
Kalmuswurzel Jjj.
Kampher gß. mit Mehl und Wasser zur Latwerge gemacht täglich auf 4 Gaben verthcilt, bei einem Rinde zu verbrauchen. — Aeufserlich wendet mau sie bald allein, bald ebenfalls wieder mit andern, den Indikationen entsprechenden Mit­teln an, z. ß. bei stark eiternden Stollbäulen oder Wi­derrüstschäden blos mit Kohlenpulver verbunden, oder bei stark jauchenden, schlaffen oder selbst brandigen Ge­schwüren eine Zusammensetzung aus: fein pulverisirter Eichenrinde und dergl. Holzkohle, von jedem fj; Kam­pher und Myrrhe, von jedem 5j. Alles zusammen zu einem gleichmäfsigen Pulver gemengt.
Es wird davon nach Verhältnifs der Menge der sich bildenden Jauche eine entsprechende Quantität täglich 2 bis 3 mal in das Geschwür gestreuet, nachdem dasselbe vorher gereiniget ist. Wo man noch mehr zusammenzie­hen und austrocknen will, setzt man dem Eichenrinden­pulver auch Eisen-, Zink- oder Kupfervitriol, oder Alaun in verschiedener Menge hinzu.
Die zum äufserlichen Gebrauch bestimmten Abkochun­gen werden gleichfalls nach Bedürfnifs der Zufälle ent-
rinde ertragen; allein man fand auch, naclidera es gelödtet worden, seinen Magen aufserordcnllieh znsammengeschrurapft und die Häute desselben dreimal so dick als gewölinlich. — Wäre das Thier am Leben geblieben, so würden sich auch bald die weitern Folgen je­nes Ucbermafses gezeigt baben. (Gohier, Wem. et Observations Tom. I. p. 412.)
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weder rein, oder mit aromatischen, Spirituosen u. a. Mit­teln versetzt, angewendet. — Zu ihrer Bereitung kann man stets, und namentlich wenn sie zu Fufsbädern ver­wendet weiden sollen, sehr zweckmäfsig die grob gepul­verte frische Ger her lohe benutzen, da dieselbe bei glei­chen Eigenschaften doch viel wohlfeiler ist, als die aus der Apotheke verordnete Eichenrinde ').
i) Die Eichenblätter besitzen, wenn sie grün ge­sammelt und zweckmäfsig getrocknet sind, gleichfalls einen ziemlichen Gehalt an Gerbstoff, jedoch bei weitem nicht in der Menge wie die Eichenrinde. — Ihre Wirkung ist daher schwächer als bei dieser, obgleich im Wesent­lichen mit derselben übereinstimmend. Die Benutzung kann ganz nach den allgemeinen Andeutungen und wie bei der Eichenrinde, aber in stärkern Gaben geschehen.
2. Gailiijifel, tüvkisolie. Gallae turcicae.
( - .
sect;. 237,
Sie enthalten weit mehr Eichengcrbesäure (gegen 27—30 pr. C.) als die Eichenrinde, ausserdem auch Gal­lussäure, gelbfärbenden Extraktivstoff, etwas Schleim etc. Ihre Wirkung ist der der Eicheminde ganz ähnlich aber viel stärker. Das Mittel wird dalier innerlich nicht gut
') Wenn Gtnbcrlölie, oder überhaupt Eiclirnrinde mit sieden­dem Wasser übergössen wird und mit demselben in bedeckten Ge-fälsen dureb einige Zeit stehen bleib), so längt sie an zu gähren und entwickelt eine eigenlhüinlicbe Ausdünstung, die einen kräl'ligen, durebdringenden, loliearligen Gerucb besitzt. Nach mehrfülligen Beobachlungen soll diese Ausdünstung, wenn sie in Viebstiillen recht stark entwickelt wird, Tbierc gegi'n ansteckende Krankbeiteii und selbst gegen die Rinderpest schützen. Man füllt zu diesem Zwecke klrine Tonnen mit Lohe, übersiefst sie mit heifsem Was­ser, bedeckt sie und rührt täglich die Flüssigkeit um, bis der starke Geruch sich findet. Nun läfst man die Tonnen offen stehen, setzt aber das ümrübreh fort. Die Wirksamkeit dauert einige Wochen, worauf die ausgelaugte Lohe im Stalle ausgebreitet und in den Ton­nen durch frische ersetzt wird.
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vertragen 5 es stört bald die Verdauung, indem es die Ab­sonderungen zu sehr beschränkt uijd die Häute verdickt; auch ist es im Preise höher als die Eichenrinde. Aus diesen Gründen benutzt man die Galläpfel in der Thier-heilkunde nur wenig, kann sie aber in denselben Fällen wo Eichenrinde indizirt ist, innerlich und äufserlich wie diese benutzen. Die Gabe ist zum innern Gebrauch bei Pferden Jß-r-Jj, bei Rindern gß—pß, bei Schafen und Schweinen 3ß—?j, bei Hunden grij — Qj, bei Katzen grj —grv.
3. Eicheln. Glnndes Quercua s. Quercinae.
sect;. 238.
Die Eicheln enthalten Eichengerbesäure in geringerer Menge als die Eichenrinde, dafür aber mehr Bitterstoff, und viel Stärkemehl, Schleim, Harz u. a. lösliche Theile. Sie wirken adstringirend, stärkend und nährend, nnd sind in letzterer Beziehung für Schweine ein sehr kräftiges Nahrungsmittel, bei dem sie gut gedeihen und sehr der­ben, körnigen Speck ansetzen. Zugleich dienen die Ei­cheln als diätetisches Heilmittel bei chronischen astheni-schen Krankheiten, vorzüglich der Schweine und der Schafe, bei schlechter Verdauung, bei Durchfall, bei Ein­geweidewürmern, bei der Finnenkrankheit, der Egelkrank-heit, Wassersucht und Fäule, bei der Borstenfäule der Schweine, bei chronischen Hautausschlägen u. dgl. Man benutzt sie für Schweine unzerstofsen, für raquo;Schafe und für die übrigen Thiere aber grob pulverisirt, und zwar entweder ohne weitere Vorbereitung oder über Feuer ge­röstet (Glandes tostae). In letzterem Zustande enthalten sie noch etwas brenzliches Oel, und wirken zugleich et­was erregend auf die Verdauungseingeweide und auf das Gefäfssystem.
Man reicht sie gewöhnlich ohne genaue Bestimmung der Menge zu 1 bis 2 Hände voll auf ein Futter, in Verbindung mit Mehl. Kleie, Schrot u. dgl. etwas ange-
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feuchtet oder im Getränk. Zweckmäfsig ist der Zusatz von etwas Kochsalz, theils um den Appetit mehr zu er­regen, theils um die sonst leicht eintretende Verstopfung des Leibes zu verhüten. Bei dem Durchfall und der Ruhr der Schweine bereitet man aus Kamillenblumen |j mit 1 Quart (3 Pfund) siedenden Wassers ein Infusum und macht mit demselben und mit Mehl einen dünnen Brei, zu dem man noch 1 bis 2 Löffel geröstetes Eichel­mehl tliut, und ihn dann den Thieren vorsetzt. Sie fres­sen denselben sehr gern und werden bald geheilt.
4. Tormcntiilwurzcl (Ruhrwurzel, Blutwurzcn. Ua-dix Tormentillae
239.
Sie besitzt über 24 pr. C. Gerbesäure in Verbindung mit einem eigenen Stoff, dem Tormentillroth, mit et­was Gummi etc. Diese Wurzel gehört daher mit zu den vorzüglichsten rein adstringirenden Mitteln. Ihre Wir­kungen sind ganz von der Art, wie sie bei den rein ad­stringirenden Mitteln bekannt und im Allgemeinen (sect;. 226, 227) angedeutetet sind. Daher kann das Mittel auch nach den allgemeinen Anzeigen innerlich und äufserlich bei denjenigen asthenischen Krankheiten gebraucht wer­den, bei denen die zusammenziehenden Mittel überhaupt nützlich sind. Ehemals benutzte man diese Wurzel häu­figer als jetzt, und hauptsächlich bei der Ruhr und bei dem Blutharnen, woher sie auch den Namen: „Ruhr­wurzel und Blutwurzelquot; erhalten hat. Sie leistet bei diesen und bei ähnlichen Krankheitszuständen, wenn die­selben wirklich in Erschlaffung begründet sind, ganz vor­treffliche Dienste, verlangt aber so wie alle stark ad­stringirenden Mittel bei der Anwendung einige Vorsicht, besonders bei fortgesetztem innerlichem Gebrauch. Hin­sichtlich der Gabe, Form und Verbindung sind die allge­meinen Andeutungen zu befolgen.
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5. Natter- oder Schlan gcnwurzcl. Radix Bistortae.
sect;. 210.
Die Natterwurzel enthält Gerbesäure in Verbindung mit vielem Stärkemehl. Durch das letztere sind die ad-stringirenden Wirkungen des Mittels gemildert, so dafs es darin der Tonnentillvvurzel und der Eichenrinde sehr nachsteht, aber auch leichter verdaulich ist und besser ertragen wird als diese Mittel. Sie verdient daher be­sonders bei jungen Thieren, bei nicht zu grofser Erschlaf­fung und bei einem noch mäfsigen Grade von Empfind­lichkeit und Reizbarkeit den Vorzug vor diesen Mitteln. Andere als die adstringirenden Wirkungen besitzi sie aber nicht, und sie ist deshalb auch ganz wie die vorher genannten Mittel innerlich und äufserlich anzuwenden.
Auch in der Gabe und Form, und in der Zusam­mensetzung mit andern Mitteln, ist bei der Anwendung wie bei den übrigen adstringirenden Mitteln zu ver­fahren.
6. Catechu, Catecliusaft, Japanische Erde. Terra Calechu s. Japonica.
sect;. 241. Dieser erhärtete Pflanzensaft besteht zum grofsten Theile (mehr als die Hälfte) aus Gerbesäure, die mit einem eigenthümlichen Extraktivstoff, mit einer eigenthüm-lichen Säure (Tanningensäure) und mit wenigem Gummi verbunden ist. Durch den reichen Gehalt an Gerbestoff ist der Catechu der Eichenrinde, den Gall­äpfeln und der Tormentillwurzel sein- verwandt; er unter­scheidet sich aber von diesen Mitteln dadurch, dafs er leichter auflöslich und leichter assimilirbar ist, und dafs seine Wirkungen zwar sehr kräftig, aber örtlich viel mil­der als bei der Eichenrinde u. s. w. erfolgen. Dieselben sind rein adstringirend, ohne bemerkbare Nebenwirkun­gen, und sie verbreiten sich ziemlich schnell über andere Organe.
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Diese Eigenschaften würden den Catechu als eins der vorzüglichsten adstringirenden Mittel, besonders zur innerlichen Anwendung empfehlen, wenn derselbe nicht mehrentheils zu sehr mit fremdartigen Stoffen verfälscht und nicht zu theuer wäre. Aus diesem letztern Grunde wird er nur bei Thieren von besonderem Werthe und bei kleinen Hausthieren zuweilen gebraucht.
Benutzen kann man ihn innerlich und äufserlich überall, wo rein adstringirende Mittel passend sind; be­sonders aber hat man ihn gegen heftigen Durchfall und Ruhr, gegen Harnruhr und Blutharnen bei allen Haus­thieren mit sehr gutem Erfolge angewendet.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder rjj — .jß; für Schafe und Schweine 3ß — 5jj; für Hunde Q'6—3j, tag­hell 3 bis 4 mal. — Das Mittel läfst sich gleichmäfsig gut in Latwergen, in Pillen und in flüssiger Form an­wenden. Man giebt es fast niemals für sich allein, son­dern stets in Verbindung mit bittern und aromatischen Arzneien, oder in hartnäckigen Fällen auch mit Opium versetzt. Englische Thierärzte empfehlen in solchen Fäl­len, wo mit dem Durchfall zugleich ein gereizter Zustand des Darmkanals und übermäfsige Säurebildung in demsel­ben besteht, eine Verbindung aus Catechu (für Rinder etwa 5jj—5jij), Opium (3B —quot;j ) und gebrannten Kalk (rj), — täglich 2 bis 3 mal wiederholt zu geben 1).
Die Catechu-Tinktur ist ganz entbehrlich.
Anmerkung. Dem Catechu in der Beschaffenheit und Wirkung ähnlich ist a) das Kino {Gummi Kino), und b) das Drachenblut (Sanguis Draconis)] sie sind jedoch entbehrlich und zu theuer. Das Letztere dient jedoch als ein Bestandtheil des sog. Cosmeschen Pul­vers. Ferner gehören hierher auch noch: c) die Ra-tanhiawurzel, Rad. Ratanhiae, welche viel (eisengrü­nende) Gerbesäure, in Verbindung mit etwas bittern Ex­trakt! vstoff, Schleim etc. enthält und ein sehr kräftig ad-
quot;) Siehe: The Veterinarian. 1830. Januar. S. 45. 16.
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stringirendes Mittel ist. Sie kann wie die übrigen Mittel der Art angewendet werden, ist aber zum Gebrauch bei den grofsen Thieren zu theuer.— d) Die Granatäpfel-schaalen (Cortex Granatorum), von den Granatäpfel-blüthen (Flores Balaustiorum) und von der Rinde der Wurzel des Granatapfelbaums (CortexRadicisPunicae Granati). Sie enthalten neben einigen andern Stoffen vorzüglich Gerbesäure, besonders reichlich die Granat-äpfelschaalen; sie sind kräftig adstringend, aber zum thier-ärztlichen Gebrauch durch die wohlfeileren inländischen Mittel zu ersetzen. Die genannte Wurzelrinde ist jedoch in neuerer Zeit als ein sehr wirksames spezifisches Mittel gegen Eingeweidewürmer, besonders gegen den Band­wurm erprobt worden. Die Gabe ist für Pferde und Rinder sect;v—vj, für Schafe und Schweine ^j —?jj, für Hunde 56—5ß, täglich 2 — 3 mal. Man läfst die Wur­zel (am besten die ganz frische) durch einige Stunden in Wasser weichen und dann tüchtig kochen und benutzt die colirte Flüssigkeit.
e) Ziemlich rein adstringirende Mittel, aber von ge­ringerer Wirksamkeit und daher gröfstentheils jetzt aufser Gebrauch, sind noch: das Kraut des Augentrostes (Herb. Euphrasiae qfficin. et rubrae'), das Berufs kraut (_H. Sideritis'), die Brombeerblätter (FoliaRubi villosi'), das Eisenkraut (H. Verbenae), das Fünffingerkraut (JFl. Pentaphylli), die Hauhechel {H. Ononidis spinosae), das Heidekraut {H.Ericae vulg.), die Katzenpfötchen (Pifskraut) {Flores et Herba Gnaphalii, verschiedene Spe­zies der Gnaphalien), Meernelke, Kraut und Wurzel (H. et radix Staticae Armeriae), Odermennige (H. Agrimoniae), Sanikclkraut (H. Sameuli) 1 Silberkraut (H. Potentülae argenteae), Storchschnabel, gefleckter (H. Geranii maculati), taube Nessel (Lamium aibum), und Wegebreit (H. Plantaginis majoris).
B. Schleimige adstringirende Mittel.
Schleim und Gummi findet sich in geringer Menge
neben
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neben der Gerbesaure in vielen Pflanzen, jedoch, dieser geringen Quantität wegen, ohne wesentliche Bedeutung für die Wirksamkeit derselben. In grofser Menge sind schleimige Bestandtheile neben den adstringirenden nur in wenigen Vegetabilien vorhanden. Die Letztern sind bei ihrer Anwendung auf den thier. Organismus von der im Allgemeinen bezeichneten adstringirenden Wirkung darin etwas abweichend, dafs die örtliche Einwirkung auf die unmittelbar berührten Stellen etwas milder ist als von den Mitteln der ersten Abtheilung. Auch scheinen sie eine besondere Beziehung zu den Nieren zu haben, denn sie vermehren auf gelinde Weise die Urinsekretion.
7. Ulm enrindc. Coricx Ulmi interior.
sect;. 242.
Der innere Theil der Rinde (das Bast) des ülmu$ campestris enthält (nach Rinck) in 18 Unzen über 3^ Quentch. Gerbesäure, gegen 3| Loth gummigen Extrak-tivstoff etc., und wirkt mäfsig adstringirend, die Abson­derung der Schleimhäute und eiternder Flächen vermin­dernd, die des Urins aber gelind vermehrend.
Sie kann nach den allgemeinen Indikationen (sect;. 229.) angewendet werden, scheint aber bei Diarrhöe, Ruhr und Wassersüchten mit asthenischem Charakter den Vorzug vor den rein adstringirenden Mitteln zu verdienen. Auch ist sie bei veralteten Hautausschlägen empfohlen. — Man giebt sie Pferden und Rindern zu 2 bis 4 Unzen; Scha­fen und Schweinen zu 1—2 Unzen; Hunden zu gß — 3j täglich 2 bis 3 mal, am besten im Dekokt. — Aeufser-lich ist die ülmenrinde wie die adstringirenden Mittel überhaupt zu benutzen, aufserdem aber hat Laubender das Dekokt (Jj zu jvj Colatur) als Waschmittel gegen die Räude der Hunde empfohlen.
H. Grindwnrzel. Radix Lapathi (acuti).
sect;. 243.
Als wirksame Bestandtheile enthält sie Gerbestoff'
II raquo;#9632; r i v. i;; \rzneiniitteUehregt;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; l-ö
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mit kratzendem Bitterstoff und mit Schleim. Sie wirkt stärkend, zusammenziehend, und zugleich urintreibend. In der tonischen Wirkung steht sie der Rhabarber und der Weidenrinde ziemlich nahe. Thierarzt Scalleröd fand sie den Wirkungen des Enzians ähnlich '); sie un­terscheidet sich aber von ihm theils durch ihren Gehalt an adstringirendem Prinzip und durch die hierdurch er­zeugte stärkere Zusammenziehung der Fasern, theils durch die reizende Einwirkung auf die Urinwerkzeuge. Vitet 2) hält die letztere Wirkung für die Hauptwirkung der Wur­zel, und diese selbst als ein gefährliches Mittel für Schafe, giebt jedoch keinen Grund für diese Behauptung an. Die­selbe ist als ein recht wirksames stärkendes Mittel bei Schwäche und Unthätigkeit der Verdauungseingeweide, bei veralteter Druse, bei Verschleimung und Husten, bei Diarrhöe u. dgl. zu benutzen. Gegen Flechten, Räude und Wurm ist sie seit alten Zeiten als ein Spezifikum in­nerlich und äufserlich gebraucht worden 3). Sie leistet auch wirklich bei Flechten und Räude in den meisten Fällen recht gute Dienste, wenn das Uebel nicht schon zu sehr veraltet ist. Vitet schreibt hierbei ihre heilsame Wirkung der urintreibenden Kraft allein zu, jedoch wohl mit Unrecht, da sie auch durch Besserung der Verdauung und Säftebereitung gewifs eben so viel zur Heilung beiträgt. Zum innerlichen Gebrauch giebt man die getrock­nete Wurzel für Pferde und Rinder zu -j — 5jj: für Schafe und Schweine zu Sjjj—5vj; für Hunde zu Sti—3jß, täglich zwei- bis dreimal. Von der frischen Wurzel giebt man die drei- bis vierfache Menge auf einmal. Man kann sie in Latwergen, Pillen oder Abkochungen (die frische Wurzel gequetscht) anwenden, und mit Wachholderbeeren, mit Kalmus, mit Schwefel oder mit Spiefsglanz-Präpara-Vnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ten verbinden.
lt;) Veterin. Selskab. Skrift. 1 Dee). S. 329.
2) a. a. O. S. 192. 193.
,) Daher der deutsche Name: „Grinilwnrzel.quot;
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Aeufserlich wendet man die Wurzel theUs in Wasch-wassern, theils in Salben an. Zu den erstem benutzt, man Abkochungen, die entweder einfach mit Wasser, Bier, Essig oder Aschenlauge (Jj von der Wurzel zu ffij Flüssigkeit) bereitet sind, oder zu denen mau noch andere Mittel hinzusetzt; z. B. nach Kersting's Vor­schrift nimmt man:
zerschnittene Grindwurzel,
raquo;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Schöllkraut und Wurzel
von jedem 4 Hände voll. Alaun, 4 Unzen, Essig, 2 Quart (6 Pfd.), kocht alles zusammen durch eine halbe Stunde und seihet die Flüssigkeit durch.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ' ,(
Damit werden die räudigen Stellen täglich einmal, und durch 5 bis 6 Tage wiederholt gewaschen.
Die Salben werden gleichfalls entweder einfach aus der pulverisirten Wurzel mit Schweinefett zu gleichen Theilcn, oder mehr complizirt mit Zusatz von Schwefel, von schwarzer oder weifser Nieswurz, von Lorbeeren u. dgl. bereitet.
Anmerkung 1. Mit den vorstehend angegebenen Heilkräften der Wurzel des spitzblättrigen Ampfers (Rumex aciäus), kommen die Wurzeln von mehreren an­dern Ampferarten gröfstentheils überein, namentlich vom Wnsserampier (R.aquaticus), vom stumpfblätterigen Ampher (ü. obtusifolius) und vom Gemüseampfer (Ä. Pa-tientia), und dieselben sind daher zu ähnlicher Benutzung geeignet.
Anmerkung 2. Zu den schleimig-adstringirenden Mitteln gehören noch: die Eichenmistel oder weifse Mistel (.Viscum quernum s. Viscum album)., als die wirk­samsten Theile betrachtet man die Blätter; — die rothe Pimpernelle, das Kraut {Herb. Sangiäsorbae qfflc.)', und der Weiderich, das Kraut {Herb. Saiicariae). Diese Mittel sind jedoch von sehr geringer Wirksamkeit und
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jetzt fast gar nicht mehr gebräuchlich. (Vergleiche auch Schwarzwurzel, sect;. 160.)
C. Bittere adstringirende Mittel.
Sie besitzen neben der Gerbesäure einen bedeuten­den Antheil von bitterem Extraktivstoff, und einige auch noch andere, dem letztern verwandte Bestandtheile. Durch diese Verbindung ist die Wirksamkeit der hierher gehörigen Mittel in der Art modifizirt, dafs sie mehr als die rein ad-string. Arzneisubstanzeu den Verdauungs- und Assimilations-prozefs stärken, die Blutbildung begünstigen, dabei aber auch stark contrahiren und die Sekretionen beschränken.
f). W e i d c n rin d lt;
Cortex Siilicis.
sect;. 244.
In der Rinde von allen inländischen Weidenarten, vorzüglich aber von Salix Helix, fragilis, pentandra, prae-cox, alba u. a. ist neben der (eisengrünenden) Gerbesäure (3 bis 16 pr, C.) ein krystallisirbarer, anhaltend bitter schmeckender, eigenthümlicher Stoff in ziemlicher Menge enthalten. Aufserdem etwas Harz, Gummi, Färbestoff u. s. w. als unwesentliche Bestandtheile. Jener Bitter­stoff, das Weiden bitter, Salicin, winde zuerst irrthüm-lich für ein Alkaloid betrachtet; es besteht aus Kohlen­stoff, Wasserstoff und Sauerstoff, und löst sich in Wasser und Weingeist leicht auf, aber nicht in Aether und äthe­rischen Gelen. Die Gerbesäure findet sich am meisten in der Rinde des Stammes und der alten Aeste, das Sa­licin ist dagegen am meisten in der Rinde der Jüngern Zweige, auch in den Blättern und Blüthen enthalten. Auch besitzen gewifs die verschiedenen Weidenarten einen verschiedenen Gehalt dieser Stoffe.
So wie die Weidenrinde in materieller Hinsicht eine natürliche Verbindung von adstringirendem Princip und Bitterstoff darstellt, eben so sind auch ihre Wirkungen gleichsam aus denen der zusammenziehenden und bittern Mittel zusammengesetzt, im Allgemeinen adstringirend-
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stärkend. Ihre zusammenziehende Wirkung ist jedocli viel schwächer als die der Eichenrinde und der Tormen-tllhvurzel; dafür belästiget sie aber auch örtlich den Ma-aea und Darmkanal weniger als diese Mittel, und wird daher selbst von schwachen Verdauungseingeweiden ineh-rentheils gut ertragen. Die stärkende Wirkung ist auch nicht ganz mit denen der bittern Mittel übereinstimmend, da sie theils durch das zusammziehende Prinzip zugleich und unmittelbar mit einer stärkeren Contraktion der Faser, theils vermöge des bittern Stoffes mit einer eigenthümli-chen, gelinden Erregung und wirklichen Stärkung des Nervensystems verbunden ist. Diese Wirkungen sind de­nen der Chinarinde sehr ähnlich, und die Weidenrinde kann daher die letztere, welche zum thierärztlichen Ge­brauch viel zu theuer ist, fast ersetzen').
Die Anwendung der Weidenrinde kann innerlich und aufserlich ganz bei denselben verschiedenen Krankheiten geschehen, gegen welche die adstringirenden Mittel im Allgemeinen empfohlen sind (sect;. 229.). Zum innern Ge­brauche zieht man sie den meisten Fällen der Eichenrinde und den übrigen stark zusammenziehenden Mitteln vor, weil sie milder wirkt und besser von den Verdauungs­eingeweiden ertragen wird als diese; sie pafst vorzüglich da, M7o man nicht allein stärken, sondern auch den To­nus vermehren mufs und wo daher die bittern Mittel für sich allein nicht ausreichend oder schon vergeblich an­gewendet sind, wie z. B. bei asthenisch-gastrischen Fie­bern, bei Faul- und Nervenfiebern, bei cachecktischeu Fie­bern und sehr starken Ausleerungen aller Art; aufserlich bei dem kalten Brande, bei Geschwüren mit vorwaltender Er­schlaffung, bei Quetschungen mit starker Ausdehnung und
') Man hat schon seit langer Zeit die Weidenrinde als das vor­züglichste Surrogat der China betrachtet, und die in der neuern Zeit raquo;taltgelundene Entdeckung des, den Alkatoiden der China ähnlichen, Salicin, bestätiget allerdings die grofse innere Aehnlichkcit derselben noch weit mehr, als man sie früher vernmthele.
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Erschlaffung der Theile 11. dgl. — Ist jedoch die Er­schlaffung zu grofs oder zu hartnäckig, so verdienen auch wieder zuweilen die rein adstringirenden Mittel in Ver­bindung mit aromatischen und Spirituosen Mitteln den Vorzug vor ihr. — Die im Allgemeinen angegebenen Gegenanzeigen sind auch bei der Weidenrinde zu beach­ten. Die Gabe richtet sich nach den allgemeinen Bestim­mungen, kann aber verhältnifsmäfsig etwas gröfser sein als von der Eichenrinde. Hinsichtlich der Form und Verbindung mit andern Mitteln gilt Alles, was bereits bei den adstringirenden Mitteln überhaupt, und was bei der Eichenrinde hierüber gesagt worden ist.
Das Salicin ist in der Thierheilkunde nicht gebräuch­lich, weil es für thierärztliche Zwecke recht gut durch die Abkochung der Weidenrinde ersetzt werden kann. Eben so das Extrakt.
10. Pap pelrinde. Cortex populi.
sect;• 245.
Die Rinde der meisten Pappelarten enthält fast ganz dieselben Bestandtheile wie die Weidenrinde, und selbst das Salicin; das adstringirende Prinzip ist aber, so wie der Bitterstoff durchgehend in geringerer Menge vorhan­den, als in dem letztern Mittel. Die Pappelrinde ist da­her von sehr ähnlicher, aber von schwächerer Wirksam­keit als die Weidenrinde, in deren Ermangelung sie ganz wie diese selbst zu benutzen ist.
Die Rinde von der Zitterpappel iPopulus iremula L.) ist in Norwegen schon lange als ein wurmwidriges Mittel bekannt. Thierarzt Sievertsen versuchte sie daher bei gastrischen Krankheitszuständen der Pferde, bei denen er Eingeweidewürmer vermuthete, und fand sie von aufserordentlicher Wirksamkeit. Er gab die pulverisirto Rinde täglich zu einem halben Pfunde in Latwergenform, und schon in 24 Stunden gingen Würmer ab. Man soll jedoch nur die Rinde der jungen Zweige und vor Ent-
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Wickelung der Blätter einsammeln. (Siehe: Veterin. Sel-skab. Skrifter, 1 Deel, S. 330.)
Die ehedem gebräuchlich gewesene Pappelsalbe QUnguentum Populeuni), die aus den Pappelknospen, Saft von schwarzem Nachtschatten, Klettenkraut, Sallat, Haus­wurzel, Bilsenkraut und Schweinefett bereitet wurde, und welche als schmerzmilderndes, erweichendes Mittel sehr gerühmt war, ist ganz zu entbehren.
11. Rofskastanienriude. Cortex Hippocattani.
sect;• 246.
Diese Rinde enthält Gerbesäure (gegen 2 pr. C; al­so weniger als die Weidenrinde) in Verbindung mit bit-term Extraktivstoff; ansserdem etwas Harz, Gummi, Far­bestoff u. s- w. als unwesentliche Bestandtheile.
Ihre Wirkungen sind fast ganz dieselben wie bei der Weidenrinde und sie ist daher auch wie diese zu benut­zen; sie soll jedoch etwas schwerer verdaulich sein als letztere, und deshalb derselben bei dem innerlichen Ge­brauch nachstehen.
Auch die Rofskastanienrinde ist als ein Ersatzmittel der China empfohlen.
Anmerkung 1. Die Saamen des Kastanienbaums (die sogenannten wilden oder Rofskastauien) beste­hen gröfstentheils aus Stärkemehl, in Verbindung mit einem bitter - herben Stoffe. Sie werden von Pferden, Rindern und Schafen, vorzüglich aber von Schweinen und Ziegen gern gefressen und sind für alle diese Thiere nicht nur ein sehr gedeihliches Nahrungsmittel, sondern auch ein ganz vortreffliches diätetisches Heilmittel, welches man bei und nach asthenischen uiid cachektischen Krankheiten, z. B. bei langwieriger Druse, bei Schleimschwindsucht, bei chronischem Husten mit vielem Auswurf, bei und nach Durchfall, bei der Fäule, bei der Bleichsucht und Wassersucht der Schafe u. s. w., mehr benutzen sollte, als es bisher geschehen ist. Eben so sind die Kastanien auch als ein sehr zweckmäfsiges Verbesserungsmittel des
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nafs geerndteten und verdorbenen Futters, und als Prä­servativmittel gegen die von demselben entstehenden Krank­heiten zu benutzen. Man gebraucht sie, wie die Eicheln, sowohl frisch als getrocknet und über Feuer geröstet. Durch das Rösten entwickelt sich in ihnen etwas Empy-reumatisches, wodurch sie zugleich eine gelind reizende Wirkung erhalten. Am besten giebt man sie den Thie-ren zerstampft und mit anderm Futter, oder auch mit etwas Wachholderbeeren und Kochsalz gemengt.
2. Die frischen Kastanienblätter besitzen einen ge­lind zusammenziehenden, bitterlichen Geschmack, und eine milde, stärkende Wirkung. Alle pflanzenfressende Thiere geniefsen sie mit Begierde, und man kann sie daher bei asthenischen Krankheiten als ein zweckmäfsiges diäteti­sches Mittel benutzen.
12. Grüne Walliiufsschalen. Pulavien s. cortex nucuiti Juglandium.
sect;. 247.
Die äufsere grüne Schale der Wallnüsse besitzt als Hauptbestandtheil viel Gerbstoff in Verbindung mit einem scharfen Bitterstoff, welcher letztere jedoch an der Luft in kurzer Zeit sehr verändert und zum Theil unwirksam wird. Im frischen Zustande sind sie kräftiger als im trock­nen. Sie wirken erregend, stärkend und ziemlich stark adstringirend, und können daher innerlich und äufserlich in allen Fällen angewendet werden, wo bittere und zu­sammenziehende Mittel überhaupt angezeigt sind. Beson­ders haben sie sich innerlich gegen Würmer, äufserlich bei schlaffen, unreinen, schlecht granulirenden Geschwü­ren, bei Knochengeschwüren, bei heftigen Quetschungen, bei dem Brande vom Durchliegen, bei Räude und bei veralteten Flechten, recht nützlich gezeigt. — Aufserdem benutzt man sie äufserlich zum Vertreiben der Läuse und Flöhe, und als ein sehr wirksames Schutzmittel für die Thiere gegen Insekten.
Die Gabe für die verschiedenen Hausthicrc kann
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nach den im Allgemeinen gemachten Andeutungen be­stimmt werden. Die zweckmafsigste Form ist die Ab­kochung; zum innern Gebrauch fj von den frischen Scha­len mit 1\ Pfd. Wasser zu 1 Pfd. Colatur; zum äufser-lichen Gebrauch dieselbe Menge zu 8 bis 10 Unzen Co­latur. — Verbindungen mit andern Mitteln werden nach Bedürfnifs der Umstände und wie bei den übrigen ad-stringirenden Mitteln gemacht.
Bei der äufserlichen Anwendung des Dekoktes, und besonders wenn man dasselbe zum Befeuchten oder Wa­schen der Thiere gegen Insekten benutzt, ist zu bemer­ken, dafs weifse Haare ein braunrothliches, fuchsiges An­sehen erhalten, welches sich aber nach einiger Zeit wieder verliert.
Als Präparat empfiehlt Ryfs noch ein Extrakt, wel­ches durch Auskochen der Wallnufsschalen mit AVasser und durch Eindicken der Flüssigkeit bis zur Consistenz des Honigs bereitet wird. Es besitzt dieselben Wirkun­gen wie die Schalen selbst, wird daher auch wie diese benutzt, und ist besonders zur Anwendung in Pillen und Latwergen geeignet. Die Dosis ist für Pferde und Rin­der ojß—jj; für Schafe und Schweine :jj—5vj; für Hunde gr.v — xx.
Anmerkung. Die frischen Blätter des Wallnufs-baums besitzen sehr ähnliche Heilkräfte wie die grünen ISufsschalen, und können daher in Ermangelung derselben für dieselben Zwecke und auf gleiche Weise, jedoch in noch einmal so grofser Menge, angewendet werden.
* 13. F ärberröUilaquo;! (Krappwurzcl), Radi.i; Rubiar tincCorum.
sect;• 248/ Diese Wurzel enthält als Hauptbcstandtheil zwei sehr gelind adstringirend wirkende Färbestoffe in Verbindung mit etwas beifsendem bittern Extraktivstoff, etwas Harz, Gummi etc. — Sie wirkt örtlich sehr gclind zusammen­ziehend und im Allgemeinen eben so gelind stärkend. — Eigenthümlich ist es noch, dafs der Färbestoff dieser
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Wurzel sehr leicht und in kurzer Zeit in die Säfte über­geht und nicht nur das Blut, die Galle, den Urin und die Milch., sondern auch selbst (und zwar am stärksten) die Knochen roth färbt. Je jünger die Thiere sind, um desto schneller und leichter geschieht dies, z. B. bei jun­gen Tauben und Hühnern schon mit 2 bis 3 Drachmen der trockenen Wurzel. Die dichte Substanz der Knochen wird dunkeler roth gefärbt als die schwammigte, und die Beinhaut, Knorpel und Bänder verändern ihre Farbe fast gar nicht. — Diese Färbung beruht auf einer materiellen Ablagerung des unverdauet und unverändert in die Säfte getretenen Färbestoffes; sie vermindert sich daher auch wieder, wenn der Genufs der Färberröthe aufhört, und verschwindet zuletzt gänzlich.
Die Färberröthe kann wie die übrigen bitter zusam­menziehenden Mittel bei den verschiedenen asthenischen Krankheitszuständen, die mit Erschlaffung und Auflocke­rung verbunden sind, angewendet werden; da sie jedoch nur von geringerer tonischer Wirksamkeit ist, als die Weidenrinde, Kastanienrinde u. a., so wird sie jetzt nur selten benutzt.
Wegen der vorherrschenden Einwirkung ihres Far­bestoffes auf die Knochen, schrieb man ihr auch spezi­fische Heilkräfte auf diese Gebilde zu und benutzte sie deshalb bei allen Krankheitszuständei! derselben sehr häu­fig. In der neuern Zeit ist man aber von ihrem Gebrauch wieder zurückgekommen: ich habe sie jedoch selbst in mehreren Fällen, wo ein cachektischer Zustand mit Auf­treibung oder Erweichung der Knochen am ganzen Kör­per, oder Auflockerung der Beinhaut zugegen war, und eben so bei tief fressenden Geschwüren, bei Pferden, Rindern und Hunden mit gutem Erfolge innerlich ange­wendet.
Gabe und Form ist wie bei den übrigen adstringiren-den Mitteln, und eben so versetzt man die Wurzel fast immer mit bittern und ätherisch-öligen Mitteln. mitSpiefs-
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glänz und mit Eisenpräparaten, und giebt bei ihrem Ge­brauch leicht verdauliche und kräftige Nahrungsmittel. — Da die Wurzel keinen auffallenden oder widrigen Ge­schmack veranlafst, so kann man ihr Pulver auch mit dem Futter mengen und so den Thieren ohne Mühe bei­bringen. — Das Mittel mufs stets durch einige Zeit fortgebraucht werden, wenn man einen guten Erfolg da­von sehen will; doch ist es dabei auch nöthig, nach 3 bis 4 Tagen des Gebrauchs immer eine Pause von 1 bis 2 Tagen zu machen, um die nachtheilige Einwirkung auf den Ernährungsprozefs zu verhüten.
Anmerkung 1. Das Kraut der Färberröthe besitzt ähnliche, aber etwas schwächere Wirkungen als die Wur­zel. Es wird von den Schafen gern gefressen und kann ihnen bei Neigung zur Fäule, bei beginnender atonischer Wassersucht und in ähnlichen Fällen mit Nutzen als ein diätetisches Heilmittel, für sich allein oder mit Heu oder Stroh gemengt, gereicht werden.
Anmerkung 2. Zu den bitter-adstringirenden Mit­teln gehören auch: der Buchsbaum (die Blätter, FoUa Busci sempervirentis'), von ekelhaft bitter-zusammenziehen­den Geschmack. Aufser der gewöhnlichen Wirkung der bitter-adstringirenden Mittel soll das Dekokt auch die besitzen, den Haarwuchs zu befördern. Es mufs aber täglich und durch 4 Wochen anhaltend angewendet wer­den. — Die Blätter der Bärentraube iFol. Ucae ursi). Sie enthalten mehr Gerbesäure und Gallussäure als die vorigen, aufserdem bittern Extraktivstoff etc. Die Wir­kung entspricht den allgemeinen Angaben, ist aber zugleich mäfsig urintreibend. Die Anwendung geschieht nach allge­meinen Indikationen und gegen Wassersuchten.— Winter­grün, doldenblüthiges und rundblätteriges (Fol. Pyrolae umbellatae u. rotundifoliae), ähnlich wirkend wie die Bären­traube. — Eschen- und Ahornrinde (Cort. Fraxini u. Aceris), ebenso die innere Rinde von mehreren Nadel­hölzern, namentlich vom Lärchenbaum, von Fichten und
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tlgl. Alle diese Mittel sind jedoch von schwacher Wirk­samkeit.
D. Aetherisch-ölige adstringirende Mittel.
Die Verbindung der Gerbesäure mit ätherischem Oel kommt nicht bei vielen Pflanzenarten vor. Durch diese Verbindung erhalten die Arzneimittel der Art eine eigen-thümliche Wirksamkeit, indem von ihnen nicht nur die Contraktion und Cohäsion der organischen Fasern ver­mehrt, sondern auch die Nerventhätigkeit (besonders in den Gangliennerven) erhöhet, die Resorption befördert, übermäfsige Absonderungen aber beschränkt werden.
i4. Kclken wurzel. Radix Caryophyllatae.
sect;• 249. In dieser Wurzel ist der Gerbestoff mit etwas gum­miartigem Bitterstoff und mit einem angenehm nach Ge­würznelken riechenden flüchtigen Oel verbunden. Letz­teres ist jedoch nur in ganz unbedeutender Menge zuge­gen, und eben so ist auch der adstringirende und bittere Stoff in verhältnifsmäfsig geringerer Menge vorhanden, als in den bereits beschriebenen adstringirenden Mitteln. — Man hat die Nelkenwurzel mit der China- und der Weidenrinde verglichen, und sie ebenfalls für ein Surro­gat der erstem betrachtet: sie hat auch allerdings einige Aehnlichkeit mit diesen Mitteln, ist aber durchaus nicht übereinstimmend mit denselben; denn in materieller Hin­sicht fehlt ihr der starke Bitterstoff und das Alkaloid die­ser beiden Rinden, und in der Wirkung ist sie im Allge­meinen woniger kräftig tonisch, und der spezifische Ein-flufs der China auf das Nervensystem fehlt ihr fast ganz. Deutlich hervortretende, flüchtige, erregende Wirkungen bemerkt man von ihr selbst nach grofsen Gaben nicht, und ihr flüchtiges Prinzip scheint überhaupt von keiner wichtigen Bedeutung zu sein. Ihre eigentliche Wirkung ist daher von der Wirkung der bitter-adstringirenden Mit-
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tel wenig verschieden, und am.meisten noch mit derjeni­gen der Kastanienrinde zu vergleichen.
Die Anwendung kann ganz nach den im Allgemei­nen angedeuteten Grundsätzen geschehen, vorzüglich aber ist sie da angezeigt, wo die Verdaunngs- und Assimila­tionsorgane an Schwäche leiden, die Schleimhäute in zu reichlicher und fehlerhafter Sekretion sich befinden, die Thätigkeit der vegetativen Nerven zu gering ist, und wo Neigung zur Zersetzung der Säfte besteht. Daher bei Diarrhöe, Harnruhr, veralteter Druse, chron. Lungenka­tarrh, Nerven- und Faulfieber u. dgl. — Hinsichtlich der Form ist jedoch zu bemerken, dafs die wirksamen Bestandtheile der Nelkenwurzel sich schwer durch Was­ser ausziehen lassen, und dafs sie daher im Dekokt we­niger wirksam ist als im Pulver oder in Pillen und Lat­wergen.
15. l'a rrenl. rantwurzcl. Radix Filicis.
sect;. 250. Sie enthält eine geringe Quantität Gerbestoff, in Ver­bindung mit einer ätherisch- und fettig - öligen, oder fettig­harzigen Materie und mit mehreren andern Stoffen von geringerer Bedeutung. — Ihre adstringirenden Wirkun­gen sind sehr schwach, und sie kommt als zusammenzie­hendes Mittel wenig in Betrachtung, obgleich sie hin und wieder gegen das asthenische Blutharncn, und gegen Durchfall, besonders bei Kälbern empfohlen wird. Da­gegen ist sie seit alten Zeiten als ein spezifisches Mittel gegen Würmer, und vorzüglich gegen den Bandwurm ge­rühmt, und ich selbst habe bei Hunden ihre gute Wir­kung in mehreren Fällen gesehen. Sie mufs jedoch, wenn sie etwas leisten soll, zu gehöriger Zeit (am besten im Frühjahr) gesammelt, schnell getrocknet, gut aufbewahrt und nicht über ein Jahr alt sein. Auch tödtet sie nur die Würmer, führt sie aber nicht aus dem Darmkanal ab, und sie mufs daher immer mit Purgicrmitteln unterstützt werden.
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Die Gabe ist für die grofsen Hausthiere 2 bis 4 Unzen, für Schafe und Schweine 2 Drachmen bis i Unze, für Katzen und Hunde nach Verhältnifs der Gröfse 1 bis 10 Gran auf einmal. Zweckmäfsig ist es, vor dein Eingeben die Thiere 24 Stunden lang fasten zu lassen, und 2 bis 3 Stunden nach der ersten Gabe eine zweite zu reichen, nach 24 Stunden aber ein Purgiermittel zu geben.
Man kann sehr gut das Mittel für sich allein als Pulver auf das Futter, oder in Latwergen, Pillen und im Dekokt geben; mehrentheils aber verbindet man sie mit bittern, aromatischen, breuzlichen und drastischen Mit­teln; Waldingcr empfiehlt z. B. gegen den Bandwurm der Hunde folgende Pillen 1):
Man nimmt: Farrenkrautwurzel-Pulver 5j[j.
Aloe und Stink-Asand, v. j. 3j. Gummi Gutti, 20 Gran. Hirschhornbl 30 Tropfen. Diese Substanzen werden mit einem bittern Extrakt oder mit Schleim von arabischem Gummi zur Pillenmasse und daraus 2 Gran schwere Pillen gemacht, von denen man kleinen Hunden früh und Abends jedesmal eine, den grö-fsern aber 3 bis 4, recht grofsen Hunden aber selbst bis 10 Stück giebt.
Aufser dieser Benutzung empfiehlt Laubender noch die Farrenkrautwurzel, jedoch ganz empirisch, bei schlech­ter Frefslust der Hühner anzuwenden. Man soll aus zer-stofsenen Eierschalen, aus geschrotenem Korn und einem Dekokt der Wurzel einen Brei machen und diesen den Thieren als Futter vorsetzen.
Als ein sehr zweckmäfsiges und wirksames Präparat ist das ätherische Farrenkrautextrakt (Extractum ßlicis aethereum, ehemals Farrenkrautöl, 01. filicis ge­nannt) bei kleineren Thieren zu benutzen. Man giebt es
'} W aiding er, AMiandl. iilier raquo;lie gewöhnlichen Kranltheilen der Rande. Wien 1HIS. S. 97.
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Hunden, je nach ihrer Grofse, zu 15 bis 40 Gran pro Dosi, täglich in 2 solchen Gaben, am besten mit etwas Mehl zu Pillen gemacht. Zuweilen erfolgt nach dem er­sten Tage der Abgang des Bandwurms nicht, wefshalb am zweiten Tage die Wiederholung des Mittels stattfinden mufs.
Anmerkung 1. Die Wurzel von einigen andern Farrenkrautarten, namentlich von Apsidium filix foemina und von Pteritis aquilinae (Adler - Saumfarrn) scheinen ähn­liche, aber schwächere Kräfte zu besitzen. . Ueber das Letztere bemerkt Viborg') nach den Beobachtungen der Herren Hinrichsen und Mailing, dafs Pferde nach dem mehrmaligen Genufs der trocknen Wurzel und des Krautes, welche unter das Stroh gekommen und mit die­sem zu Häckerling geschnitten worden, unter Zufällen der brandigen Bräune gestorben sind, und dafs Kühe heftiges Blutharnen bekamen. Die Pferde, denen man jenen Häk-kerling mit Wasser angefeuchtet gab, blieben gesund. — Es ist nur zu bedauern, dafs jene Beobachtungen von keinem Sachverständigen gemacht und daher sehr unvoll­kommen sind.
Anmerkung 2. Als äther. ölige adstringirende Mit­tel sind noch zu nennen: die Rosenblätter {Folia Ro-sarum), von verschiedenen Arten der Rosen 5 sie sind schwach zusammenziehend und erregend, und werden zu­weilen im Infusum gegen asthenische Augenentzündungen mit vermehrter Schleimsekretiou benutzt. — Birken­rinde und Birkenblättor {Cortex und Folia Betulae). Sie besitzen Gerbe- und Gallussäure, bitteren Extraktiv­stoff, dabei in der Rinde eine kampherartige Materie, in den Blättern etwas äther. Oel. Man benutzt beide Sub­stanzen gegen asthen. torpide Wassersuchten, Rheumatis­men, Hautkrankheiten u. dgl. innerlich am besten im De­kokt, äufserlich desgl. oder die frischen Blätter (1 Theil) mit Fett (2 Theile) gut zusammengerieben als Salbe (Un-
') Veterin. Sdstali. Skrift. I Drei, — und Teuf fei'laquo; Blagaz. f. TMerheilkande I. Bd. 2. Reft S. 109.
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guentum betulinum) gegen Flechten und Räude. — Er­lenblätter {Fol. Alni) von ähnlicher Beschaffenheit und Wirksamkeit wie die Birkenblätter, sind wie diese zu be­nutzen. — Grüner Thee (TÄea viridis), oft als Haus­mittel zu haben; gegen asthen. Krampfkrankheiten, Colik, Blähungen etc. zu benutzen.
iinbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;E. Säuerlich adstringirende Mittel.
In einigen Pflanzen findet sich das adstringirende Prinzip neben andern Bestandtheilen auch mit noch an­dern vegetabilischen Säuren in Verbindung. Hierdurch erhalten diese Pflanzenmittel die eigenthüinliche Wirksam­keit, wie die reinen adstringirenden Mittel, die Faser zu contrahiren, die Gebilde zu verdichten,, die Sekretionen zu beschränken, zugleich aber die entzündliche und die entzündlich fieberhafte Aufregung des Gefäfssystems zu vermindern und der Disposition zu akuten Zersetzungen der Säfte entgegen zu wirken.
16. II cidclb noron. Baccac lHyrtitli.
sect;. 251.
Diese Beeren enthalten einen zusammenziehenden, blaufärbenden Extraktivstoff, in Verbindung mit Schleini-zucker und mit Aepfel- und Citronsaure. Sie wirken mild adstringirend, zugleich aber kühlend und daher dem krankhaften Entmischuiigsprozefs auf doppelte Weise ent­gegen. Auch beschränken sie die übermäfsigen Absonde­rungen im Darmkanal und in den Tsieren ziemlich kräftig, und oft sogar in einem höhern Grade als die rein adstrin­girenden Mittel. Diese Wirkungen sind von den getrock­neten Beeren weit stärker zu bemerken, als von den frischen.
Man benutzt dieselben daher im getrockneten Zu­stande als ein wohlfeiles Hausmittel bei asthen. Durchfäl­len, bei dergl. Ruhr, Blutharnen, Harnruhr und bei dem Faulfieber.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder 1 bis 2 Uns;eii,
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für Schafe und Schweine 3 bis 6 Drachmen, für Hunde \ bis 2 Drachmen, in Pulvern, Latwergen und Abkochun­gen, und mit andern Mitteln, namentlich mit bittern und mit schleimigen verbunden.
Anmerkung. Mit der Heidelbeere übereinstimmend wirken die Prcifselbeeren (Baccae vitts idaeae), die Moosbeeren (Baccae Oxycoccos), und gröfstentheils auch die Ebereschbeeren (Bacc. Sorbi aßupariae); ferner, die Blätter, die jungen Zweige und die Ranken des Weinstocks {Folia, Stipiies VL.Pampim vitis); — die Ha­gebutten {Fructus Cynosbati), — das Hauslaub oder die Hauswurzel (Herb. Sedf majoris) — und die Schle­hen (_Fructus Acaciae Germanicae'). — Auch die Blätter der Heidelbeere und der Moosbeere wirken mäfsiar ad-stringirend; es fehlt ihnen aber jede andere Säure.
F. Adstringirendc Mittel mit Alkaloiden.
Die Gerbesäure in Verbindung mit Alkaloiden, als wesentliche Bestandtheile, hat sich bis jetzt nur in den verschiedenen Arten der Chinarinde gefunden.
17. Cliinarinde. Cortex Chinae.
sect;. 252.
Die Rinde von den vielen Species und Verietäten des Cinchona-Baums enthält als vorwaltende wirksame Bestandtheile Gerbstoff, eine harzige, unauflösliche Ma­terie, Chinasäure und deren verschiedene Alkaloide, näm­lich das sehr bittere Chinin, das schwach bittere Cin-chonin, und das Chinoidin.
Die Wirkungen der China stimmen zum grofsen Theil mit den Wirkungen der übrigen gerbestoffhaltigen Mittel, und namentlich mit denen der Weidenrinde überein, zum Theil aber sind sie ganz eigenthümlich, und in ihrer Voll­kommenheit durch kein anderes Mittel zu erzeugen. Sie bestehen im Allgemeinen: ä) in Verstärkung und Er­höhung des Tons der irritablen Fasern, daher besonders der Muskeln und Gefafse: b) in Vermehrung
HerMvig ArtueiniiirclMiri-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; If)
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des Zusammenhanges der organischen Materie, sowohl in den festen, als auch in den flüssigen Theilen des Körpers, und — c) in Erhöhung der Energie des Nervensj-stems. — Sie vereinigt also tonische, zusammenziehende und erregende Kräfte und ist deshalb das gröfste Stärkungsmittel unter allen andern, wenn es darauf ankommt, die Lebenskraft wirklich zn erhöhen, ohne den Körper zu ernähren, oder blofs zu reizen.
Bei der Anwendung der China sind dieselben An­zeigen und Gegenanzeigen zu beachten, welche bei dem Gebrauch der adstringirenden Mittel im Allgemeinen gel­ten. Man könnte sie überall benutzen, wo diese Mittel empfohlen sind, wenn sie nicht zu theuer wäre; sie darf daher nur in einzelnen Fällen, innerlich und bei solchen Thieren, die für ihre Besitzer einen wirklichen oder ein­gebildeten hohen Werth haben, und vorzüglich nur bei kleinen Hausthieren angewendet werden. Bei Nervenfie­ber und Faulfieber, bei Neigung zur Entmischung der Säfte, bei fauligen Pocken (sogenannten Aas-Pocken), bei grofser Muskelschwäche, die nicht allein in Schlaffheit, sondern vorzüglich in Mangel an wirklicher Lebenskraft begründet ist, verdient die China vor den übrigen zusam­menziehenden Mitteln den Vorzug; bei blofser Erschlaf­fung, besonders in äufeerlichen Gebilden und überhaupt zum äufserlichen Gebrauch, sind ihr aber diese Mittel stets vorzuziehen, und zwar nicht allein der Wirkung, son­dern auch des wohlfeilem Preises wegen. — In neuerer Zeit ist die China auch als Gegengift gegen die gefährlichen Zufälle von zu grofsen Gaben des Brechweinsteins empfoh­len worden und zwar die Abkochung in der Menge, dafs auf 2 gr. des verschluckten Brechweinsteins eine Drachme der Rinde verbraucht wird. Die Wirkung des Mittels gegen diese Zufälle ist sowohl eine chemische, wie auch eine dynamische.
Die Gabe und die Verbindung mit andern Mitteln ist ganz nach den allgemeinen Andeutungen einzurichten, und die Anwendung ist im Pulver, in Latwergen, Pillen und Dekokten zu bewirken.
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Die Präparate sind sammtlich zu theuer und ent­behrlich.
Man hat sich vielfältig bemühet, wohlfeile Surrogate für die China zu entdecken. Die meisten Versuche der Art sind von Menschenärzten und hauptsächlich in der Idee gemacht worden, ein eben so sicheres Heilmittel wie die China gegen das intermittirende Fieber zu fin­den. Hierzu sind die Weiden- und Kastanienrinde, die Wandflechte, der weifse Arsenik, und in neuester Zeit die Blätter der Stechpalme (Ilex Aquifolium') benutzt und empfohlen worden Alle diese Mittel können aber die China nur hinsichtlich einzelner Eigenschaften, aber niemals vollständig ersetzen.
Vierte Klasse.
Aethcrisch-ölige (gewürzhafte), kampferhaltige, harzige und einpyreumatische Mittel.
(Medicamina aromatica, camphoracea, resinosa et empy-reumatica).
BegriiT, Wirkung und Anwendung dieser Mittel im Allgemeinen.
sect;. 253.
Eine grol'se Anzahl der gebräuchlichsten und wirk­samsten Arzneimittel enthält als wirksame nähere Bestand-theile ätherisches Oel, Campher oder Harz. Diese drei natürlichen Erzeugnisse des Pflanzenreichs 1), sind
') Es givbt auch einige Substanzen aus dem Thierreich, welche ätherisches Oel enthalten und in der Menschenheilkunde als die kräf­tigsten unter den llüchtig wirkenden Arzneimitteln benutzt werden; nämlich der Moschus, der Amber, das Castoreum und der Zi-beth Da der aufserordentlich hohe Preis dieser Mittel ihre An­wendung bei Thicrcn gänzlich verbietet, so wird auf sie auch keine weitere Kücksicht genommen.
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sowohl in ihrem Ursprünge wie auch in ihren materiellen Eigenschaften nnd in ihren Wirkungen auf den Thier-körper mit einander sehr verwandt, und können daher ganz passend in eine Klasse zusammengestellt werden. — Ihnen in mehrfacher Hinsicht sehr ahnlich ist auch das brenzliche (empyreumatische) Oel, weshalb die Mittel, die solches enthalten, hier ebenfalls ihren schick­lichsten Ort finden.
sect;• 254.
Die grofse Verwandtschaft der hierher gehörigen Mit­tel zeigt sich im Allgemeinen dadurch, dafs a) ihre oben­genannten verschiedenen Hauptbestandtheile ganz aus den­selben Grundstoffen und auf ziemlich gleichartige Weise zusammengesetzt sind; (denn die reinen und die brenzli-chen ätherischen Oele, die Harze und der Kampher be­stehen zum gröfsten Theil aus Kohlenstoff, demnächst aus Wasserstoff und aus Sauerstoff; der Stickstoff kommt nur bei sehr wenigen ätherischen Oelen, und auch bei diesen nur in äufserst geringer Menge vor); — b) dafs sehr häufig jene Hauptbestandtheile nicht nur in einem Mittel in natürlichen Verbindungen vorkommen, sondern dafs sie unter gewissen äufsern Einflüssen sich sogar in einander verwandeln: und c) dafs sie sämmtlich als erregende, und zum gröfsten Theil als flüchtig reizende Mittel auf den thierischen Organismus wirken, und be­sonders die Sensibilität, die Irritabilität und die Wärme­entwicklung in demselben erhöhen.
sect;. 255.
Bei dieser üebereinstimmung in ihren allgemeinsten Eigenschaften sind jedoch diese Mittel und deren wirk­same Bestandtheile keineswegs einander ganz gleich, son­dern sie zeigen mehrere, nicht unbedeutende Verschieden­heiten, welche es, besonders in therapeutischer Hinsicht nöthig machen, sie nach jenen Bestandtheilen in vier Ab­theilungen zu bringen, von denen
die erste die ätherisch-öligen oder aroma­tischen Mittel,
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die zweite den Kampher,
die dritte die harzigen und balsamischen,
und die vierte die brenzliehen Mittel enthält.
Erste Abtheilung.
A laquo;ttheri sih-ö I ige oder gewürzhafie (aromatische) Arz­neimittel. Medicamina aethereo-oleoaa s. aromatica.
sect;. 256.
Das ätherische (flüchtige oder wesentliche) Pflan­zenöl {Oleum aethereum vegetabile) kommt in sehr vielen Pflanzen, und zwar mehrentheils nur in einzelnen Theilen derselben, z. B. nur in den Blüthen, den Saamen, Früchten und Blättern, in der Rinde, im Holze und in der Wurzel, bei manchen Pflanzen aber auch in allen Theilen zugleich vor. Es ist schon bei mäfsiger Temperatur flüchtig, da­her durch Hitze aus den Pflanzen auszutreiben und ver­mittelst der Destillation mit Wasser für sich allein dar­zustellen.
Das so aus verschiedenen Pflanzen gewonnene äthe­rische Oel ist in den wesentlichen Eigenschaften über­einstimmend, erscheint aber doch in einiger Hinsicht mo-difizirt, und hat namentlich stets denselben flüchtigen, aber verschiedenartigen und eigenthümlichen Geruch und Geschmack, den die Pflanzen selbst besitzen, in denen es erzeugt worden ist. Nach diesen Verschiedenheiten kann man mehrere Arten des ätherischen Oels unterscheiden, als: d) gewürzhaftes (aromatisches) ätherisches Oel, von angenehm balsamischem, gewürzhaftem Geruch und süfslichem, erwärmendem, selbst etwas brennendem Ge­schmack 1)5 — b) campherartiges ätherisches Oel, das sehr flüchtig ist, starken, durchdringenden Geruch,
') Da diese Art des ällierisclien Oels verliaUnirsmüfsig am liäu-ligslen vorkommt, so hat mau die saiuinllich ätherisch-öligen Arznei-mittel auch als gewürzhafte oder aromatische Mittel be­zeichnet.
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campherartigeu, nicht sehr scharfen Geschmack hat, durch seine schnelle Verdunstung ein Gefühl von Kühlung er­zeugt und mit der Zeit Kampherkrystalle absetzt; — c) übelriechendes ätherisches Oel, flüchtig, mit schwerem, widerlichem Geruch und auch gewöhnlich mit üblem Geschmack begabt;— rf) terpentinartiges äthe­risches Oel, von etwas balsamischem, harzigem Geruch und Geschmack; — und e) lauchartiges ätherisches Oel, sehr flüchtig, von stechendem, zwiebelartigem Ge­ruch und eben solchem, sehr scharfen Geschmack.
sect;• 257. Die einzelnen ätherisch-öligen Mittel sind zum Theil nach diesen qualitativen Eigenthümlichkeiten des ätheri­schen Oels selbst, zum Theil aber auch darin von ein­ander verschieden, dafs sie dasselbe in verschiedener Menge, und in verschiedener Verbindung enthalten. Wirk­lich reich an ätherischem Oel sind nur wenige Mittel; die meisten besitzen dasselbe nur in sehr geringer Menge, und in mehreren findet sich nur eine ganz schwache Spur von ihm, obgleich sie einen starken Geruch besitzen. In manchen dieser Mittel ist das ätherische Oel der allein vorhandene wirksame Bestandtheil, in andern ist es mit Kampher, mit Ilarz, mit bitterm Extraktivstofiquot;, mit schar­fem oder adstringirendem Prinzip, mit süi'sem Stoöquot;, mit Schleim u. dgl. verbunden.
sect;. 258. Von den ätherischen Oelen in ihrer reinen Ge­stalt werden nur wenige (wie namentlich das Terpentinöl, Kiehnöl und Wachholderholzöl) in der Thierarzneikünde angewendet, weil sie mehrentheils viel zu theuer sind. Sie wirken sämmtlich sehr flüchtig erregend auf die Nerven-und Gefäfsthätigkeit im ganzen Organismus, doch aber mit vorherrschender Richtung auf die Gangliennerven des Rumpfes und auf die arteriellen Gefäfse. — Bei ihrer innerlichen Anwendung wird die Verdauung befördert, der Appetit vermehrt, die wurmförmige Bewegung % er­stärkt, die Absonderung des zähen Darmschleimes, die
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Entwickelung der Blähungen und der Würmer gemindert; letztere werden auch, wenn dergleichen vorhanden sind, getödtet und verdauet. Vom Magen aus verbreitet sich sehr schnell ihre Wirkung über den ganzen Körper; die Arterien werden voller, gespannter, ihre Pulse kräftiger und gewöhnlich auch häufiger, die Schleimhaut im Maule, in der Nase u. s. w. wird dunkler geröthet, das Auge mehr glänzend, der Blick munterer; die Bewegung der Muskeln, das Athmen und alle andere Verrichtungen werden lebhafter, mit gröfserer Leichtigkeit und Kraft ausgeübt; die Wärme im Maule und am ganzen Körper wird erhöhet, die Ausdünstung aus der Lunge und aus der Haut wird verstärkt und zuweilen wird selbst Schweifs erzeugt; eben so wird gewöhnlich die ürinsekretion, be­sonders von den terpentinartigen ätherischen Oelen sehr vermehrt. Ueberhaupt werden die Absonderungen beför­dert und die abgesonderten Säfte in der ersten Zeit et­was dünnflüssiger. Letzteres geschieht bei dem Gebrauch der ätherischen Oele ziemlich gleichmäfsig und gleichzei­tig an allen abgesonderten Flüssigkeiten; aber nicht alle Absonderungen werden gleichzeitig verstärkt, sondern es geschieht im Gegentheil sehr häufig, dafs nach den Ge­setzen des Antagonismus bei vermehrter Thätigkeit des einen Organs die absondernde Thätigkeit anderer Organe leidet, und namentlich sieht man bei Milchkühen nicht selten auf den Gebrauch der in Rede stehenden Mittel eine Abnahme der Milch erfolgen, während die Harnab­sonderung oder die Hautausdünstung vermehrt ist.
Oertlich wirken die ätherischen Oele auf die von ihnen berührten Gebilde gleichfalls sehr stark und flüch­tig erregend, selbst stark reizend, so dafs sie Röthung md juckendes, brennendes Gefühl, in höhern Graden der Virkung aber, besonders bei mehrmals wiederholter An­wendung und an empfindlichen Theilen auch Entzündung, Bäschen und Ausschwitzung erzeugen. Dabei befördern sie in den feinen Gefäfsen der tiefer liegenden Theile die Ciroflation und die Resorbtion, und hierdurch die Zer-
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theilung ergossener, stockender und verdickter Säfte. — Diese örtlichen Wirkungen zeigen sie am deutlichsten an der äufsern Haut, die sie bei wiederholter Anwendung in Entzündung und Eiterung versetzen und selbst zer­stören können; am gelindesten wirken sie dagegen auf die Schleimhaut des Mauls und des Verdauungskanals, obgleich sie auch im Maule Reizung und vermehrte Ab­sonderung des Speichels und Schleims verursachen.
In Wunden und Geschwüren bringen sie nicht allein starke Reizung, sondern zugleich auch eine Umstimmung des Bildungsprozesses hervor; namentlich befördern sie, wenn Unthätigkeit mit Erschlaffung und Reizlosigkeit be­steht, die Erzeugung der Fleischwärzclicn und die reich­liche Absonderung eines gutartigen Eiters.
In die Venen gespritzt, werden die ätherischen Oele in mäfsiger Menge ziemlich gut ertragen; es entsteht zwar gewöhnlich gleich nach der Anwendung eine heftige Auf­regung des Gefäfssystems und beschleunigtes, zuweilen auch krampfhaftes Athmen, allein diese Zufälle gehen schnell und ohne weitere üble Folgen zu hinterlassen, vorüber. Injektionen grofser Gaben bringen aber fast immer aufser jenen Zufällen noch Schwindel, Convulsio-nen, Erstickungszufälle, Angstschweifs und nicht selten den Tod, oder, nach dem Vorübergehen dieser ersten heftigen Zufälle, eine Entzündung der Lunge und des Brustfells hervor.
sect;. 259.
Jene allgemeine Wirkungen werden zum Theil durch unmittelbare Berührung der feinen Nervenenden in den betroffenen Gebilden, hauptsächlich aber durch die Auf­nahme des ätherischen Gels in die Säftemasse vermittelt. Beides erfolgt, gleichzeitig und stets sehr schnell, dahej auch die Wirkungen in kurzer Zeit sich über den ganzei Körper verbreiten. Einige Erscheinungen werden anci durch den Consensus, und zwar ebenfalls sehr schmü entwickelt. Der täglichen Beobachtung zufolge geschaht die Aufnahme des ätherischen Oels und die Entwicke'nng
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seiner allgemeinen Wirkungen am vollständigsten durch die Verdauungseingeweide, jedoch wohl ohne dafs eine vollkommene Assimilation desselben dabei stattfindet; denn es wird kurze Zeit nach der Anwendung, durch den Ge­ruch noch deutlich erkennbar, bald mit der Lungenaus­dünstung, bald mit dem Urin, zum Theil auch mit dem Schweifs und bei Milch gebenden Thieren auch zuweilen mit der Milch wieder aus dem Körper ausgeschieden. Bei der äufserlichen Anwendung, z. B. in die Haut ein­gerieben, oder in Wunden gebracht, wird das ätherische Oel ebenfalls, obgleich in geringerer Menge von den Ge-fäfsen aufgenommen und dann durch die verschiedenen Sekretionsorgane, namentlich durch Lungen und Nieren wieder entfernt. Die hierbei entstehenden allgemeinen Wirkungen sind zwar gewöhnlich viel schwacher, als wenn eine gleiche Menge innerlich angewendet ist; sie werden aber zuweilen, besonders bei grofser Empfindlich­keit des betroffenen Theils, in Folge der örtlichen hef­tigen Einwirkung auf consensuelle Weise zu einem sehr bedeutenden Grade erhöhet.
sect;. 260. Die Arzneimittel, welche ätherisches Oel als Haupt-bestandtheil enthalten, bringen ebenfalls flüchtig -erre­gende Wirkungen hervor, und stimmen somit im Wesent­lichen mit den vorhin (sect;. 258.) angegebenen Wirkungen der ätherischen Oele selbst überein; allein sie erscheinen doch durch die übrigen, gleichzeitig in ihnen vorhandenen Stoffe (sect;. 257.) als eigeuthümliche, von jenen verschie­dene Arzneikörper, und sind daher auch hinsichtlich der Wirkung theils im Grade der Stärke, der Flüchtigkeit und Dauer, theils in der Richtung auf besondere Organe, von den Wirkungen der reinen ätherischen Oelc abwei­chend. — Fast alle diese Mittel wirken örtlich weniger heftig reizend, und eben so im Allgemeinen milder, sanf­ter, den Körper weniger flüchtig durchdringend, dafür aber auch mehrentheils etwas andauernder als das in ih­nen enthaltene ätherische Oel für sich allein. Je mehr
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sie neben dem letztern noch fixe Bestandtheile, nament­lich Bitterstoff oder Gerbestoff enthalten, um desto mehr andauernd ist ihre Wirkung. Durch das Dasein der ge­nannten Stoffe erhalten diese Mittel auch eine besondere Richtung auf die Verdauuugseingcvveide, die sie nicht blos erregen, sondern auch wirklich stärken können. Be­sitzen sie aber neben dem ätherischen Oel noch Harz oder ein scharfes Prinzip, so äufsern sie ihre erregende Wirkung vorzüglich auf die Nieren, so wie sie bei dem gleichzeitigen Gehalt an Schleim, Stärkemehl und süfsen Stoff eine besondere Richtung auf die Respirationsorgane zeigen.
sect;. 261.
Diese Eigenthümlichkeiten der einzelnen ätherisch-öligen Arzneimittel, hat man schon seit langer Zeit er­kannt und deshalb die letztern im therapeutischen Sinne auf verschiedene Weise abgetheilt, indem man sie theils zu den magenstärkenden und blähungtreibenden, theils zu den krampt stillenden, zu den sogenannten herzstärkenden und Nervenmitteln, theils zu den sogenannten flüchtigen und fixen Reizmitteln, und theils zu den schweifstreibenden und urintreiben­den Mitteln gerechnet hat (Siehe: allg. Arzneiwir-kungslehre sect;sect;. 56, 57, 60, 67, 68 - 70, 72, 75 uud 94). Daraus ergiebt sich, dafs jedes einzelne der äthe­risch-öligen Mittel nach seinen Eigenthümlichkeiten ge­schätzt werden mui's, und dafs bei manchen Krankheiten zwar einige dieser Mittel, die von gleichartiger Beschaf­fenheit sind, einander ersetzen können, dafs diefs aber keineswegs mit allen uud nicht in jedem Falle geschehen darf. Der Unterschied zwischen den einzelnen Mitteln ist hier gröfser, als bei den bittern und bei den adstrin-girenden Mitteln.
sect;. 262.
Die ätherisch-öligen Mittel zeigen sich in ihrer all­gemeinen flüchtig erregenden Wirkung mit der ähnlichen Wirkung des Aethers, der versüfsten Säuren, des Wein-
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geistes und des Kamphers verwandt; sie unterscheiden sich jedoch von diesen Arzneimitteln theils durch ihren geringeren Grad der Flüchtigkeit, und hauptsächlich da­durch, dafs sie weniger auf das Nervensystem und auf die Sensibilität allein, sondern zugleich und vorzüglich auch (wie bereits im sect;. 258 angegeben) auf das Gefafssystem und auf die Irritabilität gerichtet sind. — Eben so zei­gen sie auch mit den meisten scharfen Reizmitteln, z. B. mit den Canthariden, einige Achnlichkeit, jedoch nur in den örtlichen und primären Wirkungen; denn in der all­gemeinen und sekundären \f irkung unterscheiden sich die letztern Mittel von ihnen dadurch, dafs ihnen das Ver­mögen mangelt, die Irritabilität wirklich zu erhöhen und die Mischung des Bluts zu verbessern. — Die gröfste Annäherung findet dagegen zwischen einigen ätherisch­öligen Mitteln, welche zugleich Bittorstoff enthalten, und zwischen den früher schon (.in der Uten Klasse betrach­teten) aromatisch - bittern Mitteln statt; denn so wie die erstem sich in materieller Hinsicht nur durch das üeber-wiegen des ätherischen Oels über den Bittorstotf von den letztern unterscheiden, eben so sind sie dynamisch nur durch einen höhern Grad der flüchtigen und erregenden Wirkung von denselben abweichend. Die sämmtlichen aromatisch-bittern und bitter-aromatischen Mittel bilden eigentlich eine zusammenhängende Reihe, in welcher der Uebergang von der einen Art zur andern nur allmählig geschieht, so dafs sich nur schwer eine scharfe Grenze zwischen beiden ziehen läfst.
sect;. 263. Die Anwendung der ätherisch-öligen Mittel ist nur bei asthenischen Krankheiten, und vorzüglich bei solchen Zuständen angezeigt, welche gleichzeitig in einer Schwäche des Nervensystems und des Gefäfssystems begründet sind, und wo deshalb auch eine Erregung und Erhebung der Sensibilität, vorzüglich aber der Irritabilität nothwendig ist. Besonders heilsam zeigen sie sich aber dann, wenn diese Schwäche in den Gaiiglieunerven des Rumpfes ih-
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veil Ursprung oder Sitz hat. — Weicher, kleiner Puls; blasse, wässerige Färbung der Schleimhaut im Maule und der Nase, und der Bindehaut der Augen: verminderte Em­pfindlichkeit (Torpor); Schwäche in der Bewegung; schlei­miger, zäher Urin; zäher Schleim in den Augenwinkeln ohne vorhandene Entzündung; geringe Temperatur der Haut; verminderter Appetit, gestörte Verdauung, Abgang von grob geballten, mit Schleim umhüllten und sehr stin­kenden Darmexkrementen bezeichnen im Allgemeinen den für diese Mittel passenden Zustand, der aber oft sowohl in der Art wie im Grade der einzelnen Erscheinungen etwas modifizirt ist, wie z. B. bei manchen asthenischen torpiden Entzündungen, bei Faulfiebern und bei krampf­haften Zufallen.;
Diesen allgemeinen Andeutungen entsprechend, wer­den die ätherisch-öligen Mittel innerlich angewendet: bei asthenischen Fiebern, bei Faulfieber, Nervenfieber, Milz­brand, beim kalten Brande, bei ünverdaulichkeit und Aufblähimg (wenn keine Reizung der Eingeweide damit verbunden ist), bei Yerschleimung, bei Cachexien und der Entwickelung von Würmern, bei Krämpfen in irgend einem Theile, und speziell im Magen und Darmkanal oder in den Harn- und Geschlechtsorganen, daher auch bei krampfhaften Harnverhaltungen, bei zu schwachen und unregelmäfsigcn, krampfhaften Geburtswehen, bei Lähmungen, bei dem Dummkoller, bei asthenischen Ent­zündungen, z. B. der Lungen, bei Catarrh und Rheuma­tismus, in deren spätem Stadien und bei chronischem Verlauf, bei Wassersuchten, bei der Fäule der Schafe und dgi.
Aeul'serlich benutzt man sie bei ähnlichen Krank-heitszuständen, z. B. bei Krämpfen und Lähmungen, um die Nerventhätigkeit örtlich etwas zu erhöhen; — bei asthe-nischen, besonders bei dergl. catarrhal. und rheumat. Ent­zündungen, bei und nach Quetschungen, bei Extravasaten, bei Stockungen und Verhärtungen nach vorhergegangenen Entzündungen, um durch verstärkte Gefäfsthätigkeit die
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Aufsaugung und Zertheilung zu befördern; — bei Wun­den und Geschwüren mit torpidem Charakter, um die Eiterung und Granulation zc bessern und zu befördern; — bei dem kalten Brande, um gleichfalls durch erhöhete Thätigkeit die Abstofsung der abgestorbenen Theile zu beschleunigen und die weitere Zersetzung der gesunden Masse zu verhüten.
sect;. 264. Dagegen sind diese Mittel überall bei ächten und akuten Entzündungen, bei reinen Entzündungsfiebern, bei Vollblütigkeit und bei aktiven Congestionen sehr schädlich.
sect;. 265. Die Gröfse der Gabe läfst sich bei den ätherisch-öligen Mitteln nicht so gleichmäßig im Allgemeinen be­stimmen, wie bei den bittern und adstringirenden Mitteln, sondern sie mufs sich nach der St #9632;vkc ihrer Wirksamkeit und nach dem Grade der Schwäche und der verminder­ten Empfindlichkeit, sowohl im ganzen Körper wie in den einzelnen Theilen, besonders in den Verdauungsor­ganen, richten. Bei erhöheter Empfindlichkeit und leicht aufzuregender Reizbarkeit ist es in der Regel nöthig, mit kleinen Gaben zu beginnen und diese allmählig zu ver­stärken, bis die gewünschte Wirkung eintritt; wo aber ein hoher Grad der Schwäche. Erschlaffunff. Trägheit im Gefäfssystem, sehr geringe Empfindlichkeit und übermä-fsige Absonderungen vorhanden sind, müssen sie immer sogleich in grofsen Gaben gereicht werden. Auch bei einem mafsigen Grade der Schwäche ist es zuweilen nö­thig, die Gaben eines Mittels, wenn es durch längere Zeit fortgebraucht wird, nach und nach zu verstärken, weil sich der Organismus au die erregenden Einwirkun­gen desselben gewöhnt und dann nur schwach reagirt. Aus diesem Grunde pflegt man auch, wenn man unter solchen Umständen nicht über die gewöhnliche Gabe eines Mittels hinausgehen will, dasselbe auf kurze Zeit auszu­setzen oder ein anderes, ihm ähnliches an seine Stelle zu bringen. — Da die Wirkungen der ätherisch - öligen
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Mittel mehrentlieils nur von kurzer Dauer sind, so ist es nöthig, die Gaben in mehr oder weniger kurzen Zwi­schenzeiten zu wiederholen. Auch hierbei läfst sich eine allgemeine Norm für alle Mittel und für alle Falle nicht gut vorschreiben, sondern es mufs dabei ebenfalls die re­lative Flüchtigkeit der einzelnen Mittel und die Heftig­keit und Dringlichkeit der, aus Schwäche, Erschöpfung oder Krämpfen entstandenen Zufälle zur Leitung dienen. Von den rein ätherisch-öligen Mitteln, z. B. der Pfetfer-münze wird in gewöhnlichen Fällen die Wiederholung in etwa 2 Stunden, von den bitter-aromatischen Mitteln aber, z. B. dem Kalmus, in etwa 3 Stunden nöthig sein, während man in dringenden Fällen, z. B. bei heftigen Krämpfen, alle halbe Stunden eine neue Gabe reichen mufs.
sect;. 266.
Die Form und Art der Anwendung der ätherisch­öligen Mittel, so wie ihre Verbindung mit andern Arz­neistoffen ist bei den verschiedenen innerlichen und äu-fserlichen Krankheitsformen sehr verschieden. —
Zum innerlichen Gebrauch giebt man sie zuweilen, aber nur selten in Pulverform, z. B. in den sogenannten Frefspulvern und Drusenpulvern für Pferde, und in den Lecken für Schafe. Die meisten ätherisch-öligen Mittel entwickeln im Pulver, wegen der langsamen Auflösung und Verarbeitung desselben, ihre Wirkung langsamer als wenn sie in flüssiger Form angewendet werden, bringen aber daeeamp;en mehrentlieils etwas stärkere örtliche Wir-kungen im Maule u. s. w. hervor. Deshalb giebt man Pferden und Schweinen diese Mittel gewöhnlich in Lat­wergen oder Pillen, in denen sie auch bei den übrigen Thieren angewendet werden können; sie wirken aber in diesen Formen ebenfalls etwas langsam, und dieselben passen daher am besten nur für diejenigen aromatischen Mittel, welche zugleich fixe Bcstandtheile enthalten r.nd zu ihrer vollständigen Wirkung einiger Zeit bedürfen; man pflegt jedoch deshab die Pillen- und Latwergenform
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nicht gerade auf Mittel der Art allein zu beschränken. — Die flüssige Form ist bei den ätherisch-öligen Mitteln zur innerlichen Anwendung die beste, besonders in aku­ten und krampfhaften Krankheiten, theils weil sie die wirksamen Bestandtheile dieser Mittel aufgelöst und zur schnellen Wirkung vorbereitet enthält, theils weil sie de­ren gleichmäfsige und schnelle Berührung mit einer gro-fsen Fläche des Verdauuugskanals am meisten vermittelt, ohne eine heftige örtliche Einwirkung zu gestatten; doch dürfen die ätherisch-öligen Arzneimittel nur durch Infun-diren mit heifsem Wasser, aber nicht durch Kochen die flüssige Form erhalten, weil durch letzteres ihre flüchti­gen Bestandtheile und namentlich das ätherische Oel, ver­nichtet werden und daher auch ihre Wirksamkeit fast ganz verloren geht. Solche Mittel, welche aufser dem ätherischen Oel noch Bitterstoff, adstringirendes Prinzip oder Harz enthalten, wirken im Infusum schwächer und einseitiger als in Substanz. Gewöhnlich läfst man einen Theil des klein geschnittenen oder grob gepulverten aro­matischen Mittels mit 8 bis 12 Theilen kochend heifsen Wassers übergiel'sen, das Ganze gegen \ bis 1 Stunde stehen (je nachdem man das Infusum gelind oder stark haben will) und dann die Flüssigkeit durchseihen. Von den reinen ätherischen Oelen werden bei Thieren inner­lich (Mrie bereits angegeben) nur sehr wenige angewen­det ; die aromatischen Tinkturen, Extrakte und andere | künstliche Präparate sind zum thierärztlichen Gebrauch fast ganz entbehrlich.
sect;. 267. Die ätherisch-öligen Mittel werden innerlich, nach Bedürfnifs des Krankheitszustandes, sowohl für sich al­lein, als auch in Verbindung mit den verschiedenartigsten andern Arzneistoffen angewendet; denn in chemischer Hin­sicht erlauben sie den Zusatz eines jeden andern Arznei­stoffes, und in therapeutischer Hinsicht ist es oft nöthig, bald ihre örtliche Wirkungen durch schleimige Mittel zu mildern, z. B. bei krampfhaften Zuständen der Verdauungs-
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eingeweide, — bald die ortliclien und allgemeinen Wir­kungen noch flüchtiger und eindringender zu machen, und deshalb Aether, Spiritus, Kampher, Ammonium, Hirsch­hornsalz u. dgl. zuzusetzen, wie z. B. bei Krämpfen und Lähmungen, beim Nervenfieber, bei heftigem Aufblähen, — bald den Wirkungen mehr Dauer und zugleich eine bestimmte Richtung auf die Verdauuugs- und Assimila-tiousorgane zu geben, und für diese Zwecke die aroma­tischen mit bittern, mitquot; zusammenziehenden Mitteln, mit Schwefel, Spiefsglanz, mit Mineralsäuren u. s. w., zu ver­binden, wie z. B. bei chronischer Schwäche der Ver­dauungseingeweide, bei gastrischen Fiebern, bei Cachexie, beim Faulfieber, beim langsam verlaufenden Milzbrand und ähnlichen Uebeln. —
Mufs man bittere oder zusammenziehende Mittel mit den aromatischen in flüssiger Form verbinden, so geschieht diefs auf die, im sect;. 231 bereits angegebene Weise, dais man nämlich mit dem Dekokt der erstem die letztem blos infundirt.
sect;. 268. Zum äufserlichen Gebrauch werden die ätherisch - öli­gen Mittel auf folgende verschiedene Weise benutzt:
^4) Gröblich verkleinert und in leinene Beutel gefüllt (als sogenannte Kräuter säckchen oder Kräuterkis­sen) zu trockenen Ueberschlägen oder Umschlägen bei solchen Krankheitszuständen, welche keine Nässe ertragen, z. B. bei manchen ödematösen Anschwellungen, bei rheu­matischen oder catarrhalischen Entzündungen, namentlich bei dergleichen Entzündungen der Augen. Solche Kräu-tersäckchen bringen durch die langsame Verdunstung ih­rer aromatischen Theile, eine gelinde aber stets gleich-mäfsige Erregung der oberflächlichen Gefäfse und Ner­ven hervor, sie verstärken die Resorption, zertheilen, be­seitigen Krampf und Schmerz, erhalten eine gleichmäisige Temperatur -und schützen gegen die Einwirkungen der äufsern Einflüsse. Damit sie die letztern Wirkungen gründlich erzeugen, müssen sie stets einen etwas gröfsern
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Umfang besitzen als der leidende Theil: auch müssen sie nicht zu dick (nur gegen 1 Zoll dick) gestopft werden, weil sie sonst durch ihre Schwere die kranken Theile be­lästigen und sich auch nicht gleichmäfsig an dieselben anlegen. Man benutzt zu diesem Gebrauch vorzüglich die aromatischen Blumen und Kräuter, weil sie unter den übrigen Mitteln am wenigsten schwer sind, und wählt nach Verhältuifs der Empfindlichkeit u. s. w. bald die von gelinder, bald die von starker Wirksamkeit; gewöhn­lich verbindet man zwei oder mehrere aromatische Mittel mit einander, wie diefs z. B. in den, in der Pharmakopöe aufgezeichneten sogenannten gevvürzhaften Species (.Spe­cies aromaticac'). welche aus Lavendelblüthen, Rosmarin, Pfeffermünze, Majoran, Quendel, Cubeben und Gewürz­nelken bestehen und zum thierärztlichen Gebrauch zu theuer sind, der Fall ist.
B)nbsp; In Pulverform, zum.Einstreuen in faulige, bran­dige und stark jauchende Geschwüre, z. B. bei derglei­chen Widerrüstschäden und Mauke. Die Mittel vereinen in dieser Form mit der erregenden Wirkung die absor-birende. Man verbindet sie hierbei bald mit bittern, bald mit zusammenziehenden Mitteln, mit Kohle, Kampher, Alaun und dgl.
C)nbsp; Mit heifsem Wasser zum Brei gemacht, als Brei­umschläge auf kalte und torpide Geschwülste, z. B. in sehnigen und drüsigen Theilen, auf Wunden und Ge­schwüre mit zu geringer Thätigkeit, und in jedem Falle, wo man aufser der erregenden Wirkung der aromatischen Mittel selbst, noch die anhaltende Einwirkung der feuch­ten Wärme benutzen will, um entweder Zertheilung oder Eiterung zu erzwecken. In dieser Form angewendet, wir­ken die aromatischen Mittel viel kräftiger und viel mehr in die Tiefe eindringend, als in den trockenen Umschlä­gen; doch dürfen sie wieder nicht durchs Kochen die Breigestalt erhalten, sondern entweder nur durch das Zu­sammenrühren mit der nöthigen Menge heifsen Wassers, oder, indem man sie in einen Beutel thut, diesen durch
HcrMrig AnnpiinittelMm'.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 20
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einige Minuten in heifses Wasser hält, dann gelind aus­drückt und hierauf unmittelbar als Umschlag benutzt. Diese Umschläge müssen, so viel wie möglich anhaltend eine gleich mäfsige Temperatur von etwa 15 bis 30 Grad (Reaumur) besitzen, und deshalb immer von neuem wie­der erwärmt werden, wenn sie bis auf etwa 10 bis 12 Grad abgekühlt sind. Das Erwärmen geschieht am zweck-mäfsigsten dadurch, dafs man entweder den Beutel mit seinem Inhalt von Zeit zu Zeit in warmes Wasser taucht und dann schnell wieder applizirt, oder dafs man ihn blofs mit warmen Wasser begiefst, ohne ihn von dem Körper abzunehmen.
Auch zu diesen Umschlägen wählt man unter den aromatischen Mitteln am häufigsten die Blumen und Kräu­ter, und zwar in jedem besonderen Falle diejenigen, de­ren Wirksamkeit dem Grade der Unempfindlichkeit und Schwäche entspricht. Die offizinellen aromatischen Spe­zies sind auch hier zu benutzen, aber fur die meisten Fälle zu kostbar und deshalb durch blofs inländische Mittel, z. B. Quendel, Camillen u. dgl. — und häufig auch durch den sogenannten Heusaamen zu ersetzen. -— Zuweilen setzt, man den aromatischen Umschlägen noch erweichende Mittel, und besonders Lcinkuchenmehl oder Leinsaamenmehl hinzu, um ihnen etwas mehr Con-sistenz zu geben und um hierdurch die Wärme in ihnen länger gebunden zu erhalten; diefs darf jedoch nur ge­schehen, wenn die kranken Theile nicht sehr empfindlich sind und also auch einen gelinden Druck ertragen.
D) Im warmen Aufgufs wendet man die aromatischen Mittel äufserlich am häufigsten an, und zwar zu Waschun­gen und Bähungen (Fomentationen) z. B. bei asthenischen Entzündungen, bei dgl. Quetschungen, bei Extravasaten, bei Verhärtungen, bei torpiden Wunden und Geschwüren, beim Brand u. dgl.; — ferner, zu Fufsbädern, bei eitern­den Steingallenj bei Knorpelfisteln; — bei den kleinen Hausthieren auch zu ganzen Bädern, z. B. bei Krämpfen und Lähmungen der Hunde, — und zu Einspritzungen
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in den Mastdarm und in die Scheide, z. B. bei Kräm­pfen in den Gedärmen oder in der Harnblase, bei dem zu langsamen Fortschreiten der Geburtsarbeit wegen Schwä­che oder wegen Krampf- — Auf diese Weise^ in flüssi­ger Form angewendet, wirken die aromatischen Mittel fast eben so wie in den Breiumschlägen, da auch hier neben den Bestandtheilen der Mittel noch Feuchtigkeit und Wärme sehr wirksame Einflüsse sind: die Wirkungen des Infusums scheinen nur wegen der vollständigen Auf­lösung der flüchtigen Bestandtheile mehr eindringend zu sein, als die Wirkungen der Breiumschläge, wogegen die der letztern bei gehöriger Anwendung verhältniismäfsig anhaltender und gleichförmiger sind.
Zu solchen Aufgüssen eignen sich alle aromatische Arzneimittel ohne Unterschied, und dieselben werden nur nach dem Grade ihrer Wirksamkeit für den vorhandenen Krankheitszustand, und zum Theil auch mit Berücksich­tigung ihres Preises ausgewählt. Gewöhnlich rechnet man auf 1 bis l| Unzen von ihnen 1 Pfund heil'sen Wassers. Soll der Aufgufs auf entzündete Augen, auf Wunden, in dem Mastdarm oder in der Scheide angewendet werden, so darf man nur die reine, durch Leinwand geseihete Flüssigkeit von ihm benutzen; bei der Anwendung auf die unverletzte Haut, eben so zu Fufsbädern und ganzen Bädern, ist aber das Durchseihen nicht nöthig. Nach Erfordern der Zufälle wendet man bald den Aufgufs für sich allein an, bald in Verbindung mit zusammenziehen­den Mitteln (bei grofser Erschlaffung und Ausdehnung der Fasern, und bei starken Extravasaten), bald auch mit Weingeist (Wein), Kampherspiritus oder mit Terpentinöl, Kochsalz, Salmiak und dgl. erregenden Mitteln (bei gro­fser Unempfindlichkeit, bei Krämpfen und bei Lähmung). — Die Temperatur des Aufgusses bei der Anwendung, kann, wie bei den Umschlägen, nach der Art und dem Grade der Zufälle, 15 — 30 Grad R. sein; die Dauer und Wiederholung der Anwendung mufs sich aber nach dem Grade und der Hartnäckigkeit der Zufälle richten. Wich-
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tig ist es, nach der Anwendung der warmen Waschun­gen, Bäder u. s. w., jede Erkältung zu verhüten, daher das Thier im warmen Stalle zu halten, es bis zur mög­lichen Trockenheit reiben und warm bedecken zu lassen.
E)nbsp; nbsp;In Form von Dunstbädern oder Dampfbädern wendet man die aromatischen Mittel vorzüglich bei ca-tarrhalischen, asthenischen Entzündungen der Augen, bei dgl. Entzündungen der Schleimhaut in den Respirations­organen, bei rheumatischen und andern asthenischen Ent­zündungen des Euters, bei Stockungen der Milch und hieraus entstandenen Verhärtungen derselben, und bei rheumatischen Koliken und Harnverhaltungen an. Die Wirkung ist in dieser Form, verhältnifsmäfsig zu der des Aufgusses, durch den warmen Wasserdimst sehr ge­mildert, und wird daher auch selbst bei einem noch ziem­lich hohen Grade von Spannung und Reizbarkelt ertragen.
Die Entwickelung der aromatischen Dämpfe geschieht durch einfaches Uebergiefsen der Mittel mit fast kochend heifsem Wasser in einem passenden Gefäfs, welches man so lange zugedeckt erhält, bis die Flüssigkeit gegen 36 bis 40 Grad Wärme besitzt, das Gefäfs wird dann unter den leidenden Theil gebracht und der letztere von oben her mit einer etwas dichten (z. B. wollnen) Decke, die an den Seiten bis über das Gefäfs herab reicht, behan­gen, um die Dämpfe zusammenzuhalten und ihnen eine bestimmte Richtung zu geben. Will man das Dampfen durch längere Zeit unterhalten, so giefst man bei dem beginnenden stärkern Abkühlen der Flüssigkeit wieder­holt heifses Wasser hinzu, oder man legt glühend ge­machte Steine oder dergl. Eisen in dieselbe. Man ver­meide die Anwendung der zu heifsen Dämpfe, welche sehr leicht die Haut verbrühen, und ebenso vermeide man nachher jede Erkältung.
F)nbsp; Endlich wird von einigen Mitteln auch das äthe­rische Oel zum Einstreichen in sehr torpide Wunden und Geschwüre und zum Einreiben in Theile, die an kalten Verhärtungen, an asthenischen, sehr torpiden Entzün-
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düngen, an kaltem Rheumatismus u. dgl. Affectionen lei­den, angewendet, und zwar bald für sich allein, bald in Verbindung mit Fett oder fettem Oel, mit Seife, Wein­geist, Merkurialsalbe und andern auflosenden und erre­genden Mitteln. Durch diese Zusätze wird die stark er­regende örtliche Wirkung der ätherischen Oele milder aber auch andauernder gemacht.
A. Aromatische Kräuter und Blumen.
1. Fliederblumen (Holliindcrljlüthen). Flores Sambuci.
sect;. 269. Sie besitzen ein eigenthümliches butter artiges, sehr stark riechendes ätherisches Oel in sehr geringer Menge und verbunden mit Schleim, Extraktivstoff und mehrerlei Salzen. — Ihre Wirkungen sind flüchtig erregend auf das Gefäfs- und Nervcnszstem, jedoch nur im sehr ge­linden Grade und eigentlüimlich beschränkt auf die fei­nen Gefäfse der Haut und der Schleimhaut der Respira-tionsorganej denn die gröfsern Gefäfse werden selbst bei und nach sehr greisen Gaben des Mittels (nämlich zu 2 bis i Pfund bei gesunden Pferden) auf keine Weise affi-zirt, da hiernach weder die Zahl noch die Beschaffenheit der Arterienpulse bemerkbar verändert erscheint, während jedoch die Haut eine höhere Temperatur, gröfsere Weich­heit und Feuchtigkeit erhält und die Ausdünstung aus der Lunge verstärkt wird. Wirklicher (tropfbarer) Schweifs entsteht zwar bei Pferden und Rindern zuweilen, aber nicht jedesmal nach der Anwendung des Flieders, selbst nach den bezeichneten groisen Gaben nicht, und alle übrige Sekretionen werden durch ihn fast gar nicht ver­ändert. — Seine örtliche Wirkung besteht bei jeder Art der Anwendung in einer nur schwachen Reizung der fei­neren Gefäfse, bei welcher keine Röthung der Haut, kein brennendes Gefühl u. dgl. stärkere Einwirkungen zu be­merken sind. Auf die Verdauungseingeweide äufsert er fast gar keine Wirkung, wenigstens keine tonische oder reizende, und unterscheidet sich hierdurch sehr bedeutend
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von der Wirkung der Chainillenblumen und der meisten übrigen aromatischen Mittel.
Die Fliederblumen gehören daher zu den mildesten Mitteln der Art und werden innerlich selbst bei einem nicht zu hohen Entzündungszustande gut ertragen. Ihrer beschriebenen Eigenthümlichkeit gemafs wendet man sie besonders in solchen Krankheiten mit gutem Erfolge an, welche aus gestörter oder unterdrückter Haut- und Lun­genausdünstung entstanden sind, und wo man diese Funk­tionen, ohne starke Aufregung der Kräfte, in einem hö­hern Grade wieder hervorrufen will, wie namentlich bei Druse, Strengel, catarrhal. Bräune, bei Catarrhalfieber, Rheumatismus, bei rheumatischen Krämpfen und Koliken, bei dem rheumatischen (idiopathischen) Starrkrampf der Pferde, der Hunde und Lämmer, bei dem Verfangen (akut. Rheumatismus) der Schweine, bei der Staupe der Hunde u. s. w. — Doch leistet der Flieder bei diesen Krankheiten mehrentheils nur dauii gute Dienste, wenn er gleich im Anfange derselben angewendet wird, dage­gen sehr wenig, wenn sie bereits chronisch geworden sind.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder 2 — 3 Unzen, für Schafe und Schweine \ — 1 Unze und für Hunde 5 — 2 Drachmen, in Zwischenzeiten von 1 bis 2 Stunden, am zweckmäfsigsten im Infusum, und nach Erfordern der Umstände mit Chamillenblumen, mit Baldrian, mit Essig. Weingeist, Salmiakgeist, Kampher und andern flüchtigen Mitteln verbunden.
Aeufserlich werden die Fliederblumen ebenfalls bei catarrhalischen und rheumatischen Entzündungen, beson­ders bei dergleichen Augenentzündungen angewendet, und zwar a) in Form von Kräuterkissen, die aus Fliederblu­men allein oder aus gleichen Theilen Flieder- und Cha­inillenblumen bestehen und bei hohen Graden der Astlie-nie auch mit etwas Campherpulver versetzt sein können, i) Bei schmerzhaften Entzündungen benutzt mau den Flie­der auch in Form von Breiumschlägen, oft in Verbindung
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mit schleimigen und narkotischen Pflanzen; und — c) bei ähnlichen Zuständen, besonders an den Augen, wendet man auch das lauwarme Flieder-Infusum als Augenwasser an, bald für sich allein, bald mit Bleizucker, Augenstein, Opium u. dgl. versetzt.
Anmerkung 1. Die Fliederblumen sollen den Pfauen1), und die (getrockneten) Fliederbeeren (Sace. Sambuci siccatae) den Hühnern 2) ein tödtendes Gift sein. Eigene Erfahrungen hierüber fehlen mir; ich bezweifle aber jene Wirkung der Beeren deshalb, weil dieselben von sehr vielen kleinen Vögeln, wie namentlich von den Meisen und Dompfaffen, in sehr grofser Menge und ohne Nachtheil gefressen werden.
Anmerkung 2. Der aus den reifen Beeren berei­tete eingedickte Saft oder das Fliedermus (Succus inspissatus s. Rob. Sambuci) soll ebenfalls, wie die Flie-derblumen, jedoch im geringem Grade, die Hautausdün­stung befördern; ich habe dies jedoch niemals beobachten können. In grofsen Gaben wirkt dasselbe vielmehr wie das Pflaumenmus (sect;. 185. cf), und kann auch wie die­ses (jedoch nur wo es als Hausmittel und ganz wohlfeil zu haben ist) als Bindemittel bei der Bereitung der Pil­len und Latwergen dienen. Uebrigens aber ist es ganz entbehrlich.
2. Kamillenblumcn (Gemeine oder Feldkamillen). Flores Chamomillae vulgaris,
sect;. 270. Dieses, von der Natur so allgemein gespendete Arz­neimittel enthält als wirksame Bestandtheile, ein etwas widerlich (schwer) riechendes ätherisches Oel in Verbin­dung mit bitterin Extraktivstotf, und seine Wirkungen sind daher nicht allein flüchtig erregend, sondern auch tonisch. Die erstere Wirkung ist zwar über die letztere sehr vor-
') Lin. Flor. Suec. p. 97.
2) Barlhol. Hislor. anal, raiior. Cenl. 4. p 218.
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herrschend, aber dennoch sehr mild; sie durchdringt bei der gewöhnlichen innerlichen Anwendung schnell den ganzen Organismus, aufsert sich aber am stärksten in den Orgauen der Bauchhöhle, — wozu wohl der Bitterstoff, seiner bekannten Einwirkung auf diese Organe gemäfs (sect;. 202 u. f.), sehr wesentlich beiträgt. In dieser Hin­sicht haben die Kamillen eine grofse Achnlichkeit mit dem Wermuth, dem Rainfarrn, der Schafgarbe, dem Baldrian und dem Kalmus; ihre Wirkung ist jedoch mehr flüchtig und weniger tonisch als die der drei ersten Mittel, und den zuletzt genannten beiden Mitteln stehen sie in der stärkenden und in der erregenden Wirkung zugleich sehr nach.
Aber gerade jene, in jeder Beziehung milde und ei-genthümliche Wirkung, giebt den Kamillen bei manchen Krankheiten einen grofsen Werth. Sie können zwar, wie die sämmtlichen Mittel dieser Klasse, bei allen astheni-schen Krankheiten angewendet werden, doch sind sie der Erfahrung zufolge bei astheniseh - nervösen Zu­ständen, welche mit Schmerz und Krampf ver­bunden sind, und besonders bei dergleichen Leiden an den Organen des Hinterleibes, am vorzüglichsten wirksam, — und sie werden daher auch bei Krämpfen, bei Wind- und Krampfkolik, bei krampf­haften Harnverhaltungen, bei unzeitigen, bei uuregelmä-fsigen und zu geringen Wehen, Durchfällen, die mit
Krämpfen verbunden, aber frei von E: bei schmerzhaften Rheumatismen, bei
Zündungen sind.
der Staupe der
Hunde, wenn dieselbe mit Zuckungen, mit Krämpfen oder mit Lähmung verbunden ist, eben so bei dem Brust­krampf der Pferde, bei der aus Erkältung entstandenen Gelbsucht des Rindviehes und bei der Lähmung der Lämmer häufig gebraucht. Doch leistet das Mittel bei den meisten dieser Krankheiten nur dann wirklich gute Dienste, wenn sie keinen zu hohen Grad erreicht haben; im letztem Falle und bei chronischen Leiden sind seine Kräfte melnentheils zu gering.
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Bei reinen Entzündungen ist die Anwendung der Kamillen schädlich, und es ist daher auch ganz fehler­haft, sie bei jeder Kolik, ohne Berücksichtigung des pa­thologischen Zustandes derselben, zu gebrauchen, da na­mentlich beim Pferde sehr häufig den Symptomen der Kolik eine Entzündung der Baucheingeweide zum Grunde liegt.
Man giebt sie den grofsen Hausthieren zu 1 — 2 Unzen, Schafen und Schweinen zu 2 — 6 Drachmen, Hun­den zu j — 3 Drachmen auf einmal, und nach der Heftig­keit der Zufalle in Zwischenzeiten von einer halben bis in zwei Stunden wiederholt. Obgleich die Anwendung der Kamillen in Latwergen oder Pillen geschehen kann, so benutzt man sie doch in diesen Formen nicht gern, weil sie, bei ihrem geringen Gewicht, eine zu grofse Masse bilden und dadurch das Eingeben erschweren. Das Infusum bleibt deshalb auch hier die zweckmäfsigste und wirksamste Form. In leichten Fällen giebt man das­selbe für sich allein, bei heftigen Krämpfen u. s. w. aber in Verbindung mit Baldrian, Kalmus, oder mit Opium, mit Stinkasand, Kampher, Weingeist, Schwefel-Aether-Weingeist, Terpentinöl, Hirschhovnöl und andern flüchti­gen Reizmitteln.
Aeufserlich werden die Kamilleublumen als Pulver zum Einstreuen in unreine, stinkende Geschwüre, oder auch in Substanz zu trocknen und feuchten Umschlägen, und im Infusum zu Waschungen, Bädern und Bähungen (ganz nach den allgemeinen Andeutungen sect;. 268.) be­nutzt.
Anmerkung. Das destillirte oder ätherische Kamillenöl (0/. Chamomülae aeihereum) und zwar so­wohl das reine wie das durch Destillation der Kamillen mit Citronöl oder mit Terpentinöl gewonnene, be­sitzt die flüchtig erregenden Wirkungen der Kamillen in einem hohen Grade, ist aber sehr theuer und deshalb in der Thierarzneikunst gar nicht gebräuchlich. — Das gekochte oder eigentlich infundirte Kamillenöl
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(0/. Chamomillae infusum s. coctum), durch Digeriren von 1 Theil Kamillenblumen mit 8 Theileu Baumöl bereitet, leistet nicht viel mehr als blofses Baumöl und ist daher zu entbehren. — Eben so ist das Kamillenextrakt, welches fast nur als bitteres Mittel wirkt, und das de-stillirto Kamillcnwasser entbehrlich.
3. Römische oder edle Kamillen. Flor es Chamomillae romanae.
sect;#9632; 271.
Sie enthalten als wirksame Bestandtheilc flüchtiges Oel, ein gummiharziges Prinzip, etwas Kampher und et­was Gerbstoff. An ätherischem Oel sind sie reicher als die gemeinen Kamillen, denen sie zwar in der Wirkung ähnlich, aber keineswegs gleich sind, sondern sich durch gröfsere Flüchtigkeit und durch stärkere aromatische Bit­terkeit von denselben unterscheiden. Deshalb verdient die gemeine Kamille bei schmerzhaften Koliken den Vor­zug vor ihnen; übrigens aber können sie, wo sie zu ha­ben sind, ganz wie die gemeinen Kamillen, bei den im vorigen sect;. genannten und ähnlichen Krankheiten, und in derselben Gabe und Verbindung angewendet werden.
Die französischen Thierärzte benutzen sie sehr häu­fig; in Deutschland sind sie verhältnifsmäfsig zur gemeinen Kamille zu theuer und deshalb wenig im Gebrauch.
1. La ven del blumen. Flores Lcwendulae.
sect;. 272. Die noch nicht völlig aufgeblühten Lavendelblumen (und zum Thcil auch die Blätter) sind sehr reich an einem kampherhaltigen ätherischen Oel, und ihre Wir­kungen sind daher sehr flüchtig, reizend, belebend, und bei asthenischen Entzündungen, bei Stockungen und Ex-travasaten sehr kräftig zertheilend. — Der Lavendel wird innerlich (aus mir unbekannten Gründen) sehr wenig an­gewendet; er ist aber wie jedes andere ätherisch - ölige
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Mittel bei allen, im sect;. 263. augeführteu Krankheitszustän-den zu benutzen. Die Gabe ist für die grofsen Haus-thiere 1—2 Unzen, für Schafe und Scliweine i — 1 Unze, für Hunde 5—2 Drachmen. Form und Verbin­dung ist wie bei den Kamillenblumen zu wählen. — Am gewöhnlichsten wird der Lavendel äufserlich in solchen Fällen benutzt, wo erregende Zcitheilungsmittel angezeigt sind. Die Anwendung kann hierbei, den Umständen ent­sprechend, in Kriiutcrkissen, in Breiumschlägen, oder im Infusum und mit Zusatz von Kamillen, Quendel, Spiritus u. dgl. geschehen.
Anmerkung. Das sehr kampherrciche Lavendel-ol (0^. Lacendulae dcstillatum) erzeugt ausgezeichnet flüch­tig erregende Wirkungen, welche denen des Kamphcrs ähnlich und örtlich viel milder sind, als die Wirkungen des Terpentinöls: daher auch bei seiner wiederholten Anwendung auf die Haut nicht so bald die Haare verlo­ren gelien, wie bei dem Gebrauch des letzteren Mittels. Es ist nach dem Terpentinöl, Wachholderholzöl, Steinöl und Bosmarinol das wohlfeilste ätherische Oel, und wird von den französischen Thierärzten häufig gegen astheni-sche und chronische Entzündungen, gegen verhärtete Ge­schwülste und bei Rheumatismen zu äufserlichen Einrei­bungen, bald für sich allein, bald in Verbindung mit Baumöl, mit Weingeist, Salmiakgeist oder Terpentinöl, je nachdem mau einen geringern oder stärkern Grad der Heizung bewirken will, angewendet. Es ist jedoch fast überall durch das Terpentinöl zu ersetzen und nur da zu empfehlen, wo die Eigenthümer einen besondern Werth auf die kranken Thiere legen, und etwas Anderes als die gewöhnlichen Mittel gebraucht zu sehen wünschen, oder wenn die kranken Thiere im Zimmer gehalten werden, z. B. Stubenhunde und Katzen. — Eine geringere und gewöhnlich verfälschte Sorte des Lavendelöls, das Spik-öl {01. Spicae), wurde ehedem von den Thierärzten sehr häutig und auf ähnliche Weise wie das vorige, gebraucht; jetzt benutzt man dasselbe mit Hecht sehr wenig und nur
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unter den eben angegebenen Umständen. — Aufserdem hat man noch einen Lavendelgeist iSpiritus Lavendulae), welcher aber in der Thierarzneikuust entbehrlich ist.
5. Üusiuarinkraut (und Bluincit). Herha et Flores Rosmarmi, s. Roris mariai, s. Atilhos.
sect;. 273.
Der Rosmarin besitzt als Hauptbestandtheü ebenfalls sehr viel kampherhaltiees Ocl, in Verbindung mit etwas bitterlich scharfem Extraktivstoff. Er ist. somit dem La­vendel sehr ähnlich und stimmt auch mit dessen tiüchtig erregenden quot;Wirkungen im Wesentlichen überein, übertrifft dieselben aber noch an Stärke, und zeigt aufserdem auch eine kräftigere Einwirkung auf die Geschlechtsorgane, so dafs er sich den Wirkungen der römischen Kamille sehr annähert.
Man macht von dem Rosmarin nur wenig Gebrauch, besonders innerlich: wo er jedoch wohlfeil und vielleicht als Hausmittel zu haben ist, kann die innerliche und äu-fserliche Anwendung ganz so und in denselben Gaben geschehen, wie bei den vorigen beiden Mitteln.
Anmerkung. Das Rosmarin Öl {Oleum, Roris ma-rini s. 01. Anthos) besitzt dieselben Wirkungen wie das Lavendelöl, quot;hnd kann so wie dieses benutzt werden. Es verdient sogar vor diesem in den meisten Fällen den Vorzug, da es unter allen ätherischen Pflanzenölen (mit Ausnahme des Terpentinöls und des Wachholdcrholzöls) das wohlfeilste ist. — In der sogenannten Nervensalbe oder der zusammengesetzten Rosmarinsalbe {Thi~ guentum ncrcinuvi s. Vng. Roris marini cmnposittm), wie dieselbe in der Preufsischen Pharmakopöe vorgeschrieben ist, bildet dieses Oel und das Rosmarinkraut die wirkssyn-stenBcstandtheile; sie wirkt sehr kräftig erregend, stärkend und zerthcilend, ist aber für die meisten Fälle der thier-ärztlichen Praxis zu theucr, und durch Salben aus Tar-pentinöl, Kampher und grüner Seife oder Schweinefett
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zu ersetzen. — Der Rosmarinspiritus (Spirit. Ba­ris marini) ist ein kräftiges Reizmittel, aber entbehrlich.
6. Salbei kraut. Herha Suleiae (o/Jicinalis).
sect;. 274.
Das in der ächten Salbei enthaltene ätherische Oel ist ebenfalls kampherhaltig, jedoch in einem geringeren Grade als das des Lavendels und des Rosmarins; mit ihm ist Bitterstoff und, in noch grofserer Menge, auch ein adstringirendes Princip sehr innig verbunden, und das Mittel besitzt hierdurch die Eigenschaft nicht nur flüch­tig erregend, sondern auch zusammenziehend, anhaltend erregend und stärkend zu wirken. — Diese Wirkungen zeigen sich innerlich durch Besserunp der schwachen Verdauung, durch Beseitigung von Krämpfen und Blä­hungen, vorzüglich aber durch Beschränkung krankhaft vermehrter Absonderungen sehr heilsam, wie namentlich bei chronischen Verschleimungen der Respirationsorgane, bei Krämpfen, bei Schwäche, Erschlaffung und bei Ver-schlcimung der Verdauungseingeweide, der Nieren und Geschlechtstlieile, daher auch bei dem sogenannten feuch­ten Dampf, bei der Schleimschwindsucht, bei asthenischen Durchfall und Ruhr, bei dergl. Harnruhr, bei iibermäfsi-gen Schweifsen, bei zurückgebliebener Nachgeburt und dadurch entstandenem Schleimflufs; — eben so äufserlich bei asthenischen Entzündungen im Maule und im Rachen (z. B. bei dem Maul weh, bei chronischer Bräune mit übermäfsiger Schleiinabsonderung), bei asthenischen Au-genentzündimgen, und bei allen dergl. Entzündungen an­derer Theile, bei Quetschungen, leichten Blutextravasaten, bei ödematösen Anschwellungen, bei Schleimflufs aus den Geschlechtstheilen, bei Wunden und Geschwüren mit zu geringer Thätigkeit, selbst bei dem kalten Brande u. dgl.
Die Gabe zum innerlichen Gebrauch ist für die ver­schiedenen Hausthiere wie bei den Kamillen. Die An­wendung kann in allen Formen geschehen; am zweckmä-fsigsten ist jedoch das Infusum, wenn man die flüchtigen
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Wirkungen des Mittels vorzüglich zu erhalten wünscht: will man aber mehr die tonischen Wirkungen, so kann dasselbe auch schwach gekocht werden. Zusätze macht man, nach dem Grade der vorhandenen Erschlaffung und Reizlosigkeit, von Weidenrinde, Alaun, Kalmus, Kamillen, Pfeffermünze, Kampher, Spiritus, Terpentinöl und der­gleichen.
Die äufserliche Anwendung der Salbei geschieht meh-rentheils im Infusum, für sich allein oder in Verbindung mit andern aromatischen Pflanzen, und häufig mit Zusatz von Essig oder Spiritus Q bis zur Hälfte der ganzen Flüssigkeit), zum W'aschen, Bähen und Einspritzen; — zuweilen wird die Salbei auch zu aromatischen Breium­schlägen, selten in Pulverform zum Einstreuen in Wun­den und Geschwüre benutzt.
Anmerkung. Die Salbei wird von Schafen und Ziegen gern gefressen und giebt, wenn diefs reichlich ge­schieht, der Milch und dem Fleische dieser Thiere einen gewürzhaften Geschmack.
7. Isopkrant. Herbn Hyssapi.
sect;. 275.
In dem Isop ist das ätherische Oel mit einem schar­fen Bitterstoff verbunden und das Mittel wirkt daher er­regend und stärkend, bessert die Verdauung, treibt Blä­hungen und befördert die Absonderung des Urins, vor­züglich aber die Auflösung und den Auswurf des zähen Schleims, sowohl in der Lunge und Luftröhre, als auch in den Vcrdauungscingeweiden. Aus diesem Grunde ist der Isop in entsprechenden Fällen eben so gut ein Brust­mittel wie ein wurmtreibendes Mittel, seine Wirkungen sind aber nur mild und werden in jeder Beziehung von vielen andern Mitteln übertroffen. — Aeufserlich wirkt er erregend, stärkend und zertheilond.
Die Anwendung findet in ähnlichen Fällen statt, wo die Kamillen mjd die Salbei empfohlen sind, und eben
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so ist die Art der Anwendung und die Grofse der Gabe wie bei diesen Mitteln zu bestimmen.
8. Laclienknotlauclikraut. Uerba Scortlii.
sect;. 276. Das Kraut des Lachenknoblauchs ist in seinen Be-standtheilen und Wirkungen dem Isop einigermafsen ähn­lich, indem es ebenfalls aufser dem flüchtigen Stoffe einen scharfen Bitterstoff enthält, und flüchtig reizend, aber auch magenstärkend, blähungtreibend, auflosend, wurmwidrig, und äufserlich erregend zertheilend wirkt. Es unterschei­det sich jedoch von dem vorigen Mittel dadurch, dafs es sehr arm an ätherischem Oel ist und dafs daher seine flüchtigen Wirkungen um vieles geringer sind, als bei diesem. Ueberhaupt kann man den Lachenknoblauch nur zu den schwachwirkenden Mitteln rechnen (besonders wenn er getrocknet ist), obgleich man ihm früher sehr grofse Heilwirkungen gegen AVurmer, gegen bösartige, typhöse Fieber und ähnliche asthenische Krankheiten zu­schrieb. Man macht daher jetzt auch nur wenig Gebrauch von ihm. Als inländisches wohlfeiles Mittel verdient er jedoch (besonders im frischen Zustande) in passenden Fällen benutzt zu werden, — was innerlich und äufser­lich ganz wie bei der Salbei und bei dem Isop gesche­hen kann.
f). ]\laii-an- oder Majorankraut. Hcrba Majoränue,
sect;#9632; 277. Es ist ziemlich reich an ätherischem Oel und enthält zugleich etwas Bitterstoff. Seine Wirkungen sind denen des Isop ähnlich, aber weniger stark örtlich reizend, Es gehört, wie die beiden vorhergehenden Pflanzenmittel (sect;. 275 u. 276), zu den schwächeren aromatischen Arznei­stoffen und wird innerlich und äufserlich wie diese be­nutzt, findet aber ebenfalls nur eine seltene Anwendung. — Die ehemals von ihm benutzten Präparate, das Majoran-ol (Okum fksiill. Majorcmae) und die Majoranbutter
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(Butt/rum Majoranae) sind jetzt nicht mehr in der Thier-arzneiknnde gebräuchlich und auch ganz entbehrlich.
10. Gemeines Dostenkraut (quot;Wolilgcmuth). Hcrbn Origani tulgaris.
sect;. 278.
Das Dostenlcraut ist in seineu Bestandtheilen sehr ähnlich dein Mairan, aber die Wirkungen sind viel kräf­tiger als bei dem letztem. Es kann ganz wie die vorher genannten Mittel benutzt werden.
Dasselbe gilt auch von dem Kandischeu Dosten oder Diptam-Dosten, oder dem sogenannten spani­schen Hopfen {Origanum creücum s. Dictamnus creiieus), welcher sehr reich an äther. Oel ist und den vorigen an Wirksamkeit noch übertrifft. — Sein ätherisches Oel (Dostenöl, Spanischhöpfenol, Oleum Origani creti-ci) ist sehr stark reizend, dem Terpentinöl ähnlich, und wurde ehedem zu scharfwirkenden Salben und Einreibun­gen häufig gebraucht, wird aber jetzt durch das wohlfei­lere Terpentinöl ersetzt.
11. Ffefferiafinzkrant. Hcrba Menthac piperitae, s. plperilidis.
279.
Die Pfetfermünze besitzt als allein wirksamen Be-standtheil ein sehr kampherreiches ätherisches Oel in be­deutender Menge, welches sich durch einen aromatischen und zugleich kühlenden Geschmack vor andern äther. Oelen auszeichnet. Sie ist ein sehr kräftiges flüchtiges Reizmittel, welches an Flüchtigkeit alle übrigen aroma­tischen Mittel übertrifft, und sich den Wirkungen des Kamphers am meisten nähert; es fehlen ihr dagegen alte wirklich stärkenden Eigenschaften, und sie steht in dieser Beziehung den Kamillen, dem Lavendel, dem Rosmarin, der Salbei, noch mehr aber dem Baldrian, dem Kalmus,
der Angelik- und Meisterwurzel sehr nach.
Man
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Man benutzt daher die Pfeffermünze auch nur als blofses Reizmittel bei allen Krankheiten, die aus grofser Schwäche entstanden oder mit derselben verbunden sind, und besonders bei dergleichen nervösen Leiden, wie na­mentlich bei reiner Appetitlosigkeit, bei Krämpfen und Krampfkolik, bei falschen und bei zu geringen Geburts­wehen, bei Windkolik und Trommelsucht, bei Lähmun­gen, bei Schwindel, bei nervösen und typhösen Fiebern, bei dergleichen Folgen und Nachkrankheiten der Staupe der Hunde u. dgl.
Die Dosis ist für Pferde und Rinder h bis Ji Unzen, für Schafe und Schweine 2 bis 4 Drachmen, für Hunde 10 bis 30 Gran. — Das Mittel wird am besten im In-fusum angewendet, kann aber auch in Pillen und Latwer­gen gereicht werden. In leichten Fällen, besonders bei Krämpfen, ist es für sich allein ausreichend, bei mehr hartnäckigen Zufällen setzt man ihm Kampher, Baldrian, Hirschhornöl, Opium u. dgl. erregende und krampfstil­lende Mittel zu.
Aeufserlich wird die Pfeffermünze als krampfstillen­des, reizendes und zertheilendes Mittel auf die, im sect;. 268. angegebene verschiedene Weise mit dem besten Erfolge benutzt; sie ist jedoch für die meisten Fälle zur äufser-lichen Anwendung zu kostbar und deshalb durch die be­reits vorher genannten Mittel, vorzüglich aber durch die wildwachsenden Münzarten und durch den Quendel zu ersetzen.
Anmerkung. Vormals benutzte man auch in der Thierarzneikunde das destillirte Pfeffermünzol ((M. Menthae piperifae) und das Pfeffermünzwasser (Aqua destill. Mcnth. piperitae)^ beide Präparate sind aber zu theuer, können durch das Infusum des Krautes sehr gut ersetzt und daher ganz entbehrt werden.
12. Kraus cmünzkraut. Herba Menthae crispae.
sect;. 280. Die Krausemunze besitzt ein ähnliches, sehr fluchti-
llerlwig Anncimtllellelircnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;21
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ges kampferartiges Oel wie die Pfeffermünze, jedoch in etwas geringerer Menge und in Verbindung mit einem milden Bitterstoff. Sie ist der Pfeffermünze sehr ähnlich, nur etwas weniger durchdringend reizend und zugleich etwas tonisch. Die tonische Wirkung kommt jedoch kaum in Betrachtung, und das Mittel kann daher ganz wie das vorige angewendet werden.
Bemerkenswerth ist es jedoch, dafs Kühe die Milch verlieren sollen, wenn sie reichlich das Krausemünzkraut fressen '^ — und dafs lt;Kc Milch nicht gerinnen soll, wenn man Krausemünzblätter in sie legt2).
Anmerkung. Fast alle übrigen Münzearten, und namentlich die Acker münze (Mentha arvensis'), die grüne Münze {Mentha viridis s. saiira), die Wasser­münze oder Rofsmünze (M. aquatica s. Idrsuta), die Wald münze (M. süvestris s. nemeyrosd) u. a., vorzüglich aber diePoleimünze, derPolei (JM. l'ulcgimi) stimmen in den wesentlichen Eigenschaften mit der Pfeffermünze und der Krausemünze überein, obgleich sie mehrcntheils (mit Ausnahme der Polei) von etwas schwächerer Wirk­samkeit als diese beiden Mittel sind; sie können daher die Stelle derselben vertreten, besonders für den äufser-lichen Gebrauch, und verdienen überhaupt als inländische wohlfeile Arzneistoffe von den Thierärzten eine bessere Beachtung als bisher.
13. Melisscnkraut (Citronenmelisse). Herba Melissae.
sect;. 281. Das Kraut der Citronenmelisse enthält ätherisches Oel, in Verbindung mit etwas Bitterstoff und mit einem kleinen Antheil Gerbestoff. Obgleich sein Geruch von dem der Krausemünze verschieden ist, so stimmt es doch in seinen Wirkungen mit dieser fast ganz überein und ist auch wie sie und wie die Pfeffermünze zu benutzen.
') Linn. Flor. Snec Nr. 516.
2) Dioscoriil. Lib. 3, c. 41, p. 189. und Lewis, mal. irugt;d. p. 378.
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Da es jedoch dem letztern Mittel und selbst dem Polei und dem Quendel an Wirksamkeit nachstellt, und ausser-dem auch nicht ganz wohlfeil ist, so macht man von ihm innerlich nur sehr selten, und äufserlich fast gar keinen Gebrauch.
14. Quelaquo; clelkraut, (wilder oder Fei dtliym ian). Herha Serpylli.
sect;. 282.
Die sämmtlichen Varietäten des Quendels besitzen ein kainpherreiches äther. Oel und gehören zu den ge­würzhaftesten Pflanzen Deutschlands. Die Wirkungen sind denen der Pfeffermünze sehr ähnlich, und der Quendel kann daher überall angewendet werden, wo die letztere empfohlen ist und wo überhaupt ätherisch-ölige Mittel passend sind. Da er fast allenthalben leicht zu haben und sehr wohlfeil ist, so verdient er in der Thierheilkunde zum innerlichen und äufserlichen Gebrauch häufiger be­nutzt zu werden, als es gewöhnlich geschieht.
Anmerkung. Mit dem Quendel ist das Kraut des gemeinen Thymian {Herha Thymi vulgaris) in den Be-standtheilen und Wirkungen übereinstimmend, aber noch etwas kräftiger, da es etwas mehr ätherisches Oel ent­hält.
15. Sadebaum- oder Seven bäum kraut. Herba s. Folia
Sabinae.
sect;. 283.
Die Blätter des Sadebaums enthalten als wirksame Bestandtheile ein terpentinartiges, sehr erhitzendes und scharfes ätherisches Oel, in Verbindung mit einem scharf bitterlichen und zum Theil harzigen Extraktivstoff. — Sie wirken im frischen Zustande (zerquetscht, und von denThieren gekauet) und im trockenen örtlich sehr stark reizend; sowohl äufserlich wie auch im Magen und Darm­kanal erregt es dunklere Röthung, brennende Empfindung, bei längerer Dauer der Berührung auch Entzündung, und
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an von Haut cntblofsten Weichgebilden, z. B. in Wun­den, Geschwüren und an Warzen, wirkt unter diesen Um­ständen das Pulver des trockenen Krautes selbst ätzend und zerstörend. Wie jedoch die Pferde manche scharfe Stoffe in grofsen Gaben ohne Nachtheil ertragen, so wer­den auch ihre Verdauungseingeweide selbst von sehr gro­fsen Gaben Sabina nur wenig auf die bemerkte Weise affizirt. Ich habe dieses in mehreren Fällen, wo ich ih­nen das frische wie das trockene Kraut zu 4, 8 bis 12 Unzen pro dosi, und täglich zweimal durch 6 bis 8 Tage sowohl mit dem Futter als auch in Pillenform gab, selbst beobachtet, und die von dem Professor Sick in der hie­sigen Thierarzneischule früher angestellten Versuche, bei welchen das Mittel durch ein halbes Jahr in steigenden Gaben und zuletzt pfundweise mit dem Futter gemengt, gereicht wurde l), beweisen dies ebenfalls. Bei Rindern und Schafen sieht man dagegen von grofsen und mehrfältig wiederholten Gaben sehr oft jene heftigen örtlichen Wir­kungen und deren Folgen, nämlich schmerzhafte Aufblä­hung des Leibes, Verlust des Appetites, Entzündungsfie­ber, Verstopfung oder später blutige Diarrhöe u. dgl. ein­treten, — und bei Hunden entsteht die Magen- und Darm­entzündung und darauf selbst der Tod nach 4 bis 6 Drach­men des Mittels jedesmal, wenn den Thieren durch Un­terbinden des Schlundes das Erbrechen unmöglich ge­macht ist. — Auch nach dem Einbringen von 2 Drach­men der gepulverten Sabina in eine frische Wunde am Schenkel eines Hundes, sähe Orfila, aufser der heftigen Entzündung und blutigen Infiltration des verletzten Glie­des, in etwa 36 Stunden den Tod erfolgen 2). Bei Pfer­den habe ich gröfsere Quantitäten in Wunden und Ge­schwüre gebracht, und davon ivohl starke Entzündung
') Rudolplii, Bemerkungen aus dem Gebiet der Naturge­schichte, n. s. \\. I. Theil S. 31.
2) Orfila, Allgemeine Toxikologie. A. d. Franz. von Kühn. Isler Bd. S. 692.
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und kräftige Umstimmung der Thätigkeit, aber keine wich­tigen allgemeinen Zufälle entstehen sehen.
In diesen örtlichen Wirkungen ist die Sabina den scharfen Mitteln ganz ähnlich, und man hat sie daher auch oft zu denselben gerechnet; allein ihre allgemeinen Wirkungen stimmen wieder mit denen der ätherisch - öli­gen Mittel und zum Theil auch mit denen der Harze überein. Sehr flüchtig sind diese Wirkungen nicht. — Das Mittel bringt in mäfsigen Gaben bei allen Thieren eine kräftige Aufregung der Gefäfsthätigkeit, besonders in den Baucheingeweiden, in den Harn- und Geschlechts­organen hervor, bessert die Yerdauung und die Assimi­lation, tödtet Eingeweidewürmer und hemmt deren Ent­wicklung, befordert die Wärmeentwicklung, die Hautaus­dünstung und die Urinsekretion, und oft auch die Re-sorbtion. Fast immer findet man, dafs das Blut heller geröthet wird, und dafs bei Pferden der Koth und Urin einen ganz eigentbümlichen, widrigen Geruch annimmt; bei den übrigen Thieren findet etwas Aehnliches, jedoch weniger auffallend statt. Bei den von Sick gemachten Versuchen wurde ein Pferd aufserordentlich fett, obgleich es nur wenig Futter erhielt. — Nach Pilger's Angabe *) sollen Pferde bei dem durch längere Zeit fortgesetzten Gebrauch des Mittels die Haare verlieren; die an der hiesigen Thierarzneischule deshalb gemachten Versuche haben aber das letztere nicht im Geringsten bestätiget — Bei trächtigen Thieren soll die Sabina, nach der Behaup­tung fast aller Schriftsteller, sehr leicht das Verwerfen herbeiführen; es findet sich jedoch nirgends ein Fall be­schrieben, in dem diese Wirkung nachgewiesen ist, und bei meinen Versuchen an trächtigen Pferden und Hunden
') Pilger, Systtmat. Handbuch d. Veler. Wissenschaft. 2tci-Bd. S. 445. Er behauptet, dafs durch das Fnttern mit Sadt/baum das sogenannte nackte Pferd, welches sich im Knbinet der Königl. Thier­arzneischule zu Berlin befindet, seine kahle Btschaffenhcit der Haul •rbalten habe. Diefs ist jedoch nicht erwiesen.
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(bei letztern das Mittel im Infusum zu ojj auf den Tag gegeben) hat- sich dieselbe auch nicht gezeigt; ich will sie aber deshalb nicht ganz leugnen, und noch weniger will ich die, von Andern empfohlene Vorsicht in der Anwendung dieses Mittels bei trächtigen Thieren ver­achten.
Die Indikationen zur innerlichen Anwendung dieses kräftigen Arzneimittels sind zwar dieselben, welche für die äther. öligen Mittel im Allgemeinen (sect;. 263.) ange­deutet wurden; dasselbe erscheint jedoch besonders da als passend, wo mit dem Vegetationsprozefs die arterielle Thätigkeit und die Empfindlichkeit zugleich sehr gesunken sind; d. i. bei torpider Asthenie und ihren Folgen. — Mit Nutzen hat man das Mittel gebraucht: bei der chro­nischen, bösartigen Druse, selbst beim Rotz und Wurm der Pferde; bei Eingeweidewürmern; bei schlechter Ver­dauung und damit verbundener Abmagerung; bei der chro­nischen Lungenseuche des Rindviehes, wenn die Krank­heit einen ausgebildeten asthenischen Charakter besitzt und wenn sie in Brustwassersucht übergeht; eben so bei der Wassersucht überhaupt, und bei cachektischen Krank­heiten, die mit derselben verbunden sind, wie z. B. die Fäule der Schafe in den meisten Fällen; bei veralteter, hartnäckiger Räude und Mauke; bei dergleichen Rheuma­tismus; bei zurückgebliebener Nachgeburt, wenn die Ge­bärmutter in ihrer Zusammenziehung zu wenig Kraft und Thätigkeit zeigt, und eben so bei chronischem Schleim-ausflufs aus der Gebärmutter, wenn ein torpider Zustand in derselben besteht.
Pferden und Rindern giebt man von dem Sadebaum gß — ojj, Schafen und Schweinen 5ß — 5jj, Hunden gr.v—gr.xv auf einmal, und in Zwischenzeiten von 4 bis 6 Stunden wiederholt.
Die Anwendung kann in Latwergen und Pillen, wie im Infusum und Dekokt geschehen. In dem letztern kom­men mehr die bittern Bestandtheile, in dem Infusum mehr das ätherische Oel zur Wirkung. Aufserdcm kann, man
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auch die frischen oder die getrockneten Blätter, laquo;nzer-stofsen mit dem Futter gemengt, den Thieren reichen und auf diese Weise besonders Pferden und Schafen (den letztern in Lecken mit Mehl oder Schrot und Salz) leicht beibringen. Das Pulver eignet sich zu dieser Art der Anwendung nicht gut, weil es zu heftig reizend auf die Schleimhaut der Maul- und Rachenhöhle wirkt.
In vielen Fällen der vorhin genannten Krankheiten ist der Sadebaum für sich allein wirksam genug, zuweilen aber mufs man ihn mit andern entsprechenden Mitteln verbinden, wie besonders mit Spiefsglanz-, Schwefel-, Quecksilber- und Eisenpräparaten, oder mit adstringiren-den, bittern und schleimigen Mitteln. Letztere setzt man gewöhnlich nur doshalb hinzu, um die stark örtliche Einwirkung der Sabina auf den Verdaungskanal zu min­dern.
Aeufserlich benutzt man das Mittel entweder d) in Pulverform zum Einstreuen in sehr torpide, unreine, ka­riöse und wuchernde Geschwüre, um dieselben in grö-fsere Thätigkeit zu versetzen, sie zu reinigen, die Abblät­terung zu befördern und die üppige Granulation zu zer­stören, — und zwar bald rein, bald mit gebranntem Alaun, mit rothem Quecksilber-Präzipitat, mit Kupfervi­triol u. dgl. versetzt; oder 5) im Infusum als reizendes und zertheilendes Mittel zum Befeuchten unreiner Ge­schwüre, zum Waschen bei Räude, bei veralteten Quet­schungen und bei Verhärtungen, — zum Einspritzen bei Schleimfiüssen aus den weiblichen Geschlechtstheilen.
Anmerkung 1. Das sehr scharf reizende Sade-baumöl (0^. destill. Sabinae') wurde früher häutig bei Knochengeschwüren, um die Abblättcrung zu befördern, wie auch als durchdringendes Reizmittel zum Einreiben in verhärtete, in gelähmte, oder mit hartnäckigem Rheu­matismus behaftete Tlieile angewendet; es ist entbehrlich, da es durch das wohlfeilere Terpentinöl ersetzt wird.
Anmerkung 2. Dem Sadebaum ähnlich in den Be. standtheilen ist der sog. Lebensbaum iThuja occidentalis).
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Innerlich sind bisher nur wenige Versuche mit ihm ge­macht worden; äufserlich hat sich aber das Mittel bei unreinen schlaffen Geschwüren, gegen üppige Granulation und Feigwarzen sehr wirksam gezeigt. Man benutzte hiergegen das pulv. Kraut zum Einstreuen, oder noch besser, die Tinktur (aus Jj der Blätter und f vj Weingeist bereitet) zum Anfeuchten, täglich 3 bis 4 mal wieder­holt.
sect;. 284.
Zu den aromatischen Kräutern gehören auch noch: das Pfefferkraut oder Bohnenkraut (Herba Sature-jae), das Basilienkraut (fif. Basilici}, die Katzen­münze iH. Catariae s. H. Nepetae) und das Katzen­kraut, Amberkraut oder Marumverum (H. Mariveri s. Syrian). Sie sind sämmtlich dem Thymian ähnlich, wer­den durch diesen ersetzt und kommen jetzt nicht mehr als thierärztliche Arzneimittel in Gebrauch; desgleichen das B.etonieukraut (H. Betonicae), welches dem Isop ähnlich, aber auch aufser Gebrauch ist, und das Stein­klee- oder Melilotenkraut mit den Blumen iHerha et Flor es Meliloti), dessen Wirkungen aufser ordentlich schwach sind, so dafs man es innerlich gar nicht, und äufserlich fast nur seines Geruchs wegen als Zusatz zu andern zer-theilenden, und selbst zu erweichenden Kräutern zuweilen benutzt.
Endlich sind auch die sogenannten Heublumen oder Heusaamen (Flores et semina foeni), welche sich als Abfall und Rückstand des Heues auf dem Boden fin­den, hierher zu rechnen. Sie bilden ein Gemenge von halb- und ganzreifen Grassaamen, Blüthen und Spelzen u. s. w., und besitzen nach Art und Beschaffenheit der im Heu enthaltenen Pflanzen, gelind aromatische und schwach adstringftende Eigenschaften. Man kann sie äu­fserlich als die wohlfeilste aromatische Kräutermischung (aromatische Spezies) bei allen Krankheiten anwenden, wo aromatische Kräuter überhaupt empfohlen sind; be­sonders aber eignen sie sich für die leichteren Grade die-
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ser Krankheiten, wie auch wo grofse Flächen mit Um­schlägen zu bedecken sind, und zu Fufsbädern und zu Dunstbädern. Im Nothfall kann mau ein Infusum von gutem Heusaamen selbst innerlich, z. B. bei rheumatischer und bei Krampfkolik mit Nutzen gebrauchen.
JB. Aromatische Saamen.
16. An is saamen. Semen Anis i.
sect;. 285. Im Anis ist der Hauptbe.standtheil, ein süfsliches äthe­risches Oel, in nicht unbedeutender Menge enthalten, aber durch fettes Oel, Schleimzucker und Extraktivstoff sehr gemildert in seinen Wirkungen. Diese bestehen in einer sanften Erregung der Tliätigkeit der Verdauungseinge­weide und der llespirationsorganc und äufsern sich durch Vermehrung des Appetites, durch bessere Verdauung, durch Abtreibung der Blähungen, vorzüglich aber durch flüssigere Absonderung und leichtern Auswurf des Schleims an der Schleimhaut der Respirationsorgane. Der letztern Wirkung wegen ist der Anis von jeher als ein sogenann­tes Brustmittcl geschätzt, und vorzüglich im letzten Sta­dium der in Genesung übergehenden Lungenentzündung, oder vielmehr in der ßckonvalescenz nach derselben, — auch selbst im Verlaufe wirklich asthenisciicr Lungenent­zündungen, und bei allen catarrhalischen Krankheiten häu­fig angewendet worden. Er ist daher auch ein Bestand-theil fast aller sogenannten Drusenpulver und Drusenlat­wergen, in welchen er freilich auch oft gemifsbraucht wird, wenn die Anwendung zu früh, d. h. noch während der Entzündungsperiode geschieht. — Eben so benutzt man ihn bei Unverdaulichkeit, bei zu vieler Entwickelung von Blähungen, bei quot;Wind- und Krampfkolik, bei krampf­haften Harnverhaltungen, bei Durchfällen, welche ohne Reizung bestehen u. dgl. Doch dürfen alle diese Krank­heiten auch nicht mit einem zu hohen Grade von Schwäche
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und Reizlosigkeit verbunden sein, weil sonst der Anis nicht wirksam genug ist.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder jj — ^jjj, für Schafe und Schweine quot;jj — gß; für Hunde gr. xx — 3j. Das Mittel ist in Pulverform, in Latwergen, Pillen und im Infusum anwendbar, und wird nach Bedürfnifs der Um­stände mit Salmiak, Kalomel, Schwefel, Spiefsglanz, AVach-holderbceren, Terpentin u. dgl. Mitteln verbunden. Ehe­mals pflegte man den Anis auch zu den Purgirmitteln zu setzen, um, wie man glaubte, deren nachtheilige Wir­kung auf den Darmkanal, besonders Kolikschmerzen zu verhüten; jetzt wird dieser Gebrauch mit Recht unterlas­sen. Dagegen setzt man den Anis zuweilen als Neben­mittel zu Arzneien, besonders zu Pulvern, um ihren Ge­schmack zu verbessern, weil er den meisten Thieren an­genehm ist und von ihnen gern gefressen wird. Dieses gilt namentlich von Pferden und Tauben.
Doch mufs ausdrücklich bemerkt werden: dafs der Anis für alle diese Zwecke durch den nur halb so theu-ren Fenchel zu ersetzen ist,
Anmerkung 1. Das 'ätherische Anisöl (Olcwm aethereum Anisi) ist zum Gebrauch bei grofsen Thieren zu theucr und wird nur zuweilen noch zum Tödten der Läuse und Flohe bei Hunden, Katzen und Vögel benutzt. Nach meinen Erfahrungen wirkt es gegen solches Unge­ziefer sehr kräftig, verlangt aber bei kleinen Vögeln die gröfste Vorsicht, weil es dieselben, z. B. Kanarienvögel zu tödten vermag, wenn es so reichlich aufgestrichen wird, dafs die Thiere es mit dem Schnabel wieder ab­wischen und lecken können. Selbst den Tauben soll das reine Anisöl ein Gift sein. Daher verdient bei den Vo­trein ein schwaches Infusum des Anissaamen, und noch mehr ein Infusum von dem Petersiliensaamen zu obigem Zweck als Waschmittel den Vorzug.
Anmeckung 2. Der Sternanis (Semen Anisi steUati) besitzt fast ganz dieselben Eigenschaften wie der gewöhn­liche Anissaamen: ist aber zu theuer und ganz entbehrlich.
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17. Fcuclielsaamien. Semen Foenicuii.
sect;. 286.
Der Fenchel ist in seinen Bestandtheilen und Wir­kungen dem Anis höchst ähnlich, und alles von dem letzten Gesagte gilt daher auch von ihm. Er verdient aber, da er viel wohlfeiler ist als der Anis, den Vorzug vor diesem.
Anmerkung. Das Fenchelkraut und die Fen­chelwurzel iHerha et Badix Foenicuii^ enthalten im frischen Zustande eine sehr geringe Menge ätherisches Oel und wirken gelind reizend, besonders auf die Schleim­häute, auf die Nieren und auf das Euter; getrocknet sind sie ganz unwirksam. Man benutzte sie ehemals gegen die Gelbsucht der Schafe und zur Beförderung der Milch­absonderung; jetzt sind sie aus dem Gebrauch.
18. K'ümmelsaanicn, Karbc. Semen Card.
sect;. 287. Der Kümmel ist etwas mehr rein aromatisch als Fen­chel und Anis, im Ganzen aber ein eben so mildes Arz­neimittel wie diese, und unterscheidet sich von denselben in therapeutischer Hinsicht auch nur dadurch, dais seine erregenden Wirkungen weniger auf die Brust- als auf die Baucheingeweide gerichtet sind. Er befördert die wurm-förmige Bewegung des Darmkanals, bessert die Verdauung, stillt Krämpfe, besonders in den Organen des Hinterlei­bes, und treibt Blähungen ab. Er wird auch allgemein als eins der wirksamsten unter den blähungtreibenden Mitteln betrachtet, und bei leichten asthenischen Unver-daulichkeiten, bei dergleichen Durchfällen, vorzüglich aber bei Krampf- und Windkolik und bei der Trommelsucht gebraucht. Die Anwendung geschieht in denselben Ga­ben wie die des Anis, am besten im Infusmn, welches zuweilen mit Bier bereitet und durch Zusatz von Brannt­wein u. dgl. verstärkt wird. Dasselbe kann auch zu Bä-
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Lungen gequetschter Theile und zu recht wirksamen er­regenden, krampfstillenden Klystieren benutzt werden.
19. Dillsaamcn. Semen Anethi.
sect;. 288.
Er ist mehr scharf gewürzhaft und weniger auge­nehm schmeckend als der Kümmel, stimmt aber mit des­sen Wirkungen überein, und kann in denselben Krank­heiten angewendet werden, wo dieser und wo der Anis empfohlen ist. Da er diese Mittel im Grade der Wirk­samkeit übertriift, so kann man ihn in etwas sclnvächcrn Gaben, übrigens aber in derselben Form und Verbindung reichen wie jene Mittel. Der Dillsaainen verdient als wohlfeiles und auf dein Lande fast überall leicht zu ha­bendes Arzneimittel von den Thierärzten mehr benutzt zu werden als bisher.
Anmerkung. Das Dill kraut {Heria Anethi) be­sitzt ähnliche Eigenschaften wie das Fcnchelkraut, und wurde ehemals wie closes angewendet.
20. Petersilicnsaamen. Semen Pelrosclini.
sect;. 289. Das ätherische Oel ist in diesen Saamen von noch schärferer Art als in den vorigen Mitteln, daher sie auch einen scharf gewürzhaften und etwas bittern Geschmack besitzen und von Manchen zu den scharfreizenden Mit­teln gerechnet werden. Sie wirken auf die Verdauungs­eingeweide ähnlich erregend wie der Kümmel, bessern die Verdauung, treiben Blähungen und beseitigen Kräm­pfe; aber ihre vorherrschende und fast spezifische Wir­kung ist auf die Harnwerkzenge gerichtet und äufsert sich durch bedeutend vermehrte Harnabsonderung. Diese Wir­kung ist allgemein bekannt, so dafs die Petcrsiliensaarnen selbst bei den Landleuten als ein urintreibendes Mittel in grofsem Rufe stehen und bei Kolik und Harnverhaltung nur leider zu oft gemifsbraucht werden, da sie den ge-
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reizten Zustand des Darmkanals und der Harnwerkzeuge vermehren, die Entzündung schneller herbeiführen und ihre üblen Ausgänge beschleunigen können.
Die Anwendung dieser Saainen kann zwar bei Harn­verhaltungen stattfinden, jedoch nur bei solchen, welche in einem überreizten krampfhaften oder lähmungsartigen Zustande begründet sind, und ganz ohne Entzündungs-symptome bestehen; wie es zuweilen bei Pferden der Fall ist, wenn sie das Stallen zu lange über die gewöhnliche Zeit übergehen mufsteu.
Mit gröfserer Sicherheit wendet man dagegen das Mittel in einigen chronischen Krankheiten an, und na­mentlich bei veraltetem Catarrh und Rheumatismus; bei hartnäckiger Druse; bei veralteter Räude und bei alten Geschwüren anderer Art, z. B. bei dergleichen Mauke; bei ödematösen Anschwellungen; bei Brust- und Bauch­wassersucht; bei der chronischen Lungenentzündung des Rindviehes, und bei der Fäule der Schafe.
Bei letztern Thieren soll der Saame auch zur Ver­hütung der Fäule und dergl. bösartiger Krankheiten an­gewendet werden, wenn die Schafe nach dem Scheeren und bei anhaltend schlechter Witterung an Catarrh, Hu­sten und Schleimauswurf leiden.
Man giebt ihn Pferden und Rindvieh zu fß — ^jß, Schafen und Schweinen zu 3j — 3jjj, Hunden gß — 3j auf einmal, in Zwischenzeiten von 2 bis 3 Stunden wieder­holt, und am besten im Aufgufs. Die pulverisirten oder blofs gequetschten Saamen mit dem Futter und mit etwas Salz gemengt, sind zwar den Thieren (besonders so den Schafen als Lecke) leicht beizubringen, aber in dieser Form weniger urintreibend als im Infusum. Dasselbe gilt auch von der Anwendung in Pillen und Latwergen­form.
Bei Urinverhaltungen von der bezeichneten Art giebt man das Mittel recht zweckmäfsig mit Kamillenblumen, mit Bilsenkraut, und mit schleimigen Substanzen, bei den genannten chronischen Krankheiten aber oft mit Wach-
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liolderbeeren, mit Terpentin, Terpentinöl u. s. w. ver­setzt, älmlicli wie das Sadebaumkraut.— Kersting em­pfiehlt bei Nierenentzündung, die vom Verhalten des Urins entstanden ist, Petersiliensaamenpulver und Salpeter, von jedem \ Unze auf einmal in Wasser zu geben; aber auch in dieser Verbindung ist das Mittel bei jeder wirklichen Entzündung nachtheilig.
Den Läusen ist der Petersiliensaame ein tödtliches Gift, und er kann dalier zum Tödten derselben als das wohlfeilste und unschuldigste Mittel bei allen Thieren benutzt werden. Die Anwendung zu diesem Zweck ge­schieht entweder in Salben (aus pulverisirtem Saamen gj und Butter oder Schweinefett ^jj bestehend), oder noch besser im lufusiuu (sj zu Pf. j Colatur).
Anmerkung. Die Petersilienwurzel und das Pe­tersilienkraut (Radix u. Herba l'etroselini) besitzen im frischen Zustande ähnliche, aber schwächere aromatische Eigenschaften wie die Saamen. Die erstere wird noch jetzt zuweilen als urintreibendes und auflösendes Mittel bei Harnverhaltung, bei Grics und Sand im Urin, bei Gelbsucht und Wassersucht benutzt, und zwar entweder klein geschnitten und unter das Futter gemengt, oder in Aufgufs (l Pfd. frische Wurzel zu 3 Pfd. Colatur). Das Kraut wird als Arzneimittel innerlich sehr selten ange­wendet; äufserlich wirkt es gelind erregend, zertheilend, und wird von den Landleuten zerquetscht auf Insekten­stiche, oder mit Bier, oder auch mit Urin zum Brei ge­kocht bei frischen Milchknoten des Euters mit gutem Erfolge gebraucht. — Bei Milchkühen und säugenden Thieren bewirkt gewöhnlich die innerliche Anwendung der Petersilieiisaamen, der Wurzel und des Krautes eine Verminderung der Milch in demselben Vcrhältnifs, wie die Urinabsonderung zunimmt.
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21. Wassorfenchclsaamen (Wa.sserfciichel, llofs-
fencliel, I'ferdcsaat). Semen Pliellandrii aquatic* s. Foe-
tticttli uquatici.
sect;. 290.
Er enthält als hauptsächlich wirksame Bestandtheile ätherisches Oel, Harz und ExtraktivstofF, ist im Geruch und Geschmack etwas widrig und noch etwas mehr scharf aromatisch als der Petersiliensaame. Seine Wirkungen sind im Wesentlichen mit denen der übrigen aromatischen Saamen übereinstimmend, und besonders denen des Fen­chels und des Anis verwandt; denn er bringt bei inner­licher Anwendung zunächst eine mäfsige Aufregung der Verdauungseingeweide hervor, befördert die Verdauung und Assimilation, beseitiget Blähungen und leichte Krampf­zufälle, äufsert aber dann, wie jene beide Mittel, eine fast spezifische, erregende Wirkung auf die llespirations-organe, und verbessert namentlich die zu reichliche und fehlerhafte Absonderung in deren Schleimhaut, so dafs der Schleim in geringerer Menge, von besserer Cousistenz abgesondert und leichter ausgeworfen wird.
Zuweilen bemerkt man bei dem Gebrauch des Was-serfenchcls auch vermehrte Absonderung des Urins und etwas vermehrte Hautausdünstung: beide Wirkungen sind jedoch nicht beständig und namentlich ist die letztere mehrentheils nur in einem sehr geringen Grade, oft auch gar nicht wahrzunehmen. — Dagegen scheint das Mittel bei fortgesetztem Gebrauch einen grofsen Einflufs auf die sämmtlichen Organe der Reproduktion, und speziell auf das Lymphgefäfssystem zu entwickeln, da es zuweilen tiefsitzende Krankheitszustände dieser Organe beseitigen hilft.
Scharfe oder narkotische Wirkungen, wie Manche angeben, habe ich niemals und an keinem unserer Haus-thiere von dem Wasserfenchel beobachtet, obgleich ich denselben versuchsweise in ungewöhnlich grofsen Gaben (z. B. Pferden und Kühen zu l bis li Pfund, Hunden
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zu 1 bis 2 Unzen pro dosi und täglich 2 mal) angewen­det habe l}.
Das Mittel ist nützlich bei allen chronischen Krank­heiten der Respirationsorgane, wenn sie mit Erschlaffung und Reizlosigkeit derselben, noch mehr aber, wenn sie mit übermiifsiger Schleiinabsonderung verbunden sind, wie namentlich bei veraltetem Catarrh mit vielem Auswurf, bei dergleichen Druse, bei dem sogenannten Rotz der Schafe, bei der Schleimschvvindsucht, bei aufgebrochenen, stark jauchenden Lungenknoten, bei catarrhalischen Lun­genentzündungen asthenischer Art und in den spätem Pe­rioden, und bei der Lungenseuche des Rindviehes unter denselben Umständen. Selbst bei frisch entstandenen Rotz und Wurm bat es in einigen Fällen sich heilsam gezeigt.
Die Gabe ist wie bei dem Petersiliensaanien, die Form zur Anwendung und die Verbindung mit andern Mitteln wie bei dem Anis zu bestimmen.
Es ist noting zu beachten, dafs in den Apotheken der Wasserfenchel einen höheren Preis hat, als der ge­wohnliche Fenchel.
22. Lorbeeren und Lorbeerblätter. Baccae et Folia Lnuri.
sect;. 291.
d) Die Lorbeeren besitzen theils ein ätherisches, ter­pentinölartiges, theils ein fettes, butterartiges Oel, und zwar ersteres vorzüglich in denSchaalen, letzteres aber in den Kernen. Sie sind bitter gewürzhaft, aber nicht scharf, und wirken erregend und stärkend, besonders auf die
Ver-
') Ehemals glaubte roan auch, dafs der Wasserfenchel den Pferden ein Gilt sei und ihnen Lähmung des Hinterllieils verursache. Linne schrieb diese Wirkung einem, in der Pflanze nistenden Biisselküfer (den er Curculio paraplecticus nannle) zu, und erklärte sie daraus, dafs derselbe mit seinem Stachel das Rückenmark der Pferde durch­bohren sollte. Eine irrthiimliche Ansicht, die als solche von dem berühmten Nalnrforscher späterhin selbst erkannt wurde.
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Verdauungseingeweide; oft bringen sie auch vermehrte Urinsekretion und verstärkte Hautausdünstung hervor.
Man wendet sie daher bei Unverdaulichkeit, bei Blä­hungen und chronischer Diarrhöe, bei Abmagerung, die nicht aus Mangel an gutem Futter entstanden, sondern in schlechter Assimilation begründet ist, — bei langwie­riger Druse ^ — bei Räude und bösartigen Schafpocken und dgl. asthenischen Krankheiten an.
Die Gabe ist für Pferde und Rindvieh 5j — .^jj, für Schweine und Schafe 5j —5jj, für Hunde gr. x—3ß, täg­lich 3 — 4 mal, in Pulvern und Lecken, in Pillen und Latwergen, und mit Wermuth, Kalmus, Schwefel, Koch­salz u. a. Mitteln verbunden.
b) Die Lorbeerblätter sind ärmer an ätherischem Oel als die Lorbeeren und das fette Oel fehlt ihnen gänzlich. In ihrer Wirksamkeit sind sie den Lorbeeren
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anz ähnlich, nur etwas schwächer, und können ganz
wie diese benutzt werden. Sie eignen sich auch zur An­wendung im Infusum. — Die griechischen und römischen Thierarzte benutzen sie gern, und bei dem Starrkrampf der Pferde auf die Art, dafs sie den Thieren Lorbeer­zweige ins Maul legten und dieselben kauen liefsen. Bei uns werden sie selten gebraucht.
Anmerkung. Das ausgeprefsteLorbeeröl oder Loröl i Oleum lauri s. laurimm expressum, 01. lauri un-guinosum') ist gröfstentheils fettes, mit etwas ätherischem vermischtes Oel, von starkem aromatischem Geruch, und wirkt, auf die Haut gerieben, ziemlich stark erregend, be­lebend und zertheilend. Es dient nur zum äufserlichen Gebrauch, als Einreibung bei Erschlaffung, bei Stockung und Verhärtung, bei Krampf und Lähmung, theils für sich allein, theils mit Terpentinöl, Kampher, Kanthariden und andern reizemien Mitteln verstärkt, und wurde auch früher von den Thierärztcn sehr häufig angewendet. Da es aber fast immer verfälscht, und theurer als Terpentinöl ist, so ersetzt man es durch eine Verbindung des letz­tern mit Fett oder fettem Oel — oder zuweilen auch
Her twig Arzneimittellehre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Aa
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noch durch die sogenannte Lorbeerbutter (Butyrum lau-rinum). Diese wird gewöhnlich bereitet, indem man 6 Theile pulverisirter Lorbeeren, 1 Theil Sadebaumkraut und 12 Theile ungesalzener Butter, bei gelindem Feuer oder im Dampfbade zusammcnkoclit, und dann (was aber nnnöthig ist) grün förbt. Ihre Wirkung ist von der des Lorbeeröls sehr wenig vorschieden.
23. S cliwarz er 1* fcffer. P/jtrr itigrum.
sect;. 292. Als die wirksamen Bestaudtbeile dieses allgemein bekannten Gewürzes betrachtet man ein fettes scharfes Oel, ein flüchtiges balsamisclies Oel, scharfes Harz und eine eigenthümliche krystallisirbare Substanz, die man Piperin genannt und als den wesentlichsten Theil des Pfeffers betrachtet hat. Es ist aber noch sehr zweifel­haft, ob er die ihm zugeschriebene Wirksamkeit besitzt. — Der Pfeffer wirkt auf die von ihm betroffenen thier. Ge­bilde sehr kräftig und durchdringend reizend, so dafs bei längerer Dauer der Berührung eine juckende, brennende Empfindung, llöthe und späterhin selbst Entzündung ent­steht. Im Maule verursacht er brennenden Geschmack, starken Zuflufs des Speichels und vermehrte Absonderung des Schleims; im Magen und Darmkanal, bewirkt er eine lebhaftere wurmfonnige Bewegung, verstärkt die Entwick­lung der Wärme, vermehrt in mäfsigeu Gaben die Ab­sonderung der Darmsäfte, bessert die Verdauung und treibt Blähungen; in zu starken Gaben kann er auch Entzün­dung der Verdauungseingeweide und den Tod herbeifüh­ren. Die erregenden Wirkungen des Pfeffers verbreiten sich von den Verdauungseingeweiden über den ganzen Körper, und verhalten sich dabei dqp übrigen aromati­schen Mitteln ähnlich. — Ehemals glaubte man fast all­gemein, dafs der Pfeffer, selbst in kleinen Gaben, den Schweinen ein tödtendes Gift sei; Abildgaard und Vi-
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borg haben aber durch Versuche gezeigt1), dafs er auf diese Thiere keine spezifische giftige Wirksamkeit besitzt, sondern dafs er ihnen nur dann schädlich wird, wenn er als Pulver unvorsichtig und so eingegeben wird, dafs er gröfstentheils in den Kehlkopf und in. die Luftröhre ein-
') Ein Multerscliwein erhielt des Morgens um 7 L'hr ein Quent­chen ganzer Pfefferkörner, ohne dafs hierauf merklich gefährliche Fol­gen eintraten. Man gah ihm dann an demselben Tage Nachmittags um 1 Ubr eine eben so grofse Gabe von gestofsenem Pfeffer als trockues Pulver ein, welches folgende Zufälle verursachte: „gleich nach dem Eingeben war es wie loill und hatte keinen kenntlichen Atbemzug oder Herzschlag. Durch Eingiefsen von Wasser in den Schlund kam es wieder zum Leben, grunzte und stand auf, hatte aber einen wankenden Gang und wie eine Lähmung im Kreuze. Um 2 Uhr fand sich ein starkes Rasseln in der Luftrübrc ein, welches gegen 3 Uhr wieder verschwand. Das Schwein fing nun an zu wüh­len und schien schwächer Athem zu holen, dabei hatte es viel Durst. Um 5 Uhr äul'serte sich jenes Rasseln im Halse wieder, welches mehr und mehr zunahm, so dafs das Schweiu unter demselben ge­gen 7 Uhr starb. Bei der Oeffnung desselben fand man den Hagen übermäfsig gross und von Luft ausgespannt. Er enthielt zugleich eine Menge unverdautes Fleisch, welches das Schwein am Vormittage ge­fressen halte; inwendig gegen die Oeffnung der Speiseröhre war ein handbreiter Flecken unterlaufenes Blut, aber sonst kein Zeichen von Entzündung am Magen und an den Gedärmen, weder innerlich noch äufserlich. Die Lungen waren überall dunkelrolh; der Luftröhren­deckel hochroth und entzündet. Die Luftröhre war ebenfalls in­wendig entzündet, aber mit geringerer Röthe als der Deckel der­selben. Hier fand man zugleich einen Theil des Pfefferpulvers, und das nicht allein im Stamme der Luftröhre, sondern auch in ihren ersten Hauptzweigen in der Lunge.
Ein 10 Wochen altes Ferkel erhielt ein halbes Quentchen ge-stofsenen Pfeffer in Fleisch eingewickelt, und ein anderes Ferkel die nämliche Gabe mit Wasser vermischt, aber beide genossen sie ohne Husten und andere gefährliche Zufälle. Ja selbst das trockene Pfef-ferpnlver fand man ohne Wirkung, wenn man Acht hatte, dafs das Schwein unter dem Eingeben sich nicht zur Gegenwehr setzte, und dafs man das Pulver lief in den Schlund hinahbrachte, wodurch sein Eingang in die Luftröhre verhindert werden konnte.quot; Viborg, Samml. 1. Bd. S. 294 n. 95.
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dringt, wo er dann heftigen Reiz, krampfhafte Verschlie-fsung des Kehlkopfes, Erstickungszufdlle, Bräune und selbst den Tod hervorbringen kann. Der eigenthümliche Bau des Kehlkopfes beim Schwein trägt am meisten dazu bei, dafs hier diese Zufälle von allen scharfen Pulvern eher und im höhern Grade entstehen, als bei den übrigen Hausthieren (sect;. 87.).
Wenn nun auch das Mittel nicht eben ein Gift für die Schweine ist, so ist doch seine Benutzung als Arz­neimittel bei diesem Thiere nicht zu empfehlen.
Die Anzeigen zum Gebrauch des Pfeffers sind noch nicht gehörig festgestellt, da er im Ganzen nur sehr we­nig angewendet wird. Seinen Wirkungen nach kann er nur bei sehr verminderter Empfindlichkeit und Reizbar­keit, besonders der Verdauungseingeweide, z. B. bei chro-•nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;nischer Unverdanlichkeit, bei dergleichen Blähsucht, bei
Wind- und Krampfkolik, bei Lähmungen und torpiden Zuständen nützlich sein. Er ist bei diesen Krankheiten auch wirklich mit gutem Erfolge angewendet, und aufser-dem auch zuweilen als ein Mittel zur Erweckung des Geschlechtstriebes bei sehr phlegmatischen Stuten und Kühen benutzt worden.
Die Gabe ist für Pferde 3Ü — Jß, für Rindvieh 5jjj — 5vj, für Schafe 3ß—5J, für Hunde gr. v —gr. xjj, und in Zwischenzeiten von 4 bis 6 Stunden wiederholt. Zum innerlichen Gebrauch mufs der Pfeffer fein pulverisirt sein; die Anwendung selbst darf aber niemals in Pulverform, sondern nur in Latwergen und Pillen, und immer nur in Verbindung mit einhüllenden, schleimigen, bittern u. a. Arzneimitteln geschehen.
Sehr zweckmäfsig ist auch seine Benutzung in einer Tinktur, die aus pulv. Pfeffer jjj, und Weingeist Pf. j. durch Digestion bereitet wird; er wirkt in derselben schneller, flüchtiger und gleichmäfsiger, indem die ört­liche Einwirkung nicht so lange auf einen Theil des Ver­dauungskanals begränzt bleibt, wie bei der Anwendung des Mittels in Substanz. Man giebt diese Tinktur für
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die grofsen Hausthiere zu 5j—Siih för Schafe zu 3jrj — Jß, und für Hunde zu 10 bis 30 Tropfen, am besten mit Infusionen anderer aromatischer Mittel, oder mit einer Abkochung bitterer oder adstringirender Arzneien.
Aeufserlich kann der Pfeffer ebenfalls als ein kräftig reizendes Mittel bei veraltetem Rheumatismus, bei Läh­mungen, bei Verhärtungen, welche man zerthcilen oder in Eiterung bringen will, bei callösen, mit zu geringer Thätigkeit begabten Geschwüren und zur stärkern Rei­zung der Fontanelle und Haarseile angewendet werden. Für die erstem Zustände benutzt man entweder die an­gegebene Tinktur oder eine einfache Salbe, welche aus: pulv. Pfeffer sj und Schweinefett JÜ bis gjjfj besteht, zum Einreiben in die leidenden Theile; — für Geschwüre und Fontanelle aber braucht man das Pulver des Pfeffers für sich allein, oder als Zusatz zu Digestivsalben, z. B. zu einer Unze von der Basilikum- oder Terpentinsalbe eine bis zwei Drachmen Pfeffer.
Französische Thierärzte gebrauchen den Pfeffer grob gepulvert und mit andern Mitteln (z. B. mit Sauerteig, Honig u. dgl.) verbunden, auch noch als Kaumittel zur Erregung des Speichels; Pferdehändler bringen sehr häu­fig solchen Pferden, die den Schwanz zu wenig in die Höhe tragen, vor dem Vorführen derselben etwas Pfeffer in den After, um durch den entstehenden Reiz für kurze Zeit ein stärkeres Aufrichten des Schweifes zu veranlas­sen; — und der gemeine Mann macht bei Kolik und bei Harnverhaltung der Pferde nicht selten einen ähnlichen Mifsbrauch von diesem Mittel, indem er dasselbe in den Schlauch oder bei weiblichen Thieren zwischen die Scham­lippen und in die Mutterscheide bringt, um durch seinen Reiz das Uriniren zu erregen.
Anmerkung 1. Der weifse Pfeffer (Piper al­bum} ist etwas weniger scharf als der schwarze, stimmt aber im Wesentlichen mit demselben überein, und kann ganz wie dieser benutzt werden.
Anmerkung 2. Der spanische, indische oder
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türkische Pfeffer CPiper hispanicum, P. indicum s. tur-cicum). — Die Beeren mit den Saamenkernen von Cap­sicum annuum enthalten ein brennend scharfes Weichharz, CCapsiciji) etwas scharfes äther. Oel, Gummi etc. und wir­ken noch viel mehr brennend und scharf reizend als der schwarze Pfeffer. Sie werden deshalb am besten inner­lich gar nicht angewendet, obgleich englische Thierärzte zuweilen dieses Mittel bei Lähmung, u. s. w. wie den schwarzen Pfeffer benutzen. — Aeufserlich verdient es dagegen ganz wie der letztere, und häufiger benutzt zu werden als bisher. Auch als Zusatz zu Senfteigen, um die Wirkung derselben zu verstärken, ist er sehr zu em­pfehlen. — Die von ihm (aus quot;jj mit 1 Pf. höchst rek-tif. Weingeist durch Digeriren, Auspressen und Filtriren) bereitete Tinktur {Tinctura capsici annui), ist in derPreufs. Pharmakopöe officinell und zum äufserlichen Gebrauch als ein sehr kräftiges und wohlfeiles Reizmittel recht gut geeignet.
Anmerkung 3. Der Nelkenpfeffer, Jamaika­pfeffer, westindische Pfeffer, englisches Ge­würz oder Piment (Piper Jamaicense, s. Semen Amomi, s. Pimentum) ist nicht halb so brennend scharf als der schwarze Pfeffer, dafür aber mehr wirklich aromatisch, fast den Gewürznelken ähnlich. Er wirkt vorzüglich kräftig erregend auf die Verdauungseingeweide, verstärkt die wurmförmige Bewegung im Darmkanal, bessert die Verdauung und treibt Blähungen. Das Mittel kann da­her, in etwas stärkern Gaben als der Pfeffer, bei allen gastrischen Krankheiten, die in Schwäche und ünthätig-keit der Verdauungseingeweide beruhen, mit Nutzen an­gewendet werden, ist aber in Deutschland fast gar nicht gebräuchlich, obgleich es sich durcli seinen wohlfeilen Prsect;is empfiehlt. Die englischen Thierärzte benutzen es mehr, und Bracy Clark hat eine davon bereitete Tink­tur sogar als das sicherste Heilmittel jeder Indigestions­und Windkolik empfohlen. Diese Tinktur wird durch kalte Digestion bereitet aus:
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Englischem Gewürz Pf. j,
höchst rektifizirtem Weingeist und Wasser, von je­dem Pf.tüj. Man soll davon einem Pferde auf einmal 4 bis 6 Unzen mit etwas lauwarmem Wasser geben, und diese Gabe zu­erst nach 20 bis 30 Minuten, später seltener, aber so lange wiederholen, bis die Zufälle beseitigtsind 1).
Nach meiner Erfahrung kann dieses Mittel allerdings Koliken der bezeichneten Art schnell heben, jedoch nur, wenn blofs Krampf im Darmkanal besteht; ist dagegen aber nur eine Spur von Entzündung zugegen, so schadet es. Dasselbe verlangt daher die genaueste Kenntnifs des vorhandenen pathologischen Zustandes, und da diese nicht immer zu erlangen ist, so mufs ich gegen den zu allge­meinen Gebrauch dieses Mittels sehr warnen.
24. Sonf, schwarzer Seil f. Semeu Sinapeos s. S. Sinapeos nigrae.
sect;. 293.
Ein ausgezeichnet scharfes und zugleich flüchtiges ätherisches Oel, viel fettes, mildes Oel und Schleim, Ei-weis, etwas Phosphor und Schwefel, und eine eigen-thümliche Säure, die man Schwefel-Senfsäure ge­nannt hat, bilden die Bestandtheile dieser allgemein be­kannten Saainen.
Der Senf wirkt als ein sehr kräftiges, zum Theil flüchtiges Reizmittel, vorzüglich bei der äufserlichen An­wendung. — Wird Senfsaamenpulver mit warmen Was­ser oder mit Essig zu einem Brei gemacht und dieser auf die von Haaren entblofste Haut gelegt, so entsteht da­durch in ganz kurzer Zeit (in 10 12 Minuten) eine juk-kende, brennende Empfindung, die Thiere werden unru­hig, und suchen sich zu reiben; schon nach 2 bis3Stun­den ist eine Entzündungsgeschwulst deutlich entwickelt, welche zuerst nur in der Haut, bei längerem (etwa 12
l)Braey Clark, Essay on the Gripes of Horses- Lond. 1818 Ito.
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stündigem) Liegen des Senfbreies aber auch in den unter ihr liegenden Gebilden besteht, und dann gewöhnlich mit Ausschwitzung seröser Feuchtigkeiten im Zellgewebe ver­bunden ist. Sehr oft entstehen auch kleine Bläschen an der Oberhaut, welche Serum enthalten. Wird nach die­ser ersten 10 bis 12 stündigen Anwendung, und nachdem die bezeichnete Wirkung bereits eingetreten ist, auf der­selben Stelle noch ein Senfbrei durch 24 Stunden an­gebracht und durch wiederholtes Auffrischen in bestän­diger Wirksamkeit erhalten, so entstehen gröfserc Blasen, die in Eiterung übergehen, und in gelinderem Grade der Wirkung blos nach eingetretenem Verlust der Oberhaut in etwa 8 Tagen wieder heilen; im heftigeren Grade stirbt aber auch die Haut, das darunter liegende Zellgewebe und zuweilen sogar ein Theil der nächsten Muskelschicht durch Ueberreizung und Brand ab, und die so entstande­nen Geschwüre heilen dann gewöhnlich mit einer haarlo­sen Narbe.
Ganz auf gleiche Weise, aber noch schneller und heftiger, wirkt das ätherische Oel des Senfs. Prevost sähe bei einem Hunde nach dem Einreiben von 2 Drach­men dieses Oels in die Haut an der Brust fast augen­blicklich die heftigste Reizung entstellen, so dafs das Thier dabei wie rasend sich benahm; nach etwa 30 Minuten war schon eine grofse, mit Serum gefüllte, und mit hef­tiger Entzündungsgeschwulst umgebene Blase entstanden; später bildete sich daselbst ein Schorf und die Heilung erfolgte schnell '). — Es geht daraus zugleich hervor, dafs dieses Oel der eigentlich wirksame Bestandtheil des Senfs ist.
Die scharfe Wirkung des Senfes auf die Haut ist mit der der spanischen Fliegen, des Pfeifers und des Meerrettigs verwandt; sie tritt jedoch schneller, sicherer und mit gröfserer Heftigkeit ein als bei den Canthariden,
') Junrn. de Midee. vitmn. thioriq. et prat. I. Ann. (1830.) p. 105.
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ist aber auch schneller vorübergehend; bei mäfsiger Dauer der Anwendung macht der Senf mehr Geschwulst und weniger Ansschwitzung, und bei langer Einwirkung dringt er tiefer zerstörend ein als die Canthariden, welche ihre örtliche Wirkung stets nur auf die Haut beschränken. Die bei der äufserlichen Anwendung der Canthariden zu­weilen entstehende Reizung der Nieren bemerkt man von einer solchen Anwendung des Senfs niemals. — Den Pfeffer übertrifft der Senf an Schnelligkeit, aber nicht im Grade der Heftigkeit und Dauer der Wirkung; bei dem Meerrettig erfolgt dieselbe fast eben so schnell, aber ge­linder und auf kürzere Zeit als von dem Senf. Bo ur­ge lat laugnete die Wirksamkeit des Senfes auf die Haut der Thiere '), Gohicr behauptete sie 2) und Prevost bestätigte sie neuerlichst durch Versuche 8); englische und deutsche Thierärzte haben aber diese Wirksamkeit schon früher erkannt und in der Berliner Thierarzneischule ist das Mittel schon lange gebräuchlich.
Innerlich in Substanz angewendet wirken die Senf-saamen aufserordentlich wenig, da sie im Magen- und Darmkanal nur sehr unvollständig aufgelöst und verdauet werden; aber im pulverisirten Zustande sind sie ein recht kräftiges Reizmittel für die sämmtlicheu Baucheingeweide und speziell für die Schleimhaut des Magens und Darm­kanals. Doch ist hier die örtliche Wirkung ganz unver-hältnifsmäi'sig geringer und milder als auf die äufsere Haut, und ich habe selbst von sehr grofsen Gaben des Mittels (bei Pferden von fjv—gxvj, bei Kühen bis Pf.jj auf einmal gegeben) keine Entzündung der Eingeweide entstehen sehen; es wird von mäfsigen Gaben nur ihre Thätigkeit vermehrt, der Appetit stärker erregt, die Ver­dauung und Assimilation gebessert und die Absonderung
') Bourgdat, Mattere medicah, second. T'ol. 2) Gohier, Memoir, et Obscrv I. Tom. p. 128., und in den Ann. dAgricult. fran^. Tom. 48. *) Prevost, a. a. O. S. 99.
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des Schleims gemindert. Von grofseren Gaben, und zwar nach Viborg's Versuchen l) bei Pferden von Jyj, bei Kühen von jv, bei Schafen von gj und bei Schweinen von fß scheint die wurmförmige Bewegung des Darmka­nals und die Absonderung wässeriger Darmsäfte vermehrt zu werden; denn der Koth geht hiernach lockerer und reichlicher ab, und eine Kuh bekam sogar einen ziemlich starken Durchfall. Ich habe jedoch diese abführende Wirkung in mehreren Fällen, namentlich bei Kühen, nicht entstehen sehen, und eben so habe ich eine Ver­mehrung der Hautausdünstung, von der manche Schrift­steller sprechen, nach der Anwendung des Senfes niemals bemerken können. -- Nach jenen sehr grofsen Gaben sähe ich, clafs der Koth seltener, ganz hart und trocken, und gewöhnlich mit zähem Schleim wie mit einer llaut umhüllt, abging, clafs Ürinentleerungcn sehr häufig und reichlich erfolgten, übrigens aber die Thieve ihre Munter­keit, ihren Appetit, Kühe auch das Wiederkauen unge­stört behielten, weder Schmerz im Leibe noch Fieber zeigten, und nach 3 bis 4 Tagen auch der Mist und Urin wieder wie im gesunden Zustande entleert wurde.
Die innerliche Anwendung des Senfes kann bei Krank­heiten, die in Schwäche und Torpidltät der Verdauungs-eingeweide begründet sind, stattfinden, und ich habe ihn bei solcher Appetivloligkeit, bei schlechter Verdauung, bei starker Entwickelung von Blähungen, bei Verstopfung des Leibes und bei dem Dummkoller, wenn er mit den eben bezeichneten gastrischen Zufallen verbunden war, oft mit gutem Erfolg benutzt. Viborg empfiehlt ihn auch bei den Finnen und in den spätem Perioden der sogenannten Duinmkraukhcit der Schweine, wenn die Thiere bereits hinreichende Leibcsöfthung erhalten haben 2}. Von An­dern ist er bei der Bleichsucht, Fäule und Egelkrankheit
') Viborg, Samml 4ler I5il. S. 281.
2) Derselbe, Anhit. zur Erziehung und ßenatzang des Schweins. S. -30. u. f.
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und eben so bei veralteter Räude der Schafe als nützlich empfohlen worden.
Als blos erregendes, die Verdauung besserndes Mit­tel giebt man den Senf: Pferden von fß—?j, Rindern von sect;ß — Jjß, Schafen und Schweinen von ?j — Sjij, Hun­den von gr.x —3ß, täglich drei- bis viermal; will man ihn aber als gelindes Abführungsmittel anwenden, so mufs er in gröfseren Gaben, nämlich Perden zu 3V—gvj, Rin­dern zu ;vjv — 5V) Schafen vj — 5 Schweinen jß — jj, auf einmal gereicht werden.
Die Anwendung geschieht in Latwergen und Pillen, bei Schafen auch in Lecken, und zwar in Verbindung mit bittern, aromatischen und zusammenziehenden Mitteln, mit Kochsalz, Spiefsglanz und dgl. — Als Laxinnittcl wirkt das Senfpulver am besten, wenn es blos mit Syrup zur Latwerge gemacht ist, oder mit Syrupwasser als Trank eingegeben wird.
Aeufserlich wird der Senf bei verschiedenartigen Krankheitszuständen und in verschiedener Absicht ange­wendet, und zwar: a) als ein kräftiges Reizmittel, um die allgemein oder örtlich zu sehr gesunkene Lcbenstliätig-keit schnell und kräftig aufzuregen, namentlich bei Läh­mungen, bei Schlagflufs, beim Nervenfieber mit grofser Abstumpfung, bei Verhärtungen oberflächlich liegender Organe, und besonders nahe unter der Haut liegender Drüsen, wenn man dieselben zcrthcilen oder in Eiterung versetzen will 5 — hauptsächlich aber b) als ein ablei­tendes und besänftigendes Mittel, um auf antagonistische Weise durch die starke Reizung der Haut eine zu hef­tige krankhafte Aufregung in tiefer liegenden Tiicilen zu beseitigen oder wenigstens zu mindern, daher besonders bei Entzündungen in der Brust- und Bauchhöhle, bei Entzündung des Gehirns, bei heftiger Bräune, auch bei Entzündung der Gelenke und bei tief sitzendem schmerz­haften Rheumatismus. Man zieht bei diesen Krankheits­zuständen den Senf den übrigen Reizmitteln, und beson­ders den Canthariden vor, wenn man die Reizung sehr
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schnell und auf einer grofsen Hautfläche hervorrufen, da­bei aber die Nieren nicht in Mitleidenschaft ziehen will; bei Nierenentzündungen ist er daher unter den übrigen Arzneimitteln fast das einzige brauchbare äufsere Ablei­tungsmittel.
Gewöhnlich wird der Senf äufserlich in Form eines Teiges oder Breies als Umschlag (als sogenanntes Senf­pflaster, Sinapismus^ angewendet. Man bereitet einen solchen Brei, indem man entweder ganz einfach 1) friscli pulverisirten Senf in hinreichender Menge mit warmem Wasser oder mit Essig, so viel als zum dünnen Brei nöthig ist, oder 2) indem man Senfpulver und Sauerteig mit der nöthigen Menge Wasser oder Essig zusammen­mengt. Der erstere wirkt schneller und kräftiger, wird aber auch schneller trocken und unwirksam als der zweite. Durch Zusatz von Mehl oder Altheewurzelpulver kann man die Wirksamkeit des Senfs vermindern, dagegen durch spanischen oder schwarzen Pfeffer, durch Canthariden, Euphorbium, Meerrettig und Terpentinöl verstärken. Bis­her glaubte man auch allgemein, dafs der Essig die Wirk­samkeit des Senfs vermehre; in der neuern Zeit ist dies aber bestritten worden, und bei meinen hierüber gemach­ten Versuchen wirkten Senfteige, die blos mit Wasser bereitet waren, wenigstens eben so stark wie die mit Essig bereiteten.
Zur Anwendung mufs der Brei auf eine vorher für den betreffenden Theil des Körpers recht passend ge­machte Bandage von Leinwand, gegen einen Zoll dick aufgestrichen, und dann mit der letzteren recht gleich-mäfsig auf den von Haaren befreieten Anwendungsort ge­legt werden. Es ist gut, diesen Ort vorher recht tüch­tig zu reiben. — Die Gröfse des Senfpflasters mufs nach der Thiergattung, nach dem Orte der Anwendung und nach der Gröfse oder Ausbreitung des innern Leidens eingerichtet werden, und z. B. zur Application an der untern Fläche und an den Seitenflächen der Brust eines Pferdes gegen 1 Fufs ins Gevierte betragen. — Die Dauer
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der Anwendung läfst sich nicht für alle Fälle gleichmäfsig bestimmen, sondern richtet sich theils nach der Art der vorhandenen Krankheit, theils nach dem Grade der Em­pfindlichkeit des Thieres und der eingetretenen Wirkung; bei den vorhin bezeichneten Krankheiten der erstem Art
(a)nbsp; nbsp;darf man deu Senfbrei nur so lange liegen lassen, bis Geschwulst entstanden ist, bei denen der zweiten Art
(b)nbsp; mufs man dagegen selbst die Bildung der Blasen und der Ausschwitzung an der Haut abwarten. Je früher die beabsichtigte Wirkung eintritt, um so früher kann der Senfbrei entfernt werden; im entgegengesetzten Falle mufs er länger liegen bleiben und von Zeit zu Zeit wieder mit Wasser oder Essig befeuchtet werden, wenn er sich trok-ken zeigt.
Englische Thierärztesj benutzen den Senf auch in einer ätherisch-öligen Tinktur, welche sie aus Senfsaamenpulver 5Jv und Terpentinöl Jxx bereiten; beides wird durch 10 bis 1-1 Tage zusammen kalt digerirt, öfters umgeschüttelt und dann durchgeseihet. Sie ist ein aufserordentlich hef­tiges Reizmittel, welches bei rheumatischen Zufällen, bei Lähmungen und veralteten Lahmheiten u. s. w. in die Haut eingerieben wird. Durch Zusatz von einem milden Oel, z. B. Baumöl zu \ bis zur Hälfte der Menge wird sie milder, ist aber doch noch stark und schnell genug wirkend; dagegen kann ihre Flüchtigkeit durch Zusatz von Salmiakgeist noch sehr vermehrt werden.
Anmerkung. Der weifse Senf (Semen Sinajgt;eos albae) stimmt mit dem schwarzen Senf völlig überein, ist aber schwächer wirksam und deshalb weniger ge­bräuchlich.
25. Waclilioldcrbecren. Baccae Juniperi.
sect;• 294. Diese Beeren sind, ihrer Wohlfeilheit und ihrer kräf­tigen Wirkung wegen, mit allem Recht ein sehr geschätz­tes thierärztliches Arzneimittel. Sie enthalten als haup-sächlich wirksame Bestandtheile ein terpentinartiges, bren-
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nend scharfes ätherisches Oel, Harz und viel Zucker. Durch den letztem, wie auch durch etwas schleimige Bestaudtheile sind die scharfen Eigenschaften des äthe­rischen Oels sehr bedeutend gemildert, so dafs die Wach-liolderbceren in ihrer örtlichen Einwirkung sich auch im­mer nur wie ein mäfsig erregendes aromatisches Mittel verhalten.
Bei der innnerlichen Anwendung wirken sie daher zunächst auf den Magen und Darmkanal fast ganz so wie die übrigen, bereits abgehandelten Mittel dieser Classe. Die erregende Wirkung bleibt aber nicht auf die Ver­dauungseingeweide beschränkt, sondern verbreitet sich durch das Gefäfssystem über den ganzen Körper und äu-fsert sicli am deutlichsten in der vermehrten Thätigkeit aller Sekretiousorgane. Vorziittich wirken sie in den meisten Fällen urintreibend; sie befördern aber auch die Hautausdünstimg, die Lungenausdünstung und die Ab­sonderung des Schleims in den Respirationsorganen. Da­bei wird mehrentheils gleichzeitig die Resorption an den serösen Häuten und im Zellgewebe unter der Haut ver­stärkt. — Die gröfsern Blutgefäi'se werden von dem Mittel, selbst in sehr grofsen Gaben nur wenig bemerk­bar affizirt, wenn nicht etwa vorher schon ein gereizter Zustand vorhanden war.
Diese Wirkungen erscheinen ziemlich übereinstim­mend mit denen der balsamischen Mittel, und namentlich mit denen des Terpentin und des Terpentinöls; sie sind jedoch durchaus milder und weniger flüchtig den Orga­nismus durchdringend, als namentlich bei dem letztern Mittel. Daher werden die Wachholderbeeren oft mit dem besten Erfolg bei einem Krankheitszustande ertragen, während bei demselben das Terpentinöl und der Terpen­tin zu reizend und zu sehr erhitzend sind.
Die innerliche Anwendung der Wachholderbeeren kann bei allen Krankheiten stattfinden, bei denen die Ir­ritabilität im Allgemeinen gemindert ist, wo die Ver­dauungseingeweide geschwächt, die Absonderungen ent-
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weder aus Schwäche vermindert oder auch in einzelnen Organen krankhaft vermehrt sind, — wo eine Neigung zur Entmischung zu bemerken ist, und wo man kritische Aus­leerungen durch die Nieren und durch die Haut, oder die Schleimabsonderung in den Uespirationsorganen be­fördern will.
Diesen Indikationen gemäfs werden sie namentlich angewendet; bei asthenischen Fiebern (z. R bei dergl. gastrischen und Schleimfiebern, bei Nervenfiebern und Fiiulfiebern), besonders zur Zeit der Krisis oder wenn ödematöse Anschwellungen an verschiedenen Theilen des Körpers entstehen;— bei allen catarrhalischeu und rheu­matischen Krankheiten asthenischen Charakters, sie mögen fieberhaft oder fieberlos, frisch entstanden oder chronisch sein (daher z. B. bei asthenischem Catarrhalfieber, bei Druse, bei catarrhaligcher Bräune, bei dergleichen Lun­genentzündung, besonders gegen das Ende der Krankheit und wenn starker Husten mit Auswurf eines zähen Schleims eingetreten ist, — eben so bei der chronischen Lungen­seuche des Rindviehes, bei dem Schnupfen und Rotz der Schafe; -- bei der Rhehe der Pferde und des Rindviehes u. dgl.); — ferner, bei schlechter Verdauung, bei daher entstandener Krampf- und Windkolik und Diarrhöe;— bei cachektischen Krankheiten, z. B. bei der Fäule der Schafe, bei alter Räude, bei dergleichen Mauke, bei chronischen oder oft wiederkehrenden wässerigen Anschwellungen der Fiifse und des Hodensackes, bei Brust- und Bauchwas­sersucht, besonders wenn dabei der Urin in verminderter Menge, von blasser Farbe oder mit Schleim gemengt abgeht: bei Harnverhaltungen, welche in Erschlaftung und Reizlosigkeit der Blase beruhen, bei Sand und Gries in den Harnwegen.
Auch als Präscrvativmittel gegen diese und ähnliche asthenische Krankheiten werden die Wachholderbeeren mit Nutzen gebraucht, wenn die Thierc auf niedrigen, sumpfigen Stellen weiden, oder sich mit Putter von schlechter Beschaffenheit ernähren müssen, und wenn an-
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lialtend eine nafskalte und unbeständige Witterung herr­schend ist, besonders im Frühjahr und Herbst. Schlech­tes Futter wird zwar durch Wachholderbeeren nicht bes­ser und der Einwirkung einer schlechten Witterung durch sie nicht abgeholfen; aber sie können theils die Organe zu gröfserer Thätigkeit anregen, so dafs der Körper durch kräftigere Reaktionen jene Schädlichkeiten entweder sogleich überwindet, theils können sie durch Erregung reichlicherer Sekretionen die Produkte und Fol­gen, welche die schädliche Einwirkungen in den Säften erzeugen, zeitig entfernen, ehe sie als Krankheitsursachen im Körper wirksam werden.
Aechte, akute Entzündungskrankheiten Yerbietcn da-aesen den Gebrauch dieses Mittels bei allen Thieren.
Man gicbt es Pferden und Rindvieh zu fj — sjjj, Schafen und Schweinen zu ?jj — 5vj, Hunden zu 9j — ?j auf einmal, und nach Bedürfnifs alle 3 bis 4 Stunden wiederholt.
Besitzen die Thiere noch guten Appetit, oder wen­det man die Wachholderbeeren nur als Präservativmittel an, so kann man sie grob gepulvert und auf das Futter gestreuet (bei den Schafen als Lecke) verzehren lassen, in allen andern Fällen aber besser in Latwergen, Pillen oder im Aufgufs eingeben.
Sehr oft sind bei den oben bezeichneten Krankheiten die Wachholderbeeren allein zur Heilung ausreichend; in hartnäckigen und complicirten Fällen aber mufs man ihnen bittere, adstringirende und metallische Mittel, oder Terpentinöl, Kampher u. dgl. zusetzen, je nachdem es die Art und Beschaffenheit der Zufälle verlangt.
Aeufserlich können die Wachholderbeeren gepulvert und mit aromatischen Kräutern gemengt, zu trockenen oder feuchten Umschlägen, Bähungen u. dgl., als erre­gend zertheilendes Mittel überall benutzt werden, wo aro­matische Mittel angezeigt sind (sect;. 268). —
Aufserdem werden sie noch sehr häufig als ein Räu­chermittel gebraucht, indem sie unzerstofsen aufglühende
Koh-
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Kohlen legt und so durch ihr Verbrennen einen grofstcn-theils empyreumatischen Rauch erzeugt, vorzüglich zu dem Zweck, um bei nasser und nebeliger Witterung und bei herrschenden Krankheiten die Luft in den Ställen zu verbessern. Da die Luft hierdurch trockener und reizen­der wird, so kann sie wohl auch besser zum Athmen und für die Thiere gesünder werden; aber Krankheits­stoffe, und namentlich Ansteckungsstoffe, welche in ihr verbreitet sind, werden dadurch nicht zerstört. Zuweilen benutzt man auch diesen Rauch als ein reizendes Heil­mittel, und leitet ihn zu diesem Zwecke an die kranken Theilc, z. B. bei rheumatischen und ödematösen Anschwel­lungen, bei chronischem Schleimausflufs aus der Nase und aus den Lungen, bei dea Lungenwürmern (sogenannten Luftröhren kr atz er n, Sirongylus Füaria) der Kälber und Lämmer u. s. w. Theerräucherungen sind jedoch wirksamer und lassen sich überall fast ganz ohne Feuers­gefahr ausführen, da man hierzu keine glühende Kohlen in den Stall zu tragen braucht1).
Anmerkung 1. Aus den Wachholderbeeren berei­tet man:
d) den Wachholdcrsaft {Succus Juniperi inspis-saius s. Roob Juniperi), welcher neben Schleim und Zuk-ker nur sehr wenig ätherisches Oel enthält, daher auch nur sehr geringe erregende, sondern mehr auflösende, den süfsen Säften ähnliche Wirkungen erzeugt, und jetzt fast nur noch als Bindemittel bei der Bereitung der Pillen und Latwergen dient. Bei dieser Benutzung gilt jedoch von ihm Alles, was hierüber von den süfsen Säften (sect;. 175.) gesagt worden ist.
Zraquo;) Das Wachholderbeeröl (CM. Baccarum Juni'
') Sollen Räuclierungen mit Hülfe von glühenden Kohlen ge­macht werden, so ist es zur möglichsten Vermeidung der Feuersge-fahr uöthig, das Gel'äfs mit den Kohlen in einen tiefen, vorher be-ftuchlelen Stalleimer zu setzen mid es nur so in den Stall zu bringen
Hcrln-ig Arztu'imillcllelire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2o
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#9632;peri s. 01. Juniperi aethereum), sehr scharf reizend und flüchtig, dem Terpentinöl ähnlich, aber sehr theuer, deshalb bei kranken Thieren niemals zu brauchen, son­dern durch jenes zu ersetzen.
c) Wachholderspiritus (Spiritus Juniperi), ist Weingeist über Wachholderbeeren destillirt, wirkt inner­lich und äufserlich stark reizend, urintreibend, blähung­treibend, kann innerlich wie die Wachholderbeeren, je­doch nur mit Vorsicht — und äufserlich bei veraltetem Rheumatismus, bei dergleichen Verrenkungen, bei Läh­mungen u. s. w. angewendet werden, — ist aber ent­behrlich.
Anmerkung 2. Von dern Wachholderstrauch kön­nen auch noch die jungen Zweige oder Wachholder-sprossen iTuriones Juniperi), das Wrachholderholz und die Wurzeln {_Lignum et Radix Juniperi} als Heil­mittel dienen. In allen diesen Theilen ist ätherisches Oel, dem der Beeren ähnlich, und zugleich Harz enthal­ten; es fehlt ihnen aber der Zucker und der Schleim; ihre Wirkung ist daher auch weniger sanft als die der Beeren, sondern denen der Fichtensprofsen und des Ter­pentinöls einigcrmafsen ähnlich. — Die Benutzung die­ser Theile des Wachholders kann bei denselben Krank­heiten geschehen, wo die Beeren empfohlen sind, und zwar innerlich und äufserlich im heifsen Aufgufs oder auch auf Kohlen gestreuet zum Räuchern. — Das aus dem Holze durch trockene Destillation gewonnene Wach-holderho!zöl (0^. Ligni Juniperi') ist dem Terpentinöl sehr ähnlich, aber empyreumatisch, und wird jetzt weni­ger gebraucht als ehemals; es kann jedoch fast ganz wie das Terpentinöl benutzt werden.
C. Aromatische Wurzeln.
26. Alantwurzel. Radix Enulae s. Jnulae.
sect;. 295. Die Alantwurzel besitzt mehrere eigenthümliche Be-
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standtheile, vou denen ein stark riechendes, flüchtiges ätherisches Oel von fester Consistenz (auch Alant-Kam­pher genannt), bitterer, seifenartiger ExtraktivstoflF, Gum­mi, scharfes Harz, und ein eigenthümliches Stärkemehl (das sogenannte Inulin oder Helenin), die wichtigsten und wirksamsten sind. — Vermöge dieser Bestandtheile wirkt der Alant im Allgemeinen theils als ein kräftiges, etwas scharfes Reizmittel, theils auch als stärkendes Mit­tel, und ist daher wieder mit dem Kalmus und mit der Angelika zu vergleichen. Seine erregende Wirkungen entwickeln sich jedoch langsamer, sind überhaupt weniger flüchtig, dagegen aber dauernder als bei diesen Mitteln, und die tonischen Kräfte sind dem Grade nach bedeutend geringer als die des Kalmus. Dagegen kommt der Alant mit beiden Mitteln noch darin sehr überein, dafs sowohl seine erregende, als auch die stärkende Wirkung sich zwar über den ganzen Körper verbreitet, aber doch vor­zugsweise auf die Schleimhäute, und namentlich wieder auf die Schleimhaut der Respirationsorgane gerichtet sind. Denn man bemerkt sehr deutlich, dafs er bei Erschlaffung und Reizlosigkeit in den letztern die Empfindlichkeit und gleichzeitig die Energie vermehrt, die Absonderung des zähen Schleims mindert, den letztern verbessert und den Auswurf erleichtert. — Er ist daher auch stes als eins der wirksamsten Brustmittel betrachtet worden. Auf die Verdauungseingeweide, auf die Lymphgefäfse und Lymph­drüsen, und daher auch auf den ganzen Reproduktions-prozefs wirkt der Alant sehr belebend, und die Sekretio­nen der Haut und der Nieren befördert er in einem mä-fsigen Grade.
Das Mittel findet seine zweckmäfsigc Anwendung bei solchen Krankheitszuständen, bei welchen Erschlaffung, Reizlosigkeit, vermehrte Absonderung an den Schleim­häuten, besonders der Respirationsorgane, verminderte Thätigkeit der Lymphgefäfse und Lymhdrüsen, mit An­schwellung und Verhärtung derselben, schlechte, unvoll­ständige Ernährung und Cachexie den Grundcharakter
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bildet. — Dagegen leistet der Alaut bei nervösen Zu­ständen viel weniger als die vorhergehenden Mittel, und bei reinen, aktiven Entzündungen ist er eben so schäd­lich wie sie.
Diesen Andeutungen entsprechend wird der Alant gebraucht: bei Appetitlosigkeit und ünverdauliclikeit aus Schwäche und Verschleimung der Verdauungseingeweide; bei Catarrhalfieber und Catarrh (Druse der Pferde, Schnup­fen der Schafe, Schweine und Hunde), bei catarrhalischcr Bräune; hierbei überall jedoch nur dann, wenn das Ent-zündungsstadium vorüber, oder wenn die Entzündung asthenisch ist und chronisch wird; eben so nach Lungen­entzündungen, wenn bereits zäher Auswurf sich eingefun­den hat, und bei asthenischen, sogenannten nervösen Brustentzündungen; bei chronischem Husten und bei Kurzathmigkeit aus Verschleimung der Respirationsorgane, und daher auch bei dem sogenannten schleimigen Dampf der Pferde; bei Wassersuchten und bei ödematösen An­schwellungen aus Schwäche und schlechter Ernährung, bei Mauke, Wurm und bei veralteter Räude. Gregen die letztere wurde er früher als ein spezifisches Mittel be­trachtet.
Man giebt ihn Pferden von |ß—Jjß, Rindvieh von oj—.^Üb Schafen und Schweinen von fj—jjj, und Hun­den von gr. x — ?j, auf einmal und in Zwischenzeiten von 4 — 5 Stunden. — Die Anwendung kann in jeder Form, selbst im Dekokt geschehen, da der Alant (aus­nahmsweise von den übrigen ätherischen Mitteln) ein ge­lindes Kochen recht gut erträgt und hierbei, durch die vollständigere Auflösung seiner scharfen und bittern Bestandtheile, sogar noch reizender und wirksamer wird.
Bei manchen Zuständen ist er für sich allein ganz passend und ausreichend; wo man aber seine reizende Wirkung zu mindern, die Absonderungen zu befördern und zugleich dünnflüssiger zu machen wünscht, wie z. B. nach eben beseitigter Entzündung, — da setzt man ihm Brechweinstein, Salmiak, Kochsalz, Goldschwefel, Schwc-
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fei u. dgl. zu; in den meisten chronischen Fällen dagegen, wo die Ernährung, wo die Thätigkeit der Lymphgefäfse sehr leidet und Torpidität vorwaltend ist, verbindet man ihn mit bittern Stoffen, mit Schwefel, Spiefsglanz, Wach-holderbeeren, Terpentinöl, Kampher u. a. Mitteln.
Aeufserlich wird der Alant schon sehr lange gegen die Räude bei allen Thieren benutzt. Ryfs 1) zieht Um den andern, sonst gewöhnlichen Räudemitteln, als dem Taback, den Lorbeeren, der Niefswurzel u. s. w. vor, und empfiehlt ihn in folgender Zubereitung als Wasch­mittel: Man nimmt für Pferde oder Rinder 5 bis 6 Pfund gute Buchenasche, kocht sie mit 28 Maafs Wasser aus, seihet sie hernach durch, bringt die erhaltene Lauge noch­mals zum Sieden und wirft dann 1^ Pfund zerstofsenen Leiusaamen, 2 Pfund zerschnittene Alantwurzel und eben so viel Wcrmutli, oder ein anderes bitteres Kraut in die kochende Lauge, läfst sodann das Feuer ausgehen und gebraucht die Flüssigkeit undurchgeseihet, lauwarm zum Waschen oder als Bad u. s. w. Die so erhaltene Flüs­sigkeit soll seifenartig, auf die Haut reizend, zugleich ge­schmeidig machend und den Räudemilben widrig sein, und mit sanften Bürsten oder wollenen Lappen auf die Baudestellen unmittelbar gebracht werden. Ryfs gesteht jedoch selbst, dafs man auch bei wiederholter Anwendung derselben die Räude, namentlich bei Schafen nicht voll­kommen heilt, sondern nur die Heilung gut vorbereitet, und dafs man, um diese zu erreichen, noch Schwefel­oder Merkuriassalben anwenden müsse. — Ehedem wurde der Alant selbst in Salbenform (z. B. nach Reuter aus: Alantwurzelpulver gj, Schwefelblumen Sjj, ungesalzene Butter ,5V bestehend) angewendet, aber auch nicht mit gründlichem Erfolge. Er verdient dalier den Vorzug vor der Nieswurz und dem Taback nicht, noch weniger aber vor dem Terpentinöl, dem Sublimat und vor der von Walz empfohlenen Lauge.
') Ilandb. d. prakt. Arzncimilttllt-hre für ThierSrzle. S. 3.
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27. Angclikawurzel, (Engelwurzel, Brust- oder Luftwurzel). Radis Angelicac.
sect;. 296.
Unter den verschiedenen Bestandtheilen dieser Wur­zel sind als die wirksamsten zu betrachten: ein flüchtiges ätherisches Oel, ein balsamisches Weichharz (von Eini­gen „Angelikabalsamquot; genannt), bitterer und anderer Ex­traktivstoff und Stärkemehl. — Sie wirkt flüchtig reizend und zugleich stärkend, ist daher im Allgemeinen dem Bal­drian und dem Kalmus zwar ähnlich, aber in ihrer indi­viduellen Eigenthümlichkeit doch von diesen und von allen andern aromatischen Mitteln in mehrfacher Bezie­hung verschieden; denn die örtliche Wirkung ist schärfer reizend und die allgemeine Wirkung ist zwar nicht flüch­tiger, aber intensiv reizender, gleichsam feuriger, zugleich dauernder und viel mehr auf das Gefafssystem (auf die Irritabilität) gerichtet, als bei dem Baldrian. Den Kal­mus übertrifft die Angelika ebenfalls, jedoch nur in einem geringeren Grade an reizender Kraft, steht ihm aber eben so viel an stärkenden Eigenschaften nach. — Sowohl die erregende wie die stärkende Wirkung verbreitet sich über den ganzen Organismus; beide treten aber an den Schleimhäuten, besonders an denen der Respirationsor­gane am deutlichsten hervor, und scheinen zu denselben eine ähnliche spezifische Beziehung, wie die Wachholder-beeren, der Wasserfenchel, Fenchel und Anis zu haben. Die Wirkung ist aber auch hier durch die mit der Erre­gung verbundene Stärkung sehr verschieden von der Wir­kung dieser zuletzt genannten Mittel. Auf den Verdauungs­kanal wirkt die Angelika belebend und stärkend, und die Sekretionen in den Nieren und in der Haut werden durch sie in einem mäfsigen Grade befördert.
Die Indikationen für den Gebrauch dieses Mittels finden sich in allen Fällen, sowohl bei akuten als bei chronischen Krankheiten, wo die Irritabilität und Sensi­bilität zugleich sehr vermindert ist, wo bei grofser Schwä-
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ehe die Bildungsthätigkeit sehr darnieder liegt, wo Nei­gung zur Entmischung der Säfte, und colliquative Aus­leerungen eintreten, und wo besonders in den Respira­tionsorganen Torpidität mit übermäfsiger Absonderung in der Schleimhaut besteht.
Unter solchen Umständen, und namentlich bei Ner-yenfieber, Faulfieber und Typhus, bei den höhern Graden der sogenanten Pferdeseuche (Influenza), bei typhösen, besonders ursprünglich catarrhalischen und rheumatischen Brustentzündungen, bei der Staupe der Hunde, wenn sie einen nervösen Charakter annimmt u. s. w., habe ich die Angelika mit sehr gutem Erfolge angewendet und mufs daher dem Ausspruch von J. White: „dafs das Mittel für die thi^rärztliche Zwecke zu wenig wirksam seiquot; l), widerlegen.
Die Gabe ist wie bei dem Alant zu wählen; man­che französische Thierärzte, z. B. Vatel, schreiben zwar viel gröfsere Gaben (für Pferde Jj—Jv, für Rindvieh J) — jvjj) vor 2), jedoch ohne Grund, da man mit jenen kleineren vollkommen ausreicht. — Von der Form und Verbindung mit andern Mitteln gilt Alles, was bei dem Kalmus und dem Baldrian hierüber angedeutet ist.
Aeufserlich ist die Angelika wie die übrigen' aroma­tischen Mittel zu benutzen (sect;. 263 und 268), wird aber höchst selten zum äufsern Gebrauch verwendet.
Anmerkung. Das Kraut der Angelikapflanze (Herha Angelicae') besitzt ähnliche aber schwächere Heilkräfte wie die Wurzel und kann im Nothfalle wie diese, be­sonders äufserlich zu Umschlägen u. s. w., gebraucht wer­den. — Die Wald-Angelika {Angelica silvestris L. s. Selinum Angelica Roth.) ist in ihrer Wurzel und im Kraut ebenfalls mit den Eigenschaften der ächten An­gelikawurzel begabt, aber doch von geringerer Wirk­samkeit.
*) J. While, Treatise on Vcleriuary-Medic. Vol. II. p, 62. 2) Valel, Clemens de Palliologie vtlcr. Tom. II. Part. II. p. 726.
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28. Baldiianwurzel. Radix valeriauae minoris.
sect;. 297. Ihre Bestandtheile sind: ein eigenthümlichcr Extrak-tivstofF (Baldrianstoff), ein gelbfärbender Extraktivstoff, Weich- oder Balsamharz, Baldriansäure, Baldrianöl, Schleim und einige Salze. Davon sind die Baldriansänre und das äthor. Oel die hauptsächlich wirksamen Bestandtheile. Die Wurzel hat einen zuerst etwas scharfen, dann hcrb-bittcrn, aromat. Geschmack und einen eigenthümlichen, penetranten, etwas widrigen Geruch, den jedoch die Kat­zen lieben und dies dadurch zeigen, dafs sie sich auf der Wurzel wälzen, wunderliche Sprünge neben ihr machen u. dgl. — Die örtlichen Wirkungen dieser Wurzel sind mäfsig erregend und gelind zusammenziehend, daher rei­zend und stärkend zugleich, — ähnlich der Nelkenwurze!, aber in der Erregung stärker und in der Zusammenzic-hung schwächer als diese. Die allgemeine Wirkung äu-fsert sich in einer flüchtigen, jedoch sehr sanften Aufre­gung der Lebenskraft im ganzen Organismus, vorzüglich und fast spezifisch aber im Nervensystem. Die gesunkene Kraft des letztern wird erhöhet, und besonders wird seine Thätigkeit, wenn sie qualitativ vom gesunden Zustande ahweichend ist, sehr häufig wieder geregelt; namentlich werden Zuckungen und Krämpfe beseitiget, zu grofse Em­pfindlichkeit und selbst Schmerzen, die mit. Nerven­schwäche verbunden sind, werden gemindert. Diese Be­ziehungen zum Nervensystem besitzt der Baldrian unter den aromatischen Mitteln am stärksten; er nähert sich hierin einigermafsen dem Kampfer, den empyrevmatischen Oelen und dem Aether, unterscheidet sicli aber von die­sen Mitteln dadurch, dafs er weniger flüchtig, dagegen aber auch milder wirkt und dafs er nicht wie sie die Kräfte blos aufregt und erschöpft, sondern vielmehr wirk­lich stärkt. — Auf die Blutgefäfsc wirkt der Baldrian weniger erregend, und er steht hierin besonders denjeni­gen aromatischen Mitteln sehr nach, welche ein terpen-
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tinavtiges ätherisches Oel enthalten. Er befördert zwar die sämmtlichen Absonderungen, vermehrt aber keine ein­zelne vorherrschend oder sehr stark. Auf die Verdauungs-cingeweide wirkt er erregend, stärkend, blähungtreibend, und zuweilen auch wurm widrig. Die letztere Wirkung ist aber nicht zuverlässig.
Der innerliche Gebrauch des Baldrians ist angezeigt: bei allen asthenischen Krankheitszuständen, vorzüglich aber wenn sie im Nervensystem ihren Sitz haben oder mit ner­vösen Zufällen begleitet sind, und wenn Schwäche mit erhöheter Empfindlichkeit verbunden ist; daher namentlich: bei Nervenfiebern, bei dem nervösen Faulfiber (Typhus), bei dem fieberhaften und bei dem langsam verlaufenden Milzbrand; — bei Epilepsie, Schwindel, Dumkoller; bei Krämpfen, z. B. bei dem Starrkrampf, bei dem Lungen­krampf, bei der Staupe der Hunde in den hohem Graden und wenn sie nervös wird; — bei Lähmungen; — bei geschwächter Verdauung, Durchfall, Aufblähung, Krampf­kolik, krampfhafter Harnverhaltung, und gegen Eingeweide­würmer.
Doch darf man sich, wenn bei diesen Krankheiten bereits ein sehr hoher Grad von Lebensschwäche einge­treten ist, nicht auf den Baldrian allein verlassen, weil er dann bei seinen milden Wirkungen zu wenig leistet.
Man giebt ihn den grpfsen Hansthiercn von Jj — ?jjj, Schafen von 5jj — fß, Hunden von gj—5jj auf einmal und in Zwischenzeiten von 2 bis 4 Stunden wiederholt. Das Mittel kann in Latwergen oder Pillen, bei dringenden Zufällen aber am besten im Infusum angewendet, und mit Kampfer, Hirsclihornöl, Hirschhornsalz, mit Pfeffermünze, mit Säuren und andern, dem vorhandenen Zustande ent­sprechenden Mitteln, verbunden werden.
Aeufserlich kann man den Baldrian als zertheilendes und stärkendes Mittel bei asthenischen Augenentzündun­gen, bei Quetschungeii, bei schlaffen, unthätigen Geschwü­ren, im Infusum zum Waschen und Bähen, wie auch zu krampfstillcnden Klystiren u. s. w. benutzen.
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Als Präparate vom Baldrian giebt es ein Extrakt, verschiedene Tinkturen, und das ätherische Oel. Sie sind in der Thierarzneikunde nicht gebräuchlich.
Anmerkung. Aufser der gewöhnlichen, von der Valeriana qfficinalis kommenden Baldrianwurzel, können auch die Wurzeln von dem grofsen oder Gartenbal­drian {Radix Valerianae majoris, von der Y. Phu) und von dem Alpenbaldrian {Radix Spireae celticae, von der V. celtica') wie die erstere benutzt werden, da sie ganz ähnliche, jedoch schwächere Heilkräfte besitzen wie diese.
29. Bertramwurzel. Radix Fyrethri.
sect;. 298.
Die wirksamen Bestandtheile derselben sind ein schar­fes ätherisches Oel in geringer Menge, scharfes Harz, Inu-lin, Kampher, Gummi und bitterlicher Extraktivstoff. — Sie wirkt auf alle Gebilde, mit denen sie in Berührung kommt als ein durchdringendes Reizmittel, erhöhet die Empfindlichkeit bedeutend, erweckt und verstärkt das Be­wegungsvermögen, und erregt auch an den Schleimhäuten vermehrte Absonderungen. Bei der innerlichen Anwendung zeigen sich diese Wirkungen am stärksten in der Maul-und Rachenhöhle und an den Vcrdauimgseingeweiden; namentlich verursacht sie in der Maulhöhle eine sehr starke Absonderung von Speichel und Schleim, vermehrte Wärme und grofsen Reiz zum Kauen. Die Thätigkeit der Verdauungseingeweide erregt sie bedeutend, und beson­ders erweckt sie den Apetit. Nach Vitet's Angabe'^ soll sie sogar Entzündung am Eingange des Zwölffingerdarms erregen; ich habe dieselbe von mäfsigen Gaben nicht ent­stehen sehen. — Auf den übrigen Körper verbreitet sich die erregende Wirkung ziemlich schnell, jedoch nicht in demselben Grade, wie sie örtlich erscheint, so dais das Mittel hinsichtlich seiner allgemeinen Wirkung und in der
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') Am angez. O. S. 261.
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Flüchtigkeit ungefähr mit dem Kalmus auf gleicher Stufe steht, ohne jedoch ehen so stärkend zu sein wie dieser.
Die Bertramwurzel findet nur in solchen Krankheits-zuständen ihre Anwendung, bei denen ein hoher Grad von Abgestumpftheit [Torpor) und Lähmung, besonders in der Maulhöhlc, an der Zunge, am Gaumensegel, Kehl- und Schlundkopf, und in den Verdauungseingeweiden besteht Namentlich ist sie nützlich bei chronischem Catarrh, bei veralteter Bräune, bei Lähmung der Zunge, bei langwie­riger Appetitlosigkeit und Unverdaulichkeit, wenn dieselbe blofs in Schwäche und Reizlosigkeit begründet ist, bei dein sogenannten Magenkoller der Pferde; selbst bei ner­vösen Fiebern, die mit grofser Abstumpfung verbunden sind, und bei chronischen Lähmungen der Gliedmafsen.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder ^ß — Jj, für Schafe und Schweine 3ß — 'j, für Hunde gr. x—£vj. Die Anwendung geschieht in Latwergen, Pillen oder Infusum. Bei Pferden wurde ehemals die Wurzel fast nur allein als sogenanntes Kaumittel oder Speichel erregendes Mittel benutzt, indem man sie entweder in Substanz, oder pul-verisirt und mit Enzian- oder Meisterwurzel und dgl. ge­mengt und in einen leinenen Beutel gethan, auf das Mund­stück befestigte und dies den Thieren ins Maul legte. Bei Lähmung der Zunge habe ich das Mittel auf diese Weise mit recht gutem Erfolg angewendet. Mit Wasser gelind gekocht ist die Wurzel zu reizenden Maulwässern und zum Waschen torpider Geschwüre zu benutzen. — Den Sehweinen giebt man die Bertramwurzel (wie alle scharf-reizende Mittel) am besten nur in Latwergenform.
30. Eberwurzel. Radix Carlinae s. Cardopatiae.
sect;. 299. Besitzt ähnliche Bestandtheile und Heilkräfte wie der Kalmus (siehe den folgenden sect;. 300.), ist aber noch et­was mehr flüchtig scharf, und daher auch mehr reizend. Sie kann ganz wie der Kalmus und wie die Angelika bei asthenischen Krankheitszuständen angewendet werden, und
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wurde ehemals in der Tliierheilkunst sehr häufig als ner­venstärkendes, magenstärkendes, schweifs- und urintreiben­des, und den Auswurf beförderndes Mittel benutzt, und selbst zu abergläubischen und sogenannten sympathetischen Kuren gebraucht; jetzt ist sie dagegen mit Unrecht fast ganz in Vergessenheit gekommen.
31, Kalmuswurzel. Radix Calami aromalici s. Acori veri.
sect;. 300.
Sie enthält als Hauptbestandtheile ein bitterlich schar­fes ätherisches Oel, innig verbunden mit scharfem Harz und Extraktivstoff, — nebenbei ein eigenthümliches Satz-mehl, etwas Gummi und Salze. Der Kalmus ist unter den inländischen aromatischen Mitteln das kräftigste; er wirkt gleichzeitig flüchtig und anhaltend erregend und stär­kend, vorzüglich auf die Verdauungseingeweide und auf die Respirationsorgane j und nähert sich den Wirkungen des AVermuths, der Kamillen, des Baldrians., der Angelika u. s. w. Den erstem übertrifft er in der erregenden Wir­kung sehr, steht ihm aber in der tonischen etwas nach; von den Kamillen unterscheidet er sich durch seine grös-sere gewürzhafte Schärfe, und durch die hiervon abhän­gige stärkere örtliche und allgemeine Heizung; den Bal­drian übertrifft er in der erregenden Wirkung auf das Gefäfssystem und auf die Schleimhäute, wie auch durch die stärkere reizende und tonische Wirkung auf die Ver­dauungseingeweide, steht ihm aber in der direkten Ein­wirkung auf das Nervensystem sehr nach; von der An­gelika wird er zwar durch gröfscre Flüchtigkeit übertrof­fen, geht ihr aber ebenfalls an stärkenden Kräften vor.
Die Anwendung der Kalmuswurzel ist bei allen asthe-nischen Krankheiten angezeigt, besonders aber bei solchen, welche in verminderter Irritabilität im Allgemeinen, in Schwäche und Reizlosigkeit der Verdauungseingeweide, der Schleimhäute, der Lymphgefäfse und Drüsen, und in mangelhafter Reproduktion beruhen. So benutzt man ihn bei asthenischen Fiebern, z. B. bei gastrischen, bei catar-
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vhalischen, selbst bei nervösen und Faulfiebern, bei An-thraxkrankheitcn; — bei Mangel an Appetit, bei schlech­ter Verdauung, bei öfters wiederkehrender Aufblähung und Kolik, bei anhaltendem, schmerzlosem Durchfall, bei Wurmleidcn: — bei asthenischem und chronischem llheu-matismus; — bei dergleichen Catarrh, Druse, Bräune und LungenentziiuduDg, wenn viel zäher Schleim abgesondert 1 und mit Beschwerde ausgeworfen wird; bei der Lungen­seuche des Rindviehes in den spätem Perioden, eben so bei der Fäule der Schafe, bei ödematosen Anschwellun­gen unter der Haut; — bei schleichendet Abmagerung ohne dafs Mangel an guter Nahrung sie bedingt; bei Koller, bei Staupe, bei Krämpfen und Lähmungen, — hierbei jedoch mehrentheils nur als passendes Unter­stützungsmittel für andere, mehr kräftige Arzneimittel.
Eine Gabe für Pferde und Rindvieh ist gß — sect;jß, für Schafe und Schweine 5jj — fß, für Hunde J^j — 5j, alle 3 bis 4 Stuudcu wiederholt. Die Anwendung kann in allen Formen geschehen (sect;. 266.) und Zusätze macht man nach Bedürfnifs der Umstände, ähnlich wie bei dem Bal­drian und den Kamillen.
Aeufserlich ist der Kalmus nach den allgemeinen Andeutungen (sect;. 2C3 und sect;. 268) als ein sehr wirksames aromatisches Mittel zu gebrauchen.
Das Extrakt, die Tinktur und das ätherische Oel sind sehr wirksame Präparate, aber des Preises wegen nicht gebräuchlich, wenigstens nicht bei grofsen Thieren.
32. Knoblaucli, Knoblancbzwicbel, Kadi.r s. Bulbus Atlii.
sect;. 301.
Der hauptsächlich wirksame Bestandtheil ist ein flüch-y tiges Oel von durchdringendem und stechendem Geruch, in Verbindung mit etwas Schwefel, und aufserdem etwas Satzmehl, einer zuckerartigen Substanz und sehr viel Schleim. — In der Wirkung auf den Thierkörper erscheint der Knoblaucli bei innerlicher und äufserlicher Anwendung sehr ahnlich dem Senf und Meerrettig: docli geht er mehr
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als diese Mittel materiell in das Blut über, und ertheilt der ausgeathmeten Luft und der Milch seinen eigenthüm-lichen Geruch, der letzteren sogar auch seinen Geschmack 5 der Urin erhält von ihm ebenfalls einen stärkern Geruch, der aber nicht immer knoblauchartig ist. Auch wirkt er mehr auf die Schleimhaut der Respirationsorgane spezi­fisch erregend als jene Mittel, und aufserdem ist er den Würmern sehr zuwider.
Man wendet den Knoblauch innerlich an: bei Schwäche, ünthätigkeit und Verschleimung der Verdauungseingeweide; bei daher entstandener Krampfkolik oder Windkolik, bei dem Aufblähen; gegen Eingeweidewürmer; bei Verschlei­mung in der Lunge und Luftröhre und bei dem sogenann­ten schleimigen Dampf; bei veralteter Druse, Mauke und Räude, bei Rheumatismus, bei ödematösen Anschwellun­gen und bei beginnender Wassersucht; bei Sand und Gries in den Harnwerkzeugen; bei dem Pips der Hühner. — Daubenton empfahl ihn auch zur Erregung des Ge­schlechtstriebes der Schafe.
Er kann Pferden und Rindern von Jß — ljß? Schafen und Schweinen von ?j — Jß, Hunden von pj — quot;j, täglich 4 bis 6 mal gegeben werden. Zur Anwendung wird er entweder zerquetscht und mit Kalmus, Alant, Kümmel, Anis u. dergl. zur Latwerge oder zu Pillen gemacht, — oder mit Milch, Bier oder Wasser heifs infundirt und mit bittern oder aromatischen Mitteln versetzt. In dieser letz­tern Verbindung kann er, nach der Beobachtung mancher Thierärzte, die Asafötida ersetzen. — Den Schafen giebt man ihn zerquetscht und mit Kleie und Salz gemengt in Lecken.
Aeufserlich kann der Knoblauch bei verhärteten Drü­sen- und andern torpiden Geschwülsten und eben so bei dergleichen alten Geschwüren gebraucht werden, um sie in bessere Thätigkeit zu versetzen und die Eiterung zu befördern. Er wird hierzu entweder zerquetscht in Form eines Breies etwas dick auf die betreffende Stelle gelegt, oder mit gleichen Theilen Fett durch blofses Zusammen-
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mengen oder durch gelindes Zusammenschmelzen zu einer Salbe gemacht, welche theils eingerieben, theils mäfsig dick aufgetragen wird,, — Bei der Räude und bei flech­tenartigen Hautausschlägen ist diese Salbe ein vortreff­liches Mittel, wenn dicke festsitzende Schorfe vorhanden sind; wo diese fehlen, Jtann man auch eine Mischung von 1 Theil zerquetschtem Knoblauch mit 6 bis 8 Theilen Branntwein zum Waschen der räudigen Stellen mit gutem Erfolge benutzen. — Bei Bifswunden von tollen Thieren und bei Stichen von Insekten, ist der ausgeprefste Saft als ein wirksames und schnell zu erlangendes Hausmittel empfohlen.
Anmerkung. Die gemeine Zwiebel iRadix Ce-jpac) hat ziemlich dieselben Bestandtheile und äufsert die­selben Wirkungen wie der Knoblauch, ist aber etwas mil. der und weniger wurmwidrig als dieser. Sie kann ganz auf dieselbe Weise wie der Knoblauch, aber in etwas stärkern Gaben benutzt werden. — Dasselbe gilt auch von den meisten Varietäten des Knoblauchs und der Zwiebeln.
33. tiebstöekelwurzel. Radix Levistici s. Ligustici.
sect;. 302.
Aetherisches Oel, viel gewürzhaft scharfer Extraktiv­stoff und Harz sind ihre wirksamen Bestandtheile. Sie ist in ihren Eigenschaften und Wirkungen mit der Ange­lika sehr verwandt, besitzt aber weniger Bitterkeit und ist weniger stärkend als diese, so dafs sie vielmehr als all­gemeines, sehr flüchtiges und etwas scharfes Reizmittel wirkt. Denn ihre Wirkungen erscheinen gleichmäfsig über alle Systeme des Körpers verbreitet, und die Funktionen aller Organe werden erhöhet, besonders wenn sie aus Schwäche und Reizlosigkeit vermindert waren; vorzüglich werden jedoch die Absonderungen der Schleimhäute, der Nieren und der Haut sehr befördert. Ehemals glaubte man allgemein, dafs bei Kühen nach der Anwendung der Liebstöckelwurzel die Milch den Geruch und Geschmack
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derselben annimmt; allein Viborg hat diels durch Ver­suche widerlegt1), und ich mufs ihm beistimmen, da ich bei meinen hierüber an mehreren Kühen angestellten Ver­suchen diese Einwirkung auf die Milch ebenfalls nicht gefunden habe.
Das Mittel findet seine Anwendung nur bei astheni-schen, torpiden Krankheiten, und namentlich bei Kräm­pfen, bei Krampf- und Blähungskolik, bei chronischen Diarrhoeen, bei Verschleimuiigen, bei unterdrückter Haut-ausdünstung und daher entstandenem Rheumatismus, Ca­tarrh, Druse und Lungenentzündung, so lange noch kein Fieber mit dem Charakter der Entzündung eingetreten ist; eben so auch bei asthenischen Catarrhal- und rheumati­schem Fieber, bei bösartigen., fauligen Pocken der Schafe, bei der Faule, bei Wassersuchten, selbst bei Räude, Rotz und Wurm.
Die Gabe beträgt für Pferde ?j — Jü, für Rindvieh fjj—5Jv, für Schafe und Schweine 5j — ?ß und für Hunde 5ß — ?jj; die Anwendung kann in allen Formen, nur nicht im Dekokt, geschehen, und Zusätze werden von Wach­hol derbeeren, Kalmus, Pfeffermünze, Kampher, Terpen­tinöl, Spiefsglanzpräparaten u. dgl. gemacht.
Von der äufserlichen Anwendung gilt dasselbe, was hierüber von der Angelika gesagt worden ist.
Anmerkung. Das Liebstockelkraut iBerba Le-vistici) besitzt dieselben Bestandtheile, welche die Wurzel hat, und kann daher wie diese, bei den oben bezeichneten Krankheiten angewendet werden. — Der Liebstöckel­same CSemen Lcvistici) scheint fast noch wirksamer zu sein als die Wurzel, und sollte daher nicht ganz so in Vergessenheit gerathen, wie es bisher geschehen ist.
34. Meer-
') Samml. von Äbliandlnngen, 4 Bd. S. 209. Er gal. die Wur­zel in sleigemlcn Gaben Iris zu 8 Unzen pro Dosi durch 6 Tilge; — ieh sab sie bis zu i Pfund und durch 8 Tage.
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34. Meerrottigwurzel (Krccn). Radio; Armoracine a. Ra-phani ruslicani.
sect;. 303.
Die Chemie hat in dieser allgemein bekannten schar­fen Wurzel eine Menge sehr verschiedenartiger Bestand-theile nachgewiesen, unter denen jedoch ein brennend scharfes ätherisches Oel und ein flüchtig scharfer Stoff die wirksamsten sind. — Der Meerrettig wirkt im frischen Zustande auf die betroffenen Organe sehr kräftig reizend; auf der äufsern Haut erregt er selbst Röthe und oberfläch­liche Entzündung; im Magen und Darmkanal befördert er die wurmförmige Bewegung, treibt sehr kräftig Blähun­gen ab und erregt den Appetit; in der Schleimhaut der ßespirationsorgane befördert er die absondernde Thätig-keit, und bei asthenischen Zuständen mindert und verdünnt er den zu zäh abgesonderten Schleim 5 am kräftigsten aber wirkt er auf die Harnwerkzeuge und verstärkt ihre Ab­sonderung. Auch die Lymphgefäfse und Lymphdrüsen scheint er zu gröfserer Thätigkeit anzuregen. Dafs er die Hautausdünstung vermehrt, habe ich nie beobachtet.
Der Meerrettig kann innerlich unter ähnlichen Um­ständen, wo der Senf und wo die Wachholderbeeren als nützlich empfohlen sind., mit gutem Erfolge gebraucht werden; wie z. B. bei Pferden und Rindern, die an schlech­ter Frefslust leiden, ohne dafs andere Krankheitssymptome damit verbunden sind, besonders nach vorausgegangener üeberladung der Verdauungseingeweide; eben so bei dem öfters wiederkehrenden Aufblähen des Rindviehes und bei Windkolik der Pferde, wenn Schwäche und Reizlosigkeit der Eingeweide hierbei besteht; bei Verschleimung der Respirationsorgane und daher entstandener Kurzathmigkeit; bei veralteter Druse, Mauke und Räude, bei wassersüch­tigen Anschwellungen au den Extremitäten oder am Bau­che und an der Brust, selbst bei Brust- und Bauchwas­sersucht, vorzüglich bei der Fäule der Schafe, und bei Anhäufung von Schleim und Sand in der Urinblase. —
Hertwig Arziieimitleilehre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 24
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Auch als Präservativmittel zur Verhütung gastrischer und cachektischer Krankheiten benutzt- man diese Wurzel, wenn man genöthigt ist, die Thiere mit Futter von schlechter Beschaffenheit zu füttern; sie erfüllt hier den Zweck, in­dem sie die Thätigkeit der Verdauungs - und Assimilations­organe vermehrt, sie steht jedoch hier den Wachholder-beeren sehr nach.
Der Meerrettig mufs immer nur als Hausmittel, und nur wo er frisch und ganz wohlfeil zu haben ist, ange­wendet werden.
Man giebt ihn für Pferde und Rinder von Jjjj - 5yjij, für Schafe und Schweine von quot;j — Jjj, für Hunde von 3jj — jj, täglich 2 bis 3 mal.
Da fast alle Thiere, vorzüglich aber Pferde und Schafe den Meerrettig sehr gern fressen (wenn sie nur nicht eben an gänzlicher Appetitlosigkeit leiden), so kann man ihnen die kleinzerschnittene Wurzel mit Mehl, Kleie, Hafer oder Häcksel (Siede) gemengt, sehr leicht beibringen; fressen sie dieselbe aber nicht, so kann man entweder die Wur­zel schaben oder zerreiben und mit Mehl und andern Mitteln zur Latwerge oder zu Pillen machen, oder man kann sie ebenfalls zerreiben, mit Wasser, mit Bier oder Essig kalt übergiefsen, nach 12 Stunden durchseihen und auspressen, und die Flüssigkeit eingeben.
Bei der Egelkrankheit der Schafe wurde früher vom Professor Reuter folgende sehr wirksame und wohlfeile Zusammensetzung empfohlen. Man nimmt frisch geriebe­nen Meerrettig Jjv, pulverisirte Baldrianwurzel Jjj, pulv. Kalmuswurzel und wilde Kastanien, v. j. Jj u. 3j[j, Kochsalz gyjjj, mengt alles unter einander und macht mit Honig oder Wachholdermufs (oder mit Mehl und Wasser) eine Latwerge, von welcher man einem er­wachsenen Schafe des Morgens und Abends Jj, einem Lamme aber 3vj giebt.
Fast in allen Fällen mufs der Meerrettig durch län­gere Zeit fortgebraucht werden, wenn man vollständige und dauernde Wirkungen von ihm sehen will.
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Aeufserlich ist die Wurzel als Reizmittel ganz ähnlich wie der Senf zu benutzen; die Wirkung tritt fast noch schneller ein, ist aber schwächer und von kürzerer Dauer als bei dem letztern. Man hat sie besonders zur Anwen­dung auf schlaffe, unthätige und kallöse Geschwüre, und auf unschmerzhafte Geschwülste und verhärtete Drüsen empfohlen, um dieselben zur Zertheilung zu bringen, oder um die Eiterung in ihnen zu erregen. Zu diesem Zwecke soll sie mit etwas Essig, oder noch besser, mit Senf und Sauerteig zum Brei auf die kranken Theile applizirt werden.
Anmerkung. Das Löffelkraut (Cochlearia qffic.) hat im frischen Zustande mit dem Meerrettig in den Ei­genschaften eine grofse Aehnlichkeit, ist aber viel schwä­cher, und wird jetzt nur noch, wo es zu haben ist, als diätetisches Mittel in denselben Krankheiten benutzt, wo der Meerrettig empfohlen ist. — Ehedem war von ihm auch der Löffelkrautspiritus in der Thierarzneikunde im Gebrauch,
35. Meisterwurzcl (Magistrenzwurzel). Radix Impera-toriae s. Ostruthii.
sect;. 304.
Das ätherische Oel ist in ihr mit einem ziemlich scharfen Harz, mit bitterm ExtraktivstofF und mit Schleim verbunden. Sie ist ein sehr kräftiges Heilmittel, dessen flüchtig scharfe und zugleich stärkende Wirkungen mit denen der Angelika die gröfste Aehnlichkeit haben, aber weit stärker und anhaltender reizend sind als bei dieser.
Die Meisterwurzel ist ganz in denselben Fällen, wo die Angelika und der Kalmus angezeigt ist, zu benutzen, pafst aber bei jenen Krankheiten besonders dann, wenn die Unempfindlichkeit einen sehr hohen Grad erreicht hat, und wenn Lähmung besteht.
Man giebt sie für Pferde und Rinder von gß — Jj, für Schafe von 5j — Jjj? für Hunde von gr. x—3ß in Form und Verbindung wie bei der Angelika.
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36. Weifsc Pimpin ell würze] odor Bibornellwiirzcl. Radix Pimpinellae albae, s. Pimpinellae nostratis.
sect;. 305.
Die weifse Pimpinelle ist in ihren Eigenschaften mit der Rertramwurzel fast ganz übereinstimmend, nur ist sie etwas weniger aromatisch. Ihre örtliche und allgemeine Wirkungen stimmen ebenfalls mit denen des vorigen Mit­tels überein; doch hält man sie für milder und schreibt ihr dabei stärkere Erregung der Harnabsonderung und der Hautausdünstung zu. — Die Anwendung der Pimpi­nelle ist mehr gebräuchlich als die der Bertramwurzel, findet aber in denselben Krankheiten und ganz auf die­selbe Weise statt wie bei dieser.
Anmerkung. Die Wurzel der schwarzen Biber­nelle (PimpmeUa nigrd) besitzt im wesentlichen dieselben Eigenschaften, und kann daher wie die weifse Bibernelle gebraucht werden.
sect;. 306. Aufser den bisher speziell betrachteten aromatischen Mitteln, giebt es noch eine Menge anderer, welche aber in der Thierheilkunde weniger gebräuchlich sind. Es ge­hören hierher: a) die virginische Schlangenwurzel {Radix Serpentariae virginianae) in der Wirkung der An­gelika und einigermaafsen dem Kampfer ähnlich, sehr heil­kräftig, aber zum thierärztlichen Gebrauch zu theuer; Ge­brauch und Anwendung wie bei Angelika; — ö) die ge­meine Osterluzeiwurzel {Radix AristolocMae mlgaris s. tenuis), bitter und kampherartig, der vorigen ähnlich, aber etwas schwächer; — c) die runde Osterluzei-wurzel (Rad. AristolocMae rotundae) und d) die runde Hohlwurzel (Rad. AristolocMae fabaceae s. came) sind beide weniger flüchtig, sondern mehr bitterlieh scharf; Anwendung wie bei Kalmus; — e) die weifse Dip­tamwurzel {Rad. Dictamni albi)', f) die Bärwurzel Rad. Meu s. Athamantici); g) die Mannstreu wurzel
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(.Bad. Eryngii), alle drei von ähnlichen, aber schwächern Eigenschaften als die beiden letztern, jetzt fast gar nicht mehr gebräuchlich; — ä) die Galgantwurzel (Rad. Galangae), etwas bitter, scharf gewürzhaft, ähnlich wie Kalmus, aber weniger tonisch, mehr erregend und wie letz­teres Mittel zu gebrauchen; — i) der Ingwer oder die Ingwerwurzel {Rad. Zingiheris) und — k) die Zit­werwurzel (Rad. Zedoariae), beide fast von gleicher Qualität, flüchtig und brennend scharf, der Meisterwurzel ähnlich und wie diese anzuwenden, recht wirksam und von den englischen Thierärzten häufig, aber bei uns nur im Nothfall als Hausmittel benutzt; — l) die Kurkuma, Gelb würz (Rad. Curcumae), ähnlich den letztern, aber weit schwächer, jetzt gar nicht mehr gebräuchlich: — m) die Winter's Rinde (Cortex Winteranus') tonisch und etwas scharf aromatisch, aber zum thierärztlichen Gebrauch viel zu theucr; — laquo;) Zimmt, Zimmtrinde (Cortex Cin-namomi s. Canella Ceylanica') und Zimmtcassia (Cassia Cinnamoviea'), flüchtig und angenehm aromatisch; sie brin­gen aufser den Wirkungen der aromatischen Mittel über­haupt, auch noch spezifisch eine erhöhete Thätigkeit in der Gebärmutter hervor, und werden deshalb bei zu ge­ringen Geburtswehen, für Pferde und Rinder fß, für Schafe 3j, für Hunde 6j — 3ß, im Infusum von Kamillen u. dgl. benutzt; zum anderweitigen und gewöhnlichen Ge­brauch sind sie zu theuer; — o) Pomeranzenschalen (Cortices Aurantiorum) bitter aromatisch, zu theuer und zu entbehren; unreife Pomeranzen (Fructus Aurantiorum immaturi) mehr bitter, gleichfalls zu theuer und entbehr­lich; Pomeranzen blatter (Folia Aurantiorum), von ge­ringer Wirksamkeit, ganz entbehrlich; — p) Citronen-schalen (Cortices Citri'), schwächer tonisch als die Pome­ranzenschalen, höchstens als Hausmittel zu benutzen; — q) Gewürznelken (Caryophylli aromaiiei), sind das feu­rigste und stärkste reine gewürzhafte Mittel, und bei allen in sehr hohem Grade asthenischen torpiden Zuständen zu benutzen, jedoch nur sehr selten gebräuchlich, da theils
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ihr hoher Preis deu allgemeinen Gebrauch verbietet, theils so viele andere uns zu Gebot stehende aromatische Mittel denselben auch unnöthig machen; — r) die Cubeben, der Cubebenpfeffer iCubebae s. Piper caudatum), und s) die Paradieskörner (Gram Paradm), sind dem Pfeffer ähnlich, etwas milder, jetzt nicht mehr gebräuch­lich und zu entbehren; — f) der Coriander (Semen Co-riandri) und u) der römische Kümmel CSemen Cu-mini), kommen mit dem gewöhnlichen Kümmel überein, sind zu theuer und ganz zu entbehren.
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Zweite Abthciliiug. Iv.im|ilur oder Camphor. — Camphora.
sect;. 307. Der Kampher findet sich als ein näherer Bestandtheil in vielen Pflanzen, vorzüglich aber in Pterygium teres s. Correae, (einem Baume, in welchem er am reichlichsten enthalten ist), — dann in den meisten Spezies von Lau-rus (besonders im Launis camphora, aus dem der gewöhn­liche Kampher durch Destillation genommen wird) und in vielen Labiaten. In den letztern erscheint er durchaus nur in flüssiger Form und gebunden an ätherisches Oel, schei­det sich aber aus diesem mit der Zeit von selbst in cry-stallinischer Gestalt aus. Die Menge des im ätherischen Oel der verschiedenen Labiaten enthaltenen Kamplieis, ist zwar im Allgemeinen nicht bedeutend; aber das Vorkom­men in dieser Verbindung ist aus dem Grunde bemer-kenswerth, weil es die innige und natürliche Verwand­schaft des Kamphers mit dem ätherischen Oel andeutet. Diese Verwandschaft ist aber noch weit mehr durch die Uebereinstimmung der meisten Eigenschaften der beiden Substanzen, und vorzüglich durch die gröfste Aehnlich-keit in der Art und Menge ihrer Grundbestandtheile nach­gewiesen; denn nach den besten chemischen Analysen besteht der Kampher (wie die ätherischen Oele) gröfsten-theils aus Kohlenstoff, dann aus Wasserstoff und Sauer-
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stoff, so dais der Unterschied zwischen beiden nur durch einen etwas grofsern Gehalt an Sauerstoff im Kampher bedingt wird (sect;. 254). Die meisten Chemiker betrachten daher den letztern auch nur als ein mehr oxygenirtes, crystallisirtes ätherisches Oel.
Er verdunstet sehr reichlich, selbst bei gewöhnlicher Temperatur der Luft; sein Geruch ist durchdringend aro­matisch, sein Geschmack erwärmend, bitterhch. Mit Wein­geist angenetzt kann er pulverisirt werden. Weingeist, Aether, ätherische und fette Oele und Essigsäure lösen ihn leicht auf, besonders in der Wärme; die conzentrirten Mineralsäuren lösen ihn auch in der Kälte auf, ohne ihn zu zersetzen; im Wasser ist er sehr schwer (nur in 525 Theilen) auflöslich; er kann aber durch Schleim, Eiweis und Eigelb mit Wasser auch in grofsern Quantitäten innig gemengt erhalten werden. Aetzende Alkalien lösen ihn nicht auf; aber mit Seifen verbindet er sich leicht.
sect;. 308.
Auch in seinen Wirkungen auf den Thierkörper zeigt der Kampher mit den ätherisch-öligen Mitteln im Allge­meinen eine grofse Aehnlichkeit, aber mit keinem dieser Mittel eine völlige Uebereinstimmung, sondern er verhält sich in mehrerlei Hinsicht von ihnen eben so verschieden, wie sie selbst unter einander in ihren Wirkungen auf den Organismus verschieden sind (Siehe die vorige Abtheilung).
Da man jedoch über die Wirkungen des Kamphers sehr verschiedenartige und zum Theil sich selbst wider­sprechende Ansichten ausgesprochen hat, so scheint es zur Begründung einer brauchbaren und mehr sichern Theorie nöthig, die Erscheinungen anzuführen, die man bei Ver­suchen mit diesem Mittel an gesunden Thieren wahlge­nommen hat.
Wenn man einem gesunden Pferde oder Rindvieh 5j—3jj pulverisirten und mit einem fetten Oel oder mit Eigelb und Wasser abgeriebenen Kampher eingiebt, so be­merkt man in der Regel nur folgende geringe Erscheinun-
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gen: die Schleimhaut des Maules wird zuerst etwas dunk­ler geröthet, und die Absonderung des Schleims bald mehr bald weniger verstärkt, (wohl nur in Folge und nach dem Grade der örtlichen Reizung); — nach 10 bis 15 Minuten fühlt man die Arterien voller, aber nicht viel härter und ihre Pulse um 2, 5 bis 8 in der Minute ver­mehrt; die Schleimhaut der Nase und die Bindehaut der Augen wird nun ebenfalls etwas mehr geröthet, der Blick etwas muntrer, und die ausgeathmete Luft nach Kampher riechend: die Respiration selbst bleibt aber mehrentheils unverändert oder wird nur unbedeutend verstärkt; eben so wird die Temperatur und die Ausdünstung der Haut nur wenig oder gar nicht erhöhet, letztere auch nicht nach Kampher riechend; der Urin, der Koth, und bei Kühen die Milch, erscheinen nach einer einzelnen solchen Gabe nicht verändert. Macht man gegen 1 bis l^ Stunden nach dem Eingeben einen Aderlafs, so zeigt das Blut, im Vergleich zu anderm, welches man vor dem Versuch von dem Thiere genommen hat, eine etwas heller geröthetc Farbe, es gerinnt schneller, scheidet nicht so viel Faser­stoff und Serum aus, und oft gerinnt es zu einein gleich­förmigen Kuchen, während das zuerst abgelassene Blut sich bald in die gewöhnlichen Bestandtheile zersetzt. (Eine Erscheinung, die ganz constant und auch nach gröfseren Gaben zu bemerken ist.) — Mit Verlauf von 2 Stunden nehmen die bemerkten Veränderungen allmäh-lig wieder ab, und nach etwa 5 Stunden ist jede Spur dieser Wirkung verschwunden.
Bei Schafen bemerkt man ähnliche Erscheinungen nach der Anwendung einer halben bis ganzen Drachme, und bei Hunden nach der Anwendung von 10 bis 30 Gran des Mittels; — von Gaben die kleiner waren als die eben bezeichneten, habe ich bei den verschiedenen Thieren im gesunden Zustande niemals eine bestimmte Wirkungquot; wahrnehmen können.
Giebt man auf dieselbe Weise einem grofsen Haus-thier sect;ß bis 5j, einem Schafe 3j bis 3jß, und einem Hunde
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5ß bis 5j, so entstellen die eben angeführten Erscheinun­gen in derselben Art, jedoch im starkem Grade und deut­licher; aufserdem finden sich laquo;och in den meisten Fällen, leichte Zuckungen an den Lippen, zuweilen auch an den Muskeln des Hinterkiefers, des Halses und an den ober­flächlichen Muskeln der Hinterbacken. Diese Zuckun­gen treten jederzeit etwas später ein, als die Veränderung am Pulse; sie wiederholen sich in sehr ungleichen Zwischenräumen, bald oft. bald selten, und sind zuweilen nur während einer, oft aber durch 3 bis 4 Stunden zu bemerken. In den meisten Fällen wird dabei die Empfindlichkeit etwas erhöhet. Der Puls wird zuletzt kleiner, bleibt aber dabei noch beschleuniget. Das Ath-men geschieht schneller, und die ausgeatlimetc Luft riecht durch mehrere Stunden stark nach Kampher. Die Dauer der ganzen Wirkung ist nicht viel länger als nach einer kleineren Gabe, nämlicli 3 bis 5 Stunden.
Nach der Anwendung einer Gabe von 3jj — Jjv Kam­phers bei Pferden und Rindern, oder von -jj — Jß bei Schafen, und von :j — 3jijj bbi Hunden, zeigt sich zuerst die erregende Wirkung an den Schleimhäuten, am Puls, Herzschlag und Athem, wie von den kleinen Gaben; aber die Convulsionen an den Lippen, an den Kaumuskeln, Halsmuskeln u. s. w., treten viel heftiger ein; sie ergrei­fen das Thier sehr plötzlich, und aufsein sich zum Theil in einzelnen auf einander folgenden Erschütterungen, wel­che vom Kopfe her auszugehen scheinen und sich nach allen Richtungen so schnell verbreiten, dafs sie die gröfste Aehnlichkeit mit den Wirkungen der elektrischen Schläge haben; zum Theil äufsern sie sich aber auch in einer langsamem Zusammenziehung der Streckmuskeln am Halse, so dafs dieser und zugleich der Kopf von Zeit zu Zeit durch einige Sekunden in die Höhe gehoben, und ganz steif ausgestreckt wird. Pferde erhalten dabei das An­sehen, als ob sie am Starrkrampf desquot; Vorderkorpcrs litten. Zuweilen werden auch die Beugemuskeln des Halses vor­herrschend vom Krampf ergriffen, so dafs der Hals nach
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unten oder nach einer Seite gekrümmt erscheint. Zwi­schen diesen beiden Formen der Krämpfe tritt noch, ebenfalls von Zeit zu Zeit wiederholt ein unwillkührliches Kauen ein, wobei die Thiere durch eine halbe bis ganze Minute den Unterkiefer sehr schnell bewegen und oft seit­wärts gerichtet halten. Hunde zeigen dies Kauen in grofs-ter Heftigkeit, und dabei zugleich eine stark vermehrte Absonderung von Speichel und Schleiin im Maule, wo­durch gewöhnlich ein dicker Schaum an denselben ent­steht, und die Thiere ganz so wie mit Epilepsie behaftet aussehen. Man hat diese Zufälle sogar mit denen der Hundswuth ähnlich finden wollen. Bei den übrigen Thie-ren ist die Absonderung im Maule nur unbedeutend ver­mehrt, und bei manchen Pferden fand ich das letztere sogar etwas trockner als vorher. — Mit den Convulsionen, oft auch schon vor ihrem Eintritt, erscheint die Empfindlich­keit stets erhöhet. — Die leiseste Berührung der Thiere (besonders das Betasten der Augen, und das Aufheben des Kopfes), oder ein geringes Geräusch, selbst das Auf­treten mit ihren eignen Fiifscn auf den Erdboden, erregt die Convulsionen augenblicklich von neuem, und man kann sie durch solche äufsere Einwirkungen ganz willkür­lich hervorrufen. Ist es in der Nähe des Thiers recht ruhig, und sind diese sich selbst überlassen., so treten die Anfälle seltener ein, als unter entgegengesetzten Um­ständen.
Bei und zwischen diesen Convulsionen haben die Thiere in der ersten Zeit, und oft, auch, wenn die Wir­kung nur einen mäfsigen Grad erreicht, während der gan­zen Dauer derselben ihr völliges Bewustsein; denn sie kennen den Wärter, hören auf den Zuruf, sehen und fürch­ten den drohenden Stock, Pferde wollen schlagen, Hunde beifsen u. s. w. Dagegen leidet aber die regelmäfsige Be­wegung fast immer; die Thiere heben wenigstens beim Gehen die Beine höher auf, springen auch zuweilen un-regelmäfsig vorwärts oder zur Seite, drehen nach einer Seite u. dgl. Manche Hunde krochen unwillkührlich und
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mit sonderbaren Geberden rückwärts, wenn sie vor einem hinter ihnen befindlichen Stock vorwärts fliehen wollten, und es war deutlich zu sehen, dafs ihre Bewegungen nicht mehr unter der Kraft des Willens standen. Diese Er­scheinungen sind jedoch nur von kurzer Dauer, und nach ihrem Verschwinden ist die Bewegung und das Benehmen der Thiere wieder ganz regelmäfsig. — Manche Thiere zeigen Schmerz im Leibe, sehen sich nach demselben um, wälzen sich auch, setzen oft Koth ab, stellen sich oft zum üriniren; Pferde hängen den Penis aus und trippeln mit den Füfsen, jedoch ohne viel Urin zu entleeren. Der Appetit ist immer unterdrückt, die Temperatur der Haut erhöhet und ihre Venen sind stark mit Blut injicirt.
Gewöhnlich werden nach 4, 8, höchstens 12 Stunden die Krämpfe schwächer und seltener, die erhöhete Em­pfindlichkeit ist verschwunden, die Bewegung und der Gang wieder ganz regelmäfsig, die Thiere erscheinen mun­ter und zeigen Appetit; aber die Pulse bleiben noch be­deutend vermehrt, (zuweilen bis 100 in 1 Minute), sind jedoch klein und weich. — In andern Fällen werden die Krämpfe binnen kurzer Zeit sehr heftig, und die Thiere dabei so angegriffen, dafs sie sich während des Anfalles nicht auf den Beinen erhalten können, sondern nieder­stürzen und dann mit Kopf und Füfsen herumschlagen. Dabei ist mehrentheils das Maul weit geöffnet, der Aug­apfel wird heftig nach verschiedenen Seiten gerollt; Pferde wiehern von Zeit zu Zeit. Hunde und Schafe scheinen zuweilen am Hintertheil gelähmt zu sein; sie liegen mit demselben fest auf dem Boden, während sie mit dem Vor-dertheil aufgerichtet sind und die Vorderfüfse ängstlich nach allen Seiten bewegen. Im höchsten Grade der Wir­kung verlieren die Thiere das Sehevermögen, das Gehör und Gefühl, und dabei auch das Bewufstsein; aber sowohl dieses wie auch die Siunesthätigkeit kehrt wieder, wenn der Paroxysmus vorüber ist. Nach mehrern solchen hef­tigen Anfällen mindern und verlieren sich entweder die Erscheinungen, oder sie werden heftiger, anhaltender und
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gehen zuletzt in,, einen, dem Schlagflufs ähnlichen Zustand über, in welchem die Thiere mehrentheils betäubt liegen, nur zuweilen noch einige convulsivische Bewegungen machen und zuletzt unter denselben sterben.
Macht man zur Zeit der heftigen Krämpfe einen Ader-lal's, so mindern sich die Zufälle hierauf ganz sichtbar.
Die Zeit des Eintrittes, der Grad und die Dauer der Erscheinungen ist bei verschiedenen Thieren derselben Art nach einer gleichmäfsig grofsen Gabe des Kamphers ganz aufserordentlich verschieden. Vitet sähe nach einer halben Unze sehr starke Zufälle, und nach 1 Unze den Tod bei vier Pferden erfolgen; — ich habe dagegen recht oft von Gaben bis zu 1 Unze bei Pferden kaum die Spur von Nervenzufallen, und von Gaben bis zu 6 Unzen nie­mals den Tod entstehen sehen; einzelne Hunde starben von 2 Drachmen, andere ertrugen ^ Unze ohne heftige Wirkung, und bei Schafen verhielt es sich nach Gaben von 3 bis 4 Drachmen ganz ähnlich.
Wiederholt man grofse Gaben des Kamphers in meh­reren Tagen nach einander, so erscheinen die Zufälle nach den spätem Gaben immer schwächer; aber die Hautaus­dünstung erhält einen deutlich erkennbaren Geruch nach Kampher, der sich auch, jedoch weniger stark, am Urin und bei Kühen an der Milch wahrnehmen läfst.
In den Kadavern der mit Kampher getödteten Thiere findet man: einen starken Kamphergeruch an und in den meisten Eingeweiden, selbst im Gehirn, und oft auch an den Muskeln; — das Blut überall schwarz und flüssig5 — die Schleimhaut des Magens und Darmkanals, nament­lich am Dickdarm, entzündet, jedoch in den einzelnen Fällen nicht gleichartig, sondern hinsichtlich des Ortes, der Ausbreitung und Heftigkeit sehr verschieden; — an den Nieren und Geschlechtstheilen nichts Abnormes; — die Harnblase bald voll bald leer, ihre Schleimhaut etwas stärker geröthet; — die Lungen ganz mäfsig aufgetrieben, aber stärker geröthet: — das Herz dunkelroth, seine Ge-fäfse stark mit Blut angefüllt, die Kammern und Vorkam-
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mern desgleichen, und die innere Fläche mit dunkelrothen Flecken (mit kleinen Ecchymosen) besetzt; — Luftröhre und Kehlkopf, Maul- und Rachenhöhle ohne Verände­rung; — die Hirnhäute, das grofse Gehirn, die Aderge­flechte und das Rückenmark, vorzüglich aber das kleine Gehirn, den Hirnknoten und das verlängerte Mark mit diek aufgetriebenen Gefäfsen versehen und in ihrer Sub­stanz sehr blutreich.
Tödtet man ein Thier gleich nach dem Eintreten der Convulsionen, so findet man fast nur allein am kleinen Gehirn, am Hirnknoten und am verlängerten Mark einen stärkern Blutreichthum.
Orfila1) gab Hunden 3jj — ojjj Kampher, der blos in Stückchen getheilt war; die hierauf erfolgenden Zu­fälle waren den vorhin beschriebenen ähnlich, traten aber langsamer und in gröfsern Zwischenräumen ein; der Tod erfolgte erst nach 2, 4 bis 6 Tagen und bei der Sektion fanden sich an der Schleimhaut des Magens mehrere Ge­schwüre, deren Ränder über die Fläche hervorragend waren.
Spritzt man in die Drosselvene eines Pferdes 15 bis 20 Gran, oder bei Hunden 3 bis 4 Gran Kampher, der in einer ganz dünnen Emulsion von arabischem Gummi und Wasser enthalten ist, so entstehen fast augenblicklich schnelles, kurzes und beschwerliches Athemholen mit star­kem Ziehen der Rippen, dabei zuerst voller, hernach klei­ner und schneller Puls, pochender Herzschlag, Krämpfe an verschiedenen Theilen des Körpers, namentlich an den Muskeln der Brust und des Halses, oft wieder ähnlich den elektrischen Erschütterungen, convulsivisches Kauen, Schwindel, zuweilen Rückwärtsgehen und selbst Nieder­stürzen, Röthung der Schleimhaut u. dgl. Diese Zufälle wechseln mit ganz ruhigen Perioden, und verschwinden gewöhnlich nach einer Viertel bis ganzen Stunde. Eini­gen Pferden habe ich selbst eine halbe bis ganze Drachme Kampher injizirt, ohne dafs heftigere Zufälle eingetreten
') Allgemeine Toxikologie. 2|pr Bd S. 317.
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sind; andere starben dagegen von solchen Gaben unter Erstickungszufalleu, oder an nachfolgender Lungenentzün­dung. — Viborg1) sähe ein Pferd sogar nach der In­jection von nur 15 Gran Kampfer, der in Branntwein auf-gelöfst war, sterben, während andere Pferde auf dieselbe Weise bei seinen Versuchen 30 Gran ohne besondere Wirkung ertrugen. — Hunde sterben gewöhnlich, wenn man ihnen 6 Gran oder mehr Kampher in die Drosselvene spritzt.
In Wunden gebracht, verursacht der Kampher eine mäfsige Reizung, vorzüglich aber eine gröfsere Rothung der WundtÜiche, und bei längerer Berührung auch wirk­liche, aber nur mäfsige Entzündung. Orfila2) sähe bei einem Hunde von 5yj Kampher, der in Ocl aufgelöfst auf das Zellgewebe an der innern Fläche des Schenkels ap-plizirt war, nach 24 Stunden die bekannten Nervenzufälle und 2 Tage darauf den Tod erfolgen, ohne dafs an dem Gliede sehr auffallende Veränderungen entstanden Avaren.
Wird der Kampfer in Pulverform auf die unverletzte Haut gelegt, so verursacht er blos etwas vermehrte Wärme und (bei weifser Haut) Röthung. Entzündung oder Bläs­chen entstehen niemals, und die Thiere zeigen durch ihr ruhiges Verhalten, dafs die Empfindlichkeit auch nicht erhöhet wird. Allgemeine Wirkungen sähe ich hiervon niemals entstehen.
sect;. 309.
Aus den vorstehenden Angaben, welche sich auf zahl­reiche, von mir unternommene Versuche stützen, ergeben sich folgende Resultate, die bei der Anwendung des Kam­phers an kranken Thieren sehr beachtenswert!! sind und ihr gröfstentheils zur Leitung dienen können:
a) Der innerlich angewandte Kampher wird binnen kurzer Zeit von den Blutgefäfsen unverändert aufgenom­men und mit dem Blute gemischt, aber auch bald wieder
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lt;) Scheel, die Transfusion des Blules. 2ter Bd. S. 222-24. 2) A. a. Orte, S. 3lß.
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aus demselben entfernt, und zwar grol'stentheils durch die Lungen ausgedünstet.
b)nbsp; nbsp;Seine ersten Wirkungen sind fast nur allein an den Blutgefäfsen und am Blute zu erkennen und bestehen wesentlich in einer erhöhetenVitalität des Blutes selbst, welche aber eigenthümlich und von der durch China und andere tonische Mittel bewirkten höhern Vi­talität darin verschieden ist, dafs sie sich hauptsäch­lich in einer sehr stark vorwaltenden Expansion des Blutes äufsert, während sie bei jenen Mitteln mit verstärkter Contraction und mit Verdichtung des Blutes verbunden zu sein pflegt. — Aus diesem eigenthümlich erhöheten Lebensprozefs im Blute, läfst sich nicht nur die vermehrte Fülle und Ausdehnung der Gefäfse, die hellere Rothung, die innigere Mischung und Bindung der Be-standtheile, und die gleichmäfsigere Gerinnung des Blutes sondern auch das Entstehen der übrigen Erscheinungen und die heilsame Wirkung des Kamphcrs bei gewissen asthenischen Krankheitszuständen genügend erklären.
c)nbsp; nbsp;Er wirkt aber auch flüchtig erregend auf das Ner­vensystem, erhöhet in gewissen Gaben das Gemeingefühl und die Sensibilität, macht die Thiere munterer und die meisten Funktionen lebhafter, namentlich aber die will­kürlichen Bewegungen; in grofsen Gaben stört er dagegen, wie es scheint durch Ueberreizung, die freie und regel-mäfsige Ausübung der letztern, bewirkt Convulsionen, vor­züglich in den zur Respiration dienenden Muskeln, Er­stickungszufälle und selbst den Tod. (Daher das schwarze Blut in den Cadavern).
d)nbsp; nbsp;Da nach Flourens1) und nach meinen eigenen Versuchen2) die regelmäfsige Ausführung der willkürlichen, für gewisse Zwecke combinirte Bewegungen des Thiers,
*) Flourens Versuche und Untersudiungen über die Eigen-schalten und Verrieht, des Nervensystems. A. d. Franz. v. Becker. Leipzig 1824.
2) Heck eis Annal. d. Heilk. Bd. V. Beit 1 u. 2.
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vorzüglich durch das kleine Gehirn, den Hirnknoten und das verlängerte Mark vermittelt wird; — da mechanische Heizungen dieser Theile ganz ähnliche Erscheinungen ver­anlassen, wie die zu grofsen Gaben des Kamphers; — da man die genannten Hirntheile nach angewendetem Kampher vorzugsweise mit Blut übermäfsig versehen findet; — da die durch den Kampher erzeugten Convulsionen in der ersten Zeit und selbst bis zu einem sehr hohen Grad ohne gleichzeitigen Verlust der Sinnesfunktionen und des Bewufstseins bestehen; — und da auch diese Convulsio­nen mit denen, welche von den Krähenaugen verursacht sind, darin übereinstimmen, dafs sie elektrischen Erschüt­terungen ähnlich sind und durch äufsere Einwirkungen erneuert und verstärkt hervorgerufen werden können, — die Wirkung der Krälienaugen aber, als spezifisch auf das verlängerte Mark gerichtet, anerkannt ist; so halte ich es für mehr als Mrahrscheinlicli: dafs der Kamp her eine vorherrschende und gewissermafsen spezifische Wirkung auf das kleine Gehirn, das verlängerte Mark und den Hirnknoten ausübt.
e) Wie aber eine Arzneiwirkung niemals auf ein Or­gan, und selbst nicht auf ein organisches System allein beschränkt bleibt, so breitet sich auch die Wirkung des Kamphers im weitern Verlaufe über das ganze Nerven­system, und zunächst über das grofse Gehirn und Rücken­mark aus, besonders wenn grofse Gaben des Mittels an­gewendet worden sind.
/) Die Wirkung des Kamphers auf das Nervensystem entsteht zum Theil wohl durch unmittelbare Berührung mit den Nervenausbreitungen in den Verdauungseingewei­den, vorzüglich aber durch den unveränderten üebergang des Mittels in das Blut, durch stärkern Andrang dessel­ben zu den genannten Hirntheilen, und durch seine stär­kere eigene Ausdehnung daselbst, wodurch Ueberfüllung und Ausdehnung der Gcfäfse, und ungleicher, übermäfsiger Druck auf jene Hirntheile erzeugt wird. Dafs von dem letztern wenigstens die heftigen Zufälle sehr abhängig
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sind, wird aus der Verminderung derselben durch einen Aderlafs und durch die Anwendung von kühlenden, zu­sammenziehenden Mitteln wahrscheinlich.
g) Mit Ausnahme der Haut - und Lungenausdünstung, befördert und vermehrt der Kampher keine Ab - und Aus­sonderungen, ja er scheint die Absonderungen der Schleim­haute und der Nieren noch zu vermindern (ausgenommen die des Mauls bei der örtlichen Einwirkung des Mittels); und selbst die Verstärkung der Hautausdünstung ist keine direkte, sondern nur eine durch die vermehrte Expansion des Blutes bedingte aber sehr häufig erfolgende und schätz­bare Nebenwirkung.
ä) Die erregende Wirkung von mälsigen Gaben des Kamphcrs erstreckt sich auf etwa 2 bis 4 Stunden und geht, bald mehr bald weniger deutlich in Abspannung und Erschlaffung über, wenn sie nicht durch eine wiederholte Anwendung des Mittels unterhalten wird. Bei oftmaliger Wiederholung wird die Empfänglichkeit für dasselbe sehr vermindert.
i) In die Blutadern unmittelbar durch Einspritzungen gebracht, erzeugt der Kampher im Wesentlichen dieselben Wirkungen wie bei der innerlichen Anwendung; sie sind aber selbst nach kleinen Gaben sehr heftig, und der 20ste, 30ste, selbst der 50stc Theil einer Gabe, die vom Magen her nur ganz mäfsig wirkt, kann als Injection lebensge­fährliche Zufälle herbeiführen.
Je) Er wirkt auch örtlich auf alle organische Gewebe als erregendes Mittel, und bringt bei längerer Berührung selbst Entzündung hervor; allein die örtliche Wirkung ist im Verhältnifs zu der allgemeinen, so wie zu der Wir­kung anderer Erregungsmittel, die dem Kampher an Wirk­samkeit kaum gleich sind, immer nur sehr gering.
I) Die Wirkungen des Kamphers stimmen zwar mit
denen der ätherisch-öligen Mittel im Allgemeinen darin
[ überein, dafs beide hauptsächlich auf die Erhöhung der
| Lebensthätigkeit im Blutgefäissystem und im Blute, und
auf die Erregung des Nervensystems gerichtet sind; sie
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unterscheiden sich aber von einander dadurch: dafs 1) die ätherischen Oele mehr die Irritabilität der Gefäfse und Fasern, der Kampher aber fast nur allein die Sensi­bilität erhöhet; — 2) dafs den ätherischen Oelcn die spe­zifischen Kräfte des Kamphers, die Expansion des Blutes in so hohem Grade zu bewirken und die Funktionen ein­zelner Centralorgane des Nervensystems umzustimmen, mangelt; — 3) dafs der Kampher weniger stark örtlich erregend einwirkt, als die äther. Oele, und 4) dafs er nicht so bedeutend wie diese, die Funktionen der Repro-duktionsorgane erhöhet, und die Absonderungen in den Schleimhäuten und in den Harnwcrkzeugen gar nicht, ver­mehrt. Doch ist wohl zu bemerken, dafs diese Unter­schiede nicht bei allen ätherisch - öligen Mitteln gieich-mäfsig bestehen (wie dies auch aus ihrer Darstellung in der vorigen Abtheilung hervorgeht), sondern theils von der Art des ätherischen Oels (sect;. 25()), theils von den übrigen Bestandtheilen (sect;. 257, sect;. 260.) bedingt und oft z. B. in denen die ein kampherartiges äther. Oel enthal­ten, nur sehr gering sind.
vi) Endlich hat auch der Kampher mit dem Wein­geist, mit dem Aether und einigen narkotischen Mitteln, namentlich aber mit den Krähenaugen einige Verwandt­schaft in den Wirkungen.
310.
Auf den kranken Thierkörper wirkt der Kampher im Wesentlichen auf dieselbe Weise spezifisch und flüchtig erregend, wie auf den gesunden; aber die äufsern Erschei­nungen der Wirkung werden durch die vorhandene Krank­heit und durch die davon abhängigen Zufälle modifizirt. und sind daher oft eben so verschieden wie diese selbst. Hierin, und vorzüglich in der Beseitigung oder Vermeh­rung einzelner Krankheitszufälle beruhet es, dafs man dem Kampher bei Krankheiten vielerlei, und selbst einander entgegengesetzte Heilwirkungen zuschreibt und ihn z. B. bald als erregend, erhitzend, stärkend, bald als beruhi­gend, krampf- und schmerzstillend, als schweifstreibend,
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i auch als kühlend, als tauiiiirswidrig u. s. w. botrachtet. also i ]Yjan gjßj^ allerdings, dafs er auch bei kranken Thieren ;nslquot; I fast immer, besonders nach richtiger Indication und in SPC' 1 gehörigen Gaben angewendet wird, unter andern auch die utes ( gijinesthätigkeit erhöhet, also aufregt, — dafs er zuerst emquot; Orgasmus im Blute, stärkere Respiration, crhöhetc Wärme, nfni ! und dabei ein Gefühl von Hitze erzeugt; — dafs er die ; i meisten Funktionen, besonders die Bewegungen der Mus-s ei ; kein für die erste Zeit seiner Wirkung energischer macht, Pro' j also scheinbar stärkt; — dafs er bei asthenischen Fiebern (le11 1 die zu sehr vermehrte Zahl der Pulse mindert, indem er
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theils eine weitere, regelinäfsigc Expansion und vermehrte Energie der Gefäfse, oder die Ausscheidung zurückgehal­tener Sekretionen und die Krisen befördert; dafs er eben so astehnisch-nervöse Zufälle beseitiget; — dafs er durch den Orgasmus des Blutes und durch den vermehrten An­drang desselben zur Haut oft Schweifs erzeugt, dagegen aber auch durch Beschränkung des etwa vorhandenen fau­
ligen Zersetzungsprozesses, und nach dem Aufhören der erregenden Wirkung die Temperatur vermindert und somit emquot; ,' kühlend wirkt; man irrt aber sehr, wenn man dieser Ver-quot;• !- änderungen wegen den Kampher für ein blos erhitzendes,
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für ein direkt kühlendes, krampfstillendes und dgl. Mittel hält, und ihn als solches benutzt, da sie alle (wie diefs im vorigen sect;. gezeigt ist) zum gröfsteu Thoil blofse Ne­
r im chtig chei-•ank-izirt. Ibst. nieli-dein ndev
benwirkungen und Folgen von seiner eigenthümlich be­lebenden Wirkung auf das Blut sind, und ohne diese Wir­kung theils gar nicht, theils nur sehr unyyllständig ent­stehen.
sect;. 311. Diese eigenthümliche Wirkung dos Kamphers mufs daher auch bei seiner Anwendung gegen Krankheiten hauptsächlich beachtet werden; sie bedingt jedoch die
. letztere keinesweges allein, sondern es giebt auch Krank-s- quot;#9632; | heitsverhältnisse, bei denen er in seinen Nebenwirkungen nun- , sciir schätzbar ist. Die Indikationen für seinen Gebrauch quot; lK,, ' sind daher mehrfach.
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1) Die allgemeinste und wichtigste Indikation für die innerliclie Anwendung ist diejenige Art der wahren Schwäche, welche in einem zu sehr herabge­sunkenen Lebensprozefs im Bluto besteht, und wobei das letztere seine lebendige Ausdehnung und seine Reizkraft auf die Gjefäfse, Nerven und andere Organe gröfstentheils verloren hat, sich passiv in einzelnen Organen anhäuft, eine Neigung zur Zersetzung annimmt, und im hohen Grade auch wirklich eine fäulnifsähnliche Zer­setzung erleidet.
Diese Schwäche giebt sich zu erkennen: durch klei­nen, leeren, weichen Puls (Zusammenfallen, Collapsus der Arterienwände), wobei die einzelnen Schläge zuweilen langsam, unregelmäfsig, zuweilen auch fieberhaft schnell auf einander folgen; durch blasse, oder entgegengesetzt durch blaurothe oder blasse, oder bleifarbige, zuweilen mit dunklen Flecken (Ecchymosen) versehene Schleimhäute; durch ein-' gefallene matte Augen; durch kühle, welke, schlaffe, zuweilen klebrige oder mit kaltem Schweifs bedeckte Haut; durch ver­minderte Wärme der Ohren, der Nase und Extremitäten; durch schlaffe Muskeln, Kraftlosigkeit, Abgesturapftheit der Sinne, Neigung zu schlafen, durch zähen, schleimigen Urin, stinkende Hautausdünstung, durch Extravasate an ver­schiedenen Theilen des Körpers, zuweilen auch durch Zuckungen, durch schwarze Farbe, theerartige Beschaffen­heit, zu leichte Zersetzbarkeit oder gänzliche üngerimvbär-keit des aus der Ader gelassenen Blutes.
Ein solcher Schwächezustand kommt sowohl primär und für sich allein bestehend, wie auch sekundär, im Ver­laufe anderer Krankheitszustände und nach denselben vor, und der Kampher findet daher eine häufige und wohl be­gründete Anwendung! bei Krankheiten, die hinsichtlich ihres Sitzes, ihrer Entstehung und ihres ursprünglichen Charakters ganz verschieden von einander sind; denn es kommt bei dieser Anwendung durchaus nicht auf die Krankheitsform und auf den derselben er-
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theilten Namen, sondern eben nur allein auf den bezeichneten allgemeinen Zustand an. Ist dieser zugegen, so ist der Kampher angezeigt, die Krank­heit mag heifsen und entstanden sein, wie sie will. Mit diesem, auf ächte Erfahrung gegründeten Ausspruche ist es nur allein zu erklären, dafs der Kampher mit gleich gutem Erfolge beim Faulfieber und bei Entzündungen, nach Entzündungsfiebem u. s. w. angewendet worden ist. Zugleich ergiebt sich aber auch daraus, dafs sich die sämmtlichen einzelnen Krankheiten, wo der Kampher nütz­lich sein kann, nicht gut mit Vollständigkeit anführen las­sen, da jeder Schwächezustand unter gewissen Umständen fast bei jeder Krankheit entstellen kann.
Als die wichtigsten Leiden der Art sind z. B. zu nennen: 1) asthenische Fieber, namentlich Typhus, Faul­fieber, Nervenfiebciquot; fast alle Formen und Arten der An-thraxkrankheiten, die gewifs mit dem Typhus die gröfste Verwandtschaft besitzen; — sogenannte brandige Entzün­dungen, kalter Brand und brandige Fieber; eben so ver­nachlässigte, oder übermäfsig schwächend behandelte Ent-zündungsfieber und dergleichen örtliche Entzündungen, auch wenn sie einen asthenischen, torpiden Charakter an­genommen haben, namentlich Lungenentzündungen, Bräune, die bekannte Pferdeseuche, besonders in den spätem Sta­dien; — veralteter Rheumatismus, dergleichen Druse; bös­artige Schafpocken, namentlich die sogenannten fauligen oder Aaspocken, und die Fäule der Schafe. — Bei den brandigen Fiebern, bei dergleichen Entzündungen und bei dem Anthrax ist es mehrentheils zweckmäfsig, der An­wendung des Kamphers einen Aderlafs vorauszuschicken.
sect;• 312. 2) Eine zweite, jedoch weit weniger genaue Indika­tion für die Anwendung des Kamphers findet sich bei Nervenzufällen. Man hat ihn hier viel zu allgemein und einseitig gegen Krämpfe, Zuckungen, den Starrkrampf, die Epilepsie, Koller, Schwindel und Lähmungen empfoh-
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len, ohne zu berücksichtigen, dais diese Zufalle sehr häu­fig eben nichts weiter als Zufälle sind, denen ein sehr verschiedenartiger pathologischer Zustand zum Grunde liegt, bei dem der Kampher nicht ohne Ausnahme nütz­lich, sondern wohl gar schädlich sein kann, oder dafs sie mit wichtigen Complikationen verbunden sind, die den Gebrauch dieses Mittels entweder gar nicht oder nicht sogleich gestatten. Es ist hierüber noch sehr viel zu er­forschen und ich kann daher nur bemerken:
a)nbsp; Dafs der Kampher nur bei solchen Krämpfen und nervösen Zufällen nützlich ist, welche aus sogenannten dynamischen Mifsverhältnisseu entstanden sind und den Charakter der torpiden Asthenie an sich tragen.
b)nbsp; Dafs dagegen die genannten Nervenzufalle im All­gemeinen den Kampher nicht gut ertragen, sondern sich eher verschlimmern als bessern, wenn die Tliiere gleich­zeitig einen sehr hohen Grad von Sensibilität zeigen.
c)nbsp; nbsp;Dafs das Mittel ebenfalls mehr schadet als nützt, wenn Starrkrampf oder andere Krämpfe u. s. w. mit ak­tiven Congestionen zu innern Organen, mit allgemeinem Orgasmus oder mit heftigem Reizfieber verbunden sind.
d)nbsp; nbsp;Dafs es auch mehr schadet als nützt, wenn diese Zufälle von materiellen Reizungen, z. B. die Epilepsie jun­ger Hunde von Eingeweidewürmern, entstanden sind, wenn fremde Körper in Wunden beimAVundstarrkrampf, Knochen­splitter bei Brüchen der Schädelknochen, bei Brüchen und Verrenkungen der Wirbelbeine u. dgl. als Ursachen zuge­gen sind. — Es ist leicht einzusehen, dafs die, durch solche Ursachen entstandenon Reizungen des Nervensystems durch den Kampher nicht aufgehoben werden können, sondern dafs sie vielmehr durch die reizende Wirkung dieses Mittels noch verstärkt werden müssen.
sect;. 313. 3) Eine dritte Indication zur Anwendung des Kam­phers findet sich bei solchen Krankheiten, welche durch Unterdrückung der Haut- und Lungenausdüastung ent­standen, oder mit anhaltender Störung dieser Funktionen
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verbunden sind, und welche sich am besten durch ver­stärkte Hautausdünstung entscheiden; daher namentlich bei einfachen katarrhalischen und rheumatischen Fiebern, bei Rheumatismus aller Art, z. 13. bei der sogenannten rheumatischen Rhehe oder Erkältungsvcrfangenheit der Pferde, bei dem Verfangen und der Steiffigkeit des Rind­viehes und der Schweine, bei rheumatischem Lahmheiten, bei Krämpfen besonders bei rheumatischem Starrkrampf; bei rheumatischer Durchfall und Ruhr; — bei Katarrh, Druse, Staupe, katarrhalischer Bräune, dergleichen Lun­genentzündung u. s. \v.
Der Kampher kann bei diesen und bei andern, durch unterdrückte Hautausdünstung entstandenen Krankheiten, vermöge seiner diaphoretischen Wirkung, ein ganz vor­treffliches Mittel sein; allein er ist es nicht unbedingt, sondern nur dann, wenn diese Krankheiten keinen reinen (aktiven, sthenischen oder synochoesen) Entzündungs-charakter an sich tragen. Es kommt also hierbei wieder auf den Kranklieitszustand an, und viele Thierärzte bege­hen daher gerade hier so häufig einen schädlichen Irrthum, weil sie weder den letztern noch die primäre Wirkung des Kamphers beachten, sondern nur an die Entstehungsursache der vorhandenen üebel und an die schweifstreibende Wir­kung dos Mittels denken.
Der Kampher ist bei den bezeichneten Krankheiten am nützlichsten: entweder a) sogleich nach geschehener Erkältung, und wenn das Üebel noch in der Entwickelung begriffen ist; er unterbricht dann oft die letztere auf der Stelle und führt die Heilung in der kürzesten Zeit herbei; oder b) später, zur Zeit der eintretenden Crisis, wenn die Höhe der Krankheit vorüber ist, oder wenn diese chronisch wird. Unter den letztern Umständen kann das Mittel ziemlich dreist angewendet werden; unter den erstem ver­langt es aber grofse Vorsicht und in der Regel mufs ihm auch hier ein nuösig starker Aderlafs vorausgehen. (sect;.311). — In jedem Fall, wo der Kampher als diaphoretisches Mittel angewendet wird, ist es zweckmäfsig, die Haut
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auch durch andere Mittel fur seine Wirkung zu stimmen, wie durch Warmhalten des Stalles, durch reichliche Streu, durch warmes Bedecken der Thiere, durch Reibungen mit Strohwischen, und vorzüglich durch Dunstbäder.
314.
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4) Da man fast allgemein dem Kampher eine spe-eifische, die Lebensthätigkeit herabstiinmende Wirkung auf die Nieren und die Geschlcchtstheile zuschreibt1); so fin­det man auch eine Anzeige für seinen Gebrauch gegen solche Krankheitszustände, die mit heftiger Heizung dieser Organe und mit ubermäfsigem Blutandrang zu denselben verbunden sind, wie namentlich Entzündung der Nieren, Blutharnen, Harnruhr, Blasenkrampf und daher entstan­dene ürinverhaltung, — zu oft wiederkehrender oder zu heftiger Begattungstrieb, Blutanlüiufung und Stockung in den Eutern, asthenische und brandige Entzündungen in denselben u dgl.; — besonders aber, wenn diese Zu­stände von dem Genufs scharfer Pflanzen oder von Kan-thariden entstanden sind. Ich habe ihn selbst in vielen Fällen der Art, mit gutein Erfolge angewendet, jedoch anfser dem Blasenkrampf niemals in der ganz ersten Zeit dieser Krankheiten (besonders beim Blutharnen und bei der Harnruhr), und es schien mir in den Fällen, wo er sich am meisten heilsam zeigte, immer schon ein durch Ueberreizung entstandener sekundärer Zustand vorhanden zu sein, bei welchem das Blut durch die geschwächten oder selbst gelähmten Gefäfse der Nieren passiv in das Nierenbecken u. s. w. durchsickerte. Doch sähe ich auch die schmerzhafte Reizung zum Uriniren, welche nach zu
') Ich kann aus eigener Erfaprang ilen Beobaclilungcn niclit wi­dersprechen , welche die Mensclirniirzte an Menschen über diese Wirkung gemachl haben, aber bei Thieren möchte ich sie lür jetzt noch nicht als erwiesen annehmen; denn ich habe 6 Hunde und 2 Ilaushübne durch i bis drei Monate lang tiiglich mit verschiedenen Gaben von Kampher liaktirt, und als diese Tliierc hierauf mil weib­lichen Thieren ihrer Art zasammengebraclit wurden, yn zeigten sie sich eben so bcgaltuiigsluslig wie vor dem Versuch.
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grofseu Gaben der Kauthariden entstanden war, nach der Anwendung des Kainphers sich mindern. Dennoch mufs hier, wie überall, hei reinen Entzündungen der Gebrauch dieses Mittels widcrratlien werden.
sect;. 315.
Die Gegenanzeigen, die den Gebrauch des Kamphers nicht gestatten, ergeben sich aus dem, was im Vorstehen­den über die Verhältnisse, unter denen dieses Mittel nur allein nützlich sein kann, ausführlich erörtert worden ist.
sect;. 316.
Die Gröfse der Gabe wird von den thierärztlichen Schriftstellern, ohne nähere Erklärung des Grundes, sehr verschieden vorgeschrieben; sie mufs sich aber theils nach der Art der vorhandenen Krankheit, theils nach dem Grade der Schwäche und Reizlosigkeit richten. Bei hef­tigen Nervenzufällen, bei Krämpfen und bei Lähmung, und da, wo das Mittel schweifstreibend wirken soll, sind in der Hegel grofse Gaben erforderlich; dagegen sind bei asthenisclien Fiebern, und überhaupt bei grofser Schwäche, wo man die Lebensthätigkeit allgemein und mehr dauernd zu einem höhern Grade erheben will, kleine oder mittel-mäfsige Gaben nützlicher.
Hiernach giebt man den Kampher: Pferden von 5igt; bis 5ß, — Hindern von s'S bis 5J, — Schafen und Schwei­nen von Gr. x bis 3j, — Hunden von Gr. j bis 5ß.
Ganz genau läfst sich die Gröfse der Gabe für jeden einzelnen Fall, besonders bei Nervenzufällen, nicht im Voraus bestimmen, sondern man mufs die nach der ersten Gabe eintretende Wirkung genau beobachten und sich mit den übrigen Gaben hiernach richten. — Dasselbe gilt auch von der Wiederholung der einzelnen Gaben die in Zwi­schenzeiten von 2 bis 5 Stunden einander folgen können, je nachdem die Wirkung durch kürzere oder längere Zeit deutlich wahrzunehmen ist.
Wird das Mittel durch mehrere Tage fortgebraucht, ohne dafs die Empfindlichkeit hierdurch merklich erhöht wird, so ist es in der Regel nöthig, die spätem Gaben
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zu verstärken oder in kürzeren Zeiträumen zu wieder­holen; dagegen bei deutlich eintretender Besserung des Krankheits2ustandes sie kleiner und langsamer zu geben. Ist aber der beabsichtigte Zweck erreicht, namentlich bei astheuischen Fiebern die Lebenskraft im Blutgefiifssystem erhöhet, sind die Arterien voller, kräftiger u. s. w. — oder sind die Nervenzufalle beseitiget, so ist es nöthig, die Gaben des Mittels zu verändern, oder auch seinen weitern Gebrauch zu unterlassen und die vollständige Heilung durch andere, dem Zustande entsprechende Mittel, die zu­gleich mehr wirklich stärkend sind, zu bewirken; denn man mufs bedenken, dafs der Kamplicr nur ein Reizmittel ist, welches zwar schnell die Kräfte des Organismus zum Heilungsprozefs erwecken, aber keine dauernde Wirkun­gen begründen, dagegen durch Ueberreizung seine ersten wohlthätigen Eindrücke gänzlich wieder vernichten kann.
sect;. 317. Die innerliche Anwendung des Kamphers kann in Pulvern und Lecken nicht gut geschehen, weil er allen Thieren sehr zuwider ist und freiwillig von ihnen nicht gefressen wird; auch zur Anwendung in Pillen ist er, als flüchtig wirkendes Mittel, besonders bei dringenden Zu­fällen, nicht gut geeignet, weil die Pillen sich langsam auflösen und dabei der Kampher seine allgemeine Wir­kung nur unvollständig und zu langsam, die örtliche Ein­wirkung auf die Yerdanungseingeweide aber zu stark ent­wickeln kann. Daher giebt man ihn am zweckmäfsigsten in Latwergen oder in flüssiger Form, und mengt ihn in den ersteren entweder blos als feines Pulver recht genau den übrigen Mitteln bei, oder man läfst ihn vorher mit Eigelb oder mit arabischem Gummi und Wasser durch Reiben zur Emulsion machen und diese der Latwerge zumischen. Letzteres ist umständlicher und etwas theurer, aber auch zweckmäfsiger, da hierbei der Kampher noch feiner zertheilt und gleichmäfsiger mit der übrigen Masse gemengt wird. — Zur Anwendung dieses Mittels in flüs­siger Form ist es im Allgemeinen am besten, dasselbe auf
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die angegebene Weise durch Sclileiiu oder Eigelb mit den Flüssigkeiten zu verbinden. Weniger allgemein zweck, mafsig ist die Anwendung in fetten Oelcn oder in Wein­geist. — Manche Thierärzte haben den Kampher auch in Form von Dämpfen oder als Eäucherung (indem man ihn auf heifsea Metallplatten- schnell verdunstet) angewendet; es ist jedoch über die Vorzüge dieser Anwendungsart noch nichts Bestimmtes ermittelt.
sect;. 318. Der Kampher wird nur selten für sich allein, son­dern mehreutheils in Verbindung mit verschiedenartigen andern Mitteln angewendet. Bei brandigen Entzündungen und solchen Fiebern giebt man ihn zuerst mit Calomel und Neutralsalzen, spater mit China, Arnika u. dgl. Reiz­mitteln. Bei nervösen Zuständen, die rein asthenisch sind; kann er in der ersten Zeit allein wirksam genug sein, später jedoch verlangen diese Zustände gleichzeitig andere Beizmittel, und man giebt ihn dann in Verbindung mit Baldrian, mit Pfeffermünze, Quendel, Angelika, Ca-millen, Kalmus u. dgl.; — in dringenden Fällen auch mit Weingeist aufgelöst (als Kampherspiritas): wenn bei Krämpfen oder Lähmungen, bei Epilepsie oder Koller zugleich die Abstumpfung sehr grofs ist, so setzt man ihm Tcrpentliinöl oder stinkendes Thieröl, Annika, Meister­wurzel, Bertramwurzel u. dgl. Mittel zu. — Bei chroni­schen Affectionen der Schleimhäute, z. B. bei veralteter asthenischer Bräune, sind dieselben Zusätze zweckmäfsig: dagegen hat sich bei catarrhalischen und rheumatischen Krankheiten, wenn sie weder ganz frisch entstanden noch sehr veraltet sind, und besonders zur Zeit der Krisis die Verbindung mit Fliederblumen, mit Salmiac, mit Schwefel, vSchwefol-Spiefsglanz, Goldschwefel, mit Schwefelbalsam, mit kleinen Gaben von Tcrpentliinöl und selbst mit Opium recht nützlich gezeigt. — Bei rheumatischem Durchfall und Ruhr, giebt man ihn entweder allein in schleimigen Flüssigkeiten, oder in einem milden fetten Oel aufgelöst, odor auch bei sehr geringer Reizbarkeit in Verbindung mit
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bittern Mitteln, oder mit kleinen Gaben Opium, auch mit kleinen Gaben Brechwurzel oder Rhabarber. Die letztern Verbindungen haben sich als sehr wirksam bewährt. — Bei Reizungen der Harn- und Geschlechtsorgane ist das Mittel zuerst mit vielem Schleim, mit narkotischen Mitteln oder auch mit Calomel, später mit Alaun, Bleizucker und dergl. adstringirenden Mitteln anzuwenden.
Eine eigenthümliche Verbindung des Kamphers ist noch die mit dein Salpeter. Sie scheint, theoretisch be­trachtet, nicht passend zu sein, hat sich aber seit langer Zeit bei verschiedenen Krankheiten als sehr nützlich be­währt und ist daher auch jetzt noch oft gebräuchlich, be­sonders bei frisch entstandenen Krankheiten aus Erkältung (daher bei catharralischer Bräune, bei Rliolie u. dgl.), fer­ner bei allen Formen des schnell verlaufenden Milzbran­des, bei brandigen Entzündungen, bei heftigen Entzün­dungsfiebern in den spätem Perioden, bei Nierenentzün­dung und bei dem Starrkrampf der Pferde. Gegen den letztem hat besonders Waldinger diese Verbindung sehr empfohlen1), selbst wenn die Krankheit einen entzündli­chen Charakter besitzt; er liefs dabei gewöhnlich eine Drachme Kampher und eine Unze Salpeter, mit Mehl und Wasser zur Latwerge gemacht, auf einmal geben und diese Gabe am ersten Tage der Behandlung 5 bis 6 mal, am 2ten Tage 2 bis 3 mal, und später, bis zum lOten oder 12tcn Tage täglich nur einmal wiederholen. Ich kann die heilsame Wirkung dieser Mittel aus mehreren glücklichen Fällen bestätigen, schreibe ihnen allein aber die gelungene Heilung nicht zu, und noch weniger halte ich sie für ein, auf alle Fälle passendes Specificum, da der Starrkrampf hinsichtlieh der Ursachen, der Form, des Verlaufes u. s. w. in den einzelnen Fällen sehr verschieden erscheint. Mehr­mals mufste ich den Salpeter weglassen,, und den Kam­pher mit Baldrian u. dgl. geben, weil das Gefäfssystem einen zu hohen Grad der Schwäche zeigte.
1 #9632;:
') Waldinger, Therapie, 2le Aufl. 1. Thei! S. 199 u. f.
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sect;. 319.
Als Einspritzung in die Venen ist die Anwendung des Kamphers, der sehr ungleichartigen und zuweilen sehr heftigen Wirkung wegen (sect;. 308. sect;. 309. i.), an kranken Thieren stets als ein gewagtes Unternehmen zu betrach­ten, weshalb mau dieselbe nur in verzweifelten Fällen, z. B. bei Lähmungen mit sehr hohen Graden von Ab­stumpfung, bei sehr heftigen Krämpfen u. dgl., wo die innerliche Anwendung des Mittels nicht möglich, oder mit zu langsamer oder gar keiner Wirkung bogleitet ist, er­suchen sollte. Für Pferde und Rinder darf mau hierzu bei den ersten Injectionen nur 10 bis 15 Gran, für Schafe, Schweine und Hunde 1 bis 4 Gran, mit einer verhältnifs-mäfsigen Menge einer dünnen, schleimigen Flüssigkeit recht klar abgerieben und durch Leinwand geseihet, — oder in Weingeist aufgelöst, gebrauchen.
sect;. 320.
Aeufserlich wird der Kampher angewendet, um flüch­tig zu erregen und zu beleben, hierdurch die Resorption zu befördern und zu zertheilen. Er erfüllt diese Indika­tionen auf eine mildere Weise als der Weingeist, und noch viel milder als das Terpenthinöl, so dafs er für sich allein selbst bei mehrmals wiederholter Anwendung meh-rentheils keine Entzündung der Haut erregt. Er schein auch nicht viel tiefer als in die Letztere einzudringen. Dennoch benutzt man ihn für die genannten Indikatio­nen sehr häufig bei verschiedenen asthenischen Krank­heiten, z. B. bei asthenischen Entzündungen, nament­lich bei catarrhalischeu Augenentzündungen, wenn sie mit viel Geschwulst, mit Extravasatcn und ödematösen Ansammlungen unter der Haut, aber nur mit geringer Empfindlichkeit verbunden sind, und daher fast nie­mals in der ersten Zeit ihres Bestehens; bei Ausdeh­nung der Gelenkbänder und Sehnen, nach Verrenkungen; bei verhärteten Drüsen und andern alten Geschwülsten, die noch eine Zcrtheilung gestatten; bei catarrhalischer Bräune; bei Rheumatismus, bei Verletzung der Gelenk-
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bänder; bei Knorpelfisteln; bei Mauke und bei andern Geschwüren, in denen zu wenig Thätigkeit besteht; beim kalten Brande u. s. w.
sect;• 321. Die Art der äufserlichen Anwendung ist sehr ver­schieden; denn man benutzt ihn zuweilen: ä) für sich allein, als Pulver zum Einstreuen in torpide Geschwüre und alte Wunden; oder b) als Zusatz zu andern Einstreu-pulvern, z. B. zu Kamillenpulver, Eichenrinden- oder Kohlenpulver u. dgl.; oder c) als Zusatz zu Kräuterkissen; oder d) mit recht wenig Weingeist zum dünnen Brei gemacht, zur Applikation auf veraltete Gelenkwunden, wo er den Ausflufs der Synovia bedeutend vermindert und die Abstofsung der abgestorbenen Fasern befördert; oder e) mit 6 bis 12 Theilen (letzteres Vcrhältnifs nach der Preufsischen Pharmacopöe) Weingeist aufgelöst, wo er den Kampherspiritus (Spiritus canqihoratus) darstellt, der mehrentheils zum Waschen und Einreiben bei rheumatischen Lahmheiten, nach Verrenkungen, und zum Verbinden bran­diger Wunden und Geschwüre, bei dergleichen Wieder-rüstschäden u. dgl. dient, zuweilen aber auch (wie im sect;. 318. und sect;. 319. angegeben ist), innerlich und zu In­jektionen in die Venen benutzt wird. Manche Thierärzte setzen ihn auch zu Augenwässern und andern Flüssigkei­ten, jedoch ganz unpassend, weil sich der Kampher hier­bei aus der wässerigen Flüssigkeit ausscheidet und dann bald gar nicht, bald ungleich und zu heftig wirkt. — /) In fettein Oel aufgelöst (z.B. nach der Preufs. Pharm. 1 Theil in 8 Theile frischen Mohnöl), wird er als Kam-pheröl C Oleum camphoratum') oder als Kampher lini­ment (Linimcntum camphorae), mehrentheils bei Rheuma­tismus, bei Drüsengeschwülsten u. dgl., als ein sehr pas­sendes Mittel zum Einreiben (nur selten in dieser Ver­bindung auch innerlich, sect;.317.) benutzt; wobei nach Be-dürfnifs die Wirksamkeit durch den Zusatz von Salmiak­geist, Terpenthinöl u. dgl. sehr verstärkt werden kann. g) Mit Fett oder Butter (1 Theil zu 4 bis 6 Theile) gut
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abgerieben, als Kamphorsalbe {Unguentum camphorae), bei gequetschten brandigen Wunden, Satteldruck, Haut­brand, Mauke u. dgl.; oder h) als Zusatz zu andern Salben, z. B. zur grauen Quecksilbersalbe (1 Drachme zu einer halben bis ganzen Unze der letzteren), bei Verhärtungen der Drüsen, bei chronischen Entzündungen oder bei Ver­härtungen des Euters, der Hoden u. s. w, i) In Ter-penthinöl oder Steinöl aufgelöst (l Theil zu 6 bis 8 Th.) bildet er ein sehr durchdringendes Reizmittel zum Ein­reiben bei Lähmungen, bei chronischem Rheumatismus, beim Schwinden einzelner Theile. k) Kampheressig (Acetum camphor at um) ist nicht gebräuchlich. — Endlich benutzen ihn manche Thierärzte noch auf die Art, dafs sie wollene Lappen mit Kampherstücken bestreichen, und dann mit diesen Lappen die Haut reiben. Diefs ist je­doch, da die Haut -von dem Kampher nur sehr wenig aufnimmt und derselbe bei dem Reiben gröfstentheils ver­dünstet, keine zweckmäfsige Anwendung dieses theuren Arzneimittels').
Dritte Ab theil ung.
Harzige und balsamische Arzneimittel. (Bledicumina resinosa et huhnmica.)
sect;. 322.
Harz {Resind) kommt als ein natürliches Erzeugnifs
und als ein näherer Bestandthcil in vielen ausdauernden
Gewächsen, besonders in denen, welche zur Familie der
Coniferen und der Terebinthaceen gehören, recht
') Anmerkung, Es giebt auch einen sogeu. künstliehen Kampher, der dureh das Hineinleilcn von salzsanrem Gase in recti-ficirtes Terpentinöl bereitet wird und dem ächten Kamphcr in den meisten Eigenseliaften ähnlich ist, aber nicht die Wirkungen dessel­ben erzeugt. Orfila (a. a. O. S. 347) gab einem Hunde | Unze dieser Substanz in fjß Olivenöl aufgelöst; es zeigte sich keine an­dere Wirkung, als dafs der Hund matt wurde und am 7len Tage starb. Im Magen, nahe am Pförlner, fanden sich mehrere ovale Ge­schwüre.
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häufig (im Thierrcich und Mineralreich nur sehr wenig) vor. Es fliefst entweder in Verbindung mit vielem äthe­rischen Oel ganz von selbst oder aus Einschnitten, die man zu diesem Zwecke in verschiedenen Theilcn der Pflan­zen gemacht hat, aus und stellt dann, so lange es durch die reichliche Beimischuug von ätherischem Oel eine weiche, mehr oder weniger flüssige Consistenz besitzt, die soge­nannten natürlichen Balsame dar: — oder man ge­winnt es durch Digestion der harzhaltigen Pflanzenthcile mit Alkohol, den man nachher mit Wasser vermischt und wieder abclestillirt. — Durch Destillation der B.alsame und harzigen Mittel kann man das ätherische Oel entfernen und so ihr Harz ziemlich rein darstellen. Dasselbe ge­schieht auch, aber weniger vollständig, wenn man die Balsame der Luft aussetzt; ein Theil ihres ätherischen Ocls geht dann durch Verdunstung verloren, der übrige Theil aber wird durch Aufnahme einer gröfsern Menge Sauerstoffs allmählich in Harz umgewandelt, bis das letz­tere fast nur allein übrig ist und eine trockene Masse bil­det. Eben so verwandeln sich viele ätherische Oele bei anhaltend freiem Zutritt der Luft in Harz.
Diese Umstände zeigen die natürliche Verwandtschaft der Harze mit den ätherischen Oelcn; aufserdem ergiebt sich dieselbe aber auch noch daraus, dafs diese Substan­zen fast gleiche Bestanddieile und mehrere einander ähn­liche physikalische Eigenschaften besitzen. A1le Harze bestehen nur aus Kohlen-, Wasser- und Sauerstoff, den letztern enthalten sie aber reichlicher als die ätherischen Oele und der Kampher. Sie sind im reinen Zustande geruch- und geschmacklos und nicht flüchtig (wodurch sie sich von jenen Substanzen hauptsächlich unterschei­den); durch fremde Beimischungen erhalten sie aber Ge­ruch und Geschmack in verschiedener Art. Sie schmel­zen bei gelinder Wärme und werden zähe oder dickflüs­sig; bei höherer Hitze geben sie in verschlossenen Ge-fafsen, aufser den gewöhnlichen Produkten der trockenen Destillation, eigene Säuren (sogenannte Brandsäuren), und
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an der freien Luft verbrennen sie mit heller Flamme und mit rufsigem, dickem Rauch. Im Wasser sind sie unlös­lich; viele lösen sich im Weingeist auf, und zwar einige im kalten, andere nur im heifsen, und manche nur im ab­soluten Alkohol, die sogenannten Schleimharze aber nur im wässerigen Weingeist; auch Aether, Terpenthinöl, Steinöl und andere ätherische Oele lösen viele Harze, aber nicht alle; fette Oele erweichen und lösen ebenfalls viele Harze, besonders im erhitzten Zustande. Mit den Basen verbinden sie sich zu salzartigen Produkten; ätzende und kohlensaure Alkalien lösen die Harze auf und diese Ver­bindungen sind im Wasser löslich; mit alkalischen Erden und Metallsalzen machen sie schwer lösliche Verbindun­gen. Essigsäure und Salzsäure lösen mehrere, kalte Schwe­felsäure löst fast alle Harze, heifse conzentrirte Schwefel­säure zerstört sie; Salpetersäure bildet eigenthümliche Produkte aus ihnen. — Die trockenen Harze sind negativ elektrisch und durch Reiben entwickeln sie diese Elektri­zität sehr reichlich; dabei sind sie aber schlechte Leiter der Elektrizität.
sect;. 323. Das Harz aus den verschiedenen harzhaltigen Pflan­zen ist auch in seinem reinen Zustande etwas verschieden von andern Harzen. Es kommt zwar am häufigsten mit äther. Oel, aber nicht mit diesem allein, sondern auch mit Schleim, mit Gummi, mit Wachs, mit scharfen Stoffen, mit Benzoesäure u. dgl. verbunden, in vielen Arzneimit­teln, vor. Durch die Verbindung mit diesen verschiede­nen Stoffen erhalten aber die harzigen Arzneimittel etwas von einander abweichende Eigenschaften, nach denen man sie, mit Rücksicht auf ihre Bestandtheile in mehrere Un­terabtheilungen gebracht und namentlich:
A) Rein harzige Mittel;
S) Harz mit ätherischem Oel;
C)nbsp; Harz mit Gummi oder Schleim (die sogen. Gummi- oder Schleimharze);
D)nbsp; Harz mit brenzlichem Oel u. dgl.
Her twig Artneimittcllclirc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; äO
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unterschieden hat. Die letztere Verbindung gehört jedoch nicht hierher, sondern in die folgende vierte Abtheilung; und eben so finden die Mittel, in denen das Harz nur als ein Nebenbestandtheil neben ätherischem Oel, neben scharfen oder narkotischen Stoffen erscheint, thoils in der vorhergehenden ersten Abtheilung dieser Klasse, theils in der folgenden sechsten und siebenten Klasse ihren Ort.
A) Rein harzige Mittel.
Obgleich es, streng genommen, kaum ein ganz reines Harz giebt, so findet sich dasselbe doch in einigen Mit­teln nur mit so Avenig Schleim, äther. Oel oder andern Stoffen versetzt, dafs die letzteren auf die Wirkung dieser Mittel fast gar keinen Einflufs haben. Es sind jedoch nur folgende wenige:
1. Fichtenharz, gemeines Harz. Resina Pini s. Jiesina
communis.
sect;. 324. Dieses Harz ist, seinem Ursprünge und seinen Be-standtheilen nach, mit dem Terpenthin (sect;. 328.) sehr ver­wandt und nur durch seinen ganz geringen Gehalt an Terpenthinöl von ihm verschieden. Von dem Letztern enthält es 10 bis 15 Procent. — Bei der innerlichen An­wendung wirkt es zunächst in einem gelinden Grade er­regend auf die von ihm berührten Theile des Magens und Darmkanals, und wenn es hierauf verdauet, assimilirt und in das Blut gebracht wird, so macht es dasselbe etwas röther und mehr gerinnbar. Dabei scheint es auf die grofsen Gefäfse und auf das Herz wenig oder gar kei­nen bemerkbaren Einflufs auszuüben, denn man sieht selbst nach sehr grofsen Gaben (ich wendete es versuchsweise bis zu Pf. ij auf einmal bei Pferden an) oft gar keine, oft nur äufserst geringe Veränderungen in der Zahl und Be­schaffenheit der Pulse und der Herzschläge entstehen. Dagegen werden die feinen abgesonderten Arterien der Nieren und zum Theil auch der Schleimhäute in kurzer
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Zeit in einen gereizten Zustand versetzt, wobei die ab­sondernde Thätigkeit dieser Organe mehrentheils ver­mehrt, oft aber auch vermindert erscheint. Diese Un-gleichartigkeit der Wirkung ist gröfstentheils von dem Zustande der in den genannten Organen obwaltenden Lebenskraft, und besonders von dem Grade der Reizbar­keit abhängig; denn man sieht ganz deutlich, dafs wenn ein hoher Grad von Reizbarkeit in ihnen, oder in ver­wandten Organen, oder auch nur im Gefäfssystem be­steht, das Harz die Absonderung sowohl in den Nieren als auch in den Schleimhäuten vermindert, — dagegen bei einem mäfsigen Grade der Lebensthätigkeit, noch mehr aber bei Schwäche und Erschlaffung die Absonderung vermehrt. Auch mag wahrscheinlich die Beschaffenheit des Verdauungsprozesses zu der bald mehr bald weni­ger vollständigen Wirkung des Harzes etwas beitragen; denn dasselbe ist in den Magen und Darmsäften schwer auflöslich und daher auch sehr schwer verdaulich; ohne verdauet zu sein, geht es aber wenig oder gar nicht in das Blut über, und bei manchen gastrischen Krankheits-zuständen, die aber bis jetzt noch nicht gehörig ermittelt sind, kann also auch die weitere Wirkung nicht erfolgen. Giebt man das Harz in sehr grofser Quantität, so geht der gröfste Theil davon völlig unverdauet mit den Dann-Excrementen wieder ab, und zuweilen entsteht dabei Durchfall.
Da das Harz zur Bildung thierischer Materie nicht geeignet ist, so wird auch dasjenige, welches in das Blut gelangt ist, nach kurzem Aufenthalt in demselben wieder entfernt, und zwar nur durch die Nieren. Bei Pferden geschieht dies mit etwa 12 bis 20 Stunden, bei Hunden etwas früher. Vielleicht wird eben durch diese Ausschei­dung erst die Reizung der Nieren und in Folge dessen das vermehrte Uriniren veranlafst, indem hierbei die ge­nannten Organe, wenigstens zum Theil, mit dem Harz in eine stärkere und mehr unmittelbare Berührung kommen als andere.
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Die Stärke und Dauer der urintreibenden Wirkung ist bei einzelnen Thieren sehr verschieden; Viborg, der über die Wirkungen des Harzes zuerst gründliche Ver­suche gemacht hat1), sähe das stärkere üriniren nach einer Unze dieses Mittels bei sechs verschiedenen Fällen nur durch 10 bis 12 Stunden, in andern auch durch 24 Stun­den, und zuweilen durch 2 Tage und noch länger.
Der Urin erscheint während dieser Zeit fast bei allen Thieren klar und wässerig, und nach mäfsigen Gaben des Mittels ohne besondorn Geruch; nach grofsen oder mehr­mals wiederholten Gaben nimmt er aber zuweilen einen veilchenartigen Geruch an, und nach vorübergegangener Wirkung wird er gewöhnlich trüb und bräunlich. Manche Beobachter sahen auch Blutharnen und blutige Milch hier­nach entstellen, ich sähe dies selbst nach sehr grofsen Gaben bei keinem Thiere.
Viborg spritzte auch eine Auflösung von einer hal­ben Drachme des Harzes in einer halben Unze rectifizir-ten Weingeist einem alten, kraftlosen Pferde in die Vene und sähe bald darauf den Puls voller und das Thier munterer werden; nach Verlauf von 2 Stunden entleerte dasselbe eine Menge eines bräunlichen Urins, nach drei Stunden aber klaren Urin, und behielt während der Zeit seine gewöhnliche Frefslust. — Als er aber hierauf dem­selben Pferde 2 Drachmen Harz in 2 Unzen Weingeist gelöst in die Vene spritzte, zeigte das Thier fast augen­blicklich Drang zur Kothentleerung, Schwindel, vollen und schnellen Puls, hervorstehende und glänzende Augen. Die Frefslust blieb bei diesen Zufällen gleichmäfsig gut und nach Verlauf einer Stunde waren letztere verschwun­den. Zwei Stunden nach der Injektion urinirte das Pferd; der Harn war klar und ging in den folgenden 18 Stun­den in solcher Menge ab, als ob das Thier den Lauter-
') Vet. Selslab. Skrift; T Bd. p. 51. — deulscli fibersetzt in Teaffels Uagaz. d. ThierL. 1. Bd. 2. Heft S. 179.
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stall hätte; nach 36 Stunden befand sich dasselbe aber ganz wie vor dem Versuch.
Auf Wunden und Geschwüre gebracht bildet das pul-verisirte Harz bald eine stark klebende Kruste und wirkt ziemlich stark und anhaltend reizend, jedoch vorherrschend auf die Gefäfsthätigkeit, weniger auf die Nerven; es ver­ursacht stärkeren Zuflufs der Säfte, gröfsere Röthung und verstärkten Bildungstrieb, der sich, wenn die Reizung nicht vorher schon einen zu hohen Grad erreicht hatte, durch vermehrte Absonderung eines consistenten Eiters und durch lebhaftere Granulation zu erkennen giebt. Diese Wirkungen sind jedoch nur oberflächlich und fast ganz allein auf den Ort der Anwendung beschränkt. Ab­sorption des äufserlich angewendeten Harzes, scheint nur in sehr beschränktem Maafse oder auch gar nicht zu er­folgen.
Auf der äufsern Haut wirkt es gelind aber anhaltend erregend, und gleichfalls stark klebend.
Man gebraucht das Harz innerlich fast nur allein als urintreibendes, sehr selten auch als auswurfbeförderndes Mittel. Seine übrigen Wirkungen sind zu unbedeutend, als dafs man sie zur Erreichung von Heilzwecken be­nutzen könnte.
Als urintreibendes Mittel darf es nur bei asthenischen Krankheiten, bei denen eine vermehrte Harnsekretion zweckmäfsig erscheint, angewendet werden, wie z. B. bei veralteter Druse, bei dergl. Rheumatismus, bei ödematösen Anschwellungen, bei Bauchwassersucht, bei und nach Mauke, Räude u. dgl.
Als auswurfbeförderndes Mittel ist es gleichfalls nur bei veralteten asthenischen Krankheiten der Schleimhaut in den Respirationsorganen, z. B. bei dem schleimigen Dampf zu benutzen, aber recht gut durch wirksamere Mittel zu ersetzen.
Die Injektion des Harzes in die Venen ist ebenfalls bei den genannten chronischen Krankheiten anwendbar, jedoch selten nöthig, da man bei denselben stets Zeit ge-
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nug hat, die Wirkung des innerlich angewendeten Harzes und anderer urintreibeuder Mittel abzuwarten. — Die Injektion ist aber dann zu empfehlen, wenn die innerli­chen Mittel zu wenig leisten und wenn die kranken Thiere nur einen sehr geringen Werth haben, wo man also recht wohlfeil heilen mufs.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder zum innern Ge­brauch ^ß bis ^ii, für Schafe, Ziegen und Schweine 5j bis 5^5 für Hunde Qamp; bis quot;jj.
Die Anwendung geschieht am besten in Pillen, die aus dem fein pulverisirten Harz, etwas Mehl oder Althee-wurzelpulver und dem nöthigen Wasser oder noch besser, mit gleichen Theilen ordinärer Seife bereitet werden. In Latwergen ist das Mittel zwar auch anzuwenden, aber aus dem Grunde weniger gut, weil es bei dem unvermeid­lichen Kauen der Latwerge sich fest zwischen die Zähne setzt und dann den Thierea die Frefslust verdirbt. Da­gegen kann es in flüssiger Form, und zwar mit conzen-trirtem Seifenwasser, oder mit einer Auflösung von koh-lensaurem Kali (Pottasche), oder mit gewöhnlicher Aschen­lauge gut zusammen geschüttelt, recht zweckmäfsig auge­wendet werden, weil es dann schneller und kräftiger urin­treibend wirkt Theurer und weniger wirksam ist die Anwendung des Harzes in einer schleimigen Flüssigkeit von arabischem Gummi, oder Eigelb und Wasser.
Aufser dem kohlensauren Kali und der Seife trägt auch der Salpeter, der Weinstein und das Glaubersalz zur Verstärkung der urintreibenden Wirkung des Harzes bei und dasselbe kann daher, wenn nicht ein zu hoher Grad von Schwäche besteht, recht zweckmäfsig mit die­sen Mitteln verbunden angewendet werden; z. B.
Nimm: pulverisirtes Fichtenharz, — Salpeter v. jed. gß. ordinäre Seife 5iij.
Wasser, (oder besser Syrup) so viel als nöthig ist zur Bereitung einer Pille.
Man giebt eine solche Pille (und überhaupt das Fich-
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tenharz) täglich so lange, bis hinreichende Wirkung ein­getreten ist.
Zuweilen setzt man auch Wachholderbeeren- oder Petersiliensaamen- oder Wasserfenchelpulver zu dem Harze, besonders wenn man dasselbe in Latwergen an­wendet und durch ein passendes Mittel die Masse ver­mehren will.
In den meisten Fällen ist wohl das Harz durch das Terpenthinöl zu ersetzen; Viborg giebt ihm aber vor dem letztern und vor dem Terpenthin den Vorzug, weil es wohlfeiler, leichter mit sich zu führen, leichter in Pil­lenform zu bringen und weniger schwächend für die Ver­dauungsorgane ist.
Zur Injektion in die Venen kann man für Pferde und Rindvieh eine halbe bis 2 Drachmen Harz, in einer halben bis 2 Unzen Weingeist aufgelöst, benutzen. Bei kleineren Thieren sind 10 bis 20 Gran, in 1 bis 2 Drach­men Weingeist aufgelöst, hinreichend.
Aeufserlich wird das Harz für sich allein fast gar nichf angewendet, sondern es dient nur mit Fett oder Talg, Wachs u. dgl. zur Bereitung gelind reizender Sal­ben und Pflaster, z. B. der sogenannten Königssalbe oder gemeinen Harzsalbe (Unguentum Basüicum, üng. Resinae pini), welche nach älteren Vorschriften aus: gem. Harz, Terpenthin, gelben Wachs, Rindstalg und Schweine­fett besteht, und ihrer gelind reizenden Eigenschaften wegen bei Wunden oder Geschwüren, in denen zu ge­ringe Thätigkeit besteht, als ein mildes Digestivmittel be­nutzt werden kann. — Die neueren Vorschriften für die Bereitung dieser Salbe weichen sehr von einander ab, und namentlich läfst die Preufs. Pharmakopöe anstatt des Fichtenharzes Colophonium nehmen, wodurch die Salbe milder wird.
Ebenso dient er zu der etwas einfacheren gelben Salbe (Unguentum ßavum s. Lng. Resinae Pini) welche die Stelle der ehemaligen Ältheesalbe (sect;. 159.) einneh­men soll, aber ein viel mehr reizendes Mittel ist. Die
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neueste Preufs. Phannakopüe schreibt hierzu statt des Fichtenharzes das Burgunder-Harz vor, wodurch die Salbe etwas milder wird.
Von den Harzpflastern ist nur das gelbe Wachs­pflaster, der gelbe Zug oder das Baumwachs {Em-plastrum citrinum, Ceratum citrinum s. Resinae Pint, Cera arbored) anzuführen; es besteht aus: gelben Wachs 2w., Fichtenharz 1laquo;, Hammeltalg und Terpenthin v. j. 5 An­klebt sehr stark und wird von manchen Thierärzten zum Ausfüllen der Hornspalten, der tief ausgeschnittenen Steingallen, der sogenannten hohlen Wände des Hufes, u. dgl. als ein schützendes Mittel angewendet. Es ist aber durch etwas dicken Theer zu ersetzen. Die übri­gen Harzpflaster sind in der Thierheilkuude nicht ge­bräuchlich.
2. Wcjfses Harz, weifses oder Burgundisches Pech. Resina alba, Fix alba s. Burgundica.
sect;. 325. Ein rothgelbes, durchscheinendes, zerreibliches März, welches durch Destillation des gemeinen Fichtenharzes mit Wasser und nachheriges Schmelzen gereinigt und fast gänzlich von Tenpenthinöl befreit worden ist. Hierdurch unterscheidet sich dieses Harz von dem gemeinen Fich­tenharz, und es ist daher auch etwas weniger reizend als dieses, übrigens aber stimmt es in den wesentlichen Ei­genschaften und in den Wirkungen fast ganz mir, dem­selben überein. Es kann daher innerlich und äufserlich wie das Fichtenharz angewendet werden. Wagner zu Mühlheim (S. Busch teutsche Zeitschrift d. Thierheilk. Bd. 3, Heft 4, S. 57.) hat es mit gutem Erfolge gegen Wassersuchten und gegen Vereiterungen der Lunge be­nutzt. Er liefs es innerlich in Latwergen [Rp.: Resin. pin. Burgmdic. ovjjj, liquqfact. sup. ign. tere c. Amyli ?jv, in Aquae fontan: ^jv solut. adde: Pulv. sem. Phellandr. aquat. Pulv. rod. Angelic, ää Jih Gumm. Ammoniac, ^ß, Plumb, acet. 3j- Vini nostrat. q, s. ad electmrium. S. Alle
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2—3 Stunden 2 Efslöffel voll zu geben1)], als Injektion in die Venen und zum Räuchern anwenden. Die Injek­tionen wurden aus einer Auflösung von 5j) des Harzes in .^Ü höchst rektifizirten (!) Weingeistes, davon die halbe bis ganze Quantität auf einmal, gemacht. — Aeufserlich wird es zu klebenden reizenden Pflastern (Siehe: Spani­sche Fliegen) und zu reizenden Salben, namentlich zu der Burgundischen Harzsalbe (.üng. Resinae Pini Burgundicae) der Pharmakopäe benutzt, die man als ein mäfsig starkes Digestivmittel bei Wunden und Geschwü­ren mit zu geringer Thatigkeit anwenden kann. (S. den vorigen sect;).
3. Colopho niiini, Geigenharz. Colop/ionium.
sect;. 326.
Es enthält dasselbe Harz wie die beiden vorherge­henden Mittel, jedoch fast gar kein Terpenthinöl, dafür aber einige empyreumatische Bestandtheile in unbedeuten­der Menge. Seine Wirkungen sind daher ebenfalls im Wesentlichen mit denen des Fichtenharzes übereinstim­mend, wie diefs auch Viborg (a. a. O.) hinsichtlich der urintreibeuden Wirkung durch Versuche gezeigt hat; al­lein es wirkt weniger reizend, schwächer und langsamer. In Ermangelung des Fichtenharzes kann daher das Colo-phonium bei denselben Krankheiten, wo dieses empfoh­len ist, und auf dieselbe Weise, jedoch in etwas stärkern Gaben angewendet werden. Die alten Griechischen Tliier-ärzte haben es auch zu ihrem sogenannten nervenstärken­den Tränken gesetzt2), allein nervenstärkende Kräfte be­sitzt dieses Mittel gar nicht.
Aeufserlich wurde ehemals das pulverisirte Colopho-nium als Blutstillendes Mittel in Wunden gestreuet; Bo-nafoux hat hierzu ein Pulver empfohlen, welches aus 2 Theilen Colophonium und aus arabischen Gummi und
') Eine sehr complizirle Zasnmmensflzung!
quot;) lluellii Veterinär, medic, libri duo. Paris 1530. Fol. p. 107.
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Holzkohle von jedem ein Theil zusammengesetzt ist. Das­selbe wird dick aufgestreuet und durch einen Verband festgehalten. Es wirkt hier nur durch seine klebende Ei­genschaft und kann daher auch nur bei schwachen und parenehymatösen Blutungen etwas nutzen. — Mehren­theils dient es nur noch zur Bereitung einiger Salben und Pflaster, namentlich der Basilikumsalbe.
4. Schwarzes l'cch, S eliiffspech. Fix nigra soli'Ua s. nacalis.
sect;. 327.
Das^ schwarze Pech ist ein unreines, mit brenzlichen Theilen vermischtes, aber von ätherischem Oel ganz freies Fichtenharz, welches sich bei den mit ihm gemach­ten Versuchen innerlich als ganz unverdaulich und ohne besondere Wirkung gezeigt hat. — Dagegen ist es aus-serlich schon lange als ein reizendes, die Zertheilung oder die Eiterung in Verhärtungen beförderndes und stark klebendes, schützendes Mittel, theils für sich allein, theils als Zusatz zu Salben und Pflastern benutzt wor­den, z. B. wieder zu dem Englischen scharfen Pflaster. —' Der geschickte Dänische Tliierarzt Lund hat ein Pflaster aus gleichen Theilen von schwarzem Pech und dickem Terpentbin, durch Zusammenschmelzen bereitet, als ein ganz vorzügliches Heilmittel bei Satteldruck und Wie-derrustschaden empfohlen. Seiner Vorschrift gemäfs streicht man es auf ein Stück weiches Leder, welches so grofs ist, dafs es auf allen Seiten über den Rand des Ge­schwürs 1 bis \\ Zoll hinwegreicht, reiniget das Letztere, füllt die Vertiefungen mit Werg so aus, dafs dadurch eine, mit den Hauträndern gleiche Fläche entsteht, und bedeckt dann das Ganze mit dem Pflaster. Dieses bleibt unverändert durch 5 bis 6 Tage liegen, wird dann be­hutsam vom untern Rande her, wo es sich gewöhnlich durch den abfliefseuden Eiter schon etwas von der Haut getrennt hat, abgenommen, neu mit der Pflastermasse bestrichen und wieder aufgelegt, nachdem das Geschwür
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gereiniget und zum Theil, aber nicht ganz, mit Werg wieder ausgefüllt worden ist. Nach etwa 14 Tagen wird dies Verfahren wiederholt und in derselben Weise bis zur gänzlichen Heilung fortgesetzt. — Ausser der Ein­fachheit und Wohlfeilheit soll der Hauptvortheil dieser Behandlung darin bestehen, dafs man die Pferde wäh­rend derselben gebrauchen und selbst reiten kann (wenn nur die Decke unter dem Sattel so aufgelegt ist, dafs sie keinen ungleichen Druck hervorbringt) und dafs dennoch die Heilung hierbei sehr schnell erfolgt. Vi-borg bestätigt den guten Erfolg dieser Handlungs­weise1). —
Bei vorhandenen tiefen Fisteln wird man aber mit derselben und ohne den geschickten Gebrauch des Mes­sers nicht ausreichen.
B) Harz mit ätherischem Ocl.
Die hierher gehörigen Arzneimittel bestehen, wie ihre vorstehende Bezeichnung es schon andeutet, aus Harz in Verbindung mit ätherischem Oel. Sowohl das Erstere wie das Letztere ist in den einzelnen Mitteln von ver­schiedener Qualität, und eben so ist das quantitative Ver-hältnifs dieser beiden Stotfe zu einander sehr verschie­den. Die Mittel (mit Ausnahme der Fichtensprossen) erscheinen daher auch, je nachdem das ätherische Oel oder das Harz vorwaltet, bald mehr tiüssig (als Balsam) bald mehr trocken und spröde. Sie besitzen anhaltend und flüchtig reizende Eigenschaften, und zwar gröfsten-theils wieder in demselben Verhältnis, wie sie vorherr­schend Harz oder ätherisches Oel enthalten. — Diese Mittel sind zahlreicher als die rein harzigen; allein die meisten sind ausländisch, für den thierärztlichen Gebrauch zu kostbar, aber auch recht gut zu entbehren, und durch die wenigen inländischen zu ersetzen.
') Veter. Selskab. Shift. 2 Dccl S. Wi
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#9632;#9632;#9632;
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5) Toipentliiii, gemeiner TerpenÜi in. Terebinthim, Terehinlhina communis.
sect;. 328. Der Terpentliin ist ein natürlicher Balsam, welcher gröfstentheils aus Harz und Terpenthinol besteht, und durch Destillation in diese beiden Bestandtheile zerlegt werden kann. Er hat daher mit dem Fichtenharz eine grofse innere Aehnlichkeit und unterscheidet sich von demselben nur durch seinen gröfsern Reichthum an äthe­rischem Oel, (13 bis über 30 pr. Cent, nach Verschie­denheit der Art und des Alters des Mittels), und durch die hiervon abhängige weiche (balsamische) Consistcuz. — In seinen Wirkungen auf den Thicrkorpcr verhält sich der Terpenthin ebenfalls dem Fichtenharze sehr ähnlich; er ist jedoch bei der innerlichen und äufserlicben Anwen­dung mehr durchdringend, selbst etwas scharf reizend. Für sich allein auf die Haut applicirt, bringt er bei län­gerer Zeit der Berührung die verschiedenen Grade der Reizung bis zur Bildung von Bläschen und bis zur Aus­schwitz ung hervor: — auf Wunden und Geschwüre wirkt er ebenfalls heftig reizend, so dafs zunächst stärkere Ent­zündung eintritt, und darnach ein lebhafterer Bildungs-prozefs mit vermehrter Eiterung und Granulation folgt. Dabei wird zwar vorzüglich, wie von dem Harz, die Thätigkeit der Haargefälse vermehrt, zugleich aber auch die Empfindlichkeit etwas stärker erregt als von dem letz­tern. Auch scheint der Terpenthin mehr in die Substanz der Theile einzudringen, tiefer zu wirken und selbst et­was absorbirt zu werden. — Innerlich angewendet ver­ursacht er in mäfsigen Gaben primär eine gröfsere Thä­tigkeit der Verdauungseiugeweide, stärkere wurmförmige Bewegung, vermehrte Absonderung, erhöhete Wärme und bessere Verdauung; er selbst wird jedoch, wenn er nicht durch passende Mittel auflöslich gemacht ist, nur schwer und unvollkommen verdauet. In zu grofsen Gaben reizt er die Schleimhaut des Verdauungskanals zu übermäfsiger
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Absonderung, und verursacht dadurch Purgiren. — In den Verdauungseingeweiden wird der Terpcnthin, und besonders sein ätherisches Oel, zum grofsen Theile ab-sorbirt, und dann durch die Nieren wieder aus dem Kör­per entfernt. Leiden die Thiere nicht an Entzündungs-krankheiten, so werden das Herz und die gröfseren Ar­terien hierbei wieder wie bei der Wirkung des Harzes nur sehr wenig affizirt, obgleich das Blut schon nach' ei­ner einzigen, etwas starken Gabe des Mittels röther und mehr gerinnbar wird. Bei einem vorher schon aufgereg­ten Zustande, namentlich bei entzündlichen Fiebern, wird aber sehr bald der Puls härter und schneller. Der Urin nimmt oft schon nach 2 bis 3 Stunden einen Veilchen­geruch an, und wird gewöhnlich nach 8 bis 12 Stunden durch einige Zeit in gröfserer Menge entleert — wenn nicht etwa ein reiner Entzündungszustand diefs verhin­dert; denn es verhält sich hierbei ganz wie bei dein Fichtenharz (sect;. 324.). In zu grofsen Gaben und zu an­haltend gebraucht, verursacht der Terpcnthin beschwerli­ches Harnen, Blutharnen, Blutmelken und Nierenentzün-zündung; er geht dann auch, nach meinen Versuchen, in die Milch über, und ertheilt ihr einen Harzgeschmack. Aufserdem wird auch die Absonderung an der Schleim­haut der Respirationsorgane und des Maules dünnflüssi­ger und etwas vermehrt, und die Hautausdünstung gleich­falls etwas reichlicher. — Eine wichtige und eigenthüm-liche Wirkung auf die Nerven habe ich nicht beobachtet. Der innerliche Gebrauch des Terpenthins ist bei den­selben asthenischen Krankheiten angezeigt, bei denen das Fichtenharz empfohlen ist. Er ist hierbei häufig durch das Letztere (wohlfeilere) zu ersetzen, verdient aber als etwas wirksamer den Vorzug, wenn gleichzeitig Reizlo­sigkeit und ünthätigkeit der Verdauungseingeweide be­steht, oder wenn man vorzüglich auf die Schleimhäute, besonders in den Respirationsorganen, wirken, und deren Irritabilität und Thätigkeit vermehren will. Bei sehr grofser Schwäche des Magens und Darmkanals wird er
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wenig verdauet und nicht gut ortragen, und er ist dann, wenn Mittel der Art nothig sind, am besten durch das Terpehthinöl zu ersetzen. — Bei reinen, akuten Entzün­dungen und bei dergleichen Entzündungsfiebern ist er im­mer sehr schädlich.
Die Gabe vom Terpenthin ist für Pferde und Rinder gß —5Jß, für Schafe und Schweine 3j—djjj, für Hunde gr.quot;v—3ß, täglich ein- bis dreimal. Als harntreibendes Mittel giebt man ihn nämlich am besten in grofsen Ga­ben, und nur nach grofsen Zwischenzeiten wiederholt, bis der Zweck erreicht ist; wo man aber eine gleich-mäfsige und dauernd erhöhete Thätigkeit der Blut- und Lymphgefafse, der Schleimhäute u. s. w. herbeiführen will, da sind öfters wiederholte mäfsige Gaben nöthig. — Die grofsen Hausthiere, und namentlich Pferde, ertragen den Terpentin bis zu 3, selbst zu 4 Unzen in einer Gabe, und französische Thierärzte (Moirond, Arzneimittellehre S. 341.) ivenden ihn auch in so grofsen Gaben als Heil­mittel an; ich habe aber dergleichen bis jetzt noch nie­mals bedurft, sondern die hinreichende Wirkung immer von den vorhin bezeichneten Gaben entstehen sehen.
Die Anwendung kann in Pillen, in Latwergen und in flüssiger Form geschehen. Manche Thierärzte wen­den auch den Terpenthin sehr einfach auf die Weise an, dafs sie ihn in eine Düte oder Patrone von Papier ge­wickelt, den Thieren in den Hals stecken. Dies Verfah­ren ist jedoch aus zweierlei Ursachen nicht zu empfehlen; denn 1., wenn das Eingeben nicht recht genau geschieht, so kommt das Mittel zwischen die Zähne, setzt sich hier fest, verdirbt den Thieren die Frefslust gänzlich und ver­ursacht selbst Entzündung der Maulschlcimhaut, und 2. ist der Terpenthin in seinem reinen Zustande und für sich allein viel schwerer verdaulich und weniger wirksam, als in Verbindung mit andern entsprechenden Mitteln. — Es ist daher sehr zweckmäfsig, dafs man ihn, auch wenn er in Pillen oder Latwergen angewendet wird, mit sol­chen Substanzen vsrbindet, welche ihn fein zertheilcn
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oder mit Flüssigkeiten mischbar machen, und bei der flüssigen Form ist dies durchaus nöthig. Die letztere ist wohl am vorzüglichsten (wenn die Krankheit ihre An­wendung gestattet), weil der Terpentin in ihr am wenig­sten die Verdauungseingeweide belästiget, am besten zur Absorption vorbereitet ist, und daher auch am schnell­sten und kräftigsten wirkt. —
Diesem Zweck entsprechend reibt man den Terpen-thin mit Syrup oder mit Honig, mit grüner oder weisser Seife, mit Eigelb oder mit arabischem Gummi und etwas Wasser zusammen, und setzt dann dieser Verbindung, wenn sie zu Pillen oder Latwergen gemacht werden soll, so viel Pulver von bittein oder aromatischen und andern Mitteln zu, dafs hierdurch die gehörige Masse entsteht; — soll es aber eine flüssige Mixtur werden, so verdünnt man sie unter fortwährendem Zusammenreiben mit so viel warmen Wassers, dafs auf eine Drachme des Terpenthins gegen 2 Unzen von letzterm kommen.
Die urintreibende Wirkung des Terpenthins wird (wie die des Fichtenharzes) bedeutend verstärkt, wenn man ihn in Verbindung mit Salpeter, Weinstein, Glau-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ;
bersalz, kohlensaurem Kali oder Seife anwendet, und diese Verbindung ist daher bei Wassersachten, bei öde-matösen Anschwellungen und bei Anhäufung sandiger Massen in der Urinblase recht nützlich.
Aeufserlich gebraucht man den Terpenthin sehr häu­fig, und zwar l) als sogenanntes Digestivmittel zur Ver­mehrung der Thätigkeit in Wunden und Geschwüren, die einen torpiden Charakter besitzen. Für sich allein ist er in den meisten Fällen zu reizend und daher nur bei sehr grofser Erschlaffung und mir so lange zu be­nutzen, bis gute Eiterung eingetreten ist; deshalb wird er mehrentheils mit verschiedenen Fetten und mit Wachs, oder auch ganz einfach mit Honig oder mit Eigelb zur Salbe gemacht, angewendet. Die fettigen Digestivsalben bewirken aber leicht wieder eine zu grofse Erschlaffung, und werden deshalb jetzt nur noch wenig gebraucht, son-
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quot;'';.-.,
(lern durch die Verbindungen des Terpenthins mit Honig oder Eigelb ersetzt. Die letztern haben jedoch wieder den Nachtheil, dafs sie bei langer Aufbewahrung leicht verderben, und sie dürfen deshalb niemals in grofser Menge vorräthig gehalten werden, — was auch bei ihrer schnellen und leichten Bereitung nicht nöthig ist. — Die Quantität des Terpenthins zu der des Honigs oder Ei­gelbes ist nicht für alle Fälle gleichmäfsig;, sondern mufs sich nach dem Grade der in den kranken Theilen beste­henden Reizlosigkeit und Unthätigkeit richten, 1 Unze Terpcnthin zu 2 Unzen Honig oder zu dem Gelben von 4 Eiern, giebt eine Salbe von mäfsig reizender Kraft, welche man durch mehr Terpenthin, oder durch Zusatz von Terpeuthinöl, von Weingeist, von Myrrhen- oder Aloepulver, Myrrhen- oder Aloetinktur und dgl. noch mehr verstärken kann.
Für tiefe Wunden und Fisteln, in denen zu geringe Thätigkeit besteht, wo der Eiter dünn, jauchig und stin­kend ist, eignet sich statt der Salben weit besser das von Wolstein empfohlene sogenannte balsamische Diges­tivwasser, welches man täglich ein- bis zweimal in die Fisteln spritzt, nachdem sie gereinigt sind. Es wird nach seiner Vorschrift bereitet: aus reinem Terpenthin, 4 Loth — Peruvianischem Balsam 1 Loth — 2 Eierdot­tern und Jffi Kalkwasser1). Der Peruvianische Balsam ist jedoch dabei zu entbehren, weil er dem Mittel keine besondere Eigenschaft ertheilt, aber dasselbe theuer macht; dagegen kann man durch den Zusatz von einer halben bis ganzen Unze Terpenthinbl seine Wirksamkeit sehr verstärken.
Bei Wunden, welche frisch entstanden sind und durch schnelle Vereinigung geheilt werden sollen, oder wo ein hoher Grad von Entzündung besteht, sind alle terpenthin-haltigen Mittel schädlich.
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') Wolstnin das !)iirli für ThierSrzte im Kriegp. Wien 1788.
S. 211
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2) Zuweilen wendet man den Terpentliin auch auf harte, torpide Geschwülste, z.*B. auf alte Drüsenknoten, auf Stollbeuleii, Ueberbeine, Gallen und dgl. an, um Zcr-theilung oder Eiterung in ihnen zu bewirken. Er wird zu diesem Zweck bald für sich allein, bald mit andern und noch mehr reizenden Mitteln, z. B. mit spanischem Pfeffer, mit Euphorbiuinharz oder mit Actz-Sublimat ver­bunden, benutzt, indem man ihn entweder unmittelbar auf die kranken Gebilde schmiert und einreibt, oder auf Leder gestrichen als Pflaster auflegt, je nachdem der Ort der Anwendung es gestattet. Eine Zusammensetzung von 8, 12 bis 16 Theilen Terpcnthin und 1 Thcil ätzendem Quecksilber-Sublimat, hat sich bei alten Stollbeulen und verhärteten Brustbeuieu (nach Girard und Yatel, Rc-cueil de med. vetcr. i82D. p. löö.) sehr wirksam gezeigt. Das Mittel wird auf die Haut der Geschwulst so dünn aufgestrichen, dafs es sich nicht weiter verbreiten kann; nach Verlauf von 24 Stunden entsteht Ausschwitzung, welche durch längere Zeit dauert und wobei die Gc-schmdst immer kleiner wird; nach geschehener Reinigung mufs das Mittel in Zwischenzeiten von etwa 8 Tagen auf dieselbe Weise wiederholt werden, bis Heilung er­folgt ist. Das Pferd kann dabei fortwährend arbeiten.
Dafs der Terpcnthin einen Bestandtheil der Basili­kum-Salbe, des Baumwachses und des Lundschen Pfla­sters ausmacht, ist bereits bei dem Fichtenharz und bei dem schwarzen Pech angegeben. Ebenso bildet er einen Bestandtheil der Elemisalbe (siehe Elemiharz) und meh­rerer anderer Salben und der meisten klebenden Pflaster, die jedoch für die Thierheilkunst fast, sämmtlich zu ent-behren sind.
Anmerkung I. Aufset dem gemeinen Terpentliin hat man noch mehrere andere Sorten, namentlich: Vene-tianischen oder Lerchenterpenthin {Tcrebmtkina lencfa s. laricina) — Strasburg er T. (T. argcntoratwi-sis) — Französischen T. (T. Gallica) — Carpathi-schen T. oder Carpathischen Balsam (T. Carpa-
llcrtwig Anneimittellelire,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;27
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thica s. Balsmnum Carpafhicum) Ungarischen T. oder Balsam (T. Hungarica s. Bals. Himgaricum) — Cypri-schen T. (T. Cyprica s. fistacind) — und den Canadi-schen T. oder Balsam (T. Camdensis s. Bals. Cana-dense); sie sind nicht wesentlich, sondern mehrentheils nur durch giölsere Feinheit vom gemeinen Terpenthin verschieden, aber sämmtlich viel tlieurer, daher entbehr­lich und zum thierärztlichen Gebrauch in unsern Gegen­den nicht passend.
Anmerkung 2. Der gekochte Terpenthin (7b-rebinthina coeta) bleibt von dem gcineinen Terpenthin nach der Destillation des Terpcnthinöls als Rückstand übrig, kann aber auch durch Kochen des Terpcnthins im Wasser gewonnen werden. Er besteht aus Harz mit sehr wenigem Terpenthinöl, ist fast in jeder Hinsicht dem Fichtenharze gleich, und daher auch schwächer in der Wirkung als der gemeine Terpenthin; er kann wie das Harz angewendet werden.
6. Terpentinöl. Oleum Terebinlhinae', unrichtig auch Ter.penthingeist, Spiritus Terehiathiaae.
sect;. 329. Das Terpenthinöl geholt, seiner Beschaffenheit nach, eigentlich zu den reinen ätherischen Oelen; es findet aber hier, bei dem Terpenthin, seinen natürlichen Stand, weil es von demselben (durch Destillation) gewonnen wird, und ihm in der Wirkung im Wesentlichen sehr ähnlich ist. Denn der Unterschied beruhet fast nur allein darin, dafs das Terpenthinöl weit flüchtiger und durchdringen­der reizt, aber weniger anhaltend wirkt als der Terpen­thin, und dafs es neben dem Gefäfssystem zugleich das Nervensystem mehr als dieser aufregt. Ob es aber einen besondern Theil des letztern und namentlich das Rücken­mark und dessen Nerven vorzüglich ergreift, wie man in der neuern Zeit gefunden haben will, habe ich, trotz vieler Versuche an verschiedenen Thieren nicht ermitteln können.
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Die reizende Wirkung dieses Oels zeigt sich am stärksten an der äufsern Haut, für welche man es bei allen Thieren vorzüglich aber beim Pferde und Hunde, als eins der allerlieftigsten Reizmittel betrachten kann. Eine Einreibung von ihm an irgend einer Stelle des Kor­pers, verursacht fast augenblicklich eine heftig juckende und schmerzhafte Empfindung; die Thicre werden auf­merksam auf sich, schütteln sich, suchen sich zu reiben, hauen und kratzen mit den Füfsen, wedeln mit dem Schweife; Pferde von sehr empfindlicher Natur werfen sich auch nieder, fangen an zu schwitzen, Puls und Ath-men wird schneller und dgl. — Hunde laufen ängstlich herum, verkriechen sich, und manche geben den Schmerz auch durch Schreien zu erkennen. Diese Symptome der Reizung dauern jedoch nur gegen 15 bis 30 Minuten. Fast zugleich mit ihnen entsteht an der Stelle der An­wendung vermehrte Wärme, Röthe und etwas Geschwulst; die letztere ist aber stets das geringste Symptom; nach etwa 6 bis 8 Stunden bilden sich bei den meisten Thie­ren kleine Bläschen, welche später platzen und Aus­schwitzung von Serum zur Folge haben. Bei mehrmals nach einander wiederholter Anwendung an derselben Stelle geschieht das Letztere bestimmt, und oft geht dann sogar die ganze Oberhaut mit den Haaren verloren; bei­des wird aber bald und vollkommen wieder ersetzt. Das Rindvieh welches seiner Torpidität wegen oft auf keine Weise zum Aufstehen zu bringen ist, wird hierzu sehr bald veranlafst, durch eine Einreibung von etwas Ter-penthinöl an die Beine.
In Wunden und Geschwüren, welche nicht einen zu sehr torpiden Charakter haben, ist die reizende Wirkung ähnlich, aber nicht ganz so heftig, auch dauert sie nicht sehr lange. Die vorhandene Entzündung wird sehr erhöhet und darauf der Bildungsprozefs ganz ähn­lich wie von andern ätherischen Oelen (sect;. 258.), wie vom Harz (sect;. 320 und Terpenthin (sect;. 328), durch die
stärkere Aufregung der Gefäfsthätigkeit viel lebhafter.
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Sowohl bei der Anwendung auf die Haut wie in Wunden und Geschwüren wird ein Thcil des Terpen-thinols von den Gefafsen absorbirt, und nach sehr kur­zer Zeit, zuweilen schon nach 10 bis 15 Minuten, thcils durch die Lungen, mit ganz unveränderter Beschaffenheit und mit seinem oigenthümlichen Geruch wieder ausge­dünstet, theils durch die Nieren mit dem Urin ausge­schieden. Letzterer erhält dann last immer einen, den Veilchen ähnlichen Geruch.
Auf die Schleimhaut des Maules gebracht, wirkt das Oel mäfsig reizend, verursacht etwas stärkere Röthung und sehr vermehrtes Speicheln und Geifern, besonders bei Hunden.
Auf den Magen- und Darmkanal sclieint das Mittel verhältnifsmäfsig am wenigsten heftig zu wirken. In mä-fsigen Gaben innerlich angewendet verstärkt es die wurm-förmige Bewegung, erregt den Appetit, vermehrt die Ab­sonderung der Galle, der Magen- und Darmsäfte, und bessert die Verdauung; dann wird es von den Gefafsen aufgenommen, und macht den Puls voller und kräftiger, zuweilen auch etwas schneller, die Schleimhäute röther und ihre Absonderung etwas reichlicher aber dünnflussi-ger. Zuletzt wird es, ebenfalls nach kurzer Zeit und in der vorhin bemerkten Art, durch die Lungen und Nieren wieder entfernt, aber die bezeichneten Wirkungen dauern von einer Gabe gewöhnlich durch 4 bis 6 Stunden fort, und um diese Zeit, oder auch noch später findet sich etwas vermehrte Urinentleerung, wenn hierzu ein günstiger Zustand im Körper besteht (sect;. 324.) wobei der Urin weifs-lich, aber trübe erscheint und veilchenartig riecht. — Sehr grofse Gaben O. B. bei Pferden 1 bis U Pfund) von Terpenthinöl reizen die Verdauungseingeweide, und na­mentlich die Schleimhaut des Magens und Darmkauais, stark, so dafs in einzelnen Fällen geringe Koliksymp­tome, Traurigkeit und Verminderung des Appetites, bei Hunden aber (nach Gaben von 3jj bis gj) beschleunigtes Athmen, Erbrechen, selbst Magen- und Darmentzündung,
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und der Tod erfolgt. Die Wirkung auf das Gcfafssystcin ist von grofsen Gaben bei Hunden stärker, aber bei Pfer­den oft nicht mehr als von kleinern zu bemerken. Oft entsteht von sehr grofsen Gaben nach 16 bis 24 Stunden Durchfall, der durch 1 bis 2 Tage dauert, und wobei die Exkremente in der ersten Zeit ganz deutlich nach Ter-penthin riechen, und zuweilen mit etwas Blut gemengt sind. — Die Harnwerkzeuge werden viel starker als nach kleinen Gaben irritirt, und bei fortgesetzten grofsen Ga­ben entsteht selbst Blutharnen. — Bei milchenden Kühen und andern Thieren geht das Terpenthinol auch in die Milch über, wie man dies aus ihrem kiehuigen Geruch und Geschmack deutlich erkennen kann. — Das Blut wird etwas heller gerothet, reicher an Cruor und mehr gerinnbar.
In die Venen gespritzt, wirkt das Terpenthinol ähn­lich, aber viel heftiger als die übrigen ätherischen Oele (sect;. 258.); bei Pferden entsteht nach der Injektion von 1 bis 2 Drachmen sogleich sehr beschleunigtes Athmen, ängstlicher Blick, Unruhe, Zittern, der Muskeln, dann schneller, gespannter Puls, stärkere Röthung der Schleim­häute, erhöhete Wärme der Haut und der ausgeathmeten Luft; die Letztere nimmt schon innerhalb der ersten Mi­nute den Geruch nach Terpenthinol, und der Drin ge­wohnlich schon nach einer Viertelstunde (zuweilen aber auch gar nicht) den Geruch nach Veilchen an. — Bei Hunden entstehen schon nach 15 bis 20 Tropfen jene heftige Zufälle. Drei Drachmen können bei Pferden, und 30 Tropfen bei Hunden die heftigsten Convulsioncn, Er-stickungszufälle und den Tod sogleich, oder durch nach­folgende Lungenentzündung verursachen1).
Das Terpenthinol ist seiner Wohlfcilheit und seiner Kräftigkeit wegen zum thierärztlichen Gebrauch ein sehr
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') Siclic meine Versuchlaquo; bieräber in Dietfenb-ach; I-)ic Trans­fusion des BluU'S umi die Ini'usiun der iVrziicicn iu die ßiulgeliifse. Berlin, 1828. S. 68. u. f.
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schatzenswerthes Arzneimittel, und wird auch als solches innerlich und äufserlich häufig benutzt.
Die allgemeinen Anzeigen für seine Anwendung bei kranken Thieren sind fast ganz übereinstimmend mit de­nen, welche für Anwendungen der ätherischen Oele über­haupt (sect;.263.) und des Terpenthins (sect;.328.) gelten; vor­züglich ist es jedoch bei derjenigen Schwäche indizirt, welche sich durch grofse Erschlaffung der Gefäfswände und der Schleimhäute, durch verminderte Thätigkeit in den Haargefäfsen, daher durch Stockungen und Anhäu­fungen des Blutes und anderer Säfte, durch verminderte Resorption und mehrentheils auch durch verminderte Ab­sonderungen und zu zähe Beschaffenheit der Sekretions­flüssigkeiten zu erkennen giebt. — Asthenische Entzün­dungen schliefsen seinen Gebrauch nicht aus, aber bei reinen, akuten Entzündungen, sie mögen ihren Sitz haben wo sie wollen, und eben so bei dergleichen Entzündungs-fiebern, ist derselbe schädlich. Es verhält sich jedoch hinsichtlich dieser Krankheiten bei verschiedener Dauer derselben u. s. w. ähnlich wie mit dem Kampher; denn die genannten Krankheitszustände können während ihres Verlaufes durch zu ausgedehnte antiphlogistische Behand­lung, durch Vernachlässigung und dergl. ihren Charakter dergestalt ändern oder solche Ausgänge machen, dafs der Zustand zuletzt den oben bezeichneten allgemeinen Indi­kationen entspricht und den Gebrauch des Terpenthinöls nothwendig macht.
Die grofse Zahl der vorkommenden Thierkrankheiten, bei denen, nach den angedeuteten Indikationen, der Ge­brauch des Terpenthinöls stattfinden kann, ist speziell nicht gut anzugeben; indessen hat die Erfahrung seine innerliche Anwendung vorzüglich in folgenden Fällen als nützliche erwiesen:
1) bei gastrischen Krankheiten, die in Schwäche und Erschlaffung des Magens und Darmkanals begründet sind, wie namentlich bei zu geringem Appetit; bei Verschlei­mung; bei ünverdaulichkeit: bei zu reichlicher Entwicke-
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lung von Blahuugen, daher bei aus Schwäche entstande­ner Windkolik der Pferde, und bei dem Aufblähen der Wiederkäuer; bei Eingeweidewürmern aller Art, beson­ders aber bei dein Bandwurm und deigl.; —
2)nbsp; nbsp;bei clironischen Affektionen der Leber, nament­lich bei anhaltender oder oft wiederkehrender Gelbsucht, bei oft wechselnder Frefslust und damit verbundener Gelbfärbung der Maulschloimhant; bei den Leberegelu {Distoma hirpaticum) der Schafe1); —
3)nbsp; bei Schwäche und zu geringer Thätigkeit der Nie­ren; bei Verschleimung der Harnwege; bei dem astheui-scheu und veralteten Blutharnen j bei sandigen Ansamm­lungen in der Harnblase: bei Erschlaffung oder Lähmung des Blasenhalscs und hieraus entstandenem Unvermögen den Urin zu halten; —
4)nbsp; bei kalten, torpiden Wassersuchten; bei der Fäule der Schafe und anderer Thicre; bei astheuischen und chronischen ödematösen Anschwellungen: —
5)nbsp; bei veralteter Druse; bei chronischer Bräune; bei Yerschleiimiug der Luftröhre und Lungen; bei langwieri­ger Mauke, Flechten und Räude.
6)nbsp; bei chronischem und asthenischem Rheumatismus; bei der Rhede mit diesem Charakter; bei rheumatischen Lähmungen und Lahmheiten;
7)nbsp; nbsp;bei asthenischen Entzündungskrankheiten und bei dergleichen Fiebern (Schleimfieber, rheumatisches und ca-tarrhalisches Fieber, Faul- und Nervenfieber) wenn die
') Es mul's hierbei jedoeb angefülirt werden, dafs das Terpen-lliinöl die Leberegelu niclit direkt lödtet, selbst wenn man es in seiir grofsen Gaben anwendet, gondern dafs ihre Beseitigung erst allmäblig, durch Erliiiliung der Vitalität der Leber, durch Verbesse­rung der Verdauung, der Assimilation und ßlutbereilung erfolgt Nach Anwendung von jflj ''*'s Mittels jiro Dosi durch 6 Tage bei mehreren egelkranken Schafen, wurden die Thiere munterer, frnfsen besser u. s. w. Man tödlele sie nun und fand bei der Sektion die slimmllichen Eingeweide, auch die Leber, stark nach Terpeutbinöl riechend, aber die Egeln säinmllich lebendig.
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Erschlaffung und Reizlosigkeit einen hohen Grad erreicht hat, und zur Zeit der Crisis, oder wenn bei Innern Ent­zündungen der Ausgang in Ausschwitzung und Wasser­sucht bereits erfolgt ist;
8)nbsp; nbsp;bei den Authraxkrankheiten, wenn sie einen tor-piden Charakter zeigen, starke Extravasate, grolse An­schwellungen oder Karbunkeln bilden und langwierig werden;
9)nbsp; bei manchen asthenischeu oder chronischen Ner­venkrankheiten, namentlich bei Lähmungen; bei dem Dumm­koller der Pferde (besonders wenn grofse Abgestumpft­heit, unvollkommenes Bewegungsvermögen oder Drohen nach einer Seite dabei besteht); und bei reiner Krampf­kolik, besonders wenn sie an alten, abgematteten Pferden oft hintereinander erscheint oder bei denselben lange dauert.
Die Gabe ist bei den verschiedenen Krankheiten et­was verschieden; in den Fallen, wo.man eine langsame und bleibende ümstimmung, oder eine vermehrte Harn­absonderung bezweckt, z. B. bei Scliwache der Verdau­ung, bei Leberaffektionen, bei Wassersucht, Fäule und dergleichen, sind kleine Gaben, nämlich: für Pferde und Rinder 3ß — fß, für Schafe und Schweine 3j — 5jij, für Hunde 1 bis 15 Tropfen, alle 3 bis 6 Stunden wieder­holt, am nützlichsten 5 — dagegen haben sich bei Einge­weidewürmern, bei Windkolik und Trommelsucht, bei dein Milzbrand, und bei den sub 9. genannten Nervenkrank­heiten grofse Gaben, nämlich für Pferde und Rindvieh gj — ,5jv, für Schafe und Schweine 5jj — fß, für Hunde 5 bis 30 Tropfen, täglich ein bis zweimal gereicht, am wirksamsten gezeigt.
Gegen Wind- und Krampfkolik der Pferde sähe ich zuerst von englischen Thierärzten das Tcrpenthinöl zu 3 bis 4 Unzen mit Nutzen geben, und habe es dann sehr oft mit einem überraschend günstigen Erfolge in eben so grofsen Gaben angewendet. — Doch verlangt das Mittel eine genaue Kenntnifs des vorhandenen Zustandes, und
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besonders sichere Ueberzeugung von der Abwesenheit einer Magen- oder Darmentzündung.
Die Anwendung des Tcrpenthinöls kann in flüssiger Form, in Pillen und Latwergen geschehen. Die Erstere verdient bei dringenden Zufallen, z. B. bei Kolik, bei Trommelsucht, bei Lähmung, und zum Theil auch bei Ein­geweidewürmern den Vorzug; da jedoch das Mittel in seiner reinen Gestalt den Thieren sehr zuwieder und für die Maulschleimhaut viel zu reizend ist, so giebt man es immer in Verbindung mit andern, namentlich mit bittern, aromatischen oder schleimigen Flüssigkeiten, in dem Ver-hältnifs, dafs etwa 1 Unze Tcrpcnthinöl auf 4 bis 6 Un­zen von den letztern kommen. Die schleimigen Flüssig­keiten können in blofsem Mehltrank, Leinsamendekokt und dergl. bestehen; für kleine Thiere kann man aber auch das Terpenthinol mit Eigelb oder arab. Gummi und Was­ser abreiben lassen.
üebrigens wird das Mittel mit solchen Arzneistoffen verbunden, welche dem Krankheitszustande entsprechen, z. B. bei Lähmung, bei Milzbrand, bei Faulfieber mit Kampher, mit Weingeist, mit aromatischen Mitteln; —bei gastrischen Zuständen mit bittern und aromatischen Stof­fen; — bei Wassersucht und ähnlichen Zuständen mit Wachholderbeeren; — bei Würmern mit stinkendem Tliieröl (anstatt des theuern Chabertschen Oels eine blofse, aber eben so wirksame Zusammenmengung von 3 Theilen Terpenthinol und l Theil stink. Thieröl); — bei Ansamm­lung von Sand in der Urinblase eine Verbindung mit Seife oder mit kohlensaurem Kali u, dergl.
Aeufserlich findet-das Terpenthinol eine häufige An­wendung, und zwar:
1) als Digestivmittel bei torpiden, jauchenden, fauligen Wunden und Geschwüren, wo man es bei einem hohen Grade der Unthätigkeit und Unempfindlichkeit für sich allein, oder in Verbindung mit Kampher, Kampher­spiritus u. dergl. anwendet, — bei geringeren Graden aber in Verbindung mit Dekokten von bittern oder adstringi-
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rendeu Mitteln, mit Infusioiicu aromatisclier Kräuter, oder auch, wie den Terpenthin, mit Honig oder Eigelb abgerie­ben, in Form von Digestivsalben oder von Digestivvvasser benutzt.
2)nbsp; nbsp; Zur Beförderung der Abblätterung angegriffener Knochen, Knorpel und Sehnen, — wo es nach Verschie­denheit des bestehenden Grades der Reizbarkeit ebenfalls bald rein, bald auf die vorstehend bemerkte Weise ver­bunden mit andern Mitteln, angewendet wird.
3)nbsp; nbsp;Beim kalten Brande, besonders in Wunden und Geschwüren, um die Abstol'sung des Abgestorbenen^zu befördern, indem die unter denselben befindlichen Theile zu gröl'serer Thätigkeit und zu besserer Eiterung angeregt werden. Man benutzt es hierbei in der ersten Zeit, immer im reinen Zustande oder mit Kampher, Holzessig und dergl., später aber mit aromatischen Infusionen versetzt.
4)nbsp; nbsp;Als erregendes Zertheilungsmittel bei alten, un-schmerzhaften Geschwülsten und Verhärtungen, wo es theils für sich allein, theils in Verbindung mit Kampheröl, mit Ammonium-Liniment, mit grüner Seife, Merkurialsalbe u. dergl. eingerieben wird.
5)nbsp; Als erregendes Mittel zum Einreiben in gelähmte, geschwundene, mit chronischem Rheumatismus oder mit schleichender Entzündung, oder mit ödematosen Anschwel­lungen behaftete Theile, um durch seinen Reiz eine stär­kere Zuleitung der Säfte und gröfsere Thätigkeit zu be­wirken.
6)nbsp; nbsp;Als ableitendes Reizmittel zum Einreiben in die Haut, bei Entzündungen tiefer liegender Gebilde, noch mehr aber bei Krämpfen, z. B. Krampfkolik, bei Wind­kolik, bei krampfhafter Urinverhaltung u. dergl. — So­wohl in diesen wie auch in den sub 5 angegebenen Fäl­len, wird es mehrentheils allein, — bei Thieren mit fei­ner und sehr empfindlicher Haut aber auch mit Fett, fet­tem Oel, Kainpherliniment u. dergl. verbunden angewendet.
7)nbsp; Es dient auch zum Bestreichen der Haarseile und Fontanelle, um dadurch eine stärkere Reizung zu erregen.
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S) Bei hartnäckigen Flechten und bei Räude ist es ein ganz vorzügliches Mittel und wird, wenn geringe Em­pfindlichkeit der Haut oder ein hoher Grad des Uebels zugegen ist, am besten im reinen Zustande auf die kran­ken Stellen eingerieben, in andern Fällen aber mit Fett, oder noch besser, mit grüner Seife, mit grauer Queck­silbersalbe, oder mit scharfer Lauge u. s. w. versetzt, bald als Salbe bald als Waschmittel augewendet. Die Einrei­bung des reinen Terpenthinols geschieht im Anfange der Kur 2 bis 3 mal nach einander., in Zwischenzeiten von 24 Stunden, worauf es, weil Entzündung der Haut ent­steht, durch 6 bis 8 Tage ausgesetzt, dann aber auf die­selbe Weise in Zwischenzeiten von einigen Tagen noch 2 bis 3 mal wiederholt wird. Gewöhnlich erfolgt, selbst bei hartnäckiger Räude, die Heilung in Zeit von 3 bis 4 Wochen. Dabei ist aber zu bemerken: 1) dals die nach dem Abgehen der Schorfe erscheinende zarte Oberhaut zuweilen noch 2 bis 3 mal zu dünnen Schuppen ver­trocknet und sich ablöst, — und 2) dafs Hunde, Katzen, Schafe und Ziegen, und selbst auch Pferde bei der Aus­breitung der Räude über grofse Flächen, nicht in dem ganzen Umfange derselben auf einmal mit dem Terpen-thinöl behandelt werden dürfen, weil die Thiere hierdurch zu sehr irritirt werden. — Bei der Verbindung des Mit­tels mit Fett, Seife u. s. w. richtet man sich nach der Empfindlichkeit und Zartheit der Haut, und nimmt hier­nach bald nur den vierten Theil Terpenthinöl, bald die gleiche Menge zu den übrigen Substanzen.
9) Da das Terpenthinöl harzige, schleimige und fette Stoffe leicht auflöst, so kann man es auch als ein sehr wirksames Reinigungsmittel benutzen, wenn in den Haa­ren, an der Haut und au den Geschwürrändern fest­sitzende Schorfe und Krusten von vertrocknetem Eiter, oder von früher angewendeten Salben u. dergl. entfernt werden sollen. Man befeuchtet zu diesem Zwecke die betreffenden Stellen etwas reichlich mit dem üel, und wäscht sie dann entweder blos mit warmen Seifenwasser
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ab, oder mau löset auch und entfernt vorher noch die gröberen Unreinigkeitcn mit einem Spatel oder mit einer Haarseilnadel.
Als Arzneipräparate in denen das Terpenthinöl einen Hauptbestandtheil bildet, sind zu nennen:
1)nbsp; nbsp;Der tcrpenthinölhaltige Sclnvefelbalsam, oder das terpenthinölhaltige geschwefelte Leinöl (Bfdsamas suljiharis torebinfMnathus, Oleum Tercbinthinae stilplmratavi), er ist zusammengesetzt aus: 1 Theil ge­schwefeltem Leinöl und 3 Thcilen Terpenthinöl, wirkt kräftig erregend auf die Schleimhaut der Lungen, auf die Nieren und auf die äufsere Haut und kann innerlich fast in allen Fällen angewendet werden, wo das Terpenthinöl selbst angezeigt ist, verdient aber den Vorzug vor ihm, wenn man besonders die ilautausdiinstung vermehren will. Das Mittel ist aber wenig gebräuchlich. Man giebt es den grofsen Thieren von 3jj bis gj, Schafen und Schwei­nen von 3ß bis fjj, Hunden von 10 bis 20 Tropfen, täg­lich 3 bis 4 mal. Acufserlich wird es bei Räude und Flechten mit gutem Erfolge eingerieben.
2)nbsp; nbsp; Die Tcrpenthinseife oder der äufsere Le­bensbalsam {Sapo tcrebinthinatus s. Balnamiis vitac cx-ternus) besteht nach der Prcufs. Pharmukopöe aus Spa­nischer Seife und Terpenthinöl, von jedem (i Thcile, und kohlensaurem Kali 1 Theil, — kann aber einfach und wohlfeil blos aus grüner Seife und Terpenthinöl in ver­schieden Verhältnissen, je nachdem man das Mittel mehr oder weniger stark reizend haben will, zusammengesetzt werden. In der Berliner Thierarzneischule wird er nach folgender Formel bereitet: M. n. grüne Seife 8 Th., Ter­penthinöl 6 Th., gereinigte Pottasche 1 Th. und mischt diese Stoße zusammen. — Er dient nur zum äufserlichen Gebrauch, wirkt sehr kräftig erregend - zertheilend, und wird mit sehr gutem Erfolge bei Stollbeulen (die aber nicht in speckartigen oder knorpclartigen Massen bestehen dürfen), bei Pipphacken, bei Sehnenklapp, bei vorhärteten (jallcn. bei Drüsenknoten u. s. w., als Einreibung äuge-
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wendet. — Durch Zusatz von Kamplier, oder Salmiak­geist, Hirschhornsalz und dergl. reizenden Mitteln, kann seine Wirksamkeit noch sehr verstärkt werden.
3) Der Wundbalsam (Balsamus vulnerarius) ist ein Gemenge von Terpenthinöl und gumrni - harzigen Tinktu­ren; nach der in der Berliner Thierarzneischule gebräuch­lichen Zusammensetzung besteht er aus gleichen Theilen Terpenthinöl, Aloetinktur, Myrrhentinktur und Asauttink-tur. Er wirkt erregend und austrocknend, und kann bei Wunden und Geschwüren, in denen zu geringe Thätigkeit besteht, oder wo Knochen, Knorpel und Bänder von Cl-ceration ergriffen sind, die Exfoliation aber zu langsam von statten geht, eben so bei Wunden und Geschwüren im Hufe zur Zeit der beginnenden Vernarbung, mit, Nutzen gebraucht werden; dagegen ist er bei frischen Wunden und wo schleimige Entzündung zugegen ist, nachtheilig.
7. FiclittMisprosscn oder Ficlitenknospeh. Turiones Pint.
sect;. 330.
Die jungen Sprossen oder Knospen, welche an den Spitzen der Zweige der Fichten und Tannen hervortreten, ehe sich daselbst Nadeln entwickeln, sind ziemlich reich an Harz und ätherischem Oel (Terpenthinöl), und wirken dem Terpcnthln sehr ähnlich, gelind reizend, vorzüglich die Urinsekretion, und cinigermafsen auch die Hautaus­dünstung vermehrend. Alan kann sie daher innerlich bei denselben Krankheiten gebrauchen, wo der Terpenthin nützlich ist, und da sie auf dem Lande fast überall leicht und wohlfeil zu haben und leicht anzuwenden sind, so verdienen sie von den Thierärzten mehr beachtet zu wer­den als bisher. Aus eigener Erfahrung kann ich ihre Wirksamkeit im zweiten Stadium der chronischem Lungen­seuche des Rindviehes sehr rühmen.
Reine Entzündungskrankheiten verbieten ihren Ge­brauch eben so, wie den der übrigen harzigen Mittel.
Man giebt die Fichtensprossen den Pferden und Rin­dern zu |j—Jjv, Schafen und Schweinen zu sß —^jß,
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Hunden #9632;$amp; — ~jrj, täglich 2 bis 4 mal, und am besten im Dekokt. Man läfst sie zuerst mit etwas hinzugesetztem Weingeist dünn zerreiben oder zerquetschen und dann mit der zehn- bis zwölftachen Menge Wasser, Seifen­wasser oder Bier in einem gut bedeckten Topfe durch i bis 5 Stunde kochen. Durch blofsen Aufgufs von heis-scin Wasser werden die harzigen Theile nicht ausgezogen. Anmerkung. Das harzige Holz von Fichten, Kie­fern und Tannen, das sogenannte Kienholz (Lignum re-smostm Fini etc.), besitzt dieselben Bestandtheile, wirkt eben so, und kann bei denselben Krankheiten wie die Fichtenknospen, als ein recht wohlfeiles Hausmittel be­nutzt werden, wenn andere passende Arzneimittel fehlen. Es wird in noch einmal so starken Gaben wie die Fich­tensprossen, ebenfalls in Abkochung angewendet; vor dem Kochen mufs es in kleine Späne zerschnitten, das Dekokt aber vor der Anwendung gut durchgeseihet werden.
8. EI emiharz. Regina Elemi.
331.
Es hat im Wesentlichen die Eigenschaften der balsa­mischen Mittel überhaupt, wird innerlich gar nicht, son­dern nur äufserlich bei torpiden Wunden und Geschwüren in Salbenforra angewendet, und findet nur deshalb eine Erwähnung, weil es ein Bestandtheil der ehemals sehr häufig gebrauchten Elemisalbe, oder des sogenannten Arcaeus-Balsam {Unguenium Elemi s. Balsamus Arcaei) ist. Diese Salbe besteht nach der Preufs. Pharmacopöe aus gleichen Theilen Elemiharz, Terpenthin, Schöpsentalg und Schweineschmalz; sie befördert die Eiterung und die Granulation, hat aber weder hierbei noch in irgend einer andern Beziehung vor den blos terpenthinhaltigen Digestivsalben einen Vorzug, und ist daher ganz zu ent­behren, um so mehr, da sie noch einmal so theuer ist als diese.
sect;. 332.
Aufser den hier (sect;.328. bis sect;.331.) bezeichneten bal-
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samisclien Arzneimittelu, giebt es nocli melirere andere, welche jedoch zum Gebrauch bei Thieren viel zu theuor, aber auch recht gut zu entbehren sind, da sie särnmtlich durch den Terpenthin ersetzt werden können. Es gehö­ren hierher: a) der Copaivabalsam {BalsamusCopairae), h) Perubalsam {Balmmus peruvianus), — c) Tolnbal-sam (Bals. de Tolu s. Bals. tolutanus'). — lt;/) Mekka­balsam oder Mekkaharz {Bals. de Mekka s. gileadenseh c) die Renzoe oder der wohlriechende Asant (jKe-sina Bemoes s. Asa dulcis), — ,/') Storax {Resina. Stora.v s. Styrax^, — g-) Mastix, Mastixharz oder Mastix­gummi {Resina Mashches), h) quot;Weihrauch (T/ms s. Resina Olibani), i) Bernstein (Succinum) u. m. andere. Auch die aus diesen Miiteln bereiteten Präparate sind völlig entbehrlich.
C. Gummi- oder Schleiraharze.
Eine natürliche Verbindung von harzigen mit gummi-gen Stoffen findet sich in mehrern Arzneimitteln, welche in den wärmern Klimaten aus verschiedenen Pflanzen (vor­züglich aus Schirmpflanzen) als eine zähe oder milchigte Flüssigkeit ausschwitzen, und dann an der Luft in einem verschiedenen Grade verhärten und fest werden. Die mei­sten dieser Mittel enthalten neben dem Harz und Gummi noch ätherisches Oel als vorzüglich wirksamen Bestand-theil, und aufserdem noch mannigfaltige andere Stoffe, die jedoch weniger wichtig und selbst nicht einmal be­ständig zugegen sind. Auch die genannten Hauptbestand-theile zeigen in den einzelnen Mitteln eine grofse Ver­schiedenheit, sowohl in dem Verhältnifs der Menge zu einander, wie auch in ihrer Qualität; und besonders er­scheint das ätherische Oel sehr verschieden. Hierdurch wird auch eine verschiedenartige Wirksamkeit dieser Mittel bedingt, so dafs ihre gegenseitige Abweichung von ein­ander gröfser ist, als bei den einzelnen Mitteln der bei­den vorhergehenden Unterabtheilungen.
Uebrigens zeigen sie fan Allgemeinen eine grofse Aehn-
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lichkeit mit den Wirkungen vieler aromatischer Mittel, und eben so mit denen der Balsame und Harze; sie un­terscheiden sich aber von den Ersteren dadurch, dafs sie
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nicht so schnell wie diese den Körper durchdringen, da­her nicht so flüchtig und allgemein erregend wirken, weil sie, ganz wie die harzigen Mittel überhaupt, ihre voll­ständige Wirkung erst durch den Yerdauungs- und Assi-
inilationsprozcfs (durch den t'ebcrgang in das Blut) ent­wickeln; — von den letztem Mitteln initerscheiden sie sich dagegen dadurch, dafs sie weniger heftige reizend auf einzelne Absonderungsorgane, sondern mehr gleich-mafsis erregend auf die Nerven und Gcfafse der sämint-liehen lleproduktionsorgaue wirken. Bei ihrem Gebrauch | sieht man au kranken Thieren die Verdauung besser, die Beschaffenheit der Safte, die Ernilhrung und die Bildung regclmäfsiger werden, ohne das reichliche Absonderungen dabei entstehen; im Gegontheil werden sehr häufig krank­hafte und zu reichliche Absonderungen, namentlich der Schleimhäute, durch sie vermindert. — Aufscrdem zeigen einzelne dieser Mittel noch eine etwas stärkere Beziehung zum Nervensystem, indem sie krampfhafte Zufälle, beson­ders in den Eingeweiden der Brust-, Bauch- und Becken-hohle beseitigen. Diese Wirkung scheint daher beson­ders auf die Nerven, die der Reproduktion wesentlich angeboren, und namentlich auf den grofsen sympathischen Nerven gerichtet zu sein. — Doch hatte man ehemals die quot;Wirksamkeit dieser Mittel, namentlich in ihrer Wirkung auf das Nervensystem, fast allgemein viel höher gesehätzt, als sie in der Erfahrung an kranken Thieren sich bestä­tiget. Jetzt werden sie nicht sehr häufig angewendet, weil sie zu theuer und gröfstentheils durch ähnlich wir­kende, wohlfeilere Mittel zu ersetzen sind.
9. Stinkasant, Stinkender Asant. Tcufelsdreck. Asa jfoetida s, Gummi-resina Asae foetidae.
sect;. 333.
Der Stinkasant enthält viel Harz (weit über die
Hälfte),
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Hälfte), — gegen ein Drittheil Gummi und Schleim, — und eine kleine Quantität (ungefähr den 25sten Theil) ätherisches Oel. Letzteres besitzt den eigenthümlichen, knoblauchartigen Geruch des Mittels in gröfster Stärke. Er ist unter den übrigen gummiharzigen Mitteln das wirk­samste und zeichnet sich vor allen durch seine, bei kran­ken Thieren sehr deutlich erkennbare Wirkung, auf die Nerven der Brust- und Baucheingeweide aus. Diese Wir­kungen kommen im Allgemeinen mit denen überein, wel­che im vorhergehenden sect;, angedeutet worden sind. Bei der innerlichen Anwendung wird er zwar verdauet, jedoch eben so wenig wie die ätherischen Oele, wie der Kam­pher und die Harze völlig zersetzt; denn sein Geruch theilt sich der Lungenausdünstung, und zum Theil auch der Hautausdünstung mit; im Urin und in der Milch konnte ich ihn selbst nach anhaltender Anwendung gros­ser Gaben (bei Pferden und Kühen bis gv auf den Tag) nicht erkennen; dagegen dringt er aber in die Muskeln und fast in alle übrigen Gebilde des Körpers sehr stark ein, und selbst der in Geschwüren abgesonderte Eiter nimmt zuweilen diesen Geruch an. Dieses zeigt deutlich, dafs der Asant in das Blut übergeht; und dennoch scheint dabei weder die Thätigkeit des Herzens und der gröfse-ren Gefäfse sehr affizirt, noch das Blut selbst von seiner gewöhnlichen Beschaffenheit abweichend zu werden. — Wird der Asant in den bezeichneten grofsen Gaben an­gewendet, so kann er selbst, wie der Terpenthin, durch zu starke Reizung des Verdauungskanals Laxiren veran­lassen; bis zur Entzündung scheint aber diese Reizung nicht leicht zu kommen.
Der Asant wird im Allgemeinen bei asthenisch-ner­vösen Störungen des Reproduktionsprozesses mit Nutzen angewendet, und sowohl wenn dieselben in den Verdau­ungseingeweiden, wie auch wenn sie weiter in den drüsi­gen und häutigen Gebilden, besonders in den Schleim­häuten ihren Sitz haben. Der Erfehrung zufolge hat er namentlich in folgenden speziellen Krankheitsformen gute
H e r t gt;v i g ArzneimitteUehre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;J*ci
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Dienste geleistet: bei derjenigen Appetitlosigkeit, die ohne erkennbare materielle Ursachen besteht und daher meh-rentheils nervös zu sein scheint; — bei Schwäche und Verscbleimung des Darmkanals; bei starker Entwickelung von Säure und Blähungen und bei öfters eintretender Windkolik; — bei Eingeweidewürmern und Wurmkolik; — bei Krampfkolik und krampfhafter Harnverhaltung; — bei dem Koppen der Pferde; — bei dem sogenannten Magenkoller; — bei Epilepsie, wenn sie aus einem Lei­den der Verdauungseingeweide entstanden ist; — bei chronischer Gelbsucht; — bei dem Lungenkrampf; — bei dem nervösen Dampf; — bei chronischem, krampfhaftem Husten; — bei Verschleimungen der Lunge; — bei chro­nischem Rheumatismus und bei veralteter Druse. — Aufser-dem ist er bei den bösartigen Schafpocken, bei Rotz und Wurm, und bei andern bösartigen Geschwüren em­pfohlen.
Allein bei diesen zuletzt genannten Krankheiten hat sich seine Heilsamkeit sehr wenig bewährt, und bei den zuerst genannten ist er, wenn auch seine gute Wirkung nicht bezweifelt werden kann, doch mehrentheils durch das Terpenthinöl, das stinkende Thieröl,. die bittern und aromatischen Mittel recht gut zu ersetzen. Besonders scheint der Knoblauch, in Verbindung mit bintern und mit aromatischen Stoffen ein sehr passendes Ersatzmittel für ihn zu sein.
In akuten Entzündungskrankheiten ist der Asant schäd­lich, und bei Jagdhunden soll er auch aufserdem, beson­ders wenn sein Gebrauch durch längere Zeit fortgesetzt wird, zuweilen dadurch nachtheilig sein, dafs er ihren feinen Geruch zu sehr abstumpft.
Die Gabe ist für Pferde von öjj — Jß, für Rindvieh von sjö — 5), für Schafe und Schweine 56 — 3jj 1 für Hunde gr. Jj — gr. x täglich 2 bis 4 mal und bei heftigen Krämpfen alle Stunden wiederholt.
Die Anwendung kann in Pillen, Latwergen und in Flüssigkeiten geschehen, aber nicht in Pulverform, weil
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das Mittel durch seinen Geruch allen Thieren sehr zu­wider ist und deshalb von ihnen nicht gefressen wird. Die flüssige Form verdient wieder bei Krämpfen, und überhaupt bei dringenden Zufällen den Vorzug, weil der Asant in ihr am schnellsten und gleichmäfsigsten wirkt; man läfst ihn hierzu theils einfach mit lauwarmen Wasser, mit schwachem Branntwein oder mit einem aromatischen Infusum zusammenreiben, oder man benutzt dabei noch schleimige Mittel, um ihn mit diesen Flüssigkeiten schnel­ler und vollständiger zu verbinden, weil sich in wässe­rigen Flüssigkeiten nur seine gummösen Theile auflösen und eine Art Milch bilden, in welcher das Harz fein zertheilt schwimmt, aber nach kurzer Zeit gröfstentheils zu Boden fällt. Deshalb müssen solche wässerige Mixtu­ren vor dem Eingeben gut umgeschüttelt werden. Durch hinzugesetzte schleimige Stoffe wird die Ausscheidung des Harzes verhindert. Zu 5j des Asant nimmt man #.j bis #9632;tfjj Flüssigkeit und 3J arab. Gummi, oder gjj Altheewur-zclpulver, oder das Gelbe von 1 bis 2 Eiern. — Im Es­sig löst sich der Asant zwar vollständig auf, allein diese Auflösung wird deshalb nicht benutzt, weil die Wirkung der beiden Mittel einander nicht entsprechend ist. — Dagegen versetzt man ihn bei nervösen Zufällen recht zweckmafsig mit aromatischen Mitteln, auch mit Kampher, Terpenthiuöl, stinkendem Thieröl und Opium, oder bei Fehlern der Verdauungs- und Respirationsorgane, mit bitter - aromatischen Mitteln, Spiefsglanzpräparaten, mit Schwefel u. dgl.
Aeufserlich wird der Asant sehr wenig gebraucht; er hat sich jedoch, mit Wasser, mit aromatischen oder mit schleimigen Flüssigkeiten angerieben und als Klystir angewendet, bei heftiger Wurm- und Krampfkolik und bei hartnäckiger Diarrhöe, die mit krampfhaften Zufällen verbunden war, in mehrern Fällen sehr wirksam gezeigt. Man nimmt zu einem Klystir für Pferde sjj, für Schafe 3j, für Hunde Qj bis 5ß. — Ehedem wurde er auch als
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Speichel erregendös Mittel zu den sogenannten Käuge­bissen benutzt.
Von den offizineilen Präparaten ist in der Thier-heilkunde fast nur allein die Asanttinktur {Tinctura Asae foetidae) gebräuchlich. Sie ist eine Auflösung von 1 Theil Asant in 6 Theile schwachen Weingeist, wirkt, wie der Asant selbst, aber etwas flüchtiger, und kann bei denselben Krankheiten wie dieser benutzt werden. Pfer­den giebt man pro Dosi .?j —gjj, den übrigen Thieren weniger. Man benutzt sie aber innerlich nur selten, son­dern mehr äufserlich, bei cariösen, bei zu wenig thätigen, unreinen und mit Maden behafteten Geschwüren, und zwar bald für sich allein, bald mit Terpenthinöl und andern Mitteln verbunden, wie z. B. in dem sog. Wund-balsam. Doch ist das Mittel in allen diesen Fällen durch die wohlfeilere Aloetinktur und durch terpenthinhaltige Mittel zu ersetzen und daher ganz entbehrlich.
10. Mj-rrhe, Myrrhengummi. Myrrha, Gummi Myrrhae s. Gummi-resina Myrrhae,
sect;. 334.
Die Myrrhe ist viel reicher an Gummi als an Harz, enthält aber aufser dem eigentlichenl Harz noch ein bitter­balsamisches Weichharz, welches innig mit einem milden ätherischen Oel verbunden und wahrscheinlich ihr wirk­samster Bestandtheil ist. Durch den reichen Gehalt an Gummi wird ihre leichte Auflöslichkeit in Wasser, Bier, Wein und Essig, so wie ihre unvollständige Auflösung in starkem Weingeiste bedingt. — Sie wirkt viel weniger stark vorwaltend erregend auf das Nervensystem als der Asant, sondern ziemlich gleichmäfsig auf die Sensibilität und Irritabilität der Brust- und Baucheingeweide, vorzüg­lich aber auf die Lungen und deren Schleimhaut. Dabei sind ihre erregenden Wirkungen sehr mild, und es ent­stehen selbst nach grofsen Gaben bei gesunden Thieren, keine besondere Zufälle; man sieht nur bei ihrem Ge­brauch an solchen Thieren, die mit asthenischen Krank-
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heiten behaftet sind, den Appetit vermehrt, die Verdauung gebessert, die Schleimhäute röther, die zu reichlicher: Ab­sonderungen vermindert und den Auswurf leichter und freier, bei Entzündungen aber die Symptome verstärkt werden. Im Ganzen ist die Wirkung mit der von einigen bitter-aromatischen Mitteln, wie namentlich mit der des Kalmus, der Angelika und des Alant sehr verwandt.
Die Myrrhe ist bei zu geringem Appetit, bei schwa­cher und unregelmäfsiger Verdauung und bei Blähungen, wenn diese Zufälle in einem mäfsigen Grade von torpi-der Schwäche des Verdauungskanals begründet sind, — vorzüglich aber bei chronischen und asthenischen Lun­genkrankheiten, wie z. B. bei Verschleimung, bei dem feuchten und schleimigen Dampf, bei anhaltendem Hu­sten, der mit reichlicher Absonderung in den Bronchien, aber mit nur geringem Auswurf verbunden ist, und bei Lungengeschwüren empfohlen. Sie leistet auch bei die­sen Krankheiten gute Dienste, ist aber bei allen durch wohlfeilere inländische Mittel, namentlich durch Kalmus-, Alant-, Angelika- und Meisterwurzel, durch Fenchel, Wachholderbeeren, Wasserfenchel, Terpenthin, Theer und dergleichen zu ersetzen, je nachdem der Grad der Reiz­barkeit und Empfindlichkeit die Anwendung dieser Mittel gestattet.
Die Myrrhe kann innerlich in denselben Gaben wie der Asant, und in Verbindung mit Isländischem Moos mit bittern und aromatischen Mitteln angewendet werden.
In Wunden und Geschwüren wirkt sie ebenfalls er­regend, aber zugleich tonisch; sie verstärkt den Bildungs­trieb, lockert aber nicht auf, sondern macht im Gegen-theil die Granulation fester, die zu dünn und zu reich­lich abgesonderte Jauche mehr eiterartig. Man benutzt sie daher bei asthenischen, torpiden Geschwüren, beson­ders wenn in ihnen zu starke Auflockerung und Verjau­chung besteht Sie wird hierbei entweder a) als Pulver, für sich allein oder in Verbindung mit dem Pulver von aromatischen Pflanzen eingestreut; — oder b) mit der
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sechs- bis achtfachen Menge Wasser, oder Kalkwasser, schwachem Branntwein oder aromatischen Flüssigkeiten abgerieben, als Digestivwassser zum Verbinden benutzt; — oder c) sie wird als Pulver zu Salben gesetzt, z. B. 1 Theil Myrrhe zu 4 bis 6 Theile Althäesalbe; — oder d) sie wird als Myrrhentinktur (Tinctura s. Essmitita Myrrhae) zum Bestreichen, Ausspritzen und Verbinden angewendet. — Diese Tinktur ist das gebräuchlichste Prä­parat von der Myrrhe; sie wird aus 1 Tb. Myrrhe und 6 Th. Weingeist bereitet, enthält nur die harzigen Theile des Mittels, ist etwas stärker reizend als dieses selbst, und kann daher bei grofser Erschlaffung in Geschwüren und Wunden vor den übrigen Anwendungsarten einen Vorzug haben.
Bei reinen und in der Heilung begriffenen Wunden und Geschwüren im Hufe und an den Klauen, befördert sie das Festwerden des jungen Horns recht sehr.
In frischen Wunden und überall, wo aktive Entzün­dung, grofse Empfindlichkeit oder Neigung zu Verhärtun­gen besteht, darf die Myrrhe nicht angewendet werden.
Anmerkung. Aufser der Tinktur hat man noch:
1)nbsp; nbsp;das Myrrhenöl, die Myrrhenflüssigkeit oder den Myrrhen balsam {Oleum Myrrhae per deliquium. Liquor s. Liquamen MyrrMe), eine auf verschiedene Weise bereitete conzentrirte wässerige Auflösung der Myrrhe;
2)nbsp; nbsp;das wässerige Myrrhenextrakt (Extractum Myr­rhae aquosum), in dem die Myrrhe durch Hülfe der Wärme in wenig Wasser aufgelöst und dann zum Theil wieder eingetrocknet ist; und 3) das destillirte Myrrhenöl (Oleum Myrrhae aetherum).
Alle drei Präparate sind zum thierärzlichen Gebrauch ganz überflüssig.
sect;. 335.
11) Das Ammoniakgummi {Gummi-resim Ammo-niaci) und 12) das Mutter harz (Galbanum s. Gummi-resina Galham) sind in ihren Eigenschaften und Wirkun­gen dem Asant ähnlich, aber weit weniger kräftig, als
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dieser. Beide Mittel werden daher auch nur wenig, und zwar jetzt wohl nur innerlich, bei ähnlichen Krankheiten, wo der Asant und die Myrrhe nützlich sind, angewendet. Die Gabe und die Art der Anwendung ist ganz wie bei dem Asant. — Ehemals benutzte man sie auch äufserlich als erregend zertheilende Mittel bei Verhärtungen, Pip-hacken, Gallen u. dergl., und namentlich empfiehlt Ker-sting (Nachgelassene Manuskripte S. 360.) eine Auflö­sung von 4 Loth Galbanum in 8 Loth Spiritus als ein zuverlässiges Heilmittel zur täglichen Anwendung bei stark geschwollenen Piphacken.
Die übrigen als Arzneimittel empfohlenen Gummi­harze, wie das Sagapenum iGummi-resina Sagapeni), das Panax-Gummi iGummi resitia Opopcmax), das Epheuharz iGummi - resina Hederae) u. m. Andere sind für den thierärztlichen Gebrauch ganz entbehrlich.
Vierte Abthcilung.
Urenzlichc oder emjiyreumatiscli - ölige Mittel.
Empyreumata s. Medicamina empyreumalica.
sect;• 336.
Die brenzlichen Substanzen kommen theils als ein Erzeugnifs der Natur als sogenannte flüchtigen Erd­harze (Bitumina) und als brenzliche ätherische Oele in der Erde, auf deren Oberfläche, in Felsenritzen und auf dem Wasser schwimmend vor, — theils werden sie bei der Verkohlung organischer Körper in verschlossenen Räumen durch die sogenannte trockene Destillation künst­lich erzeugt.
In ihrem reinen Zustande erscheinen sie als eine Flüssigkeit, die in den meisten Eigenschaften den äthe­rischen Pflanzenölen sehr nahe steht, sich aber von die­sen durch einen sogenannten brenzlichten oder bran-stigen Geruch und durch einen gröfseren Gehalt an Koh­lenstoff unterscheiden. — In nicht gereinigtem Zustande, wo sie gewöhnlich mit Kohlenstoff übersättigt und zu-
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gleich mit andern Stoffen verbunden sind, stellen sie eine braune oder schwarze, mehr oder weniger dickliche und höchst widrig riechende Flüssigkeit dar, die mit den
ätherischen Pflanzenölen
nur sehr wenig Aelinlichkeit
besitzt.
Die natürlichen empyreumatischen Oele finden sich bald flüssig, bald an feste Stoffe, namentlich an Kohle und harzigen Substanzen gebunden, und bestehen blofs aus Kohlenstoffquot;, Wasserstoff und Sauerstoff. — Das aus Pflanzen erzeugte brenzliche Oel kommt gewöhnlich in Verbindung mit Essigsäure, Harz u. dgl. vor, und wenn die Pflanzen, aus denen es bereitet ist, ein ätherisches Oel enthielten, so nimmt es einige Theile von dem letz­tern in sich auf und giebt diefs durch verwandten Geruch zu erkennen. Für sich allein bestehen sie aus denselben Grundstoffen, wie die natürlichen brenzlichen Oele. — Dagegen findet sich in denen, die aus thierischen Sub­stanzen bereitet sind, neben jenen Grundstoffen noch Phosphor und Stickstoff, welcher letzterer sich bald mit dem Wasserstoff und Kohlenstoff zu Blausäure verbindet. Das gemeine empyreumatische Thieröl ist daher gewöhnlich mit diesen Nebenprodukten verbunden; es kann aber von ihnen, so wie von dem übermäfsigen Gehalt an Kohlen­stoff, und das vegetabilisch brenzlichte Oel von dem Harz, der Essigsäure u. dgl. durch eine wiederholte Destillation befreiet (rektifizirt), ganz rein und flüchtig, den ätheri­schen Oelen ähnlich gemacht werden.
sect;. 337. Die Wirkung der brenzlichen Oele lafst sich im All­gemeinen als eine sehr flüchtig reizende bezeichnen, die im Grade der Flüchtigkeit von wenig andern Mitteln übertroffen wird, und der Art nach mit denen der äthe­rischen Pflanzenöle und des Kamphers die meiste Aehn-lichkeit hat Diese erregende Wirkung erscheint zwar über den ganzen Körper verbreitet, äufsert sich aber vor­herrschend und eigends im Nervensystem; denn alle Funk­tionen desselben werden bald nach der Anwendung eines
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solchen Oels mit grofserer Lebhaftigkeit, zugleich aber auch mit mehr Kraft und Dauer ausgeübt, und besonders wird die Empfindlichkeit, wenn sie krankhaft vermindert und unregelmäfsig sich äufsert, erhöhet, umgestimmt und wieder geregelt. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dafs die brenzlichon Oele auf die zum Nervensystem gehö­rigen Organe nicht blols erregend, sondern auch stärkend wirken. — Auf die Blutgefäfse, und somit auf die Irrita­bilität und auf den Bildungsprozefs, wirken sie ebenfalls erregend, wie diel's der hiernach entstehende schnellere Puls, die Verstärkung der Hautausdünstung, der Urinab-sonderung und zum Theil auch die vermehrte Sekretion der Schleimhäute und die verstärkte Resorption beweisen; allein diese Erregung ist viel schwächer, als die im Ner­vensystem erzeugte.
Zu grofse Gaben der brenzlichten Oele verursachen bei den Säugetliicrcn Zuckungen, Krämpfe, beschwerliches Atlnnen, Erstickungszufälle und zuweilen selbst den Tod, — wie es scheint, theils durch Ueberreizung und Läh­mung, theils durch Entmischung des Blutes.
Auf Insekten und Würmer (namentlich auf Eingewei­dewürmer), auf Frösche und die meisten Vögel wirken diese Oele auch in kleinen Gaben als tödtendes Gift.
Die Mittel, in denen brenzliches Oel neben andern Substanzen enthalten ist, wirken im Allgemeinen ähnlich, jedoch weniger flüchtig durchdringend und wohl auch durch die anderweitigen Stoffe etwas modifizirt.
sect;. 338. Die Entwickelung dieser Wirkungen erfolgt sowohl durch unmittelbare Berührung empfindlicher Theile des Körpers, wie auch durch den Uebergang des brenzlichten Oels in das Blut. Der letztere wird am vollständigsten durch den Verdauungsprozefs vermittelt, und giebt sich am deutlichsten durch den stark brenzlichten Geruch des Athems zu erkennen. Die Verdauungseingeweide selbst werden durch diese Oele in stärkere Thätigkeit versetzt, ertragen aber ziemlich grofse Gaben von ihnen recht gut.
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ohne zu sehr gereizt und entzündet zu werden. Dagegen wird bei grofscn Gaben gewöhnlich ein Theil des Oels unverdaut durch den Mastdarm wieder entleert. Am schnellsten erfolgt die Wirkung der brcnzlichen Oele durch Injektion in die Venen; sie ist aber, wenigstens bei den grofsen Hausthieron, und von den nicht rektifizirten Oelen viel schwächer, als von gleichen Quantitäten eines ätherischen Ptianzenöls, wenn es auf dieselbe Weise an­gewendet worden ist. Die ausgeathmete Luft nimmt bei der Injektion augenblicklich den empyreumatischen Ge­ruch an. — Auf die Haut und in Wunden oder Ge­schwüre gebracht, erzeugen die brenzlichten Oele eine örtliche Reizung in verschiedenem Grade; sie werden aber hier, selbst bei längerer Dauer der Berührung, nur zum Theil resorbirt, und die hiernach entstehende allgemeine Wirkung ist nur gering.
sect;. 339. Die verschiedenen empyreumatischen Mittel haben unter einander eine grofse Aehnlichkeit in der Art der angedeuteten Wirkung, zeigen sich aber im Grade und in der Ausbreitung derselben etwas verschieden. Am stärksten und ausgebreitesten auf das ganze Nervensystem wirkt das thierisch - brenzlichte Oel, weniger das vegeta­bilische, und noch weniger das natürliche. Das Letztere scheint, ähnlich den balsamischen Mitteln, seine Wirkung hauptsächlich auf die Rumpfnerven zu beschränken,, wäh­rend die des Ersteren sich auf das Gehirn und die Sinnes­organe erstreckt. — Dagegen ist aber die örtliche Reizung von dem natürlich - brenzlichten Oel am stärksten. — Aufserdem wirken die ganz reinen (rektifizirten) empyreu­matischen Oele weit flüchtiger und mehr auf das Gehirn, als die unreinen, selbst wenn beide einen gleichen Ur­sprung haben; dagegen ist die Wirkung um so stärker auf das Blut und auf den Bildungsprozefs überhaupt, je mehr diese Mittel mit Kohlenstoff und Empyreuma über­laden sind. Enthalten sie auch noch viel Ammoniak,
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Blausäure, Essigsäure oder Harz, so wird die Wirkung hierdurch ebenfalls etwas verändert.
sect;. 340.
Die allgemeinste Indikation für die arzneiliche An­wendung der einpyreumatischen Mittel, und besonders der Oele, ist 1) die wahre torpide Schwäche, — die­selbe mag bestehen bei welcher Krankheitsform sie will. Dieser Indikation entsprechend werden sie z. B. gebraucht: d) bei den asthenischen Fiebern, vorzüglich bei Nerven­fiebern mit grofser Abstumpfung der Sinnesthätigkeit, bei ähnlichen Faulfiebern, gastrischen und rheumatischen Fie­bern, b) Bei dem Dummkoller der Pferde, wenn er, wie gewöhnlich, mit verminderter Sensibilität besteht, c) Bei Lähmungen, sowohl bei rein nervösen, wie auch bei sol­chen, die durch Rheumatismus entstanden sind, besonders wenn sie chronisch werden. — r/) Bei Krämpfen, bei clo-nischen, und wenn die Thiere in den freien Zwischenzei­ten sehr abgestumpft erscheinen. Aufserdem sind diese Mittel noch angezeigt.
2)nbsp; nbsp;bei Eingeweidewürmern jeder Art und bei den Krankheitszufällen, welche durch sie erregt werden, wie z. B. bei Wurmkolik, bei schlechter Frefslust, Abmage­rung, bei Epilepsie und Schwindel 5 namentlich bei dem sog. Bremsenschwindel der Schafe u. dgl.
3)nbsp; nbsp;Für den äufserlichen Gebrauch: a) bei chroni­schen Hautkrankheiten, namentlich bei Räude und Flech­ten; amp;) bei schlaffen, trägen, mit Maden verunreinigten Wunden und Geschwüren, und — c) bei Lähmungen, bei Rheumatismus, bei chronischen Entzündungen, bei Ver­härtungen, Stollbeulen, Piphacken, beim Schwinden und dergleichen.
Die Gegenanzeigen die den Gebrauch dieser Mittel verbieten, sind akute Entzündungen, Entzündungsfieber, Congestionen, besonders zum Gehirn, und sehr erhbhete Empfindlichkeit.
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1. Stinkendes Thicröl oder IlirschhorDÜl.
Oleum tinimule foetiilum, Oleum pyro-animale, Ol. empyremnati-
ctim naimale, 01. Cornu cervi foetidum.
sect;• 341.
Dieses brenzlichte Oel im rohen Zustande ist jeder­zeit sehr stark mit Kohlenstoff, zuweilen auch mit etwas Essigsäure, mit etwas Blausäure u. s. w. verunreinigt, und besitzt die angegebenen Eigenschaften der empyreumati-schen Mittel im ausgezeichnetsten Grade. Daher gilt auch Alles, was über die Wirkungen dieser Mittel im Allge­meinen (sect;. 337. bis sect;. 340.) angedeutet ist, ganz beson­ders von ihm, und es ist unter diesen Mitteln gewifs das wirksamste, obgleich es hinsichtlich der Flüchtigkeit dem rektifizirten Thieröl nachstellt. Seine erregende und ner­venstärkende Wirkung erstreckt sich aber am meisten und deutlichsten auf die Eingeweidenerven, indem nach der Anwendung des Mittels eine lebhafte und regelmäfsige Assimilation und Reproduktion eintritt, besonders wenn bei Krankheiten mit asthenisch-torpidem Charakter zu­gleich Störungen in diesen physiologischen Prozessen zu­gegen sind. Durch diese vorherrschende AVirkung auf die Nerven der Eingeweide, durch geringere Flüchtigkeit, da­für aber durch gröfsere Dauer der Wirkung, unterscheidet sich das in Rede stehende Mittel von dem gereinigten oder rektifizirten Hirschhornöl, und wahrscheinlich sind diese Eigenthümlichkeiten des ersteren, wie auch bereits angegeben (sect;. 339), in seinem reichen Gehalt an Kohlen­stoß' begründet. — Die übrigen dem gemeinen Hirsch­hornöl beigemengten Substanzen, wie Essigsäure u. dgl. sind mehrentheils nur in so geringer Menge vorhanden, dafs sie für die Wirksamkeit des Mittels bei den grofsen Thieren von keiner Bedeutung sind.
Auf das Gefäfssystem wirkt das stinkende Thieröl nur wenig erregend; bei Pferden und Rindern wird meh­rentheils selbst nach einer grofsen Gabe von 1 bis 2 Un­zen die Zahl der Pulse nur um etwa 5 Schläge in der
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Minute vermehrt, obgleich das Mittel in das Blut über­geht und sich fast allen Säften, daher auch bei milchen­den Thieren fast immer der Milch mittheilt, wie man diefs aus ihrem Geruch deutlich entnehmen kann. Stär­kere Gaben als 3 Unzen können bei Pferden, und stär­kere als 3 Drachmen bei Hunden auf die im sect;. 337. be­merkte Weise nachtheilig wirken.
Die Dauer der Wirkung einer mittelmäfsigen Gabe erstreckt sich mehrentheils auf 10 bis 12 Stunden, und wenn das Mittel durch mehrere Tage anhaltend gebraucht worden ist, so bemerkt man zuweilen noch 24 bis 30 Stunden nach der letzten Gabe deutliche Spuren der Wirkung.
In die Drosselvene iujizirte ich das Mittel bei Pfer­den und Rindern von 5j bis 3J5 es entstand sogleich schnelles und etwas angestrengtes Athem, schnellerer Puls, gröfsere Rothung der Schleimhäute, erhöhete Wär­me, Zucken der Muskeln, stinkender Äthmen, zuweilen auch schwankender Gang. Nach 6 Stunden waren die Zufälle vorüber. Hunde zeigten dieselben schon nach der Injektion von 2 bis 5 Tropfen.
Das stinkende Thieröl kann ganz nach denselben Indikationen und bei denselben Krankheiten gebraucht werden, welche im vorigen sect;. (340) genannt worden sind. — Dasselbe ist seiner Wirksamkeit und Wohlfeil­heit wegen ein sehr wichtiges Mittel im thierärztlichen Arzneischatz, welches besonders als Reizmittel für das Nervensystem einigermafsen den zu theuern Moschus er­setzen kann, und unter den Wurmmitteln fast die erste Stelle einnimmt.
Die Gröfse einer Gabe zur innerlichen Anwendung ist für Pferde von 5j bis zu Jj, für Rindvieh von 5j bis gjß, für Schafe1) und Schweine von 10 bis 60 Tropfen,
') Diese Tliicre ertrugen das Mittel bei meinen Versnclien in Gaben von 3j bis ^j dureb mehrere Tage olme den geringsten Nach­tbeil. Auf das Leben der Egelschnecken schien es keinen Einliefe gehabt zuhaben.
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für Hunde von plusmn; Tropfen bis 30 Tropfen. — Diese be­deutende Verschiedenheit wird, abgesehen von der Gröfse der Thiere, durch die Art und durch den Grad der Zu­fälle bedingt; denn bei heftigen Krämpfen, bei Lähmun­gen und bei sehr grofser Abgestumpftheit sind in der Re­gel grofse Gaben des Mittels erforderlich; — bei Leiden von Eingeweidewürmern haben sich grofse Gaben zum Tödten der letztern sehr wirksam gezeigt; zur Verhütung ihrer Wiedererzeuguug und zur gründlichen Heilung der Wurmkrankheit sind aber mittelmäfsige Gaben am besten geeignet; — bei allen nicht zu sehr torpiden und bei den meisten chronischen Krankheitszuständen, z. B. bei nervösen Fiebern, bei dem chronischen Rheumatismus, bei Epilepsie, Schwindel, Fäule u. dergl. verdienen kleine Gaben den Vorzug.
Eben so verschieden ist die Wiederholung des Mit­tels; bei Krämpfen, z. B. beim Lungenkrampf und bei Wurmkolik ist dieselbe in Zwischenzeiten von 1, 2 bis 3 Stunden noting, je nachdem die Zufälle anhaltend und mehr oder weniger heftig sind; bei Lähmungen, bei dem Koller und bei den meisten übrigen chronischen Krank­heiten giebt man etwa alle 8 Stunden eine Gabe, und bei chronischen Wurmleiden ist mchrentheils für 24 Stun­den eine einzige Gabe hinreichend. Bei allen chroni­schen Krankheiten und besonders gegen Eingeweidewür­mer mufs das Mittel durch längere Zeit fortgebraucht werden, bis alle Zeichen des krankhaften Zustandes gänz­lich verschwunden sind.
Die Anwendung kann in Pillen, in Latwergen und in flüssiger Form geschehen. Im letztern Falle wird ge­wöhnlich das Thieröl mit einer bittern, oder aromatischen, oder schleimigen Flüssigkeit unmittelbar vor dem Einge­ben durch Mofses Zusammenschütteln gemengt. Die An­wendung in dieser Form ist bei heftigen Zufällen und beim Rindvieh zwar sehr zweckmäfsig; die Thiere sträu­ben sich aber oft sehr häufig gegen sie, und zuweilen verlieren sie durch die hierbei unvermeidliche Einwirkung
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des Mittels auf die ganze Maulhöhle den etwa noch vor­handenen Appetit. Deshalb ist die Anwendung in wei­chen Pillen, welche vor dem Eingeben in Druckpapier eingewickelt sind, im Allgemeinen am zweckmäfsigsten. Ist aber das Maul der Thiere durch das Mittel verunrei­niget, so mufs es nach dem Eingeben durch Auswaschen oder Ausspritzen mit Salzwasser, oder mit verdünntem Branntwein wieder gereinigt werden.
Man verbindet das stinkende Thieröl zum innerlichen Gebrauch nach Verschiedenheit des Krankheitszustaudes z.B.mit bitteren oder aromatischen Mitteln, mitFarrenkraut-wurzel, Terpenthinöl, Kampher, Weingeist u. dgl. Auch empfiehlt man als ein wirksames Abfiihrungsmittel bei Würmern eine Verbindung von 1 Loth Hirschhornöl mit. 16 Loth Leinöl und 4 Loth Doppelsalz auf einmal zu geben, worauf jedoch das Thieröl mit bitteren und ande­ren stärkenden Arzneien durch einige Zeit anhaltend ge­braucht werden mufs. Waldinger ^ schreibt z. B. hierzu für Pferde folgende, etwas complizirte Formel vor: N. pulv. Enzwurzel, Baldrianwurzel v. j. 2 Loth, pulv. Ofenrufs 4 Loth, Hirschhornöl \ Loth, Stahlschwefel und Terpenthinöl v. j. J Loth, mit Mehl zur Latwerge ge­macht und täglich zu verbrauchen. — Gegen den Band­wurm der Hunde empfahl Waldinger Pillen aus Farren-kraut u. a. Mitteln mit Hirschhornöl. (Siehe die Formel im sect;. 250.
Zum Einspritzen in die Blutadern ist das Hirsch­hornöl bisher nicht benutzt worden; es verdient aber auf diese Weise bei lebensgefährlichen asthenischen Krank-heitszuständenj z. B. bei Lähmungeu, bei denen gleich­zeitig die Respiration sehr schwach und unvollständig von statten geht, — bei sehr hohen Graden des Kollers, und vielleicht auch bei dem Lungenkrampf versucht zu werden, — jedoch nur an den grofsen Hausthieren. Bei' dem Starrkrampf der Pferde fürchte ich die, durch diese
1) Waldingor, Therapie 2tc Aufl. Tli. II. S. 281.
,1
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Einspritzung erzeugte heftige Reizung der Lungen. Man kann Pferden und Rindern auf einmal -j — quot;jj von dem vorher erwärmten Oel entweder rein für sich, oder gut abgerieben mit 5j — Jjj lauwarmen Wasser, injiziren.
In Klystiren wird das Mittel, indem man es zu aro­matischen, bitteren oder adstringirenden Flüssigkeiten setzt, mit sehr gutem Erfolge bei nervösen und fauligen Fiebern, bei dem typhösen Milzbrande, .bei anhaltenden Krämpfen und Lähmungen angewendet. Man nimmt hierzu bei den verschiedenen Thieren dieselbe Quantität wie zum innerlichen Gebrauch.
Wenn Oestruslarven in den Nasen- und Stirnhöhlen bei Schafen sitzen, und Schwindel oder andere Zufälle veranlassen, so kann man, nach Chabert's Anleitungquot;), ein Gemenge von 1 Theil stinkenden Thieröl und 4 bis 6 Theilen Wasser oder eben so viel von einem aromati­schen Infusum in diese Höhlen spritzen, und zwar ent­weder durch die Nasenlöcher oder durch eine, mit dem Trepan in der Stirnwand gemachte Oeffnung. Diese Ein­spritzung wird am ersten Tage 2 bis 3 Mal, jedoch im­mer erst nach einer Zwischenzeit wiederholt, weil die Thierc dabei etwas angegriffen werden; in den folgenden 2 oder 3 Tagen ist es hinreichend, sie täglich einmal zu machen. Bei jeder Einspritzung entsteht heftiges Niesen, wodurch einzelne Larven sogleich ausgeworfen werden; die übrigen werden durch das Mittel getödtet und fallen später aus.
Das Einreiben des Hirschhornöls in die Haut am Bauche bei Windkolik, oder in die Haut des Kopfes bei der Drohkrankheit (wie diefs Chabert u, A. empfohlen haben), nutzt sehr wenig, indem die'Wirkung des Mittels hierbei nicht zu den Würmern reicht. Bei schleichenden Entzündungen unter der Haut, bei Verhärtungen, Kräm­pfen,
') Traite des Maladies verraineuses dans les Animaux. Paris 1787. p. 174. — Deutsch: Chabert über die Wurmtrankh. europäischer Hauslhiere. übersetzt von F. A. A. Meier. Götting 1789.
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') Oekom *) Walz S. 52 — 85.
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pfcn, Lähmungen n. s. w. sind zwar golclie Einreibungen melireutheils recht wirksam, haben aber vor denen mit Terpcnthinöl oder mit Steinöl keinen Vorzug, wohl aber mufs dos Tliieröl den letzteren Mitteln in manchen Fäl­len nachstehen (z. ]gt;, bei Sttibenluinden), weil seine äuiscro Anwendung durcli den zu heftigen Gestank und durch die Besudelung der Hände u. s. w. oft sehr wider­lich wird.
Dagegen ist im Sommer das Bestreichen eiternder Verletzungen, besonders bei dem Weidevieh, sehr zweck-mäfsig, um Insekten abzuhalten, oder ihre Eier und Ma­den zu tödten. — Bei zu geringer Thätigkeit kann es auch zur Verbesserung der Granulation und Eiteruiiff in veralteten Wunden und Geschwüren benutzt werden. Be­sonders hat es Baron v. Ehrenfels mit gutem Erfolge gegen das bösartige (sog- Spanische) Klauenweh der Me­rinos auf die Weise angewendet, dafs die zuerst durch das Messer gründlich von allem losen Horn befreieten und blofsgelegten Geschwüre der Klauen und eben so der Klauenspalt, so weit derselbe feucht ist, mit rauchen­der Salpetersäure und gleich darauf mit Hirschhornöl be­strichen wurden. Die Klauen bleiben ohne weitern Ver­band ; zeigen sich nach 2 Tagen noch weiche und feuchte Stellen, so wird das Verfahren wiederholt, und später au dieselbe quot;Weise bis zur Heilung fortgesetzt1).
Gegen die Räude ist das Hirschhornöl bei allen Thiereu ein ganz vorzügliches Mittel, dessen Wirkung und zweckmälsigste Anwendung bei räudigen Scliaafen zuerst Walz'2) gründlich erforscht hat. — Es tödtet die Räudemilben schneller als irgend ein anderes Mittel (näm­lich in einigen Minuten), reizt die Haut bis zur Entzün­dung, und bewirkt dadurch das Vertrocknen der Iläude-knötchen und baldige Heilung der Geschwüre. Dennoch
') Ökonom. Neuigk. n. Veiliandl. Jalirg. ISIS), fielt 9.
e) Walz, IXalur u. Bi-liamlliing cl SrliaalVäiulp. Stuttgart 1812. S. 52—65.
Heriwijj AnneuniUslloIire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2f)
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ist es für sich allein bei Schaafcn nicht gut zur Anwen­dung geeignet, theils weil es die Wolle sehr besudelt und schwarz - braune Flecke in derselben macht, die schwer wieder zu entfernen sind, theils weil es nicht ohne Gefahr für das Leben der Thicre auf eine grofse Fläche des Körpers angewendet worden kann; denn wird ein mit der Räude behaftetes oder auch ein reines geschorncs Schaaf mit Ilirschhornöl an allen bcwolltcn Hautstellen überstrichen, so erhält die Haut eine hochrolhe Farbe, ihre Temperatur wird brennend heifs, die Augen verdrehen sich, aus dem Maule tritt Schaum und es stellen sich krampfhafte Bewegungen ein. Diese Zufälle gehen beim Aufenthalt des Thicres in freier, kühler Luft gewöhnlich nach einigen Stunden vorüber; sie enden aber auch nicht selten mit dem Tode, wenn solche Thiere im warmen Stalle eingeschlossen, oder heifser Witterung ausgesetzt, oder kränklich sind (Walz a. a. O. Seite 53). — Wird dieses Oel mit Fett oder fettem Oel im Verhältnifs wie 1 zu 3 gemengt aufgetragen, so werden zwar die auf der Oberfläche vorhandenen Milben getödtet, aber nicht die dem Aufbruch nahen Milbennester zerstört. Die Reizung hierbei ist geringer, doch aber noch so stark, dafs da­durch bei kränklichen Thieren der Tod erfolgen kann. Walz hat auch die Erfahrung gemacht, dafs Schaafe, die mit diesem Gemenge vollkommen von der Räude geheilt wurden, bei anhaltendem Regen der Selbstbildimg dieser Krankheit mehr ausgesetzt sind, als solche, die rein ge­blieben waren. — Das Befeuchten räudiger Schaafe mit einer Ammoniak enthaltenden wässerigten Feuchtigkeit, z. B. mit Rindsharn, und hierauf das Bestreichen mit Hirschhornöl, tödtet nicht nur alle auf der Haut befind­lichen Milben, sondern zerstört auch die meisten Nester derselben; allein auch hierbei tritt eine allgemeine Rei­zung ein, im Verhältnifs nach der aufgetragenen Menge des brenzlichen Oels. Zur Heilung ist aber gewöhnlich nur die einmalige Anwendung dieser Mittel nöthig, und die geheilten Thiere sollen in Zukunft der Selbstentwicke-
lung der Räu empfahl daher gende: man j brannten Kalk, sen in einen l entweder 5 T asche), oder t Asche, wie z. harn (Mistjauc 6 Th. (z. B. 3 U Pfd.) Theer l(raquo;ü Pfd. Rinds gewöhnlichen ist eine unvoll des (kohlensau: seife und bren ben, zerstört Lämmern und den Organismi; entstehende br Tagen gänzlich vermehrte Pro schiebt als W alle kranke St Augen der Thi möglichst gescl die Anwendunj schenzeit von ' löten Tag), ui sind, auch 4 b ist der Heilung ihm deshalb m liat die Zusam
1) Die cingel spiel zai-Bereitung indem für 1 Sclia
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g der Räude fast gar nicht ausgesetzt sein. Walz jfahl daher als die vortheilhaftcste Zusammensetzung fol-de: man nimmt 4 Theile (z. B. 2 Pfund) frisch ge-nnten Kalk, versetzt ihn durch allmäliges Wasserzugies-
in einen breiartigen Zustand, verbindet damit sogleich weder 5 Th. (z. B. 2i Pfd.) kohlensaures Kali (Pott-he), oder eine diesem Verhältnifs entsprechende Menge he, wie z. B. 60 Th. Buchenasche und so viel Rinds-u (Mistjauche) dafs ein Brei daraus wird, mengt hierzu 7h. (z. B. 3 Pfd.) stinkendes Thieröl und 3 Th. (oder 'fd.) Thcer, verdünnt das Gemenge mit 200 Th. (oder
Pfd. Rindsharn und zuletzt mit 800 Th. (oder 400 Pfd.) öhnlichen Wassers1). — Die so bereitete Flüssigkeit eine unvollkommene chemische Mischung, welche mil-(kohlensaures) Ammoniak mit brenzlichtem Oel, Theer-e und brenzlicliten Kalk enthält. Sie todtet die Mil-, zerstört deren Nester, hat selbst bei ganz jungen imern und kränkllichen Schaafen keinen Nachtheil für
Organismus, schadet der Wolle gar nicht (denn die itehende bräunliche Farbe verliert sich in 8 bis 14 ;en gänzlich), sondern sie bedingt sogar eine auffallend nehrte Produktion derselben. Die Anwendung ge­eilt als Waschwasser oder als Bad; dabei müssen
kranke Stellen recht gründlich durchnäfst und die ;en der Tliiere gegen die Einwirkung der Flüssigkeit raquo;liehst geschützt werden. — Zur gründlichen Kur mufs
Anwendung unter günstigen Umständen nach Zwi-mzoit von 7 Tagen 3 Mal, (d. i. den Isten, 7ten und ;n Tag), und wenn die Thiere dem Regen ausgesetzt 1, auch 4 bis 5 Mal wiederholt werden, denn Regen der Heilung immer hinderlich und die Thiere müssen
deshalb möglichst entzogen werden. — Wal ding er
die Zusammensetzung des Mittels in der Art abge-
') Die eingf-klamiDifrlrn benannten Gevviclilsllii'ilc dienen nls Bei. I zur Bereitung eines Wascliwassers l'iir 200 Ms 250 räudige Scliaafe, m für 1 Scliaaf gegen 2 Pfd. Flüssigkeit erforderlich sind.
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iindert, dafs er die Menge des Kalkes verdoppelte und dem Ganzen noch 4 Theile gepulverten Schwefel hinzu- j setzte l).
Anmerkung 1. Das iitlierischc Thieröl, rek-tifizirte Hirchhornöl oder sog. Dippelsehe Oel {Oleum animale adliereum, s. Oleum cornw cervi rectifi­cation, s. 01. animale üippelii) ist der durch wioderliolto Destillation erhaltene reine ätherische Bestandtheil des gemeinen Hirschhornöls. Seine Wirkung ist llüchtigcr und starker auf das Gehirn gerichtet; es wird aber in der Thierheilkunde nicht gebraucht, weil es sehr tlieuer und bei Thicreu durch das gemeine Hirschhornöl und noch besser durch das Chabertsche Oel zu ersetzen ist.
Anmerkung 2. Das Chabertsche Oel {Oleum anfkdniinthicum s. Oleum contra Taeniam C/iabertt) wird erhalten, wenn man l TIi. Hirschhornöl und 3 Th. Ter-penthin durch 3 Tage zusammen digerirt und dann hier­von dou vierten Theil abdestillirt. Es ist dem Dippel-seilen Oel sehr ähnlich, wird aber für noch wirksamer gehalten und ist wohlfeiler. Es kann innerlich in allen, in sect;. 3(i5. angezeigten Krankheiten wie das gemeine Hirsch­hornöl gebraucht werden, wenn man dieses nicht anwen­den will. Chabert hat es zuerst bereitet und zum thicr-ärztlichen Gebrauch, besonders gegen alle sogenannte Wurmkrankheiten sehr empfohlen, weil es die Würmer viel schneller als irgend ein anderes Arzneimittel tüdtet'2,); er verordnete es erwachsenen Pferden von Jß b'8 ^jh Ochsen und Kühen in etwas stärkeren Gaben, Füllen und Kälbern von 30 bis 60 Tropfen, — Schweinen und Schaafen eben so viel, — Hunden von 2 Gran bis 'j3).
Anmerkung 3. Der Rauch von Uornspähnen, Klauen, Haaren und Federn, welche auf glühenden Koh­len verbrannt werden, enthält brenzlichtes Thieröl im dunstartigen Zustande. Wird derselbe cingeathmet, so
') Waldinser, Wabrntlnmmgrn an Scliasfcn. S. 108. tl. S.332. laquo;3 Chabert, a.a.O. p. 105— 109. s) ELtnd. p. 168 — 175.
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wirkt er auf die Lungen und auf den ganzen Organismus als ein mäfsig starkes Reizmittel, welches bei der soge­nannten wurmigen Lungenseuclie der Kälber und Lämmer, bei Oestruslarven in den Nasen- und Stirnhöhlen, bei Verschleimung der Luftröhre, bei veralteter Druse und bei ähnlichen astiicnischen Kranklieitszuständen der Schleim-Mute vortreffliche Dienste leistet. Die Anwendung kann täglich 2 Mal durch ~ bis \ Stunde geschehen, wobei aber die S. 353 in der Anmerkung angedeutete Vorsicht zu beachten ist,
(Von dem Hirschhorngeist und Hirschhornsalz siehe XI. Classe, „kohlensaures brenzlich - Öligtes Ammoniak.quot;)
2. Ivufs, (Jlanzrufs, glänzender Ofonrufs. Fuligo Ligni s. Fuligo splcndcnu.
g. 312.
Er enthält vegetabilisch-brcnzliclites Gel im oxydir-ten Zustande, mit Kohlenstoff, brenzlichter Essigsäure, breuzlichtem Ammoniak, Kreosot u. s. w. verbunden. Diese Bestandtheile zeigen sich nach der Art des verbrannten Holzes, nach dem Orte und der Art der Verbrennung etwas verschieden, aber der Kohlenstoff ist stets sehr vor-lierrschend.
Der iluls wirkt, ähnlich wie das Hirschhornöl, jedoch viel weniger stark auf das ganze Nervensystem, weniger flüchtig, sondern mehr anhaltend erregend, vorzüglich auf die Verdauungseingeweide, auf die Lymphdrüsen, die Schleimhäute, und im geringeren Grade auch auf die Haut; er bessert bei zu geringer Tlüitigkeit die Verdauung und Assimilation, ist theils hierdurch, theils auch direkt den Würmern zuwider, befördert die Resorption, ver-melirt auf gelinde Weise die Absonderung in den Schleim-bäuten, in den Nieren und in der Haut. Die grofsen lUutgefäfsc reizt er sehr wenig; er leistet daher bei asthe-nischen und cachektischen Krankheiten, vorzüglich bei schlechter Frei'slust, die ihren Grund in Unthätigkeit der Verdauungseingoweide selbst hat, bei langwierigem Durch-
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fall, bei Eingeweidewürmern, bei Egelkrankheit und Fäule der Schaafe, bei Verschleimung, bei Abmagerung aus ge­störter Assimilation, bei chronisclicr Druse, bei Hautwas-sersucht, bei veralteter Räude, bei dem Wurm und, an­geblich auch gegen den Rotz gute Dienste.
Die Gabe ist fur die grofsen Thiere jfß bis Jjß, für Schaafe und Schweine 5j bis 5jyö, für Hunde 10 Gran bis 5j, täglich 1 bis 2 Mal. Die Anwendung kann in Pillen, Latwergen, in flüssiger Form, und selbst im Pul­ver als Lecke geschehen, doch ist letzteres wohl selten zweckmäfsig, da sein Geruch und Geschmack den Thie-ren zuwider ist. Man giebt ihn mit bittern und aroma­tischen Mitteln, mit Kochsalz, Spiefsglanz, Schwefel und dergl. verbunden. Vitet lobt besonders eine Verbindung mit Aloe (2 Th. Rufs und 1 Th. Aloe), als ein wirk­sames Mittel zur Vertreibung der sogenannten weifsett Würmer und des Bandwurms bei Schaafen1). Waldin-ger gab ihn mit Hirschhornöl, Baldrian u. s. w. (Siehe den vorigen sect;. Seite 447).
In Wunden und Geschwüren wirkt er erregend, bes­sert die Bildungsthätigkeit, trocknet aus und reiniget. Er ist deshalb bei schlaffer, üppiger Granulation, bei schlech­ter Eiterung und bei vorhandenen Maden rechi; nützlich, und wirkt bald für sich allein, bald mit bittern, aromati­schen oder adstringirenden Mitteln, mit Kampher, Kupfer­vitriol u. dgl. gemengt, als Pulver eingestreuet. — Mit gleichen Theilen grüner Seife und Terpenthinöls zur Salbe gemacht, oder Zusatz zu einem Dekokt ist er bei Flech­ten und Räude ein sehr wirksames Mittel.
Um den Pferden das Koppen abzugewöhnen, soll man nach Vitet's Angabe1) 2 Unzen Ofenrufs und 1 Unze Coloquintenmark mit faulendem Urin zu einer salbenarti­gen Masse recht genau zusammenmengen, und damit die Stellen der Krippe u. s, w. bestreichen, wo das Pferd beim Koppen das Maul aufzusetzen pflegt. Die Untugend
') Vitel, Unterricht, Bd. 5. S. 250. 2) Ebcnd. S. 251. u. 252.
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soll in 8 bis 14 Tagen gehoben sein, was aber die Er­fahrung selten bestätiget.
Als Präparat hat mau noch die Rufstinktur (TVnc-tura fidiginis (Tj in ^vjjj Weingeist gelöst); sie ist aber in der Thierheilkunde nicht im Gebrauch.
Da der Rufs als Heilmittel überall leicht und wohl­feil zu haben ist, so verdient er von den Thierärzten häu­figer als bisher angewendet zu werden.
3. Tliccr. Fix Liquida laquo;. Cedria s. Resina liquida emptj-reumatica.
sect;. 343.
Er wird gewöhnlich als Nebenprodukt bei dem Koh-lenbrenncn aus verschiedenen Bäumen, besonders aus den Fichten, gewonnen und stellt eine ölige, dicke Flüssigkeit dar, die schwerer als Wasser und von schwarzbrauner Farbe ist. Sein Geruch ist empyreumatisch, der Ge­schmack scharf-bitter, anhaltend empyreumatisch. Der Theer ist aus verschiedenen Substanzen zusammengesetzt, von denen man das Kreosot, Pikamur, Parafin, Eupion und Essig deutlich erkannt hat; andere kennt man nicht genügend. Kieuholztbeet enthält aufserdem noch stets etwas Kien- oder Tcrpcnthinöl; dagegen läfst sich das Kreosot aus dieser Theerart wenig oder oft gar nicht dar­stellen, sondern blos aus dem von Ruchenholz gewonne­nen Theer iPix liquida Fagi.).
Der Theer wirkt einigermafsen dem Rufs ähnlich, aber viel stärker reizend auf das Gefäfssystem, auf die Lungen und deren Schleimhaut und auf die Nieren, so dafs er sich hierin den balsamischen Mitteln sehr nähert; er unterscheidet sich aber von ihnen darin, dafs er viel mehr erregend als sie, auf die Nerven der Eingeweide wirkt und deshalb bei grofscr Schwäche der letztem ge­wöhnlich weit besser ertragen wird, als der Terpenthiu und als das Fichtenharz. Auf das Gehirn und die Sinnes­organe äufsert er selbst in grofseu Gaben keine besondere Wirkung.
i
J,
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Er kann nach dem im sect;. 310. angegebenen Indika­tionen angewendet werden; wegen seiner eben bezeich­neten starkem Wirkung auf die Blutgefafse, die Lungen Vi. s. w., wird er aber innerlich, besonders bei Yerschlei-inung der Lungen, bei vernachlässigten Lungenentzündmi-gen und deren Ausgängen, daher auch bei der sogenann­ten Lungenseuche des Rindviehes, wenn sie entweder ur­sprünglich einen astheuischen Charakter besitzt, oder wenn sie bereits in Ausschwitzung übergegangen ist; ferner, bei eiternden Lungenknoten, wenn kein gereizter Zustand da­mit verbunden ist; — bei Brust- und Bauchwassersucht, bei ödematosen Anschwellungen; bei chronischer Druse; bei dgl. Rheumatismus; bei dem Wurm der Pferde; bei veralteter Mauke und Rande, bei Eingeweidewürmern, und bei dem Aufblähen der Wiederkäuer benutzt.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder rjj bis ?j, für Schaafe und Schweine 5igt; bis ?jj, für llundc 5 Gran bis oj, täglich 2 bis 4 Mal. — Die Anwendung kann in Lat­wergen, Pillen oder in flüssiger Forin geschehen, und es gilt hierüber Alles, was von der Anwendung des Fichten­harzes und des Terpentliins (sect;. 324 und 328j angegeben worden ist. Man verbindet den Thcer nach Bedürfhiis der verschiedenen Krankheitszustände mit bittern und aro­matischen Mitteln, mit Schwefel, Spiel'sglanz, selbst mit Salzen, namentlich mit Salmiak.
Mau wendet den Thcer auch in Form von Dämpfen an, welche man am leichtesten entwickelt, indem man entweder ein heifses Stück Eisen in einen mit Thcer ge­füllten Topf steckt, oder indem man Theer auf ein heii'scs Eisen, z. B. auf eine Kohlenschaufel oder auf heifse Steine tröpfelt. Diese Theerdämpfe, in denen fast alle Bestand-theile des Theers, besonders aber das äther. Oel und das Kreosot enthalten sind, wirken auf die von ihnen betrof­feneu Theile des Thicrkörpers stark reizend, und dies um so mehr, je stärker die zu ihrer Erzeugung benutzte Hitze war, und je mehr der Theer hierbei wirklich ver­brannt worden ist. Die Dämpfe bestehen hierbei gröfsten-
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tlicils aus Rauch, der eine grofse, widrige Schärfe besitzt. Sollen sie mogliclist mild wirken, so bereitet man sie auf die Weise, dafs man das Gefals mit dem Theer blos in recht heifsen Sand stellt. Dies ist bei ihrer Bereitung, mit Berücksichtigung des Grades der Reizbarkeit der Lungen der kranken Thiere, zu beobachten. Die zu starke Er­hitzung der Materialien scheint mir weder noting noch nützlich, denn das ätherische Oel des Theers wird hier­bei gänzlich zerstört. — Die Anwendung der Theer-dänipfe ist bei Erschlaffung und Torpidität der Lungen, bei Erschlaffung der Schleimhaut in der Nase, in der Luftröhre und in den Lungen, daher bei chronischer Druse, bei langwierigem Schleimausflufs, bei chronischem, kraftlosem, dumpfem Husten, bei der Lungenwürmerkrank-heit der Schaafo und bei Oestruslarvcn in den Stirnhöhlen angezeigt, und ich habe sie bei diesen Zuständen, diesel­ben mochten fieberhaft oder fiebevlos sein, mit dein aus­gezeichnetsten Erfolge benutzt. — Auch können diese Dämpfe als Präservativmittel gegen asthenische Krank­heiten, namentlich gegen dergleichen catarrhalische Krank­heiten, besonders bei feuchter Witterung, ähnlich wie die Räuchenuigcn von AVacliholderbecren (S. 352), mit Nutzen gebraucht werden.
Bei Vollblütigkeit, und bei jedem mit erhöheter Reiz­barkeit verbundenen Zustande, besonders bei Augen-, Hals- oder Lungenentzündungen müssen sie streng ver­mieden werden. — Man kann sie täglich 2 bis 3 Mal entwickeln, so dafs die Luft des Stalles beständig mit ihnen geschwängert ist. Die Menge des jedesmal zu ver­brauchenden Theers läfst sich nicht genau bestimmen, da sie hauptsächlich von der Gröfse des Stalles abhängig ist. Um einen gut geschlossenen Stall von 10 bis 12 Fufs Höhe, Länge und Breite mit Theerdämpfen vollständig zu erfüllen, ist 1 Unze Theers erforderlich.
Aeufserlich kann der Theer als ein sehr wirksames und M'ohlfeiles Digestivmittol bei Wunden und Geschwü­ren, iji denen zu geringe Thätigkeit besteht, oder wo Ma-
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den sich entwickelt haben, benutzt werden; mau wendet ihn hierbei ähnlich wie den Terpenthin, entweder für sich allein, oder mit Eigelb und Wasser abgerieben, als Di­gestivwasser an. Bei oberflächlichen Verletzungen dient er als schützendes Bedeckungsmittel, und besonders wird er hierzu bei Hufschäden, z. B. bei Hornspalten, bei aus­geschnittenen Steingallen, bei faulem Strahl u. dgl. be­nutzt. — Drei Theile Thcer, 2 Theile gelben Wachs und 24 Theile Talg zusammengeschmolzen, bilden eine sehr gute Hornsalbe, durch deren Anwendung das Wachsthum des Hufes befördert und das Sprödewerden vermindert wird. Bei dem gutartigen und bösartigen Klauenweh der Schaafe ist der Theer sowohl für sich allein, wie auch in Verbindung mit andern Mitteln (siehe Kupfervitriol) sehr nützlich gewesen. — Ebenso leistet er bei Räude und Flechten gute Dienste, obgleich er die Räudemilbeu viel weniger schnell tödtet als das Hirschhornöl; man benutzt ihn hierbei entweder allein, oder besser mit Fett, oder mit Seife zur Salbe gemacht, der mit passenden Flüssigkeiten verbunden als Waschmittel, z. B. in der sogen. Walz'schen Lauge (S. 451). Wandel empfahl eine Räudesalbe, die aus 8 Theilen Theer, 4 Theilen ge­salzener Butter und 4 Theilen Pottasche durch Znsam-menreiben in einem Mörser bereitet wird; Viborg machte sie einfacher, indem er Theer und grüne Seife zu glei­chen Theilen in einem Topfe zusammenschmelzen liefs. — Durch Zusatz von Hirschhornöl, Terpenthinöl, weifser Niefswurz u. dgl. ist die Wirksamkeit dieser Salben sehr zu verstärken. — Auch wird der Theer zuweilen als Ve­hikel bei der Bereitung scharfer Salben benutzt (Siehe: Canthariden).
Anmerkung. Das sogenannte Theerwasser (jfywa picea) wird bereitet, indem man 1 Theil Theer mit 3 bis 4 Theilen kalten Wassers übergiefst, beides recht oft um­rührt und nach l bis 2 Tagen die klare Flüssigkeit ab-giefst. Das Thecrwasser enthält brenzlichte Essigsäure und etwas aufgelöstes brenzlichtes Oel, wirkt viel milder.
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erhitzt weniger als der Tlieer, befördert aber ziemlich stark die Harnabsonderung. Es kann fast in denselben Fällen gebraucht werden, wo der Theer nützlich ist. Man giebt es Pferden und Rindern von 1 bis 3 Pfund, Scha­fen und Schweinen ^jyy bis gvj, Hunden gli bis ^jjrj auf einmal, täglich 3 bis 4 Mal, und mehrentheils für sich allein, zuweilen auch mit bittern oder aromatischen Mit­teln; Dietrichs1) gebrauchte es in Verbindung mitTer-penthinöl bei der Lungenseuche des Rindviehes. — Doch sind die Wirkungen dieses Mittels weder überhaupt, noch bei einzelnen Krankheiten durch hinreichende Erfahrungen nachgewiesen, und Vitet (a. a. O. S. 203.) behauptet sogar: „dafs alle gepriesenen Kräfte desselben erdichtet sind.quot; Diefs ist zwar unrichtig, aber so viel ist sicher, dafs eine Unze Theer in Substanz mehr leistet, als ein Pfund Thecrwasser.
4. Kreosot. Creosotum. sect;• 344.
Das Kreosot oder mumifizirende Prinzip ist erst in neuerer Zeit als ein Bestandtheil der meisten empyreuma-tischen Substanzen, des Holzessigs, des Theers, des Stein-kohlentheers, der Braunkohlen, des Hirschhornöls und des Rauchs entdeckt und namentlich aus den beiden er­stem Substanzen auf verschiedene Weise dargestellt wor­den. Es erscheint im unreinen Zustande als eine bräun­liche, an der Luft schwarz werdende, im rektifizirten Zu­stande als eine farblose, durchsichtige Flüssigkeit von ölartiger Konsistenz; es hat einen stark empyreumatischen, durchdringenden Geruch, der sich an Alles fest anhängt, und einen brennenden, ätzenden, etwas ins Süfsliche nei­genden Geschmack; im Wasser löst es sich schwer, da­gegen in Alkohol, Aetiier und in Steinöl leicht auf; mit fetten und ätherischen Oelen mischt es sich leicht, und das Eiweis coagulirt es sogleich.
Das Kreosot wirkt im reinen Zustande auf die leben-
•) ALliandl. üb. d. Lunscnscuclie. Berl. 1821. S. 83.
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den thierischea Gebilde nehr stark reizeud, umändernd und selbst ätzend. Auf die Haut eines Thieres gebracht, macht es nach 1 bis 2 Minuten die betroffene Stelle weifs und gefühllos, und nach einigen Tagen stöst sich die abgestorbene .Schicht in trockenen Schuppen ab; in Wunden macht es augenblicklich einen heftigen, brennen­den Schmerz, der oft gegen eine halbe Stunde anhält, und wobei die Oberfläche zuerst weifslich wird, hierauf bald mehr, bald weniger trocken zusammenschrumpft, und zuletzt wieder eine dunkclrothe, reine, mit wenigem aber gutem Eiter versehene Fläche erzeugt; Schorfbildung fin­det dabei niclit statt. Blut coagulirt durch seine Einwir­kung sehr schnell und Blutungen aus kleinen Gefafsen hören hiernach bald auf. — Innerlich angewendet bringt es in einzelnen kleinen Gaben keine besondere Erschei­nungen hervor, und Pferde ertrugen es bis zu 3 Drach­men, ohne dafs andere Zufalle eintraten, als dafs durch eine bis 2 Stunden der Athem nach Kreosot roch, das Maul heifser und etwas trockener, der Puls um einige Schläge vermehrt wurde. Ilunde zeigten dagegen von einer halben bis zwei Drachmen Kreosot sogleich grofse Angst, stieren Blick, Schwäche, selbst Lähmung der Ex­tremitäten, Schwindel, Erbrechen coagullrter, weii'slicher Massen, zuweilen Auswurf von blutigen Schaum, röcheln­des AUiem und Erstickungszufalle, unter denen der Tod erfolgte. In den Cadavern fand sich ein starker Kreosot­geruch in fast allen Eingeweiden, dunkle Röthe und Ent­zündung der Magen- und Darmschleimhaut, an einzelnen Stellen selbst Anätzung derselben, und Verdickung des Blutes. — Diese Wirkungen sähe man auch dann, wenn eine gleiche Gabe des Mittels mit der doppelten Quan­tität Wassers verdünnt eingegeben wurde, und nach einer in die Jugularvene gemachten Injektion von quot;jß Kreosot mit eben so viel Wasser verdünnt, erfolgte der Tod unter sehr heftigen, krampfhaften Athembeschwerden in wenigen Minuten. — Auch auf todtc thierischc Gebilde wirkt das Kreosot, indem es dieselben bräunlich färbt, sie zusain-
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mensclmimpft, ihnen den Kreosotgeruch mittheilt und sie gegen Filulnils schützt. Diese Wirkung erfolgt sehr schnell z. B. schon, wenn man Fleisch nur \ bis 1 Stunde in eine Auflösung des Mittels legt. Man erklärt die sämmt-licheu Wirkungen des Kreosots aus der von ihm verur­sachten schnellen Gerinnung des Eiweifses in den tiiieri-schen Gebilde.
Als Arzneimittel ist das Kreosot in der kurzen Zeit seines Bekanntseins von Menschenärzten sehr vielfältig versucht worden. Es findet, den angedeuteten Wirkungen zu Folge, seine Anwendung da: wo bei gesunkener Ener­gie der Organe eine übermäfsigo sclilaifo Bildung oder zu reichliche Absonderungen und Austlüsse bestehen. Haupt-säclilich hat man es angewendet: 1) innerlich als ein umstimmendes, die Sekretionen besonders in den Schleim­häuten verminderndes Mittel, gegen chronischen Katarrh mit reichlichen Schleimflufs, gegen Lungengeschwüre und gegen Harnruhr; — 2) innerlich und äufserlich, als ein styptisdies Mittel gegen Blutungen, sowohl aus Wunden wie auch aus innern Organen (jedoch nur gegen paren-chyinatose Blutungen; denn Verletzungen gröfserer Ge-fäl'se kann es nicht umschliefsen), und — 3) äufserlich als umstimmendes, als reinigendes, die Eiterbildung bes­serndes, die Abblätterung in Knochen, Knorpeln und Sehnen beförderndes und der fauligen und brandigen Ab­sterbung entgegenwirkendes Mittel bei unreinen, trägen, jauchenden Wunden und Geschwüren mit blasser, üppi­ger Granulation oder mit Caries, bei dergl. Widerrüst­schäden, und Nackenfisteln, bei dem sog. Wurm an der Ohrmuschel der Hunde, bei Strahlfäule, Strahlkrebs, bei bösartigem Klauenweh, bei Hufknorpelüsteln, bei Gelenk-und Sehnenwunden mit reichlichen Ausfiufs der Synovia, bei weichen Warzen, bei dem kalten Brande n. dgl.
Gegenanzeigen sind: ein gereizter Zustand des Ver­dauungskanals, der Lungen oder der Nieren, und aktive Entzündung der Steilen, wo das Mittel angewendet wer­den soll.
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Die Gabe zum innerlichen Gebrauch ist für Pferde und Rinder 5ß — ?jj, für Schafe, Ziegen und Schweine Gr. xv — 3ß, für Hunde Gr. j — Gr. x täglich 3 Mal, bei Blutungen öfter wiederholt. Man giebt das Kreosot stets vorher mit Weingeist oder mit Wasser 20fach oder noch mehr verdünnt, entweder in flüssiger Form (blofse Auflösung oder Emulsion), oder in Pillen und Latwergen, mit Zusatz von schleimigen, adstringirenden oder aromat. Mitteln. — Dagegen dürfen Chlor, Salpeter- und Schwe­felsäure, ätzende Alkalien, Quecksilber und Quecksilber­salze, Harze und Eiweis mit dem Kreosot nicht zusam­mengebracht werden.
Aeufserlich wird das Mittel im oonzentrirten Zustande selten, etwa nur bei Warzen und bei dem Strahlkrebs, angewendet; in allen übngen Fällen benutzt man eine Auflösung von 1 Th. Kreosot in 5 bis 100 Th. Wein­geist oder -Holzessig, je nach dem Grade- der Erschlaffung und Reizlosigkeit. Man streicht die Flüssigkeit täglich zuerst zweimal, späterhin seltener, mit einen Pinsel oder mit einer Feder auf, oder man spritzt sie in die Fisteln ein. — Mit 4 bis 8 Th. Fett zusammengeriebeu ist. das Kreosot auch in Salbenform anzuwenden.
In leichteren Fällen der oben genannten Krankheiten kann das Kreosot gewifs durch Theer, Ofenrufs oder Holz­essig wohlfeil ersetzt werden.
5. Steinöl, Bergol. Petroleum s. Oleum Petrae.
sect;. 345.
Es erscheint in materieller Hinsicht mit kohiigen brenzlichen Stoffen weniger reichlich begabt, als die vor­her genannten Mittel, sondern es nähert sich bedeutend dem Terpenthinöl.
In seinen Wirkungen zeigt es innerlich und äufser-lich ebenfalls eine grofse Aehnlichkeit mit dem Terpen­thinöl: es scheint jedoch bei innerlicher Anwendung mehr anhaltend erregend auf die Baucheingeweide, und äufser-
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lieh etwas weniger flüchtig und weniger scharf reizend auf die Haut zu wirken, als dieses Mittel.
Die Anwendung kann in Ermangelung des Terpen-thinöls ganz bei denselben Krankheiten wo dieses em­pfohlen ist (sect;. 329.), in denselben Gaben und sowohl innerlich wie aufserlich auf dieselbe Weise geschehen. — Einen besondern Vorzug vor dem Terpenthinöl besitzt es nicht; es ist aber in den Apotheken noch einmal so theucr wie dieses.
sect;. 346.
Noch andere empyreumatische Mittel, wie namentlich das Wachsöl {01- Cerae), das Franzosenholzöl (OZ. ligni Guajact), das S t e i n k o h 1 e n - oder B r a u n k o h 1 e-n ö 1 (OZ. pyrocarhoniewm s. 01. lithrancis), das Judenpechol iOl. AsphaUO, das Birkenöl, der Birkentheer oder der sogenannte schwarze Degen (_0(. Betulinuvi s. 01. Rusci), das Ziegel steinöl COl. Philosopkoruni), und das Rufs öl (01. Fuliginis) sind sämmtlich entbehrlich, da ihre Wirkungen keine erwiesene Vorzüge vor denen der übrigen abgehandelten Mittel besitzen.
Fünfte Klasse.
Weingeistige (spirituöse) nnd ätherhaltige Arzneimittel.
(Medicamina spirituosa et aetliered). ' Begriff. AVirkung und Anwendung dieser Mittel im Allgemeinen.
sect;. 347.
Die in dieser Klasse zusammengestellten Arzneimittel enthalten sämmtlich als wirksamsten Bestandtheil den Weingeist (Spiritus, Spiritus vini), und zwar denselben entweder für sich allein, oder in verschiedenartigen Ver­bindungen mit Wasser, mit Schleim, Zucker, mit aroma-
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tischen, färbenden und adstringirenden Bcstandtheilen, mit Säuren u. a. Stoffen. Es gehören, aufser dem Weingeist selbst, die sogenannten gebrannten Wässer (Branntweine), die verschiedenen Weine, Aether, und die versüfsten Säuren hierher.
Diese Mittel werden im ärztlichen Sprachgebrauch auch als flüchtige Mittel (M. volatilia) bezeichnet, theils deshalb, weil sie die Eigenschaft besitzen, sich ent­weder gänzlich oder doch ihren Bestandtbeil an Wein­geist zu verdunsten und zu verfluchtigen, noch mehr aber, weil sie bei ihrer Anwendung auf den Thicrkörper den­selben sehr schnell durchdringen und daher auch ihre Wirkungen sehr schnell, d. h. flüchtig, entwickeln. Beide Eigenschaften kommen jedoch den Spirituosen und äther­artigen Arzneimitteln nicht allein zu, sondern man findet sie auch bei der Blausäure, bei dem Ammoniak, bei dem Kaniphcr, bei den meisten ätherischen Oelcn und einigen andern Stoffen.
sect;. 3 IS.
In ihrer Wirkung kommen diese Mittel darin mit einander überein, dal's sie zuerst (primär) die Thätigkcit des Nervensystems schnell zu einem höheren Grade auf­regen und hierdurch auch den ganzen Lebensprozefs er­höhen, darauf aber (seeundär) Abspannung, Mattigkeit, und nach sehr grofsen Gaben sogar Betäubimg und Läh­mung verursachen. Dieser Unterschied zwischen der pri­mären und sekundären Wirkung, tritt bei den in Rede stehenden Mitteln deutlicher hervor, als bei allen andern; aber die Stärke und die Dauer der Erscheinungen, so­wohl der aufgeregten als der verminderten Lebensthätig-keit, sind nach der Gröise der Gabe, nach der Conzeu-tration des angewendeten Mittels, nach der kürzeren oder längeren Zeit der Wiederholung, und nach der Indivi­dualität der Thiere sehr verschieden. Bei Hunden, Katzen und Schweinen wirken diese Mittel verhältnifsmäfsig am stärksten, bei Pferden viel schwächer und bei den Wie­derkäuern am schwächsten. Mäfsige Gaben nur einmal
oder
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oder in langen Zwischenzeiten angewendet, veranlassen nur eine geringe Aufregung, die sich durch lebhafteren Blick, gröfsere Aufmerksamkeit und Munterkeit, schnel­lere Verdauung und durch reichliche Urinentleerung zu erkennen giebt. Bei sehr empfindlichen Thieren wird zu­weilen auch die Zahl der Pulse etwas vermehrt, und die Farbe der Schleimhaut im Maule und in der Nase etwas dunkler. Nach kurzer Zeit gehen alle diese Erscheinun­gen wieder vorüber, ohne dafs deutlich bemerkbare Nach­wirkungen folgen. Grofse Gaben erzeugen stärkere Auf­regung, unruhiges Benehmen, Hin- und Herlaufen ohne Zweck, Kratzen mit den Füfsen, Wälzen auf dem Fufs-boden, stieren Blick, wobei die Pupille zuerst verengert, später erweitert ist; manche Thiere geben in der ersten Zeit freundliche, später ängstliche, widrige Laute von sich; bei Hunden, Katzen und Schweinen findet sich Nei-; gung zum Erbrechen oder wirkliches Erbrechen (Vitet bemerkte dieses auch bei Wiederkäuern); der Stand wird unregelmäfsig, der Gang schwankend. Nach kurzer Dauer dieser Zufälle zeigen sich die Thiere matt, sie stehen mit gesenktem Kopfe oder liegen gern, und sind gegen alle iiufsere Einwirkungen bald mehr bald weniger stark abge­stumpft; Puls und Athem sind dabei normal oder nur sebr wenig vom gesunden Zustande abweichend. In die­sem Zustande, oft nach hinzugetretenem Schlaf, ver­bleiben die Thiere durch 3 bis 6 Stunden, worauf die ganze Wirkung wieder vorüber zu sein pflegt. Zuwei­len bleibt aber noch etwas Mattigkeit zurück. Durch sebr grofse Gaben wird die Aufregung fast augenblick­lieb nach dem Eingeben in einem hohen Grade her­vorgerufen, aber schon nach wenigen Minuten treten Sehwindel, schwankender Gang, Unvermögen zu gehen, und Erbrechen hinzu, worauf Erweiterung der Pupille, Verlust der Sinnesthätigkeit, schnelles, beschwerliches Atbmen, Zuckungen, Betäubung, Lähmung und zuweilen selbst der Tod folgen. Tritt der letztere nicht ein, so crbolen sich die Thiere erst nach mehreren Stunden. In
quot;'#9632;rtwlg Anneiiniudlelm.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 30
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manchen Fällen wird durch die starke örtliche Reizung Magen- und Darmontzündung erzeugt, und die Thiere ge­nesen oder sterben dann erst nach 24 Stunden. — Bei der Sektion der schnell gestorbenen Thiere findet sich Geruch nach Weingeist in den Eingeweiden und Anhäu­fung von schwarzem Blute in den Gefäfsen des Gehirns, im Herzen und in der Leber; oft ist das Blut im Herzen gleich nach dem Tode geronnen. — Bei den langsamer gestorbenen l liieren sieht man aufser der Anhäufung von schwarzem Blut in allen Organen, mchreiitheils noch Ent­zündung im Magen oder Darmkanal, oder Verdickung der Häute dieser Theile- Die Lungen und alle andern Or­gane erscheinen unverändert.
#9632; Werden diese Mittel in die Venen gespritzt, so brin­gen sie ähnliche Wirkungen hervor; dieselben erreichen aber leicht einen zu hohen Grad, besonders bei kleinen Thieren und wenn in den Mitteln der Weingeist sehr conzentrirt enihaltcn war. Es erfolgt zuweilen der Tod sehr schnell durch Gerinnung des Blutes in der rechten Hälfte des Herzens und in der Lungenarterie.
In Wunden bewirken sie heftigen Beiz, starke Zu-sammenziehung der Fasern, Gerinnung und Verdickung ( der Flüssigkeiten, jedoch nur mäl'sigc Entzündung. Die­ser Wirkungen wegen können die Spirituosen, und äther-haltigen Mittel die Erzeugung des Eiters und der Gra­nulation nicht befördern, und man sieht auch, dafs sie diese Bildungsprozesse beschränken, die Granulation ver­dichten, und bei unzeitiger und zu reichlicher Anwendung aelbst die Entstehung von Callositäten und Verhärtungen begünstigen. •
Auf die unverletzte Haut gebracht, erzeugen diese Mittel Reizung, Röthe, stärkere Zusammenziehung der Haut und der zunächst unter ihr liegenden Gebilde, grös-sere Thätigkeit der Gefäfse, und besonders stärkere Re­sorption; bei mehrmals in kurzer Zeit wiederholter, reich­licher Anwendung entsteht auch obertiächliche Entzün­dung. Aufserdem verursachen die sehr fluchtigen Mittel
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durch ihr schnelles Verdunsten unmittelbar nach der iiufserlichcn Anwendung an den betreffenden Stellen eine geringere Temperatur, wodurch die zusammenziehende Wirkung für kurze Zeit noch etwas verstärkt wird. — Bei kleinen Thieren entstehen von der reichlichen aus-sern Anwendung auf einer grofsen Fläche zuweilen auch die oben bezeichneten allgemeine Wirkungen, jedoch nur in einem geringen Grade.
sect;. 349.
Die Vermittlung der allgemeinen Wirkungen der Spi­rituosen und ätherhaltigen Mittel, erklären Manche nur allein durch die blofse Berührung der Nervenenden an den Stellen der Einwirkung, weil die Wirkungen so aus­gezeichnet schnell sich entwickeln und über den ganzen Körper verbreiten, und aufserdem eine wesentliche Bezie­hung zum Nervensystem haben. Da aber nach jeder Art der etwas reichlichen Anwendung dieser Mittel die aus-geathmete Luft den eigenthümlichen Geruch derselben an­nimmt, dieser Geruch auch im Blute wahrzunehmen ist, welches bald nach dem Eingeben einer grofsen Gabe von Weingeist oder Aether durch einen Aderlafs entleert wird, so ergiebt sich, dafs diese Stoffe eben so wie alle andere, einen grofsen Theil ihrer Wirkung durch den Uebergang in die Säfte vermitteln.
Die Letztern selbst, vorzüglich das Blut, erleiden durch die Mittel Veränderungen, durch welche die Wir­kung vervollständiget wird. Zuerst entstellt eine, wohl durch die Flüchtigkeit dieser Mittel bedingte, gröfsere Expansion des Blutes; dann wird wahrscheinlich sein Eiweisstoff mehr zum Gerinnen geneigt und hierdurch das Blut mehr dickflüssig. Zugleich erhält es, da diese Mittel sehr reich an Kohlenstotf und dabei leicht zersetzbar sind, in kurzer Zeit einen grofsen Gehalt an diesem Stoffe, wodurch es dunkler gefärbt wird und selbst in den Ar-teiiou ziuveüen eine dem Venenblute ähnliche Beschaffen­heit amiimmt. Sowohl in Folge dieser Veränderung des Bluts, wie auch bei der durch die primäre, flüchtig rei-
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zende Wirkung erzeugten Aufregung der Lcbenstliatig-keit entstehen Congestionen zu dem Gehirn, Rückenmark, zur Lunge oder zur Leber und im zweiten Stadium ve­nöse Anhäufungen in diesen Organen. Ein Theil der in den Körper gebrachten Spirituosen Mittel wird Unzersetzt durch die Lungen wieder ausgeschieden,l)
sect;. 350. ;
Die Spirituosen und ätherischen Arzneimittel sind in der flüchtig erregenden Wirkung den ätherisch - öligen Mitteln (besonders dem Kampher) ähnlich; sie unterschei­den sich aber von denselben dadurch, dafs sie a) noch weit flüchtigerwirken; — b) dafs ihre Wirkung viel mehr auf das Nervensystem allein begränzt ist, und bei grofsen Gaben spezifisch auf die Thätigkeit des Gehirns (haupt­sächlich des kleinen Gehirns) gerichtet zu sein scheint, — und c) dafs sie blos die Nervenkraft aufregen-, niemals aber (wie die ätherisch-öligen Mittel) zugleich die Irrita­bilität vermehren und die Mischung des Blutes verbes­sern, sondern im Gegentheil die Zersetzung desselben be­fördern, — und t?) dafs von den allermeisten ätherisch-Öligen Mitteln keine solche sekundäre Zufalle entstehen, wie von den Spirituosen.
Eben so sind diese Mittel dem Opium und dem Am­moniak in der Wirkung ähnlich. Das Letztere scheint aber (abgesehen von seinen alkalischen Eigenschaften) mehr die Nerven des Rückenmarkes und die grofsen Ein­geweidenerven als das kleine Gehirn zu erregen, und es fehlen ihm die deprimirenden Nachwirkungen. Das Opium wirkt dagegen in grofsen Gaben spezifisch auf das grofse Gehirn, macht örtlich nur sehr geringe Erregung, fast niemals Entzündung, beschränkt fast alle Ab- und Aus­sonderungen, und es fehlt ihm die Flüchtigkeit.
III ^
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') Vergleiche hiermit: T. Pomraer, über die lamslliclie Be­rauschung pflanzen - und fleischfressender Säugethiere. In derSchwei-rer Zeilschrift für Natur- u. Heilkunde. I. Bd. 1. Heft. Zürich 1834.
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sect;. 351.
Die innerliche Anwendung der Spirituosen und äther-haltigen Mittel ist nur bei solchen Krankheitszustanden angezeigt, welche in sehr verminderter und unregelmafsi-ger Nerventhätigkeit begründet sind, und sie findet dahe' namentlich statt: a) bei allgemeiner Lebensschwäche, nr übermäfsigen Anstrengungen aller Art, z. B. durch Arbei ten, bei und nach schweren Geburten; ferner, bei asthc-nischen Fiebern, besonders bei Nervenfiebern, wo die Kräfte sehr gesunken, wo grofse Abstumpfung, Krämpfe und dergleichen Nervenzufälle zugegen sind, z. B. bei der Staupe mit Zuckungen; — b) bei Schwäche und abnormer Nerventhätigkeit in den Verdauungs- und Harnorganen, z. B. bei Krampf- und Windkolik, bei der Trommelsucht der Wiederkäuer, bei krampfhaften Harnverhaltungen und ähn­lichen Zufällen.
Sie sind bei diesen Zufällen nur so lange nützlich, wie dieselben im hohen Grade bestehen, und bis die Kräfte so weit gehoben sind, dafs andere, mehr andau­ernd wirkende Erregungs- und Stärkungsmittel vom Or­ganismus ertragen werden; denn niemals sind sie für sich allein im Stande, wirklich zu stärken und somit die innere Ursache jener Zufälle zu beseitigen. Deshalb pflegt man sie auch gewöhnlich mit aromatischen, mit bittern und andern Mitteln verbunden anzuwenden.
sect;. 352.
Die Gabe und die Wiederholung mufs bei diesen Mitteln sowohl nach ihrer Concentration, wie auch nach dem Grade der vorhandenen Schwäche und Abstumpfung, oder nach der Heftigkeit der Krämpfe, und ebenso nach der Stärke und Dauer der, von der ersten Gabe entstan­denen Aufregung möglichst genau abgemessen werden. Doch sind stets nur mäfsige Gaben zu therapeutischen Zwecken zu benutzen, weil durch die heftige Erregung von grofsen Gaben die vorhandene geringe Nervenkraft sehr leicht völlig erschöpft, und hierdurch der Schwäche­zustand zu einem noch höhern Grade gebracht wird. Da
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es aber schwer ist, gleich im Anfange des Gebrauchs die­ser Mittel die genau passende Gabe zu tretten, so ist es zweckmäfsig, mit kleinen Gaben zu beginnen, ihre Wir­kung zu beobachten und die folgenden Gaben nach der­selben einzurichten. Die Wiederholung mds-, so lauge die Krankheitszufalle sie erfordern, immer in kurzen Zwi­schenzeiten und sogleich als die erregende Wirkung der vorher gereichten Gabe vorüber ist, statttinden. — Als die schicklichste Form zur Anwendung dieser Mittel er­scheint die tiüssige, weil in andern Formen die Verduu-stung sehr begünstiget wird, wenn man die Arznei nicht gleich nach ihrer Bereitung verbraucht. Pillen und Lat­wergen mit solchen Mitteln soll mau daher in grofseii Quantitäten nicht bereiten lassen. — Verbindungen kann mau fast mit allen andern Arzneisubstanzen machen.
sect;. 353. Die äufserliche Anwendung dieser Mittel ist, nach ihrer, im sect;. 348. angedeuteten Wirkungsweise da ange­zeigt, wo man flüchtig erregen, gelind zusammenziehen und stärken mufs, daher namentlich bei Lähinungen; bei Erschlaffung, Auflockerung und zu starker Ausdehnung oberflächlich liegender Theile, daher auch nach Verren­kungen und Verstauchungen; bei und nach Quetschun. gen, wenn sie mit keiner asthenischen Entzündung beglei­tet sind, bei Blutunterlaufungen und ödematösen Anschwel­lungen; bei parenehymatösen Blutungen; bei asthenischen, torpiden Entzündungen; bei üppiger Granulation, beson­ders wenn sie sehr weich und blal's ist; bei zu langsa­mer Abblätterung angegriffener Theile an. Knochen, Knor­peln und Bändern; bei dem kalten Brande; bei dem kal­ten und chronischen ilheuinatismus, und bei dem soge­nannten Schwund.
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354.
Dagegen ist der Gebrauch dieser Mittel überall nach-theilig, wo der Lebensprozefs in einem Zustande krank­hafter Aufregung besteht, wie namentlich bei dem Ent-.zündungslieber, bei allen asthenischen, schmerzhaften Eut-
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die-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; zündungen, bei frischen Wunden: oder, wo Callositäteu
esnbsp; nbsp;1nbsp; nbsp;und durch Gerinnung des Eiweisstoffes (Faserstoffes) be-
Vir-nbsp; nbsp; 1nbsp; nbsp;dingte Verhärtungen bestehen, z. B. bei verhärteten Ge-
der-nbsp; nbsp;11nbsp; schwülsten und ebenso bei Wunden und Geschwüren,
mgenbsp; nbsp;IInbsp; welche zu Verhärtungen neigen. 5wi-
J^j. 1nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1. AV'eiugeist. Spiritus viui.
Alsnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;sect;, 355.
e1''nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Der Weingeist wird aus Substanzen, welche Zucker
WRquot; oder Stärkemehl enthalten, durch die sogenannte Wein-iicht gährung erzeugt und dann durch Destillation als eine Lat- oigenthümliche Flüssigkeit dargestellt, in welcher er bald isen an mehr bald an weniger Wasser gebunden ist. Diese cann Flüssigkeit heifst: Alkohol {Alkohol, s. Alkohol vim üb-| sohtmn), wenn sie möglichst frei von Wässer ist, — höchst rektifizirter Weingeist iSjnntus vini rectifi-
lacli
tafissimus), wenn sie SO bis 90 Prozent Alkohol, — quot;S6- re kt i fizirt or W eingeist (Spiritus vini rectifwatus), wenn -hen si0 55 bis SO Prozent Alkohol, — und Kr an nt wein bei | oder verdünnter Weingeist (Spiritus framenti s. Äl-lung cohol dilufum), wenn sie von dem letzteren weniger als #9632;reu- 55 Prozent enthält. llU11-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;sect;. 356.
glci-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Der Weingeist erzeugt die, von den Spirituosen Mit-
wel- • teln im Allgemeinen angegebenen Wirkungen tsect;- 348. u.
;heu, sect;. 349), und dieselben erfolgen um so schneller und hef-
son- tiger, je reicher er an Alkohol ist. Der reine Alkohol
igsa- und der höchst rektifizirte Weingeist sind aufser dem
nor- Aether die flüchtigsten Erregungsmittel im ganzen Arznei-
käb schätz; ihre erregende Wirkung verbreitet sich zwar über
ioge- das ganze Nervensystem, äufsert sich aber speeifisch und
am stärksten an den Verrichtungen des kleinen und gros-
sou Gehirns; auch bewirken sie eher als der Wein und
lach- | Aether üeberreizung, grofse Erschöpfung, Betäubung und
rank,- || alle, mit der sekundären Wirkung verbundene Zufälle,
Eat- II selbst den Tod. An den Stellen der unmittelbaren Ein-
Eut- II Wirkung verursacht der Alkohol und der höchst rektifi-
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zirte Weingeist überall heftige Reizung und selbst Ent­zündung. Bei innerlicher Anwendung, noch mehr aber beim Einspritzen in die Blutadern wirken diese Flüssig­keiten am heftigsten, und auf letztere Weise am gefähr­lichsten, weil dadurch, aufser der starken Reizung auch schnelles Gerinnen und Zersetzung des Blutes entsteht. — Ein altes, aber gesundes Pferd, dem 8 Unzen Alko­hol eingegeben worden, erschien plötzlich höchst aufge­regt, wurde unruhig, bäumte sich, taumelte, fiel nach kaum 2 Minuten nieder, schlug heftig mit den Füfsen und mit dem Kopfe, verdrehete die Augen, wurde ganz unempfind­lich und bewufstlos, und starb nach 10 Minuten. Der Herzschlag war weniger schneller als vor dem Eingeben, und dauerte noch über 10 Minuten nach dem Tode fort. Beim Oeffnen fand sich an den Eingeweiden die, im sect;.348. angeführte Beschaffenheit. — Von 4 bis 6 Unzen erfolgten dieselben Zufälle; die Pferde blieben aber am Leben. Hunde starben unter ähnlichen Zufällen \ bis \ Stunde nach dem Eingeben von gj bis ojj Alkohol; von 1 bis 2 Drachmen zeigten sie sogleich heftige Aufregung welche schnell in Taumel und Betäubung überging; nach sect; bis 1 Stunde waren sie aber wieder gesund; — 4 bis 6 Drachmen verursachten ähnliche Wirkungen, die aber heftiger, länger anhaltend und mehrentheils mit Erbre­chen verbunden waren. Wo letzteres nicht eintrat oder wo es durch das Zubinden des Schlundes verhindert war, starben die Hunde nach einigen Stunden, und bei der Sektion zeigte sich fast jedesmal Entzündung des Magens und Darmkanals.
Das Einspritzen von 1 bis 2 Unzen des reinen Alko­hols in die Drosselvene eines Pferdes, oder von 2 bis 4 Drachmen in die Drosselvene eines Hundes, bewirkt so­gleich Schwindel, Betäubung,. Convulsionen und gewöhn lieh in Zeit von 1 bis 3 Minuten den Tod. Dagegen ertrugen einige Pferde eine vorsichtige Einspritzung von 4 bis 6 Unzen des rektifizirten Weingeistes, ohne dafs 1 heftige Zufälle entstanden. — Durch das Einspritzen von |
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8 bis 10 Drachmen Alkohols in das Zellgewebe am Schenkel eines Hundes, sähe Orfila bald die gewöhnli­chen Symptome der allgemeinen Wirkung und nach etwa 3 Stunden den Tod erfolgen.
Die Wirkungen des rektifizirtcn Weingeistes und des Branntweins sind im Wesentlichen denen des Alkohols ähnlich, aber in demselben Verhältnifs milder und lang­samer eintretend, je mehr der letztere durch Wasser ver­dünnt ist. Im sehr verdünnten Zustande wird selbst das Doppelte von einer Gabe des Alkohols, welche im con-sentrirten Zustande desselben tödtlich zu sein pflegt, ohne Nachtheil ertragen. Ich gab Pferden und Kühen von dem rektifizirtcn Weingeist 10 bis 15 Unzen, Schafen 3 bis 4 Unzen, Hunden 1 bis 2 Unzen, und bemerkte zwar zuweilen starke Erregung und Berauschung, aber nur mäfsige Betäubung. Ziegen und Schafe gewöhnen sich (wie ich mehrmals beobachtet habe) sehr leicht an den Genufs des gewöhnlichen Branntweins, so dafs sie den­selben, wenn er ihnen vorgesetzt wird, in bedeutender Menge (zu 6 bis 10 Unzen) saufen und ertragen.
Viborg1) spritzte in die Drosselvene eines Pferdes 2 Unzen und 2 Drachmen Kornbranntwein, worauf das­selbe nach 2 Minuten ein munteres Ansehen, erhöhete Wärme, und hervorstehende, starre und glänzende Augen zeigte, und viel mit den Ohren spielte; der Puls wurde voll, sank aber von 52 Schlägen zu 33 in 1 Minute her­ab. Diese Zufälle dauerten 1 Stunden, aber im abneh­menden Grade, worauf sich Zittern, besonders an den Schultern, den Flanken und an den Hinterfüfsen einfand; der Puls wurde jetzt klein und bis 76 Schläge in der Minute vermehrt. Der Rücken wurde durch eingetretene Krämpfe in einen Bogen nach unten zu gekrümrat, das Pferd streckte öfter den Kopf, gähnte, legte die Ohren zurück und verdrehte die Augen. Diese Zufälle hielten ^ Stunde lang an, nahmen dann wieder ab und endeten
') Samml. Bd. 3. S. 113.
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mit einem Zittern der Muskeln. Nach 4 Stunden befand sich das Pferd dein Ansehen nach wieder wie vorhin; am folgenden Tage liefs es öfter als gewöhnlich Harn; der Koth ging mit Beschwerde ab und war hart, trocken, auswendig mit Schleim überzogen.
sect;. 357.
Der Weingeist kann innerlich ganz nach den im sect;. 351. und sect;.352. enthaltenen Andeutungen benutzt wer­den, jedoch nicht im reinen Zustande als Alkohol oder als höchst rektifizirter Weingeist, sondern nur verdünnt als gewöhnlicher Branntwein oder als rektifizirter Wein­geist. — Von dem letztern giebt man zum innerlichen Gebrauch für Pferde und Rinder ijj — gjv, für Schafe und Ziegen tj — fjj, für Schweine 5j[jj — ,-j, für Hunde 31s — 5jj, — und von dem Branntwein nach Verhältnifs seiner Stärke, bis zur doppelten Menge dieser Gaben.
In der Regel wird der Weingeist und Branntwein bei der innerlichen Anwendung noch mit warmen Wasser verdünnt, oder zu Infusionen von aromatischen, oder zu Dekokten von bittern Mitteln gesetzt: zuweilen giebt mau ihn in Verbindung mit Kampher, mit Hirschhornol, mit Terpenthinöl oder auch mit Mineralsäuren. — Die zweck-mäfsigste Form für die innerliche Anwendung ist die flüssige.
sect;. 358/
Aeufserlich wird der Weingeist zum Waschen, Bä­hen, zu Einreibungen u. s. w. häufiger als jedes andere Arzneimittel gebraucht, und besonders bei den, im sect;. 353 genannten Krankheitszuständen. Seine Anwendung ge­schieht bald rein, wie z. B. bei Blutungen, bei üppiger Granulation u. s. w., bald in Verbindung mit Aufgüfsen und Abkochungen von aromatischen und zusammenzie­henden Pflanzen, z. B. bei Quetschungen, bei athenischen Entzündungen; bald in Verbindung mit Terpenthinöl, mit Kampher oder Seife (als Kampher- und Seifengeist), z. B. bei grofser Erschlaffung, nach Verstauchungen, bei dem Rheumatismus; auch in Verbindung mit Essig, Wasser
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und Salmiak oder Kochsalz (als sog. Oxykrat, siebe Es­sig), z. B. bei Quetschung mit Blutuuterlaufung u. dgl. mehr.
Aufscrdem dient der Weingeist noch zur Bereitung der verschiedenen Tinkturen und anderer Präparate, wel­che bei den betreffenden Mitteln genannt werden.
Anmerkung 1. Der Franzbranntwein (Spirit, vini galiieus), — der Rum ^Spiritus Sacchari), — die Taffia (Spirit, succi Sacchari), — der Arrak iSpirit. Oryzac), — das Kirschwasscr (Spirit. CerasoruvO, — der Pflaumenbranntwein iSlkoviiza'), — Wachhol­der bräunt wein (Genevcr} und andere, im Handel vor­kommende Arten von Weingeist und Branntwein, weichen in der Wirkung von dem gewölmlicheu Weingeist im Wesentlichen nicht ab, und können daher, wo sie wohl­feil oder als Hausmittel zu haben sind, wie dieser be­nutzt werden.
Anmerkung 2. Der, nach der Destillation des Weingeistes in der Blase vorbleibende Rückstand, die sogenannte Schlampe, Branntweinschliimpe, oder das Branntwein spüligt (Residuum post destillationevi spiritus frumenti) ist eine gegohrne Flüssigkeit, welche aufser Wasser und aufser den Hülsen des Getraides oder den Ueberresten der Kartotfeln noch schleimige und meh­lige Theile, Essigsäure, Fuselöl, und mchrentlieils auch etwas Weingeist enthält. Sie wirkt, in reichlicher Menge den Thiercn innerlich gegeben, nährend und erregend, macht sclinell vollblütig und befördert bei Milchkühen die Milchsekretion; äufserlich wirkt sie erregend, gelind zusammenziehend, daher zertheilend und stärkend. Dieser Wirkungen wegen wird sie innerlich zum Füttern und Mästen, besonders des Rindviehes, der Schweine und Schafe, — äufserlich aber als ein sehr wohlfeiles und kräftiges Heilmittel bei Ersclilatfung und Ausdehnung der Muskeln, Sehnen und Bänder, bei Steifigkeit der Glied-mafsen von zu starker Anstrengung, bei Quetschungen, bei odematösen und andern asthenischen Geschwülsten,
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bei dem Schwinden u. s. w. benutzt. Die äufserliche An­wendung geschieht in Form von Fufsbädern, Waschungen und Bähungen, am besten warm. Als Nahrungsmittel ist die Schlampe in ökonomischer Hinsicht sehr schatzbar, in diätetischer Hinsicht aber zuweilen nachtheilig; sie er­schlafft die Eingeweide, bewirkt starke Neigung zum Schwitzen, begünstiget daher das Entstehen der Unver-daulichkeiten, der Koliken, der Rheumatismen, rheumati­scher und katarrhalischer Entzündungen u. dergl. Auch soll sie besonders das Entstehen der Lungenseuchc bei dem Rindvieh befördern; es ist jedoch bis jetzt nicht er­mittelt, unter welchen Umständen sie diefs thut. Wenn man: a) die Thiere au ihren Genufs allmählig gewöhnt, — 6) ihnen neben der Schlampe eine angemessene Quan­tität Heu giebt, — c) die Schlampe weder zu heifs noch konzentrirt, sondern | oder bis zur Hälfte mit Wasser verdünnt reicht, und — d) sie nicht sauer und faulig #9632;werden läfst, und um dies zu verhüten, ihre Aufbewah­rungsorte (gewöhnlich Gruben, Schlämpekuhlen genannt) von Zeit zu Zeit reiniget; so entstehen selbst von ganz anhaltender Schlämpefütterung nicht leicht üble Folgen.
2, quot;Wein. Vinum.
sect;. 359.
Im Wein ist der Weingeist innig verbunden mit Schleim, Zucker, Kleber, Harz, Weinstein, Säuren (Weinstein-, Essig- und Apfelsäure), gewürzhaften Stof­fen und Wasser, und bei den rothen Weinen auch mit rothem Färbestoif und mit GerbestofF. Diese Bestand-theile finden sich in den Weinen von verschiedenen Re­bensorten, aus verschiedenen Gegenden, von verschiede­nem Boden, Alter u. s. w. in sehr mannigfaltigen Verhält­nissen, und bedingen hierdurch eine grofse Verschieden­heit ihrer Eigenschaften.
sect;. 360.
Die Wirkungen des Weines hängen zwar gröfstentheils von seinem Gehalt an Weingeist, zum Theil aber auch
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von seinen übrigen Bestandtlieilen ab, und erscheinen deshalb bei den einzelnen Weinsorten etwas verschieden. Im Wesentlichen stimmt daher wohl die Wirkung mit der des Weingeistes (sect;. 356.) überein, besonders wenn man den Wein in grofsen Gaben reicht, bei welchen die Wirkung des in ihm enthaltenen Weingeistes vorherrschend wird'); allein vom Wein ist sowohl die örtliche wie die allgemeine Erregung milder, und bei letzterer nicht blos auf das Nervensystem beschränkt, sondern auch auf die Blutge-fdfse, Muskeln und Bänder verbreitet und mehrentheils mit einem stärkeren Zusammenziehungsvermögen dieser Theilo begleitet. Der Wein wirkt dalier nicht allein er­regend, sondern auch stärkend, obgleich die erstere Wir­kung die vorherrschende ist. — Süfse Weine wirken ziem­lich gleichmäfsig erregend auf die Nerven und Gefäfse, reizen und stärken aber örtlich am wenigsten. — Saure Weine erhitzen, nach Verhältnifs ihres Gehaltes an aro­matischen Stoffen und au Weingeist, sie erheben die ge­sunkene Irritabilität, und befördern die Urinabsonderung. Sehr saurer Wein stört die Verdauung und bewirkt in grofsen Gaben bei Pferden Kolikzufälle. — Die rothen Weine erregen am meisten die Irritabilität der Muskel­faser, vermehren die organische Cohäsion und beschrän-
') Vitet (a. a. Orte S. 417) sagt über den Wein: „Das Pferd widersetzt sieh dem Genüsse desselsen nicht so sehr als der Ochs, und letzterer wird nicht so sehr von ihm angegriffen als das Schaf (?). Wenn das Pferd ihn in zu grofser Menge trinkt, so wird es betäubt,' kann nicht auf den Füfsen stehen, und wenn es auch aufsteht, so fällt es doch gleich wieder nieder. Der Ochs wird nach dem Genüsse des Weines müde, Hörner und Haut werden heifs. er wird ganz dumm, harnt viel, taumelt im Gehen, fällt oft nieder und kann nur mit grofser Mühe wieder aufstehen. Anfänglich macht er alle Bewegungen zum Erbrechen. Das Schaf verträgt ver-hältnifsmäfsig zu seiner Gröfse den Wein besser, aber 3 Pfund desselben machen ihm Neigung zum Erbrechen und der Bauch wird aufgetrieben, doch ohne dafs die Muskeln, die zum Fortschreiten die­nen, geschwächt werden. Sechs Pfunde Weines greifen ein Schaf sehr heftig an und tödten es zuweilen.quot;
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ken die Ab- und Aussonderungen, sowohl an den Schleim­häuten wie auch in Wunden und Geschwüren.
sect;. 361.
Die innerliche Anwendung des Weines kann, wo derselbe wohlfeil zu haben ist, bei jeder Krankheit statt­finden die mit einem hohen Grade von wirklicher Schwä­che verbunden ist und vorzüglich bei den im sect;. 351. ge­nannten Zuständen. — Er verdient, weder aufser der bewirkten Reizung auch stärkt, in den meisten Fällen den Vorzug vor dem Weingeist. — Die Gabe kann für Pferde und Hinder \ — l Pfd.; für Schafe -jj) — .^vj; für Schweine .\i—LÜi 'mcl fquot;1' Hunde Jß — Jjj sein, richtet sich aber in jedem Falle nach den gegebenen allgemeinen Andeu­tungen.
sect;• 362.
Aenfscrlich kann der Wein bei den im sect;. 353. be­zeichneten Krankheiten angewendet werden; Am zweck-iniil'sigsten sind hierzu die sauren und rothen Weine, die man zum Waschen und zu Umschlägen, kalt oder warm, und zuweilen in Verbindung mit aromatischen Kräutern, mit Kampher, mit Kochsalz, mit adstringirenden und an­dern Mitteln benutzt.
Anmerkung, o) Die Weintrestern iTimcea), oder die ausgepreisten Hülsen und Stiele der Weinbeeren und Trauben, und b) die Weinhefen., das Weinlager (Faeces vini s. matcr vini), oder der nach dem ersten Ab­ziehen des Weins zurückbleibende Bodensatz, enthalten beide Gerbestotf und Kohlensäure, besonders letzterer im frischen Zustande sehr reichlich. Sie wirken daher zu­sammenziehend, erregend und fäulnifswidrig und können zu Umschlägen und Bähungen gegen astheuische, torpide Entzündungen, gegen Quetschungen, vorzüglich aber ge­gen brandige, unreine und stinkende Geschwüre angewen­det werden.
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3. SfLwefelatlicr, Vitriolnajilillia. Aether sulphnrivus, Naphtha vilrioli.
Inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;sect;. 363.
Die verschiedenen Aetherarten sind unter allen Arz­neimitteln die flüchtigsten; ihre Wirkungen erfolgen am schnellsten und leichtesten, gehen aber auch schneller als von andern Mitteln wieder vorüber. Abgesehen von die­ser ausgezeichneten Flüchtigkeit, sind die Wirkungen des Aethers durchdringend, erregend, belebend, krampfstillend und im Ganzen sehr ähnlich denen des Alkohols; sie sind aber durch gröl'sere Flüchtigkeit, durch geringere ört­liche Reizung, durch schwächere Attektion des Gehirns, namentlich aber durch 'geringere lictiiubung und weniger bemerkbar zurückbleibende Erschöpfung von den Wirkun­gen des letztern unterschieden. — Diese Eigenschaften kommen allen Aetherarten zu, äufsern sich aber bei dem Schwefeläther am stärkten, weshalb derselbe gewöhn­lich den übrigen vorgezogen wird.
sect;. 364.
Die Anzeigen zur innerlichen Anwendung des Aethers sind dieselben, welche für die Anwendung der Spirituosen Mittel überhaupt gelten (sect;. 351.). Man macht aber selten, nur bei sehr heftigen Krumpfen, bei dem liöchstcn Grade der Nervenschwäche und gewöhnlich nur bei kleinen oder sehr werthvollen Thicrcn von ihm Gebrauch, weil er viel zu theuer und in den meisten Fällen durch Weingeist, Schwefcläthergeist, Kampher, Hirschhornsalz und andere flüchtige Erregungsmittel zu ersetzen ist.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder 5jj — ?j, für Schafe und Schweine 5ß — 5jj, für Hunde 10 bis 30 Tropfen, — nach Bedürfaifs in Zwischenzeiten von \ bis 1 Stunde wiederholt. Die Anwendung geschieht in Ver­bindung mit Wein, Bier oder aromatischen Kräuter-Infu­sionen.
Anmerkung 1. Der Schwefeläthergeist, Hoff­manns schmerzstillende Tropfen, versüfste Schwefelsäure (Spiritus sulphurico - aefhereus, Liguar
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anodynus mineralis Hoff'manni, Spiritus mtrioli dulcis), durch Auflösung des Schwefeläthers in 3 Theilen höchst rekti-fizirten Weingeistes bereitet, hat ganz die Wirkungen des Schwefeläthers, jedoch in etwas geringerm Grade. Er kann daher, als wohlfeiler, den Aether ersetzen und in noch einmal so grofsen Gaben wie dieser, angewendet werden.
Anmerkung 2. Der Essigäther CAether aceticus'), der Phosphoräther (A. phospkoratus), Salpeter- und Salzäther (A. nitricus u. A. muriaiicus), der Salzäther-weingeist oder verfüfster Salzgeist (Spirit.muriaiico-aeihcreus s. Sp. Salis dulcis) und der Salpeter Weingeist (Sp. niirico -aethereus s. Sp. Nifri dulcis) sind in der Thier-arzneikunde zu entbehren und durch Schwcfelätherwein-geist zu ersetzen.
Sechste Klasse.
Scharfe Mittel. (Medieamenla acria.}
Begriff, quot;Wirkung und Anwendung dieser Mittel im Allgemeinen.
sect;. 365. Als scharfe Arzneimittel bezeichnet man im Allge­meinen diejenigen, welche im Maule einen scharfen, d. h. brennenden, beifsenden, stechenden oder kratzenden Ge­schmack erregen, und überhaupt bei der Einwirkung auf den lebenden Thierkörper an den Stellen der Berührung eine heftige Reizung bewirken. — Diesen Eigenschaften gemäfs, könnte man im weitesten Sinne: a) die reinen (ätzenden) Kalien, J) die conzentrirten Säuren, c) viele Metallsalze, d) die meisten ätherischen Oele und mehrere Substanzen, welche ein scharfes ätherisches Oel enthalten, c) den Alkohol, und /) viele Pflanzen und einige
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Thiere, in denen ein eigenthiimlichcr scharfer Stoff (Principium acre) enthalten ist, zu den scharfen Mitteln rechnen; im engern und hier gültigen .Sinne ver­steht man jedoch unter dieser Bezeichung nur die Mit­tel der letztern Art (/), weil die übrigen (sub a bis e) theils aufscr der scharfen ortlichen Reizung noch andere, ihnen eigenthümlichc und wichtigere Wirkungen erzeugen, vorzüglich aber, weil sie nach ihren bekann­ten eigcnthümlichen Bestandtheilen in andern Klassen der Arzneimittellehre einen mehr passenden Stand erhalten haben.
sect;. 366.
Die Wirksamkeit der eben bezeichneten scharfen Mittel ist nicht von einem, bei allen gleichartigen, Stoffe abhänsds, sondern an selir verschiedene nähere Bestand-theile gebunden, namentlich an Alkaloidc, au Säuren, Harz, Schleimharz, grünes Wachs, bittern, kratzenden Extraktivstoff u. dgl. — Bei den meisten Mitteln ist das scharfe Prinzip fix, bei einigen aber grofstentheils flüch­tig 5 bei melirern befindet sich dasselbe in dem einen oder dem andern der genannten Bestandtheile höchst conzen-trirt. so dafs man durch ihn die eigenthümliche Wirkung des ganzen Mittels in einem hohen Grade erzeugen kann; bei andern ist es dagegen in mehrern Bestandtheilen ent­halten, und die vollständige Wirkung entstellt nur durch die Anwendung des ganzen Mittels.
sect;. 367.
Die scharfen Mittel erregen bei der Anwendung auf den lebenden Thierkörper nicht allein örtliche, sondern auch allgemeine Wirkungen; beide sind jedoch in der Art und in dem Grade der Erscheinungen verschieden, nach der Eigenthümlichkeit der einzelnen Mittel und nach dem Orte und der Dauer ihrer Einwirkimg.
a) Bei der Anwendung auf die unverletzte äufsero Haut erregen nur einige scharfe Mittel (.besonders die Spanischen Fliegen) örtlich eine deutlich bemerkbare Wirkung, die sich in gelinderm Grade durch vermehrte
llertwif; ArtndimiMHIchre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;31
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Empfindlichkeit und Röthung der Haut (letztere nur au weifser Haut), — im starkem Grade durch brennendo Empfindung, dunkle Rotlie, Geschwulst, vermehrte Wär­me, Ausschwitzuug unter der Oberhaut und Bildung von Bläschen, und im stärksten Grade durch brandige Ent­zündung und Zerstörung der Haut oder auch der tiefern Theile, zu erkennen giebt. — Zufalle der allgemeinen Wirkung erfolgen bei der Anwendung auf die unverletzte Haut auch nur von wenigen scharfen Mitteln (Canthari-den, Nieswurz, Croton), nur in einem geringen Grade und nicht in jedem Falle; sie bestehen in mäfsiger Vermeh­rung der Pulse, in Trockenheit des Mauls, bei Hunden auch in Ekel, Erbrechen, schnellerein Athmen, Unruho und darauf folgende Mattigkeit.
I) An der Schleimhaut in der Käse, im Maule u. s. w, und an der Bindehaut der Augen äufsert sich die onliche Wirkung in gelinderm Grade durch mehr dunkle Röthung, verstärkte Absonderung der Thränen, des Speichels, des Schleims, durch Niesen u. dgl., im höhern Grade aber durch Entzündung, Erzeugung von Bläschen, Anfressun­gen und Brand. — Eine allgemeine Wirkung entsteht hierbei fast in noch geringem Grade und noch seltener als bei der Anwendung auf die Haut.
c)nbsp; nbsp;In Wunden und Geschwüre, oder in das,Zellge­webe unter die Haut gebracht, erzeugen die meisten schar­fen Mittel heftige Reizung, Auflockerung, rothlaufartigo Entzündung, Verjauchung und oft den Brand. Diese ört­liche Wirkung ist sehr oft mit starkem Fieb.er, mit be­schwerlichem Athmen, mit Angst, Zittern, mit Zuckungen, Erbrechen, Purgiren, mit grofser Mattigkeit, mit Lähmung begleitet, und wenn ein scharfes Mittel in grofser Menge oder auf einer grofsen Wundfläche angewendet war, er­folgt nicht selten der Tod.
d)nbsp; nbsp;Bei der innerlichen Anwendung entstehen von kleinen Gaben der meisten scharfen Mittel nur geringe reizende Wirkungen, stärkerer Appetit, bessere Verdauung, vermehrte wurmförmige Bewegung mit stärkarer Zusam-
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menzichung derlaquo; Därme und mit verstärkter Resorption, daher der Koth mehr trocken, bei Pferden klein geballt abgeht. Einige Mittel verursachen bei den Thieren, die sich erbrechen können, auch in kleinen Gaben Ekel und Erbrechen. Grofsere Gaben bringen immer eine starke Reizung des Magens und Darmkauais, Verlust des Appe­tits, Erbrechen, Purgiren, zuweilen Kolikschmerzen, ver­mehrte Cirinsekretion, Durst, verstärkte Resorption hervor, und von übcnnäfsig grofsen Gaben entsteht Entzündung, Anätzung, selbst Brand der Schleimhaut im Magen und Darmkanal, heftiges Fieber, wobei zuletzt die Pulse kaum fühlbar sind, durch einige Zeit auch blutiger Durchfall, sehr grofse Mattigkeit, Schwindel, Lähmung und Tod. Von manchen Mitteln tritt auch heftige Reizung und Ent­zündung der Nieren und der Harnblase, blutiges und sehr schmerzhaftes Uriniren ein.
c) Von Injektionen der scharfen Mittel in die Blut­adern entstellen sehr schnell, selbst von kleinen Gaben, Ekel, Erbrechen, Drang zur Kothentleerung, Zittern, Zuk-kungen, krampfhaftes, beschwerliches Athmen, — in gros-sen Gaben aber fast augenblicklich heftige Krämpfe, Schwindel, Lähmung und der Tod.
sect;. 368.
Die angedeuteten allgemeinen Zufälle erscheinen bei einigen der scharfen Mittel in einer ziemlich gleichmäfsi-gen, bestimmten Zeitfolge und mohrentheils (ausgenommen bei der Injektion in die Venen), erst nachdem die örtli­che Wirkuög vollständig entwickelt ist; ihre Stärke ist bei den Thieren von derselben Gattung und von gleichen Gaben desselben Mittels sehr verschieden, und theils von der Empfindlichkeit der einzelnen Thiere überhaupt, theils von der Empfindlichkeit und Reizbarkeit der betrofienen Organe abhängig; auch ist der Grad nur selten dem Grade der örtlichen Zufälle entsprechend, oft sehr gering, wenn diese heftig sind, und bei andern Mitteln wieder sehr heftig, wenn gleich die örtliche Wirkung nur wenig hervortritt Eben so verschieden ist auch die Dauer der
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Zufälle; diejenigen, welche schnell eintreten, wie Erbre­chen, Schwindel, Zuckungen und Krämpfe, bestehen meh-rentheils nur durch kurze Zeit, aber die Zufalle der ört­lichen Reizung, die Entzündung und ihre Folgen durch mehrere Tage. — Werden die scharfen Mittel durch längere Zeit in etwas grofseu Gaben angewendet, so stö­ren sie den gesammten Bildungsprozefs, bewirken Appe­titlosigkeit, schlechte Verdauung, Neigung zur Zersetzung der Säfte, grofse Abmagerung, Mattigkeit und im höch­sten Grade selbst Faulfiebcr. Diese quot;Wirkungen und Fol­gen treten nur langsam ein, sind aber gewöhnlich sehr anhaltend.
sect;. 369. In den Kadavern von Thieren, welche durch über-mafsige Gaben von scharfen Mitteln getödtet worden sind, findet man gewöhnlich an dem Orte der Einwirkung, so­wohl äufserlich wie im Magen oder im Darmkanal, Ent-zundmis in verschiedenem Grade, Extravasate von Blut und sulzigem Faserstoff, Erosionen, aber selten einen festen Schorf. Eigenthümlich ist es, dafs der Magen und der Dickdarm, und an dem letztern speziell der Mastdarm mehrentheils stärker affizirt sind, als der übrige Dann­kanal. Oft sind diese Theile, und ebenso (aber seltener) die Harnwerkzeuge auf die angegebene Weise verändert, wenn auch die scharfen Mittel dem Körper an andern Stellen einverleibt waren. Das Blut ist überall ganz dun­kel, selbst in der linken Höhle des Herzens; die Venen des Gekröses und der übrigen Baucheingeweide sind meh­rentheils mit solchem Blut sehr angefüllt; wenn aber hef­tiges Purgiren durch einige Zeit anhaltend bestand, findet man sie zuweilen auch ganz leer. Die Lungen und das Gehirn zeigen keine bestimmte Veränderung; aber am hintern Ende des Rückenmarkes finden sich sehr oft blaue Flecke, und zwischen den Rückenmarkshäuten Ex­travasate von Blut
sect;. 370. Alle die verschiedenen Wirkungen der scharfen Mittel
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bestellen primär in einer Aufregung der Lebenstliiitigkeit, die sie bald unmittelbar an der Stelle der Anwendung, bald mittelbar an entfernteren Organen, und besonders an denen des Hinterleibes in einem verschiedenen Grade hervorgerufen, und worauf stärkerer Zuäufs der Säfte, Ueberfüllung der Gefdfse, besonders der Venen, vermehrte Absonderung und selbst Blutergiefsung, so wie an andern Stellen des Körpers Verminderung der Säfte, hierdurch vermehrte Aufsaugung u. s. w. erfolgt. Obgleich bei jener primären Aufregung zuerst immer die Empfindlichkeit und Reizbarkeit erhöhet wird, so ist dies doch keine wirk­liche Stärkung der betroffenen Theile, sondern nur eine vorübergehende Heizung, welche bei sehr hohen Graden der Wirkung zuweilen durch üeberreizung sogar eine Vernichtung jener organischen Grundkräfte herbeiführt. In dieser Eigenthümlichkeit beruht ein wesentlicher Un­terschied zwischen der reizenden Wirkung der scharfen und der ätherisch - öligen Mittel, so wie auch in ihr die Ursache des eigenthümlichen (rothlaufartigen) Charakters der Entzündung, des so häufigen Entstehens der Extra-vasate, der grofsen Mattigkeit und selbst der Lähmung und des Brandes zu finden ist.
Die örtliche Reizung erfolgt nur durch chemisch­dynamische Einwirkung der scharfen Stoffe auf die lebenden Gebilde, und nicht (wie Manche glauben) auf chemische Weise allein; denn wenn das Letztere geschähe, so müfste die Wirkung auch am todten Körper erfolgen, — was aber nicht der Fall ist. Die allgemeine Wirkung entsteht zum Theil d) durch dynamische Fortpflanzung der örtlichen Reizung mittelst der Nerven auf ändere Organe, namentlich auf die grofsen sympathischen Ner­ven, auf die Lungen-Älagennerven, auf die Baucheinge-weide und auf das Rückenmark; zum Theil aber auch h) durch den materiellen Uebergang der scharfen Stoft'e in das Blut und ihre walirscheinliche Wiederausschei­dung aus demselben in den Nieren, an den Schleim­häuten und andern Organen. Die meisten scharfen Mittel
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zeigen hierbei eine spezifische Richtung ihrer Wirkung auf die besondern Organe, z. B. auf den Magen, auf die Leber, auf den Dickdarm und auf die Harnwerkzeuge, und sie wirken daher bald vorzüglich als Brechmittel, bald als Purgirmittcl, als urintreibende, oder als Auswurf be­fördernde Mittel. In dieser eigenthümlichen Richtung der Wirkung auf die vorzüglichsten Reproduktionsorgane und in der, durch die Reizung erzeugten stärkeren Absonde­rung und Aufsaugung ist es begründet, dafs die scharfen Mittel vorzüglich den Bildungsprozefs im Organismus verändern.
sect;. 371. Nach ihren verschiedenartigen Wirkungen können die scharfen Mittel bei verschiedener Anwendung mehrerlei Heilzwecken entsprechen. Bei äufserlicher Anwendung dienen sie hauptsächlich: a) zur Erweckung eines höhern Grades der Lebensthätigkeit, sowohl bei örtlichen Krank­heiten der Haut, (z. B. Räude), wie auch bei zu geringer Ernährung oder bei beginnender Lähmung in tiefer lie­genden Gebilden (z. B. beim sogenannten Schwund), b) zur Verstärkung der Resorption und zur Zertheilung bei asthenischen torpiden Entzündungen, bei Ausschwitzun­gen, bei Verhärtungen, Extravasateu und Verdickungen, bei Stollbeulen, bei Ueberbeinen, Gallen, verhärtetem Sehnenklapp u. dgl., — oder c) zur Ableitung der Rei­zung und des zu starken Andranges der Säfte bei Ent­zündungen des Gehirns, der Augen, des Kehlkopfes, der Lungen und der Leber, bei Rheumatismus und bei chro­nischen, rheumatischen Lahmheiten. Innerlich ange­wendet dienen sie zur Erregung der Lebensthätigkeit bei torpiden Krankheitszuständen der Verdauungseingeweide (z. B. bei zu geringem Appetit, bei schlechter Verdauung, bei chronischem Durchfall; oder auch bei allgemeinen asthenischen Krankheiten (z. B. bei nervösen Fiebern); —#9632; d) zur Entleerung schädlicher oder unverdaulicher Stoffe aus dem Verdauungskanal, vermittelst Erbrechen oder Purgiren; c) zur Erregung einer vermehrten Urinsekretion
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und einer schnelleren Resorption, um seröse und andere Flüssigkeiten aus dem Zellgöwebo, aus den Höhlen des Körpers u. s. w., oder um Krankheitsstoffe aus den Säf­ten zu entfernen (z. B. bei Wassersuchten, bei veralteten Hautkrankheiten); — f) zur Ableitung von andern Orga­nen (z.B. durch Purgiren, bei Augenentzündung u.dgl.);
—nbsp; g) zur Erregung einer Erschütterung des ganzen Kör­pers vermittelst des Erbrechens (z. B- bei gastrisch-ner­vösen Fiebern mit Abstumpfung, bei Lähmungen u. dgl.)
sect;. 372.
Aus diesen Andeutungen ergiebt sich, dafs die schar­fen Mittel bei sehr mannigfaltigen Krankheitszuständen eine nützliche Anwendung finden können. Die allgemei­nen Indikationen für ihren innerlichen und äufserlichen Gebrauch sind: Verminderung der Lebensthätigkeit mit dem Charakter des Torpors, vorzüglich aber gesunkene Energie der Reproduktion und Vegetation mit Anhäufung von gastrischen Unreinigkeiten im Magen und Darmkanal, besonders Vcrschleimung; mit Ansammlung seröser Flüs­sigkeiten in den Hirnhöhlen, in der Brust- oder Bauch-liöhle und im Zellgewebe; torpide Entzündungen, Ver­härtungen, Ausschwitzung gerinnbarer Stoffe; wuchernde Bildung neuer Massen u. dgl.
sect;. 373.
Dagegen ist der innerliche Gebrauch dieser Mittel nachtheilig: bei synochösen Entzündungen, bei Entzün­dungsfieber und bei jeder Krankheit, die mit heftig aufge­regter Sensibilität und Irritabilität in den Organen der Bauch- und Beckenhöhle verbunden ist. Auch bei cachek-tischen Krankheiten ertragen die Thiere die Anwendung dieser Mittel nicht, wenn die Schwäche und die Entmi­schung der Säfte schon einen hohen Grad erreicht haben.
—nbsp; Die Gegenanzeige gegen den äufserlichen Gebrauch dieser Mittel ist fast nur auf das Vorhandensein stheni-scher Entzündungen der Haut beschränkt.
sect;• 374. Hinsichtlich der Gabe, der Verbindung mit andern
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Mitteln, der Form und Art der Anwendung findet bei den einzelnen scharfen Mitteln, nach Verschiedenheit des Heilzweckes, der Thiergattung u. s. w., ein so grolscr Unterschied statt, dafs sich darüber im Allgemeinen etwas Bestimmtes nicht angeben läfst.
1. Spauisclio Fliegen. Kanthnriilen. C'antftarides, Lyltae Vesicaloriae^
sect;• 375.
Die wichtigsten Bestandtheile dieser Insekten sind: das Cantharidin (eine krystallisirbare, in heifsem Alko­hol, Aether und fetten Oelen leicht auflösliche, in Was­ser und kaltem Alkohol unlösliche Substanz), ein grünes, wachsartiges Oel, ein gelbes, flüssiges Oel, Harnsäure und dgi. Das Cantharidin ist als das wirksame Prinzip nachgewiesen, indem es, selbst nur zu einigen Atomen in einem fetten Oel gelöst und auf die Haut gebracht, einen brennenden Reiz und binnen sehr kurzer Zeit Blasen ver-ursacht. Nach Orfila 0 soll jedoch auch ein flüchtiger Riechstoff zur Wirksamkeit der Canthariden viel beitragen.
sect;• 376.
Die Canthariden bringen bei ihrer Einwirkung auf den lebendigen Thierkörper überall eine heftige Reizung, bei concentrirter Anwendung auch aktive Entzündung und deren Folgen, hauptsachlich aber an der Haut und den Schleimhäuten seröse Ausschwitzui g und hier­durch Bildung von Blasen hervor. Bei ihrer Anwen­dung auf die äufsere Haut tritt die reizende Wirkung nach der verschiedenen Dauer der Berührung in einem verschiedenen Grade ein (sect;. 367 a.), so dal's zuerst nur oberflächliche Entzündung, bei längerer Einwirkung Aus-schwitzung von Serum, hierdurch Trennung der Oberhaut und Bildung von Blasen, und, bei noch längerer Einwir­kung auch brandige Zerstörung der Lederhaut entsteht.
'j In dessen Toxikologie, Ubcrs. von Seemann und Karls. Bd. 2. S. 84.
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Höchst selten geht die Zerstörung tiefer. Die Reizung beginnt gewöhnlich gleich nach der Anwendung und die übrigen Erscheinungen bis zur Blasenbildung finden sich, je nach den Umständen, in etwa 3 bis 12 Stunden hinzu. — Die so erzeugten Blasen sind von verschiedener Grofse, bersten gewöhnlich in kurzer Zeit und veranlassen dann Aussickerung einer gelblichrothen serösen Flüssigkeit, welche später mehr klebrig und eitcrartig wird und zu Schorfen vertrocknet. Oft fallen hierbei die Haare aus, erzeugen sich aber sammt der abgestorbenen Oberhaut in Zeit von 12 bis 20 Tagen vollständig wieder; und nur da wo die Lederhaut mit zerstört ist, bleiben nach der Heilung zuweilen haarlose Stellen zurück. Diese zerstö­rende Wirkung auf die Lederliaut erfolgt jedoch von den Cantharidcn, selbst bei lange dauernder Berührung der betroffenen Stellen, verhältnifsinäfsig schwächer als von dem Senf, von dem Euphorbium und von den eigentli­chen (mineralischen) Actzmitteln. —
Die blasenziehende Wirkung der Cantharidcn er­scheint unter gleichen Umständen am stärksten bei Pfer­den, etwas schwächer bei Schafen und Hunden und noch schwächer bei Kindern und Schweinen; sie tritt bei Thie­len von edler Rac-e mit feiner Haut und im jugendlichen Alter schneller und stärker ein, als bei gemeinen, alten und abgetriebenen; und bei sehr gesunkener Lebenskraft oder bei heftigen iiineru Entzündungen bleibt sie zuwei­len ganz aus.
In Wunden und Geschwüren erregen die Cantharidcn heftige Entzündung und darauf vermehrte Absonderung, verbessern aber den etwa fehlerhaften Eiter nur wenig.
sect;• 377.
Die äufserliche Anwendung dieses Mittels ist häufig mit allgemeinen Zufällen begleitet. Die Thiere wer­den unruhig, suchen sich an der gereizten Stelle zu reiben, zu lecken oder auch zu beifsen, und kratzen mit den Füfsen; sind sie sehr empfindlich, so werden auch die Pulse schneller, die Wärme vermehrt, das Maul trok-
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ken, der Appetit unterdrückt, der Durst grofs. Zuweilen, besonders bei Anwendung auf grofse Flüchen, entsteht eine Reizung der Harn Werkzeuge, die sich durch anhal­tenden Drang zum Uriniren, wobei aber nur wenig Harn entleert wird, zu erkennen giebt; — und in einzelnen Fallen tritt selbst Entzündung dieser Organe oder Blut­harnen, oder ein lälimungsartiger Zustand im Hintertheil ein. (Siehe: Brandes, Beitrag zur Kenntnifs der Wir­kung der Kanthariden gegen Krankheiten der Hausthiere Im Magazin f. Thierheilk. Bd. 3. S. 355. u. f.) Diese Zufalle sind jedoch nicht constant, und sie bleiben nicht selten ganz aus, wenn auch die aufsere Wirkung im tlm-fnnge und in der Starke sehr bedeutend erfolgt; sie wor­den aber fast immer sehr heftig, wenn eine bedeutende Quantität des Kantharidenpulvcrs auf eine wunde Fläche gebracht ist. Eine Drachme auf diese Weise bei einem Hunde angewendet, verursachte Unruhe, Angst, Appetit­losigkeit, mehrmals wiederholtes Erbrochen einer gelben, dicklichen Flüssigkeit, Schmerzen, Fieber, beschwerliches Atbmen, Mattigkeit und den Tod. Letzterer trat bei einem Hunde nach 14, bei einem zweiten nach 32 Stun­den ein (Orfila, a. a. 0. S. 82.). — Zehn bis zwanzig Gran in eine Wunde gebracht, hatten keine nachtheilige Folgen.
sect;. 378. Von der innerlichen Anwendung der Canthariden in einzelnen kleinen Gaben (d. i. bei Pferden zu 4 bis 1(1 Gran, bei Rindern zu 6 bis 20 Gr., bei Schafen und Schweinen zu 1 bis 3 Gr., bei Hunden zu \ bis 1 Gr.), und an gesunden Thieren bemerkt man meistens keine be­stimmte Erscheinungen; bei öfterer Wiederholung solcher Gaben und bei Thieren, die an asthenischen Krankheiten leiden, zeigt sich dagegen eine mäfsige Reizung, welche von der Schleimhaut des Vcrdauungskanals beginnt, sich über den ganzen Körper verbreitet, am stärksten gewöhn­lich an den Harnwerkzeugen hervortritt, und eine Steige­rung fast aller Funktionen zur Folge hat. Man sieht
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daher vermehrten Appetit, rcgelinal'sige Verdauung, grüs-sore Munterkeit, munterem Blick, höheres Aufrichten des Kopfes und glatteres Haar entstehen; der kleine, schwache Puls wird voller, das Blut mehr gerinnbar, die sonst blassen Schleimhäute werden röther, der zu klebrige Schleim wird dünnflüssiger, der Urin reichlicher abgeson­dert, Anschwellungen der Lympligefdfse und Oedeine an den . Füfsen u. s. w. verlieren sich, Wurm und andere Geschwüre erhalten ein reines Ansehen und neigen zur Heilung.
Einzelne Gaben von mäfsiger Gröfse (bei Pferden von 3ß bis oj: bei Kindern bis zu 'jjj, bei Hunden von 3 bis 10 Gran) bewirken eine mafsige Aufregung des Pul­ses, etwas beschleunigtes Atlimen, und bei Hunden fast immer Erbrechen einer gelblichen Materie: manche Thiere worden nach einiger Zeit, unruhig und uriniren oft, setzen jedoch mchrcntheils nur kloine Portionen Harn ab; die Pferde wedeln dabei mit dem Schweif, Hunde rutschen auf dem Hintern, und zeigen aufgeregten Geschlechtstrieb. Der Urin ist im Anfange immer weifslich. späterhin mehr gelblich und bei einem hohem Grade der Wirkung röth-hch, selbst mit Blut geinengt. Zuweilen hat man bei Pferden auch Anschsvellung des Schlauches und der Ei­chel hierbei entstehen sehen. — Nach gröfseren Gaben entstellt aber fast immer eine todtliche Entzündung der bezeichneten Organe. — Von 30 bis zu 60 Grau des Pulvers, starben Hunde schon nach 4 bis 5 Stunden und l't'erde von 1 Unze nach 18 Stunden. AI or ton sähe ein Pferd schon von 3j des Mittels sterben, ein anderes aber ojv, ohne üble Zufalle ertragen. (Abstract of the Procee­dings of the veterinari medical association, p. 42. u. 60.) — Ueber Sektions-Data und über Vermittching der Wirkung siehe sect;. 369 bis 370.).
sect;. 379. Die Anzeigen zur innerlichen Anwendung der Can-thariden sind bis jetzt von den Thierärzten noch nicht ge­hörig festgestellt worden, wahrscheinlich aus dem Grunde, weil diese Anwendung als mit Gefahr verbunden betrachtet
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und daher nur von Wenigen versucht worden ist. Seinen cigenthünilichen Wirkungen zu Folge ist das Mittel pas­send, wo Schwäche, sehr verminderte Reizbarkeit und ge­sunkene Thätigkeit im Darmkanal oder in den llaruwerk-zeugen besteht, dynamische Störungen vorhanden sind, und wo als Folgen der mangelhaften Verdauung und As­similation, Yerschleimung, Cachexie, Wassersucht, Abzeh­rung, allgemeine Schwäche oder wo Lähmungen entstan­den sind; daher hauptsächlich: gegen veraltete Schleim-fliisse (besonders aus der Nase, der Lunge und den Ge-schlechtstheilen), gegen atonisches Blutharnen, gegen ato­nische Harnruhr, gegen ödematose Anschwellungen der Fiifse u. dgl., wenn dieselben blos aus allgemeiner Schwä­che oder in Folge von katarrhal. Krankheiten entstanden sind; gegen Wassersuchten, gegen bösartige Druse, gegen Rotz, Wurm, veraltete hartnäckige Mauke, und andere hartnäckige Hautkrankheiten; — eben so gegen Lähmung des Blasenhalses und gegen das hiervon entstandene Un­vermögen den Urin zu halten. Die englischen Thierärzto haben in der neueren Zeit die Cauthariden als eins der kräftigsten tonischen Mittel betrachtet und gegen mehrere der genannten Krankheiten mit gutem Erfolge angewen­det (siehe: Abstract etc. im vor. sect;., und The Yetcrimricn 1830 u. f.): nementlich hat R. Vines sie als das wirk­samste stärkende und umstimmende Mittel bei abgematte­ten, durch Entkräftung in einem cachektischen Zustand versetzten, an bösartiger Druse, au Rotz und Wurm lei-dcndcu Pferden empfohlen (Siehe: 11. Vines, practical Treatise on glanders and farcy in the Horse, etc: Lond. 1830. Aus d. Engl. übers, v. L. Wagenfeld, unter d. Titel: R. Vines, prakt. Abhandl. üb. d. Rotzkrankheit u. den Hautwurm d. Pferde. Danzig, 1833). Ich habe sie auch häufig, und gegen die erstem Krankheiten oft mit dem gröfsten Nutzen gegeben, aber bei ausgebildeten Rofz und bei dem ächten Wtirm stets ohne Erfolg. Kersting hatte sie auch schon gegen diese Krankheiten angewen­det, jedoch ebenfalls ohne Erfolg (Dessen „nachgelassene
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Manuskriptequot;, 2. Aufl. S. 103 u. 104, und in Sehr eher, cameralistische Samml. 4ter Th. S. 365.). Dagegen habe ich bei dem sogenannnten uniiehten Wurm, eigentlich eine Entzündimg der Lymphgefafse der Haut, mit nachfolgen­der Eiterung in kleinen, oft und schnell sich wiederholen­den Abszessen, sehr günstige Wirkung des Mittels beob­achtet.
Auch sind die Canthariden als prophylakisches Mittel gegen die Wuthkrankheit nach dem Bisse wuthkranker Thiere gebraucht worden; ihr Nutzen hierbei ist aber noch zweifelhaft.
Aufserdem werden sie nocli zur Erregung des Ge­schlechtstriebes, besonders bei Kühen, wenn die Thiere zur gehörigen Zeit nicht brünstig werden, angewendet. Bei Beobachtung der nöthigen Vorsicht wird der Zweck gewöhnlich ohne üble Folgen erreicht; oft wird aber hier­bei Unfug getrieben und Schaden angerichtet.
Als Gegenaiizeigcn sind die im sect;. 373. bezeichneten Krankheitszustände zu betrachten.
sect;. 380.
Die Canthariden dürfen innerlich nur in kleinen oder mittelmiifsigen Gaben und stets nur in lungern Zwischen­zeiten angewendet werden, nämlich bei Pferden von 4 bis 12 Gran, bei Rindvieh das Pulver von 3j bis ggt;jj, bei Schafen und Schweinen von 2 bis 10 Gran, bei ' Hunden von \ bis 2 Gr., täglich ein bis zweimal. Man beginnt immer mit den kleinen Gaben, fährt damit 6 bis 8 Tage fort und verstärkt dann die Dosis um 2 Gran; nach 12 bis 14tägigem Gebrauch setzt man das Mittel durch 3 bis 4 Tage ganz aus und giebt es dann wieder in kleinen Gaben. Immer mufs man die Wirkungen genau beobachten. Man giebt sie am besten in Verbindung mit bittern, aromatischen Mitteln in Pillen, in Latwerge, zuwei­len auch in flüssiger Form. Die Pillen haben den Vor­zug, dafs sie sich in Papier wickeln, und eingeben lassen, ohne von den Thieren gekauet zu werden, und dafs hier­bei die Einwirkung des scharfen Mittels auf das Maul
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und den Schlund vermieden wird; durch die flüssige Form wird dagegen die schnelle und gleichmäfsige Wir­kung sehr begünstiget. — Ratzeburg empfahl, (Zoo-Pharmakologie, 2ter Th. S. 7.) 2 Unzen span. Fliegen mit einem Nöfsel (circa \ Quart oder IJ- Pfd.) weifsen Weins durch 48 Stunden zu digeriren, und von der dnrchgesei-heten Flüssigkeit den Pferden I Unze mit einem schlei­migen Absud als Trank oder als Klystir zu geben. — Andere empfehlen die gewöhnliche Canthariden-TJink-tur (sect;. ö83, D), die mit Weingeist bereitet und ziemlich von demselben Gehalt an Spanischen Fliegen ist, auf glei­che Weise anzuwenden; man darf sie aber niemals in so grofsen Gaben, sondern für Pferde und Rindvieh nur von 5j bis ?jj, für Schafe und Schweine von 3ß bis 3ß und für Hunde von 1 bis 4 Tropfen reichen.
Bei der innerlichen Anwendung der Cantharidcn pflegt man ihnen zuweilen den Karnphcr beizufügen, um durch ihn ihre heftig reizende Wirkung auf die Nieren zu mindern. (sect;. 314.)
Bei Yergiftungszufiillen nach zu grofsen Gaben von den Cantharidcn sind Adorliisse, innerlich schleimige Flüs­sigkeiten mit Salpeter, mit Blcizucker, mit Bilsenkraut, Einspritzungen schleimiger Mittel in den Mastdarm und in die Geschlechtstheile, und das Bedecken der Nieren­gegend mit einem schleimigen Brei oder mit einem Schaf­fell am nützlichsten.
sect;. 381.
Zum iiufserlichen Gebrauch sind die spanischen Fliegen ein unschätzbares Mittel, dessen Kenntnifs und zweckmäfsige Anwendung gegen sehr viele Thierkrankhei-ten ich für einen der wichtigsten Fortschritte in der prak­tischen Thierarzneikunde der neuern Zeit halte. Sie sind hier hauptsächlich für folgende Zwecke indizirt:
I. Zur Ableitung 1) bei Entzündungen wichtiger, besonders innerlicher Organe (mit Ausnahme von Entzün­dungen der Nieren und der Harnblase), eben so auch bei Verwundungen der Gelenke, der Knochen, Knorpel und
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Sehnen, und bei zu heftiger Entzündung nach chirurgi­schen Operationen (z. B. nach dem Ausschälen grofser Stollbeulen u. dgl.); 2) bei akutem und bei chronischem Rheumatismus, und bei hierdurch bedingten Lahmheiten; 3) bei zurückgetretenen oder zu schnell unterdrückton Hautausschlägen und bei Metastasen nach innern Theilen.
II. Um eine kräftige Erregung, Belebung, Resorp­tion, Zertheilung, stärkere Coutraktion zu bewirken: 1) bei Nervenfiebern mit grofsem Torpor; 2) bei Lähmungen; 3) bei dein Schwinden einzelner Theüe; 4) bei Ulzeration, die in asthenischer, chronischer Entzündung begründet ist, z. B. bei den Aderfisteln an dir Drosselvene der Pferde; 5) bei Ergiefsungen von Blut- und Serum in Folge von Quetschungen, z. B. dergleichen Genickbeulen, Wider-rüstsclüiden, Brust und Stollbeulen u. s. w.; 6) bei har­ten Geschwülsten, die als Folgen plastischer Ausschwitzun-gen, entstanden sind, z. B. Stollbeulen, Kniebeulen, Pip-hacken. Sehnenklapp, bei Ueberbeinen; 7) bei Anhäufung von Serum in den Hirnhöhlen (z. B. bei dein Dummkol­ler) so wie bei Anhäufung von Flüssigkeiten in den Seh­nenscheiden und Kapselbändern (d. i. bei Gallen); 8) bei grofser Ausdehnung und Erschlaffung der Bänder und Sehnen, z. B. nach vorausgegangenen Verrenkungen und Verstauchungen; 9) zur Unterhaltung und Verstärkung der Eiterung in künstlichen Geschwüren, und in Wunden, welche durch den Bifs von tollen Thieren entstanden sind; 10) bei Räude, besonders wenn sie veraltet und hartnäckig ist
sect;. 382.
In mehrern hier genannten Krankheiten sind die Can-thariden durch Fontanelle, durch Haarseile, durch das glühende Eisen und durch andere Reizmittel zn ersetzen; allein diese Mittel sind nicht gut auf einer so grofsen Fläche anzuwenden wie die Canthariden, sie hinterlassen bemerkbare, zum Theil auch haarlose Narben, und sie besitzen auch nicht die spezifische Reizkraft der Can­thariden.
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Bei innern Entzündungen, bei Rheumasisinus und Metastasen erfolgt die Anwendung der Canthariden so nahe als möglich dem leidenden Theile, und in allen übrigen Fällen an dem letztern selbst. — Bei heftigen Entzündungen müssen ihneii Blutentziehungen und inner­lich angewendete entzündungswidrige Mittel vorausgehen, weil sie sonst das Fieber und selbst die Entzündung sehr verstärken. Bei Faulfieber und bei starken ödematösen Anschwellungen ist die Anwendung dieses Mittels un-zweckmäfsig, weil es unter diesen Umständen sehr oft Hautbrand und zerstörende Verjauchung erzeugt.
sect;. 383.
Zur äufserlichen Anwendung werden die Canthariden a) in Pulverform, amp;) in Salben und Linimenten, c) als Pflaster und d) als Tinktur benutzt.
a) Das Pulver dient nur zum Einstreuen in Bifswun-den und in torpide, so wie in künstliche Geschwüre, auch zum Bestreuen der Senfbreie, um deren Wirkung zu ver­stärken.
Jj) Die Anwendung in Salben und Linimenten ist am zweckmäfsigsten, theils weil sie leicht zu bewirken ist, theils auch, weil die Wirksamkeit der Canthariden durch die Verbindung mit Fett und fettem Oel, wegen der Auf-löslichkeit des Cantharidin in diesen Substanzen, sehr be­fördert wird.
Es giebt eine Menge von Vorschriften zu Spanisch-fliegensalben; die einfachsten davon sind aber die besteig z. B. Man nimmt Baumöl (oder ein anderes fettes Oel1) 8 Unzen, erhitzt es über Feuer und rührt 3 bis 4 Unzen gepulverte Canthariden hinzu; das Gemenge wird durch eine halbe Stunde warm gehalten, und dann mit 4 Unzen frisch geschmolzenen Wachses unter fleifsigem Umrühren verbunden; — oder, man nimmt: Colophonium, gemeinen Terpenthin, v. jed. 8 Theile, gelb. Wachs 1 Theil, Schweine-__________nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; fett
*) Die preafsische PharmalnpSe sclireibtMandelöl vor, was aber zum IhierSrztlichen Gebrauch zu theaer und nicht nütliig ist.
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fett 60 Theile, gepulv. Canthariden 16 Th. Mengt es nach vorherigen Schmelzen der erstem Substanzen zu­sammen. Diese Salbe kann jede andere ersetzen, und nothigcnfalls kann sie durch Zusatz von Lorbeeröl, oder von Terpenthin mehr flüchtig gemacht werdeu. — Ehe­mals pflegte man die Kantharidensalbe häufig mit gepulv. Gummi Euphorbium, mit Schwefelsäure, mit Sublimat und selbst mit Auripigment (siehe diese Mittel) zu verstärken; durch diese Zusätze wird sie aber wirklich ätzend, und es bleiben dann von ihrer Anwendung mehrentheils haar­lose Narben zurück. Durch blofses Zusammenmengen von 1 Thcil spanischen Fliegen mit 2 bis 4 Thcilen Schweinefett oder grüner Seife, kann mau augenblicklich eine Salbe bereiten, welche jedoch bei etwas reichlichem Aufstreichen auf die Haut leichter zerfliefst, und dann eher über die Grenze der Anwendungsstclle hinauswirkt als eine solche Salbe, die etwas Wachs enthält. — Auch mit Theer bereitet man, durch blofses Zusammenmengen von etwa 4 Theilen desselben mit 1 Theil Canthariden-pulvers, eine Art scharfer Salbe, welche sich zwar nicht so gut einreiben läfst wie die mit Fett zusammengesetzten Salben, aber auch nicht so leicht wie diese zerfliefst, Dafs die Wirksamkeit der Canthariden durch den Theer verstärkt würde, wie Manche behaupten, habe ich niemals gesehen,
üin die Anwendung der scharfen Salben zu erleich­tern und ihre Wirkung zu befördern, ist es nöthig, die an der Applikationsstelle vorhandenen langen Haare recht nahe an der Haut abzuscheeren. Bei Schafen soll aber, nach der Angabe von Favre (Journ. de med, veter, theoriquo et pratique, Soptbr. 1831, p, 51(5), die blasen­ziehende Wirkung viel kräftiger erfolgen, wenn die Wolle nicht abgeschoren, sondern ausgerissen wird. Auch ist es bei allen Thiercn zweckmäfsig, die Haut mit war­men Seifenwasser zu reinigen und dann mit wollenen Lappen oder mit einer Bürste, während einiger Minuten tüchtig zu reiben. Hierauf wird die Salbe an der be-
Uerttrig Arzneimitlellelm.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 32
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stimmten Stolle überall gleiclunafsig gegen \ bis 1 Linie dick auf die Haut gestrichen und mafsig stark eingerieben, und, wenn die letztere sehr dick oder wenig empfindlich ist, nach etwa einer Stunde noch einmal eingerieben.
Der umfang, in welchem die Salbe angewendet wird, mul's sich theils nach der Art, dem Grade und Sitze der Krankheit, theils nach der Thiergattung richten j z. b. bei Augenentzündungen der Pferde kann mau einen gegen 2^ Quaclratzoll grofsen Fleck am Hinterkiefer, — bei Lun­genentzündungen dieser Thiere einen etwa 6 bis 10 Qua­dratzoll grofsen Fleck au jeder Seite der Brust einreiben; bei Aderfisteln wendet man die Salbe gegen 2 Querfinger breit in der ganzen Länge der entarteten Vene, — und bei Stollbeulen, Gallen u. dgl. auf der ganzen äufsern Fläche der Geschwulst an, bestreicht aber die nächste Umgegend mit Fett oder mit einfacher Wachssalbe, um diese Theile gegen die Wirkung der Salbe zu schützen. Ob und wann die Einreibung wiederholt werden soll, ist von der Art und von der Hartnäckigkeit der vorhan­denen Krankheit, so wie von der Wirkung der ersten Einreibung abhängig; die Wiederholung kann bei akuten Krankheiten und bei zu geringer Wirkung mit etwa 16 bis 21 Stunden, in allen andern Fällen aber am besten erst nach dem Abheilen der, von der früheren Einreibung entstandenen Schorfe geschehen.
Das Einreiben oder eigentlich das Aufstreichen der einfachen Spanischfliegensalbe wird in der Regel mit der blofsen Hand bewirkt, ohne dafs hierdurch ein Nachtheil für die Person entsteht, die dasselbe verrichtet; will man aber recht vorsichtig sein, so kann hierbei die Hand mit einem alten Lederhandschuh oder mit einem Stück blase bedeckt werden. Diese Vorsicht ist jederzeit nöthig, wenn die Salhe noch andere scharfe, besonders dergleichen me­tallische Bestaudtheile enthalt, oder wenn die Hand des Einreibenden nicht frei von VeHetzungen ist.
Bei dem Eintritt der reizenden Wirkung suchen die meisten Thiere sich an der Einreibungsstelle zu lecken,
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zu beifsen oder zu reiben; sie verletzen sich hierbei zu-vveileu an dieser Si:elle bedeutend, und aut'serdem entsteht gewohnlich, wenn sie die Salbe mit den Lippen, mit der Zuiiüe u. s. w. abwischen, eine heftige Entzünduus dieser Theile. — Es ist daher stets nöthig, solche Thiere in der ersten Zeit unter Aufsicht zu lassen, sie kurz anzubinden nöthigenfalls mit einem Maulkorb zu versehen u. s. w. nach den Umständen.
In Form eines Liniments können die Canthariden ganz auf dieselbe Weise wie in Salbenform angewendet werden. Da aber das Liniment selbst bei etwas langen Haaren leichter gründlich einzureiben ist, auch gewöhnlich etwas schneller, obgleich weniger anhaltend wirkt als die Salbe, so benutzt man es gern in solchen Fällen, wo man die Haare nicht abscheeren will, oder wo eine kräf­tige Wirkung schnell erzengt werden soll.
Die Zusaminensetzung eines solchen Liniments kann mit verschiedenen Stoßen geschehen, je nachdem es weniger oder mehr heftig reizend sein soll. Von mäfsiger Wir­kung ist es z. B., wenn man Baumöl ^vj, und fein gepul­verte Canthariden 3J zusammengemengt in mäfsiger Wärme (am besten in einem Wasser- oder Sandbade) bei oftmali­gem Umrühren so lange digerirt, bis i des Ganzen ver­dampft ist; stärker reizend und augenblicklich fertig ist dagegen ein Gemenge aus: Terpenthiuöl Jjj, Lorbeeröl Jj und Cantharidenpulver 5vj bis tj. — Zuweilen wird auch Euphorbiumgummi, Schwefelsäure u.dgl. zugesetzt. (Siehe bei. Schwefelsäure). — Die Canthariden - Linimente sind nicht offizinell.
c) Canthariden-Pflaster (Emplastrum Cantharidavi s. Vesicatorium). Sie sind in der Thierarzneikunde weni­ger gebräuchlich als die Salben und Linimente, weil die Anwendung, wenn sie zweckmälsig sein soll, mit gröfserer Schwierigkeit verbunden ist als die Anwendung letzterer Präparate. Denn die, nach den Vorschriften der Phar-makopöe bereiteten Kantharidenpflaster (1, Ewplastr. Can-
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iharid. ordinariam und 2, Evipl. CanthariJ. perpetuum) kle­ben nicht fest genug an der Haut, und fallen bei einer Erschütterung derselben durch den Hautmuskel, bei hef­tiger Bewegung der Thiere u. s. w. leicht ab; und fest­haltende Bandagen sind bekanntlich nur an sehr wenigen Stellen des TMerkörpers gut anzubringen. Man ist daher genöthiget, das Cantharidenpflaster zum thierärztlichen Ge­brauch durch Zusatz von vielem Harz oder Pecli recht stark klebend zu machen; hierdurch wird aber dasselbe sehr hart und spröde, und mufs deshalb vor der Anwen­dung jedesmal erst durch Erwärmen am Feuer flüssig gemacht werden, wobei aber durch einen zu hohen Grad der Hitze sehr leicht die Wirksamkeit der Cantharidon leiden kann.
Ein vorzügliches Pflaster dieser Art ist dasjenige. welches unter dem Namen: Scharfes Pflaster (Evipl. acre), englisches scharfes Pflaster oder schwarzes Pflaster bekannt ist, und welches nach seiner ursprüng­lichen Vorschrift aus folgenden Ingredienzien besteht: Man nimmt Spanisch Fliegenpulver 13 Unzen, Burguuder-harz 11 Unzen, Euphorbiumgummi 3 Unzen, Mastixgummi, Kolophonium, Safranpflaster, Gem. Terpenthin, schwarzes Pech, pulv. Armen. Bolus, von jedem 6 Unzen, und macht daraus nach den Regeln der Apothckerkunst ein Pflaster1).
Bei der Anwendung dieses Pflasters wird die uöthige Menge in einem irdenen Gefäfs über gelindem Feuer flüs­sig gemacht, dann mit einem Span oder mit einem Spatel auf den kranken, vorher von Haaren entblöfsten Theil gegen 2 Linien dick aufgestrichen, sogleich mit ganz kurz zerschnittenem Werg bestreuet, und letzteres mit der fla-
') Diese Zosammensetzang scheint zu camplizirt und ist dcsiiallraquo; vielfällig; abgeändert uiul vereint'ücht worden; sie besitzt ahvt laquo;lii-liriilen. Eigenscliaftari, klüftig 7.n reizen miJ slnvk zu kidn-n, im voi-züglicbern Grade, als .-illlaquo; mir bekannte nnd von mir selbst versuchte einfachere Compnsitionen dieses Pilasters
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dien Hand gut angedrückt. Durch das Bestreuen mit Werg verhütet man am besten das Anfbersten und das theilweise zu frühe Abfallen des Pflasters.
Die Wirkung des letztern tritt gewöhnlich etwas langsamer als von der Cantharidensalbe ein, ist aber mehr andauernd und glcichmäfsiger, als bei dieser; denn die von ihm bewirkte Ansschwitzuug dauert zuweilen durch 14 Tage fort; hierbei erzeugt sich eine dicke Kruste, welche mit dem Pflaster zugleich in etwa 12 bis 20 Tagen abfallt. Die ausgefallenen Haare wachsen bald wieder.
Das auf diese Weise angewendete Pflaster wird als ein sehr wirksames Mittel gegen üeberbeine, verhärteten Sehnenklapp, recht vortheilliaft benutzt, steht aber bei akuten Kraukliciten der Cantharidensalbe nach.
d) Canthariden-Tinktur {Tinclura Cantharidum) ist eine Auflösung und ein Auszug des Cantharidins in rektifizirtem Weingeist. Sie wird nach den Vorschriften der verschiedenen Pharxnakopöeu in sehr verschiedener Stärke bereitet, aber zum thierärztlichen Gebrauch am besten so, dafs 1 Unze Cantharidenpulvers mit 1 Pfund Weingeist durch 3 Tage in der Wärme digerirt und dann filtrirt wird. Die Tinktur ist flüchtiger und durchdringen­der reizend, als die übrigen Präparate, aber sie verursacht bei nur einmaliger Anwendung gewöhnlich keine Blasen; sie eignet sich daher auch nur als Reizmittel bei Läh­mungen, bei Rheumatismus, bei den chronischen Folgen der Verrenkungen, bei frischen Gallen n. dgl., aber nicht zur Ableitung bei Entzündungen. Sie wird in die kran­ken Theile eingerieben, und zwar nach der Art und nach dem Grade der Krankheit täglich 1 bis 3 Mal, bald für sich allein, bald im verschiedenen Verhältnifs mit Kam-pheröl, mit Auunomak-Liniment, mit grüner Seife, mit Kampherspiritus, Tcrpenthinöl und dergleichen Rcizmit-iclu verbunden.
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i. Bl uiwürnifr.
HI a i gt;v u r ink ii f e v. Slelue majalea. ma/a leu.
a. rormes
sect;. 384.
. Unter diesen Namen sind zwei einander sehr ähn­liche Insekten (der schwarzblaue Maiwurm, Meloü proscarabacus und der kupferrothe Maiwurm, Meloii majalis) bekannt, welche beide einen scharfen Stoff von ähnlicher, aber etwas schwächerer Wirksamkeit, wie die Caiitliariden besitzen.
Nach Vitet a. a, O. päg. #9632;423.) bringt eine aus den .zerejuetschten Käfern und Feit bestehende Salbe auf die innere Seite des Dickbcitis eines Pferdes gelegt, in 12 Standen eine schmerzhafte Entziuidiingsgeschwillst, und in 36 bis 48 Stunden Blasen hervor. — Innerlich in gros-sen Gaben oder anhaltend angewendet, wirken diese In­sekten auf die Schleimhaut des Magens, des Darmkanals und auf die Harnwerkzeuge fast eben so reizend, wie die Canthariden, und veranlassen Entzündungen dieser Theile, Drang zum Uriuiren und Blutharnen.
Mau kann sie innerlich und äufserlich wie die Can­thariden, aber in etwas stärkeren Gaben und mehr con-centrirt, anwenden; sie sind ein wohlfeiles Ersatzmittel der Canthariden, werden aber durch diese an Stärke der rei­zenden Wirkung bedeutend übertroffen.
Zum innerlichen Gebrauch wurden sie ehemals vor­züglich als ein Specificnm gegen die Wasserscheu sehr gerühmt, und als solches seit der Mitte des vorigen Jahr­hunderts mehrentheils unter dem Namen der Maiwurm-Latwerge oder des Preufsischen Mittels1), in einer eigenthümlich zusammengesetzten Latwerge angewendet. Jetzt ist dieselbe veraltet und vergessen. Als einfacher und eben so wirksam empfiehlt ilatzeburg (Zoopharma-
'• Ot-slinllquot; sn gtiiiannt, weil Friedrich ilerGrol'se es von dem Besitzer Ars SJitlels erkaufen und ^uiu aligiim iiitu Besten Sflenllich iM-liiniil maclien WA-.
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kologie Bd. 2. S. 6.) folgende Zusammensetzung: Man nimmt 24 Maiwurmer (welche in Honig aufbewahrt ge­wesen), zerreibt sie in einem steinernen Mörser so fein als möglich und mischt 2 Unzen Thenak, 1^ Unze lial-drianwurzelpulver, nebst so viel Honig dazu, dafs eine Latwerge daraus wird, von der man einem vom tollen Hunde gebissenen Pferde und Rinde täglich einmal drei Quentchen, Schafen, Schweinen, Hunden u. dgl. 1 Quent­chen giebt und damit fortfährt, bis sich Heizung der Hainorgane zeigt; nun wird das Mittel, bis diese Hei­zung vorüber ist, ausgesetzt und dann wieder fortgebraucht, und so bis zum 4Östen Tage fortgefahren. — Die zweck-inäfsige Behandlung der Bifswunden (Reinigung derselben, Aetzen mit Kali caust, Unterhaltung der Eiterung durck (i Wochen) darf dabei nicht unterbleiben.
Zum äufserlichen Gebrauch benutzt man die Maiwür­mer am besten in einer Salbe, welche bereitet wird, indem mau eine Quantität dieser Insekten mit eben so viel frisch-geschmolzenem Schweinefett zusammenreibt, und das Gemenge durch einige Stunden in der Wärme stehen läfst.
3. A in c i s c n. Formieae,
sect;. 385.
Ihr wirksamer Bestandtheii ist ein eigoutliiimlicher scharfer Stotf, der mit einer, der Essigsäure ähnlichen Säure verbunden ist, und durch welchen sie sowohl bei innerlicher wie bei äufserlicher Anwendung reizend, aber nicht blasenziehend wirken. — Durch Ausprcasen der fri­schen Ameisen erhält man einen bräunlichen Saft, in wel­chem jener scharfe Stotf zum gröfsten Theil enthalten ist.
Giebt man einem ausgewachsenen Pferde 2 Loth die­ses Ameiseusaftes mit l Pfund Wasser verdünnt auf ein­mal, so bemerkt man eine Viertelstunde darauf Unruhe des Pferdes, vollen, etwas vermehrten Puls, vermehrte Wärme um ganzen Körper, angestrengteres Atlunen; das Thiet sieht manchmal nach den Flanken und stampft mit den Füfsen. Nach I Stunde sind alle diese Lrscheinun-
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gen wieder verschwunden, das Pferd ist vollkommen ruhig, setzt Harn ab und verzehrt das ihm gereichte Futter mit dem gröfsten Appetit. — Ganz ähnlich wirkt die nämliche Gabe bei einem ausgewachsenen Ochsen (Rysz, Arznei­mittellehre S. 22).
Alan (besonders Vitet und Rysz) hat die Ameisen innerlich als reizendes, nervenstärkendes, krampfstillcndcs, sclnveifs- und urmtreibendes Mittel gegen alle Krankhei­ten enipfohlen, welche aus Schwäche und Reizlosigkeit, und von Stockungen in den Eingeweiden entstanden sind, namentlich gegen Nervenfieber, Lähmungen, Starrkrampf, Wassersucht, Fäule und Egelkrankheit der Schafe u. dgl.
Aeufserlich sind sie gleichfalls als reizendes stärken­des und zertheilendes Mittel gej^en Lähmungen, kalte Ge­schwülste, gocfcn ödematöse Anschwellungen, und gegen das Schwinden der Theile recht wirksam.
Die innerliche Anwendung ist jetzt fast ganz in Ver­gessenheit gekommen. Man kann hierzu die Ameisen ent­weder a) frisch zerquetscht, oder i) getrocknet und pul-verisirt, oder c) den ansgeprefsten Saft, oder d) den Amei-senspiritus benutzen. — Von den frischen Ameisen nimmt man für Pferde und Rinder eine starke Hand voll (gegen Ij Unze), für Schafe .^ß, für Hunde gj — 'j, zerreibt sie in einem Mörser, versetzt sie mit aromatischen und an­dern passenden Mitteln, und wendet sie als Latwerge oder in flüssiger Form täglich 3 bis 4 Mal an, — Um die Ameisen pulverisiren zu können, läfst man sie zuerst in einem feuchten Sacke in einem Backofen bei mäfsiger Hitze trocknen, worauf man sie im Mörser zerstöfst. Sie lassen sich in einem gut verschlossenen Gefäfs leicht auf­bewahren. Nach Vitet's Vorschrift soll man von ihnen den Ochsen und Pferden 3 Unzen bis zu einem halben Pfd., den Schafen 2 bis 4 Unzen, mit Hafer, mit Salz oder mit Kleien gemengt geben. — Der ausgepreiste Amciscnsaft ist zum Aufbewahren nicht gut geeignet, weil er leicht in Gährung übergeht; Rysz empfiehlt ihn für Pferde zu 1 Loth bis ö Drachmen und für Rinder zu 2 bis 3 Loth.
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Der Amciscnspiritus (Sphitus Formicarum), bereitet diuch Destillation oder durch bloses Digerireu von 2 Thei-leu frischer Ameisen mit 4 Theilen Weingeistes und eben so viel Wasser, ist ein flüchtig reizendes, sehr wirksa­mes Mittel j welches man Pferden und Hindern bei den vorhin genannten Krankheiten zu 5J bis gjjj, Schafen und Schweinen zu quot;jjj bis ,~j, Hunden zu 3j bis 5jj in Verbin­dung mit aromauschen Mitteln giebt.
Aeufserjioh kann man entweder den Ameisenspiritus zum Waschen und Einreiben benutzen, oder man nimmt die Ameisen sammt ihrem Haufen (jam. zugleich die soge­nannten Eier, d. i. die Puppen, zu erhalten), bringt sie in einen Eimer oder Kübel, übergiofst sie mit kochendem Wasser, bedeckt das Gefafs so lange bis die Flüssigkeit lauwarm ist, und gebraucht sie nun als Bad oder zu Bähungen. Durch Zusatz von zerquetschten Wachholder-beereu und andern aromatischen Mitteln, liifst sich die Wirksamkeit eines solchen Aufgusses noch sehr verstärken.
#9632;1. Gauclilipilkraut; (llollior Gauchlicil, Hiilinerdarui, rotlic fflicre), Herba Anagallidis.
sect;. 386. Diese kleine Pflanze läfst kaum durch ihren schwa­chen, bitterlich-scharfen Geschmack einen scharfen Stoff vermuthen, verursacht aber dennoch bei der Einwirkung auf den Thierkörper ähnliche Wirkungen, wie die übrigen scharfen Mittel, und in grofsen Gaben angewendet selbst den Tod. Im getrockneten Zustande wirkt sie heftiger als im frischen. Grognier sah von einem conzentrirten Absud, und eben so von mäfsig grofsen Gaben des ge­trockneten Krautes bei Pferden fast jedesmal Zittern der Muskeln an den hintern Gliedmafseu, krampfhafte Zu­sammenziehungen des Halses, und vermehrtes Urinireu erfolgen, und nach sehr grofsen Gaben trat der Tod sicherer ein. als von Schierling und von andern Pflanzen­giften. Bei der Sektion fand sich die Schleimhaut des Magens entzündet. (Compte rendu des travaux de la Soc.
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de incd. de Lyon. 1810. pag. !laquo;, und Annal. d'Agricult. trany. Tom. tO. u. 4i. — Ein kräftiger Hund zeigte von o Drachmen des Extraktes nach 10 Stunden Mattigkeit, nach 15 Stunden verminderte Empfindlichkeit, nach 22 Stunden völlige Unempfindlichkeit und eine halbe Stunde später erfolgte der Tod. — 2 Drachmen dieses Extraktes nnf das Sclienkelzellgewebe eines kleinen Hundes appli-zirt, bewirkten den Tod unter denselben Zufallen binnen !! Stunden (Orfila. Toxikol. 2 Bd. S. 356.).
Der Gauchheil wird jetzt fast gar nicht therapeutisch benutzt, und verdient nur des grofseu Rufes wegen, den er als Specificum gegen die Wasserscheu ehemals erhalten hatte, erwähnt zu werden. Unter den Thierärzten wurde er besonders von Bourgelat und von Chabert sehr empfobleu (Almanac veter. 1782, p. 12.9). Man gab das Pulver für Pferde und Rindvieh zu 1 bis 2 Drachmen (passender zu .* Unze), für Schafe und Schweine die Hälfte, für Hunde den vierten Theil davon, täglich 1 bis 2 Mal und durch wenigstens 8 Tage; es wurde mit et­was Salz, und rohem Alaun gemengt, auf Brod gestnuet, oder auch in einem Infnsum den Thieren eingegeben. Mit dem Infusum sollte zugleich die vorher gebrannte Bifs-wundc oft wiederholt ausgewaschen werden.
Das Mittel war auch gegen die Drehkrankheit der Schafe und gegen Wassersucht empfohlen, hat sich aber gegen diese Krankheiten eben so wenig wie gegen die Wuth bewährt
5, Gnade iil. i-iint, Gottes - Gnadenkraut, Pnrgirkrn ut, lürdgalie, wildex Aurin. Herba Gratiolae.
sect;. 387. Das Kraut und die Wurzel dieser Pflanze enthalten einen bitter - scharfen Stoff (wahrscheinlich scharfes Harz), vermöge dessen sie beide stark reizend wirken, und be­sonders den Magen und Darmkanal ai'fiziren. — Wenn Pferde von diesem Kraut auf Wiesen oder im Heu viel fressen, so purgiren sie darnach anhaltend und werden
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sehr mager. Das Hornvieh rührt die Pflanze gewöhnlich nicht an, purgirt aber ebenfalls, wenn man ihm 2 bis 3 Unzen des trockenen Krautes eingiebt. Bei Hunden und Schweinen verursacht das trockene Kraut in der Gabe von i bis 1 ganzen Drachme Erbrechen und gelindes Pur-eiren^ in gröi'seni Gaben heftiges Erbrechen, zuweilen mit Ausleerung blutiger Stoffe, dann Magen- und Darment­zündung und den Tod. — Orfila gab einem Hunde 3i Drachmen dos Extraktes; der Tod trat nach 24 Stun­den, bei einem andern Hunde von 3 Drachmen des Ex­traktes aber schon nach 12 Stunden ein, und bei der Anwendung derselben Quantität auf eine Wunde am Schenkel starb ein Hund nach 23 Stunden. — 20 Gran des Extraktes in 5 Drachmen Wasser gelöst und in die Drosselvene eines Hundes gespritzt, erregten nach 6 Mi­nuten Anstrengung zum Erbrechen und nach 28 Minuten 2 Darmausleerungen. Das Thier erholte sich am folgen­den Talt;ve. — 28 Gran in 4 Drachmen Wassers gelöst und auf dieselbe Weise angewendet, bewirkten nach einer Stunde eine Dannentleenmg, Schwindel, Unempfindlich-keit und nach 2 Stunden den Tod.
Die Gratiola ist in kleinen Gaben als ein schleim-anf lösendes, urin- und wurmtreibendes Mittel, in grofseu Gaben aber als Purgir- und Brechmittel, — gegen schlechte Verdauung, Verschleimung, Würmer, Gelbsucht, Wasser­sucht, veraltete Druse, und gegen die Bräune der Schweine empfohlen. Sie wird jedoch nur von wenigen Thierärzten und nur selten angewendet, obgleich sie als inländisches und sehr kräftiges Mittel häufiger versucht zu werden verdiente.
Als auflösendes und urintreibendes Mittel kann man das trockene Kraut und die Wurzel für Pferde und Rind­vieh zu quot;jj — .=ß, für Schafe und Schweine zu 9j — 3^, für Hunde zu Gr. v — x, täglich 2 Mal, — als Purgir-oder Brechmittel aber in der 4 bis 6 fachen Menge ge­ben. Vom frischen Kraute kann die Gabe um die Hälfte stärker sein.
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Die Anwetidung (namentlich grofser Gaben) geschieht am besten im Dekokt, und Schweinen giebt mau das Pul­ver in Buttermilch oder in saure Milch gerührt.
In unreinen, torpiden Geschwüren erregt das Mittel stiirkerc Thätigkeit, und kann daher in dieselben als Pul­ver eingestreuet oder als Dekokt zum Waschen benutzt werden.
0. S.cliölIkraiit- Blätter und Wurzel. ehelidonii nm/oris.
Hcrbu et radix
sect;. 388.
Der scharfe Stoff dieser Pflanze ist nur in ihrem frischen Zustande vorhanden, und vorzüglich an den gel­ben Milchsaft gebunden; getrocknet besitzt sie blos einen gelinden Bitterstoff. Daher sind auch die Wirkungen des frischen und des getrockneten Schöllkrautes sehr ver­schieden von einander. — Pferde. Rindvieh und Schafe ertragen dasselbe auch im frischen Zustande in ziemlicher Menge; von den letzten sah ich oft, dafs sie 3 bis 5 Hand voll des Krauts mit Appetit und ohne Nachtheil, überhaupt ohne bemerkbar eintretende Wirkung verzehr­ten; den ersteren aber gab ich es bis zu einem Pfunde, und sah blos vermehrtes Uriniren darnach erfolgen. Bei Hunden sind jedoch die Wirkungen sehr heftig; Orfila brachte in den Magen eines schwächlichen Hundes drei Drachmen wässeriges Extrakt, wodurch nach 6 Minuten starker Heiz zum Erbrechen, nach 4 Stunden sehr ver­minderte Sensibilität, vermindertes Bewegungsvermögen, Verlust des Gesichts und des Gehörs und der Tod her­beigeführt wurden. — 4 Unzen des aus den Blättern ge-prefsten Saftes wirkten eben so und verursachten nach 10 Stunden den Tod. — Von 2 Drachmen des Extraktes in Wasser gelöst und in eine Wunde am Schenkel eines Hundes gebracht, wurde derselbe nach 15 Stunden ganz gefühllos und starb bald darauf. Die Wunde war sehr entzündet, geschwollen und mit Blut und Serum intiltrirt.
In mäi'sigcn Gaben innerlich angewendet wirkt das
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frische Schöllkraut und seine. Wurzel reizend, auflösend, urintreibend, und ist daher gegen Gelbsucht, Wassersucht, schlechte Ernährung, Drüscuverhärtungeu und veraltetes Blutharuen empfohlen. Das trockene Schöllkraut wirkt dagegen fast gar nicht reizend, sondern gelind tonisch, wie ein gelind bitteres Mittel; es ist aber in diesem Zu­stande durch kräftiger wirkende Mittel zu ersetzen und ganz entbehrlich.
Den grasfressenden Thieren kann man das frische Kraut unter das Futter geben, und zwar Pferden und Rin­dern jedesmal gegen 1 Pfund, Schafen gegen 5 Pfund, Schweinen 3 bis h Pfund; — oder man giebt den ausge-prefsten Saft Pferden zu 2 bis 4 Unzen, Rindvieh 3 bis 6 Unzen, Schafen 2 bis 3 Unzen, Schweinen l bis 2 Un­zen und Hunden 2 Drachmen bis 5 Unze, täglich 1 bis 2 Mal.
Der Saft kann mit bittern und andern passenden Mitteln in Latwergen, in Pillen oder auch verdünnt mit einem aromatischen lufusum, in flüssiger Form angewen­det werden.
Aeufserlich wirkt das Schöllkraut bei Verhärtungen, chronischen Entzündungen, bei Hautausschlägen, und bei atonischen Geschwüren reizend, die Resorption und die Zertheilung befördernd, und kann daher zu Breiumschlä­gen, oder auch infundirt oder gelind gekocht zum Wa­schen und Bähen benutzt werden, wie es eben der Krank-heitszustaud erfordert. (Kersting's Waschwasser gegen die Räude oder den Grind, siehe unter Grindwurzel, S. 275). Gegen Warzen der Pferde habe ich den Schöllkrautsaft stets ohne Erfolg angewendet.
7. Sen,nesblätter. Folia Senmte.
sect;. 389. Als ihren hauptsächlich wirksamen Bestandtheil be­trachtet man einen cigentlüimlichen, im Wasser vuid Wein­geist auflöslichen, harzigen Exstraktivstoff, den die Che­miker Sennastoff oder auch Cathartin genannt haben.
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Derselbe ist nicht in allen Arten der Senncsbliitter laquo;leich-mafsig vorhanden und das Mittel ist, wie es scheint, des­halb nicht immer von gleicher Wirksamkeit.
Für den Menschen und fiir die kleinen Hausthiere sind die Sennesblätter ein ziemlich kräftiges, reizendes Purgirmittel, für die grofsen Hausthiere aber niclit. Vitet behauptet zwar (a. a. O. Seite 160), dal's Schafe von dem Aufgufs auf 1 bis 2^ Unzen, Pferde und Ochsen aber von l\ bis zu 3, zuweilen auch erst von t ünxen laxiren; allein J. White V) gab Pferden ein lufusüm von 3 Unzen der Blätter mit 4 Unzen Glaubersalz versetzt, auf einmal, ohne dafs hiernach die mindeste'Affektion des Darmkanals zu bemerken war. Bei einer 7jährigen Kuh sähe Gilbert2) nach dem Eingeben eines Senua-Infusums, das von 4 Unzen der Blätter bereitet und noch mit 6 Unzen Aloe versetzt war, nicht die geringste Ver­änderung erfolgen: das Thier fuhr fort zu fressen und zu saufen wie gewöhnlich. Bei einem dreijährigen Schaf er­folgte von 4 Unzen Sennesblätter, mit l Pfund Wasser eingegeben, kein Purgiren, aber nach 14 Tagen der Tod. Der Laabmagen und die Gedärme waren heftig entzündet. — Bei Schweinen wirken, nach Viborg's Angaben3) und nach meinen eigenen Versuchen, 4 Drachmen Sen­nesblätter als abführendes Mittel, ohne dafs widrige Zu­fälle davon entstehen; bei Hunden tritt die abführende Wirkung von 1 bis 4 Drachmen und bei Katzen von h bis 2 Drachmen der Blätter ein.
Drei Unzen einer Abkochung von 2 Drachmen der Blätter in die Vene eines starken Hundes gespritzt, ver­ursachten erst, nach Verlauf einer Stunde geschwindere Respiration, Kollern im Leibe, heftige Anstrengung zum Erbrechen, Ausbrechen vieler Galle (binnen 1^ Stunde
') Treatise on vctei'. med. Vol. II. p quot;268; deatsch von Maller p. 438.
') Ami.il. d'agricoU. franr. Tom. ili. p. 333. laquo;Ic
3) Anlfituiiquot; z. Erzieli. u. Benulzung d'-s Schweins. S. 80.
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4 Mal), Mattigkeit und Verlust des Appetits. Am dritten Tage kehrte Efslust und die vorige Munterkeit wieder zurückl).
Von der Anwendung der Sennesblatter als Purjiir-mittel für Pferde und Wiederkäuer kann, nach den oben erwähnten Wirkungen des Mittels bei diesen Thieren, keine Rede sein; dagegen kann sie bei Schweinen, Hun­den und Katzen mit gutem Erfolge gegen diejenige Ver­stopfung des Leibes statttinden, welche in Erschlnti'ung und Reizlosigkeit des Darmkanals begründet ist, und die bei verschiedenen Krankheiten vorkommt.
Man giebt die Sennesblätter für diese Thiere in den oben bezeichneten Gaben, entweder gepulvert und mit Honig oder Syrup zur Pille gemacht, oder noch besser in einem, mit heifsem Wasser bereiteten, Infusum. Es ist fast zur Gewohnheit geworden, die Sennesblätter mit andern Purgir- oder Laxirmitteln zu versetzen, weil man glaubt, hierdurch die purgirenden Wirkung der erstem zu vermehren, zugleich aber weniger reizend zu machen. Delabere Blaine empfiehlt z. B. für einen kleinen Hund folgende Zusammensetzung: Sennesblätter, Manna, von jedem i Quentchen, mit 2 bis 3 Unzen kochendem Was­ser übergegossen, nach dem Erkalten und Abgiefsen in der Flüssigkeit l Skrupel englisches Salz aufgelöst und dieselbe auf einmal zu geben. Bei Entzündungskrankhei­ten sind die Sennesblätter schädlich, und im Ganzen be­trachtet, sind sie entbehrlich.
8. W^o lil vcrl e ili - B lumen , Wurzel und Ulättor. Flore*, rnilix et herba Arnicae.
sect;. 390. Die genannten Theile der Wohlverleihptlanze zeigen sowohl hinsichtlich ihrer chemischen Bestandtheile, wie auch hinsichtlich ihrer Wirkung einige Verschiedenheit von einander.
') Seilelaquo;le, die Trtmsfasion des Oluleg. Th. I. S. 191.
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Derselbe ist nicht in allen Arten der Senuesbliitter gleich-mäfsig vorhanden und das Mittel ist, wie es scheint, des­halb nicht immer von gleicher Wirksamkeit.
Für den Menschen und für die kleinen Hausthiero sind die Sennesblätter ein ziemlich kräftiges, reizendes Purgirmittcl, für die grofson Hausthiere aber uiclit. Vitet behauptet zwar (a. a. O. Seite löO), dal's Schafe von dem Aufgufs auf 1 bis 2h Unzen, Pferde und Ochsen aber von l^ bis zu 3, zuweilen auch erst von l Unzen laxiren; allein J. White ') gab Pferden ein [ufusnm von 3 Unzen der Blätter mit 4 Unzen Glaubersalz versetzt, auf einmal, ohne dafs hiernach die mindeste'Affektiou des Darmkanals zu bemerken war. Bei einer Tjahrigen Kuh sähe Gilbert2) nach dem Eingeben eines Senna-Infusums, das von 4 Unzen der Blätter bereitet und noch mit 6 Unzen Aloe versetzt war, nicht die geringste Ver­änderung erfolgen: dasThier fuhr fort zu fressen und zu saufen wie gewöhnlich. Bei einem dreijährigen Schaf er­folgte von 4 Unzen Sennesblätter, mit l Pfund Wasser eingegeben, kein Purgiren, aber nach 14 Tagen der Tod. Der Laabmagen und die Gedärme waren heftig entzündet. — Bei Schweinen wirken, nach Viborg's Angaben3) und nach meinen eigenen Versuchen, 4 Drachmen Sen­nesblätter als abführendes Mittel, ohne dafs widrige Zu-fällfe davon entstehen; bei Hunden tritt die abführende Wirkung von 1 bis 4 Drachmen und bei Katzen von j bis 2 Drachmen der Blätter ein.
Drei Unzen einer Abkochung von 2 Drachmen der Blätter in die Vene eines starken Hundes gespritzt, ver­ursachten erst, nach Verlauf einer Stunde geschwindere Respiration, Kollern im Leibe, heftige Anstrengung zum Erbrechen, Ausbrechen vieler Galle (binnen l.i Stunde
') Treatise on veter. incd. Vo!. II. p 2S8; den'sch von Müller p. 438.
'} Anoal. d'ngiicult. fran^. Tom. III. jgt;. 333. de
#9632;') Anleitung z. Erzieli. u. Beaulzung des Schweins. S. SO.
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4 Mal), Mattigkeit und Verlust des Appetits. Am drittou Tage kehrte Efslust und die vorige Munterkeit wieder zurückl).
Von der Anwendung der Senncsblattcr als Pargir-mittel für Pferde und Wiederkäuer kann, nach den oben erwähnten Wirkungen des Mittels bei diesen Tliieren, keine Rede sein; dagegen kann sie bei Schweinen, Hun­den und Katzen mit gutem Erfolge gegen diejenige Ver­stopfung des Leibes stattfinden, welche in Erschlaii'ung und Reizlosigkeit des Darmkanals begründet ist, und die bei verschiedenen Krankheiten vorkommt.
Man giebt die Sennesblätter für diese Thiere in den oben bezeichneten Gaben, entweder gepulvert und mit Honig oder Syrup zur Pille gemacht, oder noch besser in einem, mit heifsem Wasser bereiteten, Infusum. Es ist fast zur Gewohnheit geworden, die Sennesblätter mit andern Purgir- oder Laxirmittehi zu versetzen, weil man glaubt, hierdurch die purgirenden Wirkung der erstem zu vermehren, zugleich aber weniger reizend zu machen. Delabere Blaine empfiehlt z. B. für einen kleinen Hund folgende Zusammensetzung: Sennesblätter, Manna, von jedem ~ Quentchen, mit 2 bis 3 Unzen kochendem Was­ser übergegossen, nach dem Erkalten und Abgiefsen in der Flüssigkeit 1 Skrupel englisches Salz aufgelöst und dieselbe auf einmal zu geben. Bei Entzündungskrankhei­ten sind die Sennesblätter schädlich, und im Ganzen be­trachtet, sind sie entbehrlich.
8. Wolilvcrleih - Blumen , Wurzel um! IJlätter. Flure1!, ruiUx et herba Arnicäe.
sect;. 390. Die genannten Theile der Wohlverleihptlanze zeigen sowohl hinsichtlich ihrer chemischen Bestand theile, wie auch hinsichtlich ihrer Wirkung einige Verschiedenheit von einander.
') Sclieele, dit; Transfasion des ßlutes. TIi. I. S. 191.
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Die Arnikablumen enthalten als wesentlichsten Be-standtheil einen sogenannten scharfen Seifenstoff (kratzenden Extraktivstoff) in Verbindung mit scharfem Harz, mit Salzen und mit einem kleinen Antheil von ätherischem Oel. — In der Wurzel ist adstringirender Seifenstoff vorherrschend (gegen 5 des Ganzen), aber ebenfalls mit scharfem Harz und mit etwas ätherischem Oel verbunden; doch sind letztere beide Bestandtheile in geringerer Menge vorhanden als in den Blumen. — Das Kraut verhält sich der Wurzeln ähnlich, seine wirksame Be­standtheile sind aber in noch geringerer Menge vorhanden.
Die Wirkung auf den thierischeh Organismus er­scheint zwar bei den einzelnen Theilen der Arnika über­einstimmend als eine eigenthümliche Reizung, welche vor­züglich die Vcrdauungs- und Respirationsorganc und deren Nerven betrifft; allein bei den Arnikablumen tritt diese Wirkung schneller ein und verbreitet sich ähnlich wie von den aromatischen Mitteln) über die bezeichneten Or­gane hinaus, auf das ganze Gefäfs- und Nervensystem, daher auch auf das Rückenmark und selbst auf das Ge­hirn, — obgleich sie am letztern verhältuifsnüifsig am wenigsten, an den Verdamingseingeweiden und an den Respirationsorganen aber stets am meisten sichtbar wird. Dagegen ist die direkte reizende Wirkung der Arnika-wnrzcl fast, allein auf die Reproduktionsorgaue beschränkt, weniger flüchtig in der Entwickelung, zugleich aber mehr tonisch, und in dieser Beziehung ähnlich den adstringi-rendeu Mitteln. — Die Wirkungen des Wohlverleihkrautes nähern sich denen der Blumen, sind aber sehr viel schwä­cher als die der letztem.
sect;. 391.
a. Die Erscheinungen nach dem Eingeben von 1 bis 3 Unzen der Arnikablumen sind bei gesunden Pferden mehrentheils unbedeutend und bestehen in etwas erhü-hetcr Temperatur an der Haut und im Maule, in einer geringen Vermehrung der Pulse, in etwas vermehrter Speichelabsonderung und reichlicherer Ürinentlcernng;
zu-
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zuweilen findet sich auch Zittern der Muskeln, Aussetzen des Pulses, Poltern im Leibe hinzu. Die Wirkung wird 10 bis 13 Miauten nach dein Eingeben bemerkbar, und dauert 2 bis 4 Stunden j die Thiere behalten dabei ihr munteres Ansehoi;. fressen und saufen wie vorher. — Nach einer Gabe von 4 Unzen bis zu 1 Pfund dieser Blumen treten dieselben Zufalle ein, jedoch im starkem Grade; das Haar wird gesträubt, der Puls voll und ver­mehrt; die Thiere zittern stark, gähnen oft, manche spei­cheln aus dem Maule, bekommen auch etwas Ausllufs aus der Nase, entleeren öfters als gewöhnlich Koth und Urin, und sehen sich zuweilen nach dem Leiter um; das Athmea wird auch oft, aber nicht immer, etwas beschleu­nigter; zuletzt erscheinen die Pferde matt. Diese Wir­kung dauert gegen 6 bis 8 Stunden. Ich gab einem ge-sunden Pferde, und eben so einer Kuh auf einmal zwei Pfund Arnikablumen im Infusum und sähe nur dieselben Erscheinungen, Viborg bemerkte1), dafs bei dampfigen Pferden das Athmea nach dem Eingeben derArnika sehr beschleuniget und angestrengt wurde; ich kann diefs aus mehrern Versuchen bestätigen. — Bei Hunden sind die Erscheinungen nach einer Gabe von \ bis 1 Drachme dieses Mittels ähnlich wie bei Pferden von l bis 3 Un­zen; von grölsern Gaben tritt aber fast immer Erbre­chen ein.
Weit kräftiger, und sogar ausgezeichnet heftig wirkt die Arnika, wenn sie als Infusum oder als Tinktur in die Venen gespritzt wird. Viborg2) machte hierüber die ersten Versuche, und benutzte dabei ein Infusum, wel­ches aus 1 Drachme Arnikablumen mit 2 Unzen Was­ser, durch zwölfstündiges Digerireu bei 60 Grad Wärine (Reaum.) bereitet war, — oder eine aus 2 Drachmen Ar­nikablumen mit Sr, Unzen Branntwein, ebenfalls durch Digestion bereitete Tinktur. —- Eine Drachme des Infu-
^ Simmil. v. Abliandl. 4. Bc). S. 107. u. f. 4ler bis 7ler Versuch. -') EbfnihiseliJSt S. 116. u. F.
Hertwig ArznciniitU'lijiire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Oraquo;*nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;/
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sums, mit 2 Unzen Wasser verdünnt in die Drossclveue eines alten, magern Pferdes gespritzt, verursachte gleich darauf etwas schnelleren Puls; das Pferd sah sich zuwei­len nach dein Leibe um, kauete, und bekam ein feuch­teres Maul, nach 10 Minuten Fieberzufälle, starkes Zit­tern, Sträuben der Haare, Aufheben bald des einen, bald des andern Hinterbeines, etwas beschwerliches Athinen; der Puls wurde voller, blieb aber nicht so schnell als vorher. Darauf erschien das Pferd träge und matt, stand mit herabhängendem Kopfe und Iialbgeschlossenen Augen und konnte sich kaum auf den Beinen erhalten; nach etwa einer Stunde seit Anfang des Versuchs, fiel es um und streckte dabei die Beine nach vorn und hinten aus; es konnte nicht aufstehen, sondern blieb matt und be­täubt, mit allen Vieren gestreckt liegen und war gegen Nadelstiche ganz unempfindlich (ausgenommen im Nacken): die Zunge hing schlaff aus dem Maule, die Lippen waren ohne Muskelkraft, und die Beine behielten die Stellung, die man ihnen gab: die Augen matt, doch ohne Verän­derung der Pupille; das Athinen langsam, beschwerlich, der Puls unmerklich, der Herzschlag nicht fühlbar. ISach einer Dauer von 15 Minuten verschwanden diese Zufälle so weit, dafs das Pferd aufstehen konnte; es blieb aber noch Schwindel und taumelnder Gang, und mühsame Be­wegung der Beine zurück. Entleerungen waren bisher nicht erfolgt. Fiefslust zeigte sich sogleich, als das Thier sein Be wulstsein wieder erhalten hatte. Zwei Stunden nach gemachter Einspritzung bemerkte man keine Wir­kung mehr von derselben.
Bei andern Pferden war gleich nach der Einspritzung von 3Ü bis zu 5j des Aufgusses (und eben so der Tink­tur), eine vermehrte Munterkeit zu bemerken, die jedoch nur kurze Zeit dauerte, und worauf die angegebenen Zu­fälle eintraten. Die Stärke und Dauer der letztem war sehr verschieden und nicht immer im Verhältnifs zur Grof^e der Gabe; denn einzelne Pferde starben unter krampfhaften Zufällen von quot;jj bis 3jv des verdünnten Auf-
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gusses, in Zeit von wenigen Minuter., während andere 6 bis 8 Drachmen ohne lebensgefährliche Zufiilie ertru­gen. Besonders wurde bei dämpfigen Pferden das Ath-men sehr beschwerlich und vermehrt (zuweilen durch 24 Stunden anhaltend), und bei rotzigen wurde stets die Absonderung der Schleimhäute verstärkt. Veränderungen am Blute sind dabei nicht zu bemerken; aber es gerinnt schneller und bildet dabei eine dünnere Speckhaut. — Einzelne Pferde sah ich stark aus dem Maule schäumen, andere ganz steif in den Gliedern werden. — Bei Kühen entstehen nach der Injektion von 3j bis 7jj und bei Scha­fen von 6 bis 10 Gran des verdünnten Aufgusses ganz ähnliche Wirkungen wie bei Pferden. Bei Hunden findet sich aber (von 6 bis 10 Gran) noch aufserdem Erbrechen, und von 5ß bis 9ji erfolgt gewöhnlich der Tod.
In den Kadavern findet man die Gefäfse der Bauch-und Brusteingeweide, des Gehirns und Rückenmarkes strotzend voll von Blut, ohne sonstige organische Verän­derungen.
Iiei der Anwendung auf die äufsere Haut wirkt die Arnika stark erregend, die Resorption und die Zerthei-lung extravasirter Flüssigkeiten und torpider Geschwülste befördernd.
sect;. 392.
Dafs die Arnikablumen zu den kräftigsten Reizmit­teln gehören, ist zwar allgemein anerkannt; ihre Anwen­dung ist aber nicht immer mit Berücksichtigung der reizen­den Eigenschaften geschehen. Wirklich angezeigt erscheint dieselbe nur da: wo torpide x\sthenie, mit sehr gesunkener Thätigkeit der Nerven und Blutge-fäfso besteht: wo der Puls klein, weich, leicht zu unter­drücken, die Respiration langsam oder etwas beschwer­lich, die Temperatur ungleich verbreitet und das Auge matt ist, wo die Schleimhäute schmierig, die Kräfte sehr gesunken, und Zufälle von örtlicher oder allgemeiner Läh­mung zugegen sind. Dagegen ist das Mittel überall scliädlich. wo erhöhte Reizbarkeit, grofse Empfindlichkeit
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und Congestionen zu innern Organen bestehen. — Alan wendet es dalier mit Nutzen an, innerlich: bei torpiden Nerven- und Faulfiebern;; — bei Läluniingen. und zwar sowold bei solchen, die ohne Fieber, als auch bei denen, die mit Fieber bestehen, wenn dieses nur den Charakter der Schwäche an sich trägt und wenn das üebel nicht in einer mechanischen Verletzung des Rückenmarkes oder der Nerven begründet ist; ferner bei Krämpfen, bei dein Dummkoller der Pferde, bei veralteter Druse mit starkem Schleimflufs, und überhaupt bei veraltetem Catarrh; bei Durchfall, wenn derselbe in Erschlaffung und Reizlosig­keit des Darmkanals begründet ist; bei veraltetem Rheu­matismus, und besonders, wenn die Thicre in Folge des­selben einen gespannten Gang behalten. Auch bei aku­tem Rheumatismus habe ich von der Arnika guten Erfolg gesehen; bei hohen Graden desselben liefs ich jedoch vorher durch Aderlässe die Intensität des Hebels mindern, und immer liefs ich andere Diaphoretica (Fliederblumen, Tart. stihiatus. Opium oder Opiumtinktur) damit verbin­den. Vorzüglich hat man jedoch die Arnika bei astlie-nischen Entzündungen (besonders bei den sogenannten bösartigen Lungenentzündungen), wie auch bei heftigen Quetschmigeh, und davon entstandenen Erschütterungen und Blutaustretungen häufig angewendet, hierbei aber oft mehr geschadet als genutzt, indem die Anwendung ge­schähe, wenn auch der oben bezeichnete torpide Cha­rakter entweder nicht zugegen, oder auch schon wieder beseitigt war, und dalier die fernere Reizung nur nach­theilig sein konnte.
Aenfserlich werden die Arnikabluinen bei Quetschun­gen, ßlntextravasateu, ödematösen Anschwellungen, Ver­dickungen des Zellgewebes, torpiden Wunden, bei asthe nischen. torpiden Entzündungen u. dgl. benutzt.
sect;.393.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder von -J bis .^jj, für Schafe und Schweine 'jj — .^ß, für Hunde gr. v. — pj, — alle 2 bis 3 Stunden, bei gefährlichen Zuständen auch
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alle Stunden wiederholt. — Die inncriiclie Anwendung' gesciiicht am besten in einem Aufgufs mit heii'sem Was­ser (von letzterem l Pfd. zu 1 Unze der BlumenJ, we­niger zweckmafsig in Latwergen und am wenigsten in Pillen. INacli Erfordern der Umstände setzt man Kam-piier, Weingeist, Tcrpcnthinöl. aromatische Mittel u, dgL hinzu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; v
Aeüfserlich werden die Blumen ebenfalls am besten im Aufgufs. zum Waschen und Bähen der kranken Thcile, zuweilen aber auch als Breiumschlag angewendet.
Die Injektion in die Venen kann bei ähnlichen Krank-heitszustduden, wo der imierliche Gebrauch der Arnika angezeigt ist, stattfinden. Viborg hat sie namentlich ge­gen Rheumatismen und Lähmungen versucht, und ich habe sie in mchrer Fällen gegen Dumnikoller, wenn derselbe nut grofsem Torpor bestand, mit gutem Erfolge angewen­det. Mun kann zu dieser Anwendung die oben (sect;.391.) bezciclmetc Tinktur oder den wässerigen Aufgufs für Pferde und Rinder in Gaben von | Drachme bis i Unze, für Schafe 6 Tropfen mit oder ohne Verdünnung durch Wasser, gebrauchen. Es ist aber dabei grofse Vorsicht nöthig, und besonders dürfen die gröfseren Gaben nur dann angewendet werden, wenn die Einspritzung kleinerer Quantitäten mit zu geringem Erfolge schon versucht wor­den ist.
sect;. 39J.
h. Die Arnikawurzel wirkt bei innerlicher Anwen­dung, (wie bereits im sect;. 390. angedeutet), tonisch und erregend, vorzüglich auf die Verdauungseingeweide, aber viel weniger allgemein erregend als die Blumen. Bei Injektionen eines, von der Wurzel bereiteten, wässerigen Aufgusses oder einer weingeistigen Tinktur treten aber ganz dieselben Erscheinungen ein, wie sie von Injektio­nen des Aufgusses der Aruikablumeu entstehen.
Man benutzt die Arnikawurzel innerlich als stärken­des, zusammenziehendes und erregendes Mittel bei sol­chen Krankheiten, bei denen Schwäche, Erschlaffung,
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Reizlosigkeit und zu sehr vermehrte Ab- und Aussonde­rungen und Neigung zur Zersetzung der Säfte, den we­sentlichen Zustand bilden, wie namentlich bei nervösen, fauligen und gastrischen Fiebern mit dem Charakter der Atonic, bei schlechter Verdauung und bei chronischem Durchfall aus torpider Schwache der Eingeweide, bei dem feuchten, schleimigen Dampf, bei veralteter Druse u dgl. — Acufserlich pflegt man die Wurzel nicht zu benutzen, sie kann aber ähnlich wie die der Blumen geschehen.
Gabe und Anwendung ist wie bei den Blumen: doch eignet sich die Wurzel auch recht gut zur Anwendung in Pillen und Latwergen, und die Wiederholung der einzel­neu Gaben kann nach grofsera Zwischenzeiten geschehen, als bei den Arnikablumeu.
sect;. 395.
c. Das Arnikakraut wirkt viel schwächer als die Blumen, und ist deshalb fast ganz aus dein Gebrauch ge­kommen. Soll es im Nothfall statt der Blumen innerlich angewendet werden, so mufs die Gabe wenigstens noch einmal so grofs wie von diesen sein. Die Pflanze soll von den Schafen sehr gern gefressen, von Rindvieh aber nicht angerührt werden (Linn. flor. Suec. p. 295).
9. Breihwiuzel. IVnliiwur/.el. Radix Ipecacuanhae.
sect;. 396.
Sie enthalt aulser Gummi, Wachs und Stärkemehl eine eigenthümliche alkalinische Substanz, welche Eme­tine genannt worden ist. weil sie bei Menschen, so wie bei Thicren, die sich erbrechen können, selbst in sehr kleinen Gaben fzu \ Gran) starkes Erbrechen bewirkt. In grofsen Gaben (d. h. zu 10 Gran bei Hunden) verur­sacht das Emetin auch Entzündung der Schleimhaut des Magens, des ganzen Darmkanals und in den Lungen, und hierdurch den Tod.
Die Brechwurzel selbst, in gehörig starken Gaben, d. i. bei Schweinen und Hunden zu 12 bis lü Gran, bei Katzen zu 5 bis 10 Gran innerlich angewendet, verursacht
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leicht Erbrechen, mit allen Erscheinungen und Folgen, die mit demselben gewöhnlich verbunden sind (sect;. 65.). Bei Pferden entsteht, Vitet's Versuchen zu Folge1), nach einer Gabe von 1 bis lj Unzen dieser Wurzel eine mäfsige Spannung der Bauchmuskeln, Flankenschlagen, schnellerer Puls, Unruhe, aber keine Neigung zum Erbrechen. Nach 4 bis 5 Stunden verschwinden diese Zufälle wieder. — Aber zu 3 Unzen gegeben beunruhiget die Brcchwurzel das Pferd sehr; es wirft sich nieder, stöhnt, schlägt mit den Flanken und bekommt Zuckungen. Zuletzt findet sich Purgiren, aber nicht so stark, wie von der Aloe. Wenn es unter den Zufällen stirbt, so findet mau den Magen stark aulgeblähet, am Pförtner entzündet und die Blutgefafse strotzend voll. Bei Ochsen soll die Wurzel ähnliche Zufälle und aufserdem auch Neigung zum Er­brechen verursachen. — Wenn die bezeichneten Zufälle vorüber sind, geht gewöhnlich der Mist nach 24 Stunden etwas trockener und sparsamer ab,, als vorher. — Bei Schafen entsteht von \ Unze der Wurzel fast dieselbe Wirkung, wie beim Rindvieh.
Von kleinen Gaben dieses Mittels sieht man bei kran­ken Thieren Krämpfe und Zuckungen, krampfhaftes Er­brechen, Ruhr und chronischen Durchfall geheilt weiden.
sect;. 397.
Die Brechwurzel wird fast nur bei Schweinen, Hun­den und Katzen als Heilmittel angewendet, und zwar ge­wöhnlich :
a) in grofsen Gaben, als Brechmittel in Krankeiten wo Brechmittel überhaupt angezeigt sind, namentlich bei im Magen vorhandenen unverdaulichen oder giftigen Sub­stanzen, bei Anhäufung von Schleim im Magen oder in der Luftröhre und ihren Zweigen in der Lunge, bei rö­chelndem Husten, bei gastrischem Fieber, bei der Staupe der Hunde, bei im Schlünde sitzenden fremden KörpcniT bei asthenischer Bräune u. s. \v.; — oder
') Yitet a. a. O. Seile lo8, 140 und 072.
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6) in kleinen Gaben, sowohl als krampfstillendes wie auch als anhaltendes, stopfendes Mittel bei den vorher (sect;. 396.) angedeuteten Krankheitszuständeu. Zu diesem Gebrauch ist die Brechwurzel bei den grofsen Thieren, durch die erforderliche Gröfse der Gaben zu theuer, auch durch andere Mittel zu ersetzen; und selbst als Brech­mittel bei Schweinen, Hunden und Katzen wird es in den meisten Fällen durch den Brechweinstein, den Zinkvilriol, die weifse Niefswurz und die Gratiola ersetzt. Die Brech­wurzel verdient vor diesen Mitteln nur dann den Vorzusr. wenn man die von ihnen manchmal entstehende zu heftige Reizung und das vom Brechweinstein fast immer zugleich erfolgende Laxiren vermeiden will.
Als Brcclimittel benutzt man sie in den bezeichneten Gaben von 20 bis 30 Gran für Schweine, 10 Gr. bis ggjj für Hunde, und l bis 12 Gr. für Katzen. — Man giebt am besten das Pulver der Wurzel mit J bis 1 Unze lauwar­men Wassers gemengt, häufig auch, urn ihre Wirkung zu verstärken, mit 2, 3 bis 5 Gran Brechweinstein verbunden.
Als krampfstillendes und anhaltendes Mittel giebt man sie für Schweine zu 3 bis 8 Gran, für Hunde und Katzen zu h bis 3 Gran, alle 2 bis 4 Stuuden einmal. Die Anwendung kann in jeder beliebigen Form und in Verbindung mit andern passenden Mitteln, besonders mit ' Opium, mit Kampher, mit Baldrian, Kamillenblumen und dergl. geschehen.
10. Jalajienv.uri'.cl. Porgirwurzel. Radix Jalapae s. Gia/apae-
sect;. 398.
Ihr wirksamster Bestandtheil ist scharfes Harz, wel­ches mit Gummi, kratzendem Extraktivstoff, mit Stärke­mehl, Eiweifs u. a. Stoffen verbunden ist. Auch soll sie ein Alkaloid, das Jalapin, enthalten; die Existenz des­selben ist aber höchst zweifelhaft.
Bei den fleischfressenden Thieren bewirkt diese Wur­zel, in hinreichender Gabe angewendet, ziemlich starkes
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Purffiren, ohne üble Zufälle: bei Pferden und Wieder-kauern verhält sich aber die Wirkung anders. Flor­mann1) sähe von 5 Unze Jalapemvurzel bei einem drei­jährigen Pferde, und Vitet2) von einer ganzen Unze keine merkliche Wirkung; aber 2 Unzen gepulverte Ja-lape mit 2 Pfund Kleienwasser gemengt, erregten (nach Vitet) Flankenschlagcn, Unruhe. Kolik, Zuckungen und den Tod. Beim Oetihen fand sicii der Magen sehr auf­getrieben und im Innern um den Pförtner entzündet. Ich habe Pferden 3 bis 4 Unzen der Wurzel gegeben, darauf Kolik, Verlust des Appetits, gelindes Fieber, kein Purgi-ren, aber auch nicht den Tod erfolgen sehen. Viborg?) bemerkte bei einem 7jährigen Wallach nach einer Gabe von 2 Unzen keine andere Wirkung, als dafs der Drill gelblich wurde; allein bei der am dritten Tage gemach­ten Oefthung des getödteten Thieres fanden sich der Magen und Dünndarm entzündet und mit wässeriger Feuch­tigkeit angefüllt, aber der Dickdarm und die in ihm ent­haltenen Exkremente unverändert. — Derselbe sähe auch von 6 Unzen, und J. White4) sogar von 8 Unzen Ja-lappe bei Pferden kein Purgiren entsteheu. Bei dem Hornvieh soll aber, nach Viborg's Angabe, von 2 Un­zen Jalappe mit 4 Unzen Glaubersalz, — und bei Scha­fen (nach Daubenton's Versuchen5), von 5 Drachmen blofser Jalape Purgiren erfolgen. Die Wirkung tritt bei den letztern nach 8 bis 9 Stunden ein, und ist so gelinde, dafs sie nichts dabei zu leiden scheinen, und selbst den Appetit nicht verlieren. Diese Beobachtungen stehen aber mit denen von Vitet und von Gilbert im Widerspruch;
') Viborg, Samml. Bd. 3. S. 182.
2)nbsp; Vitet, Unlerrick Bd. 5. S. MO.
3)nbsp; Dessen Samml. Bd. 4. S. '270.
quot;) Dessen Handbuch der Plerdearzneik. 2r Tli. S. 2ti9.
5) In den: Memnires de la Soe. Royale de Medieliu'. An. 17S0 u. 1781. — Deulsci) in den Aaserlesenen Beitrügen zur Tliierarzueik, Leipzig 1786. lies Stück, S. 184.
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Ersterer (a. a. 0.) sähe bei einem jungen Schaf von einer Unze Jalape, mit Milch nnd Salz eingegeben, durch 12 Stunden Auftreibung des Leibes, schnellen Puls und Hitze im Maule entstehen, aber den Mist weder feuchter werden noch häufiger abgehen, und bei Gilbert1) starb ein Schaf binnen 15 Stunden nach dem Eingeben von 2 Unzen Jalape mit 1 Pfd. Wasser. Purgiren war nicht erfolgt. Die Sektion zeigte heftige Eiitzündung des zwei­ten, dritten und vierten Magens.
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sect;. 399.
Aus dem Vorstehenden ergiebt sich: dafs die Jala-peiwurzel bei Pferden und Wiederkäuern als Purgirmittel nicht anzuwenden ist. Selbst wenn sie bei Wiederkäuern so wirkte, wie Viborg und Daubenton es angeben, so würde doch ihr hoher Preis den Gebrauch bei diesen Thieren verbieten. Letzteres ist auch der Fall hinsicht­lich ihres Gebrauchs für Schweine. In mcdizineller Hin­sicht kann man sie aber bei Schweinen, Hunden und Katzen als ein kräftiges, drastisches Abführungsmittel be­nutzen, wenn die Trägheit des Verdauungskanals kräftig erregt, Entleorungen durch den After befördert oder Ab­leitungen bewirkt werden sollen, z. B. gegen Leibesver­stopfung aus Schwäche und Trägheit des Darmkanals, gegen Verschleimung desselben, gegen Würmer, gegen hartnäckige Gelbsucht und Wassersucht, gegen veraltete Hautkrankheiten u. dgl.
Die Giibc ist für Schweine 3jj bis 5vj, für Katzen und Hunde 10 Gran bis quot;j. Die Anwendung geschieht meistens in Pillen oder Bissen, welche man aus dein Pul­ver der Wurzel mit dor nöthigen Menge von Syrup, Ho­nig oder Seife bereitet; auch kann das Pulver mit war­men Wasser den Thieren eingeschüttet, oder, weniger zweckmälsig, ihnen unter d;ts Futter gemengt werden. —
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') Memoire sue les laquo;HVls laquo;les Medicsmeus dans 1lt;; animaux ih-miiians. in den Annal, d'Agricalt. t'nm$. I. Ser. Tom. 3. p, 333.
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Zuweilen verbindet man die Jalape mit der Aloe, mit der Rhabarber, dem Kalomel und andern Pmgirmittein. Anmerkung. Als Präparate hat man: Das Jaia-penharz (Resina Jalapae), es wirkt wie die Jalapen-wurzel, aber schneller und zugleich viel heftiger den Ver­dauungskanal örtlich reizend; von 30 Gran entsteht bei Hunden gewölmlich schon innerhalb 15 Minuten starkes Purgiren, blutiger Durchfall, Darmentzündung und der Tod. Man darf es daher nur mit gröfster Vorsicht, und nur in Gaben von l Gran bis zu 5 Gran bei Katzen und Hunden gebrauchen. Am besten in Pillen mit Seife.
2.nbsp; nbsp; Die Jalapen-Seife (Sapo jalapinus) aus glei­chen Theilen Jalapenharz und reiner Seife durch Auf­lösen in Weingeist und Wiederabdampf'en des letztern be­reitet, ist ein wirksames Präparat, welches man wie die Jalapenwurzel und in Gaben, von ?;j bei Schweinen und von 2 bis 10 Gr. bei Hunden und Katzen anwenden kann.
3.nbsp; nbsp;Die Jalapen-Tinktur (Tinctura Jalapae) ent­weder durch Digeriren der Wurzel (1 Theil) mit Wein­geist (4 bis 5 Theile), oder durch Auflösen des Harzes im Weingeist (1 Theil zu 8 Theile) bereitet, ist wenig
bei Pferden
gebräuchlich; Thierarzt Sorensen nat sie zu 3ß bis ?jij in die Venen gespritzt und hierdurch star­kes Purgiren bewirkt. Bei Kühen trat aber selbst nach dem Einspritzen so grofser Gaben, dal's die Tiiiere taum-lich wurden, kein Abführen ein. Viborg hat diese Ein­spritzungen bei Pferden gegen Anhäufung des Kothes im Grimm - und Blinddarm vergeblich angewendet, dabei aber gefunden: dafs 30 Gran von der aus dem Jala­penharz bereiteten Tinktur ein Pferd tödten. (Veter. Selskab. Skrift. 3die Deel p. 505.)
11. Rhabarberwurzcl. Iliulix Rhei s. Rhabarhuri.
400.
raquo;Sie enthält eine grofse Anzahl verschiedenartiger ßo-standtheile, von denen 74 Prozent im Wasser und Wein­geist auflöslich sind. Die wichtigsten derselben scheinen
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ein eigönthüriilicli'er Exträktivstoff, den man auch als ein Alkaloid betraclitet und mit den Namen: llhabarber-sloff, Ilhabarbarin, Rlieumiji, llhein belegt hat, in Verbindung mit Harz, Gummi, Zucker, oxalsaure und andere Kalksalze und Gerbestotf zu sein.
Die Wirkungen der Rhabarber sind nur zum Theil, und nur M-enn sie in sehr grofsen Gaben angewendet wird, mit denen der übrigen scharfen Mittel, zum grofsen Theil aber mit denen der bittern verwandt. Denn in kleinen Gaben und anhaltend den Thieren gegeben, er­regt sie zwar die Geföfse der Verdauungseingeweide, be­sonders die der Leber und die Pfortader zu grofserer Tlüitigkoit, aber hauptsächlich vermehrt sie den Tonus in denselben und in den Muskelfasern den Darmkanals; es wird dalier die Absonderung der Galle befördert und sie qualitativ gebessert, namentlich wird sie mehr consistent und reicher an Gallenharz; in Folge dessen wird der ganze Verdauungsprozefs gebessert und der Umlauf des 151utes, besonders in der Pfortader, und die Resorption in der ganzen Bauchhöhle lebhafter. Daher wird auch der Koth trockener, härter und bei Pferden kleiner ge­ballt. — Die Rhabarber geht in die Säfte über und wird iheils mit dem Kothe, vorzüglich aber mit dem Urin M'ie-der ausgeseiiieden, wie dieses die gelbe Farbe zeigt, wel­che die genannten Exkremente bei dem Gebrauche des Mittels in kurzer Zeit annehmen.
In grofsen Gaben bewirkt die Rhabarber sehr reich-lichc Absonderung der Galle und der Darmsäfte, beschleu­nigte wurmi'örmige Bewegung des Darmkana.ls und Pur-giren. Letzteres tritt nur bei dem Hunde und bei der Katze von mäfsig grofsen Gaben O'on 3j bis jß) in etwas starkem Grade ein; bei Schweinen erfolgt es aber von gjjj bis gjv und bei Pferden von Jjx bis zu 1 Pfund nur sehr gelind und erst nach 36 Stunden (S. Viborg Samml. Bd. 3. S. 156.).
Heftige Zufälle, besonders Entzündung der Gedärme, hat man selbst von so grofsen Gaben nicht bemerkt
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sect;. 401.
Die Rhabarber erscheint, diesen Wirkungen gemiifs, als ein eisenthümlich erregendes und stärkendes Mittel der Leber und der Verdauungseingeweide da angezeigt, wo Schwäche und zu geringe Thätigkcit dieser Organe den Grundcharakter einer Krankheit bilden, wo in Folge dessen die Bereitung guter Galle qualitativ, oft auch quantitativ nicht gehörig erfolgt, wo deshalb Appetitlosigkeit, Verschleimung, Säure, Bliihsucht, Verstopfung, Diarrhöe, namentlich die sogenannte weifse Ruhr bei jungen Thiercn, — Gelbsucht, Bleichsucht und dgl. entstanden sind.
Als Purgirmittcl darf die Rhabarber bei den gröfsem Hausthieren liicht angewendet werden, weil sie zu wenig wirksam, zu theuer und durch kräftigere wohlfeile Mittel zu ersetzen ist; bei Hunden nnd Katzen kann man sie aber in den im vorigen sect;. angedeuteten Gaben hierzu anwenden. Weit zweckmäfsiger benutzt man sie aber in kleinen Gaben, nämlich für Pferde und Rindvieh zu quot;jj bis quot;jv, für Schafe und Schweine zu 5ß bis 'jj, für Kat­zen und Hunde zu gr. v bis gj, täglich 2 bis 4 Mal.
Die Anwendung der gepulverten Wurzel kann in jeder Form, und nach Erfordern der Umstände in Ver­bindung mit verschiedenen andern Mitteln geschehen. Als Purgirmittcl setzt man ihr zuweilen Aloe, häufiger Glau­bersalz, Weinstein und andere Salze zu; als stärkendes; Mittel giebt man sie mit Kalmus, Wermuth, Wachholder-beeren, Opium.. Digitalis, kohlensaurer Magnesia u. a. Eine Zusammensetzung von Rhabarber 'j, kohlensaurer Magnesia ^j, Opium gr. v, mit \ Pfd. Mannen Kamillen-thee oder mit 2 Lölfel voll Branntweins auf einmal ge­geben, kenne ich als das vorzüglichste Heimitiel bei der sogenannten weil'sen Ruhr der Kälber.
Anmerkung I. Als Präparate von der Rhabarber hat man: ein einfaches Rhabarber - Extrakt (£.i-tractum Rhei simplex). —#9632; ein zusammengesetztes Rhabarber-Extrakt (ÄVfrY/rf. Rhei compositum), — eine
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wässerige Rhabarber-Tinktur {Tinct. Rhei aquosd),
—nbsp; eine weingeistige Rh. Tinktur (Tinct. RJt. vinosa)
—nbsp; und einen Syrupus Rhei. Sie sind zum thierarztlichen Gebrauch viel zu theuer, entbehrlich und sehr wenig benutzt.
Anmerkung 2. Die Wurzel von der bei uns in Gärten gezogenen Rhabarber, namentlich von Rheum pal-matum und von R. hybridum besitzt, wenn sie gehörig ausgewachsen und gut getrocknet ist, fast ganz dieselbe Wirksamkeit, wie die chinesische Rhabarber und könnte daher die letztere ersetzen (Viborg a. a. O. S. 155—162).
12. Schwarze Nieswurz. Christwurz limlix Hßlleüori nigri s. Melumpodii.
sect;. 402.
Die chemische Analysis hat in dieser Wurzel als Bestandtheile ein scharfes Harz (Helleborin?), eine eigen-tliiimliche scharfe Pflanzensäure (der Krotonsäure ähnlich), ein scharfes, fettes und ein flüchtiges Oel, einen bitteren Stoif, Wachs, Schleim, Eiweifs und einige Salze als Be­standtheile nachgewiesen. Dieselben lösen sich im Was­ser und fast eben so leicht in Weingeist auf.
Die schwarze Nieswurz bringt (wenn sie acht und nicht zu sehr veraltetest) bei allen Thieren und bei jeder Art der Anwendung sehr heftige, und selbst in kleinen Gaben zuweilen tödtliche Wirkungen hervor. Bei Pfer­den entstehen nach dem Eingeben von 5ß bis gj der ge­pulverten Wurzel, in Zeit von 2 bis 4 Stunden eine ge­ringe Aengstlichkcit, die sich mehr durch den Blick als durch Unruhe zu erkennen giebt; dann ungleiche, zuwei­len etwas angestrengte Athemzüge, worauf nach 10 bis 15 Stunden der Puls schneller und kleiner wird, und Purgiren erfolgt. Letzteres ist bei manchen Pferden nicht sehr, bei andern aber aufserordentlich heftig, durch 4, S bis 12 Stunden anhaltend; zuweilen wird der Koth ganz dünnflüssig, selbst blutig und stets sehr stinkend: später wird bei dem fortbestehenden Drängen blos etwas was-
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serige oder schleimige Flüssigkeit entleert. Hierzu fiiuloilaquo; sich oft Zuckungen an den Bauchmuskeln und am Halse; Zittern des Schwanzes und grofse Mattigkeit. Die Thiero verlieren den Appetit werden im weitern Verlaufe mini-hig, werfen sich nieder, schlagen mit den Beinen: die Schleimhäute werden bleifarbig, kalt, der Puls unfuhlbar, die Haut ganz kalt, und unter diesen Zufallen erfolgt gewöhnlich in 40 bis 50 Stunden, selten später, der Tod. — Einzelne überstehen die Wirkung; bei andern sah ich dieselbe schon von 3jj bis 5jjj entstehen und mit dorn Tode enden. —#9632; Von 5jj his .jrij in einer Gabe treten die bezeichneten Zufälle mit greiser Heftigkeit ein; die Exkremente werden jedesmal blutig; die Thiere geifern aus dem Maule, zeigen krampfhafte Zusammenziehungeu des Halses, wie Anstrengungen zum Erbrechen; sie har­nen viel, und sterben fast ohne Ausnahme. — Bei dein Bindvieh erfolgt von ähnlichen Gaben ganz dieselbe Wir­kung, und bei Schafen und Ziegen tritt dieselbe schon von 5j bis ojjj in gröi'ster Heftigkeit ein. — Schweine und Hunde erbrechen sich von 5 bis 15 Gr. der Wurzel ohne weitere üble Folgen und ertragen sogar, wenn sie sich erbrechen können, das Mittel in der Gabe von 5j bis 5JJ ohne Lebensgefahr; sie erleiden blos starkes Er­brechen und Purgiren, zuweilen mit Entleerung blutiger Exkremente und mit gelinden Krampfzufällcn; ist aber das Erbrechen durch irgend einen Umstand gehindert, und dadurch die längere Einwirkung der Wurzel auf den Verdauungskanal bedingt, so entstehen aufser der heftigen Anstrengung zum Erbrechen noch grofse Angst, Krämpfe, Schwindel, Lähmung und in 30 bis 48 Stunden der Tod. Eine halbe bis 1 Unze der Wurzel im Dekokt einem Hunde eingegeben, verursacht nach wenigen Minuten Er­brechen, Krämpfe am ganzen Körper, ruckweis eintretende Erstarrung und Unbeweglichkeit, abwechselnde Unter­drückung des Athems und der Circulation des Blutes, dann Erbrechen, Lähmung und nach 20 bis 30 Minuten den Tod.
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Ein Infusum von 15 Gran der Wurzel mit 2 Drach­men lieifsen Wassers bereitet, einem Pferde in die Dros-selvene gespritzt, braclite fast augenblicklicli beschwerli­ches, krampfhaftes Atlimen, heftiges Zittern am ganzen Körper, Dräugen zur Kotlicntlcening, Krämpfe im Schlünde, Ansttenffnns zum Erbrechen. Schäumen und Geifern aus dem Maule und grofse Mattigkeit hervor. Diese Zufälle dauerten über 3 Stunden, worauf das Thier wieder ganz munter wurde. — Ein Infusum von einer Drachme der Wurzel mit quot;j Wasser bereitet und in die Vene gespritzt, tödtetc ein starkes Pferd unter heftigen Krämpfen binnen 10 Minuten. — Bei einer gesunden Kuh erfolgte nach der Einspritzung des 4ten Theils dieses Aufgusses Zittern, krampfhaftes Zucken der Muskeln am Halse an der Brust und am Bauche, Rülpsen, und nach 4 Minuten wirkliches Erbrechen. Nach 2 Stunden war das Thier wieder im normalen Zustande.
Eine weingeistige Tinktur in gleicher Stärke wie der Aufgufs bereitet, wirkt ganz wie dieser.
Auf die unverletzte Haut, als Waschmittel im Dekokt, oder mit Fett zur Salbe gemacht, angewendet, bewirkt sie starke Reizung. Entzündung, und bei Hunden und Katzen zuweilen auch Erbrechen.
Zwei Drachmen des Pulvers in eine Wunde am Schen­kel eines starken Hundes gebracht, erregte nach G Minu­ten heftiges Erbrechen, nach 45 Minuten Schwindel, Angst, Lähmung des Hintcrtheiles, worauf in 2-, Stunde der Tod eintrat. Ein kleiner Hund starb sogar von 6 Gran der Wurzel, welche ihm in eine Wunde gestreuet waren (Orfila).
Wird die Wurzel in Substanz zu 10 bis 20 Gran m Wunden unter die Haut gebracht, so verursacht sie binnen 2 bis 10 Stunden eine ziemlich heftige Entzün­dung mit sehr starker Ergiefsung einer serösen Flüssigkeit ins Zellgewebe, und daher mit grofser Geschwulst der Theile. Hunde, und bei grüner Fütterung; auch Wieder-käuer. zeigen dabei zuweilen Erbrechen.
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In den Kadavern der schnell gestorbenen Tliiere fin­det man die Lungen, das Herz, die Leber und das Ge­hirn mit schwarzem Blut überfüllt: wo aber der Tod langsamer eintrat, ist die Schleimhaut des Magens und Darmkanals, vorzüglich dos Dickdarms, an einzelnen Stel­len entzündet und mit Blut unterlaufen; auch am Gekröse finden sich zuweilen Extravasate von Blut. Die Entzün­dung ist jedoch nicht immer so heftig oder so ausgebrei­tet, das mau sie allein als Ursache defs Todes betrachten könnte. —
sect;. 103.
Die schwarze Nieswurz ist trotz ihrer heftigen Wir­kung seit alten Zeiten gegen Thierkrankheiten benutzt worden, und zwar innerlich und iiufserlich.-
Stockungen in den Blutgefäfsen des Hinterleibes, da­von entstandene Wassersüchten und ödematöse Anschwel­lungen; Reizlosigkeit, Schwäche und Trägheit im Darm­kanal und hierin beruhende Verstopfung; Koller und Schwindel, welche mit ähnlichen Zustanden der Verdau-ungseingeweide verbunden sind; Bräune der Schweine, Anhäufung von unverdaulichen Stoffen, von Schleim und von Würmern im Magen und Darmkanal bei Schweinen und Hunden — sind die vorzüglichsten Krankheiten, ge­gen welche man den innern Gebrauch dieser Wurzel em­pfohlen hat. Derselbe darf jedoch stets nur mit gröfster Vorsicht in mäfsigen oder in kleinen Gaben, und mit Berücksichtigung der im sect;. 373. angedeuteten Gegenanzeigen geschehen.
In kleinen Gaben, nämlich für Pferde und Rinder von 15 bis 30 Gran, für Schafe und Ziegen von 5 bis 10 Gran, für Schweine von 2 bis 5 Gran, für Hunde von 5 bis 3 Gran, und in Zwischenzeiten von 12 Stunden an. gewendet, wird das Mittel zur kräftigen Erregung der Nerventhäugkeit in den Baucheingeweiden, zur Beforchi-rung der Absonderungen und der Resorption, zur Auf­lösung von Stockungen, zur Erregung des Appetits und einer bessern Verdauung, — in gröfsern Gaben aber als
Heriwig AnneimituUebre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 31
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Brech- und Purgirmittel angewendet. Für letztere Zwecke sollte man für Pferde und Rindvieh 3j bis 3jß, für Schafe und Schweine 20 bis 30 Gran, und für Hunde 2 bis 10 Gran nicht überschreiten, um keine zu heftigen Zufalle zu erregen, die man zwar nicht so leicht bei Schweinen und Hunden, desto mehr aber bei Pferden und Wiederkäuern von grofsen Gaben zu fürchten hat. Die Wiederholung darf deshalb erst nach 24 Stunden stattfinden.
Die Anwendung geschieht in Pulver, in Pillen, Lat­wergen und in flüssiger Form. Zu letzterer kann man einen Aufgufs mit heifsem Wasser (.^ii zu 1 Pfd.) be­nutzen, oder (besonders bei Hunden und Schweinen) die gepulverte Wurzel blos mit Milch, Wasser oder Kleien­trank zusammenmengen. Nur als Brechmittel giebt man die Nieswurz zuweilen in Pulverform (doch nicht bei Schweinen) und für sich allein; als Purgirmittel verbin­det man sie mit Aloe und selbst mit Salzen, und für die übrigen Zwecke mit bittern, aromatischen und andern passenden Mitteln.
Gegen die zu heftige Wirkung von grofsen Gaben der Niefswurz, gab ich bei einigen Pferden das essigsaure Blei mit sehr gutem Erfolge.
sect;. 401.
Aeufserlich benutzt man diese Wurzel: d) um in künstlichen Geschwüren eine starke Reizung, grofse Geschwulst und reichliche Ergiefsung von Saften schnell zu erzeugen. Sie übertrifft in dieser Wirkung alle andere Reizmittel, und wird daher bei grofser Schwäche oder bei einem hohen Grade von Torpidität, besonders bei dem Rindvieh, mit ganz vorzüglichem Er­folge angewendet. Die Indikationen hierzu sind die ge­wöhnlichen (sect;. 371 c). Man legt entweder einige Wur­zelfasern (29 bis 30 Gran) in eine kleine Wunde unter die Haut (das sogenannte Nieswurz- oder Christ­wurzstecken) und erzeugt somit eine Fontanelle, — oder man nähet die Wurzel auf ein Band und applizirt dasselbe wie ein gewöhnliches Haarseil. — Die frische
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Nieswurz wirkt hierbei viel schneller als die getrocknete, und man pflegt deshalb die letztere vor der Anwendung durch etwa \ Stunde im Wasser einzuweichen. Das ehe­mals gebräuchliche Einweichen der Wurzel in Essig ist unzweckmäfsig, weil der letztere die wirksamen Bestand-theilc auszieht.
b} Als Heilmittel der Räude, und zum Tödten der Läuse. Für diese Zwecke wird sie sowohl im Dekokt mit Wasser oder Essig (Jj zu 1 Pfd. Kolatur), wie auch in Salben (aus 3jj der gepulverten Wurzel und Jj Fett, Butter oder grüner Seife, zuweilen auch mit Zink oder Cuprum sulphuric. (5jj) verstärkt, zusammengesetzt) mit gu­tem Erfolge jeden zweiten, dritten Tag einmal angewendet.
Zu Injektionen in die Blutadern ist bisher die schwarze Niefswurz fast gar nicht benutzt worden; ich habe sie bei 6 dummkollerigcn Pferden, zum Thtil mit grofsem Nutzen gebraucht, und glaube daher, dafs sie auf dieselbe Weise und gegen dieselben Krankheiten wie die weifse Nieswurz (siehe folg. sect;sect;.) angewendet werden kann.
Anmerkung, Die Wurzel der übrigen Nieswurz-arteu, namentlich von der grünen Nieswurz (Hetleborus viridis') und von der stinkenden Nieswurz {Helleborus foeiidus) besitzen ähnliche Kräfte wie die schwarze Nies­wurz. Von allen sind die Blätter den Thieren sehr schädlich und beim reichlichen Genufs selbst tödtlich.
13. Weifse Kieswurzel, ivcifser Germer. Radio: vera-tri albi s, Uellehori alhi.
sect;. 405.
Ihre wichtigsten Bestandtheile sind: eine eigenthüm-liche alkalische Substanz, Veratrin genannt, welche mit Gallussäure verbunden ist, ferner Gummi, Extraktivstoff, eine fette Materie und etwas Stärkemehl.
Die Wirkungen dieser Wurzel sind denen der schwar­zen Nieswurz sehr ähnlich, aber darin von denselben ver­schieden, dafs die weifse Nieswurz d) bei innerlicher An­wendung in mäfsigen Gaben nicht so leicht, und selbst in
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grofsen Gaben nicht so heftige Entzündung erregtj amp;) dafs sie dagegen bei jeder Art der Anwendung das Nerven­system, und vorzüglich den grofsen sympathischen imd und den Lungen-Magcnnerv schneller und heftiger affizirt,
—nbsp; nbsp;und c) dafs sie im hohen Grade brechenerregend, höchst selten aber bei innerlicher Anwendung purgirend wirkt
Pferden gab ich versuchsweise 3j bis gß der gepul­verten weifsen Nieswurz, mit Mehl und Wasser zur Pille gemacht, und sah darauf in mehreren Fiillou blos etwas Geifern aus dem Maule, nach 2 bis 3 Stunden Verlust des Appetits, ganz geringe Zuckungen an den Halsmuskeln in der ISilhe des Schlundes, eine Vermeh­rung der Pulse um 4 bis 6 in jeder Minute, und etwas angestrengteres Athmeu entstehen. — Nach 1 Unze des Mittels auf dieselbe Weise angewendet, traten dieselben Zufalle ein, verschwanden aber nach 10 bis 15 Stunden wieder gänzlich. — J. White (a. a. 0. S. 3()0.) sah von \ Unze bei einem Pferde gar keine Wirkung, und von 1 Unze etwas Uebelbefinden und starken Speichelflufs entstehen. — Waldinger (über Nahrung und Heilmittel der Pferde. S. 221.) sagt: dafs sie selbst zu 4 Loth ge­geben, das Pferd nicht purgirt, sondern blos Kolikschmer-zen erregt, die aber nach 3 bis 4 Stunden wieder ver­schwinden; dafs das Thier viel speichelt, sich zum Er­brechen anstrengt, sein Mist fester und kleiner geballt wird. — Fast allen andern Beobachtungen entgegen ist die von Rysz (Arzneimittellehre S. 103), welcher von 1 Unze bei einem Pferde nach i Stunde Kolik, Zeichen von Darmentzündung, starkes Speicheln, öfteres Misten mit heftigem Drängen, und nach 8 Stunden den Tod er­folgen sah. Die Sektion zeigte heftige Darmentzündung.
—nbsp; nbsp;Bei Kühen bemerkte ich von 5jj bis %il der Wurzel fast gar keine Wirkung, von 5 Drachmen bis 5j aber ähnliche Zufälle, wie von derselben Gabe bei Pferden; aufserdem wurden die Thiere noch traurig, zeigten Schmerz im Hinterlcibe und ihr Koth hatte eine weit blassere
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Farbe. Diese Zufalle dauerten 48 Stunden, gingen aber dann wieder in vollkommene Gesundheit über. — In der Thierarzneiscbule zu Lyon gab man einer Kuh 3 Unzen auf einmal; es entstanden davon zwar beschwerliche Zu­fälle, jedoch kein Purgiren; aber durch die enorme Gabe von 6 Unzen wurden bei derselben Kuh Erbrechen, mit wirklichem Ausstofsen von Futter, Durchfall mit Entlee­rung einer schwarzen, stinkenden Materie, und nach drei Tagen der Tod herbeigeführt. Bei der Sektion fand sich heftige Entzündung des vierten Magens und der Därme1),
Schweine erbrechen sich von 5 bis 15 Gran der Wurzel ziemlich leicht, und bei Hunden und Katzen tritt diese Wirkung schon von j bis l Gran ein. Gröfsere Gaben von 3j bis sjj greifen zwar die Thicre sehr heftig an, verursachen aber selten Lebensgefahr, wenn nur das. Erbrechen frei und bald stattfindet; ist dies aber nicht der Fall, so sterben sie oft schon von 10 Gran und nach 6 bis 12 Stunden unter heftigen Anstrengungen zum Erbrechen, unter Krämpfen und Lähmung. Dafs schon 5 bis 10 Gran selbst für grofse Hunde tödlich seien wie Waldin gor es behauptet (Abhandl. üb. d. Krankh. der Hunde. S. 26.), habe ich bei einer Menge von Versuchen niemals gesehen, wenn nicht das Erbrochen durch Zu­binden dos Schlundes gehindert war. Dagegen kann ich seine Angabe bestätigen: dafs ein Aufgufs von ^ Drachme Niefswurz und li Unze siedenden Wassers bereitet, nach dem Erkalten einem Hunde in den Mastdarm gespritzt, binnen wenigen Minuten Angst, heftiges Erbrechen, dann Purgiren mit Entleerung blutiger Exkremente, und grofse Mattigkeit für mehrere Stunden verursachen kann.
Von der Injektion ^ Drachme bis \ Unze weifscr Niefswurz-Tinktur in die Drosselvenc eines Pferdes, ent­steht (nach Viborg's zuerst hierüber angestellten'2) und
') Coiii|)lf ri'iidu des li'aranx laquo;1laquo; l'Ecnle vcU'r. de Lyon, 1817. — Annul, de 1'flgrir.iiU. IVan^. Tom. LXX. [gt;. 'id'i. quot;) Viborg. Samml. Bd. 3. S. 83. u. f.
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von mir vielfältig wiederholten Versuchenquot;) oft augenblick­lich, zuweilen erst nach Verlauf von 2 — 3 Minuten schnelleres und beschwerliches Athmen; bisweilen stockt dasselbe periodisch auf einige Augenblicke; der Puls wird klein, oft unregelmäfsig und schnell, letzteres jedoch ge­wöhnlich nicht im Verhältnifs zum Athmen; nach 2 bis 7 Minuten entleert das Pferd Mist, oft mehrmals nach einander und später noch wiederholt; es sieht sich ängst­lich nach dem Leibe um, scharrt mit den Fiifsen, zittert und legt sich zuweilen auch nieder; es erfolgen Zufälle des Erbrechens, krampfhafte Zusaminenziehnngen dos Schlundes, der Hals und Bauchmuskeln, zuweilen verbun­den mit Rülpsen oder mit lautem Quicken oder Schluch-sen 5 ebenso Kauen, starkes Speicheln, Auswurf von Schleim und selbst von Futterstoffen; es findet sich Schweifs, zu­weilen von gelber Farbe und oft so heftig, dafs er förm­lich von den Thieren herabfliefst; bei manchen zeigt sich auch Thränenflufs und öfteres üriniren, und alle stehen während der Wirkung traurig, und mit hcrabgeseuktem Kopfe. — Die Stärke dieser Zufälle ist nach der indivi­duellen Empfindlichkeit der betreffenden Tliiere sehr ver­schieden, und die Dauer ist von ^ Stunde bis 12 Stunden ausgedehnt.
Nach Injektionen von 1 Unze Nieswurz Tinktur erfolgt sogleich Schwindel, Niederstürzen, sehr beschwerliches, schnelles Athmen mit krampfhaftem Oeffnon und Ver-schliefsen des Mauls, Convulsionen und nach einigen Mi­nuten der Tod. Bei einem Pferde trat der letztere schon nach der Injektion einer halben Unze der Tinktur ein.
Bei Kühen ist die Wirkung von der Einspritzung kleiner und grofser Gaben im Wesentlichen wie bei Pfer­den; von mäfsig grofsen Gaben sah ich aufser den übri­gelaquo; Erscheinungen fast jedesmal wirkliches Erbrechen ein­treten, besonders wenn die Thiere grünes Futter erhalten. Hunde starben von der Injektion sehr kleiner Quantitäten (von 15 bis 20 Tropfen) der Tinktur sehr schnell.
Bringt man einem Pferde ein Stück Nieswurz, etwa
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1nbsp; Quadratzoll lang und i Zoll dick, in eine Wunde oder in das Zellgewebe unter die Haut, so entsteht in den meisten Fällen bald darauf Zittern der Muskeln, zuerst um die Luftröhre, später am ganzen Körper; nach 1 bis
2nbsp; Stunden erfolgt ansestrengtes unregelmäfsiges Athmeu, Würgen, Neigung zum Erbrechen, Speicheln aus dem Munde, Poltern im Leibe, Entleerung von Koth und Urin. An der Wunde bildet sich binnen weniger Stunden Ge­schwulst, die beim Druck knistert und am ersten und zwei­ten Tage eine schäumende, seröse Flüssigkeit, und hier­auf Eiter aussickert. Bei Grünfutter ist auch hier die Wirkung stets viel heftiger als bei trockenem Futter.
Das Waschen mit einer Abkochung, bereitet von 5jj der Wurzel mit 2 Pfd. Wasser, verursachte bei Hunden und Katzen sehr häufig Angst, schnelles Atlimen, Geifern aus dem Maule, Erbrechen; letzteres trat zuweilen 5 bis 10 Mal in einer Stunde Cin. Diese Zufälle dauern 1 bis 5 Stunden und sind bei wiederholter Waschung geringer als bei der ersten. — Bei einem Schaf bemerkte man von dem Waschen mit einem etwas schwächeren Dekokt keine Spur einer Wirkung, quot;und eben so war es bei Pferden nach der Anwendung (piner sehr konzentrirteu Abkochung. Aber die Haut wird durch solche Waschungen bei allen Thieren sehr gereizt und selbst entzündet.
sect;. 406.
Als Heilmittel wird die weifse Nieswurz innerlich, zu Injektionen in die Blutadern, und äufserlich ange­wendet.
a. Innerlich benutzt man sie fast nur allein als Brechmittel, und sie verdient als solches in den meisten Fällen den Vorzug vor andern, da sie kräftiger wirkt und wohlfeiler ist als Ipekakuanha und Brechweinstein, und da sie nicht, wie die Gratiola Purgiren erregt. — Sie ist angezeigt in allen Fällen, wo Brechmittel überhaupt no­ting sind; vorzüglich aber bei im Magen befindlichen unverdaulichen oder giftigen Stoffen, bei Verschleimung, sowohl im Matten wie in der Bachenhöhle und in der
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Luftröhre, bei Unverdaulichkeit und zu geringem Appetit, bei gastrischem, catarrhalischem Fieber, bei der Staupe der Hunde, bei der krankhaften Dickleibigkeit der Schweine, wenn der Appetit mangelt, bei der Bräune dieser Thiere, bei unregelmäfsigem Ausbruch der Pocken u. dgl. Gegen die Bräune der Schweine wird die weifse Nieswurz von Vielen als ein Spezificum betrachtet, und sowohl zur Ver­hütung wie auch zur Heilung angewendet. Sie leistet auch wirklich für beide Zwecke sehr viel, wenn sie früh genug, d. h. vor der völligen Ausbildung der Entzündung, gegeben wird. Den gröfsten Nutzen sah ich von ihr beim Beginnen der Anthrax - Bräune und der rheumati­schen Halsentzündung.
Die Gabe ist für Katzen und Hunde \ bis 2 Gran, für Schweine 5 bis 15 Gran, und die Anwendung ge­schieht als Pulver oder in flüssiger Form, mehrentheils für sich allein, zuweilen auch nlit Zusatz von Brechwein-stein. Giebt man sie als Pulver, so ist es (besonders bei den kleinen Gaben für Katzen und Hunde) zweckmäfsig, ihr etwas Zucker, als ein leicht auflösliches Vehikel, zu­zusetzen; z. B. man nimmt: ge'pulv. weifse Nieswurz 1 Gran, pulv. Zucker 20 Gran, reibt beides gut zusam­men und giebt die Hälfte davon auf Einmal; erfolgt bin­nen 5 Stunde kein Erbrechen, so wendet man die zweite Portion an, worauf gewöhnlich die Wirkung ganz voll­ständig eintritt. — Um die Nieswurz in flüssiger Form anzuwenden, ist es hinreichend, das Pulver blos in etwas Wasser oder Milch (für Schweine auch in Buttermilch oder in saurer Milch) zu mengen. Ein solches Gemenge kann unter Umständen den Thieren zum eigenen Genufs überlassen werden, z. B. bei der prophylaktischen Bo-handlung einer grofsen Anzahl von Schweinen, welche noch grofsc Frcfslust haben und bei denen durch Vorzug keine Gefahr entstellt. Doch mufs man stets darauf sehen, dafs jedes Thier seine Portion allein und ganz bekommt.
Bei Pferden und Wiederkäuern wird die weifse Nies­wurz innerlich sehr wenig benutzt. J. White will durch
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sie, täglich zu ^ Unze gegeben, bei einem Pferde den Wurm geheilt haben, und in manchen Gegenden wurde sie ehemals den Kühen täglich zu 5 Drachme, mit einer Hand voll Salz gemengt, als Präservativ gegen die Rin­derpest gegeben, — jedoch ohne Nutzen.
b. Injektionen der Nieswurz-Tinktur in die Venen sind nützlich: bei sehr abgestumpfter Sensibilität, bei Tor­por, Unthätigkeit und Stockungen in den Verdäiiungsein-geweiden, bei Unterdrückung der Hautausdünstung und bei den chromschen Folgen hiervon. Man kann sie da­her, nach Viborg's Empfehlung, bei Pferden gegen den Dnmkoller, gegen chronische Appetitlosigkeit, chroni­schen Rheumatismus, veraltete rheumatische Lahmheit, rheumatischen Starrkrampf, gegen zurückgetretene (soge­nannte wandernde} Druse, — und bei Rindern gegen fie­berlose Unverdaulichkeit, besonders wenn sie von Kor-nerfutter entstanden ist, mit Nutzen gebrauchen. Greve1) heilte durch solche Einspritzungen von 28 kollerigen Pferden 7 gänzlich, und 3 wurden gebessert; ich selbst habe sie sehr häufig und in vielen Fällen mit dem besten Erfolge gegen Koller, gegen chronischen Rheumatismus und gegen die bezeichneten gastrischen Beschwerden an­gewendet, oft aber auch gar keinen heilsamen Erfolg da­von gesehen. Man darf sie daher weder als ein unfehl­bares Heilmittel betrachten noch ganz verwerfen, wie manche tliierärztliche Schritsteller es tlmn. Es scheint, den bisherigen Beobachtungen zufolge, dafs sie bei dem Koller dann am meisten nützlich seien, wenn derselbe ursprünglich aus Fehlern der Verdauungseingoncide ent­standen oder auch mit solchen Fehlern verbunden ist; wo aber organische Veränderungen im Gehirn bestellen, kann die Einspritzung der Nieswurz-Tinktur so wenig helfen, wie irgend ein anderes Mittel, üeberhaup't mul's man aber diese Einspritzungen nur als Reizmittel, zur
') Erfalirangpn und Beobaclit. über die Kinnkli. d. Jlauslliierc. Is Bdchcn. Oldenbnre ISlti. S. J17 11, f.
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Einleitung und Unterstützung für die übrige Behandlung betrachten. — Bei dem Starrkrampf habe ieh von ihnen niemals Nutzen, wohl aber durch die heftige Aufregung und durch die Congestionen zur Lunge und zum Gehirn, sehr oft sichtbare Verschlimmerung und selbst den Tod erfolgen sehen,
Congestionen und die im sect;. 373 bezeichneten Krank-lieitsYerhältnisse, verbieten die Nieswurz-Injektionen je­derzeit.
Die, zu diesen Injektionen zu benutzende Tinktur wird am besten nach Yiborg's Vorschrift (a. a. O. pag. 93.) so bereitet: dafs man eine Drachme Nieswurz, von der änfsern scliwarzen Rinde befreiet und in kleine Stücke zerschnitten, in einer Flasche mit einer Unze Kornbrannhvein übergössen, auf einem warmen Ofen durch 3 bis vier Stunden digerirt, hierauf noch durch 21 Stunden stehen liifst und dann die Flüssigkeit durch Löschpapier filtrirt. -— Hiervon nimmt man zu einer Einspritzung für ein ausgewachsenes Pferd oder Rind 5ß bis ojv, und wendet sie entweder rein oder verdünnt mit lauwarmen Wasser an. Eine ganz genaue Bestimmung der Gabe liifst sich niemals im Voraus machen, sondern es ist nöthig, die Injektion mit kleinen Gaben zu beginnen und erst nach dem Grade der hiernach entstandenen Wirkung die ferneren Gaben einzurichten. Sehr selten wird es nöthig sein, die bezeichnete grofse Gabe von 5jv anzuwenden oder gar sie zu überschreiten. Statt der Tinktur kann ein Infusurn, bereitet aus 16 bis 20 Gran der pulv. Wurzel mit fj kochenden Wassers, und gut filtrirt, mit gleichem Erfolge benutzt werden.
c. Aeufserlich wird die weifse Nieswurz für diesel­ben Zwecke und auf gleiche Weise wie die schwarze Nieswurz gebraucht (sect;. 401). Bei der Anwendung als Fontanell mufs man jedoch beachten, dafs sie oft heftige Nervenzufälle erregt, und deshalb nicht unter allen Um­standen wie das zuletzt genannte Mittel benutzt werden darf. Besonders mufs man bei hochträchtigen Thieren
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sehr vorsichtig sein, da Beobachtungen lehren, dafs zu-seilen nach Anwendung der weifsen Kieswurz in Fonta­nellen das Verwerfen erfolgt ist.
Gegen die Räude ist diese Wurzel ein, seit alten Zeiten gebräuchliches und sehr wirksames Mittel. Man wendet sie hierbei entweder im Dekokt (3j zu 1 Pfund Colatur) oder in Salbenform an (sect;. 404 6.;, und setzt ihr zuweilen noch Schwefel, Spiefsglauzlebcr, weifsen Vitriol, Taback, Terpenthinöl u. dgl. zu
Anmerkung. Die Blätter der weifsen Nieswurz sind allen Thieren sehr schädlich. Sie verursachen Ent­zündung des Magens und des Darmkanals, heftige Diar­rhöe, Blutabgang mit dem Koth, heftige Leibschmerzen, Entkräftimg und selbst den Tod.1)
14. Meerzwiebel; Radix Scillue s. Sr/uillue..
sect;• 407.
Als ihren wirksamsten Bestandtheil betrachtet man einen in ilir enthaltenen eigenthümlichen, bittern und sehr scharfen Extraktivstotf, den man Scillitin genannt hat; aufserdem enthält sie noch Gerbstoff, Gummi, phosphor-sauren Kalk u. s. w.
In mäfsigen Gaben wirkt die Meerzwiebel bei allen Thieren als ein kräftiges Reizmittel spezifisch auf die Schleimhaut der Respirationsorgane und auf die Nieren, und vermehrt an diesen Organen die Absonderung sehr bedeutend, besonders aber die Urinsekretion; in zu gro-fsen Gaben verursacht sie aber Convulsionen, Betäubung und zuweilen in kurzer Zeit den Tod, und wenn dieser nicht sehr schnell erfolgt, entsteht aucli Entzündung der Darmschleimhaut und der Nieren. — Bei Schweinen, Hunden und Katzen tritt, von etwas starken Gaben Er­brechen und zuweilen auch Purgiren ein2).
') Mnnatlischrifl f. Hinrivielilicilk. v Micliel u. Illicn. 2s Halb-jaliig. 1831. S. 71 u 79.
') Pfenle und Külie urinirtiu von .gt;1S —.gt;j sein- stark; 2 Pferde Starben nach einer Gülie von JÜ 1quot;quot; vierten Tage, ein anderes er-
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Ehemals wurde die Meerzwiebel hiiufig;, theils als ein Schleim auflösendes und den Auswurf beförderndes Krustmittel gegen chronischen Husten mit Verschleimung, gegen die sogenannte feuchte Dämpfigkeit, — theils auch als urintreibendes Mittel, besonders gegen Wassersuchten angewendet; jetzt wird sie aber in der Thierarzneikunst nur sehr wenig, etwa nur noch bei kleinen Thieren be­nutzt, weil sie zu theuer ist, und für die meisten Fälle durch andere kräftige Mittel ersetzt werden kann.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder ;\jj—.^ß, für Schafe und Schweine gr. x — 3ß, für Katzen und Hunde gr. j—gr. v. Man wendet sie in Zwischenzeiten von 6 bis 8 Stunden, in Latwergen- oder Pillenform an, und setzt ihr als Brustmittel Saimiak, Spicfsglanz, Brechwein­stein, Alant n. dgl., — als urintreibendes Mittel aber Weinstein, Essig, Wachholderbccreu u. a. Mittel zu.
Die von der Meerzwiebel in den Apotheken bereite­ten Präparate, wie der Mcerzwiebelhonig, Meer-zwiebelcssig, Meerzwiebelsauerhonig u. s. w,, sind zum thierarzneilichcu Gebrauch ganz entbehrlich.
15. Zaunrühc oiler Gichtrübe. Ti.adi.v Bryoniae albue.
sect;. 408.
Der Hauptbestandthcil dieser Wurzel ist eine bitter­scharfe cxtraktälnsliclic Substanz (Bryonin genannt), ver­mittelst weicher sie bei innerlicher und äufserlicher An­wendung als reizendes Mittel wirkt.
Die Zaunrübe stand seit alten Zeiten in dem Rufe, ein kräftiges Pnrgirmittel für alle Thiere zu sein, und Ratzeburg (Zoopharmakologie Bd. 2, S. 391) empfiehlt sie noch als^ solches für die grofsen Thiere und im fri­schen Zustande in der Gabe von 2 bis 8 Unzen, getrock­net aber nur zum achten Theil dieser Gabe; allein Vi-borg (a. a. 0.vBd. i. S. 286) gab verschiedenen Pfcr-
trug .^jjj ohne zu slerben; Hunde nrinirten von gr. v. zitnilicli start, uml erbraclun sich heftis von srr. xx.
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den die frische Wurzel pfundweis in Latwergenform, ohne darnach eine abführende Wirkung zu bemerken; ich habe sie frisch ebenfalls zu 2 Pfund, und getrocknet #9632;ia 6 bis 8 Unzen auf Einmal, in Latwergenform und als Dekokt, mehrmals angewendet, und ebenfalls kein Purgi-ren erfolgen sehen, sondern es traten Leibschmerzen, be­schleunigtes Athmen, Verlust des Appetits^ Fieber, grofse Mattigkeit und vermehrtes üriniren ein. Bei einer Kuh wirkten 2 Pfund der frischen Wurzel, in einer Abko­chung mit Wasser gegeben, fast ganz auf dieselbe Weise (Annal. de TAgric. ffang.; Tome LXX. p. 260). — Hunde zeigten von ^ Unze blos grolse Mattigkeit, umi ohne weitere Zufalle erfolgte der Tod innerhalb 24 Stun­den. Bei der Sektion fand man die Schleimhaut des Verdauüngskanals an verschiedenen Stellen stark geröthet und selbst mit einigen schwarzen Flecken besetzt. (Or­fila) ').
Hieraus ergiebt sich: dafs diese Wurzel als Purgir-mittel gar nicht zu gebrauchen ist. In kleinen Gaben (d. h. bei Pferden und Rindern zu 5jj — sect;ß, bei Schwei­nen zu 3ß, bei Hunden zu 5 bis 20 Gran) wirkt sie er-regend-zertheilend, die Resorption befördernd, und kann daher bei Verschleimung, bei Stockungen in den Einge­weiden, bei chronisclicr Druse und bei ödematosen An­schwellungen benutzt worden; Kersting2) hat sie auch (und ebenso das Zaunrübenkraut) selbst gegen Rotz und Wurm, gegen epileptische Zufalle u. s. w. angewendet; sie leistet aber hierbei so wenig wie andere Mittel. Jetzt ist sie fast ganz in Vergessenheit gekommen.
') Nach laquo;lern Aufstreuen von 2 Draclimon um! 48 Gran fein go-pulverlc Ziiunrübemvurzel auf das Zellglaquo;.-quot;laquo;!)laquo; am Sclu-nkcl eines Hundes, zeigte sicli blos heftiger Schmerz, und der Tod erfolgte nach HO Stunden (Orfila).
quot;) Manuskripte über d. PferdearzueiTvissenschaft. S. 100. n f.
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16. Coloquinten, Coloquintcnäpfel. Coloeynthidea, s. Porno Colocynthidum.
sect;. 40^.
Diese Frücbte verdanken ihre Wirksamkeit fast allein einem eigeuthumlichen scharfen und aufserordcntlich bit­tern Stoffe, den man Colocynthin genannt hat.
Sie sind ein stark drastisches Pingirmittel, jedoch nicht fur alle Thiere; denn Versuche (Viborg a a. O. Bd. 4. S. 282) haben erwiesen; dafs Pferde von 2 bis 12 Loth der Coloquinteuäpfel niemals Durchlauf be­kommen. Nach einer Gabe von 12 Loth bemerkte man nach 2f Stunden nur starkem Abgang eines loser geball­ten Mistes. Das Mittel erweckte die Frefslust, aber der Puls wurde kleiner und langsamer. Von 11 Loth des in den Früchten enthaltenen Markes oder des Coloquinteu-muses, zeigte ein Pferd blos sehr starken Appetit.
Ein Schaf äufserte von 1 Loth der Coloijuinten-äpfel nicht die geringste Wirkung. Dagegen verursachte ein, von 4 Loth des Coloquintenmarkes mit 2 Pfd. Wasser bereiteter und gut ausgedrückter Aufgufs bei ei­nem 3jährigen Widder 12 Stunden nach dem Eingeben einen heftigen Durchlauf, der 2 Tage währte, dem Thiere alle Frefslust raubte, und starkes Flankenschlagen, und allgemeine Schwäche erzeugte. Erst nach 3 Tagen fand sich Fresslust und Wohlbefinden wieder ein. Nach dem Eingeben von 4 Loth Coloqnintenkcrnen setzte ein anderes Schaf härteren Mist ab als vorher.
Schweine pnrgiren von 5jj, Katzen und Hunde von 10 bis 30 Grandes Coloquintenmarkes. Bei diesen Thie-ren tritt zuweilen auch starkes Erbrechen ein, und wenn dasselbe durch Unterbindung des Schlundes gehindert ist, so erfolgt nach grofsen Gaben, z. B. von 2 bis 3 Drach­men des Mittels gewöhnlich der Tod. Bei der Sektion findet sich der Magen und der Dickdarm, seltener auch der Dünndarm entzündet.
Die Coloquinten können entweder in kleinen Gaben,
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als ein bitteres, erregendes Mittel bei Schwäche und Un-thätigkeit der Verdauungseingeweide, — oder in grofsen Gaben für Schweine, Hunde und Katzen als Purgirmittel gegen atouische Hartleibigkeit, gegen Verschlcimmig, Wür­mer und Wassersucht angewendet werden; sie sind aber für beide Zwecke entbehrlich und durch andere Mittel zu ersetzen. Sollen sie aber als Purgirmittel gebraucht wer­den, so benutzt man am besten das Mark iPulpa colocyn-thzdis) in den vorhin bezeichnefen Gaben; mau kann das­selbe fein gepulvert in Pillen und Latwergen oder auch im Aufgufs mit heifsem Wasser oder mit Bier (zu einer Drachme Coloquintenmark 6 bis 8 Unzen Flüssigkeit) eingeben.
Die Coloqulnten-Tinktur, die verschiedenen Extrakte und die übrigen Präparate von diesem Mittel, sind völlig entbehrlich.
17. Krotonlcörn er, Ivrotonsamen, kleine Purgirkörner. Grattu s. Semina Crotonia Tiglii s. Tillii s. Gruna Molucca.
sect;• 410.
Sie besitzen einen sehr scharfen, zum Theil flüchti­gen Stotf, der an ein fettes Oel und an Pflanzeneiweis gebunden ist, und von den Chemikern für eine eigenthüin-liche Süure, Crotonsäure, gehalten wird, — was aber noch nicht völlig entschieden ist.
Die Krotonkörner wirken bei jeder Art der Anwen­dung auf den Thierkörper scharf reizend, besonders und spezifisch aber auf den Darmkanal, so dafs sie schon in mäfsiger Gabe ein ziemlich starkes Purgiren, gewöhn­lich auch etwas Fieber, Appetitlosigkeit, Trockenheit im Maule und Mattigkeit, — in etwas gröfser- Gabe aber leicht Darmentzündung und den Tod verursachen. Sie übertretfen in diesen Wirkungen alle andere Mittel und können unbedingt sowohl als das stärkste drastische Purgirmittel, wie auch als die schärfste, heftigste und gefährlichste Substanz unter allen vegeta-tabilischen Arzneimitteln betrachtet werden.
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Schon von 10 Gran der pulv. Körner mit J Unze Althiiewurzelpulver und mit Wasser zur Pille gemacht, entstand bei Pferden fast immer in 3 bis 4 Stunden nach dem Eingeben etwas Traurigkeit, kleiner, harter, vermehr­ter Puls (bis 55 in einer Minute) und schnelleres Ath-men; aber nach Verlauf von 10 bis 12 Stntiden waren diese Zufalle wieder vorüber. — 20 Gran auf dieselbe Weise angewendet, verursachten binnen 2^ Stunde nach dem Eingeben eine höhere Temperatur am ganzen Körper, Vermehrung der Pulse von 36 auf 65, und der Athem-züge von .9 auf 20 in 1 Minute; letztere geschehen mit stärkerer Anstrengung der Bauchmuskeln; nach 7 Stunden war die Zahl der Pulse in jeder Minute über KI;) und die der Athemzüge über 45, die Schleimhäute dunkel geröthet, das Thier matt; es sah oft nach dein Leibe, und entleerte in Zwischenzeiten von 1 Stunde zweimal gut verdaueten und fest geballten Mist. — Nach 18 Stunden minderte sich das Fieber in kurzer Zeit bedeutend, und nach 25 Stunden erfolgte Purgiren, welches gegen 8 Stunden an­hielt und wobei 6 bis 7 Mal sehr dünner Mist entleert wurde. Nach Verlauf von 48 Stunden befand sich das Pferd wieder im normalen Zustande. — Andere Pferde zeigten von einer eben so grofsen Gabe zwar die ange­deuteten Symptome der entzündlichen Reizung, aber es erfolgte nicht immer Purgiren: dasselbe blieb jedc-h nach einer Gabe von 35 bis 40 Gran bei keinen Pferden aus, und die Entleerungen wurden hiernach oft ganz wässerig und sehr reichlich. — 2 Drachmen führten stets sehr hef­tiges Fieber, Kolikzufalle, grofse Schwäche, nach 6, 10 bis 15 Stunden übennäfsiges Purgiren, unfühlbaren Puls, kalten Schweifs, und in 20 bis 40 Stunden den Tod her­bei. Kei schwachen Thiercn erfolgte der Letztere zuwei­len schon nach 10 Stunden.
15ei Kühen ist von denselben Gaben die Wirkung etwas schwächer als bei Pferden; ich sah von 30 bis 60 Gran der gepulv. Körner, mit 1 Pfd. Wasser eingegeben, eine geringe Vermehrung der Pulse und nach 8 bis 10 Stun­den
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den ein mäfsiges Purgiren erfolgen; 1^ Drachmen bewirk­ten in derselben Zeit sehr heftiges Purgiren, heftiges Fie­ber, gänzliche Unterdrückung des Appetites und des Wie­derkauens durch 3 Tage und grofse Mattigkeit; doch blieb das Thier am Leben.
Hunde bekamen von 5 Gran des Mittels, in Pillen­form eingegeben, nach 5 bis 6 Minuten Erbrechen, durch welches die Pille wieder ausgeleert wurde; aber dennoch trat schon nach einer Stunde ziemlich starkes Purgiren ein; — 10 bis 20 Gran bewirkten Erbrechen und sehr heftiges Purgiren, und wenn das Erstere durch Unterbin­dung des Schlundes gehindert war, so erfolgten auf die vergeblichen Anstrengungen hierzu, Lähmung, und nach 4 bis 7 Stunden der Tod1)-
Bei der Sektion der, durch innerliche Anwendung der Krotonkörner getödteten Pferde und Hunde findet man heftige Entzündung des Magens und Darmkanals, zu­weilen Erosionen der Schleimhaut und Blutergiefsungen in den Gedärmen; — in einzelnen Fällen schien auch die Lunge entzündet zu sein. Alle übrigen Organe waren normal.
Eine Drachme Krotonpulver auf das Zellgewebe am Schenkel eines Hundes gebracht; verursachte nach 28 Stunden ünempfindlichkeit und Unbeweglichkeit, und nach 30 Stunden den Tod. Es fand sich äufserlich eine hef­tige, bis zur Brust ausgebreitete Entzündung, aber der Darmkanal war gesund (Orfila).
sect;. 411.
Die Krotonkörner sind, trotz ihrer heftigen Wirkung, in der neuern Zeit von englischen Thierärzten als ein sicheres Purgirmittel, besonders für Pferde und anstatt der Aloe empfohlen worden; allein, obgleich diese beide
') Es ist nicht nölhig, um den Tod lirrbcizufülirrn, dafs man Hunden 3 Urachmen Krotonkörner giebt, wie Orfila es getlian. A a. O. Bd. 2. S. 40.
Her twig AnneimituUelire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;35
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Mittel purgircnd wirken, so sind sie doch in jeder an­dern Eigenschaft von einander verschieden und die Kro-tonkörner können daher auch nur sehr bedingungsweise die Aloe ersetzen; ich möchte ihre purgirende Wirkung eher mit der der schwarzen Nieswurz vergleichen. Die Erfahrung wird auch lehren, dafs die Krotonkörnor nicht überall als Purgirmittel gebraucht werden können, wo die Aloe nützlich ist; sie passen nur in solchen Fällen, wo die letztere nicht wirksam genug ist, z. B. bei sehr phlegmatischen, torpiden Thiercn, bei Dummkoller, bei grofser Trägheit und geringer Reizbarkeit des Verdauungs-kanals, bei Ansammlung grofser Futtermassen in demsel­ben, gegen Würmer, namentlich gegen den Bandwurm, und gegen Wassersuchten.
Krankheiten, bei denen die im sect;. 373. angedeuteten Verhältnisse bestehen, verbieten den Gebrauch dieses Mittels ohne Ausnahme, und überhaupt ist die gröfstc Vorsicht mit ihm noting.
Die Gabe ist für Pferde 25 bis 35 Gran, für Rinder 40 bis 60 Gran, für Hunde 3 bis 6 Gran; — für Schafe und Schweine ist sie noch nicht sicher ermittelt. Die Anwendung der pulver. Körner geschieht entweder in Pillen, zu deren Bereitung man Althäwurzelpulver, arab. Gummi oder Mehl nimmt, oder noch besser in einer schleimigen Flüssigkeit, z. B. in einem Dekokt von Leinsaamen und dergleichen.
Anmerkung I. Das aus den Körnern gewonnene fette Oel, Krotonöl (Oleum Crotonis) wirkt auf dieselbe Weise scharf reizend und drastisch purgirend, wie die Kro-tonkörner. Reibt man dasselbe bei einem Thiere an irgend einer Stelle in die äufsere Haut, so entsteht schon nach 2 bis 3 Stunden starke Entzündungsgeschwulst, es bilden sich Bläschen, die Oberhaut stirbt nach 30 bis 48 Stun­den ab und vertrocknet zu Schorfen. Ein Theil des Gels wird absorbirt, und wirkt, wenn es in grofser Quantität in die Haut am Bauche eingerieben war, nach 26 bis 36 Stunden inäfsig purgirend. Bei Pferden war diese Wirkung
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nach einer Einreibung von 60 Tropfen, bei Schafen voi; 30 Tropfen, und bei Hunden von 15 bis 20 Tropfen zu bemerken. Die Thiere zeigten dabei ebenfalls etwas Fie­ber, und durch 1 bis 2 Tage verminderten Appetit.
Innerlich angewendet verursacht das Oel, bei Pferden und Rindvieh in der Gabe zu 15, 20 bis 30 Tropfen nach 7 bis 10 Stunden eine bald mehr, bald weniger heftige Diarrhöe. Bei Hunden tritt dieselbe Wirkung von 5 bis 10 Tropfen oft schon nach i Stunde ein; von 10 bis 20 Tropfen ist das Purgiren sehr heftig und durch 2 bis 3 Tage anhaltend, aber der Tod erfolgt hiervon nicht; von weniger als 5 Tropfen sah ich bei diesen Thieren niemals Purgiren entstehen; Andere behaupten dafs das­selbe schon nach einer Gabe von 2 Tropfen erfolge1).
In die Vene gespritzt verursachten 8 Tropfen bei einem Pferde, und 2 Tropfen bei einem Hunde sehr hef­tige Krainpfzufälle und in kurzer Zeit den Tod.
Obgleich die grofse Wirksamkeit des Krotonöls nicht zu verkennen ist, so kann dasselbe doch, seines hohen Preises wegen, in der Thicrheilkunst wenig benutzt wer­den. Es ist aber auch ziemlich entbehrlich. Will man jedoch seine Anwendung versuchen, so kann dies bei den­selben Krankheiten geschehen, wo die Krotonkörner pas­send sind. Die Grofse der Gabe für Pferde, Rinder und Hunde ergiebt sich aus den vorstehenden Andeutungen; für Schafe und Schweine ist dieselbe noch nicht bekannt. Die Anwendung geschieht wie die der Krotonkörner, in Pillen oder in einer schleimigen Flüssigkeit.
Anmerkung 2. Der, nach dem Auspressen des Oels aus den Krotonkörnern verbleibende Rückstand, Krotonölkuchen iPlacenta granorum Crotonis} enthält noch sehr viel scharfen Stoff und wirkt ganz wie die Krotonkörner, aber bei gleichen Gaben etwas schwächer als diese. Man rechne von ihm 5 Gran, von den Kör-
i) z. D. Po^e (Fioriep's Notizin a. d. Gi'b. d. Nal. u. Heilk. April u. Decbr. Ih22, Ajiril 1821 Nr. 208, 244, 251, 257).
35*
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nern aber schon 3 Gran einer Drachme Aloe in der Wirkung gleich, und die gewöhnliche Gabe für Pferde ist daher 35 bis 45 Gran. Allein das Mittel ist oft ver­dorben, überhaupt von sehr ungleicher Wirksamkeit, und steht daher, obgleich es wohlfeiler ist, den Krotonkörncrn nach. Die Anwendung geschieht wie bei diesen.
Anmerkung 3. Eine aus dem Krotonsamen mit Weingeist bereitete Tinktur (5 Unze zu 4 Unzen), zeigte sich in der Gabe von 5j bei einem Pferde innerlich an­gewendet, fast eben so wirksam wie \ Drachme der Körner in Pulverform; gjj erregten starkes Purgircn, Darm­entzündung und den Tod in 12 Stunden. — Ein Hund starb nach ^ Unze unter sehr heftigen Zufallen (starkem, blutigem Erbrechen, reichlichem Purgiren, zuletzt mit Ab­gang von Blut, Lähmung der hintern Extremitäten) acht Stunden nach dem Eingeben. Eine Drachme dieser Tink­tur in die Drosselvene einer Pferdes gespritzt, tödtete das­selbe innerhalb 12 Minuten, nachdem Gonvulsionen, Er-stickungszufalle und Lähmung sogleich nach der Injektion eingetreten waren.
18. Aloe. Aloe s. Gummi-resina Aloe.
sect;• 412.
Die Bestandtheile der Aloe sind, je nach der Güte derselben etwas verschieden. Die guten Sorten der Aloe (die Socotrinische, Alo'tsoecolrina, — die Cap-Aloe, A. capensis, und die glänzende, A.lucida) bestehen blos aus einem eigenthümlichen, früher für Gummi gehaltenen, sehr bittern Extraktivstoff (gegen 70 bis 80 Proz.) und aus einem bittern Harz (gegen 20 bis 30 Proz.); in den geringern Sorten (in der Leber-Aloe, A. hepatica, noch mehr aber in der Hofs-Aloe, A. caballina) sind aufser-dem noch: Eiweisstoff und andere fremdartige Bestand­theile in verschiedener Menge enthalten, durch welche die Wirksamkeit dieses Arzneimittels geschwächt und mo-difizirt wird; namentlich bewirken die schlechteren Sorten
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durch ihren reicheren Gehalt an Harz eine weit stärkere Reizung der Eingeweide u. s. w. als die guten.
Wenn die Aloe innerlich in kleinen Gaben angewendet wird, wirkt sie einigermaafsen den bittern Mitteln ähnlich, auf den Magen und Darmkanal gelind reizend, den Tonus vermehrend, und hierdurch den Appetit erregend, die Ver­dauung und die Resorption befördernd, die, aus Schlaffheit entstandene übermäfsige Schleimsekretion des Darmkanals und eben so die Erzeugung der Eingeweidewürmer be­schränkend. — In grol'sen Gaben verursacht sie in den sämmtlicheu Baucheingeweiden und deren Blutgefäfsen, besonders aber im Dickdarm eine heftige, mit Wallung und Congestion des Blutes verbundenlaquo; Reizung, und hier­auf Purgirea; — und in zu grofser Gabe führt sie nicht selten auch Entzündung der Verdauungscingeweide und selbst den Tod herbei.
Die purgirende Wirkung der Aloe tritt bei den Thie-ren von verschiedener Gattung, und selbst bei Thieren von einer Gattung, nicht immer in gleicher Zeit und in gleicher Starke ein; bei Pferden erfolgt sie nach einer Gabe von 8 bis bis 12 Drachmen dieses Mittels, in Zeit von 18, 21 bis 36 Stunden fast ganz sicher, und nachdem während dieser Zeit gewöhnlich etwas schnellerer Puls, Trockenheit und vermehrte Warme im Maule, und Kol­lern im Leibe zu bemerken war. Manche Pferde versa­gen auch das Futter, zeigen vermehrten Durst, Kolikzu­fälle (Kratzen mit den Füfsen, Umsehen nach dem Leibe, öfteres Niederlegen und Wiederaufstehen), und reichliche Urinentlcerung. Vor dem Eintritt des wirklichen Purgi-rens wird der Koth lockerer geballt und weicher, dann ganz breiartig und selbst wässerig; er nimmt jedesmal einen eigenthümlichen Geruch an, den man nach andern Purgirmitteln nicht wahrnehmen kann. Der Grad und die Dauer der ausleerenden Wirkung ist aber sehr verschie­den; letztere bei manchen Pferden auf 2, 3 Stunden be­schränkt, bei andern über 24 Stunden ausgedehnt; die Individualität, der Krankheitszustand und das diätetische
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Verhalten der Thiere, so wie die Beschaffenheit und Gabe der Aloe sind hierbei von sehr grofsem Einflufs. — Nach­dem das Purgiren wieder aufgehört hat, geht in den näch­sten 24 bis 48 Stunden der Koth seltener ab als im ge­sunden Znstande.
Bei Wiederkäuern wirkt die Aloe viel schwächer pur-girend als bei Pferden und sehr oft bleibt diese Wirkung selbst nach recht grofsen Gaben ganz aus; ich sah zwar von 1 bis 2 Unzen des Mittels, in | Quart warmen Was­sers gelöst und in kleinen abgetheilten Portionen (weil nur solche unmittelbar in den vierten Magen gelangen) eingegeben, fast jederzeit nach 18 bis 24 Stunden, und oft unter ähnlichen Zufällen wie bei Pferden, den Koth weicher und öfter als vorher entleeren, aber niemals einen wässerigen Durchfall entstehen. Rysz (Arzneimittellehre, S. 14.) giebt an: dafs bei einem gesunden Ochsen von einer, aus 4 Loth Aloe mit Seife bereiteten Pille zuerst Traurigkeit, schneller, voller Puls, geschwindes Athmen, Verlust des Appetites und des Wiederkauens, Auftreibung des Hinterleibes, Kolikschmerzen, und endlich nach 15, 20, 24 und zuweilen erst nach 36 Stunden häufigeres dünnes Misten entsteht. Während des Purgirens, zeigt das Thier heftigen Durst und die Frcfslust kehrt nur all-mählig wieder. — Viborg (a. a. O. Bd. 4. S. 274) gab 3 Loth des sogenannten gummösen Bestandtheils der Aloe in 3 Pfd. Wasser gelöst, einem dreijährigen isländischen Widder; es entstand nach 12 Stunden Purgiren, welches 36 Stunden anhielt, so dafs das Thier in 2 Tagen .9 Pfd. Koth tntleerte. — Ein anderer Widder, dem Viborg ein halbes Loth des gummigten Theils der Aloe in 1^ Pfd. Wasser, aufgelöst, eingab, entleerte nach 12 Stunden weichen Koth, der seine birnförmige Gestalt verloren hatte und dieselbe erst nach 12 Stunden wieder erhielt. — Dagegen sah Vi­borg bei einem zweijährigen Büffelochsen nach dem Ein­geben von 3 Loth des gummigten Theils der Aloe in 3 Pfd. Wasser, keine Abführung, sondern eine gröfsere Frefsbegierde entstehen. In der Thierarzneischule zu Lyon
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gab man einer Kuh die Aloe bis zu 6 Unzen auf einmal, sowohl in Auflösung mit Wasser als auch in Latwergen­form, worauf etwas Fieber, Beängstigung und Appetit­losigkeit, aber kein Purgiren erfolgte (Compto rendu in d. Ann. de l'Agric. Tome 70). Gilbert hatte gleichfalls einer Kuh 6 Unzen dieses Mittels, noch verstärkt durch ein Infusum von 4 Unzen Sennesblätter, — desgl. 2 Scha­fen, jedem l\ Unzen Aloe eingegeben, ohne irgend eine Wirkung hiervon zu sehen; von 2 Unzen Aloe, mit Mehl­teig zu Pillen gemacht, starb ein Schaf nach 27 Tagen, aber Purgiren war nicht erfolgt. (Annal. de l'Agric. fr. Tome 3.)
Schweine purgiren von * Unze Aloe in Zeit von 20 bis 24 Stunden, — Hunde von 5j bis 5jj[j in 6 bis 10 Stunden.
Eine Auflösung von 5j bis 5jv Aloe in Jjj bis gvj Wasers oder schwachen Branntweins in die Drosselvene bei Pferden und Kühen gespritzt, verursachte nur mäfsige Yennchrung des Pulses, etwas schnelleres Athmen, Trau­rigkeit und zuweilen nach einer halben Stunde Drang zur Kothentleerung; Purgiren erfolgte niemals. Dieselben Er­scheinungen sähe auch Dupuy nach Injektionen von l bis 2 Unzen in wässerigein Weingeist gelöster Aloe au einem Esel entstehen. (Journ. de med. veter. 1836. p. 177.)
Aeufserlich, auf Wunden und Geschwüre applizirt, bewirkt die Aloe, sowohl in Pulverform, wie auch im Weingeist aufgelöst (Aloe-Tinktur), eine gelinde Reizung, vermeinte Resorption, Zusammenschrumpfung und Ver­dichtung der Granulation, — Verbesserung, aber zugleich Verminderung des Eiters, und oft gänzliches Austrocknen einer eiternden Fläche. Zu anhaltend angewendet macht sie schwielige Verdickung und Verhärtung der T heile.
sect;. 413. Die Aloe wird innerlich sowohl in kleinen Gaben, als gelind erregendes tonisches, die Sekretionen der Schleimhäute, namentlich im Darmkauale, verbesserndes
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Mittel, wie auch in grofsen Gaben als Purgirmittel benutzt.
Zu ersterm Zwecke dient sie gegen Scliwiiche und Erschlaffung der Verdauungseingeweide, wenn die Reiz­barkeit derselben weder zu sehr gesunken noch krankhaft erhöht ist. Unter diesen Umständen ist sie besonders bei Verschleitnung, bei zu geringem Appetit, bei schlechter Verdauung, wenn der Koth zu locker, zu weich und mit Schleim umhüllt, abgeht, bei Diarrhöe mit reichlichem Abgange schleimiger Exkremente, aber auch bei Leibes-verstopfnng in Folge von Torpidie, und bei Würmern eine ganz vortreffliche Arznei, welche nicht immer durch die gewöhnlichen bittern Mittel ersetzt werden kann, wie Manche glauben.
Seit alten Zeiten schreibt man ihr auch eine spezifisch­reizende, die Gallensekretion befördernde und verbes­sernde Wirkung auf die Leber zu, und wendet sie des­halb bei Stockungen in derselben, bei chron. Gelbsucht, bei Leberegeln, bei Dummkoller mit gleichzeitiger Leber­affektion, bei der weifsen Ruhr der jungen Thierc u. dgl. asthenischen Krankheiten mit Nutzen an.
Man giebt sie in allen solchen Füllen für Pferde zu 3ß — 3j, für Rindvieh zu3j — 3jj, für Scliafc und Schweine Zquot; aj — Sib % Hunde zu gr.j — gr. vj, täglich 4 bis 6 Mal, und in Verbindung mit aromatischen oder ad-stringirenden Mitteln, mit Ofenrufs, Stinkasant und dgl. (S. sect;. 249.)
sect;#9632; 114.
Als Purgirmittel wird die Aloe am häufigsten ange­wendet und zu diesem Zwecke in der Thierheilkunde ge­wöhnlich allen andern Mitteln vorgezogen, weil, wenig­stens bei Pferden, Eseln und Maulthieren, ihre zweck-mäfsige Anwendung mit sicherer Wirkung und verhältnifs-mäfsig mit der wenigsten Gefahr begleitet ist- Bei Wie­derkäuern ist allerdings (wie sect;. 412. gezeigt) diese Wir­kung nicht so sicher und daher das Mittel weniger
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brauchbar; und bei Hunden wird es von der Jalape übertroffen.
Die Anzeigen zur Anwendung der Aloe in purgiren-der Gabe sind: hartnäckige, anhaltende Verstopfung des Leibes, entstanden aus Erschlaffung und aus Mangel an gehöriger Thätigkeit im Dickdarm, daher auch bei der sogenannten Verstopfungskolik der Pferde, wo sich im Grimmdarm, und zuweilen auch im Mastdarm ungeheure Kothmasseu anhäufen, welche durch Salze u. a. Laxirmit-tel nicht, wohl aber durch die Aloe gut zu beseitigen sind; wird diese früh genug angewendet und ist der Zu­stand richtig erkannt, so kann man sich auf ihre Wirkung verlassen. Unter gleichen Umständen ist dies Mittel zur Entleerung von Eingeweidewürmern und von Darmsteinen am besten geeignet. Eben so dient es auch häufig, um auf antagonistische Weise eine Ableitung von andern Or­ganen auf den Darmkanal zu bewirken, oder um die Re­sorption in andern Theilen zu verstärken; daher bei asthe-nischen, chronischen Augenentzündungen, bei dem Dumm-koller mit Ergiefsung von vielem Wasser im Gehirn, bei ödematösen Anschwellungen am Bauche und an den Schenkeln, bei Metastasen, bei Hautausschlägen u. dgl.
Aufserdem wird die Aloe sehr oft theils als ein pro­phylaktisches Mittel gegen verschiedene Krankheiten, die aus Vollblütigkeit entstehen könnten, z. B. bei Pferden die viel Ruhe und gutes Futter erhalten, die zu Augen­entzündungen, Dummkoller u. dgl. eine Anlage haben, — theils auch gegen die zu grofse Fettigkeit benutzt. In letzterer Absicht auch bei dem Trainiren der Rennpferde.
Die Gabe ist für ausgebildete Pferde 3vj bis gßj '^ für Rindvieh Jj — sect;jj, für Schafe gß — gjß, für Schweine gß, für Hunde 9ß — fj.
') Traegcr (siehe dessen: Fülleiikianklieiten S. 420 tat öfters LeoLaclilet, tlafs tragende Stuten leichter purgiren und defslialb klei­nerer Gaben bedürfen als andere Pferde. — Für Füllen bat derselbe die Aloe im mittlern Durchschnitt nach dem Alter ungefähr zu 5
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Die Anwendung kann in Pillen, in Latwergen und in flüssiger Form geschehen; für Pferde ist die erste Form am gebräuchlichsten und wohl auch am zweckmäfsigsten, v/eil das Eingeben einer bestimmten Gabe ohne Verlust am sichersten in einer Pille zu bewirken ist, und weil, Beobachtungen zu Folge, bei der Anwendung in dieser Form weniger leicht Kolikzufälle entstehen, als nach der Anwendung des Mittels in flüssiger Form. Dagegen ist die letztere bei Wiederkäuern am vorzüglichsten (sect;. 89.).
Die Aloe wird als Purgirmittel häufig mit andern Mitteln verbunden, theils um sie, und namentlich ihren harzigen Bestandtheil besser auflöslich zu machen, und hierdurch ihre eigene Wirksamkeit zu vermehren, — theils auch um die Wirkung durch jene Mittel, deren Eigen­schaften gemäfs, zu modifiziren. Zu den Mitteln ersterer Art gehören das kohlensaure Kali (Pottasche), weifse und grüne Seife, Seifenwasser und schwacher Branntwein; — zu den Mitteln der zweiten Art aber das Kalomel (von Manchem zugesetzt, wenn Würmer ausgeführt werden sollen), — die schwarze Nieswurz (bei greiser Reizlosig­keit, bei Wassersüchten), — die Neutral- und Mittelsalze (bei Verstopfung, wenn der Koth vorher sehr trocken abging, und sehr zweckmäfsig auch in jedem Falle bei wiederkäuenden Thieren), — die Jalape, Jalapenharz (nur für Hunde), u. dgl. m. In England, wo bei kranken und gesunden Thieren, von Thierärzten und Nichtthierärzten die Aloe als das gewöhnlichste Arzneimittel, und bis zum Mifsbrauch angewendet wird, pflegt man ihr gerne eine kleine Quantität Ingwer, oder ein anderes aromatisches Mittel, selbst etwas ätherisches Oel (namentlich Kürn-melöl oder Pfeffermünzöl) zuzusetzen, in der Absicht, um die zu grofse Schwächung des Darmkanals, Kolikzufälle
Grau auf laquo;lie Woche gerechnet, als lirauchharc Gabe geAindmi, so laquo;lafs ein Füllen von 1 Woche 5 Gran, — von 2 Wochen 10 Gr., — von 3 Wochen 15 Gr., — von 1 Monat 9j, — von 2 DIonai 9jj, — von 6 Monat 3jj, — und von l Jahr 5lS erhält.
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und die zuweilen sehr reichliche Entwickelung der Blähun­gen zu verhüten.
Die Seife dient bei fast allen diesen Zusammensetz­ungen nicht allein zur Auflösung der Aloe, sondern zu­gleich auch als ein zweckmäfsiges Bindemittel, besonders bei der Bereitung der Pillen; z. B. man nimmt: pulveris. gute Aloel) 5yj — 3X. geschabte weifse Seife 3.ÜJ — 3ß. lauwarmes Wasser 5), oder so viel wie nöthig ist; — reibt alles in einem Mörser zu einer gleichförmigen Masse zusammen und macht daraus eine Pille, die man einem Pferde auf Einmal giebt.
Die grüne Seife scheint die Wirkung der Aloe noch mehr zu befördern als es die weifse Seife thut; auch ist wenn die erstere benutzt wird, der Zusatz des AVassers nicht nöthig.
Zu den Bestandtheilen der angegebenen einfachen Pillenmasse, kann man nach Bedürfnifs der Umstände noch Kalomcl 5j — 5jj, — oder pulv. Ingwer 3j, — oder schwarze Nieswurz 20 bis 30 Gran hinzusetzen.
Als sehr wirksam hat man auch die auf folgende Weise bereiteten Purgirpillen befunden: man nimmt: pulver. Aloe 1 Pfd.
Schweineschmalz 1 Pfd. flüssiges kohlensaures Kali (d. i. eine con-zentr. Aufl. der gereinigten Pottasche) Jjx. Diese Ingredienzien werden in einem Topfe zusammenge­rührt, dann im sogenannten Wasserbade zu einer gleich­förmigen Masse zusammengeschmolzen, worauf man von letzterer 1 Loth schwere Pillen macht, und diese in Papier gewickelt aufbewahrt. Man giebt davon Pferden
') Dip hi'sle Aloe ist stfls laquo;litjfnige, welche dlaquo;n meisten Ex-Iraklivslraquo;!! iiesilzt, und da man dipst-n in der Leher-Aloe ebrn so reiclilicli wie in der .snk otrinisrlii-n lindit, so ist es nnhclilig, wenn die letztere unbedingt als die beste bezeichnet wird.
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und Kühen zwei bis drei, Schweinen ein Stück, und Hunden nach Verhältuifs ihrer Grol'se \, k bis eine ganze Pille.
Will man die Aloe in flüssiger Form anwenden, so ist blos nöthig, die Pillen in lauwarmem Wasser aufzu­lösen, oder die bestimmte Gabe der pulv. Aloe mit I bis l.j Pfund lauwarmen Seifenwassers zusammen zu reiben, oder auch mit letzterem in einer Flasche gut zusammen zu schütteln. Auch kann man Cwie Viborg bei den oben angegebenen Versuchen recht zweckmäfsig eine Auflösung der Aloe in warmem Wasser (auf 1 Theil 8 bis 10 Theilc) inachen, nach dem Erkalten die Flüssigkeit von dem har­zigen Bodensatz abseihen und erstcre für sich allein an­wenden; dieselbe entluält den Extraktivstolf (den sogen, gummigten Bestandtheil) der Aloe aufgelöst, und dieser wirkt, allen Versuchen zu Folge, nur allein purgirend, wiihrcnd der harzige Bestandtheil blos eine schmerzhafte Reizung der Gedärme verursacht. Die Wirkung von einer solchen Auflösung ist daher stets milder, aber deshalb nicht schwächer als von der ganzen Aloe.
Bei dem Gebrauch der Aloe als Purgirmittel ist bei allen Thieren, vorzüglich aber bei Pferden, ein passendes diätetisches Verhalten nöthig, um die purgirendc Wirkung zu erleichtern, oder Kolik, Darmentzündung und andere widrige Zufalle zu verhüten. Erlaubt es die Zeit, so giebt man schon am Tage vor der Anwendung der Aloe den Thieren nur weiche, milde Nahrung (Pferden etwas Heu und Kleie, aber kein Körnerfutler), und auch nur in ge­ringer Menge; dabei liifst man sie nach ihrem Belieben Kleienwasser saufen. In jedem Falle entzieht man ihnen wenigstens 6, 8 bis 12 Stunden vor dem Eingeben der Purganz das Futter gänzlich; nach dem Eingeben tränkt man sie von Zeit zu Zeit mit übcrschlagcnem Kleienwas-scr, bedockt sie mit einer warmen Decke und giebt ihnen bei der nächsten Futterzeit wieder nur wenig Heu und Kleie. 6 bis 8 Stunden nach dem Eingeben kann man bei milder Witterung die Pferde durch eine Viertel- bis
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halbe Stunde herumfuhren oder mäfsig reiten lassen; bei kalter, unfreundlicher Witterung behält man sio lieber im Stalle. Diese Diät wird fortgesetzt, bis das Purgiren vor­über ist, wo man den Thieren nach und nach wieder ihre gewöhnliche Nahrung giebt.
sect;. 415.
Acufserlich dient die Alce d) als gelind reizendes austrocknendes Digestivmittel, bei schlaffen unreinen, schlecht eiternden, mit üppiger, lockerer Granulation oder mit Maden versehenen Wunden und Geschwüren, nament­lich wenn Sehnen, Knochen und Knorpel mit ergriffen sind, wie z. B. bei Widerrüstschäden, bei Nackenfisteln, bei Knorpelfisteln, bei ausfallender Mauke u. dgl. Rysz und Greve behaupten zwar, dafs die Aloe hierbei nichts leiste, dafs sie die Abstofsung der abgestorbenen Theile sogar hindere und die Heilung übereile; — allein diese Nachthoile hat sie nur dann, wenn sie zur Unzeit, zu früh und ohne Berücksichtiamp;ung des in den Wunden und Ge-schwüren bestehenden Charakters der Lebensthätigkeit angewendet wird. Zur rechten Zeit gebraucht, ist sie ein sehr wirksames Heilmittel, und bei eiternden, asthenischen Hufgeschwüren wird sie hinsichtlich ihrer erregenden und austrocknenden Kraft kaum von einem andern Mittel über­troffen. Aufserdem dient sie b) als gelind erregendes tonisches Mittel zur Zertheilung asthenischer Augenent-Zündungen, welche mit Erschlaffung der Bindehaut, mit übermäfsiger Absonderung von Schleim und Thränen ver­bunden sind; eben so auch bei Flecken und Verdun­kelungen der Hornhaut.
Die äufserliche Anwendung gescliieht zuweilen 1) in Pulverform, indem man sie entweder für sich allein, oder mit Kohle, Kalmus, Eichenrinde u. dgl. Mitteln versetzt, in Geschwüre einstreuet; 2) in Salben, z. B. als Zusatz zur Terpenthinsalbe, oder als Augensalbe z. B. gegen Hornhautflecke (Honig oder Fett 3jj, fein pulver. Aloe 8 Gran); — 3) am häufigsten in Auflösung mit Weingeist (3 bis 4 Unzen Aloe zu l Pfd. des letztern), als Aloer-
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Tinktur (Tinctura Aloes'), welche gewöhnlich für sich allein in Wunden und Geschwüre, und eben so auf Horn-hautfleckc gestrichen, — zuweilen auch zu Salben und aromatischen Augen wässern (1 bis 2 Drachmen zu 3 bis 4 Unzen) gesetzt wird. In Verbindung mit Myrrhen-Tinktur, Stinkasant-Tinktur und Terpentinöl, bildet die Aloe-Tinktur den sog. Wundbalsam (sect;. 329.)
sect;• 416.
Die Aloe darf bei den, im sect;. 373. bezeichneten Krankheitszuständen innerlich nicht angewendet werden, und bei noch bestehender synochöser Entzündung, bei grofser Empfindlichkeit und Trockenheit in Wunden u. s. w., ist auch ihre äufserliche Anwendung schädlich.
Anmerkung. Das wässerige Aloe-Extrakt (E'^raeium Aloes aquosum, s. gummosuni), — bereitet durch Auflösen der pulv. Aloe in Wasser vermittelst Digeriren, dann Filtriren und Abdampfen der Flüssigkeit bis zur Consi-stens eines Extraktes, — enthält nur den Extraktivstoff und wirkt daher wie die wässerige Auflösung (S. 556.) milder und gleichmäfsiger, als die Aloe in Substanz. Eng­lische Thieriirzte haben defshalb in neuerer Zeit die An­wendung dieses Extraktes empfohlen, und zwar für Pferde in der Gabe von svj — 3vjj, für Kühe zu Jj, für grofse Hunde zu 20 bis 30 Gran ').
Die übrigen mannigfaltigen Präparate von der Aloe sind in der Thierarzneikunde nicht gebräuchlich.
19. Euphorbien- oder Wolfsmilch-Harz. Eupliorbium s, Gummi euphorbii.
sect;. 417.
Das Euphorbium besitzt als wirksame Bestandtheile ein scharfes Harz (über die Hälfte des Gewichts) und et­was ätherisches, scharfes Oel, in Verbindung mit Wachs, mit Kali- und Kalksalzen, mit Pflanzenschleim und an­dern, weniger wichtigen Stoffen.
rnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;') The Farrier and Naturalist. 1828. p. 21. u. f.
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Es verursacht bei jeder Art der Anwendung an den betroffenen Stellen des Thierkörpers sehr heftige Reizung, jedoch ohne Blasenbildung, sondern mit papulosen Aus­schlag, Entzündung, Ausschwitzung und Verschwärung; — bei innerlicher Anwendung auch heftiges Erbrechen, Purgiren, und nach etwas starken Gaben (d. i. bei Pfer­den nach 1 bis 2 Unzen, bei Hunden nach 1 bis 3 Drach­men) unter heftigen Kolikzufallen den Tod. Ein Hund starb auch 39 Stunden nach dem Aufstreuen von 2 Drach­men pulv. Euphorbiumhaizcs auf eine Wunde am Schenkel. Bei der Sektion fand man die Entzündung von dem ope-rirten Glicde bis zur fünften Brustrippe derselben Seite verbreitet; an der Wunde war kein Schorf entstanden, und die iunern Organe waren nicht entzündet (Orfila).
Dieser heftigen Wirkung wegen wird das Euphor-bium nur äufserlich, und zwar bei denselben Krankheits-zustiinden und für dieselben Zwecke angewendet wie die Canthariden (sect;. 381.). Da es jedoch tiefer in die Haut einwirkt, die Haarzwiebeln mehr zerstört^ und daher eher kahle Flecke hinterläfst als die Canthariden, so verdienen die letztern fast immer, besonders aber bei feinen Pfer­den, den Vorzug vor ihm. Man benutzt es daher auch jetzt nur selten, nur bei sehr hartnäckigen Uebeln, bei Thieren von gemeiner Rage, und wo die Haut sehr dick und wenig empfindlich ist.
Die Anwendung geschieht mehrentheils in Salben, indem man das Euphorbium mit Fett oder mit einer Harz-salbo mengt, besonders aber als Zusatz zur Cantliariden-salbe (1 bis 2 Drachmen fein pulv. Euphorbium zu 1 Unze), um die reizende Wirkung derselben zu verstärken. Zu demselben Zwecke dient es auch als Bestandtheil in dem scharfen Pflaster (sect;. 383.). Zuweilen benutzt man auch die aus 4 Unzen Euphorbiumpulver und 1 Quart Wein­geist bereitete Euphorbium-Tinktur (Tinctura Eupkor-frii) zur Anwendung auf cariöse Geschwüre, oder zum Einreibung gegen Lähmung und Schwund, theils für sich allein, theils in Verbindung mit Canthariden-Tinktur, mit
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Terpenthinol u. dgl. — Ehemals wurde auch das pulve-risirte Euphorbium zur Zerstörung der wuchernden Gra­nulation und um die Abblätterung cariöser Knochen zu befördern, in Wunden und Geschwüre eingestreut; da aber hierbei oft sehr heftige Entzündung in den nahe liegenden gesunden Theilen entsteht, und da man zur Erreichung der bezeichneten Heilzwecke bessere Mittel hat, so wird es jetzt nicht mehr auf diese Weise ge­braucht.
Anmerkung. Fast alle, und auch die in Deutsch­land wild wachsende. Species der Wolfsmilch (mit Aus­nahme der süfsen W., Euphorbia dulcis) besitzen einen scharfen Stoff, der besonders in dein Safte enthalten ist und der auf den Thierkörper ähnlich wirkt, wie das Eu-phorbiumharz. Orfila gab einem starken Hunde 8 Unzen ausgeprcfsten Saft von der kreuzblätterigen Wolfs­milch (Euphorbia Lathyris) und unterband den Schlund; nach j Stunden waren Neigung zum Erbrechen, 3 Darm-entleerungen, Mattigkeit, — nach 27 Stunden convulsivi-sche Bewegungen und nach 28 Stunden der Tod einge­treten. Reim Oeffnen fand man die Lungen livid, derb, mit Blut angefüllt, den Mastdarm hin und wieder gerö-thet, den übrigen Darm gesund. Ganz ähnlich wirkten bei einem andern Hunde 5 Unzen des Saftes von der Cypresseri-Wolfsmilch iEaphorb. Cyparissias.').
Ehemals wurden die Samen der kreuz blätterigen Wolfsmilch unter dem Namen: Springkörner, Purgir-körner (Semina Cataputii minoris) als Purgirmittel benutzt, sind aber jetzt ganz aus dem Gebrauch gekommen.
20. Gummi-Gutti. Gutti s. Gummi Guttue.
sect;#9632; 418. Es besteht gröfstentheils (gegen |) aus einem schar­fen Harz, welches mit Gummi innigst verbunden ist.1 Es löst sich daher im Weingeist fast ganz, im Wasser zum grösten Theil auf, bildet aber mit dein Letztern eine un­durchsichtige gelbe Flüssigkeit.
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Innerlich gegeben erregt es bei allen Thieren starkes Purgiren, bei Hunden, Katzen und Schweinen auch Er-brechen. Das Purgiren erfolgt von etwas geringeren Ga­ben und etwas früher als bei der Aloe, ist aber öfter als bei diesem Mittel mit heftigen Zufallen begleitet. — Ei­nem Füllen im zweiten Jahre gab Flormaan') 15 Gran Gummi-Gutti in 2 Nofscl (etwa 2 Pfd.) Wasser aufge­löst, durch die Nasenlöcher2) ein, damit nichts verschüttet werden sollte. Eine Stunde darauf befand es sich un­wohl, hatte schnelleren Puls, zog mit den Flanken, hob bisweilen den Schweif, kratzte mit den Füfsen und bekam bisweilen kleine Zuckungen der Muskeln. Nach 3 Stun­den schien der Bauch aufgedunsen, und die Zufälle ver­stärkten sich; nachdem es aber mehrere dünne Kothent-lecnuigen gehabt, bekam es 5 Stunden nach dem Einge­ben heftigen Frostschauer am ganzen Körper. Mit Ver­lauf von 7 Stunden zeigte es Frefslust und befand sich nachdem wieder wohl. — Dasselbe Füllen bekam von 30 Gran des Mittels die nämlichen Zufälle und innerhalb 5 Stunden mehrere dünne Leibesöffnungen; es erholte sich aber erst 12 Stunden nach dem Eingeben wieder. — Ein fünfjähriges Beuterpferd erhielt 2 Drachmen Gummi-Gutti in Pillen; es wurde darauf unruhig, wollte weder fressen noch saufen, hatte schnelleren Puls und entleerte nach 12 Stunden einmal, und dann noch ein paarmal Mist, der lockerer als gewöhnlich und heller von Farbe war. — Viborg (a. a. O. Bd. 1. S. 275.) sah bei einem 8jährigen Pferde von 1 Unze im Wasser aufgelöstem Gummi-Gutti keine merkliche Wirkung, — dagegen von derselben Gabe bei einem fjährigen Füllen innerhalb der ersten 5 Stunden llmaligcs Laxiren erfolgen.
Bei einer Kuli brachten 2^ Unzen dieses Mittels in
*) Viborg, Samml. ßd. 3. S. 182.
2) Slris ein gefährlicher Weg, auf welchem ni;cii kein DledlLa-inent liribringen soIUk, am wenigsten aber dann, wenn man dureli Versuche erst die Wirkung der Mittel kennen lernen will.
llcrtu'Jfi ArzneimiUeHdire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;36
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Wasser aufgelöst, fast gar keine Wirkung hervor; als man ihr aber die doppelte Quantität gab, traten augenblicklich Vergiftungszuialle ein, und am folgenden Tage entstand blutiger Durchfall, welcher 17 Tage dauerte. Nachdem alle Zufälle vorüber waren und das Thier sich wieder erholt hatte, gab man ihm 6 Unzen Gummi-Gutti in 12 Pfund Wasser gelöst. Schon nach Verlauf von 2 Stun­den trat starker, stinkender, aber nicht blutiger Durchfall, mäfsiges Fieber, Beängstigung und Mattigkeit ein; das Fieber verschwand bald, aber der Durchfall dauerte durch 13 Tage l).
Einem gesunden Schafe gab d'Aubenton2) 1 Gran Gummi-Gutti in einer Pille; nach 24 Stunden erfolgte weiches Misten, ohne Zeichen von Schmerz. Dieselbe Gabe in Wasser aufgelöst wirkte auf dieselbe Weise bei einem andern Schafe in 23 Stunden. Es ist daher merk­würdig, dafs nach seiner Angabe vjjj dieses Mittels bei Schafen zuweilen gar nicht wirken. Von 1 Drachme hat derselbe das Purgiren niemals fehlen, aber auch keine widrigen Zufälle entstehen sehen; von gjj mit Honig ein­gegeben, starb dagegen ein Schaf in 9 Stunden. Viborg sah von 20 Gran Gummi - Gutti in H\ Unze Wasser auf­gelöst, ein Schaf nach 48 Stunden purgiren. — Nach dem­selben Schriftsteller wirkt bei Schweinen 3j Gumini-Gutti abführend, aber zuweilen auch in so grofser Gabe Bre­chen erregend, weshalb es in mehreren kleinen Portionen eingegeben werden mufs3).
Ich sah bei zahlreichen, hierüber gemachten Versu­chen Pferde von ^ß — Jj, Kühe von |j — ;fjß, Schafe und Hunde von gr. x. — gr. xx, und Schweine von sß — 3j fast jedesmal purgiren, Schweine und Hunde aber auch häufig sich erbrechen. Letztere ertrugen (ganz wie bei
') Coiupte midu Ais Iravaux de l'ucollaquo;. ve'.. de Lyon, Ann. 1817. Annal. de l'agricnU. Iran;. Toim' 70. p. 261.
2) Auscfl. Beilr. z. Tbierarznlaquo;ik. 1s Stock. Leip. 178laquo;. S. 181. 1) Viborg, Anlcit. z. Erzieh, n. Benutz, d. Schweins. S. 80.
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Orfila's Versuchen) 1 bis 2 Drachmen Gummi-Gutti ohne Nachtheil, wenn das Erbrechen nicht gehindert war; bei unterbundenem Schlünde starben sie aber von 2 Drach­men in Zeit von 12 bis 20 Stunden. Die Sektion zeigte dann Entzündung des Dickdarms.
Auf Wunden gebracht wirkt das Gummi-Gutti rei­zend, jedoch weit weniger als das Euphorbium; dennoch aber starb ein Hund nach der Anwendung von 2 Drach­men des Mittels auf eine frische Wunde, die nur bis auf das Zellgewebe des Schenkels ging, binnen einigen Stunden.
sect;. 419.
Das Gummi-Gutti ist bisher nur bei wenigen Thier-krankheiten versucht worden. D'A üben ton empfahl es bei der Fäule und Wassersucht der Schafe, wo es aber, wie bei allen cachektischen Krankheiten, nur mit gröfster Vorsicht angewendet werden darf; ich habe es gegen Würmer, besonders gegen den Bandwurm bei Hunden, und gegen den Duinmkoller der Pferde mit Nutzen ge­braucht. Ueberhaupt könnte man es in solchen Fällen, wo man durch Purgiren eine Ableitung von andern Or­ganen auf den Darmkanal bezweckt, eben so gut wie die Aloe gebrauchen; dagegen möchte es der letztern bei gastrischen Krankheiten immer nachstehen.
Die Gröl'sc der Gabe für die verschiedenen Thiere ist in den angeführten Versuchen (sect;.118) bezeichnet.— Die Anwendung kann in Pillen oder in Auflösungen mit Wasser geschehen.
sect;. m
Zu den scharfen, aber jetzt nicht mehr gebräuchli­chen und gröfstentheils veralteten Arzneimitteln gehören noch folgende:
a) Die Kelleresel, Asseln, Kellerasseln (_Mil-lejmles), ehedem als urintreibendes Mittel ((iü bis 100 Stück für ein Pferd; benutzt. — i) Die Eselsgurke, Esels kür bis {Momordica Elatcrium), von den alten grie­chischen und römisches Thierärzten als Purgirmittel ge­braucht, aber nach Viborg's Versuchen (an Pferden) zu
3(raquo; •
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1 bis li Pfd. gegeben, ganz ohne Wirksamkeit. — Die Hasolwnrzel (lltulix Asari), bitterlich-scharf, im fri­schen Zustande brechenorregend und purgirend, aber ge­trocknet und alt moistens wenig wirksam, ehemals (z. B. von Kersting) gegen Verschleimimg u. dgl. benutzt; in einem Falle, wo eine Kuh Jjjj in 2 Gaben erhalten hatte, war heftige Entzündung der Eingeweide eingetreten '). — rf) Zwerghollunder, Attigkräut, Wurzel und Hee­ren (Herba, Radix et Itaccae Ebuli), ekelhaft bitterscharf, brechenerregend, purgirend, urintreibend; daher gegen Wassersucht empfohlen. Auch der eingedickte Saft dor Beeren ^Extract. Bacc. Ebuli) ist hierzu empfohlen, in Gaben von sect;j bis Jjj für die grofsen Thiere. — e) Jo­hannes kraut nebst, Blumen (Hcrha et flores Ilypcrici) bitterlich - balsamisch und etwas scharf, ehemals ein sehr gerühmtes Wundheilmittel, und ebenso das von ihm berei­tete gekochte Johannes öl {Oleinn, Hyperici coclum). — /) Kreuzdornbeeren (Baccae rhamni cai/iarlici s. spinar, cervinae), als Purginnittel (z. B. bei Hunden zu h Unze der frischen Beeren) ziemlich wirksam. In England ist auch der eingedickte Saft (das sog. Saftgrün) für diesen Zweck noch gebräuchlich. — g) Küchenschelle, das Kraut {Herba Pulsatillae, nigricantis), scharf reizend, Ent­zündung, Erbrechen und Purgiren erregend, besonders gegen Augenkrankheiten (schwarzem Stnar und astheni-sche Entzündungen versucht, von den Homöopathen ge­gen stinkende Durchfälle, chronische und unregelmäfsige Druse, chronischen Husten, katarrhalische Lungenentzün­dung, Entzündung der Gebärmutter, Verhärtung der Ho­den, Harnverhaltungen, Oedeme; hartnäckige Geschwüre und dergl. viel benutzt. — h) Mauerpfefferkraut, kleine Hauswurz {Herba sedi minoris), sehr reizend, brechenerregend, purgirend, urintreibend. — i) Sabadill-saamc iScmen Sabadilli), scharf reizend, selir ähnlich der weifsen Nieswurz, früher zur Vertreibung des Ungeziefers
') Arcli. Scliwtiz. TbierSrate, Cd. 4. S. 369
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benutzt. — /t) Seifenkraut, die Wurzel und das Kraut, (Kadiv et herba sajmmriae), schleimig, bitterlich - scharf, ehedem als aufli'scudes, speichelerrcgendes, urintreibendes Mittel benutzt. — 0 Skammonium iScainmonmiti), dra­stisch purgirend, jedoch nur in gröfscru Gaben als man gewöhnlich vorschreibt.— m) Stephanskörner, Läuse­saamen {Semen Staphisagriae) bitter, brennend-scharf, brechcncrregcnd, ehemals gegen Ungeziefer häufig benutzt. — 11) Zeitlose, Herbstzeitlose (Colchicuvi Axiiinnnale), verursacht Erbrechen, Purgiren, Aufblähung, Blutharnen, Lähmung und oft den Tod1); — sie ist als Heilmittel in der Thierarzneikuude nicht gebräuchlich, obgleich in neue­rer Zeit sehr empfohlen.
Siebente Klasse.
Betäubende oder narkotische Mittel.
{Medicaincnta narcotica.)
Begriff, Wirkung und Anwendung im Allgcmciuun.
sect;• 421.
Betäubende oder narkotische Mittel nennt mau die­jenigen Arzneistotfe, welche, bei der Anwendung in ge­hörig grofser Gabe, im thierischen Organismus die Ner-veukraft, vorzüglich die Sensibilität vermindern und selbst Betäubung (Narcosis) verursachen.
Die hierher gehörigen Mittel (welche, mit Ausnahme der Blausäure, sämmtlich aus dem Pflanzenreich entuom-
') Siehe: llliclicl und Itlien Monalsclu-ift d. Kindvielikuiide, 2lC8Halbjahr, S. J)7.; — Aich. d. Schweiz, fhierärate. Ud. V. S. 166.;
— Oekon Neuigleilen lamp;3ß. S. 209-216.;
ii e nk e, Zeiischr. d.
SlaaUaniiieik. Bd. -iü. S. 283
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men sind) kommen jedoch mir im Allgemeinen in dieser die Thätigkeit des Nervensystems vermindernden Wir­kung überein, denn im Einzelnen zeigen sie hinsichtlich der besondern Art, der Richtung und Ausdehnung ihrer Wirksamkeit, und eben so in ihren Bestandtheilen eine grofse Verschiedenheit.
sect;. 422.
Hinsichtlich der Bestaudtheile ist zuerst zu bemer­ken: dafs es einen gemeinschaftlichen, d.h. einen in allen narkotischen Mitteln gleichartigen betäubenden Stoff nicht giebt, und dafs man selbst in den einzelnen Mitteln wäh­rend langer Zeit den narkotischen Stoff in roiner Gestalt nicht darstellen konnte. Da es jedoch in neuerer Zeit den Chemikern gelungen ist, in den meisten narkotischen Mitteln besonders Alkaloide zu entdecken, welche die eigenthümliche Wirksamkeit dieser Mittel in einem aus­gezeichneten Grade besitzen, so hat man diese Alkaloide als das wirksame narkotische Prinzip betrachtet, und zwar um so lieber, weil Säuren (als den Alkalien auch in jeder andern Eigenschaft entgegengesetzt) die Wirkungen der narkotischen Mittel sehr vermindern. Allein, da in ein­zelnen dieser Mittel bisher kein Alkaloid gefunden wer­den konnte, bei andern aber die behauptete Existenz des­selben sehr zweifelhaft geworden ist, und da ferner die Alkaloide von fixer Natur sind, das narkotische Prinzip zum Theil aber auch flüchtig ist, — wie sich dieses durch den betäubenden Geruch der meisten dieser Mittel, beson­ders in ihrem frischen Zustande, zu erkennen giebt, — so ist es sehr wahrscheinlich, dafs aufser den Alkaloiden auch noch andere Bestaudtheile zur Erzeugung der nar­kotischen Wirkung wesentlich beitragen.
sect;. 423.
Dafs die Wirkung der einzelnen narkotischen Mittel sowohl in der Art, wie im Grade der Erscheinungen ver­schieden sei, ist bereits im sect;. 59. angedeutet worden.
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a) Hinsicbtlich der Vcrscliiedculicit in der Art der Wir­kung kann man sicher behaupten: dais nicht ein nar­kotisches Mittel dem andern gleich wirke, son­dern dafs jedes von ihnen eine spezifische Wir­kung erzeuge. Diese Eigenthümlichkeit in der Wirkung der einzelnen narkotischen Mittel wird vorzüglich dadurch bedingt, dafs sie nicht alle das ganze Nervensystem in einem gleichen Umfange affiziren, sondern dafs die mei­sten zu einem begriluzten Theil dieses Systems eine be­sondere Beziehung haben und daselbst die Thätigkeit zu­erst oder vorherrschend umstimmen und vermindern: so z. B. wirkt das Opium unmittelbar und vorherrschend auf das grofse Gehirn und auf die Sinnesorgane, — die Tollkirsche zuerst auf die sogenannten Vierhügel und auf die Sehnerven und dann erst auf das Gehirn, — die Brechnufs auf das Rückenmark u. s. w. Aufserdem wird aber die Wirkung noch dadurch modifizirt, dafs sie bei mehreren narkotischen Mitteln rein auf das Nervensystem gerichtet, bei andern aber zugleich mit örtlicher Reizung verschiedener Organe (namentlich der Lungen, des Her­zens und des Yerdauungskanals) verbunden ist. Nach diesen Eigenschaften hat man die Mittel der erstem Art als rein narkotische, und die der zweiten Art als scharfe narkotische Mittel bezeichnet. — Es ist bcnierkcnswerth, dafs bei den grofsen Hausthieren fast alle narkotische Mittel, wenn sie in grofsen Gaben ange­wendet werden, auf die letztere Weise wirken, und dafs sogar bei diesen Thieren die örtliche Reizung oft deut­licher hervortritt, als die narkotische Wirkung.
h) Die im sect;. 59. im Allgemeinen angedeutete Ver­schiedenheit im Grade (und ebenso in der Dauer) der Wirkimg der narkotischen Mittel, ist besonders von der Empfänglichkeit der Thicrc für diese Mittel, von der Gröfse der Gabe und von dem Orte und der Art tier Anwendung abhängig. — l) Die verschiedene Empfäng­lichkeit der Thicrc hat fast bei keinen andern Mitteln einen so grofsen EinÜufs auf die Wirkung, als gerade
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bei den narkotischen; denn man sieht hier von einem und demselben Mittel, nach Verschiedenheit der Thier-gattung, des Alters, der Gewohnheit, des Gesundheitszu­standes u. s. w. die grofsten Abweichungen erfolgen. Thicre von einer Gattung ertragen ein Mittel in sehr gro-fsen Gaben, ohne bemerkbare Wirkung, wahrend dasselbe bei Thieren von anderer Gattung sehr heftige Zufälle er­regt (so z. B. soll das Bilsenkraut dem Schweine, Schier­ling den Ziegen unschädlich sein, den übrigen Thieren sind aber diese Mittel in grofsen Gaben sehr nachtheilig). Doch sind über diesen Gegenstand noch nicht hinreichend sichere Beobachtungen gemacht, und man kann nur im Allgemeinen annehmen, dafs die Wirkung der narkoti­schen Mittel bei Pferden und bei Wiederkäuern verhält-nifsmäfsig viel schwächer, als bei Hunden und Katzen erfolge. — Junge Thiere werden von diesen Mitteln stets viel heftiger ergriffen, als alte, und je öfter ein narkoti­sches Mittel bei Thieren angewendet worden ist, um desto mehr wird die Empfänglichkeit für dasselbe gemin­dert, und um desto schwächer erscheint nach und nach die Wirkung. Wenn die letztere von einer bestimmten Gabe eines solchen Mittels bei gesunden Thieren in mas­sigem Grade entsteht, so erfolgt sie bei einem hohen Grade von Torpidität oft gar nicht, dagegen bei krank­hafter Aufregung der Sensibilität fast immer sehr deut­lich. — 2) Kleine Gaben der narkotischen Mittel verur­sachen gewöhnlich bei gesunden Thieren kaum wahrnehm­bare Erscheinungen, und die Centralorgane des Nerven­systems werden von ihnen fast gar nicht affizirt; ist aber die Sensibilität krankhaft erhöht, so zeigen sie durch die erfolgende Herabstimmung derselben, wie bereits angege­ben, sehr oft eine unverkennbare Wirksamkeit. — Selbst von mittelmässigen Gaben scheint bei gesunden Thieren die Thätigkeit des Nervensystems nicht viel zu leiden, und mau bemerkt von ihnen gewöhnlich nur eine abnorme Erweiterung oder Unbeweglichkeit der Pupille, etwas Ab­stumpfung der Empfindlichkeit, zuweilen auch Trägheit
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oder Unregelmäfsigkcit bei der Bewegung. — Von grofsea Gaben werden aber die Verrichtungen des Nervensystems sehr bemerkbar gestört, und zwar zuerst nach der Eigen-thiimlichkeit der einzelnen Mittel (wie oben im Allgemei­nen angedeutet); im weiteren Verlaufe verbreitet sich aber gewöhnlich die Störung über einen gröfsern Tlieil, oder über das ganze IServensystem, so dafs oft der spezifische Charakter der Wirkung verschwindet, namentlich wenn die Gabe übennäfäig grofs war. Man bemerkt hiernach Erweiterung der Pupille, nach und nach stärkere Ab­stumpfung der Sinne, Verlust der Empfindlichkeit, Zuk-kungen, Schwindel, Unvermögen zu Gehen und zu Stehen, zuweilen auch Raserei, Bevvufstlosigkeit, Schlafsucht, Läh­mung u. s. w. Zuweilen erfolgt auch nach sehr grofsen Gaben der Tod, entweder schnell durch Schlagliufs oder auch langsam durch eine typhöse Entzündung innerer Or­gane. — 3) unter gleichen übrigen Umständen erfolgt die Wirkung der narkotischen Mittel am schwächsten bei der Anwendung derselben auf die äufsere Haut, stärker bei der Anwendung auf Wunden und in den Mastdarm, noch stärker und schneller bei der innerlichen Anwendung in dem Magen und Darmkanal, und am stärksten und schnellsten bei der Injektion in die Blutadern. Von manchen Mit­teln kann man bei den grofsen Hausthicren fast mir allein auf die letztere Weise eine vollständige narkotische Wir-
sect;. 424.
Die Symptome der verminderten Nerventhatigkeit sind nicht immer die primären Erscheinungen der Wirkung der narkotischen Mittel, sondern es entsteht vielmehr nach der Anwendung zuerst eine Aufregung in dem Blutgefas-system, nämlich schnellerer, oft auch härterer und mehr voller Puls, dunklere Röthung der Schleimhäute und Con-gestionon des Blutes zu verschiedenen Organen, beson­ders aber zu denjenigen Theilen des Nervensystems, zu welchen die einzelnen Mittel eine spezifische Beziehung haben. Diese erhöhte Gefäfsthätigkcit ist hinsichtlich des
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Charakters, der Stärke und der Dauer nicht immer gleich, und besonders ist zu bemerken, dat's sie gewöhnlich nur kurze Zeit besteht, und sich bei oder nach dem Eintritte der Nervenzufälle wieder vermindert, so, dafs dann die Arterien selbst langsamer pulsireu und kleiner und wei­cher werden, als im normalen Zustande. — Nach kleinen und mittelmäfsigen Gaben der narkotischen Mittel ist die Wirkung auf die Blutgefdfse oft nur allein, und ohne dal's Nervenzufalle ihnen folgen, zu bemerken. — Nicht selten werden auch durch kleine Gaben bei kranken Thiercn die Verdauung erregt und die Absonderungen vermindert.
sect;. 425. Bei der Sektion der Thiere, welche nach zu grofsen Gaben narkotischer Mittel gestorben sind, findet mau zwar nicht immer constante pathologische Veränderungen, aber mehrentheils sind doch das grofse und kleine Ge­hirn, das Rückenmark und selbst die Ncrvenscheicleu blutreicher, als im normalen Zustande; besonders sind die Venen sehr voll von Blut; das letztereist dunkel, oft selbst in den Arterien schwarz, und mehrentheils ungleich-mäfsig geronnen. An den Lungen, am Magen und am Darmkanal findet sich nach schnell cingotretenem Tode gewöhnlich keine bedeutende Veränderung; aber nach langsamen Verlauf der tödtlichen Wirkung sieht man, be­sonders von den scharfen narkotischen Mitteln, an diesen Organen fast immer Spuren von Entzündung und Blut-extravasate, — ähnlich wie von der Wirkung der schar­fen Mittel.
sect;• 426. Bei dem Dunkel, welches über die Physiologie des Nervensystems zum grofsen Theil noch herrscht, ist es schwer, eine gründliche Erklärung über das Entstehen der narkotischen Wirkung zu geben. Jedoch ist es aus dem Gange und aus der Art der Erscheinungen au lebenden, und aus den pathologischen Veränderungen in den Kada­vern der nach zu grofsen Gaben der narkotischen Mittel gestorbenen Thiere ganz wahrscheinlich: a) dafs die Ver-
kiindcru
IVVeise, iGehirn, jauch di die Bh [ihnen • Anfülh des B ungew mark dieses noch Lähm - Ii der ' der 1 der prim dene
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gleich, ':Ii mir
jnindcrung der Nerventhätigkeit zum Theil auf direkte
fWeise, durch Einwirkung der narkotischen Stoffe auf das llltritte|JGehirn, das Rückenmark u. s. w. entstehe; h) dals aber 111 c',e'auch die narkotischen Mittel auf eine eigenthümliche Weise wei- :jje Blutthätigkeit vermehren, hierbei, besonders in den lernen ülmen entsprechenden Theilen des Nervensystems, starke st die Anfullung, selbst üeberfüllung der Blutgefafse, (Orgasmus e dals jes Blutes) bewirken und hierdurch einen zu starken, selten ungewohnten Druck auf das Gehirn, oder auf das Bücken-n die mark u. s. w. verursachen; — und c) dafs dann in Folge dieses Druckes die freien Aeufserungen der Nervenkraft noch mehr vermindert, die Zufälle der Betäubung, der Lähmung u. s. w. aber stärker und anhaltender werden. — In dem letztem Umstände verhält sich die Entstehung der narkotischen Wirkung sehr ähnlich der Entstehung der Betäubung von zu grofsen Gaben des Kamphers und der Spirituosen Mittel (sect;. 309. 349. und 350), aber der primäre Zustand der Wirkung bedingt bei diesen verschie­denen Mitteln einen sehr grofsen Unterschied.
Uebrigens wird sowohl die betäubende wie die scharfe Wirkung der narkotischen Mittel!, theils durch unmittel­bare Berührung der feinen Nervenenden von den wirksa­men Bestandthcilen, theils auch durch den Uebergaug der letztern in das Blut, vermittelt.
sect;• 127. Die Anwendung der narkotischen Mittel ist im All­gemeinen bei denjenigen Krankheiten angezeigt, bei wel­chen die Nerventhätigkeit einseitig, d. h. ohne gleich­zeitiges Mitleiden der Gefäfsthätigkeit zu sehr erhöhet ist, und besonders wo übennäfsige Empfindlichkeit (Schmerz), und Unregelmäfsigkeiten in der Bewegung CZuckungen, Krämpfe) bestehen. Dafs solche Zustände in keiner aktiven (synochösen) Entzündung des Gehirns, des llückenmarkes und anderer nervenreichen Gebilde, oder in chronischen Heizungen und in Verletzungen der­selben begründet sein dürfen, ergiebt sich hieraus von selbst. Dagegen benutzt man aber die narkotischen Mittel
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häufig mit dem besten Erfolge bei den sogenannten cre-thischen Entzündungen, jedoch nur, wenn dieselben übri­gens einen asthenisciicn Charakter haben, und wo das Vcrhältnifs der Sensibilität zur Irritabilität im Wesentli­chen von der vorhin bezeichneten Art zu sein scheint. — Einzelne dieser Mittel werden auch bei den Üebergängen und Folgen von heftigen Entzündungen (z. B. die Digi­talis bei Brust nassersucht nach Lungenentzündungen), — andere auch bei Krankheiten der Ycrdauungseingcneidc, der Ab- und Aussondenmgsorgane u. dgl. angewendet (z. B. das Opium, Krähenaugeu bei Durchfall). — Bei der Anwendung dieser Mittel müssen jedoch stets die verschiedenen spezifischen Eigenschaften derselben berück­sichtiget werden.
Die Heilwirkung der narkotischen Mittel ist oft nur palliativ. Im Ganzen genommen werden sie bei kvankon Thieren viel seltener als bei kranken Menschen gebraucht.
sect;• 428.
Bei akuten Entzündungen, bei heftigem Entzimdungs-fieber, bei Congestionen des Blutes zu innera Organen, und bei der wahren Erschöpfungsschwäche dürfen diese Mittel nicht angewendet werden.
sect;. 429.
Die Gabe und die Art der Anwendung ist bei den einzelnen narkotischen Mitteln nach ihren Eigenschaften, nach Verschiedenheit des Heilzweckes u. s. w. sehr ver­schieden, und es läfst sich daher im Allgemeinen nur be­merken: 1) dafs in der Regel mäfsige Gaben zur Er­reichung dos Heilzweckes hinreichend sind, und dafs man daher innerlich niemals solche Gaben reicht, welche Be­täubung und die höhern Grade der Wirkung herbeifüh­ren; — 2) dafs man, wenn der Gebrauch dieser Mittel durch längere Zeit noting ist, allmählig die Gaben ver­stärkt und dann zuweilen durch einen oder durch mehrere Tage die Anwendung aussetzt, weil sich bei dem anhal­tenden Gebrauch eines narkotischen Mittels die Empfäng­lichkeit des Organismus für dasselbe sehr vermindert.
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1. Mohnsaft, Oiiinm. Opium, s. Meconium.
sect;. 430.
Das Opium ist der eingetrocknete Saft aus den un­reifen Mohnkopfen. Es besitzt nach den neuem clicini-schen Analysen eine grofse Anzahl von Restandthcilen, namentlich ein Alkaloid, welches man als den schlafina-chenden Stoff betrachtet, und defshalb mit dem Namen Morphium bezeichnet hat; — eine krystallisirbare Sub­stanz, der man die betäubende Wirkung zuschreibt, und sie defshalb Narcotin oder Opian nennt; — dann noch das Codeui. JNarcein, Mekonin, die Mekon-siiurc oder Mohnsäure, eine ölartigc Säure, Opiumharz, Schleim, und einen flüchtigen Riech­stoff. In dem Morphium, dem Narkötin und dem tiüch-tigeu Riechstoff scheint hauptsächlich die Wirksamkeit des Opiums zu beruhen; denn die erstem Stoffe sind durch Versuche als sehr stark narkotisch erprobt, und dem letztem mufs man die Wirksamkeit des destillir-ten Opiumwassers zuschreiben. Die Kräfte der übri­gen Bestandtheile sind grüfstentheils nicht ermittelt.
Das Opium löfst sich vollständig weder im blofsen Wasser, noch im reinen Weingeist, wohl aber grüfsten­theils in wässerigen Weingeist auf, z. B. in gleichen Theilen gem. Wassers und höchst rektifizirteu Weingeistes, auch im Mallagawcin. Diese Auflösungen bilden die Opium-Tinkturen, von denen es mehrere, z. B. nach Vor­schrift der Preufs. Pharmakopöe drei Arten giebt, nämlich:
1)nbsp; nbsp;Die einfache Opium-Tinktur {T/nc. Opü sim­plex), bereitet von 4 ünz. Opium in 10 Unz. destillirteu Wassers und 10 Unz. rektifiz. Weingeistes. 16 Tropfen dieser Tinktur wiegen 10 Gr. und enthalten 1 Gr. Opium.
2)nbsp; nbsp; Die Safrauhaltige Opium - Tinktur {Tinct. Opii crocata, Laudanum liquidim SydcnJiami), bereitet aus 4 Unz. Opium, l* Unz. Safran, 2 Drachmen Gewürznel­ken, eben so viel Zimmt-Cassia, und 3S Unz. Mallaga-wein. Die Schwere und der Opiumgehalt dieser Tinktur ist wie bei der vorigen.
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3) Die Benzoehaltige Opium-Tinktur (Tinct. Opü BenzoVca), aus Opium, Benzoesaure, Kampher, Aniesol, von jedem 1 Drachme, und 24 Unzen Weingeist bereitet, Diess Tinktur enthält in 1 Unze nur das Auflösliche von 2| Gran Opium.
Die Wirksamkeit des Opiums in den Tinkturen scheint durch den Weingeist etwas vermehrt zu sein, so wie der­selbe überhaupt das Mittel mehr reizend macht.
Aufser diesen Präparaten giebt es noch ein Opium-Extrakt CExtractum Opü'), welches gröfstentheils die wirksamen Bestandtheile des Mittels enthält, etwas we niger reizend örtlich einwirkt, aber seines Preises wegen in der Thierarznoikunde nicht gebräuchlich ist. Eben so ist es mit den übrigen Präparaten: dem destillirten Opiumwasser {Aqua Opü); — den verschiedenen Opium­pulvern, z. Ji. dem Do verschen Pulver, Pulv. Ipecacuanhae Opiatus, (aus Opium und Ipecacuanha, v. j. 1 Drachme, und 2 Unz. schwefelsauren Kali zusammengesetzt, so dafs 10 Gr. des Pulvers 1 Gr. Opium enthalten); — dem Theriak, Electmrium Theriaca (aus vielerlei aromatischen und andern Ingredienzen mit Opium zusammengemengt, so dafs 1 Unze des Mittels 4 Gr. Opium enthält), — und mit dem essigsauren Morphium {Morphium aceticum).
sect;. 431.
Das Opium ist ein seit alten Zeiten auch in der Thierheilkunde benutztes Arzneimittel, welches nach Ve-getius schon von Chiron angewendet worden sein soll1). Dasselbe wirkt als ein rein narkotisches Mittel spezifisch auf das grofse Gehirn, und durch dieses auf die Empfindlichkeil, besonders in den Sinnesorganen, — auf die Bewegungen, auf den Kreislauf des Blutes, auf die Verdauung und auf die Hautausdünstung; die Wir­kungen sind jedoch verschieden, nach Verschiedenheit der Thiergattung, der Gröfse der Gabe, der Art der Anwen-dunK u. s. w.
*) Vegctius, dt Malomedicina, Cup. 13. Bucl).4.
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;,*nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; _ 57a —
Bei gesunden Pferden sieht man nach dem Eingeben einer Drachme Opium oft gar keine Wirkung, zuweilen aber Trockenheit im Maule, volleren, härteren Puls, und vermehrten Appetit entstehen. Nach 2 bis 4 Drachmen des Mittels findet man diese Erscheinungen deutlicher; auch werden die Thiere etwa 1 Stunde nach dem Einge­ben munterer, der Blick wird zuweilen wild und stier; die Pulse werden bei manchen Pferden in dieser Zeit um 3 bis 10 in einer Minute vermehrt und voller, dann aber wieder vermindert, später auch klein und schwach; nach 2 bis 3 Stunden erscheint die Pupille etwas erweitert; die erhöhete Munterkeit verliert sich nach 4 bis 6 Stun­den, und es treten später keine andern Zufalle ein, als dafs in den nächsten 24 bis 36 Stunden der Kotli härter und der Urin reichlicher als sonst abgeht, und dafs bei manchen Pferden die Hautausdiinstung vermehrt wird. — Vitct (a. a. O. S. 133.) will selbst von Gaben bis zu 2 Unzen keine andere Wirkungen gesehen haben; ich habe jedoch bei 2 Pferden nach dem Eingeben einer Unze Opium in 1 Pfund heifsem. Wasser aufgelöfst, aufser den Zufällen der Erregung, welche schon nach k Stunde ein­traten und nur gegen lh Stunden dauerten, auch nocli sehr verminderte Empfindlichkeit, grofse Erweiterung der Pupille, tiefes Herabhängen des Kopfes, schwankenden, stolpernden Gang, Drängen nach Vorwärts. langsameren Puls als vor dem Versuch, und verzögerte Entleerung der Darmexkremente erfolgen sehen. Diese Wirkune dauerte über 12 Stunden, und die Pferde zeigten sich selbst am folgenden Tage noch etwas matt. Von 2| Unzen starb ein Pferd, nachdem ganz dieselben Zufälle vorausgegangen waren, 20 Stunden nach dem Eingeben, und unter hefti­gen Krämpfen. Dagegen ertrugen allerdings mehrere Pferde sect; bis 1 ganze Unze dieses Mittels, ohne dafs diese starke Wirkung eintrat.
Bei Wiederkäuern zeigt das Opium noch geringere narkotische Wirksamkeit als bei Pferden. Ich gab es Kühen bis zu 1 Unze, Schafen bis zu i Unze, und be-
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merkte darauf blos Trockenheit des Manles, volleren, nicht schnelleren Puls, grofsere Wärme der Haut, Aüf-treibiuig des Leibes, grofsere Consistenz dos Mistes und mäfsige Verminderung der Milch erfolgen. ' Gilbert (Annal. de I'Agric. fr. Tome 70) gab einer dreijährigen Kuh ebenfalls 1 Unze Opium in 2 Finten Wassers aufge­löst, und bemerkte nur geringe Wirkung: aber ein zwei­jähriges Schaf, dein er 4 Drachmen Opium in einer Lat­werge eingegeben hatte, starb nach 17 Tagen und nach­dem das Thier blos etwas Ekel gezeigt hatte. Vitet gab dagegen einem Hammel 1 Unze Opium in Wein aufgelöst mit dem Erfolge, dais das Thier mehr Heu frais, als es in gesunden Tagen zu fressen pflegte.
Schweine werden, wenn man ihnen das Opium zu 1 bis 2 Drachmen eingiebt, zuerst munterer, nachher matt und schläfrig; ihre Augen werden rother, die Haut heifs, der Koth geht seltener und trockener ab.
Bei Hunden ist es oft schwer, zu bestimmten Resul­taten über die Wirksamkeit dieses Mittels zu gelangen, weil ihr Magen eine aufserordeutliche Empfindlichkeit ge­gen dasselbe zeigt, und es gewöhnlich bald nach dein Eingeben durch Erbrechen wieder ausstöfst; giebt man aber nach dem Erbrechen eine zweite Gabe, so wird diese mehrentheils ertragen, zuweilen mufs man aber die Unter­bindung des Schlundes mit zu Hülfe nehmen. Manche Hunde erbrechen sich fast augenblicklich, andere erst 1 bis 5 Stunden nach dem Eingeben des Opiums. Von 5 bis 10 Gran dieses Mittels, in Pillen eingegeben, sah ich sehr selten eine deutliche Wirkung; Charvet1) hat da­gegen von 5 Gran Opiumextrakt, nach Verlauf von 30 Minuten Traurigkeit, Mattigkeit, Zittern der Glieder, häufige Herzschläge, — nach 2 Stunden Zittern des gan­zen Körpers, schwankenden Gang, — später starke und langsame Herzschläge, langsame Respiration, Steifheit der __________nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Glied-
') Die Wirkung des 0|iii!m.s und seiner consliluirenden Be-standtheile aat' die thier. Oekououiie. A. d Franz. Leijiz 1827. S. 42.
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Gliedmafsen und Betäubung, aus welcher aber der Hund durch das mindeste Geräusch erweckt werden konnte, entstehen sehen. Die Wirkung dauerte gegen 10 Stunden, worauf das Thier wieder völlig munter wurde. Selbst von 20 Gran bis zu 1 Drachme Opium in einer Gabe sah ich (mit Schubarth1) übereinstimmend) bei manchen Hunden nur sehr geringe, bei andern aber ziemlich starke Wirkung, deren Zufälle den eben beschriebenen ganz ähn­lich waren, erfolgen; bei mehrern verlor sich auch durch 2 bis 4 Stunden das Gefühl gänzlich, so dafs sie von Nadelstichen nicht die geringste Empfindung zeigten; die Pupillen wurden erweitert, der Gang taumelnd, und die Ilinterfüfse fast immer, aber bald mehr, bald weniger ge­lähmt; die meisten Hunde lagen während der Wirkung viel auf dem Bauche und hatten Neigung zu schlafen; völlige Betäubung war damit nicht verbunden, denn man konnte die Thiere ohne grofse Mühe aus dem Schlaf er­wecken. — 2 bis 3 Drachmen Opium oder wässeriges Opiumextrakt erregten ähnliche Zufälle im hohen Grade, Convulsionen, auch wirkliche Betäubung, Lähmung des Hintertheils und den Tod. — Die Zeit, in welcher die Symptome eintraten, war bei den einzelnen Versuchen sehr verschieden; zuweilen bemerkte man nach 5 Minuten schon die beginnende Wirkung (besonders wenn die An­wendung in flüssiger Form geschah), in andern Fällen gingen 2 bis 3 Stunden vorüber, ohne dafs eine deutliche Spur der Wirkung sich zeigte. Eben so war die Dauer der letzteren sehr verschieden, von 3 bis 15 Stunden ausgedehnt.
Eine wässerige Auflösung von 1 Drachme des Opiums in den Mastdarm gespritzt, scheint, nach Orfila's Ver­suchen2) an Hunden viel kräftiger zu wirken, als bei innerlicher Anwendung; Pferden brachte ich auf diese
') Beiträge z. nähern Kenntoifs d. Wirkungsarl d. Arzneimittel u. Gifte; — in Horn's Archiv 1823. 2) Toxicologie, ßd. 2. S. 150.
llcrtwij Anneimitlellchre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 37
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Weise eine halbe bis ganze Unze des Mittels bei ohne dafs hierauf eine merkliche Wirkungquot; entstand.
Einspritzungen einer Auflösung von ^ bis 2 Drach­men Opium oder Opiumextrakt in 1 bis 4 Unzen Wasser in die Drosselvcne eines Pferdes, verursachen nach weni­gen Minuten härteren, vollen, schnellen Puls, munterem Blick, dunklere Röthung der Schleimhäute, öfteres Wie­hern mit heller Stimme. Scharren mit den Füfsen, ange­strengteres Athinen, grofsere Wärme der Haut: — nach 8 bis 12 Minuten Verminderung dor Zald der Pulse und der Athemzüge, Erweiterung der Pupille, stieren, selbst etwas wilden Blick, schwankenden Gang, Taumeln, Nie­derstürzen; zuweilen verschwindet nach 20 bis 40 Miau­ten das Vermögen zu sehen, und die Thiere laufen mit dem Kopfe gegen Wände u. dgl.; auch drangen sie dann beständig vorwärts und benehmen sich ähnlich wie bei dem Dummkoller; manche Pferde sind durch 1 bis 2 Stun­den völlig uneinpfindlich und bcwufstlos, bei andern zeigt sich aber die Wirkung nicht in diesem heben Grade. Die Exkretionen des Kothes und des Urins erfolgen in der ersten Zeit seltener als sonst, aber später, d. h. nach
4nbsp; nbsp;bis 8 Stunden tritt oft sehr reichliches Uriuiren ein und zuweilen folgt auch Schweifs. Die Dauer dor gan­zen Wirkung ist sehr verschieden, von 4 Stunden bis auf 12 und mehrere Stunden ausgedehnt, m;,d in einigen Fäl­len bemerkte man noch am zweiten Tage eine Schwäche der Gliedmafsen. —#9632;
Bei Hunden entstehen nach der Infusion von 3 bis
5nbsp; Gran Opium, welches in eben so viel Drachmen Was­ser gelöst ist, ganz ähnliche, aber mehientheils stärkere Zufälle wie bei Pferden; besonders ist die Abgestumpft­heit, die Neigung zu schlafen, und die lähmungsartige Schwäche der Hinterfüfse immer sehr deutlich wahrzu­nehmen. Die Wirkung tritt fast augenblicklich ein, dauert 2 bis 6 Stunden und geht mehrentheils in völlige Gesund­heit über; nach einer Infusion von 8 bis 10 Gran Opium erfolgt aber gewöhnlich der Tod, jedoch zuweilen erst
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nach 24 Stunden (bei Orfila's Versuchen einmal sogar erst nach 8 Tagen).
In frische Wunden gebracht, verursacht das Opium zuerst immer eine mitfsige Reizung, wie dieses die dunk­lere Röthung und die gröfsere Empfindlichkeit der bo-troft'enen Theile zeigt; sehr bald entsteht aber entgegen­gesetzt eine Verminderung der Empfindlichkeit und nach der Applikation grofser Gaben auch Schwäche der Mus­keln, selbst Convulsioncn und der Tod. Letzterer er­folgte bei einem Hunde von 2^ Drachmen Opiumextrakt, welches mit Wasser aufgelöst auf eine Wunde am Schen­kel applizirt war, schon nach 45 Minuten, — bei einem andern Hunde aber von J Drachme nach 5^ Stunden. (Orfila.)
Im Kadaver der, von zu grofsen Gaben des Opiums gestorbenen Thicre, findet man die Blutleiter, die Venen der weichen Hirnhaut, des Gehirns und des Rückenmarkes voll von schwarzem Blut, — die Lungen blafsroth und knisternd, aber mit schwarzen, derben Flecken versehen, — das Herz mit schwarzem Blut erfüllt, — den Magen bald leer, bald eine bräunliche, nach Opium riechende Flüssigkeit enthaltend, an seiner Innern Fläche gewöhn­lich blafs, oft mit einer Schicht von grauem Schleim be­deckt, und den Darmkanal ohne Entzündung.
sect;. 432.
Die Anwendung des Opiums als Heilmittel gegen Krankheiten der Tliiere ist bis jetzt durch gültige Erfah­rungen noch nicht so begründet, dafs man durchaus spe­zielle Regeln dafür angeben könnte, und man wird sich daher in der Hauptsache hierbei an die, im sect;. 427, und 428. im Allgemeinen bezeichneten Anzeigen und Gegen-anzeigen halten müssen, mit Rücksicht auf die Eigenthüm-lichkeiten der Wirkung dieses Mittels. Manche Thierärzte und thierärztliche Schriftsteller ohne praktische Erfahrung haben das Opium für unwirksam in Thierkrankheiten er­klärt, weil es von gesunden Thieren in so grofsen Gaben ertragen wird, ohne dafs es Schlaf macht; sie sind aber
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im grofsen Irrthum. Denn Beobachtungen an kranken Thieren, die ich selbst in grofser Zahl gesammelt habe, beweisen: dafs hier das Opium in viel geringerer Dosis wirkt und dafs es bei rein nervös • erethischen Krank­heiten, wo also gesteigerte Empfindlichkeit, Reizbarkeit, und Beweglichkeit ohne primäre Aufregung des Ge-fäfssystems besteht, namentlich bei solchem Schmerz, bei Krämpfen mit diesem Charakter, bei nervöser, nicht mit Congestion oder Orgasmus verbundener Unruhe, Auf­regung und Schlaflosigkeit, bei örtlicher nervöser Reiz­barkeit in den Augen, in den Schleimhäuten u. s. w., besonders wenn sie mit beständigem Reiz zum Husten, mit zu reichlichen, wässerigen und andere Absonde­rungen und mit zu schneller peristaltischer Bewegung, daher mit Diarrhöe^ mit starkem Dräugen zur Koth- und Urinentleerung, mit Erbrechen u. dgl. verbunden ist, ein ganz vortreffliches Beruhigungs-, Linderungs- und Heil­mittel. Eben so ist es, vermöge seiner Eigenschaft: die Blutthätigkeit zu erhöhen, zu erhitzen, Hautkrampf zu be­seitigen, ein diaphoretisches Mittel, welches bei frisch entstandenen Rheumatismen sich oft sehr nützlich gezeigt hat. Im Besondern ist über die Krankheiten, in denen es angewendet wurde. Folgendes zu bemerken:
1)nbsp; Bei Schmerzen. Schmerz ist Symptom sehr ver­schiedener Krankheitszustände, im Allgemeinen aber da­durch bedingt, dafs a) die Empfindlichkeit eines TJieils allein bis zum Uebormafs erhöhet ist, oder ö) dafs zu­gleich eine Blutreizung in ihm stattfindet, — oder c) dafs zugleich mechanische Mifsverhältnisse, die reizend wirken, bestehen. Nur bei Schmerzen der erstem Art vermag das Opium etwas zu leisten; bei denen der zweiten und drit­ten Art bleibt es ohne günstigen Erfolg und zuweilen wirkt es sogar entgegengesetzt, mehr reizend.
2)nbsp; nbsp;Bei dem Starrkrampf der Pferde, Schweine und Hunde habe ich das Opium oft versucht, aber nur dann nützlich befunden, wenn die Krankheit als reines Nerven­leiden bestand, und wenn noch kein Fieber und kein
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Schweifs eingetreten war. Laubonder1) empfahl es hier­bei nach der vom Dr. Stütz angegebenen Methode, ab­wechselnd mit Kali zu gebrauchen, und zwar so, dafs man einem Pferde zuerst 9j kohlensaures Kali, in der folgenden Stunde Qj Opiumtinktur, in der dritten Stunde lj Skrupel Kali, in der vierten Stunde eben so viel Opium­tinktur, in der fünften Stunde lj Skrupel Kali und in der sechsten Stunde eben so viel Opiumtinktur giebt, — die folgenden Gaben aber in demselben Verhältnifs vermin­dert und also in der zehnten Stunde wieder nur 1 Skr. von der Tinktur, mit Kamillen-Infusum anwendet. Dabei müssen Bäder oder wenigstens Waschungen von warmer Kali-Lauge gemacht werden, — Die bezeichneten Gaben sind zu klein; ich habe aber von dieser Methode, selbst wenn ich die Gaben verdoppelte, keinen so ausgezeich­neten Erfolg gesehen, wie Lau bender. Dagegen schien die Verbindung des Üpiumpulvers mit Stiukasant, mit Hirschhornöl und bei Verstopfung des Leibes auch mit Glaubersalz oft nützlich zu sein.
3)nbsp; Bei clonischen Krämpfen mit zu grofser Empfind­lichkeit, namentlich bei heftiger Krampfkolik Cbesouders wenn sie ans Erkältung entstanden ist), bei krampfhafter Harnverhaltung, bei Zuckungen und Convulsionen, z. B. bei der Staupe der Hunde u. dgl. Bei der bezeichneten Kolik der Pferde habe ich die heilsame Wirkung des Opiums sehr oft, wo die Heftigkeit der Zufälle allen an­dern Mitteln hartnäckig widerstand, ganz unverkennbar eintreten sehen. Bei Darmentzündung, hei Uebcrfütterungs-und bei Verstopfungskolik ist aber von dem Opium kein Nutzen zu erwarten. Ich gebe es bei jenen krampfhaften Zuständen mehrentheils mit aromatischen Mitteln, nament­lich bei Krampfkolik, mit Kamillenbrühe, oder auch, wenn die Ausleerungen anhaltend unterdrückt sind, in einer schleimigen oder schleimig - fetten Flüssigkeit.
4)nbsp; nbsp; Gegen den Schwindel und die Epilepsie der
*) Theoict. prakl. Handb. d. Thierlieilk. I. Cd
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Pferde. Hier ist Opium (auch Hyoscyamus und Bella­donna) von spezifischer Wirksamkeit, wenn das ,Uebel nicht offenbar mit Blutandrang zum Gehirn verbunden ist. Die Stärke und das volle Aussehen des Körpers entschei­det hierüber nichts, sondern nur die Beschaffenheit dos Pulses, die Fülle oder die Leere der Venen am Kopfe und die Farbe der Schleimhäute an demselben zur Zeit des Paroxysmus. Man giebt hier das Opium am be­sten mit Baldrian, Hirschhornöl, Hirschhornsalz, Kam­pher u. a. erregenden Mitteln.
5)nbsp; nbsp;Gegen asthenische, sehr schmerzhafte Lungenent­zündungen. Das Opium scheint hier besonders dann nützlich zu sein, wenn durch vorausgegangene Blutentzüu-dungen und kühlende Salze die eigentliche Phlogosis des Blutes in der Hauptsache beseitiget ist, die zu grofse Reizbarkeit der kranken Theile aber noch fortbesteht. Es wird hierbei, je nach den übrigen Zufallen, mit Bleizucker, Digitalis, Brechweinstein, Calomel u. dgl. angewendet.
6)nbsp; Bei schinerzhattem und krampfhaftem Husten, wel­cher nicht durch Entzündung bedingt ist. Hier leistet es gute Dienste in Verbindung mit Schleiin, Brechweinstein, Salmiak, Schwefel u. dgl. Mitteln.
7)nbsp; nbsp;Bei heftigen Durchfällen und bei Ruhr, jedoch nur wenn hierbei der oben bezeichnete Charakter der nervösen Reizbarkeit besteht, ist das Opium sehr oft eins der wirksamsten Mittel, und wird theils für sich allein, theils in Verbindung mit schleimigen, oder mit bittern, selbst mit aromatischen Mitteln, mit Rhabarber u. dgl., je nachdem der Grad der Reizbarkeit und der Schwäche es verlangt, innerlich und in Klystireu ange­wendet.
8; Bei geschwächton Verdauungseingeweiden und bei daher verminderter Frefslust hat es Rysz empfohlen; — es ist aber hier stets durch bessere und wohlfeilere Mittel zu ersetzen.
.9) Bei der Gelbsucht der Schweine empfiehlt Vi-
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borg1) das Opium in Verbindung mit Salmiak, mit bit­tern Mitteln und mit weifser Seife in einer Mehlpille; — es ist aber hier durch blofsc Salze (Weinsteingeist, Glau­bersalz), mit bittern Mitteln, und vorzüglich durch die Aloe sehr gut zu ersetzen.
10)nbsp; Heim Vorfall des Mastdarms der Schweine, wenn der herausgetretene Theil sehr roth und schmerzhaft ist, soll man, ebenfalls nach Viborg, l Drachme Opium in 5 Pfund Oel aufgelöst, auf einmal eingegeben. Auch hier giebt es bessere Mittel.
11)nbsp; Gegen das Verwerfen der trächtigen Sauen, wenn dieselben sehr mager und schwächlich sind, giebt man (nach Viborg) bei den ersten Erscheinungen | Drachme Opium auf solches Futter, welches sie gerne fressen (da­mit die mit de:a Eingeben verbundene Anstrengung ver­mieden werde).
12)nbsp; nbsp;Gegen den Mil/brand wollen es Ithcn2), Lau­bender u. A. mit Nutzen gebraucht haben; ich finde es hier durchaus unpassend, und gewil's ist es durch bessere Mittel zu ersetzen.
Aeufserlich wendet man das Opium an:
1)nbsp; nbsp;Bei dem Wundstarrkrampf, zum Verbinden der Wunden. Man benutzt hierzu entweder eine wässerige Auflösung (1 Drachme Opium auf 1 bis l\ Unze lauwar­mes Wasser), oder eine Verbindung mit einem milden Oel (in denselben Verhältnissen), — seltener die Tinktur.
2)nbsp; Gegen schmerzhafte (erethische) Augenentzünduu-gen aslhenihcher Art, besonders gegen dergleichen Ent-züudungen der Bindehaut, und wenn sich sehr schmerz-liaite Geschwüre auf der Hornhaut erzeugen. Desgleichen bei innern Augenentzündungen der bezeichneten Art, und wenn Blut oder ausgeschwitzter Faserstoif in der vordem Augenkammer ergossen ist. — Man wendet bei diesen Zuständen in der ersten Zeit mchrentheils das reine Opium
') Erzieh, und ßemilz. A. Schweins. S. !'2i. J:J9. 141. 154. 2) Teufe Tb r-laSra. S. 284.
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iti Verbindung mit schleimigen Flüssigkeiten an, indem man z. B. 1 Pfd. einer Malvenkrautabkochuug mit 3ß bis 3j Opiumpulvers gut abreibt; später benutzt man es in Verbindung mit Aufgüssen von aromatischen Kräutern, und dann auch wohl die einfache Opiumtiuktur, von wel­cher man 3jj bis gß zu 1 Pfd. Colatur setzt.
3)nbsp; nbsp;Bei Verdunklung und bei Flecken der Hornhaut, wenn sie noch nicht zu sehr veraltet, nicht ganz weifs und glänzend sind, ist das Opium ein sehr wirksames, die Resorption beförderndes Mittel 5 es wird hier bald als Pulver zu Salben gesetzt, z. B. zur grauen Merkurialsalbe, zur rothen Präzipativsalbe (sß — 3j zu 1 Unze Salbe), bald als Tinktur, entweder diese für sich allein, oder in Verbindung mit Auflösungen von Zinkvitriol, von Subli­mat u. dgl. angewendet.
4)nbsp; nbsp;Bei schmerzhaftem Durchfall, wobei die Thiere anhaltend heftig auf dem Mastdarm drängen und wo die­ser selbst sehr gereizt ist, benutzt man das Opium mit schleimigen Mitteln verbunden als Klystir; z. B. für ein Pferd 20 Gran Opiumpulver, abgerieben mit 6 bis 8 Unzen Leinsamenschleim.
sect;. 433. Die Gabe von dem Opium in Substanz und zur in­nerlichen Anwendung ist für Pferde 9j bis 3jß, für Rind­vieh 3ß bis 3jj, für Schafe und Schweine gj bis 3j, für Hunde Gr. j bis Gr. x. — Von der einfachen und der Safranhaltigen Opiumtinktur giebt man das Drei- bis Vier­fache am Gewicht, es wird jedoch für Thiere gewöhnlich nur die einfache Tinktur benutzt. — Die Wiederholung richtet sich nach der Stärke und Dauer der Zufälle und kann z. B. bei heftiger Kolik in Zwischenzeiten von einer Stunde, bei dem Starrkrampf, bei Husten, bei Diarrhöe u. dgl. anhaltenden Krankheiten, in Zwischenzeiten von 3 bis 4 Stunden geschehen. — Die flüssige Form ist die zweckmäfsigste. Ueber die Verbindung mit andern Mit­teln, so wie über die äufserliche Anwendung ist das No­tlüge im vorigen sect;. angegeben.
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Anmerkung 1. Das Opium ist ein theures Medi­kament und darf deshalb bei Thieren von geringem Werth i't , nicht angewendet werden, besonders in solchen Fällen, wo es durch andere Mittel zu ersetzen ist.
Anmerkung 2. Aufser der einfachen Opium­tinktur sind die übrigen Präparate vom Opium in der Thierarzneikunst ganz entbehrlich.
Anmerkung 3. Die in unseru Gegenden gcbaueten Molinpflanzen enthalten in den grünen Stengeln, in den Blättern, und vorzüglich in den unreifen Samenkapseln, den sogenannten Mohn köpfen (Capita papaceris), einen Saft, der in seinen Bestandthcilen und Wirkungen dem orientalischen Opium sehr ähnlich ist, und in neuerer Zeit hat man aus diesen Pflanzen auch wirkliches Opium ge­wonnen. Man kann daher die Blätter und die unreifen Mohnköpfe entweder frisch, oder vorsichtig getrocknet, in allen Fällen, wo man Schmerz und zu heftige Reizung beseitigen will, innerlich und äufserlich als ein wohlfeiles Ersatzmittel des Opiums benutzen. Pferden und Rindern giebt man innerlich von den frischen Mohnköpfen 8 bis 10, von den getrockneten 10 bis 12 Stück in einer gelinden Abkochung mit ~ Quart Wasser; für grofse Hunde sind von den frischen Köpfen ^ bis 1 ganzer, von den trocke­nen 1 bis 2 Stück zu 3 Unzen Kolatur und für eine Gabe hinreichend. — Aeufserlich gebraucht man die zerschnit­tenen und gekochten Mohnköpfe zu Klystiren, zu Brei­umschlägen, zu Bähungen u. dgl.
Anmerkung 4. Der wilde Mohn oder die sogen. Klatsch rose il'apaver Rhoeas} wird als thierärztliches Heilmittel nicht benutzt, hat sich aber für pflanzenfres­sende Thiere, besonders für Rindvieh, in mehrern Fällen als eine sehr giftige Pflanze gezeigt. Es waren nach dem Genufs von Grünfütter, in welchen diese Pflanze sich in Menge befand, zuerst Unruhe, Brüllen, selbst Tobsucht, stierer Blick, grofse Erweiterung der Pupille, harter vol­ler Puls, gänzliche Appetitlosigkeit, späterhin Betäubung, schlafsüchtijrc Zufalle, Kälte der Ohren und Fülsc u. dquot;l.
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eingetreten. Als Gegenmittel hierbei dienen: in der ersten Periode Essig, Neutral- und Mittelsalze in grofsen Gaben, Sturzbäder von kalten Wasser, bei sehr heftigen Zufallen selbst, Aderlässe; späterhin schwarzer Kaffe und ebenfalls Sturzbäder. (Siehe: Magaz. f. Thierheilk. v. Gurlt und
Hcrtwig, Bd. 4
S. 518; — und Recueil de med. veter.
1829. p. 99.)
2. Schwarzes Bilsenkraut und dessen Samen. Uerba et
Semen Hynseijami nigri.
sect;. 434.
Die Wirksamkeit dieses Mittels soll hauptsächlich von einem eigenthümliclien Alkaloid, welches man H y o s-cyamin genannt hat, abhängig sein; da aber dieser Stoff, obgleich er auf kleine Thiere giftig wirkt, keine Erweiterung der Pupille erzeugt, so ist es gewifs noch sehr zweifelhaft, ob ihnu die Wirksamkeit des ganzen Mit­tels zugeschrieben werden darf. Denn die Erweiterung der Pupille gehört auch hier zu den wesentlichen Erschei­nungen der narkotischen Wirkung. Sicherer ist es, dafs die Wirksamkeit des Bilsenkrautes in einem Extraktivstoff beruht, der sich aus dem Kraut und aus den Samen durch Wasser wie durch Weingeist ausziehen läfst und der nicht riüchtig ist. Denn das Mittel erträgt ein niäfsigcs Kochen ohne Minderung seiner Kräfte recht gut. #9632;— Prä­parate sind: das Extrakt (Ktiract. Hyoscyami), — die Tinktur (Tinct. Hyoscyami), aus 4 Unzen Kraut, mit 8 Unzen Weingeist und 4 Unz. dest. Wasser durch Di-geriren, — und das gekochte Bilsenkrautöl {Oleum Hyosc. coctum) durch gelindes Kochen 1 Theil des trok-kenen Krautes mit 8 Theilen Baumöls bereitet.
Die Kenntnifs der Wirkungen des Bilsenkrautes auf gesunde und kranke Thiere ist zum Theil noch unsicher. — Manche behaupten, dafs junge Gänse und andere Vö­gel hauptsächlich vom Hühuergeschlecht, von dieser Pflanze getödtet, wilde Schweine aber gelähmt werden; nach an­dern soll es dagegen Kühen, Ziegen, Schafen und Schwci-
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nen unschädlich sein, und die Schafe sollen es gern fressen1). Go hi er2) bemerkte bei den Pferden, denen er 3 bis 4 Unzen Bilsenkraut im Dekokt gegeben, blofs eine grofse Erweiterung der Pupille, Zuckungei) au den Lippen, unregelmüfsigen, vermehrten Puls (von 35 Schlä­gen bis auf 60, selbst 72 in der Minute), zuweilen auch Zuckungen am Halse. Diese Zufälle dauerten 3 bis 5 Stunden, und die Pferde waren darauf völlig munter. — Rafn und Viborg (Samml. Bd.3, S. 143.) gaben einem Pferde von der frischen Wurzel 2 Pfd.; das Tliier zeigte darauf Widerwillen gegen Futter, wurde aufgetrieben und in der folgenden Nacht unruhig. Der Puls war nicht verändert, und am folgenden Tage zeigte sich das Pferd wieder ganz wohl. — Von l, Pfd. des ausgeprefsten Saf­tes entstand bei einem Esclshengst am ersten Tage keine Veränderung, aufser dafs die Frefslust vermehrt wurde; am folgenden Tage war der Puls von 31 bis auf 60 und 70 Schläge in einer Minute vermehrt, das Athmen schneller und angestrengter. Am 3ten Tage bestand derselbe Zu­stand; am 4ten war das Thier wieder wohl. — Ein 16 Jahr alter Wallach, dem man I Pfd. des halbreifen Samens gegeben, zeigte schon nach einer halben Stunde eine Vermehrung der Pulse von 34 bis auf 60 in einer Minute, heftiges Flankenschlagen und aufserordentlich grofse Frefslust. Am folgenden Morgen war der Puls natürlich, aber gegen Mittag wurde das Thier plötzlich rasend, warf sich nieder, sprang umher und hatte starkes Flankenschlagen 3 nach einer Stunde wurde es wieder ruhig, hatte aber 60 Pulse und zeigte grofsen Appetit zu Futter und Getränk. Der Puls blieb noch bis zum 6ten Tage vermehrt, am 7ten war aber der normale Zustand völlig wieder eingetreten. —
Bei mehreru andern Pferden sah Viborg von glei-
') Viborg, Samml. Bd. 2. S. 301.
'-') Observutinns et Ezperienc. sue 1c Pain muisi, et sur qaclqucs Poissons etc. p. 42.
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clien Gaben der Bilsenkrautsainen blofs vermehrten Ap­petit, schnellere Pulse und etwas Aufgetriebenheit des Leibes entstehen; ich habe bei Pferden und Kühen das frische und trockene Kraut, die Wurzel und den Samen in Gaben von 6 bis 12 Unzen, und das Extrakt von 2 bis 8 Drachmen versuchsweise angewendet und hiernach nur dieselbe Wirkung, wie bei Viborg's Versuchen, ent­stehen sehen.
Eine Kuh, welche eine unbestimmte Quantität frisches Bilsenkraut im Anfange des Frühjahres gefressen hatte, fiel hierauf nach 2 Stunden plötzlich nieder und machte verschiedene unrcgelmafsigc Bewegungen; die Pupille war sehr erweitert, die Conjunktiva wie injizirt und blamoth gefärbt; die Carotiden pulsirten so heftig, dafs man es sehen konnte. Als man das Thier am Yordertheile unter­stützte, machte es heftige Anstrengungen zum Aufstehen, was aber nur sehr schwer gelang. Bei dem Versuch, einige Schritte zu gehen, stürzte sie sogleich wieder nie­der, indem sie mit denraquo; Kopfe gegen die Erde stiefs. Es traten Convulsionen ein, das Athmen ward krampfhaft und laut röchelnd, vor das Maul trat dicker Schaum, Darmausleerungen fanden fast in jedem Augenblicke statt. Das aus der Schwanzarterie gelassene Blut Hofs zuerst in einem sehr dünnen Strahl und hatte die Farbe der Mistjauche, es wurde aber bald heller, der Strahl dicker, dabei die Pupille enger, und alle Zufälle minderten sich. (Siehe Cruzcl, im Journ. pr. de mod. veter. 1828. p. 44.)
Ein kleiner Hund ertrug 2 Unzen des frischen, aus den Blättern geprefsten Bilsenkrautsaftes ohne bemerkbare Folgen. Das Extrakt verursachte in der Gabe von k bis
1nbsp; ganze Drachme bei einigen Hunden gar keine Wirkung, aber ein Hund bekam nach dem Eingeben von 45 Gran desselben Erbrechen und Mattigkeit, nach 6 Stunden aber sehr aufgeregten Geschlechtstrieb und sehr reichliches Uriniren. Diese Zufälle gingen bald wieder vorüber.
2nbsp; Drachmen Extrakt verursachten bei einem Hunde, dem nach dein Eingeben der Schlund zugebunden wurde, zu-
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erst nach 5 Stunde Unruhe, Neigung zum Erbrechen, uu-regelmiifsigen, schnellen Herzschlag, Erweiterung der Pu­pille. Diese Symptome nahmen binnen 5 Stunden zu, minderten sich dann und waren nach 8 Stunden fast ganz verschwunden (Schubarth a. a. O.). — Ein Dekokt von ,5Jß der Wurzel mit sect;jy Wasser bereitet, bewirkte bei einem Hunde Winseln, Anstrengung zum Erbrechen, Un-empfindlichkeit, Ccnvulsionen und den Tod (Orfila).
Injektionen von 3jj bis 3jv einer Bilsenkrauttinktur (aus 3jj trockenen Krautes mit sjß rekt. Weingeist, durch Digestion, wie die Niesmirztinktur bereitet) in die Dros-selvene, verursachen bei Pferden sogleich Unruhe, ängst­liches Trippeln mit den Fiifsen, schnellen, vollen, harten, zuweilen aussetzenden Puls, schnelles, tiefes Athmen; dann Zittern am ganzen Körper, stieren Blick, Erweiterung der Pupille, Mattigkeit, verminderte Empfindlichkeit, Sen­ken des Kopfes, Taumeln, unregeliniifsige Stellung. Oft wechselt der Zustand mit mehrmaligem Nachlassen und mit Wiederkehr der Symptome; zuweilen tritt momentan Raserei ein; Koth und Urin werden mehrmals und mit vieler Anstrengung entleert. Die Wirkung ist 5 bis 20 Stunden bemerkbar, und am längsten dauert die Erweite­rung der Pupille. — sect;j dieser Tinktur einem Pferde in die Vene gespritzt, verursachte schreckliches Toben, völ­lige Bewnfstlosigkeit, profusen Schweifs, Convulsionen und nach 2 Stunden den Tod. — Ein Hund zeigte nach Injektion einer Auflösung von 10 Gran des Extraktes in 2 Drachmen Wasser, sogleich Taumel, sehr grofse Er­weiterung der Pupille, Unempfindlichkeit, Schlaf, nach 2j Stunden Erbrechen und Kothentleerung; nach 4 Stun­den war er wieder völlig munter. — 18 Gran des Ex­traktes erzeugten die nämlichen Zufälle; aber die Injek­tion von Gran desselben führte (bei Orfiia's Versu­chen) den Tod binnen 3 Minuten herbei. — Die Appli­kation 5jj bis 3jv des Extraktes auf Wunden, verursachte ganz ähnliche Erscheinungen wie bei der innerlichen An­wendung, und nach 4 bis 5 Stunden erfolgte der Tod.
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Die Sektion der, auf eine oder die andere Weise durch Bilsenkraut gctödteten Thiere zeigt: Ueberfüllung der Hiruvenen mit schwarzem Blut, die Lungen bald ganz normal, bald mit schwärzlichen Flecken besetzt, die rechte Hälfte des Herzens mit schwarzein, die linke Kammer aber mit hcllrothem Blut angefüllt; Magen und Darm­kanal ganz gesund, und besonders niemals entzündet.
sect;. 435.
Aus diesen Thatsachen ergiebt sich: dafs das Bilsen­kraut auf gesunde Thiere bei innerlicher Anwendung in niäfsigon, selbst in ziemlich starken Gaben fast allein cigenthümlich erregend auf die Lcbcnsthätigkeit des Blu­tes wirkt, namentlich auf die von dem groisen sympathi­schen Nerven abhängigen Organe; — dafs es aber in sehr grofser Gabe rein narkotische Wirkungen eigeuthüm-liclicr Art erzeugt, besonders die Vorstellungen und das Bewufstsein der Thiere verwirrt, und die Sensibilität im hohen Grade vermindert. — Das letztere findet schon nach mäfsigen Gaben statt, wenn die Empfindlichkeit krankhaft zu sehr aufgeregt ist. Das Bilsenkraut erscheint fast als das reinste Narkotikum, weil es keine Spur einer Entzündung, weder an den Stellen der unmittelbaren Ein­wirkung noch an andern Organen erzeugt,
sect;. 436.
Als innerliches Arzneimittel ist das Bilsenkraut bis­her nur sehr wenig von den Thierärzton angewendet wor­den, und spezielle Indikationen für seinen Gebrauch sind in den thierärztlichen Lehrbüchern nicht enthalten. Selbst die meisten Schriftsteller über thierärztl. Arzneimittellehre gehen schnell oder verachtend über dieses Heilmittel weg. Moirond meint, dafs es wie die übrigen narkotischen Mittel angewendet werden könne, dafs es aber vor der Belladonna und dem Opium keinen Vorzug verdiene. Am rechten Orte gebraucht, hat es aber wohl einen Vorzug vor diesen Mitteln; denn es erregt stark die Blutthätig-keit ohne örtlich zu reizen, und hierauf gründet sich die Haupt-ludikation für seinen Gebrauch, nämlich: dafs man
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es da anwendet, wo die Blutthätigkeit zu sehr vermindert mid dabei die Nerventliatigkeit einseitig über sie eahohot, namentlich aber, wo die Sensibilität der Thcile zu über­wiegend ist. Greve1) empfahl es gegen das Blutharnen des Rindviehes, im Zustande der wahren Schwache als das beste und am schnellsten wirkende Mittel; .aber bei dem Blutharnen im Entzündungszustande vermehrt es das Uebel. Auch benutzte er das Kraut und das Extrakt in kleinen Gaben beim Nerven- und Faulfieber und in der Windkolik. Er hat jedoch die Art des Nervenfiebers nicht näher bezeichnet; aber das Mittel paist hier gewifs nicht unter allen umstanden. — Ich habe es bei dem atonisclicn Blutharnen, bei der Harnruhr mit. demselben Charakter, bei sehr schmerzhaften asthenischen Entzün­dungen, besonders bei solchen Lungen- und Brustfell-ontzündungen, bei dem sogenannten feuchten Dampf, bei schmerzhaften Husten und bei dem Dummkollcr, wenn derselbe mit keinen Congcstionen begleitet war, — sehr oft mit dem gröfsten Nutzen angewendet.
Aeufserlich dient es bei allen schmerzhaften astheni-schen Entzündungen, bei dergl. Verhiirtnngsgeschwülsten, und bei schmerzhaften Wunden, besonders sehniger Ge­bilde, und beim eingetretenen quot;Wundstarrkrampf.
sect;. 137.
Die Gabe von dem getrockneten Kraut2) ist für Pferde und Rinder von ^ß — 3^, für Schafe, Ziegen und Schweine 5j.j — sect;j, für Hunde 10 Gran bis 3j, — tiig-lich 2 bis 3 Mal; von der Wurzel giebt man halb so viel wie von dem Kraut; das Extrakt ist für grofseThierc zu theuer, daher nur etwa für kleine Thierc, z. B. für
•) Wahrneliinungen am Rindvieli. S. 65.
2) Im ersten Jahre ihres Wachslhums ist die Pflanze fast ganz iniwirksam, und auch im zweiten Jahre leistet sie nicht viel, wenn sie vor der Uliithe gesammelt wird; erst mit der Bliithe wird sie vollkommen wirksam, daher laquo;las Kraut am besten von der zweijäh­rigen Pflanze gesammelt wird.
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Hunde in Gaben von gr. jv — sß, aufserlich aber wohl bei erethischen Augeneutzündungen u. dgl. Wunden zu be­nutzen. Die Tinktur ist bisher nur versuchsweise gegen den Dummkoller in der Gabe von 5j — 3jyj zu Injektio­nen benutzt worden.
Die Anwendung geschieht in Latwergen, Pillen, oder im gelinden Dekokt^ aufserlich entweder gleichfalls im Dekokt zu Waschungen und Bähungen, oder- auch in Form von Breiumschlägen.
Man giebt das Mittel für sich allein, oder nach Be-dürfnifs mit andern versetzt. Als ganz vortrefflich habe ich bei dem Blutharnen und bei der Harnruhr die Ver bindung des Bilsenkrautes mit dem Bleizucker kennen gelernt.
Anmerkung. Das Bilsenkrautöl (OleumHyoscya-mi infusum s. coctum), ist als ein reizmilderndes Mittel innerlich bei schmerzhaftem Husten, bei Kolik u. dgl. (für Pferde zu fjjj — gjv, für Hunde öjj — sect;ß), und aufserlich bei schmerzhaften Wunden, bei Ohrenzwang der Hunde u. s. w. zu benutzen, — aber auch recht gut zu entbehren. — Das aus dem Samen geprefste Oel wirkt blofs wie jedes andere fette Oel.
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3. TollkirscLe, Wolfsklrsclic. Tollkraut, Waldnaclit-scliatteu (Kraut untl Wurzel). Herba et radix Belladonnae.
sect;. 438.
Aufser vielen andern Bestandtheilen hat man in den Blättern ein Alkaloid (das Atropin) gefunden, und die­
sem die Wirksamkeit hauptsächlich zugeschrieben; dasselbe wirkt allerdings narkotisch, hat aber nicht die volle Wir­kung der Pflanze. Die Bestandtheile der weit kräftigeren
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Wurzel scheinen noch nicht gründlich bekannt zu sein.
Auch die Wirksamkeit der einzelnen Theile der Bel­ladonna in ihrer Eigenthümlichkeit und in ihrer Inten­sität, verhältnifsmäfsig zu andern narkotischen Mitteln, |
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scheint bei den verschiedenen Hausthieren noch nicht ge­nügend
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nügend erforscht zu sein. — Nach Münch1) sollen Zie­gen die Wurzel dieser Pflanze pfundweise ohne Schaden geniefsen, und Schafe die Blätter mit Begierde fressen. Viborg (Samml. Bd. 3, S. 146.) gab einem 8 Jahr alten Wallach 1 Pfd. der frischen Blätter ohne merkliche Wir­kung, und Greve2) versichert, dafs ein Pferd, dem er in einem Tage 2 Pfd. frisch gepulvertes Kraut, in zwei Gaben vertheilt gegeben, blofs ein wenig mehr Munterkeit zeigte, als sonst. — Von j Pfund der frischen Beeren wurde ein Pferd blofs etwas aufgetrieben, ein anderes, welches über ein Pfund Beeren, mit Mehl zu Pillen ge­macht, erhalten hatte, wurde in 2 Stunden nach dem Ein­geben ebenfalls aufgetrieben, der Puls unordentlich und die Frefslust geringer. Am folgenden Tage war von die­ser Wirkung nichts mehr zu spüren. Bei Hunden entstand von 20 bis 30 Beeren keine Wirkung (Viborg). — Die Wurzel gab Pilger3) Pferden bis zu gjv ohne Nach-theil; Viborg sah von 3 Loth frischer Wurzel bei einem Hunde keine Wirkung, von 4 bis 6 Loth aber Erbrechen, Unruhe, trübe, thränende Augen, Erweiterung der Pupille. Diese Zufälle waren nach 3 bis 4 Tagen wieder ver­schwunden. —
Mit diesen Angaben über die geringe Wirksamkeit so sehr grofser Gaben vom Kraut und von der Wurzel der Belladonna, stimmen meine Beobachtungen nicht überein; denn ich bemerkte bei meht als 20 verschiedenen Pferden, denen ich gjv bis gvj des trockenen, pulv. Krautes, mit Mehl und Wasser zur Latwerge gemacht, in 4 Gaben ge-theilt, binnen 4 bis 8 Stunden eingegeben hatte, zuweilen schon nach 5 bis 6 Stunden mehrentheils aber erst am fol-
*) J. H. Münch, prall. Anlcit , wie die Belladonna bei den Tlileren anzuwenden ist. Stendal 1787.
2)nbsp; Erfahr, lt. Beobacht. Bd. I. S. 163.
3)nbsp; Versuche, durch den Galvanismns die Wirkung verschiedener Gifte und Arzneimittel auf die erhühete oder verminderte Reizbarkeit der Nerven zu prüfen. Giefsen 1801.
H er r wi g Arzneimittellehre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;08
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genden Tage Traurigkeit, Mattigkeit, Erweiterung der Pu­pille, starren, sehr ängstlichen Blick, vermehrte Wärme im Maule, dunkle Röthung und Trockenheit der Schleimhaut der Käse und des Mauls, sehr starke, trommelsuchtartige Auftreibung des Bauches, pochende, schnelle, bis gegen 90 in einer Minute vermehrte Herzschläge, eben so viele kleine, harte und kaum fühlbare Pulse der Arterien, be­schleunigtes, kurzes Athinen, mit starkem Spiel der Nasen-läppchen, Appetitlosigkeit, Abgang einzelner harter Koth-ballen, später gänzliche Verstopfung des Leibes. Bei ein­zelnen Pferden fanden sich aufserdem noch gelinde Kolik­schmerzen, bei andern sehr grofse Schwäche der hintern Extremitäten hinzu. Diese Zufälle wurden mehrentheils durch 8 bis 20 Stunden nach ihrer Entstehung immer heftiger und endeten in mehrern Fällen mit dem Tode, der etwa 30 bis 50 Stunden nach dem ersten Eingeben erfolgte; in den übrigen Fällen minderten sie sich allmäh-ligf nachdem Leibesötfnung eingetreten war, und dieThiere erschienen nach 36 bis 48 Stunden wieder gesund.
Die trockene Wurzel verursachte ganz dieselben Zu­fälle wie das Kraut; sie waren aber von gleichen Gaben viel heftiger und zeigten sich mehrentheils schon von 2 bis 3 Unzen, welche in eben so viel stündlichen Gaben gereicht wurden. 6 Unzen der Wurzel waren bei meinen Versuchen bisher jedem Pferde tödtlich.
Bei Kühen verhielt sich die Wirksamkeit des Krautes und der Wurzel in der Art der Erscheinungen ganz wie bei Pferden, und aufserdem wurde die Milch sehr wässe­rig; — aber dem Grade nach war die Wirkung stets viel heftiger als bei den letztern. Ich sah schon von 33 der Wurzel und von 3JJ der Blätter in zwei Gaben getheilt und in Zwischenzeiten von 3 Stunden mit l Pfd. Wasser eingegeben. Auftreibung des Leibes, schnelleren Puls, Kälte der Ohren, der Hörner und des Flotzmauls ent­stehen. Von 2 bis 4 Unzen der Wurzel waren die Wir­kungen sehr stark und dauerten fast immer 48 Stunden, bei einigen Versuchen auch bis zum dritten Tage. Mehr
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als ^jv der Wurzel habe ich keiner Kuh gegeben, weil die Zufälle von dieser Gabe schon mit Lebensgefahr ver­bunden zu sein schienen. Hierbei mufs ich gegen Greve1) ausdrücklich bemerken, dafs der Koth stets trockener als im gesunden Zustande war, und dafs niemals Purgiren eintrat.
Sowohl bei Pferden wie bei Kühen erschien zur Zeit des höchsten Grades der Wirkung die Empfindlich­keit etwas vermindert, aber wirkliche Betäubung und Be-wufstlosigkeit sah ich in keinem Falle, selbst kurz vor dem Tode nicht entstehen. — Das zur Zeit der Wir­kung abgelassene Blut, gerinnt sehr schnell zu einer festen Masse2).
Bei Hunden bemerkte ich nach dem Eingeben von 30 bis 50 Gran des trockenen Krautes oder der Wurzel schon nach Verlauf von 15 bis ^20 Minuten Unruhe, Winseln, nach 30 Minuten Erweitferung der Pupille, fast immer in einem solchen Grade, dafs von der Iris keine Spur mehr zu seilen war, und dieselbe auch bei dem hell­sten Licht unempfindlich blieb. Zuweilen trat Erbrechen ein. Das ängstlich klingende Winseln dauerte fast anhal­tend fort, es fand sich dazu Trockenheit und grofse Hitze der Nase, schwankender Gang, später (nach 50 bis 70 Minuten) wirkliche Lähmimg des Hintertheils; die Seh­kraft war oft gänzlich verschwunden, aber das Gehör und die Empfindlichkeit nicht; manche Hunde waren sogar sehr aufgeregt. — Nach |i bis 2^ Stunden nahmen die Zufälle wieder ab, die Hunde zeigten jetzt Neigung zu schlafen, und nach 12 bis 15 Minuten waren sie recht munter; aber etwas Erweiterung der Pupille und vermin­derte Reizbarkeit der Iris bestand noch nach 24 Stunden.
') Wahrnehmungen an. Rindvieh, S. 94. Wahrnehmung 521.
z) Aderlässen, innerlich schleimige Mittel mit grofsen Gaben von iUitteisalzen, oder auch Zincum snlphuricnm in Gaben von oß — 3j liir Pferde, schleimige Kljstire, Reiben des Leibes und Bewegen des Thieres, mindert die heftigen Zufalle. Reichlicher Abgang von Koth und von Blähungen ist das Zeichen der eintretenden Besserung.
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40 bis 60 Gran des Extrakts wirkten stets auf dieselbe Weise. Bei Orfila's Versuchen starb ein Hund von 4 Drachmen des Extrakts unter ähnlichen Zufällen nach 3| Stunden, ein anderer erst nach 31 Stunden.
Nach Injektionen von 3y — 3jv einer Tinktur (berei­tet durch Digestion von 5j[j des trockenen Krautos mit 5jß Weingeist) in die Drosselvene an Pferden, entsteht sogleich Unruhe, kleiner, sehr beschleunigter Puls (100 Schläge und mehr in einer Min.), ängstliches, beschwer­liches Athmen, grofse Erweiterung der Pupille, stierer Blick, Zittern, Zuckungen am ganzen Körper, Betäubung mit Verlust aller Sinne; dann unregelmäfsige Stellung, Neigung nach vorwärts zu fallen. Zuweilen scheinen die Thiere wie aus dem Schlaf zu erwachen, erschreken, tau­meln, sehen nach dem Leibe, schlagen mit den Füfsen gegen denselben, entleeren mit Stöhnen und unter starker Anstrengung Urin und Koth; im höchsten Grade der Wirkung fangen manche an zu toben, gehen wie blind gegen Wände, bekommen stärkere Zuckungen und stürzen nieder. Die Dauer dieser Zufälle erstreckt sich bei ein­zelnen Thieren von 8 bis gegen 20 Stunden, und nach Injektion von 6 Drachmen der Tinktur endeten sie bei einem Pferde gegen Ende der zweiten Stunde mit dem Tode.
Bei Hunden wirkte das Einspritzen von 30 Tropfen dieser Tinktur, oder einer Auflösung von 6 Gran des Extraktes ganz ähnlich, wie die innerliche Anwendung einer 10 bis 12fachen Menge des letztern; die Wirkung zeigte sich mehrentheils schon nach 2 bis 5 Minuten, zuerst, durch grofse Erweiterung der Pupille u. s. w., und ging nach 5 bis 7 Stunden wieder vorüber. Orfila sah nacli Injektion von 40 bis 45 Gran des Extraktes Hunde sterben.
Ein Tropfen von einer Auflösung des Extraktes oder des Dekoktes auf den Augapfel gebracht, verursacht nach 2 bis 3 Minuten eine sehr grofse Erweiterung der Pupille; dieselbe Wirkung sieht man nach 10 bis 12 Minuten ent­stehen, wenn man 20 bis 30 Gran des Extraktes mit
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Wasser aufgelöst, oder das Dokokt von 3j dos Krautes in den Mastdarm oder in eine frische Wunde bei Hun­den applizirt. —
sect;. 439.
Am Kadaver der durch Belladonna getödteten Thiere findet man das Gehirn und seine Häute sehr blutreich, besonders in der Gegend der Vierhügel; häufig an letz­tern sogar Blutexvravasate; die Hirnkammeru oft ganz ohne Wasser; die Lungen derb, an manchen Stellen Extrava-sate von schwarzem Blut; im Herzen und in den grofsen Gefäfsen viel zersetztes Blut, ähnlich wie bei dem Ty­phus ; die Schleimhaut des Magens (bei Pferden nicht im­mer) dunkel gerothet, oder mit dunkelrothen Flecken be­setzt; den Darmkanal bei Hunden ganz, bei Pferden bis über die Hälfte des Leerdarms gesund, aber bei letztern den übrigen Dünndarm und den ganzen Dickdarm stark von Luft aufgetrieben und an vielen Stellen dunkelroth oder blauroth gefärbt und sehr mürb; die Blutgefäfse der Baucheingeweide strotzend voll von schwarzem Blut; selbst das Tvetz, das Gekröse und das Bauchfell oft an mehrern Stelleu dunkelroth und sehr mürb. ' sect;. 440.
Aus dem vorstehend Gesagten ergiebt sich: dafs die Belladonna ä) weniger betäubend, aber mehr lähmend wirkt als das Opium und Bilsenkraut; b) dafs sie vor­herrschend und zuerst die Sensibilität und Irritabilität der Augen vermindert, bei grofsen Gaben auch das Sehvermö­gen ganz unterdrückt, also spezifisch auf die Sehnerven und deren Ursprung im Gehirn (auf die Vierhügel) wirkt: c) dafs sie in der primären Wirkung mehr als jedes andere Narkotikum, das Blut und die Blutgefäfse auf eine eigen-thümliche Weise aufregt und einen, dem nervösen Ent-zündungsfieber ähnlichen Zustand erzeugt: — d} dafs sie in grofsen Gaben auch Entzündungen der Baucheinge­weide, besonders bei den pflanzenfressenden Thieren ver­ursacht, — und e) dafs sowohl diese örtliche wie auch jene allgemeine Wirkung sehr bald den typhösen Cha-
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rakter amiimmt, und mit Zerstörung der Irritabilität, mit Lähmung der Gefäfse und mit Zersetzung des Blutes endet.
sect;. 441. Die Anwendung der Belladonna bei kranken Thieren darf nur mit Beachtung der, für die Anwendung der nar­kotischen Mittel im Allgemeinen gültigen Indikationen und Contra-Indikationen (sect;. 427. und 428.) geschehen; die besondern Krankheitsverhältnisse, für welche sie vor andern Mitteln angezeigt ist, sind jedoch von den Thier-ärzten bis jetzt nur wenig ermittelt. Man hat sie inner­lich gebraucht:
1)nbsp; nbsp;Gegen die Hundswuth. Die Belladonna ist zur Verhütung und zur Heilung dieser Krankheit im nörd­lichen Deutschland schon lange, vorzüglich aber von dem Superintendent Münch ') sehr häufig angewendet worden, und ihr Gebrauch wurde selbst von den Landesregierungen vorgeschrieben. Das Mittel hat aber oft auch gar nichts geleistet, und daher das ehemalige grofse Vertrauen fast ganz verloren2). Bei seiner Anwendung darf die ört­liche Behandlung der Bifswunde niemals unterlassen werden.
2)nbsp; nbsp;Gegen den Koller der Pferde. Manch hat hier das trockene Kraut innerlich, und Greve3) bei 2 Pfer­den die Tinktur als Injektion in die Venen mit gutem Erfolge angewendet; ich habe das trockene Kraut und die Wurzel sehr oft mit gutem Erfolge gegeben. Letz­terer zeigte sich am meisten dann, wenn die kollerkranken Pferde grofse Empfindlichkeit und Drehen nach einer Seite zeigten. In vielen Fällen wurde aber durch das Mittel gar keine Besserung erreicht.
') S. dessen angeführte Scliril't.
2) In der Menschcnheilkunde ist die Belladonna in neuester Zeil durch Sauter als ein spezifisches Mittel zur Heilung der anss;ebrn-chenen Wasserscheu wieder empfohlen worden. Siehe dessen Schrit'l: Die Behandlung der Hundswuth. Constanz 1833.
'') Erfahrunsen und ßeohachtungen. Ir Theil. S. 122.
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3)nbsp; nbsp;Gcgeu den Starrkrampf ist das Mittel vielfaltig versucht und in neuerer Zeit von Falke (Nebel u. Vix Zeitschr. f. Thierheilk. Bd. 4. S. 309.) als liülfreich gerühmt worden. Ich habe es hier innerlich (so lange dies der Grad des Trisinus gestattete) und in Klystiren sehr oft angewendet und im Ganzen ein ziemlich günstiges Resul­tat erhalten.
4)nbsp; nbsp;Gegen die Staupe der Hunde. Die Belladonna ist m den spätein Zeiträumen dieses Uebels, besonders wenn Nervenzufalle (zu grofse Reizbarkeit, epileptische Anfälle, Zuckungen und Lähmung) eintreten, ein recht wirksames Mittel; ist aber bereits Faulfieber entstanden, so leistet sie gewöhnlich nichts mehr.
5)nbsp; nbsp; Bei der Dreh- und Gnubberkrankheit der Schafe soll Belladonna im Anfange sich (nach Fink) recht nütz-iicli gezeigt haben. Bei den höhern Graden dieser üebel, namentlich der Drehkrankheit, kann sie dagegen nichts mehr leisten.
6)nbsp; nbsp; Gegen krampfhaften Husten, wenn derselbe aus zu grol'ser Reizbarkeit der Respirationsorgane entsteht, z. B. nach vorausgegangenem Strengel, bei und nach asthe-nischer Bräune, bei und nach der chronischen Lungeu-seuefae des Rindviehes; ich habe das Mittel gegen diesen beschwerlichen Zufall bei Pferden, bei Kühen und Hun­den recht oft sehr wirksam befunden.
7)nbsp; nbsp; Gegen heftige Krainpfkolik, selbst wenn schon Symptome von Darmentzündung hinzugetreten sind, habe ich die Belladonna, innerlich und in Klystiren angewen­det, als ein sehr hülfreiches Mittel in vielen Fällen erprobt.
8)nbsp; nbsp;Gegen den Rotz der Pferde ist die Belladonna ein altes Mittel von Sander (Hannöv. Mag. 1770. S. 714.), Münch u. A. als ein Spezifikum angepriesen. Viborg (Samml. Bd. 2, S. 417) fand aber ihre heilsame Wirkun­gen nicht bestätiget, und ich mufs ihm darin völlig bei­stimmen; denn obgleich bei nichrern Pferden durch einige Zeit eine Verminderung aller Symptome eintrat, so erfolgte doch niemals eine wirkliche Heilung.
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9)nbsp; nbsp;Bei fehlerhafter Absonderung der Milch, wenn dieselbe bei sonst gesunden Kühen, blau, klümprig, schlei­mig oder zäh abgesondert wird; — ebenso bei dem so­genannten Blutmelken ist die Belladonna eins der wirk­samsten Mittel.
10)nbsp; Bei innern Augenentzündungen und bei den Fol­gen derselben, bei Ausschwitzungen an der Iris, bei zu­rückgebliebener zu grofser Reitzbarkeit u. s. w., hat man gute Wirkungen von der innerlichen Anwendung der Belladonna gesehen.
11)nbsp; Auch will man sie sowohl als Vorbeugungsmittel wie auch als Heilmittel gegen die Rinderpest, gegen die Schafpocken und andere ansteckende und seuchenartige Krankheiten mit Nutzen angewendet haben; allein meh­rere Beobachtungen zeigen dafs man sich bei diesen Krank­heiten gar nicht auf das Mittel verlassen darf1).
12)nbsp; nbsp;Gegen Scirrhus und Krebs, ist auch die inner­liche Anwendung der Belladonna von wesentlichem Nutzen.
Aeufserlich kann das Kraut der Belladonna ganz wie das Bilsenkraut, besonders gegen erethisclie Augenentzün­dungen gebraucht werden; bei der sogen. Mondblindheit, wenn die Iris unregelmäfsig verengert, oder wenn starke Ausschwitzungen und Blutextravasate im Innern des Au­ges zugegen waren, habe ich das Extrakt mit dem besten Erfolge angewendet. Ebenso habe ich dasselbe mit Nutzen bei Krampf des Blasenhalses und bei der hierdurch er­zeugten Harnverhaltung auf das Mittelfleisch und in den After, — und (nach Chaussier's Erfahrungen an Men­schen gegen krampfhafte Verengerung des Muttermundes bei schweren Geburten, an den Muttermund selbst gelind eingerieben. — Auch kann die Belladonna, besonders eine Auflösung des Extraktes, an die Augen applizirt werden, um die Pupille zu erweitern, wenn man die hin­tere Augenkammer im hellen Licht untersuchen, oder wenn man Operationen im Auge unternehmen will.
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') Hannöv Magaz. 1770. Nr. 25, 80, 81, 82.
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sect;. 442.
Die Gabe von dem getrockneten Kraut ist für Pferde und Rinder 3jjj — äjraquo; ^ir Schafe und Schweine 3j — f ßraquo; für Hunde gr. v — gj; — von dem frischen Kraut giebt man die 3 bis 4 fache Menge, — aber von der trockenen Wurzel 5 weniger als von dem trockenen Kraut. Das Extrakt eignet sich zum innerlichen Gebrauch nur bei Hunden und Katzen, und kann hier in denselben Gaben, wie das trockene Kraut angewendet werden. Wegen der langen Dauer der Wirkung reicht man von der Belladonna täglich nur 2 bis 3 Gaben, jede in Zwischenzeiten von 5 bis 8 Stunden.
Die innerliche Anwendung des Krautes und der Wur­zel geschieht in Latwergen, in Pillen oder im Aufgufs mit kochendem Wasser (1 Unze zu I Pfd. Kolatur) und, nach Erfordern der verschiedenen Krankheitszustände, entweder für sich allein oder in Verbindung mit bittern, mit aro­matischen u. a. Mitteln; besonders habe ich bei Pferden oft das Glaubersalz hinzugesetzt, um die so leicht ent­stehende Verstopfung des Leibes zu verhüten. Metallsalze und adstringirende Mittel sollen die Wirksamkeit der Bel­ladonna schwächen; vom Kalomel, das ich oft mit ihr zugleich anwendete, habe ich diesen Nachtheil nicht gesehen.
Aeufserlich ist die Belladonna wie das Bilsenkraut zu benutzen. Bei Augenentzündungen gebrauchte ich am vortheilhaftesten das Extrakt, in Verbindung mit grauer Merkurialsalbe (| bis J Drachme zu gß der letztern).
4. Stechapfel-Blätter und Saamcn. Herba et Semen Strammonii.
sect;. 443. Die wirksamen Bestandtheile in diesen Theilen des Stechapfels sind noch nicht gründlich bekannt, obgleich Existenz eines eigenthümlichen Alkaloides (Daturin oder Strammonin) hier von Geiger deutlich nachgewiesen worden ist.
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Die Wirkungen des Stechapfels hält man fast allge­mein für sehr ähnlich mit denen der Belladonna; sie sind jedoch noch viel zu wenig erforscht. — yiborg (Samml. Bd. 3, S. 140.) bemerkte an einem 5 jährigen kleineu Pferde, dem er 1 Pfd. der frischen Blätter in Mchlpillen eingegeben hatte, nach 5 Stunde blols etwas schnelleren Puls und Erweiterung der Pupille. Diese Zufälle verloren sich aber bald wieder. — Ein altes ausgeliungertes Pferd zeigte sich nach dem Fressen von 2 Pfd. der abgeblühe-ten Pflanze etwas aufgetrieben, die vorher schon bestan­denen Fieberzufälle nahmen zu, und es schien oft stallen zu wollen. Als man es 2 Tage darauf tödtete, fand man Entzündung in den Gedärmen, so weit wie die Pflanze gekommen war. — 5 Pfd. frisches Kraut mit 3 Pfd. ko­chendem Wassers infundirt, verursachte bei einem 7jäliri-gen Pferde aufser öfterem üriniren keine Zufälle. — Von k Pott (circa 161 Unze) ausgepreisten Saftes bekam ein einjähriges Füllen nach 1 Stunde schnelleren Puls und Erweiterung der Pupille; am folgenden Tage zeigte es sich krank, war unruhig, wollte nicht fressen; am dritten Tage waren diese Zufälle wieder vorüber. — 2\ Pfd. des reifen Saainens verursachten bei einem 9jährigen Pferde sogleich schnellem und kleinem Puls, Verlust des Appe­tites, Auftreibung des Leibes, Diese Zufälle nahmen durch 24 Stunden zu, und am folgenden Tage zeigte das Pferd grofse Unruhe, Niederwerfen, Zusammenstellen der vier Füfse unter dem Leibe, Hervordrängen des Mastdarms, Herabhängen des Kopfes, heftiges Athmen; am dritten Tage dieselben Zufälle; während dieser Zeit erfolgte nur eine Kothentleerung. 52 Stunden nach dem Eingeben warf sich das Pferd rücklings über und starb unter Zuk-kungen. Bei der Sektion war das Wichtigste: Ergicssung von rothlichem Wasser in die Bauchhöhle, Ausdehnung des Magens und der Gedärme von Luft, und einige Theilc des Darmkanals entzündet.
Eine Ziege ertrug l Pegel (circa 8| Unzen) des aus-geprefsten Saftes ohne merkliche Wirkung; ein Widder
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zeigte nach derselben Gabe schnelleres Athmen und häu­figes Uriniren.
Ein j Jahr alter Pudel wurde ^ Stunde nach dem Eingeben von 4 Unzen des Saftes unruhig und winselte sehr 5 nach 1 Stunde erbrach er sich 3 Mal, zitterte stark, und fuhr fort zu winseln bis zum Verlauf von 4 Stunden, I wo er wieder munter wurde und Appetit zeigte. — Ein Loth der Saamen und i Loth der frischen Wurzel blieben bei 2 andern Hunden ganz ohne Wirkung. — Von \ Unze des Extraktes (bei Orfila) ein Hund ähnliche Zufälle wie von einer gleichen Gabe des Bclladonnaextraktes, aber die Sinne blieben frei; der Tod erfolgte nach 7 Stunden.
Pferden spritzte ich in die Drosselvene ein Infusum, welches für die verschiedenen Versuche von 56 bis 3jj des trockenen Krautes, oder von eben so viel Saamen mit Jij bis gjjj kochenden Wassers bereitet war und be­merkte darauf: Vermehrung und Härte der Pulse, be­schleunigtes Athemholen, Zittern der Muskeln, Erweite­rung der Pupille, zuerst munterern, nach 20 bis 30 Mi­nuten aber sehr stieren Blick, eine geringe Abstumpfung der Sinne, schleichenden Gang, zuweilen Schweifs, unge­störte, aber auch nicht vermehrte Koth- unn Urinentlee-rung. — Injektionen von 3jj — 5jv einer Stechapfeltinktur (bereitet wie Bilsenkrauttinktur) erregte dieselben Zufälle, aber im etwas stärkern Grade; besonders war die Abge-stumpftheit gröfser und das Athmen viel beschwerlicher als nach Injektion einer gleichen Quantität von dem In­fusum, manche Pferde zeigten Schwindel, Krämpfe in den Halsmuskeln, sehr starkes Geifern aus dem Maule, Gäh­nen. G r e v e ') sah auch starken Durchfall entstehen; ich bemerkte.diesen niemals. — Hunde ertrugen von dem Infusum fast eben so viel wie die Pferde, und verhielten sich im Wesentlichen wie diese. Die Wirkung trat in 4 bis 5 Minuten nach der Injektion ein und dauerte 2 bis 6 Stunden.
') Eifalir. u Beobiiclit. Bd. I. S. 121.
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sect;• 444.
Spezielle Indikationen zur Anwendung des Stech­apfels gegen bestimmte Krankheiten der Thiere lassen sich nicht angeben, weil das Mittel bis jetzt von den Thierärzten nur äufserst selten angewendet worden ist. Berühmte Menschenärzte haben an kranken Menschen vom Kraut, noch mehr aber von den Saamen direkt schmerzlindernde, beruhigende Wirkungen gesehen und diese Mittel mit gutem Erfolge gegen schmerzhafte Uebel, namentlich gegen schmerzhaften Rheumatismus, auch ge­gen Krämpfe, Wahnsinn u. dgl. gebraucht; — ich habe das getrocknete Stechapfelkraut innerlich bei Pferden gegen Dummkoller und Starrkrampf, in Gaben bis zu *jj täglich 4 Mal ohne besondern Erfolg angewendet. Die Injektion der Stechapfeltinktur habe ich gegen Koller und Rheu­matismus in 15 Fällen ganz ohne Erfolg, und in 7 Fäl­len mit Erleichterung der Zufälle gemacht, aber bei zwei Pferden den Koller und bei vier andern den Rheumatis­mus geheilt. — Bei dem Starrkrampf der Pferde habe ich das-wässerige Infusum der Stechapfclblätter und des Saa-meus, und eben so die Tinktur oft zu Injektionen in die Venen benutzt, jedoch mehrentheils vergeblich; denn unter 8 so behandelten Patienten wurde nur einer geheilt.
Aeufserlich habe ich bei schmerzhaften rheumatischen Augenentzündungen und bei der sogen. Mondblindheit einen Aufgul's der Blätter und auch der Samen (^ß zu gvj Kolatur) zum Waschen, bei schmerzhaften Entzün­dungen anderer Theile aber die Blätter mit kochendem AVasser zum Breiumschlag gemacht, mit Nutzen gebraucht.
5. Brcchnufs, Krähcnaugcn. Ffua: vomica,
sect;. 445.
Der wesentliche Bestandtheil dieser Samen ist das Strychnin, ein Alkaloid, welches ihre eigenthümliche Wirksamkeit im hohen Grade besitzt und in ihnen mit dem Brucin, mit der Igasur-Säure, mit viel Extrak-tivstotf, mit Fett- und Pflanzensäuren verbunden ist.
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Die Wirkungen der Krähenaugen sind durch eine grofse Anzahl von Versuchen ziemlich genau ermittelt. Sie bestehen bei der Anwendung grofser Gaben in einem plötzlich, und zuweilen mit einem unwillkührlichen Sprung nach vorwärts eintretenden heftigen Krampf aller will­kürlichen Muskeln, wobei der Rumpf, der Hals, die Ohren, die Gliedmafsen und der Schwanz ganz starr nnd steif werden (dem Totaims ähnlich), so dafs man nicht im Staude ist, während dieses Krampfes den Thieren ein Ge­lenk zu beugen. Oft wird dabei der Körper nach vor­wärts, zuweilen auch etwas nach rückwärts gekrümmt. Das Maul ist fest verschlossen (Trismus), der Augapfel ganz schief verzogen, die Pupille ist oft, aber nicht im­mer, erweitert, und zuweilen tritt Zittern an verschiedenen Theilen des Körpers ein. Der Krampf ist jedoch nicht wie bei dem wirklichen Starrkrampf gleichmäfsig fortdau­ernd, sondern er läfst nach 1 bis 3 Minuten entweder ganz oder gröfstentheils nach, kehrt aber nach kurzer Zeit wieder, und so wechselt der Zustand bis zum gänz­lichen Verschwinden der Wirkung oder bis zum erfolgen­den Tod. Die wiederkehrenden Krampfanfälle scheinen immer zuerst mit einem kurzen Ruck oder Stofs, der sich mehrmals wiederholt, ganz ähnlich wie von elektrischen Schlägen. — Gleich beim Eintritt der Wirkung wird das Athmen kurz, angestrengt und ängstlich; während des Krampfes setzt es zuweilen durch einige Sekunden ganz aus, und es ist wahrscheinlich, dafs bei dem hohem Grade der Wirkung auf diese Art der Tod durch Erstickung erfolgt. Die Pulse werden schneller und härter; die Schleimhaut der Nase und des Maals erscheint bläulich 5 der Urin geht zuweilen unwillkürlich ab, aber Darment­leerungen finden selten statt, und höchst selten erfolgt bei Thieren, die sich erbrechen können, eine Neigung hierzu; wirkliches Erbrechen sah ich niemals eintreten. — Die Empfindlichkeit ist während der ganzen Wirkung nicht vermindert, sondern in der Regel sehr vermehrt; denn die Thiere sehen es wenn man ihnen drohet, sie
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hören auf leises Anrufen, erschrecken vor Geräusch und fühlen jede Berührung ihres Körpers. Merkwürdig ist es, dafs durch solche Einwirkungen, so wie durch festes Auftreten auf den Fufsboden, — zuweilen sogar durch blofses Anhauchen der Thiere, die Krampfanfalle neu her­vorgerufen werden können, und eben so merkwürdig ist es, dafs die Zufälle fast ganz gleichartig durch eine kurze Zeit fortdauern, nachdem den Thieren der Kopf abge­schnitten ist.
Gaben von mittlerer Gröfse erzeugen nach einer Viertel- bis nach einer halben Stunde zuerst Zuckungen in den Muskeln des Gesichts, des Halses und der Schen­kel, dann einen mäfsigen Grad von Steifigkeit, wobei die Thiere noch gehen können, — grofse Empfindlichkeit, etwas kürzeres Athmen, aber keine Störung in der Cirku-lation, im Appetit, in den Sekretionen, und keine Erwei­terung der Pupille.
Von sehr kleinen Gaben bemerkt man bei gesunden Thieren wenig oder gar keine Wirkung, aufser, dafs der Koth härter und in kleineren Massen entleert wird; bei kranken Thieren sieht man die Verdauung gebessert und Durchfälle gestillt werden.
sect;. 446.
Diese Wirkungen der Brechnufs erfolgen bei Thieren aus verschiedenen Klassen und von verschiedener Gattung, und ebenso bei jeder Art der Anwendung im Wesentli­chen sehr gleichartig, sie sind aber unter diesen verschie­denen Umständen in der Stärke, in der Zeit ihres Ein­trittes und in ihrer Dauer etwas modifizirt. Vögel ertra­gen verhältnifsmäfsig die gröfsten Gaben, wie dies Des-portes Versuch zeigt, wo einem einjährigen Huhn inner­halb 20 Tagen 1114 Gran zerstückelte Krähenaugen in steigeoder Dosis, aber in den ersten 12 Tagen fast ganz ohne Wirkung gegeben wurden. Erst durch die letzten sehr grofsen Gaben (164 Gr. auf einmal) wurden heftige Krämpfe und der Tod verursacht (Orfila 2. Bd. S. 372,). — Auch bei Kühen, Ziegen und Schafen ist die Wirkung
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iiiul von gleichen Gaben weit schwächer als bei Pferden; am r jst heftigsten aber erscheint sie bei Hunden und Katzen, und estes man kann die Krähenaugen für diese Thiere als eins der urch heftigsten Gifte betrachten. Schweine sollen dagegen her- grofse Gaben des Mittels ohne Nachtheil ertragenl). r jstnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Die innerliche Anwendung der Krähenaugen in Form
urze ! e'nes groben Pulvers, oder in Pillen und Latwergen ist bo-e- mit schwächerer und langsamerer Wirkung begleitet, als die Anwendung einer gleichen Gabe in flüssiger Form; •ine,. ich gab einem Pferde ^igt; des Mittels in einer Mehlpille igen U11lt;1 sah crs*; nach 1 Stunde mäfsigen Krampf eintreten, ien. der durch 6 Stunden bestand, und mit Genesung endete; die als ich aber nach 4 Tagen demselben Pferde eine gleiche ;eif Gabe mit 1 Pfd. Wasser eingekocht eingab, zeigten sich •ku- schon nach 15 Minuten sehr heftige Krämpfe, die eben-ye[. falls gegen 6 Stunden anhielten. Ein anderes Pferd über­stand die Wirkung von öx Krähenaugen, in einer Pille Jen gegeben, aber es starb innerhalb 2 Stunden, als dieselbe der | Gabe in einer Abkochung angewendet wurde. — Eine bei : zweijährige Ziege erhielt in 11 Tagen nach einander fol-ind gende Quantitäten von Krähenaugenpulver mit Brot zu­sammengeknetet. Am Isten Tage 8 Gr.; am 2ten Tage 10 Gr.; am 3ten Tage 16 Gr.; am 4ten Tage 9j; am •en öten Tage 24 Gr.; am (iten Tage 30 Gr.: am 7ten Tage ig, i 9.Ü; ain 8ten Tage 50 Gr.; am 9ten Tage 5j; am lOten li. Tage 3jv; am Uten Tage Qv; — in Summa 440 Gr., — ie. ohne dafs eine Wirkung zu spüren war2). — Bei Hunden jn. erfolgt mehrentheils in der ersten halben Stunde keine bemerkbare Wirkung, wenn man ihnen 10 bis 20 Gran g. j Krähenaugen mit Fleisch gemengt oder in einer Pille #9632;r. [ giebt; erst nach dieser Zeit treten Krämpfe ein und die innbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Thiere sterben nach 2 bis 3 Stunden; giebt man ihnen
iznbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;aber dieselbe im Menge in Dekokt, so erfolgt schon nach
nx
'enbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ') Lossius, de nuce vomica. sect;. 24.
)•nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; £) GcDzken, in der Zooiasis von Lux. 2ter Band. Isles Heft.
S. 39.
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5 bis 6 Minuten sebr heftige Wirkung und in 15 bis
, mo Lal
;Sta bei
-Vc
25 Minuten der Ted.
Bei Injektionen in die Blutadern tritt die Wirkung fast augenblicklich in gröfster Heftigkeit ein, und von 1 Gran des aufgelölsten. Extraktes oder von 2 Gr. Krä­
I
henaugen im Dekokt, erfolgt bei Hunden der Tod schon in 1 Minute. — Fast eben so schnell wirkt das Mittel, I wenn man es in die geöffnete Brusthöhle, etwas weniger schnell, wenn man es in die Bauchhöhle, und noch etwas | langsamer, wenn man es in eine äufsere Wunde applizirt; doch tritt auch hier der Tod in 15 bis 20 Minuten ein.
sect;• 447.
In den Kadavern der durch Brechnufs getödteten Thiere, findet man die Venen in den Häuten des Gehirns und des Rückenmarkes sehr voll von Blut, den Magen und Darmkanal in den meisten Fällen ganz frei von Ent­zündung, zuweilen aber die Schleimhaut des Erstem an einzelnen Stellen dunkel geröthet, selbst etwas corrodirt, — alle übrige Organe aber gesund. Waren die Krähen­augen in Substanz, gepulvert oder in Pillen eingegeben worden, so findet man gewöhnlich die ganze Gabe im Magen wieder.
sect;. 448.
Die beschriebenen Erscheinungen, welche nach An­wendung grofser Gaben der Brechnufs entstehen, zeigen sehr deutlich dafs dieses Mittel vorherrschend und eigen-thümiich auf das Rückenmark wirkt, und die Funktionen dieses Organs und der von ihm entstehenden Nerven bis zum Uebermafs aufregt; dafs es aber in kleinen Gaben auch als ein erregendes und tonisches Mittel auf den Verdauungskanal, und wahrscheinlich zuerst auf die Gang­liniennerven in der Bauchhöhle wirkt.
Diesen Eigenschaften gemäfs ist die Anwendung der Brechnufs angezeigt: d) bei solchen Krankheiten des Rückenmarkes und der mit ihm in Verbindung stehenden Nerven, welche in verminderter Lebenskraft, in Schwäche, Unregelmäfsigkeit oder Unterdrückung des Wirkungsver-
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I mögens dieser Theile begründet sind, wie namentlich bei ; Lähmungen, bei Krämpfen, bei der Epilepsie und bei dem I Starrkrampf; — und 6) bei Schwäche, bei Krampf, und bei unregelmäfsiger, zu reichlicher Absonderung in den : Verdauungseingeweiden.
Dagegen ist das Mittel zu vermeiden, wenn in den genannten Theilen krankhaft erhöhete Lebensthätigkeit, und besonders zu grofse Empfindlichkeit und Reizbarkeit besteht; es ist daher auch nicht passend, wenn die Läh­mungen als unmittelbare Folge von mechanischen Ver­letzungen des Rückenmarkes entstanden sind, oder wenn der Starrkrampf mit synochösem Fieber, oder mit Con-gestioneu zur Lunge begleitet ist. —
Bei der lähmungsartigen Schwäche, bei den Zuckun­gen und wirklichen Lähmungen, welche so häufig nach der Staupe der Hunde am Hintertheil zurückbleiben, habe ich die Brechnufs recht oft mit gutem Erfolge angewendet. Bei rein nervösen Kreuzlähmungen und bei dem Starr­krampf der Pferde habe ich das Mittel zwar in einzelnen Fällen gleichfalls mit Nutzen, eben so oft aber auch ganz ohne Erfolg gegeben.
Gegen zu geringen Appetit, gegen schlechte Verdau­ung, gegen chronischen Durchfall, selbst gegen Ruhr der Pferde und gegen Würmer in den Gedärmen, ist die Brechnufs schon lange ein von Empirikern sehr häufig angewendetes Mittel. Ich habe dasselbe gegen diese Krankheiten oft, und fast jedesmal mit gutem Erfolge ver­sucht. Vorzügliche Dienste hat mir aber das Mittel in Koliken, die aus Erkältung und Unverdaulichkeit in Folge von Schwäche entstanden, geleistet. — Gegen Rotz und Wurm, wo das Mittel gleichfalls gerühmt wird, habe ich es ganz ohne Nutzen durch längere Zeit angewendet.
sect;. 449.
Die Brechnufs wird nur innerlich angewendet, und
zwar bei Pferden in allmälig steigenden Gaben von 5ß
bis Sjjj, beim Rindvieh von oß — 5ß5,bei Schafen und
Schweinen von Qj — 3j, bei Hunden von gr. j — gr. x, —
H r r t w i g Artneimittellehre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;39
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jede Gabe in Zwischenzeiten von 6 bis S Stunden. — Da die Wirkung bei einzelnen Thieren in sehr ungleichem Grade evscheint, so ist es stets nöthig, seinen Gebrauch mit kleinen Gaben anzufangen, und nur allmählig zu grös-sern Gaben überzugehen, jedoch höchstens nur bis gelinde Zuckungen entstehen.
Die Anwendung der pulverisirten Krähenaugen kann in Latwergen, in Pillen, oder im Dekokt, für sich allein oder in Verbindung mit bittern und aromatischen Mitteln geschehen. Es ist wohl zu beachten, (wie bereits im Vorhergehenden [sect;. 446] angegeben), dafs das Mittel im Dekokt viel schneller und stärker wirkt, als in andern Formen.
Man hat von der Brechnufs auch zwei verschiedene Extrakte, ein wein geistiges iExtractum Nucis vomicae spirituosuni), und ein wässeriges iExtracium Nucis vo­micae aquosuin), von denen das Erstere viel kräftiger wirkt als das Letzere; man kann sie statt der Krähenaugen, bei Pferden gr. jj — gr. v, bei Hunden in der Gabe von sect; bis j Gran benutzen, aber auch entbehren. — Ein ganzer Gran des weingeistigen Extraktes tödtet jeden Hund.
Das Strychnin ist wegen seiner aulserordentlich heftigen Wirkung am besten ganz aus dem Gebrauch zu lassen; denn sect; Gran dieser Substanz tödtet schon einen starken Hund. — unter den Präparaten hiervon verdient das salpetersaure Strychnin {Strychninwm nitricimi) den Vorzug, weil es am leichtesten auflöslich ist. Das­selbe ist aber noch wirksamer als das blofse Alkaloid, und darf daher Hunden nur in Gaben von jg bis zu j2 Gran gegeben werden.
6. Rothes Fingerliutkraut, Digitalis. Herba Digitalis purpureae.
sect;. 450. Ueber die wirksamen Bestandtheile dieser Blätter sind gegenwärtig die Ansichten noch sehr verschieden; man will zwar ein eigenthümliches Alkaloid, welches
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tigitalin genannt wurde, in ihnen gefunden haben; allein ie Existenz desselben erscheint zweifelhaft, und es ist ahrscheinlicher, dafs die Wirksamkeit in einer harzigen ubstanz und in dem Extraktivstoff beruhe.
Die Digitalis ist ein narkotisch-scharfes Mittel von jsgezeichneter Wirksamkeit, welche letztere jedoch fast ar allein an Pferden und Hunden einigermafsen erforscht t. — Für Pferde kann man die Digitalis hinsichtlich der itensität ihrer Wirksamkeit neben den Krähenaugen, als xs heftigste unter den narkotischen, und neben den Kro-msamen und der schwarzen Nieswurz als das heftigste iter den vegetabilischen Mitteln überhaupt betrachten; mn l Unze (in einzelnen Fällen sogar nur 6 Drachmen) ;r pulverisirten trockenen Blätter, in einer Mehlpille nem noch kräftigen Pferde gegeben, verursachte bei mei-;n vielen Versuchen fast jedesmal nach Verlauf von 3 s 10 Stunden Appetitlosigkeit, zuweilen in der ersten 3it etwas vermehrten vollen Puls, öfteres Uriniren, zu­eilen auch dünneres Misten, bald Trockenheit, bald ;rmehrte Schleimabsonderung im Maule; späterhin einen einen, langsameren, ungleichen, zuweilen aucli aussetzen-raquo;n Puls, starken, unregelmäfsigen Herzschlag, Eingenom-enheit des Kopfes, Verminderung der Sinnesthätigkeit, iregelmäfsigen Stand, grofse Mattigkeit, Verengerung der jpille, Kälte der Ohren u. s. w. und nach 12 bis 16 unden den Tod. Bracy Clark1) sah einen Esel schon ich 12 Stunden von einer halben Unze des trockenen rautes sterben, ohne dafs andere Zufälle dabei eingetre-ti waren, als eine Viertel Stunde vor dem Tode grofse ;hwäche und etwas Ausflufs von dicken Schleim aus im Maule. — Dagegen ertrug ein Pferd Jjv von den ünen Blättern ohne die geringste darauf erfolgende Wir­ing; — aber 1 Pfd. dieser frischen Blätter verursachten iinselben Pferde etliche Standen nach dem Eingeben .Ite Ohren, kalte Beine, sehr starke Verengerung der
') Pliai'inalcopoca Equiaa. Loud. ISiS. Ito. pag. 10.
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Pupille, sehr langsamen Puls, kalten Schweifs, worauf Kälte am ganzen Körper, Lähmung der Hinterlippe und der Tod unter heftigen Convulsionen eintrat. — Dupuy sähe ein Pferd unter ähnlichen Erscheinungen nach einer Gabe von 7 Unzen binnen einigen Stunden sterben, und bei einem andern Pferde, dem er die sehr grofse Gabe von etwas über 6 Pfund von dem Mittel gegeben hatte, erfolgte der Tod noch schneller, unter Zufällen von gröls-ter Erschöpfung der Kräfte und von Lähmung1).
Fast auf ganz gleiche Weise, aber langsamer, wirkt die Digitalis bei Pferden, wenn man ihnen dieselbe in kleineren Gaben etwas anhaltend reicht. Ich gab meh­rern kräftigen Pferden täglich dreimal 1 bis l.^ Drachmen durch vier Tage nach einander, und bemerkte dabei oft schon anraquo; zweiten Tage den Puls unregelmäfsig, aussetzend, und um 3 bis 6 Schläge in der Minute verringert, auch die Munterkeit und den Appetit zum Futter und Getränke vermindert werden. Am dritten und vierten Tage nahmen diese Zufälle zu, die Thiere zeigten sich sehr abgestumpft, die Pupille verengert, der Gang wurde schwankend, die Respiration beschwerlich; zuweilen trat Durchfall ein; das aus der Ader gelassene Blut war schwarz und wenig ge­rinnbar; bei rotzigen Pferden wurde der Austlufs aus der Nase sehr vermehrt und die ausgeathmete Luft höchst widrig riechend; mehrentheils wurde jetzt der Puls be­deutend schneller (In manchen Fällen bis 140 Schläge in 1 Minute), die Temperatur wechselte oft und verringerte sich immer mehr, bis der Tod, stets unter heftigen Con­vulsionen, erfolgte.
Hunde ertragen das Mittel verhältnifsmäl'sig in viel gröfsern Gaben, und zeigen von 10 und 20 Gran auf ein­mal gegeben, mehrentheils kaum eine wahrnehmbare Wir­kung. Orfila (a. a. O. Bd. 2, S. 325.) hat bei einem Hunde selbst von 1^ Drachmen des pulv. Krautes bis zum folgenden Tage keine auffallende Wirkung bemerkt; —
') Dnpuyi Journ. prnlique de ined. vcler. 1830. p. 449. n. f.
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icb habe aber von solchen Gaben in Zeit von | bis li Stunden nach dem Eingeben heftiges Erbrechen, Un­ruhe, Winseln, Verengerung der Pupille, Verminderung der Zahl der Pulse von 95 auf 80, selbst bis 70 in einer Minute, Mattigkeit, zuweilen wirkliche Betäubung, anhal­tendes Liegen auf deih Bauche, dann Diarrhöe, und durch 2 bis 3 Tage sehr auffallende Schwäche entstehen sehen. Von 5jj, und noch mehr von sjy des Mittels traten diese Zufalle jedesmal ein und endeten gewöhnlich mit dem Tode, wenn den Thieren durch Zubinden des Schlundes das Ausbrechen des Mittels unmöglich gemacht worden war. — 2 Drachmen wässeriges Extrakt erzeugten bei einem Hunde nach 7] Stunden Abgeschlagenheit, aber keinen Schwindel und der Puls blieb wie vorher 125, und glcichmäfsig; nach 14^ Stunden zeigte sich leichter Schwin­del, der Puls wie früher, und 2 Standen darauf der Tod. — Dieselbe Gabe harziges Extrakt einem Hunde beige­bracht und ihm der Schlund unterbunden, verursachte nach 10 Minuten Drang zum Erbrechen, irreguläre, langsame Pulse; nach 16 Minuten noch Drang zum Brechen, Ver­minderung der Pulse von 90 auf 50 in 1 Minute; nach 2£ Stunden dieselbe Wirkung, nach 5 Stunden den Tod.
Von 3 Drachmen des Pidvers auf eine wunde Stelle am Schenkel eines kleines Hundes applizirt, entstand nach 3 Stunden Erbrechen, Schaum vor dem Maule, nach 8- Stunden Schwindel, und eine Stunde darauf erfolgte der Tod. (Orfila.)
In die Venen gespritzt, wirkt die Digitalis verhält-nifsmäfsig schwächer als andere narkotische Mittel; ein Infusum, bereitet aus 3jj des Pulvers mit giv kochenden Wassers, und in Gaben von gß bis Jjj verschiedenen Pferden in die Drosselvene injicirt, verursachte in 10 bis 12 Minuten etwas schnelleren, zugleich aber aussetzenden, unregelmäfsigen Puls, stieren Blick, dunklere Röthung der Schleimhaut in der Nase und im Maule, geringe Mattig­keit bei der Bewegung. Nach 5 bis 7 Stunden waren die Wirkungen vorüber. — Hunde zeigten nach der In-
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jektion von gß dieser Flüssigkeit ähnliche Symptome im mäfsigen Grade, starben aber von 5j unter hinzugetretenen Convulsionen. — Von der nach der Preufsischen Phar-makopoe bereiteten einfachen Fingerhutkraut-Tink­tur (Tinctura digitalis simplex) spritzte ich Pferden 5jj bis gß in die Vene, ohne dafs hiernach eine deutlich wahr­nehmbare Wirkung erfolgte; von 5vj bis |j zeigte sich die letztere fast ganz so wie nach der Injektion von Jj des wässerigen Aufgusses.
Bei Wiederkäuern und Schweinen ist die Wirkung des Fingerhutkrautes noch wenig erforscht. Kühen gab ich dasselbe von 9j bis 3jj täglich 2 Mal mit £ Pfd. heifsem Wasser, aber stets nur durch einen Tag, und bemerkte hierauf 2 bis 3 Stunden nach dem Eingeben eine Minderung der Stärke und der Schnelligkeit der Pulse und deren Herzschläge (von 60 oder 56 auf 55 bis 50 in der Minute), Trockenheit des Nasenspiegels, keine Veränderung der Pupille, und auch keine andere Zu­fälle. Jene Wirkung dauerte gewöhnlich bis zum zweiten Tage fort
sect; ^51.
Am Kadaver der durch die Digitalis getödteten Pferde, findet man fast immer den Bauch stark aufgetrieben, den Magen ebenso, zugleich äufserlich seine Gefäfse sehr mit schwarzem, dünnflüssigem Blute angefüllt, im Innern an verschiedenen Stellen entzündet, die Schleimhaut dunkel geröthet, leicht trennbar; am Dünndarm, aufser der star­ken Anfüllung der Venen nichts Abnormes; den ganzen Dickdarm stark entzündet, bald gleichmäfsig in einem weiten Umfange, bald an vielen kleinen Stellen; sehr oft sind Extravasate von Blut in Gestalt kleiner schwarzer Flecken äufserlich unter der serösen Haut, auch innerlich unter der Schleimhaut zugegen; Netz und Gekröse eben­falls an verschiedenen Stellen entzündet, die Blutgefäfse wie injicirt; das Bauchfell an einigen Stellen von ähn­licher Beschaffenheit; — die Lungen mäfsig mit Blut er­füllt, zuweilen an ihrer Oberfläche mit einigen schwarzen
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•e tm I Flecken versehen; in den Bronchien blutiger Schaum; tenen 1 das Herz äufserlich an mehrern Stellen, vorzüglich im Verlaufe der Kranzgefäise mit schwarzen Flecken (Extra-
ink-j bis ^alir-sich
vasate) von verschiedener Grofse versehen, die Fasern dunkelroth, sehr mürb, die Höhlen leer, oder mit flüssi­gem Blut inäisig erfüllt, ihre sie auskleidende Haut dun­kelroth (wie bei dem Typhus); die Häute des Gehirns
n zj und Rückenmarkes so wie diese Organe selbst sehr blutreich.
Bei Hunden zeigt sich im Wesentlichen dieselbe Be­schaffenheit der Organe; aufserdem fand Orfila noch in einigen Kadavern das Blut in der rechten Herzkammer hochrofh, während das in der rechten ganz dunkel war.
sect;. 152. Ueber die Wirkungen und über den Gebrauch der Digitalis bei kranken Tbieren, ist bisher nur wenig Be­stimmtes erforscht, und überhaupt ist das Mittel noch wenig angewendet. Man empfiehlt jedoch dasselbe 1) zur Minderung der fieberhaft aufgeregten Gofäfsthätigkeit, in allen Fällen, wo die Pulse sehr schnell und vermehrt sind; und 2) zur Beförderung der Resorption bei Wasseran­sammlungen. — Diese Krankbeitszustände sind jedoch viel zu allgemein bezeichnet. Denn die Erfahrung lehrt ä) dafs die Digitalis bei Entzündungsfiebern, so lange der Puls hart ist und die Schleimhäute sehr geröthet und trok-ken sind, überhaupt so lange der synochöse Charakter besteht, keinesweges eine Verminderung, sondern fast im­mer noch eine Verstärkung des Fiebers bewirkt, und un­ter diesen Umständen auch die Symptome der Entzün­dung verstärkt; b) dafs sie ebenso bei sehr grofser Schwäche und bei Cachexieen das Fieber nur selten min­dert; und c) dafs sie aber hierzu sehr viel beiträgt, wenn letzteres in einem Erethismus des Gefäfssystems begrün­det, und der vorausgegangene active Entzündungscharakter bereits durch Blutentziohungen und durch Salze beseitiget ist. Doch machen auch unter den eben bezeichneten Um­ständen diejenigen Fieber hiervon eine Ausnahme, welche
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die Folge eines gereizten Zustandes des Magens und Darmkanals sind; denn hier wird die Digitalis niemals gut ertragen, desto besser aber bei und nach Entzündun­gen der Brusteingeweide, und bei entzündlich rheumati­schen Fiebern (wie dieselben im Jahre 1833 in hiesiger Gegend sehr zahlreich erschienen). Ich habe sie bei Pferden und Hunden gegen Lungen- und Brustfellentzün­dungen, wenn die Heftigkeit derselben auf die oben an­gegebene Weise beseitiget war, oder wenn die Krankheit bereits so lange gedauert hatte, dafs Ausschwitzung und der Uebergang in akute Brustwassersucht drohete, — und ebenso gegen die Lungenseuche des Rindviehes unter ähnlichen Verhältnissen mit herrlichem Erfolge angewen­det; dagegen hat sie bei der sogenannten Pferdeseuche, wenn aufser der Entzündung der Brustorgane auch Ent­zündung der Leber zugegen war, gewöhnlich gar nichts geleistet. Gegen Hirnentzündungen ist das Mittel zwar auch versucht worden, aber mit keinem besondern Erfolg, und es kann auch wegen des, mit der narkotischen Wir­kung verbundenen Blutandranges zu dem Gehirn, während der Entzündung gewifs nicht nützlich sein.
Gegen schon vollkommen ausgebildete Wassersuch­ten habe ich die Digitalis bei verschiedenen Thieren mit wenig Glück angewendet; nur in einigen Fällen, wo akute Brustwassersucht frisch entstanden war, minderte sie die Zufälle sehr bedeutend; aber bei chronischer, torpider, sogenannter kalter Wassersucht in der Brusthohle und in der Bauchhöhle, nutzte sie bisher wenig dauernd, oft auch gar nichts, obgleich sie auch hier in den meisten Fällen eine vermehrte Urinabsonderung verursachte. — Gegen die Wasseransammlung in den Hirnhöhlen bei dem Dumra-koller der Pferde, versuchte ich das Mittel sehr oft ver­geblich; bei einzelnen Pferden wurde zwar nach seinem Gebrauch (auch durch denselben?) die Abstumpfung etwas geringer und das Drehen nach einer Seite hörte auf, aber bei keinem wurde der Koller gänzlich geheilt, und in mehrern Fällen mufste das Mittel wegen schnell eingetre-
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teuer Appetitlosigkeit und wegen sichtbar vermehrter Schwäche sehr bald wieder ausgesetzt werden. — Gegen die beginnende Drehkrankheit der Schafe, gleich nach dem Vorübergehen der geringen, und in der Regel asthe-nischen Hirnentzündung ist die Digitalis, jedoch in Ver­bindung mit andern Mitteln, als nützlich befunden wor­den. — Gegen ödematöse Anschwellung der Fiifse habe ich sie bei mehreren Pferden ganz vergeblich angewendet.
sect;. 453.
Man darf die Digitalis nur in kleinen Gaben, näm­lich für Pferde und Rindvieh von 9j bis 3j, für Schafe und Schweine von 4 bis 10 Gran, für Hunde von 2 bis 10 Gran verordnen, und solche Gaben nur in Zwischen­zeiten von 5 bis 7 Stunden anwenden. Auch gebietet es die Vorsicht, das Mittel nur durch etwa 2 Tage anhal­tend zu gebrauchen und es dann durch 24 Stunden wie­der auszusetzen, um die Wirkung zu beobachten und um die, von dem länger fortgesetzten Gebrauch zuweilen entstehenden üblen Zufalle zu verhüten. Diese Vorsicht ist am meisten bei Pferden nbthig; und wenn bei diesen Thieren während des Gebrauchs der Digitalis der Appetit verschwindet, so halte ich es, meinen Beobachtungen zu Folge stets für zweckmäfsig, den fernem Gebrauch so­gleich zu unterlassen.
sect;. 454.
Die Anwendung des Fingerhutkrautes findet nur in­nerlich statt, und zwar in Latwergen, in Pillen oder in einem, mit kochendem Wasser gemachten Aufgufs. Sehr selten giebt man es für sich allein, sondern gewöhnlich mit andern Mitteln, welche dem kranken Zustande ent­sprechen, versetzt, wie namentlich mit Salpeter, mit Glau­bersalz, Doppelsalz, Weinstein, Calomel, Brechweinstein, Salmiak, kohlensaurem Kali u. dgl. Um für grofse Thiere die nöthige Masse, besonders bei der Anwendung der Digitalis in Pillen und Latwergen zu erhalten, und um ihre nachtheilige örtliche Einwirkung auf die Verdauungs-cingeweide zu verhüten, ist in den meisten Fällen der
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Zusatz von schleimigen Mitteln, von Süfsholzwurzel oder auch von Enzianwurzel am zweckmäfsigsten. Gewürzhafte und geistige Mittel schwächen die herabstimmende Wir­kung der Digitalis auf die Blutgefäfse und passen daher nicht, wenn eben nur diese Wirkung bezweckt wird, son­dern nur da, wo die Resorption und die Harnabsonde-rung befördert werden soll, wie z. B. bei manchen ver­alteten Wassersuchten. Bei hartnäckigen rheumatischen Aftektionen schien die Verbindung der Digitalis mit Kam­pher gute Dienste zu leisten. — Dasselbe gilt von den beiden Fingerhutkraut - Tinkturen, der einfachen (Jfinct. Digitalis simplex) und der ätherischen (Tinct. Digitalis aetherea), welche aber, so wie die übrigen Prä­parate dieses Mittels, in der Thierheilkunde nicht ge­bräuchlich sind.
7. Tabak, Tabaksblätter, Tabakskraut. Ilerba neu folia Nicotianae s. tabaci.
%. 455.
Ein braunes, scharfes Oel, eine rothliche, stickstoff­haltige Substanz, Satzmehl, Eiweis u. s. w., — auch eine eigenthümliche, krystallinische, weder alkalische noch saure Substanz, die man als Nicötianin bezeichnet hat, und die zwar etwas narkotisch wirkt, aber die Pupille nicht erweitert, und eine flüchtige alkalische Substanz, die scharf und etwas betäubend wirkt, und iSicotin ge­nannt worden ist, — sind die wichtigsten Bestaudtheile dieses allgemein bekannten Mittels.
Der Tabak gehört ebenfalls zu den scharfen narko­tischen Arzneistoifen und ist der Digitalis darin ähnlich, dafs er wie diese (sehr oft aber nicht immer; die Bewe­gungen der Blutgefäfse langsamer macht und zugleich die Resorption befördert; beide Mittel scheinen die Empfind­lichkeit im sympathischen Nerven zu vermindern und um­zustimmen, aber wahrscheinlich erst nach der Wirkung auf das Gehirn, üebrigens sind sie sowohl in einigen INebeuwirkungeu wie auch im Grade der Stärke von ein-
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ander unterschieden; denn der Tabak macht eine schwä­chere örtliche Einwirkung und wird, wenigstens von Pfer­den, in viel stärkeren Gaben ertragen als die Digitalis.
Ich habe sehr oft gesunden Pferden 3j bis 3jj pulv. Tabak in einer Pille täglich 3 bis 6 Mal und durch 2 bis 3 Tage nach einander gegeben, aber niemals irgend eine Wirkung hiernach gesehen; von Jß bis ?j in einer Gabe erfolgte zuweilen schon nach 1 bis 2 Stunden eine Verminderung der Pulse um 3 bis 10 Schläge in der Mi­nute; wurden solche Gabe nach Zwischenzeiten von einer Stunde 2 bis 4 Mal wiederholt, so trat diese Verminde­rung der Pulse um desto sicherer nach der zweiten Gabe ein. Gewöhnlich wird der Puls zuerst unregelmäfsig, aussetzend, dann gleichmafsig langsamer. Die Wirkung dauert (i, 8 bis 12 Stunden und verschwindet dann wie­der gänzlich; an der Pupille1) und am Athmen konnte ich dabei keine Veränderung wahrnehmen; zuweilen schien die Munterkeit der Pferde etwas vermindert zu sein, aber der Appetit bestand gut fort, der Koth ging etwas reich­licher, aber gut verdaut ab, und ebenso wurde der Urin etwas reichlicher entleert. — Von Jyj des trockenen pulv. Krautes auf einmal, und täglich 2 bis 3 Mal (also bis 11 Pfd.) gegeben sah ich im Wesentlichen nur dieselbe Wirkung; bei einem Pferde wurde jedoch nicht allein die Zahl der Pulse von 38 auf 27, sondern auch die der Athemzüge von 9 auf 5 vermindert, und die Wirkung dauerte gegen 40 Stunden. — Von den frischen Blättern der Nicotiana tabacum und ebenso von der Nicotiana ru-stica vor der Blüthe und während derselben, gab ich verschiedenen Pferden 2 bis 6 Pfd. auf einmal, in Pillen und Latwergen, und bemerkte hiernach die angegebenen Wirkungen in einem sehr geringen Grade, zugleich aber durch einige Stunden Verlust des Appetits und reichlichen
') Zuweilen war bei den slärkern Graden der Wirkung die Pu­pille enger als im gesunden Znstande; eine Eigenthümlichkeil, wie sie bei keinem andern narkot. Mittel vorkommt.
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Abgang des Urins. — Von dem aus Nicotiana rustica ge-. preisten Saft wurde 1 Pfd. einem 9 Jahr alten Pferde ein­gegeben, worauf innerhalb einer Stunde eine Vermeh­rung der Pulse um 3 Schläge pr. Minute, und innerhalb 2^ Stunden viermaliges Misten und öfteres Harnen er­folgte. Die Wirkung war damit vorüber. 2 Pfd. dieses Saftes am folgenden Tage demselben Pferde eingegeben, wirkten auf ganz gleiche Weise und nur eben so stark. — Ein Aufguls und eben so ein Dekokt von .fj bis gjjj trockenen Tabakskrautes zu l bis 2 Pfd. Colatur, als Klystir bei Pferden in den Mastdarm gespritzt, erregte immer in kurzer Zeit mehrmalige Koth- und ürinentlee-rung, ohne dafs weitere Zufälle eintraten.
Das Einspritzen einer halben Unze Tabaks-Infusum (bereitet aus Jß trockenen Krautes und gvj heifsen Was­sers) in die Drosselvene eines kräftigen Pferdes, verur­sachte sogleich schnelleres, beschwerliches Athmen, sehr schnellen Puls, Fieberschauer am ganzen Körper, dunk­lere Röthung der Schleimhaut in der Nase und Mattig­keit. Diese Symptome minderten sich nach einer Stunde und verschwanden nach 3 Stunden gänzlich. — Die In­jektion von 5j dieses Aufgusses in die Vene desselben Pferdes, aber 4 Tage später gemacht, war mit ganz glei­chen, aber viel heftigeren Zufällen begleitet, welche je­doch ebenfalls nur kurze Zeit bestanden. Das Pferd zeigte bald darauf guten Appetit und die Entleerungen des Mistes und des Urins waren normal. — Als wieder 4 Tage später gjj dieses Aufgusses injicirt wurden, ent­stand sogleich höchst angestrengtes, ängstliches Athmen, das Thier schien ersticken zu wollen, taumelte, fiel nie­der, versuchte unter grofser Angst wieder aufzukommen, konnte sich aber nicht auf den Beinen erhalten, sondern stürzte wieder nieder; der Puls sehr schnell, deutlich fühlbar, der Herzschlag stark pochend, krampfhafte Zu­sammenziehungen der Bauchmuskeln, Neigung zum Er­brechen, Umsehen nach dem Leibe. Nach 10 Minuten liefsen diese Zufälle sehr nach, das Pferd stand auf, ging
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aber schwankend; Puls und Athßm blieben noch gegen 5 Stunden beschleunigt und die Frefslust durch 2 Tage vermindert, dann war Alles wieder normal. — Die Pu­pille erschien fortwährend unverändert und eben so die Entleerung des Kothes und Urins.
Einer gesunden Kuh von mittlerer Grofse wurden sect;jjj pulv. Tabaks mit I| Pfd. warmen Wassers gemengt, in Zwischenzeiten von 2 Stunden eingegeben. Schon nach der zweiten, noch mehr aber nach der dritten Gabe ent­stand bedeutend erhöhte Temperatur der Haut, Vermeh­rung der Pulse von 65 auf 70, beschleunigtes, etwas an­gestrengtes Athmen, dann Kälte der Hörner, der Ohren und Füfse, mäfsige Erweiterung der Pupille, und heftiger Schweifs, der bis in die Nacht fortdauerte. Am folgen­den Tage frafs das Thier schlechter und war etwas trau­rig, am dritten Tage war es ganz wohl. — Bei Wieder­holungen dieses Versuchs, auch mit nur 2 Unzen Tabak trat ganz dieselbe Wirkung ein, aber bei einer andern Kuh blieb sie selbst nach 4 Unzen aus. — Das durchge-seihete Infusum (3 Pfd.) von 4 Unzen Taback brachte auch bei der ersten Kuh keine Wirkung hervor, aber der Rückstand von diesem Aufgufs verursachte erhöhte Tem­peratur des ganzen Körpers.
Einer gesunden Ziege wurde eine halbe Unze pulv. Tabaks in Latwergenform, in 3 Theile getheilt, innerhalb 3 Stunden eingegeben. Bei der dritten Gabe erschienen die Pulse um 6 und die Athemzüge um 2 in der Minute vermindert, das Thicr etwas aufgetrieben, aber munter. Die Wirkung dauerte gegen 7 Stunden. — Von 5j des Mittels, auf dieselbe Weise angewendet, entstand eine enorme Aufblähung des Leibes, blaurothe Färbung der Schleimhäute, ein geringer Grad von Betäubung und Krämpfe. Nach einem Aderlafs minderton sich die Zu­fälle und am folgenden Tage zeigte sich das Thier wieder munter. — Eine Unze Tabak auf Einmal gegeben, tödtete die Ziege unter ähnlichen Zufällen, welche gegen 10 Stun-
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den dauerten. — Bei einer zweiten Ziege trat diese tödt-liche Wirkung nach Jjj Tabak ein.
Ueber die Wirkungen dieses Mittels an Schafen und Schweinen sind keine Versuche bekannt.
Einem kräftigen Hunde gab man 3j pulv. Tabak, mit Mehl und Wasser zur Pille gemacht: nach 5 Min. wurde die Pille wieder ausgebrochen, dennoch erfolgte nach 50 Minuten eine Verminderung der Pulse von 87 auf 49; die Arterie war weich und voll; das Athmen, die Pupille, die Bewegung der Glieder und die Ausleerungen blieben unverändert und nach 5 Stunden zeigten sich auch die Pulse wieder in normaler Zahl. Orfila (a. a. O. S. 312.) brachte mittelst der Oesophagotomie in den Magen eines starken Hundes 5i Drachmen pulv. Tabak. Nach einigen Minuten bemerkte man Drang zum Erbrechen, nach 6^ Stunde Schwindel, langsamen Gang, Zittern der hin­tern Extremitäten; — Die Sinnesorgane schienen gesund, das Athmen etwas beschleunigt. Nach 8 Stunden lag' das Thier auf der Seite und konnte sich nicht mehr auf den Füfsen erhalten, obgleich es bisweilen Versuche dazu machte; der Kopf zitterte beständig, die Physiognomie drückte Abstumpfung aus; es folgte Zuckungen der Nak-kenmuskeln, Schlaffheit der Glieder, schnelle beschwer­liche Respiration, schnelle, starke Herzschläge, und mit 9 Stunden den Tod. — 2 Drachmen des Pulvers mit eben so viel Wasser auf das Zellgewebe am Schenkel eines Hundes applizirt, verursachten ganz ähnliche Zufälle und schon nach 80 Minuten den Tod. Dieselbe Wirkung sah Orfila sogar von 16 Gran pulv. Tabaks, welche auf gleiche Weise angewendet wurden, erfolgen, aber der Tod trat erst nach einigen Stunden ein. — Ein Dekokt, bereitet von 5ß Tabak zu Jß Colatur, welches ich einem kräftigen Hunde in den After spritzte, verursachte sogleich Aeufserungen von Schmerzen im Leibe und Drang zur Kothentleerung, wobei der gröfste Theil des Dekokts wie­der ausgestofsen wurde. Dennoch wurde bald darauf der Gang schwankend, der Herzschlag aussetzend, das Athmen
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angestrengt, und der Hund fiel nach 6 Minuten betäubt nieder; nun folgte heftiges Erbrechen, das binnen einer halben Stunde mehrmals wiederkehrte, und worauf die übrigen Zufälle nach 3 Stunden wieder verschwanden. — Ein anderer Hund, dem die doppelte Menge eines solchen Dekoktes in den After gespritzt worden war, starb bin­nen 10 Minuten unter Zufallen von Lähmung.
Waschungen mit einem Dekokt von 2 Unzen Tabak zu 2 Pfd. Colatur, verursachten bei mehreren Hunden etwas Mattigkeit und Traurigkeit, aber keine andere Zufälle.
Bei der Sektion der Thiere, welche durch innerliche Anwendung des Tabaks getödtet sind, findet sich die Schleimhaut des Magens mehr als gewöhnlich geröthet, der Darmkanal gesund, und überhaupt im ganzen Körper wenig verändert.
sect;. 456.
Der Tabak ist sowohl innerlich, wie auch zu Kly-stiren und äufserlich gegen verschiedene Krankheiten der Thiere mit Nutzen angewendet worden, jedoch gröfsten-theils nur empirisch und ohne solche Indikationen, die sich auf seine spezifische Wirkungen gründen.
a) Bei seiner innerlichen Anwendung mufs wohl die doppelte Wirksamkeit des Tabaks als scharfes und als narkotisches Mittel in Betracht kommen. In ersterer Hin­sicht kann er besonders bei mangelhaften Sekretionen, bei Verstimmung und Verlust des Appetits, bei Leibes­verstopfung, bei den torpiden Wassersuchten und bei Un-thätigkeit der Lymphdrüsen nützlich gebraucht werden. — In der zweiten Eigenschaft erscheint die umstimmende, die Lebensthätigkeit vermindernde (selbst lähmende) Wir­kung, welche er auf das ganze Nervensystem, spezifisch aber auf den Nervus sympathicus zeigt, fast noch wichti­ger, und der innerliche Gebrauch des Tabaks ist hiernach angezeigt: gegen krankhaft erhöhte und unregelmäfsige Nerventhätigkeit überhaupt, speziell aber gegen krankhaft gesteigerte Sensibilität im Allgemeinen, so wie namentlich
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in den Brust- und Baucheingeweiden und gegen die hier­mit verbundenen Störungen; daher z. B. gegen den Dumm­koller mit erhöhter Empfindlichkeit'), gegen Krämpfe und Starrkrampf unter ähnlichen Verhältnissen, gegen anhal­tenden Reizhusten und nervöse Dämpfigkeit, gegen Krampf­und Windkolik, Trommelsucht, krampfhafte Harnverhal­tung u. dgl.; — ferner gegen Erethismus der Blutgefäfse bei und nach Entzündungen, wenn dieselben entweder durch die Dauer oder durch antiphlogistische Mittel den synochösen Charakter verloren haben.
sect;. 457.
J) Zu Klystiren benutzt man das Mittel auf zwie­fache Weise, nämlich entweder: 1) mit Wasser gekocht in flüssiger Form, — oder 2) den Rauch vom brennenden Tabak. — Die Wirkung der Abkochung ist im Klystir ganz Avie bei innerlicher Anwendung und nur dem Grade nach bei Pferden und Rindvieh etwas schwächer; in den Tabaksrauchklystiren erhält sie aber durch das, bei dem Verbrennen des Tabaks erzeugte Empyreuma eine stär­ker reizende Nebenwirkung, welche jedoch gröfstentheils örtlich auf den hintern Theil des Darmkanals beschränkt zu bleiben scheint. Zugleich dehnt der Tabaksrauch den Mastdarm mehr und gleichmäfsiger aus, als eine einge­spritzte Flüssigkeit thut.
Die Klystire von Tabaksdekokt sind bei Krämpfen, bei dem Tetanus, vorzüglich aber bei krampfhaften Rei­zungen des Hinterleibes wie bei Krampfkolik, bei krampf­hafter Harnverhaltung, bei eingeklemmten Brüchen und bei ähnlichen Zuständen sehr nützlich; — die Tabaks-__________nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;rauch-
') Ein Kninllieitsziisi.-inc], der bisher von den meisten Thier-Srzten nicht erkannt wurde, dessen Belichtung aber in diagnostischer und therapeutischer Hinsicht von grofeer Wichtigkeit ist. Siehe: Encyclopäd. Wörterb. d. med. Wissenschaften. Herausgegeben von den Professoren der mediz. Fnkult. zu Berlin. 20ste.' Bd. Artikel: „Koller der Pferde.quot;
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rauchklystire können bei denselben Krankheiten gebraucht werden, passen aber mehr da, wo neben der krankhaften Empfindlichkeit zugleich Schwäche der Fasern besteht; daher vorzüglich bei Windkolik, bei der ächten atonischen Verstopfungskolik, auch bei hartnäckiger atonischer Ver­stopfung ohne Kolik u. dgl. Selbst bei Entzündungskolik, besonders wenn dieselbe (wie fast immer) mit hartnäcki­ger Verstopfungquot; verbunden ist, hat man sowohl das De­kokt wie auch den Rauch vom Tabak als Klystir mit gutem Erfolge angewendet, und ich kann aus eigener Er­fahrung diesen Erfolg bestätigen. Andere Thierärzte ha­ben das Mittel nicht so nützlich befunden. Bei Entzün­dung des Mastdarms oder selbst nur bei zu grofser Trok-kenheit in demselben, ist aber der Tabaksrauch durch seine örtlich reizende Einwirkung mehr schädlich als nützlich.
sect;• 458. Die Gabe zum innerlichen Gebrauch ist für Pferde und für Rindvieh gj bis |jjj, für Ziegen (wahrscheinlich auch für Schafe und Schweine) 5ß bis ?jj, für Hunde Gr. x bis sß, — täglich 3 bis 4 Mal; man giebt den Ta­bak in Latwergen, Pillen, oder im Dekokt, und am besten für sich allein; doch setzt man ihm zuweilen noch andere Mittel zu, z. B. bei schmerzhaftem Husten das Kalomel, bei krampfhafter Verstopfung des Leibes das Glaubersalz, bei Wassersucht den Weingeist oder Essig u. dgl. entspre­chende Mittel bei. — Zu flüssigen Klystiren dient dieselbe Quantität wie zum innerlichen Gebrauch; bei Hunden jedoch nicht mehr als 20 Gran trockenen Tabak mit fß Wasser gekocht, zu einem Klystir nehmem Man wiederholt solche Klystire nach Bedürfnifs der Zufälle alle halbe bis ganze Stunden. Die Rauchklystire können, so lange die heftigen Zufälle dauern, ziemlich anhaltend fortgebraucht werden, und es läfst sich daher die Menge des hierzu erforderlichen Tabaks für jeden Fall nicht genau bestimmen; indessen sind doch für die grofsen
Hcrtwig Arziicimiltellclife.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 40
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Ilausthiere Jj bis Jjj, für die kleinen gß bis Jj gewölin-lich hinreichendl)-
sect;,
459.
c) Aeufserlich dient der Tabak im Dekokt, als Wasch­mittel gegen juckende Hautausschlage, gegen Flechten und Räude, gegen den sogenannten Ratzeuschweif der Pferde, und ebenso gegen Läuse. Ich habe ihn gegen diese Uebel bei allen Hausthicreu stets mit gutem Erfolge2) angewen­det, aber auch gefunden, dal's er gegen hartnäckige Räude weniger leistet als die schwarze und weifso Niel'swurz. Bei Hautausschlägen ist eine Abkochung in Wasser (1 Th. zu 8 bis 10 Theilen des Letztem), bald für sich allein, bald mit Zusatz von Schwefelleber oder Kochsalz, Kupfer­vitriol, Pottasche, Sublimat, Gianznüs u. dgl. reizenden, austrocknenden Mitteln, — oder eine Abkochung iu Aschenlauge (in dem vorigen Verhaltnifs) zu benutzen; dagegen ist zum Tödten der Läuse eine Abkochung mit Essig von ausgezeichneter Wirksamkeit. — Die Schäfer pflegen in manchen Gegendon den Tabak zu kauen und den auf diese Weise impräguirten Speichel, unter dem Namen Gosc gegen Räude u. s. w. zu benutzen; das De­kokt verdient jedoch den Vorzug.
Anmerkung. Der sogenannte Tabakssaft oder Ta­bakssabber, der sich in den Abzügen der Tabakspfeifen sammelt, wirkt sowohl bei innerlicher Anwendung, wie auch bei dem Einsprützen in den Mastdarm und bei dem Aufstreichen auf wunde Stellen au Hunden und andern kleinen Thieren sehr giftig und oft in wenigen Minuten
. ') D.is EinLiIiigi'ii des Tabaksi'uuclis ill ilcn MastiWiu si'srliirlit am licsUn yeruijUelst einar besoadera TubuksraucliUyslir- iUascbinr, im Nolbt'alle abi-r venniltelst finer Xvbaksiii'i'it'e von der das Kobr, iiacbdem sie mit Tabak gestopll und angeziiiidel ist, in den Aller gesteckt wird. Gewölinlich raucht die Pfeile von selbst aus; zuwei­len niiifs mal) dies aber dureb Blasen von aul'sen ber beloidein.
2) Bourgelat (mat. medicate) will birrvon Zmürlilreten der Künde und lödtlicbe Metastasen auf die Banclieingt w-ide Ilaheil eut-sleben seilen, was aber sehr zu bezweifeln ist.
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tödteud. Die hierzu erforderliche Quantität ist jedoch nicht immer gleichmäfsig, weil das Präparat oft von sehr verschiedener Stärke ist. Bei mehrern Versuchen starben Hunde von I Loth, innerlich gegeben oder in den Mast­darm gespritzt, und Tauben oft von 2 bis 4 Tropfen.
8. Schierlingskraut, (Brd schier ling, gefleckter ScliicrlingX Herhn Cpmi macultili s. Cicutae maculntae.
sect;. 460. Der wirksame Bestandtheil dieser Pflanze soll ein Alkaloid, das Go nun sein; dasselbe ist jedoch im festen Zustande schwer darzustellen, sondern es erscheint mehr in einer farblosen, öl-ähnlichen Flüssigkeit. — Die Wir­kungen dieser Substanz und eben so die des Schierlings selbst auf die verschiedenen Hausthiere sind bisher nicht genügend erforscht. — Linne1) sagt von ihr: „Schafe und Rindvieh lassen sie auf der Weide stehen, doch scha­det sie den Kühen nicht, wenn sie dieselbe getrocknet mit anderem Heu unter dem Futter erhalten; die Ziegen fressen sie gern und ohne Schaden; Wölfe, Füchse und Maulesel können sie ohne merklichen Nachtheil ertragen; Hunden, Gänsen, Schweinen und Kaninchen aber ist sie tödtlich und die Pferde werden davon taumlich oder schwindlich. — An diese Angaben schliefsen sich fol­gende Versuche: Mehrern Pferden gab ich das frische Kraut von ^vj bis 1^ Pfd., und das trockene von gjj bis ^vj auf einmal, konnte aber keine sichtbare Veränderung hiernach wahrnehmen. Viborg (Samml. Bd. 2. S. 420.) hat sogar einem Pferde l Pfd. Schierlingsblätter und Sa­men, mit 1 Pfd. Saft von der Pflanze zu Pillen gemacht, eingegeben, ohne dafs man hierauf eine Störung an diesem Pferde bemerkte. Moiroud (Arzneimittellehre, S. 400.) gab einem jungen, starken Zugpferde gegen '6\ Pfd. des Krautes auf einmal zu fressen und bemerkte au ihm keine
') Linne, Pflanzensystem, amp;h-r Tlicil. S. 59. Ninnberj; 1780, 8; — und dessen: Weslgilta resn. [). 150.
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sonderliche Beschwerde. — In mehrern Fällen, wo ich bei gesunden nnd bei, mit verschiedenen Krankheiten be­hafteten Pferden das (trockene) Kraut täglich zweimal zu 5j bis .jji?, Hunden zu 5jJ lt;liirch mehrere Tage nach ein­ander gab, fand sich urn den dritten, vierten Tag Abgang von weichen, breiartigen Exkrementen, wobei die Thiere übrigens munter blieben. — Ein vierjähriger Schafbock frafs durch fünf Tage gleichmäfsig frisches Schierlingskraut (wie viel?), ohne dadurch zu leiden; er ging jedoch an dieses Futter nur, wenn er vom Hunger getrieben wurde, und zeigte dabei weniger Widerwillen gegen die Stengel als gegen die Blätter1). — Ich gab einer Kuh ^vj bis 3 Pfd. des frischen, zweijährigen Krautes vor dem Abblü­hen2) abgeschnitten, zerquetscht und mit Mehl zur Lat­werge gemacht, und sah hierbei nur von den bezeichneten grofsen Gaben eine mäfsige Auftreibung des Bauches ent­stehen. Das Dekokt von 3 Pfd. des frischen Krautes wirkte auf gleiche Weise. Von dem gut getrockneten und sehr kräftig riechenden Kraut gab ich einer andern Kuh zu verschiedenen Zeiten sect;jj, giv, fvj bis Jvjjj, sowohl mit Wasser infundirt wie aufgekocht, und bemerkte von Ga­ben bis zu ^iv fast gar keine Wirkung, von jjvj bis ^vjjj aber eine starke Aufblähung des Leibes, welches 2 bis 3 Stunden nach dem Eingeben entstand und gegen 12 Stunden fortdauerte. Die Pupille, der Puls, die Schleim­haut in der Nase und im Maule, die Ausleerungen des Kothes und des Urins waren dabei nicht verändert nnd das Wiederkäuen bestand gleichmäfsig fort; nur das Ath-men war erschwert und das Thier stöhnte oft ganz laut. — Nach Harder vertrugen Hunde den Saft der Pflanze bis zu 3 Unzen, ein Fuchs 6 bis 8 Unzen3). — Orfila
') Compte rendu des Iravaux de l'Ecole vet. de Lyon ann. 1817. AniKil. de l'agricnlt. frany. Tom. 70. p. 258.
*) Nach melireren Beobaclilungeii ist das zu einer andern Zeit gesammelte und besonders das jüngere Kraut last ganz unwirksam; Si.'indort, Klima n. s. \v. sind vielleicht ehenlalls von Einiluls.
:,) v. Waller, Rlateria mcdica. Ans d. Franz. Leijizig I78VJ. Isler Theil, S. 234.
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(Bd. 2. S. 233.) licfs einem Hunde 14 Unzen friscli aus-geprelsten Saft eingeben und den Schlund unterbinden. Nach j Stunde erfolgte Würgen zum Erbrechen, Schwin­del, Zittern der hintern Extremitäten, — nach 3 Stunden der Tod. — Ein anderer Hund starb schon nach 8 Un­zen dieses Saftes. Ein Hund von mittlerer Gröfse /eigie in j Stunde nach dem Eingeben einer Drachme Schier-lingsextrakt einen traurigen Blick, legte sicli nieder, hörte nicht auf den Zuruf, und sah beständig starr auf einen Gegenstand; wenn er aufstand, blieb er mit gesenktem Kopfe längere Zeit auf einer Stelle stehen. Nach 2^ Stun­den nahmen diese Symptome wieder ab und nach 3 Stun­den waren sie völlig verschwunden. (Schub arth, in Horn's Archiv, 1821). Von 71 Drachmen des Extrakts (raten bei einem Hunde ähnliche Zufälle, zugleich aber noch flüssige Dannentleerungcn ein; nach 30 Min. war das Thier sinncnlos und nach 41 Minuten erfolgte der Tod. (Orfila.)
Bei der Anwendung des Schierlings durch Injektion in die Blutadern wirkt er verhältnifsmäfsig viel heftiger als innerlich; ich spritzte einem starken, mit Rotz behaf­teten Pferde ein Ini'usum, bereitet von rß des trockenen Krautes und gß kochenden Wassers, ia die Drosselveue, und bemerkte augenblicklich Schwindel, Blässe der Schleim­haut in der Nase und im Maule, sehr beschwerliches Ath-men. Zittern der Muskeln, Zuckungen an den Lippen und sehr kleinen Puls. Nach 15 Minuten waren diese Zufälle vorüber. Von einer doppelten Portion (gj) desselben erfolgte bei einem sehr munteren Pferde ganz dieselbe Wirkung, aber in solcher Heftigkeit, dais das Thier nach kaum 8 Minuten starb. — 1 Drachme des wässerigen Ex­traktes in ojß Wasser aufgelöst und einem kräftigen Pferde injizirt, wirkte ähnlich; aufser den genannten Zu­fällen fand sich aber noch Schwanken im üehon, Tau­meln, so dafs das Pferd niederstürzte, dann ganz ruhig lag und gelähmt zu sein schien; die Zunge hing wie ab­gestorben aus dem Maule: die Herzschläge waren von
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35 bis über 100, die Athemzüge über HO in einer Minute vermehrt. !Nach 15 Almuten fingen diese Zufälle an sich zu mindern, aber erst nach 12 Stunden waren sie ganz vorüber. — Hunde zeigten nach Injektion von 4 bis 8 Gran des Extraktes, in 2 bis 3 Drachmen Wasser ge­löst, dieselben Symptome und die Wirkung dauerte IG bis 2(1 Stunden. — Bei Orfila starb ein Hund nach der Injektion von 28 Gran des Extraktes binnen 2 Minuten. Im Kadaver der durch Schierling getödteten Thiere, finden sich zuweilen die Sehlehnhant im Magen und Darmkanal an einzelnen Stellen roth gefleckt, das Blut im Herzen bald geronnen, bald flüssig, und überhaupt wenig ausgezeichnete pathologische Veränderungen.
4fil.
Die im Vorstellenden angegebeneu Versuche zeigen: dafs das Schicrlingskraut innerlich bei den pflanzenfres­senden gesunden Thiercn angewendet, selbst in grol'seu Gaben nur sehr schwach auf das Nervensystem wirkt, dafs es aber bei Hunden (wahrscheinlich bei allen Fleischfressern) narkotische Zufälle erzeugt. Wenn es durch längere Zeit angewendet wird, soll es die Assimilation und Reproduktion auf cigenthümliche Weise umstimmen, namentlich das Blut sehr verdünnen, die Thätigkeit der Venen, der Lyinphge-fäfse und Lymphdrüsen vermehrenj und daher auch die Resorption verstärken. Mau hat deshalb den Schierling' fast nur allein als ein auflösendes', zertlieilendes und um­stimmendes Mittel innerlich gegen Rotz und Wurm, gegen bösartige Druse, gegen Lungenknoten., gegen Verhärtun­gen, besonders in drüsigen Organen, Scinhus, Krebs. Wassersuchten und ödematösen Anschwellungen in Folge der zu gelingen Thätigkeit der Venen und LyinphgefäfVo n. dgl.; — und äufserlich bei verhärteten schmerzhaften Geschwülsten, besonders in drüsigen Gebilden, bei Scir-rhus und Krebs, (namentlich am Euter), bei Flecken und Verdunkelungen der Hornhaut, und selbst gegen Aus-schvvitzimgen und Verdunkelungen im Innern des Auges gebraucht. Es ist leicht einzusehen, d^ifs er bei diesen
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liartnackigeu, und nielirentlieils allen andern Mitteln wi­derstehenden Krankheiten nicht in jedem Falle die Gene­sung herbeiführen kann; indessen habe ich doch mehr­mals, besonders bei dem Hautwurm der Pferde und bei Verhärtungen im Euter der Kühe, ganz vortreffliche Wir­kung von ihm gesehen.
sect;. 4(i2.
Das trockene Kraut kann den grofsen Hausthieren zu 5j bis Jjjj, Schafen und Ziegen zu ^jß, Hunden zu gj bis 5j iraquo; einer Gabe (das frische Kraut oder der ausge­preiste Saft in der doppelten Menge), und täglich zwei­mal gegeben werden. Die Anwendung geschieht in Pil­len, in Latwergen oder im Dekokt, und inehrenthcils in Verbindung mit aaclern entsprechenden Mitteln, besonders mit Spiefsglanz, Quecksilber, Thiorkohle u. dgl.
Acul'serlich benutzt man sowohl das trockene wie das frische Kraut, zu Breiumschlägen und das Dekokt zum Hallen der verhärteten oder schwärenden Theile, ähnlich wie das Bilsenkrattt.
Anmerkung 1. Das aus dem Erdscliierling bereitete Extrakt (Extr. Conii maculati) ist in der Thierarzneikundo nicht gcbränclilich, kann aber bei den oben genannten Augenfolilern recht gut, sowohl für sich allein (in Auf­lösungen, 9j zu ,\j dest. Wassers) oder als Zusatz zur rothen und grauen Merknrialsalbe u. s. w. benutzt werden.
Anmerkung 2. Der Wasserschierling {Cicuta virosa s. dqudHcd) ist ebenfalls als Arzneimittel nicht ge­bräuchlich, wirkt aber weit kräftiger und giftiger als der Erdscliierling auf alle Haustlnere u. a. Ein Pfund dieser Pflanze war hinreichend zum Todten eines Pferdes. Die Zufälle hierbei waren: Unruhe, Krämpfe, stierer Hlick, Erweiterung der Pupille, unwillkürliches Kauen, Unver­mögen zu stehen, bläuliche Färbung der Schleimhaut und dergl; (Siehe Krause, in Gurlt und llcrtwig Magaz. d. Thicrheilk. Bd. 3. S,-338; und Viborg. Samnjl. Bd. 3. S. 153.)
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9. UlausSure, Wassers tuffMausiiure, Preiifsisililaquo; Säure. Aciilum fiyclrocifanicum, Jlcid. borussicum s. prussicum.
sect;. 463.
Diese, aus thierischen Substanzen und namentlich aus dem Blute durch Kunst bereitete Flüssigkeit besitzt, wenn sie möglichst wenig Wasser enthält (wie z. B. die nach Gay-Lussac bereitete), unter allen Arzneistoffeu und Giften die gröfste Wirksamkeit, so dafs selbst von aufserordentlich kleinen Gaben augenblicklich die heftig, sten Zufälle und selbst der Tod entstehen. Ein Tropfen dieser reinen (Gay-Lussac'schen) Blausäure einem Hunde auf die Zunge gebracht, verursacht sogleich einige tiefe, schnelle und röchelnde Athemzüge und den Tod. Die­selbe geringe Menge in's Auge, oder auf die Nasenschleim­haut, oder auf eine frische Wunde applizirt, tödtet einen Hund binnen 1 Minute unter denselben Zufällen. Von einem Tropfen, der mit 4 Tropfen A\reingeist verdünnt in die Vene gespritzt wurde, starb ein Hund augenblicklich, wie vom Blitz getroffen (Magendie, Vorschriften über die Bereitung und Anwendung einiger neuen Arzneimittel, S. 59). Bei Pferden erfolgte der Tod durch innerliche Anwendung von 12 bis 20 Tropfen dieser Säure eben­falls so schnell und unter gleichen Zufallen.
Die Blausäure im reinen Cconzentrirten) Zustande und von der eben bezeichneten Wirksamkeit ist als Arznei­mittel gar nicht zu gebrauchen, weil sie in diesem Zu­stande aufserordentlich flüchtig und sehr leicht zersetzbar ist, — und weil ihre Anwendung sowohl für die Thiere, denen sie eingegeben wird, als auch für die Personen, die das Eingeben bewirken, stets mit Vcrgiftungsgefalir verbunden ist. — Alan beuufzt deshalb zum arzncilichen Gebrauch eine mehr wasserhaltige (verdünnte) Blausäure, die in verschiedenen Ländern nach verschiedenen Vor­schriften bereitet wird, und daher von sehr abweichender
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Starke ist1). In Deutschland war bisher diejenige Art der Blausäure am gebräuchlichsten, welche nach Itt-laquo;er's Methode bereitet ist, und von welcher 3 Tropfen einen Gran wiegen und 100 Theile, mit Reageutien be­handelt, 3 Theile Berlincrblau geben1). Bei mehreren Pferden entstand von 20 Tropfen dieser Säure, mit 2 bis 3 Unzen kalten Wassers verdünnt eingegeben, keine be­merkbare Wirkung. — 30 Tropfen ohne Wasser verur­sachten bei denselben Pferden binnen einer Minute ein ge­ring beschleunigtes Athmen, der Puls blieb unverändert; nach wenigen Minuten war die Wirkung vorüber. — Von 50 Tropfen ohne Wasser wurden sogleich die Athemzüge etwas beschwerlicher, schneller und tiefer, der Puls etwas beschleunigt, die Pupille erweitert. Nach 5 Minuton war Alles wieder vorüber. — Von 80 Tropfen dieselben Symptome, aber das Athmen wurde stöhnend, 15 bis 16 Mal in einer Minute in besonderer Anstrengung der Bauch­muskeln ausgeübt, der Puls auf 52 Schläge vermehrt, An­fangs voll und weich, dann klein und unregelmäfsig; Zit­tern der Gliedmafsen, Unsicherheit im Stehen. Die Wir­kung dauerte 15 Minuten. — 100 Tropfen (33 Gran) ver­ursachten dieselben Zufälle im höhern Grade, und na­mentlich war die Unruhe, die Aengstlichkcit und das Zit­tern deutlicher ausgesprochen. (Schubarth a. a. O.) — 3j (ISO Tropfen) bewirkte sogleich beschwerliches, fast röchelndes und bis auf 25 Züge in einer Minute vermehr­tes Athmen, Sträuben der Haare am ganzen Körper, duu-kelrothe Färbung der Bindehaut der Augen und der Schleimhaut in der Nase und im Maule3),
*) Aufser der Verscliicdenbeit der Bereilang trügt nacli die Art und Dauer der Anfbewahrnng sehr viel zur Vcrschiedenlicit in der Wirksamkeit der Clausame Lei, und die letztere wird liiurdurch ein liöclist. unsiclieres Mittel.
2) Die liiaiisäure, welelie naeli der in der neuen Preufs. I'liar-maknnne entliallenen Vorscbrii'l heieilcl wird, ist etwas starker und giebt ans 100 Tin ilen l Theile Berlinerliiau.
ä) leb babe diese dunklere, aber digt;eb lebbalte Uiilbe der
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Erweiterung der Pupille, Vermehrung der Pulse von 37 bis auf 60, wobei die Arterie voll und gespannt, der Herz­schlag stark fühlbar war; Zittern der Gliedmal'sen Tau­meln. Der Athem roch sehr stark nach Blausäure. Nach 20 Minuten schien die Wirkung vorüber zu sein; nur der Puls war noch etwas schneller, zugleich aber kleiner und weicher als vorher. f;jj erzeugten dieselben Zufalle, aber in einem so hohen Grade, dafs die Pferde unter sehr angstlichem röchelndem Atlnnen nach kaum l bis 2 Mi­nuten niederstürzten, die Augen verdrehten und Zuckun­gen bekamen, aber nach 6 bis 10 Minuten sich wieder erholten, aufstanden, und nach l Stunde wieder ganz munter waren. — Von gß trat die Wirkung fast augen­blicklich mit denselben Zufallen ein; das Pferd stürzte nach einer Minute, sehr ängstlich athmend und taumelnd, nieder, bekam Krämpfe in allen Muskeln, so dafs die Augen verdreht, das Maul aufgezogen, der Hals nach rückwärts gekrümmt, die Bauchmuskeln stark gegen den Kücken gezogen, und die Beine convulsivisch bewegt wurden; nach 15 Minuten trat Ruhe ein, die Beine und die Zunge waren ganz schlurt, die Empfindlichkeit zeigte sich bei angebrachten Stichen u. s. w. ganz erloschen:; die, bis 120 in einer Minute vermehrten Herzschläge wur­den so stark pocliend, dafs man sie hören konnte; dage­gen nahm das früher heftige Atlnnen iminer mehr ab, so dafs nach Verlauf von IS Minuten nur zweimal in einer Minute und nach 22 Minuten nur einmal in einer Minute mit aufgesperrtem Maule tief eingeathmet wurde. Mit 25 Minuten erfolgte der Tod ganz ruhig. Das Herz schlug nocli durch 3 bis 6 Minuten, die Schläge wurden aber immer laugsamer, unregelmäi'siger und schwächer, und mit 28 Minuten blieben sie ganz aus. Die Arterien pulsirten kaum fühlbar, aber dennoch spritzte das Blut
SrlilfiiiiliSnlc si'lir coiisliint nncli kleineren um) zrOfs^rva w.ilii'ii iinil lici allen Tliierm beobaclilrt; sie zeigt, il.ils ilit- BlausSurK, no laquo;ic andei'e narkot. iUitlel, .ml ibs GefälsKyslKm nickt.
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noch stofsweis aus ihnen, und zwar in mehrern Fällen noch 8 bis 12 Minuten nach dein Aufhören des Athmens.
Manche Pferde wieherten etwa k bis 1 Minute nach dem Eingeben der Blausäure ganz laut; und wenn die Wirkung tödtlich wurde, so ging zuerst immer der Urin u nwillliürlich ab. Zuweilen erfolgte vor dem Tode eine Art Starrkrampf, wobei der ganze Körper stark nach rück­wärts gestreckt wurde. Macht man während der Wir­kung einen Adcrlafs, so erscheint das Venenblut stets viel heller roth, dem Arterieublut sehr ähnlich, und es gerinnt schnell und gleichmafsig; später wird es dunklerund zer­setzt sich leicht. Das Arterienblut zeigt im Anfange der Wirkung keine Abweichung von seiner normalen Be­schaffenheit, späterhin aber wird es etwas dunkler gefärbt, — wie es scheint, in Folge der mangelhaften Respiration.
An Schafen und Ziegen hat C. Viborg1) mit Blau­säure 6 Versuche angestellt, aus denen sich ergiebt: dafs bei diesen Thieren die Erscheinungen der Wirkung im Wesentlichen dieselben sind, wie bei Pferden und Hun­den; — dafs 25 bis 30 Tropfen einem 9 Monate alten Ziegenbock durch ein Klystier beigebracht, oder dieselbe Gabe einem 6 Monat alten Schafe durch das Maul einge­gossen, den Tod nicht verursachten; — dafs 40 Tropfen einem 2 Monat alten Lamme in die Mutterscheide ge­spritzt, heftige Zufälle hervorbrachten, die aber nach und nach wieder verschwanden, und dafs jenes Schaf durch 1 Drachme, der Ziegenbock aber durch 2 Drachmen ge-tödtet wurden. — Es ist zu bedauern, dafs die Art und Stärke der hierbei angewendeten Blausäure nicht bezeich­net ist.
An Hunden ist die Ittnerschc Blausäure sehr viel­fältig versucht worden. 2 bis (i Tropfen innerlich gege­ben verursachen gewöhnlich nur etwas dunklere Röthung der Schleimhaut, Husten, zuweilen auch kurzes, schnelle­res Athmen, — doch nur für wenige Minuten; — von 10
quot;) Aclii imva Snc. nied. Havn. Vol. VI. Kopcnii. löil.
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bis 15 Tropfen entsteht nach etwa ^ Minute, schnelles, krampfhaftes, ängstliches Athmea, Zittern der Glieder, 116tlnuig der Schleimhäute, „manchmal Neigung zum Er­brechen, oft wirkliches Erbrechen, Taumeln, selbst Nie­derstürzen, schnellerer Puls, Erweiterung der Pupille, Krampf in allen Muskeln. Diese Symptome bestehen durch 3 bis 5 Minuten, nehmen dann allmiihlig ab und verschwinden mit 6 bis 10 Minuten gänzlich. Je früher das Erbrechen eintritt, um desto gelinder sind die Zufälle und um desto kürzer ist ihre Dauer. — 20 bis 30 Tro­pfen wirken auf gleiche Weise, führen aber sehr oft den Tod schnell herbei, und von 40 bis GO Tropfen erfolgt der letztere jederzeit. Hei der Einspritzung gleicher Quantität von dieser Blausäure in den Mastdarm oder in frische Wunden tritt die Wirkung mit ganz ähnlichen Zufällen, jcdocli ein wenig langsamer als bei innerlicher Anwendung ein.
Noch heftiger und schneller wirkt aber das Mittel, wenn es in die Vene gespritzt wird. Pferde werden hier­bei von 20 bis 30 Tropfen schon nach \ Min. schwind-lich und fallen nieder, die Schleimhaut im Maul und in der Nase wird hierbei zuerst für kurze Zeit etwas dunk­ler roth, dann aber ganz blafs, das Athmen sehr erwei­tert, es tritt Starrkrampf, Lähmung und der Tod ein.
Am schnellsten tritt aber die Wirkung ein, wenn man es durch eine gemachte Oetfnung in die Luftröhre giefst. Selbst durch bloses Einathmen der verdunstenden Blau­säure, z. B. wenn man ein mit ihr gelulltes Gläschen einem Thiere in die Nasenlöcher hält, ist der Tod unter obigen Zufällen bald zu bewirken.
461.
An den Kadavern der durch Blausäure getödteten Thiere bemerkt man: dafs sie in kurzer Zeit nach dem Tode ganz steif werden, — dafs der Glanz der Horn­haut ziemlich lange besteht, — dafs die Nerven und Mus­keln noch durch 15 bis 20 Minuten für den Galvanisinus
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sehr empfänglich sind'l, — dafs die wurmformigc Bewegung des Darmkanals eben so lange besteht, — das Gehirn und oft das Rückenmark sehr blutreich ist, — das Blut schwarzbraun, zuweilen bliiulich, schmierig erscheint und dafs zuweilen bald im Magen und Darmkanal (bei Wiederkäuern vorzüglich im vierten Magen), bald im Herzen oder im Gehirn und Rückenmark ein Geruch nach Blausäure (jedoch in der Regel nur für kurze Zeit) wahr­zunehmen ist. Andere pathologische Folgen, z. B. Ro-thung der Schleimhaut des Magens u. s. w., welche sicli in einzelnen Kadavern finden, sind mehrentheils nur als zufällige Erscheinungen zu betrachten: selbst das Vorhan­densein des Blausäurengcruchs ist von zufälligen Umstän­den, z. B. von dem Liegen des Kadavers während kurzer oder längerer Zeit an trockenen oder feuchten, an hellen oder dunklen Orten und dergleichen abhängig.
165.
Die beschriebene Wirkung der Blausäure zeichnet sich vor der aller andern Arzneimittel theils durch ihre aufser-ordentliche Flüchtigkeit, theils durch die dabei entste­hende, von keinem andern Mittel in dieser Art und in dem Grade erfolgende Verminderung (selbst Vernichtung) der Lebenskraft, ans. In wiefern auch liier zuerst eine Aufregung des Gefäfssystems entsteht, scheint noch nicht gehörig erforscht zu sein: die dunkle Röthung der Schleim­häute deutet es an, dafs dieselbe zugegen ist, aber ihre Daner ist weit kürzer als bei den übrigen narkotischen Mitteln. — Ueber die spezifische Richtung der Wirkung auf einen besonderen Theil des Nervensystems hat man sehr abweichende Erklärungen gegeben; allein die sämmt-lichen Erscheinungen deuten an, dafs das Mittel zuerst den Lungen-Magennerv und die von ihm abhängigen Or­gane, besonders aber den Kehlkopf und die Lungen affi-
') Wenn icli iilier diesen Pimkl fast allen andern Ansahen \vi-derspreebe, so geschieht dies nur auf den Grund meiner selir zalil-reidien Untersuoliunsen.
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zirt; — dafs die Wirkung von kleinen Gaben auf diese Organe beschränkt bleibt, von grofsen Gaben aber sich schnell auf das Rückenmark und auf das Gehirn verbrei­tet. Die hierbei auch jederzeit erfolgende Entiniscluing des Blutes ist daher sehr wahrscheinlich nur eine secun-diire Wirkung.
sect;. 466.
Die Anzeigen zum Gebrauch gegen Krankheiten der Thiere sind noch nicht sicher begründet, weil die Blau­säure als Heilmittel noch zu neu, und überhaupt als sol­ches auch wenig angewendet worden ist. — In der Men-schenheilkunde hat man sie ä) „bei zu hoher Reizbarkeit der Ganglien- und Rückenmarksnerven; — ö) bei zu hoch gesteigertem Wirkungsvermögen der Nerven dos Ganglien­systems und des Rückenmarks; — c) bei Abnormitäten vegetativer Organe, wo die Massenbildung vorherrscht, und in chronischen Anschwellungen, Ablagerungen u. dgl. sich zu erkennen giebt, und — d) bei Abnormitäten der Sekretion in der Luugenschleimhaut, vorzüglich wenn die­selben mit mancherlei Krampfzufällen verbuudcn sindquot;, — im Allgemeinen empfohlen (Vogt, Lehrb. d. Pharmako-dynamik, Bd. I. sect;.347.), und sie hiernach speziell gegen erethische Entzündungen, besonders der Respirationsorgane, des Rückenmarks und der Baucheingeweide, gegen Krämpfe und Nervenschmerzen, gegen Rcizhusten, Brustkrampf, Koliken, Erbrechen und zu grofser Sensibilität des Ma­gens, wo andere Mittel stets sogleich wieder weggebro­chen werden, Epilepsie, Starrkrampf, gegen Stockungen im Pfortadersystem, bei Anschwenungen und Verhärtun­gen drüsiger Gebilde u. dgl. mit heilsamem Erfolge an­gewendet.
In ähnlichen Krankheiten hat man das Mittel auch bei Thiercn versucht; bei dem sogen, nervösen Dampf der Pferde, wo das beschwerliche Athincn ohne voraus­gegangene Entzündung in kurzer Zeit entstanden, und bei jedem Athemzuge mit krampfhafter Zasammeuziebung der Stimmritze und mit einem lauten, mehrentheils pfeilenden
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Tone verbunden war, habe ich es in mehrern Füllen mit sehr gutem Erfolge, in andern Fällen aber ganz ohne Nutzen angewendet. — Hei dem chronischen Reizhusten der Hunde, der meistens die Thiere Tag und Nacht quält, habe ich von keinem andern Mittel so schnell Er­leichterung und selbst wirkliche Heilung erfolgen sehen, wie von der Blausäure. — Gegen die Convulsionen bei und nach der Staupe der Hunde hat es in den meisten Fällen nichts geleistet, — Bei dem Starrkrampf der Pferde hat es zwar in einigen Fallen nach jedesmaliger Anwen­dung ein fast auch augenblickliches Nachlassen des Kram­pfes, jedoch nur vorübergehend erzeugt, selbst wenn mit der Applikation des Mittels bei dem Wiedereintritt des Krampfes fieil'sig fortgefahren wurde; kein Pferd wurde damit geheilt; in den meisten Fällen schien es, selbst bei vorsichtiger Anwendung die, ohnedies durch den anhal­tenden Krampf so sehr in Anspruch genommenen, Kräfte zu schnell und ohne Grenze zu vermindern. — Gegen den Dummkoller, selbst wenn er mit Erethismus verbun­den war, habe ich das Mittel stets vergeblich angewen­det. — Gegen Darmentzündung versuchte ich es bei zwei Pferden mit gutem Erfolge; es wurden aber zugleich Blutentziehungen und schleimige Mittel benutzt. Bei der sogen. Lungenseuche des Rindviehes habe ich es sehr oft und in verschiedenen Gaben, aber ganz ohne Nutzen an­gewendet. Dafs überhaupt die Blausäure bei aktiven Ent­zündungen und akuten ilheumatismen der Thiere wirklich das beste Mittel, und dem Salpeter und andern Salzen vorzuziehen sei, wie Ritter1) behauptet, kann ich nicht bestätigen. Gegen veraltete rheumatische Lähmungen wen­dete sie C. Viborg (a. a. O.) vergeblich an.
Die Gegenanzeigen gegen die Anwendung der Blau­säure sind im Wesentlichen die im sect;. 427. im Allgemei­nen angedeuteten; je mehr aber grofse Schwäche und
') Vom Verkaule und Kauft' dor niitzliclisti'n üunsthicrp. Mannlieim IHil.
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Neigung der Säfte zur Entmischung zugegen ist, um desto weniger ist die Blausäure passend.
sect;. 467.
Die richtige Bestimmung /1er, bei den verschiedenen Thieren für jeden Fall angemessenen Gabe ist bei der Blausäure schwieriger als bei andern Mitteln, theils, weil das Präparat häufig von sehr verschiedener Stärke ist, (sect;. 463.), theils auch, weil die individuelle Empfänglich­keit für die Blausäure bei den einzelnen Thieren (selbst bei denen von gleicher Gattung, von gleichem Alter, Ge­schlecht n. s. w.) sich in sehr verschiedeneu Abstufungen zeigt. Der in dieser Beziehung durch die verschiedenen Krankheiten bedingte Unterschied ist noch gar nicht be­kannt. Es kann daher nur die mittlere Gabe angedeutet werden, und diese ist von der, nach der Preufs. Pharma-kopöe bereiteten Blausäure (sect;. 463. die 2te Anmerkung) für Pferde und Rinder 5ß — 5j oder 90 bis 180 Tropfen, — für Schafe 5 bis 8 Gran oder 15 bis 24 Tropfen, für kleine Hunde 1 bis 2, für grofse bis 4 Tropfen. — Diese Gabe darf nur mit gröfster Vorsicht verstärkt werden. Die Wiederholung findet bei akuten Krankheiten in Zwi­schenzeiten von 2 bis 4 Stunden, bei chronischen Krank­keiten nach 8 bis 12 Stunden statt.
Die Anwendung geschieht nur durch das Maul oder durch den Mastdarm, am besten in flüssiger Form, mit 30 bis 40 Theilen kalten destillirten Wassers (auch Flufswasser oder Regenwasser) verdünnt, odor mit eben so viel von einer einfach schleimigen Flüssigkeit versetzt; z. B. man macht eine Auflösung von pulveris. arab. Gummi 56, mit gemeinem destill. Wasser gß und setzt hinzu: Blausäure 6 Tropfen. Davon giebt man einem mittelgrofsen Hunde alle 4 Stunden den vierten Theil, das ist gegen 60 bis 70 Tropfen auf einmal, so dafs das Ganze in einem Tage verbraucht wird. In gros-screr Menge als für einen Tag erforderlich ist, darf man solche Zusammensetzungen nicht bereiten lassen, weil sie bei der grofsen Flüchtigkeit und bei der leichten Zcrsetz-
barkeit
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barkeit des Mittels durch Licht und Luft sehr bald un­wirksam gemacht werden; deshalb sind sie auch eigent­lich nur für kleinere Hausthiere zu benutzen, weil für diese eine kleine Quantität ausreichend ist; für die grofsen mufs man die bestimmte einzelne Gabe der Blausäure un­mittelbar vor dem Eingeben zu dem Vehikel setzen1). Je gröfser die Menge des letztern ist, um desto schwä­cher ist die Wirkung von einer bestimmten Gabe, im Ver­gleich zu derselben Gabe, wenn das Mittel rein, d. i. für sich allein gegeben wird. — Zur Anwendung in Pillen und Latwergen ist die Blausäure nicht geeignet, weil sie bei der Zubereitung dieser Arzneiformen gröfstentheils verdunsten würde.
Auch eignet sie sich nur sehr wenig zu Verbindungen mit andern Arzneimitteln, weil sie durch viele Stoffe theils leicht zersetzt, theils in ihren Wirkungen sehr modifizirt wird; am meisten nachthcilig sind die Zusätze von Metall­oxyden, von geschwefelten Kalien und Erden, von Säuren und vom Brechweinstein. In dem letztern, und eben so im Salmiakgeist, im Terpenthinol und im Chlorwasser hat man sogar Gegengifte der Blausäure zu finden geglaubt, jedoch mit unrecht; denn die Erfahrung zeigt, dafs weder durch diese Mittel noch durch irgend einen andern Ein-flufs die einmal im thierischen Organismus entstandenen Wirkungen der Blausäure wieder aufgehobeif werden können.
#9632;;
1) Es bedarf wohl kaum der Erinnerung, dafs das Eingeben der Blausäure bei den grofsen Thieren vom Thierarzt selbst geschehen mufs und dafs der letztere die, für ein Pferd oder Rind zu einer vollständigen Gabe, erforderliche Menge dieses heftigen Mittels Nie­manden anvertrauen darf. Dieser Umstand, die Ungleichheit in der Stärke des Mittels, die leichte Zersetzbarkeit und grofse Flüchtigkeit desselben, die hierdurch erschwerte Anwendung in anderer als in flüssiger Form, — Alles dieses zusammengenommen wird stets die Benutzung der Blausäure in der Thierarzneikunde sehr beschränken. Glücklicherweise entsteht hieraus kein grofscr Verlust; denn bei den allermeisten Krankheilszustäoden kann man ohne dieses liernisrhe Mittel auskommen.
Herlwis ArinciniUlelWjrp.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;41
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Anmerkung. Die Blausäure kommt auch von der Natur gebildet im Pflanzenreich vor, namentlich in den Gattungen Amygdalus und Prunus, besonders in den Blät­tern des Kirschlorbeerbaums (Prunus JMurus-Cerasus), des Traubenkirschstrauches (PrunusPadus) und des Pfirsichbaums {Amygdalus persica), ferner, in den Kernen des Bittermandelbaums {Amygdalus amara), des Pflaumbauras {Prunus domestica) und des Sauer­kirschbaums (Prunus Cerasus), — in den Blüthen des Schlehenstrauches (Prunus spinosa) und der Pfirschen, und in der Rinde des Tranbenkirschstrauches. In allen diesen Pflauzentheilen ist die Blausäure an ein äther. Oel und an andere Stoffe auf eigenthümliche Weise, gleichsam organisch, gebunden. Besondere Erwähnung verdienen: l) die bittern Mandeln (Amygdalae amarae), welche in etwas grofser Menge bei allen Thieren, nament­lich aber bei Hunden und Vögeln fast dieselben Zufalle erzeugen wie die Blausäure, und dalier auch als giftig; (wie man gewöhnlich glaubt, für alle blindgebornen Tliiere) allgemein bekannt sind. Ein Pferd zeigte nach dem Ein­geben von \ Pfd. bitterer Mandeln einen kleinen, schnel­len Puls, heftiges Flankenziehen, Stöhnen, Aechzen, öfte­res Misten. Diese Zufälle dauerten gegen ^ Stunde. Die­selbe Gabe bald darauf wiederholt, wirkte ähnlich, aber schwächer, und als sie nach Verlauf von 6 Stunden dein
I
nämlichen Pferde nochmals gegeben wurde, konnte mau blos Mattigkeit und einen kleinen Puls bemerken (Vi-
•v
borg, Samml. Bd. 1. S. 317). Ich gab einem starken Hunde 10 Stück bittere Mandeln in Pillen; nach 2 Mi­nuten wurde das Athmen beschwerlich, schnell, das Thier lief ängstlich herum, zitterte, taumelte, fiel nach 5 Min. nieder, bekam Erbrechen, wobei die sämmtlichen Pillen unverändert ausgeleert wurden; es erholte sich aber nach 10 Minuten wieder so, dafs er aufstand und nach einer
halben Stunde ganz wohl war. 'nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Therapeutisch kann man die bittern Mandeln bei
schmerzhaften Husten und bei Krampf- und Eutzünduugs-
J
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kolik benutzen; man giebt sie für Pferde und Rinder zu -j — Tjj, für Hunde zu 20 bis 40 Gr. auf einmal, — am besten, indem man sie durch Reiben mit 12 Theilcn Wasser zur Emulsion macht. — Die wichtigsten Präpa­rate von ihnen sind: d) das ätherische Bittermandelöl (Oleum anygda-larum amararum aei/wreum), welches an Stärke ziem­lich gleich mit der nach der Preufs. Pharmakopoe bereiteten Blausäure ist, in der Thierarzaeikunde aber nicht gebraucht wird, ö) Das B i 11 e r m a n d e 1 w a s s e r (Aqua amygdalarum ama-rarum); 24 Tropfen von ihm sollen einen Tropfen Ittn er scher Blausäure enthalten und es kann daher in verhältnifsinäfsig verstärkter Gabe gebraucht wer­den, es ist jedoch seines Preises wegen höchstens bei kleinen Thieren zu benutzen, aber durch die Blausäure ganz zu ersetzen. 2) Die Kirschlorbeerblätter (Folia Lauro-Cerasi) zeigen nach Verschiedenheit ihres Alters, der Zeit des Einsammelns u. s. \v. einen sehr verschiedenen Gehalt an Blausäure und daher sowohl in Substanz wie auch in den aus ihnen dargestellten Präparaten einen verschiedenen Grad der Wirksamkeit; am stärksten scheint letztere zu sein, wenn die Blätter nach ihrer völligen Ausbildung im Spätsommer gesammelt und noch frisch sind. lit grofsen Gaben erzeugen sie ganz ähnliche und eben so heftige Zufälle wie die Blausäure. Ein thierärztlicher Gebrauch ist bisher von ihnen nicht gemacht worden.
Das aus diesen Blättern bereitete ätherische Kirschlorbeeröl (Oleum Laura - Cerasi aethereum) stimmt im Wesentlichen mit dem Bittermandelöl überein, ist aber etwas reicher an Blausäure; es wird nicht angewendet. — Das destillirte Kirschlorbeerwasser (Aqua Lauro-Cerasi destillata) ist dem Bittennandelwasser ganz ähnlich, doch mehrentheils etwas stärker als dieses, wird aber, der Preufs. Pharmakopoe zufolge, durch das letztere ersetzt.
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sect;. 468. Zu den narkotischen Mitteln gehören auch noch fol­gende, deren Wirkungen noch weniger bekannt sind, als die der abgehandelten Mittel, und von denen auch wenig oder gar kein thierärztlicher Gebrauch gemacht wird.
d) Bittersüfsj Alp ranken, CSolanum Dulcamara, gebräuchlich die Stengel, Stipites Duscamarae); sie wirken schwach betäubend, jedoch nur in grofsen Gaben; bei Pferden sah ich von 8 bis 12 Unzen der frischen so wie der trockenen Stengel — und Viborg (Samml. Bd. 3, S. 148) von 16 bis SO Beeren bei Hunden, und von 12 Beeren bei einem Haashahn keine deutliche Wirkung. Dänische Thieriirzte wollen die Stengel gegen den trok-kenen Dampf, täglich zu .^vj bis .^xjj mit Nutzen ange­wendet haben (Voter. Selsk. Skrift. Deel 1. S. 312. Dcel 3. S. 506). — b) Schwarzer Nachtschatten CSolanum nigrum), die ganze Pflanze wirkt betäubend und zugleich etwas scharf; Versuche in der Thierarzneischule zu Ko­penhagen haben gelehrt (Viborg Samml. Bd. 3, S. 149), dafs weder die Blätter noch die Beeren dieser Pflanze für Pferde, Esel, Hunde und Hühner so giftig sind, wie man geglaubt hat. Dagegen ist sie Schweinen und Kühen schädlich, verursacht bei letztern Unruhe, Schmerz, Auf­treibung des Leibes, stieren Blick, harten, vollen Puls und pelbst den Tod; andere Kühe, die auf diese Weise litten, wurden durch Aderlässen und schleimige Mittel gerettet (Vet, Selsk. Skrift. Deel 2. S. 420). Als Heilmittel wird das Kraut nicht benutzt. — c) Einbeere (Pam quadri-folia), Kraut und Beeren sollen scharf narkotisch wirken und den Hühnern giftig sein; Hunde zeigten von 15 Bee­ren gar keine Wirkung, von 20 Stück aber Anstrengung zum Erbrechen (Schubart a. a. O.). — d) Eisenhut, Sturmhut (Acontium); alle Arten dieser Pflanze sind iii ihren sämmtlichen Thcilen scharfnarkotisch und fast für alle Thiere im frischen Zustande sehr giftig. Viborg (Samml. Bd. 3. S. 296.) sah von 16 Loth der frischen Wurzel und der im Frühjahr hervorsprossenden Wurzel-1
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blatter des wahren Eisenhutes (Aconil. napellus) bei einem Pferde sogleich Aufstofsen, beständiges Bewegen der Zunge, und nach lj Stunde Speichelflufs und schnel­les, starkes Athmen entstehen, worauf das Thier nieder­fiel, beständig nach dem Leibe sähe, sich zum Erbrechen anstrengte, mit den Zähnen knirschte, schnellen, krampf­haften Puls hatte, nach 3 Stunden dünnen, mit Schleim gemengten Mist häufig entleerte, dann besser zu werden schien, nach 6 Stunden wieder aufstand, aber noch schwach und taumelnd war und keinen Appetit zeigte. — Am fol­genden Tage war es wieder ganz wohl, und man gab ihm | Pfd des nämlichen Mittels; es entstanden dieselben Zufälle und nach 14 Stunden der Tod. Der Magen und Dünndarm fand sich entzündet. Viborg sagt auch, dafa Schweine von dem Eisenlmtkraut sterben (dess. Anleit. 2. Erzieh, u. Benutzung d. Schweins, S. 76); ich sähe bei Ziegen nach dem Geuuls dieser Pflanze schmerzhafte Auf­blähung des Leibes, Krämpfe, stieren Blick, Erweiterung der Pupille, und in 2 Fällen den Tod erfolgen. Bei dem Rindvieh wirkt sie eben so nachthcilig. Für Hunde, Füchse, Wölfe, Katzen u. s. w. ist der Eisenhut eins der heftigsten Gifte, und erstere sterben schon von 3j bis 3jj der Wurzel. — Das Kraut und die Wurzel sind (von Stahl) als Heilmittel gegen den Wurm der Pferde em­pfohlen, haben sich aber nicht bewährt; Co Haine1) ver­suchte scKen diese Krankheit das Eisenhut-Extrakt täglich zu Jjtf, welches sie aber ohne vortheilhaften Erfolg sehr abmattete. — e) Eibenbaum, Taxus iTaxus haccatä); die Blätter (Nadeln) und Zweige wirken scharf narkotisch und sind, Viborg's Versuchen zu Folge (Samml. Bd. 2, vS. 49), für alle Hausthiere ein heftiges Gift. Pferde zei­gen Widerwillen dagegen, und sterben, wenn sie 7 bis 12 Unzen der Blätter ohne Zumischung von anderm. Fut­ter fressen, gewöhnlich in Zeit von einer Stunde, sehr
') Gläckliclicr Versucli, dm Holz und Wmm der Pferdlaquo; raquo;h hei­len. A. d. Franr. v. Gerikr. Braunschweig 181J, S. 19. und 510;
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plötzlich und ohne vorausgehende andere Zufälle; sie er­tragen aber noch gröfsere Gaben ohne Nachtheil, wenn sie das Mittel mit Hafer gemengt verzehren, oder wenn sie allmälig an dasselbe gewöhnt werden. — Ein Widder zeigte nach dem Genufs von 16 Loth der Blätter in den ersten 4 Stunden keine Wirkung, dann aber Betäubung, kleinen Puls, geschwinderes Athinen, Drang zum Erbre­chen, Rülpsen, Auftreibung des Leibes. Endlich fiel er nieder und starb unter Zuckungen, 12 Stunden nach dem Verschlucken des Giftes. — Eine Ziege ertrug 8 Lotli ohne Schaden und starb von 24 Loth unter ganz ähnli­chen Symptomen wie jener Widder. — Ein halbjähriger Eber wurde von 5 Loth zerstofsener Blätter getödtet, ohnerachtet er vorher 4 Pfd. Fleisch gefressen hatte. — Hunde und Katzen erbrachen sich von 2 bis 3 Loth der Blätter sehr heftig, blieben aber am Leben. — Die Taxus-Beeren wirken ähnlich, aber weit schwächer. Als Arznei­mittel wird vom Taxus für Thiere kein Gebrauch gemacht.
—nbsp; f) Giftlattich (Lactuca virosa) wirkt auf Menschen und Hunde stark betäubend, in grofsen Gaben (z. B. 3 Drachmen des Extraktes) die letztern auch tödtend; bei Pferden und den übrigen Thieren ist die Wirkung nicht ermittelt. Als Arzneimittel dient der Lattich in der Thierheilkunst nicht. — g) Ignatiusbolme (_Faba St. Ignatii), ist in der Art und im Grade der Wirksamkeit fast ganz mit der Brechnufs (sect;, 445.) übereinstimmend;
—nbsp; h) Kockelskörner {Semen Cocculi s. Cocculi Indici), wirken auf alle Thiere stark betäubend; sowohl sie wie auch die Ignatiusbolme stammen aus südlichen Ländern und sind als thierärztliches Heilmittel nicht gebräuchlich. —#9632; 0 Hundspetersilie, Gartengleisse (Aethiisa Cy-napium), und Ä) Kälberkropf (Chaeraphyllum syleestre, temulum et bullxtsum) sind dein gefleckten Schirling (sect;. 460) verwandt, beide jedoch weniger wirksam als der Wasser-schirling. Als Heilmittel weiden sie nicht benutzt. —#9632; t) Mutterkorn iSecale cornutum), hat eine eigenthüm-liche, scharf narkotische Wirkung, verursacht bei allen
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Thieren in hinreichend grolser Gabe zuerst Ekel (bei denen, die sich erbrechen können, auch Erbrechen), spä­ter immer mehr zunehmende Mattigkeit, Auflösung des Blutes, Lähmung und Absterben der vom Herzen entfern­teren Theile, wie der Extremitäten, des Schwanzes, der Ohren, bei Hähnen auch des Kammes, Entzündung der Verdauungseingeweide und den Tod. Diese letztern Wir­kungen erfolgen jedoch nur langsam und bei fortdauern­der Einwirkung des Mittels, — (Lorinser, Versuche u. Beobacht. über die Wirkung d. Mutterkorns. Berl. 1824. — Revue medic. 1S31. Juillct.). In der neuern Zeit ist das Mutterkorn von Menschenärzten als ein Hülfsmittel bei schweren Geburten angewendet worden, wenn bei zeitgemäfser Geburt der Fötus in das hinreichend weite Becken eingetreten ist, aber die Organe erschlafft und die Wehen nicht kräftig genug sind oder ganz aufgehört haben. Bei Hunden liefs ich es unter solchen Umständen mehrmals anwenden und sähe anscheinend guten Erfolg. Die Gabe ist für Pferde und llindvieh ^j, für Schafe und Sehweine ?ß, für litinde 9j bis 3j, — alle Stunden wie­derholt. Die Anwendung geschieht am zwcckinäfsigsten im Aufgufs mit heil'sein Wasser. Es fehlt jedoch noch sehr an solchen Beobachtungen, welche die bezeichnete Wir­kung dieses Mittels zweifelsfrei beweisen. — m) Porsch, Sum.pfporsch, Porst, wilde Rosmarin {Ledum jia-Itistre), wirkt erregend auf die Arterien, oft auch auf die Nerweri, in grofsen Gaben aber betäubend. Ziegen sollen das Kraut ohne Nachtheil fressen. In manchen Gegenden steht es im Ruf, ein kräftiges Heilmittel gegen bösartige Druse und selbst gegen Rotz zu sein; ich gab es sowohl frisch als getrocknet den rotzigen Pferden zu 3JJ bis Jvj, taglich zweimal und durch 4 Wochen, und bemerkte wohl eine Verminderung der Symptome, aber keine völlige Heilung. — Dagegen ist das Waschen der Thiere mit einer Abkochung dieses Krautes (Jjj zu I Pfd. Kolatur) ein seiir sicheres Mittel zum Tödten und Vertreiben der Läuse. — n) Safran (Crocus), wirkt gelind narkotisch,
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zugleich erregend, ist aber grofstentheils noch nicht ge­nügend in seinen Wirkungen erforscht. Bei der Staupe der Hunde, bei Mangel an Wehen zur Zeit der Geburt und dergl. ist der Safran als Arzneimittel empfohlen, aber viel zu thouer und durch andere Mittel zu ersetzen.
i
Achte filassc.
Chemisch-einfache Arzneistoffe.
sect;. 469.
Die wenigen Arzneimittel, die man mit einigein Grunde als chemisch einfache Stoffe betrachten kann und die sich unter keine andere Klasse, nach der hier gemachten Ein-theilung der Arzneimittel bringen lassen, sind der Schwe­fel, der Phosphor, das Chlor, das Jod und einigermafsen auch (als Vehikel des Kohlenstoffes) die Kohle.
Diese Stoffe sind sich in mehrern Eigenschaften ein­ander ähnlich, und in ihren Wirkungen auf den Thier-körper kommen sie mit einander darin übercin, dafs sie vorherrschend die Bildungsthätigkeit und die Mischung der Säfte verändern; aber in der Art, wie sie dieses thun und überhaupt in der Art ihrer Wirkung weichen sie doch wieder bedeutend von einander ab, so dafs sich in pharmako-dynamischer und in therapeutischer Hinsicht etwas Näheres im Allgemeinen nicht angeben läfst.
1. Schwefel, Sulphur, (Zum tliierarzneilichcn Gebraucli: Stan­gen- oder Hofsschwefcl, Sulphur crudum- s. vulgäre s. caballinum.
470.
1*1
Wird der Schwefel in kleineu Gaben und nur ein­mal einem Thierc eingegeben, so verursacht er gewöhn­lich keine Spur einer bemerkbaren Wirkung; wird aber
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seine Anwendung in mafsig starken Gaben durch einige Zeit fortgesetzt, so nimmt die Hautausdünstung nach 2 bis 3 Tagen bei Thieren von jeder Art einen eigenthüm-lichen Geruch nach Schwefel an: doch ist dieser Geruch nicht immer dem reinen Schwefel, sondern häufig mehr dem der schwefeligen Säure oder auch dem des Schwc-felwasserstoffgases ähnlich. Nach dem letztern riechen auch die abgehenden Blähungen und der Koth, und nicht selten auch die ausgeathmete Luft. Die Beschaffenheit des Pulses, der Schleimhäute, die Schleimabsonderuug und die Urinsekretion lassen hierbei an gesunden Thieren keine Voränderung erkennen, und die Hautausdünstung wird nicht (wie Manche glauben) bis zum Schweifs ge­steigert, sondern es scheint vielmehr, dafs nur die soge­nannte unmerkliche Ausdünstung verstärkt von statten geht. Dabei sieht man nach mäfsigen Gaben oft (nament­lich bei Pflanzenfressern) die Verdauung besser werden; der Koth erscheint kleiner, fester und weniger reichhaltig an Säure. — Grofsc Gaben des Schwefels vermehren die Absonderung der Darmsäfte, vorzüglich des Schleims, und verursachen Laxiren, stören aber den Appetit nicht. — Von sehr grofsen Gaben entsteht zuweilen auch eine Ent­zündung der Schleimhaut des Magens und Darmkanals, die jedoch mehrentheis nur oberflächlich bleibt und sehr schleichend, ohne heftige Zufälle verläuft. Ein mit ilotz behaftetes, mäfsig starkes Pferd, 9 Jahr alt, erhielt am ersten Tage 3-j, am zweiten Tage 5jj u. s. w. in demsel­ben Verhältnifs steigend, so dafs es am sechszehnten Tage 16 Unzen, also im Ganzen 136 Unzen bekam; der Durch­fall stellte sich am siebenten Tage ein und dauerte bis zum siebzehnten Tage fort; die Frefslust wurde nie­mals getrübt, die Urinsekretiou nie verändert; die Haut­ausdünstung roch am dritten Tage sehr deutlich nach Schwefel, wurde aber während der ganzen Zeil nicht bis zum Schweifs vermehrt; ein ihm aufgelegtes, mit Bleiessig bestrichenes weifses Papier erschien am vierten Tage grau; die Absonderung des Schleims und Eiters in der Nase
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vermehrte sich täglich, während die früher sehr stark an­geschwollenen Lymphdrüsen im Kehlgange immer kleiner wurden; das Pferd magerte bei gutem Futter sichtbar ab wurde täglich kraftloser, so dal's es am sechszehnten Tage nicht mehr allein von der Streu aufstehen konnte;' die Färbung der Schleimhaut in der Nase und im Maule er­schien in der ersten Zeit gar nicht verändert, später mehr blafs; Puls und Athem war bis zum letzten Tage normal; Kolikschmerzen traten nicht ein; vom zehnten Tage an wurde das Blut immer dunkler, und zuletzt selbst in den Arterien ganz schwarz; dabei war es sehr dünnflüssig und langsam gerinnend. Als am sieb­zehnten Tage das Pferd getödtet und sezirt wurde, fand sich die Schleimhaut in der rechten Hälfte des Magens und im Blind- und Grimmdanne bläulichroth gefärbt, auf­gelockert und sehr mürbe; eine Menge Schwefel fand sich noch im Darmkanal; letzterer, und eben so die übri­gen Baiicheingeweide und selbst die Lungen und zum Theil auch die Muskeln rochen nach Schwefelwasserstotf, aber das ganz schwarze und dünnflüssige Blut hatte die­sen Geruch nicht. — Aufserdem waren die pathologischen Veränderungen nur wie sie bei dem Rotz gewöhnlich sind. — Waldinger1) fand bei Schafen, die bis zum Mifsbrauch wöchentlich 3 Mal eine mit Schwefel versetzte Lecke erhalten hatten, das Fleisch so stark nach diesem Stoffe riechend, dafs es für den Genufs ekelhaft war.
Bei der Anwendung des Schwefels auf die Haut ent­steht nach kurzer Zeit ebenfalls ein Schwefelgeruch, weifse Haut wird etwas geröthet, ihre Empfindlichkeit bleibt unverändert und der übrige Körper scheint gar nicht da­bei zu leiden.
sect;• 471.
Aus dem Vorstehenden läfst sich annehmen: dafs der Schwefel als ein eigenthümliches Umänderungsmittel des
') Aljli.-inillmis Bber den Scliwefrl und seine Verbindungen, u. s. w. Wien und Tiiesl 11520. S. 30.
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Vegetationsprozesses auf den thierischen Organismus wirke, indem er nur die kleineren, absondernden und aufsaugen­den Gefäfse, speziell die Lymphgefafse und Venen, die Lymphdrüsen, die Schleimhäute und die äufserc Haut zu vermehrter und veränderter Thätigkeit anregt, hauptsäch­lich die Sekretionen dieser Gebilde vermehrt und verän­dert, aber auf die Thätigkeit der grofsen Gefäfse und des Nervensystems keinen unmittelbaren Eiuflufs zeigt. Auch ergiebt sich als sehr wahrscheinlich, dafs er theils unver­ändert in die Materie des Körpers übergeht, theils aber durch die, im Verdauungskanal (besonders bei pflanzen­fressenden Thieren) stets vorhandenen Säuren, durch alka­lische Substanzen u. s w, in schwefelige Säure und in Schwefelwasserstoff (oder doch in etwas Aehnliches) um­gewandelt wird und in dieser veränderten Beschaffenheit auch anders auf den Thierkörper wirkt, besonders die arterielle Blutbildung, die Plastizität der Säfte und den Reproduktiontiprozefs sehr beschränkt, und dafs er, wenn die Einwirkung sehr reichlich stattfindet, sehr vermehrte Absonderung im Darmkanal und hierdurch Laxiren, bei anhaltender Anwendung aber eine abnorme Verflüssigung der thierischen Materie erzeugt. Wahrscheinlich wirkt er auch nur in diesem chemisch veränderten Zustande so reizend auf die Schleimhaut des Verdauungskanals, dafs eine asthenische Entzündung derselben entsteht. — Aufser-dem ergiebt sich auch aus dem vorigen sect;., dafs die Wir­kungen des Schwefels nur langsam erfolgen, dafs derje­nige Theil von ihm, der in die Materie des Körpers ein­gegangen ist, gröfstentheils durch vermehrte Haut- und Lungenausdünstung wieder ausgeschieden wird, dafs aber der Schwefel kein eigentlich schweifstreibendes Mittel ist.
sect;. 472.
Der Schwefel wird sowohl innerlich wie auch äufser-lich als Heilmittel benutzt.
a) Die innerliche Anwendung ist im Allgemeinen an­gezeigt: bei Krankhoitszuständen, die in gehemmten Ab-und Aussonderungen, besonders aus der Haut, aus den
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Lungen oder aus dem Darmkailal und der Pfortader, — in zu reichlicher Blutbildung, — in Cöngeätionen, — und in zu geringer Thätigkeit der Venen und Lymphgefäfse begründet, oder mit Stockungen in diesen Gefafseu und in den Lymphdrüsen verbunden sind. — Dagegen er­scheint diese Anwendung überall als unzweckmäfsig, wenn heftige, aktive Entzündung, oder wenn schon weit vor­geschrittene Entmischung der Säfte zugegen ist. Die be-sondcrn Krankheitszustuude, bei denen der Schwefel an­gewendet wird, sind:
1)nbsp; nbsp;asthenische Entzündungen, besonders der Brust-und Baucheingeweide. Ein wahres antiphlogistisches Mit­tel ist der Schwefel wohl nicht, und seine entzündungs­widrige Heilkraft ist, so wie auch die Art der Entzün­dungen, bei der er nützlich ist, noch näher zu miter-suchen. Skellet1) empfiehlt ihn beim Rindvieh gegen eine äufsere Brustentzündung, die er als Anticor bezeich­net, und gegen Entzündung des dritten Magens und der Gedärme, neben dem Aderlafs als das Hauptmittel, be­sonders wenn Verstopfung des Leibes zugegen ist. Ich habe diese, in Deutschland nicht gewöhnliche Behand-lungsweise der Entzündungskrankheiten bei rheumatischen Lungenentzündungen mehrmals, jedoch immer erst nach­dem die Heftigkeit der Entzündung durch einen gemach­ten Aderlafs gemildert war, bei Pferden und Rindern mit gutem Erfolge versucht, kann aber bis jetzt noch keinen Vorzug vor der Behandlung mit Brechweinstein und an­deren Mitteln finden. Nach gehobener Entzündung, wenn Husten mit zu geringem Auswurf besteht, ist der Schwe­fel ein vortreffliches Mittel.
2)nbsp; nbsp;Milzbrand. Gegen diesen ist der Schwefel von mehreren Thierärzten, namentlich von Rysz (Arzneimittel­lehre) gegen das sogenannte Rücken- oder Lendenblut des Rindviehes und der Schafe, als nützlich befunden
ii
i v
w
') A practical Treatise on llie pacturation ojquot; the cow. LonJ. 1822. p. 228, 227, 236, 241 u. f.
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worden; es felilt jedoch die genauere Bezeichnung der Umstände unter denen die Anwendung geschah, und bei der bekannten möglichen Verschiedenheit derselben ist das Mittel gewifs nicht überall passend; besonders ist wohl bei einem schnellen Verlaufe des Uebels nicht viel von ihm zu erwarten.
3)nbsp; Katarrhalische und rheumatische Krankheiten, so­wohl im frischen, wie auch vorzüglich im chronischen Zustande, — Druse, Strengel, Bräune, Husten, Lungen-Eatarrh, selbst Lungenknoten, Rehe und andere rheuma­tische Lahmheiten. Der Schwefel ist bei diesen Krank­heiten mchrcntheils sehr nützlich, aber es ist ebenfalls nocli nicht gehörig ermittelt, wo er nöthig ist, wo er entbehrt werden kann und wo nichts von ihm zu er­warten ist.
4)nbsp; nbsp;Hautkrankheiten, besonders Flechten, Räude, Nes­selsucht und Mauke; sie sind die vorzüglichsten Uebel, bei denen das Mittel angewendet wird und wo es vielleicht noch am meisten nützlich ist. Bei der Mauke (wo es Rysz empfiehlt), und eben so bei frisch entstandener Räude ist es jedoch fast immer zu entbehren.
5)nbsp; Rotz und Wurm. Collaine1) wollte gegen diese Krankheit vom Schwefel ganz aufserordentlich günstigen Erfolg gescheu haben; bei meinen zahlreichen Versuchen hierüber ist es mir nicht gelungen, nur ein rotziges Pferd zu heilen, und gegen den Wurm schien das Mittel nur dann etwas zu leisten, wenn wenige Wurmbeulen zuge­gen waren und wenn dieselben zugleich örtlich zweck-mäfsig behandelt wurden. Schwefelspiefsglanz, Terpen-thinöl u. dgl. zeigten sich viel wirksamer.
6)nbsp; Aufserdem wird der Schwefel noch von Manchen als Präservativmittel, bei Schafen gegen die Fäule, gegen
) CorajUe rendraquo; d'une experience tentee cnnlre la morve et lc farcin. Paris 1811. — Gläcklichec Versuch, den Rotz und Wurm dlaquo;r Pterde zu heilen. Aus d. Franz. von Gcrikc. Uraun-sclmeiquot; 1811.
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Räude und gegen die nachtheiligen Folgen der Waldhu-tung, namentlich gegen milzbrandartige üebel, besonders das Rückenblut, und gegen eine eigenthümliche venöse und typhöse Entzündung der Gebärmutter, die bei Scha­fen nach dem Lammen eintritt und oft in 2 4 bis 30 Stun­den tödtet; — und bei Hunden gegen die Staupe und andere Krankheiten angewendet. Obgleich er zur Verhü­tung dieser Krankheiten unter günstigen Umständen etwas beitragen kann, so ist doch bis jetzt sein Nutzen nicht gehörig erwiesen.
i) Aeufserlich wird der Schwefel gegen Räude und Flechten, gegen das sogenannte Teigmal oder Teigmaul der Kälber und Lämmer, und gegen Mauke angewendet; bei letzterer ist er jedoch von sehr geringer Wirksamkeit und ganz entbehrlich: auch bei der Räude wird er jetzt von den deutschen Thierärzten mehrentheils durch wirk­samere Mittel ersetzt.
sect;#9632; 473.
Die Gabe und Verbindung zum innerlichen Gebrauch sind nach Verschiedenheit des Heilzweckes etwas ver­schieden; als abführendes Mittel bei Entzündungen und hei dem Milzbrande u. s. w. soll man den Schwefel im­mer in grofsen Gaben, nämlich für Pferde zu gviij bis gx, für Rindvieh zu 5X bis oxHJ5 fquot;r Schafe zu jj bis jjj, für Schweine zu ^ß bis ^j, für Hunde 51) bis 5vj in einer Gabe und nur einmal, in Verbindung mit Salpeter, oder Glaubersalz, oder Weinstein u. dergl. anwenden. — Soll aber der Schwefel eine üinstimmung der Thätigkeit in den Lymphgefäfsen und Lymphdrüsen bewirken, die Haut­ausdünstung, den Lungenauswurf und die Resorption be­fördern, z. B. bei katarrhalischen Krankheiten, bei Räude und andern chronischen Krankheiten, bei Räude und an­dern chronischen oder cachektischen Krankheiten, so giebt man ihn immer nur in mäfsigen Gaben, nämlich Pferden und Rindvieh zu ^ß bis 5jj? Schafen Sjj bis 'ß, und Schweinen zu 3ß bis 3j, Hunden zu gr. v bis 9j, täglich 1, 2 bis 3 Mal und durch längere Zeit anhaltend; man
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versetzt ihn hier mit aromatischen Mitteln, mit Kampher, Terpenthinol, Ofenrufs, Schierling und dergl., aber nicht mit Metallpräparaten, weil er fast ohne Ausnahme deren Wirkung sehr schwächt. — Gegen Rotz und Wurm gab Co Ilaine das Mittel in steigender Gabe, indem er ge­wöhnlich mit gv pro Tag anfing und bei einzelnen Pfer­den bis zu 24 Unzen damit stieg, ohne dafs heftige Wir­kungen eintraten (a. a. O. S. 23.); manche Pferde wurden jedoch hierdurch so geschwächt, dafs sie durch 3 bis 4 Tage, ohne aufstehen zu können, auf der Erde lagen.
sect;. 474.
Die Anwendung kann in Pulverform, als Zusatz zu sogenannten Drüsenpulvern, zu Lecken (für Schafe), oder besser in Pillen oder Latwergen geschehen; auch kann man den pnlverisirten Schwefel mit einer schleimigen Flüssigkeit gemengt und gut umgeschiittclt geben; aber unzweckmäfsig ist es, den Thieren (und wie es besonders für Hunde gebräuchlich ist) ganze Stücke des Schwefels in das Trinkwasser zu legen; denn er löst sich bekannt­lich im Wasser nicht auf und kann daher demselben auch keine Heilkraft mittheilen.
Aeufscrlich wird der Schwefel am zweckmäfsigsten in Form einer Salbe oder eines Liniinentes angewendet. Die erstere bereitet mau gewöhnlich durch blofses Zusam-memeibeu von 1 Theil pnlverisirten Schwefel mit 2 Thei-len Schweineschmalz oder Butter (einfache Schwefel­salbe Unguentum sulphuratam simplex), oder noch besser statt des blofseu Fettes mit ebensoviel grüner Seife; um die Wirksamkeit zu erhöhen, setzt man oft noch 1 Theil pulv. Salmiak oder Zinkvitriol (z. B. in der zusammen­gesetzten-Schwefels a Ibe (f Tnguentum sulphuratum com -positum, der preufs. Pharmakopoe, 2 Th. Schwefel, eben so viel Zinkvitriol und 8 Th. Fett), oder Terpenthinol, Hirschhornöl, Theer, pulv. Lorbeeren, Kohle und dergl. Mittel hinzu.
Zum Liniment nimmt man l Theil pulv. Schwefel und 2 Theile grüne Seife, und so viel heifses Wasser
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oder Terpenthinol, dafs das Ganze eine halbflüssige Con-sistenz erhält. Man reibt die Salbe und ebenso das Li­niment täglich einmal, und durch 3 bis 4 Tage nach ein­ander auf die kranken Stellen der Haut ein, reiniget dann letztere mit warmem Seifenwasser und setzt nach einer Pause von 2 Tagen das Mittel auf gleiche Weise bis zur Heilung fort. — Waldinger empfahl auch den Schwefel als Zusatz zu dein WalzscheuWasclnvasser gegen Schaf­räude (Siehe oben S. 451. und 452.) — und Rysz ein Pulver von gleichen Theilen Schwefel und Kohle zum Einstreuen in feuchte Maukgeschwüre. Im Ganzen ist jedoch die äufserliche Anwendung des Schwefels jetzt nicht mehr sehr gebräuchlich.
Anmerkung 1. Zum thierärztlichen Gebrauch ist überall der oben bezeichnete Stangenschwefel, wenn derselbe nur nicht zu sehr durch andere Bestaudtheile verunreiniget ist, vollkommen ausreichend, und der theu-rere gereinigte Schwefel oder die Schwefelblumen iSulpkur depuraium s. suhlimatum s. Fiores sulphuris) und ebenso der Schwefel-Niederschlag oder die Schwe­feln! i Ich QSulphur praccipüatum s. Lac sulphuris) sind zu entbehren.
Anmerkung 2. Aufscr den Schwefelsalben hat man noch die sogenannten Schwefelbalsame als officinelle Zubereitungen5 o) der einfache Schwefelbalsam oder das geschwefelte Leinöl {Balsamus sulphuris simplex s. Oleum Ldni sulphuratum), durch Auflösen von 1 Theil Schwefel in 4 Theile Leinöl bereitet, — ist äufserlich als gelindes Digestivmittel bei atonischen Geschwüren und als auflösendes Mittel bei Verhärtungen, innerlich bei Lun-genknoten, bei trockenem Husten, beim Blutharnen und bei Gries und Sand im Urin ehemals gebraucht worden, jetzt aber fast ganz vergessen. Gabe für grofse Hausthiere 5J bis gjjj, für kleinere im Verhältnifs weniger. — b) Von dem terpenthinhaltigen Schwefelbalsam ist bereits S. 428. das Nöthige gesagt. (Schwefelleber s. bei Sal­zen, Schwefelmetalle bei den Metallen.)
2. PllOH-
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2. Phosphor. Phosphorus.
sect;. 475. Die Wirkungen dieser, in Berührung mit atmosphä­rischer Luft so leicht entzündlichen Substanz, sind bei den verschiedenen Kausthieren noch nicht gründlich er­forscht. — Fast allgemein hält man den Phosphor für das kräftigste und durchdringendste unter den flüchtigen Reizmitteln, und er verdient diese Bezeiclmuiig wohl mit einigem Recht, wenn es darauf ankommt, sein schnelles Durchdringen durch den ganzen Organismus damit an­zudeuten; denn er wird wenige Minuten, zuweilen auch unmittelbar nach seiner Einverleibung in den lebenden Thierkörper, grofstentheils als ein nach Knoblauch rie­chender und im Dunkeln leuchtender Dampf, vorzüglich durch die Lungenausdunstung, eben so auch durch die Hautausdünstung und zum Theil auch mit dem Urin wie­der ausgeschieden, er mag auch auf noch so verschiede­nen Wegen, z. B. innerlich, durch Injektion in die Ve­nen u. s. w. in den Körper gebracht worden sein. Da­gegen scheint aber jene Bezeichnung hinsichtlich der flüch­tig reizenden Wirkung nicht ganz richtig zu sein, we­nigstens nicht in dem Sinne, wie dies von andern bekann­ten Reizmitteln gilt; denn bei oft wiederholter Anwen­dung des Phosphors an gesunden und kranken Thieren von verschiedener Art beobachtete ich niemals eine solche erhitzende Aufregung, wie sie durch den Aether, die Spi­rituosen Mittel, den Kampher und die ätherischen Oele zu erzeugen ist. Bei manchen Thieren entstand von mas­sigen Gaben, z. B. bei Pferden von 10 bis 12 Gran, bei Hunden von \ bis 4 Gran des Phosphors in Baumöl auf­gelöst, gar keine wahrnehmbare Veränderung, namentlich nicht am Pulse und Herzschlage; wurden aber diese Gaben verdoppelt oder noch mehr verstärkt, so erschien allerdings das Atlnnen etwas lebhafter, die ausgeathmete Luft, und ebenso die Haut wärmer, der Puls nach 30 bis 60 Minuten etwas voller und um 5 bis 10 Schläge in einer Minute vermehrt, die Schleimhaut der Nase und
HcrtTvig Arzneimiilellclire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;42
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tics Mauls dunkler gcröthct; — aber diese Wirkung er­folgte, wie bereits angedeutet, weder ausgezeichnet sclincll noch in besonderer Art. Von so grofsen Gaben eutstaiul aber häufig eine Entzündung des Magens und Damka-nals, die sich bei Pferden durch keine sehr auffallende Symptome, bei Ilimdcn jedoch durch Erbrechen, Win­seln und Unruhe äulserte, und wobei oft ganz unerwartet nach 10 bis 15 Stunden, zuweilen aber auch erst nach 48 Stunden der Tod erfolgte. Bei der Sektion fand man die innere Flache des Magens und Darmkanals an ein­zelnen Stellen ganz dunkel purpurroth, auch angeätzt mul um die Aetzung aufgelockert; die Lungen mit schwarzen Flecken versehen; das Blut durchaus dunkel.
Injektionen des in Gel angelöfsten Phosphors (-1 Gr. in 2 Drachmen) verursachen zuerst beschwerliches, schnel­leres Athmcn, Ausstofscn phosphoriger Dampfe durch Maul und Nase, grofse Angst, zuweilen Bluthusten, Erstickungs­zufälle und den Tod in sehr kurzer Zeit.
Wird in Baumöl aufgelöster Phosphor äufserlich in die Haut eingerieben, so erfolgt zum Theil seine unmit­telbare Verdampfung; bald darauf wird auch die ausge-athmete Luft nach phosphoriger Säure knoblauchartig rie­chend und im Dunkeln leuchtend; zuweilen wird die Zahl der Pulse um einige vermehrt, andere Symptome von all­gemeiner Erregung sind nicht zu bemerken.
Oertlich bewirkt der Phosphor im reinen conzentrir-ten Zustande fast augenblicklich heftigen Schmerz und Anätzung'; mit Gel aufgelöst und in die äufserc Haut ein­gerieben, verursacht er an derselben dunklere llöthung, vermehrte Wärme, gröfserc Empfindlichkeit, und bei -wie­derholter Anwendung auch Ausächwitzuug einer serösen Flüssigkeit, sehr ähnlich wie es nach dem Einreiben des Kampherliniments der Fall ist.
sect;. 476.
Der Phosphor ist als ein flüchtig reizendes, beleben­des Mittel empfohlen, bei solchen Krankheitszuständen, in denen die Lebciislhätigkcit zu erlöschen drohet, und
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wo das Nerven- und das Gcfafssystem gleichmafsig an gesunkener Thätigkeit leidet, nanicntlieh unter solchen Umständen gegen Starrkrampf, Nervcnfiobcr mit grofser Abstumpfung, Lähmungen, heftigem Rheumatismus u. dgi. Er ist jedoch, und ganz mit Hecht, von den Thierärzten iiufserst selten angewendet worden, denn es finden raquo;ich (aufser einem Fall von Ilutchinson, der ihn bei einem Pferde gegen Erschöpfung der Kräfte nach der Influenza anwendete1)) nirgends Beobachtungen über seinen Nutzen, Ich habe ihn in mehreren Fallen gegen Starrkrampf, Läh­mung und Rheumatismus innerlich und äufserlich versucht, aber keinen besonderen Erfolg davon gesehen.
Ich kann daher dieses Mittel nicht empfehlen, son­dern mufs im Gegentheil ganz davon abrathen, und zwar letzteres deshalb, weil seine innerliche Anwendung mit Schwierigkeiten und mit Gefahr verbunden ist; denn es lafst sich zweckmafsig nur in flüssiger Form, aufgelöst in Aether, in Baumöl oder in Terpenthinöl geben und es verursacht (wie bereits angegeben) sehr leicht Entzündung der Eingeweide oder auch Erstickungszufälle. — Will man aber dennoch das Mittel versuchen, so mufs es mit gröfs-ter Vorsicht und niemals bei Zustünden, die mit Reizung verbunden sind, geschehen; Pferden und Rindvieh gebe man nicht mehr als höchstens -1 bis (i Gran, Schafen nur l bis 2 Gr., Hunden | bis 1 Gran auf einmal und nur in Zwischenzeiten von 8 bis 12 Stunden. — Vor der An­wendung mufs der Phosphor in einem der vorhin genann­ten Mittel aufgelöst'-) und dann noch mit einer schleimi­gen Flüssigkeit in dem Verhältnifs gemengt werden, dafs auf I Gr. Phosphor wenigstens l Unze von der letztern kommt. Sind andere Arzneimittel nöthig, so werden diese
') Tlie Velerinarian, 1837. p. 107.
-') Die Auflösungen imissen so viel ;i!s möglich vollkommen sein unil kiincn Phosphor in Stückchen enthalten; I Vme Schwefel-Ae-liier löst nur 5 bis ö Gran, — l Unze DlobnSl gegen 10 Gran, — • Unze Terpedthmül gegen 15 Gran PLospLor anf.
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am besten in den Zwischenzeiten gegeben, weil aus che­mischen Gründen ihre Verbindung mit dem Phosphor nicht zweckmiifsig erscheint.
Aeufserlich benutzt man zum Einreiben in die Haut das sogen. Phosphor-Liniinent {Linimentum phospkora-tum), eine Auflösung von 10 bis 12 Gran Phosphor in 1 Unze warmen Baumöl (oder Mohnöl u. dgl.). Zuwei­len setzt man ihm noch 40 bis 60 Gran Campher oder 5jj bis gß Tcrponthinöl zu.
Bei der Anwendung dieses Linimentes (und ebenso der übrigen Zusammensetzungen des Phosphors) mufs man die Annäherung brennender Körper an die Thiere (und an die geöffneten Medizingläser) vermeiden, weil sonst Feuersgefahr entstehen könnte.
3. Chlor, C M or in j Cliloringas. Chlortim, fia* Ch lorrum.
sect;• 477.
Dieses eigenthümliche Gas wurde ehemals unrichtig für eine, au Sauerstoff überreiche Säure gehalten und oxydirte, oder oxygenirte, auch dephlogistisirt*1 Salzsäure (Acidum oxymuriatiewm s. Acidum muriaticum oxygenatum), oder oxydirt salzsaures Gas (Gax oxy-muriaticum), und Halogen (Halogennm) genannt. Es kommt in der Tsatur nicht rein vor, sondern in Verbin­dung mit andern Stoffen, namentlich mit Metallen und mit Wasserstoff, und mui's dalier künstlich durch gegen­seitige Zersetzung aus Kochsalz, Manganüberoxyd und Schwefelsäure dargestellt werden. — Das Chlor hat zum Wasserstoff eine grofse chemische Verwandtschaft, so dafs es sich überall mit ihm vereiniget, hierdurch die meisten Verbindungen dieses Stoffes mit andern Stoffen zersetzt, und defshalb sehr viele organische Substanzen auch ganz zerstört; dabei bildet es aber mit diesem Stoff die Chlor­wasserstoffsäure oder Salzsäure (siehe IX. Klasse bei den Säuren). Mit den Metallen geht es ebenfalls in­nige Verbindungen ein und bildet dadurch mehrere sehr wichtige Arzneimittel,, z. B. Chlor-Eisen, Chlor-Quecksilber
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in minimo und tnaximo, Chlor-Spiefsglanz und Chlor-Zink (siehe XII. Klasse). — Das Wasser nimmt durch Absorp­tion mehr als sein eigenes Volumen beträgt, nämlich \\ bis 2 Ranmtheile vom gasförmigen Chlor auf, bildet so, wie es scheint, als blofses Gemenge das flüssige Chlor oder das oxydirt - salzsaure Wasser (Liquor chlori $. Aqua oxymunaüca,), welches dieselben physikalischen Eigenschaften wie das Chlorgas besitzt und aus dem sich auch das letztere ganz unverändert sehr leicht wieder entbindet, besonders bei etwas erhöheter Temperatur. Mit den Alkalien und Erden verbindet sich das Chlor, wie es scheint, ebenfalls hauptsächlich durch blofse Absorption; denn die hierdurch entstandenen Präparate, von denen vorzüglich der Chlorkalk (Chloretum calcariae s. Calca-ria chlorinica s. Chloris Calcims) und das Chlor natron (Natrum chloratum ?. cMormicum, Chlor um s. Chloretum Natrü) als Arzneimittel dienen, — zeigen im Wesentli­chen auch die Eigenschaften des Chlors unverändert und entbinden dasselbe sehr leicht bei der Einwirkung von atmosphärischer Luft oder von anderen Gasarten, und noch mehr bei der Einwirkung von .Säuren.
Da das Chlor, wie im Vorstehenden gezeigt, alle Was­serstoffverbindungen zerstört und sich dabei selbst in Chlor-Wasserstofisäure umwandelt, so enthalten alle Zusammen­setzungen desselben mit andern Arzneistoffen oder mit Vehikeln nicht mehr Chlor, sondern bald mehr bald, we­niger verdünnte Salzsäure; und da auch selbst dann, wenn man das reine Chlor zur Anwendung bringt, durch die Berührung desselben mit den Schleimhäuten u. s. w. die­selbe Veränderung erfolgt, so hat man, hierauf gestützt, behauptet: die innerliche Anwendung des Chlors als sol­ches, sei unmöglich und dasselbe habe als innerliches Arzneimittel niemals 'Nutzen gestiftet, sondern der ihm hierbei ertheilte Ruhm gebühre eigentlich der Salzsäure. Allein, obgleicii jene chemischen Ansichten richtig sind, so mufs man doch auch zugeben, dafs durch die Einwirkuug des Chlors auf die organischen Säfte und Gebilde ganz
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andere Mischungsverhältnisse in denselben entstehen als von der Einwirkung der verdünnten Salzsäure; wie auch, dai's bei der schnellen Umwandlung der organischen Säfte durch das Chlor- und bei seiner Einwirkung auf die Häute der Akt der Erzeugung der Salzsäure selbst weitere wich­tige Uinstimmungon in den Funktionen zur Folge haben mufs. Audi zeigt die Erfahrung, dafs die Veränderungen im Thierkörpcr, besonders in den Sekretionen, nach An­wendung des Chlors von anderer Art sind als nach der Anwendung der Salzsäure.
Da nun das wirksame Princip im Chlorwasser, im Chlorkalk im Chlornatrum u. s. w. dasselbe ist wie im Chlorgas, so ist es zweckmäfsig, diese Arzneistoffe hier ge­meinschaftlich zu betrachten.
A. (Jhlorgas. Gas oxymurialicum s. Chlort s. Gas Acidi mtt-rialici oxygeitati.
sect;. 478. Das Chlor gas im reiilen Zustande wirkt zunächst und hauptsächlich auf die Ilcspirationsorganc als ein sehr heftiges Reizmittel, und verursacht Husten, beschwerliches Athmen und Erstickung binnen kurzer Zeit. Bei der Sektion findet man dann das Blut im ganzen Körper dünnflüssig und schwarzroth, selbst in den Arterien. Wenn aber das Gas wie es bei seiner Entwickclung und bei der Anwendung fast immer geschieht, mit atmosphärischer Luft gemengt ist, so verursacht es zwar ebenfalls zuerst Reizung des Kehlkopfes und der Bronchien, trockenen Husten, vermehrte Absonderungen der Schleimhaut, der Nase und oft reichliches Thränen der Augen, aber Er-stickungsznfälle treten nicht ein und das Athmen wird über­haupt nur wenig, oft auch gar nicht beschwerlicher. Auf die Haut wirkt das Gas ebenfalls, aber weniger heftig reizend; das Herz und die grofsen Gefafse so wie das Gehirn scheinen gar nicht unmittelbar von ihm affizirt zu werden. Ich habe das Gas in engen Ställen anhaltend und sehr reichlich entwickelt und es so. mit atmosphäri-
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scher Luft gemengt, von Menschen, Pferden, Rindern, Schafen, Ziegen, Hunden, Katzen und Vögeln durch 16 bis 24 Stunden athmen lassen, aber keine andere unmit­telbare Folgen als die angegebenen hiervon entstellen sehen; bei länger fortgesetzter Einwirkung wird jedoch die gute Mischung des Blutes verändert, namentlich die Plastizität vermindert und die Farbe dunkler; auch wird dabei die Urinsekretion vermehrt, die Schleimhaut in der Nase und im Maule ganz blafs und die Thicre magern hinnen kurzer Zeit seiir ab. Wahrscheinlich wird also ein Theil des Gases beim Eiuathmeu eben so wie die atmosphärische Luft von dem'Blute äbsorbirt, und hier­durch eine chemische Zersetzung des letzlern (und der organischen Materie überhaupt) bewirkt, indem das Chlor auf die bereits erwähnte Weise (sect;. 477.) alle Wasserstoff-verbindungen zu zersetzen strebt. Zugleich wird aber auch die Thätigkeit der meisten Absundenmgsorgano, der Lymphgefäfse und Lymphdrüsen und der Schleimhaut, und eben so die Resorption vermehrt.
Auf Wunden und Geschwüre wirkt das Chlorgas stark reizend; die Empfindlichkeit wird gröfser, die Fär-bung dunkler, die abgesonderte Flüssigkeit consi'stenter und, wenn letztere irgend einen hervorstechenden Geruch hatte, so wird derselbe bedeutend vermindert oder auch ganz beseitigt.
Injektionen des Gases in die Venca bewirken nach 2 bis 3 Minuten den Tod unter apoplektischen Zufällen.
sect;• 479.
Das Chlor in Gasgestalt wurde bisher als eigentliches Arzneimittel fast gar nicht angewendet, ist aber in der neuem Zeit von Loblanc und einigen andern französi-scheu Thierärzten zur Heilung des Rotzes aufserordentlich gerühmt worden. Mau soll mittelst einer eigenen Vor­richtung (siehe: Jouru. theorique ei prat. de Medec. veterin. 1831, Mars; 1834, .lanvier; — und Kecueil de Med. vet. 1S3I, JuilletJ das Gas in die Nase leiten, was jedoch auch mittelst jeder Flasche geschehen kann. An-
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dere haben von dieser Heilmethode den gerühmten Erfolg nicht gesehen und ich habe dieselbe ebenfalls bei mehre­ren Pferden vergeblich angewendet.
Dagegen dient das Chlorgas als das wirksamste Mittel zur Zerstörung von Miasmen und Contagien, welche in der Luft oder an irgend einer andern Materie haften; zur Reinigung der Ställe, in denen Thiere mit ansteckenden Krankheiten sich befinden oder früher befunden haben, oder, wo durch krankhafte Ab- und Aussonderungen, z. B. durch Jauche aus brandigen Geschwüren, durch die stin-.kende Ausdünstung bei Faulfieber und Typhus, durch stinkende Exkremente bei Diarrhöe u. s. w. die Luft ver­dorben ist; daher auch bei dein Blauwerden') der Milch in solchen Fällen, wo dasselbe durch ein Miasma im Milchkelier, oder in den Milchgefäfsen bedingt ist, wel­ches der Erfahruns zu Folge in manchen Fällen aufser-ordentlich fest haftet und durch die gewöhnlichen Reini­gungsmittel nicht zu zerstören ist. Gegen Schädlichkeit dieser Art leistet das Chlorgas sehr viel, obgleich es nicht immer jenen fauligen Gestank ganz beseitigt; aber gegen diejenigen unbekannten Miasmen, welche in einer eigenthümlichen Beschaffenheit der Constitution der Atmos­phäre begründet sind, wie es bei Epizootien häufig der Fall ist, scheint es weit weniger wirksam zu sein. — Die desinficirende Wirkung des Mittels ist wohl eine rein chemische, indem es die (ursprünglich organischen) der Luft u. s. w anhängenden Krankheitsstoffe auf dieselbe Weise zersetzt wie andere organische Materien.
sect;. 480.
Für die zuletzt bezeichneten Zwecke, nämlich zur Zerstörung der Ansteckungsstoffe, zur Reinigung infizirter Ställe u. dgl., kann man das Chlorgas auf mehrfache Weise entwickeln, und zwar: 1) als sogenannte oxydirt-salz-
') Niclil zu verwechseln mit ilem Blaumelken, welches vom Genufc von PRunzen mit klauen Saiten oder von Kranklieiten der Bfilclithiere berrfinrt
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saure oder Morveausche1) Räucherungen (.Fime^a-tioncs oxymuriaticae s. Fumigationes Quyton-Morveaumanae) aus einer Mischung von 1 Theil fein pulv. Braunsteinoxyd, mit 3 Theilen trockenem Kochsalz und mit 2 Theilen roher Schwefelsäure, welche letztere noch mit 2 Theilen Wasser verdünnt wird2). Man mengt diese Ingredienzien erst dann, wenn das Gas entwickelt werden soll, in einem irdenen, porzellanen oder gläsernen flachen Gefäfse z. B. in einer Schüssel zusammen und stellt sie in den zu rei­nigenden Stall. Das Chlor entweicht sogleich sehr reich­lich in Gestalt gelblicher Dämpfe, nach einiger Zeit aber immer schwächer, und man kann dann durch Umrühren mit einem hölzernen oder gläsernen Stäbchen die Ent-wickelung von neuem etwas befördern. Setzt man die Schwefelsäure nach und nach zu dem Braunstein und Kochsalz, so erfolgt die Entbindung des Chlors auch verhältnifsmäfsig langsamer und schwächer, was zu beach­ten ist, wenn man die Räucherungen in solchen Ställen unternimmt, in denen sich noch lebende Thiere befinden oder wo Menschen sich beschäftigen. Durch mäfsiges Erwärmen des Gefäfses, in welchem die Ingredienzien zu­sammengemengt sind, wird die Entwickelung des Gases sehr befördert; will man aber das Erwärmen vermeiden, und doch binnen kurzer Zeit viel Gas erzeugen, so kann mau die Schwefelsäure unverdünnt auf den Braunstein
i) Bourgelat hat, ohne das Chlor zu kennen (indem es erst später enldecLt wurde) schon im Jalire 1763, also lange vor Guyton-Morveau (1798) älinliclie Räucherungen, aber in einer mehr zusam-mengeseUten Formel empfohlen (Maticre medic. Formel Nr. 395 , und Uuzard, der dieses mit Recht zu den Verdiensten Bourgc-lal's rechnet, sagt darüber: „cjue Gujton-Worveau nquot;a fait, sans rien changer aux bases, que simplilier la i'orraule de Bourgelat et en en­tendre {'application.'' (Proces-verbal de l'Ecole vet. de Lyon, ann. 1812; — Annal. de l'agiicult. franr. Tom. 51. pag. 95.)
^ Für einen Stall, der 20 Fufs lang und eben so breit ist, sind \ Unze Braunstein, 11 Unze Kochsalz und 1 Unze Schwefelsäure hin­reichend.
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und das Kochsalz tröpfeln. — Ist der zu reinigondc Stall ganz leer von Thiercn, so läfst man das Gas reichlich in ihm entwickeln und verschliefst dabei durch 21 Stunden alle seine Ocft'nungen; nach der Zeit aber liifst man ihn eben so lange ganz otfen stehen und von der Luft durch­strömen.
2)nbsp; nbsp;Die Entwickelung des Chlorgases kann auch aus dem Chlorkalk (eigentlich chlorichtsaur. Kalk) und aus dein Chlornatron geschehen. Beide Präparate las­sen schon, blofs wenn sie der Luft ausgesetzt sind, das Gas entweichen, was zwar langsam geschieht aber auch nur sehr geringe Heizung der llespirationsorgane verur­sacht; die Entwickelung wird durch Befeuchten oder Auf­lösen dor Mittel mit Wasser, noch mehr aber durch den Zusatz der verdünnten Schwefelsäure, oder beim Chlor­kalk auch durch das Zusamincnmcngeu desselben mit glei­chen Theilen vom sauren schwefelsauren Kali sehr verstärkt. Die Entwickelung des Gases aus diesen Sub­stanzen ist etwas schwächer, auch etwas theiirer, aber bei dem zuletzt bezeichneten Gemenge aus Chlorkalk und saurem schwefelsauren Kali vermeidet man die üblen Fol­gen, welche bei den Morveau'sclien Raücherungen aus dem Gebrauch der Schwefelsäure entstehen können. Des­halb verdient dasselbe besonders dann den Vorzug, wenn man die Ingredienzien zu den Chlorriiuclierungen über Land verschicken oder unkundigen Personen anvertrauen mnfs. Die genannten beiden Substanzen müssen fein ge­pulvert sein und dürfen erst zusaminengemengt werden, wenn man eben das Gas entbinden will. Für einen 20 Fufs langen und eben so breiten raquo;Stall sind gjß von jedem Theile zur Anfülhnig mit Chlor hinreichend.
3)nbsp; Auch aus dem flüssigen Chlor ist, wenn dasselbe im Stalle ausgesprengt oder in weiten Gefäfsen der Luft ausgesetzt wird, d-.is Gas zu entwickeln; dieses Verfahren ist jedoch verhältuifsmäfsig am theuersten und am wenig­sten wirksam.
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B. Clilorwassor, flüssiges Clilor, oxydirt-salzsaures
Wasser, oxydirte Salzsäure Aqua oayinuriateca, Liquor
Chlori, Acidum muriqtieum oxygeuuCum.
481.
Das flüssige Chlor besitzt, mit Ausnalnne der ver­änderten Form, alle Eigenschaften des Chlorgases, wirkt auch auf den lebenden Thierkijrpcr ganz wie dieses, aber bedeutend milder. Pferde und Kühe ertrugen es bei mei­nen Versuchen bis zu 3 Pfd., Hunde bis zu 5Jjj auf Ein­mal, ohne dafs besondere Zufalle entstanden. — sect;jj einem l'fercle in die Vene gespritzt, verursachten sogleich Mat­tigkeit, ängstlichen Blick, Senken des Kopfes, Zittern der Haut und der Füfsc-, häufiges Bewegen des Kiefers und der Zunge, etwas schnelleres Athmen, volleren, aber nicht schnelleren Puls. Nach 2 Stimdcn war die Wirkung vor­über. — Von gv innerlich angewendeten flüssigen Chlors starb bei Orfila ein Hund nach einigen Stunden; es war ihm aber der Schlund unterbunden worden. — Durch seine Form eignet sich das flüssige Chlor zur innerlichen und äufserlicheu therapeutischen Anwendung viel mehr als das Gas; es ist aber dennoch wenig gebräuchlich. — Ich habe es innerlich gegen Rotz und Wurm und gegen eiternde Lungenknoten bei Pferden ziemlich häufig versucht und in einigen Fällen scheinbare Besserung, bei 1 rotzigen und 2 wurmigen Pferden aber auch wirkliche und blei­bende Heilung hiernach erfolgen sehen; die Besserung des Zustandes zeigte sich immer erst nach 8 Tagen, die Heilung nach 4 Wochen, und während und nach der Kur magerten die Thiere bedeutend ab. — Chariot1) hat die alkalinischen Chlor-Präparate (Chlornatron, Chlorkalk)
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als das beste Mittel zum Zersetzen, Neutralisiren und Verdichten des Gases bei dem Aufblähen der wieder­käuenden Thiere empfohlen: das Chlorwasser dürfte für diesen Zweck ebenfalls zu benutzen sein. — Die Gabe ist für Pferde im Anfange gjv, später Jvj — Jvjrü, für Rindvieh ebenso; für Schafe, Ziegen und Schweine Jjj bis sect;jv, für Hunde 3jj — sect;j, täglich 2 bis 3 Mal. — Aeufserlich habe ich es gegen Räude, Flechten, Mauke und andere Geschwüre, welche einen asthenischen Cha­rakter hatten, zwar mit gutem, aber nicht mit besonders ausgezeichnetem Erfolge angewendet, denn die Heilung erfolgte überall nicht schneller als bei dem Gebrauche anderer Mittel. Dabei ist wohl zu bemerken: dal's das flüssige Chlor clinch Licht und Luft sehr leicht zersetzt und in Salzsäure umgewandelt wird; dafs auch alle Säu­ren, Salze und viele Vegetabilien es leicht zersetzen und dafs es daher so viel als möglich für sicli allein, für kleine Thiere nur mit destill. Wasser verdünnt, oder kurz vor der Anwendungquot; mit etwas reinem Syrup oder mit Schleim versetzt werden darf. — Wegen dieser leichten Zersetzbarkeit wird das Mittel bei äuiserlicher Anwendung gewohnlich nicht viel anders als eine schwache Salzsäure wirken, und es kann deshalb zu dieser Anwendung meh-rentheils durch die letztere ersetzt werden. — Als des-infizirendes Mittel ist es zum thierärztlichen Gebrauch zu theuer (sect;. 480.), und weit besser durch eine Auflösung von Chlorkalk zu ersetzen.
C. Chloric lit saurer Kalk oder Clilorkalk. Calcaria chlo-
rosa s. chlora.'a, Calcaria oaymurialica; auch: Chlorelum Cal-
cariae, Chloris calciciis, Calcaria chloriaica, Chlorum
calcareum.
sect;• 482. Der Chlorkalk wirkt zunächst ebenfalls durch sei­nen Gehalt an Chlor und daher im Wesentlichen wie das Gas; allein zu der Wirkung des letztern tritt noch die des Aetzkalkes, und deshalb ist wenigstens die örtliche
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Einwirkung an den vom Chlorkalk betroffenen Stellen mit viel stärkerer Reizung verbunden, als bei dem Cblorgas und als bei dem flüssigen Chlor. Ich sähe oft, wenn Pferde den in Latwergen oder in Pillen eingegebenen Chlorkalk nicht verschluckten, sondern durch einige Zeit im Maule behielten, heftige Reizung, Entzündung und selbst Exkoriationen der Maulschleimbaut, Geschwulst der Zunge und der Lippen, Geifern aus dem Maule und Ver­hinderung im Fressen, — bei aufserlichcr Anwendung aber lebhaftere Röthung, gröfsere Empfindlichkeit, verminderte und weniger stinkende Absonderung an Geschwürflachen, und bei etwas starker Anwendung selbst Entzündung und Anätzung der gesunden Haut entstehen. Diese reizende ortliche Wirkung erfolgt aber am Magen und Darmkanal in viel geringcrem Grade, und die Thiere ertragen, nach meinen vielfältig wiederholten Versuchen, den Chlorkalk innerlich in sehr grofsen Gaben, ohne unmittelbare üble Folgen hiervon zu erleiden; denn ich gab zum Versuch gesunden Pferden und Kühen das Mittel von gj bis zu 2 Pfd., Schafen und Ziegen von 3j bis Jj? und Hunden von 5ß bis gß, — sowohl in Latwergen und Pillen, (zu deren Bereitung auf gj Chlorkalk 3jj Altbäewurzelpulver und das nöthige Wasser genommen wurde) als auch in wässerigen Auflösungen (zu f j Kalk 1 Pfund Wasser) — und bemerkte nach den kleinen Gaben sehr oft kaum eine Spur von Wirkung, nach grofsen Gaben aber etwas schnel­leren Puls, beschwerlicheres Athmen, vermehrte Wärme im Maule, Thränen der Augen, sehr reichliches Uriniren und zuweilen auch öfteres und reichliches Misten, wobei aber der Koth fast gar nicht von der normalen Beschaf­fenheit abweichend zu sein schien; der Urin machte stets einen starken, weifsen Bodensatz und verbreitete oft einen eigenthümlichen Geruch, der dem des Chlors ähn­lich war, zugleich aber dem der Blausäure sich etwas näherte. — Bei Pferden trat die angedeutete geringe Ver­änderung am Puls und Athmen nach 20 bis 30 Minuten ein und dauerte durch 2 bis 5 Stunden; am Koth und
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Urin zeigte sich die Wirkung über 24 Stunden. Wenn nicht das Maul durch das Eingeben des Mittels auf die oben bemerkte Weise litt, so wurde selbst durch sehr grofse Gaben des Chlorkalkes der Appetit nicht gestört, oft aber der Durst stark erregt. Hunde zeigten (wie so häufig auch nach andern Mitteln) Erbrechen, aber keine andere Zufalle. Das Blut zeigte nach der Anwendung des Chlorkalkes bei keinem Thiere eine sclir bemerkbare Ver­änderung; alle magerten aber sehr ab, wenn man ihnen das Mittel durch einige Zeit anhaltend in grofsen Quan­titäten eingab. —
Eine Auflösung von 3jj Chlorkalk in Jjj Wasser bei gesunden Pferden in die Halsvene injicirt, verursacht so­gleich eine Vermehrung von 6 bis 10 Pulsen in der Mi­nute und etwas schnelleres und beschwerlicheres Athmen, jedoch nur für die Zeit von l bis 2 Stunden; alle übrige Funktionen scheinen ungestört zu bleiben. — Von der Injektion einer unvollständigen und nicht filtrirten Auf­lösung aus rj Chlorkalk in rjv Wasser wurde der Puls sogleich sehr voll, langsam, unregelmäfsig, das Atinneu ängstlich, sehr angestrengt, es entstand Schwindel, Nie­derstürzen, Erweiterttag der Pupille, Blässe der Schleim­haut, der Nase und des Mauls, und in Zeit von 30 bis 50 Minuten der Tod. Bei der Sektion fand man das Blut auch in den Arterien schwarzroth und ganz flüssig.
In der Eigenschaft, der fauligen Zersetzung entgegen zu wirken und den Gestank in Geschwüren u. s. w. zu beseitigen, übertriift der Chlorkalk die übrigen Chlor­präparate und alle andere bis jetzt bekannte Mittel.
sect;, 483.
Der Chlorkalk, ist erst in der neuern Zeit als Arznei­mittel in Aufnahme gekommen, und die Indikationen zu seiner Anwendung sind daher noch nicht für alle Fälle begründet. Er findet, wie das Chlorwasser, seine Anwen­dung hauptsächlich bei zu geringer Thätigkcit und bei Stockungen in den Lymphgefafsen, in den Lymphdrüsen und andern drüsigen Organen, bei Verschleimung, bei
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Verhärtungen, bei Tuberkeln, bei stinkenden Sekretionen, bei Caehexieen, zur cliemisclicn Zersetzung und zur Ein­saugung des Gases im Wanste der aui'goblalietou Wieder­käuer (nach Clialot), zur Zerstörung contagiöser mias­matischer Störte, und ebon so zur Zerstörung des Gestanks von fauligen u. a. Effluvien. Er verdient aber in den meisten Fällen vor den übrigen chlorhaltigen Mitteln den Vorzug, weil er leichter und vielseitiger zu benutzen, auch wirksamer und wohlfeiler ist als sie. —
Franziisische Tluerärzte versuchten ihn innerlich zu­erst gegen Kotz und Wurm, und zwar angeblich mit gu­tem Erfolge; ich habe ihn gegen diese Krankheiten ganz mit demselben Erfolge angewendet, wie das flüssige Chlur (sect;. 481). — Mandt gab ihn mit Nutzen gegen Milzbrand1). — Bei veralteter, hartnäckiger Druse und bei veijauchen-den Lungenknoten war er in vielen Fällen nützlich: bei dem Aufblähen, besonders wenn dasselbe durch schlech­tes, verdorbenes Futter entstanden war, leistete er auf der Stelle die besten Dienste; dagegen nutzte er bei der Lun-genseuche des Rindviehes, bei Faul- und Nervenfieber, und bei stinkender Diarrhöe mehrentheils nichts. — Aens-serlich hat das Mittel gegen Räude und Flechten bei Pferden, Kühen und Hunden, und eben so gegen die stinkenden Geschwüre im äufsern Gehörgange bei den letztern, — bei dem bösartigen Klaueuweh und gegen die Mauke der Pferde gute Dienste geleistet; vorzüglich wirk­sam war es bei der sogenannten brandigen oder ausfal­lenden Mauke. Bei dem Strahlkrebs und Knorpelfisteln bewirkte der Chlorkalk in kurzer Zeit eine äufserliche Besserung der Geschwüre und schnelle Vernichtung des Gestanks, aber keine gründliche Heilung, — und auf gleiche Weise zeigte sich die Wirksamkeit bei cariöseu Geschwüren. Gegen Verdunkelung der Hornhaut war
') Praklische Darstellirng Akv vKichligstcn ansteckenden Epide-niieen und Epizootien in ihrer Bedeutung für die medixinische Poli-ui. Berlin 18-26.
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das Mittel in einigen Fällen recht wirksam, in andern leistete es nichts.
sect;• 481. Man giebt den Chlorkalk innerlich Pferden und Rind­vieh von Jß bis 5jj, Schafen, Ziegen und Schweinen 3ß bis 3jß, Hunden Qß bis jß auf Einmal und täglich 2 bis 3 Mal; die Anwendung kann in Pillen, Latwergen oder Auflösungen, und in Verbindung mit bittern und aroma­tischen Mitteln geschehen. Bei dem Aufblähen, giebt man ihn nur in Auflösungen mit kaltem Wasser, =ß Chlorkalk zu gvjjy des letztern. Als Bindemittel bei Latwergen und Pillen leistet hier Mehl mehr als die Althäewurzel. — Aeufserlich benutzt man ihn am häufigsten in Auflösun­gen mit Wasser, die man nach Verschiedenheit der Em­pfindlichkeit der betreffenden Theile, oder nach Verschie­denheit des Grades der fauligten Zersetzung und des Ge­stanks mehr oder weniger conzentrirt macht; zu einer sehr starken Auflösung nimmt man auf 1 Theil Chlorkalk 10 bis 12 Theile, zu einer schwachen Auflösung 30 bis 40 Theile des Wassers. Man benutzt solche Flüssigkei­ten zum Waschen und Verbinden der kranken Theile, zu Einspritzungen und zu Fufsbädern, täglich 2 bis 4 Mal. Zur gründlichen Reinigung der Klauen bei dem bösarti­gen Klauenweh benutzt man, um die Anwendung des Mit­tels schnell und leicht bei der ganzen infizirten Heerde zu bewirken, eine Auflösung von 1 bis 2 Pfd. Chlorkalk mit 2 Eimern Flufsbad, und zwar auf die Weise, dafs die Chlorkalkauflösung in eine wasserdichte mit der Krippe gegen 4 Zoll tief angefüllt und die letztere vor die Stall-thür, durch Horden von beiden Seiten begränzt, so ge­stellt wird, dafs die aus oder in den Stall getriebenen Schafe auf einer Strecke von etwa 8 Fufs durch die Flüs­sigkeit gehen, und ihre Klauen chemisch reinigen müssen. Ist die Zahl der durchgehenden Schafe sehr grofs, so mufs die Flüssigkeit von Zeit zu Zeit erneuert werden; eben so, wenn sie schmutzig geworden ist. — Zum Ver­binden der Klauengeschwüre nach gründlichem Ausschnei­den
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den der Klauen benutzt man einen Brei, der aus Chlor­kalk und destill, oder Regenwasser durch Zusammenreiben in einem Mörser gebildet ist und mit einem Pinsel auf die ganze offene Fläche gestrichen wird. Dies geschieht tiiglich wiederholt, bis die Flachen' trocken geworden sind. (Siehe: Günther, in d. Zeitschr. f. Thierheilk. u. Vieh­zucht v. Nebel u. Vix, I. Bd. S. 85. u. f.) — Zuweilen habe ich den Chlorkalk auch in Pulverform, theils für sich allein, theils mit Kohlcnpulver, mit Kalmuswurzel-pulver u. dergl. versetzt, bei stark jauchenden Geschwü­ren mit recht gutem Erfolge eingestreuet; man darf jedoch nur kleine Quantitäten von solchen Pulvern zu­bereiten, weil sie au der Luft in kurzer Zeit unwirksam werden.
sect;. 485. Als desinfizirendes Mittel wird der Chlorkalk auf verschiedene Weise benutzt, hauptsachlich aber, indem man entweder zur Reinigung der Luft und zum Durch­räuchern von infizirten Stallen und Utensilien das Chlor­gas auf die eine oder die andere, im sect;. 480. bezeichnete Weise aus ihm entwickelt; — oder indem man die Stall-wändcj die Krippen, Raufen u. s. w. mit starken Auflö-sungeu von ihm übertüncht, und die Decken, das Leder­zeug, das Putzzeug und andere Gegenstände, welche mit ansteckend kranken Thieren in Berührung gekommen sind, mit schwächeren Auflösungen wäscht. Zu dem Uebertün-chen des Stalles macht man aus 1 Pfd. Chlorkalk und etwa 12 Pfd. (4 Quart) Wasser eine Art Kalkmilch, die man mittelst eines Mauerpinsels oder im Nothfalle mit­telst eines, an einen Stock befestigten Strohwisches gut aufträgt. Es entwickelt sich dabei sehr viel Chlor, durch welches die Augen und die Brust des Arbeiters für einige Minuten etwas belästiget, vorhandene Ansteckungs­stoffe aber auch ganz sicher zerstört werden, so dafs man nach dem völligen Austrocknen des Stalles gesunde Thiere ganz ohne Gefahr wieder in denselben hineinbringen kann. Will man aber recht vorsichtig sein, so kann mau Krip-
H erMrig Arzneimittelicltre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4laquo;J
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pen und Raufen nach dem llehertüuchcn vorher noch einmal mit heifscm Wasser abwaschen und dann den Stall mit Chlorgas durchräuchern (sect;. 481). — Zum Reinigen der Decken, des Lederzeuges u. s. w. ist eine Auflösung von 5j Chlorkalk auf 12 bis 20 Unzen Wasser hinreichend stark. Dabei ist aber zu bemerken: dal's gefärbte Decken und Chabraken mit einer Auflösung von Chlorkalk nichi gewaschen werden dürfen '), weil sie dadurch ihre Farbe verlieren, und dafs alle andere Gegenstände nach dem Waschen in jener Auflösung sogleich in Wasser rein aus­gespült werden müssen, um die fressende Wirkung des Chlorkalkes zu verhüten; metallische Gegenstände müssen sogleich ganz trocken abgerieben, und das Lederzeug, nachdem es halb trocken geworden, mit Fett oder Gel eingeschmiert werden.
Wenn in Ställen der Urin keinen gehörig freien Ab-flufs hat und daher beständig ein scharfer ainmoniakali-scher Geruch besteht, so ist zur Unterdrückung des letz­tern das Befeuchten des Fulsbodcns und der Abzugrin­nen mit einer etwas starken Chlorkalkauflösung das beste Mittel.
D. Chlor-jVatrum odor Chlor - Soda. Chlorum Natri, Chlorurelum sndii s. Chlorurclum de protoarydu sodii.
sect;. 4Sß. Das Chlornatron wirkt örtlich und allgemein fast ganz wie der Chlorkalk, in einer etwas conzentrirten Auflösung aber örtlich stärker reizend als der letztere, so dafs nach seiner Anwendung in Wunden und Geschwü­ren heftige Entzündung und selbst starke Ausschwitzung von plastischer Lymphe erfolgt. Dabei naufs jedoch be­merkt werden, dal's das Chlornatron auf verschiedene Weise bereitet wird, und sowohl in flüssiger als auch in
') Dagegen schadet solchen Sachen das Durchräuchern mit CMor-gas sehr wenig.
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fester Gestalt besteht; dafs aber jene stärkere Reizung von dem festen oder crystallisirten weniger auffallend wahrzunehmen als von dem flüssigen. — Das Chlornatron ist ebenfalls erst seit kurzer Zeit als Heilmittel benutzt uucl, besonders von französischen Thierärzten, gegen die­selben Krankheiten empfohlen worden, in denen der Chlor­kalk für nützlich gehalten wird; namentlich will man ge­gen den Rotz und Wurm der Pferde heilsame Wirkungen von ihm gesellen haben. Es leistet jedoch gegen diese und gegen andere cachektische Krankheiten nichts mehr als der Chlorkalk und stellt dem letztem noch darin nach, dafs es viel theurer ist und fast nur allein in flüssiger Form angewendet werden kann. — Auch verlangt das Chlornatron seiner scharfem Wirkung wegen eine gröfsere Vorsicht und darf nur in mäfsigen Gaben, z. B. für Pferde und Rinder von 3jj alliniilig steigend bis zu 5j, für Schafe zu 56 bis 3j, für Hunde von 5 Uran bis gj verordnet werden; auch darf die Anwendung nur täglich 2 Mal, nur in 6 bis Sfacher Verdünnung mit Wasser, oder mit Zusatz eines schlein/igen Mittels gesclielien. Zusätze von andern Mitteln erträgt das Clilornatron nicht gut.
Aeufserlich ist dasselbe in flüssiger Form wie der Chlorkalk zu benutzen.
Das Chlornatron ist auch als desinfizirendes Mittel, im Wasser aufgelöst zum Auswaschen von Kiankenstäl-len u. s. w. benutzt und von Labarraque1) sehr em­pfohlen worden: allein es hat für diesen Zweck ebenfalls keinen Vorzug vor dem Chlorkalk, sondern steht demsel­ben des höhern Preises wegen sehr nach. — üeberhaupt dürfte es wohl in der Thierarzneikuude zu entbehren sein.
Das Chlor-Kali (Chlorum Kali) wirkt wie dasChlor-natrum, wird aber fast gar nicht als Arzneimittel benutzt.
') Labnri-aquc: De IVmpIoi des clilornres d'oxyde de sodium •#9632;l de chanxi Paris lb'25. #9632;— llecueil de medec. veler. IS'ZS. S. 255. IW!gt;. S. 190. etc. — Froriep's Notizen, ans dem Gebiete der Natur-und Heilkunde, Bd. 11. S. 359.
43raquo;
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Chariot empfahl es vorzugsweise vor den übrigen Chlor-mittein gegen Trommelsucht und Windkolik. Die Gabe ist für Pferde und Hinder 2 Efsloffel voll in einem Quart kalten Wasser.
4. Das Jod oiler die Jod ine. Jodevm s, Jodinn.
sect;• 487. Diese cigenthümliche Substanz ist erst seit dem Jahre 1813 bekannt und bis jetzt nur wenig als Arznei­mittel für die Tliiore benutzt, daher auch noch nicht ge­nügend in ihren Wirkungen erforscht. — Im Allgemeinen zeigen die letztem, in so weit sie den lebenden Thicr-körper betreffen, einige Achnlichkeit mit denen des Chlors. Bei der äufserlichen Anwendung auf die Haut verursacht das Jod und seine Präparate eine gelbliche Färbung und mäfsig starke Reizung, welche letztere zuweilen bis zur oberflächlichen Entzündung steigt, und mit vermehrter Resorption in den unter der Haut liegenden Theilen be­gleitet ist. An allen drüsigen Organen, besonders aber in den Schilddrüsen und am Euter scheint auf eine spe­zifische Weise selbst die Ernährung (die Vegetation) sehr beschränkt zu werden, denn sie verkleinern sich bei dem fortgesetzten Gebrauche des Jods sehr autfallend. — In­nerlich in einzelnen mäfsigen Gaben angewendet, wirkt dasselbe zunächst als ein Reiz auf die Schleimhaut der Verdauungseingeweide, und vermehrt den Appetit, ver­ursacht aber in solchen Gaben keine bemerkbare allge­meine Zufälle; wird aber die Anwendung solcher Gaben durch einige Zeit fortgesetzt, so zeigt sich nach und nach eine immer stärkere Abmagerung im ganzen Körper, aber vorherrschend in den vorhin bezeichneten drüsigen Orga­nen. Veränderung an den Blutgcfäfsen, am Atiimen und in den Ab- und Aussonderungen bemerkt man dabei nicht; auch am Blute hat man bisher einen Einfiufs der Wirkung nicht deutlich nachgewiesen, obgleich seine Beschaffenheit sich gewifs verändert. — In etwas grofsen Gaben verur­sacht das Jod übermäfsige Reizung der Verdanungsschleim-
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haut, Störung des Appetites, Erbrechen (bei Thieren die erbrechen können), und fast immer Diarrhöe; — von sehr grofsen Gaben erfolgt Entzündung und Anfressung des Magens und der Tod in 4 bis 7 Tagen. Letzterer er­folgt aber nicht jedesmal, sondern manche Thiere erholen sich noch, selbst wenn schon bedenkliche Zufälle eingetre­ten sind. Orfila (Toxicol., Bd. 1, S. 116.) sähe z. R. einen Hund wieder genesen, der nach dem Eingeben von 1 Dr. und 12 Gr. von 3jß des Jodes. — Von 10 —13 Gr. sähe ich bei mehrern Hunden, und von 10 — 60 Gr. bei Pferden täglich 2 Mal und durch 11 Tage gegeben, blos schwa­chen Durchfall (mit Entleerung von schwärzlich gefärbten Exkrementen), bei den erstem auch mäfsiges Erbrechen und starke Abmagerung erfolgen; aber 2 bis 3 Drachmen in einer Gabe todteten jeden Hund.
Injektionen in die Drosselvene von 5j Jod in Jjj schwachen Weingeist gelöst, brachten bei Pferden Tau­meln, Betäubung^ zuweilen selbst Niederstürzen^, schnelles kurzes Athmen, schmerzhaften Husten, schnellen, harten Puls, wilden Blick mit Erweiterung der Pupille, Auftrei-bung der Gefäfse am Kopfe, erhöhete Temperatur, dann Aengstlichkcit, Mattigkeit hervor. Nach 1| Stunden waren diese Zufalle verschwunden; der Appetit wurde sehr gut! — Bei niehrern Versuchen der Art variirten die Zufälle etwas, aber der Husten war bei allen Pferden constant. — In­jektionen von 5jj Jod in 5jj Branntwein gelöst, erzeugten ähnliche, aber weit stärkere Zufälle, die 4 Tage dauerten-— 1 Drachme Jod in 1 Unze Schwefoläther gelöst und in die Drosselvene injizirt, verursachte sogleich Erstik-kungszuf'äile und den Tod. Diese Wirkung ist jedoch mehr dem Aether als dem Jod zuzuschreiben (Observation von Patu, im Journ. de med. vetcr. 1835, p. 229.),
sect;. 488.
Den angedeuteten Wirkungen und den au kranken Thieren gemachten Beobachtungen zufolge ist das Jod eine sehr kräftige, die Thätigkeit der Venen und der Lymph-gefafse beförderndes, daher die Ilesorption vermehrendes,
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die Ernährung beschränkendes Mittel. Als solches ist es a in kleinen und mafsigen Gaben angezeigt: bei krankhafter, übermäfsiger Ernährung, Vergröfserung und Verhärtung drüsiger Organe, besonders aber bei solchen Zuständen der Schilddrüsen (bei dem ächten Kropf, Struma), des Euters und der Hoden; eben so bei zu grofser Fettbil­dung in einzelnen Thcileu oder im ganzen Körper und bei den hieraus entstehenden nachtheiligeu Folgen, z. B. bei dem chronischen, äufserst hartnäckigen Husten, der die zu gut genährten Stubenhunde zuweilen befällt und in zu grofser Fettigkeit des Herzens begründet ist. Das Mittel hat sich in der That bei diesen Krankheiten, nach den Beobachtungen von Prevost u. A.1), so wie bei meinen Versuchen, sehr wirksam gezeigt. Dagegen sähe ich es gegen Rotz und Wurm bei sclir vielen Pferden, obgleich ich es anhaltend und in den einzelnen Fällen auf verschiedene Weise anwendete, ganz ohne günstigen Er­folg. Patu (siehe vorhergehenden sect;.) versuchte gegen den Wurm der Pferde Einspritzungen von Jod in die Drosrelvcne, jedoch ebenfalls ohne Nutzen, obgleicli jedes Pferd 16 bis 18 Injektionen in Zeit von 1 Wochen erhielt.
Gegenanzeigen gegen den Gebianch des Jods sind: aktive Entzündungen, Entzündungstieber und Orgasmus des Blutes. Bei schleichenden, chronischen Entzündun-den, bei plastischen Ausschwitzungen und Verhärtungen nach Entzündungen wird aber das Jod örtlich oft sehr gut ertragen.
g. 489.
Das Jod wird innerlich und äufseriieh in verschiede­nen Präparaten angewendet. Das reine Jod benutzt man als Medikament für sich allein gewöhnlich nicht, sondern man wendet es in Form der Jod-Tinktur (Tinctura Jodi) an. Dieselbe besteht in einer Auflösung von 1 Th. Jod mit lü Th. alkoholisirten Weingeist, so dafs 1 Unze
'2) Journal prat. de möd. veter. 1827. n. 239. — Recueil de med. vel. 1829. p. 104. .•lc.
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der Tinktur 48 Gr. Jod enthält. Man giebt sie innerlicii den Pferden und Rindern von 20 bis 200 Tropfen, Scha­fen (und wahrscheinlich auch den Schweinen) von 5 bis 12 Tropfen, Hunden 2 bis 10 Tropfen in allinälig stei­gender Gabe, täglich 1 bis 2 Mal und verdünnt mit der 12 bis 20 fachen Menge Wassers. — Aeufserlich ist die Jod-Tinktur gegen Gelenk- und Sehnengallen täglich 2 Mal eingerieben worden. In einzelnen Fällen führte sie schnell eine bedeutende Verkleinerung dieser Ge­schwülste herbei, in andern Fällen leistete sie nichts. Bei grofser Torpidität der Theile licls laquo;ich sie mit Terpen-thihol in verschiedenem Yerhältnifs versetzen.
Das gebräuchlichste Präparat ist das Jodwasser­stoffsaure Kali (Kali hydrojodicuni) oder Jodkalium (Jodetum Kalii). Es wirkt etwas milder als die Tinktur, löst sich im Wasser und Weingeist auf, und läfst sich auch mit Fett zur Salbe machen. Man giobt es a) inner­lich den grofsen Hausthieren von 3ß in steigender Gabe bis zu 5jj, Schafen von 6 bis 20 Gran, Hunden von 1 bis 5 Gr.. täsflich l bis 2 Mal und in der 20 bis 30fachen Menge Wassers (wozu nicht gerade destillirtes nöthig ist) aufgelöst. Auch kann man eine schleimige oder eine aro­matische Flüssigkeit zur Aufnahme des Jodkalium benutzen, mit andern Mitteln ist es aber aus chemischen nnd the­rapeutischen Gründen nicht gut zu verbinden. — ö) Aeus-serlich benutzt man das Jodkalium entweder in Auflösung von gemeinem Wasser (20 bis 30 Gran auf 1 Unze), oder als Salbe, mit Fett (30 bis 60 Gran mit 1 Unze des letz­tem) zusammengerieben. Das Viiguentwm Kali hydrojodid der Preüfs. Phannakopöe besteht aus Jodkalium 3j, koh­lensaure Magnesia 6 Gr., die mit einigen Tropfen destill. Wassers abgerieben und dann mit gj Schweinefett zusam­mengemengt werden. — Sowohl die Salbe als auch die Auflösung des Jodkaliums werden täglich 2 Mal ange­wendet.
Ueber den Gebrauch des Jods ist im Allgemeinen noch zu bemerken: dafs dasselbe und seine Präparate
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ziemlicli theure Arzneimittel sind; — dafs die Anwendung meistens dnrch einige Wochen fortgesetzt werden mufs, ehe der Zweck erreicht wird; — dafs man aber bei klei­nen Thieren, selbst mit mäfsigen Gaben, nicht zu anhal­tend fortfahren darf, sondern nach 3 bis 4tägigom Ge­brauch des Mittels wieder einen Tag dasselbe aussetzen mufs, um üble Zufalle zu vermeiden; und — dafs man bei äufserlicher Anwendung des Jods die Personen, wel­che dieselbe bewirken, auf die hierbei entstehende Gelbfär­bung der Hände aufmerksam machen und zu deren Ver­hütung beim Einreiben der Jodsalbe oder der Jodtinktur ein Stück Schweinsblasc oder einen alten Handschuh be­nutzen mufs.
5. Kolile. Carlo; und zwar: Pflanssenkolile oder Ilolzkohl e, Carlo vegetabilis s. ligni; — und thicrisclic Kohle, Carlo
nuimalis.
sect;. 490.
Die verschiedenen Arten der Kohle enthalten zum vorherrschenden Bestandtheile den Kohlenstoff; derselbe ist aber in ihnen niemals rein und allein vorhanden, son­dern nach Verschiedenheit ihres Ursprunges, bald an thie-risclie, bald au vegetabilische oder an mineralische Sub­stanzen gebunden und mit Salzen, Erden und metallischen Stoffen, auch mit Sauerstoffgas, Wasscrstcffgas, Stickstoff­gas und dergleichen verunreiniget. Von diesen fremden Bestandtheilen kann zwar die aus vegetabilischen und aus thierischen Substanzen bereitete Kohle durch Auskochen mit Wasser und darauf erfolgendes Ausglühen in einem bedeckten Schmelztiegel befreiet und zur reinen Kolile (Carbo purus s, fraeparatas) gemacht werden; aber den­noch bleibt ein Unterschied zwischen thierischer und vege­tabilischer Kohle und bei letzterer selbst zwischen der von verschiedenen Gewächsen bereiteten.
Die frisch ausgeglühete, vegetabilische und eben so die thierischc Kohle besitzt unter andern zwei ausgezeich­nete Eigenschaften, nämlich; 1) verschiedene in Flüssig­keiten aufgelöste Substanzen, vorzüglich organische fär-
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bende, riechende mid sclimeckende Stoffe aus Flüssigkei­ten auszuscheiden, und 2) das Vermögen, in ihren Poren verschiedene Gasarten in bedeutender Menge einzusaugen und zu verdichten. — In diesen physikalichen Eigenschal­ten ist sicher der gröfste Theil der Wirksamkeit der Kohle begründet, und auf ihnen beruhet auch hauptsächlich ihre Benutzung zu therapeuthischen Zwecken. Doch ist es auch nicht zu verfeennen, dafs die Kohle im lebenden Thierkörper noch auf eine andere noch nicht genügend erklärte Weise wirken müsse, da sie nicht allein an den Stellen der unmittelbaren Berührung z. B. an brandigen Wunden und fauligen Geschwüren, oder im Magen- und Darmkanal, sondern im ganzen Körper dem fauligen Zer-setzungsprozesse entgegen wirkt, zugleich den Tonus der Gefäfse allmählig vermehrt, die geschwächte Verdauung und Assimilation bessert, und krankhafte Absonderungen vermindert und ebenfalls verbessert. Innerlich in zu gros-sen Gaben angewendet, verursacht jedoch die Kohle fast immer Störung der Verdauung und mehr weiche, zuwei­len selbst flüssige Darmexkremente. Man schreibt dies der fast gänzlichen Unauflöslichkeit und der schweren Verdaulichkeit des Mittels, so wie der mechanischen Rei­zung der Verdauungseingeweide durch dasselbe zu. Doch habe ich bei meinen Versuchen hierüber niemals eine deutlich erkennbare Reizung, und noch weniger eine Ent­zündung der betroffenen Theile, weder innerlich noch äufserlich, selbst von sehr reichlicher Anwendung des Kohlonpulvers gesehen. — Wie und durch welche Kräfte jene Wirkungen entstehen, namentlich ob einige Bestand-theile des, sonst fast ganz unauflöslichen Kohlenpulvers in die Säfte übergehe, oder, ob sich nicht vielmehr unter dem Einflufs der Körperwärme und der, in den Verdau-ungseingeweiden vorhandenen Flüssigkeiten Kohlensäure erzeuge? u. dgl. — ist bis jetzt nicht erforscht. — Durch die in der thierischen Kohle aufser dem Kohlenstoff noch enthaltene kohlensaure und phosphorsaure Kalkerde und blausaure Salze, wird sicher eine gröi'serc und mehrseitige
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Wirksamkeit bedingt, als sie die Pflanzenkoble besitzt; und die Beobacbtungen der prakt. Aerzte und Thierärzte zeigen auch, dafs die Thierkoble viel mehr den gestörten Bildungsprozefs, namentlich in drüsigen Organen, günstig umstimmt und tiefer eindringt als die Pflanzenkoble.
sect;• J9laquo;.
Die Anwendung der Kohle als Medikament bat sich nützlich gezeigt: bei gestörter Verdauung, lymphatischen Cacbexieen, bei sehr stinkender und reichlicher Jaucbe-absonderung, und bei fauliger Zersetzung der organischen Materie. — Man benutzt sie sowohl innerlich als iiufscr-lich. Innerlich habe ich das Kohlenpulver bei unregel-mäfsigem Appetit und bei schlechter Verdauung, bei hef­tigen Durchfallen, wo die Exkremente aasbaft stinkend waren, — bei jauchenden Lungenknoten, bei veralteter Druse und bei dem Hautwurm der Pferdej bei Scirfhus und Krebs, gegen die Finnen der Schweine, und bei Faul­fieber in mehrern Fallen mit Ts'utzen, — aber ganz ver­geblich gegen den Rotz angewendet. Waldinger1) hatte früher schon den innerlichen Gebrauch der Kohle bei solchen Pferden, welche dem Anscheine nach gesund sind, aber öfters in der Frcfslust wechseln, sehr mager bleiben einen aufgeschürzten Bauch haben und nicht gehörig abhaa-ren, und bei denen man nach dem Tode Anschwellungen der Lymphdrüsen im Netz und Gekröse findet, — des­gleichen bei erhärteten Drüsen im Kehlgange, und über­haupt in Krankheiten des Lymphsystems als nützlich em­pfohlen. Derselbe empfahl auch zuerst, bei dem Strenge!, bei gutartiger und bei verdächtiger Druse, und wo immer an Pferden ein Ausfluls aus der Nase sich zeigt, Kohlen-pulver entweder durch ein Rohr in die letztere eiuzubla-sen, oder noch besser, von den Pferden selbst cinathmen zu lassen; es wird dadurch oft in kurzer Zeit der Aus-flufs gebessert und vermindert, und die Zertheiliuig der etwa vorhandenen Drüsenanschwellungen sehr befördert.
') Ucbcr Nahrangs- und Heilmittel der Pferde. S. 290.
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Selbst bei dem frisch entstandenen Rotz hat man von der ortlichen Einwirkung des Kohlenpulvers diese günstige Wirkung und Heilung der Geschwüre erfolgen sehen1).— Gegen verjauchende Lungenknoten und gegen chronische Druse kann ich die heilsame Wirkung bestätigen. Wral-dinger hält bei letzterer Krankheit das Einathmen des Kohlenpulvers zugleich für ein Prüfungsmittel darüber, ob Heilung noch zu erwarten sei oder nicht; denn wenn mit 8 bis 10 Tagen keine autfallend günstige Veränderung erfolgt, oder wenn auch der Ausflufs durch 1 oder 2 Tage vergeht, später jedoch wieder erscheint, so schwindet die Hoffnung zur Heilung. Die Erfahrung lehrt aber, dafs solche Veränderungen von verschiedenen Umständen ab­hängig sind, und dafs also diese Prüfung unsicher ist.
Aeulserlich benutzt mau das Kohlenpulver als absor-birendes und gelind erregendes Mittel bei allen unreinen, stark jauchenden, stinkenden Wunden und Geschwüren, besonders bei dergleichen AViederrüstschäden, Satteldrük-ken, Wurmbeulen, Krebsgeschwüren, bei dem kalten Brande u. s. w.
sect;. 492.
Man 'giebt innerlich das Pulver der frisch ausgeglü-heten Kohle für Pferde von ^ß bis Üj, für Rindvieh von 5J bis ^jj, für Schafe und Schweine von 5j bis 5jjj und für Hunde von gr. x bis 5j, — in Zwischenzeiten von 2 bis 4 Stunden. Die Anwendung geschieht in Pillen und Latwergen, bei Schafen auch in Lecken und bei Schwei­nen im Getränk, Nach Umständen setzt man der Kohle noch bittere, aromatische oder adstringirende Mittel, Schwefel, Kochsalz, narkotische und andere Mittel zu.
Um den Kohlenstaub einathmen zu lassen, schüttet man 6 bis 8 Unzen von frisch gcglüheter und fein pulve-risirter Kohle in einen nicht zu dichten Futtersack oder sogenannten Frefsbeutel und hängt .denselben des Tages
•) Z. 13. Gieskur, in Veterinär-Selskabels Skrii'ler, 3 Decl, S. 299.
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2—3Mal, jedesmal durch i — 1 Stunde lang so an den Kopf des Thieres, dafs dieses sich mit der Nase und dem Maule in dem Sacke befindet und in demselben athmen mufs. Obgleich das Kohlenpulver schon durch den Luft-strom bei jedem Athcmzuge bewegt und der Luft mitge-theilt wird, so ist es doch gut, dasselbe von Zeit zu Zeit etwas in dem Beutel aufzulockern; wenigstens au jedem Tage einmal mufs das Pulver erneuert werden.
Aeufserlich wird das Kohlenpulver entweder für sich allein, oder häufiger in Verbindung mit bittern, aromati­schen und zusammenziehenden Mitteln, mit Kampher, Zink­vitriol u. dgl. eingesüeuet (Siehe z. B. bei Eichenrinde S. 266). — Wo es weniger auf die Einsaugung der Jauche als auf die Umstiinmung der jauchenden Flache ankommt, kann man auch recht zweckmäfsig das Koblcnpulvcr mit 6 bis 8 Theilen Fett oder Honig zur Salbe machen und nöthigenfalls die Wirksamkeit derselben durch Zusatz von Terpenthinöl, Kampher, Myrrhe u. dgl. reizende Mit­tel verstärken.
Alles hier über die Anwendung Gesagte, gilt ziem­lich gleichrnäfsig von der thierischen wie von der vege­tabilischen Kohle; die letztere verdient jedoch, ihrer grös-sern Leichtigkeit wegen, bei der Benutzung zum Einnath-men des Kohlenstaubes den Vorzug, wogegen zum in­nerlichen Gebrauch bei Drüsenleideu u. s. w. die Thierkohle als wirksamer betrachtet werden mufs.
Anmerkung 1. Die Schwammkohle oder der gebrannte Schwamm (Cario spongiae s. Spongia usld) unterscheidet sich von den übrigen Kohlenarten sehr we­sentlich dadurch, dafs sie aufser andern Bestandtheilen noch Jod in verschiedenen Verbindungen enthält, und durch dasselbe auch ähnlich aber milder wirkt als das Jod selbst. Sie wurde ehemals gegen krankhafte Ver-gröfserung der Schilddrüsen (gegen sogenannten wahren Kropf) angewendet, ist aber seit der Entdeckung des Jod fast ganz aus dem Gebrauch gekommen.
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Anmerkung 2. Mineralische Kohle (Carho mi-veralis), zu welcher vorzüglich der Graphit oder das Reifsblei {Graphites) gehört, ist als Heilmittel für Thiere nicht gebräuchlich und in ihren Wirkungen auf dieselben auch nicht bekannt. Dieselbe scheint jedoch der Wirkung der Kohle überhaupt ähnlich zu sein. Man hat den fein gepulv. Graphit (l Theil) mit Fett (4 Theilc) zur Salbe gegen veraltete Mauke empfohlen.
Nennte Klasse.
Säuren, saure Mittel. (Mamp;lic. aeida.')
BegriiT. Wirkung uml Anwendung dieser Mittel im Allgenieinen.
sect;. 493. Als Säuren bezeichnete man sonst diejenigen Sub­stanzen, welche sauer schmecken, blaue Pflanzensäfte roth färben, mit Alkalien und Metalloxyden Salze bilden und zum Hauptbostandtheil den Sauerstoff enthalten. Die neuere Chemie hat jedoch den Begriff von Säure viel weiter ausgedehnt, indem sie die Verbindungen einer so­genannten säurefähigen Grundlage (z.B. des Kohlen­stoffes, des Stickstoffes, des Wasserstoffes, des Schwefels u. s. w.) mit einem elektro - negativen Stoffe (z. B. mit Sauerstoff, mit Chlor, Jod) als Säuren betrachtet und daher aufser den Sauerstoffsäuren (wie es z. B. die Schwefelsäure, Salpetersäure, Kohlensäure, Essigsäure ist) auch Wasserstoffsäuren, d. h. solche annimmt, ia denen der Wasserstoff durch Chlor, Jod u. dergl. und mehrentheils unter Zersetzung von vorhandenem Wasser gesäuert wird, wie es in der Salzsäure, Jodwasserstoft-säure, Hydrothionsäure, Blausäure u. a. der Fall ist. Die cheraische Zusammensetzung der Säuren zeigt
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sich aber nicht allein in der Art ihrer Bestandtheile, son­dern auch in dem Mengeverhaltnifs derselben verschieden; denn 1) besitzen manche Sauren (z. B. Schwefelsäure, Salpetersäure, Salzsäure) nur eine einfache, — andere aber (z.B. Essigsäure, Weinsteinsäure) eine mehrfache säurefahige Grundlage und, 2) nehmen auch die Grund­lagen von dem Sauerstoff, von dem Chlor u. s. w. unter verschiedenen Verhältnissen ein verschiedenes Quantum auf, so dafs oft mit einer und derselben Grundlage meh­rerlei Säuren von verschiedener Vollkommenheit gebildet werden, z. B. mit dem Schwefel die Schwefelsäure, schwef­lige Säure, ünterschwcfelsäure und unterschweflige Säure.
Aufserdem wird noch eine, zwar nicht wesentliche, aber für die Wirksamkeit wichtige Verschiedenheit der Säuren durch ihren Gehalt an Wasser bedingt, da sie bald von dieser Flüssigkeit nur sehr wenig oder gar nichts enthalten und somit im conzentrirten Zustande beste­hen, bald wieder durch sie in mannigfachen Verhältnissen verdünnt sein können.
sect;. 494.
Die Säuren werden theils aus den, ihnen zum Grunde liegenden Elcmcntarbestandtheilen künstlich zusammenge­setzt, mehreutheils kommen sie aber fortig gebildet (aber fast immer au verschiedene andere Substanzen gebunden) in den drei Reichen der Natur vor. In letzterer Hinsicht werden sie im gewöhnlichen Sprachgebrauche nach ihrem häufigsten Vorkommen o) als thierische Säuren {Acida animalid) — 6) als vegetabilische oder Pflanzen­säuren {Acida vcgctahilid) — und c) als Mineralsäu­ren {Acida minnralid) bezeichnet. Zu den beiden ersteren gehören fast alle Säuren mit mehrfacher, zu den Mineral­säuren aber diejenigen mit einfacher Grundlage. Es ist jedoch zu bemerken, dafs diese Unterscheidung nicht durchaus fest begründet ist, da einige Säuren, z. B. die Phosphorsäure und die Kohlensäure, in 2 Naturreichen fast in gleicher Häufigkeit gefunden werden.
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sect;. 495.
Von der grolscn Anzahl der jetzt bekannten Säuren sind mir wenige als Arzneimittel für Thiere gebrauchlich, und zwar von den Mineralsäureh die Schwefelsäure, die Salpetersäure und die Salzsäure, — und von den vege­tabilischen die Essigsäure (als Essig und Holzessig). — Thierische Säuren werden (mit Ausnahme der bereits bei den narkotischen Mitteln betrachteten und nicht hierher gehörenden Blausäure) gar nicht benutzt.
sect;. 496.
Die genannten Säuren zeigen in ihrer Wirkung auf den Thierkorper zum Tlicil grofse Aehnlichkeit unter eiu-andev; im Einzelnen betrachtet weichen sie aber nach den angedeuteten Verschiedenheiten ihrer Eleinentarbe-standtheile, und nach dem Grade der Conzentration be­deutend von einander ab, und es ist deshalb nötliig, bei einer allgemeinen Darstellung ihrer Wirkungen, wenig­stens den gebräuchlichen Unterschied zwischen Mineral-sauren und vegetabilischen Säuren (oder vielmehr zwi­schen Säuren mit einfacher und mit mehrfacher Grund­lage), und die Conzentration zu berücksichtigen.
A. Die Mineralsäaren (mit Ausnahme der Koh­lensäure).
1) Im conzentrirten Zustande wirken sie zerstörend und ätzend auf alle Theile des Thierkorpers, so dafs die­selben an den unmittelbar betroit'enen Stellen in einen schwärzlichen, sehr festsitzenden Schorf umgewandelt wer­den. — Diese Wirkung ist mit vielem Schmerz, mit Ent­zündung, mit, starker Zusaminensclirumpfung und mit Ver­dichtung der Weichgebilde im Umfange der berührten Theile und unter denselben verbunden; — bei innerlicher Anwendung der Säuren endet sie sehr oft mit dem Tode, welcher bald nach 30 bis 60 Minuten, bald erst nach eben so viel Stunden erfolgt, je nachdem die in den Ein­geweiden verursachten Störungen mehr oder weniger grofs sind. Bei der Sektion findet man schwarze, gelbe oder weifse Flecken im Maule, Schlünde, im Magen u. s. w.,
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auch Anfressung und selbst Durchfressung des Schlundes und des Magens, schwarze Färbung und zähe Consisteuz des Blutes, und die Empfindlichkeit für den Galvanismus ist ganz vernichtet.
In die Blutadern injicirt, verursachen die conzentrir-ten Mineralsduren augenblicklich schwarze Färbung, feste Gerinnung und Unbcwcglichkeit des Blutes, zunächst in dem betreffenden Blutgef'äfs, oft aber auch bis zum Her­zen, werauf der Tod schnell erfolgt, in den meisten Fäl­len ehe noch Entzündung sich bilden kann.
Die nach äufserlicher Anwendung dieser Säuren ent-standene Entzündung geht langsamer als nach andern Ursachen in Eiterung über, und der Eiter selbst ist dünn, oft mehr jauchigt und die nachfolgende Granulation ge­wöhnlich etwas trag.
sect;• 497.
2) Im gehörig verdünnten Zustande und in mäfsig starker Gabe innerlich angewendet, wirken die Mineral­säuren zuerst wirklich kühlend, so dafs eine Verminde­rung der Temperatur an der ausgeathmeten Luft und au der Haut (zuweilen bis um 3 Girad R.) zu bemerken ist; gleichzeitig mindern sie den Durst (besonders den krank­haften bei bestellenden Fiebern) erregen eine vermehrte Absonderung von Schleim und Serum im Maulel, im Schlünde, im Magen- und Darmkanal, und befördern so­mit das längere Feuchtblciben dieser Organe; dabei ver­ursachen sie aber auch eine stärkere Zusammenziehung und gröfsere Spannung der Fasern in den unmittelbar be­rührten Theilen, daher vermehrte wurmförmige Bewegung im Darmkanal, und etwas lebhaftere Verdauung j aber der Puls wird kleiner, härter und etwas langsamer, der Herz­schlag weniger stark fühlbar; das aus der Ader gelassene Blut erscheint etwas dunkler1), mehr gerinnbar und etwas
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') Die von Scliriflstellern Läufig ausgesprochene Beliauplung: „dafs die Säuren das ßlut heller rolhenquot;, — habe ich hei sehr zahl­reichen Versuchen nur allein von der Salpetersäure und von der
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lundes
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i weniger warm, die Schleimhaut in der Nase und im Maule blasser, die Ausdünstung der tlaut (und anscheinend auch die der Lunge) vermindert, aber die Urinsekretion zuwei­len für eine kurze Zeit vermehrt. — Im Urin finden sich nicht selten deutliche Spuren von den eingegebenen Säu­ren, theils frei, theils an Basen gebunden als Salze. — Nachdem die bezeichneten Erscheinungen durch einige Zeit, bald mehr bald weniger deutlich bemerkbar, gedauert haben, wird der Puls wieder voll, die Temperatur erhö­het und die llothung der raquo;Schleimhaut wieder lebhaft, ja zuweilen noch dunkler-'als im normalen Zustande.
Werden die verdünnten Mincralsäureu anhaltend durch längere Zeit eingegeben, so wird auch die arterielle Tliätigkeit immer mehr vermindert; die Arterien erscheinen anhaltend zusammengezogen und klein, die Temperatur wechselnd, die Färbung der Schleimhaut blafs, der Ap­petit und die Verdauung unregelmäfsig und geschwächt, und das Blut wird immer dunkler; es entsteht allgemeine Schwäche, bedeutende Abmagerung, schlechte Mischung der Säfte mit vorwaltender Säure im Chylus, im Magen­saft und im Urin, bei Milchkühen auch in der Milch. Zuletzt entsteht nicht selten ein heftiger Durchfall und der Tod erfolgt durch Entkräftung. — Bei der Sektion findet man die Muskeln und das Herz sehr blafs, den Magen- und Darmkanal sehr zusammengezogen, die Häute dieser Organe verdickt, das Blut in geringer Menge vor­handen, schwarz, und von dickflüssiger Consistenz, die Reizbarkeit ganz erloschen.
üebermäfsig grofse Gaben der verdünnten Mineral­säuren verursachen Störung des Appetites und der Ver­dauung, oft Durchfall, Schmerz und Krampf in den Ver-
Blausaure beställget gesehen, besonders wenn ich dieselbe als Gas einalhmtn liefs; alle übrige Säuren machen das Blut bei jeder Art der Anwendung dunkler, was auch geschiehet, wenn man dasselbe anTserhalh des Thi.erkörjiers mit Säuren in irgend einem Verhält--nifs zusanimen bringt.
llcrtwii* ArziiciniilU'li.-Iirc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 44
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dauungscingcwoidcn, Kolik, zuweilen auch Entzündung der­selben, Störung der Respiration, und zuweilen den Tod.
Nach Einspritzungen mafsiger Gaben von verdünnten Mineralsäurcn in die Blutadern, entsteht kleiner, harter, zuweilen auch etwas langsamerer Puls, und etwas schnel­leres Athmcn, matter, aber ängstlicher Blick, Mattigkeit, Unruhe, Trippeln mit den Füfsen, Umsehen nach dem Leibe, blasse Färbung der Schleimhaut, Zittern, Vermin­derung der Wärme. Nach 15 bis 20 Minuten wird das Athemholen tiefer und langsamer, die Schleimhaut dunk­ler geröthet und die Wärme wieder zum normalen Grade erhöhet.
Alle diese Wirkungen bestehen bei den verschiede­nen Hausthicren ziemlich gleichartig, dem Grade nach aber bei den Pferden am heftigsten, und es scheint, dafs die Verdauungseingeweide dieser Tiiierc besonders für grofse Gaben der Säuren sehr empfindlich seien.
Aeufserlich angewendet wirken die verdünnten Mine­ralsäuren fast rein örtlich, kühlend, zusammenziehend, das Zellgewebe verdichtend, die Gefäfse verengend, da­her und zum Theil auch durch Gerinnung des Blutes blutstillend, die Absonderungen vermindernd und die Ue-sorption befördernd.
sect;. 49a
B) Die vegetabilischen Säuren im conzentrirten Zu­stande bewirken keine schnelle und tiefe Zerstörung, sondern blofs eine Zusammenschrumpftng und Reizung der betroffenen Weichgebildc, so dafs nur zuweilen eine oberflächliche Entzündung und darauf folgende Abschül-ferung der Oberhaut entsteht. Bei Einspritzungen in die Venen wirken sie in diesem Zustande auf das Blut fast ganz so wie die conzentrirten Mineralsäuren.
Im verdünnten Zustande innerlich eingegeben, wir­ken sie primär noch mehr als die letztern kühlend und den Durst mindernd, wobei der Puls weicher, schwächer und kleiner, das Athmen langsamer, die Schleimhaut mehr blafs Avird. Diese Erscheinungen sind von kleinen
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Gaben nur im geringen Grade wahrnehmbar, von ganz kurzer Dauer, und ohne weitere Folgen; von starken Gaben bemerkt man aber, dafs nach einiger Zeit das Ath-men etwas schneller und angestrengter, die ausgeathmeto Luft und die Haut etwas wärmer wird, so dafs zuweilen selbst Schweifs eintritt; oft folgt auch vermehrtes Urini­ren. — Das Blut wird verhältaifsmiifsig noch dunkler, aber viel weniger consistent als von den Mineralsäuren. In den abgesonderten Säften, und namentlich im Urin, finden sich nur selten deutlich erkennbare Spuren von den angewendeten vegetabilischen Säuren, dagegen aber ein grofserer Reichthum au Kohlensäure. Das Letztere giebt einen ziemlich sichern Beweis, dafs sie dem Ver-dauungs- und x\ssiinilationsprozesse unterworfen sind, und hierbei umgewandelt werden.
Uebermäfsig grofse Gaben wirken auf die Verdauungs­werkzeuge fast ganz so uachtlieilig, wie zu grofse Gaben der Mineralsäuren, und eben so sind die Wirkungen bei zu lange fortgesetztem Gebrauche denen der letztem sehr ähnlich, aber mit weit schnellerem Eintreten und Ueber-liandnehmen der allgemeinen Schwäche und der schlech­ten Mischung der Säfte verbunden.
Aeufserlich, und überhaupt örtlich wirken die vege­tabilischen Säuren mehr kühlend, aber weniger zusam­menziehend und weniger die betreffenden Theile verdich­tend als die mineralischen; sie regen daher weniger auf, schwächen aber die Irritabilität mehr, als die letzteren es thun.
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Der generelle Unterschied zwischen den Wirkungen der Pflanzen- und Mineralsäuren besteht, den angegebe­nen Erscheinungen zufolge, hauptsächlich darin: dafs die erstem milder und örtlich weniger eingreifend sind; — dafs sie die Coutraktion und die Spannung der Weich­gebilde an der Berührungsstelle nur wenig, durch allge­meine Wirkung aber fast gar nicht vermehren (was aber die Mineralsäuron bei mälsigem Gebrauche thun), son-
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(lern im Gegenthcil den Tonus und die Irritabilität der Muskeln und Gefäfse sebr vermindern, und somit wirk­lich schwächend wirken; — dafs sie verdauet und assi-milirt werden, aber die Mineralsäuren (mit Ausnahme der Salpetersäure) nicht; — dafs sie das Blut mehr als die letzteren es thun, carbonisiren aber weniger verdich­tend, — und dafs sie durch alle diese Einwirkungen beim anhaltenden Gebrauche die Entmischung der Säfte schneller herbeiführen, als es die Minevaisäuren thun.
500.
Die örtlichen Wirkungen der Säuren im lebenden Thierkörper sind mit denen, die sie aufserhalb desselben oder auch an todten organischen Substanzen erzeugen, sehr übereinstimmend und daher in den primären Er­scheinungen (z. B. Aetzuug, Zerstörung, Zusammen-Schrumpfung der festen, Gerinnung der flüssigen Tlieile) gröfstentheils als rein chemische Wirkungen zu betrachten. In den hierauf entstehenden Reaktionen und in den sekundä­ren Erscheinungen ist jedoch die Wirkung zumgrofsen Theil von der Lebenskraft selbst abhängig (dynamisch), obgleich auch hier, namentlich bei übermäfsigen Gaben und bei lange fortgesetztem Gebrauch einzelne Erscheinungen (z. B. die schnell entstehende dunklere Färbung und leichtere Gerinn­barkeit des Blutes, die saure Beschaffenheit des Chylus, des ürins u. s. w.) auf einen unveränderten Uebergang der Säuren (wenigstens der mineralischen) in die Säfte und auf ihre chemische Mitwirkung daselbst, deuten. Als die Hauptursache der letztem pflegt man gewöhnlich den Sauerstoff zu betrachten, indem man glaubt, dafs die Säuren denselben an das Blut abgeben, und hierdurch das Letztere gleichsam höher oxydiren. Auf diese Theo­rie gestützt, hat man sogar die Wirkungen der Säuren mit denen des Sauerstoffes für gleichartig gehalten, je­doch mit Unrecht; denn der letztere decarbonisirt und röthet das Blut, beschleunigt die Cirkulation, vermehrt die Wärme, erhöhet die Reizbarkeit im ganzen Organis­mus, vorzüglich aber in der Lunge, in den Arterien und
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in den Muskeln, und wirkt somit als ein wahres Reiz­mittel; die Säuren aber erzeugen im Wesentlichen fast ganz entgegengesetzte Wirkungen, da sie (wie sect;, 49{) bis sect;. 198 angegeben) hauptsächlioli das Blut dunkler ma­chen, seine Expansion und Cirkulation mindern (die letz­tere sogar hemmen können) und eben so die Reizbarkeit der Gefaise und die Wärihe des Körpers vermindern. — Dabei sind sie jedoch keinesweges absolut schwächende und reizmindernde Mittel; denn man sieht 1) bei kran­ken Menschen von dem Gonufs säuerlicher Getränke fast immer sogleich ein Gefühl von Erquickung entstehen, wel­ches man bei kranken Thieren in ähnlicher Art, aber (als eine subjektive Empfindung) nicht so deutlich wahr-nelmicn kann; — 2) wirken sie bei astheuischen Krank­heiten dem Zersetzimgsprozcfs entgegen, und 3) folgt an gesunden und kranken Thieren bei mäfsigcu Gaben auf die zuerst entstandene Verminderung der arteriellen Thä-tigkeit eine Erhöhung derselben, und eine vermehrte Thätigkeit der llespirationsorgane und der Haut (sect;. 497 und 498). Diese und die übrigen Erscheinungen, welche bei den vegetabilischen Säuren mehr als bei den minera­lischen hervortreten, lassen sich ziemlich befriedigend daraus erklären: a) dafs jene Säuren sämmtlich viel mehr Kohlenstoff enthalten, als die letzteren, und selbst mehr als die Kohlensäure; b) dafs sie in das Blut übergehen, sich mit dem Cruor desselben verbinden und dabei durch Aufnahme von Sauerstoff und Abgabe von Wasserstoff in Kohlensäure umgewandelt werden, und — c) dafs der Organismus sich bestrebt, das Üebermafs der letzteren wieder zu entfernen, daher die Thätigkeit der hierzu die­nenden Aussonderungsorgane, vorzüglich der Lungen und der Nieren vermehrt, und die Exkretionen so geändert werden, dafs sie reicher an Kohlensäure werden.
sect;. 501. In ihren Wirkungen zeigen die Säuren einige Aehn-lichkeit mit denen der adstringirenden Mittel, der Kälte und der Neutralsalze. Den erstcren scheinen sie in der
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zusammenziehenden und faulnifswidrigen Wirkung ver­wandt zu sein; allein sie unterscheiden sich von einan­der darin, dafs die adstringirenden Mittel hauptsächlich und zuerst die Contraktilität und den Tonus der organi­schen Gebilde vermehren, die letztern verdichten, erst durch den Verdauungsprozefs und verändert in die Säfte übergehen, deren Mischung verbessern und das Blut hel­ler röthen Csect;. 220 — 228): dafs dagegen die Säuren vor­herrschend auf das Blut wirken, dessen Gerinnung beför­dern, dabei kühlen, und bei längerer Anwendung zuletzt allgemeine Schwäche und Verdcrbnifs der Säfte verursa­chen. — Die Kälte wirkt nur von aufsen her durch Ent­ziehung der Körperwärme kühlend, zusammenziehend, die Thätigkeit der Arterien beschränkend, zeigt aber wenig oder gar keinen Einflufs auf die Mischung des Blutes, während die Säuren diese Wirkungen von innen her, durch vermehrte Gerinnbarkeit und durch Verminderung der Expansion des Blutes erzeugen. — Die Neutralsalze sind nur in der kühlenden Wirkung, die einige von ih­nen besitzen, den Säuren ähnlich, aber wieder darin von diesen abweichend, dafs sie das Blut heller röthen, dasselbe nicht verdicken, sondern dünnflüssiger machen, überhaupt die Plastizität der Säfte mindern, und dafs ihre Wirkung vorherrschend auf die Arterien, bei den Säuren aber mehr auf die Venen gerichtet ist.
sect;. 502. Die Anwendung der Säuren mufs sich nach der^ durch ihre Art und Conzentration oder Stärke bedingten Verschiedenheit der Wirkungen richten, und es lassen sich daher nur in Beziehung auf diese generelle Unter­schiede allgemeine Indikationen angeben. ^4) Die Mineralsäuren, und zwar:
1) im conzentrirten Zustande können nur äufserlich zur Erregung einer heftigen Entzündung und Ansschwiz-zung, oder zur Zerstörung krankhafter, wuchernder, sehr lockerer Gebilde, z. B. der zu üppigen Granulation in Geschwüren, der Polypen, Warzen und dcrgl. angewen-
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dct werden; für beide Zwecke sind sie jedoch aus dem CJrunde weniger geeignet als feste Aetzmittel, weil sie nicht gut zu handhaben sind, und weil sie sich leicht über die Grenze der Anwendung verbreiten. — Vegeta­bilische Siiurcu im conzentrirten Zustande weiden als Heilmittel nicht benutzt.
2) Für die verdünnten Mineralsaurcn kann man als allgemeine Anzeige zur innerlichen Anwendung be­trachten: jeden putrideir oder solchen Krank-heitszustand der mit vermehrter Expansion des lilutes, mit Neigung zur Verflüssigung, mit Ent­mischung und fauliger Zersetzung der organi­schen Materie, mit übermäfsigen (profusen) Ab-und Aussondeiungen, und gleichzeitig mit Ato­nic und Erschlaffung der festen Theile verbun­den ist. Sie sind unter solchen Umständen bei astheni-schen Fiebern (besonders in Faul- und Nervenfiebern), bei Orgasmus des Blutes, bei Anthrax, bei venösen und passiven Gongestionen, bei Blutflüssen, und bei Diskra-sieen und Cachexiccn nützlich, — und zwar um so mehr, je mehr diese Krankhcitszustände in der Säftemasse be­gründet sind.
Aeufserlich können sie bei ähnlichen krankhaften Vcrhältuissen, so wie bei heftigen Quetschungen, Zerrun­gen, Blutungen, Extravasaten, asthenischen Entzündungen und dgl. mit Nutzen angewendet werden.
B) Die vegetabilischen Säuren sind im Allgemeinen bei denjenigen Krankheiten angezeigt, wo zwar ebenfalls die Expansion des Blutes, zugleich aber die Thätigkeit der Arterien vermehrt, der Puls voll und häufig, die Ve­nen aufgetrieben, der Durst und die Hitze grofs, die äus-scre Haut und die Schleimhaut im Maule trocken, über­haupt die Absonderungen vermindert, das Blut dickflüssig, zälie, aber keine schon weit gediehene Entmischungen der Säfte zugegen sind.
Sie dienen daher bei und nach Entzündungsfiebern, bei akuten Exanthemen, bei Faul- und Ncrveniiebern mit
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entzündlichem, oder erethischem Charakter, bei Anthrax-krankheiten mit demselben Charakter, bei aktiven Con-gestionen, namentlich wenn dieselben zu dein Gehirn oder Rückenmark erfolgen, daher auch bei dein Koller mit Kä­serei, und bei narkotischen Vergiftungen u. dgl. Aeulser-lich sind sie theils bei denselben Krankheiten, vorzüglicli aber bei Ausdehnung, Quetschung, Reizung und Entzün­dung, wenn Ueberfüllung der Blutgefäfse, Ergiel'sung und Stockung zugegen sind, nützliche Heilmittel.
503.
Die Krankheitszustände, bei denen die Anwendung der Säuren schädlich ist, sind noch nicht völlig genügend ermittelt; indessen lehrt doch die Erfahrung, dafs diese Mittel bei sehr geschwächter Verdauung, bei grofser Em­pfindlichkeit und Reizbarkeit der Verdauungseingeweide, bei Verhärtungen innerer Organe, besonders in der Bauch­höhle, bei sehr hohen Graden synochöser Entzündungs­krankheiten, besonders der Respirationsorgane und zur Zeit der Crisis, — eben so bei chronischen, mit Ilusteu ver­bundenen Krankheiten der Respirationsorgane, mehr scha­den als nützen.
sect;. 504.
Die Art der Anwendung der Säuren ist verschieden. 1) Bei den conzentrirten Mineralsäuren geschieht sie am besten durch Aufstreichen mit einem Pinsel oder mit einem Holzstäbchen, weil man so die Gröfse der Stelle, welche berührt werden soll, und die Menge der Säure, welche zu dem obertiächlicheii oder tiefen Einwirken uöthig ist, noch am sichersten abmessen kann. Doch mufs man stets darauf sehen, dafs die angewendete Säure sich nicht auf gesunde Theile verbreite. Das Aufstreicheu darf defshalb nur in einer dünnen Schicht geschehen, so dafs sich nir­gends Tropfen bilden; aufserdem schützt man die umlie­genden Theile durch Bestreichen mit Fett oder mit Wachs­salbe und läfst die Thiere festhalten, bis die Säure ein­getrocknet ist.
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2) Die verdünnten Säuren können innerlich in flüs­siger Form (als Eiiigufs oder im Getränk *) und in Latwer­gen, äufserlich ebenfalls in flüssiger Form (als Klystir, als Einspritzung, als Waschmittel) oder als Zusatz zu Brei­umschlägen, oder auch in Gas- oder Dainpfgestalt ange­wendet werden. — Die Verdünnung mufs immer in dem Grade geschehen, dafs die Flüssigkeit angenehm sauer schmeckt und keine zu starke Zusammenschrumpfung der Haut erzeugt. Man benutzt sie entweder für sich allein, oder nach Bedürfuifs der Umstände mit schleimigen, bit-torn, aromatischen, adstringirenden und Spirituosen Mit­teln in Verbindung, und zuweilen setzt man ihnen selbst metallische Stotfe zu (z. B. bei der eisenhaltigen Salz­säure); mit den letztem mufs man aber sehr vorsichtig sein und ihre chemischen Eigenthümlichkeiten kennen. Keine Kalien und Erden, Schwefelkalien, kohlensaure Salze und Blausäure soll man aus Gründen der Chemie nicht mit Säuren verbinden, wenn nicht etwa ein beson­derer Zweck dadurch erreicht werden soll.
Zum äufserlichen Gebrauch benutzt man die verdünn­ten Säuren entweder für sich allein, oder mit aromat. In­fusionen, mit adstringirenden Dekokten, mit Weingeist, mit Kochsalz, Salmiak u. dgl. Mitteln versetzt
1. Schwefelsäure. Vitriolol. Acidumsuljifiuricum s. Oleum
cilrioli.
sect;. 505.
Sie ist eine innige Verbindung des Schwefels mit dem Sauerstoff und wird auf verschiedene Weise gewonnen.
Die rohe Schwefelsäure iAcid. sulphuric, crudum) enthält oft fremdartige Bestandtheile und ist von unglei­cher Stärke, weshalb zum medizinischen Gebrauch die destillirte oder gereinigte Schwefelsäure {Acid, sul­phuric, dcstilatum s. rectificatum) vorzüglicher ist.
'} Nur wenige Tliiere saufen etwas stark gesiiueiies Getränk von selbst, und es ist dolier in der Regel nötliig, ihnen die Lestiiumte Menge Säure einzuschlUlcn.
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Im conzentrirten Zustande wirkt diese Säure, wie es von den Mineralsauren im Allgemeinen angegeben (sect;. 49lt;j), die tliierisclicn Gebilde ätzend, zerstörend, wobei diesel­ben zuerst gelb, dann roth, braun, und zuletzt schwarz gefärbt werden, je mehr sie aber mit Wasser verdünnt ist, um desto mehr vermindert sich auch ihre ätzende Kraft, und bei lOOfältiger Verdünnung verschwindet die­selbe gänzlich. In diesem verdünnten Zustande entwik-kelt sie die allgemeinen Wirkungen der Mineralsäuren (sect;. 497) am reinsten, und auf alle Tbeile am gleichmä-fsigsten, und wird auch von den Verdauungseingeweiden ziemlich gut ertragen; sie wirkt mehr zusammenziehend und anhaltender als die Salzsäure und als die Salpeter­säure, besitzt aber nicht die erregende Wirkung der er­stem auf das Nervensystem und die der letztern auf die Blut- und Lymphgefäfse.
sect;. 506.
Für die Anwendung der Schwefelsäure gelten die im sect;. 502, sub 1 und 2, für die Mineralsäuren im Allgemei­nen angedeuteten Indikationen. !
Die conzentrirte Säure hat man bei bösartigen, fres­senden, mit sehr üppiger Granulation versehenen oder einen Ansteckungsstoff erzeugenden Geschwüren, z.B. bei dem spanischen Klauenweh der Schafe, bei dem Strahl­krebs der Pferde, auch bei Feigwarzen, Warzen und Po­lypen angewendet. Die Anwendung hierbei geschieht auf die im sect;. 104 bezeichnete Weise ein- oder mehr mal, in Zwischenzeiten von 12 Stunden bis zu 3 Tagen, so lange bis ein fester Schorf gebildet ist, oder bis gute Granula­tion sich zeigt. — Bei Nabeldrücken an Füllen und Käl­bern hat man sie auf die Weise gebraucht, dafs man in den ersten 2 Tagen des Morgens und des Abends, am 3ten und 4ten 'läge aber nur einmal täglich die äufserc Fläche der ganzen Bruchgeschwulst damit bestrich, — den 5ten dieselbe mit einem Gemenge von Leinöl (.^ü) und Terpentinöl (,5iS — 3J) einrieb, und letzteres nach ge­schehener lleinigung mit lauwarmem Wasser täglich ein-
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mal bis zum 10 ten oder 12 ten Tage wiederholte. Die Heilung des Bruches erfolgte mit 16 — 20 Tagen ganz vollständig. — Gegen Stollbeulen, wenn sie nicht in speckartigen oder knorpeligen, verhärteten Massen be­standen, hat sich dasselbe Verfahren als wirksam erwie­sen, noch mehr atfbr die Anwendung folgender Salbe: man nimmt Aetz-Sublimat 5j, pulverisirte Kanthariden und Euphorbiumharz von jedem 3jj, rauchende Salpeter­säure 3jjj, conzentrirte Schwefelsäure 5vj; letztere beide Ingredienzien werden zusammengemischt, tropfen weis zu den Pulvern gethan, das Ganze gut umgerührt, mit einem Span auf die Beule gebracht und mit demselben gelind eingerieben. Die benachbarten Theile müssen vorher mit Fett und dergl. bestrichen, und die Thicre am Lecken verhindert werden.
Die verdünnte Schwefelsäure ist im Faulfieber, im Nervenfieber, im Typhus, in den verschiedenen Arten des Milzbrandes bei allen Arten der Hausthierc, eben so in der Lungenseuche des Rindviehes und anderen Krankhei­ten, wenn sie den im sect;. 502, sub 2 angedeuteten Cha­rakter an sich trugen, innerlich mit Nutzen angewendet worden. In neuerer Zeit hat v. Ehrenfels sie als Pro-phylaktikum und als Heilmittel gegen die Rinderpest em­pfohlen. Sie war bereits vor 70—80 Jahren, und spä­terhin von Mitchel, Reich, Walz, Sauter u. A. hierbei nach theoretisch - chemischen Ansichten empfohlen und gebraucht worden, hat sich aber nicht bewährt.
sect;. 507.
Zum innerlichen Gebrauch giebt man von der con-zentrirten Schwefelsäure für Pferde und Rinder 3jj bis gß, für Schafe, Ziegen und Schweine 5ß bis 3j, für Hunde gr. v bis gr. xjj für eine Gabe, stets mit der nothi-gen Menge Wassers verdünnt, so dafs die Flüssig­keit erträglich sauer schmeckt. Hierzu ist gewöhnlich für eine Drachme der Säure 1 Pfd. Wasser, und zuweilen noch etwas mehr von dem letztern nothig. Diese Ver­dünnung mufs auch dann geschehen, wenn man die Säure
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eben nicht in flüssiger Form, sondern in Latwergen an­wendet. Das Letztere ist aber weniger zweckmäfsig, weil man zur Bindung und Einhüllung der grofsen Menge Flüssigkeit, eine gröfsere Quantität trockener Substanzen bedarf, als fiyr eine Gabe passend ist. Die Wiederho­lung der Gaben richtet sich nach ddt Art und dem Grade der Krankheit und kann in Zwischenzeiten von 1 Stunde (namentlich so bei dem Milzbrande), bis zu 4 Stunden geschehen.
Bei grofscr Empfindlichkeit des Darmkanals setzt man der verdünnten Säure etwas Mehl, Stärkemehl oder Altheewnrzel - Pulver zu, bei Neigung zu Durchfall giebt man sie mit bitteren und aromatischen Mitteln, bei gro-fser Schwäche und bei Nervenzufällen ebenfalls mit aro­matischen Mitteln, mit Weingeist und anderen erregenden Mitteln versetzt.
Anmerkung 1. In den Apotheken wird aul'ser der conzentrirten auch eine verdünnte Schwefelsäure CAci-dum sulphuricum dilutum) vorräthig gehalten, welche nach der Vorschrift der Preufs. Pharmakopöe aus einem Theil conzentrirter Schwefelsäure und fünf Theilen Wassers besteht.
Anmerkung 2. Die Haller'sche saure Mixtur oder das saure Elixir iMixtura sulpkurico-acida, Li­quor aeidus Halleri. Elixir aeidum) bestand ursprünglich aus gleichen Theilen conzentrirter Schwefelsäure und rek-tifizirtem Weingeist, wird aber nach der neuesten Preufs. Pharmakopöe aus einem Theil Säure mit fünf Theilen Weingeistes bereitet; eine ähnliche Mischung von einem Theil Säure mit fünf Theilen Weingeistes war ehemals unter dem Namen Rabeis Wasser {Aqua liabclli') be­kannt. Diese Flüssigkeiten enthalten sämmtlich Weingeist und Schwefelsäure, theils im unveränderten Zustande, theils ätherartig umgewandelt; sie sind daher einigennaa-fsen dem Schwefeläthergeist ähnlich, flüchtig erregend, zugleich aber stark zusammenziehend, und zwar letzteres um so mehr, je mehr sie Säure enthalten. Sie können
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daher innerlich bei denselben Krankheiten, wo die Schwe­felsäure passend ist, angewendet werden, besonders wenn die Empfindlichkeit und Reizbarkeit sehr vermindert ist. Die Gabe ist von der nach der Preufs. Pharmakopöe be­reiteten sauren Mixtur für Pferde und Rindvieh Jß bis gjß, für Schafe und Schweine 5j bis Sjjrj, für Hunde gr. x bis 5ß, mit Wasser bis zuiq erträglich sauren Ge­schmack verdünnt, und in Zwischenzeiten von 1 bis 4 Stunden. — Aeufserlich wurden diese sauren Mischungen, namentlich das Rabclsche Wasser als blutstillende Mittel, auch als austrocknendes und heilendes Mittel bei Flech­ton u. s. w. benutzt, sind aber jetzt kaum noch ge-bräuchlicli.
Anmerkung 3. Die saure Wundmischung, oder Theden's Scliufswasser, Theden'sclie Arque-busade {Mixtara vulneraria aeida., Aqua vulneraria Thc-denii) wird nach der Preufs. Pharmakopöe aus 6 Theilen rohen Essigs, 3 Th. rektifizirten Weingeistes, 1 Th. ver­dünnter Schwefelsäure und 2 Th. abgeschäumten Honigs zusammengesetzt, wirkt erregend, zusammenziehend, die Resorption befördernd, dalier zertheilend und blutstillend, und wurde äufserlich bei Quetschungen, Quetsch- und Schufswunden, bei Blutunterlaufungen, Blutungen und ähnlichen krankhaften Zuständen ehemals mehr als jetzt angewendet. Ich habe es bei frischen Quetschungen, na­mentlich bei dergl. Sehnenklapp, Piehsackcn, Stallbeulen, Druckschäden, Verstauchungen, auch bei. Gallen, sehr wirksam gefunden, indem ich es mit 2 bis 3 Th. Was­sers verdünnt, täglich 6 bis 8 Mal anwendete.
2. SaljieterNaure, Acidum nitricum; fsaurer Salpeter-geist, JScheidewasser, Spiritus nifri aeidwt s. Aqua furtis.)
sect;. 508. Sie besteht aus Sauerstoff und Stickstoff, und ent­hält zugleich nach dem Grade ihrer Conzentration mehr oder weniger Wasser. Der Sauerstoff ist der überwie­gende Bestandtheil (beinahe 74 pr. Cent) und nur sehr
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locker mit dem Stickstoff verbunden, so dafs er sich leicht von demselben trennt, worauf beide Bcstandtheile mit anderen Stoffen Verbindungen eingehen. Die Salpe­tersäure ist daher leichter zersetzbar als die übrigen Mi­neralsäuren; sie zersetzt aber auch andere, namentlich alle thierische Stoffe sehr leicht, und färbt bei gelinder Einwirkung die letzteren gelb, bei stärkerer Einwirkung aber wandelt sie dieselben thcils in eine weiche, breiige Masse, theils in einen Schorf um. Ihre Wirkungen im conzentrirten Zustande sind also mit denen der conzen-trirten Mineralsäuren überhaupt (sect;. 496) übereinstimmend.
Im verdünnten Zustande besitzt die Sälpetersäure zwar zum Theil die, von den verdünnten Mineralsäuren im Allgemeinen angegebenen Wirkungen; sie zeichnet sich jedoch dadurch aus: a) dafs sie örtlich viel stärker reizt als jede andere, mit einer gleichen Menge Wassers verdünnte Säure und dafs sie daher auch noch in einer solchen Verdiinnung, in welcher andere Säuren ganz ohne Nachtheil ertragen, werden, bei innerlicher Anwen­dung leicht zu heftige, schmerzhafte Irritation der Ver­dauungseingeweide, selbst Magen- und Darmentzündung erzeugen kann; — b) dafs sie weniger adstringirend, und noch weit weniger kühlend und durststillend als die Schwefelsäure und weniger erregend auf die Nerven wirkt, als die Salzsäure; dafs sie aber c) in der ersten Zeit die Thätigkeit der Blutgefäfse, der Lymphgefafse und fast aller drüsigen Organe vermehrt, und d) dafs sie beim anhaltenden Gebrauche schneller und stäricer als die übri­gen Säuren eine saure Beschaffenheit der Säfte, grofsc Schwäche, Abmagerung und die im Allgemeinen (sect;.496) bezeichnete Uebelsäftigkeit erzeugt.
Diese Eigenthümlichkeiten der Salpetersäure werden höchst wahrscheinlich durch deren reichlichen Gehalt an Sauerstoff, durch ihre leichte Zersetzbarkeit, durch den Uebergang des Sauerstoffes in die Säfle und durch die Assimilation des Stickstoffes bedingt.
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III:
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sect;. 509.
Die conzentrirte Salpetersäure kann äufscrlich als ein sehr kräftiges Aetzmittel zur Zerstörung wuchernder Flcischauswüchse, oben so bei Warzen, bei unreifen, cellösen Geschwüren, bei Bifswunden von wuthkranken Thieren und dcrgl. (sect;.502), angewendet werden. Morel de Vinde und von Ehrenfels haben sie als das vor-ziiglichste Mittel gegen das bösartige Klauenweh der Me­rinoschafe sehr empfohlen. Letzterer wendete zuerst diese Satire und gleich darauf das Hirschiiornöl auf die Klauengeschwüre an (sect;. 449).
Die mit 4 — 6 Theilon gemeinen Wassers verdünnte Salpetersäure ist bei der Räude aller Thicre, bei dem Teigmal der Kälber und Lämmer und bei der veralteten Mauke der Pferde ein sehr wirksames und wohlfeiles Heilmittel, welches man mit einem Schwamm oder mit einem wollenen Lappen sanft in die schwärende Fläche einreibt, nachdem erst die vorhandenen Schorfe erweicht und entfernt sind. Die Wiederholung kann nach 1 bis 3 Tagen geschehen. — Bei dem bösartigen Klauenweh hat man von der täglichen Anwendung der, mit 3 bis 4 Thcilen Wassers verdünnten Salpetersäure sehr gute Wir­kung gesehen.
Inneilidi wird die Salpetersäure mit Recht fast gar nicht benutzt, weil man ihre nachtheiligen Wirkungen nicht immer ganz vermeiden kann. Auch sind die be­sonderen Indikationen für ihren innerlichen Gebrauch noch nicht festgestellt. Manche wollen sie bei dem Rotz und Wurm und bei ödematösen Anschwellungen mit gu­tem Erfolge gegeben haben; aber gewifs wird man die ersteren beiden Krankheiten, wenn sie vollkommen ent­wickelt sind, mit der Salpetersäure auch nicht heilen, und für die ödematösen Anschwellungen giebt es weniger gefährliche Mittel. Will man jedoch diese Säure vorsu­chen, so kann man sie für Pferde und Rinder von 5jj bis gß, für Schafe und Schweine von 3j bis 3B, für
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Iriü
Hunde von 3 bis 8 Gran, und stets wenigstens mit der 100fachen Menge Wassers verdünnt, täglich 2 bis 3 mal eingeben. Zusätze von anderen Mitteln erträgt die Sal­petersäure nicht gut; am besten noch den Weingeist.
sect;. 510.
Eine besondere Art der Anwendung der Salpeter­säure ist die in Gas- oder Dampfgestalt, als sogenannte salpetersaure Räucherungen, welche zuerst der Engländer Smith empfohlen hat und die deshalb auch nach ihm als Smithsche Räucherungen (Fumigationes vitrici Smithianae) bezeichnet werden. Man bereitet sie, indem man auf gereinigten, gröblich pulverisirten Salpe­ter in einem nicht erwärmten irdenen, gläsernen oder porzellanenen Gefäfse nach und nach reine, aber mit der Hälfte des Wassers verdünnte Schwefelsäure (auf gj Sal­peter 5jj der letztern) tröpfelt, und von Zeit zu Zeit die Mischung mit einem hölzernen oder gläsernen Stabe um­rührt. Es entwickeln sich dabei zuerst violette, dann weifsliche Dämpfe, in denen die aus dem Salpeter ausge­triebene Salpetersäure, jedoch im zersetzten Zustande^ nämlich als Sauerstoffgas und Salpetergas oder als salpe­trige Säure enthalten ist. Letzteres ist um so mehr der Fall, wenn man zur Bereitung dieser Dämpfe die conzen-trirte Schwefelsäure benutzt; man darf dieselbe nur (wie es hier angegeben), mit Wasser verdünnt auf den Salpe­ter bringen; denn das Salpetergas wirkt, wenn es in Menge eingeathmet wird, sehr nachtheilig auf alle Thiere, während das Sauerstoffgas und die reine gasförmige Sal­petersäure als ein kräftiges Reizmittel bei passenden (as-thenischen) Zuständen recht wohlthätig wirken, den Re-spirationsprozefs in beiden Richtungen, nämlich die Auf­nahme äufserer Stoffe durch die Lungen in das Blut und die Ausscheidung verbrauchter Stoffe aus demselben be­fordern, das Blut heller röthen und die Irritabilität ver­mehren.
Man hat die salpetersauren Dämpfe als Heilmittel gegen den Rotz, gegen die Rinderpest, typhöse Fieber,
Milz-
III El
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Milzbrand u. a. Krankheiten, — vorzüglich aber zur Rei­nigung der Luft in Krankenställen, zur Zerstörung der Contagien und anderer Krankheitsfälle empfohlen, und ihnen selbst vor den Chlordämpfen einen Vorzug gege­ben, weil sie weniger als diese die Respiration belästigen sollen. Dieser Vorzug ist jedoch noch nicht gehörig er­wiesen, und überhaupt ihre therapeutische Benutzung noch nicht sicher begründet. — Bei dem Rotz habe ich von den salpetersauren Dämpfen keinen guten Erfolg, son­dern in mehreren Fällen schnellere Vergröfserung der chancroesen Geschwüre, oft Blutungen aus denselben, und sogar Bluthusten entstehen sehen.
Anmerkung. Als ein.Arznei-Präparat von der Salpe­tersäure hat man die oxygenirte Salbe iUngumt.oxyge-nat.), welche aus 8 Th. Schweineschmalz und 1 Th. Sal­petersäure durch blofses Ziisammenrühren bereitet wird. Sie wirkt gelind reizend, und ist bei der Räude, beson­ders bei der sogenannten trockenen, — bei Flechten, bei dem Maulgrind der Kälber und Lämmer, bei der Mauke und bei verhärteten Drüsen ein wirksames Heilmittel, welches man täglich 1 bis 2 mal anwenden kann.
3. Salzsäure. Acidum muriatieum. (Salzgcist, Spiritus saliamp; ntidus, — Chlorwass erstoffsäurc, Aeidum hydrochluricum.quot;)
sect;. 511.
Die Salzsäure ist eine Wasserstoffsäure (sect;.493) und kann sowohl im gasförmigen, wie auch im flüssigen Zu­stande bestehen. Im erstcren ist sie blos aus gleichen Raumtheilen Chlorgas und Wasserstoffgas zusammenge­setzt, und erscheint somit als Chlorwasserstoffgas; dieses wird aber vom Wasser sehr begierig aufgenommen, und wenn dasselbe von ihm vollkommen gesättiget ist, stellt es die konzentrirte flüssige Salzsäure dar.
Die Wirkung der letztern ^uf den Tkierkörper ist ätzend, wie sect;. 496 von den conzentrirteii Mineralsäuren im Allgemeinen angegeben; sie steht jedoch an Kräftig­keit der Schwefel- und Salpetersäure etwas nach. — Ge-
Uertwig AnnetmUtellehre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'13
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hörig verdünnt, bringt die Salzsäure bei innerlicher An­wendung solche Wirkungen hervor, welche denen der verdiiimtcn Mineralsäüren überhaupt entsprechen (^. i97), sieh aber dadurch von den übrigen unterscheiden: d) dafs die Salzsiinre mehr als jede andere Saure die gesammto Nerventhätigkeit, d. h. sowohl das Einpfindiings- als das Bewegungsvermögen. aufregt; — Igt;) dafs sie die Energie der Bhitgefäfse mehr als die übrigen Mineralsauren ver­stärkt, aber das lilnt nicht so stark verdichtet wie die Schwefelsäure, — und c) dafs sie auch die Thätigkeit der Yerdaunngseingcweido eigeuthümlich aufregt, und zwar sowohl die Energie in der Bewegung vermehrt, als auch die Empfmdliclikeit erhöhet, und zugleich die Absonde­rungen befördert.
Alle diese erregende Wirkungen zeigt die Salzsäure jedoch nur bei einer nicht zu lauge fortgesetzten Anwen­dung; denn wenn die letztere stattfindet^ treten auch die nachtheiligen und schwächenden Folgen ganz so ein, wie von den übrigen Mineralsäuren ftj. 497 ), und wie von dem Chlor (#9632; $. 477 486 j. Mit dein letztern nuiis die Salzsäure um so mehr eine Verwandtschaft in den Wir-kungen zeigen, da sie ihm ihre Kräfte und ihre übrigen Eigenschaften verdankt.
sect;. 512.
Die conzentrirte Salzsäure kann ganz wie die con-zentrirte Salpetersäure als Aetzmittei benutzt werden Die Anwendung der verdünnten Salzsäure i^t zwar bei den im sect;. 502 bezeichneten Krankheitszuständen ange­zeigt, es ist aber wohl zu beachten: dafi sie bei akuten Krankheiten nicht für alle Stadien derselben gleichinäl'sig passend ist, sondern den gröfsten Nutzen zu der Zeit lei­stet, wenn die entzündliche .Beizung in den fan-ligten oder fauligt-nervösen Zustand übergeht. An diesem Scheidepunkte, der bei vielen Krankheiten sehr deutlich bemerkbar ist, ist die Salzsäure oft ein un­übertreffliches Mittel, während sie dagegen in einem frü­heren Zeiträume zu sehr reizt. in den späteren- aber,
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wenn Colliquaöonen schon eingetreten sind, oft entweder nicht mehr wirksam genug ist oder auch selbst nicht gut ertragen wird.
Ohne jene, im g. 502 b. aiigcdcutotc Krankheiten, bei denen die Salzsäure als Heilmittel dienen kann. sämmtlich hier wieder zu nennen, nmls ich doch beiner-Icen: dafs sie sich vorziiglich bei der Rinderpest und bei der chronischen ünverdäiilichkeit der Wiederkäuer einen grofsen Ruf erworben hat.
Gegen die Rinderpest ist die eisenhaltige Salzsäure von l'essina1) in Oesterreieh und Ungarn mit ausge­zeichnet giiicklicliein Erfolge angewendet würden; Haus­mann2.) versichert ebenfalls, 1814 im Groräherzogtlunn Baden euren so gunstigen Erfolg von ihr gesehen zu ha­ben, und Bojanus3) empfiehlt sie als ein Mittel, durch welches im Durchschnitt gegen zwei Drittheile der Kranquot; ken gerettet werden sollen. Schmiederer*) sah da­gegen von 51 Kindern, welche mit dieser Saure behan­delt wurden, nicht ein Stück genesen, und eben so we­nig ein Stück gegen die Ansteckung geschützt Averden; er beliauptet, dafs die in Pessina's Schrift angegebe­nen glücklichen Erfolge Uebertrcibungen enthalten, und dafs Pessinu in allen Orten, wo nur ein Stück Vieh von der Pest ergriffen war, alle übrigen noch gesunden
' ) Aub-itun^ zur Heilung da- liinderpost mit der eisenliakigen Stilamp;süure. 3. Vufi. vVieu 1812. kl. Syo
Rtiicl), richtige nnd geNvissenholte Bflehrung für don Ljiulm.-inn aber die ßindviehseuclie, Niinibirg l'.vT; — und G. ii. Frank, über die Rinderpest und über die Mitlel, sie zu biiilrn und ouszu-rntlen, Berliü 180'2, — wan-B Pes'siiia ToransgegangfUj allein e'r-sterer ohne praktische Beweise, und l'Vank balte die o.vvnt'iiiite Salzsäure^ d, i. Cblui'vya^sec, beim!.',; (,8. fcä in {'rank's Sclirill).
-) Andre, Oekonom. KeuigkeiUn, ib'^y. Kr. 13, S. 89.
') Anleitung zur Erkennlnils und Behandlung der wicliligstcu Seuchen. 2. Aufl. Vi'iina Itfei;
') Archiv Für ThrtMpilk'Bnde; von einer Gesellschaft scluwi-zcriscli^r Thieräiv.le. : quot;.'. I: '.'#9632;'#9632;#9632; V, r,igt;. AJ-rart ^•'ß.
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Thiere als gerettet angegeben habe, als ob sie nothwen-dig alle hätten erkranken müssen und als ob die Salz­saure wirklich alle pracservirt hätte, — auch, dafs er je­des Rind, welches zu jener Zeit nur im mindesten sich unwohl gezeigt, als pestkrank und dann von der Pest ge­heilt betrachtet habe, wenn die letztere auch nicht vor­handen war. Daher erscheinen in den, der Schrift an­gehängten, Tabellen manche Rinder schon am folgenden Tage als genesen. —
Wenn man auch die Wahrheit von Pessina's An­gaben nicht auf diese Weise bestreiten will, so mufs mau doch bekennen, dafs die Salzsäure bei den meisten Rinderpestseuchen, die in späterer Zeit vorgekommen sind, das nicht geleistet hat, was Pessina von ihr rühmt. Zur Erklärung dieses Widerspruchs giebt Veith1) einen ganz richtigen Fingerzeig, indem er darauf deutet, dafs theils jene, von Pessina beobachtete Seuche eine gelinde Form hatte, noch mehr aber, dafs es wahrschein­lich meistens ungarisches Schlachtvieh war, an welchem Pessina das Mittel zuerst versuchte, und bei welchem der Erfahrung zufolge, die Rinderpest stets einen mildern Verlauf macht, als bei dem einheimischen Vieh. Aufser-dem bemerke ich noch, dafs in manchen Jahren die Seuche auch bei unserem inländischen Rindvieh einen sehr mil­den Charakter annimmt, so dafs viele erkrankte Stücke ohne alle Kunsthülfe genesen. Dies scheint besonders dann sich zu ereignen, wenn die Krankheit durch meh­rere Jahre in einer Gegend bestanden hat oder oft wie­derholt in derselben aufgetreten ist.
Bei der chronischen Unverdaulichkeit des Rindviehes, wenn dieselbe in Schwäche und Unthätigkeit der Mägen begründet ist, ist die Salzsäure von schweizerischen Thierärzten und besonders von Meier2)
•) Handb. d. Veterinärkunde, 3. Aufl. Wien 1831. 2. Bd. S. 442. 2) Aroliiv für Tliieihcilkunde, von einer Gesellschaft scliwiü-zerischer Tliicrürzle, 1. Bd. 4. Hit. S. 58.
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mit ausgezeichnet heilsamen Erfolge selbst in solchen Fällen gegeben worden, wo die Thiere dem Tode an­heimgefallen zu sein schienen, und wo alle übrige Mittel unzulänglich waren. Die Zufälle, welche die genannte Krankheit charaktorisiren und bei denen er das Mittel so nützlich fand, waren: völlige Appetitlosigkeit, Verlust der Milch, grofse Schwache, matte Augen, Kälte der Ohren, der Hörner, des Mauls und der Gliedmafsen, laugsames Athmen, weicher, kleiner, nicht zu geschwin­der Puls, stark fühlbarer Herzschlag, erhöhete Empfind­lichkeit im Verlaufe der Wirbelsäule, voller, gespannter Bauch, gänzlich unfühlbare Bewegung des Pansens in der linken Hungergrube, stinkende Exkremente. Er bemerkte, dafs die Thiere gici-jh nach dem Eingeben der Salzsäure den Kopf schütteln, die Luft stark durch die Nase aus-stofseu, das Maul durch einige Zeit abwechselnd oifeu halten, und aus demselben geifern; beim Befühlen der linken Hungergrube zeigt sich statt der früheren Ruhe eine deutlich wahrnehmbare Bewegung, die Ab- und Aus­sonderungen werden regelmäfsigcr, die Wärme glcichmä-fsig erhöhet; nach dem dritten oder vierten Einguss der Säure findet sich das Wiederkauen und auch bald darauf die Frclslust wieder ein, und die Thiere genesen schnell. — Bei derjenigen Unverdaulickeit, welche als Symptom oder Folge von Entzündung der Vcrdauungscingeweide erscheint, nutzt die Salzsäure wenig, und oft schadet sie hierbei sehr. Ich habe das Mittel in verschiedenen asthe-uischen Leiden der Verdauungseingcweide bei den Wie­derkäuern stets sehr wirksam befunden.
sect;. 513. Die Gabe von der Salzsäure kann gröfser sein, als von der Schwefelsäure, und weit gröfser als von der Sal­petersäure, nämlich für Pferde 3jj bis 3IS, für ausgewach­sene Rinder sect;ß bis 3J, für ein jähriges Kalb 5j bis quot;jj, für ein Saugkalb 3li bis 5j, — für Schafe, Ziegen und Schweine 5j bis 3jj, — für Hunde gr. x bis 9j. Es ist hier immer die conzeinrirte Salzsäure gemeint, welche
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#9632;vox dem Eingeben notliwendig mit so viel Wasser ver­dünnt Mvcrcleu mufs, dafs die Flüssigkeit irüilsig sauer schmeckt. Hierzu sind gcwölmlicli etwa 24 bis 31) Thi Wasser für ein, Tlicil der Säure hinreichend; aber Pes-sina buuuizte eine, viel gröfsere Verdünnung, nämlich 1 Loth Saure mit 1 Mais (,d. i. 4 Pfd. mediz. Gew. oder 1 Th. zu 96 Th.) Wasser, und, nur beim hochsteii.Grade der Iliiidei-pe.-t 1 bis I'; Loth Siim-c auf i Mafs ^Vasser; und viele TJmuiirzte sind dic.-er yoi'schrift gci'olgt. Das zur Ycrdüniuuig benutzte A\ asser soll \Yeder warm noch ganz kalt sein. — Die Wiederholung der einzelnen Ga­ben richtet sic'i uach der Art, der Dauer nud dem Grade der Zutallo; bei der chronischen Unverdaulichkeit und bei anderen gastrischen, so wie bei allen nicht schnell ver­laufenden Krankheiten ist alle 3 bis i Stunden eine Gabe hinreichend, während dagegen bei der Rinderpest nach Pcssina's Vorschrift, jungen Thieren H bis 12, alten aber iö bis 20 Gaben in einem Tage, d. h; vom Morgen bis zum Abende, oder vom Mittage bis durch die Nacht (also jede Stunde wenigstens eine Gabe) beigebracht werden sollen, so dais in der angegebenen Zeit für ein ausgewachsenes Rind 20 bis SO Loth Saure verbraucht werden. Kach dieser Vorschrift soll man ferner in den nächsUm 24 Stunden das Mittel aussetzen und blos Mehl-trank gehen; wenn aber am 3iten Tage.die Besserung der Thiere nicht, deutlich eingetreten ist, soll man die Hälfte jener Gaben wiederholen. -—
Bei der Rinderpest und bei allen Riankheiten, wel­che mit örtlicher Reizung oder nur mit grofser Empfind­lichkeit der Brust- und Bäucheingeweide verbunden sind. ist die Anwendung der Salzsäure mit Wasser oder mit einer schleimigen Flüssigkeit am nützlichsten: wo aber Unthätigkeit oder Torpor in diesen Eingeweiden oder auch im ganzen Organismus besteht, ist der Zusatz von Weingeist, von aromatischen, bitteren und adstringireu-den Mitteln sehr zweckmäfsig; z. B. gegen die chronische unverdaulichkeit nach Meier's Vorschrift (a. a. (gt;.)
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eine Zusammonsotzang von Salzsiiuro. sjv, Weingeist 5vj und Wasser Jvjjj, wovon der ite 'i heil noch mit einem Schoppen Wasser verdünnt alle 3 bis 1 Stunden einge-ffeeeben wird. — Wenn Durchfall bei ionen Krankheiten zagegeu ist, hat man die Salzsäure in Verbindung mit öpiiuä als nützlich beuindeii.
511.
Acnfserlich kann die conzcntrirte Salzsäure als Aetz-imd Zerstoruugsmittel dienen, wie dies von den übrigen conzentrirlen Säuren angegeben ist. Die verdünnte Salz­säure wird äufserlioh als ein erregend-zertb eilen des, zu-sammenziehendes, eiitzündiiugswidriges und austrocknen­des llciiiaittel, so wie auch als ein reinigendes, Krank-heitsstöffe zerstörendes Rlittel benutzt, und zwar: 1) zu Waschwässern gegen die Ödematösen und cmpliyseinatö-stn tioscluvülste, welche sich bei asthenisehen Krankhci-ion. z. B. bei der Rinderpest, bei Faulfiebfern u. s. w. zuweilen eniwickeln, — 2) eben su gegen Räude, Flech-ten, Mauke und Klaueuweh; — 3) zu Maulwässeni gc-gen astlienische Halsentzündungen, gegen das Maulweh, hei dein Lungenkrebs und bei stark jauchenden Wunden oder Geschwüren im Maule; — 4) bei Bifswuuden von wutbkrankeri Tliieren^ und gegen bösartige, faulige Ge­schwüre, und gegen kalten Brand; — und 5) nach Pes-sina auch zu Klystiren bei einem sehr hohen Grade der Rinderpest. — Meier hat die verdünnte Salzsaure (aus chemischen Gründen) auch gegen Späth empfohlen; ich habe ihn hier und bei anderen Kuochenauftreibungen lülu-fig versucht, aber stets ohne Erfolg, selbst wenn diese Ucbcl noch in der Entwickelung begriffen waren.
Zu den Wasclnvässern nimmt man nach Verliiilrnifs der Reizbarkeit der betretenden Thteile £ Unze der cou-zentrirten Saure zu lö bis 20 liiizen Wasser, und macht die Waschung täglich 2 bis G Mal. — Als Maulwasser kann eine ähnliche Verdünnung mit Wasser, entweder ganz einiaeli. oder mit Zusatz von 2 bis 3 Unzen Honig und mit etwas Meid dienen: zuweilen nimmt man auch
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statt des blofsen Wassers ein aromatisches Infusum, z. B. von Salbei, und setzt ihm aufser der Säure gleichfalls Honig und Mehl bei. — Zu den Klystiren dient für Rinder sect;ß Säure mit l^ Pfd. Wasser verdünnt,
Anmerkung 1. Die sogenannte eisenhaltige Salzsäure, deren Anwendung von Pessina und Bo-janus als vorzüglich wirksam gegen die Rinderpest em­pfohlen ist, wird bereitet, wenn man 1 Quentchen Eisen­feile, oder noch besser, fein pulverisirtes Eisen in 4 Pfd. Salzsäure bei offener Flasche auflöst, dann aber die braungelb gewordene Flüssigkeit gut verwahrt. Gabe und Anwendung ist wie bei der gewöhnlichen Salzsäure.
Anmerkung 2. Die salzsauren Dämpfe, wel­che man durch Aufgiefsen von Schwefelsäure auf Koch­salz in einem warmen Gefäfse entwickelt, wirken fast ganz wie Chlordämpfe, belästigen aber mehr als diese die Respirationsorgane, und sind daher zur Zerstörung der Ansteckungsstoffe u. s. w., wo man sie wie die Chlor­dämpfe empfohlen hat, besser durch die letztern zu er­setzen. —
4.
(G ewöhnliclier oder roher Essig, Acetum commune s. Acetum crudum.)
sect;. 515.
Der Essig enthält als wesentlichen Bestandthcil die Essigsäure (Acidum aceticum') mit Wasser verdünnt und häufig noch mit etwas Schleimzucker, oder mit Kle­ber, zuweilen auch mit Weingeist, mit Weinsteinsäurc, Apfelsäure und dergl. verunreinigt. Er ist das Produkt der sauren Gährung, kann daher aus allen Substanzen bereitet werden, welche fähig sind in diese Gährung überzugehen, und erhält gewöhnlich nach derjenigen Sub­stanz, aus welcher er dargestellt ist, einen Beinamen, z. B. Weinessig, Bieressig, Fruchtessig, Obst­oder Cideressig u. s. w. Als der beste wurde bisher gewöhnlich der Weinessig {Acetum vim) betrachtetj in­dessen ist in der neuem Zeit die Essigbereitung so vor-
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vollkommnct worden, dafs man ihn durch guten Frucht­essig vollkommen ersetzen kann.— Der Bieressig (.4ce-tum cerevisiae) enthält gewöhnlich viel fremdartige Be-standtheile, und weniger Säure als Wein- und Fruchtes­sig, kann aber für die meisten Heilzwecke, besonders äufserlich auch ganz brauchbar sein.
Der destillirte Essig oder die verdünnte Essig­säure (Acctum destillatum, Acidum aceiicim dilutum'), — der verstärkte oder conzentrirte Essig, auch con-zentrirte Essigsäure {Acetum emeentratum, Acidum aceticum emeentratum) genannt, — und ebenso die reine Essigsäure oder der höchst conzentrirte Essig iAcidum acetic, purum, Acetum concentratissimum) werden als Arzneimittel für Thiere nicht benutzt, theils, weil diese Präparate örtlich die zu starke Wirkungen der con-zentrirten Pflanzensäuren erzeugen (sect;. 498), und deshalb nicht gut ertragen werden, hauptsächlich aber, weil sie zu theuer und durch den gemeinen Essig sehr gut zu er­setzen sind,
sect;. 516.
Der Essig, als eine vegetabilische Säure, wirkt bei innerlicher und äufserlicher Anwendung ganz so, wie es von diesen Säuren im Aligemeinen (sect;. 498) angegeben, und es gilt von ihm auch Alles, was über den Unter­schied zwischen Pflanzen- und Mineralsäuren (sect;. 499) und über die Vermittelung der Wirkungen (sect;. 500) in Beziehung auf die Pflanzensäuren gesagt ist.
Seine innerliche Anwendung kann bei den, im sect;. 502 sub b. bezeichneten Krankheitszuständcn statt fin­den, im Ganzen benutzt man ihn aber nicht häufig, weil man von ihm nachtheilige Wirkungen auf die Yerdauungs-cingeweide fürchtet; ich habe jedoch Essig von der Stärke, welche die Pharmakopüe vorschreibt1), Pferden in Ga­ben von gvj bis gxjj, Kühen bis 3 Pfd., Schafen und
1) Nach laquo;kr Pronfs. Pliarmalcopöe sollen 16 Thcile Essig einen Theil kolilensuuren Kali's sättigen.
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Scliwciiieu von, f ß bis jjj, Huiiclca 5.ij bis 5J auf Einmal, und in Zwischenzeiten von 3 bis 4 Stunden tüglich drei-Mal eingegeben, olmo dafs jemals bemerkbare nachthei-lige Folgen hiervon entstanden sind. Die Tliiere zeigtelaquo; blos nach dem Eingehen etwas vcrinehrto Schlcimabson-derung im Maule und in der jNase, und dann die ge-vvöliuiie'ii'jn \yii,kungeu der Pflänzensduren. Gröfsere Ga­ben venusaclsten allerdings hei Pferden oft Kulik, iStö-rnng des Appetites und der Verdauung, und bei Hunden L'nniho, schmerzliaftes Gewinsel, Erbrechen und darauf gröfse Traurigkeit: aber alle diese Zufalle gingen immer in etwa einer Stunde wieder vorüber.
Aufser den Entziindungsfiebern, den gastriselicn (bi-liöseii), nervösen und typhösen Fiebern mit entzündli­chem Charakter, dem Milzbrande u. s. w. müssen noch drei Kraukiieitszustqjide., bei denen der innerliche Ge-uraucli des Essigs nützlioh ist, besonders erwähnt wer­den, nämlich die Aufblähung oder Trommelsucht bei den Wiederkäuern, die uarkotischen Vergütungen, und die Vergiftungen iin't iii;,enden Alkalien.
In dor Trommelsucht habe ich den Essig als ein ganz vortreflliches Mittel kennen gelernt, wenn sie melir einen chronischen als akuten Charakter hatte, namentlich wenn sie durch unverdauete, im Wanst liegende .Substan­zen, aus wirklicher Gälirung derselben entstanden ist, und wenn durch letztere die Gasentwickelüng längere Zeit unterhalten, und das Aufblähen durch mehrere 'Jage dauernd wird, oder wenn dasselbe, nachdem es durch den Troikart und andere Mittel beseitigt ist, bald darauf wieder entstellt. Das Letztere verhindert der Essig ganz vorzüglich, indem er den Gährungsprozefs unterdrückt; aber er ist nicht immer vermögend, die schon vorhandene) plötzlich zu einem hohen Grade entwickelte Aufblähung schnell genug zu beseitigen, um die ans ihr entstellenden, oft lebensgefährlichen Zulalle (Berstung der Eingeweide, vSchlagtlufs, Erstickung) zu verhüten, und er macht dalier in dringenden lallen den Troikart auch nicht entbehrlich.
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Gegen die üblen Wirkungen von zu grofscn Gaben narkotischer Mittel oder nach dem zu reichlichen Genul's narkotischer Pflanzen, ist der Essig schon lange als eins der wirksamsten Mittel anerkannt, obgleich man in neue­rer Zeit, behaupten wollte, äafs er die Auilöslichkcit und die Wirksamkeit der narkotischen Stoffe, namentlich der Alkalien, beiordere, wenn dieselben noch im Verdauungs­kanal vorhanden seien, und dafs er daher nur dann an­gewendet werden dürfe, nachdem diese Stotfe durch Er-brechen wieder entfernt worden sind. Da aber das Er­brechen nicht bei allen Thieren möglich, auch jene Be­hauptung über die Verstärkung der narkotischen Wirkun­gen nicht allgemein richtig ist, so verdient der Essig um so mehr bei diesen Vergiftungen als Hauptmittel betrach­tet, und allgemein verwendet zu werden, da er wohlfeil, last überall zu haben ist,, und die schon eingetretene nar-koiische Wirkung sehr sichtbar vermindert. Hei Hunden, Katzen und Schweinen schickt man jedoch seiner Änwnn-dnnS recht zweckmafsig ein Brechmittel voraus. wenn es wahrscheinlich ist, dais ein Theil des Giftes sich noch im Magen befindetlaquo;
Gegen die schädliche Wirkung der ätzertden Alka­lien und Erden, des Aetzkalkes u. s. w. ist der Essig (innerlich und äufserlich) ebenfalls das wirksamste Mittel^ wenn diese Stoifo noch im oder am Körper vorhanden sind, und wenn nicht schon zu heftige Entzündung und Aetzung entstanden ist.
5. 51'
;h Verbaltnifs seiner
Die Gabe vom Essig ist nach gröfsern und geringem Starke, nach der Heftigkeit der Krankheitszufälle u. s, w. für Pferde gjv bis gv^jj, für Kindvieli I bis 3 Pfd., für Schafe, Ziegen und Schweine X] bis 5üj, für Hunde ?jj bis gß', — in Zwischenzeiten von }, bis 3 Stunden. Die bezeichneten gr.ofson Gaben dienen besonders bei Vergiftungen mit narkotischen Stof­fen oder mit ätzenden Alkalien, eben so bei Trommel­sucht.— Die Anwendung geschieht am besten in flüssiger
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Form, entweder bios mit Wasser verdünnt, oder mitg schleimigen Flüssigkeiten versetzt; letzteres besonders; dann, wenn die Brust- oder Baucheiiigeweide sehr ge­reizt erscheinen. Ehemals empfahl man auch zu solchen Flüssigkeiten den Honig zuzusetzen; derselbe ist aber entbehrlich und etwa nur da zu benutzen, wo mau ihn als Hausmittel ohne Kosten erhalten kann, und wenn man | Thiereu den Essigtrank zum freiwilligen Gcnui's überläl'st. — Zusätze von erregenden Mitteln sind in der Regel da nicht passend, wo der innerliche Gebrauch des Essigs angezeigt ist, und mit Alkalien, Kalkwasser und Seife darf er nicht zusammengebracht worden, weil er mit die­sen Stotfen chemische Verbindungen eingeht, und dabei seine Wirksamkeit aufgehoben wird; Neutralsalze, beson­ders Kochsalz, Salmiak und Salpeter schwächen aber die letztere nicht.
sect;. 518. Aeufserlich benutzt man den Essig: 1) Am häufigsten als kühlendes, aber zugleich gelind zusammenziehendes, zcrtheilendos Mittel gegen Entzün­dungen, welche nicht ganz rein als solche bestehen, son­dern mit Quetschung, mit Ausdehnung der Theile, mit Blutunterlaufung oder mit grofser odematöser Geschwulst verbunden sind; daher bei Quetschungen, bei frisch ent-standene.-! Genickbeulen, bei dergleichen Satteldrücken, Wiederrüstschäden, Sehnenklapp, Piphacken, Gallen, bei und nach Verrenkungen, bei dem Verbällea und dergl. — Man wendet ihn hierbei auf sehr verschiedene Weise an, und zwar entweder a) blos mit Wasser verdünnt und kalt, zum Waschen oder zu Umschlägen, wenn die Zu­fälle noch einigermafsen auf einen synochösen Charakter der Entzündung deuten;— oder i) mit Wasser verdünnt und mit Glaubersalz, Salmiak, Salpeter und dergl. ver­setzt, als sogenanntes einfaches Oxykrat (Oxycralum simplex), das aus Salmiak ry, Essig und Wasser, von je­dem 1\ Pfd., bereitet wird, und bei dem Zusätze von 2 Unzen Kamphergeist das zusammengesetzte Oxy-
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)r ln'tiikrat (Oxycratum compositum) giebt; — oder in Form dor mdersjSchmucker'schen kalten Umschläge, die aus: Es-u' Sequot;;sig 1^ Pfd., Wasser 4 Pfd., Salmiak und Salpeter von jedem 1 Unze gemacht werden. — c) Mit Lehm oder Thon zu einem dünnen Brei zusammengemengt, weichen man gegen ^ bis j Zoll dick auf die leidenden Theile gleichmäfsig aufstreicht, und entweder durch fleifsiges ße-giefsen beständig feucht erhält oder so oft erneuert, als er anfängt trocken zu werden. Ein solcher Lehmbrei ist besonders nützlich, wenn bei den oben bezeichneten Zu­ständen grofse und hartnäckige Geschwulst bestellt. — rf) Als Zusatz zu Aufgüssen von aromatischen Kräutern, zu Waschungen, Umschlägen und Breiumschlägen, wel­che mehrentheils warm und dann angewendet werden, wenn die Zufälle auf Torpidität deuten, oder wenn Brand drohet.
2)nbsp; nbsp;Als blutstillendes Mittel, bei Blutflüssen aus der Nase, den Genii alien u. s. w., auch bei Verwundungen, wird der Essig unverdünnt angewendet; er kann aber nur gegen Blutungen aus kleinen Gefäfsen und gegen soge­nannte parenehymatöse Blutung etwas leisten. Viborg rühmt gegen Lungenblutsturz bei Pferden Essigdämpfe, welche selbst dann noch wirksam waren, wenn die Thiere schon ausgestreckt lagen, nicht mehr aufstehen und kaum noch athmen konnten l). — Nach seiner Vorschrift ent­wickelt man diese Dämpfe durch Aufgicfsen des Essigs auf ein erwärmtes (nicht glühendes) Stück Eisen, nahe unter der Nase des Pferdes, und so lange, bis der ganze Stall mit einem Nebel von essigsauren Dämpfen angefüllt ist. — Ich habe dieses Verfahren gegen den Lungenblut-sturz in mehreren Fällen stets vergebens angewendet.
3)nbsp; nbsp;Zu Maul wässern, bei dem gutartigen Maul weh, bei Entzündungen und Verletzungen der Zunge u. s. w., ganz wie die Salzsäure.
4 ) Voter. Selskab. Slriflcr. Deel. 1 u. 2. Hagaz. f. llicoret. n. prakt Tliicrlieilk. von Teuffei, 1. Bd. 2. Hit. S. 253.
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4)nbsp; nbsp;Zu Ivlystiren bei narkotischen Vergiftungen, bei Entzündung und Vorfall des Mastdarms, bei Entzüudungs-und Verstopfungskolik. Mehfeiitheils benutzt mau Jiierzu mäfsig verdünnten Essig; bei der Kolik sollen aber nur einige Löiibl voll Essig mit der nötliigen Menge recht kalten Wassers zu einenv Klystir genommen werden1).
5)nbsp; Aufserdem dient der Essig noch gegen Ungeziefer als sehr wirksames Wascliihittel, nainentlicli in Verbin­dung mit Tabakscfekokt.
(i) Zur Bereitung der Senfbreie, wo er aber Eicbr gut entbehrt werden kann, da er die Wirksamkeit des raquo;Senfs nicht vermehrt (S. 318).
7) Zum Räuchern bei verdorbener, zu lange eingeschlossener, ungesunder Luft. Zu letzterrn Zwecke sind die Essigdämpfe gewifs nicht unpassend, da sie viel Sauerstoff enthalten; das Chlor, welches sie in neuerer
Zeit fast ganz verdrängt hat, kann nicht entbehren.
den Essiraquo; hierbei
5. liolzüü u it-. Holzessig, b'renzjiclter Jlolznssiij. Aci-dum .s. Aceli/m pyro - lignosum,
sect;. 519. Die rohe Holzsäure (Äcidum pyrölign. crudum}, ein sehr zusainmcngesctztes Produkt der trockenen Destilla­tion des Holzes, besteht aus Wasser, viel Essigsaure, essigsaurem Ammoniak, brerizlichem Oel, Urandiuirz, aus feinem stickstolthaltigcn Extraktivstoff, ans ' brenzlichofii Holzessiggeist und aus Kreosot. Die Verhältnisse dieser Bestandtheile und daher auch die Wirksamkeit der Siiurc sind nach Verschiedenheit der, zu ihrer Bereitung be­nutzten Holzarten n. s. w. häufig etwas verschieden, nrnl die durch nochmalige gelinde Destillation von den gro­bem brenzlichen Bestandtheilen befreiete, sooenannte rektiiizirte 11 olzsäure iAcidum pyrölign.' recdfwaium)
') TaschehSdcTi für Haustliierärifc nml OeLönocnen, von J- F.
Niemaiiii. i. Siiidt-iiiin i. 76.
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ist weniger wirksam, als die rohe, weshalb Letztere den Vorzug verdient. — Nach diesen Bestaudtheilen lafst das Mittel eine eigenthiimliche und grofse Wirksamkeit erwar­ten, und dasselbe verdient sowohl deshalb, wie auch sei­ner Wohlfeilheit wegen, die Aufmerksamkeit der Tliier-ärzte reciit sclir.
Die brenzlichc Holzsänrc ist bereits im grauen Alter-tlmmc bekannt gewesen1), aber erst in neuerer Zeit wie­der beachtet, und hinsichtlich ihrer Wirkungen auf le­bende Thiere, so wie auf todtc thierische laquo;Substanzen mehrfaltig geprüft worden.— Berros-) gab einem Lians-liahn durch drei Tage nach einander täglich 4 Mal klein geschnittenes }?rod, jedes Mal mit einem i Loth Säure getränkt, ein: das Thier wurde gleich nach dem ersten Eingeben betäubt, wankte hin und her, schäumte aus dein Schnabel und die Federn wurden buschig aufgerich­tet, spater wurden letztere schmutzig gelb, der Kamm blauroth, der Kopf angeschwollen, die Respiration be­schwerlich, röchelnd, und am tten Tage erfolgte der Tod unter Ersfickuugszufalleu. — Andere Hühner, denen man 2 Quentchen der Säure für sich allein eingab, be­kamen sogleich Krampte. Zuckungen, Erbrechen, dunkel­blaue Farbe dos Kammes, und schon nach 2 Minuten erfolgte der Tod. — 1 both dos Älittels einem Hahn in den After gespritzt, verursachte ähnliche Zufallej und in 2 Stunden den Tod. — Katzen stürzten augenblicklich nach dem Eingeben eines halben bis eines ganzen Quent­chens der Säure zusammen, bekamen Convulsionen am ganzen Körper, schrieen, schäumten ans dem Maule, er­brachen sich, die Augen wurden hervorgedrangt, die Pu­pille sehr erweitert, der Urin ging unwillkürlich ab, und der Tod erfolgte nach I| bis 2 Minuten. Selbst 10 Tro­pfen waren bei diesen Thieren hinreichend, ähnliche Zu­falle und den Tod zu veranlassen, welcher letztere je-
') Plinins, Hist. nat. pag. 244. sect;. 21. 2 ; üebor die BolzsSuri' bm! ihren VVerlli.
!:#9632;.gt;gt;. S. 39 f.
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doch erst am dritten Tage nach dem Eingüsse erfolgte (a. a. O. S. 43). — 6 Quentchen in den Mastdarm ge­spritzt, tödteten eine Katze unter denselben Zufällen in 6 Stunden. — Bei einem Hunde entstand von 1 Drachme innerlich gegebener Säure zuerst Drang zum Erbrechen, Ausflufs von Schaum aus Maul und Nase, nach 1 Stunde wirkliches Erbrechen mit Entleerung einer, nach Holz­säure riechenden Substanz, dann Traurigkeit und Sträu­ben der Haare. Nach 10 Stunden waren alle Zufälle wie­der verschwunden und der Hund völlig hergestellt. — Drei Drachmen einem grofsen Hunde gegeben, verursach­ten binnen kurzer Zeit eine Mattigkeit in eben so hohem Grade, dafs die Füfse das Thier nicht mehr ordentlich tragen konnten; nach sechs Stunden struppiges Haar, funkelnde Augen, Zittern, Ausflufs eines weifsen Schaumes aus Maul und Nase, dumpfer Husten, gänzli­cher Verlust des Appetites; nach 12 Stunden bemerkte man aufser den genannten Zufällen noch Stumpfheit der Sinne, beschwerliche Respiration, heiseren Husten; nach 24 Stunden waren der Schaumausflufs geringer, der Hu­sten sparsamer, übrigens dieselben Zufälle, jedoch im hö­heren Grade, und noch in den nächsten 24 Stunden stei­gend. Es waren alle Zeichen einer Lungenentzündung zugegen; erst am 7ten Tage fand sich etwas lockerer Auswurf, Besserung und Appetit, und am 12 ten war das Thier völlig wieder hergestellt. — Ein anderer Hund starb von einem Lotli Holzsäure am 4 ten Tage nach dem Eingeben, und nachdem ähnliche Zufälle entstanden wa­ren, ganz ruhig.
Mit diesen Angaben stimmen auch die Erfolge der Versuche überein, welche sowohl von Schubarth1) wie auch von mir gemacht worden sind; nur mufs ich bemerken: dafs, wenn ich den Holzessig vermittelst der Oesophagotomie und durch eine Röhre in den Magen brachte, die Zufälle stets viel milder waren, als von ei-__________nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ner
laquo;; In Horn's Archiv, 1821 S. 59.
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ge-i in hme len, nde olz-äu-rie-
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;iier gleichen Gabe, welche durch das Maul eingegeben wurde; mehrere Hunde ertrugen auf erstere Weise eine ganze Unze des Mittels ohne lebensgefahrliche Folgen.
Bei Schafen sah ich nach Gaben von ^ß bis sect;j iilmliche Zufalle wie bei Hunden, besonders auch Lun­genentzündung entstehen, und von Jjrj pro dosi den Tod erfolgen. — Kühe und Pferde ertrugen dagegen das Mit­tel bis zu 1 Pfd. in einer Gabe ganz ohne Nachtheil; 3 bis 4 Unzen verursachten bei diesen Thieren oft kaum bemerkbare Veränderungen; von gröfsern Gaben entstand zuerst vermehrte Schleimsekretion im Maule und in der Nase, dantt^lfrofsere Wärme im Maule, nach 15 bis 30 Minuten gesträubtes Haar, und zuweilen Frostschauder, kleinerer, etwas (um 8 bis 12 Schläge) vermehrter Puls, schnelleres, etwas beschwerliches Athmen, Verminderung des Appetits, etwas Mattigkeit, kalte Ohren, und — nach 4 bis 6 Stunden sehr reichliches, oft wiederholtes Uiiniren; — in einzelnen Fällen wurde auch der Koth weicher, und einige Pferde zeigten mäfsige Leibschmer­zen. Nach 8—10 St. war die Wirkung wieder vorüber.
Bei äufserlicher Anwendung wirkt der brenzliche Holzessig auf die betroffenen Gebilde reizend, zusam­menschrumpfend; schlaffe, blasse Granulation wird der­ber und dunkler geröthet, die Sekretion in Wunden und Geschwüren vermindert und mehr plastisch.
Todte Weichgebilde, auf welche der Holzessig durch einige Zeit eingewirkt hat, werden hierdurch gegen Fäul-nifs geschützt.
sect;. 520.
Bei den gestorbenen Thieren fand sich fast überein­stimmend: der Kadaver in kurzer Zeit ganz steif, die Schleimhaut des Magens und des Darmkanals an ver­schiedenen Stellen dunkler geröthet, selbst entzündet (wenn der Tod nicht gleich nach dem Eingeben erfolgt war); der Inhalt des Verdauungskanals oft stark nach Holzsäure riechend, die übrigen Baucheingeweide gesund, die Luftröhre gewöhnlich mit Schaum erfüllt, die Lungen
Hcrl-H-ifi Arziiciniitlellehrc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4lgt;
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stets sehr blutreich, oft mit schwarzen Flecken versehen; das Herz an der rechten Seite mit schwarzem, flüssigem Blute ganz aiigeiullt, die grofsen Venenstammc desglei. chen; die linke Hälfte des Herzens leer; Hirn- und Rük-kenmark sehr blutreich, aber ohne weitere Veränderung. Aus den sämmtlichen Erscheinungen ergieht sich: dafs der Holzessig bei allen Thieren als eine sehr rei­zende, die Sensibilität und Irritabilität eigenthiimlich er­regende und u in stimmen de Substanz wirkt, und dafs er (wie es scheint durch Ueberreizung) in etwas grofsen Gaben, selbst Lähmung und den Tod herbeiführt.
m
sect;. 521.
Man hat die brenzliche Holzsäure zwar in neuerer Zeit häufig als Heilmittel angewendet, aber bisher für ih­ren innerlichen Gebrauch keine bestimmte Indikationen festgestellt. Im Allgemeinen erscheint das Mittel, seinen reizenden Wirkungen gemäfs, da angezeigt: wo die Le-bensthätigkeit im Gefäfs- und Nervensystem zugleich ge­sunken ist, wo die Schleimhäute erschlafft, die Sekre­tionen übermäfsig reichlich und von zu dünner, seröser Qualität erscheinen; — daher im Besondern bei fauligen, typhösen und cachektischen Leiden, wenn dieselben auf torpider Atonie beruhen; bei Wassersüchten, Schleimfliis-sen und Blutungen, wenn sie denselben atonischen Cha­rakter au sich tragen.
Ich habe das Mittel gegen asthenisch-nervöse Fie­ber, gegen ödematöse Anschwellungen und gegen Trom­melsucht des Rindviehes mit Nutzen, — dagegen bei Rheumatismus und rheumatischen Fiebern, bösartiger Drusn und Rotz, bei chronischer Diarrhöe, welche nach einer zu grofsen Gabe von Aloe zurückgeblieben war, in meh­reren Fällen ganz ohne günstigen Erfolg angewendet.
Die Gabe darf, wie die mitgetheilten Versuche leh­ren, für die kleinen Thiere nur sehr gering sein, nämlich für Hühner und Katzen 1 bis 3 Tropfen, für Hunde 10 bis 20, für Schafe, Ziegen und Schweine 20 bis 40 Tro-
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pfen, täglich 1 bis 3 Mal; Pferden und Rindern kann man dagegen eben so oft ^jj bis Jvj geben.
Man giebt sie entweder in einer schleimigen Flüs­sigkeit, oder mit andern Mitteln verbunden, in Lat­wergen.
Aeufserlich habe ich die Holzsäure bei Mäukeste-schwüren, besonders bei der sogenannten ausfallenden oder Brandmauke, nachdem die erste Entzündung vor­über war, mit ausgezeichnetem Erfolge angewendet; eben, so bei anderen atonischen Geschwüren, bei Wiederrüst-schäden u. s. w., wenn die Granulation schlaff und üppig war; — bei Strahlkrebs und in Knorpelfisteln minderte sie die Absonderung, bewirkte aber die Heilung nicht; bei dem epizootischen Klauenweh war sie nützlich, bei dem bösartigen Klauenweh der Merinos hat sie aber fast nirgends das Vertrauen bestätigt, welches man nach Ro-diger's günstigen Angaben1) von ihr hatte; bei Flech­ten und bei Räude war sie sehr wirksam; bei dem kalten Brande nach dem Englisiren schien sie in einem Falle zur Heilung beigetragen zu haben, in anderen Fällen lei­stete sie gar nichts.
Man benutzt sie bei den genannten Krankheiten zum Auspinseln oder zum Verbinden der Geschwüre, täglich 1 bis 3 Mal, — und zum Waschen der räudigen Stel­len, täglich oder jeden 2 ten Tag ein Mal. Mehrentheils ist sie für sich allein wirksam genug; bei grofser Reiz­losigkeit der Geschwüre und gegen Brand habe ich sie aber auch in Verbindung mit Kampher (3j auf sect;jv Säure) und mit Kamphergeist Czraquo; gleichen Theilen) angewendet.
sect;. 522.
Aufser den ausführlich betrachteten Säuren sind fol­gende noch in Kürze zu erwähnen:
Die Phosphorsäure iAcidwm fhosphoricum) ist weit milder als die übrigen Mineralsäuren, zugleich aber mehr
•) Erfahrangen über die bösartige Klanenseuclie der Schafe. Chemnitz 1822. S. 39.
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wirklich stärkend, und den Bildungsprozefs durch erhö-hcte Thätigkeit der Ganglien-INerven sehr begünstigend; sie verdiente daher bei asthenisch-nervösen Leiden, bei dergleichen Fiebern mit erhöheter Sensibilität und dergl.
mehr angewendet zu werden, als es bisher in der Thier-arzneikunde gebräuchlich war. Die Gabe kann wie bei der Schwefelsäure, und selbst um die Hälfte stärker als bei dieser sein. — Die Kohlensäure {Acidum earhoni-cum) wird für sich allein auch lücht angewendet, sondern nur in kohlensauren Salzen und zuweilen in den Bier­hefen, welche letztere von Manchen als ein wirksames Mittel bei hartnäckiger Verstopfung der Pferde und des Rindviehes (1 Quart mit dem Gelben von drei Eiern auf ein Mal gegeben) betrachtet werden. Sie wirkt ebenfalls auf eigenthümliche Weise erregend, in grofsen Gaben an-l
Rein
Ailj
] einfalaquo; reich
(T.
gewendet, sogar berauschend; sie befördert überall diel (all, arterielle Thätigkeit und treibt das Blut stark gegen diel \omi äufsere Peripherie des Körpers. Daher kann sie (am bei Joch sten in Kohlensäure-haltigcn Wässern oder in einem gut! raeisi moussirenden Biere) bei asthenisch-nervösen Zuständen,
z. B. bei dergleichen Krampf, Kolik u. s. w., mit Nutzen angewendet werden. — Die Weinsteinsäure {Acidum tartaricum) wird gleichfalls nur in weinsteinsauren Salzen zuweilen benutzt. — Säuerliche Früchte aller Art können für pflanzenfressende Thiere, wenn im Sommer Seuchen mit entzündlichem Charakter herrschen, statt des Essigs benutzt werden, indem man sie zerquetscht quot;ins Getränk giebt. — Der Sauerkohl oder das Sauer­
sehe: alter kali
nam nen tVirb kum
kraut {Brassica fermentata) ist innerlich auf ähnliche 1 Stoi Weise zu gebrauchen; äufserlich wird es zuweilen als ein I Wcs Hausmittel zu kühlenden, gelind zusammenziehenden Um- 1 (]cn Schlägen bei Verbällung, Hufentzündung und dergleichen 1 bild benutzt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;sie
sog
Lyl mo
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erliö-?end; , bei lergi,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Zehnte Klasse.
, i #9632; • Reine Alkalien und Erden, oder alkalische und \ ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;erdige Mittel.
honi-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;{Alcalia et Terrae, Medicamenta alkaUca et terrea.)
idem jer.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine Bemerkungen über die Mittel iliescr Klasse.
amesnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;sect;. 523.
quot;esnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Die Alkalien und Erden wurden früher für chemisch-
i aut einfache Körper gehalten, bis Davy durch seine erfolg-
falls
reichen galvanischen Versuche bewies, dafs sie Verbin-
an' düngen sehr leicht oxydirbarer Metalle, sogenannter Me-
dic die
talloide mit Sauerstoff, also wahre Oxyde sind. Sie
kommen in den drei Reichen der Natur häufig vor, je-quot;^ doch selten rein, sondern in mannigfachen Verbindungen, sect;ut meistens als Salze.
den,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Nach dem Grade ihrer Löslichkeit im Wasser unter-
tzen scheidet man die hierher gehörigen Substanzen schon seit älteren Zeiten: l) in eigentliche Alkalien, 2) in al-'zen kaiische Erden, und 3) in eigentliche Erden. Artnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1) Die Alkalien, früher auch Laugensalze ge-
mcr nannt, sind im Wasser sehr leicht löslich, besitzen ei-des nen eigenthümlichen, brennenden, laugenhaften Geschmack, 1118 ffirben den Veilchensaft grün, das gelbe Pigment der Cur-er' kumewurzel und der Rhabarber braun; auf thierische Stoffe wirken sie eigenthümlich auflösend, zerstörend, weshalb man sie ätzend oder kaustisch nennt; sie ati-Jquot;1quot; dem Fette und Oele in eigeuthümliche Säuren um, und 'quot;'li bilden mit ihnen die Seifen; mit den Säuren verbinden sie sich überall sehr begierig, und bilden mit ihnen die sogenannten Neutral- und Mittelsalze.
Zu den Alkalien gehören das Kali, das Natron, das Lythion {letzteres nicht arzneilich benutzt) und das Am­moniak. Obgleich das Ammoniak in seiner chemischen
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Zusamineusetzung von den übrigen Alkalien sehr abweicht, so mufs es doch zu ihnen gezählt werden, weil es alle andere wesentliche Eigenschaften mit denselben gemein hat, und sich von ihnen nur dadurch unterscheidet, dafs es einen Geruch besitzt nnd bei gewöhnlicher Tempera--tur gasförmig ist, während die übrigen selbst die Glüh­hitze ertragen. Man nennt deshalb die letzteren auch fixe Alkalien, das Ammoniak aber flüchtiges Alkali oder Laugensalz.
2)nbsp; nbsp;Die alkalischen Erden sind weniger leicht löslich als die Alkalien, besitzen aber alle Eigenschaften
a oder : unter schun; verwa Masse wirkei Zeit thuu) An d zündi Abstc
derselben, jedoch in einem geringeren Grade. — Es sind
dung der 1 i inner eine scltc] Anw siom erbre Tod
die Kalkerde, die Talkerde, die Baryt- und die Stron-tianerde; nur die beiden ersteren weiden, im reinen Zu­stande arzneilich benutzt, so wie auch ihre Salze und die Salze der Baryterde.
3)nbsp; nbsp; Die eigentlichen Erden CThonerde, Beryll-, Ytter- und Zirkonerde) sind nebst ihren kohlensauren und neutralen Salzen im Wasser ganz unlöslich. Arznei­liche Anwendung macht man nur von der Thonerde und ihren Salzen.
Die metallischen Grundlagen der Alkalien und Erden
verbinden sich, wie die übrigen Metalle, auch mitSchwe- er^0'
fei und bilden damit die sogenannten Schwefellebern, Punf
die man früher für hydrothiosaure Oxydsalze hielt, die
aber nach den Erklärungen der neuern Chemie einfache nequot;
Schwefelmetalle sind. Da diese Verbindungen der Me- j c'ie
talloide mit Schwefel hinsichtlich ihrer arzneilichen Wir- i quot;aslt;
kung den Alkalien und Erden sehr nahe kommen, so SC11
finden sie auch hier ihren schicklichsten Platz.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^u
ma(
sect;. 524.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; te1' Die Wirkungen der reinen Alkalien und der alkali
sehen Erden sind im Allgemeinen einander sehr ähnlich,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; unc
sie treten jedoch mit verschiedenen Erscheinungen und innbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Ass
verschiedenem Grade ein, je nach dem Grade der Con-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ^ei
Säl
zentration, in welcher diese Stoffe angewendet werden.
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a)nbsp; nbsp; Im conzentrirten Zustande, d. h. ganz trocken oder nur in sehr wenigem Wasser gelöst, zerstören sie unter heftigem, brennendem Schmerz die Textur und Mi-
^schung der von ihnen berührten thienschen Theile und verwandeln dieselben in eine schmierige, seifenartige Masse, welche später zu einem Schorfe vertrocknet. Sie wirken also ätzend, verdichten aber dabei in der ersten Zeit die organische Materie nicht (wie es die Säuren thun), sondern verflüssigen sie und lockern sie auf. — Au der Grenze der bewirkten Zerstörung entsteht Ent­zündung und Eiterung, und durch letztere die gänzliche Abstofsiuig des Abgestorbenen. Bei innerlicher Anwen­dung in diesem Zustande entsteht Enziindung und Brand der Eingeweide und mehrentheils der Tod.
b)nbsp; nbsp;In mäfsig starker Auflösung erregen diese Mittel innerlich wie äufserlich an den Stellen der Berührung eine schmerzhafte (erethische) Entzündung, welche nicht selten in jauchende Eiterung übergeht. Bei innerlicher Anwendung entstehen dabei oft heftige Zufälle, Convul-sionen, Kolik, blutige Diarrhöe, bei Thieren, die sich erbrechen können, auch Erbrechen, und zuweilen der Tod durch Magen- und Darm-Entzündung. Aeufserlich erfolgt mehrentheils nach der Entzündung eine Abschup-pung der Haut.
c)nbsp; nbsp; In sehr schwacher Auflösung wirken sie bei in­nerlicher Anwendung zunächst eigeuthüinlich erregend auf die Schleimhaut des Verdauungskanales; sie verursachen daselbst hauptsächlich eine Veränderung der Absonderun­gen, binden auf chemische Weise die etwa vorhandene Säure, beschränken die fernere Absonderung derselben, machen den Darmschleim flüssiger und absorbiren Gasar­ten, die sich im Magen oder im Darmkanal angehäuft haben. Diese Wirkungen verbreiten sich dann weiter, und zwar theils als Folge der veränderten Digestion und Assimilation, theils auch, indem die Alkalien materiell in den Chylus, in das Blut und selbst in die abgesonderten Säfte übergehen. Es wird die Gerinnbarkeit des Eiweifs-
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Stoffes und der Gallerte im Chylus, in der Lymphe, im Blute u. s. w. vermindert, Dünnflüssigkeit aller Säfte, Auflockerung und leichtere Zersetzbarkeit der organischen Materie bedingt und zugleich die Resorption derselben sehr begünstiget; die Absonderungen, namentlich die der serösen Flüssigkeiten, erfolgen reichlicher und besonders wird der Urin in gröfserer Menge und von mehr wässe riger Beschaffenheit entleert; zugleich verlieren die abge­sonderten Säfte ihren Gehalt an Säure und werden vor­waltend alkalisch. Letzteres ist vorzüglich wahrnehmbar n,m Urin, mit welchem ein grofser Theil der eingegebe­nen alkalischen Stoffe, jedoch mit Kohlensäure und an­deren Säuren zu Salzen umgewandelt, wieder aus dem Körper ausgeschieden wird, daher sich in ihm auch ge­wöhnlich ein starker Bodensatz von diesen Stoffen bildet.
Werden die alkalischen Mittel im verdünnten Zu­stande durch längere Zeit in reichlicher Gabe angewen­det, so stören sie die Verdauung und Assimilation bedeu­tend, vermindern den Appetit, verursachen Durchfall, wässcrigte Beschaffenheit und dunklere Färbung des Blu­tes, Aufgeduusenheit des Zellgewebes, Schlaffheit, Mür-bigkeit und Schwäche in den Muskeln und Blutgefäfsen, und Verminderung der Irritabilität. Zuletzt folgt eine allgemeine Uebelsäftigkeit, Faulfieber und zuweilen der Tod. — Eine eigeiithümliche und direkte Wirkung auf das Nervensystem, die man den Alkalien im Allgemeinen auch zuschreibt, habe ich von ihrer innerlichen Anwen­dung bei Thieren nur allein von Ammoniak bemerken können. —
Bei Injektionen in die Venen wirken diese Mittel auf ähnliche Weise wie bei innerlicher Anwendung, aber viel schneller und heftiger, und grofse Gaben verursa­chen durch schnelle Zersetzung des Blutes und durch Ueberreizung oft sehr plötzlich den Tod.
Aeufserlich angewendet wirken die sehr verdünnten alkalischen Mittel eigenthümlich die bildende Thätigkeit der Haut gelind erregend, die Absonderung der Haut-
1
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Drüsen und des Serums im Zellgewebe gelind vermeh­rend, die Auflösung plastischer Säfte und die Resorption befördernd.
Die reinen Erden besitzen wegen ihrer fast gänzli­chen Unauflöslichkeit auch fast nur eine örtliche Wirkung an den Stellen des Thierkörpers, mit denen sie in Be­rührung kommen. Sie verursachen daselbst eine schwache Zusammenschrumpfung der Fasern und Einsaugung oder selbst chemische Bindung der vorhandenen Flüssigkeiten. Hierdurch können sie allerdings auch Veränderungen in den Absonderungen, in dem Verdauungsprozefs u. s. w. auf mittelbare Weise erzeugen. Grofse Gaben der reinen Erden wirken als unverdauliche Substanzen durch ihre Masse belästigend und störend. Aufserdem weicht die Wirkung dieser Substanzen von der der Alkalien darin ab, dafs sie von den erstem selbst bei conzentrirter An­wendung nicht ätzend ist.
sect;. 525.
Die innerliche Anwendung der reinen Alkalien und Erden gegen Krankheiten der Thiere ist bisher nur we­nig gebräuchlich gewesen, daher auch weder die Wir­kungen dieser Mittel in verschiedenen Krankheitszustän-den noch die Indikationen zu ihrer Anwendung vollstän­dig erforscht sind. Es läfst sich jedoch hierüber aus den, im vorigen sect;. angegebenen positiven Wirkungen und mit Berücksichtigung einiger praktischen Beobachtungen im Allgemeinen Folgendes feststellen:
1) Als stärkster Gegensatz der Säuren dienen diese Stoffe als kräftige säure widrige Mittel überall, wo Säure in übermäfsiger Menge erzeugt wird, es mag dieses durch einen Gährungsprozefs in den Verdauungseingewciden oder durch abnorme Sekretionen von zu sauren Säften an irgend einem Orte im Thierkörper geschehen; daher namentlich bei unregelmäfsigem, wechselndem Appetit, bei schlechter Verdauung, bei Abmagerung u. s. w., wenn der Darmkoth scharf sauer riecht, das Lackmuspapier stark röthet und mit Schleim umhüllet ist; eben so bei
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Durchfall, wenn die Exkremente diese Beschaffenheit zei­gen; bei der Lecksucht (die sich vorzüglich am Rindvieh in einem hoben Grade zeigt und wobei die Thiere oft aus Instinkt Erde, Thonscherben, Kalk und dergl. fres­sen); bei Harnsteinen und bei Sand in der Blase und in den Nieren, wenn der Urin viel Säure oder auch viel Schleim, Gallerte und andere thierische Bestandtheile ent­hält, wie auch, wenn er in zu geringer Menge abgeson­dert wird. — Nach ungeschickter Anwendung von Säu­ren dienen die Alkalien und Erden als die wirksamsten Gegenmittel zur Verhütung und Beseitigung der entste­henden üblen Zufälle.
2)nbsp; nbsp;Vermöge ihrer Eigenschaft: kohlensaures Gas in grofser Menge zu absorbiren, sind diese Mittel gegen Aufblähung des Magens und des Darmkanals, daher bei der Trommelsucht der Wiederkäuer und bei der Wind­kolik der Pferde sehr nützlich, besonders wenn die Auf­blähung durch den Geuufs von frischem Klee oder von anderem saftigen Grünfutter, von gefrornen Hüben und dergleichen entstanden ist.
3)nbsp; nbsp; Durch ihren Einflufs auf die Verdauung und Assimilation, durch die Veränderung der chemischen Be­standtheile der Säfte, so wie durch die stärkere Verflüs­sigung derselben und durch die Verstärkung der Resor­ption (sect;. 524) wirken die Alkalien und alkalischen Er­den als sehr kräftig auflösende, zertheilende, umändernde und urintreibendc Mittel bei allen Zuständen, in denen ein krankhafter Bildungsprozefs mit erhöheter Plastizität, mit gerinnbarer Ausschwitzung, mit Stockung, mit Gerin­nung, Verdichtung und Verhärtung besteht: und beson­ders haben sie sich bei dergleichen Krank heitszuständen der Lymphgefäfse, der drüsigen Organe und der Schleim­häute, bei und nach asthenischen Entzündnilgen mit star­ker Ausschwitzung, bei dergleichen#9632; Bräune, bei bösarti­ger Druse, bei dem Hautwurm, bei Verhärtungen der Drüsen, bei Tuberkeln, bei Hautausschlägen, bei der Egelkrankheit der Schafe, bei den Finnen der Schweine,
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bei Verschleimung des Verdauungskanals und der Lunge, und bei chronischen Schleimflüssen aus der Nase und aus den Geschlechtstheilen nützlich gezeigt.
4) Auch können diese Mittel (besonders der Ammo­niak und die Schwefellebern) der Beobachtung zufolge gegen Krämpfe nützlich sein; allein es herrscht noch ein grofses Dunkel darüber, bei welcher Art von Krämpfen diese Mittel eigentlich passend sind und wie ihre heil­same Wirkung dabei erfolgt.
sect;#9632; 526.
Als Gegenanzeigen, die die innerliche Anwendung der Alkalien verbieten, sind grofse Schwäche und Er­schlaffung der Weichgebilde und besonders des Ver-dauungskanals, — asthenisches Fieber im hohen Grade, namentlich Faulfieber, — stinkender, colliquativer Durch­fall und dergleichen Schweifs, und sehr reichlicher Ab­gang des Urins zu betrachten.
sect;• 527.
Zum innerlichen Gebrauche dürfen die reinen Alka­lien, die alkalischen Erden und die Schwefellebern nur in einem so verdünnten oder zertheilten Zustande ange­wendet werden, dafs sie nicht ätzend auf den Magen und Darmkanal wirken können. Die flüssige Form ist des­halb für sie die schicklichste; weniger zweckmäfsig ge­schieht die Anwendung in Latwergen und Pillen und am wenigsten in Pulvern. Pillen und Pulver, welche alkali­sche Mittel enthalten, verderben auch sehr leicht, indem sie viel Feuchtigkeit und Kohlensäure aus der Luft an­ziehen. — Man verbindet diese Mittel, um ihre örtliche reizende Einwirkung auf die Verdauungseingeweide mög­lichst zu vermindern, besonders bei vermehrter Empfind­lichkeit der letztern, am besten mit schleimigen Mitteln; dagegen aber mit bittern oder selbst mit -aromatischen Arzneien, wenn Schwäche des Magens und Darmkanals und ünverdaulichkeit vorhanden ist. — Mit Säuren, mit Metalloxyden und mit den meisten Metallsalzen darf man die reinen Alkalien, die alkalischen Erden und die
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Scliwefellebern nicht gemeinschaftlich anwenden, wenn man die vollständige Wirkung dieser Mittel haben will; denn dieselben zersetzen sich gegenseitig durch ihre che­mischen Kräfte.
sect;. 528.
Aeufserlich, und zwar A) im conzentrirten Zustande, wird von diesen Mitteln das reine Kali, zuweilen auch der reine Kalk und, obgleich seltener, auch das flüssige Ammoniak als Aetzmittel zum Zerstören der stark wu­chernden Granulation, so wie der Callositäten in Wun­den und Geschwüren, der Warzen und Feigwarzen, und der in Wunden gedrungenen Ansteckungsstotfe (besonders des Wuthgiftes) benutzt. Die genannten Mittel werden für diese Zwecke entweder ganz rein oder auch mit et­was Wasser aufgelöst, angewendet.
B) Im verdünnten Zustande sind diese Mittel (aus­genommen die Thonerde) vermöge ihrer, die Vegetation der Haut erregenden, ihrer auflösenden, die Resorption und die Zertheilung befördernden Wirkungen sehr nütz­lich; a) bei chronischen Hautausschlägen, namentlich bei lläude und Blanke; h) bei schlaffen, unreinen Geschwü­ren, die eine Neigung zu Verhärtungen (Callositäten) zeigen, — und c) bei Geschwülsten, in denen Anhäu­fung von gerinnbaren Flüssigkeiten, Blutunterlaufling oder Verdichtung und Verhärtung' des organischen Gewebes, aber nur ein geringer Grad von Entzündung besteht, da­her auch bei Verdunkelung der Hornhaut unter solchen Umständen.
Man benutzt hierbei die Mittel am besten in Wasser aufgelöst zum Waschen der betreffenden Theile und zu Umschlägen.
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1. Heines vegetabilisches Laugensalz, trocknes Aetx-Kali. Alkali cegetabile causticum, Kali causiieum aiecum. (Aetz-Stcin, Lapis causlicus chirurgorum s. Cauierium Po­tentiale. )
sect;. 529.
Das Aetz-Kali ist unter den Mitteln dieser Klasse das reinste und kräftigste, und es gilt daher Alles, was über die Wirkungen dieser Mittel im Allgemeinen (sect;. 524) gesagt ist, von ihm ganz besonders. — Ein Pferd starb von 3jj Aetz-Kali, welche in gvj Wasser aufgelöst ein­gegeben worden, unter heftigen Kolikzuflillcn 32 Stunden nach dem Eingeben. Orfila sah bei einem Hunde von 32 Gran des Mittels heftiges Erbrechen, wimmerndes Ge­heul, Schaum vor dem Maule, gehinderte Respiration, grofsen Schmerz, — am folgenden Tage bedeutende Schwäche, und am dritten Tage den Tod erfolgen. — Die Sektion zeigte die Schleimhaut des ganzen Ver­dauungskanals sehr gerothet, mit schwarzen Flecken, selbst mit Löchern verseilen. Bei jenem Pferde fand ich ganz ähnliche Veränderungen im Magen und Darmkanal, und selbst im Maule.
Injektionen von aufgelöstem Aetzkali in die Blutadern verändern die Mischung des Blutes sehr gewaltsam, und vernichten zugleich die Reizbarkeit des Herzens. Hunde bekamen nach der Injektion von 5 Gran Aetz-Kali, auf­gelöst in oj Wasser, sogleich Zittern der Rumpfmuskeln, und starben nach 2 Stunden, ohne das geringste Zeichen von Schmerz oder Convulsionen vorher gegeben zu ha­ben. Die Sektion zeigte: das Herz voluminös, die Herz­kammern mit dunklem geronnenen Blute angefüllt^ die Lungen gesund, die Muskeln zitternd COrfila). — Ich sah von der Injektion einer eben so starken Auflösung bei einem Hunde augenblicklich sehr beschwerliches Ath-men, grofse Aufregung, Angst, bald darauf aber Mattig­keit, unfühlbaren Puls, Lähmung und nach 40 Minuten den Tod erfolgen; und bei der Sektion fand ich das Blut im Herzen und in den grofsen Gefafscn flüssig
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und schwarzbraun, Aehnliche Wirkungen beobachtete ich bei Pferden nach Injektionen von 30 Gran Aetz-Kali, welche in fjjj Wasser gelöst waren. Dagegen überstan­den einige Pferde das Einspritzen einer Auflösung, wel­che aus 12 bis 20 Gran des Mittels und ^jjj Wasser be­stand; sie wurden etwas munterer, die Wärme vermehrt, die Schleimhaut im Maule dunkler geröthet, der Puls klein und schnell; das Athmen etwas angestrengt; es fand sich Gähnen, Recken und Dehnen der Gliedmafsen, Umsehen nach dem Leibe, Drang zum Uriniren; nach
1nbsp; bis l Stunde erschienen die Thiere matt und traurig, aber nach 3 bis 5 St. war die Wirkung wieder vorüber.
sect;. 530.
Innerlich wird das Aetz-Kali seiner heftig reizenden und ätzenden Wirkung wegen höchst selten angewendet, und wohl mit Recht, da es durch das mildere Kalkwas-ser und durch das auch mildere kohlensaure Kali (Pot-asche, zu ersetzen ist. — .Abildgaard versuchte gegen den Rotz eine kaustische Lauge, die aus 3ß ätzendem Laugensalz mit 2 Pfd. Wasser bereitet war (also in gj Flüssigkeit Ih Gran Aetz-Kali enthielt); die Einspritzung dieser Lauge in die Nase bewirkte stärkern Ausfiufs des Eiters, und von ihrer innerlichen Anwendung in Gaben zu fjv entstand Speichelflufs (wahrscheinlich nur durch, die örtliche Einwirkung auf die Maulschleimhaut), aber übrigens blieb der Gang der Krankheit unverändert').
Will man das Mittel gegen eine, im sect;. 525 ange­deutete Krankheit innerlich anwenden, so darf es nur in sehr geringen Gaben, nämlich bei Pferden von 15 bis 20 Gran, dei dem Rindvieh von 20 bis 30 Gran, bei Schafen und Schweinen von 4 bis 6 Gran, und bei Hun­den von 1 bis 4 Gran, und nur in einer so verdünnten Auflösung geschehen, dafs man letztere im Munde ertragen kann. Hierzu ist 5j Wasser oder andere Flüssigkeit auf
2nbsp; Gran Aetz-Kali hinreichend. — Zusätze von anderen
*) Viliorp;, Snminlung von Abhandlungen; 2. Biindclien S. 419.
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Mitteln macht man nach Anleitung des sect;. 527. — Die Wiederholung geschieht in Zwischenzeiten von 10 bia 12 Stunden, und nach 3 bis 4tägigem Gebrauche läfst man das Mittel durch 1 oder 2 Tage aussetzen.
sect;. 531.
Aeufserlich benutzt man das Actz-Kali im conzentrir-ten Zustande als Aetzmittel zur Zerstörung der wuchern­den und unreinen Granulation, der Warzen, und der schwieligen Verhärtungen in Wunden, der Verhärtungen in Geschwüren, des Ansteckungsstoffes in Bifswunden von wuthkranken Thieren und dergl. (sect;. 528 A.) Es verdient für diese Zwecke in den meisten Fällen zum thierarzneilichen Gebrauche den Vorzug vor den übrigen Aetzmitteln, weil es wohlfeil ist, und in die Tiefe ein­dringt; allein da es bei der Anwendung begierig Feuch­tigkeit anzieht und deshalb sehr leicht zerfliefst, so hat es auch wieder den Nachtheil, dafs es seine zerstörende Wirkung sehr oft viel weiter verbreitet, als es nothig ist. Auch ist wohl zu beachten (was schon sect;. 524 an­gegeben), dafs das Aetz-Kali die betroffenen Theile zuerst erweicht, auflockert, und in eine breiige Masse auflöst, und dafs der hierauf sich bildende Schorf län­gere Zeit etwas feucht bleibt und niemals so fest wird, wie nach dem Aetzen mit Säuren oder mit dem Höllen­stein ; doch haftet er fester und sitzt tiefer als der von letzterem Mittel. Man darf es daher als Aetzmittel da nicht anwenden, wo Erschlaffung, starke ödematöse Ge­schwulst, ein fauliger Charakter der Entzündung, und. Neigung zum Brande besteht, oder wenn wichtige, zarte Organe in der Nähe liegen5 dagegen ist das Aetz-Kali sehr gut geeignet zur Zerstörung thierischer Gifte (Con-tagien) in Wunden und Geschwüren, besonders aber ist es, nach den Empfehlungen Mederer's v. Wuthwehr, zur Vernichtung des W uth - Contagiums in Bifswunden von tollen Hunden u. s. w., das beste Mittel.
Das Aetzen geschieht am besten mit dem trockenen Kali, welches man nach Verhältnifs der Dicke der kran-
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ken Gebilde durch i bis 2 Minuten anualtend mit den letzteren in Berührung bringt, nachdem sie mit einem Schwämme von der überflüssigen Feuchtigkeit befreit worden. Weniger zweckmäfsig ist es, Stückchen von Kali in unreine Geschwüre und Altergebilde zu legen. — Zuweilen wendet man auch eine conzentrirte Auflösung von 8 bis 15 Gran Aetz-Kali in eine Unze Wasser (als sogenannte Aetzlauge) oder eine ähnliche Auflösung in Weingeist bei Fisteln und bei tief eingedrungenen un­reinen Bifswunden an, nachdem man dieselben ausge­schnitten oder wenigstens skarifizirt und nach dem Aus­bluten völlig gereiniget hat.
Um dem Aetz-Kali die Eigenschaft des schnellen Zerfliefsens und des weitern Umsichgreifens der Aetzung zu nehmen, hat man eine Mischung von ihm (5 Theilc) mit Aetz-Kalk (6 Theile) empfohlen, welche man als Pulver einstreuen, oder mit etwas Wasser oder Weingeist zu einem Teige gemacht, auf die kranken Stellen appli-ziren kann. Die atzende Wirkung erfolgt hiernach genau begrenzt, fast ohne Schmerz, und noch schneller als von dem reinen Kali, so dafs oft schon nach einer halben Stunde ein Schorf entstanden ist. Auch läfst sich das trockene Gemenge, welches hin und wieder unter dem Namen: „Wiener Aetzpulverquot; bekannt ist, in gut verschlossenen Glasern aufbewahren, frisch bereitet ist es jedoch am wirksamsten.
2) Im verdünnten Zustande, d. i. in Auflösungen von 1 bis 3 Gran Aetz-Kali in 1 Unze Wasser, hat sich das Mittel zum Waschen bei Räude, Flechten und Mauke, und eben so zum Waschen oder zu Umschlägen bei Stok-kungen, Verhärtungen und dergl. (sect;. 528 B) sehr wirk­sam bewiesen. Die Anwendung kann bei den ersteren Krankheiten täglich 1 bis 2 Mal, bei den letzteren aber 6 bis 8 Mal wiederholt werden,
Anmerkung. Das Aetz-Natrum odev das ät­zende mineralische Laugensalz, die reine Soda, Natron hydrat {Natrum causticum s. purum, Sal alcall
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' minerale causticum, Oxydum Natri hydraiuni) — kommt in den Wirkungen mit dem Aetz-Kali ganz überein, ist nur etwas milder und zerfliefst nicht so an der Luft wie das Kali. Es kann ganz wie das Letztere benutzt werden; seine Anwendung ist aber fast gar nicht gebräuchlich.
2. Ammonium, A e t z - A m m o n ilaquo; m, f I ü c li t i g e s Alkali, flüchtiges Laugonsalz, Sal volatile ammoniatum, Sal vola­tile, nach noiicror IJczeiclinung: Ammoniak. Ammonium, Am­monium rausticum.
sect;. 532.
Das Ammoniak besteht für sich allein und bei ge-wölinlicher Temperatur nur als ein Gas, welches aber vom kalten Wasser begierig absorbirt wird und mit dem­selben das flüssige Ammonium oder die Aetz-Am-moniakflüssigkeit oder den sogenannten Salmiak­geist {Ammonium liquidum, Liquor Ammonii caustici, Spi­ritus salis ammoniaci causticus. etc.) darstellt. Diese Flüs­sigkeit enthält (nach der Preufs. Pharmakopöc bereitet) gegen 6 bis 8 pr. Cent, reines Aetz-Ammoniak und ist das gewöhnliche Präparat, in welchem das letztere zum Arzneigebrauche dient.
Der Salmiakgeist im unverdünnten Znstande wirkt, bei innerlicher Anwendung, Örtlich sehr stark und durch­dringend reizend, entzündend und selbst ätzend, in letz­terer Hinsicht aber schwächer und weniger tief eindrin­gend als das Aetz-Kali; auch macht er noch weit weni­ger als dieses, einen trockenen, festen Schorf. — In die Haut eingerieben bewirkt er heftige Reizung, Entzündung mit seröser Ausschwitzung und mit Bläschen, oft auch Zerstörung der Oberhaut und Ausgehen der Haare, die jedoch in kurzer Zeit wieder wachsen.
Die reizende Wirkung verbreitet sich, besonders bei innerlicher Anwendung, sehr schnell fast durch den gan­zen Organismus, tritt aber am deutlichsten in den Gan­glien- und Rückenmarksnerven, in den Respirationsorga­nen, im Herzen und in den kleinen Gefäfsen der Schleim­häute, der Drüsen und der Haut hervor; sehr grofse Ga-
Mv-iquot; Arrnciniirielii'lirc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4/
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hen scheinen auch das Rückenmark und das Gehirn, letz­teres aber weniger als erstores, zu affiziren. — Bei dem Eingeben dos Mittels entsteht fast jedesmal zuerst starker Husten, veraulafst durch die unmittelbare Einwirkung des. in der Wanne des Mauls stark verdunstenden Ammoniaks. Die übrigen Erscheinungen nach dem Eingeben der con-zentrirten Flüssigkeit in mafsiger Gabe (z. B. von sjtj bei Pferden und Rindvieh, von 8 —12 Ikopfen bei Hunden) sind: Geifern aus dem Maule, munterer Blick, erhöhetc Warme der Haut, und der äüsgeatluneten Luft, lebhaftere Rothung der Schleimhaut im Maule und in der Nase, et­was vollerer, schnellerer Puls, schnelleres Athmon, bei Hunden zuweilen Erbrechen, grolse Unruhe; — späte vermehrte Hautausdünstiuig, vermehrte Absonderung an den Schleimhäuten, oft auch reichliches Uriniren; nick selten bemerkt man auch Anätzungen der Schleimhaut im Maule. Jone Wirkungen dauern h bis 2 Stunden. — Yen greisen Gaben entstehen aufscr den angegebenen Zufällen oft noch Krämpfe, vorzüglich in den Muskeln des Hai ses, wobei derselbe oft stark nach rückwärts gezogen wird Fieber, Entzündung des Magens und Dannkanals, zuwei­len auch der Lmige, und mehrentheils folgt der Tod. Bei Orf ila starb ein Hund nach dem Eingeben von 36 Gran reiner Actz-Ammoniakflüssigkeit in 23 Stuudcn, ohne daf; Lähmung oder Convulsionen entstanden waren. — Pferde ertrugen bei meinen Versuchen das Mittel bis zu l Unze ohne gefährliche Folgen; aber von 1 Unze starb ein Pferd in Zeit von 16 Stunden an Darmentzündung und ein an­deres von 3 Unzen schon nach 50 Min. unter heftigen Krämpfen und unter Erstickungszufällen.
In die Venen gespritzt, verursacht der Salmiakgeist im Wesentlichen dieselben Zufälle. Ein Hund zeigte nach der Injektion von 60 Gr. augenblicklich Starrkrampf, tui-willkürlichon Abgang des Urins und Convulsionen, und starb nach 10 Alinuten (Orfila). Bei Pferden von ver­schiedener Constitution sähe ich nach Injektionen von ?j des Mittels mit .^j Wasser verdünnt nur eine sehr gemge
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Hcsclileunigun^ der Pulse, ohne anderweitige Veränderun-geh eintreten; nach Injektionen von 5j,j bis jß des unver­dünnten Mittels bekamen sie einen munterern Blick, etwas schnelleres Athmen, stärker fühlbaren und viel schnelle­ren Herzschlag und Puls der Arterien, erhöhete Tempe­ratur der Haut und zuweilen selbst Schweifs. Krämpfe traten niemals ein. — Nach Injektionen von gj des Mit­tels entstanden dieselben Zufälle in stärkerem Grade und oft noch in der ersten Minute auch Schwindel-, zuweilen bis zum Niederstürzen, und Krämpfe, die aber nach 4 bis ö Min. wieder verschwanden. — Von 5jj starb ein Pferd unter heftigen Krämpfen unmittelbar nach der Ein­spritzung.
Im verdünnten Zustande wirkt der Salmiakgeist bei der verschiedenen Anwendung ganz in derselben Art, aber verhältnifsmäfsig milder, besonders örtlich, und er -wird daher auch bei innerlicher Anwendung in gröfseren Ga­ben, als die oben bezeichneten sind, ertragen.
Neben der flüchtigen Reizung bringt das Aetz-Am-moniak (besonders bei fortgesetzter Anwendung) dieselbe Wirkung auf die Säfte u. s. w. hervor, wie die übrigen Alkalien (sect;. 524).
sect;. 533.
Die innerliche Anwendung des Salmiakgeistes kann zwar nach denselben Indikationen geschehen, welche für die Kalien überhaupt gelten (sect;. 525); indessen ergiebt sich doch von selbst, dafs seine flüchtig reizende Wir­kung noch eine besondere Berücksichtigung verdienen mul's-Er kann in dieser Hinsicht gegen solche asthenischc Nervenleiden, bei denen gleichzeitig die Sensi­bilität und die Irritabilität sehr vermindert sind, und wo in Folge der verminderten Nervenkraft die Bewegungen und die Absonderungen unre-gelmäfsig geschehen, wie z. B. bei Schlagllufs, bei Lälnnungen, Nervenfieber mit Torpor, bei der Staupe der Hunde mit Krämpfen und mit grofser Abstumpfung und dergl., ein wirksames Heilmittel sein: allein er wird ge-
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gen diese Krankheiten, und überhaupt innerlich mir sehr selten benutzt, theils weil er bei dem Eingeben, selbst im verdünnten Zustande, oi't starken Husten und andere Beschwerden erregt, theils auch, weil er durch das milde kohlensaure Ammoniak und Hirschhornsalz in den aller­meisten Fallen, weit besser zu ersetzen ist. —
Am meisten findet der Salmiakgeist noch Anwendung gegen das Aufblähen der Wiederkäuer, wo er ganz vor­treffliche Dienste leistet, besonders wenn das Aufblähen erst frisch entstanden und durch den Genui's von Grün­futter verursacht ist. Sehr oft sähe icli hier (wie auch andere Thierärzte1) unmittelbar nach dem Eingehen des Mittels den Bauch und die Flanken beträchtlich zusam­menfallen. Der Salmiakgeist absorbirt sowohl die im Ma-sen vorhandene Kohlensaure wie auch das Schwefelwas-serstoffgas, und er hat daher wegen letzterer Eigenschaft den Vorzug vor dem Kalk und dein Kalkwasser 5 dage­gen hebt er die fernere Entwickelung dieser Gase aus den, noch in fortdauernder Gährung befindlichen Nahrungs­mitteln nicht auf, und seine Anwendung mufs deshalb in manchen Fällen wiederholt werden. Bei einem sehr ho­hen Grade der Aufblähung leistet er nicht genug, und er macht unter solchen Umständen den Troikart nicht ent­behrlich.
In neuerer Zeit ist das Mittel auch bei Vergiftungen mit Blausäure als das wichtigste Gegengift empfohlen wor­den; es hat sich aber als solches bei unsern Versuchen hierüber nicht im mindesten bewahrt.
Gegen Betäubung durch übermäfsigen Gonufs spiri-tuöser Substanzen ist der mit Wasser verdünnte Salmiak­geist innerlich, so wie als Waschmittel angewendet, nütz­lich gewesen2). Man kann ihn in solchen Fällen auch als Klystier appliziren.
') Voliständ. Handb. d. Vicliarzncikunst von Cliabcr'., Flandrin und Hazard. S. 124 und 125.
z) Journ. de med. velcr. 1835. p. 114.
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Hayne (Arzneimittellehre) empfiehlt ihn auch gegen plastische Ausschvvitzungen bei und nach Entzündungen, als auflösendes Mittel innerlich zu gebrauchen. Die Er­fahrung hat hierüber noch nichts entschieden; es scheint aber, dafs das Mittel, wenngleich es die bezeichnete Wir­kung besitzen mag, der mildern und wohlfeilem Pottasche in diesem Gebrauche nachstehen mufs.
Einspritzungen des verdünnten flüchtigen Alkali in die Drosselvene empfahl Uoyo gegen den llotz1); ich habe sie bei vier, mit dieser Krankheit behafteten Pferden oft wiederholt angewendet, aber in keinem Falle Nutzen da­von gesehen.
sect;. 534.
Die Gabe vom Salmiakgeist ist für Pferde Sjj bis gß, für Rinder oben so viel und selbst das doppelte, für Schafe und Schweine 6j—5jj, für Hunde 5 bis 15 Tropfen. Die Wiederholung geschieht in Zwischenräumen von 20 Mi­nuten O. B. bei schneller Wiederkehr des Aufblähens) bis zu 2 Stunden, je nachdem die Zufalle es verlangen. Man giebt das Mittel nur in flüssiger Form, und stets sehr verdünnt, so dafs ein Theil desselben mit 40 bis 50 Theilen anderer Flüssigkeit, z. B. mit kaltem Wasser, mit einem schleimigen oder bittern Dekokle und dgl. zu-sammeiigcmengt wird. Recht zweckmäfsig ist ein Zusatz von Weingeist. Die Flüssigkeit darf nur kalt, oder höch­stens lauwarm eingegeben werden, um das starke Ver­dunsten des Ammoniaks, Schwächung der Wirksamkeit und Husten zu vermeiden. Säuren, saure Salze, erdige und metallische Salze, und narkotische Tinkturen dürfen mit dem Mittel nicht verbunden werden.
sect;. 535.
Aeufserlich ist der reine Salmiakgeist zur Zerstörung des Giftes in Hii'swunden von tollen Hunden und von gif­tigen Schlangen empfohlen; er wird aber sehr selten hierzu
') Domingo Uoyo L'lavc de Älbryleria. Madrid 1714.
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benutzt, weil er besser durch Aetz-Kali oder Salzsäure und andere JNIiitcl zu ersetzen ist.
Dagegen dient er sehr häufig als ein reizendes, Verhärtungen auflösendes, zertheilendes, ableitendes und krampfstillendes Mittel bei schleichenden asthenischen Ent­zündungen unter der Haut, bei Bräune, bei veralteter Bug-lahmheit und Verstauchung, bei chronischem Rheumatis­mus und bei hiervon entstandenen Lahmheiten^ bei Stok-kuugen und Verhärtungen, daher bei zu Verhärtung nei­genden Stollbeulen, Piephacken und Sehnenklapp, bei Krämpfen und Lähmungen.
Die Anwendung geschieht bei diesen Zuständen ge­wöhnlich in Verbindung mit 2 bis 4 Theilen eines fetten Oels, wodurch das sogenannte Ammonium-Liniment, flüchtige Liniment, oder die flüchtige Salbe (Li-nimentum s. Oleum ammmiatim. Linimentum volatile^, eine Art flüssiger Seife, entsteht. — Zuweilen setzt man hierzu noch 1 bis 2 Theile Kampherol (sect;.321, f.), und erhält so das flüchtige Kampher-Linimeut {Linimentum ammo-niato-camphomfum), welches etwas mehr erregend wirkt als das vorige; und noch stärker reizend wird das Liniment durch den Zusatz von Terpentinöl, Steinöl, von Kanthari-dentinktur oder auch vonKantharidenpulver. Will mau aber mehr gclind auflösen und zertheilen, so ist die Verbindung des Ammonium-Liniments mit der grauen Quecksilbersalbe, oder auch mit grüner Seife in verschiedenem Verhältnifs, sehr zweckmäfsig. Auch mit 1 bis (i Th. Weingeist oder Kampher-Spiritus verbunden, benutzt man den Salmiakgeist bei Lähmungen, Rheumatismus etc. — Die Anwendung dieser Mittel geschieht, je nachdem es der Grad des Ue-bels erfordert, täglich 1 bis Snial durch gelindes oder starkes Einreiben in die Haut auf den kranken Theilen und in deren Umgebung. Es ist aber dabei zu beachten, dal's durch wiederholte Anweadung, bei Pferden mit zarter Haut nicht selten schon durch die erste Einreibung starke Entzündung der Haut, Ausschwitzung, und später Ausfallen der Haare entsteht. Letztere wachsen jedoch bald wieder.
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Aetz-Ivalk, Cultium-0yvil, rcinorj gobranntcr oilor #9632; bendig er Kalk. Calcium o.ryäalum s. Oaydum euletcum. 1 Val.v usla s. viva s. cnustica; — und KaJli wasser, Aguu Cal-cis, s. Arjua calcis vivae s. ustae, s. Aqua eulcariae.
y.i6.
Die Eigenschaften des Kalices sind, je naclidem er lim reinen, conzentrirteh Zustande oder mit Wasser ver­bunden bestellt, etwas verschieden. quot;Wird Kalkerde mit etwa der Hälfte ihres Gewichts Wasser zusaiinnengebracht, so erhitzt sie sich bedeutend und zerfallt in ein weifses Pulver, gelöschter Kalk, Kalkhydrat (Hydras calci-eus), welches zwar noch iitzend, aber doch etwas milder ist als der trockne Aetzkalk. Dieses Hydrat lost sich in etwa 600 bis 700 Theilcn kaltem, oder in etwa 1200 bis 13(!0 Th. heifsein Wasser auf und bildet das Kalkwas-scr; mit weniger Wasser löst es sich iinvollkoinmen und stellt eine trübe, milcliweilse Flüssigkeit, die Kalk­milch dar.
a) Der Aetz-Kalk iu conzentrirtera Zustande erzeugt örtlich starke Reizung, Entzündung und Aetzung, jedoch etwas weniger tief eindringend, als das Aetz-Kali. Die Ursache dieser, etwas geringem Wirksamkeit, beruhet wahrscheinlich zum grolscn Theil in der schweren Lös-lielikeit des Kalkes und in seiner bald erfolgenden Sätti­gung mit Kohlensäure, indem er dieselbe überall begie­rig an sich zieht und dadurch gemildert wird. — Aufscr-dem ist die 'Wirkung des Kalkes noch darin eigenthüm-lich, dafs sie mit mehr Austrocknung und Zusammen-; Schrumpfung der betroffenen Theilc verbunden ist, als die Wirkung der übrigen alkalischen Mittel.
Innerlich gegeben, wirkt der Aetz-Kalk ebenfalls et­was weniger scharf auf die betroffenen Theile, als das Kali und Ammoniak und er wird daher auch in etwas gröfseren Gaben ertragen, ohne dafs lebensgefährliche Zu­falle entstehen; bei grofsen Gaben bleiben diese jedoch nicht aus, und bei fortgesetzter Anwendung derselben ent­stehen sie oft sehr plötzlich im hohen Grade.
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Ein Hund, dem Orfila (Toxikologie, Bd. 1. S. 189) 2.^ Drachmen Aetzkalk eingegeben, brach nach 10 Min, eine Menge Nahrungsmittel aus, hatte Schaum vor dem Maule und aufserte Schmerz. Am folgenden Tage hatte er sich wieder erholt. Als ihm aber am öten Tage 5]jj des Mittels eingegeben worden, erbrach er sich nach 2 Min., wurde schwach und starb 3 Tage darauf, ohne eine Spur von Schwindel, Convulsionen und dergl. — Die mit dem Kalke in Berührung gewesenen Theile zeigten sich entzündet, alle übrigen Organe aber gesund.
Viborg (Sammlung v. Abhandlangen, 4tes Bdchn. S. 254) gab einem alten gesunden Pferde auf das Futter täglich 4 Loth pulverisirten ungelöschten Kalk durch 14 Tage, ohne dafs man eine Wirkung davon bemerken konnte das Pferd frafs auch sein Futter mit dem gewöhnlichen Appetit. Es wurden ihm hierauf täglich 8 Loth von die­sem Kalke auf das Futter gegeben, und als dies durch 14 Tage geschehen, hatte der Mist eine weiche Consi-gtenz angenommen, war aber gut verdauet. Dieselbe Quan­tität des Mittels wurde nun noch 14 Tage hindurch täg­lich mit dem Futter gegeben, ohne dafs davon eine nach-theilige Folge für die Gesundheit des Pferdes entstand. Als man hierauf den Kalk aussetzte, wurde nach einigen Tagen der Koth hart, klein geballt, und dunkel gefärbt. Uebrigens gingen alle Verrichtungen des Pferdes wie im gesunden Zustande vor sich. — Viborg schliefst aus die­sen Versuchen: dafs der ungelöschte Kalk nicht die ge­fahrliche Wirkung auf die Verdauungseingeweide des Pfer­des habe, wie man gewönlich glaubt; dafs er vielmehr den Darmkanal reize, die Verdauung befördere, die Ab­sonderungen an der inwendigen Fläche des Darmkanals vermehre und hierdurch den Mist dünner mache; dafs er aber in zu grofsen Gaben oder bei zu langem Fortge­brauche eine Ueberreizung und Schwäche bewirke, und dafs, wenn man unter solchen Umständen plötzlich da­mit aufhört, Kolikzufälle aus Mangel der Verdauung ent­stehen müssen.
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Ich habe diese Versuche mit dem Aetz-Kalk auf die­selbe Weise an mehr als 20 Pferden wiederholt und kann die bezeichneten Wirkungen, so weit sie den Magen und Darmkanal betreffen, bestätigen, mufs aber hinzufügen, dafs viele Pferde gleich von dem Genufs des ersten, mit frisch pulvcrisirtem Aetz-Kalk gemengten Futters (1 bis 3 Loth Kalk mit 1 Metze Hafer und Häcksel) an einzel­nen Stellen im Maule, an der Zunge, den Lippen u. s. w. Entzündung und Corrosioncn der Schleimhaut, Geschwulst dieser Theile, und Austiufs von zähem Speichel aus dem Maule bekamen1); — dafs manche Pferde zwar das mit Kalk gemengte Futter ganz begierig fral'sen, viele aber nach dem einmaligen Genuls desselben es in Zeit von 2 bis 3 Tagen nicht wieder berührten, sondern lieber hun­gerten; — und dafs einzelne bei dem, durch 3 bis 4 Wo­chen fortgesetzten reichlichen Kalkfuttern plötzlich in ein asthenisches Fieber verfielen, dabei beschwerliches Athmen, ödematöse Anschwellung des Kopfes und der Beine und Kolikzufälle, grofse Schwäche zeigten und unter allen Er­scheinungen eines akuten Faulfiebers in 2 bis 4 Tagen starben.
Von dem, auf dieselbe Weise gegebenen sogenann­ten Mehl kalk oder Kalkmehl (d. i. der an der freien Luft zu einem Pulver zerfallene, durch Aufnahme von Koh­lensäure und von Wasser viel milder gewordene Kalk), entstand nur sehr selten eine Spur von ätzender Einwir­kung auf das Maul.
sect;. 537.
b) Das Kalkwasser ist im reinen Zustande eine vollkommene Auflösung von 1 Theil Kalkhydrat in etwa 600 bis 700 Th. Wassers2), und wird nach Vorschrift der Preufs. Pharmakopöe bereitet, indem man 1 Theil
') Dieselbe örtliche Wirkung sähe ich bei 2 Pferden, welche die, vor 6 Standen mit frisch gelSscfalem Kalke übertünchten Slall-wände beleckt hatten, entstehen,
2) Zuweilen enlliiilt das Kalkvvasscr auch etwas aufgelöstes Aetz-Kali, wodurch es viel mehr reizend, seihst ätzend wird.
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Actz-Knlk mit 30 Th. kalten Walsers ablöscht und claim, nachdem die unaufgelösten Kalkthcile sich auf den Boden gesenkt, die obere, klare Flüssigkeit zum Gebrauch ab-giefs^ und in gut verstopften Glasern aufbewahrt.
Es wirkt bei innerlicher Anwendung selbst in gro-fsen Gaben (z. B, zu 6 Pfd. bei Pferden, zu 9 Pfd. bei Rindern und zu 1 Pfd. bei Hunden) auf die Schleimhaut des Verdauungskanals nicht ätzend, sondern reizend, zu­gleich aber gelind zusammenziehend, den Tonus erhöhend, stärkend, die Absonderungen beschränkend, die zu grol'sc Reizbarkeit vermindernd, — aui'serdem auch im vorzügli­chen Grade Säuren und kohlensaures Gas absorbirend. — Die stärkenden Wirkungen verbreiten sich weiter auf die drüsigen Organe, auf die Lymphgefäfse, auf die Schleim­haut der Kespiratioiisorgane und vorzüglich auf die Crin-werkzeugo; es wird der ganze Vegetationsprpzefs umge­stimmt und die Absonderungen werden nicht allein in der Menge vermindert, sondern auch qualitativ verändert.
Bei Injektionen von gjj bis 3xi Kalkwassers in die Drosselvene an Pferden, sähe ich die Herzschläge sclnvä-clier, aber um (i bis 8 in der Minute vermehrt worden und reichliches üriniren entstehen. Andere Erscheinun­gen traten nicht ein.
Auf die unverletzte Haut wirkt das Kalkwasser nur schwach reizend und gelind zusammenziehend. — in Wun­den und Geschwüren wirkt es auf dieselbe Weise, aber etwas tiefer eindringend; es verbessert bei einem aslhcni-schen Zustande derselben die Eiterung und Granulation, mindert beide, wenn sie zu reichlich von statten gehen, und man betrachtet es daher als ein reinigendes und aus­trocknendes Mittet
Die sogenannte Kalkmilch erzeugt dieselben Wir­kungen wie das Kalkwasser, aber in einem weit stärkern Grade, und namentlich ist die örtliche Reizung und Zn-sammenzielumg an wunden Stellen viel heftiger. Von den Sclileirahäutcn der Verdauuugseingeweide wird aber die Kalkmilch ohne Nachtheil ertragen. — Auch dieses Mittel
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mufs in gut verstopften Gläsern aufbewahrt oder am besten vor dem Gebrauch erst frisch bereitet werden.
sect;. 538.
Die imierlicho Anwendung des reinen Aetz-Kalkes im conzentrirten Zustande ist niemals nothwendig und darf bei keiner Thicrgattung, auch selbst bei Pferden, nicht empfohlen werden, obgleich Yiborg's Versuche die Anwendung bei den letztern als fast ganz gefahrlos darstellen. l)
Dagegen kann eine Auflösung und sehr verdünnte Mengung mit Wasser, am besten das Kalkwasser inner­lich bei allen Krankheiten., welche im sect;. 525 angedeutet sind, als das passendste alkalische Mittel benutzt wer­den, und zwar, seiner tonischen Wirkung wegen vorzüglich dann, wenn diese Krankheiten in Erschlaffung und Reizlosigkeit der Schleim­häute des Verdauungskanals, der Harn- und Geschlechtsorgane und der Luftröhre, oder in Atonie der Lymphgefäfse und Lymphdrüsen be­gründet sind. — Eine Wiederholung der Namen die­ser Krankheiten scheint unnothig, und es verdient nur noch bemerkt zu werden: dafs das Kalkwasser, wegen seiner Eigenschaft: das kohlensaure Gas reichlich zu ab-sorbiren, gegen das Aufblähen der Wiederkäuer nach dem Genufs von Grünfutter, besonders von frischem Klee, am häufigsten unter allen absorb irenden Mitteln, und sehr oft mit dem besten Erfolge gebraucht wird; — dai's es von Viborg (Anleit. z. Erzieh, u. s.w. des Schweins S. 107) gegen die Bcrstenfaule der Schweine sehr empfohlen ist;
') Nur Pferdehändler Iicmilzen znweilen den nDgelöscbten Kalk, um ilu-e Pferde sclmill woblbcfcibt zu machen, indem sie ihn in ileincn QaanliUiten nnler das Füller mengen, oder noeli besser, ilm im Getränk mit Mclil, Schrot oder kiele geben. Mrlircnlbeils ge-branchen sie aber den milderen itlehlkalk. Solche aul'gesclnvennutc Pferde sind aber sehr weichlich und erkranken sehr leicht nach ge­ringen Ursachen.
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— und dafs es, besonders von französischen Thicrarzten, als ein wirksames Heilmittel gegen den Rotz gerühmt worden ist, aber nur in äufserst seltenen Fällen eine dauerhaft gute Wirkung gezeigt hat.
sect;. 539.
Man giebt das Kalkwasser den Pferden zu 2 bis 6 Pfd., den Rindern zu 3 bis 9 Pfd., Schafen, Ziegen und Schweinen zu \ bis 1plusmn; Pfd., Hunden gß—5Üi, — imd wiederholt diese Gaben bei chronischen Krankheiten täglich 2 bis 3inal, aber bei dein Aufblähen in Zwischen­zeiten von 5 bis 1 Stunde, so oft es nothig ist. Am besten ist es, das Kalkwasser unmittelbar vor der An­wendung frisch zu bereiten, weil das durch einige Zeit aufbewahrte, durch die Einwirkung der Kohlensäure der Atmosphäre, oft ganz unwirksam geworden ist. Alan nimmt dann von dem Kalke zu einer Gabe für die gro-fsen llausthiere Jßbis gj, für Schale, Ziegen und Schweine 3j—3,j.Ü, für Hunde gr. x bis gß, übergiefst ihn nach und nach mit der 30 bis 50fachcn Menge Wassers, rührt die Flüssigkeit einigemale um und giebt dieselbe entwe­der sogleich ein, oder man giefst, nachdem sie durch einige Minuten ruhig gestanden, den obern klaren Tlicil ab und benutzt diesen allein in den oben bc/eiclnieten Gaben. In den meisten Fällen ist es zweckmafsig, mit dem Kalkwasser zugleich bittere oder aromatische Mitlei, bei grofser Reizlosigkeit auch AVeingeist, Terpentinöl u. dergl. anzuwenden; aber adstringirende Mittel, Sal/e, Säuren und Qnccksilberpräparate sind, der entstellenden Zersetzung wegen, zum iuueflichen Gebrauche ganz un­passende Zusätze (sect;. 527).
sect;. 540.
Aeufserlich wurde der Actz-Kalk ehemals zuweilen als Aetzinittel zur Zerstörung des wilden Fleisches, der Feigwarzen und Warzen benutzt; er wird aber für diesen Zweck jetzt besser durch das Aetz-Kali, den Höllenstein u. s. w., oder durch das Messer und das glühende Eisen ersetzt. In Verbindung mit dem Aetz-Kali als soff. Wie-
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ncr-Pulver bildet er jedoch ein ganz vorzügliches, trok-kenes Aetzmittel (Siebe sect;. 531). — Dagegen wird das Kalkwasscr bei Wunden und Geschwüren, in denen we­gen Atonie die Absonderung zu reichlich und von dünner, jauchicher Beschaffenheit, oder die Granulation zu weich und üppig ist, — eben so bei dergleichen Verbrennun­gen, bei sehr nässenden, flechtenartigen Hautausschlägen, bei eben solcher Mauke, bei übennässiger Schleimabson­derung in der Nase oder in der Scheide, besonders wenn gleichzeitig Geschwüre vorhanden sind, bei dem epizodti sehen Klauenweh, wenn sich nässende Geschwüre bilden, u. dgl., — häufig und mit Nutzen gebraucht. Es dient, nach der Beschaffenheit dieser Krankheiten zum Verbin­den, zum Einspritzen oder zum Waschen, theils für sich allein, theils mit andern Mitteln verbunden, z. B. mit Terpentinöl oder Terpentin (als sogenanntes Digestiv­wasser,) — CS. 4lfi) um gute Eiterung zu befördern, dalier vorzüglich bei Wunden und Geschwüren zu gcrin, ger irritabler Thätigkeit, — mit Kupfervitriol oder Grün­span (als sog. Blauwasser), um auszutrocknen und zu verdichten, — mit Sublimat oder Kalomel (als sog. pha-gädänischcs Wasser) um gelinder auszutrocknen und zugleich die Reizung zu mindern, — mit Bleiessig oder mit Baumöl, zu demselben Zwecke. Die letztern beiden Mittel geben ein sehr mild wirkendes Präparat, welches bei Excoriationen und vorzüolich bei, in Eiterung über-gegangenen, Verbrennungen sehr nützlich ist.
Auch bereitet man aus Kalk in Verbindung mit Blei­glätte ein Mittel zum Schwarzfarben der Haare (Siehe Blei); — und durch Zusaminenrciben mit Eiweifs, oder auch mij weifsem Käse, giebt fein pulv. Kalk einen sehr festen Kitt, den man zum Ausfüllen der Hornspalten sehr gut benutzen kann. Derselbe mufs jedoch gleich nach der Bereitung angewendet werden, weil er schnell hart wird.
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4. IVciiie Bitterorilc, Talkerde, roine, gclirannte oder ä t z c u il o M a g ii c s i c, M a g n i u m - () x y il. Magnesia pura, Mag­nesia usla s, calcinafa, Magnium oxydatum.
sect;. 541.
Die Bittererde ist in ihren Wirkungen unter allen rein alkalischen und erdigen Mitteln am mildesten, er­zeugt selbst in grofsen Gaben weder Actzuug noch starke Reizung, absorbirt aber kräftig die, im Magen und Darmkanal vorhandene freie Säure, und scheint auch, obgleich nur im sehr geringem Grade, ähnlich wie die übrigen alkalischen Mittel auf den ganzen Organismus und speziell auf die Safte zu wirken.
Sie leistet als Heilmittel sehr gute Dienste in sol­chen gastrischen Krankheiten, welche mit übermälsiger Säureentwickelung und zugleich mit erhöheter Reizbar-keit des Verdauungskanals verbunden sind, wie nament­lich bei dergleichen heftigem Durchfall und Erbrechen, wenn dabei Kolikzufälle zugegen sinc1^ ebenso bei dem Aufblähen ü. dgl. Das Mittel wird jedoch selten und fast allein bei jungen oder bei kleinen Thieren gebraucht, weil es bei den grofsen Thieren in den meisten Fällen durch das wohlfeilere Kalkwasser, durch Kreide, Pott­asche u. dergl. Mittel ersetzt werden kann. Wenn nicht Ansammlung von Kohlensäure in den Eingeweiden zuge­gen ist, benutzt man auch oft statt der reinen die koh­lensaure Bittererde.
Die Gabe ist für die grofsen Hausthiere 5j]j bis 5j, für Schafe und Schweine 5j — fjj, für Hunde giß bis jß am besten in einem schleimigen Dekokt, zuweilen auch mit Zusatz von Enzian, von Opium, Brechnufs, mit Rha­barber u. dgl. Mitteln, welche die krankhafte Empfind­lichkeit herabstimmcu und die übermäfsige Sekretion be­schränken.
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5. Roine Thoncrds. A lau nor de, Alum rum-Osyil. Alumina. Argilla pura', Aluiuium u.rydulum.
sect;. 542. Die Thonerde verursacht an den Theilen, mit denen sie in Berührung kommt, keine Aetzung, aber eine schwache Heizung und gelinde Zusammenschrumpfuüg;
zugleich zieht sie begierig Feuchtigkeiten an sich und zersetzt vorhandene Sauren. Sie wirkt daher gelind to­nisch, austrocknend und saurewidrig und kann innerlich bei ähnlichen Krankheitsvcrlüillnissen der Verdauungscin-geweide angewendet werden, bei denen das Kalkwasser empfohlen ist (*;. 53S): sie stellt aber dem letztern, ob­gleich sie müder ist, darin nach, dafs sie fast allein ört­lich wirkt, indem sie wenig oder gar nicht in die Säfte übergeht, ferner, dafs sie in grofsen Gaben den Magen eher belästiget, und dafs sie tlieurcr ist. als das Kalk­wasser. Aus diesen Gründen wird die Thonerdc selten als Heilmittel benutzt. Die Anwendung kann in densel­ben Gaben und auf dieselbe quot;Weise geschehen, wie bei der Bittererde.
Anmerkung, a) Der rothe oder Armenische Bolus (Bolus rlibra s. armenia, Argilla riihra), eine na­türliche Verbindung der Thonerdc mit Kieselerde und etwas Eisenoxyd, und b) der weifse Bolus (Bolus alba), dieselben Bestandtheile und zugleich Kalkerdo ent­haltend, — wurden ehemals als gelind adstringirende, stärkende, blutstillende, stopfende und einsaugende Mit­tel innerlich z. B. gegen Durchfälle, gegen Blutharnen, Harnruhr oder Lautcrfall, — äufserlich gegen Gallen, Sehnenklapp u. dgl. Uebel angewendet. Jetzt werden beide Substanzen, obgleich sie eine mäfsig adstringirende und absorbirende Kraft besitzen, fast gar nicht mehr ge­braucht, weil sie fast ganz unauflöslich und unverdaulich sind, deshalb bei innerlicher Anwendung die Verdauungs-eingeweide belästigen, und durch bessere Mittel leicht zu ersetzen sind; zum aufeerlichen- Gebrauch sind sie dage-
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gen zu thcuer und unnothig, da sie für diesen Zweck durch den, ihnen sehr ähnlichen Thon (Topferthon) und Lehm vollkommen ersetzt werden können (sect;. 517}.
6. Schwefel-Kali, geschwcfcltesKall, Ilydrotliiou-
Seliw efol-Kali, gemeine oder Kali-Schwcfellcbev.
Kali sulphuralmn, Kali sulphurnt. hydrogenatuvt, Hepar sul-
phuvis eulgare s. salinum s. alcalinum.
sect;. 543.
Die gewöhnliche Schwefelleber ist eine, aus Kalime­tall, aus Schwefel und schwefelsaurem Kali bestehende Substanz, welche sich bei der Einwirkung der atmosphä­rischen Luft, des Wassers, der Säuren u. s. w. sehr leicht zersetzt und dabei ein eigenthümliches, nach faulenden Eiern stinkendes Gas, das Schwefel-Wasserstoff­gas, die sog. Hydrothionsäure oder die hepati-sche Luft1) entwickelt.
Von mäfsigen Gaben dieses Mittels (z. B. 5jj bis gß bei Pferden und Rindern, gr. jv bei Hunden) inner­lich, entstehen bei keinem Thiere im gesunden Zustande sehr auffallende Veränderungen; nur die Schleimhaut im Maule und in der Nase wird etwas blässer, der da­selbst abgesonderte Schleim weniger zähe, der Puls wei-
') Dieses Gas ist zwar kein unmitlelbarer Bestandtliei) der Scliwefellcber (y/'w man fiülier glaubte), aber dennoch l'iir die Wirk­samkeit dieses Mittels von der gröl'sten Bedeulung, weil es sich bei jeder Art seiner Anwendung entwickelt, daber stets milwiikend ist, und schon für sich allein den Organisitius heftig affiziit Vögel star­ben in einer Luft, welche mit 15^5 dieses Gases versetzt war, — und entbleit sie J55 davon, so lödtele sie auch in kurzer Zeit einen Hund (Orfila, Toxicologie generate //, pag. 479). — 9 Quart dieses Gases in den After eines Pferdes injizirt, tödtete dasselbe in 1 Minute, — und ein Kanineben, dessen Haut blos dem Gase ausge­setzt war, starb in 10 Minuten (Cb a ussier, im Sedillot, Jaurn-de mcd. XV. Bd. pag. 28, 34). Ich spritzte jjj dest. Wasser, wel­ches mit dem Gase sehr reichlich imprägnirt war, in diquot; Drossel­vene mehrerer Pferde und sähe darauf schnelles, bescbwerliebes Atb-men, grofse Angst und Schwindel entstehen, die Thiere aber lebend bleiben.
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veck und
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eher und etwas langsamer, das Blut dunkler und viel ärmer an Faserstoff1), der Urin reichlicher und oft auch dunkler gefärbt; die ausgeathmete Luft riecht gewöhnlich während einer kurzen Zeit nach Schwefelwasserstoffgas; Hunde zeigen Ekel oder selbst etwas Erbrechen, aber der Appetit und die Verdauung werden nicht gestört; der Koth erscheint mehr trocken, dunkel und oft mit einer zähen Schleimkruste umhüllt.
Zu diesen Symptomen findet sich ohne Unterschied
me-ndo ihii-icht
der Thiere noch starkes Geifern und Schäumen aus dem Maule, und zuweilen auch etwas schnelleres und be-sehwerliches Athmen, wenn bei dem Eingeben des Mit­tels eine stärkere Berührung desselben mit der Maul-
den und Rachenhöhle stattfindet, daher namentlich bei dem #9632; ff- Eingeben in Latwergen und noch mehr in conzentrirter ti- Auflösung.
Nach Gaben von fj his grjjj sähe ich bei Pferden bis und Rindvieh die angeführten Zufälle in sehr hohem er- Grade, zugleich aber stieren Blick, beschleunigtes, be­ide schwerliches Athmen, ünregelmässigkeit des Pulses, Pol-mt tern und Schmerzen im Leibe, Unruhe, Angst, lähmungs la- artige Schwäche im Hintertheil, schwankenden Gang, ei- entstehen. Die Wirkung dauerte 1 bis 3 Stunden und nicht selten blieb Appetitlosigkeit durch einen Tag an-'er haltend zurück. Eine Veränderung der Milch bei Kühen '#9632;''': war auch nach so grofsen Gaben nicht zu entdecken.
Hunde ertrugen das Mittel in Gaben bis zu 3ß, ohne dafs der Tod hiernach erfolgte, wenn es in Piilenform angewendet wurde, obgleich es in solchen und selbst in en kleineren Gaben fast immer Erbrechen, Aufblähung des Leibes, Schmerzen in demselben, Husten, schnellen und kleinen Herzschlag, Angst, Unruhe und Mattigkeit durch 2 bis 4 Stunden verursachte.
') Bei mehrern Versuchen zeigte sich das Blut in 1 bis 4 Stun­den nach dem Eingeben der Schwefelleb'er bei Pferden um ij, ja selbst um i ärmer an Faserstoff als vor der Anwendung des Mittels.
Ilttrtwig Arzneimiüetldirc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4H
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Grofsere Gaben als die bezeichneten, wirken sehr heftig und in den meisten Fällen tödtlich. Ein Hund, dem ich 5j Schwefelleber in Jj destill. Wassers gelöst, in den Schlund gespritzt und darauf letzteren unterbun­den hatte, zeigte nach 5 Min. Anstrengung zum Erbre­chen, welche auch später noch wiederkehrte, grofse Mat­tigkeit, Zittern, nach 10 Minuten ünempfindliclikeit, spä­ter heftigen Schmerz im Leibe, Lähmung des Hintertheils, und nach 2 Stunden erfolgte der Tod. — Eine Auf­lösung von 6^ Drachmen Schwefelleber in gjv Wasser, welche Orfila (Toxikologie, Bd. 2, S. 166) einem ro­busten Hunde mittelst der Oesophagotomie in den Ma­gen brachte, führte in 2 Minuten Erstickungszuflille und Kcichhusten, dann Steifwerden der Glieder, Convulsio-nen und in 7 Min. den Tod herbei.
Das Einspritzen einer Auflösung von 5 Gr. Schwe­felleber in gß destill. Wasser in die Drosselvenc eines Pferdes verursachte sogleich etwas schnelleren Puls,, schnelleres Athmen und Unruhe. Die ganze Wirkung dauerte aber nur 6 Minuten. — Von einer halben Drachme des Mittels mit \ Unze Wasser auf dieselbe Weise an­gewendet, entstanden augenblicklich die nämlichen Zu­fälle in stärkerem Grade; die Respiration wurde sehr beschwerlich und ängstlich, die ausgeathmete Luft roch stark nach Schwefelwasserstoffgas, das Thier zitterte, stürzte nieder, schlug mit den Beinen; nach 10 Min. war die Wirkung vorüber und das Thier ganz munter. — Ebenso, aber noch weit heftiger wirkte die Injection von 1, l\ bis 2 Drachmen des Mittels; bei der letztern Gabe trat augenblicklich Lebensgefahr durch Erstick ungszufdlle und Lähmung ein; aber das Thier erholte sich dennoch in Zeit von 15 Min. nach der Injektion. — Ein Hund bekam (bei Orfila's Versuchen) nach Einspritzung einer Auflösung von 8 Gr. Schwefelleber in 3vj Wasser auf der Stelle die heftigsten Convulsionen, welche aber nach 3 Min. nachliefsen; am andern Tage war er wieder ganz
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wohl. — Die Injektion von 22 Gr. in gj Wasser gelöst, tödtete ihn in 2 Min. unter heftigen Convulsionen.
11 Drachmen Schwefelleber in Substanz einem Hunde auf das Zellgewebe an der innern Seite des Schenkels gebracht, verursachte zuerst grofsen Schmerz, dann Un-empfihdlichkeit und in 13 Stunden den Tod. Der von dein Mittel betroffene Schenkel war stark geschwollen, rothbraun, mit Blut infiltrirt; die Entzündung erstreckte sich bis gegen das Brustbein; alle innern Organe waren gesund. (Orfila.)
Wenn der Tod durch innerliche Anwendung der Schwefelleber eingetreten ist, findet man bei der Sek­tion zuweilen die Schleimhaut des Magens und Dünn­darms mit einer gelben, zähen Materie bedeckt, auch entzündet und zuweilen selbst mit kleinen, runden Ge­schwüren und mit schwarzen Flecken von extravasirtem Blut versehen. Nach schnell eingetretenem Tode riecht der Inhalt des Magens stark nach SchwefelwasserstofFgas An den übrigen Organen ist die Schleimhaut blafs, die Lunge mit schwarzem Blut angefüllt.
Bei der Anwendung einer conzentrirten Auflösung des Mittels (mit Wasser zu gleichen Theilen) auf die äufsere Haut, entsteht starke Reizung, heftiges Jucken und selbst Entzündung, aber keine wirkliche Äetzung. .Auch wird ein Theil des Mittels absorbirt. Eine schwa­che Auflösung reizt die Haut nur sehr gelind und ver­mehrt den Bildungsprozefs in ihr. — Weifse Haare und weifse Haut werden von Schwefelleberauflösung für einige Zeit gelblich gefärbt.
sect;. 544.
Diese Wirkungen der Schwefelleber sind (besonders bei grofsen Gaben) eigenthümlich, obgleich zum Theil durch das Schwefelwasserstotfgas bedingt, zum Theil aber auch mit den Wirkungen des Schwefels und des Aetz-Kali wesentlich verwandt OcrÜich ist die Schwefelleber viel stärker reizend, schneller und tiefer eindringend, als der Schwefel, aber weit weniger scharf und die Organi-
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sation nicht so auflösend, wie das Aetz-Kali. Die allge meine Wirkung ist hauptsächlich auf Verminderung der Plastizität des Blutes (wahrscheinlich auch der übrigen Säfte) und auf die Herabstimmung der Irritabilität in den Muskeln und Blutgefäfsen gerichtet; doch ist es auch nicht zu verkennen, dafs sehr grofse Gaben des Mittels die Nerrenthätigkeit schnell und in hohem Grade vermindern, selbst Lähmung der Sensibilität und hierdurch. den Tod herbeiführen.
sect;. 545 Die innerliche Anwendung der Schwefelleber ist, den angedeuteten Wirkungen und vorzüglich Waldinger's1), so wie meinen eigenen u. A. Erfahrungen zufolge, bei kranken Thieren angezeigt:
1)nbsp; nbsp; Bei brandigen Entzündungsfiebern, beim Milz­brande und bei Lungenentzündungen, wenn die Schleim­haut im Maule und in der Nase dunkelroth oder blau und sehr trocken erscheint; wenn die Sinnesthätigkeit und die Empfindlichkeit dabei sehr unterdrückt, der Herzschlag unfühlbar, der Puls klein, hart, das Athmen im Verhält-nifs zur Zahl der vermehrten Pulse übermäfsig schnell und mit grofeer Anstrengung der Bauchmuskeln geschieht; wenn das aus der Ader gelassene Blut sehr schwarz ist und schnell zu einer gleichmäfsigen Masse sulzt.
2)nbsp; Bei Bräune, besonders wenn die Auflockerung der Schleimhäute in der Rachenhohle sehr grol's, das Röcheln und überhaupt die Athembeschwerden sehr bedeutend sind.
3)nbsp; Bei Kolik, wenn dieselbe aus Ueberfütterung, aus gestörter Verdauung, aus Gährung des Futters im Magen und Darmkanal, durch unverdauliches, blähendes oder saures Futter entstanden, oder mit starker Aufblähung (Windkolik), mit Säureentwickelung, mit Anstrengung zum Erbrechen, oder auch mit einem brandigen Entzündungs­fieber (wie unter 1 angedeutet) verbunden istl
') Waldinger. Uebcr den SchweTel und seine Vorbimlnogii u. s. w. S. 101.
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4)nbsp; Bei dem Aufblähen der Wiederkäuer, besonders wenn die eben bezeichneten Verhältnisse dabei bestehen.
5)nbsp; nbsp;Bei dem Starrkrampf der Pferde, wenn ein Ent-züudungsfieber sich hinzugesellt und das Athmen in sehr turzen, schnellen Zügen geschieht.
6)nbsp; Bei Vergiftungen durch Arsenik, Blei und Queck­silber ; jedoch nur dann, wenn die Vergiftungszufälle durch nicht sehr grofse Gaben dieser Stoffe, mehr langsam (schlei­chend) als akut, und in einem nicht zu heftigen Grade entstanden sind. Unter entgegengesetzten Umständen, und namentlich wenn die Vergiftung erst frisch entstanden ist, wenn Arsenik oder ätzende Quecksilberpräparate noch im Verdauungskanal zugegen sind und wenn heftige Entzün­dung der Eingeweide besteht, ist (nach Orfila's und Renaulfs Versuchen1) das Mittel nicht passend.
sect;. 546.
Die Gabe ist für Pferde und Rindvieh 5j bis gß, für Schafe und Schweine 3ß bis gjj, für Hunds gr. j bis gr. vjyj in Zwischenzeiten von 1 Stunde (z. B. bei Kolik) bis 4 Stunden. — Die Anwendung geschieht in Pillen, in Latwergen oder in einer schwachen Auflösung (5 bis 8 Gr. auf gj Flüssigkeit). Dabei ist die Vorsicht zu be­achten, dafs man Pillen und Latwergen höchstens für ei­nen Tag bereitet und in recht gut mit Wachspapicr oder mit Blase zugebundenen Gefafsen verwahrt, damit die Ein­wirkung der Luft und die Zersetzung der Schwefelleber durch dieselbe möglichst vermieden werde. Weil diefs aber dennoch sehr leicht geschieht, ist eine vor der An­wendung frisch bereitete Auflösung die beste Form, — wenn sonst die Anwendung einer Flüssigkeit passend ist.
Beim brandigen Entzündungsfieber verbindet man das Mittel mit Salpeter und selbst mit Kampher; — bei Kolik nnd Aufblähung mit Enzian, mit Kamillenblumen, mit
') Orfila, Toxicol. gi'nerale. Tom. I. p. 426.— Ren aalt sur Us ContrenöisoDS de l'Arsenic. pag. 33, 35.
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Natr. oder Kali sulphuricum, bei Bräune mit den letztern Mitteln oder auch bei grofser Reizbarkeit mit Herb, oder Rad. Belladonnae, und bei Vergiftungen mit einer schlei­migen Flüssigkeit.
sect;• 547.
Aeufserlich wird die Schwefelleber gegen Räude, Flech­ten, Mauke und veralteten Rheumatismus in Auflösungen zum Waschen und Baden, — weniger zweckmäfsig auch zuweilen in Salben angewendet. Zu den Auflösungen nimmt man 5jj bis fß des Mittels auf ein Pfd. kalten Wassers, — zur Salbe 3j auf 3j bis ojj Fett oder grüner Seife.- Die Anwendung geschieht täglich 1 bis 2 Mal durch 8 bis 12 Tage. Das Mittel ist bei Hautausschlä­gen wohlfeil und sehr wirksam, hat aber das Unange­nehme, dafs seine Anwendung durch den dabei entste­henden Geruch nach Schwcfelwasserstoffgas für die Per­sonen, die das Waschen und Einreiben besorgen, sehr widrig wird, dafs Stubenhunde dieses Geruchs wegen nach der Behandlung mit dem Mittel nicht im Zimmer bleiben können, und dafs weifshaarige Thiere gewöhnlich für ei­nige Zeit an den Applikationsstellen gelb oder grün ge­färbt erscheinen.
Anmerkung. Fast in allen Eigenschaften und in der Wirksamkeit mit der Kali-Schwefelleber einstimmend, ist die Kalk-Schwefelleber oder der Schwefelkalli {Hepar sulphuris calcareum s. Calcaria sulphur ata). Es gilt daher alles über die Schwefelleber im Vorhergehenden Gesagte ohne einen wesentlichen Unterschied auch von der Kalkschwefelleber. Letztere ist wohlfeiler und ver­dient daher, besonders zum äufserlichen Gebrauche, selbst noch den Vorzug vor der gewöhnlichen Schwefelleber. — Auch die Talk-Schwefelleber oder Schwefel-Magne­sia (Magnesia sulphur ata) ist mit der letztern im Wesent­lichen übereinstimmend, aber nicht gebräuchlich. — Das Schwefel-Ammonium oder die flüchtige Schwefcl-leber (Ammonium sulphurato-hydrothionicum s. Hepar sul-
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jihuris volatile) ist ein sehr heftiges, gefährliches, und da­her nicht zu empfehlendes Reizmittel.
Elfte Klasse.
Salze der Alkalien und Erden. (Salia alcalina et terrea).
sect;. 548.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;
Wenn Säuren mit Alkalien, Alkaloiden oder Erden in Berührung kommen, so verbinden sie sich, vermöge ihrer chemischen Wahlverwandschaft, mit denselben und bilden hierdurch neue, eigenthümliche Substanzen, die man im Allgemeinen als alkalische oder erdige Salze zeichnet. In früherer Zeit nannte man diese Salze (mit Ausnahme derer, welche Kohlensäure und welche Talg-, Oel- und Margarinsäure enthalten) auch Noutralsalze (Salia neutra) und Mittelsalze (Salia media), und im gewöhnlichen Sprachgebrauche sind diese Namen fast all­gemein noch geltend1). Da aber die Säuren sich in ei­nem mehrfachen Verhältnisse mit den kaiischen und erdi­gen Grundlagen (Basen) zu Salzen verbinden, so bezeich­net man jetzt passender nur diejenigen als neutrale Salze, in denen die chemische Wechselwirkung der He-standtheile sich gegenseitig vollkommen durchdrungen (ge­sättiget) hat, so dafs in ihnen weder die chemischen Ei­genschatten der Säure, noch die der Basis zu erkennen sind; wogegen man diejenigen, in denen die Säure vor­herrscht, saure Salze, oder Uebersalze — und die mit vorwaltenden Eigenschaften der Grundlage: basische Salze oder Untersalze nennt. Die meisten Salze sind nur einfache Verbindungen einer Basis mit einer Säure; einige bestehen aber aus 2 Basen und einer Säure (z. B.
') Der lelzlure Nanifi wuiillaquo;' üu\\(!ilcii vomiglicli den Salzvn biijii-liquot;!, die eine erdige oder autli eine meUiUische Dasis besitzen.
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der Alaun), und einzelne sind selbst aus 2 Salzen von eben so viel verschiedenen Basen und Säuren zusammen­gesetzt (z. B. der boraxsaure Weinstein). Die ersten hei-fsen deshalb einfache Salze, — die zweiten Doppel­salze, und die letztern Zwillingssalze.
Die physischen Eigenschaften der verschiedenen alka­lischen und erdigen Salze stimmen zwar in vieler Hinsicht überein, sie sind aber auch nach den Eigenthümlichkei-ten der Bestandtheile und nach den angedeuteten Ver­schiedenheiten in der Zusammensetzung derselben etwas abweichend bei den einzelnen Salzen, so dafs sich eine allgemein passende Charakterisirung von ihnen nicht gut machen läl'st.
sect;. 549.
Die Wirkungen dieser Salze im thierischen Organis­mus sind ebenfalls nach den angedeuteten Verschieden-lieiten von einander abweichend, im Allgemeinen aber doch in vielen Punkten einander sehr ähnlich. Bei der innerlichen Anwendung verursachen alle Neutral- und Mit­telsalze zunächst eine Reizung der Schleimhaut des Mauls, des Magens und des Darmkanals, in Folge deren die Ab­sonderung des Speichels, des Schleims und der übrigen Verdauungssäfte reichlicher und die wurmformige Bewe­gung des Darmkanals etwas schneller wird. Von kleinen und einzelnen Gaben ist diese Reizung nur gering und sie geht ohne weitere sichtbare Folgen bald vorüber; grofse Gaben mancher Salze bringen Laxiren oder sehr reichliches Urinireu hervor, und in übermäfsiger Gabe führen fast alle Salze eine soj heftige Reizung der Ver­dauungsschleimhaut herbei, dafs Kolikschmerzen, Magen-und Darmentzündung, Blutextravasate, Brand und selbst der Tod die Folgen davon sein können. — Die laxirende Wirkung ist jedoch nicht allein von dem Grade der Rei­zung abhängig, welchen ein Salz örtlich in der Ver­dauungsschleimhaut erzeugt; denn man sieht, dafs dieje-nigen Salze, welche diese örtliche Reizung in sehr hohem Grade ausüben, z. B. das Kochsalz, eine höchst unbe-
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deutende laxirende Wirkung veranlassen, wogegen die, örtlich weit milder einwirkenden schwefelsauren Salze diese Wirkung ganz vorzüglich besitzen. Mafsige Gaben der Salze, oft wiederholt gereicht, bringen nach und nach eine tief eingreifende Umstimmung des ganzen Bildungs­prozesses hervor, indem sie die Absonderung in den siimmtlichen Sekretionsorganen quantitativ vermehren, die abgesonderten Flüssigkeiten aber dünner, mehr serös ma­chen und somit gleichsam einen Verflüssigungsprozefs im Körper künstlich erzeugen. Dies geschieht von ihnen auf mehrfache Weise, namentlich aber dadurch, dafs 1) die Salze in das Blut und die übrigen Säfte übergehen und hier sich mit den Bestandtheilen derselben (vorzüglich mit dem Serum) verbinden, somit die gute Mischung und Bin­dung des Blutes stören, seine Vitalität und Wärme ver­mindern, und die Auflösung und Ausscheidung des Cruors und des Faserstoffes begünstigen1^ — 2) dafs das Blut durch den reichlicheren Gehalt an Salz mehr reizend auf die Sekretionsorganc wirkt, so dais die Thätigkeit der­selben sehr vermehrt wird, und dann in Folge der ver­mehrten Ausscheidungen, so wie in Folge der dünneren Beschaffenheit der Säfte auch die Resorption bedeutend gesteigert wird. Hierzu kommt noch 3), dafs theils durch die fehlerhafte Mischung des Blutes und durch die ver­mehrten Ausleerungen, theils auch auf direkte Weise, be­sonders von den Salzen der Pottasche, der Bittererde und des Ammoniums die Reizbarkeit und Energie des Herzens u. s. w. sehr vermindert und hierdurch, wie im­mer bei Schwäche, der normale Anbildungsprozefs ge­stört wird. Bei lange fortgesetzter Anwendung dieser Salze in etwas starken Gaben entwickelt sich daher oft ein wirklich kachektischer Zustand.
Die in das Blut übergeführten Salze werden haupt-
') Eigenlliümlicli ist es, d.-ifs melirere Salze, namentlich dieje­nigen, in welchen Natron, Salzsäure, Salpetersäure oder Schwefel­säure enthalten ist, zugleich das Blut heller röthen.
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sächlich durch die Niereu wieder aus demselben abge­schieden, so dafs mau sie, obwohl bald mehr bald we­niger verändert, wenigstens in ihren Basen in dem Urin wieder findet. Ein kleinerer Theil wird auch durch den Darmkanal und durch die Haut (mit dem Schweifs) wie­der entleert, und bei den Ammoniumsalzen geschieht dies vielleicht auch zum Theil durch die Lungenausdünstung.
Auf die Haut, noch mehr auf wunde Stellen, wirken die Salze Im Allgemeinen ebenfalls gelind reizend und die Resorption befördernd. Aufserdem verursachen die meisten Salze sowohl bei innerlicher wie bei äufserllcher Anwendung, wenn sie eben mit einer wässerigen Flüssig­keit aufgelöst werden, ein Gefühl von Kälte, indem sie bei dem üebergehen in den flüssigen Zustand eine Quan­tität Wärme binden und dieselbe dem Körper entziehen.
Ueber die Abweichungen dieser Wirkungen bei den verschiedenen Salzen läfst sich im Allgemeinen nur Fol­gendes in Kürze andeuten: 1) Salze von gleichen Säuren, und eben so Salze von gleichen Basen zeigen eine mehr-fältige Aehnlichkeit mit einander, dieselbe ist aber bei Salzen von gleichen Säuren am gröfsten. 2) Hinsichtlich der verschiedenen Basen wirken die Natronsalze im All­gemeinen mehr reizend als die Salze der übrigen Alkalien und Erden; die Salze der Magnesia erscheinen als die mildesten, und die aus Kali bestehenden Salze wirken am meisten erschlaffend und die irritable Thätigkeit ver­mindernd; die Salze der Thonerde wirken zusammenzie­hend und ätzend. 3) Hinsichtlich der Säuren haben die Salze mit Salpetersäure und mit Salzsäure örtlich laquo;lie stärkste Einwirkung; die schwefelsauren Salze wirken sämmtlich weit milder und zugleich am meisten laxircnd; die mit vegetabilischen Säuren sind noch milder, und am mildesten sind die kohlensauren Salze. — 1) Die allge­meine Wirkung der basischen Salze zeigt eine grofse Aehnlichkeit mit der Wirkung der in ihnen vorwallen­den -Grundlage, und eben so verhält sie sich bei den sauren Salzen ähnlich der Wirkung ihrer Säuren; aber
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die Kraft der örtlichen, chemischen Einwirkung des einen wie des andern Bestandtheils ist sehr gemildert.
Aus diesen Andeutungen ergiebt sich: dafs die Wirk­samkeit der Salze von den Bestandtheilen derselben ab­hängig ist: und wenngleich die letztern in den neutralen Salzen nicht mehr frei vorhanden sind, so sind sie doch keinesweges vernichtet, sondern nur gegenseitig so an ein­ander gebunden, dafs sie bei der Einwirkung der Ver­dauungssäfte und dergl. leicht wieder theilweis frei wer­den und zur Entwickelung ihrer Kräfte gelangen können.
Die therapeutische Wirkung und Anwendung ist bei den einzelnen Salzen, je nach ihrer spezifischen Verschie­denheit und nach ihrer Wirkungsweise in grofsen und in kleinen Gaben sehr verschieden. Im Allgemeinen dienen sie innerlich in kleinen Gaben sehr häufig als umstim­mende, die Sekretionen im Verdauungskanal, in der Schleimhaut der Respirationsorgane, und in den Nieren befördernde, die Verdauung bessernde, Auswurf beför­dernde, Schleim, Stockungen und Verhärtungen auflösen­de, als säurewidrige, die zu dicke, plastische Beschaf­fenheit des Blutes beseitigende, selbst als krampfstillende u. a. Heilmittel; — in grofsen Gaben werden die meisten Neutralsalze als kühlende Laxirmittel, als ableitende, reiz­mindernde, antiphlogistische Heilmittel ebenfalls sehr oft benutzt. — Die Indikationen für diese vielfältige Anwen­dung können nur bei den einzelnen Salzen angegeben werden.
Aeufserlich dienen mehrere Salze als auflösende, zer-theilende, andere zuweilen auch als kühlende Mittel ge­gen Quetschungen, Extravasate, Entzündungen u. s. w.
A. Kohlensaure Salze.
1. Kohlensaures Kali. Kali carbonicum.
sect;. 550.
Die Kohlensäure verbindet sich mit dem Pflanzenlau-gensalz in 2 verschiedenen Verhältnissen und bildet mit demselben: a) ein basisches — und b) ein neutrales Salz.
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o) Das basische kohlensaure Kali, oder das kohlensauerliclie Kali, unterkolxlensaure Kali, milde Kali, Weinsteinsalz, luftsaure Pflanzen-laugensaizc, Pottasche {Kali subcarbonicum, Kali mite, Sal Tartari, Alcali vegetabile acratum, Cineres clavellati, Foiassa, Carbonas Potassae') — kommt im Handel vor, theils als gemeine, nicht gereinigte Pottasche^ welche aufser dem kohlensauren Kali noch eine Menge fremder Bestandtheile, z. B. schwefel- und salzsaures Kali, Thon-und Kieselerde, Eisenoxyd und dcrgl. enthalt, — in den Apotheken aber als gereinigte Pottasche, welche aus ungefähr | Kali und \ Kohlensäure besteht.
6) Das neutrale kohlensaure Kali, vollkom­men gesättigte oder crystallisirte kohlensaure Kali {Kali carbonic, neutrum, Kali carb. perfccte satwrahmi s. acratwn, K. carb. acidulum, Sal Tartari crystallisatum, Bicarbonan Potassae) — besteht fast aus gleichen Theilen Kali und Kohlensäure mit etwas (gegen jj) Krystallisa-tionswasser.
Die Wirkung dieser beiden Salze ist, deutlicher er­kennbar als bei allen andern, sehr ähnlich der Wirkung ihrer Bestandtheile, da die letztern sich, wegen der Flüch­tigkeit der Kohlensäure, sehr leicht von einander trennca und dann gleichsam für sich allein wirksam sind.
Das basische kohlensaure Kali nähert sich in seinen Wirkungen sehr viel denen des Aetz-Kali, besitzt aber eine weit mildere ortliche Einwirkung als dieses; es erregt die Thätigkeit der aufsaugenden Gefäfse in einem hohen Grade, besonders in der Haut, im Zellgewebe, in sehnigen und drüsigen Organen, und da es zugleich die serösen Absonderungen befördert und den geronnenen Ei-weisstoff auflöst, so wirkt es mächtig zertheilend überall wo Stockungen und Verhärtungen, asthenische, torpide Entzündungen, plastische Ausschwitzungen, Extravasate von gerinnbaren Stoffen, Unthätigkeit der Haut und Ulco-ration in derselben zugegen sind. — Nur bei ganz con-zentrirter Anwendung verursacht es eine, bis zur Entzün-
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clung steigende Reizung, aber sehr selten eine Aetzung. — In mäfsigen Gaben und gehörig verdünnt innerlich angewendet, wirkt es (abgesehen von der örtlichen, ge­lind erregenden Einwirkung auf die Schleimhaut des Ma­gens und Darmkanals) eigenthümlich deprimirend auf die krankhaft vermehrte und unregelmäfsige Sensibilität der Bauch- und Brusteingeweide, absorbirt die in dem erstem vorhandene Säure, vermindert die Gerinnbarkeit des Blu­tes, befördert die Absonderung des Urins sehr bedeutend, verursacht auch, dafs derselbe viel wässeriger und weni­ger reich an Harnsäure wird, und scheint auch die ab­sondernde Thätigkeit an der Innern Fläche der Blase und des Uterus zu verstärken und umzustimmen. Dagegen be­fördert es auch die Resorption im ganzen Körper sehr bedeutend, wie es scheint, hauptsächlich mit Hülfe der vorausgegangenen Verflüssigung der gerinnbaren Bestand-theile der Säfte. — Bei der innerlichen Anwendung sehr grofser Gaben im conzentrirten Zustande kann das Mit­tel gefährliche Zufälle verursachen. Als Orfila (Toxi-kol. I. Bd. S. 172) einem nüchternen Hunde sjrj kohlen­saures Kali eingegeben, zeigte das Thier sogleich lebhaf­ten Schmerz und Unruhe; es erfolgte Erbrechen weil'ser, dicklicher, alkalischer Stoffe, welche mit Säuren aufbrau-seten, — gehinderte Respiration und in 25 Minuten der Tod. Bei der Sektion fand sich starke Röthe der Schleim­haut des Magens; die Gefufse desselben waren mit Blut injizirt, Gedärme und Lungen gesund. Eine so ausge­zeichnet heftige und schnelle Wirkung sah ich niemals. Ich gab Hunden dieselbe Dosis des Mittels in sect;ß destill. Wasser gelöst, und bemerkte blos binnen 10 bis 12 Mi­nuten nach dem Eingeben etwas Schleimflufs aus dem Maule und mäfsig beschleunigtes Athmen; der übrige Zu­stand war und blieb durchaus normal. Aber dieselbe Menge als Pulver in Papier gewickelt einem Hunde ein-inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;gegeben, verursachte nach Verlauf von 5 Min. die von
Orfila angeführten Symptome, jedoch nur durch 2 Stun­den andauernd und worauf das Thier vollkommen wie-
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der hergestellt wurde. — Pferden und Kühen gab ich das Mittel bis zu 5jß in ^vj destill. Wassers gelöst, ohne nachfolgende heftige Zufälle; aber von gjj und Jjjj en*quot; stand zuweilen, jedoch sehr bald vorübergehend, etwas beschwerlicheres Athmen, Unruhe und Kolik.
Eine Drachme kohlensauren Kalis mit Jj dcstillirten Wassers gelöst, Pferden in die Drosselvene gespritzt, brachte keine bemerkbare Wirkung hervor; 3jrj auf die­selbe Weise angewendet, verursachten sogleich beschwer­licheres Athmen, Schwindel, Convulsionen, heller gerö-thetes Blut; nach 2 bis 3 Stunden hatten die Thiere sich wieder erholt. !Bei Hunden traten nach der Injektion von 10 Gr. bis 20 Gr. in gß Wassers gelöst, dieselben Zu­falle und von 3j fast augenblicklich der Tod ein.
sect;. 551.
Aus dem Vorstehenden ergiebt sich: dafs das koh­lensaure Kali in seinen Wirkungen den reinen Kalien sehr ähnlich, aber durch seinen beruhigenden Einflufs auf die Thätigkcit der Gangliennerven ausgezeichnet und aufser-dem viel milder ist. — Seine innerliche Anwendung kann daher bei denselben Krankheiten geschehen, wo die Ka­lien überhaupt (sect;. 525) angezeigt sind; es verdient aber vor dem reinen Kali den Vorzug, weil es in gröfsern Ga­ben und anhaltender gegeben werden kann, ohne Nach­theil zu erzeugen. Besonders nützlich ist es bei einem gereizten nervösen Zustande der Baucheingeweide, z. B. bei anhaltendem, sehr anstrengendem Erbrechen, bei wel­chem, aufser Säure im Magen, keine wesentliche mate­rielle Ursache, auch keine Entzündung des Magens und dergl. vorhanden ist; — eben so bei Krampfkolik und krampfhafter Harnverhaltung. (Bei Krämpfen, die in an­dern Ursachen begründet sind, oder die vom Gehirn und Bückenmark ausgehen, nutzt das kohlensaure Kali nicht viel, und ich habe namentlich bei dem Starrkrampf der Pferde nicht die mindeste Hülfe von ihm gesehen, ich mochte es nach der Stütz'sehen Methode mit Opium (sect;. 432), oder auf andere Weise gebrauchen lassen). —
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Gegen Vergiftungen mit Säuren, und gegen die Lecksucht, um die in dem Verdauungskanal vorliandenen Säuren zir neutralisiren, eben so gegen das Aufblähen der wieder­käuenden Thicre und gegen Windkolik der Pferde, um die hier erzeugten Gase zu absorbiren, ist das kohlen-säuerliche Kali empfohlen. Vorzügliche Dienste leistet es aber gegen plastische Ausschwitzungen bei und nach Ent-ziinduiigeii, gegen Stockungen und Verhärtungen, die durch Anhäufung von Faserstoff oder Eiweisstoff, durch Extra-vasate u. s. w. entstanden sind. Lux hat in dieser Hin­sicht das Mittel ganz mit Recht gegen die Lungeuseuche des lliudviehes empfohlen'), obgleich es nicht so allge­mein hülfreich ist (und auch nicht sein kann), wie er dasselbe rühmt. — Derselbe empfiehlt auch das Kali c. acidul. gegen die Finnen der Schweine (wo die verwandte Holzasche als nützlich allgemein anerkannt ist). —11 y eb­ner hat es, neben entsprechenden andern Heilmittebi, als das wirksamste Arzneimittel gegen die Dämpfigkeit er­probt2). Lund3) hat das Mittel zum Abtreiben der Nach­geburt mit Nutzen angewendet; es kann aber für diesen Zweck nur in den Fällen etwas leisten, wenn die Nach­geburt durch Krämpfe, durch zu grofse Reizbarkeit und Mangel an Absonderung im Uterus zurückgeblieben ist. — Viborg4) u. A. haben das kohlens. Kali auch gegen Vergiftungen durch Arsenik, Aetz - Sublimat und andere scharfe Metallgifte empfohlen; es ist aber hierbei, schon nach Gründen der Chemie, nicht passend und hat sich in der Erfahrung mehr schädlich als nützlich erwiesen.
sect;. 552. Man giebt von dem gereinigten kohlensauren Kali
raquo;) Zonjasis, B.i 1. Heft 2. S. 15.— Wir halten jedoch bei der hiesigen Thierarzneischule das Büttel gegen diese Krankheit schon lange vorher angewendet.
2) Encjclopädie der gesaramt. tlieoret. prakt. Pferde- und lürul-viehheilk. von Kychner und Im. Thurn. ßd. 1. S. 651.
^ Veterinär Selfkab. Skrift. I. Dcel. pag. 436.
') Dess. Anfeit z. Erzieh, u. ßeniilzmig des Schweins S. 143:
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Pferden 3jrj bis gß, dem Rindvieh 3jyj bis sect;j, Schafen und Schweinen sß bis 5jfS, Hunden gr. v bis 3IJ auf Einmal, und wiederholt diese Gaben, nach der Heftigkeit der Krankheitszufälle, in Zwischenzeiten von | Stunde (z. B. bei heftigen krampfhaften Zufällen) bis 4 Stunden. Die Anwendung geschieht am besten in flüssiger Form, indem man das. Mittel entweder blofs in lauwarmen (nicht hei-fsem) Wasser, oder in einer schleimigen, bittern oder aromatischen Flüssigkeit auflöst. Man nimmt dabei auf 5 Gr. kohlens. Kali 5jjj bis Jß Flüssigkeit. — Will man die Kohlensäure im Magen schnell aus dem Kali entwik-keln, so schüttet man gleich nach dem Eingeben des letz­tern eine entsprechende Quantität (d. h. auf 3j kohl. Kali etwa 5jj) Essigs dem Thiere ein.
sect;. 553. Aeufserlich benutzt man das kohlens. Kali, und zwar mehrentheils die gemeine Pottasche, et) in recht wenig Wasser (1 Tb. auf 4 Th.) gelöst als reinigendes, aus­trocknendes Mittel zum täglich 1 bis 2maligem Bestrei­chen solcher Geschwüre, welche üppige, lockere und schmutzige Granulation enthalten und viel jaucheiij — oder Zi) in 8 bis 12 Th. Wassers gelöst, als auflösendes und zertheilendes Mittel zum Bestreichen der Hornhautfläche, zu Umschlägen und Waschungen an Theilen, wo gerinn­bare Ausschwitzungen, Blutextravasate, Stockungen, Ver­härtungen, z. B. Stollbeulen, Piephaken, Sehnenklapp, schleichende Entzündung und ülceration au den Sehnen, Milchknoten und ähnliche pathologische Zustände beste­hen (sect;.550); eben so bei Flechten, Räude und oberfläch­licher, mit Verdickung der Haut verbundener Mauke; und — c) mit Fett, oder noch besser mit grüner Seife (1 Th. zu 4 bis 7 Th.) zur Salbe gemacht, theils als heilendes und reinigendes Mittel bei den eben bezeichneten Haut­krankheiten, theils als zertheilendes Mittel bei den unter I angedeuteten krankhaften Zuständen. Bei den letztern wird das kohlens. Kali sehr zweckmäfsig in der Form des sogen, äufsern Lebensbalsams (S. 428) oder auch in Ver­bin-
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biudung mit der grauen QuecksilbersalBfe, mit dem Am­monium- und Kampherlinimeut als Einreibung täglich 1 bis 2 Mal angewendet.
sect;. 554.
Das neutrale kohlens. Kali wirkt bei den ver­schiedenen Arten der Anwendung fast ganz wie das ba-sis'che, ist aber örtlich noch milder und in der beruhi­genden Wirkung auf die Gangliennervcn noch kräftiger als dieses, und verdient daher bei heftigen Krämpfen im Magen u. s. w. vor ihm den Vorzug; es ist jedoch auch theuer. — Innerlich kann es in denselben Gaben und auf dieselbe Weise wie das basische Salz angewendet weiden; äufserlich wird es durch Pottasche und Holz­asche ersetzt.
Anmerkung. Die Holzasche, namentlich die Asche von harten Holzarten, besitzt fast ganz dieselben Bestandtheile, wie die unreine Pottasche (sect;. 550), wirkt daher dem basisch-kohlens. Kali sehr ähnlich und kann auch wie dieses, bei den bezeichneten Krankheiten inner­lich und äufserlich gebraucht werden. Sie ist auch lange schon von Thierärzten und Landwirthen gegen Säure im Magen, gegen die Lecksucht, das Aufblähen, gegen die Bräune und das zu häufige Erbrechen der Schweine und dergl. theils als Präservativ-, theils als Heilmittel mit Nutzen innerlich angewendet worden, und ich selbst habe von der Asche bei einigen Pferden sehr gute Wirkung gegen Wind- und Krampfkolik, welche aus Unverdauhch-keit und zu vieler Säure entstanden war, gesehen. In einem Falle scheint sie auch bei einer, dem Brande na­hen Gebärmutterentziindung an einer Kuh sehr nützlich gewesen zu sein (Archiv f. Thierheilk. v. einer Gesellsch. (Schweiz. Thierärzte; Bd. 1. S. 70). Die Gabe von gu­ter, reiner Holzasche ist für die grofsen Hausthiere eine starke Handvoll oder gegen ojv, für Schafe und Schweine die Hälfte, für Hunde der 4te Theil; die Wiederholung wie bei dem kohlens. Kali. Als Arzneimittel giebt man sie am besten aufgelöst im warmen Wasser (etwa mit
Hcrtwig Anncitnillcllelire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;49
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10- bis 12facher Menge) und nach Erfordern mit bittern oder aromatisclien Mitteln versetzt. Als Präservativmittel giebt man sie in kleineren Quantitäten (z. B. für Schweine wöchentlich eine Handvoll) unter das Futter gemengt oder im Getränk. — Aeufserlich dient sie, tlieils in trockener Form zum Einstreuen, tlieils in Wasser gelöst (als Lauge) zu Fufsbädern und Waschungen bei unreinen Wunden und Geschwüren, besonders an sehnigen Thei-len und am Hufe, bei Rheumatismus, bei Hautjucken, Flechten und Räude. Bei letzterer ist jedoch die ein­fache Aschenlauge oft nicht wirksam genug, sondern mufs durch andere Mittel, Kalk, Aetz-Sublimat, Tabaksabko­chung u. dergl. verstärkt werden. Eine recht brauchbare Zusammensetzung der Art ist das sog. Herrmann'sehe Mittel gegen die Schafräude. Zur Bereitung desselben nimmt man 4 Scheffel gute Holzasche und 1 Metzc frisch­gebrannten Kalk, mengt beides in einem grofsen Fasse zusammen, giefst so viel Wasser darauf, dafs nach 24 Stunden 140 Quart Vorlauge abgezogen werden können, welche man bei Seite stellt; dann zieht Jüan von dersel­ben Asche und auf dieselbe Weise 280 Quart Nachlaugo ab, kocht letztere mit 100 Pfd. geschnittenen Tabaksblät­tern bis zu einem Rückstande von 140 Quart, seihet die Flüssigkeit durch und mengt sie mit jener Vorlauge, In dieser, vor dem Gebrauch etwas erwärmten, Flüssigkeit werden die Schafe (mit der immer nöthigen Vorsicht, z. B. mit Schützung der Augen der Thiere, mit Aufkratzen der Räudeborken u. s. w.) jeden 3ten oder 4ten Tag, i:n Ganzen 4 bis 6mal gewaschen.
2. Kohlensaures Natrum. Ralrum carionicum.
sect;• 555. Das Natrum verbindet sich mit der Kohlensäure, ganz wie das Kali, in 2 Verhältnissen zu Salzen, nämlich zu dem basisch-kohlensauren Natrum iNatrum sub-carbonicum), — und zu dem neutralen kohlensauren Natrum iNatrum carbonic, neutrum, s. prrfeefe säturectum,
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s. acididim). Beide Salze verhalten sich in ihrer Wir­kung fast ganz gleich dem basischen und neutralen koh-lens. Kali, sind jedoch etwas milder. Sie können für dieselben Zwecke, in denselben Gaben und auf die näm­liche Weise wie das kohlensaure Kali angewendet, aber auch völlig durch dieses ersetzt werden; und da sie theu-rer sind, werden sie nur selten benutzt.
3. Kolilensaurcs, kolilcnsäucrlicLcs Aninioniuni odrr
Ammoniak,— trockenes flüclitigcs Alkali oder Laugcn-
salz. Ammonium cnrbonicvm s. suhcnrbonicum, Aleali volatile,
•s'fcclaquo;raquo;raquo;, C'arAonas armnonirus.
sect;. 556. Es besteht in 100 Thcilcn aus 29 Th. Ammoniak, 56 Th. Kohlensäure und 15 Th. Wasser, ist ein durch­dringendes Reizmittel, welches mit den flüchtig erregen­den Kräften des Aetz-Ammoniak (sect;. 532) noch die weit milderen der Kohlensäure vereiniget, und durch die letz­tere in seinen Wirkungen nicht allein sehr gemildert ist, sondern auch eine besondere Richtnng auf die Ganglien­nerven erhält. — Zu grofse Gaben können jedoch gefähr­liche Zufälle erzeugen. Orfila (a. a. O.) sähe einen Hund nach dem Eingeben von 2\ Drachmen gepulv. koh-lens. Ammoniaks in 12 Min. sterben. — 3j bei Hunden, und sect;jj bei Pferden und Kühen habe ich aber mehrmals, ohne üble Folgen davon zu sehen, eingegeben. •— Man hat das Mittel gegen krampfhafte und andere asthenisch-nervöse Krankheitszufälle, besonders wenn dieselben ih­ren Sitz in den Baucheingeweiden haben oder mit Affek­tionen des Lungenmagennerven oder des grofsen sympa­thischen Nerven verbunden sind, z. B. bei Appetitlosig­keit, Unverdaulichkeit, Krampf- und Windkolik, Lungen­krampf, Magenkoller, Epilepsie u. dergl. mit Nutzen ge­braucht. Franz. Thierärzte wollen es auch bei Cache-xien, die aus dem Lymphgefäfssystem hervorgegangen sind, namentlich beim Rotz und Wurm der Pferde mit gutem Erfolge angewendet haben, #9632;— was ich aber nach
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meinen Beobachtungen hierüber ganz bezweifeln mufs. Die Gabe ist für Pferde fjj—.^ß, für Rindvieh bis Jj, für Schafe gj bis 9j[j, für Hunde gr. v — 9j, — in 1 — 3 Stunden wiederholt. Man giebt es mit schleimigen, bit­tern oder aromat. Mitteln verbunden, am besten in flüs­siger Form und kalt. (Siehe Ammoniak sect;. 534). Säu­ren darf man nicht mit ihnen zusammen geben. Im All­gemeinen wird das Mittel wenig benutzt und gewöhnlich durch das wohlfeilere und noch wirksamere Hirschhorn­salz ersetzt.
4. l'liiclitigcs llirs clili ornsalz, brcnzliclics kolilcn-
saucrliclics Aminouiuni, brenzlicli-öliges kolilensau-
rcs Ammoniak. Sal volatile Cnriitt Cervi, Ammonium carho-
nicum pyvo - oleosum.
sect;. 557. Die Wirkungen dieses eigenthümlichen, aus Ammo­niak, Kohlensäure und brenzlichem Thieröl zusammenge­setzten Mittels sind, ganz seinen Bestandtheilen entspre­chend: flüchtige und durchdringende Erregung der Tha-tigkeit des ganzen Nervensystems und des Gefafssystems, so dal's gleichzeitig die Sensibilität und die Irritabilität vermehrt und namentlich die Energie der Gefäise ver­stärkt wird. Dabei ist es wichtig, dafs die Schnelligkeit Cund somit die Zahl) der Bewegungen des Herzens und der Arterien (bei gesunden Thieren) selbst durch sehr grofse Gaben des Mittels sich kaum bemerkbar, aber die Schnelligkeit der Athemzüge sehr vermehrt. — Ich gab dasselbe versuchsweise Pferden und Kühen zu 5ß bis gjv auf Einmal, in gjjj bis |vj destill. Wassers gelöst, und sähe stets die Schleimhaut im Maule und in der Nase und die Bindehaut der Augen gleich nach dem Eingeben dunkelroth, den Blick munterer, das Auge glänzender, das Innere des Maules, die Ohren, die Nase und Füfsc und die ausgeathmete Luft wärmer werden; letztere roch auch stark nach empyreumatischem Oel. Die Zahl der Athemzüge war von 10 bis zu 20, selbst 25 vermehrt,
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der Puls veil und kräftig, aber ganz ruhig. Zuweilen (wenn das Mittel sehr concentrirt eingegeben ward), ent­stand auch starkes Geifern aus dem Maule, selbst ober­flächliche Anätzung der Maulschleimhaut. Alle jene Er­scheinungen dauern jedoch nur l bis 2 Stunden. Später findet sich etwas vermehrte Hautausdünstung, wie auch reichlicheres üriniren und vermehrte Absonderung an der Schleimhaut der Respirationsorgane. Der Koth geht bes­ser verdauet, kleiner und derber geballt ab. Der Appetit wurde niemals vermindert. — Einspritzungen von 5ß bis 5j Hirschhornsalz, gelöst in 5jj bis gjv destill. Wassers, in die Drosselvene bei Pferden und Kühen, wirkte augen­blicklich fast ganz auf dieselbe Weise, aber noch stärker erregend.
Oertlich wirkt das Hirschhornsalz, wenn es mit vie­lem Wasser (etwa 1 Th. mit 12 Th.) gelöst auf die Haut gebracht wird, reizend, die Gcfal'sthätigkeit und Vegeta­tion in letzterer vermehrend, daher bei torpiden Geschwül­sten die Resorption und die Zertheilung befördernd, in sehr conceatrirter Auflösung (z. B. mit gleichen Theilen Wasser) aber Entzündung erregend, selbst gelind ätzend.
sect;. 558,
Die allgemeine Wirkung deä Mittels ist mit der des Camphers, des reinen und des kohlcns. Ammoniaks, vor­züglich aber mit der des stinkenden Thieröls sehr ver­wandt, und es findet daher ganz wie dieses (sect;sect;. 340, 341) seine innerliche Anwendung bei denjenigen Krankheiten, welche mit wahrer torpider Schwä­che verbunden sind; z. B. bei nervösen, typhösen und bei rheumatischen Fiebern, bei der Staupe der Hunde, dem Koller der Pferde, bei Lähmungen und rein nervö­sen Krämpfen, bei dem Starrkrampf, bei Appetitlosigkeit und Unverdaulichkeit, bei veraltetem Catarrh und Rheu­matismus u. s. w., wenn bei diesen Krankheiten die Thiere grofse Stumpfheit der Sinne, weichen, kleinen Puls, ver­minderte Wärme, schmierige, blasse Schleimhäute zeigen. — Teuueker (Haudb. der prakt. Arzneimittellehre, 2r
J
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Bd. S. 204) hat selbst bei reinen Entzündungsfiebern, in der Lungen-, Nieren- und in Gehirnentzündung von dem Hirschhornsalz, nach gemachtem Aderlafs angewendet, grofse Dienste gesehen, und erklärt dies aus der Wirkung des Mittels auf den Schweifs, durch dessen Unterdrückung die meisten dieser Leiden entstehen. Die Anwendung dieses Mittels bei reinen Entzündungskrankheiten kann aber leicht sehr gefahrlich werden, und ist daher keines-weges so unbedenklich zu empfehlen; sie darf nur statt finden entweder ganz im ersten Entstehen solcher Krank­heiten, und dann nur nach vorher gemachtem Aderlafs, — oder, wo später die Entzündung einen, zum Brande, zur Absterbung und Auflösung führenden Verlauf zeigt, und wo das hinzugetretene Fieber den nervös - fauligen Charakter annimmt
sect;, 559.
Die Gabe ist für Pferde und Rindvieh 5j — 5jj[j, für Schafe und Schweine gj—3j, für Hunde gr. jy — gr.xx, in Zwischenzeiten von 2 bis 3 Stunden wiederholt. Die Anwendung geschieht in Pillen, Latwergen oder in Auf­lösung; zu letzterer nimmt man auf 1 Theil des Salzes 24 bis 32 Theile Wasser, oder eben so viel einer schlei­migen, bittern oder aromatischen Flüssigkeit.
sect;. 560.
Aeufserlich benutzt man das Hirschhornsalz als zer-theilendes, auflösendes Mittel bei denselben krankhaften Zuständen, wo das kohlens. Kali empfohlen ist (sect;. 553), welches es aber an Wirksamkeit übertrifft. Zuweilen wendet man es mit 10 bis 12 Th. Wasser oder Brannt­wein gelöst, zum Waschen an, mehrentheils aber dient es blofs als Zusatz zu dem Kampherliniment, zur grauen Quecksilbersalbe, zum äufsern Lebensbalsam u. dgl., in dem Verhältnifs von 1 Th. zu 6 bis 8 Th. — Manche Thierärzte empfehlen es auch als Heilmittel gegen die Baude; hierzu ist es aber viel zu theuer und durch wohl­feilere sehr gut zu ersetzen. Ueberhaupt ist der Preis
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des Hirschhornsalzes (der dem des Kamphers ziemlich gleich ist) zu beachten.
Anmerkung. Der Hirschhornspiritus {Spiritus Cornu Cervi, Liquor Ammonii carbonici pyro-oleosf) ist im gereinigten oder rektifizirten Zustande in den wirksamen Bestandtheileu ganz übereinstimmend mit dem Hirsch­hornsalz, und blofs durch die flüssige Form verschieden. Es gilt daher von ihm hinsichtlich der Wirkung und An­wendung Alles, was über das Hirschhornsalz angegeben ist; er wird aber wenig benutzt.
5. Kohlensaurer Kalk. Calx carbonica.
sect;. 561.
Der kohlensaure Kalk kommt im Thierreiche und im Mineralreiche vor. Der aus dem letztern stammende ist mehrentheils ohne Nebenbestandtheile, während der aus organ. Ursprünge bald mehr bald weniger thier. Leim enthält und wahrscheinlich auch noch übrigens bei den einzelnen Thieren, von denen er stammt, verändert ist. — In der Thierarzneikunde werden am gewöhnlichsten die weil'se Kreide (Creta alba), zuweilen auch die präpa-rirte Auster schalen (Conchae praeparafae) und die Eierschalen (Testae ovoruvi) als Arzneimittel gegen Säure in den Verdauungseingeweiden und gegen hiervon entstandene Diarrhöe, Appetitlosigkeit, ünverdaulichkeit und Kolik angewendet. Der kohlens. Kalk ist in allen seinen Arten ein sehr mildes Arzneimittel, welches von der scharfen Wirkung des Aetzkalkes keine Spur besitzt. Er ist gröfstenthcils unauflöslich und kann daher nur durch Entwickelung seiner Kohlensäure im Magen und Darm­kanal eine geringe allgemeine, und dem kohlens. Kali ähnliche, aber viel mildere Wirkung erzeugen, aber am meisten wirkt er durch Absorption der vorhandenen Säure blofs örtlich und daher nur palliativ. Auch belästiget er in zu grofseu Gaben oder bei langer Fortsetzung des Gebrauchs, zuweilen die Eingeweide auf mechanische Weise, indem er sich in festen unauflöslichen Massen anhäuft.
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Dieser Eigenscliafteu wegen wird der kohlensaure Kalk in manchen Fällen besser durch das Kalkwasser ersetzt; er verdient vor diesem nur da den Vorzug, wo entweder die Empfindlichkeit der Verdauungseingeweide sehr grofs, oder wo durch irgend einen Umstand die Anwendung flüssiger Arzneien contraindizirt ist.
Die Gabe von der möglichst fein pulverisirten Kreide U. dgl. ist für Pferde und Rindvieh JIS—Jjrj, für Schafe und Schweine 3j—gß, für Hunde gr. x—?jj, täglich 3-bis 4mal. Die Anwendung kann in jeder Form, und am besten in Verbindung mit bittern und aromatischen Mit­teln, zuweilen auch, bei heftiger Diarrhöe, in Verbindung mit Rhabarber, Opium und arabischem Gummi gesche­hen. — Schwefelsäure und Weinsteinsäure, und eben so die Salze dieser Säuren, dürfen nicht mit dem kohlens. Kalk gegeben werden, weil sie mit ihm unauflösliche Substanzen bilden.
6. Kolil cnsa uro, oiler eigentlich kolilcnsäucrlidic Bit­tererde oder Magnesie. Magnesia carlonica, s. subcarbonica
s. alba.
sect;. 562.
Sie verhält sich in ihren Wirkungen dem vorigen Mittel und zum grofseu Theil auch der reinen Magnesic (sect;. 541) sehr ähnlich, ist aber milder als letztere, feiner zertheilbar, und weniger die Eingeweide belästigend, als der kohlens. Kalk, weil sie nicht so unauflösliche Ver­bindungen eingeht, wie dieser. Sie verdient daher bei den im vorigen sect;. genannten und bei ähnlichen Krank­heiten als säurewidriges Mittel vor allen andern den Vor­zug, besonders bei jungen Thicren und bei grofser Schwä­che und Reizbarkeit der Eingeweide. Da sie zugleich mehr als sect; wohlfeiler ist als die gebrannte Magnesie, so kann sie auch bei grofsen Thieren angewendet werden, ohne dafs hierdurch eine zu kostspielige Kur entsteht. Die Gabe ist für ausgewachsene Pferde und Rinder 5jj bis Jjii, für Fohlen und Kälber und ebenso für Schafe
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und Schweine 3j bis fj, für Hunde 9ß — ^ß. Die An­wendung geschieht wie bei den vorhergehenden Mitteln,
B. Schwefelsaure Salze.
7. Schwefelsaures Kali, Doppclsalz, vitriolisirter AVeiiistein. Kali sulphuricvm, Sal de duolius, Arcanum dupli-
%. 563. Es besteht aus Kali und Schwefelsäure und ist in 17 bis 18 Th. kalten oder in 5 bis 6 Th. warmen Was­sers löslich. — Bei innerlicher Anwendung erzeugt es (wie im sect;. 549 angegeben) zunächst eine eigenthümliche und mäfsige Reizung des Verdauungskanals, namentlich der Drüsen und der absondernden Gefäfse, wodurch eine reichlichere und zugleich dünnflüssigere (mehr seröse) Absonderung der Magen- und Darmsäfte, und hierdurch von mäfsigen Gaben eine stärkere Auflösung und Ver­minderung des Schleimes in den Eingeweiden und leich­terer Abgang der Darmexkrementc, — von grofsen Gaben aber selbst Laxiren entsteht. Letzteres tritt bei Pferden und Rindern erst nach 20 bis 24 Stunden ein und der abgehende Koth erscheint bei den erstem selten ganz flüssig, sondern nur weich, breiartig, mehr feucht und häufiger. Bei den übrigen Thieren, besonders beim Schweine und Hunde, tritt die Wirkung schneller ein und die Exkremente werden wässerig. — Dafs diese Wirkung mit einer örtlichen Reizung, mit etwas verstärktem Zuflufs des Blutes zu dem Darmkanal und daher auch mit ver-hältnifsmäfsiger Ableitung von andern Organen verbunden sein mufs, ist nacli allgemeinen physiologischen Gründen als sicher anzunehmen; es ist aber dabei eigenthümlich, dafs die Reizung nicht, wie bei den scharfen, harzigen, ätherisch-öligen u. a. Mitteln, mit Vermehrung der Irri­tabilität und Sensibilität und mit Erhitzung, sondern ent­gegengesetzt mit Verminderung der natürlichen Wärine
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und mit Schwächung der Irritabilität in den Häuten und Gefäfsen des Verdauungskanals verbunden ist.
Mit dieser Wirkung des Mittels auf die Verdauungs­eingeweide wesentlich übereinstimmend, ist auch seine weitere allgemeine Wirkung, besonders auf das Gefäfs-system und auf das Blut. Es geht in letzteres über, ver­mindert die Gerinnbarkeit, macht es flüssiger und heller roth, vermindert die Irritabilität und die Zusammenzie-hüngskraft der Gefafsc, so dafs bei der Anwendung in grofsen Gaben oder durch längere Zeit fortgesetzt, der Herzschlag fühlbarer und der Puls weicher und etwas voller erscheint; die Temperatur der Haut, im Maule u. s. w. und die Haut- und Lungenausdiinstung wird eben­falls vermindert, aber die Urinsekretion vermehrt und der Urin selbst wird viel reicher an salzigen Bcstaudtheilen, so dafs ganz wahrscheinlich ein grofser Theil des ein­gegebenen Salzes, obgleich etwas verändert, auf diesem Wege aus dein Körper wieder ausgeschieden wird.
In allen diesen Wirkungen ist das Doppelsalz sehr verwandt mit dem Glaubersalz und mit dein Bittersalz, gröfsteutheils auch mit dem Salpeter und mit dem Weinstein5 es wirkt jedoch nach den Erfahrungen von Waldinger und Bysz örtlich milder als diese Salze und zugleich soll es sie als Abfnhrungsmittel an Wirksamkeit übertreffen; — das Letztere ist aber, hin­sichtlich des Glaubersalzes, mit meinen und fast mit al­len andern Beobachtungen nicht übereinstimmend. Da­gegen steht das Doppelsalz dem Salpeter in der Eigen­schaft, die Lebensthätigkeit im Blute und die Irritabilität zu vermindern, sehr weit nach, es wirkt aber auch in groi'sen Gaben nicht so leicht wie dieser nachtheilig auf die Verdauungseingeweide. Auch kühlt es weniger als der Salpeter und als das Glaubersalz.
sect;. 564.
Zufolge der bezeichneten Wirkungen findet das Dop­pclsalz eine vielfache Anwendung bei allen solchen Krank­heiten, welche d) in zu geringer Absonderung an der in-
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nern Fläche des Magens und Darmkanals, daher in zu grofser Trockenheit der daselbst befindlichen Nahrungs­mittel, in Anhäufung derselben, oder in Anhäufung von zähem Schleim begründet sind, — und die sich durch Trockenheit oder schmutzigen, klebrigen Belag der Schleim­haut im Maule, durch Appetitlosigkeit, Unverdaulichkeit, sparsam abgehenden, klein geballten, harten oder mit ei­ner zähen Schleimkruste überzogenen Koth charakterisi-ren und die wohl auch in Folge jenes Zustandes mit gänzlicher Leibesverstopfung und mit Kolikschmerzen ver­bunden sein können; z. B. unverdaulichkeit, zu geringe Frefslust, gastrisches Fieber, Ueberfütterungs- und Ver­stopfungskolik (auch des Rindviehes), Verschleimung ohne grofse Erschlaffung u. dgl., — ö) auch bei solchen Krank­heiten, welche in abnormer Aufregung der Irritabilität, in örtlicher, aktiver (oder synochöser) Entzündung, oder in dergl. allgemeiner fieberhaft entzündlichen Reizung, in Orgasmus, in zu grofser Plasticität des Blutes oder in aktiven Congestioneu zu edlen Organen beruhen und sich im Allgemeinen durch harten, vollen Puls, dunklere Rö-thung und Trockenheit der Schleimhäute, grofse Wärme der Haut, sparsame Koth- und Harnentleerung und durch schnelles, festes und gleichmäfsiges Gerinnen des, bei ei­nem Adcrlafs entleerten Blutes zu erkennen geben; daher z. B. bei Entzündungen des Gehirns, der Augen, der Lungen, der Milz, der Leber, der Gebärmutter, der Hufe u. dgl. bei Entzündungsfiebern; bei dem akuten Rheuma­tismus; bei dem Dummkoller, wenn derselbe mit den an­geführten Symptomen von Gefäfsreizuug oder mit Con-gestionen des Blutes gegen den Kopf, oder mit Raserei verbunden ist; bei allen Milzbrandkrankheiten, besonders im ersten Entstehen derselben und vorzüglich, wenn die oben bezeichneten Symptome vorhanden sind. — c) Auch ist das Doppelsalz als urintreibendes und steintreibendes Mittel in solchen Fällen, wo in der Blase sich ein san­diger Bodensatz bildet, mit Nutzen angewendet worden. —
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lt;/) Aufserdem ist es ein wirksames Gegengift bei frisch entstandenen Vergiftungen durch Blei.
Bei Entzündung des Magens, des Darmkanals und noch mehr bei Entzündung der Nieren und der Harn­blase, geben manche Thieriirzte das Doppelsalz (und über­haupt Salze) nicht gern, weil die örtliche reizende Ein­wirkung nachtheilig sein soll; allein bei geschickter An­wendung des Mittels, in Verbindung mit schleimigen Stoffen, ist die letztere nicht so sehr zu fürchten.
Die wirklichen Gegenanzeigen gegen den Gebrauch des Doppelsalzcs, besonders gegen grofse Gaben dessel­ben, sind: ein hoher Grad von Erschlaffung, Reizlosig­keit und Schwäche, sowohl im ganzen Körper, wie auch vorzüglich in den Verdauungsorganen, Durchfall in Folge oder in Verbindung mit grofscr Schwäche, übermäfsige Harnsekretion, Zehrfieber.
sect;. 565.
Die Grofse der Gaben und die Verbindung, in wel­cher das Doppelsalz angewendet wird, ist nach Verschie­denheit des Krankheitszustandcs und des Heilzweckes sehr verschieden. — Bei den im vorigen sect;. unter a be­zeichneten Krankheiten giebt man es, um die absondernde Thätigkeit im Vcrdauungskanal gclind zu vermeinen, den Schleim aufzulösen, den Appetit und die Verdauung zu bessern, (als sog. Digcstivmittel), nur in kleinen und mäfsigen Gaben; nämlich den grofsen Hausthicren von 1 bis 3 Unzen, Schafen und Schweinen von \ bis 1 Unze, Hunden von \ Drachme bis 2 Drachmen, — täglich 3 bis 4 Mal, — in Verbindung mit bittern und gelind er­regenden Mitteln, und am besten in Latwergen oder in Pillen. — Bei allen Koliken der Pferde soll man, nach Waldiuger's Vorschrift1), ^jjj Doppclsalz mit sect;j En-zianwurzelpulvcr und mit warmen Wasser (J Quart) auf Einmal, und in Zwischenzeiten von \ Stunde wiederholt, so lange eingeben, bis das kranke Thier etwas ruhiger
') Waldinger, üb, d. Nabrangs-n.ficilniiltel d. Pferde. S. 199.
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wird, worauf diese Eingüsse nur alle Stunden wieder-liolt werden, bis Entleerung des Mistes und des Urins und gänzliche Beruhigung erfolgt. Dieses Verfahren ist allerdings bei den Koliken, die aus Ueberfütterung, von zu trockenem, oder schwer verdaulichem, kleisterigem Futter (z. B. Kleie) und aus Mangel an Absonderung im Verdauungskanal entstanden sind, sehr nützlich; allein es eignet sich -weder für solche, die in heftiger Magen-und Darmentzündung bestehen, noch für diejenigen, die in Reizlosigkeit und Erschlaffung, oder im blofsen Krampf dieser Theile begründet, oder mit starker Aufblähung verbunden sind; denn bei ersteren darf dss Salz nur mit vielem Schleim oder selbst mit Fett und fettem Oel ver­bunden, angewendet werden (z. B. wie im sect;. 196), — und bei denen von letzter Art sind gewöhnlich die stär­ker reizenden, krampfstillenden und absorbirenden Mit­tel (z. B. Terpentinöl, Opium, Schwefelleber) weit wirk­samer.
Gegen die, im vorigen sect;. unter I) angedeuteten Krank­heiten, mufs man das Doppelsalz in den vorhin bezeich­neten gröfsten Gaben anwenden, sie sogar verdoppeln (so dais man z. B. für Pferde oder Rinder 2 Pfd. in 24 Stunden mit etwa 6 bis 8 Gaben verbraucht), wenn diese Krankheiten in einem hohen Grade bestehen. Hayne warnt gegen grofsc Gaben dieses Salzes bei edlen Pfer­den und sagt: dafs arab. und englische Pferde durch das­selbe oft umgebracht werden, wenn nicht die gehörige Vorsicht in der Gabe befolgt wird; denn es hat Fälle gegeben, wo man bei entzündlich gastrischen Leiden von dem Doppelsalze eben solche gute Wirkungen wie in Koliken bei gemeinen schlaffen Thieren zu erwarten be­rechtiget sein konnte und es ohne Modifikation in gro-fsen Gaben reichte, wovon jedoch die Folgen gewöhnlich tödtlich, durch stellenweisen Brand in den Gedärmen ver-anlafst, warenl). Ich will diesen Beobachtungen nicht
1) Darstell. lt;ler in der Tliierheillc. hewälirten Heilmittel. Bd. 1. S. 309.
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widersprechen, mufs aber bemerken: a) dafs ich bei mehr-fdltigen absichtlichen Versuchen an gesunden englischen und andern Pferden von edler Rage durch die oben be­zeichneten grofsen Gaben niemals Magen- oder Darment­zündung oder gar Brand habe erzeugen können 5 dafs aber — i) solche edle Pferde, wenn sie an gastr. ent­zündlichen Krankheiten litten, oft schnell an dem hin­zugetretenen Brande starben, obgleich gar kein Doppel­salz angewendet worden ist. Dennoch mag man Hayne's Warnung beachten und bei solchen Krankheiten edler Pferde das Mittel nur in kleinen Gaben reichen, oder es ganz weglassen. — Je mehr die Symptome einer akuten synochösen Entzündung zugegen sind, um so mehr ist es nöthig, mit dem Doppelsalz den Salpeter zu verbin­den ; und bei Entzündungen des Verdauungskanals und der Harnorgane ist, wie bereits oben erwähnt, der Zusatz von schleimigen und anderen milden, einhüllenden Mitteln er­forderlich. — Will man durch das Mittel bald eine laxi-rende Wirkung hervorrufen, so ist seine Anwendung in flüssiger Form am zweckmäfsigsten (wenn übrigens die­selbe durch andere Umstände nicht contraindicirt wird). Diese Wirkung wird sehr verstärkt, wenn man zu dem aufgelösten Salze die verdünnte Schwefelsäure setzt, und zwar auf fj Salz oß von der Letztern.
Gegen Eingeweidewürmer der Pferde empfiehlt Wal­dinger 1) als Abführungsmittel das Doppelsalz zu 4 Loth, in Verbindung mit 16 Loth Leinöl und mit 1 Loth Hirschhornöl (S. 447). — Gegen die Ansammlung san­diger Massen in der Blase und gegen die hierdurch er­zeugten Harnbeschwerden rühmt derselbe eine Composi­tion aus 4 Loth Doppelsalz, 2 Loth Kamillenpulver, \ Loth Seife und 1 Loth Terpentinöl 2). Die Wirksamkeit der letzteren Arznei kann ich bestätigen.
*) Dessen Therapie, 2le Aufl. 2r Theil. S. 87 und 282, Formel Nro. 4.
2) Uobor Nalirungs- und Heilmillel d. Pferde. S. 512.
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Essig, Salpeter- und Salzsäure, Kalkwasser, Kalk-, Baryt-, Quecksilber-, Blei- und Silbersalze soll man mit ihm nicht verbinden.
Anmerkung. Das saure schwefelsaure Kali {Kali bisidphuricum), welches aus 1 Th. Kali und 2 Th. Schwefelsäure besteht, wird als Arzneimittel für Thiere nicht benutzt, ist aber in neuerer Zeit zur Entwickeluns der Chlordämpfe aus dem Chlorkalk (S. 6fi6) empfohlen worden.
8. Schwefelsaures jVatrum, seliwefelsaure Soda, G lau-
bersalz, Glaubersches W undersalz. Nafrum sulphuricum
Sulp/ws sodae, Sal miraiile Glauberi.
sect;. 566.
Das Glaubersalz besteht aus Natrum, Schwefelsäure und Crystallisationswasser;' an letzterem ist es ausge­zeichnet reich, enthält mehr als die Hälfte seines ganzen Gewichts (nämlich 56 proCt.) von demselben, verliert es aber an der Luft und zerfällt dann in ein weifses Pulver. Man unterscheidet daher ä) crystallinisches (d. i. wasserhaltiges, Natrum sulphuric, crystallisatum) und h) zerfallenes oder trockenes Glaubersalz (Natr. sul­phuric, delapsum s. siecum). Da sich mit dieser Verän­derung des .Salzes auch seine Arzneikraft, wenigstens der Grad der Wirksamkeit verändert, so ist, der Unterschied wohl zu beachten. Das Glaubersalz löst sich in 3 Thei-len kalten und in weniger als gleichen Theilen kochen­den Wassers leicht auf.
Die Wirkungen dieses Salzes kommen mit denen des Doppelsalzes sehr überein, und weichen nur darin ab, dafs sie, wie es scheint, wegen der reichlichen Wär­mebindung, die bei der Anwendung grofser Gaben des frisch aufgelösten oder des unvollständig gelösten krystal-liuischen Glaubersalzes im Magen entsteht, örtlich und allgemein mehr kühlend und antiphlogistisch sind, dafs aber aus demselben Grunde das Mittel in grofseu Gaben zuweilen Kolik verursacht oder den Appetit und die
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Verdauung ftir einige Zeit schwächt. Diese üble Neben­wirkung bemerkt man von dem trockenen Glaubersalz weniger, und dennoch wirkt dasselbe stärker abführend als das krystallinische; dagegen ist letzteres mehr urin­treibend als jenes. Waldinger und Rysz behaupten, dafs das Glaubersalz bei weitem nicht so wirksam sei, als das Doppelsalz. Dies gilt jedoch nur von dem kry-stall. Glaubersalz; denn das trockene habe ich, bei ab­sichtlich hierüber angestellten Versuchen, eben so wirk­sam, und in manchen Fällen sogar noch kräftiger gefun­den als das Doppelsalz.
sect;. 567.
Das Glaubersalz kann ganz bei denselben Krankhei­ten, bei denen das Doppelsalz nützlich ist (sect;. 564), als Heilmittel innerlich angewendet werden; es verdient aber vor dem letzteren in den meisten Fällen den Vorzug, weil es wohlfeiler ist, und bei Entzündungen auch wegen seiner mehr kühlenden Wirkung. — In früherer Zeit hatte man das Glaubersalz auch gegen die Rinderpest empfohlen1); es sind jedoch keine Thatsachen über sei­nen hierbei geleisteten Nutzen bekannt.
Die Gabe von dem crystall. Glaubersalz ist bei den verschiedenen Krankheiten wie von dem Doppelsalz (sect;. 565); — von dem trockenen aber kann sie um l gerin­ger sein. Die Anwendung von beiden geschieht eben-falls auf dieselbe Weise und in denselben Verbindungen, wie bei jenem Salze, und es ist nur zu bemerken, dafs das crystall. Glaubersalz sich weniger gut als das trockene zur Anwendung in Latwergen und noch weniger in Pil­len eignet, weil es sehr weiche, schmierige Massen bil­det. Man giebt es daher am besten mit Wasser aufge­löst in flüssiger Form, besonders wenn es als Laxirmit-tel wirken soll; ist man aber durch die vorhandenen __________nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Krank-
') Gutaclilen der Gebrüdpr Gravenliorst, die Anwendung des Glaubersalzes wider die Rindviehscuche betreffend. In dem Braun­schweig. Anzeiger v. Jalire 1776.
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Krankheitsverfiältnisse, namentlich durch sehr beschwer­liches Athmen oder durch heftige Unruhe der Thiere u. dgl. genöthigt, das Mittel in Latwergen oder Pillen an­zuwenden, so mufs man ihm etwas mehr Bindemittel zu­setzen, als andern Arzneien, z. B. zu 1 Pfd. des blofsen Salzes gegen 2 Unzen Altheewurzclpulvor.
Das Glaubersalz ist auch, wie das Kochsalz, als'ein Reizmittel zur Beförderung des Verdauungs - Prozesses bei den pflanzenfressenden Hausthieren mit Nutzen ge­braucht worden. Für diesen Zweck giebt man es wö­chentlich an 2 Tagen, jedesmal früh und Abends den Pferden Jjß, den Rindern ^jj, den Schafen und Schwei­nen sß, auf das Futter, oder man löst es auf und giebt es im Getränk.
sect;. 568.
Da das crystall. Glaubersalz bei seiner Auflösung viel Wärme bindet und einen hohen Grad von Kälte künstlich erzeugt, so wird es hin und wieder auch äus-sorlich bei solchen Entzündungen, die mit grofscr Hitze begleitet sind, als ein kühlendes Mittel angewendet. Für diesen Zweck wird am besten das grob pulverisirte Glau­bersalz zwischen Leinwand auf den kranken Theil gelegt, und dann seine Lösung durch fleifsiges Anfeuchten der Leinwand mit kaltem Wasser bewirkt. Das Waschen der entzündeten Theile mit einer Auflösung des Salzes iu Wasser ist weniger wirksam. — Das trockene Glau­bersalz eignet sich zu dieser Anwendung nicht. Dieselbe ist wenig gebräuchlich und nicht so unbedingt nützlich, wie sie es zu sein scheint, weil die örtliche Einwirkung des Salzes auf die entzündeten Theile eine neue Reizung verursacht.
9. Schwefelsaure M.ignosic oder Bittererdo, Eiiglisolies.
Said schütz er odor Bittersalz. Magnesia aulphuriea, Sulphas
JIagnesiae, Sal anglicum, Sal Salrlsrliuctzm-e, Sal amariim.
sect;, 569.
Dieses, aus Bittererde und Schwefelsäure bestehende
Salz, enthält im kr\ stallinisclion Zustande über die Hälfte
H p rl laquo;-ig Ar
5laquo;)
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seines Gcwiclits (61 pro Ct.) Krystallisationswasser, ver­liert aber dasselbe durch Einwirkung einer trockenen Luft und zerfällt dann, wie das Glaubersalz, in ein wei-fses Pulver.
In seiner Wirkung stimmt es mit dem Glaubersake und mit dem Doppelsalze fast ganz überein, ist jedoch etwas weniger kühlend, weniger abführend und weniger urintreibend, aber auch weniger schwächend auf die Ver­dauungseingeweide als das Erstere. — Es findet seine innere Anwendung bei denselben Krankheiten, bei denen das Doppclsaiz und Glaubersalz empfohlen ist, mufs aber den grofsen Hausthieren in Gaben, die um 5 gröfser sind als von diesen Salzen, gereicht werden. Deshalb und zugleich, weil es theurer ist als diese Salze, wird es sel­ten angewendet.
10. Alaun, roher Alaun, s cliwefelsanres TIion-Kali. Ah­men, Alumen crudum, Sulplius aluminico-haUcus (oiler uimnonicus) cum Aqua, Argilla Kali-sulphurica.
sect;. 570.
Dieses Doppclsalz besteht gewöhnlich aus schwefel­saurem Kali, schwefelsaurer Thoncrdc und vielem (über 45 pro Ct.) Krystallisationswasser, kann aber auch statt des Kali schwefeis. Natrum oder schwcfels. Ammoniak enthalten. Durch Brennen in einem irdenen, nicht gla-sirten Topfe, oder in einem solchen Schmelztiegel, ver­liert es sein Krystallisationswasser, wird locker, schwam-migt, und ist dann der sog. ge b r annt e A1 au 11 {alumenustum).
a) Der rohe Alaun geht (nach Mitscherlich) bei innerlicher Anwendung zuerst mit dem Eiweifsstoff und mit dem Käsestoff, welche im Magen und im Darmkanal vorhanden sind, Verbindungen ein, die durch Essig- und Chlorwasscrstortsäure wieder löslich sind und im aufge­lösten Zustande auch absorbirt werden können. Seine Wirkungen sind, im Allgemeinen angedeutet, denen der verdünnten Schwefelsäure ähnlich, jedoch durch das Kali und die Thonerde etwas modifizirt und gemildert und
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nach der Grofse der Gaben etwas verschieden. Wird er innerlich in mafsigen Gaben und in nicht zu kurzen Zwi­schenzeiten angewendet, so wirkt er zunächst auf die Schleimhaut des Verdauungskanals gelind erregend und zusammenziehend, vermehrt die Coutraktilität, beschränkt die krankhaft vermehrten Absonderungen und beseitigt daher auch dergleichen Dannausleerungen 5 ebenso wird auch besonders bei länger fortgesetzter Anwendung, die Urin- und (bei milchenden Thieren) die Milchabsonderung vermindert. Dabei ändert sich auch die Qualität der ab­gesonderten Säfte, — wie man dieses bei manchen Ab­normitäten des Urins und der Milch, z. B, Blutharnen und Blutmolkeu), die sick durch den Alaun beseitigen lassen, zuweilen sehr deutlich sieht. Eemerkenswerth ist es jedoch, dafs während und nach der Anwendung des Alauns an gesunden Kühen, bei meinen hierüber gemach­ten Versuchen, die Milch nicht früher säuerte als vor­her. — Wird das Mittel anhaltend, und in kurzen Zwi­schenzeiten wiederholt gegeben, so stört es den Appetit und die Verdauung, macht Hartleibigkeit, Abmagerung und Mattigkeit, und Bourgelat iMaiiere medicale) sagt, dafs Pferde in Folge des Gebrauchs des Alauns schwind­süchtig geworden sind. — Zu grofse Gaben erzeugen Leibschmerzen, Durchfall, bei Schweinen und Hunden Erbrechen, und zuweilen selbst Magen- und Darmentzün­dung. — Bei den Sektionen findet man dann das Epi­thelium des Magens und des Dünndarms theilweise in eine weifsliche Masse umgewandelt.
Aeufserlich wirkt er ebenfalls zusammenziehend und gelind reizend; er verdichtet die Weichgebilde theils durch Zusammenschrumpfung der Fasern, theils durch Gerinnung der Säftj und vermehrt daher den Tonus, vermindert krankhafte Schlaffheit und Ausdehnung, eben­so zu üppige, mit Erschlaffimg verbundene Bildung, be­schränkt zu reichliche Eiterung und stillt Blutungen.
sect;. 571.
Die innerliche Anwendung des Alauns ist da ange-
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zeigt, wo Erschlaffung und Reizlosigkeit bestellt, und in Folge hiervon die Ab- und Aussonderungen in übermafsi-ger Menge und in unregelraäfsiger Beschaffenheit stattfin­den 5 daher namentlich bei dergleichen schleimigen und blutigen Durchfällen^ bei Schleimflufs aus den Geschlechts­organen, bei veralteter Harnruhr, bei dem asthcnischen Blutharnen, bei Auflockerung der Schleimhaut in der Ra­chenhohle, im Kehlkopfe und in den Bronchien und bei anhaltendem Schlcimausflufs aus diesen Theilen; ferner, bei der Lecksucht des Rindviehes im Isten und 2ten Sta­dium; bei fehlerhafter Beschaffenheit der Milch, beson­ders bei der sog. blauen Milch, wenn dieselbe blau, wäs­serig, theilweis mit zähen Faden durchzogen erscheint, wenig Rahm ausscheidet, aber einen fetten, schmierigen Bodensatz bildet. — Auch ist der Alaun als antisepti­sches Mittel gegen faulige und andere asthenische Krank­heiten, bei denen sich eine Neigung zur Zersetzung zeigt (z. B. Faulfieber, Typhus, Borstenfäule der Schweine), besonders wieder, wenn bei diesen Krankheiten colliqua-tive Ausleerungen eintreten, empfohlen worden; man soll ihn hier anstatt der verdünnten Schwefelsäure anwenden, wenn man fürchtet, dafs letztere von den Verdauungsein-geweiden nicht vertragen werden sollte; allein er kann dieses Mittel bei solchen fauligen Krankheiten nicht völ­lig ersetzen, vorzüglich deshalb, weil er nicht so ener­gisch auf das Blut selbst wirkt.
Aeufserlich findet der Alaun eine häufige Anwendung ebenfalls gegen krankhafte Zustände, die wesentlich in Auflockerung und Erschlaffung begründet, und nicht mit vermehrter Reizbarkeit verbunden sind, z. B. gegen Auf­lockerung der Bindehaut nach Angenentzündungeu oder selbst bei chronischen, mit vieler Schleimabsonderung be­gleiteten, torpiden Augenentzündungen; gegen Flecke der Hornhaut, wenn letztere aufgelockert erscheint; gegen die stark jauchenden und sehr stinkenden, mit Auflockerung der Haut verbundenen Geschwüre im äufseren Gehör­gange der Hunde; gegen die Auflockerung der Schleim-
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haut im Maule bei und nach dem Maulweh, eben so bei und nach Bräune, bei Aphten, Teigmal und andern Krankheiten des Mauls, wenn ein fauliger, brandiger Zu­stand dabei besteht, oder wenn Speichelflufs damit ver­bunden ist; — ferner, gegen hartnäckige ödematöse An­schwellungen, die blofs durch örtliche Erschlaffung un­terhalten werden; gegen dergl. Geschwüre, besonders wenn sie zugleich sehr reichlich absondern, oder wenn sie mit lockerer, leicht blutender, üppiger Granulation versehen sind, z. B. dergl. Mauke und Strahlgeschwüre; ferner, gegen Gallen, gegen Gelenkwunden, Quetschungen, Ausdehnungen, Verrenkungen und Vorfälle, wenn keine Entzündung dabei besteht; gegen Blut- und Schleimflüsse aus der Maulhöhle, aus der Nasenhöhle, den Geschlechts-theilen u. s. w. auch gegen feuchten Brand und gegen Räude.
Der Alaun schadet dagegen innerlich und äufserlich überall, wo vermehrte Irritabilität und Sensibilität, ver­stärkte Zusammenziehung, Entzündung, Verdickung, Ver­härtung besteht, oder wo gutartige kritische Ausleerungen stattfinden.
sect;• -572. Man giebt Pferden und Rindern den Alaun innerlich von 3.Ü bis zu gß, Schafen und Schweinen von 3ß — 5j, Hunden gr. v — 3ß, in Zwischenzeiten von 6 bis 8 Stun­den, am besten in Verbindung mit bittern und aromati­schen Mitteln, bei grofser Schwäche auch mit Kampher, bei heftiger Diarrhöe oder bei heftigem, schmerzhaftem Blutharnen und bei dergl. Harnruhr auch mit schleimigen Mitteln und mit Opium oder mit Bilsenkraut. Die An­wendung kann in Pillen, Latwergen, oder in flüssiger Form geschehen; letztere scheint die Wirksamkeit am meisten zu begünstigen.
Die äufserliche Anwendung des Alauns geschieht: a) als feines Pulver zum Einstreuen in Geschwüre, nach Erfordernifs bald für sich allein, bald in Verbindung mit Kohle, mit Asche, mit bittern und zusammenziehenden
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Pflanzehpulvern; oder mit Zucker zu gleichen Theilen zu­sammengemengt gegen Flecke und Verdunkelungen der Hornhaut; oder mit arab. Gummi und Coloplionium in gleichen Th. zusammengerieben, als blutstillendes Mittel in Wunden. Blutungen aus grofsen Gefafsen stillt aber dieses Mittel nicht, und in Wunden, welche durch schnelle Vereinigung geheilt werden sollen, ist es nachtheilig, in­dem es die letztere chemisch und mechanisch stört. — U) Als Auflösung in Wasser oder in Aufgüssen und Ab­kochungen von aromatischen und adstringirenden Pflan­zen, zuweilen auch mit Zusatz von Weingeist, zum Wa­schen und Bähen der ödematösen, der gequetschten, aus­gedehnten Theile, zum Verbinden der Geschwüre, zum Einspritzen in die Höhlen bei Blut- und Schleimflufs, desgl. als Augenwasser, als Maulwasscr. Zum Augen-wasser nimmt man pjj bis 3j Alaun auf |vjjj eines aromat. Aufgusses, — zum Gebrauch an den Schleimhäuten 5jj — öjjj, an andern Theilen aber sect;B bis fj auf 1 Pfd. Flüs­sigkeit. — c) In Salbcnforrn, nur zuweilen gegen Horn­hautflecke (z. B. 1 Th. fein pulv. Alaun, 1 Th. Opium oder Kampher mit 18 bis 24 Th. Honig, Fett oder Ei­gelb abgerieben), oder bei Wiederrüstschäden und ähn­lichen Verletzungen, gegen welche er in dieser Form nur in Verbindung von 2 bis 3 Th. Eiweifs zu dem Zwecke angewendet wird, um eine festsitzende, austrocknende Decke schnell zu bilden. Alkalien und alkalische Erden (daher auch Kalkwasser), eben so Salpeter, Salmiak, Kochsalz, essigsaures Bleioxyd und Quecksilbersalze zer­setzen den Alaun und dürfen defshalb nicht mit ihm ver­bunden werden, wenn man seine Wirkungen erzeugen will.
sect;. 573. b) Der gebrannte Alaun ist gelind ätzend und zu­gleich stärker zusammenziehend als der rohe. Er dient nur zum äufserlichen Gebrauch als austrocknendes, zu­sammenziehendes und schwach ätzendes Mittel in Wun­den und Geschwüren, in denen die Granulation schlaff,
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weich mid üppig, und die Absonderung zu reichlich ist. Die Anwendung geschieht am besten als Einstreupulver, bald rein, bald in Verbindung mit andern adstringirenden Mitteln oder Kohle, Kampher u. dcrgl. In Salbenfonn wird er seltener angewendet; Auflösungen mit Wasser sind unzweckmäfsig, weil er in denselben mehrentheils wieder zum rohen Alaun umgewandelt und demselben auch in der Wirksamkeit ähnlich wird.
Der Alaun bildet auch einen Bestandtheil des sog. Wund- oder Heilsteius und des Augensteins (siehe 12te Klasse bei dem Kupfer).
C. Salzsäure oder Chlor-Salze.
11. Salzsaures IVairuni, Chlornatrium, Kotli- oder Kü-clieusalz, gemeines Salz. Natrum muriaticum, Ndtriamchlö-raluw, Chlorettim JS'atrii. Hai evlinare *. cominvne, (Steinsalz, Meersalz, Quell- oi'er Soolsalz, Sal gemmae, S. marinum,
S Juni an um).
574.
Das Kochsalz besteht aus Natrium und Chlor mit beigemengtem Wasser, oder nach der altern Ansicht aus Natriün und aus Salzsäure; es lost sich im kalten und warmen Wasser gleichmäfsig auf, und 100 Th. Wasser können 37 Th. des Salzes lösen. •— Dieses Salz wirkt, bei innerlicher Anwendung in mäisigen Gaben, als ein kräftiges Reizmittel auf die sämmtlichen Verdauungsein­geweide, vorzüglich aber auf die Schleimhaut des Mauls, des Magens und Darmkanals; es erzeugt zuerst einen an­genehmen Salzgeschmack und eine lebhaftere Höthung der Schleimhaut im Maule, etwas vermehrte Absonderung eines mehr dünnen Speichels, später Trockenheit, Durst und vermehrten Appetit; auf dieselbe Weise wie im Maule werden auch im Magen und Darmkanal die zur Verdau­ung notliigen Säfte dünnflüssiger, mehr serös und etwas leichlicher abgesondert, zugleich aber die Resorption, die Contraktion, die Irritabilität und die Bewegung im Darm­kanal verstärkt; denn der Kotli geht nach kleinen, cinzel-
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• neu Gaben in kleineren Ballen, aber sehr gut verdauet und dabei nicht seltener als sonst ab. Wie weit diese reizende Wirkungen des Kochsalzes auf andere Organe, besonders auf die Leber, Milz, Bauchspeicheldrüse, die Respirationsorgane u. s. w. sich erstrecken, ist zwar nicht so genau nachzuweisen, aber wahrscheinlich sind sie in einem geringen Grade über den ganzen Körper verbrei­tet; denn das Salz gelangt durch die absorbirenden Ge-fafse in die Säfte, verursacht eine hellere Röthung des Blutes, vermehrte Urinabsonderung, und das Ueberflüssige wird dann zum Theil durch den Urin, nach Thilow's Versuchen ') aber auch zum Theil durch den Schweifs wieder aus dem Körper ausgeschieden.
Das Kochsalz bildet von Natur einen Bestandtheil des Thierkörpers, namentlich des Blutes, und es scheint hieraus schon hervorzugehen, dafs es für denselben nö-thig sein mufs; auch fühlen wirklich die meisten Tliiere, vorzüglich die Wiederkäuer, sein Bedürfnifs; sie lecken es sehr gern und befinden sich bei einem fortgesetzten mäfsigen Genüsse desselben nicht nur wohl, sondern sie werden auch dabei mehr beleibt, kräftiger und munterer, die Schleimhäute erscheinen lebhafter gerötiiet, die Haare glänzender, der Appetit, die Se- und Exkretionen regel-mäfsiger. Es giebt Gegenden, wo man den Thiercn Salz reichen mufs, um sie am Leben zu erhalten; z. B. nach Warden starben in den nördlichen Ländern Brasiliens die Hausthiere, wenn man ihnen nicht eine bestimmte Portion Salz oder Salzsand gab; und nach Roulin wurden in Co-lumbien, wenn das Vieh nicht Salz in Pflanzen, im Was­ser oder in Erden vorfand, die weiblichen Thiere wenigerquot; fruchtbar und die Heerde kam schnell herunter2).
*) Ueber die Wirkung lt;k-s Salpeters und Kiichcnsalzes. Erfurt 1802. S. 19. — Bemerkenswcrtli scheint es, dak nach diesen und andern Versuchen das Kochsalz die Erregbaiieit in den hlofsgeleg-ten Nerven an frisch getödtelen und an lebenden Thieren vermehrt, der Salpeter sie aber vermindert.
f) Möglin'sche Annal. Bd. % S. 29.
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In ubermäfsigen Gaben (z. B. bei Pferden von 2 bis 3 Pfd., beim Rindvieh von 3 bis 5 Pfd., bei Hunden von 1 bis 2 Unzen) verursacht jedoch das Kochsalz sehr bald gänzlichen Verlust des Appetites, Angst, Unruhe Schmerzen im Leibe, bei Kühen heftiges Würgen im Schlünde, — bei Hunden, Schweinen und Katzen auch wirkliches Erbrechen, —'sehr schnellen, kleinen Puls, Durchfall, stieren Blick, Krämpfe, Mattigkeit, Kälte am ganzen Körper, Lähmung der hinteren Extremitäten und selbst den Tod, Letzterer erfolgt zuweilen in 16 bis 24 Stunden, zuweilen erst nach mehrern Tagen. Bei Hun­den sähe ich die heftige Wirkung fast immer nur dann eintreten, wenn durch Zubinden des Schlundes das Wie­derausbrechen des Salzes verhindert war.
In den Kadavern solcher Thiere findet sich: die Schleimhaut des Magens und Darmkanals (bei Wieder­käuern besonders an der Haube, am Laabmagen und an einem Theile des Krummclaims) stark entzündet, schwarz-roth, verdickt, an einzelnen Stelleu selbst etwas angeätzt. Schleim ist im ganzen Verdauungskanal wenig zu bemer­ken. Im Herzen ist die innere Fläche zuweilen mit dun­keln Flecken verseilen. Alle andere Organe erscheinen unverändert. Das Blut nimmt an der Luft binnen kurzer Zeit eine sehr hellrothe Farbe an1).
Einspritzungen von 5j bis 5jj des Kochsalzes (in der zehnfachen Menge Wassers gelöst) verursachen bei Pfer­den nur etwas hellere Rothung des Blutes, aber keine andern Zufälle. Von jj bis ^ß, in derselben Art aufge­löst, entstand hellere Röthung des Blutes, und etwas be­schwerliches, kürzeres Athmen; Jjj erzeugten dieselben Zufälle im hohen Grade, so dafs das Thier niederstürzte und zu ersticken schien. Nach einer Viertelstunde erholte es sich jedoch wieder.
') Einige Fälle von Vergiftung durch Koclisalz an Kühen siehe: Archiv f. Thierheilk. v. einer Gesellsch. Schweiz. Thieräczte, Bd. 3. S. 378 u. Ui.
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Bei der äufserliclien Anwendung auf die Haut, auf die Schleimhäute, und auf Wunden und Geschwüre bringt das Mittel ebenfalls Reizung, dunklere llöthung, im stär­kern Grade selbst Bläschen hervor und verursacht zu­gleich eine lebhaftere Resorption.
sect;. 575.
Das Kochsalz wird für die Hausthicrc sowohl als Arzneimittel, wie auch als diätetisches Mittel benutzt.
a) In ersterer Hinsicht stellen es gewöhnlich die thicr-ärztlichen Schriftsteller den übrigen Neutral- und Mittel­salzen gleich und empfehlen es, wie diese im Allgemei­nen, als ein kühlendes, entzündungswidriges und abfüh­rendes Mittel, welches im Nothfalle die übrigen Salze er­setzen können. Allein, wegen seiner reizenden, den Ve-getatiönsprozefs belebenden quot;Wirkungen ist es keinesweges anstatt der schwefelsauren und weinsteinsauren Salze und noch weniger statt des Salpeters, gegen irritable, syno-chöse Entzündungen anzuwenden, sondern nur gegen sol­che, bei denen wesentlich die vegetative Thätigkeit und die gute Mischung der Säfte leidet, z. B. bei den catarr-halischen (Druse, Bräune}, noch mehr aber bei Anthrax und bei andern typhösen Entzündungen und dergleichen Fiebern. Seine hauptsächlichste Anwendung findet es aber bei solchen Krankheiten, bei denen die Reizbarkeit und die Empfindlichkeit und gleichzeitig die serösen Sekretio­nen in den Verdauungseingeweiden vermindert, oder ihrer Qualität nach krankhaft verändert sind, wo z. B. bei Appetitlosigkeit und Unverdaulichkeit die Schleimhaut im Maule bleich oder bläulich gefärbt, mit schmutzigem, zä­hem Schleim belegt, der Koth bald klein bald grofs ge­ballt und mit zähem Schleim umhüllt abgehet; daher auch bei Ansammlung von zähem Schleim im Verdauuugskanal oder in den Respirationsorganen bei Würmern, bei Kolik aus Unverdaulichkeit, bei der Lecksucht des Rindviehes in den ersten Stadien, bei gastrischen Fiebern, bei Feh­lern in der Assimilation und Reproduktion, bei chroni­scher Druse, bei Fäule und Bleichsucht der Schafe, bei
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Abmagerung, beim zu langsamen, unvollständigen Abhaa-rcn und dcrgl.
Bei allen diesen Krankheiten sind miifsig starke Ga­ben, nämlich: für Pferde von 5j bis Jjjj, für Rindvieh von gjj bis ^vj, für Schafe von 5jj bis 5), für Schweine von ,=ß bis Jjj, für Hunde von gß bis 5Jjj, — täglich 2 bis 4 Mal hinreichend. Man giebt es in Verbindung mit bittern und erregenden Mitteln, zuweilen auch in Verbiu-dimg mit Schwefel, Glauzrufs und dergl., in jeder Form und selbst als Pulver auf das Futter gestreuet oder als sogenannte Lecke.
Auch dient das Kochsalz zu Klystiren, wenn man durch Reizung des Mastdarms entweder die Kothentlee-rungen befördern oder auch eine gelinde Ableitung von andern Organen bewirken will. Man nimmt zu einem Klystir für die grofsen Thiere gegen 2 Unzen, für die kleinen 2 Drachmen bis 1 Loth.
Aeufserlicli benutzt man es bei Verdunkelungen der Hornhaut (wo es jedoch durch Pottasche, graue Merku-rialsalbe und durch den rothen Präzipitat an Wirksamkeit iibertroffen wird), bei Quetschungen, Satteldrücken, Blut-untcrlaufungen, Verrenkungen und Verstauchungen; bei Schnenklapp, bei Verhärtungen und ödematösen Anschwel­lungen; bei Bifswunden, welche durch kranke, der Wuth verdächtige Thiere entstanden sind; bei unreinen, schlaf­fen Geschwüren, bei dem Maulweh, bei Räude und Flech­ten, bei dem Hautjucken, besonders am Schweife und an den Mähnen.
Die Anwendung gegen diese verschiedenen krankhaf­ten Zustände geschieht mchrentheils in Auflösungen Qj bis ^jj auf ein Pfd. Flüssigkeit), mit Wasser, Essig und Spiritus, oder mit Aufgüssen und Abkochungen von aro­matischen oder zusammenziehenden Ptianzen, z. B. bei dem Maulweh als Zusatz zu einem Dekokt von Salbei, oder bei Hautkrankheiten in Verbindung mit einer Abko­chung von Tabak oder Nieswurz. — Bei Verdunkelungen der Hornhaut und bei Verhärtungen, (Picphacken, Stoll-
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oeulen) benutzt man das Kochsalz zuweilen auch in Sal­ben, z. B. bei erstem mit Honig (1 Th. zu 8 bis 10 Th.) abgeriehen, bei letztern als Zusatz zu der Terpentiuseife. — Manche setzen es auch zu den Senfbreieu, um deren Wirksamkeit zu vennchren.
sect;. 576. b) lieber die Benutzung des Kochsalzes als diäteti-ches Mittel, sind die Ansichten der besten Thierzüchter aufserordentlich abweichend von einander. Manche hal­ten es für nöthig, allen von Pflanzennahrung lebenden Thieren anhaltend und bei jeder Art der Fütterung Salz zu geben; Andere finden dies nur für Rindvieh und Schafe, und auch für diese nur im Winter und bei Stallfütterung nöthig; noch Andere, z. B. Thaer1) erkennen zwar an, dafs den Schafen das Salz zuweilen nützlich sei, geben es ihnen aber nicht zu bestimmten Zeiten, sondern nur, wenn der Instinkt sie zum Salzlecken treibt 3 und Einige, (z.B. Germershausen2) halten es ganz für unnütz, den Schafen Salz zu geben. Für jede von diesen Ansichten sind Gründe und Erfahrungen vorhanden, deren ausführ­liche Angabe hier zu weitläufig sein würde; betrachtet man aber die vorhin (S. 792) angeführten wohltluitigeu Wirkungen des Salzes, so erscheint es nicht zweifelhaft, a) dafs der mäfsige Genufs desselben den pflanzenfres­senden Thieren und besonders den Wiederkauern, die ihre schlaffen Eingeweide mit grofsen Futtermassen voll­füllen, jederzeit nützlich sein mufs; — b) dafs dieses aber besonders der Fall ist, wenn ein schneller Futter­wechsel, namentlich der Uebergang vom grünen zum trok-kenen Futter stattfindet, und eben so, wenn man die Thiere nöthiget (für ökonomische Zwecke), mehr Futter auf einmal und so durch längere Zeit fortgesetzt zu ver­zehren, als zur Erhaltung des Körpers nöthig ist; — c) dafs aber der Salzgenufs notLwendig ist, wenn die
laquo;) Handb. für d. feinwollige Scliafzuclil. Beil. 18)1. S. 95. 2) Das Ganze d. Schafzucht elc. 2 Theile. Leipzig 1789. 1790.
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Thiere mit trockenem, schwer verdaulichem, in den Ein­geweiden eine, dieselben verkleisternde Masse bildendem, oder sehr erschlaffendem Futter, z. B. mit Oelkuchen, mit Körner- und Hülsenfrüchten gefüttert werden, besonders dann, wenn sie an diese Fütterung nicht gewöhnt sind, oder wenn das Futter wenig nahrhaft, überschwemmt, schimmeligt u. s. w. verdorben ist. — Das Futter selbst wird zwar durch das Salz nicht verbessert, aber es wird bei der stärker aufgeregten Thätigkeit in den Verdauungs­und Assimilationsorganen besser verarbeitet, und wahr­scheinlich nimmt auch der Chymus und der Chylus durch die Bestandtheile des Salzes eine solche Beschaffenheit an, dafs hierdurch eine bessere Blutbereitung bedingt wird. — Aus diesen Wirkungen ist es auch erklärlich, dafs das Kochsalz gegen verschiedene Krankheiten, die aus gestör­ter Verdauung und Assimilation, so wie aus Stockungen in den Gefäfsen der Baucheingeweide entstehen, z. B. Ver­stopfung des Lösers beim Rindvieh, Leberentzündung, Milzbrand, Lungenseuche, Fäule und dergl. — ein wirk­sames Präservativmittel sein kann.
Die Menge und die Art, in der man das Salz giebt, sind verschieden; am gewöhnlichsten ist es, ein Stück Steinsalz in die Krippe oder in die Raufe, oder auf den Erdboden zu legen, oder es an einem Stricke im Stalle aufzuhängen, so dafs die Thiere nach Belieben daran lek-ken können; zweckmälsiger scheint es jedoch, nach Art der Fütterung u. s. w. zu bestimmten Zeiten eine entspre­chende Menge Salz, nämlich Pferden und Rindern etwa 3 bis 6 Loth, Schafen J bis 1 Loth auf Einmal und je­den 2ten bis 3ten Tag wiederholt, — mit angefeuchteter Kleie oder dergl. Hafer- oder Gerstenschrot, oder mit Kümmel, Wachholdeibeeren u. dgl. erregenden oder mit bittern Mitteln gemengt, zum Lecken vorzusetzen. Auch kann man das Salz im Wasser auflösen und hiermit das Heu, besonders wenn dasselbe fehlerhaft ist, besprengen. Manche Landwirthe halten es für gut, die Thiere nicht gleich nach dem Genufs des Salzes, sondern erst etwas
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später, saufen zu lassen, weil sonst die reizende Wirkung desselben zu sehr geschwächt wird, und Andere geben so­gar nach dem Salz gar kein Getränk. Dafs das letztere Verfahren sehr unzweckmäfsig ist, dafür spricht schon das Verlangen der Thiere, ihren künstlich erzeugten Durst zu befriedigen; aufserdem geH dies auch aus den Wir­kungen des Salzes hervor1).
12. Salzsnures Ammonium oder Ammoniak, Salmiak, Ammonium muriaticum, Sal ammonicum.
sect;. 577.
Der Salmiak besteht aus Ammoniak und Salzsäure, lost sich in 3 Th. kalten und in gleichen Th. kochenden Wassers, aber nur wenig im Weingeist auf, und verur­sacht bei seiner Lösung eine sehr bedeutende Verminde­rung der Temperatur. Er löst kohlensauren und phos-phorsauren Kalk, phosphorsaure Bittererde, dergl. Ammo­niak, selbst schwefelsauren und flufssauren Kalk auf2).
Die Wirkungen dieses Mittels sind ganz oigenthüm-lich und noch nicht gründlich erforscht. — Bei innerli­cher Anwendung desselben in mäfsigen Gaben und durch nicht zu lange Zeit fortgesetzt, bemerkt man eine mit dunk­lerer Röthung verbundene Reizung und zugleich eine sol­che Umstimmung der absondernden Thätigkeit in den sämmtlichen Schleimhäuten (vorzüglich aber in der des Magens und des Darmkanals, der Luftröhre und Bron­chien), dafs der Schleim dünnflüssiger, weniger zähe und weniger gerinnbar, aber etwas reichlicher abgesondert wird.
1)nbsp; nbsp;Vergleiclie auch: Kuers Diätetik oder Gesundheitspflege des Pferdes etc. Ir. Bd. Beilin 1839. S. 252 u. f.
2)nbsp; Diese Eigenschalten des SalmiaLs können wahrscheinlich noch mit Vortheil für manche therapeutische Aul'gaLen henutzt werden, wie z. B. zur Auflösung mancher thierischen Conkremenle, mancher Darmsleine und Harnsleine und dergl., da diese neuerzeugten Massen oft gröfstenlheils aus einem oder aus einigen der genannt) n Salze be­stehen und sich daher wie diese, mehr oder weniger durch Salmiak auflösen.
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Eben so wird die Absonderung des Urins und, unter gün­stigen Umständen, auch die Hautausdünstung vermehrt. Wahrscheinlich findet auch in den Lymphgefal'sen und in den aufsaugenden Blutadern eine vermehrte Thiitigkeit statt; denn man siehet, dafs die Resorption krankhaft er­gossener Flüssigkeiten überall im Körper befördert wird. Der Koth geht gut verdauet, weniger mit Schleim um­hüllt als vorher, und etwas trockener ab; an der Respi­ration und an der Zahl und Beschatt'enheit der Pulse fin­det sich (bei gesunden Thieren) keine Veränderung; aber der Faserstoff des Blutes wird mehr und mehr aufgelöst, und hierdurch die Gerinnbarkeit des Letztern vermindert. Dieser Umstand ist sehr bcachtenswerfh, um die Eigen-thümlichkeit der ganzen Wirkung des Salmiaks richtig zu beurtheilen. Auch ergiebt sich aus ihm, dafs der Salmiak wahrscheinlich in das Blut selbst übergehet. — Auf die Sensibilität bemerkt man von kleinen Gaben des Salmiaks bei gesunden Thieren keine Wirkung (wohl aber bei kran­ken), und ebenso wird die Irritabilität in keinem Organe wirklich vermehrt.
Wird das Mittel darch längere Zeit in mäfsig star­ken Gaben (z. B. bei Hunden zu 3ß, bei Pferden zu sect;j täglich 3 bis 4mal) angewendet, so verlieren die Thiero nach und nach immer mehr den Appetit, die Munterkeit und die Kräfte; die Schleimhaut in der Nase und im Maule erscheint blafs, mit vielem schmutzigen Schleime bedeckt; der Puls weich, klein, der Herzschlag stark po­chend, das Blut von dünnerer Consistenz, langsam ge­rinnend und sehr reich an Serum. Zuletzt erfolgt bei Hunden mit 12 bis 16 Tagen der Tod, — wie ich dies in mehreren Versuchen gesehen, und wie es auch Ar­nold's Versuche1) bestätigen. Die Pferde starben erst nach 26 bis 38 Tagen und nachdem Faulfieber hinzuge­treten war. — Die Kadaver erstarren langsam und zei-
*) In der: Zeitschrift f. Physiologie t. Tiederaann u. Tre-viranus; 3r. Bd. S. 327 — 147.
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gen: im Magen viel unverdauetes Futter, im Darmkanal am vordem Theil Futter mit viel zähem Schleim, am hin­tern Ende weichen Koth, ebenfalls mit viel Schleim um­geben; die Schleimhaut im Magen und Darmkanal aufge­lockert, die Schleimdrüsen ebenfalls aufgelockert und sicht­bar vergröfsert; ebenso, aber weniger stark an der Schleim­haut der Respirationsorgane; das Herz und die grofsen Gefäfse schlaff, flüssiges, dunkles Blut enthaltend; die Mus­keln schlaff und blafs; — alle übrigen Orgaue normal.
Sehr 'grofsc Gaben des Salmiaks können schnell den Tod verursachen, und zwar, wie es scheint, theils durch Ueberreizung, theils durch Darmentzündung. Orfila (Toxicologie, Bd. 1. S. 180) brachte in den Magen eines starken Hundes Sjj Salmiak in fjj Wasser gelöst, und un­terband den Schlund, um das Erbrechen zu verhindern (was sonst nach etwas starken Gaben fast jedesmal er­folgt). Das Thier zeigte nach 3 Minut. starke Neigung zum Brechen; nach 8 M. Schmerz und Schwäche; nach 25 M. lief es wie wüthend umher, fiel aber bald unter klagendem Geheul um, worauf convulsivische Bewegun­gen, Tetanus, und nach einer Stunde der Tod folgten. Bei der Oeffnung des Kadavers fand man den Magen und Darmkanal, die Leber, die Milz und das Herz unverän­dert; die Lungen enthielten etwas schwarzes flüssiges Blut; die äufsern Gefafse des Gehirns waren etwas injizirt. — ]i Drachmen einem viel schwächern Hunde auf dieselbe Weise in den Magen gebracht, verursachten dieselben Wirkungen; nur war in diesem Falle die Schleimhaut des Magens etwas entzündet. Kaninchen starben von oß des Mittels nach etwa 10 M. unter Convulsionen und Teta­nus, und zeigten bei der Sektion besonders heftige Ent­zündung der Schleimhaut des Magens und Darmkanals. (Arnold a. a. O.) — Bei Pferden und Kühen sähe ich von 3 bis 6 Unzen Salmiak, die ich in einer Gabe (bald als Latwerge bald mit WTasset aufgelöst) eingab, zwar im Verlaufe der ersten 4 bis 6 Stunden nach dem Eingeben vermehrte Wärme am ganzen Körper, dunklere Röthung
der
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-SOl-der Schleimhaut in der Nase und im Maule, etwas schnel­leres Athmen mit stark in die Höhe gezogenen Bauch­muskeln, — dann sehr vermehrtes Uriniren, am folgen­den Tage häufige Entleenu.grn von etwas weicherem Kothe, und aufserdem die Wirkungen wie von kleineren Gaben, aber durchaus keine weiteren üblen Folgen entstehen.
Viborg (Samml. Bd. 4, S. 141) spritzte mehrern Pferden eine Lösung von 3j Salmiak in ^ü Wasser, in die Drosselvene und bemerkte zuerst eine Erhöhung aller Lebensfunktionen, als: munteres, feuriges Aussehen, vol­len Puls, starken, heifsen Athem, dunklere Röthung der Nasenschlcimhaut, vermehrte Wärme der Haut, und Ab­gang von Koth, — hierauf aber entgegengesetzt: Nieder-hängen des Kopfes, matte, halb zugemachte Augen, klei­nen, geschwinden Puls, schnelleres Athmen und schwache Zuclcuugen der Muskeln. Nach 12 —16 Stunden waren diese Zulalle verschwunden und die Pferde wieder mun­ter. Hunde zeigten nach Einspritzungen von 3j Salmiak, aufgelöst in 3jj Wasser, sogleich heftige Convulsionen, Erbrechen, beschleunigtes Athmen, aussetzenden Puls, Mat­tigkeit und Unvermögen zu stehen. Diese Zufalle dauer­ten 5 bis 2 Stunden und gingen in völlige Gesundheit über. Eine Injektion von 5jli Salmiak, der in Jjß Was­ser gelöst war, tödtete aber einen Hund sogleich unter heftigen Convulsionen.
Nach den Versuchen von Smith sollen sjß bis 3j dieses Salzes, äufseiiich durch eine Wunde auf das Zell­gewebe eines Hundes gebracht, nach 1^ Stunden Schwä­che und Erbrechen, nach 2 Stunden Unvermögen zu ste­hen, und nach 12 Stunden den Tod bewirken. Ich habe bei der Wiederholung dieser Versuche, selbst an schwa­chen Hunden, blofs eine schmerzhafte, aber bald vorüber­gehende Reizung und später etwas vermehrtes Uriniren entstehen sehen. Die Thiere blieben am Leben und ganz munter.
Auf die unverletzte Haut wirkt der Salmiak in frisch bereiteter Auflösung zuerst mäfsig reizend und dann auch
HiTtivig Anneimittellelire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 51
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kühlend; aber selbst wenn die Anwendung einer sehr con-zentrirten Auflösung oder in einer Salbe recht oft wie­derholt wird, entsteht mehrentheils keine, zuweilen nur eine sehr geringe Entzündung.
sect;. 578.
Aus diesen Angaben läfst sich entnehmen: dafs die Hauptwirkuug des Salmiaks bei seiner innerlichen Anwen­dung in einer, zuerst mit Heizung verbundenen qualita­tiven ümstimmung des Vegetationsprozesses besteht, und dafs er vorzüglich die Thätigkeit der Schleimhäute verän­dert, und die Plastizität sowohl im Blute wie in den ab­gesonderten Säften vermindert. Hiermit ganz überein­stimmend zeigt sich auch die Wirkung an kranken Thie-ren, und die Anwendung des Salmiaks ist daher im All­gemeinen gegen solche Krankheiten angezeigt: bei de­nen der wesentliche Zustand in einer Störung des Bildungsprozesses mit vermehrter Plastizi­tät der Säfte besteht und wobei vorzüglich die Verrichtung der Schleimhäute mitleidet, so dafs ihr Produkt in der Beschaffenheit und in der Menge krankhaft erscheint. Merkwürdig ist es, dafs, allen Beobachtungen zu Folge, das Mittel bei dem hier im Allgemeinen bezeichneten Krankheitszustande eben so nützlich ist, wenn derselbe frisch entstanden oder chro­nisch, mit oder ohne Fieber, selbst mit oder ohne Ent­zündung, mit vermehrter oder verringerter Schleiinsekre-tion verbunden ist; nur b6i akuten, reinen (arteriellen), Entzündungen, und überall wo grofse Reizbarkeit und viel Hitze bei Krankheiten zugegen sind, ist der Salmiak nicht passend, weil er unter diesen Umständen zu reizend wirkt und alle Zufälle, namentlich aber das Fieber vermehrt.
Hiernach wird derselbe speziell angewendet: gegen Katarrh bei allen Thieren (Druse der Pferde, Schnupfen der Schafe, Staupe der Hunde), gesen katarrhalische Bräune, gegen dergleichen Lungenentzünoung, und gegen Lungen-catarrh, — gegen Rheumatismus, rheumatische Bräune, rheumatische Lungen- und Brustfellentzündung; gegen ka-
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tarrhalische und rheumatische Fieber. Bei diesen Krank­heiten mufs, wenn der Puls voll und kräftig ist, der An­wendung des Salmiaks ein Aderlafs, und zuweilen auch der Gebrauch des Brechweinsteins vorausgehen. Ebenso ist das Mittel bei andern Entzündungen und Fiebern, z. B. bei gastrischen und Schleimfiebern nützlich, auch wenn diese Krankheiten einen nervösen Charakter besitzen, be­sonders aber, wenn sich schleimiger Auswurf aus den ße-spirationsorganen einfindet oder wenn die Krankheit eine Neigung zeigt, sich durch eine Krisis mit vermehrter Urinsekretion oder mit vermehrter Hautausdünstung zu entscheiden, — Eine vorzügliche Anwendung findet der Salmiak auch gegen jede chronische vermehrte Verschlei­mung, welche nicht offenbar in zu grofser Erschlaffung allein begründet ist, daher z. B. gegen chronische Druse, gegen dergleichen Husten mit Auswurf von zähem Schleim, gegen Uuverdaulichkeit mit Anhäufung von Schleim oder Galle im Magen und Darmkanal, auch gegen Stockungen in den Drüsen, chronische Entzündungen und Verhärtun­gen der Leber u. a. Vegetationsorgane.
sect;. 579. Die Gabe ist für Pferde 3j[j bis gß, für Rinder ojjj bis övj, für Schafe und Schweine 5ß bis 5j, für Hunde 5 bis 20 Gran, täglich 3 bis 4mal wiederholt. Die An­wendung kann in Pillen oder Latwergen, bei Wieder­käuern, Schweinen und Hunden aber auch recht zweck-mäfsig in flüssiger Form geschehen. Fast immer giebt man den Salmiak in Verbindung mit andern Mitteln, durch welche seine Wirksamkeit vermehrt wird oder eine be­stimmte Richtung erhält; so z. B. bei Entzündungskrank­heiten in der ersten Zeit zuweilen mit Salpeter, mit Glau­bersalz, später, wenn die Reizbarkeit gemindert ist, in Verbindung mit gelinden aromatischen Mitteln, bei gro­fser Schwäche selbst mit Kampher, — bei chronischen Verschleimungen mit bittern, stärkern aromatischen, selbst mit adstringirenden Mitteln, mit Terpentinöl, Theer, Stin-kasand, mit Spiefsglanz und dergl. Bei Bauchwassersucht'
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habe ich in mehrern Fällen, besonders bei Hunden, von dem Salmiak in Verbindung mit Digitalis eine ganz vor­treffliche Wirkung gesehen.
sect;. 580.
Aeufserlich dient der Salmiak, d) als ein erregend-zertheilendos Mittel gegen Entzündungen die nicht ganz rein, sondern mit Extravasaten von Serum oder Blut, mit Ausdehnung und Erschütterung verbunden sind, daher ge­gen Quetschungen, Verstauchungen, Satteldrücken; auch gegen asthenische Augeuentzündungen, Holnhautflecke, Verhärtungen, Milchknoten, Sehnenklapp und dergl.: und — b) gegen Räude, Flechten und veraltete Mauke.
Bei den Quetschungen wird er am besten mit Was­ser und Essig aufgelöst (als sog. Oxikrat, S. 716), zu Waschungen und Umschlägen, und im Uebrigen ganz so wie das Kochsalz (sect;. 575) benutzt, durch welches er auch mehrentheils zum äufserlichen Gebrauch wohlfeiler ersetzt werden kann.
D. Salpetersaure Salze.
13. Sal petersaures Kai!. Salpeter. Kali nitrieum, Ni-iriim, Nitras Jcalicus s. potassae,
sect;. 58 J.
Unter den salpetersauren Neutralsalzen ist der Sal­peter allein als Arzneimittel gebräuchlich. Er besteht aus Kali (46.j pro Cent) und Salpetersäure (53| pro Cent). Seine Auf löslichkeit im Wasser ist, nach der Temperatur des letztern sehr verschieden; !00 Th. Wassei von 0 Tem­peratur lösen nach Versuchen von Gay-Lussp.c 13 Th. Salpeter, von 14 Gr. R. lösen 20 Th., von 36 Gr. R. 74 Th., und von 77 Gr. R. 236 Th. Salpeter auf. Bei der Auflösung bewirkt er Kälte. Im reinen Weingeist ist er unlöslich, im wasserhaltigen nur wenig löslich.
In seinen Wirkungen auf den thierischen Organismus zeigt der Salpeter eine grofse Aehnlichkeit mit dem Glau­bersalz und mit dem Doppelsalz, unterscheidet sich aber von diesen und von allen andern Salzen dadurch, dafs er
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stärker, als sie es thun, kühlt, den Faserstoff und Koh­lenstoff im Blute vermindert, es hierdurch flüssiger macht, die Wärme, die Expansion und die Gerinnbarkeit dessel­ben vermindert, ebenso die Irritabilität im ganzen Kör­per, vorzüglich aber im Herzen und in den Blutgefafsen sehr vermindert, und dafs er in etwas grofseu Gaben den Magen mehr belästiget, — Die Urinsekretion wird durch den Salpeter vermehrt, besonders aber, wenn derselbe in mehrern, nach kurzen Zwischenzeiten wiederholten Gaben angewendet worden ist; der Urin selbst wird mehr dünn, wässerig, und macht einen starkem alkalischen Bodensatz, aber der Salpeter als solcher ist in ihm nicht zu finden. Auf die Schleimhaut des Verdauungskanals wirkt er in mäfsigen Gaben nach Art der übrigen genannten Salze, gelind erregend und die Absonderungen befördernd, wo­nach dann der Koth etwas weicher und feuchter abgeht; von grofseu Gaben entstehen aber a) heftige Reizung des Magens und Darmkanals, Leibschmerzen, Verminderung des Appetites (bei Hunden und Schweinen auch Erbre­chen), starkes Laxireu, selbst mit Ausleerung von Blut, sehr reichliches Uriniren, Schwäche in den Muskeln, schnel­ler, kleiner Puls, an den Schleimhäuten zuerst duukel-rothe, selbst livide, späterhin blasse Färbung, — und h) zuweilen auch Convulsionen, Lähmung der Extremitä­ten und der Tod. Bei 2 Pferden, denen man in der Thierarzneischule zu Lyon jedem 8 Unzen Salpeter in 2 Pfund Wasser aufgelöst, auf Einmal eingegeben hatte, er­folgte nach allen Symptomen von heftiger Darmentzün­dung der Tod binnen 24 Stunden, und bei der Sektion fand man die Schleimhaut des Magens und Darmkanals durchaus entzündet1). — Ich habe mehrern, sowohl kräf­tigen, wie auch schwächlichen Pferden 8, 12, sogar 1(gt; Unzen dieses Salzes in Latwergen, in Pillen und in con-zentrirter Auflösung, auf Einmal eingegeben und davon
') CoiihpIlaquo;' rciiilu des Iravaux de l'Ecole veU'-riiiairc de Lyon, annce lbl9.
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zwar die, vorhin unter a genannten Zufälle, aber bei der hiernach durch lange Zeit fortgesetzten Beobachtung der Thiere keine weitern üblen Folgen bemerkt1)laquo; Hiermit stimmen auch die Resultate der, von Cupifs und von Morton gemachten Experimente2) überein. Youatt, Surginson0) u. A. haben jedoch von kleineren Gaben jene üble Zufalle und selbst den Tod erfolgen sehen, und hiernach in den Kadavern die Schleimhaut des Magens, theilweis auch die des Darmkanals dunkelroth, mit Ex-travasaten und an einzelnen Stellen auch mit Excoriatio-nen behaftet gefunden. — üeber den Eintritt solcher hef­tigen Wirkungen von bestimmten Gaben bei Wiederkäuern sind sichere Beobachtungen nicht bekannt; doch scheint es nach der Beobachtung eines ungenannten englischen Thierarztes4) bei Rindvieh, so wie nach Saussol's Be­obachtung an Schafen5) hier in ganz ähnlicher Weise zu wirken wie bei Pferden. — Auch über die Wirkung be­stimmter Gaben bei Schweinen fehlen sichere Beobach­tungen. Dagegen sähe ich (wie Orfila Toxikol. Bd. I. S. 174), bei Hunden, denen ich nach dem Eingeben von ojj, selbst nur von 5j Salpeter den Schlund unterbunden hatte, sogleich Neigung zum Brechen und Angst, dann Schwäche, nach 20 bis 40 Minuten Schwindel, Krämpfe,
') Auffallend war es mir, dafs ich nach Her Anwendung dieser aufserordentlich grofsen Galten niemals (lurch das Thermometer eine Verminderung der Temperatur, weder im I31ule noch im Maule, im Alter oder an der Haut der Thiere entdecken konnte; in. Gegentheil hatte die Wärme in der ersten Stunde gegen l Gr. zugenommen und bei einem Pferde war sogar ein allgemeiner Schweifs ausgehrochen. Das nach dem Eingeben zu verschiedenen Zeiten aus der Vene ent­leerte Blut erschien etwas riither als vor dem Versuch, gerann etwas langsamer, und trennte sich schärfer in Serum, in Cruor und Faser­stoff; letzterer nahm an Menge zu und zeigte nach dem Erkalten eine grofse Zähigkeit und Festigkeit! —
2)nbsp; Veterinarian 1837. p. 67 u. 198.
3)nbsp; Ebendaselbst 1836. p. 532 u. 1838. p. 85. quot;) Ebendns. 1838. p. 123.
5) Kecueil de mcd. veterin. 1836. p. 281. Die Lämmer hallen hlos Salpeter von Erdwänden geleckt.
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langsame Respiration, schwachen Herzschlag und nach 1 bis 2 Stunden den Tod erfolgen. Im Kadaver fand sich: der Magen äufserlich blauroth; seine Schleimhaut dunkel-roth, mit schwarzem Blut injizirt; die Muskelbaut sehr geröthet; der Dünndarm von derselben Beschaffenheit; die Nieren und die Schleimhaut der Harnblase etwas mehr geröthet: die Lunge gesund, mit hellrothem Blut mäfsig erfüllt; eben so das Herz in seiner linken Hälfte; das Ge­hirn sehr blutreich. — Wurde die Unterbindung des Schlun­des nicht gemacht, so entstand blofs Erbrechen, Mattig­keit und zuweilen Laxiren, jedoch bald vorübergehend. — Wird der Gebrauch des Salpeters durch einige Zeit fortgesetzt, und es entstehen jene akute Zufalle nicht, so beobachtet man hiernach in manchen Fällen sehr reichli­chen Abgang eines wasserhellen Urins, Abmagerung und Entkräftung, selbst einen wirklich fauligen Zustand.
Nach dem Einspritzen von 1 bis 3 Drachmen Satpe­ters (aufgelöst in 2 bis 3 Unzen Wassers) in die Dros­selvene entstand bei mehreren Pferden sogleich geschwin­des Athinen, kleiner, geschwinder Puls, Herabhängen des Kopfes, Mattigkeit; nach etwa 5 Min. auch etwas volle­rer und geschwinderer Puls, dabei eine Art von Schlum­mer und Gähnen; nach J Stunde wurde der Puls langsa­mer, das Maul trocken, das Haar gesträubt, — Frost­schauder; nach 2 Stunden Abnahme aller Zufälle, so dals nach 6 Stunden nur noch etwas kleiner und geschwinder Puls bestand; dabei aber Appetit zu Futter und Getränk wieder eingetreten war. (Yiborg Sammlung Band 4. S. 131. 132).
Aeufserlich wirkt der Salpeter, wenn er in Auflösun­gen angewendet wird, kühlend, und auf Wunden gelind reizend, wenigstens die Granulation etwas dunkler rö-thend; aber selbst von sehr reichlicher, conzentrirter und fortgesetzter Anwendung sieht man weder Anätzung noch besondere allgemeine Zufälle entstehen. Orfila a. a. O. sagt dasselbe. — Dagegen entsteht sowohl bei der inner­
lichen Anwendung,
wie aucli bei der Anwendung auf blofs-
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gelegte Nerveraquo;, eine auffallende Verminderung der Ner­venreizbarkeit 1).
Dieser Umstand scheint zur richtigen Erklärung über die Art, wie der Salpeter im Thierkürper seine schwä­chenden Wirkungen entwickelt, zu dienen; denn es las­sen sich keinesweges alle Erscheinungen aus seiner kühlen­den und das Blut verdünnenden Wirkung allein erklären.
sect;. 582.
Die allgemeine Anzeige zur Anwendung des Salpe­ters findet sich, den angedeuteten Wirkungen gemäfs und der Erfahrung zufolge, bei Krankheiten in denen die Ener­gie des Herzens, der Arterien und der Muskeln vermehrt, zugleich die Reizbarkeit in diesen Theileu und im Nerven­system zu sehr aufgeregt, das Blut zu sehr gerinnbar oder auch reich an Kohlenstoff ist;— daher, wo dasselbe sehr dunkel gefärbt und theerartig erscheint, wo der Puls hart, voll, der Herzschlag unfühlbar oder nur ganz schwach fühlbar, die Urinabsonderung vermindert, die Haut heifs und trocken, die Schleimhäute dunkelroth oder blauroth und mehr trocken als feucht sind. — Dagegen wird er nicht immer gut ertragen, wenn im Magen und Darmka-nal, in den Nieren oder in der Blase ein hoher Grad von krankhafter Reizbarkeit besteht, wenn die Verdauung sehr geschwächt, oder wenn eine faulige Zersetzung im Körper schon eingetreten ist.
Demnach dient der Salpeter innerlich als das (nächst dem Aderlafs) wirksamste antiphlogistische Mittel gegen Entzündungsfieber, gegen jede akute Entzündung, (mit Vor­sicht jedoch bei Entzündung im Verdauungskanal), selbst beim drohenden Brande; gegen akuten Rheumatismus; ge­gen heftige rheumat. Fieber, wenn sie den Entzündungs­charakter an sich tragen; gegen alle akute Anthraxkrank-heiten mit demselben Charakter, daher auch gegen die Bräune und den sogen. Hinterbrand der Schweine u. s. w.;
') Tliilow, über die Wirkung des Salpeters und Küclicnsalzes. Erfurt 1802. S. 13 u. f.
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gegen aktive Congestionen nach dem Kopfe oder nach der Lunge, — und nach Waldinger gegen den Starr­krampf.
Auch als Präservativ gegen Anthraxkrankheiten im Allgemeinen, und besonders gegen die Anthraxbräune der Schweine giebt man ihn, sowohl für sich allein, wie auch in Verbindung mit andern Mitteln.
Aeufserlich benutzt man den Salpeter a) als kühlen­des und zertheilendes Mittel gegen heftige Entzündungen, ähnlich wie das Glaubersalz (sect;. 558), und b) gegen Räude und Flechten als Waschmittel (in Auflösungen mit Was­ser oder Tabaksabkochung und dergl. gj zu gx Flüssig­keit) täglich einmal.
sect;. 583.
Die Gabe ist, nach dem Grade der Heftigkeit der vorhandenen Krankheit u. s. w., für Pferde und Rindvieh .^ß bis sect;jß, für Schweine 5j bis sect;ß, für Schafe 3j bis 3jjj, für Hunde gß bis 3ß — in Zwischenzeiten von 2 bis 4 Stunden wiederholt, so lange bis die Schläge deg Herzens fühlbar und die Ab- und Aussonderungen reich­licher werden. Ist dies binnen 2 Tagen nicht der Fall, so mufs danach der Gebrauch des Mittels für etwa einen Tag ausgesetzt werden. — Fast immer setzt man dem Sal­peter bei den Entzündungskrankheiten, und wenn man die Kothauslccrungen stärker befördern will, noch Glauber­salz, oder Doppelsalz, oder Weinstein, — bei brandigen Entzündungeil, bei Typhus und Milzbrand, aber die Schwe­felleber oder selbst den Kampher hinzu. In der Verbin­dung mit dein letztern hat der Salpeter auch bei heftiger Bräune, bei Nierenentzündung, bei akutem Rheumatismus und nach Waldinger auch beim Starrkrampf sehr gute Dienste geleistet (sect;. 318); doch sind die pathologischen Zustände, bei denen diese Verbindung eigentlich passend ist, bis jetzt noch nicht genau bestimmt. — Die Anwen­dung geschieht in Pillen, besser in Latwergen und, wenn die Wirkung recht schnell erfolgen soll, auch in flüssiger Form. Man mufs dabei den Salpeter in der hinreichen-
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den Menge Wassers (d. i. wenigstens _ mit 7 bis 8 Th. desselben) vollkommen auflösen und stets mit einem schlei­migen Vehikel etwas reichlicher versetzen als andere Salze, um die reizende örtliche Einwirkung auf den Magen und Darmkanal möglichst zu mindern. Dies ist um so mehr nöthig, wenn diese Theile, oder die Harnwerkzeuge an Entzündung oder an vermehrter Reizbarkeit leiden. — Er dient auch zur Bereitung der Schmukes'schen Fomenta-tionen (sect;. 518) und der salpetersauren Räucherungen (sect;. 510).
Anmerkung. Das .Schiefspulver (Pulvis pyrius s. pulv. sclopetarius), aus Salpeter (gegen 76 Th.), Kohle (15 Th.).und Schwefel (9 Th.) zusammengesetzt, wirkt der Hauptsache nach fast ganz wie der Salpeter und kann im Nothfalle statt desselben bei allen Krankheiten ange­wendet werden, wo dieser nützlich ist. Die Gabe mufs aber um g stärker sein als von dem Salpeter. Aeufscr-lich kann das Pulver zur Zerstörung des Contagiums in frischen Bifswuiiden von tollen Hunden u. s. w. dienen, indem man es in diese Wunden streuet und anzündet; von Empirikern wird es zuweilen, mit Fett oder Oel zur Salbe gemacht, gegen Räude, Flechten, Maulgrind, Mauke und dcrgl. benutzt. Gegen die Räude der Hunde hat sich folgende Zusammensetzung oft sehr wirksam gezeigt: Man nimmt Schiefspulver fß, Kochsalz Jjv, Kornbranntwein gvjjj. Täglich dreimal hiermit die kranken Stellen reich­lich zu befeuchten.
If
E. Essigsaure Salze.
14. Essigsaures Ammoniak oder Ammonium, Essig-Sal-
miak, Minderer'raquo; Geist. Ammonium aceticum, Sal ammo-
niacum acetalum, Spiritus s. Liquor Mindereri, Liquor arnmo-
nii acetici.
sect;. 584. Dieses Salz besteht aus Ammoniak, Essigsäure und Wasser, ist sehr schwer krystallisirbar und daher allge­mein nur in flüssiger Form gebräuchlich. — Bei der in-
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nerlichen Anwendung in gehörig grofsen Gaben (z. B. bei Pferden und Kühen in Gaben von 4 bis 6 Unzen, bei Hunden von 3JJ bis 2 Unzen) verursacht es etwas volle­ren Puls, etwas schnelleres Athmen mit vermehrter Lun­genausdünstung, lebhaftere Röthung der Schleimhaut in der Nase, vermehrtes Uriniren und stärkere Hautausdün­stung. Alle diese Wirkungen entstehen ohne heftige Auf­regung, sehr mild, aber auch nur in einem geringen Grade. Eine tief eindringende Wirkung auf den Vegetationspro-zefs, oder eine besondere Richtung auf das Nervensystem konnte ich niemals recht deutlich erkennen.
Man hat den Minderersgeist gegen catarrhalische und rheumatische Fieber, gegen Druse; gegen die Staupe der Hunde; gegen catarrhalische Bräune, akuten Rheumatis­mus, rheumatischen Starrkrampf; bei akuten Hautausschlä­gen (z. B. bei den Pocken) und bei akuten Wassersuch­ten in mehrern Fällen mit Nutzen angewendet, und er schien bei diesen Krankheiten besonders dann etwas zu leisten, wenn sie nur in einem mäfsigen Grade und ohne akute Entzündungszufalle bestanden, oder wenn die letz­teren bereits beseitiget waren, und zur Zeit der eintreten­den Krisis. — In den meisten Fällen ist jedoch das Mit­tel durch den Salmiak zu ersetzen, — was bei den gro­fsen Hausthieren um so mehr zu beachten ist, weil es theuer ist und in grofsen Gaben angewendet werden mufs, wenn man eine Wirkung von ihm sehen will. Es wird daher jetzt nur selten, und mehrenthcils nur für die klei­neren Thiere benutzt.
Eine mittelmäfsige Gabe ist: für Pferde und Rinder gjjj, für Schafe und Schweine jj, für Hunde 5J bis gß, täglich 3 bis 4mal. Man giebt es mit Fliederblumen, mit stärkern aromatischen oder mit bittern Mitteln, auch mit Kampher verbunden, in Latwergen und in flüssiger Form.
Anmerkung. Das essigsaure Kali oder die ge­blätterte Weinstein erde (Kali aceticum, Terra foliata tartari) wirkt kühlend und sehr urinlreibend, in sehr gro­fsen Gaben auch gelind laxirend, wird aber sehr wenig
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benutzt, weil er ebenfalls zu theuer ist. Dasselbe gilt von dem essigsauren Natrum. (Natrum aceticum).
F. Weinsteinsaure Salze.
15. Saures wciustcinsaurcs Kali, Weinstein, Wein-
steinrahm. Jtali tartaricum aeidulum, Cremor tarlari, Bilar-
tras kalicas cum aqua.
sect;. 585.
Der vorwaltende Bestandtbeil dieses sauren Salzes ist die Weinsteinsäure, von welcher es Tüj p. C. neben 25 p. C. Kali und 4| p. C. Wassers enthält. Der im Han­del vorkommende rohe Weinstein ^Tartarus crudus} enthält aufserdem noch bald mehr, bald weniger wein­steinsauren Kalk, färbende Stoffe u. s. w., und ist daher in seinen Wirkungen nicht gleichartig. Der gereinigte Weinstein {Tartarus depwratus) ist deshalb vorzüglicher, jedoch noch Einmal so theuer als der Erstere. Er lost sich in 95 Tb. kalten und in 15 Tb. kochenden Wassers auf; im Weingeist ist er unlöslich.
Das Mittel wirkt, wegen seines überwiegenden Ge­haltes an Weinsteinsäure, einigermai'scn ähnlich den ver­dünnten vegetabilischen Säuren (sect;. 498), aber durch das Kali zugleich mehr als diese auf den Absonderungspro-zefs in den Schleimhäuten und auf den Resorptiouspro-zefs in den Venen, indem es beide, und besonders den letztem, thätiger macht, und vielleicht auch das Blut et­was verdünnt; es vermindert die Irritabilität und kühlt in einem mäfsigen Grade (weit weniger als der Salpeter), befördert die Urinsekretion ziemlich stark und bewirkt, dafs der Kotb etwas lockerer und weicher abgeht: wirk­liches Laxiren entsteht nur nach sehr grofsen, wiederhol­ten Gaben, durch welche aber der Appetit und die Ver­dauung sehr geschwächt werden. Deshalb, und zugleich des hohen Preises wegen (im Vergleich zu den schwefel­sauren Salzen), benutzt man den Weinstein als Laxinnit-tel nicht; dagegen kann er in mäfsigen Gaben gegen leichte Entzündungen und Entzündungsfieber, besonders wenn sio
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mit gastrischen Zustandelaquo; oder mit Störungen in der Be­reitung und Ausscheidung der Galle complizirt sind; eben so gegen Stockungen in den Blutgefdfsen des Hinterlei­bes; gegen den sogenannten Magenkoller; gegen Anthrax, gegen das Blutharnen und Blutmelken wälzend des ent­zündlichen Zustandest — gegen akute, noch mit leichten Entzündungssymptomen begleitete Gelbsuchtei und Was-sersuchten u. dergl. mit Nutzen angewendet werden. Er ist jedoch im Ganzen nur wenig gebräuchlich.
Man giebt ihn den Pferden auf Einmal zu 5j bis gjj, dem llindvieh zu gjj bis gvj, den Schafen zu gß \is gjß den Schweinen zu 5j bis ijjj, den Hunden zu 3ß blaquo; jß, — täglich 3 bis 4mal. Bei grofser Hartleibigkeit setzt man ihm schwefelsaure Salze, bei mehr akuter Entzün­dung den Salpeter, — bei Wassersuchten die Digitals, bei dem Milzbrande bittere Mittel und dergl. hinzu. De Anwendung geschieht am besten in Latwergen und in Pillen, weniger zweckmäfsig in flüssiger Form, weil er sich schwer im Wasser auflöst; er erfordert daher eine grofse Menge Flüssigkeit und oft noch einen Zusatz von schleimigen Mitteln. — Reine und kohlensaure Kalien dür­fen mit dem sauren Weinstein nicht zusammengesetzt wer­den, ausgenommen da, wo man aus den kohlensauren Sal­zen die Kohlensäure im Magen vollständig frei machen will, um ihre Wirkungen zu entwickeln.
Anmerkung I. Das neutrale weinsteinsaure Kali, der tartarisirte oder auflösliche Weinstein {Tartarus tariarisatus, Tartris Potassae s. Lixiviae, Tarta­rus solubili*) ist ein sehr leicht auflösliches Neutralsalz, wirkt weniger kühlend, weniger harntreibend, aber mehr auflösend und die Absonderungen im Darmkanal stärker befördernd als der Weinstein. Er kann bei ähnlichen Zu­ständen und in denselben Gaben wie der letztere als Heil­mittel benutzt werden, ist aber noch weniger gebräuch­lich, weil er noch etwas theurer und durch andere Salze gut zu ersetzen ist. Er darf mit Säuren und mit sauren
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Salzen nicht verbunden werden, weil er durch dieselben zersetzt wird.
Anmerkung 2. Der natronhaltige Weinstein, weinsteinsaure Soda, Seignette-Salz (Tartarusna-tronatus, Kali tartaricum natronatum, Tartrus Potassae et Sodae, Sal c* Seignette) ist ein dreifaches, leicht auf lösli­ches Salz, dessen Wirkung mit der des vorigen im We­sentlichen übereinstimmt, aber etwas milder ist. Von sei­ner Benutzung gelten die, in der vorigen Anmerkung ge­machte Andeutungen ebenfalls. — Der boraxsaure Weirstein {Tartarus boraxatus) ist ihm in der Wirkung fast pnz gleich, und zum thierarzneilichen Gebrauch vol-lich entbehrlich.
G. Oel- und talgsaure Salze. Seifen.
i6. a) Kaliscifc, weiche Seife, Schmierseife, grüne oder schwarze Seife. Sapo kalimis, Sapo riridis s. niger. b) IVatron- oder Sodaseife, Talgseife, weifse Seife, ge­meine Hausseifc. Sopo sebaceus, S. albus, S. domesticus
nostras.
sect;. 586.
Die erstere Seife besteht aus Kali in Verbindung mit Fett- oder Oelsäure, je nachdem zu ihrer Bereitung ein Fett (z. B. Fischthran, Schweineschmalz etc.), oder ein fettes Oel (z. B. Hanföl, Rüböl und dergl.) benutzt wor­den ist. Die zweite Art von Seife ist aus Natron, aus Talg- und Oelsäure zusammengesetzt. Beide enthalten auch Wasser, jedoch in verschiedener Menge. Sie lösen sich in reinem Wasser und im Weingeist fast ganz auf und können auch eine gröfsere Menge Fett, Oel, Harz und andere organische Substanzen in sich aufnehmen und damit eine im Wasser leicht zertheilbare Emulsion ma­chen. Die Seifen werden durch alle Säuren und durch die meisten Salze (mit Ausnahme der einfachen und der basischen Kali- und Natronsalze) zerlegt.
Bei ihrer Einwirkung auf den Thierkörper vereinigen die Seifen gröfstentheils die Wirkungen der Substanzen,
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aus denen sie gebildet sind, jedoch in der Art, dafs das Kali oder Natron, da es durch die, bei dem Prozefs der Seifebildung entstandene Oel- und Talgsäure theils neu-tralisirt, theils eingehüllt ist, — nicht mehr ätzend, son­dern blofs reizend und auflösend wirkt, und dafs dage­gen das Fett oder Oel seine milde, einhüllende und er­schaffende Eigenschaft nur noch in einem beschränkten Grade äufsern kann. — Beide Arten der Seife erscheinen in ihrer Wirkung auf den Thierkörper als fast ganz gleichartig, aber die grüne Seife ist örtlich etwas mehr reizend als die weifse.
Bei der innerlichen Anwendung in mäfsigen Gaben, verursacht die Seife bei allen Thieren eine etwas ver­stärkte Absonderung au der Schleimhaut des Verdauungs­kauais und in den Nieren, vielleicht auch in der Leber und in der Bauchspeicheldrüse. Der Koth wird etwas mehr feucht, aber nicht weich; die Urinabsonderung wird immer weit stärker vermehrt und zugleich ähnlich wie bei den Kalicn verändert. Dabei ist jedoch (selbst nach grofsen Gaben, z. B. nach 1 Pfd. bei Pferden) keine Spur einer reizenden Wirkung auf die Irritabilität und Sensibilität, weder in den genannten noch in andern Or­ganen zu bemerken; der Appetit wird oft, besonders bei fortgesetzter Anwendung der Seife, etwas vermindert und die Verdauung geschwächt, — nämlich wie durch andere fettige Substanzen. Zuweilen leidet auch bei anhaltendem Gebrauche desquot; Mittels in starken Gaben, die ganze Er­nährung des Köppers und es entsteht Abmagerung, — wahrscheinlich theils durch Störung der Assimilation, theils durch zu sehr verstärkte Resorption. Bei trächti­gen Thieren soll die Seife in gleicher Weise auch auf die Gebärmutter eine nachtheilige Wirkung äufsern.
Auf die Haut gebracht, verursacht die weifse Seife, mit Wasser zum Brei gemacht, und eben so die grüne Seife im unverdünnten Zustande eine ziemlich starke Rei­zung, und bei mehrstündiger Dauer der Einwirkung au Thieren mit etwas feiner Haut selbst eine, zwar nur ober-
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flächliche, aber schmerzhafte Entzündung und Ausschwiz-zung; die Bildungsthätigkeit in der Haut wird umgestimmt und die Resorption wird nicht allein in der Haut, son­dern auch in dem unter ihr liegenden Zellgewebe, in den Drüsen u. s. w. sehr bedeutend verstärkt. — Wird die Seife in Waszer aufgelöst auf die Haut gebracht, so ent­stehen dieselben Wirkungen, aber in einem schwächern Grade; zugleich wird durch das Seifwasser die Haut gründlich gereiniget, indem es alle zähe, klebrige Unrei-nigkeiten, z. B. verdickte Hautschmiere, Blut, Eiter, fet­tige Salben u. dgl. auflöst und abspült. — In Wunden und Geschwüren wirkt die Seife auf ganz gleiche Weise wie an der Haut, und in den Mastdarm gebracht verur­sacht sie Reizung und schneller erfolgende Kothauslee-rungen. — Nach dem Einspritzen einer Auflösung von l Drachme Seife mit 2 Unzen warmen Wassers in die Drosselvene eines Pfcrdas, entstand sogleich etwas schnel­leres Athmen, schnellerer, kleiner Puls und nach 1 Stunde sehr reichliches Uriniren; diese Erscheinungen dauerten über 5 Stunden fort und hatten keine weitere Folgen.
sect;. 587. Als Heilmittel wird die grüne Seife innerlich nur selten angewendet und mehrcntheils zieht msn ihr die reinere Aveifse Seife vor, obgleich ein wichtiger Unter­schied zwischen beiden nicht besteht. Chabert empfahl1) die Seife im Wasser aufgelöst (Seifenwasser), gegen die Trommelsucht des Rindviehs; eben so oder in Wein ge­löst gegen die Fäule und Wassersucht der Schafe und, mit Hirschhornöl versetzt, gegen die Egelkrankheit dieser Thiere; Waldinger2) gebrauchte sie in quot;Verbindung mit Terpentinöl, Doppelsalz und Kamillenblumen bei Pferden gegen die Anhäufung eines Bodensatzes aus dem Urin in der Blase (S. 265); ich gab sie, mit kleinen Gaben von __________nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Aloe
*) Vollstiindiges Handb. d. Vieliar/.ncilcunst; aus ä. Franz. Istcr Bd. S., 219 223.
2) Vchvr ü. Nalirnngs- und Flfilmiltol d. Pfcrdc S. 212.
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Aloe, mit bittern Mitteln und mit Terpenthinöl versetzt, mit Nutzen gegen chronische Leberentzündung und gegen öfters wiederkehrende Gelbsucht bei Pferden, Rindvieh, Schweinen und Hunden; auch fand ich sie mit einem Aufgufs von Kümmelsaamea innerlich gegeben und eben­so in die Gebärmutter gespritzt, sehr wirksam zur Beför­derung der Nachgeburt, wenn dieselbe blofs wegen Un-thätigkeit der Gebärmutter zu lange in derselben zurück­geblieben war. — Dünnen Seifenbrei, oder conzentrirtes Seifenwasser, hat m,an auch gegen Vergiftungen durch Säu­ren mit sehr gutem Erfolge angewendet; aber bei Vergiftun­gen durch Arsenik und Sublimat war der Nutzen dieses Ge­gengiftes sehr zweifelhaft. — Zu reizenden Klystiren, z. B. bei Verstopfung, bei Krämpfen und krankhaften Harnverhal­tungen u. dgl., ist Seifenwasser ein allgemein gebräuch­liches und recht wirksames Mittel, welches man bald für sich allein, bald mit einem Aufgufs von Kamillenblumen oder von Heusaamen anwendet. Zuweilen wird die Seife auch als ein zweckmäfsiges Bindemittel der Aloe, des Fichtenharzes und des Tenpenthins benutzt.
Die Gabe ist für Pferde und Rinder 5j — jjj, für Schafe und Schweine 3jj — 3ß, für Hunde 36 — 3jj, — bei chronischen Krankheiten täglich 2 bis 3mal, aber bei der Trommelsucht und bei Vergiftungen jede Vier­telstunde bis jede halbe Stunde wiederholt. Zu einem Klystir ist die Hälfte, selbst der '3te Theil der bezeich­neten kleineren Gaben bei den verschiedenen Thieren hinreichend. — Man setzt nicht gern den innerlichen Gebrauch der Seife durch lange Zeit anhaltend fort, weil hierbei gewöhnlich eine Störung des Appetits und der Verdauung eintritt.
sect;. 588.
Aeufserlich dient die Seife: a) in Verbindung mit warmem Wasser, als das beste Reinigungsmittel überall, wo von der Haut, von Wunden und Geschwüren Schmutz, vertrockneter Eiter, Fettigkeiten u. dgl. zu entfernen sind; — b) als Heilmittel bei Flechten, Räude, Hautjucken,
Herlwig Anneimittellelirlaquo;.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;52
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Haarausfall und Mauke, und — c) als auflösendes gelind reizendes Zertlieihingsmittel gegen Geschwülste, Verdickun­gen und Verhärtungen, welche mit fortschleichender Ent­zündung und Aussehwitzung, selbst mit Ulzeration ver­bunden sind, z. B. gegen Stollbeulen, Piephacken, Gallen, Sehnenklapp, Verhärtungen der Drüsen, asthenische Ent­zündungen des Euters, Milchknoten in demselben (sog. Einschufs), gegen Fisteln an den Sehnen, im Kufe, am Schweife nach dem Engiisircn u. s. w. — d) die grüne Seife dient auch als ein Mittel, um das Festballen des Schnees an der Sohle des Hufes zu verhüten oder wenig­stens es zu vermindern.
Bei den unter b genannten Hautkrankheiten, benutzt man in leichteren Fällen die grüne und eben so die weifse Seife mit AVasser als einfaches Seifenwasser zum Waschen und Baden täglich 1 bis 2mal 5 — in hart­näckigen oder veralteten Fällen setzt man sie zu einem Dekokt von Tabak oder Niefswurz, oder man wendet sie als Salbe, mit Terpentinöl (S. 427), mit Theer oder mit stinkendem Thieröl (S. 458), oder mit Schwefel (S. 655), Inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;mit pulv. Tabak, Niefswurz u. dgl. reizenden Mitteln,
nach dem Grade der Empfindlichkeit der Theile und der Hartnäckigkeit des Uebels, im verschiedenen Verhältnifs versetzt, täglich ein bis zweimal an.
Auch bei den unter c genannten örtlichen Krankhei­ten ist in leichteren Fällen das Seifenwasser zum Wa­schen, zum Bähen und zu Fufsbädern, warm und recht fleifsig angewendet, oft für sich allein im Stande, die Heilung zu bewirken; doch ist eine breiformige Auflö­sung der weifsen Seife, oder die grüne Seife in Substanz tägl. 1 bis 2mal auf die Haut gestrichen oder eingerie­ben, viel wirksamer, und durch Zusatz von Pottasche, grauer Quecksilbersalbe von Kampher, Terpentinöl (als Terpentin seife S. 428), Salmiakgeist, Spiritus u. dgl. kann ihre Wirksamkeit noch sehr verstärkt werden. Die grüne Seife in diesen Verbindungen macht alle andern, theurern sog. zertheilenden und Nervensalben ganz ent-
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behilich, und sie hat vor den fettigen Salben noch den Vorzug, dafs sie sich leichter als diese wieder abwaschen läfst und das nöthige Reinigen sehr erleichtert.
Anmerkung i. Die feineren und theueren Arten der Seife, wie z. B. die medizinische Seife (ßapo me-dicatm), die venetianische und spanische Seife (Sapo Venctus, Hispanicus), sind zu theuer und zum thier-arzneilichen Gebrauch entbehrlich.
Anmerkung 2. Der Seifengeist oder Seifen­spiritus iSfiritus saponis s. saponafus') wird in den Apo­theken durch Aufiosung eines Theiles spanischer oder venetianischer Seife in 3 Th. rektifiz. Weingeistes und l Th. Wassers bereitet, kann aber weit wohlfeiler aus 1 Th. grüner Seife, | Pottasche und 4 Th. verdünnten Weingeistes dargestellt werden. Er wirkt kräftig reizend und zertheilend und wird bei Quetschungen, Ausdehnun­gen, und Schwache einzelner Theile, bei Blutunterlaufun-gen, ödematosen Anschwellungen, Yerstauchungen u. dgl. zum Waschen und Einreiben mit Nutzen angewendet, je­doch nur, wenn keine Symptome von akuter Ent­zündung oder von schmerzhafter Reizung zuge­gen sind. #9632;— Durch Zusatz von Terpentinöl, Salmiak­geist u, dgl. reizende Mittel, kann seine Wirksamkeit noch sehr verstärkt werden.
(lieber das Kampherliniment und das Ammo­nium liniment, die auch als Seifen betrachtet werden kennen, siehe sect;. 321 f. und sect;. 535.
Zwölfte Klasse.
Metallische Arzneimittel. {Remedia netällica).
%. 589.
Metalle werden jene chemisch einfache Körper ge­nannt, welche einen eigenthümlichen Glanz (Metallglauz)
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besitzen, sich sehr gut poliren lassen und die Wärme und die Elektrizität vorzüglich gut leiten. Von ihren übrigen mannigfachen Eigeuscfiatten (deren Aufzählung nicht hierher gehört) verdient in arzneilicher Beziehung noch bemerkt zu werden: dafs die sämmtlichen Metalle zu dem Sauerstoffe eine chemische Verwandtschaft (je­doch im verschiedenen Grade) besitzen, sich mit ihm in verschiedenen Verhältnissen verbinden, auch mit andern brennbaren, nicht metallischen Stoffen, so wie unter sich selbst Verbindungen eingehen, und auf diese Weise ver-schiedenartige Präparate bilden, welche sich in folgende Abtheilungen bringen lassen:
1) Verbindungen der Metalle mit Sauer­stoff. Der Sauerstoff verbindet sich mit den meisten Metallen in mehr als einem bestimmten Verhältnifs und verwandelt sie hierdurch zu glanzlosen, verschiedentlich gefärbten, bald pulverigen, bald festen Massen, welche man nach dem Verhältnisse, in dem sie jenen Stoff ent­halten, auch verschieden bezeichnet und zwar: et) als Oxydul oder unvollkommenes Oxyd (Oxydulum, Mc-tallum oxydulatum), wenn die Masse mit dem Sauer­stoffe nur unvollständig, und — b) als Oxyd (Oxgdum, Metall, oxydatum), wenn sie mit ihm völlig gesättiget oder selbst übersättiget ist. Von den letztern giebt es daher noch verschiedene Abstufungen, die man Unter­oxyd (Suboxyd), Ueberoxydul (Hyperoxydul) und TJeberoxyd (Hyperoxyd) nennt. — Je mehr ein Me­tall vom Sauerstoff aufgenommen hat, um desto mehr nähert es sich in seinen Eigenschaften den Säuren, und einige werden auf der höchsten Oxydationsstufe sogar zu einer Säure umgewandelt. Die meisten Oxyde sind im Wasser unlöslich, und nur einige besitzen eine geringe Löslichkeit; dagegen lösen sich fast alle in Säuren und auch im Magensafte auf und bilden dann Metallsalze im aufgelösten Zustande.
2) Me tall salze. Sie entstehen aus der Verbindung eines oxvdirten Metallcs mit einer Säure oder mit Alka-
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lien, und das Metall verhält sich daher, und nach dem verschiedenen Grade seiner Oxydation, entweder als Ba­sis oder als Säure. Uebrigens ist die Zusammensetzung dieser Salze hinsichtlich der Verhältnisse ihrer Bestand-dieile eben so verschieden, wie bei den Salzen der Al­kalien und Erden (sect;. 548) und es giebt daher auch ein­fache, doppelte u. s. w., basische, neutrale und saure Metallsalze.
3)nbsp; nbsp;Verbindungen der Metalle mit brennba­ren Körpern, z. B. mit Kohlenstoff (Kohlenstoffme­talle), mit Phosphor (Phosphormetalle), mit Schwefel (Schwefelmetalle) u. s. w. Man benutzt von diesen Ver­bindungen nur einige Schwefelmetalle, von denen zu be­merken ist, dafs sie durch verdünnte Säuren und daher auch durch den Magensaft, auf Kosten des Wassers oxy-dirt werden und dabei Hydrothionsäurc entwickeln.
4)nbsp; nbsp;Verbindungen der Metalle unter sich, sog. Metallelegirungen. Sie sind hier von keinem Interesse, da man sie arzneilich nicht benutzt.
sect;. 590. Die sämnitlichcn Metalle in ihrem reinen (sog. regu-linischcn) Zustande wirken auf den Thierkorper nur durch ihre Masse, Schwere und Form, und sie bringen daher auch nur örtliche mechanische Einwirkungen hervor; wenn sie aber auf irgend eine Weise zu einem der, im vorigen sect;. unter 1 bis 3 bezeichneten Präparate umge­wandelt sind, so wirken sie als sehr kräftige Arzneimittel, und mehrere auch, bei nicht recht vorsichtiger Anwen­dung, selbst als sehr heftige Gifte. Hiermit soll aber nicht gesagt sein, dafs alle Metalle, welche im rcgulini-schen Zustande in den Thierkorper und namentlich in den Verdauungskanal gebracht werden, durchaus unwirk­sam bleiben; denn sie können sich daselbst mit andern Stoffen, besonders mit den in den thierischen Säften vor­handenen Sauerstoff und Säuren verbinden und hierdurch ebenso wirksam werden, als wenn diese Verbindung aufscrhalb des Organismus statt gefunden liätte. Man
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sieht diese, im Körper erfolgende Oxydation und die Wirkungen hiervon am stärksten bei einigen sogenannten unedlen Metallen, vorzüglich bei dem Spiefsglanze, und dem Eisen, — dagegen kaum bemerkbar bei den sog. edlen Metallen stattfinden. — Auf dieselbe Weise (be­sonders durch den mit Salzsäure, Essig und Milch­säure versehenen Magensaft) werden zuweilen auch (wie bereits im vorhergehenden sect; bemerkt) die innerlich an­gewendeten Oxychile zu Oxyden und zu Salzen umgewan­delt und hierdurch in ihrer Wirksamkeit bedeutend ver­ändert.
Die Wirkung der Metallpräparate kann eine örtliche und eine allgemeine sein; jene erfolgt thcils durch Rei­zung und Umstimmung der berührten Stellen, vorzüglich aber durch chemische Einwirkung auf dieselben, indem ein oder der andere Bestandtheil des Mittels sich mit der organischen Substanz verbindet. Es können hierbei sowohl innerlich wie äufserlich selbst Anätzungen und Zerstörungen (sect;. 43 und 82), und hierdurch consensuell oder auch durch gestörte Funktionen mancherlei Erschei­nungen eines allgemeinen Ergriffenseins entstehn. Die all­gemeine Wirkung erfolgt durch den licbcrgang der me­tallischen Substanzen in das Blut (durch Resorption), wobei die im sect;. 43 angedeuteten Veihaltnifse in Betracht kommen. Diese Wirkung der Metallpräparate wird näm­lich, je nach ihrer ehern, Qualität, vermittelt: indem a) diejenigen Präparate, die im Wasser löslich sind, oder die mit den organischen Stoffen (mit Eiweifs, Speichel­stoff, Schleim etc.) solche Verbindungen darstellen, welche im Wasser löslich sind, von jeder resorbirenden Fläche des Thierkörpers aufgenommen werden; — wogegen ö) solche Metallpräparate, die an und für sich, oder nach ihren im Körper erfolgten Verbindungen mit organischen Stoffen nur in Essig- oder in Salzsäure löslich sincl^ auch nur an solchen Stellen resorbirt werden, wo eine freie Säure abgesondert wird; — und c) solche Metallpräpa­rate, die au sich, oder nach ihrer Verbindung mit orga-
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nischen Stoffen ganz oder gröfstcntheils in Wasser und in den sauren Säften des Körpers unlöslich sind, wenig oder gar nicht resorbirt werden, sondern nach innerlicher Anwendung mit den Darmexkrcmenten, nach äufscrlicher Applikation aber mit dem Eiter u. dgl. wieder entfernt werden. Die resorbirten Metallpräparatc werden (bald mehr bald weniger verändert) grofeteiithöils durch die Nieren, zum kleineren Tlieil bei einigen Metallen auch durch die Lungen, die Haut und durch die Schleimhaut des Verdauungskanals wieder aus dem Körper entfernt.
Die angedeuteten Verschiedenheiten in dem Verhal­ten der metallischen Störte zum Thierkörpcr sind noch nicht bei allen diesen Substanzen gründlich erforscht.
sect;. 591.
Weder die örtliche noch die allgemeine Wirkung ist bei den verschiedenen metallischen Mitteln übereinstim­mend, sondern jedes einzelne Metallpräpafat wirkt, thcils nach der Eigenthämlichkeit des, ihm zum Grunde liegen­den Mctalles, theils nach der Verbindung desselben mit andern Stoffen ganz eigeuthüinlich und von andern ver­schieden; diejenigen, welche von einem und demselben Metalle abstammen, zeigen zwar in Tier Art ihreCi Wir­kungen und in der spezifischen Richtung derselben auf bestimmte Organe, eine wesentliche Verwandtschaft unter einander, aber im Grade der Wirksamkeit eine grofso Verschiedenheit. In letzterer Hinsicht erscheinen fast all­gemein die Schwefelmetalle und die Oxydule als am mil­desten, die Oxyde als weit kräftiger, und die Metallsäu­ren und die Metallsalze als am wirksamsten; doch giebt es auch hiervon Ausnahmen, wie z. B. bei dem Spiefs-glanze, wo das unvollkommene Oxyd stärker wirkt als das vollkommene.
sect;. 592.
Obgleich die Wirkungen der einzelnen Metalle (oder vielmehr ihre Präparate) sehr abweichend von einander sind, so kommen sie doch darin mit einander überein, dafs sie vorherrschend den Ernährungs- und Bildungs-
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prozefs verändern, und zwar sowohl ortlich, an den Stel­len ihrer Einwirkung, wie auch im ganzen Körper. Bei­des geschieht aber auf mehrfache und selbst auf ganz entgegengesetzte Weise. Hinsichtlich der örtlichen Wir­kung bemerkt man namentlich a) von einigen (z. B. von dem Blei, Eisen, Kupfer Zink) eine stärkere Zusammen­schrumpfung und Verdichtung der organischen Gebilde und Verminderung der Absonderungen; — V) dagegen von andern (wie hauptsächlich von dem Quecksilber) eine Auflockerung der organischen Masse und Verstär­kung der Resorption; — c) einige (z. B. Zink, Silber, Quecksilber, Kupfer, Spielsglanz, Arsenik) wirken zu­gleich in gewissen Präparaten ätzend, während andere (wie z. B. Blei und Eisen) diese Wirkung nicht zei­gen. — Die allgemeine Wirkung (welche übrigens wie bei fast allen andern Arzneimitteln von mehrern Punkten des Organismus ausgehen kann), äufsert sich 1) bei eini­gen Metallen (bei dem Kupfer, Zink, Spiefsglanz, Arse­nik, Wifsmuth) zuerst und vorherrschend durch Affektio­nen des Nervensystems in dem Bereich der Reproduk­tionsorgane, z. B. durch Ekel, Erbrechen, durch schnelle Erregung von Schmerzen oder durch Besänftigung schmerz­hafter Zustände u. dgl.; — 2) bei andern (bei dem Ei­sen und Braunstein) erscheint sie als eine Vennehrmig der arteriellen Thätigkcit und der Irritabilität, wobei hauptsächlich die Mischung des Blutes veranderr und ver­bessert wird, und — d) von andern entstehen zuerst fast nur langsam fortschreitende Veränderungen in der Assi­milation und Reproduktion, welche bald (wie bei der örtlichen Einwirkung) als Auflockerung und Verflüssigung (z. B. bei dem Quecksilber, zum Theil auch bei dem Arsenik); bald als Verdichtung und Gerinnung der Ma­terie (z. B. bei dem Blei) wahrzunehmen sind.
Es ergiebt sich hieraus a) dafs die Erscheinungen bei den so sehr verschiedenartigen Wirkungen der Me­talle, sich nicht in einer gemeinschaftlichen Darstellung betrachten lassen und — li) dafs ebenso die einzelnen
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Metalle, ihren Eigentliümliclikeiten gemäfs, bei mannig­fachen und ganz verschiedenartigen pathologischen Zu­ständen als Heilmittel dienen können, dafs aber die nä­here Angabe hierüber nur bei den einzelnen Mitteln ge­macht werden kann.
A. Arsenik oder Arsen. Arscm'cum.
1. Arsenigc Säure, weifscr Arsenik, weifses Arsenik-
oxyd (Giftmelil. Ratten- oder Mäusegift, Ilüttenraueli). Achluin
arseniensum, Arsenicum (oaydatuni) album.
sect;. 593. Diese, in krystallinischer Form bestehende Säure ist unter den Präparaten des Arseniks das gewöhnlichste und neben der Arseniksäure auch das wirksamste. Die Wirksamkeit dieses Mittels erscheint aber, bei der An­wendung auf den lebenden Thierkörper, örtlich und all­gemein so mächtig in den Bildungs- und Ernährungspro-zefs eingreifend und die Lebensthätigkeit so eigenthüin-lieh umstimmend, dafs es dieselbe, bei einem geringen Ueberschreiten der, für ein Thier passenden, Gabe, oder bei etwas langer Fortsetzung des Gebrauchs, sehr leicht gänzlich vernichtet und hierdurch für alle Thiere zum gefahrlichsten Gifte wird. Unter den Hausthieren schei­nen es die Pferde noch verhältnifsmäfsig am besten und längsten zu ertragen. Ich gab es 8 ausgewachsenen und muntern Pferden von verschiedenem Alter, von denen 3 mit Rotz, 3 mit Wurm und 2 mit veralteter Lahmheit behaftet waren, durch 30 bis 40 Tage nach einander täglich einmal in Mehlpillen, zuerst mit 20 Gr. pro dosi anfangend und allmälig bis zu 5j steigend, bemerkte aber weder während des Gebrauchs, noch 2 bis 3 Monate nach demselben, irgend einen gefahrdrohenden Zufall; die Thiere hatten fortwährend sehr guten Appetit und regelmäfsige Verdauung; der Puls wurde etwas kräftiger und härter, das Athmen blieb normal, die Schleimhaut in der Nase und im Maule unverändert; bei den rotzi-
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gen Pferden verminderte sich durch einige Zeit die Menge des Nasenausflusses und die Geschwulst der Drüsen, spä­ter (in der 3ten und 4ten Wochg) wurde aber der Aus-flufs wieder ebenso stark wie vorher; bei sämmtlichen Pferden wurde das Haar glatter und 5 wurden auch sicht­bar mehr beleibt; in ihrer Bewegung und Munterkeit war keine Veränderung wahrzunehmen, und ebenso konnte ich nicht bemerken, dafs die Thiero, als sie keinen Arse­nik mehr erhielten, sehr abmagerten, — obgleich mau diefs gewöhnlich behauptet. — Gleiche Beobachtungen über die Wirkung von kleinen Gaben des Arseniks hat man auch an der Tiiierarzneischulc zu Lyon ') und zu Kopenhagen *) gemacht. — Selbst 2 bis 3 Drachmen in Pillenform auf Einmal eingegeben, ertragen die meisten Pferde ohne gefährliche Folgen, obgleich dadurch zuwei­len für 1 oder für 2 Tage Appetitlosigkeit, Traurigkeit und selbst etwas Fieber entsteht; werden aber solche Gaben durch mehrere Tage nach einander gereicht, sect;o finden sich hierzu noch heftiger Durst, Kolikschmerzen, wässerige Geschwulst der Augcnlieder und der Füfso, Steifigkeit der letztern, Zchrfieber und der Tod. Gaben von Jß bis 5j erzeugen fast immer tödtliche Wirkungen. Diese beginnen damit, dafs die Pferde unruhig werden, sich oft nach dem Leibe umsehen, mit den Füfsen kratzen und hauen, sich niederlegen und wieder aufspringen; sie verlieren den Appetit, zeigen aber grofsen Durst, geifern aus dem Maule, bekommen einen kleinern, harten, schnel­len Puls (80 bis 100 in 1 Min.), kurzes, stöhnendes Athmen, Erweiterung der Pupille, stieren Blick und grofse Angst; darauf folgt Abstumpfung der Empfindlichkeit, grofse Mattigkeit, zuweilen auch Lähmung der Extremi­täten, und dann unter Krämpfen der Tod. Letzterer tritt
1 #9632;; Goliier, Obsorvalions et Experignc faites ;i l'Ecolc Impe­riale Vlt;''ter. dlaquo; Lyon sur le P.-iiii moisi et sur qoclques Poisons ini-neräax et vegi'laux. Lyon 1807. S. 39.
!) Velrr: S.lskab. Slrift. lr Deel. S. .quot;34.
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in seiteneu Fällen vor 12 Stunden, mehrentheils aber erst nach 20 bis 36 Stunden ein.
lieber die Wirkung des innerlich angewendeten Ar­seniks bei den Widerkauern sind, hinsichtlich der Stärke der Zufälle von bestimmten Gaben, sichere Beobachtun­gen nicht bekannt; aber der Art nach verhalten sich die Zufalle wie bei Pferden.
Bei Hunden und Katzen entsteht nach dem Einge­ben von \ Gran bis 1 Gr. Arsenik, täglich zweimal und durch 8 bis 14 Tage fortgesetzt, nach und nach immer stärkere Verminderung des 'Appetites, zuweilen Erbrechen, nach 6 bis .10 Tagen Diarrhöe mit Ausleerung von schwärzlichen und blutigen Exkrementen, grofse Mattig­keit, Abmagerung, schmerzhafter Husten und nach 20 bis 30 Tagen der Tod. — Von 3 bis 10 Gran des Mit­tels, mit etwas Wasser gemengt einem Hunde eingege­ben, bemerkt man nach einigen Minuten Ekel, dann mehrmals wiederholtes Erbrechen, beschwerliches, kurzes Athmen, sehr vermehrte Pulse (bis über 120 in 1 Min.),') Liegen auf dem Bauche, Winseln, Angst, stieren Blick, Ausleerung von schwarzgefarbtem Darmkoth unter Zei­chen von Sclimerz, später grofse Abstumpfung des Ge­fühls, und zuletzt (bald nach 6 bis 10 Stunden, bald nach 20 bis -U) Stunden) folgt der Tod unter Convulsio-nen. Bei Schweinen entsteht von ähnlichen Gaben die­selbe Wirkung wie bei Hunden, — und ebenso bei dem Federvieh von noch weit kleinerem Gaben.
Die Schnelligkeit und Heftigkeit, mit welcher die Wirkungen erscheinen und bis zum Tode fortdauern, so wie das frühere oder spätere Eintreten des letztem, sind nicht allein von der Grofse der Gabe, sondern aucli von der Form, in welcher das Mittel eingegeben wird und von dem Zustande des Magens und Darmkanals ab-
') Bordie fand immer die Zahl der Pulse vermindert. Sielie dess Vers, filer die Wirkungen der Gifte, in Ileil's Archiv, 12lev Bd. S. 2:)I - 233.
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hängig; denn es hat sich bei unsern Versuchen an ver­schiedenen Thieren immer bestätiget: a) dafs eine Gabe in flüssiger Form fast noch einmal so schnell und so heftig wirkt als dieselbe Gabe in Pillen, — und b) dafs ein Thier eine ziemlich starke Gabe Arsenik ohne sicht­baren Nachtlieil ertrug, wenn sie kurz nach gehöriger Sättigung des Thieres eingegeben wurde, wogegen es au einer gleichen Gabe starb, wenn man ihm dieselbe nach vorausgegangenem Hungern oder bei bestehendem gerin­gen Appetit eingab. — Bei Hunden blieben die todt-lichen Zufalle oft von sehr gfofsen Gaben aus, wenn der Arsenik in Pillen eingegeben wurde uud wenn gleich darauf Erbrechen entstand; blieb aber letzteres aus, oder war es durch Zubinden des Schlundes verhindert, so er­folgte von grofsen Gaben der Tod immer sehr schnell wie z. B. bei Brodie's Versuchen (a. a. O.) von 5j bis 5jj Arseniks schon nach 50 Minuten.
Auf die äufscre trockene Haut gebracht, bewirkt der Arsenik, wenn die Anwendung als Pulver geschieht, bei den verschiedenen Thieren erst nach mehrern Stunden eine Reizung, eigenthümliche Entzündung, und nach 20 bis 30 Stunden einen trockenen Aetzschorf, der ziemlich fest sitzt. Ebenso, aber schneller und tiefer ist die Wir­kung, wenn man den Arsenik mit Fett oder fettem Oel (1 Th. zu 4 — 8 Th.) zur Salbe, oder mit Wasser zum Brei gemacht auf die Haut bringt. Eine Auflösung des Mittels in Wasser wirkt zwar auf die Haut so wie auf wunde Flächen reizend und den Bildungsprozefs umstim­mend, aber nicht ätzend. Bei allen diesen Formen der Anwendung wird es leicht absorbirt und es entstehen da­her bei sehr ausgebreiteter oder bei mehrmals wiederhol­ter Anwendung auch häufig Symptome der vorhin be­zeichneten allgemeinen Wirkung im verschiedenen Grade, selbst bis zum Tode.
Wird der Arsenik in ganzen Stückchen^ oder in Pul­verform, oder mit Fett zur Salbe gemacht auf Wunden,
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oder auf die Schleimhaut des Mastdarms oder der Scheide in kleinen Quantitäten angewendet, so erzeugt er zuerst eine eigenthümliche Entzündung, die mit Ergiefsung von vieler gelblichen, serösen Flüssigkeit im Umfange der Ap­plikationsstelle verbunden ist; später entsteht Abstorbung der zunächst betroffenen Gebilde, dann Eiterung und gute Granulation. Von derselben Anwendung gröfserer Quau-titaten (die aber oft nicht so grofs sein dürfen, wie zur innerlichen Vergiftung), entstehen aufser der örtlichen Entzündung fast immer heftige allgemeine Zufälle und selbst der Tod. Ein Pferd starb auf diese Weise in 50 Stunden von 5j Arseniks, die ich ihm in 3 kleine, frische Wunden am Halse gebracht hatte; Hunde sähe ich von 4 bis 10 Gr., die in eine Wunde am Rücken gebracht waren, innerhalb 4 bis 24 Stunden sterben, und bei Or-fila's Versuchen (Toxikologie, Bd. 1. S. 270) waren so­gar 2 Gr., auf dieselbe Weise einem Hunde applizirt, tödtlich. — Indessen scheint es mehrern Beobachtungen zu Folge, dafs diese heftige Wirkung von der äufserlichen Anwendung des Arseniks durch frische Wunden in ge­sunden Organen weit mehr vermittelt wird, als in alten Geschwüren und in krankhaft erzeugten Gebilden; ich selbst habe an Krebsgeschwüren, an Stollbeulen und Brustbeulen u. dgl. viele Versuche gemacht, durch welche diese Ansicht bestätiget wird. — Nach Orfila wird der Arsenik absorbirt und dem Blute beigemischt, er mag in den Magen, unter die Haut oder in das Zellgewebe le­bender Thiere gebracht werden. Mit dem Blute gelangt er zu allen Organen und erzeugt hierdurch seine allge­meine Wirkung. Eigenthümlich ist es, dafs von dem ins Zellgewebe gebrachten pulverisirten Arsenik immer nur eine geringe Quantität, z. B. bei Hunden nur 1^ bis 2 Gran absorbirt werden, wenngleich die angewendete Menge viel gröfser ist. Von dem im Wasser aufgelösten Arsenik wird bei gleicher Anwendung mehr aufgenom­men; eben so bei innerlicher Anwendung, wenn die ar-
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senige Säure mit den Säften des Magens durch längere Zeit in Berührung bleibt.1).
sect;. 594. Die pathologischen Veränderungen in den Kadavern der, durch Arsenik getödteten Thiere, weichen in einzel­nen Erscheinungen oft von einander ab, besonders dar­nach, ob der Tod schnell durch grofse Gaben oder lang­sam durch kleine Gaben bewirkt worden ist. Im erstem Falle finden sich gewöhnlich im Schlünde, im Magen und Darmkanal an verschiedenen Stellen Röthung, Ent­zündung, selbst Anätzungen und Brand; ebenso Extrava-sate von Blut und von gelblichen serösen Flüssigkeiten, besonders zwischen den Häuten der in Rede stehenden Organe, daher Auflockerung und Verdickung derselben; Üeberfüllung der Organe und Blutgefäfse mit schwarzem Blute, zuweilen schwarze Flecke am Herzen und typhöse Röthung an ihm und an der iunern Flache der grofsen Pulsadern. — War der Tod mehr langsam bewirkt, so zeigen sich Geschwüre und Verhärtungen an den Häu­ten des Magens und Darmkanalsj, zuweilen auch Wasser­ansammlungen, auch Spuren von Entzündungen, und im­mer sehr dunkles Blut. — Alle diese Veränderungen an innern Organen findet man auch nach der aüfserlichen Anwendung des Arseniks, und fast immer ist, hier nach einem akuten Verlauf die Entzündung des Magens und des Darmkanals weit mehr ausgebildet, als äufserlich an der Anwendungsstelle; sie ist auch stärker, als sie von derselben Quantität bei innerlicher Anwendung zu sein pflegt.
sect;. 595. Aus den im Vorstehenden enthaltenen Thatsachen ergiebt sich als wesentliche Wirkung des weifsen Arse-
') Orfila, neue Versuche über die Vergiftung durch arsenige Säure, besunders neue Methode, die Vtrgiflung durch Auskochen der Theile etc. zu entdecken. In v. Froriep's Notiz. Bd. IX. Nro, 13, (1839). S. 201.
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niks: a) von kleinen Gaben, eine eigenthümlicho Aufrc-guug der Thätigkeit in den Gangliennerven, in den von ihnen abhangigen Organen und in den Lymphgefafsen und Venen, — wodurch der Vegetationsprozefs bis zu einem gewissen Grade verstärkt und selbst verbessert werden kann; — b) von grofsen Gaben aber eine Ent­mischung des Blutes, Lähmung des Nervensystems l) und Zerstörung der Organisation der Bauch- und Brusteinge­weide — und c) ebenso Absterbung und Zerstörung ei­nes jeden Gebildes, auf welches er in conzentrirter Masse örtlich einwirkt.
sect;. 596. Die Indikationen zur Anwendung des Arseniks sind noch nicht genau bestimmt, und es ist theils deshalb, theils aber wegen der Gefahr, die bei dem Gebrauche dieses Mittels so leicht für Menschen und für Thiere entstehen kann, sehr schwer, die Anwendung desselben nach richtigen Grundsätzen zu empfehlen. — Nach den, im vorigen sect; angedeuteten wesentlichen Wirkungen, dürf­te der Arsenik innerlich in recht kleineu Gaben nur ge­gen solche Krankheiten zu gebrauchen sein, bei denen hauptsächlich die Energie des Vegetationspro­zesses, wegen verminderter Thätigkeit der Ganglienncrven, geschwächt ist und wo, den Er­scheinungen nach, der Appetit und der Durst sehr ge­ring oder wechselnd, die Temperatur vermindert, die Haut trocken und welk, die Schleimhaut in der Nase und im Maule blafs, der Puls weich und langsam ist, wo ohne andere Ursachen das Thier mager und schwach wird und bei der geringsten Anstrengung leicht schwitzt,
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') Von Manchen wird als wesentliche, und selbst als die we­sentlichste Wirkung des Arseniks auch die gänzliche Vernichtung der galvanischen Reizbarkeit angegeben; ich habe aber, wie Schubart (Horn's Arch. a. a. O.), diese Reizbarkeit bei mehrern, durch die­ses Mittel getödteten Pferden, Hunden und Katzen selbst ! Stunde nach dem Tode noch fortbestehend gefunden.
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und wo kein Schmerz in den Baucli- und Brusteingewei­den besteht. — Unter solchen Umständen kann er auch gegen Eingeweidewürmer und gegen Diskrasien, nament­lich gegen Rotz, Wurm, Krebs, Strahlkrebs, veraltete Mauke, veraltete Räude und Flechten nützlich sein, — wie dies auch einzelne Beobachtungen bestätigen (z, B. über Heilung einer hartnäckigen Räude, Recueil vefer. 1825. pag. 415); bei meinen Versuchen gegen Rotz und Wurm bewirkte er zwar Minderung der Zufälle, aber keine wirk­liche Heilung. — Gegen chronische Druse mit odemato-ser Anschwellung des Kopfes verbunden, besonders wenn sie bei oder nach schlechtem Futter oder in nassen Jahr­gängen entstanden ist; — eben so bei hartnäckigen oder oft wiederkehrenden ödematösen Anschwellungen der Füfse u. s. w. hat sich der Arsenik in kleinen Gaben oft sehr wirksam gezeigt. — Steiger hat das Mittel auch gegen die Lungenseuche des Rindviehes mit gutem Er­folge angewendet, indem von 6 kranken Rindern 4 Stück geheilt wurden1). — In manchen Gegenden wird der weifse Arsenik (häufiger noch der Kobalt und der Schwe­felarsenik) von Pferdehändlern etc. als ein Mittel, magere Pferde schnell fett zu machen, gebraucht; von englischen Thierärzten ist er gegen die vorhin genannten gastrischen und andern Zustände auch lange schon als eins der besten tonischen Mittel benutzt worden (J. White, Handb. d. Pferdearzneik. 2ter Th, S, 158); diefs Alles gilt jedoch nur in Beziehung auf Pferde; denn bei den übrigen Thieren ist die innerliche Anwendung des Arse­niks als Heilmittel nur so selten versucht worden, dafs sich darüber nichts Bestimmtes angeben läfst.
Die Gabe mufs immer mit Vorsicht nach der Gröfse und Constitution des Thieres abgemessen, und im An­fange nur gering sein, z. B. für Pferde und Rindvieh von
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lt;) Oekonora. Neuigkcilcn von E. Andre, 1835. Nro. 45. S. 353
—nbsp;358. Es waren aber auch starke Haarseile mit 01. terebinth, und 01. Lauri angewendet worden.
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8 bis 15 Gran, für Hunde ^j bis jj Gran, — für Schweine und Schafe gegen l bis l Gran, — täglich 1 bis 2 Mal (Steiger gab nur jeden 6ten Tag eine solche Gabe). — Wenn hiervon die beabsichtigte Wirkung nicht erfolgt, so kann diese Gabe nach und nach verstärkt und selbst ver­doppelt werden. Ist es noting, das Mittel durch einige Zeit fortzusetzen, so rnufs man immer nach seinem 2 bilaquo; Stägigem Gebrauche durch 1 bis 2 Tage eine Pause ma­chen, dasselbe aber sogleich aussetzen, wenn Speichelflufa oder wenn Koliksymptome entstehen. — Die Anwendung geschieht in Auflösungen oder am besten in Pillen; aber auch bei Bereitung der Letztern mufs der Arsenik vorher vollständig aufgelöst sein, ehe man ihn mit den übrigen Substanzen der Pillenmasse zusammenmengt, weil auf diese Weise die sonst leicht erfolgende zu starke örtliche Ein­wirkung des unaufgelösten Arseniks auf einzelne Stellen des Verdauungskauais möglichst verhütet, die schnelle und gleichmäfsige Wirkung aber befördert wird. Es ist jedoch zu beachten, dafs der Arsenik sich nur schwer und lang­sam auflöst, und zwar 1 Theil von ihm in 13 Th. Was­sers von der Siedhitze, oder in 22 Th. von 48 Gr. R,, oder in 50 Th. von 14 Gr. R., und in 66 Th. von 8 Gr. R. Um die Auf löslichkeit zu vermehren, pflegt man dem Ar­senik eine ihm gleiche Menge von kohlensaurem Kali zu­zusetzen, wie dies z. B. in der bekannten Fowl er sehen Arsenik - Solution der Fall ist. Zur Bereitung derselben nimmt man: weifsen pulv. Arsenik und kohlens. Kali, von jedem 64 Gran, kocht beides mit 6 ünz. dest. Wassers im Sandbade bis zur vollständigen Auflösung des Arse­niks; darauf setzt man der Auflösung nach dem Erkalten noch so viel dest. Wasser hinzu, dafs das Ganze 1 Pfd. beträgt. In 75 bis 80 Tropfen dieser Auflösung ist 1 Gr. Arsenik enthalten, — wonach sich die Gabe leicht be­stimmen läfst. Man giebt sie mit der 10 bis 12fachen Menge von einer schleimigen, oder bittern, oder aroma­tischen Flüssigkeit, oder man verbindet sie mit ähnlichen
Hertwig Arzneiimltcllclire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-*#9632; i 1 •quot; 'nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;5gt;J
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Mitteln zu Pillen. Mineralsäuren, Metallpräparate und Schwefel soll man mit dem Arsenik nicht verbinden.
sect;. 598. Aeufserlich angewendet hat sich der weifse Arsenik gegen Krebs, gegen bösartige Warzen, gegen Wurmge­schwüre, gegen veraltete, hartnäckige Räude und Flech­ten, bei Balggeschwülsten, vorzüglich bei verhärteten Stoll­beulen und bei Brustbeulen, und eben so gegen Ueber-beine, gegen andere Exostosen und gegen Gallen, als ein sehr kräftiges Heilmittel gezeigt, a) Gegen den Krebs, und besonders, wenn derselbe von häutigen Gebilden aus­gegangen ist, daher auch bei dem Strahlkrebs, ist der Arsenik bis jetzt unter allen Mitteln noch das am mei­sten wirksame. Man benutzt ihn hier am gewöhnlich­sten in der Form des sog. Cosme'sehen Mittels, dessen Zusammensetzung nach verschiedenen, jedoch nicht sehr von einander abweichenden Vorschriften geschehen kann. Nach der gewöhnlichsten Vorschrift besteht es aus Zinnolaquo; ber 3jj, Asche von verbrannten alten Schuhsohlen 8 Gr., pulv. Dracheublut 12 Gr. und pulv. weifsen Arsenik 40 Gr., auf das Genaueste zu einem Pulver zusammengemengt 5 -^ nach einer andern Vorschrift wird es aus Zinnober 5jj, Arsenik 42 Gr., Drachenblut 12 Gr., Asche von verbrann­ten Schuhsohlen und Aetzkalk, von jedem 10 Gr. zusam­mengesetzt. In 1 Skrupel des Pulvers sind gegen 5 Gr. Arsenik enthalten. — Dieses Pulver wird entweder in das Geschwür gestreut oder mit etwas Wasser oder auch mit etwas fettem Oel zu euiem Breie gemacht, mittelst eines Pinsels auf dasselbe gestrichen,'#9632; hierauf aber mit Werg bedeckt. Die umliegenden gesunden Theile müssen, zum Schütze gegen die Einwirkung des Mittels, mit Fett oder mit einer einfachen Wachssalbe bestrichen, und die Thiere vom Belecken und Reiben der kranken Stellen abgehal­ten werden. Es entsteht bald eine Entzündung mit gro­user, im Umfange gewöhnlich ödematösen Geschwulst, und an der Geschwürsflächc eine harte, schwarze Borke, welche man völlig unberührt läfst, bis sie von selbst abfällt, —
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was sehr ungleich, bald mit 8 Tagen, bald auch erst mit 14 und 20 Tagen geschieht, je nachdem das Mittel ober­flächlich oder tief eingewirkt hat. Erscheint nach dem Abgehen des Schorfes die Geschwürsfläche nicht ganz rein, so mufs das Mittel wiederholt werden; doch ist dies sel­ten nöthig, — In einigen Fällen habe ich von der An­wendung des weifsen Arseniks für sich allein, oder von einer Verbindung desselben mit 2 Th. Kohlenpulver die­selbe Wirkung, wie von dem Cosmeschen Pulver gesehen. Nach mehreren Beobachtungen geschieht zwar die Aufsaugung des Arseniks in Krebsgeschwüren, bei wei­tem nicht in dem Grade wie in Wunden gesunder Theile, und nachtheilige Folgen entstehen daher dort selten, be­sonders bei völlig ausgewachsenen Pferden und Rindern, dennoch ist es gut, eine grofse Geschwürsfläche nicht auf einmal ganz, sondern nur zum Theil mit Arsenikmitteln
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zu bedecken und dieselben erst dann auf den übrigennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;r
Theil zu bringen, wenn an der ersten Stelle die Entzün-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ;
dung vorüber ist. Diese Vorsicht mufs besonders bei Thie-ren von kleinerer Art und bei allen jungen Thieren be­obachtet werden.
b)nbsp; nbsp;Zur Zerstörung und Umwandlung der Wurmge­schwüre ist der weil'se Arsenik und das Cosmesche Pul­ver, auf die angegebene Weise angewendet, sehr wirk­sam. Vitet empfiehlt für diesen Zweck auch eine Salbenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; gt; * aus Arsenik und Aetzkalk zu gleichen Theilen, und Ho­nig so viel als nöthig ist, bestehend. Wohlfeiler, eben
so wirksam und weniger mit Gefahr verbunden als die reichliche Anwendung dieser Mittel es ist, ist jedoch das
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glühende Eisen,
c)nbsp; nbsp;Sehr hartnäckige, stark wuchernde Warzen wer­den durch die eben genannten Arsenikmittel, oder auch durch eine, aus 1 Th. pulv. Arsenik und 3 bis 4 Tb, Fett oder Wachssalbe bestehende Salbe oft schnell und gründlich ausgerottet, wenn man zuerst die gröbste Masse der Warze wegschneidet, den Grund skarifizirt und nach dem Ausbluten die Mittel auf ihn bringt. Die Anwen-
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dung der letztern darf jedoch nur mit grofscr Vorsicht geschehen, und besonders müssen empfindliche oder wich­tige Organe, die in der Nähe sind, durch Bestreichen mit Fett u. dgl. geschützt, jene Mittel selbst aber nur in sehr dünnen Lagen aufgetragen werden, um ihr Abflie-fsen zu verhüten.
d) Bei veralteter Räude hat der Arsenik oft dann noch Heilung bewirkt, wenn alle übrige Mittel vergebens waren. Er wird hier zweckmäfsig in der Form des, von Viborg (Samml. Bd. 5. S. 359, — und dess. Anleit. z. Erzieh, u. Benutz, des Schweins, S. 120, 122) empfohle­nen Arsenikessigs, oder in Form einer, von Tessier (Ueb. d. Schafzucht, S. 149) angegebenen Auflösung an­gewendet. Die letztere wird bereitet, indem man weifsen Arsenik 3 Th., Eisenvitriol 20 Th. und Wasser 200 Th.1) in einem Kessel mit einander bis auf f einkochen läfst, dann aber eben so viel Wasser, als verdunstet ist, wie­der zugiefst und es noch einmal aufkochen läfst. — Den Arsenikessig bereitet man aus: Essig u. jv (Handelsge­wicht), Wasser n(. jj und Arsenik sect;j, durch Kochen bis zur vollständigen Auflösung des letztern; er enthält in 96 Theilcn 1 Th. Arsenik, — die nach Tessier berei­tete Auflösung aber 1 Theil in 73 Theilen. Die Anwen­dung der einen wie der andern Flüssigkeit geschieht, in­dem man sie, mittelst eines Schwammes, auf die, vorher von den gröbsten Schorfen befreiten, Iläudegeschwüre täglich Imal bringt und daselbst eintrocknen läfst. Sel­ten braucht man sie bei einem Thiere mehr als 2mal, und oft weicht die Räude schon nach der ersten Anwendung. Das Belecken der gewaschenen Thiere durch andere mufs man zu verhindern suchen. Ist ein Thier über den gan­zen Körper räudig und dabei sehr wund, so darf man nicht die ganze Oberfläche auf einmal, sondern nur einen
*) Für 100 Schafe sollen nach dieser Vorsehrift 3 Pfd. Arse­nik (!), 20 Pfd. grüner Vitriol und 100 Pinien oder 200 Pfd. Was­ser genommen werden.
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Theil nach dem andern waschen, so dafs mau einige Tage braucht, ehe man über den ganzen Leib kommt. Tes-sier schreibt zwar vor (a. a. O.), eben geschorne Schafe (denen aber dabei die Ohren und Augen mit den Händen der Gehülfen gut zugehalten werden müssen), in die oben bezeichnete Arsenikauflösung zweimal einzutauchen und sie mit Bürsten über den ganzen Leib tüchtig zu reiben, und er behauptet, dafs dies Mittel selbst bei Schafen, die eben werfen wollten, oder den Tag vorher geworfen hatten, und bei neugebornen Lämmern versucht worden ist, ohne dafs es ihnen im mindesten geschadet hätte; ich rathe aber dennoch wiederholt, die eben empfohlene Vorsicht zu be­achten; denn es sind auch Fälle bekannt, in denen arse-nikhaltige Waschmittel, wenn sie bei der Räude über den ganzen Leib angewendet wurden, den Tod veranlafst ha­ben l). — Ueberhaupt dürfen solche Mittel nur im äufser-sten Falle (der aber bei gründlicher Anwendung der Walz-Echen Lauge, des Terpentinöls u. a. Mittel gewifs selten eintritt) angewendet werden. — Ganz so verhält es sich hinsichtlich des Gebrauchs der Arsenikmittel gegen Läuse und gegen anderes Ungeziefer.
e) Gegen verschiedene ächte und falsche Balgge­schwülste, und vorzüglich gegen verhärtete, grofse Stoll­beulen (sogen. Stollschwämme), hat sich der Arsenik bei den, in der hiesigen Thierarzneischule gemachten Versu­chen von ganz vorzüglicher Wirksamkeit gezeigt, selbst da, wo durch lange Zeit alle andere gebräuchlichen Mit­tel und die wiederholte Exstirpation fruchtlos gewesen waren. — Die Anwendung geschieht hierbei ganz einfach
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lt;) Go din c erziiMt {Bapporl de l'Ecole d'Alfort, 1812), ilj.fs tou einer Auflösung des Arseniks in etwa 50 Pinien (ä 2 Pfd.) Ta-baksdekokt und eben so viel Misljanclie, als Waschung angewendcl, ScLale getüdtet wurden, und Goltier (JUcmoires, Tom. 2. //. 57) sähe ein räudiges Pferd nach dem Waschen mit einer Auflüsong von 1 Th. Arsenik und 2 Th Schwefel am 16len Tage sterben, nach­dem lebhafte Kolikschmerzca und an der Haut viele Blasen tnlsl.in-den waren.
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so, dafs man zuerst mit einem Messer einen Einstich bis in die Mitte der krankhaften Masse macht und dann, nachdem die Blutung völlig gestillt und die Wunde ge­reinigt ist, 20 bis 30 Gran Arsenik in die letztere bis auf den Grund hineinbringt, und hierauf die Oeffnung äufser-lich mit Werg verstopft. In etwa 20 bis 24 Stunden wird die Geschwulst wärmer, etwas empfindlicher, und all-mälig viel grofserj es entsteht mäfsige Eiterung, die Masse stübt im Innern nach und nach ab und nach 8 bis 12 Tagen trennt sie sich zuerst im Umfange der gemach­ten Oeffnung (die sich bedeutend vergröfsert) von der Haut, und dann immer mehr von den übrigen gesunden Theilen, so dafs sie theils von selbst abfällt, theils mit den Fingern leicht weggenommen werden kann. Die ganze Heilung erfolgt in 4 bis 5 Wochen gründlich, und fast immer können die Pferde während dieser Zeit zur Arbeit benutzt werden. — Gewöhnlich habe ich den Arsenik pul-verisirt, zuweilen aber auch in einem ganzen Stückchen angewendet, und unter beiden Umständen die Wirkung fast in ganz gleicher Art und Stärke erfolgen gesehen. Ist die Stollbeule durch die vorausgegangene Behandlung bereits geöffnet und in ein flaches oder hohles Geschwür mit dicken Callositäten umgewandelt, so ist es zweckmä-fsig, den Arsenik in 2 oder 3 gemachte Einstiche oder Einschnitte zu bringen; und wenn die Höhle oder die Fläche grofs, aber die Masse nicht sehr dick ist, so be­streicht man sie am besten mit einer der, unter b und c vorhin angegebenen Arseniksalben in einem Tage 2 bis 3mal, nach Zwischenzeiten von 6 bis acht Stunden, und wartet dann die Wirkung ab, welche ähnlich und in der­selben Zeit wie bei der vorigen Anwendungsart eintritt. — Auch hier müssen gleich vom Anfange an und wäh­rend der nachfolgenden Eiterung, die zunächst gelegenen Theile durch Bestreichen mit Fett oder mit Wachssalbe gegen die Einwirkung des Arseniks geschützt werden.
f) Gegen Ueberbeine, Spatt und andere Exostosen, auch gegen Gallen, ist der Arsenik schon lange in ver-
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Ecbiedenardg zusammengesetzten Salben (z. B. mit Can-tharidensalbe und Euphorbium verbunden) im Gebrauch gewesen. In neuerer Zeit hat man für diesen Zweck eine ganz einfache Salbe, welche aus Acid, arsenicos. subtiliss. pulveris. 9j und Ascungia porc. gß besteht, als sehr wirk­sam gebraucht. Es wird von derselben zuerst täglich einmal, späterhin aber; wenn hiernach Entzündung der Haut eingetreten ist, nur jeden 3ten oder 4ten Tag so viel wie eine kleine Bohne beträgt, in die Haut auf dem Ueberbeine oder der Galle eingerieben, bis daselbt Aus­schwitzung entsteht, wo man dann das Mittel ganz weg-läfst. Es bildet sich nun ein trockener Schorf, mit wel­chem später auch die Haare abfallen. Dieselben wachsen aber bald wieder. Wendet man aber die Salbe anhal­tend, zu reichlich oder mehr conzentrirt an, so bleiben haarlose Narben zurück. Ist die Heilung in etwa 4 Wochen nicht erfolgt, so kann das Verfahren wiederholt werden.
Anmerkung 1. Der sog. Fliegenstein oder Scherbenkobalt (Cobaltum) ist gediegenes Arsenikme­tall, welches sich au der Luft, in Wasser, Essig und in den Flüssigkeiten des Thierkörpers leicht oxydirt und dann ähnliche, aber schwächere Wirksamkeit erhält, wie der weifse Arsenik. Er wird zuweilen pulverisirt von den Pferdehändlern und andern Personen zum Fettmachen magerer Pferde, und von deri Landleuten mit Wasser und Essig gekocht, als Waschmittel gegen Räude und Läuse bei allen Hausthieren angewendet. Er ist entbehrlich und verlangt dieselbe Vorsicht wie der weifse Arsenik.
Anmerkung 2. Der gelbe Schwefelarsenik, das Rauschgelb, Auripigment, Operment iAuripig-mentum, Arsenicum citrinum nativum fossile, Arsenicum sul-pkuratum'), ist eine, in der Natur vorkommende, Verbin­dung aus circa 61 Th. Arsenik und 39 Th. Shwefel, und das mildeste Arsenikpräparat. Von Manchen wird es so­gar für völlig unschädlich gehalten, jedoch mit Unrecht, denn Versuche haben gezeigt, dafs Hunde von 5j bis 3jj
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des Mittels nach 48 Stunden getödtet wurden (Orfila, Toxikologie. Bd. 1, S. 310). — Vitet (Unterricht, 3teii This. Ister Bd. S. 466) benutzte es mit einigem Erfolge zum Räuchern rotziger und wurmiger Pferde, und Kers-ting (Nachgelassene Manuscripte, S. 354) u. A. haben es als Zusatz zu scharfen und ätzenden Salben (z. B. 5j —?jj zu 3j der Spanischfliegensalbe) gegen veraltete Stoll­beulen, Ueberbeine, Gallen, Piephacken u. dgl. angewen­det. AVagner empfahl zur sichern Heilung der Flufs-gallen eine schwächere Salbe, aus Arsenic, sulphurat. 3ß und Axung. porci ^j bestehend. Es soll von derselben nur etwas Weniges auf der erhabensten Stelle der von Haaren entblöfsten Galle eingerieben werden, und dies den 3ten und 7ten Tag wiederholt, bis Ausschwiz-zung entstanden ist, — sehr ähnlich wie vorhergehend unter / angegeben ist. (Siehe Nebel und Vix Zeitschr. Bd. 1. S. 18.) — Das Räuchern mit Operment mufs je­doch wegen der damit verbundenen Gefahr für Menschen ganz verworfen werden, und die Anwendung desselben in Salben auf die behaarte Haut kann ich bei Pferden von hohem Werthe deshalb nicht empfehlen, weil ich hier oft haarlose Stellen davon zurückbleiben sähe.l)
B. Blei. Plumbum, Saturnus.
% Essigsaures Blei. Plumbum acetic um, Acetas Flumbi,
sect;. 599.
Das essigsaure Blei ist in zwei verschiedenen Prä­paraten gebräuchlich, nämlich:
a) in flüssiger Form, als Bleiessig, Bleiglätte­oder Silberglätteessig, basisches essigsaures
') Aufser der bereits cnijifolileiicn Vorsicht bei der Anwendung des Arseniks ist noch Folgendes zn beachten: derselbe mufs gut ver­packt, mit seinem Namen und als Gift bezeichnet, aufbewahrt wer­den; die Anwendung mufs der Thierarzt immer selbst besorgen, oder in seiner Gegenwart besorgen lassen; niemals darf man Vichbcsitzeru
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Blei, Aceias plumbi liquidus, metis plumbi liquida, Acctum plumlri s. saturmnum, Liquor acetatis plumbi basici s. plumbi subcwetati — aus 86sect; prC. Bleioyd und 13g prC. Essig­säure; — und
J) in fester Form, als Bleizneker, essigsaures Bleioxyd, saures essigsaures Bleioxydul OSacÄa-rum saturni, Acetas plumbicus crystallisatus, Aceias plumbi
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addulus siccus), aus 5Ssect; prC. Bleioxyd, 27 prC. Essig-
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säure und 14j prC. Wasser. — Beide Präparate unter­scheiden sich nur darin von einander, dafs der Bleiessig eine gröfsere Menge ßleioxyd enthält, als der Bleizucker; in der Art ihrer Wirkungen stimmen sie fast ganz über-cin, aber der letztere ist bedeutend stärker wirkend als der erstere. Der Bleiessig löst sich in destill. Wasser vollkommen auf, in Brunnenwasser wird er theilweis zer­setzt, indem sich, je nach den Bestandtheilen des letz­tern, kohlensaures, auch wohl Schwefels., und salzs., Blei­oxyd niederschlagen. Dasselbe geschieht auch, wenn kohlens., schwefeis. u. a. Salze zu dieser Flüssigkeit kommen. Der Bleizucker löst sich in 1^—2 Th. Wassers leicht und vollkommen auf, Schwefelsäure und die be­zeichneten Salze zersetzen ihn aber ebenfalls. Mit Ei-weifs geht er eine Verbindung ein, welche in Flüssigkei­ten als ein weifser Niederschlag erscheint, der Blei und eine organische Substanz enthält und durch Zusatz einer kleinen Menge von Essig- oder Salzsäure wieder gelöst werden kann. Der Faserstoff verbindet sich, nach den Versuchen von Mitscherlich1) wahrscheinlich gar nicht
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und dergl. die arseniklialtigvn Witlel anrertrauen; was von den letz-
tem nach dem Gebrauche übrig bleibt, inuls man entweder sicher
verwahren, oder tief in die Erde vergraben, niemals aber in den Stall oder in der Nähe desselben auf den Hof werfen, wo es von Uiih-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,-; '
nern etc. gefressen werden könnte; Personen mit verletzten Uliiiden, lasse man bei der Anwendung solcher Mittel keine Hülfe leisten.
') Ueber die Wirkung des essigs. Bleioxydes auf den thier. Or­ganismus. Im Archiv für Anatomie etc. von Job. Müller. Jahrg.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i 1836. S. 298. n. f.
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mit dem essigsauren Blei, sondern er schwillt in einer Auflösung desselben blofs auf, verändert aber seine Farbe sehr wenig; .Essig- und Salzsäure lösen den so veränder­ten Faserstoffquot; eben so wenig wie früher. — Schleim wird durch eine Bleizuckerauflösung weifs, undurchsichtig1), in Wasser, und in den genannten Säuren unlöslich.
Am lebenden Thierkörper verhält sich nach Mit­scher lieh das essigsaure Blei gegen die verschiedenen organischen Substanzen eben so, indem er, je nach der Art und der Menge derselben an den verschiedenen Ap­plikationsstellen bald lösliche bald unlösliche Verbindun­gen macht. In diesem Umstände ist es (wie von den Metallen im Allgemeinen sect;. 590 angedeutet) begründet, dafs das essigsaure Blei an verschiedenen Stellen bald nur örtlich einwirkt, bald auch resorbirt wird und Zufälle einer allgemeinen Wirkung erzeugt.
Innerlich angewendet, tritt das essigsaure Blei zuerst mit dem Schleim der Maulhöhle, des Magens u. s. w., so wie mit den übrigen abgesonderten Flüssigkeiten und mit den vorhandenen Nahrungsmitteln in Verbindung; wird es aber durch diese Substanzen nicht völlig gesätti­get, so verbindet es sich mit der Schleimhaut selbst, und zuweilen wirkt es noch tiefer ein. Die Schleimhaut wird dann angeätzt. Kleine Gaben dieses Mitreis ein­mal, oder in grofsen Zwischenzeiten angewendet, verur­sachen daher kaum bemerkbare Zufälle; aber bei öfterer Wiederholung in kurzen Zwischenzeiten können sie doch eine sehr eingreifende, und selbst tödtliche Wirkung her­beiführen. Mit scher lieh sähe bei Kaninchen von 8 Gr. Bleizucker, in 5 Th. dest. Wassers gelöst, täglich einmal und 10—12mal wiederholt gegeben, zuerst nur etwas
') Hieraus läfst sich das Entslehen weifser, undurciisiclitiger Narben und Flecken auf der durclisicliligen Ilnrnliaut der Augen, gt;velcbe man nach der Anwendung der Bieimiltel so oft beoliadUel, rrllären und zugleich ein Wink zur Vorsicht beim Gebrauch dieser Dlitlel gegen Augenverlelzungen enlnehmen.
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Durst, verminderten Appetit und seltenere Ausleerungen erfolgen; erst nach der 6ten, — 7ten Gabe wurde das Thier matter, legte sich oft auf den Bauch, es traten zu­weilen leichte Krämpfe, auch Zähneknirschen ein; Koth und Urin wurden wenig entleert; der Leib war nicht schmerzhaft; die Thiere wurden sehr matt, das Athmen immer langsamer, und zuletzt erfolgte der Tod in einem Aufalle von Opisthotonus.
Tritt der Tod nicht so schnell ein, so sieht man ihn doch in den meisten Fällen Abmagerung. Mattigkeit, Stei-figkeit der Gliedmafsen und zuletzt, bei einem fast ganz gelähmten Zustande des Thieres später erfolgen.
Wird essigsaures Blei innerlich in zu grofsen Gaben (z. B. bei Pferden mehr als 1 Pfd., bei Hunden mehr als 3jjj bis 3vj auf einmal) gereicht, so entsteht Ekel, Kolik, (bei Hunden auch Erbrechen) kleiner, harter, schneller Puls, Blässe der Schleimhäute, zuerst Vermeh­rung der Ab- und Aussonderungen, dann Verminderung der Resorption, und ebenso Verminderung der Sekretio­nen, Schwäche, Steifigkeit der Glieder, zuweilen Läh­mung, Unempfindlichkeit und oft der Tod. Letzterer er­folgte bei einem Hunde, dem gjß Bleizucker in gjjj Was­ser aufgelöst eingegeben und dann der Schlund unterbun­den worden, nach 9 Stunden, — bei einem andern von 5jjjß aber erst nach 28 Stunden (Orfila, Toxikologie. B. 1. S. 397). — Ein rotzkrankes Pferd, dem ich 1 Pfd. Bleizucker in 4 Pfd. Wasser gelöst, eingegeben, zeigte die genannten Zufälle nur durch etwa 12 Stunden, war dann ganz munter und starb erst nach 7 Tagen am Rotz. — Dagegen sähe Prinz bei Kühen von verhältnifsmäfsig weit kleineren Gaben sehr heftige Zufälle und selbst den Tod erfolgen. Zehn Rinder von verschiedenem Alter hatten zusammen in 3 Tagen 1 Pfd. Sacchar. saturni, also jedes Rind täglich etwas über ein Loth, und in 3 Tagen 'S\ Loth bekommen und hiernach Fieber, stieren Blick, Kälte der Ohren und der Gliedmafsen, Trockenheit und Hitze des Flatzmauls, kleinen, schnellen Puls, pochenden
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Herzschlag, beschleunigtes Athtnen, Zusammcnfallcu des Bauches, Schleimflufs aus dem Maule und den Nasen­löchern, Verlust des Appetits, Aufhören des Wieder­kauens, seltene Ausleerungen von kleinem, harten, schwarz­gefärbten, mit Schleim überzogenen Mist, Drängen zur Kothentleerung, heftige Kolikzufälle und grofse Erschö­pfung gezeigt. Bei einer Kuh war vorherrschend ein Ge­hirnleiden mit Raserei, und bei 4 Stücken, bei denen das Leiden des Verdauungskanals geringer war und wo der Tod nicht erfolgte, hatte sich ein eigenthümlicher, mit vielem Jucken verbundener Hautausschlag eingefunden.
Bei der Sektion der, durch essigsaures Blei getödte-ten Thiere findet man, wenn der Tod nach kleinen Ga­ben erfolgte, die Schleimhaut des Magens und des Dünn­darms mit einer Schicht dicken, zähen Schleims bedeckt, hin und wieder weifsgrau gefärbt, und in eine trockene, zerreibliche Masse umgeändert; auch die Muskelhaut er­scheint an manchen Stellen weifs. Nach grofsen Gaben findet sich die Schleimhaut zuweilen von ähnlicher Be­schaffenheit, in manchen Fällen aber sowohl sie als auch andere Eingeweide mit rothen, entzündeten, oder mit Blut unterlaufenen Flecken versehnl). An den übrigen Organen sieht man mehrentheils nur Spuren von über-mäfsiger Contraktion und Trockenheit.
Aeufserlich tritt das essigsaure Blei ebenfalls in Ver­bindung mit den vorhandenen organischen Flüssigkeiten. Auf wunde Flächen gebracht macht es einen weilslichen Ucberzug auf denselben. Uebrigens bewirkt es an den unmittelbar berührten Stellen vermehrte Zusammenziehung und Verdichtung der Weichgebilde, besonders der Ge-fäfse, Verminderung der Irritabilität und Sensibilität, und eben so Verminderung der Temperatur und der Abson­derungen. In sehr hohem Grade der Wirkung werden
') Mitscherlicli salie diese Wirkung nicht, ich ebenfalls nie­mals, aber Or lila u. A. geben sie an, und Prinz fand sie in den oben erwähnten Fällen an mebrern Rindern.
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letztere ganz unterdrückt, die Weichgebilde förmlich zu-sainmengeschrumpft und ihre Masse oft sogar verhärtet, besonders wenn Extravasate von faserstoffhaltigen Säften zugegen sind; denn letztere gerinnen durch die Einwir­kung des essigsauren Bleies sehr leicht. — Bei sehr reichlicher und anhaltender Anwendung desselben auf grofsen wunden Flächen, hat man zuweilen eine allge­meine Wirkung auf den ganzen Organismus, wie von dem innerlichen anhaltenden Gebrauche dieses Mittels entste­hen sehen.
Von Injektionen einer halben Drachme Bleizuckers mit Jß dest. Wassers in die Drosselvene, entstand bei mehreren starken Pferden innerhalb 2 bis 4 Min. schnel­leres, beschwerliches Athrncn, schnellerer Puls, Blässe der Schleimhaut im Maule, Wiehern, Schwäche der Glied-mafsen, Schwindel, Niederstürzen und, mit 5 — 8 M. der Tod unter Convulsionen. — 10 Gr. auf diese Weise ap-plizirt, bewirkten blofs durch einige Stunden Schaudern der Haut, Mattigkeit und etwas vermehrte Pulse und Athemzüge. Bei Hunden erfolgte auf die Injektion von 10 Gr. Bleizucker der Tod augenblicklich, ohne Zeichen von Schmerz oder Convulsionen; Injektionen von 1 Gr. bis 5 Gr. bewirkten bei verschiedenen Hunden ähnliche Zufälle, wie von der lange fortgesetzten innerlichen An­wendung des Bleies und nach 3, 5 bis 7 Tagen den Tod. (Orfila a, a. O.)
Das essigsaure Blei zeigt, besonders bei der inner­lichen Anwendung in geringen Gaben und äufserlich in seinen Wirkungen einige Aehnlichkeit mit denen der ad-stringirenden Pflanzenmittel; es ist aber von diesen sehr wesentlich darin abweichend, dafs es nicht wie sie, mit der Vermehrung der Contraktion zugleich die Irritabili­tät steigert, sondern die letztere und ebenso die Sensibi-raquo; lität und die Vegetation herabstimmt und daher die Le-bensthätigkeit in allen ihren Richtungen vermindert.
sect;. 600.
Innerlich wird das essigsaure Blei nur wenig ange-
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wendet, weil man seine nachtheilige quot;Wirkungen fürchtet. Letztere treten aber bei einiger Vorsicht nicht leicht ein. Angezeigt ist es im Allgemeinen bei denjenigen Krank­heiten, bei welchen 1) heftige entzündliche Reizung mit Gefäfserweiterung oder mit Blutflüfsen bestehen, und 2) wo übermäfsige Ab- und Aussonderungen die Haupterschei­nungen sind und wo der Zustand in Erschlaffung und Schwäche der Blutgefafse und ebenso in Erschlaffung, Auflockerung und Schwäche der Schleimhaut im Verdau­ungskanal, in den Respirationsorganen oder in den Harn­werkzeugen begründet ist, und wenn diese Krankheiten mit erhöheter Reizbarkeit und Empfindlichkeit verbunden sind; es mufs aber entgegengesetzt überall vermieden werden, wo Trockenheit der Fasern, Vermin­derung der Wärme und der Absonderungen, grofse Reiz­losigkeit und Neigung zu Verhärtungen besteht. — Ich habe es unter den vorher bezeichneten Umständen mit ausgezeichnetem Erfolge gegen das Blutharnen bei allen Thieren, — gegen die Harnruhr (sog. Lauterstall) bei Pferden und Rindvieh, — gegen schleichende Entzündung des Darmkauals, — gegen heftige, und besonders gegen blutige, mit Zufällen von schleichender Darmentzündung begleitete Diarrhöe (auch wenn dieselbe durch zu grofse Gaben von Aloe, von schwarzer Nieswurz, von Croton und dergl. scharfen Stoffen entstanden war) gegen asthe-nische^ sehr schmerzhafte Lungenentzündungen — gegen verjauchende Lungenknoten, — gegen hartnäckige Schleim­flüsse aus den Respirationsorganeu und aus den Ge-schlechtstheilen, und — gegen den zu heftigen oder zu oft eintretenden Geschlechtstrieb angewendet. Viborg empfahl es auch gegen die Finnen der Schweine, Gegen den Rotz ist das essigs. Blei von andern Thierärzten auch empfohlen; ich versuchte es hier stets ohne Nutzen.
sect;. 601. Zum innerlichen Gebrauche dient fast nur allein der Bleizucker. Man giebt ihn den Pferden und Rindern zu 3ß bis 3jj, Schafen und Schweinen zu gr. v bis xv, Hun-
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den gr. j bis vj auf Einmal, und nach Zwischenzeiten von 3, 4, 8 bis 12 Stunden wiederholt, je nach der Hef­tigkeit der Zufälle: z. B. bei heftiger Darmentzündung, wo man Pferden sogar in Zwischenzeiten von einer Stunde 3j pr. Dosi geben kann. Die Anwendung kann in Lat­wergen, Pillen oder in Auflösungen (mit 20 bis 25 Th. Flüssigkeit) und selbst im gewöhnlichen Getränk gesche­hen. Man verbindet den Bleizucker bei den meisten der genannten Krankheiten recht zweckmäfsig mit bittern Mit­teln; und wenn bei der Harnruhr, bei dem Blutharnen
und bei Ulceration der Lungen u. s. w. heftige Schmer-
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zen bestehen, habe ich die Verbindung des BIcizuckers mit Bilsenkraut sehr hülfreich gefunden; bei dem rein atonisclien Blutharnen u. dgl. Harnruhr war dagegen die Verbindung des erstem mit dem Kampher sehr wirksam, und bei Diarrhöe, bei Lungenentzündungen und bei Blut­husten hat sich in vielen Fällen der Bleizucker mit Opiumnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;, ^ versetzt, als nützlich bewährt. — Säuren, adstringirendenbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;i Mittel. Alkalien, fast alle Neutral- und Metallsalze und die Seifen, zersetzen den Bleizucker und dürfen daher
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nicht mit ihm verbunden werden, wenn man nicht etwa die Wirkung der neu entstehenden Verbindungen beab­sichtiget, wie dies z. B. zuweilen der Fall ist bei dem Gebrauch des Bleizuckers in Verbindung mit Gerbstoff, namentlich mit einer Abkochung der Eichenrinde, in wel­cher das essigsaure Blei ein noch mehr tonisches Präpa­rat liefert.
sect;. 602. Aeufserlioh ist das essigsaure Blei ein häufig ge­brauchtes und sehr wirksames, reizmilderndes, zertheilen-des, zusammenziehendes und austrocknendes Heilmittel, welches im Allgemeinen da seine Anzeigen findet: wonbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'
örtlich die Reizbarkeit, die Empfindlichkeit, und die Wärmeentwickelung zu sehr vermehrt ist, wo dabei die Blutgefäfse und die Fasern durch Ausdehnung n. s. w. erschlafft und ge­schwächt, die Absbnderungen zu reichlich sind,
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und wo ein wuchernder Bildungsprozefs besteht. — Es dient daher:
a) bei schmerzhaften Entzündungen, welche durch mechanische Einwirkungen entstanden sind (z- B. bei Quetschungen und Quetschwunden, bei dem Durchliegen und Durchscheuern, bei Sattel- und Geschirrdrücken, Ver-bällungen, Verrenkungen und Knochenbrüchen.) — Das Blei zeigt sich bei diesen Entzündungen um so wirksa­mer, je mehr sie einen oberflächlichen Sitz haben; es ist auch in der ersten Zeit, ehe sie den höchsten Grad er­reichen und dann wieder im Stadium der Abnahme am meisten nützlich, — Dagegen ist das Mittel in der Regel schädlich: bei heftigen, sog. hypersthenischen Entzündun­gen, bei schon eingetretener gutartiger Eiterung oder bei deutlicher Neigung dazu, — bei sogen, asthenischen Ent­zündungen in Drüsen, und überall, wo aus Mangel an gehöriger arterieller Thätigkeit eine Neigung zu Verhär­tungen besteht, und auch bei catarrhalischen, rheumati­schen, typhösen und Antraxentzündungen. Ebenso ist es bei Augenentzündungen, die mit Verdunkelungen oder mit Wunden und Geschwüren der Hornhaut verbunden sind; indem hier, meinen vielen Beobachtungen zufolge, bei dem Gebrauch der Bleimittel sehr oft die Verdunkelun-sen unauflöslich werden und die Wunden und Geschwüre weifse, undurchsichtige Narben zurücklassen (Siehe An-merkg. S. 842).
i) Gegen Verbrennungen leistet das essigsaure Blei fast bei jedem Grade und in jeder Periode derselben gute Dienste, am meisten aber, wenn die Entzündung in jauchende übergeht, und wenn die verbrannten Theile sich ablösen. Sind die Brandflächen sehr grofs, so ist bei der Anwendung der Bleimittel, wegen der aligemei­nen Wirkung derselben, stets eine grofse Aufmerksamkeit •auf das Befinden der Thiere nötliig.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;b
c) Bei Geschwüren ist das essigsaure Blei ein vor­treffliches Mittel, wenn sie lockere, schwammigte Granu­lation besitzen, viel jauchen, juckenden Schmerz erregen,
übri-
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übrigens aber im Grunde rein und zur Heilung geneigt sind. Unter entgegengesetzten Umständen, und da, wo die Geschwüre mit Callositäten verbunden, oder wo sie in Folge eines allgemeinen Krankheitszustandes (beson­ders als Crisis oder als Metastasis) entstanden, und wo sie veraltet, dem Körper zur Gewohnheit geworden sind, ist das Blei fast immer schädlich.
d) Bei Hautausschlägen ist das Blei wirksam, beson­ders wenn sie viel nässen und stark jucken, wie z. B. bei den sog. Hitzblattern und bei dem Schweif- und Mäh-nengrinde der Pferde u. dgl.; — da es aber zu schnell die Absonderungen unterdrückt, so darf es immer nur mit Vorsicht gebraucht werden, namentlich bei kritisch und metastatisch entstandenen Ausschlägen, bei veralteter und sehr ausgebreiteter Räude und bei dergl. Flechten.
c)nbsp; Bei starken und anhaltenden Schleimflüssen, bei zu starker Eiterung und bei andern zu reichlichen Ab­sonderungen, ist das Blei ebenfalls von ausgezeichneter Wirksamkeit, verlangt aber auch bei der Anwendung die Berücksichtigung der Dauer des Uebels und der etwa vorhandenen, unter c und d angedeuteten pathologischen Verhältnisse.
sect;. 603. Man benutzt zum äufserlichen Gebrauche den Blei­essig und den Bleizucker auf mehrfache Weise, und zwar:
d)nbsp; in Auflösungen mit Wasser (als sog. Bleiwas-serj Aqm plumbica s. saturnind); sie werden am besten mit destill, oder mit Flufswasser, und, nach dem Orte der Anwendung und dem Grade des Uebels, in verschie­dener Conzentration bereitet; z. B. bei Augenentzündun­gen aus 5 bis 10 Gran Bleiessig oder 1 bis 2 Gran Blei­zucker mit ^j Wasser, — bei Schleimflüssen, bei Ver­brennungen, Geschwüren, Hautausschlägen u. dergl. mit Verletzung der Haut verbundenen Krankheiten, aus 8 bis 16 Gr. Bleiessig oder 2 bis 4 Gr. Bleizucker auf 3j Wasser, — und zur Anwendung auf die unverletzte Ober-
Hcrtwig Arnioimittcllclirf.
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haut kann diese Auflösung vozi doppelter Starke sein. — Das in der Preufs. Pharmakopöe vorgescliricbcne Blei-wasser, besteht aus 5 Unze Bleiessig und 2 Pfd. dost. quot;Wasser. — Wenn bei Entzündungen, Quetschungen u. s. w. Neigung zu einem torpiden Character oder zu Verhärtun­gen eintritt, so nimmt man statt des blol'sen Wassers weit besser ein Infusum von gelind aromat. Pflanzen, z. B, von Flieder- oder von Chamillenblumen, oder man setzt dem einfachen Bleiwasser etwas Weingeist (auf 20 bis 24 Theile 1 Th.) zu. Die letztere Zusammensetzung bil­det das sog. „Goulardsche Bleiwasser, Aqua vege-to-mineralis Goulardi.quot; — Bei chronischen, mit heftigein Schmerz und mit reichlicher Schleimabsonderung beglei­teten Augenentzündungen, hat sich die Verbindung des Bleiwassers mit Opiumtinktur (20 bis 30 Tropfen der letztern auf 3J des erstem), so wie bei schmerzhaften akuten Augenentzündungen die Verbindung des essigsau­ren Bleies mit schleimigen Mitteln, besonders mit Quit-tenschleim sein- heilsam gezeigt, obgleich die letztere Zu­sammensetzung in chemischer Hinsicht nicht ganz passend erscheinen mag (S. 180).
h) In Linimentcn und Salben. In dieser Form wen­det man gewöhnlich nur den Bleiessig an, und zwar bei schmerzhaften Entzündungen der Haut, oder wo letztere theilweis zerstört ist, wie bei Anätzungen. Verbrennungen, Sattel- und Geschirrdrücken u. dgl. — Die einfachste Zusammensetzung besteht aus 1 Th. Bleiessig und 4 bis 8 Th. Fett oder eines fetten Oels, z. B. Baumöl, Molm­oder Rüböl; mehr gebräuchlich ist aber das sog. Blei-cerat oder die Bleisalbe {Ceraium Satumi, U.ngucntum saiurninmn), die aus 5 Pfd. weifsen Wachs, 2 Pfd. Baum­öl, 3 Unz. Bleiessig und 6 Unz. dest. Wasser bereitet wird. — Bei alten Geschwüren, die heftig schmerzen, viel jauchen und oft an den geheilten Stellen wieder aufbre­chen, ohne dafs Caries oder fremde Körper dies verur­sachen, hat sich eine Salbe aus 1 Thoil Bleizucker mit
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16 Th. Grünspan-Sauerhonig, täglich einmal angewendet, in vielen Fällen sehr nützlich gezeigt.
Anmerkung 1. Das sog. Bleiextrakt (Extractum saturni) ist ein durch Abdainpfen mehr dickflüssig und conzentrirt gewordener Bleiessig, der in halb so starken Gaben wie der gewöhnliche Bleiessig benutzt werden kann, jetzt aber gewöhnlich durch den letztern ersetzt wird.
Anmerkung 2. Die Bleiglätte, Silberglätte, G o 1 d g 1 ä 11 e {Lythargyrum, Plumbum oxyuatum subfuscum, Beutoxydum Plumbi), aus fast 93 Th. Blei und 7 Th. Sauerstoff' bestehend, in Säuren, aber nicht im Wasser auflöslich, wirkt ähnlich, aber schwächer, wie das essig­saure Blei.l) Sie wird innerlich gar nicht, und äufserlich nur von wenigen Thierärzten als ein zusammenziehendes, austrocknendes Mittel bei Gallen, Quetschungen, Sehnen-klapp, Ausdehnungen u. dgl. örtlichen Leiden benutzt. Die Anwendung geschieht am zweckmäl'sigsten in Verbin­dung mit Fett oder mit Honig als Salbe, oder mit Essig zum dünnen Brei gemacht. Am meisten dient sie zur Bereitung des essigsauren Bleies, durch welches sie auch völlig zu ersetzen ist,2)
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') Grognier sähe von ojv bei einem Hunde alle Symptome Her sog. Bleibotik, und nach einer starkem Gabe den Tod erfolgen. Go liier, Mt'ui. et observal. Tom. I. p. 410.
2) Die Bleiglatte dient auch zur Bereitung einer schwarzen Farbe, die zum Färben laquo;idriger Abzeichen sehr gut benutzt werden kann. Man ninmit hierzu fein pulv. Bleiglätte il], Aetzkalk W.ß (pond, civ.) mengt beide Substanzen mit Wasser zum Brei und setzt diesem 4 Unz. Stärkemehl u. 2 Unz. fein pnlv. Holzkohle zu. Die Masse wird getrocknet und pulverisirt. Beim Gebrauch rührt man einen Theil des Pulvers mit Wasser zur Consistenz eines dünnen Liniments zu-saininen, und streicht dies reichlich auf und zwischen die Haare, nach­dem dieselben vorher durch Waschen mit Kleienwasser von Fett möglichst befreiet sind. Ueber die Stelle bindet man ein Tuch. Nach dem völligen Trocknen (5 — 6 Stunden) wird die Masse wie­der abgerieben.
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Anmerkung 3. Das Bleiweifs, kohlensaures Blei, kohlensaures Rlcioxyd (Ccrussa, Plumbum carhonicum, Suhcarbonas plumbi. Oxydum Flumbi album) aus circa 85 Th. Bleioxyd und 15 Th. Kohlensaure ge­bildet, wirkt ebenfalls dem essigsauren Bleie ähnlich, aber schwächer, und dient nur äufserlich als austrocknen­des Mittel bei Geschwüren, bei nässenden Exkoriatiouen, bei Wunden, die im Vernarben begriffen sind, und zu­weilen auch bei Verbrennungen, — wo jedoch der Blei­essig vorzüglicher ist. Man wendet es theils als Pulver zum Einstreuen (z. B. bei Geschwüren im äufsern Gehör­gange der Hunde), theils als Salbe an. In ersterer Form wird es mehrentheils mit dem Pulver von Kohle, von Kamillenblumen, Eichenrinde u. dgl. in einem, dem Krank­heitszustande entsprechenden Verhältnisse versetzt, und eben so wird es in der Salbenform bald mit mehr, bald mit weniger Fett verbunden. Nach der Preufs. Pharma-kopöe besteht die einfache Bleiweissalbe (Jlngucn-tum Ccrussae s. ling, album simplex), aus 2 Th. Bleiweis, eben so viel Schweinefett, \ind 1 Th. Hammeltalg, und wenn zu 1 Pfd. dieser Salbe Jß Kampher gesetzt wird, so stellt sie die kampherhaltige Bleiweissalbe (f/wg-. Cerussae camphoratum s. Lvg. alb. camphoraium) dar. Die letztere begünstiget weniger die Neigung zu Verhärtungen als die erstere.
C. Braunstein, Mangan. Manganesium.
3. Braunsteinüberoxvd. Manganum oxyilatum nulivam, Mmi-
ganum hyperoxydalum, Oxydum Mangani nigrum, Oxydum Mag-
nesiae nigrum nalivum.
sect;. 604. Das Braunsteinüberoxyd enthält 36 pr.C. Sauerstoff, locker gebunden, so dafs derselbe bei der Einwirkung der Wärme und der stärkern Säuren mehrentheils ent­weicht, und daher bei der Wirkung des Mittels gewifs von grofser Bedeutung ist. In Wasser und in Weingeist
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ist es unlöslich, aber in Säuren kann es sich auflösen, wenu es die Hälfte seines Sauerstoffes abgiebt. Es wirkt innerlich und äufserlich im Allgemeinen als ein reizendes und zugleich stärkendes, tonisches Mittel, jedoch mit be­sonderer Richtung auf die Verdauungs- und Assimilations­organe, auf die Lymphdrüsen, Lymphgeiafse und die Haut. Durch seine innerliche Anwendung bei Thieren, die an Trägheit im Vegetationsprozesse leiden, wird der Appetit vermehrt, die Verdauung gebessert, der abgesetzte Koth fester und dunkler, die Schleimhaut im Maule und in der Nase, so wie die Bindehaut der Augen lebhafter geröthet, und die Se- und Exkretionen gehen regelmäfsi-ger von statten. — In Geschwüren wird die abgesonderte Jauche der Qualität nach gebessert, der Quantität nach vermindert, die Granulation lebhafter und reiner, und die Vernarbung erfolgt schneller.
Das Braunsteinüberoxyd ist von Pessina und Rysz innerlich gegen bösartige Druse, gegen den durch An­steckung entstandenen Rotz und gegen den Hautwurm mit dem besten Erfolge angewendet worden, und Rysz will auch bei einem Pferde die Anlage (?) zum Koller durch den länger fortgesetzten Gebrauch dieses Mittels gänzlich gehoben habenl). Bei veralteter Druse, bei dergl. Räude und bei dem Wurm sähe ich ebenfalls gute Wirkung von ihm. — Die Gabe ist für Pferde sect;ß — sect;j, für Hunde 5ß — 5jj, täglich 2 bis 3mal, und in Verbin­dung mit bittern und aromatischen Mitteln. — Bei dem Rindvieh, den Schafen und Schweinen ist die Wirksam­keit und die passende Gabe vom Braunstein noch nicht ermittelt.
Aeufserlich hat zuerst Grille und Morelot und später auch Rysz (a. a. O.) das Braunsteiuüberoxyd ge­gen die Räude der Pferde, der Schafe und Hunde mit gutem Erfolge angewendet, und der Letztere lobt es als das wirksamste Mittel gegen, die trockene, sehr veraltete
') Uyss, ArzueimUtellebre, S. 38.
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Mauke, gegen trockene Fufsflecliten bei allen Thieren, gegen das Teigmaul der Kälber und Lämmer und gegen den Maul- und Ohrcngrind, der sich oft über den ganzen Kopf verbreitet, die Thiere am Fressen hindert, und beim Weidevieh nach anhaltendem Regen und nach nas­sen Herbst- und Winterweiden (?) entsteht.
Die Anwendung bei diesen Hautkrankheiten geschieht in Salben, welche man aus 2 bis 3 Th. recht fein pulve-risirten Braunsteins mit 8 Th. Schweinefett bereiten und auf die kranken Stellen täglich, oder jeden 2tcn Tag ein­mal, gelind einreiben läfst. — Bei grofsen, schlaffen Ge­schwürflächen kann das Mittel auch als Pulver eingestreut weiden.
Wegen seiner grofsen Wohlfcilhcit und seiner nicht geringen Wirksamkeit, verdient der Braunstein in der Thierarzneikunde eine häufigere Benutzung als bisher. Die von ihm gebildeten Präparate, namentlich das schwe­felsaure und das salz- (chlor-) saure Braunstein-Oxydul sind nicht gebräuchlich.
D.#9632; Eisen. Fcrrum, Mars.
sect;. 605. Das Eisen vermittelt seine Wirkungen im Thierkör-per auf dieselbe WTeise, wie die Metalle überhaupt (sect;. 591), indem es an den Stellen, mit denen es in Be­rührung kommt, chemische Verbindungen mit den orga­nischen Stoffen (das Horngewebe ausgeschlossen) ein­geht, die bald mehr bald weniger löslich sind, und die hiernach auch mehr oder welliger die Resorption des Mittels begünstigen. Es geht in das Blut (in welchem es ein natürlicher Bestandtheil ist) über und wird aus demselben durch die Nieren zum Thcil wieder ausge­schieden. Seine Wirkungen im Allgemeinen characterisi-ren sich dadurch, dafs alle Eisenmittel die Contraktion örtlich und im ganzen Körper vermehren, die Verdauung und die Assimilation bessern und die Blutmischung so
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umändern, dafs das Blut eine mehr hervortretende arte­rielle Beschaffenheit erhält
Diese, ganz im Allgemeinen angedeutete Wirkungen erfolgen bei den sämmtlichen Eisenpräparaten, obwohl nicht in gleichem Grade. Es sind hier folgende fünf Ab-theilungen zu unterscheiden:l)
1)nbsp; Metallisches Eisen, die Oxyde des Eisens und dessen Salze, welche eine schwächere Säure enthalten, wirken vorzüglich durch Beförderung der Verdauung und Umänderung des Blutes; sie vermehren nur im geringen Grade die Contraktion.
2)nbsp; Die Eisensalze mit stärkeren Säuren, besonders das schwefelsaure Eisenoxydul, wirken am stärksten con-trahirend.
3)nbsp; Auflösungen der Eiscnsalze in alkoholischen und ätherischen Flüssigkeiten haben die Wirkung der aufge­lösten Eisenpräparate, erregen aber zugleich flüchtig nach Art des Alkohols und des Aethers.
4)nbsp; Die Wirkung der Doppelsalzc, welche aus einem Eisensalzc und aus Salmiak oder weinsteinsaurem Kali be­stehen, ist zusammengesetzt aus der Wirkung des Eisens und dieser Salze; — und
5)nbsp; Die Verbindungen des Eisens mit Schwefel wir­ken wie Eisenoxyd, wie Schwefel und Hydrothionsäure.
4, Eiseufe.ilc, juil verisirtes metallisches Eisen. Lima-
Uira Mariis praiparala, Ferritm purum limnlinn, Fcrrum puhcra-
tum, Alcohol ßlartis.
sect;. 606.
Das Eisen im metallischen Zustande besitzt keine be­merkbare Arzneikraft; es wird aber durch die Einwirkung der Luft, des Wassers, der Säuren, und durch Hitze sehr leicht in verschiedenem Grade oxydirt und dadurch zu einem sehr wirksamen Arzneimittel. Dies geschieht auch
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'#9632;i-l]-;I
#9632;m
') C. G. Mit scher lieh, Lehilmch der Amieiimltellelire, Isler Bd., 2le Ablh. S. 306.
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bei der Anwendung des gefeilten oder pulverisirtcn Ei­sens auf den Tliierkörper, da in dem letztern, und na­mentlich in den sauren Säften des Magens und Darmka­nals.; die Erfordernisse zur Oxydation reichlich vorhan­den sind. Dafs die letztere wirklich statt findet, ergiebt sich aufser den Wirkungen, die das Mittel auf den gan­zen Organismus äufsert, hauptsächlich aus der schwarzen Färbung, welche der Koth annimmt, wenn die Eisenfeile durch einige Zeit innerlich angewendet worden ist. Wahrscheinlich ist aber diese Färbung nicht allein von der Oxydation des Eisens, sondern eben so viel von der Verbindung desselben mit Gerbesäure abhängig, die in den Nahrungsmitteln im Darmkanal oft enthalten ist; denn die Färbung entsteht bei den Pflanzenfressern stets viel eher und stärker, als bei den Fleischfressern. Die Wirkun­gen von mäfsigen Gaben dieses Mittels zeigen sicli nie­mals sogleich, sondern erst nach längerem Gebrauche desselben und geben sich (vorzüglich bei Thieren, die an Atonie leiden) durch lebhaftere llöthung der sichtbaren Schleimhäute (bei Schafen auch durch lebhaftere Böthuns der Haut), durch höhere Temperatur des ganzen Körpers, durch munteren Blick, gröfscre Energie in allen Verrich­tungen, besonders durch kräftigeren, volleren Puls, durch hellere Röthung und gröfsere Gerinnbarkeit des aus der Ader gelassenen Blutes '), durch gut verdauten aber här­teren und (wie bereits angegeben) schwarz gefärbten Darmkoth, und durch Verminderung oder gänzliche Be­seitigung aller unregelmäfsigen, zu reichlichen x\bsonde-
\) Das Eisen findet sich im Blute fast aller Tliicre und scheint ein nothwendiger Bestandtlieil desselben zu sein. Nach den Versu­chen von Gincliii und Tiedemann u. A. geht es auch von au-fsen her durch Absorption in das Blut über, ist aber nicht, wie man früher annahm, die alleinige und unmittelbare Ursache der rnthen Farbe desselben; besonders ist die, beim Gebrauche des Eisens ent­stehende hellere Röthung des Blutes, gewifs nur die Folge der im Gefäfssysteme überhaupt vermehrten Arteriellilüt.
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rungon zu erkennen. — Bei vollblütigen, sehr reizbaren, zu Entzündungen neigenden, oder mit Entzündungskraak-hciten behafteten Thieren, entstehen von dem Eisen leicht Congestionen, Verstopfung des Leibes, Verschlimmerung aller Krankheitszufalle, — und bei sehr geschwächten Verdauungseingeweiden grofse Belästigung in denselben.
sect;. 607.
Diesen Wirkungen zufolge ist das Eisen ein eigen-thümlich tonisches und erregendes Mittel, durch welches die Contraktilität und die Irritabilität, vorzüglich aber die arterielle Thätigkeit, sowohl der Energie, als der Bewegung nach, vermehrt wird, und welches daher bei solchen Krankheitszuständen passend ist, die wesentlich in arterieller Atonie begrün­det sind, wo der Puls zu klein, weich, häufig aber re-gclmäfsig, die Schleimhäute und die Haut blafs gefärbt, die Wärme, die Kraft der Muskeln gering, die Ab - und Aussonderungen frei oder zu reichlich sind. — Demnachnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;!,
ist es bei Dummkoller, wenn er nicht in zu hohem Grade besteht und wenn die Thiere noch gute Frefslust zei­gen, — bei Vcrschleimung und Würmetn, unter densel­ben Umständen, — bei veralteter, oder aus Schwäche und Erschlaffung immer wiederkehrender Druse, — bei dergl. Hautkrankheiten, — bei und nach chronischen Wasser­suchten, die aus Schwäche des Gefäfssystems entstanden
sind oder durch diese Ursache fortbestehen, — daher auch
'lt;-#9632;,
bei und,nach der Fäule der Wiederkäuer, und bei öfters wiederkehrenden wässerigen Anschwellungen der Füfse und unter dem Leibe, — bei grofser Schwäche nach überstan-denen Krankheiten, oder bei Zuchthengsten und Zucht­böcken nach zu grofser Erschöpfung durch zu vieles Be­gatten, und in mehrern dergl. Fällen mit Nutzen zu ge­brauchen, Im Ganzen wird es aber wenig und nur in­nerlich benutzt.
sect;. 608.
Die Gabe von der Eisenfeile ist für Pferde und Rind­vieh 3jj bis sect;ß, für Schafe und Schweine 15 bis 30 Gran
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und für Hunde 5 bis 30 Gran, täglich 1 bis 2inal. Die Anwendung geschieht in Latwergen und Pillen, in Ver­bindung mit bittern und arornat. Mitteln, mit äthcr. Oel, Kampher, mit Schwefel, Spiefsglanz, Kochsalz, Glauber­salz (in kleinen Gaben), aber nicht mit Quecksilber-Prä­paraten, weil dieselben in ihrer Wirkung denen des Ei­sens ganz entgegenstehen. Durch die Verbindung mit ad-stringirenden Mitteln wird die Wirksamkeit des Eisens zwar etwas gemindert, aber keinesweges ganz aufgehoben. Anmerkung. 1) Das Eiseuoxydul, schwarze Eisenoxyd, oder der Eiseumohr (Ferrum oxydulatum nigrum, Aetkiops martialis) ist in seinen Wirkungen der Eisenfeile fast ganz gleich zu stellen. Es macht den grofs-ten Theil des Hammerschlages aus und letzterer kann daher, wenn er frei von fremdartigen Bestandtheilcn und fein pulverisirt ist, ganz wie die Eisenfeile und wohlfei­ler als diese, benutzt werden. -— 2) Das braune Ei­senoxyd, Eisenoxydhydrat, kohlensaures Ei­senoxyd, eröffnender Eisensafran (Ferrum oxyda-tum fuscum, OxyJum ferricum cum Aqua; F. carbonicum, Crocus Mortis apperithms, Oxydum fcrroso-fcrricuiii). In der Menschenheilkunde ist dieses Präparat viel benutzt. Es wirkt schwach adstringirend und im Wesentlichen wie das metall. Eisen. Berthold und Bunsen1) haben es in neuerer Zeit als das wirksamste Gegengift gegen Arse­nik empfohlen, indem sie von der Idee ausgingen, dafs sich das Mittel mit dem Gift im Magen zu arsenichtsau-ren Eisenoxyd, welches in Wasser ganz unlöslich, und somit auch unwirksam ist, verbindet. Die von Lassaigne, von Bouley, von Specz, von mir selbst u. A. ange­stellten Versuche haben diese Wirkung bestätiget, wenn das Mittel früh genug und in erforderlicher Menge ange­wendet wurde. Die Gabe mufs 10 bis 20fach stärker sein als die Quantität des Arseniks. Das Mittel an sich ist auch
') EiseDOzyclIiydrat, das Gt-gcn^ifl raquo;los weifsen Arseniks. Von R. W. Bunsen und h. A. Berthold. 2l,c Aufl. Göttina. 1837.
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in grofsen Gaben nicht nachtheilig, und man kann Pferden sehr gut sect;jj bis $jjj, Hunden oß bis jj auf Einmal geben. Die Anwendung geschieht in recht warmen Wasser (12 bis 15 Th. zu l Th. des Mittels), und nach i Stunde noch einmal wiederholt.— 3) Das r othe Eisenoxyd (Fernm oxydatumi rühr. s. Oxydum ferricuni), — das essigs.Eisen­oxyd (Ferr. acetic, oxydaf.'), das äpfels. Eisenextrakt (Extract. Ferri pomatum'), — das phosphors. Eisen-oxydul und Eisenoxyd (Ferrum phosphnricum oonjda-ttim et oxydulatum), — das blausaure Eisen, Eisen-cy a n ü r c y a n i d, B e r 1 i n e r b 1 a u ( Ferrum hydrocyamcum s. borussicum) und — das Jodeisen, Eisenjodür, hy-driodsaures Eisenoxydul {Ferr. jodatum s. hydrojo-dicum oxydulatunO ersclieinen in ihren Wirkungen sehr ähnlich mild wie das reine Eisen, sind jedoch speziell noch nicht genügend geprüft, und in der Thicrhcilkunde bisher wenig gebraucht worden. Bei Versuchen können ähnliche Gaben wie von dem reinen Eisen benutzt wer­den. — 4) Das sog. Löschwasser, welches -von Vielen für ein sehr wirksames, stärkendes und gelind zusammen­ziehendes Mittel gehalten, und innerlich gegen Durchfall, Harnruhr u. a. mit übermäfsiger Ab- und Aussonderung verbundene Krankheiten, äufserlich aber gegen Piephacken, Ausdehnung der Sehnen und dcrgl. Fehler empfohlen ist, soll ebenfalls Eisen im oxydulirten Zustande enthalten; nach unsern wiederholten und genauen Untersuchungen mit den besten Reagentien, fand sich jedoch in dem recht gut bereiteten Löschwasser nicht die geringste Spur von Eisen.
l'
5. Schwefcieiscn , Stahlseil wcfel. Ferrum sulphurutuin,
Sulphur chalybeatmn.
#9632;i
sect;. 60.9. Verbindungen des Eisens mit dem Schwefel in ver­schiedenen Verhältnissen kommen in der Natur vor; das als Arzneimittel gebräuchliche Schwefcieiscn wird aber ge­wöhnlich durch Zusammenschmelzen der beiden Minera-
#9632;#9632;#9632;#9632;;;#9632;
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lien gebildet, und enthalt gegen 63 Th. Eisen und 37 Th. Schwefel.
Die Wirkungen dieses Mittels sind gröfstentlieils die­selben, welche von dem gefeilten Eisen (sect;. 6(16) entste­hen, zum Thcil aber stimmen sie auch mit denen des Schwefels (sect;. 470) überein. In wie weit das Schwefcl-wasserstoftgas (sect;. 543, Anmerk.), welches bei der inner­lichen Anwendung des Stahlschwefels, durch die Einwir­kung des sauren Magensaftes auf ihn, sich jederzeit ent­wickelt, Abweichungen von diesen Wirkungen bedingt, — ist noch nicht gehörig erforscht. — Von der Eisenfeile scheint sich der Stahlschwefel in der Wirksamkeit vor­zuglich dadurch zu unterscheiden, dais er selbst bei gro-fser Schwäche der Verdauungseingeweide ziemlich gut er­tragen wird, — dafs seine Wirkungen schneller eintreten, und dafs sie mehr auf die Verstärkung der Tliätigkeit in den ab- und aussondernden Organen, und auch auf die der Lymphgcftifse mehr gerichtet sind, als die der Ei-scnfeile.
Hieraus ergeben sich die Anzeigen zur Anwendung des Stahlschwefels; welche übrigens mit denen, die für die Eisenfeile aufgestellt worden sind, in der Hauptsache übereinstimmen. Der Erstere ist jedoch, seinen eben an­gedeuteten Eigenthümlichkeiten zufolge, bei gastrischen Krankheiten mit grofser Schwäche und mit vieler Säure im Magen, bei veralteten Hautkrankheiten, bei dergleichen Druse, bei Wassersuchten und bei der Fäule zweckmäfsi-ger als die Eisenfeile. Pessina gab ihn auch mit Nutzen bei Faul- und Nervenfiebern, bei Durchfällen und bei Würmern,— Waldiuger auch bei dein Haut wurm. Die Gabe ist für die grofsen Thiere Sj bis 3jj, für Schafe gj bis 9jj, für Hunde gr. jj bis gr. xjj, täglich 2 Mal. Die Anwendung geschieht in Pillen oder Latwergen, mit bit­tern und aromatischen Mitteln, mit Terpentinöl, auch mit Kampher versetzt; Säuren, saure Salze, adstringirende und Bleimittcl vertragen sich mit ihm nicht.
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6. Schwefelsaures Eiscnoxyilul, Eisenvitriol, grüner
Vitriol, Kupferwasser. Ferrum sulphuricum, oaydulatum,
s. crystallisatum, Sulphas oaydult l'erri. Sulphas ferrosus cum
Ar/im, Vilriolum martis s. V. ciride.
sect;. 610.
Dieses Eisensalz besteht aus circa 25 Thcilen Eisen, 29 Th. Schwefelsäure und 46 Th. Wasser, ist sehr leicht auf löslich (in | heifsen und in 2 Th. kalten Wassers, aber nicht in Weingeist), und seiner Wohlfeilheit und Wirk­samkeit wegen ist es unter den sämmtlichcn Eisenpräpa­raten das gebräuchlichste.
Bei Pferden und Rindvieh verursacht der Eisenvitriol in Gaben von 3jj bis sect;j keine sogleich bemerkbaren Ver­änderungen; bei fortgesetzter Anwendung des Mittels tre­ten aber die, in sect;. 606 bezeichneten Erscheinungen der Wirkung früher und stärker ein, als von allen übrigen Eisenmitteln; besonders erfolgt die Schwarzfärbung der Exkremente und eine Beschränkung der Absonderungen sehr bald. — In gröfsern Gaben soll das Mittel laxirend wirken; allein Flor man (in Viborg's Samml. Bd. 3. S. 182) sähe bei einem 2jälirigen Füllen nach dem Ein­geben von ^j desselben blos schnelleren Puls und schnel­leres Athmen, Schauder, Haarsträuben, Abneigung gegen Futter und Getränk, Mattigkeit, schwache Kolikzufälle und 2maligen Abgang eines harten Mistes innerhalb 12 Stunden erfolgen. Nach 14 Stunden waren diese Wir­kungen vorüber und das Thier frafs mit Appetit. — Vi-borg (Veter. Selsk. Schrift. Bd. 1, — Teuffels Magaz. für Thierheilkunde Heft 1, S. 173) gab einem 20jährigen Pferde Jjv Eisenvitriol in Wasser aufgelöst, ohne die ge­ringsten Zufälle darnach zu bemerken. Diese Gabe wurde bei demselben Pferde nach 3 Tagen wiederholt, ebenfalls ohne dafs besondere Zufälle darnach eintraten. Es wurde daher nach 6 Stunden getödtet und man fand die Zot­tenhaut des Magens rother und dicker, den Darmkanal erweitert und an seiner ganzen inwendigen Fläche roth. — Von 3VJ in Wasser gelöst, einem ISjäbrigcn Pferde
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eingegeben, bemerkte man nach 10 Minuten sehr kleinen Puls, Erbrechen1), Ausflufs einer grünen, schleimigen, mit Futter gemengten Feuchtigkeit aus den Nasenlöchern; das Thicr stand mit hängendem Kopfe, schien sehr schwach zu sein, und sähe sich von Zeit zu Zeit nach dem Leibe um. Nach 6 Stunden uriuirte es häufig und entleerte Mist von unveränderter Beschaffenheit; es hustete trocken und heftig; Appetit zu Futter und Getränk war völlig verschwunden. —#9632; Am folgenden Tage bestanden fast ganz dieselben Zufälle; — am 3teu, 4ten und 5ten minderten sie sich; Appetit stellte sich wieder ein; das Pferd mi­stete hart und schwarz; — am 6teii befand es sich in demselben Zustande wie vor dem Versuche. — Bei Hun­den entsteht nach zu grofsen Gaben (von mehr als 3ß) des Eisenvitriols Erbrechen, und wenn dieses gehindert ist, auch zuweilen eine geringe Entzündung des Magens und Darmkanals. Orfila sähe von 5jj dieses Mittels bei einem Hunde nach etwa 26 Stunden den Tod erfolgen, (Toxikologie, Bd. 1. S. 408).
Eine Auflösung von 23 Gr. Eisenvitriol in 96 Gr. Wasser einem alten matten Pferde in die Drossclvene ge­spritzt, verursachte nur eine ganz unbedeutende Vermeh­rung der Pulse (um 2 in jeder Minute). — Eine Auflö­sung von 72 Gr. Eisenvitriol in 288 Gr. (gegen 14| Skru­pel) Wasser demselben Pferde in die Drosselvene injizirt, verursachte nach 15 Minuten sehr kleinen und um 4 Schläge vermehrten Puls. Das Thier wurde etwas träge, behielt aber seinen Appetit und athmete wie vorher: der Urin
') Es ist wahrscheinlich, Jafs dieses Erbrechen nur durch das Eindringen dir Flüssigkeit in den Kehlkopf entstanden nod our schein­bar war; ich bemerkte dasselbe bei 6 solchen Versuchen niemals, und Goliier (Mein, et Observ. Tom. 1. p. 4'27), der den Eiaen-vitriol einem Pferde zu ojxß, einem Esel zu .fvj, und einem 3mo-natl. Füllen zu sect;jjj gegeben, bemerkte es ebenfalls nicht; auch sähe Gohier kein vermehrtes Uriniren, wohl aber eine heftige Darment­zündung entstehen, an welcher alle 3 Thiere am folglaquo; nden Tage starben.
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ging unverändert, dor Mist kloin geballt, hart und mit Schleim überzogen ab. So auch am folgenden Tage, wo sich jedoch Nachmittags das Pferd wie vor dem Versuche zeigte. — Bei einem andern Pferde trat die Wirkung von einer gleichen Injektion auf ähnliche Weise ein, und zu­gleich Gähnen, öfteres Kopfschütteln, starkos Ziehen mit tlcn Flanken, Abneigung gegen Futter und Getränk, und Stampfen mit den Füfsen. Nach J Stunde wurde das Pferd ruhig; nach f Stunden wurde schwärzlicher, harter, mit Schleim überzogener Mist entleert, und nach 3 Stun­den war die Wirkung wieder vorüber1). — Von 3j^ des Mittels in ;jv dost. Wassers gelöst und injizirt, sähe ich bei einem Pferde sogleich schnelleres Athmen, Taumeln und Niederstürzen erfolgen; aber auch dies Thier erholte sich binnen 4 Stunden gänzlich wieder.
Bei Hunden trat wenige Minuten nach der Einspritzung von 8 bis 10 Gr. Eisenvitriol, Erbrechen und Acufserung von heftigem Schmerz ein. Nach kurzer Zeit wurden die Thioro aber wieder gesund,
Aeufserlich, durch Wunden auf das Zellgewebe am Schenkel, in der Gabe von quot;jj applizirt, tödtete der Ei­senvitriol bei den Versuchen von Smith und Orfila mehrere Hunde in der Zeit von 15 bis 27 Stunden, nach­dem Zufälle von örtlicher und allgemeiner Entzündung im hohoii Grade eingetreten waren. — Bei der Sektion fan­den sich Blutergiefsungen und schwarze Flecke im Magen und im Darmkanal (Oifila a. a. 0.).
sect;. 611.
Die angeführten Versuche zeigen, dafs der Eisenvi­triol schneller und heftiger wirkt, als die Eisenfeile und als der Stahlschwefel, und dafs er (wohl durch seinen Gehalt an Schwefelsäure) nicht allein in der tonischen, sondern vorzüglich in der reizenden Wirkung beide Mit-
#9632; #9632;!'#9632;#9632;
') Viborg, Erfiilirnngcn über Hie innere Wirkung des Eisen-vilriols bei unsern Unustbieren; in Tcuffels Mag. für Tbierhcilk. Bd. 1. S. 170.
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tel übertrifft. — Seine innerliche Anwendung findet er im Allgemeinen bei den, im sect;. 607 bezeichneten krankhaften Zuständen, besonders aber dann, wenn dieselben auf ei­nem hohen Grade von torpider Atonie beruhen. Er hat sich in solchen Fällen gegen hartnäckigen Durch­fall, gegen Blutharnen, gegen Harnruhr, gegen Eingewei­dewürmer, gegen langwierige, heftige Schleimtlüsse und alle andere übennälsigo Ausleerungen, gegen Faulfieber, gegen öfters wiederkehrendes Aufblähen, bei allgemeiner Schwäche nach vorausgegangenen Krankheiten, und so­wohl als Heilmittel, wie auch als Präservativmittel gegen die Fäule der Schafe sehr nützlich bewiesen.
Aeufserlich kann der Eisenvitriol als zusammenzie­hendes, austrocknendes Mittel gegen Piephacken, Gallen und Ausdehnungen der Bänder nach Verrenkungen, — ebenso gegen stark nässende Hautausschläge, gegen zu starke Eiterung und lockere Granulation in Wunden und Geschwüren, gegen asthenische Augenentzündungen, ge­gen Schleimfiüsse und dergl. angewendet werden, #9632;— je­doch auch hier nur dann, wenn Atonie den Grundcha­rakter dieser krankhaften Zustände bildet. Ehemals wurde es auch als blutstillendes Mittel benutzt, für welchen Zweck es aber nur bei parenehymatösen Blutungen mit Erfolg gebraucht werden kann.
sect;. 612.
Man giebt den Eisenvitriol innerlich Pferden und Rindvieh zu 5jj bis gj, Schafen und Schweinen zu 5 bis 20 Gr., und Hunden zu 1 bis 6 Gr., täglich 2 bis 3mal, mit Zusätzen von bittern, aromatischen, flüchtigen und nar­kotischen Mitteln (besonders bei Durchfällen mit Opium), und in jeder, für die vorhandene Krankheit passenden Form. — Verbindungen mit gerbstoffhaltigen Mitteln sind zwar in chemischer Hinsicht noch weniger passend, als bei den übrigen Eisenpräparaten, sie sind aber doch recht wirksam, wie dies die Dinte beweiset, die man als ein kräftiges tonisches Hausmittel benutzen kann.
Zum
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Zum äufserlichen Gebrauche benutzt man den Eisen­vitriol meistens in Auflösungen, die man nach dem Grade der Schlaffheit in verschiedener Conzentration, und nach dem Grade der Reizlosigkeit bald in blofsem Wasser, bald in aromatischen Infusionen und mit Zusatz von Spiritus (Wein) und dergl. macht. Zur Anwendung auf die Au­gen nimmt man 3 bis 8 Gr., für die Schleimhaut 6 bis 10 Gr., und für die Haut und andere Gebilde 10 bis 30 Gr. auf gj Flüssigkeit. .Die Anwendung geschieht als Waschung, Bähung, Einspritzung u. s. w. — Zuweilen wird das Mittel aber auch als Pulver, mit Kamillen, Kal­
mus, Kohle und dergl. versetzt, zum Einstreuen bei Ge-
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schwüren benutzt.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ii
Anmerkung. Das salzsaure Eisenoxydul, Ei-senchlorür {Ferrum muriatimm oxydvlatum, Marias Fern cam. Aqua, Ckloretum Ferri), — der Eisensalmiak, das salzs. Eisenoxyd-Aramoniak (^Ammonium muria­timm /erratum, s. martiatum), — das eisenoxydhaltige weinsteinsaure Kali, der Eisenweinstein (Ka/i tar-taricum ferratum, Tartarus martiatus) und die fast ganz gleichartigen Eisenweinsteinkugeln oder Stahlku­geln {Glohuli martiales, s. martiati, s. Glob. Tartari fer-rati) sind sämmtlich in ihren Wirkungen bei den verschie­
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denen Hausthieren noch nicht genügend erkannt. Sie wir­ken schwächer adstringirend als der Eisenvitriol, im All­gemeinen aber diesem Mittel ähnlich, durch welches sie auch mehrentheils in der thierärztl. Praxis ersetzt werden. Krause gab die Stahlkugeln bei einem Pferde gegen Wür­mer mit sehr gutem Erfolg. (Magaz. für Thierheilk. von Gurlt und Hertwig 1839. S. 208.)
E. Kupfer. Cuprum, Venus.
sect;. 613.
Das Kupfer im metallischen Zustande wirkt auf den
Thierkörper sehr wenig ein, weil es sich, wegen seiner
geringen Verwandtschaft zum Sauerstoff, nur langsam und
unvollständig durch die thierischen Säfte so verändert, dafs
Hertwig Arzneimitltfüelirc.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;OD
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es auf löslich wird; doch geschieht dies zuweilen, wenn die organischen Flüssigkeiten viel freie Säure enthalten. — Die Wirkungen der Kupferpräparate charakterisiren sich weniger übereinstimmend, als die der Blei- und Eisenmit­tel, und es läfst sich im Allgemeinen von ihnen nur sa­gen: a) dafs sie adstringiren, aber nicht wie das Eisen zugleich den Tonus und die Arteriellität erhöhen: ö) dafs sie den Verdauungs- und Ernährungsprozefs umstimmen, theils durch örtliche Einwirkung, theils durch Umstimmung der Gangliennerven, und c) dafs sie in zu grofsen Gaben als ätzende und als lähmende Gifte wirken.
7. Schwefelsaures Kupferox^cl, Mauer, cyprisclier
oder Kupfervitriol. Cuprum oxydatum sulphuricum, Vitrio
lum coeruleum, Vitr. Cyprium, V. de C'ydro, V. vencris.
sect;. 614.
Der blaue Vitriol besteht aus 32 Th. Kupfer, eben so viel Schwefelsäure und 36 Th. Wasser, löst sich in 2 Th. heifsen und in 4 Th. kalten Wassers, aber nicht in Weingeist auf. Mit Eiweis bildet er, wenn dasselbe überflüssig vorhanden ist, eine auf lösliche Verbindung, ist aber nur eine geringe Menge Eiweis vorhanden, so bildet er eine im Wasser unlösliche Verbindung, welche jedoch durch Essig- oder Salzsäure, so wie auch durch etwas Aetzammoniak, Kali und Natron wieder löslich wer­den kann. Mit dem Speichelstoff, dem Käsestoff (der Milch), dem Osmazom, dem Verdauungsstotf, dem Schleim geht er theils lösliche Verbindungen allein, theils zugleich unlösliche Verbindungen ein; mit dem reinen Faserstoff verbindet er sich aber gar nicht. (Mitscherlich, in Müllers Archiv, 1837. S. 91 u. f.)
Seine Wirkungen sind, sehr wahrscheinlich durch diese Eigenschaften bedingt, nach dem Orte der Anwen­dung, wie auch nach der Gabe und nach der Conzentra-zion, in welcher er angewendet wird, etwas verschieden. In Pulver oder als recht conzentrirte Auflösung auf offene Wunden und Geschwüre, oder auf irgend einen Theil der
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Schleimhaut gebracht, verursacht er starke Reizung, Aetzung und aktive Entzündung, unter und neben der geätzten Stelle aber Zusainmeusebiumpfung und Verdichtung der Weichgebilde; ein Theil von ihm wird dabei absorbirt, gelangt in die Säfte und verursacht^ wenn die Applika­tionsstelle grofs und die Anwendung sehr reichlich oder anhaltend war, zuweilen Ejitzündung des Magens und Darm-kanals, Ekel, Erbrechen, Fieber und Störungen in den Ab- und Aussonderungen (nach Moiroud1) besonders in der Harnabsonderung). — Seine ätzende Wirkung ist gröfser als die des Grünspans, aber schwächer als die des Höllensteins, der Spiefsglanzbutter, des Aetzkalis u. s. w.; auch ist sie mehrentheils nur oberflächlich. — Bei der Anwendung auf die unverletzte Haut zeigt der blaue Vitriol jene Wirkungen nur in einem geringen Grade; — und in Auflösungen mit der 30 bis öüfachen Menge Was­sers wirkt er überall nur stark zusammenziehend, gelind reizend, vorzüglich aber die Sekretionen beschränkend, daher in Wunden und Geschwüren austrocknend: hier vorhandene thierische Säfte bringt er zum Gerinnen und er bildet mit ihnen eine inäfsig feste, blaue Kruste.
Innerlich in mäfsigen Gaben und in verdünnter Auf­lösung angewendet, wirkt er bei allen Thieren zunächst örtlich auf die innere Oberfläche des Magens und des Darmkanals, indem er sich mit dem daselbst vorhande­nen Schleim, so wie mit dem übrigen Inhalt dieser Theile chemisch verbindet und so mit der Schleimhaut selbst in Berührung tritt; er reizt und zieht die Gewebe stärker zusammen, beschleuniget die peristaltischc Bewegung, ver­mindert aber die Absonderung im Darmkanal etwas. Wahr­scheinlich wird auch die Thätigkeit der übrigen Verdau-ungs- und Assimilationsorgane, und namentlich der Lymph-gefäfse umgestimmt und vermehrt. Fast allgemein behaup­tet man auch, dafs das Mittel (und eben so jedes andere Kupferpräparat) eine spezifische Wirkung auf das Nerven-
') Recaeil de rned. velerin. 1829. Octbr.
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system aufsero; allein bei Pferden und Wiederkäuern konnte ich nach verschiedenen Gaben und bei fortgesetzter An­wendung hiervon nichts entdecken, und bei Schweinen, Hunden und Katzen giebt sich diese Wirkung nur durch sehr leicht entstehendes heftiges Erbrechen zu erkennen. — Zu grofse Gaben (bei Pfciden und Hindern mehr als 3jß, bei Schafen und Schweinen mehr als 5j, bei Hun­den mehr als 3ß) verursachen Entzündung im Magen und Darmkanal, und mehrcntheils den Tod. Tritt bei Schwei­nen und Hunden das Erbrechen recht bald ein, so er­holen sich die Thiere zuweilen nach so grofsen Gaben noch; erfolgt es aber spät oder ist es gänzlich gehindert, so können auch 8 bis 12 Gr. schon tödlich sein. — Auch bei innerlicher Anwendung des Mittels wird ein bald grö-#9632;fserer bald kleinerer Theil desselben resorbirt, je nach den mit den organischen Substanzen entstehenden Verbin­dungen, und es werden hierdurch die bemerkten allge­meinen Wirkungen hauptsächlich bedingt.
Am heftigsten wirkt der Kupfervitriol, wenn er in die Venen injizirt wird; 20 Gr. in Sjj Wasser gelost, tod-teten hier ein Pferd, und ^ bis 2 Gr. jeden Hund unter heftigen Krämpfen binnen wenigen Minuten. Es werden hierbei die Blutkörperchen in ihrer Gröfse, Form und Beschaffenheit verändert.
sect;• 615.
Die innerliche Anwendung des Kupfervitriols gegen Krankheiten ist fast allein auf das Blutharnen bei Pfer­den und Rindvieh, auf bösartige Druse und auf den Rotz und Wurm bei Pferden beschränkt. Es ist jedoch nur bei demjenigen Blutharnen passend, welches in sehr weit gediehener torpider Atonie begründet ist, und wenn das Eisen dabei zu geringe Wirksamkeit zeigt. Er hat sich in mehreren solchen Fällen sehr nützlich gezeigt. Gegen den Rotz hat Sewel in neuerer Zeit den Kupfervitriol als das wirksamste Mittel sehr gerühmt, nachdem der­selbe von andern englischen Thierärztcn jedoch schon frü­her versucht worden war (3. White Handb. der Pferde-
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arzneik. Bd. 2. S. 474): ich habe bei einer Zahl von ei­nigen 20 mit diesem Mittel behandelter rotziger Pferde nur 2 retten können. Für Schweine, Hunde und Katzen kann es als ein sehr wirksames Brechmittel benutzt wer­den, in allen Fällen wo ein solches Mittel überhaupt an­gezeigt ist.
Die Gabe täglich 1 bis 2mal ist für Pferde 5j bis Jj, für Kühe jß bis 3jv, für Schafe und Ziegen gß bis 3ß, für Schweine als Brechmittel 10 bis 20 Gr., in andern Fällen 2 bis 5 Gr.; für Hunde als Brechmittel 2 bis 10 Gr., sonst \ bis 2 Gr. Die Anwendung geschieht als Brechmittel in einer Auflösung mit der SOfachen Menge Wassers, übrigens in Pillen und Latwergen, oder am be­sten in einer schleimigen Flüssigkeit, z. B. in 5 Quart Leinsamenabkochung. — Bei den kleineren Thieren ist der innerliche Gebrauch des Mittels gar nicht zu empfehlen.
sect;. 616. Aeufserlich benutzt man den Kupfervitriol:
a) in conzentrirtem Zustande, als ätzendes, reinigen­des und austrocknendes Mittel bei Wunden und Geschwü­ren, in denen üppige und schlaffe Granulation und zu reichliche Jaucheabsonderung stattfindet, besonders bei der­gleichen Genikfisteln, Widerrüstschäden, Knorpelfistelu, Strahlfäule und Strahlkrebs, und bei dem bösartigen Klauen­weh der Schafe. , Gegen letztere Krankheit ist er in Eng­land schon sehr lange bekannt1), und gegen das Klauen­weh der Merinos rühmen ihn Thaer2), Giesker3) U.A. als das vorzüglichste Mittel; aber Pictet1) u. A. haben ihn hierbei ohne Erfolg gebraucht. Bei der grofsen Ver­breitung dieses Uebels habe ich häufig Gelegenheit ge­habt, den blauen Vitriol dabei zu versuchen. Er trock-
*) W. Ellis von der engländ- Scliafzuchl; — in Scbrebei-'s Summl. verschied. Schriften, welche in die Ökonom, puiiz. u. eaiue-tal. Wisseiisclial'ten einschlagen. 14ler Theil. S. 275 u. f.
2) Möglin. Annalen. Bd. 8. S. 262.
#9632;#9632;') lieber d. büsart. Klauenseuche d. Schale. Uraunschw. 1822.
'i) Annal. de Tagricult. Vrany. Tom. 28. p. 200.
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nete jederzeit die Klauengeschwüre sehr schnell aus, machte eine trockene harte Kruste auf ihnen, beförderte die Wie­derbildung der hornigen Theile, und oft auch die gründ­liche Heilung in kurzer Zeit. Bei einzelnen Thieren war aber durch jene schnell entstandene Kruste das Geschwür nur oberflächlich und scheinbar geheilt, und es brach bald früher, bald später wieder auf, besonders wenn man die Entfernung der Kruste und das Abschneiden alles hohlen Horns nicht recht fleifsig bewirkt hatte. Diese manuelle Behandlung, und vorzüglich die gründliche Anwendung des Messers, ist bei dem Gebrauche des blauen Vitriols wesentlich nöthig.
Die Anwendung des Mittels geschieht bei den be­zeichneten Zuständen raehrentheils als Pulver, welches man für sich allein, oder nach Erfordern des Zustandes, mit andern passenden Mitteln einstreuet; bei dem Klauen­weh ist aber die Anwendung in einer conzentrirten Auf­lösung (1 Th. Vitriol in 4 bis 6 Th. Wasser oder Essig) vorzüglicher, weil sie besser in alle Vertiefungen der Klauen-Geschwüre, besonders in den Klauenspalt eindringt. — Manche haben eine Abkochung von blauem Vitriol, Ei­senvitriol und Alaun ä 3 Theile, Grünspan 2 Th. und Essig 9 Th. als das wirksamste Mittel zum Verbinden der Klauengeschwüre gefunden, — und S to er ig empfiehlt für diesen Zweck eine Salbe aus Theer, 2 Th., Terpenthinöl und Salzsäure von jedem 1 Th. und fein pulveris. blauem Vitriol 4 Th. zusammengesetzt'). Die Anwendung die­ser Salbe findet jeden 2ten, 3ten Tag einmal mit einem Pinsel statt.
6) Bei verhärteten, speckartigen Stollbeulen wird der Kupfervitriol ebenfalls im conzentrirten Zustande benutzt, indem man entweder ein Stückchen (etwa 9j bis 9jj), oder eben so viel Pulver von ihm in einen, bis in die Mitte
*) Für 300 bis 350 Schafe sollen gegen 6 Pfd. Theer, 3 Pfd. Terpentinöl und eben so viel Salzsaare, und 12 Pfd. Kupfervitriol für quot;iinual hinreichend sein.
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der Geschwulst gemachten Einstich bringt. Die hierauf erfolgende Wirkung besteht in alimähliger Absterbung der krankhaften Masse, sehr ähnlich wie bei derselben An­wendungsart des Arseniks (S. 837). Daher sind auch die, bei dem letztern in dieser Beziehung gemachten Angaben fast ganz hier gültig; doch habe ich bei flachen, callösen Geschwüren am Ellbogen, die von den Stollbeulen zu­rückgeblieben sind, durch den Vitriol niemals eine so bal­dige und gründliche Absterbung der verhärteten Theile erfolgen sehen, wie durch den Arsenik.
c) Er dient als das gewöhnlichste Aetzmittel, welches anf die Kastrirkluppen gebracht wird, um das Absterben des Samenstranges an der Applikationsstelle schneller als durch die blofsen Kluppen zu bewirken. Diese Wirkung erfolgt jedoch nur sehr wenig, da der Vitriol durch die übrigen, ihm zugesetzten Mittel chemisch verändert und gröfstentheils unlöslich gemacht wird. — Die Art der An­wendung auf die Kluppen ist verschieden; gewöhnlich wird er (1 Theil) zu einem Teige aus Mehl oder Stärkemehl (2 Tb.) und Wasser gemengt; oder mit gleichen Theilen Ei weis und etwas Mehl, oder, mit gleichen Th. Wasser und pulv. arabischen Gummi zusammengerührt, von man­chen Kastrirern auch in einem Teige aus Cupr. sulphu­ric, part. IV., Ccrussac, Boli rühr., Farin. seeal. mi part. I, und Aquae c. q. s. auf die Kluppen oder in deren Rinne gestrichen.
t?) Bei parenehymatösen Blutungen ist er eins der wirksamsten Mittel und wird theils in schwachen Auflö­sungen (gr. jjj bis gr. yj auf gj Wasser), theils in Pul­verform, mit klebenden und absorbirenden Substanzen ver­bunden (z.B. 1 Th. Kupfervitriol, 2 Th. Kohle, eben so viel Kolophonium und arab. Gummi) angewendet. Er scha­det aber bei einfachen Wunden, weil er zu sehr reizt und die plastischen Sekretionen durch einige Zeit zurückhält.
e) Gegen Räude, namentlich der Pferde und Schafe, wird er in Abkochungen von Tabak, von Nieswurz und dergl. (I Unz. zu 3 Pfd. Flüssigkeit) als Waschmittel, zu-
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weilen auch in Salben mit Fett, Oel oder Seife (1 Th. zu 8 Th.) benutzt.
/) In verdünnter Auflösung wirkt er als austrock­nendes und heilendes Mittel bei solchen Wunden und Geschwüren, die der Vernarbung nahe sind, aber noch viel eitern, besonders wenn fibröse Theile mitleiden, z. B. bei Verwundungen des Nackenbandes, der Sehnen u. s.w.; — eben so bei veralteter Mauke. Man nimmt hier etwa 3 bis 10 Grau auf gj Wasser.
g) In ganz schwacher Auflösung (| bis 2 Gr. auf ^j dcstill. Wasser, Flieder- oder Chamillen-Infusum u. dgl.) ist der blaue Vitriol ein vortreffliches Mittel bei Augen-entzündungen, die mit reichlichem Ausflufs von dickem, eiterartigem Schleim und mit Auflockerang der Bindehaut und der Hornhaut verbunden sind. Bei grofser Atonie kann man einem solchen Augenwasser noch etwas Wein­geist oder Opiumtinktur zusetzen.
Anmerkung. Der blaue Vitriol ist auch ein we­sentlicher Bestandtheil folgender Medikamente: 1) des Ku­pfersalmiaks oder schwefelsauren Ammoniakku­pfers C Cuprum ammomacale s, Cupr. sulphurico-ammonia-turn), wird bereitet, indem Kupfervitriol in Aetzammoniak-flüssigkeit aufgelöst wird, u. s. w. ist nach Berzelius ein Drittelschwefelsaures-Doppelsalz aus Kupferosyd und Am? moniak, in \\ Th. Wassers löslich, in Weingeist unlös­lich und wird durch mehr Wasser zersetzt. In der Men-scheuheilkunst gilt er für eins der kräftigsten Mittel wider chronische Krämpfe und Epilepsie, in der Thierheilkunst ist er bis jetzt nicht benutzt worden. — 2) Des sogenann­ten Heilsteins oder Geschwulststeins {Lapis medicor mentosus s. vulnerarius), zu dessen Bereitung es verschie­dene Vorschriften giebt, die aber einander sehr ähnlich sind; z. B. nach Kersting (Nachgelassene Manuskripte über die Pferdearznei Wissenschaft, S. 312), am einfach­sten aus blauem Vitriol und Alaun von jedem 1 Pfd., Salmiak Jjjj, — welche Ingredienzien in einem glasürten Topfe über Feuer zusammengeschmolzen und dann mit
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gß pulv. Kampher versetzt werden; — oder, mehr com-plizirt, z. B. nach der sächsischen Pharmakopöe, aus roh. Alaun und Grünspan von jedem 1 Th., Eisenvitriol 3 Th., Kupfervitriol 6Th. und Salmiak 5 Th.; — oder nach Kes­sel bach aus Alaun 16 Th., Eisenvitriol 8 Th., Kupfer­vitriol 4 Th., Grünspan 1 Th., Salmiak \ Th.; — oder nach Krumm (Ratzeburg, Zoopharmakologie, Bd. 1. S. 209) aus blauem Vitriol, weifsem Vitriol, gemeinem Alaun, Gallmeistein, rothem Bolus, Bleiweis v. j. 1 Pfd., Essig 6 Pfd. durch Zusammenkochen und Abdunsten bis zur Trockenheit, bereitet1). — Die Wirkung dieser, ehe­mals berühmten Präparate ist sehr ähnlich der des Ku­pfervitriols, aber etwas mehr reizend und umstimmend, und ihre Anwendung findet bei asthenischen Entzündun­gen, bei Quetschungen, bei Wiederriistschäden, bei Mauke-und andern Geschwüren, wenn Erschlaffung, Ausdehnung, üppige, weiche Granulation, zu reichliche Sekretion aber wenig Schmerz zugegen war, fast allgemein statt; sie ist aber unzweckmäfsig, wenn aktive Entzündung oder wenn Ergiefsungen von Blut und andern gerinnbaren Flüssigkei­ten besteht. Jetzt benutzt man diese Mittel sehr wenig, vielleicht zu wenig. Die Applikation geschieht zuweilen als Pulver (bei offenen Geschwüren), mehrentheils aber als Auflösung (1 Theil auf 15 bis 40 Th. Wasser oder aromatisches Infusum). Gegen asthen., torpide, katarrhal. Augenentzündungen sind diese Präparate sehr wirksam und werden 1 bis 2 Gr. zu 1 Unze Wasser oder eben so viel aromat. Infusum angewendet. — 3) Des Blauwassers {Aqua coerulea), das aus blauem Vitriol Jüj und syj, Sal­miak gj und 3vij, und Grünspan 3jjß, durch Auflösen in ffivjjß Kalkwassers, oder, nach der preufs. Pharmakopöe aus Kalkwasser fvj, destill. Wasser ^jv, Salmiak 3jj und Kupferfeilspäne 3j durch 12stündiges Stehen zusammen, be-
ft #9632;
#9632;!#9632;#9632;
quot;) Villate Lat anlängst eine ähnliche Zusammensetzung aus bl. Vitriol, Zinkvitriol, und Bleiessig gegen cariöse u. a. Widerriistschä-den sehr empfohlen (Recueil vetcr. 1829. Janvier).
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reitet wird. Ein sehr wirksames und wohlfeiles Mittel, dessen Eigenschaften schärfer reizend sind als die des Heilsteins, und dessen Anwendung mit der des letztern ziemlich übereinstimmt, aber bei unreiner Granulation und grofser Reizlosigkeit den Vorzug verdient.
8. Essigsaures Kupferoxyd, Grünspan. Cuprum o.tyda-tum acelatum. Aerugo, Aes viride, viride aeris.
sect;. 617.
Das essigsaure Kupfer kommt theils als basisches Salz, als gewöhnlicher Grünspan, theils als neutrales Salz, cr-yställisirtcr oder destillirter Grünspan (Aerugo crystallisata, s. destülata, Acctas cupricus cum Aqua) vor. Die1 Bcstaudtheile von beiden werden von den Chemikern verschieden angegeben; mehrentheils besteht das erstcre Präparat aus 43 pr. C. Kupferoxyd, 291 pr. C. Essigsäure und 27| pr. C. Wasser, das andere aber aus 39 pr. C. Kupferoxyd, 511 pr. C. Essigsäure und 9i pr. C. Wasser. Der gemeine Grünspan ist in Wasser nur zum Theil auf­löslich und es entstehen dabei verschiedene Verbindungs­stufen zwischen Kupferoxyd und Essigsäure; durch Hin­zutritt einer Säure löst er sich aber leicht auf, daher auch im Magen durch den Magensaft; Gallerte und Fleischbrühe bilden im Wasser auflösliche, Eivveis und Schleim bilden im Wasser theilweis lösliche, in Essig- und Salzsäure ganz lösliche Verbindungen. — Der destillirte Grünspan löst sich in 14 Th. kalten, in 5 Th. kochenden Wassers und in 14 Th. kochenden Weingeistes vollständig auf und mit den thierischen Säften geht er Verbindungen ein, die meh­rentheils löslich in denselben sind.—Die Wirkungen bei­der Substanzen sind einander fast ganz gleich, aber vom destill. Grünspan etwas stärker als von dem gewöhnlichen; die Art der Wirkung ist ähnlich der des blauen Vitriols; der Grünspan wirkt jedoch mehr zusammenziehend und weniger scharf als der Vitriol. — Ein Pferd zeigte von 3J des gewöhnlichen Grünspans in den ersten 2 Stunden keine Wirkung, dann aber Unruhe, Angst, Schlagen mit
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den Füfsen, vermehrten Puls (7 in jeder Min. mehr), stär­keres Flankenziehen und andere Symptome von Kolik. — Als dieselben ganz vorüber waren, gab man dem Thiere gj von dieser Substanz; es traten darauf nach \ Stunde die vorigen Zufälle wieder ein; die Pulse waren klein und schwach, erreichten in den ersten 2 Stunden die Zahl von 75, minderten sich dann aber auf 45, und nach 8 Stunden bis auf 30 pr. Minute. Das Thier frafs in gewohnter Art und schien nicht sterben zu wollen 5 aber am 6ten Tage traten plötzlich grofse Schwäche und Convulsionen ein, denen der Tod bald folgte1). — Hunde und Katzen be­kamen nach dem Eingeben von 12 bis 15 Gr. des Mit­tels heftiges, oft wiederholtes, Erbrechen mit Ausleerung bläulicher oder blutiger Stoffe, Störung der Respiration, Unempfindlichkeit, Convulsionen und Starrkrampf, und star­ben in Zeit von | Stunden, bisweilen aber, selbst wenn gröfsere Gaben gereicht worden, erst nach einigen 20 Stunden2). Bei der Sektion findet sich Magen- und Darm­entzündung in sehr verschiedenem Grade, und zuweilen fehlt sie im Dünndarm gänzlich. — In die Venen injizirt, bewirkte der Grünspan schon in sehr kleinen Gaben (z. B. bei Pferden zu 15 Gr., bei Hunden zu 2 Gr. in gj Wasser gelöst) binnen wenigen Minuten heftige Krämpfe, Erbrechen (bei Hunden), Störung der Respiration und zuweilen nach 20 bis 30 Min. den Tod. — Selbst von der Injektion 5 Gr. traten bei einem Hunde diese Zufälle und am 5ten Tage Lähmung und der Tod ein. — Es ist daher merkwürdig, dafs das essigsaure Kupfer bei der An­wendung auf Wunden, selbst in ziemlich starken Gaben (5jj bei Hunden), blofs örtliche Entzündung, aber keine allgemeinen Zufälle verursacht3).
sect;. 618. Innerlich ist der Grünspan von englischen Thierärzten
II
') Dupuy, Jonrn. pratiq. de Med. veler. 1830. p. 369.
2)nbsp; Ort'ila, Toxikulogie, deutsch v. Seemann, Bd. 1. S. 358.
3)nbsp; nbsp; —nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;— generale. Tom. 1. p. 615.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; vj.
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bei Pferden gegen den Rotz und Wurm, täglich zu ^ß und durch längere Zeit fortgesetzt, gegeben worden, je­doch ohne günstigen Erfolg*) — und Viborg2) empfiehlt ihn (neben dem Spiefsglanz und Bleizucker) als das wirk­samste Mittel gegen die Finnen der Schweine, an jedem 3ten Tage zu 5j, und so durch 2 bis 3 Wochen zu ge­ben, dabei aber in den Zwischentagen Senf und Koch­salz auf das Futter zu streuen; ich rathe jedoch, mit nur 10 bis 20 Gr. anzufangen, die Wirkung zu beobachten, und allmählig die Gabe zu verstärken. Die Anwendung geschieht bei den Pferden in Auflösungen und mit schlei­migen Mitteln versetzt, — bei den Schweinen ebenfalls in Auflösungen, welche man unter das Futter mengt.
Bei den übrigen Thieren ist die innerliche Anwen­dung des Grünspans, der damit verbundenen Gefahr we­gen, nicht gebräuchlich.
Aeufserlich wird der Grünspan bei schlaffen, unrei­nen, mit üppiger Granulation und mit zu reichlicher Jau-cheabsonderung versehenen Wunden und Geschwüren aller Art benutzt, da er hierbei, der Erfahrung zufolge, die bildende Thätigkeit verbessert, die Granulation consolidirt und die Sekretionen vermindert. Die Anwendung geschieht entweder: d) als Pulver, rein oder mit andern austrock­nenden, erregenden u. dergl. Mitteln gemengt. Für sich allein wirkt er in dieser Form selbst gelind ätzend und erzeugt sehr leicht harte Krusten, die täglich entfernt wer­den müssen. — h) In Salben, und zwar am gewöhnlich­sten in der Form des sogen. Grünspan-Sauerhonigs oder der ägyptischen Salbe {Oxymel s. Vngucntum acru-ginis, Unguentum aegyptiacum), welches nach verschiede­nen Vorschriften bereitet wird, z. B. nach der Preufs. Pllarmakopöe, indem man pulv. Grünspan 1 Theil mit 8 Th. Essig bis auf \ einkocht, dann 8 Th. Honig zu­setzt und hierauf das Ganze bis zur Honigsdicke abdun-
') J. White, Handb. d. Pferdcarzncik. Bd. 2. S. 250. s) Anleit. z. Erzieh, u. Benutz, d. Schweios. S. 103.
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stet. Diese Salbe besitzt die oben bezeichnete Wirkung in einem milden Grade, ätzt nicht, erschlafft aber auch nicht so sehr, wie es die meisten fetten Salben thun; sie mufs aber bei der Aufbewahrung in grofsen Gefäfsen öf­ters umgerührt werden, weil sich der Grünspan leicht aus­scheidet und auf den Boden setzt. Bei dem bösartigen Klauen weh der Merinos fand Hüb n er ihre Wirkung zu oberflächlich5 er empfiehlt dagegen ein Liniment aus: Grün­span sect;ß und Leinöl Jjj durch vollkommenes Zusammen-reiben in einem Mörser bereitet, als das wirksamste Mit­tel1). Dasselbe soll mit einem Pinsel täglich mehrere Male2) (!) auf die Geschwüre gestrichen werden; in 2 bis 3 Tagen zeigt sich Austrocknung und beginnende Hei­lung, und die Thiere können dabei ohne Verband gehen. Eine andere, sehr ähnliche Salbe aus Grünspan, 1 Th., Schweineschmalz 4 Th. und Honig, so viel als nöthig ist, um dem Ganzen die Beschaffenheit einer dünnen Salbe zu geben, hat Kodier gegen Mauke, nach Beseitigung der vielleicht vorhandenen grofsen Empfindlichkeit, em­pfohlen. — c) In Auflösungen. Diese werden in Wasser, Essig, Franzwein oder Kalkwasser, und nach dem Grade der Erschlaffung u. s. w. in verschiedener Conzentration gemacht, z. B. bei mäfsiger Atonie der Geschwüre aus 2 bis 4 Gr., — bei grofser Atonie aus 6 bis 10 Gr. Grün­span in sect;j von jenen Flüssigkeiten. Die schwächern Auf­lösungen sind selbst bei torpiden, oder mit starker Schleim­sekretion und mit Auflockerung der Bindehaut verbunde­nen Augenentzündungen mit Nutzen angewendet worden.
*) Siebe: Busch, teutsclie Zeitschrift für Tbierlieilk. Ir. ßd. 2s. St. S. 114.
!J) Man bedenke: täglich mehrere Male! HeiTst das 2,Sinai, lOmal oder noch öfter? — Ist eine so oft wiederholte Anwendung eines adstringirend-reizenden Mittels auf eine Geschwürsfläche durch 2, 3 und mehrere Tage, Ternünftigen thierärztlichen Ansichten über den Heilungsprnzefs entsprechend? — Ist sie bei grofsen Heerden gut ausführbar? — Wie stellen sich dabei die Kosten der Kur im Ver­gleich zu der mit andern Mitteln, deren Anwendung weit seltener nöthig und eben so wirksam ist? u. s. w.
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— Eine mehr zusammengesetzte Auflösung ist auch das bekannte grüne Wasser iAqua vmdis), welches aus Grünspan und Alaun, von jedem sjj, Honig sect;ß, und Franzwein #j, durch blofses Zusammenschütteln bereitet wird und in seinen Wirkungen etwas mehr zusammenzie­hend, aber weniger stark reizend ist, als eine einfache Auflösung des Grünspans von gleicher Conzentration.
Anmerkung. Als offizielles Präparat ist noch dor Kupferalaun, göttliche Stein, Augenstein (Cop-am aluminafum, Lapis divinus s. Cap. ophthalmicus) zu nennen. Er wird durch Zusammenschmelzen gleicher Theile Grün­span, Salpeter und Alaun., denen man beim Erkalten auf eine Masse von 6 Unzen 1 Drachme Kamphers zusetzt, bereitet. Er löst sich in Wasser vollkommen auf. Im conzentrirten Zustande wirkt er auf offene Wunden und Geschwüre gelind ätzend, dabei etwas mehr reizend als der blaue Vitriol, und zugleich etwas adstringirend; in Auflösungen zeigt er nur letztere Wirkungen. Man be­nutzt ihn hauptsächlich gegen asthen. torpide Augenent­zündungen mit Auflockerung der Bindehaut und mit zu reichlicher Schleitnsekretion, 5 — 2 Gr. in sect;j Wasser oder aromat. Infusum und zuweilen mit etwas Weingeist oder Opiumtinktur versetzt.
F. Quecksilber. Hydrargyrum s. Mercurius.
sect;. 619. Das metallische Quecksilber, welches vom Wasser, vom Weingeist und von fast allen Säuren (ausgenommen die Salpetersäure) bei gewöhnlicher Temperatur keine chemische Umwandlung erleidet und das auch mecha­nisch die Epidermis nicht durchdringt, wirkt auf den Thierkörper nur mechanisch durch seine Schwere. Durch diese Einwirkung wollte man in früherer Zeit hartnäckige Verstopfungen des Darmkanals heben; heut zu Tage sieht jeder Thierarzt wohl das Unzweckmäfsige einer solchen Anwendung des Mittels ein und dasselbe wird daher jetzt
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uiclit mehr benutzt. Wenn Quecksilber verdampft, so kann es theils durch Einwirkung der Dämpfe auf die Haut, noch mehr aber auf die Schleimhäute, in den Kör­per übergehen und seine spezifische Wirkungen erzeugen. Eben so wird es in den Körper aufgenommen, wenn es in Verbindung mit Sauerstoff als Oxydul oder als Oxyd, oder in Verbindung mit Säuren, mit Chlor oder mit Jod, mit Blaustoff oder mit Schwefel als Salz u. s. w. auf denselben einwirkt. Es entstehen hierbei zunächst, wie bei den übrigen Metallen, an den betietfenden Stellen mit den thicrischen Säften und mit der organischen Sub­stanz überhaupt, chemische Verbindungen und hierdurch Vcrändenmgcn des angewendeten Quecksilber-Präparates; dieselben sind aber bisher sehr wenig untersucht worden. Die hierdurch bedingte örtliche Wirkung ist von den Oxydulen, so wie von den im Wasser unlöslichen Salzen und von den Präparaten, welche durch Verbindung des Quecksilbers mit Jod, mit Blaustoff und mit Schwefel ge­bildet werden, in der Regel eine milde und sie besteht hauptsächlich in Verminderung der Irritabilität, in Erwei­chung und Auflockerung der Substanz und in vermehrter Resorptionsthätigkeit. Dagegen bewirken das Quecksilber­oxyd, die in Wasser auflöslichen Salze, und diejenigen Präparate, welche mit Chlorwasserstoffsäure oder mit Es­sigsäure auflösliche Verbindungen eingehen, örtlich eine Reizung, Entzündung und selbst sehr starke Aetzung. — Die allgemeine und speeifische Wirkung des Quecksilbers erscheint der des Eisens fast ganz entgegengesetzt. Sie besteht in der Verminderung aller Bildungsthätigkeit und äufsert sich durch verminderte Plastizität des Blutes, ver­mehrte Se- und Exkretionen, besonders in den Schleim­häuten, verstärkte Resorption, sehr verminderte Anbildung, in Erschlaffung und Auflockerung aller drüsigen und häu­tigen Gebilde, besonders wieder der Schleimhäute und der Speicheldrüsen; im höhern Grade der Wirkung, bei unvorsichtigem Gebrauch des Merkurs, entsteht Speichel-flufs (sect;. 63), profuse Diarrhöe, Auflockerung des Zahn-
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flcisclics, Geschwüre an demselben, stinkender Athem, Abmagerung und Entkräftung, zuweilen auch Fieber. Diese Wirkungen erfolgen bei Wiederkäuern und Vögeln am schnellsten und stärksten, etwas minder bei Pferden. Auch zeigen sie sich von den einzelnen Präparaten und von verschiedenen Gaben derselben etwas verschieden.
Nach diesen Andeutungen ergiebt sich, dafs das Quecksilber im Allgemeinen da indizirt ist, wo man die Aufgabe hat, den krankhaft erhöheten Vegetationsprozefs zu beschränken.
9. Graue QuecksillicrsalLe, graue Merkurialsaltc,
Jfeapelsalbe. Unguentum Hydrargyri einereum, Ung. mer-
curiale s, Neapolitanum.
sect;. 620. Diese Salbe wird auf mehrfache Weise und in ver­schiedener Conzentration bereitet, z. B. nach der Preufs. Pharmakopöe, indem man 12 Th. gereinigtes metalli­sches Quecksilber mit 8 Th, Hammeltalg zusammenreibt, bis das Quecksilber völlig getödtet ist, und dann noch 16 Th. Schweineschmalz dazu mischt. Das Quecksilber ist in ihr, wenn sie frisch bereitet ist, nur höchst fein zertheilt enthalten, verwandelt sich aber zum Theil in Oxydul, wenn sie alt wird. — Sie ist nur für den äufser-lichen Gebrauch bestimmt und von ihrer Anwendung ent­steht zuerst blos an der Applikationsstelle Vermehrung der Thätigkeit der resorbirenden Gefafse und Lymphdrüsen, daher verstärkte Resorption, und gröfsere Verflüssigung der organischen Substanz, zugleich aber Verminderung der arteriellen Thätigkeitl) und hauptsächlich Auflocke-
') Zuweilen wird zwar die Reizbarkeit an dem Orte der An­wendung etwas vermehrt, ja es entstellt wohl selbst eine oberfläch­liche Entzündung. Diese Wirkung ist aber entweder dadurch be­dingt, dafs die Salbe ranzig geworden ist, und dann allerdings wie jedes andere ranzige Fett wirkt (sect;. 1S8), oder, dafs man ihr, um das Quecksilber leichter zu tödten, Terpentin, Terpentinöl u. dgl. reizende Substanzen zugesetzt hat.
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rnng der organischen Cohäsion; wird jedoch die Anwen­dung lange fortgesetzt, oder ist sie zu reichlich auf einer grofsen Fläche, so entwickelt sich auch eine allgemeine Wirkung, die sich durch Verstärkung der Sekretionen in verschiedenen Organen (besonders in den Nieren, in der Leber, in der Schleimhaut des Mauls und des übrigen Verdauungskanals und in den Speicheldrüsen), durch Stö­rung des Vegetationsprozesses, Abmagerung und Entwik-kelung einer eigenthümlichen Cachexio mit fauliger Zer­setzung zu erkennen giebt. Zuweilen erfolgt dann auch der Tod, bald schnell, bald langsam. — Jene örtliche Wirkungen finden ohne Unterschied der Thiere, jedoch am stärksten an solchen Gebilden statt, welche reich an Gcfäfsen und an Zellgewebe sind, wie z. B. Drüsen und Häute; die allgemeinen Wirkungen entstehen auch nicht bei allen Thieren gleichmäfsig schnell und stark, sondern am stärksten und schnellsten bei Vögeln, bei Hunden und Katzen, etwas langsamer bei Schafen und Ziegen, noch langsamer bei Schweinen und Hindern, und am langsamsten bei Pferden. Ich sähe bei mehreren Kana­rienvögeln, Sperlingen u. dgl. kleinen Vögeln, nach dem Aufstreichen von 5 Skrupel dieser Salbe, — bei mehre­ren Hunden, Katzen, Schafen und Ziegen, nach einer einzigen, etwas reichlichen Einreibung derselben, plötzlich grofse Mattigkeit, Traurigkeit, Verlust des Appetites, Er­brechen, heftigen Gestank aus dem Maule, Diarrhöe, und nach mehrtägiger Einreibung der Salbe zuweilen auch Fieber, Auflockerung und Mifsfarbigkeit des Zahnfleisches, Speichelflufsl), grofse Abmagerung und den Tod erfol-
') Manche Thierärzle bezweifeln das Enlslelien des Speichel­flusses durch die Wirkung des Merkurs, aber ganz mit Unrecht, — obgleich diese Wirkung bei den Thieren seltener, langsamer und nie­mals so deutlich, wie bei dem Menschen eintritt; denn da die Thiere nicht ausspucken können, so suchen sie den abgesonderten Speichel beständig hinab zu schlucken, und lassen daher nur einen kleinen Theil aus dem Maule ausflielsen.
Her twig Arzneimittellehre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; t)D
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gen. Letzterer trat gewöhnlich nach 6 bis 8 Tagen, zu­weilen aber schon nach 3 bis 5 Tagen ein. Die ganze Wirkung war stets viel heftiger, wenn die Thiere sich an den Applikationsstellcn belecken konnten. Ein Pferd be­kam bei fortgesetzter Einreibung der Salbe nach und nach alle diese Zufälle; am löten Tage trat Speichelflufs und am 29sten Tage der Tod ein, nachdem 6 Pfd. und 8 Unzen einer sehr conzeutrirten Merkurialsalbe verbraucht waren. (Schubart in Horn's Archiv 182J). — Bei Kühen habe ich auch nach etwas reichlicher, durch 3 — 4 Tage fortgesetzter Anwendung der Salbe gegen Ungezie­fer in mehreren Fällen Abortus erfolgen sehen, ohne dafs eine andere Ursache hierzu zu entdecken war.
Wie diese Wirkungen durch die graue Merkurial­salbe vermittelt werden? — ist bis jetzt nicht gut zu er­klären; nur so viel scheint sicher, dafs sie durch eine spezifische Beziehung des Quecksilbers zu den Organen der Vegetation, namentlich zu den Lymphgefäfsen und Lymphdrüsen, und durch seinen üebergang in die Säfte des Organismus bedingt sind.
sect;. 621. Man wendet diese Salbe an:
1) gegen örtliche Entzündungen, bei denen sie, der Erfahrung zufolge, als ein ausgezeichnetes Zertheilungs-mittel wirkt, wenn die Krankheit keinen hyperstlieniscben oder arteriellen, sondern einen sog. vegetativen, exsuda-tiven oder plastischen Charakter besitzt, und wenn Er-giefsungen von plastischen Stoffen, oder selbst schon be­ginnende Verdickung und Verhärtung der Gebilde mit der Entzündung verbunden sind; — daher namentlich bei rheumatischen Entzündungen, bei der sog. Mondblind­heit, bei Quetschungen, bei Entzündungen der Lymph­drüsen, der Hoden, der Euter, der Knochen, Sehnen, Bänder u. dgl. drüsigen und fibrösen Organen; eben so bei den sog. schleichenden und chronischen Entzündun­gen, z. B. bei nicht ganz frisch entstandenen Stollbeulen, Sehnenklapp, Ueberbeinen, Aderfisteln u. s. w. Die Salbe
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nutzt gegen solche Entzündungskrankheiten am meisten dann, wenn der Sitz derselben in der Haut, oder nicht zu tief unter ihr ist. — Bei Entzündungen mit Verjauchung, bei sog. fauligen Entzündungen und bei schon eingetrete­nem kalten Brande nutzt das Mittel nichts; aber bei Ge­schwüren, deren Ränder callös sind, kann es zur Auflö­sung der letztern mit gutem Erfolge angewendet werden.
2)nbsp; nbsp;Gegen Ausschwitzungen, Verdickungen und Ver­härtungen jeder Art, wenn sie auch eben nicht mit Ent­zündung verbunden sind, wie z. B. bei Flecken und Ver­dunkelungen der durchsichtigen Hornhaut, bei Verhärtun­gen der Euter, der Lymphdrüsen im Kehlgange, bei Wurm­beulen, Ueberbcinen u. dgl.
3)nbsp; Gegen Flechten und Räude. Die graue Salbe ist hierbei eins der wirksamsten Mittel, und verdient beson­ders dann benutzt zu werden, wenn diese Hautkrankhei­ten mit heftigem Jucken verbunden, und nicht auf eine grofse Fläche ausgebreitet sind. Ist das Letztere der Fall, namentlich bei grofsen Thieren, so ist die graue Salbe zu theuer, und dann auch mehrentheils durch andere Mittel zu ersetzen. Gegen die sog. Speckräude der Hunde ist sie jedoch nach meinen vielfältigen Beobachtungen ein wahres Spezifikum, dessen Wirksamkeit von keinem an­dern Mittel erreicht wird; sie verlangt aber hier, und überhaupt bei den kleineren Hausthieren, die gröfste Vor­sicht in der Anwendung, und zwar bei allen kleinen Thie­ren mehr als bei grofsen, damit die, im vorigen sect;. ange­deuteten allgemeinen Wirkungen verhütet werden. Bei dqr Schafräude ist aufser diesen Umständen und aufser ihrem hohen Preise auch die, bei ihrer Anwendung un­vermeidliche Besudelung der Wolle sehr unangenehm.
4)nbsp; Gegen Starrkrampf. Die Einreibung der Salbe in die Gegend der Kaumuskeln, am Halse und Rücken, scheint in mehrern Fällen, und zwar sowohl bei dem idiopathi-schen, wie bei dem traumatischen Tetanus, gute Dienste geleistet zu haben; — in vielen andern Fällen sähe ich aber hiervon gar keinen Nutzen.
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j 5) Gegen Ungeziefer aller Art wird die Quecksilber­salbe mit Recht als ein Spezifikum betrachtet; doch ver­langt die Anwendung auch für diesen Zweck bei den klei­nen Thieren viele Vorsicht
sect;. 622. Die Salbe wird einfach angewendet, wenn bei Ent­zündungen die Sensibilität und die Wärme erhöhet, oder wenn sie wenigstens bei den Ausschwitzungen und Ver­härtungen nicht zu sehr vermindert sind; bei grofsem Ere-thismus verbindet man sie aber mit narkotischen Extrak­ten. Auch bei Flechten und gegen Ungeziefer ist die einfache Salbe hinreichend. Je mehr aber bei Entzün­dungen, Verhärtungen u. s. w. Torpidität besteht, um desto nöthiger ist es, dem Grade der letzteren entsprechende Reizmittel, z. B. Rindsgalle, Kampherliniment, Arnmoniak-liniment, grüne Seife, Pottasche, Jod, Kampher, Terpeu-thinöl, Salmiak u. dgl. in einem passenden Verhältnisse mit der Salbe zu verbinden. — Bei dem Starrkrämpfe fand ich eine Mischung aus gleichen Theilen der Salbe und des Kampferliniments am zweckmäisigsten. — Die An­wendung geschieht bei den grofsen Thieren gegen Ent­zündungen, Verhärtungen und beim Starrkrämpfe täglich 2 bis 3 Mal, gegen Hautkrankheiten und Ungeziefer aber nur an jedem 2ten oder 3ten Tage. Bei kleinern Thie­ren darf die Anwendung nur in längern Zwischenzeiten und sparsam, niemals über einen grofsen Theil des Kör­pers, sondern nur auf kleinem Stellen oder in einzelnen Strichen geschehen. Auch mufs man die TMere durch Maulkörbe u. s. w. am Ablecken der Salbe hindernl). Sehr oft habe ich gegen Ungeziefer die Salbe blos auf einen Streif (ein Band) von Leinwand u. s. w. gestrichen und auf den Körper gebunden als vollkommen hinrei-
') Sind dennoe)) bei einem Thiere die im vorigen sect;. bczeicline-ten allgemeinen Zufälle entstanden, so müssen sie durch Eisenpräpa­rate, Schwefel, verdünnte Mineralsäuren und bUter-aromatuche Mit­tel wieder beseitiget werden.
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chend, und gaia ohne gefährliche Nebenwirkungen be­funden. — Bei Entzündungen darf übrigens die Salbe nur gelind, an verhärteten Theilen aber mufs sie kräftig eingerieben werden1).
10. Rotlies Quecksilberoxyd, rother Quooksilber-Prä-zipitat. Hydrargyrum oxydatum rubrum. Hydrargyrum prae-cipilatum rubrum, Oxydum Hydrargyri praeparalum. Mercurius praecijpitatus ruber (oft auch blos „rother Präzipitat, Prae-cipitatus ruberquot; genannt).
sect;. 623.
Das vollkommene Quecksilberoxyd besteht aus circa n\ Th. Quecksilber und 7f Th. Sauerstoff, ist im AVas-ser und Weingeist unlöslich, bewirkt als trockenes Pulver auf der unverletzten Haut mäfsige Reizung, zuweilen auch Entzündung, ,in Wunden und Geschwüren aber sehr hef­tige Reizung, Entzündung, zuerst Minderung der Eiter-Sekretion und der Granulation, oberflächliche Actzung und Schorfbilduug, dann aber (nach 30 bis 40 Stunden) die Absonderung eines gutartigen, recht consistonten Eiters. Durch diese schnell eintretende ümstimmung des Eite-rungsprozesses, zeichnet sich die Wirkung des rothen Pra-zipitats vor der Wirkung fast aller anderen Aetzmittcl (aus­genommen des liöllcnsteins) aus, da bei ihnen die gute Eiterung und das Ablösen des Schorfes immer viel später erfolgt. — In der ätzenden Kraft ist der Präzipitat dem Höllenstein ziemlich gleich, steht aber dem Aetzkali, der
1) Das Einreiben kann melirenthcüs mit der blofsen Hand, ohne
Schallen dtssen, dci- es lliul, unternommen werden, — wc A\is ilie Eleven der Berliner Thierarzneischale täglich beweisen. Denn in den Kraulccnsliillen der letztem werden jlilirlicli gegen 80 bis 100 Pfund graue Quecksilbersalbe ycrbrauclit und von den Eleven mil blofsen Bänden den kranken Tliieren eingerieben; über seit l(i Jab-ren ist kein Fall vorgekommen, wo bieedarch eine heftige Herkurial-wirkung, iiainenilitli SpeickelBafs, entstanden wäre. — Dennoch ist es zweekniiifsig, dafs Personen, die eine zarte Haut haben, bei dem Einreiben dieser Salbe sieb die Hand mit einem Stuck Leder oder mit blase bekleiden.
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Spiefsglanzbutter, dem Chlorzink, Sublimat, Arsenik, Ku­pfervitriol und den conzentrirten Säuren weit nach. — Mit Fett oder Honig zur Salbe gemacht wirkt er, ver-haltnifsmafsig nach der Conzentration derselben, mehr oder weniger stark reizend, die Resorption, die Zertheilung ato­nischer, torpidcr Entzündungen und (an eiternden Flä­chen) die Eiterung befördernd. — Innerlich angewendet, verursacht er schon in ganz mafsigen Gaben (bei Hunden zu 2 bis 4 Gran, bei Pferden zu 8 bis 15 Gran), heftige Leibschmerzen, (bei Hunden auch Erbrechen) in etwas starken Gaben aber Magen- und Darmentzündung und den Tod.
sect;. 624. Die innerliche Anwendung des rothen Präzipitats ist, wegen der damit verbundenen Gefahr, bei keinem Thierc gebräuchlich, obwohl das Mittel gegen Rotz und Wurm versucht worden ist. Aeufserlich benutzt man aber den­selben :
1)nbsp; Als Aetzmittel, um Wucherungen oder Anstek-kungsstoffe in Wunden und Geschwüren zu zerstören, z. B. in Bifswunden von tollen Hunden, oder bei Feig­warzen, Strahlkrebs^ Wurmgeschwüren u. dgl. Der Prä-zipitat wird hier am besten in reinem Zustande, fein pul-verisirt, etwas reichlich eingestreut, und nach dem Abge­hen des entstandenen Schorfes so oft als nöthig ist, wie­derholt. Sehr oft kann er durch das Glüheisen, oder durch andere Aetzmittel ersetzt werden.
2)nbsp; Als kräftiges Digestivmittel bei torpiden Wunden und Geschwüren, in denen geringe Empfindlichkeit, blasse, schlaffe, schwammigte, oder entgegengesetzt, speckartige, harte Granulation, und die Absonderung einer dünnen Jauche besteht, — wie dies zuweilen bei veralteten Kro­nentritten, bei dergl. Strahlgeschwüren, bei bösartiger und veralteter Mauke, bei Knochengcschwüren u. s. w. der Fall ist. Die Anwendung des Präzipitats hierbei geschieht entweder: ä) rein für sich, als feines Pulver — wenn nämlich die Reizlosigkeit sehr grofs, die Absonderung mä-
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fsig ist; — oder J) mit Kohle, Kamillen, Kalmus u. dgl. absorbirendeu Mitteln versetzt, ebenfalls als Pulver, — -wenn die Reizlosigkeit etwas geringer, die Jauchcabson-derung aber sehr reichlich ist, und — c) als Salbe, in Verbindung mit 4 bis 8 Th. Fett, Butter, Wachssalbe oder Konigssalbe (S. 407), bei verschiedenen Graden der Torpidität, wenn die Granulation hart und die Absonde­rung gering ist.
3) Als erregendes Zertheilungsmittel gegen torpide, chronische Augenentzündungen und deren patholog. Fol­gen, z. B. gegen Verdickungen und Verhärtungen der Au­genlieder, besonders der Meibom'sehen Drüsen, gegen zu reichliche Schleimsekretion aus den letztern, Verdun­kelungen der Hornhaut, Ausschwitzungen im Innern des Auges u. dgl. Der rothe Präzipitat ist gegen diese Zu­stände von ausgezeichneter Wirksamkeit, wenn sie wirk­lich den torpiden Charakter haben: er ist aber unpassend und schädlich, so lange sie noch mit Trockenheit, mit vermehrter Wärme und mit vielem Schmerz begleitet sind. — Die Anwendung geschieht nur in Salben, die bald ein­fach (z. B. aus 10 bis 30 Gran aufs feinste pulv. Präzi­pitat und l Unze Fett, ungesalzener Butter oder einfa­cher Wacbssalbe), bald mit verschiedenen Zusätzen, z. B. von Zinkoxyd, von Kampher oder Opium (von dem er­stem 15 bis 30 Gr., von den letztem beiden bis 3ß auf 1 Unze der Salbe) bereitet, und täglich 1 bis 2mal in der Grüfse einer Erbse zwischen und auf die Augen-lieder gestrichen werden. — Es ist unzweckmäfsig, die rothe Präzipitat - Salbe in grofser Quantität bereitet zu hal­ten, denn sie verliert durch langes Aufbewahren von ihrer Wirksamkeit, indem der Präzipitat durch das Fett zum Theil desoxydirt wird.
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II. Mildelaquo; salzsauros Quecksilber, vorslifstes Queck­silber, Kalomcl, einfaches Cblor-Quccksilber, Qucck-silb erchlorür. Hydrargyrum muriaticum taite, Mercurius ilul-cis, Calometas, Chloretum Hydrargyri.
sect;. 625. Dieses bekannte Quecksilbersalz bestellt in 100 Th. aus 85 Th. Quecksilber und 15 Th. Chlor, und ist im Wasser (selbst im kochenden) und im Weingeist unlös­lich. — Daher verursacht es auch, wenn es für sich al­lein auf die trockene, unverletzte Haut gebracht wird, keine wahrnehmbare Wirkungen; wird es aber mit Fett, Oel oder Honig zur Salbe gemacht, eingerieben, so geht es in die Säfte über und wirkt dann ganz ähnlich, aber weit milder, als die graue Merkurialsalbe (sect;. 620). — In­nerlich angewendet erzeugt es die im sect;. 619 und ebenfalls im sect;. 620 angegebenen wesentlichen Wirkungen der Mer-kurialmittel sehr vollständig, dieselben sind aber, hin­sichtlich ihres Grades und ihrer Richtung, ziemlich be­stimmt von der Gröfse der Gaben und von der Wieder­holung derselben abhängig. Eine einzelne kleine Gabe (z. B. für Pferde 30 bis 40 Gran, für Rindvieh 15 bis 20 Gran, für Schafe 4 bis 6 Gr., für Schweine 6 bis 10 Gr. und für Hunde 1 bis 4 Gr.) bringt in der Regel keine sichtbare Veränderungen im Befinden der Thierc hervor; werden aber solche Gaben in Zwischenzeiten von 3 bis 4 Stunden und durch einige Tage nach einander einem gesunden Thicre gereicht, so erscheint zuerst der Koth etwas trockener, dann aber grünlich gefärbt, mehr feucht und locker; der Urin geht etwas reichlicher ab, der Speichel wird mehr zähe und ebenfalls reichlicher abgesondert; der Herzschlag wird fühlbarer, der Puls wei­cher, die Schleimhaut der Nase und des Mauls blasser, der Appetit oft gemindert; bei lange fortgesetzter Anwen­dung werden die Thiere sehr matt und zuweilen findet sich auch Diarrhöe, seltner Speichelflufs plötzlich hinzu. Von einer gröfseren Gabe (z. B. bei Pferden zu 3jjj bis gvj, bei Rindern zu 5j bis 3jj, bei Schweinen desgl., bei
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Schafen zu gr. xv bis 3ß, und bei Hunden zu gr. yj bis 56) entsteht fast immer in etwa 24 bis 36 Stunden (bei Hunden oft früher, bei Schafen zuweilen erst am 3ten Tage) Laxiren. Dieses erfolgt, wie bei den übrigen Laxir-mitteln, nach der Constitution der Thiere, nach Art der Fütterung u. s. w. im verschiedenen Grade, so dafs oft der Koth nur sehr locker, oder breiartig, oft aber auch ganz dünn, selbst wässerig, und bei Pferden, Bindern und Schafen, (auch wenn sie kein Grünfutter fressen) ei-genthümlich graugrün, bei Hunden aber schwärzlich ge­färbt, abgeht. In einzelnen, aber seltenen Fällen, entsteht dabei eine geringe Kolik. — Werden in einem Tage 2 bis 4 solcher Gaben, und vielleicht durch 2 oder meh­rere Tage nach einander gegeben, so tritt gewöhnlich das Laxiren plötzlich mit grofser Heftigkeit ein; die Exkre­mente gehen sehr häufig, ganz flüssig, zuweilen mit Blut gemengt und sehr stinkend, durch 3 bis 6 Tage ab; die Thiere werden sehr matt, mager, verlieren den Appetit und zeigen die vorhin und im sect;. 619 angegebenen Symp­tome der zu heftigen Quecksilberwirkung im hohen Grade. Zuweilen ist der künstlich erregte Durchfall selbst durch die kräftigsten Arzneien nicht zu stillen, und die Thiere gehen durch ihn an Erschöpfung und Faulfieber zu Grunde. Diese übermäßige Wirkung entsteht am ehesten und stärk­sten bei den Wiederkäuern, besonders bei den Schafen, (was in der weichen, schlaffen Organisation derselben be­gründet zu sein scheint); weniger leicht erfolgt sie bei Pferden, und am wenigsten bei Hunden und Schweinen. Es tritt aber bei den letzlern- beiden Thiergattungcn nicht selten Erbrechen ein, wodurch das Kalomel zum Thoil wieder entleert wird, ehe es vollständig zur Wirkung ge­langt. — Auf die Beschaffenheit und Mischuiür der Säfte wirkt das Kalomel sehr stark umändernd, und namentlich sieht man, dafs die Gerinnbarkeit und die Menge des Fa­serstotfes im Blute oft schon nach einer einzigen etwas starken Gabe, bestimmt aber durch die fortgesetzte An-quot;wendung des Mittels sehr bedeutend vermindert wird.
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Bei der Sektion der, durch zu reichliche Amvendmiquot; des Kalomels getödteten Thiere, findet man in der Regel an Pferden und Hunden den Magen und ganzen Darm­kanal schlaff, zusammengefallen, den letztern ohne tiefe Querfalten, die Blutgefäfse äufserlich und innerlich sehr wenig mit Blut erfüllt, daher die Färbung dieser Organe ganz blafs oder grau, der Darm mehrentheils ganz leer, zuweilen wie ausgewaschen: entgegengesetzt ist aber auch zuweilen die Schleimhaut blauroth gefärbt, entzündet, auf­gelockert, stellenweis ohne Epitholium, mit Blutextrava-saten, oder mit Exkoriationen, deren Ränder oft weifs-lich gefärbt erscheinen, versehen; die Gallenblase ist voll Galle, die Leber und alle übrigen Organe weich und mürb. An Wiederkäuern fand sich im Wesentlichen der­selbe Zustand 5 zugleich aber zeigten sich fast immer im 4ten Magen, zuweilen auch am Zwölffingerdarme und Mast­darme stärker geröthete Stellen von verschiedener Gröfse, die mehrentheils als Blutextravasate, zuweilen aber auch als Entzündung erschienen.
sect;. 626.
Das Kalomel erscheint hiernach in der örtlichen Wir­kung mehrentheils als ein mildes, in der allgemeinen Wir­kung aber als ein sehr kräftiges Mittel. Es verdient des­halb zur innerlichen Anwendung den Vorzug vor fast al­len andern Quecksilberpräparaten und findet, dor Erfiih-vung zufolge, seine allgemeine Indikation gegen alle solche patholog. Zustände, welche wesentlich in einem zu sehr erhöheten Vegetationsprozesse mit ver­mehrter Plastizität des Blutes und der übrigen Säfte, — oder in gerinnbaren Ausschwitzungen, oder in Stockungen und Verhärtungen in den Gefäfsen und drüsigen Organen, — bestehen. Man benutzt es daher:
1) gegen Entzündungskrankheiten, und zwar vorzüg­lich gegen solche, die a) einen sogenannten vegetativen, plastischen oder lymphatischen Charakter besitzen, wo keine vorherrschende aktive Aufregung der Arterien- und
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Herzthätigkeit, sondern mehr Neigung zu plastischen und serösen Ausschwitzungen und zu Verhärtungen besteht, oder wo an den absondernden Flächen die sezernirten Flüssigkeiten zähe und sehr gerinnbar werden; — daher namentlich bei rheumatischen und catarrhalischen Entzün­dungen, bei dem akuten Rheumatismus u. dgl.
b)nbsp; Gegen solche, die mit gastrischen oder nervösen Complikationen innig verbunden sind, wie z. B. die sog. galligten, die erethischen, die typhösen und die Anthrax-Entzündungen; und
c)nbsp; gegen chronische, sogenannte schleichende Entzün­dungen.
Bei wahren hypersthenischen Entzündungen, beson­ders in sehr gefäfsreichen Organen, ist das Kalomel nicht passend; wenn aber, nachdem die arterielle aktive Auf­regung durch Blutentziehungen und Salpeter beseitiget ist, die übrigen Entzündungszufälle noch fortbestehen, so kann das Kalomel auch bei ursprünglich ganz hypersthenischen Entzündungen eine sehr nützliche Anwendung finden.
Es ist zwar auch bei Entzündungsfiebern mit dem besten Erfolge angewendet worden, zeigt aber seine heil­same Wirkungen am meisten bei den Entzündungen ein­zelner Gebilde, vorzüglich der serösen und fibrösen Häute und der drüsigen Organe, und es hat sich bei Entzün­dungen des Gehirns, der Gehirnhäute (daher auch bei dem rasenden Koller), bei Augenentzündungen mit hefti­ger Ausschwitzung in den Augenkaramern (daher bei der sogen. Mondblindheit), bei Bräune, bei Rippenfell- und Lungenentzündungen, bei Leberentzündung, Rauchfellent­zündung, Darmentzündung, bei eingeklemmten Brüchen, bei Entzündungen der Hoden, des Euters, der Venen, der Beinhaut u. s. w. in unzähligen Fällen bewährt. — Bei der, seit mehrern Jahren unter den Pferden seuchen­artig herrschenden typhösen Lungen- und Lebereutzün-dung Clntluenza) habe ich das Kalomel, wenn es zur rech­ten Zeit und mit der nöthigen Vorsicht angewendet wurde, als das vorzüglichste innerliche Heilmittel kennen gelernt.
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— Dagegen hat es in der sog. Lungenseuche des Rindlaquo; viehes, meinen Beobachtungen zufolge, (bei wenigstens 200 Rindern) sich bei Weitem nicht so heilsam gezeigt, wie Dr. Muhrbeck dies gesehen, und wie man es bei der eigenthümlichen Richtung des Mittels gegen die ab­norme Plastizität erwarten könnte.
Auch bei der Rinderpest, gegen welche (als eine typhöse Entzündung) es von Einigen mit scheinbar gutem Erfolge versucht worden ist, hat es sich nicht bewährt.
2)nbsp; Gegen Leberleiden, und zwar (aufser den Entzün­dungen, wie oben angegeben) a) gegen solche, bei denen die Leber sich in einem Zustande von Reizung befindet, und in Folge dessen die Gallensekretion zu reichlich, we­nigstens weit reichlicher als die freie Exkretion derselben stattfindet, so dafs die biliösen Stoffe resorbirt werden und sich im Blute anhäufen, wodurch fehlerhafte Ver­dauung, Gelbsucht, gastrisch -biliöse Fieber u. s. w. ent­stehen. Dieser Zustand kommt bei allen Hausthiercn nicht selten vor. bald rein und selbstständig, bald in verschie­denen Complikationen, z. B. bei dem Dummkoller, bei dem Tetanus, bei Nervenfiebern und dergl. — h) Das Ka-lomel ist auch bei solchen Leberkrankheiten nützlich, wo die Leber selbst au Vergröfserung, au Verhärtungen, Stok-kungen u. s. w. leidet.
3)nbsp; nbsp;Gegen die Erzeugung und Ansammlung von zä­hem Schleim im Darmkanal, gegen Stockungen in dem­selben und gegen Hartleibigkeit aus zu geringe! Abson­derung, so wie gegen die, aus diesen Zuständen hervor­gehenden verschiedenen Krankheitsformen, z. B. Versto­pfungskolik, Congestioncn zum Kopfe, sogen. Magenkol­ler und dergl.
4)nbsp; nbsp;Gegen Eingeweidewürmer im Darmkauale ist das Kalomel ein sehr kräftiges Mittel, indem es theils durch eine spezifische Kraft des Quecksilbers gegen das Leben der Thiere von niederer Organisation, theils aber auch als ausführendes Mittel wirkt. Ob es gegen diejenigen Würmer, die aul'serhalb des Darmkanals ihren Sitz ha-
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ben, z. B. gegen die Leberegeln, gegen die Finnen, die Blasenwürmer im Gehirn der Schafe u. dergl. etwas lei­stet — ist noch nicht durch die Erfahrung bewiesen. Ich habe es gegen die Drehkrankheit der Schafe in jedem Stadium derselben vergebens angewendet.
5)nbsp; nbsp;Gegen Verhärtungen, hauptsächlich in drüsigen Organen, gegen schwarze Knoten und Scirrhus. Das Ka-lomel hat hier oft noch Auflösung oder wenigstens Min­derung bewirkt, besonders wenn die Verhärtungen noch nicht zu sehr alt, oder wenn sie das Produkt von Ent­zündungen waren.
6)nbsp; nbsp;Gegen Wassersuchten und örtliche seröse Ergie-fsungen, z. B. in den Hirnhöhlen bei dem Dammkoller der Pferde. Das Kalomel ist durch seine, die Resorption so kräftig befördernde Wirkung bei diesen Krankheiten eins der vorzüglichsten Heilmittel, wenn sie durch Ent­zündungen, durch Unterdrückung der normalen oder ge­wohnten Absonderungen, oder durch Verstopfungen in der Leber, Milz, in den Gekrösdrüsen u. s. w. entstanden und nicht mit einem hohen Grade von Atonic oder mit Cachexie verbunden sind. — Ist aber letzteres der Fall, so ist das Mittel schädlich.
7)nbsp; Gegen diskrasische Krankheiten, besonders solche, die mit einem abnormen Zustande der Lymphdrüsen, der Lymphgefäfsc wesentlich verbunden sind, wie Rotz und Wurm der Pferde, die sogenannte Franzosenkrankheit des Rindviehes, veraltete Räude und Flechten, bösartige Mauke mit schmerzhafter Geschwulst u. dgl. Ich habe von dem Kalomel bei diesen Krankheiten, mit Ausnahme des Roz­zos, sehr oft die besten Erfolge gesehen; bei dem letztern bewirkte es aber niemals Besserung, sondern häufig Ver­schlimmerung und schnellen Uebergang in faulige Cachexie. Bei dem Wurm war die Wirkung in einigen Fällen eben so ungünstig, in mehrern andern aber recht günstig, — ohne dafs ein bedeutender symptomatischer oder graduel­ler Unterschied zwischen diesen Fällen bestand.
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8) Auch gegen einige Nervenkrankheiten, namentlich gegen Starrkrampf und gegen die, in der neuern Zeit häu­figer als sonst vorgekommene Füllenlähmung, ist es als Heilmittel, und gegen die Wuthkrankheit als ein prophy­laktisches Mittel in mehrern Fällen mit anscheinend gu­tem Erfolge angewendet worden.
Aeufscrlich wird das Kalorael zuweilen gegen sehr schmerzhafte Flechten, hauptsächlich aber gegen Augen­entzündungen, die mit Ausschwitzung von Blut oder pla­stischer Lymphe im Innern des Auges oder an der durch­sichtigen Hornhaut verbunden sind, besonders gegen die sogenannte Mondblindheit und deren Folgen angewendet und ich kann es hierbei als ein höchst wirksames Mittel rühmen.
Allgemeine Gegenanzeigen gegen die innerliche An­wendung des Kalomels sind: ein hoher Grad von torpi-der Asthenie, Cachexie, Neigung zu fauliger Auflösung der Säfte, sehr seil wachender Durchfall.
sect;. 627.
Die Gabe ist für Pferde sß, 5jß bis höchstens 5j[j, für Rinder 3ß, 5j bis 3jß, für Schafe und Ziegen Gr. jv, Gr. vjjj bis Gr. xjj, für Schweine 9ß, 5ß bis sj, für Hunde Gr. v, Gr. x bis g. Die gröfsern und mittlern von die­sen Gaben finden ihre Anwendung da, wo man Laxiren erregen will, um entweder den Darmkanal selbst von Schleim, Galle, Würmern oder verhärteten Kothballen zu entleeren, oder um eine Ableitung von heftig eiuzündeten Organen zu bewirken. Man giebt sie für den erstem Zweck täglich 1 bis 2mal, in Zwischenzeiten von 8 bis 12 Stunden, — bei heftigen Entzündungen aber täglich 3 bis 4inal, in Zwischenzeiten von etwa 3 bis 6 Stun­den, — so lange, bis entweder der Krankheitscharakter geändert ist oder bis weicheres Misten eintritt. Letzteres verbietet in jedem Falle den Fortgebrauch des Mittels, weil sonst der im sect;. 625 bezeichnete Durchfall mit sei­nen üblen Folgen sehr leicht entsteht. Dies gilt beson­ders bei den Wiederkäuern und hauptsächlich bei Scha-
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fen, bei denen man daher rait dem Kalomel höchst vor­sichtig sein mufs und nainenllich a) die mittlern Gaben nur nach den bezeichneten grofsten Zwischenzeiten wie­derholen, —- und b) die Anwendung niemals länger als
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durch I5 bis 2 Tage fortsetzen darf1). In den vorge­schriebenen kleineren Gaben wird das Kalomel täglich 2 bis 3mal angewendet: bei chronischen Krankheiten und wo der Zweck ist, Verhärtungen und Stockungen aufzu­lösen, die Sekretionen in den drüsigen Organen, die Thä-tigkcit der Lymphgefäfse und die Resorption zu beför­dern oder eine bessere Beschaft'enheit der Säfte bei Dis-krasien zu bewirken.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; i r!
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Man gebraucht das Kalomel für sich allein, d. h. blos mit einem schicklichen Vehikel, z. B. mit schleimigen Mit­teln oder mit Süfsholzwurzel versetzt, wenn bei Entzün­dungen der vegetative und lymphatische Charakter rein be­steht; ist aber die Irritabilität dabei gleichzeitig stark auf­geregt, so verbindet man es mit Salpeter, mit Glauber­salz oder Doppelsalz; —dagegen bei geringer Energie der Blutgefäfse, bei typhösen Entzündungen und bei Schwä­che der Verdauungseingeweide ist die Verbindung mit bit­tern und aromatischen Mitteln, — bei hohen Graden des Hebels selbst mit Kampher und Terpenthinöl nützlich. Wenn das Fieber bei Entzündungen einen hohen Grad
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erreicht, wenn Ausschwitzungen entstehen, und eben so bei wirklichen Wassersuchten hat sich die Verbindung mit Digitalis, oder Tabak, oder Bilsenkraut sehr wirksam ge­zeigt. — Bei gastrischen Zuständen giebt man das Kalo­mel mit bittern oder aromatischen Mitteln, oder wenn man dabei Laxiren erzeugen will, am besten mit der Aloe; eben so, oder auch in Verbindung mit Ofenrufs, mit stinken­dem Thieröl u. dgl. giebt man es gegen Würmer, — mit
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VitJ' i
*) Es ist nnbegreiflicli, wie französische Tiiierärzle (z. B. Va-tcl, Elemens, T. II. part. 2. pag. 733, und Moiroud, mat. me'd. p- 385) das Kalomel für Kinder in der Gabe von jjß bis jjj vor-
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sebreiben können, ohne die hieraus cnlslebende Gefahr nur anzu-dculcn.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ';
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bittern, aromatischen Mitteln, mit Schierling, Ofenrns, Schwefel oder Schwefelspiefsglanz u. dgl. bei Diskrasien.
Die schicklichste Form zur innern Anwendung des Kalomels ist, seiner Unlöslichkeit wegen, die Pillen- und Latwergenform; doch habe ich es bei Wiederkäuern auch zuweilen in einer dicklichen schleimigen Flüssigkeit (die aber bei dem Eingeben gut umgeschüttelt werden mufs) gegeben und hierauf eine schnellere Wirkung als nach der Anwendung in Pillen erfolgen sehen.
Aeufserlich, bei den bezeichneten Augenkrankheiten, wurde es sonst als Pulver in die Augen geblasen; am besten benutzt man es aber in Form eines dünnen Lini­ments, wclclies, nach dein Grade des Uebcls, aus 1 Drachme Kalomel und 2 bis 4 Drachmen frischen Baumöls (oder Mohnöls u. dgl.) durch Zusammenreiben bereitet, und täg­lich 2 bis 3mal mit einer Feder reichlich auf die Horn­haut gestrichen wird. Bei grofser Empfindlichkeit des Auges ist der Zusatz von 10 bis 20 Gran Belladonnaex­trakt, und bei Reizlosigkeit der Zusatz von eben so viel fein pulv. Opium sehr nützlich. — Gegen Flechten wird es entweder als Salbe (l Th. Kalomel mit 4 bis 6 Th. Fett oder Butter zusammengerieben) oder in einer (zwar nicht chemisch richtigen, aber wegen ihrer milden Wir­kung oft sehr passenden) Mischung mit Kalkwasser (auf 10 bis 12 Th. des letztern l Th. Kalomel) zum Waschen und Verbinden, als sog. schwarzes oder mildes pha-gadänisclies Wasser (Aqua pJiagaJaenica nigra s. mi-Us) benutzt.
12. Actzcndes salzs aurcs (Quecksilber, äiz end er Q.ueck-silbersublimat, Aotzsnbliin at, doppelt Clilorquecksil-ber, Quecksilberclilorid. Hydrargyrum muriaticum corrosi-vum, Mcrcuritts sublimntus corrosivus, Bichloretum Hydrargyri, Jfydrarg. perchloratum.
sect;. 628. Der Aetzsublimat ist in der Art seiner Bestandtheile ganz übereinstimmend mit dem Kalomel; er unterscheidet
sich
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sich aber von dem letztern dadurch, dafs er mehr Chlor-(gegen 26 pr. C.) enthält und dafs er sich in 16 Th, kal­ten und 3 Th. kochenden Wassers, so wie in 2| Th. kal­ten und in Ij Th. kochenden Weingeistes, und in 3 Th. Aethers vollständig auflöst. Der Sublimat wird durch ätzende Alkalien, durch Kalk- und Barytwasser und durch Magnesia zersetzt, im aufgelösten Zustande wird er auch durch die Einwirkung des Sonnenlichts und durch viele organische Substanzen, namentlich durch Eiweis, Gummi, Zucker, Extrakte, Opium, Mehl, Kleber, Leim, Osma-zom, Oele, Fette, Harze u. s. w. zersetzt, indem diese Substanzen sich in verschiedenen Verhältnissen mit dem Chlor des Sublimats verbinden und das Quecksilber mehr oder weniger zu Chlorür (Kalomel) reduziren. Diese Zer­setzungen erfolgen von manchen Substanzen sogleich voll­ständig, von andern erst nach und nach. Am lebenden Tliierkörper verhält sich das Mittel eben so; überall ver­bindet es sich mit der organischen Substanz schnell und macht an wunden Stellen und an den Schleimhäuten zu­erst einen weifslichen Ueberzug, der aus Kalomel und or­ganischer Substanz besteht, und dann bewirkt es Zusam-menschrumpfung der Theile; wirkte es aber im conzen-trirten Zustande ein, so verursacht es sogleich Anätzung, wobei die Substanz weifsgrau, mürb und weich wird. — Daher ist der Unterschied in der Wirksamkeit zwischen dem Kalomel und dem Sublimat sehr grofs; denn der letztere erzeugt an allen organischen Gebilden, auf welche er im conzentrirten Zustande einwirkt, Entzündung, Aetzung und brandige Zerstörung, hierdurch die heftigsten Zufälle und sehr leicht den Tod. Diese Wirkungen scheinen bei innerlicher Anwendung heftiger an fleischfressenden Thie-ren, als an pflanzenfressenden zu sein, — was wahrschein­lich durch die bei beiden Arten verschiedene Beschaffen­heit der Nahrungsstofie und der Säfte im Darmkanal be­dingt wird. Hunde starben von 4 bis 6 Gr. des Mittels, nachdem sie sehr heftiges, blutiges Erbrechen, blutige Diarrhöe und zuletzt Lähmung gezeigt hatten, in 7, 12
11 er twig ArzneimUtcUelire.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;O/
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bis 30 Stunden. — Pferde zeigten nach der durch 6 bis 8 Tage täglich einmal wiederholten Anwendung einer, aus 20 bis 30 Gran Sublimat und Jjjj Althaewurzelpulver be­stehenden Pille keine sichtbare Veränderung in ihrem Be­finden, und mehrere Pferde ertrugen durch 8 Tage an­haltend täglich 2 solche Gaben, ohne dafs eine sichtbare Wirkung erfolgte. Bei andern minderte sich aber, wenn sie in steigender Gabe täglich 1 Skrupel bis 1 Drachme Sublimat in einer Mehlpille erhielten, nach 4 bis 6 Ta­gen der Appetit, und bei noch längerem Fortgebrauch trat mit etwa 8 bis 10 Tagen fast immer sehr vermehrtes Uriniren ein. Diese Zufälle minderten und verlören sich bald wieder, wenn man das Mittel durch 1 bis 3 Tage aussetzte, und sie entstanden zuweilen erst nach 3 bis 4 Wochen, wenn man dasselbe gleich vom Anfange an nur jeden 2ten Tag in der Gabe von 9j bis 3ß angewendet hatte. Wurde aber der Sublimat den Pferden täglich, von gj bis zu 5jj steigend, durch 12 bis 16 Tage (im Ganzen zu 5x bis sxv) gegeben, so erfolgte, aufser der Appetit­losigkeit und dem starken Uriniren, auch heftiger, zuletzt blutiger Durchfall, grofse Schwäche, Fieber mit fauligem Charakter und der Tod, Zuweilen waren in der letzten Zeit auch Symptome von Darmentzündung, Schmerzen und Krämpfe zugegen. Eine einzelne Gabe von 5j ver­ursachte blos Vermehrung der Pulse um 4 bis 6 in l M., Kolikschmerzen, und stärkere llöthung der Schleimhaut. Nach 2 bis 4 Stunden waren diese Zufälle wieder vorüber. Aber von |ß Sublimat in 3 Pfd. Wasser gelöst, entstand sogleich heftiger Kolikschmerz, Kecken, starkes Speicheln und in 12 Stunden der Tod (Rysz, Arzneimittellehre, S. 147). — Wenn der Sublimat in flüssiger Form einge­geben wurde, oder wenn bei dem Eingeben in Pillen diese nicht sogleich ganz verschluckt, sondern im Maule behal­ten und gekauet wurden, so entstand jedesmal, selbst nach kleinen Gaben, heftige Heizung, Entzündung und Anätzung der Zunge und anderer Theile im Maule, star­kes Speicheln und Verminderung des Futtergenusses. Auf
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andere Weise und als Erscheinung der allgemeinen Wir­kung sähe ich vom Sublimat bei Pferden niemals Spci-clieltiufs entstehen. — Aehnlich, jedoch etwas stärker, ist die Wirksamkeit des Mittels beim Rindvieh. 18 Gr. Subli­mat in 2 Unzen Mehlteig gehüllt, einer Kuh eingegeben, erregte blos vorübergehend etwas vermehrte Wärme (Gil­bert, Annal. de Vagric.fr. Tom. 3. p. 343). — Ich sähe bei einer ganz gesunden Kuh nach dem Eingeben von sj Sublimat in gvj dest. Wassers gelöst, Husten, öfters Rülp­sen, etwas Geifern aus dein Maule und Verminderung des Appetits entstehen; aber das Wiederkäuen schien unge­stört fortzubestehen, und am folgenden Tage waren auch die übrigen Zufalle wieder vorüber. Nach 5 Tagen er­hielt diese Kuh bei vollkommenem Wohlsein 5jj des Mit­tels in 1 Pfd. dost. Wasser, worauf sogleich wieder Gei­fern und Rülpsen eintrat, das Fressen und Wiederkäuen aber erst am folgenden Tage nachliefs, wo zugleich sehr kleiner, vermehrter Puls, schnelleres, etwas beschwerli­ches Athmen, und weicheres Misten entstand. In den nächsten Tagen verschwand die Frefslust gänzlich, der Koth war sehr dünn, stinkend und blutig, das Athmen noch beschwerlich, das Fieber vermehrt, die Mattigkeit grofs, das Thier lag viel, magerte sichtbar ab, und starb am 14ten Tage. — Schafe ertrugen 12 Gran und selbst 24 Gr. Sublimat in einer Mehlpille, ohne dafs die ge­ringste Wirkung entstand (Gilbert a. a. O. p.345, 347); aber von quot;j starb bei meinen Versuchen ein Schaf in we­niger als 12 Stunden.
Durch Einspritzungen in die Halsvene entstand bei mchrern Pferden von 3 bis 6 Gr. Sublimat, in 3 bis 6 Drachmen dest. Wassers gelöst, blos eine geringe Ver­mehrung der Pulse um 4 Schläge in der Minute und durch etwa 15 Min. dauernd; andere Zufälle waren selbst dann nicht zu bemerken, als die Pferde durch solche, täglich wiederholte Einspritzungen nach und nach 1 Drachme Sublimat in die Blutmasse erhalten hatten. Es entstan­den aber fast immer Aderfisteln. (Viborg Veterin. Selsk.
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Skrift. 2r. Deel. S. 375). — Hei einem Hunde verursach­ten 5 Gran Sublimat, in I5 Unz. Wassers gelöst und in die Drosselvcne injizirt, sogleich Kurzathmigkeit, grofsen Schmerz, Abgang von Urin, und in wenigen Stunden den Tod; — und ein anderer starb unter denselben Zufällen, nach der Injektion von nur | Gr. Sublimat in 5h Stunden. (Gaspard in Orfila's Toxikologie, Bd. 1. S. 228).
In Wunden und Geschwüren wirkt der Sublimat, ob­gleich er durch die organischen Flüssigkeiten zersetzt wird, in verdünnter Auflösung (I bis 3 Gr. auf gj Wasser) an­gewendet, reizend, die Lebensthätigkeit der absondernden und der aufsaugenden Organe steigernd und qualitativ um­stimmend; mehr conzentrirt C4 bis 10 Gr. auf 5J Was­ser), verursacht er Entzündung, und in ganz conzentrir-ter Auflösung (z. B. 3j auf gß Wasser), noch mehr aber im reinen Zustande wirkt er ätzend und zerstörend. Er geht dabei durch Absorption in die Elutmasse über und verursacht, wenn die conzentrirte Anwendung etwas reich­lich geschieht, Entzündung des Magens, des Darmkanals, des Bauchfells und des Herzens, und dadurch den Tod. Mehrere Kunde starben nach 1 bis 5 Tagen, als ihnen 3 bis 6 Gr. Sublimat in Wunden auf das Zellgewebe des Schenkels oder des Rückens gebracht worden. — Aehn-lich wie auf wunde Stellen, aber weit Schwächer, wirkt der Sublimat auch auf die unverletzte Haut, und nament­lich findet nur eine geringe Absorption durch dieselbe statt.
Bei der Sektion der durch Sublimat getödteten Thierc findet man, derselbe mag auf die eine oder auf die an­dere Weise zu reichlich in den Körper gebracht worden sein, hauptsächlich die Schleimhaut des Magens und Darm­kanals, das Herz, die Lungen, zuweilen auch die Nieren entzündet, mit rothen oder schwarzen Flecken versehen, die genannte Schleimhaut auch zuweilen zerstört. Am stärksten sind diese Veränderungen an den, .von dem Sublimat unmittelbar berührten TheUen.
Aus Allem ergiebt sich: dafs der Sublimat zwar der Art nach im Wesentlichen wie die übrigen Quecksilber-
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mittcl wirkt, aber mehr als andere die Urinsekretion be­fördert, dafs er sie alle au Actzkraft Übertrift, und hier­durch sehr leicht tödtliche Wirkungen erzeugt, und dafs er weit weniger als das Kalomel sichtbar die Plastizität im Organismus mindert.
sect;. 629.
Für die innerliche Anwendung dieses heftigen Mit­tels gegen Krankheiten der Hausthicro giebt es bis jetzt keine sichere Indikationen, sondern man hat dasselbe meh-rentheils nur empirisch gegen Rotz, Wurm, veraltete Räude, dergleichen Flechten^und Mauke, und gegen den Koller bei Pferden versucht. Bei dem letztern hat es nach Ker-sting's Beobachtung (Nachgel. Manuskripte S. 213) oft gute Dienste geleistet und ich habe es ebenfalls in moh­rern Fällen mit Nutzen angewendet, wenn das Uebel ver­altet und mit einem krankhaften Zustande der Leber ver­bunden war. Bei dem Wurm und bei veralteten Haut­krankheiten hat sich der .Sublimat häufig als sehr nütz­
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lich gezeigt; doch darf ein cachcktischcr, fieberhafter Zu-
stand nicht zugegen sein. Die Heilung des Rotzes hat er aber in keinem vollständig entwickelten Falle befor­dert, selbst nicht bei der, durch ein gauzes Jahr fortge­setzten Anwendung (Yiborg a. a. 0.); dagegen hat er (wie Quecksilbermittel überhaupt) sehr oft eine sichtbare Verschlimmornng des Uebels bewirkt.
Man giebt den Sublimat Pferden und Rindern von G, 10 bis höchstens 20 Gr., Schweinen 1 bis 3 Gr., Scha­
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fen und Hunden ~ bis 1 Gr., täglich 1 bis höchstens 2mal, am besten in Pillen oder in Auflösung. Die letz-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;-,#9632;;#9632;
tere kann 1 Gr. Sublimat in ?j Flüssigkeit enthalten und das Auflösen kann zwcckmäl'sig zuerst mit etwa 50 Thei-len Weingeist geschehen. Bei der Bereitung der Pillen inufs der Sublimat erst mit der nötliigen Menge Wassers aufgelöst werden, ehe man ihn mit den übrigen Substan­zen verbindet. Diese letzteren sind rein schleimige, bit­tere oder gelind aromatische und narkotische Mittel; als die zweckmäfsigsten Vehikel betrachtet mau Althäeschleim
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und Succus Liquiritiae; dagegen sind Mehl, Eivveis und Alkalien unpassende Zusätze.
Der Gebrauch dieses Mittels ist fast immer für län­gere Zeit nöthig; dabei mufs aber das kranke Thier ge­gen Erkältung geschützt und mit leicht verdaulichem Fut­ter hinreichend versehen werden. — Entstehen Speichel-flufs, Verlust des Appetits, Kolikzufalle, Diarrhöe oder Fieber, so mufs das Mittel sogleich ausgesetzt werden, — was auch blos aus Vorsicht an jedem 3ten oder 4tcn Tage geschehen kann.
sect;. 630. Aeufserlich wird der Sublimat angewendet:
1) als Aetzmittel bei bösartigen AVarzen, bei dem Strahlkrebs und bei cariösen Geschwüren des Hufknor-pels (bei den sog. Knorpelfistelii), und zum Bestreichen der Kastrirkluppen. Die Anwendung geschieht bei den genannten krankhaften Zuständen entweder in Form einer conzentrirten Auflösung in dest. Wasser (oj bis ojj auf sect;j des letztern), — oder in einer consistenten, salbenar-tigen Mengung aus: Sublimat 5jj, pulv. arab. Gummi und AVasser, von jed, Pg, — oder selbst den reinen Sublimat. — Bei quot;Warzen ist derselbe durch das Messer, das Gliili-eisen u. a. Mittel mehrentheils zu ersetzen; will man aber in hartnäckigen Fällen die krankhafte Bildungsthätigkeit vom Grunde aus umstimmen, so ist der Sublimat hierzu ganz geeignet. Eben so wirkt er bei dem Strahlkrebs und bei Knorpelfisteln nicht blos zerstörend, sondern auch eigenthümlich umstimmend. Die Anwendung geschieht täg­lich 1 bis 2mal, durch etwa 2 Tage, bis ein Schorf ent­standen ist. — Bei Knorpelfisteln soll nach Girard (Ik-cueil vetcrin. Tom. II. p, 185 etc.') am zweckmäfsigsten ein kegelförmig geschnittenes Subhmatstückchen, 5 bis (i Linien lang und an der Basis 3 bis 4 Lin, breit, bis auf den Grund der vorher gehörig erweiterten Fisteln gebracht werden und mit dem darüber gelegten Verbände durch 5 bis 6 Tage unberührt liegen bleiben, worauf, nach Entfernung des Schorfes, eine ganz einfache Behandlung stattfindet,
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und die Heilung in 30 bis 40 Tagen vollständig erfolgt. Ich sähe aber in mehreren Fällen diese schnelle Heilung nicht. — Zum Bestreichen der Kastrirkluppen wird der Sublimat (l Th.) in einem Teige aus Stärkemehl (2 Th.) und Wasser q. s. benutzt. Er leistet nicht mehr als der Kupfervitriol, verursacht aber oft bösartige Entzündung, Eiterung und Verhärtung des Samenstranges, und ich em­pfehle ihn daher nicht.
2)nbsp; Als umstimmendes und Heilmittel bei veralteten Fisteln und Geschwüren, in denen zu geringe Thätigkeit, wenig Empfindlichkeit und sehr stinkende Jaucheabson­derung besteht, namentlich bei dorgl. Genickfisteln, Wi-dcrrüstfisteln, Knorpclfisteln, bei Wurmgeschwüren, bei
veralteter Mauke und Klaucnweh. Man wendet hier den
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Sublimat in Auflösungen \on 5 bis 10 Gran auf gj Was-nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4|
ser zum Verbinden und zum Einspritzen, täglich oder je­den 2ten Tag einmal an. — Ist die Empfindlichkeit nicht
vermindert, so verdient die Verbindung des Sublimats mit
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Kalkwasscr (1 bis 3 Gr. auf 5j des letztem) als sogen, gelbes phagadänisches Wasser, Aqua phagadaenica luiea, den Vorzug vor der einfachen Sublimatauflösung.
3)nbsp; Bei hartnäckiger Räude und bei dergleichen Flech­ten. Der Sublimat übertrifft bei diesen Hautkrankheiten fast alle andere Mittel an quot;Wirksamkeit, indem er schnell austrocknet, die lläudemilben tödtet, den Ansteckungs­stoßquot; vernichtet und die regelmäfsige Wiederbildung der Haut befördert. Er wird hier entweder als einfache Auf­lösung in Wasser, in Tabaksdekokt u. dgl. Mitteln, (6 bis 12 Gr. auf I Pfd. Flüssigkeit), oder noch mit ver­schiedenartigen Zusätzen von Kali (Aschenlauge), Kalk­wasser, (als phagadänisches Wasser) Salmiak u. dgl. an­gewendet, wie z. B. in folgender Mischung, die sich in mehrern Fällen bei veralteter Schafräude sehr heilsam ge­zeigt hat: man zieht von 10 Schctfeln Asche mit dem nöthigen Wasser 300 Quart Vorlauge und 600 Quart Nach­lauge, kocht letztere mit 1\ Ctr. ordin. Tabak bis auf 300 Quart ein, mengt diese Abkochung mit der Vorlauge,
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und löst dann in der ganzen Flüssiglicit 4 bis 5 Unzen Sublimat, eben so viel Salmiak und 10 Pfd. Pottasche1). Hiermit betupft oder wäscht man lauwarm die räudigen Stellen gründlich, nachdem sie durch Seifenwasser und mit einem passenden Instrumente (z. B. mit einer schar­fen Bürste, mit einem stumpfen Messer und dergl.) von Schmutz und Schorfen gründlich befreiet worden. Das Waschen wird nach Zwischenzeiten von 8 Tagen ein- auch zweimal wiederholt.
4)nbsp; Bei torpiden Geschwülsten, z. B. bei Brustbeulen, Stollbculen, Piephaken, Hasenhaken, Gallen u. dgl., be­nutzen manche Thierärzte den Sublimat auf die S. 417 angegebene Weise, in Verbindung mit 8, 12 bis 16 Th. Terpenthin, um Ausschwitzung und Zertheilung zu bewir­ken. — Gegen Hasenhaken hat man unlängst nach der Vorschrift englischer Jagdliebhaber eine Auflösung des Sublimats (5jj) in Weingeist (gj) empfohlen. Man soll diese Auflösung mit einem Kork auf die kranke Stelle bringen, 1 Minute lang einreiben und dies den 3ten Tag wiederholen. Die Haare fallen hiernach zum Theil aus, wachsen aber wieder; die Hasenhako vergeht nicht ganz, aber die Lahmheit verschwindet. Das Thier kann wäh­rend der Kur gebraucht werden. Eine öftere oder reich­lichere Anwendung bewirkt Aetzung.
5)nbsp; nbsp;Bei Augenentzündungen, bei Flecken und Ver­dunkelungen der Hornhaut, ist der Sublimat unter ähn­lichen Umständen, wo der rothe Präzipitat passend sein
i) Das Ganze ist für 300 Schafe bcreclinct, so dafs also auf das Stück 8 Gr., und auf das Quart Flüssigkeit nur 4 Gr. von dem hinzugesetzten Sublimat kommen; derselbe besieht jedoch nicht mehr als solcher, sondern er ist, wie der Salmiak etc. zersetzt, und die Flüssigkeit enthält: gelbes Qaecksilberoxydhjdrat, basisches, kohlen­saures Ammoniak, salzs. Kali und kohlens. Kali (letzteres 9 Pfd. und über 9 Unz). Ihre Wirkungen sind daher sehr mild und ganz ohne Gefahr, sowohl für die Tbiere selbst, wie auch für die Menschen, die das Waschen ausführen; denn nach v. Wedekind's Erfahrung, können Menschen ganze Bäder von 150 bis 180 Mafs Wasser und 3jj bis oj Sublimat ohne Nachtheil gebrauchen.
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würde (S. 887), die Salbenform aber nicht zweckmäfsig ist, ein vorzügliches Zertheilungmittel. Man nimmt | bis 1 Gr. Sublimat auf sect;j Flieder- oder Kamillen-Infusuin, setzt, wenn es nöthig ist, noch 10 bis 15 Tropfen Opium­tinktur hinzu und läfst das Augenwasser tägl. 4 bis 6mal lauwarm anwenden.
6) Gegen Läuse, Holzböcke u. dergl. Ungeziefer ist der Sublimat als Waschmittel (wie sub 3) äuge wendet, von ausgezeichneter Wirksamkeit1).
Anmerkung. Aufser den genannten Quecksilbermit­teln verdienen noch folgende, wenig gebräuchliche Prä­parate einer kurzen Erwähnung:
d) Schwarzes Schwefelquecksilber, minera­lischer Mohr ^Hydrargyrum sulphurafum nigrum, Ae-tkiops mineralis')^ ein blofses Gemenge von gleichen Thei-len Quecksilber und Schwefel, durch sehr vollständiges Zusammenreiben beider mit etwas Wasser bereitet, ist von sehr milder Wirksamkeit, die vorzüglich auf Erregung des Lymphgcfäfssystems und der Hautausdünstuug gerichtet, bei lange fortgesetzter Anwendung aber sehr schwächend ist; es wird bei veralteter Druse, Räude u. dgl. Krank­heiten den Pferden und Rindern zu sjj bis 5jv, Schwei­nen zu 9j bis sj, Hunden gß bis 3ß täglich 2mal in Pil­len und Latwergen gegeben. — Mit C bis 8 Th. Fett oder grüner Seife zur Salbe gemacht, ist es gegen Räude und Flechten sehr wirksam.
h) Rothes Schwefelquecksilber, Zinnober (Hy­drargyrum sulphur at. rühr um, Cinnaharis), enthält mehr Schwefel als das vorige Mittel, wirkt stärker erregend
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*) Bei der Anwendung des Sublimals im conzenlrirlen Zustande ist immer dieselbe Vorsiclit nöllng, welche bei scharfen nnd ätzenden Substanzen überhaupt beobachtet weiden mul's (2. B. bei Canthari-den S. 498, Arsenik S. 832 n, ferner). — In medizinal-polizeilicher Hinsicht muls der Sublimat nächst dem Arsenik für das stärkste un­ter den scharfen mineral. Giften betrachtet werden, und es gelten daher bei seiner Aufbewahrung u. s w. alle Vorsichtsmafsregeln, welche bei dem Arsenik, S 840 in der Anmerkung angedeutet sind.
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und bei weitem nicht so schwacliend wie dieses; nach Walding er's Ansicht (Abhandl. über d. Schwefel und seine Verbindungen u. s. w. S. 97), soll die Wirkung der des rohen Spiefsgianzes ähnlich sein. Er wird innerlich wie das vorige Mittel angewendet, ist aber durch den viel wohlfeileren Spiefsglanz zu ersetzen. Tausch em­pfahl, dafs mau ihn bei der Lungenwürmerseuche der Läm­mer auf einem erhitzten Eisenblech verdampfen und die Thiere diese Dämpfe einathmen lassen soll; Lowak sähe hiervon keinen Nutzen. Derselbe bemerkt auch ganz richtig, dafs man diese Dämpfe viel wohlfeiler aus einem blofscn Gemenge von Schwefel und rohem Quecksilber bereiten könne. (Magaz. f. Thicrheilk. v. Gurlt und llertwig. Bd. 3. S. 373. Bd. 4. S. 473). Aeufserlich dient er nur als ein Bestandtheil des Cosmeschen Pulvers CS. 834).
c)nbsp; nbsp; Schwarzes Quecksilberoxydul, Hahne-manns auflösliches Quecksilber {Hydrargyrum oxy dulatwm mgrum, Mercurius solubilis Ilahncmamii), aus Queck­silberoxydul und Salpeters. Ammoniak bestehend. Nach Waldinger C^eb. Nahrungs- und Heilmittel d. Pferde. S. 301) soll es sehr auf den Darmkanal wirken und bei Pferden schon zu 5 bis 10 Gr. weicheres Misten erregen, sehr schwächen und bei fortgesetzter Anwendung den fau­ligen Zustand herbeiführen; ich sähe diese Wirkung nur nach Gaben von 5jj bis ^il erfolgen, und ilysz bemerkte entgegengesetzt nach der Anwendung des Mittels zu lü Gr. bis ojj durch 8 bis 14 Tilge guten Appetit, Abgang von trockenem, gut verdautem Koth und zuweilen Speichel-liuis. Der Gebrauch soll überall nützlich sein, wo das versüfste Quecksilber angezeigt ist. Man giebt das Mittel Pferden und Rindern von 3ß bis 5jj, Schweinen von ü bis 15 Gr., Hunden von 4 bis 10 Gr. —- tägi. 2mal in Pillen, Latwergen, oder in schleimigen Flüssigkeiten.
d)nbsp; Salzsaures Ammoniakquecksilber, weifser Präzipitat (Hydrargyrum ammomato-muriaticum, Mercu­rius praeeipitatus albus), aus Quecksilberoxyd und Salmiak bestehend, milder als Sublimat und rother Präzipitat, aber
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stiirker reizend als das Kalomel, wird nur äufserlich bei chron. Augenlicderschleimflufs, bei Flecken und Verdun­kelungen der Hornhaut (gr. j bis gr. x zu 5j Fett), bei Flechten und veralteter Mauke als Salbe (1 Th. mitSTh. Fett) täglich 1 bis 2inal angewendet. Gegen die soge­nannte Fcllräude der Hunde ist er ein wahres Spezifikum; ich lasse hier von ihm 1 Th. mit 6 bis 8 Th. grauer Salbe gemengt, jeden 3tea Tag einmal einreiben. Sehr oft heilt das Uebel nach 2maligcr Anwendung des Mittels.
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G. Silber. Argentum,
13. Gcscluiiolzenes sulpetersauses Silberoxyd, llöl-lenstein. Argentum rätricum fusum, Lapis iiifernalis.
sect;. 631.
Dieses, aus 68 pr. Ct. Silberoxyd und 32 pr. Ct. Sal­petersäure bestehende Silbersalz, löst sich leicht in glei­chen Th. kalten Wassers und in der 4 fachen Menge ko­chenden Alkohols auf. — Für sich allein, oder in con-zentrirter Auflösung (1 Th. auf 12 bis 20 Th. destill. Wassers) auf den Thierkörper gebracht, wirkt es als ein starkes Actzmittel, und zwar ganz eigenthiimlich so, dafs es die Organisation sehr schnell zerstört und dabei hef­tigen Schmerz, jedoch nur für kurze Zeit erregt, dafs es seine Aetzkraft immer nur oberflächlich und genau auf die Stelle der Anwendung beschränkt, daher auch nur dünne und begränzte Schorfe bildet, und dafs es eben so nur eine oberflächliche, und in der Umgebung der geätzten Stelle beschränkte, Entzündung verursacht. Diese Ent­zündung hat stets einen arteriellen (astheuischen) Charak­ter und führt einen gutartigen Eiterungs- und Granulations-prozefs herbei. Die ätzende Wirkung erfolgt auf trocke­nen Flächen von dem reinen Höllenstein nur sehr schwach, und derselbe mufs daher vor der Anwendung etwas be­feuchtet werden; an reichlich sezernirenden Stellen ist sie ebenfalls nur schwach, weil das Mittel durch die zu grofse Menge der abgesonderten Flüssigkeit zu sehr verdünnt
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wird. — Eigcntlmmlich ist es, dafs die mit Höllenstein gcazten Theile an der Oberfläche zuerst weifs, dann roth­grau oder rothbraun und zuletzt schwarz werden. Die weifsc Farbe entsteht aber durch die Verbindung des Sil­bers mit dem in der thierischen Materie befindlichen Chlor zu sog. Hornsilber, die dunkele Färbung dagegen durch die allmälige Zersetzung des letztern vermöge des Sou-neulichts. — In verdünnten Auflösungen angewendet,, be­wirkt der Höllenstein, nach dem Grade der stärkern oder schwächern Verdünnung, bald blofse Reizung in verschie­denen Graden, bald die vorhin bezeichnete Entzündung, jedoch ohne Aetzung. Auf der Haut (und eben so an den Haaren) entsteht auch verhältnifsmäfsig eine rothe oder schwarze Färbung. Geschieht die Anwendung auf Wundon oder Geschwüre, so nimmt die Oberfläche eine dunkelrothc Farbe an, die Granulation wird fester, und, wenn sie träge war, auch lebendiger; der Eiter wird con­sistent, die Empfindlichkeit vermehrt. — Ein Uebergang des Höllensteins in die Säfte scheint bei der örtlichen Anwendung desselben niemals zu erfolgen.
Innerlich im conzentrirten Zustande und in etwas star­ken Gaben eingegeben, verursacht dies Mittel Anätzung, Entzündung und Auflockerung der Schleimhaut des Ma­gens, dabei heftige Schmerzen, Erbrechen, grofso Schwä­che, beschwerliches Athmen, und den Tod. Letzterer trat bei Hunden nach einer Gabe von 12 bis 20 Gran ein.
Einspritzungen in die Halsvene, bei Hunden von | bis l Gran des Mittels und 3jj Wassers gemacht, führten schnell Erstickungszufälle, Convulsionen und nach 6 Stun­den den Tod herbei. Von 2 Gran starben die Thierc unter denselben Zufallen schon nach 6 Min. (Orfila).
sect;. 632. Das salpetersaure Silberoxyd wird gegen Thierkrank-heiten innerlich nicht angewendet, hauptsächlich weil es zu theuer, theils aber auch, weil diese Anwendung nicht ohne Gefahr ist. Dagegen benutzt man es äufserlich ziem­lich häufig, und zwar: 1) um oberflächliche Afterproduk-
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tionen und schlaffe üppige Granulation in einem genau begränzten Umfange zu zerstören; 2) um an schlecht ei­ternden Flächen einen normalen Bildungsprozefs zu erre­gen : und 3) um in getrennten Weichgebilden schnell eine adhäsive Entzündung und Verwachsung, oder wenigstens die Verschliefsung offener Stellen durch einen schnell ge­bildeten Schorf zu bewirken, z. B. bei Wunden der Kap-selbäuder und der Sehnenscheiden, bei Spcichelfisteln und bei Harnröhrenfistcln. — Die ersteren beiden Indikationen linden sich vorzüglich bei Geschwüren, und der Höllen­stein ist daher bei ihnen ein fast allgemein passendes, und ganz vortreffliches Heilmittel, besonders aber, wenn sie mit callösen Rändern, mit schwammiger Granulation und mit übermäfsiger Jaucheabsonderung versehen sind, — oder wenn die Granulation sehr langsam wächst, die Geschwür-tlächc glatt, hart und wenig empfindlich ist, — oder wo zwar die Granulation bis zur Höhe der Geschwürsränder hervorgewachsen ist, die Vernarbung aber nicht erfolgen will. Bei unreinen Geschwüren der Hornhaut, bei Au­genfellen, bei dicken dunklen Narben und bei eben sol­chen Flecken der Hornhaut, ist der Höllenstein das fast allein brauchbare Aetzmittol, weil er sich leicht und mit Genauigkeit auf einen kleinen Punkt appliziren läfst, und weil seine Wirkung sich nur auf diesen Punkt beschränkt. — Bei Knorpelfisteln sähe ich von seiner Anwendung, wenn die äufsern Theile des Hufes durch das Messer entfernt waren, öfter und schneller die Heilung erfolgen als nach der des Sublimats.
Zum Zerstören grofser Aftergebilde oder dicker Cal-lositäten, und eben so zum Aetzen der Wunden, die durch den Bifs von tollen Hunden entstanden sind, ist aber der Höllenstein wegen seiner oberflächlichen Wirkung nicht zweckmäfsig.
Man wendet ihn, den verschiedenen Zwecken ent­sprechend, sowohl im conzentrirten, wie auch im ver­dünnten Zustande an. Ersteres geschieht entweder d) in fester Form, indem man mit einem Stückchen Höllenstein
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den zu ätzenden Theil betupft, und zwar leise und scbncll, wenn nur eine oberflächliche, — aber anhaltender und btärker, wenn' eine tiefer eindringende Aetzung entstehen soll; oder ö) in conzentrirten Auflösungen (l Th. mit 12 bis 20 Th. Wassers), die man mit einem Pinsel oder mit einer Feder auf die kranken Thcile mehrmals nach einan­der dünn aufstreicht oder in die Fistelgänge einspritzt, bis die beabsichtigte Wirkung entstanden ist. — Zu den verdünnten Auflösungen nimmt man, nach dem stärkern oder geringern Grade der Unthätigkeit n. s. w., 1 TJieil Höllenstein auf 40 bis 100 Th. dest. Wassers und be­feuchtet oder verbindet damit die Geschwüre täglich 1 bis 2mal. Zusätze von andern Mitteln sind bei dem Höllen­stein kaum nöthig und auch wenig zweckmäfsig, da der­selbe sehr leicht, namentlich durch Stoffe, in denen Salz­säure enthalten ist, zersetzt und unwirksam gemacht wird. Stark jauchende Flächen mufs man vor der Anwen­dung dieses Mittels reinigen und trocknen, so wie entge­gengesetzt die zu trockenen Stellen, und eben so der auf sie in Substanz applizirte Höllenstein verlier etwas be­feuchtet werden müssen. — Zur Anwendung auf sehr be-gränzte Punkte an den Augen, benutzt man am besten ein Stückchen Höllenstein, welches durch Beschaben wie eine Bloifeder zugespitzt ist, und nach geschehener Aetzung streicht man einige Tropfen Milch, Schleim oder Oel zwi­schen die Augenlieder.
H. Spiefsglanz. Antimonimn s. StiLiam.
sect;. 633. Das reine Spiefsglanzmetall verhält sich im Thierkör-per fast ganz ohne arzneiliche Wirksamkeit; wenn es aber mit Sauerstoff, mit Säuren oder mit Schwefel verbunden ist, tritt dieselbe sehr deutlich hervor. Daher wird die­ses Metall auch wirksam, wenn es mit den sauren Säften des Verdauungskanals in Berührung kommt. Es macht mit dem Sauerstoff drei (nach Berzelius 4) Oxydations-
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stufen, ein Antimonoxyd, eine antimonige Säure und eine Antimonsäure, welche sämmtlich mit andern Säuren und mit Alkalien verschiedene einfache und Doppelsalze bil­den helfen. Mit andern Metallen und mit dem Schwefel verbindet es sich in verschiedenen Verhältnissen.
Die Wirksamkeit der, aus den verschiedenen Verbin­dungen entstehenden Spicfsglanzpräparate erscheint, bei innerlicher Anwendung entsprechender Gaben, in der Art cigenthümlich: 1) dafs durch sie eine vermehrte Absonde­rung seröser Flüssigkeiten überall, namentlich aber in der Schleimbaut des Verdauimgskanals, in den Respirations-organen, in den Nieren und in der Haut erregt wird; 2) dafs eben so auch die Resorption überall vermehrt und somit der Stoffwechsel im Körper beschleunigt wird; 3) dafs diese Erregung nicht wie bei den äther. öligen Mitteln mit einer Vermehrung der Energie, sondern mit einer Schwächung derselben verbunden ist; 4) dafs bei der, durch eine längere Zeit fortgesetzten Anwendung dieser Mittel eine Veränderung der Plastizität des Blutes, Stö­rung des ganzen Vegetationsprozesses, und zuletzt ein ca-chektischer Zustand entsteht; und 5) dafs bei Thieren, die sich erbrechen können, von mäfsigen Gaben dieser Mittel fast immer Erbrechen entsteht.
Sowohl in diesen allgemeinen wie auch in den ört­lichen Wirkungen zeigen die verschiedeneu Spicfsglanz­präparate unter einander eine grofse Verschiedenheit. Am mildesten wirken die einfachen Verbindungen mit Schwe­fel, stärker als diese sind die mit vegetabil. Säuren gebil­deten Salze (ßrechWeinstein), und am stärksten örtlich eingreifend die mit Mineralsäuren gebildeten Salze (Spiefs-glanzbutter). Die Letztern bewirken überall eine tief ein­dringende chemische Zerstörung, während die erstem Salze nur bei sehr conzentrirter und durch längere Zeit andau­ernder Einwirkung örtlich eine heftige Reizung, Entzün­dung, Bläschen und zuletzt auch brandige Zerstörung er­zeugen. Die Schwefelverbindungen des Spiclsglanzes blei­ben dagegen auf der Haut, im Zellgewebe und auf fri-
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sehen Wundflächen selbst nach mehrtägiger Einwirkung ohne Spuren einer örtlichen oder allgemeinen Wirkung; die letztere wird bei ihnen nur von der Schleimhaut des Verdauungskanals vermittelt, während die örtliche auch hier, und selbst von grofsen Gaben, nur sehr gering ist. — Welche Verbindungen die Spiefsglanzpräparate mit den organ. Substanzen eingehen, wie sie hierbei verändert, wo und wie sie aus dem Körper wieder ausgeschieden wer­den,?— ist fast ganz unbekannt. Die Beobachtung hier­über lehrt nur so viel, dafs die Schwefel-Spiefsglanzmit-tel im Thicrkörper stets Hydrothionsäure entwickeln, wel­che zum Theil durch Rülpsen und Blähungen, zum Theil auch durch das Athmen wieder entfernt wird.
Den oben angedeuteten Wirkungen und der Erfah­rung zufolge sind die Spiefsglanzmittel im Allgemeinen da indizirt: wo der Vegetationsprozefs wegen Mangel oder wegen Unterdrückung der serösen Ab- und Aussonderun­gen gestört ist, — wo bei bestehender entzündlicher Reiz­barkeit seröse Flüssigkeiten im Zellgewebe oder in Höh­len angehäuft sind, — wo bei demselben Charakter Kräm­pfe, Rheumatismen, Stockungen in Drüsen etc. bestehen, oder, wo der Schleim in zu zäher Beschaffenheit abge­sondert und hierdurch seine Ausleerung gehindert oder erschwert ist. — Man benutzt hiernach diese Mittel ge­gen viele und verschiedenartige Krankheiten, bald als Laxantia, Emetica, Diuretica, Diaphorctica und als Expecto-rantia, bald als umstimmende und entzündungswidrige Mit­tel, äufserlich als ableitende und als Aetzmittel.
14. Scliwefelspiefsglanz, rohes Spiefsglanz (Crrauspiefs-
glanzerz). Stibium sulphuralum nigrum, Stibium sulphurat. cru-
dum, Antimonium crudum. Sulphurelum stibii natwum s. venale.
sect;, 634. Das reine Scliwefelspiefsglanz besteht in 100 Th. aus 74 Th. Spiefsglanzmetall und 26 Th. Schwefel; das im Handel vorkommende ist aber selten rein, sondern ent­hält noch andere metallische Stoffe, und am gewöhnlich­sten
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sten etwas Arsenik (bis zu g'g), wodurch die Wirksamkeit des Mittels etwas modifizirt wird1). Dieselbe ist, (eini-germafsen ähnlich wie bei den Quecksilberpräparaten), hauptsächlich auf den Vegetationsprozefs gerichtet und äu-fsert sich bei Pferden durch Erregung des Appetits, durch Besserung der Verdauung und Assimilation, durch Regu-lirung des zu zähen Schleims, durch lebhaftere Resorp­tion, (besonders von Flüssigkeiten im Darmkanal), durch gedeihliche Ernährung, Glattwerden der Haare, und durch stärkere Haut- und Lungenausdünstung. Die Hautausdün­stung wird zwar durch das Mittel niemals bis zum Schweifs verstärkt, sie giebt sich aber vorzüglich bei Pferden durch vermehrte Ansammlung von Schmutz CHautschlacke) in den Haaren deutlich zu erkennen. — Diese Wirkungen sind sehr mild, selbst von sehr grofsen Gaben (z. B. bei Pferden von nj bis Hjj), und sie erfolgen mehrentheils mir bei anhaltendem Gebrauche des Mittels deudich be­merkbar; das Blutgefdfssystem wird dabei fast gar nicht aufgeregt, und vom Nervensystem scheinen nur die Gan­gliennerven und besonders der grofse sympathische und der Lungen-Magennerv affizirt zu werden. Am meisten wird die Thätigkeit der Lymphgefäfse und der Lymph­drüsen angeregt und vermehrt, wie man dies bei krank­haften Zuständen dieser Theile deutlich bemerken kann.
Nach Viborg's lehrreichen Versuchen2) wirkt das Schwefelspiefsglanz bei den Wiederkäuern verhältnifsmä-fsig schwächer als bei Pferden, Schweinen und Hunden.
•) Die neue Prcufsische Piiarmakopüe verordnet daher, um ein gleirhformiges und reines Präparat zu scliafien, dafs das Schwefel­spiefsglanz dnreh Zusaramensdiinelzen ans Spiefsglanzraelall und Schwefel bereitet werden soll. Zum thierarzueiiiehen Gebrauche ist jedoch, der Wohlfeilheit wegen, das natürliche Schwefelspiefsglanz zu benutzen, nm so mehr, da bei seiner Anwendung, selbst in sehr grofsen Gaben, kein Nachtfaeil von jenen fremdartigen Beimischun­gen bemerkt worden ist.
raquo;) Ueber die Wirkung der Spiefsglanzmillel bei den Hauslhie-ren, in den Vetcr. Selskab. Skrift. Ir. Deel, — und deutsch in: Teuffel's Mag. f. Thierheilk. Bd. 1. S. 310. .
H ertvi g Arxneimiltellehre.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; laquo;50
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Bei den letzteren beiden entsteht von grofsen Gaben (von sect;ß und darüber) zuweilen Erbrechen, sehr oft bleibt aber dasselbe aus. — Ueberhaupt zeigen sich die Wirkungen dieses Mittels sehr ungleich; — wahrscheinlich aus dem Grunde, weil das Spiefsglanz, welches wie die übrigen Metalle, nur in Verbindung mit Sauerstoff oder mit Säu­ren wirksam ist, durch die im Verdauungskanal vorhan­denen Stoffe, unter Mitwirkung der Wärme bald mehr bald weniger vollständig oxydulirt wird, je nachdem die Umstände hierzu günstig sind. So viel ist wenigstens sicher, dafs, wenn die Thiere viel trockenes Futter und weniges Getränk geniefsen, die Wirkungen weit geringer sind, als unter entgegengesetzten Umständen, und dafs sie am stärksten erfolgen, wenn die Thiere säuerliches Ge­tränk erhalten oder an Säure in den Verdauungseingewei­den leiden. — Der in dem Mittel enthaltene Schwefel wird auf dieselbe Weise im Verdauungskanal verändert und trägt nach seiner Art zur Wirkung bei (sect;. 471). — Von dem Spiefsglanzmetall wird jedoch, besonders wenn das Mittel in sehr grofsen Gaben oder anhaltend angewendet wird, stets nur ein kleiner Theil auf die bezeichnete AVcise verändert und in die Säfte des Körpers aufgenommen; der gröfste Theil geht mit dem Koth wieder ab, — erscheint dann aber mehr metallisch glänzend, weniger abrufsend und ärmer an Schwefel. — Zuweilen hat man auch einen grofsen Theil des Mittels, (bei Pferden einige Pfunde) auf diese Weise verändert, im Blinddarm und Grimm­darm angesammelt gefunden.
sect;. 635. Das Schwefelspiefsglanz wird als Heilmittel nur in­nerlich und gegen solche Krankheiten angewendet, bei denen der Vegetationsprozefs überhaupt, besonders aber die regelmäfsige Thätigkeit und die normale Beschaffen­heit der Lymphgefäfse, der Lymphdrüsen und der Schleim­häute leidet. Am meisten benutzt man es daher bei Druse, Strengel, chronischem Katarrh, bei veralteten Schleimflüs­sen aus den ßespirationsorganen und aus den Geschlechts-
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theilen, bei veralteten Hautkrankheiten, bei dergl. Mauke, beim unvollständigen Abhaaren, bei zu geringem, wech. selndem Appetit, bei Eingeweidewürmern, bei den Fin­nen der Schweine, beim Rotz und Wurm der Pferde und dergl. In neuerer Zeit ist es auch bei dem chroni­schen Rheumatismus und bei der sog. Lähme der Lämmer, angeblich mit gutem Erfolge, gebraucht worden1).
Die Gabe ist für Pferde gß bis Jjß, für Rinder jj bis 5ij? für Schafe jß bis gj, für Schweine 3jj bis Jj, für Hunde gß bis 5jj, täglich 2 bis 3mal. Bei grünem Futter kann man kleinere Gaben reichen als bei trocke­nem. Zur Anwendung mufs das Spiefsglanz möglichst fein pulverisirt sein. Man giebt es in Pillen und Latwergen, zuweilen auch in Pulverform, mit bittern und aromatischen Mitteln, mit Ofenrufs, Terpenthinbl, Kampher und dergl. Mitteln versetzt. — Säuren, saure Salze, säuerliches Fut­ter und Getränk mufs man, wie bei dem Gebrauche aller Spiefsglanzmittel vermeiden, weil sonst bei Schweinen und Hunden leicht Erbrechen, bei Pferden aber zuweilen Ko­lik entsteht.
15.nbsp; nbsp; Rotlier Sjiiefsglanzscliwefel, Mineralkermcs. Sul­phur stibiatum rubrum, Kermes minerale, Sulphuretam SliOii
rubrum: — und
16.nbsp; nbsp; Pomeranzenfarbener Spiefsglanzschwefel, Gold-sch we fei. Sulphur stibi'ilum aurantiacum. Sulphur Antimonii
aura turn, Subbisulphuretum Stibii.
sect;. 636. Diese beiden Spiefsglanzpraparate sind in der Art ihrer Bestandtheile sowohl einander selbst, wie auch dem rohen Schwefelspiefsglanze sehr ähnlich; denn nach den Untersuchungen der besten Chemiker besteht der Mineral­kermcs aus 67 pr. Ct. Spiefsglanz und 33 pr. Ct. Schwe-
') In manehen Gegenden wird das Sehwefelspiefsglanlaquo; auch zur Beförderung der Mast bei Schweinen und Rindern, besonders bei den ersterea, angewendet.
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fei, der Goldscliwefel aber aus 62 pr. Ct. Spiefsglauz und 38 pr. Ct. Schwefel, — so dafs nur ein Unterschied in der Quantität des Schwefels und Spiefsglanzes statt findet, und der rohe Schwefelspiefsglanz am meisten, der Goldschwefel aber am wenigsten Spiefsglauzmetall, der letztere dagegen am meisten Schwefel enthält. Beide Prä­parate sind in Wasser unlöslich, sie zersetzen sich aber durch dasselbe bei Einwirkung der Luft und Wärme, noch mehr bei Einwirkung der Säure, und sie entwickeln da­bei Schwefelwasserstoffgas. Das Letztere ist, so wie auch der Umstand, dafs beide Präparate als ein sehr feines Pulver bestehen, für ihre Wirksamkeit gewifs von Be­deutung.
Wie in der Zusammensetzung, so sind auch diese Mittel in ihren Wirkungen auf den Organismus einander ähnlich. In mäfsigen Gaben verursacht weder der Gold­schwefel noch der Kermes bei einem Thiere bemerkbare Veränderungen. Von dem Kermes sähe Viborg (a. a. 0.) bei Pferden selbst nach Jj bis gjj, in einer Mehlpille ge­geben, nur vermehrten Appetit und härteres Misten1),— bei einer Kuh nach dem Eingeben von gj mit Wasser, blos etwas vermehrten Abgang von Koth und Urin, — bei einem 2|jährigen Widder, 16 bis 18 Stunden nach dem Eingeben von fß bis fj des Kermes Abgang eines breiartigen, hellgelben Mistes und eines helleren, reich­lichen Urins. Bei einer kleinen Ziege trat ganz dieselbe Wirkung nach 5jj Kermes, mit Wasser gegeben, ein; aber bei einem 1jährigen Eber erregte diese Gabe gar keine Zufälle; eben so waren 2 bis 8 Gr. bei jungen Hunden ohne Wirkung, und erst 20 Gr. verursachten nach 1| Stun-
*) Ein anderes Pferd, dem Viborg sect;j Kermes mit Wasser eingegeben, bekam Lungenentzündung und starb am 13ten Tage. — Viborg schliefst daraus: dafs das Mittel in flüssiger Form sehr hef­tig wirke; allein aus der Beschreibung des Versuchs ergiebt sich als wahrscheinlich, dafs bei dem Eingeben ein Theil der Flüssigkeit in die Luftröhre gelangt ist und hierdurch jene Wirkung auf die Lunge bervorgebracht hat.
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den Erbrechen und Verminderung des Appetits. — Der Goldschwefel verhält sich bei gesunden Thieren in sei­ner Wirkung ganz auf dieselbe Weise, und ich sähe selbst nach der ungemein grofsen Gabe von fjjj, bei Pferden und Kühen nur den Koth heller gefärbt und lockerer, den Urin: aber mehr gelblich gefärbt und reichlicher ab­gehen.- 'nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .'ij lilnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; : 'iji #9632;
Nach mehrmals wiederholter Anwendung erzeugen aber beide Mittel, besonders bei kranken Thieren, die­selben Wirkungen, welche von dem schwarzen Schwefel-spiefsglanz bei dessen anhaltendem Gebrauche zu entste­hen pflegen (sect;. 634), — jedoch mit dem Unterschiede, dafe sie von ^ dem Goldschwefel und Kermes schneller ein­treten, weit mehr auf-Beförderung aller Absonderungen gerichtet, aber bei lange fortgesetzter Anwendung auch die Energie der Verdauungseingeweide mehr schwächend sind, als die Wirkungen des schwarzen Spiefsglanzes.
sect;. 637.
Kermes und Goldschwefel wurden ehemals in der Thierarzneikunde (besonders in der Rofsarzneikunde) sehr viel benutzt, und zwar gegen Krankheiten, die durch Un­terdrückung der Haut- und Lungenausdünstung entstanden und die in einer katarrhalischen oder rheumatischen Af­fektion der häutigen Gebilde, besonders aber der Schleim­haut der Respirationsorgane, der sehnigen Häute, oder in einem Leiden der Lymphgefäfse begründet sind; — daher fast allgemein gegen Druse, Bräune, Lungenentzün­dungen, die verschiedenen Arten des Hustens, Rheuma­tismen, Schleimflüsse, Räude, Flechten, Rotz, Wurm und dergl. Jetzt werden aber beide Mittel im Ganzen nur selten angewendet, theils weil sie sehr theuer sind, theils auch weil sie keine so ausgezeichnete Wirksamkeit be­sitzen, wie. man ehemals ihnen zuschrieb, und weil man sie sehr oft durch wohlfeilere und eben so wirksame Mit­tel ersetzen kann. Am meisten nützlich sind sie noch, der Erfahrung zufolge, bei Lungenentzündungen im Sta­dium der Abnahme, wenn der Husten beginnt locker zu
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werden, aber der Auswurf nicht in hinreichender Menge, nicht leicht und frei statt findet; — unter denselben um­ständen auch bei katarrhal. Bräune, und bei katarrhal, Hu­sten. Den Goldschwefel (jedoch in Verbindung mit Fen­chel- und Dillsamen) hat Walch in neuerer Zeit als sehr wirksam gegen das Nachlassen der Milch empfohlen, wenn dasselbe bei gesunden Kühen und bei hinreichendem und gutem Futter entsteht, und somit nur in einem Mifsver-hältnisse der Sekretion begründet ist. : .
Die Gabe ist von beiden Substanzen gleichmafsig für Pferde und Rinder 5j bis sjy, für Schafe und Schweine Qj bis Jjj, für Hunde 2 bis 12 Gran, — täglich 3 bis 4mal; und die Anwendung geschieht in Pillen und Lat­wergen, mit Süfsholzwurzel, Fenchel, Dill, Bilsenkraut, Digitalis, Opium, Salmiak, Kampher u. dgl. dem jedes­maligen Krankheitszustande entsprechenden Mitteln ver­setzt. Saure Salze, Alkalien und Säuren passen aber hierzu nicht, weil sie sich mit dem Kermes wie mit dem Goldschwefel gegenseitig zersetzen.
17. Spiefsglanzwcinsteiii, Brecliwoinstein, Weinstein-saures Kali-Spicfsglanzoxyd. Tartarus stibiatm s. anlimo-üidlis, Tartarus eiiwticus, Tart. Jcalico-slibictis, Kali slit/hso-
;•gt;....; : . ,.' lartaricum.:nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; , ,. '
.sect;. 638. #9632; ;..,:#9632;#9632;. lob Der Brechweinstein ist ein^ aus Spiefsglanzoxyd, Weinsteinsäure, Kali und Wasser bestehendes Doppelsalz, welches in 15 Theilen kalten und 2 Th. kochenden dest, Wassers sich vollkommen auflösL In seinen allgemeinen Wirkungen übertrift dieses Salz älle! übrigen'Spiefsglanz-präparate an Schnelligkeit, Stärke'1) und Ausbreitung. ~ Bei gesunden Pferden sieht man nach einer einzelnen Gabe von 5j bis 3jj, sie mag in flüssiger oder in anderer Form innerlich beigebracht sein,: gewöhnlich nur etwas
') Mit AusnAhme der Aetzltfatt, wilche in der SpiefsgiauzlmUe am sUtcksteu ist. ' i'. .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; l I. .... ' . ^.:.!;..
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vermehrtes Uriniren in den nächsten 12 bis 20 Stunden -erfolgen. — Werden aber solche Gaben von 3j bis 3ij iu Zwischenzeiten von 3 bis 4 Stunden und durch einen ganzen Tag oder länger wiederholt, so entsteht Vermin­derung in der Energie und Zahl der Pulse, stärker po­chender Herzschlag, Verminderung der Zahl der Athem-züge, vermehrte Absonderung an den Schleimhäuten, Mat­tigkeit; die Plastizität des Blutes mindert sich, der Koth geht weicher (zuweilen ganz dünn) und häufiger, der Urin ebenfalls reichlicher ab, — und bei zu lange fortgesetz­ter Anwendung tritt ein typhöser, mit sehr grofser Schwä­che verbundener Zustand ein, an dem die Thiere zu Grunde gehen können. — Von fß, in einer Pille mit Mehl oder Altheewurzelpulver auf Einmal gegeben, ent­steht mälsig vermehrte i Absonderung an den Schleimhäu­ten, für kurze Zeit auch etwas schnellerer Puls, vermehr­ter Durst, Poltern im Leibe, oft wiederholtes krampfhaf­tes Aufheben und Strecken der Hinterbeine 5 der Appetit ist mehrentheils gemindert, zuweilen aber auch ungestört; nach J6 bis 24 Stunden endet die Wirkung mit etwas reichlicher Ausleerung von mehr lockerem Koth und hei­lerem Urin; — Dieselbe Quantität Brechweinstein mit 93 Loth Wasser einem Pferde eingegeben, verursacht in der ersten Stunde sehr schnellen Puls, erhöhete Temperatur des Körpers, Kolikschmerzen, krampfhaftes Aufheben der Hinterbeine, zuweilen Zittern, Verminderung des Appe­tits. Gewöhnlich tritt nach einigen Stunden eine Vermin­derung im Grade dieser Zufälle ein, aber an den folgen­den Tagen sind sie wieder verstärkt, und mehrentheils enden sie mit dem Tode, der nach 6 bis 8 Tagen durch typhöse Lungenentzündung und durch Darmentzündung zu erfolgen pflegt- — Eine ganze Unze des Mittels in einer Pille oder in Latwergenform gegeben, wirkte zwar etwas heftiger und anhaltender als eine halbe Unze, doch aber nicht tödlich; dagegen von einer solcher Gabe in flüs­siger Form der Tod unter den beschriebenen Zufällen und unter heftigen Krämpfen, und kaltem Schweifse schon
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laquo;ach etwa 8 Stunden, — von 2 Unzen in flüssiger Form gegeben aber selbst nach 2~ Stunden erfolgte. (Viborg, a. a. O. S. 346 u. f.). — 3 Unzen, die ich einein kräf­tigen, aber unheilbar dämpfigen Pferde in Latwergenform gab, verursachten aufser jenen Zufällen auch eine Vermiu-derung der Athemzüge von 40 auf 17 pr. Min., Entzün­dung der Maulschleimhaut, gelbe Blasen und später of-fene, angeätzte Stellen an derselben, zuletzt völlige Läh­mung des Hintertheils, und am 4ten Tage den Tod.
Auf die Wiederkäuer wirkt der Brechweinstein ver-hältnifsmälsig weit schwächer als auf Pferde. Gesunde Kühe zeigten bei meinen wie bei Viborg's Versuchen, nach dem Eingeben von 3jj bis fj dieses Mittels ge­wöhnlich keine auffallende Veränderung in irgend einer Verrichtung des Körpers; in einzelnen Fällen sähe ich nur nach gß bis 3j stärkere Schleimsekretion und ver­mehrtes Uriniren erfolgen; und bei einer Kuh blieben selbst 4 Unzen und 2 Drachmen^ welche innerhalb vier Tagen in getheilten Gaben gereicht wurden, ohne deut­liche Wirkung. Gilbert (Anml. de Vagricult. frang. T. 3, p. 343), sähe bei einer Kuh nach 10 Drachmen, in Auflösung gegeben, keine Wirkung. Die Form, in welcher das Mittel angewendet wird, macht hier keinen so grofsen Unterschied im Grade der Wirkung wie bei den Pferden. — Bei Schafen scheint dies jedoch der Fall zu sein; denn bei Daubenton's Versuchen an diesen Thieren (Me'/w. de la Soc. royal, de Medec. an. 1780 und 81, p. 256, — deutsch in: Auserles. Beitr. z. Thierarzn. Bd..l, S. 193) blieben 4 Gr. bis 36 Gr., in einem Bis­sen gegeben, ohne Wirkung. —• während bei einem an­dern Schafe schon von 32 Gr., in Auflösung angewen­det. Auftreibung des Leibes, Zähneknirschen und ein, durch 2 Tage dauernder, Durchfall entstand. Viborg (a. a. O.) gab einem jährigen Schafe 3j, — Gilbert selbst 3jiij in flüssiger Form, und 5jv in einer Mehlpille, ohne dafs eine wahrnehmbare Wirkung erfolgte; aber Syj in letzterer Form gegeben, tödteten ein Schaf; 20 Gr.
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wurden dagegen in fester und in flüssiger Form von meh­reren Schafen ertragen., ohne dafs gefahrliche Zufälle eintraten').
Auch bei Schweinen wirkt der Brechweinstein nicht so stark, wie man gewöjinlich glaubt. Zuweilen sähe ich bei ihnen von 10 bis 20 Gr., in Auflösung gegeben, Ekel, Geifern aus dem Maule, Mattigkeit und Erbrechen entstehen; niemals trat letzteres von weniger als 10 Gr. ein, und oft blieb es selbst nach 20 Gr. aus. Viborg sähe ebenfalls von 20 Gr. bei einem jährigen Schweine blos den Puls etwas geschwinder werden, übrigens aber die Munterkeit und die gewöhnliche Frefslust fortbeste­hen. Als dasselbe hierauf 3j bekam, zeigte es die näm­lichen Zufälle, und zugleich heftigeres Flankenschlagen, doch ohne weitere Folgen. — Bei einem 9 Monat alten Ferkel war 5ß in Auflösung gegeben, ganz ohne Erfolg; aber 5j in 24 ünz. Wassers gelöst, verursachte bei ei­nem 9monatL Eber Erbrechen, welches 15 Min. nach dem Eingeben entstand und durch 1^ Stunden fortdau­erte, worauf scheinbare Munterkeit, dann aber wieder Stöhnen, Appetitlosigkeit und Mattigkeit folgten. Am dritten Tage zeigte sich jedoch das Thier wieder völlig gesund. — Von pjj Brechweinstein, die in 16 ünz. Was­sers gelöst, einem 9 Monat alten Eber gegeben wurden, entstanden nach li Stunden fünfmaliges Erbrechen1) Ap­petitlosigkeit, Betäubung, dann nach mehreren Stunden Durst, nach geschehenem Saufen erneuetes Erbrechen, am folgenden Tage nach anscheinender Besserung Krämpfe und bald darauf der Tod.
Bei Hunden und Katzen entsteht nach Verhältnifs ihrer Gröfse, von 2 bis 8 Gr. Brechweinstein, Ekel und ziemlich leicht und sicher auch Erbrechen, ohne dafs andere Zufälle, als die mit dem Erbrechen gewöhdich
') Siehe auch Versuche über die Wirkung des Brecliwcinstei'ns bei Schafvieh; von Dr. Spinola, in Nebel u. Vis Zeitschr. 1.d.ge-sammte Thierheilk. Bd. 3. S. 41.
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verbunden sind, erfolgen. Selbst Gaben von -vj und darüber, sind von Huhdcn gut ertragen worden, wenn das Erbrechen bald und ungehindert statt fand; denn durch dafselbe wurde das Uebermaafs des Mittels wieder aus dem Magen entfernt, ehe es seine vollständige Wir­kung entwickeln konnte. War aber das Erbrechen durch Unterbindung des Schlundes oder durch ähnliche Ur­sachen gehindert, so starben die Thiere schon nach 4 bis 8 Gran innerhalb 2 bis 3 Stunden COrfila, Toxikologie, Bd. 1, S. 336).
Hühner und andere Vögel erbrechen sich nach 1 bis 3 Gran des Mittels recht leicht.
In die Blutadern gespritzt, verursacht der Brechwein­stein bei Pferden in der Gabe von 10 Gr. bis 3j, und in der 15 bis 20fachen Menge warmen Wassers gelöst, sogleich schnellere, kurze Respiration, harten, sehr klei­nen und vermehrten Puls, erhöhete Temperatur, Gähnen, Kollern im Leibe, Kothentleerung, die sich gewöhnlich in einigen Minuten mehrmals wiederholt, und zuweilen auch Abgang von hellem Urin. Der Appetit wird wenig oder gar nicht gestört. Im höhern Grade der Wirkung wird der Puls fast unfühlbar und über 120 Sehläge in der Minute vermehrt, das Athmen röchelnd, krampfhaft, der Roth dünnflüssig; es entsteht Schweifs, Tliränealluss, Speicheln, beständiges Lecken mit der Zunge an den Lippen, Kauen, Hecken, Unruhe, Kratzen mit dea Füfsen, Umsehen nach dem Leibe, Zittern, krampfhaftes Zucken in den Muskeln der Schulter, des Halses und der Schen­kel. Die letztern Zufälle sind mehrentheils die Folge grofser Gaben, entstehen aber nicht immer gleichmäfsig und vollständig nach denselben. Ueberhaupt ist die Wir­kung im Grade und in der Dauer sehr ungleieh; die letz­tere erstreckt sicli von 15 Min. bis auf einige Stunden. Von weniger als 10 Gr. sähe ich nur äufserst selten eine erkennbare Wirkung erfolgen; aber die Injektion von 5jj Brechweinstein, in gjv Wassers gelöst, führte stets sehr heftige Zufälle, Krämpfe, Schwindel, Lähmung, und den
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Tod nach li bis 3 Stunden herbei. Die, nach mafsigen Gaben fast nie ausbleibende Wirkung auf den Darmkanal bemerkte ich nach so grofsen, tödtlicheu Gaben nicht.— Bei Kühen sind Injektionen von denselben Gaben, wie bei Pferden, auch mit denselben Wirkungen begleitet; zuweilen entsteht aber auch sehr starkes, dem Erbrechen ähnliches Rülpsen, mit Auswurf von Schleim und etwas Futterstoffen. — Ein junger Ziegenbock erschien einige Minuten nach der Injektion von 4 Gr., in 3v Wasser aufgelösten Brechweinsteins ganz matt, der muntere Blick verschwand, der Puls wurde klein und geschwind, das Athmen angestrengt, der Bauch gespannt und innerhalb der ersten Stunde wurde 5mal Mist entleert, welcher zu­letzt weich und zusammenhängend abging. Nach 4 Stun­den waren alle Zufälle vorüber. CViborg). —Bei Scha­fen entstand nach dem Einspritzen von 6 bis 8 Gr. die­selbe Wirkung, aber im heftigem Grade und bis zum folgenden Tage dauernd. — Bei Hunden trat von 1 bis 2 Gran erst nach i Stunde Ekel und leichtes Erbrechen, ohne weitere Folgen ein; 4 Gran bewirkten Mattigkeit, mehrmals wiederholtes Erbrechen, beschwerliches Ath­men. unregelmäfsigcn, aussetzenden, schnellen Puls, Zit­tern, Couvulsionea und zuweilen nach 16 bis 24 Stun­den den Tod. Letzterer trat nach dem Einspritzen von 6 — 8 Gran schon binnen 1 Stunde, und von 12—18 Gr. schon nach i Stunde ein. Hatte man aber nach Ma-gendi's Vorgange beide Nerven des 8ten Paares durch­schnitten, um die spozif. Wirkung des BrcchWeinsteins auf diese Nerven zu untersuchen, so starben die Thiere nach der Injektion von 12— 18 Gr. erst in 4 Stunden.
In Wunden gebracht wirkt der Brechweinstein bei kleinen Thieren ebenfalls sehr heftig. Von 5 Gran auf diese Weise applizirt, starb eine Katze in 3 Stunden.
Auf die äufsere Haut in sehr conzentrirter Auflösung oder als Salbe angewendet, bewirkt das Mittel bei allen Thieren, am stärksten aber bei Pferden, heftige Reizung, tief eindringende Entzündung, Geschwulst, Ausschwitzung
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äufserlich an der Haut und im Zellgewebe unter dersel­ben; zuweilen, besonders bei wiederholter Einreibung der Salbe, entstehen auch Bläschen, Geschwüre, und selbst brandige Zerstörungen der Haut und des Zellgewebes un­ter ihr, ohne dafs hierbei eine Aufregung der Blutgefafse bemerkbar wird.
sect;. 639.
Bei kranken Thieren zeigt sich, selbst nach kleinen Gaben, die Wirksamkeit des Brechweinsteins deutlicher und vielseitiger, als bei gesunden, und sie äufsert sich in den einzelnen Fällen theils durch vermehrte Hautaus­dünstung (bei Pferden und Rindern oft durch Schweifs), durch stärkere Lungenausdünstung, vermehrte Absonde­rung des Schleims, daher durch leichteren Auswurf und lockeren Husten, durch verstärkte Ab- und Aussonde­rung der Galle, reichliche Urinsekretion und lebhafte Re­sorption ergossener wässeriger Flüssigkeiten; — theils, durch Minderung der übermäfsigen Coutraktilität und der krankhaft aufgeregten Irritabilität, durch Aufregung und Umstimmung der Nerventhätigkeit besonders in den Orga­nen der Brust- und Bauchhöhle, daher durch Beseitigung krampfhafter Zustände, durch bessere Verdauung und ei-neuetes, lebhafteres Wiederkäuen; — theils auch, bei Schweinen, Hunden, Katzen und Vögeln, durch Erbre­chen und Ausleerung unverdaulicher und anderer schädli­cher Stoffe aus dem Magen u. s. w.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; raquo; Dieser Heilwirkungen wegen ist
A) die innerliche Anwendung des BrechWeinsteins angezeigt:
1) gegen akute rheumatische und katarrhalische Krank­heiten überhaupt, vorzüglich aber, wenn dieselben erst frisch entstanden und mit einem Entzündungscharakter ver­sehen sind; daher gegen katarrhal. und rhemnat. Fieber bei allen Thieren, gegen entzündliche Druse der Pferde? gegen katarrhal. Bräune, gegen katarrhal, und rheumat. Au­genentzündung, gegen die Staupe der Hunde, im ersten Stadium, gegen entzündlichen Lungenkatarrh, katarrhal.
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und riieumat. Lungen- und Brustfellentzündungen, gegen dergl. Entzündungen des Bauchfells, der Leber, der Harn­blase, gegen rheumat. Kolik und dergl. Harnverhaltung, gegen Rheumatismus der Gliedmasen (Rhehe), gegen rheu­mat. Euterentzündung (wie sie besonders bei Kühen oft als sog. Einschufs vorkommt), gegen die rheumat. akute und sehr schmerzhafte Geschwulst der innern Fläche der Hinterschenkel bei Pferden, selbst gegen rheumat. Läh­mungen, z. B. gegen die sog. Lähme der Füllen und be­sonders der Lämmer und dergl. — Bei diesen Krankhei­ten, die sämmtlich durch Störung der Ab- und Ausson­derungen, hauptsächlich durch Unterdrückung der Haut-und Lungenausdünstung entstehen, und die in den Schleim­häuten, in den fibrösen und serösen Häuten ihren vor­herrschenden Sitz haben, — ist der Brechweinstein unter den vorhin bemerkten Umständen ein fast allgemein pas­sendes, und mehrentheils sogar das vorzüglichste Heil­mittel, durch welches eine gute Krisis und binnen kurzer Zeit die Heilung herbeigeführt wird. Bei den genannte^ Entzündungen, selbst wenn sie einen hohen Grad erreicht haben,' kann die etwas reichliche Anwendung dieses Mit­tels sehr häufig den Aderlafs und die äufserlich ableiten­den Reizmittel entbehrlich machen. Diefs ist jedoch nicht der Fall bei solchen Entzündungen, deren Charakter rein sthenisch (synochös) und deren Sitz tief im Parenchym der Organe ist; denn hier zeigt sich in der Regel die Anwendung des Salpeters weit zweckmäfsiger, als die des Brechweinsteins, und bei einem hohen Grade dieser Ent­zündungen ist der Aderlafs weder durch das eine noch durch das andere Mittel vollkommen zu ersetzen. Eben so steht der Brechweinstein dem Kalomel bei solchen Entzündungen sehr nach, bei denen der Uebergang in plastische Ausschwitzungen oder Verhärtungen stattfindet. — Gegen die Bräune der Schweine wird der Brechwein­stein nicht nur als Heilmittel, sondern auch als prophy­laktisches Mittel in grofsen Gaben benutzt.
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2)nbsp; nbsp;Gegen verschiedene gastrische Krankheiten, be­sonders aber, wenn dieselben durch Störung der Abson­derungen entstanden sind, und wenn sie durch Appetit­losigkeit, gelblich-schmutzige Farbe und Trockenheit der Maulschleimhaut, oder Ansammlung von zähem Schleim im Maule, widrigen Geruch aus demselben, Neigung zum Erbrechen (bei Thieren die sich erbrechen können), Un-thätigkeit der Verdauungseingeweide, (bei Wiederkäuern träges oder gänzlich unterdrücktes Wiederkäuen), seltene Darmentleerung und Abgang von zu trockenem, schlecht verdautem Koth sich äufsern. Ob solche Krankheiten mit oder ohne Fieber bestehen, ist nicht wesentlich. Mau giebt daher den Brechweinstein bei gastrischem Fieber, bei Ueberfullung des Magens, bei quot;Verschleimung dessel­ben, bei chronischer Uuverdaulichkeit, bei Verhärtung im Löser, bei Würmern im Darmkanale, bei der sog. blauen Milch, bei der Lecksucht und dergl.
3)nbsp; nbsp; Gegen Nervenkrankheiten, — vorzüglich gegen solche, die nicht rein nervös, sondern mit gastrischen oder mit rheumatischen Zufällen compllzirt sind; daher z. B. gegen den Dummkollcr, wenn er als sogen. Magen­koller bei Pferden entsteht, die zu reichlich nahrhaftes Futter laquo;nd nur geringe Bewegung erhalten, die einen dicken Leib, gelblich gefärbte Schleimhaut des Mauls u.s.w. (wie vorher sub 2) zeigen; eben so gegen rasen­den Koller, wenn derselbe nach Geburten und nach plötz­lichem Aufhören des Säugeus entstanden ist. Das Mit­tel wirkt hierbei sowohl durch ümstimmung der Empfind­lichkeit, wie auch durch Beseitigung des gastrischen, gal-ligten Zustandes, und durch die stärkere Resorption des Wassers im Gehirn sehr heilsam, darf aber bei grofser Schwäche nur sehr vorsichtig und mit Unterbrechung ge­geben werden. Eben so ist der Brechweinstein gegen den rheumatischen Starrkrampf^ gegen nervöse Dämpfig­keit und (wie bereits sub 1 bemerkt) gegen die Lähme der Füllen und Lämmer, wie auch gegen krampfhafte Harnverhaltungen, und bei Hunden und Schweinen gegen
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Convulsionen, die durch Ueberfullung des Magens ent­standen sind, häufig mit Nutzen angewendet worden. — Das Mittel ist auch sehr hülfreich bei schweren Gebur­ten, wenn dieselben entweder d) durch zu grofse Con-traktilität und eben solche Irritabilität des Muttermun­des und der Vagina verzögert sind, oder V) wenn zu heftige, zu anhaltende, krampfhafte Wehen gleichsam übereilt stattfinden, ehe der Muttermund sich hinreichend erweitern konnte.
4)nbsp; Gegen Wassersuchten und wässerige Ansammlun­gen. Der Brechweinstein ist hier ein sehr kräftiges Heil­mittel, indem er die Resorption und die Ausleerung der ergossenen Flüssigkeiten sciir befördert. In mehreren Fäl­len sähe ich diese Wirkung aufserordentlich schnell und in einem überraschenden Grade erfolgen; allein sie war fast niemals dauernd, wenn sie nicht durch andere Mittel unterstützt wurde.
5)nbsp; nbsp;Gegen Vergiftungen durch narkotische Pflanzen, und gegen andere verschluckte, unverdauliche Substan­zen, bei Verschleimung u. dergl. als ein wirksames Aus-leerungsinittel, — jedoch nur bei Thieren, die sich erbre­chen können.
Bei Magen- und Darmentzündungen ist die innerliche Anwendung dieses Mittels überall schädlich.
B)nbsp; Die Injektion des Brechweinsteins ist gegen aku­ten und chronischen Rheumatismus, gegen Unverdaulich-keit bei Pferden und Rindern, besonders bei letztern nach dem Genufs von zu reichlichem Körncrfutter, und gegen den Dummkoller der Pferde, wenn Störungen in der Pfort­ader damit verbunden waren, oft sehr nützlich gewesen; bei dem Starrkrampf hat sie dagegen fast niemals die Hei­lung befördert, oft aber geschadet. — Bei Entzündung der Eingeweide und bei Blutandrang zum Kopfe darf sie nicht angewendet werden.
C)nbsp; nbsp;Aeufserlich wird der Brechweinstein 1) zuweilen in schwacher Auflösung zur Beförderung der Resorption bei Verdunkelung und Flecken der Hornhaut, — oder
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2) in Salbenform als ableitendes Reizmittel, bei stheni-schen Entzündungen des Gehirns, des Brustfells, der Lunge und der Nieren benutzt, wenn man die Canthari-den und andere, die Irritabilität aufregende Reizmittel ver­meiden will. — In allen übrigen Fällen ist er für diesen Gebrauch zu theuer, — wie denn überhaupt seine An­wendung bei den grofsen Thieren, und wenn er aus den Apotheken verordnet wird, sehr kostspielig ist.
sect;. 640.
Die Gabe vom Brechweinstein ist bei den verschie­denen Krankheitszuständen etwas verschieden. Bei catarr-hal. und rheumat. Leiden, bei gastrischen Zuständen, bei Nervenkrankheiten und Wassersuchten, und überall, wo man blos gelind die Ab- und Aussonderungen befördern, oder die Resorption bethätigen will, giebt man ihn den Pferden zu gj bis 3j, Rindern zu 5j bis ojj, Schafen 2 bis 6 Gr., Schweinen 2 bis 4 Gr., Hunden ^ bis 2 Gr., täglich 2 bis 3mal. — Bei Entzündungen müssen diese Gaben für Pferde, Rinder und Hunde verdoppelt, für Schafe und Schweine aber verdreifacht, und täglich 3 bis 'Sinai gereicht werden. Tritt dünnes Misten ein, so ist es jederzeit nöthig, das Mittel auszusetzen. — Als Brech­mittel giebt man für Schweine 6 bis 20 Gr., für Hunde 2 bis 6 Gr., für Katzen und Geflügel I bis 3 Gr. — Zu Injektionen in die Venen nimmt man für Pferde und Rin­der 10 Gr. bis ?j, für Schafe und Schweine 2 bis 4 Gr., für Hunde 1 bis 3 Gran. #9632;—
Die innerliche Anwendung geschieht bei Pferden am besten in Pillen und Latwergen, bei den Wiederkäuern eben so, wenn man hauptsächlich auf den Vormagen, in flüssiger Form aber, wenn man auf den Laabmagen und Darmkanal, oder auf den ganzen Körper schnell wirken will. Bei Schweinen und Hunden kann man das Mittel, wo es zur Beförderung der Resorption u. s. w. in klei­nen Gaben angewendet wird, in jeder Form geben; — als Brechmittel wirkt es aber in flüssiger Form am schnell­sten und stärksten. Alle Auflösungen werden mit wenig­stens
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stens der ISfachen Menge Wassers gemacht. Zum Breehr mittel darf man jedoch von letzterem nicht viel mehr neh­men, weil sonst Laxiren erfolgt, — Man verbindet das Mittel bei Entzündungen mit etwas Althee, oder- Süfs-holz, und wo die Krankheit mehr dinen sthenischen Cha­rakter besitzt, oder wo Hartleibigkeit bestellt, mit Glau­bersalz, bei plastischen Entzündungen auch mit Kalomel; — bei gastrischen j catarrhalischen und nervösen Zustan­den mit bittern und aromatischen Mitteln, mit Kampher, Terpenthinöl, stinkendem Thieröl u. dergl., — bei Was­sersuchten, nach Verhältnifs des Charakters, mit Digita­lis, Tabak, Wachholderbeeren, u. s. w.; doch niemals mit adstringirenden Mitteln, und besonders nicht mit China, weil diese Mittel ihn chemisch zersetzen und unwirksam machen,). — Als Brechmittel kann der Brechweinstein für sich allein gegeben werden; zweckmiilsiger ist es je­doch in den meisten Fällen, ihn mit einer vollen Gabe der Ipekakuanha zu verbinden.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; . , ,
Zur Injektion in die Venen dient eine einfache Auf­lösung von 1 Th. Brechweinstein in 15 bis 24 Th. dest. Wassers, — und bei den genannten Augenkrankheiten eine Auflösung in 40 bis 50 Th, dcstill. Wassers oder eines aromat. Aufgusses.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;#9632; . , ,1
DieBrechweinsteinsa;lbe,Autenriethsehe Salbe {TJng. Tart. stibiaü) wird gewöhnlich aus 1 Th. BrechWein­stein und 4 Th. Schweineschmalz bereitet, kann aber zum thierärztlichen Gebrauche etwas stärker sein. — Walch empfiehlt gegen die Lungenseuche des Rindviehes als be­sonders; wirksam folgende zusammengesetzte Brechwein­steinsalbe: Man nimmt Brechweinstein 3 Th., frisch ge-pulv. Canthariden und Euphorbium, von jedem 1 Th., Basilikumsalbe 8 Th. und so viel Terpenthinöl, ak.(äur
') Man liat desliall) die Cliina als das beste raquo;Gegengift bei iiefli-gen Znl'ällen nacli zu grofecn Gaben lieg Brcclr.vcinsleins empfohlen; auf 2 Gr. des letztem soll man 3j China in Dekokt oder in Pulver geben. Chinin leistet bitrgrgen nichts. Dcrlwig ArziMumUeltelire. fcnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; OSI
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Bereitung einer dickflüssigen Salbe noting ist. Sie winl an jeder Seite der Brust auf einer ungefähr 4 Quadratzoll grofsen Stelle, von welcher vorher die Haare abgescho­ren sind, eingerieben.
Anmerkuiig, Die salzsaurc Spicfsglanzauf-lösung^ Spiel'sglanzbuttcr, oder das Chlorspiel's-glanz {Liquor Stihü muriätici, Butyrmn Antimonii, Marias oxydati stihii, Chlorurctam stilni) ist eine Verbindung von Spiefsglanz und Salzsäure, gewöhnlich von etwas dick­flüssiger Consistenz und eins der stärksten Aetzmittol. Sie zerstört die organischen Gebilde durch chemische Zer­setzung sehr schnell und ohne grolsen Schmerz, dringt tiefer ein als der Höllenstein, macht weil'se, festere Schorfe als dieser, hinterläfst aber nach dem Abgehen des Schor­fes keine so gute Eiterfläche wie der letztere. Man be­nutzt sie zur Zerstörung von Anstcckungsstoffen und Gü­ten in Wunden und Geschwüren, z. B. des Wuth-Con-tagiums, des Schlangengiftes, — eben so zur Ze^ät^rüUg von Polypen, von Warzen, von Callositäten (besonders in Fisteln), von sehr üppiger Granulation, z. B. bei dem Strahlkrebs, und dergl. Auch gegen das bösartige Klauen­weh ist sie von llysz und A. empfohlen, darf aber nur bei äufserster Hartnäckigkeit des Hebels, und nur sehr vorsichtig angewendet werden, wenn man damit nicht mehr schaden als nutzen will. Die Applikation geschieht überall am besten mit einem kleinen Pinsel von Werg, und im­mer recht sparsam auf Einmal; die Anwendungsstelle mui's vorher ganz rein und trocken gemacht sein, und die zu­nächst liegenden Theile müssen nöthigenfalls durch Be­streichen mit Fett oder Oel geschützt werden. Ueberhaupt gilt die Vorsicht wie bei Anwendung der conzentrirten Säuren (sect;. 504).
Die übrigen Spiefsglanzpräparatc sind sämratlich zu entbehren und auch fast nirgends gebräuchlich.
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J. Zink. Zincum.
IS. Schwefelsaures Ziiikoxylaquo;!, Zinkvifriol, woifsor
Vilriol, weifser Kn jiferr'aucli, weifser Gsillitzcnstc! n.
Vineum {oa-ydatuin) sulphuricum gt; Vilriolum zinci s. album, Sul-
p/itts zincicfi* cum aqua.
sect;. 641.
Dieses Zinksalz besteht im krystallinischon Zustande aus circa 32 pr. Ct. Zinkoxyd, eben so viel Schwefelsiiure, und 36 pr. Ct. Wasser, und löst sich in 2^ Th. kalten und in weniger als gleichen Th. kochenden Wassers auf. — Innerlich angewendet, verursacht es bei Thieren, die sich erbrechen können, schon in kleinen Gaben schnell und kräftig Erbrechen, — in grofsen Gaben aber eben­falls Erbrechen und bei allen Thieren Kolik, Laxiren, Athcmbeschwcrden, grofse- Schwache, Kälte der Ohren, der Fiifse etc., Betäubung und Lähmung, zuweilen auch Zufälle von Entzündung des Maquot;ens und der Därme. — Durch seine Injektion in die Blutadern entstellt bei Hun­den von 3 bis 6 Gr. Erbrechen, Betäubung, Lähmung, und nach grofsen Gaben auch der Tod, bald plötzlich, bald mehr langsam. — In schwachen Auflösungen auf Wanden, Geschwüre und auf die Haut angewendet, wirkt das Mittel sehr zusammenziehend (etwas weniger als das essigsaure Blei), gelind erregend, die Resorption beför­dernd, und an absondernden Flächen sehr stark austrock­nend. Eben so, aber verhältnifsmäfsig noch stärker, ist auch die örtliche Wirkung des pulv. Zinkvitriols in Wun­den und Geschwüren. — Die reichliche Applikation des pulverisirten Zinkvitriols (öj bis quot;jj auf Einmal) auf Wun­den im Zellgewebe, war bei Hunden mit Unempfindlich-keit, mit Lähmung der Gliedmafsen und nach 5 bis 6 Tagen mit dem Tode begleitet. Das Mittel wird bei die­ser Anwendung resorbirt und vcranlafst hierdurch fast im­mer zugleich Entzündung und sogar Anätzung des Magens.
Innerlich wird der Zinkvitriol nur zuweilen als ein sehr sicheres und kräftiges Brechmittel benutzt, beson­ders bei Vergiftungen durch narkotische Stoffe. Die Gabe
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ist fur Schweine 10 bis 15 Gran, für Hunde 2 bis 5 Gran, und die Anwendung geschieht in Auflösung mit etwa 100 Theileu lauwarmen Wassers. Chiovitta will auch bei Pferden gegen die üblen Zufälle von zu grofsen Gal en der Belladonna den Zinkvitriol in Gaben von 3j bis 3j, mit Kleie und Wasser gemengt, mit sehr gutem Erfolge angewendet haben (Froriep's Notiz. 1836. Nr. 1022).
Aeufserlich dient das Mittel bei asthen. Augenentzün­dungen, die mit Schlaffheit und Auflockerung der Cou-junktiva und mit reichlichem Schleimflufs verbunden sind, bei dergleichen Flecken und Narben auf der durchsich­tigen Hornhaut; bei Erschlaffung der Schleimhaut in der Nase, oder an den Genitalien; bei grofsen, aber noch weichen, oder bei frisch ausgetretenen Gallen; — bei schlaf­fer, üppiger Granulation in Geschwüren und Wunden, be­sonders am Hufe, z. B. bei eiternden Steingallen und bei Strahlkrebs; bei gutartiger Mauke; bei dem gutartigen und bösartigen Klauenweh; bei alter, sehr nässender Räude und dergl.
Man benützt es bei den bezeichneten Augenkrankhei­ten sowohl hl Auflösungen (l Theil auf 100 bis 150 Th. Wassers oder aromat. Flüssigkeit), wie auch in Salben, (mit 10 bis 20 Th. Fett oder Honig), — und zuweilen auch in Pulverform, mit Zucker u. dgl. (sect;. 177). — Für die übrigen Krankheitszustände sind mehr conzentrirte Auf­lösungen von 1 Th. Zinkvitriol in 8 bis 16 Th. Flüssig­keit, — oder für eiternde Flächen mit sehr schlaffer Gra­nulation, auch der Zinkvitriol in Pulverform am zweck-mäfsigsten zu benutzen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ••;#9632;
Anmerkung. Der Salzsäure Zink, die Zinkbut­ter (Zinc, muriaikum, Marias zincicus, Butyrum Zinci), aus Zinkoxyd und Salzsäure bestehend, ist das stärkste und eingreifendste Aetzmittel, welches sehr tiefgehende und scharf begrenzte Schorfe bildet,, aber bis jetzt sehr wenig gebraucht wird. — Eben so werden die übrigen Zinkprä­parate in der Thierarzneikunst nicht benutzt.
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11 o it i s i v
Aalruppcnfett. 230. . Absorption d, Arzneimitlrl. 26. Abfiiliremle iWirkung. 54. Acctas plumbi. 840.
•nbsp; nbsp; plumbi acidulus sircus. 841.
•nbsp; nbsp; plumbi liquidns. 841.
laquo; plumbicus ciystallisalus. 841. Aci'lis plumbi liipiiila. 841. Acelum. 712.
laquo; camplioiaUim. 399.
raquo; ci'rfvisiai'. 713.
raquo; commune s. criulinn. 712.
gt; concenlralissimmn. 713.
•nbsp; nbsp; concentratum; 713. raquo; destillalum. 713.
Aeria. 480. Adeps. 220.
-nbsp; nbsp; pisearius. 226. raquo; suilla. 225.
AillerSaumfarin. 287. Adslringirende Miltel. 254.
laquo; A\riikung. 63. Aegypliscbe Salbe. 876. Aerugo. 874. Afs viride. 874. Aelbcr .icellcus. 480;
•nbsp; nbsp; murialicus. 480. raquo; nilricus. 480.
•nbsp; nbsp; pliosphoratus. 480.
•nbsp; nbsp; sulpliuricns. 479. Aetberisclies PHanzeniil. 293. Aetheriscb-Slige Mittel. 291. Aelliiops ma ' ialis. 858.
•nbsp; nbsp; mineralis. 905. Aetbusa cynapinm. 646. Aetz-Ammoniakili'issigkeil. 737. Aelz-Amrnoninm. 737. Aetzkali. 733.
Aetz-Kalk. 743. Aetzmittel. 75. Aetz-Nalrum. 736. Aetzslein. 733. Aetzsnblimat. 896. Alantwurzej. 354. Alaun. 786. Alaun, gebrannter. 786. Alatinerde. 751. Albumen. 164.' lt; i
-nbsp; nbsp; ovi. 165.
Alcali vegelabile aeratnm. 76'4. ' vegetabile causlicnm. 733,
•nbsp; nbsp; volatile siccum. 771. Alcobol dilutum. 471.
raquo; martis. 855. raquo; vini absolntam. 471. Alkali, fluchtiges. 737.
•nbsp; nbsp; trocknes lliicbtiges. 771.
•nbsp; nbsp; vegetabile. causlicum. 733. Alkalien. 725.
Alkohol. 471.
fid
•nbsp; nbsp; plumbi s. saluniinnm
841.
•nbsp; nbsp; pyro-lignosum. 718. #9632; laquo; vini. 712.
Aciila animalia. 6S6.
•nbsp; nbsp; mineralla. 686.
•nbsp; nbsp; vegelabilia. 6S6. ' Aciilum acclicum. 712.
-nbsp; nbsp; aceticum concentr'alnm. 713.
•nbsp; nbsp; aceticum dilutuin, 713.
•nbsp; nbsp; aceticum purum. 713.
•nbsp; nbsp; arsenicosum. 825. borussicum. 632. I carbonicum. 721. liydrochloricam. 705. liyilrocyaiiiaiin. 632. #9632; muriaticum. 705. muriaticuin oxygenalum. 660. nitrienm. 701. oxyinnriaticura. 660. phns])hnriciini. 723. pyro-lignosum. 718. snlphuricum. 697.
-nbsp; nbsp; snlplinricum orudnm. 697.
•nbsp; nbsp; sulpliuricum deslillatam s. re-ctificatnm. 697.
•nbsp; nbsp; sulpburicnra dilntum. 700.
•nbsp; nbsp; tanninum. 255.
•nbsp; nbsp; tartaricutn. 724. Ackermünze. 322. Acnnilum. 644.
Hertwig Arzneimittellehre.
-ocr page 953-
mmm
— 934 —
Allgemeine Wirkung. 3 Aloe. 548. Aloe-Extralt, wässeriges.
-nbsp; nbsp; Tiuklur. 557. Alpi'Dttalilmn. 362. Al[)ranken. 644. Aller der Thiere. 48. Allliei'salbe. 188.
558.
Anwendnngsart., verschiedene. 107. Aqua auiygdalaruiu amarum. 6ii ' calcis. 743.
-nbsp; nbsp; cocrulea, 873.
' deslil. ülenlliae piperitae, 321
-nbsp; nbsp; l'orlis, 701,
raquo; Lanrq-cerasi deslillata, 643.
raquo; Opii, 574.
raquo; oxyruurialica. 661. 667,
-nbsp; nbsp; pbagadaenica lulea. 903. #9632; = pbagadaenica Digras.iuitis!896.
•nbsp; nbsp; picea. 458.
raquo; plumliica s. saturninn, 849.
-nbsp; nbsp; liabeliL 700.'
•nbsp; nbsp; vegelo mineralis. 850. raquo; viridis. 878.
•nbsp; nbsp; vulneraria Tliedenii. 701. Arcaeussalbc. 430. Arcanum ilu|ilii-;ilinu. 777. Argenlum. Ü07.
raquo; nilricum i'usum, 907. Aigilla Kali-sulphurica. 786. laquo; rubra. 751.
•nbsp; nbsp; pura. 751. Aromaliscbe Mittel. 293.
•nbsp; nbsp; Spezies. 305. Arquebusade. 701. Arrak. 475. Arsenicmn. 825.
•nbsp; nbsp; (oxydatura) album. 825.
•nbsp; nbsp; citrinum nativum fossillaquo;. 839 ' sulpliuralum. 839.
Arsenik oder Arsen. 825.
laquo; vveifscr. 825. Arsenikessig. 836. Arseuikoxyd, vveifses, 825, Arzneikrälle, 13. Arzneimittel, 7.
AUheewurzi'l und Kraul.
186
Aluraeu. 786. Alnmen nslnm. 786. Alumina. 751. Alumium-Oxyd. 751.
-nbsp; nbsp; oxydatum. 751. Amberkraut. 328. Ameisen. 503.
laquo; Spiritus. 505. Ammoniak. 737.
raquo; brenzlich-öliges kolilons laquo; essigsaures. 810. raquo; kohlensaures. 771.
•nbsp; nbsp; salzsaures. 798. Ammoniakgummi. 438.
72.
872, 906.
raquo; kupfer, sehwel'elsaurcs.
#9632;#9632; quecksilber, salzsaures. Ammonium. 737.
•nbsp; nbsp; aceticum. 810.
•nbsp; nbsp; brenzlichcs kobV.nsänerl. 772.
-nbsp; nbsp; carbonic. s.Subcarbonic. 771. ' carbonicuiupyro-oleosum.772. raquo; causlicum. 737.
raquo; essigsaures. 710, ;.;
-nbsp; nbsp; flüssiges. 737.
•nbsp; nbsp; koblensaurcs. 771.
•nbsp; nbsp; Liniment. 742.
•nbsp; nbsp; liqnidum. 737.
-nbsp; nbsp; muriaticum. 798.
•nbsp; nbsp; muriaticum ferratum s. mar-
tiatum. 865.
' salzsaures. 798.
laquo; suIphnr.-liydrotIiyonicum.758. Ampler. 275.
' stumpllilätteriger. 275. Amygdalae amarae. 642. Amylum. 193. Andorn, weifser. 246. Angelica silvestris. 359. Ang'elikawnrzcl. 358. Anisöl. 330. Anissamen. 329. Antimoninm. 910.
• erndum. 912. AhtipMogistische Wirkung. 69. Antiscptisclie Wirkung. 70, Antispaslischc Wirkung. 45.
Arzneimittellehre. Arzneiwirkungen.
8. 9. 12. 3!.
Asa dulcis. 431, - foelida. 432,
432. 431.
Asant, stinkender.
•nbsp; nbsp; wohlriechender
laquo; tinktur. 436.
Aspidiura filix foemina. 287. Asseln. 563, Atropin, 692. Atligkraut, 564. Augenstein. 878. Angentrost. 272. Aurin, wilder. 506. Auripigment, 839. Austerschalfin, präparirte. 775. Answarfbefrirderndc Widkune. 49.
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— 935
Aatenrieths Salbe. 929. Avena. 202.
. decorticata. 203.
, tosta. 203. Axungia anscrina. 230.
. canis. 230.
. eqnaram. 230.
. piilmn tauri. 230.
•nbsp; nbsp; porcina. 225. ßaccae et folia Lauri. 33(i.
•nbsp; nbsp; Juniperi. 349. . Myrtilli. 288. . Oxycoccos. 289.
•nbsp; nbsp; Rhamni cathartic!. 561.
•nbsp; nbsp; Sambnci. 311. raquo; Sorlii acupariac, 289.
-nbsp; nbsp; Vilis idaeae. 289, Bärentraube. 283. Bärwurzel. 372. Baldrianwurzel. 360. Balsam, canadisclier. 417.
= carpalliiscber. 417. Balsanius Arcaei. 430. laquo; canadensis. 417. raquo; carpalhicus, 417. =#9632; copaivae. 431.
-nbsp; nbsp; de Mekka. 431. raquo; de tolu. 431. raquo; peruvianus. 431. raquo; sulpliuris simplex. 656. raquo; sulphuris terebinlliinalus. 428. raquo; vitae externns. 428. raquo; vulnerarius. 429.
Basilienkraut. 328.
Baumöl. 227.
Bauinwachs. 408.
Benzoe. 431.
Benzoeballifye Opiumtinktur. 5/4.
Bergöl. 463.
Berlinerblau. 859.
Bernstein. 431.
Bertramwurzcl. 362.
Berulskraut. 272.
Beruliiii;ende,besänftig.Wirkung.46.
Beta. 218.
raquo; altissima. 218.
• vulgaris. 218. Betäubende Mittel. 565. Betäubende Wirkung. 44. Brtonienkraut. 328. Bibernellwurzel. 372. Bicarbonas Polassae. 764. Bichloretum Ujdrargyri. 896. Bier. 200. Bieressig. 713.
ierliefen. 200. 724. ilsenkraut, schwarzes. 586.
. Extrakt. 586.
. Oel. 586.
. Tinktur. 586. irkenblälter. 287.
-nbsp; nbsp; öl. 463. raquo; rinde. 287. raquo; iheer. 463.
itartras kalicus cam aqua. 812. ittere Arzneimittel. 233. Bitterer Extraklivstoff. 233. ittererde, kohlensaure. 776. raquo; reine. 750.
-nbsp; nbsp; schwefelsaure. 785. Biltcrklee. 243.
Bittermandelöl, ätherisches. 6431 Bittermandclwasser. 643. Bittersalz. 785. Bitterstoff. 233. Bittersüfs. 644. Bitumina. 439
Bläbungtreibendc Wirkung. 58. Blausäure. 632. Blauwasser. 873. Blei. 840.
raquo; basisches essigsaures. 840. raquo; essigsaures. 840.
•nbsp; nbsp; nbsp;kohlensaures. 852. raquo; cerat. 850. laquo; essig. 840. raquo; extrakt. 851. - glätte. 840. 851. raquo; oxyd, essigsaures. 841. laquo; raquo; kohlensaures. 852.
•nbsp; nbsp; oxydal,sanresessigsaures.84I. laquo; salbe. 850. laquo; wasser. 849.
Bleiweifs. 852.
' salbe, einfache. 852.
#9632;gt; kampberbaltige. 852. Bleizucker. 841. Blntwuizel. 269. Bockshornsamen. 184. Bockstalg. 220. Bohnen. 206. Bohnenkraut. 328. Bolus alba. 751.
raquo; armenia. 751.
•nbsp; nbsp; rolher od. Armenischer. 751.
•nbsp; nbsp; nbsp;ruhra. 751.
•nbsp; nbsp; weifser. 751. Branntwein. 471. Brannlweinschläaipe. 473. ßrauiilweirispiiliiit. 475.
60 *
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^mmm
mmmm
— laquo;)3ß —
Crassica fermentala. rspa. 218.
724.
Cassia cinnamnman. 373. Catechu, Calecliosaft. 270. Canteriuin potentiate. 7;13. Cedria. 455. Cna. 231.
raquo; arboiea. 408. Ceratum ritiinnm. 408
•nbsp; nbsp; Salmni. 850.
•nbsp; nbsp; Simplex. 2)2. Cercvisia. 200 Cerussa. 852. Cetraria islandioi 201. Chabertscbes Oel. 452. riiaeiopliyllum silvestre. 6-16.
• Cbeinie. 131. Chemische Einwirkunquot;. 14,
Rraankoliloniil. 463 Braunsd'in 852. Biaiiiislcinoxyilnl, salzsnnr., scliwi
felsanres 851. BrannsteioQbKrosyd. 852. Brechnnfs. 604.quot;
Brecbnnrsextrakt, wässeriges.
610
raquo; wi-ingeisliges. 610. Brocliwi-inslein. 918. BrechweiDsteinsalbe. 92!) lirecliwurzel. 518. BrenzlicIi-öligH Mittel. 439.
441
ISrenzliclies Oel, lliierisclies.
Brombeerlilätter. 272. Brucin. 604.
358.
Cliemisch-einr^die Amieiinit
618.
lii-ust- oder Luflwnrzel.
Cliinariiiile. 289. Chinin. 289. Chinoidin. 289. Chlor. 660.
•nbsp; nbsp; flüssiges. 661. ()'67. Chloretam calcariae. 661. 668
•nbsp; nbsp; Ferri. 8l)5.
raquo; Hydiavgyri. 888. Chiorg.-is. 662. Chlorigsanrer Kallf. 668. Chlorin, Chloringas. 660. Chloiis calcicus. 661. 668 Cbloi-lcalk. 661. Chlorkali. 875. Chlornalrium. 791. Chlornalron. 661. 668. Chlornatruin. 674. Chlorrjuecksilher. doppeltes. 898.
• einfaches 888. Chlorsoda. 674. Chlorspiefsglanz. 930. Chiorum calcarcum. 668.
-nbsp; nbsp; Kali. 675. Chiorum Natri. 674. Chiorum nalrii. 661. Chlornretuin Slibii. 930.
-nbsp; nbsp; de protoxydo Sodi!. 674.
-nbsp; nbsp; Sodii. 674. Cblorwasser. 667. ChlorvTassersloH'siiure. 705. Christwnrz. 526. Cichorienwurzei. 246. Cicuia maculala 627.
-nbsp; nbsp; virosa. 631. Cinchonin. 289. Cjneres clavelUti. 764. Cinnaharis. 905. Cilronehmellssp. 323.
Bryonin. 510. Bucbenkcrnül. 230. Bucbsbamn. 283. Bncbwaizeu. 206. Buclnvaizengriitze. 207. Burgunder-Rübe. 21S. Butter. 225. Baltermilch. 173. Batyrurn. 225.
•nbsp; nbsp; Antimunii. 930.
' insulsam renens.
226.
-nbsp; nbsp; lanrinum. 338.
-nbsp; nbsp; Majoranae. 319.
-nbsp; nbsp; Zinci. 932.
283. cliloral.i
Buxus semnervireos. Calcaria oblorusa, s.
oxymurialica. 668.
-nbsp; nbsp; cblorinica. 661 668.
•nbsp; nbsp; sulphurata. 758. Calciumoxyd 743. Calomelas. 888. Calx carbonica. 775.
•nbsp; nbsp; caustica s. nsla s. viva. 743 Campbora. 374. Cantbarides. 488. Cantliaridin. 488.
Capita papavcris. 585. Carbo. 680.
-nbsp; nbsp; animalis. 680.
•nbsp; nbsp; mineralis. 685.
-nbsp; nbsp; purus s. praeparatus. 6S0.
•nbsp; nbsp; Spongiae. 684.
•nbsp; nbsp; vegetabilis s. ligni. C80. Carbonas ammnnirus. 771.
' Polassae. 764. Caryophylii aroiDatini. 373. Caseimi. 172.
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9o7 —
Cilronenschalcn. 373. tljssilikation d. Arziieiiuillel Cobalturn. 839. Cocculi indici. 646. Coclili'aria olficinalls. 371. Cndiin. 573.
Coldiilaquo;quot;raquo; autumnallaquo;. 365. Colla animalis. 174. Colocynlhides. 542. Colncynlliin. 542, Colnphonium. 4(19. Coloqninleu. 5 raquo;2. Concliae pracpaiatae. 775. Coniin. 627.
Conslitulion der Tliiere. 103Conzentralion der Mittel. Hü. CopaWbalsain. 431. Coriander. 374. Cortex Betuli. 287. . Chinae. 289. _ raquo; Cinnamoiui) 373. laquo; Kraxini. 283. . Granatorum. 272. raquo; Hinpocastaiii. 279. raquo; Popiili. 278. - et I'olia Quercus. 264. laquo; radieis Punicae granali. . Salicis. 276. . Clmi interior. 273. . quot;Winteranus. 373. Cortices AuiMnliorum. 373.
. Cilri. 373 r Cremor laetis. 172.
laquo; tartari. 812. Creosotum. 459. Creta alba. ^775.
Dillkraol. 332. 124. Dillsair-en 332.
Dippelsches Oel. 452. Diptaniwurzel, weil'se. 372. Direkte Wiikung. 38. Doppelsalz. 777. Doppelsalze. 760. Dosis. 91. 98. 100. Dostenkraut. 320. Dostenöl. 320. #9632; Doversches Pulver. 574. Draclienbliit. 271. Djnamisclie Einwirkung. 17. Eberesclibeeren. 289. Eberwurzel 363. Ehrenpreis. 246. Eilieiibiiuin. 645. Eibiscliwurzel und Kraut. 186. Eicheln 268. Eichehserhesäure. 264,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; . .
Eiclienmistel. 275.
Eichenrinde u. Eiclienbläller. 204.
Eier. 165.
Eieröl. 16.
Eierschalen. 775.
Eigelb. 165. 272. Einbeere. 644.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. . , , w
Eintbeilurig der Arzneimittel. 124.
Einwirkuns, verschiedene. 14. u. f.
Eisen 854.
raquo; blausaures. 859.
, Chlorör. 865.
laquo; Cyaniircyauid. 859.
859.
-nbsp; nbsp; Extrakt, äpfelsaures. . feile. 855.
-nbsp; nbsp; hat. 644. . iolt;lür. 859.
Crocus. 64/.
858.
, kraut. 272.
. niarlis aperilivus. Crotonsamen. 543. Crolonsiiure. 543. (quot;ulieben. 374. CubebenprelTtM'. 374. Cuprum. SI'D.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;y.
raquo; alnminalum. 878. :gt; araraoniacale. 872. raquo; oxydalum acetalum. 8/ . oxydalum sulpburicuin. laquo; sulpluirico-aiuinoniacale. Cypressen-quot;\Vroirsmile.b. 560. Dalurin. 601 Degen, selnvar/er. 403._ Deiitoxydntn pln.iu.b}. 851. DilllelVselies Verbalteu. 122 DislUlin. 611. Digitalis. 610.
. niohr. 858.
Eiseiioxyd^nimoniak, salzs. 8bo. Eisenoxyd, l)raiiiies._ 858. . essiisames. 853. . halliges weinsteiusaures Kali. 865:
..Hydrat 858. 1.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;, kohlensaures. 858.
866. raquo; #9632; nhosphoisaures. 859. raquo;72. - rolhes. 859. ., raquo; schwarzes. 858. EisennxV'Iul. 858.
gt; liydrindsanreis. 859. ' phosplior^aures. 059. -- sal/.sanres. 865. laquo; schwerels.iines. 861. Eisensilmiak. laquo;65.
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— 938
EiscnsnCraiit ernflnender. 858. EisenvUriol. 861. £jsen\veinsle!n. 865.
•nbsp; nbsp; Knplo. 865. Eileriuigbelördcrnde Wirkung. 70. Eiweifs. 165.
Eiweifs- und Callerthaltise Mittel.
164. Eiweifssloff. 164. Eiectuarium tlieriaca. 574, Elemiliarz. 430. Elixir acidum. 700.
•nbsp; nbsp; saures. 700. Emetine. 518. Eruplastrnrn acre. 500.
' cantiiariduin. 499.
•nbsp; nbsp; citrinmn. 408. Empyreunialiüch-ülige Mittel. 439. Emulsiu papaveris, 185. Endermatisciie Methode. 114. Eiigclwurzei. 358.
Englisches Salz. 7s5. Emianbitter. 240. Enzianwurzel, '240. Epheuliarz. 439. Erbreclienerresende Wirkunz.
51. Erbsen. 206. Eiden. 725. Erdcpheo. 253. Erdgalle. 506. Eriibarze, iliicbligc. 439, Erdraucbkraut. 246. Erdscbierling. 627.
•nbsp; nbsp; Extrakt. 631. Erfahrung. 133. Erhitzende Wirkung. 41, Erlenblätter. 288. Erregende quot;Wirkung. 39, ErsclilalTende NVirkuns, '67, Eschenrinde. 283. Eselsgurke, Eselskürbis. 563. Essenlia myrrhae. 43S. Essig. 712.
raquo; höchst conzenlrirter, 713.
raquo; deslillirter. 713.
raquo; gewühnlicher roher. 712. Essig-Salmiak. 810, Essig, verstärkter oder conzen-
trirler. 713 Essigsäure. 712,
- conzentrirte. 713.
raquo; reine. 713.
• verdünnte. 713, Essigsaures INatrum. 812.
Euphorbia dnlcis. Cyparissias, La­thy ris. 560.
Enpborbienharz. 558.
Euphorbium-Tinktur. 559.
Exlrncluui Aloes aquosum. 558. laquo; baecar. Ebuli. 564.
-nbsp; nbsp; Cdnii maculati. 631. laquo; Feni ponialuin. 859.
•#9632; Filicis maris aethereuu. 286.
•nbsp; nbsp; Hyoscyatni. 586.
•nbsp; nbsp; Myrrhae aquosum. 438.
' nncis vomicae aquosum. 610.
•nbsp; nbsp; nucis vomicae spirituosum.
610,
•nbsp; nbsp; Opii. 574.
•nbsp; nbsp; Rnei simplex. 525.
•nbsp; nbsp; Saturn!. 851. Faba St. Ignatii. 646, Faeces vim. 478. Färbeginsler. 246, Färbemilbe. 281. Fäulnil'swidrige Wirkung. 70. Farina seminum lini. 182.
•nbsp; nbsp; tritici. 196. Farrnkranl-Extrakt. 286.
-nbsp; nbsp; öl. 286.
•nbsp; nbsp; Wurzel. 285. Fei tauri. 244. Feldtbymian. 323. Fenchelkranlu. Fenclielwurzel. 331. Fencbelsainen. 331. Fermentum. 201.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; / Ferruin. 854.
-nbsp; nbsp; aceticum oxydatutn. 859.
•nbsp; nbsp; borussicum. 859. raquo; carbonicum. 858.
raquo; hydrocyanicum. 859.
•nbsp; nbsp; hydrojodicum, s. jodalum.
oxydulal. 859.
•nbsp; nbsp; nbsp;muriaticum oxydulatum. 865,
•nbsp; nbsp; oxydatum fuscum. 858. raquo; oxydalum rubrum. 859.
•nbsp; nbsp; oxydalum phosphnricum. 859,
•nbsp; nbsp; oxydulatum nigrum. 858.
-nbsp; nbsp; oxjdulalum phosphoric. 858,
•nbsp; nbsp; pulveratum. 855.
' purum limatum. 855.
raquo; sulphuralum. 859.
' sulphuricum oxydulatum. 861, Fjchtenharz. 402, Fichtensprossen. 429. Fieberklee, 243. Fingerhutkraut, rnthes. 610. Fing'erhutkraat-TiDktur,ätherisclie, 618.
l
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— 939 —
finzcrhalkrant-Tinktur, viiil'acla-.
614. 618. Fisclilhran. 226. Flfisi;lilraquo;riibe. 174. Fliederbeeren. 311.
. Umneii. 3i)9.
o inus. 311. Flieglt;'MSlt;ein. 839. fjores Arnicae. 511.
raquo; ßalaustionuin. 272.
•nbsp; nbsp; Cliamoniillatt rotnanalaquo;. 314.
lt;nbsp; nbsp; Cliaiuomillae vulgaris. -ill. a et seniina loeni. -US.
raquo; lt;gt;l lierba Gnaphalii. 272.
-nbsp; nbsp; Uumuli. 250.
•nbsp; nbsp; Lavemlulae. 314.
•nbsp; nbsp; liosnrum. 287. raquo; Sambuci. 309.
•nbsp; nbsp; Sulphuris. 656. Folia Alni. 288.
raquo; Aurantiornm. 373.
-nbsp; nbsp; Betuli. 287.
•nbsp; nbsp; Lauro-cirasL 613. ' Rubi vitlosi. 272. laquo; Sennae. 509.
lt;nbsp; nbsp; Uvai- ursi. 283.
raquo; Pyrolae ombellatac- 283.
raquo; Vitis vinilerae. 289. Form, veiscbiedene, der Arznii-
mittel. 78. Formicae. 503. Fi'anfcbranntwcin, 475. Franz-osenbolzol- 463. Fruchlessig. 712. FriicliEe, säuerliche. 677. Fructus Acaciae gerraanicae. 289.
•nbsp; nbsp; Aurantiorura immaturi. 373.
-nbsp; nbsp; Cynosbali. 289. FiinffingcrLraut. 272.
Fuligu ligni s. splendens. 453. Fumigaliones Guyton-Morveaunia-nae. 665.
-nbsp; nbsp; nitricae. 704.
-nbsp; nbsp; nbsp;oxymuriaticae. 665. gt; Smitbianae. 704.
Furfur Trilici. 197. Gabe, der AizneimiUel. 91.98.100. Gänsefett. 230. Galbaeum. 438. Galganhvurzel. 373. Galfae. 267. Galläpfel. 267. Gallerte. 174. Gallilzenslein, blauer. 866. * we.ifscr. 931.
Gartenbaldrian. 362.
Gartcngleifse. 646.
Gas acidi muriatici osygenali. 662.
- cbloreura s. Chlori. 660.
' oxydirt salzsaures. 660.
• oxynmriaticuin. 662. Gaucbneilkraut. 505. Geigenharz. 409. Gelatina. 174. Gelb würz. 373. Gemüseampfer. 275. Genever. 475. Genista tinctoria. 246. Genlianin- 240. Gerberlobc. 267. Gerbesäure und GcrbeslolT. 255. Germer, weifser. 531. Gerste. 198. Gerstenmalz, 199.
raquo; raehl. 199. Gescbicbted.Arzneimittellebre.149. Geschlecht der Tbiere, 102. Geschwulsfstein. 872. Gewürzbafte Mittel. 291.
raquo; Spezies. 305. Gewürznelken. 373. Gichtrübe. 540. Gift. 8. Giftlallich. 646.
Giftmebl. 825.
Glandes Quercus- 268.
Glanzrufs. 453.
Glaubersalz. 783.
Globuli martiales s. martiati. 865. o Tartari ferrali. 865.
Gluten animale. 174. raquo; vege'Tabile. 194.
Clycyrrhizin. 214.
Gnadenkraut. 506.
Goldglälle. 851,
Goldscbwefel. 915.
Gotles-Gnadenkraut. 506.
Goulard'scbes Bleiwasser. 850.
Grana Molucca. 543. raquo; Paradisi. 374.
Tigli
543.
272.
Granalaplelbaumwurzelrinde. Granatäpfelblülben. 272.
laquo; schalen. 272. Graphit. 685. Giauspiefsglanzerz. 912. Grindwurzel. 273. Grünspan. 874. Giünspan-Sauerburiig. 876. Guinnii. 177.
-ocr page 959-
94raquo; —
fiinnni!, laquo;rabiseltfs. 178.
-nbsp; nbsp; arabicuiu. iquot;S. quot; cerasorum. 179.
-nbsp; nbsp; Kmilioiliii. 55S.
' Guiti. seo.
-nbsp; nbsp; Kino. 271.
-nbsp; nbsp; MjitImh. 433. ' i'l'uiioruin. 179.
_ -nbsp; nbsp; Trag:icarilli;ie. 179. Uuinmi-resin.i Aloes. 548.
raquo;nbsp; nbsp; Aiiiinoniaci. 438.
nbsp; nbsp; Asa.- tbetidae. i 432.
-nbsp; nbsp; Calliani. 4-38.
-nbsp; nbsp; nbsp;Uedrrae. 439.
-nbsp; nbsp; Opopanax. 439. 'nbsp; nbsp; Salaquo;;appni'.:4'!9.
GunJennant). '253.
rji: ,1
#9632; '
Hirba ALsynlliü. 247.
•• Agrinioniae. 272
-nbsp; nbsp; Altbeae. 186.
quot; Aiiagallidis. I 505. -
-nbsp; nbsp; nbsp;Anelbi. 332.
-nbsp; nbsp; Angelicae. 359.- •
-nbsp; nbsp; nbsp;Dasilici. 328. #9632;
-nbsp; nbsp; nbsp;Jietonicae. 328. n
• Cardui Uenedicti. 215.
-nbsp; nbsp; Catariae. 328.
' Cenlnurei minnris. 243.
-nbsp; nbsp; Cohii maculati. 627.
-nbsp; nbsp; nbsp;nijfilalis pnrnmras. 610.
-nbsp; nbsp; Kriolaquo; vulg. 272.
-nbsp; nbsp; nbsp;EuplirasiaG ollieiri. et rubrae
272 '
-nbsp; nbsp; nbsp;Fmnariae. 216.
' Genistalaquo; liniloriae. 246.
-nbsp; nbsp; nbsp;Geranii niaeulatl. 272. ' Gratiolalaquo;. 506,
-nbsp; nbsp; nbsp;Hederae terrestris. 253.
-nbsp; nbsp; nbsp;Hyoscjatni nigri. 586.
-nbsp; nbsp; nbsp;liyssnpi. 318; . ,, |
-nbsp; nbsp; Levisliri. 368.
-nbsp; nbsp; nbsp;MajoranaeH 319.
-nbsp; nbsp; nbsp;Malvae. 190.
-nbsp; nbsp; Mari vei-i. 328.
-nbsp; nbsp; Marrubii albi. 246.
-nbsp; nbsp; Meliioti. 328. .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;, „
-nbsp; nbsp; nbsp;Melissae. 322.
' Menlliae crispae. 321,, ;
-nbsp; nbsp; Ülenlliae pi|gt;eritae.' 320.-
-nbsp; nbsp; Millef.dii. 251.
-nbsp; nbsp; IN'ieolianae.. 618. ilibm'l ' Onnnis splnosae; 272'. 1
• Origani vulgaris. ,32laquo;. •-.
-nbsp; nbsp; nbsp;Pentapbylli. 272.
'nbsp; nbsp; Planl.iginis majoris. 272.
-nbsp; nbsp; nbsp;Polentillae argentac. 272.
-nbsp; nbsp; nbsp;Pulsatiilae nigricantis. 564.
-nbsp; nbsp; Uutae. 252.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; #9632; . , #9632; 'nbsp; nbsp; Sabihne. 323. , ..
-nbsp; nbsp; Salicariae. ' 275.
'nbsp; nbsp; Salviae. 317.- •#9632;' • •'gt;
-nbsp; nbsp; SanP-uisnrbae officinalis. 275. 'nbsp; nbsp; Sanieuli. 272.' Inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,. . . ;
-nbsp; nbsp; Salurejae; 328. #9632; '.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; I 'nbsp; nbsp; Scördii. 319; : : .UiTognsO
-nbsp; nbsp; Sedj majoriÄl : 2Sl9;.....!.,;;
quot;nbsp; nbsp; Sedi rninoris. I 564.
•nbsp; nbsp; Serpvlli. 323.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ,
•nbsp; nbsp; Slderitis. 272.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;'n......;
•nbsp; nbsp; Tanaceli. 249.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; #9632; i-quot;nbsp; nbsp; Thyini vulgaris. 323^ , .
-nbsp; nbsp; Trifolii librini. 213.''
Ji.iarsliMng, seiiifimr.
25'}.
#9632;
Hafer. 2(12.'
-nbsp; nbsp; gerSsteter. 203.
Hafcrgi'iitze.; 203. Hagebnlti-n. 289. flaWmanns aaflüslidies Ouecksil-
bcr. IK)6.
Hallcr'sclie saure Mixlnp.
, 7(10.
Halogen. (Jb'O. Hammellalg. 22fi. Ilatnmei-sclilag. 858. Hanini. 231.
BanlsatncD. 185. Harz. 399.
• weifses; 408. Harzsajbe, gemeine. 407.
Hasiiwurzeli 564. Haubecilel. 272. Hauslaub od. Hauswurzkraut. 289. Haasseife. 814. ' . . #9632; Bauswnrz, kleine. 564. n.intreizeiiile Wirkjn- 73. Heidekraut. 272. Heidelbeeren. 288.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;..'. i . '
Heilkraft der Natur. 5. Heilkral'le, absolute dwHfUel. 21. Heiliiiillej. ß.. .
Heiiprozels, Ilellnn;. 4. Heilslein. 872.
Heilungweise, allöopalliisehc.
22.
a boniöonalhiscbe. 22. Helleborin. 526.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. ,
Beiieborus f'oetidus.' 531.
#9632; viridis. 531.
Hepar sulphnris calcareonr.
758.
• sulpliuris vidalile. 758.
- sulpburis vulgäre s. Salinum s. alcalinutn. 752.
-ocr page 960-
mi
— 941 —
Ui'i'lm, Tussilaginis. 246j-
. Verbenae. 272.
- Vrronicae. 24Ö.
laquo; et flores Hjperici. _ 564.
. rt (lores llosmarioi. 31G
. et flores Verbasci. 191.
. ct r.ulix Belladdiinae. 592.
. el radix Cbelidonii majoris. 5()b.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; #9632; •_#9632;
gt; radix, laquo;t baticac Ebüli. 564.
. et radix Biienicnli; 331.
laquo; et radix I'elroselini. 334.
. et radix Staticae anntriae, 272. I! .-ill _ fm
. et radix Tai'axaii. 246.
raquo; el siiuen Slraiuinonii. ()0I. Herbslzeitlose. 5!i5. lleulilimieii oder ileusamcn. 328. Illrciue. 220. .1 I '#9632;• #9632;gt; quot;n #9632;#9632;•' Hirschlioniiil. 444. m^iis #9632;#9632;• in i
. reklifr/.iites. 452. nirscliboriisalz, fliicbliges. 772. 'l Hiiscliliornspirilus. 772. Ilirschlal-. 230.1nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;ni'w • -i
lUillenstein. 907. HofTmannsche sdimerzstillende
Tropl'en 479. llrtlilwurzel, rand'e. 372.' liollundcrldiitben. 309. Hollundcrmars. 311. Unlzascbe. 7(59. Holzessig. 718.
• brenzlirher. 718.
Hydrargyrum sulplmratum nilirum,
905.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; - #9632; '
Hydras calcicus. 743. Hydrolhion-Scliwel'el-Kali. 752. Hyoseyainin. .586, Hyperoxyd. 820. Hyperoxydal. 820. Jalappenbarz. 523. Jalappenseife. 523. Jalappen-Tiiiklor._ 523. Jalappenwui-zi-l. 520. Jalappin. : 520: Japaniscbe lirtle. 270.^ raquo; Hi Igasursäiire. 684. rsnalbisboliiie: 646 Hex Aqnilolitnn. 291. IndiiTeienle Ittillel. 158.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;;'
indirekte Wirkung. 38.' .' Ingwer. .373.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. .y
Jod, Jod.um, .Todina. 676. Jod-Eisen. 859. ' d . Kalinin. 679.. .. , #9632; ' laquo; Tinktur. 678. . wassers^olTsaures Kaliraquo;. 679*
Jodelum Kali.. 679. ..... atk'A
Johanneskraul. 564;
Jobartnesöl, sekocbleS. 564.
Isopkraut. 318.
Judenpechrdt 463. gt;
iliuni
Kälberkropf. 646;
Käse. 172.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;t :
Kali acelieum. 811.. . ,. .
basisebes, kohlensaures;! 764
Bolzgeist; 718. rJ
#9632; : ' ...
in
bisulpburicura. 783. carbonienni. 763.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; n
carboniemn ticidulura. 764.. carbonieum neutrum. 764. carbonicum perfectlaquo; sntnra-
tum s. aeratom.. 764. caustienm siccUm. 733. essigsaures. 811. vollköinmen gesälligtes oder
cryslallisirt. koblens. :764. geschwefeltes. 7.52. hydrojodienm. 679. jodwassersloffsaures. 679. I kolilensaures 763. kolilensanves, crystallisirtes
od. vollkomm gesätligl. 764. kolilensänerliches. 764. I mildes. 764. #9632;•'quot; ' mile. 764. 'nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;_ •
neutrales kolilensaures. 764. neutrales, weinsteinsaur. 813. nilricuin. 804.
Holzkohle. 68Ö. #9632; Iloizsiiuie. 718.
Hoid-. 213. Hopfen. 'iäO.
raquo; spaniscber. 320. Hoidein. 198. . Hordeuni. 198. Hiiliiieidann. 505. Hültehrauch. 82ä. Hullallicli. 216. Handefett. 230. Hundspctei'silie. 646.
!
906.
lljdrargjrum. 878.
•nbsp; nbsp; aiuinoniato-murialicum.
•nbsp; nbsp; murialicuin cornisivuni. H96. raquo; murialicKin mile. ÖS8. J - oxydiilalum nigvum. 906.
raquo;nbsp; nbsp; oxvdatum rubrmn 88a.
lt;nbsp; nbsp; percbloratmn. 89ti.:
'nbsp; nbsp; praecipttathiu rubrnrn; 885
•nbsp; nbsp; nbsp;sulplmratum nigmm. 905.
Ü
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— 942 —
Kali, salpetersaärtis. 804.
•nbsp; nbsp; saures, scliwefelsaures. 783. raquo; sanres, Weinsteinsaures. 812.
-nbsp; nbsp; schwefelsaures. 777. #9632; Kali-Spiersglanzoxvii, weinsteinsau­res. 918.
•nbsp; nbsp; stibiosn-tarlarivnm. 918. raquo; subcarbooicuin. 764.
•nbsp; nbsp; sulphuratum. 752.
-nbsp; nbsp; sulphut'. h)idrogenatuni. 752.
-nbsp; nbsp; sulplmricum 777.
raquo; tartaricum aciilulnm. 812.
raquo; tartaricum ferratum. 865.
laquo; tartaricum natronatura. i 814.
raquo; nnterkohlensaures. 764. Kali-Scliwel'ellebcr, gemeine. 752. Kaliseife. 814. Kalk, kohlensaurer. 775.
-nbsp; nbsp; reiner, gebrannter oder leben-
•ligcr. 743.
' gelöschter. 743. Kalk-Hydrat. 743.
quot; Sclnvelelleber. 758. KälkwasSer; 743. ' Kalmuswurzel. 364. Kalomel. 886.
Kamillen, edle, römische. 314. , Karaillenblumen. 311. Kamülenexlrakf. 314. Kamillenöl, ätherisches. 313.
•nbsp; nbsp; gekochtes. 313. Kamillenwasser. 314. Kammfelt. 230. Kampher. 374.. Kamphercssig. 399. Kampherlinimenl. 398.
raquo; flüchtiges. 742. ' . gt; Kampheröl. 398.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 3
Kamphersalbe. 399. 1 Kampberspiritus. 398. , Kanlhariden. 488.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;,
Kanlharidenpdaster. 499. / Kanthariden-Tinktur. 601. Karhe. 331.
Kardobenedikfenkraut. 245. KartolTeln. 205. Katzenkraut. 328. Kalzenmünze. 310. Katzenprütchen. 272. Kelleresel. 563. Kcrmes mineralc. 915. Kienholz. 430. Kino. 271. Kirschffammi. 179. Kirschtoorbeerblätter. 643.
Kirscblooiheeröl, ätherisches. 643. Kirschlnorbeenvasser, destillirtcs.
643.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; : .
Kirschwasser. 475. Klatschrose. 585. Kleber. 194.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; '
Kleie. 197. 202. Klettenwurzel 190. Knoblaucli. 365. Koch- oder Küchensak. 79J. Koekelskörner. 646. gt;#9632; #9632;• Königssalbe. 407.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;. I
Kohle. 680.
•nbsp; nbsp; mincralisclie. 685. laquo; reine. 680.
quot; thierische. 680. Kohlensäure. 724. Kohlensaure Salze. 764. Kohlrüben. 218. Krähenaugen. 604. Kraftmehl. 192. Kramplstillendu Mittel. 45. Krappwiirzel. 281. Krausemünzkraut. 321. Kreen. 369. Kreide, weifsc. 775. Kreosot. 459.
Kreu/.hlällrigc Wolfsmilch. 560. Kreiizdornbeeren. 564-Krotonkörner, Krotonsamen. 513. Krotonöl. 516. Krotonölkuchen. 547. Küchenschelle. 561. Kühlende Wirkung. 12. Kümmel, römischer. 374. Kümmelsameo. 331. Kupfer. 865. Kupferoxyd, essigsaures. 874.
•nbsp; nbsp; schwefelsaures. 866. Kupfer-Salmiak. 872. Knpfervilriol. 866. Kupl'erwasser. 861. Kurkuma. 373.
Lac. 168.
•nbsp; nbsp; ehutyratum. 173.
•nbsp; nbsp; sulphuris. 656. Lachenknoblauchkraut. 319. Lactuca virosa. 646. Läusesaraen. 565. Lakrizensaft. 216. Larainm album. 272.
Lapis causticus chirurgorum. 733. raquo; divinns. 878. gt; infernalis. 907. ' mcdicamentosus. 872.
mmm
-ocr page 962-
943 —
J Lapis ophlhalmicns. | Laudanum liquidum
878. Sjdenhami.
Lowenzahnwrrzel. 246.
Lorbeerbulter. 338.
Lorbeeren und Lorbeerblätter. 336.
Lorbeeröl. 337.
Loröl 337^
Lupulin. 251.
Lythargyrum. 851.
Lylta vesicatoria. 488.
Magislrenzwurzel. 371.
Magnesia. 750.
lt;#9632; ätzende. 750.
- alba. 776.
•nbsp; nbsp; carbonica. 776. raquo; kohlensaure. 776, raquo; pura. 750.
•nbsp; nbsp; schwefelsaure. 785, raquo; sabcarbonica. 776. raquo; sulphurata. 758.
•nbsp; nbsp; sulphurica. 785. raquo; usta s. calcinata. 750.
Wagnium-Oxyd. tW-Magnium oxydatom. 750. WajoranbutU-r. 319. Majorankraut. 319. Majoranöl, destillirtes. 319. Maiwurm, kuprerrolher. 502.
raquo; schwarzblaoer. 502. Waiwurmkäfer. 502. Maiwürmer. 502. Maltum bordei. 199.
573. Laugensalz. 771. raquo; ätzendes mineralisches, /ob. . llüchliges. 737. . vegelabilisches. 733. Lavendelblamen. 314. Lavendclgeist. 316. Lavendelöl, deslillirles. 315. LebeDsbalsam. 428. Lebensbaum. 327. Ledum palustre. 647. Leim. 174. LeinkucLen. 182. Leinöl. 229.
. geschsveleUcs. 656. - lenienlinölhaltiges, geschwe-feiles. 428. Leinsamen. 180. Leinsamenmelil. 182. Lercbenlerpenlin. 417. Liehen islandicus. 201. Lichenin. 204. Liebslöckelkraut. 368. Liebslöckclsame. 368. Liebstöckelwurzel. 367. Lignum Quassiae. 242. raquo; et radix Juniper!.._ 354.
•nbsp; nbsp; resinosum pini. 430.
855.
Malvenblumen. 191.
Limatara martis praeparata Liniment, flüchtiges. 742. Linimenlum ammoniato campuora-
tum. 742.
•nbsp; nbsp; nbsp;ammoniatnm. 743. laquo; camphorae. 398 raquo; phosphoratum. 660. - volatile. 742.
Linsen. 206.
Liquor acetatis plumbi basici. 841. raquo; aeidus Halleri. 700. raquo; Ammonii acelici. 810. raquo; Ammonii carbonic, pyrooleosi
775. raquo; Ammonii causlici. 737. • anodynusmineralisBoffmanni
479. . Chlori. 661. laquo; Myrrhae. 438. raquo; Pfumbi subacelali. 841. laquo; Stibii murialici. 930. Löffelkraut. 371. Löffelkrautspiritus. 371.
Malvenkraut. 190. Mandeln, billere. 642. Mandelöl, ätherisches. MJ.
* süfses, fettes. 231. Mangan. 852.
Manganesiura. 852.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ;
Manganum hyperoxydatum^ raquo;5Z. . oxydatum nativum. oigt;i.
Mangold. 218.
MsnSa. 218.
Mannit. 218.
Mannstreuwurzel. oii.
Mars. 854.
Marumverura. 328.
Mastix. 431. _
Maler vini. 478. „ , ., , .
Materielle Beschaffenheit d. Arz­neimitlei. 76.
Maturantia- 70.
Mauerpfefferkraut. raquo;64.
Mecomum- 573.
Medicamenta acida. 083. - acria. 480.
Lüschwasser. 859.
-ocr page 963-
iHp
^
— 944 —
Medicaraenta adstrigentia. 6U 25lt;1
raquo; aethereoröl'ebsa. 291. ''• albuniinosa. 164.
-nbsp; nbsp; alkalica laquo;-t letreu. 725. raquo; amara 233. quot; amylacea. 192. raquo; aromalica. 291.
•nbsp; nbsp; campliorace:-. 374.
-nbsp; nbsp; einpyrtumatica. 439.
-nbsp; nbsp; indiubrentia. 158.
-nbsp; nbsp; raelailica. 819.
•nbsp; nbsp; niDciiaginosa, 176.
-nbsp; nbsp; naicotica. 565. raquo; pingaiii ft oleosa. 219. laquo; resinnsa ft blilsaniica. 399.
-nbsp; nbsp; sacdianmi et iiii-llagiiica. 2(17.
-nbsp; nbsp; .s|iirilni)sa tt aetberva. 163. Meernelke. 272. MeerreltigwiB^el. 369. Meei-salz.quot; 791. MeerztviebeK 539. Mi'istigt;iwurzfl. 371. Mekkabalsaiu; 431. Mel. 212.
Melilotenkrünt. 328. Melissenkraut. 3'i2v üleloii raquo;MJalis. 502.
•nbsp; nbsp; nbsp;proscaiabaciis. 502. Wentba aqoalica. 322.
•nbsp; nbsp; nbsp;ai'vensls, 322.
•nbsp; nbsp; crispa. 321.
-nbsp; nbsp; Diperita. 320. laquo; Pulcgium. 322.
Mittel, adstringirende. 254.
•nbsp; nbsp; nbsp;ätberisch-ölige. 291.
quot;25.
' alkalisclie und erdige.
raquo; arninatische. 29U 0 ' betäubende. 565.
-nbsp; nbsp; bittere. 233. laquo; c.iinpberbalti;e. 374.
•nbsp; nbsp; nbsp;clieuiiscb-einraclie. .64y. |
-nbsp; nbsp; eiweisbaltige. 164. laquo; empyreiimatiscbe. 439.
•nbsp; nbsp; leite und l'ettig-iilige. 219.
•nbsp; nbsp; gewiirzlial'tr. 291. ' gamnii-.'a;'scbleiiui/ai7.ige.43i: raquo; banige u. balsamisdie. 399.
-nbsp; nbsp; inilillcriiile. 15S.
-nbsp; nbsp; nbsp;nielil- u. slliikcaiebilialt. 192.
-nbsp; nbsp; nbsp;metallisclie. 819. quot; narkotisebe. 565.
•nbsp; nbsp; saure. 685.
-nbsp; nbsp; scharfe. lt;I80. quot; sclilciitiige und giiiiiiuiliallii;e.
176. ' süCsc, /.uckechnltige. 207.
-nbsp; nbsp; weingcisU und ätiierliallise. 463.
Miltelsalze. 759.
Mixlura sulpbiuico-acida. 700.
•nbsp; nbsp; vulnrraria aeida. 701. Molin, wilder. 585, Molinköple. 585. Molinöl. 231. Molinsal't. 573. Mobnsamen. 184. Wobnsanieiiniilcb. 185. Mobr, mineralischer. 905. Mohrrüben. 216. Mohrrübensaft. 217. Molken. 170.
Momordica Elaterium. 563. Moos, isländisches. 20-1. iUoosheeren. 289. Morphium. 57.3.
' aeelicum. 574.
quot; essigsaureslaquo; 574. Murias Feiri cuin Aijua, 865.
r oxyd^li Slihii. 9-30. .
' zincicus. 932. Morvean'sche Räucberunlt;rpii. 665. Mucus. 176.
Münze, sriine etc: 320—322. Mullerkorn, 6J6. Mullrrhar/.. 438. Wyrrbe, MyiTlieiiguiiimi. 436. Myrrhenbalsam; 438. Myrrbenextract, wässeriges. 438.
•nbsp; nbsp; silveslris. 322.
!
•nbsp; nbsp; nbsp;viriclis. 322; MiTcurius. 878.
•nbsp; nbsp; dolcis. SS8. ' praecipilatus albus. 906. raquo; prailt;;i|gt;italus rubel'.. 885.
-nbsp; nbsp; nbsp;Solubilis n.'ibrieiii.iii'iii. 906 quot; soblimatus lorrosiyns, 8.quot;().
Merkarialsalbe, graueij 880. Wet.-.lle. 819. .I33 . Melnllum bxydatuiri. 820. .
•nbsp; nbsp; oxyclulaiiirti/ 820.: Melallsalzc. 820. Mlere, rolbe. 505. HIi!cl.V 168.
Biilcbzucker. 173.^ #9632; )#9632;..#9632;, Millepedes. 563. (I Minderers Giisl. 810. Mincralkermcs. 915. Minerahmnlir. 9';5.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; . .
Mineralsäiiriii. 686. Mislt-I. 275.
m—m
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945 —
Jlyrilienfliissigteit. 438. Ulyrrlieniil. 438.
raquo; destillirtes. .438. JByrrlienlinKtbr. 438. ISaclitschalten, schwarzer. Napbta vitrioli. 479, iN'aiToline. 573. Narkotische Mittel. 565. ftatrmm chloralum. 791. Natronhydrat. 736. ISatrcinseilc, 814. jSalraiu aceticum. 812.
. basisch kolilensaiires.
laquo; carlionicui'.i. 770.
644.
Oleum aethercum Ariisi. 330.
lt;#9632;nbsp; nbsp; aethereum vegetabile. 293.
•nbsp; nbsp; ammonlaluiii. 742.
gt;nbsp; nbsp; Amygdalarum amararura ae­thereum. 643.
--nbsp; nbsp; Amygdalarum dulclum. 23L
•nbsp; nbsp; anlmale aelhereum. 452. 'nbsp; nbsp; animale l)i|i|ulii. 452.
#9632;•nbsp; nbsp; animale loelidum. 414.
•nbsp; nbsp; antbelinlntbleum. 452.
-nbsp; nbsp; nbsp;Asphalli. 463.
raquo;nbsp; nbsp; baccarum juniperl. 353.
-#9632;nbsp; nbsp; betnliniim. 463.
laquo;nbsp; nbsp; camphoratum. 398.
raquo;nbsp; nbsp; Cannabis. 231.
-nbsp; nbsp; Cerae. 463.
•nbsp; nbsp; Chamomillae aelhereum. 313
•nbsp; nbsp; nbsp;Chamomillae infnsuni, 313.
•nbsp; nbsp; eontra taenlam Cbaberti. 452
•nbsp; nbsp; Coinu cervi loetldum. 444.
•nbsp; nbsp; Cornn cervi reclllicatura. 452. raquo;nbsp; nbsp; Crotorils. 546.
laquo;nbsp; nbsp; destillatum Sabinae. 327.
•nbsp; nbsp; nbsp;Fillcis marls. 286. raquo;nbsp; nbsp; Pnliginis, 463.
•nbsp; nbsp; nbsp;Uvoscjami infosun); 586.592. lljpeilcl cbclnm. 564.
•nbsp; nbsp; nbsp;Laurl. 337.
'nbsp; nbsp; nbsp;Lauro-cerasi aetliereum. 643.
'nbsp; nbsp; Lavendnlae desilllatum. 315.
fnbsp; nbsp; lignl Guajaci. 473.
•nbsp; nbsp; nbsp;llgnl juniper!. 354.
-nbsp; nbsp; nbsp;Lini. 229.
•nbsp; nbsp; nbsp;Llni .sulpliuraluin. 656.
•nbsp; nbsp; nbsp;Lllhrancis. 463.
laquo; Majoranae destiUatum. 319.
•nbsp; nbsp; nbsp;Mentbae piperilae. 321.
•nbsp; nbsp; Myrrliae aelhereum. 438.
raquo;nbsp; nbsp; Myrrliae per deliqulum. 438,
-nbsp; nbsp; Napi. 2s0.
laquo; nucleonim Fagl. 230.
•nbsp; nbsp; nucum Juglandlnm. 231. -#9632; Olivarum. 227.
raquo; Orlgani crctlci. 320.
-nbsp; nbsp; nbsp;Ovorura. 167.
-nbsp; nbsp; nbsp;Palmae. 231.
-nbsp; nbsp; nbsp;Palmae Christi. 231.
-nbsp; nbsp; nbsp;Papaveris. 231.
•nbsp; nbsp; nbsp;Pelrae. 462.
•nbsp; nbsp; nbsp;Flillosophoriim. 463. laquo; pyro-animale. 444.
lt;#9632; nyinearlionicum. 463.
-nbsp; nbsp; Ricinl. 231.
' Ruris marinl. 316.
7ro.
raquo; carbonicaiu neulriiin,
per-
1'ecle saturalums. acidulum 770.
736.
laquo; canslicom s. pnrura
laquo; clilorjilum- 770.
' essigsaures. 'HVl-
raquo; kolili-iisaures. 770.
laquo; murialicnin. 791.
70.
' neutrales kolilensauros.
; salzsaures. 791.
•nbsp; nbsp; schweielsaaresraquo; 783. laquo; sulicarhoiiirnin. 770. - sulphuricurn. 783.
Nalterwurzel. 270. Neapelsalbe. 880. Nclkenpfeffer; 342. Nelkenwurzel- 281. Nervensalblaquo;. 316. Nessel, taube. 272. Neutralsalze. 759. Nicotianio. 618. Nicolin. 618.
Niesenerregendi Nieswurz, grüne.
s schwarze.
raquo; stinkende.
Wirknng . 531. 526. 531.
•nbsp; nbsp; wellse. 531. Nitras kalicns. 804.
•nbsp; nbsp; iiolassaf. 801. Nltrmn. 804.
Nux vomica. 604. Obslesslg. 712 Ochsenklanenfelt. 230. Odermennige. 272. Oel, ätherisches. 293. • brenzlicbes oder empyrenma-
tlsches. 4j9. Oelstoff. 220. Oerllicbe Wirkung. 37. Ofenrui's, glänzender. 453. Olelne. 220.
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— 946
Olenm Rusci. 463. ' Spicae. 315.
•nbsp; nbsp; Terebinthinae. 418.
laquo; Terebinthinae sulphuratum. 428.
-nbsp; nbsp; vitrioli. 697. Operment. 839. Opian. 073. Opium. 573. OpiumextraL't. 574. Ojiiumtinklm-, einfache, bcnzoe-
haltige uml safranbaltige. 573. Opiumwasser. 574. Origanum creticum. 320. Osmaznm. 174. Osterluzeitvurzcl, gemeine. 372.
•nbsp; nbsp; runde. 372. Ova. 165.
Oxycrat, einfaches. 716.
-nbsp; nbsp; zusammengesetztes. 716. Oxycratum cooipnsitum. 717.
•nbsp; nbsp; simplex. 716. Oxyd. 820. Oxydul. 820. . Oxydulum. 820. Oxydnm. 820.
calcicum. 743.
ferricum. 859.
ferricum cum Aqua. 858.
ferroso-ferricum. 858.
Hydrargyripraeparatum. 885.
illagnesiae ni^rum nativum. 852.
Mangani nigrum. 852.
Natri hydratum. 737.
Plumbi album. 852. Oxymei aeruginis. 876. Palmöl. 231. Panax-Guinmi. 439. Papaver rhoeas. 585. Pappelrinde. 278. Pappclsatbe. 279, Paradieskörner. 374. Paris quadrilblla. 644c Pastinaca saliva. 217. Pastinakwurzel. 217. Pech, schwarzes. 410.
•nbsp; nbsp; weifses oder Burgundisches.
408. Perubalsam. 431. Petersilien-Kraut und Wurzel. 331. Petersiliensamen. 332. Petroleum. 462. Peucedanum ofdcinale. 253. Pfeffer, sclnvarzer. 338.
Pfeffer, spanischer. 341,
-nbsp; nbsp; weilser. 341. Pfefferkraut. 328. Pfeffermiinzkraut. 320. Pfeffermünzöl. destillirtes. 321. Pfeffermünzwasser. 321. Pfeffer-Tinktur. 342. Pferdefelt. 230. Pferdesaat. 335. Pflanzenkohle. 680, Pflanzenlaugensalze, luflsanre. 761. Pflanzensäuren. 686.
Pflaster, englisches scharfes. 500. #9632;= scharfes. 500.
•nbsp; nbsp; schwarzes, 500. Pflaumenbranntwein. 475. Pflanmengnmmi. 179. PHaumenmul's. 219. PhagadänischesWasser, gelbes. 903.
•nbsp; nbsp; mildes oder schwarzes. 896. Phosphor. 657. Phosphoiäther. 480, Phosphor-Liniment. 660. Phosphorsänre. 723. Pimpinelta nigra. 372. Pimpernelle, rothe. 275. Pimpinellwurzcl, schwarze. 372.
•nbsp; nbsp; weifse. 272. Piper album. 341.
•nbsp; nbsp; caudatum. 374.
raquo; hispanicum. 342, laquo; jamaicense. 342.
-nbsp; nbsp; nbsp;nigrum. 338. Pix alba. 408.
- liquida. 455.
•nbsp; nbsp; nigra liquida Fagj. 455.
*nbsp; nbsp; nbsp;nigra solida. 410. Placenta granoium crotnnis. 547.
= seminum lini. 182. Plumbum. 840.
' aceticuin. 840.
laquo; carbonicum. 852.
raquo; oxydalum subfusctim. 851. Poleimünzc. 322. Poma coloeynthidurn. 542. Pomeranzen, unreife. 373. Pomeranzenblätler. 373, Pomeranzenschalen. 3C3. Populus tremitla, 278. Porsch, Porst. 647. Potassa. 764. Pottasche. 764. Praecipitatus ruber. 885. Praecipitat, rolher. 885.
•nbsp; nbsp; nbsp;weifser. 906.
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- 947 -
Prrisselbeeren. 289. Priiuiire Wirkung. 35. Principium udstringens. 255.
laquo; amaiuin. 233. Prunus LaurorCerasns. 643.
. Padus. 642. Pleiis aquilina. 287. Pulpa Prunorum. 219. Pulvis Doveri. 574.
•nbsp; nbsp; nbsp;Ipecacuanhae coiDpositus.574.
•nbsp; nbsp; pyrins. 810.
•nbsp; nbsp; sclopetarins. 810. PorgierkSrner, kleine. 543. Purgierkr'aut. 506. Purgierwurzel. 520.
Patamcn nuuuin juglandium. 280. öuappcrifett. 230. (juassiaholz. 242. Quassin. 242. Qneckenexttakt. 218. Qaeckensal't. 218. Qoeckenwarzel. 218. yueciisilber. 878.
•nbsp; nbsp; ätzendes salzsaures. 896. quot; mildes salzsaures. 888.
raquo; versüfsles. 888. Quecksilherclilorid. 896. Queclisilbei'clilorur. 888. Quecksilbcroxyd, rotlies. 885. Quecksilberoxydul,schwarzes. 906. Quecksilber-Präzipitat, rolber. 885. (Juecksilbersaibe, graue. 880. Quecksilbersublirnat,ätzender. 896. Quellsalz. 791. Qut'niielkraut. 323. Quiltenkerofe 179. Quittensainen. 179 Kabels Wasser. 700. liadices Dauci. 216. Radix Allii. 365.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^
-nbsp; nbsp; Allhaeae. 186. ' Angclicae. 358.
•nbsp; nbsp; Aristolocliiae labaceae: 372. raquo; Aristolocliiae rotundae. 372. laquo; Arislolocliiau vulgaris. 372,
laquo; Ariuoraciae. 369.
•nbsp; nbsp; Asari. 564.
•nbsp; nbsp; Bardanae. 190. laquo; Bistortae. 270.
•nbsp; nbsp; nbsp;Brioniae albae. 540.
•nbsp; nbsp; Calami aromalici. 364. ' Carlinae. 363.
•nbsp; nbsp; Caryopliyllatae. 284.
-nbsp; nbsp; Cepae. 367.
-nbsp; nbsp; Cicboril. 2!6.
Radix Consolidae majoris. 188. Curcumalaquo;. 373. Diclamni albi. 372. Enulac. 354. Ervugii. 373. Filicis, 285. Galangae. 373. Gentiauae. 240. Craminis. 218. Hellebori albi. 531. Bellebori nigri. 526. JalapfKe. 520. iniperaloriae. 371. Ipecacuanbae. 518. Lapalbi. 273. Ltvislici. 367. Liqniriliae. 214. Bleu. 372.
Piiupincllae albae. 372. Pyretliri. 36i. Uatanbiae. 271. libei. 523.
Kubiae tlncloruiii. 281. Scillae. 539.
Serjientariae virginianae. 372. Spii'eae cellicae, 362. Syinpliili. 188. Tormtnlillae. 269. Valeiianae majoris. 362. Valeriauae miiioris 360. Veialri albi. _531.
•nbsp; nbsp; Zedoariae. 373.
•nbsp; nbsp; Zingiberis. 373. _
•nbsp; nbsp; et berba Saponariac. 565. Rahm. 172. Rainlarrnkrant. 249. llalanliiauuizcl. 271. Ratten- oder Rläusegii'l. 825. Rauscbgelb. 839.
Raute. 252.
Reifs. 206.
Reifsblei. 685. Resorptionlaquo; 25.
'H
Residuum post dcslillationem
spi-
ritus frniueDli. 475. Resina. 399.
- alba. 408.
raquo; benzoes 431.
•nbsp; nbsp; nbsp;elimi. 430.
raquo;nbsp; nbsp; jalappae. 523.
lt;nbsp; nbsp; liquiila empyreuroatica. 455.
laquo;nbsp; nbsp; maslicbes. 431.
•nbsp; nbsp; olibani. 431. laquo;nbsp; nbsp; pini. 402.
= storax. 431.
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m—m
948 —
lilial),!!liarln. 524; #9632;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;) J
llhabarberextrakt, einfaches. 525.
laquo; zusaiuniengesrlztes. 526. Rliabarbersyrup. 526. Kliabarbertinktnr, wässerige, 52G.
' weiiip;t'islige. 526. lihabarbfi'wnrzel. 523. Kliein, Rhcumih. 524. Ricimisöl. 231. llinderniist.- 192. Rindertalg. 226. Rindsgalle. 244.
Roggen. 200. ...... I
Roggenbrot. 202. Roggenkleie. 202. Roggenmehl. 201. Rohrzucker. :210.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; !
Roob janiperi. 353. RosenlilällcT. 287. Rosmarin, wilder: 647. Rosmarinkroul. 316. Rosmarinöl. 316. Rosmarinsalbe. 316. Rosiiiarinsjiirilns. 317. Rolsrencliej. 335. Rofskaslanieriblälkr. 280. Rofskastanienrfrfde, 279. Rofskaslanierisamen. 279. Roismünze. 322. Rofsschwefel. 648. Rübe, rollie. • 218. Rüböl. 230. Ruhrwurzol. 269. 518. Riimex acatas. 275.
- aqaaticus. 275.
•nbsp; nbsp; obtusii'olius. 275, raquo; patienlia. 275.
Runun. 475. Runkelrübe. 218. Rufs. 453. Rulsöl. 453. Rufstinktur. 455. Sabaditlsame, 564, Saccbaram album. 210. raquo; lactis. 173.
•nbsp; nbsp; saturni. 841. Sadebaum, 323. Satlebaumöl. 327. Säuren. 685.
Säurewidrige Wirkung. 71. Safran. 647.
Safranbaltige Opiamlinklnr. 573. Saftgrün. 564. Sagapenum. 439. Sahne. 172,
Saidscbützer-Salz. 785.
Sal alcali minerate caustienm. 736.
•nbsp; nbsp; nbsp;alcali volatile. 737.
•nbsp; nbsp; nbsp;amarum. 785. aimunniacum. 798. ammnniacuni acelatnm, 810. anglicum. 785. culinare s. commune. 791. de. (lunbus. 777.
' fnntanum. 791, quot; genimae. 791. raquo; marinum. 791.
•nbsp; nbsp; nbsp;niirabiie Glauben; 783,
•nbsp; nbsp; nbsp;Saidsebuelzcnsae. 785. ' de Seignetle. 814.
' - ta-rtari. 764,
•nbsp; nbsp; nbsp;tartar] crvslallisalnm. 764. raquo; Tolalile aiinüonialwm. 737. ' volatile cornu cerraquo;i. 772.
Salbe, ägyptische. 876.
•nbsp; nbsp; nbsp;iliielitige. 742.
-nbsp; nbsp; nbsp;gelle. 407.
-nbsp; nbsp; nbsp;pxygenirte. 705. Salbeikraut. 317.
Salia alcalina et terrea. 759.
•nbsp; nbsp; nbsp;media. 759.
•nbsp; nbsp; nbsp;neulra. 759. Salicin. 276. Salivanlia. 48. Salmiak. 798. Salmiakgeist. 737. Salpeter': 804.
Salpeterätber, 480.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ih
Salpeterätlier-Weiugeisi. 480. Salpetergeist, saunr. 701. Salpetersäure. 701.
Salz, gemeines. 791. Salzäther, 480.
Salzäther-Weingeist. 759.
480,
o einfache. 750.
•nbsp; nbsp; nbsp;essigsaure, 810.
' kohlensaure. 763.
'• öl- und talgsaure. 814,
laquo; salpetersaure. 804.
•nbsp; nbsp; nbsp;salzsaure, 791. raquo; saure. 759.
raquo; schwefelsaure. 777. raquo; weinsleinsäure. 812. ' der Alkalien u, Erden Salzgeist. 705,
•nbsp; nbsp; nbsp;versüfster. 480. Salzsäure. 705.
•nbsp; nbsp; nbsp;eisenhaltige. 660,1 oxydirte. GoO,
759.
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— 949 —
lahsanrc Dampfe. 712._ , RliQcherangen. 665. iansais dracanis. 271. lanikelkraut. 272. iantonin. 250.
814.
Schwefeleisen. 859. Schwefel-Kali. 752, Schwefelkalk. 758. Schwefellcber, -flüchtige. 758. Schwefel-Magnesia. 758.
chwefclmilcb. 656.
jjpo domesticus 8. albas.
jaloppiaus. 523.
jfnllnus. 814.
inedicatus. 819.
natronatas. 814.
noslras. 814.
sebaceas. 814.
tercbinthinatus. 428
venelns, Lispanicus. 819.
viriilis s. Diger. 814. Saturnus. 840. Siiare, arsenige. 825.
prcufsische. 632. Säuren. 685.
•nbsp; nbsp; niineralische. ' thierische. 686. laquo; vegelabiliscbe. 686.
Sauerkobl oder Sauerkraut. 724 Sanerteig._ 201. Scammonium. 565. _ Schafearbenkraut. 251. Scharfe Mittel, 73. 480. Scheidewasser. 701. Scherbenkobalt. 839. Scliierlingskraut 627. Scbipfspulver. 810. Schiffspech. 410. Schlampe. 475.
Schwefel-lNiederschlag. 656. Schwefelquecksilber, lollies. 905.
•nbsp; nbsp; schwarzes. 905. Schwefelsäure. 697.
-nbsp; nbsp; gereinigle od. destillirte. 697.
-nbsp; nbsp; rohe. 697.
-nbsp; nbsp; verdünnte. 700. raquo; versüfste. 479.
Schwefelsalbc, einfache. 655.
zusammengesetzte. 655. Schwcfelspiefsglanz. 912. Schweinelett. 225. Schweifslrcibende Wirkung. 61. Scillitin. 539. Seeale. 200.
•nbsp; nbsp; cornulnm. 646. Sekundäre Wirkung. 36. Seife, grüne oder schwarze. 814.
laquo; medizinische. 819.
- venelianisclie u. spanis 819.
raquo; weifse. 814. Seifen. 814.
Seifengeist od. Scifenspiritns. 81D. Seifenkraut. 565. Seignetle-Salz. 814. Seihe. 200. Semen Anethi. 332.
. Anisi. 329.
= Anisi stellati- 330.
laquo; Cannabis. 185.
•nbsp; nbsp; Carvi. 331. lt; Cocculi. 646.
Coriandri. 374. Crotonis. 543. Cumini. 374. Ervi. 206. Fabae. 206. Focni graeci. 184. Foeniculi. 331._
I
Schlangenwurzel.
•nbsp; nbsp; virginische.
270.
372.
Schlehen. 289. Schleim. 176. Schleimharze. 431. Schmucker'sche kalte Umschlage.
717. Schmierseife. 814. Schöllkraut-Blätler u. Wurzel. 50raquo;. Schwächende Wirkung. 66. Schwamm, gebrannter. 684. Schwaramkohle. 684. Schwarzwurzel. 188. Schwefel. 648. Schwefeläther. 479. Schwefeläthergeist. 4/9. Schwefel-Ammonium. /5S. Schwefclarsenik, gelber. 8J9.
Schwefelbalsam, einfachquot;-„quot;^ raquo; terpenthinballiger. iiraquo; oao. * terpenlhinölballigcr. 428.
Schwefelblnmen. 656.
*
335.
Eoeniculi aquatici. Levistici. 368. Lini. 180.
Papaveris albi et nlgri. 184. Petroselini. 332. Phaseoli. 206.
335.
Phellandri aquatici. Pisi. 206. Sabadilli. 564. Sanlonici. 250. 61
H e r t w i g Anneimillcllelirc.
ig
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- 950 —
Semen Sinapeos. 343.
•nbsp; nbsp; sinapeos albae. 349. laquo; Stapliisagriac. 563. raquo; Viciae. 206.
Semina Cntapucü ininoris. SfiO.
•nbsp; nbsp; nbsp;Cytlouiurum. 179. Senf. ;M3,
•nbsp; nbsp; weifser. 349. Senfpüasler. 3J8. Sennesbliitler. 509. Serum laclis. 170. Scvum cervi. 230.
•nbsp; nbsp; ovilluiu. 226.
raquo; taurinura. 226. Silber. 907. SKberglütte. 851. Silberel'Sile'essig: 840. Silbeikraut. 272. Sflberoxyd, gescbmolzenes salpo-
tersaares. 907. Sin.'ipismns. 348. Skauimnniaro. 565. Slivnvitza. 475. Smiliisclie Kiiinberungen 704. Soiln, reine. 736. Soda, schwefersanrc. 783.
•nbsp; nbsp; vveinsteinsanre. 814. Soilaseil'e. 814. Solanin. 206.
Soiaimm dulcamara. 644.
•nbsp; nbsp; nigrnm. 644. Soolsal?,. 791. Spanische Fliegen. 488. Spaniselilliegen-Liniment. 499.
•nbsp; nbsp; Pilaster. 499. - Salbe. 496.
= Tinktur. 501. Species aromaticae. 305. Speichclerregttnde Wirkung. 48. Spiel'sglanz. 910.
raquo; robes. 912. Spiersjjl.inzanllösung.salzsanre. 930. Spiefsglanzbatter. 930. SpielsKlanzoxyd. weinsteinsaures.
91laquo;; Spielsglanzscbwefcl, pnmeranzen-
larbener. 915. Spiel'sglanzschwetel, ntlber. 915. Spiersgbinztvcinstcin. 918. Spikül. 315. Spiritus camphoratns. 398.
raquo; Cerasornm. 475.
• eornu cervi. 775.
quot; Fiirmicaruin. 505.
- frumenli. 471.
Spiritus Juniper!. 354.
•nbsp; nbsp; nbsp;Lavendulae. 316.
•nbsp; nbsp; nbsp;s. liquor Minderer!. 810. laquo; mnriatico-aethereus. 480 -- Nilri acid us. 701.
=• Nitri duleis. 480.
= nitrico-aetbereus. 480.
•nbsp; nbsp; nbsp;Oryzae. 475.
= Kosmarini. 317.
•nbsp; nbsp; nbsp;Saccbari. 475
' salis acidns. 705.
raquo; salis annnoniaci cansticns.
737. = salis dnlcis. 480. ' saponis s. saponatns. 819.
succt saccbari. 475. ' salphnnco aetbereus. 479. raquo; lenliinlliinae. 418.
•nbsp; nbsp; vini. 471.
•nbsp; nbsp; nbsp;vini gallious. 475.
9 vini rectificatns et rectifica-lissinms. 471.
•nbsp; nbsp; nbsp;viliiuli dnlcis. 480. Spongia usla. 684. Spr!ngk3rner. 560. Stärkemehl-. 193. Stärkende Wirkungi 65. Slablkugeln. 865. Stahlscbwelel. 859. Slangenschwefel. 648. Stearine 220.
Stecbanfel - Blätter und Samen 601.
Stechpalme. 291.
Stein, göttlicher. 878.
Steinklee. 328.
SteiokoblenSl. 463.
Steiiml. 462.
Steinsalz. 791.
Stephanskiirner. 565.
Stereos boum aut vaccarura. 192.
Sternanis. 330.
Stibium. 910. lt;= sulphuratnm crncilum. 912. _= snlphuraluni nigrnm. 912.
Slinkasant. 432.
Stipiles Dulcamarac. 644.
Storax. 431.
Sturchschnabel, gefleckter. 273. Strammnnin. 601. Strychnin. 604.
quot; salpeiersaures. 610. Strychninum nilricnm 610. Sturmhnt. 644. Subbisulpbnrelum Stibii. 915.
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— 951 —
Sulicarbonas Plumbi. 852. Suboxyd. 820. Succinum 431. Succus Dauci. 217.
raquo; Juniper!. 35^.
gt; Liquiriliae. 21fi.
raquo; Saiubuci. 311. SäfeholMBtt. 216. Süfsholzwnrzel, 214. Snlplias aluminico-kalious, cura aqua. 786.
raquo; Magiifsiae. 785.
raquo; oxyduli tV.ni. 861.
= Sodae. 785.
Taxus baccala. 645. Temperauienl der Thiere. Hto-Terebintbina. 412.
raquo; argentoralensis. 41/.
= canadensis. 418.
raquo; carpathica. 417.
= coda. 418
laquo; cyprica. 418.
raquo; gallica._ 417.
raquo; bungarica. 418.
#9632;' venela. 41/.
Terpcnlbin 412.
raquo; Canadiscber. 41ö._
t Carnatbiscber. 417.
, Cypriscber. 418;
. Fratiiiisicber. 41/.
- gekocbter. 418.
ä Stralsburger. 417.
raquo; Ungarisrber. 418.
, Venelianisclier. 417. Tupenlbingeist- 418. Terpenlbinöl. 418.^
= ziocicas cum aqua. Sulnlinr. 648.
931. 915.
*nbsp; nbsp; Anlimonii auralum.
•nbsp; nbsp; caballinum. 648. raquo; chalybealum. 859. laquo; cruuum. 648. . depuratum. 656.
*nbsp; nbsp; praecipitaluin. 656.
915
erpenlhinseife. 428.
. stibialum auranliacmn raquo; stibiatuni rnbruni. 915.
•nbsp; nbsp; vulgäre. 648 Sulplmrelum Slibii uMivum S. ve-
r nale. 912. raquo; stibii rubruin. 915. Snmpfnorscb. 647. Sydenhams Opiumlinklnr. 5.3. Syrupus roinmuiiis. 212. % rRhei. 526.
Terra eatecbu. 270. .
, foliata tartan-^ oil-Testae ovorum. 775. Tenfelsdreck; 4^2. Tliea viri.iis. 288nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^
Tbedens Seburswasser. lt;laquo;raquo;• Thee, grfiner. 2S8. Theer. 155. Tbeerwasser. 4^ö
TbfeSv^chiedenl.eit bin^cbl-licl. der Annei^nkung. 95.
Tbieri'.l, •itberiscbes. 432. s slinkerdes. 444.
* sacclian. 211-
61S.
Tahak, Bläller und Kraul. Taflia. 475. Talgseife. 814.
Talgsloff. 220.
750
Tbomnle, reine. 751.
786.
Talkerde, reine, gebrannte Talk Scbwefelleber. 75raquo;-Tannin. 255
Tbon-Kall, schwcfelsawes.
Thuja orxldentalis. gt;gt;2/. Tbns. 431. .
Tlniiiian. gemeiner.. Jquot;. Tincluia Aloes o3raquo;-c As.to foelldae. 4.51.. . Canlbaridum. 501-= Capsici annul #9632;gt;1- , i Digitalis aelherea ('1H = Digitalis simple^. 614. 618. . Eupborbii. '^^9.
Tanningensäure. lw
918.
Tartarus anliraonialis. laquo; boraxalus. 814. • crudus. 812. = depuratus. 812. - eroelicus. 918. raquo; kalico-slibicus. 91raquo;-
raquo; natronatus. 814.
814.
-- Polassae ct Sodae raquo; solubilis. 813. . stibiatas. 918. ^ lartarisatus. 813. . vitriolalus. 777. Tarlris Polassae s. lixiviae. raquo;1*
, FaViginis 455. . Hvoscyami. ^^6. . Jalappae.^ .gt;igt;. -- .Todii. 678.
Myrtbae. 438-
243.
• Opii benroica. 5/4. 61*
Tansendglildenkraul
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952 —
Tinclura Ojjü crocala. 573.
-nbsp; nbsp; Opii simplex.
-nbsp; nbsp; nbsp;Rhej aquosa. 526.
-nbsp; nbsp; Rliei vinosa. 526.
-nbsp; nbsp; Veralri albi. 538. TolRirsche. 592. Tollkraut. 592. Tolubalsara. 431. Tormenlillroth. 269. Tormen iilwurzel. 269. Tragaothgnnimi. 179. Traubenkiisclibaura. 642. Trebern. 200. Triticum. 196. Tubera Solani. 205. Tnriones janiperi. 354.
• pini. 4t9 Ucbeioxjtl. 820. Ucberoxjilul. H20. Uebersalze. 759. Dlmenrinde. 273. L'nguentura aegyptiacam. 876.
-nbsp; nbsp; Acruginis. 876.
-nbsp; nbsp; album camplioratum. 852
-nbsp; nbsp; Allbacac. 188. raquo; basilicum. 407.
-nbsp; nbsp; belulinnm. 280.
-nbsp; nbsp; Caraphorae. 399.
-nbsp; nbsp; Cantharidnm. 496. ' crream. 232.
-nbsp; nbsp; nbsp;Cerussac s. Ungiientum album
simplex. 852. ' Cerussae camplioraltim. 852.
-nbsp; nbsp; Elemi. 430.
-nbsp; nbsp; flavum. 188. 407.
•nbsp; nbsp; nbsp;Ilydrargyri cinereum. 880.
-nbsp; nbsp; mercnriale. 880.
-nbsp; nbsp; neapolitanum. 880.
•nbsp; nbsp; ncrvinum. 316.
•nbsp; nbsp; oxygenalutn. 705. raquo; populcum. 279.
-nbsp; nbsp; resinae Pini. 407.
-nbsp; nbsp; rcslnac Pini Burgundicae. 188.
408.
•nbsp; nbsp; saturnimmi. 850. ' snlphqratum cnropnsitam. 655.
-nbsp; nbsp; sulpliuraliim simplex. 655.
-nbsp; nbsp; tart, stibiati. 929. Unteroxyd. 820. Venus. 865. Verairin. 531.
Verbindungen d. Araneiraittcl, 89. Vermes majales. 502. Versucbe. 138. Vinacea. 478.
Vinum. 476.
Viridc aeris. 874.
Visenm album s. quernmn. 275
Vitellum ovi. 165.
Vitriol, blauer. 866.
-nbsp; nbsp; cyprischer. 866. • grüner. 861,
raquo; weifser. 931. Vitrioleapfata. 479, Vitriolöl. 697. Vitriolum album. 931.
-nbsp; nbsp; coernleum, Vitr.' Cyprlom
Vitr. de Cypro, Vilr. Ve-nens. 866.
-nbsp; nbsp; Marlis s. Vitriolum viride.
-nbsp; nbsp; Zinci s. album. 931. WacMioldeibeeren. 349. WachhnlderbeerOl. 353.' Wachliolderbranntwein. ' 475 ^V:,clilioldtrljolz und die Wurzeln
354.
Wacliliolderliolzöl. 354. Wachhöldersaft. 353. Wacliliolderspiritus. 354. Wacblioldersprosscn. 354.
^vaclls. 23i:
Wacbsill. 463.
Wacbsllasler, gelbes. 408.
^Vacl)ssalbe. 232.
Wadecke. 170.
Waizen. 196.
Waizenbrot. 197.
Walzenkleie. 197.
Waizenmclil. 196.
quot;Waizen-Slärkemchl. 197
Wald-Angelika. 359.
#9632;Waldmünze. 322.
Waldn.icbtscballen. 592
Wallnul'söl. 231.
Wallnul'ssclialen, grüne. 280.
Wasser, grünes. 878.
• oxydirt salzsaures. 661. laquo; phagadänisches, gelbes. 903. raquo; mildes od. schwarzes. 896.
Wasserampl'er. 275. Wasserlencbelsamen. 335. AVassermlinze. 322. Wasserschierling. 631. WasserstoiTblansäure. 632. Wegebreit. 272. Weidenbitter. 276. Weidenrinde. 276. Weidrich. 275. Weihrauch. 431.
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— 953 —
W^in. 476. Weinblätler. 289. Weinessig. 712. Weingeist, 463. 471. Weinliefen. 478. Weinlaser. 478. Weinslein. 812. ' boraxsaurcr. 814,
•nbsp; nbsp; gereinigter. 812.
•nbsp; nbsp; natronbulliger. 814.
•nbsp; nbsp; roller. 8r2.
•nbsp; nbsp; (artarisirter oder aullöslicher.
813.
raquo; vitriolisirler. 777. Wcinsteinerde, geblütterte, 811. Weinsleinrahm. 812. Weinsteinsanres Kali, eisenoxjd-
baltiges. 865. Weinsteinsiiure. 724. Weinsleinsalz. 764. AVeintrestern- 478. Wermuth. 249. Wicken 206
Wiederholung d. Arzneigaben. 94. AVinlergriin, doldenblnlhiges. 283. Winter's-Kinde. 373. Wohlgemulh. 320. Wolilverleih-Bluroen, Wurzel und
Blätter. 511. Wolfstirscbc. 592. Wolfsinilchi sülse. 560.
Wolfsmilch, IcrenzblSltrigea a. 660. WoU'smilcbharz. 558. Wollkraut. 191. Wunilbalsam. 429.
Wundersalz, Glaubers. Wundmischung, saure.
783. 701.
Wurrosaroen. 250. Zaunrübe. 540. Zeillose. 565.
68.
Zertheilende Wirkung.
Ziegelsleinöl. 463. Zimint. 373. Zimmlcassia. 373. Zincum. 931.
• inuriaticum. 932.
raquo; (oxydatum) laquo;ttlpburicaio. 931. Zink. 931.
raquo; salzsaurer. 932. Zinfcbuller. 932. Zinkoxyd, schwefelsaures. 831. Zinkvilriol. 931. Zinnober. 705. Zitterpappel. 278. Zittwersamen. 25j). Ziltwerwurzel. 373. Zoinidin. 174. Zuckersyrup. 211. Zug, gelber. 408. Zwerghollunder. 564. Zwiebel, gemeine. 367. Zwillingssalze. 760.
Berlin, gcinickl fcsi }. Pelsch.
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D ruck fehler.
Seite 8,
Zeile 6 v.
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1 V.
- 119,
(S
1 V.
- 154,
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3 v.
' 287,
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8 v.
raquo; 642,
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4 v.
' 644,
it
6 t.
- 701,
ff
10 v.
* 701,
ff
10 v.
laquo; 817,
ff
19 v.
• 861,
SS
2 v.
= 878,
m
9 v.
#9632;= 878,
0
10 V.
o. lies: ungewölmliclie —statt: gewnlinliilie.
u. lies: Schöllkraut — statt: Srliellkraut.
u. lies: 1835 — statt: 1836.
u. lies: 1828 —statt: 1823.
o. lies: Pteris — statt: Pteritis.
o. lies: Lauro-Cerasus—statt: Laurus-Cerasus.
o. lies: Dulcamarac —statt: Duscnmarae.
u. lies: Piephacken —statt: Pichsacken.
u. lies: Stollbeulen — statt: Stallbeulen.
o. lies: Terpentliin — statt: Tenpentliin.
o. ist nacli dem Worte: sulpliuricum ilas Koniihii
(,) überflüssig. o. lies: Cuprum — statt: Caprum. u, lies: Lap. — statt: Cap.
if
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