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Ein Fall von Zahnanomalie
beim Pferde.
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Ein Fall von Zahnanomalie
beim Pferde.
                                                                         
Inaugural Dissertation
zur
Erlangung der Doctorwürde
der hohen veterinar-medizinischen Fakultat
der Universitat Bern,
vorgelegt von
JAN VAN DER VEEN,
Tierarzt aus Tiel (Holland).
_______________________ BIBLIOTHEEK
^^^^H                               1 DIERGENEESKUNDE
^^^^^^^^^m                           UTRECHT
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Von der Fakultat auf den Antrag von Herrn
Prof. GUILLEBEAU zum Drucke genehmtgt,
Bern, den 16. Juli iqo8.
Der De kan:
E. HESS.
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Ta fel I (nach einer Photographie)
P3 + 1                    2                    3                4             5a + 5             6            7
C        6
8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
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> t # I I
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EINLEITUNG.
Vorliegende Arbeit verdankt ihre Entstehung
einem sehr interessanten Fall von Zahnanomalien bei
einem Pierde, das der chirurgische Klinik der staat-
lichen Tierarztneischule zu Utrecht zur Behandlung
übergeben wurde. Ich will erst die Krankheitsge-
schichte des betreffenden Pferdes voranschicken.
Am 5. September 1907 wurde ein 4-jahriger, 1.67 M.
hoher kastanienbrauner Wallach von gekreuzter inliin-
discher Rasse, Herrn G. E. T. v. L. gehörig, wegen
einer Verdickung an der linken Seite des Oberkiefers
in Behandlung gegeben.
Die Geschwulst war nach und nach entstanden und
wiewohl sie keine Funktionsstörungen verursachte,
verunzierte sie doch dermassen das Angesicht, dass der
Handelswert des Tieres dadurch bedeutend geringer
wurde.
Aus der Untersuchung des Wallachs ging hervor,
dass der schwach gewölbte, mehr oder weniger harte
Tumor sich über eine Lange von 10 c.M. über die
Backzahnreihe ausdehnte. Auch nach innen war der
Tumor vorgedrungen, da die obere Nasenmuschel in
ihrem vorderen Teil diffus verdickt und an die Nasen-
scheidewand gedrückt war. Bei Palpation zeigte die
Nasenschleimhaut sich glatt und nicht verletzt. lm
Maule bestand an der labialen Seite der drei vorderen
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8
Backzahne eine diffuse langliche Verdickung des Kie-
fers, welche oben in den Tumor überging. Dieser Teil
fühlte sich hart an, war mit rundlichen Erhebungen
versehen und mit einer normalen Schleimhaut bedeckt.
An der lingualen Seite war der Zustand normal. Wic-
wohl an keinem der drei betreffenden Backzahne
Karies nachgewiesen wurde, dachte man doch an das
Bestehen einer Ostitis und Periostistis des Oberkiefers
mit chronischer Entzündung der oberen Nasenmuschel
infolge von Karies an der Wurzel eines oder mehrerer
der Praemolare.
Man beschloss den dritten Praemolaren auszuziehen
und schritt dazu am 7. September; er liess sehr leicht
los und kam als sogenanntes Kronenrudiment (also ohne
Wurzel) heraus. Anfangs achtte man nicht auf die eigen-
tümliche Rudimentsform und meinte, dass die Krone
abgebrochen und die Wurzeln des Backzahns noch in
der Alveole zurückgeblieben waren. Man versuchte fol-
gerichtig diese Wurzeln auszustempeln. Dieses gelang
aber nicht, es wurden zwar einige Stückchen Zahn
ausgehoben, doch Wurzeln wurden nicht gefunden. Da
mm ein Teil des Tumors durchbort wart, und mit der
Maulhöhle komuntzierte, meinte man, dass eine Irriga
tion mit schwacher Kreolinlösung Besserung herbeifüh-
ren würde. Die Geschwulst blieb aber gleich dick und die
Nasenmuschel veranderte nicht. Nachdem man zehn Ta-
ge lang irrigiert hatte, wurde der obere Teil des Tumors
mit der Trephine durchbohrt um eine Verbindung mit
der Nasenhöhle zu gewinnen. Dieses gelang und nun
stellte es sich heraus, dass das Innere der Anschwellung
aus einer ausserordentlich harten Masse bestand, welche
sich beinah bis an die Nasenscheidewand ausdehnte.
Durch diese Oeffnung wurde auch taglich irrigiert. Da
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9
die Behandlung aber erfolglos blieb, wurde am 7. Oc-
tober auch der zweite Fraemolar (p2) entfernt. Auch
dieser war ein Kronenrudiment. Da auch dieses Mal
die Wurzeln fehlten, wurde ein Stückchen von dem oben-
beschriebenen, labial von den Backzahnen liegenden,
Tumor abgemeisselt. Er schien zahnahnliche Produkte
zu enthalten. Indem man nun die Trepanationsöffnun-
gen vergrösserte, konnte man nach und nach Zahne
und zahnahnliche Produkte entfernen, von denen die
vornehmsten auf % der wirklichen Grosse nach einer
Photographie auf Tafel I dargestellt sind. Die klei-
neren waren sehr leicht mit dem Finger zu entfernen,
die grosseren dagegen nur mittelst der Kornzange. Die,
welche in dem Teil des Tumors, labial von den Praemo-
laren lagen, wurden samtlich durch Abmeisselung dieses
Stückes .entfernt.
Nachdem alle sogenannten erratischen Zahne und
Zahnprodukte entfernt waren, konnte man die Verhalt-
nisse des Oberkiefers untersuchen. Das Nasenbein und
der Processus maxillare des Zwischenkieferbeins waren
nicht an dem Prozess beteiligt gewesen und waren folg-
lich normal. Die mediale Lamelle des Os maxillare
an der Stelle des Tumors war zum grössten Teil ver-
schwunden. Die laterale Lamelle war papierdünn, durch
die Manipulationen gebrochen und zum Teil entfernt.
Etwa einen Finger breit vor dem Foramen infraorbi-
tale begann eine Lücke im Oberkieferbein von etwa
6 c.M. Lange. An der Stelle bestand eine grosse Kom-
munikationsöffnung zwischen Nasen- und Mundhöhle.
Das Palatum aber war ganz normal. Auch die untere
Nasenmuschel hatte sehr wenig gelitten. Taglich wurde
nun der Patiënt einige Male mit Irrigation behandelt.
3 <>/o ige Kreolinlösung, 1 %0 Kalium hypermangan, oder
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IO
physiologische Kochsalzlösung vvurden periodisch ab-
wechselnd durch die Trepanieröffnung eingespritzt, bis
die Oeffnung zwischen Nasen-und Mundhöhle sich durch
Bindegewebildung geschlossen hatte. ,
Wiewohl das Pferd 4 Jahre alt war und die Zeit
des Praemolarwechsels vorbei war, hatte derselbe, wie
die Anwesenheit des Kronenrudimentes ergab, nicht statt-
gefunden. Der zweite und der dritte Praemolar waren
nicht durchgebrochen. Auch der bleibende erste Prae-
molar war nicht in das Niveau der Backzahnreihe vor-
gerückt. Das Kronenrudiment des dritten Backzahnes
war mit der hand zu entfernen und bei der Untersuchung
der Maulhöhle, nachdem das Pferd etwa vier Monate
in Behandlung gewesen war, zeigte es sich, dass der
dritte bleibende Backzahn (Pl) schrag mit bedeutender
lateraler Abweichung durchbrechen wollte, sbdass aus-
serlich an dieser Stelle eine Anschwellung sichtbar war.
Am 2ten Januar wurde darauf der dritte Backzahn aus-
gestempelt und die Irrigation wieder angewendet.
Nachdem bei der erstzten Trepanieröffnung noch
einige teihveisc nekrötische Stückchen Knochen entfernt
waren, griff man operativ nicht mehr ein.
Anfangs Februar 1908 waren alle gemachten Oeff-
nungen wieder geschlossen. Auch Mund- und Nasen-
höhle waren durch ein Bindegewebeprodukt wieder von
einander getrennt.
Wiewohl ausserlich die Backengegend nicht völlig
normal erschien, war der Zustand so gebessert, dass,
wenn man nicht beide Gesichtshalften mit einander ver-
glich, man die Abnormitat nicht leicht bemerkte.
Das Pferd verliess als wiederhergestellt die Klinik
am 23. Februar des Jahres 1908.
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II
Aus dem Krankheitsbericht erhellt, dass ein 4 jahri-
ges Pferd im Oberkieferbein einen Tumor hatte, ent-
standen infolge einer Entwickelung von mehreren
Zahnen oder zahnahnlichen Produkten. Die Entwicke-
lung dieser Geschwulst hatte den Zahnwechsel dermas-
sen beeinflusst, dass der permanente erste Praemolar
in abnormer Richtung durchbrach, d. h. mit schrager
Abweichung nach aussen s. g. versio lateralis1).
Der dritte und der zweite Praemolar (P3 und P2)
waren gar nicht durchgebrochen.
Für P2 war dies sehr natürlich, weil im Tumor
keine Spur von P- zu finden war. Wahrscheinlich hat
die Anlage dieses Zahnes den normalen Entwickelungs-
prozess wegen das Auftretens pathologischer Verhalt-
nisse nicht vollführen können. P3 hatte seine volle Lange
crreicht, wiewohl er nicht an der ,normalen Durchbruch-
stclle zugegen war. Hier bestand also eine heterotope
maxillare inclusio dentis -').
P3 war mit einem Zahngebilde, das ungefahr sen-
krecht auf der lingualen Flache von P3 stand, verbun-
den (s. Tafel I Fig. P3+i). Der gebildete Winkel war
etwas grösser als 90 °. Dass eine derartige Synodontie
den Durchbruch von P3 verhindern konnte ist sehr
wahrscheinlich.
Nach Baume 3) treibt das wuchernde Knochenmark
den Zahn aus der Zahnhöhle, bis der Zalm durch seinen
Antagonisten in seiner Bewegung gehemmt wird. Es ist
sehr warhscheinlich, dass durch ziemlich grosse Fort-
satze ein Widerstand entsteht, der durch das wuchernde
Knochenmark nicht beseitigt werden kann, sodass in-
clusio dentis die Folge davon ist.
Der Zustand der übrigen Zahne und Backzahne
war normal.
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12
Von der auf Tafel I abgebildeten Reihe von Zahnen
und zahnahnlichen Produkten konnte man nicht mit
Bestimmtheid feststellen, wie sie in dem Tumor befestigt
gewesen waren; ob sie in Alveolen gestanden hatten,
oder ob sie als feste Körper in eiiiem weicheren Polster
cingeschlossen waren, wie Lohoff 4) dieses von dem von
ihm studierten odontogenen Neoplasma beschreibt.
Durch die verschiedenen opsrativen Manipulationen
wie Stempeln, Trepanieren und Ziehen war die Mög-
lichkeit den inneren Zustand des Tumors beurteilen
zu können ausgeschlossen.
lm abgemeisselten Teil des Tumors waren die Ver-
haltnisse deutlich. Disser Teil bestand aus einem
schwammigen Knocbengewebe, in dem die Zahne und
die zahnahnlichen Körperchen nach allen Richtungen
zerstreut, jeder für sich, oder zuweilen mit einem an-
deren verbunden, in einer deutlich gebildeten Höhle
lagen. Bei einigen derselben konnte leicht zwischen Zahn
und Knochenwand eine Membran (alveolar-periost) nach-
gewiesen werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach waren
alle Zahngebilde in Alveolen eingefügt. lm Ganzen
konnte eine Gesammtzahl von 30 Zahnen und Zahn-
produkten festgestellt werden. P3 war nicht mit ein-
begriffen. Darunter befanden sich Zahnprodukte von
sehr verschiedener Form und 'wie sich spater zeigte van
sehr verschiedener Struktur. Hauptsachlich waren es
kegelförmige Zahne (emboli) wie auf Tafel I aus den
Figuren 6, 8, 10 und 12 deutlich ersichtlich ist.
Weiter eine Reithe von sieben Zahnprodukten, wel-
che ich, zu den Odontomen rechne. Auf Tafel I sind unter
1, 2, 3, 4, 5a—13 sechs solcher Gebilde abgezeichnet.
Ein siebentes, das in einer Höhle in dem abgemeisselten
Stück Tumor gefunden wurde, zeigt bei unregelmassiger
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13
zylindrischer Gestallt folgende Masse: Hoch 2,4 c.M.,
Diameter Bodenflache 1,3 c.M.
Weiter kamen drei Falie von Synodontie vor, nam-
lich zwischen P3 und Odontom I (s. Tafel) und zwischen
zwei unregelmassig gebildeten Kegelzahnen. Diese ver-
wachsenen Zahne waren aüs dem knöchernen Stück
Tumor losprapariert und Hessen einen kongruenten Ab-
druck als Alveolus zurück.
Ein Stück von einem Zahnprodukt, das spater als
ein Teil eines Odontoms betrachtet werden musste, war
durch die operative Manipulation abgebrochen; die an-
deren Teile dieses Odontoms waren bei der Operation
verschwunden. Auch ist es leicht möglich, dass dabei
noch einige kleine Zahne übersehen wurden.
Auf Tafel I findet man die Abbildung des dritten
Falies von Synodontie zwischen einem Odonton und
einem gebogenen Kegelzahn (5a+5).
Die genauere Beschreibung ahnlicher Falie von Po-
lyodontie, wie des hier konstatierten, den man zu der
atypischen Polyodontie rechnen muss, habe ich in der
veterinaren Litteratur nicht finden können.
Kitt1) erwahnt eine kongenitale atypische Polyo-
dontie am Unterkiefer eines missgebildeten Kopfes bei
einem Kalbe, das 20 Schneidezahne in diesem Kiefer
aufwies. Die Meisselform der Zahne war deutlich sicht-
bar. Kegelzahne oder odontomahnliche Zahnprodukte
fehlten aber. Von den anderen von Kitt zitierten aty-
pischen Polyodontien sagt er, dass sie zu der konge-
nitalen Hyperplasie gehören und dass die überzahligen
Zahne meistens früher als die Wechselzahne gebildet
werden, oder dass sie von massiver und komplizierter
Form sind.
M a g i t o t5) berichtet, dass er ein Pferd gesehen
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habe mit Doppelreihen von Schneidezahnen und dass
Goubaux auch unten und oben 12 Schneidezahne in
Doppelreihen ein und derselben Dentition angetroffen
habe. Es sind dies aber alles Falie, deren überzahligc-
Zahne noch zu den Schneidezahnen zu rechnen sind. Die
von mir gefundenen Produkte haben aber nicht den Pfer-
dezahntypus. Einige davon veilleicht den Typus caninus.
Der von Hertwig beobachtete Fall bei einem 2V2-
jahrigen Pferde hat viel Aehnlichkeit mit dem von mir
beschriebenen. Er zeichnet ihn als fötale Zahnge-
schwulst und fand „unter einer etwa 1V2 Linien dicken
Knochenwand fast samtliche Zahne des Pferdegebisses,
wenn auch klein und unentwickelt zugegen. Die Zahne
lagen so lose auf ihrer Unterlage, dass sie mit den
Fingern entfernt werden konnten". Ist dieses letztere
wirklich der Fall, dann besteht zwischen beiden Fallen
ein so grosser Unterschied, dass man sie unmöglich
identifizieren kann. Fin amerikanischer Tierarzt hat
aus den Oberkieferhöhlen eines Pferdes eine Cyste ent-
fernt, die 400 Zahne enthielt, von denen der grösste
1V2 Zoll lang und so dick wie der Daumen der Hand war.
Der als odontogenes Neoplasma von Dr. Lohoff
beschriebene Fall4) weicht in vielen Hinsichton von
diesem Falie ab. Er fand aus Email und Dentine be-
stellende, als Polypenstöcke geordnete Zahnprodukte,
die in weichem Tumorgewebe lagen. Letzteres bestand
aus Geweben ahnlich dem Emailorgan und anderenteils
dem Pulpagewebe. Mit Zement war keines der Zahn-
produkte versehen und Gewebe, das dasselbe hatte er-
zeugen sollen, felthe in dem Neoplasma.
Die von mir gefundenen Zahnprodukte lagen in so
weit ich dieses feststellen konnte, nicht in einer weichen
Masse, sondern in Alveolen.
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15
Alle untersuchten Produkte bestanden aus den drei
Zahngeweben: Zement, Email und Elfenbein.
Diese fundamentalen Unterschiede genügen meiner
Meinung nach vollstandig, um den obenbeschriebenen
Fall zur Polyodontie zu rechnen und ihn nicht als ein
odontogenes Neoplasma zu betrachten.
Beim Menschen wurde von Hildebrand c) ein
Fall von Polyodontie konstatiert und beschrieben, der
wesentlich mit dem meinigen übereinstimmt.
Bei einem Knaben von 7 Jahren wurden aus den
rechten und linken Oberkiefern und auch aus dem Unter-
kiefer Zahne und Zahnprodukte aus Anschwellungen
entfernt, die sich an diesen Stellen gebildet hatten.
Diese Zahne waren sehr verschieden in der Form,
es waren Molare und Praemolare, Eckzahne aber keine
Schneidezahne. Bei sehr verschiedener Grosse waren
sie sehr unregelmassig gebildet, soclass die Wurzeln
oft viel zu klein und ausserdem in abnormaler Rich-
tung mit ihren Kronen verbunden waren. Keiner von
den Zahnen war normal. Zahnconvulenten waren nach
Hildebrand kein Haufen von Zahnsubstanz, sondern eine
Anhaufung von getrennt angelegten Zahnen. Die Zahn-
produkte bestanden aus allen drei Zahnsubstanzen. Es
ist somit ein Fall in dem die Zahnprodukte von den
normalen Typen bedeutend abweichen.
Die monströsen Zahnconvulenten sind nach dem
Untersucher nich als Odontome zu betrachten, sondern
als Produkte einer Synodontie (Verwachsung, keine
Verschmelzung). Die Hauptsache liegt in der Anzahl
von Zahnen, welche die Ursache der scheinbaren Odon-
tombildung waren. Als nun im Jahre 1891 derselbe
Patiënt, der im Jahre 1890 operativ behandelt und ge
heilt worden war, wieder wegen einer derartigen Zahn-
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16
anomalie zur Behandlung kam, meinte Hildebrand die
„debris épitbeliaux paradentaires" von Malassez als
Ursache der Polyodontie annehmen zu mussen.
Bemerkenswert ist die Meiuung dieses Forschers,
es sei die Anomalie nach dem intra-uterinen Leben
entstanden.
Nach dieser Einleitung und kurzgefassten Ueber-
sicht über die Falie, welche mehr oder weniger mit dem
meinigen übereinstimmen, glaube ich, dass es am bes-
ten ist, wenn ich zuerst einige allgemeine Bemerkungen
über die Polyodontie vorausschicke und dass ich dann
die Resultate der Untersuchung der resp. Zahnpro-
dukte folgen lasse. Die Ansichten, welche ich zur
Erklarung der Polyodontie in der mir zur Verfügung
stehenden Litteratur, gefunden habe stimmen in einer
Hinsicht überein, nl. in Bezug auf die Anlage von
die normale Zahl übertreffenden Zahnkeimen.
Wie eine derartige überzahlige Anlage entsteht wird
auf verschiedene Weise erklart. Einige von Magitot5)
zitierte veraltete Meinungen scheinen ganz unberech-
tigt, wie z.B.: Die Theorie von Hyrtl.
Nach dieser Theorie sollte ein überzahliger Zahn
durch völlige Abtrennung eines Hoekers von dem nor-
malen Zahn entstehen können. (Une theorie ancienne
encore défendue par Hyrtl par laquelle une dent surnu-
méraire serait Ie résultat d'une sépération complete d'un
bourgeon ou tubercule d'une dent normale).
Die Theorie der totalen Zahnkeimspaltung. Die
bildenden Gewebe eines totalen Zahnkeimes spalten sich
in zwei Teile, aus denen dann wieder zwei Zahne ent-
stehen. Dies war die Meinung von J. Geoffroy St.
Hilaire.
Auch Virchow7) halt das Entstehen von überzah-
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17
ligen Zalmen durch Spaltung für möglich, denn er sagt,
dass sich ein Schadel in seiner Sammlung befinde, der
im Oberkiefer drei Emboli statt des ersten Molars auf-
weist; demnach muss ein dreiwurzeliger Zahn sich in
drei einzelne Zahne gesondert haben.
Magitot ist der Meinung, dass Keimspaltung eine
Anomalie ware, die zur Odontombildung führen würde.
(La division d'un bulbe et d'autres organes intrafolli-
culaires, un phénonème qui se produit quelques fois,
n'entraine jamais la formation d'une dent surnuméraire
mais la production d'une masse incomplètement divisée,
c'est a dire une dent frapée d'anomalie de forme ou une
anomalie de nutrition, un odontome coronaire par
exemple.)
Nach Kollman werden beim Menschen in der föta-
len Zeit mehr Emailkeime angelegt als für eine normale
Anzahl Zahne nötig ist. Wenn der Hals vom Emailorgan
sich losgemacht hat, wuchert dieser Strang und schickt
nach vielen Richtungen epitheliale Auslaufer. Und diese
Auslaufer sind es, denen Kollman die Fahigkeit zu-
schreibt, sich zu Emailorganen entwickeln zu können
und die Bildung eines überzahligen Zahnes zu veran-
lassen.
Hier können wir auch die Aufmerksamkeit auf die
s.g. débris epitheliaux paradentaires von Malassez8) len-
ken. Diese „débris" sind kleine Haufchen von Epithelien,
welche von der primaren Einstülpung des Mundepithels
herstammen und bei der Bildung des Emailorgans nicht
mit verwendet wurden. Sie bilden beim Embryo eine
zwischen dem ausseren Emailepithel und dem Munde-
pithel liegende, beide verbindende und sofort in ein-
ander übergehende Zellenreihe. Sie können extra-uterin
fortbestehen und liegen dann in der unmittelbaren Nahe
2
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1-8
der Zahnwurzel im ligamentum alveolo-dentaire8) (Al-
veolair periost). Bei den Tieren sind dieselben meines
Wissens nicht nachgewiesen.
Hildebrand6) meint in denselben Epithelien zu
sehen, die polyodontische Zahnbildung hervorrufen
können.
Es ist aber nicht ohne Weiteres geraten dieseTheo-
rien zur Erklarung der Polyodontie beim Pferde anzu-
wenden. Möglich ist es immerhin, dass die Facta, auf
denen genannte Theorien beruhen und die beim Men-
schen konstatiert sind, ganz anders oder gar nicht beim
Pferde vorkommen. Kitt*) sagt, dass eine für das Gebiss
der diphyodonten Tiere überzahlige Menge von Zahn-
keimen angelegt werden.
Wenn die Polyodontie atypischer scheint, kann man
voraussetzen, dass sekundare Sprossungen, die Baume
erwahnt. als Filialkeime des primitiven Zahnwalles er-
scheinen. Es kann eine Einstülpung des Epithels der
Gingiva infolge Entwickelungsstörungen oder einer be-
sonderen Wachstumsenergie der Zeilen die Bildung
überzahliger Zahne verursachen, welche dann in die
Kategorie der Missbildungen gehören.
Bei Martin findet man die Angabe, dass nachdem
sich der Zahnkeim (Emailorgan und Zahnpapille) der
Milchzahne gebildet haben, der Zahnwall an mehreren
Stellen durchbort wird und kleine, unregelmassige Erhe-
bungen nach allen Seiten hm zeigt.
An den Epithelsprossungen des Zahnwalles können
sich neue Emailorgane mit Papillen zu accessorischen
Zalmen entwickeln. Die Ueberreste des Zahnwalles
sind für die Anlage der Wechselzahne von Bedeutung.
Auch Kitt9) ist mit dieser Erklarung einverstanden,
denn er sagt, dass es von Baume bewiesen sei, dass die
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19
erste und zweite Dentition phylogenetisch nur ein
Schein-diphyodontismus sei.
Baumes) hat dieses letzte Factum nachdrücklich
hervorgehoben. Der Keim zu den Ersatzzahnen sollte
also nicht zugleich als Seitensprossung des Epithel-
stranges für das Emiailorgan des Milchzahnes angelegt
werden, wohl aber spater aus den Ueberresten des
Zahnwalles.
Die von mir im vorliegenden Falie gefundenen Er-
gebnisse stimmen mit ^dieser Meinung völlig überein.
Die Polyodontie ist mit einer dieser Theorien zu
erklaren. Die Meinung, dass sekundare Sprossungen,
sowohl vom Halse des Emailorgans, als vom Zahnwalle
oder von dessen Ueberresten, die Bildung überzahliger
Zahne hervorrufen können, ist in dieser Hinsicht charak-
teristisch. Auffallend war es aber, dass der Milchzahn
p2 sich normal entwickelt hatte und normal funktio-
niertCj wahrend vom permanenten P2 im Tumor nicht
die Spur zu entdecken war. Waren die Keime für den
Milch- und den Ersatzbackzahn zugleich angelegt, dann
könnte man ruhig annehmen, dass da der Backzahn,
den permanenten P2, infolge pathologischer Verhalt-
nisse an und für sich verschwunden war, auch der
Milchbackzahn damit zugleich Veranderungen hatte
erleiden sollen. Nimmt man dagegen an, dass die Keime
ganz unabhangig von einander sind und zu verschie-
denen Zeiten angelegt werden, dann ist es sehr
wohl möglich, dass der erste Keim sich schon normal
zum Zahn oder Backzahn entwickelt hat, wahrend der
zweite Keim darauf durch das Auftreten der patholo-
gischen Verhaltnisse getroffen wurde und infolge dessen
ganzlich verschwunden ist oder als solcher nicht mehr
besteht, sondern z.B. ai Odontom geworden ist.
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Diese Auseinandersetzung bewëist zwar nicht die
Entstehung der beobachteten Tatsachen, aber sie gibt
doch eine plausible Erklarung derselben.
Die pathologischen Faktoren kamen nach der Bil-
dung und dem Durchbruch des Milchbackzahnes p2
zur Geltung. Die Zeit des Durchbruches. ist beim Pferde
für p2 etwas vor oder in der Woche nach der Geburt.
Ich glaube mich alsozu dem Schluss berechtigt, dass
die Anomalie sich nach dem intra-uterinen Leben ent-
wickelt hat. Die Malassez'schen débris, die beim Pferde
nicht nachgewiesen wurden, kann ich zur Erklarung
nicht gebrauchen. Kitt's und Martin's Meinungen kann ich
beipflichten, denn die congenitale Anlage für überzahlige
Keime ist nicht zu verkennen; sodass der Fall als eine
congenitale atypische Polyodontie, bei der
die definitive Bildung der Zahngebilde nach der Ge-
burt stattgefunden hat, zu betrachten ist. Auch das Fak-
tum, dass der Tumor erst in dem 4ten Lebensjahr be-
merkt wurde, spricht dafür.
Virchow7) teilt die überzahligen Zahnprodukte in
drei Sorten ein:
i. Die vollstandig entwickelten Zahne,
2.     die Kegelzahne (emboli),
3.     die Rudimente ohne Email oder Schmelzlose
Rudimente.
Dazu sind aber die monstruösen Zahnconvoluten
von Hildebrand nicht zu rechnen; eine vierte Kategorie
gehort noch hierher, namlich monstruöse Zahngebilde,
vielleicht Odontomen. Flildebrand spricht von Zahn-
brocken.
Von mir wurden zwei Sorten überzahliger Zahn-
produkte gefunden, Kegelzahne und Zahnprodukte, die
ich zu den Odontomen rechnen muss. Beide Gruppen
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überzahliger Zahne wurden von mir mit Sorgfalt un-
tersucht.
Technik.
Untersucht wurden getrocknete Schliffpraparate
von den verschiedenen Produkten. Die Entkalkungsme-
thode wurde selten angewendet, weil dieselbe bei der
Anwesenheit von Email wenig befriedigende Resultate
giebt (Baume, Pekelharing). Das Email lost sich nam-
lich in Entkalkungsflüssigkeit ohne Spuren zurückzu-
lassen auf. Da ausserdem die Praparate weich werden,
sind die topographischen Verhaltnisse mit grosser
Schwierigkeit festzustellen. In weichen Praparaten kom-
men leicht Ortsveranderungen zu stande. Da, wo es die
Untersuchung eines bestimmten Dentine-Systems oder
Zahngebilde ohne Email gilt ist die Entkalkungsme-
thode vielleicht besser anzuwenden. Ein einziges Mal
zur besonderen Erhaltung von Dentin-Systemen wurde
die Entkalkungsmethode angewendet.
Verwendet wurde Alkohol (70 »;'o) 100 + H N03
(50 o/o) 30.
Die geschliffenen Praparate wurden auf folgende
Weise gewonnen: Mittels einer Sage und einer sehr
schmalen Feile wurden vertikale und horizontale Zahn-
scheibchen möglichst dünn (2-3 m.M. dick) dem zu un-
tersuchenden Gegenstand entnommen. Diese wurden auf
einer Korkunterlage mit sehr feinen Feilchen möglichst
dün geschliffen, dann, wenn es nötig war, mit einer
kleinen Glasplatte poliert und in Kanadabalsam ein-
geschlossen. Durch vorsichtiges Feilen gelang es Durch-
schnitte zu bekommen, welche für Untersuchung mit
Okular I & II und Objektiven 3 & 8 Leitz geeignet wa-
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22
ren. Sehr kleine Durchschnitte, welche schwierig zu
hantieren waren, wurden mit ein wenig Kanadabalsam
auf ein Objektivglas geklebt. Wenn sie darauf fest wa-
ren, konnten sie auf einem feinen Schleifstein geschlif-
fen werden, indem mas das Objektglas über den Stein
hin und her bewegte.
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Die Kegelzahne (Emboli).
Der Kegelzahn, wie er bei der Klasse der Sauge-
tiere angetroffen wird, ist als ein immer wachsender
Zahn von einfachem kegelförmigen Typus zu betrachten.
(Baume, Kitt). Als solcher hat er einige Haupteigen-
schaften, die ich hier aufführe:
i. Offen oder ohne Wurzel,
2.    Kegelförmig oder zugespitzt zylindrisch,
3.    Ganz mit Schmelz bedeckt.
Das Email geht bis zu den aussersten Zahnrandern.
Die Kegelform allein genügt nicht um einen Zahn zum
Kegelzahn in der hier gemeinten Bedeutung zu stem-
peln. lm Allgemeinen werden die Kegelzahne als ata-
vistische Gebilde betrachtet (Sternfeld, Schlösser und
Kitt9) und deshalb ist es von Bedeutung daran zu den-
ken, dass ein Zahn mit kegelförmiger Krone noch kein
Kegelzahn ist. Erst dann, wenn der Zahn ohne Wurzel
ist, ist es ein Kegelzahn.
Magitot geht so weit, dass er sagt, dass der Kegel-
zahn der primordiale Einheits- oder Archetypus sei, wie
er bei den Fischen auftritt5). Indessen treten bei den
Fischen Kegelzahne auf, mit so weit dezentralisiertem
Zahnbein3), wie das bei den von mir untersuchten Zah-
nen nicht vorkam.
Die Untersuchung betraf in erster Linie die Bestim-
mung aus welchen Zahnsubstanzen die kegelförmigen
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24
Produkte sich aufbauten. Untersucht wurden von den
auf der Tafel I abgebildeten Zalmen N°. 5, 6, 8, 10,
12, 17, 20, 21 und überdies ein unregelmassig zylin-
drisch zugespitzter Zahn von nachfolgenden Abmessun-
gen, hoch ± 2 c.M., grösste Achse Bodenflache 7,5
und 6 m.M. Der Zahn war aus einer Alveole entfernt.
Ich gebe ihn als No. 22 an. Geschliffene mikroskopische
Praparate wurden aus N°. 5, 8, 10, 17, 21 und 22 ge-
macht. Aus diesen Untersuchungen ging hervor, dass
sie alle aus den drei Zahnsubstanzen Zement, Email
und Dentine aufgebaut waren.
Von N°. 10 bilde ich ein Segment eines Querschnit-
tes ab.
F i g u r 1 : Beschreibung. Die drei Zahnsubstanzen
sind hierin abgebildet beim Gebrauch von OC3und Obj3
Leitz. Links Zement mit den Lakunen der Knochen-
körperchen (a). Die sind bei genannter Kombination
schon mit Verastelungen als Sternchen sichtbar. Bei
b Zementkanale (Haversche ?) oben auf dem Durch-
schnitt, und auch unregelmassig verastelt. Die Kanale
im Zement, welche mit den Haverschen Knochenka-
nalen yerglichen werden können, haben aber nur selten
eine so regelmassige Reihenfolge von Knochen lamellen
um sich, dass man sagen kann, dass die Kanale der
Mittelpunkt eines Haverschen Systems bilden.
In der Mitte. Das Email oder der Schmelz. In
den geschliffenen Praparaten zeigte es sich, wie es in
der Abbildung angegeben ist, mit einer braungelben
Farbe. Am 1 i n k en Rand deuten die schwarzen kleinen
Linien Grenzen von den Emailprismen an, auch in der
Mitte, wo sie sich kreuzen. Die grossen verastelten Li-
nien (wie bei c) sind wahrscheinlich Risse im Email,
welche der Richtung des Prismaverlaufs folgen.
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25
Rechts. Dentin mit den Dentinkanalchen und kon-
zentrischen Linien (Schregersche Linien).
Aus diesen Schnitten ging am deutlichsten hervor,
dass wir mit wirklichen Zahnprodukten zu tun hatten.
Um zu sehen, ob die Produkte ganz mit Email bedeckt
waren, wurden Langsschnitte gemacht. Bei den grossen
Zahnen wie N°. 5, 8, 10 und 12 konnte man das Email
vön der Krone bis zu den aussersten Zahnrandern ma-
kroskopisch sehen. Von Wurzelbildung war nicht die
Spur zu sehen. Um zu untersuchen wie dieses bei den
kleineren war, wurde von N°. 17 ein geschliffenes mi-
kroskopisches Praparat gemacht. Bei diesem Zahn war
die Oeffnung unten sehr eng, sodass es möglich war,
dass dieser vielleicht eine Wurzel hatte. Aus dem mikro-
skopischen Praparat ging aber hervor, dass von einer
Wurzelbildung keine Spur zu finden war. Als anatomi-
sches Substrat der Wurzelbildung meine ich annehmen
zu mussen, dass man an dem Teil des Zahnes, wo das
Email aufhöt, das Zement und das Elfenbein anein-
ander liegen sieht. Die Zeichnung Oculair 1 Objektiv
3 Leitz zeigt die Verhaltnisse wie sie bei N°. 17 waren.
F i g u r 2 : Beschreibung. Die Zeichnung ist ein
Langsschnitt vom Unterende der Zahnwand. Links
die Pulpahöhle. In der M i 11 e das Elfenbein mit den
Zahnkanalchen und Dentinkugeln (bei a). Rechts das
Email mit Rissen (wie bei b). Man sieht das Email
bis zum aussersten unteren Zahnwall sich erstrecken.
Die Zementlage auf den Kegelzahnen war verschieden
dick, an einigen Stellen konnte ich sie selbst mikrosko-
pisch nicht finden (siehe vorige Figur).
Bei N°. 17 konnte in einem Querschnitt von dem
oberen Teil des Zahnes sehr deutlich Zement nachge-
wiesen werden, in dem unteren Teil aber nicht.
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26
Bei N°. 10 wurden aus dem oberen Teil (Teil über
der Pulpahöhle) zwei Querschnitte etwa 3 m.M. von
einander entfernt gemacht. Die Zementdicke verhielt sich
da etwa wie 1:3.
An der Oberflache von einigen Kegelzahnen waren
der Lange nach Einkerbungen sichtbar, sodass die
Oberflache leicht faltig schien. Diese Faken sah man
bisweilen auch in Schmelz. N°. 22 zeigte dies sehr schön.
Das Zement füllte die gebildeten Emailfalten zuweilen
völlig aus, sodass davon an der Oberflache wenig sicht-
bar war. Etwa 3mal vergrössert sieht man, wie dies
auf einem Durchschnitt von N°. 22 sichtbar war.
Figur 3.
Zement = schraffiert.
Email = dunkel schraffiert.
Dentin = punktiert.
Der Abschnitt der Emailfalten, der dem Zentrum
am nachsten liegt, ist schmaler als Partien, die der
Peripherie naher liegen. Diese Falten des Emails gin-
gen bisweilen so weit nach dem Mittelpunkt des Dentins
hinein, dass die Falte auf dem Durchschnitt etwa einem
Kreis glich, der einen Teil Zement cnthielt.
Dies zeigt Fig. 4 Okular 3 Objektiv 3 Leitz. Pra-
parat kommt von N°. 22.
Figur 4: Beschreibung.
Die linke Halfte der Zeichnung ist schematisch;
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durch das Abbröckeln und Reissen des Praparates konn-
ten die normalen Verhaltnisse hier nicht erforscht wer-
den, weil das Schleifen eingestellt werden musste. Der
Schnitt blieb an einïgen Stellen zu dick, daher rühren
die grossen schwarzen Stellen im Zement und Dentin.
Links Zement, in der Mitte Email mit Einstülpung
und darm Zement. Im zentralen Zement ein braunrotes
Zentrum (c), höchst wahrscheinlich ein Zentralkanal,
in dem Ueberreste von Blutfarbestoffe vorkommen. Bei
a Lakunen von Knochenkörperchen, rechts Dentin mit
gebogenen Zahnkanalchen bei b.
In der Zeichnung steht der zentrale Emailring noch
mit dem Aussenemail in 'Verbindung. Wenn wir uns
aber dergleichen Falten in Email vorstellen, die nach
allen Richtungen von einem bestimmten Punkt oder
einer Figurenkontur ausgehen, dann sind wir zu der
Entstehung der Emaileinstülpungen gelangt
Q- O und dann begreift man, (dass wir hier im
«a- Langsdurchschnitt die Emaileinstülpung vor
"• €i^ uns haben. Bei No. 8 und No. 12 war der
~%t Einstülpungsprozess zur vollstandigen Ent-
c %n& wickelung gekommen. Bei der Untersuchung
, IC von ~^°- % brach bei der Anfertigung des
' ^0$ ersten mikroskopischen Praparates die Ein-
P ^QÈ stulPun§ a^- Schematisch war aber der Zustand
makroskopisch folgender (Sieh'ei ah c d und e).
Auf Durchschnitt sah man ungefahr an der Grenze
des oberen dritten (Kronen) teils und des mittleren
Teils das Email sich falten, dieses wurde nach unten
hin allmahlich starker bis die Falte kreisförmig war
und das aussere Email sich wieder anschloss. In der
Oeffnung der Pulpahöhle sah man, dass das innere
Email sich vom ausseren losgemacht hatte und sah,
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28
was in e angegeben ist. Ob letzteres wriklich der
Fall war, war nicht leicht zu entscheiden, da sehr leicht
bei der Reinigung des Zahnes und bei der Entfernung
der Pulpa die etwaige Verbindungsbrücke zwischen dem
zentralen und dem ausseren Email verbrochen werden
konnte. Es war wohl möglich rait der Nadel ein wenig
in den Mittelring zu dringen; die Einstülpung war un-
ten also offen. Einen Fall wie d stellt fig. No. 4 vor.
Prinzipiel ist eine derartige Einstülpung bei den
Kegelzahnen vorhanden.
Bei No. 12 befand sich etwa 12 m.M. vertikal
von der Spitze entfernt eine Einstülpung, welche oben
geschlossen war. Von aussen her konnte man eine
kleine Strecke eine Nadel hinein bringen. Die ± 6 m.M.
lange Einstülpung ging schrag nach innen.
Halb schematisch war der Zustand folgender
Fig. 5. Beschreibung.
Ein Teil Zahnwand is weggeschliffen. Man sieht
in die Pulpahöhle. Aus der Hinterwand sieht man
die Einstülpung wie ein gebogenes Zylinderchen her-
vorkommen. Das untere Ende (links) war geschlossen
und mit einem feinen Dörnchen versehen. An der Aus-
senwand war es deutlich sichtbar, dass das Email sich
mit einstülpte.
lm Ganzen wurden 23 von dem kegelförmigen Ty-
pus gezahlt, von denen 16 auf Tafel I abgebildet sind.
Der grösste, unter No. 6 abgebildet, war 3 c.M.
lang und der kleinste No. 21 war 1,2 c.M. lang.
Zwischen diesen Grenzen variiertc die Lange der an-
deren. Viele waren genau kegelförmig z.B. No. 6, 8,
10, 12, 14, 19; andere mehr zugespitzt zylindrisch.
Die meisten derselben waren gerade, andere stark
oder schwach gebogen, z.B. No. 5, 6, 16, 18. Bei eini-
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gen lag der grösste Diameter der Pulpahöhle an der
Base des Zahnes z.B. bei No. 8, 10 und 12; bei an-
deren über derselben.
Aus No. 10 konnte deshalb ohne grosse Beschadi-
gung die Pulpa ausgezogen werden. Dieselbe wurde
in 4 % Formalin gehartet, darauf in Alcohol weiter
behandelt und in Paraffin geschnitten. Einige Quer-
schnitte wurden untersucht und nach Gieson gefarbt.
Es zeigte sich, dass diese ungefahr runden Schnitte
grossenteils aus weitmaschigem Bindegewebe bestanden,
in dem sehr deutlich verastelte Bindegewebezellen sicht-
bar waren. Dieses zentral liegende Gewebe enthielt keinë
spindelförmigen Zeilen. Eine grosse Anzahl von Ka-
pillarcn lagen unregelmassig in diesem maschigen zen-
tralen Gewebe verbreitet. In den Maschen zeigten sich
in grosser Anzahl Lymphozyten, wie auch einige Leuco-
cyten. Um dieses zentrale maschige Gewebe lag ein
ziemlich schmaler Ring von fibrillarem Bindegewebe
mit spindelförmigen Zeilen. Auf diesem Ringe, an eini-
gen Stellen radiar gerichtet, eher zylindrische Zeilen,
welcbe für Representanten der Tomes'schen Odontoblas-
ten zu halten waren. Durch das Ausziehen der Pulpa
schienen die meisten dieser Zeilen abgerückt und in
dem Zahne zurückgeblieben zu sein. Nerven waren in
diesen Schnitten nicht deutlich. Dieses Gewebe unter-
schied sich fast nicht vya normalen Pulpagewebe, allein
lagen die spindelförmigen Zeilen grossenteils peripher
und nicht im Zentrum. Ich betrachtete es denn auch
ohne Bedenken als normales Pulpagewebe. (Kölliker
10, Ellcnberger und Günther 11, Pekelharing 12, Lo-
hoff 4).
Das Resumé der Untcrsuchung der kegelförmigen
Produkte gab folgende Anhaltspunkte. Es kamen vor:
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a.    Echte Zahne, welche aus drei Zahngeweben,
Zement, Email und Dentin bestanden.
b.    Kegelzahne, d. h. offene Zahne, ohne Wurzel,
ganz bedeckt mit Email, geraHe oder gekrümmt.
c.    Bei einer Anzahl 5, 8, 12, zeigte das Email
Faltenbildung.
d.    Bei einigen war das Email eingestülpt. Inncr-
halb der Einstülpung bef and sich zentral Zement.
Den von Eichbaum13) beschriebenen Fall von ke-
gelförmigen Zahnen beim Rinde darf man nicht mit
dem meinigen vergleichen. Die Zahne hatten echte Wur-
zeln; nur die Kronen waren kegelförmig.
Die monstruösen Odontome.
Die von mir gefundenen Zahnbröcke waren sehr
unregelmassig und bestanden aus den drei Zahnsub-
stanzen. Es gab deren sieben. Nach Kittx) bestehen
„die reinen Odontome aus Zement und Dentin".
Falie, ahnlich dieser Polyodontie beim Pferde habe
ich in der Litteratur nicht finden können.
Die von Hildebrand beim Menschen gefundenen
Zahnbröcke können in gewisser Hinsicht mit den oben-
genannten verglichen werden. Der genannte Autor be-
trachtet seine Befunde als Produkte einer Synodontie.
Indessen sind aus den drei Zahnsubstanzen beste-
hende Odontome bei Mensch und Pferd schon langst
bekannt.
Wedlu) schreibt in seiner „Pathologie der Zahne"
1870 schon über einen derartigen „monstruösen Zahn"
(S 120—124).
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3i
Auch beschreibt Wedl einen monstruösen missge-
bildeten Backzahn eines Pferders, der nach Kitt „offen-
bar zum Odontom geworden ist".
Dieser Odontom bestand aus den drei Zahnsubstan-
zen. Seine Beschreibung folgt hier kurzgefasstu):
Der Schmelz zieht von der Kauflache in die Tiefe
und bildet hier schmale zickzackförmige F alten, welche
vom Zahnbein begleitet wurden. Nach abwarts senkt
sich das periphere Zement bald mehr, bald weniger
lief ein. Die Pulpahöhle fehlt und ist mit Osteodentin-
massen in den oberen Zahnabschnitten erfüllt.
lm Jahre 1869 hat Broca1"') einige aus drei Zahn-
substanzen gebildete Odontome beschrieben, welche ich
hier, weil sie Aenlichkeit mit den von mir gefundenen
haben, zitiere.
An dem Platze eines vierten Backzahnes im Unter-
kiefer eines Pferdes befand sich ein Odontom von 5
c.M. im Durchschnitt. Der Tumor bestand hauptsach-
lich aus Zement. Auf dem Schnitte sah man in hell-
gelben Zement hellere und weisse Linien. Aus der mi-
kroskopischen Untersuchung ergab sich, dass die weis-
sen Linien Email und die helleren Dentin waren. Die
lezten zwei Gewebe waren sehr unregelmassig verteilt
und selten mit einander in Kontakt. Sie waren gleichsam
im Zementgewebe, das den grössten Teil des Tumors
bildete, untergegangen. Das Zahnsackchen war hyper-
trophiert und hatte das benachbarte Email und Den-
tinorgan auseinander getrieben, dieselben an einigen
Stellen durchbohrt und sich zwischen beide Organe ge-
stellt, sodass das Zement und das Zahnbein sich nur
als feine unterbrochene Linien entwickeln konnten.
Bouley und Reynal10) beschrieben ein Odontom
eines oberen vierten Backzahnes bei einem Pferde. Broca
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hielt es für ein Zementodontom. Es hatte nur eine Hy-
pertrophie des zentralen Zements stattgefunden. Der
obere Teil der Krone war schon gebildet, aber die
Dentin- und Emailsysteme, welche neben den Einstül-
pungen des Zahnsackchens abwarts gingen, waren noch
nicht fertig; die Einstülpung des Emails war noch
nicht geschlossen, als das Zementorgan hypertrophierte,
einwarts durchbrach und auch da Zement bildete.
Broca nennnt dieses Odontom „odontóme intra-
coronaire", Magitot und Robin meinten aber, dass
ein Teil der Pulpa hypertrophiert war und Unregel-
massigkeiten in den Emailprodukten verursacht hatte.
Das Zementorgan war gesund. Nach ihnen ist es ein
„odontóme pulpaire".
E. Roussau fand in Jahre 1827 e"in Odontom,
das von einem vierten oberen Backzahn herrührte, bei
einem Pferde. An der Krone hatte sich eine sehr faltige
Wucherung entwickelt. Mikroskopisch kontte Broca
sehen, dass sich im Zanhbein auch Email befand. Zement
hat er im Tumor nich nachweisen können. Er rechnet
den Tumor zu den „odontömes coronaires pul-
paires".
All diese genanntén Odontóme sind aber aus dem
Keime eines Backzahnes entstanden.
Dass sich aber auch „Polyodontome" beim Pferde
entwickelten fand ich nirgends erwahnt.
Erwahnte Falie zeigen deutlich:
1.     Sehr unregelmassige Emailfaltungen.
2.     Durchbruch des Emails d.h. des Emailorgans
(von Broca erwahnt).
3.     Ausserordentlich unregelmassige Lage der ge-
fundenen Zahnsubstanzen.
Auch ich fand diese Verhaltnisse und werde spa-
>
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33
ter darauf zurückzukommen. Doch zuerst will ich die
Ansichten einiger alterer und neuerer Forscher über
das Problem der Odontome vorausschicken.
Broca ") versteht unter Odontomen, Tumoren,
welche durch Hypergenese der transitorischen oder
definitiven Zahngewebe entstanden sind. Diese Hyper-
genese ist eine aus einer Steigerung der formativen
Kraft organische Abweichung. Die pathologischen
Faktoren treten also bei der Genese auf.
Broca gab eine Klassifikation der Odontome in-
folge der Entwickelungsperioden des Zahnes:
i. Die „odontómes embryoplastiques" entsprechen
in ihrem Baue dem ersten Stadium der Entwickelung
des Zahnes, in welchem der Zahn nur aus Keimgewebe
besteht. Das sind die weichen Odontome.
Die harten Odontome teilt er ein in:
2.    Odontómes odontoplastiques. Sie entsprechen
der Periode, wo das Emailorgan und Pulpa definitiv
geformt sind; eine geringe Produktion der harten Zahn-
substanzen darf stattgefunden haben. lm Odontom sind
einzelne Teile also verhartet (grains dentinaires).
3.    Odontómes coronaires entsprechen der Periode
der Kronenbildung. Der Tumor ist hart. Dazu géhören
die Falie mit durcheinander gemengten Zement, Dentin
und Email.
4.    Odontómes radiculaires sind in der Periode der
Wurzelbindung entstanden. Sie können an Stelle der
Wurzel grosse Geschwülste bilden.
M a g i t o t teilte sie einfacher ein:
Die weichen Odontome nennt er:
1.    Odontómes bulbaires.
Die harten:
2.    Odontómes odontoplastiques.
3
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34
3. Odontómes radiculaires.
In Bezug auf die Qdontome beim Pferde ist zu
bemerken, dass die meisten harten Odontome zu den
Kronenodontomen gerechnet werden mussen, wenn sie
wenigstens auf Kosten von bleibenden Zahnen oder
Backzahnen entstehen. Hierbei tritt die Wurzelbildung
erst im spateren Leben auf. Sie wachsen den grössten
Teil des Lebens und bleiben „offen". Die Meinung,
dass der in der Alveole sitzende Teil des Zahnes die
Wurzel ist, genügt nicht, allein dann, wenn der Teil
in der Alveole aus Zement und Dentin besteht, und clamit
das Langenwachstum beendet ist, darf in engeren Sinne
von Wurzel die Rede sein.
Die Kronenodontome teilt Broca wieder ein ïn:
i. Odontómes coronaires cémentaires, die bei den
Herbivoren vorkommen, entstehen, wenn das Zahn-
sackchen zur Tumorbildung beitragt.
Diese zerfallen wieder in:
a.     Odontómes coronaires cémentaires extérieurs,
wenn das periphere Zement pathologische Veranderun-
gen erleidet.
b.     intra-coronaires, wenn dieses mit dem zentralen
Zement der Fall ist.
c.     cémentaires-mixtes, wenn beide Sorten von Ze-
ment daran beteiligt sind.
2. Odontómes coronaires pulpaires, wenn die Pul-
pa der Sitz der pathologischen Veranderungen ist. Dazu
gehören die sogenannten ,,dents verruqueuses". Salter
(zitiert nach Magitot) meint, dass eine verastelte Pulpa
diëse verursacht.
Nach Virchow17) ist es immerhin möglich, dass
ein einziger Zahnkeim sich zum Odontom entwickeln
könnte. Es liegt nach ihm auf der Hand, dass „das Odon-
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35
torn ein Erzeugnis aus der Entwickelungsperiode des
Zahnes sein muss".
Die Definition Magitot's weicht wenig von der jeni-
gen von Broca (Anomalies du système dentaire. page
229) ab. Er sagt: Ein Odontom ist ein Tumor, der auf
Kosten von einem oder mehreren Organen des Zahn-
keimes oder der Zahngewebe wahrend der Genese ent-
standen ist. Er betrachtet die Hypergenese als eine
Art congenitaler Hyperplasie und setzt die Hypertrophie
daneben. Einen dritten pathologischen Faktor nennt
er die Heteradenie oder Entwickelung an unrechter
Stelle (développement avec erreur de lieu). Es kommen
z.B. Emailodontome zur Entwickelung auf den Wurzel-
zement.
Es sind alle pathologischen Zustande, die in der
congenitalen Periode eine Rolle spielen (Maladies d' evo-
lution).
Nach Kitt9) sind Odontome nicht von Entzündung,
Regeneration oder Vacatwucherung abhangige Neubil-
dungen von Zahngewebeteilen (Blastomatose). Sie führen
an den Zahnen Protuberanzen oder an Stelle der Zahne
geschwulstartige Körper vor. Er verbindet damit den
Begriff einer schon von dem Dentinkeim oder dem
Emailorgan ausgebenden Ueberproduktion. lm Wesent-
lichen also ist solche Geschwulst als embryonal ange-
legtes Gebilde (Odontoblastum) zu betrachten.
Borst18) sagt: Von den Zahnen gehen hyperplasti-
sche Neubildungen aus, die nur selten zu den wahren
Geschwülsten gehören. Diese sogenannten Dentalosteome
(den Enostosen analoge Bildungen) haben ihren Sitz
entweder an der Zahnwurzel oder an dem Hals und der
Krone der Zahne, sie bestehen aus Zementsubstanz oder
aus Dentin. Es giebt auch Mischformen.
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Die aus echten Zahngewebe bestehenden Ge-
schwülstchen, früher als echte Odontome bezeichnet,
sind auf Entwickelungsstörungen zurückzuführen. Borst
fand einmal ein aus Email, Dentin und Zement zusam-
mengesetztes Geschwülstchen im Oberkiefer, das offen-
bar aus einem verlagerten Zahnkeim entstanden war.
Einige Autoren bezeichnen als Odontome alle Miss-
bildungen und Neubildungen, dis vom Zahnkeim aus-
gehen, auch die sogenannten Zahnzysten und die aus
einer Entartung des Zahnkeims hervorgehenden epithe-
lialen Bildungen, sog. embryoplastische Odontome von
Broca.
E. Kaufmann10) beschreibt als Dentinoide oder
Odontome Geschwülste, die aus Dentingewebe und Pul-
pa (mit ihren Odontoblasten) und aus normal gelagerten
oder aus einem Ueberschuss an verirrten Zahnanlagen
hervorgehen.
Anfangs weich, und dann als Myxome, Fibrome,
fibrioplastische Tumoren bezeichnet, werden sie mit
zunehmender Entwickelung von Dentin hart und bei
totaler Dentifikation stationar. Sie können auch noch
Email und Knochen enthalten (Odontoma adamanti-
num, Osteo-odontoma). Die Odontome können ziemlich
gross werden und den Kiefer auftreiben.
Ziegler2!)) sagt in Bezug auf Odontome:
Es sind Geschwülste aus Dentingewebe und Pulpa-
gewebe bestenend. Als grosse selbststandige Bildungen
entwickeln sie sich aus normal gelagerten oder verirrten
Zahnanlagen und können neben Dentin auch Email-
gewebe enthalten. Kleine in der Pulpa gelegene, teils
dem Dentin aufsitzende, teils freie Odontome (Dentin-
oide) bilden sich nicht selten in kariösen Zahncn und un-
ter Zahnfüllungen oder Verletzungen und Entzündungen.
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37
Aus diesen Zitaten geht deutlich hervor, dass mehre-
ren Forschern (Magitot und Borst) die Ansicht nicht
fremd ist, die Odontome als teratologische Produkte zu
betrachten.
Nach diesen Bemerkungen folgt hier die Beschrei-
bung von der Untersuchung der Odontome.
Die Odontome.
Odontom 3 (siehe die Photographie No. 3).
Ein sehr unregelmassiger Körper. Lange 2,6 c.M.
Die Breite variierte an einigen Stellen zwischen 1,5 c.M.
und 1 c.M. Die Höhe i,6 c.M. An zwei Stellen war ein
Stück von dem Odontom abgebrochen, daher war es mir
unmöglich ein mikroskopisches Praparat davon zu ma-
chen, weil es viel zu unvollstandig und viel zu ungenau
sein würde. Der übriggebliebene Teil zeigte drei grosse
und mehrere kleine Höhlen. Das Gewebe aus dem es
gebildet war, wies starke Faltungen auf. Auf der Photo-
graphie ist dies, wiewohl nicht deutlich, doch sichtbar.
Da das Produkt nicht mikroskopisch untersucht
wurde, habe ich es bei der Aufstellung meiner Schluss-
folgerungen nicht mit in Betracht gezogen.
Odontom 7:
Hat eine unregelmassige zylindrische Form. Höhe
2,4 c.M. Diameter ± 1,3 c.M. Die Zahngeschwulst wurde
aus der abgemeisselten Tumormasse gewonnen und sass
in einer Alveole. Aus dem oberen Teil dieses Körpers
wurden zwei Querschliffe gemacht. Als oberen Teil be-
zeichne ich denjenigen, der dem Eingang der Pulpa
gegenüber liegt (siehe unten).
Ich werde eine Beschreibung eines schematischen
Uebersichtspraparats vorausgehen lassen.
Fig. No. ó ist ein Querschliff, dreimal vergrössert.
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Unter dem Mikroskop konnte das gegenseitige Ver-
haltnis der Zahngewebe zu einander festgestellt werden
(Leitz Ocuïar 3. Objektiv 3).
Zement = schraffiert.
Email = dunkel schraffiert.
Dentin = punktiert.
Hier liegt ein grosses Dentinsystem um die Pulpa-
höhle herum (a). Dieses System wird von einem stark
gefalteten Emailring umgeben. Daneben sieht man un-
f"     è»
ten links mehrere kleine Dentinsysteme (b), die gleich-
falls von einem Emailring umgeben sind. Das Zement
geht zwischen die Emailringe hindurch tief oder we-
niger tief in die Falten hinein. In dem Dentin um
die Höhle (a) sind an drei Stellen Zementinselchen
gezeichnet. In den kleineren Dentinsystemen sind bei
a" die Pulpahöhle a' und angegeben. Die Zahnbeinsy-
steme in diesem Querschliffe sieht man hier ganz ge-
trennt liegend, sodass man Grund zu der Annahme hat,
das einfache Zahne durch den Zement verwachsen seien
(Zementsynodontie). Dieses war aber nicht der Fall. An
einem entkalktcn Teil dieses Produktes konnte nach-
gewiesen werden, dass die Dentinsysteme auf einer ge-
meinschaftlichen Base standen und sich aufwarts mehr
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39
und mehr speziellisierten. An mehreren Stellen konnte
man die kleineren Systeme mit dem System um die
Höhle in Verbindung treten sehen (makroskopisch). An
der Base war die Höhle a sehr deutlich offen.
Mikroskopisch wurden zwei Querschliffe antersucht,
welche aus dem oberen Teil des Tumors genommen
waren etwa 4 m.M. von einander entfernt.
Der obere Querschliff zeigte Folgendes: (Ocular 3.
Objektiv 3. Leitz).
lm Dentin ware die Zahnkanalchen und die sog.
Dentinkügelchen deutlich zu sehen. Die Verastelungen
von Zahnkanalchen waren bei Okular 3 Objektiv 8 zu
konstatieren.
lm Email waren die Prismen anwesend.
Die von zwei auf einander liegenden Lagen verur-
sachte Kreuzung dieser Elemente konnte man stellen-
weise wahrnehmen. Hier und da sah man konzentri-
sche Linien (von Retzius).
lm Zement waren die Lakunen der Osteoblasten
deutlich. An einigen Stellen konnte man eine sehr regel-
massige konzentrische Lage dieser Körpèrchen konsta-
tieren, sodass man an diesen Stellen einen lamellaren
Bau des Zementes annehmen musste. An den meisten
Stellen aber war diese Regelmassigkeit verloren gegan-
gen. Langs- und Querdurchschnitte von Knochenkana-
len waren deutlich sichtbar.
Der einige m.M. tiefer gewonnene Querschliff zeigte
fast dieselben Verhaltnisse in den drei Zahngeweben.
Auch hier waren mehrere Dentinsysteme von Email
und Zement umschlossen. In dem Dentin um die Höhle
a zeigten sich mehrere Zemenntinselchen.
Bei der Beschreibung der Kegelzahne habe ich
schon darau'f hinngewiesen, dass das Email bei der
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40
Faltenbildung an gewissen Stellen schmaler wird. (In
der Uebersichtszeichnung 6 sehr deutlich angegeben).
Das Zement dringt dabei zental hinein. In beiden
Querschliffen was das Email an einigen Stellen durch-
brochen. Ein Teil von dem Zement dringt so weit
hinein, dass es mit dem Dentin in Berührunng kommt.
Die Zementinseln und der Prozess eines Emaildurch-
bruches wurden weiter untersucht. Da diese Vorgange
auch im Odontom i deutlich erkennbar sind, komme
ich nun naher darauf zurück.
Ich bemerke aber dabei, dass das Dentin, aus dem
das Odontom 7 gebildet war, mehr systematisch war.
Dass es infolge Synodontie entstanden ware, liess sich
auf keinerlei Weise stichhaltig beweisen. Das entkalkte
Praparat sprach sehr dagegen; es machte den Eindruck
alsob das grosse System um a verastelt war.
Odontom 1 (siehe Tafel I No. 1).
Ein sehr unregelmassig gebildeter Körper Höhe
4,5 c.M. Der obere Teil war viel dicker als der untere
Teil (Tafel rechts ist unten, links ist oben). Der obere
Teil ergab auf dem Durchschnitt ein unregelmassiges
Vieleck. Die grössten Diagonalen waren 3 c.M. bei 2,6
c.M. Ziemlich plötzlich wurde der untere Teil dunner,
auf dem Querschnitt unregelmassig elliptisch mit Ach-
sen von 1,8 c.M. und 1,4 c.M. Es wurden drei mikro-
skopische Schliffe (in der Langsrichtung einer, und in
der Breitenrichting zwei) angefertigt.
Uebersichtzeichnung Fig. 7 (3X vergrössert) giebt
das Verhaltnis der Zahngewebe unter einander an.
Zement = schraffiert.
Email = dunkel schraffiert.
Dentin = punktiert.
Die Zeichnung ist nach einem Querschliff (beim
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Schleifen teilweise abgebrochen) gemacht. Die punk-
tierte Linie ist die Grenze des abgebrochenen Teils. Es
sind in der Abbildung drei Pulpahöhlen in Dentin zu
sehen. Eine grössere Höhle bei a und links oben zwei
kleinere bei b. Rchtes im Praparat kommt das Dentin
an die Peripherie. Es ist hier aber nichts abgebrochen,
das Zahnbein kommt mit natürlichen Grenzen an die
Peripherie. Diese Erscheinung, die ich auch an anderen
Odontomen konstatiert habe, will ich naher besprechen.
Das Faktum, dass es mehrere Pulpahöhlen giebt und
nicht nur eine, weisst darauf hin, dass im Zahnproduktc
sich eine verastelte Pulpa befunden hat. Ein Beweis
dafür giebt das weitere Verhalten der drei genannten
Pulpahöhlen.
Im Querschliff weiter abwarts wurden die Höhlen
bei b zu einer gemeinschaftlichen Höhle b1. Noch wei-
ter abwarts verschmolzen sich die Plöhlen a und b
zu einer einzigen zusammen. Der Eingang zu diesem
Höhlensystem lag teils unter und teils an der Seitenfla-
che des Zahnproduktes. (Der linke Seitenteil des Ein-
ganges ist auf der Tafel I bei c sichtbar). Das Zahn-
bein rechts an der Peripherie hat sich nicht von der
Pulpahöhle a herausgebildet. Ich habe dies mikrosko-
pisch nachweisen können durch das Bestehen einer vier-
ten Pulpahöhle und den „peripheren" Bau des Den-
tins. Auf dem manigfaltig gekrümmten (dezentralisier-
ten) Zahnbein (siehe Baume) sind die zentralen Zementin-
selchen deutlich zu sehen. In der rechten Halfte sieht
man mehrere. Links oben noch eine (siehe c). Mehrere
von den Zementinselchen sind ganz von einem zentralen
Emailring umgeben, einige teilweise und noch andere
gar nicht. Links unten ist eine periphere Emailfalte
(f) und bei g peripheres Zement zu sehen. Die periphere
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42
Emailfalte streckt sich zu beiden Seiten aus, wie sich
aus kleinen Emailresiduen, die ich unter dem Mikroskop
noch am Dentin sah, .herausstellte.
Mikroskopisch (Leitz Ocular 3. Objektiv 3) war die
Struktur des Email schön zu sehen. Die sich kreuzen-
den Prismen waren an vielen Stellen deutlich zu beobach-
ten. Konzentrische Linien befanden sich deutlich in dem
zentralen Emailring (bei c) links oben.
lm Zement waren die Lakunen der Knochenkór-
perchen sehr deutlich. lm zentralen Zement der Insel-
chcn sah ich ungefahr in der Mitte kleine Löcher (auch
makroskopisch), welche in der Fig. 7 mit schwarzen
Pünktchen angegeben sind.
An einigen Stellen gingen von da aus, als Zentrum,
Knochenkanale in das Zement. Obendrein waren viele
der Lange und der Quere nach getroffene Knochen-
kanale sichtbar.
In den zentralen Zementhölen waren stellenweise
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43
braunrote Massen zu konstatieren, welche offenbar als
Reste von Blutfarbstoffen zu betrachten sind.
Die Verhaltnisse im Dentin waren so eigentümlich,
dass ich sie bei der Frage über das dezentralisierte
Dentin weiter behandeln werde, aber erst komme ich
zurück auf das zentrale Zement, das Email und den
Emaildurbruch.
Die Zementinseln (zentrales Zement)
und das zentrale Email.
Das zentrale Zement, wie ich das in den Odontomen
in Querschliffen als Insein antraf, war nicht zufallig
in den Praparaten als eine dunne Lage anwesend. Ein
Schliff, der senkrecht auf die in Fig. 7 abgebildete
Flache angebracht war, zeigte, dass das Zement sich
auch in dieser Richtung fortsetzte. Dieser Schliff wurde
so angelegt, dass dn unter c' angegebenen Partieen
getroffen wurden. Das zentrale Zement setzte sich weiter
abwarts fort zu beiden Seiten von einem Emailband
begleitet. Das Zement der linken Insel wurde bald
schmaler und endigte in einer Spitze, hier schmolz das
Email von beiden Seiten zusammen, sodass die ganze
Zementpartie von einer Emailscheide umgeben war. Das
Zement der viel grosseren rechten Insel wurde auch
schmaler und endigte stumpf und abgerundet.
Das Email umgab das Zementstück fast völlig, war
aber an einer Stelle zur Seite unterbrochen. Die Email-
bander zeigten ungefahr die Linien der Kegelschnitte
(Hyperbol und Parabol).
Aus diesen Verhaltnissen kann man mit Recht den
Schluss ziehen, dass sich in der Dentinmasse zentral
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44
eingestülpte Emailscheiden befanden, die mit Zement
erfüllt sind, gerade so wie dieses bei den oberen Back-
zahnen des Pferdes der Fall ist.
Dass dieses keine Zementpartien sind, entstanden
um die in das Dentin eingedrungenen Haverschen Ka-
nale, wie Baume3) es angibtt, glaube ich aus der An-
wesenheit der Emailringe schliessen zu dürfen.
In dem Vorkommen der zentralen Höhlen, wie dies
in mehreren zentralen Zementinseln angegeben ist, fand
ich deutlich Uebereinstimmimg mit den Osteozement-
kanalen (Günther, Stockfleth, Kitt, Ostertag).
An einem Querschliff einer zentralen Zementab-
teilung eines normalen oberen Backzahnes war dieses
durch Vergleichung zu konstatieren.
Man sieht den Osteozementkanal als eine imgefahr
runde Oeffnung im Praparate. Von dieser Oeffnung
als Zentrum gehen bestimmt Knochenkanale ziemlich
radiar in das Zement hinein. Dasselbe fand ich bei
den zentralen Höhlen der Zementinseln.
Vielleicht dient der Osteozementkanal in der Ent-
wickelungsperiode des Zahnes als Zugang für die Blut-
gefasse, die von da in die Knochenkanale ausstrahlen.
Die braunroten Ueberreste (von Blutfarbstoffen), welche
sich in einigen der Osteozementkanalen wahrnahm, deu-
ten darauf hin. Mit Schliffpraparaten kann man dieses
selbstverstandlich nicht beweisen.
Aus dem Vorigen glaube ich mich zu der Annahme
berechtigt, dass eine von einer Emailschcide um.gebene
zentrale Zementpartic durch Einstülpung des Emails,
d.h. des Emailorgans und durch Erfüllung mit Zement
entstanden sein müsse.
Beilaufig habe ich schon gesagt, dass nicht alle
zentralen Zementinseln in Fig. 7 durch einen Email-
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ring umgeben waren. Die Partie c" ist nur zum Teil
umschlossen, wie auch die am meisten rechts liegende
Insel unter c. Um die Partie c'" herum konnte ich gar
kein Email nachweisen und trotzdem zweifle ich nicht
daran, dass sie auf dieselbe Weise, wie die unter c'
ahgëgebene Partie eritstanden ist. Das Zement zeigte
dieselbe Struktur als das von c'. Die Lakunen der Kno-
chenkörperchen waren unregelmassig verbreitet. Dazwi-
schen lagen viele der Lange und Quere nach getroffene
Knochenkanale. Eine zentrale Höhle (Osteozementkanal)
war anwesend.
Dass völlige oder teilweise Fehlen des Emailringes
schreibe ich dem sekundaren Verschwinden des Emails
(Durchbruchs) zu.
Um Partie c" befindet sich grossenteils noch der
Ring. Nach links wird er allmahlich schmaler, um
endlich zu verschwinden An der am meisten nach rechts
liegenden Partie unter c war rechts unten das Email
noch gerade zu seheii. Emailprismen konnten aber nicht
nachgewiesen werden. Nach diesen charakteristischen
Uebergangsstadien ist das Fehlen des Emails um Insel
c'" nicht befremdend.
Ich habe schon gesagt, dass der Emaildurchbruch
an der Emaileiastülpung um die rechte c weiter nach
unten aufgetreten war. Ein Querschnitt an dieser Stelle
hatte also ein Bild von c" gegeben.
Auch an den sehr kleinen Insein, wie ich sie oft in
den Odontomen sah, waren dia Verhaltnisse die gleichen.
Da ich sie unter dem Mikroskop übersehen konn-
te, bilde ich einige ab (Leitz Okular 3. Objektiv 3)
Fig. 8 Nach einem Praparat aus Odontom 7. Neben
der Pulpahöhle a befanden sich mehrere kleine Zement-
inseln, von denen man zwei in Fig. 8 sehen kann.
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Das ZemJent ist von einem braungelben Ring umge-
ben, der stellenweise unterbrochen ist. lm Gewebe des
Ringes um die untere Insel konnten mit Okular 3,
Objektiv 8 querdurchschnittene Prismen konstatiert wer-
den.
Der Emailring um die obere Partie war nicht nor-
mal, hier schienen in der Lange getroffene Prismen
teilweise in einem Kreise zu verlaufen.
Um andere nicht abgebildete Insein war die Struk-
tur sehr deutlich.
Beobachtet wurde, dass das Dentin um diese Durch-
schnitte der eingestülpten Email- und Zementteile nicht
mehr normal war.
Der Schmelzring wird von einer Dentinlage, in wel-
cher die Dentinkanalchen sehr unregelmassig verbreitet
sind, umgeben. Aus den Verastelungen der Kanalchen
war zu ersehen, dass es periphere Stiicke von Kanalchen
sein mussten. In wie weit dieses Dentin zu dem System
um die Höhle a gehorte, das ist hier schwer zu sagen,
ich komme spater beim Emaildurchbruch darauf zurück.
Zwischen diese Dentinteile gehen die Kanalchen vom
System a durch. Sie konvergieren zwischen den Insel-
chen um spater zu divergieren. An einigen Stellen sieht
man in diesem System Dentinkügelchen.
Einen sehr eigentümlichen Eindruck machen diese
zentralen Email- und Zementteile, wenn die Einstülpung
so weit zentral geht, dass sie in der Pulpahöhle zu
liegen kommt. Da man ein derartiges Bild mit den
von Baume beschriebenen Dentikels 3) verwechseln könn-
te, gebe ich eine Zeichnung davon (Leitz Okular 1
Objektiv 3).
Figur 9. Unten in der Mitte die querdurchschnit-
tene Einstülpung. Wiewohl die Struktur des zentralen
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Emails nicht deutlich sichbar was, zweifelte ich doch
nicht an der Art der in der Pulpahöhle liegenden Kör-
perchen.
Beschreibung. Man sieht, dass das Körperchen aus
einer kleinen zentralen Zementinsel besteht, welche von
einem gelben mit Dentin umschlossenen Emailring urn-
geben ist.
In dem grossen Dentinsystem sieht man bei a einen
interstituellen Dentikel, wie Baume3) beschrieb. Bei b
wieder zentrales Zement mit Emailring. Die Lakunen
sind deutlich sichtbar. Weiter im Dentin an mehreren
Stellen Dentinkügelchen (bei c). Die kleinen schwarzen
Stellen im grossen Dentinsystem (bei d) kommen wahr-
scheinlich mit der globularen Masse von Baume3) über-
ein. Mit Bestimmtheit konnte dies aber nicht nachge-
wiessen werden.
Aus obigem geht also hervor, dass die untersuch-
ten Odontome enthielten:
i. peripheres Zement,
2.     peripheres Email, in dem unregelmassige und
manigfaltige Faltenbildung nachgewiesen wurde;
3.     durch Einstülpung des peripheren Emails ent-
standenes zentrales Email;
4.     zentrales Zement, das die Einstülpungen erfüllt
hat;
5.     dass in den Verhaltnissen der drei Zahngewebe
infolge des Prozesses des Emaildurchbruchs mehrere
Unregelmassigkeiten eintreten.
Der Schmelzdurchbruch.
Den Prozess des Emaildurchbruchs, wie ich ihn
schon zur Erklarung einiger Tatsachen oben gebraucht
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habe, konnte ich in mehreren Stadiën an den Pra-
paraten beobachten.
Schon früher hob ich hervor, dass das Email bei
der Faltenbildung schmaler wird. Das Eindringen des
Zements in die Falten scheint damit Hand in Hand
zu genen, wie Fig. 10 zeigt. (Zeichnung nach einen
Praparat von Odontom 7 (Leitz Okular 3. Objektiv 3).
Bescheibung. Das periphere Email (braun-
gelb) zeigt zwei Falten. Das Zement füllt die Falten
wie zwei Hörner. Bei a sind Knochenlakunen, bei b
Kanale sichtbar. lm rechten Horn sieht man die Gren-
zen eines Zentralkanals. lm Email deuren die f einen
Linien die Richtung der Prismen an. Die dickeren
Linien sind Emailrisse (c), Bei f Fortsatze der Zahn-
kanalchen im Schmelz. Das Dentin zeigt die Zahn-
kanalchen. Bei g Dentinkügelchen. (Das Praparat ist
hier etwas zu dick, daher die schwarze Farbe). Bei
h wahrscheinlich Globularmassen. Das Schmalerwer-
den des Schmelzes ist hier deutlich sichtbar. Die linke
Falte ist noch deutlich geschlossen und die rechte
beinah durchbrochen.
In F i g. 11 ist eine durchgebrochene Falte oder viel-
mehr der Langsdurchschnitt einer derartigen Einstül-
pung abgebildet. Die Buchstaben a. b. g. haden
dieselbe Bedeutung als in Fig. 10. Die Zeichnung
rührt von dem Praparat her nachdem auch Fig. 8 ge-
zeichnet wurde (Leitz Okular 1. Objektiv 3). Im
Zement wieder ein Zentralkanal mit einer braunroten
Masse von Blutfarbstoff am Ende derselben. Bei e
eine Zementpartie met zwei quergetroffenen Kanalen.
Das Zement zeigt an der Stelle des Durchbruchs
eine Anschwellung.
Das Email wird allmahlich schmaler und ist endlich
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49
durchbrochen. An der Stelle des Durchbruchs sieht
rnan Unregelmassigkeiten in der Lage der Dentinkanal-
chen. Es ist aus der Zeichnung noch gerade ersicht-
lich, dass die unregelmassigen Kanalchen zu dem Nor-
malsystem gehören. Es ist ein Teil des urn die Pulpa
a liegenden Systems. (Fig. 8.)
Denk man sich einen Querschnitt an der Stelle wo
sich noch gerade Email befindet, sodass er die un-
regelmassigen Kanalchen, Email und Zeiment trifft,
dann begreift man, dass man Bilder bekommt, wie sie
Fig. 8 yorstellt.
Beim Durchbruch verandert sich die Lage der
Emailprismen. Bis an die Punkte h (siehe Fig.) gehen
die Prismen etwar quer vom Dentinrand des Emails
nach dem Zementrand hinüber. Weiter nach dem
Durchbruch hin strecken sich die Prismen in die Lan-
ge aus. Auf diesen Verlauf weist in Fig. n der Lauf
der kleinen f einen Linien im Email (Prismengrenzen).
Deutlich war dies bei Okular i. Objektiv 8 Leitz. Hier
folgt die Abbildung.
Figur 12.
Neben dem Zentralzement mit dem Zentralkanal
und den Lakunen, die zwei Emailbander der Falte aus
Fig. ii. Nach rechts liegt die Stelle des Durchbruchs.
In dem unteren Rand sieht man deutlich, wie die Pris-
men sich in die Lange ausstrecken. In dem oberen
Emailband sieht man dasselbe etwas weniger deutlich
rechts von der schwarzen Linie 1.
Der Schmelz links von 1 gehort zu einer tieferen
Emaillage.
Querstreifchen waren in den Prismen nicht nach-
zuweisen.
■i
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lm unteren Teil Dentinkanalchen und Dentinkü-
gelchen. Oben Dentinkanalchen.
Ich sagte, dass die Lage der Dentinkanalchen un-
regelmassig war. Wie dies zu verstehen ist,' lehrt
Fig. 13. Im Langsschnitt sieht man wie die Kanal-
chen sich ausnehmen. Man sieht etwas links von dem
vertikalen Diameter die durchbrochene Einstülpung aus
Fig. 11.
Die peripheren Enden der Dentinkanalchen diver-
gieren in gebogenen Linien um darauf wieder zu kon-
vergieren, und schliesslich in normaler Richtung wei-
ter zu gehen.
Dieses findet in allen Richtungen des Raumes statt,
wie dies aus den Verhaltnissen in Fig. 8 schon zu
schliessen war und auch aus dieser Figur durch die
Kanalchen um die Zementinsel mit dem unterbroche-
nen Emailring links in der Mitte, im Querschnitt er-
sichtlich ist.
Im Prinzip der Prismenverschiebung liegt die Er-
klarung zweier Sachen, die ich schon kurz angegeben
habe.
Wenn man sich an der Stelle in der Einstülpung
von Fig. 11 wo die Prismen in der Langsrichtung lie-
gen, einen Querschnitt denkt, muss man quergeschnit-
tene Prismen finden, wie dies im Emailring um. die
untere Zementpartie in Fig. 8 der Fall ist.
Denkt man sich die Verschiebung der Prismen
einer Emaileinstülpung in einer Flache senkrecht auf
der Achse solch einer Einstülpung, dann werden sich
die Prismen allmahlich ungefahr in einem Kreise ver-
laufen, wie sehr deutlich in einem Emailring in Odon-
tom 2; und auch in dem oberen Emailring in Fig. 8
undeutlich zu sehen war.
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5i
Dass der Prozess, den ich Schnrelzdurchbruch
nannte, ganz andere Defekte ergab, als die von Baume
beschriebenen Erosionën, geht meiner Meinung nach
aus Obigem deutlich hervor. Bei der Entstehung dieser
Erosionen fehlt es im Emailorgan gleichsam an Bil-
dungspotenz. „Von einem Entstehen des Defektes durch'
überhaupt welche mechanische Ursache ist allerdings
keine Rede". 3) Nachdem ich die Verschiebungen in
den Emailprismen und in den Dentinkanalchen kon-
statiert habe, glaube ich die wirkende Kraft mecha-
nischer Faktoren annehmen zu mussen.
Die abnormen Biegungen demonstriefen meiner
Ansicht nach auch, dass der Prozess des Schmelzdurch-
bruchs stattgefunden haben muss, als die betreffenden
Gewebe noch weich waren und die Ablagerung der Kalk-
salze also noch nicht oder vielleicht kaum angefan-
gen hatte.
Ganz bestimmt kann definitiv gebildetes Email ürid
auch Dentin und Zement verschwinden, dass dabei die
beschriebenen Biegungen in Prïsmen und Kanalchen
auftreten, glaube ich in Abrede stellen zu mussen. Woher
die mechanisChen Einflüsse kommen, ist nicht mit
Bestimmtheit zu sagen. Wahrscheinlich hat das Zahn-
sackchen dabei eine Rolle gespielt. An der Stelle des
Durchbruchs war meistens eine Anschwellung des
Zements zu sehen. Ob eine Hypertrophie oder Hyper-
plasie von den Geweben des Zahnsackchens im Spiele
ist, oder ob der Schmelzdurchbruch die Folge der
Entwickelung eines normalen Zahnes in einem zu engen
Raurae ist, sodass das Gewebe des Zahnsackchens in
die Faken des Emailorgans durch Gegendruck der
Umgebung gedrückt wird, lasst sich nicht entscheiden.
Wahrscheinlich ist letzteres der Fall. Kein einziges der
4*
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52
Zahnprodukte vniacht den Eindruck, dass Ueberpro-
duktion der Zahnsubstanzen stattgefunden hatte.
Es steht zu erwarten, dass eine Emaileinstülpung an
mehreren Stellen durchbrochen sein kann. Ich sah
dies wiederholte Male. Deutlich war dies bei der Ein-
stülpung um g' in Fig. 7, also in Odontom 7 der F all.
Das Dentin.
Das Dentin, das in den Zahnen der Vertebraten
vorkommt, zerfallt in zwei Hauptarten: In zentralisier-
tes und dezentraliziertes Dentin (Baume).
Zentralisiertes Dentin liefert eine einfache Pulpa,
indem eine verastelte oder geteute Pulpa das Entste-
hen dezentralisierten Dentins erwirken kann.
Fehlt die Pulpa, so kann man an den Pulpahöh-
len sehen, mit welcher Art von Dentin man es zu tun
hat. Entkalkt man ein Zahnprodukt, dann kann man
sehr gute Uebersichtspraparate von den Dentinsyste-
men erhalten, wie dies am Odontom 7 zu sehen war.
Auf das Dentin des Odontoms 7 komme ich nicht
mehr zurück; ich fand es deutlich dezentralisiert. In
Bezug auf Odontom I habe ich schon kurz den Zustand
der Pulpahöhle angegeben. Hier folgen einige sche-
matische Figuren welche eine deutliche Uebersicht
ermöglichen. Figuren auf No. 14 sind nach Querschnit-
ten gezeichnet (natürliche Grosse). In der Ueber-
sichtszeichnung (Fig. 7) sieht man die Pulpahöhle a
und zwei kleinere unter b. Auf Figur sieht man unter A
diese beiden kleineren zu einer Höhle b vereinigt. Noch
weiter nach unten (siehe B) wird b grösser und ist
a an der Seite offen. Unter C ein Querschnitt beinah
völlig unten durch das Odontom, sind a und b zu einer
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Höhle a-f-b zusammengeschmolzen, die seitwarts offen
ist. Hieraus geht hervor:
i. Dass die Pulpa verastelt und das Dentin dezen-
tralisiert war.
2. Dass es möglich ist, dass das Dentin peripher
wird.
                                                                      '         
Unter „peripheres Dentin" verstehe ich Folgendes:
In einem normalen Zahngebilde findet man das Den-
tinsystem oder die Dentinsysteme um eine oder mehrere
zentrale Pulpahöhlen. In einem Querschliff findet man
cu*b.
a.
riff. tb.
d
die Zahnbeinkanalchen mit ihren verastelten Enden nach
der Peripherie gerichtet. Aus Ermanglung an periphe-
rem Email und peripherem Zement kommt in einem sol-
chen Schnitt das Dentin zwar an die Peripherie, aus der
Richtung der Zahnkanalchen und der Stelle der verastel-
ten Enden geht hervor, dass das Dentin zentral gebil-
det ist.
Beim peripheren Dentin sieht man dagegen die An-
fangsstellen der Kanalchen an der Peripherie, die Rich-
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tung ist nach' derft Zentrum und die Endverastelungen
findet man zentral. In Fig. 15 ist ein Teil „peripheres
Dentin" aus Odontöm I abgebildet (Okular 1. Objek-
tiv 3 Leitz). Man sieht deutlich, dass die Kanalchen
pheripher ahfangen und zentral ausstrahlen. Ich betone
ausdrücklich, dass die Kanalchen abnormale Biegungen
haben. 'Man sieht Dentinkügelchen beï a und wahr-
scheinlich globulare Masse oder interglobulare Raume
bei b (siehe Baume).
1 m Man sieht in Fig. 14 unter B und C die Pulpa-
höhle of f en. Betracht et man da die Peripherie, so
wird man da den Anfang der Zahnkanalchen an der
Peripherie finden mussen; dies war auch wirklich der
Fall. Was man unter dem Seitwartsoffensein einer Pul-
pahöhle versteht, werdeich naher besprechen. Das Ab-
brechen eines Odontoms^ückchens darf dies keinesfalls
verursachen.
Eine weitere Untersuchung des peripheren Dentins
konnte an den Odontomen 2, 4, 5a und 13 fortgestetzt
werden.
O don t om 2.
Ein vieleckiger unregelmassiger Körper mit 5 sehr
deutlichen Höckern (siehe Phot. Fig. 2) Grösste Lange
2,7 c.M., Breite 1,6 c.M., Höhe 3 c.M. Rechts zwischen
den Höckern war eine 10 m.M. lange und ± 3,5 m.M.
breite Pulpahöhle. Es wurden 5 Schliffe gemacht, wel-
che aus den drei Abmessungen Praparate verschafften.
Die Faltenbildung und die Einstülpung des Emails des
die; zentrale Lage des Zements waren deutlich an den
Preparaten sichtbar. Der Zustand des Emails und des
Zements war derselbe wie in den beschriebenen Odon-
tomen.rOft war auch der Schmelzdurchbruch zusehen.
Die,; Peripherie der Schliffe wurde f ast überall durch
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peripheres Dentin eingenommen, stellenweise mit Ze-
ment abgewechselt. Auch hier war die unregelmassige
Biegung der Zahnbeinkanalchen auffallend. Eine eigen-
tümliche Lage des Emails und des Dentins fand ich
in vertikalen Schnitt aus Hoeker mit h angegeben. Hier
die genaueren Angaben: Fig. 16 (Objektiv 3 Okular 1,.
Leitz). Man sieht im peripheren Dentin einen geschlos-
senen Emailring (vielleicht durch Rückstülpung entstan-
den). Der Ring umfasst Zentraldentin. Die unregelmas-
sigen Biegungen im Peripheren Dentin sind sehr schön
zu sehen. Die kleinen feinen Linien im Email sind
Prismagrenzen, die grosseren wieder Risse. Bei b Zen-
tralzement mit Emailring, in dem die Prismen in der
Richtung der Kreislinie liegen. Bei c schwarze Stellen
ohne Zahnkanalchen, eine Abnormalitat, welche Baume
bei dem Osteodentm beschreibt3).
Die eigentümliche Lage der beiden Dentinsysteme
beweist die Verastelung der Pulpa.
Makroskopisch war nur die schon angegebene Pul-
pahöhle zu sehen. Einer der Schliffe war so angelegt,
dass die Pulpahöhle getroffen wurde. Eigentümlich war
hier das Verhalten des Dentins. An einem dreifach
vergrösserten Uebersichtspraparat sieht man folgen-
des: Fig. 17 (Schematischcs Uebersichtspraparat von
einem Teil von Odontom 2).' ,
Email = schraffiert.
Zement = punktiert.
Dentin = dunkel schraffiert.
Bei a Zentralzement, bei b peripheres Dentin, bei
c Zentraldentin.
Die Pulpahöhle ist in diesem Schnitte seitlich offen,
ein spaltenförmiger Raum führt nach der Peripherie.
Das Dentin um diese Pulpahöhle zeigte fa'st überall
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Zahnkanalchen, welche in normaler Richtung (d.h. unge-
fahr radiar von der Höhle ausstrahlend) verliefen. Beim
Ausgang aus der Pulpahöhle streckten die Kanalchen
sich in die Lange (s. Fig. 17) und gingen in das peri-
phere Dëntin über, wo sofort die unregelmassigen Bie-
gungen noch deutlicher hervortraten.
In Zeichnung 17 habe ich durch Schraffierung den
Verlauf der Kanalchen schematisch angegeben.
Man kann sich die Frage stellen, ob das um die
Pulpa liegende Dentin auch nicht als peripheres Dentin
betrachtet werden Könne, die Pulpahöhle ist doch an
der Seite off en und die Richtung der Kanalchen ist also
wie sie für peripheres Dentin angegeben wurde.
Diese Frage muss ich meiner Meinung nach ver-
nemen, das periphere Dentin der Odontome zeigte aus-
ser der genannten Richtung der Kanalchen immer eine
sehr unregelmassige Biegung in diesen Elementen. Das
um die Höhle liegende Dentin war sehr regelmassig,
ausser einigen durch die Emailfaltung entstandenen Un-
regelmassigkeiten, dem Konvergieren und Zurückbiegen
der Kanalchen, wie dies aus Fig. 8 und 12 ersichtlich
ist. Es verhalt sich aber so in Wirklichkeit. Wir haben
in Fig. 17 einen in die Lange getroffenen Schnitt einer
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Pulpahöhle vor uns; die Oeffnung rechts ist der Eingang.
Aus dem Praparat geht hervor, dass das periphere
Dentin mit dem zentral gebildeten Zahnbein in Ver-
bindung steht. Prinzipiell ist das nicht abnorm. Wenn
man sich einen Normalzahn mit geteilter Pulpa (z.B.
Pferdebackzahn) nachdem die Krone ganz gebildet ist,
doch die Wurzelbildung noch nicht angefangen hat, in
der Langsrichtung durchgeschnitten denkt, sieht man
am Wurzelende, wo die Papillen mit einander verbun-
den sind, ein Teil Dentin gebildet, das die eine zentrale
Partie Dentin mit der anderen verbindet. Dieser Teil
Dentin liegt in Bezug der zentralen Systeme periphér
auch in Bezug auf die Richtung der Zahnkanalchen. Ich
habe an den Verbiridungsbrücken zwischen den Papillen
eines Pramolars (P3) eines Pferdes deutlich an den
betrefferrden Stellen Odontoblasten nachweisen können.
Die Pulpa war aus P3 eines Füllens gewonnen.
P3 hatte gerade angefangen sich zu reiben. (Die Pulpa
wurde in 4 0/0 igem Formalin gehartet, mit Alkohol wei-
ter behandelt, in Paraffin geschnitten und nach Gieson
gefarbt). Man findet an einem Pferdebackzahn im Prin-
zip peripheres Dentin doch nur an gewissen Stellen
(vor der Wurzelbildung).
Wie es möglich ist, dass grosse Teile in der Peri-
pherie durch derartiges Zahnbein gebildet worden sind,
wie dies in den meisten Odontomen der Fall ist, glaube
ich am Odontom 4 nachweisen zu können.
Odontoffi 4.
Ein unregelmassiger kugelförmiger Körper (sieh
Photo. Fig. 4) mit einem gebogenen Fortsatz (f) Dia-
meter des oberen Teiles ± 1,5 c.M. Lange des Fort-
satzes 2,1 c.M., Breite ± 0,7 c.M. Es wurden 3 Quer-
schliffe (zwei von dem oberen und einer von dem un-
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teren Teil) gemacht. Das Zement und das Email zeigten
nichts Neues. Das periphere Dentin verhielt sich so, dass
man gleich wusste, wie man die Verhaltnisse aufzufassen
hatte.
In einem Querschliffe aus dem oberen Tcile er-
reichten 5 Dentinsysteme (mit den Pulpahöhlen) die
Peripherie. Davon waren je zwei und drei durch peri-
pheres Dentin verbunden.
Die Richtung der Achsen der Systeme war sehr ver-
schieden. In schematischer Zeichnung ist dieses in
Fig. 18 3mal vergrössort angegeben.
Fiy.fd
a
Die zwei Systeme bei b und die drei bei a durch
eine Abteilung von zentralem Zement und Email von
einander getrennt. Bei c Osteozementkanal.
Die Teilung "der Pülpa ist aus 5 Systemen ersicht-
lich. Drei und zwei der Systeme standen auf einetr
gemeinschaftlichen Basis. Höchstwahrscheinlich stan-
den sie alle fünf auf derselben Basis (durch das Ab-
brechen des Schliffes (siehe punktierte Linie) war das
nicht mehr zu beweisen. Wenn man diese Verhaltnisse
in Bezug auch auf die verschiedenen Richtungen der
Achsen der Systeme in Betracht sieht, so kommt man
zu dem Schlusse, das ein Stück von geteilter., oder ver-
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astelter Pulpa durch Abbiegung oder Umbiegung zur
Bildung peripheren Dentins an mehreren Seiten eines
Zahnproduktes Anlass geben kanh.'»
Im Schema stelle ich die betreffenden Verhaltnisse
fest. Hat man 5 Papillen auf einer Flache als Base (siehe
a) dann ist es klar ersichtlich, dass das periphere Den-
tin, das durch die Verbindungsbrücken gebildet wurde,
allein an der Basis zu finden ist. Biegt sich ein Teil
der Pulpa um (siehe b) so bekommt man einen Körper
mit normalen Verhaltnissen, aber wo das periphere Den-
tin auch an anderen Stellen als an der Base zugegen
ist. Als Typus eines solchen Zahngebildes kann Odón-
tom 1 gelten (siehe Uebersichtsfigur 7). Biegt sich eine
geteute Pulpa beinah vollstandig um (siehe e) so kommt
das Dentin überall „peripher", wie dieses bei Odontom
2 in dem in de drei Dimensionen angebrachten Schliffe
der Fall war. Auch Odontom 4 gehort vielleicht zu dem
Typus.                                      .                                           • . ' ■ j .
Da die Papillen in Bezug auf
MJÊLMJÊ>*A * Grosse, Zahl und Lage verschieden
waren wird die Gestalt der Pulpa-
base kompliziert, und • lasst sich
nach diesen Prinzipien die ausser-
gewöhnliche Unregelmassigkeit
der Zahnprodukte erklaren.
Ich schmeichle mir nicht mit
dem Gedanken, dass ich die Den-
tinsverhaltnisse unumstösslich
bewiesen habe. Die abnormen Biegungen der Zahn-
beinkanalcben im peripheren Dentin brachten mich zu
dem Schluss, dass in diesem Gewebe Verschiebungen
stattgefunden haben mussen.
Als ich den richtigeu Zusammenhang des zentralen
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6o
und peripheren Dentins in Odontom 2 und 4 sah, und
die verschiedenen Achsenrichtungen der Systeme dar-
auf bezog, glaubte ich doch die angegebenen Veran-
derungen in der Lage der Pulpabasis als sehr wahr-
scheinlich annehmen zu mussen.
Die gemachten Schliffe von Odontom 5a (ein
Schliff) und von Odontom 13 (auch ein Schliff) zeigten
nlchts neues. Von dem gefundenen Stück-Odontom wur-
den auch zwei Schliffe gemacht, welche, weil sie nur von
einem Teilstück herrührten weniger gut zu gebrauchen
waren. In Bezug auf das Dentin ziehe ich folgende
Schlüsse:
1.    Das Dentin war dezentralisiert, es war also aus
einer verzweigten Pulpa entstanden. Die Dentinsysteme
waren an Anzahl und Grosse verschieden, die Teilung
der Pulpa war also unregelmassig gewesen.
2.    Das periphere Dentin ist ein Produkt, das zu
dem zentralen Dentin in genetischem Verhaltnis steht.
Es ist wahrscheinlich durch Verschiebungen der Pul-
pabasis (die Vereinigungsplatze der Papillen) ent-
standen und gibt das Bild eines um 180° gedrehten
Dentinsystems.
Zusammenfassung und Diskussion.
Die Ergebnisse, welche die Untersuchung der Odon-
tome ergab resumiere ich kurz wie folgt:
Es kamen vor:
1.    Peripheres Zement.
2.    Peripheres Email, in dem starke und unregel-
massige Faltenbildung bestand.
3.    Durch Einstülpung entstandener zentraler
Schmelz.
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4.     Zentralzement, das diese Einstülpung erfüllt hat.
5.     Das Dentin war um mehrere Höhlen gelagert,
dezentralisiert, und also aus einer verastelten Pulpa ent-
standen.
6.     Peripheres Dentin durch abnormale Biegungen
entstanden.
                                                              .
7.     Emaildurchbruch.
Es geht meiner Meinung nach aus den ersten fünf
Tatsachen deutlich hervor, dass die Odontome auf der
Grundlage normaler Backzahne gebildet sind.
Die Verhaltnisse im Zement, Email und Dentin
sind darin wie obén angegeben. Das Email und das
Zement der sog. Halbmonde, welche auf Querschliff
in den Backzahnen des Oberkiefers zu sehen sind, lassen
das Prinzip vom zentralen Email und Zement deutlich
erkennen. Die Faltenbildung im peripheren und zen-
tralen Email ist eine bekannte Sache. Die geteute Pulpa
in den Backzahnen des Oberkiefers ist charakteristisch.
Zu jedem Dentinpfeiler gehort eine Papille der Pulpa.
Die Bildung des peripheren Dentin geht in den
Backzahnen der Wurzelbildung voran. Solange der obere
Backzahn noch offen ist und ein Lagenwachstum
noch stattfindet, kann man die Dentinpartien an den
Stellen, wo die Papillen verbünden sind, als peripher
betrachten.
Der Vorgang eines Emaildurchbruchs scheint se-
kundar zu sein und entfernt sich vor dem Entwicke-
lungstypus eines normalen Backzahns.
Es sei mir vergönnt, noch Folgendes hervorzuhe-
ben. Oben habe ich schon wiederholt darauf hingewie-
sen, dass ich in der Emailverschmalerung den Anfang
dés Durchbruchs erblicke. Fig. 10 spricht meiner Mei-
nung nach sehr dafür.
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Die Verschmakrung Hes Emails besteht ohne Zwei-
fel an den normalen oberen Backzahnen. Ich habe das
an einen Querschliff eines M' gesehen. Schon makro-
skopisch sieht man, dass das zentrale Email, schmaler
als das periphere ist.
Wenn man unter dem Mikroskop die kleinen Fal-
ten der einander zugekehrten Teile der Halbmonde be-
trachtet, sieht man wie das Email an einigen Stellen
schmaler wird. Durchbruch habe ich nicht nachweisen
können.
Dass sich die Odontome prinzipiell wie die Back-
zahne des Oberkiefers bilden, unterliegt meiner Ansicht
nach keinem Zweifel. Es sind aber' quantitative Abwei-
chungen in dem Bildungsprozes aufgetreten.
Für Faltenbildung im Email und die Entwicke-
lung des zentralen Emails und Zements war dies sehr
deutlich. (Siehe Odontom 7 u. i. Auch in 2, 4 und 5a).
Wie es mit der Anzahl der betref f enden Dentinsys-
teme war, konnte nicht genau für jedes Zahngebilde
nachgewiesen werden. Eine Tatsache war, dass die Pulpa
vielfach geteilt war. Odontom 7, 1 und 4 zeigte dieses
deutlich.
Die quantitative Abweichung war positiv. Mit der
numerischen Zunahme ging aber eine Abnahme an Um-
fang der Prozesse Hand in Hand. Besonders war dies
mit der zentralen Email und Zementbildung der Fall,
die bisweilen nur mikroskopisch nachgewiesen werden
konnte. Dasselbe gilt für die Verastelung der Pulpa. Die
Pulpahöhlen waren zuweilen so klein, dass sie nur mi-
kroskopisch sichtbar waren.
Aussergewöhnlich gross ist keines von den Zahn-
produkten geworden. Alle diese Zahngebilde waren viel
kleiner als ein _gewöhnlicher Pferdebackzahn. Einige
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waren selbst verhaltnismassig sehr klein (Odontom 7,
5a und 13).
Von hypertrophischen oder hyperplastischen Prozes-
sen kann kaum die Rede sein.
Wahrscheinlich hatten die angelegten Keime sich
zu normalen Backzahnen entwickeln können, denn die
Bildungsvorgange waren prinzipiell ja dieselben. Viel-
leicht hat der beschrankte Raum bei der Entwickelung
viele der pathologischen Verhaltnisse hervorgerufen.
Wie dem auch sei, aus Obigem geht hervor, dass die
ab nor men Zustan de in der embryonalen
Peiiode der Zahnbildung entstanden sind und ich
muss also die gef undenen Odontome als wahre
teratologis c h e Produkte betrachten.
Bei einigen der Kegelzahne war auch einige Abwei-
chung in teratologischen Sinne wahrzunehmen, wie aus
den Faltungen und Einstülpungen hervorgeht. Die an'de-
ren Keg< lzahne und den Eckzahn vor der Periode der
Wurzelbildung kann man aber als gleichwertig be-
trachten.
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LITTERATUR.
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2.    Ostertag. Krankheiten der Zahne.
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