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RIJKSUNIVERSITEIT TE UTRECHT
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HANDBUCH
D^__
?*.' o.
ALLGEMEINEN PATHOLOGIE
FUR
THIERÄRZTE
VOK
H. W. KÖHNE,
PROFESSOR AN DER KÖNIGLICHEN TH1ERARZNEISCUULE Zu HANNOVER.
BERLIN, 1871. VERLAG VON AUGUST HIRSCHWALD.
UNTER DEN LINDEN No. 68.
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Das Recht der üebersetzung in fremde Sprachen wird vorbehaltelaquo;.
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Vorwort.
M-iyx. einer Zeit, in welcher jeder Tag auf sämmtlichen Ge­bieten der Naturwissenschaften, aus deren Quelle die Medizin ihre Nahrung schöpft, den Gesichtskreis erweitert und Entdeckun­gen ans Licht fördert, welche die bis dahin verborgenen Lebens­prozesse des thierischeu Organismus dem körperlichen wie geistigen Auge des Forschers immer mehr und mehr erschliessen, in welcher folgerichtig auf Grund des sich immer mehr anhäufenden Mate­rials die Theorie einer fortwährenden Wandelung und Modifikation unterliegt, in welcher ferner seit Jahrtausenden gültige Ansichten schwankend und hinfällig werden, ohne dass sofort eine andere und bessere an deren Stelle gesetzt werden kann, in einer Zeit, in welcher Keiner von sich behaupten kann, dass er ganz auf der Höhe der Wissenschaft stehe, eine Allgemeine Pathologie in die Welt gehen zu lassen, ist allerdings eine Vermessenheit. Mehr­mals habe ich, der Schwierigkeit der Aufgabe gegenüber meine geringen Kräfte erwägend, den Vorsatz wieder aufgegeben, um die Ausführung gediegeneren Köpfen und gewiegteren Federn zu überlassen, bis endlich wichtige Gründe mich veranlassten, mich über alle Bedenken hinweg zu setzen.
Seit 15 Jahren war es meine Aufgabe, an der Thierarznei-Schule zu Berlin und jetzt hier in Hannover den Studirenden der Thierheilkunde die Allgemeine Pathologie vorzutragen; ich war somit gezwungen, allen Forschungen auf diesem Gebiete mit auf­merksamen Augen und kritischem Sinne zu folgen und die Re­sultate meinen Zuhörern verstandesgerecht zu machen. Aufge­wachsen unter dem Einflüsse der jetzt im Verscheiden begriffenen
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IVnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Vorwort.
humoral - pathologischen Schule, welche mich als Praktiker und Therapeuten mit leidlicher Sicherheit durchs Leben geleitete, hat es mich einen langen und harten Kampf gekostet, mich von der alten Schule ab und der neuen zuzuwenden. Viele meiner jüngeren und heissblütigeren Freunde, zum Theil meine Zöglinge, sind Zeugen dieses inneren Kampfes gewesen; sie haben gewiss be­merkt, wie der scrupulöse Praktiker nicht mit wehenden Fahnen und klingendem Spiele, sondern nur mit zögerndem Widerstreben dem Drange der Thatsachen wich und nur allmählig ins jenseitige Lager überging.
Dieser Kampf, ich weiss es, ist jetzt in jedem meiner Kolle­gen, welcher sich nicht dem gedankenlosen Schlendrian der Rou­tine und Empyrie ergeben und noch Herz und Sinn für die Wissenschaft bewahrt hat, entbrannt und mancher von ihnen hat erkannt, dass der Boden, welcher ihn bisher so sieher getragen, unter seinen Füssen ins Schwanken gerathen. Wo soll er sich in diesem Widerstreit der Meinungen und Ansichten Raths er­holen? Die epochemachenden Resultate der Forschungen der neueren Zeit sind noch zum grossen Theile in medizinischen Zeit­schriften zerstreut vergraben, die dem praktischen Thierarzte nur schwer zugänglich sind und die medizinischen sowohl wie die thierärztlichen Handbücher über pathologische Anatomie sind ihm wegen einer beinahe ganz neuen Nomenclatur fast unverständlich geworden. Eine allgemeine und specielle Veterinär - Pathologie und Therapie, die nur einigermassen den Fortschritten der neue­ren Zeit Rechnung trage, existirt noch nicht. Dem erfahrenen Praktiker in diesem Kampfe beizustehen, ihm auf dem unver­meidlichen Uebergange ein leitender Führer zu sein und ihn in den Stand zu setzen, bei einiger Aufmerksamkeit und gutem Willen den riesigen Fortschritten der neueren Zeit zu folgen, um so der Wissenschaft durch die Erfahrung geläuterte Kräfte wieder zu gewinnen, das ist der Zweck dieses Buches.
Nicht minder bedarf der Studirende und der angehende Thierarzt eines Leitfadens bei seinem Studium. Die feurige Ju­gend ist nur zu gern bereit, dem Neuem zu huldigen; sie hat nicht nöthig, von einem aus der Vergangenheit ihr anhaftenden
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Vorwort.
Ballast sich zu befreien. Sie horcht mit Eifer den Lehren der Docenten, welche sich den Mantel eines Reformators der Medizin umzuhängen wissen und das Alte verwerfen, eben weil es alt ist. Der Reiz des Neuen ist ja gar zu verführerisch. Ohne Kritik der angeblich neuen Errungenschaften, ohne Rücksicht auf die unläugbaren Verdienste früherer Forscher wird das Neue wie ein Evangelium gepredigt und aufgenommen, bis der folgende Tag es wieder umstürzt. Der jugendliche Streber gerätli hierbei leicht auf Ab- und Irrwege; bald macht er beim Eintritt ins praktische Leben die Wahrnehmung, dass sein Wissen und Weissagen nur Stückwerk ist, dass fast alle Vermittelung zwischen Theorie und Praxis fehlt und rathlos steht er da. Die Lust und der Muth zum weiteren Forschen ist gebrochen, das Studium erscheint als eine Phantasmagoric und wird in die Rumpelkammer geworfen. Und es sind grade die strebsamsten Geister, welche leicht von diesem einen Extreme in das andere fallen, das habe ich an meinen Zöglingen und jungen Kollegen wiederholt beobachtet.
Diese Extreme vermeiden zu lernen, Theorie und Praxis möglichst za versöhnen und in Connex zu erhalten, ist die Ten­denz dieses Buches. Der durch den genialen Vorkämpfer Vir-chow und durch seine Schüler bald über den ganzen Erdball verbreiteten Richtung der Medizin, welche in der Thierheilkunde bisher nur wenige namhafte Vertreter gefunden hat, will ich ohne Bruch mit den unläugbaren Errungenschaften der Vergangenheit bei uns Eingang und weitere Verbreitung zu verschaffen suchen. Ich will zugleich versuchen, die Kluft zu überbrücken, welche jetzt wieder zwischen der Thier- und Mensehen - Heilkunde sich aufgethan, und will die Kollegen anregen, wieder fleissig an dem Ausbau unserer Wissenschaft mitzuhelfen, von welchem man sich, wie die innere Armuth unserer Zeitschriften und Literatur be­weist, in neuerer Zeit sehr zurück gezogen hat.
Ueber die äussere Einrichtung des Buches verweise ich auf das vorgedruckte Inhalts - Verzeichniss und bemerke nur noch, dass die in den Text eingeschalteten zahlreichen Parenthesen dem Lehrer, welcher sich meines Buches beim Unterricht als Leitfaden bedienen will, zu Erklärungen und Erläuterungen, dem das Buch
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VInbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Vorwort.
zum Selbststudium Benutzenden zum Nachdenken Gelegenheit und Veranlassung geben sollen. Das am Schlüsse angehängte alpha­betische Wort-Register soll zum Nachschlagen dienen, da an den bezeichneten Stellen die betreifenden termini technici, oft von verschiedenen Standpunkten aus, ihre Erklärung finden.
Somit übergebe ich denn das Buch der Oeffentlichkeit, seiner Unvollständigkeit mir wohl bewusst und auf eine strenge Kritik gefasst. Sobald diese nur der guten Sache gilt, ist sie mir will­kommen, denn dann strebt sie mit mir, wenn auch auf anderen Wegen, nach demselben Ziele.
Schliesslich kann ich nicht umhin, den Heroen der Wissen­schaft, deren Schriften ich benutzte: Virchow, Cohnheim, ühle und Wagner, Kölliker, Herrmann, Kühn, Gerlach, Leisering, Roll, Bruckmüller etc., deren Werke ich der Raumersparniss halber nicht citirte, und meinen Kollegen, welche mich bei der Bearbeitung des Buches mit Rath und That unter­stützten und besonders meinem Freunde Albrecht, welcher zu­gleich die Correctur übernahm, hiermit öffentlich meinen Dank abzustatten.
Hannover, im März 1871.
Der Verfasser.
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Inhalts-Verzeichniss.
Seite 1
Einleitungnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;...................
Theil I.
Allgemeine Natur- und Wesen-Lehre der Krankheit (Ontologia.)
1.nbsp; nbsp; Begriff der Krankheit...............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4
2.nbsp; nbsp; Sitz der Krankheiten...............nbsp; nbsp; nbsp; 11
A Generalisation der Krankheiten.........nbsp; nbsp; nbsp;13
a)nbsp; Sympathien, welche durch das Nervensystem vermittelt
werden...............nbsp; nbsp; nbsp; 14
b)nbsp; Sympathien, welche dnrch das Blut resp. die Säfte
vermittelt werden............nbsp; nbsp; nbsp;18
B. Localisation der Krankheiten..........nbsp; nbsp; nbsp;20
3.nbsp; nbsp; DieZeichen der Krankheiten (Symptom ata s. Signa morborum)nbsp; nbsp; nbsp;26
4.nbsp; nbsp; Der Verlauf der Krankheiten (Decursus morborum) ...nbsp; nbsp; nbsp;31
1.nbsp; nbsp; Das Stadium vor der Krankheit (St. ante morbum) . .nbsp; nbsp; nbsp;32
2.nbsp; nbsp; Das Stadium der Vorboten (St. prodromorum) ...nbsp; nbsp; nbsp;32
3.nbsp; nbsp; Das Stadium des Anfangs (St. initii) mit dem des
Wachsthums (St. incrementi)........nbsp; nbsp; nbsp;32
4.nbsp; nbsp; Das Stadium der Höhe' oder der Kochung d. A. (St. ac-
mes s. coctionis)............nbsp; nbsp; nbsp;32
5.nbsp; nbsp; Das Stadium der Entscheidung (St. criseos).......nbsp; nbsp; nbsp;33
6.nbsp; nbsp; Das Stadium der Abnahme (St. decrementi)......nbsp; nbsp; nbsp;36
7.nbsp; nbsp; Das Stadium der Genesung (St. reconvaleseentiae) ...nbsp; nbsp; nbsp;36
5.nbsp; nbsp; Die Dauer der Krankheiten.............nbsp; nbsp; nbsp;40
6.nbsp; nbsp; Die Ausgänge der Krankheiten............nbsp; nbsp; nbsp;42
Theil 11.
Die Allgemeine Aetiologie oder Lehre von den Krankheits-Ursachen.
Seite
A. Die innere Ursache..............nbsp; nbsp; nbsp;53
1.nbsp; nbsp; Die Erblichkeit...............nbsp; nbsp; nbsp;55
2.nbsp; nbsp; Das Lebensalter...............nbsp; nbsp; nbsp;56
a)nbsp; Fötusalter...............nbsp; nbsp; nbsp;56
b)nbsp; Säuglings- und jugendliches Alter.......nbsp; nbsp; nbsp; 56
c)nbsp; nbsp;Entwickelungs-Alter............nbsp; nbsp; nbsp;57
d)nbsp; Das reife Lebens-Alter...........nbsp; nbsp; nbsp;58
e)nbsp; Das Greisen-Alter............nbsp; nbsp; nbsp;58
3.nbsp; nbsp; Das Geschlecht...............nbsp; nbsp; nbsp;59
4.nbsp; nbsp; Die Constitution...............nbsp; nbsp; nbsp;60
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VIIInbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Inhalts-Vorzeichniss.
Seite
a)nbsp; Die starke oder robuste Constitution......nbsp; nbsp; nbsp;GO
b)nbsp; Die reizbare (floride) Constitution .......nbsp; nbsp; nbsp; Gl
c)nbsp; Die schwächliche Constitution........nbsp; nbsp; nbsp; 61 •
Der Habitus.............nbsp; nbsp; nbsp; 61
Das Temperament............nbsp; nbsp; nbsp;62
5.nbsp; nbsp; Die Rar'o.................nbsp; nbsp; nbsp; 63
6.nbsp; nbsp; Die Gattung................nbsp; nbsp; nbsp; 63
a)nbsp; Pferde................nbsp; nbsp; nbsp;63
b)nbsp; Rindvieh................nbsp; nbsp; nbsp; 64
c)nbsp; Esel............#9632;.....nbsp; nbsp; nbsp; 66
d)nbsp; Schafe................nbsp; nbsp; nbsp; 66
e)nbsp; Ziegen................nbsp; nbsp; nbsp; 67
f)nbsp; Hunde................nbsp; nbsp; nbsp;67
d) Schweine...............nbsp; nbsp; nbsp; 68
7.nbsp; nbsp; S chwankende physiologische Verhältnisse.......nbsp; nbsp; nbsp; 68
a)nbsp; Die Fütterangszeit............nbsp; nbsp; nbsp; 68
b)nbsp; Der Haarwechsel.............nbsp; nbsp; nbsp; 69
c)nbsp; Der Zahnwechsel.............nbsp; nbsp; nbsp; 69
d)nbsp; Das Gebären..............nbsp; nbsp; nbsp; 69
B. Die äusseren Ursachen.............nbsp; nbsp; nbsp; 69
1, Die atmosphärischen Einflüsse..........nbsp; nbsp; nbsp; 71
a)nbsp; Der Luftdruck..............nbsp; nbsp; nbsp; 71
b)nbsp; Die Temperatur.............nbsp; nbsp; nbsp; 72
c)nbsp; Der Feuchtigkeitsgehalt der Luft.......nbsp; nbsp; nbsp;76
d)nbsp; Die Bewegung der Luft..........nbsp; nbsp; nbsp; 77
e)nbsp; Die Electricität der Luft..........nbsp; nbsp; nbsp; 77
f; Das Licht...............nbsp; nbsp; nbsp; 78
g)nbsp; Die Luftmischung............nbsp; nbsp; nbsp; 78
h) Die Witterung..............nbsp; nbsp; nbsp;79
i) Die Jahreszeiten.............nbsp; nbsp; nbsp; 80
2.nbsp; nbsp; Die Bodenverhältnisse.............nbsp; nbsp; nbsp; 80
3.nbsp; nbsp; Das Klima.................nbsp; nbsp; nbsp; 81
4.nbsp; nbsp; Die eigentlichen diätetischen Verhältnisse......nbsp; nbsp; nbsp; 82
A.nbsp; nbsp; Die Nahrungsmittel...........nbsp; nbsp; nbsp; 82
a)nbsp; Zufuhr zu geringer Quantität......nbsp; nbsp; nbsp; 83
b)nbsp; Zu viel Nahrung..........nbsp; nbsp; nbsp; 88
c)nbsp; Die Form der Nahrungsmittel......nbsp; nbsp; nbsp; 94
d)nbsp; Qualität der Nahrungsmittel.......nbsp; nbsp; nbsp; 95
B.nbsp; nbsp; Schädliche Beimengungen.........nbsp; nbsp; 101
1.nbsp; nbsp; Brand der Fflanzen..........nbsp; nbsp; 102
a)nbsp; Flugbrand, Staubbrand, Russbrand Russ . .nbsp; nbsp; 102
b)nbsp; Der Weizenbrand, Schmierbrand, Faulbrand, Stinkbrand............nbsp; nbsp; 103
c)nbsp; Der Roggen — Kornbrand.......nbsp; nbsp; 103
d)nbsp; Der Roggen-, Stengel- und Blüthen- Brand .nbsp; nbsp; 104
2.nbsp; nbsp; Der Host.............nbsp; nbsp; 105
3.nbsp; nbsp; Das Mutterkorn............nbsp; nbsp; 108
4.nbsp; nbsp; Der Honigthau............nbsp; nbsp; 109
5.nbsp; nbsp; Der Mehlthau............nbsp; nbsp; 110
Kartoffelkrankheit . . . .nbsp; nbsp; 110
Chemische Decompositionen .nbsp; nbsp; 112
Schädliche Pflanzen und Giftenbsp; nbsp; 113
e)nbsp; Die Temperatur der Nahrungsmittel . . . .nbsp; nbsp; 115
C.nbsp; nbsp; Das Getränk..............nbsp; nbsp; 116
D.nbsp; nbsp; Die Stallung..............nbsp; nbsp; 117
E.nbsp; nbsp; Die Benutzung der Hausthiere ........nbsp; nbsp; 118
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Inhalts -Verzeichniss.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;IX
Seite
0.nbsp; nbsp; Psychische Zustände...............nbsp; nbsp; 121
a)nbsp; Der Instinkt............nbsp; nbsp; 122
b)nbsp; Der Schlaf (Somnus)........nbsp; nbsp; 123
6. Contagien und Miasmen............nbsp; nbsp; 124
V. Der Krankheits - Charakter...........nbsp; nbsp; 136
Theil 111.
Allgemeine pathologisclie Anatomie und Physiologie, Pathogenic.nbsp; nbsp;13
A. Die allgemeinen Störungen der Nutrition oder die nu-
tritiven Krankheits - Prozesse............nbsp; nbsp; 141
1.nbsp; nbsp; Nutritionsprozesse, welche zur Vernichtung des kranken
Theiles führen ..............nbsp; nbsp; 141
a)nbsp; Die Mortificationsprozesse..........nbsp; nbsp; 142
b)nbsp; Der mittelbare Tod. Nekrobiosis s. luvolutionbsp; nbsp; 150
laquo;. Die fettige Metamorphose.......nbsp; nbsp; 150
Der atheromatöse Prozess.......nbsp; nbsp; 153
ß. Die einfache Schmelzung, Malacia . . .nbsp; nbsp; 154
c)nbsp; Die Verhärtung, Verdichtung, Induratio ....nbsp; nbsp; 158
1)nbsp; Die Verkreidung, Cretificatio, und die Ver­kalkung, Petrificatio.......nbsp; nbsp; 158
2)nbsp; Färbung, Pigmentirung, Chromatosis. . .nbsp; nbsp; 100
3.nbsp; Die amyloide Metamorphose......nbsp; nbsp; 162
4.nbsp; Die Amyloid-Körper, Corpora amylacea .nbsp; nbsp; 163
2.nbsp; nbsp; Nutritionsstörungen, welche nicht zur Vernichtung fähren .nbsp; nbsp; 164
a)nbsp; Die einfache Atrophie, der Schwund.....nbsp; nbsp; 164
b)nbsp; Die wahre Hypertrophie..........nbsp; nbsp; 166
B. Functionelle Störungen............nbsp; nbsp; 172
Sthenie und Asthenie...............nbsp; nbsp; 174
Functionsstörungen des Blutgefässsysteras........nbsp; nbsp; 175
Hyperämie.................nbsp; nbsp; 176
Congestion und Entzündung............nbsp; nbsp; 178
a)nbsp; Hämorrhagien.......,.......nbsp; nbsp; 182
b)nbsp; Die Transsudate..............nbsp; nbsp; 185
c)nbsp; Die Exsudate...............nbsp; nbsp; 187
Thrombose und Embolie.............nbsp; nbsp; 190
Eiterblut, Pyaemie...............nbsp; nbsp; 198
Leukämie................nbsp; nbsp; 201
Die Metastasen................nbsp; nbsp; 202
Functionsstörungen der Muskeln...........nbsp; nbsp; 203
a)nbsp; Die Akinese oder Lähmung..........nbsp; nbsp; 204
b)nbsp; Die Hyperkinese, der Spasmus oder Krampf.....nbsp; nbsp; 204
Herzschlag und Puls..............nbsp; nbsp; 206
Die Störungen der thierischen Wärmeproduction und die Fieber­theorie ...................nbsp; nbsp; 211
Störungen der Secretionen.............nbsp; nbsp; 223
a)nbsp; Anomalien der Speichelsecretion.........nbsp; nbsp; 225
b)nbsp; nbsp;Anomalien der Magenabsonderung........nbsp; nbsp; 227
Quantitative Abweichungen des Magensaftes ....nbsp; nbsp; 229
Qualitative Abweichimg des Magensaftes......nbsp; nbsp; 235
Beimengungen fremdartiger Stoffe zum Magensafte . .nbsp; nbsp; 236
c)nbsp; Anomalien der Darmsecretion..........nbsp; nbsp; 237
d)nbsp; Störungen der Lebertunctiou ......,,..nbsp; nbsp; 238
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Xnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Inlialts-Verzoichmss.
Seite
e) Functionsstörungen der Nierenthatigkeit......nbsp; nbsp; 24(!
Secietions-Anomalien der Geschlechtsdrüsen ....nbsp; nbsp; 257
Functionsstörungen des Centralnervensystems.......nbsp; nbsp; 258
C. Die Störungen der Formation..... ...nbsp; nbsp; 2ßl
Die Neubildungen (Neoplasmata s. Pseudoplasmata) . .nbsp; nbsp; 265
1.nbsp; nbsp; nbsp;Neubildung des Bindegewebes .... .....nbsp; nbsp; 273
2.nbsp; nbsp; nbsp;Neubildung von Fettgewebe...........nbsp; nbsp; 276
3; Die Fasergeschwülste, Fibromata........nbsp; nbsp; 278
4.nbsp; nbsp; nbsp;Die Schleimgeschwülste, Tumores mucosi, Myxomata .nbsp; nbsp; 279
5.nbsp; nbsp; nbsp;Die Knorpelgeschwülste, Chondromata......nbsp; nbsp; 280
6.nbsp; nbsp; nbsp;Die Knochengeschwfilste, Osteomata.......nbsp; nbsp; 281
6.*) Die schwarzen Flecke, Melanomata.......nbsp; nbsp; 283
7.nbsp; nbsp; nbsp;Die Gliome, Gliomata............nbsp; nbsp; 283
8.nbsp; nbsp; nbsp;Die Sandgeschwülste, Psammomata........nbsp; nbsp; 284
9.nbsp; nbsp; nbsp;Die Fleischgeschwülste, Sarkomata........nbsp; nbsp; 284
10.nbsp; nbsp; nbsp;Die Granulationsgeschwülste, Granulomata.....nbsp; nbsp; 287
11.nbsp; nbsp; nbsp;Die Rotzknoten...............nbsp; nbsp; 288
12.nbsp; nbsp; nbsp;Lymphatische Neubildungen, Lymphomata.....nbsp; nbsp; 294
a)nbsp; nbsp;Typhusgeschwülste.............nbsp; nbsp; 296
b)nbsp; Scrofulose...............nbsp; nbsp; 297
O Tuberkulose...............nbsp; nbsp; 300
d)nbsp; nbsp;Die Perlsucht oder Franzosen-Krankheit.....nbsp; nbsp; 306
e)nbsp; Die Struma oder der eigentliche Kropf......nbsp; nbsp; 309
13.nbsp; nbsp; nbsp;Die epithelialen Neubildungen..........nbsp; nbsp; 310
Krebs (Cancer)..............nbsp; nbsp; 316
Cancroid................nbsp; nbsp; 316
Carcinom ...............nbsp; nbsp; 318
Die weichen Formen der Carcinome......nbsp; nbsp; 319
Die harten Formen der Carcinome, Scirrhus . . .nbsp; nbsp; 320
14.nbsp; nbsp; nbsp;Die Muskelgeschwülste, Myomata...........nbsp; nbsp; 321
15.nbsp; nbsp; nbsp;Die Nervengeschwülste, Neuromata........nbsp; nbsp; 322
16.nbsp; nbsp; nbsp;Die Gefässgeschwülste, Angiomata........nbsp; nbsp; nbsp;322
17.nbsp; nbsp; nbsp;Die sogenannten Psorospermien-Schläuche und dieRainey-schen Körperchen oder Mischer'sehen Schläuche . . .nbsp; nbsp; 325
D, Gemischte Störungen.............nbsp; nbsp; 326
Katarrhe.......,......#9632;...,.nbsp; nbsp; 326
Schleim- und Eiterbildung.............nbsp; nbsp; 329
Allgemeine Helminthologie...........nbsp; nbsp; 356
Aetiologie der Parasiten-Krankheiten.........nbsp; nbsp; 368
Therapie der Parasiten-Krankheiten.........nbsp; nbsp; 370
*) Aus Versehen ist die No. 6 zwei Mal gesetzt; diese und die folgenden bis incl. 17 sind daher um Eins zu erhöhen.
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Einleitun g.
Die allgemeine Krankheits- und Heilungslehre (Pa-thologia et Tberapia generalis) ist zwar auf alien Thier-arzneischulen dem Lehrplane nach die Vorgängerin der speciellen Pathologie und Therapie, aber sowohl ihrer Genesis, wie ihrem Entwickelungsgange nach ist jene als das Gesammt-Resultat der letzteren, d. h. als die verstandesgemässe Abstraktion von dem Concreten zu betrachten. Die specielle Pathologie ist die Lehre von den Ursachen, Symptomen (Symptomatographia), dem Verlaufe, den Ausgängen etc. bestimmter Krankbeitsformen und Gruppen, wie solche durch die Erfahrung bekannt geworden sind; sie bildet daher eigentlich den praktischen, die allgemeine den theo­retischen Theil der Pathologie überhaupt. Die allgemeine Pa­thologie sucht den ersten Grund, das sog. Wesen der Krankheits-Vorgänge, den Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung und die Gesetze zu erforschen, an welche bei dem Zustandekom­men und dem Verlaufe der Krankheitsprocesse der Organismus gebunden zu sein pflegt. Sie ist daher eine theoretische, philo­sophische Wissenschaft, welche zur Begründung und zum bes­seren Verständnisse der speciellen Pathologie erforderlich ist.
Dagegen liefern die an kranken Thierleibern gesammelten Er­fahrungen, deren übersichtig geordnete Zusammenstellung die spe­cielle Pathologie bildet, die einzelnen Bausteine, mit welchen das grosse Gebäude der allgemeinen Pathologie errichtet worden ist. Diese Bausteine sind durch den Kitt sämmtlicher Haupt- und Hülfs-Wissenschaften der Medicin (Anatomie, Physiologie, Histo­logie, Chemie, Physik etc ) zu einem organischen Ganzen ver­bunden.
K 5 line, nllg, Veterin. l'ntli.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;]
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2nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Einleitung.
Zum Beweise der Richtigkeit der in der allgemeinen Patho­logie aufgestellten theoretischen Grundsätze und Gesetze muss da­her stets auf die Erfahrung, mithin auf die specielle Pathologie zurückgegriffen werden, was wiederum eine genaue Kenntniss der letzteren voraussetzt, wenn die erstere gut und richtig verstanden werden soll.
Es leuchtet ferner ein, dass eine bestimmte Gränze zwischen der allgemeinen und speciellen Pathologie gar nicht existirt und dass diese gewissermaassen beliebig gezogen werden kann; denn beide Disciplinen sind so eng mit einander verbunden, dass sie eigentlich ein Ganzes bilden und auch als ein solches vorgetragen werden müssten. In der That greifen auch alle Handbücher der einen Discipliu m. o. w. in das Gebiet der anderen über, aber eine vollständige Vereinigung beider ist — abgesehen von ihrem zu grossen Umfange — bis jetzt noch unausführbar, weil nach dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft beide Disciplinen noch zu unvollständig und zu mangelhaft begründet sind, um durch eine vollständige Ineinandei'fügung zu einem organischen Ganzen verschmolzen werden zu können. Ausseidem ist die specielle Pa­thologie als praktische Erfahrungs-Wissenschaft in einem stetigen, ziemlich gleichmässigen Fortschreiten begriffen, da ihr Ausbau hauptsächlich von dem Anhäufen des Erfaluungs-Materials abhängt: inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; die allgemeine Pathologie, als theoretischer, abstrakter Theil, ist
zu allen Zeiten erheblichen Schwankungen unterworfen und be­sonders in der neusten Zeit in Folge der riesigen Fortschritte der Histologie und organischen Chemie in einer so rapiden Entwicke-lung begriffen, dass es kaum möglich ist, ihren jetzigen Stand­punkt in jeder Beziehung richtig zu kennzeichnen.
Letzteres ist zwar weniger hinsichts der Heilungslehre (Therapia) der Fall, weil sie auf der solideren Basis der Erfahrung beruht und diese sich nicht so forciren lässt, wie die Theorie, aber mit der Aenderung der Ansichten über die Krankheits-Vorgänge haben auch die über die Wirkung der Heilmethoden und Heil­mittel eine Aenderung erfahren müssen und mancher anscheinend ganz feststehender Erfahrungssatz ist erschüttert, selbst als un­haltbar erkannt worden, ohne dass es bisher gelungen ist, einen besseren dafür aufzustellen. Das rohe Endresultat der meisten Heil­mittel und Heilmethoden steht zwar wohl ziemlich fest, weil eine tausend Jahre lange Erfahrung dasselbe herausgestellt hat, aber
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Einleitung.
das Wie der Heilwirkung ist noch grössteu Theils unbekannt. Auch in dieser Beziehung ist die Theorie in einem ewigen Wechsel, in einem unaufhaltsamen Fortschreiten begriffen, wie sich später bei dem Vortrage der allgemeinen Therapie näher ergeben wird.
Ans diesen Gründen ist es zu allen Zeilen, und niemals mehr als jetzt, ein schwieriges Unternehmen gewesen, ein richtiges Bild von dem Stande der allgemeinen Pathologie und Therapie zu fixi-ren, weil in jedem Momente eine Wandelung in einzelnen Theilou derselben vor sich geht und dennoch hat man seit den ältesten Zeiten, sobald das Erfahrtmgs-Material hinsichts der Krankheits-Vorgänge und deren Heilung sich nur einigermaassen angehäuft hatte, naturgemäss das Bedürfniss gefühlt, diese Erfahrungen ver-standesgemäss zu ordnen, zu sichten und zu begreifen, und dar­nach eine Physiologie der Krankheit, d. h. eine Xaturlehre (Phy­sik) der krankhaften Vorgänge im thierischen Organismus aufzu­stellen. Es wäre daher hier wohl zweckmässig, die Geschichte der Medicin in allgemeinen und grossen umrissen vorauszuschicken, dies geschieht indess passender bei der Natur- und quot;Wesenlehre der Krankheiten, von welcher im ersten Theile die Rede sein wird.
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Theil I.
Allgemeine Natur- und Wesenlehre der Krankheit
(Ontologia).
1. Begriff der Krankheit.
sect;. 1. Die allgemeine Pathologie nmfasst das ganze Gebiet des Abnormen in der organischen Natur und zwar sowohl in Beziehung auf die Form, als auf die Mischung, den Bau, Typus, die Functionen etc.; aber nicht jeder abnorme, ausserhalb der Regel bestehende Zustand oder Vorgang ist als Krankheit, wie Boerhave (1710) sie auffasste, zu bezeichnen, denn innerhalb gewisser physiologischer Grenzen kann ein Leben unter abnor­men Verhältnissen (vita praeternaturalis) bestehen, ohne dass von einer Krankheit die Rede sein kann. Man bezeichnet solchen Zustand als relativen Gesundheitszustand. Jedoch kann ein solcher vom Normalen abweichender Zustand oder Vor­gang als innere Krankheitsursache (Prädisposition), oder als Gelegeuheitsursache (Causa occasionalis) bei der Entstehung verschiedener Krankheiten mitwirken. Später fasste man die Krankheit als einen Kampf des Organismus gegen die von aussen in den Körper eingedrungene Krankheitsursache auf. Die Krankheit war nach der damaligen Ansicht stets etwas Fremd­artiges, gegen welches der Organismus reagirte. Siegte das Fremde in diesem Kamjrfe, so ging der Organismus zu Grunde und der Tod desselben trat ein; siegte aber der Organismus, so trat Ge­nesung ein; blieb eine Nachkrankheit zurück, so war der Sieg des letzteren ein unvollständiger. Schönlein und die von seinen Anhängern im Anfange dieses Jahrhunderts gegründete sog. na-
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Begriff der Krankheit.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 5
turhistorische Schule, suchte das Wesen der Krankheit in dem Kampfe des Organismus mit diätetischen und kosmisch-tellu­rischen Potetzen (Luft, Wasser, Nahrungsmittel, Thiere, Minera­lien), welche das Wesen der Krankheit ausmachten, so dass dieses eigentlich ausserhalb des Organismus liege. Z. B. sei die Milbe bei der Krätze eine solche Potenz. Jetzt sehen wir derartige Po­tenzen mit vollem Kechte nur als ätiologische Momente an, denn die Milbe ist nur die Causa morbi; sie A-erursacht nur einen Krank-heitsprocess. Später wurde dieses sogenannte natürliche Sy­stem durch Jahn und Stark (1838) theoretisch vervollständigt und das ganze Gebiet der Krankheiten eingetheilt in:
1)nbsp; Bildungskrankheiten, Morphen (Geschwülste, Hy­pertrophien, Atrophien und Paratrophieu);
2)nbsp; Blutkrankheiten, Haematonosen (Vollblütigkeit, Entzündung, Katarrh, Tuberkulose, Scrophulose, Dys-krasie) und
o) Nervenkrankheiten, Neurosen.
sect;. 2. Nach dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft kann man die Krankheit nur als einen Process auffassen, als einen Vor­gang, als eine Reihenfolge und Entwickelung von Zuständen in oder am Körper, welche so weit von den normalen, physiologi­schen Processen abweicht, dass das prognostische Urtheil, die Kri­tik, nicht nur eine Unzweckmässigkeit, sondern auch eine Gefahr für das betreffende Organ resp. für den Organismus darin erkennt. Die Krankheit (Morbus, Nosos) besteht demnach nicht aus ei­nem abnormen Zustande, sondern aus einer Reihenfolge von Zu­ständen, d.h. sie beruht auf Vorgängen, Processen. Ein abnor­mer Zustand, an welchem Veränderungen durch krankhafte Pro-cesse nicht mehr staltfinden, ist dagegen ein Mangel oder Fehler (Vitium) und zwar entweder ein Defect oder ein Plus. Z. B. die Spatexostose ist ein Fehler, welcher als bleibende Folge einer Krankheit, d. h. einer Reihe von Krankheitsprocessen (Entzündung, Neubildung, Verknöcherung), niemals aber selbst als eine Krank­heit aufzufassen ist (grauer Staar etc.).
Im Allgemeinen kann man bei jeder Krankheit die Ursache und die erzeugte Störung unterscheiden; aber nicht jede Ursache mit der nachfolgenden Störung kann als eine Krankheit bezeich­net werden, sondern die Störung kann unter Umständen eine so unbedeutende sein, dass zu ihrer Beseitigung regulatorische Vor-
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Allgemeine Natur- und Wesculehre der Knuikheil.
gänge nicht erforderlich sind. Wenn aber die Störung den Cha­rakter der Gefahr an sich trägt, stellt sie einen Krankheits­vorgang dar, welcher erst durch den Hinzutritt oder die Auf­einanderfolge fernerer Störungen zu einer Krankheit wird.
sect;. 2. Da das AVescn des Lebens nur das Resultat der Summe der lebendigen Tlultigkeit der Zellen, Krankheit aber nur verän­dertes Leben ist, so kann das Wesen der Krankheiten nur in ei­ner veiänderten Tlultigkeit der Zellen beruhen. Jede lebendige Thätigkeit ist aber bedingt durch Veränderungen in der Form, physikalischen, chemischen oder molekularen Beschaffenheit der Elemente, und somit ist auch anzunehmen, dass jede Krankheit mit materiellen Veränderungen der ergriffenen Elemente einher geht, wenn diese Veränderungen mit unseren jetzigen Hilfsmitteln auch nicht immer stride nachzuweisen sind.
sect;. 4. Die von dem Krankheitsreize (Irritament) betroffeneu Elemente verhalten sich diesem gegenüber passiv, und die durch das Irritament hervorgerufene Störung (krankhafte Eeizung, Irri-tatio) besteht zunächst in einer Aenderung des normalen, mate­riellen oder molekularen Zusammenhangs (Laesio continui); aber die weiteren Erscheinungen der Störungen zeigen sich im Allge­meinen in zwei Richtungen und zwar als:
a)nbsp; passive, die Thätigkeit der Zellen vermindernde oder bindende, welche nach ihrem Aufhören die Thätigkeit wieder frei­lassen oder lösen, ohne dass hierzu eine positive That des Orga­nismus erforderlich ist, oder
b)nbsp; aktive Störungen, positive Leistungen des Organismus, durch welche der Stoff verändert oder etwas Neues producirt wird. Letzteres ist also nicht passive Folge der Störung, sondern aktive Arbeit des Organismus.
sect;. 5. Diese Folgen der Keize, d.i. die Reizung mit den consecutiven Störungen, haben an sich keinen heilsamen Zweck, sondern sie sind nothwendige Consequenzen der histologischen und chemischen Einrichtung des Organismus, die ebensowohl zum gu­ten wie zum schlechten Ausgange der Krankheit führen können. Deswegen kann man diese aktiven Vorgänge auch nicht ia dem Sinne als reaktive bezeichnen, dass sie den Zweck hätten, die Störung zu beseitigen oder auszugleichen und dass sie aus diesem Grunde in einer bestimmten Reihenfolge nach den Störungen ein­treten müssten (teleologisches Prinzip), sondern sie sind
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Betriff der Krankheit
lediglich als Folgen der meckinischeu Coustruktion und der che­mischen Beschaffenheit der Organe resp. des Organismus zu be­trachten, die an sich nichts Zweckmässiges haben. Der Brow-nianismus, welcher am Ende des vorigen Jahrhunderts sich von England aus über den Continent verbreitete, betrachtete die Le­bensreize als nothweudigo, anregende Momente der Lebenskraft. In Krankheiton sei entweder die Lebensthätigkeit stärker oder
schwächer angeregt,
als
im normalen Zustande oder sie befinde
sich in einem Zustande der abnorm gesteigerten oder gesunkenen Erregbarkeit. Brown unterschied mithin richtig die Ursache von der Störung, machte aber den Fehler, dass er, selbst bei ört­lichen Leiden, stets die allgemeine Lebenskraft als gestört ansah. Hieraus entstand das sogenannte vitalistischc S3rstem, wel­ches die Krankheit lediglich nach dem Grade der Lebenskraft und deren Wirkung beurtheilte (wahre und falsche Sthenie und Asthenie). Daraus entwickelte sich die Lehre von der Natur­heilkraft (vis medietarix naturae), welche Stahl alsAus-fluss der Seelenthätigkeit ansah (Animismus). Insofern näherte sich Stahl wieder der Ansicht des Paracelsus, wel­cher den Archäus als herrschendes Princip des Lebens sowohl, wie der Krankheiten ansah. Dieser Archäus entsprach in Krank­heiten nicht immer den Erwartungen und musste unter Umständen gestärkt, geschwächt oder in eine bestimmte Richtung gelenkt werden. Jedes Organ besass nach Paracelsus seinen besonderen Archäus, dessen Thätigkeit in den erwähnten Richtungen krank­haft verändert sein konnte. Glisson eultivirte diese Ansicht in­sofern, als er die Krankheiten der Organe auf Störungen der Be­wegung oder Empfindung zurückführte, und legte somit den Grund zur Lehre von den lokalen Störungen und Veränderungen, sowie von dem besonderen Leben der einzelnen Theile. Eine solche Einsicht ist indess nur möglich bei einer sehr genauen Kenütniss der physiologischen Thätigkeit und des anatomischen und histo-logischen Baues der Organe, wie sie zu jener Zeit noch nicht er­reicht war, sondern erst in neuester Zeit durch die Vervollkomm­nung des Mikroskopes und der organischen Chemie angebahnt worden ist. Beides (Histologie und Chemie) vereinigt giebt die Grundlage für die Cellularpathologie, denn die Zelle ist das Fundament alles Lebens und folglich auch jeder Krankheit.
sect;. 6. Jede normale Thätigkeit sowohl, wie jede krankhafte.
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8nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Allgemeiue Natur- und Wesenlehre der Krankheit.
wird durch einen Reiz hervorgerufen. Ist der Reiz ein aktiver. so ist die durch ihn hervorgerufene Thätigkeit eine irritative, eine positive Action, (Irritntio); ist dagegen der Reiz eine lähmende Potenz, so ist gehemmte Thätigkeit oder Pas­sion die Folge. Da die Thätigkeit eines Orgaus gleich ist der Summe der Thätigkeiten seiner Zellen, so ist vor allen Dingen die Kenutniss des Baues und der Thätigkeit der Zellen (resp. der Ele­mente als Einzelorgaue) und deren krankhaften Veränderungen er­forderlich, um die Art der Störungen richtig beurtheilen zu können.
sect;. 7. Es giebt Gewebe, welche entweder einfach zelliger Natur sind (Epithelien), oder solche, welche ausser den spezifi­schen Zellen noch eine Intcrcellularsubstanz, Blutgefasse, Nerven, elastische Fasern etc. besitzen. Es ist zwar richtig, dass in letz­ter Instanz das Blut das Ernährungs-Material für die Zellen lie­fert, aber die lebenden Zellen besitzen auch einen gewissen Grad von Selbstständigkeit (Autonomie), welche sie vom Blute m. o. w. unabhängig mächt, so dass dieses nur bei grosseu Ge­neral-Veränderungen als Ursache einer Zellen-Erkrankung ange­sehen werden kann. Das ist z. B. bei den sog. constitutio-nellen Krankheiten zuzugeben (Rotzkiankheit). Aber primäre, idiopathische, spezifische Blutveränderungen (Dyskrasien), wel­che bestimmte Local-Affectionen mit spezifischen Krankheits-Pro-dueten erzeugen, erkennt man jetzt nicht mehr an. Das Blut wird höchstens als Transporteur von Krankheitsreizen (Contagien, Jauche etc.) angesehen, ohne dass diese das Blut selbst wesentlich ver­ändern oder sich im Blute reprodaciren. Die Reproduction der fremdartigen ins Blut gelangten Stoffe soll vielmehr nur in den Zellen der Organe, welche durch das Blut mit ihnen in Berührung kommen und für jene Stoffe eine besondere Prädilection besitzen, geschehen. Derartige Krankheitsreize werden stets durch Stoffe ausgeübt, welche entweder von der Aussenwelt in den Organismus gelangen oder an einer Stelle des letzteren durch einen vorher­gegangenen Krankheitsprozess erzeugt und demnächst vermittelst des Blutes auf einen anderen Ort oder Theil desselben Organismus dislocirt worden sind. In dieser quot;Weise sind also fast alle Dys­krasien seeundärer Natur, d. h. sie sind Folge von Aussen einge­drungener fremdartiger Stoffe oder von primären localen Stö­rungen.
sect;. 8. Die Humoralpathologen (Hippokrates, Galen
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Begriff der Krankheit.
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etc.) behaupten dagegen, dass eine kürzere oder längere Zeit hin­durch eine fehlerhafte Mischung oder Entmischung des Blutes selbstständig bestehen und sich weiter entwickeln könne, ohne dass nothwendiger Weise eine lokale Störung die Veranlassung dazu gegeben haben müsse (cf. Lokalisation und Verallgemeinerung der Krankheiten sect;. 23}.
Die Neuropathologie giebt uns allerdings einen Ueberblick über die allgemeine Leistung des Organismus, aber keine Kenutniss von der Störung und krankhaften Veränderung eines Theils des­selben. Das Leben eines Theils ist aber aus der Thätigkeit des selben zu beurtheilen, denn ein Theil lebt nur, wie schon Brown richtig erkannte, wenn er auf Reize arbeitet.
sect;. 9. Das Leben äussert sich aber in drei verschiedenen Richtungen und zwar:
a)nbsp; durch die Ernährung, Nutritio;
b)nbsp; nbsp; nbsp; - - Bildung, Formatio und
c)nbsp; nbsp; nbsp; - - Thätigkeit, Functio,
und nur nach diesen drei Richtungen sind die Störungen (Krank­heiten) zu beurtheilen.
Alle Krankheitsreize erzeugen entweder einfache Irritationen, d. h. active oder passive Störungen, in einer gewissen Richtung (Krampf, Schmerz — Lähmung, Torpor), oder gemischte Irrita­tionen, d. h. gleichzeitig oder auf einander folgende active und passive Störungen, oder sie rufen complicirte Irritationen hervor, welche nutritive, formative und functionelle Störungen (Entzün­dungen) zur Folge haben.
sect;. 10. Ein qualitativer Unterschied zwischen physiologischen und pathologischen Vorgängen existirt nicht, sie differiren nur in Bezug auf die Umstände, unter denen sie vorkommen. Die krank­hafte Thätigkeit macht daher nur auf den Beobachter den Eindruck des Andersartigen (der Heterologie), welcher aber bei näherer Un­tersuchung verschwindet. Manche krankhafte Thätigkeit (Krampf) kann unter gewissen Umständen als physiologische Nothwendig-keit bestehen (Geburtswehen), und selbst die anscheinend grössten Abweichungen in den Lebens-Erscheinungen haben physiologische Vorbilder und sind zu anderen Zeiten und an anderen Orten nor­mal (Epithelien, Haare — Krebse, Haarbalggeschwülste). Die krankhaften Vorgänge unterscheiden sich von den normalen nur darin, dass sie entweder das gewöhnliche Maass überschreiten
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Allgemeine Natur- uud Wcsenlohre der Krankheit.
oder üiciit erreichen, also eine quantitative Uoregelmässigkeit (He-terometrie) darstellen, oder sie treten zu einer Zeit innerhalb der Entwickelung des thierischen Körpers oder überhaupt in einer Pe­riode auf. In welcher sie physiologisch nicht auftreten sollten und stellen so eine zeitliche ünregelmässigkeit (Heterochronie) dar, oder sie stellen endlich Vorgänge dar, welche an Orten vorkom­men, wo sie normal nicht hingehören, und bilden dann eine ört­liche üngehörigkeit (Heterotopie). Nur in diesen drei Richtungen (als Heterometrie, Heterochronie und Heterotopie) findet eine He-terologie zwischen den krankhaften und den physiologischen Vor­gängen statt, sonst aber laufen auch die krankhaften Vorgänge streng nach physiologischen Gesetzen ab. Ein unter physiologi­schen Verhältnissen zu keiner Zeit und an keinem Orte des Or­ganismus stattfindender, ganz fremdartiger Vorgang (Aliena-tio) existirt eigentlich nicht, wenn auch die Endresultate und Pro-duete dieser Vorgänge etwas Fremdartiges darstellen können (Eiter). Das AVesen der Krankheiten besteht also an sich nicht in etwas Fremdartigem, von Aussen Eingedrungenem, sondern es be­ruht immer nur auf einer üngehörigkeit, welche entweder in einer Heterometrie, oder Heterochronie, oder Heterologie, oder in einer Combination von zweien oder von allen dreien dieser Abweichun­gen vom Normalen besteht. Wenn z. B. im Magen- oder Darm­safte, im Schweisse etc. Harnstoft' gefunden wird, so ist die An­wesenheit desselben nicht Folge einer qualitativ veränderten Thä-tigkeit der Magen- und Darmdrüsen oder der Schweissdrüsen, sondern der in den iSieren bereitete, in Folge krankhafter Zustände aber retinirte oder wieder resorbirte Harnstoff (z. ß. bei Blasen-zerreissung) ist den Secreten jener Drüsen nur als einfaches Transsudat beigemengt.
sect;. 11. Die pathologischen Vorgänge gehen sogar über die Grenzen des Genus, der Species und der Individualität nicht hin­aus. Der durch dieselben veränderte Theil kann allerdings eine Missbildung (Monstrosität, Teramorphie) darstellen; aber der Vorgang selbst, welcher dahin geführt hat, ist keineswegs als etwas Fremdartiges, unnatürliches oder gar als ein Parasit anzu­sehen, sondern die Entwickelung der Monstrosität ist stets nach physiologischen Grundsätzen zu Stande gekommen. Aus diesem Grunde sprechen wir mit vollem Rechte von einer Physiologie der Krankheiten.
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Sit/, iler Krankheitennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;I 1
2. Sitz dor Krankheiten.
sect;. 12. Seit alten Zeiten hat man die Krankheiten ihrem Sitze nach eingetheilt in allgemeine und örtliche; iudess jede ur-laquo;ichliche Potenz, d. i. der Krankheitsreiz, wie die daraus hervor­gehende Störung ist anfangs immer local, sie trifft und betriff! niemals den ganzen Körper. Jede Erkältung. jede Infection (Pocken) betrifft zuerst eine bestimmte Körpersfelle oder ein Or­gan (Haut, Lunge), von wo aus zwar der Krankheitsreiz diffun-dirt, verallgemeinert werden kann, aber schliesslich führt er doch immer nur zu localen Störungen. An dem durch den Krank­heitsreiz berührten Theile pflegt zuerst eine locale (histologisehe oder chemische) Störimg einzutreten, welche allerdings häufig so­wohl der subjektiven wie objeetiven Wahrnehmung entgeht. Diese zuweilen vielleicht nur molekularen Veränderungen sind zwar nicht immer nachzuweisen, aber sie können auf Grund physiologischer und klinischer Beobachtungen mit Sicherheit vorausgesetzt werden, denn ohne eine Veränderung des Stoffes ist eine Aenderung der Function nicht denkbar. Eine rein dynamische Störung oder Krank­heit existirt nicht, obschon die materiellen Veränderungen nicht immer nachweisbar sind (Gehirnerschütterung, Pheumatismus).
sect;. 13. Je leichter die primäre Störung eines Organes sich ausbreiten kann, oder je mehr Theile durch die Ursache getroffen werden und je wichtiger diese Theile sind, um so mehr kann von diesen aus eine Reihe fernerer Störungen sich entwickeln, bis der ganze Krankheitsvorgang alle Lebensprozesse umfasst. Eine sol­che Ausbreitung der Krankheit bezeichnet man als Genera­lisation oder Allgemeinwerden, doch sind fast niemals alle Körpertheile von derselben ergriffen. Die Verallgemeinerung der .Krankheitsprozesse ist von der Affection der primär erkrankten Theile und von der m. o. w. ausgebreiteten Einwirkung der Ursache abhängig. Will man daher die Unterscheidung der allgemeinen von den örtlichen Krankheiten beibehalten, so kann man nur alle bedeutenderen Störungen des Blutes und der Nerven - Centren (Fieber) mit ihren Folgen zu den allgemeinen Krankheiten rech­nen; es muss aber anerkannt werden, dass sie i. d. R. nur aus primär localen Störungen hervorgehen. Alle übrigen Störungen dagegen, auch die auf einzelne Abschnitte des Nervensystems be-
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Allquot;quot;eineiiJe Natu
iiiiil Wesenlehre der Krankheit.
schränkten, selbst die primär in den Central-Nerven-Theileu ge­setzten Störungen müssen als locale bezeichnet werden. Beide Bezeichnungen sind desswegen ungenau, weil es einerseits kein Localleiden giebt, welches nicht irgend eine Veränderung des Blu­tes oder der Nerven zur Folge hätte, und weil andrerseits selbst bei den ausgebreitetsten Störungen immer noch eine grosse Zahl von Elementen dos Körpers ihre ungeschmälerte Unabhängigkeit und autonome Bedeutung bewahrt. Nur der allgemeine Tod zieht alle Elemente in Mitleidenschaft.
sect;. 14. Selbst alle primären Störungen des Blutlebens sind anfangs locale, in so fern sie sich auf das Blut beschränken, da die Organe sich einige Zeit hindurch unabhängig von dem Blute gesund erhalten können. Später werden die Gewebe durch eine allgemeine Bluterkrankung allerdings auf irgend eine Weise se-eundär in Mitleidenschaft gezogen. Erst dann hat die anfangs locale Blutkrankheit zur Erkrankung mehrerer oder aller Gewebe, resp. des ganzen Organismus geführt, d. h. die Krankheit hat sich geueralisirt. Diesen Vorgang bezeichnete man früher nach der humoralpathologischen Schule umgekehrt als eine Localisation, indem man die Blutkrankheit als eine allgemeine, die Affection der Organe als eine locale Störung ansah.
Dem Wesen nach sind also die sog. örtlichen und allgemei­nen Krankheiten nicht verschieden, nur die Bedeutsamkeit (Dignität) des afficirten Theiles und die Ausdehnung der Stö­rung bedingen einen verschiedenen Werth der Krankheiten. Eine ursprünglich allgemeine Krankheit existirt nicht; sondern jede Krankheit besteht aus einer Eeihe von Störungen des primär er­krankten Theiles und einer Succession von Störungen seeundärer und tertiärer Art. Jede Krankheit (morbus) ist stets ein Complex i7on verschiedenen Localaftectionen, eine Kette von ört­lichen Krankheitsvorgängen, deren Glieder getrennt zu betrachten sind, wenn man die ganze Krankheit richtig würdigen will. Dabei können die seeundären Störungen gefährlicher sein, als die primä­ren; überhaupt hat jedes Glied der Krankheitskette seine eigene Dignität und die der ganzen Krankheit resultirt aus der Summe dieser Einzel-Dignitäten. Die grösste Gefahr für den Organismus kann daher ebenso wohl vor der Generalisation liegen, a}s nach derselben eintreten.
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Sitz der Krankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 13
A. Oeneralisatiou der Krankheiten.
sect;. 15. Auf die Fortpflanzung der Störungen, gleich ob sie zur Generalisation oder zur Localisation der Krankheit führt, bat die Art und Weise, wie die einzelnen Theile des Körpers nor-maliter von einander abhängig resp. mit einander verbunden sind, den allergrössten Einfluss.
Der bequemste und schnellste Weg für die Fortpflanzung der Störungen ist das Nervensystem, weil die Nerven in den Or­ganen am feinsten zertheilt sind, daher von jeder Störung mit ge­troffen werden, und weil sie eine Keizung schnell vermittelst der Centralorgane (Gehirn, Rückenmark, Ganglien) durch Reflexwir­kung auf andere Organe zu übertragen vermögen.
Schwieriger ist dagegen die Verbreitung der Störungen durch das Blutgefässsystem, theils weil nicht alle Theilo so unmit­telbar mit den Blutgefässen in Verbindung stehen, manche sogar gefässlos sind (Cornea, Gelenkknorpel), theils weil die Störungen durch die So- und Excrotioneu im Allgemeinen ziemlich leicht ausgeglichen werden. Nur bedeutende Circulationsstörungen und massenhafte Beimengungen von Krankheitsproducten, welche durch die blutreinigenden Organe (sog. Golatorien: Nieren etc.) nicht entfernt werden können, und eine zerstörende oder giftige (deletäre, intoxirende) Wirkung auf das Blut oder die Gewebe aus­üben, pflegen zur Ausbreitung von Störungen beizutragen,
Eine ähnliche Bedeutung wie das Blutgefässsystem, hat das Lymphgefässsystem für die üebertragung von Störungen, nur ist der Erfolg noch weniger schnell und sicher, weil die Trans­portation der deletären oder infectiosen Stoffe durch die Intercur-renz der Lymphdrüsen wesentlich erschwert und der krankma­chende Stoff modificirt wird.
Der vierte Weg für die Fortpflanzung der Störungen ist der durch die intracelluläre Saftströmung und Zellenwan­derung (per continuitatem), wodurch eine Ausbreitung der Stö­rung innerhalb desselben Gewebes (Schleimhaut) oder von einem Gewebe auf ein anderes mit jenem in unmittelbarer Verbindung-stehendes Gewebe (Lungen und Pleura, mueosa und muscularis des Darmes etc.) stattfindet. Nicht selten ereignet es sich sogar, dass Krankheitsprozesse sich lediglich durch Berührung getrenn-
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Allsremeine Natur- und Wesenlehre der Krankheit.
ter Theile (per coutiguitatein) weiter verbreiten (Pleura pulmona-lis inid Pleura costalis).
sect;. 16. Eine eigeiithümliche Yerbreitungsweise von Störungen lindet endlich fünftens auf dem Wege der sog. Sympathie statt, welche in einem hesonderen gegenseitigen Verbältniss der Organe oder Systeme zu einander begründet ist, vermöge dessen eine Affection des einen auf eine nicht völlig aufzuklärende Weise eine Affection des anderen hervorruft. Vermittler dieser sympathischen Affectioneu ist hauptsächlich das Nerven-, aber wahrscheinlich auch das Blutgefäss-System, jedoch sind möglicher Weise -noch andere nicht näher bekannte Factoren dabei betheiligt. Ist die sympa­thische Affection eine der primären ähnliche, z. B. wenn durch die Erregung eines Organs die Erregung eines anderen eintritt, so bezeichnet man dieses Vcrhältniss als Mitgefühl, Mitempfindong (Consensus, Synergie) oder Sympathie im engeren Sinne; ist dagegen die sympathische Affection eine von der primären we­sentlich verschiedene oder ihr gerade entgegengesetzte, z. B. wenn durch die Erregung eines Organs eine sympathische Passion in ei­nem anderen erzeugt wird, so bezeichnet man dieses Verhältniss als Gegenwirkung (Antagonismus). Der Consensus und der Antagonismus sind also zwei verschiedene Arten der Sympathie im weiteren Sinne.
a) Sympathien, welche durch das Nervensystem vermittelt werden.
sect;. 17. Jede Störung im Nervensystem, welche durch eine Erregung erzeugt wird, hat eine gewisse Neigung sich weiter aus­zubreiten, indem sie sich weithin über die betroffene Stelle hin­aus in der Richtung der Nervenbahnen fortpflanzt. Diese Aus­breitung reap, üebertragung des Reizes geschieht mit grosser Un-regelmässigkeit. Zuvörderst tritt in den verschiedenen Theilen eine ungleiche Erregung ein, indem diese nach der Richtung mit gröss-ter Heftigkeit sich ausbreitet, in welcher sie die geringsten Wider­stände findet. Es stellen sich sowohl quantitativ, als auch der Richtung nach veränderte Erregungen ein, wenn sich Hindernisse durch Ganglien, sei es in einzelnen Haufen (Knoten), sei es in Form der cerebralen und spinalen Massen einschieben.
Jede primäre oder sympathische peripherische Erregung ver­ursacht in den Centraltheilen eine Spannung, welche in dem Mo-
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Sitz der Krankheiten.
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mente, in welchem die Störung auf andere Organe übertragen wird, eine Entladung oder Lösung zur Folge hat. Die Fortpflanzung des Reizes oder der Störung auf andere Nervenbahnen kann eine motorische, sensitive, sekretorische, nutritive oder psychische quot;Wir­kung (Reflexwirkung) zur Folge haben, durch welche die centrale Spannung eine Entladung findet und das primär gereizte Organ entlastet wird. Diese auslösende That des Organismus bezeichnet man als eine kritische, ohne Rücksicht darauf, ob sie zugleich eine heilsame oder rettende That ist; denn wenn sie auch das Centralorgan des Nervensystems sowohl, wie das primär gereizte Orgen entlastet, so kann die sympathische Reizung doch wieder an und für sich gefährlich werden. Auch kann durch Andauer oder Wiederholung des primären Reizes trotz der kritischen Ent­ladung eine Wiederholung, Erneuerung oder Fortdauer der cen-tralen Spannung hervorgerufen werden. Die kritische Thätigkeil ist eine antagonistische, reaktive Leistung des Organismus und ist in dem physiologischen Antagonismus begründet.
sect;. 18. Man hat angenommen, dass bei der Leitung der Er­regung von einer centripetalen Nervenfaser zu einer centri-fugalendie erste Erregung im Centralorgane (Rückenmark) direkt in eine centrifugale umbiege, oder dass eine direkte üebertragnng der Erregung von einer centripetalen auf eine danebenliegende, nicht unmittelbar mit ihr zusammenhängende, centrifugale Nerven­faser (Querleitung) eintrete. Letztere Ansicht ist entschieden falsch und die erstere insofern auch nicht richtig, als erstens die Zeit des Eintritts der Reflexwirkung („^ Secunde) für eine unun­terbrochene Faserleitung zu laug ist, und zweitens, weil jede Stelle des Körpers ausser der gewöhnlichen sensiblen noch eine besondere centripetale Nervenfaser besitzen müsste, welche direkt in eine besondere centrifugale übergeht. Durch eine solche Annahme wäre man mithin gezwungen, ein besonderes Nervensystem für die Re­flexwirkungen vorauszusetzen. Ein solches ist aber anatomisch nicht nachweisbar und sicher auch nicht vorhanden; und endlich drittens müsste bei einer Reizung einer bestimmten Stelle stets dieselbe Reflexwirkung eintreten, was aber erfahrungsmässig nicht stattfindet.
sect;. 19. Jetzt nimmt man an, dass die Vermittlung zwischen den centripetalen und centrifugalen Nervenfasern des Gehirns, des Rückenmarks und der Ganglienknoten durch die Ganglienzellen ge-
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Allgemeine Natur- und Weseulehie der Krankheit.
schehe, welche mit einander durch Nervenfasern verbunden seien. Durch diese Annahme würde sich die Erscheinung leicht erklären lassen, dass die sympathische, reflectorische Erregung verschiedener centrifugaler Fasern durch dieselbe centripetale, und umgekehrt, ausgelöst und auch viele Eeliex erregende Eindrücke gleichzeitig empfunden werden können.
Die bekannten Reflexgesetze sind folgende (Pflüger):
1)nbsp; Tritt die Eeflexwirkung einseitig auf, so geschieht dieses immer an derselben Seite, an welcher die primär gereizte centripetale Nervenfaser liegt;
2)nbsp; treten die Rellexwirkungen doppelseitig auf, so sind sie stets symmetrisch;
3)nbsp; ist die Refloxwirkung auf beiden Seiten verschieden stark, so ist die auf der primär erregten Seite die stärkere;
4)nbsp; Reflexbewegungen treten gewöhnlich in Muskeln auf. welche mit der erregten centripetalen Nervenfaser in gleichem Niveau des Gehirns oder Rückenmarks liegen. Verbreitet sich von hier die reflectorische Erregung auf Fasern benachbarter Niveaus, so geschieht dieses stets in der Richtung zum verlängerten Mark (Medulla ob-longata).
ö) Die Reflexbewegungen treten entweder allgemein in der ganzen Körpermuskulatur (Tetanus universalis), oder lokal beschränkt auf; im letzten Falle entweder im Niveau der primär gereizten centripetalen Faser und von hier sich nach 4. verbreitend, oder in Nerven der Medulla obiongata (Trismus). sect;. 20. Den positiven, kritischen oder antagonistischen Reflex-Erscheinungen stehen die negativen, passiven, sympathischen Fol­gen der Spannung in den Nerveucentren gegenüber. Es ist im normalen Wechselverhältnisse dieser Theile begründet, dass gewisse Abschnitte einen die Reflexwirkung hemmenden Einfluss ausüben. Gerade dieses Abhängigkeitsverhältniss hat die nützliche Bedeutung für den Organismus, dass es die Verbreitung der Störungen mil­dert und letztere von den primär afficirten Theilen ablenkt, indem es zwischen diesen und den sympathisch afficirten Organen eine Art von Moderation herstellt. Dieser moderirende Einfluss der Centra zeigt sich am Deutlichsten dadurch, dass das spinale System durch das cerebrale, das sympathische bald durch das spinale, bald durch
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Sitz der Krankheit,
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das cerebrale gemässigt wird. Der Wille kann z. B. die Keflexe bis zu einem gewissen Grade unterdrücken und dureli den Vagus wird die Herzbewegung moderirt. Sind aber die einzelnen Nerven-centra sich selbst überlassen, indem der moderiren.de Einfluss ihrer Antagonisten durch eine Krankheit gebunden ist, so können sie vermöge ihrer Autonomie eine solche Menge von Beziehungen gewinnen, dass sie in ein Uebermaass von Thätigkeit versetzt wer­den, welches mit der Harmonie der Körperl'unctionen nicht mehr verträglich ist. $)iese gesteigerte Thätigkeit wird mit der Zeit einen solchen Stoffverbrauch in ihnen selbst zur Folge haben, dass sie sieh durch ihre Thätigkeit selbst verzehren. Die abnorm ge­steigerten sympathischen Erscheinungen müssen demnach auf Stö­rungen dieser Moderationsverhältnisse zurückgeführt werden. Die vermehrte Herzthätigkeit kann z. B. Folge eines verminderten Einflusses, einer Lähmung des moderirenden Vagus sein, so dass die excitirende Wirkung des Sympathicus überwiegt und schlies-lich eine Erschöpfung der Herzkraft eintritt (cf. Fiobcrtheorie sect; 312). In diesem Fall ist mithin die Ausbreitung der Störung keine aktive oder positive, sondern vielmehr eine passive oder ne­gative, indem die bestellende Regulationseinrichtung weniger brauch­bar oder unbrauchbar geworden ist. Es handelt sich in diesem Falle also nicht um eine Reaction, um einen positiven kritischen Antagonismus, sondern um .eine einfache Mitleidenschaft, welche die primäre Krankheit complicirt und schwerer macht. Gelingt es dem Organismus oder der Kunst, antagonistische Vorgänge zu pro-vocireu und dadurch das Spannungsverhältniss zu lösen, welches einen Thcil der moderirenden Kraft der Nervencentra gebunden hält, so kann auch eine Abnahme der sympathischen Störung er­reicht werden. Während also bei den Reactionserscheinungen ein einfaches Resultat der Uebcrtragung der Erregung auf andere Ner­ven eintritt, schiebt sich bei den sympathischen eine Reihe von Störungen der Nervencentra ein, welche den Eintritt einer anta­gonistischen auslösenden That verhindert. Es entsteht dagegen eine neue Gruppe von Störungen, welche einer ganz anderen Er-regungsreiho angehört. In der grauen Substanz des Rückenmarks liegen nämlich zahlreiche reflectorische Gentralorgane (Ganglien­zellen), welche zwar sämmtlich Reilexwirkungen vermitteln, aber dennoch ein Hinderniss für dieselben bilden, so dass sie eine allgemeine Verbreitung der Erregung auf centrifugale Fasern ver-
Kuhne, allg. Veterin. Path,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Q
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AUgememe Natur- und Wesenlehre der Krankheit.
hindern. Werden aber diese Widerstände allgemein vermindert oder beseitigt (z. B. bei Strychninvergiftungen und bei Tetanns), so treten in Folge der Ilemmuug oder Lähmung der Function der Ganglienzellen auf jeden noch so geringen Keiz reflectorische Zuk-kungen des ganzen Muskelsystems ein, die den Reiz selbst lange überdauern. Man muss daher annehmen, dass gewisse auf re-flectorischem Wege iu sympatliiscbe Thätigkeit versetzte Organe automatisch eine Zeit lang fortwirken, wenn der primäre Reiz auch längst aufgehört hat. Bei Tetanus ist die moderirende Kraft mehrerer oder aller Nervencentren so gebunden, class die reflec­torische Muskelaction (der Krampf) nicht beschränkt wird, sondern allgemein auftritt und bis zur Erschöpfung fortdauert (cf. Fieber­theorie sect; 312).
b) Sympathien, welche durch das Blut resp. die Säfte vermittelt werden.
sect;.21. Alle Theile des Körpers stehen in Beziehung auf ihre Ernährung in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnisse und wenn die Harmonie der Theile des Organismus gestört wird oder nur eine wesentliche Veränderung in dieser Hinsicht erfährt, so kann eine Ausgleichung in den constituirenden Bestandtheilen der Organe dadurch herbeigeführt worden, dass auf irgend eine Weise eine Compensation eintritt. In der Regel geschieht dieses an ei­ner anderen Stelle, welche die Vermittlung der antagonistischen Ausgleichung einer Ernährungsstörung übernimmt. Dadurch kann unter günstigen Umständen das Gleichgewicht der Functionen dau­ernd erhalten werden, indem z. B. bei atrophischen Störungen ge­wisser Theile andere mit möglichst ähnlicher Function hyperpla­stisch werden (z. B. Schwund einer Niere sect;. 382, Hypertrophie des Herzens).
Derartige antagonistische Ausgleichungen der Ernährungsstö­rungen, sie mögen temporär oder dauernd stattfinden, stellen eine Art von Ableitung dar, welche dem primär erkrankten Organe entweder so lange, bis die Störung wieder beseitigt ist, oder bis zum Lebensende Ruhe verschafft. Der antagonistische Theil vica-riirt also für den zuerst in seiner Ernährung und Function gestör­ten Theil und indem die übrigen Organe sich diesen Verhältnissen aecomodiren, kann trotz der Abweichung von dem normalen Zu­stande die Restitution und Erhaltung eines relativen Gesund-
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.^itz der Krankheiten.
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heitszustandes (vita praeternatur.alis) stattfinden. Es ist zwar nicht hinreichend za erklären, worin diese antagonistischen Verhältnisse begründet sind und wodurch die vicariirende Thätig-keit sich entwickelt, doch hängt ein nicht unerheblicher Theil der­selben von den speciflschen Anziehungen und Verwandtschaften der im Blute enthaltenen Stoffe zu dem Parenchym bestimmter Organe ab. Die Anziehungen können in der physiologischen oder pathologischen Constitution der Theile begründet sein. In ersterer Beziehung sind die Anziehungen gewisser Stoffe zu gewissen Ge­weben, besonders zu den Drüsen, bekannt. 1st :/.. B. in Folge der Erkrankung einer ^Niere die Abscheidung des Harnstoffes nicht in dem Grade möglich, wie es zur Heinerhaltung des Blutes nöthig ist, so wird ein Theil des Harnstoffes im Blute zurück bleiben und sich zu anderen Organen wenden, welche eine hoho Anziehung für denselben haben, vorzüglich also zu der anderen Niere. Diese wird durch den Andrang in einen gereizten Zustand versetzt, wel­cher Ursache der gesteigerten Ernährung und Hyperplasie der Niere und der Vermehrung der Zahl der funetionirenden Elemente (d. i der Epithelien der Harnkanälchen) ist, bis sie zur Ausschei­dung des sämmtlichen im Blute retinirten Harnstoffs genügen. Selbst wenn derartige Stoffe an anderen Orten, z. B. im Magen, ausgeschieden werden, welche unter physiologischen Verhältnissen eine solche Function nur in einem sehr geringen Maasse haben, so hat diese Ausscheidung für das Blut immer eine antagonisti­sche, depuratorische Bedeutung, wenn auch durch diesen Antago­nismus eine Reihe neuer Störungen eröffnet wird. Oft ist gerade eine bereits bestehende pathologische Veränderung eines Organes die Ursache, dass es ungewöhnliche Anziehungen annimmt, die ihm unter physiologischen Verhältnissen nicht zukommen, so dass es dadurch die Bedeutung eines antagonistischen Ausscheidungs-Organes erhält (Fontanell etc.). Ein solches Organ hat zwar an Widerstandsfähigkeit verloren, ist locus minoris resitentiae geworden; der Vorgang an sich hat aber immer eine antagonisti­sche, depuratorische Bedeutung für den Organismus, wenn er auch nicht selten den Zustand des betreffenden Theiles veschlimmert und dadurch zu weiteren Störungen Veranlassung giebt.
sect;. 22. Gewisse Theile des Körpers stehen von Natur in ei­nem sympathischen Ernährungsverhältnisse, d. h. sie reguliren sich gegenseitig in der Weise, dass innerhalb der physiologischen Gren-
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Allgemeine Natur- und Wesenlehre..cUr Krankheit.
zen gesteigerte Ernährangsverhältnisse in dem einen, auch solche in dem anderen hervorrufen und umgekehrt. Hierauf beruht z. B. die Ernährung und Formation des ganzen Körpers nach Verschie­denheit der Gesohlechter. Die Zustände der Geschlechtsdrüsen (Hoden, Eierstöcke etc.) haben einen entschiedenen Einfluss auf die ganze Körperformation, auf den Wuchs des Bartes und den der Hörner und Geweihe und des Knochengerüstes, auf das Tem­perament, die Stimme etc. Pathologische Sympathien kommen in dieser Beziehung indess nicht häufig vor. Die abweichende Formation der Kastraten, die Schwellung des Euters bei patholo­gischen Füllungszuständen des Uterus, z. B. bei der sog. Gebär­mutterwassersucht (Hvdrometra) gehören hierher.
B. Localisation der Krankheiten.
sect;. 23. Die bisherige Ansicht von der Localisation der Krank­heiten der älteren Hum oral-Pathologen konnte sich nur so lange halten, als man das Blut für einen Saft ansah, welcher fast un­abhängig von den übrigen Theilen im Körper circuliren und ge­wisse Schädlichkeiten lange Zeit, selbst Jahre hindurch, ohne er­heblich wahrnehmbare Störung beherbergen könne (Tuberculosis, Scrophulosis etc.) und dann erst eine Erkrankung verschiedener Organe verursache. Jetzt betrachtet man dagegen das Biut als eine von den Körpertheilen und besonders von den blutbereiten­den und blutreinigenden Organen ganz abhängige Flüssigkeit, so dass das Blut niemals primär erkranken kann, sondern, so lange die Function der Organe nicht gestört ist, in seiner regelmässigen Quantität und Mischung verharrt. Nur wenn die den Körper con-stituirenden Organe in ihrer Ernährung und Function gestört wer­den, kann auch das Blut in seinen Eigenschaften derartig verän­dert werden, dass es Mangel oder Ueberfluss an einzelnen seiner normalen Bestandtheile hat, oder dass Stoffe mit ihm circuliren, welche normaliter im Blute nicht vorkommen. Bei Störungen in den Mesenterialdrüsen muss z. B. Mangel an Eiweisskörpern im Blute und in Folge dessen eine allgemeine Ernährungsstörung (Darrsucht, Tabes meseraica) eintreten und bei gewissen Störungen der Leber muss sich Ueberschuss von Zucker im Blute ansammeln etc. Während also nach der alten humoral - patholo-
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Sitz der Krankheiten.
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gischen Ansicht der fremdartige, krankmachende Stoff' (Materia peccans oder Substantia morbosa) von anssen ins Blut gelangte und mit demselben circulirend sich vermehrte und dadurch eine Zersetzung des Blutes (Dyskrasie) veranlasste, welche das Wesen der Krankheiten bildete, und die nachfolgenden Organkrank­heiten als seeundäre, durch die Ablagerung des Krankheitsstoffes veranlasste Störungen (Metastase) angesehen wurden, wodurch die Localisation der Krankheiten eine depuratorische (kritische) Bedeutung für den Organismus erhielt; so verhält sich nach der jetzt gültigen Ansicht die Sache gerade umgekehrt. Hiernach ist jede Störung ursprünglich eine örtliche, die sich später verallge­meinern, und dann wieder localisiren kann. Die Substantiae mor-bosae befinden sich hiernach nicht von vornherein im Blute und wenn auch (z. B. Contagien), so findet während der ausschliess-lichen Anwesenheit derselben im Blute weder eine Reproduction dieser Stoffe, noch eine Veränderung des Blutes, also überhaupt kein Krankheitsprocess statt, sondern sie sind dem Blute nur ein­fach beigemengt, d. h. ganz von aussen oder von irgend einem Körpertheile her dem Blute zugeführt. Dann erst beginnt die Krankheit, wenn durch die Anhäufung dieser Stoffe im Blute eine lokale Störung herbeigeführt worden ist. Das Blut an sich wird aber durch jene Stoffe nicht krank gemacht, entmischt, sondern dieses verhält sich zu jenen lediglich als Transporteur.
sect;. 24. Viele Körper oder Stoffe, welche dem Blute zugeführt werden, sind demselben gar nicht heterolog, z. B. die Farbstoffe des Körpers: Harnstoff, Gallenfarbstoff, die Färberröthe etc.; sie sind für das Blut unschädlich und indifferent, wenn sie auch mas­senhaft mit demselben circuliren. Andere Stoffe (Contagien, Mias­men, Jauche) sind allerdings sehr different, aber sie zersetzen das Blut an sich wahrscheinlich nicht, sondern sie verursachen erst dann eine Krankheit, wenn sie eine infectiöse oder reizende Ein­wirkung auf die Gewebe ausüben, also wenn sie aus dem Blute austreten und sich in den Geweben localisiren und reproduciren.
Die betreffenden Blutzustände werden deswegen jetzt nicht mehr zur Krankheit selbst, sondern nur zu den ursächlichen Ver­hältnissen derselben gerechnet. Das Blut gilt nur als Träger von Krankheitsstoffen, als Vermittler der Verbreitung der Störungen, welcher nicht selbstständig erkrankt, sondern sich der ihm beige-
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Allgemeine Natur- und Wesenlehre der Krankheit.
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mengten Stoffe so schnell wie möglich durch die sog. Colatorien entledigt.
Die Ausscheidungen und Localisationen können aber nur dann als depuratorische oder kritische angesehen werden, wenn die Krankheitsstolle vollständig ausgeführt werden und die Verunrei­nigung des Blutes sich nicht fortwährend erneuert. Sobald die Bedingungen einer fortwährenden Zufuhr quantitativ oder qualita­tiv überschüssiger Stoffe zum Blute fortbestehen, wird der gün­stige Effect der Ausscheidungen aufgehoben; die Krankheit breitet sich durch die sog. fortschreitende Localisation immer mehr und mehr aus. Aber eine Weitererzeugung (Ueproductionj krankhafter Stoffe im Blute selbst, eine selbstständige und anhaltende Dys-krasie des Blutes, ohne fortwährende Zufuhr fremdartiger Stoffe von aussen oder von den Organen aus existirt nach der cellular-pathologischen Schule der neuesten Zeit nicht.
sect;. 25. Die Ansscheidungeu aus dem Blute und Ablagerungen auf die Organe sind abhängig von den specifischen Anziehungen und Verwandtschaften der mit dem Blute circulirenden fremdar­tigen Stoffe zu dem Parenchym gewisser Organe, und diese Be­ziehungen sind in der physiologischen oder pathologischen Con­stitution der Theile begründet. Diese Anziehungen können durch pathologische Veränderungen der Gewebe modiüciit und dadurch diese selbst zur Ausscheidung oder Ablagerung anderer Stoffe vef-anlasst werden, die ihnen sonst nicht verwandt sind. Die Gewebe werden auf diese Weise zum locus minoris resistentiae (Fonta-tanelle), und können als solche besser zur Depuration des Blutes beitragen, als wenn sie intact gewesen wären
Mau nähert sich also jetzt insofern wieder der solidar-patho-logischen Anschauungsweise, als man den Sitz und das Wesen der Krankheiten immer in den Geweben sucht und nur diese allein für fähig hielt, Krankheitsvorgänge (Prozesse) durchzumachen, die zu einer Eeihe fernerer Störungen führen. Das Blut hält man dagegen für eine total abhängige, passive Flüssigkeit, welche einer selbstständigen, activen und primären Erkrankung unfähig sei.
sect;. 26. Bei allen Infections- und Vergiftungs-Krankheiten (Anthrax, Arsenik) macht das Gift oder das Virus wegen seiner heterologen Beschafienheit zuerst einen örtlichen Angriff ur.d tritt dann an der Berührungs- oder Infections-Stelle in das Blut oder in die Lymphe ein. Hierauf vergeht eine gewisse (Incubations-)
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Sil/. der Kraiikiieitei'j.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;23
Zeit, während welcher mau noch nicht weiss, ob, wo und wie die weiteren Störungen eintreten werden. Sobald letztere wahrnehmbar wurden (Pocken), hielt man früher die Krankheit für localisirt, welche während des lucubations-Stadium oder des tnfecüonsfiebers eine allgemeine war; Jetzt sieht man aber die wahrnehmbare se-cundäre Local-Affection als eine Fortpflanzung oder Verallgemei­nerung der ursprünglichen localen Krankheit an.
Andere Gifte (z B. Narcotica) und die Miasmen machen da­gegen nicht eher den örtlichen Angriff, als bis sie sich bis zu einer gewissen Quantität im Blute angehäuft und bis zu den Cen-tral-Organen des Nervensystems oder zu anderen für sie eine be­sondere Prädilection besitzenden Geweben gerührt worden sind. Das Blut selbst machen sie aber auf diesem Wege nicht in nach­weisbarer Weise primär krank, sondern dieses kann erst secundär krank werden, nachdem die Organe in ihrer blutbereitenden und blutreinigenden Function durch das iuficireude Gift oder das Miasma gestört worden sind (Leber, Milz, Lymphdrüsen, Lungen, Nieren) oder bis das Miasma so massenhaft in den iulicirten Theilen (als Contagium) reproducirt worden ist, dass es von hier ins Blut zu­rückgekehrt zu einer allgemeinen Infection geführt hat (Rinder­pest).
sect;. 27. Jedenfalls geht man aber jetzt in dieser Beziehung zum Theil etwas zu weit; denn wenn man zngiebt, dass das Blut in Folge fortdauernder Zufuhr heterologer Stoffe aus den Organen des Körpers oder in Folge überwiegender Abfuhr einzelner Bc-standtheile (z. B. Eiweiss), durch pathologische Se- und Excre-tionen secundär krank und Ursache fernerer Störungen werden kann, und dieses wird von keiner Seite geläugnet, so muss auch zugestanden werden, dass eine anhaltende oder massenhafte Zufuhr derartiger Stoffe (Contagien, Miasmen etc.) von der Aussenwelt her denselben Effect, d. h. eine primäre Erkrankung des Blutes zur Folge haben kann und dass insbesondere eine derartige Zufuhr auf die chemische Mischung der Intercellularsubstanz des Blutes (Plasma) sowohl, wie auf die Vitalität der Blutbläschen (z. B. deren Sauerstoffabsorptionsvermögen) verändernd und störend ein­wirken kann, ohne vorher eine locale Störung zu veranlassen (Kohlenoxydgas-Vcrgiftung, Anthrax-Infection).
Und ferner ist kein hinreichender Grund ersichtlich, warum diese Blutveränderung nicht als erstes Glied der Krankheitskette,
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Allgememe Natur- mul Wesenlehre iler Krankheit,
sondern lediglich als ätiologisches Moment angesehen werden soll. Freilich 1st es richtig-, dass derartige Vorgänge im Blute nicht lange ohue weitere Folgen und Veränderungen in den Geweben bestehen können, denn dazu sind die Gewebe wiederum viel zu abhängig vom Blute, aber unter gewissen Umständen muss eine kurze Zeit hindurch eine wirkliche Krankheit, d. h. ein krankhaf­ter Process im Blute bestehen können (acute Dyskrasie), welche nicht lediglich als ursächliches Moment, sondern als das Anfangs­glied einer Kette von Störungen zu betrachten ist; gleichgültig ist es aber, ob man diese auf das Blut beschränkte Krankheit als eine allgemeine oder als eine örtliche ansieht. Es ist laquo;war ein richtiger Gruudsatz der esacten Xaturforschung, dass Annahmen, welche durch stricto nachgewiesene Thatsachen nicht unterstützt werden können, gar nicht aufgestellt werden dürfen und dass sich nur dann von einem eftectiven Krankheitsvorgange sprechen lasse, wenn materielle Abweichungen von den normalen Prozessen zu erweisen sind, also wenn diese in objectiv wahrnehmbarer Weise in die Erscheinung treten; aber kann nach demselben Grundsatze die Behauptung aufgestellt werden, dass Krankheitsprozesse im Blute nicht stattfinden? Höchstens kann man nur sagen, sie sind mit unseren fünf Sinnen und den jetzigen Hülfsmittein (Mikroskop, chemische Eeagenzieu) nicht mit Sicherheit zu erweisen, sie sind aber möglich, selbst wahrscheinlich. Die Beobachtungen am Kran­kenlager nöthigen zur Annahme dieser Theorie.
Das Gebiet der primären Dyskrasien der älteren 'mmoral-pathologischen Schule, die Krasenlehre (Kraseologia) ist allerdings mit Eecht bedeutend eingeengt; die primären chroni­schen Dyskrasien sind insbesondere ganz unhaltbar geworden, aber es ist eine übertriebene Consequenz der sog. exaeten For­schung, auch die primären acuten Dyskrasien ganz eliminiren zu wollen, denn auch das Blut besitzt eine gewisse Autonomie, ein einigermaassen selbstständiges Leben (Beweis: Transfusion, Gerinnung) und wenn es auch noch nicht positiv zu beweisen ist, so kann doch die Möglichkeit nicht bestritten werden, dass in dasselbe gelangte fremdartige Stoffe (Contagien, Mias­men, Jauche etc.) in dem Blute ebenso wohl wie in den Organen sich vermehren (reproducirenj und das Blut krank machen können, ohne dass eine locale Störung vorhergegangen und die Ur­sache dieser Eeproduction ist. Eine solche primäre locale Stö­rung ist häufig auch nicht zu erweisen, sie wird ganz gegen
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die Regeln der exacten Forschung oft nur supponirt und mit ei­nem weit geringeren Beeilte, als die aeaten Dyskrasien. Wenn auch die von aussen in das Blut gelangenden heterologen Stoffe zunächst an irgend einer Stelle des Organismus (Baut, Lungen, Wunden) in das Blut gelangen, so ist es doch nicht nothwendig, dass sie an der Stelle eine Störung hervorrufen und. noch weniger ist zu erweisen, dass eine solche Störung als Ursache der immer nur als seeundär anzusehenden Dyskrasie gelten müsse. Ebenso beweislos steht die Behauptung da, dass das Blut sich zn den deletäreu Stoffen nur als ein Transporteur verhalte und durch die­selben nicht verändert werde. Die makroskopisch und mikrosko­pisch wahrnehmbaren Abweichungen des Blutes von der normalen Beschaffenheit, ehe eine locale Störung nachgewiesen werden kann, beweisen das Gegentheil zur Genüge (Anthrax).
Das Blut ist eine lebendige Flüssigkeit und kann ganz tref­fend als ein flüssiges Gewebe bezeichnet werden, in welchem die Blutbläschen und Lymphzellen die Zellen und das Plasma die In-tercellularsubstanz bilden. Die Zahl und Beschaffenheit der rothen und ungefärbten Blutzellen, sowie die Mischung des Plasma schwankt sicherlich innerhalb weiter physiologischer Breitegrade, da diese Verhältnisse wesentlich von der Thätigkeit der blutberei­tenden und blutreinigenden Organe abhängen, aber nicht minder abhängig sind die Ernährungs-Verhältnisse und Funktionen der Organe von der Beschaffenheit des Blutes und dieses kann eben­sowohl primär von Krankheitsursachen betroffen werden und selbst­ständig in seiner eigenen Art erkranken, wie jedes andere Gewebe (Anthrax acutissimus). Die Erkrankung des Blutes ist nur che­misch und mikroskopisch nicht so leicht nachweisbar, wie die der Gewebe, deswegen aber die Möglichkeit einer primären (acuten) Dyskrasie ganz läugnen zu wollen, heisst die sog. exaete For­schung, welche nur erwiesene Thatsachcn anerkennt, auf die Spitze treiben. Jeder Fortschritt, den wir auf dem Gebiete der Thal­sachen machen, eröffnet ein neues Feld für theoretische Schlüsse, deren wir bis zur vollständigen Erkenntniss nicht entrathen kön­nen (Kohlenoxydgas- und Blausäure-Vergiftung).
quot;Was vorstehend von dem Blute gesagt ist, gilt mat. mut. auch von der Lymphe und dem Zellensafte, deren Abweichungen vom Normalen sich unserer Wahrnehmung und Beobachtung nur noch mehr entziehen.
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Allgemeine Natur- und \\ esenlehre der Krankheit.
3. Die Zciclien der Kranklieiten (Symptotnata, Signa
morbörum).
sect;. 28. Im Allgemeinen nennen wir die Aeussemngen des Krank­seins, d. b. die von dorn Arzte (oder auch vom Kranken) objectiv wahrnehmbaren Veränderungen in den physikalischen und chemi­schen Eigenschaften und in den vitalen Prozessen des Körpers, zum Unterschiede von denen des gesunden Lebens, Symptome oder Zeichen der Krankheit uud die Lehre von diesen Zei­chen Semiotik oder Symptomatologie, uud die Kunst, aus ihnen einen Schluss auf die bestehenden Störungen zu machen und sie von anderen Störungen ähnlicher Art zu unterscheiden: differentielle Diagnostik. Nach der älteren humoral-palhologi-schen Ansicht hatte jede Krankheit ihre Grundursache (causa essentialis) in den generellen Störungen (Dyskrasie, Fieber), welche als Grundlage aller Symptome und als eine bestimmte, wenn auch unbekannte und unergründliche Einheit (ens morbi) angesehen wurden. Man hielt die Zeichen der Krankheit für die Aeusserung dieser unbekannten Einheit. Jetzt wissen wir aber, dass die nächste Krankheitsursache (causa essentialis oder ens morbi) in der Eegel in Localstöruugen begründet ist und dass die generellen Störungen gewöhnlich von einer Loealaffection ab­hängig sind. Die Symptome der Krankheit sind daher wesent­licher Ausllnss der'Localstöruugen, doch haben die daraus her­vorgehenden seeundären, generellen Störungen ebenso wohl ihre Signa, wie die primären allgemeinen Störungen (Prodrome). Da jede Krankheit als ein Mnltiplnm, als eine Succession verschiedener Localstörungen anzusehen ist, die alle von einem bestimmten Mit­tel- resp. Anfangs-Punkte, als dem wesentlich afficirten Theile, ausgehen, so ist die Störung des letzteren als das sog. Wesen der Krankheit (ens morbi) anzusehen.
sect;.29. Der Fieberprozess, d.i. die local-centrale Störung, welche als causa essentialis der Fiebersymptome angesehen wer­den muss, leitet nur die allgemeinen Fiebererscheinungen ein. Jener ist aber die seeundäre Folge verschiedener anderer localer Störungen (z. B. Entzündung) und die Fiebererscheinungen sind nur die Zeichen der bestimmten localen centralen Störung des Nervensystems uud nicht, wie die Humoral-Pathologen annahmen,
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Die Zeichen der Erankheitei
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Zeichen der generellen Störung selbst, die wir als secundäre ken­nen gelernt haben, die früher aber als causa essentialis angese­hen wurde. Das Fieber ist also nach der jetzigen Anschauungs­weise ganz in die Localaffeetion aufgegangen, so dass wir jetzt mir Krankheiten (d. h. Localaffectionen) mit nnd ohne Fieber, aber keine wesentlichen Fieber anerkennen. Das Fieber ist also nur eine Folge, ein Symptom der Ausbreitung der localen Störung auf die Central- Organe und daher nicht das Wesen einer Krank­heit; es ist, wie schon Clalon sagte, nur der Schein einer Krank­heit, oder, wie Schönlein es bezeichnete, uur der Begleiter einer Krankheit. Aus diesem Grunde ist der Werth der Symptome über­haupt, sowie der des Fiebers insbesondere für die Beurtheilung des Wesens der Krankheiten bedeutend gesunken. Jetzt entschei­det nur die direete Untersuchung des afficirten Organes. Nur dann, wenn diese letztere bedeutenden Schwierigkeiten unterliegt nnd die Localstörungen wenig bekannt sind, behalten die Symptome einen relativen Werth für die differentielle Diagnose (z. B. Gehiru-krankheiten). Für die Prognose werden sie aber stets schwer ins Gewicht fallen, weil sie doch den Grad und die Ausdehnung der primären, Avie der seeundären Störungen, welche für den Organis­mus mit Gefahr verbunden sein können, anzeigen (cf. Fiebertheorie sect;. 312).
sect;. 30. Die Symptomatologie umfasst demnächst:
1)nbsp; die Zeichen, welche unmittelbar durch die Localaffeetion hervorgerufen werden, mithin auf den localen Krankheitsprozess selbst sich beziehen (Signa s. Symptomata primaria morbi);
2)nbsp; die seeundären Zeichen, welche sich auf entferntere Prozesse beziehen, die aber doch von dem ursprünglichen Krank-heitsprocesse angeregt worden sind (Signa s. Symptomata se-eundaria morbi).
Nach diesen beiden Richtungen sind alle Symptome und Symptomengruppen zu classificiren, indess man pflegt ausserdem noch folgende zu unterscheiden:
a. die subjeetiven und die objeetiven Symptome.
Unter den ersteren versteht man solche, welche nur der Kranke allein durch subjeetives Gefühl an sich selbst wahrnimmt, ohne sich selbst zum Gegenstande der Beobachtung zu macheu. Hierher gehört jede abnorme Empfindung (z. B. das Gefühl von Schmerz, Druck, Spannung, Appetitmangel etc.). Da die Thiere
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Allgemeine Nadir- und Wesonlehre der Krankheit.
wegen Mangels einer artiknlirten Sprache ihre subjectiven Em­pfindungen nicht offenbaren können, so müssen wir uns ihren un-artiknlirten Tönen und aus ihrem Benehmen auf Grand der Er-t'alirnng und nach der Analogie des Menschen auf die subjectiven Empfindungen der kranken Thiere einen Rückschluss machen (z. ß. Kolik, Lahmheiten) und durch genaue Beobachtung und Würdigung der Symptome ihren Mangel der Sprache zu ersetzen suchen. Der Menschenarzt belindet sich bei der Diagnose der Kinderkrankheiten mit uns in gleicher Lage; der Thierarzt hat aber denYortheil, dass er durch eine falsche Schätzung der sub­jectiven Empfindungen seiner Patienten (Einbildung) nicht ge­täuscht werden kann (abgesehen von den Simulationen und Dis­simulationen der Besitzer) und dass der Thierarzt, von Haus aus auf das Studium der allgemeinen Natursprache angewiesen, für diese durch fortgesetzte aufmerksame Beobachtung ein feineres Wahrnehmungsvermögen erhält (praktischer Blick).
Objective Symptome sind dagegen solche, welche der Be­obachter sinnlich auffassen und schätzen kann. Als Mittel hierzu kann er sich seiner sämmtlichen unbewaffneten oder bewaffneten Sinne bedienen (Mikroskop, Stethoskop, Spiegel, Loupe, chemische Reagenzien, physikalische Instrumente, Plessimeter. Thermo­meter etc.).
b. Wesentliche (S. essentialia) und unwesentliche Symptome.
Erstere sind solche, welche nothwendig bei einer bestimmten Krankheit vorhanden sein müssen, ohne welche diese Krankheit also nicht bestehen kann (z. B. Röthe bei Hyperämie); dagegen können dieselben Symptome bei verschiedenen Krankheitszustän-den vorkommen (Erysipelas, Katarrh, Entzündung, aktive und passive Congestion, Turgor, Telangiectasie etc.).
Unwesentliche Symptome sind dagegen solche, welche zwar mit der Krankheit in Verbindung stehen, aber auch fehlen könnten, ohne dass die Krankheit eine wesentliche Veränderung dadurch erfahren würde (Lungenentzündung mit oder ohne Kopf­schmerzen, selbst mit oder ohne Fieber). Wird durch ein solches Symptom ein neuer Krankheitsheerd mit gefahrdrohendem Charak­ter geschaffen, so hört es überhaupt auf, ein Symptom zu sein und es stellt ein besonderes Krankheitsglied, eine Complication dar. Ein Symptom kann also wesentlicher sein, als das andere
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Die Zeichen der Krankheiten.
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und hinsichts des Grades der Wesentlichkeit kann ein allmäliliger üebergang zwischen den Extremen stattfinden.
c.nbsp; nbsp; Pathognomische und zufällige Symptome (S. pathognomica et fatuita).
Jene sind solche, welche mit Notwendigkeit und Sicherheit auf einen bestimmten Krankheitsvorgang hinweisen, daher auch Kennzeichen genannt werden; jedoch kann die betreffende Krankheit unter Umständen auch ohne solches Symptom bestehen (Chankeröse Geschwüre bei der Rotzkrankheit, Krepitation bei Knochenbrüchen).
Zufällige Symptome sind dagegen solche, welche zu der ursprünglichen Krankheit in nicht wesentlicher Beziehung stehen, sondern durch anderweitige, zufällig bestehende Fehler der Organi­sation und dergl. bedingt sind (Ruptur fettig degenerirter Gefässe bei Hyperämie).
d.nbsp; Andauernde und vorübergehende, constante und ephemere Symptome (S. perpetua et temporaria).
Die ersteren sind während aller Stadien einer Krankheit vor­handene und deswegen auch wesentliche Symptome (z. B. Kolik­symptome) , doch sind die wesentlichen Symptome nicht immer anhaltende, sondern zuweilen nur vorübergehende und bestimmten Stadien eigen (z. B. Mondblindheit, Wechsellieber). Vorübergehende Symptome sind nur bei irgend einem Stadio einer Krankheit vor­handen und fehlen zu anderen Zeiten oder in anderen Fällen, ohne dass die Krankheit dadurch eine wesentliche Veränderung erfährt (Nasenblutung bei der Rotzkrankheit, Nymphomania bei der Franzosenkrankheit). Die Dauer der Symptome steht mit ihrer Wesentlichkeit nicht im geraden Verhältnisse (Epilepsie).
e.nbsp; Functionelle und statische Symptome.
Die ersteren geben über die Art und den Grad der Func-tionsstörung Aufschluss (Secretion, Wärme, Bewegung, Empfin­dung); unter statischen Symptomen versteht man dagegen die­jenigen, welche die räumlichen Verhältnisse und die durch den KrankheitsVorgang bedingten materiellen Veränderungen (Sitz, Ausdehnung, Slructur, Consistenz, Farbe etc.) des kranken Theiles betreffen resp. anzeigen.
f.nbsp; Active und passive Symptome
Während Einige (Gerlach) unter ersteren die Symptome der gesteigerten, unter letzteren die der verminderten Function
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Allgemeine Natur- und Wesenlehre der Kiaokheit.
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verstehen, bezeichnen Andere (Uhle n. Wagner) alle Fuuctions-stürungeu überhaupt, also alle Störungen der Action, als active, dagegen die statischen Organveränderungen als passive. Die letztere Bedeutung fällt mithin mit den der functionellen und statischen Symptome zusammen.
g. Positive und negative Symptome.
Alle bisher erwähnten, objeetiv wahrnehmbaren Symptome sind positive. Als negative Symptome sind diejenigen zu be­trachten, welche entweder, wenn vorhanden, die Diagnose einer be­stimmten Krankheit ausschliesseu (vesiculäres Geräusch — He-patisation, Fieber — Dämpfigkeit etc.) oder die bei einer be­stimmten Krankheit niemals vorhanden sind.
Ferner unterscheidet man noch:
h. Primäre und seeundäre \
i. Directe und indirecte ' Symptome,
k. Locale und allgemeine 1 deren Bedeutungen aus den Bezeichnungen selbst leicht ersicht­lich ist.
Endlich pflegt man noch:
1. Symptome des Krankeitsprocesses und Symptome der gestörten Function zu unterscheiden. Da die letztere ein Symptom des Krankheitsprozesses selbst ist, so wäre demnach das Symptom der gestörten Function ein Symptom eines Sym-tomes. So kann man z. ß. den Nasenausfluss als ein Symptom der gestörten Function, d. i. der gesteigerten Ex- und Transsu-dation der Schleimhaut und diese wieder als ein Symptom der Reizung der letzteren resp. als ein Symptom des Katarrhs an­sehen. Ebenso verhält es sich mit der Aeusserung des Schmerzes (z. B. dem quot;Wälzen bei Kolik), indem man diese Aeusserungcn als Symptome des Schmerzes, den Schmerz aber als Symptom der Krankheit betrachten kann. Diese Unterscheidungen haben indess weder einen wissenschaftlichen Werth, noch einen prak­tischen Nutzen, denn, wenn man will, lassen sich die Symptome auf noch fernere Stufen der Abhängigkeit, z. B. der Schmerz auf Spannung, diese auf Congestion etc. etc., zurückführen, so dass ein Symptom aus dem anderen hervorgeht und man nicht immer sagen kann, welches unmittelbarer Auslluss des Wesens der Krank­heit selbst ist.
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Der Verlauf der Krankheiten.
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4. Der Verlauf der Krankheiten (üecursus morborum).
sect;. 31. Die Emthellung der Kriniklioireii in verschiedene Zeit­räume, Perioden oder Stadien stammt zum Theil noch von der Fiebeiiehre der Alten her. Solche Eintheilungen lassen sich auch bei einzelnen fieberhaften Krankheiten, jedoch bei Weitem nicht bei allen, in ungezwungener Weise machen. Die Stadien des Gesammtveriaufes der Krankheiten, welche nur auf Grund von Messungen der inneren Körpertemperatur beurtheilt werden können, stimmen indess mit den Stadion ihrer Localstörungen nicht immer überein, denn die Krankheit ist nur selten eine be­stimmte Einheit und macht meistens keinen regelmässigen Gang, sondern die Bezeichnung einzelner Stadien passt in der Eegel nur für einen Abschnitt von Veränderungen eines Theils, eines bestimmten Ortes, nicht aber für die ganze Krankheit, welche aus einer Eeihe verschiedener Störungen besteht. Jeder einzelne Vorgang pflegt allerdings anzusteigen, einen gewissen Höhepunkt zu erreichen und wieder abzufallen, aber fast niemals kann man die Einheit aller Krankheitsvorgänge in ein solches Krankheitsbild zusammen fassen. Für letzteres hatte man bisher verschiedene Schemata aufgestellt und zwar zunächst folgendes allgemeine:
i. Was Stadium vor der Krankheit (St. ante morluiai}. sect;. 32. Mit dem Momente der Einwirkung der Schädlichkeit (welchen mau wohl als das Stadium des feindlichen Angriffs, St. invasionis, bezeichnet hat, wenn die Einwirkung der Schäd­lichkeit einige Zeit andauerte) oder mit der Legung des hin­reichenden Grundes der Krankheit beginnt dieses Stadium. Das­selbe verläuft ohne Erscheinungen einer Störung und dauert bis zum Hervortreten der ersten Krankheitssymptome. Während die­ses Stadiums besteht also anscheinend ein völliger, in der That aber nur ein relativer Gesundheitszustand. In Beziehung auf die ansteckenden Krankheiten bezeichnet man dieses Stadium auch als latentes Stadium oder St. der Keimung oder Gährung (St. oecultum oder St. germinationis, s. fermentationis) in der Vorstellung, dass der inficirende Stoff während dieser Zeit an der Infectionsstelle oder im Innern des Organismus keime
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Allgemeine Natur- und Wesenlehre der Krankheit.
oder gälire, ohne eine äusserlich wahrnehmbare Störung zu ver­anlassen.
2. Uns Stiiiliuin der Vorboten (St. proilromorum).
sect;. 33. Es treten nur Erscheinungen des Unwohlseins oder der Kränklicheit im Allgemeinen (Mattigkeit, Niedergeschlagen­heit, Appetitmangel etc.) auf, ohne dass eine bestimmte Local-afl'ection d. i. eine eigentliche Krankheit hervortritt. Jene allge­meinen Zeichen der Trübung der Gesundheit bezeichnet mau als Vorboten oder Vorläufer (prodromi), welche jedoch nicht nothwendig die Entwicklung der weiteren Stadien zur Folge ha­ben, sondern vorübergehend sein können. Dieses kann z. B. bei einfachen Functionsstörungen, bei denen keine oder nur ganz ge­ringfügige parenehymatöse Gewebsveränderungen stattfinden, der Fall sein (z. B. Congestion und Anämie des Gehirns, der Lungen etc.). Dieses Stadium kommt nur bei den fieberhaften acuten Krankheiten vor; diese können aber auch ohne Vorboten ein­treten.
sect;. 34. 3. Was Stiiiüiini des Anfanges (S(. hiifii), mil dem des Wachsthuiiis (St. inciementi),
welche beide auch wohl als besondere Stadien aufgestellt worden sind. Neben den gewöhnlich dem Grade nach sich steigernden allgemeinen Krankheitserscheinungen (Vorboten) treten neue auf, welche die Art der Störung und der Localaffection mehr oder weniger deutlich anzeigen. Nicht selten lassen indess mit der Ausbildung der letzteren die ersteren an Intensität nach (acute Exantheme) und besonders diese Erscheinung hat wohl die Alten zu der Vorstellung veranlasst, dass die bis dahin allgemeine Krankheit sich nun localisire (cfr. Generalisation und Localisation sect;sect;. 15 und 23).
sect;. 35. 4. Das Stadium der Höhe oder der Kocbung d. A. (St. iicntes s, ooetionis).
Nur wenige Krankheiten pflegen der Begel nach eine gewisse Höhe zu erreichen, und unter diesen stehen wieder die acuten (fieberhaften) Exantheme (incl. Erysipelas) oben an. Alle anderen Krankheiten können zu jeder Zeit und auf jeder Entwicklungs­stufe nachlassen uud dann ist erst durch den Beginn des Nach-
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Dor Verlauf ilor KiaukliciU'ii.
lasses das vorhergegangene Stadium der Höbe gekennzeich­net. Diese ist mit Rücksicht auf die in der Hegel nachfolgende Krisis als kritische Aufregung, perturbatio critica, und das ganze Stadium als das der Kochung, St. coctionis, be­zeichnet worden, in der VorsteEang, dass der Organismuss während der kritischen Aufregung alle seine Kräfte zusammen nehme, um vormittelst des Fiebers die mat. peccans schnell zur Ausscheidung reif zu macheu, zu kochen. In der nach damaliger Ansicht nur scheinbaren Verschlimmerung der Krankheit äusserte sich die heilsame Reaction des Organismus, die vis naturae mecheatrix.
sect;. 36. S. Das Stadiniu der Eulscbeidung (St. crlscos);
Dieses Stadium grenzt unmittelbar an das vorhergehende und schliesst den Zeitraum in sich, in welchem die Krankheit ent­schieden nachlässt, also eine Wendung zum guten Ausgange nimmt. Es kann daher von einem kritischen Stadium auch nur dann die Rede sein, wenn die Krankheit nicht unter fortwährender Steige­rung zum Tode führt, obschon man im gewöhnlichen Leben auch diejenigen Vorgänge oder Erscheinungen als kritische zu bezeichnen pflegt, welche einen üblen Ausgang der Krankheit anzeigen. Je­doch bezeichnet man nur eine solche Besserung als eigentliche Krisis, welche mehr oder weniger auffallend und schnell, oft in wenigen Stunden, eintritt und sich durch rasches Sinken der ge­steigerten Körpertemperatur und Nachlassen der Pulsfrequenz, durch Ausscheidung eines sedimeutöseu Harnes, duftenden Schweisses etc. (Crisis evacuatoria) und entschiedenes Besser­befinden des Kranken zu erkennen giebt. Jedoch soll mit dieser Bezeichnung (Krisis) nicht gesagt sein, dass die Entschei­dung der Krankheit durch Jene Vorgänge, in specie durch die Ausscheidungen, herbeigeführt worden sei oder dass die Aus­scheidung der excrementiellen Stoffe die Krisis selbst sei. Die­selben sind vielmehr Folgen, Symptome, der günstigen Ent­scheidung oder der Krisis.
sect;. ;57. Die Vorstellung der Alten (Hippokrates, Galen) ist zwar insofern nicht ganz unrichtig, als zur Zeit der günstigen Entscheidung der Krankheit in den Se- und Excreten die Pro-dnete der durch die Krankheit veränderten StolVmelamorphose aus­treten und dass mit ihrer Ausscheidung eine Depuration des Blutes verbunden ist; dieses kann aber nur mit der Maassgabe und unter
Küh?ie, a!lir. Veterin. I'atli.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; o
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Allgemeine Natur- und Wesenlehre der Krankheit.
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der Einschränkung als richtig anerkannt werden, dass diese Stoffe nicht die Ursache (materia peccans), sondern die Folge resp. das Product der Krankheit waren, und dass diese sich bessert, nicht weil jene Stoffe ausgeschieden werden, sondern dass diese ausgeschieden werden, weil die Krankheit sich bessert. Die Ent­leerung jener Stoffe ist zur gänzlichen Wiederherstellung der Gesundheit (restitutio ad integrum), d. h. zur Voll­endung der Genesung allerdings erforderlich und insofern auch heilsam (dopuratorisch), sie tritt aber erst in Folge des Beginnens der Genesung ein. Neuere Beobachtungen haben auch constatirt, dass die wesentlichen Fieberersclunuungen, erhöhte Körpertempe­ratur und Pulsfrequenz, schon vor dem Eintritt der sogen, kriti­schen Entleerungen zu sinken beginnen. Das Wort „Krisequot; gilt also jetzt mehr im symptomatologischen Sinne, als Ausdruck für gewisse klinische Erscheinungen, welche zwar in prognostischer Hinsicht von grosser Bedeutung sind, aber nicht mehr im erklä­renden Sinne, (ef. Fiebertheoric sect;. 012.)
sect;. 38. Geht die Besserung dagegen nicht so schnell von Statten, so bezeichnet man die Entscheidung der'Krankheit als eine einfache Lösung (Lysis s. Crisis resolutoria) ohne Rücksicht darauf, ob diese mit auffallend vermehrten Excretionen verbunden ist oder nicht. Gewöhnlich sind diese bei den lang­samen Besserungen, besonders im Vergleich zu der verhergegange­nen Fieberzeit, auch vermehrt, iudess nicht so massenhaft wie bei den eigentlichen Krisen.
Die früheren HumoralpaUiologen unterschieden auch noch eine Crisis idiostatica und eine Cr. apostatica, und stellten sich dabei vor, dass im ersteren Falle die Entscheidung, d. i. die kri­tische Abscheidung aus dem Blute, an der Stelle des afficirten Theiles selbst erfolge, im anderen Falle an einer anderen Stelle. Diese Vorstellung ist nach dem jetzigen Stande der Wissenschaft nicht mehr haltbar. Eine Krisis kann immer nur durch Aus­lösung der Spannung in dem kranken Organe selbst erfolgen. Wenn dabei gleichzeitig eine kritische Entleerung in einem ande­ren Organe oder an einem anderen Orte erfolgt (z. B. durch die Nieren), so war dieser mit in das Spannungsverhältniss hinein­gezogen und wurde zur Zeit der Krisis aus demselben entlassen. Man hatte also die seeundäre Miterkrankung der Se- und Exere-tionsorgane übersehen und immer nur die Dyskrasie und das ver-
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Der Verlauf dor Krankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 35
meiutlich aus derselben hervorgegangene Hauptleiden im Auge ge­habt, die ausgelöste Mitleidenscliaft anderer Organe aber irrtliiim-lich als eine Crisis apostatiea augesehen und geglaubt, dass ersteres durch letztere gemildert, gebessert resp. beseitigt würde, während eine Complication oder Combination vorlag.
sect;. 39. Vollkommen nennt man dieKrisis (Cr. perfecta), wenn sie von vollständiger Genesung gefolgt ist und diese in ver-hältnissmässig kurzer Zeit und ohne vorhergehende Nachkrankheit eintritt; unvollkommen dagegen (Cr. imperfecta), wenn nach (nicht in Folge!) derselben nur eine unvollständige Genesung, d.h. nur eine relative Besserung eintritt. Der früheren humoral-pavho-logischen Anschauungsweise gemäss glaubte man, dass im letzte­ren Falle die kritischen Entleerungen zur vollständigen Beseiti­gung der Materia peccans nicht genügt hätten, entweder iveil diese zur Zeit der Krisis noch nicht zur Ausscheidung geeignet, „nicht hinreichend gekochtquot; gewesen sei, oder weil das entsprechende Ausscheidungsorgan, sei es wegen vorher bestandener Schwäche, sei es wegen mangelhafter Erregung, seine Schuldigkeit nicht ge-than habe. Der Rest der Materia peccans verursache nun im Blute, oder in dem durch die Dyskrasie bereits afficirt gewesenen Orgaue, oder an einem ganz anderen Orte eine fortdauernde oder eine neue Störung (Nachkrankheit).
Da wir aber jetzt die Krisis als eine auslösende That des in der Genesung begriffenen Organismus oder Organes, als die Folge der Genesung selbst ansehen, welche in der Auslösung der Spannung in den krankhaft aflidrteu Organen und besonders in den Centraltheilen des Nervensystems beruht, so kann als eine unvollständige Krisis nur eine solche gelten, welche mit einer un­vollständigen Lösung der Spannung in dem kranken Organe oder mit einer vollständigen Lösung nur in einem Theile der ganzen Reihe von afficirten Organen verbunden ist, während die Span­nung in einem anderen Theile fortbesteht. Im ersteren Falle bleibt in dem primär erkrankten Theile, im letzteren Falle in einem oder in mehreren anderen secuudär afficirten Theilen eine Störung zurück, weil die Auslösung der Spannung eine unvollständige oder theilweise geblieben war. Betraf diese mangelhafte Auslösung ein Excretionsorgan, so konnte natürlich die gesteigerte Excretion nicht in gewünschtem Maasse eintreten; man sah aber diese mangelhafte Excretion irrthümlicher Weise als die Ursache der
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Allgemeine Natm'- und Wesenlehre der Krankheit.
uuvollstäiidigen Geuesung au, während sie nur als die Folge der­selben gelten kann. Mau verwechselte also -wiederum Ursache und Wirkung. Auch rechnete man früher noch manche Störungen zu den Folgen mangelhafter Krisen, die wir jetzt als Complicationen oder Naehkränkheiten ansehen. (Sehneu- und rheumatische Augen-Entzündung etc. cf. Metastasen sect;. 23.)
sect;. 40. Ct. this Slmliiüii der Ahnnhmc (St. ilccn'mculi) erstreckt sich über den ganzen Zeitraum von dem Beginne des Nachlasses bis zum Verschwinden aller wesentlichen Krankheits-iTscheinuugen.
7. Bas SlaiHiim der Genesung (St. reconralcscentiae)
ist nicht ein Minimum der Krankheit selbst, sondern das Stadium nach der Krankheit (St. post morbum), eine Periode ohne bestimmte Grenzen, in welcher, ähnlich wie im St. prodromorum, Symptome einer eigentlichen Krankheit nicht mehr wahrnehmbar sind, sondern bei leidlichem Wohlbefinden nur noch eine örtliche und allgemeine Schwäche und Empfindlichkeit, ein vermindertes Resistenzvermögen gegen äussere Kraukheitsreize (Prädisposition) besteht, welche durch Restitution allmählig wieder beseitigt wird. Die Ernährungsverhältnisse sämratliclier Elemente, welche durch die Krankheit (und die ärztliche Behandlung!) gelitten haben, werden wieder auf den Zustand vor der Krankheit zurückgeführt; die Regenerati on durch die Krankheit zu Grunde gegangener und die Resorption neugebildeter Theile oder exsudirter Massen gehört aber eigentlich noch zum St. decrementi der Krankheit selöst.
Selten geht jedoch die Entwickelung und der Verlauf der Krankheiten in Form der vorerwähnten Stadien gleichmässig auf-nnd abwärts. Das St, ante morbum kann verschwindend kurz sein, auch auf die Dauer von mehreren Tagen, Wochen, selbst Monaten sich erstrecken (Wuthkrankheit). In manchen Fällen be­ginnt die Krankheit plötzlich, ohne Vorboten, in anderen kündigen diese lange vorher eine Krankheit au und diese entwickelt sich ganz allmählig. Das St. acmes ist i. d. ft. sehr kurz, oft auf Minuten oder Stunden beschränkt, dasselbe kann indess auch einen Tag und darüber anhalten. Das Stadium der Abnahme steht der Dauer nach zwar oft mit dem der Zunahme im graden Verhält­nisse; häufiger ist jenes aber länger, sehr selten kürzer. Nach
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Der Verlauf der Krankheiten.
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schweren fieberliufteii Krankheiten sind die Reconvalescenz-Erschei-nongen am ausgeprägtesten und andauerndsten.
sect;. 41. Auf die chronischen Krankheiten iiudet diese allge­meine Eintheilnng iji Stadien fast gar keine Anwendung, auf die lieberhaften acuten nur in einem beschränkten Maasse. Gewisse Krankheiten letzterer Art lassen wieder eine besondere Eintheilnng in Stadien zu, und zwar:
1.nbsp; nbsp;die Entzündung, inflarnmatio, pblogosis.
a)nbsp; das Stadium der Reizung, St. irritationis;
b)nbsp; das St. der Ausschwitzung oder Neubildung St. exsudationis:
c)nbsp; das St. der Entscheidung, St. criseos:
d)nbsp; das St. der Zertheilung, St. resolution is.
2.nbsp; nbsp;die acuten Exantheme:
a)nbsp; das latente Stadium, St. incubationis;
b)nbsp; das Stadium des Fiebers, St. febrile:
c)nbsp; das St. des Ausbruchs, St. eruptionis:
d)nbsp; das St. der Reife, St. maturitatis;
e)nbsp; das St. der Abschuppung, St. desq uamalionis.
3.nbsp; nbsp;die acuten Katarrhe:
a)nbsp; das Stadium der Heizung, St. irritationis:
b)nbsp; das St. der Schwellung:
c)nbsp; das St. der Absonderung, St. bleunorrhoicum s. criseos.
1. die Typhen:
a)nbsp; das Stadium der Aufregung, Typhomania. welches eigentlich das Stadium der Vorboten ist und nicht selten ausfällt;
b)nbsp; das Stadium der Congestion oder der markigen Schwellung:
c)nbsp; das Stadium der Geschwürsbildung oder V er-schwärung, St. nice rationis, Lncl. des St. des Zerfalls und der Schorfbildung;
d)nbsp; das Stadium der Abstossung, Vernarbung und Heilung.
In ähnlicher Weise lassen sich zwar noch verschiedene andere Krankheiten (Lungenseuche, Rinderpest etc.) in Stadien eintheilen, indess das hat nur einen praktischen Zweck (für die specielle
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Allgemeine Natur- und Wesenlehre dar Krankheit.
Pathologie und Therapie) und giebt über die Localaffactioa weiter keinen Aufsehlnss.
sect;. 42. Nachdem alle die gewöhnlichen Stadien der Krank­heit durchlaufen sind, fängt sie zuweilen von Torn oder mit irgend einem Stadium wieder an und dann nennt man diesen Wiederein­tritt einen Rückfall uiul die Krankheit morbus reeidivus. Tritt dieselbe Krankheit wieder ein, nachdem sie vollständig durch­gemacht oder während nur noch das ßeconvalescenz-Stadium be­stand, so bezeichnet man die zweite Krankheit als einen neuen Anfall derselben Krankheit, morbus recurrens. Wenn aber nach vollständigem Ablauf der Krankheit und dennoch in einem gewissen Zusammenhange mit derselben, mithin ohne Einwirkung einer hinreichenden änsseren Ursache, eine andere Krankheit ein­tritt, so bezeichnet man diese als eine Nachkrankheit, mor­bus seeundarius (Dämpfigkeit nach Lungenentzündung). So tritt z. B. Sehnenentzündung nach Brustkrankheiten in Folge des lan­gen Stehens und der Dehnung der erschlafften Seimen, die Augenentzündung in Folge der Entwöhnung von dem EinHusse der Luft und des Sonnenlichtes ein.
Wird dieselbe Krankheit, nachdem sie in ihrem Verlaufe un­terbrochen worden, absichtlich wieder hervorgerufen (wie man z. B. bei im kritischen Stadio unterdrückten acuteu Exanthemeu die Absicht haben kann), so bezeichnet man die neue Krankheit als M. revocatus (Pocken, Erysipelas, Strahlkrebs).
Bei weitem die meisten Krankheiten zeigen aber nicht die er­wähnte gleichmässige Zu- und Abnahme der Erscheinungen oder die Regelmässigkeit des Verlaufes, sondern sie bieten verschiedene Schwankungen, selbst Unterbrechungen. Die Schwankungen nennt man, wenn sie zur Besserung hinneigen, Nachlässe oder Re­missionen; wenn sie aber eine Verschlimmerung mit sich brin­gen, Steigerungen oder E x acerb at ionen. Verschwinden während des Nachlasses alle wesentlichen Krankheitserscheinungen, so dass das betreffende Individuum bis auf eine allgemeine Schwäche gesund erscheint, also die Krankheit vollständige Unterbrechungen erleidet, so nennt man die Krankheit eine aussetzende oder in­te rmittir ende und, da solche Unterbrechungen nur bei fieber­haften Krankheiten beobachtet werden (Mondblindheit?), die an­fallsfreie, fieberberlose Zwischenzeit Apyrexia; die Zeit aber, in welcher die Krankheitssymptome wieder hervortreten,
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Der Vorlauf dor Krankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 39
den A ii lall odor Paroxysmus. Der letztere Ausdruck wird iudoss iiiclit aussehliesslich für die Anfülle iuteriiiittirgt;;uder, son­dern für jede plötzliche und vorübergehende, wenn aueli nicht wiederkehrende Krankheitserseheinung, selbst für ganz vereinzelt dastehende kurze Anfülle einer Kranklieit gebraucht (Epilepsie, Sehwindel). Doch verbindet man gewöhnlich den Begriff der ner­vösen Aufregung damit, so dass man diese Bezeichnung für einen Anfall der Ohnmacht, Bewusstlosigkeit etc. nicht zu gebrauchen pflegt.
sect;. 43. Machen sich bei einer Krankheit erhebliche Schwan­kungen nach der einen oder der anderen Seite nicht bemerkbar, und ist sie nicht von kurzer Dauer, so nennt man sie eine an­haltende, M. continuus; zeigt sie aber einzelne nicht erheb­liche Schwankungen, so bezeichnet man sie wohl als eine an­haltend nachlassende, M. continuus remittens; bleibt sie dagegen lungere Zeit hindurch auf gleicher Höhe, so ist sie eine fortwährend anhaltende Krankheit, M. continuus conti-nons.
Alle diese Bezeichnungen rühren meistens von der Beobach­tung der nach Aussen wahrnehmbaren Symptome und des Ver-laufcs fieberhafter Krankheitszustünde her; in den örtlichen anato­misch-pathologischen Vorgüngen zeigt sich dagegen kein so auffälliges Schwanken, sondern die Kraukheitsprozesse sind mehr anhaltend und stetig. Die. innere Körpertemperatur bleibt z. B. bei inter-mittirenden Fiebern ziemlich gleichmässig erhöht.
Treten die erwähnten Schwankungen im Verlaufe einer Krank­heit mit einer gewissen Regelmässigkeit ein oder geschieht die Zu- und Abnahme oder die Entwickclung einzelner Stadien erfah-rungsmässig in bestimmter Weise, so sagt man, die Krankheit habe ein bestimmtes Gepräge, eine gewisse Form, ein ei-genthümlichcs Bild, Typus. Bezieht sicii diese Regelnläs­sigkeit besonders auf die Dauer und den Verlauf, so bezeichnet man diesen als einen typischen; zeigt sich aber ein unregel-mässiger Wechsel in den Erscheinungen und in dein Grade der Krankheit, so ist der Verlauf ein atypischer. Giebt sich eine solche Regelmässigkeit oder ünregelmässigkeit bei den iutermilti-renden Fiebern zuerkennen, so nennt man sie rhyt mische oder arhytmische; doch werden die Bezeichnungen Typus und Rhytmus auch promiscue gebraucht.
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A-llgetneine Natur- mul Wesenlehre dor Krankheit.
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Kehrt der Fieberanfall alle Tage wieder, so hat die Krank­heit einen täglichen oder eintägigen Rhytnuis, lgt; h. qao-
tidianns; vergehen von dem Beginn des einen Anfalls bis zu dem des anderen ca. 48 Stunden, so dass das Fieber einen am den anderen Tag wiederkehrt, so nennt man den Rhytmns der Krank­heit einen dreitägigen, rfh. tertianus. Beträgt dagegen der Zeitraum von dem Anfange des einen Fieheranfnlles bis zu dem des folgenden ca. 72 Stunden, so hat die Krankheit einen viertägi­gen Rhytmns, Rh. quart anus. Längere Intermissionen sind bis jetzt bei den fieberhaften Krankheiten noch uicht beobachtet (Mond­blindheit).
Ist der Wechsel zwischen dem Paroxismus und derApyrexie durchaus regelmässig, so dass ersterer genau zu derselben Stunde des Tages wiederkehrt, so ist der Typus der Krankheit ein fester, Typus fixus: ist dagegen die Wiederkehr der Fieheranfälle eine unregelmässige und veränderliche, so bezeichnet man den Typus der Krankheit als einen beweglichen, T. mobil is. Verkürzt sich die Apyrexie um eine oder mehrere Stunden, so bezeichnet man den Typus als einen vorsetzenden, T. anteponens; ver­längert sich dagegen die fieberfreie Zeit, so hat die Krankheit einen nachsetzenden Typus, T. postponens. Die Krankhei­ten der ersterenArt gehen in der Regel in anhaltend remittirende Fieber, letztere in Genesung über.
Die Ursache der intermissionen ist nicht mit Sicher­heit ermittelt; sie hängt aber wahrscheinlich nicht von der Aus-senwelt, Drehung der Erde, Tag und Xacht, vom Stande der Sonne oder des Mondes, von diätetischen Verhältnissen, Speise und Trank etc. ab, sondern ist im inneren des Organismus (Ganglien?) be­gründet und beruht, vielleicht nur auf einer stetigen Anhäufung der inneren Ursache, welche bis zu einer gewissen Kraft gelaugt durch den Einfluss der Lebensreize oder ganz geringfügiger äus-serer Veranlassungen zur Entladung gebracht wird (Mondblindheit).
44. 5. Die Dauer der Krankheiten
ist eine äusserst verschiedene. Manche endigen in wenigen Mi­nuten, Stunden oder Tagen; manche dauern das ganze Leben hin­durch an. Die kurz oder sehneil verlaufenden Krankheiten nennt
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Die Dauer der Krankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;41
man acute, die lange dauernden chronische: Jedoch iässt sich der Zeitraum nicht genau angeben, in welchem eine Krankheit aufhört acut zu sein und zur chronischen wird.
Aus den ältesten Zeiten der Medicia stammt Folgende Ein-theilnng der E'.rankheiten ihrer Dauer nach:
a)nbsp; die höchstacuten Krankheiten, Morbi aCutissimi, von einer höchstens 3—4 tägigen Daner;
b)nbsp; die sehr aenten Krankheiten, M. peracuti. für eine 4 — 7 tägige Dauer;
c)nbsp; die eigentlichen acuten Krankheiten, M. exaote acuti, für eine 7—14 tägige Dauer;
d)nbsp; die acuten Krankheiten, M. acuti, für eine bis 28 tägige Dauer;
e)nbsp; nbsp;die halb- oder fast acuten Krankheiten, M. sub-aenti, für eine 4—6 wöchentliche Dauer:
f)nbsp; nbsp;die schleichenden Krankheiten, M. chronici, für die über 6 Wochen andauernden und endlich
g)nbsp; nbsp;die unheilbaren bis an's Lebensende fort bestellenden chronischen Krankheiten, M. persistentes.
Allein jetzt richtet man sich hhisichts dieser Bezeichnungen mehr nach dem gewöhnlichen Verlaufe der einzelnen Krankheiten und bezeichnet z. B. die Rotzkraukheit für gewöhnlich als eine chronische Krankheit, wenn sie aber ausnahmsweise innerhalb 14 Tagen verläuft, als eine acute. Die Kolik ist für gewöhnlich eine acute Krankheit, wenn sie aber mal über 48 Stunden andauert, so bezeichnet man sie als eine schleichende Kolik (subacute Ge­hirnentzündung).
Die Dauer der Krankheiten ist zum Teil bedingt durch die Grosse, Dauer und Entfernbarkeit der inneren und äusscren Ur­sachen, zum Theil durch die In- und Extensität der Krankheits­prozesse selbst, zum Theil durch die spezifische Affection der Or­gane und die gesetzten Krankheitsproducte resp. Neubildungen, zum Theil durch den Gefäss- und Nervenreichthum, Stoffwechsel, die Dignität etc. des afficirten Theils und durch die Individualität überhaupt, zum Theil endlich durch äussere Bedingungen: Lebens­weise, Aufenthalt, Diät, Kunsthülfe etc.
Gewöhnlich sind zwar die acuten Krankheiten fieberhaft und die chronischen Krankheiten fiebcrlos; aber es giebt auch acute fieberlose und chronische fieberhafte Krankheiten, und solche, die
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Allgemeiue Natur- und Weseulehre der Erunkbeit.
anfangs chroniscli und fleberlos siud und acut und fieberhaft wer­den (Tuberknlosis). Manche fieberlose Krankheiten gehen sogar sehr schnell vorüber (Schwindel, Epilepsie, leichte Katarrhe); manche tödten so schnell, dass gar kein Fieber zu Staude kom­men kann (Apoplexie, Anthrax). Dagegen sind die typischen Krankheiten allerdings in der Kegel von acutem Verlaufe, die atypischen von chronischem; doch hat z. B. die Mondblindheit einen ziemlich typischen Verlauf, aber einen chronischen, fieber­losen Charakter, wenn auch jeder Anfall ein acuter ist. Auch die höchst acuten Krankheiten zeigeu in der Kegel keinen be­stimmten Typus.
sect;. 45. 6. Die Ausgänge cIlm- Krankheiten.
Dieselben physiologischen Wege, welche zur Verallgemeine­rung einer Krankheit dienen können (Blut- und Lympf - Gel'iiss-system, intracelluläre Saftströmung, Nervensystem) bilden auch die Mittel der Wiederherstellung des regelmässigen Zustandes (Re-gulatio), d. i. der Heilung. Diese regulatorischen Prozesse be­zeichnet man auch wohl kurzweg als die Ausgänge der Krank­heiten und je nach dem Erfolge für das kranke Organ resp. für den Gesammtorganismus unterscheidet man den Ausgang in:
a)nbsp; vollständige Genesung, Sanatio completa, Re-stitutio ad integrum;
b)nbsp; unvollständige Genesung, Sanatio incompleta;
c)nbsp; nbsp;örtlichen oder allgemeinen Tod, Nekrosis s. mors.
ad. a. Die vollständige Heilung ist nur möglich bei funclionellen und nutritiveu Störungen, nicht bei den formativen. Bei jenen ist nur die chemische Mischung der Parenchymsäfte und Zellen verändert, welche durch Zufuhr normaler und durch Abfuhr überschüssiger Stoffe in das physiologische Verhältuiss wieder zurückgeführt werden kann, da die Elemente des krank-gewesenen Theiles lebend und in normaler Form erhalten sind. Diese Elemente können sich durch das Hülfsmittel des Stoff­wechsels durch sich selbst regulireu, sobald ihre normale An­ziehung zu den ihnen adäquaten Stoffen wieder hergestellt ist. Bei bloss fuuctioneller Störung ist zur Kegulation wahrschein-
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Uio Ausgänge der Krauküeiten.
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l'n-li ein grober Stoffwedisel uicht erforderlich, mögliclier Weise aber ein feiner, wenn aueh nicht nachweisbarer, wie z. B. /ur Regulation erschöpfter Muskeln bei der Ruhe, des Gehirns während des Schlafes etc,
sect;. 4G. Je mehr die erwähnten Wege der Regulation in einem Organismus entwickelt sind, je leichter dienen sie zwar zur Verbreitung und Verallgemeinerung der Krankheiten, je ge­eigneter sind sie aber auch zur Vermittlung der Regulation d. h. zur Ausgleichung der Störungen (Xaturheilung). Es kommt hierbei zum Theil auf die normale Disposition der kranken Theile an und auf deren üebung, als das beste Mittel zur Regulation. Ein bereits geschwächter oder durch eine angeborene Anlage vom Normalen abweichender Theil besitzt stets eine geringere Regu­lationsfähigkeit, als ein normaler, in seinen Functionen geübter und mit anderen Theilen in lebhafter vicariirender Wechselwir­kung stellender Theil. Durch die üebung wird das Eintreten gewisser Thätigkeiten, die zur Ausgleichung der Störungen dienen, erleichtert; durch die Gewöhnung wird aber die Empfänglich­keit für bestimmte häufig wiederkehrende Reize vermindert und das Eintreten von Störungen verhindert. Die üebung und die Gewöhnung wirken also auf ganz verschiedene Weise heilsam, gehen aber in der Regel Hand in Hand. Die Gewöhnung lässt Störungen weniger leicht zu Stande kommen, die Üebung gleicht die eingetretenen Störungen leichter aus. Auf der ersteren be­ruht die Acclimatisation.
Die Kunstheilung kann nur darin bestehen, dass die inne­ren und äusseren Bedingungen des organischen Lebens so regulirt werden, dass die Naturheilung möglichst beschleunigt und erleichtert wird; andere positive Bekämpfungsmittel der Krankheiten haben wir nicht in der Hand. Oft beruht sogar die Kunsthülfe nur auf absichtlicher Erregung anderer Krankheitsvorgänge, durch welche die vorhandenen Störungen ausgeglichen (abgeleitet) werden, im Vertrauen auf die Erfahrung, dass die künstlich erregten Störun­gen durch die Naturhülfe leicht ausgeglichen werden.
sect;. 47. ad b. Die unvollständige Genesung tritt ein, wenn der normale Zustand des krank gewesenen Theiles nicht wieder hergestellt wird. Dann sind immer die normalen Elemente des Organes vermindert, ihre Zahl hat in dauerhafter Weise ab­genommen, ohne dass das ganze Organ in einer für das Leben
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Allgemeine Natur- und Wesenlehre der Krankheit.
des Indiviflaum gefährlichen Weise cüterirt worden ist. Eine solche unvoilstiüidige Genesung- tritt in Organen ein, welche von einer nutritiven und formativen Störung befallen wurden; die Zusammen­setzung ihrer spezifischen Elemente wird verschlechtert, das Or­gan wird für immer atrophisch. Hat dagegen ein Theil nur an einer functionellen Störung gelitten, so ist dessen unvollständige Genesung nur als eine Schwäche anzusehen, während die Ele­mente im Ganzen erhalten sind und später noch deren Restitu­tion erfolgen kann. Solche unvollständige Heilungen sind daher nicht immer persistent.
Die Regeneration ist die Heilung durch Neubildung, die für den Organismus nur dann von Nutzen ist, wenn sie die ver­loren gegangenen Theilo nicht nur räumlich, d. h durch die Deckung des Snbstanzverlustes, sondern auch functionell und for-mativ ersetzt. Eine unvollständige Regeneration ist indess viel häufiger, als eine vollständige. Die vollständigsten Tiegenera-tionen kommen bei den niederen Thieren vor: bei den Säuge-thieren wiederum nur in den niedriger organisirten Geweben (Bindegewebe); indess kommt auch ziemlich häufig an den Ner­ven eine Regeneration vor (z. B. nach der Xeurotomie), am wenigsten an den Muskeln, au den drüsigen Organen und an der Cutis. Auch Epithel und Epidermis ersetzt sich ziemlich leicht. So lange der unvollständige Eisatz für den ganzen Organismus ohne bemerkbare Störung besteht, insbesondere nicht mit Gefahr für denselben verbunden ist, lässt mau ihn für eine vollständige Heilung gelten (z. 13. die Veniarbung). Wenn aber dor Ersatz mit solchem Verluste der normalen Gewebselemente verbunden ist, dass daraus eine Störung oder Gefahr für den Organismus hervorgeht, so bezeichnet man den Zustand als eine Nachkrank­heit (Induration, Sklerose, Ulceration, Thrombose, Embolie, Pyämie, Metastasen etc.). Häutig fällt also der Begriff der un­vollständigen Genesung mit dem der Nachkrankheit zusammen; es kommt nur darauf au, ob die durch den mangelhaften Ersatz bedingte seeundäre Störung während der primären Krankheit, oder erst, nachdem diese im Wesentlichen abgelaufen, zur Beobachtung oder zur Geltung kommt. Nur im letzteren Ealle kann sie als Nachkrankheit gelten, während sie im ersteren noch als ein Glied der Krankheitskette angesehen werden muss.
sect;. 48. Die älteren Begriffe von einer Krankhcitsver-
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Die Ausgünse d6r Krankheiten.
setzung ohne Aenderung des Wesens der krankhaften Affection, Me tap tos is (z. B. die rheumatische Augen- und Sehnen-Entzündung nach der Influenza) und von der Aenderung des Wesens einer Krankheit ohne Veränderung des Sitzes derselben, Diadoche (z. B. die ümwandelung eines ein­fachen Kronentritts in Brandmauke) und endlich von de:- Um­wandlung einer Krankheit sowohl ihrem Sitze als ihrem Wesen nach, Metaschematismus (z. B. üebergang der ein­fachen katarrhalischen Staupe in Krämpfe und Lähmungen) müssen jetzt als obsolet bezeichnet werden, denn im Grunde handelt es sich hierbei entweder um eine Verallgemeinerung, oder um eine Localisation, oder um eine Metastase, oder um eine Nachkrank-heit, oder um ein ganz neues Glied einer Krankheitskette oder endlich gar um eine neue Erkrankung in Folge einer Einwirkung einer bestimmten Krankheitsursache auf den durch die primäre Krankheit geschwächten oder prädisponirten Theil resp. Organis­mus (Sehnen- und Augen-Etitzündung, Leberberstung nach Influenz). Eine Auslösung der ursprünglichen primären Krankheit durch die Nachkrankheit findet niemals statt, wenn erstere auch mit oder nach dem Eintritt der letzteren nachlässt oder aufhört (Metasta­tische Druse).
sect;. 49. Auch ein Theil der früher als Metastasen bezeich­neten Vorgänge gehört hierher. Das Prototyp derselben, die so­genannte metastatische Druse, ist zum Theil eine Ausbrei­tung der ursprünglichen Kränkelt auf benachbarte Theile (per contlnuitateni) z. B. auf die Schleimhaut des Kehlkopfes und der Bronchen; zum Theil beruht sie auf Entstehung embolischer In­farkte an entfernten Stellen. Metastasen im alten Sinne, als Ver­setzungen der materia peccans, können bei dem heutigen Stande der Wissenschaft nicht mehr unerkannt werden.
sect;. 50. ad c. Ausgänge der Krankheiten in örtlichen oder allgemeinen Tod, Mors. Das Sterben Ist eben so wenig ein einfacher Act, wie das Leben. Jeder Theil hat bis zu einem ge­wissen Grade ein selbstständiges Leben und stirbt für sich. Da­durch ist die Möglichkeit des partiellen Sterbens (Nekro-sis) gegeben. Die definitive Aufhebung der lebendigen Gemein­samkeit aller Theile des Organismus ist allgemeiner Tod (Mors). Dieser geht von den zum Leben nothwendigen Theilen aus, d. h. von dem Central - Nervensystem (grosses und kleines
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Allgemeine Natur- und Wesenlehre der Kvanldieit.
Gehirn, verlängertes Mark, Rückenmark), von dem Herzen uud den Lungen; und dadurch, dass durch das Absterben dieser Cen­tra die Gemeinsamkeit aller anderen Tlieile aufgehoben wird, ster­ben diese nothwendiger Weise mit. Jene Centraltheile werden daher auch die Eingangspforten des Todes, Atria mortis, genannt. An einzelnen Theilen des Körpers können wir noch Zeichen des Lebens wahrnehmen, nachdem die Centren ihre Func-tionen bereits definitiv eingestellt haben und zwar an einzelnen Theilen länger, als an anderen. So kann z. B. ein Theil schon faulig sein, während das Flimmerepithel noch thätig ist. Während die Nerven nicht mehr reagiren, ziehen die Muskeln auf directe Keize (Electricität) sich noch zusammen. Während das Individuum also längst todt ist, besitzen die Muskeln noch zum Theil ihre lebendige Contractionsfähigkeit.
sect;. 51. Selbst die nach dem Erlöschen der Reizbarkeit ein­tretende sogenannte Tod ten starre, Rigor mortis, gehört noch der vitalen Zeit an, denn der Rigor wird aufgehoben und der Muskel wieder reizbar, wenn er (durch Injection) mit sauerstoff­reichem Blute versehen wird. Der Rigor zeigt mithin nur an, dass der Theil absterben wird: er ist das Resultat des letzten Lebensactes der irritablen Gewebe oder des Protoplasma ihrer Zellen und erst nach dem Authören des Rigor tritt der eigentliche allgemeine Tod ein. Die Todtenstarre beginnt inner­halb 24 Stunden nach dem Aufhören der Functionen der Ceutral-organe und sie löst sich am dritten Tage wieder. Sie beginnt je nach der Todesursache früher oder später und zwar um so früher, je mehr die Muskelkraft vor dem Tode erschöpft war. Bei dem Tode durch Starrkrampf geht z. B. die krampfhafte Zusammen­ziehung der Muskeln fast unmittelbar in die Todtenstarre über; nach typhösen Krankheiten (Anthrax) tritt sie dagegen fast gar nicht oder nur in einem geringeren Grade und später ein. Kälte beschleunigt zwar den Beginn der Todtenstarre, aber Wärme ver­hindert sie nicht.
Die Todtenstarre entsteht nicht durch Gerinnung des Blutes in den Capillargefässen, denn dieses Blut gerinnt erstens nach dem Tode überhaupt nicht und zweitens tritt die Todtenstarre bei vollständig verbluteten (z. B. geschlachteten) Thieren schneller und vollständiger ein, als in Kadavern von Thieren, die ohne Blutver­lust gestorben sind. Sie ist vielmehr Folge der Gerinnung der
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Die Ausgänge dei- Krankheiten.
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Natron-Albumiuate sämmtlicher Zolleninlialte (Protoplasma) und des Myosin der Muskelelemeute, welches nach dem Tode durch höhere Oxydation vermittelst des freien ozonisirten Sauerstoffs des Blutes in Santonin umgewandelt wird. Während die Parenchym-säfte nach eingetretener Todtenstarre schwach sauer reagiren, tritt nach ein Paar Tagen unter Lösung der Starre wieder eine alka­lische Reagenz ein, durch welche die Natron - Albuminate wieder lliissig werden. Aehnlieh verhält es sich mit dem Gerinnen der Milch, denn der Käsestort derselben ist auch ein Natron-Albami-nat, aus welchem das Albuminat unter Bildung von milchsaurem Natron abgeschieden wird.
sect;. ;V2. Mit Lösung der Todteustarre treten die eigentlichen Todeszeichen (Signa mortis) ein, welche durch chemische Um­setzungen und Zersetzungen (Verwesung, Fäulniss) unter Mitwir­kung von Hefepilzen bedingt werden. Diese Erscheinungen sind erst die Zeichen des definitiven allgemeiueu Todes und geben sich durch einen fauligen (sogenannten Leichen-) Geruch, durch grün­liche Färbung der Organe (zuerst des Peritonäum, der Bauch­decken und der Schleimhaut der Luftwege), in Folge der soge­nannten Pristley'schen Materie, durch Auftreibung des Hin­terleibes in Folge der Eutwickelung von Fäulnissgasen aus den Contentis zu erkennen.
Nur die Multiplieität dieser Zeichen entscheidet darüber, ob localer oder allgemeiner Tod bestellt. Die Fäulniss tritt nicht ein, wenn durch Eintrocknen oder fäuluisswidrige Mittel die chemische Umsetzung der Körperbestandtheile verhindert wird (Mumien, Ein­balsamiren). Die Verwesung, wie die Fäulniss bestellt in einer langsamen oder schnellen Oxydation der organischen Bestaudtheile durch den Sauerstoff der Luft. Sie ist eine alkalische Gährung, welche unter dem Einflüsse von Vibrioneu steht, die als Ferment wirken (Pasteur).
sect;. 53. Vorläufer der Fäulniss, welche neben der Todten­starre als ein ziemlich sicheres Todeszeichen angesehen werden können, sind die sogenannten Todtenflccke (Livores mortis), welche entstehen durch Diffusion des ßlutfarbestoffs in das Blut­serum und mit diesem durch die Gefässwandungen in das Pa-renchym der Organe bis in die äusserc Haut. In dieser sind die Flecken nur zu sehen, wenn sie nicht pigmentirt ist; sonst findet man sie nur an der inneren Fläche der Haut, beim Abhäuten.
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Allgemeine Natur- iiml Wesenlehre ilor Krankheit.
Sie bilden sicli zuerst an den Stellen des Kadavers, welche mit der Unterlage in Berührung sind, weil das Bint und das im Se-nmi gelöste Hämatin sich nach dem Tode in die tiefer gelegenen venösen Äestehen und durch das Parenchyra der Organe hindurch senken und sich an den abhängigsten Körpertheilen ansammeln.
sect;. 54. Da siimmtliche Leistungen des Organismus das Ke-sultat von Oxydationsprozessen sind, so ergeben sich drei ver­schiedene Arten der nächsten Todesursachen, und zwar:
a)nbsp; Mangel an Oxydations-Material (Kohlenhydrate, Fette und Eiweissstoffe), oder Mangel an den für die Lebensprozesse unent-bebrlichen unorganischen Stoffen (Wasser und Salzen), d i. man­gelhafte Ernährung in Folge verminderter Zufuhr der Nährstoffe (Inanitio);
b)nbsp; Mangel au Zufuhr you Sauerstoff;
c)nbsp; Mangel der Bedingungen für die oxydirende Wirkung des Sauerstoffs.
Je nach dem diese Umstände auf einen einzelnen oder auf alle Körpertheile einwirken, kann localer oder allgemeiner Tod eintreten. Ersterer (Xekrosis, Sphacelus, Gangraena) kann wiederum zum allgemeinen Tode führen, wenn er Organe betrifft, deren Absterben die Gemeinsamkeit sämmtlieber Organe aufhebt. (sect;. 50.)
Das innige [neinandergreifen aller Lebensprozesse macht eine strenge Sonderung jener drei Todesarten eben so unmöglich, wie in einem concreten Falle die Bestimmung des Antheils jener Todes­ursachen an dem eingetretenen Tode. Jede derselben zieht we­nigstens fast, immer die beiden anderen sofort nach sich Sie kommen daher nur in so fern theoretisch in Betracht, als sie die primäre Todesursache abgeben oder den Haupttheil derselben bilden.
sect;. 55. ad a. Zu dieser Abtheilung gehört der durch Ver­hungern oder Verdursten, durch Marasmus senilis, Tabes meseraica (Cholera?) eintretende Tod, da dieser eine Folge des Mangels an oxydationsfähigem Material ist, welcher zum Aufhören der zum Leben nothwendigen Leistungen des Herzens und der AthmuDgsorgane, der Central-Organe des Nervensystems und aller anderen Fuuctionen fuhrt. Ihrer Natur nach bewirken diese Um­stände in der Regel mehr einen allmähligen Tod. Auch der durch örtliche Kreislaufsstörungen herbeigeführte locale Tod (Nekrosis)
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Die Ausgänge der Erankheiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 49
ist hauptsächlich durch Mangel an Eruährungsmateria] und Sauer­stoff bedingt.
sect;, 5G. ad b. Die Zufuhr sauerstoft'halügen (arteriellen) Blu­tes kann mangelhaft werden oder aufhören a) durch allgemeinen Blutmangel, z. B, in Folge der Oefihnng eines Gefässes oder des Herzens selbst, durcb Blutung resp. Verblutung. 1st die Blutung an sich nicht tödtlich, so erfolgt zunächst ein Schadenersatz an Wasser und in Folge dessen kann der Gehalt des Blutes an Blut-kügelchen so gering sein, dass sie nicht mehr den zu den orga­nischen Verbrennungsprozessen erforderlichen Sauerstoffverkehr unterhalten können; ß) durch Aufhören der Blutbewegung und zwar entweder local durch Verschluss der zuführenden Gefässe (Unterbindimg, Thrombose, Embolie, Durchschneidung) oder durch Hemmung des Blutflusses in Folge von Hindernissen in den Venen (Druck etc.). Die Folge ist localer Tod, welcher auch den allge­meinen Tod zur Folge haben kann, wenn die Kreislaufsstörung lebenswichtige Organe (Gehirn) oder grössere Gefässstämme be­trifft. Ferner kann eine allgemeine Sistirung der Blutbewegung eintreten durch positiven Druck auf Lungen und Herz (Hydro-thorax) oder durch Nachlass resp. Stillstand der Herzbeweguug. Dieser kann bedingt sein durch Zerstörung, Entzündung oder mangelhafte Ernährung (Atrophie, fettige Degeneration) der Herz­substanz, durch Unterbrechung des Kreislaufes iu den Coronarar-terien, durch Hydrops pericardii, durch starke Beizung der Me­dulla oblongata oder der Vagi bei Fiebern und Lähmung der Herz­ganglien in Folge von spezifischen Einflüssen'{Schreck, Digitalis) oder durch mangelhafte Sauerstoffzufiihr zum Herzen überhaupt; y) durch Hinderung der Sauerstoffaufnahme dos Blutes und Ueber-ladung desselben mit Kohlensäure (Erstickung, Suffocatio) in Folge der Abschneidung der Zufuhr oder Austreibung des Sauerstoffs aus dem Blute (z. B. durch Kohlenoxydgasvergiftung), durch Sauerstoffmangel im Athmuugs-Medium, durch Unfähigkeit der Blutkiigelchen, den Sauerstoff aufzunehmen (Anthrax, Typhus petechialis), durch Unterbrechung der Haut- und Lungen-Athmung, und endlich beim Fötus durch Loslösung der Placenta oder Ver­schluss der Isabelgefässe etc.
Zum Aufhören der Athraungsthätigkeit können fernerführen: a) Lähmung des Athmungscentrum in der Medulla oblongata durch Verletzung (Nicken), durch apoplectische Heerde, durch mangel-
Kühne, allg. Vetcrin. Path.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4.
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Allgemeine Natur- und Wesenlehro der Kraolcheit.
hafte Blut- und Sauerstofifzufohr und Einwirkung lähmender Gifte (Opium). (3) Störung der Nervenleitung zu den Äthmxmgsmuskeln, / R. liei Durchschneidung der Xervi phrenici, Vergiftung durch Curare. ;) Lähmung oder Krampf der Athraungsmuskeln (Teta­nus. Strychnin).
sect;. 57. ad c. .Mangel der Bedingungen für die oxydirende Wirkung des Sauerstoffs. Die mittlere Körpertemperatur ist die geeignetste für die Oxydationsprozesse des Organismus. Starke oder anhaltende Erhöhungen oder Erniedrigungen derselben, Er­hitzung oder Abkühlung mit gleichzeitiger Aufhebung des Wärme-Regulationsvermögens im verlängerten Harke (Noeud vital) führen den Tod herbei. Wahrscheinlich verhindern auch manche Gifte, ähnlich den gährungshemmenden Mitteln, die Oxydationsprozesse.
sect;. öS. Der üebergang vom Leben zum Tode kanu in Aus-nahmetäUeh absolut plötzlich erfolgen, z B durch Blitzschlag, Zer-malmong oder Zerreissung des ganzen Körpers (Köpfen?); aber die gewöhnlichen sogen, natürlichen Todesarten erfolgen im­mer erst während eines gewissen Zeitraumes. Man unterscheidet drei Todesarten oder Formen und zwar:
a)nbsp; den apoplec t ischen Tod. Mors per apoplexiain, nach welchem man die rechte Herzhälfte voll, die linke leer von Blut findet;
b)nbsp; den Tod unter Convulsionen oder Krämpfen, wel­cher in der Regel nach acuten Krankheiten und bei grosser Lebens-zähigkeit des Organismus eintritt, mit Ausnahme der acuten Läh­mungen, die aber meistens auf Apoplexie beruhen. Hierbei findet man ebenfalls die linke Herzhälfte leer von Blut;
c)nbsp; den Tod unter spporösen und comatösen Zufällen mit allmäligem Verschwinden der Lebenserscheinungen, wobei auch das linke Herz mit Blut gefüllt gefunden wird (Herzlähmung, Mors per syncopen).
sect;. 50. Das Stadium der Krankheiten, in welches die An­zeichen des bevorstehenden Todes fallen, heisst der Todeskampf (Agonie), ohne Rücksicht darauf, ob dieses Stadium mit Er­scheinungen der Angst und Aufregung, mit Convulsionen und Krämpfen verbunden ist oder nicht. Der mit den untrüglichen Zeichen des bevorstehenden Todes darniederliegende (zuweilen auch stehende) Patient heisst ein Sterbender (moribundus) und der oft charakteristische Gesichtsausdruck desselben facies
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hippocratica (Herabhängen der Unterlippe, stieres, brechendes Auge etc.). Bei iieberhaften Krankheiten steigt die Körpertempe­ratur während der Agonie in der Regel beträchtlich, nicht selten sogar nach dem Aufhören der Functionen der Centralorgane noch um mehrere Grade (bis 44quot; C), •wahrscheinlich durch Freiwerden von Wärme in Folge der Gerinnung der Parenchymsäfte.
sect;. (iO. Den Zeitraum zwischen dem letzten Athemzuge und dem definitiven Erlöschen aller Lebensfuuctiouen, incl. des Rigor mortis, muss man streng genommen als einen solchen ansehen, während dessen das Urtheil über Leben und Tod noch zu sus-pendiren ist; denn z. B. der Winterschlaf der Thiere beweist, dass das Leben bei einer geringen Summe von Lebeusreizen, als vita minima, fortbestehen kann. Auch sind einzelne Fälle beim Menschen constatirt, bei denen das Athmen und der Puls anschei­nend ganz stille stand (Pulslosigkeit, Asphyxia) und den­noch später wieder volles Leben eintrat. Einen solchen Zustand bezeichnet man als Scheintod (mors apparens), welcher bei Thieren noch nicht beobachtet worden ist, wahrscheinlich weil der definitive Tod in der Regel nicht abgewartet wird, und die Kadaver schon vor dem Eintritt der Todtenstarre zerlegt werden.
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Die Allgemeine Aetiologie oder Lehre von den Krankheits-Ursachen.
sect;. 61. Kvankheits-Ursacheu (causae morbi) in dem streng logischen Sinne, dass sie unter allen Umständen mit Notbwendig-keit gewisse Krankheiten zur Folge haben müssten (causae suffi-cientes), sind uns eigentlich gar nicht bekannt, wenn man nicht die rein mechanischen (Verwundungen etc.) hierher rechnen will. Selbst die Wirkungen der Arzneien (Gifte) und Contagien. wenn sie mit dem Organismus auf eine geeignete Weise in Berührnng kommen, kennen wir nur nach ihren allgemeinen Umrissen und nach dem Endresultat, ihrer wahren Natur nach aber sind sie uns unbekannt (Opium, Rotz-, Pocken-Contagium etc.). Gewöhn­lich versteht mau daher unter Krankheits-Ursachen mehr oder weniger complexe Verhältnisse, welche oft, oder zuweilen, oder nur unter gewissen Zuständen des Organismus (Krankheits-Anlage) Krankheiten hervorzurufen vermögen. Für die Praxis führt ihre Kenntniss von selbst auf die Lehre von der Erhaltung der Ge­sundheit (Hygiene) und auf das Streben Krankheiten vorzubeugen (Prophylaxis), aber über die Natur der Krankheiten selbst, d. h. über das Wesen der durch sie bedingten Störungen, geben sie uns nur selten einen näheren Aufschluss (z. B. Erkältung). Für die Heilungslehre der Krankheiten (Therapie) ist die Kenntniss ihrer Ursachen allerdings von der grössten Wichtigkeit, aber ihre Er­kennung und Beseitigung genügt in der Regel nicht, die bereits verursachten Störungen auszugleichen. Der Satz: „cessante causa cessat effectusquot; ist daher insofern nicht richtig, als die Störung in der Regel nach dem Aufhören der Ursache noch fortdauert und
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Die innere Ursache.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;53
häufig selbst wieder als Ursache fernerer Störungen dient. Jeder Gegenstand und jedes Ereigniss der Natur sowohl wie des eignen Körpers kann zur Kranklieits-Ursache Averden, sobald sie nur die Fähigkeit besitzen, in das individuelle Getriebe des Organismus störend einzugreifen. Das Gebiet der Krankheits - Ursachen ist daher ganz unbegrenzt und wir können nur die gewöhnlichsten und wichtigsten in das Bereich unserer Betrachtungen ziehen. Sogar die sogen. Lebensreize, welche in einem gewissen Grade zur Erhaltung des Lebens und zur Förderung der Gesundheit noth-wendig sind, (Luft, Licht, Wärme, Elektricität, Magnetismus, Nah­rung etc.), können je nach der Stärke ihrer Wirkung oder nach dem jeweiligen Zustande des Organismus (Erethismus. Torpiditamp;t) resp. einzelner Organe zu Krankheits-Ursachen werden. Man unterscheidet demnächst:
A.nbsp; nbsp; Die inneren Ursachen oder Anlagen (Causae internae s. praedisponentes s. remotae).
B.nbsp; nbsp; Die äusseren. veranlassenden oder Gelegen­heits-Ursachen (Causae externae s. occasionales s. proximae).
A. Die innere Ursache.
sect;. 62. Die Causa interna ist lediglich abhängig von der inneren Einrichtung des Organismus resp. seiner Theile, welche diese fähig resp. geeignet macht, in einen krankhaften Zustand versetzt zu werden: sie kann sich auf den ganzen Organismus erstrecken oder nur auf gewisse Systeme und Organe beschränkt sein. Manche Systeme oder Organe sind vermöge ihrer normalen Einrichtung und in Folge ihres histologischen Baues für gewisse Krankheits-Ursachen unzugänglich, und bei verschiedenen Individuen schwankt die Krankheits-Anlage gleichnamiger Organe innerhalb weiter phy­siologischer Grenzen, in derselben Weise, wie deren Functionen unter normalen Verhältnissen von einander abweichen.
sect;. 63. Ein vollständig ausgebildetes Organ ist stets stärker als ein mangelhaft ausgebildetes oder bereits durch frühere Krank­heiten geschwächtes. Letzteres ist weniger widerstandsfähig, schwächer, reizbarer, leidet an einer gewissen Hinfälligkeit (De-bilitas), welche eine Geneigtheit zur weiteren Erkrankung (Dis-
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Allgemeine Aeuologie oder Lehre vun den Kraukheits-Ursacben.
positio ad m or bum) bewirkt und sicherlich auf kleinen, aber nicht immer erkannten Veränderungen in dem Gewebe beruht (Pars minoris resistentiae). Im Allgemeinen stehen die prädisponirenden und die Gelegenheits-Ursachen ihrer Grosse nach im umgekehrten Verhältnisse, d. h. je grosser die Anlage (Prä­disposition) ist, um so geringere Gelegenheits - Ursachen sind zur Hervorrufung einer Störung erforderlich.
Pflanzt sich eine solche Veränderung durch eine Eeihe von Generationen fort, so kann dadurch eine typische, sogen. Eapen-Eigenthümlichkeit entstehen. Die Kreuzung mit Individuen ohne diese oder mit entgegengesetzter Anlage bietet der Fortpflanzung und Ausbreitung dieser Eigenthümlichkeit ein Hinderniss.
sect;.64. Als Causa interna ist die ererbte Disposition (Dispo-sitio hereditaria) von grosser Wichtigkeit. Die Humoral-Patho-logen suchten ihren Grund in der Mischung der Säfte der Eltern, besonders des männlichen Samens und der Ernährungsflüssig-keit (Blut) der Mutter. Aber die Samenflüssigkeit ist nur das Vehikel für die Spermatozoiden; nur an diesen Formelementen, wie an den Ovulis der Mütter können erbliche Eigenthümlichkeiten haften. Diese bilden niemals ein einzelnes isolirbares Ding, son­dern sie bestehen immer in mehreren sich gegenseitig bedingenden Verhältnissen, welche an gewissen individuellen, histologischen Ver­schiedenheiten der Gewebe, sei es innerhalb der physiologischen Grenzen oder an pathologischen Veränderungen, haften. Ein Or­ganismus oder Organ, welches eine Prädisposition zu gewissen Störungen (Erkrankungen) in sich trägt, ist in histologischer Be­ziehung immer mangelhaft, defect. Sowohl die angeerbten wie die angeborenen und nach der Geburt erworbenen Prädispositionen er­klären sich in dieser Weise. Bei der Vererbung erbt sich also nicht die Krankheit selbst, sondern nur der schlechte (defecte) Boden fort, auf welchem die Krankheit während des intra- oder extrauterinen Lebens sich entwickeln kann, sei es vor oder kürzere oder längere Zeit nach der Geburt (periodische Augenentzündung, Spat etc.). Auf welche Weise die Vererbung des defecten Bodens stattfindet, ist bis jetzt freilich noch unerklärt.
sect;.65. Man unterscheidet demnach angeerbte (hereditäre), angeborene (congenitale) und erworbene (aquirirte) Anlagen, je nachdem sie durch einen krankhaften Zustand der Eltern vor oder bei der Zeugung oder durch Einflüsse während des Fötalleoens, wel-
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Hio innere Ursache.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 55
ehe die Mutter und de-ü Fötus oder letzteren allein treffen, oder während resp. nach der Geburt begründet worden sind. Die Krank­heiten selbst sind dagegen nie hereditär, wenn auch zuweilen an­geboren, denn während der ersten Entwiekelung des Eies und des Fötus bestehen diese Krankheiten in dem Fötus nocli nicht. Der Grund zu denselben kann nur durch eine angeerbte oder erworbene Anlage gelegt worden sein, aber die angeborenen Krankheiten können auf hereditärer Anlage beruhen. Nur contagiöse und In-fettions-Krankheiten der Eltern können direct auf die Frucht über­tragen und insofern erblich sein (Rotz, Lungenseuche, Pocken). (Anm.: Manche Autoreu machen einen Unterschied zwischen Disposition, Prädisposition und Diathese, und bezeichnen die normale Anlage einer Thiergattung, eines Systems oder Or­gans mit Disposition; dieselbe liegt also innerhalb der phy­siologischen Grenzen, z. B. die Anlage des Pferdegeschlechts zur Rotzkrankheit, der Wiederkäuer zur Pest, des Hunde­geschlechts zur Wuthkrankheit, der Schleimhäute zu Ka­tarrhen etc. Die Disposition stellt also nie eine individuelle Anlage dar. Dagegen verstehe!) sie unter Prädisposition stets eine (abnorme) individuelle Anlage, welche auf einer gewissen Schwäche (Debilitas), auf einer erhöhten Vuluera-bilität bestimmter Systeme oder Orgaue (Locus miuoris re-sistentiae) eines Individuums beruht; mit Diathese bezeich­nen sie aber die Anlage zur Erkrankung in einer gewissen Richtung, welche in Folge verliältnissmässig geringer, nicht speeifiseher Ursachen zur Entwiekelung gelangt (Tuberkulose). Ist die BJrankheits-Anlage eine so bedeutende, dass sie ohne den Hinzutritt einer Gelegenheitsursache, sondern durch rein physiologische Einwivkungen zur Erkrankung führt, so be­zeichnet man diese individuelle Reizbarkeit auch wohl als Idiosynkrasie. Die Unterscheidung der erwähnten Aus­drücke hat indesa weder einen wissenschaftlichen 'Werth, noch einen practisehen Nutzen; sie werden daher auch promiscue gebraucht.)
I. DU: ErWichkeil.
sect;. GO. Die Erblichkeit mancher Krankheits-Anlagen ist eine erfahrungsmässig feststehende Thatsache, welche noch der Erklä­rung harrt (Mondblindheit, Dummkoller, Franzosen - Krankheit,
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56nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Allgemeine Aetiologie oder Lehre von den Kranlihcits-Ursachen.
Traber-Krankheit, Fähigkeiten, Temperamente, Missbildungenetc): doch sind viele der als erblich bezeichneten Anlagen als ange­borene, d. h. wäbrend des Fötallebens, aber uicht vun den Eltern erworbene oder übertragene, sondern durch gewisse schädliche Le­bensverhältnisse, welche während der Schwangerschaft auf Mutter und Fötus gleichmässig einwirkten, bedingte anzusehen (Füllen­lähme, Skrophulosis).
2. Das Lolicusalter.
sect;. 67. Das Lebensalter begründet gleichfalls eine Verschie­denheit der inneren Krankheits-Ursachen (Disposition) und dem­nach auch der Morbilität sowohl, wie der Mortalität. Die grösste Anlage zur Erkrankung besitzt unstreitig das Säuglings­und jugendliche Alter, besonders bei Hunden, Schweinen und Pferden, weniger das höhere uud höchste Lebensalter; jedoch wird der natürliche Tod i. d. E. bei den nutzbaren Hausthieren aus ökonomischen Gründen gar nicht abgewartet, sondern das Leben (durch Schlachten oder Tödten) erheblich verkürzt. Am wenigsten besteht eine Krankheits-Anlage im mittleren Lebensalter. Im All­gemeinen steht die Häufigkeit der Erkrankung mit der Mortalität bestimmter Lebensperioden im graden Verhältnisse.
sect;. 68. a. Das Fötusalter hat wegen der vorwaltenden ve­getativen Thätigkeit eine besondere Anlage zu fehlerhaften for-mativen Prozessen, Missbildungen, Bilduugshemmungen, Duplica-turen etc. Ausnahmsweise kommen acute Exantheme, Lungen­seuche, Mondblindheit schon beim Fötus vor.
(Anm.: quot;Wenn sich z.B. der Botallische Gang oder daseirunde Loch in der Scheidewand des Herzens nur unvollständig oder gar nicht schliesst, so wird in Folge der dadurch herbeige­führten Vermischung des arteriellen mit dem venösen Blute die sog. angeborene Blausucht (Cyanosis) bedingt.
sect;. 69. b. Das Säuglings- und jugendliche Alter dis-ponirt sehr zu Erkrankungen (Morbi pueriles), weil Lunge und Haut sich erst an den Eiufluss der Luft gewöhnen und der Magen- und Darmkanal oft mit Surrogaten der Milch vorlieb neh­men müssen und nicht selten zu früh mit festen Nahrungsmitteln belastet werden. Daher sind Erkältungskrankheiten und Störun­gen der Verdauung mit Säurebildung (Kälber-, Lämmer-Ruhr) häufige Krankheiten dieses Alters.
Parasiten des Darmkanals sind in diesem Alter häufig (As-
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Die innere Ursncho.
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ivariden); auch die Parasiten anderer Organe, z. B. der Leber (Distoma), des Gehirns (Taenia coerrarus), des Zellengewebes (Cy-stieercus cellulosae), der Muskeln (Trichina) kommen in dem Säug­lings- und jugendlichen Alter der Wohnthieren leichter fort, weil die Embryonen der Parasiten bei ihrer Wanderung durch die zar­teren Gewebe weniger Hindernisse finden und den für ihre weitere Entwickelung günstigen Ort leichter erreichen. Auch erliegen die Säuglinge und jugendlichen Wohnthiere in Folge ihrer zarteren Constitution den Parasiten-Krankheiten weit eher, als ältere.
Au der Grenze von dem Säuglings- zu dem jugendlichen Alter findet naturgemäss der Uebergang von dem Genüsse der Mutter­milch zu dem festerer Nahrungsmittel Statt. Wenn dieser Ueber­gang auch nicht aus ökonomischen Rücksichten verfrüht und in das erste Säuglingsalter zurück verlegt wird, so giebt er doch häufig zu Indigestionen Veranlassung. Bei den Wiederkäuern ist bei und nach der Geburt und während des ganzen Säuglingsalters der Labmagen seiner physiologischen Bestimmung gemäss der grösste von allen vier Magen; später ist der Wanst grosser, als alle drei anderen Magen zusammen. Der Genuss fester Nahrungs­mittel (Heu, Stroh) im Säuglingsalter muss daher den Wanst und die Haube belästigen und erfordert ein energisches Wiederkäuen, ehe die Kaumuskeln, Zähne und Speicheldrüsen entsprechend ent­wickelt sind.
sect;. 70. c. In das Entwickelungs-Alter, welches sich vom Ende des Säuglings-Alters, dem sog. Absetzen, bis zur völligen Reife des Körpers erstreckt, fällt die absolut grösste Massenzu­nahme, -das Wachsthum des Körpers in allen Dimensionen und besonders des Skeletts, die Bildung und der Wechsel der Zähne und die Ausbildung der Geschlechts-Organe bis zur Geschlechts­reife. Wegen der überall gesteigerten Thätigkeit des Periosts be­findet sich dieses in einem Zustande erhöhter Empfindlichkeit und Vulnerabilität und in Folge dessen wird in diesem Lebensalter der Grund zu den verschiedenartigsten Knochen-Krankheiten (Rhachi-tis, Osteomalacie und Exostosen) gelegt. Eine mangelhafte Ernäh­rung überhaupt, sowie eine ungenügende Zufuhr von phosphors. und kohlens. Kalk ins Besondere hat jetzt einen nachtheiligeren Ein-fluss auf die Formation des Knochengerüstes, als später.
Der Durchbruch und Wechsel der Zähne (D e n t i t i o) ist nicht nur häufig mit Zahnschmerzen, Fieber etc., sondern auch mit con-
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Allgemeine Äetiologie oder Lehre von den Krnnkheits-Ursachen.
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sensuellen Gehirnaffectionen, Katarrhen (Druse), selbst mit ner­vösen Zufällen verbunden; jedoch mag auch eine um diese Zeit vor sich gehende Umformung der Schädelhöhle das ihrige zu den secundären Affectionen des Gehirns (Congestion, Schwindel, Epi­lepsie, Apoplexie, Gehirn-Entzündung, Gehimhöhlen-Wassersucht) beitragen.
sect;.71. Man ptlegt einen unterschied zu machen zwischen den Jugend-Krankheiten (morbi ad descent iae) und den Entwicke-lungskraukheiten (morbi evolutionis), indem man zu jenen die­jenigen rechnet, welche überhaupt häufiger in der Jugend vorkom­men (Parasiten-Krankheiten, acute' Exantheme), aber als eigentliche Entwickeluugs-Krankhciten mu- solche bezeichnet, welche mit der Entwiekelung des Körpers oder gewisser Orgaue (Zähne, Ge-sehlechtstheile) in naher Beziehung stehen. Diese Unterscheidung ist indess nicht streng durchführbar.
sect;. 72. Den letzten Theil des Eutwickelungs - Alters bildet das Jüuglings-Alter (Juventas), welches nur eine geringe Krank­heits-Anlage besitzt, aber in welchem bei der Einwirkung hinrei­chender Ursachen, die Krankheiten i. d. E. einen peracuten Verlauf nehmen, oft schnell tödten, aber bei günstigem Ausgange von einer schnellen Reconvalescenz ohne Xachkraukheiten ge­folgt sind.
sect;. 73. d. Das reife Lebensalter, welches sich bei Pfer­den vom 5. bis 12., bei Rindvieh vom 3. bis 8., bei Schafen, Schweinen und Hunden vom 2. und bis 6. resp. 8. Jahre er­streckt, umfasst den Zeitraum von der vollständigen Ausbildung des Körpers bis zur Abnahme der Leistungs- und Widerstands­fähigkeit gegen nachtheilige AusseneinHüsse. Dieses Alter hat verhältnissmässig die geringste Krankheitsanlage, wenn die Jugend­zeit normal verlaufen und der Körper nicht durch Krankheiten, Entbehrungen oder Anstrengungen geschwächt worden ist. In der Regel verlaufen die Krankheiten in dieser Periode acut und sind entzündlich sthenisehen Charakters.
sect;. 74. o. Das Greisenalter ist mit Atrophie sämmtlicher Organe, besonders der muskulösen Gebilde (auch des Herzens), mit mangelhafter Elasticität der grossen Gefässe, mit partieller Veränderung (Obliteration) der Capillargefässe, mit trägerem Stoff­wechsel und verminderter Secretion sämmtlicher Drüsen und mit mangelhafter Reaction verbunden; daher haben die Krankheiten
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Die iunere Ursache.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;59
dieses Alters einen mehr cbronischeu Verlauf, die vollstäudige Wiederherstellung (restitutio ad integrum) ist schwieviger und ge­lingt seltener und es bleiben öfter Organverändemngen zurück. Die Reconvalescenz dauert lange und begründet eine Prädisposi­tion zu Rückfällen und Nachkrankheiten. Acute Exantheme, Druse (Typhus b. M.) kommen in diesem Lebensalter fas-t gar nicht mehr vor.
In Folge der Atrophie der Blut- und Lymphdrüsen tritt mangelhafte Blutbereitung (allgemeine Anaemie), verminderte Er­nährung (Abmagerung) und in Folge des Schwindens der Septa der Lungen-Alveolen ein ZusammenÜiessen der letzteren und da­durch Asthma (Emphysema vesiculare senile) ein. Die Knochen werden in Folge der Vergrösseruug der Markräume und des man­gelhaften Ersatzes von aussen brüchiger. Fettige Degenerationen (z. B. der Retina) und Verkalkungen (z. B. der Linse, grauer Staar ohne vorhergegangene Entzündung) der Gefässwandungen sind häufig.
In Folge der meistens schlechten Beschaffenheit der Back­zähne werden im höheren Alter die Nahrungsmittel unvollständig gekaut und da die Absonderung des Speichels, des Magen- und Darmsaftes gleichzeitig vermindert ist, leidet nicht nur die Er­nährung, sondern es treten auch gastrische Störungen (Magen-und Darm-Katarrh, Kolik etc.) häufiger auf.
Die in allen Organen und Systemen des Körpers in Folge der aligemeinen Atrophie sich ausbildende Schwäche, bezeichnet man mit Altersschwäche (Marasmus s. Maransis senilis), welche zwar streng genommen schon an und für sich als ein krankhafter Znstand bezeichnet werden kann, aber doch der normale Ausgang des gesunden Lebens ist. Der lediglich in Folge von Alters­schwäche eintretende Tod ist bei den Hausthieren indess noch viel seltener, als beim Menschen; in der Regel bringt irgend eine, oft nur sehr geringe und schwer nachweisbare, lokale Störung das in schleichendem Gange befindliche Getriebe des Organismus ohne Todeskampf zum Stillstand.
3. Uns (ifschlecht.
sect;. 75. Im Allgemeinen begründet die Verschiedenheit der Geschlechter bei den Hausthieren einen viel geringeren Unter­schied der inneren Krankheits-Ursachen (Anlage), als beim Men-
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Alicemeine Aetiologie oder Lehre von den Krankheits-Ursachen.
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sehen. Die acuten Krankheiteji der raännlichen Thiere haben in der Regel einen sthenisthen, die der weiblichen einen asthenischen, erethischen selbst nervösen Charakter. Ein Hauptunterschied fin­det natürlich in dem Geschlechtsleben selbst seine Begründung (Febris pnerperalis, Prolapsus vaginae et uteri, Metritis, Hoden­sackbrüche etc.).
sect;. 76. Ob die von manchen Seiten aufgestellte Behauptung, dass von männlichen Thieren vorwaltend die Krankheitsanlagen der Augen, des Gehirns und der Brust-Organe, von weiblichen Thieren mehr die des ITintertheils und der Gliedmassen vererbt werden, begründet ist oder nicht, ist als sehr zweifelhaft zu be­trachten.
sect;. 77. Kastrate haben im Allgemeinen ein phlegmatisches Tem­perament und ihre Krankheiten verlaufen gewöhnlich nicht so acut, wie bei den männlichen und weiblichen Thieren; doch besitzen sie durchschnittlich weniger Resistenz-Vermögen gegen äussere Krank­heits-Einflüsse. Ihre Morbilität ist daher im Ganzen grosser, ihre Mortalität indess nicht bemerkbar abweichend. Kastrirte Hunde besitzen eine Prädisposition zur Fett- und quot;Wassersucht.
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i. Die Constitution.
sect;. 78. Constitution nennt man die besondere und eigenthüm-liche Körperbeschaftenheit des einzelnen Individuum, namentlich insofern dadurch eine Anlage oder Nichtanlage zu Krankheiten bedingt oder gesteigert, oder der Verlauf der Krankheiten abgeändert wird. Sie muss immer durch bestimmte Adjectiva näher bezeich­net werden. Die Zahl der Constitutionen ist ebenso unbegränzt, wie die der Individuen, denn joder Mensch und jedes Thier hat seine eigene Constitution, obschon man auch von einer Constitu­tion ganzer Familien und Racen reden kann, sobald die meisten Individuen derselben in dieser Beziehung eine Aehnlichkeit haben. Es genügt indess, von den vielen aufgestellten Arten drei Haupt-constitutionen zu unterscheiden und zwar: die starke, die reiz­bare und die schlaffe Constitution.
sect;. 79. a. Die starke oder robuste Constitution wird an­gezeigt durch einen stark entwickelten Knochen- und Muskelbau, durch eine gute Verdauung und Ernährung, durch einen ruhigen, kräftigen Puls, durch einen raschen Wiederersatz zu Grunde ge­gangener Thcile und durch eine normale, aber nicht zu sehr her-
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Die innere Ursache.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;61
vortretende Function des Gehirns und Nervensystems; sie herrscht am meisten bei männlichen Thieren, im mittleren Lebensalter und bei consolidirten, nicht sehr edlen Racen, weniger beim weiblichen Geschlechte und seltener bei jugendlichen Thieren. Das Gesund-heitsverhältniss dieser Constitution ist ein günstiges. Ei krankun­gen linden nur nach intensiven Ursachen Statt, sind aber in der Regel acut und heftig, und führen nicht selten schnell zum Tode. Die Genesung ist dagegen eine schnellere und gründlichere und das antiphlogistische Heilverfahren wird besser ertragen.
sect;. 80. Als ünterabtheilungen der robusten Constitution gel­ten die plethorische und apoplectische Constitution, mit welchen Bezeichnungen aber schon eine gewisse Diathese ausge­sprochen ist.
sect;. 81. b. Die reizbare (floride) Constitution ist vorwal­tend dem jugendlichen Alter und dem weiblichen Geschlechte eigen; sie giebt sich durch eine gering entwickelte Musculatur, durch eine blasse, weiche, zarte Haut und durch ein kurzes, feines, glänzendes Deckhaar, durch ein lebhaftes Temperament, durch grosse Reizempfünglichkeit mit einer leicht vorübergehenden und nicht kräftigen Reaction zu erkennen. 1st ein besonderes System reizbar und vulnerabel, so unterscheidet man als ünterabtheilun­gen eine nervöse, biliöse, katarrhalische und rheuma­tische Körpercoustitution.
sect;. 82. c. Die schwächliche (debile) Constitution zeigt geringe Muskelkraft, schnelle Ernnidung, langsamen Wiederersatz und schwache Reaction. Knochen, Fett und Drüsen sind mehr entwickelt, als Muskeln und Nerven; Krankheiten nehmen einen mehr schleichenden Verlauf, sind asthenischen Charakters und von einem langen Genesungsstadium gefolgt. Als ünterabtheilungen unterscheidet man eine venöse, eine lymphatische oder scro-phulöse, eine asthenische und eine torpide Constitution.
Die ad b. und c. erwähnten Constitutionen ertragen die anti­phlogistische, besonders die bluteutziehende Methode weniger gut.
sect;. 83. Es lässt sich nicht behaupten, dass die verschiedenen Constitutionen zu bestimmten Krankheiten prädisponiren; aber auf ihren Charakter, Verlauf, Ausgang und ihre Heilbarkeit (Resorp­tion von Exsudaten, Regeneration etc.) sind sie von entschiedenem Einflüsse.
sect;. 84. Der Habitus ist der äussere Ausdruck der Consti-
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Alltrenieine Aetiologie oder LeLre von den Kranklieits-Ursachen.
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tution; er verhält sich zu dieser, wie der Symptomen-Complex. zur Krankheit und giebt sieh durch die Form, Haltung und Be­wegung der äussereu Körpertheile so wie durch verschiedene Blut-l'ülle der Organe (Schleimhäute) zu erkennen. In der Regel be­zeichnet man indess mit dem Worte „Habitusquot; bedeutendere Ab-weiclmngeu der Kürpercoustitution, welche bereits ausserhalb der physiologischen Grenzen liegen; er ist dann die äussere Erschei­nung für gewisse Diathesen oder Bereits in der Entwicklung be-grift'eue, sogar fertige Krankheitsprocesse (Habitus phthisicus, hy-dropicus etc.).
sect;. 85 Temperament nennt man die Art und Weise der Thätigkeitsäusserung des Gehirns, die bleibende oder vorwaltende Seelenstimmung oder Geraiithsart, welche auf, durch die Organi­sation bedingten, unbewussten inneren Sensationen beruht. Jeder Thiergattung ist daher eiu allgemeines, jedem Thiere ein indivi­duelles Temperament eigen.
Das individuelle Temperament fällt daher grösstentheils mit der Körperconstitution zusammen und hängt im Wesentlichen auch von ihr ab; man unterscheidet bei den Thieren ein phlegmati­sches, ein cholerisches und ein sanguinisches Tempera­tur. Ersteres hat geringen Tonus, wenig Erregbarkeit der Sen­sibilität und Irritabilität, einen schlaffen Ausdruck der willkür­lichen Muskeln im Zustande der Ruhe, Mangel an Energie und Ausdauer der unwillkürlichen Muskeln, Succulenz und Turgescenz der Gewebe, Disposition zum Fettansatz und gering entwickelte sympathische Verhältnisse.
Das cholerische Temperament hat dagegen hohen Tonus, grosse Erregbarkeit des Nervensystems, lebhafte Contraction der willkürlichen und unwillkürlichen Muskeln, einen gespannten, straffen Habitus und bedeutend entwickelte sympathische Ver­hältnisse.
Das sanguinische Temperament ist ebenso leicht erregbar, wie erschöpfbar, und schnell wechselnd in dem Grade und in der Richtung der Erregung. (Anm.: Das melancholische Teperament, die in sich ge­kehrte zur Selbstbetrachtung und zum Trübsinn geneigte Ge-müthsart, kommt bei Thieren nicht vor, sondern nur eine derartige vorübergehende Seelenstimmung [Trauer, Sehnsucht, Heimweh]).
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tlrsache.
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Einen nachweisbaren Einfluss auf die Entstehung der Krank­heiten haben die Temperamente nicht, höchstens einigen auf den Charakter und den Verhuif der Krankheiten in ähnlicher AVeise, wie die Constitutionen, auf denen sie beruhen.
5. Pfic Race.
sect;. 86. Im Allgemeinen haben die reinen, constanteu ßacen in ihrer Heimath die geringste Krankheitsanlage, weil sie für die entsprechenden klimatischen und diätetischen Einflüsse am geeig-nesteu örganisirt sind (Haut, Magen): die Disposition tritt jedoch hervor bei Versetzung in ferne Klimate, sie verschwindet aber wieder mit der Gewöhnung (Acclimatisation), welche jedoch oft erst in späteren Generationen stattfindet. Thiere von gemischter Race (Bastarde, Blendlinge. Halbblut) haben eine verhältnissmässig grössere Krankheitsanlage und bei ihnen ist nicht nur die Morbi-lität, sondern auch die Mortalität bedeutender (Druse, Influenza, Staupe).
C, ßilaquo; (sailung.
sect;. 87. a. Pferde. Das Pferd zeichnet sich vor den ande­ren Hausthieren durch ein sanguinisches Temperament, eine hohe Sensibilität und energische Irritabilität mit stark ausgebildetem Bewegungsapparate, durch eine kräftige und stürmische Reaction und durch lebhafte sympathische Verhältnisse aus. In Folge dessen sind die Krankheiten der Pferde meist acuter Natur. Die zarte, an Schweissdrüsen reiche Haut disponirt das Pferd zu Er­kältungskrankheiten (Katarrhe, Rhexunatismen und dergleichen Ent­zündungen), deren Entstehung durch die Benutzungsweise noch be­günstigt wird (Verschlag, Tetanus): mindestens die Hälfte der in­neren Krankheiten (mit Ausnahme der Kolik) betrifft die Athmnngsorgane.
Die bedeutend grössere Entwicklung der Lymphapparate dis­ponirt das Pferd nicht nur zur primären Erkrankung des Lymph-gefässsystems überhaupt, sondern dieses ist auch ein thätiger Ver­breiter aller Localaifectionen (Druse, Rotz) und vermittelt dadurch eine schnelle Ausbreitung vieler Krankheiten (Septicaemie).
Die Verdauungs-Eingeweide des Pferdes zeichnen sich durch einen verhältnissmässig sehr kleinen Magen, der unfähig ist, sich durch Erbrechen zu entleeren, durch einen grossen Grimm- und
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Allgemeine Äetiologie oiler Lehre von den Kranlibeits-ürsachen.
Bliuddann, so wie durch den Mangel einer Gallenblase vor den Verdauungs-Eingeweideu aller anderen Thiergattungeu aus. Ver­suche von Co Hin haben dargethan, dass der Magen des Pferdes während einer Mahlzeit dreimal gefüllt und geleert wird, was nicht nur eine lebhafte Absonderung des Speichels, des Magensaftes und der Galle, sondern auch eine energische peristaltische Bewegung während der Mageuverdanung voraussetzt. In Folge dieses Ver­hältnisses werden schwer verdauliche Nahrungsmittel (Erbsen, Roggen, Wicken) nicht gut ertragen, wogegen die Kleinheit des Magens andererseits öfter wiederholte nicht zu grosse Quantitäten ziemlich intensiver Nahrungsmittel (Hafer) erfordert und den an­haltenden Genuss gehaltloser, indifferenter Nahrungsmittel nicht gestattet, üeberschreitungen dieser Grenzen nach der einen oder anderen Seite werden leicht gefährlich (Kolik). Als Folge hier­von treten saure Zersetzungen des Speisebreies ein, deren Pro-ducte durch den mangelhaften Vorrath an alkalischer Galle nicht so leicht und schnell neutralisirt werden können, wie bei den Thieren mit einer Gallenblase (Gastricismen).
Obschou der Huf der Pferde dieselben zum Gebrauche auf hartem Boden geeigneter macht, als die gespaltene Klaue die Wiederkäuer, so sind erstere doch den verschiedensten Fusskrank-heiten mehr ausgesetzt, weil sie vermöge dieser ihrer Fähigkeit zu dein erwähnten Zwecke gemissbraxicht und häufig durch un-zweckmässigen Beschlag ruinirti werden.
Worin die Disposition des Pfcrdegeschleclites zur periodischen Augeuentzündung und zum Dummkoller begründet ist, ist unbe­kannt.
sect;. 88. b. Kindvieh. Das Rindvieh ist durchweg phleg­matischen Temperaments, von geringer Sensibilität, besitzt, wenig Reactionsvermögen und beschränkte sympathische Verhältnisse. Seine Krankheiten haben daher einen mehr schleichenden Verlauf und werden erst in höhern Graden fieberhaft; Wundfieber tritt selbst nach grossen Verletzungen selten ein. Auch die Krank-heitssymptome sind aus diesem Grunde wenig ausgeprägt, daher die Diagnose aller inneren Krankheiten des Rindviehes grossen Schwierigkeiten unterliegt.
Bei fast allen Krankheiten des Rindviehes herrscht der vege­tative Charakter vor, so dass sie oft mit massenhaften Neubil­dungen verbunden sind (Tuberculosis, Franzosenkrankheit, Lungen-
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Die innere Ursache.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;65
seuebe), oder Ernährungsstörungen zur Folge haben (Knocheu-brüchigkeit).
Die Eigenthömliehkeit der Neubildungen in den Lungen bei der Lungenseudie ist wobl zum Theil in der Massenhafägkeit des subplenraleu und interlobulären Bindegewebes, in welchem ein sehr lebhafter Wueherungsprozess stattfindet, begründet; doch ist anzu­nehmen, dass das Lungenseuche-Contagium zu diesem Bindegewebe in einer specifischen Beziehung steht, weil einfache Lungenentzün­dungen diese Eigenthümlichkeit nicht zeigen, und weil bei den Schweinen, deren Lungen ganz ähnlich gebaut sind, eine der Lungenseuche analoge Krankheit nicht vorkommt. In dem er­wähnten histologischen Bau der Rindslunge ist auch die Häufig­keit des interlobulären Emphysems begründet. Andererseits be­schränken sich Krankheitszustände der Lungen aus demselben Grunde mehr auf einzelne Lungenläppchen (ähnlich beim Schweine), während sie bei den übrigen Hausthieren leichter grossere Ab­schnitte der Lungen (per eontinuitatem) in Mitleidenschaft ziehen, sich aber auch leichter zurückbilden.
Die äussere Haut des Rindviehes ist dick und unempfindlich und mit wenigen rudimentären Schweissdrüsen versehen; sie ist daher ebensowenig mechanischen Insulten (Verletzungen, Decubitus), wie den Witterungs-Einflüssen (Erkältungen) zugänglich. Wegen der Torpidität des Nervensystems sind Affectionen desselben (Dumm­koller, Nervenfieber, Tetanus) beim Rindvieh höchst seltene Er­scheinungen. Das Lymphgefässsystem spielt eine ganz unter­geordnete Rolle. Druse kommt bei ihm fast gar nicht vor, und für das Rotz-Contagium ist es so unempfänglich, dass selbst Im­pfungen nicht haften und höchstens eine Localafi'ection hervorrufen.
Der Digestions - Apparat des Rindviehes ist im Allgemeinen trotz seines complicirten Baues sehr resistent und erträgt erheb­liche Störungen ziemlich leicht. Wegen der zur genügenden Er­nährung erforderlichen grossen Masse einer im Ganzen gehaltlosen Nahrung nehmen die chemischen Zersetzungen derselben im Wanste leicht überhand, so dass er die sich schnell und massenhaft ent­wickelnden Gase nicht bewältigen kann (Tympanitis), zumal er im Verhältniss zu seinem Lumen nur geringe Contractionsfähigkeit besitzt. Daher haben fast alle Verdauungsstörungen des Rind­viehes vorwaltend im Wanste und, als Folge des unterdrückten
Kühne, allg. VeteriD. Patb.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;e
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GGnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Allgemeine Aetiologie oder Lehre von den Kiankheits-ürsachen.
Wiederkauens, im Psalter ihren Sitz, höchst selten in den Ge-(liirmen.
Die ziemlich häufig vorkommende Verletzung der Haube durch verschluckte fremde Körper mit ihren Folgen (Pericarditis trauma-tica) beruht zum Theil auf der Gefrässigkeit des Eindviehes, zum Theil auf den kegelförmigen, nach oben und hinten gerichteten spitzen Fortsätzen des Epithels der Zunge und inneren Backen-tläche, in Folge deren die fremden Körper nicht leicht gefühlt und nicht wieder zurückgebracht werden können, zum Theil allerdings auch auf Unvorsichtigkeit des quot;Wartepersonals bei der Stallfütterung. Worin die Disposition des Rindviehgeschlechts zur Erkran­kung an der Rinderpest und die Empfänglichkeit für das Conta-gium derselben beruht, ist unbekannt und aus der bekannten histo-logischen Eigenthüinlichkeit der Bauch- und Brust-Eingeweide nicht zu erklären. Nach den neueren Erfahrungen ist es zwar als aus­gemacht zu betrachten, dass alle Wiederkäuer jene Disposition, welche den Thieren mit einfachem Magen (wie dem Menschen) ganz abgeht, in verschiedenen Graden besitzen, so dass wohl an­zunehmen ist, dass die Krankheits-Anlage in def Organisation der Eingeweide begründet ist, aber wahrscheinlich beruht sie doch nicht auf dem eigeuthümlichen groben Bau, sondern auf feineren, noch nicht erkannten histologischen Eigenthümlichkeiten.
sect;. 89. c. Esel. Der Esel steht hinsichts der Krankheits-Anlagen zwischen dem Pferde und dem Rindvieh, jedoch trotz seiner dem ersteren sehr ähnlichen Organisation dem letzteren bei Weitem näher. Der Esel ist bekanntlich wogen seines sehr phleg­matischen Temperaments berühmt resp. berüchtigt; er hat eine dicke, unempfindliche Haut und ist Erkältungskrankheiten fast eben so wenig ausgesetzt, wie das Rindvieh; gastrischen Affec-tionen noch weniger, als das Pferd und das Rind, grösstentheils wohl weil er sehr genügsam ist. Er hat überhaupt im Ganzen eine geringe Krankheitsanlage; wenn er aber erkrankt, so nehmen seine Krankheiten leicht einen gefährlichen Verlauf, denn er hat doch in einem ziemlich hohen Grade entwickelte sympathische Verhältnisse.
Die Rotzkrankheit tritt beim Esel fast immer in der Form des acuten Rotzes auf.
sect;. 90. d. Schafe. Die Schafe besitzen im Allgemeinen eine zarte Constitution und zwar um so mehr, je edler und feiner
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Die innere Ursache.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;G7
sie sind. Sie besitzen ein geringes Resistenz- und Eeactionsvermö-gen; alle ihre Krankheiten haben deswegen einen asthenischen oder typhösen Charakter und werden leicht durch Erschöpfung tödtlich. Blutkrankheiten (Anthrax, Chlorosis) sind bei ihnen häufig und Parasiten kommen bei ihnen leichter fort, besonders in den ju­gendlichen Thieren. Entzündungs-Krankheiten kommen bei ihnen nur ausnahmsweise und bei einzelneu Individuen vor, während die vorher erwähnten Krankheiten hauptsächlich als Heerdekrankheiten auftreten und jährlich viele Procente hinwegraffen.
Ihre zarte mit vielen 8chweiss- und Talgdrüsen versehene Haut, disponirt die Schafe um so mehr zu Erkältungs - Krank­heiten, als sie in der Regel in Folge des hecrdenweisen Zusam­menlebens sehr warm gehalten und alljährlich nach vorhergegan­gener quot;Wäsche des Vliesses beraubt werden; deswegen sind Ka­tarrhe und Durchfälle nach der Schur so häufig. Die dichte und fein gekräuselte Wolle in Verbindung mit der zarten Haut ist auch die Ursache, warum die Räudemilben sich bei ihnen so fest ein­nisten und so schwierig zu vertilgen sind. • Das heerdenweise Zu­sammenleben der Schafe begünstigt nicht nur die Fortpflanzung ansteckender Krankheiten (Blutstaupe, Räude), sondern auch die Entstehung nicht ansteckender Heerdekrankheiten (Fäule, Para­sitenkrankheiten), weil gewöhnlich die ganzen Ileerden denselben Ursachen ausgesetzt werden.
sect;.91. e. Ziegen. Die Constitutiou der Ziegen ist zwar der der Schafe im Allgemeinen sehr ähnlich, doch sind sie weniger zart, hauptsächlich wohl, weil sie mehr acclimatisirt und von con-stanter Race sind; jedoch nehmen die Krankheiten der Ziegen leicht einen acuten Verlauf und nervösen Charakter an und wer­den sehr häufig tödtlich.
Erkältungskrankheiten sind bei ihnen viel seltener, als bei deu Schafen, zum Theil weil sie nicht geschoren werden und nicht so dicht zusammen leben.
Schwere Geburten sind bei ihnen ziemlich häufig, vielleicht weil sie in der Regel zwei oder mehrere Junge zur AVeit bringen.
sect;. 92. f. Hunde. Die Hunde haben im Allgemeinen ein sanguinisches Temperament und innige sympathische Verhältnisse; daher haben ihre Krankheiten meist einen acuten Charakter, füh­ren zwar oft zur schnellen Genesung, sehr häufig aber zum Tode,
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Allgemeine Aetiologie oder Lehre von den Kranheits-Ürsacheii.
Bei keiner Tiiiergattung variirt die Morbilitilt und Mortalität so sehr nach der Lebensweise und nach der Race, wie bei den Hunden und sicher werden beide Verhältnisse durch die fortwährende Verbastar-dirung der verschiedenartigsten Racen noch gesteigert. Besonders junge Hunde sind zu Krankheiten nervösen und asthenischen Charak­ters disponirt (Staupe, Krämpfe). Obgleich die Haut der Hunde nur rudimentäre Schweissdrüsen besitzt und tropfbar flüssiger Schweiss bei ihnen fast gar nicht vorkommt, so sind Erkältungskrankheiten, namentlich bei den Stubenhunden, doch sehr häufig, ein Beweis, dass die Retention der sogenannten Hautschlacken bei der Ent­stehung dieser Krankheiten Nebensache ist (cf. sect;. 105).
Störungen der Magenverdauung sind bei Hunden höchst sel­ten, weil sie mit Leichtigkeit erbrechen können; nur Verstopfan­gen des Dickdarms und vorzugsweise des Mastdarms sind bei ihnen sehr häufig, besonders bei reichlichem Genuss von Knochen, weil die Kalksalze zurückbleiben und fast steinharte Massen bil­den (Kothsteine, Ko pro lit heu), welche oft durch künstliche Mit­tel weder zu erweichen, noch zu beseitigen sind.
sect;. 93. g. Schweine. Die Schweine gehören zwar zu den Dickhäutern (Pachydermata), dennoch haben sie viele Schweiss­drüsen, erkranken aber wegen des in der Regel gut entwickelten subcutanen Fettgewebes (Panniculus adiposus) im Allgemeinen selten au Erkältungskrankheiten; nur die mageren Treiberschweine erkranken und sterben ziemlich häufig an Lungen- und Brustfell-Entzündung. Im Allgemeinen haben die Schweine eine Prädispo­sition zu Bräune, welche in dem kurzen, dicken Halse, in dem mängelhaften Verschlüsse des Kehlkopfes durch einen zu sehmalen Kehldeckel und in den Morgagnischeu Kehlkopfstaschen begründet sein soll.
Ihre Verdauung ist eine recht kräftige und Störungen der Magenverdauung sind trotz der Gefrässigkeit der Schweine selten, weil sie mit Leichtigkeit erbrechen können; jedoch erleiden sie wegen ihrer Gefrässigkeit nicht selten Vergiftungon und beherber­gen allerlei Parasiten (Ascariden, finuen, Trichinen).
7. Schwankende physiologische' Verhältnisse.
sect; 94 a. Fütterungszeit. Bei leerem Magen sollen alle Krankheitsreize, selbst Contagien und Gifte, heftiger wirken, als bei im Gange befindlicher Magenverdauung und zwar nicht nur
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Die ansseren Ursachen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 69
die auf den Magen, sondern auch die auf andere Körpertheile (Haut, Lungen) einwirkenden Krankheitsursachen; manche Krank­heiten werden aber bei gefülltem Magen gefährlicher. Eine zu seltene Fütterungszeit bei anhaltender Arbeit führt dadurch leicht Ueberladungen des Magens, Darmkatarrh etc., herbei, dass die Thiere hungrig in den Stall kommen und ihre ganze Mahlzeit auf einmal schnell ohne gehörige Zerkleinerung und Einspeichelung verzehren und dann mit gefülltem Magen wieder zur Arbeit müssen. Es fehlt dann die zum Verdauen und bei Arbeitsochsen die zum Wiederkäuen nöthige Zeit und Körperrnhe.
sect;. 95. b. Der Haarwechsel findet in der Hauptsache nur im Frühjahre Statt. Im Herbst geht nur eine Metamorphose mit den Deckhaaren vor, indem diese länger, dicker und struppiger werden und nn r ein ganz kleiner Theil derselben ausfällt. Während des Haarwechsels im Frühjahr sind die Thiere matter und schlaf­fer, sie schwitzen leichter und die turgescirende Haut ist gegen den Kältereiz weniger widerstandsfähig. Dieser wirkt um so in­tensiver ein, als das feuchte Haar ein besserer Wärmeleiter ist als das trockene.
c.nbsp; nbsp; Der Zahnwechsel, cf. Altersanlage.
d.nbsp; nbsp; nbsp;Das Gebären, cf. Geschlechtsanlage.
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B. Die äusseren Ursachen (Caussie externae).
I sect;. 96. Jede Einwirkung, welche in irgend einem Theile des
Organismus eine Störung verursacht, wenn sie ganz von aussen oder von einem anderen Körpertheile ausgeht, ist immer eine causa externa; sie bildet mithin nur einen Gegensatz zur Disposition als causa interna. Wenn z. B. ein Theil vom primären Krebs (Carcinom) befallen wird, so geschieht dieses in Folge einer causa interna oder Prädisposition, welche durch geringe, nicht speeifische, oft nur mechanische Einwirkungen zur Entwickelung einer Krebs­geschwulst führen kann. Nicht nur diese veranlassenden Ursachen bilden für den primären Krebs eine causa externa, sondern der primäre Krebs ist wiederum eine causa externa für die durch ihn erzeugten Secundär-Krebse. Diese entstehen natürlich wiederum am leichtesten in solchen Geweben, für welche die Krebsmasse
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Allgemeine Aeüologie oder Lehre von den Krankheits-Ursachen-
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eine Prädilection hat (z. B. die Leber). Das Innere oder Aeussere der Ursachen bezieht sich also nicht auf den gesamraten Organis­mus, sondern nur auf den kranken Theil selbst. Das Transsudat in den Ventrikeln des Gehirns ist demnach die causa externa des Dummkollers und derCoenurus die causa externa der Drehkrank­heit, nicht weil er von aussen stammt, sondern weil er als etwas nicht zum Gehirn Gehöriges, mithin relativ Aeusseres durch Druck die Function des Gehirns stört.
sect;. 97. Das, was man als vorbereitende Ursache (Causa praediponens) bezeichnet, ist eine, in der Hegel durch eine causa externa ei'zeugte Veränderung eines Theiles (cf. Disposition), welche diesen für die Einwirkung einer weiteren äusseren, sog. veran­lassenden Ursache besonders empfänglich macht.
sect;. 98. Unser Wissen betreffs der äusseren Ursachen ist nur gering, weil wir in dieser Beziehung meist auf die passive Beob­achtung des sich zufällig Darbietenden angewiesen sind und selten experimentiren können. Ferner müssen wir uns meistens mit ge­wissen Complexen von Materien, die uns umgeben, behelfen, von denen wir wohl durch die Erfahrung wissen, dass in ihnen die Krankheits-Ursache liegt; wir können diese aber nur selten genau bezeichnen. Dieses gilt besonders von den kosmischen, atmosphä­rischen, wie von den tellurischen Einllüssen. Es ist daher ziem­lich unerheblich, ob wir die äusseren Ursachen in physikalische, chemische und lebendige streng zu scheiden suchen, oder sonst irgend einer der beliebten Eintheilungen folgen.
sect;. 99. Dynamische Ursachen oxistiren eigentlich nicht, denn keine Ursache ist wirksam, ohne an eine Materie gebunden zu sein, und ohne die afficirte Materie zu modifidren. Selbst die sog. Imponderabilien (Wärme, Licht, Electricität, Magnetis­mus) wirken nur vermittelst der Stoffe, an welche sie gebunden sind. Ueberhaupt können alle Naturkräfte als Krankheitsreize wirken, wenn sie auch in gewissen Graden und unter gewissen Umständen Lebensreize sind.
sect;. 100. Da von den Einllüssen der Himmelskörper auf die Gesundheit der Hausthieie, aussei- dem Einflüsse des durch das Verhältniss der Erde zur Sonne bedingten Wechsels der Jahres­zeiten, der Tage und Nächte, nichts Bestimmtes bekannt ist, so lassen wir die kosmisch-siderischen Einflüsse, nach denen
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Die ausseien Uisaolien.
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die Wahrsager in alten Zeiten das Horoskop stellten und welche Kriegs-, Hungersnoth und Pestilenz verursachen sollten, ganz un-erörtert (Mondblindheit, Bandwurmkuren).
I. Die atmosphärischen Einflüsse.
sect;. 101. a. Der Luftdruck ist zwar eine durch das Baro­meter messbare Grosse, aber stets so innig mit anderen Potenzen verbunden, dass seine isolirte Wirkung nicht geschätzt werden kann. Der Sauerstoffgehalt der leichteren Luft ist relativ, d. h. bei gleichem Volumen, geringer, als der der dichteren und schwere­ren Luft; die Hautausdünstung (Perspiratio) der Kürperoberfläche ist in einer dünneren Luft grosser, als in einer dichteren, aber wir wissen nicht, welchen Anthcil der Luftdruck, der Sauerstoff-gohalt der Luft und die Perspirations-Verhältnisse der Haut an dem durch die Erfahrung ziemlich ermittelten Einflüsse des Baro­meterstandes auf die Gesundheit der Menschen und der Hausthiere haben. Dieser Antheil der genannten drei Factoren kann immer nur mit einiger Wahrscheinlichkeit bemessen werden, zumal da von ihnen zugleich das sehr einflussreiche Verhältniss der Feuchtigkeit und Bewegung der Luft (Winde) abhängt. Bei höherem Luftdruck wird das Athmen tiefer, freier und seltener, die Excretion der Haut vermindert und die der Nieren vermehrt; der Puls wird voll und langsam, die Action der Muskeln freier und energischer. Die Erfahrung lehrt, dass anhaltend hoher Luftdruck herrschenden Krankheiten einen mehr acuten, sthenischen Charakter, geringerer Luftdruck einen mehr asthenischeu, putriden Charakter verleiht.
sect;. 102. Die Wirkung des örtlich verminderten Luftdruckes zeigt sich bei der Application des Schröpfkopfes. Unter dem­selben sammelt sich das Blut in den Kapillargefässen in Folge des relativ höheren Luftdruckes von innen, es entstehen selbst Zer-reissungen der Gefässe und Blutextravasate und Blutungen aus natürlichen und künstlichen (Skarilikations-) Oeffnungen.
Bei einer allgemeinen Luftverdichtung oder Verdünnung findet ein derartiges Ueberwiegen des äusseren resp. des inneren Luft­druckes, und eine so auffallende Circulationsstörung nicht Statt, weil die Differenz durch die verschiedenen Körperöffnungen sofort wieder ausgeglichen wird und überhaupt nicht in einem so hohen Grade und allmälig eintritt (Ohrensausen, Blutfluss aus Nase und Ohren auf hohen Bergen und bei Luftschiffern, Luftpumpe).
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Allgemeine Aetiologie odei- Lehre von den Kraiililunts-Ursachen.
sect;. 103. b. Die Temperatur. Alle unsere Hausthiere (auch die Menschen) gehören zu den warmblütigen Thieren, d. h.
sie besitzen eine von ihrer Umgebung fast unabhängige Eigen­wärme. Diese wird hervorgebracht durch die mit allen Körper-functionen (nilaquo;,-ht nur mit dem Athmungs-Prozesse) verbundene Verbrennung (Oxydation). Die innere Körpertemperatur wird bei gesunden Thieren durch Ausstrahlung resp. Mittheilung an die Aussenwelt und Zurückhaltung der Wärme innerhalb gewisser, bei den verschiedenen Thiergattuugen etwas verschiedener, physiolo­gischer Grenzen erhalten. Die Abgabe von Wärme geschieht je­doch nicht nur von der äusseren Haut, sondern auch von der in­neren Körperoberfläche (Lungen, Magen; aus und zwar an die ein-geathmete Luft und die aufgenommenen Speisen und Getränke. Die Ausstrahlung und Mittheilung von der äusseren Oberfläche ist bei niederer Temperatur der Umgebung (Luft, Wasser) relativ geringer, als bei höherer; denn bei ersterer schrumpft die äussere Haut zusammen, sie wird dichter, blutleerer, die Trans- und Per­spiration lässt nach. Die Abgabe der Wärme entspricht der Wärme-Entwickelung im Innern bei unseren behaarten Hausthieren im Zu­stande der Euhe am meisten bei einer äusseren Temperatur von 15deg;R. (bei nackten Menschen bei 18-200Il.).
sect;. 104. Die Aussenwärme ist hauptsächlich von dem Ein­flüsse der Sonne und von der inneren Erdwärme abhängig, zum Theil aber auch von der Bewegung, Windrichtung und Feuchtig­keit der Luft. Steigt die äussere Temperatur erheblich und an­haltend über -|-150E., oder überwiegt die innere Wärmeentwicke­lung die Wärmeabgabe nach aussen, dann tritt die dunstförmige oder tropfbar-flüssige Excretion der Schweissdrüsen ein (Schweiss, Sudor); durch Verdunstung dieser Feuchtigkeit wird ein Theil der Körperwärme gebunden und die innere Temperatur innerhalb der normalen Grenzen erhalten. (Normale mittlere Blutwärme nach W. Richardson; beim Menschen 3G,7quot;C., beim Pferde 37,60C., beim Rindvieh 38,2deg; C, beim Schweine und Hunde 38,8deg;C, beim Kaninchen 39,4quot; C, beim Schafe und der Ziege 40,0deg; G., beim Geflügel 42,2quot; C.)
Aussei- dieser Excretion der Schweissdrüsen findet zu jeder Zeit eine sogen, unmerkliche, gasförmige Hautausdünstung (Perspiratio insensibilis) durch die Poren der zwischen den Mündungen der Schweissdrüsen liegenden Flächen der Haut selbst
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Die änsseren Ursachen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;73
Statt, mit welcher vorzüglich die Ausscheidung der Kohlensäure und Aufnahme des Sauerstoffs, das sogen. Hautathmen, verbunden ist. Drittens geschieht in den Talgdrüsen der Haut eine fortwährende Ausscheidung des Hauttalges (Sevum cutis). Alle drei Excrete zu­sammen bezeichnet man als Hautschlacken (Scoriae cu-taneae). Obschon diese Ammoniak, verschiedene Salze, Fett­säuren etc. enthalten, so ist ihrer Ausscheidung schon um des­willen ein depuratorischer Charakter nicht zu vindiciren, weil sie bei manchen Thiergattungen (Hund) fast gleich Null ist, bei an­deren durch eine höhere Temperatur beliebig gesteigert werden kann. Die Schweissabsonderung scheint in der That nur den phy­siologischen Zweck der Abkühiung zu haben; die sogen, kalten Schweisse sind dagegen nur Folge einer erheblich gestörten Inner-vation der Haut und der Lähmung ihrer Capillargefässe. Der Hauttalg dient wahrscheinlich auch mir zu dem physiologischen Zwecke der Deckung der Haut und der Erhaltung der Geschmei­digkeit der Haare und Epidermis. Die Perspiratio insensibilis hat für das Blut allerdings eine ähnliche depuratorische Bedeutung wie die Lungeuathmung.
sect;. 105. Die Störungen, welche durch den Einfluss einer niederen Temperatur (sogen. Kälte) verursacht werden, sind sehr verschieden, je nachdem die Einwirkung auf den ganzen Or­ganismus oder auf einzelne Theile desselben, ob sie alimählig oder plötzlich, auf die ganze äussere oder innere (Sehleim-) Haut oder nur auf einzelne Theile derselben stattfindet und in welchem Zu­stande sich diese Theile im Momente der Einwirkung befinden. Eine allgemeine und allmählige Einwirkung der niederen Tempe­ratur wird in der Regel ohne weitere Nachtheile ertragen, indem die gestörte Blutvertheilung sich bald wieder regulirt und für die verminderte Hautathmung die Lungeuathmung vicariirend eintritt. Eine vollständige Aufhebung des Hautathmens findet nur bei Zer­störung der Haut (Erfrieren, Verbrennen etc.) Statt und wird immer durch Lungenentzündung und Erstickung tödtlich, sobald sie zwei Drittel der ganzen Haut betrifft. Für die wässrigen Excretionen der Haut tritt besonders die Nierenthätigkeit stell­vertretend ein, weswegen auch z. B. im Winter und in kalten Zonen viel mehr und wässrigercr Harn producirt wird, als im Sommer und in warmen Klimaten. Eine solche Ausgleichung findet selbst bei plötzlicher und allgemeiner Unterdrückung der
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74nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allfremeüie Aetiologie oder Lehre von tleu Knmkheits-Ürsachen,
Hautthätigkeit Statt; nur die Regxxlirung der in Folge der Con­traction der Capillargefässe der Haut gestörten Blutvertheüung, welche eine üeberfttllung der inneren Organe bedingt, stösst zu­weilen auf Schwierigkeiten (Apoplexia sanguinea). Die übrigen Bestandtlieile der sogen. Hautschlacken (Ammoniak, Fettsäuren and verschiedene Riechstoffe) bedürfen der vicariirenden Ausschei­dung nicht, da sie erst auf der Haut, resp. in den Kanälen der Schweiss- und Talgdrüsen, also durch spätere Zersetzungen, ge­bildet werden und noch niemals im Blute oder in den in Folge einer Erkältung erkrankten Organen nachgewiesen worden sind. Da nun die Erfahrung lehrt, dass örtliche d. h. stellenweise und plötzliche Abkühlungen der Haut (Zugluft), selbst bei den Thieren, welche nur rudimentäre Schweissdrüsen besitzen, am leichtesten Erkältungskrankheiten zur Folge haben und da diese in der Regel auch in der Nähe des erkälteten Theiles auftreten, wenn nicht anderswo ein Locus minoris resistentiae besteht, und da endlich selbst Erkältungen der Schleimhäute, welche doch keine Schweiss­drüsen haben, dieselben Störungen au anderen Orten zur Folge haben können (z. B. acuten Rheumatismus, Pleuritis nach dem Saufen kalter Getränke), und da die mechanische Behinderung der Hautsecretion durch Firnissen oder Lackiren ganz andere Stö­rungen herbeiführt wie die Erkältung, so muss die humoral-patho­logische Ansicht, dass die zurückgehaltenen Hautschlacken als Materia peccans eine (rheumatische, katarrhalische) Dyskrasie be­wirken und dass durch diese eine Reizung resp. Entzündung diverser Organe bedingt werde, als unbegründet zurückgewiesen werden.
sect;. 106. Da indess die Erfahrung bestimmt darthut. dass der grösstc Theil der nicht infectiöseu Krankheiten in der That durch Erkältung entsteht, wenn diese auch sehr oft ohne hinreichenden Grand präsumirt werden mag, so erübrigt nur die Annahme, dass ausser der ungieichmässigen Vertheilung des Blutes der Kältereiz die Hauptrolle spielt und dass dieser sowohl von der äusseren wie von der inneren (Schleim-) Haut vermittelst der Nerven (durch Consensus oder Antagonismus) auf andere Theile übertragen wird. Besonders spricht für die Richtigkeit dieser Theorie die Möglich­keit der Gewöhnung an den Kältereiz (sogen. Abhärtung) und die erhöhte Empfänglichkeit für denselben (Verweichlichung), welche bei dem jetzigen Stande der Wissenschaft nur durch einen ver-
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Die äusseren Ursachen.
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schiedenen Grad der Resistenz- und Reactions-Fähigkeit der sen­sitiven Hautnerven erklärt werden kann. Bildete dagegen die Retention der Hautschlacken das Xächstursächliche der Erkältungs-Krankheiten, so könnte die Abhärtung nur in der gesteigerten, die Verweiclüichung in der mangelhaften Thätigkeit der vicariirenden Organe beruhen.
Der Kältereiz ist auch für den Organismus in keiner Hin­sicht ein specifischer, sondern er ruft in den (primär oder secundär) afficirten Gebilden ganz dieselben Reizungen hervor, welche durch andere Reize erzeugt werden, d. h. in den Schleimhäuten Katarrhe, in den fibrösen Gebilden Rheumatismen und rheumatische Ent­zündungen, im Nervensystem Krämpfe oder Lähmungen etc. Der Kältereiz ist zwar bestimmt qualitativ verschieden von anderen physikalischen und chemischen Reizen, die Reaction der Gewebe ist aber nicht specifisch verschieden, sondern diese wird lediglich durch den eigenthttmlichen histologischen Bau der Organe bedingt. Z. B. mechanische oder chemische Reizungen der Schleimhäute er­zeugen ebensowohl Katarrhe, wie Erkältungen (Staub, Hitze, Magen-und Darmsäuren, Medikamente etc.). Gefrorenes Quecksilber mit der Haut in Berührung gebracht, erzeugt ganz dieselben Entzün­dungs-Erscheinungen, wie glühendes Eisen. Nur zeichnet sich die äussere Haut durch die Eigenthümlichkeit aus, dass sie selbst durch den Kältereiz nicht leicht krankhaft afficirt wird, sondern ihn vermöge ihrer innigen sympathischen Verhältnisse auf andere Organe überträgt (Frost, Erfrierung).
sect;. 107. Der Einfluss einer höheren Temperatur ist wiederum ein sehr verschiedenartiger, je nachdem er plötzlich und vorüber­gehend oder anhaltend stattfindet.
Von den bereits erwähnten Verbrennungen der Haut (Zerstö­rung durch Hitze) abgesehen, ist von den plötzlichen Einwirkungen hoher Wärmegrade nur der nachtheilige Einfluss stechender Son­nenstrahlen auf den Schädel als Ursache von Congestionen und Entzündungen des Gehirns, die durch directe Einwirkung der hohen Temperatur auf die Hirnhäute und das Gehirn entstehen, bekannt (Sonnenstich. Insolatio).
Der anhaltende Eintiuss hoher Wärmegrade hat eine physi­kalische und physiologische Expansion der Haut und ihrer Gapillar-gefässe zur Folge, welche venöse Hyperämie und vermehrte Aus­scheidung von Wasser bedingt. Auf die Dauer führt sie zu einer Erschlatiüng mit erhöhter Empfänglichkeit für den Kältereiz (Ver-
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76 Allgemeine Aetiologie oder Lehre von den Krankheits-Ursachen.
weichlichting-) und zuletzt zur Eindickuag des Blutes (spissitudo sanguinis), welche dasselbe zu Stockungen, besonders im Pfort­adersystem (Leberkrankheiten im Sommer) geneigt macht. Die durch den anhaltenden Einfluss der Wärme empfindlich gewordene äussere Haut setzt um so mehr eine Prädisposition zu Erkältungs-Krankheiten, als sie in Folge einer eigentlüimlichen physiologischen Wechselwirkung zwischen der Function der Haut und dem Wachs-thum der Haare stets mit einem kürzeren, feineren und glatter anliegenden Deckhaare versehen ist, als die an den Einfluss der Kälte gewöhnte (abgehärtete) Haut. Erstere ist nicht nur dem objectiven Gefühle nach zarter, weicher und geschmeidiger, son­dern auch durch mechanische Insulte leichter afficirbar (Druck­schäden).
sect;.108. c. Der Feuchtigkeitsgehalt der Luft hängt am meisten von ihrer Temperatur ab. Bei 0quot;C. kann sie als Maxi­mum ungefähr \ pCt., bei 15quot;C. U pCt., bei 300C. 2| pCt. und bei 37V1 C. (Blutwärme) 4 pCt. Feuchtigkeit enthalten. Bei Ab­kühlung der Luft bis unter den Condensationspunkt treten atmo­sphärische Niederschläge in Form von Nebel, Thau, Reif, Regen, Hagel, Schnee etc. ein. Die Luft gewisser Gegenden, z. B. an den Meeresküsten, in den Niederungen, ist immer relativ feuchter, in grossen Ebenen (Wüsten), auf Höhen trockener. Die Feuchtig­keit der Luft an sich ist wohl nie eine nachweisbare Krankheits­ursache, sondern nur die Temperatur und andere Verhältnisse, von denen der Sättigungsgrad der Luft abhängt.
sect;. 109. Anhaltend feuchte (in der Regel auch kühle) Luft behindert allerdings die Perspiration der Haut, weil die Luft keine Feuchtigkeit mehr aufnehmen kann. Dadurch wird die wässrige Aus­dünstung des Körpers zurückgehalten und ein nervöser Schwäche­zustand der Haut bedingt, während trockene und nicht zu warme Luft die Haut stärkt. Dass durch einen anhaltend hohen Feuch­tigkeitsgrad der Luft Hydrämie und Wassersucht (Oedem, Regen­fäule der Schafe) entstehen könne, ist wohl sehr zu bezweifeln, denn die Thätigkeit der Nieren ist, so lange diese normal ist, sehr wohl im Stande, diesen üeberschuss von Feuchtigkeit zu ent­fernen. Hierbei kommen vielmehr sehr complicirte Verhältnisse (Feuchtigkeitsgehalt der Gräser und Futterkräuter, Parasiten z. B. Distomen etc.) in Betracht.
sect;. 110. Zu trockene Luft ist in unseren Breitegraden
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wohl nur höchst selten Krankheits-Ursache, wenn nicht zugleich eine sehr hohe Temperatur (Hitze, Dürre) damit verbunden ist. In diesem Falle können allerdings die bereits erwähnten Folgen der Bluteindickung um so mehr eintreten, als den Thieren nicht immer der beliebige Genuss eines guten Getränkes zur Befriedi­gung des Durstes zu Gebote steht.
sect;. 111. d. Die Bewegung der Luft. Anhaltend unbe­wegte Luft, d. i. Windstille, kann der Gesundheit des Menschen und der Thiere dadurch nachtheilig werden, dass die Zersetzvmgs-Producte thierischer und pflanzlicher Substanzen nicht fortgeführt, zerstreut und zersetzt werden können. Sie ist um so lästiger und gefährlicher, je wärmer und je feuchter dabei die Luft gleich­zeitig ist, weil feuchte Wärme die Zersetzung organischer Sub­stanzen und die Vermehrung pflanzlicher und thierischer Parasiten begünstigt (cf. Malaria, Miasmen sect;. 167.). Eine massige Bewegung der Luft (Circulation, Ventilation) ist zu ihrer Reinerhaltung un­bedingt nöthig und der Gesundheit förderlich.
sect;. 112. Heftige Winde, Stürme, erschweren dagegen die Ex-spiration, besonders bei schnellem Lauf gegen den Wind; und da sie in der Regel auch kühl sind, sind sie den Athmungs-Organen besonders gefährlich. Die Richtung der Winde ist dabei nur in sofern von Bedeutung, als von ihr die Wärme und der Feuchtig­keitsgrad der Luft abhängt. Im mittleren Europa sind Nord- und Ostwinde in der Regel trocken, im Winter kalt, im Sommer warm; West- und Südwinde warm und feucht, Nordwestwinde kalt und feucht. Fast jeder Sturm kommt von Westen resp. Nordwesten. Ein bestimmter Einfluss der Windrichtung auf die Gesundheit der Hausthiere ist kaum nachzuweisen (Zugluft, cf. Temperatur der Luft).
sect;. 113. e. Die Elektricität der Luft. Die Luft an sich besitzt gar keine elektrische Spannung, sondern nur die in der Luft schwebenden Wasserbläschen. Menschen und Thiere haben kein bestimmtes Gefühl für natürliche elektrische Spannungen der Erde und der Wassertheilchen der Luft, weil die Ausgleichung zu leicht vor sich geht. Höchstens die einem Gewitter vorhergehende Span­nung, welche im Blitze ihre Entladung lindet, wirkt erschlaffend und deprimirend auf Menschen und Thiere, aber nur vorüber­gehend, so dass wir von der Erd- und Luft-Elektricität als Krank­heits-Ursache eigentlich gar nichts wissen. Nur der künstlich er­zeugte elektrische oder galvanische Strom wirkt erregend auf
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alle irritablen Gewebe (Muskeln) und Secretionsorgane. Dass der Blitz Mensehen und Thiere betäubt machen, einzelne Glieder läh­men, selbst plötzlich tödten kann, und zwar sowohl mit wie ohne Brandwunden, ist zwar eine seit uralten Zeiten bekannte That-sache, aber wodurch der Blitz eigentlich lähmt oder tödtet, ist noch unbekannt. Vielleicht ist eine mechanische Wirkung auf Ge­hirn nnd Rückenmark (Erschütterung, Commotio) die Hauptsache.
Es wird zwar behauptet, dass der Anthrax apoplecticus und andere Krankheiten (Febris puerperalis) kurz vor Gewittern und in gewitterreichen Jahren häufiger auftreten, es ist aber noch sehr fraglich, ob die elektrische Spannung oder nicht vielmehr die Hitze, Dürre und Windstille bei bestehender Disposition die Gelegenheits-ürsache bilden (cf. Miasma sect;. 16G).
sect;.114. f. Das Licht. Mangel an Licht ist bis jetzt noch nicht als Krankheits - Ursache constatirt; es ist überhaupt sehr fraglich, ob der Einfluss des Lichtes für die thierische Vegetation eben so nothwendig ist, wie für die pdanzliche. Wo Mangel an Licht, anhaltende Finsterniss, auf die Gesundheit der Menschen und Thiere nachtheilig gewirkt zu haben scheint, waren wohl mehr andere Einflüsse: Feuchtigkeit, schlechte Luft und Nahrungsman­gel, Mangel an Bewegung die eigentlichen Ursachen [Pferde in Bergwerken, (Scrophulosis)].
sect;. 115. Ein Uebermaas an Licht kann allerdings einen nach-theiligeu Einfluss auf die Retina durch Reizung (Schneeblindheit) oder üeberreizung (Lähmung) herbeiführen und bei bereits beste­hender Augeueutzündung kann gewöhnliches Sonnen- selbst Ta­geslicht die entzündliche Reizung noch steigern, ja es kann Gehirn-und Nervenkrankheiten verschlimmern, aber selbstständige, hin­reichende Krankheits-Ursache ist es selten.
sect;. HG. Unerklärlich aber erfahrungsmässig feststehend ist der Einfluss des Lichtes auf die Ausbreitung verschiedener Haut-Krankheiten, acuter Exanthema (Pocken, Scharlach d. M.) und be­sonders bemerkenswerth ist das Absterben der nicht pigmentirteu Hautstellen der Schweine bei der Fütterung halbreifen Buchwaizens, was nur dann eintritt, wenn die Schweine dem Sonnenlichte aus­gesetzt, nicht aber, wenn sie im Stalle gehalten werden.
sect;. 117. g. Luftmischung. Abgesehen von den mechani­schen Beimengungen (Staub, Pilzsporen, Raupenhaare etc.) handelt es sich besonders um die normalen Bestandtheile und gasförmigen
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Beimengungen oder Veranreiiiigungea der Luft. Daamp; Verhältniss des Stickstoff- und Sauerstoff-Gehaltes der atmosphäriscüen Luft bleibt unter allen Umständen nahezu dasselbe (79 : 21), gleich ob die Luft abgeschlossen oder mit der Atmosphäre in Verbindung geblieben ist. In den Wohnungen und Ställen findet, wenn sie nicht ab und zu gelüftet #9632;werden, nur eine Zunahme der beige­mengten Gase: Kohlensäure, Ammoniak, flüchtige Schweisssäuren etc.. Statt, von denen die Luft allerdings verdrängt wird, aber die Luft selbst beharrt in demselben Misehungs-Verhältnisse. Keine Luft ist für Menschen und Thiere gewiss gesünder, als veruLrei-nigte, aber ein bestimmter nachtheiliger Eiufluss der letzteren lässt sich, in so fern es sich nicht um Contagien oder Miasmen handelt, nicht nachweisen. Die durch irrespirable Gase bedingte Verdrän­gung des Sauerstoffes ist unter gewöhnlichen Verhältnissen eine so unerhebliche, dass sie durch ein etwas schnelleres Athmen un­schädlich gemacht werden kann, aber erhebliche Beimengungen von Kohlenoxydgas, Schwefelwasserstoffgas etc. (Mephitische Luft), welche sich nur in lange abgeschlossen gewesenen Räumen bilden, wirken allerdings direct blutvergiftend, kommen aber in den Käumlichkeiten, in welchen unsere Hausthicre zu leben pfle­gen, nicht in Gefahr bringender Menge vor. Ob und welcher Eiu­fluss der positiv oder negativ erregte Sauerstoff der Luft (Ozon und Antozon) auf die Gesundheit der Menschen und Thiere, auf die Entstehung und Verbreitung von Epidemieen etc. hat, ist bis jetzt noch nicht sicher festgestellt. Ein hoher Gehalt der atmo­sphärischen Luft an activem (ozonisirten) Sauerstoff soll eine Dis­position zu epidemischen Katarrhen (Grippe) bedingen. Von dem Einflüsse des negativ erregten Sauerstoffes der Luft (Antozon) auf die Gesundheit der Menschen und Thiere weiss man noch nichts. Unter gewöhnlichen Verhältnissen befindet sicii der Sauerstoff der Luft im passiven Zustande.
sect;. 118. Damit der Kohlensäure-Gehalt der Luft durch das Athmen der Menschen und Thiere nicht fortwährend zunehme, tritt das Athmen der Pflanzen ausgleichend ein, denn diese nehmen des Nachts Kohlensäure aus der Atmosphäre auf und geben bei Tage unter dem Einflüsse des directen oder indirecten Sonnen­lichtes den grössten Theil des Sauerstoffes wieder ab, den Kohlen­stoff zu ihrem eigenen Aufbau zurück haltend.
sect;. 119. h. Witterung. Die Witterung wird durch sämmt-liche erwähnte Verhältnisse, am meisten durch die Temperatur,
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Allgemeine Aetiologie odor Lehre von den Krankheits-Ursachen.
bedingt. Wenn die Witterung einige Zeit hindurch in gleicher Weise fortbesteht, so spricht man von einer gewissen Witte-rungs-Constitution, welche man entweder je nach ihrer Be­sonderheit (als nasse, trockene, windige, kalte, warme etc.) oder nach ihrer Wirkung auf die Gesundheit der Menschen und Thiere (als katarrhalische, rheumatische, gastrische, biliöse, nervöse, ty­phöse, endemische etc.) näher bezeichnet (Genius annuus s. epi-demicus).
sect;. 120. Am nachtheiligsten ist jeder schnelle Wechsel der Witterung, wie er besonders im Frühjahr und Spätherbste, unter Umständen aber auch in allen Jahreszeiten vorkommt. Sein Ein-fluss auf die. Thiere ist auffallender bemerkbar, als auf die Men­schen, weil jene sich nicht durch künstliche Bedeckung, Heizung etc. gegen den Eiufluss der Witterung, besonders gegen den Wech­sel der Temperatur, schützen können, und weil der Mensch bei Wartung und Pflege der Thiere diese Rücksicht oft ausser Acht
lässt.
sect;. 121. i. Die Jahreszeiten sind für die Hausthiere nicht
nur durch die erwähnten Witterungs-Verhältuisse häufig von nach­theiligem Einflüsse, sondern auch durch den zuweilen mit ihuen verbundenen grellen Fiitterungswechsel, z. B. durch den Üebergang von der Stallffltternng zum Weidegange, vom Mangel zum Ueber-flusse und umgekehrt, vom alten zum frischen Heu, Koggen etc. Dazu kommen noch die in den verschiedenen Jahreszeiten erfor­derlichen Leistungen: liuhe im Winter, angestrengte Arbeit im Sommer, besonders im Frühjahre und Herbste zur Zeit der Acker­bestellung und Ernte. Selbst Sonn- und Feiertage sind in dieser Beziehung nicht ohne Einfluss (Kolik, Tympanitis). Ausserdem kommt noch die bereits erwähnte individuelle, durch Haarwechsel, Geburten, Gewöhnung und Verweichlichung bedingte Disposition in Betracht.
2. Die Bodrnrcrhällnissp. sect;. 122. Diese haben im Ganzen nur einen geringen directen Einfluss auf die Gesundheit der Hausthiere. Indirect kann aller-dings_nicht nur durch die Ausdünstung schädlicher Gase (Miasmen), sondern auch durch eine abnorme Beschaffenheit der von den Boden­verhältnissen abhängigen und zur Nahrung der Thiere dienenden Pflanzen ein nachtheiliger Einfluss auf die Gesundheit der Thiere
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ausgeübt werden. So ist es z. B. eine feststehende Erfahrtmgssache, dass die Ursachen der Knochenbrüchigkeit, des enzootischen Blut-harnens, sowie die Erzeugung oder Vermehrung des Anthraxstoftes an gewisse geognostische Verhältnisse gebunden ist. Durch die Con­figuration von Land- und Wasserflächen, durch die Formation und Erhebung der Erdoberfläche (Berg oder Thal, Waldung oder kahle Flächen, Cultur- oder wilden Zustand, Nähe von Flüssen, Sümpfen oder Meeren) werden allerdings örtliche Eigenthümlichkeiten hin-sichts des Charakters der vorherrschenden Krankheiten bedingt; diese Verhältnisse sind aber sehr complicirter Xatur und Gegen­stand einer eingehenden topographischen Forschung für jeden Funkt der Erde. Eine Klimatologie und medicinische Geographie der Thierkrankheiten existirt überhaupt noch nicht; es ist aber sehr wünschenswerth, dass die Thierärzte diesem Gegenstande eine grössere Aufmerksamkeit widmen möchten.
sect;. 123. Im Allgemeinen lässt sich nur sagen, dass stehende Sümpfe, besonders in der warmen Jahreszeit, durch die in ihnen stattfindende Zersetzung animalischer und vegetabilischer Substan­zen der Gesundheit der Menschen und Thiere gefährlich sind (cf. Malaria, Miasmen sect;. 11)6). Sonst aecomodiren sich unsere Haus-thiere leicht den verschiedensten Bodenverhältnissen, besonders wenn sie von entsprechender Ea^e sind.
3. Das Klima. sect;. 124. Das Klima resultirt aus dem geographischen Breite­grade, aus den atmosphärischen und Boden-Verhältnissen; es lässt sich daher auf dessen Salubrität aus dem Vorhergesagten schon einigermaassen ein Schluss ziehen. Doch muss man die Morbilität und Mortalität einer Gegend keimen, um keine Fehlschlüsse zu ma­chen. Die Züchtung und Acclimatisation der Hausthiere, ihre Fütte-rungs- und Gebrauchsweise, die ökonomischen, selbst die commer-ciellen Verhältnisse modificiren den Einfluss des Klima zu sehr, um aus der Keuntniss des letzteren allein mit Zuverlässigkeit einen Rück-schluss machen zu können (Viehhandel, Eisenbahnen, Brennereien und Zuckersiedereieu). ungewohnte klimatische Einflüsse haben meist Darmkarnrrlie und Euliren und die sogenannten Acclimati-sationsliober zur Folge, welche in der Regel gastrisch-biliöser Natur sind, auch Wechselfieber, Typhoide und Typhen, selten Entzün-dungskrankheiteu (I uflueiiza).
Köhue, allg, Veterjn, Path.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; g
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Allgemeine Aetiologie oder Lehre von den Krankheits-Ursachen.
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4. Din eigentlichen diätetischen Verhältnisse.
sect;. 125. A. Die Nahrungsmittel. Nahrungsmittel ist alles das, was in den Nahrungsschlauch gebracht, durch dessen Thätig-keit so umgewandelt werden kann, dass es zum Theil vom Orga­nismus assimilirt wird. Nährstoffe nennt man dagegen die assimi­lationsfähigen Bestandtheile der Nahrungsmittel. Die chemischen Elemente der Nährstoffe müssen im Allgemeinen dieselben sein, wie die der Körperelemente, da jene den Verlust der letzteren ersetzen sollen und der Organismus aussei- Stande ist, sowohl die organischen Nährstoffe aus ihren Elementen zusammenzusetzen, als die durch Verbrennung unbrauchbar gewordenen wieder zu desoxydiren. Zu den nährfähigen Elementen gehören: Stickstoff, Wasserstoff, Kohlen­stoff, Sauerstoff, Kalk, Phosphor, Schwefel, Eisen, Natrium, Ka­lium, Chlor, Kiesel und Magnesia. Die meisten seiner nähereu Bestandtheile, wie Eiweiss- (Protein-) Stoffe, Fette, Zucker, Hä-matokrystallin etc., vermag der Organismus nicht aus den Elemen­ten zu bilden, sondern jene Stoffe müssen ihm in organischer Form aus dem Pflanzen- oder Thierreiche unmittelbar zugeführt werden. Fette und Zucker kann der Organismus indess auch aus com-plexen Verbindungen durch Spaltung selbst bilden, nie aber aus den Elementen zusammensetzen.
sect;. 126. Zweck der Nahrung ist der Ersatz der Verluste (Ausgaben), welche durch die permanente Ausscheidung anorgani­scher und oxydirler organischer Bestandtheile bedingt sind. Als Ausgaben des Organismus bezeichnet man diejenigen Stoffe, welche, nachdem sie einen Theil desselben gebildet uud vermittelst ihrer höheren Oxydation zu irgend einer Function gedient haben, als verbrannt und unbrauchbar entfernt werden. Hierher gehören die Excrete der Lungen, Haut und Nieren; die des Darmes nur in so fern, als sie aus den Drüsen des Magens und Darmkanals, aus der Leber, den Speicheldrüsen etc. hervorgegangen sind. Die nicht assimilirt gewesenen Reste der Nahrungsmittel, welche den Haupt-theil des Kothes bilden, sind also nicht zu den Ausgaben, des Or­ganismus zu rechnen, weil sie niemals einen organischen Antheil desselben gebildet, sondern nur einfach den Nahrungsschlauch pas-sirt haben. Milch und die zur Ernährung eines Fötus verwende­ten Stoffe sind dagegen nicht verbrannte Ausgaben, welche noch zu Leistungen des Organismus hätten dienen können, aber einem
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anderen zu Gute kommen, Einnahmen sind demgemäss auch nur diejenigen Nährstoffe, welche von dem Organismus wirklich assi-milirt werden.
Schädlichkeiten knüpfen sich an die Nahrung:
a)nbsp; dadurch, dass zu wenig,
b)nbsp; dadurch, dass zu viel Nahrung zugeführt wird, und
c)nbsp; durch die Form,
d)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;- - Qualität und
e)nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;- - Temperatur der Nahrungsmittel.
sect;. 127. ad. a. Bei Zufuhr einer zu geringen Quanti­tät von Nahrungsmitteln muss auf die Dauer ein Zeitpunkt eintreten, von welchem an das Körpergewicht stetig abnimmt; denn nur in der ersten Zeit und bei verminderter Leistung kann das Körpergewicht noch erhalten werden. Später greifen die zu den organischen Körperverrichtungen nothwendigen Verbrennungspro­zesse die Substanz des Körpers selbst an, wenn die zugeführten Nährstoffe (Einnahmen) dazu nicht ausreichen. Mit absoluter Nahrungs-Entziehung (Hunger) muss natürlich sofort die Vermin­derung des Körpergewichts beginnen und je nach dem Zustande des Thieres vor dem Anfange des Hungerns muss auch ein Zeit­punkt eintreten, von welchem an eine Verminderung der Ausga­ben stattfindet, welche bis zum (Hunger-) Tode fortdauert. Der Stoffwechsel hungernder Thiere beschränkt sich auf Verbrennung-eigener Körperbestandtheile durch den fortwährend eingeathmeten Sauerstoff und auf die Ausscheidung der Oxydations - Producte, sowie der unverbrennlichen anorganischen Körperbestandtheile (Wasser, Salze). Dass der Organismus Stickstoff aus der atmo­sphärischen Luft aufnehmen und durch Verbindung desselben mit den eigenen Fetten Eiweissstoffe produciren könne, ist sehr un­wahrscheinlich. Für den Gesammt-Organismus findet ein Ersatz der Ausgaben nicht Statt, wahrscheinlich aber wohl für einzelne Körpertheile, indem durch Vermittelung der Circulation Theile, wel­che spannkraftreiche, d. h. niedrig oxydirte Materien, in Ueberfluss besitzen, dieselben an andere Theile übergeben, welche Mangel daran leiden, so dass sich ein Körpertheil auf Kosten des anderen er­nährt (Muskeln, Gehirn).
Durch Erfahrung und Versuche haben sich folgende Resultate der quantitativ unzureichenden Ernährung herausgestellt:
a) Die Abnahme aller, selbst der unfreiwilligen, zu den noth-
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84 Allgemeine Aetiologie und Lehre von den Krankheits-Ürsachen.
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wendigen physiologischen Functionen erforderlichen Leistungen, welche mit der Abnahme der Ausgaben, d. h. mit der Vermin­derung der Aufnahme und des Verbrauches von Sauerstoff im graden Verhältnisse steht, giebt sich durch Sinken der Temperatur sowie der Puls- und Athemfrequenz und Peristaltik und durch Abnahme der Leistungsfähigkeit (Mattigkeit) zu erkennen.
p) Die Abnahme der Ausgaben trifft nicht alleBestand-theile derselben gieichmässig. Die bedeutendste Veränderung er­fährt die Zusammensetzung der Ausgaben bei hungernden Pflan-zenfressern, weil sie vom Augenblicke der Nahrungsentziehung an von ihrem eigenen Körpermaterial, d. i. wie Fleischfresser, leben. Der Harnstoffgehalt der Ausgaben nimmt daher im Anfange des Hungerns bei Pflanzenfressern zu, bei fortdauerndem Hungern aber, wie bei den Fleischfressern, später wieder ab, ein Beweis^ dass die Verminderung der Oxydationsprozesse im Organismus auch die der stickstoffhaltigen Bestandtheile, der Eiweisskörper, betrifft.
•y) Der Hungertod tritt ein, nachdem das Thier einen ge­wissen Bruchtheil seines Körpermaterials aufgezehrt hat. Zeit und Verlustgrösse richten sich nach dem Zustande des Thieres beim Beginn des Hungerns. Gemästete Thiere brauchen eine gewisse Zeit, bis ihr Körpergewicht bis auf das eines nur zureichend ernähr­ten Thieres gesunken ist. Diese Zeit hat jenes also vor dem letz­teren voraus und dann beginnt erst die Abnahme der Leistungen und Ausgaben, also das eigentliche Hungern. So sterben junge magere Tauben schon nach Verlust eines Viertels ihres Körper­gewichtes, nach drei Tagen; ältere fette dagegen erst, nachdem sie fast die Hälfte ihres Körpergewichtes verloren haben, nach 10—13 Tagen.
6) Der Gewichts verlust einzelner Körpertheile zeigt sich im Kadaver verhungerter Thiere sehr verschieden. Am mei­sten geschwunden ist das Fett (90—93 p. c), d. h. es ist fast nur das Fett- und Bindegewebe zurückgeblieben. Beinahe ebenso viel verliert das Blut, etwas weniger haben die Baucheingeweide (Leber, Magen und Darm), noch weniger die Muskeln und am wenigsten, nämlich fast nichts, hat das Gehirn an seinem Gewichte eingebüsst; das Rückenmark etwas mehr, als das Gehirn, und unter den Muskeln das Herz am wenigsten. Hieraus geht hervor, dass die mehr verbrauchenden, weil in- und extensiver fungirenden
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Organe auf Kosten der ruhenden ernährt werden. Nicht nur das bis zu Ende des Lebens in Thätigkeit verbliebene Gehirn, sondern auch die in Function gebliebenen (z. B. Athmungs-) Muskeln wer­den auf Kosten der unthätigen ernährt, d. h. es ist nicht anzu­nehmen, dass jene durch ihre Thätigkeit vor dem Verbrauch mehr geschützt seien, was den Grundsätzen der Physiologie widerspre­chen würde, sondern es müssen ihnen durch Vermittelung des Blutes oder auf einem anderen Wege Nährstoffe zugeführt werden, welche aus anderen Körpertheilen entnommen sind.
Da das Fett und die ruhenden willkührlichen Muskeln bei verhungerten Thieren den grössten Substanzverlust nachweisen, so kann man wohl sagen, dass ein hungerndes Thier vorzugsweise von seinem eigenen Fleische lebt, obschon auch andere Weich-theile (Leber etc.) durch Hergabe ihrer Substanz zur Unterhaltung der zum Leben notwendigen Functionen beitragen.
sect;. 128. Die nur unvollständige Verabreichung oder theilweise Entziehung einer qualitativ normalen Nahrung, wobei diese die sämmtlichen Bestandtheile einer vollständigen Nahrung (Eiweiss-stoffe, Kohlenhydrate oder Fette, Salze und Wasser), aber in un­genügender Menge, enthält, führt zu Vorgängen und Erscheinungen, die denen des absoluten Hungerns vollständig gleich sind, nur lau­fen sie nach dem Verhältniss des Mangels weniger schnell ab.
Die quantitativ ungenügende Nahrung kann indess, wenn das Körpergewicht bis auf einen gewissen Punkt reducirt ist und wenn sie zum Ersätze der für die organischen Leistungen (Athmen und unwillkührliche Bewegungen) und zur Erhaltimg der Körpertem­peratur notwendigen Ausgaben genügt, zur Erhaltung des Lebens in diesem reducirten Zustande ausreichen (Erhaltungsfutter), vorausgesetzt, dass andere Leistungen (Arbeitete.) nicht verlangt werden. Solche mangelhaft ernährten Thiere sind natürlich anä­misch und schwach (marastisch), besitzen fast gar kein Resistenz-Vermögen gegen feindliche äussere Einflüsse und erliegen ihren Folgen schnell; bei Abhaltung derselben kann das Leben aber lange fortdauern (Beharrungsfutter).
sect;. 129. Die Nahrung kann auch qualitativ unzureichend sein, d. h. entweder nicht alle Bestandtheile einer vollständigen Nahrung oder einzelne derselben in nicht hinreichender Quantität enthalten; sie führt bei den meisten Combinationen schliesslich ebensowohl zum Tode oder zum Marasmus, wie das absolute und
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relative Hungern, doch weniger schnell und unter geringerer Ab­nahme des Körpergewichts. Bei der Entziehung allen Wassers nehmen die Thiere auch bald nichts Festes, und bei der Entzie­hung der festen Nahrungsmittel auch bald kein Wasser mehr zu sich, so dass die gänzliche Entziehung des einen von beiden dem Gesammthungern fast gleich kommt.
Auch bei den Combinationen, bei welchen einzelne Nährstoffe in den Nahrungsmitteln ganz fehlen, oder quantitativ vermindert sind, sinkt das Assimilationsmaximum der anderen, so dass der relative Ueberschuss der letzteren nicht mehr assimilirt wird, z. B. Eiweisskörper ohne Kohlenhydrate werden ebenso wenig verdaut, wie Fette ohne Eiweisskörper, oder es treten Krankheitserschei­nungen ein (Diarrhöe bei Fütterung von Wasser und Zucker), welche die Assimilation verhindern.
Fehlt den Nahrungsmitteln indess nur einer der Hauptnähr­stoffe, so ist der Gesammtverlust des Körpers beim Verhungern bedeutend geringer, als bei vollständiger Nahruugsentziehung, denn die Eiweissstoffe einerseits und die Fette und Kohlenhydrate an­dererseits können sich doch bis zu einem gewissen Grade gegen­seitig ersetzen. Bei fehlenden Eiweissstoffen, also bei aus Fett, Kohlenhydraten, Wasser und Salzen bestehender Nahrung, wird unter geringerer Abnahme des Körpergewichtes die Harnstoffaus­scheidung bedeutend vermindert, mithin die Oxydation der stick­stoffhaltigen Bestandtheile des Körpers herabgesetzt; bei Entzie­hung der Fette und Kohlenhydrate, also bei einer lediglich aus Ei-' weissstoffen, Salzen und Wasser bestehenden Nahrung, tritt dagegen eine vermehrte Ausscheidung von Harnstoff ein, so dass zur Er­haltung des Lebens, d. h. zu den notwendigen organischen Lei­stungen, bedeutend mehr Eiweissstoffe aufgenommen und verbrannt werden müssen, als wenn diese mit Fetten oder Kohlenhydraten zugleich verabreicht worden wären. Bei Entziehung des Fettes, aber hinreichender Verabreichung von Kohlenhydraten, und umge­kehrt, tritt dagegen eine erhebliche Veränderung des Stoffwechsels oder eine Abnahme des Körpergewichtes nicht ein, woraus zu schliessen ist, dass diese beiden Stoffe sich gegenseitig fast voll­ständig ersetzen können.
sect;. 130. Die absolute Grosse der Minimalausgaben, wel­che in Folge der mit den zum Leben nothwendigen physiologi­schen Leistungen verbundenen Verbrennungsprozesse gebildet
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werden und die zu ihrem Ersätze nöthige Minimalnahrtmg ist aus den angegebenen Gründen nicht genau festzustellen, doch ergeben sich in dieser Beziehung folgende allgemeine Sätze:
a. Die Ausgabe oder das Xahrungsminimum ist relativ, d. h. im Verhältniss zum Körpergewichte, um so grosser, je kleiner das Thier ist. So setzt z. B. ein Kilogramm Taube weit mebr Körper­material um, als ein Kilogramm Hund und dieses wieder mehr, als ein Kilogramm Pferd. Dieses Verhältniss erklärt sich durch die grössere Lebhaftigkeit der Lebensprozesse in den kleineren Organismen warmblütiger Thiere, welche u. A. zur Production einer weit grösseren Menge von Wärme erforderlich ist, denn die kleineren Organismen strahlen wegen ihrer verhältnissmässig grös­seren Oberfläche viel mehr Wärme aus, als grössere Thiere.
(3. Das Gesammtnahrungs-Minimum ist bei einer gewissen Mischung der Nahrung, und zwar bei einem Verhältniss der Ei-weissstoife zu den Kohlenhydraten oder Fetten, wie 1:5, am niedrigsten: deswegen bezeichnet man diese Mischung auch als die vollständige Nahrung, vorausgesetzt dass Salze und Wasser dem Bediirfniss entsprechend darin vertreten sind.
y. Das günstigste Verhältniss dieser vier Faktoren (Eiweiss-körper, Kohlenhydrate, Salze und Wasser), d. h. dasjenige Ver­hältniss, bei welchem die geringsten Quantitäten zur Erhaltung des Körpergewichtes hinreichen, ist nach der Thiergattung, dem Alter, der Gebrauchs- und Lebensweise, nach dem Temperament, der Verdauung, kurz nach der Gattung, Individualität und dem Klima erheblich verschieden.
6. Bis zu einem gewissen Punkte kann durch eine Vermeh­rung der Fett- oder Kohlenhydrat-Nahrung die nöthige Eiweissnah-rung herabgesetzt werden, weil jene leichter oxydirbaren Stoffe die Einwirkung des Sauerstoffes von den Eiwreisskörpern abziehen.
s. Das Gesammtnahrungs-Miuimum (Erhaltungsfutter) ist um so grosser, je mehr der Organismus durch überschüssige Nahrung bereits genährt ist: daher ist die Ueberschreitung eines gewissen Grades der Mast nicht mehr rentabel.
sect;. 131. Die Folgen der qualitativ unzureichenden Nahrung sind im Ganzen nicht genau bekannt. Meistens macht sich, wie bereits erwähnt, nur eine quantitativ verminderte allgemeine Ernährung geltend, wenn der eine oder der andere der Nährstoife
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anclauernd fehlt. Es ist zwar bekannt, dass bei der Bleichsucht (Hydraemie, Chlorosis) Mangel an Eisen im Blute besteht, es ist aber nicht zu erweisen, dass Mangel an Zufahr von Eisen die Ursache der Krankheit ist. Bei der verzögerten Verknöche­rung des Knochengewebes (Rhachitis) und bei der Knochener­weichung (Osteomalacia) ist die Quantität der Kalksalze in den Knochen im Ganzen vermindert und das Knorpelgewebe überwie­gend, weil dieses nicht verknöchert. Aus demselben Grunde verknö­chern die äussersten Schichten, d. h. das subperiostale Bindegewebe, durch dessen Verknöcherung das Dickenwachsthum bedingt wird, ebenfalls weniger. Die Umwandlung der innersten Knochonzellen in Markzellen schreitet nach aussen fort, so dass die Wand der Röhrenknochen immer dünner wird und schliesslieh durch die Last der eigenen Körperschwere sich biegt und einknickt (Infraction). Aber dieser Mangel an Kalksalzen in den Knochen rührt nicht erwiesenermaassen von einem Mangel an Zufuhr solcher Salze her. Ebenso besteht beim Skorbut Mangel an Kali im Blute, aber es ist nicht erwiesen, dass eine mangelhafte Zufuhr von Kali die Ursache des Skorbutes sei. Wenn diese Verhältnisse so einfach lägen, dann müssten die genannten Krankheiten durch künstliche Zufuhr der manquirenden Stoffe leicht zu heilen und durch ab­sichtliche Entziehung derselben künstlich zu erzeugen sein, was aber Beides nicht der Fall ist. Worin der Mangel der genannten Stoffe im Organismus eigentlich beruht, das weiss man eben noch nicht, und es ist nur zu vermuthen, dass eine mangelhafte oder fehlerhafte Thätigkeit der diese fehlenden Stoffe umwandelnden und assimilirenden Gewebe oder Organe die Schuld davon trägt.
sect;. 132. ad b. Zu viel Nahrung wird fast immer aufge­nommen. Die Aufnahme aller oder mehrerer Nährstoffe pflegt gros­ser zu sein, als zur Deckung der Minimal-Ausgaben, d. h. zur Er­haltung des Körpergewichts erforderlich ist. Die Quantität der Nahrung wird den Thieren in der Regel ohne nähere Kenntniss des Bedürfnisses zugemessen. Der Appetit, Hunger und Durst, bieten für das erforderliche Maass nur einen unsicheren Anhalt, noch mehr hinsichts des qualitativen Ersatzes.
Als Folgen der übermässigen (Luxus-) Aufnahme sind folgende hervorzuheben:
a. Die Ausgaben bleiben dieselben und das Körpergewicht nimmt zu. In diesem Falle werden dem Organismus neue Spann-
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kräfte (Verbrennungs-Material) einverleibt und in ihm aufgespei­chert (Mästung).
b.nbsp; nbsp; Der grösste Theil der überschüssig aufgenommenen Nah­rung wird nicht verdaut, sondern unverändert wieder aasgeschie­den; dieses geschieht besonders bei sehr grossen üeberschüssen. Das Resorptions-Maximum wird, was die leicht resorbirbaren Nähr­stoffe betrifft, am leichtesten bei den Salzen, demnächst bei den Eiweisskörpern, dann bei den Fetten, am schwersten beim Wasser überschritten. Die im Allgemeinen sehr leicht erfolgende Resorp­tion der leicht löslichen Salze wird schon dadurch beschrankt, dass grössere Massen durch ihr Wasserattractions- und Reizungs-Vermögen den Darminhalt flüssig machen (abführend wirken) und somit eher entfernt werden, bevor sie resorbirt werden konnten.
c.nbsp; nbsp; Die überschüssig aufgenommenen Nährstoffe werden zwar resorbirt, aber ohne Weiteres, d. h. ohne assimilirt worden zu sein, wieder ausgeschieden. Dies kommt nur bei Wasser und Salzen vor, deren resorbirter Ueberschuss durch die Excretions-organe sofort wieder beseitigt wird, bis der Körper sein gehöriges Maass davon hat. ünoxydirte, d. h. nicht verbrannte organische Stoffe (Eiweiss, Fett), finden sich unter normalen Verhältnissen in keinem Excret, mit Ausnahme des Samens, der Milch und der Eier (Harnstoff, Schleim, Hornsubstanz etc.).
d.nbsp; nbsp; Der überschüssigen Aufnahme folgt eine Vermehrung des Umsatzes, d. h. der Oxydationsprozesse und Leistungen, so dass die Ausgaben sich entsprechend vermehren und das Körpergewicht unverändert bleibt.
e.nbsp; nbsp; Es ist auch denkbar, dass ohne erheblich vermehrte Lei­stung und Oxydation das Körpergewicht durch Vermehrung der Ausgaben sich annähernd erhalten kann. Aus den überschüssig aufgenommenen Nährstoffen könnten nämlich durch Spaltung sehr spannkraftreiche und sehr spannkraftarme Producte gebildet wer­den, von denen die ersteren im Körper zurückbleiben imd die letzteren ausgeschieden werden. Auf diese Weise würden die Spannkräfte des Aufgenommenen gleichsam auf eine geringere Masse organischer Stoffe concentrirt, so dass zwar die Summe der Spannkräfte des Organismus erheblich, sein Gewicht aber nur wenig zunähme. Ob dieses vorkommt, ist aber noch nicht erwiesen.
sect;. 133. Schliesst man die Fälle aus, bei denen die Auf-
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nähme der Nährstoffe das Resorptions- und Assimilations-Maximum überschreitet, ferner diejenigen, bei denen das üeberschüssige zur Deckung gesteigerten Verbrauches durch vermehrte Leistung und Verbrennung (mechanische Arbeit) verwendet wird (Arbeits-Con-sumtion), lässt man ferner ausser Betracht die überschüssig auf­genommenen anorganischen Substanzen (Salze und Wasser), deren Ueberschusses sich der Körper durch sofortige Excretion entledigt, so bleiben nur noch drei Möglichkeiten übrig und zwar:
a) die überschüssigen Nährstoffe werden einfach im Organis­mus zurückgehalten, oder (3) sie werden schnell oxydirt und wieder ausgeschieden, oder y) sie werden gespalten und ein Theil wird oxydirt und ausgeschieden, während der andere spannkraftreichere Theil zurückbehalten wird.
Im ersteren Falle würde das Körpergewicht zunehmen, die Ausgaben aber würden constant bleiben; im zweiten Falle müssten die Ausgaben zunehmen, während das Körpergewicht unverändert bleibt; im dritten Falle würden sowohl das Körpergewicht wie die Ausgaben zunehmen. Die Erfahrung lehrt, dass die beiden ersten Fälle in der Regel nicht stattfinden, sondern dass bei Luxusaufnahmen nicht nur das Körpergewicht, sondern auch die Ausgaben zunehmen und dass letztere ohne vermehrte Leistung und Wärmeproduction nie den Ueberschuss ganz ausscheiden, sondern ein Theil zur Vermehrung des Körpergewichts verwendet wird. Diese bezieht sich am meisten auf das Fett; der Körper wird gemästet, gleich ob die stickstoffhaltigen oder stickstofflosen Bestandtheile der Nahrungsmittel vermehrt sind. Bei reichlicherer Zufuhr der ersteren wird gleichzeitig die Harnstoffausscheidung gesteigert, während sie bei gesteigerter Zufahr der letzteren sinkt. Diese Thatsachen lassen sich durch folgende Annahmen erklären:
1) Die überschüssig aufgenommenen stickstofflosen Nährstoffe (Kohlenhydrate, Fette), welche leichter oxydirbar sind, als die stick­stoffhaltigen, nehmen einerseits einen Theil des im Körper vor-räthigen Sauerstoffes in Beschlag und verhindern dadurch die Oxy­dation der anderen, schwerer oxydirbaren, stickstoffhaltigen Be­standtheile, wodurch sämmtliche Organe in einen besseren Ernäh­rungszustand versetzt werden; andererseits werden aber auch mehr stickstofflose Stoffe (Fett) im Körper angehäuft, da die oxydi-renden Einflüsse sich auf eine grössere Masse leicht oxydirbaren Materials vertheilen. Es tritt also besonders eine Vermehrung des
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Fettes im Körper ein: doch bleibt es linentschieden, ob dieses Fett nur durch die Luxasautuahme von Kohlenhydraten oder Fetten gebildet resp. vor der Oxydation bewahrt worden, oder ob es zum Theile durch Spaltung von eiweissartigen Substanzen ent­standen ist. Die Richtigkeit des Satzes: „Fett giebt Fett und Fleisch giebt Fleischquot; ist also nicht zu erweisen.
2)nbsp; Die überschüssig aufgenommenen stickstoffhaltigen Nähr­stoffe (Albuminate, Albuminoidc) werden im Organismus an ge­wissen, noch nicht sicher bekannten Stellen (Leber, Muskeln?) gespalten in stickstofflose (Fette, Glycogen und Zucker) und stick­stoffhaltige Atomen-Complexe, welche als sehr spannkraftreiche Bestandtheile im Körper zurückbleiben und schliesslich als Harn­stoff, Harnsäure oder Hippursäure ausgeschieden werden.
3)nbsp; Da auch die Spaltung der stickstoffhaltigen ßestandtheiie mit einer Oxydation verbunden ist, so wird sie durch Einflüsse, welche den Sauerstoffvorrath des Organismus anderweitig in Be­schlag nehmen, beeinträchtigt; daher wird eine gleichzeitig ver­mehrte Aufnahme vou stickstoffhaltigen und stickstofflosen Nähr­stoffen a) die Anhäufung stickstoffloser Producte, seien sie aus der Spaltung der stickstoffhaltigen oder direct aus den stickstoff­losen Nährstoffen hervorgegangen, begünstigen, also den Körper fett machen, und b) die Spaltung der stickstoffhaltigen Bestand­theile der Nahrung beeinträchtigen, so dass diese sich ungespalten als Leim (Gluten) gebendes Gewebe (Muskelsubstanz etc.) im Körper anhäufen und somit trotz der gesteigerten Zufuhr stick­stoffhaltiger Nährstoffe die Harnstoffausscheidung nicht zunimmt oder gar sich vermindert. Daher ist die Mästung durch gleich­zeitige Verabreichung von Kohlenhydraten und Fetten die vor-theilhafteste.
Die überschüssige Aufnahme von Nährstoffen ist bei Menschen und Thieren die Regel, weil das Gewicht und die Dimensionen des Körpers nicht nur während des Wachsthums, sondern auch später, mindestens bis zum mittleren Lebensalter, fast immer zunehmen und zur Samen- oder Milch - Bereitung Ausgaben von nicht oxy-dirtem Material stattfinden.
sect;. 13t. Die Störungen, welche durch zu grosse Quanti­täten der Nahrungsmittel verursacht werden, hängen zum Theil davon ab, ob die Quantität plötzlich oder allmälig einwirkt. Ausser der Belastung der Verdauungs-Organe durch Volumen und Gewicht,
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welche auf mechanische Weise die Weiterbeförderung der Nahrungs­mittel erschwert resp. hemmt (Verstopfang) und dadurch die che­mische Umsetzung (Gährung) der letzteren bedingt, kommt be­sonders die verhältnissmässig ungenügende Vermengung und Be­rührung derselben mit den Verdauungssäften (Pepsin-Chlorwasser­stoff) in Betracht, wodurch die Gährung noch begünstigt wird, da der Magensaft der Gährung entgegenwirkt.
Im Wanste der Wiederkäuer, welcher kein Pepsin - Chlor­wasserstoff absondert, sollen die Futterstoffe durch den von der Schleimhaut abgesonderten alkalischen Schleim nicht nur aufge­weicht und schlüpfrig gemacht, sondern auch vor der sauren Gäh­rung bewahrt werden. Diese tritt aber dann ein, wenn die Quan­tität des Schleims zur Neutralisation der sich bildenden sauren Zersetzungs - Producte nicht genügt. Diese Producte wirken aber wieder als Gährungserreger, so dass die chemische Zersetzung in der Wärme und in Gegenwart der Feuchtigkeit schnell überhand nimmt.
Die nächste Folge der sauren Gährung der Nahrungsmittel ist Bildung von Essig- und anderen Säuren und Entwickelung von Gasen. Die ersteren wirken reizend auf die Schleimhaut des Magens und Darmkanals, besonders an den Stellen, an welchen die Contenta langsamer fortbewegt werden oder längere Zeit liegen bleiben (Blinddarm, Grimmdarm), und durch diese Reizung wird ein Magen- und Darm-Katarrh mit oder ohne Verstopfung oder mit Durchfall hervorgerufen (cf. Abnormitäten der Absonderung des Magen- und Darmsaftes und der Schleimhäute, Katarrhe. sect;. 340. 352. 518 et sq.). Ob und welche von den erwähnten Ab­weichungen in der Absonderung der Schleimhaut des Verdaun-'rs-Kanals eintritt, hängt grösstentheils davon ab, ob die chemische Zersetzung schon im Magen oder erst im Darmkanal beginnt und wie weit der Darmkatarrh sich erstreckt.
Wenn die mit den chemischen Zersetzungen der Nahrungsmit­tel in der Eegel verbundene Gasentwickelung (Flatulentia, Me­teorismus, Tympanitis) nicht schnell durch Blutvergiftung in Folge der Resorption (oder durch Expansionsdruck mechanisch in die Blutbahn eindringend?) des Schwefelwasserstoff-, Kohlenwasser­stoff- und Kohlensäure-Gases oder durch Druck auf das Zwerch­fell und Compression der grossen Abdominal-Gefässe suffokatorisch zum Tode führt, so pflegt durch die Reizung, welche die durch
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jene Zersetzung gleichzeitig gebildeten (Essig-, Milch-, Batter- etc.) Säuren auf die Schleimhaut des Magens und Darmkanals aus­üben, zunächst ein Magen-Katarrh einzutreten, welcher indess in Folge der im Verhältniss zum Volumen des Inhalts zu geringen Oberfläche der Schleimhaut des Magens nicht mit einer so erheb­lichen serösen Transsudation verbunden ist, dass der Inhalt des Magens dadurch verflüssigt werden könnte. Diese Verflüssigung der Contenta tritt erst nach Fortpflanzung des Flächenkatarrhs auf die Schleimhaut des Dünndarms ein, welche vermöge ihrer zahlreichen gefässreichen Zotten zu massenhaften serösen Trans-sndationen fähig ist. Diese Ausbreitung des Katarrhs auf die Schleimhaut des Dünndarms geschieht zum Theil durch Fort­kriechen des krankhaften Vorganges im Schleimhautgewebe (per continuitatem), zum grössten Theil aber auch dadurch, dass die Zersetzungs-Froducte der Gährung mit der Fortsetzung der Schleim­haut in Berührung kommen und dieselbe reizen, und endlich noch dadurch, dass durch die gesteigerte Action der gleichfalls gereizten Muscularis die Peristaltik des Magens und Darmkanals ebenfalls vermehrt und in Folge dessen der Inhalt schnell durch den ganzen Darmkanal befördert wird und Durchfall eintritt (Natur- und Kunstheilung der Darmkatarrhe).
Ist aber durch die Luxus-Aufnahme der Magen- und Dünn­darm-Katarrh nicht eingetreten und sind die Contenta unzersetzt in den Dickdarm gelangt, so kann erst hier der Darmkatarrh und zwar um so intensiver eintreten, als die Contenta schon im nor­malen Zustande hier länger verweilen und in Folge dessen, durch den längeren Einfluss der quot;Wärme und Feuchtigkeit dazu vorbe­reitet, einer rapiden chemischen Zersetzung anheimfallen. In Folge des ßeichthums des Dickdarms an Lymphgefässen und Venen überwiegt hier aber oft die Resorption die Transsudation der Schleimhaut und ihrer (Lieberkühn'schen und Schleim-) Drüsen, und da die Muskelhaut in Folge der entzündlichen Keizung in einen lähmungsartigen Zustand versetzt wird, tritt hier eine An­häufung und Eindickung der Contenta, Verstopfung, ein. Die Lähmung der Muscularis ist Folge davon, dass durch die lange Berührung der Contenta mit der inneren Darmwand nicht, wie beim Dünndarm, nur ein seröser Flächenkatarrh, sondern ein tief greifender follicnlärer Katarrh eintritt und dass die Reizung sich auf diese Weise leicht in einem solchen Grade auf die Muscularis
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fortpflanzt, dass nicht nur keine vermehrte Peristaltik, sondern eine trübe Schwellung (Entzündung) der Muskelelemente und des sie umgebenden Bindegewebes und Wucherung des letzteren, wel­che immer eine Störung der Function bedingt, die Folge davon ist. Die Entzündung lähmt schon an und für sich jede Muskel-thätigkeit, und die Lähmung wird durch den Druck von Seiten des wuchernden Bindegewebes noch gesteigert; sie ist mithin zum Theil Folge, zum Theil Ursache der Anhäufung der Contenta, und hierin beruht eben das Gefährliche der Dickdarm-Katarrhe, da sie, einmal im Gange, fortwährend gesteigert werden müssen (Darm­entzündung). Derartige Lähmungen des Dünndarms sind des­wegen bei Weitem seltener, weil die beträchtliche seröse Trans-sudation, sowie die gesteigerte peristaltische Bewegung in Verbin­dung mit dem verhältnissmässig geringeren Lumen die Fortschaf-fung der Contenta so sehr erleichtern, dass diese nur wenig und nicht lange mit der Schleimhaut in Berührung treten. Der Dünn­darm-Katarrh ist deswegen auch das einzige Mittel zur Beseitigung der im Dickdarm angehäuften Contenta (Natur- und Kunstheilang). Wiederholen sich aber die Ursachen des Magen- und Darm-Katarrhs schnell und häufig (z. B. durch fortgesetzte Ueberfütterung), so kann auch schliesslich eine Lähmung der Muscularis des Dünn­darmes eintreten, die ebenso gefährlich ist, wie die des Dick­darmes, denn der chronische Magen- und Darmkatarrh führt zu­letzt zu einer Hypertrophie des Bindegewebes der Schleimhaut und der Muskelhaut und zur Atrophie der Drüsen und der Muskel­elemente des Magens und Darmkanals, wodurch wiederum eine Diathese zu Magen- und Darm-Katarrhen gesetzt wird, die denn auch ohne Luxusaufnahme eintreten.
sect;. 136. ad c. Die Form der Nahrungsmittel. Im gewöhnlichen Leben wird selten ein einzelner Nährstoff für sich an die Thiere verabreicht, sondern in der Regel nur thie-rische oder pflanzliche Gewebe oder Theile, in denen alle Nähr­stoffe mehr oder weniger vertreten sind. Diese bezeichnet man als Nahrungsmittel oder Futterstoffe. Auch die Futterstoffe werden meistens noch absichtlich mit einander vermengt und theils zur Erleichterung der Verdauung, theils zur Erhöhung des Wohlge­schmacks auf verschiedene Weise zubereitet. Solche zubereiteten Gemenge nennt man Futter (für den Menschen Speisen). Die mehr
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oder weniger künstlichen Zubereitungen haben besonders den Zweck, durch absichtliche Vorwegnahme einiger der zur Verdauung erforder­lichen Verrichtungen dieser Vorschub zu leisten, z. B. durch Lösen des Löslichen, durch Löslichmachen des Schwerlöslichen oder Un­löslichen, durch Auflockern des Compacten, durch Zersprengen un­verdaulicher Eüllen etc. Zuweilen giebt man dem Futter noch einen Zusatz von Gewürzen, besonders Kochsalz, um die Abson­derung der Verdauungssäfte anzuregen.
Erbsen und Roggen quillt man z. B. vor der Fütterung in Wasser auf, weil die Zeit ihres Aufenthalts im Magen zum Auf­weichen derselben nicht genügt und weil die Magensäfte nicht hin­reichen, ihre Erweichung und Verdauung zu bewirken. Besser wäre es jedenfalls, alle getrockneten Früchte und Halme zerklei­nert (geschroten oder als Häckerling' zu verabreichen (auch den Hafer); sie müssten aber dann tüchtig mit nicht zu kurzem Stroh­häcksel vermengt werden, um zum gründlichen Kauen und zur gehörigen Einspeicheluug zu veranlassen, damit das A my 1 um (CiiHioO^) durch eine gehörige fermentative Einwirkung des stickstoffhaltigen Speichelstoffs (Ptyalin) vollständig in das leicht lösliche Dextrin (von derselben Zusammensetzung) und Zucker (C^H^O^) umgewandelt werde. Zu kurzes Häcksel erfüllt die­sen Zweck nicht, weil es grösstentheils unzerkaut verschlackt wird, zumal wenn das Futter angefeuchtet und mit Weizenkleien vermengt ist. Das unzerkaute Häcksel giebt aber vermöge seiner Belastung und mechanischen Reizung leicht zu Magen- und Darm­katarrhen, Verstopfung und Durchfall Veranlassung. Schweinen und Hunden pflegt man meistens gekochtes Futter zu verabreichen.
Schädlichkeiten sind in der Form der Nahrungsmittel sel­ten begründet (cf. Beimengungen).
sect;. 136. ad d. Qualität der Nahrungsmittel. Die Nährstoffe zerfallen, wie schon erwähnt, in zwei natürliche Gruppen, welche nothwendig in jeder vollständigen Nahrung ver­treten sein müssen, und zwar die anorganischen und die orga­nischen. Die erstere Gruppe dient zum Ersätze unoxydirbarer Körperbestandtheile und besteht aus Wasser und Salzen; die zweite liefert Ersatz für die verausgabten verbrannten (oxydlrten) Körperbestandtheile und besteht aus oxydirbaren Stoffen der orga­nischen Natur (Thier- oder Pflanzenreich). Man sagt zwar, dass
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96nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine Aetiologie oder Lehre von den Krankheits-Ürsachen.
alle organischen Stoffe mittelbar oder unmittelbar aus dem Pflanzen­reiche stammen, weil auch die thierischen Stoffe aus dem Pflanzen­reiche hervorgegangen seien, aber ebensowohl gehen die pflanzlichen Organismen wieder aus zerfallenen thierischen Stoffen hervor, so dass zwischen diesen beiden Naturreichen ein ewiger Stoffwechsel besteht; aber auch innerhalb derselben findet ein Stoffwechsel zwi­schen verschiedenen Organismen Statt. Ebenso wie es Fleisch­fresser unter den Thieren giebt, ebenso wachsen und gedeihen die Pflanzen durch zerfallene pflanzliche Stoffe. Nur darin beruht ein Unterschied, dass Fleischfresser und Omnivoren (z. B. der Mensch) nur Fleisch von Pflanzenfressern, höchstens von Insecten-Vertilgern, zu verzehren pflegen und dass die reinen Fleischfresser (Raubthiere) weder dem Menschen noch anderen Thieren zur Nah­rung dienen. Nur Omnivoren (Schweine) werden von Omnivoren (Menschen) und von Fleischfressern verzehrt. Die Eeste dieser kehren grösstentheils wieder zum Pflanzenreiche, höchstens zu den Insecten zurück.
sect;. 137. Die mannigfachen organischen Verbindungen von Stickstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff und Wasserstoff mit den ge­nannten anorganischen Elementen (Schwefel, Phosphor etc.), wel­che in den Pflanzen sich finden, sind nur zum geringsten Theile als Nährstoffe für Thiere zu verwerthen, weil vielen von ihnen die nöthigen Bedingungen, z. B. die Löslichkeit, abgehen (Holz, Stroh). Die von den assimilationsfähigen Pflanzenstoffen herstam­menden thierischen Stoffe müssen natürlich auch den Thieren wieder als Nahrungsmittel dienen können; indessen sind diese um so werthloser, eine je höhere Oxydationsstufe sie einnehmen (Harnstoff, Horn, Haare, Schleim); dafür sind diese aber wieder die besten Düngstoffe für die Pflanzen.
Der Werth eines Nahrungsmittels richtet sich nämlich vor­zugsweise nach der von ihm repräsentirten Summe von Spann­kraft, d. h. nach dem Quantum von lebendiger Kraft und Arbeit, welches aus seiner Verbrennung .hervorgehen kann. Je höher oxydirt die Producte der Oxydation sind, je weniger Sauerstoff sie noch zu binden vermögen, um so werthloser sind sie als Nah­rungsmittel, d. h. desto weniger sind sie für die Leistungen des Organismus geeignet. Daher ist der Harnstoff, das Hcru etc. kein Nährstoff, Kroatin ein sehr werthloser; Eiweiss und Zucker sind dagegen sehr spannkraftreiche Nährstoft'e, wenn letzterer auch nur
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der Respiration und Wärmepvoduction dienen sollte, denn Wärme ist gleich Kraft.
Die besten Nährstoft'e werden demnach solche sein, welche ihrer chemischen Zusammensetzung nach mit den am wenigsten oxydirteu Körperbestandtheilen übereinstimmen. Diese Stoffe sind die Eiweisskörper oder Proteiustoffe, die Fette und die Kohlea-hydrate. Sie scheinen im Organismus aus keinem anderen orga­nischen Stoffe hervorgebildet werden zu können, so dass sie als solche in den Xahrungsmittelu präexistiren müssen. Von den Fetten und Kohlenhydraten ist es dagegen nachgewiesen, dass sie unter gewissen Umständen durch Zersetzung (Spaltung) aus Ei-weissstoffen hervorgehen können. Möglicher Weise können daher die Eiweisskörper als einzige organische Nahrung genügen, nicht aber die Kohlenhydrate und Fette.
Diese Annahme stimmt auch mit der Erfahrung überem, welche, abgesehen von den anorganischen Nährstoffen (Salze und Wasser), die Eiweissstoffe als die notbwendigsteu, die Fette und Kohlenhydrate als sehr wichtige, sich gegenseitig ersetzende und durch Eiweissstoffe ersetzbare, also allenfalls entbehrliche Nähr­stoffe hinstellt.
sect;. 138. Das von Liebig als Grundlage der Eintheilung der Nährstoffe benutzte teleologische Princip, wonach die stick­stoffhaltigen als plastische, die stickstofflosen als respirato-rische zu betrachten sind, ist aus folgenden Gründen nicht auf­recht zu erhalten:
1)nbsp; Der Fettreichthum eines Thieres steht in keinem Verhält­nisse zu seiner Kohlenhydrat- oder Fett-Aufnahme. Auch wenn letztere gleich Null ist, kann ersterer zunehmen. Es muss also eine Fettbildung im Organismus stattfinden können, bei welcher sowohl stickstoffhaltige, als auch stickstofflose Nährstoffe bethei­ligt sind.
2)nbsp; Häufig wandeln sich sehr stickstoffreiche Organe im leben­den Organismus durch pathologische Prozesse in fettreiche Mas­sen um (fettige Degeneration), folglich ist die Möglichkeit einer solchen Umwandelung auch bei physiologischen Vorgängen zuzu­geben.
3)nbsp; In ähnlicher Weise entstehen in der Leiche aus stickstoff­reichen Körpertheilen fettartige Massen (Fettwachs, Adipocire).
4)nbsp; nbsp;Die Bildung von Kohlenhydraten aus Eiweissstoffen
Köhne, allg. Veterin. Path,
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Allfrcmeino Aotiologio oder Lelive von den TCrnrdilicifs-Ursaclien.
scheint angenommen worden zu müssen für die Glycogonbiklnng (C13H10O10) in der Leber, welche ebenso ^^#9632;ie die Fettbildung zum Fettgenuss, mit den aufgenommenen Kohlenhydraten in keinem Verhältnisse stellt.
5)nbsp; Es isc nicht unwahrscheinlich, dass sich bei jeder Muskel-thätigkeit der sog. Muskelzucker (InositCisHiaOia 4 HO) aus Eiweisskörpern bildet.
6)nbsp; Ebenso stammt die in thätigen Muskeln sich bildende Milchsäure wahrscheinlich von den stickstoffhaltigen Substanzen der Muskeln selbst.
sect;. 139. Nach diesen Hauptnährstoffen folgen dem Werthe nach die nächst höheren Oxydationsstufen, also zunächst die dem Eiweiss ähnlichen Stoffe, Albumiuoide (Leim, Chondrin C 49,9. H 6,6. N 14,5. 0 28,6. S 0,4 pCt.). Die noch höheren Oxy­dationsstufen, wie die Milchsäure, Fettsäure etc. können kaum noch als Nährstoffe gelten. Die Geschwindigkeit oder Leichtig­keit der Verdauung (Verdaulichkeit) hängt besonders ab von der Beschaffenheit der Eiweisskörper (Proteinstoffe) in den Nah­rungsmitteln, von der feineu Zertlieilung derselben, von der Um­hüllung durch leicht oder schwer lösliche Gewebe und von der Beimischung und Löslichkeit solcher Substanzen, welche die Nähr­stoffe umhüllen und deren Verdauung bindern, indem sie den Ver­dauungssäften den Zutritt zu dem Verdaunngs-Objecte erschweren (Fette, Gele etc.).
Nur der verschiedenen Beschaffenheit des Eiweisses wegen sind z. B. Milch und frischer Käse leichter verdaulich, als der Inhalt der Sarkolemmröhren oder das Zellen-Protoplasma, dieses wiederum leichter, als das hartgesottene Weisse von Eiern und letzteres immer noch leichter, als rohes Eiweiss, weil dieses im Magen erst gerinnen muss, bevor es durch den Magensaft umge­wandelt und gelöst werden kann. Sehniges und grob zerkleinertes Fleisch ist schwerer verdaulich, als fein zerhacktes oder gut ge­kautes Fleich, weil das letztere dem Magensäfte eine grössere Fläche darbietet und das schwer lösliche Sarkolemm ihm den Weg zu seinem leichter löslichen Inhalte nicht versperrt. Umhüllung der Fleischstückchen mit Fett oder fetten Oelen erschwert eben­falls die Berührung mit den Verdauungssäften und da fast alle thierischen Fette bei 40,0quot; 0. flüssig werden und die Fleisch-
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Die äusseren Ursachen.
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Stückchen inniger nmliüllen und durchdringen, so ist fettes Fleisch der Magenverdauung schworer zugänglich, als mageres.
Das Protoplasma der Zellen aller esshären drüsigen Gebilde (Leber etc.) löst sich im Magensäfte zum grössten Theile mit Hin­terlassung kleiner Krümeln und stark geschrumpfter Kerne auf; ebenso verhält sich das Protoplasma der Bindegewebszellen. Das der Pflanzenzellen unterliegt ebenfalls der Auflösung durch den Magensaft sehr leicht, wenn die Zellen-Membran (Cellulos e) durch mechanische Zerkleinerung oder durch Kochen oder sonstige Zu­bereitungen zum Platzen gebracht (Stärkemehl) oder zur Lösung geeigneter gemacht worden ist.
Die Milch wird durch den Labsaft, d. i. durch den Inhalt der Labzellen, nicht durch den Magensaft (Pepsin - Chlorwasserstoff) sehr schnell zum Gerinnen gebracht; selbst ueutralisirter Lab­schleim mit neutraler Milch in der Wärme zusammen gebracht führt zur sofortigen Ausscheidung des Kasein und dann wird die Reaction ausnahmslos eine saure. Es ist also anzunehmen, dass in dem Labsafte ein Fermentstoff enthalten ist, welcher den Milch­zucker in Milchsäure umwandelt, die sich dann mit dem Kali des Kasein (Kali-Albuminat) verbindet und das Albumin als geronne­nen Käsestoff ausscheidet und niederschlägt; denn nur in Verbin­dung mit Kali kann der Käsestoff sich löslich erhalten. Ist auf diese Weise der Käsestoff im Magen erst geronnen, dann erfolgt sehr bald die Lösung desselben durch den Magensaft und zwar mit Zurücklassung des Butterfettes, welches zu grossen Tropfen zusammenlliesst und im Magen selbst keine weitere nachweisbare Veränderung erleidet.
Nur drei Gewebe resp. Bestandtheile der thierischen Natur widerstehen der Auflösung durch die Magensäfte vollständig, näm­lich die Fasern des elastischen Gewebes (Sehnen, Nackenband), (Elastin: C 55,5. H 7,4. N 16,7. 0 20,5), verhornte Epidermis-zellen (Horn, Haare) und das Mucin; letzteres vermuthlich in den sehr resistenten Kernen der Schleimzellen enthalten (Kühne, Cohnheim). Es kann also auch nicht angenommen werden, dass der Magen- und Darmschleim (auch der der Luftwege) ein Object der Verdauung sei; er ist vielmehr lediglich als ein Excret zu betrachten, welches nur auf dem Wege seiner Entleerung durch Deckung und Schlüpfrigmachuug der Coutenta dem Organismus von einigem Kutzeu ist.
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100 Allgemeine Äetiologie oder Lehre von den Kranldieits-Ürsaclien.
Vegetabilisclie Cellulose, Stärke und Rohrzucker werden durch den Magensaft gar nicht verändert. Die Umwandlung der Stärke durch das alkalische Ferment des Speichels, des Ptyalin, ge­schieht zum Theil schon im Maule während des Kauens und der Einspeichelung, hört aber im sauren Magensafte vorläufig ganz wieder auf und kann erst im Zwölffingerdärme, nach dem Hinzu­tritt der alkalischen Galle wieder fortgesetzt werden; denn das Ptyalin ist im Magensafte unverdaulich, bewahrt sogar in demsel­ben seine fermentative Fähigkeit. Bei Widerkäuem kann die üm-wandelung der Stärke in den drei ersten Magen noch weiter vor sich gehen, weil deren Inhalt im normalen Zustande (mit Aus­nahme gewisser Fütterungsarten, z. B. Schlempe) alkalisch reagirt. Junge Cellulose wird noch im Dickdarme verdaut.
Der Rohrzucker (C04 H22 ^) wird schon zum Theil im Ma­gen in Milchzucker (B.u 11,2 012 2 H 0) und dieser durch das Käsestoffferment in Milchsäure ( C6 H6 06) und Buttersäure ver­wandelt, wenn er nicht zuvor resorbirt wird. In den zuletzt ge­nannten höheren Oxydationsstufen ist er nicht mehr als Nährstoff verwendbar, sondern er wirkt, wenn in grösseren Quantitäten vor­handen, reizend und Darmkatarrh erzeugend.
sect;. 140. Jedes Thier (wie jeder Mensch) besitzt offenbar ein Maximum von individueller Verdauungsfähigkeit und scheidet, da die Aufnahme überschüssiger Nährstoffe Regel ist, noch verdau­liche, aber dennoch unverdaute Reste der Nährstoffe mit den Fae­ces aus. Demnach ist das Auftreten von Muskelfasern, welche durch Gallenpigment gelbbraun gefärbt sind, ferner von Fettzellen, Stärkekugeln und Fettsäuren in den Faeces eine ganz gewöhnliche, durchaus nicht von einer gestörten Verdauung zeugende Erschei­nung, obgleich die Quantität dieser Stoffe nur bei sehr grosser Luxusaufnahme eine erhebliche zu sein pflegt.
Andere Bestandtheile der pflanzlichen Nahrungsmittel müssen unter allen Umständen in den Faeces auftreten, weil sie in den Verdauungssäften überhaupt unlöslich sind. Hierher gehören be­sonders verholzte Fflanzenzellen, die alte Cellulose und die Spiralfasern der Pflanzenzellen. Ein grosser Theil junger Cellulose wird allerdings unzweifelhaft auch verdaut, aber man hat den Ver­dauungssaft noch nicht ermittelt, durch welchen sie aufgelöst wird. Wahrscheinlich geschieht dieses in dem colossal entwickelten Coe-cum der Pflanzenfresser durch eine gährungsartige Zersetzung, di^
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bei feiner Zertheilung auch ausserhalb des Körpers, d. h. ohne die Einwirkung spezifischer Verdauungssäfte, sondern lediglich un­ter dem Einflüsse der Feuchtigkeit und Wärme eben so vor sich gehen würde.
Mit den Faeces wird ansser der Cellulose auch unverändertes Blattgrün (Chlorophyll), ein wachsartiger, stickstofffreier Stoff, massenhaft ausgeschieden. Das Chlorophyll ist also unverdaulich und erzeugt die Grünfärbung des Kothes der Pflanzenfresser.
sect;. 141. Aus dem Vorstehenden geht hervor, welche Nähr­stoffe leicht und welche schwer verdaulich, und welche häufig mit den Nahrungsmitteln aufgenommene Stoffe gar nicht verdaulich sind; es ergiebt sich daraus zum Theil von selbst, welche Nach­theile durch das quantitative Ueberwiegen der letzteren für den Organismus entstehen. Indess die Erfahrung lehrt, dass die Ver-dauungsthätigkeit und besonders die Secretion der Verdauungs­säfte durch Gewohnheit und Hebung gesteigert werden kann, dass allmählige Uebergänge von den leicht zu den schwer verdaulichen Nahrungsmitteln in der Regel leicht ertragen werden, plötzliche dagegen nicht. Es ist sogar nach Analogie anderer willkürlicher und unwillkürlicher Muskeln anzunehmen, dass die Muskelhaut dos Magens und Darmkanals durch Uebuug und eine gute Ernährung an Leistungsfähigkeit gewinnt. Die anhaltende Fütterung mit massenhaften, aber wenig nährfähigen Nahrungsmitteln hat da­gegen eine Erweiterung und Ausdehnung des Magens und Darm­kanals (sog. Heubauch) mit relativer und absoluter Schwäche der Muscularis zur Folge, welche bei späterer Verabreichung geringerer Quantitäten einer intensiveren Nahrung ein vermindertes Sättigungs­gefühl zur Folge hat, welches leicht zu Ueberladungen Veranlas­sung giebt. Das umgekehrte Vcrhältniss, d. h. der Uebergang von den schwer verdaulichen, aber intensiv nährenden, zu den leicht verdaulichen, aber gehaltlosen Nahrungsmitteln, hat dagegen selten andere nachtheilige Folgen, als eine mangelhafte Ernährung.
Schädliche Beimengungen. sect;. 142. Schädliche Beimengungen zu den Nahrungsmitteln können ebenfalls deren Qualität als solche derartig verändern, dass sie zur Krankheits-Ursache werden. Hierher sind zu rechnen verschiedene unverdauliche Sachen, z. B. Sand, Holz, Metall (Kägel etc.), Kleidungsstücke, Knochen, Haare der Prozessions-
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102 Allgemeine Aetiologie oder Lehre von den Krankheits-Ursachen.
raupe etc., welche theils durch Anhäufung und Druck die Fort­bewegung der Contenta hemmen, theils mechanisch reizen und verletzen (traumatische Pericarditis und Carditis des Eindviehes), theils zur Bildung von Concremeuten (Haarbälle, Darmsteine, Koth-steine) Yeranlassung geben können.
Dann kommen die Beimengungen von pflanzlicheu und thierischen Schmarotzern (Parasiten) in Betracht, und zwar zur vegetabilischen Nahrung: Die Keime thierischer Parasiten, welche in den Haustliieren sich weiter zu entwickeln und die Gesundheit ihrer Wohnthiere zu stören vermögen. Diese sind am Schlüsse bei den eigentlichen parasitären Krankheiten abgehandelt. Die thierischen Parasiten, welche im Magen unserer Hausthiere zu Grunde gehen (Blattläuse, Maden), schaden nur durch ihren Gehalt an reizenden Stoffen und durch die krankhaften Verände­rungen, welche sie in den von ihnen bewohnten und von den Hausthieren verzehrten Pflanzentheilen hervorrufen.
sect;. 143. Die pflanzlichen Parasiten, welche auf der vegetabi­lischen Nahrung vorkommen, sind Pilze (Fange), die sich ent­weder auf abgestorbenen Pflanzentheilen bilden, oder auf lebenden Pflanzen wuchern, und zwar besonders auf den Leguminosen und Gräsern inch der Cerealien. Die hauptsächlichsten sind:
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1. Brand der Pflanzen. a. Der Flugbrand, Staubbrand, Russbrand, Russ (Ustilago carbo seu Uredo segetum) befällt hauptsächlich Hafer, demnächst Gerste, Weizen, seltener Roggen, und kommt auch bei Hirse, Mais und wild wachsenden Gräsern, besonders Arrhenaterum elatius vor. Der dieser Krankheit zum Grunde lie­gende Pilz zerstört besonders die Bliithentheile der genannten Pflanzen und macht sich zuerst dadurch bemerkbar, dass aus un­zähligen unregelmässigen Pusteln auf den Spelzen und dem Frucht­knoten nach dem Zersprengen der Oberhaut ein schwarzer Staub hervortritt, der später die Bliithentheile so vollständig vernichtet, dass oft nur die Spindeln und einzelne Faserbündel der Spelzen übrig bleiben und so die brandigen Aehren oder Rispen schon von Weitem kenntlich werden. Der Staub besteht aus mikroskopisch kleinen, runden, mit einer dunklen, glatten äusseren (Epispor) und ungefärbten inneren Hülle (Endospor) umgebenen Fort-pllanzungszcllen (Sporen, Conidieu), die an den Enden der Faden-
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Die ftusseren Ursachen.
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zweige (Hyphen, Mycelium) eines Fadenpilzes abgeschnürt werden, der die ganze Xülirpflanzo durchzielit. aber nur in deren Blüthen zur Fructification gelangen kann. Nach den Untersuchungen von Julius Kühn dringt dieser Fadenpilz schon bei dem Keimen der Nährpflänze in deren Wurzelknoten ein und wächst mit ihr, indem die Mycelfäden durch das ganze Gewebe, besonders in dem Marke der Nährpflanze, bis zur Bliithe emporsteigen und sich von dem Parenchymsafte der Pflanzenzellen nähren, ohne jedoch der Ent-wickelung der Pflanze wesentlichen Abbruch zu thun. Bei dem Wachsen der Pilzfäden, das nur allein an der Endzelle der Spitze stattfindet, schwinden die älteren, rückwärts gelegenen Faden-thcile, und so kommt es, class nach der Ausbildung der Öporen das Mycelium des Pilzes, der eigentliche Pilz, in dem Gewebe der Nährpflanze nicht mehr gefunden wird.
b.nbsp; nbsp; Der Weizenbrand, Schmierbrand, Faulbrand. Stinkbrand (Uredo sitophila s. ü. foetida s. U. Caries s. Tilletia Caries) kommt von den Getreide-Arten nur beim Weizen, sonst aber auch bei verschiedenen wild wachsenden Grä­sern vor. Bei dieser Krankheit wird allein der Fruchtknoten durch Pilzsporen zerstört, die innerhalb der unveränderten Blüthen-httllen au Stelle und in Form des Weizenkorns als ein schwarzer, schmierig-staubiger Körper von unangenehmem Geruch angehäuft liegen. Da die Blüthenhüllen unverändert bleiben, so erscheinen die Aehrchen äusserlich normal, und mau wird erst durch den üblen, bei bedeutendem Befallensein des Weizens stark hervor­tretenden Geruch oder durch das Stäuben beim Dreschen auf­merksam und erkennt die Krankheit, wenn man das Korn zer­drückt oder die Spelzen öffnet. Die Pilzsporen selbst sind auch hier mikroskopisch klein, rundlich, haben ein schwärzliches, ge­gittertes Epispor, ungefärbtes Endospor und sind ebenfalls die reihen- und haufenweise abgeschnürten Fojtpflanzungszellen eines Fadenpilzes, der in ähnlicher Weise wie der Staubbrand-Pilz die ganze Nährpflanze durchzieht und dessen Keim aus der Spore schon in der Erde in den Keim der Nährpflänze eindringt.
c.nbsp; nbsp; Der Roggen-Kornbrand (Ustilago sen Uredo se-calis), der im Ganzen eine ziemlich seltene Erscheinung ist, ent­spricht im Wesentlichen dem Weizenbrande, insofern als auch hier nur das Koggen-Korn, nicht aber die Blüthenhüllen durch die Sporen eines Fadenpilzes zerstört wird, dessen Mycel vor Aus-
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104 Allgemeine. Aeüologie oder Lehre von den Krankheits-Ursachen.
bildung der Sporen in dem Gewebe der Roggenpflanze zu finden war. Die Sporen bilden einen bräunlich schwarzen, doch geruch­losen Staub, sind ziemlich gross, kugelrund und zeigen ein dunkel gefärbtes gegittertes Epispor und ungefärbtes Endospor. Ihre Ent-wickelung ist der des Weizenbrandes analog.
d. Der Roggen-Stengel- und Blüthen-Brand (üro-cystis occulta s. Uredo occulta s. Polycystis occulta und Fleospora graminis) ist ebenfalls eine seltene Krankheit wenn auch häufiger, als der Roggen-Kornbrand. Sie zeigt sich hauptsächlich am Halme, besonders an dessen oberen Theile dicht unter der Aehre, der zuweilen so reichlich damit befallen ist class er aufspringt und die ganze innere Fläche mit dunklem Brandstaub bedeckt erscheint; aber auch an den Blattscheiden, den Blättern an der bpindel, den Spelzen und dem Fruchtknoten tritt der Brand auf und häufig sind alle diese Theile zugleich befallen. Durch diese Krankheit wird der Halm in seiner Ernährung beeinträchtigt bei grosserer Ausdehnung verunstaltet, und die Blüthentheüe und Frucht verkümmern, auch wenn sie selbst nicht von der Krankheit be­fallen sind; tritt dieselbe aber auch an ihnen auf, so sind sie oft wie beim Flugbrande, ganz in Brandpulver aufgelöst. Die ersten Spuren der Krankheit machen sich gewöhnlich durch weissliche Streifen an dem Halme und den Blattscheiden bemerkbar und bei genauerer Untersuchung findet man hier unter der Epidermis das Mycel des Pilzes als ein dichtes Fadengeflecht ausgebreitet An diesem entstehen die Sporen bei der weitereu Entwicklung durch seitliche Ausbuchtungen der Fäden, die sich zu selbstständigen Zellen abschnüren und aus sich heraus wieder neue Sporenzellen bilden so dass ein ganzes Conglomerat von Zellen entsteht die sich dann erst mit einem gemeinschaftlichen Epispor umaeben'und so eine zusammengesetzte Spore (Schizosporangium Halher) darstellen. Durch die Bildung der Sporen wird die Oberhaut des befallenen Theiles zersprengt, dadurch das Pa-renchym den schädlichen Ausseneinfiüssen ausgesetzt, und die schwarzbraunen Sporen gelangen in Form eines Staubes an die Oberflache. Bei dem Keimen in der Erde treibt jede einzelne iheilspore ihren Keimschlauch, der das gemeinschaftliche Epispor durchbricht und in die Nährpflanze eindringt.
Alle die genannten Brandarten werden also schon bei der Aussaat mit dem Saamenkorn in die Erde gelegt, daher zur Ver-
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meidung dieser Krankheiten die Landwirthc möglichst reinen Saamen zur Saat verwenden und denselben vorher einkalken oder mit Eisenvitriol beizen, um etwa anhaftende Pilzsporen zu zer­stören.
2. Der Rost. Der Eost kommt sowohl bei Cultur- als auch wild wachsenden Halm- und Krautgewächson vor und befällt alle Theile, die mit Spaltöffnungen versehen sind, bei den Halmgewächsen also nicht nur die Stengel, Blätter und Blattseheiden, sondern auch die Spelzen, Grannen und die äusseren Theile des Fruchtknotens, und bei den Krautgewächsen alle Theile, mit Ausnahme der Blumen­krone, besonders aber die Blätter und zwar hauptsächlich an der unteren Seite, weil hier die Spaltöffnungen am reichlichsten sind. Die Krankheit äussert sich durch gelbröthliche oder bräunliche Punkte oder Streifen an der Oberfläche der befallenen Theile und wird durch Pilzsporen hervorgebracht, die an diesen Stellen unter der Oberhaut liegen, durch ihre Anhäufung dieselbe zersprengen und als Staub zu Tage, treten. Von den an denselben Theilen hervortretenden Brandarten unterscheidet sich der Rost schon äusserlich dadurch, dass der Roststaub niemals so massenhaft auf­tritt als der Brandstaub und das Wachsthuin der Pflanze durch ihn, seiner oberflächlichen Lage wegen, wenig oder gar nicht beein­trächtigt wird. Eine wesentliche Verschiedenheit zeigt sich aber in der Entwicklungsgeschichte dieser Schmarotzer. Alle Rostpilze kommen darin überein, dass sie zweierlei Sporen treiben und diese nicht unmittelbar an den Enden der Mycelfäden, wie die Brand­sporen, entstehen, sondern erst aus einer Verbindung der Fäden, dem Fruchtlager oder Stroma, hervorgehen. Die eine, zuerst entstehende Art der Sporen ist einfach, von rundlicher Form und trennt sich sehr leicht von der Mutterzelle, aus der sie durch Abschnürung entsteht, und wird üredo- oder Stylo spore ge­nannt; diese ist sofort keimfähig und treibt das gewöhnliche Mycel, wenn sie an den geeigneten Ort gelangt. Diese Sporen sind es gerade, welche die ausserordentlich schnelle Verbreitung des Rostes von einer Pflanze auf die andere und von einer Pllanzen-gattung auf die andere bewirken, indem die vom Winde verwehten oder von Insecten fortgetragenen, an den grünen Pflanzentheilen hängen gebliebenen Sporen ihren Kcimschlauch durch die Spalt-
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106 Allgemeine Aetiologie oder Lehre von den Krnnkheits-Ursachen.
Öffnungen in die Athemhöhlen der Pflanzentheile hineintreiben, von wo aus sieli das Mycel entwickelt und unter der Oberhaut •weiter verbreitet. Die zweite, spater hervortretende Sporenart bestellt zum grosseh Theil aus mehrfachen, fächerartig zusammen­gesetzten Sporenfrüchten, von denen jede Abtheilung eine für sich keimfähige Spore enthält. Sie trennen sich nicht von ihrem Fruchtlager, sondern bleiben bis zum Zerfall desselben mit diesem In Verbindung und sind in Folge dessen für die Ueberwinterung des Pilzes geeignet und bestimmt. Bei der Keimung im Frühjahr gehen aus den Keimlingen (Promycolium) zunächst wieder Sporen zweiter Ordnung oder Keimköruer (Sporoidiea) her­vor, welche in derselben Weise wie die Stylosporea von den Fäden sich lösen und die Krankheit verbreiten. Je nach der Form der Sporenfrüchte hat man die Kostpilze in verschiedene Gattungen eingetheilt und diese und die Früchte darnach benannt. Ungetheilt sind die Sporenfrüchtc beiüromyees, ein Mal getheilt bei Puc-cinia, zwei Mal bei Triphragmium und mehrmals bei Phrag-midium. Manche von diesen Sporenfrüchten sind noch mit eigen-thümlichcn Hüllen umseben. wonach man die Gattungen: Röhren-oder Walzenrost (Cronartium), Blasenrost (Perider-mium), Gitterrost (Roestelia) und Becher- oder Schüs­selrost (Äecidiuni) unterschieden hat. Die einzelnen Arten werden dann meist nach den Pliauzeu, auf denen sie schmarotzen, benannt (Puccinia graminis, Aecidium Berberidis, Aeci-dium Ranunculacearum). Ob eine solche Unterscheidung und Eintheilung jetzt noch zulässig ist, erscheint fraglich, da man ge­funden hat, dass verschiedene Rostarten von einer Pllanzengattung auf die andere übergehen können und dann sich in ganz anderer Weise und mit anderen Fruchtformen entwickeln. Ein solcher Generationswechsel besteht z. B. zwischen Aecidium Berberidis und Puccinia graminis, zwischen dem Gitterrost des Birnbaums (Roestelia cancellata) und einem Pilz des Sadebaums (Podisoma Juniperi), zwischen dem Gitterrost der Eber­esche (Roestelia cornuta) und einem Rost des Wachhol-ders (Podisoma clavariaeforme), und wahrscheinlich sind dergleichen noch viel häufiger. Ob die alte Sage der Landlcute richtig ist, dass der Rost des Getreides stets nur von dem Becher­roste der Berberitzen abstamme, oder, wie von Autoren der Wis­senschaft (de Bary) behauptet wird, dass Aecidium Berberidis
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nur die aus den Sporoidien hervorgegangene Vorstufe der Stylo-yporen- und Puccinia-Sporenform des Getreiderostes sei, ob über­haupt die verschiedenen Sporen- und Sporoidienformen zu ihrer Entwickelung immer verschiedene Pllanzengattungen erfordern, be­darf noch weiterer Forschungen; Eost des Getreides kommt z.B. auch in Gegenden vor, wo Berberitzen vollständig fehlen, wie auf Helgoland.
Von den Getreidearten wird der Rost im Allgemeinen dem Hafer, der Gerste und ganz besonders dem Weizen verderb­lich, weniger dem Roggen, wenngleich er auch diesem zuweilen sehr erheblichen Schaden bringt. Die ersten Spuren der Krank­heit zeigen sich schon im Herbst an den untersten Blättern und Blattscheiden der Getreidestöcke, besonders aber tritt die Krank­heit hervor in den ersten Tagen des Mai, zu welcher Zeit sie sich schon bis auf die Spelzen und Grannen ausgedehnt haben kann. Man unterscheidet zwei Eostarten des Getreides: 1) Kronenrost (Puccinia coronata) mit röthlich gefärbten runden Rosthäuf­chen im Frühjahr (Stylosporen) und später folgenden schwarzen rundlichen Flecken (Puccinia-Sporen), und 2) Streifen- oder Grasrost (Puccinia graminis) mit gelb gefärbten, linien-förmigen, den Blattnerven folgenden (Stylosporen) und später er­scheinenden schwarzen, lang gezogenen, oft in einander Hiessenden Streifen oder Strichen (Pucciuia-Sporea).
Die Hülsenfrüchte werden von mehreren Rostarten be­fallen. Der Bohnen-Becherrost (Aecidium Phaseolorum) findet sich auf der gemeinen Gartenbohne, und sind die Sporen nach J. Kühn von weisser Farbe, zu rundlichen Gruppen ver­einigt und in weissen Hüllen eingeschlossen, die später zerreissen und becherförmige, rein weisse Vertiefungen darstellen. Auf Bohnen, Erbsen, quot;Wicken, Klee- und Ginsterarten linden sich zwei Arten des Schweifrostes: Uromyces apiculata und U. apendiculata, die sich durch ihre Sporenform unterscheiden; von ersterer sind sie kleiner, verkehrt eirund, braun und mit einem zarten weissen Stielchen versehen; von letzterer sind sie rundlich elliptisch, ebenfalls braun, aber mit einem langen stärke­ren Stiele. Beide Rostarten bilden rundliche, später bei nahem Znsammenstehen oft zusammentliessende, dunkelbraune Häufchen auf den Blättern, Stengeln und selbst auf den Hülsen der Legu­minosen. Die zuerst erscheinenden Stylosporen dieser Pilze, früher
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108 'allgemeine Äetiologie oder Lehre von den Krankheits-Ürsachen.
unter dem Namen Uredo Leguminosanim als eigene Art unter­schieden, sind rundlich, eiförmig, braun und finden sich in rund­lichen oder länglichen, zerstreuton oder massig gehäuften Staub­häufchen von brauner oder röthlich brauner Farbe.
3. Das Mutterkorn (Seeale covmitum). Dasselbe bildet einen walzenförmigen, mehr oder weniger ge­krümmten, hornartigen Körper, äusserlich von schwarz violetter, innerlich von weisser Farbe, der aus den Spelzen der Getreide-Arten und wild wachsenden Gräser und Kiedgräser hervorragt und an Stelle des Kornes gebildet zu sein scheint. Am häufigsten findet sich das Matterkorn beim Eoggeii, wo oft viele, ja die mei­sten Körner einer Aehro davon ergriffen sind; aber auch auf Weizen und Gerste kommt das Mutterkorn nicht selten vor. Als erstes Zeichen der Mutterkornbildung tritt immer am Grunde der befallenen Blilthen und im Innern der Spelzen ein zuckrigsüsser klebriger Saft auf, der bei mikroskopischer Untersuchung unend­lich viele eiförmige, sporenartige Zellen enthält, die J. Kühn als Schleimsporen, welche jenen Saft absondern, Hallier aber als aus eigentlichen Sporen hervorgegangene Hefezeilen (Kryptococcus) betrachtet, unter deren Anwesenheit und schnellen Vermehrung der auch im gesunden Zustande in je­der Grasblüthe vorhandene zuckerhaltige Saft nur in vermehrtem Maasse abgesondert wird. Diese Zellen sind keitnungsfähig und entwickeln einen Fadenpilz, der an dem Boden des Fruchtknotens in diesen hincinwuchert, dessen weitere Ausbildung hemmt und die schon gebildeten Theile desselben mitsammt den noch darauf befindlichen Befrnchtungsorganen bei der weiteren Entwickelung des Mutterkornes in die Höhe hebt. Je nachdem die Ausbildung des Fruchtknotens bereits mehr oder weniger weit gediehen ist, sieht man dann später das Mutterkorn entweder nur noch mit den Eudimenten von Staubgefässen und Stempel oder mit einem kleineren oder grösseren Theil des Kornes, höchst selten mit einem fast fertig gebildeten Korne bedeckt. Dieser Fadenpilz, den man unter dem Namen Sphacclia segetum als eine be­sondere Art aufgefasst hat, bildet durch Vereinigung mehrerer Fäden, die faltenartig kleine Hohlräume umschliessen, viele dem Fruchtträger (Hymenium spermatophorum) der Hutpilze entsprechende Körper, die an kleinen, den Hohlräumen zugekehrten
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Zellen auslaufen! (Basidieu) echte Sporen (Stylosporen) in ungeheurer Masse abschnüreu. Die Spimeelia ist daher nur als sporenbildendes Organ (SpermagoniUm) axifzafassen. Diese Sporen keimen bald nach ihrer Bildung und am Entstehungsorte und erzeugen ein dichtes Pilzgewebe, welches bei seinem AVaclis-thum den jüngeren noch wachsenden Thcil des Spermagonium in die Höhe hebt, so dass dieses dann als sogenanntes Mützchen das eigentliche Mutterkorn bedeckt. Durch Eintrocknung von aussen nach innen nimmt das Pilzgewebe jene harte starre Form und die hornartige Besehaii'enheit zugleich mit der schwarzvioletteu Farbe au, die es dann als das eigentliche Mutterkorn erscheinen lässt. Auch diese Form des Pilzes hat man als eigene xVrt auf­gestellt und mit dem Namen Sclerotium Clavus belegt: es stellt jedoch nur ein für die üeberwinterung des Pilzes bestimmtes Dauermycelium (Sclerotium) dar, wie denn überhaupt die ganze Gattung der Sclerotien nur als eine solche Uebergangsform gewisser Pilze zu betrachten ist. Im Frühjahre entwickelt sich aus diesem Sclerotium des Mutterkornes in der Erde unter den dazu nöthigeu Aussenbedingungen eine andere Form, die wieder als eigener Pilz betrachtet und mit dem Namen Claviceps purpurea belegt worden ist. Es erheben sich nämlich auf dem Sclerotium kleine rundliche Körper von anfangs gelber, später purpurrother Farbe auf violett rothen Stielen, dieselben haben unzählig viele Punkte, von denen ein jeder zu einer schlauchartigen Höhlung (Con-ceptaculum) im Innern des Knötchens führt, in der sich später die neuen Fortpflanzungsorgane (Thekasporen, d. i. in einer Hülle entstandene Sporen), gewöhnlich sechs bis acht in einem Schlauche, bilden. Diese sind es dann, welche, auf irgend eine Weise an die Grasblüthe gelangt, den Process der Mutter-kornbildimg von Neuem einleiten, und zwar, nach J. Kühn's Ansicht, indem sie direct sich zur Sphacelia umgestalten, oder, nach Hallier, indem sie zuvor noch das Zwischenglied der Kryptococcus-Hefe aus sich heraus haben hervorgehen lassen.
4. Der Honigthau (Melligo). Eine au den Blättern und Zweigen von Bäumen, Sträuchern und Kräutern auftretende wasserhelle oder gelbliehe, klebrige, süsslich schmeckende, unangenehm riechende Substanz. Sie be­steht entweder aus der süssen. honigartigeu Ausscheidung vieler
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110 Allgemeine Aetiologie oder Lehre von den. Krauklieits-Drsachen.
Blattlausarten (animalischer Honigthau) oder ist ein krank­haftes Product der Pflanze selbst (vegetabilischer Honig­thau). Die Entstehung des letzteren scheint von einer über-mässigen Bildung einer stickstofffreien Substanz herzurühren. Der Honigthau entsteht besonders bei anhaltender Trockenheit und scheint zuweilen mit der Bildung parasitischer Pilze in ursäch­lichem Zusammenhange zu stehen (Mutterkorn).
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5. Der Mehlthau.
Der Mehlthau bildet Aveisse oder grauweisse, schimmel-, woll-oder mehlartige üeberzüge auf Blättern, Stengeln imd Früchten, unter deren Einwirkung die Pflanzen verkrüppeln, selbst eingehen. Er ist theils animalischen, theils vegetabilischen Ursprungs, näm­lich von abgestreiften Hüllen der Blattläuse oder von Mycelien schmarotzender Pilze, besonders Erysiphe-, Oidium-, Peronospora-und Botrytis-Arten, von denen einige den Culturpflanzen oft sehr verderblich werden und gefürchtete üebel darstellen. Erysiphe communis kommt auf Hülsenfrücliteu, Erysiphe macularis auf der Hopfenpflanze oft sehr ausgebreitet vor; Oidium Tuck er i erzeugt die Traubenkraukheit und Peronospora infestans findet sich bei der Kartoffelkrankheit, als deren wahrscheinliche Ursache sie betrachtet wird. Die bei quot;Weitem wichtigste Kraukheit von die­sen ist für uns die letztgenannte, daher ein näheres Eingehen auf dieselbe hier am Platze sein dürfte.
Bei der Kartoffelkrankheit ist das Wesentlichste ein eigenthümlicher Päulnissprocess an der Knolle, der in zwei ver­schiedenen Modilicationen als trockene oder nasse Fäule erscheint, schon sehr frühzeitig bei der noch in der Erde stehenden Pflanze auftritt und sich sehr schnell durch Ansteckung auf andere Knollen entweder noch in der Erde oder nach dem Herausnehmen über­trägt. Diesem geht in der Pegel, vielleicht immer, ein Absterben und Braunwerden der Blätter und des Krautes vorher, was durch die Peronospora infestans verursacht wird. Die auf die grünen Pflanzentheile gelangten Sporen dieses Schmarotzers senden ihre Keimschläuche durch die Spaltöffnungen in das Parenchym der Organe, welches von dem sich schnell entwickelnden Mycel zum Absterben gebracht wird, während dieses seine Fruchthyphen, an deren Enden sich die Sporen bilden, wieder durch die Spalt­öffnungen in Büscheln nach aussen sendet. Die Sporen bilden
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Die äusseren Ursachen.
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sich also an der freien Luft, und dieses sowie die leichte Ablös-lichkeit der Sporen giebt die Gelegenheit zn der, unter günstigen Ausseneiudüsseu oft unglaublich schnellen Verbreitung der Krank­heit. In dem Maasse, als das Pflanzengewebe durch die Einwir­kung des sieh entwickelnden Mycels abstirbt und braun wird, schwindet auch das Myeel selbst, da nur der lebende, grüne PHanzentheil ihm Xahrung zu bieten vormag, und so kommt es, dass man den Parasiten an den braunen Pilanzontheilen nicht findet, dagegen trifft man ihn am Kande derselben und auf anscheinend noch ganz gesunden Theilen, wo die Mycelfäden und Frucbthyphen oft die ganze untere Fläcbe der Blätter wie mit einem weisslichen mehligen Staube überziehen. Dieser Pilz zerstört nun bei seinem Weitersehreiten auch das Kraut und geht wahrscheinlichst auch auf die Knolle über, wo er dann, nach Hallierquot;s Ansicht, durch Bildung von Fäuluiss-Hefe (Mikrococeus) jenen eigenthümlichen, von dem gewöhnlichen verschiedeneu, Füulnissproeess einleitet. Nach J. Kühn steht aber das Absterben der Blätter mit dem Fäulnissprocesse der Knollen in keinem nothwendigon genetischen Zusammenbange und kann jeder Process für sich unabhängig von dem anderen erfolgen. Die Ursachen der Knollenfäule sind noch nicht bekannt; Thatsache ist, dass das Absterben des Krautes ge-Avöhnlich, wenn nicht immer, der Knollenfäule vorhergeht und beide ebenso gewöhnlich verbunden auftreten. (Alb.)
sect;. 144. Die Schädlichkeiten, welche durch diese pflanz­lichen Parasiten, wenn sie in grossen Massen und anhaltend auf den Organismus einwirken, herbeigelahrt werden, bestehen haupt­sächlich in einer Reizung der Schleimhaut der Maul- und Eachen-höhle, der Luftröhre und der Bronehen und des ganzen Ver-dauungstractus (Magen- und Darm-Katarrh) und zuweilen auch der Nieren, in der schnellen Einleitung einer chemischen Zersetzung in den Ingesten, welche sich unter gewissen, noch nicht sicher be­kannten Umständen auch dem Blute mittheilen kann (Anthrax, Typhus petechialis). Ob diese Pilze au und für sich die Haupt­schädlichkeit bilden, oder ob die durch die Pilze bewirkte Erkran­kung und chemische Veränderung der Pflanzen hierbei wesentlich betheiligt ist, ist noch nicht sicher festgestellt, weil es zu schwie­rig ist, grosso Massen beider Theile isolirt zu füttern. Wahr­scheinlich liegt in den Pilzen selbst die Hauptschädlichkeit, weil die Pflanzen nach möglichst gründlicher Befreiung von denselben
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119 Allgemeine Aetiologie oder Lehre von den Krankheits-Cisachen.
weniger nachtbeilig zu wirken pflegen (cf. Albreclit, Landwirth-sehaftl. Zeitung von Dr. Fühling, pro 1868, 8. Heft, undTMer-arzt, Jahrgang 7, Seite 224).
sect;. 145. Das sog. Verderben der pllanzlicheu Nahrung tritt immer mit ebcmiseben Decompositionen ein, welche dem Fäulniss­prozesse eigentbiimlich sind. Die hochoxydirten und nicht mehr nährfähigen Producte dieser Zersetzung wirken reizend auf den Darmkaual, können bei grosser Quantität und hoher Intensität sogar diphtberitische Prozesse in demselben hervorrufen. Es ist ferner mit grosser Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sie zum Theile aus dem Darme ins Blut übergehen und in diesem ähn­liche Zersetzungs-Prozesse (Status putridus. Septicaemia) veran­lassen können. Dass die die Püulniss vermittelnden Bakterien und Vibrionen als solche direct in das Blut- oder Lymphgefäss-System übergeben oder mit der Saftstrümuug in die Gewebe hineinwandern und schon bei lebenden Tbieren in den circulirenden Flüssigkeiten den Fäulnissprozess anregen können, ist zwar wahrscbeinlicb, aber noch nicht erwiesen (cf. Miasmen und Contagien sect;. 166).
sect;. 146. Bei gewissen chemiscben Zersetzmigen der Nahrungs­mittel in der Wärme und in Gegenwart von Feuchtigkeit bildet sich der Schimmelpilz (Peuicillium glaucum), z. B. an altem Brod, multrigem Hafer und Heu. Hinsicbts der Schädlichkeit dieser Pilze ist auch weiter nichts bekannt, als das oben Gesagte. Die i. d. R. eintretende Nierenaft'ection (der sog. Lauterstall, Diabe­tes insipidus) lässt den üebergang scharfer Bestandtheile der Pilze ins Blut, wenn nicht der Pilze selbst, vermutben, erwiesen ist er noch nicht. Es ist auch möglich resp. nicht unwahrscheinlich, dass die Zersetzungs-Producte der schimmelnden Substanzen selbst jene Eigenschaft besitzen, jedoch lehrt die Erfahrung, dass diese nach möglichst gründlicher Entfernung der Pilze (du-cb Ausstäu­ben etc.) weit leichter ohne Nachtheil ertragen werden.
sect;. 147. Die Verderbniss der animalischen Nahrung beruht ebenfalls auf durch den Fäulnissprozess bedingten chemischen Zer­setzungen, als deren Producte sich Leucin, Tyrosin, Ammoniak und flüchtige Fettsäuren, Schwefelwasserstoffgas etc. bilden. Ge­ringe Grade der Fäuluiss (haut goüt) schaden i. d. R. nicht nur nicht, sondern machen das Fleisch weicher, mürber und leichter verdaulich; gewisse Raubthiere geben sogar dem faulenden Fleische (Aas) vor dem frischen ohne Nachtheil den Vorzug (Gourmands),
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Die; üussoren Ursachen'
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Bei höheren Graden der Fäulniss bilden sich indess jene Um-setzangs - Produote in solcher Masse, dass bei anhaltendem und massenhaftem Genüsse derselben beim Menschen (Hunger- und Kriegs-Typhus) und bei den Ilau.stiiieren Reizungen der Schleim­haut des Magens und Darmes (Katarrhe, Rühren, selbst diphthe-ritische Prozesse) und faulige Intoxication des Blutes entstehen. Jedoch ist dieser Nachtheil je nach der Organisation der Gattung sehr verschieden und sicher kommt auch das Eiuathmen der flüch­tigen Zersetzungs - Producte mit in Betracht. Der menschliche Verdauungs-Apparat ist für die Einwirkung faulender Fleischnah-rung ziemlich empfindlich, doch wird er selten anhaltend damit versehen, ebenso der der Schweine. Die eigentlichen Fleischfres­ser, ßaubthiere (Hunde, Wolfe, Tieger) verzehren faulende Kada­verreste ohne Nachtheil (cf. Secretions-Anomalien des Magen- und Darmsaftes sect;. 336).
sect;. 148. Beimengungen schädlicher Pflanzen und Gifte zu den Nahrungsmitteln kommen bei unseren Hausthieren ziemlich häufig als Krankheits-Ursachen vor.
Zu den anerkannt schädlichen und giftigen Pflanzen gehören im Allgemeinen diejenigen, welche den Klassen der Ranunculaceen, Papaveraceeu, Solaneen, zum Theil auch der Umbelliferen und Cruciferen angehören; doch sind manche Pflanzen dieser Klassen oder einzelne Theile von ihnen vortreffliche Nahrungsmittel (Kar­toffeln, Solauum tuberosum). Dergleichen schädliche oder giftige Pflanzen kommen auf den Aeckeni, Wiesen und Weiden als soge­nannte Unkräuter unter dem Futtergewächsen sehr häufig und un­ter begünstigenden Umständen in manchen Jahren ausserordentlich reichlich vor (Papaver Rhoeas). Wenn auch diese Pflanzen von den Thieren beim Weiden in der Regel instinkt^emäss vermieden werden', so ist der Instinkt (cf. sect;. 159) doch nicht immer ein sicherer Führer, vielmehr haben manche Thiere eine besondere Neigung das Schädliche aufzusuchen. So fressen z. B. Rinder sehr gern Taback, obgleich derselbe von höchst gefährlichen Fol­gen für sie ist, selbst wenn ziemlich geringe Quantitäten aufge­nommen werden. Ebenso fressen Schweine mit einer gewissen Begierde das für sie sehr giftige Colchicum autumnale. Haupt­sächlich aber werden jene Pflanzen nachtheilig, wenn sie den Thie­ren im Stalle mit dem Futter vorgelegt werden, denn viele der­selben büssen ihre giftigen Eigenschaften selbst durch das Trocknen
KShne, all)?. Veterin. Path.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;c
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114 Allgemeine Aetiologie 'icier Lehre von den Ivianklieits-tJi'sncIien.
(Heuen) nicht ein (Colcbicum autiimuale, Papaver Rhoeas, Cicuta virosa, Conium maculatum, Chaerophyllum temulam etc.).
Nicht selten aber werden auch gewisse Pflanzen als Ursache bestimmter Krankheiten beschuldigt, die es in der That nicht sind und entweder ganz unschuldig sind, oder von den Thieren unbe­rührt bleiben. So gelten die Ranunkel- und Anemone-Arten für die Ursache des Blutharnens (Haemuturia) bei Rindvieh; die Equisetaceen sollen bei Pferden schlechtes Haar und Hautaus­schläge bedingen, und Anthericum ossifragum wird beschuldigt, die Knochenbrücbigkeit (Cachexia ossifraga) bei Rind­vieh zu erzeugen. In der Regel zeigen dergleichen Pflanzen nur an, dass die Futterkräuter, unter denen sie sich finden, unter un­günstigen Boden-, Cultur- oder Witterungsverhältnissen gewachsen sind und durch diese bedingt, solche Eigenschaften angenommen haben, dass sie bei längerem Genüsse Ernährungsstörungen und dadurch Prädispositionen oder wirkliche Krankheiten bei den Thie­ren herbeiführen. Es ist hierbei durchaus nicht nothwendig, dass die Futterkräuter schon äusserlich ein kränkliches Aussehen oder eine mangelhafte Ausbildung zeigen, oder dass z. B. Gräser nur den Halbgräsern (Carex, Juncus-Arten) angehören, sondern bei anschei­nend gutem, gesundem Aussehen (Heu der Rieselwiesen) kön­nen selbst Pflanzen, welche unter normalen Verhältnissen gewach­sen, zuträgliche und gute Nahrungsmittel sind, für die sie ver­zehrenden Thiero nachtbeilige Eigenschaften annehmen, wenn sie unter ungünstigen Umständen, besonders auf einen für sie nicht geeigneten Standort (Berg, Thal, Sumpf-, Kalk- und Sand-Boden) wachsen (cf. sect;. 122 Boden-Verhältnisse). Hierin beruhen jeden­falls die Ursachen vieler enzootischer Krankheiten (Roloff über Osteomalacie und Rhachitis, Virchow's Archiv, Bd. 37, 43, 46).
Giftige Pflanzen oder vielmehr schädliche nennt man solche, welche bei naturgemässer Entwickelung einen so nachtheiligen Einfluss auf die Gesundheit der Menschen und Thiere ausüben, dass bei dem Genüsse einer verhältnissmässig kleinen Quantität derselben Störungen oder gar Lebensgefahr eintreten.
In den giftigen Pflanzen hat die chemische Analyse bis jetzt ein oder mehrere Alkaloide nachgewiesen, an denen die giftige Wirkung gebunden ist; es ist aber noch nicht gelungen., mit Si­cherheit nachzuweisen, worin die Veränderungen in der chemischen Constitution derjenigen Pflanzen beruhen, welche unter ihrer na-
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Die äusseren Ursacheu.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 115
turgemässen Entwickelung nicht zusagenden Boden-, Cultur- und klimatischen Verhältnissen als Kahrungsmittel für unsere Haus-thiere m. o. w. ungeeignet geworden sind.
Giftige oder vielmehr schädliche Eigenschaften können die pflanzlichen Futterstoffe aber auch dadurch bekommen, dass ihnen metallische u. a. Gifte beigemengt sind, was schon auf dem Standorte ihres Wachsens durch metallische Niederschläge aus der Luft oder dem Wasser in der Nähe von Berg- und Hüttenwerken, Fabriken (z. B. Bleioxyd, Haukrankheit), häufiger aber bei der Zubereitung oder Aufbewahrung der Nahrungsmittel geschehen kann (Grünspan, Kochsalz, Heringslake, Alkohol). Das Speciellere hierüber gehört in das Gebiet der Lehre von den Giften (Toxicologia), welche die metallischen ebenso wie die aus dem Pflanzen- und Thierreich stammenden Gifte im Allgemeinen in scharfe, narkotische und scharfnarkotische unterscheidet. Die Ersteren erzeugen Störungen durch ein scharf reizendes Princip entweder am Orte der Einwir­kung (Arsen) oder an anderen Orten (Canthariden); die narkoti­schen wirken lähmend auf die sensible oder irritable Sphäre des Nervensystems (Opium): die scharf narkotischen vereinigen beide Wirkungen (Digitalis).
e. Die Temperatur der Nahrungsmittel.
sect;. 149. Sowohl zu kalte, wie zu heisse Nahrungsmittel können durch Reizung einen Mageu-Darm-Katarrh mit allen seinen Folgen erzeugen. Zu kalte Nahrungsmittel, besonders Getränke bei er­hitztem Körper genossen, können ausserdem die verschiedensten Erkältungs-Krankheiten, Katarrhe der Luftwege, Rheumatismen (Verschlag) zur Folge haben, und der zu anhaltende Gcnuss warmer Getränke (Schlempe) kann eine Prädisposition zu Erkältungs-Krankheiten bedingen.
Die Verabreichung warmer Nahrungsmittel begünstigt erfah-rungsmässig die Mästung, weil, abgesehen von der leichteren Ver­daulichkeit gekochter Nahrungsmittel überhaupt, die zur thieri-schen Wärmeproduction nothwendige Verbrennung von Körper­material, besonders der Fette, dadurch herabgesetzt wird (Polar-Bewohner).
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116 Allg-emeine Aetiologie odor Lehre von den Krankheits-Ursachen.
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C. Das Getränk.
sect;. 150. Ueber die Quantität des Getränkes als Kraulc-heits-Ursache ist schon bei der Quantität der Nahrungsmittel überhaupt die Rede gewesen. Die Qualität des Wassers ist be­sonders durch dessen Gehalt an anorganischen Stoffen (phosphor­saurem und kohlensaurem Kalk, Magnesia, Chlorkalium, freier Kohlensäure und Luft) bedingt. Gewöhnliches Brunnen- und Quell- (sogen, hartes') Wasser kann von den genannten Salzen 0,4 pCt. enthalten. Wenn es mehr davon oder andere anorga­nische Bestandtheile (Glaubersalz, Jod, Schwefel etc.) in erheb­licher Quantität enthält, so bezeichnet man es als Mineralwasser. Fluss- und Regen- (sogen, weiches) Wasser, welches im Allgemei­nen von den Hausthieren dem Quell- (Brunnen-) Wasser vorge­zogen wird, enthält viel weniger Salze als das harte, destillirtes gar keine. Anhaltender ausschliesslicher Genuss von destillirtem Wasser erzeugt eine mangelhafte Ernährung des Knochengerüstes und einen der Knochenerweichung (Osteomalacia) ähnli­chen Zustand.
Man behauptet zwar, dass sehr kalkhaltiges Trinkwasser zur Bildung von Harnsteinen (oxalsaurem Kalk), Darmsteinen (phosphorsaurer Ammoniak - Magnesia) und Speichelsteinen (kohlensaurem Kalk) Veranlassung gebe, und man führt als Grund hierfür die Erfahrung an, dass jene Concremente in gewissen Gegenden, in denen das Wasser reich an Kalksalzen sei, häufiger vorkommen sollen, als an anderen Orten; aber dieser Erfahiungs-satz ist zum Theil noch nicht zweifelsfrei constatirt, da die Be­stimmungen jener Gegenden und des Kalkgehaltes ihres Quell­wassers noch sehr unvollständig und unzuverlässig sind; zum Theil ist auch nicht einzusehen, wie aus dem phosphorsauren und kohlensauren Kalk des Wassers die erwähnten Concremente ent­stehen sollten. Zuzugeben ist indess, dass bei reichlichem Kalk­gehalte des Trinkwassers unter den die Bildung der genannten Concremente veranlassenden Ursachen die letztere wegen der Gegenwart des reichlicheren Materials schneller vor sich gehen kann.
Die Beimengung lebender Infusorien und Pilze zum Getränk ist je nach der Art derselben unschädlich oder schädlich, doch fehlt es in dieser Hinsicht ebenfalls noch au hinreichend consta-
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Die ausseren Ursachen.
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tirten'Erfahrungen und stricten Versuchen. Die meisten Infusorien beschleunigen unter Entwickelung von Sauerstoff die Zersetzung der organischen Materie so sehr, dass infusorienreiches Wasser weder dem Menschen noch den Thieren nachtheilig ist. Dass manche von diesen niedrig organisirten Wesen an sich schädlich sein können, möglicherweise als Miasmen (in thierischen Flüssig­keiten als Contagien) wirken, ist indess nicht in Abrede zu stellen, sogar ziemlich wahrscheinlich. Manche Gewässer entwickeln irre-spirable Gase (Kohlenoxydgas, SchwefelwasserstofFgas etc.), be­sonders wenn organische (animalische) Stoffe in ihneE in Zer­setzung (Verwesung) begriffen sind. Alle diese Zersetzungen finden nur in stehenden Gewässern und in durch Gewitterregen entstan­dene Tümpeln Statt; sie sind auch Träger vielfacher Parasiten­keime, und entwickeln Gase, welche septische Krankheiten er­zeugen (cf. Malaria etc. sect;. 166).
D. Die Stallung.
sect;. 151. Bedingung einer guten Stallung ist zunächst eine hinreichende Grosse, weil von ihr, abgesehen von der Bequem­lichkeit des Lagers, hauptsächlich die Keinheit der Luft in der­selben abhängt. Ferner trägt hierzu bei eine gewisse Eeinlichkeit und Trockenheit des Bodens und der Wände und vor allen Dingen die Möglichkeit der Ventilation ohne fortwährenden Zug und die Lage in einer gesunden, besonders von Miasmen freien Gegend. Jedes Thier bedarf, um eine zu grosse Verunreinigung der Stall­luft durch die ausgeathmete Kohlensäure und Hautausdünstung, sowie durch die Zersctzungs-Producte anderer Excrete (Koth, Urin) zu vermeiden, eines gewissen kubischen Stallraumes, dessen Mi­nimalsatz jedoch nicht gut zu bestimmen ist, weil er von der Ventilation, zeitweisen Oeffnung der Thiiren durch Za- und Ab­gang von Menschen und von dem abwechselnden Aufenthalt der Thiere in der freien Luft (Arbeitstliiere) abhängt. Thiere, welche sich anhaltend im Stalle befinden (Mastthiere), bedürfen natürlich eines grösseren Luftraumes und einer lebhafteren Ventilation der Stallluft, als Thiere, welche regelmässig einen Theil des Tages ausserhalb des Stalles zubringen.
Durch Verunreinigung der Stallluft in Folge der An­häufung von Kohlensäure, Schwefel-Ammonium, Ammoniak, Schwe­fel-Wasserstoffgas, flüchtige Säuren etc. wird zunächst der Sauer-
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118 Allgemeine A.etioIogie oiler Lehre von den KrauUheits-Ursachen.
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stoff der Luft verdrängt und die Decarbonisation des Blutes Ibeein-trächtigt und endlich kann wegen Mangels au oxydirendem Ma­terial ein allgemeines Siechthum herbeigeführt werden. Ausserdem rufen jene Gase bei einer gewissen Concentration eine Reizung der Schleimhaut der Luftwege hervor und wirken, wenn sie ins Blut übergehen, lähmend auf die Blutkflgelchen, d. h. heben ihr Sauerstoff-Attractionsvermögen auf, so dass sie ihre Athmungs-fähigkeit verlieren.
Diese Nachtheile sind indess selten evident nachzuweisen und im Ganzen sind derartige Krankheiten jetzt nicht seltener als früher, obschon man jetzt im Ganzen Stallungen von grösserer Räumlichkeit hat.
sect;. 152. Die Temperatur der Stallluft wird gewöhnlich wegen Mangel an Raum und gehöriger Ventilation zu hoch ge­halten (über 12—150R.), nicht selten auch in der Absicht, ein glattes, feines, kurzes und glänzendes Deckhaar zu erzeugen. Der Zweck wird allerdings dadurch erreicht, aber die Haut der Thiere wird in Folge dessen gegen den Einfiuss der Kälte sehr empfindlich (verweichlicht), und da die Temperatur der Stallluft während der Nacht bis zum Morgen hin immer steigt und dann durch den Eintritt der kühlen Morgenluft plötzlich sinkt, so er­kälten sich die Thiere auf diese Weise leicht im Stalle, ohne dass der Besitzer eine Ahnung davon hat. Dazu kommt noch, dass die Stalltemperatur am Tage während der Abwesenheit der Ar-beitsthiere immer noch weiter sinkt und die echauffirten oder gar schwitzenden Thiere in den kühlen Stall zurückkehren, Verhält-nissmässig grosse Ställe haben den Vortheil, dass ihre Temperatur in Folge der erwähnten Umstände nicht so sehr schwankt, doch haben zu grosse Ställe den Nachtheil, dass sie sich bei kaltem Wetter zu langsam erwärmen (Ventilation, Matratzenstreu).
E. Die Benutzung der Hausthiere. sect;. 153. Das Arbeitsvieh leidet zum Theil durch zu grosse Anforderungen, die an seine Leistungsfähigkeit gestellt werden, zum Theil durch die mit der Arbeit verbundenen mechanischen Ein­flüsse, z. B. den Beschlag (Vernagelung, Kronentritte, Steingallen), die Geschirre (Druckscfaäden, Gehirncongestion); das Mastvieh durch übermässige Fütterung bei anhaltender Körperruhe; das Weilvieh durch Hürden, Wäsche und Schur etc. Ob es wahr
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Die ausseien Ursachen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 119
ist, dass die abnorm gesteigerte Milchergiebigkeit der Kühe dieselben zur Franzosen - Krankheit disponire, ist noch nicht er-fahrungsmässig constatirt, wäre vorläufig auch unerklärlich.
sect;. 154. Ein gewisses Verhältniss zwischen Ruhe und Be­wegung ist der Gesundheit förderlich, namentlicL erfordert kör­perliche Arbeit (auch geistige) stets eine entsprechende Zeit der Ruhe resp. des Schlafes. Im Allgemeinen wird z;i anhaltender Mangel an Bewegung (z. B. bei der Mast) hesser ertragen, als zu anhaltende Bewegung resp. Arbeit. Insofern erstere mit vermin­derter Leistung verbunden ist, besteht sie gewöhnlich mit der Auf­nahme überschüssiger Nahrung und hat dann die bereits erwähn­ten Nachtheile der letzteren. Ausserdem tritt in Folge der zu anhaltenden Ruhe eine Erschlaffung und mangelhafte Ernährung (Atrophie und fettige Degeneration) der Muskeln, Fettleber, Asthma etc. ein, denn eine gewisse Thätigkeit der Muskeln und Drüsen ist eine nothwendige Bedingung ihrer normalen Ernährung.
sect;. 155. Die Körper- oder Ortsbewegung befördert den Fluss der Lymphe und des Blutes in den Venen, besonders im Pfort­adersysteme: Mangel an Bewegung disponirt daher zur Stockung (Thrombose) in den erwähnten Gefässen. Durch den verzögerten Rückfluss des Blutes leidet die Herzaction und in Folge dessen auch der arterielle Blutlauf und die Leistungsfähigkeit sämmtlicher Organe (Erschlaffung). Ferner wird durch Körperbewegung auch die Thätigkeit des Herzens, der Athmungs-MvTskeln und der Muskel­haut des Magens und Darmkanals, sowie die sämmthcher Se- und Excretions - Organe reflectorisch angeregt. Mangel an Bewegung ist daher häufig Ursache passiver Hyperämien der Lungen, der Leber etc. und verschiedener Verdauungsstörungen. Diese nach­theiligen Folgen werden noch gesteigert durch den übermässigen Fettansatz, welcher sowohl die Bewegung des Herzens, wie die des Blutes in den Capillaren des Hinterleibes hemmt und zu se­rösen Transsudationen (Wassersüchten) Veranlassung giebt (Stuben­hunde). Werden während des Mastzustandes energische Muskel­leistungen gefordert, so sind die Muskeln theils zu schwach, theils zu schnell erschöpft, und in Folge der durch die dicken Fettlagen gehemmten Thätigkeit des Herzens und der Athmungs - Muskeln tritt leicht, namentlich bei hoher Temperatur der Luft, der Tod durch Schlagfluss oder Erstickung ein (Treiben speckfetter Thiere, Trainiren).
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Allgemeine Aetiologie odor Lebrs vom rtc-n Krankheits-Ürsacben.
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sect;. 156. Bei normaler Ernährung hat eine zu starke resp. zu anhaltende Thätigkeit der Muskeln nur die sog. Ermüdung (Prostratio) zur Folge. Die nächste Ursache der Ermüdung ist noch nicht sicher erkannt; sie kann möglicherweise in folgenden Verhältnissen begründet sein: a) Anhäufung von Oxydations-Pro-ducten (Kohlensäure, Milchsäure etc.) in den Muskeln; dabei müss-ten diese Producte in so grosser Menge gebildet werden, dass ihre Resorption mit der Production nicht gleichen Schritt halten könnte und ihre Anhäufung müsste gleichzeitig einen lähmenden EinEuss auf die Irritabilität des Muskelgewebes ausüben; oder b) Mangel an den noch unbekannten spezifischen Bestandtheilen, auf deren Oxydation die Thätigkeit der Muskeln beruht, und die während der Thätigkeit der Muskeln nicht in hinreichender Menge repro-dncirt, sondern hauptsächlich im Zustande der Ruhe vorgebildet würden, oder endlich c) Mangel an Sauerstoff, welcher durch die Thätigkeit der Muskeln in grösserer Quantität consumirt wird, als durch die Zufuhr vermittelst des arteriellen Blutes ersetzt werden kann. Wahrscheinlich wirken alle drei Ursachen zusammen; für die letztere spricht besonders der Umstand, dass die Ermüdung zuweilen sehr schnell vorüber geht, wenn die Thätigkeit nur eine kurze Zeit hindurch unterbrochen wird, und dass das aus thäti-gen Muskeln zurückkehrende Blut dunkler ist, als das andere venöse Blut.
Wird die allgemeine Körperbewegung plötzlich und anhaltend gesteigert, so tritt in Folge des lebhaften Verbrennungs-Prozesses in allen Organen, besonders in den Muskeln, zuerst eine höhere Rötbung des venösen Blutes und dann eine üeberladung des Blu­tes mit Kohlensäure. Lghrnung sämmtlicher Muskeln und Erstik-kung ein (z. B. beim zu Tode Hetzen).
sect;. 157. Zu anhaltende Thätigkeit (Anstrengung) der Muskeln ohne entsprechende Körperruhe führt bei sonst hinreichender Zu­fuhr von Ernährungs-Material zur Abmagerimg (Abgetriebenheit) und zum sog. Struppirtsein. Letzteres beruht auf einer Atrophie, Verkürzung und verminderten Elasticität der Muskeln, Seh­nen und Gelenkbänder, wodurch die Gelenke eine fehlerhafte Rich­tung (steile oder krummere Stellung) annehmen (cf. braune Atrophie).
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Die äusseren Ursachen,
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5. Psyrliische Zustände.
sect;. 158. Die psychischen Zustände oder Seelen- resp. Ge-müthsstimmungen wirken bei Thieren weit seltener und in einem viel geringeren Grade als äussere Krankheits-Ürsaciien, wie beim Menschen, und wenn sie Störungen veranlassen, so setzen sie eine bereits vorhandene hochgradige Disposition resp. Kränklichkeit vor­aus. Die excitirenden Gemüthsaffecte (Freude) sind im Allgemei­nen weniger nachtheilig, als die deprimirenden (Angst, Sehnsucht, Heimweh, Trauer, Furcht). Die ersteren haben meistens einen wohlthätigen Einfluss und können nur in höheren Graden, deren die Thieren kaum fähig sind, besonders bei bereits bestehenden nervösen Krankheiten, durch die mit ihnen verbundene Aufregung resp. Erschöpfung und Abspannung des Nervensystems nachlhei-lig werden. Zorn und Wuth sollen beim Menschen Icterus und gallige Durchfälle erzeugen, wie man annimmt in Folge einer re-flectorischen krampfhaften Zusammenziehung der Muskelfasern der Gallengänge, welche zuerst eine schnelle Entleerung der Galle und dadurch Durchfall und dann Versculuss der Gallengänge, Re­tention und Eesorption der Galle (Icterus) bewirkt.
Ferner wird behauptet, dass der Speichel wüthender (nicht wuthkranker) Thiere eine infectiöse Eigenschaft annehmen könne, in ähnlicher Weise wie der wuthkranker Thiere, aber die Rich­tigkeit dieser Behauptung ist noch nicht constatirt Dagegen scheint es begründet zu sein, dass die Milch säugender Menschen und Thiere durch Zorn, Wuth und Aerger so in ihrer Eigenschaft verändert werden kann, dass sie bei den Säuglingen Durchfall, Krämpfe, selbst den Tod herbeiführt. Die deprimirenden Gemüths­affecte haben eine Verminderung des Appetites und eine Störung der Verdauung, vielleicht durch eine verminderte Secretion des Magensaftes, der Galle etc. bedingt, zur Folge (Trennung der Jungen von der Mutter, Scheidung von gewohnter Gesellschaft, Verlust des Herrn etc.). Furcht und Angst erzeugen, wahrschein­lich durch Lähmung des Vagus, Herzklopfen, kalte, partielle (sog. Angst-) Schweisse, Lähmung der Schliessmuskeln (Sphincter ani), selbst des Herzens und dadurch plötzlichen Tod.
Dass durch Angst oder Gram plötzlich das Pigment der Haare verschwinden kann und diese grau werden, wie es vom Menschen
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192 Allgemeine Aetiologie oiler Lehre von den Krankheits-Ursachen.
(ob mit Recht?) als erwiesen angesehen wird, ist von Thieren noch nicht zweifelsfrei festgestellt.
sect;. 159. a. Der Instinct kommt nur insofern als änssere Krankheits-Ursache in Betracht, als er bei normaler Thätigkeit zur Erhaltung des Lebens und der Gesundheit beiträgt, bei unter­drückter Thätigkeit oder abnormer Richtung aber störend in das organische Getriebe eingreifen kann. Der Instinct oder Naturtrieb ist nicht eine im Organismus schlummernde besondere Kraft, wel­che nur unter gewissen Umständen erregend oder abwehrend in in die Erscheinung tritt, sondern sämmtliche instinctive Thätig-keiten sind ein nothwendiges Product der inneren Einrichtung und Function der Organe und der äusseren Einflüsse, welche letztere eine der Organisation entsprechende, m. o. w. unbewusste Sensa­tion und dadurch eine Erregung der verschiedenen Seelenthätig-keiten hervorrufen. Der Instinct ist also nur so lange ein nor­maler und Vertrauen verdienender, als die Sensation nicht krank­haft alterirt ist. Ist letzteres der Fall, so kann die instinctive Thätigkeit für den Organismus ebensowohl unzweckmässig wie zweckmässig sein. Der Instinct kann durch Thätigkeit undüebung erhöht und verschärft, durch Mangel an Uebung (Domestication) abgestumpft und irre geleitet werden. Eine fehlerhafte Richtung des Instinctes ist daher stets ein Zeichen einer krankhaften Sen­sation resp. Organisation, also eine Folge und Aeusserung eines krankhaften oder mindestens abnormen Zustandes oder Vorganges, ist aber keineswegs eine nothwendige Folge der sog. Naturheil­kraft. Sie kann sogar selbst wieder zur Krankheits-Ursache wer­den, ohne zur Linderung oder Beseitigung des die abnorme Sen­sation bedingenden Zustandes oder Vorganges etwas beizutragen.
sect;. 1GO. Abgestumpfter, mangelhafter oder fehlerhafter Instinct ist bei unseren Hausthieren Regel und hauptsächlich Folge der Domestication, dnreh welche die Thiere wegen Mangel an Uebung die Schärfe ihrer Sinne (z. B. des Geruchs) einbüssen und m. o. w. die Fähigkeit verlieren, die Eindrücke, welche beim Leben in der freien Natur ihre Handlungen leiten würden, zu empfangen oder richtig zu schätzen. Die betreffenden Organe oder deren Nerven sind dann entweder ganz zu Grunde gegangen, oder atrophirt oder auf irgend eine andere Weise in ihrer Ernährung, mithin auch in ihrer Sensibilität und Function verändert.
sect;. 161. Bei acuten fieberhaften Krankheiten besteht i. d. ß.
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Die aussereii (Trsachennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;123
ein gesteigertes Durstgefühl, dessen Befriedigung insofern zweßk-mässig ist, als mit derselben eine Herabsetzung der inneren Kör­pertemperatur, eine Verdünnung des hyperplastischen Blutes und eine Erleichterung der Se- und Excretionen verbunden ist; bei entzündlichen Leiden der serösen Häute wird dadurch aber wahr­scheinlich die Entstehung der acuten Wassersuchten begünstigt. Ebenso besteht bei denselben Krankheiten nicht selten eine derartige Alienation der Sensation, dass das Gefühl des Appetites oder Hungers nicht zur Vorstellung kommt (vielleicht in Folge der ver­minderten Absonderung der Magen- und Darmsäfte?), was aller­dings in den meisten Fällen auch für den Organismus zweckmäs-sig ist, weil jene Krankheiten i. d. R. mit Magen-Darm-Katarrh complicirt sind; aber unter manchen Umständen kann dabei in der That ein hohes Bedürfniss zum Stoffersatze bestehen, so dass der Organismus nicht unmittelbar an der Krankheit, sondern an Er­schöpfung zu Grunde geht. Ebenso kommt bei hohen Graden der Ermüdung (Erschöpfung) das Gefühl des Bedürfnisses zum Stoff­ersatze nicht zur Geltung (sog. Uebermüdung), die Sensation des Magens wird also durch dieselbe alterirt oder unterdrückt. Um­gekehrt kann auch bei anderen Krankheiten ein reger oder ab­normer Appetit bestehen, dessen Befriedigung den Kranken ganz bestimmt nachtheilig ist (acnter Verschlag, Lecksucht).
sect;. 162. b. Der Schlaf (Somnus) ist ein notwendiger physiologischer Act, welcher in einer gewissen Regelmässigkeit (Nacht — Tag) mit dem wachen Zustande abwechseln muss. Während des Schlafes ruht besonders die Seelenthätigkeit und das System der willkührlichen Muskeln; auch die Magenverdauung soll fast ganz sistiren. Das Seelen-Organ (grosse Gehirn) und dem­nächst die übrigen Central - Organe des Nervensystems werden während des Schlafes am meisten restituirt, die Muskeln aber nicht mehr, als im ruhenden Zustande überhaupt. Das Schlafbedürf-niss ist daher um so grosser, je höher die Seelenthätigkeit ent­wickelt ist (Mensch, Hund). Die reflectorischen Thätigkeiten, welche durch das Gangliensystem (Sympaticus) vermittelt werden (Circulation, Athmen, Darmverdauung, Secretionen) dauern wäh­rend des Schlafes in einem gemässigten Grade fort, ebenso der Stoffwechsel, besonders die Assimilation, der Stoffersatz; die Schmel­zung und Abnutzung organischer Bestandtheile nur in einem ge­ringen Grade.
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124 Allfremeiiie Aetiologie oder Lehre von den Krankheits-Ursachen.
sect;. 163. Als äussere Krankheits-Ursache kommt der Schlaf bei unseren Hausthieren nur insofern in Betracht, als den Arbeits-thieren (Post-, Nachtdroschken-Pferden) zuweilen die Nachtruhe regelmässig und anhaltend entzogen wird; die Nachtheile sind in-dess nicht so auffallend, wie beim Menschen, theils weil das Schlaf-bedürfniss der Thiere überhaupt nicht sehr gross, theils weil die bei Nacht arbeitenden Thiere während des Tages in den gewöhn­lich nur halbhellen Ställen in der Eegel so selten gestört werden, dass sie sich bald daran gewöhnen, bei Tage zu schlafen. Wenn dieses nicht der Fall ist, wird ein fortgesetzter Nachtdienst aller­dings mangelhafte Ernährung, verminderte Leistungsfähigkeit und geschwächtes Resistenz-Vermögen gegen schädliche äussere Ein­flüsse zur Folge haben.
sect;. 164. Die Schlaflosigkeit (Pervigilium) sowohl, wie die Schläfrigkeit (Somnolentia) und die Schlafsucht (Coma, Sopor) sind Symptome von Störungen im Central-Ner-vensysteme, können aber auch gleichzeitig wieder Ursache ihrer Steigerung, oder der Entstehung von Complicationen und dergl., werden. Die Schläfrigkeit sowohl, wie die Schlafsucht sind übrigens bei Thieren so seltene Krankheits-Erscheinungen, dass sie als Krankheits - Ursachen nicht, sondern nur in diagnostischer und prognostischer Beziehung in Betracht kommen.
sect;. 165. Selbst der sog. kritische Schlaf bei fieberhaften nervösen Krankheiten kann nicht als die Ursache der Genesung, sondern nur als die Folge des Beginnes derselben, d. n. als ein Symptom des Nachlasses der krankhaft erregten Sensibilität und Irritabilität angesehen werden, in Folge dessen nun das i. d. R. sehr hohe Schlafbedürfniss befriedigt und die Restitution des Ner­vensystems eingeleitet, werden kann. Daher die oft an's Wunder­bare gränzende Freiheit der Gehirnfunction und Kräftigung des Muskelsystems nach einem solchen i. d. R. tiefen und anhaltenden, erquickenden Schlafe. Schlaflosigkeit würde unter solchen Ver­hältnissen allerdings ein erhebliches Genesungs-Hemmniss bilden.
6. Contagirn und Uliasmen.
sect;. 166. Wenn eine grössere Anzahl Thiere (auch Menschen) zu derselben Zeit in gleicher Weise erkrankt, so nennt man diese Krankheit eine Epizootic (oder Epidemie), d. i. Landesseuche. Kehrt dieselbe Krankheit an einem begrenzten Orte öfter wieder,
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lgt;io iusseren [Trsachen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 125
so bezeichnet man sie ais eine ortseigne Krankheit oder Enzoo-tie. Eine Contagiosität der Krankheiten ist für diese Bezeichnungen nicht erforderlich; sie können durch die gewöhnlichen, in. o. w. bekannten Ursachen entstanden sein (Rheumatismen, Katarrhe, Erysipele etc.^, welche man eigem hümlichen Witterungs-Constitu-tionen zuschreibt (cf. Genius epizooticus sect;. 186). Sobald diese Krankheiten in grosser Zahl und Ausdehnung auftreten, hat man das Recht, sie als Epizootien zu bezeichnen. Gewöhnlich begreift man aber nur solche Krankheiten darunter, als deren Ursache man nicht die gewöhnlichen (#9632;atmosphärischen und diätetischen) Ursa­chen betrachten kann, sondern einen unbekannten spezifischen Stoff — eine Art von Gift (Virus) — anzunehmen gezwungen' ist, um die grosse Ausbreitung einer und derselben Krankheit zu erklären. Dieser Stoff ist uns nur durch seine Wirkungen bekannt; er muss aber als ein bestimmter Stoff von spezifischer Wirksamkeit vor­ausgesetzt werden, weil diese Krankheiten entweder nur von ge­wissen schon ähnlich erkrankten Individuen oder nur zu gewissen Zeiten von bestimmten Orten ausgehen und auf dieselbe Weise sich weiter verbreiten, und weil die Krankheiten derselben Kategorie sich äusserst ähnlich verhalten. Ausserdem haben diese Krank­heiten (besonders beim Menschen) das Eigenthümliche und Ge­meinsame, dass deren Zufälle meistens in Haut- oder Schleim­haut-Erkrankungen bestehen und mit Fieber verlaufen. Bei den Thieren machen die Rotzkrankheit (?), der Anthrax, die Lun­genseuche und Hundswuth eine Ausnahme von dieser Regel.
Als Panzootien bezeichnet man solche miasmatische Krank­heiten, wrelche sich gleichzeitig über ganze Länder und Länder-Complexe und über mehrere Thiergattungen erstrecken, wo und bei welchen sie für gewöhnlich nicht heimisch sind. Die Rinder­pest bleibt daher selbst bei der grössten Ausbreitung eine Epi-zootie, weil sie sich (wenigstens in Europa) nur durch ein Con-tagium verbreitet, also nicht durch miasmatische Einflüsse entsteht und sich auf die Wiederkäuer beschränkt. Panzootien in dem obigen Sinne kommen, aussei- der Aphthenseuche, welche in man­chen Jahren zahme und wilde Thiergattungen mit gespaltenen Klauen, zuweilen auch Einhufer und Geflügel, über grosse Länder-districte befällt (1869), eigentlich nicht vor. (Cholera?)
sect;. 167. Bei der Verbreitung der Krankheiten durch Infection oder Contagion zeigen sich mannigfache Unterschiede in Bezug
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126 Allgemeine Ä.etiologie oder Lehre von den Krankheits-Ursachen.
auf den Entstehungsort des unbekannten Virus. Entsteht derselbe nur in kranken Thieren und vermag er sich nur von Individuum zu Individuum zu verbreiten, so nennt man die Krankheit speziell, d. h. aussehliesslich, eine ansteckende oder contagiöse, den noch unbekannten Stoff Ansteckungsstoff (Contagium), den Vorgang selbst Ansteckung (Contagio) und solche Krankheiten, welche sich nur durch Ansteckung verbreiten und deren anderweitige Entstehung nicht nachgewiesen werden kann, Contagionen. Wird aber das unbekannte Agens, welches eine Krankheit in grösserer Ausbreitung erzeugt, im Erdboden oder an gewissen Oertlichkeiten (Luft, Wasser etc.), d. h. ausserhalb des thierischen Organismus, erzeugt und weiter verbreitet, so dass ein Thier in-ficirt werden kann, ohne mit einem bereits in ähnlicher Weise er­krankten Thiere in mittelbare oder unmittelbare Berührung ge­kommen zu sein, oder so, dass das erkrankte Thier die Krankheit überhaupt nicht weiter verbreiten kann, weil diese das Virus nicht reproducirt (z. B. Wechselßeber), so bezeichnet man den Stoff, welcher die Krankheit erzengt hat, als Miasma, Malaria. Es giebt daher ausser den nicht durch Infection entstehenden Krank­heiten: rein miasmatische, miasmatisch-contagiöse und rein contagiöse Krankheiten. Bei den miasmatisch-contagiösen Krankheiten wird das muthmaasslich von der Erde ausgehende Virus im Körper der Thiere reproducirt. Das Miasma unterscheidet sich also vom Contagium lediglich durch die Verschiedenheit des Entstehungsortes; in ihrer Wirkung und wahrscheinlich auch in ihrer Wesenheit sind aber beide dieselben Stoffe. Bei den rein miasmatischen Krankheiten wird der Stoff nur ausserha'b, bei den rein contagiösen nur innerhalb des Organismus producirt (Rinder­pest, Eotz, Pocken, Lungenseuche, Hundswuth, Beschälkrankheit? Aphthen? Masern? Scharlach? und die Syphilis d. M.). Diese Krankheiten entstehen und werden weiter verbreitet nur durch unmittelbare oder mittelbare Berührung mit einem in ähnlicher Weise erkrankten Individuum oder mit dessen Effluvien, und es ist nicht nachweisbar, dass in der Erde oder sonstwo in der Natur ein Virus bestehe oder erzeugt werde, welcher diese Krank­heiten zu erzeugen vermag. Auch von den Miasmen nimmt man an, dass sie niemals in der freien Natur spontan entstehen, son­dern nur unter gewissen Umständen massenhafter und in grösserer Ausdehnung erzeugt, also nur vermehrt werden, dass sie aber immer,
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Die änssoren Ursachen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;127
weuu auch in geringer, wirkungsloser Quantität vorhanden sind. Man will also auch weder den Miasmen, noch den Contagien eine Generatio aequivoca zugestehen.
Zu den rein miasmatischen, nicht ansteckenden Krankheiten gehörea die intermittireuden (sog. Wechsel- oder Malaria-) Fieber (das enzootiscbe Blutharnen?).
Miasmatisch-contagiüse Krankheiten, welche sich auf beiden Wegen verbreiten, sind: Typhus. Anthrax, Febris puerperalis d. M.?, Cholera?.
(Anm.: Die Contagien unterscheiden sich also dadurch we­sentlich von den Giften (Venenum), dass jene Froducte einer Krankheit sind, in anderen Organismen dieselbe Krank­heit wieder erzeugen und sich dadurch bis ins Unendliche vervielfältigen können. Gifte sind dagegen normale Froducte aus allen Naturreichen (Schlangengift, Opium, Arsen), und sie erzeugen in Thiere gebracht Krankheiten, durch welche sie nicht rcproducirt werden. Es ist daher incorrect, von einem Rotz-, Hundswuth- etc. Gift zu sprechen.) sect;. 168. Manche rechnen mit Unrecht noch hierher: 1) die­jenigen Krankheiten, welche nicht selten mehrere Thiere einer Nachkommenschaft in mehr oder weniger bestimmten Lebensjahren befallen und bei denen sicher oder wahrscheinlich eine Vererbung der Anlage stattfindet (Tuberkulose, Feiisucht, Skrophuiose, Krebs, Traberkrankheit); ferner 2) auch manche Krankheiten oder Krank-heits-Erscheinungen, welche durch eine Art Nachahmung weiter verbreitet werden (Koppen, Wollfressen, Lecksucht?, Gähnen), und 3) die Farasiten-Krankheiten, erzeugt durch thierische oder pflanz­liche Farasiten (Milben, Trichinen, Finnen, Ecchinococcen, Blasen-und Bandwürmer, Leberegel; Soor- und Favus-Filze etc.), und endlich 4) die sog. purulent-contagiösen Krankheiten, d. i. solche Affectionen, bei denen Eiter oder Jauche das Virus bildet, dessen Uebertragung aber nur in bestimmten Organen haftet und stets nur locale Störungen verursacht (Strahlkrebs, Mauke und Brand­mauke, bösartige Klauenseuche, Tripper, Feuchtwarzen).
sect;. 169. Das inficirende Agens ist bis jetzt bei keiner der miasmatischen und contagiösen Krankheiten für sich isolirt dargestellt werden, doch ist nach den neuesten Untersuchungen (besonders von Hallier in Jena) mit grösster Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sie organisirte Wesen sind, welche der Filz-
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allgemeine Aetiologio oder Lehre von den Krankheits-Ursacbeo,
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gattuug augehören. Bei den meisten contagiösen Krankheiten kennt mau indess die thierischen Säfte, an denen die Contagien vorzugsweise haften (Vchicula), ziemlieh genau. So weiss man, z B., dass dieses bei der Rotz-Wurmkrankheit in dem Abson­derungsprodukte der Geschwüre, bei den Pocken in der serösen Flüssigkeit der Pusteln, bei der Hundswuth im Speichel, bei der Rinderpest in den Darmdejectionen, bei der Lungenseuche in der ausgeathmeten Luft (und in dem serösen Transsudat in den Lun­gen?) in grösster Intensität enthalten ist. Man weiss das, weil man durch absichtliche Uebertragung dieser Vehikel auf andere Thiere (Impfung, Inoculatio) ziemlich regelmässig ganz dieselben örtlichen und allgemeinen Erscheinungen in derselben Reihenfolge auftreten sieht, wie sie bei den kranken Thieren, deren Vehikel man als Impfstoff benutzt hatte, bestanden (Lungenseuche ?). Die Vehikel der rein miasmatischen, nicht contagiösen Krankheiten sind gar nicht, und die der miasmatisch-contagiösen Krankheiten nur zum Theil bekannt; z. B. das Vehikel des Anthraxmiasma kennen wir nicht, aber das Contagium des Anthrax ist an das Blut und besonders an den Inhalt der Carbunkeln gebunden; das Vehikel des Influenza-Contagium ist ebenso unbekannt (ausge-athmete Luft?), wie das der Malariafieber etc.
sect;. 170. Die mikroskopische Untersuchung und die chemi­sche Analyse der Vehikel hat noch keine bestimmten Unterschiede von den gleichnamigen Ab- und Aussonderungen (Eiter, Schleim, Se­rum) anderer nicht ansteckender Krankheiten dargethan. Nur so viel hat sich durch die Erfahrung herausgestellt, dass gewisse chemische Reagentien, wie Chlor, Sublimat, Alkaliea, Carbol-säure etc., so wie Hitze und Kälte, welche alle organischen Ma­terien, auch die Eiter- und Schleimkügelchen zerstören, die An­steckungsfähigkeit der Vehikel aufheben. Einzelnen Contagien ist auch ein besonderer Geruch zugeschrieben worden, aber es ist gar nicht zu beweisen, dass wenn diese an sich sehr zweifelhafte Thatsache auch als möglicherweise richtig zugegeben werden könnte, die betreffende Geruchsempfindung wirklich durch das Contagium und nicht durch anderweitige Dejeetionen und Evaporationen der Kranken erzeugt werde.
sect;. 171. Die Theorie der Infection ist, wie sich aus Vorstehendem leicht ergiebt, noch ganz bodenlos. Manche nehmen vegetabilische oder animalische Parasiten, ein belebtes Contagium
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Die ausseien Ursachen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;129
(C. animatum), ak Ursache der miasmatischen und contagiösen Krankheiten an (Parasitenlhcorio von Hallier). Andere (Liebig) betrachten sie als einen der Gährung ähnlichen Vorgang und nennen deswegen die durch Infection erzeugten Krankheiten zy-motische oder Gährungskrankheiteii. Aber alle diese Theorien sind nur Hypothesen oder Analogien, welche .das über den Vor­gang der Infection verhängte Dunkel nicht aufzuklären im Stande sind, so lange die Parasiten oder die Fermentstoffe selbst, oder die Producte der Gährung nicht bestimmt erkannt oder dargestellt worden sind. Die Möglichkeit der unbegrenzten Vermehrung der Contagien bietet allerdings eine grosse Analogie mit der Frucht­barkeit der Parasiten und der Wirkung der Feimente. Diese Theorien tragen aber nichts zum Verständnisse der Infection und der mit ihr verbundenen organischen Veränderungen bei.
sect;. 172, In neuester Zeit sind in fast allen Vehikeln der contagiösen Krankheiten Pilze entdeckt worden, in welchen man das contagiöse Agens gefunden zu haben glaubt. Man ist in Folge dessen sehr zu der Annahme geneigt, dass alle Contagien belebte Wesen von bestimmter Form seien. Diese Annahme hat insofern viel für sich, als in gewissen Vehikeln immer bestimmte Pilzformen gefunden werden, so dass sie nicht füglich als zufäl­lige Bildungen angesehen werden können. Dennoch ist der Schluss, dass diese Pilze das Contagium selbst seien, nicht sicher begrün­det, weil es ebensowohl möglich ist, dass jene Vehikel nur den geeigneten Boden für bestimmte Pilzt'ormalionen abgeben und dass diese erst nachträglich in das Vehikel gelangen und sich in dem­selben vermehren.
sect;. 173. Eben so wenig wissen wir von der Entstehungs-art und Reproduction der Contagien und von dem Zustande­kommen der Infectionskrankheiten. Höchst wahrscheinlich ist die­ses bei jeder Krankheit verschieden. Von manchen Contagien nimmt man an, dass sie nur einmal erschallen worden sind, nie­mals ausserhalb des thierischen Organismus erzeugt oder repro-ducirt werden und dass sie sich seitdem von Individuum zu In­dividuum fortpflanzen (permanentes Contagium, Contagium per-manens sive communicativum, Rinderpest, Syphilis); von anderen, dass sie nur selten in der freien Natur ausserhalb thierischer Organismen wieder erzeugt werden (Rotz, Lungenseuche, Pocken) und von noch anderen, dass sie auch noch in der Jctzt-
Röhne, ullg. Vcterin. f'aiii.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; a
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130 Allgemeine Aetiologie oder Lehre von den Krankbeits-Ursachen.
zeit beständig in der freien Natur wieder erzeugt werden (An­thrax), so dass mithin ein stufenweiser Uebergang von den reinen Contagien zu den Miasmen stattfinde und dass das Virus der miasmatisch - contagiösen Krankheiten, gleich ob es als Miasma im Boden oder als Contagium in Thieren erzeugt worden, immer derselbe spezitische Stoff sei und im Wesentlichen immer dieselbe Krankheit erzeuge, wenn auch die Reaction des thierischen Or­ganismus nach dem Orte und der Dauer der Einwirkung und nach der Quantität des übertragenen Virus modificirt werde.
sect;. 174. Alle Contagien besitzen in einem höheren oder min­deren Grade die Fälligkeit, ihre Wirkungskraft einige Zeit hin­durch, während welcher sie an ihren Vehikeln haften, aber von den Thieren, in denen sie wiedererzeugt wurden, getrennt sind, zu bewahren (Tenacität). Einige wirken nur in der Nähe ihrer Erzeugungsstatte (per eontactum), andere vermögen in der Ferne zu wirken (per distans). In allen Fällen, das Contagium mag fix oder flüchtig sein, ist aber die Berührung des Contagium mit ei­nem Organisnras erforderlich, wenn eine Infection erfolgen soll.
sect;. 175. Die Eintheilung der Contagien in fixe (Contagia fixa) und flüchtige (C. volatilia sive halituosa) beruht im Wesentlichen nur auf dem Aggregatzustande ihrer Vehikel, welche im ersteren Falle flüssige (Eiter, Sehleim) oder mehr oder weniger feste, palpable, im letzteren Falle aber gasförmige Kör­per (Athem, Hautausdünstung etc.) sind. Jene wirken nur bei mittelbarer oder unmittelbarer Berührung (oder Einimpfung) des Vehikels, d. i. des spezifischen Krankheitsproductes, mit einem anderen thierischen Organismus; diese auf geringere oder grössere Entfernung, in der die Luft als Zwischenträger dient. Wenn indess die flüssigen oder mehr oder weniger festen Vehikel durch Zwischenträger (z. B. Eisenbahnen) zufällig weit verschleppt wer­den, so kann auch ein fixes Contagium in grosser Entfernung von seiner Ursprungsstätte wirken (Rinderpest etc.). Daher besteht keine feste Grenze zwischen den fixen und fiüehtigen Contagien. Sie können wahrscheinlich alle unter gewissen Umständen fix oder flüchtig sein (Syphilis?): nur sind die einen mit fixen, die anderen mit gasförmigen Vehikeln leichter übertragbar, die Contagien selbst aber wahrscheinlich alle mehr oder weniger fest.
sect;. 170. Ferner ist zur Wirksamkeit der Contagien eine ge­wisse Quantität und Concentration erforderlich, denn die Er-
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i)iü äusseren Ursachen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 131
fahrung lehrt, dass eine Impfung- mit dem Minimo eines Vehikels nicht haftet und dass letzteres durch Verdünnung mit Wasser oder Luft gleichfalls unwirksam wird. Aus demselben Grande ist der das kranke Thier umgebende Raum, in welchem Süchtige Con-taglen sich wirksam zu erhalten vermögen, der sogenannte in-fectionsfähige Dunstkreis, in der Regel nicht sehr gross, weil die Contagien durch Zerstreuung in der Luft zu sehr verdünnt werden. Wahrscheinlich übt aber auch der Sauerstoff der Luft eine chemisch zersetzende Wirkung auf alle Contagien aus und hebt dadurch ihre spezifische Infectionsfähigkeit auf. Die meisten Contagien werden durch einfache Eintrocknung ihrer Vehikel un­wirksam, manche von ihnen werden jedoch durch Wiederanfeuchten, wenn nicht eine zu lange Zeit unterdess verstrich, wieder wirkungs-fähig (Rinderpest, Rotz, Anthrax); endlich ist auch anzunehmen, dass die Fiiulaiss alle Contagien zerstört. Besonders von der Wi­derstandsfähigkeit der Vehikel und Contagien gegen die erwähnten Einflüsse (Verdünnung, Verflüchtigung, Eintrocknung, Oxydation und Fäulniss) hängt die Lebenszähigkeit der Contagien ab. Die Dauer ihrer Wirkungsfähigkeit kann sich daher bei gewisser Ab­geschlossenheit (hermetische Aufbewahrung) bei etwas Feuchtig­keit und mittler Temperatur (z. B. in dor Erde) auf einige Jahre erstrecken.
sect;. 177. Die Aufnahme der Contagien geschieht bei natür-licher Infection, je nachdem sie m. o. w. flüchtig sind, entweder durch die äussere Haut und die angrenzenden Schleimhäute oder durch die Schleimhaut der Luftwege und durch die Alveolen der Lungen, selten durch den Verdauungsapparat, Fast alle Conta­gien, mit Ausnahme des vom Anthrax, werden durch die Ver­dauungssäfte zerstört. Zur Wirkung der fixen Contagien ist mei­stens eine Entblössung der Haut oder Schleimhaut von der Epi­dermis oder dem Epithel erforderlich; eine Ausnahme macht wie­derum nur das Anthraxcontagium. Das Huudswuthcontaginm muss dagegen, um wirksam zu sein, wahrscheinlich direct mit einem Lymphgefässe oder mit einer Vene in Berührung kommen, also, wie das Schlangengift, unter die Haut gelangen.
sect;. 178. Orte, an denen viel Miasma oder Contagium vorüber­gehend oder permanent producirt wird und angehäuft ist, bezeich­net man als Infectionsheerde.
sect;. 170. Die Reproduction der Contagien findet wahr-
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132 Allgemeine Aetiologie odor Lehre von den Krankheits-Ursachen.
spheinlich in tillen Stadion der contagiösen Krankheiten Statt, jedoch ist dieses von dem sogenannten latenten Stadium nicht zu erweisen resp. unwahrscheinlich (Huudswuth); jedenfalls scheint es in dieser Zeit noch nicht nach aussen wirksam zu sein, wenn es sich im inneren des Organismus auch schon reproduciren sollte (Pocken). Am meisten wirksam ist das Contagium in der Regel auf der Höhe der Krankheiten, doch kann es auch nach Ablauf derselben, während und selbst nach dem Genesungsstadium, noch wirksam sein, hat dann aber wahrscheinlich nur noch zufällig an der ümfläche des Körpers gehaftet (Lungenseuche).
sect;. 180. Jedes Contagium hat wahrscheinlich eine gewisse An­ziehung (Prädilection) für ein bestimmtes Gewebe,- welches nach der Infection wieder die Hanptquelle seiner Reproduction bildet, von welcher aus der ganze Organismus infieirt wird (Pocken-, äussere Haut, Rotzkrankheit — äussere Haut und Schleimhaut der Luftwege, Rinderpest — Schleimhaut der Luft- und Verdau­ungs-Wege, Milzbrand — Milz, Lungenseuche — Lungen, Hunds-wuth — Speicheldrüsen etc.).
sect;. 181. Die Disposition zur Ansteckung besteht in der Regel, wenn auch in einem verschiedenen Grade, bei allen Thieren der entsprechenden Gattung, so lange sie noch nicht durchgeseucht sind. Ein einmaliges Ueberstehen einer ansteckenden Krankheit sichert auf kürzere oder längere Zeit, selbst auf die Lebensdauer vor wiederholter Infection (Pocken, Rinderpest, Lungenseuche?). Hierin ist vorzüglich der Nutzen der Impfung begründet. Wo jene Tilgung der Anlage nicht stattfindet, ist entweder der Tod die unabwendbare Folge (Rotz, Hundswuth), oder wenigstens die Krankheit durch Naturheilkraft nicht heilbar (bösartige Klauen­seuche?). Denn das Durchseuchen ist nur möglich durch Tilgung der Empfänglichkeit des Organismus für das von ihm selbst re-producirte Contagium, und wo die Empfänglichkeit nicht getilgt wird, muss die Reproduction des Contagium entweder bis zur Vernichtung des Organismus fortschreiten, oder fortwährend an­dauern. Constitution (Alter?), Lebensweise, Geschlecht etc. hat auf die Disposition zur Ansteckung fast gar keinen Einfluss, wohl aber auf den Grad, den Verlauf und die Dauer der durch dieselbe erzeugten ansteckenden Krankheit selbst.
sect;. 182. Der Moment der Ansteckung ist niemals mit be­sonderen objeetiv wahrnehmbaren Erscheinungen begleitet, daher
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Die äussereu Uisuchen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; lo3
auch uiclit mit Sicherheit festzustellen, sondern immer uur auf die zur Ansteckung gebotene Gelegenheit zurückzuführen. Mit annähernder Sicherheit kann dieser Moment dann näher bezeich­net werden, -wenn die Infection in Folge einer Impfung stattfand; jedoch ist auch dann noch die Möglichkeit nicht aus/uschliessen, dass zwischen der Impfung und der Infection des Gewebes oder des Organismus noch eine kürzere oder längere Zeit verstreicht.
sect;. 183. Zwischen dem Momente der üebertragung des Con-tagium resp. der Infection und dem äusserlich walnnehmba-ren Auftreten der ersten Krankheits-Erscheinungen liegt bei allen ansteckenden Krankheiten ein kürzerer oder längerer Zeitraum, iu welchem das inficirte Thier noch vollkommen gesund erscheint, d.i. das verborgene Stadium oder das der Latenz (St. in-cubationis). Was in dieser Zeit mit dem inöcirenden Contaglum und in dem infidrten Organismus vorgeht, ist unbekannt. In den meisten Fällen beginnt gewiss sehr bald nach der üebertragung des Contagium dessen Resorption und Reproduction. Eine be­merkbare Störung der Gesundheit tritt aber nicht eher ein, bis dieser Prozess einen gewissen Grad und Umfang erreicht hat und das reproducirte Contagium angehäuft ist. Hinsichts vieler con-tagiöser Krankheiten, besonders der acuten, besteht für diese Pe­riode eine gewisse gesetzmässigeDauer (Pocken, Rinderpest), bei anderen so wenig (Ilundswuth), dass man allerdings zu der An­nahme gezwungen ist, dass manche Contagien ohne örtliche Wir­kung an der Infectionsstelle und ohne Reproduction längere Zeit hindurch unverändert (oder einer Metamorphose unterliegend?) in dem infidrten Organismus (an der Infectionsstelle ?) ruhen können.
sect;. 184. Die Symptome der ansteckenden Krankheiten ha­ben im Ganzen nichts Gemeinschaflliches. Die ersten sind zu­weilen Localerscheinuugen an der Infectionsstelle (ilundswuth, Wurmkrankheit,), oder es sind nur solche, welche man als allge­meine Prodrome schwerer fieberhafter Krankheiten zu beobachten pflegt. Ihr Verlauf ist theils ein gleichmässiger und anhaltender, theils ein regelmässig ansteigender und nachlassender, theils ein ausgeprägt typischer oder cyklischer (Pocken), theils ein acuter, theils ein chronischer(Rotzkrankheit), theils beides zugleich (Lun­genseuche).
sect;. 185. Die geographische Verbreitung der miasma-
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Allgeiueuia Aetiologie oder I,eine vim (ion Kraukheits-Ursacbeja.
tischen uucl contagiösen Thierkiankheitea ist leider nucli sehr uu-vollständig erforscht.
Die Kotz - Wurmkrankheit der Pferde scheint ziemlich gleich-massig über den ganzen Erdball vertheilt und von klimatischen Verhältnissen fast unabhängig zu sein. Die Influenza kommt be­sonders in Mittel-Europa, in grossen Städten und in Ostpreussen vor. Die Lnngcnseuche scheint nur in den mitteleuropäischen Staaten (Deutschland mit Ausnahme von Mecklenburg, in der Schweiz, in Holland, Belgien und England) einheimisch zu sein und sich lediglich als Contagion zu erhalten. Die Rinderpest scheint in den südöstlichen asiatischen Ländern entweder einhei­misch zu sein, oder dort auf miasmatischem Wege zu entstehen und verbreitet sich von dort aus mit den Adern des Verkehrs in­vasionsweise fast über die ganze Erdoberfläche. Der Anthrax der Pferde kommt am häufigsten im nördlichen Russland (sibirische ßeulenseuchc), bei Kindvieh und Schafen als Enzootie in der Provinz Sachsen, sporadisch überall vor. Die Schafpocken sind am meisten in Spanien, Prankreich und in den deutschen Provin­zen quot;Westpreussen, Pommern und Brandenburg zu Hause. Die Hundswuth tritt als Enzootie, selbst als Epizootie zu verschiede-denen Zeiten in verschiedenen Gegenden auf, ohne dass irgend ein ursächlicher Zusammenhang mit Witterungs- oder sonstigen kosmisch-tellurischeu Einflüssen aufzufinden wäre. Wahrscheinlich verbreitet sie sich nur als Contagion.
sect;. 186. Temperatur und Jahreszeiten haben auf die contagiösen Krankheiten und den Seuchengang im Allgemeinen wenig Einfluss; dagegen sind die ökonomischen, Züchtungs- und Verkehrs-Verhältnisse für die Richtung und Grosse jener Ausdeh­nung von grösster Wichtigkeit. Hierauf beruht meistens der von Osten nach Westen gerichtete Seuchengang der Rinderpest und Aphthenseuche. Anthrax und Hundswuth sind im Sommer häufi­ger, als im Winter; die Rotzkrankheit ist im Herbst, Winter und Frühjahr häuliger als im Sommer etc. Wahrscheinlich beruhen diese Verschiedenheiten lediglich darauf, dass die Contagien in diesen Jahreszeiten sich besser conserviren, oder vermöge ihrer Flüchtigkeit mehr Gelegenheit zur Infection iinden. Dass diese Ver­hältnisse die Empfänglichkeit für das Contagium bei den Thieren erhöhen sollten, ist mindestens sehr unwahrscheinlich. Bei der Rotzkrankheit kommt auch noch in Betracht, dass die in den
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Die äusseren Ursachen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1 35
betreffenden Juhreszeitun herrschenden Katarrhe die Krankheil leich­ter in die Erseheinnng treten lassen. Trockene und warme Lult scheint auf die Entwickelung der Rotzkrankheit einen liemmenden Einfluss auszuüben.
Ausserdem zeichnen sich die contagiösen, miasmatischen und miasmatisch-contagiösen Krankheiten dadurch aus, dass die ein­zelnen Seuchengänge gewisse Modificationen erleiden, welche zum Theil die Intensität der Contagiosität, zum Tlieil ihre Gut- oder Bösartiskeifc (Mortalität), zum Theil das ungewöhnliche Hervor­treten einzelner Symptome oder Complicationen betreffen, d. h. die Euzootien und Epizootien haben zu verschiedenen Zeiten einen besonderen Genius epizooticus, ohne dass man einen genü­genden Grund hierfür anzugeben vermag (Pocken, Lungenseuche, Influenza). Man nimmt an, dass das Virus zu verschiedenen Zei­ten einer Modification unterliege, und dass die Anlage bei den Thieren im Ganzen Schwankungen ausgesetzt sei. So scheint die Erfahrung dafür zu sprechen, dass die Schafpocken dann am in­tensivsten auftreten, wenn sie lange in einer Gegend nicht ge­herrscht haben. Dieses mag indess wohl grosstentheils in dem Vor­handensein einer grösseren Anzahl nicht durchgeseuchter Tliiere beruhen. Auch ist es nicht unwahrscheinlich, dass das Durchseu­chen noch einen mildernden Einfluss auf die Ankge späterer Ge­nerationen hat, so dass die Anlage sich in diesen allmählig steigert. Die Lungenseuclie ist entschieden milder geworden, seitdem sie sich eingebürgert hat, obschon sie in einzelnen Jahrgängen, selbst an ein­zelnen Oertlichkeiten sich durch-eine aussergewuhulk-he Bösartig­keit auszeichnet. Die Influenza zeigt nicht nur zu gewissen Zei­ten und in manchen Gegenden eine erhebliche Modification ihrer Gut- oder Bösartigkeit, sondern gewisse Seuchengänge zeichnen sich sogar durch Hervorragung einzelner Symptome und durch seltenere Complicationen aus.
Für solche Fälle ist man zu der Annahme gezwungen, dass unbekannte epizootische oder enzootische Hülfsursachen mit im Spiele sind, welche entweder das Virus weniger oder zu einer in­tensiveren Wirksamkeit gelangen lassen, oder die Empfänglichkeit für dasselbe abschwächen oder steigern, oder einen locus minoris resistentiae bedingen (Augen- und Sehnen-Entzündung, Bräune bei Influenza).
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Allgcmeiuc Aeliologie oder Lehre vuii don Kfaiiküeits-Ursauhei)
7. Der Krnnkhcitscharakter.
sect;. 187. DerKrankheitseharakter (Genius epizooticus,
Constitutio morbi epizootica, enzootica, annua). Diese Bezeichnungen beziehen sich hauptsächlich auf das häufigere Auf­treten gleichartiger Krankheiten zu gewissen Zeiten (Constitutio morbi annua) oder an gewissen Orten (C. m. epidemica); theils aber auch auf die Gut- oder Bösartigkeit und das auffallende Her­vortreten einzelner Symptome; theils auf das Vorwalten entzünd­licher, rheumatischer, gastrischer, nervöser, putrider, typhöser, esanthematischer etc. AÜ'ectionen. Die Ursachen, auf welche diese Verschiedenheiten des herrschenden Krankheitscharakters beruhen, sind bis jetzt nur noch sehr mangelhaft erforscht; für die Prognose und Therapie ist seine Beachtung aber von grosser Wichtigkeit.
sect;. 188. Durchschnittlich ist der Krankheitscharakter bei an­haltend niedrigem Barometerstande, bei Süd- und Westwinden, im Sommer, sowie in nassen Wintern und in der heissen Zone der putride, typhöse, biliose, gastrische, auch exanthematische; bei anhaltend hohem Barometerstände, Nord- und Ostwinden, in kal­ten, trockenen Wintern und heissen Sommern, sowie in der mitt­leren und kalten Zone der entzündliche und rheumatische (cf. sect;. 119).
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Theil III.
Allgemeine pathologische Anatomie und Physiologie,
Pathogenia.
sect;. 189. Dieser Theil begreift in sich die Lehre von den ört­lichen Störungen, d. h. den eigentlichen pathologischen Prozessen. Diese bestehen in Anomalien der Ernährung (Nutritio), der Bildung (Formatio) und der Verrichtung (Fuuctio). Diese drei einzigen Formen der Lebeusitusserung sind in ihrem letzten Grunde durch die den Organismus constituirenden Formelemente, die Zellen, bedingt. Jedes organische Gebilde entsteht, besteht und fungirt durch Zellen, welche entweder einfach an einander gereiht oder durch eine sehr geringfügige Bindesubstanz (Zellen­kitt) zusammengefügt sind (Epithelien, Drüsen); oder zwischen den einzelnen Zellen befindet sich noch eine besondere Zwischen­substanz (Intercellularsubstanz, Cytoblasteraa), die im Vergleich zur Menge der Zellen i. d. 1!. überwiegt (Binde-, Knorpel , Kno­chen-Gewebe), oder endlich die Zellen haben zum Zwecke beson­derer Function eine höhere Aus- und Umbildung erfahren, wodurch sie im fertigen Gewebe kaum noch als Zellen zu erkennen sind (Muskel-, Nerven-Zellen). In allen Fällen sind allein die Zellen die functionirenden Elemente der Organe und gehen alle Func-tionen von ihnen aus. Die Intercellularsubstanz ist an sich func-tionslos und in allen Beziehungen von den Zellen abhängig, als deren Erzeugniss sie überhaupt zu betrachten ist.
sect;. 190. Jede vollständige Zelle besteht aus der äussereu Membran, dem Inhalte (Protoplasma) und dem Zellenkern (Nucleu)s mit dem Kernkörperchen (Nucleolus). Die
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Allgemeine patbologische Auatomie
Membran ist indess Jiiclit immer eine für sich bestehende isolir-bare Haut, soudern sie wird oft mir durch die etwas verdichtete äussere Schichte des Protoplasma dargestellt und geht unmerklich in dieses über. Sie stellt dann also nur die äussere Grenze des letzteren dar.
sect;. 191. Die Membran oder äusserste Protoplasmaschichte dient dazu, die Zelle in ihrer Form zu erhalten, Ernährungsmate-rial aus der Nachbarschaft aufzunehmen, in das Innere der Zelle eindringen zu lassen und an die Nachbarschaft wieder abzugeben. Diese Function beruht nicht lediglich auf den Gesetzen der me­chanischen Durchtränkung (Diffusion, Endosmose und Ex-osmose), sondern grösstentheils auf einer activen (vitalen) An­ziehung und Abstossung, welche bei jeder Art der Zellen etwas Spezifisches hat. Die Membran ist mithin nicht nur ein Theil, sondern ein Organ, welches die Erhaltung, das Wachsthum, kurz die Ernährung (Kutritio) der Zelle vermittelt. Erkrankungen der Membran, wo sie vorhanden ist, haben nur Veränderungen der Attractions- tmd Eepulsions - Verhältnisse der Zelle zu dem Er-nährungsmaterial, oder unter gewissen Umständen auch den Un­tergang der Membran und der Zelle zur Folge.
sect;. 1U2. Die Quantität des Protaplasma bedingt zwar die Grosse der Zelle, aber von seiner Qualität hängt die speeifische Function derselben ab. Die Quantität und Qualität des Proto­plasma ist wieder von der Thätigkeit der Membran .md des Ker­nes abhängig; aber die speciellen chemischen Vorgänge, welche den Stoffwechsel, die Ernährung und die Function der Zellen be­dingen, sind noch wenig erforscht, mehr jedoch die histologischen Veränderungen derselben.
sect;. 193. Der i. d. R. runde, auch ovale Kern (Nucleus) ist der Haupttheil der Zelle. Er ist resistenter gegen alle störenden Einflüsse und behält bei Form Veränderungen der Membran stets seine Gestalt. Durch den 'Kern allein wird das Leben der Zelle bedingt. Geht er zu Grunde, stirbt auch die Zelle ab; er vermag sich ohne Membran und Protoplasma lebend zu erhalten, diese vermögen es aber nicht ohne ihn. Er dient zur Erhaltung und Reproduction seiner Zelle und ist selbst zur Erzeugung neuer Zellen derselben Art (homologe Bildung) oder anderer Art (heterologe Bildung) fähig.
sect;. 194. Die Membran dient also zur Nutrition, das Proto-
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und Physiologie, Pathogenia.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;159
plasma zur Function, der Kern zur Erhaltung der bestimmten Form und Reproduction der Zelle. Alle kntukhiiften Prozesse siud mit­hin auf folgende drei Grundformen zurückzuführen:
A.nbsp; nbsp;Störungen der Ernährung, oder nutritive Krankheits-Prozesse ;
B.nbsp; nbsp;Störungen der Function, oder functionelle Krankheits-Prozesse ;
C.nbsp; nbsp;Störungen der Reproduction, oder formative Krankheits-Frozesse.
sect;. 195. Die Ursachen dieser Störungen liegen immer auser-halb der Zeile, jedoch kann diese in Folge einer angeerbten oder erworbeneu Prädisposition für jene Ursachen einen höheren Grad der Empfänglichkeit besitzen. .Diese Ursachen gehen entweder von der Aussenwelt oder von anderen Stellen des Organismus aus und wirken je nach ihrer Art immer als Reize, welche entweder ein Sinken der Lebensthätigkeit der Zelle (Passion) bis zum Ab­sterben oder Tode derselben (Mortification) oder eine Steige­rung ihrer Tliätigkeit (Action) herbeiführen. Jeder Reiz bewirkt zunächst eine passive Reizung und diese ruft die active Tliätig­keit (Reaction) der Zelle hervor, aufweiche allerdings wiederum eine Passion folgen kann. Dabei wird die specifisehe Thätigkeit der Zelle niemals qualitativ, sondern stets nur quantitativ verändert, d. h. also entweder vermehrt oder vermindert. Die Qualität der Thätigkeit ist stets dieselbe und nur durch den ursprünglichen Cha­rakter der Zelle bedingt; z. B. eine gereizte Leberzelle producirt immer nur entweder mehr oder weniger ihres eigenthümlichen Absonderungs-Productes, d. i. der Galle. Ist das Product zugleich qualitativ verändert, so beruht dies nur darauf, dass-einzelne sei­ner normalen Bestandtheile in grösserer oder geringerer Quantität in demselben vertreten sind. Niemals sind aber ganz fremdartige, unter physiologischen Verhältnissen in der Leberzelle unter kei­nen Umständen secernirten Stoffe in der Galle cuthalten. Ebenso verhält es sich mit allen anderen Absonderungsproducten, dem Magensäfte, dem Speichel, dem Hauttalg etc. Wenn sich z. B. Zucker, Hippursäure etc. in grosser Quantität in der Galle linden, so wird das Gemenge von Stoffen, welches man Galle nennt, da­durch zwar in seiner Qualität verändert; diese Veränderung be­ruht aber lediglich auf einer Abweichung der Quantität ihrer nor-
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Allgemelmi pathologische Anatomie
mulou Bestaucltheile, denn Zucker and Bippnrsäure siud in gerin­ger Quantität immer in der Galle enthalten.
Eine Ausnahme von dieser Regel machen anscheinend bei contagiösen Krankheiten die Se- und Excrete, welche hauptsäcli-lich das Contagium enthalten (Speichel bei der Wuthkrankheit, Nasenschleim beim Eotz). Welche Rolle aber die Contagion in den Se- und Excreteu spielen, ist wegen der noch dunklen Natur derselben noch gar nicht aufgeklärt, eben so wenig wie man bis jetzt mit Sicherheit sagen kann, ob sie mehr den zelligen Elementen oder der intercellulären Flüssigkeit der Se- und Excrete anhaf­ten. Wenn nachgewiesen werden könnte, dass die Coutagien sich in den Secretionsorganen selbst und durch dieselben reproduciren, so müsste man in Bezug auf sie allerdings zugestehen, dass sie eine qualitative Veränderung der Secrete bedingen; wenn sie aber — was nicht unwahrscheinlich ist und von Ha liier behauptet wird, — in allen thierischen Säften einen für ihre Reproduction geeigneten Boden, aber nur an gewissen Stellen eine günstige Aus­fallspforte linden, so würde die vorher aufgestellte Regel eine Ausnahme nicht erleiden. Dass bei contagiösen Krankheiten allen Säften und Theilen des thierischen Körpers in. o. w. die Infec-tionsfähigkeit inne wohnt, scheint ganz besonders für die selbst­ständige Reproduction des gleichsam parasitischen Contagium im Thierkörper zu sprechen (cf. sect;sect;. 10 u. 11).
sect;. i 96. In derselben Weise schwankt die Thätigkeit der Zellen innerhalb physiologischer Breitegrade. Die Grenze zwischen der physiologischen und pathologischen Thätigkeit liegt nur in dem gefahrdrohenden Charakter dieser schwankenden Vorgänge. Qualita­tiv ist daher der pathologische Prozess von dem physiologischen nicht verschieden, sondern nur der Grad und die Dauer, die Zeit und der Ort der Prozesse bilden das Entscheidende. Eine geringe Abweichung vom Normalen bedingt nicht immer eine Gefahr für den Organismus (Zelle), sondern es kann dabei eine Fortexistenz, ein Leben unter ungewöhnlichen Bedingungen (vita praeternatu-ralis), fortbestehen.
sect;. 197. Die Ausgleichung resp. Beseitigung der krankhaften Vorgänge i,Regulatio) geschieht entweder durch das afficirte Or­gan selbst, oder durch andere Theile, oder, wenn jenes abgestorben ist, durch die benachbarten Gewebe.
Zur richtigen Würdigung der Krankheitsvorgänge ist daher
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das Studium der durch sie herbeigeführten anatoraisohen Verän­derungen nicht ausreichend, sondern die lebendigen Vorgänge selbst und ihre Abweichungen vom Normalen erheischen die vorzüglichste Berücksichtigung. Wir müssen aus den physiologischen Prozessen die Grundsätze zu ermitteln suchen, nach denen die pathologischen Prozesse von Satten gehen. (Pathologische Physiologie oder physiologische Path-ologie.)
sect;. 198. ad A. Die allgemeinen Störungen der Nu­trition oder die nutritiven Krankheitsprozesse
Diese sind: 1. solche Prozesse, welche zur Veruichtang des kranken Theiles führen und zwar:
a.nbsp; durch unmittelbaren Tod bei Fortexistenz der Theile mit relativer Integrität der Form (Nekrosis, Mor-tificatio); oder
b.nbsp; durch mittelbaren Tod, d. i. Untergang der Theile mit Zerstörung ihrer chemischen Constitution, ihrer Func­tion und Form (Regressive Metamorphose, In-volutio, Nekrobiosis); oder
c.nbsp; durch Verhärtung und Verdichtung (Induratio) der Gewebe, durch welche die lebendige Thätigkeit der Elemente aufgehoben wird.
2. solche Prozesse, welche lediglich auf einer Störung der Nutrition beruhen, ohne zum Untergänge des kranken Theiles zu führen, und zwar:
a.nbsp; nbsp;die Atrophie, eine Volumsabnahme in Folge man­gelhafter Ernährung ohne Verminderung der Zahl der Elemente (Atrophia ad volumen).
Anm.: Die Atrophia ad numerum gehört zu den nekrobiotischen Prozessen.
b.nbsp; die Hypertrophie, und zwar:
a. die wahre Hypertrophie (H. vcra), d. i. Vo­lumszunahme durch gesteigerte Ernährung der nor­malen Elemente ohne Hinzutritt neuer; (3. die falsche Hypertrophie (H. spuria) d. i. Volumszunahme durch Neubildung fremder Elemente ohne Vermehrung der normalen constituirenden Ele­mente des Organes (Hyperplasie und Neopiasie). Ad 1. Zu den Nutritionsprozessen, welche zur Vernichtung des kranken Theils führen, gehören:
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Allgemeine pathologische Änntoinie
a. die Mortificationsprozesse.
sect;. 199. Der mortificirte Theil ist nach Form und Bau im Wesent­lichen erhalten, aber ihm fehlen die Eigenschaften des Lebens. Er reagirt nicht mehr, wird nicht mehr ernährt, hat Bewegung, Em­pfindung und Eigenwärme verloren, kann also auch selbst nicht mehr krank werden, wohl aber noch als Krankheitsursache wirken. Er unterliegt nur Prozessen, welche der todten Natur angehören, d. i. chemischen Decompositionen und mechanischen Insulten. So lange die todten Theilo ihre Form und ihren Bau beibehalten, be­linden sie sich im Zustande der Nekrose oder Mortification.
Die Nekrose ist mithin kein Prozess, also auch keine Krank­heit, sondern lediglich ein Zustand. Derselbe beruht entweder auf einer chemischen oder auf einer mechanischen Veränderung der Bestandtheile des nekrotischen Theils, ohne bemerkbare Verände-rnng der Form sowohl des Ganzen, wie der Elemente. Eiter wirkt z. B. als Gift auf Knochen, indem or in die Knochenkörperchen eindringt und sie ertödtet, ohne ihre Form zu zerstören. Die nar­kotischen und lähmenden Gifte (Opium, Strychnin) todten ohne nachweisbare chemische, so wie ohne optisch-wahrnehmbare histo-logische Veränderung der Theile, während bei der Aetzung (Cor-rosio) immer eine makroskopisch und mikroskopisch deutlich wahr­nehmbare Veränderung in der Form, Consistenz, Farbe etc. eintritt (Nekrobiose). Die Vergiftung trifft nicht immer den ganzen Körper, sondern kann auch local auftreten. Das Gift (Venenum) tödtet ohne Reproduction unmittelbar und gewöhnlich schneller, als das Virus, und gelaugt immer von der Aussenwelt in oder an den Organismus. Das Virus ist dagegen ein Zersetzungs-Product organischer (i. d K. thierischer) Substanzen, und tödtet i. d. R. mittelbar und allmählig; z. B. faulige Substanzen ins Blut gelangt, wirken als Ferment, in Folge dessen die organischen Substanzen des Körpers denselben Zersetzungsprozess eingehen, dem jene ihre Entstehung verdanken und wobei die fauligen Stoffe in grösserer Quantität reproducirt werden.
sect;. 200. Bei Mortifications-Prozessen durch mechanische Ein­flüsse entstanden (Satteldruck, Decubitus, Gehirnerschütterung etc.), ist anzunehmen, dass eine Veränderung in der Anlagerung (Apposition) der Atome eingetreten ist, obschon diese weder ana­tomisch noch mikroskopisch nachweisbar ist. Eine einfache Tren-'
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nuns der Theile aus ihrer natürlichen Verbindung mit der Nach­barschaft erschwert zwar die Möglichkeit des Lebens, hat aber nicht noth-wendig ihr sofortiges Absterben (Nekrosis) zur Folge. Dieselben können vielmehr von der Nachbarschaft getrennt eine Zeit hindurch in einer Vita minima sich befinden und erhal­ten, welche dnrch Wiederherstellung der Verbindung wieder auf den normalen Stand gebracht werden kann (Transplantation der Haut etc.). Mithin bedingen Trennungen der Geüisse und Nerven für sich noch nicht sofortigen Tod, sondern die Elemente führen noch einige Zeit hindurch ein autonomes Leben und zwar ie länger, je ärmer der Theil von Natur an Gefässen und Nerven ist, d. h. je weniger er des Nerveneinflusses und des Blutes zu seiner Existenz bedarf. Die Störung der Innervation und die Unterbrechung des Blutzuflusses bedingen also zunächst nur eine Prädisposition zur Nekrose und führen erst nach einer gewissen Dauer zum Absterben der isolirten Theile.
sect;. 201. Der Mortificationsprozess ist zusammengesetzt: erstens aus dem Vorgänge, durch welchen das Absterben herbei­geführt wurde, zweitens aus dem Zustande der Nekrose selbst und drittens aus den Veränderungen der Nachbarschaft.
Während die Ursachen der Mortification in ihrem Endre­sultate im Wesentlichen in Aufhobung des Nerveneiuflusses und Sistirung des Blutlaufes bestehen, hängt die Veränderung des mortificirten Theiles und seiner Nachbarschaft wesentlich von sei­ner histologischen Beschaffenheit und von andern äusseren Bedin­gungen ab. Im Allgemeinen bezeichnet man den Mortificationspro­zess als Brand, Gangraena. Dieser Ausdruck ist von dem Aussehen brandiger Weichtheile abgeleitet, welches Aebnlichkeit mit dem verbrannter Theile hat. Auch stellte man sich vor, dass der Brand nur aus hochgradiger Entzündung (Phlogosis) her­vorgehe und jener durch eine wirkliche Verbrennung zu Stande komme. Dieses ist aber keinesweges richtig, denn die Gan-graen kann eintreten, ohne vorherige Entzündung, sie steht über­haupt mit der Entzündung nicht in einem directen Cansalnexus, ist auch nicht das Endstadium derselben, sondern wenn sie mit und nach Entzündungen auftritt, dann ist sie entweder gleichzei­tige Folge derselben Ursache, oder es haben sich im Verlaufe der Entzündung Umstände eingestellt, welche den Nerveneinfiuss oder
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die Zufuhr des Ernährungsmaterials definitiv aufhoben; z. B. Em-bolie oder Thrombose, mangelhafte Herzaction, Druck etc.
sect;. 202. Der brandige Thcil selbst, welcher die Bezeichnung Sphacelus führt, und dessen Umgebung gehen unter verschie­denen Umständen nachstehende Veränderungen ein:
Je weicher und saftreicher der abgestorbene Theil von Natur oder im Momente des Absterbens ist, je leichter und schneller fällt er der chemischen Decomposition anheim, weil der Saft- resp. Blut - Reichthum dieselbe begünstigt. Der Theil kann dadurch zu einer breiigen Masse zerfallen, selbst flüssig werden, d. i. feuch­ter Brand, Gangraena humida. Je härter dagegen ein Theil von Natur oder im Momente des Brandigwerdens ist, je weni­ger Feuchtigkeit in ihm enthalten ist, je eher verfällt er dem trocknen Brande, G. sicca. Dem quot;Wesen nach sind beide Pro­zesse nicht verschieden, sondern sie sind lediglich durch physika­lische und chemische Verhältnisse des kranken Theiles und seiner Umgebung bedingt.
Die Veränderungen des Sphacelus sind sogar z. Th. abhängig von äusseren Verhältnissen, besonders von der Berührung mit der Luft oder Abgeschlossenheit von derselben. Bei Luftabschluss tritt nicht Fäulniss ein, sondern entweder Eintrocknung oder Verfet­tung oder Verkalkung; bei Luftzutritt nur Eintrocknung oder Fäulniss, niemals Verkalkung oder Verfettung.
sect;, 203. Die Eintrocknung oder Schrumpfung (Mumifi-c atio) des Sphacelus geschieht theiis durch Verdunstung, theils durch Eesorption der wTässrigen Bestandtheile mit den darin enthaltenen Salzen, unter manchen Umständen auch noch der gelösten Eiweiss-stoffe. Hierbei wird zuerst das extracelluläre Wasser in die Umge­bung diffundirt, dann das intercelluläre und dann wird beides z. Th. verdunstet, z. Th. von den intact gebliebenen Lymph-u. Blutgefässen der Umgebung resorbirt. Die Zellen des Sphacelus rücken in Folge dessen näher an einander, werden eckig, verändern ihre speeifische Form und der abgestorbene Theil schrumpft zusammen. Dieser Vorgang kann an einzelnen Theilen (Haut, Lunge, Abscesse), an ganzen Organen, selbst an ganzen Individuen (mumificirter Fötus) stattfinden.
sect;. 204. Die Verfettung des Sphacelus tritt theils dadurch ein, dass von Seiten des Organismus in die Poren und Lücken des abgestorbenen Theiles Fett abgelagert wird, theils dadurch.
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dass die Eiweissstoffe sich in Fett und niedriger oxydirte Stick-stoffverbindungen spalten. Die Möglichkeit dieser beiden Vorgänge ist dadurch zu erweisen, dass, wenn man ein fetück Hollunder-mark in die Bauchhöhle eines lebenden Tliieres bringt, die Zellen desselben bald mit Fett gefüllt werden, und wenn man Kadaver oder einzelne Weiehtheile in (liessendes Wasser legt, die Eiweiss­stoffe in ein starres Fett (Fettwachs, Adipocire) umgewan­delt werden, wobei die Querstreifung der Muskeln verschwindet und der ganze eiweissstoffige Inhalt der Muskelfasern sich auf eine noch nicht bekannte Weise in Fett umwandelt. Die Ver­fettung gangränöser Theile tritt erst dann ein, wenn ihre wässri-gen Bestaudlheile grösstentheils resorbirt sind, kann aber nicht mehr stattfinden, wenn bereits vollständige Mumification erfolgt ist. Dagegen geschieht es nicht selten, dass die äusseren Schich­ten gangränöser Theile verfetten, erweichen, verflüssigen, während die inneren Theile mumificiren (Hautbrand, Demarkationslinie):
sect;. 205, Die Verkalkung oder Verkreidung (Petrit;-catio) geschieht je öfter und eher, je kleiner der Sphacelus ist. Ganz grosse sphacelöse Theile verkalken i. d. R. nur unvollstän­dig (z. B. ein Fötus, Steinfrucht, L ithopaedion). Die Ver­kalkung beginnt entweder in den inneren Theilen des Sphacelus und schreitet dann allmählig nach ausseu fort und führt so zur vollständigen Verkalkung; oder sie beginnt von aussenund erstreckt sich, wenn die Theile nicht sehr klein sind (Trichinen, Tuberkel), nur über eine gewisse äussere Schichte, indem der innere Theil wegen des unterbrochenen Stoffwechsels nicht weiter verkalken kann (z. B. Abscesse, katarrhalische Secrete, Thromben). Ferner können in Folge von Kalkablagerungen an die Ober/lache abge­storbener Theile förmliche EinbüUungen durch Kalkschichten statt­finden (Incrustatio). Ein Gemisch von stellenweise!- Verfettung und Verkalkung •bedingt eine mörtelartige Cousistenz. Derartige Theile fühlen sich wie sandige Butter an (Eiter). Die verschiede­nen Formen der Verkalkung treten ebenfalls nur dann ein, wenn die Eintrocknung schon in einem gewissen Grade vorgeschritten ist, oder wenn der Sphacelus von vorn herein nicht zu viel Wasser enthielt. Die Kalkraasse besteht immer hauptsächlich aus kohlen­saurem, wenig phosphorsaurem Kalk und Spuren von Magnesia.
Bei Luftzutritt kann neben der Verkalkung, so lange diese noch nicht vollendet ist, sowohl Mumification, als Erweichung
Köhne, nllg Vetcrin. Path.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; in
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I.
Allgemeine pathologische Anatomie
und Decomposition eintreten, gleich ob die betreffenden Tlieile von Natur mit der Luft in Berührung sind oder ob sie erst durch Krankheitsprozesse (Wunden, Fisteln), mit der Luft auf abnormen Wegen in Verbindung gesetzt worden sind.
sect;. 206. Bei der (1. sicca tritt vor Allem zunächst Verdun­stung der vorhandenen Flüssigkeiten (Evaporatio) ein, welche von der Beschaft'euheit (z. ß. Trockenheit) der ausseien Luft, Freiheit von bedeckenden Hüllen (Epidermis, Bandagen) und von dem Ersätze, so wie von der Resorption der Feuchtigkeit von Sei­ten der umgebenden Körpertheilo abhängt. Wegen des leichteren Ersatzes der Feuchtigkeit können kleinere Tlieile saftreicher Or­gane nicht mumificiren, aber wohl verkalken und aus demselben Grunde bildet sich an der äussereu Grenze der G. sicca später stets G. humida und Verfettung als erste Andeutung der sog. Demarkationslinie (Brandmauke).
Bei G. sicca sind die Nutritionsgefässe fast durchgängig ver­stopft. Sind diese am Rande der Gangraen noch offen, so kann, wenigstens in den äusseren Theilen, nur G. humida eintreten, weil durch die offenen Gefässe immer Ersatz von Feuchtigkeit stattfindet. Ebenso kann, wenn im weitereu Verlaufe der G. humida die Ge-fässe verstopft werden, in Folge der überwiegenden Evaporation, später möglicher Weise noch G. sicca daraus hervorgehen. Nie aber kann G. sicca in G. humida übergehen, weil die einmal verstopften Gefässe nicht wieder frei werden können (Brandscliorf).
sect;. 207. Im Beginne beider Formen der Gangrän tritt zuerst eine Störung der Circulation und Gerinnung des Blutes ein, dann Rigor mortis und in Folge dessen Hyperämie und Ausdehnung und Erschlaffung (Lähmung) der Capillar-Gefässe der Umgebung, Transsudatiou und [mbibitiou des Liquor sanguinis in die Nachbar­schaft (Gangraeuoedem). Dann geben die stockenden Blutkü-gelchen ihren Farbstoff (H am a tin) an diesen Liquor ab, wodurch das allmählig bis unter die Epidermis sich ausbreitende Oedem röthlich wird und (bei nicht pigmentirter Haut) durch die opake Epidermis livid erscheint. Demnächst wird die Epidermis durch das rothliche Serum von unten abgehoben und dadurch werden die sog. Brandblasen (Bullae gangraeuosae) gebildet. Diese enthalten also, zum Unterschiede von den Extravasatblasen keine ßlntzellen, sondern nur in Blutserum gelöstes Hämatin. Sie platzen i. d. R. bald und in Folge der nun beginnenden Evaporation
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und Physiologie. Patbogenia.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;147
schrumpfen die brandigen Tlieile ein und erhalten je nach ihrem Blutreichthum ein hell- oder dunkelbraunes, selbst schwarzbrau­nes, kohliges Ansehen; daher die Bezeichnung „Brandquot;.
sect;. 208. Beim feuchten Brande tritt die Erweichung der Masse, die Bildung der sog. Brandjauche nach der Oedembü-duug ein und zwar besonders dann, wenn es nicht zum Abheben grösserer Epidermisflächen gekommen ist, weil dann eher Ein­trocknung und G. sicca erfolgen würde. Ferner wird das Zustande­kommen des feuchten Brandes dadurch begünstigt, dass die zu­führenden Gelasse nicht ganz verstopft sind, durch welche die ver­dunstende Feuchtigkeit von innen ersetzt werden kann.- Jedoch kann auch ohne Vermittlung der Gefässe, und lediglich durch die parenchymatöse Saftströmung Feuchtigkeit aus der Nachbarschaft in die abgestorbenen Theile dringen und den feuchten Brand be­dingen; bei äusseren Theilen ist aber meistens die Evaporation überwiegend.
Die Schnelligkeit der brandigen Erweichung richtet sich ganz nach der Beschaffenheit der Gewebe. Elastische Fasern und ar­terielle Gefässe, (welche viele elastische Fasern enthalten), Sehnen und Bänder und die elastischen Fasern des Lungengewebes, die festeren Bindegewebsmassen etc. widerstehen der Erweichung am längsten; die übrigen Weiehtheile gehen dagegen eine schnellere Zersetzung ein.
sect;. 209. Bei allen Arten des Brandes lagert sich das Pläma-tin z. Th. in Form kleiner krystallinischer Körperchen (sog. Va­lentin's Brandkörperchen) in das Gewebe ab. Diese sind indess keineswegs dem Brande ausschliesslich eigen, sondern sie finden sich auch nach jedem allgemeinen Tode und bei allen Zer­setzungsprozessen thierischer Theile. Ausserdem bilden sich bei diesen, wie beim feuchten Brande, Krystalle von phosphorsaurer Ammoniakmagnesia, welche Schönlein auch in den Fäcalmassen von Typhuskranken fand und deswegen Typliuskörpercheu nannte. Da sie indess bei allen Fäulnissprozessen gebildet wer­den, könnte man sie besser Fäulnisskrystalle nennen. Die Bildung dieser Salze beweist u. A. auch, dass der Fäulnissprozess ein alkalischer ist, denn überschüssige Säuren würden sie gelöst erhalten.
Ferner finden sich bei allen Zersetzungen feuchtbrandiger Theile, wie nach allgemeinem Tode, sehr elastische Nadeln von Fett,
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Leuoin und Tyrosin, -welohe sich in Form von Büscheln oder Bündeln (beseuähnlich) znsammenlagern, und meistens auch rhom­bische Tafeln von Cholestearin.
Diese Veränderungen beweisen schon, dass zwischen dem Or­ganismus und dem brandigen Theile immer noch ein gewisser Stoffwechsel stattfindet. Ausserdem ist dieses aber noch experi­mentell dadurch zu erweisen, dass innerlich gegebene Farbstoffe theilweise in den brandigen Theil hinein abgelagert werden und dass manche Arzneistoffe (z. B. Jod) durch diesen hindurch vom Organismus aufgenommeu und im Harne wiedergefunden werden.
sect;. 210. Vollständig mumilicirte Theile wirken lediglich wie fremde Körper in mechanischer Weise auf ihre nächste Nachbar­schaft. Der trockne Brand ist daher hinsichts seiner Dignität für den ganzen Organismus im Allgemeinen günstiger zu beur-theilen. als der feuchte Brand. Durch diesen bilden sich immer flüssige Zersetznugsproducte. welche nicht allein durch Imbibi­tion oder Diffusion die Nachbarschaft durchdringen, diese in denselben Prozess versetzen, und dadurch eine Ausdehnung, ein Fortkriechen des Brandes per contactum bedingen, sondern auch von den Lymph- und Blutgefässen resorbirt werden und dadurch eine allgemeine Vergiftung (Intoxicatio) und Zer­setzung des Blutes (Heptikaemia s. Septicaemia) her­beiführen können. quot;Welcher Stoff bei diesen Vorgängen eigentlich vom Blute aufgenommen wird und ob derselbe chemisch oder als Ferment, oder als Contagium vivum wirkt, ist bis jetzt noch nicht ermittelt. quot;Wahrscheinlich ist das sog. Leichengift, wel­ches sich bei der Zersetzung ganzer Kadaver immer bildet, mit jenem Stoffe identisch, denn es hat ganz dieselbe inficirende Kraft auf andere Individuen, wenn es mit deren Säften in Berührung kommt. Seit alten Zeiten ist von der humoral - pathologischen Schule eine Fermentwirkung uud in neuester Zeit die Fortpflan­zung stäbchenförmiger Vibrionen (Vibrio lineola) als die Ur­sache aller Fäulnissprozesse angesehen worden. Diese sind indess wahrscheinlich die niedrigste Entwicklungsstufe von Schimmelpilzen, welche sich bei jeder Zersetzung eiwreissartiger Substanzen, wie beim feuchten Brande, finden; doch ist es sehr fraglich, ob sie als Anreger oder Producte des Fäuluissprozesses anzusehen sind. Man findet sie nämlich auch von aussen eingedrungen an Stellen, an denen noch keine Fäuluiss besteht, und wenn man sie mit Emul-
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sioüen ans Fett und Eiweiss vermengt, so tritt in den von einer feinen Fetthiille umgebenen kleinen Eiweisströpfchen die Fäulniss eher ein, als diese mit den Stäbchen in Berührung getreten sind. Wenn daher auch nicht zu längnen ist, dass diese Stilbchen von aussen oder von einem brandigen Theile aus in die Blutbahn gelangen können, so ist doch nichl zu erweisen class sie die eigentlichen Vermittler der fauligen Intoxication sind und dass diese auf einer sog. vibrioniiren Dyskrasie beruht. Es ist vielmehr nicht unwahrscheinlich, dass die m. 0. w, flüssigen Um-setzungs-Producte den Fäulnissprozess auf chemische Weise fort­pflanzen. Die Intensität ihrer Wirksamkeil erreicht in dem mittle­ren Stadio der Fäulniss ihren höchsten Grad.
sect;. 211, Der mit der feuchten Gangrän i. d. R. verbundene üble sog. Brand-Geruch (Fötor) wird durch Gase: Ammoniak, Schwefel-, Phosphor- und Kohlenwasserstoffgas, flüchtige Säuren, welche der Kohlenwasscrsloffreihe angehören (z. B. Butter- und Baldriansäure) hervorgebracht. Diese Gase können im lebenden Organismus so massenhaft erzeugt werden, dass sie die Flüssig­keiten des Brandheerdes schaumig machen und sich entweder un­ter der Haut emphysematisch anhäufen (Gangraena emphy-sematosa s. Emphysema gangraenosum, z. B. bei An­thrax als sogen, rauschender Brand und bei dov Rinderpest), oder dass sie sich in den grossen Körperhöhlen (Pneumothorax, ileteorismus) ansammeln.
sect;. 212. Die Trennung oder Ablösung oder Abstos-sung des brandigen Theiles von der lebend gebliebenen Nach­barschaft erfolgt durch Veränderungen, welche von beiden Seiten vor sich gehen. Der Sphacelus geht, wie bereits angegeben, an seiner eigenen äussersten Grenze zunächst in Gangraena humida über, wenn diese nicht schon von vorn herein überall bestand. Dann übt der trockene Sphacelus mechanisch, die Gangraena hu­mida durch die Umselzungsproducte chemisch, einen Reiz auf die Umgebung aus und durch die daraus hervorgehende reactive Rei­zung entsteht ein krankhaft gesteigerter Ernährungsprozess (d. 1. Entzündung) mit Xeubildung, Zellenproliferation (oder Exmission ungefärbter Blut- resp. Lymphzellen?), wodurch die sog. Demar-cationslinie gebildet wird, welche die Grenze zwischen dem Todten und dem Lebenden anzeigt. Aeussere Theile werden durch diesen Prozess abgestossen, innere eingekapselt, sequestrirt. Es
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Allgemeine pathologische Anatomie
erfolgt also immer ein Substanzverlust uad eine Restitutio ad in-tegnuQ, uachdem die zerfallenen Massen entweder abgestossen oder resorbirt worden sind, kann nur stattfinden, wenn noch reproduc-tionsfähiges Gewebe vorhanden ist; i. d. 1a. aber ist die Heilung eine relative durch Ersatz vermittelst eines Narbengewebes.
b. Der mittelbare Tod, Nekrobiosis s. Involutio.
sect;. 213. Mit Ne kr ob lose bezeichnet man denjenigen regres­siven Lebensprozessj der zur Entartung (Alienatio) des Ge­webes führt und dessen Endresultat das Absterben der Elemente mit Verlust ihrer Form ist. Der nekrobiotisebe Prozess wandelt die Elemente in formlose Gc web st rümmer (Detritus) um, denen jede Leistungsfähigkeit (Functio) abgeht. Der Detritus wird entweder im Momente der Entstehung resorbirt, oder er bleibt als Flüssigkeit liegen, im ersteren Falle entsteht die numerische, nekrobiotische Atrophie, weil eine Regeneration der zu Grunde gegangenen höher organisirten Elemente nicht stattfindet, sondern höchstens Ersatz derselben durch Bindegewebe oder Epi­thel eintritt; im anderen Falle erfüllt der Hüssigc oder breiige Detritus die entstandenen Lücken oder Höhlen und dann stellt der Vorgang den Erweichuugs-Prozess (Malacia) dar.
Die numerische Atrophie und die Malacie sind daher im Grande Ausgänge eines und desselben Krankheitsprozesses, näm­lich der Nekrobiose. Sie sind nur darin verschieden, :lass im er­steren Falle die Resorption mit dem Zerfalle gleichen Schritt hält, während im letzteren Falle der Zerfallsprozess überwiegt. Diese Verschiedenheit der Endresultate des nekrobiotischen Prozesses wird zum Theil durch die Schnelligkeit (Acuität) und den Um­fang des Zerfalls zum Theil durch den Bau, den Blut- und Lymph-Gefässreichthum des betr. Organes bedingt.
Die angehäuften Detritusmassen können unless später noch wieder resorbirt werden, so dass ein Organ oder Theil aus dem Zustande der Malacie noch wieder in den der numerischen Atro­phie übergehen kann.
Folgende nekrobiotische Prozesse können zu den genannten beiden Endresultaten führen:
laquo;. Die fettige Metamorphose. Das Fet:gewebe ist der normale Ablagerungsort für das Fett; dieses hat deswegen auf die Fortexistenz jenes keinen nachtheiligen Einfluss. Andere
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Gewebe nehmen ihrer physiologischen ßestimmnng gemäss vor­übergehend von aussen. d. li. von der Aussenwelt oder von ande­ren Körpertheilen her, Fett in ihre Zellen auf ';/.. B. die Darm­zotten, und die Leborzellen nach dem Genüsse fetthaltiger Nah­rungsmittel), ohne dadurch in ihrer Function gestört oder in ihrer Existenz gefährdet zu werden, und sind unter gewöhnlichen Um­ständen im Stande, durch Abgabe dieses Fettes sich wieder voll­ständig zu restitniren.
Bei der fettigen Metamorphose findet aber eine Umwandelung der zelligen Elemente in Fett Statt und ihre Leistungsfähigkeit, selbst ihre Form und Existenz wird dadurch beeinträchtigt. Die Elemente befinden sich in einem rückschreitenden Lebensprozesse (Nekrobiose). Ein physiologisches Analogen zu diesem Vorgänge findet sich in der Umwandelung der Epithelzellen in den Milch­kanälen in Milchfett (Butter) und der Epithelzellen der Talgdrü­sen in Hautschmer, oder event, in der fettigen Metamorphose der ausgewanderten Lymphzellen in den genannten drüsigen Organen.
sect;. 215. Dieser nekrobiotische Prozess beginnt an den klei­nen eiweissartigen Körperchen des Protoplasma, an deren Stelle kleine, runde, glänzende Fetttröpfchen mit dunklem Contour ent­stehen, welche sich allmählig vermehren und vergrössern und das Protoplasma trüben. Die Membran. sowie der Kern und dessen nächste Umgebung, bleiben in der ersten Zeit durchsichtig und frei von Fett. Erst später wird die Membran und der Kern in den­selben Prozess hineingezogen. So lange die Membran noch erhal­ten ist, heisst die Zelle eine Körnchenzelle: ist aber die Mem­bran und der Kern mit fettig metamorphosirt, so wird sie Körn­chenkugel genannt (Gluge's Entzündungskugel), dessen physiologisches Analogen die (,'olos trumkör per der Milch bil­den. Die Körnchen - Kugel ist also eigentlich keine Zelle mehr, sondern nur ein todtes Häufchen von Fetttropfen aus einer Zelle hervorgegangen, deren äussere Form noch einigermaassen erhal­ten ist.
Niemals wird die intercelluläre Substanz, selbst nicht des in-terstitiellen Bindegewebes, von der Fett - Metamorphose mit er­griffen, sondern jene erweicht und zerHiesst einfach nur (Malacia).
Bei der Fett-Metamorphose der Zellen hängt es nur von zu­fälligen äusseren Bedingungen ab, ob auch die Form der Zellen zerstört wird, oder ob sie sich längere Zeit erhält. Im ersteren
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Allgemeine pathologische Anatomie
Falle entsteht eine homogene, trübe oder mildiähnliche Flüssig­keit, welche aus 'Wasser, eiweissartigen Substanzen, Fetttröpfchen und Salzen besteht. Wegen der makroskopischen Aehulichkeit die­ser Zerfallsmassen mit der Milch, und da bei dergleichen Prozes­sen i. d. R. Fieber besteht und die Milchsecretion schucll nach-lässt oder ganz sistirt, so sind diese fettigen Detritusinassen irr-thümlich für Milch-Metast a sen gehalten worden.
Die Fettmassen verbleiben nun entweder längere Zeit an ei­nem Orte und dann scheiden sich allmühlig Cholestearin-Kry-s falle aus denselben ab, oder sie werden alimählig resorbirt und an ihrer Stelle häuft sich Serum an, es entsteht eine Gyste; oder endlich es tritt, besonders in der Nähe der Oberfläche, mit dem Umsichgreifen der Fett - Metamorphose Durchbruch nach aussen und Verschwärung ein (äussere Eant, Gelenkknorpel), wodurch ein nekrobiotisches Geschwür oder eine fettige üsur entsteht.
Die fettige Metamorphose kann an allen Zellen, mit Ausnahme der rothen Blutkügolchen, der Ganglienzellen und der intercentra-len Nervenfasern der Central-Organe, wohl aber an den periphe-risehenNervenfasern eintreten. Ebenso können das Nervenmark (Myelin), leichter noch die Kittsubstanz (Neuroglia) und die Wandungen der Gefässe des Gehirns der lettigen Metamor­phose anheimfallen (gelbe Gehirnerweichung, Encepha-lomalacia flava). Sonst kommt die fettige Metamorphose an allen Arten von Geweben vor: Muskeln, Knochen, Drüsen, Epi-thellen, Bindegewebe, Gefässe etc.
sect;. 21G. Besonderes Interesse bietet die einfach fettige und die sog. atheromatöse Metamorphose der Gefässe dar (von athera der Brei, atheroma die Breigeschwulst).
Die erstere kommt zuweilen an den Muskelzellen der Ring­faserhaut der Arterien, am häufigsten jedoch an der Intima der­selben und der Venen, und zwar an der innersten Schichte dieser Haut vor. Die durch die fettige Metamorphose degenerirten Binde­gewebszellen der Intima behalten ihre normale eckige, sternför­mige oder langgestreckte Form bei und in ihnen, besonders in ihren Fortsätzen, erscheinen Fettkörnehen perlschnurartig aneinander ge­reiht. Makroskopisch erscheinen derartige Stellen an der inneren Gefüssfläche trübe, gelblich weiss. Später erweicht auch die In-tercellularsubstanz, es tritt Zerfall ein und der Blutstrom reisst
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den fettigen Detritus in kleinen Partikelehen mit sich fort und es bleibt eine Fläche von sammtartigem Aussehen mrück. Nimmt dieser Prozess, namentlich in der Ringfaserhaut, an Umfang zu, so kann er zu Ausbuchtungen, zur Bildung von Aneurysmen führen und zu gefährlichen Blutungen prädisponiren. Zu entfernten Embo-lien geben die fortgerissenen Detritusmassen keine Veranlassung, weil sie so dünnflüssig sind, dass sie die feinsten Capillaren ohne Störung der Circulation passiren können. Auch üben sie eine infectiöse Wirkung auf das Blut nicht aus, sondern sie werden ohne einen Nachtheil für den Organismus herbeizuführen, be­seitigt.
sect;. ^17. Bei dem sog. atheromatösen Prozesse findet die fettige Metamorphose dagegen ia den tiefsten Schichten der Intima der Arterien Statt. Jene bildet sich indess nicht direct als solche ans, sondern erst nachdem durch eine Irritation Schwel­lung und Wucherung der Bindegewebszellen herbeigeführt worden, welche demnächst in die fettige Metamorphose übergehen. Der Prozess ist also anfangs ein adivor, eine Endoarteriitis athe-romatosa, später ein regressiver, nekrobiotischer. Schreitet dieser Prozess bis zur innersten, dem Lumen des Gefässes zuge­wendeten Schichte der Intima vor, so kann diese zerreissen und der aus zahlreichen Fettkiigelchen, Gewebstrümmern und Chole-stearin - Krystallen bestehende Detritus in die Blutbahn gelangen und zu Embolien in dem peripherischen Gebiete des betreffenden Gefässes Veranlassung geben.
An dem Orte der fettigen Usur selbst kann dagegen ein Thrombus sich bilden, indem die entstandene Höhle mit Blut ge­füllt wird oder sich Fibrin an die rauhe Stelle anlagert. Im ersteren Falle kann das Blntcoagulnm sich in Pigment umwandeln und als solches ohne weiteren Nachtheil für den Organismus per-sistiren; oder das Gerinnsel kann in beiden Fällen in das Lumen des Gefässes hineinragen, durch Apposition sich vergrössern und schliesslich einen so grossen Thrombus bilden, dass eine Ver­stopfung (Obturatio) des Gefässes die Folge davon ist. In anderen Fällen werden durch das vorbeiströmende Blut von dem wandständigen Thrombus Stücke losgerissen und in die Seitenäste der Arterie eingekeilt (cf. Thrombose und Embolie sect;. 273 u. 283).
sect;. 218. Sowohl die einfach fettige wie die atheromatöse Metamorphose kommen auch nicht selten am Endocardium und
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an den Herzklappen vor (Endocarditis atheromatosa) nnd haben hier nicht nur dieselben entfernten Folgen, wie in den Arterien, sondern werden auch Veranlassung zu aneurysmatischen Ausbuchtungen und Insufficienz der Herzklappen, selbst zur vollständigen Zerreisstmg oder Durchbohrung derselben, so dass sie ein Loch bekommen (eordiale Dämpfigkeit, Asthma cordiale).
sect;. 219. (3. Die einfache Schmelzung, Malacia. Diese ist ebenfalls ein nekrobiotischer Prozess, durch welchen die Ele­mente in einer vorhandenen Flüssigkeiten aufweichen, Ihre Form einbüssen, zerfliessen und flüssigen Detritus bilden. Dabei werden aber keine Fäulniss-Producte gebildet, weswegen dieser Prozess früher auch geruchloser Brand (Gangraena sine odore), genannt wurde.
Diese Erweichungs - Prozesse kommen in folgenden For­men vor:
1) Die Macerations-Erweichung ist stets eine post-mortale (Kadaver-) Erscheinung und beginnt zunächst mit der Intercellularsubstauz, ergreift dann auch die Formelemente und verwandelt das ganze Gewebe in flüssigen Detritus. Diese Vor­gänge können indess auch an einzelnen abgestorbenen Theilen des noch lebenden Organismus eintreten, z. B. die weisse Ge­hirnerweichung (Encephalomalacia alba) bei Gehirn-Oedem und Gehirnhöhlenwassersucht, bei welcher die Gehirnsubstanz durch Wasser-Imbibition weich wird, feucht (ödematös) erscheint und die intercentralen Nervenfasern des Gehirns auseinanderwei­chen, so dass sie unter dem Mikroskope sichtbarer werden. Dass es im Gehirn zur vollständigen Verflüssigung der Elemente komme, so dass sich an ihrer Stelle eine mit seröser Flüssigkeit gefüllte Höhle findet, ist bis jetzt bei Thieren noch nicht beobachtet. Er­scheinungen, welche dahin gedeutet worden, dürften wohl ganz postmortaler Natur, insbesondere Folge des AVasserzusatzes zu den mikroskopischen Präparaten, gewesen sein. Eine ähnliche Erscheinung tritt nicht selten bei heftigen Durchfällen an den Follikeln des Darmkanals ein, indem diese, vielleicht auch erst nach dem allgemeinen Tode, jedenfalls aber erst, nachdem sie selbst abgestorben, in der vorhandenen Feuchtigkeit und nach ein­getretenem Epithelverlust anschwellen, erweichen, zerfallen, sich
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auflösen und Löcher resp. Kanäle hinterlasssen (Cholera, Ruhr, Rinderpest).
sect;. 220. 2) Erweichung mittelst Magenflüssigkeit. Frü­her glaubte man, dass der Magensaft, z. ß. in Folge einer mangelhaften Sättigung (Tetanus) eine solche Schärfe anneh­men könne, dass er eine verdauende oder chemisch - ätzende Wirkung auf die innere MagenHäche ausübe, so dass das Epithel, die Schleimhaut, selbst die Muskelhaut des Magens stellenweise aufgelöst werde. Jetzt hat man aber festgestellt, dass die Ein­wirkung des sauren Magensaftes unter allen Umständen durch die Wirkung des alkalischen Blutes, so lange dieses noch circulirt, inhibirt wird, so dass bei lebenden Individuen eine derartige -ihe-mische Einwirkung des Magensaftes auf die innere Magenwand gar nicht stattfinden kann, wenn nicht ein Theil derselben ausser Circulation gesetzt worden ist. Dieses kann iudess vorkommen z. B. bei Blutextravasaten in den Mageiihäuten, bei Embolien in den Magenarterien etc., wobei der isolirte Theil der Magenwand allerdings verdaut werden kann und sich schon bei Lebzeiten das sog. runde oder acute Magengeschwür bildet.
Eine allgemeine Magenerweichuag, (G-ästromalacia) d. h. eine solche, welche die ganze Magenschleimhaut betrifft und selbst mit seröser Infiltration der Muskelhaut verbunden sein kann, tritt immer erst post mortem ein und zwar durch die ümsetzungs-Producte der Nahrungsmittel (Essigs., Butters., Milchsäure etc.), welche sich besonders schnell in Folge eines fermentativen Pro­zesses und nach acutem oder chronischem Magenkatarrh aus Aray-lum- und Milch-haltigen Nahrungsmitteln bilden.
Je nachdem diese Magenerweichuug mit Hyperämie einher­geht, (z. B. nach acutem Magenkatarrh) oder nicht, unterscheidet man die braune und die weisse oder gallertige Magener­weichung (sog. weisse Ruhr der Säuglinge, Kälber, Schweine und Hunde).
Anm. Die Erweichung und Auflösung kleinerer oder grösse-rer Flächen des Epithels der Magenschleimhaut, welche man in Kadavern an Starrkrampf gestorbener Pferde fast regel-mässig findet, soll aus diesem Grunde auch immer nur eine postmortale Erscheinung sein. Ich habe die defecten Stellen indess bei Sectionen gefunden, die kaum eine Stunde nach dem Tode gemacht wurden, während sie bei später ge-
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Allgemeine pathologische Anatomje
machtenquot; Sectionen zuweilen vermisst wurden. Es scheint hierbei ohne Einfluss zu sein, ob der Magen mehr oder we­niger leer ist; ganz frei von Nahrungsmitteln habe ich ihn nie gefunden. Gelangen die erwähnten Zersetzungsproduete der Ingesta in den Darmkanal und bleiben sie längere Zeit an einer Stelle lie­gen, so kann auch hier eine Darmerweichung (Enteroma-lacia), und wenn die Stoffe durch Erbrechen in den Schlund und die Luftröhre gelangen, eine Schlunderweichung und eine Lungenerweichung eintreten.
sect;. 221. 3) Die Erweichung und Verflüssigung, Golli-quatio, einzelner Organtheile in Folge eines nekrobiotischen Prozesses, wobei in lebenden Organismen, wahrscheinlich ohne Hinzutritt einer Flüssigkeit und lediglich durch Umsetzung der chemischen Bestandtheile, die Formelemente mit ihrer Intercellu-larsubstanz verflüssigen und dann resorbirt werden (Malacia insensibilis). kommt seilen an ursprünglich normalen Ge­weben, häufiger aber an pathologischen Neubildungen und Pro-ducten vor. Auf diese Weise zerfliessen und verschwinden ein­zelne Theile von Knorpeln und Knochen, käsige Massen, Throm­ben, Bindegewebswucherungen etc. durch eigene chemische Um­setzungen, indem sie dann resorbirt werden. An anderen ur­sprünglich normalen Weichtheilen hat man diesen nekrobiotischen Prozess noch nicht beobachtet.
Unter den Knorpeln sind es besonders die Gelenkknorpel, welche dieser Erweichung und Schmelzung i. d. R. stellenweise, selten in grösserer Ausdehnung, in einer ganz schmerzlosen Weise (daher: Colliquatio insensibilis) anheimfallen. An solchen Stellen löst sich die Knorpelsubstanz in eine schleimähuliche, zähe, viel Eiweiss (Natron-Albuminat), und als Zerfliessungsproduct der Intercellularsubstanz etwas Mucin haltige Flüssigkeit auf, in wel­cher noch einzelne kleine Knorpelstückchen, oder, wenn letztere fettig degenerirt sind, Fettkörnchen - Kugeln und Fetttröpfchen schwimmen. Geht dieser Prozess an der Oberfläche der Gelenk­knorpel vor sich, so wird diese Flüssigkeit in die Hehle des Ge­lenkes ergossen, ohne die Synovia in bemerkbarer Weise zu ver­mehren und ohne auf die Synovialkapsei und die übrige Gelenk­fläche einen nachtheiligen Einfluss auszuüben.
Wenn der Erweichungs-Prozess in die Tiefe fortschreitet, so
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tritt zuletzt der Knochen frei zu Tage, so dass die Stelle älmlicli einem corrosiven Defect, wie durch Kaii cansticum veranlasst, oder wie abgerieben erscheint (Gurlt). Geht der Prozess dage­gen nur unter der Oberfläche des Knorpels vor sich, so dass keine Entleerung der Flüssigkeit in die Geleukliöhle eintreten kann, so bleibt sie in dem entstandenen Hohlräume des Knorpels eingeschlossen (cystische Degeneration). Diese Höhle hat keine eigene Membran, sondern wird unmittelbar von der oft un-regelmässige Ausbuchtungen und Vorsprünge bildenden Knorpel­substanz umschlossen (Nasenscheidewand bei Pferden).
sect;. 222. An den Knochen verursacht diese uekrobiof.isc.he Malacie das peripherische Schwinden sämmtlicher Knochen im höheren Alter und ist wohl zu unterscheiden von der pathologi­schen Osteomalacie, welche i. d. E. nur im jugendlichen Alter am ganzen Knochengerüst, aber in allen Lebensaltern local vor­kommt. Die. im höheren Alter regelmässig eintretende allmäblige Erweichung und Resorption der Peripherie der Knochensubstanz ist eigentlich ein physiologischer nekrobiotischer Prozess. Die seit alten Zeiten so genannte Knochenbriichigkeit beruht dage­gen auf einer progressiven Umwandlung der Knochenkörper in Markzellen in Folge eines irritativen Prozesses, wobei diese sich uach dem Aufhören der Ursache noch wieder in Knochenkörper-chen zurückbilden können. Oft persistiren sie als Markzellen das ganze Leben hindurch, in sehr seltenen Fällen gehen sie eine fettige Degeneration ein und werden resorbirt.
sect;. 223. 4) Die Colloidmetamorphose, colloide Er­weichung besteht in einer Umwandlung der Zellen in eine leim­artige Masse, welche ihrer chemischen Zusammensetzung nach theils eiweisshaltig, theils Schleim- (Muein-) haltig, theils unbe­kannter Natur ist. Die Masse ist der Consistenz nach dem rohen Hfilmereiweiss sehr ähnlich, nicht dem Fibrin, denn sie bildet beim Ausscheiden keine Fibrillen. Diese Substanz entsteht durch Umwandlung des Protoplasma der Zellen unter allmähliger Zer­störung (Auflösung?) der Membran und des Kerns, so dass die ganze Zelle zu Grunde geht. Zuweilen ist die Masse auch derber, wie fester Speck, körnig (Colloid-Körper) und leicht brüchig und enthält dann viel modificirten Eiweissstoff (Natronalbuminat). Die colloide Erweichung kommt am häufigsten in den Schilddrü-
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sen (nach Virchow nur eine Entartung des Inhalts der Follikel) und in den quergestreiften Muskeln vor (Starrkrampf).
sect;. 224. 5) Aehnlich ist die Schleimmetamorphose, welche be­sonders au der Grundsubstanz der Knorpel, der Knochen und des Bindegewebes vorkommt und in einer Umwandlung des Collagen und Chondrigen in Schleimstoftquot; (Muein) besteht. Letzterer un­terscheidet sich dadurch von den Albuminaten, class er keinen Schwefel enthält.
Mucin wird durch Säuren bei jeder Temperatur gefällt; Kä-sestoff (Kali-Albumiuat) zwar auch, dieser wird aber körnig gefällt, jenes fadenziehend. Ebenso verhält sich Natronalbumi-nat. Colloidmassen werden aber körnig gefällt, sind also nicht Muciu haltig (cf. sect;. 420. Myxomata).
c. Verhärtung, Verdichtung. Induratio.
sect;. 225. Hierher gehört jeder degenerative Prozess, welcher mit Verdichtung des Gewebes und verminderter, fast aufgehobener Leistungsfähigkeit der Organe einhergeht. Die dabei zuweilen statt­findende Zunahme des Volumen (Verdickung) ist keine wahre Hy­pertrophie cf. sect;. 198.), sondern eine Paratrophie, eine Entar­tung (Degeneratio), weil sie mit Hinzufügung nicht leistungsfähi­ger Stoffe und mit Functionsstörung verbunden ist, die nur durch Entfernung der fremdartigen Massen und Restitution der ge­schwundenen Elemente wieder beseitigt werden kann.
Hierher gehören:
sect;. 226. 1) Die Verkreidung, Cretificatio und die Ver­kalkung, Petrificatio.
Diese Vorgänge gehören zu den gröbsten degenerativen Pro­zessen und bestehen in einer Ablagerung von Kalksalzen in die Gewebe, ohne diese zu ertödten, doch stören sie erheblich deren Ernährung und Function. Die Verknöcherung, Ossificatio, ist dagegen ein activer formativer Process, welcher nur nach Trans­formation des ursprünglichen Gewebes in Knochengewebe oder nach Neubildung des letzteren zu Stande kommen kann. Nach Anwen­dung von Säuren wird bei der Verkalkung das ursprüngliche Ge­webe wieder hergestellt. Bei der Verknöchernng bleibt leimge­bendes Knochengewebe zurück.
Die Ablagerung der Kalksalze kann sowohl in die In­tercellular - Substanz (Calcificatio), wie in die Zellen selbst
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stattfinden (Petrifica tio). Im letzteren Falle sind also die Elemente ganz von den Kalksalzen durclidrungen, aber sie, wie das betreffende Organ, sind in ihrer Form erhalten, versteinert.
Sind dagegen nur an die Oberfläche des Orgaues Kalksalze abgelagert, so bezeichnet man diesen Zustand als eine Incrus­tation. Beide Zustände können indess auch combinirt vorkom­men, indem ein bereits petriflcirter Theil durch fortschreitende Apposition von Kalksalzen nachträglich noch incrustirt, so class sein Volumen noch vergrössert wird.
Jede Verkalkung geschieht durch Ab- oder Anlagerung klein­ster Kalkkörncheu (Granula), welche nach und. nach mit ein­ander verschmelzen ganz in derselben Weise, wie bei den geolo­gischen Versteinerungen.
sect;. 227. Die Zellen aller Organe des menschlichen und thie-rischen Körpers, mit Ausnahme der rothen Blutkügelchea, können verkalken. Am häufigsten verkalken die glatten Muskelfasern (Ma­gen- und Darmkanal), die Intiraa der Arterien, die Krystalllinse (grauer Staar), Epithelien und Ganglienzellen, Dura mater, Peri-tonäum und Gekröse, Lungen und Leber, Haut, quergestreifte Muskeln (Herz), Seimen, Bänder, Schleimhäute, Knorpel, selbst Nerven.
Im Bindegewebe sieht die Verkalkung makroskopisch wie mikroskopisch der Verknöcherung sehr ähnlich, weil die Abla­gerung der Kalksalze nur in die lutercellularsubstanz stattfindet und die frei gebliebenen Bindegewebszellen den Knochenkörperchen sehr ähnlich sind und deren strahlenförmigen Ausläufer mit einander in Verbindung bleiben. Verkalktes Bindegewebe ist indess weniger elastisch, härter, derber, dichter, als wahres Knochengewebe, hat eine gelblich braune Farbe und das Ansehen eines Kiesels.
Ferner können alle Neubildungen und pathologischen Pro-durte verkalken, z. B. Fibroide (am Uterus, Calculi uteri cf. sect;. 509.), Sarkome, Carcinome, Tuberkeln, Rotzknoten, Lipome, Tri-chinenmit ihren Kapseln, Ecchinococcen, Finnen etc., ferner: Blut-extravasate, Thromben (Venensteine, Phlebolithen cf. sect;. 279.), Exsudate, Pseudoligamente etc. Die abgelagerten Salze sind dieselben, wie die Knoehensalze: phosphors, und kohlens. Kalk und etwas kohlens. Magnesia.
sect;. 2,28. Die Ursache der Verkalkung ist z. Th. in der Beschaffenheit der Organe, in geringem Stoffwechsel und in Stö-
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rangen der Circulation, /.. Tb. in einem erhöhten Kalkgehalt des Blutes begründet. Dieses nimmt den Kalk entweder von anssen, besonders mit reichlich doppelt kohlens. Kalk enthaltendem Wasser aui', oder aus dem eigenen Knochengerüste. Letzteres geschieht bei ümwandelnng des Knochengewebes in Marksubstanz (Knochen-brüchigkeit) und bei dem Knochenkrebs; auch im hohen Alter, indem die Knochensalze ins Blut zurücktreten und nicht hinrei­chend durch Kieren, Leber, Euter und Speicheldrüsen ausgeschie­den werden. In Folge eines derartigen Vorganges entsteht z. B. bei alten Menschen und Thieren der graue Staar ohne vorher­gegangene Entzündnng durch directe Ablagerung von Kalksalzen in die Linse und deren Kapsel. Auch in den Bellinischen Röhren der Nieren bilden sich bei sehr reichlichem Kalkgehalte des Har­nes Kalkinfarkte, in der Harnblase Sedimente und Incrustationen (nicht die eigentlichen Harnsteine cf. sect;. 3quot;1.) und im entleerten Harne kalkhaltige Niederschläge. Weil jene Verkalkungen sich in Folge der nicht genügenden Excretion der aus dem Knochenge­rüste resorbirten Kalksalze bilden, so kann man sie als eine Art. von Metastase ansehen.
Yerkalkungen der Lungen betreffen nur deren elastisches und Binde-Gewebe, sowie die Wandungen der Bronchen, niemals die Lumina der Alveolen und Bronchen selbst. Solche Lungen fallen nicht zusammen, erscheinen wie mit vesiculärem Emphysem behaftet und auf dem Durchschnitt wie Badeschwamm.
sect;. 229. 2) Färbung, Figmentirung, Chromatosis.
Dieselbe kann entstehen erstens durch Neubildung von Pig­mentgewebe und gehört dann zu den Neoplasien, zweitens durch Bildung von Pigment durch die eigene Thätigkeit der Zellen, drittens durch Eindringen von Pigment von aussen oder von an­deren Körpertheilen aus. Die erstere ist ein formativer, die bei­den anderen sind nutritive Prozesse. Die von aussen in den Kör­per gelangten Farbstoffe lagern sich je nach der Saftströmnng oder nach der Prädilection gewisser Gewebe an bestimmten Stellen ab (z. B. Argent, nitric, in der Niere und in der äusseren Haut, der FarbstolT der Färberröthe, Kubia tinctorum, in ossificirenden Geweben, Kohlenstaub in den Lungen und Bronchialdrüsen, Pseudo-Melanosen, Anthrakose, tätowirende Farbstoffe in den nächsten Lymphdrüsen etc.). Alle Pigtnentinuigen, welche von anderen Körpertheilen ausgehen, entstehen wahrscheinlich immer in Folge
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eines nekrobiotisdion Prozesses des Blutes mit Umwandelung des Hämatiii in Hämatoidin, sind also liämatische Pigmente; doch ist der dabei stattfindende ehemische Prozess noch unbe­kannt. Dieser Farbstoff (Hämatoidin) ist viel resistenter, als das Hämatiii and geht von roth in schwarzbraun (Molanomata) oder in hellbraun und gelb über (Contnsionen), bildet über­haupt die verschiedensten Zwischenstufen zwischen den erwähnten Farben. Dieser Uebergang kann in wenigen Tagen stattfinden (z. B. au Blutextravasalcn). und beginnt sofort während der Diffusion des Liquor sanguinis in das benachbarte Gewebe und nachdem in Folge der Zersetzung der Blntbläschen der Farbestoff an den Liquor abgegeben worden ist. Die zurückgebliebenen, jetzt farblosen Blutbläschen werden deutlicher contourirt, in ihrem In­neren bilden sich kleine, dunkle, glänzende Fettkörnchen, dieselben werden frei und verschwinden sehliesslich durch Resorption. Der rothlich gefärbte Liquor durchdringt die benachbarten Zellen, färbt deren Protoplasma, nicht deren Membran, sowie die Intercellular-substanz rothlich und wird dann entweder auch resorbirt, oder — bei grösseren Massen und das ist Regel —das H am at in wandelt sich in Hämatoidin um und bleibt für das ganze Leben liegen. Ist es sehr diffuudirt, so erzeugt es eine gelbe Farbe, i. d. E. aber bildet es feine rothe Körner, oder krystallinische rhombische Säu­leu und färbt dann die betreffenden Theile intensiver roth, brauu oder fast schwarz. Dieser Farbstoff- ist chemisch identisch mit dem Gallenfarbstoff, dem Bilifulvin (Berzelius), jetzt Bili-rubin genannt; er löst sich in Chloroform und zeigt dieselbe Reaction auf salpetrige Salpetersäure. Die Umwandelung des Hä-matin in Hämatoidin ist also eine pathologische Gallenfarbstoff-bildung (Heterotopie). Durch die Fäulniss derartig pigmentirter Stellen wird der m. o. w. rothe Farbstofi in Folge der Bildung von Schwefeleisen schwarzgrau, schieferig oder russig (die sog. Aalhaut bei der Rinderpest und bei anderen blutigen Darmkatarr­hen, Kalomel-Vergiftung?).
sect;. 230. Die schwarzgraue Färbung der Lungen und Bron­chialdrüsen (Anthrakos is) bei Menschen und Thieren (besonders bei Hunden) entsteht durch Aufnahme färbender Stoffe (Staub etc.) von aussen durch die Luftwege. Die Bildung der oft zahlreichen und ziemlich grossen schwarzen Flecken (Melanomata) im subserösen und submucöseu Bindegewebe des Darmkanals der
Köhne, raquo;Ug Veterin. Path.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;j.
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Pferde geschieht wahrscheinlich ebenfalls nicht durch ein aus Hä-matin hervorgegangenes Pigment, sondern auf eine bisher noch un­bekannte Weise. Sie scheinen die Existenz und Function des Gewebes in keiner Weise zu beeinträchtigen.
sect;. 231. 3) Die amyloide Metamorphose ist ebenfalls ein degenerativer Prozess, welcher nicht zum Untergänge des Or-gaues, sondern nur zur Verdichtung und Verhärtung führt und wegen des Aussehens die speckige oder wächserne Degene­ration genannt wird. Die ursprünglichen Elemente gehen dabei zu Grunde und an ihrer Stelle tritt eine solide resistente Masse auf, welche zwar zuweilen denselben Zellenbau besitzt, aber functions-unfähig ist. Sowohl einzelne Zellen, wie ganze Organe können schnell oder langsam in diese Veränderung übergeführt werden.
Der Prozess geht i. d. R. von der Media der kleinen Arterien aus, welche zuerst stellen-, dann strichweise und zuletzt ganz da\ on ergriffen und in eine starre Röhre verwandelt werden. Dann verbreitet sich der Prozess m. ö. w. über alle Capillaren eines Theiles, welche verdicken, das Gewebe durch Druck und Blutar-muth zum Schwinden bringen, ohne dass das Volumen des Orga­nen oder Theiles wesentlich dadurch verändert wird. Das Organ­gewebe kann auf diese Weise schliesslich ganz schwinden und sich an dessen Stelle die starre, amyloide Masse, lediglich aus verdick­ten Gefässwiindungeu bestehend, belindeu; oder es kann auch das Pareuchym der Organe selbst in diese Masse verwandelt wer­den (Amyloid). Die chemische Zusammensetzung des Amyloid ist noch nicht mit Sicherheit festgestellt. Es besteht, aus einer stickstoffhaltigen, eiweissartigen Substanz, ist also nicht durch eine Art vegetabilischen Prozesses entstanden, obschoa sie mit dem pflanzlichen) Amylum in chemischer Hinsicht einige Aehnlich-keit und deshalb den Xamen erhalten hat. Ihr Verhalten zu ge­wissen chemischen Reagentien bietet ein sicheres Kriterium.
Durch Jod wird nämlich diese Substanz roth, weinroth, vio­lett gefärbt, während alle anderen thierischen Stoffe, mit Aus­nahme des Blutes, durch Jod gelb gefärbt werden. Man muss daher den auf amyloide Degeneration zu untersucheuden Theil vorher durch Auswaschen vollständig vom Blute befreien. Die erwähnte Faibenreaction zeigt sich bei ausgedehnte;1 amyloider Degeneration schon makroskopisch; bei Veränderung kleinerer Theilc oder einzelner Zellen muss man indess das Mikroskop zu
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Hülfe nehmen. Etwas concentrirte Schwefelsäure hinzugesetzt ver­wandelt die durch Jod erzengte rothe Farbe allmählig in eine schöne blaue, während durch Zusatz einer grösseron Menge Schwe­felsäure wieder Entfärbung erzeugt wird. Die Cellulose der Pflanzen wird dagegen durch Jod nicht, aber durch ferneren Zu­satz von Schwefelsäure blau gefärbt. Cholestearin wird eben­falls durch Jod nicht gefärbt, wird aber durch Schwefelsäurezusatz indigblau, später gelblichbraun und bildet zuletzt einen, bräunlichen Tropfen. Cholestearin mit Schwefelsäure behandelt giebt schöne Farbenveränderungen, das Amyloid aber bleibt unverändert. Pflanz­liches Amylum, Stärkemehl, wird dagegen durch Jod sofort in­tensiv blau gefärbt, ist dem Amyloid hinsichts dieser Farbenreac-tion also am ähnlichsten.
Wegen des bedeutenden specifischeu Gewichtes des Amyloid nimmt das absolute Gewicht der amyloid degenerirteu Organe ohne Vermehrung des Volumen erheblich zu
sect;. 232. Da die amyloide Degeneration i. d. E. in mehreren Organen, besonders am Dündarm, Eectum, den Nieren, der Leber, dem Herzen, den Lungen (aber nicht in Knochen, Gehirn und Ner­ven) gleichzeitig aufzutreten pflegt, so ist es nicht unwahrschein­lich, dass sie auf einer eigenthümlichen constitutionellen Dys-krasie beruht, obwohl die amyloide Substanz bis jetzt noch nicht im Blute nachgewiesen worden ist. Wahrscheinlich wird ein Be-standtheil des Blutes in die Zellen der Gefässwände abgelagert, welcher sich erst später amyloid verändert. Jedoch ist die Dyskrasie wahrscheinlich nicht primärer Natur, sondern ein de utero pa­th is ehe s Phänomen, da es besonders nach erheblichen mit Ernäh­rungsstörungen verbundenen Organkrankheiten und als Nachkrank-heit constitutioneller Krankheiten (Syphilis, Eotz?) auftritt.
Eine Resorption der amyloiden Substanz findet wahrscheinlich nicht Statt; sondern sie versetzt den betreffenden Theil, resp. die Zellen, bleibend in einen funetionsunfähigen, fast todten Zustand.
sect;. 233. 4) Die Amyloidkörper, Corpora amylacea. Diese siud rundliche, eine concentrische Schichtung zeigende, mit den Stärkekugeln aus dem Pflanzenreiche mikroskopisch und che­misch eine überraschende Aehnlichkeit zeigende Körper, welche in der Grosse sehr differiren, höchstens aber bis hanfkorngross wer­den und in den Alveolen der Lungen, in den Kanälen der Pro­stata, in der Kittsubstanz (Neuroglia) des Gehirns der Menschen
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gefunden worden sind. In der Regel bestehen sie nicht aus rei­nem Amylum, sondern sind mit einer Proteinsubstanz vermischt. so dass sie auf Jod selten mit rein blauer Farbe reagiren, viel­mehr mit einer m. o. w. grünlichen, welche durch die Vermischung der gelben Reaction der stickstoffhaltigen Theile mit der blauen Farbe der Stärkoreaction entsteht.
Die Amyloidkörper bilden sich nach Art der Concretionen als Niederschläge nach dem Zerfalle und der Auflösung der Elemente (Epithelien?). Sie haben gewöhnlich einen Kern, welcher aus cruenten, d. h. Blutfarbstoff enthaltenden Massen, besteht. In einem gewissen Grade bilden sie sich an den genannten Orten in Folge des Marasmus senilis regelmässig und sind dann kaum als pathologische Bildung anzusehen, wenn man nicht schon das Alter an sich als eine Krankheit gelten lassen will. Sonst kommen sie in früheren Lebensjahren bei atrophischen Zuständen, z. B. im Options bei dem schwarzen Staar (Amaurosis), im Rückenmarke bei der Rückenmarks - Schwindsucht, Tabes dorsalia (Traberkrankheit?) vor. Der Sehnerv, resp. das Rückenmark sehen dann granstreifig aus und die Corpora amylacea finden sich in verschiedener Grosse unregelmässig zerstreut in ihnen vor. Wahr­scheinlich sind sie nicht Ursache der pathologischen Störungen, sondern entwickeln sich erst während des Fortschreitens eines noch nicht näher bekannten nekrobiotischen Prozesses.
Ad 2. Nutritionsstörnngen, welche nicht zur Vernichtung führen.
sect;. 234. a. Die einfache Atrophie, der Schwund ist eine erworbene Volumsabnahme (nicht Bildungshemmung) ohne Vermin­derung der Zahl der Zellen. Sie ist stets eine Verschlechte­rung (Deterioratio) des Gewebes und wird auch einfach als Abmagerung (Macies) bezeichnet und wurde früher gemein­hin Schwindsucht (Phthisis) genannt. Sie unterscheidet sich von der nekrobiotischen Atrophie dadurch, dass bei dieser die Zahl der Zellen in Folge des Unterganges eines Theiles der­selben abnimmt, während bei der einfachen Atrophie nur die Grosse der Zellen in Folge einer mangelhaften Ernährung vermindert wird, ohne dass sie zu Grunde gehen. Sie können durch eine bessere Ernährung noch wieder restituirt werden. Häufig bildet indess diese Atrophie den Schluss der verschiedenen nekrobiotischen Pro-
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zesse. weil auch die in ihrer Existenz erhaltenen Zellen mangel­haft ernährt werden.
sect;. 235. Das Nervensystem widersteht der Macies am läng­sten und svenn eingetreten, führt sie zu der wegen des veränder­ten äusseren Ansehens solcher Theile so genannten grauen De­generation (Tabes dorsalis). Auch die drüsigen Organe des Hinterleibes (Leber, Milz, Lymphdrüsen) werden i. d. R. erst spät in den Prozess hineingezogen. Leichter tritt der Prozess im Blute (Anaemie) und am leichtesten im Fettgewebe auf.
Anm.: Ob eine Verminderung des Liquor sanguinis mit Ver­kleinerung der ßlutzellen ohne Verminderung der Zahl der letzteren vorkommt, ist wohl sehr zu bezweifeln. Jede Anä­mie beruht wohl gleichzeitig auf einer nekrobiotisciien, nu­merischen Atrophie des Blutes. Hiernach greift derselbe Prozess in der Haut, in den querge­streiften Muskelfasern, später in den glatten Muskelfasern Platz. Auch die Knochen kommen ziemlich früh an die Reihe, doch hat die Atrophie derselben keine wahrnehmbare Verminderung des Volumen derselben zur Folge, weil die Knoehensubstanz wegen ihrer Härte nicht zusammenrücken kann; es erweitern sich nur die Blntgefässe und Haversischen Kanäle.
sect;. 236. Der Prozess der Atrophie kann einzelne Regionen der genannten Theile mehr ergreifen, als andere: diese befinden sich sogar nicht selten in der Hypertrophie (Leber). Er kann zuerst die intracelluläre Substanz (Protoplasma) befallen, wobei die Zellen kleiner und functionell geschwächt werden, sich aber immer noch wieder restituiren können (Xutritive Restitution. Reparatio); oder er kann vorzüglich die Intercellularsubstanz betreffen, wobei die Zellen näher aneinander rücken und das Or­gan im Ganzen kleiner wird. In der Regel betrifft aber die Atro­phie die intracelluläre und die intercelluläre Substanz zu­gleich. Bei der lange bestehenden, chronischen Macies werden die atrophirten Theile zugleich braun (Muskeln, Ganglienzellen) und zwar nicht durch ein aus Hämatin gebildetes Pigment, sondern durch Umwandelung in ein eigenthümliches braunes Fett in Folge einer theil weisen fettigen Metamorphose (chronische oder braune Muskela trophie). Die mit Blässe verbundene örtliche oder allgemeine acute Muskclatrophie. die sog. weisse Atro­phie, entsteht dagegen mehr bei frisch entstandener und schnell
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entwickelter Macies. Diese kann bei längei'er Existenz allerdings noch in die braune Atrophie übergehen, aber nicht umgekehrt. Anm.: Besteht die chronische Atrophie gleichzeitig mit fettiger Metamorphose, so kann ein solcher Theil auch blass und hell erscheinen (Riaggiesskannen-Muskeln). Die braune Atrophie ist dauerhaften Charakters und unheilbar. Sie beruht immer entweder auf Marasmus seuilis und ist dann allge­mein, oder auf erheblichen örtlichen Ernährungsstörungen, welche wiederum Folge acuter oder chronischer Orgunkrankheiten sind. Die Phthisis (Schwindsucht) beruht dagegen auf örtlichen Krank-heitszuständen, welche atrophisehe Prozesse in grösserer Ausbrei­tung zur Folge haben.
Vom Verluste der normalen Spannung und Prallheit mit Verfall der Kräfte, Collapsus, unterscheidet sich die Atrophie dadurch, class der Collaps m. o. w. plötzlich eintritt und nur auf Wasser- (Blut-) Mangel begründet ist, ohne dass die Ernährung der festeren Be-standtheile gelitten hat. Den Gegensatz zum Collaps bildet der Gewebstur gor. Diese Zustände hängen hauptsächlich von der Herzthätigkeit und Innervation ab.
sect;. 237. ad b. a. Die wahre Hypertrophie ist eine Mas­senzunahme ohne Zellenvermehrung und stets auf gesteigerte Er­nährungsverhältnisse begründet. Sobald die Zahl der Zellen eine Zunahme erfährt, ist der Vorgang ein Xeubildungsprozess (Neoplasia), wenn die hinzugetretenen Zellen denen des ur­sprünglichen Gewebes auch ganz homolog sind (Hyperplasia).
Die constituirenden Elemente des hypertrophischen Theiles haben entweder das überschüssig aufgenommene Ernährungsmate­rial vollständig assimilirt, und dann besteht eine benigne oder homologe Hypertrophie, oder sie vermögen das Material nicht zu assimiliren, werden durch dasselbe in ihrer Function gestört oder gar in ihrer Existenz bedroht, indem die Stoffe als crude Massen in ihnen liegen bleiben, und dann besteht eine maligne oder heterologe Hypertrophie. Bei dem einfachen Fül-iungszustande wird das Gewebe nur einfach mit Ernährungs-Material infiltrirt, welches nicht zur Zusammensetzung des Organes beiträgt und zu jeder Zeit wieder entfernt werden kann (Fettle­ber nach jeder Mahlzeit).
Die benignen oder homologen Hypertrophien sind mit erhöh­ter Leistungsfähigkeit verbunden und i. d. ß. dauerhafter Natur;
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die FüllungSEUstande ?ind vorübergehend und haben keinen Ein-fluss auf die Function. Die malignen, heterologen Hypertrophien sind dagegen von m. o. w. acatem Verlaufe, stören erheblich die Function und führen nicht selten zum Untergange der Elemente, sind daher destruet i ver Natur (Entzündungen).
sect;. 238. Die benignen, homologen Hypertrophien bestehen mit Zunahme der Zellen an Umfang, i. d. i\. hauptsäch­lich in der Breite. Sie nehmen das ihnen adäquate Ernährungs-Material in höherem Maasse auf und fongiren überhaupt kräftiger. Diese Hypertrophie wird verursacht durch Reize, welche die normale Thätigkeit der Zellen anregen und meistens compensatorischer Natur sind. Ein Muskel, welcher andauernd grüssere Hindernisse zu über­winden hat, bekommt dickere Primitivbündel, wird hypertrophisch (z. B. das Herz bei andauernden Hindernissen im kleinen Kreis­laufe, Lungenemphysem, Tuberkulose. Asthma). Bei Nieren Was­ser sucht (Hydronephro se) werden die Harnkanälchen der anderen Niere erweitert und die Epithclien derselben vergrössert. Ferner kommt die einfache Hypertrophie häufig vor am Epithel und an der Epidermis, an den Nerven, Muskeln, am Bindegewebe und besonders häufig am Unterhaut-Fettgewebe (Pannicu-lus adiposus).
sect;. 239. Die malignen, heterologen Hypertrophien entstehen dagegen durch nicht adäquate (pathische) Reize, in Folge, deren die Zellen über die physiologischen Breitegrade hinaus, also im Uebermaass, schnell Emährungs-Material aufnehmen. Diese Massen können nicht assimilir! werden, sondern bleiben im Innern der Zellen in Form von Körnchen liegen, versetzen diese in den Zustand der sog. trüben Schwellung, stören ihre Function, gefährden sogar ihre Existenz. Diese Schwellung tritt ein in Folge aller Entzündungsreize und bedingt, zum grössten Theile die Entzündungsgeschwulst (Tumor in flammatorius;.
Die Humoralpathoiogen Hessen nach dein Grundsatze: „Ubi irritatio ('s. stimulus), ibi affluxusquot; die entzündeten Theile mit Blut überfüllt und dieselben hierdurch, sowie durch Transsu-date und Exsudate aus dem Blute anschwellen. Da indess auch entzündete gefässlose Theile (Cornea, Gelenkknorpel, innere Seh-nentheile) anschwellen und da Trans- sowie Exsudate aus dem Blute nach dieser Theorie in denselben nicht möglich wären, so kann nur die Schwellung (Vergrössernng) der Zellen die Ursache
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der EntzünduDgsgeschwuist sein, so lange noch nicht Neubildung (Zelle nprol if era tion) resp. Einwanderung von Lymphzellen stattgefunden hat. Diese Schwellung löst oder ,, zertheiltquot; sieh dadurch, dass die Zellen das überflüssig aufgenommene Material durch die Saftströmung von Zelle zu Zelle und zuletzt an das Blut wieder abgeben, von welchem sie dasselbe in letzter Instanz, aber in anderer Form und Zusammensetzung, entnommen haben. Die Zertheilung der Eutziiudungsgeschwulst (Kesolulio) geschieht daher nicht durch Verflüssigung und Resorption der aus­geschwitzten und geronnenen, in das Gewebe abgelagerten Fibrin­massen, sondern durch active Wiederabgabe der von den Zellen aufgenommenen Massen auf demselben Wege, auf welchem sie die­selben empfangen hatten, d. h. indem die Zellen in Folge des Aufhörens des Entzündungsreizes wieder zu ihrer normalen Thä-tigkeit zurückkehren, da ihre Form im Wesentlichen nicht gestört worden ist.
Die Neuropathologen liessen dagegen den Entziindungsreiz stets auf die sensitiven Nerven wirken, und ihn von diesen durch Reflex und krankhaft gesteigerte Innervation auf das Gewebe übertragen. Durch Versuche ist aber dargethan, dass ganz be­grenzte traumatische Reize (Nadelstiche) selbst in nervenlosen Theilen (Oberfläche der Gelenkknorpel) nur die unmittelbar afficir-ten Zellen in trübe Schwellung versetzen, ebenso in nenenreichen Theilen, ohne dass das ganze Gebiet eines gereizten Nervenastes in Mitleidenschaft gezogen wird; ein Beweis, dass die Zellen ohne unmittelbare Betheiligung der Nerven oder des Blutes, resp. der Gefässe direct afficirt, in Reizung und trübe Schwellung versetzt werden können. Jedoch muss anerkannt werden, das der Ent­zündungsreiz die Zellen der Gefässhäute und Nerven direct tref­fen, und dass er von diesen auf das Parenehym der Organe über­tragen werden kann (cf. Ausbreitung der Krankheiten sect;. 15). Eine auch noch so heftige und andauernde Hyperämie verursacht dagegen für sich allein niemals eine parenchymatösc trübe Schwel­lung (Entzündung), denn die Durchschneidung des Sym-paticus einer Seite erzeugt z. B. zwar eine andauernde Hyper­ämie der betreffenden Kopfhälfte, aber niemals eine Entzündung derselben. Ebenso wenig verursacht eine Abschneidung der Blut­abfuhr (Unterbindung der Venen) eine Entzündung in den peri-pherischen Theilen, sondern nnr eine passive Hyperämie. Dage-
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gen kann allerdings eine Hyperämie ebenso gut, wie der physio­logische ßlutreichthum eines Organes, das Zustandekommen der parenchymatösen Schwellung bei entzündlicher Reizung des Ge­webes erleichtern und beschleunigen, weil dem betreffenden Theile mehr Ernährungs-Material mit dem Blute geboten wird, sowie man umgekehrt, durch Abschneidung oder Verminderung der Zufuhr dieses Materials (Aderlass, Schröpf köpfe etc.) die Schwellung ver­mindern und den Zellen die aktive Abgabe des iibermässig auf­genommenen Materials erleichtern kann; aber niemals erzeugt die Gegenwart oder Anhäufung des Blutes für sich allein eine trübe Schwellung der Elemente, wenn es nicht gleichzeitig Stoffe mit sich führt, welche auf gewisse Gewebe reizend wirken und von diesen vorzugsweise angezogen werden ( Canthariden - Nierenent­zündung).
sect;. 240. Das bisher so genannte parenchymatöse Exsu­dat ist mithin kein Exsudat, d. h. nicht aus den Capillargefässen ausgeschwitztes Fibrin, sondern die Zellen des Parenchyms haben in Folge einer durch einen Heiz hervorgerufenen aktiven Thätig-keit eine abnorme Quantität von Ernährungs-Material aufgenom­men, welches sie nicht verarbeiten können, mit welchem sie ange­füllt und durch welches sie ausgedehnt werden. Das Blut ver­hält sich dabei ganz passiv und die Intercellularsnbstanz ist dabei nicht betheiligt, so lange die Gefässwandungen nicht afficirt wer­den und die Zellen des Parenchyms nicht zu Grunde gehen. Die crude Masse liegt nur innerhalb der Zellen, niemals in der Inter­cellularsnbstanz. Freilich kann auch ein Theil in Folge einer krankhaft gesteigerten Sensibilität und Irritabilität in einem solchen reizungsfähigen Zustande sich befinden, dass er durch den Lebensreiz des normalen Blutes in trübe Schwellung versetzt wird; dann hat sich aber der Theil bereits vorher in einer Prädispo­sition befunden (locus minoris resistentiae), welche seine ab­norme Reaction auf normale Reize bedingte. Die Krankheits-Ursache liegt mithin in dem Theile selbst, nicht im Blute. Die zuerst gereizten Zellen beziehen das Material unmittelbar von den benachbarten und so weiter, in letzter Instanz allerdings aus dem Blute. Wäre das Schwellungs-Materia! ein Exsudat aus den Ge-fässen, so müssten die in deren Nahe liegenden Zellen immer zu­erst geschwellt werden, was aber in der That nicht der Fall ist, und ausserdem würde, wie bereits angegeben, in gefässlosen Theilen eine trübe Schwellung gar nicht möglich sein. Späterhin
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participiren allerdings die emigrirten Lymphzellen an der Ursache der Entzündungsgeschwulst; dann besteht aber keine einfache Hypertrophie mehr, sondern es beginnt die Hyperplasie.
Die von den Zellen aufgenommenen Substanzen bestehen aus Serum, in welchem Eiweissstoffe gelöst sind, deren Molecule als Körnchen-Niederschlag liegen bleiben und die Durchsichtigkeit der geschwellten Zellen beeinträchtigen, daher die Bezeichnung trübe Schwellung, auch unpassend: parenchymatöses Exsudat.
Besonders auffällig tritt die trübe Schwellung an vollständig durchsichtigen Theilen (Cornea) auf, aber auch andere nehmen dadurch ein ganz verändertes Ansehen, wie im gekochten Zustande an (Leber, Nieren, Muskeln). Die entzündeten Muskelelemente ver­lieren z. B. ihre Querstreifung, weil die Inhaltsmasse nicht zu ihrer normalen Ernährung verwendet werden kann, daher nicht congruent wird (Starrkrampf?).
sect;. 241. Gelingt die Resolution der trüben Schwellung nicht, so kann es zum Absterben und zur Erweichung der Elemente kommen. Es besteht zuerst eine irritative, später eine Macerations-Erweichung ( die gangränöse Entzündung und der feuchte Brand d. A.), und wenn der Vorgang partiell auf der Oberfläche der Organe stattfindet, entsteht eine Verschwärung (ülceratio), im Innern der Organe ein Hohlraum (Caverne), und wenn eine Resorption dieser Zerfallsmassen eintritt, so entsteht eine numerische Atrophie des Organes.
sect;. 242. In anderen Fällen ist das Irritament so deletärer Art, dass der Zustand der trüben Schwellung direct in den der Nekrose übergeht (Hospitalbrand, brandige Bräune, DIphtheritis?). Diese Prozesse sind meistens durch eine Art Fermentsobstanz an­geregt, die sich durch dieselben reproducirt und die Eigenschaft besitzt, entweder bereits bestehenden Entzündungen den nekro-biotischen Charakter mitzutheilen oder von vorn herein durch In­fection denselben Prozess einzuleiten, dem sie ihre Entstehung oder Reproduction verdankt; z. B. eine Milzbrand - Infection erzeugt sofort eine maligne, mit Rapidität um sich greifende, zur Nekrose führende parenchymatöse Entzündung, welche hauptsächlich durch eine peracute trübe Schwellung (auch durch Bindegewebswuche-rung, Emigration von Lymphzellen) zur Entstehung des primären Karbunkels (der schwarzen Blatter, Pustiüa maligna) führt. Ebenso erzeugt eine Infection mit Leichengift eine mortifi-cirende Entzündung.
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sect;. 243. Geht derselbe Prozess an der Oberfläche der Organe von Zelle zu Zelle fortschreitend vor sich, so dass die oberfläch­lichen Schichten, nachdem sie in eine acute trübe Schwellung ver­setzt worden, absterben, so bezeichnet man ihn als Diphtherie (Diphtheritis), welche am ausgeprägtesten an den Schleimhäu­ten, aber auch an der äusseren Haut und an den serösen Häuten vorkommt. Die abgestossene Masse ist nur zum geringsten Theile fibrinöses Exsudat; in der Hauptsache besteht sie aus abgestor­benen Gewebstheilen (Detritus), welche einen Substanzverlust hinterlassen. Der Prozess kann mit und ohne Hyperämie vor sich gehen und im letzteren Falle lediglich aus opaker Schwellung her­vorgehen; er kann sogar in gefässlosen Theilen auftreten (Knor­peln), in die Tiefe (bis auf die Knochensubstanz) fortschreiten und hier zur Nekrose führen. Am gefährlichsten für das Individuum ist die Diphtheritis am Endocardium, weil die abgestossenen Massen mit dem Blutstrome fortgerissen in die entferntesten Körpertheile geschleudert werden und hier zu Erabolien Veranlassung geben können. Diese erzeugen dann an anderen Orten denselben Pro­zess, der durch seine Ausbreilung oder Vervielfältigung schnell zur Septicaemie und zum Tode führt (cf. atheromatöse Meta­morphose sect;. 216.). Die diphtheritische Substanz besteht also ne­ben den abgestossenen Gewebstrümmern aus dem inficirenden Stofte, welcher zur Diphtheritis die Veranlassung gegeben und aus den angezogenen Säftemassen, welche durch das Ferment in bestimm­ter Weise verändert worden sind. Die Diphtherie unterscheidet sich also dadurch wesentlich von dem atheromatösen Prozesse, dass bei letzterem eine infective Fermentsubstauz weder die Ur­sache ist, noch gebildet wird.
sect;. 244. Als Ergebniss neuerer Forschungen und Erfahrun­gen stellt Jaff^. über die Diphtheritis folgende Sätze auf:
„1. Die Diphtherie gehört zu der grossen Reihe der Infcc-tionskrankheiten und ist entschieden contagiös, sowohl durch un­mittelbare üebertragung auf die Schleimhäute oder auf die vom Epithel entbiösste äusserc Haut, als auch bei vorhandener Dispo­sition aus der Ferne.
2. Die Diphtherie ist (hat zur Folge?) demgemäss eine All­gemein-Erkrankung des ganzen Organismus und die Localisationen sind nur (?) als Folgezustände der allgemeinen Infection zu be­trachten, ausgenommen in den seltenen Fällen, in welchen das Gift (Virus?) auf die Schleimhaut oder erodirte Ober- (?) haut
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durch unmittelbaren Contact übertragen wurde. (Dieses dürfte wohl auch bei der Infection per distans stattfinden. K.)
3.nbsp; nbsp; Das eigentliche Wesen der Diphtherie ist bis jetzt noch nicht aufgeklärt (Pilzbildung ist bis jetzt nur als ein zufälliges Accidens zu betrachten); (das Contagium vivum der Diphtherie soll in einem Pilz Zygodesmus (fuscus?) bestehen, dessen Sporen die epidemische Verbreitung vermitteln. K.). Das Wesentliche und Charakteristische der localen Erkrankung ist eine Kern- und cy-toide Wucherung im Bindegewebe, und besonders im Schleimhaut­gewebe mit Neigung zu oberflächlichem nekrotischen Zerfalle, oder nach Anderen eine fettige Entartung der in reichlicher Wucherung begriffenen Epithelschicht.
4.nbsp; nbsp; Croup und Diphtherie sind zwei durchaus von einander verschiedene Krankheitsprozesse. Ersterer ist eine entzündliche, nicht ansteckende, nicht epidemische, primäre Localerkrankung der Schleimhaut mit einer aus Eiweisskörperchen und Faserstoftkitt gebildeten Pseudomembran; letztere dagegen eine allgemeine, an­steckende und meist epidemisch auftretende Infections-Krankheit, deren primäre Localisation vorzugsweise im Schlünde (?) vor­kommt, mit zur ülceration und Nekrose tendirender Umgestaltung des Normalgewebes. Beide Zustände (Prozesse K.) können neben einander vorkommen.quot;
Da die acute Hypertrophie (trübe Schwellung) in diesen Fäl­len schnell in Nekrose übergeht, so kann niemals eine Restitutio ad integrum eintreten, sondern nur dadurch eine relative Heilung erfolgen, dass der Substanzverlust durch Neubildung, d. i. Narben­gewebe, ersetzt wird.
(Die unpassend so genannte falsche Hypertrophie (cf. 6. 198 6. 3.) gehört, wenn die Volumszunahme auf einer Vermeh­rung der normalen constituirenden Elemente beruht, zu den Hy-perplasien, wenn sie aber durch Neubildung fremder Elemente verursacht wird, zu den Neoplasien. Beide werden bei den Formationsstörungen abgehandelt werden).
sect;. 245. B. Functionelle Störungen.
Da die Function der Zellen durch ihr Protoplasma bedingt wird, so ist stets eine Veränderung desselben die Ursache der functionellen Störungen; Membran und Kern können dabei intact bleiben. Die Störung der Function kann immer nur eine quantitative sein, d. h. sie ist entweder ein Uebermaas (Excess) der Thätigkeit, oder ein Mangel (Defect). Eine Abweichung der Functionen in
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anderer Richtung findet nicht Statt. Siue Nervenzelle kann sich z. B. nie coutrahiren. wie eine Muskelzelle, und diese kann nie Galle bereiten, sondern dazu ist eine Leberzelle erforderlich.
Es giebt zwar eine Reihe von Drüsen, welche ihre Thätig-keit gegenseitig bedingen rosp. sich in ihrer Function zum Theil vertreten können (Vicariatio), z. B. die Milchdrüsen, die Talg­drüsen der Haut, die Ohrenschmalzdrüsen liefern unter Umstän­den Producte, welche sich in ihrer Beschaffenheit denen der an­deren m. o. w. nähern können; diese Abnormitäten sind aber stets nur durch quantitative Abweichungen der physiologischen Bestandtheile der Se- und Excrete bedingt. Hierdurch wird der Effect, das Absonderungsproduct, nur scheinbar ein qualitativ an­deres, denn es sind immer dieselben physiologischen Bestandtheile, nur in einem anderen quantitativen Verhältnisse zu einander in demselben vertreten. So kann z. B. bei mangelhafter Nieren-thätigkeit die äussere Haut, selbst der Magen, Harnstoff ausschei­den; dieser Stoff ist aber unter physiologischen Verhältnissen stets in dem Secrete der Haut und des Magens enthalten, wenn auch in einer sehr geringen Quantität. In derselben Weise verhält es sich mit der Galle, welche nur dadurch in ihrer Qualität von der normalen abweichen kann, dass ein oder mehrere physiologische Bestandtheile in grösserer oder geringeftr Quantität in derselben vertreten sind. Ganz fremdartige, sonst in der Galle nicht vor­kommende Stoffe, sind niemals in derselben enthalten (cf. sect;. 10.).
sect;. 246 Die Thätigkeit der Zelle erfolgt nicht lediglich durch-ihre Existenz, durch ihren Inhalt oder ihre Form, sondern stets nur in Folge eines auf sie einwirkendenReizes, (Irritamentum), welcher eine Reizung, d. h. eine Reaction der Zellen hervor­ruft. Die Art der Thätigkeit wird nur durch den Inhalt der Zelle bedingt, der Reiz selbst ist darauf ohne Einfluss; dieser bedingt nur durch seine Grosse den Grad der Reizung und dadurch eine Verschiedenheit des Effectes. Die Reizungsfähigkeit und Erreg­barkeit eines Theiles bekundet, dass er lebt, denn er kann bei der normalsten Form und bei der besten chemischen Zusammen­setzung todt sein; dann reagirt er eben nicht mehr auf Reize.
Wenn die lebende Zelle in jeder Beziehung normal ist, so muss jede Reizung eine Action (Reaction) derselben zur Folge haben, und wenn dieser Reiz ein positiver ist, muss die Thätig­keit erhöht, wenn er ein negativer ist, vermindert werden. Wenn
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die Zelle auf gewöhnliehe Reize iu ungewöhnlichem Maasse rea-girt, so ist ihre Reizbarkeit krankhaft verändert, erhöht oder ver-mindert. Da aber die Reizbarkeit der Zelle von ihrem Inhalte abhängt, und dieser von ihrer Ernährung, so beruhen die Abwei­chungen in der Erregbarkeit stets auf Ernährungsstörungen und Laben umgekehrt Emährungsstörungen stets Functionsstörungen zur Folge.
sect;. 247. Die verschiedenen Zustände der Reactionsfähigkeit bezeichnet man mit Kraft und Schwäche, wodurch nicht nur die Energie, sondern auch die Schnelligkeit und Dauer der reactiven Leistungen ausgedrückt wird. Erfolgt die durch den Reiz hervor­gerufene Reizung und Reaction schnell und vorübergehend, aber nicht energisch, so bezeichnet man diesen Zustand als den der irritablen Schwäche; tritt dagegen die Thätigkeit (Reaction) langsam hervor, und ist die Leistung bedeutend und anhaltend, so ist dieses der Zustand der Kraft oder Kräftigkeit, Sthenie; erfolgt sie schnell und in einem hohen Grade, so bezeichnet man den Zustand mit Hypersthenie. Die Verminderung der Lei­stungsfähigkeit wird Äs thenie genannt; die Reaction tritt lang­sam und in geringem Grade ein. Die höheren Grade der Asthenie bezeichnet man als Torpor, Torpiditas, und definitiv aufge­hobene Reactions- und Leistungsfähigkeit ist gleich Tod.
sect;. 248. Die Asthenie der Bewegungs-Organe (Nerven, Mus­keln) bildet den Lebergang zu den Lähmungen, so dass der Begriff der hohen Asthenie und der unvollständigen Lähmung zusam­menfällt. Bei vollständiger Lähmung (Paresis) findet gar keine Reaction mehr Statt, eine Restitution ist aber noch möglich. Jedoch spricht man von Lähmungen i. d. R nur bei localea Krankheits­prozessen, von Asthenie bei allgemeinen; sonst sind beide Zustände im Wesentlichen dieselben, nur dem Grade und der Ausbreitung nach verschieden.
In den Gentral-Xervenapparaten nennt man den Zustand der Asthenie oder der unvollständigen Lähmung Reizlosigkeit, (Torpor), die in den höheren Graden stets mit Bewusstlosig-keit (Stupor) verbunden ist. Die plötzliche Aufhebung der Function des Nervensystems bezeichnet man mit Nervenschlag (Apoplexia). Dieser Ausdruck wird indess auch auf örtliche Zu­stände einzelner Nervenregionen, selbst auf beschränkte Gefässge-biete angewendet (Sehnerven, Lungen etc.).
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sect;. 249. Als falsche Schwäche (Asthenia spuria) be­zeichnet man denjenigen Zustand, bei welchem normale Leistungs­fähigkeit, aber gesunkene Erregungsfähigkeit (Sensibilität wie Ir­ritabilität) besteht, so dass zur Hervorrufung einer normalen Func­tion ein höherer Reiz erforderlich ist, als unter physiologischen Verhältnissen. 1st aber die Leistungsfähigkeit iu Folge mangel­hafter Ernährung gesunken, so besteht wahre Schwäche, Hin­fälligkeit, Asthenia vera, Debilitas, die sowohl mit er­höhter, wie mit verminderter Reizbarkeit verbunden sein kann.
Nach vorangegangener angestrengter Leistung tritt stets eine Art der falschen Schwäche ein, welche man Ermüdung, Er­schöpfung (Prostratio) nennt. Dieselbe kann durch Ruhe oder durch höhere Reize (Willenskraft) sofort wieder gehoben wer­den; denn sie beruht nicht auf einer Ernährungsstörung oder auf einer Anhäufung regressiv gebildeter Stoffe (Zerfallsmassen, Ver-brennungsproducte), weil ein gesteigerter Verbrauch resp. Zerfall der leistungsfähigen, eiweisshaltigen Elemente nicht stattfindet, (wohl der Kohlenhydrate und Fette!), was daraus geschlossen wer­den kann, dass nach erhöhter Leistung eine vermehrte Harnstoff-Ausscheidung nicht stattfindet. Die Ermüdung beruht also nur auf mangelnder resp. erschöpfter Erregbarkeit, nicht auf Störung der Ernährung. Durch üebung wird die Erregbarkeit weniger leicht erschöpft, ohne dass die Ernährung eine wesentliche Ver­besserung erfahren zu haben braucht. Ist diese gleichzeitig ge­steigert (Hypertrophie), so ist die Leistungsfähigkeit allerdings eine um so grössere (cf. sect;. 156.).
Diese Grundsätze sind bei allen Functionen dieselben, gleich­viel ob es sich um Muskeltliätigkeit, um Sekretionen, psychische oder sonstige Leistungen handelt.
sect;. 250. Die Erläuterungen dieser Zustände an den Func-tionsstörungen des Blutgefässsystems bieten ein hervor­ragendes wissenschaftliches und praktisches Interesse.
Die Thätigkeit der Gefässe ist lediglich durch ihre Muskel-elemente bedingt. Die Aorta und grössten arteriellen Gefässe sind fast ganz ohne Muskelfasern, ebenso die Capillargefässe, wel­che nur aus der Intima bestehen. Die grössten und die kleinsten Gefässe sind daher sehr wenig selbstthätig. Am meisten Muskel­elemente haben die Gefässe mittler Grüsse, Arterien wie Venen,
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unter den letzteren am meisten die Vena saphena. Nach den Stämmen und Capillaren zu wird die Mnskelhaut allmählig dünner. Jeder physiologische oder pathologische Reiz wirkt zunächst auf die kreisförmig um die Geiasse verlaufenden Muskelfasern in der Art, dass diese sich zusammenziehen und das Lumen der Ge-fässe verengen. Nach dieser Verengerung tritt in Folge der Er­müdung oder Erschöpfung der Mnskelthätigkeit langsam oder schnell eine secundäre Erschlaffung mit Erweiterung der Gefässe ein. Diese Relaxation ist immer m. o. w. andauernd, d. h. sie ist nicht wieder von einer Contraction gefolgt, so dass von einer eige­nen pulsirenden Thätigkeit der Gefässe (Vis pulsifica), wie Galen sie annahm, nicht die Kede sein kann. Je grosser der Reiz, je grosser ist zwar in der Regel die Contraction der Gefässe, je grosser und andauernder aber auch deren Relaxation Die Veren­gerung der Gefässe ist also eine Action, die Erweiterung eine Pas­sion oder Paralyse. Erstere bedingt in den Arterien verminder­ten Blutzufluss (locale Anämie), letztere i. d. R. vermehrten (locale Hyperämie). Diese Hyperämie ist also Folge einer Passivität, einer Asthenie oder Lähmung der Arterien.. Dagegen hat eine active Reizung der Venen verminderten Blutabfluss, die bisher so genannte passive Congestion zur Folge. Diese ist aber das Re­sultat eines activen Vorganges in den Venen und wäre daher richtiger als locale active Hyperämie zu bezeichnen. Da die Ge­fässe eine eigene pulsircnde oder peristaltische Thätigkeit nicht besitzen, so ist eine locale active Hyperämie im älteren Sinne, wel­che durch vermehrten Blutzufluss in Folge einer gesteigerten Attrac­tion der Gewebe zum Blute entstanden sei, nicht denkbar. Ein vermehrter Zufluss des Blutes kann nur auf einer passiven Erwei­terung der zuführenden (arteriellen) Gefässe beruhen. Der Inhalt der Gefässe, das Blut, verhält sich dabei ganz anders, als Heule auf Grund seiner epochemachenden Versuche au der Schwimm­haut des Frosches geschlossen hatte. Er hatte nämlich ganz rich­tig beobachtet, dass bei Reizung durch Kochsalzlösung die Gefässe sich zuerst verengten und dann erweiterten, dass aber das Blut in den erweiterten Gefässen laugsamer floss. Er schloss daraus, dass jede Reizung der Gefässe und die darauf folgende Erweite-rung derselben mit einer Stauung des Blutes verbunden sei und dass diese bei Entzündungen immer eintrete. Er hatte aber dabei aussei- Acht gelassen, dass das Kochsalz dem Blute Serum ent-
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zog, dasselbe eiiulickte, die Flexibilität der Bliitzellen ver­minderte und dass das Blut dadurch weniger circulatioiisiähig wurde, so dass die starr gewordenen Blutzellen nicht im Stande wareu, sidi durch die Gapillargefässe hindurch zu zwängen. Claude Bernard und Virchow haben bei der Controlle dieser Versuche hinsiehts des Verhaltens des Säugethierhlutes und der Gelasse (am Ohre der Kaninchen) ein ganz anderes Resultat erhalten. Sie haben gefunden, dass das Blut zwar in den durch den Reiz pri­mär verengten Gelassen langsamer, aber in den seeundär erweiterten Gefässen schneller iloss. Sie landen dieses Resultat auch viel besser den hydrostatischen Gesetzen entsprechend, weil ein verengtes Ge-fäss nur dann einen schnelleren Blutlaut' in seinem lühern bedin­gen könne, wenn in einer gewissen Zeit eine bestimmte Quanti­tät Blut hindurch miisste, um zu den peripherischen Theilen zn gelangen. Dieses sei aber durchaus nicht noting, denn theils er­hielten die peripherischen Theile in Folge der Contraction der zu ihnen führenden (arteriellen) Gefässe in der That weniger Blut, es entstehe locale Anämie, theils biete der collaterale Kreis­lauf von der Stelle vor der Verengerung resp. der Stauung aus Gelegenheit und Baum genug zur Ableitung des zurückgehalte­nen Theils des Blutes auf andere Wege (Derivation), so dass es auf Umwegen doch in normaler Quantität zu dem betreffenden Capillaj-gefäss-Gebiete gelangen könne. Dagegen seien zwar die Blutkügelcheu der Säugethierc von Natur viel weniger (lexible, als die des Frosches, aber auch bedeutend kleiner, so dass sie stets mit Leichtigkeit selbst durch sehr verengte Gapillargefässe hindurch gelangen könnten. Ausserdem wirke in jedem verengten Gefässe die Reibung und Attraction zwischen dem Blute und den Gefässwandungen in einem weit höheren Grade, als in einein er­weiterten Gefässe, so dass in jenem eine Verlangsamung, in die­sem eine Beschleunigung der Blutströmung eintreten müsse. Cohn-heim und Recklinghausen haben dagegen an dem gereizten Mesenterium des Frosches beobachtet, dass die Arterien und Ve­nen sich gleich nach Einwirkung des Reizes erweitern, dime sich zuvor zu verengen, und dass das Blut in den erweiterten Gefässen unter umständen schneller, unter anderen auch langsamer Hiesst (cf. sect;. 253.).
Der letztere Standpunkt gilt zur Zeit als der maassgehende, obwohl zugegeben werde]! muss, dass gewisse Reize zuerst eine
Kühne, allg, Vetcriu. Path.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ] ._gt;
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Verengerung der Geiilsse erzeugen, denen eine Erweiterung folgt, während andere Reize sofort eine Erweiterung der Gefüsse her­vorrufen. Es ist sogar nicht unwahrscheinlich, dass verschiedene Regioneii der Capillargefäss - Gebiete ein verschiedenes Reactions-Vermögen haben und obwohl die Gesetze der Hydrostatik sicher­lich auf den Blutlauf Anwendung finden, so sind die Bedingungen des Zu- und Abflusses, des Blutdruckes, der Reibung etc. doch zu mannigfach, um aus der Application dieser Gesetze apriori-stische Schlüsse zu gestatten.
Wenn aber in den erweiterten zuführenden Gefässen ein be­schleunigter Blutlauf besteht, so muss in dem Gapillargcfäss-Ge-biete eine Hyperämie entstehen, so lange der AbHuss des Blutes nicht ebenfalls gleichmässig vermehrt ist. Diese früher fälschlich sog. active Hyperämie beruht also auf einer Passion der zufüh­renden Gefässe, während cine active Contraction derselben eine locale Anämie zur Folge haben muss.
sect;. 251. Der durch den beschleunigten Blutzufluss in den passiv erweiterten arteriellen Gefässen erzeugte Blutreichthum in dem Capillargefäss - Gebiete bedingt auch eine Erhöhung der Temperatur, wie bei der Durchschneiduug des Sympaticus, die sicher eine passive (früher sog. active Hyperämie, Congestion) zur Folge hat, sich herausgestellt hat. Die Steigerung der Tempera­tur steht bei den Congestioncn immer mit dem Blutreichthum im graden Verhältnisse, denn es wird dem betreffenden Theile mit dem Blute mehr Wärme zugeführt, als er durch Ausstrahlung und Mittheilung abgeben kann. Aus diesem Grunde kann der Tem­peraturgrad eines in Congestion befindlichen Theiles niemals den des Blutes übersteigen. H. Jacobson und M. Bernhardt (in Königsberg) haben sogar gefunden, dass selbst die Temperatur entzündeter Theile stets geringer ist, als die des Herzblutes, und dass eine örtliche Entzündung die Wärme eines Theiles nicht über die Temperatur hinaus zu erhöhen vermag, welche man an der Quelle der Circulation findet. Die örtliche Temperatursteigerung der entzündeten Theile, sowie die in ihnen über die Norm gestei­gerten Oxydationsprozesse können also auch nicht die Quelle der allgemeinen Temperatursteigerung bei entzündlichen fieberhaften Krankheiten sein (cf. sect;. 254).
In derselben Weise muss bei derjenigen activen (bisher fälsch­lich passiv genannten) Hyperämie, deren Ursache eine primäre
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(active) Verengerung der abführenden Gefässe (Venen) ist, so lange der collaterale Kreislauf niclit ausgleichend (compensatorisch) eintritt, eine Temperatursteigerung stattfinden, dagegen dem fer­nereu Verlaufe der Venen nach (dem Herzen zu) in derselben Weise eine Temperatur-Verminderung bestehen, wie bei der aeti-veu Anämie in Folge der Contraction der arteriellen Gefässe in dem Capülargefässgebiete (cf. Calor sect;. 254).
sect;. 252. Die Entzündungsröthe (Uubor) beruht (nach Virchow) immer auf einer Passion der zuführenden Gefässe, auf vermehrtem Blntzuflnss; sie ist Folge der fälschlich so genannten activen Hyperämie, die i. d. R. mit beschleunigtem Blutlaufe be­steht (nach Cohnheim), aber auch mit einer Verlangsamung des Blutlaufes in den erweiterten Capillargel'ässen verbünden sein kann. Diese Röthe ist indess nicht ein wesentliches Attribut der Ent­zündung, sondern nur ein Gollateral-Phänomen, weiches, z. ß. bei Entzündungen gefässloser Theilc (Cornea, Gelenkknorpel), auch fehlen kann. Die Hyperämie wird durch denselben Reiz hervor­gebracht, welcher die Entzündung (trübe Schwellung, acute Hyper­trophie des Gewebes) veranlasste. Sie ist daher nicht ein wesent­licher Theil der Entzündung, sondern nur insofern ein begünsti­gendes Phänomen derselben, als den gereizten Elementeu in Folge des vermehrten Blutreichtliums die übermässige Aufnahme des Ernährungs-Materials erleichtert wird. Bei der Passion der Ge­fässe befinden sich indess die umgebenden, entzündeten Gewebe (Zellen) immer in einem activen Reizungszustande. Es bleibt sich für diese Verhältnisse ganz gleich, ob die Entzündung einen asthe-nischen, torpiden oder sthenischen, selbst hypersthenischen Cha­rakter hat, d. h. ob die Reaction der Elemente schwach oder energisch, langsam oder schnell, vorübergehend oder anhaltend von Statten geht. In den Gefässwandungen besteht stets eine Passion, iu dem Gewebe eine Action. Das Aussehen der Gefässe, die Tingirung und Nüancirung der Entzündungsröthe bietet für die Beurtheilung dieser verschiedenen Charaktere der Entzündung keinen Anhalt.
sect;. 253. Früher glaubte man, dass bei jeder Entzündung eine Stockung des Blutes (Stasis) in den Capillaren bestehe, und mau gründete diese Ansicht auf die erwähnten Versuche Henle's an der Schwimmhaut des Frosches (cf. sect;. 250). Jetzt weiss man aber, dass die Gelasse in entzündeten Theilen mehr Blut enthalten
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und dass das Blut in ihnen nicht stockt, sondern i. d, R. schnel­ler und nur vorübergehend und stellenweise langsamer iliesst, auch wohl gänzlich stille steht, dass dagegen eine umfangreiche, anhal­tende Stockung des Blutes, die Brand zur Folge haben würde, bei einfacher Entzündung nicht vorkommt.
Dann ist es nicht nur die Hyperämie, sondern noch ein an­deres eigeuthümliches Phänomen, welches mit zur Entstehung der Eutzüudungsröthe beiträgt. Im normalen Zustande der Gefässc üiessen nämlich die rotheu Blutkügclchen mehr in der Mitte des ßlutstromes, während die weissen Blutkügelchen sich vorzüglich in der plasmareichen Waudschichte bewegen, so dass der Anschein entsteht, als wenn ein Blutgefäss in einem Lymphgefässe stecke. Es ist noch nicht klar ermittelt, worauf diese Erscheinung beruht. Man hat sie theils als eine Folge der Keibung, theils als Folge einer stärkeren Anziehung der Gcfässwandungen zu den farblosen Blutzellen und daraus hervorgehenden Repulsion der rotheu Blut­kügelchen angesehen. Andere glaubten, dass eine grössere An­ziehung der rothen Blutkügelchen unter sich die Ursache der An­sammlung der letzteren in der Axe des Gefässes und der Ver­drängung der farblosen Zellen nach der quot;Wand zu seien. Nach Donders sammeln sich die grösseren farblosen und kugelichen Lymphzellen besonders deswegen in der plasmahaltigen quot;Wand­schichte, weil sie an ^derjenigen Hälfte ihrer Peripherie, welche der Axe des Gefässes zugekehrt ist, von einem stärkeren Strome erfasst werden, als in der etwas langsamer (üessenden Wand­schichte. Hierdurch müssten die Lymphzellen in eine rollende Be­wegung gerathen, deren Resultat ein Rotiren nach der Gefässwand sei. Die scheibenförmig abgeplatteten rotheu Blutkügelchen be­wegten sich dagegen mit ihrem Längendurchmesser immer der Gefässwand parallel, so dass eine Axeudrehung und rollende Be­wegung bei ihnen nicht eintreten könne, sie müssten sich daher in der Mitte des Gefässes ansammeln. AuchCohnheim (cf. sect;.530) hält diese Ansicht für die plausibelste. Dem sei nun, wie ihm wolle, Thatsache ist, dass bei einem auf das Blutgefäss einwirken­den Reiz die rothen Blutzellen sich sofort in die hellere Wand­schichte verthcilen, so dass das Gefäss breiter resp. dicker und der gereizte Theil makroskopisch rother erscheint, ehe eine Hy­perämie zu Stande kommt. Diese tritt erst nach der Erweiterung der Gefässe ein, welche dann in dor That mehr Blut führen, deren
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deuÜioheres Polsiren man an den kleinsten Gefüssen nicht selten unter dem Mikroskop wahrnehmen, an den grösseren Gelassen aber auch fühlen kann (Schienheiinarterie).
Die Stasen sind vorzugsweise den astlienisehon und torpiden Entzündungen eigen, welche mit einer geringeren Energie der JJerz-aktion und mit einer Neigung zur Mortiiikation des Gewebes be­stehen. Wenn es, wie man früher glaubte, ein nothwendiges Re­quisit der Entzündung wäre, dass Stasen in den Capillargofässen bestellen, so wären die oft so massenhaften Ex- und Traussuda-tionen (z. B. bei Pleuritis) unerklärlich; auch müssten sämmt-liche Entzündungen viel bedenklicher sein, weil umfangreiche und andauernde Stasen nothwendig Gangrän zur Folge haben.
sect;. 254. Die Entzündungshitze (Galor) wird zum Theil durch den vermehrten Blutreichtimm, wie bei den einfachen Hyper­ämien (cf. sect;. 251), zum Theil durch den örtlich gesteigerten Er-nährungs- and Verbrennungs-Prozess und, bei fieberhaften Entzüa-dungen, zum Theil durch die allgemein gesteigerte Temperatur des Blutes erzeugt (cf. Fieber sect;. 306 et seq.). Diese objective Temperatursteigerung in entzündeten Organen kann 3—4quot; C. be­tragen; dieselbe erscheint aber dem subjeetiven Gefühle, besonders in der äusseron Haut und deren Nähe, bedeutend höher.
sect;. 255. Der Entzündungsschme rz (Dolor) wird gröss-tcntheils durch Druck und Spannung der Nerven als Folge der trüben Schwellung der Elemente, wahrscheinlich auch durch die gestörten Ernährungs-Verhältnisse und abnormen Reizungen der Entziinduugs-Ursaclic sowohl, wie der Entziindungs-Producte (py-rogene Substanzen) auf die gleichzeitig in erhöhter Sensibili­tät belindlichen feinen Nerven-Fasern und Enden bedingt.
sect;. 256. Die Entzündungsgeschwulst (Tumor) wird 1) theils durch die trübe Schwellung der Elemente, 2) theils darch die Erweiterung der Gofässe und den grösseren Blutreich-thum (hyperämischer Tumor), 3) theils durch Ex- und Traussu-dation librinüser und seröser Bestandtheile des Blutes in die Hohl­räume (Alveolen, Acini) und 4) theils durch Zellenwucherung resp. Neubildung oder Einwanderang von Lymphzellen herbei­geführt.
sect;. 257. Die Verhältnisse ad 1) und 2) sind schon bespro­chen, die ad 4) gehören zu den formativen Prozessen, folglich haben wir an dieser Stelle zunächst die Ex- und Transsuda-
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tionen in Betracht zu ziehen. Diese Eatzundnngsproducte, welche man friiliei- schlechthin als Ausschwitzuugen (Exsudate) bezeicliuele, können passend in drei grössere Gruppen zerlegt wer­den, und zwar: a) die Hämorrhagien, b) die Transsudate, c) die Exsudate.
sect;. 258. ad a) Die Hämorrhagien.
Das Ausgeschiedene ist dem Blute am meisten ähnlieh. Das­jenige, was extra vas ist, war früher intra vas (daher Ex-travasat), es enthält m. o. w. von allen Bestaudtheilen des Blutes. Förmliche Blutungen, d. h. Austretuugen des ganzen Blutes aus den Gelassen, können i. d. R. nur eintreten durch Trennung des Zusammenhanges derGel'ässWandungen (per rhexin), oder diese müssen so grosse Oeffnuugen erhalten, dass sie den Blutkugelchen den Durchtritt gestatten. Jedoch sind diese Oeff-nungen nicht immer mikroskopisch nachweisbar, weil sich ihre Ränder zuweilen wieder so nahe aneinander legen, dass die Oeff-nung nicht mehr sichtbar ist. Nach Cohnheim's Beobachtungen haben die Gefässe aber auch natürliche Poren, Oeflhungen, Ste­in ata (cf. sect;. 533), welche sich bei gesteigertem Blutdruck mund-fönnig erweitern und sowohl den ungefärbten wie den rothen Blut-zelleu den Durchtritt gestatten (per auastomosin). Auf diese Weise kann ein hämorrhagisches Exsudat ohne Zerreissung der Gefässe entstehen (cf. Eiterbildung sect;. 535). Beruht der Blutaustritt auf einer stellenweisen Zerstörung der Gefässwand durch Nekrose oder zurch einen nekrobiotischen Prozess, so ist derselbe durch Anfressen (per diabrosin) entstanden. Was dagegen die Aus­tretung dos Blutes in Folge einfachen Durchsickerns (per diape-desin) betrifft, so konnte die Ansicht von derselben nur so lange Vertreter ündeu, als man das Blut für eine homogene Flüssigkeit ansah und die Blutbläschen als geformte Elemente noch nicht kannte. Die Diapedcse kann sich daher nicht auf das ganze Blut, sondern nur auf dessen Flüssigkeiten beziehen, welche vermittelst der Diffusion (Endosmose und Exosmose) durch die Zel­len und die Intercellularsubstanz der Gefässwandungen resp. der Gewebe hindurch treten können. Man findet zwar zuweilen auch rothe Blutzellen im Innern anderer Zellen, dann sind jene aber von diesen activ aufgenommen, „gefressenquot;; sonst können dieBlut-kügelchen kein Gewebe durchdringen.
sect;. 259. Der Bluterguss per rhexin findet entweder in die
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ümgebtmg dos Gefässes oder nur zwischen die liäuto desselben Statt. Im letzteren Falle (Hämorrhagia iut er pari et alls) ist entweder nur die lutima, oder diese und die Media zerrissen und das Blut hat sich zwischen Intima und Media oder zwischen Media und Adventitia ergossen (Aneurysma dissecans). Natürlich kann von diesen verschiedenen Arten von Blutergüssen nur bei Gefässen mit zusammengesetztem Bau, also bei den mittleren und grösseren Gelassen, die Hede sein.
Diese Aneurysmen, sowie die begrenzten örtlichen Ausdehnun­gen (Ectasien) der Gelasse sind entweder die prädisponirenden oder die wesentlichen Ursachen der wahren Apoplexien des Gehirns, indem sie auf dem Durchschnitte nur scheinbar wieEx-travasate aussehen, aber weiter nichts als ausgedehnte (telan-gicetatische) oder solche Gefässe sind, deren intima resp. In­tima und Media zerrissen sind, während die anenrvsmatisch aus­gedehnte Adventitia ihren Zusammenhang bewahrt hat und kein Blut austreten lässt, sondern nur durch Druck die Function des Gehirns lähmt. Wenn eine wirkliche Extravasation (Apoplexia haemorrhagica) eintritt, muss zuvor die umgebende Hirnsub-stanz eine Ruptur erlitten haben, in welche das Blut eintreten kann. Diese Kuptur, weniger der Druck des Blutes, ist dann die Ursache der aufgehobenen Function des Gehirns, deren Stö­rung durch den nun hinzutretenden Druck (und Beiz?) des Blu­tes allerdings noch gesteigert wird. Nachdem das Blut resorbirt und dieser Druck beseitigt worden, bleibt die durch die Ruptur bedingte Functionsstöruug immer noch bestehen, während nach Heilung des Aneurysma dissecans und der Telangiectasie vollstän­dige Heilung eintreten kann, weil die Gehirnsubstanz intact ge­blieben ist.
sect;. 260. Das extravasirte Blut tritt entweder an die Ober­fläche der Organe oder in präexistireude natürliche, oder in absichtlich erzeugte oder krankhaft entstandene Höhlen, oder es durchdringt die Zellen sowohl, wie die Intercellularsubstanz. Im letzteren Falle werden die Elemente getödtet und zertrümmert, so dass ihr Detritus mit dem zerfaliciieu Blute die entstandene Höhle ausfüllt (Uämorrhagischer Heerd). Geringere Blutin­filtrationen in Flächenform, Blutflecke (Petochien, Ecchymo-sen), Blutstriemen (Vibices) tödten das Gewebe i. d. R. nur, wenn sie sowohl der Breite wie der Tiefe nach eine grosso Aus-
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dehnung gewinnen oder mit Septicaemie hestclion. Sie sind nur Lofiltrationeh von gelöstem Hämatin, also eigentlich Traiissu-date (cf. sect;. 2G4).
Am hänflgsten kommen die Sämorrhagien, ausser nach Ver-wnndangen und Anätzungen, an solchen Stollen vor, an denen die Gefässe nackt über die Oberfläche hervorragen (z. B. in den Al-veoleu der Lungen), oder wenn sie überhaupt der Oberfläche sehr nahe treten und deswegen mechanischen Insulten und anderen störenden Einflüssen mehr ausgesetzt sind, in Folge deren die Ge-fässwandnngen erkranken, degeneriren und eine geringere Wider­standsfähigkeit, weniger Elasticitiit, eine grössere Brüchigkeit etc. erhalten. Dasselbe findet Statt in Folge einer Ausdehnung und Erweiterung der Gefilsse, z. B. bei Hyperämie, Entzündungen, Telangiectasiehj Äneurysmen (Varices), bei Erweichung (Malacie) der umliegenden Gewebe uud Gefasswandnngen, sowie bei den im­mer sehr dünnwandigen neugebildoten Gefässen der Neoplasmen etc.
Diese Umstände sind indess in der Hauptsache nur begün­stigender Natur (Causae internae s. praedisponentes); die Gelegenheitsursache liegt ausserhalb des hämorrhagischen Heerdös; z. B. gesteigerter Herzdruck, allgemeine Plethora ad volumen, oder collateralo Fluxion, mechanische Insulte etc.
sect;. 261. Ob und in wie fern eine eigenthümlichc Dyskrasie spontanen Hämorrhagien zum Grunde liegen kann (Haemo rrha-philia, Bluterkrankheit, Seorbut und Typhus pete-chialis), ob eine vermehrte Alkaloscenz das Blut dünnflüssiger und zu Extravasationeu geeigneter, zur Gerinnung und Thromben­bildung aber ungeeigneter machen kann, oder ob eine mangelhafte oder fehlerhafte Ernährung der Gefässe als Folge von Organkrank­heiten oder einer Dyskrasie sie brüchiger oder leichter zerreiss-lich machen kann, oder ob das Lumen der Gefässe verengt ist, so dass eine relative Plethora ad volumen besteht, ist bis jetzt noch ganz unentschieden.
sect;. 2(i2. Kleineren Hämorrhagien wird schon dadurch eine Grenze gesetzt, dass das Extravasat von der Aussenfläche des Ge­lasses aus auf die Bänder der Gefässruptur drückt und sie an­einander legt; zur Stillung grösserer Hämorrhagien ist indess stets eine Tbrombenbildung und eine Reparation dos Gefässes und des umliegenden Gewebes erforderlich.
sect;. 263. Die Heilung der Hämorrhagien erfolgt ent-
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weder erstens durch Resorption, welcher zunächst das Serum, dann das zerfallene Fibrin und zuletzt die gleichfalls zerfallenen Blutkügelchen anheimfallen, während der Blntfarbstoff (Haemo­globin oder Ilaematin) sich in Ilaematoidin und dieses in Pigment umwandelt, welches permanent liegen bleibt, oder zwei­tens dadurch, dass das eingedickte formlose Fibrin verkalkt und eingekapselt wird, oder endlich drittens dadurch, dass die im Ex­tra vasat von vorn herein befindlichen und später noch hinzuge­wanderten weissen Blut- oder Lymph-Zellen sich in Bindegewebs­zellen umwandeln und das Fibrin vor dessen Zerfall zur Intercel-lularsubstanz organisiren und mit diesem ein Narbengewebe herstellen, in welchem sich später selbst Gefässe und Nerven bil­den können. Die hämorrhagischen Ergüsse unterliegen also, so­fern sie nicht nach Ausseu befördert werden, entweder der Re­sorption, oder der Verkalkung, oder der Organisation. Msect;. 264. ad b) Die Transsudate. Die Transsudate sind solche Bestandtheile des Blutes, wei­che im (lässigen Zustande, ohne eine Action der Gefässe oder Gewehe, lediglich in Folge eines höheren Blutdruckes oder einer ßlutwässerigkeit aus den Gelassen herausgetreten sind und wobei die letzteren keine Störung des Zusammenhanges er­fahren haben. Die Transsudate sind frei von Blutbläschen und bestehen entweder nur ans solchen Flüssigkeiten, welche laquo;) keine organischen Substanzen, sondern nur Wasser, Salze und event. Extractivstofte und Pigmente enthalten, oder welche ß) ausserdem eine geringe Quantität von Natron-Albnminaten, die flüssigen alkalischen Eiweisstoffe, oder y) wirkliches freies, neutrales Al­bumin mit sich führen. Alle Transsudate können ausserdem un­ter gewissen Umständen gelöstes Hämatin enthalten (cf. sect;. 260).
Diese Eintheilung der Transsudate ist freilich mehr eine theo-rethische Differenzirung. Sie lässt die verschiedensten Ueber-gänge und Combinationen der drei Arten zu, ist aber praktisch brauchbar.
Alle drei Transsudate sind von dem reinen Blutserum wesent­lich verschieden, noch mehr von dem Blutplasma. Diese bei­den Flüssigkeiten enthalten immer einen höheren Prozentsatz an Natron-Albuminaten resp. an freiem Albumin, als die Transsudate. Letztere enthalten höchstens 5 pCt. flüssiger Natron-Albuminate, die ersteren 7—9 pCt; Fibrinogene und fibrinplastische Substanz ist in den Transsudaten nie enthalten. Das Blutplasma
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Allgemeine pathologische Anatomie
ist aber so icioli au (liet-cu Substanzen, class es spontan gerinnt; die reinen Traussiulaten gerinnen dagegen niemals.
sect;. 2G5. 1. Gruppe der Transsudate.
Sie enthalten nur die leicht löslichen Natronsalse, Chlorver-bindungeu und gewisse Phosphate (phosphors. Natron und Kali), sind ganz klar und schmecken deutlich salzig, während die schwer­löslichen Salze au den i. d. K. nicht transsudirenden Blutzellen haften. Diese Flüssigkeiten sind also der Thriinenflüssigkeit uud dem Humor aquaeus analog (llydrocephalus acutus und katarrhalisches Sekret im ersten Stadium).
sect;. 2G6. 2. Gruppe.
Diese Transsudate gehen i. d. E. aus der ersten Gruppe her­vor und euthalteu eine geringere oder grossere Menge Natron-Albuminat. Der procentische Gehalt des letzteren hängt im We-seutliclien von der Grosse des Blutdrucks ab, der die Ursache der Entstellung des Transsudates war. Da das Albumin durch seine Verbindung mit Natron flüssig erhalten wird, so scheidet es sich durch einfaches Kochen nicht aus, sondern erst nach Zusatz von Säuren, welche sich mit dem Natron verbinden und das Albumin frei machen. Hieraus schloss die humoralpathologische Schule irrthümlich, dass diese Transsudate einen modificirten, kranken, weil nicht spontan gerinnungsfähigen, Eiweiss- (Fässer-) Stoff ent­hielten, welcher die Dyskrasie des Blutes bedingt habe, die der Transsudation zum Grunde gelegen habe.
Die geringste Neigung zur Transsudation der Natron - Albu-minate hat das Ünterhautbinde-Gewcbe (Anasarca, Oedema), eine grossere das Peritonäntn (Ascites, Bauchwassersucht) und die grösstc die Pleura und das Pericardium (Hydrothorax, Hydropericardium). Wegen ihres Keichthums au Natron-Albuminaten bezeichnet man diese als abundante seröse Trans­sudate.
sect;. 267. 3. Gruppe.
Diese Transsudate enthalten freies (neutrales), durch Kochen fällbares Albumin und sind der Blutflüssigkeit (Plasma) am ähn­lichsten. Sie enthalten alle Bestandtheile der letzteren, wenn auch stets in einem geringeren Procentsatze. Die darin enthaltene fibrinogene Substanz, welche an der Luft zu einer klaren gelati­nösen Substanz coagulirt, ist nur durch das Transsudat mit fort­gerissen. Diese Transsudate treten nur bei sehr grossem Blut-
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null Pliysiologie, Pathogenia.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 187
druck, begünstigt durch eiue Ausdeliuuiig und Axiflockerung der Gefässe, passiv aus.
sect;. 208. c) Dio Exsudate.
Als Exsudate bezeichnet mau jetzt diejenigen Slolfe, welche in den entzündlich gereizten (trübe gesell weilten) Zellen der Ge­webe aus der Intercellularsubstauz des Blutes (Plasma) gebildet und mit den Transsudaten an die Oberfläche der Organe geführt werden. Sie sind also aus den Parenchymsäften oder activen Gc-websprodueten, welche aus den Ernährongsflüssigkeiten hervorge­gangen sind, und aus dein Transsudate (Serum etc.) zusammen gesetzt. Die Exsudate gehen also unmittelbar aus den Gewebs-eleinenten und nur mittelbar aus dem Blute, die Transsudate aber unmittelbar aus dem Blute hervor.
sect;. 200. Unter die Exsudate werden indess auch die spozi-lischen Producte der gereizten, entzündeten Schleimhäute (Katarrh) gerechnet; denn das scMeimige Exsudat präexislirt ebenfalls nicht im Blute, ist also kein Transsudat, sondern wird erst durch die spe-zifische Thätigkeit des Schleimhautgewebes aus den Bestandtheilen des Blutes gebildet und uu die Oberfläche geführt, in derselben Weise wie die fibrinogene Substanz in den Zellen anderer Gewebe erzeugt wird, nur mit dem Unterschiede, dass diese nicht immer mit den Transsudaten an die Oberfläche gelangt, sondern häufig wieder in das Blut zurückkehrt und dasselbe plastischer macht. Der Schleim wird aber als solcher ebenso wenig wieder vom Blute aufgenommen, als er in demselben präexistirt. Das Schleirahant-gewebe ist indess auch, wie jedes andere Gewebe, fibrinogene Substanz zu erzeugen im Stande (Croup), aber keiu anderes Gewebe kann Schleim produciren.
In der Schleimhaut kann sowohl Schleim, wie fibrinogene Substanz erzeugt werden; dagegen giebt es exquisite paren-chyraatöse Entzündungen (z.B. dos Gehirns, der Leber, der Muskeln), welche nie mit Fibriu-Exsudation verbunden sind, son­dern bei diesen wird nur in den Zellen fibrinogene Substanz (aus dem Blute) bereitet, welche, wenn Zertheilung zu Stande kommt, wieder ins Blut zuzückgelangen kann, nie aber in die Intercellu­larsubstauz oder an die Oberfläche des Gewebes tritt.
sect;. 270. Fibrin findet sich nämlich als solches niemals im normalen Blute, sondern nur die fibrinogene Substanz, welche erst durch die Berührung mit der Luft oder durch Verbindung mit fibrinoplastiseheu Stoffen (alle festen Körper, Zellen und deren
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AJlgemeine pathologische Anatomie
iiiliall, Chylus, Schleim, Eiter, rotlio Blutkügelehen) in Fibrin mn-gewandelt wird, nachdem sie dem vitalen Einflüsse der inncrn Gefässwand entzogen worden ist. Diese, so wie das Sehnen- und Knorpel-Gewebe sind nämlich nicht fibrinoplastisch. Das nach Anssen ausgetretene Fibrin ist also immer Product des Gewebes und niclit direct aus dem Blute exsudirt.
früher dachte mau sich nämlich, dass eine sog. hyperino-tische Erase zur Entstehung der Entzündungen und plasti­schen Aussehwitzungen prädisponire, sogar solche hervorrufe und dass die Exsudation für das Blut eine depuratorische Bedeutung habe (cf. sect;. 38. Crisis idiostatica und apostatica), während jetzt als festgestellt zu betrachten ist, dass ein krankhafter Reich-tlium des Blutes an fibrinogener Substanz stets eine Folge localer entzündlicher Vorgänge ist, welche die übrinogene Substanz er­zeugen. Das Blut wird durch die Abscheidimg des Fibrinogen, gleich ob es immerhalb der Zellen als sog. parenchymatöses Exsudat flüssig blieb, oder in normale oder krankhafte Höhlen (Cavemen) oder auf die freie Fläche der Organe als sog. freies Exsudat abgelagert und in Fibrin umgewandelt worden, nicht ärmer, sondern im Gegentheile reicher an fibrinogener Substanz, obschon bei manchen Entzündungen, z. B. bei Pleuritis, mehr von dieser Substanz ausgeschieden wird, als das ganze Blut un­ter normalen Verhältnissen davon enthält. Solches Blut, welches viel übrinogene Substanz enthält, gerinnt langsamer und setzt des­wegen eine dickere Crusta inflammatoria ab, weil verhält-nissmässig zu wenig librinoplastische Substanz (Cruor) darin ent­halten ist, um jene schnell in Fibrin umwandeln zu können. Diese Erscheinung steht mit dem Lymphgefäss-Eeichthnm des entzün­deten Theiles in gradem Verhältnisse, weil durch denselben die Resorption des Fibrinogen oder des Fibrin als Fibrinogen, erheb­lich erleichtert resp. beschleunigt wird. Aus diesem Grunde ist das Blut bei Entzündungen der an Lymphgefässen und Venen sehr reichen Lunge und Pleura weit reicher an fibrinogener Sub­stanz, als bei anderen parenehymatösen Entzündungen, z. B. des Gehirns, der Lebersubstanz, der Muskeln etc. Da das Exsudat erst durch das Transsudat an die Oberfläche geführt wird, so wird jenes um so reichlicher sein, je mehr die Oberfläche mit Gefässen versehen ist, weil diese die Transsudation erleichtern. Wo diese fehlen, oder keine freie Oberfläche vorhanden ist, verbleibt es bei
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uml Physiologie, Pathogenia.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;189
dem parenehymatüsen Seliwellungsprozesse, welcher durch den Ent-zündungsreiz augeregt wurde, ohne dass es zur Exsudation kommt. Dieses scg. parenchymatöse Exsudat persistirt jedoch nicht, sondern wird entweder resorbirt (zertheilt) oder führt zur Nekrose.
sect;. 271. In die Intercellular-Substanz findet niemals ein ox-sudativer Erguss, eine sog. iuterstitieile Exsudation oder plastische Infiltration Statt. Was mau früher als solche be­zeichnete, beruht entweder auf der einfachen trüben Schwellung oder auf Neubildung. Fibrin wird überhaupt nie in die Gewebe (Zellen oder Intercellular-Substanz) ergossen, sondern nur in prii-existireude Hohlräume oder auf freie Flächen. In manchen Orga­nen, z. B. Schleimhäuten und serösen Häuten, können beide For­men der Exsudationen, d. h. die parenchymatöse Schwellung und das freie Exsudat, vorkommen.
sect;. 272. Die freien exsudativen Prozesse sind für die mit einer Oberfläche versehenen Gewebe (Schleimhäute, serösen Häute und äussere Haut) i. d. R. deshalb prognostisch günstiger zu be #9632; urtheilen, weil das Gewebe, nicht das Blut, sich der übermässig aufgenommenen fibrinogenen Substanz auf dem kürzesten Wege als Fibrin entledigt, während das sog. parenchymatöse Exsudat (die trübe Schwellung) die Function, den histologischen Bau, selbst die Existenz der Elemente gefährdet. Jene sind für das Gewebe depuratorischer, diese destruetiver Natur. Freilich bringt das freie Exsudat in den mit einer serösen Haut ausgekleideten ge­schlossenen Körperhöhlen, selbst auf den Schleimhäuteu (Group), wieder auf eine andere Weise Lebensgefahr mit sich (durch Raum­beengung, Erstickung etc.), weil eine Entleerung der Fibrinmassen nach aussen nicht stattfindet; für das kranke Organ (Pleura) hat die Exsudation aber immer die Bedeutung einer Entlastung. Die parenehymatösen Entzündungen lösen sich zwar im Allgemeinen ziemlich leicht dadurch, dass die Elemente das übermässig aufge­nommene Ernährungs-Material an die Lymphgefässe und Venen abgeben, so dass nicht leicht Nekrose eintritt, aber die Reizung der constihürenden Elemente wird i. d. R. eben so leicht auf das iuterstitieile Bindegewebe übertragen, welches durch seine Wuche­rung die Ernährung und die Function jener Elemente beeinträch­tigt, eine Atrophie derselben herbeiführt und dadurch ebenfalls die Existenz des Gewebes und des Organismus gefährdet (iutersti­tieile Nephritis, interaciuöse Hepatitis, luduratio).
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Allgemeine pathologische Anatomie
273. Sein- erhebliche Funetioiisstörangen des Blutgefäss-
systems werden ferner bedingt durch
die Thrombose und Embolie.
1) Thrombose ist die Verstopfung eines Gefässes durch Blutgerinnsel. Diese werden nicht durch Entzündung und Aus-schwitzung der Gefiisswand, sondern durch mechanische Hinder­nisse im Blutstrom veranlasst, welche allerdings Producte einer vorhergegangenen oder noch bestehenden Entzündung, aber auch auf andere Weise entstanden sein können. Das Gerinnsel selbst wird Thrombus, der Vorgang seiner Bildung Thrombose ge­nannt.
Der Thrombus bildet sich nicht plötzlich, sondern allmählich um irgend eine rauhe Stelle der Gefässwand, indem sich nach und nach in Folge der Gerinnung der fibrinogenen Substanz des Blutes schichtenweise Fibrin an derartige Stellen anlagert. So lange der Thrombus an der Stelle seiner ursprünglichen Bildung fortbesteht, ist er ein primitiver oder autochthoner Throm­bus. Hat er sich durch fortschreitende Anlagerung der Eichtung des Blutlaufs nach, in den Arterien nach der Peripherie zu, in den Venen nach dem Herzen zu, bis in ein Seitengefilss fortge­setzt, so wird der in dem letzteren Gefässe entstandene seeun-däre Thrombus ein fortgesetzter genannt, während der in dem ursprünglichen Gefässe befindliche stets als primitiver Thrombus gilt, wenn er auch noch so gross und lang geworden ist.
Im Anfange ist jeder Thrombus ein wandständiger und behindert mit seinem Wachsthume den Blutlauf immer mehr, bis er schliesslich das Gefäss ganz verstopft (obturirender Thr.) und nun auch die Gerinnung des Blutes gegen dessen Strom bis zu dem nächsten Collateralaste eintritt. Durch diesen kann dann ein seitlicher Kreislauf vermittelt werden, wenn auch von nun an das Blut in diesem Aste und in seinem Gebiete in entgegenge­setzter Eichtung fliessen muss.
sect;. 274. Jeder Thrombus entspricht in der ersten Zeit nach seiner Entstehung natürlich in seiner Form ganz dem Lumen des Gefässes, da er lediglich ein Ausguss desselben ist; bald aber treten Veränderungen in der Form und Consistenz desselben ein. Nachdem er aufgehört hat zu wachsen, unterliegen die innersten oder ältesten Schichten desselben einer allmähligcn Eintrocknung
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(Inspissatio). Diese Theile werden fester, derber, indem ihre flüssigen Bestandtheile alhnählig dnreb die Gefässwand hindurch diffandirt und resorbirt werden. Die jüngeren (äussersten) Schich­ten des Thrombus unterliegen dagegen, so lange er noch ein wand­ständiger ist, in Folge der fortwährenden Berührung mit dem Se­rum des vorbeifliessenden Blutes, einer Imbibition und der einfa­chen rothbraunen Erweichung (Colliquatio), welche flüssige Producte liefert, die durch den Blutstrom abgespült und fortge-fübrt werden. Diese aufgelüsten Theile des Thrombus haben kei­nen deletären oder infectiösen Character, sondern werden, ohne Nachtheil für das Blut und den übrigen Körper herbeizuführen, wieder ausgeschieden. Auf diese Weise kann auch wieder eine Verkleinerung des Thrombus eintreten. Es ist sogar die Mög­lichkeit gegeben, dass er vollständig gelöst wird und wieder ver­schwindet. Eine derartige Beseitigung ist indess nur denkbar, wenn der Thrombus sehr klein war, ist aber noch nicht beobach­tet, weil im Innern der grösseren alsbald Veränderungen vorge­hen, welche die Beseitigung auf diesem Wege verhindern.
sect;. 275. Die innersten Schichten unterliegen nämlich nach der Inspissation der puriformen Erweichung, welche mit der Entfärbung der im Gerinnsel eingeschlossenen rothen Blutbläschen beginnt. Diese diffundiren ihren Farbstoff z. Th. durch die Ge-fässwand, z. Th. geben sie denselben an die äusseren Schichten des Thrombus ab, so dass er mit deren Schmelzung wieder in das circulirende Blut gelaugt. Ist der Thrombus ein obturirender, so wird der Blutfarbstoff nun nach allen Seiten durch die Gefäss-wand an das benachbarte Gewebe abgegeben und hier resorbirt. Die nunmehr entfärbten Blutzellen im Inneren des Thrombus zer-i'aUen demnächst ziemlich schnell und vollständig, und ihre flüssi­gen Bestandtheile verschwinden auf demselben Wege, wie der Blut­farbstoff. Nur die Eiweisskörper derselben bleiben in Form klei­ner färb- und formloser Körper als eine eiterähnliche (daher: pu-riforme) Masse liegen.
sect; 276. Dann beginnen in dem die Zerfallsmassen umgeben­den Fibringerinnsel des Innern des Thrombus chemische IJück-bildungs- resp. Zersetzungsprozesse, in Folge deren die Fibrillen in einen feinen körnigen Detritus zerfallen, wodurch sich eine Höhle bildet, welche mit puriformen Detritus gefüllt ist. Diese Höhle wird durch den nach aussen fortschreitenden Zerfall immer grüs-
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Allgeniciue pathologische Anatomie
scr, so class sehliesslich der gauze Thrombus eine Art Sack dar­stellt. Berührt endlich die Detritusmasse die innere Gefässwand, so •wird diese gereizt, in trübe Schwellung (Entzündung) und Eiterung versetzt. Es entsteht eine mit Eitcrang verbundene Entzündung der Venenhäute (Phlebitis suppurativa), welche zum Diuch-brucho des Eiters nach ausseu und zur Eutleorung der purifor-men Zerfallsmassen führen kann. Nach den jüngsten (äussersten) Schichten des Thrombus hin bricht die puriforme Masse nicht durch, weil sie durch die fortwährende Apposition des Gerinseis daran gehindert wird. Steht aber der Thrombus mit einer (z. 15. beim Aderlass gemachten) OefTnnng des Gefässes in Verbindung, so entleert sich die puriforme Masse, durch diese und das Ganze stellt die sog. Aderfistel dar. Die aus der Aderfistel entleerte Flüssigkeit ist also nicht wirklicher Eiter (purulent), sondern nur makroskopisch dem Eiter ähnlich (puriform), denn sie enthält keine Eiterkügelchen. Die in ihr sich findenden zelligen Elemente sind den Eiterkügelchen zwar sehr ähnlich, sind aber farblose Blut- oder Lymphzellen, welche schon in dem Gerinnsel mit eingeschlossen waren und durch den Zerfall des Thrombus frei geworden sind, indem sie selbst in Folge ihrer grösseren Resistenz nicht zerfallen. Besteht aber gleichzeitig cine Phlebitis suppurativa, so kann allerdings der Detritusmasse später wirklicher Eiter bei­gemengt sein.
sect;. 277. Auch diese puriforme Erweichung des inneren Theils des Thrombus ist i. d. R. eben so wenig gefährlich, wie die braune Erweichung der aussern Schichten desselben, weil in jedem Falle entweder eine Entleerung nach aussen, oder eine Einkap se­iung mit Verkäsung, oder eine Resorption der Zerfallsmassen stattfindet. Xur wenn grössere Stücke der äusseren Schichten durch den Blutstrom losgerissen werden, können sie zu entfernten Em-bolieu (Metastasen) Veranlassung geben.
sect;. 278. Ausser der rothbraunen und der puriformen Erwei­chung der Thromben kommt noch eine dritte Art, die faulige Erweichung, vor. Diese tritt besonders dann leicht ein, wenn die Thrombusmasse mit der ausseien Luft in directer Verbindung steht oder wenn ein fauliges Ferment aus fauligen Prozessen oder putriden Embolien mit ihnen in Berührung kommt oder wenn faulige Fermente zur Thrombcnbildung Veranlassung gegeben haben und in ihnen eingeschlossen sind. Die faulige Zersetzung betrili't,
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dann entweder von vorn herein den ganzen Thrombus oder sie verbreitet sich über denselben ganz allmälilig von irgend einem Punkte aus. In allen derartigen Fällen tritt eine sehr schmerz­hafte Reizung der Venenwand (Phlebitis) und deren Umgebung (Periphlebitis), eine teigige Anschwellung in grösserer Ent­fernung (Oedem) und in Folge der Resorption der Jauche bran­dige Entzündung der Lymphgefässe (Erysipelas gangraeno-sum) ein. Zuweilen findet ein Durchbrach der putriden Masse von dem Innern der Vene nach aussen Statt und dann wird mit dem von der Phlebitis herrührenden Eiter eine dunkelbraun-röth-liche, chokoladenfarbige Prandjauchc, als Folge des fauligen Zer­falls des Thrombus und der Beimengung des in ihm emhaltenen Hämatiu, entleert. In dieser Weise entsteht ein fistulöser Kanal wie bei der puriformen Erweichung.
Diese putride Thrombose ist besonders dadurch gefähr­lich, dass die ganze Blutmasse inficirt und dadurch Septicaemie erzeugt wird. Zu Embolien geben sie wegen des fast flüssigen Zustandes ihrer Rudimente seltener Veranlassung, wenn aber, so tragen diese auch von vorn herein den putriden Charakter an sich.
sect;.270. In anderen Fällen kann auch ein Thrombus organi-sirt werden, indem er, bisher nur an einer Stelle der Gefäss-wand adhärirend, ullmählig fast in seinem ganzen Umfange mit derselben in Berührung und Verbindung tritt und indem nach seiner Entfärbung aus den eingeschlossenen farblosen Blutzellen (durch Theilung oder weitere Einwanderung?) Bindegewebszellen gebildet werden, während die rothen Blutbläschen zu Grunde gehen und aus dem Fibringerinnsel Intercellular-Substanz wird. Eine Gefäss-neubilduug (Vascularisatio) innerhalb des Thrombus ist hierzu nicht unbedingt nothwendig, findet aber zuweilen evident Statt.
Derartig organisirte Thromben schrumpfen später zwar etwas zusammen, aber sie lösen sich nie wieder von den Gefässwau-dungen ab, sondern das Gefäss bleibt für immer verstopft (Ob-turatio). Zuletzt kann das Gefäss mit dem Thrombus zu einem feinen Bindcgewebsstreifeu sich verkleinern, so dass es verschwun­den, verstrichen zu sein scheint (Obliteratio).
Endlich können noch die Thromben jeder Art, mit Ausnahme der fauligen, verkalken (Venensteine, Phlebolithen, cf. sect;. 227.) und dann das ganze Leben hindurch unverändert liegen
Kühne, all;:. Velerlu. I'atlinbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;| •?
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Allgemeine pathologische Anatomie
bleiben, ohne einen wabmehmbaren Nacbtbeil für den Organismus herbeizuführen.
sect;. 280. Die Folgen der Thromben in den Venen sind überhaupt nicht sehr erheblich, da sie selten ein ganzes Gofäss-gebiet betreffen, und bald ein seitlicher (collateraler) Kreislauf hergestellt wird, durch welchen nicht nur der Eintritt des Brandes verhütet, sondern eine regelmässige Ernährung und Function ver­mittelt wird. Anfangs, ehe dieser Kreislauf hergestellt ist, tritt eine Erweiterung der Seitenäste ein, aber keine Neubildung von Gefässen, aussei- in und durch den Thrombus selbst hindurch. Genügt der collaterale Kreislauf zur Herstellung einer freien Cir­culation nicht, dann treten in Folge des gesteigerten Seitendrucks des Blutes seröse Transsudate (Oedeme) in der Umgebung auf, weil die resorbirende Thätigkeit der Lymphgefässe und Venen zur Beseitigungquot; der Transsudate nicht ausreicht. Durch Reizung und Druck dieser Transsudate auf die innere Fläche der gespannten ilusseren Haut oder durch zufällig auf diese von aussen einwir­kende mechanische Irritamente (Druck, Quetschung, Faltung etc.) kann die Haut und das subeutane Bindegewebe selbst in eine active (erysipelatöse) Entzündung versetzt werden, welche zur Eiterung, zum Brand, oder zu einer fortwährenden Bindegewcbs-quot;Wucherung (Elephantiasis) führen kann (A^ena saphena).
Thrombosen der Arterien sind viel seltener (Aorta descendens, Schenkel- und Becken-Arterien); sie haben erheb­lichere Ernährungs- und Funclionsstörungen, Lähmungen, selbst Gangrän zur Folge. Diese Folgen sind von der physiologischen Function der betreffenden Gewebe oder Organe, von der Grosse des thrombotischen (obturirten) Gefässcs und von dessen Ver­bindungen mit seitlichen Arterien durch Anastomosen oder Ca-pillargefässe abhängig.
sect;. 281. Die Ursachen der Thrombose sind sehr manig-faltig. Sie kann entstehen 1) durch Hemmnisse oder Hindernisse des Blutlaufes, z. B. durch Verengerung eines Gefässes in Folge eines anhaltenden Druckes (Compressions-Thrombose), durch Ligaturen, Dislocationen der Knochen; ferner durch acute oder chronische Gewebsveränderungen, wobei die Capülargefässe com-primirt werden und die vis a tergo für den Lauf des Venen­blutes aufgehoben ist; 2) durch Zerreissung, Durchschneidung oder einfache Verletzung eines Gefässes bei jeder Art von Wunden
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(traumatische Thrombose). Ist das Gefilss nur aDgestochen, so kann sich zuerst iu Folge eines unvollkommenen Verschlusses der Gefasswunde ein exträvasculäres Coagulum bilden (bei Ar­terien in der Regel), welches sich bis ia das Lumen des Gefilsses hinein ah Thrombus fortsetzt und durch fernere Anlagerung von Blutgerinnseb in der Richtung des Blutstromes sich vergröss'ert und verlängert, bis das ganze Gefäss verstopft ist; oder es kann ohne exträvasculäres Coagulum ein nach dein Lumen des Gefilsses zu hervorstehender Wundrand in derselben Weise zur Thrombose Veranlassung geben (nur bei Venen möglich). In ganz getrennten Gelassen, sowohl Arterien, wie Venen, geschieht die Thrombose in beiden Richtungen bis zum nächsten Seitenaste, von welchem aus die Circulation fortbesteht. Geht die Thrombenbildung aber aber diese Stelle hinaus, so kann sie für den Organismus sehr gefährlich werden, indem das aus den Seitenästen in das durch­schnittene Gefäss einströmende Blut von dem knopfförmig hervor­ragenden Thrombus Stücke abreissen und in die Blutbahn über­führen kann. Dieses geschieht in den Venen dem Herzen, in den Ar­terien der Peripherie zu. Im ersteren Falle entstehen Embolien im kleinen Kreislaufe; im letzteren Falle werden die Trümmer des Thrombus in die peripherischen Gebiete der Arterien geschleudert.
Thrombose kann ferner 3) veranlasst werden durch sackar­tige Erweiterungen der Gefässe (Aueurysmen, Varices), durch welche das Blut, besonders an den Wandungen, langsamer (licsst, so dass zuerst an zufälligen Rauhigkeiten (llervorragungen, Win­keln, Falten etc.) der innersten Arterienwand* Gerinnsel sich an­setzen, welche sich in der erwähnten Weise vergrössern (Dilata­tions-Thrombose). Diese tritt besonders leicht ein in varicösen Erweiterungen der Venen, welche einen geschlängelten Lauf und langsamen Bluliluss haben, z. B. in den breiten Mutterbändern und au den Samensträngen (Plexus pampiniformis der Vena sper-matica interna).
Ferner kann 4) auch eine geschwächte Herz act ion zur Thrombose Veranlassung geben, d. i die marantische oder ma-rastische Thrombose, welche am häufigsten bei alten, abge­triebenen Thiereu und besonders an den Venen der hinteren Extre­mitäten (Vcua saphena) und des Beckens eintritt, weil in den vom Herzen entfernten Körpertheilen die fast einzige treibende Kraft, d. i. die vis a tergo von den Gapülargefässeh aus, zur
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Allgemeine patliologisclio Anatomie
Unterhaltung eines schnelleren Blntlaufes nicht mehr ausreicht. Die Gerinnungen dieser Art erfolgen i. d. R. zuerst an den Ve­nenklappen, und zwar an der oberen Fläche derselben, in dem Winkel zwischen der Klappe und der Venenwand (Thrombosis A-alvularis), von wo aus der Thrombus in der Eichtung des Blutlaufes sich vergrössern und das ganze Gofäss für immer ver­stopfen kann. Dieselbe Thrombose kann auch bei acuten Fiebern mit geschwächter Herzaction (hoher Asthcnie) eintreten, in wel­chen Fällen man früher eine spontane Steigerung der Gerinnungs­fähigkeit (Inopexia) oder Neigung des Blutes, sich in seine nä­heren Bestandtheile zu zersetzen (Diastasaemia) als Ursache der Thrombose annahm. Wenn auch zugestanden werden muss, dass in dieser Beziehung individuelle Differenzen vorkommen, so sind dieselben doch nie so erheblich, dass sie jemals ohne eine geschwächte Herzkraft zur Thrombose Veranlassung geben könnten.
Ferner ö) können alle Veränderungen der Gofäss- oder Herz­wand, ohne locale Erweiterungen, z. B. Rauhigkeiten und Uneben­heiten, welche in Folge vorhergegangener Endocarditis, En-doarterütis oder Phlebitis entstanden sind, ebenso alle atheromatösen Prozesse, Nekrose der Gefässwände, welche bei Eiterung und Brand in der unmittelbaren Umgebung der Ge-fässe immer eintritt und gleichzeitig den Einbruch des Eiters oder Jauche in die Blutbahn verhindert, zur Thrombose Veranlassung geben; denn nur die lebende Gefässwand verhindert die Gerinnung des Blutes, die todte wirkt fibrinoplastisch (Brücke). Endlich können fremde Körper, Nadeln, Dornen in die Gefässe eindringen und als Ansatzpunkte für die Thromben dienen. Ist die Verän­derung der Gefässwand nur eine stellenweise, so bildet sich zu­erst einwandständiger, parietaler Thrombus; ergreift sie aber ganze Strecken der Gefässe, so ist er von vorn herein ein obturirender Thrombus.
sect;. 282. 2) Embolien sind Einkeilungen von nicht circula-tionsfähigen Körpern (Blutgerinnseln, nekrotischen Gewebsstück-chen, Eiter etc.) in kleinere Arterien, durch welche die Gefässe verstopft werden. Gewöhnlich zertrümmern derartige Körper an den Theilungsstellen der Arterien, so dass die kleinsten Stückchen bis in die Capillargefässe getrieben werden und hier stecken blei­ben (Capillar-Embolie). Da sie aus diesem Grunde gewöhn­lich bestimmte Gefässgebiote befallen, so bilden die Embolien in der Pegel einen keilförmigen Heerd, und zwar um so mehr, als
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das Blut hinter uuil vor ihnen (bis zum nächsten Seitenaste) thrombotisch gerinnt. Bildet indess der Embolns eine mehr fest /usammenhängcnde Massen so reitet er nicht selten auf den Thei-lungsstellen der Arterien, von wo sich dann entweder nach und nach kleinere Stückchen von ihm losreissen und zu Embolieu in den Capillargefässen Veranlassung geben, oder er bildet, wenn die Theile des reitenden Embolns fest zusammen haiton, den Kern für fernere thrombotisohe Anlagerungen, welche nach und nach beide Gefässe und dann auch deren Stamm bis zum nächsten Seitenaste dem Herzen zu verstopfen. Die hinter diesen verstopf­ten Gefässen liegenden Theile werden durch die eigene Zusam-menziehuug der Gefässe blutleer, indem diese ihr Blut vollständig durch die Capillargefässc abgeben und obliteriren.
Die Gefässwände sind dabei anfangs immer intact, so dass das Gerinnsel das Lumen der Gefässe nur vollständig ausfüllt, ohne der Gefässwand an irgend einer Stelle zu adhäriren. Die Verstopfungsmasse ist also als das Primäre anzusehen, welches in keiner Weise von krankhaften Zuständen der Wand abhängig ist, wohl aber secundär solche veranlassen kann.
sect;. 283. Die Folgen der Embolieu hängen von ihrer Grosse, ihrem Orte und von ihrer chemischen Beschaifenheit ab.
Verstopft ein Embolns ein Gefäss von vom herein ganz, so treten sofort die Folgen der abgeschnittenen Blutzufuhr ein, deren Dignität wesentlich durch die physiologische Bedeutung des be­treffenden Organes bedingt wird; z. B. die Embolie einer Arterie dos Gehires kann Apoplexie, Dmnmkoller, die eines Astes der Lungenarterie Erstickung , der Kranzarterle Herzlähmung, der Augenarterie schwarzen Staar, der Schenkelarterie Muskellähmung etc. herbeiführen.
1st durch den Embolns ein Gefäss nur theilweise verstopft, so wird das betreffende Organ auch nur theilweise in seiner Func­tion und Ernährung gestört und kann später durch den collate­ralen Kreislauf allmählig wieder restituirt werden. Bei Or­ganen, welche zweierlei Arterien haben, von denen der eine Theil nur zur Ernährung, der andere nur für die Function vorhanden ist (z. B. die Luft röhr enastarterien, Art. brouchialis und die Lungenarterien, Art. pulmonalis; die Leberarterie, Art. he-patica und die Pfortader, Art. portalis), leidet durch die Em­bolie der letzteren natürlich nur die Function, durch die der er-
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l[)Snbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; A.llgemeiue patbologischo Auatömie
steren aber sowohl die Emährruig wie die Function, weil die Func­tion stets von der Ernährong abhängig ist.
Ist der Embolus von einem in fauliger Erweichung begriffe­nen Thrombus ausgegangen, so wird die ganze Nachbarschaft des Embolus in einen diffusen brandigen Prozess versetzt, dessen Fol­gen wiederum wesentlich durch die Besonderheit des betreffenden Organes bedingt werden. In der Arälie seröser Häute kann die EmboUe ac-ute seröse Ergüsse ^Wassersüchten), in den Nieren Uraemie veranlassen etc.
Je schneller und in einem je grösseren Gelasse eine Embolie eintritt, je mehr bildet sich eine collaterale Fluxion aus, welche zu Zerreissungen der Gelasse, Blutungen, Blutergüssen in die nächsten Hohlräume (hämorrhagische Infarkte) führen kann. Ausserdem kann durch den chemischen Reiz und durch die me-chanische Gewalt, mit weicher der Embolus in ein Gefäss hinein­getrieben wird, eine Perforation und Zerreissung dieses Gefässes mit allen ihren Folgen eintreten.
sect;. 284. Nach längerem Bestehen kann in derselben Weise, wie bei den Thromben, eine Erweichung, Verfettung und Resoq)-tion, eine Verkalkung oder Organisation der Eniboli eintreten; letztere jedoch nur, wenn sie aus einfachen Blutgerinnseln be­stehen. Durch Erweichung und Verfettung kann der Blutlauf m. o. w. vollständig wieder hergestellt werden, wenn die Gefässwan-dungen noch nicht wesentlich verändert worden sind. Die Orga­nisation des Embolus führt schliesslich zur gänzlichen Verstrei-chung (Obliteratio) des Gefässes.
sect;. 285. Eiterblut, Pyämie, in dem früher mit diesem Ausdrucke verbundeneu Sinne, dass Eiter durch Resorption oder gewaltsames Eindringen in die Blutbahn gelangen und dann in einer eigenthümlichen Weise, ähnlich wie eine Fermentsubstanz, zersetzend auf das Blut wirke, und dadurch eine acute Dyskrasie bedinge, welche man mit dem Worte: „Pyaemiaquot; bezeichnen könne, existirt in der That nicht. Durch Resorption kann erstens morphologischer Eiter gar nicht ins Blut gelangen, sondern nur seine Bestandtheile können resorbirt werden, nachdem der Eiter zuvor zerfallen und in eine flüssige Masse verwandelt worden ist. Die Resorption dieser fettigen Zerfallsmassen ist aber für das Blut und den Organismus völlig unschädlich, da sie weder als Ferment, noch als Virus eine iufectiöse Wirkung auf das Blut ausüben.
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uuil Physiologie, Pathogeuia.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;I'J'J
uouli zu Embolien Veranlasstrng geben, sondern mit don Excreten
ausgescbieden werden.
Dagegen ist allerdings zweitens die Möglichkeit nicht zu läug-nen, dass morphologischer Eiter von einem bestimmten Punkte aus gewaltsam in die Blatbahn einbrechen und mit dem ßlute sich vermengen kann, obwohl noch Niemand Eiterkügelchen in dem Blute nachgewiesen bat. Die bisher von Manchen für Eiter­kügelchen gehaltenen ungefärbten Blutzellen können nicbt als sol­che gelten, denn wenn sie auch durch Auswanderung (Exmis-sio) zu Eiterzelleu umgewandelt (metamorphosirt) werden kön­nen, so gelangen sie doch nicht als solche auf demselben Wege wieder ins Blut zurück. Erstere sind aber dem Blute homolog und circulationsfähig; letztere sind heterolog und nicht circalations-fähig. Wenn daher reiner, morphologischer Eiter gewaltsam in die Blutbabn einbrechen sollte, so könnte er doch nicbt eine fer-mentive oder zersetzende Wirkung auf das Blut ausüben, weil er nur zu kurze Zeit und höchstens durch den halben Kreislauf mit dem Blute fortgerissen werden könnte, da die Eiterkügelchen we­gen ihrer Grosse und Starrheit in den nächsten Capillargefässen stecken bleiben und hier emboli sehe Heer de erzeugen müssen, welche die Umgebung schnell in eine puruleute Entzündung ver­setzen (Vomicae). Ein einmaliger Einbruch des Eiters in die Blutbahn kann also nicbt eine andauernde Pyämie verursachen und ein fortgesetztes Eindringen desselben von einer bestimmten Stelle aus ist deswegen nicht gut möglich, weil viel eher das Blut in den Eiterheerd, als umgekehrt der Eiter in die Blutbahn dringen würde; denn wenn der Eiter unter grösserem Druck steht, als das Blut, so comprimirt er das Gefäss (Yene) und verursacht Throm­bose, die das Eindringen des Eiters verhindert.
sect;. 280. Wenn mitbin dennoch erfahrungsmässig in Eolge der Beimengung eiterähnlicher Flüssigkeiten zum Blute faulige Zer­setzungs-Prozesse in letzterem beobachtet werden, so können diese nicht dem reinen, morphologischen Eiter, sondern nur anderen gleichzeitig mit ihm eingedrungenen oder ohne ihn resorbirten fau­ligen oder purlformcu, deletären Flüssigkeiten zugeschrieben wer­den, welche allerdings als Fermentstoffe im Blute wirken und als Flüssigkeiten längere Zeit mit demselben circuliren können, ohne in den Capillargefässen stecken zu bleiben, oder durch den Ath-mungsprozess zersetzt resp. durch die Excretionsorgane ausge-
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2fi0nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine prthologische Anatomie
schieden zu werden. Oiine Luftzutritt iettig degenerirter und dem-oächst resorbirter reiner Eiter (ohne beigemengte Jauche) hat durchaus keiue iulectiöse Wirkung auf das Blut oder auf andere Organe, sondern ist für den Organismus ganz unschädlich, selbst wenn er ausnahmsweise in grössen Quantitäten reaorbift werden sollte. Wenn aber der Eiter in Folge zu langen Verweilens in einem Abscesse oder durch Berührung mit der Luft eine faulige Zersetzung eingegangen und theilweise oder ganz in eine deletäre Masse (Jauche) umgewandelt worden ist, dann kann allerdings die Resorptiou der letzteren eben so gut eine Blutvergiftung zur Folge haben, wie jede Resorption schädlicher Stoffe überhaupt (Contä-gien, Gifte etc.). Diese Folgezustände bezeichnet man aber rich­tiger mit BlutfäuMss (Scptacmia, Septicaemia, Ichorae-mia), als mit Pyaemia, weil der Eiter als solcher diese Blut­erkrankung nicht herbeiführt. Eine spontane Eiterung des Blutes giebt es aber sicherlich ebenso wenig, wie eine Blutentziindung (cf. Leukaomie sect;.288); und Eiterungen der Gefässwände ver­ursachen Thrombosen und Embolien, aber keine Pyaemie.
sect;. 287. Früher hat man die Pyämie als die nächste Folge der Eiterresorption und die gewöhnlich eintretende eitrige oder putride Lungenentzündung als die Folge der Pyämie angesehen; indess nach dem jetzigen Stande der Wissenschaft muss die-Lun-genaffection als secundär, die septische Blutveränderung aber als tertiär angesehen werden. Bei der Jauche-Intoxikation des Blutes findet allerdings das umgekehrte Verbältniss Statt.
Wenn reiner, morphologischer Eiter in die Blutbahn dringt, werden immer zunächst die Lungen in Mitleidenschaft gezogen, weil die in das Venensystem gelangten Eiterkugelchen hier zuerst Gapillargefässe passiren müssen. Nicht selten werden indess (z. B. bei künstlicher Eitcrinjectiou in die Venen) auch andere Organe, namentlich die Leber und Milz mit afficirt. Diese Erscheinung ist dadurch zu erklären, dass entweder einzelne Eiterkflgelchen die Gapillargefässe oder Anastomosen der Lungen passirt haben und durch die Art. hepatica in die Leber gelangt sind, oder dass Hüssige deletäre Stoffe mit iujicirt wurden, also nicht reiner Eiter, welche, wie die Miasmen und andere tnfectionsstoffe, in der Leber und Milz eine Prädileetionssstelle linden.
sect;. 288. Man hat sogar den Begriff der Pyämie noch weiter ausdehnen wollen und angenommen, dass das Eiterblut eine Ent-
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und Physiologie, Pathogenia.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;201
/iiuduüg und Eitenmg dor Gefässwände, Thrombosen und Embo-licn erzeugen könne, während man jetzt, weiss, dass durch Eiter-erguss ins Blut zuerst Embolien und keine Thrombosen oder Ge­lassentzündungen veranlasst werden und dass letztere, wenn sie als Folgen der Embolien eintreten, nur kleinere Gefässgelnete be­tretreu, in denen alle Circulation sofort aufgehoben wird, so dass sie nicht zur Unterhaltung oder Steigerung der Pyäinie, wohl aber der Septicämie beitragen können.
Endlich hat man auch noch die Leukämie mit zur Pyä-mie gerechnet, weil die farblosen Blut- oder Lymphzellen den Eiter-kiigelchen sehr ähnlich sind. Dieser Blutzustand hat indess mit der Pyilmie durchaus nichts zu schaffen, sondern er beruht lediglich auf einer Reizung der Lymphapparate (Milz und Lymphdrüsen), in Folge deren eine Hyperplasie der letzteren und gesteigerte Production der Lymphzellen stattfindet, welche dem Blute beige­mengt werden (lieuale und lymphatische Leukämie). Diese Reizung der Lymphapparate kann allerdings wieder Folge davon sein, dass Eutziindungs-Producte (pyrogene Substanzen), zu denen auch das Eiterserum gehört, durch Resorption in das Lymph-gefässsystem gelangt sind (cf. sect;. 449. Lymphaugeitis), aber die Eiterkügelehen gelangen als solche niemals zur Milz oder zu den Lymphdrüsen, verursachen also auch keine Leukämie.
(Anm. Mit Leukocythose bezeichnet man denjenigen Zustand des Blutes, wobei dasselbe vorübergehend, wie z. B. nach jeder Mahlzeit, reicher an ungefärbten Blutkügelchen (Lymph­zellen) ist. Dieser Zustand ist also ein physiologischer, die Leukämie ein pathologischer). sect;. 289. Da nach Vorstehendem ein bestimmter Begriff mit der Bezeichnung Pyämie nicht verbunden und ein im Blute ab­laufender Erankheitsprozess nicht damit bezeichnet werden kann, so ist es rathsam, dieses Wort ganz aus der Pathologie zu ver­bannen und vollends würde von einer Pyämie nicht mehr die Rede sein können, wenn die Eiterkügelehen nichts weiter wären, als ausgewanderte weisse Blutzellen (Cohnheim), da das normale Blut immer solche Zellen (1 : 250 bis 400) enthält. Man müsste denn annehmen, um die erfahrungsmässig feststehenden Folgen des Eindringens des Eiters in die Blutbahn zu erklären, dass die emigrirten Lymphzellen während ihrer Existenz ausserhalb der Blutbahn andere physikalische Eigenschaften, z. B. eine grössere
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202nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeüia palliologische Anatomie
Starrheit, annehmen, oder eine ehemiscbe Umsetzting iIüü Proto-plasma erfahren, oder dass ihnen fremdartige (heterogene) Stoffe anhaften (Pyin?).
sect;. 290. Verfasser beobachtete ein Mal die acute Leukaemie beim Pferde, dessen durch einen Probeadcrlass entnommenes Blut langsam und nicht fest geronnen und wobei das obere Drittel aus hellgelbem Fibringerinnsel, das mittlere weissgraue Drittel fast durchweg aus Lymphkörperchen und das untere Drittel aus Cruor bestand. Der Tod erfolgte in wenigen Tagen und sämmtliche Lymphapparate mit Ausnahme der Milz zeigten sich blassröthlich geschwellt (Leukaemia lymphatic a).
sect;. 291. Die Metastasen wurden von der hum oral-patho­logischen Schule als Versetzungen der Krankheits-Materie (d. h. der Materia peccans, nicht der Krankheits-Producte) ange­sehen, welche an eiueu ungewöhnlichen Ort abgelagert wurde und deren Ausscheidung aus dem Blute für dieses eine depuratorische, und für das primär kranke Organ, eine derivatoiische Bedeutung haben sollte. Die Metastasen sollten daher sowohl für die pri­märe Dyskrasie, wie für das gewöhnlich durch dieselbe seeundär afficirte Organ eine entlastende (kritische) Bedeutung haben, wenn sie auch nicht selten, besonders durch ihren Sitz, eine anderwei­tige und grössere Lebensgefahr für das Individuum mit sich brächten (metastatische Druse). Da indess Dyskrasien in dem alten Sinne in so fern nicht mehr anerkannt werden können, als die zu ihnen gezählten Krankheiten nicht im Blute ablaufen, sondern immer nur durch die Affection der Gewebe zu Stande kommen, so kann nur von Versetzungen der durch die localen Krankheits­prozesse in den Geweben erzeugten Producte die Rede sein, welche durch Transportation vermittelst des Blutlaufes oder des Lymphstromes, oder durch die intracelluläre Saftstromung nach anderen Körperregionen versetzt werden und diese in Mitleiden­schaft ziehen (cf. Localisation und Verallgemeinerung der Krank­heitsprozesse sect;. 13 — 23.).
sect;. 292. Die translocirten Stoffe können entweder morpho-tische (d. i. geformte, zellige) Massen, oder riiissigkeiteu sein. Erstere werden fast immer nur durch den Blutlauf transportirt, jedoch ist eine Fortschaffimg derselben durch die Lympbgci'ässe bis zu den nächsten Lymphdrüsen nicht als unmöglich zu bezeich­nen, wenn auch noch nicht beobachtet (Tätowiruug). In neuester
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ami PJiysiologie, J'utlingciiui.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2Uj
Zeit will man sogar, gestützt auf die BeobachtangeB von Golm-lieiiu und v. Recklinghausen, annehinea, dass uicht nur die ungefärbten Blutkägelchen oder Lymphzellen, sondern auch ein­zelne andere (z. B. Sarkom-) Zellen durch die Saftströmung von Zelle zu Zelle fortbewegt werden, sogar durch eine sog. amö-benartige Bewegung activ durch die Zellen der Gewebe hindurch fortkriechen, und dass auf diese Weise durch Transpor­tation krankhafter Zellen die Dissemination von zelligen Krank-heitsprodueten vermittelt werden könne. Sicher ist es aber, dass Flüssigkeiten auf den erwähnten drei Wegen transportdrt werden, und zur Bildung von Metastasen Veranlassung geben können und dass die Versetzungen morphotischer Stoffe mit dem Blute i. d. R. zu embolischen, auf gewisse Gefässgebiete begrenzten, die der de-letären Flüssigkeit aber zu diffusen Metastasen führen.
sect;. 293. Ausserdem kommen noch diffuse Metastasen vor, welche nicht durch Versetzung fauliger, deletärer Stoffe zu erklä­ren sind, z. B. die diffuse Pleuritis, Peritonitis und die katarrha­lischen Entzündungen bei den sog. zurückgetretenen acuteu Ex-anthemen (Pocken etc.). In solchen Fällen muss angenommen wer­den, dass bestimmte, bisher noch unbekannte, chemische Stoffe von der örtlich afficirten Stelle (Cutis) aus vom Blute aufgenom­men werden und zu den inneren Theilen geführt, letztere in pu-tride Entzündung versetzen. Früher glaubte man, dass der spe-ciiische Stoff, welcher die acuteu Exautherae hervorruft (Pocken­stoff), in dem Blute reproducirt und in Folge einer gestörten Krise (Erkältung) seine Ablagerung auf die äussere Haut verfehle und an den serösen und Schleimhäuten eine metastatische Pocken­eruption erzeuge.
Alle Metastasen haben einen der ursprünglichen Affection ähn-lichen Charakter, z. B. eine Eiter-Metastase erzeugt wiederum eine puruleute Entzündung, faulige Stoffe rufen putrlde Prozesse, Ent-züudungs-Producte einfache Embolien hervor.
Funetionsstörungou der Muskeln.
sect;. 294-. Weder das Blut noch die Nerven sind die alleinigen Regulatoren der Muskelthätigkeit, sondern das Parenchym des Muskelgewebes spielt bei derselben die Hauptrolle. Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass jeder Störung der Mus-kelaction entweder eine Dyskrasie oder eine Nervenaff'ectiou zum Grunde liege und dass die Muskelaction immer nur seeuudär leide.
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Diese weicht je nach der Bescbulifeuheit und dein Emilhruiigs-zustande des Mxiskelparenchyms immer nur der Quantität, niemals der Qualität nach vom Normalen ab, und zwar giebt es nur a) eine verminderte Muskelaction (Akinesis) und b) eine vermehrte (My per kinesis); andere Anomalien sind nicht denkbar.
sect;. 295. ad a. Die Akinese oder Lähmung ist wohl zu unterscheiden von der einfachen Ermüdung (Pro-stratio), bei welcher zwar auch eine der Erregung entsprechende Thätigkeit nicht eintritt, aber doch nach kürzerer oder längerer Ruhe die Irritabilität wieder hergestellt wird, ohne dass eine bes­sere Ernährung der Muskeln dazu noting ist, denn diese hat durch die Thätigkeit überhaupt nicht gelitten. Ein vollkommen gelähmter Muskel reagirt dagegen gar nicht mehr, ein unvollkommen gelähm­ter nur in einem geringeren Grade. Diese mangelhafte lleactions-l'ähigkeit bezeichnet mau als Schwächezustand. Wenn die Lähmung plötzlich eintritt, so nennt man sie eine apoplectische. Ist die Lähmung lediglich Folge einer Veränderung der Muskeln, so be­zeichnet mau sie als essentielle Muskellähmung; beruht sie dagegen auf einer primären oder seeundären Affection der moto­rischen Nerven, so wird sie eine essentielle JTervenlähmung genannt. Bei der ersteren sind die coustituirenden Elemente der Muskeln, bei der letzteren die der motorischen Nerven in ihrer Ernährung alterirt (degenerirt) oder atrophirt, so das sie nur durch eine andere oder bessere Ernährung wieder restaurirt resp. resti-tuirt werden können. Bei der unvollständigen Muskellähmung (Paresis) ist die Degeneration nur in einzelnen Theilen des Mus­kels erfolgt, während die mangelhafte Ernährung bei der vollstän­digen Lähmung (Paralysis) sich über den ganzen Muskel er­streckt. Man nennt jedoch alle vollkommnen Lähmungen Paraly­sen, ohne Unterschied, ob sie Muskel-oder Nervenlähmungen sind. Sogar die iibermässige Aufnahme von Ernährungsmaterial, die acute trübe Schwellung der Muskelelemente, d. i. die Muskeleutzüu-dung, hat eine essentielle Muskellähmung, eine Aufhebung der Coulractilität zur Folge, die indess durch Zertheilung der Entzün­dung vollständig wieder hergestellt werden kann, wenn keine Mus­kelelemente dabei zu Grunde gegangen sind.
sect;. 296. ad b. Die Hyperkiuese oder der Spasmus, der Krampf.
Unter Krampf versteht man eine solche Muskelaction, welche
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auf einen gegebeneu Reiz in einer ungewöhnliclien Stärke eintritt. Die Art der daraus hervorgellenden Bewegung richtet sich ganz nach dem Dienste des vom Eeize getroft'euen Muskels und nach seinen Anheftungspuukteii
Alle Arten von Krämpfen lassen sich in folgende drei Ar­ten zerlegen:
1)nbsp; Solche, welche nur auf Mnskelcontractionen beruhen, das sind die einfachen Muskelkrämpfe;
2)nbsp;Solche, welche von den Central-Kcrvenapparaten ausgehen, d. s. die eigentlichen nervösen Krämpfe, und
3)nbsp; Solche, welche mit psychischen Störungen verbunden sind, d. s. die epileptischen Krämpfe.
sect;. 297. ad 1. Die einfachen Muskelkrämpfe bestehen immer nur in einzelnen Muskeln resp. Muskelgruppen. Die klein­sten derartigen Bewegungen bezeichnet man als Sehnenhüpfen oder osdilatorische Krämpfe, welche dem Muskelzittern bei der Ermüdung am nächsten stehen. Die Nerven sind bei diesen einfachen Formen der Krämpfe durchaus leitungsfähig, weil sonst wegen der vielfachen Verästelung der Nerven der Effect nicht so isolirt auftreten könnte (?). Sie müssen daher, da der Blutlauf auch nicht gestört ist, auf einer mangelhaften Ernährung der Mus-kelelemente beruhen (Wadenkrampf).
ad 2. Die von den Centraltheilen des Nervensystems aus­gehenden, sog. nervösen Krampf c, beruhen auf einer erhöhten Reizbarkeit des grossen oder kleinen Gehirns, des Hirnknoten, des verlängerten Marks, des Rückenmarks oder der Ganglien, in Folge deren diese auf einen verhältnissmässig kleinen Reiz eine abnorm grosse reflectorische Muskelthätigkeit hervorrufen. Ist die von den genannten Centralorgancn auf die Muskeln übertragene Erregung eine anhaltende oder schnell auf einander folgende, so dass keine Auslösung des Krampfes stattlindet, so ist dieser ein tonischer; läuft aber die Erregung nach kürzeren oder län­geren Intervallen ab, so dass die Contractionen mit Erschlaffungen der Muskeln abwechseln, so bezeichnet man den Krampf als einen clonisehen. Ergreift der Krampf abwechselnd die Strecker und die Beuger, so entstehen die sog. Convulsionen.
Hierbei ist der Reiz, welcher die Centralorgane in die er­höhte Reizbarkeit versetzt hat (z. B. die Wunde beim Tetanus träum.), wohl zu unterscheiden von der Reizung der Centralorgane
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206nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Allgemeine pathologische Anatomie
welche ohne jenen primären Eeiz fortbestelicn, aber durch unver-liilltnissmässig kleine Reize, sogar durch die gewöhnlichen sog. Le­bensreize, zn abnormen Contractionen Veranlassung geben kann (Strychnin-Vergiftung, Hydrophobie des Mensehen).
298. ad. 3. Krämpfe mit psychischen Störungen, ins­besondere mit Bewusstlosigkeit. Hierher gehört die sog. wächserne Steifigkeit, Catalepsia, bei welcher die Contrac­tion der Muskeln nicht erheblich ist, sondern der Rumpf und die Glieder jede Richtung, Biegung und Lage beibehalten, welche ihnen durch äussere Umstände gegeben wird; dann die Eclampsia, welche mit abwechselnden krampfhaften Contractionen und Er-schlalfungen einzelner Muskeln oder Muskelgruppcn, d.i. mit Co n-vulsionen einzelner oder mehrerer Körpertheile verläuft, und drittens die Fallsucht, Epilepsia, welche nach kürzeren oder längeren Intervallen in derselben Weise wie die Eclampsie allge­mein eintritt. Alle drei Arten von Krämpfen sind mit Störungen des Bewusstseins verbunden und beruhen auf krankhaften Zustän­den des grossen Gehirns, wobei die einzelnen Anfälle durch ver-hältnissmässig geringe äussere Reize hervorgerufen werden.
sect;. 299. Die erwähnten Functionsstörungen können in dersel­ben quot;Weise, wie in den quergestreiften wilikührlichen Muskeln, in den glatten unwillkiilniichen Muskeln vorkommen und äussern sich z. B. in der Muskelhaut des Darmkanals sowohl als Schwäche und Lähmung (Akinesis), wie als krampfhaft gesteigerte Contraction und peristaltische Bewegung (Ilyperkinesis); nur dauern die Stadien der nach der Reizung eintretenden Latenz oder Erschlaffung, die der allmählig ansteigenden Verkürzung der Muskelfasern und des Nachlassens der Coutractionen erheblich länger, als bei den clonischen Krämpfen der wilikührlichen Muskeln.
sect;. 300. Von besonderem Interesse sind die Bewegungsstö­rungen des quergestreiften, aber unwillkührlichen Herzmuskels, weil von der Action desselben die Frequenz, der Rhytmus und die Qualität der Pulse abhängt.
Pulsus heisst der Schlag, das Klopfen überhaupt. Diese Be­zeichnung könnte also auch auf den Herzschlag angewendet wer­den, wird aber in der Regel auf den der Arterien bezogen. Zu bemerken ist, dass der Arterienpuls auf einer Ausdehnung und Verlängerung des Gcfässes durch die Blntwelle beruht, dass diese aber durch die Zusammenziclmng (Systole) der Herzkam-
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mern hervorgebracht wird, dass also der Anschlag der Herzspitze an die Brustwand mit dem Arterienpuls fast zusammenfällt. Die elastischen Arterien werden durch den Blutdruck passiv ausge­dehnt und ziehen sich z. Th. activ, z. Th. elastisch wieder zu­sammen, wenn der erhöhte Blutdruck iiachlässt. Der Puls nimmt nach der Peripherie des Körpers zu immer mehr an Grosse und Intensität ab und verschwindet in den CapiUaren ganz. Die ganz grossen Arterien (Aorta) sind wegen ihrer Dicke und Starrheit gleichfalls fast pulslos; sie werden nur erschüttert.
Aus der Zahl und Beschaffenheit der Pulse pflegt man auf die Herzaction, auf die Beschaffenheit der Arterien und auf die Menge des Blutes im Körper zu schliessen.
In der Kegel schliesst man aus der Thätigkeit des Herzens auch weiter auf den übrigen Zustand des Körpers und nament­lich auf den Grad seiner Reaction auf den Krankheitsreiz (Sthenie und Asthenie) und auf die Grosse und Art des Letzteren selbst, indem man annimmt, dass zwischen diesem und dem Pulse ein gewisser Parallelismus bestehe. Indess dieser Schluss ist häu­fig ein trügerischer, theils weil das Herz für sich allein krank oder fehlerhaft, theils weil es anderen krankhaften Zuständen nn-terworfen sein kann, als der übrige Körper und theils weil ausser-dem viele Bedingungen an der Quantität und Qualität der Pulse betheiligt sind, deren Würdigung oft grossen Schwierigkeiten un­terliegt. So lässt z. B. der Puls auf die Herzaction und den Kraft­zustand des Organismus schon deswegen keinen sicheren Kück-schluss zu, weil die Beschaft'enheit der Gefässe, die Grosse des Blutdruckes, die Leichtigkeit oder Hemmung des Blutzuflusses zum Herzen etc. einer sehr zweifelhaften Beurtheilung unterliegen.
sect;. 301. Bei der Beurtheilung der Pulse kommt deren Fre­quenz, Rhytmus und Qualität in Betracht:
1) Die Frequenz der Pulse ist ganz allein von der Thä­tigkeit des Herzens abhängig und diese variirt wiederum innerhalb gewisser physiologischer Grenzen. Sie hängt z. Th. ab vom Alter, denn jüngere Individuen haben mehr Pulse, als ältere; z. Th. von der Körpergrösse, denn je grosser ein Thior, je weniger Pulse hat dasselbe und zwar nicht nur nach Verschiedenheit der Gattung, sondern auch nach der des Individuum; z. Th. auch von dem Gc-schlcchte, denn weibliche Thiere haben mehr Pulse, als männliche und Kastrate, diese wieder mehr als die männlichen; und end-
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Allgemeine pathologische Anatomie
lieh /.. Tli. auch von der ladmdualität, Konstitntion, Lebens­weise etc.
sect;. 302. Man unterscheidet folgende Pulsarten nach der Fre­quenz :
a)nbsp; den häufigen Puls (P. frequensj und den seltenen Puls (P. rarus). Die Frequenz wird nach gewissen Zeiteinheiten in der Regel Minuten im Vergleiche zu den betr. Normalzahlen ge­messen. Der anhaltend beschleunigte Puls ist i. d. R. ein Zei­chen des Fiebers, kommt aber auch bei Herzfehlern vor; dage­gen kann auch Fieber ohne Pulsbeschleunigung bestehen. Der verzögerte Puls ist fast immer ein Symptom des Gehirndrucks (Hengste);
b)nbsp; den schnellen Puls (P. celer). Dieser ist ein schnell ein­tretender, gewöhnlich kräftiger und kurzer Puls, bei welchem die Blutwclle plötzlich anhebt und ebenso absetzt; während der lang­same oder zögernde Puls (P. tardus) allmählig ansteigt und ebenso wieder nachlässt, also breiter oder länger erscheint. Ei­lst gewöhnlich ein schwacher und kleiner Puls.
Die Bezeichnungen ad a) betreffen also die Zahl, die ad b) die Qualität der Pulse; doch treffen diese Arten i. d. R. in der Weise zusammen, class der schnelle Puls auch ein beschleunigter und der zögernde auch ein seltener ist; aber es kann auch ein schneller Puls verhältnissmässig zögernd anheben uud absetzen und ein seltener Puls schnell ein- und absetzen. Die Eigenschaf­ten ad a) hängen nur von der Herzaction, die ad b} z. Tb. von dieser, zum grössten Theile aber von der Beschaffenheit der Ar­terienwand und von der Blutfülle ab;
c)nbsp; den welligen Puls (P. undulosus) und den hüpfen­den, springenden oder schnellenden Puls (P. saliens). Diese bilden die höchsten Grade des zögernden uud des schnel­len Pulses, sind dabei aber immer häufige Pulse.
Im ersteren Falle ist die Blutwelle lang, im zweiten kurz, in beiden Fällen klein und schwach. Im ersteren Falle bleibt die Arteric zwischen den schwachen Ausdehnungen beinahe eben so, wenn auch wenig gefüllt; im letzteren Falle wird sie fast leer und erregt dem Untersuchenden das Gefühl, als wenn grober Saud oder feines Schrot unter den Fingern hinfort rollte. Beide Puls-arten beruhen auf Blutleere mit mangelhafter Herzaction bei ver­schiedener Elasticität der Arterlenwand.
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sect;. 303. 2) Der Rhytmns der Pulse kann auf dreierlei Weise abweichen und zwar indem eine Herzaction ganz ausfällt, d. i. a) der aussetzende Puls (P. intermittens), welcher nach den bisherigen Erfahrungen ohne besonderen diagnostischen Werth ist. Er soll Stockungen im Pfortadersysteme andeuten und wäre dann wohl durch den verzögerten Rücktluss des Blutes zum Her­zen zu erklären; aber jene Bedeutung des intermittirenden Pulses ist bis jetzt noch nicht zweifellos constatirt. Andererseits kommt der aassetzende Puls nicht selten vorübergehend oder andauernd bei anscheinend ganz gesunden Thieren (Pferden) vor, bei denen auch ein Herzfehler nicht zu constatiren ist. In prognostischer Hinsicht ist dieser Puls in so fern günstig zu beurtheilen (Kolik), als er niemals bei einem sehr beschleunigten Pulse beobachtet wird. Ob der Puls auch ohne den Herzschlag aussetzen kann, ist noch nicht sicher constatirt, jedenfalls setzt aber mit dem Herz­schlage immer der Puls aus. Zuweilen hat es den Anschein, als wenn zwei Pulse aussetzten. Dann ist aber der Zwischenraum zwischen dem letzten Pulse vor dem ausfallenden und dem ersten nach demselben nur etwas grosser, als zwei Zwischenräume zu-samiÄgn und nie gleich der Summe dreier Zwischenräume. Die ersten Pulse nach der Pause sind gewöhnlich etwas grosser (voller), als die nachfolgenden.
b)nbsp; nbsp;Der unrhytmische Puls (P. arhytmicus), welcher durch die ungleiche Grosse (Länge) der diastolischen Pausen oder der Contraetionen der Arterie, und
c)nbsp; der ungleiche Puls (P. inaequalis), welcher durch die ungleiche Grosse der systolischen Blutwellen bedingt wird.
Die letzteren Abweichungen sind gewöhnlich combinirt und kommen gemeinhin beim Todeskampfe, aber auch bei Herzfehlern vor; indess kann auch ein rhytmiseher Puls ungleich und ein gleicher Puls arythmisch sein.
d)nbsp; nbsp;Der doppelschlägige Puls (P. dicrotus) entspricht immer nur einer Action der Herzkammern, nicht einer Action der Herz- und der Vorkammern, auch nicht einer getheilten Action der Kammern; die wahre Ursache desselben ist indess noch nicht ermittelt. Vielleicht entsteht er durch Rückschlag der Blutwelle an der Theilungsstelle der Arterien, denn i. d. Regel erfolgt nach der ersteren grösseren Ausdehnung der Arterienwände und vor ihrer Zusammenziehung schnell ein kleiner Nachstoss.
Köhne, allg. Veterin. Path.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;|^
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sect;. 304. 3) Die Qualität der Pulse.
a.nbsp; nbsp; nbsp;Der grosse oder volle Pul:? (P. raagnus s. pleuus) entsteht durch eine grosse, kräftige Blutwelle, wobei dieArterien-wände eine grosse Elasticität besitzen, sich also leicht passiv aus­dehnen lassen und sich stark activ und passiv zusammen ziehen, mithin weder ein spasmodischer noch ein Erschlaffnngszustand der Arterienwände besteht. Er ist dann zugleich ein kräftiger Puls. Ist dagegen die Arterienwand local oder allgemein abnorm dünn und nachgiebig, so kann auch bei mittler Herzthätigkeit ein voller und grosser Puls zu Stande kommen; dann ist derselbe aber nicht kräftig, sondern weich.
b.nbsp; nbsp; Der kleine oder leere Puls (P. parvus s. vacuus) wird entweder durch verminderte Uerzthätigkeit oder durch ge­hemmten Kückfluss des Blutes von den Lungen zum Herzen, z. B. durch Compression oder Thrombose der Lungen-Capillaren (Hepa-tisati on) bedingt; in Folge dieser Umstände wird nur eine kleine Blutwelle in die Arterien getrieben. Scheinbar leer ist der Puls bei spasmodischen Contractionszuständen der Arterien. In diesem Falle ist der kleine Puls zugleich hart, während er sonst weich ist (cf. den welligen und hüpfenden Puls).nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;
Ist der kleine Puls zugleich in der Weise ein ungleicher, dass die Blutwelle mehrere Pulse hintereinander immer kleiner und dann wieder grosser wird, so wird er auch wohl der mauseschwanz-ähnliehe Puls (P. miurus) genannt. Er beruht auf einer ge­störten Innervation des Herzens und ist meistens Begleiter der Agonie.
c.nbsp; nbsp; Der harte oder gespannte Puls (P. durus) und der weiche PulsfP. mollis) hängen hauptsächlich von dem Spannungs­grade der Arterienwand ab, während die Action des Herzens und die Leichtigkeit des Blut-Zu- und Abflusses mehr ihre Grosse bedingen. Der erstere resultirt zum Theil aus dem Ernährungs­und Erregungs-Zustaude der Gefässwand. Hart oder gespannt ist der Puls bei hohem, weich bei geringem Spannungsgrade der Ar­terienwand. Der harte und der weiche Puls kann je nach der Herzaction gross oder klein sein; gespannt nennt man aber be­sonders den kleinen harten Puls bei gefüllter Arterie.
sect;. 305. Der Venen puls kann auf zweierlei Weise zu Stande kommen und zwar durch Hindernisse im venösen Theile des kleineren Kreislaufs (Insufficienz der Tricuspidal-Klappen,
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Herzbeutelwassersueht) und clin-ch Erschiitterung der Jugularis durch die Carotiden. Im letzteren Falle sieht man die Jugularis mit Blitzesschnelle von der Brust bis zu einer bestimmten Stelle hin­auf, oft nur in der Brustgrube, mitsammt der nächsten Umgebung isochronisch mit dem Pulse erschüttert werden; das ist also nur ein scheinbarer Venenpuls. Im ersteren Falle sieht man deutlich eine Welle innerhalb der Vene von der Brust aus bis zu den Aesten, also gegen den Blutstrom, hinaufgehen, ohne dass dieser eine rückläufige Bewegung macht. Er ist isochronisch mit der Systole der Vorkammern, also auch mit der Diastole der Herz­kammern.
Die Störungen der thierischen Wärmeproduction und die Fiebertheorie.
sect;. 306. Die thierische Wärme wird in allen Körpertheilen, mit Ausnahme der Epithelien und Horngebilde, durch die daselbst stattfindenden Oxydations- resp. Verbrennungs-Prozesse hervorge­bracht; also nicht nur in den Lungen, denn in diesen wird nur die im venösen Blute bereits fertig vorhandene, aus sämmt-lichen Organen des Körpers stammende Kohlensäure ausgeschie­den und Sauerstoff aufgenommen, der, ohne hier eine Oxydation zu bewirken, an die Blutkügelchen tritt und mit diesen zu allen Körpertheilen transportirt wird, um in diesen die verschiedensten Verbrennungsprozesse zu vermitteln. In den Lungen findet also nur derjenige Verbrennungs-Prozess Statt, welcher durch den Sauer­stoff des Blutes der Art. bronchialis vermittelt wird.
Die mit diesem Prozesse verbundene Wärmeproduction ist eine so unbedeutende, dass die Abgabe von Wärme an die einge-athmete äussere Luft bedeutend überwiegt, also in der That, wie schon die Alten annahmen, in den Lungen eine Abkühlung des Blutes stattfindet.
Zu den mit allen physiologischen und pathologischen Vor­gängen verbundeneu Verbrennungs-Prozessen liefert der Organismus das oxydirbare (Verbrennungs-) Material, die eingeathmete Luft den Sauerstoff. Durch die chemische Vereinigung beider wird die dem oxydirbaren Material anhaftende latente Wärme frei, welche theils durch die Berührung aller Organe, theils durch den Blut­strom ziemlich gleichmässig auf alle Körperregionen vertheilt wird. In Folge dieser Wärmeproduction sind die sog. warmblütigen Thiere
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(Säugethiere, Vögel) geeignet, ihre Körpertemperatur fast unab­hängig von der Ausseinveit zu erhalten, während die sog. kalt­blütigen Thiere (Fische, Amphibien und Insekten) so wenig Wärme produciren, däss ihre Körpertemperatur nur wenige Grade über der des sie umgebenden Medium (Luft, Wasser, Erde) sich zu erhalten vermag, also mit letzterer steigt und fällt (Wallfisch).
sect;. 307. Die Körpertemperatur der warmblütigen Thiere ist indess auch nicht unter allen Umständen eine ganz gleiche. Sie ist nicht nur bei verschiedenen Thiergattungeu verschieden (cf. sect;. 104), sondern sie schwankt bei derselben Gattung und dem­selben Individuum innerhalb gewisser physiologischer Breiten, die aber selten über 2quot; C. differiren. So steigt dieselbe z. B. nach dem Fressen um 0,3—0,4deg; C; auch hat das Geschlecht und das Alter einigen Einduss auf die Körpertemperatur. Männliche Thiere haben bis 0,5deg; C. geringere Wärme, als weibliche, und jüngere eine höhere, als ältere; angestrengte Körperbewegung (kräftige Muskelleistung) kann die Temperatur um 1quot; C. steigern.
sect;. 308. Geht die Veränderung der inneren Körpertemperatur mehr wie einen Grad über die angegebene mittlere Temperatur (1. c.) hinaus (bei Pferden über 39deg; C), so ist dieses immer ein Zeichen des Fiebers. Die gesteigerte Körpertemperatur ist nicht nur das einzige pathoguomische Symptom, sondern auch der einzig sichere Maassstab für den Grad des Fiebers. Gewöhnlich besteht zum Theil in Folge des Einflusses der erhöhten Bluttemperatur auf die Herzganglieu und das Herz selbst, zum Theil durch die Lähmung des N. vagus zwar gleichzeitig eine vermehrte Puls­frequenz und im Allgemeinen steht diese auch mit dem Grade des Fiebers in gradem Verhältnisse; dieselbe ist aber keineswegs ein pathognomisches Zeichen des Fiebers, noch weniger sieher ist sie hinsichts ihrer Bedeutung für den Grad desselben (z. B. Febr. intermittens). Die Pulsfrequenz ist bei manchen Fiebern so­gar normal resp. verzögert (subacute Gehirnentzündung). Die Stei­gerung der inneren Temperatur tritt schon vor den eigentlichen Fie-bererscheinungeu, d. h. vor dem initialen Froststadium, und wäh­rend des Stadium der Vorboten ein und besteht während aller Stadien des Fiebers, selbst beim Froststadium, fort.
sect;. 309. Die Fieberhitze entspringt aus derselben Quelle, wie die normale Körpertemperatur. Sie ist lediglich die Folge von der gesteigerten Verbrennung der Körperbestandtheile, und zwar
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nicht allein des primär afficirten Organes, sondern an allen Orten und zwar zunächst der Fette, deren Bestandtheile in Form von Kohlensäure und Wasser durch die Lungen und die Haut ausge­schieden werden. Daher die schnelle xVbnaagerung bei allen Fie­bern, die durch die mangelhafte Zufuhr von Nährstoffen und die i. d. R. gestörte Verdauung allein nicht zu erklären ist. Ausser-dem wird aber noch bei einigen Stadien der Fieber die innere Temperatur in Folge der relativ verminderten Ausstrahlung von AVärme durch die contrahirte Haut und die kühlen Extremitäten gesteigert. So lange die äussere Haut trocken (heiss oder kalt) ist, strahlt sie den Ueberschuss der im Inneren frei werdenden Wärme nicht ganz aus; diese häuft sich also bis zu einem ge­wissen Grade an. Die Fieberhitze steigt, bis der sog. kritische Schweiss mehr Wärme bindet, als im Inneren frei wird, und die Körpertemperatur sinkt.
Das bis zum Stadium criseos gesteigerte Durstgefiihl ist wahrscheinlich nicht Folge der Eintrocknung des Blutes oder der Gewebe, sondern nur der Schleimhaut der Zunge und des Rachens und die dadurch instinktmässig vermehrte Wasseraufnahme bindet zum Theil sofort einen Theil der inneren Wärme, einen grösseren Theil aber bei der Ausscheidung in Form von gas- oder dunstför-migem oder tropfbar flüssigem Schweisse, an welcher ausserdem die Producte der Verbrennung der Fette participiren. Daher ist die Befriedigung des Durstes durch kaltes Getränk bei Fiebern heilsam, zumal die Ausscheidung der pyrogenen Substanzen da­durch erleichtert wird, jedoch in der Voraussetzxmg, dass die Ent­stehung eines Magen - Darm - Katarrhes oder die Steigerung eines bereits bestehenden, durch den Kältereiz vermieden wird.
sect;. 310. Während fieberhafter Krankheiten findet ferner als Folge der gesteigerten Verbrennung von Eiweissstoft'en, die das schnelle Sinken der Kräfte bis zur Erschöpfung bedingt, eine ver­mehrte Ausscheidung von Stickstoff in Form von Harnsäure, einer niedrigeren Oxydationsstufe des Harnstoffs, Statt, Der massen­hafte Vorrath an organischem Verbrenuuugs-Material sämmtlicher Körpertheile lässt trotz der in Folge des i. d, R. beschleunigten Athmens gesteigerten Sauerstoffaufnahme die höhere Oxydation der Harnsäure zu Harnstoff nicht zu Stande kommen. Wenn nicht beim Fieber gleichzeitig Appetitmangel bestände und die Nahrungs­mittel nicht i. d. R. absichtlich entzogen würden, so würde, wie
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Chossat durch seine Inhalations versuche nachgewiesen, die Stei­gerung der Körpertemperatur unzweifelhaft eine noch weit erheb­lichere sein.
Hierin, sowie in dem i. d.R. bestehenden Magen-Darm-Katarrhe ist der Nutzen der strengen Diät bei lieberhaften Krankheiten be­gründet bis in Folge der mangelhaften Nahmngszufahr die Er­schöpfung des Brennmaterials, die Abmagerung und das Sinken der Kräfte (luanitio) an und für sich gefährlich wird.
sect;. 311. Die pathologische Temperatursteigerung kann nicht allein durch die Gegenwart des Verhreunungs-Materials im Blute, (durch die vermehrte Plasticität des Blutes nach der alten Schule) bedingt werden, sonst miisste nach jeder Mahlzeit ein Fieber eintre­ten. Sie scheint überhaupt der Art nach von der Temperaturer­höhung verschieden zu sein, welche durch vermehrte Leistung (Arbeit und Bewegung), durch gesteigerten Stoffverbrauch, durch erhöhte Action eintritt, und da sie durch die mit den Localleiden verbundenen Oxydationsprozesse in Verbindung mit der vermin­derten Wärmeabgabe nicht genügend erklärt werden kann, so hat man angenommen, dass sie in der Hauptsache auf einer Störung im Nervensystem begründet sei. Man hat angenommen, dass die fiebererregenden Ursachen, welche in vielen Fällen wohl im Blute liegen mögen (pyrogene Substanzen, Miasmenetc.) den er­sten Angriff auf die Nervencentron, auf die Regulatoren der Wär­mebildung resp. des Stoffwechsels richten. Diese excediren, in­dem entweder die Erreger gereizt, oder die Moderatoren geschwächt werden. In beiden Fällen entsteht eine Temperatursteigerung, welche in ersterem Falle auf einer erhöhten, im letzteren Falle auf einer verminderten Innervation beruht. Die Reizung der Er­reger kann deswegen nicht füglich als die Ursache der Tempera­tursteigerung bei Fiebern angenommen werden. Weil die grössten Erregungen der Muskeln (z. B. beim Tetanus universalis) in der Regel anfangs ohne Fieber bestehen und weil bei fieberhaften Krankheiten die Temperatursteigerung schon vor dem initialen Froststadium vorhanden ist, also ehe die active Erregung in der Haut, in den Hautmuskeln und in den Capillargefässen der äus-seren Umfläche (Coutractions-Anaemie) eintritt, und weil ferner die anfänglich gleich vorhandene sog. falsche Schwäche unmöglich auf Ernährungsstörungen der Muskeln (oder Nerven?) beruhen kann. Daher bleibt nur die Annahme als die plausibelste übrig, dass die
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fieberenegendeu Ursachen lähmend auf die natürlichen Modera­toren der Wärmbebildnng resp. des Stoffwechsels wirken, um die gesteigerte Wärmeproduction zu erklären. Diese Annahme schliesst indess die Möglichkeit nicht aus, dass die Anhäufung der Ver-brennungs-Producte (pyrogenen Stoffe) im Blute und in den Ge­weben dadurch, dass ihre Ausscheidung mit ihrer Bildung nicht gleichen Schritt hält, ausserdem noch lähmend auf die irritablen Gewebe und die Nervenenden wirkt.
sect;. 312. Die Moderation des Stoffwechsels und der Wärme­erzeugung steht aber nach den bisherigen Erfahrungen wahrschein­lich unter der Herrschaft des Vagus, in dessen Gebiete ja auch die mit dem Fieber verbundenen Hauptstörungeu (Appetitmangel, üebelkeit, Brechneigimg, Störung der Digestion etc.) zuerst auf­treten. Ihm steht die Wirkung des Sympathicus entgegen, wie die Versuche von Weber u. A. beweisen, und zwar in der Art, dass die Erregung des Letzteren die Circulation des Blutes und die Verbrennungsprozesse erhöht, während die des Vagus beide Vorgänge herabstimmt. Der Vagus ist also der natürliche Mode­rator des Sympathicus; er hält im normalen Zustande die Thätig-keit des Letzteren in gewisse physiologische Schranken. Ist nun der Vagus in dieser seiner Function geschwächt oder gelähmt, so muss die Action des Sympathicus überwiegend und die Tempe­ratur durch die schnellere und massenhaftere Verbrennung des Körpermaterials erheblich gesteigert werden. Auf die Gefässe ihrer betreffenden Gebieve ist die Wirkung dieser Nerven (Symp. und Vag.) zwar dieselbe, aber eine in dem Resultate sehr ver­schiedene, denn eine Reizung des Sympathicus bewirkt eine Con­traction der arteriellen Gefässe und Anaemie; eine Lähmung (z. B. Durchschneidung des Halstheils) desselben eine Erweiterung der Gefässe, eine active Hyperämie mit gesteigerter Wärmeproduction und erhöhtem Stoffwechsel in der betreffenden Seite des Vorder-theils. Eine allgemeine (beiderseitige) Lähmung (Durchschneidnng) des Sympathicus hat dagegen eine Lähmung oder einen Stillstand der Herzaction zur Folge, weil durch den Ausfall der Erregung von Seiten des Sympathicus die moderirende oder lähmende Wir­kung des Vagus das Herz allein beherrscht. Da aber, wie oben dargethan, angenommen werden muss, dass die Fieberreize depri-rairend wirken, so kann diese Depression nur im Gebiete des Va­gus stattfinden, in Folge deren die Thätigkeit des Sympathicus
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überwiegend wird. (Bei Fieber mit retardirtem Pulse müsste da­gegen eine Depression des Sympatiiicus stattfinden, was aber mit der gesteigerten Körpertemperatur im Widerspruch stehen würde, selbst wenn man eine Reizung des Vagus annehmen wollte. A. d. V.). Die gesteigerte Körpertemperatur ist also lediglich Folge der erhöhten Thätigkeit des Sympathicus, indem der Vagus, wahr­scheinlich an seinen Wurzeln in der Medulla oblongata und im oberen Halstheile des Rückenmarks (vielleicht auch im Plexus cardiacus) gelähmt ist. Eine Lähmung der Cerebrospinalnerven hat dagegen ein Sinken der Temperatur in dem betreffenden Kör-pertheile zur Folge, weil diesen Nerven die Action des Sympa­thicus nicht gegenüber steht, sondern sie selbstständig das Gefäss-system und die Wärmeproduction beherrschen.
Jede Störung, welche sich auf die Wurzeln der regulatorischen Nerven (Medulla oblongata) ausdehnt, muss daher Fieber erzeu­gen und jemehr die Kraft des regulirenden Centrum (Vagus) durch die fiebererregende Ursache gebunden ist, je höher muss die Kör­pertemperatur steigen, und zwar in Folge der im ganzen Gebiete des Sympathicus, und nicht blos in dem primär afficirten Theile, gesteigerten Verbrennungsprozesse.
sect;. 313. Die gehemmte Moderation und die gesteigerte Con-sumtion durch Oxydation des Körpermaterials bilden also das We­sentliche des Fiebers; es beruht auf einer Ausbreitung der localen Störung auf die wichtigeren Lebensheerde, welche dadurch in ihrer Function geschwächt werden. Daher kann das Fieber auch nichv. als eine Eeaction resp. als ein Wehrkampf gegen die locale Stö­rung, sondern nur als eine Ausbreitung der Krankheit angesehen werden, welche allerdings unter gewissen Umständen zur Aus­gleichung der primären localen Störung beitragen kann.
sect;. 314. Die erhöhte Körpertemperatur versetzt die Nerven der äusseren Haut in eine Hyperästhesie, welche sie für den Kältereiz so empfänglich macht, dass der geringste Einfiuss des­selben das Froststadium hervorzurufen im Stande ist. Dieses Stadium, so selten es zu fehlen pflegt, ist daher nichts Wesent­liches des Fiebers, sondern rein accidentieller Natur und besteht in einer activen Contraction der Haut, selbst in einem Krämpfe der Hautmuskeln (Schüttelfrost, Horripilatio), welche An­aemic der äusseren Haut und Hyperaemie in den Capillargefässen und Venen der inneren Organe (Cyanosis) zur Folge haben.
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Diese kann wiederum secuudiir zu den erheblichsten Störungen: Congestionen, Blutungen, Apoplexien etc. Veranlassung geben.
sect;. 315. Während des Froststadium steigt die innere Kör­pertemperatur immer mehr und gegen Ende desselben tritt die Passion in den peripherischen Capillargcfässen wieder hervor. Das warme Blut dringt wieder in die äussersten Theile, die Secretio-uen der Haut und Nieren, welche während des Froststadium ge­hemmt -waren, gerathen wieder in Fluss und das Stadium der Fieberhitze tritt ein, welches je nach dem Charakter und der Form des Fiebers entweder andauert oder ab und zu von Frost­stadien unterbrochen wird.
sect;. 31G. In neuerer Zeit neigt man jedoch wieder zu der An­nahme, dass das Wesen des Fiebers nicht in der Störung eines besonderen Regulationsmechanismus für den Wärmehaushalt be­gründet sei, und dass die allerdings pathognomische Temperatur­steigerung lediglich eine Folgeerscheinung der gesteigerten Oxy­dation der Eiweissstoffe und Kohlenhydrate und des beschränkten Wärmeverlastes sei. Dieser beruht in der Contraction der con-tractilen Hautelemente, hauptsächlich der kleinen und kleinsten Arterien, die durch eine reflectorische Erregung der vasomotori­schen Nerven veranlasst wird.
sect;. 317. Den Charakter der Fieber beurtheilt man nach der Summe der Kräfte und Organe, welche zur Bekämpfung resp. Ausgleichung der centralen Störung vorhanden sind, und hiernach kann man 3 Hauptgruppen von Fiebern aufstellen, und zwar:
a)nbsp; das einfache sthenische und ereth ische oder sog. Reiz-Fieber, welches die Folge einer massigen Störung in einem sonst gesunden und kräftigen Körper ist;
b)nbsp; das asthenische oder adynamische (torpide, ty­phöse oder faulige) Fieber, welches Folge einer inficirenden oder lähmenden Ursache (Miasmen, Contagien) oder einer schon vor der Einwirkung der Fieberursache durch mangelhafte Ernährungs-Verhältnisse zerrütteten Körperconstitution ist. Eine spontane Regulirung ist dann nicht mehr möglich, sondern die gesunkenen Kräfte müssen gehoben und die gebundenen frei gemacht werden (Methodus roburans, excitans, antiseptica);
c)nbsp; das synochale oder hypersthenische Fieber, welches in Folge einer grosson Störung im Bereiche der Nervencentren in einem sehr kräftigen Körper zu entstehen pflegt.
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sect;. 318. Die zweite Gruppe der Fieber eutsteht vorzugsweise durch die toxische Wirkung der Miasmen, Contagien und anderer deletärer Stoffe; diese fieberhaften Krankheiten sind daher auch als Infections-, Eruptions- (acute Ex an the me) oder Gäh-rungs-Fieber (Zymosen) bezeichnet worden. Diese tragen im­mer m. o. w. den asthenischen Charakter an sich, während die Fiebererregung bei den entzündlichen Krankheiten einen weniger lähmenden Einlluss ausübt und daher auch besser ertragen wird.
sect;. 319. Der Typus der fieberhaften Krankheiten ist schon im zweiten Tlieile beim Verlaufe der Krankheiten be­sprochen worden; hier ist nur zu erwähnen, dass die innere Kör­pertemperatur nicht demselben Wechsel unterworfen ist, wie die äusseren Fiebererscheinungen.
sect;. 320. Die Ausgleichung der fieberhaften Störun­gen geschieht auf denselben Wegen, nur in umgekehrter Richtung, auf welchen die Mitleidenschaft der Nervencentren und die secun-däre Affection anderer Organe und Systeme zu Stande gekom­men war.
Nach der altgriechischen Humoralpathologie sollte der ins Blut gelangte fiebererregende Stoff, die Materia peccans, durch das Fieber („die Kocbungquot;) derartige Umsetzungen erleiden, dass sie durch die Krisen als Materia cocta ausgeschieden werden könne, da sie im rohen Zustande als Cruditas oder Acrimonia hierzu nicht geeignet sei, und durch diese Ausscheidung würde die Genesung herbeigeführt. Man sah mithin die kritischen Ent­leerungen als die Ursache der Genesung an.
Diese Ansicht ist in so fern jetzt nicht mehr haltbar, als man die bei Fiebern im Blute sich lindeuden fremdartigen Stoffe nicht als Ursache, sondern nur als Folge der Fieber resp. der ihnen zum Grunde liegenden Loealleiden ansehen kann; denn man hat (ausser den Coutagien) niemals in den kritischen Excreten solche Stoffe nachgewiesen, welche als Krankheitsursache angese­hen werden könnten. Man fand nur ümsetzungsproduete der nor­malen Ausscheidungsstoft'e, welche häufig erst nach der Ausschei­dimg aus dem Blute (z. B. in der Harnblase) eine weitere che­mische Umwandlung durchgemacht hatten [Contagien?).
sect;. 321. Dagegen hat sich die alte Erfahrung in so weit be­stätigt, als die im Verlaufe der fieberhaften Krankheiten eintre-
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tenden Ausscheidungen durch Nieren, Leber, Schleimhäute, iiussereHaut etc. dreierlei Bedeutung haben können und zwar:
a)nbsp; dass sie symptomatisch, d. h. für die allgemeine Stö­rung entweder ohne Bedeutung sind oder als Complication auf diese steigernd einwirken;
b)nbsp; dass sie wirklich kritischer Xatur in dem Sinne sind, dass sie als Mittel zur Ausgleichung der allgemeinen Störung (des Fie­bers) dienen; oder
c)nbsp; dass sie als nachkritische Erscheinungen, d. h. in Folge der Genesung eintreten, die Ausgleichung der Störung aber ver­vollständigen.
Die kritische Natur der ausgeschiedenen Stoffe ist überhaupt an ihrer Quantität und Qualität nicht zu erkennen, sondern nur an dem gleichzeitigen Nachlass des Fiebers, an dem Sinken der Körpertemperatur und dem Nachlass der Pulsfrequenz. Treten diese Erscheinungen m. o. w. schnell, sprungweise ein, so bezeich­nen wir den Vorgang als eigentliche Krisis, entwickeln sie sich weniger auffallend, so nennt man ihn Lysis (cf. sect;. 36—38).
sect;. 322. Da der Grund der gesteigerten Körpertemperatur auf einer erhöhten Stoff- und Gewebs-Consumtion (Oxydation) be­steht, so ist nicht einzusehen, wie durch eine Entfernung so un­bedeutender Substanzen, in denen sich besondere Schädlichkeiten nicht nachweisen lassen, eine so erhebliche Aenderung im Körper eintreten sollte, besonders da nicht selten eine ziemlich schnelle Abnahme des Fiebers resp. der Körpertemperatur auch ohne kri­tische Entleerung eintreten kann. Nicht die Ausscheidung an sich und die Localisation in den Seeretionsorganen als solche ist die Krise, sondern sie ist nur ein möglicher, aber nicht der alleinige Weg der Ausgleichung. Neben ihm bestehen noch andere Wege, die gleichzeitig oder in anderen Fällen allein benutzt werden. Die Ausscheidungen unterstützen nur die Regulation und erleichtern die Beseitigung der Störung im Blute und in der Ernährung. Sie sind das Zeichen und das Resultat einer wiederhergestellten Ner­venleitung. Diese aber ist die Folge der Krisis, d h. derjenigen antagonistischen Thätigkeit des Organismus, welche zur Auslösung des localen Spannungsverhältnisses in den Nervencentren ge­führt hat.
sect;. 323. Der Organismus besitzt nämlich dreierlei Wege der Restitution, und zwar vermittelst der Nerven, des Blutes und der Gewebe. Die Störungen in den Nerven können nur durch ver-
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besserte Ernährangs- und Erregnngs-Verhältnisse oder durch üeber-tragung der Störung auf andere Nervenbahnen ausgeglichen werden.
Bei der nutritiven Restitution des Xervensystems muss dieses durch eine reichlichere Diffusion von Ernährungs-Material neue Stoffe aulnehmen und die alten verbrauchten abgeben und dasselbe muss ferner durch eine entsprechende Erregung in den Stand ge­setzt, sein, das aufgenommene Material zu assimiliren. Im ande­ren falle, bei der üebertragung der Störung auf andere Nerven­bahnen, bestehen keine nachweisbaren materiellen Veränderungen der Nerven, sondern wahrscheinlich nur moleculäre Veränderun­gen in der Anlagerung, Consistenz, Cohäsion etc., welche das Be­streben haben, von der afficirten Stelle aus (in der centripeta-len oder centrifugalen Richtung) sich auszubreiten. Während und durch diese Ausbreitung erschöpft sich die Erregung im Ver­hältnisse zu der Kraft, welche sie auf Ueberwiudung der ihr ent­gegen stehenden Hindernisse (Ganglien) aufwenden muss. Ist die Erregung auf diesem Wege zum Centrum (Noeud vital) gelangt, so versetzt sie dieses in ein Spannungsverhältniss, wel­ches, wenn es die regulatorischen Functionen der Centra (den Stoffverbrauch und die Wärmeproduction) stört, Fieber erzeugt und nur durch eine peripherische (centrifugale) Erregung wieder aus­geglichen werden kann. Diese entlastet das Centrum, gleich ob secretorische, motorische oder psychische Leistungen daraus her­vorgehen. Diese Leistungen sind also nicht die Krise selbst, son­dern eine nothwendige reactive oder antagonistische Bedingung jener Entlastung. Die Krise versetzt daher in Folge der durch sie ausgelösten Spannung das Centrum in einen Zustand der Ruhe, welcher die Restitution desselben zulässt, wenn nicht durch wie­derholte Störungen ein neues Spannungsverhältniss eintritt, wel­ches eine Fortdauer der Krankheit bedingt.
In den Krisen ist also eben so wenig eine zweckmässige Aeusserung der Naturheilkraft zu erkennen, wie in den Fiebern, sondern sie sind nothwendige Folgen der Organisation und müs­sen zu Stande kommen, wenn nicht die krankmachende Potenz so heftig und anhaltend oder so häufig wiederkehrend ist, dass das Spannungsverhältniss in den Nervencentren nicht zur Lösung kommen kann, oder wenn dieselbe nicht so erhebliche allgemeine Nutritionsstörungen in den Secretions-Organen selbst herbeiführte,
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dass eine Ausgleichung der Spannung und Restitution der Ernäh­rung unmöglich geworden ist.
sect;. 824. Gelingt es dagegen dem Organismus ohne oder mit Hülfe der ärztlichen Kunst, das centrale Spannungsverhaltniss der Regulatoren des Stoft'verbrauchs durch Fortleitung des Fieberreizes auf andere Nervenbahnen zu lösen, so wird eine autagonistische, kritische Wirkung hervorgerufen, welche die erfolgte Lösung jeuer Spannung anzeigt. In dieser Weise wirken wahrscheinlich die eigentlichen fieberwidrigen Mittel (Febrifuga): Chinin, Ar­senik, Digitalis, Nitrum etc.
Breitet sich aber das centrale Spannungsverhältniss, d. i. die Lähmung der Moderatoren des Stoffwechsels auf andere Xerven-centren aus, so kann auf sympathische Weise eine ganz ähn­liche Erscheinung zu Stande kommen, wie nach der Lösung des Spannungsverhältnisses bei den Krisen, d. h. es kann plötzlich eine gesteigerte Secretion eintreten, die aber dann rein sympathi­scher oder symptomatischer Xatur, oder eine Complication ist, weil sie nicht auf einer reactiven, antagonistischen Thütigkeit, sondern auf einer passiven Mitleidenschaft der Moderatoren und auf einem üeberwiegen der sympathischen Action beruht, welche sich auf das betreffende Secretionsorgan ausgedehnt und den gan­zen Kraukheitszustand complicirt hat (sog. falsche Krisen). Natürlich kann diese zweite sympathische Störung später dennoch auf kritischem Wege wieder entlastet werden.
sect;. 325. Es muss allerdings anerkannt werden, dass die Mi­schungsverhältnisse des Blutes während des Fiebers durch quan­titative Abweichungen normaler Bestandtheile, sowie durch Hinzu­treten von Stoffen, welche durch den gesteigerten Verbrennungs-prozess erzeugt (pyrogen) worden und dem normalen Blute fremdartig sind und selbst durch übermässige Ausscheidung nor­maler Bestandtheile pathologisch abgeändert werden können, und dass die Entleerungen, sowie die durch die Lungen und die Haut vermittelten Verbrennungs - und Ausscheidungs - Prozesse für das Blut einen depuratorischen und für die afficirten Theile einen derivatorischen Charakter haben können; indess dieser nütz­liche Vorgang ist von der alten humoralpathologischen Schule hin-sichts seiner Bedeutung für die Heilung der Krankheiten insofern sehr überschätzt worden, als er mit Rücksicht auf das stets vor­ausgesetzte dyskratische Wesen des Fiebers als die alleinige, oder
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wenigstens als die Hauptursache der Genesung angesehen wurde. Diese Depuration und Derivation hat nur dann einen erhebliehen Werth, wenn die fiebererregenden Ursachen und mit diesen die Prozesse aufgehört oder wenigstens erheblich nachgelassen haben, welchen jene Stoffe ihre Entstehung oder abnorme Vermehrung verdanken, weil diese sich sonst immer wieder bilden würden (Contagien sect;. IGT).
sect;. o2(). In ähnlicher Weise können für das Blut depurato-rische Ablagerungen in die Organe stattfinden und hier Störun­gen der Ernährungs-Verhältnisse (Hyperämie, Entzündung, Exsu-datiou, Degeneration, Embolie etc.), d. i. sog. Metastasen ver­anlassen, aber diese Vorgänge können für die Krankheit selbst sowohl eine sympathische, als auch eine kritische wie nachkriti­sche Bedeutung haben. Zu den rein kritischen gehören die Eruptions- (exanthematischen) Fieber und manche spe-cifische (Infections-) Fieber, bei welchen so allgemeine und so plötzliche specifische Ablagerungen und Ausscheidungen stattfin­den, dass sie nur durch Vermittlung des Nervensystems zu Stande gekommen sich denken lassen. Entweder haben diese Krankheits-producte eine Prädilection zu bestimmten Geweben (z. B. zur äusse-ren Haut), oder sie werden an solche Orte abgelagert, welche in Folge ihrer eigenthümlichen histologischen Einrichtung, oder in Folge einer krankhaften Prädisposition (als locus minoris resis-stentiae) jenen Stoffen einen geringeren Widerstand entgegen­setzen.
Findet dagegen mit diesen Ablagerungen nicht gleichzeitig eine Temperaturverminderung, d. i. Abnahme des Fiebers, Statt, so können sie nur als sympathische oder symptomatische Störun­gen angesehen werden. Sie stellen dann Complicationen dar, die wieder zu neuen Störungen Veranlassung geben können.
sect;. 327. Die in den Secreten und Ablagerungen nachweis­baren Contagien machen in so fern eine Ausnahme, als mit der Ausscheidung derselben i. d. ß. eine Tilgung der Anlage (auf welche Weise ist bis jetzt noch unerklärt) verbunden ist, welche der Reproduction des Contagium und der fortschreitenden Selbst-infection ein Ziel setzt, so dass eine vollständige Depuration ein­treten kann. Wo dieses nicht der Fall ist, sind die Infecüons-Krankheiten entweder absolut tödtlich (Eotz, Hundswuth), oder wenigstens nicht durch die Naturheilkraft zu beseitigen (bösartige
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Klauenseuche?) (ef. Contagien und Miasmen sect;. 16G.)- Auch kom­men die Contagien unter physiologischen Verhältnissen nicht im Blute vor und sind höchstwahrscheinlich auch nicht nur Umset-zungs-Producte normaler Bestandtheik des Blutes oder der Se­crete, soudern es sind dem Organismus ganz heterogene von aussei; hineingelangte und durch seine lebendige Thätigkeit reproducirte, neugebildete Stoffe oder geformte Elemente, deren derselbe, um zu genesen, sich entledigen muss. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Fähigkeit des Organismus, Contagien und Miasmen zu reproduciren, auf welcher die Empfänglichkeit der Gattung sowohl, wie des Individuum beruht, in einer Anhäufung von im Organis­mus gebildeten oder von aussen hineingelangten Stoffen in den Geweben oder Flüssigkeiten des Körpers begründet ist, die zur Reproduction des Contagium dienen, aber nicht physiologische Be-standtheile des Organismas sind, und dass der mit der Infections-Krankheit verbundene Verbrauch dieser Stoffe die Immunität des Individuum bedingt. Die Immunität der Gattung (z. B. Pferd gegen Rinderpest-Contagium) würde demnach darauf beruhen, dass sie zur Erzeugung der betreffenden Stoffe gar nicht fähig wäre. Die die Anlage nicht tilgenden ansteckenden Krankheiten vei-wen-den dagegen zur Eeproduction ihres spezifischen Contagium wahr­scheinlich die physiologischen Bestandtheile des Körpers und sind, da diese unerschöpflich sind, deswegen absolut tödtlich. Die Er­zeugung der ersteren lässt also die Voraussetzung eines anorma­len Zustandes des Körpers (der Anlage, Empfänglichkeit) zu, die der letzteren nicht, womit aber nicht gesagt sein soll, dass im letzteren Falle eine Dyskrasie bestehe, sondern die Anlage beruht wahrscheinlich auf einer abweichenden Ernährung der Gewebe (Zeilen nebst Inhalt), die durch die ansteckende Krankheit mit der Beseitigung der abnormen Stoffe wieder auf ihren normalen Stand zurück geführt wird und die Immunität bedingt. Das allmählige Wiederaufblühen der Anlage wäre demnach darin begründet, dass jene Stoffe nach und nach wieder gebildet und angehäuft würden.
Störungen der Secretionen. sect;. 328. Hierbei kommen in Betracht 1) die zelligen Elemente, welche die Absonderung vermitteln resp. bewirken; 2) die aus dem Blute entnommenen und ausgeschiedenen Stoffe, welche entweder in Folge des Blutdruckes einfach traussudiren oder eine besondere Anzie­hung resp. Erregung für bestimmte Drüsen besitzen und dann entwe-
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der unverändert, oder, nachdem sie eine gewisse Umsetzung er­fahren haben, durch eine active Thätigkeit der Drüsen ausge­schieden werden.
Veränderungen oder Stockungen in den Secretioneu treten da­her dann auf, wenn Störungen in der Blutcirculation oder Ab­weichungen im Blutdruck die Transsudation der präformirten Stoffe verändern, oder wenn Abweichungen in der Zusammensetzung des Blutes eine Veränderung in der Zusammensetzung und Erregangs-fähigkeit der auszuscheidenden Stoffe bedingen, oder endlich drit­tens, wenn die zelligen Elemente der Drüsen selbst erkrankt sind.
sect;. 329. Alle Veränderungen in der Qualität der Se- und Excrete beruhen darauf, dass das Mengenverhältniss ihrer physio­logischen Bestandtheüe ein anderes geworden ist. Absolut neue Stoffe, welche eine Drüse im normalen Zustande zu keiner Zeit ausscheidet, können auch bei krankhaften Zuständen durch diesel­ben nicht ausgeschieden werden. Z. B. Gallenfarbstoff (Bilirubin) kann bei Krankheiten der Leber in ziemlich grossen Quantitäten durch die Nieren ausgeschieden werden, niemals aber Harnstoff durch die Leber. Bilirubin findet sich in geringer Quantität aber stets im normalen Harne, nie aber Harnstoff in der Galle. Die vicariirende Thätigkeit der Drüsen erstreckt sich daher immer nur auf bestimmte Stoffe und i. d. Regel auch nur auf sehr beschränkte Quantitäten. Eine Drüse kann sogar durch die vicariirende Thä­tigkeit endlich selbst seeundär krankhaft afficirt und dem Unter­gange zugeführt werden; denn alle excretionellon Stoffe besitzen eine gewisse Anziehungskralt zu den ihnen entsprechenden Drüsen und üben eine Erregung resp. einen Reiz auf diese, noch mehr auf die stell vertretenden Drüsen, aus, dessen Grad nach Art und Concentration dieser Stoffe natürlich sehr A-erschieden ist.
sect;. oijO. Für das Blut hat diese vicariirende Thätig­keit allerdings immer einen depuratorischen Charakter, nicht aber für das primär afficirte Organ eine kritische Bedeutung, sondern die Störung des primär erkrankten Organes bleibt lediglich von dem ursprünglichen Krankheitsreize abhängig und kann auch nur aufhören, nachdem dieser seine Wirkung beendigt hat. Die vica­riirende Thätigkeit mildert also in der Hauptsache nur die Fol­gen der primären Störung, nicht diese selbst. Jedoch kann es auch vorkommen, dass durch die vicariirende Thätigkeit eines an­deren Organes die fernere Störung vermieden wird, welche durch
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die Zurückhaltung dos exeretioiiellen Stoffes in dem primär affi-cirten Organe verursacht worden sein würde, und in so fern ist jene dann auch eine Eotlastuug für dieses.
sect;. 331. Jede Secretion kann in quantitativer Hinsicht ver­mehrt und vermindert, selbst ganz aufgehoben sein. Gewöhnlich geht aber mit dieser quantitativen Veränderung eine qualitative gleichzeitig einher, d. h. es sind selten alle physiologischen Be-standtheile im gleichen Verhältnisse so vermehrt oder vermindert, dass die Qualität der Secrete eine unveränderte bleibt. Es kann zwar auch eine krankhafte Zunahme und Abnahme der Secrete bei sonst regelmässiger Mischung ihrer Bestandtheile eintreten, gewöhnlich ist aber bei gesteigerter Quantität in Folge einer ver­mehrten Transsudation die Menge des AVassers erhöht und bei ver­minderter Quantität auch besonders die des Wassers vermindert, so dass im ersteren Falle das Secret einen geringeren, im letzteren Falle einen höheren Procentsatz seiner specitlschen Bestandtheile enthält, also im ersteren Falle verdünnter, im zweiten concentrirter ist. sect;. 332. a) Anomalien der Speichelsecretiou.
Das Secret der Farotiden, der Submaxillar- und Sublingual-Speicheldrüsen vermischtmit den Schleim- und Epithelzellen derMund-schleimhaut bezeichnet man als Mundspeichel. Die Erregung der Se­cretion der genannten Drüsen geschieht z. Th. auf reilectoriscliem Wege durch Gefühls- und Geschmacksreize, selbst auf psychische Vorstellungen, z. Th. durch den mit dem Kauen verbundenen me­chanischen Reiz der Mundschleimhaut und den willkührlicheu Reiz der motorischen Kaumuskel-Nerven, deren Reizung auf die secreto-rischen Nerven der Speicheldrüsen übertragen wird. Die mechani­sche Bewegung des Hinterkiefers begünstigt durch den abwech­selnden Druck, also auf eine mechanische Weise, nur die Ent­leerung des Secrets der Farotiden.
Alle die genannten Drüsen sondern eine besondere Art von Speichel ab, welcher sich durch eine bestimmte Einwirkung auf die Nährstoffe charakterisirt. Wegen der Schwierigkeit, das Secret der einzelnen Drüsen zu isoliren, ist es sehr schwer, seine phy­siologischen Eigenschaften zu ermitteln und fast unmöglich, seine pathologischen Abweichungen zu constatiren.
Etwas mehr wissen wir über die physiologische und patho­logische Secretion der Farotiden. Der Serectiousuerv derselben ist der N. petrosus superficialis minor, ein Ast des N. trigeminus,
Kökne, nllg. Veterin. Path.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;^g
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denn nach seiner Durchschneiduiig erzeugen Reizungen seiner pe-ripherischen Eiulen in der Mundsehleimhiiut keine vermehrte Spei­chelabsonderung, sondern nur Katarrh.
sect;. 333. Der Speichel dient zunächst in Folge seines reichen Wassergehaltes als einfaches Lösungsmittel und da er aus dem Blute stammt und wieder in dasselbe zurückkehrt, so hat er einen bedeutenden Antheil an dem intermediären Wasserkreis­laufe des Körpers. Vermöge des Gehaltes dieses Wassers an Alkalien ist dasselbe auch gleichzeitig geeignet, manche sonst in reinem Wasser unlösliche Eiweissstoffe als Natron und Kali-Albu-minate aufzulösen.
Ausserdem bat der Speichel und besonders der Schleim des­selben eine erleichternde Wirkung für das Schlingen, so dass die Thiere bei mangelhafter Bereitung des Speichels, z. B. bei grossem Durst, keine trockene Nahrungsmittel zu sich nehmen, wenn sie auch noch so hungrig sind. Ferner ist es erwiesen, dass die mit verschluckte atmosphärische Luft auch einen, wenn auch unter­geordneten Antheil, an der Zersetzung der Nährstoffe im Verdau-ungskanale hat. (Ob auch die Epithelien und Pilze des Mundschlei­mes, Lepthotrix. buccalis?)
sect;. 334. Die Hauptwirkung des Parotidensecretes besteht in der Umwandlung des Stärkemehls (Amylum) in Dextrin und Zucker und zwar wird diese ausschliesslich durch das Ptyalin bewirkt, welches in den Secreten aller Speicheldrüsen des Kopfes (nicht im paukreatischen Safte) enthalten ist. Das Ptyalin ist eine eiweissartige Fermentsubstanz, welche durch ihre katalytische Kraft, d. h. lediglich durch ihre Gegenwart und ohne selbst zersetzt zu werden, eine enorme Menge von Stärkemehl in Dextrin und Zucker umwandeln kann, da sie bei diesem Prozesse fortwährend reproducirt wird. Eine fortwährende Production des Ptyalin würde also nicht nöthig sein, wenn nicht der Verlust desselben durch Abgang durch den Pförtner stattfände.
sect;. 3^;'). Längere Zeit im Munde verweilender Speichel geht dm-ch saure und faulige Gährung der Epithelien und etwaiger Futterreste eine ziemlich schnelle Zersetzung ein. Ausserdem gehen die Medicamente, welche eine vermehrte Speichelabsonderung (Spei-chelfluss, Salivatio, Ptyalismus) herbeiführen, z. B. Jod und Brom, sicher in den Speichel über; von dem Quecksilber ist
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dieses noch nicht nachgewiesen. Alle anderen Metalle gehen nicht in den Speichel über.
.Ferner verursachen manche Magenreizungen, z. B. die, wel­che jeder Art des Erbrechens vorhergehen, reflectorisch eine vermehrte Speichelsecrction. Der einzige krankhafte Stoft', wel­cher im Speichel nachgewiesen ist, ist der Harnstoff (bei der Bright'schen Nierenkrankheit d. M., und nach Unterbiodung der Uretheren); Gallenbestauidtheile finden sich niemals im Speichel. Ansserdem können Contagion, z. B. das Hundswuth-Contagium, am Speichel (oder Mundschleim?) haften.
Die im Ductus Stenonianus (Ausführungsgang der Paro-tis) und im D. Whartonianus (A. d. Submaxillar - Speichel­drüse) als Concremente sich findenden Speichelsteine beruhen auf einer Abscheidung von kohlensaurem Kalk, wenigem phosphors. Kalk und nicht unbeträchtlichen Mengen von Ptyalin.
üeber die Anomaliendes Bauchspeichels ist nichts weiter bekannt. Die im Wirsung'schen Gange zuweilen befindlichen Concremente bestehen fast nur aus kohlensaurem Kalk und hem­men die Excretion des pankreatischen Saftes; ansserdem hat man zuweilen Harnstoff in diesem gefunden.
sect;. 336. b) Anomalien der Magenabsonderung.
Die secretorischen Organe des Magens sind die Schleimdrü­sen, die Labdrüsen und die Capillargefässe.
Die innere Haut der linken Magenhälfte der mit einfachem Magen versehenen Thiere und der drei ersten Magen der Wieder­käuer ist durchweg mit geschichtetem Plattenepithel bedeckt und enthält nur rudimentäre Schleimdrüsen, ist also eigentlich eben so wenig, wie die innere Haut des Schlundes eine wahre Schleim­haut; sie sondert nur sehr wässrigen, etwas alkalischen Schleim ab. Nur die innere Haut der rechten Magenhälfte resp. des vier­ten Magens enthält vollkommne Schleimdrüsen, aber ansserdem noch die sie charakterisirenden Labdrüsen. Letztere sind ein­fache Schlauchdrüsen, grosser als die Schleimdrüsen, reichen mit ihrem Blindsacke bis in die Muskelbaut und sind mit flachen -po­lygonalen (specifischen) Epithelzellen ausgekleidet, während die Schleimdrüsen überall mit Cylinder-Epithel versehen sind.
Die Secretion der Labdrüsen wird nur durch eine besondere Erregung ihrer Nerven angeregt, denn in einem seit einiger Zeit ganz leeren Magen findet man an den Magenwandungen nur zähen
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Schleim, aber durchaus keinen Labsaft. Bei jeder Berührung der Schleimhaut des Magens, selbst rein mechanischer Art, tritt iudess sofort eine reichliche Secretion des Labsaftes ein. Am meisten wird diese jedoch durch den schwach alkalischen Speichel ange­regt, welcher durch den sauren Magensaft sofort ueutralisirt wird. Vermuthlich ist diese Erregung der Labdrüsen nicht eine directe, sondern Folge einer von den sensitiven Nerven der Magenschleim­haut auf die secretorischen Nerven der Lahdrüsen ttbertrageue Re­flexreizung; doch ist die Bahn, auf welcher diese vermittelt wird, noch nicht genau bekannt (Plexus coeliacus sen Solaris?)
sect;. 3^7. Der Labsaft ist eine dünne, fast farblose, beim Schafe bräunliche, Flüssigkeit mit kaum 1 pCt. fester Bestand-theile, welche wenig sauer schmeckt, aber sehr sauer reagirt und blaues Lackmuspapier dauernd ziegelroth färbt. Diese Reaction wird durch freie Chlorwasserstoffsäure (und Milchsäure ?) bedingt. Die häufig mit ihm gefundene Essigsäure und Buttersäure sind lediglich Verunreinigungen des Labsaltes durch chemische Zer-setzungsproduete des Mageninhaltes.
Die organischen Bestaudtheile des Labsaftes sind im Ganzen noch wenig bekannt. Ein Theil des Verdampfnngsrückstandes ist ein in Alkohol löslicher, sonst nicht näher bekannter Extractiv-stoff. Der andere Tiieil besteht aus unlöslichen Proteinstoffen und zwar aus Pepton (ein durch Pepsin veränderter Eiweisskörper) und aus einer stickstoffhaltigen Fermentsubstanz, dem Pepsin. Aussei- der Salzsäure, dem Pepton, dem Pepsin und Wasser ent­hält der Labsaft noch: Chlornatrium, Chlorkalium, Chlorkalcium, Chlorammonium, phosphors. Kalk, Magnesia und Eisen (Schmidt). sect;. 338. Das Pepsin, von welchem es noch nicht festge­stellt ist, ob es ein einfacher oder combinirter Körper ist, hat die Eigenschaft, in Gegenwart freier (Chlorwasserstoff-) Säure belie­bige Mengen in Wasser unlöslicher Eiweisskörper, z. B. Fibrin, zu lösen, d. i. zu verdauen. Dasselbe ist mithin eine nur in saurer Lösung wirksame Fennentsubstanz, deren Wirkung nicht so sehr von ihrer Quantität, als von der Zeil ihrer Einwirkung und von dem hinreichenden Vorrath von Säure abhängt. Da Alkalien, selbst in Gegenwart von Pepsin, das Fibrin nicht lösen, sondern nur auf­quellen; da Säuren ebenfalls nur diese Wirkung, wenn auch in einem höheren Maasse haben, die Säuren aber in Gegenwart von Pepsin das Fibrin vollständig lösen, ohne dass das Pepsin eine
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Aenderung dabei erleidet, so nimmt man an, dass die Pepsin-Chlorwasserstoffsäure diese lösende Kraft hat, und class bei der Lösung die Säure in statu nascente an das Fibrin dor Nahrungs­mittel trete, das Pepsiu sich aber immer wieder mit weiteren Theilen der Säure verbinde, um sie an fernere Fibrinstoffe abzu­geben. Aus diesem Grunde ist, eine Selbstverdauung der inne­ren Magenfläche (des Epithels und der Schleimhaut) auch nicht möglich, so hmge das stets alkalische Blut von der Aussenfläehe des Magens her freien Zutritt hat. Diese Selbstverdauung tritt dagegen (nach Versuchen von Pavy) sofort ein, wenn ein Zweig der Magenarterie unterbunden wird, oder wenn hämorrhagische Herde in oder unter der Schleimhaut des Magens (z. B. bei acu-tem Magenkatarrh) oder Thromben oder Embolien in den Aesten der Magenarterie sich gebildet haben (acutes rundes Magen­geschwür).
sect;. 339. Diejenigen Störungen der Magenverdauung, welche ohne nachweisbare Veränderung der Magenwandung bestehen, de­ren Ursache man daher in einer Abweichung der chemischen Zu­sammensetzung des Labsaftes vom Xormalen zu suchen gezwun­gen ist, bezeichnet man mit Dyspepsie, oder wenn man Man­gel an Pepsinbereitung vermuthet, mit A pep sie. Jene Ver­dauungsstörungen sind hiervon ausgeschlossen, welche in einer ver­moderten wurmförmigen Bewegung des Magens und daraus her­vorgehenden mangelhaften Berührung resp. Vermischung des Lab­saftes mit den Eiweisskörpern der Nahrungsmittel beruhen. Auch kann von einer nervösen Dyspepsie nur in so fern die Rede sein, als durch einen mangelhaften Nerveneiniluss die Bewegun­gen des Magens gestört oder die Absonderung des Labsaftes ki-ank-haft verändert wird. Erstere gehört zu den Bewegungsstörungen, letztere fällt mit unter die nachstehenden Betrachtiuigen.
sect;. 340. Die Abweichungen in der Absonderung des Magensaftes, der Pepsin-Chlorwasserstoffsäure, können beruhen:
tx) auf quantitative
(3) auf qualitative \ Abweichungen,
y) auf fremdartige Beimengungen.
a) Quantitative Abweichungen des Magensaftes.
Eine zu sparsame Absonderung des Magensaftes (Apepsia, auch unpassend atouische Verdauungsschwäche genannt), findet zunächst Statt bei allen Fiebern, was nicht allein aus der
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Analogie, nämlich aus der Verminderung aller Secrete, sondern auch aus directen Versuchen hervorgeht. Hieraus erklärt sich zum Theil der bei Fiebern fast immer bestehende Appetitmangel und die Nothwendigkeit einer strengen Diät, sowie die bei fieber-liaften Krankheiten fast nie fehlende gastrische .Complication, da in der ersten Zeit im Verhältnisse zu dem geringeren Vorrath von Magensaft fast immer eine zu grosse Quantität von Nahrungs­mitteln aufgenommen wird (cf. sect;. 132).
Bei herunter gekommenen, marastischen, blutarmen, hydrä-mischen und cachektisclien Subjecten ist der Magensaft (in Folge des Mangels an materiellem Substrat im Blute?) ebenfalls arm an Pepsin, worin zum Theil die Disposition zum Magenkatarrh bei
derartigen Individuen beruht.
sect;. 341. Ferner können auch die Nahrungsmittel zu indiffe­rent (gehaltlos) sein, so dass sie zu wenig auf die sensitiven Ner­ven der Magenschleimhaut wirken, und dass der von dieser auf die secretorischen Nerven der Labdrüsen übertragene reflectorische Reiz nicht hinreicht, diese zur Absonderung einer genügenden Quantität des Magensaftes anzuregen, um die Eiweissstoffe der Nahrungsmittel zu zersetzen (Weizenkleien, Kartoffeln). Diese gehen dann theils einen Gährungsprozess ein, dessen Producte feindlich reizend auf die Magenwand einwirken und dadurch Ma­genkatarrh erzeugen, theils wird durch den gewohnheitsmässigen Genuss derartiger Nahrungsmittel mit der Zeit die Absonderung des Magensaftes (in Folge einer Atrophie der Labdrüsen?) so ver­mindert, dass er zur Verdauung intensiver nährender Stoffe nicht mehr ausreicht (d. i. die atonische Verdaungsschwächs). Dasselbe findet bei Ueberreizung des Magens und bei Abstumpfung der Eeizempfänglichkeit der Labdrüsen durch den anhaltenden Ge­nuss zu reizender (z. B. stark gewürzter) Nahrungsmittel dann Statt, wrenn Speisen ohne Beimengung derartiger reizender Stoffe genossen werden. Die marantische Verdauungsschwäche sehr alter Thiere (und Menschen) beruht auch zum Theil auf ver­minderter Erregbarkeit der Magennerven und daraus hervorge­hender verminderten Absonderung des Magensaftes (cf. Quanthät der Nahrungsmittel als Krankheitsursache sect;. 127).
Endlich können auch einzelne oder mehrere Labdrüsen in Folge von Krankheitsprozessen atrophiren oder ganz zu Grunde gehen (z. B. durch Bindegewebswucherung, sog. Magenverhär-
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tung, durch chronischen Magenkatarrh, durch krebsige Entartung etc.), wodurch die Absonderung des Magensaftes natür­lich auch vermindert wird.
sect;. 342. Die nächsten Folgen der verminderten Ab­sonderung des Magensaftes bestehen darin, dass die Eiweiss-körper der Nahrungsmittel nicht genügend verdaut, also auch nicht, assimilirt werden, sondern zum Theil einer diemischen Decompo­sition, einer saureu und fauligen Gährung anheim fallen, deren Pro-ducte (Schwefelwasserstoft'gas, Buttersäure, Essigsäure etc.) reizend auf die Magenschleimhaut wirken und Magenkatarrh erzeugen. Durch die vermehrte Absonderung des alkalischen Schleimes wird wiederum die Pepsin-Clilorwasserstoffsäure des Labsaftes neutra-lisirt und dadurch die verdauende Wirkung des Labsaftes noch mehr gestört. Diese veimehrte Schleimabsonderung hat ferner die Folge, dass der durch die Einwirkung des Ptyalin auf das Stärke­mehl der genossenen Amylaceen entstandene Zucker in Milchsäure und die Fette in Fett- oder Buttersäuren umgewandelt werden, wobei sich stets auch gasförmige Zersetzungsproducte (Schwefel-und Kohlen - Wasserstofl', Kohlensäure etc.) entwickeln, welche saures Aufstossen (Ructus), Aufblähung in verschiedenen Graden (Flatulentia, Meteorismus, Tympanitis) und Stö­rung der peristaltischen Bewegung und des Blutlaufes durch Span­nung und Druck, und dadurch Kohlensäurevergiftung des Blutes (Erstickung) veranlassen.
Eine weitere nothwendige Folge des Verlustes an Fetten und Kohlenhydraten, so wie an Proteinstoffen ist eine mangelhafte Er­nährung (cf. sect;. 131).
sect;. 343. Den beschriebenen Zustand der Störung der Magen­verdauung bezeichnet man im Allgemeinen als Gastricismus (Status gastricus), welcher sich durch mangelhaften oder wechselnden Appetit, träges und unterbrochenes Wiederkäuen, ver­mehrten Durst, belegte Zunge (Maulkatarrh), Flatulenz, Leib­schmerzen, Verstopfung oder Durchfall ete. zu erkennen giebt und sich nach dem Aufhören der Ursachen bei geringeren Graden und geeigneter Diät durch durchfällige Kothentlerung entscheidet, in­dem der Zersetzungs-Prozess durch den Pylorus hindurch bis in den Dünndarm, hier i. d. R. ein wenig gemindert durch den Hin­zutritt der alkalischen Galle (wenn die Mündung des Ductus choledochus nicht zugeschwellt ist) sich fortsetzt und die Darm-
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Schleimhaut iu Mitleidenschaft zieht. Dieses geschieht indess nicht nur durch Ausbreitung der Ursache, sondern auch durch Fort­pflanzung der Reizung per continuitatem (sect;. 15).
Bei Tliieren, welche sich erbrechen können, tritt in Folge der Reizung der Magenschleimhaut ein ein- oder mehrmaliges Erbre­chen mit Entleerung des sauren Mageninhaltes ein, welcher in höheren Graden mit Galle gemischt sein kann. Tritt, wie bei Hunden (und Menschen) nicht selten, ein seröser Durchfall hinzu, so stellt die Krankheit das Bild der Cholera nostras oder der sog. Cholerine dar.
sect;. 344. In so fern dieser Magen-Darmkatarrh lediglich auf einem Missverhiiltniss der Quantität der genossenen Nahrungsmittel zu der des Magensaftes beruht, sei es, dass jene absolut zu gross oder diese relativ zu gering ist, bezeichnet man den Gastricismus als durch Ueberladung resp. üeberfütterung entstanden (Status gastricus crapulosus).
Bei den Wiederkäuern tritt die saure Gährung der Contenta (im Wanste in der Form der Tympanitis) zum Theil dadurch ein, dass die geringe Quantität des alkalischen Schleimes des Wan­stes zur Neutralisation der durch die Gahruug der Nahrungsmittel gebildeten Säuren (Essigs., Butters. etc.) nicht hinreicht (daher Liq. Amon. caust. heilsam) und die Muskelhaut des Wanstes theils in Folge der Fortpflanzung der Reizung von der Schleimhaut aus, theils in Folge der Ausdehnung durch die angehäuften Gase gelähmt wird. (Von den durch Erkältung entstandenen Magen-und Darm - Katarrhen wird bei den Ernährungsstörungen der Schleimhäute die Hede sein.)
sect;. 345. Bei den besprochenen gastrischen Zuständen besteht i. d. R. nur ein oberflächlicher sog. Flächenkatarrh, welcher mit vermehrter Abschuppung des Epithels verläuft und schliess-lich in seröse Transsudation aus den Capillargefässen ohne erheb­lich gesteigerte Schleimabsonderung übergeht. Sind aber die Schleimdrüsen des Magens und Verdauungstractus besonders oder erheblich mit aflicirt, so sondern diese einen zähen, faden­ziehenden Schleim mit vielen Schleimzellen (emigrirten Lymph­zellen?) ab, welcher sich oft ohne Durchfall zu erzeugen in grös-seren, zusammen hängenden, klümperigen und verfilzten Massen zwischen den geballten Faeces findet. Nur wenn dieser Katarrh der Schleimdrüsen mit dem Flächenkatarrh zusammen besteht, ent-
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steht ein schleimiger Durchfall. Sind dagegen die Sehieim-drüsen des Danutraetus wesentlich und ausschliesslich afficirt (folliculärer Katarrh), ohne dass gleichzeitig Fläclienkatarrh besteht, so stellt der Vorgang diejenige Form des Gastricismus dar, welche man als Status gastricus pituitosus bezeichnet hat (cf. sect;. 353).
sect;. ;34G. Ist hierbei die Gallenabsonderung gleichzeitig so erheblich gesteigert, dass nicht nur die Faeces dunkel­schwarzbraun und glänzend, wie mit Firniss überzogen (lackirt) erscheinen, sondern auch im Innern dunkelbraun, fest und derb sind, und wenn geringe icterische Erscheinungen hinzutreten, so ist anzunehmen, dass ein Theil der übermässig abgesonderten Galle im Dickdarm wieder resorbirt worden und das Gallenpig­ment und Gallenharz grösstentheils mit dem Kothe abgehen. Diese Form des Gastricismus, welche im Wesentlichen auf einem Magen-und Dünndarm - Katarrh beruht, stellt den Status gastricus biliosus dar. Zu erheblichen Durchfällen kommt es bei diesen leichteren Formen des Gastricismus i. d. R. nicht, weil in Folge des reichlichen Gallonergusses durch den nicht geschlossenen Duc-tus hepaticus die Säuren, welche Ursache des Katarrhs sind, neutralisirt und die geringen serösen Transsudate des Magens und Dünndarmes im Dickdarme resorbirt werden. Hat sich dagegen der Diinndarmkatarrh auf die Schleimhaut des Ductus chole-dochus in dem Grade ausgedehnt, dass die Mündung dieses Ganges durch Anschwelltmg 1er Schleimhaut sehr verengt oder geschlossen ist, so entsteht Retentions-Icterus mit stark sau­rer Reaction der Contenta und Faeces und i. d. R. auch mit Durchfall, bei Schweinen und Hunden indess auch nicht selten mit Verstopfung (cf. sect;sect;. 355 sq., Secretions-Anomalien der Leber).
Die Auscultation der Bauchhöhle ergiebt in solchen Fällen nur ein lebhafteres fein kluckerndes oder messendes, bei Flatulenz etc. nicht selten klingendes Dünndarmgeräusch, und zwar bei Pferden vorwaltend an der rechten Seite des Bauches, wäh­rend das grobe polternde Geräusch an der linken Seite den Dick­darm-Katarrh und bevorstehenden, wenn nicht schon vorhandenen, Durchfall anzeigt. Im letzteren Falle hat sich der Flächen-Katarrh auf die Dickdarmschleimhaut fortgesetzt, so dass die Transsuda-tion die Resorption überwiegt (Autokratische Heilung und homöo­pathische Kur der Kolik).
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sect;. 347. In höheren Graden pflegen alle diese Zustände von einem Fieber (Febris gastrica etc.) begleitet zu sein, welches lediglich Folge der heftigeren Affection ist und, wenn andauernd oder hochgradig, mit erheblichen Störungen des Allgemeinbefindens und der Ernährung verbunden und nicht selten tödtlich ist, da die Centralorgane des Nervensystems in Mitleidenschaft gezogen wer­den (F. g. nervosa).
sect;. 348. Wird der Magen- und Darmkatarrh in Folge wiederholter Einwirkung der Ursachen chronisch, so hat er die verschiedenartigsten Appetit- und Verdauungs-Störungen zur Folge. In der Regel besteht er mit Appetitmangel und bei Thieren mit vierfachem Magen mit unterdrücktem Wiederkauen (chronische ünverdaulichkeit des Rdv.). Häufig ist der Appetit wech­selnd, bald verstärkt, bald vermindert, bald auf verschiedene Nah­rungsmittel, selbst auf nicht nährende Substanzen (Kalk, Sand Mist etc.) gerichtet. Im ersteren Falle tritt indess i. d. R. nach anfänglich gierigem Fressen bald ein schnelles, oft plötzliches Sät­tigungsgefühl, selbst Ekel (Nausea) gegen alle Nahrungsmittel ein, welchen die Thiere durch weites Zurücktreten von der Krippe zu erkennen geben. In anderen Fällen rufen dagegen die Säuren im Magen plötzlich ein heftiges, selbst mit Schmerzen und bis zur Ohnmacht gesteigerter Schwäche (Anaemie des Gehirns?) verbundenes Hungergefühl, den sog. Heisshunger (Bulimus s. Bulimia) hervor, welcher mit einem einzigen Futterbissen zu zu stillen ist. Vielleicht ist der gewöhnlich einer sog. Verstim­mung des Lungenmagennerven zugeschriebene Trieb, selbst ganz fremdartige (Malacia) oder ekelhafte Sachen zu verschlingen (Pica), welche nicht zu den Nahrungsmitteln zurechnen sind, nur eine Art Heisshunger, welcher sich nur zufällig an Dingen änssert, die sich im Bereiche der betroffenden Thiere befinden. Ist dagegen der Appetit vorübergehend oder anhaltend auf bestimmte (z. ß. saure oder alkalische) Dinge gerichtet (Lecksucht), so wird er mit Kitta s. Citta bezeichnet. Die Gefrässigkeit (Voracitas) oder Fresssucht (Folyphagia) beruht dagegen nicht auf einer krank­haften Beschaffenheit des Magensaftes oder auf Magendarmkatarrh, sondern ist entweder Folge einer gesteigerten Reflexwirkung durch erhöhtes Nahrungsbedürfniss verursacht, welches wiederum Folge eines vermehrten Stoffverbrauchs (C on su ratio) (z.B. bei Schwind­süchtigen) oder einer gestörten Chymi- und Chylification (z. B. bei
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Entartung der Gekrösdrüsen, Tabes meseraica) sein kann; oder sie beruht auf einer Störung der sensoriellen Functionen (Blödsinn d. M.). Die Verdauung selbst kann hierbei primär ganz normal sein, wird aber i. d. E. secnndär durch die übermässige Nahrungs- Aufnahme gestört.
sect;. 349. Die Folgen der gesteigerten Absonderung des Magensaftes (der Pepsin - Chlorwasserstoffsäure) machen sich eigentlich nur bei fast leerem Magen geltend, da die Säure sonst durch die Eiweissstoffe der Nahrungsmittel neutrali-sirt wird und nicht reizend auf die innere Magenwand wirkt. In der Kegel wird die übermässige Secretion des Magensaftes, welche bei ganz leerem Magen normaliter sistirt, nur durch eine Eeflex-reizung bewirkt, welche vom Schlünde (fremde Körper), von der Leber, vom Uterus, selbst vom Gehirne (bei Erschütterungen, See­krankheit) ausgehen kann. Die überschüssige Pepsin-Chlorwasser­stoffsäure erzeugt in solchen Fällen eine schmerzhafte Reizung der Magenschleimhaut (Magenkatarrh), in höheren Graden selbst Er­brechen, welches deswegen durch Alkalien (Natr, bicarbonic.) leicht zu beseitigen ist. Das bei längere Zeit hindurch leerem Magen immer schmerzhafter werdende Hungergefühl wird dagegen durch die alkalische Eeizung des Speichels und des Magenschlei­mes verursacht, während die Absonderung des Magensaftes ganz aufhört.
sect;. 350. ß) Die qualitative Abweichung des Magen­saftes ist im Ganzen noch wenig erforscht. Sie kann darauf beruhen, dass entweder einzelne Bestandtheile desselben ganz fehlen oder sich in einem anderen als normalen Verhältnisse in ihm befinden: z. B. wird bei chlorotischen und hydrämischen Individuen nur ein an Pepsin armer, wässriger Magensaft abgesondert werden können, da das Pepsin aus den Albuminaten des Blutes bereitet wird, an denen dasselbe bei solchen Thieren arm ist. Da der Magensaft dünner, seröser, also weniger kräftig ist, so wird bei dem Genüsse einer gewöhnlichen Quantität normaler Nahrungsmittel in dersel­ben Weise ein Magen-Darmkatarrh eintreten, wie bei der vermin­derten Absonderung des Magensaftes. Ueber andere etwa noch vorkommende qualitative Abweichungen des Magensaftes ist noch weiter Nichts festgestellt.
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sect;. 351. y) Die Beimengung fremdartiger Stoffe zum Magen safte.
Da Jodkallom, Rliodaukalium, milchs. Eisenoxyd, Ferro-Cyan-Kalium und Zucker ins Blut injieirt sich z Tb. im Magensafte wiederfinden, und da auch bei den an der Zuckerruhr gestorbenen Menschen Zucker im Magen safte sich nachweisen lilsst, wenn auch solche Patienten, wie gewöhnlich, in der letzten Zeit keine Amy-laceen genossen haben (aus denen sich Zucker im Magen gebildet haben konnte): da ferner im Magensafte ürämischer kohlens. Am­moniak sich findet, welches nur aus Harnstoff hervorgegangen sein kann, so beweist dieses, dass mit dem Magensafte auch fremd­artige Stoffe aus dem Blute ausgeschieden werden können, welche sich unter physiologischen Verhältnissen weder im Blute, noch im Magensafte finden. Diese Stoffe werden aber nicht in den Lab­drüsen bereitet, d. h. nicht aus den normalen Bestandtheilen des Blutes gebildet, sondern sie finden sich als fremdartige Beimen­gungen vorgebildet im Blute und treten nur mit dem Magensafte aus. Von dem Gallenfarbstoffe ist dieser Vorgang noch nicht nachgewiesen; im Gegentheile ist durch Versuche festgestellt, dass nach Injectionen von Gallenfarbstoff in die Venen sich keine Spur desselben im Magensafte findet. Ist dennoch bei Krankheitszustän-deu Galleustoff im Mageninhalte, so kann er nur aus dem Zwölf­fingerdärme durch den Pförtner (in Folge einer antiperistaltischen Bewegung) in den Magen gelangt sein, wie dieses nach heftigem und anhaltendem Erbrechen (Hyperemesis) nicht selten vorkommt. Sobald Galle, sei es auf welchem Wege es wolle, in den Magen gelangt, muss sie die Magenverdauung fast gänzlich, wenigstens für eine gewisse Zeit, aufheben, weil die Gallensäuren die Eiweissstoffe füllen, die Chlorwasserstoffsäure austreiben und mit dem Pepsin eine chemische Verbindung eingehen, aus welcher dieses durch die Magensäure nicht wieder in wirkungsfähiger Eigenschaft hergestellt werden kann (weil die Chlorwasserstoffsäure durch die Alkalien der Galle neutralisirt wird?). Aus diesem Grunde hört auch die Pepsin-Verdauung hinter der Einmündungs-stelle des Due tu s choledoehus in den Zwölffingerdarm im normalen Zustande gänzlich auf, denn von hier ab wird die Re­action der Contenta eine alkalische oder neutrale Aus demselben
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Grunde kann auch die als Medicament verabreichte Galle nur stö­rend auf die Magenverdauung- wirken.
In so fern die Katarrhe nicht nur mit einer Seeretions-Ano-malie, sondern auch mit nuiritiven und formativen Störungen der Schleimhäute verbunden sein können, wird von ihnen noch ein Mal in einem besondern Kapitel die Eede sein.
sect;. 352. c) Anomalien der Darmsecretion.
Der eigentliche Dannsaft ist das Secret der Lieberkühn:-schen Drüsen. Er ist eine dünne, hellweingelbe, stark alkalisch reagirende Flüssigkeit von 1,01 spec. Gew. und enthält 2,5 p. C. feste Bestaudtheile, nämlich: 0,8013 Eiweiss, 0,7;;-37 sonstige or­ganische stickstofffreie Materien und 0,8789 Ascheubestandtheile, in denen überwiegend kohlens. Natron enthalten ist. Er wandelt nicht Stärke in Zucker um, zersetzt nicht die Fette in Glycerin (Lypiloxyd) und Fettsäuren (dies thut nur der Speichel), und löst weder hartgesottenes Eiweiss, noch rohes Fleisch auf; dage­gen löst.er, aber nur bei seiner ursprünglichen alkalischen Reac­tion, Fibrin auf, selbst wenn dieses durch Gallenstoff gefällt wor­den ist. Der alkalische Darmsaft 'sowohl des Dünn- wie des Dickdarmes) bewirkt diese Lösung, weil das geronnene Fibrin an den Darmwaudungen mit ihm in unmittelbare Berührung kommt. Das Innere der Coutenta der Dickdärme reagirt dagegen i. d. R. sauer, weil der Schleim den während der Magenverdauung aus Amylum hervorgegangenen Zucker in Buttersäure und Milchsäure umsetzt.
sect;. 353. Aus diesem Grunde ist beim St. g. pituitosus, wobei die saure Decomposition eine fortschreitende Rei/ung der Darmschleimhaut zur Folge hat, eben so wie bei primärem, durch Erkältung, mechanische Reizung, Abführmittel etc. erzeugten Darm­katarrhe, die Umwandlung des Zuckers in die genannten Säuren eine intensivere. Diese Säuren werden dem Darmsafte beigemengt, reizen die Schleimhaut des Darmes, vermehren des letzteren po-ristaltische Bewegung, welche die Resorption der transsudirten se­rösen Flüssigkeiten hindert, und dadurch entsteht ein schleimi­ger Durchfall (Diarrhoea). Dieser hat die weitere nachthei­lige Folge, dass ein Theil der Nährstoffe fast unverändert mit den Faeces abgeht (Fleisch, Eiweiss), also dem Organismus nicht zu Gute kommt. Die gepaarten Gallensäuren (Glycochols. und Tau-rochols.), der Gallenfarbstoff (Bilirubin) und die verschiede-
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nen löslichen Salze (Chlor-Natrium, Chlor-Kalium, kohlens. und sclnvefeis. Alkalien), welche gleichfalls resorbirt oder zersetzt sein sollten, finden sich massenhaft in den entleerten Stoffen. Diese Art des Durchfalls hat man mit Kubr (Lienteria) be­zeichnet und kommt besonders bei jungen Thieren, im Säuglings­alter, vor. Besteht dabei Retention der Galle, so sind die Durch­fallsmassen ungefärbt, ist aber der Darmkatarrh zugleich ein hä-morrhagischer, so sind diese roth gefärbt (weisse und rothe Enhr).
Eine vermehrte Absonderung des eigentlichen Darmsaftes fin­det bei den verschiedenen Formen der Darmkatarrhe nicht Statt, denn die Lieberkühn'schen Drüsen sondern schon im normalen Zustande mehr Flüssigkeit ab, als bei solchen schleimigen Durch­fällen jemals entleert wird; sie wird aber dann immer wieder re­sorbirt, während sie bei diesen Durchfällen zum Theil mit ausge­schieden wird.
sect;. 354. Durch den reichlichen Genuss von Wasser an sich wird niemals Durchfall erzeugt, wenn es nicht durch dfn Kälte­reiz einen Darmkatarrh hervorbringt. Es ist mithin anzuneh­men, dass weniger die vermehrte Absonderung, als die krankhaft verminderte Resorption die Hauptursache der durchfälligen Ent­leerung ist. Der Darmschleim an sich verursacht keinen Durchfall, selbst wenn er vermehrt abgesondert wird, und alle Darmsäfte so wie die genosseneu Flüssigkeiten werden im normalen Zustande bis zur gewöhnlichen Consistenz der Contenta resorbirt. Das Ee-sorptions-Vermögen der Lymphgefässe und Venen des Darmkanals ist fast unbegrenzt, aber das Maximum dieser Fähigkeit wird durch den Darmkatarrh herabgesetzt; sie kann selbst ganz aufgehoben werden (Lähmung des Resorptions-Apparates) (Cholera asiatica). Der Schleim für sich bildet eine fast coagulirte, zähflüssige, selbst zusammenhängende Masse, welche durch das seröse Transsndat der Schleimhaut selbst (beim Fläehenkatarrh) verflüssigt werden, aber selbst nicht zur Verflüssigung der Faeces beitragen kann, (cf. sect;. 345.).
sect;. 355. d) Störungen der Leberfunction.
Die Abweichungen in der Leberfunction sind deswegen schwe­rer zu beurtheilen, als die aller anderen Secretionen, weil ihr spe-eifisches Product, die Galle (Fei. s. Bills), schon an und für sich ein sehr complicirter Stoff ist; dann aber auch, weil er nicht un­mittelbar zu Tage tritt, sondern meistens nur an den Fäkalmassen
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beurtheilt werden kann. Hier weiss man aber nicht immer mit Sicherheit, ob man es mit den ursprünglichen Bestandtheilen der Galle oder mit Ümsetzungs-Producten derselben zu thun hat und welche Bestandtheile derselben durch Resorption verloren gegan­gen sind. Mau war daher vorzüglich auf Untersuchung des In­halts der Gallenblase and der Gallengänge gestorbener oder ge-tödteter Thiere und Menschen und des Excretes aus künstlich an­gelegten Gallenfisteln (bei Hunden) angewiesen (Liebig).
So viel steht jedenfalls fest, dass die Galle hauptsächlich nur aus sticksofffreien, aber sehr kohlenstcffreichen Bestandtheilen be­steht und dass sie stark alkalisch reagirt. Die Farbe der Faeces ist für die Beurtheiluug der Gallenabsonderung nur sehr wenig maassgebend, da die Gallenfarbstofi'e: Bilirubin (C. 32, H. 18, N. 2, 0. 6), Biliverdin (C. 32, H. 20, N. 2, 0. 10), Bilifuscin (C. 32, H. 20, N. 2, 0. 4) und Biliprasin (C. 32, H. 22, N. 2, 0. 12) im Darmkanale meistens wesentliche Aenderungen erfah­ren. Auch sind sie für sich allein weder für die Qualität, noch für die Quantität der abgesonderten Galle entscheidend, eben so wenig, wie die übrigen einzelnen Bestandtheile derselben (Bilin etc.). Es kommen nämlich aussei- dem Wasser und den Salzen folgende drei Hauptbestandtheile der Galle in Betracht: a) die Gallen-Farbstoffe, b) die Glycochol- und Taurochol-Säure, d. s. Verbindungen der Cholalsäure mit Glycocol und Taurin, c) das Cholestearin.
sect; 356. Zuweilen kann man an entleerten Sedimenten der Galle unmittelbar deren Bestandtheile ermitteln ; doch bestehen jene auch z. Th. aus secundären Ümsetzungs-Producten, z. Thl. sind einzelne Bestandtheile, z. B. Cholestearin, in vermehrter Menge ausgeschieden, andere resorbirt worden. Hie Gallensedimente zerfallen in zwei Abtheilungen und zwar in kalkige Concre-mente resp. Niederschläge, welche besonders kohlons. Kalk enthal­ten und farblos oder weissgrau sind, und die durch Gallenfarbstoff gefärbten Sedimente. Bei diesen besteht immer eine katarrhalische Affection der Schleimhaut der Gallcugänge (Leberkatarrh), wobei durch das abgelöste Epithel und den vermehrt abgesonderten al­kalischen Schleim eine alkalische Gährung eingeleitet und die Um­setzung der Galle in schwer lösliche oder unlösliche Niederschläge bewirkt wird. Diese Vorgänge werden durch die Rückstauung der Galle als Folge der Schwellung der Schleimhaut der Gallengänge,
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besonders des Ductus choledochus, noch mehr begünstigt. Die niedergeschlagene Masse ist anfänglich weich, flockig, wird durch Einlagerung von kohleus. Kalk allmählig härter, selbst steinhart und durch die Umsetzuugsproducte des Gallenfarbstofls braunroth gefärbt. Die Concreraente iiben sogar je nach Verschiedenheit ih­res Alters und nach vorübergehenden Veränderungen der Galle eine verschiedene Anziehung auf die Bestaudtheile der letzteren aus, so dass die verschiedenen coucentrischen Schichten eines und desselben Gallensteines eine abweichende Zusammensetzung dar­bieten können (Gallensteinkolik.).
sect;. 357. Die chemische Analyse dieser Gallensteine weist aus­sei- den erwähnten Stoffen viele Metalle (Eisen, Mangan etc.) in ih­nen nach. Besonders bemerkenswerth ist das Vorkommen von Kupfer und Blei, weil diese Metalle sich sonst in keinem Körper-theile finden.
Am häufigsten sind (bei Fleischfressern) die schwärzlichen und dunkelgrünen, demnächst die dunkel-(kaffee) braunen (bei Plan-zenfresscrn). Diese sind oft nur in den äusseren Schichten dun­kelbraun, in den inneren hell- oder graubraun, zuweilen indess auch durchweg gleichmässig braun. Sie enthalten aber im Inneren ge-wöhnlirh hellere Stellen, welche in Nestern von mikroskopisch leicht erkennbaren Kochsalz-Kryslallen bestehen. Sehr häufig sind auch Cholestearin-Krystalle (C.52, II.-44, 0.2-J-21IO) in den Gallen-Concrementeu enthalten. Diese sind als sehr dünne rhombische Tafeln unter dem Mikroskope ebenfalls sehr leicht zu erkennen, werden aber ausserdera bei verschiedenen chronischen Krankheits­prozessen fast aller Organe, besonders an den Adergellechten der Gehirnventrikel (Rotz), in den Nerven, in Afterproducten, selbst im Blute, sogar im Planzcnreiche gefunden. Das Gallenfett (Cho-lestearin) präexistirt also im Korper und wird nicht in der Leber bereitet, sondern es wird nur durch dieselbe ausgeschieden. Eeine Cholestearinsteine, oder fast nur aus Cholestearin bestehende Ge­schwülste (Cholesteatomata) sind klar, höckerig, radiär ge­schichtet, bestehen aus Krystallen vorherrschend von Tetraederform und brennen mit heller Flamme, obschon Cholestearin kein eigentli­ches Fett ist, sondern zu den festen ätherischen Oelen gehört. Zuweilen sind die cholestearinhaltigen Gallensteine mit einer brau­nen Kruste überzogen und glänzend.
sect;. 358. Ausserdem kommt eine vermehrte und eine vermin-
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derte Gallenausscheidung vor und zwar in Beziehung auf alle Bestandtheile der Galle. Unter physiologischen Verhältnissen fin­den sich alle Gallenbestandtheile in den Fakalraassen wieder ui'd keiner derselben ist, wie Liebig behauptet hat, dazu bestimmt, wieder verdaut und resorbirt zu werden und dem Organismus wieder als Brennmaterial zu dienen. Nach Bidder und Schmidt kehren aber neben dem Wasser und den Salzen etwa \ der festen Bestandtheile, nachdem sie mit den Nährstoffen Verbindungen ein­gegangen, wieder ins Blut zurück ohne assimilirt, sondern nur um wieder durch Leber und Nieren (Lungen?) ausgeschieden zu wer­den. Die Galle ist also in der Hauptsache ein Excret, welches auf dem Wege der Ausscheidung noch den Nutzen gewährt, dass es gewisse Nährstoffe löslich macht und zum Theil in Verbindung mit diesen wieder resorbirt wird, während der andere Theil mit den Faeces nach Aussen ausgeschieden wird.
sect;. 359. Besteht in dieser Ausscheidung ein Minus, so kann dieses entweder auf einer verminderten Gallenbereitung (Acholia) oder auf einer gehinderten Entleerung der Galle in den Zwölffingerdarm (Ischolia) beruhen. Erstere kommt bei der Cholera vor, bei welcher die Gallengänge und der Darmkanal nur die der Galle eigenthümlichen salzigen Bestand­theile und Schleim enthalten (daher die sog. Reiswasserstähle). Dabei bildet sich kein Ueberschuss der Gallenbestand­theile im Blute (Cholaemia), ein Beweis, dass die Leber nicht blos ein Filtrirapparat für im Blute präformirte Excretstoffe ist, sondern dass diese erst in den Leberzellen aus dem Pfortader-blute bereitet werden. Es ist sogar durch Versuche (von Mül­ler, Kunde uud Mo lese hott) nachgewiesen, dass die Exstirpa-tion der Leber bei Fröschen, welche diese Operation oft Wochen lang überleben, eine Anhäufung von Gallenfarbstoff oder Gallen­säuren im Blute oder in den Geweben nicht zur Fol^e hat, so dass die alte Lehre von der unterdrückten Gallenbereitung als Ursache der Gelbsucht (let erus) nicht mehr haltbar ist. Hierin unterscheidet sich die Thätigkeit der Leber wesentlich von der der Nieren.
sect;. 31)0. Die gehinderte Ausscheidung der Galle (Ischolia) bei normaler Thätigkeit der Leber erzeugt den sog. Retentions- oder hepatogenen Icterus dadurch, dass die Galle durch irgend welche Hindernisse in den Gallengängen zu-
KGlinp, ailg. W'tiiin Palh.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; io
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rück gehalten und in Folge des den Blutdruck überwiegenden Sei-tendvuekes von den Gallengängen und Leberzellen aus wieder re-sorbirt wird. Letzteres ist durch Untersuchung des Inhalts der Lymphgefässe der Leber unzweifelhaft nachgewiesen. Diese Hin­dernisse können gebildet werden durch Concremente (Incrusta-tioneu), Parasiten (Distoma, Echinococcus), durch Neo-plasmen, Schleirapfröpfe und vorzüglich durch katarrhalische Schwel­lung (besonders der Mündung) des Ductus choledochus oder der kleineren Gallengänge. Selbst fremde Körper, z. B. Hafer­körner, können vom Zwölffingerdarm aus in den D. choledochus gelangen, diesen zum Theil oder ganz unwegsam machen und da­durch Retentions-Icterus erzeugen.
sect;. 361. Ausserdem wird behauptet, dass bei einer ver­mehrten Galleubereitung (Policholia) die Magen- und Darm-Säuren nicht hinreichen könnten, die Gallonbestandtheile zu neutralisiren und den Galleufarbstoff niederzuschlagen, und dass ein überschüssiger Theil des letzteren durch den Darmkanal re-sorbirt und dadurch ohne Retention icterus erzeugt werden könne. Es ist zwar als genügend constatirt zu erachten, dass ein erheb­licher Theil der in den Darmkanal gelangten Gallenbestandtheile wieder resorbirt wird und auf diese Weise wieder ins Blut zurückgelangt; aber es ist auch anzunehmen, dass diese Stoffe sofort wieder durch Leber und Nieren ausgeschieden werden, denn es findet sich selbst unter physiologischen Verhältnissen immer eine geringe Quantität von Gallensäuren im Harne. Die Entste­hung des Icterus durch Polycholie kann also nur dann als mög­lich zugegeben werden, wenn letztere andauernd und die vicarii-rende Thätigkeit der Nieren unterdrückt ist.
• sect;. 362. Endlich hat man auch die Hypothese aufgestellt, dass bei manchen Blutkrankheiten der Blutfarbstoff sich zum Theil von den Blutkügelchen trennen und im Blutserum aufgelöst eine ähnliche Gelbfärbung der Gewebe veranlassen könne, wie sie beim Icterus besteht (1. Stad. der Influenza, falsches ßlutharnen, Häma-tinurie des Rdv.). Man hat sogar angenommen, dass das gelöste Hämatin in Hämatoidin und dieses in Bilirubiu sich umwandeln könne, so dass Gelbsucht ohne primäre Mitleidenschaft der Leber (daher: Icterus insensibiiis) und lediglich durch eine abnorme acute Blutkrase (daher: hämatogener Icterus) zu Stande kommen könne. Man hat diese Art des Icterus besonders bei In-
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fectionsfiebern (Influenza, gelbes Fieber) angenommen, weil die Gelbfärbung erfahrungsmässig nicht selten schon eher sich zeigt, als eine Leberaftection nacbzuweisen ist, obscbon diese bei den in Rede stehenden Krankheiten secundär immer einzutreten pflegt. Diese Erfahrung hat allerdings zur Annahme einer primären Infec­tion des Blutes — einer acuten Dyskrasie—geführt und kann nicht eher als widerlegt angesehen werden, als bis die primäre Erkran­kung der Leber nachgewiesen, was bis jetzt noch nicht geschehen ist. Aber das i. d. R. plötzliche Eintreten des Icterus, die Ver­dauungsstörung in Verbindung mit der abwechselnden Farbe der Faeces, Erscheinungen, welche als Vorboten oder erste Symptome derartiger Krankheiten aufzutreten pflegen, sprechen mehr dafür, dass das inficirende Agens (Miasma, Contagium, Virus) in den Nahrungsschlauch gelangt, zuerst einen Magendarmkatarrh erzeugt, welcher sich bis in den Ductus choledochus fortpflanzt und durch Schwellung oder Verstopfung des Oriücium des letzteren einen Retentions - Icterus zur Folse hat, und dass der Wechsel in der Farbe und Consistenz der Faeces auf einer zeitweisen üeberwin-dung dieses Verschlusses beruht, indem die angesammelte Galle den zähen Schleimpfropf in oder vor der Mündung des Gallenganges gewaltsam fortschiebt und die Schwellung überwindet, so dass die angehäufte Galle sich plötzlich und massenhaft in den Zwölffinger-Darm ergiesst. Diese erwähnten zeitweisen und unvollkommenen Hindernisse lassen sich zwar bei der Section nicht immer nach­weisen, aber sie können deswegen doch mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden, weil sich beim Druck auf den D. choledo­chus zuerst Schleim mit Epithelzellen und dann erst Galle zu ent­leeren pflegt. Es ist mithin mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass wir es in solchen Fällen auch mit einem Retentions-, d. i. hepatogenen Icterus zu thun haben, und dass ein sog. hämatoge-ner Icterus nicht existirt. Die Unterscheidung dieser beiden Arten des Icterus an der verschiedenen Tingirung der Gelbfärbung mar-kiren zu wollen, ist wenigstens bis jetzt noch nicht gelungen, son­dern diese unterschiede können eben so gut aus der graduellen Intensität der gelben Farbe in Verbindung mit der rothen Farbe des Blutes resultiren, wie auf der leichteren oder schwereren Be­seitigung oder üeberwindung der Hindernisse im D. choledechus und anderen m. o. w. zufälligen Verhältnissen, z. B. der Blutfülle oder Blutleere in den gelbgefärbteu Theilen, beruhen.
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sect;. 363. Die mit solclien ieterisclien Zuständen zuweilen ver­bundenen erheblichen Störungen im Central - Nervensysteme hat man früher als Folgen der Ablagerung des Gallenfarbstoft's (in neuerer Zeit der Gallensäuren) auf die Hirnhäute (denn die Ge-hirusubstanz bleibt selbst bei den höchsten Graden des Icterus stets ganz weiss) angesehen. Da aber durch Injectionen von Galle ins Blut experimentell nachgewiesen ist, dass die Galle eine solche quot;Wirkung nicht hat, so kann jene Annahme auch nicht richtig sein. Jene Störungen im Central - Nervensysteme, die indess bei hoch­gradigen ieterisclien Zuständen nicht selten fehlen, müssen daher eine andere Ursache haben. Der gemeinhin angenommene, zwi­schen Gehirn und Leber bestehende innige Consensus genügt frei­lich auch nicht zur Erklärung dieser Erscheinungen; es muss da­her ferneren Forschungen überlassen bleiben, zu ermitteln, ob hierbei vielleicht eine ungleichmässige Blutvertheilung oder ein gleichzeitig urämischer Zustand die Hauptrolle spielt, oder ob das inücirende Agens die Functiouen des Central - Nervensystems di­rect stört.
sect;. 364. Die vermehrte Gallensecretion(Polycholia), der Status biliosus d. A., kann bald temporär, bald anhaltend stattfinden; dabei giebt die Farbe der Fäkalmassen das einiger-maassen leitende Symptom für die ditferentielle Diagnose ab. Auch bei manchen typhoiden Fiebern sind die durchfälligen Excremente in Folge einer vermehrten Gallenbiidung häufig intensiv dunkel­braun, fast schwarz gefärbt (sog. Gallenruhr). Dann ist aber nicht die Polycholie Ursache des Durchfalls, sondern es kommen nur katarrhalische Durchfälle mit Polycholie gleichzeitig vor; denn so heftig abführend ist die Wirkung der Galle nicht, dass sie, selbst in vermehrter Quantität abgesondert, erhebliche Durchialle sollte veranlassen können.
sect;. 365. Eine sehr interessante Art der Störnng der Leber-funetion kommt beim Menschen häufig, bei Thieren anscheinend sehr selten vor, und zwar die Zuckerbildung in der Leber.
Das Pfortaderblut der Thiere enthält im normalen Zustande sehr wenig Zucker, und zwar weniger, als alles andere Blut, wel­ches immer und in allen Körpertheilen etwas Zucker enthält; das Lebervenenblut enthält aber am meisten, und zwar 0,1 —0,2 pCt. Da dieser Zuckergehalt bei absoluter Entziehung Stärkemehl und Kohlenhydrate haltiger Nahrungsmittel, selbst bei vollständiger
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Nahrungseutzieliuag nur wenig abnimmt, so kann man nur annehmen, dass der Zucker in der Leber und durch die Leber-thätigkeit aus der Spaltung eiweissartiger Substanzen hervorgebt, oder vielmehr gebildet wird. Diese Spaltung findet wahrscheinlich in der Weise Statt, dass die eiweissartigen Substanzen des Pfort­aderblutes in G]ycogen(C.12, H. 10, 0.10), Taurin (0.4, H.7, NS.2, 0.6) undGlyciii(C.4, 11.5, N0.4) zerlegt, die beiden letzteren Steife durch höhere Oxydation in Taurocholsäure (HO. C. 52, H.44, NS.2, 0.13) und Glycocholsäure (HO. C.52, H.42, XO.ll) umgewandelt und mit der Galle ausgeschieden werden, und dass durch eine der Leber eigenthümliche Fermentsubstanz, welche der Leber möglicher Weise erst durch das Blut zugeführt wird, das Glycogen in Glycogendextrin und dieses in Zucker (C. 12, H. 12, 0.12) umgewandelt wird, und zwar durch Aufnahme von 2 Atomen Wasser (2 HO). Diese Zuckerbildung in der Leber findet selbst noch nach ihrer Exstirpation, also postmortal, Statt, so dass, um den normalen Zuckergehalt des Leberveneublutes festzustellen, die Leber unmittelbar nach der Tödtung des Thieres exstirpirt und deren Blut gut ausgespült werden muss.
Der Zuckergehalt des Lebervenenblutes hängt also zum Theil ab von dem Gehalte der Nahrungsmittel an eiweissartigen Sub­stanzen (nicht, wie man früher glaubte, von dem Gehalte an Koh­lenhydraten) und von der Fennentsubstanz in der Leber, und zum Theil auch von der Temperatur, denn wenn diese unter 18deg; C. sinkt, höi't die Zuckerbildung ganz auf.
sect;. 366. Unerklärlich, aber unzweifelhaft festgestellt ist fer­ner der Einfluss des Nervensystems auf die Zuckerbil­dung in der Leber. Das beweist die durch Versuche festgestellte Thatsache, dass Verlotzungen der Wurzeln des Vagus in der Me­dulla obl. durch ein scharfes Instrument (der sog. Zuckerstich, la piqure) den Zuckergehalt im Lebervenenblute und im Harne plötzlich erheblich steigern. Die Durchschneidung der Wurzelenden der Vagus an ihrer Austrittsstelle aus dem Wirbelkanale hebt aber die Zuckcrbildung sofort wieder auf. Dagegen findet man nach der Piqfire keinen Zacker im Blute und im Harne, wenn die Thiere (Frösche) längere Zeit gehungert hatten, oder wenn ihnen die Leber exstirpirt, oder wenn das Ceutral-Nervensystem durch W o r a ra - Vergiftung gelähmt worden war.
Hieraus geht unzweifelhaft hervor, dass die Zuckerbildung in
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der Leber stattfindet, und dass dieselbe unter der Herrschaft der Vagi steht. Ob aber diese Wirkung auf das Glycogea der Leber oder auf die Fermentsubstanz derselben oder vielleicht auf die Leber selbst stattfindet, ist bis jetzt noch nicht ermittelt.
sect;. ;567. Der normale Zuckergehalt des Blutes wird in den Lungen zu Kohlensäure und Wasser verbrannt; wenn aber bei ge­steigerter Zuckerbildung der Verbrennungs-Prozess zur Zersetzung des Zuckers nicht genügt, so wird der Ueberschuss mit dem Harne ausgeschieden (Zuckerharnruhr, Diabetes melitns, Meli-turia). Die Meliturie ist also keine primäre Krankheit der Nie­ren, sondern der Leber; die Nieren werden aber secundär in Mit­leidenschaft gezogen.
Anfänglich ist die Quantität des Urins bei dieser Krankheit nicht vermehrt; bei längerem Bestehen hat letztere jedoch Stö­rungen der Circulation und Relaxion der Gefässe in den Nieren und hierdurch Polyurie, i. d. R. verbanden mit Entleerung eines eiweisshaltigen Harnes (Albuminuria), und hierdurch wieder Säfteconsumption, allgemeine Abmagerung, häufig sogar in Folge interstitieller Nephritis Schwund der Nierensubstanz und da­durch schliesslich wieder Uraemie, A seit es etc. zur Folge. Der Tod ist die unausbleibliche Folge, weil die Grundursache, welche die Reizung der Wurzeln der Yagi bedingt und die Mittel ihrer Bekämpfung noch unbekannt sind.
e) Functionsstörung der Nierenthätigkeit.
sect;. 368. Die Harnabsonderung zeigt oft deutlich wahrnehm­bare Veränderungen, die innerhalb sehr breiter physio­logischer Grenzen schwanken und von der Zufuhr der Nähr­stoffe, sowie von dem Verbrauche des eiweisshaltigen Körperma­terials abhängig sind.
Die Abnormitäten des Urins treten entweder a) erst nach erfolgter Secretion ein oder bestehen bereits b) bei seiner Secretion aus dem Blute.
ad a. Zu den gröbsten Veränderungen des Urins, welche erst nach der erfolgten Secretion desselben eintreten, ge­hört die Ausscheidung der Conoremente in Form von Steiu-chen oder Gries, und der Sedimente in Form von AVölkchen, Häutchen etc. Die näheren Bestandtheile dieser Ausscheidungen kommen nicht als solche direct aus dem Blute, sondern sind Pro-duete seeundärer Zersetzungen und Verbindungen der den Harn
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und Physiologie, Pathogeuia.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;247
constituirenden Substanzen Diese Zersetzungen können sowohl in den ersten Wegen (graden Hamkamllchen), als auch in den Harnleitern, in der Harnblase, selbst noch ausserhalb des Körpers vor sich gehen. Letztere sind ebenfalls sehr wichtig, weil sie die Mischungsverhältnisse der Hambestandtheile anzeigen, welche mit irgend einem Kraukheitsvorgauge in Zusammenhang stehen (Urin-
beschauer).
sect;. 369. Zuweilen erleidet der Harn nur die normale Um­setzung mit einer abnorm grösseren Schnelligkeit; dann sind Fermentstoffe in ihm enthalten, welche diese schnellere Umsetzung bedingen. Diese Fennentstoffe gehen wieder aus Um­setzungen der Albuminate (z. B. Pigmente) und des Schleimes hervor, die vielleicht nicht an sich als Fermente wirken, sondern erst durch Vibrionen zu solchen umgewandelt werden.
Der normale Harn reagirt unmittelbar nach seiner Entleerung i. d. R. etwas sauer, und zwar in Folge der überschüssigen Phos-phorsäure und des doppelt phosphorsauren Kalkes; doch wird die Reaction auch nicht selten neutral oder alkalisch gefunden, und zwar je mehr, je länger der Urin in der Harnblase zurück gehal­ten wurde, weil die alkalische Gährung schon hier beginnt. In Folge der ferneren Umsetzung des Harnstoffes (C.2,H.4,N.2, 0.2) und derHippursäure (C.8,H.9,iST0.8 HO) in kohlens. Ammo­niak entsteht phosphors. Ammoniak-Magnesia (2 Mg. 0. NH.4, O.PO.ö 12 HO), kohlens. Kalk, kohlens. und phosphors. Magnesia, während etwas Ammoniak entweicht. Letzteres bedingt dann die später immer eintretende alkalische Reaction des Har­nes. Diesen ganzen Ümsetzungs-Prozess bezeichnet man deswe­gen als eine alkalische Gährung. Die Niederschläge aus dem Harne, welche durch die alkalische Gährung desselben gebildet worden, bestehen somit aus folgenden drei schwer löslichen Salzen: Phosphors. Ammoniak-Magnesia, kohlens. Kalk und kohlens. Magnesia.
sect;. 370. Die Quelle dieser Phosphate sind die Knochen, aus denen immerwährend phosphors. Kalk entnommen und durch die Harnwege ausgeschieden wird. Der Abgang wird unter normalen Verhältnissen natürlich sofort wieder ersetzt. Eine abnorme Ver­mehrung der Phosphate im Harne findet bei nervösen Fiebern Statt. Diese Phosphate werden wahrscheinlich (Virchow) aus dem Myelin des Nervenmarks, einem Umsetzungs - Producte des
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Allgemeine pathologische Anatomie
Protagon, ausgeschieden; jedoch wird die Existenz des Myelin von vielen Seiten (Frey) bezweifelt. Jedenfalls ist es nicht un-wahrscheinlieh, dass diese Phosphate aus dem Nervensysteme stammen.
Die reine phosphors. Ammoniak-Magnesia, welche sich übri­gens in allen faulenden thierischen Theilen findet, bildet im Harne ein feines zartes Pulver, welches sich in Form eines dünnen Häut­chens an die Oberfläche des Harnes absetzt und sich später all-mählig herab senkt. Dieselbe krystallisirt in rhombischer Grund­form und erscheint am gewöhnlichsten als dreiseitiges Prisma mit Abstumpfung der beiden, einer Seitenkante entsprechenden, Ecken, in der sog. Sargdeckel- (oder Dach-) Form. Stärkere Ablage­rungen in Form amorpher Körner enthalten stets gleichzeitig Kalk­salze. Der phosphors. Kalk fällt häufig schon im Nierenbecken nieder und bildet dort kleine, i. d.^ R. concentrisch geschichtete Nieren-Steine. Am spätesten fällt die kohleus. Magnesia nie­der, weil sie zur Bildung der phosphors. Ammoniak-Magnesia ver­wendet wird.
sect;. 371. Die eigentlichen Harnsteine, welche vorzugsweise in der Harnblase vorkommen, entstehen entweder von Anfang an in der Blase, indem der ßlasenurin eine alkalische Gährung ein­geht, wozu der Blasenschleim das Ferment liefert, oder indem die Harnsalze sich um feste in der Blase befindliche fremde Körper niederschlagen; oder sie gelangen aus dem Nierenbecken in die Blase lind vergrössern sich in der letzteren. Haben die Salze sich schon in den Harnkanälchen der Nierensubstanz gebildet, so bezeichnet man sie als Infarkte. Je nach dem Gehalte an den erwähnten Salzen und organischen Substanzen (Epithelien, Schleim) sind sie verschieden hart, formlos, porös, radiär oder concentrisch geschichtet.
In der Pegel wird die alkalische Gährung des Harnes durch Katarrhe der Harn wege hervorgerufen resp. beschleunigt, in­dem der Schleim sich in eine alkalische Fermentsubstanz umsetzt. Solche Katarrhe können indess nicht nur durch Erkältungen, son­dern auch durch die verschiedenartigsten chemischen und mechani­schen Reize, selbst durch lähmungsartige Zustände und daraus hervorgehende Retention des Harnes hervorgebracht werden. Wenn z. B. einmal Concremente in der Harnblase sind, so können sie durch mechanische Reizung der Schleimhaut einen schleichenden
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Blasenkatarrh unterhalten, welcher die Vergrössemng der Con-eremente begünstigt.
Endlieh kann auch, wie Wühler gezeigt, eine Kalkdys-krasie zur vermehrten Ausscheidung von Kalksal/en mit und aus dem Harne Veranlassung geben. Sonstige Anomalien des Har­nes, welche erst nach seiner Ausscheidung eintreten, sind nicht von wissenschaftlichem Interesse.
sect;. 372. ad b. Egt;ie Stein-, Gries- und Sediment-Bildungen, deren Hauptbestandtheile schon bei der Secretion des Harnes vor­handen sind, sind meistens Folge von einem Harnsäure-(2HO. C. 10, H.2, N.4, 0.4 oder CIO, H.4, N.4, 0.4) und Oxalsiiure-(2 HO. C.4, 0.6) Gehalte des Blutes und des Urins.
Die harnsauren Steine (ürate) bilden sich in dem an­fangs ganz klaren Harne als rosafarbige Sedimente und unter­scheiden sich durch diese Farbe sicher von den Phosphaten. Die Harnsäure scheidet sich nämlich immer nur mit Farbstoff ge­mischt aus, sie kommt aber auch häufig an Basen gebunden vor. Die Gries- und Sediment-Bildungen bestehen häufig aus rei­ner Harnsäure, die eigentlichen Steine dagegen mehr aus kohlens. Kalk und phosphors. Ammoniak-Magnesia, zuweilen mit Uraten vermischt.
Bei chronischen Prozessen, z. B. der harnsauren Dia­these (Gicht), kommt die Harnsäure am reinsten vor. Sie krystallisirt in sechsseitigen Tafeln von verschiedener Dicke, häufig mit abgestumpften Ecken. Durch Aneinanderlegung solcher Tafeln können sich grössere Conglomerate als reine Harnsäure - Steine bilden.
Durch diese grob krystallinische Form unterscheiden sich die aus reiner Harnsäure bestehenden Concremeute von den diversen harnsauren Salzen (harns. Natron und Ammoniumoxyd), denn diese sind amorph und von heller oder dunkler, aber immer noch ins Röthliche spielender Farbe. Selten sind sie farblos und dann kann man sie bei Besichtigung mit unbewaffnetem Auge leicht mit ei­terigen Sedimenten verwechseln.
Neben diesen amorphen Sedimenten finden sich noch grössere Kugeln von harns. Salzen, welche nach dem Ausscheiden der sal­zigen Elemente ein organisches Gefüge zeigen. Diese Kugeln sind häufig mit gradlinigen oder gewundenen Fortsätzen bedeckt, ver­einigen sich aber nie zu grösseren Conglomeraten.
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Allgemeine pathologische Anatomie
sect;. 373. Die Oxalsäuren Sedimente (Oxalate) bilden sich, wenn der Urin eine abnorme Quantität von Oxalsäure eut-luilt. Diese kann dadurch entstehen, dass durch eine mit Pilz-sporenbildung oinhcrgeheude saure Gährung Milchsäure gebildet wird, welche die Harnsäure aus ihren Verbindungen austreibt, und dass diese freie Harnsäure unter allmähligem Dunklerwerden des Harnes sich in Oxalsäure umsetzt und nun oxals. Kalk auftritt. Diese saure Gährung wird durch Fermentsubstanzen eingeleitet, welche sich wahrscheinlich durch Umsetzung des Farbstoffs des Harnes bilden.
Die Oxalsäure kann aber auch in Folge einer Oxalsäuren Diathese von vorn herein vermehrt ausgeschieden werden. Sie tritt niemals in formlosen Sedimenten auf, sondern stets in octaä-drischen Krystallformen oder in Form von Hanteln. Die grös-seren oxals. Coueretioncn zeigen stets eine dunkelbraune Farbe, während die harnsauren eine gelbliehe oder röthliche Farbe haben. Jene sind an der Oberdäche stets uneben, inaulbeerenförmig (Cal­culi muriformes) und die warzenartigen Hervorragungen zeigen nicht selten eine gewisse Regelmässigkeit in der Lagerung. Oft sind sie schichtenweise mit harns. Sedimenten gemischt. In Folge ihrer Unebenheiton können sie eine schleichende Reizung der Schleimhaut, d. i. chronischen Blasenkatarrh, verursachen und da­durch zur ferneren Anlagerung von Phosphaten Veranlassung ge­ben, so dass diese 3 Arten von Concretioncn in einem und dem­selben Steine schichtenweise mit einander abwechseln.
Oxal- und Harnsäure finden sich in geringer Menge stets im normalen Blute, bei Krankheitszuständen auch in grösseren Ver­hältnissen. Woher sie stammen, ist noch nicht sicher nachgewie­sen, aber es steht fest, dass, wenn die aufgenommenen Nahrungs­mittel viel Oxalsäure enthalten, auch regelmässig viel von der­selben im Harn und im Blute gefunden wird (Oxalis).
sect;. 374. Die Harnsäure findet sich bei der Gicht (Arthri­tis) sowohl im Blute, wie in allen Se- und Excreten, wird aber nicht im Blute und während der Circulation desselben erzeugt, sondern ist ein Product gewisser, noch nicht sicher erkannter Or­ganveränderungen, z. B. der Lungen, Leber, Milz etc.; denn bei manchen Infectionsfiebern mit vorwaltender Affection der genann­ten Organe sieht man, ohne dass schon vorher Gicht oder eine harnsaure Diathese bestand, plötzlich Harnsäure im Blute und im
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Urin, sowie in fast allen Se- und Excreten (Kotli, Magensaft, Schweiss) auftreten. In Folge solcher Krankheiten bilden sich dann auch leicht harnsaure Concretioneu in der Harnblase. Die Harnsäure ist also nicht Product einer Blutkrankheit, sondern Folge einer (normalen oder gesteigerten) Thätigkeit der genannten Organe und resultiit aus Zersetzungen eiweissartiger (bindegewe-biger?) Körper oder Elemente. Die Ausscheidungen der harsau-ren Salze sind demnach sowohl für das Blut, wie für die Gewebe, depuratischer Natur, weil sie schädliche Inhaltsproducte sind, aber die Ausscheidungen haben keinen vicariirenden Charakter.
sect;. 375. Der Harnstoff (0.2, H.4, N. 2, 0.2) sollte nach früherer Ansicht bei der Respiration durch die Verbrennung der Proteinstoffe erzeugt werden; dann nahm man au, dass er durch die Muskelthätigkeit gebildet werde. Seitdem man aber weiss, dass in den Lungen die Eiweisskörper nicht verbrannt werden, und nachdem Pettenkofer u. A. nachgewiesen haben, dass selbst bei und nach der angestrengtesten Muskelaction nur ein Minimum von Harnstoff mehr gebildet und ausgeschieden wird, als im Zu­stande der Ruhe, nimmt man an, dass er durch Oxydation der Eiweissstoffe in den Elementen sämmtlicher Organe des Körpers gebildet wird. Dieser Annahme entspricht auch die Erfahrung, dass bei fieberhaften Krankheiten, bei denen dem Körper nur we­nige stickstoffhaltige Nährstoffe zugeführt werden und bei denen i. d. R. die allgemeine Muskelaction (mit Ausnahme der des Her­zens) vermindert ist, das Körpergewicht aber schnell abnimmt, die Bildung und Ausscheidung des Harnstoffs eben so schnell und massenhaft steigt. Daher kann dieser nicht in und aus dem Blute, sondern nur aus dem eiweisshaltigen Körpermaterial gebildet wer­den. Deswegen pioduciren auch diejenigen Menschen und Thiere, welche am meisten Eiweissstoffe zu sich nehmen, (z. B. Fleisch­fresser) im normalen Zustande am meisten Harnstoff, weil bei ihnen die Umsetzung des Körpermatcrials (Oxydation und Wärme-bildung) am Lebhaftesten von Statten geht, und aus demselben Grunde vermehrt sich die Production und Ausscheidung des Harn­stoffs bei hungernden Pllanzenfresscrn, weil sie auf Kosten ihres eigenen Körpermaterials leben. Ausserdem nimmt man an, dass die Nieren eine oxydirende Thätigkeit ausüben und dass eine Steigerung dieser eine vermehrte Harnstoffausscheidung zur Folge
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252nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Allgemeine pathologische Anatomie
haben könne, wie dieses z. B. bei jeder vermehrten Harnsecretion der Fall ist.
sect;. 37G. Bei der verminderten Ausscheidung des Harn­stoffs handelt es sich entweder nur um eine verminderte Produc­tion desselben in den Orgauen oder um eine verminderte Excre­tion durch die Nieren. Bei Pflanzenfressern findet immer eine ge­ringere Production des Harnstoffe Statt, als bei Fleischfressern; ferner auch bei geringerer Oxydationsthätigkeit der Nieren und ver­minderter Ausscheidung des Harnes überhaupt.
Bei verminderter Excretion des Harnstoffs aus dem Blute häuft er sich in diesem an und erzeugt Uraemia. Früher glaubte man, dass hierbei der ganze Harn im Blute sich vorfände, da man ihn an den Se- und Excretioncn riechen könne. Dieses ist aber nur dann der Fall, wenn bei Harnverhaltungen die Entleerung des Urins nach aussen verhindert ist, dieser nach Sprengung der Harn­blase sich in die Bauchhöhle ergiesst und von hieraus theilweise resorbirt wird. Die durch Retention erstandene Uraemie besteht aber lediglich in einer Ansammlung des Harnstoffs, welcher an sich geruchlos ist und erst nach der Umwandlung in kohlens. Ammo­niak und andere noch nicht näher bekannte Riechstoffe riechbar wird. Die urinösen (harnstoffigen) Ausscheidungen aus der Haut und deren Schweissdrüsen (Sudor urinosus), aus den Lungen, der Magenschleimhaut (Vomitus urinosus) beruhen daher nicht auf einer vicariirenden Thätigkeit dieser Organe, sondern den be­treffenden Excreten ist nur einfach Harnstoff aus dem Blute bei­gemengt und wird nicht erst in den genannten Organen gebildet. Für das Blut und die mit Harnstoff belasteten Orgaue (z. B. Ge­hirn) hat diese heterotopische Ausscheidung jedoch immer eine m. o. w. depuratorische Bedeutung.
sect;. 377. Nur die Nieren haben die Kraft, durch die höchste Oxydation der Eiweissstofte Harnstoff zu bilden und der geringe Theil desselben, welcher sich immer im Blute findet', ist wahr­scheinlich auch durch die Nieren gebildet und durch Resorption aus den Harnwegen wieder ins Blut zurückgelangt. Der retinirte Harnstoff wirkt derartig die Ernährung und Erregung des Cen-tralnervensystems störend, dass Fieber, comatose, soporöse und typhöse Vorgänge die Folge davon sind (Febris und Typhus urinosus).
Den Zustand, bei welchem Harnstoff secernirt wird, aber nicht
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nach Aussen entleert werden kann, bezeichnet man mit Schwer-harnen, Harnverhaltung (Ischuria). Befindet sich hierbei das Hinderniss zwischen den Miiuduugen der Harnleiter und der der Harnröhre, so tritt Ansammlung und scbliesslich Ruptur der Harnblase ein; befindet sich dasselbe dagegen zwischen den Nie­ren und den Mündungen der Harnleiter, so tritt Kiickstauuiig des Harnes bis in die Nicrenkanäle, cystoide Dilatation eines oder beider Harnleiter und der Harnkanäleben, cystoide Dege­neration der Nieren selbst und Atrophie der Nierensubstanz und scbliesslich Coufluenz der erweiterten Harnkanälchen, soge­nannte Nierenwassersucht (Hydronephrosis) ein. Aus der Ischurie ist jetzt eine Sistirung der Bambereituug (Anuria) hervorgegangen. Beschränkt sich dieser Prozess auf eine Niere und geht derselbe allmählig von Statten, so wird die andere Niere durch den adäquaten Reiz des retinirten Harnstoft's hypertrophisch und hat dann hinsichts ihrer Thätigkeit einen doppelten Effect, ohne dass eine wahrnehmbare Störung der Gesundheit eintritt (Schwein). Tritt aber die Atrophie der Niere schnell ein, so nimmt der Gehalt des Blutes an Harnstoff zu, weil die andere Niere in ihrer vicariirenden Thätigkeit nicht so schnell folgen kann. Ergreift der Prozess aber beide Nieren, so muss unter allen Um­ständen Urämie eintreten, weil für die Harnstoffsecretion ein stell­vertretendes Organ im Körper nicht existirt.
sect;. 378. Die ganz aufgehobene Harnstoff - Produc­tion (Anuria) findet ferner Statt (aussei- bei beiderseitiger Hy-dronephrose) bei Verstopfung (Em bo lie), und bei Verdickungen der Wandungen (z. B. durch amyloide Degeneration) der Nieren-gefässe und bei der Cholera, weil die Harnsecretion wegen der übermässigen serösen Transsudation oder Lähmung des Resorpti­onsvermögens des Darmkanals und der daraus hervorgehenden Ein-dickung des Blutes (Spissitudo sanguinis) ganz auf­hört (cf. Acholia sect;. 359.).
sect;. 379. Die vermehrte Production und Ausscheidung des Harnstoffes (Polyuria) besteht i. d. R. entweder in Folge einer Fluxion oder Reizung der Nieren und Dilatation ihrer Ca-pillargefässe (Lauterstall, geschmacklose Harnruhr, Dia­betes insipidus) und hängt dann grösstentheils von gesteiger­tem Seitendruck des Blutes in den Glomerulis ab, oder von dem
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erhöhten Gehalte des Blutes an ansscheidnngsfähigen Bestandthei-len, oder endlich von Erkrankungen des Nierengewebes selbst.
sect;. 380. Fremdartige Beimengungen zum Urin kom­men vor bei der Zuckerruhr (Diabetes melitus), von welcher schon bei den Functionsstörungen der Leber (cf. sect;. ;-3ü7.) die Rede gewesen ist; ferner durch Beimengung vonEiweissstoff (Al­bum inuria) (cf. sect;. 367.). Letztere ist nicht immer, aber in der Regel, mit vermehrter, zuweilen auch mit verminderter oder bei­nahe sistirtcr Harnsecrelion verbunden, hängt also nicht lediglich von dem Grade der letzteren ab. Regel ist es allerdings, dass bei gesteigerter Harnproduction auch der Eiweissgehalt des Urins vermehrt ist. Am häufigsten ist diese durch Fluxions- und Irri­tations-Zustände der Nieren bedingt, wobei das Albumin nicht durch eine Action der Nieren secernirt, sondern nur in Folge des höhereu Blutdrucks passiv transsudirt wird. In höheren Graden der Irritation finden sich selbst Fibriugerinnsel im Harne, welche in den graden Harnkanälchen exsudirt und als kleine solide Fä­den mikroskopisch.sichtbar sind, während die in den Harnleitern und in der Harnröhre exsudirten Fibrinmassen grosse, makrosko­pisch sichtbare Cylinder darstellen, welche wiederum Ischurie be­dingen können. Zuweilen enthält der Urin nur reichlich fibrino-gene Substanz, in Folge deren er nach längerem Stehen an der Luft coagulirt (sog. lymphatischer Harn); dann ist diese Sub­stanz dem Harne erst auf dem Wege seiner Ausscheidung in Folge einer croupösen Entzündung der Schleimhaut beigemengt.
sect;. 381. Hieran schliesst sich die zweite Art der Albumi-nurie, bei welcher sich die Beimischung der albuminösen Stoffe schon in den gewundenen Harnkanälchen der Rindensubstanz, also in dem eigentlichen Parenchym der Nieren, zeigt. Wenn nämlich solche Veränderungen in der Marksubstanz eintreten, welche deren Gefässe comprimiren (z. B. bei interstitieller Nephritis), so tritt eine collaterale Fluxion in der Rindensubstanz (eben so um­gekehrt) und hierdurch Transsudation des Albumin ein. In der Rindensubstanz wird das Albumin i. d. R. im flüssigen Zustande, in den graden Harnkanälchen in Form von Cylindern oder Fäden dem Harne beigemengt. Steigert sich der Prozess bis zur crou­pösen Nephritis, so treten statt der Albumin-Cylinder Fibrin-Cylinder in den graden Harnkanälchen auf. Die letzteren sind re-sistenter und mit in trüber Schwellung oder fettiger Degeneration
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begriffenen Epitlielzellen besetzt, während die zuweilen auch den Albuminfäden anhaftendeu Epithelzellen i. d. R. normal, höchstens wässrig geschwellt sind. Ausserdem sind die Eiweiss-Cylinder ge­wöhnlich röthlich gefärbt und mit weissen, selbst rothen Blutkü-gelchen (ans den Capillaren der Glomeruli) besetzt oder ver­mischt, die Fibrin - Cylinder selten. Eine bestimmte Unterschei­dung kann nur die chemische Analyse liefern. Anm. Die procentische Zusammensetzung ist:
nach Muldernbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nach Lieb er kühn
Albumin
Fibrin
Albumin.
C. 53,5
C. 52,7
C. 53,51
H 7,0
H. 6,9.
H. 7,03
N. 15,5
N. 15,4
N. 15,65
0. 22,0
0. 23,4
0. 21,83
S. 1,6
S. 1,2
S. 1,98
P. 0,4
P. 0,3
und das Atomenverhältniss des Albumin ist nach Letzterem Fol­gendes: C. 144, H. 112, N. 18, 0.44, S. 2.).
Die Albumin-Cylinder werden stets mit dem Urin hinwegge­spült, yerstopfen also die graden Harnkauälchen nicht; die Fibrin-Cylinder kleben dagegen fester und verursachen Anurie.
sect;. 382. Drittens kann eine Ausscheidung von Albumin mit dem Harne in den Glomerulis der Kieren stattlinden, wenn das Blut reich an dünnflüssigen Eiweissstoffen ist (z. B. nach Injection salzhaltiger Flüssigkeiten, Ludwig), ohne dass die Nieren selbst krank oder deren Circulations-Verhältnisse gestört sind.
Alle drei Arten der Albuminurie werden als Bright'sehe Nierenkrankheit bezeichnet, da ihre verschiedenen Grundstö­rungen klinisch nicht leicht zu differenziren und im Wesentlichen von denselben Folgen für den Organismus begleitet sind. Diese bestehen darin, dass in Folge des grossen Albumin-Verlustes oder in Folge der Anurie (bei interstitieller Nephritis) allgemeiner Hydrops oder Uraemie zur Ausbildung gelangen, welche un­aufhaltsam zum Tode führen.
sect;. 383. Die Hippursäure (HO. C. 18, H.8, NO. 5 = 0.18, H. 9, NO. 6 2 H 0), welche nicht selten Ursache von Misch­ungsveränderungen des Harnes ist, findet sich im normalen Zu­stande am reichlichsten bei den Pflanzenfressern, in geringerer Quantität bei den Omnivoren und gar nicht bei den remen
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Allgemeine pathologische Anatomie
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Fleischfressern; sie wird aber auch vou letzteren aussfeschie-deu, sobald sie Vegetabilien geuiessen. Sie besteht aus Ben-zoesäüre (HO. C. 14, H. 5, 0. 3) und Glyciu (C.4, H.5, NO. 4) -f- Wasser und kann auch aus diesen Ingredienzien synthe­tisch zusammengesetzt werden. Ihre Entstehung ist auf die Eini'uhr von Benzoesänre von aussen und auf die Bildung von Glycin in der Leber zurückzuführen und durch Untersuchungen von Bernard ist auch sicher erwiesen, dass die Bildung der Hippursäure auf diesem synthetischen Wege in der Leber ge­schieht.
In krankhaften Zustünden kann die Production und Excretion der Hippursäure gesteigert, vermindert oder gleich Null sein. So­bald die Thäligkeit der Leber stockt, also die Bildung des Gly­cin aufhört, sistirt auch die Erzeugung der Hippursäure. Woraus das Glycin, ein eiweissartiger Körper, bereitet wird (ob aus leim­gebenden Substanzen?), ist noch nicht ermittelt, eben so wenig die Bedeutung des Schwankens in dem Gehalte des Urins an Hippursäure.
sect;. 3rS4. Das Crcatin (0.8, H. 9, N. 3, 0. 4 1' HO) des Har­nes ist ein Umsetzungs-Product stickstoffhaltiger Substanzen und findet sich nonnaliter als Bestandtheil der Muskeln, ist aber, wenn es im Harne gefunden wird, nicht, wie Liebig behauptete, als ein durch Muskelaction erzeugter excrementieller Stoff zu betrach­ten, da nach erhöhter Muskelthätigkeit nur stickstofflose Sub­stanzen in vermehrter Quantität ausgeschieden werden. Der Ur­sprung des sowohl in den Muskeln, wie im Harne befindlichen Creatin ist vielmehr noch unbekannt.
Ty rosin (C. 18, H. 11, NO. 6) und Leucin (C. 12,H. 13, NO. 4) sind Stoffe, welche sich bei allen Fäulnissprozessen thierischer Substanzen bilden. Sie werden in vermehrter Quantität im Urin gefunden bei allen Infectionsüebern, finden sich aber auch in sehr geringer Quantität im normalen Blute und in allen Orga­nen, besonders im pankreatischen Safte und im Urin.
Cystin (C. 6, H. 6, NS. 2, 0.4) unterscheidet sich durch seinen Schwefelgehalt von den übrigen stickstoffhaltigen Körpern des Urins und findet sich unter normalen Verhältnissen immer im Harne, am massenhaftesten aber bei Concrementbildung. Fast immer beruht seine krankhaft gesteigerte Ausscheidung auf einer habitu­ellen Diathese und dann giebt es nicht selten zu Steinbildungen
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Veranlassung. Der Ursprung desselben ist noch unbekannt; jeden­falls findet man es schon in den gewundenen Earnkimälchen, so dass mau nicht auneiimen kann, dass es aus der Harnblase stamme. Cystin steht zur Tanrocholsäure in demselben Verhältnisse, wie Glycin zur Hippursänre, wird also wahrscheinlich auch in der Leber gebildet.
sect;. 3S5. Ferner kommen noch verschiedene Farbstoffe und zuweilen in beträchtlicher Menge im Harne vor, so dass dann alle Sedimente die entsprechende Färbung annehmen. Im Allgemeinen herrscht die blaue Farbe in verschiedenen Nuancirungen vor. Die intensivste Blaufärbung des Urins hat man als Cyanurie bezeichnet, jedoch ist Cyan (C 2 N) in diesen Farbstoffen nicht nachzuweisen. Die Entstehung und Zusammensetzung derselben ist überhaupt noch unbekannt. Der Farbstoff krystallisirt in feinen Nadeln, ist in Alkohol und Aether leicht löslich und krystallisirt beim Abdampfen aus diesen Lösungen in derselben Form wieder heraus. Durch Ammoniak wird er entfärbt. Häufig tritt er erst nach längerem Stehen im Harne auf. Mit dem Hämatin ist er nicht verwandt.
Schliesslich ist noch zu bemerken, dass alle Farbstoffe der Organe: Gallenfarbstoff, Hämatin, (Hämatinuria, falsches, enzootisches Blutharnen) im Harne auftreten können, und dass dieses immer eine Erkrankung der betreffenden Gewebe resp. des Blutes andeutet. Wenn Blut in allen seinen Bestandtheilen im Urin befindlich ist (Hämaturia), so haben wir es mit einer Blutung (Hämorrhagia, sect;. 258.) aus den Capillargefässen der Harnwege zu thun.
sect;. ;i8G. Ueber die Secretions-Anomalien der Geschlechtsdrü­sen (Hoden, Saamenblasen, Prostata, Ovarien, Euter), so wie die der Hautdrüsen ist vom Standpunkte der allgemeinen Pathologie wenig zu sagen, da die betreffenden Secrete, so wie ihre Ab­weichungen von der Norm und die diesen zum Grunde liegenden Prozesse sehr geringes wissenschaftliches Interesse darbieten.
Hinsichtlich der Function der Hoden ist die aufgehobene Se­cretion des Saamens bei H o d e n e nt z ü n d u n g (0 r ch i t i s), bei Hy­pertrophie des interslitiellen Bindegewebes und Atrophie der Saamen-kanälchtn (Fleischbruch, Sarcocele, Spermatocele), und hinsichilich der Ovarien die cystoide Entartung der Graf'scheu Bläs-
Kolmr. allg, Vcterin Patb.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; IT
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Allgemeine patliolonisehe Anatomie
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dien (sect;. 493.) hervorzuheben, Zustände, welche Unfruchtbar­keit (Sterilitus) der betreftenden Geschlechter bedingen können.
A'on dem Safte der Saamenblasen (Schleim) ist nur bekannt, dass er nicht selten in Folge einer Schwellung der Schleimhaut der Ausfühmngsgänge zurückgehalten und dadurch zuweilen eine enorme Ausdehnung der Samenblasen (s. g. Saamenblasen-Wasser­sucht) veranlasst wird. Die Vorsteherdrüse findet sich nicht selten (bes. bei Hunden) derartig sklerosirt oder sonst (z. B. amyloid) de-genirt, dass mit Sicherheit auf ihre Functions-Uufähigkeit geschlos­sen werden kann, es ist aber noch nicht constatirt, ob resp. wel­chen Einduss diese Störungen auf die Fruchtbarkeit haben.
sect;. 387. Die Secretious-Anomalien des Euters sind zwar von grossera praktischen Interesse (Lange, schlickerige Milch, Blauwerdeu der Milch, Galactorrhoea, Incontinentia lactis); die ihnen zum Grunde liegenden pathologischen Prozesse harren aber noch der Erklärung. Es ist noch zweifelhaft, ob die Function des Euters bei diesen Zuständen in der That eine krankhafte ist, oder ob ihnen nicht anderweitige Localstörungen oder Impurität des Blutes oder chemische Decompositionen der Milch nach deren Secretion zum Grunde liegen. Mau weiss nur, dass bei fieberhaften Krankheiten und entzündlichen Zuständen des Euters (Erysipelas, Mastitis), wahrscheinlich in Folge eines Katarrhs der Schleimhaut der Milch-kanälc und Cisterueii, vielleicht unter Mitwirkung der örtlich oder allgemein gesteigerten Temperatur, die Milch schon innerhalb des Euters gerinnt, indem der Eiweisssloff aus seiner leicht löslichen Verbindung mit Natron (Natron-Albuminat) als Käsestoff ge­fällt wird, weil das Natron durch die zu frühzeitig gebildete Milsh-säurc gebunden wird. Endlich ist es erfahrungsmässig festge­stellt, dass Galieufarbstoff, Harnstoff, Bitterstoffe (Aloe) und Pflan-zenalkaloide z. Th. mit der Milch ausgeschieden werden, ohne dass die Secretions-Thätigkeit des Euters eine krankhafte genannt werden kann.
Betreffs der Sccretions-Auomalien der Hautdrüsen conf. Co­medones, Acne (sect;. 491.}, Gorriägo (sect;. 485.) und Erkältungs-Krank-heiten (sect;sect;. 105 und 106).
Functionsstörungen des Centralnervensystems.
sect;. 388. Das grosse Gehirn (Cerebrum) ist dasjenige Organ, durch dessen Function die quot;Wahrnehmungen der fünf Sinne gesammelt und geschätzt werden. Diese Fähigkeit nennt man den
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und Physiologie, Pathogenia.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 259
Gemeinsinn (SeDsorinm), welchen man aurh wohl als sechsten Sinn aufgestellt, hat. Diese sensorielle Function wird vermittelt er­stens durch die dem Sonsorium von aussen zugel'ührten (sensorischen) Eindrücke, zweitens durch die Denkverriehtung, welche denthio-rischen Verstand, die Seelenthätigkeit (Psyche) darstellt, drittens durch die Fähigkeit, die sensorischen und psychischen Eindrücke zu schätzen., und viertens durch das Bewusstsein sei­ner selbst (Vernunft), welches ohne Seusorium nicht möglich ist, den Thieren aber abgeht. Die thierische Seelenthätigkeit wird nur durch materielle Eindrücke augeregt und unterscheidet sich da­durch wesentlich von dem menschlichen Verstände, welcher sich selbstständig Ideen bilden und zu folgerichtigen (logischen) Schlüs­sen gelangen kann (Verstand). Die Seelenthätigkeit der Thiere beschränkt sich auf die instinktiven Triebe, welche auf inneren m. o. w. unbewussten Sensationen beruhen, und auf das erfahruugs-raässig Gegebene und sinnlich Wahrnehmbare, welches vermöge des Gedächtnisses combinirt werden und weitere Seelenthätigkeiten anregen kann. Diese können also durch Uebung und Erfahrung vervollkommet und durch Mangel an Uebung vermindert oder ab­gestumpft werden und im letzteren Falle als Krankheitsursache (sect;. 109.) wirken.
sect;. 389. Die Störungen der Functionen des Seuso­rium erstrecken sich demnächst: 1) auf die Empfindung, 2) auf die DenkUiätigkeit (Psyche), 3) auf das Gemeingefühl, 4) auf das Bewusstsein.
Alle diese Abweichungen sind quantitativer Art: Die Func­tion ist nämlich entweder einfach gesteigert oder vermindert. Qualitative Abweichungen existiren nicht. Sie beruhen immer auf Veränderungen der Materie oder auf Störungen der Motion der Molecule im Nervensysteme, denn eine Störung der Function ist nicht denkbar ohne eine Abweichung des materiellen Substrates, welches die Function bewirkt. Freilich ist diese Veränderung im Nervensysteme wegen dessen subtilen histologischen Baues und seiner complicirten chemischen Zusammensetzung nicht immer nachweisbar. Andererseits wird dasselbe aus diesem Grunde auch häufig als Ultimum refugium von Seiten der Theoretiker ge-raissbraucht, wo das Wissen eine Grenze hat.
sect;. 390. Die Störungen der Empfindung des Ge­hirns oder Nervensystems überhaupt sind also immer quantita-
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Allgemeine patholo^isclie Analomie
tiverArt; sog. alieiiirte Empfindungen (Heterästhesien) giebt es nicht. Die krankhaft veränderten En^findungen sind immer entweder verminderte (Anaesthesien) oder erhöhte (Hyperästhesien), welche zu einer verkehrten Schätzung im Sensorium führen. Das Falschsehen der Farben beruht z. B. auf einer Anästhesie für einen gewissen Theil der Farben, so dass nur die Suplementärfarbeu gesehen werden. Die Farbentäuschung ist also eine partielle Farbenblindheit.
Die ceutrale Anästhesie des Sensorium (Stupor, Torpor) lässt entweder Empfindungen gar nicht zur Vorstellung gelangen, oder führt hinsichts ihrer Art, Grosse oder ihres Sitzes zu einer falschen Schätzung (Narkosis). Die Empfindungendes Sensorium sind entweder subjective oder objective. Letztere sind immer durch Eindrücke hervorgerufen, welche von Aussen auf das Gehirn einwirken und in dem Sensorium zur Schätzung gelangen (z. B. das Sehen). Subjective Empfindungen sind dagegen solche, welche nicht von Aussen, sondern im Sensorium selbst angeregt worden sind. Wenn letztere krankhaft sind, so bezeichnet man sie als Selbsttäuschung oder quot;Wahnvorstellung (Hallucina-tio), deren die Thiere nicht fähig sind, weil sie überhaupt nicht aus sich selbst heraus Ideen und Vorstellungen bilden können. Die objective Täuschung (Illusion) wird dagegen durch falsche Deutung wirklich wahrgenommener Dinge hervorgebracht. Wenn der tolle Hund in die Luft schnappt, als wenn er Fliegen fangen wollte, hat er gewiss ähnliche Empfindungen in der Retina (entoptische Erscheinungen), wie der Säufer, wenn er die Mouches volantes für Ratten und Mäuse hält; sie leiden beide an Illusionen, weil sie das Wahrgenommene falsch deuten. Die Empfindung selbst in der Retina ist dabei eine durchaus reale. In den meisten Fällen ist es jedoch kaum möglich zu entscheiden, ob die Vorstellung in oder ausserhalb des Gehirnes angeregt wor­den, und streng genommen sind die in den Nerven oder im Ge­hirne stattfindenden materiellen Veränderungen für das Sensorium immer etwas relativ Aeusseres.
sect;. 391. Der Schlaf (Somnus) ist ein physiologischer Act des thierischen Lebens, ein gewisser Ermüdungszustand aller Or­gane, in specie des Centralnervensystems. Nur die durch die Ganglienzellen vermittelte, automatisch - reflectorische Thätigkeit (Bewegung, Secretion), d. i. die Auslösung des thätigen Zustandes der Ganglienzellen und deren centrifugalen Nervenfasern, welcher
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und Physiologie, Pathogenianbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2G1
durch einen centripetalen Beiz reflectorisch angeregt wird, besteht ohne Mitwirkung des Willens oder eines anderen äussfren Eeizes (automatisch) fort. Die Seeretion des Magensaftes und des Speichels soll jedoch während des Schlafes sistiren. Der Traum (Somnium) gehört eigentlich noch zu den normalen Lebenser­scheinungen, bei welchem die Empfindungen nur unklar zur Vorstel­lung kommen und falsch gedeutet werden. Er ist immer die Folge äusserer, nicht selten längere Zeit vorhergegangener materieller oder psychischer Eindrücke, nicht ein Erzeugniss der Gehirathä-tigkeit selbst (Hallucination), denn auch Thiere sind zu Träumen fähig, z. B. Hunde bellen im Schlafe in Folge vom Träumen.
sect;. 392. Die Ohnmacht (Syncope) ist Folge einer plötz­lichen Stockung des arteriellen Blutstromes im Gehirne mit Er­blassen des Gesichts und der sichtbaren Schleimhäute, sowie des Gehirns. Schlagfluss (Apoplexia) ist dagegen eine plötz­liche und andauernde Aufhebung der Gehimfunction, welche auf arterieller Anämie und venöser Hyperämie, Blutstockung in den Venen und Druck auf die Arterien sowie auf das Gehirn selbst, durch Embolien, Erweiterungen der Venen, Hämorrhagien etc. beruht und unter Blaurothwerden des Gesichtes und der Schleim­häute des Kopfes eintritt. Wahrscheinlich beruhen die Epilepsie und die Eclampsie (sect;,298) auf vorübergehenden spasmodischen Zuständen der Arterien mit localer Anämie des Gehirns, wie letztere auch bei äusseren Gefässen, z. B. beim Erblassen aus Wuth und dergl. eintritt. Es ist indess nicht unwahrscheinlich, dass alle Functionsstörungen des grossen Gehirns auf noch nicht erkannten Ernährungsstörungen begründet sind.
üeber die Functionsstörungen des kleinen Gehirns, des Hirn­knoten, verlängerten Markes (Noeud vital sect;. 323) und desRük-kenmarkes ist nichts weiter bekannt, als dass Störungen in der Leitung der Nervenfasern die verschiedensten^Bewegungsstörnngen (sect;. 29(3) zur Folge haben.
C. Störungen der Formation.
Allgemeine pathologische Anatomie
sect;. 39^. Jeder Prozess, welcher eine Vermehrung der Zei­lenzahl (Neubildung, Neoplasia) mit sich führt oder welcher mit einer Gewebs-Umformung (Transformatio) ohne Ver-
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202nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Allgemeine pathologische Anatomie
mehrung der Zeilenzahl einhergeht, ist ein formativer Pro/ess. Eine Verminderung der Zellenzahl ist dagegen stets ein nekrobio-tischer Prozess (cf. Atrophie sect;sect;. 198, 213, 234) und das plötzliche Absterben ganzer Gewebstheile eine Nekrose (sect;sect;. 4ö, 5ü, 54). Jede Vermehrung der Zahl der Zeilen (Neubildung) geht aus bereits vorhandenen Zellen hervor (Omnis Cellula e cellula). Die früheren Physiologen und Pathologen, unter ihnen auch der Entdecker der Zelle, Sehwann, Messen die Zelle aus dem form­losen Plasma (Cytoblastema) entstehen, indem sich in ihm zuerst ein Kern bilde, um welchen sich eine Cytoblastemkugel anla­gere und dann um diese eine Membran entstehe. Auf dieselbe Weise sollten sich, gleichsam in Folge einer Art Krystallisation, aus dem Cytoblastem auch Blatkügelchen bilden können, welche mit dem benachbarten Blute in den ursprünglichen Gelassen in Verbindung treten und auf diese Weise zur Neubildung von Blut und Gelas­sen (Vascularisatio ) Veranlassung geben könnten (cf. sect;. 279). Nach dieser Ansicht war also die Zelle ein eiweissartiges, kry-stallinisches Gebilde, welches aus der Aneinanderlagerung molecu-lärer Massen hervorging. Diese Neubildung der Zelle stand unter der Herrschaft eines eigenthümlichen Bildungstriebes (Nisus formativus), welcher in dem Organismus, also ausserhalb des formlosen Cytoblastem, bestehe und quantitativ gesteigert oder ver­mindert, sowie qualitativ verändert sein könne. Durch diese Abweichungen des Bildungstriebes vom Normalen wurde die He-terogenität der Neoplasmen bedingt. Ausserdem wurde hierbei i. d. R. eine eigenthümliche Dyskrasie vorausgesetzt (Rokitansky), in Folge deren das exsudirte Cytoblastem zur Bildung ganz hete­rogener sonst im Körper nicht vorkommender Gewebe geeignet oder geneigt sei.
sect;. 394. Später trat hierfür die sog. Klümpchen- oder Umhüllungstheorie auf (Milne-Edwards). Hiernach sollten die Elementartheilchen (Molecule) des Cytoblastems sich zuerst zu Fasern und Zellen gruppiren und diese sich durch Ausscheidung ihren Kern selbst bilden. Der in dem Plasma enthaltene, eigent­liche gestaltbildende Stoff wäre der Faserstoff, welcher mit dem Exsudate aus dem Blute austrete und je nach seiner von der gu­ten oder schlechten Mischung des Blutes (Eukrasie und Dys­krasie) abhängigen, eigenthümlichen Beschaffenheit zur Bildung besonderer Gewebe führe. Es gab hiernach für jede Art der Neu-
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gebilde, besonders für die im Körper sclir verbreitet (multipel) auftretenden, eine besondere (z. B. Krebs-, Warzen- etc.) Dyskra-sie, welche die angeborene oder erworbene wesentliche Ursache der Aftergebilde ausmachte und gegen welche der Therapeut mit allerlei Mitteln zu Felde ziehen musste. Die secuudiiro, durch die Afterproducte veranlasste Gesammterkrankung des Organismus, welche zu allgemeinen, oft fieberhaften Ernährungsstörungen (C a-chexie) führte, wurde als der höhere Grad der vorher unbemerkt bestandenen Dyskräsie angesehen.
sect;. 395. Kach dem jetzigen Stande der Wissenschaft wird es indess als feststehend angenommen, dass sich in homogenen Flüs­sigkeiten niemals spontane Zellen bilden und dass, wenn sich sol­che darin finden, sie immer fertig hinein gelangt und von den be­nachbarten Geweben aus den Flüssigkeiten beigemengt worden sind. Ebenso gehen Neubildungen niemals aus amorphen Massen hervor, sondern sie sind stets als ein Tochtergewebe, d. h. als ein Produkt eines bereits vorhandenen Mutter- (Matricnlar-) Gewebes zu betrachten. Aus dem ausgeschiedenen und abgela­gerten, ilüssigen oder geronnenen, formlosen oder fibrülären Fibrin bilden sich niemals Zellen; höchstens kann es, wenn sich viele Zellen (ungefärbte Blut- oder Lymph-Zellen) in dem Exsudate be­finden, eine llbrilläre, leimgebende Intercellularsubstanz bilden (cf. Organisation der Exsudate, Embolien und Thromben sect;. 275)), in­dem die Lymphzellen sich in Bindegewebszellen trans form Iren, mit ihren Ausläufern in Communication treten und den Stoffwech­sel vermitteln. Ja es kann durch diese Lymph- resp. Bindege­webszellen sogar zur Gefässneubildung (Vascularisati o) kommen, indem die durch ihre Ausläufer mit einander in Verbin­dung stehenden Zellen mitsammt ihren Fortsätzen kanalartig er­weitert, dann mit Blutgefässen in Verbindung gesetzt und mit cir-culirendem Blute erfüllt werden (sect;. 512), während mau früher an­nahm, dass das in den neugebildeten Gefässen befindliche Blut ebenfalls durch Neubildung rother Blutbläschen aus dem Plasma hervorgegangen sei. Ebenso nahm man früher an, dass die Yas-cularisation das Mittel der Organisation der Exsudate sei, wäh­rend es jetzt feststeht, dass die Organisation der Vascularisation vorhergehen muss, und dass die erstere die nothweudige Bedin­
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ung der letzteren ist. Das Fibrin kann also zwar in so fern
wohl als eine gewebsbildende (histogenetische) Substanz an-
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264 Allgemeine pathologische Anatomie und Physiologie, Pathogenia.
gesehen werden, als es unmittelbar für das neue Gewebe als In-tercellularsnbstanz verwendet werden kann; dasselbe ist aber nicht als energetische Sabstauz dabei selbst thätig. Sie besitzt selbst nicht die Fähigkeit oder Kraft, den Organisalionsvorgang anzure­gen, noch weniger ihn auszuführen; sie verhält sich vielmehr ganz passiv hierbei. Nur durch die Action der im Fibrin befindlichen Zellen ist die Organisation desselben möglich; ohne solche muss es entweder resorbirt werden, oder dem Chemismus anheimfallen. Auch ist Fibrin nicht im Stande, aus sich selbst heraus die zur Organisation nothwendigen Zellen zu bilden. Eine Neubildung von zelligen Elementen ohne das quot;Vorhandensein älterer kommt im Kör­per nicht vor; jene können nur aus diesen hervorgehen. Niemals hat man im Gytoblastem (Plasma) neue Zellen entstehen gesehen. Die Neubildung aus Mntterzellen ist zwar auch noch nicht direct beobachtet worden, aber man hat neue Zellen immer nur in un­mittelbarer Nähe eines älteren Gewebes gefunden und an den Ele­menten des letzteren die verschiedensten Stadien und Ueberaiänge der fissiparen oder endogenen Neubildung unter dem Mikro­skope beobachtet (sect;. 39raquo;). In neuester Zeit ist noch eine andere Art der Neubildung durch Cohnheiurs höchst interessante Ver­suche (sect;. 535) zur Evidenz erhoben worden, nämlich die durch Auswanderung und Transformation der Lymphzellen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese bei allen physiologischen und patho­logischen Neubildungen, wenn nicht die alleinige, so doch die Hauptrolle spielt und es ist nur noch fraglich, wie weit das Mut­tergewebe bei der Transformation dieser Zellen betheiligt ist.
sect;. 396. Im Gesammtleben der Organismen kommen zwar Theile vor, welche anscheinend eine Art parasitärer Existenz füh­ren (überzählige Missbildungen); dieselben sind aber immer aus dem Ovulum mit hervorgegangen und nicht erst später durch von aussen hinein gelangte Keime oder durch Transformation des nor­malen embryonalen Gewebes entstanden, resp. erzeugt. Die ei­gentlichen Parasiten aber weiden stets nur durch Keime gebildet, welche von der Aussenwelt in oder an den Organismus gelangt sind, und ihre Existenz ist überdies i. d. R. nur temporär mit der des Wohnthieres verknüpft, während die Neu- und Missbil­dungen immer nur durch und mit ihrem Mutterboden entstehen und bestehen.
Demnach sind zuerst die eigentlichen Neubildungen (Neo-
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;265
plasien) und dann die Schmarotzer (Parasiten sect;. 536) in Betracht zu ziehen, in so fern letztere der Hauslhieve zu ihrer Existenz bedürfen. Von den Parasiten der Plianzen, so weit sie Krankheitsursache werden können, ist schon sect;. 143 die Piede ge­wesen.
Die Ncubiidungcn (Neoplasmata s. Pscudoplasniatn).
sect;. 397. Alle Neubildungen sind entweder rein formativer Natur, d. h. ein einfacher Zuwachs an solchen Elementen, welche denen des Mutterbodens gleichen (Homöoplasien); oder trans-formativer Art, d. h. eine Umgestaltung bereits vorhandener Ele­mente ohne den Hinzutritt neuer (Heteroplasien); oder die heteroplastischen Gewebe werden gleichzeitig hyperplastisch und bilden dann die sog. Geschwülste (Tumores).
Wenn die normalen Elemente in grösserer Zuhl gebildet wer­den, so bezeichnet man die Neubildung als eine Hyperplasie, zum Unterschiede von der Hypertrophie, bei welcher der Zel­len-Numerus derselbe geblieben ist, aber die Zellen selbst grosser geworden sind und das Organ an Volumen zugenommen hat. Die Heteroplasie ist dagegen eine Entartung (Degeneratio) des Gewebes, welche auf Neubildung anderer Zellen beruht. Diese haben aber immer in einem gewissen Gebiete derselben Thier-species ihr normales Analogon. Die Structur der heterologen Ele­mente weicht von der der Matrix ab, während sie bei der Hyper­plasie derselben gleich oder ähnlich ist. Bei allen heterologen Neubildungen findet also eine Transformation der normalen eingewanderten oder bereits vorhandenen Zellen Statt, und diese fortschreitende Transformation bedingt das Wachsthtun der Neu­bildungen von der Grenze des Normalen aus, mithin durch An-setzung (Apposii-io) neuer heterologer Zellen. Die Elemente der Neubildungen vermehren oder vervielfältigen sich i. d. R. nicht aus sich und durch sich selbst, sie können nur grosser werden und dadurch zur Vermehrung des Volumen des ganzen Neugebil­des beitragen. Nur bei den Lymphomen und Sarkomen glauben Manche eine endogene Zellenvermehrung annehmen zu müssen. Eine fissipare Vermehrung der neugebildetcn Zellen findet nicht Statt. Stimmt die heteroplastische Neubildung generisch mit der Matrix überein, so dass beide zu derselben Gewebsgruppe gehö­ren (z.B. Pflaster- und Cylinder-Epithel, Binde- und Fett-Gewebe),
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Neubildungen.
so bezeiebnot mau die Heterologie als eine unvollkommene, weil sie der Hyperplasie näher steht, während die vollkommenen ileteroplasien aus Elementen bestehen, welche der Matrix ge-nerisch ganz fremd sind.
398. Die Zellenueubilduug geschieht in drei verschie-
denen Formen, und zwar durch Theilung bereits vorhaudeuer Zel­len (fissipare Neubildung), oder durch Erzeugung junger Zellen im Inneren auderer (endogene Neubildung), oder durch Aus- (resp. Ein-) Wanderung von Lymphzellen. Die lissipare Neubildung geschieht durch Theilung (Spaltung) älterer Zellen und langt immer mit dem Kerne, nach der Ansicht Vieler mit dem Nucloolus, an. Der Kern ist mithin um so mehr als der eigentliche Zellenbildner (Cytoblast) zu betrachten, als er der resisten-teste Theil der Zelle ist und selbst dann noch die Restitution der Zelle bewirken kann, wenn die Membran zu Grunde gegangen ist, während die ganze Zelle sicher abstirbt, wenn der Kern todt ist.
sect;. -ÜBO. In der Eegel hat die Theilung der Kerne auch die der Zellen zur Folge; zuweilen aber persistiren diese, so dass sie zwei oder mehrere Kerne enthalten, sogar A-on ihnen ganz erfüllt werden. Diesen Vorgang nennt man eine progressive Nuc-leation, die Zellen multinucleäre Zellen (Eotzzellen, Myeloplaxes). Diese kommen normaliter vor in dem Kno­chenmark und sind nach den neuesten Forschungen wahrscheinlich die Quelle der rothen Blutkügelchen; ausserdem findet man sie in der Leber und im Gehirn. Sie sind überhaupt nicht bestimmten Neoplasmen eigeuthümlich, sondern können gelegentlich in allen vorkommen.
sect;. 400. Gewöhnlich theilen sich aber die Zellen, nachdem sie durch Vermehrung ihrer Kerne grosser, eingebuchtet resp. ein­gekerbt worden sind, und in den allermeisten Fällen geschieht diese Theilung dichotomisch; jedoch scheint eine Theilung in meh­rere Zellen (z. B. bei den Myeloplaxes) auch vorzukommen. Mi­kroskopisch sieht man nur das Resultat der Theilung, niemals den Modus derselben. Die neuen Zellen haben dabei immer eine der Mutterzelle ähnliche Form.
Die endogene Zellenbildung geschieht dagegen durch Bildung neuer Zellen in einer Mutterzelle, wahrscheinlich durch eine Furchung des Protoplasma in ähnlicher quot;Weise, wie beim Ovu-ium, d. h. intracellulär. Die Mutterzelle lässt die neuen Zellen
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Neubildungennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 267
uns ihrem Inneren heraus geboren werden und besieht dabei ent­weder fort oder geht zu Grunde. Im letzteren Falle wird ihre Membran entweder zur Bildung der jungen Zellen verwendet oder sie zerfällt und wird resorbirt (Lymphosarkome bei der Franzosen-krankheit). Auch findet man zuweilen, dass sich im Proto­plasma einer Zelle Hohlräume (l'hysalideu) bilden, welche mit einer Membran ausgekleidet sind, und da sie kernlos sind, unvoilstäudigeu Zellen gleichen. Ob diese Physaliden aus ihren Mutterzellen (Physalip.horen) heraustreten und neue Zellen bilden können, ist noch zweifelhaft. Man findet sie nicht selten in Neubildungen, am häufigsten in Cancroideu.
Von anderer Seite wird die Zellenueubildung durch fissipare oder endogene Theilung als unerwiesen angesehen und behauptet, dass alle neugebildeten 2'ellen aus ausgewanderten Lvmphzellen entstehen, welche die „Zuchtzellenquot; (Kremiansky) für alle physiologischen und pathologischen Elemente des Körpers seien. Hiervon wird bei der Eiterbildung specieller die Rede sein (sect;. 523.).
sect;. 401. Alle jungen Zellen, gleich auf welche Weise sie ent­standen, sind kleiner, als die Mutterzellen, nehmen aber durch Wachsthum später alhnählig deren Grosse an. In Geweben, wel­che eine Intercellular-Stibstanz haben (alle, ausser den Epithelien), wird diese mit der Zeit durch die Anfangs nahe zusammenliegen­den neuen Zellen ausgeschieden. In Folge dessen rücken diese immer mehr auseinander, so dass die Neubildung auch ohne Zunahme der Zellenzahl grosser wird. Haben sich auf diese Weise die Eigen­schaften der Matrix m. o w. vollständig auf das Neugebildete ver­erbt, so stellt dieses eine einfache Hyperplasie dar, und wenn sie zugleich substituirend für zu Grunde gegangenes Muttergewebe auftritt, so dass es dessen Function ersetzen kann, weil sich an Stelle der alten Mutterzellen direct neue derselben Art gebildet haben, so bezeichnet man die Neubildung als eine Hyperplasia per prima'm intentionem. Die höher organisirteu Zellen gehen selten in diese Art der Hyperplasie über; am meisten sind die indolenteren (Binde-, Knochen- etc. Gewebe) derselben fähig.
sect;. 402. Als Hyperplasia per soeundam intentionem bezeichnet man dagegen diejenige, welche dadurch zu Stande ge­kommen ist, dass die Zellen des Malriculargewebes zunächst durch Theilung in Granulations- oder Bildungs- oder Primor-
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Neubildungen.
dial-Zellen zu Gründe gegangen sind. Diese sind einfache kleine runde Zollen mit einem Kern, wie das Ovulam des Embryo, mit fein granulirtem Inhalte. Sie gehen meist aus den niedriger or-ganisirten Geweben der Biudegewebsreihe hervor, (Binde-, Knorpel-, Knochen-Gewebe), welche den allgemeinen Anforderungen des Le­bens und der Vegetation besser entsprechen, als die nur für be­stimmte Zwecke vorhandenen specifischen Gewebe (Drüsen, Leber, Muskeln, Nerven etc.). Erstere dienen daher oft nur zum unvoll­kommenen Ersätze der letzteren.
sect;. 403. Indessen steht es fest, dass die Cutis mit Haarsäck-chen und Talgdrüsen, dass Nerven und Muskeln neu gebildet werden können, ohne aus Granulationszellen hervorzugehen. Weber und Waideyer glauben Muskelfasern aus Granulations- und Narben­zellen hervorgehen gesehen zu haben. Neumann läugnet diese Art der .Regeneration und behauptet, dass die neugebildeten Mus­kelfasern in einer Muskelnarbe durch Knospung aus den getrenn­ten Stumpfen hervorwachsen, ohne Vermittlung von Granulations­zellen, class aber hierbei die gegenüberstehenden Muskelfaseren­den sich nicht direct mit einander verbinden, sondern fingerförmig ineinander greifen. Maslowsky endlich lässt die neugebildeten Muskelelemeute aus emigrirten farblosen Blutzollen hervorgehen.
sect;. 404. Die Granulationszellen sind leicht zerstörbar, daher man in mikroskopischen Präparaten nicht selten in Folge der Prä­paration resp. der Fäulniss als posthume oder postmortale Er­scheinung freie Kerne findet, welche von Manchen irrthümlich für die ersten Krystallisationspunkte der in der Bildung begriffenen neuen Zellen angesehen worden sind. Solche Kerne bilden sich aber niemals ausserhalb der Zellen. Die Granulationszellen kön­nen sich durch fortschreitende Theilung so schnell neubilden, dass ein ganzer Heerd von diesen kleinen einkernigen Pundzellen ent­steht, welche nicht den Habitus des Muttergewebes an sich tra­gen. Besonders schnell geschieht dieses bei der sog. üppigen Granulation (Caro luxurians) und daher haben diese Zellen ihren Namen erhalten. Sie haben ihr physiologisches Analogen nur im Ei des Fötus, und zwar nicht nur in Beziehung auf die Form, sondern auch darin, dass man ihnen ihre zukünftige Bestim­mung nicht ansehen kann.
Erst nach kürzerem oder längerem Bestehen fangen die Gra­nulationszellen an, sich zu differenziren, d. h. sich so in ihrer
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 269
Form zu verändern, class sie aUmählig in bestimmte persistiremle Zellen transformirt werden. Erreichen sie eine solche Transfor­mation nicht, so gehen sie zu Grunde (Tuberkeln, Eiter). Wer­den sie durch die Transformation den Elementen des Mutterger wehes gleich oder ähnlich, so ist die Neubildung eine homologe; werden sie aber von denselben verschieden, so ist sie eine hete-rologe. Wir beurtheilen also die Homologie und Heterologie nach dem Ausgange resp. dem Ende der Neubildung und bezeich­nen diese als je heterologer, je mehr sie von dem Muttergewebe different ist.
sect;. 405. Die homologen Neubildungen sind ihrer Natur nach die gutartigen (benignen), die heterologen Neopla-sien die bösartigen (malignen). Abweichungen von dieser Re­gel sind in accidentellen Verhältnissen begründet, welche aller­dings in jedem Specialfalle besonders gewürdigt werden müssen. Es kann sogar ein Neugebilde seiner Natur nach theils gutartig, theils bösartig sein, nämlich wenn es ein Compositum von Neo-plasien benigner und maligner Art ist.
Klinisch unterscheidet man gut- und bösartige Geschwül­ste. Die gutartigen bestehen aus einfachen Geweben, treten zwar sowohl solitär wie multipel auf, sind aber nicht infectiös, d. h. sie sind rein örtliche Neubildungen. Sie wirken nur schädlich durch Verdrängung der normalen Gewebe, durch Verödung und Atro­phie derselben in Folge von Druck oder Zerrung und durch Störung der Function. Bösartige Geschwülste sind entweder der Ausdruck eines dyskratischen Allgemeinleidens (?) oder ziehen ein solches nach sich (Tuberkeln, Carcinome, etc.).
Die topischen Eigenschaften, durch welche sich die gutarti­gen von den bösartigen Geschwülsten im Allgemeinen unterschei­den, sind nicht scharf zu bezeichnen, ermöglichen aber i. d. R. die Beurtheilung des Grades der Malignität.
Gutartige Geschwülste sind an sich gar nicht, oder nur vor­übergehend etwas schmerzhaft; nur wenn sie durch ihre Grosse oder zufälligen Sitz Druck oder Zerrung der Umgebung veranlas­sen oder selbst schädlichen Einflüssen ausgesetzt werden, pdegen sie schmerzhaft zu sein. Eine Ausnahme bilden die Neurome (cf. sect;. 510), welche i. d. R. sehr schmerzhaft, selbst multipel, aber sonst unschädlich sind. Bösartige Geschwülste sind oder wer-
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Neubildungeu.
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den wenigstens i. d. R. sclimerzliaft, zunäelist wegen Zerrung, dann in Folge der speeifischen Reizung des umgebenden Gewebes.
Gutartige Gesclnvülstc sind meist scharf umschrieben; die bösartigen dagegen erscheinen häufig in Form von Infiltration, ohne strenge Grenze; doch kann auch eine bösartige Neubildung in den meisten Richtungen umschrieben sein.
Bösartige Aftergebilde wachsen meist schneller, doch auch einzelne Krebsformen in den ersten Jahren oft langsam; und ein relativ gutartiges Cystosarkom kann in wenigen Tagen Kiudskopfsgrösse erreichen und dadurch gefährlich werden.
Die allgemeine Decke bleibt bei gutartigen Bildungen i. d. R. verschiebbar; nur wenn durch Druck eine Entzündung einge­leitet wird, kommt es zur Fixirung der Haut. Bösartige Geschwül­ste verwachsen früh mit der Haut, ausser wenn sie von letzterer durch eine Aponeurose oder seröse Membran getrennt sind.
Das gleichzeitige seeundüre Vorkommen au mehreren Stellen oder in verschiedenen Systemen des Organismus spricht meist für Bösartigkeit. Gutartige Gebilde (Warzen, Balggeschwülste, Chon-drome, Lipome und Fibrome) treten höchstens in einem be­stimmten Muttergewebe auf. Voluminöse Krebse, sowie der ein­fache Epithelialkrebs, bleiben oft soiitär, sind aber doch von Na­tur bösartige Geschwülste.
Bei bösartigen Neubildungen schwellen die benachbarten Lymphdrüsen an, wobei die consensuelle Anschwellung in Folge der Entzündung und Eifernng wohl von der infectiösen zu unter­scheiden ist. Bei consensueller Schwellung ist die Härte nie be­deutend, die Empfindlichkeit nicht oder nur durch Entzündung gesteigert. Die Schwellung nimmt durch ein antiphlogistisches Verfahren ab und schwindet, wenn die Entzündung oder die ur­sprüngliche Geschwulst beseitigt ist. Bei Infection ist dagegen die Härte und Schmerzhaftigkeit bedeutend, die Verschiebbarkeit gering. Der Eintritt der Drüsen-Anschwellung hängt hauptsächlich von der früheren oder späteren Erweichung der ursprünglichen Ge­schwulst ab. Je reicher eine Sarkom- oder Krebs-Geschwulst an zelligen Elementen und Blutgefässen, je mehr sie in die Umge­bung mfiltrirt d. h. je weniger scharf begrenzt sie ist, um so leich­ter erfolgen Infection der Lymphdrüsen und Metastasen (Blut­schwamm). Bösartige Gebilde fangen bald an, sich an mehreren Stellen gleichzeitig zu erweichen, und zwar je nach Verschieden-
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;271
heit des Bodens; gutartige Geschwülste erweichen, verschwuren oder eitern nur an der Oberfläche in Folge von Entzündung durch mechanische Eeizung.
Durch Reizung mit Medicamenten, Verletzung, partielle Ex-stirpation etc. wird der Vegetationsprozess bösartiger Geschwülste lebhaft angeregt und die Verschwürung greift weiter um sich. Bösartige Geschwülste besitzen grosse locale RecidivirungsfäJugkeit (Sarkome), gutartige nicht. Erstere erzeugen eine Dyskrasie, letz­tere nicht oder nur bei sehr copiöser und anhaltender Eiterung.
Erstere vervielfältigen sich durch embolisehe Verschlep­pung (Metastasenbildung, Dissemination); gutartige sind wohl zn-wreilen multipel (Warzen), infleiren aber weder entfernte Theile, noch das Blut (Billroth).
sect;. 406. Femer unterscheidet man einfache und zusam­mengesetzte Neoplasieu. Erstere entsprechen dem Habitus einfacher normaler Gewebe des Körpers (z. B. Cancroid), sind also histioider Natur; die zusammengesetzten dagegen enthal­ten an verschiedenen Stellen verschiedene Gewebe. Ist die An­ordnung der letzteren eine regelmässige, typische, so bezeichnet man die Neubildung als eine organoide (z. B. Carcinom); tre­ten dagegen mehrere Arten der Neubildung in unregelmässiger Anordnung nebeneinander auf, so nennt mau das Ganze eine Com­bination. Liegen mehrere organoide Neoplasien in regelmässi-ger Weise zusammen, so dass sie einem ganzen Systeme des Körpers in unvollständiger Eeproduction entsprechen, (Haut, Mus­keln, Knochen, Gefässe, Nerven), so bezeichnet man das Conglo-merat als eine Missbildung oder teratoide Neubildung. Liegen sie dagegen ganz unregelmässig beisammen, so ist dieses ein Na­turspiel, Lusus naturae.
sect;. 407. Kommen Neoplasien derselben Art an vielen Stellen des Körpers vor, so befinden sich dieselben i d. K. in demselben Gew'ebssysteme, in welchem man dann eine gewisse Vulnera-bilität (Prädisposition) voraussetzt. Dann werden sie im Ge­gensatze zu den einzig und allein stehenden (selitären) Neoplasien multiple genannt. Ist eine primäre Neubildung die Ursache der Entstehung seeundärer, so bezeichnet man sie als infectiöse Neu­gebilde. Die seeundären Neugebilde können durch Dissemina­tion oder durch Metastase entstehen. Haben sie sich auf einem dieser Wege allgemein im Körper verbreitet, so bezeichnet man diese
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Verbreitung mit Generalisation. Repulluliren und Reci-diviren nennt man das Wiedererscheinen einer Neubildung der­selben Art an Stelle oder in unmittelbarer Nähe einer exstirpirten.
sect;. 408. Ersetzt eine homologe Neubildung einen verloren gegangenen Tiieil vollständig (Huf, Nerven, Epithel, Linse), so ist dieses eine Regeneration; wird dagegen der Ersatz durch ein eigeutlnimliehes straffes Bindegewebe geliefert, so nennt man die­sen Vorgang eine Narbenbildung (Cicatrisatio). Bestehen die Neubildungen das ganze Leben hindurch fort, so bezeichnet man sie als permanente oder besser persistente; tragen sie dagegen von vorn herein die Tendenz zum Untergänge in sich (Tuberkeln, Uotzknoten, Eiter), so heissen sie trän sit orische Neugebilde. Haben sie theilweise den einen oder anderen Cha­rakter, so sind sie gemischter, d. h. z. Th. persistenter, z. Th. transitorischer Natur.
sect;. 409. Jede Neubildung entsteht in Folge einer Action des Gewebes, diese durch einen Reiz (Irritamentum), welcher ge­wöhnlich nur eine kaum bemerkbare Reizung (Irritatio), zuwei­len indess auch eine wirkliche Entzündung hervorruft. Sind diese Jrritamente Seminien, so entstehen durch dieselben Neubildun­gen, weiche denen gleich sind, von denen die Seininion ausgingen. Wenn die Irritation als veranlassende Ursache aufhört, so sistirt die Neubildung im Wachstbum und es kann sogar eine Rückbil­dung, fettige Metamorphose und Resorption eintreten.
Im Allgemeinen ist die Natur der Neubildungen von der Art der Reize, von der histologischen Einrichtung und specifischen Na­tur der afficirten Gewebe und den Ernährungsverhältnissen der letzteren abhängig. Ist der Reiz für das betroffene Gewebe ein adäquater, so führt er zur flyperplasie, wenn ein heterologer, zur Heteroplasie, wenn ein die Existenz aufhebender zur Nekrobiose resp. Nekrose (sect;sect;. 198. 213.)
sect;. 410. Dient die Neubildung zum Ersätze zu Grunde ge­gangener Theile, so beruht sie auf einem reactiven Prozesse. Bil­det sie dagegen etwas Unbrauchbares, räumlich Beengendes oder feindselig Reizendes, so ist sie entweder etwas üeb er flüssiges (Luxuriatio), oder eine maligne Neubildung. Diese Eigenschaften werden also nicht allein durch die Natur der Neubildungen an sich, sondern auch durch die Gewebe bedingt, in welchen sie entstan­den sind (Hyperplasie, Heteroplasie). Bei der Beurtheilung der
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 273
Dignität der Neugebilde kommen also alle die erwähnten Ver­hältnisse in Betracht.
1. Neubildung des Bindegewebes.
sect;.411. Eine solche findet immer Statt bei Heilung der Wun­den. Ist eine Wunde in der Art zugefügt worden, dass sich weder Blut noch Exsudat zwischen die Wundflächen ergossen hat, so dass diese sich unmittelbar berühren-, so können sich die Ränder durch directe Verklebung (Agglutinatio), d. h. ohne Neu­bildung, wieder verbinden. Nur die nächste Umgebung der Wund­flächen selbst wird in Folge des durch die Verwundungquot;'erzeug­ten formativen Reizes in Reizung versetzt, welche durch Theilung der Zellen des interstitiellen Bindegewebes oder durch Einwan­derung von Lymphzellen zur Neubildung von Navbengewebe führt, welches eine geringlaquo; Verdickung des benachbarten Gewebes be­dingt, aber nicht zur Verbindung der Wundflächen selbst beiträgt. Ist dagegen Blut oder Exsudat zwischen die Wundflächen getre­ten, so dass es die Berührung derselben hindert, so bilden sie stets ein Hinderniss für die Heilung, da sie immer erst beseitigt werden müssen, um die Heilung per primam intentionem zu ermöglichen. Zur Neu- und Narben-Bildung selbst können Blut­ergüsse und Exsudate nicht verwendet werden; höchstens haben sie bei klaffenden Wunden den Nutzen der Deckung und der Ab­haltung der atmosphärischen Luft. Unter diesen Umständen kann z. B. bei subeutanen Verletzungen ein Ersatz durch Narbenge­webe p. prim. int. eintreten, indem die benachbarten Bindegewebs-zellen sich durch Theilung hyperplastisch vermehren, ohne erst Granulations- oder Eiterzellen zu bilden oder indem die einge­wanderten Lymphzellen in Bindegewebszellen transformirt und or-ganisirt werden.
sect;. 4! 2. Bei der Heilung der mit Substanzverlust verbunde­nen oder klaffenden Wunden per seeundam intentionem un­terscheidet man das Stadium der Reizung (Irritatio) oder Entzündung (Inflammatio), das Stadium der Eiterung (Suppuratio), das der Neubildung (Grauulatio) und der Vernarbung (Cicatrisatio)
sect; 413. Eiter (Pus) konnte nach der bisherigen Ansicht (Virchow) nur aus dem Bindegewebe oder Epithel durch fissi-pare oder endogene Zellenbildung hervorgehen; nach Cohnheim's
Kühne, äug. Veterin. Path.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 10
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Neubildungen.
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Versuclu'ii (sect;.523.) wird ietzt jedoch alluemein aDgenoramen, dass, wenn nicht alle, so doch das Haupt-Coiitingeot der Eilerzellen durch ausgewanderte Lymphzellen geliefert wird. Ein Theil der, sei es auf welche Weise ueugelüldeten oder eingewanderten, Zellen bleibt als eiakevuige Granulationszellen mit dem Bindeeewebe in Verbindung:, um als Granulations- und später als Narben-Ge­webe zu persistiren; der andere Theil wandelt sich in m^hrker-uige Eiterzellen um, welche isolirt bleiben und eine transitori-sche Existenz führen. Reiner Eiter (Pus bonum et lau-dabile) besteht nur aus diesen mehrkernigen Zellen und einer flüssigen, Intercellularsubstanz und ist eine tür den Körper ver­lorene (luxuriöse) Production. Er hat nur nebenbei den Nutzen, die Wundflächen zu decken, und vor dem Einflüsse der atmosphä­rischen Luft und sonstiger störenden Potenzen zu schützen. Er trocknet schliesslich mil der äussersten FJäclie der Granula-tionsschicht zu einem sog. Heilschorf zusammen. Die jüngsten Granulationszellen, welche zunächst au der Oberfläche locker zu­sammen lagern, sondern allmählich eine Intercellularsubstanz ab, durch welche sie mit einander in Verbindung ü-eten und mit. wel­cher sie das Granulationsgewebe bilden. Nach längerer Dauer bekommen die anfangs runden Zellen allmählig eine gestreckte Form, sie erhalten Ausläufer, welche mit einander in Verbindung treten und den iutraceilulären Stoffwechsel vermitteln. Die anfangs homogene Intercellularsubstanz wird nach und nach libril-lär und auf diese Weise gehen die älteren in der Tiefe liegenden Schichten des Granulationsgewebes allmählig in Narbengewebe über, während an der Oberfläche die Neubildung vorschreitet und die Eiterbildung fortbesteht. Dieser Prozess dauert so lange an, bis der Substanzverlust ersetzt oder die entstandene Lücke aus­gefüllt ist. Dann wandelt sich das zuletzt entstandene, an der Oberfläche gelegene, Granulationsgewebe ebenfalls in Narbengewebe um, die Eiterbildung hört auf und es bildet sich der bereits er­wähnte Heilschorf. An einzelnen Stellen erweitert sich eine ganze Reihe der die Granulations- oder Narben-Zellen verbindenden Ausläufer zu Kanälen, welche mit den benachbarten Blutgefässen in Verbindung treten. Auf diese Weise bilden sich neue Gefässe, welche den Stoffwechsel und die Fortexistenz der neugebildeten Narbenmasse möglich machen.
Späterhin schrumpfen sowohl die neugebildeten Narbenzellen
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wie deren Intercellularsnbstanz stark zusammen, die neugebildeten Gefässe weiden dadurch comprimirt, sie werden blutleer (veröden) und auf diese Weise entsteht unter Erregung eines juckenden Ge­fühls die Narben-Strictur oder Retraction, in Folge deren das Nachbiirgewebe stark herangezogen wird.
sect;. 414. Gehen die neugebildeten Granulations- foder ausge­wanderten Lymph-) Zellen in Eiterzellen über, ohne dass ein Theil derselben sich in Bindegewebszellen umwandelt, so wird durch fortschreitende Tbeilung (oder Zerfall?) der Zellen des normalen Gewebes dieses allmählig zerstört, aulgelöst und in Form des Ei­ters (oder als Zerfallsmasse?) an die Oberfläche geworfen. Dann bezeichnet man den Vorgang als eine Verschwärung, üice-ratio, und eine derartige defecte Stelle selbst als ein Geschwür, ülcus, selbst wenn an einzelnen Stellen die Bildung von Granu­lationsgewebe stattfindet Dieses kommt dana nicht zum Ab­schlüsse, wuchert hervor, während an anderen Stellen der Zerfall resp. die Eiterung fortdauert. Das ist ein Geschwür mit üppi­ger Granulation (Caro luxurians). Wächst die Granulation bei zurückbleibendem Grunde von den Seiten so nahe aneinander, dass ein Kanal entsteht, an dessen innerstem Ende (z. B. in Folge der Einwirkung eines fremden Körpers, Knochenstückchens oder von Caries) der Eiterungs- und Zerstörungs - Prozess fort­schreitet, so hat sich eine Fistel (Fi stula) gebildet, deren Yer-narbung durch den fortwährend vom Grunde hervordrängenden Eiter verhindert wird. Die Wandung des Kanals bildet fast gar keinen Eiter mehr, sondern nur der Grund der Fistel. Diese wird entweder nach dem Organe, in welchem die Eiterung ihren Ursprung hat (Knorpel-, Knochen-, Zahn-Fistel) oder, wenn dieses ein Se- oder Excretionsorgan ist und der Eiter mit dem Secret durch die Fistelöffnung zu Tage tritt, nach diesen Secreten (Milch-, Speichel-, Harn-, Koth-Fistel) benannt.
sect;. 415. Seit der von vielen Seiten bestätigten Entdeckung Cohnheim's (sect;. 523) von der Auswanderung der Lymphzellen ist die Theilung der Biudegewebszellen bei der Eiterung von vie­len Seiten angezweifelt resp. geläugnet worden, weil die Kernthei-lung noch nicht die Theilung des Zellenleibes beweist und diese bis jetzt noch von Niemanden nachgewiesen ist. Man ist daher geneigt, die auswandernden oder exmittirten farblosen Blut- oder Lymph-Zellen, welche in der Milz und in den Lymphdrüsen er-
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zeugt werden, mit dem Blute circuliren und mit der intracel-lulären Saft Strömung fortbewegt werden, als die Zuchtzel-len (Recklinghausen) für sämmtlifihe physiologisclie und pa-thologisrhe Gewebselemente anzusehen. Sie sollen, wenn sie nicht als Eiterzellen oder Gramilationszellen zu Grunde gehen, die Ei­genschaften derjenigen Gewebselemente annehmen, unter deren Ge­sellschaft sie gerathen (Pagenstecher's Theorie der Contact-wirkung).
Sogar die nengebildeten gestreiften Muskelfasern sollen nach Maslowsky aus Wanderzellen hervorgehen. Die alte Theorie vom Nisus formativus lebt also in so fern wieder auf, als die benachbarten normalen Gewebe auch einen Einfluss auf die Art der Organisation neu gebildeter Massen haben.
2. Neubildungen von Fettgewebe.
sect;. 416. Von der fettigen Degeneration und der Fett-Meta­morphose ist schon bei den nekrobiotischen Prozessen die Rede gewesen (sect;sect;. 198, 213); hier handelt es sich nur um die hyper­plastische und heteroplastische Neubildung von Fettgewebe.
Die Infiltration mit Fett kommt bei der Leber physiolo­gisch vor, indem die Leberzellen nach jeder Mahlzeit vorüberge­hend Fett aufnehmen, ohne dadurch in ihrer Function beeinträch­tigt zu werden. Eine Vermehrung des Inhalts der Fettgewebs­zellen stellt einen einfachen Füllungszustand, eine Hypertrophie, dar. Die Transformation normaler Gewebe in Fettgewebe ist da­gegen Folge eines activen Vorganges und kommt am häufigsten vor im Schleim- und Knorpel - Gewebe, kann aber in allen Ge­weben der Bindegewebsreihe eintreten. Hierher gehört die Um­wandlung der Knochenzellen in Markzellen (cf. Knochenbrüchigkeit sect;. 222, 228). Geschieht die Transformation in Fettgewebe allge­mein, so stellt der Zustand die Fettsucht, Obesitas s. Poly-sarcia, dar. In der Regel ist er mit Hyperplasie des Fettge­webes verbunden, und ist besonders häufig im Panniculus adi'-posus s. tela adiposa unter der äusseren Haut. Die Fett­zellen gehen aus den Bindegewebszellen hervor, selten aus dem Perineurium und der Neuroglia. Auch die höher organisir-ten (z. B. Muskel-) Zellen gehen eine Transformation in Fett­zellen so leicht nicht ein (wohl aber eine fettige Degeneration), sondern sie werden i. d. R. nur in Folge der Hypertrophie oder
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 277
Hyperplasie des Fettgewebes durch Druck atrophisch und hierin ist besonders die Malignität dieser Zustände begründet (z. B. Herz). Wenn vorhandenes Fettgewebe an einer begrenzten Stelle hyper­plastisch wuchert, so stellt dieses eine Fettgewebsgeschwnlst (Lipoma) dar (besonders häufig am Gekröse, oft gestielt). Ent­hält dasselbe viel Bindegewebe, so heisst es eine Speckge­schwulst (Steatoma). Die Fettzellen haben dabei eine normale Grosse, sind aber an Zahl enorm vermehrt. Ist die Hyperplasie des Fettgewebes allgemein (excrescentia membranae adipo-sae), so ist sie gewöhnlich mit Hypertrophie desselben auf Kosten aller anderen Gewebe verbunden (Bukowiner Schweine).
sect;. 417. Heteioplastisch, also an Orten, wo man nor­males Fettgewebe nicht annehmen kann, tritt die Neubildung von Fettgewebe auf. entweder durch Theilung der Bindege­webszellen und Transformation der Granulationszellen in Fettzel­len, oder durch Transformation ausgewanderter Lymphzellen. Hierher gehören die häufig vorkommenden kleinen Lipome in der Binden Substanz der Nieren, im Gehirn, in der Scheidenhaut der Hoden etc. Trotzdem, dass Multiplicität bei ihnen Regel ist, so kann doch eine Dissemination von einem Mutterknoten aus nicht angenommen werden, noch weniger eine Fettdyskrasie, denn diese Lipome wachsen trotz der strengsten Diät und bei allge­meiner Abmagerung immer fort. Es muss vielmehr ein besonde­rer Reiz und eine gewisse Vulnerabilität (Prädisposition | der ge­nannten Gewebe angenommen werden, zumal die Erfahrung lehrt, dass die Anlage sowohl zur Heteroplasie, wie zur Hypertrophie und Hyperplasie des Fettgewebes in manchen Familien erblich und gewissen Eaijen eigenthümlich ist.
sect;. 418. Enthält das Lipom nur Fettgewebe, so bezeichnet man es als L. molle; dasselbe enthält in einem zarten, gross-maschigen Fettgewebe klares, flüssiges Fett so dass die Geschwulst fluctuirt. Ist m. o. w. Bindegewebe zwischen dem Fettgewebe, so ist es ein L. fibrosum, und wenn Kalksalze in dasselbe ab­gelagert sind, so bezeichnet man dasselbe als L. petrificum. Ist es sehr reich an Gelassen, so erscheint es röthlich und blutet bei den geringsten mechanischen Insulten und heisst dann L. te-langiectodes. Zwischen den genannten Formen finden die ver­schiedensten üebergänge Statt.
Jedes Lipom kann in Folge von mechanischen Insulten der
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Neubildungen.
Mortification und Verschwärung anheimfallen; letztere ist jedoch nur selten mit Granulation und Eiterung, sondern i. d. R. nur mit einem anhaltenden Auslluss von Fett verbunden. Alle Arten Lipome sind ihrem Charakter nach beni^ner Natur und stören nur durch ihren Sitz und ihre Grosse die Function und Ernährung benachbarter Organe ^Darmverschlingung).
;3. Die Fasergeschwülste, Fibromata.
sect;. 419. Sie bestehen in der Hauptsache aus Leim (Col­lagen) gebenden Bindegewebe und je nach dessen Intercellular-substanz unterscheidet man solche, welche eine gallertige, oder eine fibrilläre, oder eine knorpelharte, oder eine sehnenähnliche Intercellularsubstanz besitzen. Letztere sind den halbmond­förmigen Gelenkknorpeln (Cartilagines semilunares) analog, welche auch eigentlich keine Knorpel, sondern fibröse Ge­bilde sind.
Transformationen von anderen Geweben in Bindegewebe kommen am häufigsten am Knorpel- und Fett-Gewebe und an den emigrirlen, exsudirten oder extravasirten Lymphzellen, in den Thromben, Pseudoligamenten etc. vor.
Die Hyperplasie des Bindegewebes kann in einem Organe aligemein oder an beschränkten Stellen auftreten. Da das normale Gewebe in Folge solcher Hyperplasie durch Druck und Ernährungsstörung zu Grunde geht, so kann trotz einer Vergrös-serang des Volumen eine gleichzeitige Atrophie des normalen Ge­webes bestehen (Interstitielle Nephritis). Die progressive Atrophie wird i. d. R. erst dann makroskopisch bemerkbar, wenn die Schrumpfung (Retractio) des Bindegewebes eingetreten ist. Da die Organe in diesem Zustande dem Gefühle härter er­scheinen, so bezeichnet man denselben, wenn er ziemlich gleich-massig durch das Gewebe vertheilt ist, als Verhärtung (Indu-ratio). Ist die Entwickelung des Bindegewebes aber eine so be-trächtliche,dass selbst nach dessen Retraction das Organ noch ein bedeutend grösseres Volumen einnimmt, als im normalen Zustande und dass es äusserlich und innerlich zugleich hellgrau erscheint, so nennt man diese Geschwulst Seieroma und den Vorgang, welcher zu derselben geführt hat Sclerosis. Treten die Hy-perplasien des Bindegewebes local und in Geschwulstform auf, so stellen sie die Fasergeschwülste, Fibromata, dar und bilden
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 279
die verschiedenartigsten Neubildungen: in der äussereu Haut in der Regel mit papillären Wucherungen (Papillotnata) als Warzen (Verrucae), an den Schleimhäuten (Zahnfleisch) als Molusken, Polypen, im Unterhautbindegewebe als StoUbeu-len, Piephacken, Kuieschwamm, Tumor albus, Elephan­tiasis etc.
Heteroplastisch kommt die Bindegewebsneubildung in und an Knochen, besonders an den schwammigen (Spina ventosa) vor, indem das Knochengewebe, statt, wie normal in Markgewebe, in Bindegewebe übergeht, nachdem zuerst Granulationszellen, von denen ein Theil in Eiterzellen übergeht, gebildet worden waren.
4. Die Schleimgeschwülste, Tumores mueosi, Myxomata.
sect;. 420. Das Schleimgewebe, Tela mueosa, bildet die erste Grundlage des Fötus; die Whartonsche Sülze ist noch ein Rest davon. Auch findet es sich beim Fötus als submtanes und submueöses Gewebe, welches später in Fettgewebe übergeht. Persistent ist es nur als Glaskörper, dessen Zellen in einer Mucin haltigen Flüssigkeit liegen. Diese Zellen sind rund, spin­delförmig oder sternförmig und unterscheiden sich von den Knor­pelzellen durch den Mangel einer Kapsel und Lacune.
Liegen die Zellen des heteroplastischen oder au einem ande­ren Orte heterochronisch persistirenden Schleimgewebes dicht au einander, so gewinnt das Gewebe ein markiges Ansehen (Myxoma medullare). Liegen sie dagegen entfernt von einander, so er­scheint das Gewebe einer Colloidmasse ähnlich (M. gelatinosum). Ist die Intercellularsubstauz fibrillär geworden, so dass die Masse dem Bindegewebe sich nähert, so stellt das Neugebilde das M. fibrosum dar.
Das pathologische Schleimgewebe kann theils durch Trans­formation, theils durch Hyperplasie, theils durch Heteroplasie ent­stehen, theils als Heterochronie fortbestehen, wo es in Fettgewebe umgewandelt sein sollte.
Die Transformation und Heterochronie des Schleimgewe­bes findet am häufigsten im Fettgewebe Statt, und zwar an den Stellen, an welchen es am meisten den embryonalen Charakter zu bewahren pflegt, z.B. an den Geschlechtstheilen des Menschen, im Knochenmark
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Meuliildungen.
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bei der Knochenbrüchigkeit des Eindviehes (Markflüssigkeit) und an den Herzklappen der Hunde.
Die Hyper plasie des Schleimgewebes kommt am Auffällig­sten an den feinen Zotten der Placenta vor, und dann stellt das­selbe die sog. ßlasenmole (Mola bydatitosa) dar. Ausserdem können auch die erwähnten transformirten Myxome hyperplastisch werden.
Heteroplastisch kommt die Myxombildung am meisten an den nervösen Apparaten vor; diese wurden früher für Neurome (cf. sect;. 510) gehalten. Sie gehen aus Granulations- oder Lymph-Zellen hervor, welche statt einer leimgebenden (bindegewebigen) eine mucinhaltige Intercellularsubstauz bilden. Diese heteroplasti­schen Myxome können ebenfalls in den drei erwähnten Formen auftreten (M. medullare, gelatinosum und fibrosum) und sind persistirende Neubildungen, welche nicht zurück gebildet oder resorbirt, sondern nur durch Ulceration zerstört werden kön­nen. Sie kommen selbst in Sarkomen und Carcinomen vor. In der Regel wuchern sie in die Tiefe weiter, reeidiviren und repul-luliren leicht und sind ziemlich maligner Natur, obschon sie fast niemals multipel sind und nicht disseminiren oder metastasiren. Nur bei den heteroplastischen Formen kommt Letzteres zuwei­len vor.
5. Die Knorpelgeschwülste, Chondromata.
sect;. 421. Diese Geschwülste bestehen aus kapseltragenden Knorpelzellen und chondrinhaltiger Intercellularsubstauz und kom­men, wie die normalen Knorpel, in drei Formen als hyaline, Faser- und Netz - Chondrome (Ch. hyalinum, fibrosum, reticulare) vor.
Transformationen in Knorpelgewebe kommen am häu­figsten im Binde-, Fett-, Knochen- und Mark-Gewebe vor, z. B. in der Nähe der sog. falschen Gelenke (Pseudarthrosen) und veralteten Luxationen, wobei das umliegende Bindegewebe in Knorpelgewebe übergeht. Wenn dieses Gewebe sich hyperplastisch vermehrt, wächst, wuchert, dann ist es von den anderen Ghon-drom formen nicht zu unterscheiden.
Die eigentlichen homologen Hyperplasien der sonst normalen, persistenteji Knorpel stellen die wahren Ecchondrome dar; sie kommen an den Rippenknorpeln, an den Ringknorpeln der Tra-
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 281
chea ziemlich häufig vor. An den Gelenkenden der Knochen lö­sen sie sich später nicht selten ganz los und stellen dann die freien Knorpelgeschwülste, Ecchondromata libera oder die sog. Gelenkmäuse, Mures articulares, dar. Das Eccho-drom kann als Knorpel fortbestehen (Ecch. simplex) oder spä­ter verkalken (E. petrificum) oder verknöchern (£. ossi-ficum).
sect;. 422. Heteroplastisch bilden sich Chondrome an Stel­len und aus Geweben, an und in welchen im normalen Zustande kein Knorpel existirt, und zwar nicht durch Transformation aus dem Bindegewebe, sondern per secundam intentionem, d. h. aus Granulationszellen, und dann bezeichnet man sie als Enchondrome. Wenn z. B. ein transitorischer Knorpel nicht verknöchert, so ist er eine Heteroplasie der Zeit nach (He-terochronie), weil zu dieser Zeit an der Stelle kein Knorpel mehr existiren dürfte (Arthritis chronica); er bildet also dann ein Enchondrom. In der Kegel wuchert ein solcher Knorpel noch hyperplastisch und dann stellt er ein heteroplastisches Enchon­drom dar.
Selbst in bereits formirten Knochen und in anderen Geweben der verschiedensten Art (Euter, Hoden, Nieren) können sich En­chondrome entwickeln, die aber stets aus Granulationszellen her­vorgehen.
sect;. 423. Die Ecchondrome sind als homologe Bildungen zu den gutartigen zu zählen; die heterologen Enchondrome können sich aber durch Dissemination (und Metastasen?) vervielfältigen. Die Enchondrome sind, wie die Ecchondrome, entweder sehr ge-fässreich (E. telangiectodes), oder sie verkalken (E. petri­ficum), oder sie verknöchern (E. ossificum), oder sie gehen eine Erweichung ein, so dass sie stellenweis Höhlen enthalten, welche eine dem Mucin ähnliche Masse einschliessen (E. cysti-cum). Der regelmässige Ausgang dieser Erweichung, deren die Ecchondrome nicht fähig sind, ist die Verschwärung (ülceratio).
6. Die Knochengeschwülste, Osteomata. sect;. 424. Knochengeschwülste sind solche Neubildungen, welche von vornherein die Tendenz zur Bildung von Knochenge­webe, d. h. zur Verknöcherung in sich tragen, so dass diese als nothwendige, typische Entwickelung zu betrachten ist. Enthält
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Neubildungen
das Osteom durchweg Knocheuzellen und kalkhaltige latercellular-substanz, so stellt es die harte oder elfenbeinartige Kuo-chengeschwulst (0. durum s. eburnenm) dar; sind da­gegen in demselben gleichzeitig Markzellen enthalten, so erscheint es als schwammiges Osteom (0. spongiosum); sind die letz­teren überwiegend, so ist es ein weiches oder markiges Osteom (0. molle s. medullare).
Eine Transformation von Bindegewebszellen in Knochen­zellen findet norraaliter beim Dickenwachsthum der Knochen Statt, indem die innerste bindegewebige Schichte des Periosts in Knochengewebe traustormirt wird und der Knochen dnrch Appo­sition von Knochenzellen an Umfang zunimmt. Pathologisch fin­det eine solche Transformation Statt, z. B. an den Enden der Sehnen, wo sie unmittelbar mit den Knochen verbunden sind. An den Extremitäten der Vögel findet diese Verknöcherung regelmäs-sig und in grosser Ausdehnung Statt.
Die Transformation der Knorpelzellen in Knochenkörper ist an den transitorischen Knorpeln ebenfalls der reselmässige Ausgang; verknöchern dagegen permanente (Schild-, Schulterblatt-, Huf-) Knorpel, so ist dieses ein pathologischer Vorgang von ver­schiedener Dignität.
sect;. 425. Hyperplastische Osteome, seit alten Zeiten üeber-beine oder Knochenauswüchse, Exostosen, genannt, kommen nur an Knochen vor und bestehen aus neugebildeten Knochen-körperchen, welche aus der wuchernden innersten Bindegewebs-schichie einer Stelle des Periosts hervorgehen. Sie werden also auch von aussen angelagert und wachsen nicht aus der Knochen­substanz hervor. Diese Neubildungen nennt mau Osteophyten, so lange sie in einzelnen Theilen noch nicht in Knochengewebe übergegangenes Bindegewebe (quasi Markräume) enthalten, mithin noch nicht vollständig verknöchert, sondern in der Ausbildung be­griffen sind. Sind sie durch und durch verknöchert, so ist eine Exostose daraus hervorgegangen. Ist der grössere Theil der äus-seren Fläche eines Knochen mit einer Exostose besetzt, so nennt man diese auch wohl eine Periostose und wenn sie die ganze äussere Umfläihe (ohne die Gelenk flächen) überzieht, eine Hy-perostose. Die vorstehenden Bezeichnungen beziehen sich also nur auf verschiedene Stadien und Ausbreitungen desselben Prozesses.
Knochenneubildungen an der inneren, der Markhöhle zuge­wendeten Fläche der Knochen, Enostosen, entstehen dagegen,
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weil hier ein dem Periost analoges Gebilde nüht existlrt, dureh eine active Fortbildung der Markzellen in Knochenkörper.-, welche an die innere Fläche angesetzt werden.
Alle die erwähnten Neoplasien von Knochengewebe können solitär und multipel auftreten, besitzen aber nicht die Fähiükeit der Dissemination oder Metastasenbildung, sondern ihre Muitipli-cität beruht auf einer i. d. R. angeborenen Vulnerabilität (Prädis­position) des Knochengewebes oder Periosts, welches durch ver-hältnissmässig geringe Reize leichter afficirt wird (Spat, Schale, Ueberbein).
sect;. 42(). Heteroplastische Osteome entstehen immer in den Geweben der Bindegewebsreihe (ausser den Knochen) und zwar aus Granulationsze.len, allerdings vorwaltend leicht in der Nähe der Knochen (0. parosteale), ohne mit diesen in Ver­bindung zu stehen. Ferner kommen sie vor an der Dura mater, Arachnoidea, im Glaskörper, in der äusseren Haut, selbst in den Lungen und hier zwar sowohl primär, wie metastatiscb, denn die heteroplastischen Osteome haben einige Fähigkeit zn disseminiren.
6. Die schwarzen Flecke, Melanomata.
sect;. 427. Diese bestehen aus braun oder dunkel rauchgrau, auch schwarz pigmentirtem, aber sonst normalem Bindegewebe, wie es normaliter in der Iris und Choi-oidea vorkommt. An der Meningea kommen derartig pigmentirte hyperplastische BindegewebsWucherun­gen nicht selten vor. Häufiger sind (bei Pferden) die braunen, schwar­zen, nur wenig über der Fläche erhabenen, scharf begrenzten, Flecke von verschiedener Grosse in dem subserösen oder submucösen Bin­degewebe des Dünn-, namentlich des Hüft-Darmes, deren Grund­lage ein feinzelliges derbes, straffes, neugebildetes Bindegewebe ist. Woher das Pigment kommt, ist unbekannt. Dass es umgewandel­tes Hämatin sei und von früheren hämorrhagischen Darmkatarrhen herrühre, ist eine bis jetzt noch nicht bestätigte Vermuthung.
Die Melanome beeinträchtigen die Function und Existenz der Gewebe in keiner Weise, sind durchaus benigner Natur und unter­scheiden sich dadurch wesentlich von den Melano - Sarkomen (sect;. 434.).
7. Die Gliomata.
sect;. 428. Die Gliome sind Bindegewebs-Geschwülste, welche aus der die Gaglienzellen und Nervenfasern des Gehirns verbindenden
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Kittsubstanz (Neuroglia) durch hyperplastische Wucherung hervorgehen. Dieses Gewebe ist dem Habitus nach dem Bindegewebe gleich; dessen Intercellular-Substanz ist jedoch nicht bestimmt zu klassificiren, weil sie weder Mucin- noch Chondrin- haltig ist. Die Wucherung kann sich über kleinere oder grössere Abschnitte des Gehirns erstrecken. Meistens findet man sie an der inneren Ober-Hache der Ventrikel, welche aus einer bindegewebigen Schichte (Ependyma) besteht, oder im Spinalkanal als kleine Protube­ranzen. Meistens sind sie weich und stark vascularisirt (G. te-langiectodes); sind sie dagegen hart und gefässarm, so bezeich­net man sie als Scleromata. Diese sind also lediglich locale, interstitielle Hyperplasien der Neuroglie des Gehirns. Wenn dage­gen in Folge einer Encephalitis die Neuroglie auf Kosten der nervösen Elemente allgemein wuchert und dann in Retraction über­geht, so entsteht dadurch eine Verhärtung (Sclerosis') des Ge­hirns. Auch in der Körnerschichte der Retina d. M. sind öfter kleine Gliome gefunden worden.
8.nbsp; nbsp; Die Sandgeschwülste, Psammomata.
sect;. 429. Diese sind Geschwülste, welche aus dem die Adern der Adergeflechte verbindenden, der Neuroglie ähnlichen Gewebe durch Wucherung hervorgehen. In dieselben lagern sich bald con-centrisch geschichtete Kalkkörperchen ab, die sich wie Sand anfüh­len. Daher der Name. Auch in der dritten und vierten Hirnkam­mer und in der Pia mater, überhaupt an den choroidealen Geweben, kommen die Psammome vor. Die sogen. Pachionschen Drüsen an der Pia mater sind ebenfalls solche mit Kalkkörperchen durch­setzte Hyperplasien des Bindegewebes. Man findet sie so häufig ohne nachtheilige Folgen für das betr. Individuum, dass man sie für physiologische drüsige Gebilde gehalten hat.
9.nbsp; Die Fleischgeschwülste, Sarkomata.
sect;. 430. Die Sarkome haben seit alter Zeit ihren Namen daher, dass sie makroskopisch häufig eine dem Fleisch (Sarx) ähnliche Consistenz und Farbe haben, indess sie stehen mit dem Muskelge­webe durchaus nicht in irgend einer besonderen Beziehung. Sie sind vielmehr Neubildungen der Bindegewebsreihe, in denen die Zel­len sich auf Kosten der Intercellularsubstanz vergrössern, so dass diese bedeutend reducirt wird. Die Matrix hat stets einen ent­schieden bestimmenden Einfluss auf die besondere Art der Sarkome.
Sie geben nämlich entweder vom eigentlichen Bindegewebe
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aus (S. fibrosum s. Fibro-Sarkoma), oder von der Neuro-glie (S. gliosum s. Glio-S.), oder vom Schleimgewebe (S. mucosum s. Myxo-S.), oder vom Knorpelgewebe (S. car-tilaginosum s. Choudro-S.), oder vomKnochengewebe ('S. osteoides s. Osteo-S.).
Ausserdem unterscheidet man die Art der Sarkome nach der Form ihrer Zellen in Spindelzellen-, Rundzellen- und Riesenzellen-Sarkome.
sect;. 431. Das Spindel-oder Netzzellen-Sarkom (S. re-ticulo - cellularej enthält die früher für Krebszellen gehalte­nen sogenannten geschwänzten Körperchen; das sind ver-grösserte Spindelzellen mit bauchiger Auftreibung des Zellkörpers und langen, zuweilen strahligen Ausläufern. Sie enthalten ge­wöhnlich nur einen, aber unverhältnissmässig grossen, eiförmigen Kern, zuweilen zwei Kerne. Zwischen den Zellen befindet sieh in d. R. eine nicht beträchtliche Intercellular-Substanz. Das physio­logische Analogen für diese Neubildung ist die hinfällige Haut (Tunica deeidua) an der inneren Fläche der Schleimhaut des trächtigen Uterus.
sect;. 432. Das Rundzellen-Sarkom (S. globo-cellulare) besteht dagegen aus grossen runden Zellen, ähnlich den Knochen­markzellen, mit einem grossen Kern und einem deutlichen Kern-körperchen, so dass man oft, da die Zellenmembran äusserst hin-fällg ist, die frei gewordenen Kerne für Zellen zu halten geneigt ist, weil die Membran bei der Präparation leicht zerreisst. Die Zellen haben keine Fortsätze und ihre Intercellular-Substanz ist i. d. R. nicht beträchtlich.
sect;.433. Das Riesenzellen-Sarkom (S. giganto-cellu-lare) besteht aus Zellen, welche in ihrer Grosse alle bekannten Formen erheblich überragen. Sie haben keine bestimmte Form; diese nähert sich aber m. o. w. der runden, und sie enthalten stets viele Kerne mit deutlichen Kernkörperchen.
Die Kerne aller Arten von Sarkomen treten nach Einwirkung von Essigsäure deutlicher hervor, während die ausser ihnen i. d. R. in dem Protoplasma befindlichen formlosen Körner durch die Es­sigsäure gelöst werden, so dass der vorher getrübt erscheinende Zelleninhalt klar wird, ein Beweis, dass diese Körperchen Eiweis-substanzen sind.
sect;. 434. Das Melano-Sarkom ist ein pigmentirtes Rundzel-
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len-, zuweilen Spindelzellen-Sarkom; selten findet man beide zu­gleich in einer Gesihwulst vertreten. Das Pigment ist in Form kleiner schwarzer, eine lebhal'te Molecular - Bewegung zeigender Körnchen in den Zellen enthalten. Dasselbe ist mit dem Farbstoff der hintern Augenkammer (Ophthalmo-Melanin) identisch.
Je nach der Reichhaltigkeit an solchem Pigment erscheinen die Melano-Sarkome entweder ganz schwarz oder mehr rauchgrau oder braun, selbst hellgrau Ob ihnen das Pigment fertig mit dem Blute zugeführt, oder ob dasselbe erst durch eine den Sarkomzel­len eigenthümliche umsetzende (metabolische) Thätigkeit aas dem Hämatin bereitet wird, ist noch zweifelhaft. Da sie fast aus-schliesslich bei Grauschimmeln, nie bei weissgebornen Schimmeln, und nur höchst selten bei andersfarbigen Pferden gefunden wer­den, ist an eine Metastase oder Heterotopie des Haarfarbstoffes zu denken.
sect;. 43ö. Die Melano-Sarkome sind bei den Pferden, die Rund-zelleu-Sarkome bei den Hunden die am häufigsten vorkommenden. Bei den Wiederkäuern (Rind und Ziege) findet man melir die Osteo-Sarkome. Sie verursachen u.A. auch den Winddorn (Spina ven-tosa) des Unterkielers, welcher indess auch durch andere Ursa­chen mechanischer Natur bedingt werden kann Das Osteosarkom geht bei den platten Knochen i. d. R. von der Diploe, bei den Röhrenkuoclien von der Marksubsianz (S. myelogenum s. Myelo-osteo-Sarkoma), bei allen Knochen aber oft vom Periost aus (S. osteo - parosteale).
sect;. 436. Alle Sarkome sind maligner Natur, denn sie be­sitzen eine grosse Infectionsfähigkeit und vermögen nicht nur die unmittelbare Nachbarschaft durch eine continuirliche Infection (per contact um) in denselben Wucherungsprozess zu versetzen und nach ungründlicher Exstirpation zu repulluliren und mit grösse-rer Schnelligkeit zu wuchern, sondern sie ergreifen auch durch sprungweise (discontinuirliche) Infection (durch Wan­derung der Sarkomzellen?) entferntere Theile, zwischen welchen die normale Substanz intact bleibt; und endlich können sie durch eine metastatische Disseminat ion vermittelst des Lymph- und Blut-Gefässsystems die edelsten Organe (Lungen, Leber, Gekrösdrüsen, Herzklappen) inficiren und nach längerem oder kürzerem Siech-thume (Sarkomatosis) den Tod herbeiführen.
Die seeuudären Sarkome tragen nicht nur hinsichtlich ihres
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Zellenbaues, sondern auch betreffs ihrer Matrix als Fibro-, Glio-etc. Sarkome immer denselben Charakter, wie die primären, was besonders für ihre lufectionsfähigkeit spricht.
10. Die Granulationsgeschwülste, Granulomata. sect;. 487. Sie entstehen gleichfalls aus den Geweben der Binde-gewebsreihe, bringen es aber nicht bis zur Entwicklung eines dauer­haften Gewebes, sondern bleiben auf der Stufe eines gerinnen, hin­fälligen Granulationsgewebes stehen. Der käsige Zerfall und Untergang ist der regelmassige resp. nothwendige Ausgans ihrer Existenz. Der Neubildungsprozess beginnt in derselbamp;n Weise wie bei der Bildung des Granulationsgewebes bei der Heilung der Wunden und Geschwüre, indem zuerst trübe Schwellung oder acute Hypertrophie der ursprünglichen Zellen, dann Vermehrung ihrer Kerne und zuletzt, Zelleutheilung eiotritt, welche zur Bildung klei­ner, runder, einkerniger (Granulations-) Zellen führt. Diese sind häufig so hinfälliger Natur, dass man bei der mikroskopischen Untersuchung nur freie Kerne findet. Doch kann Letzteres auch dann vorkommen, wenn die Vermehrung der Kerne so schnell vor sich geht, dass diese nicht zur Zellenbilduug gelangen können. Die Intercellularsubstanz der Granulome ist entweder fibrillär, wie beim Bindegewebe, oder weich, durchscheinend, hyalin, so dass das junge Granulom dem Schleimgewebe an Consistenz ähnlich ist; oder endlich die Intercellularsubstanz ist ganz flüssig, so dass die Masse dem Eiter ähnlich (puriform) erscheint. Dieser un­terscheidet sich von dem Inhalte der flüssigen Granulome nur dadurch, dass seine Zellen mehre Kerne und eingebuchtete (ge-franzte) Ränder haben, so dass sie den Lympbzellen gleichen, aus denen die Eiterkorperchen ja auch hervorgehen. Diejenigen, wel­che den Vorgang der Zeilentheilung als Mittel ihrer Entstehung und Vermehrung ganz läugnon, lassen natürlicher Weise die Gra­nulationszellen auch aus ausgewanderten Lymphzellen hervorgehen; doch ist die hierbei stattfindende Metamorphose der Letzteren noch nicht beobachtet worden.
(Anm. Vielleicht sind die Granulationszellen nur die Kerne von Lymphzellen, deren Membran oder Protoplasma auf dem Wege der Auswanderung durch einen nekrobiotischen Pro-zess zu Grunde gegangen ist; dann würde die Unfähigkeit dieser (jetzt Granulatiouszelleu genannten) Kerne zur Bil­dung eines dauerhaften Gewebes leicht erklärlich sein).
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sect;. 438. Der mikroskopische Bau sämmtlicher Gra­nulation sgeschwülste entscheidet über ihren differentiellen Charakter nicht, sondern nur der Gesammtkrankheits-Prozess, dem
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sie ihre Entstehung verdanken. Trot/.dem der Reiz, welcher sie
erzeugt, bei verschiedenen Krankheiten und Individuen ein ver­schiedener ist, so erzeugt er doch immer nur ein Granulom, wel­ches nichts Eigenthümliches an sich hat, daher auch an und für sich eine specielle Krankheit nicht charakterisirt. Die Bedeutung der Granulome ist daher nur aus der Multiplicität ihres Vor­kommens und in Verbindung mit anderen Krankheits-Erscheinun­gen mit Sicherheit festzustellen.
Hierher gehören die Neubildungen bei der Syphilis (Gum-mata), beim Aussatz (Lepra) und beim Lupus d. M., und bei den Thieren:
11. Die Rotzknoten.
sect;. 4-39. Auch bei der Rotzkrankheit (Malleus, Ozaena) entwickeln sich kleine Geschwülste (Knoten), welche zu den Granu-lomen gerechnet werden müssen. Die spezifischen Rotzneubildun­gen entwickeln sich nämlich i. d. R. .in Form kleiner Knoten, welche nur aus Granulationszellen bestehen, die sich der Grosse nach den Eiterzellen nähern und oft mehrere, selbst viele Kerne beherbergen. Ob sie immer nur aus der Theilung der Bindege­webszellen hervorgehen (Virchow) oder ausgewanderte, meta-morphosirte Lymphzellen (oder deren Kerne mit einem oder meh­reren Kernkörperchcn?) sind, muss jetzt noch dahin gestellt blei­ben. Jedenfalls bringen sie es nicht zu einer dauerhaften Ge-websbildung, sondern sie fallen schnell der käsigen Degeneration anheim. Dieser käsige Detritus wird entweder an die Oberfläche entleert, so dass eine Höhlung, ein Rotz- oder Wurm-Ge-;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; schwur, entsteht, oder er wird durch Resorption des flüssigen
Theiles eingedickt und durch Ablagerung von Kalksalzen in die consistenteren Reste verkalkt. Eine vollständige Resorption findet wahrscheinlich nicht Statt.
sect;. 440. Dem Rotz- oder Wurm-Geschwür liegt mithin immer ein Rotzknoten zum Grunde. Der Prozess der Bindege-webstheilung (oder Zelleneinwanderung), der Granulation, des fetti­gen und käsigen Zerfalls greift i. d. R. durch Infection in der Nachbarschaft immer weiter um sich. Die trübe Schwellung und
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Hyperplasie der Binclegewebszelien au den Rändern des Geschwürs lässt diese verdickt, aufgewulstet erscheinen und dadurch, dass dieser Prozess, wie der des Zerfalls, au verschiedenen Stelleu mit ungleicher Intensität von Statten geht, erscheinen die Ränder wie zernagt oder angefressen; daher die Bezeichnung: fressendes Geschwür, Ulcus rodeus. In Folge des fettigen Zerfalles der neugebildeten Granulations- wie der umliegenden Gewebs-Zellen erhält das Geschwür einen fettig glänzenden, sogenannten specki­gen Grund. Die unregelmässige Form dieser Geschwüre wird auch dadarch bedingt, dass sich am Bande derselben immer neue Kno­ten und Geschwüre bilden, oder dass mehrere zusammenliegende Knoten zerfallen und confluiren, wodurch dann grössere Geschwürs­flächen gebildet werden. So lange der Reiz des inficirenden oder reproducirten Contagium in einem hinreichenden Grade fortwirkt, schreitet der erwähnte Prozess in der Umgebung unter Reproduc­tion des Contagium fort. Wenn aber jeuer Reiz durch Fortschaf­fung (oder künstliche Zerstörung) der infectiven Massen aufhört, so kann es zur Bildung von wirklichem Eiter und persistirenden Granulationszellen und zur Vernarbung der Rotzgeschwüre per se-cundam intentionem kommen. In diesem Narbengewebe können sich allerdings wieder von Neuem Rotzkuoten entwickeln; diese Narben bestehen aber keineswegs aus lauter dicht aneinander ge­lagerten Rotzzellen, welche eine Rotzinfiltration darstellen (Leise-sering), sondern sie bestehen aus ganz gewöhnlichem Narben­gewebe.
In Folge des beschriebenen fressenden (chankrösen) Cha­rakters der Rotzgeschwüre kann derselbe Prozess auf Knorpel, Periost, Knochen und Blutgefässe übergehen, indem diese Gewebe in Reizung versetzt werden, welche in derselben Weise zur Bil­dung zerfallender Granulationszellen führt, wie oben angegeben.
sect;. 441. Der spezifische Reiz, welcher die Rotzkuoten und Geschwüre hervorruft, verursacht Reizung, Schwellung, Hyperämie und katarrhalische Absonderung in der umliegenden Schleimhaut mit oder ohne Knoten- resp. Geschwürs - Bildung. Im letzteren Falle ist der Reiz des Contagium entweder wegen zu geringer Quantität oder wegen zu grosser Verdünnung nicht hinreichend gewesen, den spezifischen Rotzneubildungsprozess hervorzurufen; es erfolgt ein einfacher, i. d. R. chronischer Katarrh. Dadurch wird, so lange keine Rotzknoten- oder Geschwürs-Bildung durch
Söhne, all^r. Vcterin. Path.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; itj
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die primäre Infection zu Stande gekommen ist, das noch heilbare Entwicklungs - Stadium der Rotzkrankheit, die sogenannte v er-däclitige Druse, dargestellt.
Besteht diese katarrhalische Affection mit oder ohne Ge­schwürsbildung längere Zeit (chronischer Katarrh, Blennor-hoea), so wird dadurch eine Hyperplasie des Bindegewebes der Schleimhaut, Compression der Gefässe, Blässe, ungleichmässige, strei­fige Färbung der Schleimhaut und stellenweise verschiedenartige Ab­sonderung derselben bedingt, und da die Eotzinfection i d. E. nur an einer Seite geschieht, ist der Auslluss i. d. R. auch einseitig oder wenigstens an einer Seite massenhafter.
sect;. 442. Breitet sich die Reizung schnell oder langsam über eine grössere Fläche oder über ganze Gewebstheile aus, so dass die Rotzneubildung nicht in Form diskreter Knoten, sondern dif­fus auftritt, so bezeichnet man diesen Vorgang als Rotz-Infil­tration. Wenn er zum Zerfalle führt, so sind grosse Geschwüi-s-flächen resp. Cavernen die Folge; bestehen die Rotzneubilduugen aber längere Zeit hindurch fort, so führen sie zur Atrophie des normalen Gewebes und in den Lungen besonders zur Atelecta-sie ganzer Lungenpartien.
sect;. 443. Als Atrium für das Rotzcontagium dient meistens die Schleimhaut der Luftwege, oder die äussere Haut. Bei Berüh­rung mit diesen Theilen erzeugt dasContagium das primäre Rotz-resp.Wurm-Geschwür, welches das Contagium reproducirt und von welchem aus die weitere Infection des Organismus erfolgt. Diese ist entweder eine Nachbar-Infection, oder eine sprungweise (discontinuirliche), d. h. durch das Lymph- oder Blut-Gefässsystem oder durch W anderzellen resp.durch die intracelluläre Saftströmuug vermittelte. Durch die Lymphgcfässe wird das Contagium zu den nächsten Lymphdrüsen geführt, auf diesem Wege stellen - oder streckenweise eine speeifische Lymphgefäss - Entzündung (Lymphangitis raalleosa) mit perlschnurartig an einander ge­reihten Beulen erzeugend, oder ohne Infection die Gefässe passirend. In den Luftwegen wird das Contagium wahrscheinlich durch den Luftstrom, besonders beim Einathmen nach dem Husten, weiter ins Innere und bis in die Lungen geführt. Auch dienen Zwischen­träger (Lager, Geschirr etc.) dazu, das Contagium durch die Aus-senwelt von einerKörperstelle zur anderen zu transportiren (Selb st-infection). Auf diese Weise kommt nicht selten eine Infection der
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Haut oder des Unterliautbindegewebes olme Vermittelung und ohne Infection des Lyinpligefässsystems zu Stande. In den Lymphdrüsen wird das Contagium i. d. R. längere Zeit zurückgehalten und es erzeugt daselbst eine schleiclieude Reizung, welche entweder wie­derum zur Bildung von seeundären Rotz knoten, oder zur Bildung von Narbengewebe in der Bindegewebssubstanz der Drü­sen selbst (Adenitis fibrosa) und in der Umgebung (Periadeni-tis) führt. Die Rotzknoten in den Drüsen werden nach ihrem Zer­falle i. d. R. verkalkt; in sehr seltenen Fällen führen sie zum Durchbruch und zur Entleerung einiger Tropfen einer zähen, fa-denziehenden, puriformen Masse. Letzteres ist nur bei den Sub-maxillardrüsen beobachtet. Durch Retraction des in Folge der Ade­nitis und Periadenitis gewucherten Bindegewebes wird die Drüse verhärtet und inniger mit der inneren Fläche des Unterkiefers ver­bunden, weniger leicht verschiebbar (festsitzend) und dadurch, dass die Narbengewebsbildung und Retraction au einzelnen Ab­theilungen der Drüse und an verschiedenen Stellen der Um­gebung lebhafter von Statten geht, als an anderen, erscheint die hyperplastische und indurirte Drüse zugleich höckerig und un­schmerzhaft.
sect;. 444. Von den Drüsen aus geschieht nun nach kürzerer oder längerer Zeit durch die das Contagium mit sich führende Lymphe die Infection des Blutes und die fernere Metastasenbil-dung, besonders in den Lungen, nicht selten auch in der Milz, den Nieren, Hoden (Sarcocele malleosa), in den Adergeflech­ten der Ventrikel etc.
(Anm. Es ist mir niemals gelungen, in den bei der Rotzkrankheit fast nie fehlenden sulzigen Massen an den Adergeflechten Rotzknoten oder Rotzzellen aufzufinden).
Die in den Lungen entstehenden Granulome (Rotzknoten) sind nicht immer scharf abgesetzt, sondern sie entstehen zuweilen in Partien des interlobulären Bindegewebes, welches bereits vorher durch Reizung in Hyperplasie und Granulationsneubildung versetzt worden war, und dann erreichen sie durch Aneinanderlagerung mehrerer Knoten nicht selten eine beträchtliche (bis Wallnuss-) Grosse.
sect;. 445. Die kleiner als hirsekorngrossen (submiliaren) Knoten in den verschiedensten Organen enthalten im Inneren, so lange sie noch nicht verkalkt sind, eine fettige Zerfallsmasse (De-
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II:
tritus). Um diese herum liegen die Granulationszellen und mehr nach aussen die anscheinend in der Theilong begriffenen Binde­gewebszellen und ganz aussen, an der Grenze des normalen Ge­webes, befindet sich hypertrophisches Gewebe im Zustande der trü­ben Schwellung. Kann sich der zerfallene Inhalt wegen Mangels einer Oberfläche nicht nach aussen entleeren, so wird er einge­dickt, käsig, krümelig. Später werden Kalkkörnchen hineingela­gert, so dass der Inhalt beim Reiben zwischen den Fingern sich wie sandige Butter anfühlt, und schliesslich verkalkt er vollstän­dig (Petrificatio).
sect;. 4-16. Unter der äusseren Haut kommen die Rotzknoten (Wurmbeulen) i. d. R. schon während des Zerfalls zum Aufbruch, indem sie das umliegende subeutane Bindegewebe und die Haut in Entzündung und Eiterung versetzen. Die entleerte Masse be­steht daher aus dem fettigen Detritus, welcher fadenziehend, schleimähnlich ist und makroskopisch wie Eiter aussieht (puri-form), und aus wirklichem Eiter von der Umgebung des Knotens. Ob der Durchbruch der in der Tiefe (Lungen, Drüsen etc.) gelege­nen Rotzknoten lediglich durch den Mangel einer Oberfläche ver­hindert wird, oder ob nicht vielmehr der chemische (Sauerstoff) oder physikalische Einfluss (Temperatur) der Luft bei dem Aus­gange in Ulceration (seeundäres Rotz- oder Wurm-Ge­schwür) betheiligt ist, ist noch zweifelhaft. Letzteres hat viel für sich, da dieser Ausgang bei den Rotzknoteu der ersten Luft­wege (bis zur Theilung der Luftröhre) und unter der äusseren Haut die Regel ist, während die nur etwas tiefer gelegenen Kno­ten und Lymphstränge i. d. R. verkalken.
sect;. 447. Beim Wurm oder Hautrotz bildet sich derselbe Prozess in den Papillen der Cutis (eigentlicher Hautwurm) oder, wie gewöhnlicher, im subeutanen Bindegewebe. Der Pro­zess führt hier, wie in der Schleimhaut der Luftwege, i. d. R. zum Zerfalle und zur Geschwürsbildung; zuweilen wird er indess auch in Zertheilung übergeführt. Nicht selten veranlasst er Metastasen­bildung und zwar meistens im Verlaufe der Lymphgefässe, in und an welchen das Contagium eine Lymphitis und Perilymphi-tis mit Gerinnung des Inhaltes hervorruft, so dass die iaficir-ten Stellen eines und desselben Gefässes perlschuurartig an ein­ander gereiht erscheinen oder so, dass ein Lymphgefäss auf einer kürzeren oder längeren Strecke gleichmässig verdickt und obtu-
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rirt ist. Letzteres findet man nicht selten unterhalb der Bugdrü­sen. Später werden die Lymphdrüsen afficirt, von denen aus in derselben Weise, wie beim Rotz, eine allgemeine Infection (des Blutes?) des ganzen Körpers erfolgt. Thatsache ist, dass das Blutserum sowie der seröse Theil des katarrhalischen Secretes bei der constitutionellen Rotzkrankheit eine meergrüne Färbung zeigt, und dass das Blut reich an Lymphzellen ist (Leukaemie).
So lange die Rotzwurmkrankheit nur in oder unter der äus-seren Haut besteht, ist sie lediglich aus dem Grunde heilbar, dass die Knoten resp. Geschwüre der ärztlichen Behandlung direct zu­gänglich sind. Ebenso ist die Rotzkrankheit heilbar, so lange sie nur in zugänglichen Rotz-Knoten oder Geschwüren besteht und keine weitere Infection erfolgt ist.
sect;. 418. Bei der acutenRotzwurmkrankheit gehen die­selben Prozesse, nur mit grösserer Rapidität, vor sich, so dass ganze Gewebstheile ohne Bildung diskreter Knoten oder Geschwüre ziemlich schnell zerstört werden uud ausser dem Contagium noch viele deletäre Stoffe ins Blut gelangen, welche bald eine Septi-kaemie und ein putrides Fieber, i. d, R. mit besonderer Affec­tion der Lungen (rotzige Lungenentzündung) verbunden, herbeiführen. Die acute Rotzkrankheit geht bei Pferden immer aus der chronischen hervor und tritt niemals von Anfang an als solche auf. Bei Eseln soll Letzteres allerdings Regel sein. Der Uebergang der acuten Rotzkrankheit in die chronische ist bis jetzt noch in keinem Falle sicher constatirt. Wo man einen solchen beobachtet haben will, sind wahrscheinlich vorübergehende fieber­hafte Perioden, welche in Folge massenhafter Rotzknotenbildung beim chronischen Rotz nicht selten beobachtet werden, für die acute Rotzkrankheit gehalten worden. Wenn man in Kadavern der an acuter Rotzwurmkrankheit gestorbenen Thiere diskrete Rotzknoten oder Geschwüre findet, so ist dieses ein sicherer Be­weis, dass jene aus der chronischen Rotzkrankheit hervorgegangen ist. Findet man solche Knoten oder Geschwüre nicht, so ist die Rotzkrankheit nur durch Impfung zu constatiren, da die Zerfalls­massen nicht von denen der Dip hth er it is zu unterscheiden sind. Da ich bei der ziemlich grossen Anzahl von Fällen der acuten Rotzwurmkrankheit, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte, stets diskrete und zum Theil verkalkte Rotzknoten gefunden habe, und da in den Fällen, in welchen nach der Beschreibung der Au-
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tritus). Um diese herum liegen die Granulationszellen und mehr nach aussen die anscheinend in der Theilang begriffenen Binde­gewebszellen und ganz aussen, an der Grenze des normalen Ge­webes, beßndet sich hypertrophisches Gewebe im Zustande der trü­ben Schwellung. Kann sich der zerfallene Inhalt wegen Mangels einer Oberfläche nicht nach aussen entleeren, so wird er einge­dickt, käsig, krümelig. Später werden Kalkkörnchen hineingela­gert, so dass der Inhalt beim Reiben zwischen den Fingern sich wie sandige Butter anfühlt, und schliesslich verkalkt er vollstän­dig (Petrificatio).
sect;. 4-16. Unter der äusseren Haut kommen die Eotzknoten (Wurmbeulen) i. d. R. schon während des Zerfalls zum Aufbruch, indem sie das umliegende subeutane Bindegewebe und die Haut in Entzündung und Eiterung versetzen. Die entleerte Masse be­steht daher aus dem fettigen Detritus, welcher fadenziehend, schleimähnlich ist und makroskopisch wie Eiter aussieht (puri-form), und aus wirklichem Eiter von der Umgebung des Knotens. Ob der Durchbruch der in der Tiefe (Lungen, Drüsen etc.) gelege­nen Rotzknoten lediglich durch den Mangel einer Oberfläche ver­hindert wird, oder ob nicht vielmehr der chemische (Sauerstoff) oder physikalische Einfluss (Temperatur) der Luft bei dem Aus­gange in ülceration (seeundäres Rotz- oder quot;Wurm-Ge­schwür) betheiligt ist, ist noch zweifelhaft. Letzteres hat viel für sich, da dieser Ausgang bei den Rotzknoten der ersten Luft­wege (bis zur Theilung der Luftröhre) und unter der äusseren Haut die Regel ist, während die nur etwas tiefer gelegenen Kno­ten und Lymphstränge i. d. R. verkalken.
sect;. 447. Beim Wurm oder Hautrotz bildet sich derselbe Prozess in den Papillen der Cutis (eigentlicher Hautwurm) oder, wie gewöhnlicher, im subeutanen Bindegewebe. Der Pro­zess führt hier, wie in der Schleimhaut der Luftwege, i. d. R. zum Zerfalle und zur Geschwürsbildung; zuweilen wird er indess auch in Zertheilung übergeführt. Nicht selten veranlasst er Metastasen­bildung und zwar meistens im Verlaufe der Lymphgefässe, in und an welchen das Contagium eine Lymphitis und Perilymphi-tis mit Gerinnung des Inhaltes hervorruft, so dass die inficir-ten Stellen eines und desselben Gefässes perlschnurartig an ein­ander gereiht erscheinen oder so, dass ein Lymphgefäss auf einer kürzeren oder längeren Strecke gleichmässig verdickt und obtu-
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rirt ist. Letzteres findet man nicht selten unterhalb der Bugdrü­sen. Später werden die Lymphdrüsen afficirt, von denen aus in derselben Weise, wie beim Rotz, eine allgemeine Infection (des Blutes?) des ganzen Körpers erfolgt. Thatsache ist, dass das Blutserum sowie der seröse Theil des katarrhalischen Secretes bei der constitutionellen Rotzkrankheit eine meergrüne Färbung zeigt, und dass das Blut reich an Lymphzellen ist (Leukaemie).
So lange die Rotzwurmkrankheit nur in oder unter der äus-seren Haut besteht, ist sie lediglich aus dem Grunde heilbar, dass die Knoten resp. Geschwüre der ärztlichen Behandlung direct zu­gänglich sind. Ebenso ist die Rotzkrankheit heilbar, so lange sie nur in zugänglichen Rotz-Knoten oder Geschwüren besteht und keine weitere Infection erfolgt ist.
sect;. 448. Bei der acutenRotzwurmkrankheit gehen die­selben Prozesse, nur mit grösserer Rapidität, vor sich, so dass ganze Gewebstheile ohne Bildung diskreter Knoten oder Geschwüre ziemlich schnell zerstört werden und ausser dem Contagium noch viele deletäre Stoffe ins Blut gelangen, welche bald eine Septi-kaemie und ein putrides Fieber, i. d, R. mit besonderer Affec­tion der Lungen (rotzige Lungenentzündung) verbunden, herbeiführen. Die acute Rotzkrankheit geht bei Pferden immer aus der chronischen hervor und tritt niemals von Anfang an als solche auf. Bei Eseln soll Letzteres allerdings Regel sein. Der Uebergang der acuten Rotzkrankheit in die chronische ist bis jetzt noch in keinem Falle sicher constatirt. Wo man einen solchen beobachtet haben will, sind wahrscheinlich vorübergehende fieber­hafte Perioden, welche in Folge massenhafter Rotzknotenbildung beim chronischen Rotz nicht selten beobachtet werden, für die acute Rotzkrankheit gehalten worden. Wenn man in Kadavern der an acuter Rotzwurmkrankheit gestorbenen Thiere diskrete Rotzknoten oder Geschwüre findet, so ist dieses ein sicherer Be­weis, dass jene aus der chronischen Rotzkrankheit hervorgegangen ist. Findet man solche Knoten oder Geschwüre nicht, so ist die Rotzkrankheit nur durch Impfung zu constatiren, da die Zerfalls­massen nicht von denen der Diphtheritis zu unterscheiden sind. Da ich bei der ziemlich grossen Anzahl von Fällen der acuten Rotzwurmkrankheit, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte, stets diskrete und zum Theil verkalkte Rotzknoten gefanden habe, und da in den Fällen, in welchen nach der Beschreibung der Au-
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toren eine primäre acute Rotzkrankheit hätte angenommen werden müssen, Impfongen erfolglos blieben, so bin ich bis zum Beweise des Gegeiitheils genüthigt, das Vorkommen einer idiopathischen acuteu Rotzkrankheit bei Pferden ganz zu läugnen.
sect;. 449. Die einfache Lymphgefässentzündung (Lym-phitis simplex s. Lymphangeitis) unterscheidet sich dadurch von der Wurmkrankheit, dass jene nicht durch Rotzinfection, son­dern i. d. K. durch Eiter- oder Jauche-Intoxication entsteht, kein Contagium, sondern nur wirkliehen gutartigen Eiter (Pus bo-num et laudabile) producirt; der aufgebrochene oder künstlich entleerte Abscess bildet daher auch kein fressendes Geschwür. In beiden Fällen geht aber das betreffende Lymphgefäss zu Grunde und wird nicht restituirt. Die Lymphgefässentzündung geht auch i. d. R. über die nächsten Lymphdrüsen nicht hinaus, befällt da­gegen fast immer gleichzeitig und schnell mehrere Lymphgefässe von einem Punkte aus, so dass diese strahlenförmige Stränge bil­den. Diese gehen schnell in Zertheilung oder partielle Eiterung über, wenn nicht allgemeine Jaucheintoxication und Septicämie eintritt.
sect;. 450. Der sog. Eiuschuss ist eine Form des Roth­laufes (Erysipelas), welche zwar auch eine durch ein Con­tagium vivum hervorgerufene Haut- und Lymphgefäss-Entzün-dung zu sein scheint, mit der Rotzwurmkrankheit aber nichts ge­mein hat. Die letztere kann auch nicht aus dem Erysipelas her­vorgehen. Wo dieses scheinbar der Fall ist, da ist erstere nur unter der Maske des Erysipelas aufgetreten und dieser von vorn herein Wurmkrankheit gewesen.
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12. Lymphatische Neubildungen, Lymphomata. sect;. 451. Zu den normalen Lymphapparaten gehören zu­nächst die eigentlichen Lymphdrüsen, dann die Milz mit ihren lymphatischen Follikeln (Malpighischen Körper) und die Peyerschen, sowie die solitäreu Drüsen des Darmes, die Tonsillen und die Thymusdrüse des Fötus. Die Zahl und Grosse dieser Lymphapparate ist bei verschiedenen Thiergattun-gen, selbst bei verschiedenen Individuen verschieden. Man nimmt an, dass eine höhere Zahl und bedeutendere Grosse der Lymph­apparate die lymphatische Constitution resp. Diathese bedinge, doch ist hierbei wahrscheinlich noch eine gewisse normafe raquo;der
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abnorme Vulnerabilität dieser Apparate betheillgt, in Folge deren z. B. das Pferdegeschlecht eine grössere Anlage zu lympha­tischen Aftectionen besitzt, als das mit eben so grossen und eben so zahlreichen Lymphapparaten versehene Rindvieh.
In den durch ein Bindegewebsstratum zusammen gehaltenet; Follikeln der Lymphdrüsen liegen die Lymphzellen lose aneinander. Letztere werden durch den Eeiz der Lymphe hyperplastisch ver­mehrt, mit der Lymphe durch das Stratum der Drüse hindurch mit fortgenommen und als einkernige Lymphzellen, welche den Schleimkügelchen gleich erscheinen, dem Blute beigemengt und hier in mehrkernige, den Eiterkügelchen gleich erscheinende farb­lose Blutkügekhen umgewandelt. Früher vermuthete man, dass diese in rothe Blutkügekhen umgewandelt würden; nachdem man jedoch in neuerer Zeit die Quelle der letzteren in dem Enochen-markgewebe gefunden zu haben glaubt, wird den Lymphzellen des Blutes nur die Bestimmung zuerkannt, durch Auswanderung aus dem Blute die Formeleraente für alle physiologischen und patho­logischen Gewebe und Organe zu bilden.
sect;. 452. Werden die Lymphapparate durch geeignete Reize vorübergehend oder dauernd in Hyperplasie versetzt, so wird dem Blute eine grössere Anzahl von Lymphzellen beigemengt. Vor­übergehend und innerhalb der physiologischen Grenzen geschieht dieses nach jeder Mahlzeit (Leukocythose); andauernd und krankhaft nach gewissen anhaltenden Reizungen eines Theils oder aller Lymphapparate (Leukämie). Hierbei werden die Follikel der Drüsen erweitert und das bindegewebige Stroma derselben wird hyperplastisch vermehrt, so dass diese Organe auch ma­kroskopisch grosser erscheinen. Letztere sind dann Lyraphome homologer, hyperplastischer Natur. Je nach dem die Hyperplasie der Lymphzellen, oder die des Bindegewebes vorherrscht, wird ein weiches oder ein hartes Lymphom gebildet. Eine Indura­tion der Lymphdrüsen besteht dagegen mit einer interstitiellen Binclegewebsncubildung auf Kosten der Follikel, also mit einer Atrophie der letzteren, welche mit Hemmung der Function d. i. quot;Verminderung der Lymphzelleubilduug verbunden ist (Tabes meseraica).
sect;. 453. Ausser der morphologischen Veränderung des Blutes durch den reichlicheren Gehalt an Lymphzellen (farblosen Blut­kügekhen) wird durch die Reizung der Lymphapparate aber auch
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eine cliemisclie Veränderung des Blutes bedingt, denn da die Reizung der Lymphapparate, wie jede Reizung einer Bindegewebs-substanz, ausser der Hyperplasie der Zellen mit einer gesteigerten Production von Parenchymflüssigkeit (Plasma), und mit dieser von Leim gebender und librinogener Substanz (aus der Lymphflüssigkeit selbst) verbunden ist, so ist jedes leukämische Blut auch zugleich reicher an Leim (Colla), Leuein etc. und an fibrinogener Substanz. (Lymphatische Dyskrasie).
Diese homologen Hyperplasien können in allen Lymphappa­raten: in der Milz als Milztumor, in den solitären Follikeln als unpassend so bezeichnete lymphatische Polypen etc. vorkommen.
sect;. 454. Heterologe Lymphome, d.h. Anhäufungen von Lympbzellen an Stellen, wo normaliter keine Lymphapparate existiren, findet man in den verschiedensten Organen: Lungen, Leber, Nieren etc. Sie entstehen (nach Virchow) aus Granula­tionszellen, welche aus der Theilung von Bindegewebszellen her­vorgegangen sind, oder (nach Recklinghausen und Cohnheim) durch Auswanderung von Lymphzelien aus dem Blute oder durch Anhäufung derselben vermittelst des intracellulären Saftstromes. Es ist daher z. Z. noch unentschieden, ob ihre Bildung durch Transformation neugebildeter Granulationszelien, durch Transpor­tation von emigrirten Lymphzellen, oder durch Infection, oder auf metastatischem Wege geschieht. Sie sind an sich nicht gerade besonders maligner Natur, wenn sie nicht durch die Besonderheit ihres Sitzes nachtheilig werden. Sie bestehen i. d. R. unver­ändert fort, haben weder eine Neigung zur Nachbarinfection, noch zur Dissemination. Hierdurch, besonders durch ihren persistenten Charakter, der weder eine käsige Metamorphose, noch einen fettigen Zerfall zulässt, unterscheiden sie sich wesentlich von den gleichfalls zu den heteroplastischen Lymphomen zu zählenden Tuberkeln, von den Skropheln und von den Lymphomen, welche sich beim Abdominaltyphus in den solitären Follikeln des Darmkanals entwickein und stets mit Ulceration verbunden sind.
sect;. 455. a) Die Typhusgcschwülste beruhen auf einer hyperplastischen Wucherung, auf einer Vermehrung der präexisti-renden Elemente der Follikel der Lympbaparate, besonders der solitären und Peyer'sehen Drüsen des Darmkanals. Die mar-
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kige Schwellung der Drüsen, bedingt durch die Hyperplasie der Lymphzellen erzeugt e:ne Hervorragung, (Tumor lymphatic us), deren Inhaltsmasse man früher als Typhusmaterie bezeichnete. Diese neoplastischen Lymphzellen haben eine grosse Neigung zum nekrobiotischen Zerfalle und zur fettigen Degeneration und nach der Abstossung dieser Zerfallsmassen bleibt eine defecte Stelle mit Ulceration, ein sogn. Typhusgeschwür, zurück, welches mit Verlust des betr. Lymphapparates durch Narbenbildung heilt. (Rinderpest).
sect;. 456. Demnächst findet derselbe Vorgang an den Mesen-terialdrüsen Statt. In Folge dessen entstehen mitten in dem markig geschwellten Gewebe kleine gelbliche, aus hyperplastischeg Lymphzellen bestehende Knoten, welche vollständig verkäsen, da es hier wegen Mangels einer Oberfläche nicht zur Abstossung und Geschwürsbiidnng kommen kann. Diese Vorgänge sind den bei der Scrofulose vorkommenden ganz analog; nur ist der letz­tere Prozess ein mehr schleichender und es fehlen bei ihm die allgemeinen Erscheinungen des Typhus (Fieber etc.).
sect;. 457. Endlich kommt beim Typhus immer eine Hyper­plasie der Milzpulpe (Milztumor) vor, wobei auch die Mal-phigischen Lymphfollikel der Milz an der hyperplastischen quot;Wu­cherung Theil nehmen, so dass sie auf der Schnittfläche als hel­lere Punkte makroskopisch wahrnehmbar hervortreten (Anthrax).
sect;. 458. Es ist mit der grössten Wahrscheinlichkeit anzu­nehmen, dass beim Typhus eine noch nicht näher bekannte acute Dyskrasie besteht, denn man findet stets eine Vermehrung der un­gefärbten Blutzellen (Leukämie) und eine Verminderung der rothen Blutbläschen (Oligocythämie); doch sind diese Verände­rungen des Blutes wahrscheinlich lediglich seeundäre Folgen der Localaffection der Lymphapparate.
sect;. 459. b. Die Scrofulose beruht im Wesentlichen auf demselben Prozesse in den Lymphdrüsen, wie beim Typhus, nur wird in Folge des schleichenden Verlaufes noch ein grosser Kreis anderer Organe durch die seeundäre (deuteropathische) Vermehrung der Lymphzellen im Blute (Leukaemie) und durch die Verminde­rung der rothen Blutbläschen (Oiigocythaemie) in Mitleidenschaft gezogen. Es entsteht, wenn der Prozess nicht auf einzelne Lymphdrüsen-Complexe beschränkt bleibt und nach deren Zerstö­rung zur Genesung führt, der sog. lymphatische Blutmangel
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29Snbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubildungen.
(Anaemia lymphatica), allgemeine Wassersucht (Hydrops, Anasarca, Ascites etc.) und nach mehrwöchentlicber bis jah­relanger Dauer tritt der Tod durch Erschöpfung ein.
sect;. 460. Dieser Prozess in den Lymphdrüsen wird durch eine Reizung bestimmter Organe in dem peripberischen Gebiete der Dymphgefasse (in der äusseren Haut, der Schleimhaut, selbst im Periost) angeregt, von denen aus eine abnorme Lymphe zu den Drüsen geführt wird. Der Reiz dieser Lymphe hat an sich nichts Spezifisches, sondern dieses wird dem Prozesse erst durch eine in der Regel congenitale, nicht selten auf bestimmte Drüsen-Com-plexe oder Körperregionen beschränkte sog. scrofulöse Dia-, fliese, durch eine besondere Anlage (Prädilection) oder erhöhte Vulnerabilität der Drüsen verliehen.
(Anm.: Die Bezeichnung „Scrofelnquot; rührt von dem Ansehen der Menschen her, deren Hals durch die Anschwellung der i. d. R. vorwaltend afficirten Submaxillardrüsen einige Aehnlich-keit mit dem des Schweines, Sus scrofa, erhält, oder weil bei diesen Thieren die Scrofeln zuerst bemerkt wurden?). Erkältungen der äusseren Haut, Katarrhe der Luftwege und des Darmtractus können bei vorhandener Diathese den scrofulösen Prozess hervorrufen; nicht selten scheinen jedoch miasmatische Einflüsse mit im Spiele zu sein, weil erfahruugsmässig die scro­fulösen Affectionen zu manchen Zeiten epizootisch auftreten (Druse).
sect;. 461. Die Hyperplasie der Lymphzellen und des bindege-webigen Stroma der Lymphdrüsen beginnt i. d. R. schleichend, und die ihr stets vorangegangene Localaft'ection in dem Gebiete der peripberischen Enden der betreffenden Lymphgefässe (Katarrh, Rheumatismus, Periostitis) ist oft so gering, dass sie leicht über­sehen und das Drüseuleiden für das Primäre gehalten wird.
sect;. 462. Im weiteren Verlaufe des scrofulösen Prozesses fal­len die hyperplastischen Lymphzellen durch einen nekrobiotischen Prozess der käsigen Metamorphose anheim, deren Detritus dann die sog. tuberkulisirte Scrofel-Materie oder den Drusenstoff darstellt. Zuweilen wird diese Masse durch einfache Colliquation (sect;sect;. 221, 274) wieder verflüssigt und bildet dann eine trübe, fiok-kige oder schleimige Elüssigkeit, welche als deletärer Stoff das bindegewebige Stratum der Drüse (Adenitis) und deren Um­gebung (Periadenitis) in Entzündung und Eiterung versetzt.
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welche bei oberflächlich gelegenen Drüsen den Durchbruch nae.h aussen bewirkt. Das scrofulöse Geschwür entleert somit aussei-dem Eiter aus dem Bindegewebe der Drüse und deren Umgebuag noch jenen puriformen, fettigen Detritus. Das Geschwür besteht so lange fort, bis diese Masse vollständig entleert ist, und darnach bildet sich in Folge des Verlustes an Drüsensubstanz eine sich stark retrahirende Narbe, nicht selten mit bleibender Verdickung in der Umgebung. Tritt keine Entleerung nach aussen ein (Gc-krösdrüsen), so ist Eindickung und Verkalkung der Detdtusmasse die Folge, welche von dem hyperplastischen Bindegewebe auf Le­bensdauer eingeschlossen bleibt. Eine vollständige Resolution der verflüssigten Zerfallsmassen ist zwar möglich, aber nicht consta-tirt; wohl aber können die nicht zerfallenen hyperplastischcn Lymphzellen in der ersten Zeit ihrer Entstehung durch die Lympli-bahnen weiter geführt und dem Blute beigemengt werden, ehe die bindegewebigen Septa der Lymphdrüsen durch Hyperplasie im­permeabel geworden sind.
sect;. 463. Die Scrofulöse kommt bei allen Hausthiergattungen vor, besonders bei jugendlichen Thieren, bei Pferden als Druso, (Scrofulosis equina) und als sog. Füllenlähme, beim Rind­vieh als sog. Kälber lähme, bei Schafen als sog. Lämmer-lähme (wobei das Periost primär afficirt ist), bei Schweinen und Hunden als Darrsucht (Tabes meseraica) mit vorwal­tender Affection der Gekrüsdrüsen. Sie ist aber nicht ausschlie^s-lich dem jugendlichen Alter eigen, sondern kommt auch nicht sal-ten in späteren Lebensaltern vor, befällt aber gewöhnlich dasselbe Individuum nur ein Mal.
sect;. 464. Die sog. metastatische Druse beruht lediglich auf einer ungewöhnlichen Ausbreitung des Scrofel- oder Drusen-Prozesses. Während sich dieser i. d. R. auf die ersten Luftwege und die submaxillareu Lymphdrüsen beschränkt, werden bei der metasta­tischen Druse noch andere Schleimhautregionen und Lymphdrüsen in Mitleidenschaft gezogen oder primär in derselben Weise afficirt. Wenn z. B. die entsprechende i'rädilection besteht, dann kann ein einfacher Darmkatarrh dieselbe Adenitis, Hyperplasie und käsige Degeneration in den Mesenterialdrüsen zur Folge haben, wie bei der einfachen Druse der Nasenkatarrh in den Submaxil-lardräsen. Es hängt in solchen Fällen die Affection der Mesen­terialdrüsen nicht von der der Submaxillardrüsen ab, noch weni­ger hat eine Transportation eines sog. Drusen Stoffes stattge-
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fanden, sondern der Darmkatarrh hat in den prädisponirten Drüsen denselben Prozess hervorgerufen, der sehr wohl auftreten kann, ohne dass dieser Prozess am Kopfe vorhergegangen ist oder gleichzeitig besteht.
Wahrscheinlich haben auch die übrigen bei der sog. meta­statischen Druse häufig vorkommenden Localaffectionen (Abscesse im subcutanen Bindegewebe, in den Muskeln etc.) hauptsächlich ihren Grund in einer angeborenen oder erworbenen Prädilection dieser Gewebe, in Folge deren verhältnissmässig geringe Reize (Druckschäden) eine heftige Entzündung und massenhafte Eiterung zur Folge haben; auch ist ferner anzunehmen, dass die bestehende Leukämie wesentlich zu der massenhaften Eiterbildung beiträgt. Für diese Annahme spricht noch besonders die Erfahrung, dass der Grad der Entzündung häufig mit der Schnelligkeit und Mas-senhaftigkeit der Eiterbildung gar nicht im Verhältniss steht (kalte Abscesse), und dass der Eiter eine grosse Neigung zum käsigen Zerfalle besitzt.
Ebenso beruhen die bei der sog. metastatischen Druse so häufigen Lungenaffectionen i. d. E. auf einer Ausbreitung des Ka­tarrhs per continuitatem in dem prädisponirten Schleimhaut­gewebe, oder auf der Einwirkung neuer, oft nur geringfügiger Ur­sachen auf die letztere, so dass eine katarrhalische Pneumonic mit Eiterung als Complication entsteht.
In manchen Fällen mag indess die Metastasenbildung auf Einbruch puriformer oder käsiger Zerfallsmassen in die Blutbahn und dadurch erzeugten embolischen Infarkten (Lunge, Leber) be­ruhen (cf. sect;. 285).
sect;. 4G5. c. Die Tuberkulose ist i. d. R. eine constitu-tionelle Krankheit, selten eine locale Affection, welche auf hetero-plastischen, lymphoiden Neubildungen beruht oder mit solchen ein­hergeht. Das multiple Vorkommen dieser Neugebilde, die Neigung zum Zerfalle, das herd weise Wachsen und die Entstehung in den verschiedensten Organen und Geweben stempelt sie zur Neoplasie der maügnesten Art. Die Kleinheit des miliaren Kornes, dessen Multiplicität und gleichzeitiges Vorkommen in den verschiedensten Organen und Entwickelungstadien und der überraschend schnelle Zerfall charakterisiren den Tuberkel am meisten.
Der Tuberkel bildet die kleinste bekannte Geschwulstform; er stellt den kleinsten heteroplastisehen Lymphfollikel dar, und
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hat in den Malphigi'schen Körperchen der Milz sein physiologi­sches Analogen. Er entsteht und besteht aus einer aus der Bin-degewebsreihe hervorgegangeneu Wucherung, welche entweder durch Theilung von Bindegewebszellen zur Bildung von Granuk-tionszellen und durch Transformation dieser in Lymphzeilen oder durch Auswanderung und Ansammlung von Lymphzellen zur Er­zeugung eines kleinen heteroplastischen Lymphoms führt.
sect;. 4G6. Bei der mikroskopischen Untersuchung erscheinen diese Zellen farblos, granulirt und meistens enthalten sie nur ei­nen kleinen hellen, glänzenden Kern mit einem deutlichen Kern-körperchen. Die Zellen sind von verschiedener Grosse, meistens kleiner als die rothen Blutkügelchen, zuweilen erheblich grosser und im letzteren Ealle enthalten sie mehrere, zuweilen viele (bis 10) runde, selten etwas ovale Kerne. Die Zellenmembran ist sehr zerbrechlich, so dass sie in Folge der Präparation durch Druck oder quot;Wasseraufnahme (Quellung) sehr leicht zerstört wird und die Kerne frei werden. Dieses Auftreten freier Kerne, welche nicht selten den ganzen Tuberkel zu constituiren scheinen, ist ein so regelmässiges, dass Viele die Kerne (früher Tuberkelkörper-chen gen.) für den wesentlichen Bestandtheil und die Zellen für eine accessorische Erscheinung halten. Man findet wenigstens niemals nur kleinere oder grössere Zellen ohne freie Kerne. — Diese Kerne und Zellen sind in eine bald structurlose, bald zart­faserige, i. d. R. gefässlose, ältere Grundsubstanz eingelagert. Zu­weilen umgeben sie ein kleines, gleichfalls vorher bestandenes Blutgefäss, welches dann mitten durch den Tuberkel hindurch geht. Die Tuberkel sind niemals durch neugebildete Blutgefässe vascularisirt, aber dennoch von ihrer Entstehung an als Gewebe organisirt. Jeder einzelne (discrete) Tuberkel hat also immer, so lange er noch nicht über das Stadium acmes hinaus ist, eine Gewebsformation; er ist ein organisches Neugebilde und keineswegs, wie man früher glaubte, ein formloses Exsudat aus krankhaftem Eiweissstoff oder Fibrin bestehend.
sect;. 467. Der junge umschriebene (knotige) Tuberkel, (Anm.: Diminutivum von Tuber, der Knollen, Knoten) ist halbdurch­scheinend, kugelig rund, oft von kaum wahrnehmbarer Grosse bis zu der eines Hirsekorns (daher: submiliar, von Milium, die Hirse); später wird er vom Centrum aus trübe, weissgrau, un­durchscheinend. Er hat keine eigene Kapsel; eine solche bildet
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sich erst, nachdem er längere Zeit bestanden, aus dem umliegen­den zurückgediängten Bindegewebe. Der junge (rohe, crude od. graue) Tuberkel erreicht schnell seine höchste Entwickelungsstufe und danu beginnt sofort vom Centrum aus die einfache Atrophie und die käsige oder fettige Metamorphose mit Untergang der Zellen (Nekrobiose). Zuerst schrumpfen die innersten Zellen, indem ihr Wassergehalt in die Umgebung diftundirt und resorbirt wird; ihr Inhalt trübt sich und zuletzt entsteht an Stelle einer Zelle eine Fettkürnchenkugel (sect; 215), nachdem die Zellen näher aneinander gerückt waren, und eine unregelmässige, eckige Gestalt erhalten hatten. Diesen fettigen Detritus gemischt mit freien Kernen bezeichnete man früher als Tuberkelmaterie und die Kerne als Tuberkelmolecüle, mit deren Ablagerung nach damaliger Ansieht die Tuberkelbildung begann. Je nach dem nun iu Folge dieser partiellen Fettmetamorphose entweder nur wenig Fett frei wird und die Elemente näher aneinander rücken, erscheint der Tuberkel hellgrau oder weiss, oder, wenn viel Fett frei geworden, gelblich oder gelb (grauer und gelber Tuberkel d. A.).
Die zuletzt erwähnten Formen stellen die früher fälschlich sogenannten reifen Tuberkeln dar; dieselben sind aber bereits überreif, d. h. in dem Stadium des Zerfajls befindlich. Dagegen sind die grauen, früher sogenannten rohen, unreifen (cruden) Tuberkel auf der Höhe ihrer Entwickelung.
sect;. 4G8. Nach der Verfettung und Verkäsung beginnt, und zwar wiederum central, die Erweichung resp. Verflüssigung der Tuberkel (Colliquatio) und zwar wahrscheinlich in ihrer eigenen Feuchtigkeit, d. h. ohne Aufnahme von letzterer aus der Umgebung. Ein erweichter Tuberkel enthält keine Spur von Eiter, sondern nur eine formlose, fast flüssige Detritusmasse. Liegen solche zerflossene Tuberkel an einer Oberfläche (z. B. der Schleimhäute), so ergiesst sich ihr Inhalt ohne jede Eiterung auf die Oberfläche und dadurch wird das Tuberkelgeschwür ge­bildet. Wenn viele Tuberkel nahe zusammen liegen, so bilden sie einen Comglomeratknoten. Liegen sie nebeneinander nahe der Oberfläche eines Organes, so bezeichnet man sie als tuberku­löse Comglomeratplatten; sind sie dagegen in den Bindege-webszügen eines Organelaquo; so dicht aneinander gelagert, dass sie
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dasselbe ganz gieichmässig ausfüllen, so nennt man dieses eine Tuberkel infiltration.
In solchen gehäuften Tuberkelmassen schreitet der Erwei-chungsprozess in der Umgebung einer zerfalleneu Stelle immer weiter fort, so dass ein fressendes Tuberkelgeschwür da­durch gebildet wird, indem die Einzelgeschwüre zusammeufliessen. Dadurch wird auch der zernagte Rand uud unebene Grund, d. i. der chankröse Charakter dieser Geschwüre bedingt.
sect;. 4G9. Möglich ist es allerdings, dass ein Tuberkelgoschwür sich vollständig reinigt und durch Granulation zur Vernarbuug gelangt; i. d. R. tritt indess eine fortschreitende Nachbarinfection mit Zerfall ein und endlich bildet sich durch Confluenz vieler erweichter Tuberkel der Tubcrkel-Abscess resp. die Tuberkel-Caverne. Diese enhaltet ausser der Zerfallsmasse von den Tuberkei-zellen in der Regel noch Rudera von resistenteren Gewebsthoilen: elastische Fasern, obturirte Gefässo, Knochenstückchen u. dergl., welche durch die sie umgebende Tuberkelmasse nekrotisirt wur­den. Die Cavernen sowohl, wie die Geschwüre enthalten nur dann gleichzeitig etwas Eiter, wenn die Umgebung durch den tuberkulösen Detritus in eine active Entzündung versetzt worden ist. Wenn .die Nachbarinfection in der Umgebung eines Abscesses oder einer Caverne nicht mehr vorschreitet, so bildet sich an der Grenze des Normalen durch Entzündung, Eiterung und Granu­lation eine Bindegewebsschichte, die sog. Tuberkelkapsel, deren Gefässe die Resorption des Inhalts, oder deren Wachsthum die Ausfüllung der Caverne mit Binde- resp. Narben-Gewebe vermit­teln kann.
sect;. 470. Eine vollständige Resolution ist gewiss nur bei ganz kleinen Tuberkeln nach eingetretener Fettmetamorphosc möglich, aber noch nicht sicher constatirt. Wenn die einfach atrophirten Zellen und Kerne nicht erweichen und nicht fettig metamorphosiren, sondern eintrocknen, was ebenfalls nur hei soli-tären Miliartuberkeln vorkommt, so bilden sie eine harte, horn-ähnliche Masse, und diesen Zustand bezeichnet man als den der Verhornung. Ein häufigerer Ausgang ist indess die Verkal­kung, welche, wenn sie vollständig ist, zur Petrification, wenn sie nur theilweise neben der fettigen Metamorphose zu Stande kommt, zur Bildung eines graugelben, schmierigen, wie sandige Butter sich anfühlenden Breies führt.
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304nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubildungen.
sect;. 471. Die Tuberkel können sich in allen Organen bilden, welche Bindegewebe besitzen. Nicht selten entstehen sie sogar sowohl in dem jungen, als auch in dem älteren neugebildeten Binde- oder Narben-Gewebe (Pseudoligamente), selbst in demjenigen, welches die Vernarbung der Tuberkel - Geschwüre, Abscesse und Cavernen vermittelt hat. Ihre Prädilectionsorgane sind die Lun­gen, demnächst die Leber, Milz, Nieren und die serösen- und Schleim-Häute; aber auch in den Lymphdrüsen, im Gehirn, selbst in den Knochen, Muskeln, Sehnen, Bäuclern und in der Retina sind sie gefunden worden. Am seltensten sind sie in den Schild­drüsen, in den Eierstöcken, im Euter, im Unterhautfettgewebe und in der Cutis.
sect;. 472. Eigenthüralich ist den Tuberkeln ihre Heteroplasti-cität als lymphoide Gebilde und ihre Multiplicität. Letztere beruht nicht auf einer sogenannten tuberkulösen Dyskrasie, sondern auf einer Prädisposition oder Vulnerabilitat der Gewebe, wrelche i. d. R. hereditär ist, aber auch erworben sein kann. Bei einer solchen Prädisposition sind verhältnissmässig geringe Gelegenheitsursachen (Katarrhe, Rheumatismen, viel Arbeit bei mangelhafter Nahrung oder Mangel an Bewegung in freier Luft etc.), ja sogar die gewöhnlichen Lebensreize im Stande, die multiple Tuberkelbildung (Tuberkulosis) hervorzurufen. In neuester Zeit hat die Annahme vielfach Anklang gefunden, dass die angeborene oder erworbene Vulnerabilitat der Gewebe darin bestehe, dass verhältnissmässig geringe Reize Entzündungen, bes. lobuläre und lobäre Pneumonien, hervorrufen, deren zellige und fibrinöse Exsudate nicht organisirt werden können, sondern käsig metamorphisiren resp. zerfallen (tuberkulisiren) und dass diese käsigen Producte den Infectionsherd bilden, von welchem aus die Tuberkulosis auf dem Wege der Metastase erzeugt, werde. Diese Entzündungen rechnet man, wie auch die Diphtheritis, zu den degenerativen im Allg. und in specie zu den tuber­kulösen.
sect;. 473. Villemin, Sanderson, Fox, Cohnheim, B. Fränkel u. m. A. haben durch Versuche festgestellt, dass bei Kaninchen und Meerschweinchen allgemeine Tuberkulose entsteht, nicht nur, wenn man sie mit Stückchen tuberkulöser Lungen und mit zerriebenen miliaren Tuberkeln von Menschen impft, sondern auch, wenn man ihnen Partikel von weichen Krebsgeschwülsten, Condylomen oder Sarkomen, selbst von beliebigen unveränderten
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; POS
Organen frischer Kadaver unter die Haut bringt. Sie erreichten sogar dasselbe Resultat, wenn sie ganz heterogene Dinge: Bäusche reinen Fliesspapiers oder reiner Charpie, Stücke von Guttapercha, von rohem oder vulkanisirtem Kautschuk etc. in die Bauchhöhle der Meerschweinchen brachten. Aus diesen Thatsachen scheint hervorzugehen, dass alle käsigen Entzündungsproducte durch In­fection eine allgemeine Tuberkulosis veranlassen können und dass die Tuberkel, wenn auch Neugebilde eigener Art, nicht nothwen-diger Weise ein specifisches Virus produciren, dass sie auch an sich nicht infections- und disseminatibnsfähig zu sein brauchen, sondern dass diese Eigenschaft lediglich ihrer käsigen Zerfalls­masse zukommen kann. Ihre multiple Entstehung würden die Tuberkel demnach vielmehr einem gemeinschaftlichen käsigen In-fectionsherde verdanken, welcher sich in Folge einer durch ver-hältnissmässig geringe Reize entstandenen Entzündung in prädis-ponirten Geweben gebildet hat. Die Infection des Organismus von diesem Herde aus geschieht nicht durch den Blut- und Lymph­strom, sondern durch die intracelluläre Saftströmimg, denn bei jenen Versuchen bildeten sich die Tuberkel hauptsächlich in den Hiuterleibsorganen, wenn der fremde Körper in die Bauchhöhle gebracht worden, dagegen vorwaltend in den Lungen, wenn die käsigen Massen (gut zerrieben, verdünnt und filtrirt) in die Ju-gularis injicirt wurden. Aehnliche Resultate erzielte Gerlach bei seinen Versuchen über die üebertragbarkeit der Tuberkulosis und der Perlsuclit durch Impfung und Fütterung (Jahresbericht der Thierarzneischule zu Hannover-pro 1809). Dieselben Versuche, von Waidenburg und mir an drei Pferden gemacht, lieferten indess negative Resultate (Mag. f. d. ges. Thkde. 1870), woraus sich vielleicht schliessen lässt, dass das Pferd für die Tuberkulosis fast eine Immunität besitzt, zurmd sie in der That nur in ganz vereinzelten Fällen bei diesem Thiere (von Leisering) constatirt worden ist. Nach Vorstehendem muss die Frage betreffs der Entste­hung der Tuberkulosis als noch nicht sicher gelöst angesehen und zuge­geben werden, dass die Tuberkel, einmal entstanden, sich auch durch Dissemination vermehren können; hierfür spricht besonders dieseeun-däre Affection der Lymphdrüsen und der Lungen. Wenn auch bei der Section neben der allgemeinen Tuberkulosis ein alter kä­siger Herd nicht immer gefunden wird, so kann derselbe durch Resorption verschwunden sein.
Kotme, :illg. Veterio. Patb.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .gt;q
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30ßnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen.
sect;. 474. Die ärztliche Behandlung- der Taberkulosis kann sich im Wesentlichen nur anf Bekämpfung der Anlage durch kräftige Diät, angemessene Bewegung (Turnen), gesunden Aufenthalt und Abhaltung von Krankheitsreizen, frühzeitige Abhärtung, Vermei­dung von Erkältungen und Diätfehlern und auf reichliche Liefe­rung von Brennmaterial (Fette etc.) beschränken, wodurch die Entstehung von Entzündungen möglichst vermieden und die Verhor-nung oder Verkalkung der etwa bereits entstandenen Tuberkel be­günstigt wird. Gelingt dieses nicht, so ist der regelmässige Aus­gang der Tuberkulosis Abzehrung, Schwindsucht (Phthisis tuberculosa), welche theils durch Säfteverlust (Erweichung der Tuberkel und chronischen Katarrh), theils durch Eunctionsstörung der blutbereitenden und blutreinigenden Organe (Lungen, Lymph­drüsen) (Tabes meseraica, Unterleibsschwindsucht), theils durch Fieber und Erschöpfung, theils durch Septicämie herbeigeführt wird. Der Tod tritt i. d. E. erst nach jahrelanger Dauer, ausnahmsweise in wenigen Wochen nach dem Offenbarwer­den der Krankheit ein (Phthisis florida).
sect;. 475. Diese beim Menschen leider so häufige Krankheit kommt bei den Hausthieren nur selten vor. Relativ am häufig­sten tritt sie bei Hunden und Katzen, auch bei Schweinen und Kanin­chen auf. Bei Pferden sind nur ganz vereinzelte Fälle (von Leise-ring) nachgewiesen, die um so wichtiger sind, als sie darthun, dass (abgesehen von der Contagiosität) die Tuberkulosis von der Rotz­krankheit wesentlich verschieden, und dass diese mit der Tuber-inbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; kulosis nicht identificirt werden darf, obschon die Rotzknoten, als
Granulome, den Tuberkeln sehr nahe stehen. Was beim Rindvieh bisher als (acute oder chronische) Lungentuberkulose angesehen wor­den ist, ist weiter nichts, als eine käsige Pneumonie, welche selten für sich allein, sehr häufig aber als Complication der Perlsucht vorkommt. Bei Schafen und Ziegen, sowie beim Geflügel ist spontane Tuber­kulose noch nicht sicher constatirt. Bei den in der Gefangen­schaft lebenden wilden Thieren, besonders bei den Affen, ist sie dagegen eine regelmässige Erscheinung.
sect;. 476. d. Die Perlsucht oder Franzosenkrankheit beruht auf der Bildung eigenthümlicher Geschwülste, sog. Perlen, an den serösen Häuten der Bauch-, Brust- und Schädelhöhle, in den Lymphdrüsen und in anderen lymphatischen Organen. Diese Ge-chwülste sind ihrer histologischen Natur nach als Lymphc-Sar-
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;307
kome zu bezeichneu, denn sie bernlien auf einer Hyperplasie der Lymphzelleu in den Drüsen und auf einer Heteroplasie derselben im subserösen Bindegewebe. Sie wachsen ziemlich schnell, sind immer multipel, neigen wenig zur fettigen Metamorphose, mehr zur partiellen Verkalkung und persistiren grösstentheils durch fort­schreitende Neubildung.
sect;. 477. Man unterscheidet weiche und harte Lymphosar-kome. Erstere bestehen vorwiegend aus kleinen Eundzellen mit einfachem Kern und Kerakörperchen. In der Regel erreichen die Zellen nur die Grosse von Schleimkörperchen, in seltenen Fällen entwickeln sie sich jedoch auch zu mehrkernigen Kiesenzellen; daher der sarkomatöse Charakter dieser Lymphome. Auch findet man wegen der Zerbrechlichkeit der Zellenmembran häufig viele nackte Kerne. Zwischen den Zellen liegt ein feines, reticuläres, nur mikroskopisch sichtbares Bindegewebe. Bei den harten Lympho-Sarkomen prävalirt dagegen das Bindegewebe und wenn die Neu­bildung in den Drüsen vor sich geht, werden die die einzelnen Follikel trennenden bindegewebigen Septa auch makroskopisch dicker und fester; dagegen sind die Drüsenfollikel geschwunden. Daher lassen sich nur in den jüngsten Formationen und in den weichen Lympho-Sarkomen die Lymphzellen nachweisen.
sect;. 478. Primär entstehen die Lympho-Sarkome in dem sub­serösen Bindegewebe, zunächst als hirsekorngrosse, weissliche Flecke, welche allmählich grosser werdend die über sie hinweg gellende seröse Haut emporheben und entweder immer fortwach­sen und durch Wucherung in verschiedene Richtungen die un-regelmässigsten Gestalten annehmen, indem sie lappige, warzen-förmige, gestielte oder traubenförmigo Conglomefatknoten bilden, welche von der serösen Haut überzogen sind und die Grosse einer Doppelfaust und noch mehr erreichen können; oder sie bleiben als einzelne Knoten von verschiedener Grosse stehen. Sie zeichnen sich ferner durch stellenweise eingesprengte Verkal­kungen aus, welche in den älteren Conglomeratknoten fast nie­mals fehlen, und durch Ablagerung von kohlensaurem und phos­phorsaurem Kalk in Form kleiner, oft massenhaft zusammen ge­lagerter, faustgrosse Klumpen bildender Körner auftreten. Diese Kalkmassen sind aber immer noch von dem lympho-sarkomatösen Gewebe eingeschlossen und grade in diesem findet mau die mehr­kernigen Riesenzellen ziemlich häufig.
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Neubildungen.
sect;• 479.
Die bei vorgeschrittener Perlsucht selten fehlende
Affection der Pectoral-, Bronchial-, Submaxillar- und Abdominal-Drüseu ist eine secuadäre; sie ist mit denselben Neubildungen und Kalkablagerungen in den genannten Organen verbunden. Auch in dem subseroamp;en und interlobulären Bindegewebe der Lungen können sich derartige Lyrapho - Sarkome in grossen Massen bilden; sie stellen aber hier weniger isolirte Geschwülste dar, sondern wuchern in den grossen Bindegewebszügen mehr gleich-massig fort, rufen eine schleichende katarrhaliche oder croupöse Pneumonie hervor und bilden schliesslich oft mehrere Pfunde schwere, krumliihe oder steinige Massen von gelbgrauer Farbe. Niemals erfolgt eine Erweichung oder Ulceration. (Steinige Hepatisation, H. petrifica). Selten fehlt bei der Peiisucht diese Affection des Lungengewebes ganz.
sect;. 480. Ferner kommen die Lymphe - Sarkome auch meta-statisch an der Arachnoidea, an der Leber, an den Tuben und Ovarien vor. An den letzteren Orten verursachen sie nicht selten periodische Nymphomanie, die sogen. Monatsreiterei oder Brüllerkrankheit', die indess auch ohne nachweisbare Perlsucht bestehen kann. An der Arachnoidea erzeugen sie dagegen un-regelmässig wiederkehrende Symptome der Gehirureizung. An der Pleura verursachen sie Athembeschwerden und Husten, am Peri-tonäum und in den Mesenterialdrüsen mangelhafte Ernährung trotz guten, nicht selten gesteigerten Appetits (Tabes meseraicä) (Magere Franzosen). Sind die Mesenterialdrüsen intact, so kann sogar eine gute Ernährung und Mästung stattfinden (Fette Franzosen).
sect;. 481. Die Ursache der Lympho-Sarkombildung beruht in einer ererbten Anlage; diese Afterprodukte sind sogar schon bei neugeborenen Kälbern gefunden worden. Bei Kühen, und zwar besonders bei sehr milchergiebigen, vermehren und wachsen sie schneller, als bei Ochsen und Bullen. Bei letzteren bleiben sie gewöhnlich so sparsam und unentwickelt, dass sie deren Gesund­heit nicht in wahrnehmbarer Weise beeinträchtigen. Durch solche Bullen wird die Krankheit am meisten unterhalten und fortgepflanzt, da ihre ganze Nachkommenschaft mit der Anlage zur Franzosen­krankheit geboren wird, die Kühe aber entweder bald nicht mehr con-cipiren oder geschlachtet werden, weil die Krankheit bei ihnen früher
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Neubildungennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 309
offonbar wird. Bis jetzt ixt diu Krankheit nur bei Rindvieh, Schweinen und Pferden, bei diesen sehr selten, beobachtet.
sect;. 482. Einmal entstanden scheinen sich die Lyinpho - Sar­kome sowohl durch den Lymphstrom, als durch Nachbannfeclion zu vermehren. Für Ersteres spricht die secundäre Afiection der Lymphdrüsen, für Letzteres das vorwaltende Ergriffensein gewisser Regionen. Das Wachsthum der Geschwülste geschieht sowohl durch Apposition von der nicht selten gestielten Basis aus und zwar entweder durch Bildung von Granulationszellen aus getheil-ten Bindegewebszellen oder durch ausgewanderte Lymphzellen, als auch durch Vermehrung der bereits neugebildeten Zellen ver­mittelst endogener Neubildung. Ob die Lymphosarkome durch Impfung und durch den Darmkanal auf Menschen und andere Thiere übertragen bei diesen Tuberkulosis erzeugen können, wie die Versuche von Gerlach (sect;. 473) es wahrscheinlich machen, ist bis jetzt noch nicht mit Sicherheit constatirt. Ebenso unklar ist noch das Verhältniss der mit der Perlsucht häufig complicirten käsigen Pneumonie zu jener Krankheit, um so mehr als sie nicht ganz selten vermisst wird. In den meisten Fällen ist sie wohl secundärer Natur (cf. sect;. 47'.)).
sect;. 483. e) Die Struma oder der eigentliche Kropf. Die Schilddrüsen, glandulae thyreoideac, sind zwar keine eigent­lichen Lymphdrüsen, doch haben sie mit Epithel ausgekleidete Follikel ohne Ausfühiungsgänge. Ihr muthinassliches Product wird wahrscheinlich durch die Venen abgeführt.
'Gewöhnlich bezeichnet man jede Anschwellung der Schild­drüse als Struma, jedoch beruht die chronische Verdickung derselben meistens auf einer Wucherung des interfolliculären Bin­degewebes, in welchem sich i. d. R. neue mit Epithel ausgeklei­dete (lymphoide) Follikel bilden. Diese Neubildung kann sich auf die ganze Drüse erstrecken, oder auf einzelne Abtheilungen derselben beschränken, wodurch natürlich eine Verschiedenheit in der Form der Struma bedingt wird. Wenn bei dieser Hyperplasie das Bindegewebe vorherrscht, so stellt die Geschwulst den fase­rigen Kropf (Str. fibrosa), wenn die Follikel prävaliren, die Str. follicularis, wenn die Gefässe, die Str. vascularis dar. Je nachdem in den letzteren die Arterien vorherrschen, ist sie eine Str. aneurysmatica, oder wenn die Venen, eine Str. varicosa. I. d. R. sind die betreifenden Gelasse gleichzeitig
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sect;. 479. Die bei vorgeschrittener Perlsuoht selten fehlende Affection der Pectoral-, Bronchial-, Submaxillar- und Abdominal-Drüsen ist eine secundäre; sie ist mit denselben Neubildungen und Kalkablagerungen in den genannten Orgauen verbunden. Auch in dem subserösen und intorlobulären Bindegewebe der Lungen können sich derartige Lyrapho - Sarkome in grossen Massen bilden; sie stellen aber hier weniger isolirte Geschwülste dar, sondern wuchern in den grossen Bindegowebszügen mehr gleicli-mässig fort, rufen eine schleichende katarrlialiche oder croupöse Pneumouie hervor und bilden schliesslicb oft mehrere Pfunde schwere, krfinilii-he oder steinige Massen von gelbgrauer Farbe. Niemals erfolgt eine Erweichung oder Ulceration. (Steinige Hepati sation, H. petrifica). Selten fehlt bei der Perlsucht diese Affection des Luugeugewebes ganz.
sect;. 480. Ferner kommen die Lymphe - Sarkome auch meta­statisch an der Arachnoidea, an der Leber, an den Tuben und Ovarien vor. An den letzteren Orten verursachen sie nicht selten periodische Nymphomanie, die sogen. Monatsreiterei oder Brüllerkrankheit', die indess auch ohne nachweisbare Perlsucht bestehen kann. An der Arachnoidea erzeugen sie dagegen un-regelmässig wiederkehrende Symptome der Gehirnreizung. An der Pleura verursachen sie Athembeschwerden und Husten, am Peri-tonäum und in den Mescuterialdrüsen mangelhafte Ernährung trotz guten, nicht selten gesteigerten Appetits (Tabes meseraica) (Magere Franzosen). Sind die Mesonteriahlrüsen intact, so kann sogar eine gute Ernährung und Mästung stattfinden (Fette Franzosen).
sect;. 481. Die Ursache der Lymphe-Sarkombildung beruht in einer ererbten Anlage; diese Afterprodukte sind sogar schon bei neugeborenen Kälbern gefunden worden. Bei Kühen, und zwar besonders bei sehr milchergiebigen, vermehren und wachsen sie schneller, als bei Ochsen und Bullen. Bei letzteren bleiben sie gewöhnlich so sparsam und unentwickelt, dass sie deren Gesund­heit nicht in wahrnehmbarer Weise beeinträchtigen. Durch solche Bullen wird die Krankheit am meisten unterhalten und fortgepflanzt, da ihre ganze Nachkommenschaft mit der Anlage zur Franzosen­krankheit geboren wird, die Kühe aber entweder bald nicht mehr con-cipiren oder geschlachtet werden, weil die Krankheit bei ihnen früher
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offenbar wird. Bis jetzt ist die Krankheit nur bei Rindvieh, Schweinen und Pferden, bei diesen sehr selten, beobachtet.
sect;. 482. Einmal entstanden scheinen sich die Lymphe - Sar­kome sowohl durch den Lymphström, als durch Nachbarint'ection zu vermehren. Für Ersteres spricht die seenndäre Affection der Lymphdrüsen, für Letzteres das vorwaltende Ergriffensein gewisser Regionen. Das Waclisthum der Geschwülste geschieht sowohl durch Apposition von der nicht selten gestielten Basis aus und zwar entweder durch Bildung von Granulationszellen aus getheil-ten Bindegewebszellen oder durch ausgewanderte Lymphzellen, als auch durch Vermehrung der bereits neugebildeten Zellen ver­mittelst endogener Neubildung. Ob die Lymphosarkome durch Impfung und durch den Darmkanal auf Menschen und andere Thiere übertragen bei diesen Tuberkulosis erzeugen können, wie die Versuche von Gerlach (sect;. 473) es wahrscheinlich machen, ist bis jetzt noch nicht mit Sicherheit constatirt. Ebenso unklar ist noch das Verhältniss der mit der Perlsuchl häufig complicirten käsigen Pneumonie zu jener Krankheit, um so mehr als sie nicht ganz selten vermisst wird. In den meisten Fällen ist sie wohl seeundärer Natur (cf. sect;. 470).
sect;. 483. e) Die Struma oder der eigentliche Kropf. Die Schilddrüsen, glandulae thyreoideac, sind zwar keine eigent­lichen Lymphdrüsen, doch haben sie mit Epithel ausgekleidete Follikel ohne Ausfühi ungsgänge. Ihr muthmassliches Product wird wahrscheinlich durch die Venen abgeführt.
'Gewöhnlich bezeichnet man jede Anschwellung der Schild­drüse als Struma, jedoch beruht die chronische Verdickung derselben meistens auf einer Wucherung des interfolliculäreu Bin­degewebes, in welchem sich i. d. R. neue mit Epithel ausgeklei­dete (lymphoide) Follikel bilden. Diese Neubildung kann sich auf die ganze Drüse erstrecken, oder auf einzelne Abtheilungen derselben beschränken, wodurch natürlich eine Verschiedenheit in der Form der Struma bedingt wird. Wenn bei dieser Hyperplasie das Bindegewebe vorherrscht, so stellt die Geschwulst den fase­rigen Kropf (Str. fibrosa), wenn die Follikel prävaliren, die Str. follicular is, wenn die Gefässe, die Str. vascular is dar. Je nachdem in den letzteren die Arterien vorherrschen, ist sie eine Str. aneurysmatica, oder wenn die Venen, eine Str. varicosa. I. d. R. sind die betreffenden Gelasse gleichzeitig
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bedeutend erweitert. Wenn das die Follikel umgebende Binde­gewebe verknöchert, so ist sie eine Str. ossea. — Bei der Str. follieularis kommt es nicht selten vor, duss in den Follikeln eine (vom Epithel abgesonderte?) leimartige, gallertige Flüssigkeit sieh ansammelt (Str. lymphatica), welche zuweilen die Fol­likel auf Kosten des immer ^mehr schwindenden Bindegewebes be­deutend ausdehnt (Str. cystica). Ausserdem können aber auch die Epithelzclleu der Follikel oder die in dieselben eingewan­derten Lymphzellen der fettigen Degeneration anheim fallen; dann findet man in den Follikeln Fett und Cholestearinkrystalle.
Die Struma gehört zu den gutartigen Neubildungen und schadet höchstens durch ihre oft enorme Grosse und ihren Sitz7 indem sie auf den Kehlkopf oder den nervus recurrens drückt. Wenn die Struma auf beiden Seiten stark entwickelt ist, kann sie selbst aussei- der Athembeschwerde noch eine Schlingbeschwerde veranlassen. Sie kommt beim Menschen und bei allen Hausthieren, am meisten bei Hunden vor.
13. Die epithelialen Neubildungen.
484. Diese bestehen aus Epithelzellen ohne oder mit
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einer nicht sicher zu constatirenden Intercellularsubstanz. Das Ganze oder dessen einzelne Theile werden nur durch accessorisches Bindegewebe zusammen gehalten. In diesen Neubildungen kann das Epithel nicht nur in seinen drei Hauptformen, als Platten-, Cylinder- und Flimmer-Epithel, sondern auch als specifisches Drü­senepithel auftreten. Gewöhnlich ist indess in einem Neugebilde nur eine Form vertreten.
sect;. 485. Dia einfache Hyperplasie der epithelialen Ge­bilde ist lediglich eine Folge einer Steigerung der gewöhnlichen Epithelerzeugung. Dieselbe führt entweder zu einer dauernden Formation, oder sie ist gleichzeitig mit einer so lebhaften Ab-schuppung (Desquamatio) der älteren Zellen verbunden, dass eine erhebliche Massenzunahme nicht stattfindet. Die Grundursache ist in beiden Fällen dieselbe, nur das Endresultat, der Erfolg, ist ein verschiedener.
Eine hyperplastische Neubildung der äusseren Oberhaut (Epi­dermis) mit im gleichen Grade gesteigerter Abschuppung scheint m. o. w. bei allen chronischen, mit allgemeinen Ernährungsstö-rangen verbundenen, Krankheiten stattzufinden. Die durch das
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Neubildungen.
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kurze, straffe ünterhautbiudegewebe fest mit der Unterlage ver­bundene, verdickte und ihrer Elasticität beraubte Haut (Cutis) ist mit zahlreichen Ejiithelschuppen besetzt, welche bei mangel­hafter Hautpflege zwischen den Mähnen-, Schweif- und Deckhaaren hängen bleiben, wodurch die Haut wie bestäubt erscheint. Am Auffallendsten wird diese Erscheinung bei der sogenannten Hart-häutigkeit (Coriago) wahrgenommen, welche aber nicht als eine selbstständige Krankheit, sondern als Symptom einer allgemeinen Ernährungsstörung aufzufassen ist, und auch bei andauernden acuten Krankheiten, wenn auch in einem geringeren Grade, sich auszubilden pflegt. (Lungenseuche, Tuborkulosis, Perlsucht, Kno-chenbrücliigkeit etc.)
Hält die Abschuppung mit der hypcrplastischeu Neubildung der Epidermis nicht gleichen Schritt, so bildet sich die sogenannte Hautschwiele (Callus), welche aus lauter verhornten, dicht geschichteten, platten Epidermiszellen besteht und i. d. R. in Folge der Eintrocknung und des Mangels an Elasticität tiefe Risse bekommt und borkig erscheint. Eine solche Hautschwiele bildet sich an Stellen, welche einem anhaltenden oder wiederholten Drucke (durch Geschirre, das Lager etc.) ausgesetzt sind und dient dann als schützende Decke für die Haut. Begrenztor entsteht eine solche Hautschwiele auf hervorragenden äusseren Narbeu und Warzen. Ist die Hyperplasie der Epidermis über die ganze Haut oder den grossten Theil derselben ausgebildet, so wird dadurch die sogenannte, i. d. R. angeborene Fisch schuppen kr ankheit, (Jchthyosis) dargestellt. (Nur bei Menschen und Schweinen beobachtet).
An den Theilen der äusseren Haut unterhalb der Vorderfuss-wurzeln und der Sprunggelenke führen chronische Reizzustäude (Schrundenmauke) nicht nur zu beträchtlichen Hyperplasien der Epidermis, sondern auch der Papillen der Cutis, so dass das Hautgewebe dem der Kronenwulst ähnlich, und zur Matrix für ein röhrenführendes Horngebilde wird. Beschränkt sich diese Neubildung auf kleinere, scharf begrenzte, i. d. R. hervorragende Stellen, so wird dadurch das sogenannte Hau thorn gebildet, welches ohne knöcherne Grundlage, daher passiv beweglich ist. Das physiologische Analogon für diese Neubildung (ludet sich in den sogenannten Hornwarzen oder Kastanien. Mechanische Trennungen kleinerer Thcile der Kronenwulst führen oft zu horn-
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ähnlichen Gebilden, welche, aus wirklichem, physiologischem Huf-horn bestehen, aber i. d. R. nach aussen und oben gekrümmt isolirt wachsen. Diese getrennt, wachsenden Theile der Hufe oder Klauen (und Homer?) könueu daher nur als uneigentliche oder falsche Haut hörn er bezeichnet werden.
Die Hyperplasie des Epithels der Haarbälge führt zum Aus­fallen der Haare, indem die Haarwurzeln durch die neugebildeten, im Haarsäckchen angesammelten Epithelzeilen hervorgeschoben werden und die Haarwurzeln ihren Halt verlieren. (Vesieatoren, Herpes decalvans).
sect;. 486. An den Schleimhäuten und in den Alveolen der Lungen stellt die Hyperplasie der Epithelien mit vermehrter Ab-schuppnng das katarrhalische Secret dar; dabei wandeln sich nicht die Epithelien der freien Fläche der Sehleimhaut, son­dern nur die der Schleimdrüsen in Schleimkügelehen am. Viel­leicht entstehen letztere auch nur aus einigrirten Lymphzellen (cf. 524). Sind viele Epithelien in dem katarrhalischen Secret enthalten, so erscheint dieses ganz milchweiss (Blenno rrhoea, Fluor albus); je weniger Epithelzellen dem Secret beigemengt sind, je heller erscheint dieses, denn die Schleimzellen trüben dasselbe nur wenig, da sie stark durchscheinend, fast durchsich­tig sind.
Aelmliches findet in den Harnkanälchen der Niereu Statt, aus welchen das Epithel i. d. E. in Form kleiner, zusammen­hängender Cylinder entleert wird (cf. Bright'sehe Nierenkrank­heit sect;. 382).
sect;. 4S7. Bleibende Hyperplasien der Epithelien in den Haar­säckchen führen zum abnormen Wachsthume der Haare (Weich­selzopf, Plica polonica, auch Trichoma); auf der äusseren Haut zu Schwielen und wenn die Papillen der Haut in den Pro-zess der Hyperplasie mithinein gezogen werden, zur Bildung trock-ner oder fem-hter Warzen (Verruca, Condyloma), die, wenn sie. grössere Geschwülste bilden auch Papillome genannt werden. Der Strahlkrebs ist im Wesentlichen ein Papillom mit Verflüssi­gung des epithelialon Hornstrahls, also weder ein Garcinom noch ein Cancroid. (sect;sect;. 406, 499 uud 504).
sect;. 488. Aehnliche Hyperplasien der Epithelien in den Drü­sen verursachen zunächst eine Erweiterung und Verlängerung der .Kanäle und Acini, i. d. P. verbunden mit einer Hyperplasie der
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Neubildungennbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;313
bindegewebigen jGrrandlage, also eine Hyperplasie des ganzen Or-ganes. Der Reiz zu dieser gesteigerteu Entwickelung Ist i. d. K. ein adäquater, d. li. ein der Function der Drüse entsprechen­der. So liegt z. B. einer Hyperplasie der Niere i. d. 11. eine Unreinigkeit (Impuritas) des Blutes zu Grunde, welche durin besteht, dass sich bei Störung der Function der arideren Niere der Harnstoff im Blute anhäuft. Dieser übt eiueu erhöhten (adä­quaten) Reiz auf die gesunde Niere aus, wodurch diese zur vica-riirenden flarnausscheiduug und zur gesteigerten Epilhelbildung angeregt wird.
sect;. 489. In derselben Weise wirkt die Leukämie auf die Leber, indem die ungefärbten Blutzellen so erregend auf die Epi-thelien der Acini, d. h. auf die Leber/eilen wirken, dass diese sich hyperplastisch vermehren, in Folge dessen die Acini mehr Leberzellen enthalten und die Leber auch makroskopisch grosser erscheint. Die Leber ist nämlich das normale Ansscheiduugsor-gan sowohl für die (zerfallenen) weissen., wie für die rotheu Blut-kügelchen: daher die spezifische Beziehung.
sect;. 490. In derselben Weise, wie Nieren und Leber können alle Drüsen hyperplastisch werden und wenn diese Hyperplasie nur einzelne Drüsen betrifft, so bezeichnet man jene als ein Ade­noma. Die epitheliale Hyperplasie in den Lab- und Schleim-Drüsen des Magens, Darmkanals, Uterus etc. hat gleichfalls ein Wachsen dieser Drüsen zur Folge, wodurch sie fadenförmig ver­längert werden und in Form von Polypen hervorragen (6tat ma­in elone d. Franz.). Mit dieser Hyperplasie ist auch eine erhöhte Function der betreffenden drüsigen Organe verbunden.
sect;. 491. Wird das zur Ausscheidung bestimmte Secret zu­rück gehalten, so entstehen dadurch Retentions-Geschwülste mit grösstentheils epithelialem Inhalte. Diese Zurückhaltung kann sowohl an dem Orte ihrer Entstehung, als auch auf dem Wege ihrer Ausscheidung stattfinden, und erzeugt zuweilen durch Schwund der Scheidewände confluirende Höhlen.
Die Retention kann bedingt sein durch eine zu dickliche Consistenz der auszuscheidenden Massen (Mitesser, Come de­nen, Acne in den Talgdrüsen), oder durch Verschluss der Aus­führungsgänge. Letzterer ist als Ursache zu vermuthen, wenn die zurück gehaltenen Massen dünnflüssig sind; jedoch können sie in
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314nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubildungen.
diesem Falle späterhin noch eingedickt werden, so dass der um­gekehrte Schluss nicht immer richtig ist.
An der äusseren Haut enthalten diese Ketentionsgeschwülste entweder vorwaltend Epithelien und dann nennt man sie Brei­oder Grütz-Geschwülste, Atheromata; oder sie enthalten fast iiurlliiuttalg, dann heissen sie auch wohlSpeckgeschwülste, Steatomata (cf. indess sect;. 416.); oder sie enthalten ein mehr dünnflüssiges, synoviaähnliches Fett, dann werden sie Honig­geschwülste, Meliceres auch Colloidbälge, Dermoid-Cysteu, genannt. Der anfänglich consistente, aschgraue epithe-lialo Inhalt ist dann in Folge einer Fettmetamorphose verflüssigt (an den falschen Nasenlöchern der Pferde sehr häufig.)
Au den Schleimhäuten werden Retentionsgeschwülste der Schleimdrüsen auch als Blasenpolypen bezeichnet.
sect;. 492. Die retinirten Massen reizen die Wandungen des sie umgebenden Sackes häufig so, dass dieser sich hyperplastisch und nicht selten colossal verdickt, so dass an der äusseren Haut und an den Uebergangsstellen der Schleimhaut in dieselbe die sog. Schwammgeschwulst, Mollusc um, mit einem Atherom oder Steatom oder mit einer Meliceris im Inneren entsteht. Zu­weilen wird der Inhalt der letzteren resorbirt, so dass die Höh­lung nicht mehr aufzufinden ist.
sect;. 493. Sammelt sich mit den Epithelien ein vorwaltend seröses Exsudat innerhalb der Höhlen der Secretionsorgane an, so bezeichnet man diesen Zustand auch wohl als falsche oder aneigentliche Wassersucht (Wassergeschwulst, Hygro-ma). So sprichtman von einer Wassersucht der Gallenblase, Hydrops cystidis felleae, der Gallengänge, Hydr. duetus biliferi, der Eierstöcke, Hydr. folliculorum ovarii, der Eileiter, Hydr. tubarum Fallopii, der Gebärmutter, Hydr. uteri s. Hydrometra, der Nieren, Hydronephrosis, des Wartonschen Ganges, Granula (Froschgeschwulst), der Samenkanäle, Spermatocele, des Euters, Galacto-ccle etc.
In den höher organisirten Drüsen tritt in Folge der Stauung des Secrets, weil das Bindegewebe in ihnen nicht so prävalirt, i. d. \l. Atrophie der bindegewebigen Septa, Gonfluenz der Acini und Störung der Function ein. Sonst sind die Ketentionsge­schwülste nur in Folge ihres Sitzes durch Druck nachtheilig. In
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;315
der Radienluihlc verursachen sie z. B. Athem- und Sehlingbe-schwerdeu. (Retrotracheale Eetentionsgeschwülste).
sect;. 494. Die heteroplastischen Epithelialbildtingen entstehen au Orten, au denen normaliter kein Epithel vorkommt. Sie gehen auch nicht, wie das normale Epithel, aus der Theiltmg tiefer gelegener Epirhelzellen, sondern aus Bindegewebszellen (oder aus emigrirten Lymphzeilen?) hervor. Jedenfalls liegt die­ser Neubildung ein Irritament .zum Grunde, welches die Tbeilung der Bindegewebszellen in Granulationszelleu und die Transforma­tion der letzteren (oder der Lymphzellen?) in Epithelzellen ver-anlasst. Anm.: Thiersch läugnet die hetcroplastische Entwickeliuig der Epithel!en aus dem Bindegewebe, und nach Billroth wachsen alle neugebildeten, aus den früheren hervorgegangenen Zellen nur zu solchen Geweben ans. die innerhalb desProductionsberei-ches desjenigen Keimblattes liegen, von welchem sie abstammen. Auch nach llemak kann Epithel nur von Epithel stammen, welches in allen gefässhaltigon Theilen als Endothelium der Blut- und Lymphgefässe vertreten ist. Hiernach wären mithin die epithelialen Neubildungen im Innern der Gewebe keine lleteroplasien, sondern Hyperplasien. Bis jetzt ist diese Ansicht jedoch noch nicht allgemein adoptirt und die nicht von den Epithelien der äusseren Haut, der Schleim- und serösen Häute sowie der Drüsenkanäle ausgehenden Neubil­dungen gelten noch als heteroplastische. Die heteroplastischen Epithelbildungen können ganz gutarti­ger Natur sein und als einfache Ersatz- oder Luxus-Bildungen auftreten. Hierher gehört z. B. die Reproduction der Epithel­zellen auf dem zum Abschluss gekommenen Narben-Gewehe, wobei die äusserste Schichte des Binde- oder Narbengewebes in Epithel­gewebe transformirt wird und zum Ersätze der verloren gegauge-gangenen Epithelschichte dient.
sect;. 495, Eine Luxus-Production findet dagegen bei den der-moidalen (liautähnlichen) Neubildungen, Cysten etc. (conf. sect;. 491) an deren inneren Oberfläche Statt. Die Der meide sind nämlich Nachbildungen der Haut — Cutis —, oft mit Haar- und Talgbälgen, selbst mit Zähnen und Gehirnsubstanz, welche Letztere in dieser Vollständigkeit jedoch stets als congenitale, abgeschnürte Einstülpungen der Haut anzusehen sind. Jedoch kommen hetero-
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3 IGnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen
plastische Reproductionen der ganzen aüsseren Hunt (Cutis) auch in der postfötaleii Zeit und in späteren Lebensperioden vor.
sect;. 496. An den Kämmen der llilhne (und in der Haut des Menschen) finden sich nicht selten heteroplastische Epithel - (Epi­dermis-) Bildungen in Form kleiner, perlmutterartig glänzender, oft vielfach zusaminengelüiufter Perlen vor, welche aus Bindege-wehscysten bestehen, die im Innern mit Epithel ausgekleidet und angefüllt sind. Die innersten abgestossenen Epithclzellen gehen eine fettige Degeneration ein und geben zur Bildung oft grosser Massen von Cholestearinkrystallen Veranlassung, weswegen man sie auch als Cholesteatome bezeichnen kann (cf. sect;. 3.')7). Die Bildung der ächten Perlen an der inneren Fläche der Muscheln beruht auf demselben Prozesse. Ferner gehören hierher:
sect;. 497. Die Kystöme, welche ihrer Entstehung nach den drüsigen Organen analog sind, nur mit dem Unterschiede, dass die Kystombildung mit einer heteroplastischen Epithelerzeugung be­ginnt. Die Epithelzellen fungireu dabei auch als Secretionsorgane. Da indess das Secret wegen Mangels eines Austuhrangsganges sich immer mehr anhäuft, so drängt es die Wandungen allmühlig auseinander und es bildet sich, ähnlich wie in den Terminalbläs-chen der Drüsen, eine gefüllte, mit Epithel ausgekleidete Cyste. Wenn nun mehrere derartige Cysten nahe zusammen liegen, so wird dadurch ein heteroplastisches, driisenälinliches Organ ohne Ausführungsgaug, d. i. ein Kystom, gebildet. Die Kystome kom­men am häufigsten au den Eierstöcken (früher Hydrops ovarii multüoeularis gen.) vor und sind i. d. Regel nicht maligner Xatur.
sect;. 198: Ferner gehören zu den heteroplastischen Epithel-bildungen die verschiedenen Formen von Krebsen (Cancer), welche sich durch ihren malignen Charakter auszeichnen. Häufig sind diese heteroplastischen, epithelialcn Neubildungen mit ein­fachen hyperplastischen verbunden, wenn nämlich physiologisches Epithelgewebe in deren unmittelbarer Nähe liegt.
Sie zerfallen in Cancroide und Carcinome.
sect;. 499. Das Cancroid stellt eine heteroplastische Repro­duction des physiologisclien Epithelgewebes (nach Kost er in Würzburg, eine maligne Hyperplasie der Endothelien der Lymph-gefässe) dar, gewöhnlich in Form von drüsenähnlichen, durchweg aus Epithel ohne lutercellularsubstanz bestehenden Zapfen, welche
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• NeubildungeiLnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;317
zuweilen durch Zusammeiilagorung ein unregelmässiges Conglomerat bilden. Da sie meist aus jungen weichen Epithelzellen bestehen, so stellt das Ganze i. d. R. eine lose zusammenhängende, breiige Masse dar. Diese Epithelzellen sind der Form nach sehr ver­schieden, d. h. sie können Pflaster-, Cylinder- oder Flimmer-Epithel darstellen. Das Erstere ist bei Weitem am häufigsten der Fall, doch sind die Epithelien i. d. R. dem physiologischen Epithel analog, welches ihnen am nächsten liegt.
sect;. 500. Die Cancroide vergrössern sich i. d. R. sehr laug­sam und erhalten erst nach jahrelangem Bestehen eine beträcht­liche Grosse. Erst wenn Zerfall eingetreten ist, werden die nächstgelegenen Lymphdrüsen afficirt; auch kommt es nicht selten zum Aufbruch (Euter der Hunde). Selten findet Metastasis in distaus Statt; immer aber tragen die secundären Cancroide den­selben Charakter, welchen die primären haben.
Nicht selten werden sie durch grosse Bindewebszüge in mehrere unregelmässige Abtheilungen getheilt und i. d. R. ist ihre Oberfläche durch das Hervorwuchern einzelner Abtheilungen un­eben, höckerig. Zuweilen geschieht diese Wucherung in langen, fadenförmigen Fortsätzen und dann stellt das Ncugebilde den Zottenkrebs oder das Papillar-Cancroid dar. Das helero-plastische Epithelgewebe ragt dann entweder frei, ohne Ueberzug von Bindegewebe hervor, oder es ist nur von dem physiologischen Epithelgewebe überzogen und ragt mit diesem über die Oberfläche hervor.
In d. R. findet bei den Cancroideu gleichzeitig eine bedeu­tende Entwickelnng von neuen Gefässen Statt, in Folge deren sie sehr zu Blutungen neigen.
sect;. 501. Sie gehen (wenn nicht aus emigrirfen Lymphzellen) aus Granulationszellen des Bindegewebes hervor und nachdem sie ihr Stadium acmes erreicht haben, erweichen und zerfliesseu sie durch fettige Degeneration. In Folge der Zerstörung der binde-gewebigen Scheidewände confluiron die kleineren Höhlen zu gros-seren, diese brechen nach Aussen auf, entleeren den fettigen Detritus und bilden ein fressendes Krebsgeschwür (Ulcus rodeus cancroides).
sect;. f)02. Die Cancroide kommen in allen Geweben vor, welche Bindegewebe haben. Ihre Prädilectionsstellen sind: Das Euter, die Lippen, Zunge, der Magen, Uterus etc. Im Allg. sind die
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518nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubüdungea.
Orifieien der Höhhmgeu, welche häufigen raedianischen Insulten ausgesetzt sind und eine weiche Oberfläche haben, am meisten der primären Cancroidbildung ausgesetzt. Aussei- diesen mecha­nischen Ursachen und der physiologischen Disposition muss indess noch eine congenitale oder erworbene Prädisposition, eine gewisse Vulnorabilität der Gewebe au den erwähnten Stellen der Cancroid­bildung zum Grunde liegen, welche sie zur Entwickelung derartiger spezifischer Neubildungen besonders geneigt macht; ja es ist sogar nicht unwahrscheinlich, dass gewisse chemische oder andere unbe­kannte Reize, ohne dass eine congenitale oder erworbene Prädis­position dabei im Spiele ist, diese spezifische Neubildung bedingen können. Jedenfalls liegt kein Grund zu der Annahme vor, dass ihrer Entstehung eine spezifische Csog. Krebs-) Uyskrasie zum Grunde liege, wie die Huraoralpathologen meinten.
sect;. 503. Eine Abart der Cancroide ist der sog. Gallert-, Schleim- oder Colloid-Krebs, Cancer areolaris, bei wel­chem sich an Stelle der Bindegewebszüge eine schleimige, gall­ertige, Mucin haltige Flüssigkeit findet, in welcher die zapfen-förmigen und vielfach netzartig anastomosirenden Epithelgebilde liegen. Grössere Abtheilungen derartiger Hohlräume werden dann zuweilen noch durch hyperplastische Bindegewebszüge zusammen gehalten und von anderen Abtheilungen geschieden. Nur iu diesen biudegewebigen Septis, welche mit dem Wachsthume der Ge­schwulst immer mehr atrophiren, liegen einige Blutgefässe, während die spezifische epitheliale Neubildung ganz gefässlos, folglich auch blutleer ist. Wenn dieser Colloidkrebs aufbricht, .entleert sich die Gallertmasse in Eorm von Kugeln und wenn dieses in die Bauch­höhle hinein geschieht, so kann dadurch eine Art von Bauch­wassersucht, Ascites gclatinosus, gebildet werden.
Diese Form ist noch weniger susspect, als das eigentliche Cancroid, denn Metastasen werden nur selten beobachtet.
sect;. 504. Die Carcinome sind epitheliale Neubildungen, welche durch gleichfalls neugebildete bindegewebige Septa in ziem­lich regelmässiger Weise in Alveolen getheilt worden, in welchen ausser den Epithelzellen noch eine Flüssigkeit, der sog. Krebssaft, enthalten ist. Dieser übt auf die Umgebung eine scharf reizende, zerstörende und schmelzende Wirkung aus und bewirkt sowohl die Nachbarinfection, wie die Metastasenbildung und den schnelleren Aufbruch.
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;319
Sind die Alveolen gross und enthalten sie viele Epithelien und Säfte, so ist der Krebs ein weicher; sind dagegen die Alveolen klein und enthalten sie wenig Epithel und Saft, ist dabei 'Jas Bindegewebe stark entwickelt, so ist es ein harter Krebs. Diese Beschaffenheit hängt zum Theil von der Qualität des Mutter­gewebes, zum Theil von der Schnelligkeit des Wachsthums des Carcinoms ab; diese steht aber wieder mit dem eigenen Zellen-und Saft-Reichthume im geraden Verhältnisse, d. h. je weicher und saftreicher ein Krebs, je schneller wächst er i. d. R.
sect;. 505. Die Bildung der weichen Formen der Carcinome (Markschwamm, Carcinoma medullare) ist zum Theil durch den Mutterboden, zum Theil durch die allgemeine oder ört­liche Anlage des Individuum bedingt.
Sie entstehen stets im Bindegewebe und zwar entweder durch Transformation emigirter Lymphzellen oder aus Granulationszellen, aus denen zum Theil Epithelien, zum Theil Bindegewebe in alveo-lärer Anordnung hervorgeht. Die Zahl der Epithelzellen im Ver­hältnisse zu dem bindegewebigen Stroma ist überwiegend: daher sind jene weich, locker aneinander gelagert und leicht verschiebbar. Die Epithelzellen haben aus demselben Grunde keine bestimmte Form, sondern sind in Folge des gegenseitigen Druckes verschie­denartig polymorph. Ihre Kerne und Kernkörperchen sind i. d. R. ausserordentlich gross und in den nur aus Spindelzellen be­stehenden Bindegewebsbalken liegen weite und dünnwandige Ge-fässe, welche leicht zu Blutungen Veranlassung geben.
sect;. 506. Sind die bindegewebigen Balken so gefässreich, dass das Bindegewebe selbst in den Hintergrund tritt, so sind die Ge #9632; fasse gewöhnlich varicös erweitert und dann stellt das Car-cinom den sog. Blutschwamm, C. telangiectodes s. Fungus haematodes, dar. Verknöchern dagegen die dann i. d. R. nicht sehr gefässreichen Bindegewebsbalken, so bezeichnet man das Neu­gebilde als C. ossificum.
Unter den weichen Carcinomen kommt auch, wie bei den Cancroiden, ein Zotten oder Blumenkohl-Krebs, C. papil-lare s.'cauliflorum, vor, welcher entweder durch zotteuförmige Wucherung der Krebsmasse selbst oder durch hyperplastische Wucherung der physiologischen Epithcldecken oder dadurch ge­bildet wird, dass an der inneren Fläche des bereits aufgebrochenen Carcinoms, also aus einem Krebsgeschwür heraus, derartige papil-
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320nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen.
läre Wadierungeu eintreten, welche pilzförmig aus der Mündung des Geschwürs hervorragen.
sect;, 507. Die harte Form der Carcinome bezeichnet man mit S ci'r r h u s. In ihm sind die bindegewebigen Septa überwiegend entwickelt und er enthält nur wenig oder fast gar keinen Krebssaft. Er erscheint als chronische Induration, häufig mit entzündlicher Affection der Umgebung complidrt. Diese Reizung wird durch die geringe Quantität von Krebssaft erzeugt, welche nicht hinreicht, den specifischen Neubildungsprozess, d. h. eine Nachbarinfection, hervorzurufen. Diese ihre Saftarmuth bedingt auch ihre geringere Gefährlichkeit. Gewöhnlich beschränkt sich die von ihnen ausgehende Infection auf die zunächst gele­genen Lymphdrüsen; jedoch sind Metastasenbildungeu in grösserer Entfernung nicht ausgeschlossen. Dagegen sind die Markschwämme der verschiedensten Art sehr susspect, denn sie wachsen nicht nur viel schneller, sondern sie inficiren auch viel schneller die Nach­barschaft und metastasiren und disseminiren bis in die entferntesten Theile und edelsten Organe. Sie werden daher fast immer und verhältnissmässig schnell tödtlich, wenn nicht das primäre Carci-nom frühzeitig und gründlich extirpirt wird.
sect;. 508. Jede Carcinomform kann in einzelnen Alveolen, selbst in grösseren Abtheilungen, eine rückschreitende Metamor­phose, eine Verfettung und Resorption eingehen; eine Resorption der ganzen Neugebilde ist bis jetzt indess noch nicht constatirt. Das bindegewebige Stroma bildet an Stelle der untergegangenen Alveolen eine stark retrahirte Narbe. Zuweilen findet nur eine stellenweise, unvollständige Fettmetamorphose Statt, so dass nach Resorption der flüssigen Bestandtheile, wie bei den Tuberkeln, eine krümliche, käsige Masse zurückbleibt. Drittens können auch die Epithel-massen sich vollständig verflüssigen, wodurch dann die cystische Umwandlung bedingt wird, welche am meisten zum Aufbrechen prädisponirt Endlich viertens können aber auch die bindegewe­bigen Septa für sieh erweichen und die Epithelzellen intact bleiben, so dass der epitheliale Inhalt der Alveolen zusammenfliesst und eine grössere mit Flüssigkeit angefüllte Höhle gebildet wird. Dieser Vorgang stellt die einfache Erweichung dar.
Sowohl die Cancroide, wie die Carcinome, sind also heteroplastische epitheliale Neubildungen; sie unterscheiden sich nur dadurch, dass
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;321
die Cancroide einfache, ge-webige (histioide), die Carcinome com-plicirte, organartige (organoide) Neugebilde sind.
Hieran schliesst sich die Gruppe von Neubildungen, in denen höher organisirte Elemente: Muskeln, Nerven, Gelasse etc. die hauptsächlichst constituirenden Bestandtheile ausmachen, das neu­gebildete Bindegewebe aber mehr als accessorisch zu betrachten ist. Hierher gehören:
14. Die Muskelgeschwülste, Myomata. sect;. 509. Eine Hyperplasie quergestreifter Muskelfasern kommt nur sehr selten und dann in d. R. congenital vor, z. B. die Hyper­plasie des Herzmuskels. Diese wird indess auch als ein Erzeug-niss des späteren Alters gefunden. Ausserdem findet man neu-gebildete Muskelfasern in Sarkomen als Myosarkomc und in anderen gemischten Neubildungen, besonders in dem Ersatzge­webe der Muskelwunden.
Die eigentlichen Myome bestehen indess in der Hauptsache aus neugebildeten glatten Muskelfasern und stellen, wenn sie ausserdem viel Bindegewebe enthalten, die harten, wenn sie wenig enthalten, die weichen Myome dar. Die harten Myome kommen am häufigsten vor am Uterus und dessen Anhängen: Eierstöcke und Tuben; zuweilen auch am Oesophagus, am Darm, in der Umgebung der Prostata und an der äusseren Haut.
Die Myome des Uterus zeigen zuweilen eine Mnltiplicität, aber sie haben nicht die Fähigkeit zur Dissemination und Me­tastasenbildung, sondern sie sind nur Folgen eines an verschie­denen Stellen auf das prädisponirte Gewebe der Muskelhaut ein­gewirkt habenden Eeizes. Sie werden ziemlich häufig bei Kühen gefunden und sind vielfach irrthümlich für Fibroide gehalten worden. Sie schaden nur durch Raumbeengung.
Die weicheren Formen der Myome haben häufig eine bcdeu-tende Gefässentwickelung. Sie finden sich bei der Schwanger­schaft in der Muskelhaut des Uterus und sind dann wahrscheinlich nur Folge einer homologen Hyperplasie, welche sich nach dem Gebären i. d. R. zurück bildet. Sie kommen am Uterus in den verschiedensten Formen und Grossen vor und zeichnen sich durch ihr schnelles Wachsthum und eine häufig ebenso schnelle Rück-
Kühno, all^. Vcterin l'atli.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;gl
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Neubilduugen.
biklung aus. Die härteren Formen sind dagegen persistenter. Sie könneu sowohl nach der serösen, wie nach der Schleimhautfläche zu wachsen, gestielt und verkalkt werden und sich sodann als sog. Calculi uteri nach innen abschnüren (cf. 227).
15.nbsp; Die Nervengeschwülste, Neuromata.
sect;. 510. Die Neubildung von Nervengewebe kommt nur in Form von Nervenfasern vor, niemals werden Ganglienzellen neugebildet. Die Neubildung ist entweder nur eine Regeneration verloren oder zu Grunde gegangenen Nervengewebes oder eine Luxuriation (cf. sect;sect;. 405 und 420) (sect;. 428. Glioma).
Die Regeneration der ohne Substanzverlust durchschnittenen Nerven (z. B. bei Wunden) findet in der Weise Statt, dass zu­nächst das Bindegewebe des Neurilem, dann die sich gegenüber stehenden Enden der Axencylinder per primamoder secundam intentionem sich vereinigen. Das Nervenmark in der nächsten Nähe des Schnittes zerfällt indess und wird erst allmählig von dem normalen Marke aus regenerirt.
Nach der Durchschneidung der Nerven mit Substanzverlust (Neurotomie) wuchert ebenfalls das Bindegewebe des Perineu-rium und Neurilem von beiden Enden her in der Längsrichtung unter gleichzeitiger Verlängerung und schliesslicher Vereinigung der Axencylinder und zuletzt füllen sich diese mit Nervenmark.
Das eigentliche Neurom ist aber eine Luxusformation, welche aus Bindegewebe und parallel oder verfilzt verlaufenden Nerven­fasern besteht. Sie finden sich als kleine Anschwellungen resp. Knötchen i. d. R. an den peripherischen Enden der Nerven. Auch im Gehirne findet man Neuronie, welche indess nur aus Binde­gewebe (Neuroglie) und Nervenfasern ohne Ganglien bestehen. Auch die bei der Hasenhacke sich (nach Günther) stets finden­denden Verdickungen des Sohlennerven sind nur durch Wucherung des Bindegewebes des Nerven erzeugt, also nicht eigentliche Neurome.
16.nbsp; nbsp; Die Gefässgeschwülste, Angiomata.
sect;. 511. Grössere Gefässe werden nicht nengebildet, sondern nur Capillaren und zwar entweder in untergeordneter Weise, d. h. neben und in anderen neugebildeten Geweben, oder indem sie das Wesentliche der ganzen Neubildung ausmachen. Im ersteren Falle ertheilt sie der Neubildung nur einen telangiectatischen Charakter (z. ß. Fungus haematodes) und kann fast bei allen Arten von Neu-
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Nculiiklungcn.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;323
bildrmgen sattfinden. Im letzteren Falle sind die Gefässe nur durch ein zartes Bindegewebe mit einander verbunden.
Alle derartigen neugebildeten Gefässe sind sein- zart und dünnwandig und haben ein sehr unregelmässiges Lumen. Sie neigen daher sehr zu Blutungen und sind various (Venen) oder aneurysmatisch (Arterien) aufgetrieben. Das in ihnen fliessende Blut ist nicht durch einen eigenthümlichen (hämatopoetischen) Neubüdungsprozess in ihnen erzeugt, sondern gelangt aus den alten Gefässen in sie hinein und wird auch durch die alten Gefässe wieder abgeführt.
sect;. 512. Mann nimmt vier verschiedene Wege an, auf denen eine Neubildung von Gefässen stattfinden kann und zwar:
a)nbsp; nbsp;indem die normalen arteriellen wie venösen Gefässe sich schlängelnd verlängern und schliesslich auf eine noch unbekannte Weise mit ihren capillaren Enden sich vereinigen;
b)nbsp; nbsp;indem von den normalen Gefässen Sprossen ausgehen, welche mit breiter Basis aufsitzen, anfangs solide sind, später hohl werden, sich allmähiig verlängern und dann entweder mit anderen Sprossen oder in seltenen Fällen mit normalen Gefässen ' sich verbinden;
c)nbsp; nbsp;indem eine Reihe durch ihre Ausläufer mit einander in Verbindung stehender spindelförmiger Bindegewebszellen sich zu einem Kanäle vereinigen und erweitern, welcher dann mit Ge­fässen in Communication tritt und von diesen aus mit Blut ver­sehen wird;
d)nbsp; nbsp;(nach Virchow) indem sich durch Biudegewebswuche-rung anfangs solide, später hohl werdende Stränge bilden, welche dann an beiden Enden mit Gefässen in Verbindung treten.
Im letzteren Falle umgeben die durch Theilung oder Emi­gration neu entstandenen Bindegowebszelkn den zwischen ihnen, also in der Intercellularsubstanz befindlichen Kanal; während bei c) der Kanal durch das Innere der Zollen hindurch geht. Die letztere Art der Gefässneubildung ist sehr problematisch, weil sie mit den bekannten Gesetzen über das Leben der Zellen in Wider­spruch stehen würde; denn hierbei miissten die Kerne und das Pro­toplasma der Zellen zu Grande gehen oder mit dem Blute fortge-spült werden, während die Membranen als constituirende Theile der Gefässwand fortbeständen.
Bei den beiden zuerst genannten Arten findet also die Ge-
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raquo;
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Neubildungen.
fässneabildtmg von den ursprünglichen Gefässen aus Statt, bei den letzteren beiden Arten zuerst in dem Zwischengewebe.
Vielleicht führt die Entdeckung von Cohnheim (cf. sect;. 535) noch zur Aufstellung einer fünften Art von Gefässneubildung, welche darauf hinaus geht, dass die Poren der Gefässe dauernd geöffnet und erweitert werden und die exmittirten, in Bindege­webszellen trausformirten Lymphzellen sich in Form eines hohlen Cylinders, dessen Lumen mit der Gefässöffnung in Verbindung bleibt, dauernd verbinden. Hieraus erhellt, dass der Modus der Gefässueubildnng noch nicht sicher constatirt ist.
sect;. 513. Zu den eigentlichen Angiomen, bei denen die neu­gebildeten Gefässe das Wesentliche und die Hauptmasse der Ge­schwulst ausmachen, rechnet man:
a) die Capillargefässgeschwulst, Naevus telangiec-todes. Sie besteht zum Theil aus den früheren und erweiterten Gapiilargefässen; zum grösseren Theile aber aus neugebüdeten Gefässen. Zwischen diesen Gefässen liegt nur Bindegewebe von verschiedener, i. d. R. geringer Mächtigkeit, welches die Gefässe zu einem Convolut vereinigt.
In. der äusseren Haut beginnt die Bildung der Blutgefäss-geschwulst unter der Cutis und ergreift erst später diese selbst; Wenn sie vorwaltend ans Venen besteht, erscheint sie blau, livid-wenn sie dagegen vorwaltend aus Arterien besteht, roth oder hell-roth, (d. i. das Feuermahl, Isaevus flammula). So lange die Geschwulst unter der Cutis sitzt, bildet sie i. d. ß. eine deutliche, warzenförmige Hervorragung, während sie, bis unter die Epidermis gelangt, sich flach ausbreitet. Sie sind immer be-nigner Natur, bei Thieren mit pigmentirter Haut kaum zu be­merken, beim Menschen Schönheitsfehler; aber bei zufälligen Ver­letzungen bluten sie stark. Nur an den Adergefiechten der Hiru-veutrikel können sie lebensgefährlich werden (bei Thieren meines Wissens noch nicht beobachtet). Sie sind i. d. R. congenital, d. h. bei der Geburt durch mechanische Ursachen erzeugt.
sect;. 514'. b) Die cavernöse Gefässgeschwulst besteht aus einem schwammigen Gewebe, dessen Maschen mit fliessendem Blute erfüllt sind, ähnlich wie die Corpora cavernosa des Penis. Das Netzwerk besteht indess nicht aus erectilem, sondern nur aus Binde-Gewebe, dessen Höhlen untereinander communicirea und hier und da mit älteren Gefässen in Verbindung stehen. Zu
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;325
derartigen periodischen Schwellungen, wie sie bei den Corpora cavernosa während der Erection des Penis vorkommen, ist dieses Gewebe nicht fähig. Dasselbe ist anch nicht ein sein eigenes Blut selbst erzeugendes (hämatopoetisches) Organ, wie !Ro-kitansky behauptete, sondern es empfängt sein Blut stets von den benachbarten Arterien und giebt es an die Venen wieder ab, wie durch Injectionen bestimmt nachgewiesen worden ist. Das in ihm enthaltene Blut ist auch von derselben Beschaffenheit, wie das übrige Blut und enthält keineswegs mehr junge, mit Kernen ver­sehene Blutkügelchen, wie sie sich während der Embryonalzeit finden.
sect;. 515. Die Entwickelung dieser Geschwülste geschieht durch Wucherung des Bindegewebes, in welchem sich Gefässe bilden, deren Wandungen später mit dem sie umgebenden Bindegewebe verschmelzen, so dass durch Retraction des letzteren unregel-mässige Hohlräume entstehen, welche untereinander coramuniciren und mit den benachbarten Gelassen in Verbindung bleiben.
Sie finden sich am häufigsten in der Haut, auch in der Le­ber, sogar in den Knochen. In der Leber gehen sie anfangs frei in das benachbarte Gewebe über, und werden allmählig mit einer starken Bindegewebskapsel umgeben.
sect;, 516. c) Die einfache Gefässerweiterung, Telan-giectasia, beruht auf einer Dilatation der kleineren oder mitt­leren Gefässe in einem gewissen Gefässgebiete ohne Neubildung. Sie sind meistens Folge von oft wiederholten oder anhaltenden Stauungen. Am wichtigsten sind die Dilatationen der inneren Samengefässe (Krampfaderbruch, Varicocele) und die Er­weiterungen der Venen des Mastdarms (Hämorrhoides). Sind die Erweiterungen mehr auf gewisse Stellen beschränkt, und be­treffen sie grössere Gefässe, so heissen sie bei den Arterien Pulsadergeschwülste (Aneurysmata), bei den Venen Blut-a dergeschwülste, Venenbrüche (Varicesquot;). (cf. Hämor-rhagien sect;. 258);
sect;. 5i7. Zu den Neubildungen unbekannten Ursprungs ge­hören endlich noch:
17. die sog. Psorosperraienschläuche und die Rainey'schen Körperchen oder Mischer'schen Schläuche.
Erstere sind ovale Bindegewebs-Kapseln, welche mit nieren-oder halbmondförmigen Körperchen angefüllt sind, und sich im Bindegewebe der Muskeln aller Hausthiere, besonders der Schweine,
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32(')nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen.
Schute und Zietfen finden. Letztere findet man ebenfalls in den Muskeln, besonders häufig neben der Muscularis des Schlundes beim Schafe und der Ziege in grösseren, in einer bindegewebigen Kapsel eingeschlossen Haufen.
Diese sind (nach Roloff) keine Psorospermienschläuche, son­dern Anhäufungen von Lymphkörperchen, die je nach ihrer La­gerung eine verschiedene Form zeigen. Die Lymphkörperchen wandern von der inneren Muskelscheide, Perimysium in­tern um, aus in die Muskelfasern ein und umgeben sich erst, wenn sie sich zusammen gehäuft haben, mit einer Hülle. Die Gebilde am Schlünde sind aus zahlreichen Haufen von Lymph­körperchen zusammen gesetzt, die in den Maschen des Binde­gewebes liegen. Beide Arten von Gebilden sind neben einer dif­fusen zelligen Infiltration der Muskelfasern und des Perimysium internum et externum und einer stellenweise eingetretenen wachs­artigen Degeneration der Fasern die hervorragendste Theiierschei-nung der ausgebildeten Leukaemie beim Schafe.
D. Gemischte Störungen.
Katarrhe.
sect;. 518. Die unter der gemeinschaftlichen Bezeichnung „Ka­tarrhequot; an den Schleimhäuten vorkommenden Krankheitsprozesse sind unter verschiedenen Umständen so verschieden, dass sie z. Th. auf Nutritions-, z. Th. auf Functions-, z. Th. auf Formations-Störungen berahen. Deswegen werden die Katarrhe an dieser Stelle noch ein Mal im Allgemeinen abgehandelt, nachdem wir diese drei Arten von Störungen in Beziehung auf die anderen Gewebe und Organe kennen gelernt haben, obwohl von den Ma­gen- und Darm-Katarrhen schon bei den Folgen der quantitativ und qualitativ abweichenden Xahrungsaufnahme die Rede gewe­sen ist. (cf. sect;sect;. 341—352.)
Die Katarrhe sind stets (active) Irritationsprozesse, welche in allen Beziehungen den Entzündungen gleich sind und nur durch ihren Sitz im Schleimhautgewebe oder in dessen Epithel eigen-thümliche Modificationen erleiden. Man rechnet zu den Katarrhen sogar auch alle diejenigen Irritationen, welche an solchen Epi-thelien vorkommen, die keine Schleimhaut bedecken, aber sich an den Enden der mit einer Schleimhaut ausgekleideten Kanäle
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befinden (z. B. in den Alveolen der Langen, in deu Harnkiimilen der Nieren und in den Samengefässen der Hoden).
Der einfache Katarrh kann allerdings als eine mit Schwel­lung und Saftreichthum (Succulentia) einhergehende Se-cretionsanomalie der Schleimhäute bezeichnet werden; die höhe­ren Grade gehen aber bestimmt in das Gebiet der wahren Ent­zündungen über, so dasamp; eine bestimmte Grenze zwischen Katarrh und Entzündung gar nicht zu ziehen ist. Dennoch bieten die Ka­tarrhe in jeder Hinsicht soviel Eigenthümlichkeiten dar, dass sie eine gesonderte Betrachtung verdienen.
sect;. 519. Jeder Katarrh beginnt mit einer acuten Hypertro­phie oder trüben Schwellung der Elemente, wobei diese aus der Umgebung mehr Ernährungsmaterial aufnehmen. Dabei sind die Capillar-Gefässe erweitert, wodurch die Röthung und die erhöhte Temperatur bedingt wird. In Folge der trüben Schwellung der Elemente ist die Function gestört, d. h. die Secretion der speci-fischen, mucinhaltigen Flüssigkeit — des Schleimes — ist auf­gehoben. Während dieses Stadiums der trüben Schwellung (früher als das des Stricturzustandes bezeichnet) behalten die Zellen das zur Excretion bestimmte Material zurück in ähn­licher Weise, wie bei den parenehymatösen Entzündungen. Dieser Zustand ist auch mit dem subjeetiven Gefühl einer schmerzhaften Spannung verbunden, so dass dem Katarrh keines der Cardinal-symptome der Entzündung (Rubor, Calor, Tumor, Dolor und Functionsstörung) abgeht.
sect;. 520. Demnächst tritt das Stadium der vermehrten Absonderung (St. blennorrhoicum) ein, indem die geschwell­ten Zellen das überflüssig aufgenommene Ernährungsmaterial zum grössten Theile an die Oberfläche absetzen, zum kleineren Theile an die Lymphgefässe und Venen abgeben. Dieser Prozess dauert so lange an, wie die Reizung fortbesteht und die Elemente zur vermehrten Aufnahme von Ernährungsmaterial zwingt. Dieses auf die Oberfläche gelangte Exsudat, sofern es von wirklichen Schleim­häuten ausgeschieden wird, ist stets eine mucinhaltige Flüssigkeit; wo indess nur die Epithelien leiden, welche keine Schleimhaut bedecken, fehlt das Mucin in dem Exsudate. Die Katarrhe der Schleimhäute, welche zur vermehrten Absonderung einer mucin­haltigen Flüssigkeit führen und vorwaltend das Gewebe der Schleim­haut selbst ergriffen haben, bezeichnet man als schleimigeKa-
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tarrhe; diejenigen dagegen, welche nur die Epithelschichten ein­genommen haben, als zellige oder Flächen-Katarrhe; solche aber, bei denen die Schleimdrüsen mitleiden, als Drüsenka-tarrhe.
sect;. 521. Beiden schleimigen Katarrhen wird das Mucin durch ein seröses Transsudat an die Oberfläche geführt und dadurch die Entfernung desselben vermittelt. Mangelt es aber an diesem Transsudate, so bleibt der zähe mucinhaltige Schleim auf der Oberfläche liegen. Diesen Zustand hat man als trocknen Ka­tarrh (C. siecus) (in Beziehung auf die ersten Luftwege als Stockschnupfen) bezeichnet. Derselbe ist nicht identisch mit dem ersten Stadio der Katarrhe überhaupt, sondern ist ein Pro-zess, der mehrere Wochen andauern kann.
1st aber das seröse Transsudat vorwiegend und nur wenig Mucin darin enthalten, so ist er ein wässriger Katarrh (C. serosus); beim schleimigen Katarrh wird dagegen viel Serum mil reichlichem Mucingehalt ausgeschieden. Wird dabei Blut in das Gewebe der Schleimhaut und an deren Oberfläche ergossen, so ist er ein hämorrhagischer Katarrh (Kolik, katarrhalische Darmentzündung). Leiden dagegen besonders die Epithelien der Schleimhaut, wobei diese schnell wuchern und abgestossen wer­den, so ist er ein zelliger Katarrh. Dieser kann in den ei­trigen Katarrh übergehen, wenn die jungen Epithelzellen in Eiterzellen umgewandelt werden. Vielleicht gehen indess sowohl die Epithel- wie die Eiterzellen bei den Katarrhen sowohl, wie bei der normalen Schleiinabsonderung nicht aus der jüngsten Epi-thelschichte (dem sog. Malpighischen Schleimnetz), sondern aus exmittirten Lymphzellen hervor. Eiterungen im Schleimhaut­gewebe selbst gehören dagegen nicht mehr den Katarrhen an, son­dern sie werden zu den Geschwürsbildungen gerechnet, sind aber i. d. R. mit Katarrh in der Umgebung complicirt.
sect;. 522. Die Art der Katarrhe wird z. Th. durch die Ur­sachen, z. Th. durch den histologischen Bau des befallenen Ge­webes bedingt. Epitheliale, zellige oder Flächenkatarrhe kommen besonders an den Schleimhäuten vor, welche mit Plattenepithel besetzt und arm an Schleimdrüsen und Gelassen sind (Zunge, Schlundkopf, linke Magenhälfte, Wanst der Wiederkäuer, Vagina, Harnblase;; schleimige und hämorrhagische Katarrhe kommen an diesen Theilen selten vor. Letztere sind den mit Cylinder-Epithel
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besetzen Schleimhäuten besonders eigen; dagegen sind an diesen epitheliale und eiterige Katarrhe nicht ausgeschlossen. Wird das Epithel stellenweise so schnell abgestossen, dass es nicht sogleicii ersetzt werden kann, so entstehen die katarrhalischen Ero­sionen. Diese kommen am häufigsten an den mit Cylinder-Epi-thel besetzten Schleimhäuten der Luftwege vor, weil jenes i. d. R. nur als eine einzige Schichte oder in wenigen Lagen vorhanden, während das Plattenepithel vielfach übereinander geschichtet ist und sich nicht so leicht in seiner ganzen Dicke abstösst und schneller wieder ersetzt wird.
Schleim- und Eiterbildung.
sect;. 523. Schleim und Eiter bestehen aus Rundzellen mit m. o. w. flüssiger Interccllularsubstanz, wodurch sie sich vom Epi­thel unterscheiden, dessen Zellen in Folge des gegenseitigen Druckes stets polygonal sind. In Folge ihrer runden Form und m. o. w. flüssigen Intcrcellularsubstauz, welche den Epithelzellea ganz zu fehlen scheint, sind die Schleim- und Eiterzellen leicht verschiebbar und bilden eine Flüssigkeit von verschiedener Con-sistenz.
Reiner Zellgewebs- und Muskel-Eiter sieht entweder ganz weiss, oder etwas gelblich aus und hat eine dickflüssige, rahmar­tige Consistenz. Eiter aus Kuochensubstanz, Sehnen, Bändern und den fibrösen Gebilden des Fusses hervorgegangen ist i. d. R. mehr dünnflüssig. Der in den äussersten Schichten der Fleisch­sohle und Fleischwand gebildete Eiter ist a s c h g r a u, fast s c h w a r z und zwar in Folge der Beimengung von Hornpigment. Der aus der Tiefe der erwähnten Gewebe hervorgegangene Eiter ist da­gegen hellgelb. Für die Prognose ist also ersterer, der oft irr-thümlich als Jauche bezeichnet wird, der günstigere. Röthlich oder gelbröthlich wird der Eiter durch Blut, selten durch Hä-matoidinkrystalle. Zuweilen erhält der Eiter durch Vibrionen eine Blau-, seltener eine Grünfärbung, welche sich anderem Eiter mittheilen lässt. Der an den Vibrionen haftende Farbstoff ist von Lücke etc. Pyocyanin genannt worden. Der Krankheitsvorgang hat keinen Einfluss auf die Entwickelung der Vibrionen, sondern diese gerathen von aussen in den Eiter und vermehren sich in demselben. Auch scheinen die Vibrionen auf den Eiterungsprozess
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einen naclitheiligen Einfluss nicht anszuüben, aber dicker und rahmartiger Eiter bildet für die Vibrionen einen ungünstigen Boden.
Der sog. spezifische Eiter (Rotz-, Pocken-, syphilitischer Eiter) unterscheidet sich histologisch und chemisch nicht vom ge­wöhnlichen Eiter: man erkennt die Anwesenheit des Contaglum nur an der Infectionsfähigkeit.
sect;. 524. Das Schleimkörperchen ist eine grosse Ruad-zelle mit einem grosseu Kern und einem deutlichen Kernkörper-chen, ähnlich der einkernigen Lymphzelle; das Eiterkörper-chen ist dagegen eine kleine Rundzelle mit mehreren Kernen ohne Kernkörperchen ähnlich den weissen Blutkörperchen. Zwi­schen diesen giebt es verschiedene Uebergangsformen, die zwi­schen den Schleim- und Eiterkügelchen in der Mitte zu stehen scheinen (Mucopus d. Franz.) und die mikroskopisch fast gar nicht zu unterscheiden sind. Diese Thatsache spricht sehr dafür, dass beide Zellenarten gemeinsamen Ursprungs, d. h. ausgewan­derte und transformirte Lymphzelleu sind, und dass die Schleim­zellen nicht aus den Epithelien der Schleimdrüsen und die Eiter­zellen nicht aus der Theilung von Bindegewebszellen hervorgehen.
sect;. 525. Der Eiter ist leichter verschiebbar, weniger zähe und weniger fadenziehend, als der Schleim; doch nähert sich der junge, noch nicht reife Eiter in dieser Beziehung sehr dem Schleime. Die Intercellularllüssigkeit des Schleimes enthält stets Mucin, welches nicht nur in den Schleimdrüsen, sondern auch in der ganzen Schleimhaut, unter physiologischen Verhältnissen aber in keinem anderen Gewebe erzeugt wird. Die Intercellular­llüssigkeit des Eiters enthält aber niemals Mucin, selbst dann nicht, wenn jener in einer Schleimhaut erzeugt wurde. Das dem Eiter als eigenthümlich zageschriebene Pyin existirt nicht.
Der Schleimstoff, Mucin, charakterisirt sich dadurch, dass er mit Alkohol einen fadenförmigen und membranösen Nieder­schlag giebt, ähnlich wie spontan geronnenes Fibrin. Nach dem-nächstigem Zusatz von Wasser quillt Mucin wieder auf und wird löslich. Eiweiss wird dagegen durch Alkohol flockig und kör­nig gefällt und löst sich demnächst in Wasser nicht wieder auf. In organischen Säuren wird Mucin in membranöser Form gefällt und bei fernerem Zusatz von organischen Säuren zieht es sich noch mehr zusammen. Eiweissstoffe werden dagegen durch or­ganische Sänren körnig und flockig gefällt, lösen sich aber im
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üeberschnss der Säuren wieder auf. Mucin wird durch Mineral-sauren gleichfalls gefällt, es löst sich im Ueberschusse derselben aber wieder auf. Die Eiweissstoffe werden zwar ebenfalls durch Mineralsäuren gefällt, losen sich aber nur im erhitzten Zustande wieder auf. Mucin enthält zwar auch Stickstoft', wird aber we­gen dieses abweichenden Verhaltens nicht zu den Eiwcissstoffeu (Proteinkörpern) gerechnet.
sect;. 526. Frische Eiterkflgelchen machen in Folge ihres Ge­haltes an Muskelstoff (Myosin) (cf. sect;. 51) stets lebhafte Con-tractionen, nehmen später aber eine sphärische Form an und ihre Membran wird gekerbt. Frischer Eiter reagirt sauer, alter in Folge der eingetretenquot;n Fäulniss (Ammoniakbildung) oft sta,rk alkalisch. Der Eiter hat 10—16 pCt. feste Bestandtheile, welche 5—6 pCt. Asche liefern. Das Eiterserum ist dem Blutserum sehr ähnlich. Es enthält besonders Eiweissstofte und ist ledig­lich ein Transsudat; die Eiterzelle ist aber ein Exsudat oder ein ISieugebilde. In Folge des Gehaltes des Eiters an Para-globulin wirkt er librinoplastisch.
sect;. 527. Eiterung ist nur in dem Bindegewebe und in sol­chen Geweben möglich, welche dem Bindegewebe in histologischer Beziehung nahe stehen. An der Cutis und den Schleimhäuten ist veritable Eiterung nicht selten. Auch in den jüngsten, tief­sten Lagen des geschichteten Plattenepithels der Schleimhäute, welche, wie dasRete Malphigii, aus runden, den Granulations­zellen ähnlichen Zellen bestehen, wird häufig Eiter gebildet. Die­ser sammelt sich in Form einer Blase oder Pustel unter der äusseren erhärteten (verhornten) Epithelschichte an und durch die mit der Eiterbildung verbundene Reizung der Umgebung tritt gleichzeitig eine Transsudation von Blutserum ein, welches als Eiterserum die Intercellularsubstanz des Eiters bildet. Nach der bisher gültigen Ansicht sollten die Eiterzellen aus der Theilung der jungen Epithelzellen hervorgehen, und das Eiterserum als Transsudat mit ihnen nicht in director Beziehung stehen; nach den neuesten Beobachtungen von Cohnheim u. A. (sect;. 535) ist es aber fast zur Evidenz erhoben, dass die Eiterzelien aus ausgewander­ten ungefärbten Blutzellen hervorgehen und class das gleichzeitig mit ausgetretene Blutserum das Eiterserum bildet. Dass ausscr-dem noch eine Bildung von Eiterzellen durch Theilung von Binde-
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gewebs-, Epithel- und anderen Zellen stattfinde, ist zehr zu be­zweifeln.
An den mit Cylinderepithel versehenen Schleimhäuten findet nur in dem Bindegewebe der Schleimhaut selbst Eiterung statt, wobei das Epithel wegen seines lockeren Zusammenhanges sofort abgestossen und ein Geschwür gebildet wird. Die abgestossenen Cylindercpithelien bilden niemals Eiterzellen, sondern in Folge ihres Zerfalls nur puriforme Massen, die, wenn die Schleimdrüsen selbst mit vom Katarrh ergriffen sind, m. o. w. Schleimkügelchen enthalten. Die ausserdem darin enthaltenen Eiterzellen stammen aus der Schleimhaut selbst.
sect;. 528. Ein chronischer Reizungszustand der mit Pflaster­epithel versehenen Schleimhäute führt dagegen zu einer hyper­plastischen Bildung der Epithelien mit vermehrter Abschuppung derselben. Besteht letztere ohne gesteigerte seröse Transsudation, so lagert sich das Epithel in dicken Schichten auf die Oberfläche ab (belegte Zunge); ist aber die Reizung mit erheblicher seröser Trassudation verbunden, so bildet diese mit den zahlreichen abge­stossenen Epithelien eine milchig weisse Flüssigkeit (Leukorr-hoea oder: weisser Fluss, Fluor albus in Beziehung auf die weiblichen Genitalien). Auch in diesem Secret sind nur dann Schleimkügelchen enthalten, wenn, was i. d. R. nicht der Fall ist, die Schleimdrüsen mit leiden, und Eiter, wenn gleich­zeitig Geschwüre in der Schleimhaut selbst bestehen.
sect;. 529. Bei manchen Reizzuständen der Schleimhäute (Ka­tarrhen) soll indess auch eine hyperplastische Bildung von Schleim-körperchen nicht allein aus den Epithelien der Schleimdrüsen, sondern auch aus den jungen indifferenten Bildungs- (Granulations-) Zellen des Rete Malpighü durch Transformation der letzteren statt­finden können; wahrscheinlich gehen aber sowohl die Epithelzellen wie die Schleimkörpercheu unter pathologischen wie unter physio­logischen Verhältnissen aus den Lymphzellen des Blutes hervor.
sect;. 530. Bei höheren Graden der Reizung kann diese von den Schleimdrüsen, seltener von der eigentlichen Schleimhaut aus, auf das submueöse Bindegewebe übertragen werden und in diesem Entzündung und Eiterung veranlassen. Wenn sich der Eiter durch eine Schleimdrüse und deren Mündung Bahn bricht und auf diese Weise auf die Oberfläche gelangt, so ist ein Folliculär-Ge-schwür entstanden. Der folliculäre Katarrh besteht da-
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gegen nur in einer Reizung der Schleimdrüsen ohne Flächen­katarrh. Hierbei sind die Mündungen der Schleimdrüsen erwei­tert und deren Umgebungen areolär geröthet, wodurch die Schleim­haut regelmässig roth punktirt erscheint. Da nach dem Vor­stehenden Eiterung in den jüngsten Epithelschichten, in dem Rete Malpighii, stattfinden kann, so ist die Behauptung, dass Eiterung an den Schleimhäuten für einen tieferen Sitz des Leidens spräche, nicht begründet; jedoch ist es richtig, dass sie nur die Folge eines hohen Grades der Reizung zu sein pflegt. Eine solche Eite­rung besteht ohne Uleeration des Schleimhautgewebes selbst, aber i. d. R. mit Erosion des Epithels.
sect;. 531. Da bei hochgradigen Katarrhen i. d. R. Hyperplasie des Epithels, Eiterung in den jüngsten (tiefsten) Schichten der­selben und Hyperplasie der Schleimzellen in den Schleimdrüsen besteht, so ist die sog. Eiter probe bei Katarrhen unausführbar und fast ohne praktischen Werth; besonders deswegen, weil die oberflächliche Eiterung von der tieferen im submucösen Binde­gewebe stattfindenden, so lange es sich nicht um grössere i. d. R. durch physikalische Exploration festzustellende Cavernen handelt, doch niemals mit Sicherheit zu unterscheiden sein würde.
sect;. 532. Am schwierigsten ist in dieser Beziehung die Ei­terung in den Lungen zu beurtheilen, da sie immer mit Ka­tarrh der Luftwege complirt ist. So lange man der Ansicht war, dass Eiter nur durch Theilung der Zellen aus den Geweben der Bindegewebsreihe hervorgehen könne, behauptete man, dass eine veritable Eiterung in dem eigentlichen Lungengewebe gar nicht vorkäme und dass Eiterabscesse in den Lungen (Vomicae) nur aus dem interlobulären resp. subserösen Bindegewebe hervor­gehen könnten, wobei das Lungengewebe zurückgedrängt und ein­zelne oder mehrere Lobuli nekrotisch würden, deren Detritus mit dem Eiter sich vermische; oder man habe es lediglich mit einem katarrhalishen Sekrete der Alveolen zu thun, welches durch Anhäu­fung die Seheidewände zur Atrophie oder Zerreissung bringe und durch Confluenz grössere Höhlen bilde und ausfülle. Man schloss dieses besonders daraus, dass die Alveolen lediglich aus einem erfahrungmässig nie eiternden Bindegewebsstratum beste­hen, welches an der innei'en Fläche mit einer einfachen Epithel­schichte ausgekleidet ist; jedoch gab man zu, dass in den jüngsten Epithelschichten der Bronchioli und in dem die Bronchien umge-
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benden Bindegewebe Eiterung stattfinden könne, welche jedoch nur selten zur Bildung grösserer Abscesse, sondern zum Durch-bruclie des Eiters in das Lumen der Bronchien und zur Geselrwürs-bildung föhre.
sect;. 5o3. Dieser den evidentesten Thatsaclien zu Gunsten eines Axioms (von der Entstehung des Eiters aus der Theilung van Bindegewebszellen) angelegter Zwang ist durch die neueren Ent­deckungen von Gohnheim gelöst worden, welche über die Eiter­bildung ein ganz neues Licht verbreiten. Gohnheim (und mit ihm wohl der grössere Theil der maassgebenden Forscher der Neuzeit) giebt nämlich die Bildung der Eiterzellen durch Theilung der Bindegewebszellen, deren Modus in der That noch Niemand beobachtet hat, nicht zu, sondern behauptet auf Grund seiner ge­nialen und minutiösen Versuche und Untersuchungen, class die Eiterzellen essudirte, oder exmittirte resp. emigrirte farblose Biutkpgelchen oder Lymphzellen seien, welche entweder aus den Capillargefässen direct in unmittelbar anliegende Hohlräume (z. B. Alveolen der Lungen) treten, oder von den Gefässen aus durch die dilaürbaren intracellulären Räume der Bindegewebe (in denen auch unter physiologischen Verhältnissen Lymphzellen mit der Saftströmung circuliren) zu der entzündlich gereizten Stelle wan­dern und auf dieser Wanderung in Eiterzellen transformirt werden. Auf diese Weise ist es nun dargethan, dass Eiterung überall mög­lich ist, wo sich Bindegewebe befindet, also auch in dem eigentlichen Lungengewebe. Das Bindegewebe selbst ist dabei gar nicht wei­ter betheiligt als dadurch, dass es vormöge seiner anastomosiren-den Ausläufer die Wanderung der Lymphzellen znlässt. Nur aus diesem Grunde ist die Eiterung, d. h. die Ansammlung der Lymph­zellen oder der Eitcrkügelehen, an die Bedingung der Gegenwart des Bindewebes geknüpft, und nur wegen Mangels derselben Be­dingung ist das zur Bindegewebsreihc gehörige Knorpelgewebe nicht eiterungsfähig, weil die Knorpelzelien abgeschlossen sind, nicht unter einander communiciren und weil in der festen, unnachgiebigen und dabei nicht unterbrochenen Intercellularsubslanz des Knorpels eine Wanderung der Lymphzellen nicht möglich ist. Dagegen ist eine Eiterung in den vielfach anastomosirenden und durch die Havers' sehen Kanäle mit einander in Verbindung stehenden Knochen-zellen sehr wohl möglich.
sect;. 534. Dieselben Lymphkörperchen finden sich auch zer-
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streut in allen tibrinösen Exsudaten und wenn diese vor dem Zerfall der Lymphzellen, welche eine grosse Resistenz besitzen, resorbirt werden, vertheilen sich letztere im lebensfähigen Zustande und ohne eine reizende oder deletäre Eigenschaft zu besitzen, durch Wanderung in die benachbarten Gewebe und gelangen auf diese Weise wieder in den intracellulären Saftstrom, selbst in den Lymph- und Biutstrom, so dass das entzündet gewesene Organ­gewebe unbeschädigt bleiben und ad integrum wieder hergestellt werden kann. Man ist daher in neuester Zeit hinsichts der Eiterbildung (Pyogenesis) im Wesentlichen wieder auf die ältere Ansicht von der Excretion des Eiters direct aus dem Blute zurückgekommen, wenn man jetzt auch eine tiefere Einsicht in dieselbe besitzt und statt Excretion oder Exsudation — Exmission oder Emigration sagt.
sect;. 534. Obwohl von manchen Seiten (Virchow, Hoff­mann, Recklinghausen) noch daran festgehalten wird, dass ein Theil der Eiterzellen auf Rechnung der Vermehrung durch Theilung der in den Geweben präexistirenden Lymphzellen gesetzt werden müsse und obwohl die Entstehung eines Theils der Elter­zellen durch Theilung von Bindegewebszellen nicht füglich wider­legt werden kann, deren Möglichkeit also zugegeben werden muss, so ist doch die Eiterbildung durch ausgewanderte Lymhzellen jetzt eine unbestrittene Thatsache und da nicht nur der Eiter, sondern alle pathologischen und physiologischen Zellen aus Lymphzellen hervorzugehen scheinen, so dürfte hier der geeignete Ort sein, die Cohnheimschea Versuche in möglichster Kürze vorzuführen (cf. Schmidt's Jahrbücher, Jahrgang 1869, No. 2, Bd. 141 von Dr. E. Wenzel zu Leipzig).
sect;. 535. Die Cohnheim'sche Arbeit begründet für die Lehre von der Entzündung und Eiterung den bisherigen Ansichten gegenüber eine neue Phase, indem sie zu beweisen sucht, dass die Eiterkörperchen bei der Entzündung nicht, wie bisher angenommen, durch Theilung der Kerne und Zellensubstanz oder durch endogene Entwickelung im Innern der Zellen in den verschiedenen Geweben des Organismus sich bilden, son­dern dass dieselben weisse Blutkörperchen seien, die durch Auswanderung aus den Blutgefässen in das entzündete Gewebe gelangen. Er verlegt somit die Entstehung des Eiters, die nach den bisher geltenden Ansichten aus den an Ort und Stelle befindlichen zelligen Gewebselementen stattfand, in die weissen zelli­gen Bestandtheile des Blutes, und zwar beweist er seine Behauptung auf dem Wege des Experiments, indem er 1) in das Blut oder in die Lymph-
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sacke des Fros'-bes Anilinblau einbrachte und dann das Auftreten der dadurch gefärbten weissen Blutkörperchen im Eiter der entzündeten Cor­nea beobachtete, oder 2) direct unter dem Mikroskope die Entstehung und den Verlauf einer acuten eiterigen Entzündung am Mesenterium des Frosches, Kaninchens und der Katze studirte.
Zwar zeigte Dr. J. Kosinski in Warschau und noch mehr bemühte sich Koloman Balogh (Virchow's Archiv XLV. 18G8) darzuthnn, dass schon lange vor Cohnheim i. J. 1846 Dr. A. Waller in England viele Thatsacben veröffentlicht habe, welche mit den von Cohnheim aufgedeckten in vielen Einzelheiten analog seien; doch dürfte trotzdem Cohnheim's Verdienst für Deutschland ungeschmälert erscheinen. Auch haben andere Forscher, z. B. Hering in Wien, gleichzeitig mit Cohn­heim das Auswandern weisser Blutkörperchen aus den Gefässen beob­achtet, doch hat nur Cohnheim diese Thatsache in ihren Ursachen und Folgen und in ihrer Bedeutung für die Lehre von der Entzündung einer genauen und eingehenden Analyse unterzogen.
Cohnheim fand zunächst beim Studium der Hornhautentzündung des Frosches und des Kaninchens, die er entweder durch Aetzen mit dem Lapisslift oder durch Cantharidentinctur oder vermittels eines durch die Cornea oder durch den Bulbus quer durchgeführten Fadens hervorrief, dass die trübe Färbung der Hornhaut nicht in der Art entstehe, dass die bindegewebigen sternförmigen Hornbautkörpercben schwellen, sich ver-grössern und durch Theilung oder endogene Entwickelung im eigenen Innern Eiterkörperchen erzeugen. Denn wenn auch die Trübung der entzündeten Hornhaut durch die Anwesenheit von farblosen, ein- oder mehr­kernigen, lymphkörperartigen Elementen, d. h. Eiterkörperchen, bedingt ist und der Grund dieser Trübung allein von der Menge der im Horn-hautgewebo befindlichen Eiterkörperchen abhängt, so bemerkt man doch in der entzündeten Hornhaut des Frosches, die frisch von eben getödteten genommen und im Humor aquae us oder im künstlichen Schulz'sehen Jodsäuren mikroskopisch untersucht wird, zwischen und leben den Eier-körperchen die mattglänzenden, sternförmigen Hornhautkörpereben und zwar in derselben rcgelmässigen Verthcilung und ohne jede erheblichere Abweichung von der Form, wie in der normalen durchsichtigen Cornea. Die besten Bilder erhält man bei derjenigen Entzündung der Hornhaut (Keratitis), die als Theilprozess der traumatischen Entzündung des ganzen Auges (Panopbtbalmitis) nach Durchziebung eines Fadens qner durch den Bulbus sich entwickelt, weil die Cornea selbst hierbei nicht beschädigt wird. Man sieht an einer solchen in der Fläche aus­gebreiteten Hornhaut, sobald der Tubus das Epithel durchschritten hat, zunächst die glänzenden Eiterkörperchen und zwar sind dieselben, sobald das Gewebe noch lebt, nur in der Minderzahl kuglich; viele zeigen Spin-delgcstalt, andere Keulenform, viele wiederum verschiedenartige, vielge­staltige Fortsätze, und man bemerkt an einzelnen Zellen nach einander verschiedene Gestaltveränderungen. Ihre Kerne sind meist vom glänzenden Protoplasma verdeckt und nur in solchen Zellen, deren Körper sehr aus­gebreitet ist, sind sie in der Ein- und Mehrzahl sichtbar. Die sternförmigen
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; • 337
Hornhautkörperchen dagegen sind erheblich grosser, von matterem Glänze und haben meist zahlreichere, längere und besonders viel steifere und ausgesprochener gradlinig contourirte Fortsätze, als die Eitorkorperchcn. Die Vertheilung der Eiterkörperchcn gegenüber den regehuässig angeord­neten Hornhautkörperchen ist durchaus wandelbar; sie liegen bald in Gruppen von verschiedener Grosso, bald vereinzelt in dem Gewebe und häufig dabei die Hornhautkörperchen verdeckend. Zugleich aber ist diese ungleichmässigo Vertheilung der Eiterkörperchen keine constante, sich gleichbleibende, sondern dieselben verändern vermöge ihrer Contractilität den Ort, sie wandern grade so, wie die in der normalen Cornea vorkom­menden lymphkörperartigen Elemente. Daher sieht man im Laufe mehrerer Stunden z. B. ein Eiterkörperchen langsam vorwärts rücken, auf ein sternförmiges hinauf und davon wieder wegrücken, oder eine kleine Gruppe sich auflösen oder zusammentreten und dadurch ein sternförmiges Kör­perchen dem Blicke zeigen oder verdecken. Denn letztere verändern ihren Platz nie und können desshalb auch als „fixequot; Körperchen be­zeichnet werden.
Ist bei sehr vorgeschrittener Keratitis die Hornhaut sehr trübe, weiss oder gelblich weiss, so kann man wegen der Menge der Eiterkör­perchen nichts ausser ihnen erkennen. Zwar worden nach dem Absterben einer solchen Cornea die Eiterkörperchen viel blasser und lassen dann die mittlerweile viel schärfer hervortretenden fixen Körpereben mit gut markirten, grossen Kernen zwischen sich wahrnehmen, doch wird das Bild wegen der eintretenden körnigen Trübungen im Gewebe und der endlichen Vibrionenbildung früher oder später verwaschen und undeutlich. Gegen diese Uebelständc leistet das Goldchlorid (in J; pCt. Lösung, der etwas diluirte Essigsäure zugesetzt ist) wesentliche Dienste. Es färbt ausser den Nerven noch die zelligen Elemente der Hornhaut roth, blau oder violett, und zwar sowohl die fixen, wie die wandernden Körperchen in der normalen, wie in der entzündeten Hornhaut; nur werden die wan­dernden Körper etwas rascher und tiefer gefärbt. Die intercellularsub-stanz bleibt ungefärbt und daher treten die zelligen Elemente nur um so schärfer hervor. Nebenbei erlangt die Cornea auch die nöthige Festig­keit und Härte, um Flächenschnitte von ihr zu fertigen oder sie in dünne Lamellen zu zerlegen, die nur eine oder zwei Lagen fixer Körperchen enthalten. Mag die Zahl der Eiterkörperchen an einer Stelle aber noch so gross sein, immer bleiben die fixen Hornhautkörperchen mit ihren Ausläufern in der gesetzraässigen Anordnung wohl erhalten.
Mit Chromsäure und chromsaurem Kali, oder mit Spiritus oder mit Carmin die Cornea für diesen Zweck zu behandeln, erweist sich in mehr­facher Beziehung unzweckmässig. Für schwache Entzündungsgrade ist nur noch der von His empfohlene Holzessig geeignet; dagegen treten bei dieser Behandlung bei starker Entzündung die fixen Körper vor der Masse der Eiterkörperchen zurück. Ebenso wenig erweist sich die Silbor-methode brauchbar, weil das Argent, nitr. nicht in die Gewebe ein­dringt. Zwar fand schon Recklinghausen, dass bei leichten Graden der Keratitis die beweglichen Körperchen an Zahl zugenommen hatten,
Kühne, allg. Veterin, Path.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;22
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allein er dachte an die Möglichkeit, dass directe üebergänge von den fixen zu den #9632;wandernden Körperchen dabei vorkämen. Allerdings finden sich Formen, die als solche üebergangsfornien gedeutet werden könnten, jedoch in der entzündeten Hornhaut nur verhältnissmässig selten, und dann ist in ihnen immer der grosse, klare, für die fixen Körperchen charakte­ristische Kern enthalten. Zwar ist der Kern in der frischen Zelle meist nicht zu sehen, sondern vom Protoplasma bedeckt; in den Gold­präparaten aber ist er scharf und klar begrenzt, blasser als das Proto­plasma mit meist zwei Kernkövperchcn. Seine Gestalt ist sehr verschieden, kuglich, elliptisch, verbogen, bisenitförmig, bisweilen ist er doppelt. Aehn-liche Bilder sieht man auch in der abgestorbenen Cornea, und entzün­dete Hornhäute zeigen die Kerne der fixen Körperchen in keiner Weise anders, als wie die normalen. Somit sind die fixen Körperchen den Eiterkörperchen, in denen man überwiegend häufig zwei, drei und mehr kleine Kerne sieht, nicht ähnlich. — Nur bei sehr vorgeschrittener Kera-titis und besonders in der nächsten Nähe einer directen Reiznngsstelle bekommen die fixen Hornhautkörpercheu einen körnigen Habitus, Hobl-räume (Vacuölen) im Protoplasma und rotrahirte Ausläufer. Allein damit ist nichts für eine jüngere Keratitis gewonnen, sondern die Frage nach dem Ursprünge und der Herkunft der Eiterkörperchen bleibt be­stehen.
Dieselben konnten nun entweder von den in der Cornea präexisti-rer-den, wandernden lymphkörperartigen Elementen abstammen, oder sie waren von aussen eingewandert. Die Zahl und die Verthcilnng der wandernden Körperchen in der normalen Hornhaut ist jedoch so überaus wechselnd, dass aus ihnen kaum der so constante und gleichartige Ver­lauf des entzündlichen Prozesses sich erklären Hesse, und sodann hat noch Niemand unter seinen Augen aus einem Lymph- oder Eiterkörperchen zwei ode!; mehrere kernhaltige Körperchen entstehen sehen.
Vor Allem aber zeigt sich nach Application eines traumatischen Reizes an jeder beliebigen Stelle der Cornea, dass die Keratitis im­mer am Rande der Hornhaut beginnt, und erst von da aus gegen das Centrum keilförmig von der dem gereizten Punkte am nächsten liegenden Randstelle ans fortschreitet.
Untersucht man diese Verhältnisse mikroskopisch, so zeigt der cen-trale Aetzschorf inmitten einer braunen Grundsubstanz die feinen weissen sternförmigen, vielfach anastomosirenden Saftkanälchen; in dem schmalen, den Aetzschorf umgebenden fahlen Ringe zeigt sich die Hornhautgrund­substanz von loichtkörnigem und gelblichem Anflug. Die fixen Hornhaut-körperchen sind etwas körnig, bisweilen mit Vacuolen und mit nur sparsamen Fortsätzen versehen; kaum aber bemerkt man hier anfangs ein einziges Eiterkörperchen. Soweit die Cornea dann makroskopisch normal erscheint, ist sie es auch mikroskopisch. In dem grauen Randstreifen aber treten zwischen den fixen Körperchen zahllose Eiterkörperchen in der oben beschriebenen Weise laquo;auf, und der geschilderte graue Keil bezeichnet ihre weitere Verbreitung, so dass sie anfänglich an der Basis des Keils, später an dessen Spitze am zahlreichsten sind. Im letzteren Falle be-
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Nenamp;ilJungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;339
ginnt sich die Basis wieder aufzuhellen, und die fixen Korperchen treten wieder unverdeckt hervor. Im braunen Aetzschorfo sind niemals Eiter-kürperchen vorhanden.
Diese Experimente berechtigten zu der Annalimo, dass bei der Ke-ratitls die Eiterkörpcrchen von aussen in die Hornhaut einwanderten und boten damit einen Boden für weitere Untersuchungen. Zuniichst- versuchte Cohnheim, ähnlich wie Recklinghausen, der die in eine abgestor­bene Hornhaut einwandernden Lymphkorperchen durch Füllung mit un­löslichen Farbstoffpartikolchen kenntlich machte, mit Anilinblau, das frisch aus der alkalischen Lösung mittels eines grossen Uebersclmsses von Wasser ausgefällt wurde, die einwandernden Elemente zu färben. Es wurde nur ein Tropfen Anilinblau in den Conjunctivalsack des Frosches gebracht und derselbe alsdann zugenäht; allein niemals wurde hierbei in der Cor­nea ein blau gefärbtes Korperchen gesehen, mochte dieselbe normal oder in Entzündung gesetzt sein. quot;Wurde ohne Verletzung der Hornhaut Ani­linblau in die vordere Augenkamraer des Frosches oder Kaninchens ge­bracht, so enthielten sehr viele von den daselbst (d. h. im Humor aquae us) bei der entstandenen Entzündung sich bildenden Eiterkörper-chen im Innern blaue Körnchen. Bald darauf entstand auch eine Trü­bung der Hornhaut, aber kein einziges der sie bedingenden Eiterkörpercben war durch blaue Kerne kenntlich. Eine Wanderung von Eiterkörpercben aus der vorderen Augenkammer in die Hornhaut kommt also nicht vor, wohl aber umgekehrt. —#9632; Aus der Sklera des Frosches, die aus Knorpel besteht geschah die Einwanderung sicher nicht, mithin konnte dieselbe nur durch die Lymph- oder Blutgefässe stattfinden.
Um das Verhalten der Lympbgcfässe zu dieser Angelegenheit zu prüfen, wurden einige Cub.-Centimeter Anilinblau einem Frosche in einen Lymphsack gespritzt. Im Gewebe eines so behandelten Thieres findet man nirgends, auch nicht in der normalen Hornhaut oder deren Körper­chen, ein Farbstoffkörnchen frei liegen. Erregt man aber auf irgend eine Weise eine Keratitis, so finden sich immer einzelne unter den Eiterkör­percben, welche mehr oder weniger blaue Körnchen enthalten, frei im Gewebe aber in den fixen Körperchen liegt kein Farbstoff. Hat man mehrmals hintereinander in verschiedene Lymphsäcke Anilinblau eingebracht, so kann man es dahin bringen, dass der zehnte bis zwölfte Tiieil der Eiter - Körpereben in der entzündeten Honhaut Farbstoff - Körnchen ent­hält.
Es bleibt aber für das Gelingen dieser Versuche gleichgiltig, ob man den Farbstoff in den Lymphsack des Kopfes, Rückens, Bauches oder Unterschenkels einführt; sobald nur die eingebrachte Menge beträchtlich ist, wird man blangefärbte Zellen in der Hornhaut finden. Mitbin wird ein Umweg existiren, auf welchem die Körperchen aus den Lymphsäcken in die Hornhaut gelangen und diesen bilden die Blutgefässe. Sobald Ani­linblau in einen Lymphsack eingespritzt war, wurden in jedem Bluttropfen blaue Körnchen gefunden und zwar lagen die meisten wenigstens anfäng­lich in den farblosen Blutkörperchen und nur wenige frei in der Blut­flüssigkeit. Die ganz kleinen farblosen Körperchen waren übrigens auch
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frei von Farbstoff. Macht man eine Farbstoffinjection direct in das Blut, wobei aber jedes Extravasat auszuschliessen ist, so hat man denselben Er­folg, wie bei der Einspritzung in die Lymphsäcke. Eine bedeutende Zahl weisser Blutkörperchen hat Farbstoff in sich aufgenommen, während das normale Gewebe wochenlang davon frei bleibt. Aus diesen Experi­menten ergiebt sich, dass etliche Eiterkörperchen in der entzündeten Horn­haut vorher farblose Blutkörperchen waren.
Beim Kaninchen blieb dagegen der gesammte Farbstoff in den Ca-pillaren der Leber stecken, so dass die negativen Ergebnisse bei Säuge-thieren die positiven beim Frosche nicht entkräften können.
Von nun an experimentirte Cohnlieim an gefässhaltigen Ge­weben und zwar am Mesenterium des Frosches, welches zur Erregung der Entzündung mit dem Darm aus der Bauchhöhle herausgezogen und der Luft ausgesetzt blos liegen gelassen wurde. Den Thieren wurden geringe Dosen Curare subcutan beigebracht, damit sie regungslos bes­ser zu beobachten wären. An einem so freiliegenden Darme und Gekröse entwickelt sich rasch eine Hyperaemie, die Gcfässe füllen sich mehr und mehr strotzend, der Darm wird gleichmässig geröthet. Nach Verlauf etlicher Stunden zieht sich über das Ganze ein leichter, aber immer dichter wer­dender, trüber Hauch, und die einzelnen Gefässe erscheinen verwaschen und undeutlich. Endlich nach 15—18, bisweilen erst nach 26—3C Stun­den, ist das llosenterium und der Darm überzogen von einer weichen, mattgrauen, oder gelblichgrauen, dünnen und etwas klebrigen Schichte, die sich in Fetzen abziehen lässt und ganz aus dicht gedrängten contrac-tilen Eiterkörperchen besteht, denen vereinzelte rothe Blutkörperchen bei­gemengt sind, Alles in ein amorphes, schwachkörniges, durch Essigsäure rasch zu klärendes Material eingehüllt. Man hat also das Bild einer Peritonitis mit fibrinöseitrigem Exsudate vor sich.
Das Mesenterium des Frosches besteht aus fibrillärem Bindegewebe, mit sparsamen sehr feinen, sich durchkreuzenden elastischen Fasern; ansser-dem zeigt sich unter dem Mikroskope eine bedeutende Zahl von Nerven und Kerne, und zwar theils rundliche, ziemlich grosso körnige, in an­nähernd regelmässigen Abständen, das sind die Kerne des einschichtigen oberflächlichen Plattenepithels; theils stärker glänzende spindelförmige, weniger regelmässig vertheilte Kernformen. Ausser ihnen findet man noch vereinzelte wandernde, lymphkörperartigo Elemente und bei Ran a temporaria noch Reihen zelliger Elemente, welche einzelne Capilla-ren und meist kleine Arterien und Venen begleiten; sie haben ein sehr grobkörniges Protoplasma und häufig gelbliche, ölartige Tropfen in ihrem Innern. Das merkwürdigste Schauspiel aber bieten die Blutge-fässe dar. quot;Wie bei den Säugethieren, so gehen auch beim Frosche grosse Arterien radienartig von der Wurzel des Gekröses zum Darme hin und bilden an der Ansatzlinie des Gekröses an den Darm 'ein System flacher Arkaden, aus welchen die arteriellen Gefässe zum Darme übertreten. Die von ihm zurückkommenden Venen sammeln sich zum Theii vermittels ähnlicher venöser Arkaden in eine Anzahl grösserer Stämme, die radien-förmig der Wurzel des Gekröses zustreben und sich hier successive in
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einen Hauptstamm vereinigen. Von den arteriellen Arkaden treten aber auch einzelne Aeste nach rückwärts, gegen die Mesentenumwurzel und vertheilen sich in relativ weitmaschige, im Mesenterium sich ausbreitende Capillarnetze. aus denen sich meist kleine, besondere Venen sammeln, die an irgend einer Stelle in eine der grösscren radiären Venen münden. Die Venen sind constant breiter als die Arterien, und zwar wenigstens nm '(, bis zur Hälfte.
Der Blutstrom in den Arterion geht von der Wurzel des Ge­kröses gegen den Darm; er ist so geschwind, dass man keine Blutkör­perchen darin unterscheiden kann. Ferner füllt die rothe Blutsäule das Lumen des Gefässes nicht ganz aus, sondern lüsst auf beiden Seiten zwischen sich und dem inneren Gefässcontour einen ungefärbten, ca. 0,01 Mmtr. breiten Saum frei, in welchem nie ein farbiges, äussersl selten nur ein farb­loses Blutkörperchen, für gewöhnlich aber Plasma fliesst. Das auffallendste Kennzeichen des arteriellen Blutstromes aber ist die Pulsation, die selbst in sehr kleinen Arterien noch ganz deutlich hervortritt und zwar ganz besonders durch die rhytmische Beschleunigung und Verlangsamung des Blutstromes.
In den Venen ist dagegen der Blutstrom entgegengesetzt gerichtet, gleichmässig, ohne Pulsation; seine Geschwindigkeit ist erheblich geringer, die einzelnen Blutkörperchen erscheinen aber auch nur in verwaschenen Umrissen. Ferner ist der ungefärbte Saum an der Seite des Stromes etwas geringer uud von Zeit zu Zeit erscheinen m ihm regelmässig ein­zelne farblose Blutkörperchen, die langsam vorrücken, bisweilen auch kurze Zeit stillstehen.
Unregelmässig verhalten sich in jeder Beziehung die Capillaren. Manche sind so weit, um bequem ein rothes und ein ein farbloses- Blut­körperchen, selbst zwei rothe nebeneinander durchpassiren zu lassen, andere haben nur Raum für ein einziges. Die Richtung des Stromes geht im Allgemeinen von den Arterien zu den Venen. Häufig stockt aber in einem Zweige auf kürzere oder längere Zeit die Bewegung ganz, oder ein ander Mal schlägt die Richtung auf ganze Strecken um u. s. w. Die Geschwindigkeit des Stromes ist gleichfalls ungleich, aber immer so gering, dass man die einzelnen Blutkörperchen erkennen kann. Auch werden die farblosen Blutkörperchen wohl unzweifelhaft langsamer fort­geschoben, als die gefärbten. Die Pulsation, sowie ein besonderer Axen-strom sind in den Capillaren nicht mehr erkennbar.
Dieses physiologische Verhalten des ßlutstromes dauert aber nicht lange (nach der Freilegung des Mesenterium), denn rasch entwickelt sich eine Reihe von Veränderungen, deren Endproduct die oben beschriebene Exsudatschichte ist. Das Erste, was geschieht, ist eine Erweiterung der Arterien. Sie ist nach 10—15 Minuten nach Bloslegung des Mesenterium schon sehr ausgesprochen und nimmt stetig zu, so dass sie in 1 bis 2 Stunden ihren HöhepiAkt erreicht hat, auf dem sie sich ferner fortwäh­rend erhält. Der ursprüngliche Durchmesser ist dabei um die Hälfte und selbst um das Doppelte grosser geworden. Ausserdem zeigen die Gefässe noch eine bedeutende Schlängelung, sind mithin auch verlängert. Bis-
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342nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen.
weilen findet man an einer Arterie eine bedeutend verengte Stelle, vor und hinter welcher das Gefäss oft bedeutend, um das Dreifache, erweitert ist. Solche Verengerangen können stundenlang anhalten und es bilden sich an ihnen abweichende, aber recht instruktive Verhältnisse aus.
Der Dilatation der Arterien folgt zunächst diejenige der Venen, Jedoch viel langsamer, so dass zu einer gewissen Zeit die Arterien an Weite die Venen übertreöon. Endlicl) aber kommt das ursprüngliche ge­genseitige Verhältniss wieder annähernd zur Geltung. Schlängelungen und partielle Verengerungen finden sich hier jedoch nicht.
Während dieser Erweiterung der Gefässe erfährt auch die Geschwin­digkeit des Biutstromes Veränderungen, zunächst schwankender Art. In einigen Gefässen tritt mit beginnender Dilatation eine Verlangsamung des Biutstromes ein, in anderen keinerlei Voränderung, in noch anderen sogar eine Beschleunigung; bisweilen erfolgt sogar hier und da auf eine Ver-langsamung eine Zunahme der Geschwindigkeit. Ausnahmslos aber hat sich nach l-2Stundeii eine Verlangsamung der Stromgeschwindigkeit ausgebildet, was man an dem Deutlich werden der einzelnen Blutkörperchen in den Arterien, und zumal in den Venen, erkennt. Zugleich wird in den Arterien die Pulsation viel evidenter, ebenso hat der Blutstrom seinen axiaien Charakter eingobüsst; die rothe Blutmasse füllt das ganze Gefäss aus, doch streben sichtlich die farblosen Blutkörperchen der Gefässwand zu. In den Venen aber füllt sich langsam die ursprüngliche Plasma-schichtc des Biutstromes mit zahllosen farblosen Blutkörperchen, die von den Capillaren her oder einzeln aus dem centralen Blutstrom langsam, zuweilen auch ruckweise, gegen die Gefässwand vorrücken, sei es dauernd, sei es auf kurze Zeit. Allmählig füllt sich so die ganze Randschichtc mit färblosen Zellen und innerhalb dieses farblosen ruhenden Zellenrohrs an der Gefässwand fliosst mit gleichmässiger Geschwindigkeit die rothe Blutsäule dahin, ohne dass je ein gefärbtes Körperchen sich aus dem Zu­sammenhange mit den anderen löste.
Bald darauf entstehen am äusseren Contour der Venenwand einzelne kloine, farblose, knopfförmigo Erhöhungen, die sich vergrössern. Nach einiger Zeit liegt auf dem Gefässe eine Halbkugel von der Grosse eines halben weissen Blutkörperchens, die nach und nach birnfönuig wird, mit dem spitzen Ende in der Gefässwand wurzelnd. Nun strahlen vom Umfange des birnförmigen Körperchens feine Fortsätze und Zacken aus und das­selbe nimmt die mannigfachsten Gestalten an. Endlich löst es sich von der Gefässwand ab und wir haben jetzt ein farbloses, etwas glänzendes, contractiles mit Fortsätzen versehenes Körperchen vor uns, dessen Grosse der eines farblosen Blutkörperchens gleicht und in dem man jedenfalls beim Zusatz von Reagentien einen oder mehrere Kerne wahrnimmt, wie bei keinem farblosen Blutkörperchen.
Inzwischen — der Prozess kann länger als zwei Stunden dauern — ist derselbe Vorgang an vielen anderen Stellen def Gefässwand und zwar in den verschiedensten Stadien zu bemerken und allmählig wird die Zahl der hervorgetretenen farblosen Blutkörperchen grosser und grosser, so dass 3 — 4 Stunden nach der ersten Anschwellung der Vene dieselbe
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rings umgeben ist von einem einfachen aber dichten Ring solcher Kör­perchen. Und wieder nach einigen Stunden breitet sich ein Schwärm derselben nach allen Seiten anregelmässig aber dicht um das Gcfass aus, wobei die Körperchen der innersten Itciho mit Stielen an der Gefässwand haften. Die der nächsten Reihe haben wenigstens noch gegen die Vene gerichtete Fortsätze und hierauf kommen den gewöhnlichen contractilen Blut- und Eiterkörperöhen mehr und mehr ähnliche Formen.
Uebrigens brauchen diese Vorgänge an verschiedenen Individuen und an verschiedenen Gefässen desselben Individuum verschieden lange Zeit.
Während dieses llervortretens farbloser Körperchen aus der Gefässwand, das an den kleinsten Venen, wie an den Hauptstünimen im Gekröse vorkommt, erhält sich in den Gefässen der schon beschriebene Zustand; es lagert an der inneren Fläche ihrer Wand eine einfache Lage weisser Blutkörperchen, innerhalb deren der rothe Strom contiuuir-lich dahin fliesst. Uebrigens wurde niemals zwischen den aus der Ge­fässwand hervorgetretenen farblosen Blutkörperchen ein einziges rothes gesehen; deswegen können die um die Vene aussen sich anhäufenden Körperchen nicht von der Ferne herbeigeschwemmt, noch durch Ver­letzung des Gefässes hinaus gelangt sein, sondern es sind farblose Blutkörperchen aus dem Innern der Vene durch die intakte Gefässwand nach aussen hervorgedrungen. — Hat man bei den Thieren einen Theil der weissen Blutkörperchen mit Farbstoffkörnchen impräg-nirt, so ist die Verfolgung des beschriebenen Vorganges noch evidenter.
Aber auch um dieselbe Zeit, wann die Arterien und dann die Ve­nen sich erweitern, sind die anfangs nur als blasse Streifen bemerkbaren Capillaren, in denen nur wenige Blutkörperchen sich fortsehoben, deut­licher und auffälliger geworden. Dies scheint aber weniger auf einer Erweiterung derselben, die nur ', k ihres Durchmessers betrug, als auf einer stärkeren, dichteren Füllung mit Blutkörperchen zu beruhen. Spon­tane Verengerungen und Erweiterungen von Capillaren, wie sie Stricker an der ausgeschnittenen Nickhaut des Frosches beschreibt, wurden im ausgeschnittenen Gekröse niemals beobachtet; der Blutstrom in den Capillaren zeigt jedoch auch jetzt noch hinsichts der Richtung, Geschwindigkeit und Gleichmässigkeit dieselben Schwankungen, wie früher. In manchen Ca­pillaren wird dagegen die Bewegung der Blutkörperchen immer langsamer, ja sie kann endlich ganz aufhören, so dass das Haarröhrchen von rotten und farblosen Blutkörperchen vollgestopft ist, von denen die letzteren ge­wöhnlich die Randschichte einnehmen. Diese Stase kann stundenlang bestehen, bis sie plötzlich durch irgend welchen Impuls gelöst wird. Ferner sieht man in einigen, besonders in weiteren Capillaren nicht selten, eine ruhende und eine strömende Schichte. Erstere kann die Peripherie, letztere das Centrum des Gefässes inne haben, ebensogut kann aber auch die eine Hälfte des Gefässlumen nur unbewegte Körperchen enthalten, während in der anderen Hälfte ein continuirlicher Strom fortgeht. Uebrigens enthält die ruhende Schichte keineswegs, wie bei den Venen, nur farblose Elemente, sondern es liegen auch rothe unbewegt an der Gefässwand.
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Entsprechend diesen Ungleichheiten entwickelt sich auch der weitere Vorgang sehr wechselnd. An den Capillaren, in denen der ßiutstrom conünuirlich fortgeht, tritt, so lange dieser hestcht, keinerlei Veränderung ein. Dagegen entstehen da, wo sich nur ein euiigormassen anhaltender, vullstiindiger oder partieller Stillstand ausgebildet hatte, neue Zustände. Zunächst zeigen die bisher kugelichen, farblosen Blutkörperchen Formver-änderungen von am ö hol dem Charakter; dann sieht man an einer Stelle, wo innen in der Capillare ein weisses Körperchen liegt, aussen am Ge-fässcontour eine buckelartige Erhobung oder einen feinen stachelartigen Auswuchs, der sich vergrössert und schliesslich, ganz wie bei den Venen, in ein farbloses Körpercben sich verwandelt, das noch mittels eines langen Stieles mit der Capillarwand zusammenhängt, um später sich vollständig abzulösen. liier und da sieht man endlich Körpercben, die mit einem Theile ihrer Substanz noch innerhalb, mit dem andern bereits ausserhalb der Capillarwand liegen.
Aber nicht blos farblose, auch rothe Blutkörperchen gelangen durch die Capillarwand nach aussen, und zwar in nicht allzu geringer Menge. Man bemerkt zunächst zwischen den ausgetretenen farblosen Körperchen aussen am Gefässcontour ein gelb oder gelbgrünliches Körperchen von wechselnder Grosse und Gestalt. Bald kaum halb so gross, als der Kern eines rothen Körperchens, erreichen sie wo anders die Grosse eines hal­ben rothen Blutkörperchens und während die kleineren alle annähernd kugelig sind, sind die grösscren oft nach der Fläche gebogene Scheiben. Gewöhnlich sieht man sodann genau an der entsprechenden Stelle im Innern der Capillare die übrige, meistens den Kern enthaltende Masse des Körperchens, die mit jenen äusseron Partikeln durch einen schmalen von der Capillarwand umschlossenen Hals in Verbindung steht. Die Blutkörperchen erscheinen mithin wie durch die Gefässwand hindurch ge­zwängt und von letzterer in Wespentaillenform eingeschnürt. In dieser Lage bleiben sie oft stundenlang. Kommt inzwischen in einer solchen Capillare der Blutstrom wieder in Fluss, so wird der innerhalb des Ge-fässes befindliche Theil des so eingezwängten Körperchen von den vor­überrollenden Körperchen hin und her gepeitscht und in pendelnde Be­wegung versetzt, während der ausserhalb des Gefässes gelegene Theil vollständig ruhig verharrt; oder es wird der innere, gewöhnlich grössere Theil des eingezwängten Körperchens mit einem Schlage abgerissen und fortgeschwemmt, was bisweilen jedoch auch bei ganz allmähliger Wieder­herstellung der Strömung geschehen kann. Andere von den so einge­zwängten rothen Blutkörperchen passiren aber die Gefässwand ganz un­versehrt, ja bisweilen selbst mit relativ grosser Geschwindigkeit; meist vergehen jedoch bei diesem Vorgange zwei Stunden und so kommt es dann, dass 12-24 Stunden nach der Bloslegung des Mesenterium eine grössere Menge der Capillaren rings von körperlichen Elementen dicht umgehen ist, von denen die Mehrzahl farblose contractile Zellen, die Minderzahl rothe Körperchen sind, und zwar entweder unversehrte rothe Blnlschciben oder die Eudimente von solchen.
Um die beschriebenen Vorgänge zu erklären und sie unter einander
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zu cansalem Connex zu bringen ist es nothig, den Grund für die Er­weiterung der Gefässe, der Arterien wie der Venen, zu kennen. Olme Zweifel ist eine Lähmung der Gefässmuskeln schuld, allein diese Icönnte einmal direct sein, vielleicht abhängig vom Einflüsse der Luft, oder sie könnte reflectoriscb durch Vermittlung der sensiblen Ner­ven zu Stande kommen; wir können aber jetzt über die Richtigkeit beider Erklärungsweison nicht entscheiden. Die Erweiterung der Gefässe an sich kann eben so gut von einer Beschleunigung, wie von einer Ver-langsamung des Blutstroms in ihnen bogleitet sein. Die mit der Dilata­tion der Arterien einhergehendc Verringerung des AViederslandes muss der ersteren, die Vergrösserung des Strombettes dagegen der letzteren zu Gute kommen. Die Beobachtung zeigt, dass, sobald die Dilatation eine gewisse Dauer gewonnen hat, nur noch das verlangsamende Moment zur Geltung kommt. Die Ursache, zu Folge deren die farblosen Blutkörper sich mit solcher Constanz in der Randzone der venösen Gefässe anhäufen, ist in verschiedenen Umständen gesucht worden. Man hat das Auftreten von farblosen Blutkörperchen im normalen Kreislaufe in der Plasma führenden Randschichte der Venen von einer besonderen Klebrigkeit der­selben hergeleitet, durch die sie der Gefässwand mit einiger Zähigkeit anhaften sollen; ferner von ihrem grösseren absoluten Gewicht, obwohl sie nur bei Säugethieren grosser sind; ferner sollten die gefärbten Blutkörper­chen eine gewisse Attraction zu einander besitzen. Die beste Erklärung für dieses Phänomen hat indess Donders gegeben. Darnach wird, da nach der Axe des Gefässes hin die Stromgeschwindigkeit zunimmt, das kugelige weisse Blutkörperchen in seiner der Axe zunächst befindlichen Hälfte von einem rascheren Strome getroffen, als in der von jener abge­wendeten. Das Körperchen wird deshalb nicht blos in der directen Stromrichtung fortbewegt, sondern zugleich um seine Axe gedreht, wo­durch es schliesslich gegen die Giofässpcripherie hinbowegt werden muss. Die abgeplattete Gestalt der rothen Blutkörperchen dagegen, welche beim Frosche immer mit dem Längsdurchmesser parallel der Gefässaxe sich fortbewegen, bedingt es, dass an ihnen der Strom immer nur eine schmale Kante trifft und mithin eine Axendrehung nicht einzutreten braucht. Dass auch in den Arterien die weissen Blutkörperchen mit Vorliebe der Wand sich anschliessen, sieht man am besten bei verbreitertem und deshalb ver­langsamtem Blutstrome, wie oben erwähnt ist; nur der immer erneute Pulsstoss ist der Grund, warum das Phenomen sich hier nicht in der Re-gelmässigkeit ausbildet, wie in dem continuirlich tliessenden Venenstrome. Die Anhäufung der weissen Blutkörperchen in der Randschichte der venösen Gefässe wird mithin vor Allem von der Herabsetzung der Strom­geschwindigkeit abhängen, die natürlich in der Randschichte sich am stärk­sten geltend macht, so dass dadurch die farblosen Körperchen, die vorher in kurzen, verzögerten Bewegungen daselbst fortgeschoben wurden, leicht ganz zur Ruhe kommen und liegen bleiben und indem sich dieser Vor­gang oft wiederholt, wird die ganze Randsehichtc von farblosen quot;Blutkörper­chen erfüllt. Dieselben begeben sich übrigens gleich von vornherein, bei ihrem Austritte aus den Capillaren in die Venen, entlang der Gefäss-
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346nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen.
wand in die Randzone und nur ein kleiner Theil farbloser Körperchen taucht aus dem Innern des Gelasses hervor, um in die Randschichte ein­zutreten.
Ferner sieht man auch an den oben erwähnten erheblich erweiterten Arterienstellen, auf die nach der Peripherie hin eine starke Verengerung des Gofässcs folgte, dass der Hlutstrom eine gewaltige Verlangsamung er­leidet und dass, sobald die Erweiterung nur längere Zeit anhält und da­mit der Pulseffect daselbst nur zu geringerer Geltung kommt, nach einiger Zeit sich die weissen Blutkörperchen in der Randschiclite ansammeln, wenn auch nicht so dicht und gleichmässig, wie in den Venen.
Hinsichtlich des Weges, auf welchem die Blutkörperchen durch die Gefässwand gelangen, nimmt Cohnheim präfonnirte Wege, kanälchenartige Räume in der Gefässwand au, auf welchen die Blutkörperchen nach aussei! vordringen. Die wesentliche Substanz aller drei eigentlichen Gefässhäute ist bindcgeweliig, denn auch in der Media sind die glatten Muskelfasern in eine bindegewebige Grundlage eingebettet, wenn wir von den Arterien kleineren und mittleren Kalibers absehen, in denen allerdings die Muskelfasern den ganz überwiegenden Antheil an der Media ausmachen. Indess können diese, wie auch die stärkeren Arterien völlig aussei- Acht bleiben, da aus ihnen ein Austritt von Körperchen nicht stattfindet. Somit ist die Hauptmasse der uns beschäftigenden Ge-fässe von bindegewebiger Natur, und hinsichtlich der Möglichkeit einer Fortbewegung von Lymphkörperchcn in diesem Gewebe, sind die Erfah­rungen so weit gediehen, um diese zu bejahen. Es bleibt nur noch das Verhalten jener einfachen Lage platter Epithelicn zu betrachten übrig, welche die intima der Gefässo von Innen bekleidet, und welche ja auch zur Capillarwand gerechnet werden muss.
Die epithelialen Häute, zumal die einschichtigen, bilden aber nach den Untersuchungen von Recklingha usen , Ocdraan son u. A. keine ge­schlossenen Membranen, sondern es finden sich in ihnen constant rand­liche oder elliptische Oeffnungen, „Stomata,1,1 in wechselnder Zahl und Grosse. Dass solche Stomata auch im Gefässepithel vorhanden sind, zeigen Injectionen von ' pCt. Ilöllensteinlösungen bei Fröschen wie bei Kaninchen. Es treten dadurch scharfe, miteinander regelmässig anasto-mosirende Linien an der inneren Fläche der Gefässwand auf, durch welche immer Felder abgegrenzt werden, in deren Mitte ein Epithelkern liegt. In den Arterien sind diese Epithelfelder spindelförmig und mehr gradlinig, in den Venen mehr rautenförmig und leicht wellig; das Cappillarepithel hält zwischen beiden Formen die Mitte. Sehr häufig, und zwar gewöhn­lich an Stellen, wo die Ecken mehrerer Zellen zusammenstossen, bemerkt man kleine schwarze Flecke oder ungefärbte aber von einer schwarzen Peripherie eingefassten Kreise, die bei praller Füllung der Gefässo am schärfsten und grössten sind, ein Verhalten, das für die Deutung jener Zeichnungen als Oeffnungen spricht. Ebenso sind diese Stomata immer in grosstet Zahl und Rcgclmässigkeit in den Venen und Capillaren, seltener und schwach in den Arterien vorhanden, da eben die Venen, zu-
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;347
mal wenn man sie injicirt, sich viel leichter und vollständiger ausdehnen lassen.
In Betreff der Kräfte, durch welche die Auswanderung der farblosen Blutkörperchen zu Stande kommt, giebi. folgende Eigenthiimlichkeit derselben den Ausschlag. Die weissen Blutkörperchen behalten nämlich, so lange sie im ununterhrochenen Strome fortlaufen und unaufhörlich von anderen Körperchen berührt werden, stets die Kugelform; sobald sie aber irgendwo auf längere Zeit in Ruhe kommen, treten an ihnen in kurzer Zeit amöboide Bewegungen auf. Im nor­malen Kreislaufe können höchstens in den Capillarcn amöboide Bewe­gungen an den weissen Blutkörperchen zu Stande kommen, und auch hier, wie die Froschschwiramhaut lehrt, nur selten in erheblichem Grade, da hier Stockungen nur kurze Zeit andauern. Dagegen stellen sich in den ruhenden Schichten des capillaren und venösen Blutstromes im bios­liegenden Mcscnterium sehr bald energische Formveränderungen der farblosen Blutkörperchen ein, deren schliesslichor Effect immer ein Ein­dringen in die S to mat a der Gefässwand sein muss. Denn den Form­veränderungen in der seitlichen Richtung stellen alsbald die benachbar­ten farblosen Körperchen ein Hinderniss entgegen und solche gegen das Centrum des Gefässes verbietet der centrale Strom. Sonach können die Fortsätze nur gegen die Gefässwand sich verschieben und zwar in die Stomata des Epithels und in die Kanälchen des Bindegewebes, bis sie endlich jenen Ausmarsch (Emigratio) antreten, als dessen Resultat die eigenthümlichen Vorgänge am ausseien Gefässcontour zu betrachten sind.
Diese Auffassung kann aber für den Durchtritt der rothen Blutkörperchen durch die Wand der Capillaren nicht genügen, da die rothen Blutkörperchen zu spontanen Formveränderungen nicht befähigt sein sollen, ihre Bewegungen daher nur aus von aussen her auf sie wirkenden Impulsen rosultiren können. Man wird aber dem gesteigerten Blutdrücke in den Capillaren, der nothwendig in Folge der Verminde­rung des Widerstandes in den Arterien eintreten muss, für ausreichend ansehen können, um die rothen Körperchen durch die etwas gedehnte Capillarwand durchzudrängen (Kxmissio), zumal wenn zuvor durch emigrirte farblose Körperchen eine gewisse Erweiterung der Stomata bewirkt worden ist.
Während an den Gefässen alle diese Vorgänge stattgefunden, hat sich das Gewebe des Mesenterium in keiner Weise verändert; jedoch kann man nur wenige Stellen von ihm ohne Hinderniss sehen. Dann allmählig rücken die ausgewanderten (farblosen) Blutkörperchen immer weiter von den Gefässen fort und der Platz, den sie verlassen wird von anderen Auswanderern eingenommen. Am längsten ist noch die Umgebung der isolirt verlaufenden Arterien und der Capillaren mit continuirlichem Blntstrome von farblosen Körperchen frei, aber schliesslich gelangen letztere von benach­barten Gefässen her auch im diese Gegenden. Die ausgetretenen rothen Blut­körperchen bleiben meist liegen; zuweilen wird aber auch eins oder das andere eine Strecke weit mit fortgeführt, liu aber zu erfahren, ob die farblosen contractilen Zellen innnerhalb oder auf der Oberfläche des
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348nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubildungen.
Mesenterinm sich fortbewegen, braucht man nur mittels eines Tropfens einer ', pCt. Silberlüsung das Epithel kenntlich zu machen, um sofort einen zuvorlässigen Maassstab für die Lage der Körperchen zu gewinnen. Man bemerkt dann, dass ein Theil der farblosen Zellen sich unter dem Epithel im Mesenterialgowebe, ein anderer Theil sieh über jenem befindet. Am besten sieht man diesen Sachverhalt an den grossen Mesenterial-venen, über und unter denen unmittelbar das Epithel liegt, die mithin die ganze Dicke der Gekrösplatte einnehmen. Aus einer solchen Vene begeben sich alle zu den Seiten heraustretenden Körperchen in das Mo­se nterialge webe, dagegen die aus der oberen oder unteren Peripherie her­vorkommenden Zellen alsbald durch das sie bedeckende Epithel auf die Ober­fläche und kriechen auf dieser fort. Allein auch von den ursprünglich in das Mesenterialgewebe hineingetretenen Zellen gelangen weiterhin noch viele, ja die überwiegende Mehrzahl an die Oberfläche desselben durch die Stomata des Epithels. Mit diesem Factum dürfte auch die Frage nach der Betheiligung des Epithels hei der Entzündung der serösen Häute erledigt sein. Die Infiltration des Mesenterium mit weissen Blutkörperchen bei der Entzündung geschieht in ganz gleicher Weise bei versilbertem wie hei nicht versilbertem Epithel und selbst dann, wenn das Mesenterium hereits mit unzähligen farblosen Körperchen oder schon mit einer fribrinös-zelligen Schichte sich bedeckt hat, kann man doch noch häufig bei vorsichtiger Entfernung der letzteren mittels Höllenstein das Epithel darunter zum Vorschein bringen.
Um den Einfluss der Luft auf die Entwickelung der Entzündung genauer würdigen zu können, erregte Cohnheim durch Touchiren mit Höllenstein in der Bauchhöhle selbst eine Peritonitis und brachte von Zeit zu Zeit das Mesenterium unter das Mikroskop; allein er konnte keine abweichende Verlaufswcise constatiren. Auch hat Cohnheim in entzün­deten Geweben von frisch getödteten Kaninchen wiederholt Zustände gefunden, die denen beim Frosche am vollständigsten entsprechen, und zwar sowohl bei künstlicher, traumatischer Peritonitis, wie bei der spontanen fibrinös-eitrigen Pleuritis und Pericarditis.
Diese am Mesenterium ermittelten Gesetze haben ganz allgemeine Geltung für die Entzündung gefässhaltiger Theile überhaupt, wenn auch dabei die besondere Anwendung im d Vertheilung der Gefässe von einigem Einfluss sein mag. Denn während an dem an Venen so reichen und an Capillaren so armen Gekröse der überwiegende Theil der Zellen von den Venen geliefert wird, so wird an den mit Capillaren reichlicher ausge­statteten Organen der Antheil der Capillaren an dem Prozesse ein grösse-rer sein, was sich sogleich dadurch kund geben muss, dass die Menge der rothenßlutkörperchen in dem entzündlichen Infiltrate und Exsudate eine beträchtlichere ist, wie z. B. bei der croupösen Pneumonie. Aber auf die Vorgänge bei der Keratitis werfen diese Ergebnisse Licht und die Her­kunft der Eiterkörperchen in der entzündeten Hornhaut ist durch diese Beobachtung erwiesen.
Hinsichtlich der Frageraquo;, ob neben dem Vorgange der Emigration noch ein anderer Modus der Genese der Eiterkörperchen zu-
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;349
zulassen ist, und ein wie grosser Theii dann beiden an der entzündli­chen Production zugeschrieben werden müsse, kann nach den vorstehend beschriebenen Untersuchungen ausser den Gefässvorgängen nur noch an eine Herleitung der Eiterkörjjerchen von den im Gewebe präerfstirenden Zellen gedacht werden. Allein dass die fixen Körperchen des Bindege­webes in keiner Weise bei der Zellenproduction betheiligt sind, ist aber bereits gezeigt worden, und somit bleiben nur noch die wandernden Körperchen übrig, die aber weiter Nichts, als die normaler Weise aus dem Blute auswandernden weissen Blutkörperchen sind. Mithin wird diese Frage vielmehr so gestellt werden müssen, ob die weissen Blutkörper­chen, nachdem sie das Gefäss verlassen haben, aus sich heraus neue farblose Elemente erzeugen, oder ob im normalen oder im entzündeten Zustande mehr farblose Blutkörperchen in den Geweben auftreten können, als aus den Gefässen ausgewandert sind. Sicherlich hat noch Niemand, selbst wenn er lebende Eiterkörperchen unter den günstigsten Umständen viele Stunden lang beobachtete, aus einem Eiterköperchon zwei oder mehrere entstehen gesehen, denn der ganze Vorgang der Theilung der Eiterkörperchen ist ein hypothetischer, nicht bewiesener. Sollte es aber Jemandem unmöglich erscheinen, die enormen Eiterkörperchenmengen, die bei einer acuten Phlegmone oder Peritonitis producirt werden, lediglich auf die im Blute kreisenden farblosen Körporchen zurückzuführen, so ist zu bemerken, dass zwar in einem aus der Ader gelassenen Tropfen Blut erst auf 300—400rothe Blutkörperchen ein farbloses kommt, aber es ist dies gewiss nicht das Verhältniss, welches innerhalb der Circulation selbst Statt hat; denn in den kleinen Venen und Capillaren ist die Menge der farblosen Elemente viel grosser, und beim Aderlass fliessen diese nur zum gering­sten Theile aus diesen Gefässen aus. Lässt man ein Thier aus den durchschnittenen Halsgefässon sich verbluten, so trifft man immer noch eine Anzahl farbloser Blutkörperchen in diesen kleinsten Gefässen, die nicht ausgeflossen sind; ebenso vermag man, wenn man von der Aorta das Gefässsystem mittels Serum auswaschen will, nur die rothen, nicht aber alle farblosen Körperchen hinaus zu drängen. Sodann aber wer­den ja durch den Blutstrom immer neue Mengen farbloser Elemente an den betreffenden Ort geführt, die wieder und wieder dem Schicksale der Emigration verfallen. Die Neubildung aber der farblosen Blutkörperchen geht inzwischen in den Lymphdrüsen und der Milz vor sich, weswegen diese Organe bei entzündlichen Prozessen in Mitleidenschaft gerathen.
Nach den vorstehend mitgctheilten Versuchen und Beobachtungen wird notwendiger Weise die bisherige Theorie von der acuten Entzündung, welche mit einer Eiterung (oder Zellenproduction) ver­läuft, zu modificiren sein, indem für diese Species der Entzündung die Gefässe wieder mehr in den Vordergrund treten. — Ohne Gefässe keine Entzündung; die Gefässerweiterung, die Injection und Hyperämie ist nothwendig das erste Stadium derselben. In gefässhaltigen Theilen sind es die hier befindlichen Gefässe, in gefässlosen (Cornea, Gelenk­knorpel) die der Nachbarschaft, welche, wie sie in normalen Verhältnis­sen der Ernährung jener vorstehen, so unter pathologischen der Ausgangs-
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350nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen.
punkt der cntziindliclien Vorgänge werden. Als zweites Postulat für das Zustandekommen eitriger Prozesse hat sich die Anwesenheit von Hohl­räumen ergeben, die eine Fortbewegung und Anhäufung von farblosen Blutzellen gestattet. Da jedoch nur wenige Blutgefässe direct an die grösseren Höhlen dos Körpers grenzen, so muss hier vor allem ein Ge­webe in Betracht kommen, das kanälchenartige, dilatirbare Räume enthält und ein solches ist das Bindegewebe. Deswegen ist die Eiterung an das Bindegewebe geknüpft, welches derartige Kanäle darbietet. Eine der Bindesubstanzen, der Knorpel, hat keine solche Räume, deswegen ist im Knorpel bisher eine wirkliche Eiterung nicht beobachtet worden. Bleibt der durch den Bulbus des Frosches gezogene Faden G—7 Tage liegen, so ist nach dieser Zeit das ganze Auge vereitert, nur in der zwei Mal durchstochenen knorpeligen Sklera kommt kein Eiterkörperchen zum Vorschein. Zieht man durch den Knorpelüberzug der Condylen des Femur oder der Tibia einen Faden hindurch, so entsteht zwar die heftigste eiterige Kniegelenkentziindung, im Knorpel aber findet man Nichts, als die directe Zerstörung durch Nadel und Faden und eine schmale körnige Zone dicht um die Wunde. quot;Wohl kann auch der Knor­pel Veränderungen der mannigfachsten Art erfahren, aber alle diese Störungen haben Nichts mit den uns hier beschäftigenden Vorgängen zu thnn. Alles übrige Bindegewebe aber führt kanälchenartige Räume und ist mithin das eigentliche Feld der Eiterung, und deshalb sind die eiteri­gen Prozesse in den zusammengesetzten Organen an das interstitielle Ge­webe gebunden.
Ausserdem ergeben sich aus den gefundenen Thatsachen für den Arzt und Anatomen wichtige Folgerungen. Zunächst hat die für die klinische Beobachtung so auffällige Initialhyperämie ihre Begründung ge­funden; sodann ist es erklärlich geworden, wie eine bereits eingeleitete Entzündung ohne alle Schädigung des betroffenen Theils wieder rückgän­gig werden kann. Ferner ist eine durchaus rationelle Erklärung für die heilsame Wirkung allgemeiner und localer Blutentziehnng gewonnen, so­wie für den günstigen Einfluss energischer Kälte, welche eine Erweite­rung der Gefässe und der intracellulären Kanäle nicht zu Stande kommen lässt, weshalb die Entwickelung der Eiterung gehemmt wird, während im Gegentheil erhöhte Wärme dieselbe begünstigen muss. Ebenso ist es be­greiflich geworden, worauf Traube schon aufmerksam gemacht hat, dass bei jeder Nephritis Eiterkörperchen im Harne auftreten, ohne dass Cystitis oder Pyelitis (Entzündung des Nierenbeckens) besteht, es sind dies ans den Glomerulis emigrirte farblose Blutkörperchen. End­lich denke man an die Pneumonie, bei welcher so enorme Mengen von Eiterkörperchen In den Alveolen sich anhäufen, ohne dass das sie um-schliessende Bindegewebe irgend eine Veränderung zeigt und ohne dass in den platten Epithelien der Alveolen ihre Quelle sicher aufgestellt wer­den konnte.
Zu derselben Zeit, als Colinheim sich mit dieser Arbeit beschäf­tigte, haben auch Hoffmann und Recklinghausen (Med. Centr.-Bl. 31. 1SG7) Versuche über die Histogenese des Eiters angestellt,
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indem sie 1) die Vorgänge der Zellenumbildung an abgeschnittenen, mit Lapis geätzten und in der Ziichtungskammer aufbewahrten Hornhäuten der Frösche und Kaninchen beobachteten, wobei sie ohne Jede Berührung mit dein übrigen Körper eine Vermehrung der Eiterkörperchen erhielten, und 2) indem sie Zinnober thcils von den Lympbsäcken, theils von den Blutgefässen aus in den Blutstrom einführten und gleichzeitig Entzündung in der Uornhaut und Nickhaut erregten, worauf sie eine schon makros­kopisch sichtbare Anhäufung zmnnoberhaltiger Zellen im gereizten Gewebe erhielten. In ihren Schlüssen geben sie die Auswanderung von farblosen Blutkörperchen überhaupt zu, aber sie leiten einen Theil der Eiterkörper­chen von den ursprünglich im Gewebe befindlichen Zellen her, wegen der positiven Ergebnisse ihrer ersten Methode. Zu diesem abweichenden Re­sultate meint Cohnheim, dass die Zellenvermehrung in der vom Orga­nismus getrennton Hornhaut jedesfalls nicht auf Rechnung der fixen, son­dern auf die der wandernden Körperchen zu setzen sei, für die er eine solche Vermehrung als möglich zugestanden, aber bis dahin noch nicht als erwiesen angesehen habe, und dass wohl trotzdem der Emigrationsvor­gang den überwiegenden Antheil an der acuten eitrigen Entzündung habe. Ausserdem haben H. und R. nach der Einbringung von Zinnober in die Schenkellympbsäcke des Frosches auch in der normalen, nicht entzündeten Hornhaut, sowie im interstitiellon Bindegewebe der übrigen Organe spär­liche zinnobcrhaltigs wandernde Körperchen angetroffen.
Da Cohnheim in einigen seiner Schlussfolgerungen auf nega­tive Befunde seiner Versuche sich stützt (wie bei der Knorpeleiterung) oder Schlüsse zieht, die nicht unmittelbar aus seinen Beobachtungen sich ergeben (wie hinsiehts des abweichenden Verhaltens der Keratitis beim Kaninchen, welchem er Anilinblau in das Blut gespritzt hatte) und end­lich die Entstehung anderer Entzündungsprodncte, wie der Narbe, der Pseudomembranen etc. unberücksichtigt lässt, so hat Kremiansky zu Petersburg diese Lücke auszufüllen gesucht, theils durch Wiederholung der bereits erwähnten, theils durch none Versuche. Dabei wollte er nicht blos die Ergebnisse der oben erwähnten Forscher über die Entstehung des Filters bestätigen oder erklären, sondern auch die Entstehung undUmwan-delung andorerEntzündungsproduetein den verschiedenen Geweben und Organen aufzuklären suchen. Kr. machte (im Laboratorium von Recklinghausen) 1) directe mikroskopische Beobachtungen der Entstehung und des Verlaufs acuter eiteriger Entzündungen an verschiedenen Theilen und an verschiedenen Thieren; 2) indirecte Beobachtungen über Entstehung und Verlauf von Entzündungen an verschiedenen Thieren und Organen nach Injection von Zinnober in das Blut; .H) indirecte Beobachtungen über Entstehung und Verlauf der eiterigen Keratitis nach Einreibung von Zinnober in die Ulceration; 4) indirecte Beobachtungen über die acute Keratitis des Frosches nach Injection von Farbestoffen unter die Haut. Er konnte dabei meist nur Cohnheim bestätigen. Einige andere und neuere Resultate sind folgende:
ad 1) Kr. konnte, indem er Zinnober oder Anilinblau in das Blut spritzte, das Wandern der damit gefärbten weissen Blutkörperchen durch
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352nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubildungen.
die Venenwand beobachten, wobei dieselben eben so gut ihre Form ver­änderten, wie die ungefärbten; bisweilen gaben sie aber in Folge der Formänderungen Zinnobertbeilcbon wieder ab. Für sich konnte der Zin­nober fast niemals die Gefässwand durchdringen.
Waren Lymphscheidon um die Venen vorhanden, wie dieses an eini­gen beobachtet wurde, so traten die durch die Venenwand ausgewander­ten weissen Blutkörperchcr eben so leicht auch durch die Lyraphschei-den; die ursprünglich in den Lymphgefässen sich befindenden Lymph-körperchen aber traten bei der Entzündung nicht aus denselben aus.
um die Auswanderung der farblosen Körperchen am blosgelegten Froschmesenterium zu beschleunigen, wandte Kremiansky örtliche Reiz­mittel an, jedoch in so geringen Mengen, dass sie das Beobachtungsfeld nicht verdeckten, und zwar Arg. nitric, Crotonoel und besonders kleine 0,02 Mm. grosso Cantharidinkrystalle. Letztere verändern sich wenig und langsam, wirken aber schnell, besonders wenn man einen Krystall direct auf eine kleine Vene des Gekröses legt. Ein so behandeltes Froschmesen­terium zeigt sofort eine auf eine kleine Strecke beschränkte Verengerung der Blutgefässe an der Stelle des Reizes und eine gleichzeitige Erweite­rung über und unterhalb der verengerten Stelle. Die Verengerung ist bedeutender und anhaltender in den Arterien als in den Venen; am ge­ringsten und kürzesten in den Capillarcn. Der von der verengerten Stelle peripherisch gelegene Theil ist stets stärker erweitert, als der ceutrale, und in ersterem beginnt stets der Austritt der weissen Blutkörperchen aus der Vene. Sodann wird der Entziindungsvorgang dadurch so be­schleunigt, dass schon nach 10 Minuten an der Oberfläche der Vene das Hervortreten der farblosen Blutkörperchen bemerkt werden kann. Die ersten austretenden Blutkörperchen bewegen sich unter Formveränderungen gegen den Krystall hin, bleiben dann in seiner Nähe liegen und nehmen die runde Form an, so dass oft nach ungefähr einer Stunde der Krystall kranzförmig von den Körperchen umgeben ist. Die später austretenden Körperchen gehen nach den verschiedensten Richtungen.
In seltenen Fällen näherten sich auch die wandernden lymphatischen Elemente des Mesenterium dem Orte der Reizung; sie waren zu der gege­benen Zeit sicher nicht aus den Blut- oder Lymphgefässen herausgetreten. Aehnliche Beobachtungen an der Zunge des Frosches und an den Flügeln der Fledermäuse ergaben fast dieselben Resultate, nur waren beide Orte weniger zur Untersuchung geeignet.
ad 2) In der zweiten Versuchsreihe wurde mit einer verdünnten Kochsalzlösung (I,5pCt.) verriebener Zinnober in die Bauchvenen von Fröschen oder in die lugularis bei Hunden, Kaninchen etc. gespritzt und vorher oder nachher an den verschiedensten Theilen auf mancherlei Art Kntzündung erzeugt. Es wurden darauf in den verschiedensten Körper-theilen bei daselbst entstandener eiteriger Entzündung zinnoberhaltige Eiter-körperchen gefunden, wie in der Cornea, in der Conjunctivalabsonderung, in der Bauchhöhle bei Peritonitis, im Pleurasack bei Pleuritis, in der Gelenkhöhle nach Verletzung der Gelenkknorpel, im Perichondrium, in eiternden Hautwunden, bei verschiedenen Thieren. Die zinnoberhaltigen
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Eiterkörperchen erschienen ziemlich früh, fast mit den ersten Anzeichen der Entzündung, in der Cornea schon sechs Stunden nach der Aetzung; ihre Menge nahm in den ersten beiden Tagen und selbst noch zuweilen am dritten zu, so dass am dritten und vierten Tage die zinnoberhaltigen Eiter-körperchen die zinnoherfreien an Zahl übertrafen. Nach dem vierten Tage vermehrte sich die Zahl der zinnoberhaltigen Eiterkörperchen nicht mehr, wenn auch die Eiterung noch zunahm. Kann der Eiter während dieser Zeit abfliessen, so findet man sie in dem später ausgeschiedenen Eiter nicht mehr. Der Zinnober verschwindet nämlich nach dem vierten Tage aus dem circulirenden Blute; er wird in der Leber, in der Milz, im Knochen­marke zurück gehalten. Fliesst der zinnoberhaltige Eiter nicht ab, so blei­ben die zinnoberhaltigen Körperchen in demselben auf unbestimmte Zeit, aber ihre Zahl nimmt ab, und man findet sodann viele Zinnoberkörperchen frei in der Eitelflüssigkeit und auf grösseren Strecken in den den Abscess umgebenden Geweben.
An Geweben, welche keine Gefässe enthalten, wie die Cornea und der Knorpel, entstehen aber auch die Eiterkörperchen aus den an Ort und Stelle befindlichen Geweben. Nach oberfläch­licher Aetzung des Centrums der Cornea junger Kaninchen und Frösche bildet sich eine geringe Trübung an der Stelle und in der nächsten Nach­barschaft der Aetzung, die durch einen vollständig normalen Cornearing von zerstreuten an der Corneaperipherie erscheinenden Eiterzellen getrennt ist. Zu dieser Zeit sind noch keine zinnoberhaltigen Zellen in der Cornea. An der geätzten Stelle findet sich eine Anhäufung von zinno­berfreien Eiterkörperchen.
Nach einer starken Aetzung des Cornealcentrums findet man aller­dings in 6—12 Stunden einen trüben Streifen an der Peripherie, der sich dann gegen das Centrum in der Art, wie Cohnheim beschreibt, bis zu demselben ausbreitet; die zinnoberhaltigen Zellen erscheinen aber erst dann, wenn um die geätzten Stellen herum sich schon eiue bedeu­tende Anhäufung zinnoberfreier Zellen gebildet hat. Die wandernden, in der Cornea wie in allen Geweben normal vorhandenen Zellen begeben sich also zunächst nach der Stelle der Reizung und häufen sich hieran; erst bei stärkerer Entzündung treten die weissen Blutkörperchen aus den Blutgefässen aus. Mithin beginnt die Keratitis immer am Orte der Reizung und erst später, bei der weiteren Entwickelung einer central er­regten stärkeren Entzündung nimmt auch die Peripherie an dieser Ent­zündung thcil.
In den Gelenkknorpeln findet sich meist nur fettige Degenera­tion und Zerfa'l der Zellen um die geätzte Stelle. Danach nimmt Kremiansky gegen Cohnheim an, das die Knorpelzellen im Stande sind, sich an der Bildung der eitrigen Entzündungsproducte zu betheili­gen. In solchen, mit Lapis geätzten aber nicht mikroskopischen Knorpel-theilen traf Kr. einen Körper an, der sich in kleinen, kugeligen, gelben, concenterischen Massen, besonders an der Grenze der geätzten Stelle, ab­scheidet, die in Form und Grosse an Leucin, in Farbe und Glanz an Fett erinnerten, aber nicht bezüglich der chemischen Reation.
Kohne, allg. Veterin. Path.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;23
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354nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen.
Ferner fand Kr., dass anch das Narbengewebe, die Pseudo-membranen und das hyperplastiscbe Bindegewebe zum bedeu­tendsten Theile aus weissen Blutkörperchen entstehen, welche, nachdem sie die Gefässe verlassen haben, zum Orte der Reizung hinwandern. Es wurde nämlich nach Injection von Zinnober in das Blut in Narben der Cornea, welche nach Verwundung der Cornea ohne gleichzeitige Verletzung der Iris per primam et seeundam intentionem entstanden waren, zinnoberhaltige Zellen vom Charakter der Bindegewebszellen gefunden. Dasselbe zeigte sich in Pseudomembranen des Peritonäum und in den hyperplastischen Geweben, die sich um chronisch entzündete Gelenke gebildet hatten.
Endlich kamen in zwei Fällen Zinnoberkürnchen in Epithelialzel-len vor, ein Mal in denen, welche die Narbe überzogen; ein Vorkom­men, welches Kr. in der Weise deutet, dass die weissen Blutkörperchen sich bei der Entzündung in Epithelzellen umwandeln können. Schliess-lich zeigte ein Versuch, bei welchem beim Durchstechen der Cornea die Iris verletzt wurde, dass auch das extravasirte Blut sich an der Bildung der Narbe betheiligt. In der per primam intentionem ent­standenen Narbe fanden sich am neunten Tage nicht nur eine grosse Menge zinnoberhaltiger Zellen von verschiedener Form, sondern auch viele, theils unveränderte, theils geschrumpfte rolhe Blutkörperchen, eine Menge dunkelgelben Pigments u. s. w. In allen Experimenten zeigte sich, dass sowohl bei chronischen, als eiterigen, als hyperplastischen Entzündungen ein Theil der zur entzündlichen Stelle hinwandernden Zellen als Eiterkörperchen nach aussen geschieden wird, ein anderer Theil durch fettige Degeneration zu Grunde geht, ein dritter endlich an der entzündeten Stelle auf unbestimmte Zeit liegen bleibt und sich all-mählig in Bindegewebe und in die übrigen, den neugebildeten Theil zusammensetzenden Gewebe umwandelt.
Nach Dr. Aufrecht finden sich auch 5 bis 36 Stunden nach An­legung von Muskelwunden in dem exsudirten Fibrin zahlreiche zeilige Elemente eingebettet, mit 2 bis 4 kleinen dunklen Kernen. Diese weis­sen Blutkörperchen wandeln sich allmählig in Spindelzellen um, welche zur Bildung des Narbengewebes beitragen.
ad 3) Die von Kremiansky angestellte Versuchsreihe, bei wel­cher Zinnober in die Corneageschwüre eingerieben wurde, zeigte ausser den bereits erwähnten Befunden auch den, dass die Eiterkörperchen aus dem Orte der Eiterung in die umgebenden Theile auswandern können.
ad 4) Kr. spritzte Fröschen Anilinblau oder Zinnober unter die Haut in Lymphgefässe und ätzte darauf die Cornea mit Lapis. Der Farbstoff war baldigst aus den Lymphgefässen ins Blut übergegangen and erst bedeutend später zeigte er sich in den Eiterkörperchen der entzün­deten Cornea.
Aus diesen Versuchen folgt, dass die Lymphgefässe einen Theil der Entzündungsproducte vermittelst der Blutgefässe liefern; aber, wie gross dieser Theil ist, bleibt unbekannt; denn nur ein Theil des Farbstoffes
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wird in den Lymphgefassen. von den Zellen aufgenommen, der andere geht in das Blut über und wird dort von den weissen Blutkörperchen eingeschlossen. Auch möchte Kr. die Möglichkeit nicht zurückweisen, dass die Lymphgefässe direct, ohne Vermittelung der Blutgcfässe, der entzündeten Stelle Prodncte zuführen könnten, da keine Injection alle Lymphgefässe an einer Stelle treffen kann. Die Beobachtungen an den Lymphgefassen und an den Lymphscheiden einiger Venen des Meser;-terium ergeben aber noch nicht genug Material für Scblussfolgerungen.
Nach Kremiansky kommen mithin die histologischen Entzündungs-produete grösstentheils von den weissen Blutkörperchen her, die aus den kleinen Venen und Capülaren der entzündeten Stelle austreten. In eini­gen Geweben jedoch können sie zum Theil von den dort (ncrmaliter) vorhandenen Elementen selbst herrühren, entweder durch Wanderung der normal im Bindegewebe enthaltenen beweglichen Zellen, oder durch einen wirklichen Neubildungs-Prozess der normalen unbeweglichen bindegewe-bigen Zellen, wie im Knorpel durch Neubildung junger Zellen aus alten Knorpelzellen.
Die Umwandlang dieser zeliigen Entzündungsproducte ist gleichfalls verschieden. Ein grosser Theil derselben, der aus weissen Blutkörper­chen abstammt, nimmt die runde Form der gewöhnlichen abgestorbenen Eiterkörperchen an, geht die fettige Metamorphose ein und zerfällt; ein anderer Theil wandelt sich in Granuiationsgewebe, in Spindelzellen, weiches Bindegewebe etc. um und betheiligt sich so an der Bildung von Narben, Pseudomombranen und verschiedenen Hyperplasien des Bindege­webes, wobei fraglich bleibt, ob sich dieselben auch bei der Bildung von Knochen und Knorpel oder gar von Epithelien betheiligen. Für die Beantwortung dieser Frage sind Experimente um so nothwendiger, als sie mit den wichtigsten Fragen der pathologischen und allgemeinen Ana­tomie in Connex stehen.
Jetzt (1870) steht diese Sache so, dass ein Theil (z. B. Prof. Dr. Koloman Balogh in Pesth) die Auswanderung der ungefärbten Blut-kügelchen für eine optische Täuschung hält und sie besimmt in Abrede stellt. Andere geben die Richtigkeit der Cohnheim'sehen, schon 1846 von dem englischen Arzte Dr. Aug. Waller gemachten Beobachtung zu, behaupten aber, dass die Eiterung hauptsächlich durch Theilung der Bindegewebszellen, zum kleineren Theile vielleicht durch farblose Blut­zellen gebildet werde, dass diese aber wesentlich dazu bestimmt sind, zur Constituirung des Narbengewebes und anderer Neugobilde beizutragen. Die ausgewanderten Lymphzellen hätten demnach nicht, wie die Eiter­zellen, eine vorübergehende Existenz, sondern wären bestimmt, durch Transformation zur Neubildung verschiedener Gewebe beizutragen und auf diese Weise zu persistiren.
Später hat Cohnheim die Richtigkeit seiner Beobachtungen ander Zange von Fröschen, denen alles Blut abgelassen und durch eine Salz­lösung ersetzt worden war, wobei diese von ihm so genannten Salzfrösche auffallender Weise oft noch mehrere Tage lebten, wiederholt nachgewie-
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sen, so dass seine Ansicht von der Bildung der Eiterkörperchen aus den Lymphzellen des Blutes jetzt allgemein anerkannt wird.
Insbesondere nimmt man jetzt auch an, dass die Production der speciiischcn Zellen aller Secrete (Milclikiigeldien, Schleimkörperchen) und das Fett der Talg- und Ohrenschmalz-Drüsen nicht ans den Epithelzellen der betreffenden Drüsen, sondern ans ausgewanderten Lymphzellen statt­finde, dass diese überhaupt das Zuchtmaterial für alle physiologischen und pathologischen Neubildungen liefern. Die Lymphzellen treten also in dieser Beziehung an die Stelle der Granulationszellen, denen man bisher die Fähigkeit zugeschrieben, sich in alle möglichen Zellen umzu­wandeln.
Die Bildungsstätten der Lymphzellen sind die Milz und die sämmt-lichen Lyraphapparate, welche bei entzündlichen Prozessen, die mit einer massenhaften Exmission von Lymphzellen verbunden sind, wahrscheinlich durch Einwirkung der resorbirten pyrogenen Substanz (sect;. 255. 288. 311, 825.) zu einer so gesteigerten Thätigkeit angeregt werden, dass jene Exmission nicht nur keine Verminderung, sondern eine Vermehrung der Zahl der Lymphzellen im Blute (Leukaemie) zur Folge hat. Es verhält sich mit diesen Lymphzellen aber so, wie mit der fibrinogenen Substanz des Blutes, welche trotz der massenhaften Exsudation nicht ver­mindert, sondern vermehrt wird, weil sie in den entzündeten Theilen immer aufs Neue reproducirt wird und von diesen aus ins Blut gelangt (cf. sect;. 264 • 270. 281). Ob die Lymphzellen auch in rothe Blutkügelchen umgewandelt werden, ist noch fraglich. Nach den neuesten Forschungen ist dieses unwahrscheinlich geworden; die letzteren werden vielmehr wahr­scheinlich in dem Knochenmark gebildet und dienen lediglich als Sauer­stoffträger, während die Lymphzellen die Zuchtzellen für sämmtliche Gewebs-Elemente sind.
Allgemeine Helminthologie.
sect;. 536. Die Schmarotzer oder Parasiten sind pflanzliche (Phytoparasiten) oder thierische Geschöpfe (Zoopara­siten), welche in oder an einem lebendigen Organismus (Mensch, Thier oder Pflanze) Nahrung und Wohnung linden. Ihre Organi­sation, folglich auch ihre Lebensweise, gehört den verschiedensten Typen an; selbst in der Art und dem Grade des Parasitismus finden die erheblichsten Abstufangen Statt. Bei den Krankheits­ursachen ist schon von denjenigen pflanzlichen Parasiten die Eede gewesen, welche als Krankheitsursache wirksam sein können; in Nachstehendem wird mehr die Naturgeschichte der thierischen Parasiten (Helminthes) im Allgemeinen abgehandelt werden, welche in und an unseren Hausthieren leben.
sect;. 537. Die temporären oder Pseudo-Parasiten halten sich nur gelegentlich, meistens zum Zwecke der Nahrungsauf-
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nähme an oder auf arideren Thieren auf, scheinen jedoch ohne diese existiren zu können. (Fliege, Musea; Stechfliege, Co-nops; Mücke, Culex; Colum baeze r-Mücke, Simulia maculata; Zecke, Ixodes: Viehbremse, Tabanus; Laus­fliege, Hippobosca); diese zeichnen sich durch sehr vollkommne Locomotious-AppaTate (Flügel, Beine) aus.
Die eigentlichen oder wahren Schmarotzer sind dagegen ent­weder für ihre ganze Lebenszeit (stationäre Parasiten) (Floh, Pulex; Laus, Pediculus; Haarsackmilbe, Acarus s. Be­rn odexfolliculor um: Thier]aus,Haematopinus; Räude­milbe, Sarkoptes, Dermatodectes s. Dermatokoptes, Symbiotes s. Dermatophagns; Trichina; Blasen- und Band - Würmer, Cestoidea) oder nur während bestimm­ter Entwickeluugs-Peiioden (periodische Parasiten) auf unsere Hausthiere angewiesen (Oestrus, Gastrus, Distoma). Die ge-schlechtsreifen Oestrus-Fliegen halten sich nur zum Zwecke des Eierlegens ganz kurze Zeit an den Hausthieren auf, in denen sich ihre Embryonjü zu Larven entwickeln. Wie und wo die Distomen ihre erste Entwickelungs-Perioden durchmachen, ob in der fi-eien Natur, in Weich thieren etc. ist noch nicht festgestellt. Der Parasitismus der Cestoden ist eigentlich auch kein absoluter oder permanenter, denn die Eier halten sich immer eine kürzere oder längere Zeit in der freien Natur auf; es scheint dies für die Entwickelung des Embryo nöthig, wenigstens nützlich zu sein, da ganz frisch abgegangene Bandwurmeier viel weniger zur Ent­wickelung bis zur Blasenwurmstufe geeignet sind, als solche, die einige Wochen in der freien Natur lagerten,
sect;. .quot; 38. Gewohnter Weise unterscheidet man noch solche Parasiten, welche auf oder an der äusseren ümfläche ihrer Wohn-thiere zu leben pflegen (Epizoen s. Ectoparasiten) und solche, die sich innerhalb anderer Thiero aufhalten (Entozoen s. Entoparasiten); jedoch ist eine bestimmte Grenze zwischen der inneren und äusseren Fläche der Wohnthiere eigentlich nicht zu ziehen. In dieser Hinsicht gilt besonders die äussere Haut als äussere Fläche: doch leben einerseits manche Parasiten, die zu den Epizoen gerechnet werden, theils in der Haut theils im Unterhautbindegewebe (Oestrus ho vis), andererseits sind die Flächen der Schleimhäute streng genommen auch äussere Flächen der thierischen Körper und doch werden die in den von Schleim-
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häuten ausgekleideten, mit der Aussenwelt in Verbindung stehen­den Höhlen und Kanäle (Darrakanal, Luftwege) lebenden Parasi­ten zu den Entozoen gezählt. Die auf der äusseren Haut leben­den Parasiten zeichnen sich in Folge des innigen Verkehrs mit der Luft dadurch aus, dass sie fast alle mit Lungen athmen und class sie mit derberen und festeren Fresswerkzeugen versehen sind, weil sie darauf angewiesen sind, härtere Hornsubstanzen (Epidermis, Haare, Federn) zu zernagen, und endlich dadurch, dass sie mit besseren Locomotions- und Haft-Apparaten versehen sind. In letzterer Beziehung findet i. d. ß. ein derartiges Ver-hältniss Statt, dass je mehr die Vollkommenheit der Locomotions-apparate abnimmt, die der Haftapparate zunimmt und umgekehrt. Die derberen Fresswerkzeuge sind den Ectoparasiten nur dann entbehrlich, wenn sie auf Thieren mit einer weichen, schleimigen Haut (z. B. auf Wasserthieren) leben. Die Entoparasiten haben dagegen nur sehr unvollkommene Locomotions- aber desto bessere Haft-Apparate, weil sie einer selbständigen Bewegung weniger be­dürfen und sich nur innerhalb der Wohnthiere festzuhalten brau­chen (Oestr us-Larven).
Die periodisch als Ectozoen und als Entozoen lebenden Pa­rasiten sind daher in den betreffenden Entwickelungsperioden mit anderen Locomotions- und Haftapparaten versehen.
sect;, 539. Der Mundapparat der Entoparasiten richtet sich sehr darnach, wovon die Thiere leben. Wenn sie ihre Nahrung aus den sie umgebenden Flüssigkeiten aufnehmen, so genügt ihnen ein einfacher Saugapparat. Es sind hierzu nicht mal besondere Apparate erforderlich, sondern die ganze äussere Umfläche kann als Aufnahmeorgau für die Ernährungsflüssigkeit dienen. So hat z. B. nur der Kopf des Bandwurmes, welcher als Amme (Scolex) der übrigen Glieder zu betrachten ist, vier Saugnäpfe, aber die sämmtlichen Glieder desselben, welche als Einzelthiere eines Thier-stockes angesehen werden müssen, da sie einen zweifachen Ge­schlechtsapparat besitzen und ein selbstständiges Leben zu führen vermögen, haben keine Saugapparate und in Folge dessen auch keinen Darm; sie nehmen vielmehr das Nahrungsmaterial durch die Poren ihrer Haut und wahrscheinlich nur durch End osmose, d. h. ohne Mitwirkung einer activen Saugkraft auf.
sect;. 540. Die Athmungsorgane der Ectozoen sind im Allgemei­nen vollkommner, als die der der Entozoen; erstere athmen ent-
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weder durch Lungen oder Tracheen, letztere durch die Poren der Haut. Die Krätzmilben machen eine Ausnahme von dieser Ee-gel, indem sie weder Langen noch Tracheen besitzen, und nur durch die Poren ihrer Haut atlunen. Die Gastrus- und Oestms-Larven athmen dagegen durch Tracheen. Um manche im Paren-chym der Organe lebende Parasiten bildet sich durch Bindegewebs-wucherung der Umgebung ein Balg oder eine Kapsel, Cyste, welche den Parasiten das Ernährungsmaterial entweder durch den Mund (Finne) oder durch Imbibition zukommen lässt (Muskeltrichine); die Blasenwürmer (Finnen etc.) haben dagegen noch einen be­sonderen ihnen selbst angehörigen Sack, die Blase, welche noch durch eine Bindegewebskapsel von Seiten der Organe umgeben wird. Im Gehirn (Coenurus) und in den Augen kommt indess die Bildung dieser äusseren Kapsel, wahrscheinlich wegen Man­gels an Bindegewebe nicht zu Stande.
sect;. 541. Die Entstehung der Parasiten wurde früher hinsichts des grössten Theils derselben auf eine sog. Urzeugung, Generatio aequivoca s. originaria, zurück geführt, welche man sich ungefähr so vorstellte, dass aus organische Stoffe ent­haltenden, besonders aus krankhaften thierischen Flüssigkeiten (Se- und Excreten), unter gewissen Umständen lebende, auf einer niedrigen Organisationsstufe stehende Thiere sich entwickeln, welche sich unter ihnen günstigen Umständen vervollkommnen, selbst ge­schlechtsreif und fortpflanzungsfähig werden könnten. Man sah sichzu dieser Annahme besonders dadurch veranlasst, dass man von den mei­sten Parasiten weder die Geschlechtsorgane, noch die Eier, noch die Eltern von denen sie stammten, weder den Ort ihres Aufenthaltes noch die Art ihrer Einwanderung in gewisse, sehr abgeschlossene Kör-pertheile (Gehirn, Augen, Arterien) kannte. Besonders dienten diej eui-gen selbstständigen Thiere sowohl wie Parasiten zur Stütze dieser,Theo-rie, deren geschlechtsreifer Zustand imbekannt war und welche sich an Orten fanden, die eine Einwanderung von aussei! als unmög­lich erscheinen Hessen. Durch die Vervollkommnung des Mikros-kopes und durch stricte Versuche ist man jetzt indess in den Stand gesetzt, von der grösten Mehrzahl der Parasiten nachzu­weisen, dass sie aus Keimen (Eiern oder Sprösslingen) hervorge­gangen sind, dass sie stets von aussen in die Wohnthiere gelan­gen und von geschlechtlichen Eltern abstammen, so dass man zur Aufstellung des Grundsatzes berechtigt ist und es als ein
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Naturgesetz gelten lässt, dass jedes Thier ohne unterschied aus einem Keime oder Ei hervorgegangen sein muss, welches von einem anderen Thiere derselben Art stammt (Omne vivum ex ovo). Dieser Ursprung ist zwar noch nicht von einer jeden Thierspecies faktisch nachgewiesen (Vibrionen), aber die Zahl die­ser vermindert sich mit jedem Tage, so dass man allerdings in Folge der in dieser Beziehung gemachten riesigen Fortschritte der neuesten Zeit die Richtigkeit des obigen Grundsatzes nicht mehr bezweifeln kann (Generatio sexualis).
sect;. 542. Die grösste Mehrzahl der Parasiten erreicht ihre Geschlechtsreife während des parasitären Lebens, wenn sie auch eine oder mehrere Entwickelungsperioden in der freien Natur durchmachen (Distorna). Ein kleiner Theil erreicht seine Ge­schlechtsreife erst in der freien Natur, nachdem er eine oder mehrere Entwickelungsstufen als Parasit durchlebt hat (Oestrus). Die ersteren setzen gewöhnlich ihre befruchteten Eier an ihren Aufenthaltsort ab; nur ausnahmsweise unternehmen sie zu diesem Zwecke besondere Wanderungen innerhalb des Wohnthieres (Strongylus armatus minor et majus). Bis jetzt ist kein einziges Entozoon bekannt, welches seinen ganzen Lebenslauf an einem und demselben Orte seines Wohnthieres durchmacht, sondern die vollständige Entwickelung eines jeden ist mindestens mit einem Wechsel des Organes, i. d. K. mit einem solchen des Wohnthieres (Trichina, Taenia, etc.), nicht selten mit einem zeitweisen Aufenthalte in der freien Natur verbunden (Oestrus, Distoma). Nur bei den Epizoen kommt eine Fortpflanzung durch mehrere Generationen an demselben Wohnthiere vor (Räudemil­ben, Läuse etc).
sect;. 543. Gewöhnlich gelangen die Eier mit den Dejectio-nen des Wohnthieres (Koth) in die Aussenwelt und deswegen hängt ihre fernere Entwickelung von den verschiedenartigsten Zufälligkeiten ab. Die Eier fast aller Parasiten bedürfen hierzu eines gewissen Grades von Feuchtigkeit und Wärme; jedoch ver­tragen sie nicht selten ein monatelanges Austrocknen (d. h. Luft­trockenwerden), selbst Gefrieren (Ascaris megaloeephala und lumbrieoides). Der Entwickelung raaneher Parasiteneier scheint ein gewisser Grad von Fäulniss ihrer Hülle günstig zu sein, denn längere Zeit in der Aussenwelt befindlich gewesene Bandwurmeier erreichen sicherer ihre Entwickelung zur Blasenwurmstufe, wenn
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sie in geeignete Wohntbiere gelangen, als so eben entleerte
Eier.
sect;. 544. Während ihres Aufenthaltes in der freien Natur fin­det in den Eiern eine weitere Eatwickelxmg des Embryo ohne Nahrungsaufnahme Statt, so dass dieser oft erst nach Wochen oder Monaten die grösste Reife erlangt. In diesem Zustande sind die Embryonen den Eltern meist so unähnlich, dass deren formen nicht wiedererkannt werden (Hetero'morphie); nur die Nematoden verrathen schon als Embryonen ihre Abstammung. Die hetero-morphen Embryonen sind mit anderen Organen ausgerüstet, wie ihre Eltern, wodurch sie in den Stand gesetzt sind, unter ganz anderen Verhältnissen zu leben und sich zu entwickeln, nachdem sie ihre Eischale gesprengt haben.
sect;. 545. Andere Embryonen halten sich während ihrer gan­zen Existenz in der freien Natur in den Eiern auf, indem diese mit einer so dicken Schale versehen sind, dass die Embryonen nicht nur den äusseren Einflüssen gut widerstehen, sondern auch nicht ausschlüpfen können. Um Letzteres zu ermöglichen müssen die Eier erst wieder in den Magen und Darmkanal eines anderen Wohnthieres gelangen, damit ihre Hüllen verdaut und die in ihnen etwa enthaltenen Kalksalze gelöst werden und der Embryo aas­schlüpfen könne. Da diese Lösung und Verdauung der Eihüllen nur unter dem EinHusse des sauren Magensaftes geschieht, so findet auch eine Verdauung der Hüllen der aus den Lebergallen­gängen in den Darm gelangten oder in diesen selbst abgelagerten Eier nicht Statt, weil der Darminhalt hinter der Einmündung des Lebergallenganges alkalisch reagirt. Eine Selbstinfection durch eierlegende Leber - und Darm - Parasiten ist aus diesem Grunde nur dann allenfalls möglich, wenn die Eier durch eine antiperistal-tische Bewegung des Darmkanals (Erbrechen) direct, oder vom After durch das Maul (z. ß. durch Belecken des eigenen Afters) wieder in den Magen zurückgelangen.
Anm.: Ob die bei den verschiedenen Formen der Gastricismen durch chemische Decomposition der Contenta sich bildenden Säuren, besonders die Essigsäure, die Eihüllen zu lösen im Stande sind, ist noch nicht sicher ermittelt. Bejahenden Falls würde die alte Ansicht, dass Verdauungsstörungen die Fortpflanzung der Parasiten im Darmkanale begünstigen, be­gründet sein.
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sect;. 546. Die Einwanderung der Eier oder Embryonen ge­schieht in der Regel in rein passiver AVeise und zwar mit der Aufnahme der Nahrungsmittel und Getränke durch die Wohnthiere. Nur die befruchteten reifen Bandwurmglieder (Proglottiden) machen, nachdem sie den Darmkanal verlassen, mit ihren Eiern eine active Bewegung, vermöge welcher sie in den Stand gesetzt sind, die Kothmassen, mit denen sie entleert worden, zu verlas­sen und au Halmen etc. empor zu kriechen, mit denen sie dann von anderen, i. d. R. wiederkäuenden Thieren, auch Omnivoren (Schweinen), gefressen werden köunen, in denen sie die erste (d. i. die Blasenwurm-) Metamorphose durchmachen.
Andere Embryonen schlüpfen in der freien Natur aus ihren Eiern und führen eine Zeit lang, meistens im Wasser und wahr­scheinlich auch ohne Nahrungsaufnahme, ein selbsständiges Leben in der freien Natur. Diese suchen sich in der Regel activ, d. h. instinktmässig, ihre Wohnthiere auf, können aber auch zufällig von diesen mit dem Wasser genossen werden.
sect;. 547. Wenn auch die Möglichkeit nicht geläugnet werden kann, dass der Magen und Darmkanal eines geeigneten WohntMe-res, nachdem der Embryo aas dem in sie gelangten Eie ausge­schlüpft ist, dem Embryo bis zur Geschlechtsreife zum ferneren Aufenthalte und als Entwickelungsstätte dienen könnte, so scheint dieses doch niemals Statt zu finden. Leuckhart's mit Spnl-wurmeiern angestellte Versuche ergaben wenigstens immer ein negatives Resultat. Regel ist dagegen, dass sowohl die auf ac­tive, wie auf passive Weise in den Magen oder Darmkanal ge­langten Embryonen daselbst nicht ihre bleibende Wohnstätte fin­den, sondern dass sie erst eine Wanderung nach anderen Organen oder in die Aussenwelt antreten. Die erstere Wanderung geschieht, während die Embryonen noch sehr klein sind and zwar entweder durch Bohrapparate (Pentastomen, Akanthocephalen, Ce-stoden), oder durch eine schlängelnde Bewegung (Trichinen). Die Wanderung kann auf dreierlei Wegen geschehen: entweder gerathen die Embryonen in arterielle Blutgefässe und werden durch den Blutstrom in die geschütztesten und extremsten Theile des Körpers transportirt (Eilaria lacrimalis, Coenurus cere­bral is), oder sie wandern im Verlaufe der Bindegewebszüge, oder endlich sie dringen gradeawegs durch die Parenchyme der Organe, gleich ob sie von der inneren (Schleimhäute) oder von
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äusseren Oberfläche her eingewandert sind. Auf dieser Wande­rung erreichen sie eine Ruhestätte, an welcher sie, wenn sie ein für die Embryonen geeigneter Aufenthaltsort ist, wachsen und sich zur weiteren Metamorphose -vorbereiten. Alle Embryonen, welche nicht in ein für sie geeignetes Wohnthier, Organ oder Ge­webe gelangen, sind unfehlbar dem Untergange verfallen.
sect;. 548. Während dieses Ruhezustandes legen die hetero-morphen Parasiten die Organe, deren sie zur Existenz in der freien Natur und zur Wanderung bedurften (Schwimm- und Bohr-Apparate, Elimmerhaare, Fasse, Augen etc.) ab und bleiben nur eine kürzere oder längere Zeit, selbst Jahre hindurch (Trichinen) in den sich um sie bildenden Gehäusen (Bindegewebskapsel) rnhig liegen, oder sie vollführen einige peristaltische Bewegungen (Coenurus). Durch diese, wie durch Druck wird das umge-gebendo Gewebe zum Schwinden gebracht. Die Blasenwürmer der Taenia marginata und serrata gelangen sogar auf diese Weise aus der Leber in den freien Raum der Bauchhöhle, wo sie sich wieder einkapseln.
sect;. 549. Während dieser zweiten Entwickelungsstufe (die erste ist der Embryonalzustand vor der Einwanderung) erreichen die bekannten Parasiten niemals ihre vollständige Reife, die sich durch zeugungsfähige Geschlechtsapparate kennzeichnet, sondern hierzu bedarf es einer nochmaligen radicaleif Veränderung ihrer Lebensverhältnisse und zwar i. d. R. der Einwanderung in ein anderes Wohnthier, wenigstens in ein anderes Organ. Wird den Parasiten zu diesem AYechsel keine Gelegenheit geboten, so blei­ben sie auf dieser unvollkommenen Entwickelungsstufe stehen und gehen schliesslich durch Verkalkung, oder durch Mumifikation oder fettige Degeneration zu Grunde und können im letzteren Falle sogar resorbirt werden. Manche (Coenurus, Trichina) tragen in so fern indirect zur Herbeiführung des Wechsels ihres Aufenthaltes bei, als sie häufig ihr Wohnthier tödten und nun mit die­sen von Fleischfressern verzehrt werden, welche für die Parasiten den geeigneten Boden für ihre weitere Entwickelung bieten (der Wolf greift aus einer Schafheerde am leichtesten ein Drehkrankes heraus).
sect;. 550. Zuweilen findet indess nicht ein directer Uebergang von einer Metamorphose zur anderen Statt, sondern die vollstän-
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dige Entwickelang geshieht erst in den Nachkommen in Folge eines sogemumteu Generationswechsels.
Am auffallendsten ist diese Erscheinung unstreitig bei den Distomeen und den verwandten Trematoden, deren wandernde Embryonen sich nach der üebersiedelung in Weichthiere (Mollus­ken) durch endogene Brutbildung in belebte Keimschläuche, d. h. in ruhende Schmarotzer verwandeln, die nach Art der soge­nannten Ammen auf ungeschlechtliche Weise eine Nachkommen­schaft hervorbringen. Im Inneren derselben entsteht eine grössere oder geringere Menge von Keimkörperehen, die sich aber nicht etwa wieder zu Embryonen, auch i. d. R. nicht zu neuen Keim­schläuchen, sondern graden Wegs zu kleinen und einstweilen noch geschlechtslosen Distomeen entwickeln. Die vollständige Ausbil­dung dieser Distomeen erfolgt, soviel wir wissen, niemals an der ursprünglichen Bildungsstätte, sondern immer erst nach der üe-bertragung in den Körper eines anderen passenden Wirthes, wie das für die Eutozoen der zweiten Entwickelungsstufe Regel ist.
Bei den letzteren geschieht diese Üebersiedelung dadurch, dass der ursprüngliche Träger bald ganz, bald theilweise von anderen gewöhnlich stärkereu und grösseren Thieren verzehrt wird, also mittelst einer passiven Wanderung. Für eine Anzahl von Distomeen gilt, wie es scheint, dieselbe Art der Uebertragung, aber die grössere Menge der Distomenarten verhält sich doch in so fern anders, als bei ihnen eine nochmalige active Wanderung der Uebertragung vorhergeht (sogenannte inter currirend er Schwärm zustand).
Die Distomeen, welche sich in ihren Ammen resp. Keim-schläucheu entwickeln, sind in dem letzten Falle mit einem eige­nen schwanzartigen Bewegungsorgane, mitunter auch noch am Mundende mit einem Bohrstachel versehen, so dass man sie früher (unter dem Namen Cercarieu) als besondere Thierarten betrach­ten konnte. In der Form derartiger Cercarien brechen nun diese jungen Distomeen aus ihren Brutschläuchen und deren Wirthen hervor, um eine Zeit lang frei im Wasser umherzuschwim­men und nach Art der schwärmenden Embryonen einen neuen Wirth zu suchen. Bald sind es wiederum Mollusken, in welche die Cercarien sich einnisten, bald auch Insekten und Krebse, deren äussere Bedeckungen sie durchsetzen. (Leuckhart).
Nach dieser Einwanderung legt die Cercarie Bohrstachel
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und Schwanz ab und kapselt sich ein. In diesem Zustande ver­hält sie sich wie ein Entozocn auf der zweiten Entwickelungs-stufe und harrt der üebertragung in einen neuen Wirth, in wel­chem sie erst zur Geschlechtsreife gelangt.
sect;. 551. Die verschiedenartigen Metamorphosen und Ge­nerationswechsel sind nicht etwa als Büdungshemmungen, verari-lasst durch Wanderung in einen ungeeigneten Wirth oder Ort, anzusehen, sondern sie stellen eine nothwendige, von der Natur vorgeschriebene Entwickelungsstufe dar, welche die Thiere durch­machen müssen, um das Stadium der vollständigen Entwickelung resp. der Geschlechtsreife zu erreichen. Die in der That ver­irrten, d. h. an eine für ihre naturgemässe Entwickelung unge­eigneten Wirth oder Ort gelangten Parasiten-Embryonen unterlie­gen einer bleibenden Bilduugshemmung und dem Untergange; sie fallen z. ß. nicht, wie Siebold von den aus Bandwurmeiern hervorgegangenen Blasenwürmern glaubte, einer wassersüchtigen Degeneration anheitn. Noch weniger sind jene Entwickelungs-stufen als Missbildungen zu betrachten, welche durch Versetzung an einen geeigneten Ort noch wieder rectificirt werden könnten.
sect;. 552. Der üebergang in das dritte und letzte Stadium der Entwickelung geschieht nun bei allen Entozoen wiederum durch eine .i d. R. passive Wanderung in einen anderen Wirth, welcher sie in ihrem eingekapselten Zustande mit ihrem bisheri­gen AVirthe oder mit Theilen desselben verzehrt. Da der letzte Wirth grosser als der erste zu sein pflegt, so haben auch die grösseren Thiere, d. h. die Wirbelthiere (Vertebraten), die meiste Gelegenheit, die verschiedenartigsten Schmarotzer mit der Nahrung aufzunehmen und in ihrem Innern zu beherbergen und unter diesen wieder die Omnivoren (Mensch und Schwein) wieder mehr, als die reinen Carnivonen und Herbivoren.
sect;. 553. Diese fernere Entwickelung der Entozoen geschieht, wie gesagt, nur, wenn sie in das für sie geeignete Wohnthier, Organ oder Gewebe gelangen. Der Theil der Parasitenkeime, welcher auderswo hingeräth, geht unfehlbar zu Grunde. Weil sie auf diesen doppelten und dreifachen Wanderungen, von einem Wirth zum anderen, die, weil sie meist passiv geschehen, den grössten Zufälligkeiten unterworfen sind, der Gefahr des Verfeh-lens ihres Zieles ausgesetzt sind, so hat die Natur durch eine enorme Fruchtbarkeit für die Erhaltung der Gattung gesorgt, oder
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366nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;Neubildungen.
— wie man will — hat die Natur durch jene Schwierigkeiten einer übermässigen Vermehrung der Parasiten vorgebengt, oder verhütet, dass durch Vernichtung der Gattung ihrerWohnthiere ihrer eigenen Fortpflanzung ein Ziel gesetzt werde.
sect;. 554. Nach der üebertragung in den neuen (letzten) Wirth wird ihre Kapsel, wie früher die Eihaut der Embryonen, verdaut, während der Parasit selbst, i. d. R. durch eine dicke Oberhaut gegen die Einwirkung des Magensaftes geschützt ist. Bei manchen Parasiten sind nur gewisse Theile (z. B. die Schwanz­blase der Finnen) zum Verdautwerden bestimmt und überhaupt auch wegen ihrer geringen Mächtigkeit und dünnen Oberhaut dazu geeignet. Darnach gelangen die Parasiten aus dem Magen in den Darm oder in dessen Anhänge (Lebergallengänge), wo sie zur Geschlechtsreife kommen.
Wenn die Verdauungskraft dos Wirthes nicht hinreicht, die Kapsel aufzulösen oder zu stark ist, so dass der Parasit selbst verdaut wird, so ist jenes Thier eben nicht zum Wirth für die Entwickelung des betreffenden Parasiten geeignet, mag dieses in seinem Genus oder in seiner Individualität begründet sein. Uebrigens ist es nicht für jedes Entozoon eine nothwendige Be­dingung, dass es behufs Erlangung seiner Geschlechtsreife den Magen und Darmkanal seines Wirthes passiren müsse. In den Pentastomen erwacht z. B., nachdem sie sich auf ihrer zweiten Entwickelungsstufe im Parechym der Organe (z. B., Leber der der Schafe als Pentastoma dentieul at um) eingekapselt haben, plötzlich ein Wandertrieb, sie durchbohren mit dem ihnen während des Ruhezustandes gewachsenenBohrapparateihre Kapsel u. wandern nun activ in die Bauchhöhle, wo sie längere Zeit im freien Zustande verharren, bis ihre Wohnthiere gelegentlich von einem fleischfres­senden Thierc (Hund, Wolf) zerrissen werden. Bei dieser Gele­genheit kriechen sie diesen Thieren entweder direct durch die Nase oder vom Zwölffingerdarm durch das Zwerchfell, die Lungen, Luftröhre, Eachenhöhle bis in die Kopfhöhlen, um sich hier nach einer zweifachen Wanderung zur Geschlechtsreife (Pentastoma taeniodes) zu entwickeln.
sect;. 555. Die periodischen Schmarotzer (Oestrus, Gastrus) legen in ihrem geschlechtsreifen freien Zustande ihre Eier an die Aussenfläche (Haare resp. Nasenrand) der zukünftigen Wohnthiere. Die Embryonen sprengen nach einigem Aufenthalt daselbst den
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Neubildungen.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 367
Deckel ihrer Kapsel und gelangen von da in den Magen und Darm (G. equi) oder in die Kopfhöhleu (0. ovis) und zwar entweder auf activem (durch Wanderung) oder auf passivem Wege (durch Auflecken). In diesen Höhlen machen sie ihre zweite Entwicke-lungsperiode (quasi Puppenzustand) als Larven durch und gelan­gen, nachdem sie einen gewissen Entwickelungsgrad erlangt (0. ovis mehr activ, G. equi mehr passiv) mit den Dejectiouen an die Aussenwelt und werden in der freien Natur durch ihre letzte Metamorphose zu fliegenden, geschlechtsroifen, eierlegeuden In-secten.
Die Dassellliego (0. bovis) legt dagegen ihre Eier vermit­telst eines langen Legestachels direct unter die Haut des Rind­viehs, und in dem Unterhautbiudegewebe reifen die Embryonen bis zum Larvenzustaude heran, brechen schliesslich theils in Folge ihres Wachsthums, theils durch schlängelnde Eigenbewegung aus der Haut durch die erweiterte Bohröffmmg wieder hervor, um im Freien durch die letzte Metamorphose ihre Geschlechtsreife als Dasselfliegen zu erlangen. Also weder 0. bovis noch 0. ovis, sondern nur G. equi passirt Magen und Darm seines Wohnthieres.
sect;. 556. Als allgemeine Regel für das Leben der stationären Parasiten gilt ferner der Satz, dass kein Entozoon in einem und demselben Wirthe seine ganze Entvv ickelnngsgeschichte durchmacht, sondern mindestens zweier, auch wohl mehrerer Thiere hierzu be­darf, welche in seltenen Fällen nur individuell verschieden sind (z. B. die Trichine kann von Schwein auf Schwein übertragen werden), gewöhnlich aber mindestens einem anderen Genus, nicht selten einer ganz anderen Klasse oder Ordnung angehören.
sect;, 557. So lebt z. B. Taenia crassicollis im Darm der Katze, während der Jugendzustand dieses Bandwurms (früher Cysticercus fasciolaris gen.) in der Leber der Mäuse sich entwickelt. Taenia marginata im Darme der Hunde und Wölfe bewohnt als Blasenwurm (Cysticercus tenuicollis) das Bauchfell, Gekröse und Netz des Rindes, Schafes, der Ziege und des Schweines; die Taenia solium im Dünndarm des Menschen das Zellgewebe der Muskeln der Schweine (Cysticer­cus cellulosae s. Hydatis finna); Taenia Coenurus des Hundes das Gehirn und Rückenmark der Schafe (Coenurus cerebralis); Taenia brachieeps des Fuchses existirt als
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368nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; Neubildungen.
Blasenwurm ia den Feldmäusen (Cysticercus longicollis); Taenia serräta des Hundes als Blasenwurm (Cyticercus pisiformis) in den Kaninchen; die drei- bis viergliederige Taenia Ecchinococcus im Darm des Hundes als Ecchino-coccus veterinorum in den Wiederkäuern; Taenia medio-canellata des Menschen und Hundes als hakenkranzloser Cysti­cercus mediocanellatus im Kalbe; Pentastoma taenioides des Hundes als Pentastoma denticulatum in der Bauchhöhle der Kaninchen, Schafe und Ziegen.
sect;, 557. Im Allgemeinen finden sich die Jugendzustände der Parasiten in denjenigen Thieren, welche von den Wohnthieren der geschlechtsreii'en Parasiten verzehrt werden (Maus-Katze, Schaf-Hund und Wolf, Fisch-Ente etc.); doch nicht allein aus dem te-leologischen Grunde, dass die Parasiten auf diese quot;Weise eine passende Gelegenheit zur Fortpflanzung finden sollen, sondern auch aus dem physiologischen Grunde, dass dasjenige Thier, wel­ches einem anderen zur Nahrung dient, wahrscheinlich mit letz­terem ähnliche Nutritionsverhältnisse besitzt, so dass der Parasit in beiden die Bedingungen seiner Existenz findet. Aus diesem Grunde sind die Raubthiere aller Elemente und Ordnungen des Thierreiches am meisten von geschlechtsreifen Parasiten heimge­sucht, die Herbivoren viel weniger, weil sie nur gelegentlich und mehr zufällig mit ihrer Nahrung die Keime der Parasiten aufnehmen. Von manchen Parasiten sind noch nicht alle Entwickelungsstufen, deren Wohnthiere oder Zustand in der freien Natur bekannt, üeber die Entwickelung mancher bestehen bis jetzt nur Vermu-thungen (Distoma hepaticum). Strongylus contortus im Labmagen der Schafe ist z. B. wahrscheinlich die geschlechtslose Entwickelungsstufe des Str. filaria in den Lungen und mög­licher Weise geht diese Metamorphose ohne Wechsel des Wohn-thieres vor sich (Gerlach).
Aetiologie der Parasiten-Krankheiten.
sect;. 558. Die frühere Hypothese, dass eine sog. Diathesis verminosa zur Erzeugung von Helminthen führen können, ist, wie bereits gesagt, als obsolet zu betrachten. Aber auch die An­sicht steht noch ganz unerwiesen da, dass gewisse Krankheitszu-stände die Entwickelung der Helmintheneier und Embryonen be­günstigen könnten (cf. Anm. ad. sect;. 545). Wo eine Uebertraguug dieser Eier oder Embryonen auf solche Orte der Wohnthiere statt-
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Parasiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;369
findet, welche gewöhnlich die günstigen Bedingungen für ihre weitere Entwickelung in sich tragen, da scheint diese, wie Ver­suche lehren, auch immer Statt zu finden. Sicher ist, dass Krank-heitszustände des Wirthes diese Entwickelung hemmen können. (Dasselbeulen findet man niemals an chronisch kranken Thieren, wahrscheinlich weil die harte Haut dann für den Legestachel weniger leicht durchdringlich ist) Es steht ferner fest, dass Con­stitution, Alter, Lebensweise etc. des Wehnthieres auf das Ge­deihen der Helminthenbrut von Einfluss sind, dass diese,in man­chen Individuen, die sonst zu den geeigneten Wohnthieren gehö­ren, nicht selten ganz zu Grunde geht. Es lässt sich daraus schliessen, dass die Embryonen die zu ihrer Existenz und Entwickelung notwen­digen Bedingungen nicht gefunden haben. Hierher gehören beson­ders Erschwernisse ihrer Wanderungen (Coenurus bei alten Schafen eine Seltenheit), abweichende Nutritionsverhältnisse des Wirthes und .endlich auch mangelhafte Ausbildung der Eier selbst. Ob Krankheiten dem Aufkommen der Parasiten günstig sein können, ist sehr unwahrscheinlich, höchstens kann man die Möglichkeit zugeben, dass die Darmparasiten bei Thieren mit schwacher Ver­dauung leichter gedeihen. In der Regel aber ist der aetiologi-sche Zusammenhang zwischen den Parasiten und Krankheitszu-ständen des Wirthes ein solcher, dass jene lediglich als ursäch­liche Momente der Erkrankung augesehen werden müssen. Das Gedeihen der Parasitenbrut berechtigt wenigstens an sich nicht zu der Voraussetzung einer Kränklichkeit des Wirthes oder einer besonderen Diathese desselben.
sect;. 559. Die Parasiten wirken nachtheilig 1) dadurch, dass sie ihren Wirthen Nahrungsstoffe oder Körpennaterial entziehen, indem sie mit ihren Nachkommen auf Kosten derselben wachsen; am nachtheiligsten sind die blutsaugenden Parasiten (Anchylo-stomum duodenale im Zwölffingerdarme d. M. in Egipten.); 2) dadurch, dass sie durch Raumbeengung auf ihre Umgebung drü­cken (Coenurus) oder Kanäle verstopfen (Dist. hep., Ecchi-nococcu's in der Leber, Strongylus Gigas im Nierenbecken, Str. filaria, paradoxus und micrurus in den Luftwegen, Ascaris und Taenia im Darmkanal); 3) dadurch, dass sie durch ihre Bewegung und Wanderung Schmerz, reflektorische Krämpfe, Katarrhe, selbst Entzündungen und Gewebszerstörungeu erzeugen. Massenhaft aus dem Darmkanale auswandernde Band-
Külme. allg, Velorin. Pathnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;04
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370
Parasiten.
wurm- und Trichinen-Embryonen erzeugen Darmkatarrli, Peri­tonitis, Muskelentzündung, Filaria lacrimalis eine innereAugeu-entzündung mit Erblindung, Oestrus ovis den sog. Bremsen­schwindel etc. Ausnahmsweise durchbohrtauch wohl ein Spul­wurm oder eine Gastruslarve die Darm- oder Magen-Wan dung und erzeugt locale oder allgemeine Peritonitis. Auch sind einzelne Fälle constatirt, dass die sonst fast unschädliche Magenbrerase ein grösseres Blutgefäss anbohrt und Magenblutung, sogar eine Verblutung, veranlasst. Die Krätzmilben erzeugeu Pusteln und ein heftiges Juckgefühl in der Haut, in grossen Massen selbst eine mangelhafte Ernährung und Cachexie (Eotz?).
Therapie der Parasiten-Krankheiten.
sect;. 560. Hauptindication ist immer die Entfernung oder Töd-tung der Parasiten, welche je nach x\rt und Sitz derselben ver­schiedenen Schwierigkeiten unterliegt. Am leichtesten mechanisch zu entfernen resp durch geeignete Mittel zu tödten, sind natür­lich die Ectoparasiten (Bals. peruv. und Styrax gegen Eäudemil-ben, Queksilber gegen Läuse) Nächst diesen sind im Allgemeinen die Darmpärasiten am leichtesten zu entfernen und zwar durch die zahlreichen eigentlichen wurmwidrigen Mittel (Anthe 1min-tica). DL'se wirken entweder direct auf die Parasiten spezifisch lähmend, betäubend oder tödtend, oder nur so unangenehm, dass diese zur freiwilligen Auswanderung veranlasst werden, oder sie wirken mittelbar, d. h. auf die Darmwandungen eine vermehrte Peristaltik und Sekretion hervorrufend (Purgantia, Drastica), durch welche die Parasiten mechanisch hinweggeschwemmt wer­den. Diese Art der Entfernung ist natürlich um so schwieriger, mit je besseren Haftapparaten die Enthelminthen versehen sind. Die Larve des G. equi ist z. B. gar nicht durch Medicamente aus dem Magen zu entfernen. Der Band- und Spulwurm weicht rein mechanischen Mitteln (zerstossenes Glas) ziemlich sicher.
sect;. 561. In den übrigen Secretions-Organen (Leber, Nieren) könnte nur eine Anregung der Absonderung die Entozoen zur passiven Entfernung oder activen Auswanderung veranlassen; der Erfolg ist jedoch i. d R. problematisch. Gegen die Paren-chymwürmer ist gewöhnlich nur auf operativem Wege einzuschrei­ten, z. B gegen den Coenurus und Oestrus ovis durch Tre-
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Parasiten.nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 371
panation. Mittel von spezifischer Wirkung sind gegen diese Para­siten nicht bekannt.
sect;. 562, Am wichtigsten, weil am erfolgreichsten, ist natür­lich die Vorbauung (Prophylaxis), welche indess eine voll-kommne Kenntniss der Naturgeschichte der Entozoen voraussetzt (Drehkrankheit^), Wo unsere Kenntnisse und Erfahrungen nichL ausreichen, wird man durch Analogie und Induction auf die ge­eigneten Vorbauungsmittel verwiesen (Verhüten, Leberogelseuche). Im Allgemeinen gilt für die Ectozoen Reinlichkeit der Haut, (Striegeln, Putzen, reines Lager), für die Entozoen ein nach den bekannten Erfahrungs-Grundsätzen geregeltes diätetisches Verhalten als das beste Vorbauungsmittel.
sect;. 563. Die pflanzlichen Parasiten, Phytoparasi-tes, welche auf (Epiphyten) und in (Entophyten) unseren Hausthieren vorkommen, gehören alle zu den Kryptogamen und zwar zu der Klasse der Algen oder der Pilze. Sie bestehen aus Keimzellen und Fäden (Ptallus, Stroma). Die Epiphyten befinden sich auf gesunder und kranker Haut zwischen und unter den Epidermiszellen, seltener in den Haarbälgen. Scbweiss- und Talg-Drüsen. Die Entophyten kommen dagegen hauptsächlich auf den Schleimhäuten mit mehrfachen Epithellagen vor und zwar zwischen und unter den Epithelien der Luftwege und des ganzen Verdauungstractns.
Die Pilzspore keimt entweder, sobald sie sich auf die äussere Haut oder Schleimhaut gelagert hat, an Ort und Stelle, oder sie dringt zuvor in die Tiefe unter die häutigen Decken oder in die Kürperhohlen ein. Wenn nicht die Sporen selbst so tief eindrin­gen, so thun es doch die Filamente des Mycelium, welche mit grosser Schnelligkeit in die Tiefe dringen und kleinere Thiere (Seidenraupen, Fische, Fliegen) in wenigen Tagen tödten (Mus-cardine). Die Sporen dringen theils in Folge ihrer spezifischen Schwere, durch welche die unter ihnen liegenden Theile zur Re­sorption resp. zum Schwinden gebracht werden, hauptsächlich aber in Folge ihrer Keimkraft durch die Gewebe hindurch in die Tiefe bis in die innersten Körperhöhlen. Natürlich ist ihr Vor­dringen in mit der Aussenwelt in Verbindung stehende präfor-mirte Höhlen (z. B. Haarsäckchen) bedeutend leichter (Herpes decalvans).
sect;. 564. Sie entstellen, oder vielmehr ihre in der Natur sehr
•24'
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372
Parasiteu.
verbreiteten Keime vermehren sich entweder in Folge von Krank­heiten als Pseudoparasiten (z. B. in cariösen Zähnen, im Zungen­belag, in abnormen Gährungsproducten des Mageninhaltes als Sarcina ventriculi), oder sie erzeugen Krankheiten, z. B. Trichophyton tonsurans die Flechte mit Ausfallen der Haare und der Soorpilz (Oidium albicans) die Aphthen-Krankheit. Alle pflanzlichen Parasiteu erzeugen m. o. w. Reizung, Juck-gefiihl, Hyperämie, Entzündung, Exsudation etc.; ferner geben sie, namentlich die Gährungspilze, zu weiteren chemischen Umsetzun­gen, Reizungen, Verdauungsstörungen, Aufstossen, Leibschmerzen, selbst irradiirten Muskelkrämpfen Veranlassung. Bedeutende Pilz­lager können zu Entzündungen, ülcerationen (Diphtheritis) und Anschwellungen der Lymphgefässe führen, (cf. Contagien und Miasmen. sect;. 16G).
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Register.
sect;sect;•
Abdominaltyphus......... 454
Abhärtung........... 106
Ableitung............ 250
Abmagerung........... 234
Abnormitäten des Urins..... 368
Abschuppung ........41, 485
Absonderung, Stadium der . . . 41 Abstossung des brandigen Thei-
les............41, 212
abundante Transsudate ..... 266
Abzehrung............ 474
Acarus .............. 537
Acelimatisatio ......46, 86, 124
Acholia.............. 350
Acne.............491
Acrimonia ............ 320
Action .............6, 195
Acuität.............. 213
aeut................ 44
Adenitis fibrosa .... 443, 462, 464
Adenoma............. 490
Aderfistel............. 276
Adipocire.......... 138, 204
adynamisehe Fieber....... 317
Aecidium............. 143
Aetiologie ............ 61
— der Parasiten-Krankheiten . 558
Aetzung.............. 199
Affluxus ............. 239
Aftergebilde ........... 394
Agens, inficirendos ....... 169
Agglutinatio..........411
Agonia...........59, 304
Akanthoeephalen......... 547
Akinesis........294, 295, 299
Albumin .......... 264, 381
Albuminoide.........139
Albuminuria........ 367, 380
Algen............... 563
Alionatio...........10, 213
Allgemeine Krankheiten..... 12
Allgemeimvcrden der Kkhtn. . . 13 Alkalische Gährung des Harns . 369
Altersanlage........... . 67
Amaurosis............ 233
Amoniak, kohlens......... 369
Ammoniak-Magnesia, phosphors. 369 amöbenartige Bewegung . . 292, 535
sect;sect;•
Amyloid ............ 231
amyloide Metamorphose..... 231
Amyloid-Körper......... 333
Amylum ....... 135, 231, 234
Anaemia .......... 74, 235
—nbsp; Contractions-......... 311
—nbsp; locale ............ 250
—nbsp; lymphatica.......... 459
Anaesthesien........... 390
Anasarca.......... 266, 459
Anastomosin, Haemorrhagia per . 258
Anchylostomum......... 559
Aneurysma . . . 216, 281, 511, 516
—nbsp; dissecans........... 259
Anfall .............. 42
Angioma............. 511
anhaltende Kkht......... 42
Animismus............ 5
Anlage .............. 61
—nbsp; angeerbte........... 65
—nbsp; angeborene.......... 65
—nbsp; erworbene........... 65
Ansteckung......... 181, 182
Antagonismus .......... 16
antagonistische Thätigkeit .... 17
Anthelmintica .......... 560
Anthrakosis ........... 230
Anthrax ............. 457
Antozon ............. 117
Anomalien der Bildung..... 189
—nbsp; der Ernähnmg........ 189
—nbsp; der Verrichtung ....... 189
Anurie ........ 377, 378, 381
Aorta, Puls der......... 300
Apepsia........... 339, 340
Aphthen ............. 564
apoplectische Lähmung..... 295
Apoplexia....... 248, 283, 392
—nbsp; nbsp;hämorrhagica......... 259
Appetitmangel .......... 340
Appositio....... 200, 397, 424
Apyrexia............. 42
aquirirt.............. 65
Arbeitsvieh............ 153
Archaeus............. 5
arhytmisch............ 43
Arthritis ............. 374
—nbsp; chronica............ 422
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374
Register.
. Ascarls........... ötö, 559
Ascites .........266, 367, 4.r)9
—nbsp; nbsp;gelutiiiosus........ . 503
Asphyxia............. 60
Asthenia ...... 5, 247, -249, 300
—nbsp; nbsp;spuria ... ......240
—nbsp; nbsp;vera.............. 249
astheiüsche Fieber....... 317
Asthma cordiale........ 218
Atelectasie............ 442
Atheroma........21C, 401, 492
atheromatöse Metamorphose ... 216
—nbsp; nbsp;Prozesse.......217, 281
Athmen der Pflanzen ...... 118
atmosphärische Einflüsse .... 101 atonische Verdauungsschwäche 340, 341 Atria morborum......... 44.i
—nbsp; nbsp;mortis ............ 50
Atrophia...........198
—nbsp; nbsp;ad mnnerum . . . 198, 213, 241
—nbsp; nbsp;ad volumen.......... 198
—nbsp; nbsp;simplex........... 234
—nbsp; nbsp;nekrobiotische ........ 213
atypisch.............. 43
Aufblähung............ 342
Aufrecht............ 035
Aufregung........... 41
—nbsp; nbsp;kritische ........... 35
Aufsfossen ........... 342
Ausbreitung der Kkhtn...... 15
Ausbruch, Stadium dos..... 41
Auscultation der Bauchhöhle . 346
Ausgaben des Körpers...... 126
Ausgänge der Kkhtn....... 45
Ausgleichung der fieberhaften Stö­rung ............. 320
Aussatz.............. 438
Ausscheidungen, heterofopische . 367
—nbsp; nbsp;in fieberhaften Kkhtn..... 321
Ausschwitzung........41, 257
automatisch........... 391
Autonomie...........7, 20
Bandwürmer...........nbsp; nbsp; nbsp;537
Basidien .............nbsp; nbsp; nbsp;143
Bauchspeiche], Anomalien des .nbsp; nbsp; nbsp;335
Bauchwassersucht...... 266,nbsp; 503
Beharrungsfutter.........nbsp; nbsp; nbsp;128
benigne Neubildungen , ...nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;405
Benutzung der llausthiere ....nbsp; nbsp; nbsp;153
Benzoesäure...........nbsp; nbsp; 333
Bernhardt...........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;251
Berzelius.............nbsp; nbsp; nbsp;229
Beulenseuche, sibirische . . . .nbsp; nbsp; nbsp;185
Bewegung...........nbsp; nbsp; nbsp;154
Bewusstlosigkoit...... . .nbsp; nbsp; nbsp;248
Bidder und Schmidt......nbsp; nbsp; 358
sect;sect;.
Bildung.............. n
Bildungskrankheiteu...... . 1
Bildungstrieb ........... 393
liildungszellon....... 402, 404
Bilifiüvin............. 229
ßilif'uscin..... ......355
Bilin ............... 355
Biliprasin............. 355
Bilirubin....... 229, 329, 355
Bilis................ 355
Biliverdin............. 355
Billroth...........405, 494
Bindegewebe, Hyperplasie des . 419
- Neubildung des......411
ßlasenmolen.......... 420
Blas.-npolyp........... 491
Blasemvürmer........ 537, 540
Blatter, schwarze......... 242
Bleichsucht............ 131
Blennorrhoea . .... 441, 486
Blumonkohlkiebs......... 506
Bhitadergeschwulst........ 516
Blutentziindung ......... 286
Bluterkrankheit ........261
Blutfarhstoff ........... 263
Blutfäulniss............ 286
Blutflecke............. 260
Blutflüssigkeit .......... 267
Blutbarnen, falsches, enzootisches 385
Blutinfiltration....... . 260
Blutkörperchen, weisse...... 535
Blulkiankheiten.........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1
Blutkrase, abnorme acute .... 362
Blutmangel ........... 56
Blutplasma............ 264
Blutreinigende Organe ..... 15
Blutschwamm........... 506
Blutserum............ 264
Blutstockung........... 253
Blutstriemen........... 260
Blutung............56, 258
Blutwärme, normale raittlore - . 104
Bodenverhältnisse........ 122
Boerhave............ 1
Bohnen-Becherrost........ 143
Botrytis............. 143
Brandnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;......... 201, 207
—nbsp; nbsp;feuchter............ 202
—nbsp; nbsp;geruchloser.......... 219
—nbsp; nbsp;trockene]-........... 202
—nbsp; nbsp;der Pflanzen......... 143
Brandblasen........... 207
Brandgeruch ........... 211
Brandjauche ........ 208, 278
Brandköperchen, Valentin's . . . 209
Brandmauke .......... 205
Brandschorf ........... 206
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Register.
375
sect;sect;•
Bieigeschwulst.......... 41! 1
Bremsenschwinclel......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; ;)53
Bnghfsche Niercnkrkht. . 382, 48b
Brown..............5, 8
Brownianismus.......... #9632;'
Brüllerkrankheit......... 480
Bulimia s. Bulimus......348
Bullae gangraeuosae......207
Butter.............214
Buttersäure............ 13quot;
Cachexia............nbsp; nbsp; 394
—nbsp; nbsp;ossifraga ...........nbsp; nbsp; nbsp;148
Calcificatio...........226
Calculi muriformes........nbsp; nbsp; 373
—nbsp; nbsp;uteri.......... 227,nbsp; 50!)
Callus...............nbsp; nbsp; 48a
Calor.............nbsp; nbsp; 254
Cancer ..............nbsp; nbsp; 498
—nbsp; nbsp;areolaris............nbsp; nbsp; 503
Cancroid.......... 40Ö,nbsp; 499
Capillar-Embolie.........nbsp; nbsp; 282
Capillargefässgeschwulst.....nbsp; nbsp; 324
Carcinoma......406, 498, 504
—nbsp; nbsp;cauliflorum..........nbsp; nbsp; 506
—nbsp; nbsp;haematodes..........nbsp; nbsp; 506
—nbsp; nbsp;medullare........ • •nbsp; nbsp; 505
—nbsp; nbsp;ossificum...........nbsp; nbsp; 506
—nbsp; nbsp;papillare ...........nbsp; nbsp; 506
—nbsp; nbsp;telangiectodes.........nbsp; nbsp; 506
Caro luxurians....... 404,nbsp; 414
Cartilagiues semilunares.....nbsp; nbsp; 419
Catalepsia.............nbsp; nbsp; 298
Catarrhus, serosus........nbsp; nbsp; 521
—nbsp; nbsp;siccus.............nbsp; nbsp; 521
Causa essentialis.........nbsp; nbsp; nbsp; 28
—nbsp; nbsp;externa.......... 61, 96
—nbsp; nbsp;interna ........61, 62, 260
—nbsp; morbi ............1, 61
—nbsp; nbsp;occasionalis.........1, 61
—nbsp; nbsp;praedisponens.....61, 97, 260
—nbsp; nbsp;proxima............. 61
—nbsp; nbsp;remota............. 61
—nbsp; nbsp;sufficiens........... 61
Caverne........... 241, 270
cavernöse Gefässgeschwulst . . . 514
Cellularpathologie ........ 5
Cellulose .........139, 140, 231
Centralnervensystem....... 388
centrifugale Leitung .... 18, 323 centripetale ,nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; .... 18, 323
Cercarien............. 550
Cerebrum............. 388
Cestoden............. 546
Cesloidea............. 53 (
Chancröses Geschwür...... 440
Chlorophyll............ 140
sect;sect;•
Chlorosis ............ 131
Cholaemia............ 359
Cholalsiiure............ 355
Cholera..........•' 359, 378
—nbsp; nbsp;asiatica........... 354
—nbsp; nbsp;nostras ............ 343
Cholerine............. 343
Cholesteatoma........ 357, 496
Cholesteaiiu . . . 209, 231, 355, 35?
—nbsp; nbsp;-Krystalle.........215, 357
Chondrigen............ 224
Chondrin........139, 421, 428
Chondroma hyalinum...... 421
—nbsp; nbsp;fibrosum............ 421
—nbsp; nbsp;reticulare........... 421
Chondro-Sarcoma......... 430
Chossat.............. 310
Chromatosis............ 229
chronisch............. 44
Cicatrisatio......... 408, 412
Citta................ 348
Claude-Bernard ..... 250, 383
Claviceps............. 143
Coenurus 540, 547, 548, 549, 558, 5o9 Cohnhrim. . 139, 250, 252, 253, 258
289, 292, 395, 413, 415 454, 473, 512, 533, 535
Colatorien............. 15
Colla............... 453
Collagen.........224, 419
Collapsus............. 236
collateral .... 251, 252, 280, 283
Collin.............. 87
Colliquatio.......221, 274, 468
— insensibilis.......... 221
Colloidbälge............. 491
Colloidkörper..........223
Colloidkrehs ........... 503
Colloidmetamorphose ....... 223
Colostrum-Korper ........ 215
Columbaczer-Mücke ....... 537
Coma..............• 164
comatös.............. 58
Combination von Kkhta..... 38
—nbsp; nbsp;von Neugebilden....... 406
Comedonen............ 491
Commotio cerebri ...... 113
Compensatio ........... 21
compensatonsch......... 251
Complicatio..........38, 321
Compressions-Thrombose .... 281
Conceptaculum . \........ 143
Concremente der Galle ..... 305
—nbsp; nbsp;des Harnes......... 368
—nbsp; nbsp;des Speichels......... 335
Condyloma . .'.......... 487
congenital............. 6o
-ocr page 396-
876
Register.
sect;sect;•
Congestio........41; 9.50, 251
Conglorneralknoten..... 468, 478
Conglomenit platten........' 408
Conidicn .............. I43
Conops.............'.' 037
Consensus...........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;jg
Constitution............ 78
—nbsp; nbsp;apoplectische......... 80
asthenischc.......... 82
—nbsp; nbsp;biliöse............ 81
—nbsp; nbsp;debile...........;nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;82
—nbsp; nbsp;floride............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;81
—nbsp; nbsp;katarrhalische......... 81
—nbsp; nbsp;lymphatische......... 82
—nbsp; nbsp;nervöse............ 81
—nbsp; nbsp;pletorische.......... 80
—nbsp; nbsp;reizbare...........7s 81
- rheumatische......... 81
—nbsp; nbsp;robuste ............ 7j
—nbsp; nbsp;schlaffe..........' . 73
—nbsp; nbsp;schwächliche......... 82
—nbsp; nbsp;scrophulöse.......... 82
—nbsp; nbsp;starke............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;78
—nbsp; nbsp;forpide ............ 82
—nbsp; nbsp;venöse............. 82
Constitutionelle Kkhtn.....7, 232
Constitutio morbi annua..... 187
—nbsp; nbsp;— enzootica......... ]87
—nbsp; nbsp;— cpidemica......... ]87
—nbsp; nbsp;— epizootica......... 187
Consumtio ............ 348
Contaetum per........'i5: 436
Ccntactwirkung.........414
Contagien . ... 1(56, 167, 317, 326
—nbsp; nbsp;Aufnahme der........ ] 77
—nbsp; nbsp;Concentration der...... 176
—nbsp; nbsp;Entstohungsart der...... 173
—nbsp; nbsp;Quantität der......... 176
—nbsp; nbsp;Reproduction der .... 173, 179
Contagio ............. J67
contagiös............. 1(57
Contagium animatum....... 171
—nbsp; nbsp;communicativum....... 173
—nbsp; nbsp;fixum............. 2 7;-j
—nbsp; halitaosutn........... 175
—nbsp; nbsp;perraanens........... 173
—nbsp; nbsp;vivum.......... 210, 450
—nbsp; nbsp;volatile............ 175
Contractions-A nacmie...... 311
Contiguitas............ 15
Oontinuitas.......15, 134, 343
Contusio ............. 229
Convulsio.......... 297, 298
Coriago.....•.......'485
Corpora amylacea........ 233
— cavernosa...... .... 514
Corrosio.............. 199
sect;sect;•
Creatin.......,.....'. 334
Crel.iticatio ............ 226
Crisis apostatica.......38, 270
—nbsp; nbsp;cvacnatoria......... 36
—nbsp; idiostatica.........38, 270
—nbsp; nbsp;impcrj'ecta........... 39
—nbsp; nbsp;perfecta............ 39
—nbsp; nbsp;resolutoria .......... 33
Cronartimn............ 143
Group..........244, 269, 272
Cruditas.............. 320
Cnw............ 270, 290
Crusta imflammatoria...... 270
Cyalaquo;............... 385
Cyanosis...........68, 314
Cyanuria............. 335
Cyst?............ 215, 540
Cysticercus............ 557
cystin.............'. '.nbsp; nbsp; 385
cystische Degeneration......nbsp; nbsp; 221
Cystitis..............nbsp; nbsp; 535
cystoide Degeneration......nbsp; nbsp; nbsp;377
— Dilatation..........nbsp; nbsp; 377
Cystosarcoma...........nbsp; nbsp; 405
Cytoblast.............nbsp; nbsp; 39s
Cytoblastema...........nbsp; nbsp; 393
Dämptigkeit, cordiale......nbsp; nbsp; nbsp;228
Darmentzündung, katarrhalischenbsp; nbsp; 521
Darmenveichung.........nbsp; nbsp; nbsp;220
Darmkatarrh ..........nbsp; nbsp; nbsp;134
Darmsaft............nbsp; nbsp; 352
Darmsecretion, Anomalien der .nbsp; nbsp; 352
Darmsteino............nbsp; nbsp; nbsp;150
Darrsucht...........23, 463
De Bari;.............nbsp; nbsp; 143
Dauer der Krankheiten.....nbsp; nbsp; nbsp; 44
DebiUtas...........63, 249
Decompositio...........nbsp; nbsp; 205
Decubitus.............nbsp; nbsp; 200
Dccursus morborura.......nbsp; nbsp; nbsp; 31
Defect...............nbsp; nbsp; 245
Degeneration....., . . 225, 397
—nbsp; nbsp;cystische...........nbsp; nbsp; 221
-- cystoide ...........nbsp; nbsp; 377
—nbsp; nbsp;fettige.............nbsp; nbsp; 138
—nbsp; nbsp;graue.............nbsp; nbsp; 235
—nbsp; nbsp;speckige............nbsp; nbsp; 231
—nbsp; nbsp;wächserne...........nbsp; nbsp; 231
Dejeetio..............nbsp; nbsp; 543
deletär...............nbsp; nbsp; nbsp; 15
Demarkationslinie . . 204, 206,nbsp; 212
Demodex folliculorum......nbsp; nbsp; 537
Dentilio..............nbsp; nbsp; nbsp; 70
depuratorisch.......23, 37,nbsp; 325
Derivatio.............nbsp; nbsp; 250
derivatorisch...........nbsp; nbsp; 325
-ocr page 397-
Register.
377
sect;sect;.
Igt;erm;itoflectes .......... 537
Dermatokoples.......... ,537
Dermatophagus.........537
flermoidalo Ncoplasmen..... 405
Dermoideysten.......... 491
Desquaraatio........41, 485
destructiv............. 237
Deterioratio............ 234
Detritus..... 213, 243, 260, 445
deuteropathiseh.......... 232
Dextrin........... 135, 334
Diabetes melitus.....-. 367, 380
—nbsp; nbsp;insipidus........ 146, 379
Diabrosin, Haemorrhagia per . . 258
Diadoche . . :.......... 48
diätetische Verhältnisse..... 125
Diagnostik........... 28
Diapedcsin, Haemorrhagia per . 258
Diarrhoea............353
Diastasaemia........... 281
Diastole.............. 305
Diathesis............ (55
—nbsp; nbsp;harnsaure........... 372
Diathesis vorminosa....... 553
Dickemvachsthum dor Knochen . 424
Diffusio......53, 191, 210, 258
Dignität............. 14
Dilatatio, cystoide........ 377
Dilatations-Thrombose...... 281
Diphtheritis . . . 243, 244, 448, 564
discontinuirlich....... 436; 443
Dispositio ad morbum.....63, 64
—nbsp; nbsp;arjuisita............ g5
—nbsp; nbsp;congenitalis.......... 65
—nbsp; nbsp;hereditaria.........63, 64
Disseminatio.........292, 407
Distoma 360, 537, 542, 550, 55?' 559
Dolor............... 255
Domestication........... 159
bonders.......... 253. 535
Drüsenentzündung........ 462
Driisenkatarrh........... 520
Dmse........; . 49; 460, 463
—nbsp; nbsp;metastatische.......49, 464
—nbsp; nbsp;verdächtige........ 442
Drüsenstoffnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;... 462, 464, 520
Ductus choledochus 343, 346, 351,' 360
—nbsp; nbsp;Stenonianus.......... 335
—nbsp; nbsp;Whartonianus......... 335
Dunstkreis, infectionsfähiger . . 176 Durchfall, schleimiger . . . 345, 353
Durchseuchen .......... 181
Dynamische Ursachen . . ... 99 Dyskrasic.......7, 23, 27, 394
—nbsp; nbsp;acute............. 27
—nbsp; nbsp;constitutionelle........ 232
Dyskrasie, vibrionäre ...... 210
sect;sect;• Dyspepsia............. 339
Ecchinococeus....... 556,nbsp; 559
Ecchondroma liberum......nbsp; nbsp; 42t
—nbsp; nbsp;ossificum...........nbsp; nbsp; 421
—nbsp; nbsp;petrificum...........nbsp; nbsp; 421
—nbsp; nbsp;simplex............nbsp; nbsp; 421
Ecchymosen...........nbsp; nbsp; 260
Eclampsia.......... 298,nbsp; 392
Ectasia..............nbsp; nbsp; nbsp;259
Ectoparasites...........nbsp; nbsp; 538
Eindickung des Blutes .....nbsp; nbsp; 378
Einflüsse, atmosphärische ....nbsp; nbsp; nbsp;101
—nbsp; nbsp;kosmisch siderische .....nbsp; nbsp; 100
—nbsp; nbsp; höherer Temperatur.....nbsp; nbsp; nbsp;105
—nbsp; nbsp;niederer Temperatur.....nbsp; nbsp; nbsp;107
Eingangspforten des Todes ...nbsp; nbsp; nbsp; 50 Einkapselung thrombotischer Zer-
fallsmassen.........nbsp; nbsp; 277
Einschuss.............nbsp; nbsp; 450
Eintrocknung...........nbsp; nbsp; 203
Eiter............ 413,nbsp; 523
—nbsp; nbsp;gefärbter...........nbsp; nbsp; 523
—nbsp; nbsp;spezifischer..........nbsp; nbsp; 523
Eiterabscesse in den Lungen . .nbsp; nbsp; 532
Eiterbildung........ 523, 533
Eiterblut............nbsp; nbsp; 285
Eiterkörperchen..........nbsp; nbsp; 524
Eiterprobe ............nbsp; nbsp; 531
Eiter-Resorption.........nbsp; nbsp; 285
Eiterung, Stadium der......nbsp; nbsp; 412
eitriger Katarrh .........nbsp; nbsp; 521
Eiweissstoff............nbsp; nbsp; 525
—nbsp; nbsp;im Harne...........nbsp; nbsp; 380
Ekel................nbsp; nbsp; 348
Elastin ..............nbsp; nbsp; 139
Electricität der Luft.......nbsp; nbsp; nbsp;113
Elephantiasis........ 280, 419
Embolie........ 273, 282, 378
—nbsp; nbsp;Capillar............nbsp; nbsp; 282
—nbsp; nbsp;Folgen der..........nbsp; nbsp; 283
emholischer Herd ........nbsp; nbsp; 285
erabolische Verschleppung ....nbsp; nbsp; 405
Embolus ......... ...nbsp; nbsp; 282
Emigratio............nbsp; nbsp; 5:35
Empfindung, Störung der ....nbsp; nbsp; 390
Emphysema gangraenosum . ...nbsp; nbsp; 211
—nbsp; nbsp;vesiculare ..........nbsp; nbsp; nbsp; 74
Encephalitis............nbsp; nbsp; 428
Encephalomalacia alba......nbsp; nbsp; 219
—nbsp; flava..............nbsp; nbsp; 215
Enchondroma...........nbsp; nbsp; 422
—nbsp; nbsp;cysticum............nbsp; nbsp; 423
—nbsp; nbsp;ossificum...........nbsp; nbsp; 423
—nbsp; nbsp;petrificum...........nbsp; nbsp; 423
—nbsp; nbsp;telangiectodes.........nbsp; nbsp; 423
Endoarteriitis...........nbsp; nbsp; 281
-ocr page 398-
378
Register.
sect;sect;#9632;
atheromatosa......... 217
Endocarditis .......... 281
—nbsp; nbsp;atheromatosa........ 218
endogene Neiibildmig . . . 395, 398
Endosmose...... 191, 258, 539
Endospor............. 143
Endothelium..........494
energetisch............ 395
Enostosis............. 425
Ens morbi ............ 28
Entartung....... 213, 225, 397
Enteromalacia .......... 220
Entleerung thrombolischer Zer-
falismassen ......... 277
Entoparasites........... 538
Entophyten............ 563
entoptische Erscheinungen .... 390
Entozoa.............. 538
Entscheidung, Stadium der ... 41
Entwicklungs-Alter........ 70
Entzündung...... 134, 201, 239
—nbsp; nbsp;Stadium der.......41, 412
—nbsp; degenerative ......... 472
—nbsp; nbsp;parenchymatöse........ 269
—nbsp; tuberkulöse ......... 472
Entzündungsgeschwulst. . . 239, 256
Entzündungshitze ........ 254
Entzündungskugel, Gluge's . #9632; . 215
Entznndungsproducte....... 257
Entzündungsröthe ........ 252
Entzündungsschmerz....... 255
Enzootie.............. 166
Ependyma ............ 428
Epidemie............. 166
Epilepsia.......... 298, 392
Epiphytes............. 563
Epispor.............. 14S
Epitheliale Neubildungen .... 484
—nbsp; nbsp;— heteroplastische...... 494
Epizoa............ 538
Epizootic............. 166
Erblichkeit............ 66
Erbrechen, heftiges und anhal­tendes ............ 351
erethische Fieber......... 317
Erhaltungsfutter ......... 128
Erkältung............. 105
Ermüdung ....... 156, 249, 295
Ernährung............ 9
Erosion, katarrha ische . . . 522, 530
Erregbarkeit..........249
Erschöpfung ........ 161. 249
Erstickung ..........56, 352
Eruptio.............. 41
Erupfions-Fiebcr . • . . . 318, 326
Erweichung . ....... 205, 213
Erweichung, colloide....... 223
sect;sect;•
Erweichung, faulige ....... 278
—nbsp; nbsp;puriformc........... 275
—nbsp; nbsp;rothhraune . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;..... 274
Erweiterung der Gefässe . . 250, 535 Erysipelas . . ....... 387, 450
—nbsp; nbsp;gangraenosum......... 278
Erysiphe............. 143
essentielle Muskellähmung .... 295
—nbsp; nbsp;Nervenlähmung........ 295
Etat mamelone.......... 490
Eukrasia ............. 394
Euter, Secretions-Auomalien des 387
Evaporatio......... 206, 207
Exacerbatio............ 42
exanthematisches Fieber ; . . . . 326 Exantheme...........318
—nbsp; nbsp;Stadium der acuten..... 41
Exerescentia membranae adiposae 416
Exmissio.......... 285, 535
Exosmose.......... 191, 258
Exostosis............. 425
Exsudat.......257, 268, 269
—nbsp; freies............. 270
—nbsp; nbsp;parenchymatöses....... 240
Exsudation............ 41
—nbsp; interstitielle.......... 271
Extravasat............. 258
extravasculäres Coagulum .... 281
Fquot;acies hippocratica .......nbsp; nbsp; nbsp; 59
Fquot;aeces...........354,nbsp; 355
Färbung..............nbsp; nbsp; 229
Fäulnisskrystalle.........nbsp; nbsp; 209
Fallsucht...........nbsp; nbsp; nbsp;298
falsches Gelenk .........nbsp; nbsp; 421
F'aserchondrome.........nbsp; nbsp; 421
Fasergeschwülste.........nbsp; nbsp; 419
Faulfieber.......... 261,nbsp; 317
Febrifuga.............nbsp; nbsp; 324
F'ebris gastrica..........nbsp; nbsp; 347
—nbsp; intermittens..........nbsp; nbsp; 308
—nbsp; nervosa...... .....nbsp; nbsp; 347
—nbsp; nbsp;urinosa............nbsp; nbsp; 377
Fehler .........'. • • •nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 2
Fei.................nbsp; nbsp; 355
Fettdyskrasie...........nbsp; nbsp; 417
F'ettgewebe, Neubildung von 416,nbsp; 417
Fettgewebsgeschwulst......nbsp; nbsp; 416
fettige Metamorphose ......nbsp; nbsp; nbsp;214
Fettinfiltration ..........nbsp; nbsp; 416
Fettkörnchcnkugel #9632; . .....nbsp; nbsp; 467
Fettleber............nbsp; nbsp; 237
F'ettsäureu ............nbsp; nbsp; nbsp;147
Fettsucht.............nbsp; nbsp; 416
Fettwachs.......... 138,nbsp; 204
Feuchtigkeitsgehalt der Luft . .nbsp; nbsp; 108
F'euermahl ............nbsp; nbsp; 513
-ocr page 399-
Register.
379
sect;sect;#9632;
Fibrin........... 270, 381
fibrinogen.......... 2G4, 270
fibrinoplastisch . 264, 270, 281, 535
Fibroma .......... 4igt;5) 4ilt;)
Fibro-Sarkoma....... - . . 430
Fieber, Charakter des.....317
—nbsp; nbsp;Stadium des.......... 41
—nbsp; nbsp;adynamisches........, 317
asthenischcs ......... 317
—nbsp; nbsp;erethisches.......... 317
—nbsp; nbsp;Eruptions-........ 3i8j 326
exanthemaiisches....... 326
—nbsp; nbsp;fauliges...........317
Gährungs-........... 318
—nbsp; hypersthenisches......317
..... Infections- ...... 318, 326
Reiz-............317
—nbsp; nbsp;sthenisches .......... 317
—nbsp; nbsp;synochales .......317
—nbsp; nbsp;torpides . ,.......... 317
-- typhöses............ 317
Fieberhitze..........309
Fieherprozess.......... 29
Fiebertheorie........... 306
fieberwidrig............ 324
Filaria ........... 547, 559
Fischschuppenkrankheit..... 485
fissipare Neubildung . . . 395, 398
Fistula.............414
fistulöser Kanal........ 278
Fliichenkatarrh....... 345, 520
Flatulentia ......... 134, 342
Flecke, schwarze......... 230
Fleischbruch........... 387
FMeischgeschwulst.......430
Flexibilitas......... . . 250
Fliege........... ... 537
Flugbrand........... 143
Fluor albns......... 486, 528
Fluxio............... 283
Fötor..............211
Fötusalter............ 68
Fötus, muraificirtcr.......203
Folliculär-Geschwür....... 530
follieulärer Katarrh ....... 530
Form der Nahrungsmittel . . . 135 F'ormatio ............lt;) 189
—nbsp; nbsp;Störungen der....... 393
Fortpflanzung der Störungen . . 15
JK••'•................ 473
cränkel.............. 473
Franzosen-Krankheit....... 476
Frequenz der Pulse....... 301
Fresssucht............. 348
^raquo;•e//............... 370
Froschgeschwulst......... 493
Fruchtlager...... ..... 143
sect;sect;•
Füllenlahme............ 463
Fülliiugszustand ......... 237
Füttertmgszeil .......... 94
Functio.............9, 189
functionelle Störungen...... 245
—nbsp; nbsp;— des Blutgefässsysvems . . 250
Fungus (Pilz)........... 143
Fungus hämatodes . ... 506, 511 Futterstoffe . -.......... 135
Giihrung, Stadium der...... 32
Gährungsfieber.......... 318
Gährungskrankhciten....... 171
Galactocele............ 493
Galactorrhoca..........387
Galen..........8, 29, 37, 250
Galle............... 359
Galleuabsonderung.......346
—nbsp; nbsp;vermehrte........ 361, 364
gehimlerteEntleerungd. Galle 359, 360 Gallonbestandtheilo im Blute . . 359 Gallenfarbstoff . 229, 329, 353, 355
Gallenfett ............ 357
Gallenruhr............364
Gallensedimentc ........ 356
Gallensteinkolik ......... 356
Gallertkrebs ........... 503
Ganglien...........20, 323
Gangraena.....' . . . . 54, 201
—nbsp; emphysematosa........ 211
—nbsp; nbsp;tmmida . . ...... 202, 206
—nbsp; nbsp;sicca..........202, 206
—nbsp; nbsp;sine odore...... . . . 219
Gangrän-Oedem.......... 207
gangränöse Entzündung..... 241
Gastricismus ........... 343
Gastromalacia........... 220
Gastrus........... 537, 555
Gattungsanlage.......... 8lt;
Gebärmutterwassersucht..... 22
Gefässorweiterung ........ 516
Gefässgesch wulst......... 511
—nbsp; nbsp;cavernöse.......... 514
Gefässneubilduugs-Prozcss . 395, 512
(iefässverstopfung......... 217
Gefrässigkeit........... 348
Gegenwirkung .......... iß
Gehirn-Apoplexie......... 259
Gehirn-Erschütterung....... 113
Gehirnerweichung, gelbe..... 215
—nbsp; nbsp;weisse ............ 219
Gehirnhöhlenwassersucht..... 219
Gehirnödem............ 219
Gelbsucht.......... 359, 362
Gelegenheits;irsache...... 1, 61
Gelenkknorpel, Erweichung der . 221 Gelenkknorpel, halbmondförmige 419
-ocr page 400-
380
Register.
sect;sect;#9632;
Gelenkmäuse..........421
Gemeinsinn............ 388
Ocraiitlis-Afrecte......... . 158
Geueralisatio.......13, 15, 407
(ieneiutio aequivoca....... 541
—nbsp; nbsp;originaria......., . . 541
—nbsp; nbsp;sexualis............ 541
(ienorationswechsel..... 143, 550
(ieuesis dor Eiterknrpcrchen . . . 535 (ionesung............45, 47
—nbsp; nbsp;Stadium der.......... 40
—nbsp; nbsp;unvollständige .......45, 47
—nbsp; nbsp;vollständige......... 45
(ienius animus.......... 119
—nbsp; nbsp;epidemicus.......... 119
—nbsp; nbsp;epizooticus .... 166, 186, 187
Gerladi........ 473, 482, 557
geschwänzte Körperchen.....431
Gesehlechtsanlago ........ 75
Geschlechtsdrüsen, Secrections-
Anomalien der ....... 38G
(iesehwür............. 414
—nbsp; chankröses.......... 440
—nbsp; nbsp;follicnläres.......... 530
—nbsp; fressendes........... 440
—nbsp; nekrobiotisches........ 215
(icschwiirsbildung, Stadium der . 41 Geschwulst......... 256, 397
—nbsp; bösartige..........405
—nbsp; gutartige ........... 405
(iesundbeits-Zustand, relativer. 1, 21
Getränk.............. 150
Gewebstrüinmer.......... 213
(iewebsturgor........... 236
Gewebs-Umformung....... 393
Gewöhnung............ 46
Gicht ............ 372, 374
Gift............. 167, 199
Glandulae tbyreoideae ...... 483
Glaskörper............ 420
(ilioma.............. 428
—nbsp; nbsp;telangiectodes......... 428
Glio-Sarkoma........... 430
Qlisson.............. 5
Glomeruli.....,....... 381
Gluge............... 215
Gluten............... 133
(ilycerin.............. 352
Glycin ............ 365, 383
Glycocholsäure....... 355, 365
Glycocol ............355
Glycogen .......... 138, 365
(ilycogendextrin......... 365
Granula.......... . 226, 493
Granulatio............. 412
Granulation, lippige .... 404, 414 Granulations-Geschwulst..... 437
sect;sect;#9632;
Granulations-Gewebe ......nbsp; nbsp; nbsp;413
------Zellen...... 402, 404,nbsp; 413
Granuloma............nbsp; nbsp; 437
Grasrost..............nbsp; nbsp; 143
graue Degeneration .......nbsp; nbsp; 235
Greisenalter........... .nbsp; nbsp; nbsp; 74
Grützgeschwulst.........nbsp; nbsp; 491
Gummata.............nbsp; nbsp; 438
Günther .............nbsp; nbsp; 510
Gurlt...............nbsp; nbsp; 221
Haarsackmilbe..........nbsp; nbsp; 537
Haarwechsel............nbsp; nbsp; nbsp; 95
Habitus..............nbsp; nbsp; nbsp; 84
—nbsp; nbsp;hydropicus . ........nbsp; nbsp; nbsp; 84
—nbsp; nbsp;phthisicus..........nbsp; nbsp; nbsp; 84
Hämatin........ 207, 229,nbsp; 263
Hämatinuria.......362,nbsp; 385
hämatische Pigmente.......nbsp; nbsp; 229
hämatogener Icterus.......nbsp; nbsp; 362
Hämatoidin......... 229,nbsp; 263
Hämaturia.......... 148,nbsp; 385
Hämatopinus...........nbsp; nbsp; 537
Hämatonosen...........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1
hämatopoetisch....... 511,nbsp; 514
Hämoglobin ...........nbsp; nbsp; 263
Hämorraphilia..........nbsp; nbsp; 261
Hämorrhagia..... 257, 258.nbsp; 385
—nbsp; nbsp; Heilung der .........nbsp; nbsp; 263
—nbsp; nbsp;— interparietalis ......nbsp; nbsp; 259
hämorrhagischer Herd......nbsp; nbsp; 260
—nbsp; Infarkt.............nbsp; nbsp; 283
—nbsp; Katarrh............nbsp; nbsp; 521
Hämorrhoides...........nbsp; nbsp; 516
Ballier . ...... 143, 169,nbsp; 195
Hallucinatio......... 390,nbsp; 391
Harn, alkalische Gährung des . -nbsp; nbsp; 369
—nbsp; Farbestoffe im ........nbsp; nbsp; 385
—nbsp; nbsp;lymphatischer ........nbsp; nbsp; 380
Harngries.............nbsp; nbsp; 368
Harnruhr.............nbsp; nbsp; 367
—nbsp; geschmacklose ........nbsp; nbsp; 379
—nbsp; nbsp;zuckerige...........nbsp; nbsp; 380
Harnsäure ............nbsp; nbsp; 372
harnsaure Steine.........nbsp; nbsp; 372
Harnsedimente..........nbsp; nbsp; 368
Harnsteine...... 150, 368,nbsp; 371
Harnstoff....... 369, 375,nbsp; 377
—nbsp; aufgehobene Produktion des .nbsp; nbsp; 378 #9632;— vermehrte Produktion u.
—nbsp; nbsp;— Ausscheidung.......nbsp; nbsp; 379
—nbsp; nbsp;verminderte Ausscheidung desnbsp; nbsp; 376
Hartliäutigkeit...........nbsp; nbsp; 485
Hautkrankheit..........nbsp; nbsp; nbsp;148
Hautausdünstung.........nbsp; nbsp; nbsp;104
Hautbrand ............nbsp; nbsp; 204
Hauthorn........, . . . .nbsp; nbsp; 485
-ocr page 401-
Register.
381
sect;sect;•
Hauthorn, falsches........ 485
Hautschmer............ 214
Hautrotz........... 437^ 447
Hautschlacken....... 104, 105
Hautschwiele........... 485
Hautwurm............447
Baver'acbs Kanäle .... 235, 533
Hefezellen............. ]43
Heilschoif............. 413
Heilung der Wunden...... 411
—nbsp; nbsp;per primam inteutionem ... 411
—nbsp; nbsp;per secundam inteutionem . . 412
Heisshunger........, . . 348
Helminthes ........... 53G
Helminthologia.......... 53G
Henle............ 250, 253
Hepatisatio............ 304
— petrifica........... . 479
Hepatitis, interacinöse...... 272
hepatogener Icterus..... 360, 362
hereditär............. 65
Herpes decalvans......485, 563
Herzhypertropbie......... 238
Herzlähmung........... 58
Heteraesthesia........... 390
Heteroehronia......10, 420, 422
Heterogenität..........393
Heterologia ..........10, 404
Heterologe Bildung........ 193
Heterometria........... 10
Heteromorphia.......... 544
Heteroplasia............ 397
heteroplastisch....... 417, 419
Heterotopia......... 10, 229
heterotopische Ausscheidung . . 376
Hinfälligkeit......... 63, 249
hinfällige Haut.......... 431
Hinterleibsschwindsudit..... 474
Hippobosca............ 537
Bippokrates.......... 8, 37
Hippursäure.........369, 383
histiride Neugebilde....... 406
Histogenesis des Eiters...... 535
histogenetisch........... 394
Hitze............... 254
Hodenentzündung........ 387
Homöoplasia............ 397
Homologia ............ 404
homologe Bildung........ 193
Honiggeschwulst......... 491
Honigthau............. 143
Hornwarzen............ 485
Horripilatio............ 314
Hülfsursachen........... 186
Humoralpathologie . . 8, 23, 64, 239
Humor aquaeus ......... 265
Hungertod ............ 127 -
sect;sect;#9632;
hyaline Choudrome........ 421
Hydatis.............. 557
Hydraemia............ 131
Hydrocephalus acutus...... 265
Hydrometra..........22, 493
Hydronephose.....238, 377, 493
Hydropericardium......... 266
Hydrops........... 382, 493
—nbsp; cystidis felleae........ 493
—nbsp; ductus biliferi .... .... 493
—nbsp; folliculonim ovarii...... 493
—nbsp; ovarii multilocularis , . . 493, 497
—nbsp; tubarum Fallopii....... 493
uteri.............. 493
Hydrothorax .........56, 266
Hygiene.............. 61
Hygroma............. 493
Hymenium spermatophorum . . . 143 Hyperaemia............ 239
—nbsp; locale............. 250
Hyperaesthesia........314, 390
Hyperemesis........... 351
hyperinotische Erase....... 270
Hyperkinesis..... 294, 296, 299
Hyperostosis............425
Hyperplasia . . . 237, 240, 397, 401
402, 419
Hypersthenia ........247, 252
hypersthenische Fieber...... 317
Hypertrophia ... 198, 225, 236, 240
397, 416
—nbsp; benigne......... 237, 238
—nbsp; falsche.......... 198, 244
—nbsp; heterologe........ 237, 239
—nbsp; homologe........ 237, 238
—nbsp; maligne......... 237, 239
—nbsp; spuria.......... 198, 244
—nbsp; vera........... 198, 244
—nbsp; wahre......... 198, 237
Hyphen.............. 143
Ichoraemia ............nbsp; nbsp; 286
Ichtiosis..............nbsp; nbsp;485
Icterus............ 158,nbsp; 359
—nbsp; haeraatogener.........nbsp; nbsp; 362
—nbsp; hepatogener..........nbsp; nbsp; 3G0
—nbsp; insensibilis..........nbsp; nbsp; 362
—nbsp; Retention's-....... 346,nbsp; 360
Idiosynkrasie...........nbsp; nbsp; nbsp;65
Illusio...............nbsp; nbsp; 390
Imbibitio .............nbsp; nbsp; 210
Immunitas ............nbsp; nbsp; 327
Impfung..............nbsp; nbsp; 169
—nbsp; der Tuberkel.........nbsp; nbsp; 473
Imponderabilien .........nbsp; nbsp; nbsp;99
Impuritas.............nbsp; nbsp; 488
Inanitio . ..........54,nbsp; 310
-ocr page 402-
382
Register.
sect;sect;• Incmstatio .... 205, 22G, '228, 3(50
Incontinenlia lactis........ 387
Incubatio............. 2G
Indnratio .... 198, 225, 272, 419
—nbsp; nbsp;der Lymphdrüsen ...... 452
Infarkte............. 371
—nbsp; nbsp;hämorrhagische ....... 283
infectiöse Neugebilde ...... 407
Jutection, discontinuirlicbe . . . 43G
—nbsp; sprungweise.........436
—nbsp; Theorie der.......... 171
Infections Fieber....., 318, 320
Infectionsherd........... 178
Infiltration ........... 416
—nbsp; nbsp;plastische.........271
Inflammatio .........41, 412
Infraetio ossium.......... 131
Innervatio ............ 239
Inoculatio............. 169
Inopexia............281
Inosit............... 138
Insolatio.............. 107
Inspissatio ........, • • #9632; 274
Instinkt...........148, 159
Insufficienz der Herzklappen . . 218 Intentio prima .......401, 411
—nbsp; secunda..........402, 412
Intercellularsubstanz.....189, 199
intercurrirender Schwiirmzustand 550 intermediärer Wasserkreislauf . 333 Intermissio............ 42
—nbsp; Ursachen der ........ 43
interstitielles Exsudat....... 271
Intima....... ....... 2o9
Intoxicatio -......... • • quot;10
intoxirend............. 41
intracelluläre Saftströmimg . 15, 415
—nbsp; nbsp;Stoifwechsel.......... 413
—nbsp; Substanz ...... .... 236
Involutio........... 198, 213
Irritabilitas.......240, 249, 295
irritable Schwäche........ 247
Irritamentum .... 4, 241, 246. 409 Irritatio .... 4, 6. 9, 41, 409, 412
Ischolia............359, 360
Ischuria.............. 377
Ixodes .............. Ö37
Joffe...............nbsp; nbsp; 244
Jahn ...............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1
Jahreszeiten............nbsp; nbsp; nbsp;121
Jacobson •...........nbsp; nbsp; 251
Jauche-Intoxication.......nbsp; nbsp; 287
Jünglings-Alter ........nbsp; nbsp; nbsp; 72
Juventas........... •#9632;nbsp; nbsp; nbsp; 72
Kälberlähme..... • #9632; 463
Käsestoff.......... 139,nbsp; 224
käsiger Zerfall..........nbsp; nbsp; 437
Kältereiz.............nbsp; nbsp; 106
Kalkdryskrasie..........nbsp; nbsp; 371
Kalkinfarkle............nbsp; nbsp; 228
Kali-Albuminat..........nbsp; nbsp; 139
Karbunkel ....... ....nbsp; nbsp; 242
Kasein ..............nbsp; nbsp; 139
Kastanien...........nbsp; nbsp; 485
katalytische Kraft ........nbsp; nbsp; 334
Katarrh..........269,nbsp; 518
—nbsp; nbsp;chronischer..........nbsp; nbsp; 441
—nbsp; nbsp;Drüsen-............nbsp; nbsp; 520
—nbsp; nbsp;eitriger............nbsp; nbsp; 521
—nbsp; nbsp;Flächen-............nbsp; nbsp; 520
—nbsp; folliculärer ...... 345,nbsp; 350
—nbsp; hämorrhagischer........nbsp; nbsp; 521
—nbsp; nbsp;der Hamwege.........nbsp; nbsp; 571
—nbsp; nbsp;Magen-........341.nbsp; 342
—nbsp; nbsp;Maul-.............nbsp; nbsp; 343
—nbsp; nbsp;schleimiger........nbsp; nbsp; 520
Stadium des acuten.....nbsp; nbsp; nbsp; 41
—nbsp; nbsp;trockener...........nbsp; nbsp; 521
—nbsp; nbsp;wässriger...........nbsp; nbsp; 521
—nbsp; nbsp;zelliger ......... 520,nbsp; 521
katarrhalisches Sekret . . . 265, 486
Keimkörner..... ......nbsp; nbsp; 143
Keimling..............nbsp; nbsp; nbsp;'43
Kennzeichen............nbsp; nbsp; nbsp; 30
Keratitis..............nbsp; nbsp; 535
Kernkürperchen..........nbsp; nbsp; nbsp;190
Kitta s- Citta...........nbsp; nbsp; 348
Kittsubstanz...... 215, 233,nbsp; 428
Klima ..............nbsp; nbsp; 124
Klümpchentheorie.........nbsp; nbsp; 393
Knieschwamm..........nbsp; nbsp; 419
Knochenauswüchse . ......nbsp; nbsp; 425
Knochenbrüchigkeit . 148, 222,nbsp; 228
Knochenerweichung. #9632; 131, 150,nbsp; 222
Knochengesclnvnlst.......nbsp; nbsp; 424
Knorpelgesclnvulst .......nbsp; nbsp; 421
Kochung............nbsp; nbsp; 320
—nbsp; nbsp;Stadium der..........nbsp; nbsp; nbsp; 35
Körnchenkugel..........nbsp; nbsp; 215
Körnchenzelle...........nbsp; nbsp; 215
Körper Temperatur..... 305,nbsp; 306
Röster ..............nbsp; nbsp; 499
Kolom.an Balogh ........nbsp; nbsp; 535
Kolik.....'..........nbsp; nbsp; 521
Koprolithen............nbsp; nbsp; nbsp; 92
Kosinsky.............nbsp; nbsp; ^30
Kosmisch-siderische Einflüsse . .nbsp; nbsp; 100
Krämpfe..............nbsp; nbsp; 296
—nbsp; nbsp;clonische ..........nbsp; nbsp; 297
—nbsp; nbsp;epileptische..........nbsp; nbsp; 296
—nbsp; nbsp;Muskel- ........ 296,nbsp; 297
—nbsp; nbsp;nervöse........296,nbsp; 297
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Register.
383
sect;sect;.
Krämpfe, oscillatojische..... 297
—nbsp; mit psychischen Störungen . 298
Krampfaderbruch......... 51(;
Krankheit............ 2 J4
—nbsp; acute.............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4.4
—nbsp; allgemeine........... 12
—nbsp; anhaltende...........nbsp; nbsp; nbsp;43
anhaltend nachlassende ....nbsp; nbsp; nbsp;43
—nbsp; ansteckende .........nbsp; nbsp; 167
—nbsp; aussetzende..........nbsp; nbsp; nbsp; 42
—nbsp; chronische ..........nbsp; nbsp; nbsp;44
—nbsp; contagiöse...........nbsp; nbsp; 167
—nbsp; constitutionelle........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;7
—nbsp; fast acute...........nbsp; nbsp; nbsp;44
—nbsp; fortbestehende........nbsp; nbsp; nbsp;44
—nbsp; fortwährend anhaltende ....nbsp; nbsp; nbsp; 44
—nbsp; halbacute...........nbsp; nbsp; nbsp;44
—nbsp; höchst acute ,........nbsp; nbsp; nbsp;44
—nbsp; intermittirende........nbsp; nbsp; nbsp; 42
—nbsp; miasmatische.........nbsp; nbsp; 167
—nbsp; nbsp; ortseigene...........nbsp; nbsp; Igy
—nbsp; örtliche ............nbsp; nbsp; nbsp; 12
—nbsp; schleichende......... 44
Krankheits-Anlage........ ßl
—nbsp; -Ausgänge . ,......nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;45
--Bud.............: 43
—nbsp; nbsp;-Charakter........... Ig7
—nbsp; -Form............ 43
—nbsp; -Gepräge........... 43
—nbsp; nbsp;-Producte . ......... 291
—nbsp; -Reiz.............. 3
Krankheitsursache..... ,, . ßi
—nbsp; äussere ...........Gl. 96
—nbsp; nbsp;innere...........61,' 62
—nbsp; veranlassende......... 61
—nbsp; vorbereitende ........nbsp; nbsp; nbsp;97
Krankheits-Versetzung......nbsp; nbsp; nbsp;43
Krankheits-Vorgang.....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 9
Krankheits-Zeichen........nbsp; nbsp; nbsp;28
Kraseologia............nbsp; nbsp; nbsp; 07
Krasenlehre............nbsp; nbsp; nbsp;27
Krebs............' !nbsp; nbsp;498
Krebssaft............nbsp; nbsp; 4gg
Krebsgeschwür, fressendes . 501nbsp; nbsp;504
Kremiansku.......400,nbsp; 535
Kns.ls1......... a6, 37, 321
—nbsp; falsche ... .'...... 324
—nbsp; unvollkommene........ 39
—nbsp; vollkommene........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 39
kritische Aufregunff ... . ^ lt;laquo;
—nbsp; Thätigkeit . quot;......; ' 17
Kropf (eigentlicher)....... 433
Kronenrost........... iygt;
Kryptococcus ...... ' ' 143
Kryptogamia........\\\ 5,33
All/in, Juiiiis ......... I40
Kühne ........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; jo,.
sect;sect;• Kunde............. 359
Kunstheilung........... 45
— der Darmkatarrhe.....134
Kystoma ............. 497
Labdrüseu............nbsp; nbsp; nbsp; 335
Labsaft.......... I ' i39)nbsp; 337
Lahmung.......... 248,nbsp; 295
Larmnerlähme...........nbsp; nbsp; 463
Läsio continui..........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4
Landesseuche ..........nbsp; nbsp; 166
latentes Stadium.......3''nbsp; nbsp;41
Y™................nbsp; nbsp;357
Lausfliege.............nbsp; nbsp; 537
Lautersfall ......... 146.nbsp; 379
Leben unter abnormen Verhält-
nissen............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1
Lebensäusserungen........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;9
Lebensalter............nbsp; nbsp; nbsp; 67
Lebensreize............nbsp; nbsp; nbsp; a\
Lebenszähigkeit der Contagien .nbsp; nbsp; 176
Leberkatarrh...........nbsp; nbsp; 356
Lecksucht...........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;34g
Leichengift...........'nbsp; nbsp; 210
Leim............ 419,nbsp; 453
Lmenng....... 440! 473'nbsp; 475
l^Pfa............... 438
Lepthotnx buccalis . . .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;353
Iieüdn,........ 147, 209. 385
Leuckhart........547, 55,3
Leukaemia 28G, 447, 452, 458, 459. 489
lienalis ........... 288
- lymphatica..... 288,' 29t), 535
Leukocythose........ 288 452
Leukorrhoea......... . ' 523
Licht...........'. ]14
Lieberkühn........... 3g j
Ueberkü/m'sche Drüsen ' . . ' 352
i'.quot;''''1'...... 138, 355, 358, 384
Lientena........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;353
,jiPonla......'.'.'..' 405, 410
—nbsp; nbrosura.....nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 4jg
—nbsp; molle.......'.'.'.'.'.'. 418
—nbsp; petrificum.........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4(3
—nbsp; telangiectodes........' 41g
Liquor sanguinis......... 229
Lithopädion .........' ' 205
Livores mortis........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;quot;53
Localaffection.........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 29
Localisatio .......' . . 14 2quot;
Locus minoris resistentiae 21, 25,' 63
, .. , 240, 326 Lueke............... -23
Luft, Bewegung der......' m
—nbsp; Electricität der........ 113
—nbsp; nbsp;feuchte......... . '. . 109
Feuchtigkeitsgehalt der . . 10S
I
-ocr page 404-
384
Kegisfer.
sect;sect;•
Luft, mephitische.........nbsp; nbsp; nbsp;117
—nbsp; trockene............nbsp; nbsp; nbsp;HO
Luftdruck.............nbsp; nbsp; nbsp;101
Luftmischung...........nbsp; nbsp; nbsp;117
Luugenerweichung........nbsp; nbsp; quot;220
Lungenverkalkung........nbsp; nbsp; 228
Lupus..............nbsp; nbsp; 438
Lusus naturae ..........nbsp; nbsp; 40G
Luxatio.............nbsp; nbsp; 421
Luxuriatio.............nbsp; nbsp; 410
Luxus-Aufnahme.........nbsp; nbsp; nbsp;132
Lymphapparate..........nbsp; nbsp; 451
Lymphangitis........ 288,nbsp; 449
lymphatischer Blutmangel ....nbsp; nbsp; 451)
—nbsp; Üyskrasie...........nbsp; nbsp; 453
—nbsp; Harn..............nbsp; nbsp; 380
—nbsp; nbsp;Neubildung..........nbsp; nbsp; 451
—nbsp; Polyp.............nbsp; nbsp; 453
Lymphgefässe und Lymphdrüsen
—nbsp; Entzündung einfache.....nbsp; nbsp; 449
—nbsp; rotzige und wurmige.....nbsp; nbsp; 443
Lymphgefässsysteui als Vermittler
der Ausbreitung von Krank­heiten ............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;1J
Lymphitis malleosa.....443,nbsp; 447
—nbsp; Simplex............nbsp; nbsp; 449
Lymphoma...... 451, 452,nbsp; 465
—nbsp; nbsp;heterologes..........nbsp; nbsp; 454
Lympho-Sarkoma.......#9632; #9632;nbsp; nbsp; 47G
Lypiloxyd.............nbsp; nbsp; 352
Lyiis.............38,nbsp; 321
Macerations-Erweichung.....nbsp; nbsp; 219
Macies...............nbsp; nbsp; 234
Magenahsonderung,
—nbsp; Anomalien der........nbsp; nbsp; 3ufc
Magenerweichung.........nbsp; nbsp; 220
Magenfliissigkeit
—nbsp; Erweichung durch......nbsp; nbsp; 220
Magengeschwür, acutes rundes .nbsp; nbsp;220,
338
Magenkatarrh..... 134, 341,nbsp; 342
Magen-Darmkatarrh .......nbsp; nbsp; 344
—nbsp; chronischer.........nbsp; nbsp; 348
Magensaft.............nbsp; nbsp; nbsp;132
—nbsp; fremdartige Beimengungen
zum .............nbsp; nbsp; 351
—nbsp; qualitative Abweichung des .nbsp; nbsp; 350
—nbsp; nbsp;quantitative........nbsp; nbsp; 340
Magenverhärtuug.........nbsp; nbsp; 341
Malacia ...... 213, 219, 2G0, 348
—nbsp; insensibilis.........nbsp; nbsp; 221
Malaria..............nbsp; nbsp; nbsp;'07
maligne Neubildungen......nbsp; nbsp; nbsp;405
Malleus..............nbsp; nbsp; 439
Malp/iigVache Körper......nbsp; nbsp; nbsp;151
Malpliigi\ches Schleimnetz . . .nbsp; nbsp; 521
sect;sect;• Mangel.............. 2
Maransis senilis.......... 74
marantische, (marastische)
—nbsp; nbsp;Thrombose .......... 281
Marasmus senilis . . 55, 74, 233, 23G
marastisch ............ 128
Markflüssigkeit.......... 420
Markschwamm.........505
Moslomky .........403, 415
Mastitis.............. 387
Mastvieh.......,...... 153
Materia cocta . . . ,....... 320
—nbsp; peccans. 23, 35, 37, 39, 291, 320
Matriculargowebe ........ 395
Maturitas . . . ,......... 41
Maulkatarrh............ 343
Medulla oblongata........ 312
Melanoma......, 229, 230, 427
Melano-Sarkoma......... 434
Meliceris...........491, 492
Meligo ............. 143
Melituria.............. 3G7
mephitisch........... 117
metabolische Thätigkeit ..... 434
Metamorphose .........551
—nbsp; nbsp;atheromatüse ...... 21G, 218
—nbsp; nbsp;amyloido............ 2ul
—nbsp; nbsp;fettige....... 213, 21G, 218
—nbsp; regressive .......... 198
Metaptosis............. 48
Metaschematisnius........ 48
Metastasis 23, 49, 277, 291, 32G, 407
metastatische Druse........ 291
Meteorismus......134, 211, 342
Methodus autiseptica....... 317
—nbsp; nbsp;excitans............ 31'
—nbsp; nbsp;roburans............ 317
Miasma ... . 122, 1GG, 1G7, 311,
317, 327
miasmatisch........... 167
miasmatisch-contagiüs...... 167
Mikrokoccus ........... '48
Milchergiebigkeit.......... 153
Milchfett ............ 214
Milchmetastase.......... 215
Milchsäure............ 139
Milchzucker............ 139
Milne-Edwards......... 394
Miliartuberkel .......... 470
Milztumor.........' 453, 457
Mineralwasser .......... J50
MscÄer'sche Schläuche..... 517
Missbildung............ 1'
Mitesser..........• • • • 491
Moderation............ 20
Mola hydatitosa ........ 420
Molecule ... ........ 394
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Register.
385
Molescliott............ 350
Molluscum .........419, 492
Mollusken ............ 550
Monatsreiterei........... 480
Monstrositas............ 11
Morbilitas...........67, 124
Mortalitas...........67, 124
Morbus............1, 2, 14
—nbsp; acutissimus.......... 44
—nbsp; nbsp;acutns............ 44
—nbsp; nbsp;adolcscentiae......... 71
—nbsp; nbsp;cbronicus........... 44
—• contimuis........... 43
—nbsp; nbsp;continuus continens..... 43
—nbsp; nbsp;continuus remittens...... 43
—#9632; evolutionis .......... 71
—nbsp; nbsp;exacte acutus......... 44
—nbsp; nbsp;subacutus........... 44
—nbsp; nbsp;persistens........... 44
—nbsp; puerilis............ 69
—nbsp; recidivus ..........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;43
—nbsp; nbsp;recurrens........... 42
—nbsp; nbsp;revocatus........... 42
—nbsp; nbsp;secundarius.......... 42
Moribumlus......,..... 51)
Morphen ............. 1
morphotiseh............ 292
Mors.............. 45, 50
—nbsp; apparens ........... 60
—nbsp; per apoplexiam........ 58
—nbsp; nbsp;per syncopen......... 58
Mortalität............. 186
Mortificatio . . . 195, 198, 199, 201
Mouches volantes......... 390
Mucin. 139, 221, 223, 224, 420, 428
503, 520, 525
Mucopus............. 524
Mücke.............. 537
Müller.............. 359
Mulder.............. 381
multinucleäre Zellen....... 399
multiple Neubildungen . . . 394, 406
Multiplicität............ 438
Mumificatio.........203, 205
Mures articulares........421
Musca............... 537
Muscardlnc............ 563
Muskel, J'unctionsstcirungen der . 294 Muskelatrophie, acute...... 236
—nbsp; nbsp;braune ............ 236
—nbsp; nbsp;chronische .......... 236
—nbsp; nbsp;weisse............. 236
Muskel-Entzündung....... 295
Muskelgeschwulst......... 509
Muskelkrämpfe.......... 296
Muskellähmung, apoplectische . . 295
—nbsp; nbsp;essentielle........... 295
Köhne, allg, Veterin. Pith.
sect;sect;#9632; Muskellähmung, unvollständige . 295
MuskelstolT............ ,-,26
Muskelzittern........... 297
Muskelzucker........... 138
Muttergewehe........... 395
Mutterkorn............ 143
Mycelium ..........143, 563
Myelin............215, 370
Myeloplaxes............ 399
Myelo-osteo-Sarkoma....... 435
Myoma.............. 009
Myosarcoma ........... 509
Myösin............ 51, 526
Myxoraa fibrosura........ 420
—nbsp; gelatinosum.......... 420
—nbsp; medullare........... 420
Myxo-Sarkoma ......... 430
Nachbarinfection......... 443
Nachkrankheit.......39, 42, 47
Nachlass.............. 42
Nasvus flammula......... 513
—nbsp; telangiectodes......... 513
Nährstofi'e, plastische ...... 138
—nbsp; respiratorische........ 138
Nahrungsmittel.......... 125
—nbsp; Form der..........135
—nbsp; nbsp;Qualität „........... 136
—nbsp; nbsp;Quantität „.......... 127
—nbsp; Schädlichkeiten „....... 125
—nbsp; nbsp;Werth „............ 137
Narbenbikhmg.......... 408
Narbengewebe........268, 413
Narbenretraction......... 413
Narbenstrictur.......... 413
Narkosis.............. 390
Natronalbuminat.....51, 264, 387
Naturheilkraft........... 5
Naturheilung........... 46
—nbsp; der Darmkatarrhe....... 134
Naturhistorische Schule..... 1
Naturlehre der Krankheit .... 1
Naturspiel............. 406
Nausea.............. 348
Nekrobiosis.......198, 213, 393
Nekrosis . . 45, 50. 54, 55, 198, 199
200, 241, 393
Neraatoden ............ 544
Neaplasia .... 198, 237, 244, 396
—nbsp; nbsp;einfache............ 406
—nbsp; nbsp;histioide............ 406
—nbsp; nbsp;infectiose........... 407
—nbsp; nbsp;multiple............ 407
—nbsp; nbsp;organoide........... 406
—nbsp; nbsp;permanente.......... 408
—nbsp; nbsp;persistente........... 408
—nbsp; nbsp;solitäre............ 407
95
-ocr page 406-
386
Register.
sect;sect;• Neoplasia teratoide........ 406
—nbsp; nbsp;transitorische......... 408
Neoplasraa............ 397
Nephritis........397, 419, 535
—nbsp; nbsp;croupöse ........... 381
—nbsp; interstitielle.....272, 381, 419
Nervengeschwulst........510
Nervenkrankheiten........ 1
Nervenlähmung, essentielle . . . 295
Nervenmark...........215
Nervensystem als Vermittler der
Ausbreitung der Krankhei­ten.............15, 17
Nervenschlag........... 248
nervöse Krämpfe.......296, 297
Nervus vagus^ Lähmung des . . . 30S
Nelzchondrome.......... 421
Netzzellen-Sarkom........ 431
Neubildung......244, 393, 396,
397
—nbsp; nbsp;endogene........... 398
—nbsp; fissipare............ 398
—nbsp; infectiöse........... 407
—nbsp; nbsp;Stadium der........41, 412
—nbsp; nbsp;teratoide......... . . 406
Neumann ............ 403
Neuroglia . . 215, 233, 416, 428, 510
Neuroma........405, 420, 510
Neuropathologie........ 8, 239
Neurosen............. 1
Neurotomia............ 510
Nierensteine ........... 370
Nierenthätigkeit, Störungen der . 368
Nierenwassersucht......238, 377
Nisus formativus.......393, 415
Noeud vital.......57, 323, 392
Nosos............... 2
Nucleation, progressive ..... 399
Nucleolus............. 190
Nucleus............190, 193
Nutritio.............9, 189
nutritive Krankheits-Prozesse . . 198
—nbsp; nbsp;Restauration......... 236
Nymphomania........... 480
Obesitas..............nbsp; nbsp; 416
Obliteratio........74, 279,nbsp; 284
Obturatio...........217,nbsp; 279
Oedema.........266, 278,nbsp; 280
Oedmanson ...........nbsp; nbsp; 535
Oestrus.........537, 538,nbsp; 559
Oestrusfliege...........nbsp; nbsp; 537
Oestruslarve............nbsp; nbsp; 538
Oidium..............nbsp; nbsp; 143
—nbsp; albicans............nbsp; nbsp; 564
—nbsp; Tuckeri............nbsp; nbsp; 143
üligocythacrnia........458,nbsp; 459
sect;sect;•
Ontologie.............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1
Ophthalmo-Molanin........nbsp; nbsp; 434
Orchitis..............nbsp; nbsp; 386
Organe, blutreinigende......nbsp; nbsp; nbsp; 15
Organisation der Exsudate ....nbsp; nbsp; 395
—nbsp; nbsp;der Thromben.........nbsp; nbsp; 279
organoide Neugebilde......nbsp; nbsp; 406
ortseigene Krankheiten......nbsp; nbsp; 166
Ossificatio ............nbsp; nbsp; 226
Osteoma dumm . '.......nbsp; nbsp; 424
—nbsp; nbsp;eburneum...........nbsp; nbsp; 424
—nbsp; medullare...........nbsp; nbsp; nbsp;424
—nbsp; nbsp;molle.............nbsp; nbsp; 424
—nbsp; nbsp;spongiosum..........nbsp; nbsp; 424
Osteomalacia.....131, 150,nbsp; 222
Osteophytes............nbsp; nbsp; 430
Osteo-Sarkoma..........nbsp; nbsp; 425
Oxalate..............nbsp; nbsp; 373
Oxalsäure.......... 372,nbsp; 373
Ozaena..............nbsp; nbsp; 439
Ozon................nbsp; nbsp; nbsp;117
Pac/n'on'sche Drüsen ...... 429
Pachydermata......... . 93
Pagenstecher........... 414
Pankreatischer Saft........335
Panniculus adiposus . . 93, 238, 41G
Panophthalmitis.......... 535
Panzootien............. 166
Papillar-Cancroid . . . 406. 4vraquo;9, 500
Papilloma ..........419, 487
Paracelsus ........... 5
Paraglobulin............ 526
Paralysis..... .... 2r,0, 295
Parasiten.......... 396, 536
—nbsp; Entstehung der........ 541
—nbsp; periodische.......... 6'ö7
—nbsp; pflanzliche.......... 563
—nbsp; nbsp;stationäre........... 537
—nbsp; temporäre........... 537
—nbsp; nbsp;-Theorie von Hallier..... 17i
Paratrophie............ 225
Parenchymatöse Entzündung. . . 269 Parenchymatöses Exsudat . . 240, 270
Parenchvmflüssigkeit....... 453
Paresis '...........248, 295
Paroxismus............ 42
Pars minoris resistentiae .... 63
Passio...........6, 195, 252
Pasteur.............. 54
Pathogenia ............ 139
pathognomische Symptome .... 30 Pathologie, allgemeine...... 1
—nbsp; nbsp;physiologische........ 197
pathologische Anatomie...... 393
—nbsp; Physiologie.......... 197
Pavy............... 338
-ocr page 407-
Register.
387
sect;sect;•
Pediculus............. 537
Penicillium glaucum....... 143
Pentastomeu .....547, 554, 557
Pepsin.........337, 338
Pepsin-Chlorwassersfoffsäure . 139, 349
Pepton............... 337
peracut.............. 44
Periadenitis ........ 443, 4(J2
Pericarditis............ 535
—nbsp; traumatica........... 88
Peridermium..........143
Perilymphitis........... 447
Perimysium............ 517
Perineurium........... 41'raquo;
Perioden der Krankheiten .... 31
Periostosis ....... .... 425
Periphlebitis ........... 278
Peritonitis............. 535
Perlsucht............476
Peronospora infestans...... 143
persistens........... 44
persistente Kkhtn......... 44
—nbsp; Neugebilde.......... 408
Perspiratio insensibilis . . . 101, 104
Perturbatio critica........ 35
Pervigilium............ 164
Petechien............. 260
Petrificatio ... 205 226, 445, 470
Pettenkofer............ 375
Peyer'sehe Drüsen . ...... 451
Pflüger.............. 19
Phlebitis........... 278, 281
—nbsp; nbsp; nbsp;suppurativa........ 276
Phlebolithen......... 227, 279
Phlogosis...........41, 201
Phosphate............ 372
Phragmidivim........... 143
Phthisis . . . . •...... 234, 236
—nbsp; florida . . ,.......... 474
—nbsp; nbsp;tuberculosa.......... 474
Physaliden........... 400
Physaliphoren.......... 400
Physiologie der Kkhtn ..... 11
—nbsp; nbsp; nbsp;pathologische........ 197
Phytoparasites....... 536, 563
Pica................ 348
Piephacken............ 419
Pigment, hämatisches....... 263
Pigmentirung........... 229
Pilze................ 563
Piqiire, la............. 366
Plasma.....264, 267, 268, 453
—nbsp; nbsp;formloses........... 393
plastische Infiltration....... 271
—nbsp; nbsp;Nährstoffe........... 138
Pleospora graminis........ 143
Plethora.............. 261
sect;sect;•
Pleuritis........ 253, 270, 535
Plexus pampiniformis...... 281
Plica polonica .......... 487
Pneumothorax........... 211
Podisoma............. ]43
Polycholia.......... 361, 364
Polycystis occulta........ 143
Polyphagia............ 348
Polypus ............. 4;9
Polysarcia............. 4l,lt;)
Polyuria.............. 379
postraortal............. 219
Praedilectio......... 180, 460
Praedispositio . . 1, 40, 63, 240, 407
Priestlef/'sc/ie Materie...... 52
Primordialzellen...... 402, 404
Prodromi............28, 33
Proglottides............ 546
Proliferatio............ 239
Promycelium........... 143
Prophylaxis..........61, 562
Prostratio....... 156, 249, 295
Protagon ............. 370
Proteinstoffe......... 139, 525
Protoplasma...... 190, 192, 236
Psaramoma............ 429
Pseudarthrosis .......... 421
Pseudoligamente......... 227
Pseudoparasiten.......... 536
Pseudoplasma........... 397
Psorospermienschläuche..... 517
Psyche.............388
psychische Zustände....... 158
Ptallus .............. 563
Ptyalin ........ 135, 139, 334
Ptyalismus . . . . •....... 335
Puccinia.............. 143
------Sporen............ 143
Pulex............... 537
Pulsadergeschwulst........516
Pulse............... 300
—nbsp; Beschaffenheit der......300
—nbsp; nbsp;Frequenznbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; , ...... 301
—nbsp; nbsp;Qualitätnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ ...... 304
—nbsp; nbsp;Rhytmusnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ ..... 303
—nbsp; nbsp;Zahlnbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ ...... 300
Pulslosigkeit........... 60
Pulsus..............300
—nbsp; nbsp;arhytmicus ..........303
—nbsp; nbsp;celer.............. 302
—nbsp; nbsp;dicrotus............ 303
—nbsp; nbsp;durus............. 304
—nbsp; frequens............ 302
—nbsp; inaequalis........... 303
—nbsp; intermittens.......... 303
—nbsp; magnus............304
—nbsp; miurus ............ 304
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388
.Register.
sect;sect;. Pulsus mollis .......... 304
—nbsp; nbsp;parvus............. 304
—nbsp; nbsp;pleuus............. 304
—nbsp; nbsp;rarus ............. 302
—nbsp; nbsp;saliens........ .... 303
—nbsp; nbsp;tartlus............. 302
—nbsp; nbsp;mululosus........... 302
—nbsp; nbsp;vacuus ........... 304
puriform.....275, 276, 437, 44G
purulent.............. 276
Pus................ 413
—nbsp; nbsp;bonum et laudabile. . . 413, 44i)
Pustula maligua......... 242
Pyaemia........... 28-3, 286
Pyelitis............. 535
Pyoeyauin............. 523
Pyogenesis............ 533
Pyin............... 289
pyrogeue Stoffe 255, 288, 3! 1, 325, 535
Qualität der Pulse........nbsp; nbsp; 304
—nbsp; nbsp;der Nahrungsmittel......nbsp; nbsp; nbsp;136
Quantität, der Nahrungsmittel,
—nbsp; nbsp;zu geringe..........nbsp; nbsp; nbsp;127
—nbsp; nbsp;zu grosse...........nbsp; nbsp; nbsp;132
Querleitung............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;18
Raceanlage............ 86
Räudemilben........... 537
RaAnmfiche Körperchen .... 517
Reactio........ 195, 246, 247
Recidiviren............ 407
Recklinghausen 250, 292,415, 454,535
Reconvalescenz.......... 40
Reflex..............239
Reflexgesetze........... 19
Reflexwirkung .........17, 18
Regeneratio........40, 47, 408
regressive Metamorphose .... 198
Regulativ........... 45, 197
Regulatoren der Wärmebildung . 311
Reife, Stadium der........ 41
Reifes Lebensalter........ 73
Reiz............6, 195, 246
Reizfieber............. 317
Reizlosigkeit........... 248
Reizung, krankhafte . 4, 5, 195, 246
—nbsp; nbsp;Stadium der....... 41, 412
relativer Gesundheitszustand ... I
Relaxatio............. 250
Repulluliren ........... 407
Remissio............. 42
Reparatio............. 236
Reproductio............ 24
Resolutio.....41, 239, 241, 470
Resorption thrombotischerZerfalls-
massen............ 277
sect;sect;• Respiratorische Nährstoffe .... 138 Restitutio............40, 47
—nbsp; nbsp;ad integrum...... 37, 45, 74
—nbsp; nbsp;nutritive............ 236
Retentions-Gesehwülste...... 491
Retentions-Icterus...... 346, 360
Retractio............. 419
Rotrotracheal - Retentions - Ge­schwulst ........... 493
Rhachitis............. 131
Rhexiu, Ilaeniorrhagia per. 258, 259 Rhytmus der Krankheiten .... 43
—nbsp; nbsp;der Pulse........... 303
—nbsp; nbsp;quartanüs........... 43
—nbsp; nbsp;quotidianus.......... 43
—nbsp; nbsp;tertianus ........... 43
Riesenzellen-Sarkom....... 433
Rigor mortis.........51, 207
Rinderpest............ 455
Roestelia............. 143
Roggen-Eombroad •....... 143
—nbsp; nbsp;Stengel- und Blüthenbrand . 143
Rohrzucker............ 139
Rokiiansky......... 393, 514
Roloff . . '............. 517
Rost der Pflanzen........ 143
Köthe............... 252
Rothlauf.............. 450
Rotzgeschwür........ 438, 439
—nbsp; nbsp;primäres............ 443
—nbsp; nbsp;secuudäres.......... 446
rotzige Lungenentzündung .... 448
Rotzintiltration......... . 442
Rotzknoten............ 439
Rotzkrankheit........ 439, 44:7
—nbsp; nbsp;acute ............. 448
Rotzzellen............. 399
Rubor.............. 252
Ructus.............. 343
Rückenmarksschwindsucht .... 233
Rückfall.............. 42
Ruhr................ 353
Rundzellcn-Sarkom . . .'..... 432
Russ der Pflanzen........ 143
Saamenblasen-Wassersucht . . .nbsp; nbsp; 387
Säuglings-Alter..........nbsp; nbsp; nbsp; 69
Salivatio..............nbsp; nbsp; 335
Salubritas.............nbsp; nbsp; 124
Sanatio..............nbsp; nbsp; nbsp; 45
Sanderson............nbsp; nbsp; 473
Sandgeschwulst..........nbsp; nbsp; 439
Santonin .........., . .nbsp; nbsp; nbsp; 51
Sarcina vontriculi.........nbsp; nbsp; 564
Sarcocele.............nbsp; nbsp; 387
—nbsp; nbsp;malleosa............nbsp; nbsp; 444
Sarkolemma............nbsp; nbsp; 139
-ocr page 409-
Register.
389
sect;sect;•
Sarioma......... 403, 430,nbsp; 436
—nbsp; cartilaginosum ........nbsp; nbsp; 430
—nbsp; fibrosum............nbsp; nbsp; 430
—nbsp; gigauto-cullulare.......nbsp; nbsp; 430
—nbsp; nbsp;gliosum............nbsp; nbsp; 430
—nbsp; globo-cellulare.........nbsp; nbsp; 432
—nbsp; mucosum...........nbsp; nbsp; 430
—nbsp; nbsp;myelogenum .........nbsp; nbsp; 435
—nbsp; nbsp;osteoides ...........nbsp; nbsp; 430
—nbsp; nbsp;osteo-parosteale........nbsp; nbsp; 430
—nbsp; nbsp;reticulo-celiularo.......nbsp; nbsp; 431
Sarkomatosis...........nbsp; nbsp; 436
Sarkoptes.............nbsp; nbsp; 537
Schädlichkeiten der Nahrungs­mitte] .............nbsp; nbsp; iquot;26
Schale oder Kinghein......nbsp; nbsp; 425
Scheintod.............nbsp; nbsp; nbsp; 60
Schimmelpilz........ 143,nbsp; 210
Schizosporangitim.........nbsp; nbsp; nbsp;143
Schläfrigkeit............nbsp; nbsp; 164
Schlaf............ 162,nbsp; 390
—nbsp; nbsp; nbsp;kritischer...........nbsp; nbsp; nbsp; 64
Schlaflosigkeit ..........nbsp; nbsp; 164
Schlafsucht............nbsp; nbsp; 164
Schlagfluss............nbsp; nbsp; 392
Schleim........... 269,nbsp; 51',)
Schleimbildung..........nbsp; nbsp; 523
Schleimdrüsen des Ilagens . . .nbsp; nbsp; 345
Schleimgeschwülste........nbsp; nbsp; 420
Schleimgewebe..........nbsp; nbsp; 420
Schleimkörperchen........nbsp; nbsp; 524
Schleimkrebs...........nbsp; nbsp; 503
Schleimmetamorphose......nbsp; nbsp; 224
Schleimsporen...........nbsp; nbsp; 14.'!
Schleimstoff ...........nbsp; nbsp; 525
Schlunderweichung........nbsp; nbsp; 220
Schmarotzer ......... 396,nbsp; 537
Schmelzung, einfache......nbsp; nbsp; 219
Schmerz..............nbsp; nbsp; 255
Schmidt..............nbsp; nbsp; 337
Schneeblindheit..........nbsp; nbsp; nbsp;115
SchönMn......... 1, 29,nbsp; 209
Schorfbildung, Stadium der ...nbsp; nbsp; nbsp; 41
Schrumpfung........ 203,nbsp; 419
Schüttelfrost............nbsp; nbsp; 314
Schwäche, falsche.........nbsp; nbsp; 249
—nbsp; nbsp;irritable............nbsp; nbsp; 247
—nbsp; nbsp;wahre.............nbsp; nbsp; 247
Schwammgeschwulst .......nbsp; nbsp; 492
iichwann.............nbsp; nbsp; 393
schwarze Flecke.........nbsp; nbsp; 427
Schweifrost............nbsp; nbsp; 143
Schwellung, Stadium der ....nbsp; nbsp; nbsp; 41
—nbsp; nbsp;Stadium der markigen ....nbsp; nbsp; nbsp; 41
—nbsp; nbsp;der trüben..........nbsp; nbsp; 519
—nbsp; nbsp;trübe. . ^........ 139,nbsp; 140
Schwerharnen...........nbsp; nbsp; 377
Schwiele..............
Schwindsucht..... 234, 236,
Schwund..............
Scirrhus..............
Scleroma.......... 419,
Sclerosis........... 419,
Sclerotium Clavus........
Scolex...............
Scorbut ..............
Scoriae cutaneae.........
Scrofelmaterio ..........
scrofulöse Diathese ........
Scrofulosis......... 456,
—nbsp; nbsp;equiua .............
Seeale cornutum.........
Secret, katarrhalisches......
Secretion, Störungen der .... Sedimente der üalle.......
—nbsp; nbsp;des Urins........ 228,
#9632; Oxalsäure...........
Seeleuthätigkeit.........
Sehuenhüpfen...........
Selbstinfection.........
Selbstständigkeit der Zellen . . .
Selbsttäuschung .........
Selbstverdauung.........
Semiaium.............
Semiotik..............
Sensibilitas......... 240,
Sensorium..... ......
—nbsp; nbsp; nbsp;Störungen der Function des Septaemia, Septicaemia auch
Septikaemia 145, 210, 260, 286,
Sevum cutis............
Siebold..............
Signa morborum.........
—nbsp; nbsp;mortis.............
Sitnulia macnlata . .......
Sitz der Krankheiten.......
Veränderungen des.....
Skorbut........... 131,
solitäre Drüsen..........
—nbsp; Neoplasien.........
Somniura.............
Somnolentia........'....
Sommis........... 162,
Sonnenstich............
Soorpilz..............
Sopor.............58,
Spasmus .............
Spat................
Speckgeschwulst...... 416,
speckige Degeneration......
Speichelfluss..........
Speiche!secretion, Anomalien der Speichelsteine........ 150,
485 474 234 507 '28 428 143 539 26! 104 462 460 459 463 143 4S6 328 355 368 .'173 388 297 443 7 390 338 409 28 249 38S 389
278, 448 104 551 28 52 537 12 48 261 451 407 391 164 391 107 564 164 296 425 490 231 335 332 335
.
-ocr page 410-
390
Register.
sect;sect;#9632;
Speichelstoff............nbsp; nbsp; 135
Spermogonium..........nbsp; nbsp; 143
Spermatocele......, . 387,nbsp; 493
Sphacelia segetum........nbsp; nbsp; 143
Sphacelus...........54,nbsp; 202
Spina ventosa........ 4i9jnbsp; 435
Spindelzellen-Sarkom ......nbsp; nbsp; 431
Spissitudo sanguinis.......nbsp; nbsp; 378
Sporen ..............nbsp; nbsp; 143
Sporoidien.............nbsp; nbsp; 143
Staar, grauer...........nbsp; nbsp; 227
—nbsp; schwarzer...........nbsp; nbsp; 233
Stadien der Kkhtn....... 31 — 43
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ acuten Exantheme .nbsp; nbsp; nbsp;41
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ acuten Katarrhe . .nbsp; nbsp; nbsp; 41
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ Entzündung ....nbsp; nbsp; nbsp;41
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; „ Typhen.......nbsp; nbsp; nbsp;41
Stadium acmes .........nbsp; nbsp; nbsp; 35
—nbsp; nbsp;ante morbum.........nbsp; nbsp; nbsp; 32
—nbsp; blennorrhoicum......41,nbsp; 520
—nbsp; coctionis............nbsp; nbsp; nbsp; 35
—nbsp; criseos.........36, 41,nbsp; 309
—nbsp; decrement]...........nbsp; nbsp; nbsp; 40
—nbsp; desquamationis........nbsp; nbsp; nbsp;41
—nbsp; eruptionis...........nbsp; nbsp; nbsp; 41
—nbsp; e.xsudationis..........nbsp; nbsp; nbsp;41
—nbsp; febrile.............nbsp; nbsp; nbsp;41
•— fermentationis.........nbsp; nbsp; nbsp;32
—nbsp; germinationis.........nbsp; nbsp; nbsp;32
—nbsp; incrementi...........nbsp; nbsp; nbsp;34
—nbsp; incubationis........41,nbsp; 183
—nbsp; initii..............nbsp; nbsp; nbsp; 34
—nbsp; invasionis...........nbsp; nbsp; nbsp; 32
—nbsp; irritationis.........41nbsp; nbsp;412
—nbsp; latens.............nbsp; nbsp; nbsp; 32
—nbsp; maturitatis...........nbsp; nbsp; nbsp;41
—nbsp; occultum ...........nbsp; nbsp; nbsp; 32
—nbsp; post morbum.........nbsp; nbsp; nbsp;40
—nbsp; prodromorum.........nbsp; nbsp; nbsp; 33
—nbsp; reconvalescentiae.......nbsp; nbsp; nbsp; 40
—nbsp; resolutionis..........nbsp; nbsp; nbsp;41
—nbsp; ulcerationis..........nbsp; nbsp; nbsp; 41
Stärkemehl......... 231,nbsp; 334
Stahl...............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;5
Stallluft, Verunreinigung der . .nbsp; nbsp; 151
—nbsp; Temperatur der .......nbsp; nbsp; 152
Stallung..............nbsp; nbsp; 151
Stark...............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1
Stasis............. 253,nbsp; 535
Status biliosus....... 34laquo;,nbsp; 364
—nbsp; crapulosus ..........nbsp; nbsp; 344
—nbsp; castricus ...........nbsp; nbsp; 343
-raquo; pituitosus........ 345,nbsp; 353
—nbsp; putridus..........nbsp; nbsp; 145
Staubbrand............nbsp; nbsp; 143
Steatoma ...........416,nbsp; 491
Stechfliege ............nbsp; nbsp; 537
Steigerung der Krankheit ....nbsp; nbsp; nbsp;42
steinige Hepatisation ......nbsp; nbsp; 479
Steinfrucht.............nbsp; nbsp; 205
Stensorischer Ausführungsgang .nbsp; nbsp; 335
Sterben, partielles........nbsp; nbsp; nbsp;50
Sterilitas.............nbsp; nbsp; 387
Sthenie............ 247,nbsp; 300
—nbsp; falsche ............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;5
—nbsp; wahre..............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;5
athenisch .............nbsp; nbsp; 252
sthenische Fieber.........nbsp; nbsp; 317
Stimulus .............nbsp; nbsp; 239
Stockung des Blutes.......nbsp; nbsp; 253
Stockschnupfen..........nbsp; nbsp; 521
Störungen active.........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4
—nbsp; Fortpflanzung der.......nbsp; nbsp; nbsp; 41
—nbsp; functionelle..........nbsp; nbsp; 245
—nbsp; nutritive ...........nbsp; nbsp; 198
—nbsp; passive ............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4
Stoffwechsel, intracellulärer . . .nbsp; nbsp; 413
Stomata............ 258,nbsp; 535
Strahlkrebs............nbsp; nbsp; 487
Stricturzustand..........nbsp; nbsp; 519
Streifenrost............nbsp; nbsp; 143
Stroma............143,nbsp; 563
Strongylus .......542, 557.nbsp; 559
Struma aneurysmatica......nbsp; nbsp; 483
—nbsp; nbsp;cystica ............nbsp; nbsp; 483
—nbsp; fibrosa.............nbsp; nbsp; 483
—nbsp; lymphatica ..........nbsp; nbsp; 433
—nbsp; ossea ............,nbsp; nbsp; 4-33
—nbsp; varicosa............nbsp; nbsp; 483
—nbsp; vascularis...........nbsp; nbsp; 483
Struppirtsein...........nbsp; nbsp; 157
Stupor ........... 248,nbsp; 390
Stylosporen............nbsp; nbsp; 143
subacut..............nbsp; nbsp; nbsp;44
submiliar.......... 445,nbsp; 467
Substantia morbosa .......nbsp; nbsp; nbsp; 23
Succulentia............nbsp; nbsp; 518
Sudor...............nbsp; nbsp; 104
—nbsp; urinosus............nbsp; nbsp; 376
Suffocatio.............nbsp; nbsp; nbsp; 56
Suppuratio............nbsp; nbsp; 412
Symbiotes ............nbsp; nbsp; 537
Sympathicus.........20,nbsp; 310
—nbsp; Durchschneidung des . 239,nbsp; nbsp;251
312
Sympathie.............nbsp; nbsp; nbsp; 16
sympathisch............nbsp; nbsp; 324
Symptomata ...........nbsp; nbsp; nbsp; 28
—nbsp; essentialia...........nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; fatuita.............nbsp; nbsp; nbsp;30
—nbsp; pathognomica.........nbsp; nbsp; nbsp;30
—nbsp; perpetua ...........nbsp; nbsp; nbsp;30
—nbsp; primaria............nbsp; nbsp; nbsp;30
—nbsp; secundaria...........nbsp; nbsp; nbsp;30
-ocr page 411-
Register.
391
sect;sect;•
Symptomata temporaria.....nbsp; nbsp; nbsp; 30
symptomatisch ... ......nbsp; nbsp; 321
Symptomatologie........28, 30
Symptome, active ........nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; allgemeine...........nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; andauernde..........nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; nbsp;constante...........nbsp; nbsp; nbsp; 30
•— ephemere...........nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; functionelle..........nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; nbsp;der gestörten Function ...nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; des Krankheitsprozesses ...nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; locale.............nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; nbsp;negative............nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; nbsp;objective............nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; nbsp;passive ............nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; nbsp;pathognomonische ......nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; positive............nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; primäre............nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; nbsp;secundäre...........nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; nbsp;statische............nbsp; nbsp; nbsp; ^0
—nbsp; nbsp;subjective...........nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; unmittelbare .........nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; unwesentliche.........nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; vorübergehende....., . .nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; nbsp;wesentliche..........nbsp; nbsp; nbsp; 30
—nbsp; nbsp;zufällige............nbsp; nbsp; nbsp; 30
Syncope........... . 58,nbsp; 892
Synergie..............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;16
synochale Fieber.........nbsp; nbsp; 317
Syphilis..............nbsp; nbsp; 438
System der Kkhtn, natürliches .nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 1
—nbsp; vitalistisches .........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 5
Systole........... 300,nbsp; 305
Tabes dorsalis....... 233,nbsp; 235
—nbsp; nbsp;meseraica 23, 55, 348, 452,nbsp; 463,
474,nbsp; 480
Tabanus..............nbsp; nbsp; 537
Taenia...... 542, 548, 557,nbsp; 559
Täuschung, objective.......nbsp; nbsp; 390
Taurin...............nbsp; nbsp; 365
Taurocholsäure....... 355.nbsp; 365
Tela adiposa...........nbsp; nbsp; 416
—nbsp; nbsp;mucosa............nbsp; nbsp; 420
Telangiectasia........ 259,nbsp; 516
teleologisches Princip......5,nbsp; 557
Temperamente..........nbsp; nbsp; nbsp; 85
Temperatur äussere.......nbsp; nbsp; nbsp;103
—nbsp; der Stallluft .........nbsp; nbsp; nbsp;152
—nbsp; Einfluss einer höheren ....nbsp; nbsp; 107
—nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;„ „ niederen ...nbsp; nbsp; nbsp;105
—nbsp; innere.............nbsp; nbsp; 307
—nbsp; Erhöhung der.........nbsp; nbsp; 251
temporäre Parasiten.......nbsp; nbsp; 537
Tenacität der Contagien.....nbsp; nbsp; 174
teratoide Neubildung.......nbsp; nbsp; 406
sect;sect;•
Teremorphie...........nbsp; nbsp; nbsp; 11
Tetanus..............nbsp; nbsp; 220
—nbsp; nbsp;universalis...........nbsp; nbsp; 311
Thätigkeit............nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;9
—nbsp; gehemmte...........nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 6
Thekasporen ...........nbsp; nbsp; 143
Theorie der acuten Entzündungnbsp; nbsp; 535
Therapie .............nbsp; nbsp; nbsp; 61
—nbsp; nbsp;der Parasiten Kkhtn......nbsp; nbsp; 560
Thierlaus.............nbsp; nbsp; 537
Thiersch............nbsp; nbsp; 494
Thränenflüssigkeit........nbsp; nbsp; 265
Thrombose............nbsp; nbsp; 273
—nbsp; der Aorta descendens ....nbsp; nbsp; 281
—nbsp; nbsp;der Arterien.........nbsp; nbsp; 280
—nbsp; nbsp;der Beckenarterie.......nbsp; nbsp; 281
—nbsp; nbsp;Compressions-........nbsp; nbsp; 281
—nbsp; Dilatations-..........nbsp; nbsp; 281
—nbsp; Folgen der..........nbsp; nbsp; 280
—nbsp; marantische oder marastische.nbsp; nbsp; 281
—nbsp; putride............nbsp; nbsp; 278
—nbsp; valvularis...........nbsp; nbsp; 281
—nbsp; traumatische . . ,......nbsp; nbsp; 281
—nbsp; Ursachen der ........nbsp; nbsp; 281
Thrombus, autochthoner.....nbsp; nbsp; 273
—nbsp; fortgesetzter..........nbsp; nbsp; 273
—nbsp; parietaler...........nbsp; nbsp; 281
—nbsp; primitiver...........nbsp; nbsp; 273
—nbsp; secundärer . ;........nbsp; nbsp; 273
—nbsp; nbsp;wandständiger...... 273,nbsp; 281
—nbsp; nbsp;obturirender....... 273,nbsp; 281
Thymusdrüse...........nbsp; nbsp; 451
Tilletia Caries..........nbsp; nbsp; nbsp;143
Tochtergewebe..........nbsp; nbsp; 395
Tod, allgemeiner.........nbsp; nbsp; nbsp; 45
—nbsp; apoplectischer.........nbsp; nbsp; nbsp; 58
—nbsp; mittelbarer .....#9632; . . . .nbsp; nbsp; 213
—nbsp; örtlicher . . . :.......nbsp; nbsp; nbsp; 50
—nbsp; unter Convulsionen oder
Krämpfen..........nbsp; nbsp; nbsp; 58
—nbsp; unter soporösen und comatö-
sen Zufällen.........nbsp; nbsp; nbsp; 58
Todesarten, natürliche......nbsp; nbsp; nbsp; 58
Todeskampf ...........nbsp; nbsp; nbsp; 59
Todesursachen, nächste.....nbsp; nbsp; nbsp; 54
Todeszeichen...........nbsp; nbsp; nbsp; 52
Todtenflecke............nbsp; nbsp; nbsp; 53
Todtenstarre..........nbsp; nbsp; nbsp; 51
Tonsillen.............nbsp; nbsp; 451
torpide ........... 252, 317
Torpiditas ............nbsp; nbsp; 247
Torpor ........ 247, 248,nbsp; 390
Toxicologie............nbsp; nbsp; nbsp;148
Traberkrankheit..........nbsp; nbsp; 233
Transformatio . . 393, 397, 419, 420
transitorisch............nbsp; nbsp; 413
-ocr page 412-
392
Register.
transitorische Knorpel......
—nbsp; nbsp;NeugebUde..........
Transplautatio..........
Transsudatio........ 257,
Traube ..............
Traum...............
traumatische Trombose......
Trematodes............
Trichina .......... 537,
Trichoma.............
Trichophyton tonsurans.....
Triphraginium..........
trübe Schwellung...... 23t),
Tuberculosis........ 465,
Tuberkel ....... 465. -107.
—nbsp; nbsp;cruder ............
—nbsp; nbsp;gelber.............
—nbsp; nbsp;grauer .............
—#9632; reifer.............
—nbsp; nbsp;roher .............
—nbsp; unreifer............
—nbsp; nbsp;Verflüssigung der.......
Tuberkelabscess .........
Tuberkelcaverne.........
Tuberkeigeschwür.........
—nbsp; nbsp;fressendes..........
Tuberkeliuiiltration........
Tuberkelkapsel..........
Tuherkolkörperchen....... .
Tuberkelmaterie .........
tuberkulisiren...........
tuberkulöse Entzündung.....
Tumor...............
—nbsp; nbsp;alhus..............
—nbsp; nbsp;inflarnmatorius..... 239,
—nbsp; nbsp;lymphaticus..........
—nbsp; nbsp;mucosus............
Tunica decidua..........
Turgor .......... ...
Tympanitis .... 88, 134, 342,
Typhen, Stadien der.......
Typhomanie............
typhöse Fieber ..........
Typhus petechialis . .......
—#9632; urinosus............
Typhus-Geschwülste.......
—nbsp; nbsp;-Geschwüre..........
—nbsp; nbsp;-Korperchen..........
—nbsp; nbsp;-Materie............
Typus ...............
—nbsp; nbsp;ameponens..........
—nbsp; fbrus..............
—nbsp; mobilis ............
—nbsp; nbsp;postponens..........
—nbsp; nbsp;der Fieber ..........
typisch ..............
Tyrosin........ 147, 200,
sect;sect;• 424 408 200 264 535 391 281 550 549 487 564 143 2-10 523 523 467 467 467 467 467 467 468 469 -169 468 468 468 469 166 467 472 472 397 419 256 455 420 431 236 344 41 41 317 261 377 455 455 209 455 43 43 -13 43 43 319 43 385
sect;sect;•
Ueberbeine............. 425
Ueberfütterung....... 134, 344
Ueberladung........... 344
üebermüduug........... 161
Uebung.............. 46
Ulceratio.....41, 241, 414, 423
—nbsp; Stadium der.......... 41
Ulcus............... 414
—nbsp; nbsp;cancroides .......... 501
—nbsp; rodens............. 440
Uniluilhmgstheorie........ 394
Unfruchtbarkeit ........386
Unreinigkeit, des Blutes..... 488
Unterhaut-Fettgewebe...... 238
Unterleibsschwindsucht...... 474
Unverdaulichkeit chronische . . . 348 unvollständige Genesung . . . 45, 47 Uraemia . . 283, 367, 370, 377, 382
Urate.........., . . . . 372
Ursachen, äussere.......61, 69
—nbsp; nbsp;innere............61, 62
—nbsp; nbsp;veranlassende........61, 97
—nbsp; nbsp;vorbereitende......... 97
Uredo............... 143
Uredo-Sporen........... 143
Urin, Abnormitäten des..... 368
—nbsp; fremilartige Beimengungen zum 380
Urocystis............. 143
Uromyces.......' . ... 143
Urzeugung ............ 541
Ustilago.............. 143
Usur, fettige........... 215
Vacuojen.............
Vagus, Einfluss desselben auf die llerzthätigkeit.......
—nbsp; nbsp; nbsp;Einlluss desselben auf die
Zuckerbildung in der Leber . ........
—nbsp; nbsp; nbsp;Herrschaft derselben über
den Stolfwechsel und die Wärmeproduction .
Valentin'a Brandkörper.....
Varicocele.............
Varix.......260, 281, 511,
Vascularisation..........
—nbsp; nbsp;der Exsudate.........
—nbsp; nbsp;der Thromben........
Vehicula............
Vena saphena....... 250,
Venenbruch ...........
Venenentzündung.........
Venenpuls ............
Venensteiue......... 227,
Venenum.......... 167,
Ventilation........ 111,
Yerallgemeinernng der Kkhtn. .
0gt;)O
20 366
312 209 516 516 393 395 279 169 280 516 2-6 305 279 199 151 13
mm
-ocr page 413-
Register.
393
Verblutung............ 56
verdächtige Druse........ 441
Verdaulichkeit.......... 139
Verdauungsschwäche, atonische . 340
—nbsp; nbsp;marantische.......... 341
Verdichtung......... 198, 225
Verdickung............ 225
Verdursten............ 55
Verengerung der Gefüsse . 250, 535
Verfettung............ 204
Verflüssigung........... 221
Vergiftung............ 199
Verhältnisse, diätetische..... 125
Verhärtung......... 198, 225
Verhornung der Tuberkel .... 47u
Verhungern............ 55
Verkalkung...... 205, 20G, 228
—nbsp; nbsp;der Thromben........ 279
—nbsp; nbsp;der Tuberkel......... 470
Verklebung............ 411
Verknöcberung .... 225, 226, 424
verzögerte ............ 131
Verkreidung ........ 205, 226
Verlauf der Kkhtn........ 31
Vornarbung............ 412
—nbsp; nbsp;Stadium der.......... 41
Vernunft............. 388
Verruca........... 419, 487
Verschlechterung......... 234
Verschwärung ... 41, 241, 414, 423
—nbsp; nbsp;Stadium der ......... 41
Verstand ............. 387
Versteinerung .......... 226
Verstopfung der Gefässe .... 217
Vertebraten............. 552
Verweichlichung......... 106
Vibices.............. 260
Vibrio lineola .......... 210
vibrionäre Dyskrasie....... 210
Vicariatio . . .......... 245
vicarirende Thätigkeit...... 330
Viehbremse............ 537
Vülemin............. 473
Virchow . . 223, 256, 252, 370, 413 439, 454, 512
Virus......... 166, 199, 285
Vis medicatrix naturae.....5, 35
Vis pulsifica........... 250
vitalistisches System....... 5
Vita minima.........60, 200
Vita praeternaturalis . . . .1, 21, 196
Vitium .............. 2
Vollständige Genesung...... 45
Vomica..........285, 532
Vomitus urinosus ........ 376
Voracitas............. 348
Vorgang, fremdartiger ..,.,. 10
sect;sect;•
Vorboten, Vorläufer....... 33
Vulnerabilitas .......... 65
Wadenkrampf.........nbsp; nbsp; 297
wächserne Degeneration.....nbsp; nbsp; 231
—nbsp; nbsp;Steifigkeit...........nbsp; nbsp; 298
Wahnvorstellung.........nbsp; nbsp; 390
Waldeyer............ 403
Waldenburij........... 473
Waller . .'............ 535
Wanderzellen..... 415, 436, 443
Wärmoproductiou, Störungen der
thierischen.......... 306
Warzen........... 419, 487
Wassergeschwulst........ 493
Wasserkreislauf, intermediärer . 333
Wassersucht........... 493
Weber........... 312, 403
Weichselzopf........... 487
Wcisser Fluss.......... 528
Wesen der Krankheiten ... 1, 3, 10 ll'7/i7;7olaquo;quot;scher Ausfiihruugsgaug 335
—nbsp; nbsp;Sülze...........420
Wiederherstellung der Gesund­heit ............. 37
Winddorn............. 435
Winde............ 111, 112
Winterschlaf........... 60
Wirmv ff schar Ausführungsgang 335 Witterungs-Constitution . . 119, 166
Wühler.............. 375
Worara.............. 366
Wucherungen, papilläre..... 419
Wurm............ 439, 447
Wurtngeschwür.......... 439
—nbsp; nbsp;primäres........... 443
—nbsp; nbsp;seeundäres.......... 446
Zahnwechsel........... 95
Zecke............... 537
Zellenbildner........... 398
Zellcubildung, endogene..... 400
—nbsp; nbsp;heterologe........... 193
—nbsp; nbsp;homologe........... 193
Zelleninhalt ........... 190
Zelleukern......... 190, 193
Zellenkitt............. 198
Zellenmembran.......... 190
Zellenneubildung......... 398
Zellenproliferation........ 239
Zellenwanderung......... 15
zelliger Katarrh ......... 521
Zersetzung des Blutes .... 23, 210 Zertheilung............ 239
—nbsp; nbsp;Stadium der......... 41
Zooparasites ........... 536
Zottenkrebs......... 500, 505
-ocr page 414-
394
Register.
sect;sect;•
Zuchtzellen......... 400,nbsp; 415
Zucker........... 135,nbsp; 334
Zuckerbildung in der Leber . .nbsp; nbsp; 365 — Einfluss des Nervensystems
auf die............nbsp; nbsp; 366
Zuckerharnnihr....... 367,nbsp; 380
Zuckerstich............nbsp; nbsp; 3t''6
sect;sect;•
Zugluft..............nbsp; nbsp; 105
Zwischenträger..........nbsp; nbsp; 175
Zwischenzeit, anfallsfreie oder
fieberlose ..........nbsp; nbsp; nbsp;42
Zygodesmus ...........nbsp; nbsp; 244
Zymosen.............nbsp; nbsp; 318
zymotische Krankheiten.....nbsp; nbsp; 171
-ocr page 415-
Berichtigungen.
Seite 10nbsp; Zeile 20 t. o. lies Heterotopie statt Heterologie.
—nbsp; nbsp; nbsp; 10nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 7 v. u.nbsp; nbsp;— Teremorphie statt Teramorphie
—nbsp; nbsp; nbsp; 30nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;4 v o.nbsp; nbsp;— der statt den.
—nbsp; nbsp; nbsp; 32nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;6 v. u.nbsp; nbsp;— coctionis statt ooctionis
—nbsp; nbsp; nbsp;57nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;2 v. o.nbsp; nbsp;— Zellgewebes statt Zellengewebes.
—nbsp; nbsp; nbsp; 91nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 12 v. u.nbsp; — von Eiweissstoffen und Kohlenhydraten oder
Fetton.
—nbsp; nbsp; 100nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 15 v. o.nbsp; nbsp;— C. 24 statt B. 24.
—nbsp; nbsp; 101nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;G v. u.nbsp; setze B. vor „Schädliche Beimengungen.*
—nbsp; nbsp; 102nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 18 v. o.nbsp; lies Fungi statt Funge.
—nbsp; nbsp; 144nbsp; nbsp;nbsp; nbsp; II t. u.nbsp; nbsp;— intracelluläre statt intercelluläre.
—nbsp; nbsp; 150nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; nbsp;5 v. unbsp; nbsp;setze vor: Folgende etc. sect;. 214.
—nbsp; nbsp; 178nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 19 v. u.nbsp; S^hluss der Parenthese vor Congestion
—nbsp; nbsp; 283nbsp; nbsp; nbsp; nbsp; 19 v. o.nbsp; lies 7 statt 6 und nummerire die folgenden um 1 höher.
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Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin.
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