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SVN t>1$Q iß±z buh
Streitigkeiten über Gewährsmängel
beim Pferde- und Viehhandel sollten
durch Arbitrage entschieden werden. |
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Ein Beitrag zur Frage des Währschaf tsrechtes
mit besonderer Berücksichtigung holländischer Verhältnisse. |
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Inaugural-Dissertation
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Erlangung' der Doktorwürde
der
hohen veterinär-medizinischen Fakultät der Universität Bern
vorgelegt von
Geert Lubberink, Reichstierarzt in Zwolle.
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Bern.
Buchdruckerei Ott & Bolliger.
1912. |
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BIBLIOTHEEX
DIERGENEESKUNDE
UTRECHT
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Von der Fakultät auf Antrag des Herrn Prof. Dr. U. Duerst
zum Drucke genehmigt. |
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Bern, den 7. März 1912.
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Der Dekan :
Dr. Schwendimann. |
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Herrn Prof. Dr. U. Duerst
in Dankbarkeit gewidmet.
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I. Einleitung.
f Ein für die Praxis der Tiermedizin überaus wichtiges Kapitel
bildet die Frage der Vieluvahrschaft, auch Gewährsmängel im Vieh- handel (holländisch: koopvernietigende gebreken, französisch: vices redhibitoires) genannt. Ich hätte mir während meiner Studienzeit nie vorgestellt, welche überaus grosse Bedeutung dieselben, speziell für meine eigene Praxis haben würden. Nach einjähriger Praxis bereits wurde mir ein Fall vorgelegt, von
dem behauptet wurde, dass es sich um einen Gewährsmangel handle; doch war die Sache von wenig Bedeutung, da die Gegenpartei, nachdem sie mein Attest gelesen hatte, davon überzeugt war und das verkaufte Tier sofort wieder in Empfang nahm und den ur- sprünglichen Kaufpreis zurückzahlte. So wie mein Klient mir mitteilte, hatte die Gegenpartei ge-
äussert: «Ich habe Angst vor den Advokaten,» und wirklich habe ich damals mir noch nicht vorstellen können, wie oft bei Gewährs- mängeln die Herren Advokaten uns Tierärzten zu Hilfe kommen müssen; denn die Praxis lehrt uns täglich, dass es Menschen gibt, die, falls sie die nötigen Mittel dazu haben, darauf bestehen, dass ein Kaufverlust durch das Gericht behandelt werden muss, kostet es dann auch Tausende mehr, und die von dem Sprichwort: «Wer plädiert um eine Kuh, gebe lieber eine noch dazu,» nichts wissen wollen. Nach sehr kurzer Zeit Hess ich mich in Zwolle, der Hauptstadt
der Provinz Over-Yssel, als Tierarzt nieder (1891). Diese Stadt ist im In- und Auslande wegen der grossen wöchent-
lichen Viehmärkte und der monatlichen, stark besuchten Pferde- märkte gut bekannt. Hier erst wurde ich als Tierarzt besonders häufig gezwungen,
Gewährsmängel zu entdecken; und man würde erstaunt sein, wenn ich eine Spezifikation von all den Fällen überliefern würde, die ich in ungefähr 20j ähriger Praxis zu Zwolle untersucht und behandelt habe. |
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Ganz Holland habe ich dieserhalb bereist; ja, nicht allein in
meinem Vaterland, sondern auch in Italien, Deutschland und Belgien bin ich gewesen, um daselbst Untersuchungen an Ort und Stelle anzustellen, und nur die Tausende von Pferden und Rindern, die jährlich unsere Märkte verlassen und in weite Fernen transportiert werden, sind hiervon immer die Ursache gewesen, da sie mit Ge- währsmängeln behaftet waren. Man wird vielleicht fragen: «Warum kommen Gewährsmängel
besonders bei Vieh vor, das auf Märkten verhandelt wird?» Die Antwort hierauf kann kaum anders lauten als: «Solche
Tiere sind sehr vielen ungünstigen äussern Einflüssen ausgesetzt, viel mehr als solche, die ruhig im Stalle des Eigentümers stehen bleiben und daselbst zum Verkaufe gelangen.» Wie oft müssen die Tiere, wenn der Markt still ist und das
Wetter zu wünschen übrig lässt, während vieler Stunden in einer Temperatur verbleiben, woran sie in dem Stall des Eigentümers, in dem sie sorgfältig gepflegt werden, nicht gewöhnt sind (Ursache zu Erkältungen etc.). Der Viehhandel bringt es aber auch mit sich, dass, wenn ein
Muttertier geworfen hat, es öfters sofort nachher zum Markte ge- bracht wird; ja, es kommt selbst vor, dass es zum Markt gebracht wird, bevor es von der Nachgeburt gesäubert istl Kaum Mutter geworden, wird das Tier auf den Markt geführt,
und versucht der Eigentümer dasselbe mit Vorteil zu verkaufen, indem er dabei weniger auf das Wohl und Wehe des Tieres achtet, sondern nur durch die Auri sacra fames getrieben wird, und weiter beeilt er sich mit dem Tier per Eisenbahn nach einem anderen Viehmarkt, um daselbst das Tier aufs neue dem schlechten Wetter auszusetzen. Wieviel Gebärmuttererkrankungen, Lungenkrankheiten, Brust-
fellentzündungen, Eutererkrankungen sind gerade hiervon die not- wendige Folge, und es sind auch wiederum gerade die Rinder, die von Viehmärkten gekommen sind, die am häufigsten die Ursache von Prozessen über Gewährsmängel bilden. Auch bei Pferden kommt es vielfach vor, dass ein Gebrechen
der Atmungsorgane ein zur Wandelungsklage berechtigender Fehler ist, wenigstens wird seitens des Käufers behauptet, dass dem so sei. Bevor die Pferde nach dem Auslande verkauft werden, pflegt man sie stark zu füttern, und sie verrichten wenig. Arbeit, und so |
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ist es gar nicht anders möglich, als dass während des Transportes
oder des Aufenthaltes auf dem Viehmarkt der ungewohnte Tempe- raturwechsel Ursache des Gebrechens der Atmungsorgane ist. Der Käufer des Pferdes, der sei es in Holland oder im Auslande wohnt, sagt: «Das wird das Tier wohl schon bei dem Verkäufer gehabt haben!» Er konsultiert einen Tierarzt, und schon oft ist dies der Grund dazu gewesen, einen Kauf rückgängig zu machen. Ferner besteht noch eine weitere sehr wichtige Ursache, warum
gerade die Viehmärkte die hauptsächlichsten Lieferanten der «ver- borgenen Fehler > sind. Gibt es nicht eine ganze Anzahl Leute, die ein Geschäft daraus
machen, mit «fehlerhaftem» Vieh zum Markte zu kommen? Dadurch wird manch einer das Opfer solcher unehrlichen Machenschaften. Sind die jeweiligen Körungen bei Viehmärkten hier zu Lande auch noch so streng, es passieren stets wieder dergleichen Dinge. Ich kenne bei uns Leute, die sich keine Gewissensbisse daraus
machen, um eine ihres Wissens auf unehrliche Weise erhaltene Kuh zu verkaufen, dieselbe gegen billigeren Preis wieder zurück- zunehmen, weil der Käufer einen Prozess umgehen will, und die dann die Kuh auf» neue als gutes, brauchbares Vieh wieder ver- kaufen. Ich erinnere mich z. B. folgenden Pralles: Ein sehr bekannter
Pferdehändler verkaufte ein Pferd. Der Käufer fragt: «Garantieren Sie, dass das Tier fehlerfrei ist?» Danach gab der gewissenlose Kerl, indem er das Tier am Zügel fasste, zur Antwort: «Daar sta ik voor! » *) Kaum ist der Bauer mit dem Pferde zu Hause, und er ent-
deckt, dass das Pferd ein schweres Gebrechen am linken Auge hatte. Auf dem Markt hatte er die Augen nicht untersucht und den Kauf auf «gutes Vertrauen» geschlossen. Dergleichen Kniffe wendete dieser Verkäufer öfters an und
hatte dabei den Vorteil, dass er dabei sehr ernst aussehen konnte, so dass ihm seine unehrlichen Geschäfte oft glückten, und dann hatte er noch ein wenig «Nacharbeit», wie er sagte, wovor er jedoch keine Angst besass. Es gibt leider viel zu viel Leute, die mit dem |
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*) « Davor stehe ich >, was in der holländischen Sprache gleichbedeutend
ist mit: < Dafür garantiere ich >. Hier sollte es aber nur heissen, dass der Händler «vor dein Fehler», d. h. dem kranken Auge stehe. |
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Viehhandel zu schaffen haben, die mit den gesetzlichen Vorschriften,
die auf eine Rückgängigmachung des Kaufs Bezug haben, absolut unbekannt sind. Es wäre wünschenswert, dass diese Personen ein- mal ein einschlägiges Werk, wie das von van Leenioen, *) einsähen, bevor sie zu Markte gehen. Habe ich nunmehr gezeigt, dass die Viehmärkte das Haupt-
kontingent der Gewährsmängel stellen, so muss ich jetzt noch betonen, dass es eben dem gewöhnlichen Käufer schwer ist, wenn nicht gar unmöglich, solche Fehler zu entdecken. Nicht mit Unrecht spricht § 1540 des holländischen Bürgerlichen Gesetzbuches von «verborgenen Fehlern» ; es sind aber solche, die allein bei beson- derer Fachkenntnis und bei einer sehr eingehenden Untersuchung wahrgenommen werden können. Manchmal muss man dabei von wissenschaftlichen Hilfsmitteln
Gebrauch machen, und es kommt oft vor, dass man erst bei der Oeffnung der Leiche das Gebrechen konstatieren kann. Hierbei kann ruhig gesagt werden, dass die Aufgabe, die einem
Tierarzt dabei gestellt wird, meist eine sehr schwierige ist, und es ist auch nicht zu verwundern, dass hierin die Meinungen der Fach- männer auseinander gehen. Der Sachverständige muss nicht allein ein tüchtiger Tierarzt
sein, nein, er muss dabei auch gleichzeitig eine gute Kenntnis der Gesetze haben, und zwar derjenigen Paragraphen, die auf den Aus- gleich in Streitigkeitssachen von «Kaufverlusten» Bezug haben. Nicht allein in seiner Eigenschaft als gerichtlicher Sachver-
ständiger muss der Tierarzt über oben Erwähntes verfügen, sondern auch als Schiedsrichter (Arbiter), wozu er mehrfach durch eine oder beide Parteien ersucht wird, um die eine oder die andere Angelegen- heit ins Reine zu bringen. Hinsichtlich der Rechtsgelehrten endlich, die ab und zu damit
beauftragt sind, um die Streitigkeiten, die im Viehhandel entstehen, zu vergleichen oder auch die Verteidigung einer der Parteien zu führen, möchte ich hier nur bemerken, dass ich in meiner Praxis mehrfach erkannt habe, dass manche derselben bitter wenig von den im Viehhandel vorkommenden Gebräuchen und von den vor- kommenden verborgenen Fehlern wissen. |
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*) van Leeuiven, Koopvernietigonde Gebreken in den Veehandel.
II. Druk. Groningen 1905. |
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Dies ist auch nicht zu verwundern, da ja sehr viele Rechts-
gelehrte durchaus nicht täglich mit dem Viehhandel in Berührung kommen. Immerhin gibt es auch hier solche, die durch die Ver- hältnisse zu ganz hervorragenden Kennern der Gewährs- und Vieh- handelsfragen geworden sind und daraus ihre Spezialität gemacht haben. Die Grosszahl aber ist dem Wesen dieser Rechtsfragen doch
noch völlig fremd. Um hierzu ein beweisendes Beispiel zu geben, erinnere ich
daran, dass man stets über den bekannten Termin von sechs Wochen streiten hört, anfangend mit dem Augenblick dos Kaufes, während «eichen Termines der Verkäufer eines Tieres für alle verborgenen Fehler einstehen müsse. In keinem einzigen Paragraphen unseres Bürgerlichen Gesetzbuches ist aber von einem solchen Termin die Rede, und dazu ist schon mehrfach durch gerichtliche Urteile die Ungültigkeit davon festgestellt worden. Jeder Sachverständige wird erkennen müssen, dass ein solcher
Termin nicht angenommen und verteidigt worden kann. Die be- rühmten sechs Wochen sind ein Gewohnheitstermin, der im Mittel- alter entstand, als die Tiermedizin noch auf sehr niedriger Stufe stand. Es ist darum auch ein sehr gutes Zeichen, dass verschiedene Rechtskollegien diesen Termin nicht mehr innehalten, und man kann von Glück sprechen, dass bei den vielen Streitigkeiten, die beim Viehhandel vorkommen, in unserem Vaterlande verhältnismässig wenig Prozesse über diesen Punkt geführt werden. Endlich möchte ich noch einen letzten Punkt hier signalisieren.
Es ist gar nicht selten, dass die Gewährsstreitigkeiten ihrerseits Anlass geben zu Zwistigkeiten zwischen den Tierärzten beider Par- teien, indem jeder auf seiner vielleicht mit bestem Wissen und Können gestellten Diagnose beharrt und hierauf die Persönlichkeit nicht von der Sache mehr zu trennen vermag und seinen Gegner durch Handlung und Gesinnung wissen lässt. Ich habe es in meiner Praxis erlebt, dass meine Partei die
Sache nicht zum Austrag zu bringen wünschte, weil, wie sie sagte, der Tierarzt der Gegenpartei viel älter war als ich (es galt einer Sache, als ich erst ein Jahr Tierarzt war), also, mit andern Worten, mehr Erfahrungen als ich haben müsse. Wie sehr ich auch behauptete, dass das Pferd mit sehr ver-
altetem Pfeiferdampf (Cornage) behaftet sei: nein, sagte der Gegen- |
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tierarzt, der meiner Partei weiss gemacht, dass das Tier Bronchial-
katarrh habe und in einigen Wochen wieder hergestellt sein würde. Als ich den Eigentümer nach Verlauf von einem halben Jahre
einmal wieder nach dem Pferde fragte, war er so ehrlich, mir zu bekennen, dass der Gegentierarzt ihn zum Narren gehabt habe und dass er das Pferd mit Fl. 300 Schaden wieder verkauft habe. Auch damals erachtete ich noch den Termin von sechs Wochen
nach dem Verkaufstage in Kraft, und es war deshalb auch nichts mehr daran zu ändern. Oft endigen aber im Viehhandel solche Streitigkeiten mit Un-
kollegialität. |
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II. Geschichte des Währschaftswesens
bis in die neueste Zeit. |
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Der heutige Kulturmensch pflegt von vornherein, auch ohne
juristische Studien, nur durch Vererbung und Jugenderziehung, einigermassen zu wissen, was Recht und Unrecht ist. Wir wollen ja gerne zugeben, dass die Anlagen des Rechtsgefühles bei den Menschen verschieden sind. Aber dennoch sind solche Anlagen zweifelsohne vorhanden und erst im Laufe der Zeit herausgebildet. Der Begriff des Sachenrechtes ist notgedrungen geknüpft an
denjenigen des Eigentumes, denn ein primitives Volk, ohne jedes Privateigentum, bedurfte auch keines Rechtes zum Schutze desselben. Sobald aber im Menschen der Begriff des Dein und Mein erwachte, entwickelte sich auch das erste Recht, das in seinen Strafen unsern modernen Auffassungen ja durchaus nicht mehr entspricht. Mit dem Uebergange der Haustiere in das menschliche Eigentum,
was in Buropa jedenfalls schon in grauen neolithischen Zeiten, ja möglicherweise schon früher geschah, entwickelte sich allmählich auch der Tausch und der Handel mit denselben, d. h. ihr Uebergang aus dem Besitz des einen Individuums in den eines andern. Die Haustiere wurden Gegenstand öffentlichen Verkehres, und infolge davon mussten sich gewisse Bestimmungen heranbilden, die bei dem Tauschhandel jeweils zur Ausübung gelangten. Die Währschaft hat sich natürlich bei denjenigen Völkern am
ehesten und besten entwickelt, die ausser grossen Viehherden auch eine hohe Kultur und speziell eine Liebhaberei für genaue Buch- führungen aller Art besassen, wie die klassischen Völker des Orients, die Babylonier und Aegypter. Schon in den Gesetzen des Hammurabi finden wir, wie uns
Albrecht*) erzählt, die Bestimmung, dass jeder Ankauf von Haus- tieren, um legale Gültigkeit zu erlangen, vor Zeugen schriftlich abgefasst sein musste. Jede andere Art der Erwerbung lässt den Verdacht der Unreohtmässigkeit und des Diebstahles zu, worauf *) Albrecht, Forensische Tiermedizin der Babylonier. Berliner Tier-
ärztliche Wochenschrift 1903, pag. 824, und 1905. |
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die Strafe des 10—30fachen Ersatzes des Gestohlenen und bei
NichtZahlungsfähigkeit die Todesstrafe stand. Herrn Prof. Dr. Duerst gebührt aber das Verdienst, noch ent-
deckt zu haben, dass die Babylonier in ihre schriftlichen Vieh- handelskontrakte auch die Garantie für gewisse Eigenschaften der betreffenden Haustiere aufnahmen, also schon eine eigentliche Vieh- währschaft mit schriftlicher Form besassen, wie dieselbe heute in einigen Staaten von Gesetzes wegen als Neuerung eingeführt wird. Herr Prof. Dr. Duerst hatte die Güte, mir aus seiner Sammlung von babylonischen Tontäfelchentexten folgendes von 529 v. Ohr. stammende Beispiel, zum Beweise des Gesagten, zur Publikation zu überlassen: Ein achtjähriger Esel (oder Pferd), ein dunkelfarbiger, auf dem kein Fleck ist, welchen Nidintum-Bil, Sohn des Har-ibni, für 50 Sekel Geld unter Abschlagszahlung an Bil-usallim, Sohn des Simillu, Sohns von Ipis-ilu, gegeben hat. — Die Garantie für.....
(hier eine unübersetzbare Eigenschaft, vielleicht das Freisein von
Krankheiten) des Esels trägt Nidintum-Bil, Sohn des Har-ibni. Zeugen: Nabü-sum-ukim, Sohn des Nirgal-usalim, Sohns von Signa, Ina-iss-itu, Sohn des Ina-Isajil, Sohns von Illati und der Schreiber Rimüt-Bil, Sohn des Bil-ikisa, Sohns des Bil-itirü. 12. Ulul. Jahr des Regierungsanfangs von Kambüzia, Königs von Babylon und Königs der Länder. Von den alten Aegyptern und den Israeliten sind uns keine
derartigen Kaufkontrakte mit Währschaftsbestimmungen überliefert worden, obwohl, wie uns der Stierhandel des Amenmes zeigt,*) die Kaufkontrakte bei den Aegyptern, der Legion der Schreiber ent- sprechend, ebenfalls schriftlich aufgesetzt wurden. Auch das Gesetzbuch der Indier, das Manava Dharma Sastra gibt
ausser den vielen Vorschriften über Haftpflicht bei Schaden, der durch die Haustiere entsteht, wie sich solche ja auch in der mosaischen Gesetzgebung finden, nichts über das Wäbrschaftsrecht an.**) Erst die römische Gesetzgebung machte hier Vorschriften und
stellte Regeln auf. |
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*) Victor Loret, Les animaux reproducteurs dans l'Egypte ancienne.
Recueil de travaux relatifs ä la philologie et ä l'archeologie ögyptienne et assyrienne. XVIII8 annee. Paris et Caire. **) Panckoucke, Les lois sacrös de l'Orient.
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Die ältesten römischen Vorschriften in dieser Beziehung waren
die sogenannten « Mamilischen Gesetzesformeln für Verkäufer > (leges venalium vendendorum), die nach ganz bestimmtem Wortlaute der Anfragen des Käufers vorgeschrieben waren und, da sie gesetzlich festgelegt, gewissermassen ein Gelübde darstellten.*) Es ist natürlich klar, dass solche Vorschriften nur so lange Geltung haben konnten, als der Geist der Treue und der Wahrhaftigkeit noch den Handel beherrschte. Denn wie unterscheiden sich die damaligen Fragen des Käufers: Versicherst Du, dass diese Tiere gesund sind? Willst Du für Schäden einstehen? von denjenigen, die heutzutage z. B. in Holland üblich sind, wo der Käufer gewohnheitsmässig fragt: «Ist alles brav und ehrlich ? » Und wie kernig werden dann gewöhnlich von dem Verkäufer
die Worte geantwortet: «Dafür stehe ich voll und ganz ein! » Aber wie oft enthalten sie eine Unwahrheit, und wie oft weiss
der Verkäufer auch selbst, dass er eine Unwahrheit gesagt hat. Wenn es sich nun später herausstellt, dass die gekaufte Ware
doch wirklich unter Betrug erworben ist, wie oft kommt es nun vor, dass man sich dann doch nicht einmal darauf berufen kann, um Schadenersatz ra beanspruchen, da z. B. der Verkäufer so arm ist, dass von seiner Seite nichts zu erwarten ist. Daraus geht hervor, dass es früher wie heute von grösster Wichtigkeit ist, zu wissen, von wem man kauft; aber auf grossen Viehmärkten, wo die Vieh- händler mit ihrem Vieh von weit und breit zusammenströmen, ist dies ein Ding der Unmöglickeit. Ja, es kommt selbst manchmal vor, dass der Eigentümer
seine Ware durch den einen oder anderen armen Nachbar ver- *) Varro beschreibt in § 2 des II. Buches das Vorgehen beim Schaf-
kauf äusserst eingehend. Das Kaufgeschäft wurde in folgender Reihenfolge erledigt: zuerst wurde der Preis erfragt, dann folgen die Währschaftsfragen, hierauf wurden dem Käufer die Tiere zugezählt, resp. vorgezeigt, und wenn sie ihm daraufhin nicht übergeben wurden, so hatte er, ohne eine Zahlung- geleistet zu haben, das Recht, diese Uebergabe nach dem Rechtskapitel « De actionibus emti et venditi > zu verlangen. Umgekehrt hat nun aber sofort nach der Uebergabe der Verkäufer das Recht, sofortige Bezahlung zu verlangen. — Die Mamilischen Fragen für den Schafkauf schildert Varro so: Cum emtor dixit: Tanti mi sunt emtae? et ille responsit: sunt, et expromisit nummos; emtor stipultur prisca formula. Illaque oves qua de re agitur sanas recte esse, uti pecus ovillum, quo recte sanuui est, extra luscam, surdam, minam, id est ventro glabro, necque de pecore morboso esse, habere recte licere, haec sie recte fieri spondesne ? |
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kaufen lässt, und dann ist es eine sehr schwierige Sache, hierüber
zu prozedieren. Dies sind glücklicherweise Ausnahmen von der Regel, und
diese Fälle ausgenommen, hat man schon seit altersher erkannt, dass nicht allein das eigene «Ich » Rechte hat, sondern dass auch jeder andere diese Rechte haben muss, und dass man auch ver- pflichtet ist, diese Rechte anderen gegenüber zu ehren. Denn es heisst sehr richtig: Was Du nicht willst, das man Dir tut, das füge keinem andern zu. Weil man sich mit der weiteren Entwicklung der Nachteile
der Kultur im alten Rom auch darüber klar wurde, dass diese mamilischen Formeln nichts nützen und, wie Varro sagt, dessen- ungeachtet der Käufer übervorteilt werde, so gaben die Aedilen, denen im alten Rom die Marktaufsicht oblag, ein neues Reglement über den Handel heraus, das das alte sogenannte « Zwölf-Tafelgesetz > vorzüglich ergänzte und diese Rechtsfrage wenigstens bis ins Kleinste regelte. Das Bdictum sedilitium besteht aus drei Teilen: das erste Kapitel handelt von dem Verkaufe fehlerhafter Sklaven, das zweite von dem Verkaufe fehlerhaften Viehes und das dritte vom Halten gefährlicher Tiere. Die Hauptsätze sind etwa die folgenden:
1. Der Verkäufer, der gute Eigenschaften der Kaufsache, sei
es in positiver oder negativer Form, behauptet hat, muss für die Wahrheit seiner Aussagen in gleicher Weise haften, wie wenn er die Haftverbindliohkeit ausdrücklich übernommen hätte. Allgemeine Lobeserhebungen hingegen verpflichten noch nicht. 2. Der Verkäufer muss sodann für die zur Zeit des Kauf-
abschlusses vorhanden gewesenen und noch nicht gehobenen Morbi (Krankheiten) und Vitia (Gebrechen oder Laster) einstehen, wobei es gegenstandslos ist, ob er von dem Fehler Kenntnis hatte oder nicht, ob er also betrog oder unabsichtlich fehlte. Von den ediktmässigen Fehlern wurde aber verlangt, dass sie
die Brauchbarkeit mehr oder weniger beeinträchtigen und ausserdem dem Käufer nicht leicht in die Augen fallen; denn wenn der Fehler so am Tage liegt, dass ihn der Käufer gleich erkennen kann, so haftete der Verkäufer durchaus nicht. Auf gleiche Weise fällt die Verantwortlichkeit, wenn dem Käufer der B^ehler bekannt gewesen ist, da ja dann eine Schädigung nicht vorliegt. |
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Es wurden dann eine Reihe von Krankheiten angeführt, die
namentlich bei Sklaven die Ediktklage nicht zu begründen imstande waren. Aber von den Pferden wurden als wichtige Fehler schon namentlich aufgeführt: das Rückwärtsgehen der Pferde (cessum dare) und das plötzliche Scheuen ohne Ursache (jumenta, quse sine causa turbantur). 3. Musste der Verkäufer eines Lasttieres auch für die Orna-
menta desselben haften, wie Geschirr etc. Im Nichteinlieferungsfalle hatte der Käufer das Recht, binnen 60 Tagen diese Gegenstände einzufordern oder den Kauf rückgängig zu machen. 4. Der Käufer eines Sklaven oder Haustieres konnte vom Ver-
käufer die Stipulatio duplex verlangen, wonach dann der Verkäufer beim Kaufabschlüsse versprechen musste, das doppelte des Kauf- betrages zu ersetzen, wenn sich ediktsmässige Fehler an der Kauf- sache vorfinden sollten. Das Grundprinzip des Edictum Eedilitium geht auf einen nahezu
gleichmässigen Schutz sowohl des Käufers als auch des Ver- käufers hin. Die bei Ediktsverletzung zu führenden Klagen waren die
folgenden: a. Die Wandelungsklage, actio redhibitoria, welche die Aufhebung
des Kaufvertrages zur.Folge hatte. b. Die Minderungsklage, actio quanti minoris, die die Erstattung
des Minderwertes im Auge hat. Es ist natürlich klar, dass die eine der Klagen die andere
ausschliesst. In beiden muss der Käufer den Beweis erbringen, dass der Fehler schon zur Zeit des Kaufabschlusses vorhanden war. Die Wandelungsklage ist nicht ausgeschlossen durch einen
zufälligen Untergang des Tieres. Wenn das Tier beim Käufer stirbt, so wird er frei von irgend einer Ersatzleistung, wenn er nachweisen kann, dass er und seine Leute das Tier mit aller erforderlichen Sorgfalt gepflegt haben und der Verkäufer den Gegenbeweis nicht zu leisten imstande ist. Kann aber der Verkäufer beweisen, dass das Tier vom Käufer unrecht behandelt worden ist, so steht dem Käufer dennoch die Berechtigung zur Klage zu, nur wird dann der Wert des Tieres nach der gerichtlichen Schätzung in Anrechnung gebracht. Wurde bei Schlachtvieh die Actio redhibitoria eingeleitet, so musste der Käufer dem Verkäufer nur die brauchbar erfundenen Fleischstücke zurückgeben gegen den Ersatz des Kaufpreises. |
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Immerhin war für die Actio redhibitoria eine kurze Verjährungs-
zeit festgesetzt, nämlich sechs Monate. Ad b. Anders verhält es sich mit der Actio quanti minoris.
Während man nur einmal auf Wandelung klagen konnte, war inner- halb eines Jahres eine Minderung wegen jedes sich zeigenden Fehlers gestattet. 5. Endlich stand dem Käufer noch die alte, schon im Zwölf-
Tafelgesetze erwähnte Schadenersatzklage zu, die Actio emti dictum promissum, aber nur dann, wenn sie in der Tat im Kaufvertrage ausdrücklich zugesagt worden war. In ganz schweren Fällen war endlich die Klage auf Betrug,
die Actio doli, noch möglich. Die germanischen Völker gelangten unter dem Einflüsse der
römischen Kultur ebenfalls dazu, ähnliche Gesetze aufzustellen. Die Anregung zur Abfassung der meisten Gesetzbücher ging
von den Königen aus; durch die Verwandtschaft der Stämme er- gaben sich dann nähere Beziehungen gewisser «leges» zueinander; man kann daher das salische und ripuarische, das alemannische und bayerische, das friesische, thüringische und sächsische, das burgundische und westgothische Gesetz einander zugesellen. Zuerst entstand, wahrscheinlich unter König Ohlojo (gest. 447),
die Lex Salica, das alte Recht der salischen Franken. Hierauf die Lex Ripuaria, unter König Theodorioh 511—534 geschaffen. Dann die Lex Alamannorum, deren ältester Teil, der «Pactus», schon 558 aufgezeichnet wurde. Die Lex Bajuvariorum wurde unter König Dagobert (gest.
638) verfasst. Von der älteren Fassung der Lex Wisigolhorum, die unter
den Königen Leovigild und Reccared I. entstand, haben sich nur wenige Reste erhalten, hingegen ist das Liber judicum der Könige Chindaswind und Rekeswind ein vorzüglich ausgeführtes Gesetzbuch, das auf das römische Recht grossen Einfluss ausgeübt hat. Der älteste Teil der Lex Burgundionum entstand unter König
Gundobad (517 gest.). Die Longobarden-Gesetzgebung knüpft sich an an das Judicium
Rotharis (643) an. Hier macht sich ein sehr aufgeklärter und humaner Geist geltend. Sodann sind hier noch zu nennen, die Lex Saxonum, di T^ex
Friesionum, die Lex Anglorum et Werinorum i. e. Thuringiorum, |
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ferner noch die angelsächsischen, isländischen und dänischen, ober-
schwedischen Gesetze, die aber im Gegensatz zu den vorigen in der Landessprache geschrieben wurden. Alle diese Gesetze sind durchaus nicht übereinstimmend mit
dem römischen Recht, denn da die Viehzucht bei den alten Deutschen eine Hauptbeschäftigung, ja sogar das Alpha und Omega des Lebens war, so lassen die ältesten der gemanischen Volksrechte die Wandel- barkeit des einmal geschlossenen Kaufes und Tausches gelten und gestatten nur ausnahmsweise Anfechtung des Vertrages wegen ver- heimlichter Mängel binnen einer kurzen Frist. Ueber drei Nächte hinaus haftet der Verkäufer überhaupt nicht,
ausser wenn er in dieser Zeit nicht aufzufinden war. Neben dieser kurzen Gewährsfrist ist besonders das Aufführen
von bestimmten Krankheiten und Gebrechen beachtenswert, die augenscheinlich besonders häufig die Ursache der Vertragsanfech- tung waren. So verlangt das ripuarische Gesetz (XXXVI, 11) von einem
guten Pferde, dass es sehend und gesund sei. Der gerichtliche Wert eines solchen gesunden Pferdes war sechs, der einer Stute drei Schilling. Das bajuvarische Gesetz *) enthält sogar die Angaben einzelner
Mängel, so: Blindheit, Bruch, Fallsucht und Ausschläge. Andere Autoren übersetzen statt Fallsucht und Ausschlag: Steifigkeit und Rotz (Anton, Teutsche Land). Diese Mängel nun berechtigten aber nicht ausschliesslich zur
Klage, sondern waren wegen ihrer hervorragenden Bedeutung als besonders gefürchtet namhaft gemacht worden, wodurch denn der *) Tomus XV, cap. 9, des bajuvarischen Gesetzes enthält folgenden
Passus: < Nemo firmitatem venditionis inrumpat, nisi forte vitium in- venerit quod ille venditor celavit, hoc est in mancipio, aut in caballo, aut in qualicunque peculio, id est autem coecum, aut herniosum, aut caducum, aut leprosum. Si autem venditor dixerit vitium, stet emptio. — Si autem non dicerit, mutare potest. — Si plus de tribus noctibus habuerit, non potest mutare. Nisi forte id invenire non potuerit infra tres dies, tunc quando invenerit, recipiat qui vitiatum vendidit. Aut si non vult recipere, juret cum sacramentali uno, quia vitium ibi nulluni sciebam in illa die, quando negotium fecimus: et stet factum. > Caducus heisst bekanntlich zum Fallen geneigt, und daher kann man
in der Tat darunter verstehen Epilepsie oder Steifigkeit. Leprosus heisst bekanntlich aussätzig und kann somit beim Menschen die eigentliche Lepra bedeuten und übertragen beim Pferde den Rotz. 2
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Grund gelegt wurde zu der später allgemein üblich gewordenen Be-
zeichnung « Hauptmängel». Die angelsächsischen Gesetze berichten: Wenn jemand ein
Tier kauft, und dann an ihm irgend einen Fehler findet, innerhalb dreissig Nächten, so liefert er es dem Verkäufer zu Händen, oder dieser schwöre, dass er keinen Mangel an ihm wusste, als er es ihm verkaufte. Der Sachsenspiegel schreibt:*) « Dreierleie ding sint an eime
ieglichen pferd, ap is dem andern vorkewfnt, vor die her im weren sal, das ieste vor Unrechtem, anfange, das andir vor starblint und das dritte vor hawptsich. Vor hawptsich wert man obir 14 nacht — vor starblind 4 wochen. — Wer auch das in den genanten tagin jeme, icht wedir verkündiget, wedir den her is gekawfft hat, denne dornach mag her is nicht gethun. verkündigt her is abir jeme in der czit, her muss sin pfert wedir nehmen und mus desen sin gelt wedir gebin; verkündigt her is abir jeme nicht wider in der benanten czit, so mus her sinen kawff behaldin. « Gebe her im abir schult, her hette im das pfert verkawfft mit
eime rechten unwandilweren namen und hette den gebrechin an em wol gewust, so muss her im dorumb sprechin jo adir neyn, und wil her sich deme des entschuldigen, so mus her swerin uff den heiligin, das her den gebrechin an dem pferte czu der czit nicht gewust in habe, do her is im verkawffte. Wil her sich abir des nicht entschuldigen, so sal her sin pfert wedir nemen und mus desin sin gelt wodir gebin. » Das Hamburger Statut von 1292 erklärte: «So wan so ein
man coft einen coep und godes penning dar op ghift, de coep scal to recht stede wesen, is id varende have. Id ne scal over nen man ghan uth der stat uame goet vore to copende. So we dat deit, de scal dal beteren mit 3 marken zulveres dheme rade. Guame aver ein man in dhe stat vor sineme goede u. verkofte he id eir id gueme, dat moet wol sin, behalven körne. So welkerhande goet ein mann koft u. besuth u. nae sine werbringhet, dat scal he ghelden. «Ware aver koren ofte holt an eneme schepe, u. boven beter
were denne neden, u. nicht gheseghet wurde, so wat ein man des goedes an sine were bringet, dat scal he he ghelden, u. dat andere *) Diese und die zwei folgenden Originalvorschriften entnehme ich
Falke, J. E. L., Compendium der Veterinär-Jurisprudenz. Braunschweig 1850. |
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nicht, u. de id valschelike in dheme schepe hevet scal id beteren
mit 3 mark zülvers. Oft ein man quic u. besuth he id, he scal id ghelden. Ein man moet wol swin besen, dar he se coft, ofte se ghewe sin. Coft och ein man ein perth, dar ne darf he nicht ane waren den men dar ane suth, sunder hovetseec, ere verwort ne sin anders.» Die Nürenberger Stat-Reformation von 1564 benachrichtete:
«Wann Ainer dem andern ein Pferd verkaufTt, so ist er gegen dem Kauffer nach Herkommen dieser Stat, für die folgenden Wandel zu steen, verpflicht, nemlich für Rützig, Reudig und harschlechtig, viertzelien tag lang nach beschehenem Kauf und Zustellung des Pferdes. «Were aber das verkauft Pferd geraubt oder gestolen, und der
Kauffer dasselb widergeben müsst, so ist der Verkauffer, den Kauffer schadlos zu halten, schuldig. «Wurden dann Schwein, oder andere dergleichen Tiere, die der
Schaw bedörfen, verkauft, die sollen durch die schaw dem Kauffer gefertigt werden, und die werscliaft viertzelien tag, wie oblaut, besteen.» Bin Ratsbeschluss vom 23, Juli 1663 und 14. Juli 1640 be-
stimmt noch das Kollern, und bei Schweinen und anderen Tieren die Eiterflüssigkeit mit 4 Wochen, und die Meerlinsen mit 6 Wochen Gewähr ordnet ein Dekret vom 12. Januar 1697. Allgemein kann man also sagen, dass der Käufer von dem
Kaufe zurücktreten konnte unter den folgenden Bedingungen: 1. Wenn die Fehler verheimlicht werden konnten und vom Ver-
käufer wirklich verheimlicht worden waren. 2. Wenn dieselben in einer bestimmten Frist erkannt und dem
Verkäufer mit der Aufforderung zur Wandlung angezeigt worden waren. Diese Frist — die spätere Gewährszeit — betrug, wie bei andern Gegenständen, in der Regel 3 Tage, in dem germanischen Norden jedoch, nach altem angelsäch- sischen Rechte, 30 Tage. Diese Zeit war keine eigentliche Verjährungsfrist der Klage, sie hatte mehr den Sinn, der Haftung des Verkäufers eine Grenze zu setzen und dem Käufer zugleich eine Zeit zur Prüfung zu geben, sie war eine Probe- zeit (Probetage), 3. Eine weitere Voraussetzung bei der Wandlung war, dass der
Verkäufer den Mangel gekannt haben musste; derselbe wurde |
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sogar zum Schwüre zugelassen, dass er den Fehler nicht ge-
kannt habe, eine Bestimmung, die nur bei der alten deutschen Biederkeit ohne Gefahr sein konnte. Man war eben gewohnt,. Treue und Glauben im Verkehr vorauszusetzen. Im erwähnten angelsächsischen Gesetze hiess es hierunter:
Wenn jemand ein Tier kauft und in den ersten 30 Tagen irgend eine Krankheit an demselben bemerkt, so muss der Verkäufer die Hand auf das Tier legen und schwören, dass er davon nichts gewusst habe. Das alte schwedische Gesetz weicht hiervon wiederum ab; es
betrachtet den Kauf der Haustiere als einen Kauf auf Probe und stellte dem Käufer die Rückgabe frei, wenn er innerhalb drei Tagen einen Fehler entdeckt, ohne dass sich der Verkäufer durch den Eid der Unwissenheit von der Wandlung befreien könnte. Durch diese Probezeit sollte dem Käufer Gelegenheit gegeben
werden, sich mit den Eigenschaften des Tieres bekannt zu machen. Hörten wir schon, dass zur Römerzeit bestimmte Formeln, die
sogenannten mamilischen, gebraucht wurden, so geschah dieses auch in Germanien mit Beginn der mittelalterlichen lateinischen Sprache, das «sanum usque anno et die-», gesund bis auf den heu- tigen Tag, «servum non furem, non fugitivum neque cadivum »,. folgsam, nicht diebisch, nicht ausreisserisch und nicht gebrechlich. Jahrhundertelang hielten sich diese alten germanischen Volks-
rechte ungeschrieben durch Ueberlieferung. Im Mittelalter stellte sich dann nach und nach mit der Zunahme des Handelsverkehres, namentlich in Norddeutschland das Bedürfnis heraus, die alten Gewohnheitsrechte aufzuzeichnen. So entstanden dann die Stadt- rechte, von denen wir soeben einige Proben gegeben und in denen bestimmte Mängel namhaft gemacht und nunmehr, im Gegensatze zur frühern Praxis, alle anderen Mängel von der Nachwährung ausgeschlossen wurden, so dass die Käufer viel weniger begünstigt waren als nach dem alten, viel willkommeneren deutschen Rechts- gebrauche. Am meisten wurden hier die Mängel der Pferde berück- sichtigt. Als Gewährsmängel, für welche der Verkäufer, auch ohne ausdrückliches Versprechen, haften musste, galten im 13. und 14. Jahrhundert: Rotz — in jener Zeit hauptsichtig, hauptsich, hauptmörtig oder
mordisch genannt. Stättigkeit und Koller, diese aber schon seltener. Von Rinder-
krankheiten findet man erwähnt: Drusen (diese unter dem Namen |
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Franzosenkrankheit), Darmfäule, schwere Not (Epilepsie) und Selbst-
aussaugen der Milch. Die Gewährszeit war auch jetzt meist noch drei Tage; in den
Leges Goslarienses, den Braunschweigischen Statuten und den Fran- kenberger-Gewohnheiten wurde diese Zeit jedoch auf vier Wochen festgesetzt. Der vermehrte Sachsenspiegel (Schlesisches Landrecht) führt als Gewährsmängel auf: Gestohlen (Unrechter Anfang), Rotz und Staarblindheit und bestimmt, dass für Gestohlen gar keine bestimmte Zeit, für Rotz 14 Tage und für Staar vier Wochen, also verschiedene Zeiten festgesetzt werden. Das ausführlichste Währschaftsgesetz hatten die Franken,
worin jedoch für die verschiedenen Mängel auch sehr verschiedene Gewährszeiten festgesetzt waren und welches noch insofern geschicht- liches Interesse hat, als es mehr von tierärztlichen Kenntnissen zeugt, wie alle spätem des Mittelalters. Die Gewährsmängel waren folgende:
1. Pferde: Koller 3 Tage; Rotz 3 Monate; Wurm 1 Jahr;
Stättigkeit, bis sie sich dreimal gezeigt hat. 2. Rinder: Koller und Schwindel 3 Tage; Knotenkrankheit
(pommeliere) 3 Monate; Geschwülste 1 Jahr; Räude bis zum St. Peterstage — der Käufer muss hier jedoch schwören, dass er das Tier auf eine gesunde Weide und in einen Stall gebracht hat, in welchem seit 7 Jahren kein räudiges Tier gewesen ist — ferner krankes Euter. 3. Schafe: Schwindel, Koller 3 Tage; Lungenkrankheit und
Schafrotz von dem Feiertage des St. Michael bis Mitte April; Fäule bis zum 1. Mai, wenn sich alle Schafe dreimal satt gefressen haben auf junger Weide; Räude von Allerheiligen bis zum 1. April. 4. Schweine: Bräune 3 Tage; das Auffressen der Jungen.
5. Hunde: Für den Schaden, den ein toller Hund anrichtet,
wird nichts vergütet. Wenn der Besitzer eines getöteten Hundes leugnet, dass der Hund toll war, so muss derjenige, der ihn getötet, beweisen, dass der Hund Menschen und Vieh angefallen und dass seine Zunge herausgehangen hat. 6. Katzen: Wer eine Katze verkauft, muss dafür garantieren,
dass sie Ohren, Augen, Zähne und Tatzen hat, nicht die Jungen frisst und dass sie Mäuse fängt. In Oesterreich waren in der mittelalterlichen Zeit durchaus
ähnliche Vorschriften, wie die früher erwähnten, geltend. |
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Die einzigen wichtigeren Gesetze sind die folgenden: Unter
der Regierung Leopold I. wurden in den Codex austriacus auch ein Gesetz über: Ross- und anderer Vieh-Kauff und Verkauf auf- genommen, das schon unter Kaiser Rudolf am 16. September 1597 erlassen nnd hierauf mehrfach verbessert worden war. Die wichtigsten Punkte dieses Gesetzes bestehen darin, dass:
Alle Käufer und Verkäufer sind bei den Land-Grafen-Amt wegen Entrichtung des Ross-Kauffgeldes anzumelden. Zu Wien fanden jähr- lich zwei Hauptrossmärkte statt und jeden Samstag der Wochen- markt. Von der Amtsgebühr sind befreit die oberen drei Stände (Prälaten, Herren- und Ritterstand), ferner wie es mit den Haupt- und andern Mängeln zu halten sei. Als Hauptmängel des Pferdes werden angegeben: der Dampf, der Rotz, der Wurm, der Dumm- koller und das Gestohlensein mit einer Gewährsfrist von vier Wochen und drei Tagen. Der betreffende Absatz, dessen Wortlaut ich Csokor*) entnehme,
lautet: «Und nachdem auch fürkombt, dass sich in Versprechung der
Haubt- und andern Mängel von Kauff und Verkaufter, und der- gleichen vil Zvitracht und Ungelegenheiten zugetragen; Als wollen Wir, dass es dissfalls also gehalten werden solle: dass nemblich bey Ansagung des Kauff- oder Tausches, und Entrichtung schuldiger Gebühr, beyde Teile zugegen seyn, neben denen fünff haubt — als dampffig, ritzig, wurmig, kollerisch und gestohlen, die sonsten aus- genommene Mängel recht ansagen, ordentlich, und vermerken lassen, und wann nun diese geschehen, und hernach vor Ausgang vier Wochen und drey Tage an den erkaufften, eingetauschten, oder eingehandelten, Ross, ein von deren vorgemerkten Mängeln, jedoch nach vorhero durch die hierzu bestellte und geschworene Schmid geschehener Beschau, sich befunden, den übetvortheilten durch Unseren Handgrafen die billiche Ausrichtung gethan, widrigenfalls aber mit keiner Klag angehöret werden, sondern ihnen selbst den Schaden zumessen solle.» Die Kaiserin Maria Theresia fasste dann zuerst den Entschluss,
für die Völker ihres Staates ein einheitliches, systematisches Gesetz- buch zu schaffen, das dann aber erst unter der Regierung des Kaisers Joseph IL im Jahre 1786 in seinem ersten Teile erschien. *) Csokor, Lehrbuch der gerichtlichen Tiermedizin, pag. 15.
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Die Portsetzung kam aber erst unter Leopold IL unter dem Namen
«Westgalizisohes Gesetzbuch 1797 >. Dieser Teil umfasste jedoch nur das Personenrecht; in Rücksicht des Sachenrechtes verblieb es bei dem Codex austriacus. Eine Portsetzung des Josefinischen Gesetzbuches erschien nicht. Erst nach dem Tode dieses Monarchen organisierte Leopold II. von neuem eine Kommission in Gesetzes- sachen, welche einen neuen Entwurf ausarbeitete; das Gesetz erschien unter dem Namen «Westgalizisohes Gesetzbuch» mit dem Patent vom 13. Februar 1797 und wurde in West- und Ostgalizien ein- geführt. In Bezug auf den Tierhandel befinden sich im westgali- zischen Gesetzbuch schon sehr genaue Bestimmungen, welche zum Teil mit den heute bestehenden sogar im Text übereinstimmen. Erwähnenswert sind im fünften Hauptstück unter dem Titel « Vom Tausche > nachstehende Paragraphen: Wenn ein Stück Vieh binnen 24 Stunden nach der Uebernahme erkrankt oder umfällt, so wird vermutet, dass es schon vor der Uebernahme krank gewesen sei; die nämliche Vermutung gilt, wenn binnen 8 Tagen bei Schweinen und Schafen die Pinnen und binnen 30 Tagen bei Pferden und Lasttieren der Dampf, die Stättigkeit, der Koller oder der Rotz entdeckt wird. Auf Grundlage des westgalizischen Gesetzbuches wurde unter
der Regierung Kaiser Franz I. ein neues Gesetzbuch ausgearbeitet; dasselbe kam am 7. Juli 1810 zur Sanktion und wurde am 1. Juni 1811 unter dem Namen: «Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch» bekanntgegeben. Das bürgerliche Gesetzbuch besteht seit jener Zeit bis auf den heutigen Tag in voller Gültigkeit; es bildet die gesetz- liche Grundlage aller jener Rechtsfragen, die sich bei Tierprozessen in Bezug auf den Handel auch gegenwärtig ergeben. In den Gesetzen des 18. Jahrhunderts herrscht im allgemeinen
das römische Recht, in den neueren wieder das alte deutsche Recht vor. Am reinsten erhielt sich das deutsch-rechtliche Prinzip der Festigkeit der Verträge und die Beschränkung ihrer Auflösung in den Partikulargesetzgebungen kleiner Territorien und namentlich in den Statuten der freien Städte aus dem 16. und 17. Jahrhundert, während z, B. die Gesetzgebungen von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz ausschliesslich dem römischen Rechte huldigten. Der Einfluss des römischen Rechtes zeigte sich am bedeutungs-
vollsten darin: |
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1. dass man weniger die bona fides der Verkäufer berücksich-
tigte und der Einrede des Nichtwissens keine Geltung mehr zukommen liess; 2. dass man einen Unterschied zwischen Haupt- und Neben-
mängeln machte und wegen letzterer die Minderungsklage gab; 3. dass man die Haftung des Verkäufers auf alle bedeutenderen
Mängel ausdehnte und die langen Verjährungsfristen einführte. In den Gewährsmängeln für den Tierhandel hat sich der Ein-
fluss des alten römischen Rechtes aber nicht in gleichem Masse wie für die andern Rechtsprinzipien geltend gemacht; die alten germanischen Währschaften haben sich neben der Ausbildung des gemeinen Rechtes bis in unsere Tage erhalten; sie haben sich selbst im 18. Jahrhundert Geltung verschafft in diesen Gesetzen, wo sonst ja das römische Element ganz entschieden prävaliert, und im 19. Jahr- hundert sind sie selbst nach Italien und Prankreich gelangt. In Italien hatten namentlich Sardinien, Piemont und Neapel
neben ihren römischen Rechtsprinzipien die deutschen Gewährs- mängel adoptiert. Frankreich, dessen Gesetze, im nördlichen Teile wenigstens,
dieselbe Entwicklung genommen haben wie in Deutschland, hat ebenfalls am Anfang des letzten Jahrhunderts eine «Loi des vices redhibitoires des animaux domestiques» (1838) eingeführt. Die germanische Währschaft der alten Zeit hat daher eine
weite Verbreitung gefunden. In Frankreich galten bis zum « Code civil > je nach den Pro-
vinzen verschiedene Gesetze. Hier waren es auch wiederum die Hauptfehler, also die schwersten
Gebrechen (vices redhibitoires), wofür der Verkäufer garantieren musste. Man soll nun fragen, welche Gebrechen man als die schwersten
betrachtete. In Nordfrankreich (der Normandie) waren dies Pfeiferdampf
(Oornage), Rheumatismus, Dampfigkeit und Rotz. Vor Isle-de-Pranoe wurde noch hinzugefügt: Störrigkeit, ver-
altete Verkrüppelungen und Krippensetzer, dies letztere jedoch nur dann, wenn die Zähne nicht abnormal abgeschliffen waren; denn dann galt dabei der Umstand, dass das für jedermann sichtbar war. Es ist begreiflich, zu welchen Schwierigkeiten allein verschie-
dene Wohnplätze von Käufer und Verkäufer führen können, so wie |
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z. B. van Leeuwen sagt: «Verkauft ein Kaufmann in Paris ein
dampfiges Pferd an einen Bewohner der Normandie, dann braucht der erstere nur neun Tage für alles zu garantieren, während der letztere bei Wiederverkauf für 30 Tage Garantie leisten muss.» Der «Code civil», bei dem zum grossen Teile die Grundsätze
des römischen Rechtes vorliegen, enthält den folgenden wichtigen Paragraphen: «§ 1641. Le vendeur est tenu de la garantie ä raison des
defauts Caches de la chose vendue que la rendent impropre ä l'usage auquel on la destine ou qui diminuent tellement cette usage, que l'acheteur ne 1'aurait pas acquise ou non aurait donne qu'un moindre prix, s'il les avait connus. » § 1540 unseres Bürgerlichen Gesetzbuches ist also eine wört-
liche Uebersetzung von § 1641 des Code civil. Auch wird nun zum erstenmal von «örtlichen Gesetzen» ge-
sprochen, da durch § 1648 des Code civil bestimmt ist: cL'action resultant des vices redhibitoires doit 6tre intentee
par Facquereur dans un bref delai, suivant la nature des vices redhi- bitoires et l'usage du lieu oü la vente a ete faite.». |
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III. Die Währschaftsrechte der Gegenwart.
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In Deutsehland hatte man neben dem sogenannten « Gemeinen
Recht» noch eine Menge von verschiedenen Gewährsmängeln mit dazu gehörenden Garantiezeiten. In manchen Gegenden hat das römische Recht das germanische
oft verdrängt, u. a. in Mecklenburg, Lippe, Oldenburg, Hannover, Holstein und im Regierungsbezirk Stralsund. In diesen Distrikten hatte man also keine Listen von bestimmten
Gewährsmängeln und musste der Verkäufer für die wichtigsten verborgenen Fehler haften. In anderen deutschen Ländern aber hatte man eine Liste von
Gewährsmängeln aufgestellt und hierbei bestimmt, dass der Ver- käufer für alle anderen, nicht unter den auf der Liste vorkommenden Gebrechen nicht zu haften brauchte. Dies war u. a. der Fall in Bayern, Baden, Hohenzollern, Württemberg. Wenn wir dann auch die Liste der Hauptgewährsmängel, die
bis zum Jahre 1900 in den verschiedenen deutschen Staaten ge- braucht ist, näher betrachten, dann sehen wir den grossen Unter- schied in Hafttagen, welche gefordert wurden, und es war nicht anders möglich, als dass dies auch grosse Schwierigkeiten verur- sachte, die die Ursache davon waren, dass man in Deutschland wiederholt darauf drang, eine Aenderung hierin zu bringen, was im Jahre 1895 geschehen sollte; jedoch diese Gesetzesänderung gelangte erst mit dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuche in An- wendung. |
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Hinsichtlich der Gewährleistung für Mängel beim Viehkaufe
wurden mit dem 1. Januar 1900 sämtliche landesrechtlichen Spezial- gesetze und Gewohnheitsrechte im Deutschen Reiche aufgehoben. Es gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Kauf, §§ 459—467 und 469—480, und, falls ein Handelskauf in Frage kommt, die Vorschriften des Handelsgesetzbuches. § 459. Der Verkäufer einer Sache haftet dem Käufer dafür,
dass sie zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den Käufer über- geht, nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Taug- |
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lichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage voraus-
gesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Eine unerhebliche Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit kommt nicht in Betracht. Der Verkäufer haftet auch dafür, dass die Sache zur Zeit des Ueberganges der Gefahr die zugesicherten Eigenschaften hat. § 460. Der Verkäufer hat einen Mangel der verkauften Sachen
nicht zu vertreten, wenn der Käufer den Mangel bei dem Abschlüsse des Kaufes kennt. Ist dem Käufer ein Mangel der im § 459, Abs. 1, bezeichneten Art infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so haftet der Verkäufer, sofern er nicht die Abwesenheit des Fehlers zugesichert hat, nur, wenn er den E'ehler arglistig ver- schwiegen hat. § 461. Der Verkäufer hat einen Mangel der verkauften Sache
nicht zu vertreten, wenn die Sache auf Grund eines Pfandrechts in öffentlicher Versteigerung unter der Bezeichnung als Pfand ver- kauft wird. § 462. Wegen eines Mangels, den der Verkäufer nach den
Vorschriften der §§ 459, 460 zu vertreten hat, kann der Käufer Rückgängigmachung des Kaufes (Wandelung) oder Herabsetzung des Kaufpreises (Minderung) verlangen. § 463. Fehlt der verkauften Sache zur Zeit des Kaufes eine
zugesicherte Eigenschaft, so kann der Käufer statt der Wandelung oder der Minderung Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Das gleiche gilt, wenn der Verkäufer einen Fehler arglistig ver- schwiegen hat. § 464. Nimmt der Käufer eine mangelhafte Sache an, obschon
er den Mangel kennt, so stehen ihm die in den §§ 462 und 463 bestimmten Ansprüche nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Annahme vorbehält. § 465. Die Wandelung oder die Minderung ist vollzogen, wenn
sich der Verkäufer auf Verlangen des Käufers mit ihr einverstanden erklärt. § 466. Behauptet der Käufer dem Verkäufer gegenüber einen
Mangel der Sache, so kann der Verkäufer ihn unter dem Erbieten zur Wandelung und unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erklärung darüber auffordern, ob er Wandelung verlange. Die Wandelung kann in diesem Falle nur bis zum Ablaufe der Frist verlangt werden. |
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§ 467. Auf die Wandelung finden die für das vertragsmässige
Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 346—348, 350—354, 356 entsprechende Anwendung, im Falle der Mangel sich erst bei der Umgestaltung der Sache gezeigt hat. Der Verkäufer hat dem Käufer auch die Vertragskosten zu ersetzen. § 469. Sind von mehreren verkauften Sachen nur einzelne
mangelhaft, so kann nur in Ansehung dieser Wandelung verlangt werden, auch wenn ein Gesamtpreis für alle Sachen festgesetzt ist. Sind jedoch die Sachen als zusammengehörend verkauft, so kann jeder Teil verlangen, dass die mangelhaften Sachen nicht ohne Nachteil für ihn von den übrigen getrennt werden können. § 470. Die Wandelung wegen eines Mangels der Hauptsache
erstreckt sich auch auf die Nebensache. Ist die Nebensache mangel- haft, so kann nur in Ansehung dieser Wandelung verlangt werden. § 471. Findet im Falle des Verkaufs mehrerer Sachen für
einen Gesamtpreis die Wandelung nur in Ansehung einzelner Sachen statt, so ist der Gesamtpreis in dem Verhältnisse herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Verkaufs der Gesamtwert der Sachen in mangelfreiem Zustande zu dem Werte der von der Wandelung nicht betroffenen Sachen gestanden haben würde. § 472. Bei der Minderung ist der Kaufpreis in dem Verhält-
nisse herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Verkaufs der Wert der Sache in mangelfreiem Zustande zu dem wirklichen Werte gestanden haben würde. Findet im Falle des Verkaufs mehrerer Sachen für einen Gesamt-
preis die Minderung nur wegen einzelnen Sachen statt, so ist bei der Herabsetzung des Preises der Gesamtwert aller Sachen zu Grunde zu legen. § 473. Sind neben dem in Geld festgesetzten Kaufpreise Lei-
stungen bedungen, die nicht vertretbare Sachen zum Gegenstande haben, so sind diese Leistungen in den Fällen der §§ 471 und 472 nach dem Werte zur Zeit des Verkaufs in Geld zu veranschlagen. Die Herabsetzung der Gegenleistung des Käufers erfolgt an dem in Geld festgesetzten Preise; ist dieser geringer als der abzusetzende Betrag, so hat der Verkäufer den überschiessenden Betrag dem Käufer zu vergüten. § 474. Sind auf der einen oder andern Seite Mehrere beteiligt,
so kann von jedem und gegen jeden Minderung verlangt werden. |
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Mit der Vollziehung der von einem der Käufer verlangten Min-
derung ist die Wandelung ausgeschlossen. § 475. Durch die wegen eines Mangels erfolgte Minderung
wird das Recht des Käufers, wegen eines andern Mangels Wan- delung oder von neuem Minderung zu verlangen, nicht ausge- schlossen. § 476. Eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung des
Verkäufers zur Gewährsleistung wegen Mängeln der Sache erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschweigt. § 477. Der Anspruch auf Wandelung oder auf Minderung,
sowie der Anspruch auf Schadenersatz wegen Mangels einer zuge- sicherten Eigenschaft verjährt, sofern nicht der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, bei beweglichen Sachen in sechs Monaten von der Ablieferung, bei Grundstücken in einem Jahre von der Uebergabe an. Die Verjährungsfrist kann durch Vertrag verlängert werden. Beantragt der Käufer gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung
des Beweises, so wird die Verjährung unterbrochen. Die Unter- brechung dauert bis zur Beendigung des Verfahrens fort. Die Vor- schriften des § 211, Abs. 2, und § 212 finden entsprechende An- wendung. Die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung eines der
im Abs. 1 bezeichneten Ansprüche bewirkt auch die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung der andern Ansprüche. § 478. Hat der Käufer den Mangel dem Verkäufer angezeigt
oder die Anzeige an ihn abgesendet, bevor der Anspruch auf Wan- delung oder auf Minderung verjährt war, so kann er auch nach der Vollendung der Verjährung die Zahlung des Kaufpreises inso- weit verweigern, als er auf Grund der Wandelung oder der Min- derung dazu berechtigt sein würde. Das gleiche gilt, wenn der Käufer vor der Vollendung der Verjährung gerichtliche Beweis- aufnahme zur Sicherung des Beweises beantragt oder in einem zwischen ihm und einem späteren Erwerber der Sache wegen des Mangels anhängigen Rechtsstreite dem Verkäufer den Streit ver- kündet hat. Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so bedarf
es der Anzeige oder einer ihr nach Abs. 1 gleichstehenden Hand- lung nicht. |
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§ 479. Der Anspruch auf Schadenersatz kann nach der Voll-
endung der Verjährung nur aufgerechnet werden, wenn der Käufer vorher eine der im § 478 bezeichneten Handlungen vorgenommen hat. Diese Beschränkung tritt nicht ein, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. § 480. Der Käufer einer nur der Gattung nach bestimmten
Sache kann statt der Wandelung oder der Minderung verlangen, dass ihm an Stelle der mangelhaften Sache eine mangelfreie ge- liefert wird. Auf diesen Anspruch finden die für die Wandelung geltenden Vorschriften der §§ 464—466, des § 467, Satz l, und der §§ 469, 470, 474—479 entsprechende Anwendung. Fehlt der Sache zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf den
Käufer übergeht, eine zugesicherte Eigenschaft oder hat der Ver- käufer einen Fehler arglistig verschwiegen, so kann der Käufer statt der Wandelung, der Minderung oder der Lieferung einer mangelfreien Sache Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Insofern es sich nun um den Verkauf oder um jede andere
entgeltliche Veräusserung (§ 493 des Bürgerlichen Gesetzbuches) von Pferden (Eseln, Mauleseln, Maultieren), von Rindvieh, Schafen und Schweinen handelt, gelten die Sonderbestimmungen des Bürger- lichen Gesetzbuches, §§ 482—492. § 482. Der Verkäufer hat nur bestimmte Fehler (Hauptmängel)
und diese nur dann zu vertreten, wenn sie sich innerhalb bestimmter Frist (Gewährsfristen) zeigen. Die Hauptmängel und die Gewährsfristen werden durch eine
mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassende kaiserliche Ver- ordnung bestimmt. Die Bestimmung kann auf demselben Wege ergänzt und abgeändert werden. § 483. Die Gewährsfrist beginnt mit dem Ablaufe des Tages,
an welchem die Gefahr auf den Käufer übergeht. § 484. Zeigt sich ein Hauptmangel innerhalb der Gewährsfrist,
so wird vermutet, dass der Mangel schon zu der Zeit vorhanden gewesen sei, zu welcher die Gefahr auf den Käufer übergegangen ist. § 485. Der Käufer verliert die ihm wegen des Mangels zu-
stehenden Rechte, wenn er nicht spätestens zwei Tage nach dem Ablaufen der Gewährsfrist oder, falls das Tier vor dem Ablaufe der Frist getötet worden oder sonst verendet ist, nach dem Tode des Tieres den Mangel dem Verkäufer anzeigt oder die Anzeige an ihn |
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absendet oder wegen des Mangels Klage gegen den Verkäufer erhebt
oder diesem den Streit verkündet oder gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises beantragt. Der Rechtsverlust tritt nicht ein, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. § 486. Die Gewährsfrist kann durch Vertrag verlängert oder
abgekürzt werden. Die vereinbarte Frist tritt an die Stelle der gesetzlichen Frist. § 487. Der Käufer kann nur Wandelung, nicht Minderung ver-
langen. Die Wandelung kann auch in den Fällen der §§ 351 bis 353, insbesondere wenn das Tier geschlachtet ist, verlangt werden; an Stelle der Rückgewähr hat der Käufer den Wert des Tieres zu vergüten. Das gleiche gilt in anderen Fällen, in denen der Käufer infolge eines Umstandes, den er zu vertreten hat, insbesondere einer Verfügung über das Tier, ausser Stande ist, das Tier zurück- zugewähren. Ist vor der Vollziehung der Wandelung eine unwesentliche
Verschlechterung des Tieres infolge eines von dem Käufer zu ver- tretenden Umstandes eingetreten, so hat der Käufer die Wert- minderung zu vergüten. Nutzungen hat der Käufer nur insoweit zu ersetzen, als er sie
gezogen hat. § 488. Der Verkäufer hat im Falle der Wandelung dem Käufer
auch die Kosten der Fütterung und Pflege, die Kosten der tierärzt- lichen Untersuchung und Behandlung, sowie die Kosten der not- wendig gewordenen Tötung und Wegschaffung des Tieres zu ersetzen. § 489. Ist über den Anspruch auf Wandelung ein Rechtsstreit
anhängig, so ist auf Antrag der einen oder der anderen Partei die öffentliche Versteigerung des Tieres und die Hinterlegung des Er- löses durch einstweilige Verfügung anzuordnen, sobald die Besich- tigung des Tieres nicht mehr erforderlich ist. § 490. Der Anspruch auf Wandelung, sowie der Anspruch auf
Schadenersatz wegen eines Hauptmangels, dessen Nichtvorhanden- sein der Verkäufer zugesichert hat, verjährt in sechs Wochen von dem Ende der Gewährsfrist an. Im übrigen bleiben die Vorschriften des § 477 unberührt. An die Stelle der in den §§ 210, 212, 215 bestimmten Fristen
tritt eine Frist von sechs Wochen. Der Käufer kann auch nach der Verjährung des Anspruchs
auf Wandelung die Zahlung des Kaufpreises verweigern. Die Auf- |
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rechnung des Anspruchs auf Schadenersatz unterliegt nicht der im
§ 479 bestimmten Beschränkung. § 491. Der Käufer eines nur der Gattung nach bestimmten
Tieres kann statt der Wandelung verlangen, dass ihm an Stelle des mangelhaften Tieres ein mangelfreies geliefert wird. Auf diesen Anspruch finden die Vorschriften der §§ 488—490 entsprechende Anwendung. § 492. Uebernimmt der Verkäufer die Gewährleistung wegen
eines nicht zu den Hauptmängeln gehörenden Fehlers oder sichert er eine Eigenschaft des Tieres zu, so finden die Vorschriften der §§ 487—491 und, wenn eine Gewährsfrist vereinbart wird, auch die Vorschriften der §§ 483—485 entsprechende Anwendung. Die im § 490 bestimmte Verjährung beginnt, wenn eine Gewährsfrist nicht vereinbart wird, mit der Ablieferung des Tieres. Die in § 4482, 2. Zeile, bestimmte Kaiserliche Kabinettsorder
über die Gewährsmängel lautet folgendermassen: § 1. Für den Verkauf von Nutz- oder Zuchttieren gelten als
Hauptmängel: 1. Bei Pferden, Eseln, Mauleseln und Maultieren:
1. Rotz mit einer Gewährsfrist von 14 Tagen.
2. Dummkoller mit einer Gewährsfrist von 14 Tagen; als
Dummkoller ist anzusehen die allmählich oder infolge der akuten Gehirnwassersucht entstandene, unheilbare Krank- heit des Gehirns, bei der das Bewusstsein des Pferdes herab- gesetzt ist. 3. Dämpfigkeit, Dampf, Hartschlägigkeit, Bauchschlägigkeit
mit einer Gewährsfrist von 14 Tagen; als Dämpfigkeit ist anzusehen die Atembeschwerde, die durch einen chronischen unheilbaren Krankheitszustand der Lungen oder des Herzens bewirkt wird. 4. Kehlkopfpfeifen (Pfeiferdampf, Hartschnaufigkeit, Rohren)
mit einer Gewährsfrist von 14 Tagen; als Kehlkopfpfeifen ist anzusehen die durch einen chronischen und unheilbaren Krankheitszustand des Kehlkopfos oder der Luftröhre ver- ursachte und durch ein hörbares Geräusch gekennzeichnete Atemstörung. 5. Periodische Augenentzündung (innere Augenentzündung',
Mondblindheit) mit einer Gewährsfrist von 14 Tagen; als 3
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periodische Augenentzündung ist anzusehen die auf inneren
Einwirkungen beruhende entzündliche Veränderung an den inneren Organen des Auges. 6. Koppen, Krippensetzen, Aufsetzen, Preikoppen, Luft- schnappen, Windschnappen, mit einer Gewährsfrist von 14 Tagen. 2. Bei Rindern:
1. Tuberkulose, insofern infolge dieser Krankheit ein allge-
mein schädlicher Einfluss auf den Nährwert des Tieres verursacht wurde, mit 14 Hafttagen. 2. Ansteckende Lungenkrankheiten mit 28 Haftfcagen.
3. Bei Schafen:
Räude mit 14 Hafttagen.
4. Bei Schweinen:
1. Rotlauf mit 3 Hafttagen.
2. Schweinekrankheit (Brustkrankheit und Schweinepest) mit
10 Hafttagen. § 2. Für den Verkauf von Tieren, die baldigst geschlachtet
werden sollen und die bestimmt sind, als Nahrung für Menschen zu dienen (Schlachtvieh), gelten als Gewährsmängel: 1. Bei Pferden, Eseln, Mauleseln und Maultieren:
Rotz mit 14 Hafttagen. 2. Bei Rindern:
Tuberkulose, insofern infolge dieser Krankheit mehr als die
Hälfte des Schlachtgewichtes nicht oder unter Vorbehalt als Nahrungsmittel für Menschen tauglich erachtet ist, mit 14 Hafttagen. 3. Bei Schafen:
Allgemeine Wassersucht mit 14 Hafttagen; als allgemeine
Wassersucht ist zu verstehen der durch innere Krankheit oder durch ungenügendes Putter entstandene wassersüch- tige Zustand des Fleisches. 4. Bei Schweinen:
1. Tuberkulose, Bestimmungen sub Nr. 2.
2. Trichinen mit einer Gewährsfrist von 14 Tagen.
3. E'innen mit einer Gewährsfrist von 14 Tagen.
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Frankreich.
Neben dem « Code civil», der mit unserem Bürgerlichen Gesetz-
buch und dem römischen Recht ziemlich übereinstimmt, hat man dabei noch das Gesetz vom 2. August 1889, später verändert durch den Gesetzesbeschluss vom 31. Juli 1895, und eine Liste von < Vices redhibitoires » (Gewährsmängel). § 2 dieses Gesetzes sagt: Als Ge- währsmängel sind die nachstehenden anzusehen, die allein Anlass geben können zur Einleitung einer Klage laut §§ 1641 u. ff. des Code civil, ohne Rücksicht auf Ort und Stelle, wo der Kauf oder Tausch zustande gekommen ist. Für das Pferd, den Esel und den Maulesel: Dummkoller,
Dämpfigkeit, Pfeiferdampf (Oornage), Krippensetzer und Luft- schlucker mit und ohne Abnutzung der Zähne, zeitweilige Lahm- heit, Mondblindheit. Für Schweine: Finnigkeit.
Hieraus folgt also, dass zu allen örtlichen Gesetzen ein Zusatz
gemacht wurde, da das römische Recht, im Code civil gehandhabt, ausser Kraft gesetzt wurde. Man ging selbst noch weiter; etwas, das in unserem Bürger-
lichen Gesetzbuch gar nicht zu finden ist, lesen wir in dem Gesetz (§ 4), nämlich, dass keine Klage eingeleitet werden kann, falls der Wert Fr. 100 nicht überschreitet. Jedermann versteht, dass dies von grosser Bedeutung für den
Schweinehandel ist, da viele Schweine unter dem Preise von Fr. 100 verkauft werden. § 5 enthält die Bestimmung, dass eine Klage innerhalb neun
Tagen eingereicht sein muss, ausgenommen bei Mondblindheit, in welchem Falle dieser Termin auf 30 Tage gestellt ist. Ausserdem bestimmt das Gesetz vom 31. Juli 1895 noch, dass
der Verkauf von Tieren, die aii einer ansteckenden Krankheit leiden, von Rechts wegen ungültig und verboten ist. Eine Klage hierüber muss anhängig gemacht werden innerhalb 45 Tagen nach der Lieferung oder, im Falle der Schlachtung, 10 Tage nach dem Tage der Schlachtung. Doch umgeht man in Frankreich noch das Gesetz. Es ist
nämlich zur Gewohnheit geworden, im Viehhandel noch besondere Bedingungen zu stellen, bei denen der Verkäufer für F'ehler haftet, die im Gesetze nicht genannt sind; dies hat sozusagen die Billig- keit gefordert. |
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Belgien.
Erst im Jahre 1850 kam in diesem Land das erste Gesetz
gegen die verborgenen Fehler zustande, jedoch wurde dies durch das Gesetz vom 25. August 1885 ersetzt und dann eine Liste der ver- borgenen Fehler durch das Gesetz vom 3. September 1885 festgestellt. § 1. Bei Verkauf und Tausch von Haustieren werden die
folgenden Krankheiten und Gebrechen als Gewährsmängel betrachtet: 1. Bei Pferden, Eseln und Maultieren:
1. Rotz.
2. Mondblindheit, insofern der Wert des verkauften oder ge-
tauschten Tieres Fr. 300 übersteigt. 3. Dummkoller, falls der Wert des verkauften oder gelauschten
Tieres Fr. 300 übersteigt. 2. Bei Rindvieh:
1. Viehpest.
2. Lungenkrankheit.
3. Lungentuberkulose.
4. Die Folgen vom Wegbleiben der Nachgeburt, falls das
Kalben nicht beim Käufer geschehen ist. (Die beiden letzten Bestimmungen sind allein dann als
Gewährsmängel gültig, wenn der Wert der Tiere Fr. 150 über- steigt.) 3. Bei Schafen:
1. Viehpest.
2. Schafpocken.
§ 2. Werden bei einem Tier Viehpest und Pocken konstatiert,
so ist der Kauf als entbunden zu betrachten, und zwar für alle Tiere einer Herde, die die Marke des Verkäufers tragen. § 3. Der Termin, innerhalb dessen eine Klage eingeleitet sein
muss, beträgt, ausschliesslich des Tages der Lieferung: 30 Tage bei Lungenkrankheit. 28 Tage bei Mondblindheit, 9 Tage bei allen anderen Krankheiten oder Gebrechen. Hierzu kam dann noch das Gesetz vom 3. Juli 1894, welches
in einem Paragraphen für Schlachtvieh bestimmt: « Die Klage wegen Währschaft von Tieren, die für die Schlacht-
bank und für den menschlichen Konsum bestimmt sind, ist hinsieht- |
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lieh der Gebrechen, die diese für den Gebrauch untauglich machen,
nur dann zuständig, wenn sie innerhalb fünf Tagen nach Lieferung des verkauften Tieres eingeleitet wird, unter der Bedingung, dass das Tier nicht weiter als 50 km vom Verkaufsorte transportiert ist oder dass das Tier für den Gebrauch gänzlich untauglich erklärt ist. » In diesem Falle, da keine genauen Bestimmungen über die
die Wandelungsklage bedingenden oder die Unbrauchbarkeit des Fleisches hervorrufenden Ursachen vorliegen, hat der Ministerial- erlass vom 31. März 1901 folgendes bestimmt: Folgende Fälle veranlassen die völlige Bankunwürdigkeit aller
vier Viertel eines Sohlachttieres: 1. Die Vergiftungen mit toxischen Substanzen oder Medikamenten,
wie besonders Ammoniak, Schwefeläther, Terpentin, Kampfer, Assa fetida. 2. Alles schlecht (anormal) riechende Fleisch, besonders der
cryptorchiden Schweine. 3. Infiltriertes Fleisch.
4. Milzbrandiges Fleisch.
5. Tuberkulöses Fleisch in folgenden Fällen: Muskulartuberkulose;
Miliartuberkulose der Milz oder Niere;. grösserer Tuberkelherde in Abdomen oder Brusthöhle; kleinere Tuberkelherde als die vorigen an gleichen Orten, wenn ihr Charakter ernster (erweicht, eiterig oder sehr zahlreich) ist; wenn geringe Mengen grosser Tuberkelherde in Brust und Bauch gleichzeitig mit andern äusseren Tuberkelherden verbunden sind; ferner, wenn bei irgendwelcher Quantität und Art der Tuberkelherde das Tier einen abgezehrten Zustand aufweist. 6. Fleisch von wutkranken oder wutverdächtigen Tieren.
7. Fleisch von Tieren, die mit Pyelitis, Septicämie, Urämie, Icterus,
Arthritis, A^isceralgangrän, Melanose, Tetanus, Pneumoenteritis septica, Finnen, Rinderpest, Coryza gangrenosa, Kälberruhr, Rotz und Hautwurm, Pferdepest, maligne Druse, Trichinose, Rotlauf, Schweineseuche, Schweinepest, Pocken erkrankt waren. Betrachten wir nun noch einmal § 4 des genannten Gesetzes
vom 25. August 1885. Nach diesem Paragraphen ist der Käufer ver- pflichtet, innerhalb der Garantiezeit, die gleichzeitig die Termine bestimmt zur Binreichung einer Rechtsforderung, die Ernennung von Sachverständigen nachzusuchen, die damit belastet sind, die |
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Gewährsmängel festzustellen und ebenfalls ein Protokoll aufzusetzen
von dem, was sie vorgefunden haben. Dieses Gesuch muss, es sei mündlich, schriftlich oder tele-
graphisch, an den Richter des Ortes geschehen, in dem sich das Tier befindet, und es muss bei Strafe von Ungültigkeitserklärung das « Gebrechen > angegeben sein, an welchem das Tier angeblich leidet. § 5 schreibt vor, dass der Käufer, falls er im Auslande wohnt,
das Tier nach Belgien zurücktransportieren und es in den Wohnort des Verkäufers oder in die Provinzialhauptstadt bringen muss. Ist es auf dem Markt verkauft, so kann man es auch an den
Marktort schicken oder auch nach dem Ort der Ablieferung. Beim Zurücklegen dieser Entfernung wird jedoch der Termin, innerhalb dessen die Klage eingereicht werden muss, mit einem Tag für je 150 km verlängert. In § 8 lesen wir, dass der Verkäufer nicht gezwungen ist, eine
Garantie zu leisten, wenn das Tier innerhalb der obengenannten Garantiezeit stirbt, es sei denn, dass der Käufer beweisen kann, dass der Tod des Tieres die Folge eines der Gebrechen ist, die durch das Gesetz als « Gewährsmängel > anerkannt werden. In Belgien wurde somit mehr auf die Interessen des Verkäufers
als auf die des Käufers geachtet, und das ist natürlich eine sehr grosse Ungerechtigkeit im Handel. England, Schottland und Irland.
Wenn man hier als Ausländer Einkäufe macht, muss man ganz
besonders gut mit den verborgenen Fehlern vertraut sein und gut bedenken, dass man für eigenes Risiko handelt. Hier besteht die Gewohnheit: «Wenn der Kauf geschlossen
ist, dann ist das Risiko gänzlich zu Lasten des Käufers.» Natürlich kann man auch unter Garantie kaufen, aber dann
muss diese ausdrücklich schriftlich bedungen und am besten noch gerichtlich beschrieben werden. Amerika.
Hinsichtlich des Betruges im Viehhandel hat man also in
Amerika auch Erfahrungen gemacht, jedoch besteht dort so wenig wie in England ein Verzeichnis von «Gewährsmängeln», ebenso ist von einer Garantiezeit keine Rede. |
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Auch in Amerika muss man also sehr vorsichtig zu Werke
gehen und besser von einer schriftlichen Garantie Gebrauch machen. Schweden, Norwegen, Finnland.
In diesen Ländern muss der Verkäufer noch, wie in früheren
.Jahrhunderten, drei Tage Garantie für alle Gebrechen gewähren. Ungarn.
Auch hier ist allein Betrug strafbar.
Russland.
In Russland ist ungefähr derselbe Zustand wie in Amerika.
Oesterreieh.
Schlagen wir das früher erwähnte Bürgerliche Gesetzbuch vom
Jahre 1811 dieses Landes auf, dann lesen wir in § 922: «Der Verkäufer muss dafür haften, dass die verkaufte Ware
die gewöhnlich angenommenen Eigenschaften besitzt und dass sie gemäss den Gewohnheiten wirklich brauchbar sein muss. > § 924 sagt: «Wird ein Stück Arieh innerhalb 24 Stunden nach
dem Verkauf krank oder stirbt es, oder wird die Vermutung aus- gesprochen, dass es vor dem Verkauf krank gewesen ist, dann wurde dies also wiederum als gänzlich willkürlich und total unge- recht als ein Axiom angenommen.» In § 925 wurden die verschiedenen « Gewährsmängel» mit der
Garantiezeit genannt. Sollten innerhalb der genannten Termine die Gebrechen ent-
deckt werden, dann besteht das gerechtfertigte Vermuten, dass dieselben auch vor der Zeit bestanden haben. Ein jeder wird hieraus mit Leichtigkeit die Schlussfolgerung
ziehen, zu welchen Schwierigkeiten die Worte «gerechtfertigtes Vermuten > führen können, denn wir lesen in § 926, dass allein dann der Käufer dieses < gerechtfertigte Vermuten» aussprechen darf, wenn er den Verkäufer von dem Gebrechen, sofort nachdem er es bemerkt, in Kenntnis gesetzt hat oder es bei dessen Abwesen- heit bei der zuständigen Gerichtsbehörde an Ort und Stelle ange- geben hat, durch einen Sachverständigen die Angabe verrichtet und eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet ist. |
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Darauf lässt § 927 die Worte folgen: « Versäumt der Käufer,
diesen Vorschriften nachzukommen, so muss er den Beweis liefern, dass das Vieh bereits vor dem Datum vom Verkauf mit dem Ge- brechen behaftet gewesen ist.» In der österreichischen Gesetzgebung ist jedoch in gleicher
Weise für den Verkäufer sowohl wie für den Käufer gesorgt. Bin grosser Fehler ist es jedoch, dass man auch da versäumt
hat, eine grosse Anzahl von verborgenen Fehlern in das Gesetz aufzunehmen, da Pfeiferdampf (Oornage), Krippensetzen und zeit- weilige Lähmung nicht genannt sind. Schweiz.
In der Schweiz lag die Frage der Viehwährschaft am ver-
wickeisten und schwierigsten von allen Ländern, und hier hat man auch wohl am meisten in dieser Angelegenheit publiziert und ge- arbeitet. Die Verhältnisse bei dem Bund vieler kleiner Staaten mit selbständiger Oberhoheit und dem regen Handel mit Vieh, das schon in alten Zeiten weitberühmt war, mussten natürlich vielfache Streitig- keiten verursachen. Fast jeder Kanton hatte seine eigenen Arorschriften, die sehr
verschiedenartige waren. Strebet*), Hirzel**) und Gsell***) haben in eingehenden Arbeiten diese komplizierten A^erhältnisse der alten schweizerischen Währschaftsgesetzgebung sorgfältig zusammen- gestellt, und erwähne ich hier als ein Muster der alten Gesetzgebung die altbernische, aus der hervorgeht, dass in diesem einen Kanton schon mindestens fünf oder sechs verschiedene Währschaftsrechte galten. Als älteste, bis jetzt bekannt gewordene Vorschrift, den Vieh-
handel betreffend, sind die Satzungen des Ehrenlandes Emmental zu nennen, vom 30. März 1559 und 17. November 1659, wo im Art. 130 steht: «So einer dem andern unsauber oder finnig, des- gleichen fauls oder sturms Vieh zu kaufen gibt, er thue es mit Wüssen oder ohne Wüssen und ieme dasselbig vom Käufer innert- halb 8 Wochen wieder angeboten wird, so soll er, der Verkäufer, *) Strebet, Zum gegenwärtigen Stande der Gewährleistungsfrage beim
Viehhandel in der Schweiz. Archiv für Tierheilkunde. 1882, pag. 194. **) Hirzet, Die schweizerische Gesetzgebung betreffend Viehwährschaft.
Arch. d. T. 1889. ***) Gsell, J., Die gesetzliche Gewährleistung, beim Handel mit Vieh
in der Schweiz. Inaugural-Dissertation. Zürich 1907. |
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dasselbige wiederum abnehmen, ohne alle Widerred. So aber 8 Wochen
verschienen und ieme das Vyh hiezwischen nit wider angeboten wird, so ist der Verkäufer nit schuldig, dasselbig wider anzunehmen. » Denselben Wortlaut hat der Berner Stadtgerichtssatz von 1614
P. I, Tit. 7, leg. I, immerhin noch mit der Ergänzung: « so einer dem andern.....sturms Vieh kaufs oder tuschivys hingibt, > auch soll
dasselbe durch eine «Weibel widerum anbotten werden».
Auch die Bieler Satzung. Tit. 22, leg. I, stimmt mit der Berner
Stadtgerichtssatzung völlig überein, nur dass in der bielischen anstatt 8 Wochen nur 1 Monat ausgesetzt war. Bezüglich Pferden und Rossen besagt der bernische Gerichtssatz P. I, Tit. 7, leg. II, aus- führlich : « Wann jemands anderem ein Ross so hauptmürdig, buch- stössig oder spätige wäre, kauff- oder tuschwys hingibt, er thüge es glichwohl auch wüssentlich oder unwüssentlich und ihm dasselbig innerthalb 6 Wochen durch ein Weybel nit wider anbotten wurde, der Verkäufler oder Vertuscher dasselbig widerumb zenehmen nit schildig; wo aber einer vom andern ein Ross erkaufte oder er- tauschte und dann söllich Ross innerhalb abmelten sechs Wuchen von Feule (Fäule) abginge, der so es also erkaufft oder ertauscht, dasselbig abgangen Ross durch die geschwohren Meister Schmidt- Handwerks besichtigen lassen, zügendt dann dieselbigen by ihren Ehren und Trüwen, dass solche Feule eine alte Feule sye, der Ver- käufer oder Vertuscher es widerumb nehmen; zügendt sie aber by ihren Trüwen und Ehren, dass es ein nüwe Feule sye, es dem der es erkaufft oder ertauscht verblyeben und der Verkäufer oder Ver- tuscher dessen nützid entgälten solle.» In Bezug auf die Gewährleistung der Trächtigkeit statuiert das
alte Landrecht von Saanen (1598), Art. 706 d, unter dem Titel: Täuschung in Zusage vom Stand der Kühe: «Wann einer dem andern eine Kuh verkauft, und sich die später erneuert, dann muss der Verkäufer dem Käufer vorgeben, so soll der Verkäufer dem Käufer für jeden Tag so er gefält, ein Batzen ersetzen. Jedoch soll keiner den andern von 14 Tagen wegen zu ersuchen haben. Falte er aber mehr, so mag er dann die ganze Zeit, so die Kuh gefält, zusammen nehmen und soll der Verkäufer ihn darum bezahlen. > Die Bräuche und Gewohnheitsartikel des Landrechtes vom
Obersimmental vom 13. Juli 1645 regelten mit Art. 26 die Wandel- klage wie folgt: «Und weilen von Alter her also geübt und ge- braucht bei der Fürsehung es nochmals verbleibt, dass so einer dem |
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andern unsauber oder finnig, desgleichen fauls oder Sturms Vieh
kaufs oder tuschwvs higibt, es thüe es mit Wüssen wiederumb angeboten werden soll, so soll er, der Verkäufer, dasselbig wieder abnehmen > u. s. w. Die erste gesetzliche Regelung erfuhr die Gewährspflicht für
die verborgenen Mängel der Pferde und des Viehes in Stadt und Republik Bern durch deren Zivilgesetzbuch, IL Teil, Sachenrecht, de dato 18. März 1880 (Satzungen 714-719). Hiernach konnte der Uebernehmer dem Uebergeber binnen
einer Notfrist von 30 Tagen, von dem Tage der Uebergabe an gerechnet, die Zurückgabe des Tieres durch einen Weibel anbieten lassen, insofern dasselbe nicht schon früher aus Auftrag der Polizei weggenommen worden war, und in jedem Falle den empfangenen Gegenwert von ihm zurückfordern, wenn an einem Stück Rindvieh Lungenfäule, Leberfäule, Pinnen, der Tippel (Koller), Birchen (der Vorfall der Mutterscheide) oder an einem Pferd Dampf, Rotz (haupt- mürdig), Koller, Lungenfäule oder Leberfäule entdeckt wurde. Weigerte sicli der Uebergeber, das ihm auf diese Weise zurück-
gebotene Tier anzunehmen, so konnte der Uebernehmer dasselbe mit Bewilligung des Oberamtmanns durch zwei von demselben zu ernennende Sachverständige, vorzugsweise patentierte Tierärzte, untersuchen lassen. War dasselbe nach deren Brachten mit einem der genannten Gewährsmängel behaftet, so sollte der Uebergeber das Tier zurücknehmen, den empfangenen Gegenwert wieder er- statten und dem Uebernehmer nebstdem noch den notwendigen Aufwand vergüten. Das Bedürfnis nach einem schweizerischen Währschaftsgesetze
machte sich daher schon recht bald geltend, und aus einer dies- bezüglichen Preisfrage, die die Gesellschaft schweizerischer Tier- ärzte im .fahre 1836 über diese Angelegenheit stellte und die von Dr. Kö'chlin und von dem spätem eidgenössischen Oberpferdearzt Näf beantwortet wurde, entwickelte sich dann unter Hülfe der Regierung des Kantons Aargau ein Konkordat, d. h. eine Ueberein- kunft zwischen mehreren Staaten, die am 1. August 1853 in Kraft trat. Zuerst gehörten diesem Konkordate nur die 6 Kantone Aargau, Bern, Preiburg, Neuenburg, Zug und Zürich an; bald aber schlossen sich noch andere Kantone an, so dass im .Jahre 1866 16 der 22 schweizerischen Kantone sich zu diesem Rechte bekannten. |
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Dieses Konkordat und seine Schicksale sind auch für uns recht
wichtig, weshalb wir die Vorschriften desselben hier in extenso wiedergeben wollen: Konkordat über Bestimmung und Gewähr der Viehhauptmängel.
Vom 1. August 1853.
Die Kantone Aargau, Bern, Preiburg, Neuenburg. Zug und
Zürich sind übereingekommen, über Bestimmung und Gewähr der Hauptmängel bei Tieren aus dem Pferdegeschlecht und beim Rind- vieh folgende gesetzliche Vorschriften festzustellen. § 1. Beim Handel mit Tieren aus dem Pferdegeschlecht und
mit Rindvieh, wenn das Tier über 6 Monate alt ist, hat der Ueber- geber (Verkäufer oder Vertauscher) dem Uebernehmer (Käufer oder Eintauscher) während der gesetzten Zeit dafür Währschaft zu leisten, dass dieselben mit keinem von den im § 2 aufgezählten Gewährs- mängeln behaftet sind. § 2. Gesetzliche Gewährsmängel sind:
a. Bei Tieren des Pferdegeschlechts:
1. Abzehrung als Folge von Entartung der Organe der Brust-
und Hinterleibshöhle (Verhärtung, Verschwärung, Vereite- rung, Krebs, Tuberkelbildung). Währsohaftszeit 20 Tage. 2. Verdächtige Drüse, Rotz und Hautwurm. Währsohaftszeit
20 Tage. 3. Still- oder Dummkoller. Währschaftszeit 20 Tage.
b. Beim Rindvieh:
1. Abzehrung als Folge von Entartung der Organe der Brust-
und Hinterleibshöhle (Verhärtung, Verschwärung, Vereite- rung, Krebs, Tuberkelbildung mit Inbegriff der Perlsucht oder sogenannten Pinnen). Währschaftszeit 20 Tage. 2. Ansteckende Lungenseuche. Währschaftszeit 30 Tage.
Die Währschaftszeit beginnt mit dem Tage der Uebergabe des Kaufsgegenstandes.
§ 3. Das Vorhandensein eines Gewährsmangels innerhalb der
Währschaftszeit hat zur Folge, dass der Uebergeber gehalten ist, das Tier zurückzunehmen und den empfangenen Kauf- oder An- schlagspreis dem Uebernehmer zu ersetzen. § 4. Wurde beim Kauf oder Tausch der Wert nicht bestimmt,,
so muss das zurückgebotene Tier durch zwei Sachverständige ge- |
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wertet werden, welche der Gerichtspräsident vom Wohnorte des
Uebernehmers ernennt. § 5. Pur Tiere, welche vor Ablauf der Währschaftszeit in
andere als die konkordierenden Kantone oder in das Ausland geführt werden, dauert die Währschaftspflicht nur so lange, bis dieselben ■die Grenzen des Konkordatsgebietes überschritten haben. § 6. Abweichungen von den gesetzlichen Bestimmungen über Ge-
währsmängel und Gewährzeit können durch Vertrag bedungen werden. § 7. Nimmt der Uebernehmer eines Tieres einen Gewährs-
mangel an demselben wahr, so hat er dem Uebergeber durch einen Gemeindebeamten davon Anzeige zu machen und ihm das Tier zurückzubieten. Der Uebergeber hat sich binnen 2 Tagen zu erklären, ob er
das Tier zurücknehmen wolle. § 8. Erfolgt diese Erklärung nicht, oder kann der Uebernehmer
wegen nahe bevorstehenden Auslaufes der Gewährszeit oder aus einem andern Grunde den Uebergeber nicht befragen, so soll der Uebernehmer durch den Gerichtspräsidenten seines Aufenthaltsortes zwei patentierte Tierärzte bezeichnen lassen, welche das Tier zu untersuchen haben. Derjenige, welcher das Tier zuvor ärztlich behandelte, darf nicht
mit der Untersuchung beauftragt werden. § 9. Die berufenen Tierärzte haben die Untersuchung sogleich,
jedenfalls innert 24 Stunden nach Empfang der Aufforderung, vor- zunehmen. Sind sie in ihren Ansichten einig, so ist der Befund und das Gutachten gemeinschaftlich, bei geteilter Ansicht aber von jedem besonders abzufassen. In letzterem Falle wird der Gerichts- präsident unverzüglich eine nochmalige Untersuchung durch einen dritten Tierarzt anordnen und dann die sämtlichen Berichte der Medizinalbehörde des Kantons zur Aufgabe eines Obergutachtens übermitteln. § 10. Erklären die untersuchenden Tierärzte, dass zur Abgabe
eines bestimmten Befindens die Tötung des Tieres notwendig sei, so kann diese auf Bewerben des Uebernehmers vom Gerichtspräsidenten bewilligt werden. Jedoch ist der Uebergeber vorher davon in Kenntnis zu setzen, wenn solches möglich und keine Gefahr im Verzuge ist. § 11. Sollte ein im lebenden Zustande untersuchtes Tier während
der Gewährszeit umstehen oder aus polizeilichen Rücksichten ge- |
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tötet werden, so ist dasselbe nochmals zu untersuchen, ein Sektions-
befund mit Gutachten abzufassen und nötigenfalls das frühere Be- finden zu berichtigen. § 12. Die erste Untersuchung eines Tieres muss innerhalb der
Währschaftszeit vorgenommen werden, ansonst dieselbe keine recht- liche Wirksamkeit hat. § 13. Der Gerichtspräsident wird nach Empfang des Gut-
achtens der Tierärzte oder des Obergutachtens der Medizinalbehörde sofort dem Uebernehmer das Original, dem Uebergeber eine Ab- schrift davon zustellen und den letztern auffordern lassen, sich zu erklären, ob er das Vorhandensein eines Gewährsmangels bei dem untersuchten Tiere anerkenne. Gibt der Uebergeber keine bejahende Erklärung, so kann er von dem Uebernehmer rechtlich belangt werden. § 14. Das übereinstimmende Gutachten der untersuchenden
Tierärzte oder das Obergutachten der Medizinalbehörde ist für das richterliche Urteil massgebend. § 15. Die Kosten der Rückbietung, der tierärztlichen Unter-
suchung, sowie die nach der Rückbietung erlaufenden Kosten der ärztlichen Behandlung und Fütterung des Tieres sind von dem- jenigen Teil zu tragen, welchem das untersuchte Tier anheimfällt. § 16. Nach angehobenem Rechtsstreite soll der Richter auf
Begehren der einen oder andern Partei die öffentliche Versteigerung des Tieres anordnen. Der Erlös wird vom Richter in Verwahrung genommen.
§ 17. Wird Rindvieh zum Schlachten veräussert und dann
mit einer solchen Krankheit behaftet erfunden, dass der Verkauf des Fleisches ganz oder teilweise untersagt wird, so hat der Ueber- geber für den erweislichen Minderwert Vergütung zu leisten. Obgleich nun diese Bestimmungen das Währschaftsrecht in der
Schweiz vereinfachten, so waren sie dennoch durchaus nicht den Verhältnissen entsprechende. Es zeigte sich dies in dem bald erfol- genden Rücktritte der meisten Kantone, so dass seit 1909 nur noch Zürich, Baselland und Thurgau dem Konkordate angehörten. Die Fehler des alten Konkordates, wie sie uns in den kritischen
Untersuchungen von Gsell *) und Woher **) vorgeführt werden, sind *J Op. cit.
**) Woher, R. Die Gewährleistung für Mängel und zugesicherte Eigen-
schaften heim schweizerischen Viehhandel. Inaugural-Dissertation. Bern 1909. |
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auch für unsere holländischen Verhältnisse von höchster Bedeutung,
obwohl zahlreiche derselben von uns bisher vermieden sind. Beachtenswert ist für uns vor allem die Frage der Aufzählung
gesetzlicher Gewährsmängel. Dieselbe ist jedoch so wichtig, dass ich sie später eingehend betrachten möchte. Sodann ist wichtig, dass das Konkordat keine Minderungsklage,
die Actio quanti minoris, zuliess, sondern nur die Wandelungsklage, die Actio redhibitoria, die gerade für Schlachtviehhandel ja besondere Bedeutung besitzt. Was das Prozessverfahren angeht, so bemerken wir ja ohne
weiteres das Bestreben der Beschleunigung des Verfahrens; aber für mich besonders beachtenswert ist die Kritik der Urteile der Sachverständigen, wie sie besonders von Woher in seiner tiefdurch- -dachten, dem auch bei uns rühmlichst bekannten Berner Professor Dr. Ernst Hess gewidmeten Arbeit dargelegt wurde. Woker wendet sich, gestützt auf die schweizerischen Erfah-
rungen, gegen das durch dieses Gesetz in der Praxis bedingte « Berufsexperten tum ». Er vertritt die Anschauung, dass beiden Parteien das Recht zustehen sollte, je einen sachverständigen Tier- arzt vorzuschlagen; denn die Erfahrung habe gezeigt, dass gewöhn- lich die beiden zugezogenen tierärztlichen Experten sich zur Regel machten, immer einer Meinung zu sein, weshalb in praxi selten der vom Gesetze vorgesehene Fall eintrat, zwei geteilte Meinungen unter den Experten zu haben, für die ein Obergutachten eingeholt werden musste. Dies erzeugte dann Misstrauen gegenüber den Experten und den Tierärzten überhaupt. Diese auf verschiedenen menschlichen Regungen beruhende
Tatsache wurde nur da erfolgreich verhindert, wo sowieso jedes tierärztliche Gutachten beider Sachverständigen, ob getrennter oder geteilter Meinung, den kantonalen Medhinalbehörden zur Einsicht zugestellt wurde. Sehr übel wurde auch die Bestimmung des § 14 empfunden.
Woker schreibt sogar, dass « dieselbe gar nicht genügend verurteilt werden könne », dass nämlich das Urteil der Sachverständigen unter allen umständen ausschlaggebend war für das Urteil des Richters. Mir scheint aber hier der § 13 doch die entsprechende Al>-
schwächung in dem später auch von mir vertretenen Sinne zu sein. |
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Hier heisst es nämlich, dass das Gericht sofort nach Abschluss der
Gutachten der Sachverständigen und der Medizinalbehörde je ein Doppel des Befundes den Parteien zustellen lassen solle, mit der gleichzeitigen Aufforderung, sich über Anerkennung derselben zu erklären und so die Portsetzung des Streites vor dem Gerichte völlig zu vermeiden. Denn da der Richter ja an den Expertenentscheid gebunden
ist, so würde in den meisten Fällen ein Reehtsspruch vermieden werden können. Seit 1882 wurde dann eine neue Bewegung zur Aenderung der
bestehenden Währschaftsvorschriften eingeleitet, die den behandelten Mängeln Rechnung trugen. Es wurde dabei zuerst verlangt: Völlige Vertragsfreiheit bei schriftlicher Form des Kaufvertrages; beschleu- nigtes Gerichtsverfahren mit Möglichkeit der Heranziehung einer Oberexpertise; 6 Gewährsmängel und 9 Tage Gewährszeit. Auch hier möchte ich aus der Geschichte der Bewegung zu
diesem neuen Gesetz darauf aufmerksam machen, dass 1883 der Gesellschaft schweizerischer Tierärzte der Antrag vorgelegt wurde, dass bei den Prozessverfahren nach dem Konkordate es jeder Partei gestattet werde, vom Richter zu verlangen, dass über die richtige Abfassung und Schlussfolgerung der Gutachten der Expertentierärzte ein Obergutachten eingeholt werde, bevor eine Prozessverhandlung stattfände, und dass alle Währschaftsstreitigkeiten durch ein summa- risches Rechtsverfahren geregelt werden möchten. Im Jahre 1896 beschloss dann die schweizerische Bundesver-
sammlung ein neues Gesetz über die Gewährleistung im Viehhandel, ungefähr auf den angeführten Grundsätzen gegründet; jedoch wurde dasselbe bei der Volksabstimmung verworfen. Ebenso misslang auch ein neues Konkordat zwischen den Kantonen, dem sich nur zwei Kantone anzuschliessen vermochten. Der Zustand der schweizerischen Währschaftsgesetzgebung im
Jahre 1911 stellte sich somit etwa folgendermassen dar: 1. Konkordat von 1852.
20 Tage Währfrist mit bestimmten Hauptmängeln (ansteckende
Lungenseuche 30 Tage), nur gültig für Tiere über 6 Monate. Erste Untersuchung noch während der Gewährsfrist. Gültig in Zürich, Baselland, Thurgau (Wallis und Schaffhausen).
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2. Sogenanntes Konkordat von 1900.
14 Tage Gewährsfrist, wenn nichts besonderes bestimmt wurde,
sonst freie mündliche oder schriftliche Konvention. Untersuchung innerhalb 3 Tagen nach Ablauf der Rügefrist. Gültig in St. Gallen und Schwyz.
3. Konventionelle Währschaft.
Ohne Gewährsfristbeschränkung. A. Nur gültig, wenn schriftlich vereinbart, in den Kantonen Bern,
Obwalden, Nidwaiden, Preiburg, Solothurn, Aargau, Waadt, Neuenburg und Luzern. B. Sowohl mündlich als auch schriftlich gültig.
9 Tage Gewährsfrist, falls nichts ausdrücklich bestimmt wurde.
Gültig in Appenzell A.-Rh. und Appenzell I.-Rh. 4. Obligationenrecht allein gültig, also Haftung ohne Be-
schränkung. In Zug.
5. Kantonale Bestimmungen.
A. Nicht abweichende vom Konkordat von 1852:
Wallis und Schaffhausen. B. Verschiedenartige Bestimmungen:
Graubünden: Art. 345—348 des bündnerischen Zivilgesetzbuches
vom 1. September 1862. Gesetzliche Währschaft mit Haupt- mängeln: Dummkoller, Rotz, Dampf für Pferde, Perlsucht und Lungenseuche beim Rinde. 20 Tage Gewährsfrist. Glarus: Altes Währschaftsgesetz. Frist 1 Jahr 1 Tag für Rind-
vieh, 4 Wochen für Pferde. Uri: Landbuch von 1891, alte Bestimmungen von 1607 und
1608, modifiziert 1763. Gewährsmängel mit alten Namen und « Monatsfrist » als Gewährszeit. Tessin: Zivilgesetzbuch vom 15. November 1882. Bestimmte
Gewährsmängel mit 40 Tagen Frist. Genf: Währschaftsgesetz vom 2. April 1859. 6 Pferdemängel
mit 40 Tagen Garantie (Augenentzündung, Epilepsie, Rotz [2 Arten], Lungenseuche, Tuberkulose). Alle andern Fälle (auch Rindvieh) mit 14 Tagen Frist einklagbar, sofern sie dem Käufer verborgen waren. Seit 1908 hatte dann der schweizerische Bauernverband mit Rücksicht auf die Revision des schweizerischen Obligationenrechtes |
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energische Anstrengungen zur Erreichung einer Rechtseinheit für
Viehwährschaft in der ganzen Schweiz gemacht, die nunmehr mit dem 1. Januar 1912 von Erfolg gekrönt wurdem Die am 14. November 1911 vom Bundesrate publizierte Ver-
ordnung betreffend das Verfahren bei der Gewährleistung im Vieh- handel enthält folgendes: I. Allgemeine Bestimmungen.
Art. 1. Beim Handel mit Vieh (Pferden, Eseln, Maultieren, Rind-
vieh, Schafen, Ziegen und Schweinen) besteht eine Pflicht zur Gewährleistung nur insoweit, als der Verkäufer sie dem Käufer schriftlich zugesichert oder den Käufer absichtlich getäuscht hat (Art. 198 O.-R.). Art. 2. Gestützt auf die schriftlich übernommene Gewährleistung
für Trächtigkeit haftet der Verkäufer dem Käufer nur, wenn der Mangel dem Verkäufer, nachdem sich sichere Zeichen des Nichtträchtigseins gezeigt haben oder das Tier auf den angegebenen Zeitpunkt nicht geworfen hat, sofort angezeigt und bei der zuständigen Behörde die Untersuchung des Tieres durch Sachverständige verlangt wird. Gestützt auf die schriftlich zugesicherte Gewährleistung dafür,
dass das Tier innert bestimmter Frist werfe, haftet der Verkäufer dem Käufer nur, wenn sofort nach der Geburt deren Verspätung dem Verkäufer angezeigt wird. Art. 3. In den in Art. 2 nicht genannten Fällen der Gewähr-
leistung im Viehhandel haftet, sofern die schriftliche Zusioherung keine Fristbestimmung enthält, der Verkäufer dem Käufer nur, wenn der Mangel binnen neun Tagen, von der Uebergabe oder vom An- nahmeverzug (Art. 91 ff. O.-R.) an gerechnet, entdeckt und dem Verkäufer angezeigt und binnen der gleichen Frist bei der zuständigen Behörde die Untersuchung des Tieres durch Sachverständige ver- langt wird (Art. 202, Abs. 1, O.-R.). Enthält die schriftliche Zusioherung eine Fristbestimmung, so
haftet der Verkäufer dem Käufer nur, wenn der Mangel sofort nach der Entdeckung und innert der Garantiefrist dem Verkäufer an- gezeigt und bei der zuständigen Behörde die Untersuchung des Tieres durch Sachverständige verlangt wird. Art. 4. Ist eine Frist nach Tagen bestimmt, so wird der Tag
nicht mitgerechnet, von welchem an sie zu laufen beginnt. Ist der letzte Tag ein Sonntag oder ein staatlich anerkannter
Feiertag, so endigt die Frist am nächstfolgenden Werktag. 4
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Die Frist läuft am letzten Tag abends 6 Uhr ab.
Wird für die Uebermittlung einer Anzeige oder eines Begehrens
die Post oder der Telegraph benutzt, so gilt die Frist als ein- gehalten, wenn die Aufgabe vor ihrem Ablauf erfolgt ist. II. Das Vorverfahren.
Art. 5. Die Kantone bezeichnen die zur Leitung des Vorver-
fahrens kompetente Behörde. Zur Leitung des Vorverfahrens örtlich zuständig ist die Be-
hörde, in deren Amtskreis sich das Tier befindet. Art. 6. Auf Begehren des Käufers (Art. 2, Abs. 1, und Art. 3)
ordnet die Behörde sofort eine Untersuchung des Tieres durch einen oder mehrere Sachverständige an. Art. 7. Sind mehrere Sachverständige ernannt worden und
können sie sich über ein gemeinsames Gutachten nicht einigen, so kann die zuständige Behörde auf Begehren einer Partei eine Ober- expertise anordnen. Art. 8. Als Sachverständige sind in der Regel Inhaber eines
eidgenössischen tierärztlichen Diploms beizuziehen. Die Behörde bezeichnet die Sachverständigen, ohne über die
zu ernennenden Personen Vorschläge von den Parteien einzuholen. Art. 9. Wer nach kantonalem Zivilprozessrecht in dem Rechts-
streit das Richteramt nicht ausüben könnte und wer das Tier un- mittelbar vor oder nach dem Abschluss des Kaufvertrages tierärztlich behandelt hat, darf als Sachverständiger nicht berufen werden. Die Behörde hat den Parteien Gelegenheit zu geben, Einspruch
gegen die von ihr bezeichneten Sachverständigen zu erheben. Art. 10. Die Untersuchung des Tieres ist von den Sachver-
ständigen innert 48 Stunden nach der Mitteilung ihrer Ernennung vorzunehmen. Mehrere Sachverständige haben die Untersuchung gemeinsam
vorzunehmen. Von Zeit und Ort der Untersuchung hat die Behörde den
Parteien Kenntnis zu geben. Art. 11. Die Sachverständigen prüfen, ob das Tier mit dem
gerügten Mangel behaftet ist. Bejahen sie die Frage, so haben sie den Minderwert des Tieres.
und den Schaden festzustellen, den der Käufer infolge des Mangels erleidet. |
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Als Minderwert gilt in allen Fällen die Differenz zwischen dem
Verkehrswert, den das Tier in vertragsgemässem Zustand gehabt hätte, und dem Werte des mit dem gerügten Mangel behafteten Tieres. Art. 12. Ist nach dem Gutachten der Sachverständigen zur Pest-
stellung des Tatbestandes die Tötung des Tieres unerlässlich, so hat die Behörde nach Anhörung der Parteien hierüber zu entscheiden. Steht das Tier während des Verfahrens um oder ist dessen
Notschlachtung erforderlich, nachdem bereits eine Expertise statt- gefunden hat, so kann die Behörde, auf Verlangen einer Partei, am toten Körper eine weitere Untersuchung anordnen. Art. 13. Die Sachverständigen haben ohne Verzug der Behörde
ein schriftliches, motiviertes Gutachten einzureichen. Die Behörde stellt eine Abschrift des Gutachtens ungesäumt
den Parteien zu. Art. 14. Nach Eingang des Gutachtens ordnet die Behörde,
sofern die Besichtigung des Tieres nicht mehr erforderlich ist, auf Verlangen einer Partei und unter Benachrichtigung der Beteiligten, die öffentliche Versteigerung des Tieres an und nimmt den Erlös in amtliche Verwahrung. Es steht jedoch den Parteien zu, durch Sicherheitsleistung die
Versteigerung auszuschliessen. III. Das Hauptverfahren.
Art. 15. Auf die Gewährleistungsprozesse der Art. 2 und 3
kommen die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen der kan- tonalen Zivilprozessordnungen zur Anwendung. Die Kantone haben jedoch dafür zu sorgen, dass diese Kechts-
streitigkeiten im beschleunigten Verfahren erledigt werden. Art. 16. Im Hauptverfahren wird auch darüber entschieden, wer
die Kosten des Vorverfahrens zu tragen hat. |
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IV. Die niederländischen Währschafts-
bestimmungen. |
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Die Gesetzesbestimmungen über den Viehverkehr in den Nieder-
landen finden wir im Bürgerlichen Gesetzbuch, III. Band, Titel V, §§ 1493—1547. § 1493. Kauf und Verkauf ist eine Uebereinkunft, wobei der
eine sich verpflichtet, eine Sache zu liefern, und der andere, den dafür bedungenen Preis zu bezahlen. § 1494. Sie wird angenommen, zwischen Parteien vollzogen
zu sein, sobald diese über die Sache und den Preis einig geworden sind, obschon die Sache noch nicht geliefert und der Preis auch nicht bezahlt ist. § 1495. Die verkaufte Sache geht nicht eher ins Eigentum
des Käufers über, als bis die Lieferung derselben geschehen ist laut §§ 667, 668, 671. § 1496. Indem die verkaufte Sache aus einem gewissen Gegen-
stande besteht, so ist dieselbe von dem Augenblick des Kaufes ab für Rechnung des Käufers, obgleich die Lieferung derselben noch nicht stattgefunden hat, und hat der Verkäufer das Recht, den Preis zu fordern. § 1509. Der Verkäufer ist verpflichtet, sich deutlich auszu-
drücken, wozu er sich verbindet; alle undeutlichen und doppel- sinnigen Bedingungen werden zu seinem Nachteile ausgelegt. § 1510. Er hat zwei Hauptverpflichtungen, nämlich: die ver-
kaufte Sache zu liefern und dafür zu haften. . § 1511. Die Lieferung ist eine Uebertragung der verkauften
Ware in die Macht und den Besitz des Käufers. § 1517. Die Ware muss in dem Zustande geliefert werden, in
dem sie sich im Augenblick des Verkaufes befindet. Von dem Tage an sind alle Vorteile davon für den Käufer.
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§ 1529. Parteien können durch spezielle Uebereinkunft diese
durch das Gesetz auferlegten Verpflichtungen erweitern oder ein- schränken; sie können selbst übereinkommen, dass der Verkäufer zu keinerlei Garantie irgendwelcher Art verpflichtet sein soll. § 1540. Der Verkäufer ist für verborgene Gebrechen der ver-
kauften Ware haftbar, die die Ware für den Gebrauch, wozu sie bestimmt ist, unbrauchbar machen oder den Gebrauch dermassen vermindern, dass, wenn der Käufer die Gebrechen gekannt hätte, er die Ware entweder gar nicht oder nicht anders als zu einem niedrigeren Preise gekauft hätte. § 1541. Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, für sichtbare Ge-
brechen, die der Käufer selbst hätte entdecken können, zu haften. § 1542. Er muss für die verborgenen Gebrechen haften, selbst
wenn er dieselben nicht kannte, es sei denn, dass er bedungen hat, dass er zu keiner Haftung, von welcher Art auch, verpflichtet war. § 1543. In den in den §§ 1540 und 1542 erwähnten Fällen
hat der Käufer die Wahl, die Ware zurückzugeben und den Kauf- preis zurückzufordern oder die Ware zu behalten und sich den- jenigen Teil des Kaufpreises zurückgeben zu lassen, den der Richter, nachdem er Sachverständige in dieser Angelegenheit gehört hat, feststellen wird. § 1544. Wenn der Verkäufer die Gebrechen der Ware gekannt
hat, ist er, ausser zur Rückgabe des dafür empfangenen Kaufpreises, noch dem Käufer für die Vergütung aller Unkosten, Schäden und Interessen haftbar. § 1545. Wenn der Verkäufer die Gebrechen der Ware nicht
gekannt hat, haftet er nur für die Rückgabe des Kaufpreises und auch dafür, um an den Käufer die Kosten, die bei dem Kauf und der Lieferung entstanden sind, falls er diese bezahlt haben sollte, zurückzuerstatten. § 1546. Wenn die verkaufte Ware, die verborgene Gebrechen
hatte, infolge derselben zu Grunde gegangen ist, kommt der Verlust zu Lasten des Verkäufers, der gegenüber dem Käufer zur Rück- gabe des ■ Kaufpreises verpflichtet ist, wie auch zur Vergütung der übrigen Schäden, wovon in den zwei vorgenannten Paragraphen die Rede ist. Ist jedoch der Verlust durch Zufall verursacht, so geschieht
er zu Lasten des Käufers. |
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§ 1547. Die Klage, die aus den Gebrechen, die den Verlust
des Kaufes zur Folge haben, hervorgeht, muss durch den Käufer innerhalb einer kurzen Frist eingereicht werden, und zwar in Ueber- einstimmung mit den Gebrechen und mit Berücksichtigung der Ge- wohnheiten des Ortes, in dem der Kauf geschlossen wurde. Wie durch mich bereits erwähnt wurde, hat man im Viehhandel
in erster Linie mit Paragraphen des Gesetzes zu tun, die sich auf den Kauf und Verkauf beziehen, und hiervon haben jedoch wenig Leute einen festen Begriff, da sie die §§ 1495 und 1496 wenigstens in der Praxis sehr verschieden aufTassen. Zum deutlichen Verständnis von einem oder anderem werde
ich zunächst einige der obenerwähnten Gesetzesparagraphen näher behandeln. § 1493 lehrt uns, was unter einer «Uebereinkunft von Kauf
und Verkauf» verstanden wird. Dazu ist also nötig eine * Kauf Sachet, welche der Verkäufer
sich verpflichtet, an den Käufer zu liefern, während der Käufer sich verpflichtet, dafür den Kaufpreis an den Verkäufer zu bezahlen. Allerdings sagt genannter Paragraph nicht, dass die Lieferung
an den Käufer und die Bezahlung an den Verkäufer geschehen muss; doch ist dies u. a. ersichtlich aus § 1421 desselben Gesetz- buches in dem Titel, der über «zu Grunde gehen» von Verbind- lichkeiten handelt. Laut letztgenannten Paragraphen muss die Bezahlung an den
Gläubiger erstattet werden oder an jemand, der Vollmacht von ihm hat oder der durch den Richter oder das Gesetz ermächtigt ist, die Bezahlung für ihn in Empfang zu nehmen. Das Wort «bezahlen > muss nicht im beschränkten, sondern
im allgemeinen Sinne aufgefasst werden, so dass man unter «be- zahlen» versteht das Geben von «etwas», das man schuldig ist. Besteht also die Schuldverpflichtung z. B. im Geben einer Kuh,
dann folgt aus dem eben erwähnten Gesetzesparagraphen, dass diese Kuh an den Gläubiger gegeben werden muss, d. h. an den Verkäufer. Der Käufer ist kraft der Kaufübereinkunft verpflichtet, die Kauf-
summe zu bezahlen; die Bezahlung hiervon muss also infolge des- selben Paragraphen an den Verkäufer geschehen. Betrachten wir nun die §§ 1496 und 1517. Nach dem ersteren
Paragraphen ist die Sache, indem es ein gewisser Gegenstand, z. B. ein |
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angewiesenes Pferd ist, vom Augenblick des Kaufes ab zu Lasten
des Käufers, obschon die Lieferung noch nicht stattgefunden hat, wahrend der Verkäufer das Recht hat, den Kaufpreis einzufordern. Nach diesem Paragraphen ist also, sobald die Kaufübereinkunft
zustande gekommen ist, das Risiko für die verkaufte Ware zu Lasten des Käufers. Wenn die Lieferung einige Tage nach dem Kauf stattfinden
soll und dem verkauften Tiere stösst in der Zeitspanne, die zwischen dem Augenblick des Kaufes und dem Lieferungstermin liegt, etwas zu, dann ist der dadurch entstandene Nachteil zu Lasten des Käufers. § 1517 sagt, dass die Ware (d. i. die verkaufte) in dem Zu-
stande geliefert werden muss, in dem sie sich im Augenblick des Verkaufes befand. Nehmen wir nun den Fall an, dass ein Pferd in der oben-
erwähnten Zeitspanne ein Bein bricht. Nach § 1496 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist das Brechen
des Beines ein Risiko für den Käufer, jedoch laut § 1517 muss das Pferd geliefert werden, sowie es zur Zeit des Kaufes war. Dies kann natürlich nicht mehr geschehen 1
Wir haben jedoch noch § 1271 des Bürgerlichen Gesetzbuches,
und in diesem Paragraph wird festgestellt, dass in der Verpflichtung, etwas zu geben, die weitere A^erpflichtung inbegriffen ist, für die Sache, die geliefert werden muss, bis zum Lieferungstermin < wie ein guter Hausvater» zu sorgen. Der Verkäufer muss also während der Zeit, in der er das
verkaufte Tier noch in seinem Besitze hat, dafür sorgen wie ein guter Hausvater, d. h. er muss für die Sache sorgen, als ob das Tier noch sein Eigentum wäre. Ist deshalb dem verkauften Tier, durch Schuld des Verkäufers,
etwas zugestossen, dann muss er die Folgen davon tragen, weil er nicht wie ein guter Hausvater gehandelt hat, und ist er in diesem Fall für den Schaden verantwortlich, den der Käufer erleidet, da diesem das Pferd nicht in dem Zustande geliefert wird, in dem es sich im Augenblick des Kaufes befand. Ist jedoch der Schaden ohne Schuld des Verkäufers entstanden,
dann hat er sich nicht um den Unfall zu kümmern. Um alle Streitfragen über diesen Punkt zu vermeiden, kommt
es oft vor, dass ein Käufer von Vieh, das nach Verlauf einer be- |
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stimmten Zeit geliefert werden muss, das in § 1517 des Bürgerlichen
Gesetzbuches erwähnte Risiko auf den Verkäufer überträgt. In dergleichen Fällen braucht der Käufer, wenn dem verkauften
Vieh in der Zeit zwischen Kauf und Lieferung ein Unglück zu- stösst, das Gekaufte nicht anzunehmen und auch nicht zu bezahlen. Auch hieraus können wieder grosse Schwierigkeiten entstehen,
da dies gewöhnlich nicht unter schriftlicher Garantie stattfindet. Der § 1510 des Bürgerlichen Gesetzbuches stellt ferner fest,
dass der Verkäufer zweien Hauptverpflichtungen nachzukommen hat, und zwar in erster Linie, um die verkaufte Sache zu liefern, und in zweiter Linie, dafür zu haften. Das Gesetz sagt nun in § 1527 des Bürgerlichen Gesetzbuches,
welche Tendenz die Haftung hat, nämlich für den ruhigen, fried- lichen Besitz der verkauften Ware und der verborgenen Fehler hiervon, oder von denjenigen, die Anlass zu einem Kaufverluste geben können. Der Verkäufer hat also dafür zu sorgen, dass der Käufer die
freie Verfügung über die gekaufte Ware hat und ohne Berück- sichtigung anderer nach eigenem Gutdünken damit handeln kann. Behauptet ein anderer, Eigentümer von der gekauften Sache zu
sein, dann muss der Verkäufer dem Käufer für die Folgen davon haften. Die Haftung für verborgene Fehler ist jedoch beschränkt.
§ 1540 des Bürgerlichen Gesetzbuches schreibt vor, dass der Ver- käufer für verborgene Fehler der verkauften Ware haften muss, die die Ware für den Gebrauch, wozu sie bestimmt ist, unbrauchbar macht oder die den Gebrauch dermassen vermindert, dass, falls der Käufer die Gebrechen gekannt hätte, er die Ware entweder gar nicht oder nicht anders als zu einem niedrigem Preise gekauft hätte. Hierzu bemerke ich sofort, dass «Haftung > für verborgene
Gebrechen nicht allein bei Kauf und Verkauf, sondern auch bei Tausch vorkommt, da die gesetzlichen Vorschriften, den Kauf und Verkauf betreffend, auch für Tausch in Kraft sind. Bin Fall aus meiner Praxis diene zur näheren Erläuterung.
Ein Fleischer zu Zwolle gab daselbst eine durch ihn an dem-
selben Morgen gekaufte Kuh als Schlachtvieh zur Versteuerung an. Nach dem Gesetz für das Schlachtvieh muss der Angeber, also
in diesem Falle der Fleischer, selbst den Wert des Tieres feststellen. Die diensttuenden Beamten fanden den angegebenen Wert zu
niedrig und machten demzufolge von ihrem Recht zur Beschlag- |
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nähme Gebrauch, welches Recht ihnen nach dem genannten Ge-
setzesparagraphen, das Schlachtvieh betreffend, zukommt. Die Kuh war deshalb vom Augenblick der Beschlagnahme ab
das Eigentum des Staates. In den Niederlanden, und natürlich dann auch in Zwolle, haben die Beamten die Befugnis vom Staat erhalten, die beschlagnahmten Tiere wieder an den Angeber zu verkaufen. Die Beamten machen von dem Recht gerne Gebrauch, da sie
in den Vorteil, den der Staat durch Beschlagnahme und Verkauf erzielt, sich teilen. Sehr bald nach der Beschlagnahme wurden dann auch zwischen
den Beamten und dem Angeber Unterhandlungen angeknüpft über den Verkauf der Kuh. Diese Unterhandlungen hatten zum Resultat, dass die Parteien
über den Preis einig wurden, und dass der Angeber demzufolge wiederum Eigentümer der Kuh wurde. Der Angeber, der die Kuh gekauft hatte, um sie zu schlachten,
Hess dies noch am selben Tage ausführen. Und was stellte sich bei der Schlachtung heraus? Man sah, dass die Kuh an heftiger Tuberkulose litt. Das Fleisch wurde in Zwolle für den Konsum untauglich er-
klärt, jedoch durfte es zur Sterilisation nach dem Schlachthause zu Utrecht geschickt werden. Die Frage war nun, ob der Staat, laut § 1640 des Bürgerlichen Gesetzbuches, dem Angeber gegen- über verpflichtet war, für dieses verborgene Gebrechen zu haften, und ob der Staat umgekehrt den Angeber (denn von ihm stammte doch die Kuh ab) wiederum zur Verantwortung ziehen konnte. So wie ich oben bereits mitteilte, kommt «Haftung» allein in
Betracht im Fall eines Kaufes oder Tausches. Für beide Uebereinkünfte ist für die diesbezügliche Handlung
der gegenseitige Wunsch beider Parteien dazu nötig. Dieser Umstand lag vor beim Abschliessen des Kaufes zwischen
den Beamten und dem Angeber. Ohne Zweifel war also der Staat verpflichtet, dem Käufer (An-
geber) gegenüber für das verborgene Gebrechen zu haften. Dies geschah aber eben nicht infolge der Beschlagnahme.
Die Beschlagnahme ist eine einseitige Handlung — eine Hand-
lung der Beamten, diesen durch ein Verwaltungsgesetz zuerkannt, eine Handlung also, zu welcher die Mitwirkung des Angebers nicht nötig ist. |
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Darum ist sie auch eine gezwungene Enteignung.
Von einer Uebereinkunft von Kauf und Verkauf kann also
bei einer Beschlagnahme keine Rede sein, und darum musste der Staat den Schaden tragen. Nach diesem Vorfall hat der Staat die Massregel eingeführt,
dass, wenn ein Verkauf von beschlagnahmten Kühen stattfindet, die Haftung ausgeschlossen ist. Obschon es nichts zur Sache tut, möchte ich doch noch mitteilen.
warum die tuberkulöse Kuh nach Utrecht geschickt wurde und was mit derselben geschah. Dies letzte vermelde ich ausdrücklich, um sehen zu lassen, welche grosse Hindernisse dem Transport von Fleisch auf Staats- kosten manchmal in den Weg gelegt werden. Zu Zwolle nämlich ist kein öffentliches Schlachthaus, und eine Ge-
legenheit zur Sterilisierung besteht nicht. Der kontrollierende Tierarzt zu Zwolle hat kraft einer Magistrats-
verordnung die Befugnis, eine Kuh, wie hier oben erwähnt ist, gänzlich vernichten zu lassen, oder aber er darf auch erlauben, dass das Fleisch zur Sterilisierung nach einem Ort geschickt wird, woselbst Gelegenheit dazu besteht. Solches wird getan, um den Eigentümer so viel wie möglich vor
Schaden zu behüten. Der genannte Tierarzt sorgt natürlich dafür, dass er sicher ist, dass
das Fleisch wirklich zur Sterilisierung verschickt wird, so dass er über- zeugt ist, dass das Fleisch nicht, ohne sterilisiert zu sein, konsumiert wird. Das Fleisch wird nach der Sterilisierung am betreffenden Schlacht-
hause verkauft und der Ertrag dem Eigentümer gegenüber verantwortet. Für den Transport des Fleisches nach dem Schlachthause ist ein
staatlicher Begleitschein benötigt. Der betreffende Fleischer hatte um einen solchen Begleitschein für
diese Kuh angefragt und denselben erhalten; er hatte aber bei der An- frage vergessen, anzugeben, dass das Fleisch allein für « Durchfuhr > be- stimmt war. Auf dem Begleitschein stehen nämlich die Worte: « Ein- und Durch-
fuhr ». Der Beamte in Utrecht konstatierte, dass der Begleitschein nicht für
das Fleisch der obenerwähnten Kuh sein konnte, da das Fleisch von der Kuh allein durchgeführt wurde (d. h. von Zwolle nach Utrecht). Man nahm darum auch das Fleisch, weil es nicht durch einen Be-
gleitschein genügend gedeckt war, in Beschlag. Infolge des eben erwähnton Irrtums bei der Angabe fand nun wiederum
Enteignung statt, deren nachteilige Folgen sich doch schliesslich zu Lasten des Staates stellten. Wenn nämlich das Fleisch in Utrecht nicht beschlagnahmt worden
wäre, dann wäre es sterilisiert und danach verkauft worden, während der Ertrag dem Angeber-Fleischer verantwortet wäre. |
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Der Schlachter hätte dann infolge des verborgenen Gebrechens weniger
Schaden erlitten, und der Staat würde dann auch wiederum weniger Schaden an den Schlächter haben bezahlen müssen. Nun bekam der Schlächter nichts vom Ertrag, und musste der Staat
dem Schlächter den ganzen Schaden ersetzen. Zum Ueberfluss verdient es noch der Meldung, dass 16 Beamte, ob-
gleich keine Sachverständigen, deutlich sehen konnten, dass das Fleisch in hohem Grade tuberkulös war. Das Fleisch wurde sofort nach der Beschlagnahme vernichtet.
Obschon laut § 1496 des Bürgerlichen Gesetzbuches die ver-
kaufte Ware, falls diese sicher und gewiss aus einem Gegenstand besteht, von dem Augenblicke des Einkaufs ab für Risiko des Käufers ist und obschon im § 1540 des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht ausdrücklich von der gelieferten Ware gesprochen wird, so kann ein Käufer sich nicht auf eine Garantie gegen verborgene Fehler berufen, wenn die Ware nicht an ihn geliefert ist. Dies ist aus der ganzen Zusammenstellung des Gesetzes über
diese Angelegenheit ersichtlich, während das Reichsgericht (der hohe Rat) der Niederlande dies durch seinen Beschluss vom 28. Januar 1881 entschieden hat. Es betraf in dem Prozess allerdings kein Tier, sondern Effekten,
aber das tut nach dem Niederländischen Gesetz nichts zur Sache; das Gesetz spricht von «Ware >, und darunter versteht man alle Güter und Rechte, welche Gegenstand eines Eigentums sein können (§ 555 Bürgerliches Gesetzbuch). Zu einer Klage wegen Garantieleistung ist infolge des mehr-
fach genannten § 1540 nötig: 1. dass das Tier verborgene Fehler hat;
2. dass die verborgenen Fehler das Tier zum Gebrauch, wozu
es bestimmt ist, untauglich machen, oder die diesen Gebrauch insofern verringern, dass, wenn der Käufer diese Gebrechen gekannt hätte, er die Ware gar nicht oder nicht anders als zu einem geringeren Preis gekauft haben würde. Was dieses letztere betrifft, so kommt es nicht darauf an, ob das
Tier für den bestimmten Gebrauch untauglich ist oder ob das Ge- brechen die Abnahme einschränkt. Einer dieser zwei Umstände ist genug, um einen Prozess wegen
einer Garantie zu beginnen. In allererster Linie ist deshalb nötig, dass das Tier an einem verborgenen Gebrechen leidet, jedoch muss dieses Gebrechen schon im Augenblick des Kaufes bestanden haben. |
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Dies ist die allgemeine Regel, doch folgt sie auch der Bestim-
mung des § 1496 des Bürgerlichen Gesetzbuches, da die gekaufte Ware vom Augenblick des Kaufes ab für Risiko des Käufers ist. Hier ist nun gerade eine der grössten Schwierigkeiten, welche
meistens bei einem Prozesse wegen einer Garantieleistung für ver- borgene Fehler bei einem Tiere anwesend sind. Es kommt doch hauptsächlich darauf an, welche Bestimmung
der Käufer dem Tier gab, als er es kaufte. Kommt nun der Fall vor, dass ein Fleischer (kein Viehhändler)
eine Kuh kauft, so ist durch die Tatsache, dass er die Kuh kauft, bewiesen, dass das Tier bestimmt ist, um geschlachtet zu werden. Bin solcher Fall bietet gewöhnlich nach der Schlachtung keine
Schwierigkeiten, um festzustellen, ob ein Tier schon während des Kaufes mit einem verborgenen Gebrechen behaftet war; jedoch ist es ein anderer Fall, wenn ein Viehhändler, eine Kuh kauft, denn der Viehhändler kauft die Kuh, um sie wieder zu verhandeln. Das Tier bleibt deshalb am Leben. Ist man so gut wie sicher,
dass das Tier an einem verborgenen Gebrechen leidet, dann darf das Tier doch nicht geschlachtet werden, da dies nicht die Be- stimmung des Tieres war. Schlachtet er die Kuh trotzdem, dann verliert er sein Recht,
eine Klage wegen Garantie einzureichen. Es ist selbstverständlich, dass bei einem lebenden Tier die
Anwesenheit eines verborgenen Gebrechens nicht leicht positiv fest- gestellt werden kann, und gerade dies ist die Schwierigkeit, der so viele Käufer zum Opfer fallen. Ein anderer Fall ist es, wenn das durch den Viehhändler ge-
kaufte Tier infolge eines verborgenen Gebrechens stirbt. Hierbei wird angenommen, dass das Tier infolge des verborgenen
Gebrechens zu Grunde gegangen ist, und hierauf kommt § 1547 des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Anwendung, wodurch festgestellt ist, dass in einem solchen Fall der Verlust zu Lasten des Verkäufers ist. Allerdings wird in § 1546 nicht von «sterben > gesprochen,
jedoch ist die niederländische Jurisprudenz einstimmig im Urteil, dass « sterben > infolge eines verborgenen Gebrechens gleichgestellt werden muss mit < zu Grunde gehen ■>, da das Sterben eine natürliche Folge von dem Verlauf der Krankheit ist. Eine grosse Schwierigkeit kann hierbei entstehen, wenn der
Fleischer gleichzeitig Viehhändler ist. Kauft er die Kuh als Vieh- |
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händler, dann ist die Bestimmung des Tieres, um es lebend zu
verhandeln, und kauft er das Tier als Fleischer, dann ist es be- stimmt, um geschlachtet zu werden. In dergleichen doppelter Stel- lung des Käufers muss beim Kauf die Bestimmung ausdrücklich angegeben werden; denn ist dies nicht geschehen und kommt es zu einem Prozess wegen eines verborgenen Gebrechens und be- hauptet der Fleischer-Viehhändler, dass er das Tier kaufte, um es zu schlachten, während der Verkäufer solches leugnet, dann wird der Käufer zu beweisen haben, dass er das Tier kaufte, um es zu schlachten, weil dies einen Bestandteil der Klage betreffend die Garantie darstellt. § 1902 des Bürgerlichen Gesetzbuches kommt dem Verkäufer
zu Hülfe und sagt, dass ein jeder, der behauptet, irgend ein Recht zu haben oder sich auf irgend eine Tatsache zur Unterstützung seines Rechtes beruft, das Bestehen dieses Rechtes oder dieser Tatsache zu beweisen haben soll. Viele Prozesse über Garantie stranden dann auch an der Klippe
des Beweises. Der Viehhandel ist ein Handel auf Vertrauen. Zuweilen ge-
schieht es, dass bei dem Kauf kein einziger Zeuge zugegen ist, und hat man es mit einem Verkäufer zu tun, der die Ehrlichkeit nicht besonders hoch schätzt, dann ist in vielen Fällen dem Käufer anzuraten, von einem Prozesse abzusehen und den Verlust für seine Rechnung zu nehmen. Die Garantieprozesse können selbst im Gewinnfalle auch noch
unangenehme Folgen für den Käufer haben, wenn bei dem Ver- käufer keine Aktiven vorhanden sind. Ich habe selbst mehrfach erlebt, dass ein in guten Verhält-
nissen lebender Bauer seinen Knecht, der nichts besass, mit einer verdächtigen Kuh zum Markte schickte, um diese zu verkaufen. Der Knecht bekam den Auftrag mit, die Kuh nicht auf den Namen seines Herrn, sondern auf seinen eigenen Namen zu verkaufen. Der Käufer wird auch oft in solchen Fällen das Opfer von
unehrlicher Handlungsweise der Bauern. Ich könnte mehrere solcher Fälle nennen, woraus ersichtlich
ist, wie hoch nötig es ist, im Viehhandel Massregeln zu treffen, die den Käufer vor dergleichen unehrlichen Machenschaften in Schutz nehmen; doch meiner Ansicht nach ist hier nicht der an- gewiesene Platz dafür. |
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V. Vorschläge zur Verbesserung der nieder-
ländischen Währschaftsgesetzgebung. |
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Vergleicht man nun unser niederländisches Währschaftsrecht
mit den Bestimmungen der Schweiz und Deutschlands, so sieht man ohne weiteres ein, dass unsere Gesetzgebung eine Ergänzung bedarf. Wie aber und in welcher Richtung?
Was zunächst den Umfang unseres Gesetzes angeht, so ist
klar ersichtlich, dass eine Beschränkung auf gewisse Tiergattungen, wie dies in der Schweiz z. B. früher der Fall war, nicht geschieht. Es erscheint allerdings etwas zu weitgehend, auch Hunde, Katzen, Kaninchen, Geflügel hier miteinzubegreifen. Doch Hesse sich zwar bemerken, dass Währschaftsstreitigkeiten hier seltener vorkommen werden, da der Wert im allgemeinen zu gering ist, anderseits es aber doch von Vorteil wäre für Leute, welche für Hunde oder Ge- flügel sogenannte «Liebhaberpreise > zahlen, eine gewisse Garantie von Gesetzes wegen zu besitzen. Hierin würde ich also keinen Nachteil unseres Rechtes erblicken. Was den zeitlichen Umfang der Währschaft angeht, so bestimmt,
wie ich eben bemerkte, unser Gesetz überhaupt gar nichts darüber. Das ist natürlich ein Fehler, der vor allem nachgeholt werden muss. Man kann nun hierbei aber verschieden vorgehen, je nachdem man Hauptgewährsmängel aufstellt, wie dies das deutsche Gesetz tut, oder ob man nur eine Mittelfrist für alle Mängel annimmt, wie dies die neue schweizerische Gesetzgebung vorschreibt. Dass diese Frist dann möglichst kurz gefasst werden sollte vom Standpunkte des Verkäufers, aber auch nicht zu kurz vom Standpunkte des Käufers, ist ebenfalls nach den historischen Schilderungen augenfällig. Die jetzt neuerdings von der Schweiz auch wieder angenommene Frist von neun Tagen erscheint jedenfalls das allerknappeste Mindestmass. Auch vom Gesichtspunkte der Verhinderung von Streitigkeiten,
den wir ja hier vertreten, muss eine möglichst kurze Gewährsfrist ebenfalls bevorzugt sein. |
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Jedenfalls ist die legendenhafte sechswöchentliche Gewährsfrist
der Niederlande mit eine Ursache der vielen Wahrschaftsstreite. Was nun die Mängel und Eigenschaften angeht, für die der
Verkäufer zu haften hat, so weist unser niederländisches Gesetz gegenüber dem schweizerischen den Hauptunterschied auf, dass bei uns der Kauf ohne jegliche Garantie nur dann möglich ist, wenn dies ausdrücklich bestimmt wird, während nach der neuen schwei- zerischen Gesetzgebung die Garantie nur dann geleistet wird, wenn dieselbe ausdrücklich schriftlich für ganz bestimmte Mängel oder allgemein als « gesund und recht > versprochen wird. Nach deutschem Recht gelten ebenfalls nicht, wie bei uns, alle unsichtbaren Mängel, die den Gebrauch des Tieres schmälern oder gänzlich aufheben, sondern ganz bestimmte Hauptmängel. Es würde sich nun fragen, ob wir nicht auch solche Haupt-
mängel aufstellen sollten oder was wir unter den vom Bürgerlichen Gesetzbuch behandelten Gebrechen verstehen sollen. Hierbei sei bemerkt, dass das Wort «Gebrechen», so wie es
in § 1540 des Bürgerlichen Gesetzbuches vorkommt, auf die An- wesenheit der ungewöhnlichen Eigenschaften hinweist, die den Gegenstand für den Gebrauch, wozu er bestimmt ist, untauglich oder ihn für den Gebrauch minderwertig machen. Als solche Gebrechen sind meiner Ansicht nach zu erachten:
A. Beim. Pferde.
In erster Linie ein sehr vielfach vorkommendes Gebrechen mit
Namen Cornage (Pfeif er dampf), ferner die gewöhnliche Dämpfigkeit. Diese zwei Gebrechen sind also die Leiden der Atmungsorgane.
In zweiter Linie die Gebrechen der Augen, worunter zu
rechnen sind: 1. Die Mondblindheit oder auch wohl «Periodische Augenent-
zündung » genannt; 2. der Schwarze Star, auch wohl Amaurosis genannt.
Auch spricht man noch von einer anderen Augenkrankheit, der
« Graue Star » genannt. In dritter Linie eine sehr schwierige Abteilung, nämlich die
Gebrechen des Nervensystems, wozu vor allem gehören: 1. Dummkoller und
2. die Epilepsie oder Fallsucht.
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In vierter Linie eine parasitäre Krankheit: die Räude, Sarcoptes-
räude genannt. In fünfter Linie eine sehr gefährliche Krankheit: der Rotz.
In sechster Linie ein Gebrechen der Geschlechtsteile: der
Klopfhengst (Cryptorchidie). In siebenter Linie eine gewisse Lähmung: periodisches Hinken.
Ferner darf man noch zu den Gewährsmängeln die Unarten
zählen, wozu zu rechnen sind: 1. die Stätigkeit oder Störrigkeit;
2. die Unleidlichkeit und
3. die Scheu.
Hierzu rechnet man auch das Koppen und Krippensetzen und
das Luftschlucken. B. Beim Rinde.
Sehen wir nun zu, welche Gewährsmängel man bei Rindern
antrifft. Da ist dann in erster Linie die sehr viel vorkommende Tuberkulose oder Perlsucht zu nennen. Natürlich können Pest der Rinder, Lungenseuche und Maul-
und Klauenseuche auch Anlass zu Gewährsmängeln sein; aber diese «
Fälle kommen nicht so oft bei uns in Holland vor.
Ferner parasitäre Krankheiten, worunter in zweiter Linie
Leberegelkrankheit und in dritter Linie Lungenwurmkrankheil. Auch die Coenurus cerebralis und die Finnigkeit kann man
hierzu rechnen. Die Cysticercus bovis kommt hierzulande nicht viel vor, jedoch
viel in Deutschland und kann natürlich Anlass zu Gewährsmängeln geben. In vierter Linie eine Krankheit, die vielfach bei Milchbauern,
die in oder in der Gegend von Städten wohnen, nämlich die trau- matische Pericarditis. In fünfter Linie die chronische Metritis in Form von Fluor albus.
Zu einem Gebrechen der Gebärmutter darf auch noch gerechnet
werden das Zurückbleiben der Nachgeburt (retentio secundinse). Auch dürfen nicht vergessen werden die sogenannten verstei-
nerten, aufgeweichten und faulen Früchte und dann noch habi- tueller Scheidenvorfall. Auch entstehen im Viehhandel oft Prozesse darüber, ob die
Kuh tragend gewesen ist oder nicht. |
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Bei Milchkühen sind die folgenden Gebrechen noch für den
Viehhandel von Bedeutung, und zwar das sogenannte « Laufenlassen der Milch» und das Milchsaugen, während auch die Nymphomanie als ein Gewiihrsmangel angesehen wird. Das sogenannte < Toilette machen > der Kühe, d. h. das < Jünger
machen > der Kühe, indem man die Hörner abschneidet oder abfeilt, wird in Deutschland als Betrug angesehen, in den Niederlanden hingegen nicht. Ich muss ehrlich bekennen, dass dies < Toilette machen > in Zwolle
ausgezeichnet verrichtet wird, und wenn der Kunsthandwerker damit be- schäftigt ist, hat er gewöhnlich viel Bewunderer um sich her versammelt. Es ist mir dann auch mehrfach bewiesen worden, dass der Verkäufer
nicht einmal seine durch ihn selbst verkaufte Kuh wieder erkannte. Bei Schlachtvieh kann auch noch eine Klage eingereicht werden,
wenn die Kälber nicht gut fett gemästet sind, d. h. wenn das Kalb nicht ausschliesslich mit unverfälschter Kuhmilch gefüttert ist und trotzdem dafür verkauft wird. C. Bei Schafen.
Bei Schafen wird zu den Gewährsmängeln gerechnet die Räude,
von der Abteilung der ansteckenden Krankheiten, und hinsichtlich der parasitären Krankheiten kommen in Betracht die Lungenwurm- krankheit, weiter der Coenurus cerebralis und die Echinococcus- krankheit. Natürlich kann auch bei Schafen die Maul- und Klauenseuche
Anlass zu Gewährsmängeln sein. D. Bei Schweinen.
Bei Schweinen gehört natürlich auch die Tuberkulose, wenig-
stens bei Schlachtvieh, zu den Gewährsmängeln, und in zweiter Linie können Brustseuche, Schweinepest und Rotlauf Anlass zu Gewährsmängeln geben. Was die parasitären Krankheiten betrifft, sind als gefährlich
zu betrachten: die Trichinose, zweitens die Cysticercose und endlich die Echinococcenkrankheit (Pinnigkeit), ebenso wie bei den Rindern. Es Hesse sich diese Liste ohne Zweifel noch vermehren, und;
kann ioh daher den schweizerischen Autoren nur zustimmen, wenn sie die Aufzählung einer bestimmten Anzahl der wichtigsten, mit ganz präzisen tierärztlichen Begriffen bezeichneten Krankheiten und Mängel (sogenannten Hauptmängel) als ungenügend erachten, indem die Begrenzung der hierher zu zählenden Gebrechen eine inkonstante, jedenfalls aber eine subjektiv-konventionelle sein muss und ja, wie |
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Hachenburg*) schon erwähnt, der den Grund der Beschränkung
auf etliche Hauptmängel studiert, nach Ansicht des Käufers und Verkäufers verschieden sein können. Ich gebe auch gerne zu, dass darin die Gefahr für manchen
Käufer liegt, im Vertrauen auf die gesetzlichen Vorschriften nicht die Vorsicht beim Kaufe aufzuwenden, wie dies vielleicht geschähe, wenn er darüber klar ist, dass nur die persönliche Uebereinkunft mit seinem Verkäufer ihn vor Schaden bewahren kann. Dennoch würde ich persönlich der Meinung sein, man möge
die bisherige Bestimmung unseres Gesetzbuches in dieser Hinsicht nicht durch Aufzählung von bestimmten Mängeln einschränken. Ich möchte im Gegenteil mehr in der Aenderung des prozessualen
Verfahrens die Richtung erblicken, in der unsere holländische Gesetz- gebung vorzuschreiten hat. Hier sollte alles auf eine Vereinfachung und Verkürzung des
Rechtsstreites gerichtet sein. Welchen Weg muss man nun heutzutage in den Niederlanden
einschlagen, um zu versuchen, zu seinem Rechte zu kommen, wenn man eine Klage wegen eines Gewährsmangels einreichen will? Wenn wir das Bürgerliche Gesetzbuch aufschlagen, dann lesen
wir, dass hierauf die folgenden Paragraphen angewendet werden: § 1. Jede Sache wird statthaft gemacht durch eine Vorladung
durch den Gerichtsvollzieher, der an dem Orte zum Exploitieren derselben befugt ist; er ist verpflichtet, eine Abschrift der Vorladung bei der betreffenden Person oder in der Wohnung des Vorgeladenen zu lassen u. s. w. § 19. Der Richter kann in jedem Falle und in jedem Stadium
der Sache, wenn ihm dieselbe geeignet scheint, um schicklicherweise beigelegt zu werden, sei es auf Antrag der Parteien oder einer derselben, sei es von Amtes wegen, den Parteien vorschreiben, ent- weder in eigener Person oder mit ihren Sachwaltern vor ihm oder vor einem oder mehreren Gerichtskommissaren zu erscheinen, um einen eventuellen Vergleich herbeizuführen zu versuchen u. s. w. § 20. Die Parteien dürfen ihre eigenen Sachen verteidigen;
jedoch wird das Amts- oder das Landesgericht das Recht haben, ihnen dieses Recht zu entziehen, falls dieselben ausserstande er- *) Hachenburg, M., Das Recht der Gewährleistung beim Tierhandel.
Mannheim 1888. Nr. 74. |
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achtet werden, um entweder durch Heftigkeit ihre Sache mit der
verlangten Schicklichkeit und mit der Deutlichkeit, die für Kenntnis- nahme des Richters genügend ist, behandeln zu können. § 56. Jeder, dem durch ein Urteil sein Unrecht bewiesen wird,
wird die Kosten tragen u. s. w. Der Richter wird die Kosten, die unnütz angewendet oder verursacht sind, derjenigen Partei, die sie anwendete oder verursachte, zuweisen u. s. w. § 75. Indem der Kläger am festgesetzten Termintage nicht
erscheint, so wird er in Kontumaz gestellt, und der Angeklagte wird von dem Termin freigestellt, mit Verweisung der Kosten zu Lasten des Klägers. In diesem Fall darf kein Widerspruch stattfinden; jedoch kann
der Kläger die Sache von neuem beginnen, nachdem er die Kosten der oben erwähnten ersten Verhandlung erst bezahlt hat. § 76. AVenn der Angeklagte nicht erscheint und die vorge-
schriebenen Termine und Formalitäten nicht in acht genommen sind, so wird er in Kontumaz gestellt, und die Entscheidung ist zu Gunsten des Klägers, es sei denn, dass sie dem Richter unrecht- mässig und unbegründet erscheint. § 81. Der Angeklagte, der in Kontumaz gestellt ist, wird da-
gegen keinen Widerspruch erheben können. Der Widerspruch muss 14 Tage, nachdem das Urteil ihm persönlich ausgehändigt oder durch irgend eine infolge des Urteils aufgestellte oder durch eine zur Ausführung des Urteils dienende Akte bekannt gemacht ist, erfolgen. Ausserdem in den Fällen in dem vorigen Absatz genannt, ist der Widerspruch zulässig, bis das Urteil ausgeführt ist. Der Verurteilte, der sich mit dem Urteil begnügt, kann dagegen
später keinen Widerspruch erheben. § 87. Der Opposant, der zum zweiten Male in Kontumaz gestellt
wird, hat nicht mehr das Recht, fernerhin einen Widerspruch zu erheben. § 97. In Sachen, die rein persönlich sind oder sich auf beweg-
liche Güter beziehen, wird die Vorladung vor denjenigen Richter geschehen, in dessen Bezirk der Vorgeladene wohnt u. s. w. Falls der Vorgeladene keinen Wohnsitz hat, wird er vor den Richter desjenigen Bezirkes vorgeladen, in welchem sich sein Aufenthaltsort befindet, und wenn er keinen wirklichen Aufenthalt im Königreich hat, dann vor den Richter des Klägers u. s. w. |
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§ 127. Bin Ausländer kann, selbst wenn er sich nicht in den
Niederlanden aufhält, vor den niederländischen Richter geladen werden hinsichtlich der Verbindlichkeiten, die durch ihn einem Niederländer gegenüber, sei es in den Niederlanden oder in einem fremden Lande, eingegangen sind u s. w. § 152. Alle Ausländer, indem sie die Kläger sind......sind
verpflichtet, auf Antrag der Gegenpartei, bevor letztere sich in irgend
einer Weise durch Rechtsmittel zu wehren oder Einwände zu er- heben braucht, eine Sicherheit für die Zahlung der Kosten, Schäden und Interessen zu stellen, die ihnen eventuell zugewiesen werden könnten u. s. w. § 199. Wenn Parteien sich über die Tatsachen nicht einigen
können und die Beweisführung durch Zeugen durch das Gesetz erlaubt ist, dann wird der Richter auf Antrag einer der Parteien ein Zeugenverhör anordnen u. s. w. Der Gegenbeweis ist von Rechts wegen erlaubt.
§ 222. Wenn der Gerichtshof oder das Landgericht, sei es auf
Antrag beider Parteien, sei es von Amtes wegen, es nötig erachtet, so kann befohlen werden, dass eine Untersuchung oder Aufnahme durch Sachverständige eingeleitet wird. Dieser Ausspruch wird den Gegenstand der Untersuchung oder
Aufnahme deutlich angeben und gleichzeitig die Ernennung von drei Sachverständigen befassen. Wenn jedoch durch beide Parteien ersucht wird, dass eine Unter-
suchung durch nur einen Sachverständigen stattfinde, dann wird nicht mehr als ein Sachverständiger ernannt. § 225. Die von Amtes wegen ernannten Sachverständigen können
verweigert werden aus demselben Grunde wie die Zeugen. Die durch Parteien angewiesenen Sachverständigen können
nicht verweigert werden, es sei denn aus Gründen, die nach der Ernennung und vor der Beeidigung zu Tage kommen. Die Weigerung muss immer vor der Beeidigung beantragt
werden u. s. w. § 226. Die Weigerung muss innerhalb drei Tagen nach der
Ernennung stattfinden, und zwar durch eine einfache Akte, welche die Gründe und die Beweise der Weigerung befasst, oder auch sie muss das Anerbieten zur Weigerung mit Zeugen bekräftigen u. s. w. § 298. Kaufmännische Angelegenheiten werden in der gewöhn-
lichen Gerichtssitzung behandelt, und gelten hierfür die gewöhnlichen |
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Regeln der Rechtspflege, insofern hiervon nicht in dieser Abteilung
abgewichen ist. § 300. Der Richter kann, auf Antrag einer der Parteien, die
Behandlung einer kaufmännischen Angelegenheit einer anderen Sache vorgehen lassen. § 302. In Sachen, die Eile haben, steht es dem Amtsrichter
oder dem Präsidenten des Rechtskollegiums frei, auf Antrag des Klägers Erlaubnis zu geben, von Tag zu Tag, selbst von Stunde zu Stunde vorzuladen. § 855. Solchen Personen, die als Kläger oder Verteidiger in
Rechten vorgehen wollen und die beweisen können, dass sie nicht imstande sind, die Prozesskosten zu tragen, kann durch den Richter, bei dem der Rechtshandel oder die Sache angefangen oder anhängig ist, Erlaubnis gegeben werden, um kostenlos zu prozessieren u. s. w. § 856. Die Erlaubnis wird durch ein Ansuchen, auf unge-
siegeltem Papier geschrieben und durch einen Anwalt unterschrieben, der, so nötig, durch den Präsidenten hierzu angewiesen wird, falls das Ansuchen an einen Gerichtshof oder an ein Landgericht gerichtet ist. § 857. Das Ansuchen enthält die Angabe der Tatsachen und
summarische Angabe der Gründe der Forderung oder der Ver- teidigung des Bittstellers. § 858. Bei dem Ansuchen muss ein Zertifikat vom Unvermögen
des Bittstellers mit eingeliefert werden, das vom Magistrat seines Wohnortes auf Grund eines Zeugnisses von Weich- oder Viertel- meistern abgegeben wird, oder es sei von mindestens zwei bekannten glaubwürdigen männlichen Personen. § 865. Jemand, der die Erlaubnis zur kostenlosen Prozedur
hatte und in erster Instanz verlor, wird keine Berufung einlegen oder andere Kassationsmittel kostenlos anwenden können, bevor er nicht von dem höheren Richter ebenfalls hierzu die Erlaubnis erlangt haben wird, und zwar in derselben Weise, wie dies für die erste Instanz vorgeschrieben ist. Falls er jedoch in erster Instanz Recht bekommen hat, braucht
er nicht um weitere Erlaubnis nachzusuchen, um kostenlos in Be- rufung zu kommen oder durch Kassationsmittel zu prozessieren, und wird ihm dann allein ein Advokat auf seinen Wunsch beigegeben. § 869. Wenn die Gegenpartei dessen, der die Erlaubnis (kosten-
los zu prozedieren) erhalten hat, Unrecht bekommt und zu den |
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Kosten verurteilt wird, so werden die Gehälter von Gerichtsvoll-
ziehern und Anwälten, als auch die Schreibgebühren, Siegel- und BinschreibegebUhr und die gerichtlichen Geldstrafen denselben zur Last gelegt, so als ob nicht kostenlos prozediert wäre. § 870. Wenn hingegen derjenige, der kostenlos prozessierte,
im Schlussurteil Unrecht bekommt und in die Kosten verurteilt wird, so steht es der Gegenpartei frei, die von ihrer Seite auf ihn gefallenen Kosten einzutreiben. Aus obenstehendem Paragraphen kann man also sehen, auf
welche Weise Prozesse geführt werden können und welche Umstände auf den Verlauf der Prozesse von Einfluss sein können. Ausserdem lehren sie uns noch, wer die Prozesskosten bezahlen
muss, und wenn man bedenkt, wieviel solche Prozesse manchmal kosten, so ist es zu bedauern, dass man in all den Jahren nicht daran gedacht hat, einen anderen Weg einzuschlagen, um die Sache zur Aufklärung und Abhandlung zu bringen. Es ist noch etwas, worauf ich noch eben weisen möchte, näm-
lich auf das Zuerkennen der Kosten für allgemeine Rechnung. Was dieses « Zuerkennen > betrifft, können manchmal viele hin-
zukommende Sachen von grossem Einfluss auf den Prozess sein. Es kann z. B. vorkommen, dass nach Beendigung des Prozesses das Pferd durch schlechte Pflege sozusagen wertlos geworden ist. Es lässt sich verstehen, dass, nun der Eigentümer des Pferdes
nicht mehr zur Stelle ist, die Behandlung und die Fütterung des Pferdes viel zu wünschen übrig lassen. Hierbei wird noch oft der folgende Fehler gemacht. Man kauft
z. B. ein Gespann Pferde, jedoch bei einem der Pferde entdeckt man einen Gewährsmangel. Der Advokat des Käufers probiert nun, die beiden Pferde auf
allgemeine Rechnung zu verkaufen. Dies ist absolut nicht nötig und auch schade für die noch zu
machenden Kosten. Warum sollte man nicht mit Erlaubnis beider Parteien das gesunde Pferd von dem Gespann nehmen und dieses gegen Taxationspreis behalten oder, wenn nötig, öffentlich verkaufen? Es kommt im Pferde- und Rindviehhandel sehr oft vor, dass
man beim Kauf von mehr als einem Tier den Preis für jedes Tier nicht besonders festsetzt; entstehen dann später Streitigkeiten oder vielfach auch sofort Uneinigkeiten über die verschiedenen Preise, so wird hierdurch die Angelegenheit je länger desto schwieriger. |
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Beim Zuerkennen der Kosten für allgemeine Rechnung können
sich noch sehr eigentümliche Schwierigkeiten herausstellen. Ange- nommen z. B., dass ein Pferd wegen Lungenemphysem eingestallt ist. Das Pferd wird in einem Stall untergebracht, in dem nicht die geringste Kontrolle hinsichtlich der Ventilation und des Futters besteht. Welchen Nachteil kann z. B. verschimmeltes oder staubiges
Heu auf das Lungenleiden ausüben? Es ist doch zur Genüge bekannt, dass staubiges Heu allein
schon imstande ist, um Lungenemphysem zu erzeugen. In welche Schwierigkeiten können dann die später zu ernennenden Sachver- ständigen kommen, um ein Urteil zu fällen, wenn das Urteil erst ein paar Monate später von ihnen verlangt wird. Daher kommt es, dass man in den Niederlanden darauf aus
ist, um dem « Zuerkennen > mehr und mehr vorzubeugen, wenigstens in denjenigen Fällen, in denen das längere Zuerkennen der Kosten für allgemeine Rechnung auf den Gang des Prozesses von keinerlei Einfluss ist und von beiden Parteien natürlich nichts dagegen ein- gewendet wird. Ich glaube nunmehr deutlich mitgeteilt zu haben, von wie
grosser Wichtigkeit es sein würde, die Angelegenheit der Währschaft auf eine bessere, schnellere und weniger kostspielige Weise aus dem Wege zu räumen. Das Gesetz gibt auch aus anderen Gründen an den Käufer
das Recht, die Entbindung von einer Uebereinkunft zu fordern. Denn durch § 1346 des Bürgerlichen Gesetzbuches wird fest-
gestellt, dass Betrug ein Grund zur Entbindung von einer Ueberein- kunft ist, wenn die Kunstgriffe, durch eine der Parteien angewendet, derart sind und es auf der Hand liegt, dass die andere Partei, ohne dass diese Kunstgriffe angewendet wären, die Uebereinkunft nicht geschlossen haben würde. Nach demselben Paragraphen wird Betrug nicht vorausgesetzt,
doch muss er bewiesen werden. Selten geschieht es, dass ein Käufer wegen Betruges einen
Prozess zur Entbindung von der Kaufübereinkunft anhängig macht, aus dem einfachen Grunde, dass es beinahe nicht zu beweisen ist, ob der Verkäufer listige Kunstgriffe und betrügerische Handlungen ausdrücklich ausgeführt hat, und um in einer solchen Forderung zu seinem Rechte zu kommen, muss man den Beweis liefern, dass |
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die listigen Kunstgriffe und betrügerischen Handlungen wirklich
ausgeführt sind. Laut Beschluss des Reichsgerichtes müssen beim Anfang des
Prozesses, d. i. bei der den Prozess einleitenden Vorladung der- gleichen Tatsachen erwähnt werden, woraus die betrügerischen Handlungen und die listigen Kunstgriffe ersichtlich sind, und das ist gerade das Schwierige bei der Sache. Ein und dieselbe Handlung kann betrügerisch heissen oder
auch nicht; eine sogenannte betrügerische Handlung kann auch eine Handlung sein, die durch einen Irrtum geschah. In diesem letzten Falle kann natürlich keine Rede von Betrug sein im Sinne des Gesetzes. Bin charakteristisches Beispiel hierfür wurde vor kurzem vor
einem holländischen Gericht behandelt. Ein Schweinehändler verkaufte an einen anderen Händler ein
Schwein, und zwar behauptete er, dass das Tier trächtig sei. Alle Kennzeichen hiervon waren auch anwesend. Einige Tage
später bemerkte der Käufer, dass das Tier nicht trächtig sei. Hier- über interpellierte er den Verkäufer und behauptete, dass dieser ihn betrogen habe. Der Verkäufer blieb dabei, dass das Schwein während des Verkaufes bestimmt trächtig war, und äusserte das Vermuten, dass das Tier, was wohl mehr passiert, nach dem Kauf abortiert und das Ausgeworfene aufgefressen habe. Der Käufer beharrte bei seiner Ansicht und begann einen
Prozess wegen Betruges, aber er gab keine Tatsachen an, woraus die listigen Kunstgriffe oder die vorsätzliche Unehrlichkeit ersicht- lich waren. Solche Tatsachen konnte er allerdings auch nicht angeben, da
der Verkäufer bei dem Kauf nichts anderes getan hatte, als zu sagen, dass das Tier trächtig sei. Der Käufer verlor deshalb auch seinen Prozess auf Grund
davon, dass keine Tatsachen, so wie oben erwähnt, anwesend waren, und ein Irrtum seitens des Verkäufers deshalb ausgeschlossen sei. Von einem Prozess wegen Betruges im Viehhandel wird dann
auch nur in ganz speziellen Fällen die Rede sein können. Auch hieraus ist wiederum ersichtlich, wie nötig es ist, dass
eine bessere Regelung der Transaktionen im Viehhandel ins Leben gerufen werde. |
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Es ist selbstverständlich, dass jemand, der ein Tier für trächtig
kauft und bemerkt, dass das Tier nicht trächtig ist, Schaden erleidet. Nach den allgemein geltenden Regeln der Jurisprudenz gehört
der Umstand, ob ein Tier trächtig ist oder nicht, nicht zu den verborgenen Fehlern, so dass in dem hier oben beschriebenen Fall der Käufer dem Verkäufer gegenüber ohne Rechte steht, und die Billigkeit fordert, dass das Gesetz diesem Mangel abhelfe. In einigen Kantonen der Schweiz hat man schon in alten Zeiten
die Trächtigkeitswährsohaft von Gesetzes wegen eingeführt. So enthält z. B. der erste Paragraph des graubündischen Landbuches von Castels (Jenatz-Luzein) aus dem Jahre 1654 schon die Bestim- mung, dass derjenige, der einem andern eine Kuh oder ein tragendes Rind verkaufe unter Angabe, dass sie so und so lange tragend seien und die Kuh länger als 18 Tage über den festgestellten Zeitpunkt des Kalbens hinaus trage, verpflichtet sei, für jeden Tag längerer Trächtigkeitsdauer 6 Kreuzer dem Käufer zu bezahlen, als Futterkosten für die Kuh. Im Kanton Freiburg wurde sogar 1806 noch ein Gesetz erlassen
über die Gewährleistung betreuend der Trächtigkeit von Kühen und Pferden. 1861 wurde dann dieses Gesetz den erhöhten Futter- preisen zufolge wieder umgeändert und enthielt nunmehr etwa folgende Gesichtspunkte: Garantiert der Verkäufer einer Kuh oder einer Stute für Werfen
des Jungen an einem ganz bestimmten Tage und erfolgt die Geburt vor diesem Tage, so entsteht kein Anspruch auf Entschädigung. Erfolgt sie nachher, so ist bei einer Kuh 80 Cts., bei einem Rinde (Kalbin) 60 Cts. für jeden Tag der Verspätung dem Käufer aus- zuzahlen. Garantiert der Verkäufer nur allgemein für Trächtigkeit und
erweist sich, dass das betreffende Tier nicht trächtig ist, dann erhielt der Käufer damit das Recht, entweder Wandelung zu verlangen oder 60 Cts. pro Tag während zwei Monaten, wenn es eine Kuh betrifft, oder 50 Cts. pro Tag, wenn es eine Kalbin anbelangt. Im letzteren Falle aber nur für die Zeit, die das Tier bis zur Erledi- gung der streitigen Angelegenheit in seinem Besitze war. Behielt -er die Kuh oder Kalbin, so musste ausser dem vorgenannten Futter- geld der Verkäufer auch noch Fr. 35 im ersteren oder Fr. 15 im letzteren Falle für das nicht erschienene Kalb bezahlen. Vom Käufer wurde nur verlangt, dass er zwei Monate vor der für das Werfen |
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bezeichneten Zeit dem Verkäufer anzeige, dass die Kuh nicht trächtig
sei und gleichzeitig mitteile, ob er sie trotzdem behalten wolle. Diese Gesetze wurden ebenfalls nur zu dem Zwecke erlassen,
die häufigen Rechtsstreitigkeiten über Trächtigkeit zu verhindern: es liessen sich aber im speziellen Falle auch hier wieder Unklar- heiten auffinden, die trotzdem die Parteien dazu brachten, den Weg des Rechtsstreites zu betreten. Die neueste Verordnung des schweizerischen Bundesrates über
Währschaft vom 1. Januar 1910 bestimmt nunmehr in Bezug auf Trächtigkeit, deren Garantie ja ebenfalls schriftlich ausdrücklich übernommen werden muss, dass der Verkäufer auch nur dann hafte, wenn der Mangel sofort vor oder mit dem als Frist abgemachten Zeitpunkt des Kalbens angezeigt und bei den zuständigen Behörden die Untersuchung durch Sachverständige verlangt werde. Nach meiner Meinung würde es für Holland wohl die beste
Regelung sein, die Entscheidung durch eine Arbitragekommission, ein Schiedsgericht, vornehmen zu lassen, wie durch mich nach- stehend auseinandergesetzt werden soll. Das niederländische Gesetz kennt «Arbitrage».
Nach § 620 des Bürgerlichen Gesetzbuches kann ein jeder
bei Streitigkeiten über etwas, worüber er die freie Verfügung hat,, die Entscheidung derselben Schiedsrichtern unterwerfen. Durch die folgenden Paragraphen wird die Weise eines solchen
Prozesses ausführlich geregelt, während durch § 636 des Bürger- lichen Gesetzbuches festgestellt wird, dass die Schiedsrichter Urteile fällen sollen nach den Rechtsvorschriften, es sei denn, dass ein Kompromiss (das ist die schriftliche Uebereinkunft, infolge welcher man die Streitigkeiten der Entscheidung von Schiedsrichtern unterwirft) ihnen die Befugnis gibt, um als ehrliche Männer und nach Billigkeit zu urteilen. Aus den §§ 620 und 636 sieht man sofort, dass 1. beide Parteien ausdrücklich übereinkommen, um die Streitigkeit
dem Urteil von Schiedsrichtern zu unterwerfen; 2. dass die Schiedsrichter nach dem Gesetze Recht sprechen müssen,,
es sei denn, dass beide Parteien übereinkommen, dass ein Urteil gefällt wird als durcli ehrliche Männer und nach Billigkeit. Es fällt hierbei sofort auf, dass dann allein von einem Schieds-
gerichtsprozess die Rede sein kann, wenn beide Parteien dazu bereit |
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sind, und da es im Viehhandel nicht so leicht ist, den Käufer und
Verkäufer zu solchen Handlungen zu bewegen und so lieber jeder des anderen Rechtsmassregeln ruhig abwartet und wegen der Gefahr eines solchen (schiedsrichterlichen) Prozesses über verborgene Fehler werden diese Prozesse jetzt zu den Seltenheiten gehören. Ausserdem sind mit schiedsrichterlichen Prozessen so viele
Formalitäten verbunden, dass es meistens viel einfacher ist, den gewöhnlichen Rechtsweg zu betreten. Die Sohiedsgerichtsprozesse sind auch viel kostspieliger, da die
Schiedsrichter natürlich durch die prozedierenden Parteien für ihre Arbeit bezahlt werden müssen, was bei Richtern nicht der Fall ist. Es kommt mir daher wünschenswert vor, dass in Sachen der
Währschaftsprozesse ein einfacherer und zweckmässiger Prozess- gang festgestellt würde, und ich meine deshalb, es sollte ein Gesetz ins Leben gerufen werden, wie ich es nachstehehend näher be- schreiben will, da durch dasselbe viele Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt würden und dieses für den Viehhandel im allge- meinen von grossem Nutzen sein würde. Vielen Einwänden wird hierbei vorgebeugt, und die Entschei-
dung liegt doch zum grossen Teile in Händen von Sachverstän- digen auf tierärztlichem Gebiet — prozessliche P^ormen brauchen nicht mehr in acht genommen zu werden —; ohne Rücksicht auf die Höhe des Betrages, der gefordert wird, ist jede Berufung aus- geschlossen, und es ist vorgesehen, dass die Prozesse nicht viel länger dauern werden, als es gegenwärtig der Fall ist. Das mir vorschwebende Gesetz müsste meiner Ansicht nach
lauten wie folgt: § 1. Alle Währschaftsstreitigkeiten, die Kauf oder Tausch von
Haustieren betreffen, werden durch den in § 2 genannten Rat ent- schieden, es sei denn, dass die Parteien übereingekommen sind, die Entscheidung dem gewöhnlichen Richter zu überlassen. § 2. Die Schlichtung der in § 1 genannten Streitigkeiten wird
einem «Schiedsgericht für den Viehhandel» übertragen, welches je in Leeuwaarden, Zwolle, Utrecht, Rotterdam und 'sHertogen- bosch kreiert wird. Die Rechtssprache derselben wird durch königliche Kabinets-
order festgesetzt. § 3. Diese Kommissionen sind folgendermassen zusammen-
gestellt: Präsident, Sekretär und vier Mitglieder, während ebenso- |
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viele Stellvertreter ernannt werden; der Sekretär hat bei Behand-
lung von Angelegenheiten der Entscheidung keine gültige Stimme. Der Präsident und Sekretär, als auch ihre Stellvertreter, müssen
diplomierte Advokaten sein, während die Mitglieder und ihre Stell- vertreter diplomierte Tierärzte sein müssen. Präsident, Sekretär und Mitglieder werden vom Minister für Landbau. Handel und Industrie ernannt. Sie werden vereidigt, so wie es die oben erwähnte königliche
Kabinetsorder vorschreibt. Sie werden für die Zeit von fünf Jahren ernannt; sie können
jedoch stets wieder aufs neue bestätigt werden. Tritt während der Sitzungsperiode ein Mitglied aus, so nimmt
das neuernannte Mitglied für die laufende Sitzungsperiode den Platz des abgetretenen Mitgliedes ein. Der Präsident, Sekretär und die Mitglieder, als auch ihre Stell-
vertreter, können zu jeder Zeit ihrer Stellung enthoben werden. § 4. Die Korporationen sind bei der Behandlung und Ent-
scheidung von Streitigkeiten an keinerlei Form von Prozess ge- bunden; sie können diejenigen Untersuchungen vorschreiben, die ihnen nötig erscheinen, während sie ihr Urteil fällen durch Stimmen- mehrheit als ehrliche Männer und nach Billigkeit. Ihre Entscheidungen werden innerhalb acht Tagen nach dem
Ausspruch auf der Amtsgerichtskanzlei des Ortes, in welchem der betreffende Rat von Arbitrage seinen Sitz hat, hinterlegt. Die Entscheidung wird zur Ausführung gebracht infolge einer
Vorschrift des Präsidenten des Rates, welche Vorschrift auf die hinterlegte Entscheidung geschrieben werden soll. Von der Entscheidung und der Vorschrift des Präsidenten muss auf
Antrag beider Parteien und des Rates eine Abschrift abgegeben werden. § 5. Der Präsident und die Mitglieder, als auch deren Stell-
vertreter, erhalten Sitzungsgelder, wie auch Reisespesen, so wie dies durch königliche Kabinetsorder festgestellt wird. Der Sekretär erhält einen durch königliche Kabinetsorder fest-
zustellenden Gehalt, ausserdem bekommt er die Reisespesen ver- gütet, so wie dies durch königliche Kabinetsorder, in § 5 erwähnt, festgestellt wird. § 6. Die Entscheidungen des Rates können keinem Kassations-
mittel oder keinen Ungültigkeitserklärungen unterworfen werden. •oder mit der später behandelten Abänderung. |
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§ 7. Derjenige, der eine Entscheidung des Rates wünscht, wendet
sich schriftlich an den Vorsitzenden mit einer ausführlichen Auseinander- setzung der Tatsachen und einer deutlichen und bestimmten Forderung. Die Forderung muss auf Strafe von Abweisung eingereicht werden
innerhalb sechs Wochen, nachdem der Kläger das verborgene Ge- brechen bemerkt hat, wofür er Sicherstellung fordert. § 8. Der Rat setzt die Prozesskosten fest und verurteilt den-
jenigen, der Unrecht erhält, zu allen Kosten, worunter die Sitzungs- gelder und Reisespesen für den Vorsitzenden und die Mitglieder inbegriffen sind. Wenn der Rat Anlass findet, kann er die Kosten gänzlich oder
teilweise kompensieren. Falls eine der Parteien in dem Prozesse durch einen Rechts-
gelehrten verbeistandet wird, so kann der Rat die Kosten hierfür auch ganz oder teilweise der verlierenden Partei zur Last legen. § 9. Die in § 8 erwähnten Sitzungsgelder und Reisespesen
werden bei der Entscheidung besonders überschlagen, während die Verurteilung zu deren Bezahlung im Interesse des Rates ausge- sprochen wird, der die in § 4 erwähnte Abschrift exekutieren lassen kann zur Eintreibung dieser Kosten. Werden die Kosten eingetrieben oder auch schlechthin bezahlt,.
so werden dieselben durch, den Rat an den Staat restituiert.
* *
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In Dänemark hat man offenbar den Nutzen einer Prozess-
führung wegen Garantie, so wie ich dieselbe vorgesehen habe, eben- falls eingesehen. Dort besteht nämlich das Gesetz vom 19. April 1907 betreffend,
schiedsrichterliche Urteile beim Kauf und Verkauf von Haustieren. Dieses Gesetz ist nach meiner Meinung viel zu weitläufig, denn
das Gesetz über Arbitrage in den Niederlanden kann viel kürzer gefasst sein, da das niederländische Gesetz «die Garantie > voll- kommen behandelt. Am 8. Juni 1912 hat dann Dänemark noch eine Ergänzung des
Gesetzes vom 19. April 1907*) angenommen, die folgendermassen lautet:. § 1. Wenn zwischen (zwei) Parteien wegen Kauf oder Tausch
von Rindvieh, Pferden, Schweinen oder Schafen oder von lebenden *) Dieses neue Gesetz wurde kurz vor. der Drucklegung dieser Arbeit
an Stelle desjenigen vom 19. April 1907 hier aufgenommen. |
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Jungen solcher Haustiere Streitigkeiten entstehen, so soll jede Frage
wegen Rückgängigmachung des Geschäftes infolge von Mängeln der verkauften Tiere oder betreffend Erstattung oder Ermässigung von Kauf- und Tauschsummen infolge von solchen Mängeln dem Urteil von Schiedsrichtern unterstellt werden, gemäss den hiernach aufgestellten Vorschriften, es sei denn, dass die Parteien beim Ab- schluss des Geschäfts sich vorbehalten hätten, Streitigkeiten, die .aus Anlass des Geschäfts entstehen könnten, vor die ordentlichen Gerichte zu bringen. Unter Kauf ist sowohl der Handel zwischen Mann und Mann verstanden, als der Kauf bei einer Versteigerung oder zu Bedingungen, welche einer Versteigerung gleichkommen. § 2. Für jeden Gerichtskreis werden fünf bis sieben im Kreise
selber wohnende, unbescholtene und erfahrene Männer bestellt, welche bereit sind, die in § 1 erwähnten Streitigkeiten als Schieds- männer zu entscheiden. Einer der Schiedsmänner wird zum Obmann und einer zum zweiten Obmann ernannt; der letztere hat bei Ver- hinderung des ersteren an dessen Stelle zu treten. Mit Zustimmung des Justizministers kann die Anzahl der Schiedsmänner für einen Gerichtskreis entweder höher oder niedriger angesesetzt werden. Die Ernennung erfolgt in Kopenhagen und Frederiksberg durch die Kommunalverwaltung, in den Provinzialstädten durch den Stadtrat; auf dem Land ernennen die Kirchgemeinderäte einen Mann aus Jeder Kommune, und aus diesen ernennt der Amtsrat die oben angegebene Zahl. Die Ernennung gilt für die fünf nachfolgenden Jahre, im Fall jedoch, dass ein Schiedsmann vor Ablauf dieser Zeit .abgeht, bloss für den noch verbleibenden Rest der Amtsdauer. Geschäfte, welche den Schiedsmännern während ihrer Amtsdauer unterbreitet werden, können ohne Rücksicht auf den Ablauf der Amtsdauer von ihnen zu Ende geführt werden. Wer zum erstenmal ernannt wird, hat der zuständigen Behörde
eine schriftliche Erklärung auszustellen, worin er sich auf Treu und Glauben verpflichtet, sein Amt nach bestem Wissen und Gewissen zu führen. Die Ernennung wird auf Anordnung der Wahlbehörde in den
meist verbreiteten öffentlichen Blättern bekannt gemacht. Der Schiedsmann, welcher mundtot erklärt wird oder sein
Verfügungsreoht über seine Habe verliert, oder durch ein Urteil einer Handlung schuldig erklärt wird, welche in der öffentlichen Meinung .als entehrend gilt, geht seines Amtes als Schiedsmann verlustig. |
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§ 3. Wenn durch Verabredung der Parteien nichts anderes
bestimmt worden ist, so fällt die Streitsache in die Kompetenz der Schiedsmänner desjenigen Gerichtskreises, wo der Verkäufer beim Abschluss des Geschäfts seinen Wohnsitz hatte. Wenn es sich um ein Tauschgeschäft handelt, so wird die
Streitsache von den Schiedsmännern desjenigen Gerichtskreises be- handelt, wo die Partei, die zuerst Klage erhebt, ihren Wohnsitz hat. Wenn Zweifel darüber bestehen, welchem Gerichtskreis die Streit- sache gemäss diesem Paragraph zuzuteilen ist, so kann jede Partei über diesen Punkt den Entscheid des Justizministers anrufen. § 4. Wer bei den in diesem Gesetz erwähnten Schiedsmännern
wegen eines Handels mit Haustieren Klage erheben will, hat sich mit seinem Begehren innerhalb dreissig Tagen vom Lieferungstage ab schriftlich an die Behörde (in Kopenhagen an den Magistrat, anderswo an den Polizeidirektor) zu wenden. Wenn der Streit Tuberkulose, Trächtigkeit, Verkauf auf Willkür *) oder irgendwelche -andere Fälle betrifft, wo es der Natur der Sache nach nicht möglich ist, die Klage innerhalb der erwähnten Frist einzureichen, so kann dieselbe auch später eingereicht werden. Die Schiedsmänner haben dann zuerst zu entscheiden, ob die Klage unnötig lange zurück- gehalten wurde; findet man, dass dies zutrifft, so wird der Bescheid erteilt, dass der Klage keine Folge gegeben werden kann. Sofern derjenige, gegen welchen dergestalt Klage erhoben wird,
sein Regressrecht gegen denjenigen wahren will, von welchem er selbst, das Tier erworben hat, so hat er denselben innerhalb acht Tagen, nachdem er die Vorladung zur ersten Sitzung erhalten hat, schriftlich oder durch Vermittlung der Schiedsmänner von Ort und Zeit der Sitzung zu benachrichtigen. Wenn der Beklagte dies beobachtet, so hat er das Recht, die Sache gegen seinen Gewährs- mann (Vordermann) weiter zu verfolgen, sofern er innert acht Tagen, nachdem ihm das Urteil der Schiedsmänner verkündet worden ist, die hierfür nötigen Schritte tut. Ist ihm der Aufenthaltsort des Gewährsmannes unbekannt, so werden die angegebenen Fristen bis acht Tage, nachdem ihm derselbe bekannt geworden ist, verlängert. Wenn eine Streitsache vom Schiedsgericht behandelt werden
soll, so teilt die Behörde dies dem Obmann der Schiedsmänner mit und überweist ihm die Klage nebst allen bezüglichen Akten, mit *) Bedeutet wahrscheinlich: Kauf auf besondere Bedingungen hin.
Der Uebersetzer.
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der gleichzeitigen Mitteilung der Namen der Schiedsmänner des
Gerichtskreises, welche die Behörde zur Mitwirkung bei dem Ent- scheid über das Geschäft bestimmt hat. Der Obmann ladet innerhalb drei Tagen beide Parteien vor
und teilt ihnen mit, wann und wo sie erscheinen sollen. Nötigenfalls kann die Vorladung durch den Gerichtsdiener erfolgen. Der Obmann leitet die Verhandlungen und führt das Schiedsgerichtsbuch. Wenn die beklagte Partei behauptet, dass eine gültige Verab-
redung im Sinne der Erledigung der Sache auf dem ordentlichen Rechtsweg bestehe, so sollen die Schiedsmänner sich hierüber Ge- wissheit verschaffen, zu welchem Behufe sie nötigenfalls verlangen können, dass die Behauptung durch Gerichtszeugen oder auf andere Art bewiesen werde. Wenn die Schiedsmänner konstatieren, dass eine solche gültige
Verabredung vorliegt, so weisen sie die Klage ab. Der Entscheid des Schiedsgerichts erfolgt durch Stimmen-
mehrheit des Obmanns und der zwei andern Schiedsmänner. Findet sich keine Mehrheit für irgend einen Entscheid über die vorliegende Streitigkeit, so gibt die Stimme des Obmanns den Ausschlag. Zum Schiedsmann darf niemand bestellt werden, der mit einer
der Parteien so nahe als Geschwisterkinder verwandt, oder mit einer derselben im gleichen Grad verschwägert ist, oder der an der Sache ein persönliches Interesse hat; ebensowenig dürfen die Befugnisse des Obmanns von jemand ausgeübt werden, der sich im gleichen Falle befindet. Besteht in dieser Hinsicht vor der Entscheidung des Schiedsgerichts Meinungsverschiedenheit, so trifft die Behörde auf das Verlangen einer der Parteien einen bindenden Entscheid. § 5. Die Behandlung der Streitsache wird vom Obmann mit
einein Vergieichsversuch eingeleitet, der übrigens auch noch später aufgenommen werden kann, wenn sich ein Anlass dazu bietet. Falls ein Vergleich nicht schon beim Beginn der Verhandlungen herbeigeführt werden kann, so werden die dafür bestimmten Schieds- männer einberufen, sofern dies nicht bereits geschehen ist. Bei der ersten Sitzung müssen die Parteien persönlich er-
scheinen, es sei denn, dass sie einen gesetzlichen Verhinderungs- grund haben, in welchem Fall die betreffende Partei sich durch eine andere volljährige, unbescholtene und mit genügender Voll- macht versehene Person kann vertreten lassen. Diejenige Partei, welche nicht nur ausserhalb des betreffenden Gerichtskreises, sondern |
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25 km weit von der Ortschaft wohnt, wo die Gerichtsverhandlung
stattfindet, soll indessen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen befreit sein. Eine Partei, welche an der Sitzung sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lässt, wird bei Anlass der Urteilsfällung zu einer Busse von '4 Kr. an die Polizeikasse ver- urteilt, wenn sie trotz Aufforderung durch die Gegenpartei nicht nachweist, dass sie dazu berechtigt war. Wenn der Kläger ohne gesetzlichen Verhinderungsgrund von
der Sitzung wegbleibt, so wird die Klage abgewiesen, und die Schieds- männer können gemäss Forderung des erschienenen Beklagten dem Kläger die Bezahlung einer angemessenen Entschädigung an den Beklagten für die vergebliche Mühe auferlegen. Bleibt der Beklagte ohne gesetzlichen Verhinderungsgrund aus, so wird die Darstellung des Klägers dem Entscheid über die Streitsache zu Grunde gelegt. Bleiben beide Parteien aus, so wird das Geschäft beiseite gelegt. Wenn die ausgebliebene Partei innert 8 Tagen nachweist, dass ihr Ausbleiben von der anberaumten Sitzung durch einen gesetzlichen Verhinderungsgrund veranlasst war, so kann sie die Wiederaufnahme der Verhandlungen verlangen, als ob sie nicht ausgeblieben wäre. Die Parteien sind berechtigt, den Schiedsmännern schriftliche
Darstellungen uer Verumständungen des Falles einzureichen. Die Parteien sind verpflichtet, den Schiedsmännern alle ihre Streitsache betreffenden Aufschlüsse, die sie verlangen, zu erteilen und ihnen sämtliche zu der Streitsache gehörenden Dokumente vorzulegen.. Ein Abweichen von dieser Verpflichtung hat zur Folge, dass die- Angaben der Gegenpartei betreffend den fraglichen Punkt dem Ent- scheid über die Streitsache zu Grunde gelegt werden. Die Herbei- schaffung von Zeugen zu den Verhandlungen kann von Gerichts wegen erfolgen und ihre Abhörung gemäss dem Fremdenrecht vor- genommen werden. Die Schiedsmänner haben die gleiche Verantwortlichkeit wie»
diejenige, welche den Beamten gemäss der allgemeinen Strafgesetz- gebung für unberechtigtes Ausbringen von Amtsgeheimnissen obliegt;, sie sind verpflichtet, Unbefugten keine Mitteilungen über dasjenige zu machen, was sie in Ausführung ihres Auftrages über die jeweilen vorliegenden Verhältnisse erfahren und was in den von ihnen ge- fällten Urteilen enthalten ist. Der Vergleich und die Urteile werden in eines der von der
Wahlbehörde genehmigten Schiedsgerichtsbücher eingetragen; in dem letztern wird der Vergleich von den Parteien und dem Obmann,. 6
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die Urteile von den Schiedsmännern unterzeichnet. Die Schieds-
gerichtsbücher, von welchen für jeden Gerichtskreis durch die be- treffende Kommunalkasse eines oder mehrere angeschafft werden sollen, werden beim Obmann aufbewahrt. Von dem zustande gekommenen Vergleich oder von dem gefällten Urteil gibt der Obmann sofort jeder Partei eine beglaubigte Abschrift auf ungestempeltem Papier. Das Urteil soll auch den Entscheid darüber enthalten, welcher
Partei es obliegt, die mit dem Schiedsgericht verbundenen Kosten zu tragen und wie hoch sich dieselben belaufen. Für die Ausführung der schriftlichen Arbeiten und den ein-
leitenden Vergleichsversuch kommen dem Obmann 10 Kr. zu, ausser- dem die allfälligen Transportkosten, welche mit 15 Oere für den laufenden Kilometer oder unter Zugrundelegung eines Eisenbahn- billets zweiter Klasse berechnet werden. Für jede der nachfolgenden Sitzungen kommen dem Obmann und den einberufenen Schieds- männern Reisekosten zu, die wie oben berechnet werden, und ausserdem jedem für die drei ersten Sitzungen ein Taggeld von 5 Kr. Die Schiedsmänner sind berechtigt, bevor sie mit der Gerichts- verhandlung beginnen, vom Kläger dafür entweder Sicherheit oder einen angemessenen Vorschuss zur Deckung der Kosten des schieds- gerichtlichen Verfahrens zu verlangen. Für diese Kosten besteht ausserdem ein Pfändungsrecht gegenüber der Partei, welcher durch das Urteil die Bezahlung der Kosten auferlegt worden ist. § 6. Der Ausgang der Streitsache darf nicht vom Eid einer
der Parteien abhängig gemacht werden. Das Urteil soll in der Regel innert 6 Wochen von dem Tag
an, wo die Schiedsmänner bestellt wurden, gefällt werden. Wenn jedoch eine die Streitsache betreffende EVage dem Viehsanitätsrat vorgebracht werden muss, oder wenn es aus einem andern Grunde untunlich ist, die erforderlichen Aufklärungen so zeitig beizubringen, dass die genannte Frist^eingehalten werden kann, so ist der Obmann befugt, die Frist vor ihrem Ablauf durch motivierten Entscheid zu verlängern, jedoch nicht über vier Wochen. Eine solche Verlängerung darf einmal wiederholt werden. Wird das Urteil bis zum Ablauf dieser Fristen nicht gefällt.
so haben die Schiedsmänner keinen Anspruch auf Honorar, Taggeld oder Transportkosten, ebenso sind sie verpflichtet, die allfällig im voraus bezogenen Vorschüsse zurückzubezahlen, und steht es alsdann den Betreffenden frei, die Sache bei den ordentlichen Gerichten anzubringen. |
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§ 7. Die in Anwendung dieses Gesetzes gefällten Urteile können
in der Regel nicht angefochten werden. Unter besonderen Um- ständen kann jedoch die Oberbehörde erlauben, dass eine nach Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeurteilte Streitfrage zu nochmaliger Behandlung an ein ständiges Schiedsgericht gewiesen werde, wie deren zu diesem Behufe in jedem Oberbehördekreis eines errichtet wird. Diese Erlaubnis soll erteilt werden, wenn die Oberbehörde zu der Ansicht gelangt, dass das Urteil über einen Handel mit den genannten Haustieren Widersprüche enthält. Dieses Schiedsgericht, dessen Mitglieder vom Amtmann (in
Kopenhagen vom Oberpräsidenten) für fünf Jahre auf einmal ge- wählt werden, besteht aus einem rechtskundigen Obmann, der die nötigen Eigenschaften haben muss, um in einem gewöhnlichen Gericht als tüchtiger Richter amten zu können, und aus vier sachverstän- digen Mitgliedern. An der Behandlung jedes einzelnen Geschäftes nehmen der Obmann und zwei sachverständige Mitglieder teil. Die Vorschriften von § 2, Absatz 2—4, finden analoge Anwendung auf die Mitglieder dieser Schiedsgerichte. § 8. Eingaben betreffend die Prüfung eines Urteils durch das
in § 7 erwähnte ständige Schiedsgericht sollen der zuständigen ■Oberbehörde binnen 14 Tagen nach Fällung des Urteils eingereicht werden und müssen von einer Abschrift des Urteils, sowie von den bezüglichen Beweismitteln begleitet sein, welche zu diesem Zweck -den Parteien leihweise zu überlassen sind. Wenn eine solche Prüfung stattfinden soll, so Übermacht die
Oberbehörde dem Obmann des in § 7 erwähnten Schiedsgerichts die Eingabe nebst den übrigen Belegen und teilt ihm die Namen der sachverständigen Mitglieder mit, die sie für die Mitwirkung bei der Erledigung des Geschäfts bestimmt hat. Für die Behandlung der Geschäfte durch dieses Schiedsgericht
finden die Vorschriften von § 4, Absatz 4—7, sowie §§ 5 und 6 analoge Anwendung. Von einem nochmaligen Vergleichsversuch kann abgesehen werden, jedoch kommen dem Obmann trotzdem für die erste Sitzung 10 Kr. zu. Die Parteien sind nicht an die für die Schiedsmänner vorgeschriebene Prozedur gebunden; auch können neue Aufschlüsse erteilt und neue Anträge gestellt werden. § 9. Sofern die in Anwendung dieses Gesetzes abgeschlossenen
Vergleiche oder gefällten Urteile dahin lauten, dass eine Partei wegen eines Mangels des verkauften Tieres zur Annullierung des |
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Geschäftes mitwirken soll, oder dass sie etwas zurückgeben soll,
das sie kraft des Geschäftsabschlusses erhalten hat, oder dass sie Ersatz leisten soll, so können sie, nachdem sie gemäss den Vor- schriften für die Verkündigung von Urteilen verkündet worden sind, auf gleiche Weise wie endgültige Urteile zwangsweise vollstreckt werden, jedoch bei den in § 7 erwähnten schiedsgerichtlichen Ur- teilen erst nach Ablauf von fünf Tagen von der Verkündigung des Urteils an, und bei den andern Urteilen erst, wenn drei Wochen seit der Verkündigung verflossen sind und unter der Voraussetzung, dass der Verurteilte nicht im Falle sei, ein Attest der zuständigen Oberbehörde vorzuweisen, dass einem Gesuch um nochmalige Be- handlung durch das in § 7 erwähnte Schiedsgericht Folge gegeben worden sei. Die Vollstreckbarkeit erlischt nach Ablauf von sechs Monaten
seit der Fällung des Urteils oder seit dem Abschluss des Vergleichs, und beide haben alsdann die gleiche Rechtskraft wie ein Urteil, dessen Vollstreckbarkeit verjährt ist. § 10. Die Verantwortlichkeit, welche dem ordentlichen Richter
gemäss §§ 120 und 123 des allgemeinen bürgerlichen Strafgesetz- buches wegen Bestechlichkeit oder vorsätzlicher Ungerechtigkeit Überbunden ist, wird auch auf die in Kraft dieses Gesetzes ernannten Schiedsmännern ausgedehnt, jedoch mit der Einschränkung, dass bei den Strafen auch unter das gesetzliche Minimum gegangen werden kann. Urteile oder Vergleiche, die durch verbrecherische Mittel zustande gebracht wurden, sind ungültig, und die Streitfragen, auf welche sich das Urteil oder der Vergleich bezieht, können auf dem ordentlichen Rechtswege erledigt werden. § 11. Dieses Gesetz, das mit den nötigen Abänderungen durch
königliche Verordnung auch auf Färöer ausgedehnt werden kann, tritt drei Monate nach seiner Veröffentlichung im Gesetzblatt in Kraft und gilt so lange, als es nicht von der gesetzgebenden Be- hörde einer Revision unterstellt wird, doch nicht über fünf Jahre. Bis zu seinem Inkrafttreten bleibt das Gesetz über Schiedsgerichte bei Streitigkeiten betreffend den Handel mit Haustieren vom 19. April 1907 in Kraft. Nach meiner Meinung müssen die Schiedsrichter nicht den
Worten des Gesetzes gemäss Recht sprechen, sondern als ehrliche .Männer und nach dem, was recht und billig ist. |
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Schon hierdurch wird Weitläufigkeit vermieden. Mein Haupt-
zweck ist eine Veränderung in die Form der Prozesse zu bringen. Bei dem dänischen Gesetz sind die Schiedsrichter an ver-
schiedene Gesetzesformen gebunden, und das ist es gerade, dem ich vorbeugen möchte. Die Schiedsrichter müssen nach eigenem Gutdünken handeln
können. Sie müssen nicht an allerlei gesetzliche Vorschriften ge- bunden sein, sondern auftreten können, als ob sie berufen seien, ein Urteil zu fällen, gerade wie gewöhnliche Sachverständige. Um dies nun so streng wie irgend möglich durchzuführen,
würde ich gerne in jedem Rat von Arbitrage vier Tierärzte als Sachverständige ernannt sehen. Dass ich zum Vorsitzenden und Sekretär Rechtsgelehrte wünsche,
findet seinen Grund hierin, dass der Vorsitzende jemand sein muss, der mit der Rechtssprache bekannt ist und der vollkommen damit vertraut ist, um die Untersuchungen und Sitzungen zu leiten und die Urteile aufzusetzen, während der Sekretär allein mit den schrift- lichen Arbeiten belastet ist. (Absolut nötig finde ich es jedoch nicht, dass der Sekretär ebenfalls den Dr. juris-Titel hat.) Im allgemeinen kommt man durch Arbitrage, wie die durch
mich beschriebene, schneller zu seinem Rechte, als wenn man der gebräuchlichen Weise eines Prozesses folgt. Schriftliche Behandlung, so wie diese bei der Rechtspflege ge-
bräuchlich und bei Gerichtshofangelegenheiten selbst vorgeschrieben ist, möchte ich ganz ausschliessen. Dass eine schnelle Behandlung der Sache speziell im Vieh-
handel vielfach dringend gewünscht ist, ist vor allem zu bemerken, wenn ein Tier untersucht werden muss. Denn bei der gewöhnlichen Weise zu prozessieren, vergehen
manchmal Monate, bevor der Prozess in dem Stadium ist, dass eine solche Untersuchung befohlen werden kann, und gerade dann ent- steht die Schwierigkeit, zu konstatieren, ob das Gebrechen oder die Keime desselben im Augenblicke des Kaufes schon bei dem Tiere vorhanden gewesen sind. Mit wieviel Sicherheit können doch die Sachverständigen ihre
Meinung äussern, wenn die Untersuchung sofort oder einige Tage nach dem Anfang des Prozesses stattfindet. Dies allein ist für mich bereits Grund genug, um die gebräuch-
liche Weise zu prozessieren der Arbitrage weit hinten nach zu setzen. |
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Die Arbitrage hat dann auch den Vorteil, dass Sachverständige als
Richter auftreten. Die Sachverständigen-Richter können sicli sofort eine eigene
Ansicht bilden und dadurch auch noch die arbitralen Prozesse ver- kürzen. In Sachen, die beim gewöhnlichen Gerichtshof behandelt werden,
können die Richter vorher bei Sachverständigen Erkundigungen einziehen, doch sind sie nicht hierzu verpflichtet, und sie sind auch nicht an den Rat eines Sachverständigen gebunden, so dass ihre eigene Meinung über der des Sachverständigen steht. Ich brauche natürlich nicht zu erwähnen, zu welchen eigen-
tümlichen Urteilen dies führen kann. Es ist selbstverständlich, dass bei den sachverständigen Arbitern
Meinungsverschiedenheiten bestehen können, jedoch sind sie an keinerlei Formen gebunden, und sie können Untersuchungen an- stellen, Sachverständige und Zeugen in Verhör nehmen, alles nach eigenem Gutdünken, und es liegt auf der Hand, dass sie bei Mei- nungsverschiedenheiten Sachverständige heranziehen werden und alles dasjenige aufbieten, was nötig sein wird, um das helle Licht auf die Sache scheinen zu lassen. Die durch mich vorgeschlagenen Arbitrageprozesse werden
auch weniger kosten, und der Betrug wird ganz sicher kleiner werden, wenn die Parteien wissen, dass ihre Handlungen vor Fach- leute gebracht werden. In Dänemark arbeitet die Arbitrage in Bezug auf diesen Punkt schon gänzlich nach Wunsch. Herr Job. Arup, tierärztlicher Konsulent für den dänischen
Fleisch- und Vieliexport zu Hamburg, teilte Herrn H. M. Kroon, Professor an der tierärztlichen Schule zu Utrecht, bei Anlass einer durch diesen gemachten Mitteilung in der Zeitschrift für Tierarznei- kunde vom 15. Februar 1910 auf eine diesbezügliche Frage mit, dass der grösste Nutzen des Gesetzes vom 19. April 1907 (das ist das Gesetz, wodurch die Arbitrage für den Viehhandel bestimmt wird) darin besteht, dass der Betrug in diesem Handel auf den Viehmärkten weniger geworden ist, da die Leute, die sich damit befassten, ganz besondere Achtung vor den stets sachverständigen Schiedsrichtern haben. Es darf aber, wenn ich objektiv die ganze Angelegenheit be-
handeln will, nun doch nicht verschwiegen werden, dass nach den in der Schweiz gemachten, früher geschilderten Erfahrungen auch |
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bei der Ausführung meines Vorschlages sich einige Nachteile er-
geben werden. Das schweizerische Konkordat von 1853 enthält, wie wir sahen,
in § 14 die Bestimmung, dass das übereinstimmende Urteil der untersuchenden Tierärzte oder das Obergutachten der Medizinal- behörde für das richterliche Urteil massgebend ist. Hier war also in der Tat schon der Richter nur das Sprachrohr des Sachver- ständigen. Die Folge davon war nun aber, so lehren uns die bezüglichen
Erfahrungen in der Schweiz, dass gegen die Tierärzte ein gewisses Misstrauen entstand, und aus dem Grunde wurde dann auch nur in den Kantonen Zürich und Thurgau, wo jedes tierärztliche Gut- achten erst dem Sanitätskollegium zur Kontrolle vorgelegt werden musste, dieses Rechtsverfahren bis zum Schlüsse aufrecht erhalten. Und um gerade vom Tierarzte selbst die Verantwortung für
die endgültige Aburteilung abzuwälzen, wurde vom Vorstande der Gesellschaft schweizerischer Tierärzte im Dezember 1888 in einer Eingabe an die Behörden empfohlen, dem Richter freie Beweis- würdigung zuzugestehen. So wie ich oben bereits erwähnte, erkennt das niederländische
Gesetz die Arbitrage, aber diese Arbitrage ist wiederum auch an viele Formen gebunden, und gerade diese Formen machen es so schwierig und lästig, dass nur selten von dieser Arbitrage Gebrauch gemacht wird. Es muss ein von beiden Parteien unterschriebener Kompromiss
aufgesetzt werden, es müssen Arbiter ernannt werden, diese müssen die ihnen auferlegte Pflicht annehmen, und sie bestimmen die Weise des Prozesses; wenn sie nicht zeitig genug ein Urteil fällen, so können die Parteien dieselben entlassen, und schliesslich kann ede der Parteien vor dem Gericht aus verschiedenen gesetzlichen Gründen eine Vernichtung des Urteils fordern. Hieraus ist ersichtlich, dass es bei Arbitrageprozessen sehr
erwünscht ist, Rechtsgelehrte als Arbiter zu wählen, da es sonst vorauszusehen ist, dass das Urteil einer Ungültigkeitserklärung aus- gesetzt ist. Wenn aber wieder Rechtsgelehrte allein als Schieds- richter auftreten und die Macht in Händen haben, kommt man mit Arbitrage nicht weiter. Arbitrage nach dem Gesetz gehört denn auch zu den Selten-
heiten, und im Viehhandel ist dies in den Niederlanden ohne Zweifel |
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noch niemals vorgekommen. Für die Arbitrage ist nun einmal die
Mitwirkung von Käufer und Verkäufer nötig, und es ist selbstver- ständlich, dass ein Verkäufer, dessen Gewissen ziemlich weit ist, bei einer Streitfrage zu einem Advokaten geht und ihn um Rat fragt; von diesem nun bekommt er natürlich stets den Rat, zu warten, um zu. sehen, was die Gegenpartei tut, wobei dann in erster Linie darauf spekuliert wird, den Hafttermin verlaufen zu lassen. Allerdings ist der Viehhandel ein Handel auf Vertrauen; das Ver- trauen hat jedoch auf mich mehrfach einen traurigen Bindruck gemacht. Bei einem gewöhnlichen Prozess strauchelt der Kläger auch
mehrfach über die Beweisführung. Es kommt nicht selten vor, dass eine Kaufsübereinkunft ge-
schlossen wird, ohne das Dritte dabei zugegen sind, und in solchen Fällen ist ein Prozess für den Kläger sehr schwierig, da im nieder- ländischen Recht die Lehre des ungeteilten Bekenntnisses besteht, und davon wird nun allzuviel Missbrauch gemacht. Ich werde dies in einem Beispiel verdeutlichen:
A. kauft eine Kuh von B. für Fl. 200; die Lieferung und die
Bezahlung finden statt. Niemand anders ist bei dem Kaufe zugegen gewesen. Einige Tage nach dem Kaufe bemerkt der Käufer nach vorheriger tierärztlicher Untersuchung, dass die Kuh an einem ver- borgenen Gebrechen leidet und dass dieses Gebrechen schon während des Kaufes vorhanden war. Der Käufer fordert den Verkäufer auf, die Kuh zurückzunehmen
und den Kaufpreis zurückzubezahlen, die eigentliche < actio red- hibitoria » oder auch einen Teil des Kaufpreises zurückzugeben, d. i. die « actio quanti minoris ». Der Verkäufer ignoriert alles; er schreibt nicht und sagt auch
nichts. Der Käufer ladet den Verkäufer zur Rückzahlung des Kauf-
preises gegen Rückgabe der Kuh vor das Gericht. Der Verkäufer sagt nichts weiter als das folgende: «Ich bestätige, dass ich die Kuh für Fl. 200 an den Kläger verkauft habe; auch bestätige ich. dass die Kuh leidend ist und dass sie während des Kaufes an dem verborgenen Gebrechen litt; aber ich habe die Kuh an den Kläger verkauft mit Ausschluss der Haftzeit und also ohne weitere Be- denken. > |
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Nun sollte man meinen, dass der Verkäufer den Kauf aner-
kannt habe; jedoch das ist nicht wahr. Er erkannte den Kauf an, indem er hinzufügte, dass er zu
keinerlei Garantie verpflichtet war. Diese letzte Hinzufügung befreit ihn vollkommen, und deshalb
darf der eine Teil seines Bekenntnisses von dem andern nicht ge- schieden werden. Der Kläger muss die ganze Verteidigung annehmen oder verwerfen. Nimmt er sie an, dann hat er seinen Prozess ver- loren, weil er dann zugibt, dass die Garantie ausgeschlossen war. Nimmt er die Verteidigung nicht an, dann wird angenommen,
dass dem Verkäufer nichts bekannt ist, und muss der Käufer dann in allererster .Linie die Kaufsübereinkunft und das Bestehen des verborgenen Gebrechens beweisen. Hierin liegt gerade die grosse Gefahr, und so etwas kann bei
der durch mich vorgeschlagenen Arbitrage nicht geschehen, da hierbei die Lehre von dem ungeteilten Bekenntnisse nicht gültig ist. . In den Niederlanden wird in vielen Fällen Arbitrage vorge- schrieben, doch ist es eine Arbitrage, wobei gänzlich von den Vor- schriften des § 625 und folgende des Zivilstrafgesetzbuches abge- wichen wird. So wird bei Kontrakten zur Lieferung von Lebensmitteln für
die Armee beinahe immer festgestellt, dass bei Differenzen, die Qualität der gelieferten Waren betreffend, in höchster Instanz durch den Kriegsminister entschieden wird. Wiederholt wurde diese arbitrale Klause! in Rechten ange-
fochten, doch das Reichsgericht (der hohe Rat) hat bestimmt, dass so etwas nicht mit dem Gesetz im Widerspruch ist, da Parteien zum Abschliessen einer Uebereinkunft befugt sind, so wie diese ihnen gutdünkt, falls diese Uebereinkunft nicht mit den guten Sitten und der öffentlichen Ordnung im Widerspruch ist. In diesem Fall wurde die Frage aufgeworfen, ob der Arbiterminister nicht in eigener Angelegenheit Richter wäre. Durch das Abschliessen und die Annahme der Uebereinkunft
haben beide Parteien für gut befunden, die Entscheidung dem Urteil des Ministers zu unterwerfen. Die Uebereinkunft, die nicht im Widerspruch ist mit den guten Sitten und der öffentlichen Ordnung, bindet beide Parteien in Ueberemstimmung mit der französischen Rechtsregel: < Toutes connections faites legalement sont une loi pour ceux qui font l'engagement. » |
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Auch kommt in den allgemeinen Vorschriften zur Ausführung
von Werken, welche Vorschriften durch den Minister der öffent- lichen Arbeiten für gut befunden wurden, die Bestimmung vor, dass, wenn zwischen den Unternehmern und den Ingenieuren oder bei deren Abwesenheit zwischen den erstgenannten und den die Aufsicht führenden Unterbeamten über das Werk, den Bauplan (mit Kostenvoranschlag) oder die Übereinkunft oder über die all- gemeinen Vorschriften Streitigkeiten entstehen, die Entscheidung derselben dem Hauptingenieur oder dem Regierungsbaumeister an- heimgestellt wird, woran sich die Unternehmer zu halten haben, vorbehaltlich Berufung auf den Minister. Dies ist also eine gleiche Bestimmung wie die früher erwähnte.
Durch die allgemeinen Vorschriften wird noch weiter festgestellt, dass, wenn eine Differenz über die Art des Werkes, die Verrechnung von mehr oder weniger Arbeit und noch mehr bei dieser Gelegen- heit genannten Fälle der Unternehmer das Recht hat, falls er mit dem Beschluss des Ministers sich nicht vereinigen kann, dann das Urteil einer Kommission, die aus drei Mitgliedern besteht, nach- suchen kann; je eins der Mitglieder wird von beiden Parteien und das dritte durch die Parteien zusammen nach gegenseitiger Ueber- einstimmung gewählt; kommen die Parteien nicht zur Ueberein- stimmung, dann kann die Zwischenkunft des Amtsrichters nach- gesucht werden. Die drei Mitglieder dieser Kommission sind die Arbiter, die
die Streitigkeit schlichten. Formalitäten, so wie dies bei gerichtlicher Arbitrage der Fall ist, werden hierbei nicht berücksichtigt. Diese allgemeinen Vorschriften werden sowohl bei allen Staats-..
Provinz- und Gemeindebetrieben angewendet als auch, wenigstens in der letzten Zeit, beinahe bei allen Privatbetrieben. Es ist also ersichtlich, dass die Regierung in vielen Fällen
die Arbitrage der Rechtsprache vorzieht und dann noch wohl eine Arbitrage, bei der von den Vorschriften des Gesetzes abgewichen wird. Die Arbitrageklausel in den Vorschriften hat auch oft Anlass
zu Prozessen vor dem Richter gegeben. Einmal geschah es, dass der, Unternehmer mit der Person, die
das Werk ausgab, über mehr oder weniger Arbeit Differenzen bekam. Diese Streitigkeit wurde durch die Direktion zum Nachteile des Unternehmers entschieden. Dieser begnügte sich nicht mit der Entscheidung der Direktion ; er verlangte nicht das Urteil der Kom- |
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mission, sondern lud den, der die Arbeit ausgeschrieben hatte, vor-
Gericht zur Bezahlung. Der Angeklagte berief sich auf die «Arbitrageklausel» der all-
gemeinen Vorschriften und behauptete, dass demzufolge das Gericht nicht befugt sei, die Klage zu erkennen. Der Unternehmer hingegen glaubte, dass er das Recht hätte,,
die Entscheidung einer Kommission zu fordern, dass er jedoch nicht dazu verpflichtet sei. Das Gericht vereinigte sich mit dieser Ansicht und erklärte, dass es befugt sei, eine Entscheidung zu nehmen. Die Entscheidung wurde genommen, und das Gericht verur-
teilte den Angeklagten zur Bezahlung dessen, was von ihm gefordert, und auch zu den Prozesskosten. Dieses Urteil wurde vom Gerichtshof in Zwolle ausgesprochen.
Der Angeklagte legte gegen das Urteil Berufung beim Gerichtshof zu Arnheim ein; jedoch auch hier bekam er Unrecht. Hieraus ist wiederum ersichtlich, dass, falls man Streitigkeiten durch Arbiter entscheiden lassen will, auch solche Vorschriften ausgefertigt werden müssen, von denen nicht abgewichen, werden kann. Im Getreidehandel kommt auch wiederholt Arbitrage vor. Die
Käufe und Verkäufe, die an der Kornbörse in Amsterdam und Rotterdam stattfinden, werden immer unter den an diesen Börsen gebräuchlichen Bedingungen hierfür abgeschlossen. Zu diesen Bedingungen gehört auch die, dass Streitigkeiten
über Abladung, Qualität und. Mindergewicht u. s. w. durch Schieds- richter entschieden werden müssen. Die Schiedsrichter sind auch an keine gesetzlichen Vorschriften gebunden. Auf beinahe allen Feuerversicherungspolicen kommt eine Ar-
bitrageklausel vor, bei Lebensversicherungen auf Gegenseitigkeit ebenso. Einmal habe ich eine Police gesehen, auf welcher die Vor-
schrift stand, dass alle Streitigkeiten durch den Aufsichtsrat ent- schieden werden. Nun war es der Fall, dass der Aufsichtsrat aus vier Mitgliedern
bestand. Die Gesellschaft, von welcher die Police stammte, bekam mit
einem Versicherten über eine Auszahlung Differenzen. Der Ver- sicherte reichte beim Gericht zur Bezahlung des versicherten Be- trages eine Klage ein. |
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Die Gesellschaft berief sich auf die Arbitrageklausel und be-
hauptete, dass das Gericht nicht befugt sei, die Differenz zu be- urteilen. Der Versicherte behauptete, dass die Arbitrageklausel ungültig sei, weil vier Aufsichtsratsmitglieder anwesend waren und dass dies im Widersprüche wäre mit § ß32 des Gesetzbuches für bürgerliche Rechtsforderungen, welcher Paragraph auf Strafe von Ungültigkeitserklärung bestimmt, dass die Zahl der Schiedsrichter stets ungerade sein muss. Das Gericht nahm jedoch an, dass die Aufsichtsratsmitglieder
nicht individuell Arbiter waren, aber doch, dass der Aufsichtsrat als solcher ein Urteil fällen müsse und dass es deshalb nichts zur Sache tue, aus wieviel Mitgliedern der Aufsichtsrat bestände. Der Versicherte war hiermit nicht zufrieden und legte beim
Reichsgericht Berufung ein; doch dieses vereinigte sich mit dem Urteil des Gerichtes und gab dem Versicherten Unrecht. Dass selbst die niederländischen Gesetzgeber den Nutzen davon
eingesehen haben, um in besonderen Fällen eine Rechtsprechung mit Ausschluss des gewöhnlichen Bürgerrichters ins Leben zu rufen, sieht man aus dem Unfallgesetz vom Jahre 1901. Denn hierdurch wird bestimmt, dass die Differenzen über die zu bezahlenden Schaden- vergütungen entschieden werden durch den Vorstand der Reichs- versich erungsbähk. Gegen ein Urteil dieses Vorstandes kann Berufung eingelegt
werden beim Berufungsrat und hierüber kann wieder Berufung ein- gelegt werden beim zentralen Berufungsrat. Dieses letzte Rechtskollegium urteilt dann also als höchste
^Instanz. Diese Art von Rechtsprechung ist meiner Ansicht nach auch
nicht ganz in Ordnung. Der erste Richter hierbei ist doch der Vorstand der Bank. Wenn jemals nun von einem Richter in eigener Sache die Rede sein kann, dann ist es doch sicher hier der Fall. Gewiss besteht für das Urteil noch eine Berufung, jedoch die
Zusammenstellung der Berufungsräte gibt meiner Ansicht nach keine genügende Garantie für eine richtige Rechtsprechung. Die Berufungsräte sind doch zusammengestellt aus dem Vor-
sitzenden (Dr. juris) und einigen Arbeitgebern und Arbeitnehmern der verschiedenen Branchen. Nun werden durch diese Berufungs- räte, was selbstverständlich ist, immer Urteile gefällt über Schaden- vergütungen bei Unfällen von Arbeitern, und dabei ist natürlich |
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vielfach Kenntnis der Umstände wünschenswert, unter denen der
Unfall stattfand,, da mit verschiedenen Umständen hierbei gerechnet werden muss. Wie soll nun ein Maurer mit Bestimmtheit beurteilen können,
was die Ursache eines Unfalles eines Maschinisten oder Monteurs in einer Maschinenfabrik war, und wie soll ein Maschinist beurteilen können, was die Ursache eines Unfalles eines Zimmermannes war? Noch mehr solche Beispiele würde ich nennen können, jedoch
dazu ist hier nicht der rechte Platz. Aus all dem Vorstehenden ist deutlich zu ersehen, wie wünschens-
wert es ist, die Entscheidung über Streitigkeiten, den Viehhandel betreffend, den gewöhnlichen Richtern zu entziehen und diese dem Urteil von Sachverständigen zu unterwerfen. Die Frage, ob gegen die Entscheidungen des Schiedsgerichts
noch Berufung eingelegt werden kann, glaube ich nach meiner Ueberzeugung dahin beantworten zu müssen, dass hier ein Appell auszuschhessen sei. Ein Appell Hesse sich einzig durch die vorerwähnten Erfah-
rungen des schweizerischen Konkordates rechtfertigen. Er würde vielleicht den Schein einer parteilichen Haltung unter den Sach- verständigen oder eventuelle Streitigkeiten unter ihnen mit einem Supraarbitrium regeln, das jedoch ohne Zweifel von dem jeweiligen Spezialgelehrten der Reichstierarzneischule abgegeben werden sollte.. Und nur unter solcher Beschränkung würde ich mich schliesslich auch mit dem Gedanken an einen Appell, aber nur an den höchsten Sachverständigen, befreunden können. Ausser dem Vorsitzenden des Schiedsgerichts sind alle Mit-
glieder Tierärzte - Sachverständige; die freie Beweistheorie muss erlaubt sein, juridische Fragen sind ausgeschlossen; kurze Rechts- sprache ist eine Bedingung; die Streitigkeiten laufen weitaus in den meisten Fällen über verhältnismässig kleine Beträge, und gerade dieses letztere hat durch die weitläufige Weise von Prozessen vor dem gewöhnlichen Richter das Sprichwort ins Leben gerufen: < Der, der plaidiert um eine Kuh,
Geb' lieber eine noch dazu. > |
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Ich habe im Vorhergehenden versucht darzulegen, dass es für
den Viehhandel sowohl auf den Märkten, als auch ausser diesen, von der grössten Bedeutung sei, beim Entstehen von Differenzen über Gewährsmängel auf die kürzeste und billigste Weise den Parteien zu ihrem Recht zu verhelfen, zu einem Recht, nicht im Sinne einer Rechtsprache, worauf oft der Ausspruch, der von den Römern zu uns kam: « Summ um jus — summa injuria»
angewendet werden kann, sondern zu einem Recht in dem Sinne, ■ den jeder ehrliche Bürger im vollen Vertrauen davon erwartet. Es wird wohl für ewig eine Utopie bleiben, dass die Menschen
und vor allem die Handelsleute nicht stets ihren finanziellen Vor- teil suchen. Die «auri Sacra fames» wird wohl immer bestehen bleiben.
Der alt-holländische Dichter Dirk Rafaelsz Camphuyzen sagte nicht mit Unrecht:
<Ach wären alle Menschen weis
Und wollten dabei wö'll, Die Erd' war ihn' ein Paradeis, Nun ist sie ineist 'ne Höll. > Wenn aber die durch mich vorstehend gegebenen Gedanken
in Praxis umgesetzt würden, dann wäre ein grosser Schritt getan. um viele unehrliche Handlungen im Keime zu ersticken und soviel wie irgend möglich nach der Verwirklichung eines der alten Rechts- .Sprichwörter gestrebt werden: « Vergleichen und vertragen
Ist besser als zanken und klagen. >
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Thesen.
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1. Schon im römischen Rechte werden gewisse häufige Ge-
brechen von Haustieren erwähnt. Es sind aber hier solche, die nicht als Ursache eines Rechtsstreites dienen können. 2. Bei den Germanen werden sodann erstmals gewisse, haupt-
sächlich wichtige Fehler und Gebrechen genannt, die meistens die Ursachen von Währschaftsstreitigkeiten bildeten. Ausser diesen Mängeln konnten aber auch noch irgendwelche andere als Grund der Wandelung dienen. 3. Im Mittelalter, erstmals mit der Entstehung der Stadtrechte,
werden diese Fehler und Mängel, die das Gesetz aufführt, als die ein- zigen betrachtet, für die Währschaft gegeben werden musste, während für alle nicht genannten Mängel Währschaft ausgeschlossen war. 4. Diese Mängel, als auch die Fristen, die je nach dem Zu-
stande der Tiermedizin hierfür als Währschaftszeiten namhaft ge- macht wurden, änderten . ungemein nach den Ländern, Provinzen und Bezirken, so dass der Viehhandel ganz allgemein sehr erschwert: wurde. 5. In neuester Zeit werden die Gewährsmängel im Sinne von 2.
in verschiedenen Ländern, speziell in Deutschland, beibehalten, während Frankreich sogar noch hierüber den Sinn des Artikels 3 befolgt. 6. Die Niederlande haben die gesetzliche Bestimmung der Haf-
tung für alle unsichtbaren Gebrechen, sofern dieselbe nicht aus- drücklich wegbedungen wurde. 7. Die neuesten Bestimmungen der Schweiz gehen dahin, sowohl
die gesetzliche Haftung als auch bestimmte Geivahrsmängel weg- fallen zu lassen. Die konventionelle Haftung, die Währschaft nach schriftlicher Uebereinkunft zwischen Käufer und Verkäufer, wird hier eingeführt, wodurch der Käufer gezwungen wird, besser auf- zupassen, und bei der schriftlichen Form Streitigkeiten möglichst vermieden werden. Diese Art der Währschaft, die in verschiedenen |
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Kantonen schon längere Zeit in Kraft stand, hat eine starke Ver-
minderung der Währschaftsstreitigkeiten und die Vereinfachung der Schlichtung derselben oft durch einfaches tierärztliches Gut- achten zur Folge. Die Gewährsfrist für alle Fälle wird hier gesetz- lich auf 9 Tage, also eine sehr kurze Frist, festgesetzt. 8. Auch in den Niederlanden sollte die Währschaftsgesetz-
gebung speziell und sorgfältig geregelt werden. Wenn diese Regelung auf Grund des bestehenden Bürgerlichen Gesetzbuches vorgenommen werden muss, so soll dieselbe wenigstens genaue Gewährsfristen bestimmen. Ferner sollte, wenn die Aufstellung der Hauptmängel nicht zu
vermeiden ist, jedenfalls nur im Sinne von 2. deren Feststellung stattfinden, dass auch noch alle übrigen Mängel eingeklagt werden könnten. 9. Unter diesen Voraussetzungen scheint es dann am besten,
um das Regime der jetzigen Prozessordnung abzukürzen und zu einem summarischen Verfahren durchzudringen, das im Interesse der Sache dringend notwendig ist, ähnlich wie in Dänemark, zur Errichtung von Schiedsgerichten für Währschaftsstreitigkeiten zu greifen, die zum überwiegenden Teile aus Tierärzten zu bestehen haben. |
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Literatur.
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Groningen 1905.
2. Albrecht, Forensische Tiermedizin der Babylonier. Berliner Tierärzt-
liche Wochenschrift 1903, pag. 824, und 1905.
3. Loret, Victor, Les animaux reprodueteurs dans l'Egypte ancienne.
Recueil de travaux relatifs a l'archeologie et la philologie egyp-
tiennes. Gaire. XVIII6 anne"e, pag. 196. 4. Panckoucke, Les lois sacres de l'Orient. Paris.
5. Varro, De re rustica.
6. Anton, K. G., Geschichte der deutschen Landwirtschaft von den ältesten
Zeiten bis zu Ende des 15. Jahrhunderts. Görlitz 1799.
7. Falke, J. E. L., Compendiurn der Veterinär-Jurisprudenz. Braunschweig
1850.
8. Hachenburg, Max, Das Recht der Gewährleistung beim Tierhandel.
Mannheim 1888.
9. Csokor, Lehrbuch der gerichtlichen Tiermedizin. Wien 1895.
10. Gsell, J., Die gesetzliche Gewährleistung beim Handel mit Vieh in
der Schweiz. T.iaugural-Disscrtation. Zürich 1907.
11. Strebet, M., Zum gegenwärtigen Stande der Gewährleistungsfrage beim
Viehhandel in der Schweiz. Archiv für Tierheilkunde. 1882, pag. 194.
12. Hirzel, Die schweizerische Gesetzgebung betreffend Viehwährschaft.
Archiv für Tierheilkunde. 1889, pag. 105.
13. Woker, Harald, Die Gewährleistung für Mängel und zugesicherte Eigen-
schaften beim schweizerischen Viehhandel (Viehwährschaft). Inau-
gural-Dissertation. Bern 1909. 14. Burgerldoor Wetboek, X. Druk, uitgegeven yk Mr. Dr. J. G. Stenfert
Kroese. Zwollo 1909.
15. Hebrant, G, Precis de medecine legale veterinaire. Ixelles-Bruxelles
1912.
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