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Der
Pferdeliebhaber.
Ein
Handbuch über Pferdekenntniss im weiteren Sinne.
Für Besitzer. Züchter und Liebhaber der Pferde in allen
Ständen und Ländern.
Von
B. von Oeynhausen,
k. lc. Oliei-stiieutenant im Armi'esja^r<' uml l?<ül1eliii'r an iler Cent.-(lavall.-Schul*
Drix Hiclil der Vebersetziinif trfril pari/e/tatten
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WIEN.
Verlag von L. "W. Seidel & Sohn.
1863.
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Vorrede.
bei angeborner Liebe für das Pferd, habe ich mich von Jugend
auf, an der Hand meines sei. Vaters beginnend, dem Reit- und Pfer-
defache gewidmet. Der auf mehren sehr guten Reitbahnen und Thier-
arzneischulen Deutschlands mir ertheilte Unterricht, der Besuch der
meisten Gestütte Deutschlands und des KaiserthumsOesterreich, meine
vieljährige Dienstzeit in einer europäischen Ruf geniessenden Reite-
rei, die Stellung als Lehrer an der Central-Equitations-Schule dieser Rei-
terei, meine Verwendung in derk. k. Gestüttsbranche und zum Ankaufe
von Militärremonten, einige Erfahrung im Betriebe der Landwirthschaft
endlich eine in neuster Zeit unternommene Reise nach England —
dies alles vereint, hat mir sehr vielfache Gelegenheit geboten, über
das Pferd, seine Zucht und seine Verwendung nachzudenken und viel-
seitige Kenntnisse zu sammeln.
Ich übergebe nun hiermit dem Pferdebesitzenden und gebrauchen-
den Publikum des Militär- und Civilstandes einen Theil der Früchte,
dieser vierjährigen Erfahrung, mannichfaltiger und fleissiger Beob-
achtung.
Die Erfahrungen und Ansichten Anderer mit den eigenen ver-
gleichend, habe ich von den mir bekannten altern und neuern Werken
über Pferdewesen einige als Quellen benutzt, und dieses meist im Ver-
laufe des Textes angegeben. Haben denkende Fachmänner über densel-
ben Gegenstand gleiche Ansichten so ist dieses immer eine angenehme
Genugthung und bestärkt das Selbstvertrauen.
Vielleicht ist es meinem Bemühen gelungen, die Lehre vom Gang-
wesen und den Proportionen im Baue des Pferdes — immer ein ziem-
lich undankbares Thema — deutlicher zu geben, als es bisher in man-
chen Werken geschehn ist; die beigefügten Zeichnungen werden ge-
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wiss sehr dazu beitragen, dem Leser den richtigen Standpunkt anzu-
weisen. Ich bitte, diese Blätter nur als das zu betrachten, was sie eben
sind, und an sie nicht den Maasstab zulegen, wornach man Pferde-
gemälde zu beurtheilen pflegt. Sind diese Zeichnungen zur Ver-
deutlichung des Gegenstandes gelungen, so haben wir dieses ganz be-
sonders der sehr freundlichen Mitwirkung des k. k. Herrn Obersten
Joseph ßerres von Perez zu verdanken; die Litografie ist aus dem
k. k. Militärgeografischen Institut hervorgegangen.
Wohl werden es manche als einen Mangel betrachten, dass nicht
alle Gangarten bildlich dargestellt wurden. Es ist dieses darum un-
terblieben, weil sich aus der Fussfolge des Schrittes alle andern Gänge
leicht erklären lassen. Es gibt ferner Momente in der Bewegung wel-
che gar so schwer naturgetreu wiederzugeben sind, indem sie in der
Bewegung des lebenden Pferdes dem beobachtenden Auge gar so
schnell entwischen, und dann auf dem Papiere entweder unnatürlich
oder schwerfällig erscheinen. Der Wunsch in weitern Kreisen praktisch
nützlich zu sein, und es als Pflicht erkennenddas gesammelte eigne
Wissen Andern zur weitern Verwerthung zu übergeben, sind die Trieb-
federn zur Herausgabe dieses Werkes; ich fühlte mich hierzu um so
angenehmer veranlasst, als sich meine bisherigen kleinen schriftlichen
Arbeiten immer vielen Beifalls erfreuten. Ernten meine Ansichten
und die Art sie mitzutheilen die Zustimmung der Sachverständigen,
habe ich damit zur Beförderung der guten Sache nach Kräften beige-
tragen, so will ich mich dem beruhigendem Bewusstsein hingeben, das
dieser Schrift vorangesetzte Motto nie aus den Augen verloren zu haben.
Auf blühenden, schönen Styl keinen Anspruch machend, ist es
mein Streben deutlich und für das praktische Leben wirklich beleh-
rend zu sein; ich glaube die Klippe als einseitiger Stubengelehrter zu
erscheinen glücklich umschifft zu haben. Ich werde einen ganz beson-
deren Werth darauf legen, wenn die Kritik in dieser Beziehung eine
günstige ist.
Hiermit sei die Vorrede beendigt; die Nachrede bleibt dem Forum
der Oeffentlichkeit anheimgestellt. Möge sie eine gute sein!
Der Verfasser.
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Einleitung.
Mit Strebenden ein Strebender zu sein,
Das leihet Muth, das schafft Gedeihn!
Friedr. Halm.
Unter den vom Menschen gezähmten und zu seinem Nutzen verwen-
deten Thieren steht das Pferd obenan; seine edle Gestalt, seine grosse
Gelehrigkeit und die Art, wie es uns Vortheil und Vergnügen schafft,
haben ihm mit Recht den ersten Platz erworben.
Die gefällige Gestalt des Pferdes, der Anstand in seinem Benehmen,
natürliche Gutmüthigkeit und dabei die Kraft seiner Bewegungen erweck-
ten ohne Zweifel schon früher in dem kindlichen Sinne unserer ersten
Voreltern eine gewisse Vorliebe und erwarben ihm das Vertrauen und die
Hausgenossenschaft des Menschen in einem ausgezeichneten Grade, welche
es auch durch die aufopfernde Bereitwilligkeit, seine Kräfte dem mensch-
lichen Willen unterzuordnen, so sehr lohnte, dass es sich dessen Gunst
für alle Zeiten sicherte, ja sogar göttlicher Verehrung theilhaftig machte.
In dem Pferde treten Eigenschaften hervor, die man auch beim Men-
schen unter die edlen zählt, indem sich in seiner Haltung und Bewegung
Stolz, Kühnheit und Kraft ausdrücken, welche sich auch auf seinen Reiter
zu übertragen scheinen, denn der Geist des Mannes erhebt sich auf dem
Rücken des Rosses und steigert das Bewusstsein seiner Kraft mit dem
Muthe und der Stärke seines Trägers. Diese Gefühle sind tief in die
Brust des Mannes gepflanzt, und regen sich schon frühe im männlichen
Leben, denn schon des Knaben Herz erbebt in Freude, und wähnt sich
zum Manne gereift, wenn ihm vergönnt wird, ein Ross zu besteigen. Das
Ross ist stets ein Attribut der Männlichkeit und fehlt daher in den
festlichsten Tagen des Mannes nicht; zu Ross erscheint der Herr-
scher vor seinem Volke, zu Ross mustert der Feldherr seine Heerschaaren,
zu Ross feiert der Sieger seinen festlichen Einzug nach heisserkämpfter
Schlacht und selbst dem Leichenzuge des im Kampfe gefallenen Helden
wird das Ross noch nachgeführt; ja auch der altersschwache Greis blickt
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noch mit Wonne dem stolzen Tritte des Rosses nach, eingedenk der schö-
nen verschwundenen Tage der Kraft, wo auch er zu Ross erschien. Die
Kühnheit und Standhaftigkeit des Pferdes bei drohenden und wirklichen
Gefahren, die so sehr den Muth des Reiters stählen, den bestürzten Feind
mit Furcht und Schrecken erfüllen und den Kämpfer zum Siege führen,
stempeln es zum Kampfgefährten des Kriegers als Schlachtross. Im Ge-
fühle seiner Würde spitzt es muthig die Ohren beim Schalle der Trompe-
ten, die den Krieger zum Kampfe rufen, erhebt es stolz seinen Nacken und
erscheint mit festem Tritte vor der Feinde Reihen, dringt mit unwidersteh-
licher Gewalt ein in des Kampfes Gewühl, hält unerschrocken und uner-
müdet aus im Zweifel der heissentsponnenen Schlacht, verfolgt rasch den
besiegten, fliehenden Feind, entführt aber auch flüchtig und sicher den im
Kampfe ermatteten und verwundeten Krieger der feindlichen Mitte, und
schweigend versteht es, zum Tode verwundet, auf dem Schlachtfelde zu
verenden.
Aber nicht nur im wilden Getümmel der Schlacht, sondern auch da,
wo unter dem milden Segen des Friedens der Pflug die fruchtbare Furche
durch das Land zieht, und von der gelockerten Scholle des Bodens Le-
bensbedürfnisse des Menschen gewonnen werden, erweist es seine Brauch-
barkeit und wird mit demselben Eifer der treue Gehilfe des Landmannes.
Auch da, wo sich durch den Austausch der Landesprodukte zwischen
den Völkerstämmen ein gegenseitiger Verkehr bildet und Handel gestaltet,
entfaltet es Vorzüge, die von keinem andere Hausthiere in gleichem Grade
zu ersetzen sind, denn mit rastlosem Eifer und unwiderstehlicher Kraft
bringt es den mit den Landeserzeugnissen schwer belasteten Frachtwa-
gen in ferne Gegenden, um diesen vorteilhafte Verwerthung zu ver-
schaffen ; mit eilender Hast führt es die flüchtige Post durch die
Länder und trägt den schriftlichen Gedanken zur fernen Mittheilung. Kurz,
es ergibt seiner Dienstleistung eine Vielseitigkeit, die seiner Brauchbarkeit
Anerkenntniss im Marstalle des Grossen, im Feldlager des Kriegers, auf
der Heerstrasse und in der friedlichen Hütte des Landmannes in gleich
ausgezeichnetem Grade sichert. (Baumeister.)
In solcherWeise »des Krieges Kraft, des Friedens Zier«
muss es jedem Pferdefreund und Pferdebesitzer vom höchsten Interesse
sein, sich über dieses Thier die gründlichsten Kenntnisse anzueignen. Ge-
biethet dieses vom Standpunkte des Privatmannes der eigene wohlverstan-
dene Vortheil, so ist es für jeden, dem im Staatsdienst wie immer Pferde
anvertraut sind, Gegenstand der Ehre des von Pflichtgefühl durchdrunge-
nen Mannes. Ausgerüstet mit gründlicher Pferdekenntniss kann der Caval-
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lerie-Offizier Ankauf, Abrichtung und nachher Verwendang der Pferde zu
Friedens- und Kriegsdiensten besser leiten; er wird dadurch befähigt, zur
rechten Zeit zu schonen, oder zur rechten Zeit den höchsten Kraftauf-
wand zu verlangen. Diese Pferdekenntniss sich anzueignen, genügt es bei
weitem nicht, gute Bücher zu lesen oder den Vortrag eines Professors von
der Lehrkanzel mit anzuhören. Auf theoretische Fächer sich stützend, er-
hält dieselbe erst Werth durch die Praxis, indem sie lehrt, die Theorie im
praktischen Leben anzuwenden. Die Pferdekenntniss muss sich desshalb
am lebenden Pferde angeeignet werden, im Stalle, auf der Reitbahn,
auf Pferdemärkten , auf Märschen , beim Reiten und Fahren aller
Art. Wo viele Pferde beisammen sind und im vielseitigen Gebrauche
gibt es Gelegenheit Vergleichungen anzustellen, man lernt, dass nicht
jedes Pferd zu jedem Gebrauchszwecke gleich gut ist, und auch nicht
sein kann, man erkennt, dass selbst ein von Natur sehr mittelmässiges,
selbst mit mehreren Fehlern behaftetes Pferd, selbst ein blindes, stumpf-
sinniges, in geringem Grade dämpfiges oder lahmes Pferd auch noch sei-
nen Platz findet, dem Menschen zu nützen und somit sein Futter zu ver-
dienen. Alles dieses regelt das Urtheil und befähigt, ein jedes Pferd rich-
tig zu schätzen, sei es nun das vorzüglichste oder das geringste.
Mit den Kenntnissen der Gestütskunde als Belehrung über Züchtung
des Pferdes nach bestimmten Grundsätzen, das diätetische Verhalten u. s. w.
ist es für den Gestütsmann, welcher Pferde für verschiedene Gebrauchs-
zwecke oder für den einen oder andern im Besondern züchten will, sehr
wünschenswerth, ja fast nothwendig, alle diese Gebrauchszwecke zu ken-
nen , denn nur dadurch kann er die Eigenschaften des Baues und Tempe-
ramentes , der Race u. s. w., die zu dieser oder jener Leistung besonders
befähigen, kennen lernen, um darnach die zu paarenden Individuen zu-
sammenzustellen.
Ohne dass es für den grössten Theil der Pferdebesitzer oder Pferde-
liebhaber möglich wäre, sich die einem Thierarzte nöthigen Kenntnisse
anzueignen, ohne sich bis zur gründlichen Kenntniss und Anwendung der
Heilmittellehre aufzuschwingen, erscheint es doch üur gründlichen Pferde-
kenntniss sehr nöthig, einiges aus den Wissenschaften des Thierarztes sich
anzueignen. Dahin gehören einige naturgeschichtliche Kenntnisse
des Pferdes, als wodurch die unterscheidenden Merkmale des Pferdes in
der Reihe der übrigen Thiere erkannt werden, und der Standpunkt, wel-
chen es in der Thierwelt einnimmt, angegeben wird; anatomische
Kenntnisse, als Belehrung über die Beschaffenheit der einzelnen Theile
des Pferdekörpers und deren Zusammensetzung zu einem Ganzen; phy-
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siologische Kenntniss, als Belehrung über die Verrichtungen der ein-
zelnen Körpertheile in ihrem Zusammenwirken zu einem selbstständigen
Ganzen und die Gesetze der Lebensthätigkeit des gesunden Zustandes ;
endlich pathologische Kenntnisse, als Belehrung über die verschiede-
nen Abweichungen der einzelnen Körpertheile vom gesunden norma-
len Zustande und deren Bedeutung für den gesammten Lebensprozess.
Unter solchen Voraussetzungen ist die Pferdekenntniss sehr umfas-
send und keineswegs so leicht, als man sich gewöhnlich denkt; allein in
diesem Umfange unbedingt nothwendig für den, dessen ausschliess-
licher Beruf sie ist, und welchem dieser Beruf ohnehin die Erlangung der
erwähnten Kenntnisse auferlegt, ist sie sehr nützlich für jeden Pferde-
besitzer, Pferdefreund und Liebhaber.
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Erster Abschnitt.
Naturgeschichtliches.
Nach Blumenbachs Lehre gehört das Pferd in die fünfte Ordnung
der Säugethiere, zur Familie der Einhufer. Es hat als naturhistorische
Kennzeichen 12 Schneidezähne, 6 in jedem Kiefer, 24 Backenzähne, 12 in
jedem Kiefer, und das männliche Pferd hat 4 Hackenzähne, 2 in jedem
Kiefer, welche nahe hinter dem Schneidezahn ihren Platz haben. Somit
hat die Stute 36, der Hengst 40 Zähne; es hat lange Schopf-, Mähnen-
und Schweif haare, einfache Hufe an den Füssen,, eine wiehernde Stimme
u. d. gl. m., der natürliche Aufenthalt des Pferdes ist auf hochgelegenen
Ebenen, und seine Nahrung besteht in den trockenen Pflanzen, härteren
Gräsern und den an Satzmehl und Kleber reichen Saamen und Körnern
verschiedener Getraidearten. Das Pferd hat nur einen einfachen Magen,
einen sehr weiten Dickdarm und keine Gallenblase. Das männliche Pferd,
der Hengst, so wie das weibliche, die Stute, werden beide in den Früh-
lingsmonaten brünstig und der Hengst bedeckt die als rossig erkannte
Stute gewöhnlich sehr rasch; wenn die Stute aufgenommen hat, lässt sie
den Hengst nicht wieder zu und schlägt ihn ab. Die Stute geht 11 Mo-
nate oder 48—49 Wochen, oder 338—340 Tage trächtig und bringt nach
dieser Zeit in der Regel nur ein Fohlen, das gewöhnlich sehr bald erstarkt
und 3, höchstens 4 Monate gesäugt wird.
Das Pferd lebt in seinem Naturzustande in Heerden beisammen; als
die ursprüngliche Heimath des Pferdes wird das mittlere Asien bezeich-
net, doch wird das ursprünglich wilde Pferd^ der Stammvater des unsri-
gen nirgends mehr getroffen, indem vielfältigen Beobachtungen zu Folge
die hie und da in Asien wildangetroffenen Pferde nur verwilderte sein sol-
len. Diese sollen von niedriger Statur sein, einen dicken starken Kopf,
grössere breitere Ohren, kurzen dicken Hals mit kraushaarigem Schöpfe
und Mähnen, starken Leib, etwas abhängendes Kreutz , kürzeren zottigen
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Schweif, starke stämmige Füsse, etwas längliche sehr zähe Hufe, grau-
bräunliche Farbe und im Ganzen eine dem Esel nicht unähnliche Gestalt
haben.
In Grösse, Gestalt und Brauchbarkeit wesentlich abweichend fand
man das Pferd in allen gemässigten, in den meisten heissen und in vielen
nördlichen Gegenden der alten Welt. Es ist inzwischen sicher, dass das
Pferd vor der letzten grossen Ueberschwemmung unseres Ertheiles, die
unter dem Namen Sündfluth bekannt ist, vorhanden war. An mehreren
Stellen sowohl in Europa als in Asien und Afrika hat man fossile Kno-
chen von Thieren der Pferdegattung, meist in Gesellschaft von versteiner-
ten Ueberresten des Nielpferdes, des Elephanten und Nasshornes, des Bä-
ren, Tiegers, der Hirsche und verschiedener anderer Thiere gefunden.
Die Mehrzahl dieser Pferdeknochen ist von derselsen Grösse wie die der
jetzt lebenden Pferde; nur im südlichen Amerika will man Ueberreste
eines gigantischen Pferdes aufgefunden haben. Die jetzt in der neuen Welt
im verwilderten Zustande angetroffenen Pferde sind wahrscheindlich erst
durch die Europäer dorthin verpflanzt worden, denn sie zeigen noch Merk-
male einer edleren Abstammung.
Das natürliche Alter des Pferdes mag sich immerhin auf 30—40
Jahre belaufen, obgleich einige Beispiele noch höheren Alters der Pferde
bekannt geworden sind. Künstliche Aufzucht und deren Folgen für die
Körperbeschaffenheit , frühzeitige Dienstverwendung und verschiedene
Krankheiten kürzen die natürliche Lebensdauer ab und lassen mit weni-
gen Ausnahmen, Pferde nach dem 18. Jahre schon als alte Pferde erschei-
nen, deren abnehmende Kräfte nur noch zu geringerer Dienstleistung hin
reichen. Das Pferd besitzt zwar grosse Lebenszähigkeit und erholt sich,
durch Strapatzen und Krankheiten sehr herabgekommen in kurzer Zeit,
erliegt jedoch manchen Krankheiten wie z. B. Hirn-, Hals- und Lungenent-
zündungen, Kolicken, Rotz, Wurm etc. auffallend schnell.
Zur Gattung Pferd gehört auch der Esel, das Zebra, das Quagga, das
Dschiggetai und das Bergzebra oder das Dauw. Das dem Esel ähnliche
Quagga wurde hie und da auch gezähmt; die anderen sind als wilde Thiere
zu betrachten. Der Esel begattet sich mit dem Pferde fruchtbar. Das
Produkt aus der Paarung des. Eselhengstes mit der Pferdestute heisst:
M a u 11 h i e r ; es ist gross und stark und stellt eigentlich ein Pferd mit
Eselgestalt dar; der Maulesel, als Produkt der Paarung eines Pferde-
hengstes mit einer Eselstute ist kleiner und erweist sich als Esel mit
Pferdegestalt; beide diese Bastarde sind für weitere Fortpflanzung unfä-
hig. Bastarde des Pferdes mit anderen Thieren gehören in die Fabelwelt.
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Was Maulthier ist wegen seiner Dauerhaftigkeit sehr geschätzt und in eini-
gen Ländern, namentlich in Spanien und Italien wird auch seine Zucht
sehr schwunghaft betrieben. Der Maulesel wird seiner geringeren Eigen-
schaften wegen minder geschätzt und nur zu geringfügigen Diensten,
namentlich zum Lastentragen benützt.
Das edle, das gemeine Pferd.
Unter Thierveredlung im Allgemeinen versteht man die Art und
Weise wie wir bei der Züchtung der Thiere gewisse Eigenschaften, die
wir gerne sehen oder wegen welcher wir die Thiere halten, forterben
lassen und vervollkommnen, oder auch andere, die sie nicht haben,
hervorzubringen suchen, und sogar in der Absicht um den Thieren selbst
eine grössere Tauglichkeit zu verschiedenen Zwecken zu verschaffen, d. h.
ihren Werth zu erhöhen und sie zur Befriedigung erhöhter menschlicher
•Bedürfnisse geeigneter zu machen.
Diesen Grundsätzen analog strebt man beim Rindvieh eine verbes-
serte und vermehrte Milchbildung, beim Schaafe Wolle, beim Schweine
Fettbildung u. s. w. zu erzielen. Das Pferd nützt dem Menschen nament-
•ich durch seine ritärke, Gewandheit, Ausdauer, und Schnel-
ügkeit, somit mehr durch sein Leben als durch seinen Tod, wie so viele
andere Thiere die durch ihr Fleisch als menschliches Nahrungsmittel,
Haut, Wolle, Fett, Gedärme u. s. w. dem Menschen erst nützlich werden.
Die Merkmale des Adels liegen in der Organisa-
tion und dem ihr innewohnenden Kraftvermögen.
Je feiner und fester die Materie vom Haar bis zur Nerve und je inni-
ger ihr Zusammenhang ist, desto edler das Thier und um so grösser das
Mass seiner innewohnenden Kräfte. Je gröberer und lockerer dieselbe und
je loser ihre Verbindung desto gemeiner und kraftloser wird es sein.
Der wesentliche Unterschied der gemeinen Pferde gegen edle
besteht also darin, dass das edle Pferd:
1.  Vorherrschende Produktivität durch Fülle von Blutleben besitzt.
2.  Grössere Schwere, Feinheit, Festigkeit und Dichtigkeit der
Knochen.
3. Kräftigere Muskeln.
4.  Festergespannte Haut.
•5. Feineres Haar.
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6.  Grössere Schnelligkeit und Intensität der Bewegungen.
7.  Eine grössere Plasse von Nerven und Gehirn mit höheren Blüthen
der Organisation, welche alle Organe durchdringend der Quell der Vered-
lung der untergeordneten Organe sind, und mit diesem in einer Wechsel-
wirkung stehen.
Das längere Erinnerungsvermögen, die grössere Gelehrigkeit, der
Ehrgeiz und Muth, der verständige Blick, längere Lebensdauer sind die
Eigenschaften höherer Organe, deren höchste Potenz dem edelsten Pferde
am meisten eigen ist.
Die hier sehr nahe liegende Frage, ob es denn wohl sehr wünschens-
werth wäre, nur sehr edle Pferde zu züchten, dürfte sich, wie folgt, er-
ledigen.
Wenn sich das veredelte und ganz edle Pferd wegen seiner grösse-
ren Ausdauer, Schnelligkeit besonders zum Reitdienst und schnellem Zug-
dienst eignet, so ist darum das gemeine Pferd doch nicht nutzlos oder ganz
entbehrlich; denn es gibt im gewöhnlichen Leben vielerlei Leistun-
gen, wozu sich das gemeinere Pferd besser eignet, als das sehr ver-
edelte oder ganz edle, z. B. der Zugdienst bei allen landwirtschaftlichen
Arbeiten oder der schwere Zugdienst bei grossen Frachtfuhren; derselbe
verlangt eine mehr langsame Ausdauer als schnelle hochgesteigerte Kraft-
entwicklung. Das gemeine Pferd mit seinen grösseren Körperformen legt
mehr Gewicht in das Geschirr und wegen seines weniger erregbaren Tem-
peramentes , gegründet auf die geringere Nerventhätigkeil und die lockere
Beschaffenheit seiner Muskulatur ist ihm eben die in dieser Arbeit so nö-
thige langsame Ausdauer eigen und es mattet sich bei der schweren Ar-
beit nicht so leicht ab, als es das edle Pferd thun würde.
Darum bleibt es aber doch sehr wünschenswerth, der veredelten
Pferdezucht immer mehr Verbreitung zu geben (und es ist wohl kaum zu
befürchten, dass sie sich in ihren ganz guten und vorzüglichen Produkten
allzusehr verbreiten würde). Denn erstens ist das edle Pferd ein besse-
rer Handelsartikel, weil sich immer mehr Käufer dazu finden, zweitens
werden die Anforderungen an Schnelligkeit verbunden mit Ausdauer und
Schönheit immer grösser, und drittens kann auch das veredelte Pferd
bei entsprechender Behandlung im landwirtschaftlichen Gebrauche sehr
gute Dienste thun, wogegen das gemeine Pferd niemals geeignet ist, den-
jenigen Anforderungen an Schnelligkeit und Ausdauer darin zu genügen,
die man heut zu Tage an Reitpferde aller Art sowohl im Militärge-
brauche als im gewöhnlichen Leben, oder au leichte Zugpferde stellt.
Ausser den jetzt besprochenen Unterscheidungsmerkmalen des edlen
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und gemeinen Pferdes spricht sich auch in den äussern Formen die Ab-
kunft aus. Besonders charakteristisch ist hierbei die Form des Kopfes.
Wenn das geöffnete frei und fest blickende Auge des edlen Pferdes Muth
uud Klugheit ausspricht, so gestattet die breite, hohe Stirn, der Raum zwi-
schen Augen und Ohren einem grossen kräftigen Gehirn die vollste
Entwicklung , woraus wieder die überwiegend geistigen Eigenschaf-
ten resultiren. Die etwas gestreckte frei gezogene Nase gibt dem ganzen
Gesicht die Form eines höher organisirten Wesens und die weit geöffneten
Nüstern befördern die Thätigkeit einer kräftigen Lunge beim angestreng-
testen Rennlauf. Beim gemeinen Pferde ist der Raum zwischen Augen und
Ohren kleiner, flacher, zuweilen eingedrückt und nach oben enger zulau-
fend, daher das kleine Gehirn mit weniger Geistesthätigkeit, daher bei
mangelhafter Quelle die geringere Nerventhätigkeit, daher dass beim ge-
meinen Pferde der Dummkoller Furchtsamkeit, Schreckhaftigkeit öfter
vorkömmt, als beim edlen. Die engen Nasenlöcher sind eben nicht geeig-
net, in kurzer Zeit der Lunge einen starken Luftstrom zur Blutbereitung
von aussen zuzuführen oder die verbrauchten Stoffe hinauszusenden.
Bezüglich des Knochenbaues im Ganzen sind es namentlich zwei
Parthien, welche das edle Pferd charakterisiren und worin sich die
Eigenschaften der kräftigen Ausdauer und der Schnelligkeit besonders
aussprechen. Es ist diese die lange schräg gelagerte mit derben, festen,
vollen Muskeln (bis zum Arme herab) versehene Schulter, der hohe, tief
111 den Rücken sich verlaufende Widerrist, verbunden mit grosser Tiefe
des Rippenkastens vom Widerrist bis zum Brustbein herab. Wird durch
diese Form einerseits eine vorzügliche Sattellage bedingt, so lässt sie an-
dererseit eine kräftige Beschaffenheit der Brustorgane, der Lunge und des
Herzens voraussetzen. An der Hinterhand ist beim edlen Pferde der Raum
zwischen Becken (Hüften und Sitzbeine) bis sum Kniescheibengelenke
herab sehr gross und mit vollen, kräftigen Muskeln versehen. Durch diese
Formen erscheint auch der Rücken kurz und kräftig und der Raum, über
welchem das Pferd auf dem Boden steht, lang, geöffnet. Ein solches Pferd
macht unwillkürlich den P^indruck, dass ihm ein guter Grad von Schnellig-
keit mit Ausdauer als auch Gewandtheit innewohnen müsse.
Das gemeine Pferd gibt in vieler Beziehung das gegentheilige Bild;
die Schultern sind steiler, mit schwächern Muskeln versehen und daher
keiner so grossen Beweglichkeit fähig, der Widerrist ist kürzer und weni-
ger ausgesprochen, die Formen der Hinterhand sind kleiner mit mehrfa-
cher Muskulatur versehen, der Rücken erscheint und ist länger, der Raum,
den die Füsse über dem Erdboden einnehmen, ist kurzer , zusammenge-
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schobener. Ein edles Pferd ist fast nie rückbiegig oder bodenweit gestellt
oder säbelbeinig, und bekanntlich ist mit allen diesen Stellungen höchst
selten ein freier, kräftig ausdauernder Gang verbunden. Ist bei dem in
guter Condition befindlichen, edlen Pferde der Ausdruck der Muskeln ein
mehr voller in seinen Contouren scharf abgegränzter, so erscheinen diese
Theile beim gemeinen Pferde mehr flach und weich; ebenso ist es mit den
Gelenken, die beim edlen Pferde in allen ihren Theilen scharf ausgespro-
chen , beim gemeinen Pferde kleiner und flacher erscheinen, Mähnen und
Schweifhaare des edlen Pferdes sind lang, weich, seidenartig, beim Lauf
im Winde fliegend geben beide dem Pferde ein stolzes, imposantes Anse-
hen ; beim gemeinen Pferde sind diese Zierden grob und hart. An den Bei-
nen der edlen Pferde liegt das glänzende Haar mit festgespannter Haut
und deutlich markirten eisenfesten Sehnen bis zur Krone herab, in der
Köthe eine leichte Haarxotte bildend fest auf; beim gemeinen Pferde er-
scheinen diese Theile häufig schwammig, ohne sichtlich erkennbare Seh-
nen mit groben, struppigen, in der Köthe bis zur Erde herabreichenden
Haarzotten (Behang). Nicht immer jedoch harmoniren inneres Wesen und
äussere Formen, denn es gibt Pferde mit den innern Eigenschaften des
edlen Pferdes bei äussern Formen, die meistens nur dem gemeinen Pferde
angehören, und ebenso umgekehrt.
Alle Veredlung der europäischen Pferderacen ist stets vom Oriente
ausgegangen ; die aus Asien eingewanderten Völkerstämme mit ihren vie-
len Pferden bewirkten dieses in den osteuropäischen Ländern, die Mauren
in Spanien und die durch die Kreuzzüge hervorgerufene nähere Bekannt-
schaft und häufigere Verbindung des Abendlandes mit dem Orient that das
übrige. Auch das englische Vollblutpferd führt seinen reinsten Stamm-
baum, bis zu den aus dem Orient direkt eingeführten Hengsten und Stuten
zurück. Indem jetzt das englische Vollblutpferd als der vollendetste Typus
des edelsten Pferdes in Europa dasteht, so soll dasselbe gleich hier eine
eingehendere Beschreibung finden , indem ich mir vorbehalte, die Vered-
lung der Pferderacen in Europa überhaupt gelegentlich der Beschreibung
der geschichtlichen Entwicklung der Pferdezuchten näher zu besprechen.
Das englische Vollblutpferd.
Ueber die Entstehung und Entwicklung des Vollblutpferdes sagt
Graf Veitheim Folgendes:
Man hat in England schon seit der Regierung Jakob I. (1603) ange-
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fangen, morgenländische Hengste einzeln einzuführen und zur Veredlung
der Pferdezucht zu gebrauchen, jedoch eine geraume Zeit hindurch ohne
erheblichen Erfolg und zwar dieses wahrscheinlich eben desshalb, weil
man nur edle Hengste hatte, und also keine Reinzucht edler Pferde
bilden konnte, sondern nur einen veredelten Halbschlag, der wie alle
Halbschläge immer bald wieder in die gemeine Landesrace ausartet.
Erst unter Karl IL (1660), der leidenschaftlicher Liebhaber der
Pferderennen war, und dieses zuerst auf bestimmte Grundsätze zurück-
führte, scheint man die Notwendigkeit einer edlen Rein zu cht einge-
sehen zu haben, indem dieser König einen seiner Gestütsmeister nach der
Berberei schickte, um nebst einigen morgenländischen Beschälern auch
eine Anzahl dergleichen edler Stuten nach England zu bringen.
Diese Absicht muss sehr glücklich erreicht worden sein, indem die
von diesem Manne mitgebrachten Stuten, die noch jetzt in den englischen
"estütsbücbern unter der Benennung der königlichen Stuten (roj^al mares)
vorkommen, den Haupt stamm der jetzigen englischen Reinzucht der
" ettrenner, Vollblutrace ausgemacht haben. Nun will ich zwar keines-
wegs in Abrede stellen, dass nicht in den ersten 50 Jahren, wo die Wett-
rennen in England regelmässig betrieben wurden, also etwa zwischen den
Jahren 1670 und 1720 noch manches Pferd vorgekommen sein mag, wel-
ches nicht von ganz unvermischtem, morgenländischen Blute abstammte,
vielmehr möchte dieses aus der Natur der Sache wohl zu vermuthen sein.
Von 1720 spätestens an, kann man sich aber aus den in England
vorhandenen, vollkommen glaubwürdigen Nachrichten überzeugen, dass
damals und höchst wahrscheinlich schon früher, in der Regel auf den
Rennplätzen kein Pferd, dessen reinorientalische Abkunft nicht erwiesen
werden konnte, mehr erschienen ist; und zwar dieses nicht aus leerer
Modesucht oder Eitelkeit, sondern weil die Erfahrung hinläng-
lich bewährt hatte, dass von einem Pferde, welches eine,
wenn auch nur geringe Beimischung nördlichen (d. h. von
der eingeborenen englischen Landrasse) Blutes enthielt, doch
«ein Gewinn mehr zu erwarten sei.
Anmerkung. Der Ausdruck: das Pferd hat viel, wenig
kein Blut, heisst soviel als, dass diesem bezeichneten Pferde die früher
erwähnten Merkmale des edlen und edelsten Pferdes in höherem, ge-
ringerem Grade oder gar nicht innewohnen. Vollblut (bloodhorse,
racehorse, thorough-breed-horse) bezeichnet also immer den höchsten
wad des beim Pferde zu findenden Adels und hiernach lässt sich also
auch der Begriff von Halbblut nicht unschwer feststellen. In England wird
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die Bezeichnung Voll-, Dreiviertel-, Siebenachtel-, Halbblut nach dem
Stammbaum beigelegt; heutzutage wird bei uns mit dem Ausdruck
Vollblut gar häufig sehr leichtsinnig verfahren und im gewöhnlichen
Leben gar oft schon ein Pferd Vollblut genannt, wenn es- einen englischen
Vollbluthengst zum Vater hat, um die Mutter und deren Stammbaum wird
dann weiter nicht gefragt.
Die Ueberlegenheit des Vollblutpferdes über das Halbblut liegt
hauptsächlich in der intensiven Kraft, welche dem Vollblutpferde inne-
wohnt, und oft manchen Mangel seines Baues aufwiegt.
Dass auch unter den dem Stammbaume nach wirklichen Vollblutpfer-
den gar verschiedene Individuen, sowohl ihrem Baue als ihrer Leistungs-
fähigkeit überhaupt vorkommen, kann einem einigermassen aufmerksamen
/
                  Beobachter nicht entgehen und darf hier nicht unerwähnt bleiben. Auf die
Züchtung der Vollblutpferde erster Klasse kann der Engländer mit
vollem Eechte stolz sein, und mittelst der Anwendung dieses ist es gelun-
gen , die andern Arten zu dem zu machen, was sie nun sind, und selbst
ihren aus Friesland stammenden so schweren Karrenpferden haben sie durch
Beimischung von Vollblut mehr Schnelligkeit zu geben für gut befunden.
Soweit die Anmerkung. —
Als Versuch und ausnahmsweise sind jedoch einzeln auch noch spä-
terhin wohl Pferde, von denen es zwar immer nicht eigentlich erwiesen,
aber doch höchst wahrscheinlich ist. dass sie nicht ganz Vollblut waren,
auf den Rennplätzen erschienen. Davon, dass dieses mit Erfolg geschehen
wäre, sind nur drei Beispiele bekannt; als:
1.  Herrn Robinsons Sampson, ein schwarzer Hengst gezogen (1745)
der sich in den 1750er Jahren als Renner auszeichnete.
2.  Enginneer, des vorigen Sohn, dunkelbraun, gezogen 1735, der in
den 1760er Jahren als guter Renner bekannt war, und endlich
3.  dessen Sohn Mambrino, ein Schimmelhengst, gezogen 1768, der in
den 1770er Jahren blühte.
Die guten Eigenschaften dieser drei Hengste hatten in Verbindung
mit ihrem starken und kräftigen Knochenbau eine Zeitlang hindurch Vor-
liebe für ihre Nachkommen erweckt; bald aber überzeugte man sich, dass
diese Race sich nicht constant erhielt, und mit jeder Generation schlech-
ter und zum Wettrennen unbrauchbarer wurde, wesshalb man eilte, solche
in Vollblutgestüten auszurotten.
Anmerkung. Richard Darville sagt: In England zieht man Halb-
blutpferde besonders für die Rennbahn, welches man racing-coktail, d. h.
Rennbalbblut nennt, bei deren Zucht man darauf sieht, dass sie dem Voll-
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blut so nahe wie möglich stehen, und nur einen höchst unbedeutenden Ma-
kel in ihrem Stammbaume haben. Derartige Halbblutpferde sind dem
vollblute so nahe verwandt, ihre Action und ihr Gebäude ist so gut, dass
Athem und Muskelkraft bei ihnen zu einer grossen Vollkommenheit
gebracht werden können. Wird ihnen nun gar noch im Rennen Gewicht
erlassen, wie solches meistens der Fall, so ereignet es sich wohl gelegent-
lich , dass ein solches Pferd selbst gute Vollblutpferde schlägt, und
gewöhnliches Halbblut natürlicherweise gar nicht dagegen aufkommt.
Fast jedes Jahr gibt es auf den Rennbahnen Englands einige derar-
tige gute, nicht ganz reine Vollblutpferde, welche selbst oft bedeutende
Stakes (Einsätze) gewinnen. Dergleichen Fälle sind jedoch zu selten, und
steht dieses Halbblutpferd hierbei in seiner Züchtung dem Vollblut zu
nahe als dass sie die alte Erfahrung umstossen könnten, nach welcher
Halbblut wie es in der Regel unter diesem Namen vorkömmt, unter sonst
gleichen Verhältnissen niemals mit Vollblut sich messen kann. Soweit die
Anmerkung. — —
Wenn man also die englische Wettrennrace ihrer grossen Mehrzahl
nach als eine nach England verpflanzte, durch Klima und Fütterung aller-
dings vergrösserte, sowie durch die Auswahl der schnellsten Individuen,
(fast ohne alle sonstige Rücksicht,) für diesen Zweck verbesserte
ßiorgenländische Reinzucht betrachten muss, da die angeführten ein-
zelnen Beispiele von Mischung mit nördlichen, (alt englischen) Blute darin
als Ausnahme von der Regel nichts verändern können, so muss man jedoch
darum nicht annehmen, dass diese nun seit mehr als 100 Jahren in sich
consolidirte Race nur allein aus Arabien herstamme.
Die Racing-Calendars, das Turf-Register und Stud-Book, (die Ver-
zeichnisse über die Abstammung der Vollblutpferde) beweisen vielmehr,
dass diese Race aus Arabern, Berbern, Egyptern, Persern und asiatischen
Türken zusammengesetzt ist, obschon auch dieses nicht allemal buchstäb-
lich zu verstehen sein möchte, da in früheren Zeiten wo man den Orient
und dessen Pferdezuchten weniger genau kannte, als jetzt man gewöhn-
lich ein Pferd nach dem Lande zu nennen pflegte, von wo es zunächst
nach Europa gekommen war. Besonders wurden türkische Beutepferde
(wie z. B. der berühmte Beyerley-Turk, der angeblich bei dem Entsätze
von Wien 1683 erbeutet war,) immer schlechthin Türken genannt, obschon
sie höchst wahrscheinlich die edelsten Araber waren.
Einer der berühmtesten Stammväter der jetzigen Stammrace "war
Barley's Araber, der im letzten Theile der Regierung der Königin Anna,
also zu Anfang des vorigen Jahrhunderts nach England kam. Herr Darley
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hatte gegen vieles Vorurtheil zu kämpfen, und es dauerte eine Zeitlang,
bis sein Hengst die Aufmerksamkeit auf sich zog und man den Werth
seiner Nachkommen zu erkennen begann. Herrn Darley's Bruder kaufte
diesen Hengst zu Aleppo; in der benachbarten Wüste von Palmyna gebo-
ren. Die unmittelbaren Nachkommen dieses unschätzbaren Pferdes waren
der Devonshire oder Flying-Ghilders, der Bleeding oder Bartletts Chil-
ders, welcher nie trainirt wurde, Almansor und andere. Durch die Chil-
ders wurde der Ruhm und das Blut ihres Vaters weit verbreitet; von den-
selben stammten andere Childers, Blaze, Snar, Rampian, Eclipse und eine
Menge vorzüglicher Pferde ab.
Mehr als 20 Jahre nach Darley's Araber, nachdem der Werth des
arabischen Blutes vollkommen anerkannt war, besass Lord Godolphin
einen schönen Hengst von eigenthümlichen Aeussern, den er einen Araber
nannte, der aber ein Berber war.
Sein fast übertrieben hoher und gebogener Hals zeichnete ihn von
jedem anderen Pferde aus. Er war in Frankreich aufgetrieben worden,
wo er in einem Wasserkarren lief, und als ihn Lord Godolphin bekom-
men hatte, war er eine beträchtliche Zeit in dessen Stalle, ehe man seinen
Werth erkannte. Erst nach der Geburt des Loth, eines der ersten Pferde
jener Zeit, fing man an, seine Vorzüglichkeit einzusehen. Er wurde nun
ein Araber genannt, und trug noch in einem höheren Grade als der Dar-
ley's zur Begründung der neueren Vollblutzucht bei. Erstarb, 1759 in
einem Alter von 29 Jahren.
Die sich von diesen berühmten Pferden und ihren direkten Nach-
kommen datirende Veredlung leistete nunmehr alles, was man wünschen
konnte, und zwar gilt dieses nicht blos von dem Vollblut- und Stamm-
pferde, es ist in einem wesentlichen Grade mit jeder Art von Pferden der
Fall. Durch eine umsichtige Beimischung und Verhältniss von Blut haben
die Engländer ihre Jagdpferde, Reitpferde, Kutschen- und wie schon frü-
her erwähnt, sogar Karrenpferde viel stärker, kräftiger, dauerhafte/ und
schneller gemacht, als sie vor Einführung des Rennpferdes waren.
Das Gestüttbuch, Stud-Book, welches eine von jedem englischen
Züchter anerkannte Autorität ist, führt alle alten Renner auf irgend einen
orientalischen Ursprung zurück, oder es gibt die Abstammung bis zu einer
Zeit an, wo sie sich nicht weiter mit Gewissheit verfolgen lässt. Wenn
der Stammbaum (Pedigree) eines jetzigen Renners verlangt wird, führt
man ihn so weit zurück, bis er mit einem wohlbekannten Renner aufhört;
wird die Abstammung noch weiter zurückverfolgt, so endet sie entweder
mit einem Orientalen oder in Dunkelheit.
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Bekanntlich erschien der erste Racing-Calendar im Jahre 1727 und
'st seitdem ununterbrochen fortgeführt worden. Aus den darin enthaltenen
und daraus in das General-Stud-Book, Turf Register u. s. w. übertragenen
Nachrichten ergibt sich die Abkunft aller auf dem Turf (Rasen also
gleichbedeutend mit Rennbahn) vom Jahre 1700 an erschienenen Renn-
P'erde ziemlich genau, und man findet z. B. darin, dass von da an bis zum
ahre 1750 noch nahe an 30 morgenländische Stuten zu verschiedenen
leiten von Privaten einzeln eingeführt sind, um zur Zucht von Rennpfer-
den verwendet zu werden, welche also den royal mares und von Privaten
v°r dem Jahre 1700 eingeführten noch zuzurechnen sind.
Da wir nun in den Stammbäumen der ausgezeichnetsten englischen
Rennpferde das Blut des Arabers mit dem der Berber, mitunter auch
angeblich (jedoch seltener) der Türken und noch anderer morgenländi-
scher Pferderacen gemischt finden, so darf man, glaube ich, (Veitheim)
0111 gutem Grunde annehmen, dass durch diese zum Zweck so glücklich
und richtig getroffene Mischung, versteht sich in Verbindung mit der durch
englische Fütterung und Wartung allmählig bewirkten Grösse und Kno-
ehenstärke das englische Vollblutpferd entstanden ist, und man
daher, wenn es nöthig wäre, dasselbe auch jetzt wieder auf demselben
wege würde hervorbringen können.
Dieses scheint auch ganz die Meinung des Old-Forester zu sein, wenn
er sagt: dass, wenn ersieh in dem Falle befände, von ausländischen
"lerden Rennpferde erziehen zu wollen, er einen arabischen Hengst mit
einer Berberstute mischen würde und dann in der dritten Generation sei-
nen Zweck sicher zu erreichen hoffte.
Die anerkannten Vorzüge des englischen Pferdes sind nicht so sehr
* eigen des Klimas, des Bodens u. s. w.; sie müssten in diesem Falle nicht
erst seit 150 Jahren, sondern schon weit früher die Aufmerksamkeit
erregt haben ; sie sind vielmehr wie Mrs. Percival richtig bemerkt, der Er-
folg der mit Festigkeit und Kenntniss geleiteten Züchtung.
Hierunter ist aber nicht blos die Anschaffung
eines guten Orriginalstammes verstanden, son-
dern auch die sorgfältige Aufzucht und Fütte-
rung der Nachkommen und vor allem die wich-
t!ge Auswahl der zur Nachzucht bestimmten I n-
d l v i d u e n.
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Aeussere Pferdekenntniss.
Die äussere Pferdekenntniss belehrt uns über Regelmässigkeit des
Baues, Schönheit, Dauer und Brauchbarkeit des Pferdes.
Sie zerfällt daher in mehrere Theile und zwar:
1.  In die Benennung der einzelnen Theile des Pferdekörpers.
2.  Beurtheilung des guten oder mangelhaften Baues der einzelnen
Theile und des Ganzen.
3.  Die äusserlich sichtbaren Fehler und Gebrechen.
4. Benennung und Erklärung der Gangarten nebst Beurtheilung des
guten oder fehlerhaften Ganges.
b. Erkennen des Gesundheitszustandes im Allgemeinen oder Störun-
gen desselben.
Das Skelett oder Knochengerüste als die Grundlage, die Festge-
bilde , woran sich alle Weichgebilde, die Muskeln, Sehnen u. s. w. anhef-
ten, muss zuerst betrachtet werden.
Skelett nennt man das ganze Knochengebäude des Pferdes in sei-
ner Zusammenstellung und Verbindung durch die Gelenke, ohne Mus-
keln, Sehnen, Haut sammt Haar.
Bezüglich der Knochen im Allgemeinen ist zu bemerken, dass sie
sämmtlich von der Natur höchst weise geformt sind, um an ihren Ab- und
Fortsätzen, den Muskeln, Sehnen und Bändern günstige Anheftungspunkte
zu biethen. Ihre Güte besteht nicht sowohl in ihrem grossen Umfange als
vielmehr in ihrer Dichtigkeit und Schwere und es ist diese letztere ein
Hauptvorzug des edlen Pferdes vor dem geraeinen. Auch sind sie nicht
alle von gleicher Beschaffenheit, z. B. sind die Rippen und die ihnen ähn-
lichen Stachelfortsätze der Rückenwirbelbeine weicher als die übrigen
Knochen; die härteste Substanz haben die Zähne.
Die Gelenke sind mit Knorpeln gewissermassen auswattirt, und stets
mit einer Feuchtigkeit, Gelenkschmiere (Synovia) genannt versehen, damit
die Knochen nicht zu hart aneinander stossen, und bei der Bewegung
keine Reibung entsteht; ferner sind diejenigen Knochen, welche das Ge-
lenk bilden, durch starke Bänder mit einander verbunden. Je grösser
und breiter die Gelenke in ihrem Umfange sind , desto mehr Befestigungs-
punkte haben sie; je mehr Befestigungspunkte, desto mehr Stärke und
Haltung. Starke Gelenke geben ein Recht, Kraft zu vermuthen. Die Ge-
lenke sind verschiedenartig geformt, wie es ihr Zweck von Natur verlangt
und haben auch verschiedene Benennungen; in der Hauptsache genügt es
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zu wissen, dass ein Theil der Gelenke nicht allein die Bewegung nach
auf-, ab-, vor- und rückwärts , sondern auch in der Rundung zulässt; ein
solches Gelenk nennt man freies oder Nussgelenk.
Nicht alle Knochen am Pferdekörper sind durch Gelenke verbunden;
so 2. B. nennt man die Verbindung mehrer Knochen des Kopfes nament-
lich des Vorkopfes und der Stirn die N a h t, welche darin besteht, dass
die ungleichen, ausgezackten Ränder zweier aneinanderliegender Knochen
genau in einander passen.
Sind zwei Knochen durch ebene Ränder aneinandergereiht, so nennt
man dieses die Harmonie, z. B. die Verbindung der beiden Nasenbeine
untereinander.
Die Einkeilung nennt man diejenige Verbindung, wo ein Kno-
cuen in einem andern wie ein Keil steckt, was z. B. bei den in den Kie-
fern steckenden Zähnen der Fall ist.
Durch übermässige Anstrengung in der Jugend, oder heftige, plötz-
liche Bewegungen durch äussere, mechanische Einwirkungen, als Schläge,
Stösse u. s. w. entstehen allerhand Knochenkrankheiten. Die hervorgeru-
fene Entzündung lässt Knochenmaterie ausschwitzen, die dann verhärtet,
wodurch das Pferd bei der Bewegung Schmerzen empfindet und lahm geht.
Natürliche Disposition zu mangelhafter Knochenbildung in Folge von Er-
nährung mit Futterstoffen, die jene Bestandtheile, welche namentlich zur
gesunden Knochenbilduug dienen, nicht hinlänglich enthalten, befördert
das Entstehen dieser Knochenfehler sehr und tritt dann auch als Erbfeh-
]er auf. Die Knochenleiden sind unter dem Namen Knochenauflockerun-
gen, Knochenspath , Rehbein, Leisten, Ringbein, Schale, üeberbein be-
kannt, und werden weiter unten näher besprochen werden.
Auch Knochenbrüche kommen bei Pferden vor. Die Heilung ist
vielen Schwierigkeiten unterworfen, nicht etwa weil die Knochen des
Werdes dazu weniger geeignet wären, sondern weil es so schwer ist,
das Pferd in einem solchen Falle in die dazu so nöthige ruhige Lage
zu bringen.
Was nun die Knochen betrifft, welche den einzelnen Körpertheilen
zur Grundlage dienen, so besteht der Kopf aus sehr vielen (nach Bau-
meister etlichen und dreissig) Knochen. Die Haupteintheilung ist in den
Ober- oder Vorder- und in den Unter- oder Hinterkiefer (auch Ganasche
genannt) zwischen welchen eine bewegliche Verbindung statt findet. Alle
übrigen Knochentheile des Kopfes sind so fest verbunden, dass sie. ein
Ganzes zu bilden scheinen. Besonders zu benennen sind die Augenbogen,
Augenhöhlen, die Jochbeinleiste und die Nasenbeine.
2
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Von den Zähnen wird bei der Lehre vom Alter das Nähere bespro-
chen werden.
Wirbelsäule nennt man die Reihe von Knochen, welche vom Genick
bis zum Schweifende durch das ganze Pferd geht. Diese Knochen haben
verschiedene Formen und sind gelenkartig unter sich verbunden.
Genick ist dasjenige Gelenk, wodurch sich der Kopf mit dem ersten
Halswirbel verbindet; es lässt die Bewegung des Kopfes nach auf- und ab-
wärts und bis zu einem gewissen Grade nach rechts und links in der Run-
dung zu, und ist also ein freies Gelenk.
DieWirbelbeine des Halses sind an der Zahl sieben ; sie sind von ver-
schiedener Grösse und Formationen; der zweite heisst A11 a s oder Träger.
Dem Rücken liegen 18 Wirbelbeine zum Grunde, zu .beiden Seiten
derselben sind die Rippen mit ihnen verbunden. Auf der oberen Seite
befinden sich die sogenannten Stachelfortsätze, welche am Widerriste am
längsten sind, wodurch die Höhe desselben gebildet wird.
Die sechs Lendenwirbelbeine sind den Rückenwirbeln ganz ähnlich,
haben ebenfalls Stachelfortsätze, jedoch haften sich an ihre Seitentheile
keine Rippen mehr an.
Der Schweif hat 16—18 Wirbelbeine.
Die Zahl der Rücken- und Lendenwirbelbeine beträgt zusammen 24;
von vorn gezählt das 14. steht gerade aufwärts, die übrigen dreizehn ha-
ben eine von vorn gegen dieses gerichtete Stellung, ebenso sind die hinter
diesem 14. gelagerten zehn mit ihren Stachelfortsätzen von hinten nach
vorn gerichtet, und sind also nach Art eines Bogengewölbes construirt. Dass
hierdurch nebst der Biegsamkait des Rückens die Tragfähigkeit sehr be-
fördert wird, Jiegt auf der Hand.
Die Knochen der Vordergliedmassen sind:
1.  Das Schulterblatt; es besteht aus einem mehr flachen Kno-
chen, der nach oben breiter, nach unten schmäler ist, und durch eine Er-
habenheit , Schulterblattgräte genannt, nach der Länge in zwei ungleiche
Theile getrennt ist. Der obere breitere Theil des Schulterblattknochens
endigt mit einem einige Finger breiten Knorpel, der zur Beweglichkeit der
Schulter sehr nothwendig erscheint.
2.  Das Querbein; dasselbe hat eine schiefe Lage von vorn nach
rück- und abwärts, verbindet sich mit seinem obern, vordem Theile mit
dem untern Ende des Schulterblattes mittelst eines Nussgelenkes, wo-
durch es dem Pferde möglich wird, mit den Vorderbeinen seitwärts über-
einander zu treten. Dieses Gelenk ist das einzige derart an der ganzen
Vordergliedmasse und heisst: Buggelenk.
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3.  Das Armbein; dasselbe verbindet sich mitdem untern, rückwärti-
gen Ende des Querbeines, und reicht bis zur ersten Reihe der Knieknochen.
m °bern ist nach rückwärts ein Knochenfortsatz (Höcker) angebracht, der
azu dient, um darüber laufenden Sehnen und daran befestigten Muskeln
mehr Hebelkraft zu geben und Ellbogen genannt wird.
4.  Das Vorderknie, auch nur Knie genannt, indem es am Hintertheil
eigentlich kein Knie gibt; es besteht aus 7 Knochen, die durch Bänder
untereinander verbunden sind. Sechs liegen, je drei und drei, in zwei Rei-
hen übereinander, der siebente liegt allein hinten und heisst das Flügel-
oder Hakenbein.
3. Das Röhrbein, Schienbein, hie und da auch Unterarm genannt,
sammt den beiden an der hintern Seite angebrachten Griffelbeinen.
6.  Das Fesselbein; es verbindet sich mit seinem oberen Theile am
intern Ende des Röhrbeines und hat eine schiefe Richtung von hinten
nach vorn. An der hintern Seite desjenigen Gelenkes, wodurch sich diese
neiden Knochen miteinander verbinden, das Köthengelenk genannt, liegen
die Gleichbeine.
7.  Das Kronenbein, von dem ein kleiner Theil in den Hornschuh
herabreicht.
8.  Das Hufbein und
9.  das Strahlbein, welches hinter dem Hufbein und unter dem Kro-
nenbein liegt.
Das Brustbein bildet die untere feste Grenzlinie des Brustkor-
es; es liegt zwischen den Vorderbeinen und an dasselbe befestigen sich
°n jeder Seite 9 Rippen, wodurch der Brustkorb gebildet wird.
Die Rippen sind alle mit ihren obern Enden an den Rückenwirbelbei-
nen befestigt; nach unten sind die neun ersten oder vordem an dem Brust-
e'n angewachsen und heissen wahre; die neun andern sind unter sich
urch Knorpel verbunden und heissen falsche Rippen.
Das Becken- oder Kreuzbein dient dem oberen Theile des Hin-
tertheiles zur Grundlage und besteht aus: dem Darm- oder Hüftbein,
dem Sitz- oder Tragbein und dem Schambein.
Die Knochen der ganzen Hintergliedmasse sind folgende:
1. Das Oberschenkel- oder Backbein. Es verbindet sichjnit
seinem rückwärtigen, obern Theile an dein Becken durch ein Nussgelenk,
die Pfanne genannt, und es ist dieses das einzige am ganzen Hintertheile,
Wodurch es dem Pferde möglich wird, mit einem Hinterfuss seitwärts über
en andern zu treten. Die Richtung des ganzen Beines ist schräg von hin-
ten nach vorwärts; es verbindet sich unten mit dem:
2*
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2.  Unter s chenkelbeiii auch als ganze mit Muskeln versehene
Parthie die Hose genannt. Auf der vordem Seite des Gelenkes, welches
diese beiden Knochen mit einander verbindet, liegt ein Knochen, welcher
die Kniescheibe oder Leiste, daher das ganze Gelenk Knieschei-
bengelenk oder Leistengelenk heisst (nicht zu verwechseln mit dem
Knie der vorderen Gliedmasse).
3.  Das Sprunggelenk. Dasselbe besteht aus 6 Knochen, die in
zwei Reihen übereinander liegen. Die beiden obersten sind die grössten; das
nach vorn liegende heisst des R o 11 b e i n, nach hinten liegt das Fersen-
oder Hakenbein; die Knochen der Hinterglied masse vom Sprunggelenk
abwärts haben dieselben Namen, als bei der Vordergliedmasse, nur sind sie
alle in der Regel etwas stärker.
Bezüglich der Knochen im jugendlichen oder vorgeschrittenen Alter
ist zu bemerken , dass das jugendliche Alter leichten Körperbaues, elasti-
scher Sehnen durch die ganze Schöpfung, noch ziemlich frei von den
eigentlichen Mühen des Lebens noch überall die Rundung der Formen
auch in dem Knochengebäude zeigt; zu den Anstrengungen des reiferen
Alters bilden sich die Knochen bei weitem entschiedener in ihrer Eigen-
thümlichkeit aus; endlich aber im höheren Alter werden sie erst wahrhaft
knöchern , eckig, schroff und rauh. Es führt uns dieser Gegenstand zur
Bewunderung der weisen Natur, denn was den Muskeln und Sehnen nach
und nach an Spannkraft abgeht, das erleichtert ihnen die allwaltende Vor-
sehung durch günstigeres Hervortreten der Knochenvorsprünge, also
durch Verbesserung der Hebel.
Benennung- der einzelnen Theile am Pferdekörper.
Zur leichtern Uebersicht für den Lernenden theilen die Schriftsteller
den Pferdekörper in die Vorhand, den Leib und die Nach- oder Hin-
terhand; andere theilen das Ganze in den Rumpf und die Glied-
mas s e n.
Zur Vorhand nun gehören :
{. der Kopf mit seinen einzelnen Theilen und zwar: die Ohren, das
Genick, der Schopf, die Stirn mit dem Vorkopf, die Augen sammt Augen-
lider und Augenbogen, die Nase sammt Nasenlöcher, das Maul mit den
Zähnen, Zunge und Gaumen, das Kinn, die. Lippen , die Ganaschen sammt
dem Kehlgange.
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2.  Der Hals besteht aus dem Kamm, d. i. der obere Rand mit der
Mähne, den beiden Seitentheilen und der Kehle mit dem Kehlkopf.
3.  Der Widerrist ist jene runde hohe Erhabenheit zwischen Hals und
Rücken ober den Schultern.
4.  Die Brust.
8. Die Schultern und das Querbein, in ihrer Verbindung der Bug
genannt.
6.  Der Arm mit dem Ellenbogen.
7.  Das Knie.
8.  Das Schien- oder Röhrbein mitdergrossenBeugesehne.
9.  Der Fessel mit dem Köthengelenk und der Krone.
10.  Der Huf mit seinen einzelnen Theilen, als: der Hornschuh, wel-
cher wieder in die Zehe, die Seiten- und Trachtenwände zerfällt; dann
der Saum, der Strahl, die Sohle und die Ekstreben. Im Innern des Hufes
befinden sich das Hufbein, das Strahlbein und ein Theil des Kronenbeines,
sanimt den am Hufbein sich festsetzenden Sehnen, deren Gefässen und
Nerven.
Erwähnt muss noch werden die Hornwarze oder Kastanie und der
Sporn. Erstere befindet sich an der innern Seite des Armes über dem
Knie, ist bei gemeinen Pferden meist grösser als bei edlen; ihre eigent-
liche Bestimmung kennt man nicht. Der Sporn ist ein hornartiges Gebilde
lm Köthengelenk und scheint zum Schutze für die Gleichbeine und die
darüber laufenden Sehnen zu dienen.
Die einzelnen Theile des Leibes, von einigen auch Mittelhand ge-
nannt, sind: der Rücken, die Lenden oder Nieren, die Rippen, die Flan-
ken und der Bauch mit dem Nabel.
Zur Nachhand gehören das Kreuz auch Kruppe genannt, die Hüften,
der Schweif, der After, die Scham, die Hinterbacken, die Kniescheibe, die
«osen, das Geschröte (Hoden sammt Schlauch und männliches Glied) das
kuter (bei Stuten) das Sprunggelenk und von da abwärts wie bei den
Vorderbeinen.
Die Hornwarze oder Kastanie befindet sich unter dem Sprung-
gelenke.
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Der Kopf.
Derselbe ist im Allgemeinen schön, wenn alle Theile, aus welchen er
besteht, ein richtiges Ebenmass unter sich und in Rücksicht auf den
übrigen Körper haben; so wie er hässlich, wenn er zu lang oder zu kurz,
zu dick von Knochenmasse, zu fleischig und zu gross ist.
Je nach der Form des Kopfes gibt man demselben verschiedene Na-
men, z. B. Hechtskopf. Dies ist ein solcher, dessen Nasenbein nach
rückwärts eingebogen ist, wobei die Nasenlöcher weit geöffnet hervortre-
ten, verbindet sich damit eine breite, etwas gewölbte Stirn, ist der ganze
Kopf etwas kurz und sieht man die unter der Haut liegenden Blutgefässe,
so zeigt dieses eine edle Race und scharfe Sinnesorgane an.
Der gerade Kopf unterscheidet sich von diesem nur dadurch, dass
sein Nasenbein gerade herabläuft; er ist ebenfalls edlen Pferden eigen.
Rammskopf (die Bezeichnung soll aus einem verdorbenen nasus
romanus herrühren) ist von der Stirn herab bis zur Nase nach vorwärts
gebogen. Er ist meistens mit einer schmalen, etwas eingedrückten Stirn
verbunden, hat vielfach schwache Sinnesorgane, beurkundet Anlage zu
Kopfkrankheiten als Koller, Augenleiden, und ist ein Zeichen von gemei-
ner Race.
Beim Schafskopf ist die Stirn grösser, breiter, etwas gewölbt; er
ist öfter Pferden von veredelter Abkunft eigen und darum besser als der
Rammskopf, weil er für ein grösseres Gehirn mehr Platz gibt.
Die Benennungen Keilkopf nach vorn sehr spitz mit starken Ga-
naschen; Alteweiberkopf, sehr lang und in allen Theilen sehr
schmal, Schweinskopf, Ochsen köpf bezeichnen alle einen mehr
oder weniger hässlichen oder auch fehlerhaften Kopf.
Schöne Ohren sollen nicht allzulang, gut angesetzt, aufwärts getra-
gen , mit feinen Haaren besetzt, die Haut zart, die Adern sichtbar und die
Knorpel nicht zu dick sein.
Je nach ihrer Gestalt, ihrem Ansatz und der Art, wie sie das Pferd
trägt, gibt man auch den Ohren verschiedene Benennungen.
Hasenohren z.B. nennt man solche, die zu nahe beisammenste-
hen und gerade aufwärts getragen werden.
Kuh- oder Schollohren auch Schweinsohren, sind verschie-
dene Benennungen solcher, die zu breit stehen, dabei nach der Seite
herabhängen ; sie sind hässlich.
Sowohl aus der Beschaffenseit der Ohren als der Art sie zu tragen,
zieht der Plerdekenner seine Schlüsse> z. B. ein munteres, aufmerksames
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gehlustiges Pferd hat auch stets ein bewegliches Ohrenspiel; spitzt das
Pferd die Ohren stark nach vorwärts und hält sie längere Zeit in dieser
Richtung aus, so spannt das Pferd seine Aufmerksamkeit besonders auf
einen Gegenstand, der ihm Furcht verursacht und es vielleicht alsbald
zum Stutzen oder gar Umkehren veranlassen wird. Der aufmerksame Rei-
ter oder Kutscher ergreift in rechter Zeit seine Massregeln.
Trägt ein Pferd die Ohren immer nach rückwärts gespitzt, so ist
hiermit meistens ein zurückhaltendes, kitzliches Temperament verbunden ;
that dieses ein Pferd, zu welchem man in den Stand hin eintreten will, so
darf man Vorsicht anwenden um nicht geschlagen zu werden, u. s. w.
Stehn die Ohren zu nahe beisammen, so ist wahrscheinlich ein schma-
ler Oberkopf und desshalb ein kleines Gehirn vorhanden; solche Pferde
haben dann meistens ein schreckhaftes, leicht erregbares Temperament;
weit stehende Ohren, die im Gehen etwas wackeln, sind meistens mit einem
etwas faulen aber in langsamen Zugdienst sehr willigen, ausdauerndem
Temperamente verbunden.
Stirn und Vorkopf liegen zwischen Ohren und Augen; der ganze
Theil muss breit und sanft gewölbt sein; dadurch wird ein grosser Raum
tür das Gehirn gebildet, denn ein grosses Gehirn als Hauptsitz der Ner-
venthätigkeit hat auf die Schärfe der Sinnesorgane und die ganze Lebens-
kraft des Pferdes überhaupt den grössten Einfluss.
Bei gemeinen Pferden erscheint dieser Theil schmal und flach, zu-
weilen sogar eingedrückt; dadurch ist nur für ein kleines Gehirn Platz,
daher die Anlage zu Koller und Augenleiden bei solchen Pferden.
Ein schönes und gutes Auge erscheint in der Wölbung seiner Horn-
haut mittelmässig erhaben, nach allen Standpunkten höchst rein und klar
gehörig geöffnet, mit vielem Glanz versehen, ohne den mindesten trüben
Schein.
Die Augenlider umgeben das Auge von aussen; sie sind schön wenn
die äussere Haut sehr zart, die Haare kurz und der obere Theil
beim Oeffnen des Auges gut in die Höhe gezogen ist: sie dürfen nicht
geschwollen sein, und müssen, wenn sie sich schliessen, das Auge völlig
bedecken. Die innere Haut, Verbindungshaut genannt, soll lebhaft roth
gefärbt sein. Der Nutzen der Augenlider ist, das Auge zu bedecken, die
hellen, glänzenden Strahlen zu massigen, das Auge gegen Insekten u. d. gl.
zu schützen, die Thränenfeuchtigkeit über das ganze Auge zu verbreiten
»nd den überflüssigen Schleim abzuleiten.
Das Auge besteht aus Häuten und aus Feuchtigkeiten. Die erste
bemerkbare Haut, welche das ganze Auge umschliesst und den Augapfel bil-
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det, heisst die Hornhaut; sie wird in die durchsichtige und die
undurchsichtige eingetheilt.
Bei der Betrachtung des äusseren Auges sind besonders die Regen-
bogenhaut und die Pupille, auch Sehloch oder Stern genannt, zu
bemerken. Die Regenbogenhaut hat bei den meisten Pferden eine braune
Farbe, in hellerer oder dunklerer Schattirung. Die Pupille hat eine
bläulich, schwärzliche Farbe; an ihrem oberen Rande zeigen sich
die sogenannten schwammigen, fleckigen Traubenkörner. Die Fasern
der Regenbogenhaut sind einer Zusammenziehung und Ausdehnung fähig,
wodurch man je nach der grösseren oder geringeren Reizbarkeit die Güte
des Auges erkennt. Sowohl diese als die Reinheit und Durchsichtigkeit der
Pupille nimmt man am besten wahr, wenn man das Pferd aus einen dun-
kleren in einen helleren Raum führt, z. B. unter die Stallthüre, wobei sich
dann bei einem gesunden Auge die Pupille verengert und erweitert.
Die Feuchtigkeiten des Auges heissen: die wässrige, die kristallne
und die gläserne, auch Glaskörper, wovon besonders die wässrige den
Zweck hat, das Auge in einer gespannten Kugelform zu erhalten und die
einfallenden Lichtstrahlen zu brechen.
Nebst dieser Reinheit und Reizbarkeit der Augen sieht man auf ihre
Grösse und Gleichheit; gute, kräftige Augen müssen nämlich vollkommen
geöffnet und mit der Oberfläche des Kopfes gleichlaufend sein
Erscheint eines kleiner als das andere so sucht sich das Pferd durch
Herablassen des oberen Augenlides vor dem Einfallen der Lichtstrahlen
zu schützen, welches auf Schwäche überhaupt oder momentanen Entzün-
dung schliessen lässt.
Die Krankheiten des Auges sind: 1. der schwarze Star. Dieser
besteht in der Gefühllosigkeit des Sehnerves, in Folge dessen die oben-
erwähnte Verengerung und Erweiterung der Pupille nicht mehr stattfin-
det. Das Auge erscheint dabei ziemlich offen und klar, jedoch ist die Farbe
nämlich die braune der undurchsichtigen Hornhaut und die bläuliche der
Pupille nicht scharf abgegränzt. Aber auch am Gange erkennt man dieses
Leiden, indem ein solches Pferd wie jedes, welches blind ist, die Füsse
hoch hebt, wie im Wasser gehend, in Vertiefungen unversehens hineintappt,
den Kopf in die Höhe streckt, beide Ohren horchend vorwärts spitzt, u. s. w.
Hat das Pferd nur auf einem Auge den schwarzen Staar, so ist dieses häufig
sehr schwer zu eikennen, indem es der Fall sein kann, dass das Pferd
das kranke Auge ebenso offen hat, als das gesunde, auch verräth es sich
nicht durch den Gang.
Zur vollen Ueberzeugung dient dann, dass man das gesunde Auge
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zubindet, und das Pferd vor einem Gegenstand, z. B. einem vorgehaltenen
Stock, da befindlichen Erd- oder Steinhaufen etc. führt, wo man dann bald
bemerken wird, ob es mit dem Auge noch sieht oder nicht.
2.   der graue Staar. Dies ist eine Verdunkelung der Pupille
wodurch dieselbe weiss oder grau erscheint, welche Farbe sich auch öfter
über das ganze Auge erstrekt. Man bezeichnet dieses auch mit dem Aus-
rücke: Das Pferd hat ein Fell auf dem Auge.
3.  Beim sogenannten grünen Staar erscheint die Pupille im Hin-
tergründe mit einem grünlichen Schimmer, wodurch jedenfalls das Sehen
ln gewissem Grade gestört wird, ohne dass das Pferd schon ganz
Mind wäre.
5. Die M ond- oder Monatblindh eit ist eine fast jeden Monat
widerkehrende Augenentzündung. Gerade in der gesunden Zeit ist sie
schwer zu erkennen; jedoch zeigen die Augen bei näherer Untersuchung
eine Schwäche im Ertragen des Lichtes und gewöhnlich endigt sie nach
öfterer Wiederke hr mit Erblinden des Pferdes.
S t aar punkte sind kleine weissgraue Flecke, die vereinzelt oder
uch mehrere zugleich sich im Innern der Pupille darstellen, und immer
grosser werden, bis sie die ganze Pupille überziehen und dann als grauer
Staar erscheinen.
Zuweilen kommen auf der Hornhaut kleinere, gerundete, sternförmig
gestaltete, weisslichgraue, gelblichgriine oder ganz weisse Flecken vor, die
1 euiger zu bedeuten haben, wenn sie über oder unter oder seitwärts
i upille zu sehen sind; dagegen das Sehen entschieden hindern, wenn
le cler Pupille gegenüberstehen.
Angenommen, dass ein solcher Fleck, das Sehen durchaus nicht beein-
cntigt, so ist es immer ein Handelsfehler indem nicht jeder Käufer
en in der Folge schädlichen Staarpunkt von einem Augenfleck zu unter-
scheiden weiss.
Hat die gewöhnlich braune Regenbogenhaut eine hellweisse, röthliche
er perlmutterartige Farbe, so nennt man dies: Glasaugen; Ist sie
gelb oder bräunlichgrau so nennt man dieses Birkaugen, Falkenaugen.
st dieses jedoch nur ein Naturspiel, und wenn sie übrigens die Eigenschaf-
emes gesunden Auges überhaupt haben, so sind sie so gut als andere.
Zuweilen kömmt auch vor, dass nur bei einem Auge diese hellere
arbe der Regenbogenhaut besteht; dann sagt man, das Pferd hat zwei-
i Augen. Auch ist die Grösse der Pupille bei verschiedenen Pferden
0(1 ganz gesunden Augen verschieden.
1 e l n e Augen sind meistens hässlich, indem sie häufig zu tief im
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Kopfe liegen; man nennt sie dann Schweinsaugen. Sind sie gesund und
kräftig so sind die Augenlider mit der gehörigen Spannkraft zusammenge-
zogen und die Pupille zeigt bei Einwirkung des Lichtes die oben erwähnte
Empfindlichkeit. Denn auch grosse Augen können klein erscheinen, wenn
das Pferd das obere Augenlied herabsenkt um die wahrscheinlich schwa-
chen oder leidenden Augen vor der Einwirkung des Lichtes zu schützen.
Der Pferdekenner beobachtet ausserdem noch bei Beurtheilung des
Auges, wenn er sich von der Gesundheit desselben bereits überzeugt hat,
den Ausdruck des Auges, und schliesst daraus auf das Temperament
und den Charakter, sowie auch auf den allgemeinen Gesundheitszustand
des Pferdes.
Ein gesundes Pferd von lebhaftem Temperamente hat ganz geöffnete
klugblickende Augen und sieht alle Gegenstände dreisst und fest an.
Pferde von boshaften, unwilligen, misstrauischen Temperamente
haben einen unstäten Blick, das obere Augenlied ist in eine eckige Falte
hinaufgezogen, welches dem Pferde ein verdriessliches Aussehen gibt.
Sehr hervorstehende, glänzende Augen sind ein Zeichen von innerer Un-
ruhe auch wohl von Dummheit oder Koller. In letzterem Falle bewegt sich
ein Ohr nach dem anderen rückwärts und bleibt einige Sekunden in der-
selben Kichtung wobei das Pferd mit fast unbeweglichen Auge auf einen
Fleck hinstiert. Es ist sehr nützlich sich den Ausdruck der Augen bei
gesunden, frommen, und willigen, dann bei boshaften, unwilligen leicht
gereitzten, ferner bei kranken, leidenden gut einzuprägen.
Aus inneren Ursachen entstandene, d, h. in krankhafter Nerven-
thätigkeit zu suchende Augenleiden sind jedenfalls sehr vererblich, und
daher sollten solche Pferde eigentlich von der Zucht stets ausgeschlossen
werden.
In einem gut organisirten Gestüte wird es auch wohl kaum vorkom-
men, dass blinde Vater- oder Mutterpferde verwendet werden. Aber bei
der Landespferdezucht wird es wohl nicht immer zu umgehen sein, dass
auch eine sonst gesunde arbeitstüchtige blinde Stute belegt werde. Hat
eine solche bereits ein- oder mehrere Fohlen gehabt, und man macht dem
Bauer darüber Vorstellungen um ihn von seinem Wunsche, mit dieser
Stute Fohlen zu ziehen, abzubringen, so erhält man wohl zur Antwort, dass
die Stute schon mehrere Fohlen mit gesunden Augen geboren habe. Aller-
dings tritt der Fall nur höchst selten ein, dass ein Fohlen blind geboren
wird, denn das Erblinden tritt frühestens erst mit dem dritten oder vier-
ten Jahre ein, wovon aber der Bauer, welcher sein eben abgespenntes
Fohlen verkauft, nichts mehr erfährt und dann in seiner Beschränktheit
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nicht glauben will, dass Blindheit ein Erbfehler sei. Allerdings ist auch
der Fall möglich, dass das Produkt einer blinden Stute für sein ganzes
Leben gesunde Augen behält. Endlich ist auch gar manches blinde Pferd
das übrigens arbeitsfähig ist, zu den meisten landwirtschaftlichen Zwe-
cken zu gebrauchen und um billigeres Geld zu haben. Manches halbblinde
Pferd thut, bei sonstiger Eignung als Reitpferd vollkommen gute Dienste.
!ch habe es selbst erlebt, dass mein seliger Vater, damals ein hoher Sie-
benziger, ein stockblindes Pferd durch mehrere Jahre in allen Feld- und
Waldwegen auf seinem Landgute mit vollständiger Sicherheit ritt.
Was ist von dem im gemeinen Leben öfter vor-
kommenden Gebrauche zu halten, mit der Hand gegen
das Auge zu winken, um dessen Sehkraft zu erkennen?
Das ist eine trügliche Probe, weil die Bewegung Wind verursacht
und ein blindes Pferd zu einer zuckenden Bewegung mit dem Kopfe ver-
anlasst werden kann, wovon man dann gewöhnlich glaubt, dass das Pferd
die Bewegung der Hand gesehen habe. Es ist in solchem Falle besser
sich etwas seit- und rückwärts des Pferdes zu stellen, und mit aufgehobe-
nen Arme mit einem Stocke oder Peitsche zu drohen, ohne dabei
selbst ein Geräusch zu machen oder solches von einem
in der Nähe befindlichen trügerischen Händler zu
dulden.
Zeigt das Pferd dann Furcht, indem es diese geräuschlose Bewegung
bemerkt, so kann man annehmen, dass es noch sieht.
Die Nase ist schön, wenn sie von der Stirn gerade, fein gezogen
herabsteigt, und die Nasenlöcher länglich und weit geöffnet sind.
Edle Pferde haben weit geöffnete Nasenlöcher, wodurch die Leich-
Jgkeit des Athmens in schnellerer Bewegung befördert wird.
!m gesunden Zustande des Pferdes muss ihre Bewegung kaum merk-
cn sein, und mit der Flankenbewegung harmoniren; ist sie stark, stossend
Slcn öffnend und schliessend, so ist das Pferd entweder lungenleidend,
dämpfig oder hat Fieber. Die im Innern der Nasenlöcher befindliche
Schleimhaut ist bei einem gesunden Pferde lebhaft roth gefärbt und mit
einer wässerigen Feuchtigkeit tropfweise belegt.
Unten in jedem Nasenloche öffnet sich in Gestalt einer Linse der
Thränenkanal, welches von Unkundigen schon zuweilen für ein Geschwür
gehalten wurde.
Um störrige Pferde zu zwingen irgend eine ihnen zuwiedere Manipu-
ation an ihrem Körper zu dulden, setzt man auf die Oberlippe als das
ausserste Ende der Nase die bekannte Bremse.
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Hierdurch wird ein starker sich durch die Nasenspitze verbreitender
Nerv zusammengepresst, woraus dann die grosse Unempfindlichkeit und
Betäubung des ganzen Körpers entsteht.
Zuweilen bremst man auch an der Hinterlippe; dieses ist aber gefähr-
lich, und kann, wenn es heftig geschieht, leicht eine Lähmung zuwege brin-
gen, die entweder gar nicht oder nur mit Mühe und mit der Zeit gehoben
werden kann.
Bei den verschiedenen Formen der Drüsenkrankheiten, der des Rotzes
zeigt sich ein dickflüssiger, gelblicher oder grüngelblicher, blutgemischter
Ausfluss, aus beiden oder nur einem Nasenloche. Letzterer deutet fast
immer auf die Rotzkrankheit worüber das Nähere weiter unten.
Das Maul soll hinlänglich weit geschlitzt und die Lippen fein sein
damit die Lage des Gebisses eine gehörige sein kann, und die Wirkung
desselben durch sehr fleischige Lippen nicht zu sehr beeinträchtiget werde.
Das Innere des Maules hat bei einem gesunden Pferde eine frische
Farbe und natürliche Wärme und ist mit Speichel massig angefeuchtet.
Ein gutes arbeitslustiges Pferd spielt während des Gehens mit dem Ge-
bisse und hat ein speichelreiches oder wie man zu sagen pflegt, fri s cb e s
Maul.
Eine blassrothe oder gelbliche Färbung der Schleimhäute des Maules
deutet immer auf beginnende oder vorhandene Krankheit, sowie höhere
Röthe Entzündlichkeit anzeigt.
Im Inneren des Maules ist zu untersuchen, ob auf dem Laden oder
an der Zunge Verletzungen in Folge grober Behandlung oder schlechter
Gebisse vorhanden sind; durch solche kann das Pferd für einige Zeit
gänzlich unbrauchbar zur Arbeit sein, oder auch eine bleibende Furcht
vor den Wirkungen des Gebisses behalten. Solche Verletzungen am Hinter-
kiefer durch das Gebiss sind unter der Benennung Ladendruck
bekannt. Derselbe kann durch Vernachlässigung, namentlich wenn ein
unaufmerksamer Reiter die Ursache nicht beseitigt so schlimm werden,
dass sich Knochensplitter absondern oder gar der Knochenfrass eintritt.
Noch ist zu bemerken, dass alle Verletzungen im Maule des Pferdes
leicht heilen ohne dass besondere Arzneimittel angewendet werden ; Rein-
lichkeit, damit sich nicht Futterstoffe darin festsetzen, das Fressen erleich-
tern indem man nicht ganzen sondern geschrottenen Hafer oder statt
dessen Mehltrank reicht. Fernhalten der Ursache, wodurch die Verletzung
entstanden ist, sind die ausreichenden Mittel.
Uebrigens ist es jedem Reiter und Kutscher sehr anzurathen das Innere
des Maules öfter zu untersuchen, um stets überzeugt zu sein, dass keine
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erhebliche Verletzung stattgefunden habe, oder um die Ursache gleich im
Anfange wieder zu beseitigen.
■Alle Theile des Maules, als: Lippen, Zunge, Laden, Kinnketten-
grube sind bei edlen Pferden dünner und feiner organisirt, als bei ge-
meinen, welches bei Bestimmung der Zäumung zu wissen nothwendig ist.
Auch in der Kinnkettengrube, als demjenigen Theile, wo die
K-innkette ihre Lage hat, und ihre Wirkung äussert, kommen öfter Ver-
etzungen durch dieselbe vor. Zur Heilung derselben ist Beseitigung
der Ursache vor allem nöthig.
Anmerkung. Im Munde des Reiters hört man öfter den Aus-
ruck: Das Pferd hat ein gutes Maul; oder: es hat kein
aul; oder: es behält unter allen Umständen; oder: es
erliert öfter sein Maul. Wie ist dieses zu verstehen?
ßie örtliche Beschaffenheit des Maules allein ist in der Beziehung
lcht massgebend, sondern die Bedeutung dieser Ausdrücke ist in der
em Pferde von Natur innewohnenden oder durch die Dres-
Ur gegebenen Haltung, sowie in dem Temperamente,
er Neigung, seine Kräfte dem Dienste des Menschen
eür oder weniger gern zur Verfügung zu stellen, be-
endet. Wer sich hierüber näher instruiren will, verweise ich auf
s yon mir verfasste Werkchen: Zäumungslehre. Wien 1863.
wanaschen nennt man die beiden bogenförmigen Flügel der
erkinnladen. ^'e dürfen nicht zu stark und eckig sein, denn sonst
ommt das Pferd einen plumpen, dicken Kopf, wodurch wieder das
erbeizäumen beeinträchtigt wird.
An der innern Seite der Ganasche gegen den untern Rand läuft
^nnbacken-Schlagader; an dieser pflegt man die Untersu-
chung des Pulses vorzunehmen.
Anmerkung. Beim gesunden Pferde im ruhigen Zustande finden
'n der Minute 3ä - 40 Pulssehläge statt. Eine Steigerung derselben
rkundet je nach ihrer Höhe einen Fieberzustand, entzündlichen
ankheitscharakter; eine Verminderung zeigt eine Erschlaffung des Sy-
stemes, fauligten Krankheitscharakter an. Alter, Futterzustand, Tempe-
rament, Temperatur der Luft nehmen hierauf einigen Einfluss.
Kanal oder Kehlgang nennt man den Raum zwischen den bei-
' * lügein der Hinterkinnladen (Ganaschen); er muss in seinem
ern Theile gehörig geöffnet sein, damit das Pferd durch die Einwir-
g des Reiters den Kopf hinlänglich herbeinehmen könne, ohne dass
Urch die Luftröhre beengt, und das freie Athmen gehindert wäre,
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In Bezug auf den Kopf im Ganzen und zum Ganzen ist noch Fol-
gendes zu bemerken:
Es wurde schon früher erwähnt, dass die einzelnen Theile des
Kopfes unter sich und mit dem Ganzen in einem richtigen Ebeumasse
stehen sollen; wann es gerechtfertigt erscheint, zu sagen der Kopf ist
zu gross, zu dick, zu klein, zu kurz u. s. w. wird weiter unten bei der
Lehre von den Verhältnissen des Pferdekörpers deutlicher besprochen
werden. Bei edlen Pferden nun ist er trocken, mager, die Adern sind
sichtbar, der ganze Gesichtsausdruck scharf ausgeprägt, die Ganaschen
sind dünn, der Kanal weit und er ist auf eine freie, schöne Art mit
dem Halse verbunden.
Mit Fleisch und Fett beladene Köpfe, verbunden mit schmaler
Stirn und kleinem Oberkopf sind Zeichen von Gemeinheit und vielfach
zu Augen- und Gehirnleiden geneigt.
Ein zu grosser Kopf beleidigt das Auge; er ist jedenfalls ein Schön-
heitsfehler und wird dann zum Gebrauchsfehler namentlich für
ein Reitpferd, wenn bei einem zu langen Genicke die Halsmuskeln zu
schwach sind, um ihn gehörig aufrecht tragen zu können. Sind aber die
Halsmuskeln, unterstützt durch eine günstigere Form des Genickes hierzu
stark genug; so ist vielleicht dadurch die ganze Vorhand mehr beschwert,
aber der Nachtheil als Gebrauchsfehler vermindert sich. Ist eine schwere
Vorhand für ein Reitpferd stets ein Nachtheil, so sind dann solche Thiere
auch mehr zum Wagenpferde geeignet.
Ein sehr kleiner Kopf, selbst wenn er auch nicht den Ausdruck des
ganz edlen Pferdes hat, gefällt fast immer und ist selten für was immer
einen Dienst nachtheilig. Dadurch aber wird sich ein Pferdekenner noch
nicht bewegen lassen, ein schwaches und schlechtes Pferd blos eines schö-
nen, kleinen Kopfes wegen einem vermögsameren Pferde, das einen min-
der schönen Kopf hat, vorzuziehen.
Anmerkung. Es wurde im Verlaufe dieser Schrift schon öfter der
Ausdruck Pferdekenner gebraucht. Es entsteht hier die Frage, wo-
durch sich derselbe vom Nichtkenner unterscheidet? Ich will diesen hier
in allgemeinen Umrissen bezeichnen, und behalte mir die weitläufigere
Auseinandersetzung bis dahin vor, wo der Unterschied zwischen Pferd e-
kenntniss und Fehlererkenntniss bei Pferden näher bespro-
chen wird.
Der Kenner weiss sehr gut, dass sich am Kopfe des Pferdes seine
edlere oder gemeinere Abstammung besonders ausprägt, aber er lässt sich
durch einzelne, schöne Parthien nicht blenden, er überblickt das ganze
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era, nimmt strenge Rücksicht auf die wesentlichen Theile eines
Pfp A
es auf den Dienst, wozu es gebraucht werden soll und wie lange
diesem Dienste bei entsprechender Behandlung voraussichtlich wird lei-
n können. — Der Nichtkenner dagegen lässl sich durch einzelne schöne,
r i'ir den Dienst nicht wesentliche Parthien blenden oder verwirft das
' nze s°nst gute Pferd wegen einer einzelnen, hässlichen aber den Ge-
auchswerth nicht beeinträchtigenden Parthie und berücksichtigt zu we-'
• g oder gar nicht, zu welchem Dienste das Pferd gebraucht werden soll.
kin gut gebildeter Hals erhöbt nicht allein das freie und edle Anse-
des Pferdes, sondern er hat auch einen wichtigen Einfluss auf die
Diensttüchtigkeit.
"er Hals ist schön, wenn er vom Widerriste sanft nach vorne und
u gebogen in die Höhe steigt, nach oben schmäler zuläuft, einen schar-
' üar,; anzufühlenden Kamm, etwas gebogenes Genick hat und die Mus-
^ n stark genug sind, um den Kopf gehörig aufrecht tragen zu können.
lne Verbindung mn <jem Kopfe, das Genick genannt, soll so sein, dass
"ierd ein Zusammenschieben durch die Zügelwirkung hervorgebracht,
Herbeistellen des Kopfes, gern und ohne Schmerz annehmen kann.
nennt diese ganze Bildung des Halses schön und gut aufgesetzt.
Dieses schmerzlose und willige Herbeistellen des Kopfes wird von
r sehr beeinträchtigt, wenn entweder der Kehlgang zu enge ist, oder,
U zwischen den Ganaschen und den ersten Halswirbeln liegenden
endrüsen zu stark sind, und dann von den sie umgebenden harten Ge-
il zu leicht gedrückt werden, oder wenn die oberen Theile des Ge-
es und Halses nicht die hinlängliche Dehnbarkeit besitzen.
&s kann aber auch das Genick zu lang, zu lose, zu dehnbar von
ur sein, und solche wacklige Hälse bieten dem Bereiter ebenfalls
e Hindernisse, um dem Pferde eine gute Kopfstellung, gleiche Anleh-
nung u. s. w. 2U geben.
&S verdient daher dieser Theil sehr viel Beachtung, indem eine von
r günstige Bildung es dem Pferde sehr erleichtert, eine gute für den
r angenehme Haltung anzunehmen und ohne Mühe beizubehalten.
e bringt wieder einen sichern Gang, leichte Wendsamkeit und willige
bsamkeit auf den Zügel hervor. Diese Vortheile sind so gross und die
sur wird dadurch so sehr erleichtert, dass man mit Recht sagen kann:
gunstige Verbindung zwischen Hals und Kopf, so-
em günstig angesetzter Hals überhaupt sind grosäe
0rzüge an einem Pferde.
er Gebrauchswerth eines Pferdes, ganz besonders aber zum Reit-
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dienst, kann in dem Grade vermindert werden, als der Bau dieser jetzt
besprochenen Theile ungünstiger ist. Zwar besitzt die Reitkunst Mittel um
auch Pferde mit ungünstig gebauten Hälsen diensttauglich zu machen;
aber alle derartigen Pferde stellen, besonders wenn noch ein sehr reizba-
res Temperament hinzukömmt, dem Abrichter viele Hindernisse entgegen,
wodurch nicht allein der Gang der Dressur verzögert, sondern auch das
Pferd während derselben, namentlich auf den Hinterbeinen mehr an-
gestrengt wird. Auch nach vollendeter Dressur sind solche Pferde nie
so verlässlich und angenehm, als Pferde, die in diesen Theilen von Na-
tur besser begabt wurden. Solche Pferde bedürfen immer ein geschick-
tes Hinzuthun von Seiten des Reiters und den gewünschten Gang anzuneh-
men und sich mit Ausdauer darin zu erhalten, wodurch sowohl der Reiter als
das Pferd leichter ermüden. Eine schlechte Verbindung zwischen Hals und
Kopf ist öfter allein Ursache zum Stützigwerden der Pferde, indem die An-
wendung der Zügel durch einen ungeschickten oder schwachen Reiter dem
Pferde so viele Schmerzen verursacht, dass das Pferd dieserhalb und wegen
der momentan gestörten oder sehr verhinderten Cirkulation des Blutes mit
dem Gehirne nicht selten sich wie kollerig geberdet, und sozusagen
alle Besinnung verliert, steigt u. s. w., daher auch die fast augenblick-
lich eintretende Beruhigung des Pferdes, wenn der Reiter durch gänz-
liches Nachgeben der Zügel allen Zwang beseitigt. Bei solchen Pferden
steigert der methodische Reiter den Zwang, den sich jedes abgerichtete
Pferd endlich gefallen lassen muss, nur sehr stufenweise und wird eine
gewisse Gränze ohne Gefahr nie überschreiten dürfen.
Der mit dem Kopfe gut verbundene Hals erleichtert sehr die Ar-
beit des Bereiters. Die Freiheit des Ganges hängt viel davon ab, so
wie die Geschicklichkeit und der gute Wille des Thieres überhaupt; nicht
minder die Schönheit, Bequemlichkeit und Sicherheit.
Anmerkung. Stets den Standpunkt des praktischen Reiters und
Bereiters vor Augen habend, drängt es mich hier unwillkürlich, eine
Frage, welche bei der technischen Ausführung des Abbiegens sehr wich-
tig ist, zur Sprache zu bringen, nämlich die: Soll die Ohrspeicheldrüse
(Parotis) nach einwärts oder nach auswärts gearbeitet werden? Der
Jahrgang 1881 des Jahrbuches für Pferdezucht, Pferdekenntniss u. s. w.
herausgegeben vom Verfasser Rueff in Würtemberg, enthält hierüber die
folgenden sehr beherzigenswerthen Worte:
Jeder Reiter, welcher sich auch nur einigermassen wissenschaftlich
für sein Fach ausgebildet hat, weiss, dass die beiden Ohrspeichel-
drüsen seitlich in einer Vertiefung zwischen dem hintern und obern
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ande des Unterkiefers und dem Flügel des ersten Halswirbels liegen,
grösser als die übrigen Speicheldrüsen sind. Sie erstrecken sich
der Basis des Ohres bis unter den Kehlkopf. Zwischen den Hin-
' rJaeterästen (den Ganaschen) in dem schmalen Kanal, Kehlgang ge-
annt> Wegen die Aeste des Zungenbeines und zwischen ihnen die Zun-
g nwurzel, dje Unterkieferspeicheldrüsen und die Lympfdrüsen des Kehl-
ganges, endlich der Schlundkopf, der Kehlkopf und ein Theil der Luft-
cive, die dem Pferde eigenthümlich sind.
Zwischen und neben diesen Theilen verlaufen noch wichtige Arte-
nei>, Venen und Nerven.
Hieraus kann man leicht entnehmen, dass der zwischen unnachgie-
gßn knöchernen Gränzen liegende Raum des Kehlganges und des un-
rn Halsausschnittes vollkommen benutzt ist. Dieser Raum ist oft so
engt, dass, sobald wir bei einem Thiere eine Verkleinerung des Win-
s zwischen Hals und Kopf, nämlich ein Herbeizäumen verlangen, sich
liehe Nachtheile, nämlich Störungen im Kreislaufe und in der Re-
paration zeigen. Nicht selten sogar entstehen hierdurch bei Thieren,
cne ohnedies zu Congestionen nach dem Kopfe geneigt sind, na-
ent'ich also bei jungen Thieren während des Zahnens, Augenentzün-
fgen, Kollersimptome u. s. w. bei andern; besonders bei altern Thie-
ni bemerkt man in Folge dieser Veränderung ein hörbares, schweres
nnien, Stöhnen oder doch ein unangenehmes, starkes Schnauben.
Wenn wir nun die natürliche Einrichtung, wie sie oben beschrie-
i sowie die Erfahrung beachten, so werden wir nicht auf die Idee
r allen j die von der Natur weislich nach aussen placirte Ohrspei chel-
se nach innen arbeiten zu wollen, an dem ohnedies so sparsam
nandenen Raum noch mehr zu beengen, und die betreffenden Theile
ihrer Funktion zu belästigen, ganz abgesehen davon, dass wir hier-
ch die Arbeit erschweren und compliciren. In letzterer Beziehung
nämlich noch üu berücksichtigen, dass diese Drüse nur durch locke-
' nachgiebiges Zellgewebe mit den umgebenden Theilen verbunden
' es lasst sicb desswegen dieselbe sehr leicht aus der normalen Lage
' auswärts drücken, und es wird hierdurch der Raum erweitert für
e andern, von der Natur nach innen gelagerten Theile, welche bei
ner Abbiegung ohnedies eingezwängt sind; eine also nach aus-
r s gearbeitete Ohrspeicheldrüse wird endlich als eine scharf mar-
fte' ^gliche Wulst über dem obern Rande des Hinterkiefers er-
scheinen. —
Diese hier ausgesprochene Belehrung möge allen Reitern und
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Bereitern zum Wohle der Pferde und zum gedeihlichem Fortgange der
Dressur aufs Wärmste empfohlen sein.
Bei Wagenpferden ist ein etwas ungünstig gebauter Hals weniger
nachtheilig, denn das Wagenpferd hat sich nicht unter der Last und
dem Zwange des Reiters zu bewegen, es hat keine so zusammenschie-
bende Wirkung seines Körpers, als es zum leichten Wenden, pariren
aus schnellen Gängen etc. zum Reitdienst nöthig ist, zu erleiden. Ein
etwas starker Hals wird bei den Wagenpferden meistens gerne gesehen;
denn er wird dadurch zum Vortheil, dass das Kummet eine vorteilhaf-
tere Anlage gewinnt; die dadurch etwas schwerere Vorhand findet ihre
Stütze im Geschirre, welche ein so gebautes Reitpferd nur in der Hand
des Reiters suchen müsste.
Für schwere Zugpferde, ist. ein dicker, starker Hals entschieden
ein Vortheil, indem es bei solchen überhaupt erwünscht ist, recht viel
Gewicht in das Geschirr zu bringen.
Aus diesen Betrachtungen über den Hals folgt nun, dass man
auch in dieser Beziehung bei Beurtheilung eines Pferdes, um dessen
höhern oder geringern Gebrauchswerth zu bestimmen, den Dienst be-
rücksichtigen muss, den es leisten soll.
Die einzelnen Theile des Halses nun sind:
1. Der Kamm, d. i. der obere Rand, die beiden Seitenflä-
chen und die Luftröhre.
Auf dem Kamme befindet sich die Mähne, die dem Pferde zur
Zierde und zum Schutze gegen Insekten gegeben ist. Bei edlen Pfer-
den ist sie lang und nicht allzuvoll, die Haare an sich sind fein und
glänzend; bei gemeinen Pferden ist sie dick und grob, bei Fohlen im
ersten Jahre kurz und wollig.
Die Luftröhre macht den untern von der Brust bis nach dem
Kehlgange hinaufgehenden Theil aus.
Oben ganz in der Nähe der Ganaschen befindet sich als ein Theil
der Luftröhre der Kehlkopf. Zwischen der Luftröhre und den Seiten-
theilen des Halses bildet sich eine Rinne, wo die äussere, grosse
Halsader herabläuft, an welcher man gewöhnlich dem Pferde zur
Ader lasst.
Die Seitentheile des Halses heissen die rechte und die linke
Seite.
Von der regelmässigen Form abweichende Hälse benennt man je
nachdem der Hals in seiner Form mit dem Halse eines anderen Thie-
res Aehnlichkeit hat. Z. B.
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Der Schwanenhals, derselbe hat bei einer beträchtlichen
jai>ge eine starke Krümmung. Er wird desshalb für schön gehalten und
v°n den Malern gern als Muster gewählt; in den Augen des prakti-
cnen Pferdemannes verdient er den grossen Beifall nicht, den man ihm
gewöhnlich zollt, indem er häufig zu schwach ist, um dem Pferde eine
gehörige Zügelanlehnung zu geben: auch ist häufig ein Senkrücken und
schwaches Hintertheil damit verbunden.
Der Hirsch- oder verkehrte Hals. Dieser steckt tief zwi-
' Cnen den Schultern und ist an der Kehle hervorgebogen; er ist ge-
nlich m& einem kurzen, breiten Genick verbunden, wesshalb solche
erde die Nase gern hoch tragen und desshalb Sterngucker genannt
rden. Der Abrichter hat bei solchen Pferden häufig sehr viel Geduld
richtiges Vorgehen nöthig, um solchen Pferden eine gute Kopf- und
a Stellung beizubringen. Eine geringe Neigung zum Hirschhalse ist
ofter sehr edlen Pferden eigen.
Einen zu kurzen Hals, der desshalb wenig Aufrichtung sulässt, am
ern Ende fast so dick ist, als am untern, nennt man Schweine-
hals.
Hälse mit zu stark aufwärts gebogenem, breitem Kamm, der öfter
ach einer Seite hängt nennt man Speckhälse. Sie kommen öfter
bei alten Hengsten vor.
Die zu dünnen Hälse mit zu langem, von Natur zu losem Genick
en selten Kraft genug, den Kopf ruhig und so zu tragen, wie es
Erlangung einer gleichen, hinlänglich starken Anlehnung an das
iss für ein tüchtiges, gutes Eeitpferd nothwendig ist; solche Pferde
daher gern geneigt mit dem Kopfe zu schnellen, welches für den
1 er höchst unangenehm ist, den Gang unsicher und ungleich macht.
ein solcher dünner Hals mit einem schweren, langen Kopfe verbunden,
ist der Fehler um so grösser. Es ist in den meisten Fällen bei die-
losen Construction von Genick und Hals viel schwieriger, dem Pferde
e gute Anlehnung zu geben, es an die Hand zu bringen, als bei solchen,
m dieser Beziehung im Biegsammachen mehr Widerstand biethen.
Bezüglich des Halses wäre noch zu bemerken, dass Hengste und
Wallachen stärkere Hälse zu haben pflegen als Stuten; dass die Ca-
a ion auf die Ausbildung des Halses einen grossen Einfluss nimmt,
amhch je später dieses geschieht, desto stärker wird sich der Hals
schon entwickelt haben; man pflegt desshalb vielfach Hengstfohlen, die
Wagenschlage angehören, später zu kastriren, als solche vom
«eitschlage.
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Anmerkung. In wiefern die Länge und die Stellung des Halses
und Kopfes bei ihrer Wirkung als Hebel auf den übrigen Körper Ein-
fluss nehmen, wird beim Gange des Pferdes und der Haltung in dem-
selben näher beleuchtet werden.
Der Widerrist ist jene Erhabenheit, welche sich zwischen dem
Halse und dem Rücken befindet, und wird durch die höchsten Stachel-
fortsätze der Rückenwirbelbeine gebildet, die mit Muskeln, dem Nacken-
bande und vielen sehnigten Häuten bedeckt und überzogen sind. Bei
einem schön markirten Widerriste bildet sich zwischen ihm und dem
Kamme des Halses eine sanfte Vertiefung: bei seiner Annäherung zum
Rücken soll sich derselbe massig senken und sich unmerklich in den-
selben verlieren. Ferner soll er bei einem gut gebauten Pferde eine
angemessene Höhe zum Kreuze haben. Ein so gebauter Widerrist be-
fördert eine gute Sattellage, ist daher für ein Reitpferd sehr wün-
schenswerth, auch ist er ein charakteristisches Kennzeichen aller edlen
Pferde.
Ein niedriger, fleischiger, nicht gehörig hervortretender Widerrist
macht die Pferde in ihrem Vordertheile zu niedrig und zu schwer, er
gestattet dem Sattel keine feste Lage. Verbindet sich damit ein zu weit
gerippter Bauch, ist das Pferd vielleicht im ganzen Vordertheil niedrig,
so rutscht der Sattel immer vor, der Reiter verliert an sicherer Ein-
wirkung auf das Pferd, die freie Bewegung der Schultern ist gehemmt,
und solchen Pferden entgeht eine Haupteigenschaft zur Eignung als
Reitpferd.
Ein allzuhoher, sehr magerer, scharfer Widerrist kann dadurch
nachtheilig werden, dass er leichter vom Sattel beschädigt wird.
Der Widerrist, diese charakteristische kammförmige Erhöhung der
neun ersten Rückenwirbel gibt dem Pferderumpfe den Vortheil, dass
an den erhöhten Stellen desselben das Nackenband und mehrere Haupt-
muskeln, welche Kopf und Hals rückwärts befestigen und bewegen,
einen erhöhten Befestigungspunkt finden, vermittelst dessen das Ge-
wicht des Kopfes und Halses mehr rückwärts gebracht werden kann.
Mit einem langen Halse wird sich also um die Last des Kopfes
durch das Nackenband gehörig zu unterstützen ein hoher Widerrist ver-
binden müssen; man sieht hieraus, warum für Reitpferde ein hoher sich
weit in den Rücken verlaufender Widerrist gewünscht wird.
Die Natur zeigt sich auch hier wieder als höchst weise, denn
bei jenen Racen, welche sich vermöge ihrer Bauart und ihres Adels
ganz besonders zum Reitgebrauch eignen, steht die Höhe des Wider-
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ristes zur Länge des Halses und zur Schwere des Kopfes in dem er-
wünschtesten schönen harmonischen Verhältnisse.
Bei den gemeinen, mehr nur zum schweren Zugdienst geeigneten
Racen bemerkt man hierin ein sehr unvortheilhaftes Verhältniss in der
Höhe des Widerristes zum Hals und Kopf; indem der Widerrist sehr
niedrig, der Hals kurz und dick, der Kopf schwer ist. Diese Körper-
formen sind aber für das schwere Zugpferd kein Nachtheil.
Die Brust fängt da an, wo sich der Hals mit seinem untern
Theile endigt; es dient ihr das Brustbein zur Grundlage, ihre Seiten
werden durch die ersten Rippen gebildet und ihre Form bestimmt die
v°rdere Seite des Pferdes.
Sie verdient bei Untersuchung eines Pferdes die sorgfältigste Be-
trachtung; ihre Breite muss mit dem übrigen Pferdekörper in einem
guten Verhältnisse stehen und sie selbst mit guten, vollen Muskeln be-
legt sein; die Linie vom Widerriste zum Brustbeine herab soll eine sehr
la»ge sein, was man Tiefe der Brust, auch Schultertiefe oder
lei> in der Gurte nennt. Diese Form hat den besondern Nutzen,
dass sie eine grössere Fläche für den Ansatz der Muskeln gewährt,
Welche beim Athmen die Rippen zu bewegen haben und deren Wirkung
Um so notwendiger ist, wenn durch die Anstrengung das Athmen be-
schleunigt wird.
Es ist hierauf ein sehr grosser Werth zu legen, denn durch alles
dieses zusammengenommen erhalten die innern, edlen Theile der Brust
tterz und Lunge einen gehörigen Raum zu einer entsprechenden Grösse
und gehörigen Ausdehnung bei ihren so wichtigen Verrichtungen zum
olutumlauf und zur Blutbereitung. Praktische Pferdekenner, welche von
ihren Pferden schwere Leistungen in ausdauernder Schnelligkeit ver-
angen, legen hierauf einen sehr grossen Werth, indem die besten, feh-
erlosesten Beine ihren Dienst versagen müssen und der beste Wille
auihört, sobald Herz und Lunge in ihren Verrichtungen beengt sind,
oder zu wenig Kraft haben, um das durch die Bewegung und Anstren-
gung der Muskeln verbrauchte Blut schnell zu ersetzen.
Nebst der entsprechenden Breite und Tiefe soll der Brustka-
sten auch eine gehörige Länge haben; dieselbe wird durch die Form
des Brustbeines und die Art der Biegung der daran befestigten Rippen
bedingt. Diese Länge hat einen wesentlichen Einfluss auf eine gute Sat-
e läge und auf die Räumlichkeit zur Beherbergung grosser innerer
Brustorgane.
Weiter unten wird hierüber noch mehr gesprochen.
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Die eben beschriebene Gestalt der Brust ist die wünschenswerte für
Pferde die zum Reitdienste oder vor einem leichten, schnellen Fuhrwerke
verwendet werden sollen,
Pferde mit zu breiter Brust ohne die gehörige Tiefe taugen nicht
zu einem geschwinderen Dienste; ihr Gang ist gewöhnlich schwerfällig
und sie lassen sich nicht leicht wenden. Beim Ziehen grösserer Lasten bie-
thet eine sehr breite fleischige Brust in mehrerer Rücksicht Vortheile.
Ist die Brust zu schmal und sind die sie umschliessenden Rippen
plattgedrückt, so liegen die Lungen zu eingeschränkt und beengt, es erfolgt
nothwendig ein mit gewisser Beschwerde verbundenes Athemholen, und es
gibt dieser Bau leichter Veranlassung zu Brustkrankheiten, weil eben eine
natürliche Schwäche der inneren Organe damit verbunden ist.
Bei manchen Pferden steht das Brustbein sehr gebogen, stark nach
vorwärts, was man Habicht sbru st nennt; sie ist, wenn im hohen
Grade vorhanden, für das Auge beleidigend, aber durchaus kein Fehler,
der den Gebrauch des Pferdes beeinträchtigt.
Wenn das Brustbein so weit zurücksteht und die Muskeln auf der
Brust so schwach sind, dass in der Mitte derselben eine Tiefe entsteht, so
nennt man das Ziegenbrust. Sie kann wegen ihrer geringen Muskula-
tur und häufig auch schmaler Beschaffenheit nach Umständen sowohl häss-
lich als fehlerhaft sein.
Bei Beurtheilung der Schu 11ern hat man ihre Bildung, Länge
und Lage endlich ihre Bewegung zu untersuchen.
Sie sollen nämlich mit starken, festen Muskeln belegt sein, die sich
vom allzufleischigen, beladenen Schultern dadurch unterscheiden, dass
ihre Abgränzungen durch Vertiefungen sich erkennen lassen.
Starke, gute Muskulatur auf der Brust, den Schultern und der ganzen
Parthie, welchen das Querbein bis zum Ellenbogen zu Grunde liegt, ist für
alle Pferde sehr wünschenswerth. Schwache magere Muskeln an diesen
Theilen lassen beim Reitpferd eine kräftige, frei und dauernde Schulterbe-
wegung nicht erwarten, und beim Wage npferde bieten sie nebst diesen Nach-
theilen noch den, dass sie dem Kummet wenig Platz biethen sich gut anzulegen.
Dann müssen sie eine gehörige Länge haben, weil dieses mit der frü-
her erwähnten Tiefe der Brust im genauesten Zusammenhange steht,
und auf die Bewegungsthätigkeit einen entschiedenen Einfluss ausübt. Im
Gange nämlich wird der untere vordere Theil noch vorwärts, wenn sich
der Fuss vorsetzt, und nach rückwärts während der Fuss am Boden ruht
bewegt; ebenso verhältnissmässig das obere Ende des Schulterblattes;
der Drehpunkt liegt also zwischen diesen beiden Enden in der Mitte. Je
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weiter nun die beiden Enden an welchem die Kraft wirkl von dem Punkte,
Wo die Last Wiederstand leistet, entfernt sind, d. i. je länger die Hebel-
arme desto weniger Kraft ist nöthig um eine gleiche Last in Bewegung zu
setzen. Um ein kurzes Schulterblatt zu bewegen bedürfen also die Muskeln
einer grösseren Kraftanstrengung, werden also bei fortgesetzten Gange
°der stets wiederholter Kraftanwendung eher ermüden, als bei einem län-
geren Schulterblatt.
Bei gleich kräftiger Beschaffenheit der Muskeln
Dei zwei Pferden, wovon eines eine lange, eines eine kurze Schulter
besitzt, hat also die lange Schulter mehr Ausdauer und grössere, freiere
Bewegungsfähigkeit als die kurze.
Ihre Lage soll von oben und hinten nach vorn und abwärts gut schräg
sein, indem dadurch ein weit ausgreifender Gang bedingt wird, und sie bei
heftigen Bewegungen durch die von der Erde zurückwirkenden Stösse
aicat so hart getroffen werden.
Ihre Bewegung soll von Natur so frei und ungezwungen sein, dass zu
grosse Beweglichkeit in dieser Beziehung kaum denkbar ist.
Haben die Schultern eine zu wenig schräge Lage so nennt man sie
steü; sind solche mit viel Fleisch und Fett beladen oder sind die Mus-
keln zu ■ mager und schwach, und haben sie keine freie, sondern
gebundene Bewegung, so sind solche Thiere zum Keitgebrauche ungeeig-
net> weil ihre Vorhand plump oder schwach, daher ihr Gang unsicher ist
und ihnen leichte Wendsamkeit mangelt.
Bei Pferden zu leichtem Zugdienste bestimmt, wird dieser Fehler dann
geringer, wenn ein munteres, arbeitslustiges Temperament und innere,
kräftige Ausdauer vorhanden ist. Für schweren, langsamen Zugdienst sind
gerade mit fleischigen Muskeln versehene Schultern wegen der günstigen
Anlage des Kummeth nicht zu verwerfen sogar vortheilhaft.
Es gibt Fälle, dass eine gerade Schulter eine freie Bewegung hat,
dagegen eine schräge Schulter auch gebunden sein kann. Dieses sind aber
Ausnahmen von der Regel; der Gang und die ganze Beschaffenheit des
Pferdes muss da entscheiden, zu welchem Dienste das Pferd zu gebrau-
chen sein wird.
Der Mangel an Bewegung in den Schultern und die daher entste-
hende Steifigkeit in der ganzen Gliedmasse kann verschiedene Ursachen
haben, und zwar, entweder ist die Verbindung des Schulterblattes mit
dem Querbein derart ungünstig, dass der Winkel unter welchem sich diese
beiden Knochen verbinden, entweder zu spitz oder zu stumpf ist; oder es
ist diese Steifigkeit ein anderer Naturfehler, welcher daher rührt, dass die
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Schulterblätter von den Muskeln zu fest an die Kippen gehalten werden,
wodurch ein freies Spiel verhindert wird, endlich kann es eine Folge von
übertriebener Arbeit und Strapatzen sein, wodurch die Muskeln steif und
unthätig geworden sind. Dass Letzteres der Fall sei, wird man an einer
fehlerhaften Stellung der Fesselgelenk und der Knie, an Gallen, geschwol-
lenen Sehnen oder schmerzhaften Hufen etc. leicht erkennen.
Indem die Lage und ßewegungsfähigkeit der Schulter auf die ganze
übrige Vordergliedmasse einen so wesentlichen Einfluss nimmt, so bedarf
sie der genauesten Untersuchung; eine wohlgebildete Schulter ist ein cha-
rakteristisches Kennzeichen eines gut gebauten, edelgezogenen Pferdes;
sie ist für Schnelligkeit und Sicherheit des Ganges bei einem Reitpferde
unerlässlich. Eine von Natur freie Schulter ist eine der
angenehmsten Eigenschaften eines Reitpferdes.
Das Querbein soll eine schickliche Länge haben, und unter einem
angemessenen Winkel mit dem Schulterblatte verbunden sein.
Diese Länge wird ungefähr zwei Dritttheile des Schulterblattes aus-
machen müssen, und den Winkel wollen einige Schriftsteller zu 80° andere
zu 100° bemessen haben, derselbe wird sich stets dem rechten annähern
müssen, indem dann die fortschiebende Kraft in senkrechter Richtung und
somit am vortheilhaftesten d. h. mit der geringsten Anstrengung wirkt.
An seinem vorderen oberen Ende verbindet es sich mit dem Schulter-
blatt durch ein Nussgelenk wie es schon bei der Lehre vom Skelet erklärt
wurde. Ist das Querbein sehr lang und der Winkel unter dem es sich mit
dem Schulterblatte verbindet sehr spitzig, so kommen dadurch die Vorder-
beine zu weit unter den Leib zu stehn, dadurch hängt die Brust vorüber,
die Vorhand wird zu sehr beschwert, der Gang ist unsicher, wenig frei und
es sind solche Pferde geneigt, mit den Hinterfüssen in die vordem einzuhauen.
Dieser Fehler in der Bauart wird verringert, wenn das Pferd ein lebhaf-
tes Temperament, leichten Kopf und Hals und starken Rücken hat. Beim
Zugpferde ist dieser Baufehler von geringerem Nachtheile.
Pferde, welche anhaltend im schweren Zuge gebraucht werden, neh-
men diese überhängende Stellung aus Gewohnheit an, welches aber der
erfahrene Pferdekenner nicht unschwer wird unterscheiden können.
Ist das Querbein sehr kurz und der Winkel sehr stumpf so wird die
freie Bewegung der Vorderbeine dadurch sehr beeinträchtigt, denn wahr-
scheinlich ist damit eine steile zu gerade Schulter verbunden und das
Querbein ist dann nicht im Stande den untern, vorderen Theil des Schul-
terblattes gehörig vorzuschieben. Denn dieses Vorschieben im Buggelenke
bestimmt das weitere oder geringere Vortreten der ganzen Gliedmasse;
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aber weder bei einer Verbindung unter zu spitzen noch unter zu stum-
pfen Winkel kann dasselbe gehörig statt finden.
Diese ganze Parthie der Bug genannt, gewinnt durch eine kräf-
tige, volle Muskulatur sehr an Güte.
Der Arm verbindet sich oben mit dem rückwärtigen, untern Ende
es Querbeines und unten mit dem Knie. Er hat das Armbein zur Grund-
aße an dessen oberen Ende rückwärts sich ein zweiter Knochen, das E11-
0 g e n b e i n anheftet. Der Arm eines guten Pferdes soll mit starken,
erben Muskeln versehen sein, die durch sehr kennbare Vertiefungen
getneilt, und von einander unterschieden sind.
Der Arm soll im Verhältniss zum Schienbein etwas länger als dieses
erscheinen, indem hiermit eine mehr vorgreifende Bewegung verbunden
sein pflegt, als da wo der Arm mehr kurz ist.
Bezüglich des Ellenbogens ist zu bemerken, dass dieser Theil gut
ervorstehn muss, damit die Hebelkraft vermehrt werde, und die daran
festigten Muskeln mit mehr Vortheil wirken können. Ist er zu sehr an die
'Ppen angedrückt, so wird die freie Bewegung dadurch sehr gehindert, steht
r zu weit ab, so bekömmt die ganze Gliedmasse vielleicht eine nach ein-
wärts gerichtete, der freien Bewegung ebenfalls sehr nachtheilige Stellung.
We aufmerksame Beobachtung in dieser Hinsicht sehr gut gebauter
erde und Vergleich mit mangelhaften Pferden, kann das Urtheil hierü-
er am besten bilden, bei den Hunden ist die Richtung und Blidung des
bogens ganz besonders günstig hervortretend.
An der inneren Seite des Armes, etwas ober dem Knie, befindet sich
länglicht runder, hornartiger Körper, welcher die Hornwarze oder
astanie genannt wird. Bei edlen Pferden pflegt sie kleiner und feiner
sein, als bei gemeinen; ihr Zweck und Nutzen ist unbekannt. (Anden
einen befindet sich diese "Warze unter dem Sprunggelenke.)
as Knie soll von vorn betrachtet ein recht breites, plattrundes,
6 , flaches Ansehen haben, die Haut fest aufliegen, und mit kurzen,
einen Haaren besetzt sein. Von der Seite betrachtet, soll es mit dem Arm
uenbein in senkrechter Richtung stehn und eine freie Bewegung
haben.
Weicht diese durch die Mitte des Knies gedachte Linie durch eine
gung nach vorn von der senkrechten ab, so nennt man das vorbiegi g
°aer bockbeinig.
_ iese Stellung kann angeboren, oder durch zu grosse Anstrengung
ei natürlicher schwacher Beschaffenheit entstanden sein. Im ersteren
steht das Pferd doch fest auf seinen Beinen ohne zu zittern, die
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grosse Beugesehne ist rein und stramm anzufühlen etc. Hat das Pferd dabei
eine freie Schulterbewegung, einen starken Arm, gute biegsame Fesseln,
tadellose Sehnen und Hufe und wird das ganze Bein im Gange
hinlänglich hoch gehoben um nicht an jede kleine Erhabenheit anzustossen,
so kann es trotz der Vorbiegigkeit einen ganz sicheren Tritt und guten
Gang haben.
Pflegt das Pferd jedoch im Stande der Ruhe zu zittern, zuweilen nach
vorn einzuknicken, sind die Fesseln dabei abgenutzt, so ist dieser Fehler
wahrscheinlich durch übertriebene Anstrengung und schwacher Naturbe-
schaffenheit überhaupt entstanden. Bemerkt man auf der vorderen Seite des
Knies veraltete Narben oder haarlose Stellen, so kann man vermuthen, dass
das Pferd zum Stolpern und Fallen geneigt sei. Dass ein solches Pferd
dann für ein Reitpferd nur einen sehr geringen Werth hat, liegt auf
der Hand.
Uebrigens können diese Narben auch von schlechtem Streulager her-
rühren, oder daher, wenn das Pferd sehr unruhig ist, und wie es manche
bei der Futtervertheilung gerne thun, mit den Knien gegen die öfter unter
der Krippe angebrachten Streukammern oder auch die Krippe selbst
anstösst.
Weicht die oben erwähnte Linie von der senkrechten nach rückwärts
ab, so nennt man diese unvorteilhafte Stellung rückbiegig auch
k a 1 b s f ü s s i g. Sie ist allemahl ein Naturfehler, der seinen Grund in der
Bildung der Knieknochen hat; sie verräth wenig Stärke und Ausdauer der
Vorderbeine und ist fast nie mit einem freien Gange verbunden.
Bei edlen Pferden kömmt die angeborne Vorbiegigkeit öfter, die
Rückbiegigkeit fast nie vor.
Das Flügel-oder Hackenbein muss so gestellt sein, dass die
dahinter herlaufende grosse Beugesehne des Unterfusses eine freie Lage
habe, und es darf sich unter demselben kein grosser Ausschnitt befinden.
Findet aber ein solcher statt, so liegt die grosse Beugesehne zu nahe am
Röhrbein, wodurch ihre Bewegungsfähigkeit, ihre Hebelkraft und Ausdauer
sehr vermindert wird, welches dann einen unsichern Auftritt und baldige Ermü-
dung zur Folge hat. Man nennt diesen Fehler gedrosselte Kniee,
und alle guten Pferdekenner legen mit Recht einea grossen Werth darauf,
dass dieser Fehler nicht da sei.
Der zwischen Knie und Fessel liegende Theil der Vordergliedmasse
heisst Röhrbein. Der ganze Theil besteht aus drei Knochen und der
grossen Beugesehne. Diese drei Knochen sind nämlich ein grosser, langer nach
vorn gelegener, das eigentliche Röhrbein, und zwei kleineren die hinten
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aai Röhrbein angeheftet sind, mit ihren obern Köpfen sammt dem Röhr-
oeinkopf den Knieknochen zur Grundlage dienen, mit ihren unteren Ende
bis über den dritten Theil des Röhrbeins hinabreichen, und Griffel-
eine genannt werden. Die grosse Beugesehne läuft an der hintern Seite
harab.
Dieser ganze Theil soll in Anbetracht seiner Stärke mit dem übrigen
orper in gutem Verhältnisse stehn, etwas kürzer als der Arm sein, mager,
r°cken, ohne wiedernatürliche Erhabenheiten erscheinen und mit kurzen
lnen Haaren besetzt sein.
Von der Seite betrachtet soll dieser Theil gehörig breit erscheinen,
welches eben durch die vorhin beschriebene Stellung des Flügelbeines und
gute Entfernung der Beugesehne hervorgebracht wird. Diese Sehne muss
r *est und trocken, ohne alle Anschwellung anzufühlen sein, und so weit
01X1 ß-öhrbein entfernt liegen, dass sich zwischen beiden eine sichtbare
™nne zeigt.
bezüglich der Griffelbeine ist noch zu bemerken, dass sie an ihrem
ren Endpunkte einen kleinen Knopf haben, der von Unkundigen für
n krankhaften Knochenauswuchs gehalten werden kann.
Behang nennt man, wenn sich an der Beugesehne bis zum Köthen-
nke herab viele grobe, lange Haare befinden, wie man dieses bei gemei-
terden die in sumpfigen, niedrigen Gegenden aufwachsen, wahrnimmt.
"terde haben nur wenige feine längere Haare in der Köthe ; diese
nennt man Haarzotte oder Köthenzopf.
L»as Köthengelenk, auch kurz nur Köthe genannt, verbindet das
em mit (jem Fesselbein; dasselbe erscheint etwas dicker als das
ein und soll ein festes, trockenes Aussehen haben. Hinter diesem
e liegen zwei völlig gleiche, bewegliche Knochen, auf welchem die
8 sehne des Hufes als auf einer beweglichen Rolle hinabläuft; sie heis-
senGleichbeine.
nmerkung. An der inneren Seite dieses Gelenkes bemerkt man
aarlose Stellen, die dadurch entstehen, wenn sich das Pferd beim
anstösst, was man sich streichen nennt. Pferde, die auswärts
. na hierzu besonders geneigt. Manche Pferde streichen sich nur
nem h usse, auch kann dieses Anstossen an der inneren Seite des
nies statt finden. In sehr vielen Fällen kann dieses Streichen durch
ic cten, passenden Beschlag beseitigt werden. Findet es in dem
es att, dass die Stellen immer wieder blutig gestossen werden, so
ieses hässlich aus, auch kann der erregte Schmerz Anlass zum stol-
n tallen geben. Um diesen nun vorzubeugen, bleibt, wenn dem
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Fehler mittelst Hufbeschlag nicht abzuhelfen ist, nichts anderes übrig, als
das Gelenk durch Anlegen eines sogenannten Streifleders oder Umwickeln
mit einem Wollstoff zu schützen. Nicht alle auswärts gestellten Pferde
streifen sich, auch stark nach einwärts gerichtete Hufe können hierzu An-
lass geben. Bei Untersuchung eines Pferdes ist also dieser Gegenstand
nicht gleichgültig und wird der Werth eines sonst guten Pferdes dadurch
offenbar vermindert; manche junge noch unkräftige Pferde mit schwan-
kendem Gang streifen sich so lange dieser Zustand dauert, und mit zuneh-
mender Kraft und Regelung des Ganges hört dieses wieder auf.
Auch bei den Hinterfüssen kömmt dieses Streichen vor; jedoch ist
dieses für die Sicherheit des Ganges weniger nachtheilig.
Hinter den Gleichbeinen, mitten in der Haarzotte, befindet sich ein
der Honrwarze ganz ähnlicher Auswuchs, welchen man Sporn nennt.
Derselbe scheint den Zweck zu haben, die über die Gleichbeine herlaufen-
den Beugesehnen vor starken, äussern Eindrücken, denen sie z. B. beim
Durchtreten halbgefrornen tiefen Bodens ausgesetzt wären, zu schützen.
Ein guter Fessel erscheint von vorn betrachtet etwas stärker als
das Röhrbein, die Haut ist fest darüber gespannt und es sind keine wider-
natürlichen Erhabenheiten sichtbar; von der Seite angesehen, erscheint er
etwas dünner als das Röhrbein mit der Beugesehne als Ganzes betrachtet;
beim Stehen hat er eine schiefe Richtung und beim Gehen ist er in der Art
biegsam, dass sich beim Auftreten die schiefe Richtung etwas vermehrt, seine
Stärke muss mit dem übrigen Körperbau in guter Uebereinstimmung sein.
Ist der Fessel zu lang, so verliert er dadurch meistens an Tragkraft,
beim Auftreten des Fusses senkt sich die Köthe zu sehr gegen den Erd-
boden ; es kann dieses aber auch bei zwar nicht zu langen aber doch sehr
schwachen Fesseln stattfinden. Mann nennt dieses Durchtreten; findet
es in hohem Grade statt, so dass die Köthe fast die Erde berührt, so
heisst es bärentatzig.
Kurze Fesseln haben meistens mehr Tragkraft aber weniger Biegsam-
keit und stehen meistens zu gerade. Ist dieses Folge von Verkürzung der
Sehnen, oder Gelenksverwachsungen durch zu grosse, heftige Anstrengung
hervorgebracht, so entsteht dadurch der Stelzfuss.
Edle Pferde haben im Allgemeinen längere Fesseln, ohne damit
durchzutreten; bei gemeinen Pferden sind lange Fesseln auch fast immer
schwach. Kurze Fesseln sind meistens kräftiger, aber der Gang wird da-
durch für den Reiter gewöhnlich etwas härter; mit langen Fesseln ist ein
mehr elastischer, sanfter Gang verbunden. Es finden jedoch hiervon auch
viele Ausnahmen statt.
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Auf den Fessel folgt die Krone; derselben dient das Kronbein zur
Grundlage, das schon zum Theil im Hornschuh des Hufes steckt, und sie
begreift den ungefähr einen Finger breiten, erhabenen Eand, der den
0Dern Band des Hufes begränzt, in sich. Eine gesunde Krone darf keine
Aufwulsterung zeigen und müssen die Haare um dieselbe glatt anliegen.
Der Huf ist der unterste Theil der ganzen vorderen Gliedmasse.
Dle äussern sichtbaren Theile sind:
Der Hornschuh, der wieder in Zehenwand, Seiten- und
1 räch ten wände zerfällt; dann die Sohle, die Eckstreben und
der Strahl.
Im Innern liegen das Hufbein, das Strahlbein, woran sich
"mehrere vom Röhrbein über den Fessel herablaufende Beuge- und
olT eck sehnen anheften, dann mehre Weichgebilde als: die Fleisch-
s°hle, der Fleischstrahl, Blättchen zur Verbindung der Horn-
Und Fleischwand, nebst vielen Gefässen, die zur Ernährung des Hu-
es dienen, und durch den Hornschuh eingeschlossen und geschützt
werden.
Sieht man die untere Fläche eines unbeschlagenen Hufes an, so
"eigt sich ungefähr einen kleinen Finger breit von dem äussern Rande
5 Hufes ein rund fortlaufender weisser Streif, welchen man die
eiSse Linie nennt, und auf welcher die Nägel zur Befestigung des
U eisens eingeschlagen werden sollen.
"ei einem gesunden Hufe hat die Hornwand eine von der Krone
gen die Zehe schräg herablaufende Richtung, ohne eine Einbiegung
gegen die Zehe oder um den ganzen Fuss herumlaufende Erhöhungen
Vertiefungen in Gestalt von Ringen zu zeigen; die ganze Ober-
e des Hornschuhes ist glatt und wie mit einem matten Firniss
überzogen.
on vorn gesehen erscheint ein gesunder Vorderhuf beinahe zir-
, rmig rui"l, das Horn hat überhaupt ein festes, elastisches Ansehen
°nne Sprödigkeit zu zeigen.
■Die Sohle erscheint massig ausgehöhlt, der Strahl breit und gut
ervorstehend, der Huf nach hinten gehörig breit, was man einen of-
fnen Huf nennt.
Die Farbe des Hufes ist nach der Farbe des Haares verschieden,
ei allen dunklen Haarfarben und den nicht weiss gebornen Schimmeln
ist der Huf meistens heller oder dunkler blaugrau gefärbt. Mit weissen
ssen ist fast immer eine sogenannte weisse, d. h. gelbliche Farbe
Hornes verbunden; ebenso bei weissgebornen Schimmeln und Isa-
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bellen. Viele behaupten, dass das weisse Horn der Hufe eine mehr
mürbe Beschaffenheit habe als das blaugraue.
Der Huf ist ein so wichtiger Theil am Pferdekörper, dass seine
Beschaffenheit fast nicht gut genug sein kann. Man muss desshalb auf
die Gesunderhaltung und Conservation der Hufe durch guten, zweck-
mässigen Beschlag und andere Mittel, welche das Horn elastisch er-
halten , die Zusammenziehung verhindern die grösste Aufmerksamkeit
verwenden. Durch Schmerzen in den Hufen werden die Verrichtungen
in der ganzen Vordergliedmasse so gehindert, dass schon manches Pferd
von Unkundigen für schultersteif oder schulterlahm gehalten wurde, was
an den Hufen litt.
Betrachtet man nun die Vordergliedmassen von vorn, so zeigt sich
manche Abweichung von der regelmässigen Stellung, die wir nun be-
trachten wollen.
Zur Regelmässigkeit der vordem Gliedmassen gehört, dass sie von
vorn betrachtet, jedenfalls in gerader Linie herablaufen d. h. von der
Brust bis zum Boden in gleichweiter Entfernung von einander stehen ;
ebenso muss eine senkrechte Linie von der Bugspitze bis zur Hufzehe
herab alle Theile senkrecht durchschneiden. Die senkrechte Richtung
muss Statt finden, ob nun das Pferd im Ganzen breit oder schmal sei.
Die von der Regelmässigkeit abweichenden Stellungen nun sind folgende:
1.  Die zu enge Stellung. Diese ist in zu schmaler Brust be-
gründet. Wenn man nämlich ein Pferd im Stande der Ruhe, das auf
seinen vier Füssen gerade steht, von vorn betrachtet, so müssen die
Hinterfüsse von den vordem gedeckt werden; ist nun die Brust im
Verhältniss zum Hintertheil schmäler, so entsteht dadurch die zu enge
Stellung. Man gebraucht jedoch diesen Ausdruck auch bei Pferden, die
überhaupt sehr schmal in der Brust sind, auch wenn die ebenso schmale,
enge Bildung des Hintertheiles damit übereinstimmt, und will damit sa-
gen, dass man diesem Pferde keine kräftige Entwicklung der Brustor-
gane zutraue.
2.  Die zu breite Stellung. Diese kann ebenfalls im Vergleich
mit dem Hintertheile Statt finden: da aber mit einer sehr oder zu brei-
ten Brust häufig auch Schwerfälligkeit des ganzen Vordertheiles ver-
bunden ist, so kann diese Bezeichnung bei Beurtheilung eines Reitpfer-
des auch in dieser Bedeutung genommen werden.
3.  Kniebohrer nennt man, wenn die Kniee nach einwärts ge-
geneinander gerichtet sind; der Fehler besteht darin, dass die Kraft
der Unterstützung dadurch gemindert wird.
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4. K n i e w e i t oder f a s s b e i n i g ist das Gegentheil von Knie-
bohrer.
ö- Zehentreter nennt man, wenn die Hufe mit der Zehe gegenein-
ander gerichtet sind.
«• Bodenweit nennt man, wenn die Füsse unten weiter aus-
ander stehen als oben in der Brust, welche dann meistens schmal
zu sein pflegt.
'Auswärts gestellt, französisch stehen, ein
fizmeister, sagt man von einem Pferde, wenn die ganze Glied-
masse scn°n aus der Brust eine solche Stellung hat, dass die Hufe
auswärts gerichtet erscheinen; öfter ist diese Stellung auch nur
emer fehlerhaften Bildung der Fesseln begründet. Stehen im er-
halle die Ellenbogen fest an den Rippen, so wird der Fehler für
trang um so grösser. In beiden Fällen sind die Pferde geneigt sich
s reichen. Zeigt es sich jedoch im Gange, dass dieses S t r e i-
e n nicht Statt findet, so wird die abweichende Richtung von der
.massigen Stellung nicüt bedeutend sein, und dann ist der Fehler
mcht erheblich.
Anmerkung. Bodenweit, fassbeinig, rückbiegig
Zehentreter lassen fast mit Sicherheit schliessen, dass das
r einen freien Gang nicht habe; dagegen ist mit: von Natur v o r-
S'g, Kniebohrer, im Fessel etwas auswärts ge-
vielfach ein freier Gang verbunden, nicht etwa weil, sondern
z d e m , dass diese Abweichungen von der Regelmässigkeit vor-
fanden sind.
e r R ü c k e n ist der Theil zwischen dem Widerrist und der
be re"Partüie> also der Ort, wo der Sattel seine Lage hat; gewöhnlich
man jedoch unter der Bezeichnung Rücken den ganzen Theil
m Widerrist bis zur Kruppe.
W schöner, guter Rücken zeigt hinter dem Widerrist eine sanfte
Lend"118' SOgenannte Satteltiefei lauft dann bis zu den Nieren oder
s> t gerade fort, hat eine zum übrigen Körperbau verhältnissmäs-
ge Lange und ist mit starken, festen Muskeln belegt,
bweichungen von diesem regelmässigen Baue sind:
• Wer Senkrücken, in geringerem Grade eingesät-
Ieit genannt.
erse be bedarf keiner weitern Erklärung und entsteht gewöhnlich
Mos von Natur
         i
de v>e              '            nn dessen auch ein zu frühzeitiger Gebrauch
erdes zum Reiten und Lastentragen die Veranlassung dazu sein.
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Nimmt die Nierenparthie an der Einsenkung Antheil, so dass die
ganze Senkung vom Widerrist bis zum Kreuz fortläuft, so kann man
mit Recht vermuthen, dass dieser Rücken schwach sei. Bei Stuten, die
öfter gefohlt haben, pflegt sich der Rücken etwas einzusenken, ebenso
auch bei alten Pferden, ohne dass ihre sonstige Brauchbarkeit dadurch
sehr beeinträchtigt würde. Indem durch die Form des Senkrückens der
Widerrist mehr hervortritt, so wird dieser vom Sattel leichter be-
schädigt.
(Ich habe senkrückige Pferde gekannt, die selbst als Reitpferde
sehr gut waren.)
2. Der Karpfenrücken; so nennt man einen nach auf-
wärts gebogenen Rücken. Diese Aufbiegung pflegt gewöhnlich gegen die
Nierenparthie hin statt zu finden, und besteht öfter nur in sehr lan-
gen Stachelfortsätzen der Rückenwirbeibeine, was um so stärker her-
vortritt, wenn die daneben liegenden Muskeln nicht gehörig voll sind.
Es liegt ihm immer ein Naturfehler zu Grunde, auch kann zu seinem
Entstehen beitragen, wenn allzujunge Thiere im schweren Zuge über-
mässig angestrengt werden.
Pferde mit solchem Rücken haben fast nie einen angenehmen Gang
und geschmeidige Wendsamkeit; sie werden auch leicht vom Sattel ge-
drückt, und gehören daher mehr zum Zug- als Reitdienst.
Ein zu langer Rücken ist häufig zu biegsam, um mit längerer
Ausdauer die Last eines Reiters zu tragen, und verstattet auch keine
kurzen und geschwinden Wendungen, weil die kräftige Verbindung zwi-
schen Yor- und Nachhand fehlt.
Ein zu kurzer Rücken ist häufig steif und hat zu wenig ela-
stische Bewegungen, auch gibt er Veranlassung zum Einhauen mit den
Plinterfüssen in die vordem. Obwohl ein solcher Rücken gewöhnlich
stark , zum Lasttragen geeignet ist und kurz gedrungene Pferde häufig
sehr wendsam, mehr langgestreckte schneller auf gerader Linie sein
können, so wird doch ein Uebermass von Länge oder Kürze nach Um-
ständen zu einem bedeutenden Fehler.
Der praktische Pferdekenner beurtheilt den Rücken nie bloss
nach seiner Form allein, sondern er weiss, dass
man die Kraft und den wahren Werth des Rückens
nur im Gange unter dem Reiter erkennen kann. Er
muss nämlich im Gange ruhig gehalten werden, und beim üebergehn
aus einem schnellern in ein langsameres Tempo es dem Pferde leicht
werden, die zusammenschiebende Wirkung von Hand und Sehen-
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anzunehmen, und ebenso auch die gehörige Stärke besitzen, um
1 durch die antreibende Kraft der Hinterbeine veranlassten Druck
» gen das Vordertheil demselben in gerader Richtung und ungeschwächt
mitzutheilen.
•fc erner weiss er, dass zu gewöhnlichen Dienstleistungen ein kurzer
id vorzuziehen ist, man hält solche Thiere für dauerhaft und gesund,
anS ist leicht genugJum den Reiter nicht zu ermüden, und ihre
Eiligkeit hinreichend für die gewöhnlichen Zwecke.
(.Bei Besprechung der Verhältnisse im Baue des Pferdes komme ich
lerauf n°ch einmal zurück.)
■Nieren-oder Lendenparthie ist derjenige Theil, welchem die
er Lehre vom Skelett erwähnten 6 Lendenwirbelbeine zu Grunde lie-
j der gute Pferdekenner verlangt, dass diese Parthie recht stark und
und mit vollen, derben Muskeln belegt erscheint; denn die Stärke
ganzen Rückens und der Nachdruck der Hintergliedmassen nach vorn
m Gehen hängt hauptsächlich davon ab.
Uebrigens ist die äussere Form auch bei dieser Parthie nicht allein
sgebend, sondern ich verweise hier auf das in dieser Beziehung eben
VOm cken im Ganzen Gesagten.
ist der Raum zwischen der letzten Rippe und der Hüfte ein kleiner,
Wa ^ tv\
man gut geschlossen nennt, so erwartet man von einem solchen
e v*el Ausdauer und Kraft, auch pflegen solche Pferde gute Fresser
zu se"i, und sich gut zu nähren.
ist dieser Raum gross, was man lang geschlossen nennt, und
le -Nierenparthie dabei eingesenkt zu Folge magerer, schwacher Mus-
! s° hat ein solches Pferd gewöhnlich weuig Kraft und Ausdauer unter
r Last und der Einwirkung des Reiters.
aben aber lang geschlossene Pferde dabei kräftige Muskeln auf die-
arthie und ist sie dabei nicht eingesenkt, so kann dieses für Sehne 1-
s e 11 auf gerader Linie, ohne grosse Last zum
eil werden, indem die Hintergliedmassen dadurch mehr Platz zur
Tätigkeit bekommen.
as nun aber zieht der praktische Pferdemann für Schlüsse aus die-
ser Belehrung über die Beschaffenheit des Rückens und der Nieren ?
Dass bei Untersuchung eines Pferdes dieser ganze Körpertheil die
sorgfältigste Beachtung verdient;
dass der Beurtheiler den Dienst, wozu das Pferd verwendet werd'en
so . kennen und zufrieden sein muss, wenn das Pferd in der Hauptsache
«em entspricht, was er braucht; und
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dass man an Einem Thiere nicht Alles haben kann; denn dies
würde Formen uotbwendig machen, die unmöglich alle in demselben Thiere
vereinigt sein können.
Die Rippen ; sie machen die Seitentheile der Brust aus, ihre Wöl-
bung und Länge bedingt die Räumlichkeit der Brusthöhle und die unge-
störte Verrichtung der in dieser gelagerten, lebenswichtigen Eingeweide.
Gutgewölbte Rippen müssen in einer massig starken Rundung von
dem Rücken ausgehen und sich in gleicher Wölbung nach abwärts fort-
setzen , wodurch eine geräumige Brusthöhle gebildet, der Lunge und dem
Herzen zu ihren Verrichtungen ausgedehnter Raum gestattet wird.
Die Rippen sind von elastischer Bildung und zeigen während des Ath-
mens einige Bewegung; beim gesunden, ruhigen Athmen ist diese Bewe-
gung kaum sichtbar nur bei Aufregungen, nach schnellem Laufen. sehr
schwerem Ziehen u. s. w. wird sie bemerklicher, beruhigt sich jedoch
alsbald wieder; auch bei krankhaften Zuständen tritt sie mehr hervor, ohne
sich alsbald zu beruhigen.
Platt- oder flachgerippt nennt man, wenn die Wölbung der
Rippen schon vom Rücken aus eine zu geringe ist, wodurch die Brusthöhle
enge wird; diese Form ist daher als ein wesentlicher Fehler zu betrach-
ten , indem mau dann auf eine nicht kräftige Entwicklung der Lunge und
des Herzens schliesst. Bei manchen für den Brustkorb plattgerippten Pferden
nehmen die Rippen gegen den Bauch hin eine hohe hervorstehende Wöl-
bung an, wodurch die gute Lage des Sattels höchst unangenehm beein-
trächtigt wird. Will man alsdann durch ein allzufestes Gurten ein besseres
Liegenbleiben des Sattels erzwingen, so wird dadurch dem Pferde ein
höchst unangenehmer Zwang auferlegt, der empfindliche Pferde zum
Bocken oder Niederwerfen veranlasst, weniger empfindliche aber minde-
stens im Athmen und also ausdauerndem Gehen sehr behindert. Für Wa-
genpferde ist daher dieser Rippenbau von minderem Nachtheil.
Die Flanken auch Weichen genannt, befinden sich unter den
Nieren und erstrecken sich von der Gegend zwischen den letzten Rippen
und den Hüften bis ganz hinunter. Sie sollen schön gefüllt seiu; ferner
hat man auf ihre Bewegung sowohl im Stande der Ruhe als auch gleich
nach der Bewegung zu achten. Je weniger und gleichmässiger sich die
Flanken bewegen, für desto besser hat man die Brustorgaue zu halten.
Ist die Bewegung im Stande der Ruhe sehr stark, ungleichmässig und
stossend, oder beruhigt sie sich nicht alsbald nach der Bewegung, so ist
ein heftiger Krankheitszustand vorhanden, oder die Lunge überhaupt
schwach. Ihre Untersuchung verdient daher eine genaue Beobachtung.
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SI
Der Bauch glänzt unten au die Brust, seitwärts an die Rippen und
ichen und rückwärts verliert er sich zwischen den Hinterbeinen. Ein
r "auch soll rund und massig stark sein, und findet nur bei einem
gerippten Pferde mit geradem Bücken statt. Hengste und Wallachen
gen einen mehr schlanken, Stuten einen mehr runden Bauch zu haben.
le Abweichungen von der regelmässigen Form des Bauches sind:
^ifgeschürzt oder aufgezogen auchhechtleibiggenannt; der-
' lst in seinem ganzen Umfange nach rückwärts zu dünn, und gegen
lanken zu hinaufgezogen. Die Erfahrung lehrt, dass solche Pferde
hitzig, schlechte Fresser und nicht ausdauernd zu sein pflegen.
üuh- oder Hänge bauch nennt man, wenn derselbe, wie beim
yieh, einen allzugrossen Umfang hat und zu sehr hinabhängt. Er ist
m Reitpferd durchaus nachtheilig, indem er keine gute Sattellage zu-
und die leichte Beweglichkeit des Pferdes sehr beeinträchtigt. Da
Gestalt im Rippenbau begründet ist, so lässt er sich auch durch
61ne Futterungsart abändern.
Uen Heu bauch haben Pferde, die mit Rauhfutter stark genährt
en, oder auch junge Thiere, die eben von der Weide kommen. Ist der
PPenbau günstig, so wird er sich bei veränderter Futterungsweise ver-
lieren.
ei Betrachtung des Bauches hat man ein Hauptaugenmerk auf die
das Athmen entstehende Bewegung zu richten; hiervon gilt im Gan-
asselbe , was schon bei den Flanken und Rippen erwähnt wurde , nur
°ch hinzuzufügen, dass bei dämpfigen Pferden beim Ausathmen die
gUng stossweise vor sich geht, und beim Einathmen eine starke Rinne
nach dpr r ••
jt Lange des Bauches gegen die untere Rundung zu zeigt, eine starke
üniliche Bewegung der Nasenlöcher ist damit verbunden , auch ge-
1 ein trockener, kurz abgebrochener, dumpfer Husten.
nter Kreuz oder Kruppe versteht man im gewöhnlichen Leben
ganze Hintertheil des Pferdes. Bei Betrachtung der einzelnen Theile
erdes ist hierunter der obere Theil des Hintertheiles gemeint. Zur
age dient dein Ganzen das Becken mit seinen äussern Seitentheilen
üften und den Sitzbeinen nebst einigen der ersten Schweifwirbel-
heme.
Eine gute Kruppe fängt, von der Seite gesehen, in gleicher Höhe mit
^ leren an, senkt sich massig nach dem Schweife zu, erscheint in allen
en von grossem Umfange und ist mit derben, festen Muskeln verse-
-on hinten gesehen soll sich dieselbe in angemessener Breite mit
übrigen Körper zeigen, und die Hüften nicht allzuweit hervorstehen.
4 *
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Die allzugeraden Kruppen finden gewöhnlich viel Beifall, sind aber
häufig schwach, besonders dann, wenn sie zugleich schmal sind, und nur
flache, wenig ausgedrückte Muskeln haben.
Gehörnte Hüften nennt man, wenn dieselben von hinten gese-
hen , bei einem massig gefütterten Pferde zu hoch und zu weit hervorste-
hen. Diese Form entsteht durch die Bildung des Hüftknochens, sie biethet
grossen Muskeln Platz zum Anheften und ist daher, obwohl hässlich für
das Auge häufig starken Kruppen eigen. Ist aber das ganze Hintertheil
dabei schmal, ohne derbe, hervortretende Muskeln, so ist das um so häss-
licher, auch gewiss nicht mit viel Kraft verbunden.
Es gibt Fälle, dass Fohlen beim Ein- und Auslaufen sich mit der
Hüfte an einen Thürpfosten heftig anstossen, wodurch ein Hüftknochen
eingedrückt werden kann. Man sieht dieses ungleiche Hervorstehen der
Hüftknochen beim Betrachten des Pferdes von hinten. Obwohl viele
Pferde damit nicht eigentlich lahm gehen, so ist es doch ein nicht zu über-
sehender Fehler, weil häufig geringere Muskeln damit verbunden sind,
die dann eine Schwäche in dem ganzen Hinterfusse hervorbringen.
Aber auch ohne Einhüftigkeit kann ein Abmagern der Muskeln auf
einer Seite der Kruppe in Folge eines grossen Schmerzes, z. B. bei sehr
starkem Knochenspath (ich hatte einmal selbst ein solches Pferd) eintre-
ten, welches man den Schwund oder Verschwind nennt.
Abschüssig oder abgeschliffen nennt man die Kruppe,
wenn sie sich vom Kreuzbein gegen den Schweif hin sehr stark senkt; sie
gilt für hässlich, obwohl sie mitunter sehr kräftig sein kann.
Das Esels- oder Schweinekreuz ist in geringerem Grade ab-
schüssig als das abgeschliffene; von hinten gesehen erscheint es schmal
und läuft spitzig zu.
Das gespaltene Kreuz ist oben durch eine Kinne oder
Furche in zwei Hälften getheilt, wobei die Muskeln zu beiden Seiten sehr
voll sind. Dasselbe findet man nie bei edlen Pferden vom Reitschlage; da-
gegen ist es dem ganz schweren Burgunder Wagenschlage, wie er auch
im Salzburgischen existirt ganz eigenthümlich und wird von den Fuhrleu-
ten sehr geschätzt.
Da nun die Kruppen so verschiedene Formen
haben, wie erkennt man nun die wahre Güte die-
ses Theiles am Pferdekörper?
Dem Auge des gewöhnlichen Beurtheilers erscheinen sanft abgerun-
dete Formen am Hintertheile die schönsten, und desshalb hält er sie auch
für die besten. Der praktische Pferdekenner liebt mehr grosse Formen an
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leseni Theile des Pferdes, wenn sie auch hie und da etwas eckiger er-
5C leine»i. Ferner ist d e r D i e n s t zu berücksichtigen, den das Pferd lei-
sten soll.
Das Reitpferd, welches unter der Last und dem Zwange des Reiters
c allein laufen, springen, sondern auch sich schnell versammeln lassen
so'l, um kurze, schnelle Wendungen auf dem Hintertheile auszuführen,
bedarf eine sehr gute, starke Kruppe. Da aber die Reitzwecke die Wünsche
und Redürfnisse der vielen Reiter sehr verschieden sind, so kann sich
hiernach das Urtheil über die Kruppe selbst bei einem zum Reitgebrauche
bestimmten Pferde sehr modificiren.
(Ein Näheres hierüber noch weiter unten.)
Bei einem Wagenpferde für den gewöhnlichen Fahrgebrauch kann
man in der Beurtheilung nachsichtiger sein.
Das schwere Fuhrmannspferd bedarf überhaupt vieler Masse, und zu
langsamer Ausdauer geeignete Kraft; daher wird viel Breite und Stärke
auch in dieser Parthie sehr erwünscht sein.
Es wurde schon öfter erwähnt, dass zur Vollkommenheit des Baues
ganz besonders Uebereins timmung aller Theile nnter sich
und zum Ganzen gehöre; so auch hier. Stellt man sich also hinter das
Pferd, so müssen, wenn dasselbe auf seinen 4 Füssen gerade steht, die
Vorderfüsse von den hintern ganz gedeckt sein; stehen sie breiter, so ist
das Pferd z u breit im Verhältniss sum Vordertheil; stehen sie enger, so
ist das Pferd z u schmal im Hintertbeil.
Zur Beurtheilung der Kruppe ist es nicht genug, die Formen dersel-
ben im Stande der Ruhe betrachtet und vielleicht sie als gut erkannt zu
haben; sondern die grössere oder geringere Güte zeigt sich erst im Gange,
namentlich unter dem Reiter; worüber das Nähere noch weiter unten ge-
sagt werden wird.
Die Hinterbacken nennt man jene grosse muskulöse Parthie , die
vom Becken herab bis zum Kniescheibengelenk und zur Zehe reicht. Es
dient ihr das grosse Oberschenkel- oder Backbein zur Grundlage. Das-
selbe verbindet sich an seinem obern Ende mit dem Becken durch ein
Nussgelenk, wodurch es dem Hinterfuss möglich wird, seitwärts zu treten.
Man nennt dieses Gelenk gewöhnlich die P f a n n e.
Von hinten gesehen , muss diese Parthie, selbst bei einem nicht
allzu dick genährten Pferde sehr voll und die Muskeln hervortretend er-
scheinen ; von der Seite gesehen, muss, wenn man sich die Hüfte,
das Backen- und Kniescheibengelenk durch eine sich in länglicher Rich-
tung verlaufende Linie verbunden denkt, dieses ein sehr grosses Oval bilden.
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Das grosse Oberschenkel- oder ßackbein verbindet sich unten mit
dem Unterschenkelbein. Auf diesem Gelenke liegt ein Knochen,
welcher die Kniescheibe und daher das Ganze das Kniescheibengelenk
heisst.
Die Hose, welcher das Unterschenkelbein zur Grundlage dient,
nennt man den Theil von der Kniescheibe ahwärts bis zum Sprunggelenke.
Von der Seite betrachtet, muss sie gehörig lang und breit erscheinen, von
hinten gesehen müssen die Muskeln gehörig gewölbt zu beiden Seiten her-
vorstehen, dabei trocken und fest anzufühlen sein.
Die Hinterbacken und die Hose sind so wichtige Theile an einem
Pferde, das sehr kräftiger Leistungen fähig sein soll, dass diese Parthieen
sozusagen niemals zu kräftig und muskulös sein können.
Das Sprunggelenk befindet sich zwischen Zehe und Röhrbein
und wird aus 6 in 'S Reihen über einander liegender Knochen gebildet.
Ein schönes, festes und kräftiges Sprunggelenk ist mit kurzen , feinen und
glänzendeu Haaren besetzt, und dabei so trocken, dass alle Vertiefungen
und Erhöhungen desselben recht deutlich ins Auge fallen, es also den An-
schein hat, als wäre die Haut auf die Knochen geleimt. Ein dickes, fettes,
aufgedunsenes Sprunggelenk zeugt von keiner Kraft, sondern verräth viel-
mehr eine Anlage zu Gallen, und überhaupt zu wässerigen Geschwülsten,
Von der Seite angesehen, muss es recht breit sein, und zwischen dem
Hacken- oder Fersenbein und dem unteren Ende des Unterschenkelbeines
eine merkliche Aushöhlung haben. Die starke Sehne, welche sich an dem
Fersenbeine befestigt, und Achillessehne heisst, muss weit vom Unter-
schenkelbeine abliegen und ein sehr derbes Ansehen haben.
Dieses Entferntliegen der Achillessehne wird durch eine gute Länge
des Fersenbeines hervorgebracht, wodurch, diese Sehne sehr au Hebel-
kraft und dadurch das ganze Hintertheil an fortschiebender Kraft gewinnt.
Je länger das Fersenbein ist, und je weiter es dadurch von den übrigen
Sprunggelenksknochen entfernt wird, desto entfernter läuft auch die
Flechse von ihm am Schienbeine herab, desto breiter wird der Schenkel
und desto grösser die Kraft. Ist also diese Parthie schmal, so wird sie
nicht ohne Grund getadelt, indem dies Schwäche verräth.
(Diese Parthie, sowie die ganze Hose ist beim Hunde ganz besonders
stark und kräftig gebildet, worin die Schnelligkeit des Hundes vielfach
begründet sein mag.)
Von hinten betrachtet, muss das Sprunggelenk scharf abgegränzt und
keines grösser als das andere aussehen; diese verschiedene Grösse kann
in einer krankhaften Knochenauftreibung ihren Grund haben; auch dürfen
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dessen Erhöhungen auf der aus und inwendigen Seite in Absicht der
Grösse nicht merklich von einander ahweichen.
Von der Güte oder Mangelhaftigkeit der Theile vom Sprunkgelenke
abwärts gilt im Ganzen dasselbe, als bei den Theilen vom Knie abwärts
an den Vorderbeinen.
Nur ist zu bemerken, dass sie im Ganzen etwas stärker sein werden.
uud dass die hinteren Hufe eine mehr längliche nach der Zehe hin spitzi-
gere Form haben; auch sind sie bei weitem nicht so vielen Fehlern unter-
worfen, als die vorderen Hufe.
Bei manchen Pferden zeigt sich der Theil unmittelbar unter dem
Sprunggelenk sehr schmal, wie zusammengeschnürt. Man nennt diese feh-
•erhafte Bildung zwar nicht gedrosselt, aber ich habe beobachtet, dass
ei«e kräftige, freie Bewegung des Sprunggelenkes damit nicht verbunden
zu sein pflegt.
Betrachtet -man nun die Hinterschenkel im Ganzen, so ist der Winkel
unter welchem das Sprunggelenk gestellt ist, ganz besonders ins Auge zu
fassen. Steht das Unterschenkelbein zu viel nach rückwärts oder ist das-
selbe zu lang, so kömmt das Sprunggelenk zu weit zurück; ist dabei die
Stellung des Röhrbeines nach vorwärts gerichtet, so entsteht im Sprung-
gelenke ein zu spitzer Winkel; diese Stellung nennt man säbelbeinig.
Läuft das Unterschenkelbein zu gerade herab, oder ist es zu kurz, so
ei'folgt im Sprunggelenke ein zu stumpfer Winkel und man nennt das zu
gerade gestellt.
Gute Pferdekenner verlangen, dass bei einem gut gestellten Hinter-
theile eine von der Kruppe durch das Kniescheibengelenke senkrecht her-
abfallende Linie ungefähr eine halbe Kopflänge vor der Zehe des Hinter-
stes zur Erde komme; eine zweite von der oberen, vorderen Biegung
des Sprunggelenkes herabfallende senkrechte trifft die Zehe des Hufes
u"d eine dritte vom Pfannengelenke ausgehende gedachte, senkrechte fällt
durch die Trachten der Hinterhufe zur Erde. Da nun weder bei der Sä-
belbeinigkeit noch bei der zugeraden Stellung diese senkrechten zutreffen,
so nennt man-beide Stellungen von der Regelmässigkeit abweichend, und
obwohl es genug Pferde gibt, die mit beiderlei Stellung recht gute Dienste
leisten, so ist doch häufig mit der Säbelbeinigkeit ein schwankender,
und mit der zu geraden Stellung einstuppiger nicht genug unter
tretender Gang verbunden und in beiden Fällen ist die nachschiebende
Kraft vermindert.
Bei der Säbelbeinigkeit verbindet sich auch gewöhnlich das
Oberschenkelbein mit dem Unterschenkelbein im Kniescheibengelenke
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unter einem zu spitzen, bei der geraden Stellung in den Sprunggelenken
unter einem zu stumpfen Winkel.
Auch bestätiget die Erfahrung, dass Pferde mit geraden Sprungge-
lenken häufig in den hintern Fesseln durchtreten, dagegen, dass Säbelbeiue
zum Überknöcheln geneigt sind.
Von hinten betrachtet, muss, wie schon oben gesagt, die Muskulatur
der Backen und der Hosen recht stark und voll hervortreten; die Sprung-
gelenke müssen einen massigen Raum zwischen sich lassen und rückwärts
mit den Fersenbeinen nur ein wenig gegeneinander gerichtet sein; diese
Stellung erhalten sie durch die Richtung des der Hose zur Grundlage die-
nenden Knochen, nicht durch ihre eigenen Knochen und deren Zusam-
mensetzung. Die Röhrbeine müssen dann bis zur Köthe gerade herab-
laufen und die Fesseln weder aus, noch einwärts gedreht sein.
Diese gerade Stellung des Röhrbeines unter dem Sprunggelenke
die dadurch hervorgehende Bildung des Winkels dieses Gelenkes, die
Breite desselben, die Länge und Entfernung des Fersenbeines und die
Länge der Hose geben der ganzen hintern Gliedmasse nicht nur eine
schöne, gefällige Gestalt, sondern sie bewirken auch die möglichste
Kraft und Schnelligkeit.
Eine von der Mitte der Hinterbacken senkrecht herabfallende
Linie muss alle Theile gleichweit von sieh fern halten; ebenso muss
eine senkrechte von der Mitte der Fersenbeine Sprunkgelenk, Röhr-
bein, Köthe, und Fessel, so durchschneiden, dass sie gerade in der
Mitte der Ballen des Hufes zur Erde kömmt.
Hievon abweichend ist die k u h f ü s s i g e Stellung; so nennt man
nämlich, wenn die Sprunggelenke zu nahe beisammen stehn, und sich
die untern Gliedmassen nach unten von einander entfernen. Häu-
fig ist diese mit der säbelbeinigen Stellung verbunden und ihr höch-
ster Grad ist, wenn sich die Sprunggelenke im Gehen aneinander
reiben.
Eine andere Abweichung von der Regelmässigkeit ist die knie-
weite Stellung. Hiebei stehn die Sprunggelenke zu weit auseinan-
der, und pflegen sich im Gange nach auswärts zu neigen. Diese beiden
Stellungen können in fehlerhafter Form des Beckens ihren Grund
haben; öfter sind sie aber in der Richtung des Unterschenkelbeines
und seiner Verbindung mit dem Oberschenkelbeine im Kniescheibenge-
lenke begründet.
Zu eng gestellte Hinterbeine pflegen sich im Gange zu streichen.
(Siehe oben bei den Vorderbeinen.)
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Ob und in welchem Grade alle diese fehlerhaften Stellungen wirk-
nachtheilig sind, kann man nur in Berücksichtigung des Dienstes
WOzu das Pferd verwendet werden soll, im Gange beurtheilen, worüber
das Nähere weiter unten.
Bei edlen Pferden findet man die kuhfüssige oder säbelbeinige
Stellung sehr selten, fast nie.
Oer Schweif; ihm liegt die Schweifrübe oder Ruthe zum
Grunde, dieselbe wird durch die 16—18 Schweifwirbel, nebst Muskeln,
aut etc. gebildet. Der Schweif heisst schönangesetzt, wenn er
Us einen vollen, schönem Kreuze hervorgeht: er selbst ist schön,
Wenn er eine massig dicke aber recht derbe und feste Rübe hat und
Vlelen, langen und feinen Haaren besetzt ist.
Ein solcher im Bogen getragener Schweif ist häufig der Gegen-
aod allgemeinen Gefallens und beim grossen Publikum wird ein damit
-rsehenes Pferd auch gleich für besser gehalten als jenes, welches
en Schweif minder schön trägt.
w den Augen des praktischen Pferdekenners wird der wahre
ebrauchs werth des Pferdes dadurch nicht verändert, ob das Pferd
,nen mehr oder weniger schönen Schweif hat; aber sicher ist es, dass
schön behaarter, massig im Bogen getragener Schweif, ebenso wie
e lange feine Mähne, eine grosse Zierde des Pferdes ausmacht, auch
"ferde ein kräftigeres, und muthigeres Ansehen gibt; ebenso ist
Ansatz und die Art des Tragens des Schweifes ein eharakteristi-
^hes Kennzeichen des edlen Pferdes.
Alle Welt findet einen kahlen mit kurzen, wenigen Haaren verse-
en Schweif, (Rattenschweif genannt,) hässlich; ein solches Pferd
gefällt Wenigem, es wird desshalb für weniger Werth gehalten, es ist
^ein so gesuchter Handelsartikel, und nur darin liegt der höhere Werth
ei»es mit einem schönen Schweif versehenen Pferdes.
uer praktische Pferdekenner wird ein schlechtes Pferd wegen eines
onen Schweifes nicht für ein gutes halten, und sich wegen eines hass-
en oder nicht hübsch getragenen Schweifes nicht gegen ein sonst gutes
pferd einnehmeu lassen.
Wenn ihm aber zwischen zwei sonst ganz gleich guten Pfer-
en. das eine mit schönen, gut getragenen, das andere mit hässlichen,
schlecht getragenen Schweife, die Wahl frei steht, so liegt es in seinem
e"genen wohlverstandenen Interesse, das Pferd mit dem schönen Schweife
z« wählen.
Das Schieftragen beeinträchtigt nur darum den Werth des Pferdes,
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weil es fürs Auge ungefällig erscheint. Ein schöner Schweif ist jedenfalls
ein H and eis vor t h eil, ein hässlicher ein Handel sfe hl er.
Der After, als das Ende und die Mündung des Mastdarmes muss
vollkommen zusammengezogen sein, und nichts geschwollenes zeigen.
Das G e b u r t s g 1 i e d bei Stuten, auch Wurf oder S c h a m
genannt, muss mittelst der Lefzen gehörig geschlossen sein ; ist es etwas
aufgedunsen, und lässt eine zähe, eiweissähnliche Feuchtigkeit ausfliesen, die
sich in langen Fäden herunterzieht, so ist es ein Zeichen, dass die Stutte
Begattung wünscht, d. h. rossig sei.
DasEuter nebst den beiden Zitzen ist bei den Stuten an eben
dem Orte, wo sich das Geschröte bei den Hengsten befindet.
Diese Theile müssen von angemessener Grösse und derb sein, aber
nichts Verhärtetes an sich haben. Stuten, die gesäugt, haben ein schlaffe-
res und grösseres Euler als solche, die noch nicht gesäugt haben, auch
sind bei ersteren die Zitzen länger und platter als bei letzteren.
Unter Geschröte wird der ganze zu den männlichen Geschlechs-
theilen gehörende Apparat, als Hoden, Hodensack, Schlauch und Ruthe
verstanden.
Das Ganze muss von massiger Grösse, beim Anfühlen derb sein,
jedoch nichts verhärtetes, geschwollenes, oder erschlafftes an sich
haben, und sich im Gange des Pferdes so wie beim Berühren sich kräu-
seln und hinaufziehen.
Die Hoden sind nicht selten von ungleicher Grösse, was aber, wenn
sie beim Anfühlen nichts krankhaftes zu erkennen geben, gleichgültig ist.
Ein schlaffes, aufgedunsenes herunterhängendes Geschröte zeigt von
einer Schwäche in diesen Theiien und findet sich bei Hengsten, die zur
Zeit krank oder es eben gewesen sind.
Unter Klopf oder Spitzhengst versteht man, wenn nur ein Ho-
den sichtbar und fühlbar, der andere aber in der Bauchhöhle zurückge-
blieben ist; auch gibt es seltene Fälle wo dieses mit beiden Hoden der
Fall ist. Die Klopfhengste pflegen nach Stuten hitziger zu sein, als
Hengste wo beide Hoden im Hodensacke sichtbar sind. Da die Castration
eines Klopfhengstes mit sehr viel Gefahr verbunden, auch bis jetzt noch
sehr selten unternommen worden ist, so verlieren solche Pferde um somehr
an Werth, weil sie meistens auch bösartig zu sein pflegen.
Wallach nennt man ein Pferd, dem durch die bekannte Operation
Gastriren genannt, beide Hoden genommen worden sind. Hie und da nennt
man auch einen Wallach, ein halbes Pferd. Zu den vielfachen Ge-
brauchszwecken hier zu Lande sind Wallachen häutig sehr gute, verwend-
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are pferde, wo der Gebrauch der Hengste mit vielmehr Last, mitunter
auch Gefahr für den Menschen verbunden wäre. Im Orient soll diese Ope-
0n nie angewendet werden ; selbst die Reiterei hat nur Hengste.
Der Schlauch ist als eine Scheide für das männliche Glied, die
Huthe anzusehen. Er muss eine angemessene Grösse haben, und nur ober-
Warts mit kurzen Haaren besetzt sein; ist er zu gross und dick, ohne
lankhaft zu sein, so nennt man dieses Fettschlauch.
Die Ruthe, das Hengstglied oder auch Schaft genannt,
egt in dem Schlauche verborgen, und kommt nur zum Vorschein, wenn
der Hengst urinirt oder sich zur Begattung anschickt. Im ersteren Falle
rauss sie aus dem Schlauche hinlänglich hervortreten; ausschachten,
dan"t das Innere des Schlauches nicht durch den Urin verunrei-
nigt werde.
Als Begattungswerkzeug des Hengstes betrachtet, muss sie möglichst
8 att> rein, gerade und im Verhältniss der Grösse und Stärke des Pferdes
auch eine den Begattungsakt befördernde Länge und Dicke haben. Denn
/u beträchtliche Grösse und Stärke, sowie auffallende Kleinheit, Unver-
m°gen sich zu steifen und längere Zeit sieh steif zu erhalten, gekrümmte
Ulld gebogene Richtung u. s. w., erschweren die Begattung und befähigen
c en Hengst nur wenig zum Beschäler.
Aeusserlich sichtbare Fehler.
Wir wollen nun die äusserlich sichtbaren Fehler kennen lernen und
angen dabei wiederum beim Kopfe an.
_ Setzungen am Kopfe und seinen einzelnen Theilen sind z. B. zer-
schhtzte oder abgeschnittene Ohren;
Brandmerkmale auf dem Vorkopfe unter dem Schöpfe, die wegen
Kopfkrankheiten angebracht wurden.
Zerrissene Augenlieder;
Narben an den Ganaschen in Folge von Haarseilen bei Augenleiden ;
Dicke Haut auf dem Nasenbeine in Folge von Anwendung des Kapp-
zaumes ;
Verletzung der Keimkettengrube durch schlecht passende Kinn-
Gelähmte Unterlippe:
Am Hinterkieferrande unschädliche Knochenauswüchse:
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Zahnfistel; diese erkennt man an einer Geschwulst mit einer kleinen
Oeffnung, aus welcher stinkender, jauchiger Eiter fliesst, und der Hartnä-
ckigkeit ihrer Heilung wegen stets bedenklich ist.
(Die Augenleiden wurden schon früher, besprochen,) ebenso die im
Inneren des Maules vorkommenden Verletzungen, als Ladendruck
zerrissene Zunge.)
Bei Untersuchung des K e h 1 g a n g e s und der Nase entdeckt man
Krankheiten, die im Innern Lebenshaushalte ihren Grund haben. Im Kehl-
gange liegen nämlich unter der Haut die Limpfdrüsen, welche im gesun-
den Zustande kaum als einzelne Körner bemerkbar sind; in kranken Zu-
ständen aber verschiedenartig verändert angetroffen werden; denn so fin-
det man sie beim einfachen Str enge 1, Drusse, etc. schmerzhaft
angeschwollen, bei Rotz und verdächtiger Drüse schmerzlos,
kugelähnlich geschwollen, verhärtet und auf einer Seite festsitzend.
Bei der gutartigen Drüse findet aus beiden Nasenlöchern ein weiss-
lich, schleimiger, ziemlich flüssiger Ausfluss statt; erfolgt aber dieser Aus-
fluss nur aus einem Nasenloche, so ist das Pferd um so mehr in höherem
Grade des Rotzes verdächtig, wenn der Ausfluss zähe ist, an dem Rande
des Nasenloches festklebt oder gar zu Zeiten mit Blut und Eiter ver-
mischt und übelriechend ist.
Die Beschaffenheit der Nasenschleimhaut ist dabei von sehr dunkel-
rother meist aber bleigrauer Färbung oder auch eine Schattirung zwischen
beiden. Zeigen sich dabei auf dem Ueberzug der Nasenscheidewand nicht
blos wunde Flecke, sondern kleine, meist etwas rundliche, tiefe Geschwüre
mit. erhabenen Rändern, so ist kein Zweifel über das Vorhandensein des
Rotzes.
Anmerkung. Ein rotzkrankes Pferd kann noch längere Zeit bei
Appetit und Arbeitskraft verbleiben und auch dabei gut aussehen.
Es mag dieses auch der Hauptgrund sein, warum der gewöhnliche
Bauer und Fuhrmann nichts dazu thut, und die Krankheit vom Thierarzt
behandeln zu lassen; denn das Pferd frisst ja, thut seine Arbeit, der
Thierarzt ist nicht im Ort, übrigens kostet die Kur auch Geld , das Pferd
wird als rotzkrank erkannt, vertilgt u. s. w. Ob der Rotz wirklich so
ansteckend ist, als es im Allgemeinen angenommen wird, kann ich nicht
entscheiden; denn es sollen Versuche gemacht worden sein, dass man
gesunde Pferde mit Rotzkranken aus einer Krippe fressen, aus einem Ge-
lasse saufen Hess, dass man sie mit demselben Gebiss zäumte, mit demsel-
ben Putzzeug reinigte u. s. w. Einige der gesunden Pferde wurden alsdann
auch rotzkrank, andere nicht.
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Gl
Eigentlich für unheilbar gehalten, tauchen immer wieder Leute auf,
°he behaupten den Rotz geheilt zu haben, oder ein sicheres Mittel zur
euung zu wissen. Ich habe selbst einen Fall erlebt, wo ein durch 1 l/2
lre als rotzkrank behandeltes Pferd von einem andern Arzt durch An-
endung von Arsenik in homöopathischen Gaben ganz hergestellt wurde.
" acndem ich das Pferd durch einige Monate als ganz gesund erscheinend
gesehen hatte, verliess das Pferd den Ort meines Aufenthaltes und ich
De nachher nichts mehr von ihm gehört. Zu bemerken ist, dass bei die-
em Pferde am Nasenbein, in der Gegend, wo im Innern die Siebbeine
Sen, im Laufe der Kur mit Arsenik eine haarlose Stelle entstand. We-
5 a dieses einen Falles kann ich natürlich nicht behaupten, dass der Rotz
1 bar sei; die Unheilbarkeit des in einer allgemeinen ßlutverderbniss
estehenden Rotzes scheint bis jetzt noch festzustehen. Der von mir er-
e fall mag wohl nur in lokalem Rotz, der nur seinen Sitz in den Sieb-
bei"en hat, bestanden haben.
Indem die Rotzkrankheit in gewissen Gegenden sozusagen nie auf-
01', in andern Gegenden fast nie oder selten erscheint, so muss dieses in
Sewissen allgemeinen oder stets regelmässig wiederkehrenden Ursachen
meinen Grund haben. Ich glaube die Beobachtung gemacht zu haben, dass
■ o'che Gegenden, wo die Menschen viel am Fieber, Sumpffieber leiden, am
'eisten davon heimgesucht werden. Da dieses Fieber am wirksamsten
ch Verlassen einer solchen Gegend auf längere Zeit, also durch ganz-
eren Luft und Nahrungswechsel geheilt wird, so wären Proben mit rotzi-
gen Pferden in dieser Weise sehr interessant.
Dass der Rotz nach Feldzügen, wo die Pferde durclr mancherlei Ent-
nrungen an regelmässiger, gesunder Nahrung, durch Witterungseinflüsse
"d Strapatzen aller Art herabgekommen sind, fast immer ausbricht, ist
ekannt. Es äussert sich eben auf diese Weise die durch ebengenannte
TT
''Sachen eingetretene Verderbniss der Nahrungssäfte.
(Die von der thierärztlichen Gesundheitspolizei vorgeschriebenen
orsichtmassregeln, um die Verbreitung des Rotzes hintanzuhalten, sind
bekannt und ihre Befolgung stets anzurathen.)
Am Genick ist öfter eine Geschwulst oder ein offenes Geschwür an-
zutreffen, das in die Muskeln und Sehnen geht, und viel wässerigen, übel-
riechenden Eiter gibt; man nennt das eine Genickfistel. Sie entsteht mei-
en von scharfen Säften, ist als bedeutend anzusehen und schliesst jeden-
falls das Pferd vom Kaufe aus.
ua, mau in 'vorkommenden Fällen an der grossen Halsvene zur Ader
zu lassen pflegt, so bleiben hier öfter runde, schlaffe, unschmerzhafte Beu-
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len als unschädliche Folgen zurück. Da sie jedoch Zeichen sind, dass das
Pferd an einer heftigen Entzündung krank war, z. B. einer Lungenentzün-
dung oder heftigen Kolik gelitten hat, so muss man ein solches Pferd dann
um so aufmerksamer untersuchen. Wenn aber eine gespannte, harte und
lange Geschwulst über der Aderöffnung nach dem Halse hinaufgeht, und
eine flüssige Materie aus der Aderöffnung fliesst, diese auch hervorge-
drungenes, schwammiges Fleisch zeigt, so ist dieses eine Aderfistel, die
als nicht unbedeutend anzusehen und in ihrer Heilung oftmal beschwerlich
und langwierig ist.
Der M ä h n e n gr i n d ist eine Ausschlagskrankheit am Kamnirande
des Halses mit Ausfallen der Mähnen und Erzeugung kleiner, fressender
Hautgeschwüre.
Der Weichselzopf, eine aus allgemeiuen Krankheitsursachen
entstandene Verfilzung der Mähnenhaare mit krankhafter Bildung der
Haare selbst, der übrigens auch als unächt aus örtlich en Einwirkungen,
Unreinlichkeit etc. entstehen kann.
Anschwellungen der Ohrspeicheldrüsen, dessgleichen der
Schilddrüsen; Narben am oberen Theile des Halses von Haarseilen
oder Scharfsalben bei Kopf- und Augenkrankheiten; kahle Stellen am
obern Theile des Halses vom Koppriemen, sind alles Makel, welche eine
um so vorsichtigere Untersuchung des Pferdes anrathen.
Der Widerrist wird öfter durch Kummet oder Sattel gedrückt und
entstehen hier öfters Entzündungsgeschwulste, welche durch die Art, Dauer
und den Grad des Druckes Flüssigkeiten ergossen zeigen, auch eitern oder
gar in Brand übergehen, und in dieser Beziehung schwierige, hartnäckige,
selbst gefährliche Leiden darstellen. In Folge derselben entstehen zuwei-
len Zerstörung des Nackenbandes, Beinfrass an den Dornfortsätzen der
Rückenwirbel, Fistelgeschwüre u. s. w., die das Pferd längere Zeit un-
tauglich machen. Es bleiben dann gewöhnlich haarlose Narben , weissbe-
haarte Flecke etc. zurück.
Aehnliche Beschädigungen kommen aus ähnlichen Ursachen auch auf
dem Rücken vor.
Narben auf der Brust sind meistens rückgebliebene Spuren von
Haarseilen, Fontanellen (Lederstecken) wegen verschiedener Krankheiten
und berechtigen zur genauen Untersuchung des allgemeinen Gesundheits-
zustandes.
Narben oder haarlose Flecken auf der Schulter deuten .an,
dass das Pferd einmal an der Bug- oder Sehulterlähmung litt.Diese
entsteht durch verschiedene Ursachen und ist daher mehr oder weniger
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ahrlich. Ist sie durch äussere Gewalt, einen Schlag, Stoss etc. entstan-
> was man an der Geschwulst, erhöhten Wärme, Schmerz beim Berüh-
erkennt so ist es eben eine Contusion, wie jede andere derartige und
sich bald heilen, ohne dass ein Rückfall zu besorgen sei.
Ist die Buglähmung aber von einer gewaltthätigen Bewegung, sei es
rch Springen, schnelles Umdrehen oder Fallen entstanden, so kann eine
Irrung der Sehnen, Muskeln und Bänder vorhanden sein. In diesem Falle
st an keinem Theile des Schenkels Geschwulst, Hitze oder Schmerz beim
sten Berühren zu entdecken; die Heilung ist alsdann misslicher und man
1 Ursache zu befürchten, dass das Pferd, wenn es nach erfolgter Hei-
n8 etwas stark gebraucht wird oder einen Fehltritt thut, über kurz oder
nS einen Rückfall dieser Lähmung bekomme. Nicht selten ist eine Läh-
mui»g in diesen Theilen rheumatischer Art.
Die Buglähmung wird häufig Pferden angeschuldigt, wenn sie nicht
l*handen, sondern der Schmerz wahrscheinlich seinen Sitz im Innern des
'es hat (Hufgelenklähme, wovon weiter unten).
Es ist häufig sehr schwer, sich mit Bestimmtheit darüber auszuspre-
leu. ob ein Pferd buglahm sei, oder nicht. Man will es am besten da-
rch erkennen, dass ein buglahmes Pferd beim Zurücktreten den lahmen
ss nicht biegt und hebt, sondern steif über den Boden zurückzieht,
enso, dass das Pferd beim Vorwärtsgehen die ganze Gliedmasse nicht
t> rade vorwärts, sondern in einem Bogen von der Seite ausholend (mä-
naj vorwärts setze, und dass es einen erhabenen Gegenstand, eben weil
uie Gliedmasse nicht liegen oder heben mag oder kann, nicht zu über-
schreiten vermag.
"or der Brust und am Buggelenke kommen bei Zugpferden öfter Ent-
lc"ittgsgeschwülste, schwammige Geschwülste, Hautschwielen und wunde
eleu vor, entstanden durch den Druck schlechter Geschirre; ihre
° 0ssere oder geringere Bedeutendheit ist leicht zu erkennen.
-in der Spitze des Ellbogens kömmt die sogenannte St ollbeule
ei Stollschwamm vor. Es ist dieses eine runde Geschwulst, die so-
durch von aussen entstehenden Druck, indem beim Liegen das Huf-
" sen auf diesen Punkt drückt, als auch aus allgemeinen Krankheitsur-
ehen entstehen soll. Anfänglich ist sie öfter sehr heiss und schmerzhaft,
verursacht eine Spannung, die das Pferd lahm macht. 1st sie klein
Ü<1 ohne grosse Hitze , so macht sie nicht lahm. Sie beeinträchtigt das
,USSei'e Ansehen des Pferdes und lässt sich durch_Einreibungen, Opera-
IOn 0c^er Brennen beseitigen. Ein zurückbleibender kahler Fleck, scHwie-
^e Haut, deuten auf das Dagewesensein dieses Leidens; einmal
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entstanden, pflegt sie auch nach geschehener Heilung öfter wiederzu-
kehren.
(Narben oder haarlose Stellen oder weissbehaarte Flecke auf den
Knieen siehe oben.)
Zu Folge stattgehabter heftiger, äusserer Verletzungen entstehen am
Knie Verdickungen, die den Knieschwamm begründen, und harte Auftrei-
bungen zeugen sogar von wirklichen Verwachsungen der Knochen im
Kniegelenke und sind gewöhnlich mit Gebrauch störender Steifigkeit ver-
bunden.
Die sogenannte Raspe besteht in quer durchgehenden Schrunden
oder Rissen in der Kniebiegung, welche eine maukenähnliche Feuchtigkeit
aussickern, Spannung, Schmerz und Lahmgehen verursachen; ihre Heilung
ist öfter recht hartnäckig.
K n i e g a 11 e n sind rundliche, weiche Geschwülste an der äussern
Seite des Kniees; es sind Erweiterungen des Kapselbandes mit Anfüllung
von Gelenkschmiere, welche anfänglich blos das äussere Ansehen beein-
trächtigen , bei grösserer Zunahme aber selbst der Bewegung nachtheilig
werden.
Am Schienbeinknochen kommen kleine Knochenerhöhungen vor, die
unter dem Namen Ueberbeine bekannt sind. Sie entstehen fast nur
an der innern, höchst selten an der äussern Seite des Schienbeins. Dies
mag sich daraus erklären lassen, dass das innere Griffelbein näher bei
dem Unterstützungspunkte des ganzen Körpers liegt, mehr zu tragen hat,
als das äussere und daher der Entzündung und der nachfolgenden Aus-
schwitzung von Knochenmasse eher unterworfen ist. Ein Ueberbein bildet
sich häufig sehr schnell, so zu sagen über Nacht; anfänglich geht das
Pferd gewöhnlich lahm daran (jedoch nicht in jedem Falle), weil die Bein-
haut schmerzhaft gespannt ist; hat sie sich aber an die Ausdehnung ge-
wöhnt, so nimmt der Schmerz ab und das Hinken verschwindet, wenn
nicht das Ueberbein die Bewegung einer Sehne oder eines Bandes hindert,
oder in der Nähe des Gelenkes ist; in diesen Fällen beeinträchtigt es die
freie Bewegung, verursacht Druck und Entzündung. Daher sind Ueber-
beine nicht nothwendig als Hauptfehler anzusehen, und können dem Gang
und Werthe des Pferdes ganz unschädlich sein; denn alles hängt von der
Stelle ab, wo es sich befindet, ob das Ueberbein erst im Entstehen oder
schon ausgebildet ist u. s, w.
Die rückwärts am Schienbein herablaufende grosse Beugesehne ist
einem Leiden ausgesetzt, das man den Sehnenklapp nennt.
Die Beugesehne nämlich ist in eine Scheide eingeschlossen, welche
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eine Flüssigkeit absondert, die zur Verminderung der Reibung dient.
Wenn nun ein Pferd zu hart arbeiten muss, oder plötzlich und stark ange-
strengt wird, so entsteht Entzündung dieser Scheide, die abgesonderte
Flüssigkeit gerinnt, es bilden sich Verwachsungen zwischen der Sehne und
ihrer Scheide, die Bewegung wird schwierig und schmerzhaft.
In andern Fällen reissen einige der Fasern, welche die Sehnen befe-
stigen in Folge der übermässigen Anstrengung. Der Schmerz und das
Hinken ist gewöhnlich sehr bedeutend; die Angst, welche das Thier bei
jeder Bewegung des Gliedes äussert, die Hitze und Geschwulst, bezeichnen
den Sitz der Krankheit sehr deutlich.
Die Heilung pflegt etwas langsam von Statten zu gehen; und das Lei-
den bei vorkommenden Gelegenheiten sich zu erneuern. Entdeckt man da-
her bei Untersuchung eines Pferdes, indem man die grosse Beugesehne be-
fühlt, Anwulstungen oder Verdickungen, so hat man Ursache, misstrauisch
und vorsichtig zu sein.
Nahe bei den Köthengelenken findet man öfter an den Hinter- als
Vorderbeinen beträchtliche Auftreibungeu in grösserer oder kleinerer
Form, die man Flussgallen nennt. Sie bestehen in einer Ausscheidung
der schlüpfrigen Flüssigkeit der Sehnenscheiden, und da die Sehnen
häufig sich nahe an Gelenken befestigen, und daselbst die meiste Bewe-
gung stattfindet, so werden diese Schleimsäcke durch heftige Bewegung
oder Ausdehnung krank, sie entzünden sich, werden grösser, gespannt
und hart.
Während der Bildung der Flussgallen und bis die Entzündung nach-
lässt, geht das Thier etwas lahm, sonst aber, ausgenommen die Gallen wä-
ren sehr gross, stören sie die Bewegung nicht, und es gibt wenige Pferde
die davon ganz frei wären.
Finden sie bei jungen Pferden schon in ziemlicher Grösse statt, so
kann man mit Sicherheit auf Schwäche dieser Gelenke schliessen; findet
man sie bei älteren Pferden, die sich schon in der Arbeit gut bewährt ha-
ben , und sind sie in nicht zu grosser Ausdehnung vorhanden, so beein-
trächtigen sie den Werth des Pferdes wenig; sie sind dann eben ein Han-
delsfehler.
Finden sie auf beiden Seiten des Köthengelenkes statt, so nennt man
sie durchgehende Gallen; sind diese sehr gross und hart, so ma-
chen sie fast immer lahm.
Da dieses Gelenk bei den verschiedenen Gangarten bedeutende An-.
strengungen erleidet, so ist es auch mannigfachen Verstauchungen und
Verrenkungen ausgesetzt, in deren Folge krankhafte Entartungen und
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Verdickungen der Strecksehne entstehen, wodurch die Beweglichkeit die-
ses Gelenkes gehindert wird. Man nennt dieses köthenschüssig und
in hohen Grade vorhanden Stelzfüs sig. Bei ganz ausgebildetem Stelz-
t'usse jedoch findet auch eine krankhafte Knochenverwachsung zwischen
dem Fessel- und dem Kronenbeine statt. Zu bemerken ist, dass Stelzfuss
meist nur an einem Fusse vorkommt. Die gerade Stellung der Fesseln
kann auch ein Naturfehler sein; alsdann aber zeigt sich das ganze Gelenk
trocken, rein und ohne hrankhafte Verdickungen.
Haarlose Stellen oder Narben auf der vorderen Seite des
Kölhengelenkes sind meistens ein Ueberbleibsel eines Falles; zuweilen
aber entstehen sie auch durch das Liegen, wenn eine geringe Streu
zurückgekratzt wurde.
Leiden des Fesselgelenkes. Heftige und öfter wiederholte
Ausdehnungen der an jenen Konchen sich fortsetzenden Sehnen bringen Ent-
zündungen der Beinhaut hervor, es bildet sich Ausschwitzung von Knochen-
materie, welche oft zunimmt, und sich als krankhafte Erhabenheit zeigt.
Findet diese Erhabenheit nur an der äusseren oder inneren Seite des Fessel-
beines statt, so nennt man dieses Leisten, dehnt sie sich um das ganze Fes-
selbein aus, Ringbein auch Seh aale. Dieses Leiden kommt nach Um-
ständen an allen vier Fesseln vor, und es kann dadurch namentlich an den
Vorderbeinen bedeutendes Hinken entstehn. Zuerst verwächst das Fessel-
mit dem Kronbein durch Knockenmaterie und das Gelenk hat alle Be-
weglichkeit verloren; in grösserer Ausdehnung geht dann die Krankheit
auf die Hufbeinknorpel und auf das Hufgelenk über, und die Bewegung
dieser Theile wird ebenfalls eingebüsst indem sie alle zusammen in eine
schwammige Knochenmasse verwachsen.
An der Rückfläche des Fesseis erscheinen Schrunden und Quer-
risse mit Ausschwitzung einer scharfen, ätzenden Flüssigkeit, wobei sich
die Haut stark geröthet, entzündet und trocken zeigt. Man nennt dieses
Leiden Mauke. Sie kömmt viel öfter an den h i n t e r n als an den v o r-
deren Fesseln vor, macht dem Pferde im Gehen Schmerzen, indem die
Haut ihrer Fettigkeit entbehrt, trocken und heiss ist, und in der Bewe-
gung die Schrunden aufspringen. Sie entsteht meistens, durch Unreinlich-
keit, schlechte "Wartung, feuchte nasskalte Stallungen und besonders wenn
im Winter nach der Arbeit die Fesseln nicht gut abgetrocknet, oder wenn
das Pferd von der Arbeit noch erhitzt, die Fesseln mit kaltem Wasser
abgewaschen werden.
Mauke verursacht dem Pferde immer sehr viel Schmerz und macht
das Pferd undienstbar, es ist desshalb, wenn Reiterei im Winter, oder
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auch in anderer Jahreszeit namentlich im Hochgebirge marschiert,
wo öfter kleine Wildbäche durchritten werden müssen, alle Sorgfalt
uöthig dies Leiden möglichst hintanzuhalten.
Eine grössere Ausdehnung dieses Krankheitszustandes ist der
Straub- oder Igelsfuss, der sich dann um die ganze Krone verbreitet
und von dem struppigen Aufstehen der Haare seinen Namen haben mag.
Schlechte Stallbehandlung und Vernachlässigung der Krankheit brin-
gen noch einen höheren Grad derselben hervor; es entstehen schwammige
Auswüchse, die sehr empfindlich sind, bei der leisesten Berührung bluten
Und unter dem Namen Feigwarzen bekannt sind. Ein stinkender und
eigentümlicher Ausfluss findet auf der ganzen kranken Oberfläche statt
und das Pferd leidet dabei sehr.
Zufolge Verwundungen mittelst der Halfterkette in welche das Pferd
eingehauen haben kann, bleiben öfter im Fessel haarlose Flecke oder auch
verhärtete Wülsten zurück, die hässlich aussehen aber übrigens unschäd-
lich sein können.
An den Hinterfesseln kömmt diese Art Verletzung öfter vor, als an
den vordem.
Die Krone wird öfter dadurch verletzt, wenn sich scharf beschlagene
Pferde auf die Krone treten; man nennt dieses Kronen tritt. Ist der
Tritt nicht gar zu heftig gewesen, so ist die Sache nicht gefährlich, ist
aber der Stollen tief eingedrungen, so kann das Pferd lahm gehen, und
man hat Sorge zu tragen, dass die Wunde nicht abwärts eitert.
Bei verschiedenen Hufkrankheiten erscheint auch die Krone krank-
haft ergriffen, z. B. bei Verknöcherungen der Hufknorpel aufgetrieben
und hart; bei der Knorpelfistel aufgetrieben, weicher und sehr schmerz-
haft, nicht selten mit Fistelöffnungen und die Krone vom Hufe getrennt;
bei heftigen Entzündungen der im Hufe eingeschlossenen Weichtheile,
Rehe und anderen Leiden entzündlich angeschwollen.
D er Hu f, als der unterste Theil der ganzen Gliedmasse worauf dfe
ganze Körperlast ruht, und der mit dem Boden in unmittelbarer Berüh-
rung hommt, ist mancherlei Gebrechen ausgesetzt, die man in drei Haupt-
abtheilungen zusammenfassen kann, und zwar:
1. Mangelhafte Bildung und krankhafter Zustand
des Hufes im Ganzen.
Im Verhältniss zu den übrigen Körpertheilen kann der Huf als z u
gross erscheinen, indem er nicht nur beträchtlich hoch sondern auch -
breit in den Wänden und der Sohle ist und so auch eine ziemliche
Schwere besitzt; oder er ist auch z u k 1 e i n.
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Beide Formen können gesund, aber wegen ihrem Missverhältniss zum
übrigen Körper zum Fehler sowohl in der Leichtigkeit der Bewegung als
in der Sicherheit des Auftrittes werden.
Eine andere fehlerhafte Hufform, die sich schon krankhafter Bildung
nähert wird durch die Beschaffenheit des Huf'hornes gebildet. So unterschei-
det man den weichen Huf mit auffallender Weichheit der Hornmasse ;
den spröden Huf mit auffallender Sprödigkeit und Härte des Hor-
nes, namentlich an den Wänden, so dass es beim Einschlagen der Nägel
aussplittert und bricht, und das Eisen nicht oder nur nothdürftig darauf
sich befestigen lässt; dann den Huf mit schwachen, dünnen Wänden;
bei solchen lassen sich dieWände nicht nur leicht zusammendrücken, sondern
begünstigen auch verschiedene krankhafte Zustände, sie werden vom Eisen
leicht gedrückt, sind leicht dem Vernageln ausgesetzt, und werden bei grös-
seren Anstrengungen auf harten Boden leicht schmerzhaft.
Die wirklich krankhaften, fehlerhaften Hufe heissen:
Der schmale oder Eselshuf; dieser hat hohe Seitenwände, ver-
längerte Zehe, enge Ballen, sehr hohle Sohle und einen kleinen, mage-
ren Strahl.
Der Zwanghuf ist dem ersten sehr ähnlich, nur pflegt er nicht so
hohe Seitenwände zu haben, und wird mehr durch schlechte Conservation
der Hufe hervorgebracht, als wie er angeboren ist. Er ist allerdings ein
Fehler, der, bedeutend vorhanden, das Pferd sehr lahm machen kann; sei-
ner gänzlichen Ausartung kann jedoch durch feucht erhaltende und
erweiternde Mittel nebst einem zweckmässigen Beschläge, in den meisten
Fällen vorgebeugt werden. Oft haben edle, in trockenen Gebirgsgegenden
erzogene Pferde zu diesen beiden Hufformen viel Anlage.
Der Bockhnf; hat hohe steile Seiten- und Fersenwände, abge-
kürzte Zehe, meist wulstige Krone, tief ausgehöhlte Sohle und schwachen
Strahl; er ändert die Stellung des Fusses durch zu gerade Stellung des
Fesseis u. s. w„ und ist sehr häufig angeboren, selten erworben. Die zu
hohe Trachte lässt sich nicht hinlänglich niederschneiden, weil die inne-
ren Weichtheile des Hufes zu nahe liegen.
Der Platt- oder Flachhuf; hat schiefe weit auseinander
gehende Wände, niedere Trachten, weiche, grosse Ballen, flache Sohle
und breiten, weichen Strahl; die Richtung von der Krone gegen die Zehe
ist keine gerade schief herablaufende, sondern erscheint als etwas ein-
gedrückt.
Der Vollhuf; derselbe hat eine fast gewölbt hervorstehende
Sohle, flache, niedrige dünne Wände und bald einen sehmalen, bald einen
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zu vollen Strahl, wodurch der Huf anstatt mit dem Tragrande der Wände
vielmehr mit der Sohle auftritt und so ganz den nachtheiligen Einwirkun-
gen der Bodenbeschaffenheit ausgesetzt ist.
Zu diesen beiden letztgenannten Hufbildungen haben gemeine Pferde
in nassen, niedrigen Gegenden erzogen, viel Neigung. Beide Hufformen
sind als bedeutende Fehler zu betrachten, indem derartige Pferde zu
schnellem Dienste auf harten Boden nie zu verwenden sind, und wenn der
Fehler einmal vorhanden so verschwindet er nicht mehr. Nur ein zweckmäs-
siger Beschlag kann solche Hufe gegen die Einwirkung ungünstiger Bo-
denbeschaffenheit einigermassen schützen, indem die Seitenarme des Huf-
eisens eine breitere Form als gewöhnlich erhalten, um die empfindliche
Sohle vor dem Drucke des Bodens zu schützen; das Eisen selbst aber darf
dann natürlich nicht auf der Sohle aufliegen.
Auch kann Leder oder Filz zwischen das Eisen und den Huf gelegt
werden, welches dann die Sohle vor schädlichem Druck von Aussen schützt.
Pferde mit diesen Hufen können in weichem, sandigen Boden im langsa-
men Zugdienst bei der Landwirtschaft recht gut gebraucht werden.
Allzuviel kräftige, säftebildende Nahrung mit zu wenig Bewegung
mag zur Bildung des Vollhufes viel beitragen. Die gewöhnlichste Ursache
zur Entstehung vom Vollhuf, ist, wenn die Fleisch- und Horntheile durch
eine Entzündung sich getrennt und nachher nicht wieder vollständig geei-
nigt oder einen Theil ihrer Elasticität verloren haben.
Das Hufbein, nun nicht mehr gehörig von ihnen unterstützt, drückt
dann auf die Sohle, diese wird flach oder hervorgetrieben und das Pferd
hat Vollhuf; die Sohle ist dann in ihren Horntheilen dünner und wegen
der dadurch verminderten Wiederstandsfähigkeit gegen äussern Druck, so
empfindlich.
Der Ringhuf; derselbe zeigt mehrere bald grössere, bald klei-
nere, erhabene Ringe, welche in gleicher oder ungleicher Entfernung von
der Krone und von der einen Tracht zur andern über die Wände verlau-
fen ; zwischen sich zeigen sie entsprechende Vertiefungen, so dass die
Wände nicht glatt sondern uneben, und wie mit Ringen umgeben erschei-
nen. Er entsteht durch krankhafte Unterbrechung des Wachsthums des
Hufhornes und stellt oft ein für sich allein bestehendes Uebel dar, ist
aber auch oft mit anderen Hufübeln vereint.
Der Knollhuf; derselbe zeigt sich von sehr abweichender Ge-
stalt und ist durch eine eingebogene, verkürzte Zehenwand, eingezogener -
Seitenwände, hohe, verlängerte und rückwärts gebogener Trachten und
starke ungleich verlaufende Ringe an den Seitenwänden charakterisirt; er
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ist immer das Ergebniss vorausgegangener Hufkrankheiten und als kaum
einer Verbesserung fähig, ein sehr bedenkliches Hufleiden.
Der schiefe Huf; derselbe erscheint in verschiedenen Gestal-
ten, z. B. dass beide Ballen schon nach einer Seite gezogen sind, wobei
der eine kleiner erscheint, und auch vielleicht der halbe Strahl fehlt;
oder, eine Seitenwand ist sehr stark nach auswärts geneigt, wobei die
andere stark eingezogen ist, welches man auch eingezogene Wand
nennt.
Diese Hufform ist entweder blos vorübergehend, indem bei Weide-
pferden die zu stark gewachsenen Wände solche fehlerhafte Richtungen
gewinnen, was aber durch Sorgfalt im Ausschneiden und Beschlagen wie-
der gehoben werden kann ; oder, sie ist bleibend, indem eine natürliche
fehlerhafte Bildung der unteren Fussglieder zum Grunde liegt. Diese Huf-
form ist jedenfalls ein Fehler, jedoch kann ein Pferd schmerzlos damit
gehen.
2. Huffehler als örtliche Leiden einzelner Huf-
t heile.
Der Hornspalt; derselbe besteht in einer Trennung einer Stelle
der Wand der Länge nach, und kömmt sowohl gerade an der Zehe, (Och-
senspalt) oder an den Seiten- der Trachtenwänden vor. Je nach seiner
Beschaffenheit macht er das Pferd mehr oder weniger lahm, indem er
zuweilen nur oberflächlich, zuweilen bis auf die Fleischtheile durchdringend
erscheint. Sein Vorhandensein beurkundet immer eine mangelhafte Be-
schaffenheit des Hufhornes, die Heilung dauert oft recht lange und er ent-
steht nach Umständen wieder, wodurch der Gebrauchswerth eines damit
behafteten Pferdes bedeutend vermindert wird.
Die Hornkluft; so nennt man eine Trennung der Wand der
Quere nach, welche entweder eine tiefe Grube, oder eine breitere oder
schmälere Spalte darstellt. Uebrigens gilt dasselbe von ihr, wie von der
Hornspalte.
Die hohle W a n d; diese besteht in einer tiefern oder seichteren
Lostrennung der Wand von der Sohle, zum Theile von Fleischtheilen durch
fehlerhafte Beschaffenheit des Hufes oder fehlerhafte Art des Beschlages;
häufiges Lahmgehen und erschwerte Befestigung des Eisens sind die Nach-
theile davon.
Die Steingallen; diese sind die Folgen einer durch Druck oder
Quetschung entstandenen Entzündung; sie zeigen sich als röthlich blaue
Flecke in den Sohlenwinkeln und erzeugen heftiges und schmerzhaftes
Hinken. Bei schon erfolgter Trennung der hornigen von den fleischigen
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Theilen mit Erguss von Blut oder Blutwasser verbunden, stellen sie sich
als n a s s e Steingallen dar, und wenn sich bei fortschreitanden Grade
Eiter und Jauche bildet, so ist dieses die eiternde Steingalle.
Die Strahlfäule; dieselbe ist eine eigenthümliche Verschwärung
des Strahles, wobei aus dem Spalte desselben eine schwärzliche, höchst
übelriechende Feuchtigkeit ausschwitzt, und dem Strahl ein zernagtes,
gleichsam wurmstichiges Ansehen gibt.
Der Strahlkrebs; derselbe ist ein bösartiges, fressendes Ge-
schwür des Fleischstrahles mit Zerstörung, Ablösung und Abfallen des
Hornstrahles, das sich auch öfter der ganzen Sohle mittheilt und die Dienst-
tauglichkeit des Pferdes in hohem Grade beeinträchtigt.
3. Leiden und Beschädigungen am Hufe, die durch
momentane äussere Einwirkungen entstehen.
Hufgelenkverrenkung; diese Krankheit ist dadurch bezeich-
net, dass das Thier plötzlich hinkt, nnd man hauptsächlich um die Krone
herum vermehrte Wärme und Empfindlichkeit bemerkt, diese Krankheit
wird oft gefährlich, denn weil äusserlich nicht immer eine Anschwellung
sondern nur Wärme an der Krone zugegen ist, wird der Sitz des Uebels
vom Schmidt und vom Pferdewärter leicht übersehen, und die Krankheit
wird hartnäckig, ehe man ihre Natur erkennt bat. Keine Art von Hinken
wird öfter mit Buglähme verwechselt als diese, weil jene Leute gewohnt
sind, jedes Lahmgehen, dessen Sitz nicht deutlich in die Augen fällt, auf
die Schulter zu schieben.
Durch öfter wiederholte, heftige Einwirkungen auf das Hufgelenk
können die langwierigsten, endlich unheilbaren Lähmungen entstehen,
indem durch die stattgehabten Entzündungen der Knochen selbst sich
verändert und Verwachsungen zwischen den drei das Hufgelenk bilden-
den Knochen stattfanden.
Wird die Krankheit gleich im Beginnen behandelt, noch ehe die
Theile angefressen sind, so kann sie vollständig geheilt werden; allein
wo Vereiterung eingetreten ist, wird dies schwer sein, und Beinfrass
fast immer zurückbleiben.
Auch der Verknöcherung der Hufbeinknorpel ist hier zu erwähnen.
Diese Theile sind ebenfalls einer Entzündung ausgesetzt, wobei
die Knorpelsubstanz sich gerne in Knochen verwandelt; ein erhebli-
ches Hinken begleitet diesen Vorgang nicht, sondern blos eine geringe
Steifigkeit, die sich vielleicht nur in schnelleren Gängen zum Hinken-
steigert. Es soll dieses häufig mit der Entstehung der Ringbeine in
Verbindung stehen.
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Huf - Entzündung auch entzündliche Rehe ge-
nannt. Die sehr empfindlichen Blättchen der Fleischwand sind wie je-
der gefässreiche Theil der Entzündung ausgesetzt; theils durch die ge-
wöhnlichen Veranlassungen, theils aber und am häufigsten durch die
Heftigkeit, mit welcher sie bei anhaltender und schneller Bewegung ge-
drückt und gezerrt werden. Dies ist der Fall bei heftig bestrittenen
Rennen, starken Sprüngen oder langen Tagereisen; wenn nun ein so
stark angestrengtes Pferd nachher vielleicht in der Kälte stehen bleibt,
oder die Hufe mit kaltem Wasser abgewaschen und nicht gleich wieder
abgetrocknet werden, so entsteht durch diesen schnellen Wechsel der
Temperatur sehr leicht eine Hufentzündung. Das Pferd äussert dabei
grosse Schmerzen, indem sich die Geschwulst in den entzündeten Fleiseh-
theilen zwischen harten befindet, sich daher nicht ausdehnen kann, und
durch den immerwährend erleidenden Druck dem Pferde sehr unange-
nehm werden muss. Die vollständige Behandlung eines solchen Leidens
ist Sache eines verständigen Thierarztes; jedoch ist Blutentleerung in
vollem Masse, namentlich örtlich an der Zehe, unumgänglich nöthig.
Als eine Folge dieser Krankheit findet öfter das Ausschuhen
statt. Es ist sorgfältig acht zu geben, ob sich 6—7 Tage nach der
Entzündung eine leichte Trennung des Hornes an der Krone bemerk-
lich macht; denn das getrennte Horn vereinigt sich nie wieder mit der
Krone; sondern die Trennung erstreckt sich weiter und der Hornschuh
fällt ab. Es ist zwar richtig, dass sich ein neuer Hornschuh wieder bil-
den kann, allein er wird kleiner und schwächer als der vorherige und
kann selten harte Anstrengungen aushalten.
Chronische (jange oder bleibende) Rehe oder Rehhuf; so
nennt man krankhafte Veränderungen des Hufes, durch lange fortgesetz-
ten fehlerhaften Beschlag, oder vernachlässigte Hufentzündungen entstan-
den und bleibend geworden. Das Hinken ist dabei gewöhnlich nicht stark,
aber der Gang des Pferdes ist so, dass es soviel als möglich mit dem Bal-
len auftritt und den Gebrauchswerth des Pferdes jedenfalls sehr beein-
trächtigt.
Huffistel; sie ist meist Folge irgend einer Verwundung des Hu-
fes bei Kronentritt, Nageleintreten etc. oder auch eiternder Steingallen.
Hat die Verwundung an der Sohlenfläche stattgefunden, so schliesst sich
eine kleine Wunde bald wieder; bleibt dann vielleicht ein fremder Körper
darin stecken, so bildet sich schnell Eiter, welcher bald die Hornsohle los-
trennt , am Ende unter der Hornwand aufwärts steigt, und au der Krone
zum Vorschein kömmt. Diese Oeffnung ist dann gewöhnlich sehr gering,
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während die Zerstörung im Hufe sehr ausgebreitet sein kann und die Hei-
lung sehr schwierig ist. Ein ähnlicher Vorgang findet statt, wenn ein tiefer
Kronentritt zu früh von oben zuheilt.
Huffistel ist als ein sehr bedeutendes Leiden anzusehen.
Der Nageltritt; wenn das Pferd zufällig in die vom Eisen nicht
beschützten Theile der Sohle oder dem Strahle einen am Boden liegenden
Nagel, Knochen, dann Holz-, G-lassplitter oder dergleichen eintritt und die-
ser bis zu den Fleischtheilen dringt. Entfernung dieses Körpers, Oeffnen
der Wunde und Reinhalten ist das erste zur Heilung.
Vernagelung; wenn der einzuschlagende Nagel von seiner Rich-
tung so abweicht, dass er den Fleischtheilen zu nahe kommt, und sie ent-
weder wirklich verwundet, oder durch beständigen Druck quetscht, so ent-
stellt dadurch Entzündung, Schmerz und Lahmgehen. Zur Beseitigung des-
selben ist öfter genug, dass nur der eine Nagel herausgezogen wird; öfter
muss jedoch das ganze Eisen abgenommen und durch mehrere Tage ent-
zündungswidrige Mittel angewendet werden. Auch muss man sich überzeu-
gen, ob die durch den Nagel verursachte Wunde nicht bereits eitere.
Verletzung der Ballen durch Einhauen mit
den Hinterfüssen findet öfter statt und ist zu betrachten wie jede
geringe äussere Verwundung. Um dieses zu verhindern, müssen die Zehe
der Hinterhufe verkürzt und dem Pferde durch aufmerksames Reiten oder
Fahren eine bessere Haltung beigebracht werden.
Verbä 11 ung wird entstehen, wenn das Pferd z. B. mit Pantoffel-
eisen auf hartem Boden weit laufen muss, indem sich dann an den Ballen,
dem Strahl und Umgebung eine höhere Wärme, somit Entzündung zeigt,
durch einige Zeit Ruhe und kühlende Umschläge nicht unschwer zu besei-
tigen sein wird.
In Bezug auf Hufleiden wären im Allgemeinen nun noch Folgendes zu
erwähnen.
In Folge krankhafter Zustände erfolgen mancherlei Entartungen als:
Wulstige Erhabenheiten am Aeusseren der Wände, oder wulstige Narben
im Innern durch Verschmelzung vieler Hornblättchen; mangelhaftes
Wachsthum des Hufhornes, entweder im ganzen Hufe oder nur an einzel-
nen Theilen führt zu Abweichungen in der Gestalt und ungleichmässiger
Abnutzung, widernatürlicher Verkürzung und mancherlei Nachtheilen für
Stellung und Bewegung; übermässiges Wachsthum einzelner Huftheile er-
fordert öftere Erneuerung des Beschlages. Durch allzutrocknes Halten der'
Hufe entsteht zu grosse Härte des Hornes, endlich Verengerung des gan-
zen Hufes, die eine schmerzhafte Entzündung der innern Weichtheile zur
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Folge haben wird; durch beständige Einwirkung von Nässe entsteht fau-
lige Auflösung der Hornmasse und ändert den Zusammenhang, die Be-
schaffenheit und Form des Hufes ab.
Bei einer Vergleichung zwischen den Vorder- und Hinter hüfen
stellt sich heraus, dass der Hinterhuf zwar von derselben Zusammen-
setzung wie der vordere ist, aber in Gestalt und Beschaffenheit manche
Abweichungen zeigt. Der Hinterhuf nämlich ist im Ganzen kleiner, an der
Zehe etwas schmäler spitziger, an den Ballen jedoch meist breiter und
offner als der Vorderhuf. Die Trachten sind meist höher und die Wände
besitzen hiaten gegen die Trachten zu die grösste Dicke und Stärke, wo-
gegen die Vorderhüfe das stärkste Horn an der Zehe besitzen. Hierauf
gründet sich schon die alte Lehre des Beschlagens, dass man an den Vor-
derhufen die Nägel zum Befestigen der Eisen mehr nach vorn, an den Hin-
tereisen mehr nach hinten anzubringen habe. Beim Vorderhaf ist immer
die äussere Wand mehr nach auswärts gebogen als die innere, dagegen
dehnt sich die innere beim Auftreten mehr aus, und um diese für das Ge-
sunderhalten des Hufes so wichtige Dehnbarkeit demselben zu lassen,
müssen an der inrrern Seite die Nägel so nahe als möglich an der Zehe
und überhaupt hier so wenig Nägel als möglich angebracht werden (Huf-
beschlagslehre von Miles Esqre). Hiernach wird auch ein jeder bei zwei
ihm vorgelegten Huf-Eisen das vordere vom hintern unterscheiden können.
Die Hinterhufe sind weit weniger Fehlern und Gebrechen ausgesetzt,
als die vordem; mit Ausnahme von Strahlfäule, Strahlkrebs und der ent-
zündlichen Behe, die sich mit dem Ausschaben auf alle vier Hufe ausdehnen
kann, sind es nur seltene Ausnahmen, wenn von den vielen Leiden der
Vorderhüfe eine an einem Hinterhufe vorkommen sollte. Platt- und Voll-
huf kömmt hinten nie, von äussern Verletzungen Kronentritte öfter vor.
Dass die Vorderhüfe mehr Gebrechen ausgesetzt sind, ist, wie folgt
zu erklären. Beim Gehen hat die ganze Hintergliedmasse die Fortschie-
bung zu besorgen, wozu bei manchen Gelegenheiten ein tieferes Eingreifen
in den Boden mit der Zehe des Hinterhufes nöthig wird; die Vorderglied-
masse hat die ganze durch die fortschiebende Kraft des Hintertheiles
nach vorn geworfene Last aufzunehmen und zu stützen, darum hat die Na-
tur höchst weise die Zehe des Vorderhufes breit und stark, die des Hin-
terhufes mehr spitz gebildet. Der oft harte und unebene Boden auf dem
das Pferd laufen muss, wirkt dabei unmittelbar zuerst auf den Huf. Diese
Einwirkungen treffen besonders Wagenpferde, die viel bergab im Trabb
laufen müssen.
Die meisten Leiden der Vorderhüfe entstehen durch zu grosse Aus-
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trocknung und Verengerung des Hufes, welche noch dadurch befördert
wird, dass die meisten, namentlich Luxuspferde in den Städten wie im fri-
schen, feuchten Boden gehen und auch im Stalle mit den Vorderhüfen im-
mer trocken stehen. Diese beiden Einwirkungen, nämlich die vielen Prel-
lungen, welche der Yorderhuf beim Gehen zu ertragen hat, und die Veren-
gerung bringen plötzliche oder schleichende Entzündung der innern Theile
hervor, woraus sich denn alle Leiden entwickeln. Der Hinterhuf steht
selbst im reinlichsten Stalle mehr feucht, und wenn auch beim heftigen
Pariren und schnellen Gängen das Hintertheil die ganze Last auf sich
nehmen muss, so ist die Prellung die der Huf dabei erleidet, wegen der
unter vielen Winkeln zusammengestellten Knochen der ganzen Hinter-
gliedmasse nur gering, wogegen der Vorderhuf bei j e d e m Tritt im Trabb
oder jedem Galoppsprung einen mehr oder weniger harten Stoss erlei-
det. Darum ist von der weisen Natur die Zehe des Vorderhufes mit dem
stärksten Horn versehen und jeder Schmied thut wohl, beim Beschneiden
des Hufes diesen Theil zu schonen.
Bei zur Vollsaftigkeit geneigten Pferden, die bei wenig Arbeit sehr
gut und kräftig genährt werden, ist im Allgemeinen immer mehr oder we-
niger Neigung zu entzündlichen Krankheiten vorhanden, welches sich dann
auch aus genannten Ursachen den Vorderhüfen am leichtesten mittheilt.
Welches sind nun die Mittel, um soche Hufe,
die zu grosser Trockenheit und daher Verenge-
rung geneigt sind, oder wo es den Pferden an Ge-
legenheit fehlt, im frischen Boden zu gehen, vor
dieser Austrocknung und Zusammenziehung zu be-
wahren?
Das gewöhnlichste und am leichtesten anzuwendende Mittel ist der
sogenannte Einschlag. Derselbe besteht aus nassem Lehmbrei oder fri-
schem Kuhmist, dem man dem Pferde Abends, wenn die Streu gemacht ist,
zwischen die Hufeisen eindrückt, und des Morgens wieder daraus entfernt.
Kuhmist verdient hierzu den Vorzug, indem man nicht überall guten Lehm
hat, und auch derselbe, wenn er trocken oder hart wird, einen Druck ver-
ursacht.
Man macht auch zu diesem Zwecke ganze Stände mit Lehm oder Kuh-
mist zurecht, worin man das Pferd mehrere Stunden stehen lässt; oder hat
auch hierzu eigene lederne Schuhe, die man mit Kuhmist oder auch mit
Kleien- oder Leinsamenbrei anfüllt, den ganzen Huf hineinsteckt und den
Schuh mittelst eines um den Fessel geschlungenen Riemens befestigt. Ein
grosser Lappen mit solchem Mist oder Brei angefüllt, thut dieselben Dienste.
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Einen oder zwei Tage vor Erneuerung des Beschlages ist eine
solche Erweichung des Homes immer nothwendig, indem es das gute
und richtige Zuschneiden sehr erleichtert.
Bei stark genährten Pferden sollte die Bewegung immer im zweck-
mässigen Verhältnisse stehen, um eine Anfüllung der Blutgefässe und
Stockung in denselben zu verhüten. Kann diese Bewegung öfter auf
frischem Erdboden, frisch gepflügtem Ackerland oder bethautem Wie-
senboden geschehen, so ist es für die Hufe um so zweckmässiger.
Einen kleinen Ersatz für diese mangelnde Bewegung im Freien
biethet es, wenn das Pferd nicht den ganzen Tag angebunden stehen
muss, sondern in einem grossen Kastenstand (loose boxes) nach Belie-
ben umhergehen kann.
Diesen Vortheil kann man freilich im Allgemeinen in Cavallerie-
Stallungen nicht anwenden, aber es wäre zu wünschen, dass bei jedem
grössern Pferde-Etablissement mehre solcher grossen Kastenstände vor-
handen wären, um wenigstens denen Pferden, die es bedürfen, diese
Wohlthat angedeihen lassen zu können. Privatpferdebesitzer, welche
dazu die Gelegenheit haben, sollten dieses nie ausser Acht lassen.
Indem der englische Veterinär Turner von den nachtheiligen Fol-
gen der gewöhnlichen Pferdestände spricht, sagt er: Ich bin der festen
üeberzeugung, dass, wenn jedes werthvolle Pferd dieses Landes sofort
in eine grosse loose box gestellt würde, und Tag und Nacht frei darin
herumgehen könnte, dabei ausserdem seine gewohnte Arbeit hätte, so
wäre dies in der That der allerschlimmste Fall, der den Thierärzten je
in der Pferdewelt passiren könnte; denn hierdurch würden die Krank-
heiten und Lähmungen des Flufes und ihre sonstigen Begleitungen mehr
beseitigt werden, als wie durch irgend ein anderes Mittel, welches je
bekannt gemacht oder auch nur genannt worden ist.
William Miles Esqre., der bekannte Verfasser des vorzüglichen
Werkes: Der Huf des Pferdes und dessen fehlerfreie Er-
haltung sagt, dass er dieser Meinung vollkommen beipflichte und eine
Sache, welcher so gehaltvolle Stimmen das Wort reden, ist wohl der
Beachtung aller Besitzer kostbarer Pferde werth. Viele, welche ihre
Pferde in loose boxes stehen haben, mögen sich selbst dieses ihrem
eigenen Interesse so vorteilhaften Umstandes nicht ganz klar bevvusst
sein, indem sie nur im Allgemeinen die Behaglichkeit des Pferdes be-
rücksichtigen. Die sehr verbreitete Anwendung mag wohl häufig bei dem
ärmeren Besitzer und auch in grossen Städten wegen Mangel an Raum
nicht immer auszuführen sein; aber wo weder Kosten noch Raum ein
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Hinderniss biethen, kann die Einrichtung derselben nicht genug ange-
rathen werden, wie viel auch faule Reitknechte und Wärter dagegen
sagen mögen, indem sie dann das eben abgeputzte Pferd nicht hindern
können, sich niederzulegen und es dann wieder wie in jedem andern
Stande kurz anbinden, wodurch begreiflicherweise der Nutzen der loose
box wieder verloren geht.
Ferner thüt der Hufbeschlag das Seinige zum Gesunderhalten der
Hufe. Hierüber gibt die Lehre vom Hufbeschlag das Nähere an; es sei
hier nur bemerkt, dass nach den neuesten Grundsätzen durch das sogenannte
einseitige Nageln, nämlich wo an der innern Seite der Vorder-
hüfe nur zwei oder gar ein Nagel und die so nahe als möglich an der
Zehe eingeschlagen werden, der Verengerung des Hufes sehr wirksam
vorgebeugt wird, indem dadurch diese Wand vollkommen Freiheit be-
hält, sich bei jedem Auftritt hinlänglich ausdehnen zu können.
Endlich übt Reinlichkeit auch auf diesen Körpertheil ihren gesund-
heitlichen Einfluss aus; desshalb müssen die Hufe, so oft das Pferd
von der Arbeit kommt, von allen etwa unter dem Eisen in dem Strahl
oder in den Sohlenwinkeln eingedrückten Sand, kleinen Steinen sorg-
fältig gereinigt, und wenn das Pferd gänzlich abgekühlt ist,
sauber abg ewaschen werden. Abwaschen der Hufe mit kaltem Wasser
oder, wie es faule Pferdewärter so oft thun, in ein nahes, fliessendes
Wasser zu reiten, sobald das Pferd noch erhitzt ist, kann, je nachdem
eine dadurch entstehende Verkältung im hohen Grade stattfindet, die
Rehe, auch Verschlag genannt, zur Folge haben.
Den obern Rand des Hufes, den Saum gleich unter der Krone
öfter mit ungesalzenem Fett oder noch besser mit reinem, unverdorbe-
nem Oel einschmieren, befördert das Wachsthum des Homes. Faule
Pferdewärter, welche die Mühe scheuen, den Huf vom Strassenkoth zu
befreien, wenden täglich eine schwarze mit Kienruss gemischte Schmiere
an, täuschen somit das Auge des Herrn und verderben mehr als sie
gut machen.
Das Wachsthum des Hornes sehr fördernd ist es auch, wenn man
um die Krone eine mit nasser Kleie gefüllte Wulst von Leinwand an-
legt, und diese immer nass erhält.
Bei Strahlfäule ist Reinlichkeit vor allem unerlässlich nöthig;
für Pferde, die im Winter längere Zeit im aufgethauten Schneewasser
gehen müssen, ist das Einschmieren mit flüssigem, gewöhnlichem Theer
(Wagenschmiere) sehr gut.
Bei Voll- und Platthüfen so wie bei allen, wo eine Senkung
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des Hufbeines bereits vorhanden ist, kann die Anwendung erweichen-
der Umschläge eher schädlich als nützlich sein, indem dadurch die
ohnehin schwache, dünne Sohle noch weicher und schwächer wird.
Brauchen solche Hufe eine Abkühlung, so ist es besser, diese dureh
kalte Wasserumschläge, an der Krone angebracht, zu bewerkstelligen.
Die hornerweichenden Mittel sind nur da gut, wo eine Verenge-
rung bereits stattgefunden hat, oder zu befürchten steht.
Welche sind nun diejenigen Hufleiden, die der Ge-
brauch stüchtigkeit des Pferdes am leichtesten nach-
theilig sind?
Die einmal stattgefundene Senkung des Hufbeines beim Platt-
huf oder Vollhuf lässt sich durch kein Mittel mehr beseitigen; die
empfindliche, schwache Sohle kann nur durch zweckmässigen Beschlag
geschützt werden, und da diese Pferde ausserdem nur zu langsamer,
wenig anstrengender Arbeit auf weichem Boden zu verwenden sind,
auch die Schmerzen öfter so zunehmen, dass die Pferde kaum noch
im langsamen Schritte gehen können, so vermindern diese beiden feh-
lerhaften Hufformen die Gebrauchsfähigkeit des Pferdes wohl in sehr
hohem Grade.
Bei Ringhuf, Knollhuf, Rehhuf findet in Folge der voraus-
gegangenen Entzündung eine sehr mangelhafte Hornbildung statt und
da häufig damit eine Senkung des Hufbeines verbunden ist, so sind
diese den beiden erstem gleich zu achten.
Pferde mit Eselshuf, Zwanghuf können wenn nicht schon durch
Quetschung der innern Weichtheile eine Entartung derselben vorhanden
ist, durch zweckmässige das Horn immer frisch und weich erhaltende
Behandlung, so wie durch den anpassenden Hufbeschlag stets gebrauchs-
fähig erhalten werden; auch sind solche Hufe selbst im vernachlässig-
ten Zustande nach und nach der Verbesserung fähig und nicht jedes
Pferd, welches eng erscheinende Hufe hat, ist desshalb auch zwang-
hufig, d. h. dieserhalb in den Hufen Schmerzen leidend. Obwohl ein
solches Pferd Misstrauen erregt und um so aufmerksamer untersucht
werden muss, so wird doch der Gang entscheiden, ob diese Hufform
dem Pferde wirklich nachtheilig ist oder nicht. Man hüte sich, den
Zwanghuf durch gewaltsame Mittel, wie sie zuweilen angerathen wur-
den, auseinander treiben zu wollen; dieses könnte eine Trennung der
Fleisch- und Horntheile veranlassen und statt des einen Uebels nur
ein noch grösseres herbeiführen.
Hornspalt und Hornkluft, zwar immer ein Zeichen von
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mangelhafter oder zu Fehlern geneigter Hornbildung können wieder ge-
heilt werden, obwohl die Heilung langsam vor sich geht, und eine Nei-
gung zur Wiederholung zu bleiben pflegt.
Ebenso ist es mit der hohlen Wand.
Der Bockhuf hat, wie schon erwähnt, wegen seiner sehr hohen
Trachten eine nachtheilige Einwirkung auf Gang und Stellung der Vor-
derbeine und das sehr Unangenehme, dass bei einigen Niederschneiden
der Trachten gleich Blut kömmt, folglich ein hinlängliches Niederschnei-
den, um die Nachtheile für die Stellung zu beseitigen, nicht wohl
stattfinden kann; er ist fast immer angeboren, selten erworben.
Steingallen machen ein Pferd oft sehr lahm, aber sie können
geheilt werden.
Strahlfäule macht ein Pferd selten lahm, oder eigentlich nur
dann, wenn es sich harte Körper, kleine Steine, Sand oder auch harte
Stoppeln von abgemähtem Getreide eintritt; aber mit Entfernung die-
ser Ursachen hört auch das Lahmgehen auf; ihre gänzliche Verschlim-
merung kann verhindert und sie endlich geheilt werden, so dass ein
Pferd dadurch selten unbrauchbar wird.
Selbst der Strahlkrebs, allerdings ein sehr böses Uebel, der wäh-
rend seinem Vorhandensein das Pferd zur Arbeit untauglich macht, ist
heilbar, obwohl es nicht rathsam ist, ein Pferd, das einmal an Strahl-
krebs litt, zu kaufen.
Alle äusseren Verletzungen an den Hufen oder durch plötzliche
Einwirkung entstandene momentane Entzündungen machen das Pferd
wohl auf einige Zeit unbrauchbar, aber das ist vorübergehend. In
Folge der Kehe können alle Arten von Trennungen der Horn- und
Fleischtheile, sowie alle durch heftige Entzündung entstehenden Huffeh-
ler zurückbleiben.
Hufe mit zu weichem oder sprödem brüchigem Horn, oder
zu schwache Wände haben das sehr Lästige, dass die Eisen dar-
auf nie recht fest halten; im Falle dass dann einmal ein Eisen verlo-
ren geht, und das Pferd auf der Strasse noch eine weite Strecke ge-
hen muss, bevor man Gelegenheit hat, das Eisen wieder aufschlagen zu
lassen, so kann allerdings das Pferd dadurch lahm und auf einige Zeit
unbrauchbar werden. Solche Hufe sind nur in der Art einer Verbesse-
rung fähig, dass man durch sorgfältige Behandlung eine gänzliche Ver-
schlechterung soviel als möglich hintanzuhalten sucht.
Auf welche Art zeigt das Pferd im Gehen und
Stehen, dass es in den Hufen Schmerzen leidet, ohne
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schon offenbar lahm zu sein, wie es bei einer heran-
schleichenden Entzündung z. B. bei zunehmenden Zwang-
huf zu sein pfl egt?
Im Stalle wird alsdann das Pferd den kranken Fuss voranstellen,
und wenn beide anfangen Schmerzen zu leiden, damit abwechseln, oder
auch beide zugleich vorausgestreckt hinstellen. Ein aufmerksamer Pferde-
wärter ist auf solche Symptome aufmerksam, und theilt sie seinem
Herrn oder Vorgesetzten mit. Ganz ohne Ursache nimmt ein Pferd solche
Stellungen nicht an, obwohl es nicht immer gesagt ist, dass Pferde in die-
sem Falle auch schon lahm gehen müssen, denn mitunter nimmt ein Pferd
solche Stellungen auch nur aus Gewohnheit an. Aus dem Stalle genom-
men, wird es nicht so entschieden lahm gehen, wie bei einer Ausdehnung
der Sehnen oder sonst einer schon weiter gediehenen Hufkrankheit, son-
dern sein Schritt ist eigenthümlich kurz und schnell, es setzt die Füsse
schonend und ängstlich auf den Boden und hebt sie in Schritt oder Trabb
kaum etwas in die Höhe. Auf hartem Boden tritt dieses alles mehr hervor
als auf weichem. Ist das Leiden an beiden Hufen gleichmässig, so
fällt das Lahmgehen weniger auf, mancher Unkundige hält es für Mangel
an Schulterbewegung oder für Unentschlossenheit an das Gebiss zu gehen.
Sind die Schmerzen schon grösser, so scheint es, als wenn die geringste
Unebenheit des Bodens das Thier stürzen machen würde, so sehr fürchtet
es sich aufzutreten, denn es stolpert und strauchelt unaufhörlich, es scheint
gewissermassen nach einem Fleck zu suchen um einen weniger schmerz-
haften Auftritt zu finden, ruht dabei nur kurze Zeit auf dem einen Fusse,
wodurch beide Beine im Gehen vorwärts gestreckt erscheinen, die Hinter-
füsse treten dabei sehr weit unter den Körper um die Last den Vorderfüs-
sen abzunehmen, und scheinen auch schmerzhaft, welches aber in dem hier
gemeinten Falle nur scheinbar ist.
Pferde die an den Hufen leiden, oder auch, die nach einer überstan-
denen Hufentzündung auf irgend eine Weise entartete Hufe behalten haben
treten im Gange immer zuerst mit dem Ballen auf.
Das Pferd äussert bei Lungenentzündung, Kolick
und bei heftiger H uf en tzündung, (der entzündlichen
Rehe) bedeutende Schm er zen ; wie erkennt man mit Si-
cherheit, dass diese Schmerzen von Hufentzündung
kommen?
Die ersten Zeichen der Hufentzündung sind Unruhe, öfters Aufheben
der Vorderfüsse, jedoch nicht Hauen mit denselben und noch weniger
Schlagen mit den Hinterfüssen nach dem Bauche; der Puls wird bald
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beschleunigt, die Flanken heben sich, die Nasenschleimhaut wird geröthet
und durch eine Aengstlichkeit und Stöhnen drückt das Thier seinen hef-
tigen Schmerz aus. Es macht sodann Vorbereitungen zum Niederlegen,
fürchtet sich aber die Füsse hinreichend unter den Leib zu bringen und bleibt
wieder stehen; am Ende jedoch legt es sich. Dieses frühzeitige Niederle-
gen wird die Krankeit hinlänglich von Lungenentzündung unterscheiden,
in welcher das Thier hartnäckig stehen bleibt, bis es endlich aus Erschö-
pfung niederstürzt; die Kühe mit der es liegen bleibt, unterscheidet die
Hufentzündung von der Kolick, in welcher es sich wälzt, abwechselnd auf-
steht und sich niederlegt. Ist das Leiden in den Hufen, so wird das Thier
durch die Entfernung der auf ihnen ruhenden Last des Körpers so erleich-
tert, dass es gerne so lange als möglich liegen bleibt. Dabei zeigt das
Pferd wie bei Kolick oder anderen Leiden den Sitz der Krankheit
dadurch an, dass es sich nach demselben umsieht oder die Schnauze auf
dem kranken Fusse ruhen lässt. Man müsste wenig Aufmerksamkeit besit-
zen, um nicht bald zu wissen, was dies bedeuten soll.
Nimmt man nun einen Gesammtüberblick alles des-
sen, was über diesen so wichtigen Theil am Pferde-
körper, den Huf, gesagt worden ist, was stellt sich
dab ei heraus?
1.  Dass die Vorderhüfe viel mehr Fehlern unterworfen sind, als
die hinteren, daher bei Untersuchung eines Pferdes eine viel genauere
Betrachtung verdienen.
2.  Dass wenig Huffehler angeboren sind, die meisten aber durch
fehlerhafte Behandlung sowohl der Hufe an sich selbst, als des Pfer-
des überhaupt erworben werden: und zwar:
a)  Durch zu grosse Austrocknung und dadurch entstehende Ver-
engerung der Hufe.
b)  Durch zu viel Säfte erzeugende Nahrung und zu wenig Bewe-
gung durch plötzlich starke Anstrengung nach langer Buhe oder plötz-
liche Buhe nach heftiger Anstrengung; durch allzuschnellen Wechsel
der Temperatur entsteht Disposition zu Entzündungen überhaupt, folg-
lich auch zu Hufentzündungen.
c)  Durch mangelhaften oder vernachlässigten Hufbeschlag.
3.  Nach überstandener starker Hufentzündung kehrt, wenn auch
durch zweckmässige Behandlung eine bedeutende Besserung erzielt
wurde, der vorige ganz gesunde Zustand selten wieder ganz zurück, und
endlich
4.  Ist ein recht leidender Huf hinlänglich um ein sonst ganz
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gesundes Pferd zur Arbeit untauglich zu machen, sowie auch die Hei-
lung jedes Hufleidens langwierig ist.
Am Rücken können ausser den schon besprochenen Beschädigun-
gen durch den Sattel noch mancherlei andere Gebrechen vorkom-
men ; z. B.
Durch heftiges Pariren unter einem schweren Reiter, dabei aus-
gleiten auf glattem Boden oder Niederwerfen behufs irgend einer Opera-
tion kann ein Bruch des Rückrates entstehen.
Durch Ueberladung oder plötzliches in den Sattel fallen, kann eine
Ausdehnung der Bänder des Rückens entstehen, es folgt Entzündung, die
Bänder verwandeln sich in Knochensubstanz und die Beweglichkeit und
Elasticität des Rückens gsht verloren, wodurch das Pferd zum Reitge-
brauche, wenn nicht immer ganz untauglich doch mindestens sehr unan-
genehm werden kann.
Auf den Rippe n kommen ebenfalls Satteldrücke in Gestalt von Ge-
schwulst oder wunden Stellen vor; letztere pflegen nach der Heilung einen
weisshaarigen Fleck zu hinterlassen. Auch kommen Rippenbrüche vor, die
gewöhnlich sehr leicht heilen.
Ein Leiden der Flanken sind die F1 a n k e n b r ü c h e ; es ist die-
ses ein Austreten der Baucheingeweide in die sich zu einem Bauchsacke
ausdehnenden äussern Haut, und zumal auf der linken Seite, wo die dün-
nen Gedärme liegen, können sie durch leicht entstehende Einklemmungen
gefährlich werden. Sie zeigen sich von der Grösse einer Haselnuss bis zum
Umfange eines Kindskopfes.
Es wurde schon früher bei Beurtheilung der Flanken gesagt, dass
die Art ihrer Bewegung die aufmerksamste Untersuchung verdiene. Be-
merkt man nun, dass sich beim Einathmen der obere Theil stark hebt,
wobei sich an der unteren Bauchgegend eine eigentümliche sich einzie-
hende Rinne zeigt, und sinkt sie beim Ausathmen stossweise stark hinunter, so
ist das Pferd dämpfig. Eine eigenthümliche stossweise Bewegung der Na-
senlöcher ist hiermit verbunden.
Aeusserlich sichtbare Gebrechen des Bauches sind: Nabelbrüche
welche am Nabel und Seitenbrüche, welche unter den Knorpeln der
Rippen hervorzukommen pflegen.
Sie treten auch in mehr oder weniger grossen Umfange hervor.
Zuweilen bemerkt man am unteren Theile des Bauches eine Ge-
schwulst, die entweder durch zu lange anhaltendes, festes Gurten entsteht
oder auch von kalter, ödematöser Beschaffenheit sein kann.
Da nicht selten unten gegen das Ende des Brustbeines Fontanellen
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gegen allgemeine Krankheiten angewendet werden, so müssen davon
zurückgebliebene Narben bei der Untersuchung eines Pferdes zu verschärf-
ter Aufmerksamkeit auffordern.
Zur Stärkung des Schlauches und Hodensackes ist es sehr notwen-
dig diese Theile öfter mit frischem, jedoch nicht allzukaltem Wasser zu
waschen; ebenso erfordert es die Reinlichkeit, dass die kalkartige Schmiere
welche sich im Schlauche ansetzt, zu Zeiten durch Waschen entfernt
werde.
Bei Wallachen findet es bisweilen statt, dass sie beim Uriniren die
Ruthe nicht hervortreten lassen, wobei dann der Urin in den Schlauch
läuft. Indem die hierdurch veranlasste Unreinlichkeit Anfressungen,
selbst feigwarzenartige Auswüchse veranlassen kann, so ist Reinlichkeit
bei diesem Theile um so nöthiger.
Die Ruthe, das männliche Glied des Hengstes, ist mancherlei
Krankheiten ausgesetzt, welche von jedem Hengstbesitzer oder dem die
Aufsicht über ärarische Hengste anvertraut ist, gekannt sein müssen,
und zwar:
Durch unvorsichtiges Benehmen beim Bedecken kann durch Ausschla-
gen der Stute die Ruthe beschädigt werden.
Ferner können an derselben Anschwellungen, Wunden, Geschwüre,
warzige Auswüchse u. s. w. entstehen, die entweder in eigener Unreinlich-
keit oder durch Bedecken unreiner, krankhafter Stuten ihren Grund
haben.
Es muss desshalb namentlich in der Belegzeit der in der Station die
Aufsicht führende Unteroffizier oder sonst damit betraute Mann die Ru-
the der Hengste genau beobachten und auch die Wartmannschaft dazu
anhalten, dasselbe zu thun.
Bemerkt er nun, dass die Ruthe, sei es zum Uriniren, oder wenn sich
der Hengst zur Begattung anschickt, mit besonderer Schwierigkeit aus
dem Schlauche hervortritt, bemerkt er eine besondere Anschwellung,
höhere Röthe, oder gar kleine Bläschen, kleine Geschwüre an der ganzen
Ruthe zerstreut vertheilt, oder dass nach der Begattung ein blutiger Aus-
fluss aus der Ruthe stattfindet, so ist in allen diesen Fällen der Hengst
sogleich von der Begattung auszuschliessen, und wegen thierärztlicher
Behandlung, die weitere Anzeige an den Vorgesetzten sogleich zu
erstatten.
Die am Geschröte vorkommenden Leiden betreffen entweder den.
Hodensack allein, oder auch die Hoden selbst, z. B.
Der Hodensackdarmbruch; man erkennt ihn, wenn sich
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da, wo der Saamenstrang durch den Bauchring geht, eine wiedernatürliche
dicke, weiche Stelle, die dem Drucke der Finger nachgibt, fühlen lässt.
Die durchgeglittenen Gedärme lassen sich nach und nach in die Bauch-
höhle zurückdrücken, senken sich aber bald wieder herab; ein solcher
starker Bruch ist nicht zu heilen, denn er klemmt sich nach und nach ein
und tödtet das Pferd.
Die Hodensackfistel oder hesser gesagt, Saamenstrang-
f i s t e 1, welche zuweilen, nach einer nicht ganz gut vollführten Castration
entsteht, ist an der Oeffnung eines feinen Fistelkanals, woraus etwas wäs-
seriger Eiter fliesst, und wobei der Saamenstrang stark und angeschwol-
len ist, zu erkennen.
Solche Fisteln sind öfter schwer zu heilen; sie entstehen zuweilen,
wenn von dem bei Unterbindung des Saamenstranges angewendeten Bind-
faden bei der Castration in der Wunde etwas zurückgeblieben ist. "Wird dieser
fremde Körper durch eine neue Operation entfernt, so ist die nothwen-
digste Bedingung zur Heilung gegeben.
Geht aber die Verhärtung des Saamenstranges ohne Vorbandensein
eines solchen fremden Körpers zu weit und bis beinahe an den Bauchring
hinauf, so ist kaum noch eine Heilung möglich.
Es ist desshalb einem jeden, der einen Hengst castriren Hess, anzu-
rathen, dass er die durch die Castration entstandene Wunde noch längere
Zeit nach eingetretener Heilung seihst untersuche, oder in seiner Ge-
genwart durch einen Sachverständigen untersuchen lasse, um ganz sicher
zu sein, ob sich nicht eine Fistel mit Verhärtung des Saamenstran-
ges bilde.
Schwinden, Auftreibungen, Verhärtungen, Entzündungen, Vereiterun-
gen und Verwachsung mit den Hüllen kommen an den Hoden selbst vor
und gewinnen stets an Wichtigkeit, sobald der Hengst auch als Beschäler
verwendet werden soll.
Es ist nun besonders während der Beschällzeit sehr gerathen, alles
zu den Geschlechtstheilen gehörige stets aufmerksam zu beobachten und
vor allem auf Reinlichkeit Bedacht zu nehmen; ferner, dass man sich durch
öfteres Befühlen überzeuge, ob keine Hitze, Verhärtung, Anschwellung
eines oder beider Hoden vorhanden sei, und ob nicht der Hengst durch
wechselweises Aufheben und gegen den Bauch ziehen der Hinterfüsse
bereits einen bedeutenden Schmerz in diesen Theilen verrathe.
Jeder krankhafte Zustand der Hoden schliesst den Hengst bis zu
seiner Herstellung vom Belegen aus.
Das Waschen und Reinigen des Schlauches und der Hoden hat
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stets mit Wasser zu geschehen, welches durch einige Zeit stehen im
Stalle oder in der Sonne seine ursprüngliche Kälte verloren hat. Zu-
folge gemachter Erfahrungen ist es nicht gut, die Hoden und den
Schlauch gleich nach dem Belegakte mit ganz kaltem Was-
ser abzuwaschen, indem gerade diese Theile durch die Aufregung am
meisten erhitzt sind, und dann die plötzliche Abkühlung mehr schadet
als nützt, ja sogar öfter Anschwellungen und Verhärtung dieser Theile
dadurch entstanden ist.
In der Spalte zwischen den beiden Euterhälften setzt sich zuwei-
len eine zähe Schmiere an, welche die Haut aufätzt, auch wohl kleine Ge-
schwürchen erzeugt; desshalb ist Reinlichkeit auch hier sehr nöthig. Ausser-
dem wird das Euter von Entzündungen und deren Folgen, namentlich
gänzlichen oder nur theilweisen Verhärtungen, Milchknoten, Abscessen
u. dgl. betroffen. Bei säugenden Stuten muss man Acht geben, ob sich
an den Zizen keine Verletzungen zeigen, die für die Stute sehr schmerz-
haft sind, und sie zu Widersetzlichkeiten gegen das Säugen reizen.
Das Geburtsglied der Stute (Scham, Wurf) ist auch manchen
Krankheitszuständen unterworfen; z. B. bei der venerischen Krankheit,
auch Beschälseuche genannt, erscheinen die innern Seiten der Scham-
lefzen entzündlich geröthet, sie selbst geschwollen, es zeigen sich an
der innern Seite Bläschen, auch kleine Geschwüre, der ausfliessende
Schleim wird misfärbig, stinkend und ätzend. Bei einer im Fruchthäl-
ter faulenden Nachgeburt, bei Rotz, Wurm etc. zeigt sich ein ähnlicher
Ausfluss, der jedoch mit dem gesunden einer rossigen Stute nicht
zu verwechseln ist,
In manchen Gegenden (im Orient sehr vielfach) werden die Schamlef-
zen bei weidenden Stuten durch Messingdrähte zusammengehalten, um
sie dadurch vor dem Bedecktwerden durch mitweidende Hengste zu
beschützen; es bleiben hiervon Narben zurück.
Anmerkung. Es wird hier am Platze sein, über die Beschäl-
krankheit, auch Chankerseuche genannt, einige Worte ein-
fliessen zu lassen. Ich zitire zu diesem Zwecke ein thierärztliches Gut-
achten über die in den Jahren 1846/47 in Böhmen sich zeigende Be-
schälkrankheit.
Die Chankerseuche des Pferdes ist eine eigentümliche Krankheit
der Beschäler und der Zuchtstuten, welche durch einen besonderen An-
steckungsstoff bei der Begattung fortgepflanzt wird, dessen Einwirkung"
an den Geschlechtstheilen zuerst locale Entzündung, Geschwüre, Aus-
flüsse und Drüsenanschwellungen an verschiedenen Theilen des Kör-
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pers verursacht, und mit nervöser Schwäche und Lähmung zum Tode
führt.
Der Verlauf der Krankheit von ihrem Beginne bis zu ihrem tödt-
lichen Ausgange ist der Symptome nach folgender:
Mehre Tage nach dem Belegen zeigt sich bei den Vaterpferden
eine entzündliche Röthe an der Ruthe, worauf sich bei einigen Meine
Bläschen und später Geschwüre an der Ruthe bilden, sowie auch der
Schlauch, die Hoden und der Hodensack von einer entzündlichen Ge-
schwulst befallen werden, welche aber auf die innerlich angewendeten
kühlenden und gelinde abführenden Salze mit Zusatz des Brechweinsteins
und Kampfers und der nöthigen bittern und schleimigen Mittel — so-
wie auch zur Behebung der äussern entzündliehen Geschwulst der Ge-
schlechtstheile angewendeten kalten Bäder mit Zusatz des Salmiaksal-
zes — so wie auch die angebrachten Lehmanstriche mit Zusatz von
Salz und Essig die entzündliche Geschwulst der Geschlechtstheile be-
hoben wurde. Mit dieser behobenen Geschwulst an den Geschlechtsthei-
len war die Krankheit keineswegs ganz beseitigt; denn es folgte eine
besondere Schwäche in der Nachhand und ein eigener Schmerz in den
hintern Füssen, der durch das stete wechselweise in die Höhe ziehen
der Hinterfüsse ersichtlich war. Nach einer mit dem kranken Thiere
vorgenommenen Bewegung war die Schwäche derart, dass es auf allen
vier Füssen überköthete und oft zusammenzustürzen begann. Nach Ver-
lauf mehrerer Wochen ist der Kranke aber nicht mehr im Stande ge-
wesen , ohne Beihülfe des Menschen selbst aufzustehen. Die Fresslust
ist jederzeit bei diesen kranken Thieren vorhanden, magern zwar im-
mer mehr und mehr ab, so zwar, dass sie alle an Abzehrung eingehen.
Aus diesem Grunde muss jedes an dieser Seuche erkrankte Vaterpferd
gleich im ersten Stadium der Krankheit kastrirt werden, um selbes
nach vollzogener Heilung zu was immer für einen Gebrauch zu ver-
wenden. Nur eine baldige Kastration kann das Vaterpferd vom Tode
erretten; jede Begattung muss strengstens vermieden werden.
Die an der Chankerseuche erkrankte Zuchtstute äussert anfangs
Neigung zum Reiben um die Scham; dieselbe schwillt an, oft so stark,
dass die Geschwulst nach aufwärts zum After nach abwärts bis zum
Euter reicht. Bei näherer Untersuchung findet man die Scham warm,
die Schleimhaut der Schamlefzen röther als im gesunden Zustande, die
angeschwollene Scheide verengt, die Schleimabsonderung krankhaft ver-
mehrt, und den Schleim in der Scheide angesammelt. In der Schleim-
haut der Scheide zeigen sich kleine Pusteln oder Bläschen, die sich stets
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vergrössern, weisslicht werden, dann aufbrechen und hohle Geschwüre
bilden, aus welchen eine scharfe, jauchige Flüssigkeit sickert, die auf
die angränzenden Theile ätzend einwirkt.
Der durch lange Zeit anhaltende Schleimau sfluss aus der Scheide
wird übelriechend und es bilden sich in und um die Scham Chanker-
geschwüre, die sich oft bis in den Tragsack fortsetzen, und erst bei
der Sektion als skirrhös und verhärtet gefunden werden. Im weitern
Fortgang der Krankheit verliert sich die krankhafte Röthe des Wurfes,
der Lefzen und der Scheide, sie wird blass und missfärbig, und die
entstehenden Geschwüre nehmen an Zahl und Grösse zu, die geschwol-
lene Scham fühlt sich teigartig an, und mit diesen Erscheinungen nimmt
die Schwäche im Kreuz und der ganzen Nachhand zu. Bei der zuneh-
menden Schwäche ist der Gang schwankend und das Thier der steten
Gefahr zu fallen ausgesetzt. Allmälig zeigt sich eine Stumpfheit der
Sinneswerkzeuge und das kranke Thier ist für äussere Eindrücke we-
nig mehr empfänglich, worauf der unvermeidliche Tod in baldem
erfolgt.
Eine Ansteckung anderer durch derartig kranke Pferde ist nur
durch die Begattung möglich.
Die Behandlungsart der Zuchtstuten war innerlich wie bei den Vater-
pferden — äusserlich wurden kalte Bäder und Einspritzungen von ver-
dünnter Chlorkalk-Auflösung mit gutem Erfolge angewendet.
Wegen der Wichtigkeit des Gegenstandes und weil, wie ich glaube,
gerade über diese Krankheit wenig Kenntniss verbreitet ist, will ich
noch eine andere Mittheilung hier folgen lassen.
Die Vierteijahrschrift für wissenschaftliche Veterinärkunde 1833
enthält nämlich einen Aufsatz über die Beschälkrankheit bei Hengsten
nnd Stuten in einer Gegend Frankreichs. Das Resultat der Untersu-
chungscommission über Ursache, Beschaffenheit und Verlauf der Krank-
heit war Folgendes:
Eine epicoctische Krankheit herrschte unter den Stuten in der
Ebene von Tarbes; es wurden von ihr beiläufig der Ib. Theil der Stu-
ten ergriffen; die Sterblichkeit war SO Prozent; das Entstehen der
Krankheit kennt man nicht, ihre Natur besteht wahrscheinlich in einer
Alteration des Blutes in seinen physischen Eigenschaften und seinen
constituirenden Principien, identisch mit den thyphösen Krankheiten;
die disponirenden Ursachen liegen in der Atmosphäre, den diätetischen
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Verhältnissen und im Aufenthalte, die excitirenden anscheinend in
der Annäherung beider Geschlechter; die Krankheit ist weder syphili-
tisch noch contagiös; Merkurialpräparate schaden in der Regel, die ra-
tionelle Behandlung besteht in Regulirung der Diät und beim Beginne
in erfrischenden Getränken, später in der Anwendung leicht tonischer
bitterer Mittel u. s. f., wie sie eben die Einsicht und Geschicklichkeit
des Veterinärarztes für zweckmässig findet.
Indem die Weiterverbreitung dieser Seuche nur dadurch verhin-
dert wird, dass die kranken Thiere von jeder Begattung fern gehalten
werden, so leitet sich daraus von selbst ab, wie uothwendig eine strenge
Aufsicht in dieser Beziehung ist, die aber nur von Sachverständigen ge-
leitet werden kann.
Hengste, welche wegen dieser Krankheit castrirt wurden, können
in so weit gesunden, dass sie am Leben bleiben und auch äusserlich gut
aussehen; es bleibt ihnen jedoch immer eine bedeutende Schwäche der
Nachhand, die ernstlich anstrengende Leistungen ausschliesst, wesshalb
es nicht rathsam, einen solchen Castraten sich anzueignen.
Auch der After hat seine Leiden; bei Weidepferden hängen nicht
selten im Umkreise des Afters Bremsenlarven hervor, welche aber von
keiner Bedeutung sind. Auch erscheinen am After öfter dicke, schwarze
Knoten, warzige Auswüchse, Schwarzwarzen, Melanosen ge-
nannt, die sich öfter in die ganze Schweifrübe und in das Innere des
Mastdarmes verbreiten, wodurch alsdann die Mistentleerung sehr beein-
trächtigt werden kann.
Bei Jüngern und kräftigen Pferden zeigt sich der After stark,
glatt und, ausser bei der Kothentleerung fest verschlossen; bei altern,
schwachen und kränklichen Pferden dagegen schlaff, hervorhängend und
nicht festgeschlossen.
Bei lungenkranken, dämpfigen Pferden schiebt sich der After wäh-
rend des Athmens abwechslungsweise hervor und zurück, und erscheint
auch ohnedies durch die Magerkeit seiner Umgebung mehr hervorste-
hend; bei sehr magern, alten, abgetriebenen Pferden erscheint er sehr
zurückgezogen.
Hieraus geht hervor, dass es nicht unwichtig ist, auch diesen Kör-
pertheil genau zu untersuchen. Auch können verschlagene Drüsenmate-
rie, unreine Säfte sich auf diesen Theil werfen und ein Geschwür ver-
ursachen, in seltenen Fällen auch wohl Veranlassung zu einer Fistel
werden.
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Die schon beim After erwähnten Schwarz Warzen sind öfter an
der ganzen Schweifrübe verbreitet, sie brechen öfter auf, und enthalten
eine schwarze, jauchenartige Flüssigkeit.
Der Ratten schweif sieht sehr hässlich aus und entstellt ein
übrigens sonst ganz gutes Pferd; es scheint demselben eine krankhafte
Beschaffenheit der Haut an der Schweifrübe zum Grunde zu liegen, in-
dem die Haare keinen ordentlichen Wachsthum bekommen.
Eigenthümlich ist es, dass die Schwarzwarzen meistens nur bei
Schimmeln vorkommen und der Rattenschweif meistens den getiegerten
Pferden eigen ist.
Als das Englisiren noch häufiger war als jetzt, entstand am Schweife
öfter eine Fistel, wenn beim Englisiren in die Junkturen der Knochen
geschnitten oder auch solche durch dabei vorgenommenes gewaltsames
Krummbiegen des Schweifes zerbrochen wurden.
Leiden, welche am Kreuze und den Hüften vorkommen sind:
Der Schwund oder Verschwind; so nennt man, wenn die
Muskeln auf einer Seite der Kruppe magerer, niedriger sind; er ent-
steht entweder aus chronischem Rheumatismus oder starken, anhalten-
den Schmerzen in der Gliedmasse z. B. bei sehr starker Spathlähme.
Begreiflicherweise ist eine Schwäche in der ganzen Gliedmasse damit
verbunden.
Die Kreuzlähmung erkennt man an einem unsicheren, schwan-
kenden Gange des Hintertheiles; schon der Name zeigt an, dass damit
eine bedeutende Schwäche verbunden sein muss. Solche Pferde sind zu
Dienstleistungen unter dem Reiter oder schnellerm Zugdienst durchaus
ungeeignet.
Einhüftigkeit nennt man, wenn die Hüften ungleich sind,
d. h. die eine weniger hervorsteht oder niedriger ist, als die andere.
Dieses kann Folge eines erlittenen Bruches des Hüftfortsatzes sein,
oder auch entstehen, wenn sich ein junges Thier beim Ausgang an die
Thürpfoste hart anstösst und in Folge des Schmerzes die Muskeln
schwinden. In den meisten Fällen ist damit immer eine Schwäche der
Gliedmasse derselben Seite verbunden. Narben an diesem Theile lassen
vernmthen, dass daselbst Haarseile oder scharfe Salben entweder ge-
gen Lämung oder gegen den Schwund angewendet worden sind.
Das Gelenk, wodurch sich das Oberschenkelbein mit dem Becken
verbindet, das Pfannengelenk, ist aus ganz ähnlichen Ursachen,
Vie es bei der Buglähmung erklärt wurde, einer Lähmung ausgesetzt.
Man wendet auch hiergegen scharfe Salben und Eiterbänder an, daher
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man aus den hier zurückbleibenden Narben schliessen kann, dass das
Pferd einmal an diesem Theile lahm war.
Am Kniescheibengelenke können durch äussere Einwirkungen als
Schläge von nebenstehenden Pferden u. s. w. Wunden und Geschwülste
entstehen, die nach ihrer Grösse und Ausdehnung zu beurtheilen sind.
Das Sprunggelenk, als ein Theil, der grosse Anstrengungen zu er-
leiden hat, ist mancherlei Gebrechen ausgesetzt, wodurch die Dienst-
tauglichkeit und der Gang mehr oder weniger beinträchtigt wird, das-
selbe bedarf daher bei Untersuchung eines Pferdes der genauesten
Prüfung.
Die an diesem Gelenke verkommenden Fehler sind folgende:
1.  Sprunggelenksgalle.
2.  Blutspat, auch Bugspat, weicher — Wasser- oder Ochsenspat
genannt.
3.  Die Piphake.
4.  Die Baspe oder Rappe,
b. Behbein.
6.  Hasenhake auch Curve genannt.
7.  Der Knochenspat.
Der Knochenspat ist unter all diesen Fehlern der bedeutendste;
er ist dasjenige Leiden, welches die Beweglichkeit des Sprunggelenkes
am meisten beeinträchtigt, und das Pferd öfter so lahm macht, dass
durch den andauernden, heftigen Schmerz sogar ein Schwinden der
Muskeln bis zur Kruppe hinauf entsteht.
Derselbe entsteht durch eine Entzündung der Gelenkflächen, wo-
durch Knochenmaterie ausschwitzt, dieselbe wird hart und macht die
Gelenkflächen rauh. Dieses macht dem Pferde bei der Bewegung Schmerz
und endlich findet bei weiterer Verbreitung eine gänzliche Verwachsung
der kleinern Sprunggelenkknochen statt; alsdann pflegt der Schmerz
sich nicht mehr so bedeutend zu äussern, aber das Sprunggelenk hat
alle Beweglichkeit und Elastizität verloren.
Betrachtet man, um dieses Leiden zu erkennen, die innere Seite
des Sprunggelenkes, so zeigt sich unten, da wo sich die Sprunggelenks-
knochen mit dem Schienbein und dem Griffelbeinkopf verbinden, eine
aussergewöhnliche Erhöhung. Zeigt sich diese Erhöhung mehr nach vorn
sitzend, so wird dadurch die Beweglichkeit des Schienbeines um so
mehr beeinträchtigt; desshalb ist auch der mehr nach vorn sitzende
Spat bedenklicher, als der mehr rückwärts sitzende.
Bei der Bewegung zeigt das Pferd Schmerz, das Sprunggelenk ist
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sowohl in der Biegung als der Streckung gehemmt, und mangelt es
häufig auch dem Fessel desselben Schenkels an der gehörigen Bieg-
samkeit.
Eigenthümlich ist es beim Knochenspat, dass das Pferd zu An-
fang der Bewegung am meisten lahm geht, bei fortgesetzter Bewegung
vermindert sich der Schmerz und zeigt sich wieder um so grösser,
Wenn das Pferd dann nach längerem Stehen wieder gehen soll.
Nicht immer ist diese oben erwähnte Erhöhung an der innern Seite
des Sprunggelenkes sichtbar, wenn das Pferd bereits am Knochenspat
lahmt. Es kann nämlich eine Entzündung der innern Gelenkflächen statt-
finden , wodurch das Pferd Schmerzen empfindet, ohne dass sich die
Ausschwitzung der Knochenmaterie durch ausgebreitete Verhärtungen
sichtbar macht. Man nennt dieses den unsichtbaren Spat, auch
Stichbein. Er macht das Pferd öfter mehr hinken, als der durch
Erhöhungen bereits sichtbare Spat, und ist in seinem Entstehen
häufig die Ursache des Hinkens, wenn man den eigentlichen Sitz des
Uebels weder durch Geschwulst, noch Hitze, noch Wunde entdecken kann.
Ist aber ein Pferd immer lahm, wenn sich an
der untern, innern Seite des Sprunggelenkes
aussergewohnliche Erhöhungen zeigen?
Nein, es gibt sogar Fälle, wo solche Pferde niemals Schmerz in den
Sprunggelenken zeigen, auch dieselben ihre volle Beweglichkeit haben.
Man muss dann untersuchen, ob beide Sprunggelenke in dieser Bezie-
hung gleich sind, und wird dann den Grund dieser Erscheinung in einer
eigenthdmlich scharf ausgeprägten aber gesunden Form der untern
Sprunggelenksknochen oder des obern Endes des Schienbeines und
Griffelbeinkopfes finden. Man nennt dieses: scharfabgesetzt oder
auch unschädlichen Spat.
Aufmerksame Beobachter wollen bemerkt haben, dass das linke
Sprunggelenk von Natur immer etwas stärker gebildet sei und desshalb
auch die Spatlähme viel öfter rechts als links vorkomme.
Ist ein spatlahmes Pferd zu jeder Art von Ar-
beit untauglich zu erklären?
Keineswegs; ein solches Pferd kann zu allen Diensten in der Land-
wirtschaft viele Jahre gebraucht werden; es kann im leichtern Fuhrwerk
im schnellern Gehen, selbst als Reitpferd noch sehr gute Dienste leisten,
wenn seine ganze Struktur und sein Temperament darnach ist, um über-
haupt ein leistungsfähiges Thier zu sein.
Der Spat lässt sich in Absicht auf seine Gefahr und die von ihm zu
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besorgende Lähmung ebensowenig nach seiner Grösse als nach seiner Lage
beurtheilen, indem man, wie schon früher erwähnt, nicht selten Pferde fin-
det, die bei sehr sichtbarer, spatähnlicher Knochenerhöhung nicht lahm
gehen, und andere bei einem kleinen Spate und bei einem massigen oder
vielleicht gar keinem Dienste viel Schmerz zeigen.
Bei jungen Pferden, besonders bei solchen, die noch nicht oder wenig
gearbeitet haben, muss eine Spaterhöhung wegen der mit Recht zu be-
fürchtenden Lähmung starke Besorgniss erregen, besonders dann, wenn
sich an demselben Beine im Gehen eine Neigung zumUeberknöcheln zeigt.
Bei Pferden, die in einem gewissen Alter sind, und bei denen eine
Spaterhöhung schon lange zugegen war, ohne dass sie selbst bei anstren-
gender Arbeit jemals lahm gingen, ist die Besorgniss einer erfolgenden
Lähmung viel geringer. Es ist rathsamer, einem solchen Pferde, das nichts
widernatürliches in der Bewegung des spatigen Schenkels zeigt, den Vor-
zug vor einem jungen, schwachen und schlechtgebauten Pferde zu geben.
Man kann also nur in der Bewegung über die grössere oder gerin-
gere Schädlichkeit eines vorhanden geglaubten Spates urtheilen, und
den Dienst, welchen das Pferd leisten soll, berücksichtigend, den höheren
oder geringeren Werth des Pferdes selbst bestimmen.
Das Pferd hat den Spat! sind Worte, die sehr oft im Munde
geführt werden, jedem Nichtkenner Furcht und Schrecken einjagen und
von Manchem, — natürlich der sein Publikum kennt, — nur immer darum
im Munde geführt werden, um für einen äusserst feinen Pferdekenner zu
gelten.
Ich will desshalb diesem Gegenstande einige Worte widmen.
Die Natur dieses Leidens bringt es mit sich, dass das Pferd, welches
wirklich Spat hat, an dem betreffenden Fusse lahm gehen muss. Denn
durch vorhergegangene Entzündung und Absonderung von Knochensub-
stanz sind die Gelenkflächen der Sprunggelenksknochen und des obern
Kopfes des Schienbeines und Griffelbeines rauh geworden, wesshalb das
Pferd bei der Bewegung Schmerzen empfindet. Wird nun während der Be-
wegung selbst diese Rauhheit der Gelenkflächen durch die Reibung des Ge-
hens, Wärme u. s. w. wieder schlüpfriger, so geht das mit Spat behaftete
Pferd nach gelinder Bewegung weniger lahm, aber wieder um so mehr,
wenn das Pferd nach dieser Bewegung wieder einige Zeit stand. Greift die
Entzündung der Gelenkflächen so weit um sich, dass durch die Aus-
schwitzung die Verhärtungen einen grossen Umfang annehmen, so entste-
hen dadurch die an der untern, innern Seite des Sprunggelenkes sichtba-
ren Erhöhungen; endlich verwächst das ganze Gelenk und wird steif.
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Desslialb kann ein frei und kräftig bewegtes Sprunggelenk, woran das
Pferd keinen Schmerz zeigt, auch bei Erhabenheiten , wo regelrecht keine
sein sollten, nicht als mit Späth behaftet bezeichnet werden; denn
wirklicher Späth ist immer mit Schmerz und somit Lahmgehen ver-
bunden.
Als Ursache zum Späth wird fast immer zu grosse Anstrengung
heftige Einwirkung beim Reiten oder Fahren angegeben. Wenn man aber
beobachtet, dass ganz junge 3jährige Fohlen, die noch gar nicht gear-
beitet haben, bereits am Späth lahm gehen, oder beide Sprunggelenke vol-
ler Knochenentartungen sind, so muss dieses zum Nachdenken auffordern
und es führt zu dem Schlüsse, dass die ganze Knochenbildung aus
irgend einer Ursache, vielleicht wegen zu wenig Kalkgehalt der Nahrungs-
mittel eine krankhafte war.
Wir wollen nun die anderen Fehler des Sprunggelenkes näher
betrachten; und zwar:
Die Hasenhacke; dieselbe zeigt sich in Gestalt einer Erhöhung
an der äusseren Seite des Sprunggelenkes nach hinten und unten, wo
sich das Fersenbein mit den übrigen Sprunggelenksknochen und dem
äusseren Griffelbein verbindet. Sie entsteht durch gewaltsames Ausdehnen
der Bänder, Sehnen, ist im Anfange der Entstehung mehr als ein Leiden
der Weichtheile denn der Knochen zu betrachten, und betrifft erst in
weiterem Verlauf den Knochen.
Anfänglich verursacht sie schmerzhaftes Hinken ist aber später der
Beweglichkeit des Sprunggelenkes weniger hinderlich, daher auch viel
Weniger bedenklich als der Spat.
Das Rehbein; dasselbe zeigt sich als eine Erhöhung ebenfalls
an der äusseren, untern Seite des Sprunggelenkes, jedoch weniger nach
rückwärts als die Hasenhacke. Mit der Entstehung und dem weiteren
Verlauf des Leidens hat es eine ganz ähnliche Bewandtniss als mit der
Hasenhacke, und ist daher das Rehbein ganz ähnlich zu beurtheilen;
Manche wollen auch zwischen Rehbein und Hasenhacke keinen Unter-
schied machen.
Selbst bei ganz gesunden Sprunggelenken zeigt sich öfter in dieser
Gegend eine starke Knochenerhöhung oder, wenn das obere Ende des
Fersenbeines nicht gerade in die Höhe sondern etwas nach vorwärts
gerichtet ist, zeigt sich da, wo sich das Sprunggelenk mit dem Schien-
bein verbindet, eine etwas krumme Linie nach rückwärts, (wenn man das
Pferd von der Seite betrachtet.) Erfahrung und sorgfältige Beobachtung,
die Art der Bewegung des Gelenkes im Gange muss auch hier das Auge
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des Beurtheilers schärfen; auch kann man durch Befühlen mit der Hand
sein Urtheil mehr regeln.
Die Piphacke; (Kablette). Dieselbe befindet sich äusserlich
sichtbar da wo die grosse Achilles Sehne über die Spitze des Fersenbeines
läuft; sie entsteht meistens bei Pferden, die (z. B. rossige Stuten) gern
an die Wand oder die Standsäulen schlagen, oder welche die Gewohnheit
haben, sich mit den Hinterbeinen an die Standsäulen anzulehnen etc. Sie
ist anfänglich eine warme, später kalte Geschwulst, die zwar schwer zu
vertreiben ist, aber als die Bewegung nicht hindernd, nur als ein das Auge
beleidigender aber nicht als ein Gebrauchsfehler zu betrachten ist.
Die Sprunggelenksgalle; sie ist als eine rundliche, weiche
Geschwulst in der Vertiefung zwischen dem Fersenbein und dem untern
Ende der Hose zu erkennen. Ist sie nur auf einer Seite sichtbar, so heisst
sie einfache, auf beiden Seiten durchgehende oder auch Kreuz-
galle.
Sie besteht in einer erschlafften Erweiterung der Gelenkkapsel des
Sprunggelenkes und Anhäufung von Gelenkschmiere daselbst. Im grösse-
ren Umfange und bei jungen Pferden, die noch wenig oder gar nicht gear-
beitet haben, ist sie ein Beweis von Schwäche dieses Gelenkes, und da sie
endlich die Beweglichkeit desselben hindert, so wird der Werth eines
solchen Pferdes dadurch bedeutend vermindert. Im geringeren Umfange
und bei älteren Pferden, die schon tüchtig gearbeitet haben, ohne dass die
Beweglichkeit des Gelenkes dadurch gehindert wurde, ist sie als minder
bedeutend zu beurtheilen.
Der Blutspat; derselbe zeigt sich an der oberen Fläche des
Sprunggelenkes etwas mehr nach einwärts, als eine runde, elastische Ge-
schwulst, und ist von ganz ähnlicher Entstehung und Beschaffenheit als
die Sprunggelengsgalle. Obwohl das Vorhandensein des Blutspates immer
von einem schlaffen Zustande der Gelenkskapsel zeugt, so verursacht
derselbe doch höchst selten Lähmung und ist besonders in der Hinsicht
anstössig, weil er dem Sprunggelenke, das so sehr gewünschte trockne,
reine Ansehen benimmt.
Einige Thierärzte nennen den hier beschriebenen Blutspat: Pfan-
neng all e, und nennen Blutspat, eine Erweiterung der an der vorde-
ren, inneren Seite laufenden Schrankader.
Raspe oder Rappe; dieselbe Krankheit, welche unter diesem Na-
men in der Kniebiegung der Vorderbeine vorkommt, erscheint auch in der
Biegung der Sprunggelenke.
Ueber diejenigen P'ehler und Leiden, welche an den Hintergliedmas-
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sen vom Sprunggelenke abwärts vorkommen, ist folgendes zu bemerken:
An der grossen Achillessehne wird ein Leiden als der Sehnenklapp
am Vorderbeine fast nie vorkommen.
Ueb erbeine sieht man am hinteren Schienbein höchst selten,
Mauke kömmt an den Hinterbeinen öfter vor als an den vordem;
ebenso ein Anschwellen der Beine, wenn die Pferde wenig Bewegung
machen.
Dieses Anschwellen, welches bei einiger Bewegung sich verliert, und
bei längerem Stehen sich wieder zeigt, entsteht bei vielen Pferden nur im
Herbst.
Ohne dass die Gebrauchstüchtigkeit dadurch wesentlich beeinträch-
tigt würde, ist es immer ein Zeichen lascher Beschaffenheit und Mangel an
gesunder, thätiger Cirkulation in den vom Heerde des inneren Lebens-
haushaltes am meisten entfernten Theilen.
Köth e ns chüssigkeit, auch Ueberköthen, Ueberknö-
cheln genannt, ist an den Hinterbeinen von minderer Bedeutung als an
den Vorderbeinen.
Es ist allerdings kein regelmässiger Zustand und bildet jedenfalls
einen Han dels- ni cht immer einen Gebrauchsfehler; denn
die Erfahrung zeigt, dass Pferde, die hinten Ueberköthen (natürlich
darf der Fehler nicht in allzuhohem Grade stattfinden, das Pferd dabei
keinen Schmerz äussern und der Zustand an beiden Beinen gleich sein)
öfter sehr gut und ausdauernd mit den Hinterbeinen gehen, und sich in
jeder Gelegenheit auf dem Hintertheil gut halten.
Bei jungen Pferden die noch nicht viel gearbeitet haben, ist aller-
dings zu fürchten, dass sich das Uebel bei grösserer Anstrengung vermeh-
ren wird, und darf dann namentlich nicht übersehen werden, ob das junge
Thier vielleicht nur an einem Fusse überknöchele.
Indem dieses öfter mit angehender Spatlähme verbunden sich zeigt,
so ist dann das Sprunggelenk desselben Beines um so aufmerksamer zu
untersuchen. Bei älteren Pferden, die sich beiKöthenschüssigkeit schon
in der Arbeit als gut und ausdauernd bewährt haben, ist der Fehler von
minderer Bedeutung.
Es ist dieser einer von den Fehlern über dessen Bedeutendheit man
nur urtheilen kann, indem man das Pferd im Gange beurtheilt. Sieht man
dann, dass das Hinterbein im Kniescheibengelenk gehörig vorgeschoben
wird, so dass die Tritte der Hinterbeine die Fussstapfen der Vorderbeine
erreichen, hat das Pferd überhaupt Gehlust, feste Muskulatur und gute
Verbindung oben in der Kruppe, so kann ein solches Pferd mit einiger
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Köthenschüssigkeit selbst als Reitpferd viel besser sein, als eins mit ganz
normalen Köthengelenken und Fesseln, dem die übrigen ebenbezeichne-
ten Bedingungen zu einem guten Gange mangeln. Bemerkt muss übrigens
noch werden, dass mangelhaft gestellte Fesseln, namentlich wenn sie zu
gerade stehen, auch wenn sie sonst ganz gesund sind, dem grössten
Theile des Pferdegebrauchenden Publikums den Eindruck machen, dass
das Pferd struppirt sei.
Eine Vergleichung der vorderen und hinteren Hufe wurde schon bei
Beschreibung der Fehler der vorderen Hufe gemacht.
-------------#
Güte, Schönheit, Grösse ; Lehre von den Verhält-
nissen im Bane des Pferdes.
Hering sagt in seinem bekannten Werke unter anderem ;
Es haben verschiedene Schriftsteller der älteren und neueren Zeit
Verhältnisslehren der einzelnen Theile des Pferdekörpers als solchen
und ihrer Harmonie mit dem Ganzen aufgestellt. Wenn auch Andere
wieder an diesen Lehren viel zu tadeln fanden und so wahr diese Ein-
würfe häufig sind, so beweisen sie nur, dass man diese Fehler also
abändern müsse, keineswegs aber, dass man gar keine Verhältniss-
lehre aufstellen dürfe.
Die blosse Kenntniss der äusseren Umrisse des Pferdekörpers und
ihrer Verschiedenheiten selbst in Bezug auf sogenannte Fehler oder
Fehlerfreiheit genügt nicht zur vollständigen Pferdekenntuiss, man muss
tiefer gehen, und ebensosehr finden hier die Grundsätze der Mecha-
nik in Bezug auf Länge, Richtung, Winkelstellung der
Knochen, ihre Anwendung als die Erforschung de r diese
Hebel in Bewegung setzenden Kräfte.
Die Güte eines Pferdes lässt sich einestheils aus dem Baue sei-
ner Theile und ihrem richtigen Verhältniss zu einander beurtheilen und
um sich hierin einen praktischen Blick anzueignen, muss man jedes Pferd
das beste wie das schlechteste der Betrachtung werth finden. Die dann
anzustellenden Vergleiche werden um so eher einen sicheren Haltpunkt
finden, wenn man sich mit zu Hilfenahme einer guten auf praktische Beo-
bachtungen gegründeter Verhältnisslehre bereits eine Basis
gebildet hat. Anderntheils nun hängt die Güte des Pferdes von dem Inne-
re n der Maschine, der Constitution und dem Temperamente
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des Thieres, oder mit einem Worte von den Kräften ab, die die
Maschine in Bewegung setzen, und welche nur durch
den Gebrauch zu prüfen sind.
Die Schönheit bezieht sich nur auf das Aeussere, nämlich auf die
Uebereinstimmung der Theile unter sich zum Ganzen; sie kann durch
blosse Betrachtung empfunden und beurtheilt werden. Die Gelehrten sind
hierüber verschiedener Meinung, die einen behaupten, es müsse bestimmte
Verhältnisse geben, welche die einzelnen Theile eines Pferdes haben müs-
sen, um schön zu sein; hierbei soll von gewissen Kegeln ausgegangen
und nach denselben die Schönheit des Pferdes überhaupt beurtheilt wer-
den. Da es nun kein absolut schönes Pferd gäbe, so müssen diese Ver-
hältnisse von verschiedenen Thieren und von jedem die schönste Parthie
gesammelt und auf solche "Weise ein Normalpferd, ein Ideal von Pferde-
schönheit entstehen.
Die Gegner dieser Ansicht stellen den Satz auf, dass die Schönheit
etwas relatives sei und dem Einen dieses, dem Anderen jenes gefalle, dass
die Schönheit in der Güte und Brauchbarkeit des Thieres gegründet sein, und
somit für den verschiedenen Gebrauch der Pferde auch verschiedene Propor-
tionen angenommen werden müssen, indem man bei einem Lastwagenpferde
und einem Renner nicht gleiche Verhältnisse der Theile verlangen dürfe.
Obgleich die Meisterstücke der bildenden Kunst Griechenlands und Ita-
liens auf jene zuerst erwähnte Weise entstanden sind, so wird sich die
Mehrheit der Pferdeliebhaber doch gewiss den zuletzt geäusserten An-
sichten als den mehr praktischen anschliessen. (Soweit Hering.)
Die englische Redensart: handsome is, who handsome docs schön ist
wer Schönes (Gutes) leistet, hat seine sehr gute Berechtigung; man muss
aber auch zugeben, dass die Meisten unwillkührlich dem Eindrucke der
Schönheit oder dessen, was den meisten Menschen gefällt, unterliegen.
Und dass man das, was durch gefällige Formen einen guten Eindruck
macht, was eben gefällt, schön ist, auch unmittelbar darauf für gut hält
ist ebenso wahr. Auf Pferde angewendet, denke man sich zwei Pferde, die
übrigens an Farbe, Grösse, Figur, Gangwerk, lebhaftem Temperament etc.
so ähnlich als möglich sind. Das eine hat einen vollen, schön getragenen
Schweif, das andere trägt denselben gar nicht oder hat gar einen Ratten-
schweif. Gewiss findet die grösste Mehrzahl der Beschauer das erstere
besser, bezahlt es theuerer u. s. w., obwohl beide in ihrer Leistungsfä-
higkeit gleich tüchtig sind. Noch mehr: der ein schönes Pferd reitende
gilt auch sogleich beim grossen Publikum für einen besseren Reiter
als der auf einem hässlichen Pferde sitzende, vielleicht in Wirklichkeit
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viel bessere Reiter. Es verbindet sich eben mit dem Schönen als etwas
Angeborenen sogleich auch der Begriff des ausdauernd bleiben-
den Guten, wogegen wenn ein hässliches Thier auch etwas Gutes lei-
stet unwillkührlich einem der Gedanke beschleicht, es sei dieses etwas An-
gelerntes, was auch unter Umständen wieder verlernt werden könne.
Handsome is, who handsome does, sagt der praktisch rechnende En-
gländer, und in manchen Gegenden Deutschlands verbindet sich mit dem
Ausdruck: schön auch immer der Begriff: gut. Z. B. der ist ein hüb-
scher Mensch heisst häufig, das ist ein ordentlicher, nüchterner, rechtlicher
Mensch, wäre auch seine Gesichts- und Körperbildung nichts weniger
als sehön; das ist ein garstiger Mensch sagt man auch von einem schön
gewachsenen Manne, wenn er zänkisch, liderlich u. s. w. ist. In Oester-
reich bezeichnet man mit dem Ausdruck sauber die beiden Begriffe
schön und g u t in Verbindung; z. B. ein sauberes Pferd, ein saube-
rer Reiter heisst ein zugleich hübsches und gutes Pferd, ein guter Reiter,
von auch gefälligem, ansprechendem Ausseren.
Der wahre, praktische Pferdekenner wird jedoch immer den Blend-
ling von dem solid schönen Pferde zu unterscheiden wissen, und weil gar
so oft ein solcher Blender ein schönes Pferd genannt wird, so
wird dann häufig von den sogenannten Praktikern auf Schönheit kein
Werth gelegt.
Die von mir gemeinte Schönheit beruht immer auf der regelmässi-
gen Form der einzelnen Theile und ihrer harmonischen Verbindung mit
dem Ganzen. Verbindet sich dann hiermit ein dem bestimmten Gebrauchs-
zwecke am meisten entsprechendes Temperament, so vereint sich dann
auch meistens Schönheit mit Güte; wogegen sich die sogenannte
Schönheit des Blenders meistens auf ein schönes Schweiftragen, langen,
dünnen Hals, Hochbeinigkeit und den sogenannten stechenden Gang im
Trab reduciren wird. In meinem Sinne erscheint die Schönheit eines Caros-
siers allerdings unter anderen Formen als die eines schweren Zugpferdes.
Die Schönheit eines Reitpferdes, dass einem vornehmen alten Herrn
dazu dienen soll, um an einem öffentlichen Orte spazieren zu reiten, kann
man mit anderen Augen betrachten, als die eines flüchtigen und zugleich
gewandten Reitpferde s z. B. für den Dienst eines Offiziers der leichten
Reiterei u. s. w. u. s. w.
Hochstetter sagt: In Absicht auf G r ö s s e findet unter den Pferden,
wie unter den Menschen eine sehr grosse Verschiedenheit statt, auch
scheint letztere minder gross zu sein, als beim Pferde.
Von der kleinen hochschottischen, schwedischen, sowie auch der klei-
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nen Pferderace Sardiniens, Corsikas und vom Kap der guten Hoffnung bis
zum grossen, englischen Bierbrauerpferd und dem Pferderiesen Flanderns
und Friedlands ist ein ausnehmend grosser Abstand. Nach genauen Mes-
sungen vom Fusse bis zum Widerrist ist der höchste Unterschied zwi-
schen beiden Pferderacen dreifach. Es gehört beim Menschen schon eine
Vergleichung zwischen Riesen und Zwergen also etwas ausserordentliches
dazu um dieses Verhältniss zu Stande zu bringen.
Die gewöhnliche Naturgrösse des Pferdes vom guten Schlage aber
steht in Beziehung auf seine Yerrichtungen und Geschäfte als Hausthier
in einem sehr richtigen Verhältniss zur menschlichen. Welches Thier
wäre daher auch zu diesen Zwecken des Reitens und Fahrens so geschickt
und anwendbar als dieses, und es ist dieses eine dem Pferde in der Thier-
reihe ganz eigenthümliche Eigenschaft. In Verbindung mit seiner Form,
Kraft und Intelligenz verdanken wir hauptsächlich auch diesem wichtigen
Verhältniss der Grösse zur menschlichen, dass es durch die Eignung gerit-
ten zu werden, dem Menschen in so hohem Grade zum Nutzen und Ver-
gnügen dient. Dieses Verhältniss ist im Durchschnitt meistens so, dass der
Mensch dem Pferde, wenn es vor ihm steht, gerade in die Augen blicken
und wenn er ihm ganz zur Seite ist, bequem den Ellenbogen auf dem Wi-
derrist auflegen, sich auch ohne grosse Anstrengung auf den Rücken
schwingen kann.
Die relative Grösse der einzelnen Theile des Pferdekörpers oder das
Verhältniss der einzelnen Körpertheile des Pferdes zu einander gibt fol-
gende merkwürdige Verschiedenheiten.
Schönheit, Anmuth, Anstand oder Adel in der Bewegung, sowie auch
Gewandheit, stehen vielfach mit der Schnelligkeit und Zugkraft im umge-
kehrten Verhältnisse.
Indessen bemerkt man doch am orientalischen Pferde neben einer
grossen Schnelligkeit, man möchte sagen Flüchtigkeit, eine ausgezeichnete
Anmuth, Schönheit und Grazie in Gestalt und Bewegungen mit grosser Ge-
wandheit vereinigt.
In dem spanischen Pferde vereinigen sich zwar viel Schönheit und
Grazie in Gestalt und Bewegungen mit vorzüglicher Gewandheit; aber
diese Eigenschaften sind in weit geringerem Grade mit Flüchtigkeit ver-
bunden, wie beim orientalischen Pferde.
Die natürliche Gewandheit und Anmuth in den Bewegungen, welche
gewissen Pferdearten vor anderen vorzüglich eigen ist, liegt daher irr
den besonderen Verhältnissen ihrer Körpertheile zu einander.
Das englische Rennpferd und das kolossale Bierbrauerpferd haben
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hingegen keine Anmuth und Gewandtheit in der Bewegung. Jenes trägt
den Preis der Schnelligkeit, dieses der Zugsstärke auf gewisse Entfernun-
gen unzweifelhaft davon.
Anmerkung. Ebensowenig als alle orientalischen Pferde von
Natur anmuthig, gewandt und zugleich schnell sind, ebensowenig sind alle
englischen Vollblut- oder der Rennrace angehörigen Pferde von wenig an-
muthigen, nur starren, nicht zur Gewandtheit geeigneten Formen, wenn
man auch vielfach dem Urtheil Hochstetters beipflichten muss.
Aus diesen Vergleichungen erhellt, dass das Pferd in Absicht auf
seine verschiedenen Bewegungen eine verschiedene Uebereinstimmung der
Theile und ein verschiedenes Verhältniss derselben zu einander haben
muss, um den Zwecken seiner Bestimmung in besonderm Grade zu
entsprechen.
Es unterscheiden sich daher die Verhältnisse der Schnelligkeit von
denen der Gewandheit und Anmuth und von denen der Zugsstärke. Es er-
hellt ferner, dass jede eigenthümliche Pferdeart ihre charakteristischen
Proportionen habe.
Die grossen Pferde haben ferner ebenfalls ihre eigenen Verhältnisse
und Missverhältnisse, welche sie von denen des Mittel und kleinen Schla-
ges unterscheiden. Gewisse Missverhältnisse sind nämlich am kleinen
Schlage der Pferde schon minder auffallend, als am grossen. Daher ist ein
vollständig wohlgebauter grosser Pferdeschlag seltener zu finden, als ein
wohlgebauter Mittel- oder kleiner Schlag; daher mögen gewisse Propor-
tionen einem kleinen Schlage noch anstehen, welche an einem grössern
missfallen. Denkt man sich aber ein missgestaltetes kleines Pferd im
grössern Massstabe, so wird es noch weit hässlicher erscheinen. Im ver-
jüngten Massstabe dagegegen verkleinern sich die Missverhältnisse und
werden minder auffallend; z. B. hochbeinige und langleibige Pferde sind
eigentlich nur unter dem grössern Pferdeschlage nachzuweisen. Diese Miss-
verhältnisse verschwinden unter dem kleinen Schlage; man trifft unter
demselben keine hochbeinigen und langleibigen Pferde. Daher ist jedesmal
die absolute Grösse des Pferdes seinen Dimensionen beizusetzen.
Eine weitere Verschiedenheit in den Proportionen der Pferde tritt
mit dem Geschlechtsunterschiede ein, und derselbe ist oft bedeu-
tend genug, um einige Verschiedenheiten im Mechanismus des Ganzen
hervorzubringen. Die Stute ist meistens vorne tiefer als hinten, und hat
im Verhältniss ihrer Grösse immer ein breiteres Becken als der Hengst,
dieser hingegen im Durchschnitte eine breitere Brust.
Endlich sind die Proportionen nach dem Alter verschieden;
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z. B. steht hei ganz jungen Fohlen Höhe und Länge des Kör-
pers in gar keinem Verhältnisse, indem die Beine stets viel zu lang er-
scheinen; noch hei dem nicht ganz zum Pferde herangewachsenen
Fohlen tritt dieses mehr oder weniger hervor. Bei alten Hengsten wird
der Hals häufig unförmlich dick, der Rücken eingesenkt; u. s. w.
Es unterscheiden sich daher die Proportionen des Pferdes:
1.  Bezüglich seiner Bestimmung:
a) in Proportionen der Schnelligkeit;
h) der Gewandtheit und Anmuth;
c) der Zugsstärke.
2.  Bezüglich seiner Racenunterschiede, in Proportionen;
a) des orientalischen Stammes;
h) des occidentalischen Stammes.
3.  Bezüglich seiner Grösse, in
a)  den grossen,
b)  den mittlem und
c)  den kleinen Schlag.
4.  Bezüglich des Geschlechtes in Proportionen :
a)  der Hengste,
b)  der Stuten.
h\ In Absicht auf das A11 e r in Proportionen:
a)  des Fohlenalters,
b)  des erwachsenen Alters.
Wenn man den Menschen mit dem Pferde in Absicht auf seine Pro-
portionen vergleichen wollte, so könnte man zwar auch sagen: ein Apoll
hat andere Proportionen als ein Herkules, ein Maure andere als ein Tscher -
kesse, eine Venus andere als ein Achilleus, ein Patagonier andere als ein
Lappländer. Allein ein ganz verschiedener Bau und Mechanismus, eine
ganz verschiedene Bestimmung, ein verschiedener Einfluss des Klimas
müssen in dieser Hinsicht ein verschiedenes Resultat liefern.
(Ebenso interessant ist es, die verschiedenen Hundearten und die Art
sich zu bewegen, zu beobachten, oder die Bauart anderer vierfüssiger Thiere,
ihreArt zu gehen, zu laufen, zu springen, mit dem Pferde zu vergleichen.)
Man kann über Proportionen, Bau, Alter u. s. w. nur am ruhigen
Pferde genaue Beobachtungen anstellen und sichere Urtheile fällen; um
aber über Kraft, Gangwesen und Bewegfähigkeit zu verschiedenen Dien-
sten des Pferdes urtheilen zu können, müssen vorher Mechanismus und
Hebelkraft der einzelnen Theile am Pferde hauptsächlich des Glieder-
baues gehörig erkannt werden.
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Aus der Kenntniss von der Bewegfähigkeit oder dem Mechanismus
der einzelnen Theile geht die Beurtheilung des Gangwesens und der Kraft
des Pferdes, sowie die Verschiedenheiten in Absicht auf dieselbe hervor.
Ohne jene Kenntniss vom Mechanismus der einzelnen Theile wird man
vergebens Tausende von Pferden beobachten und dennoch kein
wahres Urtheil über die Verschiedenheit, die Abweichungen in ihrem
Gangwesen und die Bedingungen ihrer Kraft fällen lernen; und wie will
man über die Diensttüchtigkeit eines Pferdes zu irgend einem Gebrauche
absprechen, wenn man dessen Gangwesen und die Bedingungen seiner
Kraft nicht zu beurtheilen versteht.
Der Mechanismus der einzelnen Theile kann freilich nicht blos durch
äussere Merkmale am Pferde erkannt werden, allein eine genauere Dar-
stellung desselben gehört demungeachtet wesentlich ins
Gebiet der äussern Pferdekenntniss, weil ohne
seine Beihilfe das Gangwesen des Pferdes und
die Bedingungen seiner Kraft nicht richtig er-
kannt und beurtheilt werden mögen
So wie zur Beurtheilung des äussern Baues einige Kenntniss des Ske-
lets noting ist, ebenso gehört die Kenntniss des Mechanismus oder
der Bewegfähigkeit zur Beurtheilung des Gangwesens vom
Pferde.
Freilich führt dieses auf die Entwicklung einiger nothwendiger ana-
tomischer Darstellungen, die Bewegungsorgane betreffend , allein zur Er-
reichung des Zweckes müssen auch die entsprechenden Mittel angewendet
werden. Man muss nothwendig in das Innere der Werkstätte der Natur
eindringen, um über die äussern Punkte derselben einen richtigen Schluss
fassen zu können.
Die Gestalt des Pferdes ist bekanntlich die schönste und edelste,
welche wir in dem Thierreiche kennen, und sie wird mit gerechtem Eifer
und warmer Vorliebe von dem Menschen als solche anerkannt, weil sie
ganz zu seinem Nutzen und Vergnügen eingerichtet zu sein scheint. Ihre
Zweckmässigkeit in dieser Beziehung ist ganz unverkennbar. Allein auch
in allgemein ästhetischer Hinsicht ist die Pferdegestalt die edelste und
schönste in dem Thierreiche. Wenn man auch gleich jeder eigenthümli-
chen Schönheit der übrigen Thierklassen volle Gerechtigkeit widerfahren
lässt, so kann man dennoch diesem Urtheil beipflichten.
Die Pferdegestalt ist schön wegen derüebereinstimmung, dem zweck-
mässigen, richtigen Verhältniss der einzelnen Theile zum Ganzen, den an-
genehmen Uebergängen der Theile ; das Ange findet nichts zu wünschen
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übrig an einem vollendet schön und gut gebauten Individuum des Pferde-
geschlechtes.
Auch ist der Abstand zwischen dem schönsten und hässlichsten
Pferde, eben wegen der hohen Schönheit des erstem, desto auffallender
und empfindlicher für das Auge.
Das Pferd verdankt freilich dem Zustande der Domestizität, der
grossen Sorgfalt, welche der Mensch für seine Reinhaltung nnd seinen Un-
terhalt nimmt, die schöne Abrundung seiner Formen, so wie den Abglanz
seiner Haare. Denn man kann eben nicht sagen, dass das Pferd im wilden
Zustande das schönste Thier in der Reihe der übrigen genannt werden
könne; im Gegentheile, es erscheint in diesem Zustande hässlicher als
viele andere Thiere. Aber an der Gestalt eines wohlgehaltenen und wohl-
gebildeten orientalischen Hengstes (oder englischen Vollblutpferdes er-
ster Klasse) von edelster Art, bleibt aber nichts zu wünschen übrig, und
alles was man etwa mit kritischem Auge daran ändern möchte, würde nur
Difformitäten hervorbringen, wenn wir es uns lebhaft vorstellen. Freilich
gibt es an jedem Pferde etwas zu tadeln, allein nicht immer ist der Tadel
richtig und gegründet.
Die Pferdegestalt ist auch edel wegen des hohen Kraftausdruckes
verbunden mit dem frommen Feuer das aus dem Auge blitzt, der San ft-
muth und Hingebung in den Willen seines nicht immer gelinden Meisters.
Freundlich und offen blickt es seinen Gebieter an, wenn es nicht misshandelt
wird, und selbst misshandelt, wendet es grossmüthig nicht immer seine ganze
Kraft an, dem Menschen zu vergelten. Wenngleich das Pferd unter allen
Säuge- und Hausthieren am wenigsten eines aufrechten Ganges fähig zu
sein scheint, so gibt doch die Art, wie es mittelst der Hälsung stolz sein
Haupt emporträgt, dem Ganzen seiner Gestalt einen edlen Anstand. Vor-
züglich zeigt es im freien Laufe auf der Weide einen durchaus keinem an-
dern Thiere so eigenthümlichen Ausdruck von Kraftgefühl und Munter-
keit. Es trägt Kopf und Hals hoch empor, sein Gang wird schwebend,
kaum berührt es den Boden, es braust und schnaubt gewaltig, und seine
ganze Gestalt erscheint im schönsten Lichte. Ist dieses Schauspiel ganz
vorzüglich schön, so nehmen auch Blick, Hälsung und Stellung beim Wie-
hern des Hengstes einen ganz eigenen, schönen Charakter an, welcher die
ganze Gestalt dieses Thieres auf eine eigenthümliche Weise verschönert
und veredelt.
Die Schönheit der Gestalt des Pferdes zeigt sich nicht allein in der
Uebereinstimmung der Dimensionen, sondern auch in der
Form der einzelnen Theile in ihrer Uebereinstimmung und in den Ueber-
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gangen derselben ineinander. Und eben dieUebereinstimmung
in denDimensionen der einzelnen Theile oder die Regel-
mässigkeit der Proportionen ist eine Hauptbedingung
der Schönheit, beziehungsweise Güte und Brauchbarkeit
desPferdes. (Soweit Hochstetter.)
Aus diesen beiden Citaten erhellet nun, dass, um ein Pferdekenner
zu sein, es nicht genügt, zu wissen, wie die einzelnen Theile am Pferde
beschaffen sein sollen, sondern man muss auch das Ganze in das Auge fas-
sen und betrachten, ob die einzelnen Theile, wenn auch jedes für sich ge-
sund, zu einander passen, und mit dem Ganzen in Uebereinstimmung sich
befinden.
Wenn z. B. ein Pferd vom kleinem, leichten Schlage mit einem fei-
nen Halse einen Kopf von viel Knochenmasse hat, s.o dass es dem Pferde
schwer wird, diesen Kopf gut und aufrecht zu tragen, so sagt man mit
Recht, dass dieser Kopf, wenn er auch sonst schön geformt ist, nicht zum
übrigen Pferde passe , somit nicht harmoniere. Dieser Kopf könnte einem
andern grössern, mit stärkern Halsmuskeln versehenen Pferde ganz an-
passend sein.
Ein anderes Pferd hat z. B. bei leichtem Körperbau und feinen Bei-
nen breite, tellerartige, schwere, wenn auch sonst gesunde Hufe, die es
im Gange behindern und offenbar nicht zum Ganzen passen; oder ein
grosses, schweres Pferd hat kleine Hufe und sehr dünne , schwache Fes-
seln , die der darauf ruhenden Masse keine hinlänglich starke und breite
Unterlage geben. Bei diesen beiden Pferden harmoniren die Hufe nicht
mit dem übrigen Körper.
Es gibt nun gewisse Linien, die man sich, um Anhaltspunkte zur
Beurtheilung der einzelnen Theile so wie des Pferdes im Ganzen zu haben,
dem Gedächtniss und Auge gut einprägen muss, und ich will hier einen
Ueberblick derselben geben.
Die Höhe und Länge soll bei einem gut gewachsenen Pferde gleich sein;
erstere rechnet man von dem höchsten Punkte des Widerristes bis zur
Fusssohle, letztern von dem vordersten Rande der Bugspitze bis zum
äussersten Ende der Sitzbeine.
(Ueber gute Länge und fehlerhafte Kürze des Pferdes im Ganzen
weiter unten noch ein mehreres.)
Der.Kopf steht zur ganzen Grösse des Pferdes meist in dem Ver-
hältniss, dass die ganze Höhe oder Länge 2% oder bei sehr kleinen
Köpfen auch 3 Kopflängen beträgt.
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Zum Halse steht der Kopf in gutem Längenverhältniss, wenn eine
gerade Linie vom Genick bis zum Anfange des Widerristes und eine
ebensolche vom Genicke bis zu dem Punkte, wo sich der Hals mit der
Brust verbindet, 11/i Kopflänge beträgt.
Ist der Kopf länger als in diesem Verhältniss, so erscheint er als
sehr gross, umförmlich; ist er viel kürzer, so erscheint er als sehr klein.
Letzteres Verhältniss gefällt viel mehr und hat auch für ein Keitpferd
manches Angenehme, das angegebene Verhältniss findet sich bei sehr vie-
len, lebenden Pferden, deren Kopf dem Kenner durchaus nicht als unan-
genehm gross in die Augen fällt.
Beträgt die Breite der Brust von einer Bugspitze zur andern zwei
Drittheile der Kopflänge, so harmoniren die Grössenverhältmsse dieser
beiden Theile.
Eine Linie vom Anfange des Widerristes bis zur Einfügung des Hal-
ses in die Brust beträgt meistens eine, an der schmälsten Stelle des Hal-
ses 1j2 Kopflänge, oder auch an beiden Stellen etwas weniger, je nachdem
nämlich der Kopf in der ganzen Körperhöhe 21j2 oder fast 3mal enthalten ist.
Das Schulterblatt, Querbein und das grosse Oberschenkelbein stehen
beim gutgebauten Pferde in einem bestimmten Grössenverhältmsse zu ein-
ander, z, B. hat das Schulterblatt 18 Zoll Länge, so ist das Querbein 12
und das grosse Oberschenkelbein 15 Zolle lang.
Ich nenne hier absichtlich diese Zahlen, weil diese Grössenverhält-
msse bei den meisten Pferden des grössern Mittelschlages vorkommen.
Wird also das ganze Pferd viel grösser oder viel kleiner, so ändern sich
auch die Längenmasse dieser Theile, aber sie werden in derselben Pro-
portion unter sich zu oder abnehmen müssen.
Eine Linie von der Höhe des Widerristes bis zum Ellenbogen, oder
genau genommen, zur untern Linie des Brustbeines, und eine von da zum
Köthengelenke sollen gleich lang sein. Dann ist das Pferd in dieser Bezie-
hung gut gebaut, es erscheint hinlänglich kurzbeinig, und es besteht auch
dieses Verhältniss bei allen mir bekannten, lebenden guten Pferden. Ist
die Linie vom Widerrist zum Ellbogen kürzer als von da zum Köthenge-
lenke, so erscheint das Pferd hochbeinig und der Brustkasten zu wenig
Raum biethend für kräftige Organe des innern Lebenshaushaltes. Ich
glaube beobachtet zu haben, dass, wenn das ganze Bein vom Ellbogen bis
zur Köthe herab im Verhältniss zum Oberkörper kürzer ist, als angege-
ben, so leidet darunter die Beweglichkeit im Gange. Dieses ist dann die in
manchen Büchern über Pferdekenntniss erwähnte fehlerhafte Kurz-
beinigkeit.
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Eine senkrechte Linie durch die Mitte des Leibes gedacht, d. h. vom
Rückgrat bis zur untern ßauchlinie, beträgt bei einem gut gewachsenen
Reitpferde 1 lji Kopflänge; bei Stuten oder schweren Wagenpferden wohl
etwas mehr. Selbstverständlich ist diese Linie nur für den Rippenbau ohne
den durch Nahrung oder Fettleibigkeit hervorgebrachten vergrösserten
Umfang zu verstehen.
Am Hintertheile gibt es von der Seite gesehen vier Linien, die bei
bekannt leistungsfähigen lebenden Pferden meistens untereinander gleich
lang sind, und zwar:
Von der Höhe der Kruppe bis zum äussersten Ende des Sitzbeines;
von der Schweifwurzel bis zum Kniescheibengelenke ;
von diesem Gelenke bis zum Fersenbeine; und
vom Fersenbeine bis zur Fusssohle.
Ist die Linie von der Kniescheibe zum Fersenbeine etwas länger, so
wird dieses bei übrigens vorhandenen entsprechenden Eigenschaften für
Schnelligkeitsäusserungen von Vortheil sein. Man vergleiche die Bauart
dieser Parthie beim Hunde oder Hasen mit der des Pferdes.
Eine ziemlich oft vorkommende Abweichung in diesen Formen ist,
dass die Linie von der Höhe der Kruppe bis zum äussersten Ende der
Sitzbeine etwas kürzer und vom Fersenbein zur Erde etwas länger
erscheint.
Winkel; das Pferd von der Seite betrachtet.
Hier kommt besonders die Zusammenstellung des Schulterblattes mit
dem Querbein im Buggelenke, und
des Oberschenkelbeins mit dem Knochen der Hose im Kniescheiben-
gelenke in Betracht.
An diesen beiden Punkten äussert sich die fortschiebende Kraft in
der Bewegung am deutlichsten, wesshalb auch diese beiden Gelenke bei
Beurtheilung des Ganges die grösste Aufmerksamkeit verdienen. Bei bei-
den Gelenken soll diese Verbindung der beiden Knochen sich dem rech-
ten Winkel möglichst annähern, indem die in senkrechter Richtung sich
äussernde Kraft die wirksamste ist. Nähert sich der Winkel im Buggelenke
dem spitzen, so wird die Vordergliedmasse vom Ellbogen abwärts zu sehr
unter dem Körper zurückstehen; ist er mehr oder weniger ein stumpfer,
so steht die Vordergliedmasse zu weit vor und es ist in beiden Fällen ein
freier Gang der Vorderbeine kaum zu erwarten.
Aehnlich ist es mit dem Winkel im Kniescheibengelenke; dass dieser
ein spitzer sei, wird kaum vorkommen; ist er mehr stumpf als gut, so wird
dadurch die vorschiebende Kraft, somit was man gute Folge nennt, we-
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sentlich beeinträchtigt, sogar mehr, als durch etwas zu gerade Sprungge-
lenke, wenn dabei die Verbindung im Kniescheibengelenke eine gün-
stige ist.
Das Querbein soll eine diagonale Lage haben; d. h. denkt man sich
um diesen Knochen ein Quadrat beschrieben, so soll die Lage des Quer-
beines mit der Diagonallinie desselben zusammentreffen; ist dieses nicht
der Fall, so entsteht eben die Verbindung mit dem Schulterblatt unter
spitzem oder stumpfem Winkel.
Der gut gebaute, hinlänglich biegsame Fessel soll beim stehenden
Pferde ebenfalls eine diagonale Richtung haben. Ist dieses nicht der Fall
und senkt sich das rückwärtige Ende des Fesseis dem Boden mehr, als es
die Diagonallinie des um denselben gedachten Quadrates erlaubt, so tritt
das Pferd schon im Stehen, um so mehr im Gehen durch. Erreicht aber
dieses Ende des Fesseis in seiner schrägen Richtung die Diagonale nicht,
so steht das Pferd zu gerade, steil in den Fesseln.
Der Winkel im Sprunggelenke ist stets ein stumpfer.
Senkrechte Linien.
1. Das Pferd von der Seite gesehen.
Eine senkrechte von dem vordersten Rande des Buggelenkes zum
Erdboden wird bei einer gut gebauten Schulter und guten Länge des
Querbeines ungefähr 3 Zoll, fast eine Hand breit vor der Hufzehe die
Erde erreichen. Von demselben Punkte aus zur Hufzehe herab, wie es
einige Schriftsteller angeben, habe ich bei Ausmessung anerkannt guter,
lebender Pferde nicht zutreffend gefunden, die Schulter würde dann sehr
kurz und die Verbindung mit dem Querbein unter einem ziemlich stum-
pfen Winkel stattfinden müssen.
Eine senkrechte Linie von der Mitte des Oberarmes die ganze Vor-
dergliedmasse durchschneidend, soll durch die Mitte des diagonalen Fes-
seis unmittelbar hinter dem Ballen des Hufes zur Erde fallen.
Eine senkrechte Linie vom Kniescheibengelenke zum horizontalen
Fussboden fällt bei einem gut gestellten Hintertheile ungefähr % Kopf-
länge vor der Hufzehe zur Erde; verlängert man diese Linie nach oben,
so soll sie mit der Verbindung der Beckenknochen zusammentreffen und
die Erhöhung der Hüftknochen steht etwas vor dieser Linie.
Eine andere senkrechte von der obern Biegung des Sprunggelenkes
trifft gerade auf die Hufzehe herab, ist dieses nicht der Fall und steht
der Huf mehr unter den Leib, so hat das Pferd, wie man sich ausdrückt,
zu viel Winkel im Sprunggelenk, nähert sich der Säbelbeinigkeit. Steht
der Huf weiter zurück, so ist das Pferd zu gerade im Sprunggelenk und
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es kann also die Direktion dieser beiden Linien zum Massstab dienen, in
welchem Grade der Winkel im Sprunggelenke stumpf sein soll.
Eine dritte senkrechte von der Mitte des Pfannengelenkes ausgehend,
trifft durch die Trachte des Hinterhufes zur Erde,
2.  Das Pferd von vorne gesehen.
Senkrechte Linien von der Mitte der Buggelenke müssen Kniee,
Röhrbein, Fessel und Huf bis zur Zehe gerade durch die Mitte treffen.
p]benso ist eine von der Mitte der Brust zwischen die Hufe herabfallende
senkrechte mit diesen parallel.
3.  Das Pferd von hinten gesehen.
Senkrechte Linien von der Mitte der Fersenbeine sollen durch die
Mitte aller Theile der Hintergliedmasse treffen und zwischen den Ballen
des Hufes endigen.
Eine ebensolche Linie von der Mitte der Hinterbacken zur Erde fal-
lend, ist mit diesen parallel.
Ob die Brust und somit das ganze Vordertheil oder die Kruppe z u
breit oder z u schmal sei, erkennt man durch Vergleichung dieser beiden
Theile unter sich und mit der ganzen Grösse des Pferdes. Ist es als ein
gutes Verhältniss anerkannt, wenn die Breite der Brust 2/3 der Kopflänge
beträgt, so ist die Linie, welche die ganze Breite der Kruppe von hinten
gesehen, bezeichnet, als etwas länger, ungefähr 3/4 der Kopflänge anzu-
nehmen. Sieht man das gerade stehende Pferd von vorne an, so müssen
die Hinterbeine durch die vordem, sieht man das Pferd von hinten an, die
vordem durch die Hinterbeine gedeckt erscheinen.
Bezüglich der Beine, d. h. der Gliedmassen vom Ellbogen und dem
Kniescheibengelenke abwärts, handelt es sich bei Betrachtung der Ver-
hältnisse eines Pferdes besonders um Folgendes:
Verhältnissmässige Stärke der Knochen, breite Gelenke mit ungehin-
derter Bewegung, kurze Röhrbeine, muskulösen Oberarm und Hose , cor-
recten Winkel im Sprunggelenke und Fessel, und einen gesunden, wohl-
proportionirten Huf mit gesunder Wand und breitem Strahl.
Ob stattfindende Abweichungen im regelmässigen
Baue der Gliedmassen, oder vorhandene sogenannte
Fehler wirklich schädlich sind, muss sich im Gange
zeigen; denn dieser ist massgebend.
Welches sind nun bei Betrachtung des Pferdes im
Ganzen die am häufigsten vorkommenden ins Auge
fallenden Abweichungen vom regelmässigen, harmoni-
scheu Baue?
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1. Hochbeinigkeit; man nennt nämlich ein Pferd hochbeinig,
Wenn die Beine, z. B. die vordem vom Ellbogen bis zur Fusssohle im Ver-
üältniss zum Oberkörper zu lang erscheinen; diese Länge der Beine wird
aber dadurch bedingt, dass der Leib, namentlich die Brust vom Wider-
riste bis zum Brustbeine zu wenig Tiefe hat. Und daher kömmt es auch,
dass hochbeinige Pferde meistens geringe Ausdauer in der Arbeit haben.
Das von allen rechten Pferdekennern gewünschte und als gut
anerkannte Verhältniss zwischen Leib und Beine ist, dass die Linie vom
Widerrist zum Ellbogen, eben so lang sei, als vom Ellbogen bis in das
Köthengelenk. Da der Ellbogen bei manchen Pferden höher, bei man-
chen tiefer stehend erscheint, so ist dieser Punkt nur als allgemein anzu-
nehmen; ganz genau wäre es hier die untere Linie des Brustbeines.
Vielfach angestellte Messungen und Beobachtungen anerkannt sehr guter
Pferde bestätigen es vollständig, dass wenn dieses Maasverhältniss vor-
handen ist, ein solches Pferd jedem Sachverständigen als mit tiefen Leib
Und nicht hochbeinig erscheint. Wollen Einige ein Pferd erst dann in
dieser Hinsicht als ganz gut gebaut anerkennen, wenn die Linie vom El-
bogen bis zur Fusssohle mit der vom Widerrist zum Ellbogen reichen-
den übereinstimmt, so habe ich mich hinlänglich überzeugt, dass dieses
bei lebenden Pferden sehr selten, fast nie vorkömmt.
Und da ich von der Ansicht ausgehe, dass man in dieser Beziehung
dasjenige als gute Norm festhalten muss, welches bei anerkannt guten
lebenden Pferden am häufigsten vorkömmt, so möchte ich mich
gerne vor dem Fehler verwahren als blosser Theoretiker zu erscheinen,
der ein unerreichbares Bild als massgebend aufstellt. Solche Theorien
machen dann in der Beurtheilung mehr zaghaft und sind nicht wirklich
praktisch belehrend ; man verfällt an ihrer Hand leicht in den Fehler das
erreichbare, wirklich vorhandene Gute zu übersehen oder zu
gering zu schätzen, einem unerreichbarem Ideale nachjagend.
2. Ein schwerer Oberleib und zu feine Beine. Durch
dieses Missverhältniss im Baue kann sowohl die Ausdauer und Schnellig-
keit als auch die Gewandheit sehr beeinträchtigt werden, weil es diesen
feinen, wenig muskulösen Beinen an Kraft fehlt, die grosse Last des Ober-
körpers und vielleicht auch die eines Reiters ausdauernd zu tragen. Die-
ses Missverhältniss ist öfter, dem geübten Auge allerdings bemerkbar, ist
aber öfter nur für das Auge störend, nicht aber für den Gang hin-
derlich.
Den solche als zu fein erscheinende Beine haben öfter sehr viel
Elasticität und Festigkeit, das ganze Pferd vielleicht sehr gehlustiges
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no
Temperament, u. s. w., wogegen dem Auge als stark erscheinende Beine
wenig Schnellkraft haben können, das ganze Pferd vielleicht wenig Ener-
gie hat u. s. w. Auch muss man zur richtigen Beurtheilung dieses Falles
stets im Sinne behalten, ob das betrachtete Pferd ein edles oder gemei-
nes ist und erst dann urtheilen, wenn man das Pferd im Gange geprüft
hat. Hat das gemeine Pferd zu dünn erscheinende Beine, wenig Muskula-
tur auf den Armen etc., so lässt sich fast mit Bestimmtheit annehmen, dass
auch sein Gang um so mangelhafter sein werde.
Erwähnen muss ich hier, dass das Auge dessen, der es nicht gewohnt
ist, trächtige Stuten auf der Weide gehen zu sehen, sich leicht täuscht
und der Beschauer überall zu schweren Oberleib und zu schwache Beine
zu sehen glaubt; ebenso ist der Nährzustand, ob sehr massleibig, oder
sehr abgemagert, hiebei zu berücksichtigen.
Zu starke Beine bei zu leichtem Oberleib. wird wohl nie vor-
kommen.
Bei einem sehr wohl genährten fettleibigem Pferde, bei alten Heng-
sten, oder bei sehr mageren Pferden täuscht sich das Auge in dieser Be-
ziehung oft sehr.
3.   Kein richtiges, übereinstimmendes Verhältniss
zwischen Hinter- und Vordertheil.
Eine schwere beladene, d. h. mit starkem Halse, grossem Kopfe,
zu fleischigen Schultern versehene Vorhand in Verbindung mit einem in
seinen Verhältnissen zu kleinen, wenig muskulösen Hintertheil kömmt
öfter vor und ist für ein Reitpferd ein grosser Fehler, indem gerade das
Gegentheil nämlich eine leichte bewegliche Vorhand und ein starkes, mus-
kulöses Hintertheil für ein angenehmes, gutes Reitpferd unerlässlich ist.
Ich muss hier vor dem Fehler warnen, magere Schultern für
leichte Schultern zu halten.
Auch findet öfter hinsichtlich der Breite zwischen Vorder- und Hin-
tertheil ein den Gang sehr beeinträchtigendes Missverhältniss statt.
4.   Hinten zu hoch und daher vorn zu niedrig, kann
man nur dann erkennen, wenn man weiss, dass ein gut gebautes Pferd
hinten so hoch als vorn sein soll. Hinten höher ist ein nicht selten bei
Stuten vorkommendes Verhältniss im ganzen Baue des Pferdes, indem
bei den Stuten das Becken überhaupt einen grösseren Umfang zu haben
pflegt, als bei Hengsten oder Wallachen. Solche Hintertheile können
öfter sehr gut und kräftig sein, aber für Reitpferde dadurch zum
Fehler werden, dass eine gute Sattellage und die Erreichung einer guten
Haltung im Gange unter dem Reiter dadurch erschwert werden kann.
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Hl
Man wird dieses Missverhältniss im Baue alsdann mit mehr Nachsicht
selbst bei einem zum Reiten bestimmten Pferde beurtheilen können,
wenn das Pferd dabei eine freie Schulterbewegung, überhaupt leicht
bewegliche Yorhand hat. Ist aber die Schulterbewegung gering, die Vor-
hand beladen und der Hals schlecht angesetzt, so ist ein solches Pferd
meistens nur zum Zugdienst zu gebrauchen. Gewöhnlich nennt man
solche Pferde überbaut.
Hinten niedriger als vorn kömmt selten vor; solche Hintertheile
sind immer schwach, denn diese Bauart hat ihren Grund darin, dass die
Formen des Hintertheils nicht die gehörige Grösse haben, und die Mus-
kulatur zu schwach und flach erscheint.
Bei der dadurch entstehenden Richtung des Rückgrates findet der
von der Triebkraft der Hinterbeine ausgeübte Druck nach vorn in man-
gelhafter Weise statt, indem die Fortschiebung nicht in horizontaler
Richtung statt findet, sondern in schiefer Linie von unten nach oben.
b. Zu lang oder auch zu kurz im Rücken.
Soll ein mit seinen vier Füssen auf einer ebenen
Grundfläche senkrecht stehendes Pferd für den Be-
schauer im Ganzen kurz oder lang erscheinen?
Die Länge oder Kürze eines Pferdes ist häufig scheinbar und in
der Länge und Richtung der Schultern und des Beckens begründet.
Die Länge des Körpers von zwei Pferden kann gleich sein, und den-
noch das eine im Rücken kurz, das Andere im Rücken lang erschei-
nen. Ist die Schulter lang, liegt sie schräg, geht der Widerrist tief in
den Rücken hinein, und erscheint das Becken von der Seite betrachtet
lang, breit und von grossem Umfange, so wird dadurch der Rücken kurz.
Es bleibt bei solchen Pferden kaum Raum für den Sattel, unten hin-
gegen werden sie offen und erlangen dadurch die Fähigkeit sich mög-
lichst weit auszustrecken und Boden zu greifen, indem bei solcher Lage
und Beschaffenheit der Schultern und des Beckens die Gliedmassen
vollkommen gerade stehen, die Muskeln dadurch einen grossen Umfang
und günstige Lage erhalten, wodurch ihre Wirkung und Schnellkraft sehr
vermehrt wird.
Ein solches Pferd erscheint also oben kurz und unten
lang.
Es steht über viel Boden ist der Kunstausdruck.
Ist dagegen die Schulter kurz, liegt sie mehr gerade als schief, ist
der Widerrist niedrig und kurz, ist das Becken in seinen Formen klein,
und zu gerade gerichtet, so hat ein solches Pferd bei derselben Körper-
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länge als das erstere einen zu langen wahrscheinlich schwachen Rücken
und schlechte Sattellage.
Kömmt noch hiezu, dass die Vorderbeine in Folge eines etwas zu
langen und nicht gut gestellten Querbeines zu weit unter dem Leibe
zurückstehen, die ohnedies sehr kurze Kruppe nach hinten gesenkt ist,
und stehen die Hinterbeine, wegen zu vieler Biegung im Sprunggelenke
mit den Schienbeinen und Hufen weit vor unter den Körper, so ist es um
so auffallender wie das Pferd bei derselben Körperlänge oben lang und
unten kurz erscheint. So vorteilhaft die Bauart des ersteren, so nachthei-
lig ist die des letzteren, indem damit weder freier Gang noch Kraft und
Gewandheit verbunden ist.
Hieraus erhellet, was der gute Pferdekenner damit sagen will, wenn
er wünscht, dass ein Pferd lang sei. Es kömmt eben nicht so sehr darauf
an, dass das Pferd im Ganzen ebenso hoch als lang sei, sondern welche
Theile eine zweckmässige Länge- und Grössenform haben, oder zu klein
und wenig Umfang habend, erscheinen. Denn:
Allzulang und schwank
Hat keinen Gang;
Allzukurz und dick
Hat kein Geschick;
Doch oben kurz und unten lang
Verspricht Kraft und guten Gang. —
Welcher Unterschied ist zwischen einem grossen und einem
hohen Pferde ?
Diese beidenBegriffe werden häufig miteinander verwechselt; dieBenen-
nung gross es Pferd verdient nur dasjenige, bei welchem die Verhält-
nisse aller seiner einzelnen Theile zu der Grösse, Breite und Länge des
ganzen Körpers passen;, ein hohes Pferd dagegen ist dasjenige
zu nennen, welches nur eine bedeutende Höhe von der Sohle bis zum Wi-
derriste hat, dabei aber zu kurz, zu schmal, zu fein von Beinen u. s. w.
zu sein pflegt. Solche hohe Pferde haben gewöhnlich nur einen geringen
Werth, indem die Üebereinstimmung aller Körperverhältnisse zu einander
die Harmonie im und zum Ganzen sowohl auf die Schönheit als die Brauch-
barkeit des Pferdes einen ausserordentlichen Einfluss hat, mag das Pferd
nun dem grossen, dem mittel oder kleinem Schlage angehören, als Reit-
oder Wagenpferd gebraucht werden sollen.
Nur ist hier wiederholt zu bemerken, dass zum Reitgebrauche die
Regelmässigkeit des Baues noch nothwendiger erscheint, als zum Fahr-
gebrauch.
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Beträgt die Linie des Längenmaasses etwas mehr, was zu 2—3 Zoll
eintreten kann, als die des Höhenmaasses, so muss dieses durch die
oben beschriebene sehrvortheilhafte Bi] dung und Lage
der Schulter und des Beckens hervorgebracht werden.
Viele Pferde sind etwas höher als lang, und solche erscheinen dann
fast immer als hochbeinig.
Ist Höhe und Länge in der angegebenen Weise übereinstimmend
so sagt man : Das Pferd steht im Quadrat. (Quarrte, quarrirt.)
Vielfache Beobachtung hat mich überzeugt, dass sich das Auge in
dieser Beziehung sehr leicht täuscht; bei einem Pferde, welches erst
wirklich im Quadrate steht, hält man meistens die Länge der Höhe
überwiegend, erscheint aber dem Auge des Beschauers das Pferd ebenso
hoch als lang, so ist es wahrscheinlich etwas kürzer als hoch. Daher
mag es auch kommen, dass alle Pferdebilder, welche das Pferd als
gerade von der Seite gesehen, darstellen, immer das Pferd länger als
hoch erscheinen lassen, weil eben das Auge des Zeichners demselben
Eindruck unterliegt.
In älterer und neuerer Zeit haben manche gelehrte Professoren
über Pferdewissenschaft bestimmte Theorien aufgestellt, wornach man
alle einzelnen Theile des Pferdes messen solle, hiernach die Kopflänge
als Grundmaass aufgestellt. Der eine nahm sich hierbei ein vorzügliches
Schulpferd, der Andere einen vorzüglichen Renner zum Muster. Für den
aber, welcher die sehr verschiedenen Verwendungsarten des Pferdes
kennt und ihre praktischen Leistungen beobachtet hat, ist leicht begreif-
lich, dass eine solche Ausmessungsmethode aller einzelnen Theile des
Pferdes nach Linien und Zollen die meisten Beurtheiler mehr befangen,
als entschlossen machen wird. Das Urtheil wird dann in sehr vielen Fäl-
len ebenso einseitig als trügerisch ausfallen,
(Ob es mir gelingen wird durch meine Darstellungsweise den Le-
sern es sich zu erleichtern einen mehr praktischen Standpunkt zu gewin-
nen, mögen die über diesen Gegenstand ebenfalls denkenden Männer
des Pferdegebrauchenden Publikums entscheiden.)
Wenn sich nun die bisherige Belehrung über Ver-
hältnisse am Pferdekörper als einseitig und alsonieht
praktisch bewiesen hat, so kann man wohl bei Betrach-
tung des Pferdes über die Formen mehr gleichgiltig
hinweggehen?
Das wohl nicht; denn es muss gewisse Grundlehren hiefür geben.
Ich bin jedoch der Meinung, dass man diese nicht blos von einem ein-
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zelnen Individuum entnehmen solle, welches entweder sehr schnell,
oder sehr gewandt oder sehr kräftig im Zuge war. Gewiss ist es prakti-
scher, viele als anerkannt leistungsfähige Pferde wie sie in den Ge-
brauchsweisen zum Reiten und Fahren täglich vorkommen zu beobach-
ten und diejenigen Verhältnisse als genügend normal festzustellen,
welche bei sehr vielen leistungsfähigen und dem Auge des erfahrenen
Kenners gefallenden Pferden annähernd gleich vorkommen. Denn
zwei in jeder Beziehung ganz gleiche Pferde gibt es
nicht. Durch Zusammentragen vorzüglicher Formen von andern Thie-
ren, die sich durch Schnelligkeit, Gewandtheit, Tragkraft oder Zugstärke
auszeichnen und daraus ein Pferd construiren, Messe doch wohl
zu sehr die Natur und den allweisen Schöpfer meistern zu wollen.
Im Vorhergehenden wie im Folgenden bemühe
ich mich auseinanderzusetzen, dass man sich
gewisse Normen aneignen muss, die zur Basis
dienen, um sagen zu können, dieser Körpertheil
ist im Vergleich mit jenen zu lang, zu kurz, zu
klein, dünn — dick u. s. w. Ferner, dass man sich
mit Betrachtung der Formen allein nicht begnü-
gen darf, indem, wie schon oft erwähnt, der
Werth dieses zu Arbeitsleistungen bestimmten
Thieres, des Pferdes nämlich, nur in der Arbeit
selbst richtig erkannt werden kann. Von zwei
Pferden jedoch die im Alter, gutem Willen, Temperament, Race u. s. w.
möglichst gleichartig sind, und wovon das eine regelmässige, das andere
mehrere unregelmässige Formen hat, wird ersteres den Vorzug verdienen,
weil durch die richtige Zusammenstellung und Bildung der Knochen
die Wirkung der von den Sehnen und Muskeln ausgeübten bewe-
genden Kraft sehr befördert, somit dem Pferde der Gang und
die Arbeit erleichtert wird (Siehe weiter oben die Beschreibung der
Schulter). Die Zusammenstellung der Knochen und ihre Wirkung gegen-
einander ist nämlich von der Natur nach den Grundsätzen der Mechanik
geordnet, die Sehnen und Muskeln verbinden diese Knochen miteinander
und bewirken, dass der einzelne Theil auf das Ganze, das Ganze auf den
einzelnen Theil wirke. Der Leser möge sich erinnern, dass bei der Be-
schreibung des Bug- und des Kniescheibengelenkes gesagt wurde, es sei
für die Bewegungsthätigkeit am besten, wenn sich der Winkel, der sich
bei der Verbindung der beiden sich in diesen Gelenken vereinigenden
Knochen gebildet wird, dem rechten sich annähere, weil die in senkrech-
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HS
ter Richtung sich äussernde Kraft die wirksamste ist. Ich wiederhole
hier, dass Schulterblatt, Querbein und das grosse Oberschenkel-
bein in einem gewissen Längenverhältniss stehen. Nämlich bei den
allermeisten Pferden des grössern Mittelschlages ist das Schulterblatt
18 Zoll lang, das Querbein 12 und das grosse Oberschenkelbein 15.
Ich habe dieses Längenverhältniss bei so vielen Pferden von ziemlich
gleicher Grösse beobachtet, dass ich als Abweichung ansehen muss,
wenn z. B. das grosse Oberschenkelbein nur 13 oder 17 Zoll lang
wäre. Dass dadurch die ganze Stellung und Bildung der Hinterglied-
massen eine veränderte werden muss, ist einleuchtend. Ebenso
dass dadurch die Harmonie mit dem Vordertheil beeinflusst und die
Uebereinstimmung im Gange verändert werden muss. Das Schulterblatt
erscheint als doppelarmiger Hebel, indem es seinen Stützpunkt, um den
sich die Enden drehen, nach Art des Wagbalkens einer Krämerwage,
in der Mitte hat. Das grosse Oberschenkelbein ist ein einarmiger He-
bel, indem sich der Stützpunkt an dem einen Ende im Pfannengelenke,
die Kraft um die Last in Bewegung zu setzen, am andern Ende be-
findet. Hals und Kopf sind in ihrer Zusammensetzung zwei einarmige
Hebel. Wird der Kopf durch die Wirkung des Zaumes in Bewegung
gesetzt, so erkennt man den Stützpunkt dieses Hebels im Genick, der
Zügelanzug am untern Theile des Kopfes angebracht, äussert die Kraft.
Der in seinem obern Theile am Genick zurückgeschobene Hals findet
als Hebel betrachtet, seinen Stützpunkt zwischen den Schultern. Es ist
einleuchtend, dass ein langer Kopf gegen einen längeren oder kürzeren
Hals in ihrer Hebelwirkung aufeinander oder gegen den übrigen Pferde-
körper verschieden sein müssen. Der Höcker am Ellbogen, das Flügel-
bein am Knie, das Fersenbein am Sprunggelenk, die Gleichbeine an
den Köthengelenken bilden Rollen, über welche Sehnen laufen, und da-
durch unterstützt an Kraftäusseruug gewinnen; u. s. w. u. s. w.
Was nun das Ganze in Bewegung setzt ist die Lebenskraft, her-
vorgebracht und bedingt durch Nerven, Blut undAthem. Je gün-
stiger nun die Maschine zusammengestellt ist, je besser die durch die
Knochen entstehenden Hebelwirkungen eingerichtet sind, desto weniger
Aufwand, also weniger Verbrauch bedarf die Lebenskraft, um die Ma-
schine zu bewegen, sie hat also immer noch einen zu verwendenden
Vorrath, daher die längere Ausdauer, daher die Leichtigkeit der Bewe-
gungen. Hat aber die Natur bei Zusammenstellung und Bildung der-
Knochen ihre eigenen guten Gesetze der Hebelwirkung vernachlässigt,
so bedarf die Lebenskraft bei jedem Tritt, den das Pferd macht, einen
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grössern, folglich schnellem Verbrauch und öftern Ersatz ihres Auf-
wandes um durch die Muskeln und Sehnen die Maschine in Bewegung
zu setzen, daher dann die geringere Ausdauer, die Schwerfälligkeit der
Bewegungen; denn eine zu bewegende Last erscheint
um so viel schwerer, als die Kraft gering ist, oder
durch wiederholten Aufwand und nicht hinlänglich
schnellen Ersatz geringer wird.
Wenn es daher öfter der Fall ist, dass unregelmässig gebaute
Pferde besser gehen, als regelmässig gebaute, so liegt dieses nicht
darin, weil sie unregelmässig gebaut sind, sondern weil die Lebens-
kraft so gross ist, um die mechanischen Hindernisse leicht zu überwin-
den; und wenn regelmässig gebaute Pferde schlecht gehen, so fehlt es
ihnen an Lebenskraft, um selbst diese gut gebaute Maschine hinläng-
lich leicht bewegen zu können. Von ersterm sagt man dann: das Pferd
ist zwar schlecht gebaut, aber sein Blut trägt es, es hat Geist, Tem-
perament, Race u. s. w. von letztem: das Pferd hat keinen Trieb,
lasche Muskulatur, mag nicht gehen, kann nicht vom Fleck u. s. w.
Vergleichsweise denke man sich ein gut, regelmässig gebautes Pferd, das
bei Beginn der Arbeit leicht und frisch dahin geht; im Verlaufe der
Arbeit ermüdet dasselbe und dieselbe wohl construirte Maschine schleppt,
sich mühsam dahin, weil für den Augenblick die innere Lebenskraft zu
sehr verbraucht ist. Ein unregelmässig gebautes aber noch ausgeruhtes
Pferd wird dann dieses regelmässig gebaute alsbald überholen, so lange
seine innere Lebenskraft noch den gehörigen Vorrath hat.
Die beste Art nun, um sich in dieser Beziehung ein gutes Urtheil
und richtigen Ueberblick zu verschaffen ist, dass man jedes.Pferd, sowohl
das beste als das schlechteste und alle dazwischen liegenden Abstufun-
gen in seinen Arbeitsleistungen beobachtet und dann Vergleiche anstellt;
darum ist zur Erlangung einer guten Pferdekennt-
niss so nothwendig, dass man viel und aufmerksam
reite und fahre.
Man wird alsdann bei solchen Vergleichungen öfter die Beobach-
tung machen, dass sogenannte makellose, für das Auge in allen ihren
Formen gefällig erscheinende Pferde weder Freiheit im Gange, noch
Ausdauer und Gewandtheit haben; und dagegen andere, mit manchen
Unregelmässigkeiten in ihrem Baue, sich in der Arbeit vorzüglich
zeigen.
Es liegt dieses eben darin, dass die sich im Stande derRuhe
darstellenden regelmässigen Formen allein nicht genug sind, um auch
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wirkliche Arbeitsfähigkeit za bedingen, sondern es muss auch der gute
Wille, das Temperament, kurz was ich bisher Lebenskraft genannt
habe, damit harmoniren, das gute Pferd soll vermöge seiner Natur nicht
allein die mechanischen Eigenschaften des Gehenkönnens, sondern
auch die geistigen des Gehenwollen 's in sich vereinigen. Was nützt
/.. B. das bestgebaute Pferd, wenn es nicht den Willen, das Tempera-
ment hat, seine Kräfte zum Vortheil des Menschen anwenden zu wol-
len, sondern sich durch Steigen, Bocken, Scheuen, Ausschlagen, Beis-
sen, Durchgehen, das Ziehen verweigern u. s. w. gegen jede Arbeit
widersetzt und nur durch sehr beharrlich fortgesetzte, mitunter für die
Gesundheit von Mensch und Thier verderbliche Bearbeitung brauch-
bar gemacht und erhalten werden kann. Ein anderes hat vielleicht
schon eine angegriffene Lunge, die ihm jede Ausdauer in schnellern
Gangarten unmöglich macht, oder es ist ein schlechter Fresser, oder
hat überhaupt eine sehr lasche Muskulatur u. s. w. u. s. w.
Die Reit- und Fahrkunst hat zwar Mittel, um auch unwillige,
reizbare etc. Pferde arbeitsfähig und gehorsam zu machen; die meisten
derartigen Pferde bedürfen jedoch, wenn endlich mit vieler Mühe ab-
gerichtet, stets einer aufmerksamen Behandluug, um auch gehorsam zu
bleiben.
Die Lehre von den Proportionen kann überhaupt
nur als Basis dienen, um dem Auge Anhaltspunkte zu
Vergleichen zu geben und dadurch das Urtheil leiten
zu lassen. Wo sich regelmässiger Bau mit dem arbeits-
willigen, gehlustigen Temperamente verbindet und über-
haupt alle Bedingungen einer kräftigen Gesundheit und
Lebenstbätigkeit vorhanden sind, das ist das beste
Pferd, Als erfahrener Reiter und Fahrer kann ich hier jedoch nicht un-
berührt lassen, dass gar manchem ganz gutem Pferde durch ungeschickte
Einwirkung des Reiters, oder schlecht passendes Geschirr u. s. w. die
Arbeit sehr erschwert wird: manches Pferd wird dann unwillig, unfolg-
sam , es scheint als ob es nicht gehen könne oder nicht gehen wolle;
was in der Rand eines Andern als ganz gutwillig und arbeitslustig er-
scheint.
Hieraus folgt wieder, dass, um ein richtiges Urtheil über den Ge-
brauchswerth eines Pferdes zu fällen, man es stets im Gange und da
wieder unter dem Reiter oder im Geschirr sehen müsse. Denn, gar
manches Pferd zeigt beim Führen an der Hand sich viel feuriger, wil-
liger und freier im Gange, als wenn es den durch den Reiter oder
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das Geschirr ihm aufgelegten Zwang willig und ausdauernd ertra-
gen soll.
Wird sich ein Pferdekeuner bei Betrachtung eines
Pferdes durch einzelne, schöne, gute Parthien bestimmen
lassen, das ganze Pferd oder den ganzen Haupttheil,
d. h. das ganze Vorder- oder Hintertheil für sehr gut zu
halten, oder wegen einer einzelnen schlechten Parthie
zu verwerfen?
Eine einzelne gute oder schöne Parthie kann ein sonst mittel-
mässiges Pferd nie zu einem sehr guten umwandeln; eine einzelne man-
gelhafte Parthie macht desswegen nicht gleich das ganze Pferd verwerf-
lich ; aber es kann der Fall eintreten, dass ein von Natur sehr schwach,
mangelhaft gebildeter Theil ein Pferd für einen bestimmten Dienst
mehr oder weniger oder auch ganz untauglich erscheinen lässt. Denn
es ist ein grosser Unterschied, welcher Theil mangelhaft oder
schlecht ist. Z. B. gibt es Pferde, die mit breitem, gesundem, stark aus-
sehenden Sprunggelenken doch im Hintertheil wenig Kraft zum Schie-
ben sowohl als Tragen zeigen, und doch ist das Sprunggelenk für beide
Kraftanwendungen ein sehr wichtiger Theil. Ein anderes zeigt mit klei-
nern, schmälern, schwach aussehenden Sprunggelenken ein kräftiges
Nachschieben im Gange. Bei ersterem Pferde sind alsdann wahrscheinlich
die obern Theile der Kruppe und der Nierenparthie mangelhaft, und
schwach organisirt, bei letztem sind diese Theile vielleicht sehr gut
und kräftig, wodurch der Fehler des schwächern Sprunggelenkes wieder
ausgeglichen zu werden scheint. Nebstdem fehlt es ersterem vielleicht
am Temperament, an Gehlust, letzteres ist sehr willig seine Kräfte dem
Menschen zur Verfügung zu stellen. Dieses Beispiel soll nur klar ma-
chen, dass ein gutes, kräftig aussehendes Sprunggelenk allein noch
kein gutes und ein schwächeres Sprunggelenk allein noch kein
schlechtes Hintertheil im Ganzen ausmacht. Oder man denke sich ein
durch starke Arbeit vorbiegig gewordenes Pferd. Hat dieses Pferd ge-
sunde, starke Hufe, eine gesunde Lunge und guten Magen, so kann es
noch lange, an dem rechten Platze verwendet, ein sehr arbeitsfähiges
Thier sein, wogegen ein Pferd mit bedeutendem Hufleiden als: im
hohen Grade Vollhuf, hohle Wand, tief eingehende Sprünge im Horn-
schuh etc. etc. auf sehr lange, oder auch für immer zu jedem anstren-
genden oder schnellem Dienste auf hartem Boden unbrauchbar sein
wird. Ebenso sind noch so schön gelagerte schräge Schultern in ihrer
Bewegung ganz gestört, sobald das Pferd an den Hufen bedeutende
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Schmerzen leidet, wogegen ein Pferd mit weniger gut gelagerten und
etwas gebundenen Schultern aber guten, gesunden starken Hufen sehr
arbeitsfähig sein kann. Dieses Beispiel soll zeigen, dass eine gut gebil-
dete Schulter allein noch nicht das gute Vordertheil im Ganzen aus-
macht, so wie dass ein Pferd auch mit minder gut gebildeten Schultern
doch ganz brauchbar sein kann.
Manches v o n N a tur vorbiegige Pferd geht sehr sicher und gut auch
auf ungünstigem Boden; ein anderes mit ganz gerade senkrecht stehen-
den Vorderbeinen stösst an jede kleine Bodenerhabenheit an und stol-
pert jeden Augenblick; ebenso ist ein Pferd mit Gallen, etwas Spat,
geraden Fesseln, aber gesunden, starken Hufen viel gebrauchfähiger
als eins mit den reinsten Beinen, aber schlechten, schmerzhaften
Hufen.
Aus dieser Darstellung möge der Leser entnehmen, was die Re-
densart: »Wer scheut etwasSpat undGalle, hat kein gutes
Pferd im Stalle« zu bedeuten hat. Ebenso wird hiernach der Unter-
schied zwischen Pier dekenn tniss und Fehlererkenntniss bei
Pferden deutlicher geworden sein.
Welche sind nun diejenigen Körpertheile am Pferde,
deren mehr oder weniger gesunder oder mangelhafter
Zustand auf die Gebrauchsfähigkeit des Pferdes einen
Haupteinfluss nehmen?
Lunge und Magen sind die Hauptwerkstätten, welche die einge-
nommenen Nahrungsstoffe verarbeiten und in Blut und Nahrungssaft
verwandeln. Desshalb ist die Gesundheit dieser beiden Theile erste
Hauptbedingung, desshalb ist auf Beurtheilung der Körperformen, welche
die Organe des innern Lebenshaushaltes einschliessen, ein grösseres
Augenmerk zu legen, als es gewöhnlich geschieht. Durch richtige An-
wendung dieser Lehre unterscheidet sich namentlich der Pferdek en-
ner vom Fehler erkenn er bei Pferden, indem letzterer nur
die Gliedmasse und diese wieder nur vom Knie abwärts betrachtet.
Findet er dann kein Ueberbein, keine Gallen, keinen sogenannten
Spat, so sagt er: das Pferd ist rein und räth ohne weiteres zum
Ankauf. Aber dieses reine Pferd hat vielleicht ein sehr faules, oder
sehr hitziges, unwilliges Temperament, oder es ist scheu, oder hat eine
unüberwindliche Furcht vor dem Schiessen, oder ist eingespannt ein
Strangschläger oder ein schlechter Fresser, ein Köcker, der immer an
Kolik leidet u. s. w. u. s. w.
Ein Pferd, welches gut frisst und eine gesunde Lunge hat, kann
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selbst mit angegriffenen Sehnen und Gelenken, selbst Spatlähme noch
lange viele und gute Dienste thun, wogegen die besten Beine und Hilfe
aufhören zu gehen, sobald Lunge und Magen ihren Dienst versagen.
Selbst ein blindes oder in geringem Grade am stillen Koller, eigentlich
Stumpfsinn leidendes, ja selbst ein rotziges Pferd kann noch lange ent-
sprechende Dienste leisten; aber ein schlechter Fresser oder ein däm-
pfiges Pferd wird selbst mit den hellsten Augen und dem kühlsten Ge-
hirn bald aufhören zu arbeiten.
Abgesehen von momentanen sehr schmerzhaften Leiden sind sehr
mangelhafte Vorderhüfe und Leiden der grossen Beuge-
sehne diejenigen Gebrechen, welche die Gebrauchfähigkeit des Pfer-
des zu was immer für einen Dienst des Reit- oder Fahrgebrauches
welcher grössere Anstrengung oder Geschwindigkeit auf hartem Boden
verlangt, am meisten beeinträchtigen, deren Heilung die längste Zeit
erfordert, in vielen Fällen auch nicht total gelingt.
Beurtheüung eines jungen Pferdes.
Es wurde schon öfter hervorgehoben, dass man ein
Pferd nur im Gange und in der Arbeit richtig beur-
theilen kann, wie kann man aber da über ein junges, noch
ganz rohes Pferd ein möglichst richtiges Urtheil fällen?
Von dem Aeussern und den Formen eines jungen im Wachsthum
noch nicht ganz ausgebildeten Pferdes auf seine verborgenen, ihm mög-
licher oder wahrscheinlicherweise beiwohnenden Eigenschaften auf das-
jenige richtig zu schliessen, was bei guter Behandlung und fortgesetz-
ter Uebung seiner Kräfte aus demselben werden kann, ist ein nur we-
nig Menschen gegebenes, höchst selten erworbenes Talent. In dieser
Beziehung ein richtiges Urtheil abzugeben, bleibt besonders darum sehr
schwer, weil man erstens nie mit Sicherheit voraus weiss, wie die noch
unvollendeten Parthien sich auswachsen werden, und zweitens nicht
weiss, welcher Behandlung das junge Thier bis zu seiner gänzlichen
Ausbildung unterworfen sein wird, indem manches ganz gut geborene
junge Pferd in der Abrichtungszeit entweder böswillig gemacht oder
auf den Beinen ruinirt wird. Der wirklich praktische Pferdekenner wird
jedoch auch hierin wenigstens vor grobem Irrthuin sich zu schützen
wissen; denu er kennt aus seiuer Erfahrung diejenige Form des Brust-
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kastens und des Leibes, die auf eine gesunde Lunge und Magen
schliessen lassen; er erkennt aus dem Ausdruck des Auges, der Form
des Oberkopfes und dem ganzen Benehmen des Thieres, ob es zur Ar-
beit willig, fromm oder unwillig, hitzig, zornig, kitzlich, seine Kräfte
zurückhaltend u. s. w. sein dürfte; er weiss, dass der Widerrist dieje-
nige Parthie ist, die sich am spätesten ausbildet; er weiss, dass ein
junges unausgebildetes Pferd immer etwas hochbeiniger erscheint, als
ein ausgewachsenes, welches je jünger das Thier, desto mehr her-
vortritt.
Schlecht angesetzter Hals, sehr gerade Schultern, rückbiegig, sehr
bodenweit, stark ein- oder auswärts gestellt, säbelbeinig, sehr gerade
in den Sprunggelenken, sehr in die Augen fallendes Missverhältniss in
den Grössenformen der einzelnen Parthien in der Vor- und Nachhand sind
Fehler des Baues, die wenn beim jungen, vielleicht dreijährigen Fohlen
vorhanden, das zum Pferd herangewachseue Thier auch haben wird ; der
Pferdekenner entnimmt aus der Art, wie sich das Pferd im Gange be-
bewegt, ob ihm von Natur eine natürlich-gute Haltung innewohnt um
sich von selbst in einem guten Gleichgewichte zu tragen, oder ob es
aus allzu heftigem Temperamente oder aus Schwäche im Kreuz oder
Empfindlichkeit in den Hufen einen eiligen, unregelmässigen Gang an-
zunehmen geneigt ist.
Aus allem diesem zieht nun der praktische Pferdekenner seinen
Schluss, und kennt er den Dienst, wozu das Pferd in Zukunft verwen-
det werden soll, kennt die Art und Weise der Behandlung desjenigen,
der es abrichten, und erfährt er den Preis, welcher für das Thier ge-
fordert wird, kennt er endlich die Abstammung desselben, so kann da-
durch sein Urtheil sehr an Bestimmtheit gewinnen.
Das von Bourgelat aufgestellte Musterpferd, ver-
glichen mit Eklipse, zur genauem Begründung der
Verhältnisslehre.
Die Lehre von den Verhältnissen im Baue des Pferdekörpers hat
schon vielen Schriftstellern der ganz alten, altern und neueren Zeit
ein hinlänglich wichtiger Gegenstand geschienen, um darüber nachzu-
denken und ihre Theorien mehr oder weniger auf praktische Beobaca-
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tungeu und Vergleiche am lebenden Pferde gegründet, der Welt be-
kannt zu geben.
Bourgelat, der Gründer der Thierarzneischulen gab 1786 zum er-
stenmal sein Traite de la conformation exterieure du cheval, heraus,
dieses Werk gilt, wie Hering sagt, bei den Franzosen jetzt noch für
classisch und dient als Grundlage beim Unterrichte in diesem Theile
der Pferdewissenschaften, die Fehler, welche man ßourgelats Schriften
überhaupt vorwerfen kann, fährt Hering fort, sind: dass sie noch zu
wenig auf eigene Beobachtungen und Erfahrungen sich stützen, dagegen
häufig die Behauptungen Anderer oder Schlüsse aus der Analogie ohne
nähere Prüfung annehmen, ausserdem bemerkt man darin eine auffal-
lende Unkenntniss dessen, was ausserhalb Frankreich in diesem Fache
geleistet worden ist (Nachdem in neuerer Zeit in Frankreich zur He-
bung der Pferdezucht mancherlei Bestrebungen mit sehr gutem Erfolg
ins Leben getreten sind, viele berühmte englische Vollblutpferde da-
selbst eingeführt wurden u. s. w., so wird sich dieses wohl etwas geän-
dert haben). Demungeachtet haben die meisten spätem Schriftsteller
über Pferdekenntniss sich mehr oder weniger an Bourgelat gehalten,
dessen Werk bald in mehrere andere Sprachen übersetzt wurde.
Dem von Bourgelat in Verbindung mit den Künstlern Goiffon und
Vincent entworfenen Musterpferde wirft man im Allgemeinen vor, dass
die Verhältnisse nicht nach der Natur seien, und auf keine Race pas-
sen, insbesondere aber, dass der Kopf zu lang, der Hals gewaltsam
aufwärts gebogen und zu kurz sei, so dass ein solches Thier unmög-
lich mit den Lippen den Boden erreichen könne. Ferner, dass der
Widerrist zu hoch oder eigentlich zu weit vorn angenommen sei; u. s. w.
(So weit Hering).
Betrachtet man, diesem Urtheile nur beipflichtend, die Zeichnung
dieses Normalpferdes, so findet man ferner, dass die Parthie des Bug-
gelenkes sehr wenig kräftig und muskulös erscheint, das Knie ist etwas
rückbiegig; die Hinterbeine stehen so weit unter dem Körper gescho-
ben, dass das ganze Pferd nicht den Eindruck eines von Natur ruhig
auf seinen 4 Füssen mit senkrechter Richtung der Schwere (ä plomb)
dastehenden Pferdes macht.
Das Bild zeigt ein durch die einwirkende Hand des Menschen
künstlich hingestelltes Pferd, die Vorderbeine erleichternd, und somit
die Hinterbeine sehr belastend dar. Ausserdem ist es noch eine sehr
einseitige Auffassung nur ein Normalpferd aufstellen zu wollen, indem
doch die Gebrauchszwecke und die dafür nöthigen Eigenschaften auch
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einen verschiedenen Bau bedingen müssen. Bourgelat nimmt den Kopf als
Grundmaass an, theilt denselben in drei Primen, jede dieser in dreiSecun-
den und um auch den kleinsten Theil ausmessen zu können, eine solche
Sekunde in 24 Punkte oderTerzien ein, so dass eine Kopflänge 3 Primen
oder 9 Sekunden oder 216 Terzien enthält. Prof. Naumann, dessen Vor-
träge ich im Jahre 1832 in Berlin anhörte, folgte ganz dieser Eintheilung
und hatten wir die Zeichnung dieses Normalpferdes auf einer schwarzen
Tafel im Hörsaale stets vor Augen. Damals schon, obwohl ein junger An-
fänger in Pferdesachen konnte mir diese Zeichnung nie gefallen, um so
weniger, wenn ich sie mit lebenden, täglich vor Augen habenden Pferden
verglich.
Zu verschiedenen Zeiten hat man sich bemüht, diese Verhältnisse so
weit zu ergründen, dass man sie in Zahlen auszudrücken vermochte,
allein da sie nicht unwandelbar sind, sondern sich nach Racen und Indivi-
dualitäten in grosser Verschiedenartigkeit darstellen, so können sie nie
so bestimmt, sondern nur annäherungsweise angegeben werden ; daher
denn auch die abweichenden Angaben verschiedener Autoren.
Auch bin ich der Meinung, dass diese allzusehr ins detail gehenden
Zahlenangaben den grössten Theil der Lernenden mehr verwirren und zag-
haft machen, als ihnen wirklich zu einem praktischen Leitfaden zu dienen
so anerkennenswerth übrigens diese Bemühungen der betreffenden Schrift-
steller auch sind.
Vial de Saintbel, ein englischer Veterinär, war praktischer als
Bourgelat indem er ein Pferd beschreibt, das zu seiner Zeit lebte und
als Rennpferd ausserordentliches Aufsehen machte. Er beschreibt näm-
lich den berühmten Eklipse, der nie besiegt wurde, der bei einer Kör-
pergrösse von 5 ein halb Fuss in jedem Galopsprung 28 Fuss hinter-
legte, in 3 Sekunden 7 solcher Sätze ausführte und 4 englische Meilen
in 6 Minuten und 2 Sekunden durchlief; also bei gleich bleibender
Schnelligkeit in 7 Minuten und 415 Sekunden eine deutsche Meile durch-
laufen hätte.
Auch konnte seine vollste Schnelligkeit nie gänzlich geprüft wer-
den, indem keiner seiner Concurrenten ihn niemals so drückte, da&s es
zu einem recht heftigen Kampfe gekommen wäre.
Saintbel sagt auch ausdrücklich, dass es ihm bei Ausmessung dieses
Pferdes nur darum zu thun gewesen sei, die Ursachen dieser ausseror-
dentlichen Schnelligkeitsäusserung zu ergründen, und so vielleicht Grund-
lehren aufzustellen, die bei Beurtheilung von Rennpferden als Norm die-
nen könnten. Er stellte also keinesfalls ein Normalpferd für alle Fälle
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auf. Schnelligkeit verbunden mit Ausdauer ist das Losungswort
der Gegenwart und so will ich um so mehr der Beschreibung des Eklipse
etwas mehr Kaum und Zeit widmen. Wenn auch eine gewisse langsame
Ausdauer bei vielen Gebrauchszwecken recht wünschenswerth ist, so wird
sich doch Niemand ein ganz faules, ganz langsames Pferd wünschen; den-
jenigen Pferde, denen vermöge ihres Knochenbaues und ihrer innern Ei-
genschaften ein guter Grad von- Schnelligkeitsäusserung inne wohnt,
kann in den meisten Fällen ein Grad von Dressur beigebracht werden,
dass man sie auch zur Mässigung ihrer Triebkräfte verhalten kann;
sie haben dann aber etwas herzugeben, wenn man es braucht. Aber
Pferde, denen nur ein sehr geringer Grad von Triebkraft in dieser Hin-
sicht innewohnt, ermüden sehr bald bei einer mehr als gewöhnlichen An-
forderung und sind erschöpft, wenn man sie eigentlich erst recht brau-
chen müsste.
Indem Saintbel seine Beobachtungen beim Eklipse mit dem Normal-
pferd Bourgelats vergleicht, sagt er: Eklipse hat niemals für schön gegol-
ten, aber der Mechanismus seiner Bewegungen war beinahe vollkommen
und er entwickelte bedeutende Schnelligkeit. Diejenigen Personen, welche
Gelegenheit haben werden, zwischen ihm, und dem Musterbilde, wovon
ich oben sprach, (Bourgelats) Vergleiche anzustellen, werden auf
den ersten Blick folgende Verschiedenheiten wahrnehmen.
1.  Bei dem in Kede stehenden Musterbilde soll die Höhe des Pfer-
des vom Genick bis zur Fusssohle gerechnet, nur drei Kopflängen betra-
gen ; bei Eklipse beträgt diese 3 '/4 Kopflängen, eher mehr als
weniger.
Anmerkung. Abgesehen davon, dass eine Messung vom Genick
zur Fussohle sich stets sehr abändern muss, je nachdem das Pferd eine
Haltung mit dem Halse annimmt, muss ich hier bemerken, dass nach
Buorgelat die Höhe des Pferdes vom Widerrist zur Erde 272 Kopflän-
gen betragen soll, und beim Eklipse 3 Kopflängen betragen hat.
(Bei zwei gleich grossen Pferden, würde also ein Kopf nach Saintbels
Angabe recht klein, nach Buorgelats Theorie ziemlich gross erscheinen.)
2.  Der Hals soll nur eine Kopflänge betragen; beim Eklipse beträgt
dieselbe i'/s Kopflänge.
(Trotz vielfacher Bemühung habe ich noch kein Pferd entdecken kön-
nen, wo Buorgelats Lehre einträfe ; auch stimmt die Zeichnung nicht
überein.)
3.  Die Höhe des Körpers soll der Länge gleich sein; die Länge des
Eklipse betrug beinahe ein Zehutel mehr als seine Höhe.
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4. Die senkrechte Linie, welche vom Kniescheibengelenke herab-
fällt, soll auf die Zehe treffen. Dieselbe Linie fällt beim Eklipse in einer
Entfernung von einer halben Kopflänge vor der Zehe auf den Boden: die-
ser Unterschied nimmt viel Einfiuss auf das Portschreiten.
b. Die Länge vom Ellbogen bis zur Kniebiegung soll dieselbe sein,
als von der Kniebiegung bis zum Erdboden. Beim Eklipse sind diese bei-
den Längenmaasse ungleich; das obere ist um 2 Kopftheile grösser als
das untere. (Saintbel theilt den Kopf in 22 Theile; dieser Vergleich ent-
spricht der Theorie, dass mit einem langen Oberarm eine mehr vorgrei-
fende, mit einem kurzen eine mehr erhabene Aktion verbunden sei.)
Weiter sagt Saintbel:
Diese kurz gefasste Vergleichung zeigt, dass die Regeln über Schön-
heit eines Pferdes nicht ein für allemal bestimmt sein können, sondern
dass sie relativ sind, nach den verschiedenen Pferdearten.
Obgleich Herr Buorgelat seinem Sisteme nicht diejenige Entwicklung
gegeben hat, welcher dasselbe fähig ist, so muss man doch zugeben, dass
die daraus zu ziehenden Schlüsse mit einiger Modifizirung dazu dienen
können, den Mechanismus der Pferde von verschiedenen Arten zu
erklären.
Es ist gewiss, dass die verschiedenen Grade der Schnelligkeit welche
man in der Ausübung der Gangarten der verschiedenen Pferde beobach-
tet, auf der mechanischen Zusammenstellung derjenigen- Theile beruhen,
Woraus die Fortbewegungsorgane zusammengesetzt sind, und indem man
strebt, ihre schönen Veihältnisse zu erkennen, indem man sich von ihrer
Woblgebildetheit, von ihrer auf sich selbst ruhenden Lage, (ä plomb) von
ihrer in wechselseitiger Beziehung zu einander stehenden Richtung gegen-
einander überzeugt, kann man hoffen auf den Willen und die Absicht der
Natur richtig zu schliessen.
Dass die Ausdehnung irgend einer Körperparthie in seiner Thätig-
keitsäusserung in der Länge und der Richtung derselben beruht, wurde
schon erwähnt.
Die Gewalt der Bewegungsthätigkeit aber ist ebenso sehr die Folge
der Richtung der Muskeln, als der inneren Kraft dieses Ge-
bilde; die Kraft wird ausserdem grösser oder geringer, je nachdem die
Muskeln von dem Mittelpunkt der Bewegung derjenigen Körpertheile
welche die Bewegung hervorbringen mehr oder weniger entfernt liegen.
(Siehe weiter oben über die Bewegung des Schulterblattes.)
Bevor ich, sagt Saintbel, das Bild der Körperverhältnisse dieses so
berühmten Pferdes entrolle, muss ich den Leser aufmerksam machen, dass
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es durchaus nicht in meiner Absicht liegt, die Schönheit eines Rennpfer-
des mit Zirkel und Winkelmaass festzustellen, man muss vor allen
seine g eisti ge Gedankenrichtung von ein er nachLaune
oder vertragsmässig bestimmten Schönheit ablenken,
und das als schön annehmen, was sich auf die dem
Thier e von Natur innewohnende Güte und Bewegungs-
fähigkeit gründet, in Bezug auf den Gebrauch wozu
es bestimmt ist.
Bei dem in Rede stehendem Pferde also der Schnellauf.
(Der hier von Saintbel ausgesprochene Gedanke ist es; welcher mir
bei Erklärung der Verhältnisse eines gut gebauten Pferdes, stets vorge-
schwebt hat; zugleich ist hieraus zu entnehmen, dass Saintbel Güte und
wahre, wirkliche Schönheit für untrennbar hält.)
Die geometrischen Körperverhältnisse des Eklipse werden nun
wie folgt geschildert.
Der Kopf zerlegt in 22 Theile ist das gewöhnliche angenommene
Maass für alle übrigen Körpertheile. Wenn der Kopf eines zu messenden
Pferdes zu lang oder zu kurz erscheint, so muss man von diesem gewöhn-
lich gebräuchlichem Maasse absehen und die Höhe des Körpers vom Wi-
derrist bis zur Fussohle dafür annehmen. Diese Höhe theiit man in drei
gleiche Theile und jeden dieser Theile wieder in 22 Unterabtheilungen
und erhält alsdann diejenige richtige geometrische Länge, welche der Kopf
gegeben haben würde, wenn er regel- und verhältnissmässig gewe-
sen wäre.
(Der Leser wird hier den Unterschied zwischen Buorgelat und Saint-
bel beachten müssen; ersterer nimmt 2 ein halb Kopflänge als richtiges
Verhältniss für die Höhe des Pferdes an; da aber Saintbel ein wirklich
lebendes Pferd ausmaass, so muss wohl Eklipse einen sehr kleinen Kopf
gehabt haben. Nach meinen Beobachtungen findet sich in dieser Bezie-
hung, dass das von Bourgelat angegebene Verhältniss zwischen Länge des
Kopfes und der Grösse des Pferdes (2 ein halb Kopflänge die Höhe des
Pferdes) bei lebenden Pferden viel öfter vorfindet, als das wie es bei
Eklipse statt gefunden hat. Auch muss ich gleich hier bemerken, dass sich
Saintbel in einigen Angaben selbst wiederspricht; ich werde dieses von
Fall zu Fall hervorheben.
D r e i Kopflängen betrug die Höhe vom Widerrist zur Fussohle und
ebenso von der Kruppe bis zur Erde.
(Später, wo Saintbel die Verhältnisse des Eklipse in Zahlen aus-
drückt, sagt er, dass er in der Kruppe um einen Zoll höher gewesen sei.
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Auch stimmen hiermit alle mir bekannten Angaben den Bau dieses
Pferdes anlangend überein.)
Drei Kopflängen und drei Theile gaben die ganze Länge
von der hervorragendsten Stelle der Brust, Bugspitze, bis zum äusser-
sten Ende der Hinterbacken, die Sitzbeine.
(Diese Linie geht von vorn nach hinten etwas aufwärts; aus der
Angabe nach Zahlen erhellet, dass Eklipse überhaupt 66 Zoll, also
8 ein halb Fuss hoch und 69 Zoll oder b drei viertel Fuss lang gewe-
sen sei.)
Zwei Kopflängen und 20 Theile betrug die Höhe durch die
Schwerpunktlinie des Körpers gezogen. (Es fand also hinter dem Wi-
derrist eine kleine Senkung des Rückens statt; sogenannte Sat-
teltiefe.)
Die Angaben Saintbels über das Verhältniss der Körpertiefe vom
Widerrist zum Brustbein, im Vergleich mit der Länge der Vorderglied-
maasse von Ellbogen abwärts, sind so undeutlich und wiedersprechend,
dass ich sie, diesen Mangel sehr bedauernd, hier lieber gar nicht
erwähne.
Eine Kopflänge betrug die dicke des Halses bei seiner Verbindung
mit der Brust; eine halbe Kopflänge an seiner schmälsten Stelle
nach oben.
Eine und eine halbe Kopflänge betrug eine gerade Li-
nie vom Genick bis zum Anfang des Widerristes, und ebenso vom Genick
bis zur Verbindung mit der Brust, also die Länge des Halses dar-
stellend.
Eine Kopflänge und 4 Theile gaben die Dicke, Tiefe des
Leibes von der Mitte des Rückens bis zur Mitte des Bauches. Ausser-
dem noch ebenso:
i. Die Breite des Leibes.
2.  Die Länge der Kruppe von dem höchsten Punkte derselben bis
zum äussersten Ende der Hinterbacken.
3.   Eine Linie von der Schweifwurzel bis zum Kniescheibenge-
lenke.
4.  Die Länge des grossen Unterschenkelbeines (Hose) vom Knie-
scheibengelenke bis zur Spitze des Sprungbeines, (Fersenbeines.)
o. Die Länge der Gliedmasse vom Sprungbeine bis zur Zehe des
Hinterhufes.
(Zufolge der Angabe nach Zahlen wäre die Linie vom Kniescheiben-
gelenke bis zum Sprungbein nm 4 Zolle länger gewesen als die drei andern
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128
am Hintertheil angegebenen Linien, welche nach dieser Angabe über-
eingestimmt hätten. Der Leser wolle sich erinnern, dass ich weiter oben
sagte: etwas mehr Länge als Höhe des Körpers, hinten etwas höher
als vorn, überhaupt grosse Parthien des Hintertheils, die Hose des Pfer-
des mit der des Hasen oder Hundes vergleichend, — seien der Schnel-
ligkeitsäusserung vortheilhaft. Da nun Eklipse so ausserordentlich
schnell war und er etwas länger als hoch, hinten höher als vorn war,
so bin ich hier geneigt, der Angabe nach Zahlen mehr Glauben beizu-
messen.
Zwanzig Kopftheile gaben die Breite der Kruppe, von hinten ge-
sehen, von einer Hüfte zur andern.
Zehn Theile einer Kopflänge gaben ebensowohl die Dicke
des Oberarmes, gerechnet von der Vorderseite bis zum Ellbogen, als
die Dicke des Hinterschenkels unter der Einbiegung der Hinterbacken.
Acht Theile einer Kopflänge gaben die Breite des Sprung-
gelenkes, gemessen von der Biegung bis zur Spitze des Hakenbeines.
Fünf Theile einer Kopflänge gaben die Breite des Knies
von vorne gesehen;
des Vorderschenkels über dem Knie von der Seite gesehen, und
die Dicke des Sprunggelenkes von hinten gesehen.
Vier Theile einer Kopflänge gaben die Dicke des Köthen-
gelenkes, sowie die Dicke der Kröne.
Zwei dreiviertel Theile einer Kopflänge betrug die Dicke der
Fesseln, ebenso die Breite der vordem Schienbeine.
Weiter unten sagt Saintbel, dass in Folge der Rehe, woran Eklipse
in seinem höhern Alter litt, diese Theile so entartet waren, dass eine
genaue Ausmessung nicht vorgenommen werden konnte.
Zwei ein viertel Kopftheile betrug die Dicke der vorderen und
ebenso der hinteren Fesseln.
Ein dreiviertel Kopftheile betrug die Dicke der Schien-
beine sowohl der vordem von vorn, und der hintern von hinten ge-
sehen.
Senkrechte Linien des Eklipse;
für die Vorderbeine.
Die erste fällt von dem Gelenke des Vorarms, Querbeines, mit
dem Schulterblatte genau zum äussersten Ende der Zehe herab; diese
Linie wird von dieser Richtung nie abweichen dürfen.
(Nach meinen Beobachtungen und Messungen anerkannt guter, lei-
stungsfähiger Reitpferde fällt diese Linie von der vordersten Spitze
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dieses Gelenkes einige Zolle vor der Hufzehe zur Erde; nimmt sie die
Direktion, wie es bei Eklipse der Fall gewesen sein soll, so erscheint
die Schulter kurz und das Querbein verbindet sich mit dem Schulter-
blatte unter einem stumpfen Winkel (Nur wenn man ein Pferd mit auf-
gerichtetem Halse und etwas zurückgeschobenem Leibe hinstellt, können
die Vorderbeine in diese Richtung kommen). Obwohl ich mir nicht den-
ken kann, dass Eklipse bei seiner ausserordentlichen Schnelligkeit man-
gelhaft gebildete Schultern gehabt habe, so muss ich doch hier bemer-
ken, dass im französischen Urtext von dieser Parthie der Ausdruck
tres-charge gebraucht wird. Uebersetzt man dieses mit sehr beladen,
belastet, so ist dieses kein Lob für % den Bau der Schultern, es kann
sich aber auch darauf beziehen sollen, dass das Pferd vorne niedriger
war als hinten, oder auch, dass die Schultern mit sehr sarken, vollen
Muskeln versehen (beladen) waren.)
Die 2te fällt von der Mitte der Brust herab, gerade auf den Mit-
telpunkt des Zwischenraumes, welcher die beiden Vorderfüsse trennt.
Die 3te fällt von der Mitte des Kniees herab, und theilt alle jene
Stücke in gleiche Theile, welche den übrigen Theil des Vorderfusses
bilden, bis zur Fusssohle.
Die 4te Linie durchschneidet das ganze Bein von der Seite gese-
hen und zertheilt alle Parthien bis zum Fessel herab gleichmässig.
(Hieraus geht hervor, dass Eklipse weder vor- noch rückbiegig
noch Kniebohrer oder fassbeinig war, noch aus- oder einwärts stand.)
Für die Hinterbeine.
Die erste fällt senkrecht vom Kniescheibengelenke aus zum Boden;
sie wird eine halbe Kopflänge vom Hufe die Erde berühren müssen.
Die 2te fällt vom obern Theile der Biegung des Sprunggelenkes
genau zum Hufe herab.
(Diese beiden Linien treffen unmöglich zu, wenn man annimmt, dass
die Hose (siehe oben) um 4 Zoll länger gewesen ist, als die Linie von
der Schweifwurzel zum Kniescheibengelenke, und vom Fersenbein zur
Zehe des Hufes. Nimmt man aber an, dass die Hose eben so lang ge-
wesen sei, wie es Saintbel auch einmal angibt (siehe oben), so finden
sich diese Linien, nämlich die 4 genannten gleich langen und diese bei-
den senkrechten, bei allen gut gestellten Hintertheilen mir bekannter
sehr guter lebender Reitpferde.)
Die 3te fällt von der Spitze des Sprunggelenkes herab, und theilt
von hinten gesehen, alle übrigen Theile des Hinterschenkels bis zum
Boden in gleiche Theile.
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Die 4te Linie fällt von der Mitte der Hinterbacken genau in den
Mittelpunkt des Raumes, welcher die Hinterbeine von einander trennt.
Alle diese senkrechten Linien, sagt Saintbel, welche in der That
beim Eklipse vorhanden sind, wie man es bei seinem Skelette sehen
kann, vereinigen in ihrer Bildung die schönsten und vorzüglichsten
Eigenschaften. Dieselben Linien können bei der Auswahl der besten
Rennpferde zur Regel dienen.
Es wird meine Leser interessiren, hier noch einiges der Beschrei-
bung Saintbels Entnommenes von diesem berühmten Pferde zu erfahren.
Eklipse gehörte Herrn 0'Kelly; er wurde geboren in dem Gestüte
weiland des Herzogs von Cumberland und ward beim Verkauf des Ge-
stütes Sr. königlichen Hoheit durch Herrn Wildmann für 46 Guineen
gekauft (i Guinee = 7 Thlr. pr. Cnt.= 10'/2 fl. ö. W.). Dieser verkaufte
ihn in der Folge an seinen letzten Besitzer für die Summe von 1700
Guineen. Eklipse erschien nur kurze Zeit auf der Rennbahn, gewann
die höchsten Preise und ward nie besiegt. Er ward erzeugt durch
Marsk, Sohn des Squirt, welcher durch Bartletts Childers erzeugt wor-
den war; seine Mutter ward gezeugt durch Regulus, seine Grossmutter
durch eineu Bruder väterlicher und mütterlicher Seite vom Squirrel des
Herrn Wildmann; sein Grossvater durch Montagu des Lord Dorcey;
seine Urgrossmutter durch Hautboy und seine Ur-Urgrossmutter durch
Brimmer ein Sohn des Arabers des Oglethorge.
In den Morgenstunden des 28. Februars 1789 wurde Eklipse von
einer sehr heftigen Kolik befallen, und trotz aller bekannten angewand-
ten Mittel verschied er am 26. um 7 Uhr Abends in seinem 26. Le-
bensjahre.
Die Oeffnung des Leichnams erwies als Todesursache eine gänz-
liche Vereiterung der Nieren und man ist berechtigt anzunehmen, dass
diese Organe schon seit längerer Zeit ihre Funktionen nur sehr un-
vollkommen verrichtet hatten. Die Beobachtung über das Gewicht des
Herzens verdient dem Gedächtniss aufbewahrt zu werden ; dieses Ein-
geweide wog 14 Pfund. (Das Herz eines Pferdes wiegt meistens 7—9
Pfund.) Der Hirnschädel wurde nicht geöffnet, weil ich das Skelett eines
so sehr berühmten Pferdes unversehrt aufbewahren wollte.
Eklipse, mehrere Jahre vor seinem Tode von der Rehkrankheit
befallen, hatte ganz entartete Vorderbeine. Die Zerstörungen dieser
Krankheit hatten die Richtung der Krone und des Fesseis so gänzlich
verändert, dass es mir nicht mehr möglich war, die Verhältnisse die-
ser Theile genau zu bestimmen.
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Dem sehr geschätzten Werke: Das Pferd, aus dem Englischen
übersetzt von Hering, entnehme ich über Eklipse noch einige sehr in-
teressante Notizen. Daselbst heisst es:
Eklipse wurde von Marsk erzeugt, der ein Enkel von Bartletts
Childers war.
Eklipse war hartschnaufig (Rohrer), und zwar so, dass man ihn
auf beträchtliche Entfernung hören konnte. Dieser oder anderer Ursa-
chen halber kam er erst mit 8 Jahren auf die Rennbahn. Ueber die
Schönheit und selbst das Abweichende seiner Formen ist viel gestrit-
ten worden; er stand vorne auffallend niedrig, allein dieser Fehler
wurde vollständig wieder ausgeglichen durch die Ausdehnung und schiefe
Stellung seiner Schultern, die Breite der Lenden, das volle und gut
proportionirte Hintertheil, und die muskulöse Ausbildung der Vorder-
und Hinterschenkel.
Nachdem Eklipse bei einem Rennen im Jahre 1769 alle seine
Mitbewerber distancirt hatte, besiegte er im folgenden Frühjahre Wenth-
worth's Bucephalus, der vorher nie übertroffen worden war; zwei Tage
später distancirte er den Pensioneer, ein sehr gutes Pferd, und im
August desselben Jahres gewann er die grosse Subscription von York.
Da kein Pferd mehr neben ihm aufzutreten wagte, beschloss er
seine kurze Laufbahn von 17 Monaten, indem er den 18. Oktober 1770
um den Königspreis über die Bahn von Newmarket ging. Er war nie
besiegt worden, zahlte nie Reugeld und gewann seinem Besitzer mehr
als 28.000 Pfund. Ueber seine Schnelligkeit lässt sich nichts Bestimm-
tes angeben, weil er nie einen Gegner hatte, der schnell genug gewesen
wäre, ihn recht auf die Probe zu stellen.
Später benützte man Eklipse zum Bedecken ; er erzeugte die unge-
heure Menge von 334 Gewinnern, und diese brachten ihren Eigenthümern
mehr als reine 160.000 Pfund ein; ohne die Platten und Pokale. Der
Nutzen, den der Eigenthümer aus Eklipse zog, muss ungeheuer gewesen
sein. Nachdem er seit 10 Jahren die Rennbahn verlassen hatte, wurde
Herr O' Kelly gefragt, was er für denselben verlange. Anfangs wollte er
ihn zu keinem Preise abgeben, allein nach reiflicher Ueberlegung verlangte
er 28.000 Pfund Sterling und eine jährliche Rente von 300 Pfund, so
lange er (O'Kelly) lebte, nebst der Befugniss, jährlich 6 Stuten von Eklipse
decken lassen zu dürfen. Auf die Bemerkung, dass die Forderung über-
trieben sei, erwiderte der Besitzer des Hengstes, dass ihm derselbe be-
reits 28.000 Pfund reinen Gewinn gehracht habe, und noch jung genug
sei, um noch einmal soviel einzubringen, Wirklich lebte der Hengst noch
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132
beinahe 10 Jahre und deckte längere Zeit zu 80 Guineen die Stute; da
man inzwischen seine Hufe ganz vernachlässigt hatte, wurde er reh,
bei dem schnellen Ueberhandnehmen des Leidens wurde seine Fruchtbar-
keit sehr beeinträchtigt, und der Werth der Nachkommen zweifelhaft.
Zum Schlüsse über alles von der Verhältnisslehre hier Gesagte führe
ich noch einige "Worte aus »Herings Vorlesungen« an; daselbst heisst es
unter Anderem:
Bojanus (Isis van Oken. Jahrgang 1823 Heft I. Ueber die Maase des
Pferdekörpers von Anonymus) hat versucht die Fehler seiner Vorgänger
zu vermeiden und das Bild eines Pferdes von regelmässigen Formen zu
geben; die Stellung desselben ist so, dass die Füsse das Gewicht des Kör-
pers gleichmässig tragen; dies ist der Fall, wenn eine senkrechte Linie
an dem festen Punkte des Schulterblattes (hart hinter seiner Mitte) auf
die Trachtenwand des Vorderhufes und eine ähnliche Linie von der
Pfanne des Beckengelenkes auf denselben Theil des Hinterhufes fällt. Die
angegebenen Verhältnisse sind unbezweifelt die natürlichsten und am all-
gemeinsten anwendbar, während Bourgelats Muster nur für ein Schulpferd
und Saintbels nur für einen Renner passt. Bojanus dagegen behauptet,
die richtigsten Verhältnisse müssten bei ausgezeichneten Trabern gesucht
werden.
(Diese letzten Worte beweisen wieder, dass auch dieser Mann die
Theorie vorhandenen, guten lebenden Exemplaren entnommen wissen,
nicht aber die Natur in eine häufig nur als Fiktion bestehende Form ge-
zwängt haben will.)
Das Gangwesen.
Nachdem wir nun den regelmässigen Bau des Pferdes und die Ab-
weichungen von demselben, so wie die äussern Fehler und Gebrechen ken-
nen gelernt haben, wollen wir nun das Pferd in der Bewegung, d. h. seine
Gangarten näher betrachten, und lassen, um den Gang selbst besser und
richtiger beurtheilen zu können, einige hierzu führende Erklärungen noch
vorausgehen.
Der Boden, worauf das Pferd steht, ist als die Grundlinie zu betrach-
ten, von welcher seine Bewegungen ausgehen.
Denkt man sich nun ein auf seiner ebenen Grundfläche auf seinen
vier Füssen gerade stehendes Pferd, so ruht der Pferdekörper auf den-
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selben wie auf vier Säulen und gehört in dieser allgemeinen mechanischen
Beziehung unter die vierfüssigen Thiere, deren wagrechter Stand und
Gang ebenfalls auf vier beweglichen Säulen oder Stützen beruht.
Beim Stehen solcher Thiere kommen überhaupt drei Momente be-
sonders in Betracht, nämlich:
1.  Die Richtung oder der Fall der Schwerpunktslinie des Körpers.
2.  Die Unterstützung dieser Schwerpunktslinie und
3.  Das Gleichgewicht. ■
Zud).
Das Mittelstück des Pferderumpfes oder der Mittelleib des Pferdes
ist als die Hauptmasse und als das Hauptgewicht desselben, und desshalb
auch als die Vereinigung der Schwerpunkte der verschiedenen
Theile des Pferdekörpers besonders anzusehen.
Der vordere Theil des Mittelleibes ist mittelst der schweren Brust
und des auf ihr ruhenden Widerristes gewichtiger als dessen hinterer
Theil, die Lenden, Flanken und der Bauch. Der mittlere Theil des Mittel-
leibes , welcher aus den neun gewölbten, falschen Rippen und den sie zu-
sammenfügenden neun Wirbeln des eigentlich lasttragenden Rückens be-
steht, ist an sich minder schwer, als das jenes vordem Theiles, nämlich
das Bruststück. Das Heiligenbein als Hinterstück des Rumpfes ist indess
noch leichter als das mit ihm unmittelbar zusammenhängende Bauchstück
nebst Rippen und Flanken. Endlich aber endigt sich der Pferderumpf in
dem vollends ganz leichten, mit Haaren bewachsenen, leicht beweglichen
Schwanz. Umgekehrt verhält es sich mit dem Vordertheil des Pferde-
rumpfes.
Das schon an sich schwerere Bruststück des Mittelleibes erhält noch
einen bedeutenden Zuwachs an Gewicht durch den vorn überstehenden
Pferdehals, an dessen Ende, als am Ende der ganzen Wirbelsäule noch
obendrein der Pferdekopf angebracht ist. Aus dieser überwiegenden, durch
das Kopfgewicht noch vermehrten Schwere des Bruststückes erklärt es
sich alsbald, dass die vertikale Schwerpunktslinie des unbelasteten Kör-
pers eines auf ebener Grundfläche ruhig stehenden Pferdes, und bei der
einem jeden Pferde eigenen natürlichen Stellung von Kopf und Hals, bald
hinter dem Widerrist, beim Anfange des lasttragenden Rückens hinabfal-
len müsse.
Denkt man sich nun bei guter Sattellage einen auf dem Pferde
sitzenden Menschen, der nicht in der Gabel sitzt, sondern seinen Ober-
körper, so wie den Hang seiner Schenkel ihrem natürlichen Gewichte
überlässt, so fällt die Schwerpunktslinie des Reiters und Pferdes nicht in
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eine und dieselbe senkrechte, sondern die des Reiters fällt etwas mehr
der Mitte des Pferdes zu. Ob sie gerade in die Mitte treffe, hängt sehr
von der jeweiligen Sattellage und der Länge des Pferdes ab. Dieser Um-
stand erleichtert es jedenfalls dem Reiter sehr, dem Pferde die für Aus-
dauer, Sicherheit und Gewandtheit so nöthige Gleichgewichtstellung zu
geben.
Durch die freie Bewegfähigkeit von Kopf und Hals nach auf- oder
abwärts aber kann übrigens die Schwerpunktslinie mehr rückwärts oder
mehr vorwärts gebracht werden; beiderlei Bewegungen bringen eine Ge-
sammtbewegung nach vor- oder rückwärts hervor.
Die Höhe des Widerristes bildet den Scheidepunkt für die Schwer-
punktslinien des Vordertheils des Pferdekörpers. Sehr merkwürdig und
dem Pferdegeschlechte mehr oder minder eigentümlich ist daher in Ab-
sicht auf die Schwerpunktslinie des ganzen Pferdekörpers die Bestimmung
und Verrichtung des Widerristes (Siehe schon oben Widerrist).
Diese karakteristische kammförmige Erhöhung der neun ersten
Rückenwirbel gibt nämlich dem Pferderumpfe den Vortheil, dass an den
erhöhten Stellen desselben das Nackenband und mehrere Hauptmuskeln.,
welche Kopf und Hals rückwärts befestigen und bewegen, einen erhöhten
Befestigungspunkt finden, vermittelst dessen das Gewicht des Kopfes und
Halses mehr rückwärts gebracht werden kann. Ohne diese Erhöhung des
Widerristes nämlich würde bei der Länge des Pferdehalses die Last des
Pferdekopfes durch das Nackenband nicht gehörig unterstützt werden
können, welches ein immerwährendes Stürzen des Pferdekörpers zur Folge
hätte. Daher findet man auch, dass in dieser wichtigen mechanischen Be-
ziehung die Natur bei den verschiedenen Pferderacen die Gewichtsverthei-
lung zwischen Kopf und Rumpf und ihrer verhältnissmässigen Unter-
stützung auf eine merkwürdige Weise zu erhalten gesucht hat.
Bei den Racen nämlich, welche sich durch einen schweren Kopf aus-
zeichnen , ist meistens auch der Hals um so kürzer, je weniger die
Höhe des Widerristes im Stande ist, die Last desselben zurückzu-
bringen.
Daher steht bei einigen Racen die Höhe des Widerristes in einem
schönen harmonischen Verhältniss zur Länge des Halses und zur Schwere
des Kopfes, wie bei der edelsten, orientalischen und den feinen europäi-
schen Racen, welche sich durch einen leichten, kleinen Kopf, feinen und
längern Hals und hohen Widerrist auszeichnen. Bei andern hingegen steht
die Höhe des Widerristes im unvortheilhaftesten Verhältniss zum Kopf
und Hals, wie überhaupt bei den gemeinen Racen, welche mehr oder min-
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der einen dicken, schweren Kopf, kurzen, schweren Hals und niedrigen
Widerrist haben.
Die verschiedenen Formenverhältnisse haben nun mannigfaltige
Uebergänge in einander.
Kopf und Hals bilden nämlich zwei einarmige Hebel, das Genick ver-
bindet beide und gibt somit dem Kopfe als Hebel seinen Stützpunkt; der
Hals findet den Seinigen bei der Verbindung mit dem ersten Rückenwir-
bel. Nach der Lehre vom Hebel wirkt das relative Gewicht des Hebelar-
mes um so geringer, als der Winkel spitzer wird, den beide Hebelarme
im Unterstützungspunkte bilden; denn die Gewichte verringern sich in dem
Maasse, wie die horizontalen Abstände der Gewichte kürzen werden. Der
grösseren Deutlichkeit wegen stelle man sich das Pferd unter nebenste-
hender Figur vor, d f sei der ganz ausgestreckte Hals, (welcher sich auch
c
i
\
'
n
m
n
ganz tief herab, wie beim Grasen des Pferdes, gedacht werden kann),
sodann fällt ein Theil des Gewichtes in f und die ganze Weite d f ausser-
halb der Basis o p; kommt aber dieser Theil des Gewichtes f auf i, wenn
Hals und Kopf in die Richtung von i d gebracht wird, wo dann das Gewicht
von i senkrecht in i n fällt, so ist die Entfernung um die das Gewicht
ausserhalb der Basis o p liegt, nun n d. Kommt endlich derselbe Theil des
Gewichtes f auf c, wo dann wieder die Schwere desselben in c m fällt, so
ist die Entfernung des Gewichtes vom Ruhepunkte nur m d, also um m f
kürzer als zuerst.
Die Gewichte verhalten sich umgekehrt, wie die Entfernungen vom
Unterstützungspunkte, also wird das Gewicht vom Hals und Kopf relativ,
leichter in denselben Verhältniss als diese Theile auf d zurückgerichtet
werden.
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Zu 2)
Das Gewicht des Pferdekörpers wird nun von vier beweglichen
Säulen, den vier Gliedmaassen folgendermaassen unterstützt und
getragen.
Das Bruststück des Pferderumpfes wird als der eigentlich gewich-
tige Theil des Pferdekörpers unmittelbar von den zwei vorderen Glied-
maassen unterstützt; dieselben sind durch die Schulterblätter mit diesem
Theile des Rumpfes unmittelbar verbunden.
Diese Verbindung der beiden Schulterblätter mit dem Bruststücke
ist mittelst starker Muskeln und Sehnenhäute sowohl am Widerriste als
auch den Brustrippen um so fester und gesicherter als sie das Hauptge-
wicht des Pferdekörpers zu tragen hat. Die vorderen Gliedmaasen haben
also das Gewicht vom Kopf und Hals und das weit gewichtigere Vorder-
stück des Mittelleibes zu tragen. Auf ihnen ruht es im Stehen, sie haben
die Aufgabe die durch die Schiebkräfte der Hinterbeine nach vorwärts
getriebene Last stets zu stützen, und das Pferd vor dem Stürzen zu
bewahren.
Auf den Hintergliedmaassen ruhen hingegen mittelst der Verbin-
dung des Heiligenbeines mit dem Becken, die hintere Hälfte des Mittel-
leibes, das Kreuzstück, nebst dem nicht ganz ungewichtigen Schwänze. Die
Verbindung dez Heiligenbeines mit dem Becken ist durch ein starkes Seh-
nengeflechte gesichert; das Heiligenbein hängt zwischen den beiden oberen
Darmbeinfortsätzen des Beckens, wie der Widerrist zwischen den beiden
Schulterblattschaufeln. Der Widerrist und das Kreuz sind daher die bei-
den Lastenpunkte des Pferdekörpers, welche verbunden durch den Rücken
unmittelbar von den vier Füssen unterstützt werden.
Die besondere S chwerpunkts linie des gewichti-
gen Vordertheils fällt aber unmittelbar vor dem ersten Rückenwir-
bel mitten zwischen den beiden Buggelenken herab, so dass sich die bei-
den Buge meistens auf der Schwerpunktslinie befinden, und sich die Ze-
henspitzen der Vorderhufe derselben mehr oder weniger nähern.
Die besondere Schwerpunktslinie des Hinterthei-
1 e s wird gleich hinter den Lendenwirbelbeinen anzunehmen sein.
Aus dieser Erklärung über die Gewichtsvertheilung in dem Pferde-
rumpfe geht deutlich hervor, dass sich derselbe selbst auf ebenen Boden
stehend immerwährend in einer Neigung nach vorwärts befindet, und dass
es einer besonderen mechanischen Einrichtung und Kraft bedarf, um die-
ses Uebergewicht des Vordertheiles im Stehen und Gehen ins Gleich-
gewicht mit dem Gewichte des Hintertheiles zu bringen.
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Diese Einrichtung besteht darin, dass wie oben gesagt, durch die
Emporrichtung des Halses und Kopfes das Gewicht dieser Theile nicht
allein für sich verändert wird, sondern eine Verlegung des Gewichtes nach
rückwärts im ganzen Pferdekörper zur Folge hat; der Bau der Hinter-
beine lässt es zu, dass dieselben durch massiges Zusammendrücken in
ihren Gelenken dieses Mehrgewicht aufnehmen und tragen können.
Zu 3)
Um den Begriff Gleichgewicht zu verstehen, ist eine Erklärung über
Schwerpunkt nöthig.
Unter Schwerpunkt versteht man denjenigen Punkt eines Körpers, der
eine solche Lage hat, dass wenn er unterstützt ist, alle Theile rings-
herum im Gleichgewichte sind. Bei der Unterstützung des Schwerpunktes
ist demnach der ganze Körper unterstützt. Er drückt daher auf seinen
Unterstützungspunkt so, als ob das ganze Gewicht des Körpers in ihm
vereinigt wäre.
Eine senkrechte Linie von dem Schwerpunkte auf die Basis des
Körpers ist dessen Schwerpunktslinie.
Das Gleichgewicht aber bedingt Ruhe und kann daher nur in soweit
auf das Pferd angewendet werden, als man darunter bei ruhiger Stellung
desselben, das Gewicht seines Körpers auf die vier Füsse gleichmässig
vertheilt, versteht.
Unter Gleichgewicht im Gange kann nur gedacht werden
dass dieses Gewicht auf die tragenden Beine abwechselnd so vertheilt
wird, dass dadurch die Bedingungen des Gleichgewichtes nicht aufgeho-
ben werden.
(Einige wollen den Ausdruck Gleichgewicht beim Gehen des Pferdes
überhaupt nicht gelten lassen und sagen dafür: Versetzung des
Schwerpunktes. Die Sache aber bleibt dieselbe.)
Die Säulen nun, welche den Rumpf des Pferdekörpers stützen, und
nicht allein im Stande der Ruhe zu tragen, sondern im Gehen fortzubewe-
gen haben, sind die vier Gliedmaassen. Hätten dieselben nur eine auf
ihnen ruhende sich nicht bewegende Last zu tragen, und nicht selbst als
unmittelbare Werkzeuge zur Fortbewegung zu dienen, so würde es wohl
genügen, wenn es vier gerade feste Säulen, Pfeiler wären; denn eine senk-
recht gestellte Säule ist im Zustande der grösstmöglichen Tragfähigkeit
und sie verliert von ihrer Festigkeit in demselben Maasse als sie sich von
dieser Richtung entfernt. Es könnte daher auf den ersten Anblick erschei- •
nen, als ob die Natur die Festigkeit des Gebäudes vernachlässigt habe,,
indem sie der Basis der vier zum Tragen bestimmten Säulen eine schiefe
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Richtung gab, ausser der übrigens in der ganzen Gliedmaase ersichtlichen
Knochenzusammenstellung unter Winkel.
Aber man erkennt bald die hohe Weisheit in der Bildung derjenigen
Mittel, welchen sie das Vermögen der Fortbewegung beigegeben hat, weil
diese Kraft ohne Hülfe der Winkel, deren Anzahl und Grösse die
Schnelligkeit der Bewegung des Körpers bestimmen, nicht stattfinden
könnte.
Diese unter Winkel angeordnete Znsammenstellung der Knochen-
theile, welche diese Säulen bilden, begünstigt nicht allein die Fortbewe-
gung, sondern sie schützt auch die Eingeweide der Brust und des Unter-
leibes vor Erschütterungen, welche dieselben unfehlbar empfinden würden,
wenn der Stoss auf die Erde in senkrechter Richtung statt fände, unge-
rechnet die harten Prellungen, welche die Gliedmaassen selbst zu erlei-
den hätten.
Die mehr oder weniger von dieser Linie des Bodens entfernten Win-
kel sind als ebenso viele Federn zu betrachten, welche nicht allein die
Wirkungen des Rückstosses vermindern, sondern auch einen elastischen
sehnellkräftigen Gang überhaupt ermöglichen.
Man betrachte nur Kinder, die auf Stelzen gehen, und dabei der
Elastizität des Fussgelenkes und der Zehen entbehren; oder einen Un-
glücklichen, der einen hölzernen Fuss hat, auch bei sonst ganz gesundem
Knie und Oberschenkel.
Betrachtet man nun die Gliedmaassen näher, so findet man verschie-
dene Neigungslinien, und zwar:
An den Vordergliedmaassen:
1.  Das Schulterblatt hat in seiner Richtung vom Widerrist zum Buge
eine Neigung gegen den Boden, welche im Durchschnitt 40 bis 48
Grade beträgt.
2.  Das Querbein hat von seiner Verbindung mit dem Schulterblatt
gegen den Ellbogen eine Neigung nach rückwärts gegen den Boden unter
einem Winkel von 45—55 Grad. Beide Knochen vereinigen sich im Bug-
gelenke unter einem Winkel von 85—95 Grad, also dem rechten Winkel
sich annähernd.
Im Gegensatze zu diesen Obergliedern sind die Mittelglie-
der Oberarm, Knie und Röhrbeine in mehr oder minder senkrechter
Richtung gegen den Boden gestellt; aber das Knie besteht aus zwei Reihen
Knochen, welche Bauart wohl geeignet ist, Druck und Gegendruck nicht zu
hart zu empfangen und in gewissem Grade elastisch weiter zu geben.
Die Unterglieder, Fessel, Krone und Huf stehen wieder in einer
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8chiefen Neigung gegen den Boden, welche bei guter Bildung dieser Theile
"tit der Richtung des Schulterblattes parallel läuft.
Betrachten wir nun die Neigungslinien der verschiedenen Glieder
des Hinterfusses in Verbindung gebracht mit denen des Vorderfusses.
Oberglieder; das Becken ist als zwei rückwärts gestellte nach
Unten zu aber durch die Schambeinäste miteinander vereinigte Schulter-
blätter anzusehen.
Das Becken aber hat keine Bewegungsfähigkeit wie die Schulter-
blätter, und wenn die Hauptbestimmung der Schulterblätter ist, die Last
des Vortheiles nach gewissen mechanischen und statistischen Gesetzen
aif die Vordergliedmaassen zu vertheilen, so hat das Becken dieselbe Be-
sti«imung an den Hinterfüssen.
Da nun die Last des Vordertheiles, welche auf den Schulterblättern
ruöt, zufolge schon oben angezeigtem Verhältnisse allein schon die Hälfte
v°o» Gewichte des Pferdekörpers ausmacht, und hierzu noch ein beträcht-
licher Theil vom Gewichte des Mittelstückes gerechnet werden muss, so
^Un man mit Grund annehmen, dass nur ein Drittheil der Last des
^erdekörpers au^ das Becken und die Hinterfüsse falle, während zwei
^rtttheil desselben auf den Schulterblättern und Vorderfüssen ruhe. Die
^igungslinien des Schulterblattes und Beckens gegen den ebenen Bo-
ei wiewohl einander entgegengesetzt, bilden einen ähnlichen Winkel
'ou 40_gQO) flass gjgjj aieser Neigungswinkel je nach der mehr schie-
en oder geraden Lage des Schulterblattes und des Beckens etwas
ändert, liegt auf der Hand.
Denkt man sich die Linien des Schulterblattes und des Beckens
ach oben so weit verlängert, bis sie zusammentreffen, so geschieht die-
es auch unter einem Winkel, welcher sich nach der Lage der beiden
n°chentheile bestimmt. Erscheint er mehr oder weniger stumpf so
eweist dieses eine günstige Bildung des Schulterblattes und des Be-
bens, wovon wieder die Länge des Rückens abhängt.
(Siehe oben Bau und Verhältnisslehre.)
Bei den Mittelgliedern der Gliedmaasse beobachten wir
fol8endes.
Indem das Querbein des Vorderfusses sich rückwärts richtet und
ar vom Buggelenke aus gegen den Knochen des Oberarmes, hat das
r°<äse Oberschenkel- oder Dickbein des Hinterfusses die Richtung vom Pfan-
n~ oder Hankengelenke nach vorwärts zum Kniescheiben- oder Lei-'
Qgelenke; beide haben einen Neigungswinkel gegen den ebenen Boden
v°ö 40-SO0.
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Während nun die Mittelglieder der Vorderfüsse eine mehr oder
minder senkrechte Richtung gegen den Boden haben, steht die Keule
oder Hose vom Kniescheibengelenke gegen das Sprunggelenk in der
Richtung von vorn nach rückwärts in einem spitzen Winkel von etwa SO0
gegen den ebenen Boden, und mit dem hintern Röhrbein verbunden
durch das Sprunggelenk in einen stumpfen Winkel von etwa 130=13d°
Die Richtung der Röhrbeine aber sowohl der vordem als hintern nähert
sich mehr oder minder der senkreehten Linie. Doch bemerkt man beim
vorderen Röhrbein in der natürlichen freien Stellung eine Neigung seiner
Durchschnittslinie nach rückwärts und beim hintern eine Neigung der-
selben sich nach vorwärts zu stellen. Dieses hat seinen Grund darin,
dass sich das Vorderbein rückwärts das Sprunggelenk vorwärts beugt.
Die Unterglieder desHinterfasses bestehen gleichfalls aus Fes-
sel, Krone und Huf; sie sind den vordem ganz ähnlich.
Es erhellet aus dieser Beschreibung, dass sich an den Vorderglied-
maasen zwei Gelenke, das Bug- und Kniegelenk nach rückwärts und ein
dazwischenliegendes, das Ellbogengelenk nach vorwärts beugen. Bei den
Hintergliedmaassen beugen sich zwei Gelenke, das Pfannen- oder Kugel-
gelenk und das Sprunggelenk nach vorwärts, und ein dazwischenliegen-
des, das Kniescheibengelenk nach rückwärts, dass sich in der Mitte der Mit-
telgliedmaassen ein Gelenk befindet, nämlich bei den Vorderfüssen das
Knie, bei den hintern das Sprunggelenk. Ersteres ist ganz geeignet den
Körper zu stützen, letzteres die Schnellkräfte der Hinterbeine bedeutend
zu vermehren, wenn losgelassen oder elastisch zu tragen, wenn die Reit-
zwecke es verlangen, dass im Gange das Mehrgewicht auf's Hintertheil
verlegt werde; und endlich dass das Pfannengelenk höher liegt, als das
Buggelenk, wodurch selbst, wenn das Pferd in der Kruppe und Vorder-
theil gleich hoch ist, der fortschiebende Druck von hinten nach vorn
stärker aber auch mehr belastend auf das Vordertheil wirkt.
Die Natur verfolgt ihre Zwecke höchst weise ; sie wollte dem Pferde
besondere Schnelligkeit verleihen, aber auch dem dieses Thier so vielfach
benützenden Menschen es möglich machen, diese Schnelligkeitsäusse-
rungen nach Umständen massigen zu können. Und das Werk ist
gelungen.
Durch Betrachtung eines auf schiefer Ebene stehenden Pferdes wird
manches hier gesagte noch deutlicher werden ; z. B, bei einen auf schie-
fer Fläche bergab stehenden Pferde (1) ist das Vordertheil niedriger
das Hintertheil höher gestellt; die Vorderfüsse sind um die senkrechte
Unterstützung zu bewerkstelligen vorwärts gerichtet, die Hinterfüsse, um
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m
e zu sehr auf den Vorderfüssen liegende Last zu vermindern, zusam-
mengedrückt, gebogen und unter den Körper gestellt. Wenn dieses Pferd
anfangen will zu gehen, muss es zuerst einen Vorderfuss vorsetzen, um
"en bereits gebogenen Hinterfuss zu ermöglichen sich zu strecken, und
s°init seine fortschiebende Kraft zu äussern.
Aeussert sich diese Krait zu plötzlich oder zu stark, ehe das Pferd
^ßit fand durch Vorsetzen eines Vorderfusses das nach abwärts drückende
Ond vorwärts treibende Gewicht zu stützen, so muss das Pferd nach den
besetzen des Fallens vorn überstürzen.
Hierzu kommt noch, dass eine einmal auf einer schiefen Ebene nach
abwärts in Bewegung gesetzte Last ihre Bewegung immer mehr beschleu-
nigt, welches deutlicher hervortritt, je grösser der Neigungswinkel dieser
Ebene ist.
Da nun dieses hier Gesagte zufolge der früher erklärten Bauart und
^ewichtsvertheilung im Pferdekörper auch beim Gehen auf ebener Fläche
stattfindet, so zieht man hieraus für das praktische Reiten manche Schlüsse
"nd zwar:
Wie nothwendig und gut zum Reitgebrauche gute feste Vorderbeine
nebst Schulterfreiheit sind
wie es ein sehr gutes Zeichen, sowohl für die Tragfähigkeit der Hin-
terbeine, als der schmerzlosen Unterstützung durch die Vorderbeine ist,
*enn ein Pferd ruhig und sicher ohne zu eilen bergab geht, denn durch
"iese in den Naturgesetzen begründete Neigung zur Eile, nämlich Beschleuni-
gung, der Bewegung wird uie Gefahr des Stürzens immer grösser und es dient
"iese Beobachtung ferner zu der Erklärung, warum es so schwer ist,
Namentlich in schnellen Gängen ein gleiches Tempo zu reiten, denn es ist
"ftmer die Neigung vorhanden, dass es schneller wird und endlich in halt-
ten übereilten Gang ausartet. Aus derselben Ursache fällt ein Trab
tuendes Pferd sich selbst überlassen alsbald in Galopp ein u. s. w.
Bei einem auf schiefer Fläche bergauf stehenden Pferde (II.) stehen
^e Vorderfüsse unter dem Leibe zurück, die Hinterfüsse gestreckt hinten
hinaus. Will dieses Pferd anfangen zu gehen, so muss es mit einem
hinterfuss beginnen, denn die von der Schwerpunktslinie des ganzen Kör-
pers zu entfernten Hinterbeine müssen erst das nach hinten hängende
Übergewicht dieser Direktionslinie näher bringen, ehe eine Fortbewe-
gung möglich und eine Unterstützung durch Vorsetzen eines Vorderfusses
•*öthig wird. Die Schiebkräfte der Hinterbeine können sich mehr entwi-
ckeln, ohne dass das Pferd Gefahr lauft zustürzen; sie müssen sich mehr
anstrengen, um den Gang bergauf überhaupt zu unterhalten.
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Auch ein auf ebener Grundfläche gestreckt stehendes Pferd muss erst
die Hinterbeine oder doch wenigstens eins vorsetzen, um die Unterstützung
der Schwerpunktslinie des ganzen Pferdekörpers erst herzustellen. Es
muss daher ein so stehendes Pferd mit einem Hinterfusse anfangen zu
gehen, oder wenn es sehr gestreckt stand, muss es erst mit beiden Hinter-
füssen eine ganze Schrittlänge vortreten, ohne dass sich der ganze Körper
dadurch in Bewegung setzt, und aus dieser Stellung erst kann die fort-
schiebende Kraft der Hinterbeine für die Fortbewegung wirksam ein-
treten.
Der denkende Reiter wird desshalb ein gestreckt stehendes Pferd nie
schnell vom Fleck anreiten wollen, oder wenn es einer unüberlegterweise
doch thäte, so braucht er sich nicht zu wundern, wenn das Pferd den
Gang nicht gleich beginnen kann, oder sich im Rücken wehe thut, nach-
her eine Furcht vor der Einwirkung des Reiters behält u. s. w. u. s. w.
Das Pferd nützt einzig und allein durch seine Bewegung, wesshalb
diese die Diensttauglichkeit desselben vorzüglich bedingt.
Drei Hauptursachen nun sind es, welche die Beweglichkeit des Pfer-
des vermitteln.
\. Die Muskeln; sie sind die Werkzeuge der Bewegung. Sämnit-
liche Muskeln, welche der Ortsbewegung dienen, stehen unter dem Gebote
des Willens und können von den Thieren willkürlich sowohl in den einzel-
nen Gliedern als auch im Ganzen zu dieser Bewegung veranlasst werden-
Zum Zwecke der Bewegung zieht sich der Muskel zusammen, verkürzt
sich und verändert hierdurch die Stellung jener Knochen, an welchen er
sich entweder mit seiner Masse oder durch Sehnenhäute oder Sehnen-
stränge befestigt.
So wie jene Zusammenziehung aufhört, oder so wie ein noch stärke-
rer gegenwirkender Muskel in Thätigkeit tritt, erfolgt Rückkehr des be-
wegten Knochens in die frühere oder in eine andere Lage, so dass wäh-
rend der Bewegung ein ununterbrochenes Spiel der Muskeln in Zusanv
menziehung und Ausdehnung besteht, welche je länger sie unbehindert vor
sich geht, die Ausdauer der Bewegung begründet. Das Gefüge und die
Grösse des Muskels, vortheilhafte Anheftung und Befestigunz desselben
und der die Bewegung bestimmende Wille des Thieres begründen die
Kraft der Muskelbewegung; ungetrübte Ausführung der Bewegung durcb
leichte Beweglichkeit der Gelenke und günstige Erfolge derselben i"1
Räume und in der Zeit begründen die Gewandtheit der Bewegung
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so dass Kraft, Gewandtheit und Ausdauer als die vorzüglich-
sten Eigenschaften der Bewegung für Diensttauglichkeit des Pferdes
gelten.
(Es wurde hier ganz abgesehen von der Thätigkeit der Lunge zur
Blutbereitung, des Blutumlaufes etc., um die in der Bewegung verbrauch-
ten Muskelkräfte schnell und hinlänglich zu ersetzen, worüber weiter unten
das Nähere.)
2. Die Knochen; sie erscheinen zunächst als die bewegten Tb eile;
die Gelenkverbindung der Knochen wird durch die Bänder bedingt.
Die Knochen der Gliedmassen sind theils einarmige, theils doppelar-
mige Hebel, denn sie haben alle irgendwo einen Stützpunkt, an einem
Punkte wirkt eine Kraft, und an einem biethet die Last den zu überwin-
denden Widerstand, z. B. das Schulterblatt ist ein doppelarmiger Hebel,
der seinen Stützpunkt in der Mitte hat, bei eintretender Bewegung dreht
sich die ganze Länge desselben um diesen Punkt. Das grosse Oberschen-
kel- oder Dickbein am Hintertheil ist ein einarmiger Hebel; derselbe fin-
det seinen Stützpunkt im Pfannengelenke (Hanken, Kugelgelenk) am andern
Ende wirkt der Druck des der Hose zum Grunde liegenden Knochens als
Kraft und die Last ist eben die Fortbewegung des ganzen Körpers.
Der Fessel ist ebenfalls ein einarmiger Hebel, der seinen Stütz-
punkt unmittelbar im Kronengelenke und mittelbar in Verbindung mit
dem Hufe am Boden hat. Das obere Ende wird beim Gehen durch die
ihm während des Aufhebens des nebenstehenden Fusses zugewiesene
grössere Belastung hinabgedrückt; die Elastizität der Strecksehnen ebenso
sehr als das üebertragen der grössern Last auf den nebenstehenden an-
dern Fuss bebt dieses Ende wieder empor, worauf dann die Beuger ihr
Geschäft beginnen.
Je länger ein Hebel, d. h. je weiter die Kraft vom Stützpunkte ent-
fernt ist, desto mehr gewinnt die Hebelkraft bekanntlich, also ist für freie,
schnelle Bewegung eine lange Schulter, ein langes Dickbein und lange
Fesseln günstiger, als wenn alle diese Theile eine gewisse Länge im Ver-
hältniss zum ganzen Körper nicht erreichen (Lange oder schwache
Fesseln weiss der Kenner zu unterscheiden; siehe oben).
Der Kopf und der Hals bilden jeder für sich einen einarmigen Hebel;
sie sind durch das Genick mit einander verbunden und stehen schief ge-
geneinander. Der hierdurch gebildete Winkel ist sehr verschieden und än-
dert sich je nachdem durch Einwirkung des Reiters der Kopf mehr oder
weniger herbeigestellt, der Hals aufgerichtet wird. Dass auch die Wirkung
dieser Hebel sowohl in unmittelbarer Beziehung zu einander als auf
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den ganzen Körper nebst der ihnen gegebenen Richtung, Stellung, sehr
von ihrer Länge abhängt, ist klar.
Wie schon oben erwähnt wurde, kann das relative Gewicht dieser
beiden Theile, je nach der Richtung, die der Hals annimmt, oder welche
ihm durch den Reiter gegeben wird, verändert werden. Aber auch auf die
Haltung des ganzen Pferdekörpers im Gange verbreitet sich die Einwir-
kung der Stellung von Hals und Kopf, indem durch das Auf- und Zurück-
richten der untere Theil des Halses als Hebel gegen die Rückenwirbelsäule
drückt, dieselbe theilt diese Wirkung dem Becken mit, am Becken aber
ist mittelst des Pfannengelenkes das grosse Oberschenkelbein verbunden.
Dauert der von vorn kommende Druck sich vermehrend fort, so wird der
obere Theil des grossen Oberschenkelbeines hinabgedrückt, der Winkel,
unter welchem sich das untere Ende mit der Hose verbindet, wird spitzer,
im Sprunggelenke entsteht die Wirkung, dass der stumpfe Winkel weniger
stumpf wird, das Schienbein nimmt eine mehr schiefe Richtung nach vor-
wärts an, der Fessel wird in seinem obern Ende mehr hinabgedrückt:
kurz alle Winkel in den Hintergliedmassen werden zusammengedrückt.
Diese Wirkung entsteht, wenn der Reiter den Gang abkürzt, das Pferd
versammelt, um zur Erlangung des Gleichgewichtes im Gange die Trag-
kräfte der Hinterbeine mehr zu üben und ihrer überhaupt Herr zu wer-
den. Wird der von vorn kommende Druck noch mehr vermehrt, so nimmt
das Pferd das von Natur auf dem Vordertheil liegende Mehrgewicht für
einige Momente auf das Hintertheil, es geht zurück oder erhebt das Vor-
dertheil von der Erde mit immer mehr Zusammendrücken der Winkel in
den Hintergliedmassen. Das gut und ruhig zurücktretende oder das auf
der Stelle eine trabmässige Bewegung ausübende Pferd in der vollkom-
mensten Ausübung Piaffiren genannt, zeigt diese Wirkung am deut-
lichsten.
Lässt nun dieser von vorn kommende Druck wieder nach, so werden
die zusammengedrückten Federn in den Hintergliedmassen nach und nach
oder plötzlich, je nach der Einwirkung des Reiters oder nach dem eige-
nen Willen des sich selbst überlassenen Pferdes ihre Schieb- und Schnell-
kraft äussern; im ersten Falle geht das Pferd wieder vorwärts und zwar
wahrscheinlich im Schritt oder Trabb; im letzteren galoppirt oder springt
es vorwärts.
Aus dieser Erklärung geht hervor, wie sich die Haltung des Pferde-
körpers beim Reiten im Uebergewicht nach vorn oder hinten oder beim
Beiten mit Gleichgewichtsrichtung verändert.
Ferner in wie weit die Theorie richtig ist, dass bei einem gut in die
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Hand gestellten gut gezäumten Reitpferde das Gebiss der Stange in glei-
cher Höhe mit der Hüfte des Pferdes sich befinden solle; so wie dass diese
Theorie je nach der Länge des Kopfes und Halses sich modificiren müsse
und daher nicht immer buchstäblich zu nehmen sei. Endlich, dass es einen
günstig gebauten Pferdekörper voraussetzen lässt, wenn diese Theorie
ohne viele Schwierigkeit zu erreichen ist.
Die Vordergliedmassen üben ebenfalls einen Grad von Schnellkraft
aus; derselbe äussert sich aber nicht vorwärts treibend oder werfend, son-
dern elastisch stützend und emporschnellend.
Man sieht, dass sich der Rumpf als die Hauptmasse des thierischen
Körpers vermittelst der an ihm befestigten Muskeln und Hebel vor- und
rückwärts bewegt. Die Oberglieder der Gliedmassen sind sein unmittel-
bares, die Mittel- und Unterglieder sein mittelbares Hebelzeug
Die Oberglieder der Gliedmassen, welche durch Muskeln des Rum-
pfes in Bewegung gesetzt werden, und durch eigene Rumpfmuskeln mit
ihnen verbunden sind, lassen sich ihrer Bewegfähigkeit nach nicht von
demselben trennen. Das Mittelstück des Rumpfes aber, der Mittelleib, ist
der Mittelpunkt der fortschreitenden Bewegung, so wie der Schwer-
punktslinie.
Bildet nun die Rückenwirbelsäule die unmittelbare feste Grundlage
der Verbindung zwischen Vorder- und Hintertheil, so befestigen sich auch
daselbst grosse, starke Muskeln , welche zur Bewegung der Gliedmassen
das Ihrige beitragen, woraus erhellet, welch wichtiger Theil der Rücken in
dieser Beziehung ist, abgesehen davon, dass er von der Last des Reiters
unmittelbar betroffen wird;
ferner, dass sich der Pferdekenner zur Beurtheilung der Bewegfähig-
keit des Pferdes nicht blos mit der Betrachtung der Un-
terglieder und ihrer Fehlerlosigkeit begnügt.
Zu 3).
Der Widerstand des Bodens oder Wassers, ohne welchen keine fort-
schreitende Bewegung des Pferdekörpers stattfinden könnte. Der Mecha-
nismus des Ganges ist auf diesen Widerstand berechnet; denn das eigene
Gewicht des Pferderumpfes, vermehrt durch die Last und die Einwirkung
des Reiters überhaupt, kann die unter Winkel zusammengestellten Kno-
chen der Gliedmassen nur unter der Bedingung zusammendrücken, dass
das Ende dieser Gliedmassen einen festen Widerstand findet. Die den
Gliedmassen durch ihre lebendige Beschaffenheit innewohnende Schnell-
kraft wirkt unter der Bedingung, dass dieser Widerstand vorhanden ist, der
Last entgegen und so entsteht durch diese Aktion und Reaktion der Gang.
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Abgesehen von der Dröhnung in den Hufen und Gelenken müsste ein
Pferd auf einem ganz ebenen harten Boden am leichtesten gehen; denn
lässt der Boden ein Einsinken z. B. im tiefen Sande zu, so ermüdet das
Pferd bald.
Im tiefen, nassen Boden, ungerechnet dessen, dass solcher Boden
sich klebend um Hufe und Fesseln anlegt, tritt dies noch mehr hervor,
denn es liegt eben in dem Mangel an festem Widerstand, dass das Pferd
seine in den Gliedmassen enthaltenen Federkräfte nicht oder nur sehr
mühsam ausüben kann.
Ein elastischer Kasenboden vereinigt die meiste Eigenschaft, um so-
wohl den gehörigen Widerstand zu leisten, als auch den Hufen, Sehnen
und Gelenken keine zu harten Prellungen zu geben.
Es ist hieraus klar, welchen Einfluss die Beschaffenheit des Bodens
auf die Ausdauer des Pferdes im Gange haben muss.
Das Schwimmen verrichtet das Pferd in einer trabbähnlichen Bewe-
gung seiner Füsse, d. h. es bewegt die beiden diagonal gegenüberstehen-
den Füsse zugleich.
Hie und da mögen wohl junge, unerfahrene Pferde Schüsse und
Sprünge nach vorwärts im Wasser machen, allein der Widerstand des
Wassers lehrt sie bald dergleichen unterlassen und in einer ruhigen Trab-
bewegung , wobei das Pferd wegen gleichmässig abwechselnder Anstren-
gung der Gliedmassen länger auszudauern vermag, ihr Heil suchen. Dass
der auf dem schwimmenden Pferde sitzende Reiter diese Bewegung nicht
so fühlt, als beim Reiten auf der Erde, liegt eben darin, dass der untere
Theil der Gliedmassen einen so festen Widerstand, als ihn die Erde bie-
thet, nicht findet, und dass die Wölbung des Körpers eigentlich der Theil
ist, mit welchem die Last im Wasser getragen wird.
Das eigentliche Gangwesen des Pferdes oder die fortschreitende Be-
wegung desselben auf dem Boden, besteht in der abwechselnden Fort-
schiebung und Unterstützung seines Körpergewichtes. In dieser Beziehung
lassen sich die Wirkungen seiner dabei thätigen Bewegungsorgane in Fort-
wälzungs- und Gleichgewichtsstrebungen eintheilen.
Beiderlei Bewegungen wechseln mit mehr oder minderer Schnellig-
keit in gewissen abgemessenen Zeiträumen mit einander ab, von der lang-
samem Gangart des Schrittes an zur thätigeren der Trabbewegung bis zur
schnellen Galopp- und Rennbewegung in abgemessenen Sätzen oder
Sprüngen.
Die verschiedenen Gangarten des Pferdes gehen aus der Zeitfolge, in
welcher seine Gliedmassen das Körpergewicht wechselsweise unterstützen
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und es mittelbar wieder forttreiben, hervor, sowie aus der Ordnung, in
welcher es die Füsse aufhebt und vorsetzt.
Man nennt den Gang rein, wenn sich die Füsse des Pferdes in der
für jede Gangart von der Natur bestimmten Reihenfolge in gleichen Zeit-
räumen und gleichem ßaumgreifen fortbewegen.
Frei nennt man den Gang, wenn sich das Pferd in allen seinen Ge-
lenken entbunden, ohne sich irgendwo, z. B. im Halse, im Rücken, in den
Ganaschengelenken oder in irgend einem Gelenke der Gliedmassen zu
steifen, zwanglos fortbewegt.
Findet die Schnelligkeit dieser Fortbewegung derart statt, dass
sie so lange andauert, als es der Wille des Reiters beabsichtigt, so ent-
steht daraus das gleiche Tempo und dieses ist die Folge der richtigen Ein-
wirkung des Reiters; die Erzielung desselben bildet die Grundlage aller
Dressur und gibt dem Pferde Ausdauer.
Gangarten im Besondem.
Ich komme nun zur Beschreibung der Gangarten im Besondern; die-
selben heissen Schritt, Trab und Galopp; der Rennlauf, die Carriere ist
der höchst möglichste Schnelligkeitsgrad des Galopps.
Eine allgemein gültige Regel für alle Gangarten ist, dass immer die
beiden diagonal gegenüberstehenden Füsse entweder zugleich oder alsbald
auf einander folgend den Körper stützen, d. h. das Mehrgewicht aufneh-
men, indem die andern beiden die Fortschaffung besorgen.
Die Belastung der beiden diagonal gegenüberstehenden Füsse kann man
sich auf folgende Weise sogleich sehr verdeutlichen. Man denke sich den
Fall, wo man z. B. den linken Hinterfuss angreifen will, um sich von ir-
gend etwas z. B. Gallen, oder der Reinlichkeit in der Köthe etc. zu überzeu-
gen. Das Pferd aber vielleicht etwas kitzlich oder unvertraut hebt den Fuss
immer auf, um auch gelegentlich damit zu schlagen. Um nun dieses dem
Pferde zu erschweren, fast unmöglich zu machen, lässt man einen Vor-
derfuss aufheben, aber welchen in diesem Falle? Jedenfalls den linken,
Das Pferd stellt sich alsdann sogleich fest auf den linken Hinterfuss.
weil es die Schwere zwischen rechten Vorder- und linken Hinter-
fuss als den diagonalen vorherrschend vertheilen muss.
Beim regelmässigen Schritt nun, den ein auf ebener Fläche stehen-
des Pferd beginnt, werden die Füsse einer nach dem andern kreuzweise
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vorgesetzt, d. h. fängt der rechte Vorderfuss die Bewegung an, so wird im
selben Momente dem nebenstehenden linken Vorder- und dem diesem dia-
gonal gegenüberstehenden rechten Hinterfusse mehr Last zugewiesen.
Desshalb folgt dem rechten Vorderfuss zunächst der linke Hinterfuss, in-
dem er vortritt. Hierauf erhebt sich der linke Vorderfuss, dadurch neigt
sich der rechte zurück gegen die Schwerpunktslinie des Körpers, der linke
Hinterfuss bereits vorgesetzt unter den Körper übernimmt nun zugleich
mit dem diagonal gegenüberstehenden rechten Vorderfuss, die Unter-
stützung des Körpers und endlich tritt auch der rechte Hinterfuss vor.
Auf diese Weise nun wird der Gang fortgesetzt, und es entstehen die
vier Hufschläge, die man bei einem im Schritte auf hartem Boden, Pflaster
gehenden Pferde durch das Gehör wahrnimmt.
Beginnt das Pferd mit einem Hinterfuss z.B. dem rechten die
Gangart Schritt, so tritt dieser vor und unter den Körper; er übernimmt
somit mehr Last und zufolge der Grundregel, dass immer die beiden dia-
gonal gegenüberstehenden Füsse den Körper stützen, wird zugleich der
linke Vorderfuss mehr belastet, es muss also der nunmehr erleichterte
rechte Vorderfuss zunächst gehen, darauf tritt der linke Hinter-, endlich
der linke Vorderfuss vor.
Steht ein Pferd vor Beginn des Schrittes mit einem Vorderfusse mehr
zurück als mit dem andern, so fängt das Pferd mit diesem an zu gehen,
denn durch die bereits mehr darauf ruhende Last ist der Fessel mit sei-
nem oberen Ende etwas hinabgedrückt, kann also augenblicklich die zur
Bewegung nöthige Schnellkraft ausüben, und der weiter vorstehendeist
ganz in der Verfassung die sich vorwärts bewegende Last gleich beim Be-
ginn der Bewegung zu stützen.
Steht ein Hinterfuss mehr zurück, so beginnt dieser die Bewegung,
denn der bereits vorwärts unter dem Leib stehende Hinterfuss ist ganz
vorbereitet, die Last, welche der bereits gestreckte andere Hinterfuss vor-
wärts schiebt, aufzunehmen.
Soll das Pferd zurückgehen, und es steht vor Beginn der Bewegung
ein Hinterfuss weiter vor, so wird dieser zuerst zurück bewegt.
Beim guten, reinen Schritt muss ein Fuss so weit vortreten als der
andere und wenn das Pferd in natürlicher guter Haltung geht, erreichen
die Hinterfusse die Tritte der vordem. Man nennt dieses eine gute
Folge haben.
Ein munteres, gehlustiges Temperament veranlasst das Pferd, die
Hufschläge weder übereilt noch schleppend auf einander folgen zu lassen.
Die Vorderfusse werden dabei in massiger Entfernung von der Erde er-
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hoben mit etwas gebogenem Knie gehörig weit vorgesetzt, und beim Auf-
treten am Boden wird die Zehe des Hufes denselben etwas zuerst berüh-
ren, ohne jedoch gegen denselben zu stossen oder in denselben zu bohren.
Rücken und Kruppe müssen dabei ruhig gehalten werden. Von vorn
oder hinten gesehen, muss das Pferd jeden Fuss gerade vorsetzen, so
dass die Hinterfüsse von den vordem, die vordem von den hintern ge-
deckt werden.
Geschieht das Niedersetzen der Füsse mit elastischem Fessel, so
muss das Aufheben derselben ebenso mit Leichtigkeit geschehen, was man
nennt: Leicht vom Boden los werden.
Auf das Aushalten jeden Fusses zwischen dem Erheben und Vor-
setzen ist ein besonderes Augenmerk zu richten; denn ein Pferd, das auf
den Beinen angegriffen ist, Schmerz in den Hufen empfindet, im Kreuz
und Rücken schwach ist, trachtet immer sich von der Last, welche auf
einem Fusse ruht, während dem der andere sich erhebt und vorsetzt, so-
bald als möglich zu befreien. Dadurch entstehen kurze, übereilte Schritte,
die das Pferd bei Gelegenheit zum Stolpern veranlassen. Man muss also
die drei Momente Aufheben des Fusses, Schweben und Vorsetzen,
dann Niedersetzen und Stützen des vorgeschobenen Körpers genau
von einander unterscheiden zu können.
Findet der hier beschriebene Schritt in allen seinen Eigenschaften
auch unter der Last des Reiters statt, so kann man von der Güte dessel-
ben um so mehr überzeugt sein. Denn manches Pferd, das ohne Reiter
einen ganz schönen, freien Schritt geht, ändert denselben unter der Last
des Reiters sehr unvortheilhaft. Ist ein solches Pferd noch jung, noch
nicht abgerichtet, so kann man bei übrigens guter Beschaffenheit des
Pferdes hoffen, dass mit vollendetem Wachsthum und dem Einfluss der
Dressur sich der Schritt bessert; ist es aber ein bereits ausgewachsenes,
abgerichtetes Pferd, so ist es eben ein Mangel, der den Werth des Pfer-
des mehr oder weniger verändert.
Fängt der Reiter an, sein Pferd zu arbeiten, um durch vermehrte
Uebung der Tragkräfte des Hintertheiles demselben mehr Biegsamkeit zu
geben, so werden dadurch die Tritte abgekürzter und das Pferd hat
scheinbar keine guteFolge.
Ein wirklich gutes Pferd geht aber gleich, sobald der Reiter dem
Pferde Zügelfreiheit lässt, einen natürlich, ruhigen, freien Schritt mit re-
gelmässiger Folge fort.
Manches Pferd, das allein, auch unter dem Reiter einen recht guten,
ruhigen Schritt geht, nimmt in Gesellschaft mit andern Pferden geritten,
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einen mit trabbähnlicher Bewegung ausgeführten, kurz abtretenden Gang
an. Ein solcher Zappler ermüdet sich und den Reiter unnöthiger Weise
und ist daher jedem Oavalleristen wegen den Märschen und dem Exerci-
ren in Reih und Glied sehr verhasst.
Manches von Natur ganz gute Pferd nimmt durch solche, allzuzwang-
volle Einwirkung des Reiters, schlechte Zäumung etc. einen mangelhaften,
unregelmässigen Schritt an, der sich jedoch auch durch zweckmässiges
Reiten wieder verbessern lässt. Ich meine den sogenannten Antritt.
Derselbe besteht darin, dass das Pferd mit einem Vorder- oder Hinter fuss
einen kürzern Tritt macht, als mit seinem Nachbar. Er zeigt sich öfter
hinten als vorn.
Es ist kein wirkliches Lahmgehen, denn wenn das Pferd in dem
Fusse Schmerzen empfände, so würde sich dieses beim Trabb um so mehr zei-
gen ; aber wenn nun ein solches Pferd im Trabb ganz rein und regelmässig
ohne die geringste Schmerzensäusserung geht, im Galopp gute Haltung
zeigt, auf beiden Händen gleichmässig gern galoppirt, so ist dieses eine
ganz eigenthümliche Erscheinung, die mir öfter vorgekommen ist. Auch kann
dieser fehlerhafte Schritt wieder verbessert werden, wenn der Reiter durch
längere Zeit dem Pferde gestattet mit völliger Zügelfreiheit seinen natür-
lichen Schritt fortzugehen. Auch ist es für dergleichen Fälle öfter gut, ein
solches Pferd durch längere Zeit gar nicht zu reiten, vielleicht gar selbst
im leichten Zuge arbeiten zu lassen, um die unangenehme Einwirkung, die
es zu diesem Gange veranlasste, wieder zu vergessen.
Beim Gehen auf unebenem Boden darf ein gutes Pferd nicht gleich
aus der Haltung kommen. Es ist nicht allein von selbst auf seinen Weg
aufmerksam, sondern es hat auch Kraft und Haltung, um über geringe Er-
habenheiten wegzuschreiten, im Wege liegenden Steinen auszuweichen und
wegen kleinen Vertiefungen nicht gleich auf einem oder dem andern Fusse
einzuknicken.
Beim Bergabgehen auf längern Strecken darf ein gutes Pferd nicht
anfangen zu eilen, sondern es hält sich im Gegentheil etwas auf, es nimmt
seine Last etwas mehr auf das Hintertheil, um dadurch Zeit und Geschick
zu gewinnen, die Vorderfüsse mit Ruhe und Sicherheit zur Unterstützung
der Last vorsetzen zu können.
Hat ein Pferd nicht soviel Kraft im Kreuz und Rücken, um gerne
und mit Leichtigkeit dieses eben erwähnte Aufnehmen der Last auszufüh-
ren , oder ist es nicht kräftig und fest auf den Vorderbeinen, vielleicht
etwas empfindlich in den Hufen, so fängt es beim Bergabgehen an zu eilen,
indem es ihm sehr unangenehm ist, die Last längere Zeit auf dem Hinter-
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theile oder einem Vorderfuss ruhen zu lassen. Unterstützt es der Reiter
dann nicht durch Fühlenlassen der Zügel, ist er vielleicht zu unaufmerk-
sam dieses zu thun, so eilt das Pferd immer mehr (siehe oben), stolpert
über jeden kleinen Stein oder geringe Erhöhung und fällt auch gelegent-
lich auf die Knie. Dass ein solches Pferd zum Reitdienst sehr an Werth
und der Reiter an Annehmlichkeit und Sicherheit sehr verliert, ist wohl
einleuchtend.
Ein jeder einigermassen erfahrener Kutscher oder Fuhrmann weiss
es sehr an seinen Wagenpferden zu schätzen, wenn sie beim Bergabfahren
ruhig aufhalten. Ein jeder thut wohl, bei Beurtheilung des Pferdes hierauf
die gebührende Rücksicht zu nehmen.
Auch bergauf geht ein gutes, kraftvolles Pferd mit Ruhe, ohne dabei
sichtbar mühevolle Anstrengung zu zeigen. Das Eilen sowohl beim Bergab-
ais Bergaufgehen beruht immer in dem Bestreben von der unangenehmen
Anstrengung alsbald loszukommen, indem jeder Schwäche Ausdauer man-
gelt und durch die momentane zu grosse Aufregung alsbald Abspannung
erfolgt. Diese ängstliche Eile bringt das Pferd um so mehr ausser Athem,
als es beim Bergaufgehen ohne dies schon geschieht, wodurch die Kraft
der Muskeln und also die ganze bewegende Kraft um so leichter abnimmt.
Bei "Wagenpferden, namentlich für schweren Zug ist ruhiges Ziehen
beim Bergaufgehen eine äusserst schätzenswerthe Eigenschaft. Es gibt
Pferde, die nur dann bergauf ziehen, wenn sie in einem eiligen Trab die
Anhöhe hinaufgehen dürfen; werden sie zum Schrittgehen verhalten, so
bleiben sie stehen und verweigern dann das Ziehen, welches auch dann
häufig eintritt, wenn die Ansteigung etwas lange dauert. Mit solchen Pfer-
den ist es dann unmöglich am Berge einmal stehen zu bleiben, um die
Pferde zu Athem kommen zu lassen.
Anmerkung. Es liegt hier die Frage sehr nahe, wie steil ein Pferd
überhaupt bergab- oder auf gehen könne ?
Die Taktik hat ihre bestimmten Theorien, in wie weit Bewegungen
der Cavallerie auf unebenem Boden ausführbar, gehemmt oder ganz un-
möglich sind.
Nach der Gradation werden die Abhänge von 0-rl5° als Lehne, von
25—30° als Hang, von 30—45° als steiler Hang, von 45—60° als Ab-
sturz und von 60—90° als Wand bezeichnet.
Eine Neigung von 5° erlaubt das Manövriren aller Waffen; die Rei-
terei kann ihre Attaque mit Erfolg ausführen.
Eine Neigung von 10° erlaubt der Reiterei das geschlossene Mar-
schieren nach aufwärts; nach abwärts nur mit Beschwerlichkeiten. Dieses
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beruht darauf, dass das Pferd überhaupt leichter bergauf als bergab geht.
Es ist dieses durch die natürliche Gewichtsvertheilung im Pferdekörper
und die Einrichtung der Hinterbeine bedingt. Geschütz und Fuhrwerk
kommen noch ohne Anstand fort.
Ein Hang von 15° erlaubt der Beiterei nur eine Bewegung mit An-
strengung ; jedoch sind Angriffe noch möglich. Das Geschütz wird nur mit
Anstrengung aufwärts gebracht. Ein Hang von 20° sichert ziemlich gegen
Reiterangriffe.
Dass der einzelne Reiter oder das an der Hand geführte Pferd auch
viel steiler klettern könne, beweist die tägliche Erfahrung. Die Möglich-
keit der Ausführung wird stets sehr dadurch beeinfiusst werden, ob Pferd
und Reiter darin bereits Vorübung haben, wie lang andauernd der Hang
ist, und was er für Boden hat.
Ein länger andauernder ziemlich steiler Hang wird immer in Schlan-
genlinien ab oder auf erklettert werden müssen, namentlich wenn der Bo-
den etwas locker ist. Ein steiler Hang, der nicht zu lang andauernd ist,
mit hartem oder gar glattem Boden muss immer in gerader Linie erklet-
tert werden.
(Gewiss auch ist, dass der im Klettern zu Pferd Ungeübte kaum weiss,
wie geschickt Pferde im Klettern sein können. Es bedarf eben alles der
Hebung.)
Die Abweichungen von der regelmässigen Bewegung im Schritt sind
nun folgende:
Bewegt das Pferd die Vorderfüsse nicht gerade vorwärts, sondern so,
dass der Unterfuss vom Knie abwärts hoch gehoben und nach auswärts ge-
worfen wird, so nennt man dieses Fuchteln, Bügeln, Aus werfen,
Schaufeln.
Die Art Bewegung wird am leichtesten erkannt, indem man ein Pferd
gerade auf sich zu oder von sich weg gehen lässt. Da diese Art zu gehen
weder räumlich noch schön ist, auch das Pferd unnöthigerweise ermüdet,
so wird sie mit Recht fehlerhaft genannt.
In älterer Zeit wurde diese Bewegung besonders bei Kutschpferden
sehr geschätzt und gesucht. Heutzutage wünscht man an jedem guten
Pferde zu was immer für einen Gebrauchszweck Räumlichkeit des Ganges,
wozu ein geradesVorsetzen des Fusses wesentlich nothwendig ist.
Findet die Fusssetzung so statt, dass die Füsse übereinander vorge-
setzt werden, so dass man die Fusstritte fast in einer Linie hintereinander
gewahrt, so heisst dieses Kreuzen. Diese Bewegung kann im Gange so-
wohl mit den hintern als vordem Füssen stattfinden , und gibt Anlass zum
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Streifen, Anstossen und Stolpern; die Sicherheit des Ganges wird dadurch
wesentlich beeinträchtigt.
Der Gegensatz vom Kreuzen ist das sogenannte Schwimmen, wo-
bei das Pferd die Füsse wenig erhebt und vor dem Niedersetzen eine Be-
wegung nach auswärts macht, woran das ganze Bein von oben an Theil
nimmt. Die Huftritte kommen dadurch weiter auseinander als wenn das
Pferd regelmässig gerade vorträte. Dieser Gang findet sich öfter bei Pfer-
den mit bodenweiter Stellung oder wo die Hinterbeine vom Sprunggelenke
abwärts nach auswärts gerichtet sind. Er ist gewöhnlich unbequem für
den Reiter und beeinträchtigt auch die Räumlichkeit.
Die drei jetzt genannten Abweichungen vom regelmässigen Gang er-
kennt man am besten, indem man das Pferd ganz gerade und ruhig auf
sich zu oder von sich weggehen lässt.
Von der Seite gesehen, werden nun noch andere fehlerhafte Bewe-
gungen in das Auge fallen, und zwar:
Zu hoch, erhaben ist der Gang, wenn die Vorderfüsse mehr als
Uöthig ist, erhoben, dabei im Knie und Fessel stark gebogen werden, und
dabei so wenig vorgreifen, dass sie fast auf derselben Stelle wieder nieder-
treten. Geschieht dieses mit einem unnöthigen Aufwand von Anstrengung
gewissermassen trampend gegen den Boden, so nennt man das einen Pau-
ker oder Trommler.
Manche Pferde, besonders solche, die vorn auswärts stehen, pflegen,
bevor sie den Fuss wieder vom Boden erheben, den Huf auf der Erde
loch zu drehen, wodurch nicht allein eine unnöthige Anstrengung der
Gelenke verursacht, sondern auch das Hufeisen aus seiner Befestigung
gebracht werden muss.
Das Tappen ist eine Bewegung der Hinterbeine, wobei diesel-
ben nur im Sprung- und nicht zugleich im Kniescheibengelenke mehr
als nöthig gehoben und bei einiger Anstrengung mit den Fersen etwas
zuerst niedergesetzt werden. Zuweilen findet diese Bewegung auch nur
•Hit einem Hinterfusse statt; sie äussert wenig Schiebkraft von hinten
und ist daher nicht gewünscht.
Niedrig, schleppend nennt man den Gang, wenn die Füsse
allzuwenig von der Erde erhoben, vielleicht mit der Zehe über die
Erde schlürfend, wenig kräftig vorgesetzt werden.
Der gedehnte Gang ist, bei welchem die Hinterfusse über-
mässig stark nach rückwärts gestreckt und schleppend nach vorwärts -
bewegt werden; dabei zeigt sich eine mühsame Bewegung des Rückens und
des Kreuzes wenig nachschiebende Kraft versprechend, daher sehr fehlerhaft.
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Andere Pferde treten wieder, ihrer natürlichen Neigung ganz sich
selbst überlassen, mit den Hinterfüssen über die Fusstapfen der vor-
dem hinaus; dadurch erreichen die Hinterhüfe die vordem, ehe diese
sich zum Vorschreiten aufheben konnten, wodurch dann der Fehler des
Einhauens in die Eisen entsteht.
Der zu kurze, gebundene Gang ist derjenige, wo das Pferd
mit den Vorderfüssen weder gehörig vorgreift, noch mit den hintern
weit genug nachtritt.
Wenn auch die Erfahrung zeigt, dass Pferde mit Abweichungen
von der regelmässigen Stellung Ausdauer im Gange haben können,
so wird man doch immer finden, dass dem unregelmässigen Gange Feh-
ler im Bau der Gliedmassen oder des ganzen Körpers zum Grunde
liegen: z. B.
Mit bodenweit, Zehentreter, Rückbiegigkeit, Fassbeinigkeit, allzubreit
in der Brust — ist fast nie ein freier Gang der Vorderbeine ver-
bunden.
Bei Vorbiegigkeit, Kniebohrer in nicht zu hohem Grade, etwas
auswärts gestellt, wenn damit ein enges Anschliessen des Ellbogens an
die Rippen nicht verbunden ist, zeigt sich öfter, dass der freie Gang
dadurch nicht gehindert ist.
Säbelbeinig und stark kuhfüssig, schmal in den Hüften zeigt höchst
selten ein kräftiges, gut nachschiebendes Hintertheil.
Zu kurze Pferde, nämlich wo Höhe und Länge in einem guten
Verhältnisse nicht steht (siehe oben) verfallen leicht in den Fehler des
Einhauens, wenn nicht eine sehr freie Schulterbewegung' vorhanden ist-
Für die Anwendung im praktischen Leben lässt sich hieraus der
Schluss ziehen, dass Abweichungen von der regelmässigen Stellung oder
ein korrekter Gang unter Umständen den Werth eines Pferdes sehr
vermindern können, dass aber auch der Fehler als kaum vorhanden be-
trachtet werden kann, wenn das Pferd einen Dienst verrichten soll>
den es mit diesen Unregelmässigkeiten vollständig gut thun kann.
Der Pass ist hierzulande nicht beliebt, und wird zu den fehler-
haften Gangarten gerechnet; bei den Orientalen wird er sehr geschätzt
und die Pferde eigens darauf eingeübt.
Er besteht in einer eigenthümlichen Art von Fortbewegung, wobei
zwei Füsse einer Seite vorgesetzt werden, und mit denen der andere»
Seite abwechseln.
Die Füsse werden dabei wenig erhoben, das Gefühl für den Reiter
ist als ob das Pferd von einer zur anderen Seite wanke.
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Pferde, welche den Pass von Natur gern und leicht gehen, können
darin auch sehr ausdauernd sein, und tragen den Reiter in bequemer
Weise recht weit.
Der Trabb. Man nennt denselben gewöhnlich die verdoppelte
Geschwindigkeit des Schrittes; dieses will sagen, dass, wenn das Pferd im
Schritt einen Fuss nach dem anderen kreuzweise in Bewegung setzt, so
findet im Trabb das Aufheben, Vorgreifen und Aushalten dann Niederset-
zen der beiden Füsse übers Kreuz zu gleicher Zeit statt, so dass man von
den vier Füssen nur zwei Hufschläge hört.
Dieser Gang ist gut und vollkommen zu nennen,
wenn er in reinem Takt erfolgt, d. h. dass die zwei Hufschläge immer
in gleichen Zeiträumen aufeinander hörbar sind;
wenn er entschlossen, raumgreifend und mit elastischer Leichtigkeit
von Statten geht; die beiden Diagonal gegenüberstehenden Beine müssen
dabei zugleich und hinlänglich vom Boden erhoben werden, vorgreifen und
niedergesetzt werden, so dass, die drei Momente des Ganges B e u g e n
nndAufheben, Aushaltenund Vorgreifen, Niedersetzen
nnd Tragen deutlich unterschieden zu bemerken sind;
wenn das Pferd denselben gern und ohne Mühe je nach Aufforderung
des Reiters verkürzen und verschärfen kann, und endlich:
wenn es sich mit Leichtigkeit und ruhig gehaltenen Kopfe und
Kruppe in demselben hin- und herwenden lässt.
Zum Theil wird diese Vollkommenheit des Trabbes erst durch die
Dressur erreicht, aber die natürliche Anlage dazu muss vorhanden sein,
und sich schon im rohen Pferde zeigen.
Das gesunde, gute Pferd kann den Trabb in verschiedener Schnellig-
keit ausüben.
Beim gestreckten Trabbe, mit Elasticität der Bewegung ausgeführt,
gibt es einen sehr kurzen Moment wo alle vier Füsse über den Boden
schweben.
Beim abgekürzten, versammelten Trabb unter dem Reiter befin-
den sich die zwei diagonal gegenüberstehenden Füsse a u f der Erde,
Während die beiden anderen im Aufheben und Vorsetzen begriffen
sind.
Sowohl beim Dienste des Wagen- als Reitpferdes im ausgedehnteren
Sinne, findet der Trabb eine sehr vielfache Anwendung: er ist diejenige
Gangart in welcher man weitere Strecken zu Wagen und im Sattel schnel-
!er hinterlegen kann, ohne das Pferd vor der Zeit zu ermüden; er dient
dazu, dem lernenden und jungen Reiter Festigkeit im Sitz zu geben, und
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die Kräfte des jungen in der Abrichtung zum Reit- oder Fahrgebraucb,
befindlichen Pferdes gleichmässig zu entwickeln.
Bemerkt muss jedoch hier werden, dass das im Freien sich selbst
überlassene Pferd niemals den Trabb geht, welchen der Reiter entschlos-
sen, entbunden, kurz das Austrabben nennt, denn wenn sich ein solches Pferd
schneller fortbewegen will, als es in einem natürlichen nicht starken Trabb
geschehen kann, so fängt es an zu gallopiren.
Diese Eigenschaft wird eben erst durch die Dressur gegeben und
dient wieder als Mittel zur Dressur.
Es ist dieses ein Fingerzeig, dass man im gestreckten, ganz entschlos-
senen Trabbe weite Strecken nicht reiten soll.
Hebt das Pferd im Trabb die Füsse schnell und setzt sie ohne weit
vorzugreifen nieder, so nennt man dieses einen fleissigen Trabb.
Derselbe ist zwar nicht blendend für den Zuschauer, aber kann für den
praktischen Gebrauch sehr gut sein.
Werden die Vorderbeine in der Art gehoben, wie es beim Schritt als
zu hoch, erhaben bezeichnet würde, mit gebogenem Knie vorgesetzt,
so nennt man dieses auch wohl einen runden Gang. Derselbe wird für
Kutschpferde gern gesehen.
Bewegt das Pferd die Vorderfüsse mit wenig gebogenem Knie und
nicht viel erhoben über die Erde vorwärts, tritt dabei der Moment des
Aushaltens der Füsse besonders deutlich hervor, und ist der ganze Gang
dabei elastisch, so nennt man das: den seh we b en den Trabb, sehr
abgekürzt auch wohl S c h w i m m t r i 11. Er ist sehr schön anzusehen, auch
häufig sehr edlen Pferden eigen aber selten räumlich, und nicht zu ver-
wechseln mit der Bewegung im Schritt, welche man Schwimmen
nennt.
StechendenTrabb nennt man, wenn das Pferd beim Vorgreifen
Knie und Unterfuss mit besonderer Schnellkraft vorwärts wirft. Oefter ist
damit sehr geringe Schulterbewegung verbunden, alsdann wird er mit
Recht getadelt, indem er bei wenig Räumlichkeit viel Anstrengung verur-
sacht. Bei einigen Pferden, welche mit den Vorderfüssen diesen stechen-
den Trabb zeigen, stimmt die Bewegung der Hinterbeine weder im Aufhe-
ben noch Vorsetzen mit den Vordem überein; es ist dieses ebenfalls
schlecht, man sagt dann von einem solchen Pferde, dass es vorne wohl
etwas zeigt, aber nichts ausführt.
Ist aber eine freie Schulterbewegung mit gehörigem Aufbe-
ben und Nachtreten der Hinterfüsse damit verbunden, so wird er mit
Recht als schön, raumgewinnend und viel Kraft verrathend, geschätzt.
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Alles was beim Schritt bezüglich des geraden Vorsetzens der Füsse
der Uebereinstimmung in der Folge mit den Hinterfüssen, dem Bergauf-
nnd Bergabgehen, den fehlerhaften Bewegungen als Kreuzen, Fuefa-
beln, Schleppen, Tappen u. s. w., gesagt wurde, findet auch beim
Trabb seine Anwendung.
                                                           ,
Nur ist hier noch des Hahnentrittes oder Zuck fusses zu
erwähnen. Derselbe besteht in einem krampfhaften, sehr hohen Aufheben
eines oder beider Hinterfüsse sowohl in Schritt als Trabb; es ist kein
eigentliches Lahmgehen, und es haben ihn öfter sonst sehr guten Pferde.
Er kömmt in so hohem Grade vor, dass sich das Pferd dabei fast unter
den Bauch schlägt, und es kann dabei doch sehr arbeitstüchtig sein. Auch
kömmt es vor, dass sich diese krampfhafte Bewegung mehrere Tritte gar
nicht zeigt, und dann wieder da ist. Ueber das eigentliche Wesen dessel-
ben sind sich die Thierärzte selbst nicht einig; für den praktischen Ge-
brauch genügt es zu wissen, dass er die Arbeitstüchtigkeit des Pferdes
2u manchen Gebrauchszwecken nicht beeinträchtigt. Es ist aber immer
ein Schönheits- und Handelsfehler, und er soll mittelst einer Operation
beseitigt werden können.
Im Allgemeinen wäre nun noch jüber die Bewegung der Füsse im
Trabbe folgendes zu bemerken.
Freie Schulterbewegung, durch gute Naturbildung, nämlich richtige
Lage und gute Zusammenstellung der dahin gehörigen Knochen, kräftige
Muskulatur und bewegliches Spiel der Gelenke hervorgebracht, ist eine
der ersten Bedingungen. Man hat, um dieses richtig zu erkennen, sein Au-
genmerk besonders auf den durch Zusammentreffen des Schulterblattes
Und Querbeines gebildeten "Winkel, das Buggelenk zu richten. Der untere
Theil des Schulterblattes muss nämlich durch den Druck des Querbeines
gehörig vorwärts geschoben werden; der Ellbogen darf dabei nicht an
den Rippen kleben, sondern muss an der Bewegung den hinlänglichen
Antheil nehmen.
Bei Beobachtung der Hinterbeine verdient das Kniescheibengelenk
in dieser Beziehung einer besonderen Aufmerksamkeit. Das Aufheben
Und Vorsetzen des Hinterfusses muss nämlich nicht allein durch das Bie-
gen des Sprunggelenkes und Vorsetzen des Unterfusses ausgeführt wer-
den, sondern durch den richtigen Druck des grossen Unterschenkelbeines,
welches der Hose zur Grundlage dient, gegen das grosse Oberschenkel-
bein. Dieser Druck findet eben im Kniescheibengelenke statt, und desshalb
verdient dieses Gelenk in Bezug der Winkelbildung, in Bezug des ihm
gestatteten freien Spieles und der es begleitenden Muskulatur einer ganz
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besonderen Aufmerksamkeit beimTrabbe. Betrachtet man ein Trabbgehen-
des Pferd von hinten, so muss man genau sehen, dass dieses Gelenk der
Bauchwendung nicht zu nahe komme, weil dadurch sein freies Spiel
beeinträchtigt würde. Die Fersenbeine der Sprunggelenke erscheinen als-
dann beim Aufheben des Fusses etwas gegen einander gerichtet.
Findet diese Neigung der Fersenbeine nicht statt, sondern sind sie
ganz gerade nach rückwärts oder gar etwas auswärts gerichtet, so ist mit
dieser häufig als breites Hintertheil bewunderten Stellung fast nie ein
freies kräftiges Nachtreten verbunden.
Ferner ist auf die üebereinstimmung im Aufheben, Aushalten und
Niedersetzen der beiden corresspondirenden Füsse vorn und hinten ein
besonderes Augenmerk zu richten. Denn manche Pferde arbeiten vorne
sehr hoch und die Hinterbeine schleichen nur nahe über der Erde fort;
dann bemühen sich die Vorderfüsse vergebens den Gang zu fördern, denn
von hinten fehlt der Nachschub; andere heben wieder hinten sehr hoch
und möchten gerne Schiebkraft ausüben; wie aber soll dieses einen den
Gang fördernden Erfolg haben, wenn das Pferd vorne nicht genug aus-
treten kann.
Der Galop. Er besteht in einer fortgesetzten Reihenfolge von
Sprüngen, wobei die Fusssetzung ebenfalls nach einer gewissen natürlichen
Ordnung erfolgt, das Pferd kann rechts oder links galoppiren, je nach-
dem die Füsse der einen oder andern Seite mehr vorgreifen. Die Fussset-
zung findet nämlich so statt, dass immer die beiden Füsse übers Kreuz
dem Schwerpunkte des Körpers zur Unterstützung der Last am nächsten
sind, während dem die anderen beiden das Fortschaffen besorgen; z. B.
galoppirt das Pferd rechts, so greift der rechte Vorder- und rechte Hin-
terfuss am meisten vor, der linke vordere und linke hintere bleiben zurück,
folglich sind dabei der linke vordere, weil er zurück, und der rechte hin-
tere Fuss weil er vorgesetzt ist, als die beiden diagonal gegenüberstehen-
den dem Schwerpunkte zur Unterstützung des Körpers am nächsten.
Diese Fusssetzung bleibt so lange dieselbe, als das Pferd rechts galop-
pirt. Beim Linksgaloppiren sind die beiden linken Füsse die am meisten
vorgreifenden. Der zurückbleibende Hinterfuss äussert dabei die grössere
Schnellkraft, und dem Gehöre sind drei Tempos wahrnehmbar. Um den
Galopp zu beginnen, (angenommen rechts) äussert der linke Hinterfuss
die grössere Thätigkeit, indem er sich zur Ausübung seiner Schnellkräfte
vorerst biegt; durch Ausübung dieser Schnellkraft wird das Gewicht des
Hintertheils etwas nach rechts geworfen, um dieses zu stützen tritt der
rechte Hinterfuss sogleich vor, zufolge der natürlichen Einrichtung der
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Pussfolge bleibt der linke Vorderfuss zurück und der rechte erhält
dadurch, indem jener den grösseren Theil der Last des Vordertheils da-
durch auf sich nimmt, vollkommen Freiheit zum Erheben und Vor-
greifen.
Ich halte diese Art den Anfang des Galoppirens zu erklären für die
richtigere; denn Einige fangen mit der Erklärung des Aufhebens des
einen Vorderfusses an; aber das Treten der Vorderfüsse wird durch das
richtige Treten der Hinterfüsse bedingt, und diese müssen vor allem zur
Ausübung dieser regelmässigen aufeinander folgenden Sprünge sich zu-
sammen drücken und einen Theil der Körperlast mehr auf sich
nehmen.
Der ganz abgekürzte Schulgalopp wäre am meisten geeignet, diese
Fussfolge genau beobachten zu lassen, aber auch hierbei entwischt der Mo-
ment zu schnell. Man beobachte aber ein Pferd z. ß. auf der Weide, das
in aller Kühe einen kleinen Graben nimmt. Dasselbe führt dieses immer
in der Fussetzung des Galopps rechts oder links aus, und man sieht sehr
deutlich wie es zum Erheben des Vordertheils die beiden Hinterfüsse
galoppähnlich stellt, und auf der anderen Seite des Grabens mit einem
Fuss voraus mit den anderen zurückbleibend auffusst.
Auch ein mattes, ermüdetes Wagenpferd, namentlich einspännig,
nimmt öfter eine galoppähniiche Fusssetzung an, ohne jedoch einen schnell-
kräftigen Sprung auszuführen; aber das Auge hat Zeit die Fusssetzung
zu beobachten, und kann zugleich sehen, wie aus dem Trabb der Ueber-
gang in den Galopp geschieht.
Der Galopp ist falsch oder übers Kreuz sagt man, wenn diese
natürlich richtige Fusssetzung in der Art unterbrochen ist, dass nicht die
beiden diagonalen, sondern die Füsse einer Seite dem Schwerpunkte
am nächsten bleiben: dieser Gang ist sehr unangenehm, gewährt weder
Sicherheit noch Ausdauer, und das Pferd beweist dieses selbst schon da-
durch, dass es ihn so bald wie möglich wieder aufgibt.
In der Sprache der Reitkunst nennt man auch den Galopp falsch,
wenn ein Pferd beim Reiten auf der Reitbahn ohne den Willen des
Reiters auf der rechten Hand links, oder auf der linken Hand rechts
galloppirt.
Auch sagt man, dass das Pferd auf zweierlei Art übers Kreuz galop-
piren könne. Wenn nämlich der Reiter z. B. auf der rechten Hand galop-
pirt und das Pferd bleibt, anstatt mit dem rechten Vorderfuss vorzugrei-"
fen, mit demselben zurück und greift mit dem linken vor, so sagt
man, das Pferd galoppirt vorn falsch.
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Bleibt es mit dem rechten Hinterfuss zurück, der doch beim
Rechtsgaloppiren weiter vorgesetzt werden soll, so sagt man, es galop-
pirt hinten falsch.
Der Galopp über Kreuz ist jedenfalls ein fehlerhafter Gang, den
der Reiter alsbald unterbrechen und stets bemüht sein soll, dass das
Pferd nicht durch seine Schuld in denselben verfalle.
Der Galopp wird von Natur gut genannt, wenn das Pferd zufolge
seiner guten, ihm innewohnenden Eigenschaften im Stande ist, ihn aus
jeder andern Gangart leicht, ohne Zwang und ohne Aufregung anzu-
nehmen und ihn auf eine gute Strecke, ohne bald zu ermüden, fort-
setzen kann. Der Galoppsprung muss dabei mit sichtbarer Schnellkraft
geschehen und raumgreifend sein. Dabei darf das Pferd mit den Vor-
derfüssen nicht gewissermassen hart auf den Boden auffallen, sondern
mit allen vier Füssen leicht von demselben los werden, so dass man
den Moment, wo alle vier Füsse sich zur Ausführung des Galoppsprun-
ges über der Erde befinden, ganz deutlich wahrnehmen kann. Man
sieht dieses am besten, indem man sich gerade hinter dem Pferde be-
findet. Indem beim guten Galopp die Schnellkräfte der Hinterbeine
ganz besonders thätig sind, so müssen auch die Vorderbeine gehörig
stark und fest sein, um die mit solcher Kraft vorgeworfene Last gehö-
rig aufnehmen und stützen zu können.
Der Rennlauf, die Carriere, ist die höchst mögliche Ausübung von
Schnelligkeit, welcher das Pferd fähig ist.
Muskeln, Sehnen und Lunge müssen alle ihre Kräfte aufbiethen,
um diese Fortbewegung möglich zu machen und nicht allein die Kräfte
anzuwenden, sondern auch die verbrauchten Kräfte so schnell als mög-
lich zu ersetzen.
Es ist daher begreiflich, dass das Pferd in der Garriere keine all-
zuweite Strecke durchlaufen kann, ohne zu ermüden, und dass wirkliche
natürliche Ausdauer und Kraft in dieser Beziehung für Pferde zu jedem
überhaupt schnellern Dienst sehr wünschenswerth ist.
Bei der Carriere findet dieselbe Fusssetzung statt wie im Galopp i
d. h. dass immer die beiden Füsse übers Kreuz dem Schwerpunkt an»
nächsten sind.
Das Pferd kann daher in der Carriere rechts und links galoppi-
ren; und wenn man im Galopp in natürlicher Haltung drei Hufschläge
hört; so vernimmt man in der Carriere wegen der Schnelligkeit der
Bewegung nur zwei. Dieser Eindruck auf das Gehör hat manche zu
der Meinung veranlasst, dass das Pferd bei der Carriere eine andere
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Fussfolge annehme als beim Galopp und meinen, dass das Pferd dabei
mit beiden Vorderfüssen gleichweit und ebenso mit beiden Hin-
ter füssen gleich weit vorgreife.
Dass dieses nicht der Fall ist, fühlt jeder gute Reiter beim Rei-
ten in der Carriere;
man sieht es sehr deutlich bei vorkommenden, wenn auch noch so
weitläufigen Wendungen und endlich:
weiss ein jeder einigermassen erfahrene Reiter, dass man das
Pferd in der Carriere in Bezug auf Fussfolge abwechseln kann, gerade
so wie im massigen oder ganz kurzen Galopp.
Der in vier hör- und sichtbaren Tempos ausgeführte Galopp ge-
hört in die Cathegorie der künstlichen Gänge. Es ist der
Schulgalopp, Galoppade genannt. Wenn nämlich beim Galoppiren durch
Verlegung der vermehrten Schwere auf das Hintertheil das Vordertheil
sehr erleichtert wird, so erfolgt das Auftreten des inneren Hinter-
und äusseren Vorderfusses nicht zugleich, sondern der Vorderfuss
setzt sich etwas später nieder als der Hinterfuss, bei diesem im höch-
sten Grade verkürzten Galopp ist die sichtbare Schnellkraft der beiden
Hinterfüsse namentlich des äussern, Haupterforderniss; weil er sonst
die Bezeichnung, Schulgalopp, Galoppade nicht verdient.
Geschicklichkeit, Ausdauer und Gewandtheit im Galopp ist ein
Hauptziel der Dressur der Reitpferde; auch ist das Pferd je nach sei-
nen natürlichen Anlagen und der Sachkenntniss des Dressirenden einer
vielseitigen Ausbildung im Galopp fähig, worüber alte und neue Reit-
bücher Aufschluss geben.
Diejenigen natürlichen Eigenschaften, welche das Pferd zu einem
guten Galopp befähigen, sind im Allgemeinen in einer starken, musku-
lösen Nachhand, leichten, jedoch mit kräftigen Schultermuskeln und
sehr guten Sehnen der Vorderbeine versehenen Vorhand, starken
Rücken und Kreuz, einer gesunden, guten Lunge und munterem, geh-
lustigen Temperamente zu suchen und zu finden.
Da aber nun nicht alle Pferde diese zu einem guten Galopp er-
forderlichen Eigenschaften besitzen, so kann auch begreiflicher Weise
nicht ein Pferd so gut galoppiren als das andere.
Manchen Pferden mangelt es besonders dann, wenn der Galopp
unter dem Reiter bis auf einen gewissen Grad verkürzt wird, an Kraft
im Hintertheil um dann noch bei dieser starken Belastung desselben-
eine festelastische Springkraft zu äussern, wodurch dann der Galopp
nicht mehr sprungartig erscheint, indem die Hinterfüsse dann nur steif
11
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und schleppend galoppähnlich nachtreten. Dieses ist als ein Mangel zu
betrachten und sollten solche Pferde womöglich mit einer übermässi-
gen Verkürzung des Galopps verschont werden. Zeigt sich dieser Man-
gel an Sprungkraft bei einem in natürlicher Haltung fortgaloppirenden
Pferde so vermindert sich der Werth desselben zum Reitgebrauche um
so mehr.
(Bei der Abrichtung junger Truppendienstpferde zeigt es sich beim
Galopp am deutlichsten, wie nothwendig es ist, bei der Truppe solche
Tempo zu sistemisiren, worin auch das mittelmässige Pferd im rei-
nen Gange möglichst lange ausdauern kann.)
Andere Pferde haben einen sogenannten prellenden, stuppigen Ga-
lopp (man sagt dann auch: das Pferd spiesst sich auf die Vorderbeine).
Bei demselben findet keine raumgreifende, elastische Fortschwingung
des ganzen Pferdekörpers statt, sondern das Pferd bewegt sich mit
steifem Rücken und steifen Gelenken in den Beinen fort. Manche
Pferde haben diesen Galopp von Natur, andere nehmen ihn erst in
Folge ihrer abgenutzten Schenkel an, auch ist öfter nur die mangel-
hafte Einwirkung des Reiters daran Schuld.
Der sogenannte Dreibatzengalopp besteht in einer eigen-
thümlichen TJebereilung und Mangel an natürlicher Haltung in dieser
Gangart; man nennt ihn auch: rollender Galopp. Der erste Grund
dazu mag auch darin liegen, dass es dem Pferde sehr schwer ist, dem
auswendigen Hinterfuss ruhig und nach und nach zusammenzudrücken
und eben so wieder loszulassen. Es beweist dieses eben wenig Kraft
und natürliche Geschicklichkeit; er lässt sich indess leichter durch Ge-
sicht und Gehör erkennen, als mit Worten beschreiben.
Träger, Thierarzt im Gestüte zu Trakehnen, glaubt die Beob-
achtung gemacht za haben, dass bei jedem Pferde der linke Hinter-
und rechte Vorderfuss von Natur etwas stärker gebildet seien als die
beiden andern.
Desshalb galoppire das Pferd von Natur lieber links als rechts,
weil dabei die beiden stärkern Füsse in der Unterstützung des Kör-
pers länger ausdauern könnten;
desshalb komme die Spatlähme öfter rechts als links vor;
desshalb fände die Verwundung beim Streichen vorne öfter am
rechten, hinten am linken Fusse statt, indem die beiden schwächern
Füsse schlaffer gehen und daher ihren Nachbar streichen.
Träger sagt ferner, dies Verhältniss fängt beim Menschen an, und
wird ziemlich durch alle vierfüssigen Säugethiere hindurch gehen. Wir
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führen das Schwert rechts und decken die schwächere verletzlichere
linke Seite, die Seite des Herzens durch den Schild. Wollen wir eine
Last bewältigen, so legen wir uns mit der rechten Brustseite dagegen
und stemmen mit dem linken Fuss. Wir springen über einen Graben
mit dem rechten Fusse voran; der linke übt die grössere Schnellkraft
und wirft uns hinüber. Vom heranwachsenden Kinde wird die rechte
Hand zu mancherlei Verrichtungen beim Spielen, Essen u. s. w. mehr
gebraucht als die linke; doch wahrscheinlich weil sich die grössere
Kraft mehr regt und dann allerdings durch Uebung auch stärker wird.
Auch soll sich nach Träger am linken Sprunggelenke die Forma-
tion, welche oben als unschädlicher Spat bezeichnet wurde, öfter vor-
finden als am rechten, eben weil die Knochenformation dieses Gelen-
kes von Natur stärker ist, daher auch eine Knochenerhöhung in der
Spatgegend am linken Sprunggelenk nachsichtiger beurtheilt werden
mag als am ^echten.
Allen Reitern, die sich mit ungezogenen Pferden abgeben, ist be-
kannt, dass solche immer links umkehren. Auch dieses kann seinen
Grund darin haben, dass das linke Hinterbein stärker ist, denn bei der
Wendung links muss dieses am meisten tragen.
Auch kann dieses der Grund sein, warum viele Pferde, ähnlich
wie die Hunde, eine Neigung haben, im Trabb und Galopp etwas schief
zu laufen, d. h. dass die Hinterfüsse nicht ganz die Linie der vordem
einhalten.
Ist die Beobachtung Trägers richtig, so erklärt sich auch hieraus,
warum so zu sagen jedes Pferd dem Reiter im Galopp rechts ein an-
deres Gefühl gibt als links.
Kann endlich ein jedes überhaupt zum Reiten taugliches Pferd da-
hin gebracht werden, dass es auf die Hilfe des Reiters sowohl rechts
als links sicher ansprengt, ganz willig wendet, den Gang verkürzt und
verlängert, von einer Hand zur andern abwechselt, so ist eben in der
Art des Ganges ein Unterschied bemerkbar, der einen in der Natur
liegenden Grund haben muss, weil es bei allen Pferden wieder er-
scheint; z. B.
Das eine sprengt gleich am ersten Tage, wo es zum Galopp an-
geleitet wird,, lieber auf der einen als der andern Hand an;
das andere dringt auf der einen Hand gern mit der Kruppe her-
ein, während es auf der andern gern grad ausgeht, oder mit der Kruppe-
zum Ausfallen geneigt ist;
ein drittes nimmt alsbald auf einer Hand eine gute Haltung an,
li*
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und auf der andern ist ihm dieses viel schwerer; u. s. w. u. s w.
Diese Art Neigungen bleibt dann bei einem Pferde mehr oder weniger
immer fühlbar, wenn es auch im Galopp noch so geschickt unter
dem Reiter gemacht worden ist. Scharf kritisirende Stallmeister werden
hier sagen, dass dann die Vorbildung im Schritt und Trabb nicht ge-
hörig gewesen ist; ich aber fordere sie auf, die Natur zu beobachten,
denn ich schenke Herrn Träger Glauben.
Vielen meiner Leser wird es gewiss willkommen sein, hier vom
Standpunkte des Reiters noch einige Bemerkungen über den Gang zu
finden.
Schon oben wurde erklärt, dass durch die natürliche Bauart und
Einrichtung des Mechanismus im Gange des Pferdes der grössere Theil
des ganzen Gewichtes dem Vordertheile zufällt. Ferner wurde erklärt,
dass die Richtung des Halses und Stellung des Kopfes dieses Mehrge-
wicht noch mehr nach vorne oder mehr nach rückwärts bringen könne.
Die Reitzwecke verlangen nun, dass das Pferd je nach Aufforde-
rung des Reiters diese Richtungen seines Körpers und den dadurch be-
dingten schnellern oder langsamem Gang ohne Zögern annehmen und
so lange beibehalte, als es der Reiter vernünftiger Weise verlangen
kann. Es ist daher Aufgabe der Dressur, die fortschiebenden mit den
Tragkräften so in Einklang zu bringen, dass der Reiter nach Bedttrf-
niss darüber verfügen kann. Erfolgt die sich immer wiederholende Er-
leichterung des einen und Belastung des andern Fusses in demselben
Grade und demselben Zeitmasse in der für jede Gangart von der Natur
bestimmten Reihenfolge der Füsse, so entsteht dadurch das Gleichge-
wicht im Gange.
Die Sattellage bestimmt zwar am meisten, wohin die Last des
Reiters kömmt; doch kann der Reiter durch unmerkliche Aenderung
seines Sitzes, Haltung seines Körpers dem Erfordernisse nach, dem
einen oder andern Theile mehr Gewicht zulegen oder abnehmen. Der
geschickte Reiter kann alsdann dem dressirten Pferde ohne Zögern die-
jenige Richtung geben, welche aus der Gleichgewichtshaltung das Ge-
wicht mehr nach hinten verlegt, um den Gang abzukürzen, oder mehr
nach vorn, um den Gang zu beschleunigen, gestreckter zu machen.
Als Grundregel für die dem Pferde unter dem Reiter zu gebende Stel-
lung und Richtung von Hals und Kopf muss man festhalten, dass d iej e-
nige diebeste sei, in welcher dasPferd seine Gänge rein
und frei gehen, in der es sich willig und ungezwungen
imreinenTempo wenden, seinen Gang ohne Stocken ver-
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kürzen und verlängern, mit Anlehnung zurücktreten
und gleich wieder frei vortreten kann.
Die Stellung des Kopfes, die Richtung des Halses,
die das Pferd zu allem diesem befähigt, ändert sich in
den verschiedenen stufen weisen Fortschritten derDres-
sur, wie das Pferd an Biegsamkeit und Kraft zunimmt.
Sie in jeder Periode der Dressur richtig zu ermitteln, ist Sache des
Gefühles des Reiters; das geübte Auge des Lehrers kann dem viel-
leicht noch mangelhaften Gefühle des jungen Reiters zu Hilfe kommen.
Der sicherste Prüfstein hierbei ist, Beibehaltung des reinen Ganges,
ruhiges Halten von Kopf und Schweif. Bei manchen jungen Pferden wird
diese Stellung vielleicht mit dem Kopfe sehr tief, bei manchen mit ge-
streckter Nase erscheinen; nur mit zunehmender Kraft und Geschick-
lichkeit bessern sich bei billigen Anforderungen des Reiters beide, bis
endlich diejenige Haltung entsteht, in welcher Kopf und Hals gegen
den Rücken, dieser gegen das Becken, dieses auf die Hinterbeine von
oben zusammendrückend wirkt. So wird das vorn sich befindende Mehr-
gewicht erst ins Gleich- dann ins Mehrgewicht nach hinten verlegt, die
Tragkräfte der Hinterbeine mehr in Anspruch genommen, der Gang
verkürzt, das Pferd versammelt. Wird das Zurück- und Aufrichten des
Halses vermindert, so erhalten die Hinterbeine die Möglichkeit, ihre
Federkräfte los zu lassen, sie drücken gegen das Becken, dieses ge-
gen den Rücken, sie äussern grössere Schiebkraft, das dem Hintertheil
zugewiesene Mehrgewicht wird nun erst wieder ins Gleichgewicht, dann
ins Uebergewicht nach vorn gebracht; der Gang wird verlängert, ausgrei-
fend, bis zur höchsten Schnelligkeit gesteigert.
Die Stellung, welche der Reiter dem Pferde gibt kann aber auch
in falscher Weise geschehen, wenn der Reiter nicht durch richtiges
Gefühl geleitet wird.
Wenn nämlich das untere Ende des Kopfes zu sehr in die Höhe
und das obere Ende des Halses nur zurück und nicht zugleich der
ganze Hals zusammengeschoben wird, so tritt nicht die ebenbeschrie-
bene Wirkung gegen den Rücken, Becken u. s. w. ein, sondern die-
selbe geht für den übrigen Körper verloren, gewissermassen vom Wi-
derrist an sich zu sehr nach abwärts richtend. In dieser Haltung ist
dann das Pferd ganz aus der Hand des Reiters, bei einigem heftigen
Temperament stürmt es fort, kann nur mit Mühe nach und nach in
eine verbesserte Haltung und dadurch zum Langsamergehen oder Ste-
hen gebracht werden.
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In ganz ähnlicher Weise verliert der Reiter die Herrschaft über
das Pferd, wenn die Nase zu tief herab- und herbeigezogen wird, wo-
bei sich der Hals bogenförmig sehr krümmt, und die Wirkung geht ge-
wissermassen vom Widerrist nach oben hinaus, und ist auch für Rücken,
Becken etc. verloren.
Die Reitkunst fasst dieses alles in die paar Worte; d i e S t e 1-
lung ist das Mittel, der Gang ist der Zweck, zusammen.
Die Reitkunst theilt die Gliedmassen des Pferdes ein in solche, welche
die Bewegung desselben gründen, unmittelbar ausführen, und in solche
mittelst welcher die Bewegung der ersteren geordnet wird. Diese er-
steren sind mit dem ganzen Rumpfe vereinigt, ihre Thätigkeit überträgt
sich bis zum Ende der Füsse, zuvörderst auf die Hinterfüsse als die
Triebfedern der gesammten Bewegung.
Es sind alle diejenigen Körpertheile, welche weiter oben in Ober-
glieder, Mittel- und Unterglieder eingetheilt wurden; von dem zweck-
mässigen Auffussen und Abschieben der letztern, ihrer Bewegung im
Raum-, Kraft- und Zeitmass hängt die Gesammtleistung im Gange ab.
Dieses hat viele zu der falschen Ansicht verleitet, dass man bei der
Dressur des jungen Pferdes mit der Bearbeitung des Hintertheiles an-
fangen müsse.
Diejenigen Gliedmassen, oder besser gesagt, Körpertheile als He-
bel, deren sich der Bereiter zum Ordnen der Bewegungsgliedmassen
bedient, sind der Kopf und der Hals, und um zu denen der Hinter-
hand zu gelangen, als Verbindungsmittel der Rücken.
Die Kraftentwicklung der Bewegung geht von den Hinterbeinen
aus; von der Anlehnung des Mundstücks, also vom Kopfe, die Ord-
nung der Bewegung, woraus folgt, dass der Weg, um richtig auf das
ganze Pferd einzuwirken, von vorn ausgeht, also dieser Weg erst geeb-
net d. h. die Kopfstellung geordnet werden muss, ehe man an Bear-
beitung der Hinterbeine denken darf. Beabsichtigt das Pferd sich von
dieser durch den Reiter geordneten Bewegung loszumachen, so beginnt
es dieses immer mit dem Kopf, man muss also, um wieder Herr über
das ganze Pferd zu werden, erst wieder die Kopfstellung ordnen, steift
sich das Pferd mit einem Hinterfuss gegen die Einwirkung des Reiters,
so steift es sich auch mit der Ganasche gegen den Zügelanzug der-
selben Seite u. s. w. Alles dieses beweist die Wichtigkeit der Kopf-
stellung für die Einwirkung des Reiters auf das ganze Pferd; die wei-
tere Ausführung dieser Regel gehört in eine Abhandlung über Reit-
kunst, Dressur etc.
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Beim thätigen, abgerichteten Pferde verlangt man daher auch, dass
die Zügelwirkung durch das ganze Pferd, vom Kopf durch den Rücken
bis zum Hinterhuf hindurchgehen müsse.
Der unreine, übereilte Gang wird öfter durch ungeduldiges Tempe-
rament hervorgebracht; diese Ungeduld wird immer, wenn sie schon durch
eine mangelhafte Naturbildung bedingt wurde, durch zwangvolle Stellun-
gen vermehrt, und nur ein zeitgemässes Nachlassen, Verminderung des
Zwanges, langsam sich steigernde Anforderungen können das Pferd nach
und nach bessern und beruhigen.
Solche Thiere sind diejenigen, welche man mit dem Ausdruck: dif-
ficiles Pferd bezeichnet.
Bei der Beurtheilung der Gewichtsverlegung des Pferdes im Gange
unter dem Reiter kömmt noch folgendes in Betracht. Der Reiter, überhaupt
der Bereiter insbesondere, muss der anatomischen Zergliederung des
Pferdes noch die Beurtheilung beifügen, ob das Pferd von Natur eine
schwere Vorhand, schwache Nachhand, oder kräftig schiebendes Hinter-
theil, verbunden mit schwachen Vorderbeinen hat, die wenig geeignet sind,
die ihnen zugetriebene Last kräftig zu stützen, ob er einen kurzen, lan-
gen, schwachen oder kräftigen Rücken zu bearbeiten hat; er muss dar-
nach die Verlegung seines Gewichtes ebenso einrichten als die Stellung
und Richtung die er dem ganzen Pferde gibt, um es mit Geschicklichkeit
und Ausdauer zu reiten.
Wenn daher ein Pferd auch durch Ebenmaass im Baue des Kno-
chengerüstes geeignet ist, alsbald in einer guten Gleichgewichtshaltung
zu gehen, und es mangelt ihm die erforderliche Muskelkraft an einem
Theile, wie sich solches z. B. bei den meisten jungen noch nicht formir-
ten Pferden bei der Hinterhand herausstellt, so ist dieses geregelte Gleich-
gewicht für die schwächere Nachhand, zum Verhältniss ihrer mindern
Kraft, schon eine vermehrte Belastung. So muss der Reiter Last und
Kraft gehörig zu einander abwägen und darnach seine Anforderungen
einrichten. Ob in diesem Beispiele die Nachhand hinlänglich belastet
sei, erkennt und fühlt der Reiter immer am besten daran, dass ein
solches Pferd die Hinterbeine nicht schleppt; die Hinterbeine müssen
immer noch so viele Schnellkraft haben und behalten, dass das Pferd
mit denselben gehörig vortreten und einen reinen Gang gehen kann.
Am deutlichsten tritt dieses hervor, wenn Pferde mit schwachen
Hintertheil im Galopp zu einem allzukurzen Tempo verhalten werden -
sollen.
Diejenigen Reiter, welche glauben, das Pferd könne nur in einer
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eng zusammengebrachten Körperhaltung im Gleichgewichte gehen, und
nur durch eine sehr sichtliche Aufrichtung im Widerrist dazu gebracht
werden, mögen dieses stets bedenken und fernere Schlüsse daraus
ziehen.
Geht das Pferd auf gerader Linie im Gleichgewichte, so beschrei-
ben die Huftritte zwei parallel nebeneiander fortlaufende Linien, indem
der Hinterfuss in die vom Vorderfuss verlassene Fusstapfe derselben
Seite tritt.
Zur deutlicheren Veranschaulichung denke man sich die vier Füsse
des Pferdes durch gerade Linien verbunden, so entsteht dadurch ein
Bechteck mit zwei langen und zwei kurzen Seiten.
Während des Ganges nun fällt das Ende der von oben durch den
Pferdekörper gedachten Schwerpunktslinie nicht auf eine gerade Linie,
welche man sich als dieses Rechteck durch die Mitte der Länge nach
durchschneidend denkt, sondern bei jedem Tritt immer etwas nach rechts
oder links seitwärts dieser Mittellinie, je nachdem das Pferd mit dem
rechten oder linken Hinterfuss vortritt; es wird dabei dem vortretenden
Hinterfuss und dem zurückbleibenden Vorderfuss, so lange er auf der
Erde ruht, etwas mehr Gewicht zugewiesen.
Der auf dem Kutschbock sitzende sieht, der Reiter fühlt die Ge-
wichtsverlegung nach rechts und links namentlich bei einem etwas lan-
gen Schritt, mit kräftigen Nachtreten der Hinterbeine ausgeführt, sehr
deutlich. Beim Erheben des linken Hinterfusses z. B. um sich vorsetzen
zu wollen, fühlt der Reiter ein Erheben unter dem linken Gefässknochen
und sobald sich der Fuss vor und zur Erde niedersetzt ein Erniedrigen.
In diesem Momente wird die vermehrte Schwere aufgenommen, welche
der nun erfolgende Antrieb des rechten Hinterfusses durch sein Erheben
nach links drückt; stützt der linke Hinterfuss dieses nach links gewor-
fene Gewicht nicht, so müsste das Hintertheil umfallen. Man denke sich
nur dasselbe als zweibeinig allein stehenden Körpertheil. Ebenso, vorn
der zurückbleibende Vorderfuss gibt dem Reiter das Gefühl, dass sich
das Pferd auf dieser Seite erniedrigt, u. s. w.
Hieraus folgt, warum der Reiter zum Beginne des Galopps rechts,
den linken Schenkel etwas stärker gebraucht als den rechten. Denn durch
diese Einwirkung wird zunächst der linke Hinterfuss zu einer stärkeren
Thätigkeitsäusserung veranlasst, diese besteht darin, dass sich der Fuss
erst biegt, dann erhebt, und dadurch das Gewicht nach rechts wirft;
der rechte Hinterfuss wird alsbald veranlasst, dieses Gewicht zu stützen,
indem er dabei vortritt.
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Zufolge des natürlichen Mechanismus des Ganges bleibt gleichzeitig
der linke Vorderfuss zurück, indem die beiden diagonal gegenüberste-
henden Füsse immer den Körper tragen, stützen, und der rechte Vorder-
fuss bekömmt die Möglichkeit ja Notwendigkeit sich frei zu erheben
und vorzutreten; auf diese Art entsteht mit Sicherheit der Galopp rechts
und alles dieses für den Galopp links anzuwenden ist leicht.
Bei Ausführung der Seitengänge unter dem Reiter macht man nun
folgende Beobachtung.
Auf der geraden Linie gehend balancirt das Pferd sein Gewicht
durch den Hinterfuss der einen und den Vorderfuss der anderen Seite
auf der nebeneinander laufenden Hufschlagslinie jeder Fussseite. Zum
richtigen Schulterherein nun muss das Pferd die Geschicklichkeit erlan-
gen, den inwendigen Hinterfuss fast auf der Linie des aufgefussten äus-
seren und genau bis unter die Mitte der Körperschwere zu bringen,
auf diesen Fuss die Last aufzunehmen, sie auf ihm zu balanciren und
dann die Körpermaasse weiter zu fördern. Die Einrichtung des Pfan-
nen- oder Kugelgelenkes gibt dem Pferde die Möglichkeit, diese Fusset-
zung ausführen zu können.
Man sieht hieraus, was eigentlich der Nutzen des Schulterherein
ist; wie das Pferd dadurch eine erhöhte Geschicklichkeit erlangt, das
aufs Hintertheil verlegte Mehrgewicht aufzunehmen, wie durch das Treten
der Hinterbeine der freie Gang der vorderen bestimmt, und namentlich
das richtige Treten und Vorsetzen des inneren Hinterfusses den inne-
ren vorderen erhebt und erleichtert.
Zur deutlicheren Versinnlichung wie die von der Natur angeord-
nete Unterstützung des Körpers durch die beiden diagonal gegenüber-
stehenden Beine die zweckmässigste ist, denke man sich vergleichsweise
eine hölzerne Bank mit vier Füssen. Das Brett der Bank ist der Körper,
die Füsse, die Beine des Pferdes. Man ziehe nun aus der Bank zwei
diagonal gegenüberstehende Füsse heraus und die Bank kann stehen
bleiben, sie bekömmt eine noch festere Lage, wenn man den als Vorder-
bein gedachten Fuss mehr zurück und den als Hinterbein gedachten Fuss
mehr nach vorn gegen die Mitte der ganzen Bank anbringt. Dieses würde
die Stellung der Beine des lebenden Pferdes im Galopp noch deutlicher
darstellen. Nun stecke man der Bank die weggenommenen zwei Füsse
wieder an, und nehme ihr die beiden derselben Seite weg, und sie fällt
nun, oder müsste um dieses zu verhindern, gleich wieder auf der ande-
ren Seite unterstützt werden. Desshalb der Mangel an Haltung im Gange
des Pferdes; wenn diese Unterstützung nicht durch die beiden diago-
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n a 1 e n Füsse stattfindet, wie es sich im Pass und im Kreuzgalopp
darstellt.
Hier sollen nun noch einige ganz ins praktische Leben einschlagende
Fragen ihre Beantwortung finden.
Lässt sich z. B. von einem Pferde, welches einen
ganz regelmässigen guten Schrittgeht, mitSicherheit
erwarten, dass es auch die anderen Gangarten tadel-
los gehen müsse?
Man sollte dieses glauben; denn dieselbe Zusammenstellung der
Knochen, die Formation der Gelenke, das Gefüge der Muskeln, die Tex-
tur der Sehnen, dasselbe Temperament u. s. w., welches das Pferd befä-
higt einen ausgiebigen, reinen guten Schritt zu gehen, sollte ihm auch die
Eigenschaften für gute Ausführung der übrigen Gänge geben. Diesem wi-
derspricht jedoch die Erfahrung beim lebenden Pferde; denn manches Pferd
das einen mangelhaften, gebundenen Schritt geht, trabbt gut; ein anderes
welches gut trabbt, lässt im Schritt und Galopp zu wünschen übrig u. s.w.
Woher mag das kommen und was ist davon zu urtheilen?
Wenn man die Ursache davon auch in manchen Fällen ergründen
könnte, so würde der Mangel dadurch schwerlich beseitigt werden; für
den praktischen Pferdemann ist es genügend diese Erscheinung zu wissen,
und darnach den Gebrauchswerth für diesen oder jenen Zweck zu bestim-
men, z. B. für ein Wagenpferd zum schweren Zugdienst kömmt der Schritt
ganz besonders in Betracht; zum schnelleren Fahrdienst ist der Trabb
die Hauptgangart: zum Reitdienst sollen alle Gangarten so gut als mög-
lich sein. Der Reitdienst ist jedoch so mannigfaltig, dass auch hier wieder
jedes Pferd seine Classification erhält, z. B. derjenige dessen Geschäft
es mit sich bringt lange zu Pferd zu sein, ohne dabei besonderer Schnel-
ligkeit zu bedürfen, als ein Forstbeamter, ein grosser Gutsbesitzer, ein
Landarzt etc. wird einen fleissigen, munteren Schritt und einen leichlen
den Reiter nicht anstrengenden Trabb wünschen. Derjenige der nur zum
Vergnügen oder Gesundheitshalber reitet und sich nebenan- auch als
guten Reiter zeigen möchte, wird schon auch einen angenehmen geschick-
ten Galopp verlangen.
Wer den Zweck hat weiter j Ritte mit dem geringsten Zeitaufwande
zu machen, wird einen räumlichen Trabb und ruhigem Galopp mit grossem
elastischem Sprung sehr zu schätzen wissen.
Alles dieses auf Militärgebrauch angewendet, zeigt sich, dass für
das Artillerie Bespannungspferd ein kräftiger, guter Schritt nebst raumgrei-
fendem, gut schiebenden Trabb Haupterforderniss ist; für das Cavallerie-
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dienstpferd im allgemeinen ist ein kurzer, gebundener, oder ein gedehn-
ter, schleppender Schritt, oder ein sogenannter Zappler, eine sehr
schlechte Eigenschaft. Ein solches Pferd kann weder beim Exerciren,
noch Marschieren den übrigen mit Leichtigkeit folgen; es ermüdet sich
und den Reiter vor der Zeit. Der Trabb des Cavalleriedienstpferdes soll
wo möglich kräftig, entschlossen und raumgreifend sein, dabei muss das
Pferd das Tempo des Trabbens ohne Schwierigkeit verlängern und ver-
kürzen können, und die möglichste Ausdauer in demselben besitzen; denn
der Trabb ist sowohl zur Ausbildung des Reiters auf der Reitschule als
auch beim Mannövriren in grösseren Körpern die Hauptgangart. Im Ga-
lopp muss das Cavalleriepferd sowohl einen guten Grad von Schnellig-
keit mit hinlänglicher Ausdauer als auch Gewaudheit zu entwickeln von
Natur fähig sein.
Das Offiziersdienstpferd soll wo möglich alle diese Eigenschaften in
grösserer Vollkommenheit besitzen. Für das Pferd des Stabsoffiziers der
Cavallerie ist unter allen Gangarten ein ruhiger, mit elastischem grossen
Sprung ausgeübter Galopp eine Haupteigenschaft, so wie der Stabsoffizier
der Infanterie mehr auf ruhiges, unerschrockenes1 nicht furchtsames Tem-
perament als auf besonders gute Gänge zu sehen hat. Für das Pferd des
Adjutanten und Generalstabsoffiziere ist nebst alledem Schnelligkeit und
Unerschrockenheit in Hinterlegung von allerhand Terrainhindernissen
eiD Haupterforderniss.
Hieraus nun ist der Schluss zu ziehen, dass es sehr selten ein Pferd
gibt, welches alle Gangarten ganz gut geht, dass man bei Beurtheilung
eines Pferdes stets den Dienstzweck vor Augen haben und zufrieden sein
muss, we'nn es bei Gesundheit im allgemeinen, die Hauptei-
genschafte n besitzt, die es für seinen Gebrauchszweck bedarf.
Wie lassen sich nun die Bedingungen guter Gänge
mit kurzen Worten ausdrü cken?
Die organischen Bedingungen zur Güte aller Gangarten sind von
Seite des Körpers: gesunde Organe, Stetigkeit des Rückens und der Len-
den als Folge ihres kräftigen Baues, eine breite, starke und zweckmässig
gebaute Kruppe, verbunden mit einer Bildung der Brust und einem Rip-
penbau der den inneren Organen als Herz, Lunge, Magen eine kräftige
Entwicklung ihrer Funktionen gestattet.
Von Seite der Gliedmassen: freie und gut gelagerte Schultern, ein
kräftiger Vorarm, gesunde, starke Hufe, reine, stramme, schmerzlose Beu-~
gesehnen, volle und muskulöse Hinterbacken und Hosen, starke Sprung-
und Köthengelenke.
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Die geistigen Bedingungen des guten Ganges liegen in dem quantita-
tiven Verhältniss der Lebenskraft oder mit anderen Worten im Blute in
der Kasse. Je grösser jene und je besser diese sind, desto dauernder und
schneller werden die Gänge des Pferdes sein, während oft alle Bedingun-
gen des guten Baues vorhanden sein können und die Bewegung doch
schlecht und ohne Dauer sein wird, wenn die letzteren mangeln.
Ein Pferd, das frei und sicher seinen Schritt fortgeht, ohne die
Peitsche oder Hülfe zu erwarten, das vom Schritt zum Trabb ungezwun-
gen übergeht, von diesem zum Galopp, vom Schritt ohne sich zu alarmi-
ren in Galopp einsprengt und ebenso sich ruhig vom Galopp in Schritt
übernehmen lässt, welches an seinem Gebiss kauet, stets ein frisches Maul
behält und sich manchmal ausprustet, — das ist ein brauchbares, gutes
Pferd.
Wenn sich ein Pferd auf seinem Hintertheile halten kann, über Bo-
den geht, leicht von demselben los wird, wendsam und willig ist, Strafe
annimmt, Athem und gute Hufe hat, — so darf man sich über den Preis
nicht beklagen.
Ist es bei Beurtheilung des Ganges eines Pferdes genug, dabei nur
auf die Bewegung der Beine zu sehen?
Die Beine, die Gliedmassen des Pferdes im Ganzen sind allerdings die
unmittelbaren Werkzeuge der Fortbewegung, und die regelmässige,
schmerzlose, freie Thätigkeit derselben ist das erste Mittel zum Gange;
aber um den Gang zu beurtheilen genügt es nicht nur auf die Bewegung
der Beine zu sehen, sondern man muss das ganze Pferd dabei im
Auge behalten und namentlich die ruhige Haltung des Rückens
der Kruppe, die Art und Weise des Tragens vom Ko'pf und
Schweif betrachten.
Der Pferdekenner sieht bei Betrachtung des Kopfes aus dem Ohren-
und Augenspiel ob das Pferd gehlustig, fromm und willig, ob es herzhaft
und dreist, oder ob es zurückhaltend, kitzlich oder scheu und furchtsam
ist. Ein wirklich gut gebautes und kräftiges Pferd trägt den Kopf bei mas-
siger Aufrichtung des Halses mit der Nase etwas nach vorwärts, es wehrt
sich nicht durch Bohren in die Zügel gegen den Zügelanzug, es nimmt in
allen Gelegenheiten eine gleiche Anlehnung und schnellt nicht mit dem
Kopfe.
Schnellen nennt man nämlich jene für den Reiter sehr unangenehme
Bewegung des Kopfes, die das Pferd während des Ganges in der Art aus -
übt, dass es die Nase oft plötzlich stark in die Höhe wirft. Der Gang
des Pferdes ist dabei ungleich unterbrochen, das Pferd hat nie eine gleiche
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stete Anlehnung und kann vorkommende Gegenstände nicht ruhig ins
Alge fasse; daher sind bodenscheue Pferde, die zugleich mit dem
Kopfe schnellen, zum sichern Reiten so zu sagen unbrauchbar und
können den Reiter in sehr unangenehme Lagen bringen.
Ungeduldige Pferde, die einen günstigen Ansatz zwischen Hals und
Kopf nicht haben, und bei der Zügelwirkung einen lästigen Druck auf
die Ohrendrüsen empfinden, haben hierzu die meiste Neigung. Nur ein
sehr ruhiges, richtiges Reiten kann diese Neigung möglichst beseitigen,
Wogegen schlechtes Reiten, unpassende Zäumung etc. solche Pferde zum
ßeitdienst gänzlich unbrauchbar machen kann. Auch Pferde mit weni-
ger natürlicher Neigung zum Schnellen können durch schlechtes Rei-
ten dazu veranlasst, und durch gutes Reiten wieder corrigirt werden.
Trägt das Pferd den Kopf allzutief, mit dem Kinn gegen die Brust, so
wird dadurch häufig die Folgsamkeit auf den Zügel und somit die
'eichte Beweglichkeit der Vorhand sowohl, als entschlossenes, beherz-
tes geradeaus Fortgehen, sehr beeinträchtigt.
Strecken der Nase in höherem Grade ist der Wendsamkeit und
Haltung auch in kürzern Gangarten sehr nachtheilig. Beide Arten, den
Kopf zu tragen, durch natürlichen Bau bedingt, können durch zweck-
mässiges Reiten verbessert, durch mangelhaftes Reiten verschlimmert
Verden. Ich kann nicht oft genug wiederholen, dass sehr mangel-
hafte Naturanlage in der Verbindung von Hals und Kopf dem dres-
S1renden Reiter stets Haupthindernisse in den Weg legen, und selbst
überwunden, stets ein sehr aufmerksames Reiten erheischen, damit
diese mangelhafte Naturanlange nicht zum vollkommenen Gebrauchsfeh-
ler werde.
Der Beurtheiler eines Pferdes im Gange unter dem Reiter hat
daher sehr darauf zu achten, ob es dem Reiter besondere Mühe
mache, dem Pferde eine gute Kopf Stellung zu geben und es darin
2u erhalten, oder ob das Pferd diese Haltung von selbst gern
aönimmt.
Auch die Haltung des Schweifes ist sehr beachtenswerth.
derselbe soll nämlich im Gange sowohl unter dem Reiter als im Ge-
sehirre ruhig gehalten werden, er mag nun vom Leibe abgetragen wer-
den oder nicht.
Furchtsame, sehr empfindliche Pferde pflegen den Schweif einzu-
gehen, und das sogenannte Schweifdrehen ist immer ein Beweis von
sehr grosser Reizbarkeit oder Unlust zum Gehen. Die natürliche Anlage
Eum Schweifdrehen kann durch mangelhaftes Reiten sehr verstärkt,
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durch richtiges, gutes Reiten sehr vermindert auch wohl beseitigt wer-
den. Das Vorhandensein des Schweifdrehens ist immer unangenehm und
wenn es die Erfahrung bestätigt, dass sowohl ein Kopfschneller als ein
Schweifdreher ein ausdauerndes Pferd sein kann, so sind doch beide
Eigenschaften durchaus nicht wüuschenswerth.
In den Büchern heisst es gewöhnlich die Gangarten des Pferdes
werden eingetheilt in natürliche und künstliche; da dieses schon
oft zu Missdeutungen Anlass gegeben hat, so entsteht die Frage was
soll man eigentlich unter künstliche Gangarten verstehen?
Die natürlichen Gangarten liegen immer den künstlichen zum
Grunde und die gestellte Frage beantwortet sich in folgender Weise
am besten.
Natürliche Gänge oder natürlich nennt man die Gänge, wie sie
das rohe Pferd mit der ihm von der Natur angewiesenen Körperhal-
tung und Kraftentwicklung geht.
Künstliche Gänge oder künstlich nennt man die Gänge, wie es
sie in der durch die Reitkunst ihm gegebenen Haltung und
Kraftentwicklung geht.
Die Gänge, ob nun in natürlicher oder durch die Kunst gegebe-
ner Haltung sind immer Schritt, Trabb und Galopp in der von der
Natur vorgeschriebenen Fussfolge.
Wird durch die Einwirkung des Reiters das Vordertheil sehr auf-
gerichtet, das Hintertheil gesenkt, so entsteht dadurch ein abgekürzter
Schritt mit höherer Action der Vorderbeine und es ist ein durch Ein-
wirkung der Reitkunst vom Pferde ausgeführter, also künstlicher
Schritt; aber die Fussfolge, nur nicht die Räumlichkeit ist wie
beim natürlichen Schritt.
Schon oben wurde gesagt, dass das rohe Pferd von Natur nur
einen Trabb mit wenig Energie ausführe (der im aufgeregten Zustande
auf einige Momente ausgeführte schwebende Tritt gehört nicht hierher).
Wird nun der natürliche Trabb durch die Reitkunst entwickelt und im
Austrabben zur höchsten Energie gebracht, so ist das ebensowohl ein
durch die Kunst gegebener, also künstlicher Trabb, wie der bis
zum Piaffiren, d. h. Trabb auf der Stelle, abgekürzte Trabb mit ge-
senktem Hintertheil und hoher Action vorn.
Spanischer Tritt, schwebender, Schwimmtritt ist immer ein durch
die Reitkunst ausgebildeter Trabb, denn die oben erklärte, für den
Trabb von Natur bestimmte Fussfolge ist immer dieselbe.
Es gibt Fälle, wo Pferde, die zum Passgehen von Natur gar keine
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Neigung zeigen, durch allerhand künstliche Mittel zum Passgange ab-
gerichtet werden, weil es der Besitzer oder die Besitzerin des Pferdes'so
wünscht. Dieses ist ein Fall, dass alsdann der sonst unter die fehler-
haften Gänge gerechnete Pass ein künstlicher Gang ist.
Der Schulgalopp, die Galoppade gesteigert zu Redopp, Plie
und Renversgalopp ist ein mit Verlegung des Mehrgewichtes auf das
Hintertheil ausgeführter Galopp, also ein durch die Reitkunst dem
Pferde beigebrachter Galopp, indem das rohe Pferd sich selbst über-
lassen nie in dieser Haltung galoppirt; aber die von der Natur für
den Galopp vorgeschriebene Fusssetzung ist dieselbe.
Das Wechseln im Galopp in jedem Sprung, wie man sich aus-
drückt, ist mehr eine passartige Bewegung, deren künstliche Ausfüh-
rung man bewundern kann, aber ein Galopp ist es nicht mehr, denn die
von der Natur bestimmte Fusssetzung für die Reihenfolge von Sprün-
gen, welches man die Gangart Galopp nennt, findet dabei nicht statt.
Ein im Freien laufendes oder stehendes ganz rohes Pferd wird
z. B. plötzlich erschreckt und wendet sich, um dem gefürchteten Ge-
genstande zu entfliehen, schnell mit dem Vordertheil um das Hintertheil
herum. Der Mensch benutzt diese Naturanlage und bildet sich dadurch
ein geschicktes, gewandtes Reitpferd und benennt die vollkommene Aus-
führung einer solchen Wendung mit dem Kunstausdrucke: Pirouette.
Die muthwilligen Spiele und Sprünge der Füllen werden als Levade,
Courbette und Capriole ausgebildet.
Das in der Hand und zwischen den Schenkeln des Reiters ausge-
führte Znrücktreten thut das Pferd sich selbst überlassen ebensowenig
als es den gestreckten, energischen Trabb aus vollem Buge oder den
Schulgalopp geht; es gehört also auch dieses, zu Folge meiner Erklä-
rung, zu den künstlichen Gängen. Ebenso sind alle unter dem Rei-
ter ausgeführten Seitengänge zu den künstlichen zu zählen.
Erkenntniss der Lähmungen bei Pferden.
Von den Gliemassen wurde gesagt, dass man ihre Gesundheit an
der ungezwungenen, schmerzlosen, kräftigen Bewegung erkenne; Stö-
rungen dieser Gesundheit nennt man Hinken oder Lahmgehen.
Wie nun äussert das Pferd beim Stehen, dass es in einem oder
beiden Füssen Schmerzen empfinde?
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Leidet das Pferd z. B. an einem Vorderfusse, so setzt es densel-
ben vor, dadurch wird dem andern gesunden Fusse mehr Last zuge-
wiesen und der kranke erleichtert.
Leidet es an beiden Vorderfüssen, so stellt es beide vorwärts;
die Hinterbeine sind dabei vor unter den Körper gestellt, um die
grössere Körperlast zu tragen; will sich ein solches Pferd nur im
Stalle ein wenig in Bewegung setzen, so geschieht dieses mit sichtba-
rer Anstrengung um das vermehrte Körpergewicht den Hinterbeinen zu-
zutheilen, ein Vorderfuss wird nur mit Mühe von der Erde gebracht,
theils wegen der eigenen Steifigkeit, theils weil es dem andern zu viel
Schmerz macht, die vermehrte Schwere auch nur für Momente auf sich
zu nehmen.
Leidet es Schmerzen an einem Hinterfuss, so ruht es denselben
mittelst Einknicken, und zeigt den Schmerz, wenn man es veranlasst,
darauf treten zu müssen, augenscheinlich dadurch an, dass es trachtet,
den leidenden Fuss so kurze Zeit als möglich zur Stützung des Kör-
pers zu gebrauchen, und sich beeilt, die Last wieder auf den gesunden
Fuss zu verlegen. Leidet es an beiden Hinterfüssen, so wird es mit
dem Einknicken, auch Ruhen genannt, oft von einem auf den andern
Fuss abwechseln, und die Vorderbeine mehr unter dem Leibe zurück-
gestellt behalten.
Manche Pferde stellen öfter einen Vorderfuss vor oder ruhen auf
einem Hinterfuss ohne den geringsten Schmerz zu empfinden; andere
haben die Gewohnheit, ohne dass man die Ursache davon kennt, ohne
Schmerzäusserung im Stalle sehr gestreckt zu stehen, und die Hinter-
beine vom Sprunggelenk abwärts an die Standsäule anzulehnen;
andere stellen die Hinterfüsse übereinander und lassen den einen
Fuss auf die Krone des andern gestützt ruhen.
Es scheint dieses dann vielfach Angewöhnung zu sein, die Pferde
aus Langeweile annehmen, wenn sie ohne bei Tage Streu zu haben,
viel im Stalle stehen müssen. Es ist aber auch wohl ein Fingerzeig,
dass sie sich legen würden, wenn sie Streu hätten.
Zur bessern Ueberzeugung, ob ein Pferd an einem oder zwei Bei-
nen Schmerz empfinde, steif oder lahm sei, fasse man das im Stalle
stehende Pferd bei der Halfter, schiebe es einige Schritte zurück und
lasse es wieder vortreten. Hierbei muss das Pferd jedes Bein aufheben,
biegen und dann zurück- oder vorsetzen, überhaupt in allen Gelenken
Beweglichkeit zeigen. Unterlässt das Pferd das Biegen und Aufheben,
zieht es die Füsse auf der Erde schleifend zurück, und eilt es im Vor-
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treten sehr, den betreffenden Fuss von der aufgenommenen Last als-
bald zu befreien, so empfindet es in einem oder allen Füssen Schmerz,
ist steif vielleicht in Folge einer am Tage vorher stattgefundenen sehr
anstrengenden Leistung, oder es ist überhaupt schon sehr abgenutzt.
Ebenso muss das Pferd, wenn man es, an der Hand führend, in
kleinen Wendungen herumgehen lässt, jeden Fuss hinlänglich aufheben
und vorsetzen, dabei zugleich die Last auf den betreffenden andern
Fuss gern und ohne Zögern verlegen, überhaupt in allen Gelenken be-
weglich sein.
Wie nun äussert das Pferd beim Gehen, dass es in einem oder
dem andern Fusse Schmerz empfinde?
Im Allgemeinen dadurch, dass es mit dem leidenden Fusse leiser,
d. h. nicht so beherzt und fest auftritt als mit dem gesunden, dass es
sich beeilt, den leidenden Fuss von der auf ihm ruhenden Last zu be-
freien, und ihn auch beim Gehen dem Stützpunkte der Last nicht so
sehr zu nähern. Das Pferd macht daher mit dem gesunden Vorder-
fuss den kleineren Schritt, damit die Last nicht zu lange auf dem
kranken ruhe und er nicht zu weit gegen den Schwerpunkt des Kör-
pers zurückkomme. Weil sich das Pferd beeilt, den kranken Fuss
schnell von der Last zu befreien, so tritt es mit dem gesunden gewis-
sermassen viel fester auf. Wenn man daher sagt: das Pferd fällt
auf den rechten Fuss auf, so ist es am linken lahm.
Auch mit dem gesunden Hinter fuss macht das Pferd einen
kürzern Schritt, um es dem leidenden zu ersparen, die Last des Kör-
pers zu lange auf sich ruhen zu lassen, und tritt auch öfter mit dem
leidenden Fuss mehr seitwärts, eben um wieder dem Aufnehmen der
Last dadurch zu entgehen.
Leidet das Pferd an einem Vorderfuss, so hebt es im Gehen den Kopf
und Hals, sobald es mit demselben auftritt, leidet es hinten, so senkt es
den Hals und Kopf. Leidet es sehr an beiden Vorderfüssen, z. B. bei
einer starken Hufentzündung, so setzt es dieselben in kleinern Schrit-
ten in einer vorgestreckten Richtung vorwärts, der ganze Körper, vom
Hals und Kopf angefangen, erscheint dabei in zurückgeschobener Rich-
tung, die Hinterfüsse treten weit unter den Körper vor. Ein wirklich
starker Schmerz in beiden Hinterbeinen äussert sich durch ein auffal-
lend schleppendes Nachschieben des ganzen Hintertheiles.
Oefter ist es schwer zu erkennen, ob das Pferd rechts oder links'
lahm gehe. In solchen Fällen lässt man das Pferd im Kreise trabben,
wobei es dann wenig oder gar nicht zu hinken scheint, wenn der schmerz-
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hafte Fuss sich auf der auswendigen Seite befindet, und also um so mehr,
wenn der schmerzhafte Fuss der inwendige ist, weil dann der leidende
Fuss am meisten zu tragen hat.
Auch ist es oft schwer zu erkennen, ob ein Pferd vorn oder
hinten lahm geht. Man glaubt nämlich zuweilen, dass das Pferd am
rechten Hinter fuss lahm ginge, und der Schmerz ist wirklich am lin-
ken Vorder fuss; oder man glaubt, es gehe vorn rechts lahm und der
Schmerz ist thatsächlich hinten links. Da diese Täuschung nur bei sehr
geringer Lähmung eintreten kann, so bedarf es öfter der genauesten
Beobachtung um der Sache auf den Grund zu kommen, und bemerkt als-
dann doch, durch eine Steifigkeit in der Bewegung des Fesseis oder des
Sprunggelenkes etc., wo eigentlich der Fehler liegt.
Wie erkennt man den Sitz der Lähmung ?
Leidet das Pferd am Hufe oder an beiden Hufen, so geht es auf har-
tem Boden schmerzhafter als auf weichem; liegt das Uebel in der Zehe,
so tritt das Pferd mehr und zuerst mit den Fersen auf, liegt das Uebel
mehr in den Fersen, so sucht das Pferd zuerst und mehr mit der Zehe
aufzutreten.
Findet man an einem Theile des Schenkels eine erhöhte Wärme, eine
Geschwulst, sei es nun eine Knochenerhöhung, Verdickung der Sehnen-
scheide, Muskel- oder Hautgeschwulst, eine Wunde, — so ist diese wahr-
scheinlich der Sitz der Lähmung, obwohl all dergleichen vorhanden
sein kann, auch ohne dass das Pferd lahm geht.
Auch eine Verkleinerung, Verminderung der Muskulatur, wie es
z. B. beim Schwund der Fall ist, zeigt die wahrscheinliche Ursache des
Lahmgehens an.
Bei rheumatischen Lähmungen ist auch gewöhnlich äusserlich kein
sichtbares Erkennungszeichen der Lähmung vorhanden; man erkennt
sie dann als solche, indem sie ohne bekannte Gelegenheitsursache er-
scheint und wieder vergeht, und sich dieses von Zeit zu Zeit wie-
derholt.
Auch gibt es noch einen andern Fall, wo sich durch die blosse
Hand weder fühlbare Hitze, noch Geschwulst, noch eine Wunde wahr-
nehmen lässt und das Pferd geht doch lahm. Findet dieser Fall an
einem Vorderbeine statt, so kann man fast mit Sicherheit annehmen,
dass sich das Pferd durch eine heftige Prellung auf hartem Boden u. s. vv.
eine Hufgelenklähme zugezogen habe, oder dass sich vielleicht das Huf-
bein anfange, zu senken.
In beiden Fällen ist eine erhöhte Wärme nicht leicht fühlbar, in-
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dem die Entzündung einen zu tief liegenden Sitz hat; die Heilung ist
dann sehr schwer.
Im Allgemeinen ist man sehr leicht geneigt, jede Lähmung an
einem Vorderfuss, wo die Ursache nicht offen zu Tage liegt, als Schul-
ter- (Bug-) Lähmung anzusehen; denn auch bei dieser, besonders wenn
sie durch einen Fehltritt, Ausgleiten etc. und nicht durch einen Schlag,
Stoss etc. von aussen entstanden, ist eine erhöhte Wärme, womit jede Ent-
zündung vergesellschaftet ist, wegen dem tiefen Sitze des Leidens kaum
fühlbar. Alle erfahrenen Praktiker stimmen jedoch darin überein, dass die
Ursache des Lahmgehens an einem Vorderfusse, meistens im Hufe
ihren Sitz habe, es wäre denn, dass die wirkliche Ursache offenkundig am
Tage läge.
Beim Lahmgehen an einem Hinterbeine ist die Ursache der Läh-
mung höchst selten im Hufe zu suchen, ausgenommen, dass sich das Pferd
einen Nagel, eine Glasscherbe etc. eingetreten hätte. Desshalb ist es auch
unumstössliche Regel bei Untersuchung eines Pferdes beide vordem
Hufe, auch wenn das Pferd nicht lahm geht, genau zu untersuchen.
Wird aber ein Pferd vorn lahm, so wende man vor allem seine Auf-
merksamkeit dem Hufe zu, und überzeuge sich durch Abnehmen des
Eisens, ob vielleicht ein neuer Beschlag gedrückt hat, ob ein bereits zu
lange liegendes Eisen zu tief im Hufe liegt, das Pferd vernagelt war, sich
Steingallen zeigen, Strahlfäule überhand nimmt, ein harter Körper sich
unter das Eisen geklemmt hat u. s. w.
An den Hinterbeinen ist das Sprunggelenk derjenige Theil, wo der
Sitz der Lähmung am öftesten zu suchen und zu finden ist.
Es ist dabei eine Eigenthümlichkeit der Spatlähme, dass das Pferd
zu Anfang der Bewegung mehr lahm geht, als später, wenn es schon eine
zeitlang in der Bewegung war, und wieder stark lahmt, wenn es nach der
Bewegung einige Zeit gestanden hat. Hat die Lähmung ihre Ursache in
einem der andern Sprunggelenksfehler, in der Hüfte, im Fessel oder ist
Muskelschwund die Ursache, so bleibt sich das Lahmgehen mehr gleich
oder wird bei längerem Gehen und grösserer Anstrengung wohl zunehmen.
In welcher Gangart ist das Lahmgebn überhaupt, und an welchem
Fusse insbesondere am leichtesten zu erkennen?
Im ruhigen Schritt und Trabb am ehesten, im Galopp am wenigsten
und zwar darum, weil im Schritt und Trabb die Anstrengung und das Tra-
gen der Last stets gleicbmässig abwechselnd ist; denn indem das Pferd
im Schritt mit einem Fusse nach dem andern ausschreitet, oder im Trabb
die beiden diagonalen Füsse gehoben werden und vorschreiten, bemerkt
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man bald, ob sich das Pferd beeilt, die Last auf einem Fusse, dem leiden-
den, nicht so lange ruhen zu lassen, als auf dem gesunden, ferner, ob es
mit einem Fusse so entschlossen auftritt als mit dem andern.
Im Galopp bleiben bekanntlich immer dieselben beiden diagonalen
Füsse die zumeist tragenden, als der Galopp rechts oder links überhaupt
andauert; die Abwechselung zwischen Tragen und Fortschaffen des Kör-
pers findet also erst dann statt, wenn das Pferd den Galopp wechselt.
Es geht z. B. ein Pferd am linken Hinterfuss etwas lahm, vielleicht
mit etwas Späth, so wird sich dieses im Galopp rechts am meisten ver-
stecken , indem der lahme Hinterfuss überhaupt lieber etwas zurückbleibt,
indem das Pferd das Vorsetzen unter die Last des Körpers vermei-
den will.
Oder das Pferd geht am rechten Vorderfuss etwas lahm, so versteckt
sich dieses ebenfalls am leichtesten im Galopp rechts, indem das Pferd
geneigt ist, mit dem nicht leidenden linken Fuss die Körperlast aufzuneh-
men und zu stützen.
Ein Kenner wird es allerdings immer sehen, dass und an wel-
chem Fuss das Pferd Schmerz äussert, aber für Jedermann ist es im
Schritt und Trabb viel leichter zu erkennen. Betrügerische Pferde-
händler sind daher auch immer geneigt, derartige Pferde schon vor der
Produktion so aufzuregen, dass sie im sehr übereilten Schritt gehen, sie
zeigen ein solches Pferd unter dem Reiter erst im Galopp und dann erst
im Trabb u. s. w.; das Lahmgehen in geringem Grade wird dadurch ver-
steckt, und der Unkundige hält das Pferd noch für sehr temperamentsvoll,
gut geritten und kräftig.
Alte Damenpferde, die schon viele Jahre gar nicht mehr getrabbt
wurden, sondern nur Schritt und meistens nur Galopp rechts, gegangen
sind, zeigen am deutlichsten, dass beim Galopp rechts die linken Füsse
(und ebenso beim Galopp links die rechten) des Pferdes am meisten lei-
den ; denn solche Pferde können nachher mit den beiden linken Füssen
gar nicht mehr so weit vorgreifen, als mit den rechten , indem sie steifer
und abgenutzter sind als die beiden andern.
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Physiologisches.
In der Einleitung wurde gesagt, dass dem Pferdekenner auch einige
Kenntnisse aus der Physiologie (Lehre von der Erscheinung der Lebens-
verrichtungen) nöthig seien. Das hier nun in den nächstfolgenden Zeilen
über Blut, Nerven, Lunge, Magen, Haut u. s. w. Gesagte, gehört dahin.
Es wird dem Nichtthierarzt hinlänglich sein, um über den Lebensprozess
eine klare Anschauung zu bekommen, und ihn zu weiterm Nachdenken an-
regen.
Wodurch erkennt man im Allgemeinen, dass sich das Pferd in einem
vollkommen gesunden Zustande befindet?
Die Gesundheit der Pferdes besteht in dem Bedingniss einer ge-
wissen Beschaffenheit des Organismus, wodurch alle Lebensverrichtungen
desselben mit Leichtigkeit, einer gewissen Stärke und Wohlbehagen von
Statten gehen.
Die sichersten Kennzeichen des gesunden Zustandes geben uns da-
her die Verrichtungen der Lunge, des Magens, der Haut und die
ungehinderte Bewegung der Gliedmassen.
Geschieht das Athmen frei, ist es weder zu geschwind noch zu
langsam, und wird das Pferd bei einer starken Fortbewegung nicht gleich
kurzathmig, so sind dies Beweise einer guten Lunge.
Hat das Pferd guten Appetit, frisst es weder zu hastig noch zu lang-
sam, verdaut es das Genossene gehörig, findet man den abgegangenen Mist
nicht klein, hart und mit Schleim überzogen oder unverdaute Haferkerne
darin, ist der Abgang desselben an sich nicht dünn und wässerig, so kön-
nen wir mit vollem Grunde auf eine gute Beschaffenheit des Magens
und der Gedärme schliessen.
Die Harnentleerungen finden bei einem gesunden Pferde 6—7 mal
des Tages, jederzeit in einem starken, ununterbrochenen Strahle mit Aus-
pressung der letzten Ueberreste, statt.
Dünstet das Pferd gehörig aus, ohne dass es jedoch zu leicht und
häufig schwitzt, findet man die Haut nicht spröde, nach Verhältniss der
atmosphärischen Temperatur weder zu viel noch zu massig warm, das
Haar nicht trocken und ohne Glanz, so ist die Haut in einer gesunden
Verfassung.
Ist bei der Bewegung der Gliedmassen weder Zwang noch Schmörz
bemerkbar, folgen die Bewegungen der Schenkel in bestimmter Ordnung
und in einem gehörigen Zeitmasse aufeinander, setzt es dieselben mit an-
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gemessener Kraft auf den Boden und verrichtet es eine massige Arbeit,
ohne bald zu ermüden, so gibt uns dieses einen Beweis von der Stärke
des körperlichen Mechanismus des Pferdes.
Nachdem die Aeusserungen des Temperamentes mit den Funktionen
eines wahrhaft gesunden Körpers, namentlich mit den Verrichtungen der
Ernährung, Aussonderungen aus dem Gehirn in genauer Verbindung ste-
hen, so kann man auch wohl ein stets munteres, gehlustiges, frommes, we-
der zu reizbares, noch zum Scheuen geneigtes Temperament ein ge-
sundes nennen.
Auf welche Art nun zeigt ein Pferd, dass Störungen dieses Gesund-
heitszustandes eingetreten sind, d. h. dass es sich krank fühle?
Mangel an Fresslust, d. h. dass das Pferd das gewöhnliche
Futter entweder ganz versagt, oder nur zum Theil oder sehr langsam auf-
zehrt, ist meistens das erste Merkmal von Krankheitsäusserung.
Ungewöhnliche Traurigkeit im Stalle, Laschheit bei
derArbeit, zuweilen nur in geringem Grade und ohne die Fresslust
ganz zu verlieren, macht einen aufmerksamen Wärter schon besorgt.
Ungewöhnlich vieles oder auch durch längere Zeit sich gar
nicht niederlegen;
Oefter wiederholtes Niederlegen, bald wieder
schnell aufspringen, sehr unruhig liegen;
Zum Strahlen sich öfter anschicken, ohne es auszu-
führen, sind alles Aeusserungen vom innern Kranksein.
Sehr beschleunigter oder ungleicherFlankenschlag,
heftige Bewegungen der Nasenlöcher, bedeutende Un-
ruhe im Stalle, geäussert durch Kratzen mit den Vorder-
füssen, Umsehen nach den Flanken, sich Niederlegen-
wollen undes nicht ausführen;
Ferner ein sehr stierer Blick verbunden mit besonderer
U n emp f ind 1 i c h k e i t an sonst sehr empfindlichen Kör-
pertheilen (stiller Koller) besondere Zähigkeit bei An-
wendung von Zügel- und Schenkelhülfen sind Aeusserungen
verschiedener Krankheitszustände.
(Dieses kann z. B. durch Rossigkeit in sehr hohem Grade herbeige-
führt werden; dann ist es rathsam mit dem Pferde Nachsicht zu
haben, denn nach einigen Tagen verschwindet dieser Zustand von selbst.)
Ungewöhnlich starkes Schwitzen bei der gewohnten Ar-
beitsleistung, sehr trockene spröde Haut, glanzloses Haar
bei sonst guter Wartung, allmäliges Abnehmen an gutem Aussehen ohne
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veränderte Lebensweise lassen Gesundheitsstörungen vermuthen , die frü-
her oder später in gänzliches Kranksein übergehen.
Anmerkung. Manches Reitpferd, welches entweder durch einen
neuen Wärter, der die Eigenheiten des Pferdes noch nicht kennt, oder
ans Unachtsamkeit, wenn es gleich nach dem Füttern geritten werden
soll, übermässig fest gegurtet wird, mag nicht angehen oder zeigt Neigung
zum Niederlegenwollen, als ob es heftige Kolik bekommen hätte, oder schwitzt
ungewöhnlich stark, stöhnt auf ungewöhnliche Weise, beachtet die er-
mahnende Schenkelhülfe nicht so als sonst u. s. w. Das Pferd wird dann
zuweilen für krank gehalten, befindet sich aber nach einigen Minuten ganz
wohl, sobald dieser Gurtenzwang beseitigt wurde. Ein anderes möchte
gern strahlen, es geht langsamer, matter, der unaufmerksame Reiterjjhält
das für Gehunlust, treibt es an, das Pferd geht aus Gehorsam fort und
wird aber über diesen Zwang der Harnverhaltung nachher krank u. s. w.
Unpassendes Geschirr, z.B. wenn das Bruststück zu hoch liegt,
und die Luftröhre drückt, oder zu tief liegt und dadurch die Bewegung
der Schulter sehr erschwert, ermüdet das Pferd sehr, und veranlasst es
mehr zu schwitzen als sonst, wo das Geschirr passte, indem es an diesem
Tage durch Unaufmerksamkeit verschnallt war, oder von einem andern
Pferde genommen wurde, ohne zu untersuchen, ob es diesem auch passt.
Zu tief liegendes Brustgeschirr oder Kummet ist nebstdem die
erste Ursache, dass das Pferd vom Geschirre wund gedrückt wird.
Mancher, der die wahre Ursache nicht sieht, die er leicht beseitigen
könnte, hält dann das Pferd für krank.
In ähnlicher Weise treten Aeussernngen ein, wenn ein Pferd, das ge-
wohnt war, im Brustgeschirre zu gehen, nun im Kummet gehen soll,
oder umgekehrt. Manche Pferde versagen in solchem Falle auch wohl den
Gehorsam zum Ziehen, was sich aber dann in einigen Tagen bei einiger-
massen guter Behandlung wieder verliert.
Fürs praktische Leben leitet sich hieraus die Lehre ab, immer Sattel
und Zaum, oder das Geschirr zu untersuchen, wenn ein Pferd dergleichen
äussert oder auch nur an einem Tage weniger gut geht, als an andern
Tagen.
Bezüglich dess: allmäliges Abnehmen in gutem Aus sehen
ohne veränderte Lebensweise muss ich bemerken, dass dieses
auch hie und da durch nachlässige oder betrügerische Wärter, Reitknechte
und Kutscher aller Art herbeigeführt wird. Denn solche Leute tragen den
Hafer ins Wirthshaus, geben einem vielleicht etwas ungezogenen Pferde
kein Getränk, der unkundige Besitzer lässt sich vielleicht auch noch bere-
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den, dem Pferde Haferzulage zu bewilligen u. s. w. Endlich wird der Be-
trug entdeckt, der Wärter entlassen, ein neuer, redlicher aufgenommen,
und das für krank gehaltene Pferd bekömmt alsbald sein gutes Aussehen
wieder.)
Welches Mittel biethet sich auch dem Nichtthierarzte dar, um dem
höheren oder geringeren Grad einer inneren Krankheit zu erkennen?
Das ist der Pulsschlag. Derselbe ist sowohl am Herzen als
an den grösseren Arterien fühlbar. Gewöhnlich legt mau hierzu einige
Finger an die innere Seite einer Ganasche, wo man alsbald eine grosse
Arterie fühlt.
Ein gesundes Pferd zeigt im ruhigen Zustande 36 — 40 Pulsschläge
in der Minute.
Diese Schläge vermehren sich nach dem Grade der Aufregung durch
stärkeren Zufluss des Blutes; ist dieses die Folge von heftigerer Bewe-
gung im Gange, so muss der Puls sobald diese Ursache beseitigt ist, zu
seinem normalen Stand wieder zurückkehren. Bei inneren Entzündungs-
krankheiten bleibt die Steigerung der Schläge bis die Entzündung sich
vermindert.
SO—BS Schläge in der Minute deuten einen fieberhaften Zustand an;
bei 70 Schläge und darüber ist ein bedenklicher Fiebergrad vorhanden ;
von da an ist jede Vermehrung der Schläge mit Lebensgefahr verbunden,
so dass nur in seltenen Fällen der Puls vor dem Tode 100 Schläge
erreicht.
Sowie durch Aufregung, innere Entzündungskrankheit die Pulsschläge
vermehrt werden, so ist eine Verminderung unter der normalen Zahl ein
Zeichen von Schlaffheit, Schwäche oder allgemeiner Abspannung.
Bei Beurtheilung des Pulses ist übrigens wohl in Rücksicht zu zie-
hen, dass ausser Bewegung auch ein heisser Stall, sehr warme Tempera-
tur überhaupt, plötzlich erregte Furcht u. s. w. die Zahl der Pulse auf-
fallend beschleunigen kann. Wenn ein liebloser, grober Mensch zu dem
Pferde hineintritt, es heftig anredet und rauh betastet, so kann dieses bei
einem reitzbaren Pferde dem Pulse in der Minute einige Schläge zulegen
und macht, dass man sich über den Zustand des Pferdes ein falsches Ur-
theil bilden kann. Ein umsichtiger Mann wird sich dem Thiere mit Güte
annähern, ihm schmeicheln, es streicheln und da selbst dann in manchen
Fällen der Kreislauf gestört werden kann, so wird er den Puls, ehe er
sich vom Pferde entfernt noch einmal untersuchen und seine Zahl
und Beschaffenheit mit der ersten Untersuchung vergleichen.
Die verschiedenen Abstuffungen des Pulses, ob er klein, hart,
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ungleich, voll, unterdrückt sei, gehören in das Bereich des
Thierarztes.
Das Blut ist der eigentliche Lebenssaft und ist im ganzen Körper
vertheilt; von demselben hängt das Bestehen, die Ernährung und das
Wachsthum aller Theile ab, denn es ist aus allen Stoffen zusammengesetzt,
welche der thierische Körper aus der Nahrung und der Athmos-
phäre durch die Lymphgefässe und die Athm ungswerk-
zeuge erhält.
Diejenigen Adern, welche das Blut aus dem Herzen in den Körper
führen, heissen Arterien oder Pulsadern, die grösste und dem Herzen
zunächst liegende ist die Aorta, welche sich in zwei grosse Stämme mit
dem einem gegen den Kopf mit dem anderen unter der Rückenwirbelsäule
nach der Hinterhand theilt.
Diejenigen Adern, welche das Blut zum Herzen zurückführen heis-
sen Venen; die grösste und dem Herzen zunächstliegenden heissen
die vordere und hintere H o h 1 v e n e.
Durch Einathmung der reinen, athmosphärischen Luft wird das
Blut in der Lunge chemisch zersetzt, und gereinigt, indem das dunkle
Venenblut durch Hinzutritt des Sauerstoffs in hellrothes Arterienblut ver-
verwandelt wird.
Dieses ist der sogenannte, durch das Athmen in der Lunge bewirkte
Blutreinigungsprocess.
Das Blut erhält seinen nährenden Wiederersatz von der Nahrung
durch die Verdauung, von der Athmosphäre durch das Einathmen und
die Saugadern der Oberfläche.
Der Zustand des Pferdes wird daher vorzüglich von der Nahrung und
der Luft abhängen nämlich vom gesunden, nahrhaften, leicht verdaulichen
Futter und von reiner, trockener, massig warmer Luft.
In kleinen, niederen Stallungen oder in solchen, wo viele Pferde ste-
hen, wird die Luft durch das Ausathmen mit Kohlenstoff geschwängert,
wird zur Reinigung des Blutes ungeeignet und erzeugt Krankheiten.
(Rotz, Wurm, Typhus.)
Das Blut setzt seine nährenden Säfte im Körper ab, und der Ver-
brauch derselben wird nur durch neuen Zufluss von Nahrungsstoffen aus
der Verdauung und durch das Einathmen frischer Luft ersetzt. Jede Be-
wegung beschleunigt nach Mass als sie eintritt den Kreislauf und das Ath-
men, also werden auch die aus der Nahrung zufliessenden Kräfte schnel-
ler verbraucht.
Hieraus erklärt sich wie nützlich und nothwendig zum Gesunder-
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halten der Pferde tägliche, massige Bewegung in freier Luft ist, dass die
Arbeit die Menge des Futters bestimmt, und wir unseren Pferden durch
Verabreichung von vielem Futter bei langer Ruhe ebenso schaden, als
wir dieselben durch geringe Nahrung bei grosser Arbeit schwächen und
herabbringen.
Der Lauf des Blutes aus dem Herzen in den Körper und von diesem
zum Herzen zurück heisst; Der grosse Kreislauf des Blutes; wäh-
rend der Lauf vom Herzen zur Lunge und aus dieser zum Herzen zurück
der kleine Kreislauf des Blutes genannt wird.
Die Galle wird aus dem Venenblute der hintern Gliedmassen und
den hinter der Leber gelagerten Organen in einen Kanal, (Pfortader)
gesammelt; diese mündet in die Leber, verzweigt sich in der Substanz
derselben und bereitet so die Galle; die Bereitung der Galle mit den dazu
gehörigen Gefässen heisst das Pfortadersystem.
Das Lymphsystem besteht aus einer Verzweigung und Ge-
flechte von Kanälen, die in verschiedenen Theilen des Körpers als unsicht-
bare Fäden ihren Ursprung haben, und Saugadern genannt werden.
Die Saugadern vereinigen sich in ihrem Verlaufe zu grösseren
Zweigen bis sie endlich in zwei Hauptstämme münden, und ihren Inhalt
in das Venenblut ergiessen.
Die Lymphadern bilden in ihrem Verlaufe durch Verschlingung
Knoten von verschiedener Farbe, Grösse und Gestalt, die Lymphdrüsen
genannt werden.
Die Verrichtung der Saugadern in Verbindung mit den Lymphdrüsen
ist, solche Flüssigkeiten im und ausser dem Körper aufzusaugen, und
dem Blute zuzuführen, durch welche dasselbe seinen ernährenden Ersatz
erhält. Die Flüssigkeit, welche die Saugadern führen, heisst Lymphe.
Die Lymphdrüsen liegen selten vereinzelt, aber meistens in Gruppen
beisammen, an verschiedenen Theilen des Körpers, als: an dem Bugge -
lenk, in der Brust und fast an allen Organen der Bauchhöhle, besonders
aber im Gekröse, ferner unter den Lendenwirbeln und Kreuzbein, die
wichtigsten aber für uns sind die Kehlgangsdrüsen.
Was nennt man Serum?
Es ist dieses die Absonderung eines wässerigen Dunstes durch die
sogenannten serösen Häute, wie der inneren Auskleidung der Brust, des
Bauches, des Zwerchfells, des Gekröses, der serösen Häute, des Gehirns, des
Rücken- und Knochenmarkes und der Sehnen.
Das Serum befeuchtet die Theile, erhält sie geschmeidig und ver-
hindert jede Reibung. Aehnliche Absonderungen sind das Gliedwasser,
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oder Gelenkschmiere, welche von den serösen, faserigen Häuten der Bän-
der ausgeschieden werden, und was mehr eine klebrige, schlüpfrige Feuch-
tigkeit ist.
Die Nerven werden in die Empfindungs-, Be wegungs-und
Gangliennerven eingetheilt.
Die Ganglien- oder sympatischeu Nerven sind unabhängig
von dem Willen des Thieros und sind bestimmt die Funktionen der Er-
nährungs- und Bildungsorgane zu fördern, daher sie auch organische
oder unwillkührliche Nerven genannt werden. Sie hängen zwar mit
dem Gehirn zusammen, sind aber durch Knoten von demselben getrennt.
Das Athmen, der Kreislauf, die Verdauung, die Aussonderungen etc. wer-
den durch eigene, unwillkührliche Nerven, so lange keine Störung eintritt,
bethätigt. Ihre Wirkung hört auch im Schlafe nicht auf, wo alle Sinnes-
empfindungen und das Bewusstsein ruhen.
Nachdem Lunge, Magen und H a u t die drei Organe sind, welche
selbst in unmittelbarer Beziehung zu einander stehen, die zur Ernährung
dienenden Stoffe in den Körper aufnehmen, die zur Assimilirung mit dem
Blute nicht geeigneten wieder aussondern, und somit den ganzen Lebens-
process vermitteln und unterhalten, so wollen wir jedem einzelnen dieser
drei Organe eine besondere Aufmerksamkeit zuwenden.
Die Lunge besteht aus zwei Flügeln, dem rechten und dem linken;
der linke, welcher unmittelbar am Herzen liegt ist etwas kleiner als
der rechte.
Die Verrichtung der Lunge nun besteht in folgenden:
Das Blut erleidet während seines Laufes durch den Körper wo es
die Ernährung und alle Absonderungen besorgt Veränderungen, wodurch
es zur ferneren Ernährung des Köpers ungeeignet wird, und durch den
Hinzutritt von Sauerstoff aus der athmosphärischen Luft wieder gereinigt
und zur Ernährung geeignet gemacht werden muss.
Diesen chemischen Process der Blutreiniguug besorgt wie schon
gesagt die Lunge durch das Ein- und Ausathmen, indem durch den Hinzu-
tritt von Sauerstoff das Uebermass an Kohlenstoff aus dem verbrauchten
Blute und aus dem Körper entfernt wird.
Wenn das Thier sich stark anstrengt, bedarf es einer grösseren
Monge gereinigten Blutes um seine Lebenskräfte zu unterhalten und durch
die Thätigkeit der Muskeln wird das Blut zugleich rascher durch die Adern
getrieben. Durch das Ein- und Ausathmen wird das bereits gebrauchte Blut
wieder in brauchbares verwandelt, indem das Blut allen Körpertheilen
ihre Lebenskraft zuführt; je schneller nun der Verbrauch, desto schneller
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muss auch der Ersatz stattfinden und so ist es hieraus erklärlich, dass
auch ein auf der Stelle sich bewegendes Pferd, (z. B. bei der Arbeit in
den Pilaren), ausser Athem kömmt; daher das schnelle und tiefe Athmen
eines schnelllaufenden Pferdes; daher die Notwendigkeit einer geräumi-
gen Brusthöhle um Schnelligkeit mit Ausdauer zu verbinden: daher die
auffallende Erleichterung eines ausser Athem gekommenen Pferdes durch
Aufschnallen der Gurten oder durch eine wenn auch kurze Kühe; daher
die Erscheinung, dass ein ausser Athem gekommenes oder lungenkrankes
Pferd selbst mit den gesundesten Beinen nicht mehr gehen, und warum
sonst ganz willige Pferde das Weiterziehen an einem Berge versagen,
wenn nicht zu rechter Zeit ein wenig Halt gemacht werden kann.
Nachdem nun die Lunge auf das Blut, als den eigentlichen Lebens-
saft und dessen Bereitung einen so grossen Einfluss nimmt, so ist es leicht
erklärlich, dass gestörte Verrichtungen oder krankhafte Zustände der
Lunge auf den ganzen Lebensorganismus bedeutenden Einfluss nehmen
müssen.
Die Krankheiten der Athmungswerkzeuge gehören unter die bedeu-
tendsten und sind beim Pferde von grossem Einflüsse auf seine Brauch-
barkeit, indem bei aller Arbeit des Pferdes Schnelligkeit und Ausdauer
nach Umständen im höchst möglichen Grade verlangt werden.
Wie sehr die Lunge hierbei einwirkt, wurde schon gesagt.
Es liegt daher im Interesse eines jeden Pferdebesitzers alle auf die
Lunge schädlich einwirkenden Einflüsse möglichst fern zu halten.
Welches sind nun die gewöhnlichsten Veranlassungen wodurch Lun-
genkrankheiten entstehen?
Plötzlicher Uebergangaus vieler langer Ruhe in heftige Be-
wegung, oder von starker Bewegung zu plötzlicher Ruhe, daher das alte
Sprichwort: Langsam aus dem Stall, langsam in den Stall,
stets wahr bleibt.
Schneller Wechsel der Temperatur, dem das Pferd beider
gewöhnlichen Stallbehandlung nur zu sehr ausgesetzt zu sein pflegt. In
den meisten Ställen ist die Temperatur der Luft im Frühjahre und Herbst
um mehrere Grade höher als draussen im Freien, was im Winter noch
mehr hervortritt. Zu dem kommt, dass die Luft nicht allein erhitzt, son-
dern auch durch die Ausdünstung des Pferdes, den durch das Ausathmen
aus dem Körper entfernten und in die Stallluft übergegangenen Kohlen-
stoff und die aus dem Miste entwickelten amoniakalischen Verdunstungen
verunreinigt ist, wie man aus dem scharfen Geruch und dem schmerzhaf-
ten Eindruck auf die Augen und die Brust entnehmen kann.
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Wenn nun ein Pferd in dieser heissen, verdorbenen Athmosphäre die
meiste Zeit warm zugedeckt steht, aus jeder Pore seiner Haut übermäs-
sig ausdünstet, dann plötzlich die Decken abgenommen werden und
das Pferd alle 24 oder gar nur alle 48 Stunden eine Stunde in die kalte
Winterluft kömmt, so wirkt dieses unmittelbar auf die Haut nachtheilig.
Jede unterdrückte Hautausdünstung äussert sich nachtheilig für die Lunge
indem diese beiden Organe in steter Wechselwirkung zu einander stehen,
und zwar um so nachtheiliger für die durch die heisse und vergiftete Luft
zu Krankheiten geneigte Lunge.
Mangelan Bewegung oder Arbeit bei kräftigerEr-
n ä h r u n g füllt alle Gefässe zu sehr an, dadurch entsteht Stockung der
Säfte, wodurch die Gefässe, folglich auch ein so gefässreiches Organ, wie
die Lunge ist, zu Entzündungen geneigt werden.
Was für Schlüsse sind hieraus zu ziehen?
Dass reine, massig warme, jedoch nie erhitzte, oder mit vielen schäd-
lichen Stoffen geschwängerte Stallluft ein Haupterforderniss zum Gesund-
erhalten der Pferde ist;
dass durch eine solche Luft der Unterschied zwischen der Luft im
Stalle und draussen sowohl in Bezug der verschiedenen Bestandtheile
als des Wärmegrades nicht so gross ist, wodurch auch ein so plötzlicher
Temperaturwechsel nicht eintritt;
dass viele Bewegung im freien in langsamen Gangarten der Gesund-
heit höchst zuträglich ist;
dass Nahrung und Arbeit stets in einem guten Verhältnisse stehen
müssen oder sollen;
dass ein Pferd, auch ohne schnell bewegt worden zu sein, was aber
Unkundige gar nicht einsehen wollen, bloss durch zu vieles Stehen in
schlechter, erhitzter Stallluft in Lungenentzündung verfallen könne und
endlich:
dass der Einfluss unreiner, verdorbener Luft auf die Bildung der
Rotz und Wurmkrankheit einen bedeutenden Einfluss nehmen muss; denn
diese Krankheiten bestehen in einer allgemeinen Verderbniss des Blutes
und der durch die Lunge vermittelte Hinzutritt reiner, athmosphärischer
Luft zur gesunden Blutbereitung ist unerlässlich.
Anmerkung. Reine Luft ist eine solche, welche in der Zusam-
mensetzung ihrer Bestandtheile dasjenige Verhältniss hat, wodurch die
Erhaltung des Lebens und der Gesundheit am besten befördert wird. Die
Hauptbestandteile der Luft sind nämlich: Sauerstoff, Stickstoff,
Kohlensäure und Wasserdarapf.
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Sauerstoff und Stickstoff sind Luft- oder Gasarten, welche
weder Farbe, noch Geschmack, noch Geruch haben. Im Sauerstoff ver-
brennt eine Kerze viel schneller und viel heller als in gewöhnlicher Luft;
auch Thiere athmen darin anfänglich mit mehr Leichtigkeit und Lust,
aber es regt sie auf, beschleunigt den Blutumlauf, bewirkt einen Fieberzu-
stand und tödtet sie endlich durch das Uebermass der Aufregung. Sie le-
ben zu rasch in dem reinen Sauerstoffgas und verzehren sich schnell
darin, wie die blendend aufleuchtende aber bald verlöschende Kerze.
Im Stickstoff erlischt eine brennende Kerze augenblicklich,
Thiere, die hineingebracht werden, hören auf zu athmen.
Kohlensäure ist eine Luftart, welche gleich dem Sauerstoff und
dem Stickstoff keine Farbe aber einen schwachen Geruch und einen merk-
lich sauren Geschmack hat.
Unter Wasser dampf oder Wasserdunst wollen wir die sicht-
baren oder unsichtbaren Wassertheilchen verstehen, die in offener Luft
von dem Wasser aufsteigen. Wenn man bei trocknem Wetter Wasser auf
den Boden giesst, so verschwindet es sehr bald; es steigt als unsichtbarer
Dampf oder Dunst in die Luft auf, und mischt sich mit den übrigen Be-
standtheilen derselben.
Diese vier Stoffe enthält die Luft überall und zu jeder Zeit. Sie alle
sind für die täglichen Bedürfnisse des thierischen und des Pflanzenlebens
unentbehrlich, aber der Stickstoff und der Sauerstoff bilden einen
so grossen Theil des Ganzen, dass man gewohnt ist zu sagen, die Luft be-
stehe nur aus Stickstoff und Sauerstoff, und zwar in dem Verhältniss von
vier Theilen des erstem auf einen Theil des letztern.
Kohlensäure ist in der Luft in verhältnissmässig nur sehr geringer
Menge vorhanden.
Der Wassergehalt der Luft ändert sich mit dem Klima und der
Wärme des Ortes.
Mit jedem Athemzuge, der die Lungen des Thieres schwellt, saugt es
eine Menge Sauerstoff ein. Dieser Sauerstoff ist ein Theil seiner notwen-
digen Nahrung, den es aus keiner andern natürlichen Quelle beziehen
kann, und der ihm in jedem Augenblick von neuem geboten wer-
den muss.
Aber auch das Verhältniss, in welchem der Sauerstoff in der Luft
vorhanden ist, ist den Daseinsbedingungen der Thiere und Pflanzen ange-
messen. Bestände die Luft aus Sauerstoff allein, so würde das Leben der
Thiere nur von sehr kurzer Dauer sein, und angezündete Körper würden
mit ausserordentlicher Heftigkeit und Schnelligkeit verbrennen. Nun ist
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der Sauerstoff aber mit einer grossen Menge Stickstoff verni ischt, und
diese Luftart bewirkt eine unschädliche Verdünnung desselben, da sie
nicht giftig wie die Kohlensäure ist. Sie mässigt und verlängert die Wir-
kung des Sauerstoffs auf den Körper, wie etwa Wein oder Spiritus durch
Wasser verdünnt werden, und dadurch ihre zu heftige Wirkung ge-
mässigt wird.
Die Kohlensäure ist für das Pflanzenleben eben so unentbehrlich, als
der Sauerstoff für das Thier. Wäre keine Kohlensäure in der Luft, so
würde das Wachsthum der Pflanzen gänzlich stocken. Bald würde uns nur
eine traurige Wüste umgeben und mit dem erstorbenen Pflanzenleben
würde auch das der Thiere aufhören müssen.
Aber die Kohlensäure ist ein Gift für die Thiere; ebendesshalb darf
die Luft nur eine so geringe Menge davon enthalten.
Nicht minder nothwendig ist der in der Luft enthaltene Wasserdampf
für das Bestehen der belebten Natur. Der Mensch und das durch Lungen
athmende Thier dunsten aus der Haut und den Lungen beständig Wasser
aus. Wäre die sie umgebende Luft vollkommen trocken, so würde ihre
Haut vertrocknen und zusammenschrumpfen, und ein fieberischer Durst
würde ihren Leib verzehren.
Zur Erhaltung einer gesunden Luft in einem Stalle ist es nothwendig
stets einen Luftwechsel zu unterhalten. In gut eingerichteten Stallun-
gen dienen hierzu die bekannten Luftabzüge; diese genügen jedoch nicht
immer, um die durch die Verwesung des Auswurfes, des Urines, sich bil-
denden Ammoniak- und des Ausathmens entstehenden Kohlenstoff-Be-
standtheile hinlänglich zu entfernen und dafür hinlänglich Sauerstoff-Be-
standtheile aus der Luft aufzunehmen. Es müssen desshalb Thüren und
Fenster öfter ganz geöffnet werden, wobei es jedoch zu vermeiden ist,
dass die Pferde in Zugluft stehen.
Käucherungen erreichen nur dann den Zweck der Luftverbesserung,
wenn diese aus Stoffen bestehen, welche die schädlichen Bestandteile der
Stalluft aufsaugen; denn ausserdem erreicht man nur einen andern Ge-
ruch , aber die Luft ist nicht gereinigt. Desshalb ist Luftwechsel in oben-
angegebener Weise stets das beste.
Diese Erklärung über die Bestandtheile und die Eigenschaften der-
selben, woraus die atmosphärische Luft besteht, wird hinlänglich sein, um
auf die Notwendigkeit einer guten Stallluft zum Gesunderhalten der
Pferde hinzuweisen.
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Die Nasenlöcher und die Luftröhren bilden nun die Wege, durch
welche die atmosphärische Luft in die Lungen ein- und ausströmt. Es ist
daher begreiflich, dass diese Wege frei und gehörig offen sein müssen, um
der Lunge ihre Verrichtungen zu erleichtern, und dass Krankheiten, Ver-
stopfungen oder Verengerungen in diesen Luftwegen das Athmen erschwe-
ren, nach Umständen fast unmöglich machen.
Welches sind nun die gewöhnlichsten Krankheiten
die in diesen Luftwegen und an der Lunge selbst vor-
kommen?
An der Spitze der Luftröhre befindet sich der Kehlkopf; derselbe
besitzt viele Muskeln zu seiner Bewegung und zahlreiche Nerven; er ist
desshalb auch sehr empfindlich und muss es sein, da er die Lunge vor
nachtheiligen Einwirkungen zu bewahren hat. Dieser Kehlkopf nun ist aus
verschiedenen Ursachen öfter Entzündung ausgesetzt, in Folge deren
durch Ausschwitzung zerrinnbarer Substanz eine Verengerung desselben
zurückbleiben kann. Hierdurch entsteht beim Athmen ein pfeifender Ton
und man nennt ein solches Pferd einen Pfeifer oder Rohr er.
Bei manchen Pferden tritt dieses erst bei heftigerer Bewegung her-
vor , bei manchen nur dann, wenn sie in eine stark zusammengeschobene,
herbeigezäumte Stellung genommen werden; bei manchen tritt dieses
schon in massigem Trabb so stark hervor, dass sie dem Ersticken nahe zu
sein scheinen.
Mit der Drüse, katharrhalischen Affektionen überhaupt kann auch
Kehlkopfentzündung entstehen, wodurch krankhafte Veränderungen blei-
bend in diesem Theile hervorgebracht werden; aber auch äussere Einwir-
kungen können dieses hervorbringen.
Ich habe ganz junge, vierjährige Pferde gekannt, die sehr stark röhr-
ten. Namentlich ist mir eines, von einem Kameraden zum Zureiten anver-
traut, erinnerlich, welches im massigen Trabb so stark röhrte, dass es un-
möglich war, die Dressur zum Reitgebrauche fortzusetzen. Woher dieses
junge Thier, das unmittelbar aus der Hand des Züchters in den Besitz
meines Kameraden gekommen war, dieses Leiden erhalten hatte, ist mir
unbekannt.
Indem alles, was auf das gesunde und ungehinderte Athmen unmittelba-
ren Einfluss nimmt, von so grosser Wichtigkeit für die Brauchbarkeit des
Pferdes ist, so kann ich nicht unterlassen, hier die Worte aus dem sehr ge-
schätzten Werke, das Pferd, aus dem Englischen übersetzt von Hering,
anzuführen. Diese Worte verdienen um so mehr Beachtung, als sie auf
einen Gegenstand aufmerksam machen, der, wenn er auch nicht immer
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Kehlkopfentzündung hervorbringt, so doch gar oft zur Qual der Pferde
dient.
In dem genannten Werke heisst es:
Eine häufigere, bisher unberücksichtigte Veranlassung zu Entzün-
dungen und Entartungen des Kehlkopfes ist das scharfe Anziehen der Auf-
satztrensen bei Wagenpferden. Es ist unzweifelhaft, dass weit mehr Wa-
genpferde (Kutschenpferde) Pfeifer werden, als solche, die blos zum Reit-
dienste benutzt werden, und dies erklärt sich aus dem fortdauerden und
beschwerlichen Druck, welchen das straffe Anziehen des Aufsatzzügels, damit
das Pferd den Kopf gut tragen lerne, auf den Kehlkopf und die Luftröhre
ausübt.
Wir haben den Kehlkopf und ein Stück der Luftröhre zunächst an
ihm flach gedrückt, gekrümmt und auf die seltsamste Weise verdreht ge-
sehen , was nicht durch Krankheit, sondern blos auf mechanische Weise
geschehen sein konnte.
Dieser Uebelstand kommt meistens bei jungen Pferden vor; der sehr
gebogene Hals und aufgerichtete Kopf des Wagenpferdes ist eine unnatür-
liche Stellung, welche das Thier, wie sehr es auch daran gewöhnt sein
Wag, gerne wieder verlässt.
Diejenigen, welche Wagenpferde dressiren, sollten begreifen, dass,
wenn der Kopf eines Wagenpferdes zum erstenmale durch den Aufsatzzü-
gel zurückgezogen wird, dies grosse Sorgfalt und Vorsicht erheischt. Es
°iuss Nachtheil bringen, wenn die Kehle gewaltsam gedrückt wird, beson-
ders da die Gefahr durch die Ungeduld des noch nicht daran gewöhnten
Thieres vermehrt wird.
Der Kopf des Reitpferdes erhält nach und nach durch die Hand des
Bereiters seine gehörige Stellung, welcher geschickt mit dem Drucke
flachlässt oder steigt, und mit dem Maule gleichsam spielt, wogegen das
arme Wagenpferd durch einen Zügel gehalten wird, der nie nachgibt, und
seine Nase wird zum Nachtheile des Kehlkopfes und der Luftröhre herbei-
genommen, ein Nachtheil, der noch besonders vergrössert wird durch
einen ungünstigen Ansatz des Kopfes, oder einen dicken, verkehrten Hals
oder enge Ganaschen.
Die Form des Kehlkopfes und der Luftröhre wird nach und nach
vprändert, wenn sie so zwischen die Kiefer und die Halswirbel hineinge-
kleramt werden; ferner werden die Muskeln dieser Theile durch den
Druck unfähig zu ihrer Verrichtung und bleiben es am Ende, selbst wenn
der Druck aufgehört hat. Da nun auf diese Weise der Kehlkopf während
dem beschleunigten Athmen des Thieres nicht hinreichend geöffnet wer-
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den kann, so strömt die Luft mit Gewalt durch die verengte Oeffnung und
bringt so das Pfeifen hervor.
Man glaubt gewöhnlich, das Koppen endige gern mit dem Pfeifen;
indessen, es ist nichts beim Koppen, was dazu führen könnte, wohl aber
sind es die gewöhnlich zum Verhindern des Koppens angewendeten und
um den oberen Theil des Halses fest zugeschnallten Koppriemen, welche
nothwendig den Kehlkopf drücken und verdrehen müssen, ja ihn sogar
lähmen können.
Die Behandlung des Pfeifens ist sehr unbefriedigend; aus der Natur
dieser Krankheit kann man schon abnehmen, dass ihre Heilung meist
ausser dem Bereiche der Kunst liegt; diese kann nämlich einem auf diese
Weise beleidigten Kehlkopfe seine natürliche Lage und Form nicht wieder
geben. Ist ein Ring oder Band von geronnener Lymphe vorhanden, so gibt
es kein Mittel es zu entfernen; oder wenn die Muskeln des Kehlkopfes
gelähmt sind, kennen wir kein Mittel, um sie wieder in Thätig-
keit zu setzen, oder keine Methode den dazu nöthigen Reiz anzu-
bringen.
So weit der citirte Autor.
Die Spaltung der Luftröhre bei ihrem Eintritt in die Lungen und die
zahlreichen Verzweigungen, in welche sie sich unmittelbar nachher theilt,
nennt man Bronchien oder Luftröhrenäste und die Entzündung der sie
auskleidenden Haut: Bronchitis oder Luftröhrenentzündung. Sie ist eine
Ausbreitung des Katarrhes bis zum Eintritt der Luftröhre in die Lungen;
das Athmen ist schneller und beschwerlicher als beim gewöhnlichen Ka-
tarrh und eigenthümliches Keuchen ist hörbar, das durch Heraufhusten
von Schleim vermindert wird.
Die Drüse, obwohl eigentlich in einer Affektion der Nasenschleimhaut
bestehend, ist doch gewöhnlich mit einer Geschwulst das Kehlganges ver-
bunden , wodurch die Luftwege ebenso sehr verengert werden, als durch
eine grosse Anhäufung in der Nase sich krankhaft absondernden
Schleimes.
Ebenso nimmt jeder Grad katarrhalischen Leidens auf das Athmen
mehr oder weniger Einfluss.
Lungenentzündung kommt ziemlich häufig vor, und hat je nach der
Art ihres Verlaufes mancherlei Leiden im Gefolge. Manchmal werden die
Pferde plötzlich davon befallen, meistens aber geht ihr verminderte
Fresslust, Traurigkeit, Frostschauder, Husten und dergl.
voraus.
Die gewöhnlichsten Ursachen der Lungenentzündung sind: Schneller
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Wechsel von Hitze und Kälte oder umgekehrt; Waschen mit kaltem Was-
ser unmittelbar nach dem Gebrauch; Laufen gegen kalten Wind; allge-
meines Fieber, z. B. bei heftiger Halsentzündung, Gedärm-, Hufentzün-
dung etc., das sich auf die geschwächte Lunge wirft; vernachlässigter oder
mit reizenden Mitteln behandelter Katarrh. Auch zu schneller Uebergang
von der Weide- zur Stallfütterung oder umgekehrt kann Lungenentzün-
dung hervorbringen.
Bei dem entschiedenen Vorhandensein der Lungenentzündung ist ein
sehr ausgiebiger Aderlass der nach Umständen wiederholt werden kann,
das erste und nothvvendigste Mittel. Dann werden scharfe Einreibungen zu
beiden Seiten der Brust angewendet, um die Entzündung nach auswärts zu
leiten; Beförderung der Hautthätigkeit durch warmes Zudecken, um den
Zudrang des Blutes von der Lunge weg mehr nach aussen im Allgemeinen
mehr in Thätigkeit zu erhalten, ist sehr nothwendig; dabei darf der Stall
keineswegs heiss, sondern mit möglichst reiner, frischer Luft versehen sein.
Nach Verlauf von 48 Stunden pflegt es entschieden zu sein, ob der Pa-
tient geheilt sein wird, ob bald der Tod erfolgt oder ob sich aus der Ent-
zündung andere Krankheitsformen bilden. Ist die Entzündung ohne üble
Folgen beseitigt, so darf man sich nicht zu sehr beeilen das Pferd
durch sehr nahrhaftes Futter schnell wieder herauszufüttern.
Geht die Entzündung in Zertheilung nicht über, so treten nach drei
höchstens fünf Tagen verschiedene Entzündungsübergänge ein, wodurch,
wenn auch das Pferd am Leben bleibt, die Brauchbarkeit des Thieres sehr
beeinträchtigt werden kann.
Wenn eine Ausscheidung des gerinnbaren Theiles des Blutes in die
Lungensubstanz stattgefunden hat, wodurch viele Luftzellen ausgefüllt und
andere verschlossen werden, so verursacht dieses Schwerathmigkeit
auch Hartschnaufen genannt, welches mit Schnelligkeit unverträglich ist,
und häufig in Dämpfigkeit übergeht.
Wasserergiessungen in die Brusthöhle, gewöhnlich übergan-
gene Lungenentzündung genannt, sind eine andere Folge und bilden
dann die Brustwassersucht, welche dann endlich bei grösserem Um-
fang die Ausdehnung des Herzens und der Lunge hindert, wodurch das
Thier ersticken muss.
Eiterung in der Lunge, Verjauchung derselben, Bildung von Lungen-
knoten (Tuberkel) sind häufig auch Folge von Lungenentzündung. Diese Lun-
genknoteu tödten dieThiere gewöhnlich nicht bald und sind ihrer nur wenige
vorhanden, so leben sie damit fort; ist aber die Lunge vollauf damit besetzt,
so verdrängen sie die Lungensubstanz und stören dadurch den Verkehr
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mit der Lebensbedingung: d e r L u f t. Daher magern solche Pferde ab,
wenn sie auch bei Fresslust bleiben, athmen schneller und auffallender,
werden dämpfig, husten öfters, und der Husten ist bald trocken, bald
mit einem Ausfluss eines mehr bröckligen Schleimes aus der Nase
verbunden.
Ein J zwar seltener, aber durch heftigen Blutandrang beding-
ter Fall ist Berstung und Zerreissung der Lunge, wovon das Thier
schnell durch innere Verblutung zu Grunde geht.
Der Damp f ist eine chronische, fieberlose, die Verwendung
des Thieres seh ^beeinträchtigende meistens unheilbare Ath-
mungsbeschwerde.
Die nächste Entstehungsursache des Dampfes liegt in einer krank-
haften Aenderung entweder der eigentlichen Athmungswerkzeuge oder
anderer beim Athemholen einwirkender Organe, wodurch es geschieht,
dass das Thier in einem einzigen ruhigen Athemzuge nicht die nöthige
Menge Luft einathmen kann, sondern mehrere und angestrengte Athem-
zuge machen muss um sich die zu seiner Erhaltung nöthige Quantität
Luft zu verschaffen, die bei allem dem den normalen Verkehr doch nicht
unterhalten kann, wenn die Lungen durch schon genannte Entzündungs-
übergänge krankhaft verändert sind.
Da der Dampf selten ein primäres Leiden, sondern meistens eine
Nachkrankheit vorangegangener Leiden ist, so sind alle Ursachen, welche
Entzündungen der eigentlichen Athmungswerkzeuge verursachen, den
freien Luftverkehr, sowie eine ungestörte, hinlänglich kräftige Ausdeh-
nung der Lunge verhindern, als Dampferzeugung anzusehen. Solche Ur-
sachen sind z. B. Druck auf den Kehlkopf durch zu zwangvolle Zäa-
mung hervorgebracht, Schwinden der Kehlkopfsmuskeln, viele Nahrungs-
mittel die ohne viel Kraft zu geben die Bauchhöhle zu sehr ausdehnen,
und die Bewegung des Zwergfelles hindern; dumpfige, staubige Nah-
rung, von Natur zu schmaler Brustkasten u. s. w.
Von einem in Lungenleiden wurzelnden Dampfe sind nicht selten
Rotz und Wurm die Folgen, indem durch die mangelhafte Verrichtung der
Lunge der Zutritt der atmosphärischen Luft zum Blute verhindert ist,
wodurch nach und nach eine immer grössere Verschlechterung in der
Blutbereitung eintritt.
Selbst bei geringem Vorhandensein des Dampfes athmet das Pferd
in ganz ruhigem Zustande 4—6 oder noch mehr Athemzuge in der Mi-
nute schneller als ein gesundes Pferd und dabei ist das Athmen
auffallend.
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(Das gesunde Pferd athmet bekanntlich im ruhigem Zustande 8—10
Mal in der Minute.)
Beim Ausathmen geschieht die Flankenbewegung stossweise, so zu
sagen doppelt.
Längs der Anheftung des Zwergfelles an die Knorpel der fal-
schen Rippen zeigt sich beim Einathmen eine Rinne, Dampfrinne
genannt.
Die Bewegung der Nasenlöcher ist auffallend und correspondirt nicht
immer richtig mit der Flankenbewegung.
Bei höherem Grade des Uebels wird das Athmen hörbar und im
höchsten Grade entsteht eine von der Zusammenziehung der Bauchwände
ausgehende Erschütterung des ganzen Körpers.
Zur Beurtheilung des Dampfes soll man immer mit dem Thiere eine
anstrengendere Bewegung vornehmen. Nach dem Futtergenusse, nach der
Tränke, bei grosser Hitze, und bei feuchter sehr kalter Witterung werden
alle Erscheinungen des beschwerlichen Athemholens auffallender, und
halten noch lange oft eine Viertelstunde und noch länger nach der Bewe-
gung fortwährend an.
Noch wäre über den Dampf zu bemerken:
dass es mindere und höhere Grade des Uebels gibt und nicht
überall alle Erscheinungen zugegen sind;
dass der Husten kein wesentliches Symptom des Dampfes ist, denn es
kann Husten ohne Dampf vorhanden sein; wenn Husten zugegen, so
ist er kurz, hohlklingend und trocken.
Bei lange dauerndem Dampfe tritt Magerkeit ein, das Pferd bekömmt
glanzloses, struppiges Haar und einen aufgezogenen, (aufgeschürzten)
Leib, es verliert sein früheres Feuer und Temperament und schwitzt leicht
bei geringer Anstrengung. Alle diese Erscheinungen sind Folgen des
gestörten Verkehrs der Luft mit dem Blute, weil die atmosphärische
Luft die wichtigste Lebensbedingung ist.
Indem dämpfige Pferde zu langsamen Zugdienste noch Jahre
lang brauchbar sein können, so muss man trachten, sie wenigstens so
lange als möglich brauchbar zu erhalten und ihnen das Athmen zu
erleichtern. Die Mittel hierzu sind massige Arbeit bei hinlänglicher
Schonung;
dann zweckmässige Fütterung d. h. Grünfutter, wo möglich auf der
Weide genossen, oder statt dessen gelbe Rüben, (Möhren) etc. Anstatt
des Heues, Strohfütlerung, überhaupt Futter, das hinlängliche Kraft gibt
ohne den Bauch zu sehr anzufüllen, und dieses in kleineren, öfteren Ga-
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ben reichen; sogleich nach der Fütterung verschone man das Pferd
wo möglich mit Arbeit und verlange kein schnelleres Gehen von ihm.
Lungenleidende Hengste oder Stuten sind jedenfalls von der Zucht
auszuschliessen.
Unter chronischen Husten versteht man, wenn das Pferd ohne sonst
an einem Katharr oder Lungenkrankheit zu leiden, oder kurz vorher
gelitten zu haben, zeitweise hustet, ohne sich dabei sonst
krank zu zeigen, und dieser Zustand lange Zeit andauert.
Es liegt diesem entweder eine schleichende, langdauernde (d. h.
chronische) Entzündung der Luftwege oder eine überaus grosse Em-
pfindlichkeit der Luftwege zum Grunde, so dass schon ganz ge-
ringe Anlässe z. B. eine etwas kältere Luft, kaltes Getränk, stau-
biges Futter eine etwas stärkere Anstrengung u. s. w. einen Reite der
Luftröhre verursachen, und Husten erregen.
Lungenknoten, die so lange sie nur Verhärtungen auf einzel-
nen Punkten bilden, den Verkehr zwischen Luft und Blut nicht bedeu-
tend hemmen, erregen einen zeitweisen, trockenen Husten. Nehmen aber
diese Knoten an Zahl und Umfang zu, und übergeht die Verhärtung in
Vereiterung, so gehen bedeutende Störungen des Athemholens vor sich
und es entsteht ein eiteriger Ausfluss, Abmagerung, die Fresslust geht
verloren, fauliges Fieber, ja selbst Wurm und Rotz sind die gewöhnlichen
Folgen dieser langwierigen Krankheit, die unausbleiblich mit dem Tode endigt.
Zur Heilung des chronischen Hustens ist einige Hoffnung da, wo die
Ursache in besonderer Empfindlichkeit der Luftwege zu suchen ist; bei
Lungenknoten, Eitersäcken etc. verschwindet die Hoffnung dazu, obwohl
Pferde mit Lungenknoten noch lange leben können und zu geringen
Dienstleistungen zu verwenden sind.
                                       i
Woraus auf eine gesunde Beschaffenheit des Magens und der Ge-
därme zu schliessen sei, wurde schon früher erwähnt; wir wollen nun
hier den Magen und die Verdauungsorgane in ihren Verrichtungen
überhaupt und ihren krankhaften Zuständen etwas näher betrachten.
Das durch die Lippen und das Maul aufgenommene und durch die
Zähne zerkaute Futter wird schon während dessen mit Speichel befeuch-
tet; durch den Schlund gelangt es in den Magen, vom Magensaft
befeuchtet wird die Verkochung des Magenbreies befördert, welcher
dann als solcher in die Gedärme gelangt. Die Gedärme bilden einen
Hautschlauch, der 9—11 Mal länger ist, als das Pferd; der theils grös-
sere, theils kleinere Umfang bedingt die Benennung: Dünn- und
Dickdarm.
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Die Verrichtung des Magens und der Gedärme mit ihren Nachbar-
organen als: der Leber, der Bauchspeicheldrüse, der Milz und
'des Gekröses, die Futterstoffe aufzunehmen, sie in Nahrungssaft zu
verwandeln, dem Blute zuzuführen und die unverdaulichen Theile durch
den Mastdarm aus dem Körper zu schaffen, wird mit einem Worte:
Verdauung genannt.
Hieraus geht hervor, dass Leiden des Magens und der Gedärme,
sowie der zur Bereitung des Magensaftes (Chylus) mitwirkenden Nach-
barorgane gewöhnlich in genauer Verbindung stehen; daher die mangel-
hafte Ernährung des Pferdes bei Leberleiden, Gekrösdrüsenverhär-
tungen u. s. w.
Mangel an Fresslust ist nicht immer ein Zeichen von krankhaf-
ten Zuständen des Magens und der Gedärme, denn man muss in diesem
Falle untersuchen, ob das Thier nicht fressen will, nicht fressen kann
oder nicht zu fressen weiss.
Die Thiere wollen nicht fressen, wenn sie Abneigung oder gar
Eckel vor Nahrungsmitteln haben, z. B. bei übelriechenden, dumpfigen
Futter, sehr schilfigem Heu, unreinen, stinkenden Krippen etc. oder bei
wirklichen Krankheitszuständen, als gastrischem Leiden, Koliken, Magen-
und Gedärmentzündungen oder auch bei heftigein Leiden anderer Bauch-
und Brust oder Kopfeingeweide, wegen der Sympathie der Verdauungs-
organe mit allen übrigen Organen.
Die Thiere k ö n n e n nicht fressen wie bei Entzündungen des Mau-
les, der Schlingwerkzeuge und bei sogenannten Wolfszähnen, wegen der
Schmerzen; oder wie bei der Maulsperre, wegen Verschliessung des
Maules.
Die Thiere w i s s e n nicht zu fressen, wenn ihnen das Bewusstsein
fehlt, wie bei Gehirnentzündung, Koller, oder sonstiger Betäubung.
Was nennt man ein gastrisches Leiden?
Diese Benennung kömmt von dem griechischen Worte »Gaster«, Magen
oder Bauch und bezeichnet den geringsten Grad eines Bauchleidens,
dadurch entstanden, dass die Verdauungskräfte und Säfte nicht hinreichen
um das Genossene gehörig zu verarbeiten.
Es äussert sich durch verminderte oder gänzlich aufgehobene Fress-
lust, unordentliche Entleerung eines gewöhnlich schlecht verdauten Mistes
ohne bedeutende Kolikschmerzen zu zeigen.
Der Sitz des gastrischen Leidens sind der Magen und die Gedärme ;
ist Fieber vorhanden, so nennt man es gastrisches Fieber, welches
dann gewöhnlich eine Gedärmentzündung ist.
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Entstehungsursachen sind gewöhnlich:
Zu viel Futter und Mangel an Bewegung;
schlechte Beschaffenheit des Futters, wenn es schimlig,
dumpfig, erhitzt, in unreinen, stinkenden Krippen gereicht wird;
kaltes, bethautes Grünfutter, verdorbenes, unrei-
nes, zukaltesW asser;
plötzlicher Uebergang von Grün zum Hartfuttur, oder
umgekehrt;
Verkältungen und endlich werden auch das Koppen, Wür-
mer und Bremsenlarven im Magen des Pferdes als Ursachen zur
Unverdaulichkeit betrachtet.
Worin besteht nun eigentlich das Wesen des gastrischen Leidens ?
Ist das Genossene in zu gr oss er Menge oder in fehlerhafter
schlechter Beschaffenheit in den Magen gelangt, oder sind die Verdau-
ungskräfte überhaupt schon geschwächt, so können sie über den Inhalt
des Magens nicht Meister werden, d. h. ihn nicht verdauen. Bleiben nun
diese unverdauten Stoffe länger im Magen und in den Gedärmen liegen,
so gehen sie in der Folge in saure und faule Gährung über. Werden diese
unverdauten Stoffe aus dem Magen und den Gedärmen nicht entfernt, so
nimmt die Gährung immer mehr zu, und die Stoffe wirken durch ihre
Menge mechanisch, durh ihre faule oder saure Beschaffenheit chemi s ch
auf die Magen-und Darmwände zurück und erzeugen dadurch selbst
Koliken, Magen- und Gedärmentzündungen, Durchfall etc.
Es ist also das gastrische Leiden so zu sagen der erste Schritt zur
Kolik, Magen- und Gedärmentzündungen.
Die wirklich ärztliche Behandlung dieses Leidens, und es zu erken-
nen, ob die Fresslust nicht zu Folge eines anderen Leidens z. B. Lungen-
entzündung, heftiger Schmerzen einer Wunde etc. etc. verloren gegan-
gen ist, gehört in das Bereich eines Thierarzten.
Hier sei nur erwähnt, dass ein gastrisches Leid en im geringen Grade
durch Futter abb ruch und Klystiere zur Entfernung der unverdauten
Futterstoffe aus den Gedärmen auch ohne Thierarzt wird behoben werden
können.
Die meisten Pferdewärter machen in solchen Fällen den Fehler, dass sie
das in der Raufe und Krippe übrig gelassene Futter dem Pferde nicht
wegnehmen, wodurch das Pferd gewöhnlich noch mehr Eckel davor
bekömmt. Ist nun das Pferd so weit hergestellt, dass es wieder anfängt zu
fressen, so pflegen sie gleich zu viel Futter zu geben, in der unrichtigen
Meinung es dadurch schnell wieder zu Kraft zu bringen.
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Durch Brechmittel den Magen zu reinigen ist beim Pferde nicht
anwendbar ; denn der Magen des Pferdes ist an der Mündung des Schlun-
des mit einer starken Muskel versehen, welcher dieselbe nach dem Durch-
gange des Futters schliesst, und dadurch die Entleerung des Magens auf
diesem Wege unmöglich macht.
Der Magen des Pferdes ist im Verhältniss zu demselben sehr klein,
darum geht andererseits die Verdauung rasch vor sich.
Es ist dieses bei einem Thiere, das ebenso zur Schnelligkeit als zur
Ausdauer in derselben bestimmt ist, eine sehr weise Einrichtung der Na-
tur. Wäre der Magen viel grösser, so würde er, wenn durch lange Zeit
mit Nahrungsstoffen angefüllt, wegen seiner nahen Lage am Zwerchfell
auf dieses drücken; dieses aber ist durch seine zusammenziehende und
nachlassende Kraft beim Athmen sehr betheiligt.
Würde diese Thätigkeit nun durch die zu grosse Ausdehnung des
Magens beeinträchtigt, so würde dadurch der Lunge Platz an freier Thä-
tigkeit genommen und die Ausdauer in der Schnelligkeit offenbar sehr
beeinträchtigt.
Durch die schnelle Verdauung wird der durch Schnelligkeit in
der Bewegung gesteigerte Verbrauch an Blut und Lebenskraft bald wie-
der ersetzt.
Was für eine Lehre leitet sich hieraus für uns ab ?
Indem der volle Magen gegen das Zwerchfell drückt, und dasselbe in
seiner Thätigkeit beim Athmen hindert, so kann ein Pferd mit vollem Ma-
gen keine anstrengende Arbeit verrichten, und ebensowenig den fest
gegurteten Sattel vertragen; es ist daher nothwendig die Verdauung abzu-
warten bevor das Pferd gebraucht wird.
Trotz der schnellen Verdauung kommen wahrscheinlich wegen der
Kleinheit des Magens, besonders bei gierig fressenden Pferden Ueberfüt-
terungen, Magenausdehnungen und sogar Magenberstungen vor; sie geben
uns die Lehre, dem Pferde wohl öfter, jedoch in geringerem Masse Futter
und Getränk zu verabreichen. Das Pferd unmittelbar vor dem Reiten sich
ganz voll saufen zu lassen, beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit sehr;
der englische Trainer zählt die Schlucke Wasser, die er dem Pferde
namentlich am Morgen vor dem Rennen verabfolgt.
Indem Koliken öfter bei Pferden vorkommen, und auch ohne einen
Thierarzt erkannt und beseitigt werden können, so wird es gut sein, sich
etwas länger hierbei aufzuhalten.
Worin besteht nun eigentlich das Wesen der Kolik ?
Kolik ist ein Leiden des Magens oder der Gedärme oder beider
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zugleich, mit mehr oder weniger heftigen, nachlassenden und wieder
zunehmenden Bauchschmerzen, denen eine entzündliche Neigung oder
Blutcongestion der genannten Theile zu Grunde liegt, hauptsächlich
bedingt durch Störungen der Verdauungsthätigkeit oder wenigstens mit
diesen vergesellschaftet.
Je nach den Hauptgelegenheitsursachen zu ihrer Entstehung und
den auffallendsten Krankheitserscheinungen, hat man ihr verschiedene
Namen gegeben, z. B. Futterkolik, Verkühlungskolik, Wind-, Wurm-,
Verstopfungs-, Bläh-, Entzündungskolik, ferner Nierenkolik, Blasenko-
lik u. s. w. Aus diesen Benennungen sind schon die häufigsten Ursachen
zur Kolik zu entnehmen; aber diese vielen Benennungen sind ohne prak-
tischen Nutzen. Denn das wahre Wesen der Kolik ist immer das näm-
liche, nur die Entzündungsgrade sind höhere und niedere, und
daher die Gefahr fürs Leben geringer oder bedeutender. So ist z. B. Nie-
renkolik eine Entzündung der Nieren, Blasenkolik eine Entzündung der
Harnwerkzeuge.
Wodurch und wie äussert das Pferd, dass es an Kolik leide?
So wie bei allen inneren Leiden die verlorne Fresslust das erste
Zeichen der Krankheit ist, so auch hier; die Thiere werden unruhig,
sehen sich oft nach dem Bauche um, schlagen mit den Hinterfüssen dar-
nach, kratzen und stampfen mit den Vorderfüssen, wedeln mit dem Schweife,
drängen zum Misten, stellen sich zum Strahlen, jedoch ganz ohne oder
mit sehr geringem Erfolge, werfen sich zur Erde, wälzen sich auf dem
Rücken, springen plötzlich auf, scheinen einige Minuten ruhiger, wenn
die Schmerzen nachgelassen haben, und langen auch wohl nach dem Fut-
ter; aber plötzlich kehren die Schmerzen wieder und alle früheren Er-
scheinungen wiederholen sich.
Die Grundzüge der gewöhnlichen Verfahrungsweise zur Beseitigung
der Kolik sind nun folgende:
Nachdem keine Kolik ohne Mistentleerung oder Entfernung von
Winden geheilt werden kann, so sind vor allem Klistiere nothwendig um
angesammelte, unverdaute Futterstoffe zu entfernen und die wurmförmige
Bewegung des Darmkanals anzuregen. Langsame Bewegung im Schritt
befördert dieses und verhindert zugleich das Niederwerfen und Wälzen,
wodurch höchst gefährliche ßerstungen und Gedärmverwicklungen ent-
stehen können.
Es ist ein gutes Zeichen, wenn das Pferd das Klistier längere Zeit
bei sich behält, indem es dadurch viel auflösender wirkt, was nicht der
Fall ist, wenn es den Klistiergehalt gleich wieder als blosses Wasser von
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sich gibt. Fleissiges, festes Reiben mit Stroh über die ganze Oberfläche
des Körpers, vielleicht unterstützt durch Einspritzen mit Terpentinöl längs
des Rückens, namentlich in der Nierengegend, ist sehr nothwendig und
zweckmässig, besonders wenn die Kolik durch Verkühlung entstanden
wäre. Dass dem Pferde während der Kolik nichts zum Fressen gereicht
werden darf, ist wohl natürlich.
Wenn nun auch durch diese Mittel allein nicht jede Kolik behoben
werden wird, so sind sie doch immer gut anzuwenden, um einer bedeuten-
deren Verschlimmerung des Zustandes bis zur Ankunft eines oft entfern-
ten Thierarztes vorzubeugen. Sind die Schmerzensäusserungen nach meh-
ren Stunden nicht viel geringer oder beseitigt, so ist durch die zuneh-
mende Entzündung die Gefahr immer grösser; kräftige, scharfe Einrei-
bungen an den Bauchwänden und ein sehr ergiebiger Aderlass werden
nothwendig.
Dieser wird bei der Kolik stets angezeigt sein, sobald der Puls die
Höhe von 60 Schlägen und darüber erreicht.
Dass durch die Blutentziehung der Darmkanal von seinem schädli-
chen Inhalt nicht gereinigt wird, ist einleuchtend, allein es wird dadurch
der entzündliche Zustand des Magens und der Gedärme gemässigt, der
durch die Rückwirkung des schädlichen Darminhaltes unaufhaltsam ein-
tritt und zunimmt.
Bei Pferden, die trotz aller angewendeten Mittel an Kolikschmerzen
umgestanden sind, findet man öfter Gedärmverschlingungen oder unent-
fernbare fremde Körper, als Glasscherben, Nadeln , Sand etc., wo dann
freilich jede Hilfe vergeblich war.
Die bei Koliken angewendeten Klystiere bestehen in Wasser, worin
Kochsalz oder Seife aufgelöst worden ist; bei hartnäckiger Verstopfung
nimmt man den noch mehr reizenden Tabakabsud mit etwas aufgelöster
Seife vermischt, und wiederholt ein solches Klystier alle b Minuten, auch
Nvohl öfter. Sie sind das vorzüglichste Heilmittel bei Koliken und
sind bei geringen Anfällen oft allein genug , um das Leiden zu
heben.
Entzündungen des Magens allein kommen bei Pferden höchst selten
vor, sondern meistens in Verbindung mit Gedärmentzündung; wogegen
letztere auch ohne erstere stattfinden kann. Dies kömmt daher, weil der
Magen bei allen Thiergattungen ein sehr kräftiges nicht so leicht verletz-
bares Organ ist. Es ist dieses eine sehr weise Einrichtung aer Natur, weil
er so zu sagen den ersten Anfall aller genossenen oft so verschiedenarti-
gen Stoffe aushalten muss, damit sie durch seine Verdauungskraft in
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etwas gemildert und bezwungen den weiten Weg zu den viel empfindli-
chem Gedärmen mit weniger Nachtheil machen können.
Ein anderes Leiden des Magens und der Gedärme ist der Durch-
fall; es ist dieses eine nicht seltene Krankheit bei Pferden, die sich aus
den öftern und weichern oder ganz flüssigen Darmentleerungen mit oder
ohne Bauchschmerz leicht erkennen lässt. Die Entstehungsursachen sind
gewöhnlich:
Fütterungsfehler; plötzlicher Uebergang von einer gewohnten
zu einer ungewohnten Fütterungsweise;
Veränderung des Wassers durch Wechsel des Aufenthaltes aus einer
in eine andere Gegend;
zu vieler und schneller Genuss sehr kalten Wassers; dann
Verkühlungen.
Kennt man die Gelegenheitsursachen, so werden sich auch die Mit-
tel zur Behebung des Uebels nicht schwer finden lassen; jedoch bei Durch-
fällen, die m e h r e W o c h e n dauern, wird die Sache bedenklicher, weil
dann im Darmkanal und auch wohl schon in den Gekrösdrüsen u. s. w.
bedeutende krankhafte Veränderungen vorgegangen sein können, die end-
lich zur Auszehrung, ja selbst zu Kotz und Wurm führen.
Bei säugenden Fohlen sind Durchfälle sehr häufig, wenn die Mutter-
milch zu viel, käse- oder fettreich oder durch den Genuss nachtheiliger
Futterstoffe, oder durch das zu lange Verweilen in den Eutern (wie es bei
Arbeitspferden der Landleute leicht und oft vorkommen kann) unverdau-
lich, reizend geworden und verdorben ist; eine solche Milch wird von den
noch schwachen Verdauungskräften und Säften der Fohlen nicht gehörig
verdaut, geht in die gemeine Gährung über und erzeugt entzündliche Lei-
den der Gedärme und den Durchfall.
Bei solchen Fällen muss dann die Stute (Mutter) hauptsächlich be-
handelt werden.
Worin besteht das Leiden, welches man Gekrösdrüsenverhär-
tung nennt?
Das Gekröse ist eine Fortsetzung der serösen Häute, überzieht die
Gedärme und hat die Verrichtung zur Bereitung des Milchsaftes und der
Assimilirung desselben, d. h. Verwandlung in Blut wesentlich und eigen-
artig beizutragen.
Hieraus geht hervor, dass krankhafte Unterbrechungen des Gekröses
auf die Ernährung des Pferdes unmittelbar und sehr nachtheilig einwir-
ken müssen.
Werden den sehr zahlreichen Gekrösdrüsen durch den sogenannten
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Milchsaft schädliche Stoffe oder Krankheitsprodukte als: ein abnormer
Milchsaft, kranker Schleim, Serum, Lymphe etc. nach vorausgegangenen
Gedärmentzündungen, Durchfällen, gastrischen Leiden, Koliken etc. zuge-
führt , so entstehen dadurch, wie bei allen Drüsenerkrankungen, Ver-
härtungen oder Vereiterungen, wodurch die Gekrösdrüsen ihre Fähigkeit
verlieren, den Milchsaft umzuwandeln und zur Ernährung tauglich zu
machen.
Die Erscheinungen, welche auf das Vorhandensein dieses Leidens
schliessen lassen, sind: die Pferde magern ab und verlieren ihre Kräfte,
ihre Haare werden glanzlos und struppig, der Bauch ist eingefallen und
aufgezogen, die Haut ist trocken und eigenthümlich fest über die Rippen
gespannt; dabei fressen die Thiere gut und der Mist geht gehörig ab, das
Athmen ist normal, die Pferde husten nicht und legen sieh ordentlich nie-
der. Aus diesen Erscheinungen kann man zugleich deutlich entnehmen,
dass das Pferd nicht in Folge eines Lungenleidens (Lungenknoten) abma-
gert und schlecht aussieht.
Die Heilung dieses Leidens ist sehr unwahrscheinlich, indem die Ge-
krösdrüsen der unmittelbaren Einwirkung der Arzneimittel zu entfernt lie-
gen. Die Pferde können mit diesem Leiden jahrelang leben, aber sie
werden wegen zunehmender Abmagerung und Entkräftung immer un-
brauchbarer und erliegen endlich den Folgen dieses Leidens, die nicht
selten in Rotz und Wurm bestehen.
Nachdem die Leber an der Verdauung einen sehr thätigen Antheil
nimmt, so muss auch ihrer krankhaften Zustände hier erwähnt werden,
und betrachten wir zuerst die Verrichtung der gesunden Leber über-
haupt.
In der Leber nämlich wird die Galle bereitet, welche dann durch den
Lebergallengang in den Zwölffingerdarm geleitet, dort dem Magenbrei bei-
gemischt wird, und'zur Bereitung des Milchsaftes wesentlich beiträgt.
Dieses Organ nun, die Leber, kann aus verschiedenen Ursachen in
Entzündungen verfallen, was durch Entzündungsübergänge zum
Tode, oder langwierigen Leiden der unmittelbaren Verdaungsorgane Ab-
magerung endlich wegen der gestörten und aus Mangel an Galle schlech-
ten Blutbereitung zum Rotz und Wurm führen, wie alles, was endlich we-,
gen schlechter Blutbereitung, schlechter Blutmischung die Entartung des
Hauptlebenssaftes bewirkt.
Der Verlauf der Krankheit ist meistens langwierig (chronisch), nur
in manchen Fällen schnellverlaufend (acut).
Obwohl die Behandlung und richtige Erkennung dieses Leidens in
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das Bereich des Thierarztes gehört, so sei hier nur erwähnt, dass bei heftig
auftretender Leberentzündung ein tüchtiger Aderlass, scharfe Einreibun-
gen auf der Aussenseite, wie bei allen heftigen innern Enzündungen anzu-
wenden ist.
Bei chronischen Leberleiden, welche die Folge übergangener Leberent-
zündung sind, werden gute Weide, massige Bewegung und innerlich leicht
auflösende Mittel das Ihrige thun. Nicht ganz gesunde oder gestörte Funk-
tion der Leber, ohne dass das Pferd als ganz krank erscheint, sind gewiss
vielfach Ursache, warum sich Pferde so sehr gegen den Gurtenzwang weh-
ren , oder sich Zornausbrüchen hingeben, wenn dieser Zwang andauert,
oder doch wenigstens eine sehr wechselnde Laune in Bezug auf Gehlust,
Folgsamkeit auf die Hilfen u. s. w. zeigen.
Auch sei hier noch der Milz erwähnt.
Obwohl die eigentliche Verrichtung derselben noch nicht ganz ermit-
telt ist, so hält man sie doch für einen Blutbehälter des Magens, und
glaubt, dass sie einen Theil ihres Blutes zur Beförderung der Verdauung
an den Magen abgäbe.
Da man den Zweck der Milz im gesunden Zustande nicht genau
kennt, so sind auch ihre gestörten Verrichtungen so schwer zu erkennen;
desshalb ist auch die Heilung eines Milzleidens so ungewiss.
Unter der Benennung Milzbrand ist eine Seuche bekannt, die so
schnell zum Tode führt.
Zum Schlüsse dieser Erörterung, über den Magen und die zur Ver-
dauung mitwirkenden Organe liegt die Frage nahe, ob Stuten in sehr ab-
gemagertem Zustande dem Hengste zugeführt werden sollen ?
Diese Frage ist fast unter allen Umständen entschieden mit Nein zu
beantworten; denn ist der sehr abgemagerte Zustand nur Folge von Man-
gel an Nahrung oder übertriebener Anstrengung, so wird es der Stute
überhaupt an Kräften fehlen, die Frucht im Leibe gehörig auszubilden,
und das zur Welt gekommene Füllen hinlänglich zu ernähren.
Ist diese Abmagerung aber eine Folge von innern Krankheitszu-
ständen, wie sie bei den zur Verdauung mitwirkenden Organen erklärt
wurden, so wird ein gesundes Fohlen um so weniger zu hoffen, ja viel-
mehr eine Vererbung dieser Krankheitszustände zu erwarten sein.
Wir kommen nun zur Besprechung der Haut und ihren Ver-
richtungen.
Die Haut sammt dem Haare bildet die allgemeine Decke des Pfer-
des, sie besteht eigentlich aus drei Schichten, nämlich: der Oberhaut (Epi-
dermis), der Lederhant und dem Schleimnetz.
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Die Haut ist an manchen Körpertheilen z. B. den Knien, den Fessel-
gelenken, Schienbeinen und Sprunggelenken sehr fest gespannt, an an-
dern Theilen, z. B. auf den Bippen, in den Flanken, am Halse etc. viel
lockerer anliegend; sie ist überhaupt sehr elastisch, indem sie sich dem
Pferde bei zu- oder abnehmender Körperfülle stets anpasst. Ihr Zweck
sammt dem Plaar ist, den Körper gegen äussere Einwirkungen zu schützen,
und mittelst ihrer Absondernngs- und Sauggefässe aus dem allgemeinen
Kreislauf Theile zu entfernen, dann aus der Athmosphäre Theile aufzu-
nehmen und dem allgemeinen Kreislauf zuzuführen. Zu diesem Zwecke
hat die Haut eine sehr grosse Menge Gefässe, die im gesunden Zustande
einen unmerklichen Dunst aus den unter der Haut liegenden kleinen, fla-
chen Schweissdrüsen entfernen, welcher sich theils in der Luft verflüchtigt,
theils auf der Oberfläche sammelt und vertrocknet, wodurch der
Staub entsteht, welcher durch das Putzen der Haut abgenommen wird.
Wird dieser Staub nicht hinlänglich entfernt, so entsteht dadurch eine Ver-
stopfung der aussondernden und aufsaugenden Gefässe (Pores) und die
Thätigkeit der Haut ist gestört. Die Ausdünstung der Haut wird durch Auf-
regung des Blutes, sei es durch anstrengende Bewegung oder aus innern
Ursachen vermehrt, und wenn sie durch die Luft nicht gänzlich aufgenom-
men werden kann, so bildet sie Tropfen, der Schweiss genannt.
Die Haut eines gesunden Pferdes muss sich glatt, weich und warm
anfühlen, und selbst bei nicht ganz wohlgenährten Pferden auf den
Rippen nicht zu fest anliegen , sich nicht spröde und nicht hart
zeigen.
Die Haut steht durch ihre Gefässe, welche Stoffe aus dem allgemei-
nen Kreislauf absondern und aus der Luft Stoffe aufnehmen mit den in-
nern Organen des Athmens und der Blutbereitung in genauer Correspon-
ded. Daher bringt die Haut ebenso als die Lunge und der Magen Ernäh-
rungs- und zur Blutbereitung nöthige Stoffe in den Körper und entfernt
unnöthige oder schädliche verbrauchte Stoffe aus demselben, wie es die
Lunge mittelst des Ausathmens und der Darmkanal mittelst Entleerung
der Excremente thut.
Es findet daher zwischen der Haut und diesen Organen eine stete
Wechselwirkung statt, z. B. Krankheitszustände der Lunge oder der Ver-
dauungswerkzeuge , wie es bei den Gekrösdrüsenverhärtungen, Leberlei-
den etc. erklärt wurde, erzeugen eine trockne, spröde Haut, krankes,
glanzloses Haar; plötzliche Unterdrückung von Hautausdünstung erzeugt
Husten, Durchfall u. s. w. Hieraus erklärt sich, dass das Keinhalten des
Pferdes durch Putzen ebenso nöthig zur Beförderung der Gesundheit
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ist, als reine Luft und gesunde Nähr ung smittel. Auch erklärt
sich hieraus der Nutzen des Trockenreibens mit Strohwischen, wenn das
Pferd verschwitzt von der Arbeit kommt.
Anmerkung. Ein Pferd tüchtig zu putzen, gewährt demselben un-
endlich grössere Vortheile, als man gewöhnlich denkt. Es veranlasst das
Zuströmen des Blutes zur Oberfläche des Körpers," verhindert dadurch
eine Stockung der Säfte in den innern edlen Organen, befördert eine all-
gemeine Cirkulation des ganzen Systems, gibt der Lunge Elastizität und
unterstützt wesentlich Athem und Verdauung.
Ein gewisser Grad von Wärme ist für jedes lebende Wesen zum ge-
sunden Gedeihen und Wohlbefinden unentbehrlich; die Haut des Pferdes
muss auch stets in einer gewissen Wärme erhalten werden. Es darf dieses
aber keinenfalls durch einen heissen Stall bewirkt, sondern muss durch
massiges Zudecken, durch Putzen, Frottiren u. s. w. erzielt werden.
Das Haar eines gesunden Pferdes soll glatt anliegend, glänzend und
weich erscheinen. Das Gegentheil hiervon, nämlich ein mattes, glanzloses,
zu trockenes, struppiges Ausseben ist entweder Folge schlechter War-
tung, eines allzukalten Stalles, oder es lässt auf Krankheit schliessen, die
häufig dann nicht sowohl in der Haut oder dem Haare selbst, sondern in
einer Unterdrückung irgend einer wichtigen Absonderung, namentlich des
Verdauungskanales, zu suchen ist.
Das Haar wird auch von der Oberhaut (Epidermis) überzogen und
da die Haarzwiebel in der Lederhaut wurzelt, so ist es begreiflich, dass
nach scharfen Einreibungen, wo sich die Oberhaut ablöst und haarlose
Stellen entstehen, diese wieder behaart werden; dagegen Verletzungen,
die bis tief in die Lederhaut dringen, z. B. Knieverletzungen nach einem
Sturz etc., haarlos bleiben.
Die Haare des Pferdes werden zweimal im Jahre gewechselt; die
Mähne, der Schopf und die Schweifhaare sind hiervon ausgenommen.
Der Haarzwiebel stirbt hierbei nicht ab, sondern es scheint nur eine
Unterbrechung der Ernährung des Haarschaftes einzutreten, wodurch
derselbe ausfällt und aus demselben Zwiebel neben dem alten Haar-
schaft ein neuer entspringt. Bei der grossen Ausdehnung dieses Vor-
ganges über die ganze Oberfläche der Haut nimmt der Haarwechsel das
Thier ziemlich in Anspruch. Die Kräfte und Flüssigkeiten, welche sich
sonst auf den ganzen Körper vertheilen, wenden sich nun im grossen
Maasse nach der Haut, das Thier wird matt und kann nicht so hart
arbeiten; es schwitzt selbst bei der gewohnten Anstrengung mehr und
wird ernstlich krank, sobald es über Vermögen arbeiten soll.
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Die Natur richtet die Bedeckung des Thieres nach dem Klima und
der Jahreszeit ein. In sehr nördlichen Klimas hat das Pferd fast das
ganze Jahr hindurch einen wahrhaften Pelz, denn selbst der Sommer
ist kurz und rauh. In den Steppen Arabiens, wo es selten im Winter
kalt ist, bleibt das Haar des Pferdes das ganze Jahr hindurch glatt
und kurz.
In unserm Klima folgt auf das kurze Sommerhaar im Herbste ein
merklich dickeres und längeres und dieses weicht im Frühjahr wieder
der leichtern Decke für den Sommer.
Man thut wohl, diesen Naturprozess nicht allzusehr zu befördern,
indem dadurch der kränkliche Zustand des Pferdes nur noch mehr ge-
reizt wird. Massiges Frottiren unterstützt das Ausgehen des Haares
am zweckmässigsten, etwas wärmeres Zudecken und keine zu grosse
Anstrengung sind zweckmässig.
Unkundige Stallleute wollen, um sich bei ihrem Herrn in gutes
Licht zu stellen, durch sehr warme Stallungen oder gewaltsames schnel-
les Entfernen des Winterhaares ein stets kurzes Haar erzielen und
geben dem Pferde dadurch um so mehr Gelegenheit zu Erkältungen
und allen ihren üblen Folgen.
Das Winterhaar soll und kann durch fieissiges Putzen und Ge-
sunderhalten des Pferdes überhaupt glänzend, anliegend und weich er-
halten werden, indem das Pferd dabei den ihm von der Natnr für das
höchst wichtige Organ, die Haut, sehr zweckmässig verliehenen Schutz
behält.
Mit dem Haarwechsel pflegt sich bei vielen Pferden auch die
Farbe des Haares in lichtere oder dunklere Schattirung zu verändern,
auch ist bei einigen das Winterhaar bedeutend länger, bei andern
dichter.
Von den Hautkrankheiten ist namentlich die Schabe, Räude
auch Krätze genannt, zu erwähnen; ihr Sitz ist die äussere Haut,
vorzüglich am Kopfe, am Halse, der Schulter, der innern Fläche der
Schenkel, überhaupt an den weniger fleischigen Stellen, wo die Haut
fester aufliegt.
Sie besteht in kleinen Bläschen, die nach einiger Zeit aufbrechen
und durch das Ausfallen der Haare einen kleinen, kahlen Fleck hin-
terlassen, der sich jedoch mit Schorf bedeckt. Hiermit ist vermehrte
Empfindlichkeit und Jucken verbunden, nebst einer Verdickung der
Haut, die bald schrundig oder faltig wird.
Die Schabe ist ansteckend und die gewöhnlichste Ursache ihrer
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Verbreitung ist Uebertragung des Ansteckungsstoffes durch unmittelbare
Berührung oder indem das bei einem schäbigen Pferde verwendete Ge-
schirr, Putzzeug, Decke etc. bei einem gesunden Pferde verwendet
wird. Man muss dieses also vermeiden, und ebenso muss der Stall, wo
ein schäbiges Pferd stand, sorgfältigst gereinigt werden (frisch ausweis-
sen, Krippen, Raufen etc. mit heisser Lauge abwaschen, mit Chlorkalk
anstreichen, längere Zeit bei offnen Thüren und Fenstern unbesetzt
lassen, sind die zu ergreifenden Massregeln, ähnlich wie in dem Falle,
wo ein rotziges Pferd stand).
Die Entstehungsursachen dieser Hautkrankheit sind in mangelhafter
Pflege, ünreinlichkeit der Haut, ünreinlichkeit des Aufenthaltsortes, öfterer
Einwirkung nasser, feuchter Witterung etc. zu suchen. Am meisten wirken
alle genannten Einflüsse als: wenig oder schlechtes Futter, mangelhafte
Pflege, und unreiner Aufenthalt zusammen, wie dies bei den armen oder nach-
lässigen Pferdebesitzern öfter der Fall ist. Denn wegen der mangelhaften
oder schlechten Fütterung unterbleibt die gehörige Ernährung im Allgemei-
nen, folglich auch der Haut, daher eine solche Haut wegen der in ihr
gesunkenen Lebenskraft den widrigen äussern Einflüssen leichter un-
terliegt und erkrankt, als eine gesunde, reinlich gehaltene, kräftig ge-
bildete Haut eines gut gehaltenen Pferdes.
Die Heilung dieses Leidens erfordert die Hilfe eines Thierarztes,
wird jedoch bei gehöriger Entfernung der Entstehungsursachen keiner
besondern Schwierigkeit unterliegen. Es ist jedoch gut für den Pferde-
besitzer zu wissen, woran man dieses Leiden erkennt, indem die Fress-
lust, Verdauung etc. ihren ungestörten Fortgang dabei zu nehmen pfle-
gen, damit er durch Absonderung des schäbigen Pferdes und aller da-
bei gebrauchten Requisiten seine andern gesunden Pferde vor An-
steckung bewahre.
Dass schäbige Stuten zum Belegen nicht zugelassen werden sol-
len, unterliegt wohl keiner Frage.
Allgemeines über das Benehmen und Aussehen
eines gesunden Pferdes.
Das gesunde Pferd bewegt seine Ohren häufig und wendet sie
augenblicklich nach allen Seiten, woher ein Schall oder Geräusch kommt.
Das Auge ist geöffnet, und gegen jeden Eindruck empfindlich; die Pu-
pille verändert sich bei jedem Wechsel des Lichtes.
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Das Pferd steht munter da, und pflegt höchstens nach dem Fres-
sen träge und schläfrig auszusehen; es ist auf alles aufmerksam, was
in seiner Nähe vorgeht, sieht sich nach jedem fremden Gegenstande
um, beriecht und beschnüffelt alles, was ihm nahe kommt, und ist ge-
gen jeden schmerzlichen Eindruck empfindlich.
In der gewöhnlichen, durch nichts beunruhigten oder gestörten
Stellung im Stalle ist der Kopf weder ungewöhnlich aufgerichtet,
noch tief gesenkt, der Hals etwas gebogen und nicht steif vorwärts ge-
streckt, die Füsse stehen gerade, fest und senkrecht, ohne sich ausein-
ander zu spreizen, oder sich unter- oder zusammenzustellen; der
Schweif wehrt alle belästigenden Eindrücke ab, und hängt ausserdem
ruhig.
Das Thier steht frei und sucht sich nirgends zu stützen oder an-
zulehnen; es äussert ohne Veranlassung keine Zuckungen, keinen
Schauer, macht keine Bewegungen und Zeichen, die ein schmerzhaftes
Gefühl oder eine ängstliche Unruhe verrathen und äussert, wenn man
seinen Körper befühlt, an keiner Stelle einen Schmerz.
Die Bewegung geschieht lebhaft, frei, regelmässig und sicher mit
entsprechender Kraftäusserung ohne sichtbarer Anstrengung und mit ge-
höriger Biegung der Gliedmassen, — nicht träge, schwankend oder
schleppend. Das Thier ermüdet nicht so geschwind und kömmt nur hei
ungewöhnlicher Anstrengung in Schweiss. Das gesunde Pferd legt sich
täglich nieder und schläft oder ruht einige Stunden; es liegt mit von
sich gestreckten Füssen und auf beiden Seiten, ohne sich jedoch hin
und her zu wälzen und mit den Füssen herumzuschlagen.
Was nun den Zustand und die Beschaffenheit des Aeussern über-
haupt anbetrifft, so ist hierüber Folgendes zu bemerken.
Das Auge ist klar, lebhaft und massig feucht.
Der Nasenschleim ist wässerig, dünn, färb- und geruchlos, in
geringer Menge vorhanden und häuft sich nur bei starker Anstrengung
etwas mehr an.
Die Nase ist rein ohne Geschwüre und Ausflüsse; ihre Schleim-
haut sieht sich schön rosenroth an.
Das Maul ist massig warm und enthält eine hinlängliche Menge
eines dünnen, schäumenden Speichels; das Zahnfleisch ist ebenfalls ro-
senroth.
Der Kehlgang ist frei von Anschwellungen und Knoten.
Die haarlosen Stellen haben ihre natürliche Farbe; der Af-
ter ist ziemlich fest geschlossen.
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Der ganze Körper ist gefällig gerundet, weder zu fett noch zu
mager und fühlt sich in seinem ganzen Umfange, einschliesslich der
Ohren und Hufe, gleichförmig und nach Verhältniss des Wärmegrades
der Luft massig warm an.
Das Fleisch ist kernig und derb; die Füsse sind rein, ohne
Auswüchse und Blattern; die allgemeine Decke straff gespannt und
geschmeidig, ohne Ausschlag, Wunden oder Geschwülste; das Haar
nach dem Striche liegend und glänzend.
Wer sich diese allgemeinen Kennzeichen eines gesunden Pferdes
gut eingeprägt hat, wird auch alsbald erkennen können, ob er ein sol-
ches oder ein krankes Pferd vor Augen hat.
Das Reitpferd, das Zugpferd in allgemeiner
Ueb ersieht.
Im Verlaufe dieser Schrift wurde stets am geeigneten Platze auf
das Reitpferd und das Zugpferd hingewiesen. Trotzdem halte ich es
für nützlich, hier die Eigenschaften eines Pferdes, das zum Reit-, und
dessen, welches zum Zugdienst verwendet werden soll, dem Leser in
kurz gedrängter Uebersicht vorzuführen.
Die erste Bedingung nun zu jedem Gebrauche ist, dass das Pferd
gesund sei; ferner, dass es sich weder im zarten Füllen- noch in
einem sehr hohen Alter befinde; und drittens, dass es in der Haupt-
sache diejenigen Eigenschaften besitze, die zu einem besondern Ge-
brauchszwecke z. B. Reit gebrauch, Zuggebrauch oder La st tragen
am meisten erforderlich sind.
Ein gutes Reitpferd soll also nebst allgemeiner Gesundheit ein
munteres, gehlustiges kein sehr reizbares oder unwilliges Temperament
haben.
Was den Körperbau und den Gang anbetrifft, so muss eine gute
Harmonie der einzelnen Theile zum Ganzen da sein; ein günstiger
Ansatz von Hals und Kopf (siehe oben) ist sehr wünschens-
werth;
freier Schulterbewegung und entschlossenes Auftreten mit
den Vorderfüssen ist unerlässlich.
Ohne gute Schultern gibt es wenig gute, angenehme Reitpferde.
Die Sicherheit des Ganges, die Dauer und Brauchbarkeit des Pferdes
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hängt wesentlich davon ab. Die kraftvolle uud dabei freie Schulter er-
leichtert dem Reiter und Pferde die Arbeit.
Gute, kräftige Folge des Hintertheiles, ruhiges Halten von Kruppe
und Rücken, ist äusserst wünschenswerth.
Der ernsthafte Reitdienst kann einen guten Rücken nicht entbeh-
ren ; da er und die Lenden den hintern und vordem Theil des Pferde-
körpers vereinigen, so ist das Pferd stark oder schwach, geschickt oder
nicht, je nach dem Grade seiner Vollkommenheit. Seine Biegsamkeit
mit Stärke vereinigt, ist der höchste Grad von guter Eigenschaft. Der
gebogene Rücken nach auf- oder abwärts ist fehlerhaft; doch ist der
eingebogene dem aufwärts gebogenen meistens vorzuziehen, denn er
kann hinreichend kräftig sein, wenn er breit, muskulös und nicht
zu lang ist; der steife Rücken, er mag es von Natur oder durch feh-
lerhaftes Reiten sein, ist stets unangenehm.
Ferner ein Rippenbau, der sowohl dem Sattel eine gute Lage
gestattet, als auch der Lunge, dem Herzen, dem Magen und Darmka-
nal hinlänglichen Platz zur kräftigen Entwicklung ihrer Thätigkeit bie-
thet, und endlich:
Fehlerfreiheit der Gliedmassen, wohin ganz besonders gute, ge-
sunde, gänzlich schmerzlose Vorderhüfe und reine, feste, nicht ange-
griffene grosse Beugesehnen gehören.
Ein sehr praktischer Reiter sagte einst in dieser Beziehung
zu mir:
»Vorn sehr gut und hinten nicht schlecht, ist mein Wahl-
spruch.«
Ein Pferd überhaupt, Reitpferd insbesondere, das an einem vor-
dem Hufe oder Sehne Schmerzen leidet, ist weniger leistungsfähig, als
eins, das an Späth, durchgehende Gallen, Ueberknöcheln an einem Hin-
terbeine etwas lahmt.
In jeder Beziehung gute Vorhand ermöglicht es dem Reiter, durch
leichte Zügelführung und entsprechende Körperhaltung das Hintertheil
zu schonen, ohne das Vordertheil zu beleidigen; muss aber der Reiter
durch kurze Zügel, Aufrichten der Vorhand, Zurückhalten des eigenen
Körpers die Vorhand schonen, so ermüdet er damit das Hintertheil des
Pferdes und sich selbst immerwährend. Ein Zusammenknicken vorn
kann viel eher nachtheilige Folgen für den Reiter haben, als dasselbe
hinten; die Kräfte und die Thätigkeit eines etwas mangelhaften Hin-
tertheils können ein paar rechtzeitig angebrachte Sporen beleben,
schmerzhafte oder steife Vorderbeine bringt nichts vom Fleck; endlich
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was nützen starke Triebkräfte von hinten, wenn die Vorderbeine nicht
vorweg können.
Der Schulreiter altern Schlages will immer, dass das Hinter-
theil die vorzüglichere Partbie sei, der praktische Reiter, der im
Freien auf allen Arten von Wegen und Terrainformationen sicher
reiten will, weiss eine sehr gute Vorhand, die es ihm gestattet, mit
der wenigsten Ermüdung für sich und das Pferd lange im Sattel zu
bleiben, mit Recht sehr zu schätzen.
Eine günstige Sattellage ist eine der angenehmsten Eigen-
schaften für ein Reitpferd; denn sie wird bedingt durch günstigen Rip-
penbau, guten Widerrist und vorteilhaft gebildete Schultern. Sie er-
leichtert es dem Reiter ungemein einen guten wirksamen Sitz bei der
Dressur des Pferdes anzunehmen, und befördert sehr die Ausdauer bei
langem Reiten; schlechte Sattellage konnte mir häufig ein sonst gutes
Pferd ganz zuwider machen.
Will man bei ungünstigem Bau die gute Sattellage durch sehr fe-
stes Gurten erzwingen, so hat dieses für das Athmen, die Beweglich-
keit im Gange manche Nachtheile, und alle Vorrichtungen zum guten
Liegenbleiben des Sattels erzielen nicht, was ein für die Sattellage gün-
stiger Bau von selbst bringt.
Ein einäugiges Pferd ist zum Reitdienst viel verwendbarer,
als z. B. eins mit schmerzhaften Hufen, leidenden Sehnen, unwilligem
Temperament u. s. w. aber gesunden Augen.
Was Temperamentsneigungen angeht, so sind Nichtvomhausegehen-
wollen, Nichtalleingehen wollen, Andrängen an andere Pferde, besondere
Furcht vor dem Schiessen oder militärischem Lärm und Scheusein wohl
die in der Dressur zum praktischen Gebrauch am schwierigsten zu
überwindenden, die mit vieler Mühe bekämpft immer wieder erscheinen,
sobald die Naturanlage dazu in hohem Grade vorhanden ist.
Der Gang eines guten Reitpferdes soll mit kräftiger Leich-
tigkeit erfolgen, entschlossen und raumgreifend sein, Rücken
und Kruppe, Kopf und Schweif sollen sowohl beim Gehen auf ge-
rader Linie als bei Wendungen und im Kreise fest und ruhig gehal-
ten werden.
Hierdurch beweist ein Pferd sowohl Gehlust als auch innere ge-
sunde Kraft.
Manches Pferd, das sich beim Vorführen an der Hand als ganz
gut zeigt, nimmt unter der Last des Reiters und dem Zwange des
Zaumes einen gebundenen, schwankenden, schwerfälligen Gang an,
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wesshalb man mit Sicherheit nur unter dem Reiter hierüber urthei-
len kann.
Für alle Gänge ist Hauptbedingung, dass sie das Pferd unter dem
Reiter mit einer gewissen Leichtigkeit und gern gehe, dass es
ohne viel Schwierigkeit, willig aus einem in den andern
übergehen und je nach dem Wunsche des Reiters das
Tempo ohne Schwierigkeit oder Widerstreben gegen die
Hälfen verkürzen und verlängern könne.
Die Dressur kann einer mangelhaften Natur sehr zu Hülfe kom-
men, aber sie ganz umändern kann sie nicht.
Ob ein junges Pferd von Natur nicht gehen kann unter
dem Reiter, oder ob dieses daher kömmt, weil seine Gänge durch die
Reitkunst noch nicht geregelt wurden — dazu gehört schon viel Er-
fahrung und gute Pferdekenntniss.
In Bezug auf Grösse ist zu bemerken, dass das kleinere und
mittelgrosse Pferd zum Reitgebrauche gewöhnlich geeigneter sind, als
das sehr grosse Pferd.
Wenn das gemeinere Pferd eine Grösse von 16 Faust (eine Faust
= 4 Zoll, also 3 Faust = 1 Fuss) erreicht oder übersteigt, so hat es
selten weder diejenige Leichtigkeit im Gange, noch diejenige Harmonie
im Bau, wie es der Reitgebrauch erheischt.
Es gehört also in den meisten Fällen sehr gute, edle Abkunft
dazu, um sich bei dieser Grösse noch zum Reitgebrauche zu eignen.
Die Eigenschaften eines Zugpferdes eng zusammenfassend, ist Fol-
gendes zu sagen.
Ein jedes zum Reiten taugliche Pferd ist auch zum Zuge zu ge-
brauchen, natürlich vorausgesetzt, dass es das Geschirr leidet, nicht
nach den Strängen schlägt und das Ziehen nicht standhaft verweigert.
So oft einem unwillige Reitpferde vorkommen, ebenso selten sieht
man ganz unwillige Zugpferde. Es liegt dieses grösstentheils am Men-
schen als Reiter, und in vielen andern Dingen, worin der Reitgebrauch
vom Zuggebrauch abweicht. Manches ganz stützige Reitpferd geht im
Geschirr sehr willig und gut, manches Pferd, das einspännig durchaus
den Dienst versagt, geht im Zweigespann ganz unverdrossen.
Für den leichten Zugdienst sind alle für das Reitpferd erforder-
lichen Eigenschaften auch wünschenswerth; etwas abgenützte Beine,
wenn nur die Hufe gut, Lunge und Magen gesund sind, vermindern die
Tauglichkeit aber heben sie nicht auf.
Etwas mehr gerade Schultern, wenn nur mit starken, vollen Mus-
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kein versehen, ein kurzer Hals, mehr langer Rücken, etwas säbelbei-
nig etc. sind zum leichten Zugdienst keine erheblichen Fehler.
Der schwere Zugdienst verlangt vor allem starkes, massiges Kno-
chengebäude, breite muskulöse Brust, gerade Schultern mit recht vol-
len Muskeln , gut gewölbten, weiten, umfangreichen Rippenbau,
kurze Beine, breite mit recht vollen Muskeln versehene hohe
Kruppe, möglichst grosse Zugkraft, verbunden mit UnVerdrossen-
heit im Ziehen.
Von den Gängen kömmt sozusagen nur der Schritt zur Anwen-
dung, wesshalb dieser möglichst räumlich und fest sein muss.
Zwischen dem vollkommen guten Reitpferde, das die höchste
Schnelligkeit und Gewandtheit in sich vereinigt und dem schweren die
höchste Zugkraft darstellenden Wagenpferde sind unendlich viele Ab-
stufungen, die diesen beiden Extremen mehr oder weniger nahe kom-
men und darnach ihren Platz, auf dem sie verwendet werden, besser
oder geringer auszufüllen vermögen. Es ist dann Sache des Menschen,
welcher diese Thiere zu seinem Nutzen und Lebensberuf verwenden
will, die richtige Auswahl zu treffen.
Das Kanonenbespannungspferd ist wohl von allen zum Zuge ver-
wendeten Pferden dasjenige, welches mit gehöriger Körpermasse alle
Gänge, auch den Galopp in scharfem Tempo zur Anwendung bringen
und daher die Eigenschaften dazu haben muss. Von allen andern
Zugpferden wird nur Schritt und Trabb verlangt; das ausgezeichnete
Kanonenbespannungspferd ist desshalb auch nicht gar häufig anzutreffen.
Das landwirtschaftliche Zugpferd erscheint unter sehr
verschiedenen Formen und Grössen, es nimmt nicht allein die Terraiu-
gestaltung hierauf vielen Einfluss, sondern auch die Gewohnheit, das
Herkommen, woran der Landmann mit ausserordentlicher Zähigkeit
hängt. So sehen wir z. B. in Steiermark, Kärnthen, Oberösterreich,
Salzburg — Hochgebirgsländer — sehr kräftige, dem ganz schweren
Zugschlage angehörige Pferde; aber auch in ebenen Ländern, z. B.
Brabant Ostfriesland, Dänemark — ist ein sehr schwerer Schlag hei-
misch, welcher durch Uebersiedelung nach England den Grund gelegt
hat zu den ganz schweren, wohl die grösste Zugkraft darstellenden
Bierwagenpferden, wie man sie in den Strassen Londons so häufig be-
gegnet. In Brabant, den Niederlanden überhaupt, sowie in England
sieht man zu vielen landwirtschaftlichen und vielen andern bürgerli-
chen Gewerbszwecken den zweirädrigen, einspännigen Wagen vorherr-
schend verwendet. Das Pferd geht dabei in der Gabel; sind mehr
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Pferde zum Fortbringen der Last nöthig, so werden 4—6 vor einan-
der gespannt.
Die Ladung dieser Wagen ist meistens mit ausserordentlicher Ge-
schicklichkeit so vertheilt, dass das Pferd anscheinend leicht in der
Gabel geht. Aber diese landesübliche Art Wagen mag doch ein beson-
deres starkes, massiges Pferd erfordern.
In andern ebenen Ländern, z. B. dem übrigen Norddeutschland,
Ungarn etc. ist das leichtere Zugpferd vorherrschend. Im Gegensatz
zur Gebrauchsweise in England spannt der Ungar, Russe etc. auch
wohl vier Pferde nebeneinander an einen Wagen.
Im Allgemeinen ist für die Vielseitigkeit des landwirthschaftlichen
Zugdienstes ein gedrungener Mittelschlag, der Zugkraft mit Körperge-
wicht und doch wieder Räumlichkeit und fleissigen Schritt und Trabb
vereinigt, der am meisten wünschenswerthe. Denn solche Pferde haben
meistens die Eigenschaft, sich auch bei minder nahrhaftem Futter in
gutem Aussehen und bei Arbeitskraft zu erhalten.
Der vollkommenste Typus dieses Arbeitspferdes wird in den Suf-
folker Pferden Englands gefunden. Ein sehr geschätzter Schriftsteller
sagt hierüber:
Pferde für langsames Fuhrwerk werden von dem Suffolk Punch
(Stöpsel Wurstel) gezogen, den man seiner kurzen, runden Gestalt we-
gen so genannt hat; er stammt von Normänner Hengsten und Suffolk
Karrenstuten ab. Der echte Suffolk wie der Cleveland ist jetzt bei-
nahe ausgegangen; er mass IS—16 Faust, war von Farbe Fuchs, mit
breitem Kopf, niedern Schaltern, dickem Widerrist, tiefem und rundem
Brustkasten, langem Rücken, hoher Kruppe, breitem und starkem Hin-
tertheil, vollen Flanken, runden Schenkeln und kurz gefesselt. Er war
eigentlich das Pferd, um mit seinem ganzen Gewichte im Geschirre zu
liegen, dabei thätig und ausdauernd in der Arbeit.
Die jetzige Zucht besitzt vieles Eigenthümliche und Gute von sei-
nen Voreltern; sie ist mehr oder weniger zur Fuchsfarbe geneigt, aber
länger, höher und feiner in den Schultern; sie ist gekreuzt mit York-
shire, Halb- oder Dreiviertelblut.
Ein seltener Vorzug des alten Suffolk-Schlages, den der neue nicht
ganz verloren hat, war die flinke Bewegung und das tüchtige Aus-
halten in jeder Anstrengung, manches brave Pferd weiss wohl
was es leisten kann; hat es dieses probirt und es geht nicht, so ist
es auf keine Weise dazu zu bringen, seine Kräfte noch weiter anzu-
strengen. Der Suffolk hingegen würde ziehen, bis er fiele.
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Die Suffolkzucht ist in den benachbarten Grafschaften von Nor-
folk und Essex sehr gesucht; Herr Wakefield in Essex hatte einen
Hengst, für den man ihm 400 Guineen (1 Guinee = 10 fl. SO kr.
öst, W.) geben wollte.«
Gemässigtes Temperament ist nothwendig, theils um das Anlernen
des jungen Pferdes nicht zu sehr zu erschweren, theils damit das Pferd
eine langsame Ausdauer habe.
Hitziges, kitzliches, scheues Temperament hat viele Schatten-
seiten,
Der Landwirth ist selten in der Lage Leute zu haben, die mit
empfindlichen Pferden umgehen können; eine zu feine empfindliche Haut
wird durch das Geschirr eher wund gerieben, als eine derbere Haut
mit gröberem Haar; das hitzige Pferd müdet sich selbst zu früh ab,
versagt dann das Futter, erschwert dem neben ihm gehenden die Ar-
beit, ist viel leichter Erkältungen ausgesetzt, u. s. w.; Kitzlichkeit
bringt den Strangschläger hervor, und jeder weiss, was es für Mühe
macht, einen Strangschläger abzurichten und welche stete Aufmerksam-
keit es bedarf, ihn brauchbar zu erhalten. Scheusein ist fatal, denn
wie soll der hinter dem Pfluge oder der Egge gehende Landmann, über
zwei scheu werdende Pferde Herr bleiben, die er meist nur mit einem
Zügel — Leitseil oder Riemen — an dem linksgehenden Pferde ange-
bracht, regiert.
Oft tritt der Fall ein, dass Pferde auf dem Felde allein, ohne
gehalten zu werden, stehen bleiben müssen; schreckhaftes, allzuleicht
erregbares Temperament veranlasst dann gelegentlich ein Gespann mit
Pflug oder Egge hinter sich davonzulaufen, wodurch schon manches Un-
heil entstanden ist.
Zu allem übrigen leichten Zugdienst, als Beförderung der Posten,
Omnibusse, Droschken, Fiaker und auf der Strasse sich bewegende
leichte Fuhrwerke aller Art sieht man sehr verschiedenartige Pferde
verwendet. Es sind dieses theils abgenützte, ältere Reitpferde, theils
ausgemusterte Militär-Reit- und Zugpferde, theils altgewordene Luxus-
wagenpferde u. s. w. u. s. w. Jedes findet seinen Platz und verdient
sein Futter. Der betreffende Postmeister, Kutscher, Fuhrmann etc.
kann sich in vielen Fällen ein Pferd, wie er es für seinen Dienst
als vorzüglich erkennen müsste, nicht ankaufen, denn da spricht der
Geldpunkt ein grosses Wort mit.
Gesundheit überhaupt, kräftiger innerer Lebenshaus-
halt; willige UnverdrossenheitimZugdienst sind immer noth-
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wendig für jede Art von Arbeit; auch der ärmste Pferdebesitzer wünscht,
dass sein Pferd gut fresse, er freut sich nicht darüber, dass sein
Pferd nicht fressen mag, und darum billig zu erhalten sei, er bedauert
sicher, dass er nicht mehr hat, um dem vielleicht für seine eigene Exi-
stenz unentbehrlichen Thiere nicht mehr geben zu können.
Sieht man unter diesen Thieren häufig lahme Pferde, so kann man
solchen sein Mitleid nicht versagen; es liefert aber auf der andern
Seite auch den Beweis, dass selbst solche Pferde noch ihr Futter ver-
dienen können.
Das Zugpferd für den Luxus in der Karosse des vornehmen und
reichen Privaten muss schön gestaltet, gross, von imponirender Haltung,
etwas erhabener freier Bewegung (Action) und für seinen Dienst so ab-
gerichtet sein, dass man nirgend mit ihm in Verlegenheit geräth; es
muss also nicht allein gehorsam gehen, sondern auch längere Zeit ge-
duldig auf einem Platze stehen bleiben, im Gewühl der sehr belebten
Strassen grosser Städte nicht ungehorsam, zu ungeduldig etc. werden.
Seinen Körperformen nach kömmt es dem ganz edlen gezogenen
Reitpferde stärkeren Schlages sehr nahe, und hat häufig einen sehr
hohen Preis.
Den Ausdruck »egal« gebraucht man häufig schon dann von
Wagenpferden, wenn sie beide Braun, Fuchs, Rappen, Schimmel etc.
sind. Die Nüancirungen der Farben sind bekanntlich sehr gross, und
zwei ganz gleiche Braune, Füchse etc. gibt es sozusagen nie, auch ab-
gesehen vom Abzeichen. Indem die meisten Besitzer von Luxuswagen-
pferden eben mit dieser Bezeichnung von »egal« zufrieden sind, so hat
der Pferdehändler von Profession Recht hiervon Gebrauch zu machen.
Der Fachmann aber sollte unter »egal« vor allem gleiche Geh In st
und Gehvermögen verstehen; kömmt dann möglichst gleiche, dem
Auge gefallende, dem Zeit- oder Landesgeschmack entsprechende Farbe,
Grösse, gleiches Alter hinzu, um so besser.
Erkenntniss des Alters bei Pferden.
Auch bei der Belehrung über die Erkennung des Alters an den
Zähnen nehme ich den Standpunkt des Thierarztes nicht ein, sondern
mein Bestreben ist, dem Pferdebesitzer, der selbst nicht Thierarzt ist,
eine möglichst deutliche Belehrung zu geben, um auch ohne Beihilfe
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eines Thierarztes sich vor grobem Irrthum und somit in vielen Fällen
vor Betrug zu schützen.
Das erwachsene männliche Pferd hat im Ganzen 40, das weib-
liche 86 Zähne. Vorne im Maule, sowohl im Vorder- als Hinterkiefer
befinden sich die Schneidezähne: ihrer sind 12, d. h. in jedem Kie-
fer sechs.
In kleiner Entfernung davon befinden sich die Hakenzähne; es
sind ihrer vier, d. h. auf jeder Seite in jedem Kiefer einer, die in der
Regel den Stuten fehlen.
(Es besteht ein alter Glaube, dass Stuten mit Hakenzähnen un-
fruchtbar seien; ob wahr, weiss ich nicht.)
Ganz hinten im Maule befinden sich die Backen-, Stock- oder
Mahlzähne. Es sind ihrer im Ganzen 24, d. h. auf jeder Seite in je-
dem Kiefer 6.
Bei Beurtheilung des Alters kommen hauptsächlich die Schneide-
zähne in Betracht, indem die Hakenzähne keine solchen regelmässigen
Veränderungen im Laufe der Zeit erkennen lassen, dass sie mit Be-
stimmtheit als Zeichen des Alters benützt werden könnten; die Backen-
zähne aber der Schwierigkeit ihrer Besichtigung wegen gar nicht be-
trachtet werden, so dass ihrer nur beziehungsweise beim allgemeinen
Zahnen Erwähnung geschehen kann.
Die Schneidezähne haben verschiedene Benennungen,
nämlich:
Die beiden in der Mitte beisammenstehenden heissen Zangen.
Die beiden rechts und links daneben stehenden heissen Mittel-
und die an beiden Enden stehenden heissen Eckzähne.
Diejenigen Zähne, welche das Füllen theils schon bei der Geburt
zeigt, theils im Laufe des ersten Jahres bekömmt, heissen Füll e n-
oder Milchzähne. Diese werden in gewissen Perioden abgestossen
und durch andere bleibende, Pferdezäbne genannt, ersetzt. Erstere
sind weisser und kleiner als letztere, wodurch man sie leicht von ein-
ander unterscheidet.
Innerhalb 6—10 Tagen nach der Geburt des Füllens brechen
die Zangenzähne in jedem Kiefer aus; nach 4—6 Wochen kommen
die Mittelzähne und nach 6—8 Monaten die Eckzähne zum Vor-
schein.
Bei der Erkennung des Alters kommen nun namentlich die Schneide-
zähne des Hinterkiefers in Betracht. 1. Das Ausfallen der Füllen-
und der Ersatz durch Pferdezähne, der Wechsel, beginnt mit 21
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Jahren und tritt 3mal ein, so dass mit 4*/2 Jahren die letzten Fül-
lenzähne abgestossen werden.
Wenn das Füllen 2V2 Jahre alt ist, so fallen die Zangenzähne
aus und werden durch Pferde zahne ersetzt; mit 31/2 Jahren geschieht
dasselbe mit dem Mittel- und mit ix/2 Jahren den E ckzahnen. Auch
brechen zu dieser Zeit bei Hengsten gewöhnlich die Hakenzähne hervor, man-
chesmal jedoch auch schon mit 4 Jahren, manchesmal erst mit S72 Jahren.
Das vierjährige Pferd erkennt man also daran, dass Zan-
gen- und Mittel zahne bereits Pferdezähne, aber die Eckzähne noch
Füllenzähne sind.
Die mit 4x/2 Jahren ausgebrochenen Pferdeeckzähne errei-
chen mit dem vollendeten fünften Jahre die Höhe der übrigen Schneide-
zähne.
Dieser Zahnwechsel findet in der angegebenen Zeit fast regelmäs-
sig in beiden Kiefern statt.
Ist derselbe vollendet, d. h. sind auch alle Pferdeeckzähne ganz aus-
gebrochen, so sagt man, das Pferd ist volljährig, es hat den letz-
ten Schub gemacht, hat abgezahnt, hat das Pferdealter er-
reicht, u. s. w.
Zu bemerken ist nur, dass betrügerische Pferdehändler ein stark
herangewachsenes Füllen gern wollen älter erscheinen lassen, um es
besser zu verkaufen. Zu diesem Zwecke wird ein Eckzahn oder auch
Wohl der Mittelzahn früher ausgebrochen; man erkennt dieses aber
leicht, indem auf natürlichem Wege der Füllenzahn erst dann ausfällt,
wenn er durch den hervorbrechenden Pferdezahn ver-
drängt wird. Ist der Pferdezahn nun an der Stelle des fehlenden
Füllenzahnes noch nicht ausgebrochen, so kann man annehmen, dass
dieser gewaltsam entfernt wurde.
Was nun die Backenzähne angeht, so möge Folgendes genügen:
Bei der Geburt des Füllens sind die Spitzen von 12 Backenzäh-
nen, d. h. die 3 vordem in jeder Kieferreihe bereits durchgebro-
chen. Diese zählen auch zu den Milchzähnen und werden somit ge-
wechselt. Dieser Wechsel und Ersatz durch bleibende Backenzähne be-
ginnt mit der Hälfte des dritten Jahres und endigt in der zweiten
Hälfte des vierten Jahres.
Noch vor Ablauf des ersten Jahres brechen vier bleibende Backen-
zähne aus, d. h. in jeder Kieferreihe einer. Gegen Ende des zweiten
Jahres bricht ein fünfter und endlich mit 47a Jahren der sechste
Backenzahn, immer in jeder Kieferreihe einer, hervor.
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Diese Pferdezähne, die sich durch ihr mehr gelbliches Aussehen
und härteres Wesen leicht kenntlich machen, behält nun das Pferd
bis an sein Ende, und da von nun an kein Wechsel mehr eintritt
so erkennt man das Alter an der von Zeit zu Zeit sich verän-
dernden Form der Zähne und zwar auf folgende Art.
Denjenigen Theil der Zähne, welcher sich beim geschlossenen
Maul in unmittelbarer Berührung befindet, nennt man die Reibe-
fläche.
Auf dieser Reibefläche sind längliche, schwarze Vertiefungen
bemerkbar, welche man Kunden oder Marken, auch Bohnen
nennt.
In der Regel werden mit dem vollendeten sechsten Jahre diese
Kunden an den zuerst hervorgebrochenen Pferdezähnen nämlich den
Zangen desHinterkiefers abgerieben, wodurch also diese schwarze
Vertiefung verschwindet.
Mit dem vollendeten siebenten Jahre tritt dieses an den Mittel-
und mit dem vollendeten achten Jahre an den Eckzähnen ein. Ein
achtjähriges Pferd wird man also daran erkennen, dass auf
allen Schneidezähnen des Hinterkiefers die schwarzen Kunden ver-
wischt sind.
Man nennt diese Zeit die kundende Periode; sie dauert an
jedem Zahne drei Jahre. Bei achtjährigen Pferden sind die Hacken-
zähne noch recht spitzig; aber die scharfen Seitenränder sind etwas
runder geworden. Es treten jedoch öfter Fälle ein, dass sich schwarze
Zeichen auf der Reibefläche der Schneidezähne des Hinterkiefers noch
über das achte Jahr hinaus erhalten, oder auch durch betrügerische
Pferdehändler künstlich eingebrannt werden; man könnte sich also bei
oberflächlicher Beurtheilung leicht täuschen.
Hiergegen schützt folgende Belehrung.
In den hier jetzt besprochenen- Jahren erscheinen die Schneide-
zähne viel mehr breit als dick; wegen der keilförmigen Gestalt des
Zahnes jedoch von der Reibefläche bis zur Wurzel, sowie wegen des
Nachschubes und der Abreibung ändert sich im Laufe der Zeit dieses
Verhältniss der Breite zur Dicke, so dass die Zähne mit zuneh-
mendem Alter an Dicke immer mehr zu- an Breite aber abnehmen.
Diese Veränderung beginnt wieder an den Zangen des Hin-
terkiefers als den zuerst ausgebrochenen, zuerst gewechselten Zäh-
nen; sie fängt an diesen Zähnen mit dem vollendeten sechsten Jahre
an und endet an diesen Zähnen mit dem 12. Jahre;
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ebenso an den Mittelzähnen mit dem vollendetem siebenten, dauert
bis zum dreizehnten, und an den Eckzähnen mit dem vollendeten ach-
ten und dauert bis zum vollendeten vierzehnten Jahre.
Es braucht also jeder Zahn 6 Jahre um diese Gestalt der Rei-
befläche anzunehmen. Man nennt sie quer ovale Gestalt, und die
ganze Entwicklungszeit die querovale Periode.
Kömmt also ein Pferd vor, das noch Kunden, oder besser gesagt,
schwarze Flecke in mehr runder als länglicher Gestalt, hat, das acht
jährig angegeben wird, aber diese eben beschriebene Gestalt der Rei-
befläche zeigt, sind die Hackenzähne schon recht rund, so kann man
mit Sicherheit annehmen, dass das Pferd älter ist. Es ist dieses in dem
Verhältniss der Fall, als sich die querovale Gestalt der Reibefläche an
den Zangen »Mittel« oder gar Eckzähnen mehr oder weniger voll-
endet hat.
Bis zum neunten Jahre haben die Schneidezähne der beiden
Kiefer eine bogenförmige Richtung wie eine Zange gegeneinander;
vom neunten Jahre an beginnt eine mehr gestreckte Gestalt, die
bis zum hohen Alter so zunimmt, dass die Zähne fast gerade nach vorne
gerichtet und sehr lang erscheinen.
Dieser umstand bringt hervor, dass an den Eckzähnen des Ober-
kiefers der sogenannte Einbiss entsteht, indem die hintere Ecke
dieses Zahnes mit den Schneidezähnen des Hinterkiefers nicht in glei-
cher Berührung bleiben und somit eine ungleiche Abreibung erleiden.
Dieser Einbiss pflegt im Laufe des zehnten Jahres wieder zu verschwinden.
Diese Veränderung der Zähne, nämlich das Zunehmen der
Dicke und Abnehmen der Breite setzt sich nun in derselben
Art immer fort, so zwar dass die neue Gestaltung immer an den Zan-
genzähnen beginnt.
Die nun folgende Zeitperiode heisst die der rundlich dreiecki-
genGestalt. Diese Periode beginnt an den Zangen des Hinterkiefers
mit dem dreizehnten, an den Mittelzähnen mit dem vierzehnten, und an
den Eckzähnen mit dem fünfzehnten Jahre; sie dauert an jedem Zahne
ebenfalls sechs Jahre.
Kömmt also ein Pferd vor, das auf allen Reibeflächen der Zähne
des Hinterkiefers eine dreieckige Gestalt zeigt, als ein Keil mit der
Spitze gegen das Innere der Maulhöhle gerichtet, wobei die Zähne
gewiss eine sehr gerade Richtung nach vorne haben, so ist das Pferd
als sehr alt zu bezeichnen, und desshalb wahrscheinlich nur zu gewis-
sen Verwendungen noch brauchbar.
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Im Verlaufe dieser rundlich dreieckigen Periode und zwar
im fünfzehnten Jahre erscheint der Einbiss am oberen Eckzahn noch
einmal wieder, welcher im Laufe des zehnten Jahres verschwunden
war. Man kann aber aus der Gestalt der Reibefläche und der viel
mehr gestreckten Richtung der Zähne alsbald erkennen, ob dieses der
Einbiss des neunten oder fünfzehnten Jahres ist.
In den thierärztlichen Werken, welche über diesen Gegenstand
handeln, sind die Veränderungen der Zähne von Jahr zu Jahr genau ange-
geben, und folgen z. B. auf die beschriebenen Perioden für das hohe
und höchste Alter noch die ganz dreieckige und verkehrt ovale
Periode. Diese Theorien hier alle auseinander zusetzen, würde den
Zweck dieser Zeilen überschreiten, das Gedächtniss vieler Pferdebesit-
zer unnöthigerweise überladen und endlich muss zugegeben werden,
dass je mehr diese Theorien ins detail gehen auf desto mehr Ausnah-
men stösst man im praktischen Leben.
Für die vielfachen Gebrauchsweisen genügt es, ein vierjähriges Pferd
von einem dreijährigen, oder fünf oder sechsjährigen, ein neunjähriges von
einem zwölf oder vierzehnjährigen und ein solches von einem ganz alten
unterscheiden zu können. Und das ist im Ganzen die Hauptsache, denn
wenn ein Pferd einmal ein gewisses Alter erreicht hat, so ist es ziemlich
gleichgültig ob es nun z. B. 11 jährig angegeben schon 12jährig wirklich
wäre, wenn es nur überhaupt einer gewissen Absicht entspricht, auf den
Beinen, an der Lunge, Magen, Gehirn u. s. w. gesund ist, seiner besse-
ren Race und guten Temperamentes eine längere Ausdauer verspricht, und
der Preis verhältnissmässig ist. Zur Entscheidung von Processen wird
ja ohnedies immer ein beeidigter Thierarzt beigezogen.
Würde man aber ein äjähriges Pferd also halbes Füllen, als fünf-
jährig oder ein vierzehnjähriges für neunjährig, oder zwanzigjähriges
also ganz altes für ein zwölfjähriges kaufen, so wäre man jedenfalls hin-
tergangen.
Bemerken will ich hier, dass im gewöhnlichen Handelsverkehr, wenn
ein Pferd, dessen Alter nicht genau zu ermitteln ist, sei es nun durch
einen Geburtsschein, Auszug aus dem Grundbuch bei Militärpferden,
oder glaubenswürdige mündliche Aussagen, beim Verkaufe als neunjäh-
rig angegeben wird, es meistens auch einige Jahre älter ist, wird es aber
in diesem Falle schon 11 oder 12jährig genannt, so kann man vielfach
glauben, dass es auch schon 18 oder 20 Jahre alt sein mag. Es liegt
dieses darin, dass in den meisten Fällen etwas vorgerücktes Alter einen
grossen Handelsfehler darstellt.
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An den Schneidezähnen des Vorderkiefers verlieren sich die Kunden
langsamer, indem sie noch einmal so tief sind als an den Schneidezäh-
nen des Hinterkiefers. Dieses Verschwinden der Kunden am Vorderkie-
fer geht fast in derselben Ordnung vor sich, tritt jedoch immer um 3
Jahre später ein als an dem im Hinterkiefer gegenüberstehenden Zahne
so dass, wenn mit Ablauf des 8. Jahres die Kunde am Eckzahn des
Hinterkiefers abgerieben ist, dieses am Eckzahn des Vorderkiefers mit
Ablauf des 11. Jahres eintritt. Allein die Betrachtung dieser Kunden
an den Schneidezähnen des Vorderkiefers liefern keine so zuverlässigen
Zeichen des Alters und werden desshalb nie abschliessend sondern nur
beiläufig zur Beurtheilung des Pferdealters untersucht.
Das ganz junge Thier, das sich noch im Füllenalter befindet, d. h.
bei dem der Wechsel der Zähne noch nicht vollendet ist, kennzeichnet
sich als solches, auch ohne dass man ihm ins Maul sieht, durch sein
kindisches Wesen, jugendliches Gesicht, Mangel an Proportion in sei-
nen einzelnen Theilen, namentlich durch Hochbeinigkeit, weichere, wol-
ligere Beschaffenheit der Mähnen und Schweifhaare.
Ebenso sprechen sich die Merkmale des hohen Alters in der all-
gemeinen Körperbeschaffenheit aus, indem durch Schwinden der Lebens-
fülle der Körper an Umfang abnimmt, wodurch die Theile trockener
werden; dies zeigt sich zuerst und am deutlichsten am Kopfe, welcher
durch das Einfallen der Augen- und Schläfengruben, sowie magerer
werden der Seitenflächen des Gesichtes ein langes Ansehen bekömmt.
Im ganz hohen Alter zeigen sich auf den Augenbogen weisse
Haare, der Bücken senkt sich bei vielen, der After vertieft sich, und
zwischen den mageren Hinterbacken erscheint eine Spalte, durch welche
man rückwärts den Bauch sehn kann. Eace, Gesundheitszustand und
Pflege der Thiere haben auf das frühere oder spätere Erscheinen dieser
Alterssymptome grossen Einfluss.
Um sich einen möglichst sicheren Blick in Erkennung des Alters der
Pferde anzueignen, muss man sehr oft Pferden in das Maul sehen
deren Alter man genau erfahren kann.
Die Gelegenheit dazu biethet sich namentlich in Cavalleriestallun-
gen mit zu Hilfenahme des Grundbuches.
Durch besondere Beschaffenheit der Zähne, Fütterungsart, zufäl-
lige, äussere Einwirkung u. dgl. erleidet die Abreibung der Zähne
manche Abweichungen, aber in der Hauptsache leitet die Theorie doch
richtig.
Wurde weiter oben gesagt, dass betrügerische Pferdehändler junge
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Pferde durch Ausbrechen der Zähne wollen älter erscheinen machen,
so gibt es auch allerhand Manipulationen um ältere Pferde scheinbar
jünger zu machen. Man nennt dieses gitsehen oder mallochen.
Es werden nämlich bereits sehr lang gewordene Zähne durch Abfeilen
kürzer gemacht, oder auf den Reibeflächen künstliche, schwarz gefärbte
Vertiefungen angebracht,
Wer die natürlichen Kunden, die Form und Richtung der Zähne
in den verschiedenen Altersperioden sich einigermassen gut eingeprägt
hat, kann sich dadurch unmöglich täuschen lassen. Hat aber ein Käu-
fer in dieser Beziehung Verdacht, will sich das Pferd nicht ins Maul
sehen lassen, oder schäumt es ungewöhnlich stark, womit möglicher-
weise das Beschauen der Zähne erschwert werden soll, so sei er um
so vorsichtiger.
Temperament, Charakter, Gemüth, G-edächtniss
überhaupt das Geistige des Pferdes.
Die Kenntniss von dem Teroparamente, dem Charakter und Ge-
müthe des Pferdes, d. h. den moralischen und intellektuellen Eigen-
schaften ist höchst wichtig. Denn bei allen ausgezeichneten äusseren
Verhältnissen des Baues und der Schönheit ist ein dem Charakter nach
falsches, verdorbenes, lasterhaftes oder dem Temperamente nach allzu-
hitziges, oder faules und unempfindliches oder dummes, und ungelehriges
Pferd immer eine mehr oder minder schlechte Acquisition, welche der
Erwartung nicht entspricht, und einen unzuverlässigen, öfter gefährlichen
immer mehr oder minder unangenehmen Dienst gewährt.
Das beste Temperament istdas, welches munter,
willig und unverdrossen zu jeder Arbeit, sich zuweilen
zurHergabe der Kräfte etwas anmahnenund nach statt-
gehabter Aufregung sich bald wieder beruhigen lässt.
Pferde mit boshaftem, zum Beissen, Schlagen geneigten, zur Arbeit
sehr unwilligem, wirklich boshaften Temperamente sind, wenn auch
noch so regelmässig im Körperbau zur Zucht nicht wünschenswerth,
denn mit den phisischen Eigenschaften übertragen sich auch die psi-
chischen, die Anlagen zu günstiger oder ungünstiger Entwicklung der
geistigen Kräfte und des Temperamentes.
Es lassen sich der Hauptsache nach vier Temperamente feststellen.
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Und zwar:
Das sanguinische. Es zeigt Lebhaftigkeit, Gelehrigkeit, Drei-
stigkeit, Folgsamkeit, aber auch Unbeständigkeit bei zu grossen steten
Anstrengungen wie im schweren Zuge.
Das phlegmatische. Es zeigt geringere Erregbarkeit, ruhige-
res Betragen, beschränktere Geistesthätigkeit, Beharrlichkeit bei An-
strengungen im langsamen Dienste.
Das cholerische. Mit vorherrschender Irritabilität, charakteri-
sirt es sich durch Anlage zum Zurückhalten der Muskelkräfte — Wi-
dersetzlichkeit. Endlich
das melancholische Temperament mit vorherrschender Sensi-
bilität ; es gibt sich zu erkennen durch Aengstlichkeit, Schreckhaftigkeit,
Misstrauen und dadurch verursachtes Zurückhalten der Kräfte.
Die verschiedenen Temperamentsbeschaffenheiten üben verschiedene
Einflüsse auf die Lebensthätigkeit im Allgemeinen und somit auf die
Ernährungsverhältnisse, Diensttauglichkeit und Anlage zu
Krankheiten aus.
Schon weiter oben wurde erwähnt, dass der Pferdekenner nach dem
Ausdrucke des Auges, des Ohrenspieles und der Form namentlich des
Oberkopfes auf die geistigen Eigenschaften des Pferdes schliesse, und
es kann jedem Pferdebesitzer nicht genug empfohlen werden, es sich
zum fleissigsten Studium zu machen, die äusseren Merkmale hievon
kennen zu lernen.
Die vier genannten Temperamente erscheinen nie als schroff abge-
sondert, indem fast jedes Pferd von jedem etwas hat, aber von den
vieren wird stets eins das vorherrschende sein. Es gibt demnach ver-
schiedene Nuancen bei den Pferden, die dem Kenner alsbald bemerk-
lich sind, und wornach er seine Behandlung namentlich in der Abrieh-
tungszeit, sowohl im Stalle als bei der Arbeit, einrichtet. Nichts ist für
Entwicklung der geistigen Kräfte besser, als der viele Umgang des
Menschen mit dem Thiere vom ersten Tage seiner Lebenszeit; denn j e
mehr sich der Mensch mit dem Pferde gemüthlich beschäf-
tigt, desto vertrauter wird es.
Martin sagt in seiner Naturgeschichte des Pferdes.
Die Neigung des Pferdes mit anderen in Freundschaft zu leben
ist so entschieden, dass sie sich an andere Thiere anschliessen, wenn
keine ihrer Gattungsgenossen zugegen sind.
(Bei dem ersten Chargepferd, welches ich als Lieutenant der k. k.
Cavallerie besass, war diese Neigung so ausgesprochen, dass ich grosse
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Mühe hatte, an einer Viehheerde überhaupt, waren es nun Kühe,
Schaafe oder Schweine vorbeizukommen. Dieses Pferd war in jener
Zeit überhaupt ganz stützig, und nur mit sehr vieler Mühe habe ich
es dahin gebracht, es allein und von anderen Pferden weg zu
reiten.)
Beispiele von gegenseitiger Anhänglichkeit zwischen Hunden und
Pferden sind nichts Ungewöhnliches, und einer der berühmtesten englischen
Benner, Eklipse, unterhielt eine sehr enge Freundschaft mit einer Katze
(andere sagen einem Schaafe). Auch gegen den Menschen, wenn dieser
sich hierzu herbeilässt, bezeigt sich das Pferd sehr freundlich und der
Familie zugethan und zeigt gegen ihn alle Erscheinungen der ergeben-
sten Anhänglichkeit.
Zwar gibt es Pferde von mürrischem, störrischem Charakter welche
auch durch die freundlichste Behandlung nicht zu besänftigen sind,
aber diese sind Ausnahmen von der allgemeinen Eegel; bei manchen
Pferden wird das ursprünglich gutartige Temperament durch unüber-
legte oder übermüthige Strenge verdorben, in welchem Falle es schwer
ist, sie wieder zugänglich zu machen: aber beinahe überall, wo dem
Pferde Güte gezeigt wird, kann man sich auf dessen Anhänglichkeit
verlassen.
In den Zelten der Beduinen leben die Stuten mit ihren Füllen
und die Herren mit ihren Frauen und Kindern beisammen; sie schla-
fen untereinander, der Herr liebkost seine Lieblingsstute und die Kin-
der spielen mit den Füllen, welche mit ihnen aufwachsen, und so
besteht das grösste Vertrauen und die grösste Familiarität unter ihnen.
Der Beduine behandelt sein Pferd als ein Mitglied seiner Familie und
die freundlichen Gefühle tauschen sich gegenseitig aus. Colonell Ha-
milton Smith, den wir wegen seiner edlen Gefühle für Menschlichkeit
ehren, theilt uns die Ansicht mit, dass die wechselseitige Anhänglich-
keit, welche zwischen den Norddeutschen und ihren Pferden besteht,
grossentheüs der Bauart ihrer Häuser auf dem Lande zuzuschreiben
sei, wo die Köpfe der Rinder und Pferde gegen die Dreschtenne sehen,
an deren Ende gewöhnlich die Familie wohnt, und wo der Herd
steht.
Da die Thiere alles mit ansehen können, was im Hause vorgeht,
so werden sie allmählig mit allen Handlungen der Bewohner völlig ver-
traut ; diese aber lernen, da sie ihre Hausthiere beständig vor Augen
haben, sie als ihre Genossen und nicht als Bestien kennen, welche
man blos mit Schlägen zu zwingen glaubt. Wir wünschten dass solche
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Gefühle als Charakterzug der Bauern unserer Insel angeführt werden
könnten.
Nach der Meinung der Pferdekenner älterer Zeit war ein gewisses
Temperament mit der Farbe des Haares unzertrennlich. Man verband die
vier Elemente mit den vier Haupttemperamenten und den vier Haupt-
haarfarben.
Dem braunen Haar gehört das sanquinische Temperament, als das
leicht bewegliche, die Luft darstellend.
Mit dem Fuchshaar sollte das cholerische Temperament verbunden
sein, das Feuer darstellend.
Das phlegmatische Temperament wurde allen Schimmeln, lichten
Farbe überhaupt zuerkannt; das weiche, wässerige, also das Element des
Wassers darstellend.
Das melancholische Temperament kam dem schwarzen Haar zu;
es stellt die Erde dar.
Dass man diese Theorie nicht buchstäblich nehmen darf und sich
unter jedem Kleide alle Arten von Temperamenten finden, liegt auf der
Hand; aber der erfahrene Pferdemann muss doch zugestehen, dass die
reizbarsten Pferde meistens der Fuchsfarbe angehören.
Dass die braune Farbe bei Pferden eine so allgemein beliebte ist,
hat wohl einen tieferen Grund, als nur der Eindruck auf das Auge des
B eschauers. Nach der Meinung der alten wäre dem Braunen das san-
guinische , das am meisten heitere, gutwillige, arbeitslustige Tempera-
ment zu Theil geworden. Hiernach wäre die allgemeine Beliebtheit
leicht erklärlich.
Der Volksglaube hält jetzt noch vielfach dafür, dass Rappen nament-
lich die ohne weisses Zeichen, zum Dummkoller, (Schwermuth, Stumpf-
sinn) überhaupt Kopfkrankheiten geneigt seien.
Ebenso gelten noch jetzt, obwohl vielfach mit Unrecht die Schim-
mel, überhaupt alle lichten Farben für weiche, (wässerige) Pferde.
Man hält sogar einen weissen Fuss für schwächer als die dunkel-
färbigen ; es gibt eine Gegend in Böhmen, wo man einen Schimmel
nicht als Pferd anerkennt, denn von einem Zweigespann, wovon das
eine ein Schimmel ist, sagt man: Ein Schimmel und ein Pferd.
Zur Ehrenrettung der Schimmel namentlich muss ich daran erinnern,
dass grosse Herren zu ihren Parade- und Schlachtpferden gern Schimmel
gewählt zu haben scheinen; ich erinnere nur an Friedrich den Grossen und
Napoleon I. Wenn ich nicht irre ritt auch Wellington bei Waterloo einen
Schimmel. Auch werden zu gewissen pompösen Ceremonien an grossen
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Höfen nur Schimmelzüge verwendet. Die Sage von den weissen Pferden
in den heiligen Hainen der alten Deutschen ist bekannt; es wurde also
dieser nach einer Theorie gering geschätzten Farbe, an einem anderen
Orte göttliche Verehrung zu Theil; das Paradepferd des Mittelalters das
Damenpferd, (weisse Zelter) musste ein Schimmel sein.
Die Temperamentsneigungen äussern sich nun beim Pferde als:
Gutmüthig und dabei entweder mehr ruhig oder mehr lebhaft.
Furchtsam; die Furchtsamkeit äussert sich unter sehr verschiede-
nen Formen.
Feurig, empfindlich, hitzig.
Böse, heimtückisch auch launisch, alle Kräfte zurückhaltend
und nur nach kräftiger Aufforderung aber dann gewissermassen zornig
hergebend.
Der Keim, die Anlage zu allem geistigen ist angeboren; es ist beim
Menschen Sache der Erziehung, beim Pferde Sache der Abrichtung diese
Anlagen zu entwickeln, zu bilden, nach Umständen zu beleben oder zu
dämpfen.
In Bezug auf das Pferd kann selbst die rationellste, beste Abrich-
tung ein von Natur träges , faules geistloses Pferd nicht zu einem feu-
rigen oder hitzigen umwandeln. Es gelingt der Dressur öfter zu viel
Feuer massigen, und sich unterthänig zu machen, als Feuer anzufachen
wo der Stoff dazu fehlt. Alle Pferde, die in Folge ihres angebornen Tem-
peramentes ganz besondere Schwierigkeiten in der Abrichtung biethen,
sei es zum Keit- oder Zugdienst, bedürfen nachher immer, wenn auch noch
so gründlich abgerichtet, einer gewissen consequenten, aufmerksamen
Behandlung um brauchbar zu bleiben.
Wir wollen nun die verschiedenen Neigungen etwas näher be-
trachten.
Wenn auch der Keim zu Allem von der Natur gegeben ist, so
muss man doch als Abrichtungsgrundsatz festhalten, dass kein Pferd
als wirklich boshaft oder verdorben auf die Welt kömmt.
Desshalb steht als erster Grundsatz oben an, sich mit dem jungen
Thiere viel und freundlich zu beschäftigen; sich ihm oft annähern, mit
freundlicher Stimme zu ihm sprechen, es betasten, streicheln, aus der
Hand einen Leckerbissen reichen, das Fohlen gewöhnen, sich eine Half-
ter anziehen und sich kurze Zeit anbinden zu lassen, u. s. w. u. s. w.
(Weiter unten hierüber mehr.) Selbst das jüngste Thier gibt dem
Pferdekenner Gelegenheit seine geistigen Neigungen kennen zu lernen
und darnach seine Behandlung einzurichten.
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Die Gutmüthigkeit ist aus dem Geberdenspiel, dem Thun
und Lassen leicht zu erkennen. Das Geberdenspiel eines solchen Pfer-
des hat etwas Freundliches, es richtet Blick und Ohren fest und
dauernd auf den Menschen, es zeigt kein furchtsames Benehmen, wenn
er sich ihm im Stalle annähert, es lässt sich, bei der Halfter ange-
fasst, leicht und willig zum Vor- und Zurücktreten bewegen, es tritt,
wenn dazu aufgefordert, auf die Seite, es lässt sich auch gleich das
erstemal, ohne besondere Furcht zu zeigen, Sattel oder Geschirr willig
auflegen.
Zur Arbeit angebalten, ist es gelehrig und thut alsbald den Wil-
len des Menschen befolgen, sobald es ihn nur verstanden, die Kraft
und Geschicklichkeit dazu hat, ihn befolgen zu können.
Die Gutmüthigkeit äussert sich auch mit mehr oder weniger Leb-
haftigkeit; erstere ist dann wohl, namentlich bei ganz jungen Thieren,
zum Stallmuth geneigt. Wiederholte Lection ohne zu grosse Anstren-
gung dämpft dieses bald; ist aber das gutmüthige, ganz junge Pferd
niemals zu einem lustigen Sprunge aufgelegt, so wird das ausgewach-
sene wohl ein träges Pferd werden.
Lebhafte • Gutmüthigkeit äussert sich als Geh-, Arbeitslust, als
Frömmigkeit, Verlässlichkeit im Gebrauch u. s. w.
Die Furchtsamkeit äussert sich sehr verschieden. Es ist
eine Eigenheit des Pferdes, alles was ihm Furcht einflösst mit dem
Gerüche zu prüfen. Es wird also bei Annäherung eines ihm Furcht
machenden Gegenstandes mit stark gespitzten Ohren durch die Nasen-
löcher schnarchen, was sich dann, wenn das Pferd nur furchtsam und
nicht wirklich scheu ist, nach und naeh vermindert und sich dann die
Furcht alsbald verliert. Das furchtsame Pferd heftet Auge und Ohr
nicht bleibend auf einen Gegenstand, sondern wechselt häufig das Ohren-
spiel, und der Augapfel wendet sich bald zur Seite, bald rück-, bald
vorwärts. Einem solchen Pferde muss man alles ihm neue, sei es nun
Tränkeimer, Sattel, Zaum, Decke, Geschirr u. s. w. beriechen lassen
und dieses öfter wiederholen ehe man es ihm auflegt. Ist es überhaupt
Regel nie zu einem Pferde in den Stand zu treten, ohne es anzuspre-
chen und damit auf die Annäherung eines Menschen aufmerksam zu
dachen, so ist dieses bei einem furchtsamen um so unerlässlicher. Ein
furchtsames Pferd wird überhaupt durch ein ruhiges, gehalte-
nes, stets gleich bleibendes Wesen des Wärters
oder Abrichters am ersten gebessert.
Wenn der Abrichter mit einem furchtsamen Pferde nicht umzu-
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gehen weiss, *so wird das Pferd bei unrichtiger Behandlung noch furcht-
samer, nimmt auch nach Umständen einen bösen, zur Falschheit ge-
neigten Charakter an, widersetzt sich bei jeder Gelegenheit, fürchtet
sich vor allen Gegenständen und bringt sowohl den Keiter als den
Fahrenden ins Unglück, oder nimmt auf eine oder die andere Art ein
frühes Ende.
Ein gewisser Grad von Furcht, — oder wollen wir dieses in den
meisten Fällen Geneigtheit, sich dem Willen des Menschen zu fügen,
nennen, - - wohnt dem Pferde von Natur inne. Das Pferd erwartet
nicht seinen Feind, wie z. B. der Stier, welcher ihn mit den Hörnern
bekämpft; nur in besondern Fällen packt das Pferd den Feind mit den
Zähnen. Aber Pferdeheerden, wild oder in grossen Gestüten, bilden,
wenn z. B. Wölfe herannahen, einen Kreis mit den Köpfen gegenein-
ander und schlagen mit den Hinterfüssen nach dem Feinde oder su-
chen ihr Heil in der Flucht. Die Schnelligkeit weist das Pferd von
Natur hierauf hin, sowie den Stier seine Langsamkeit und die Kraft
seines Halses anweist, den Feind stehenden Fusses zu erwarten. Darum
hat der Stier seine Waffen zunächst am Halse, das Pferd dagegen hat
eben seine Hauptwaffe in den Hinterbeinen. Der Mensch würde sich
das Pferd wohl kaum so vielseitig unterwürfig gemacht haben, wenn
das Pferd nicht diesen Grad von Furcht, als Neigung, sich ihm unter-
zuordnen, von der weisen Natur erhalten hätte. Denn wo sich der
Wille des Pferdes ins Gegentheil umschlägt, kostet es, wie bekannt,
ganz gewaltige Kämpfe, die schon oft zum Schaden des Menschen aus-
fielen, um über es Herr zu werden.
Der Mensch muss also stets trachten, sich diese Neigung als gu-
ten Willen zu erhalten, indem er beim Pferde Vertrauen erweckt,
nicht aber diese natürliche Furcht zur Schreckhaftigkeit, Misstrauen,
Scheue gegen den Menschen etc. steigert. Wer kann es z. B. einem
neu angekauften Cavalleriepferd, das an mehren Stellen gebrannt wurde,
übelnehmen, dass es einige Zeit die Annäherung des Menschen über-
haupt fürchtet; oder:
wenn einem jungen Pferde beim ersten Anlernen zum Ziehen ein
ganz unpassendes Geschirr aufgelegt wird, dass es dann für immer
einen Widerwillen, Furcht vor dem Ziehen überhaupt behält; oder:
wenn ein junges Pferd beim Gewöhnen an die Infanterie, den Ge-
wehrgriffen u. s. w. mit einem Bajonett unvorsichtiger Weise gesto-
chen wird, und nachher eine beständige Furcht vor der Infanterie
behält.
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Mit der Furcht ist Scheuen, Schreckhaftigkeit, Misstrauen u. s. w.
zanächst verwandt.
Manches Pferd, das sich vor Schiessen, militärischem Lärm u. s. w.
gar nicht fürchtet, kann einen rasselnden Wagen durchaus nicht ver-
tragen, oder erschrickt vor jedem auffliegenden Vogel, oder scheut einen
Strohhalm, schwarzen oder sehr lichten Fleck auf der Erde, wie Was-
serpfütze, aufgehängte Wäsche u. s. w.
Ein anderes fürchtet und scheut sich vor gar nichts, was im ge-
wöhnlichen Leben vorkommt, und hat von Natur eine unüberwindliche
Furcht vor dem Schiessen.
Ein anderes erträgt Alles, aber Trommeln und Musik hinter
i h m erregt ihm ausserordentliche Furcht; ein anderes, sonst ganz ver-
traut, kann es nicht lernen, den Säbel zu vertragen.
Manches ganz fromme, vertraute Wagenpferd wird unbändig durch
das Schellengeläute eines Schlittengeschirres; ein anderes wird sehr
ungeduldig furchtsam aufgeregt, wenn es nach dem Einspannen noch
etwas stehen bleiben soll, und nicht selten sucht sich diese Furcht
durch die heftigsten Lancaden Luft zu machen; dasselbe Pferd steht
vielleicht ganz still, wenn es erst eine Weile gegangen hat; manches
Pferd überwindet nur bei sehr geduldiger, ruhiger Behandlung die
Furcht vor dem Eingespanntsein, wie es für ein Kutschenpferd in der
Stadt nöthig ist.
Ich habe ein Pferd gekannt, welches in aller Arbeit ganz fromm,
in die höchste Aufregung gerieth, wenn das neben ihm stehende Pferd
geputzt wurde. Wurde aber dieses Pferd selbst zur selben Zeit auch
geputzt, so stand es ganz still, war nirgends kitzlich, u. s. w.
Es gibt Pferde, die so furchtsam, misstrauisch sind, dass sie genau
wissen, wenn der Wärter oder Abrichter ein anderes Kleid als das ge-
wöhnliche trägt.
Ein riechender Pelz, ein Kautschukmautel können einem Pferde
die höchste Furcht einflössen und den Menschen gefährden. Das Kni-
stern oder der Anblick von Papier ist manchen Pferden, die übrigens
gar nicht furchtsam oder scheu sind, so unerträglich, dass sie in die
höchste Aufregung gerathen.
Mühlräder, die sich bewegen, ein auf der Strasse fortgewälztes
Fass, eine schmale Brücke, namentlich wenn die Bretter oder Knüppel,
wie es über Bäche im Hochgebirge öfter der Fall ist, lose sind, der
Geruch von Lohgerbereien, Abdeckereien, Eisenbahnzüge u. s. w. er-
regen bei sehr vielen Pferden grosse Furcht.
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Manches Pferd ist nur mit grösster Mühe zu bewegen, durch ein
Wasser zu gehen, tiefe Gräben, wenn auch nicht sehr breit, fürchten
die meisten Pferde mehr als flache, wenn auch breiter, sumpfige Ufer,
Wassergräben mehr als trockene, u. s. w. Ebenso erregt das Ver-
wickeln in einen Halfter- oder Schlagen über einen Zugstrang manchem
Pferden grosse Angst.
Manche Pferde, die sonst bei keiner Art von Lärm Furcht zei-
gen, gerathen bei einem Gewitter in die höchste Aufregung; in Fällen,
wo Pferde bei einem Brande im Stalle stehen, lähmt die Furcht ihre
Glieder vollkommen und es ist daher sehr schwer, sie herauszubringen,
wenn man ihnen nicht die Augen mit Blenden bedecken oder sie zu-
binden kann, was in solchen Fällen wo möglich immer geschehen sollte.
Manche Pferde fürchten den Ort und das Geräusch eines Schmie-
des so, dass sie sich daselbst durchaus nicht beschlagen lassen wollen,
wohl aber im Stalle ganz willig. Andere fürchten das lederne Schurz-
fell eines Schmiedes derart, dass er, mit demselben angethan, sich
einem solchen Pferde nicht annähern kann; das Geräusch einer Scheere zum
Ausscheeren der Fesselhaare, Schweifstutzen u. s. w. ist manchem
Pferde unausstehlich.
Ein auf der Weide gehendes Pferd, erzählt Martin, hatte sich
bei einem Gewitter unter einen Baum gestellt, daselbst Schutz suchend,
und sich mit der Kruppe in der Richtung gegen den Wind an den
Baum angelehnt. Der heftig wüthende Sturm entwurzelte diesen Bäum,
worüber das Pferd in den heftigsten Schreck versetzt wurde, und ent-
floh noch glücklich, ohne von dem stürzenden Buume verletzt zu wer-
den. Dasselbe Pferd wurde nachher noch viele Jahre auf dieselbe
Weide getrieben und hat sich nie mehr entschliessen können, unter
einem Baume, weder gegen Sonnenhitze, noch Regen noch Wind Schutz
zu suchen. Wohl eben so sehr ein Beweis von Furcht als von Ge-
dächtniss.
Derselbe Schriftsteller erzählt ferner:
Zuweilen zeigen Pferde einen entschiedenen und motivirten Wider-
willen gegen verschiedene Objekte; einige merkwürdige Fälle theilt
Rodet mit:
Im Jahre 1803 besass während der Schlacht bei Austerlitz ein
französischer Offizier eine sehr schöne und in vieler Beziehung sehr
brauchbare Stute, welche aber durch eine Eigenthümlichkeit sehr ge-
fährlich für den Reiter wurde; sie hatte nämlich eine entschiedene
Aversion gegen das Papier, das sie, sobald sie es sah, im Augenblicke
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als solches bemerkte und dies selbst im Dunkeln, wenn ein oder zwei
Blätter Papier gegeneinander gerieben wurden. Der Anblick oder das
Hören dieses Materials brachte auf das Thier eine so schnelle Wir-
kung hervor, dass es in manchen Fällen den Reiter abwarf, und in
einem Falle, wo er mit dem Fusse im Bügel hängen blieb, ihn eine
ziemliche Strecke weit über eine steinige Strasse schleppte. In andern
Beziehungen hatte dieses Pferd nicht die geringste Furcht vor Gegen-
ständen, welche sonst den meisten Pferden Entsetzen verursachen. Die
Musik der Brigade, das Pfeifen der Kugeln, der Kanonendonner, das
Bivouakfeuer oder das Glitzern der Waffen war ihm völlig gleichgültig.
Die Konfusion und das Geräusch des Angriffs machte keine Wirkung
auf es, kein Geräusch^, welches es auch .sei, brachte das Pferd ausser
Fassung, nur das Sehen und Rascheln des Papiers brachte es zur
Tollheit.
Alle möglichen Mittel wurden angewendet, um es von dieser aus-
serordentlichen Extravaganz zu heilen, sein Herr war aber am Ende
genöthigt, sie weg zu geben, da sein Leben in beständiger Ge-
fahr war.
Eine in den Jahren 1816—1821 zu dem königlichen Garderegi-
mente gehörige Stute war vollkommen gutartig, und zeigte weder ge-
gen Menschen noch Thiere irgend eine Antipathie, nur konnte sie kei-
nen Grauschimmel leiden; in dem Augenblicke, wo sie eines solchen
ansichtig wurde, stürzte sie sich auf ihn, und fiel ihn mit der grössten
Wuth an. Dies that sie überall und zu allen Zeiten. In Beziehung auf
ihren Dienst bei der Parade, auf dem Marsche u. s. w., sowie in der
Action und dem Betragen im Stalle Hess sie sonst nichts zu wünschen
übrig; aber gegen Grauschimmel oder Schimmel hatte sie einen sol-
chen Hass, dass es gefährlich war, sie, wenn auch nur entfernt, mit
solchen in einen Stall zu bringen. Sobald sie nur von ferne ein sol-
ches Pferd bemerkte, gleichviel ob es ein Hengst war oder eine Stute,
so ruhte sie nicht, bis sie ihren Reiter abgeworfen oder ihr Halfter
zerrissen hatte, und stürzte sich mit der grössten Wuth auf dasselbe,
um es an tausend Stellen zu beissen. Gewöhnlich packte sie den Ge-
genstand ihrer Wuth am Kopfe oder an der Kehle und hielt ihn so
fest, dass sie ihn erstickte, wenn man nicht schnelle Hilfe schaffte.
Selbst im Alter, — im Jahre 1821 war sie 18 Jahre alt, — war
diese Wuth nicht ganz verwischt, wiewol etwas gemildert. Kein ande-
rer Gegenstand von weisser Farbe machte auf sie den geringsten
Eindruck.
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Eine, zu der fünften Husarenschwadron gehörige Stute scheute da-
gegen vor allen weissen, leblosen Gegenständen, wie weisse Mäntel
oder Decken, Schürzen oder Hemden, besonders aber vor weissen
Federn.
Sobald sie irgend einen dieser weissen Gegenstände und nament-
lich, wenn sich derselbe bewegte, erblickte, so überkam das Pferd eine
panische Angst und suchte durchzugehen. Waren diese Gegenstände
aber nicht sehr gross, und bewegten sie sich nur langsam, so stürzte
sie sich wüthend auf sie, und suchte sie mit den Vorderfüssen zu zertre-
ten oder mit den Zähnen zu zerreissen, anders gefärbte Dinge machte auf
sie nicht den geringsten Eindruck, auch Schimmel oder selbst ganz weisse
Pferde, wenn sie schnell in ihre Nähe kamen, erregten sie nicht; wenn
aber nur eine weisse Feder wallte oder ein Stück weisses Papier vor ihr
niederfiel, so war ihre Furcht oder Wuth völlig unbezähmbar.
Eodet bemerkt zu diesen Fällen, dass sie wahre fixe Ideen seien.
Merkwürdig ist, dass allemal das solchen Anfällen unterworfene Indivi-
duum eine Stute war. (Soweit Martin.)
Erinnern diese Beobachtungen nicht an sogenannte Launen hysteri-
scher Frauen ?
Die Boden scheue ist eine ganz besondere Art von Furcht; die
im Gebrauch höchst unangenehm ist.
Es gibt nämlich Pferde, die übrigens nicht scheu, jeden Fleck auf der
Erde, sei er heller oder dunkler, einen grossen Stein, besonders tiefe
Fahrgleise, eine kleine Wasserlacke u. s. w. so markiren, dass sie auf die
Seite springen, aus dem Galopp inTrabb fallen, immerwährend Stutzen etc.,
wodurch sie im Gebrauch stets unangenehm und unverlässlich sind. Nur die
geduldigste, ruhigste Behandlung kann diesen Fehler so weit bessern, dass
solche Pferde brauchbar bleiben, aber ganz abzugewöhnen , sodass sie nie
wiederkehrte, ist mir wenigstens nicht gelungen, wenn ich mir auch
schmeicheln kann, sehr bodenscheue Pferde fast bis zum Verschwinden
des Fehlers beruhigt zu haben, so lange die entsprechende Behandlung
andauerte.
. Ebenso sind kopfscheue Pferde höchst unangenehm und dadurch
im Gebrauch unsicher, dass sie sich nur mit der grössten Vorsicht aufzäu-
men lassen, manchen Tag auch dieses durchaus nicht leiden wollen und,
wenn einmal erschreckt, sich sehr schwer wieder beruhigen und vertraut
machen lassen.
Meine Leser wollen die Versicherung entgegennehmen, dass ich in
meinem vielseitigen und vieljährigen praktischen Umgang mit Pferden so
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zu sagen alle hier erwähnten Fälle, die dem Pferde Furcht machen, selbst
gesehen und behandelt habe.
Am schwierigsten sind zu überwinden, angeborne, sehr grosse Furcht
beim Schiessen;
die erwähnte Papierscheue;
Nicht durchs Wasser gehen wollen;
Bodenscheue in hohem Grade;
sehr kopfscheue, und diejenigen Fälle, wo der Geruchssinn sehr unan-
genehm berührt wird.
Das feurige Pferd. Diese Temperamentseigenschaft äussert sich
auch verschieden. Ist es das lebhafte Feuer des edlen Pferdes, so ist die-
ses eine höchst erwünschte Eigenschaft, denn ein solches Pferd kann da-
bei auch gutmüthig sein, d. h. es fügt sich stets gern dem Willen des ihn
beherrschenden Menschen. Ein solches, wenn vom Menschen gut behan-
handelt, ist bis in sein hohes Alter munter und dem Menschen zugethan;
ein mit solchem lebhaften Temperamente begabtes Pferd ist auch leicht
zu erkennen, es äussert sich durch sein Geberdenspiel und sein übriges
Verhalten, beim Eintritt des Menschen in den Stall wird es sich nach ihm
umsehen, es hat gewöhnlich feurige Augen und ist in steter Bewegung bei
dem geringsten vorkommenden Anlass, es ist für die menschliche Stimme
und überhaupt für jede vorkommende Kleinigkeit sehr empfänglich.
Aeussert sich das Feuer als zu grosse Reizbarkeit, Empfindlichkeit,
Hitze, so kann dieses ebenso unangenehm werden, als das edle, lebhafte
Feuer sehr erwünscht ist: denn nicht allein, dass solche Pferde ihre
Kräfte vor der Zeit aufreiben, können sie auch den Reiter oder Fahrer durch
ihre unbezähmbare Hitze und Ungeduld in die unangenehmsten Lagen brin-
gen. Solche Pferde gerathen gewissermassen in einen jähzornigen Zustand
und wenn sie auch endlich zum Gehorsam gezwungen werden, so thun sie es
weil sie es müssen, nicht aber aus eigenem Antriebe.
Derartige Pferde sind sehr schwer zu behandeln, und wenn sich auch
hochgradige Empfindlichkeit, Kitzlichkeit im Stalle zeigt, so kann sich
diese Art von Feuer nur in der Arbeit darthun. Bei manchen Pferden tritt
sie nur bei bestimmten Gelegenheiten hervor. Es gibt z. B. Pferde, die
allein geritten wohl lebhaft gehen, in Gesellschaft unerträglich hitzig
werden, oder durchaus nicht stehen bleiben wollen, während andere Pferde
weggehen, oder in die heftigste Aufregung gerathen, wenn ihnen in
der Dressur ein grösserer Zwang in Gang und Stellung abverlangt
wird, u. s. w.
Das böse, heimtückische Pferd. Ein solches erkennt der
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aufmerksame Beobachter leicht im Stalle und auch im Freien, denn
es sieht sich bei Annäherung eines Menschen scharf nach ihm um, legt
die Ohren zurück, fährt auf ihn los um zu beissen, und zeigt überhaupt
durch seine Aeusserungen, als ob es ihn nicht zu sich in den Stand lassen
wollte; befindet es sich aberimFreien so stellt es sich beim Hinzutritt eines
Menschen gleich sicher oder zur Vertheidigung bereit. Solche Pferde sind
stets schwer zu behandeln, und legen ihre bösen Eigenschaften vielleicht
erst ab, wenn sie durch viele, anstrengende Arbeit, wenig oder schlechte
Nahrung u. s. w. herabgekommen sind. Der Wärter oder derjenige, wel-
cher das Pferd gebraucht, darf die bekannten Vorsichtsmassregeln bei der
Annäherung im Stalle, beim Putzen, Beschlagen, Satteln, Einspannen und
so weiter nicht ausser Acht zu lassen, ohne sich dadurch einer Gefahr
auszusetzen. Dreistes, entschlossenes, sich gleichbleibendes Wesen und
hinlängliche Arbeit imponiren solchen Pferden am ehesten, wogegen Zag-
haftigkeit von Seiten des Menschen sie immer dreister macht.
Geile Hengste mit diesem Temperamente sind die schlimmsten; man
thut gut, bei Annäherung zu denselben, stets einen kurzen etwas dickeren
Stock in der Hand zu haben, nicht etwa um gleich auf das Pferd los zu
prügeln, sondern um ihm denselben entgegenzuhalten, damit es darauf
beisse. Lässt man es an einem solchen Stock beim Beschlagen, Putzen,
Satteln etc. beissen, so lassen solche Thiere alles geduldig mit sich
machen.
Die Heimtücke, Launigkeit zeigt sich darin, dass ein Pferd seine
Bosheit unvermuthet ausübt, mitunter träge und ruhig in der Arbeit zu
sein scheint, dann aber aufgefordert, auf einige Zeit unbändig heftig,
in Zorn gerathend erscheint.
Das sind für jede Art von Arbeit sehr unangenehme, wo es solide
Arbeitskraft gilt, stets unverlässliche Pferde.
Zur Zeit des Rossens zeigen sich viele Stuten fast immer als sehr
launisch, in Folge des gereitzten Zustandes als sehr kitzlich oder auch
sehr unempfindlich, ihre Kräfte zurückhaltend oder heftig u. s. w.
Man findet dieses öfter bei Stuten die ausser der Zeit des Rossens
ein ganz gutes, angenehmes Temperament haben. Mit Aufhören des Ros-
sigseins verschwindet dann auch die Launigkeit wieder.
Der Charakter der Bosheit, Falschheit, Tücke ist nun noch auffal-
lender bei einem Thiere, das von Natur zur Treue, Gutmütigkeit und
Zuneigung zum Menschen geschaffen ist. Allein so wie der Mensch, so
sein Pferd. Wenn der Mensch seine Gewalt, — namentlich hervortetend
bei solchen Pferden, — missbraucht, so lehrt er diesem Thiere, das Ge-
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heimniss seiner Kraftüberlegenheit kennen, indem es Ausflüchte gegen die
Misshandlungen sucht, und wenn es einmal Sieger geblieben, endlich die
ihm wiederfahrene Behandlung mit gleicher Münze bezahlt; erschöpft zu
Grunde gerichtet, anstatt abgerichtet zu werden, ist dann auch öfter die
Folge.
Welch' ein Unterschied zwischen solchen bösartigen, tückischen
Pferden, sagtHochstetter, und dem gutgearteten, aufrichtigen,
frommen. Zutrauensvoll kehrt sich das letztere gegen seinem gütigen,
liebreichen Meister, und würde ihm überall hin wie ein Hund folgen,
wenn es die Umstände gestatteten. Es schaut ihm treu und aufrichtig
in die Augen, beriecht ihn, beleckt ihn mit der Zunge und erkennt deut-
lich seine Stimme. Im Dienste ist es unverdrossen, aufmerksam, gelehrig
und fromm, zu allem bereit, was sein guter Herr mit liebreichen Zeichen
von ihm begehrt, selbst wenn es sauern Schweiss und Mühe kostet. Wie
schön erwidert und belohnt es die Güte und Freundlichkeit seines Herrn
durch einen treuen und unverdrossenen Dienst. —
Aus diesem über das geistige des Pferdes, Charakter, kurz Tempera-
ment Gesagtem, ist nun leicht zu entnehmen, was man unter gutem
oder bösem Willen zu verstehen hat. Der Wille des Pferdes ist nichts
anderes, als das Vorhaben zum Guten oder Bösem, das aus dem inneren
Sinne desselben hervorgeht. Das Pferd kann, wenn eswill, sehr viel
leisten, dem Menschen angenehm und durch seinen Gehorsam nützlich
sein; wenn es aber nicht will so wird es nicht nur gar nichts leisten
sondern auch dem Menschen gefährlich werden.
Der Gehorsam zeigt sich eben durch Unterordnung in den menschli-
lichen Willen; das gutgeartete Pferd zeigt, wenn es einmal den Menschen
verstanden hat, einen freiwilligen Gehorsam, wogegen das bösgeartete
endlich in den meisten Fällen wohl auch dem Willen des Menschen unter-
geordnet, d. h. gehorsam wird; aber es thut alles nur gezwungenerweise
mit Widerwillen. Dass ersterer Gehorsam viel mehr Ausdauer, Verlässlich-
keit und Annehmlichkeit verspricht, liegt auf der Hand.
Im gewöhnlichen, praktischen Leben treten die Unterschiede und
vielen Abstuffungen in dieser Beziehung in einigen Fällen besonders her-
vor. So ist z. B. das A11 e i n s e i n manchen Pferden höchst zuwider, denn
das Pferd lebt im natürlichen Zustande Heerden- oder rudelweise beisam-
men und auch im gezähmten Zustande behält es diese Neigung bei, in so
fern es gern mit seines Gleichen geht, und offenbar besser gedeiht, wenn es
zu mehren gehalten wird, als wenn allein.
In der Koppel halten sie sich gern zusammen, schliessen Freund-
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schaft mit einander, necken einander und laufen, wenn sie auf der Strasse
oder einer angrenzenden Koppel ein fremdes Pferd sehen, an die Hecke
um es durch wiederholtes Wiehern zu begrüssen.
Auch leisten sie sich kleine Dienste, denn man bemerkt häufig, dass sie
des Nachbarn Haut mit den Zähnen gelinde kneifen, was entweder zum Scherze
oder weil es den andern juckt geschieht. Es gibt Pferde, die, wenn sie
allein in einem Stalle stehen sollen, in eine fieberhafte Aufregung gera-
then, schwitzen, Futter versagen und endlich krank werden, wenn sie
nicht rechtzeitig wieder mit anderen Pferden in einem Stalle eingestellt
werden. Und so auch im Gebrauch.
Es gibt z. B. Pferde, die auch ohne früher verdorbeu zu sein, im
Freien durchaus nicht allein gehen mögen; jede Folgsamkeit für Zügel
und Schenkel die das Pferd auf der Reitschule lernte und auch stets wil-
lig befolgte, hört so zu sagen auf. Solche Pferde gehen in Gesellschaft
anderer tiberall bin; es gibt sogar solche, die in Gesellschaft voraus ganz
willig gehen und allein vom Hause nicht wegzubringen sind.
' Andere äussern diese Gesellschaftsliebe indem sie allein wohl vom
Hause willig gehen, aber sich an jedes begegnende Pferd anschliessen
wollen, und dieses mit dem grössten Eigensinn durchzuführen suchen. An-
dere wieder gehen vom Hause höchst träge und unwillig; auf dem Nach-
haus ewege zeigen sie wohl zu viel Gehlust also guten Willen zur Ar-
beit. Kehrt der Reiter dann ein solches Pferd um, so ist die Gehlust wie
verschwunden; es ist dann eben nicht Gehlust, sondern nur Sehnsucht
nach dem Stalle und auch nach den anderen darin befindlichen Ka-
meraden.
Der rationelle, gründliche Reiter sucht sein Pferd dahin zu bringen,
dass es nach dem Aufsitzen stehen bleibe, und die anmahnende Hilfe
abwarte; er lobt sein Pferd, wenn es hiefür guten Willen zeigt. Ein ande-
rer nennt es ausserordentliche Gehlust, Willen zum Gehen, wenn es
gleich nach dem Aufsitzen fortrennt, oder wohl in Lancaden abgeht.
Kömmt nun dasselbe Pferd aus der Hand des einen in die Hand des
anderen so bedarf es erst wieder einiger Abrichtung d. h. Erkennen des
Willens des neuen Herrn, um diesem gemäss wieder guten Willen
zu zeigen.
Vielfach wird den Pferden übler Wille angedichtet, wo der Fehler
nur in der mangelhaften Einsicht des Menschen gegründet ist; z. B. ein
junges Pferd, das den Zwang der Gurten noch nicht recht gewohnt
ist, wird gleich nach dem Aufsitzen nicht so willig gehen, als nachher,
wo ihm während des Gehens der Zwang der Gurten erträglicher wurde.
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Der denkende Reiter beachtet dieses und schreibt dem Pferde desshalb
nicht gleich üblen Willen zu.
Oder ein anderes Pferd, das gewohnt ist, vor dem Mittagsfüttern
geritten zu werden, wird nun einmal aus irgend einer Ursache gleich nach
dem Füttern vielleicht etwas rasch gesattelt und sogleich geritten. Wer
es weiss, dass Gewohnheit auch bei Pferden zur anderen Natur wird,
wundert sich in diesem Falle nicht, wenn das Pferd in diesem Falle
nicht ganz so gern, so angenehm geht, als an anderen Tagen, wo diese
störende Ursache nicht vorhanden war. Oder ist es wohl wirklich übler
Wille zu nennen, wenn ein Pferd wegen schlecht passender Zäumung, oder
weil es der Eeiter zu fest hält, oder weil er die entsprechende Schenkel-
hilfe nicht zu geben weiss, oder weil das Pferd bereits ermüdet ist, oder
weil der Sattel zu weit zurück liegt, oder weil das Geschirr nicht
passt, u. s. w. u. s. w. nicht so vorwärts geht, als der Reiter oder
Fahrer gern haben möchte ? Gewiss nicht. In sehr vielen solchen Fäl-
len muss man anstatt zu sagen: das Pferd will nicht, sagen: das Pferd
kann nicht, oder wenigstens nicht so gut gehen, als es gehen würde,
wenn diese hindernd einwirkenden Ursachen nicht vorhanden wären.
Denn die Hauptursache der Wiedersetzlichkeiten der Pferde ist, dass
sich der Mensch so schwer entschliessen kann, dem
Thiere gegenüber Unrecht haben zu wollen. Und es ist
eine goldene Regel welche sagt: Alle Wiedersetzungen die das
Pferd unternimmt, rühren entweder her aus Furcht,
aus Unkenntniss, oder aus Unvermögen das zu leisten
was entweder zu viel, zufrüh oder auch wohl zu oft
verlangt wird.
Der denkende Mensch, aufmerksam im Umgang mit Pferden, wird
täglich die Wahrheit dieser Lehren beobachten können, und sich dadurch
vor Missgriffen und Gefahr schützen.
Den höchsten Grad von Mangel an guten Willen, Unlust zur Arbeit
überhaupt, nennt man Stützigkeit, Stetigkeit. Man hat dieses als Krank-
heit angenommen, welche den Kauf rückgängig macht.
Streitigkeiten über diesen Fall können zu den unangenehmsten Pro-
zessen führen und auch die Richter in sehr schwierige Lagen bringen.
Keineswegs genügt in diesem Falle der Standpunkt des Thierarzten
angenommen auch, dass diese Stetigkeit in einem krankhaften Zustande
des Nervensystemes zu suchen sei, die sich in einem Falle als unüber-
windliche Sehnsucht nach dem Stalle, im anderen, als unüberwindliche
Sehnsucht nach anderen Pferden im dritten, als unüberwindliche Furcht
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vor gewissen Gegenständen oder einer gewissen Arbeitsleistung, äussert,
so hängt es doch sehr von der jeweiligen Einwirkung des Menschen ab, ob
diese Stetigkeit sich als unheilbar darstellt, das Pferd also zu einem gewis-
sen Zwecke für welchen es gekauft wurde, unbrauchbar ist, oder ob sich
diese üble Neigung bei richtiger Behandlung soweit bessert, dass das
Pferd zu brauchen ist.
Denn, von der consequenten, lebenslänglichen Widersetzlichkeit
gegen alle menschlichen Handhabungen ohne Ausnahme, — wenn eine
solche Stetigkeit überhaupt denkbar wäre, — bis zur lammfrommen, unbe-
dingten und unwandelbaren Hingebung auch in den unsinnigsten mensch-
lichen Willen, gibt es ja nach angebornen Eigenschaften und Ge-
wöhnungen vielleicht eben so viele Zwischenstufen, als es Pferde-
köpfe gibt.
Während nun aber der wahre Pferdefreund, der eines unerschöpf-
lichen guten Willens und einer tüchtigen Geschicklichkeit sich bewusst
ist, — von seinem Standpunkte aus vielleicht mit Recht — Stettigkeit
überhaupt als ein Unding leugnet, nennt Bequemlichkeit, Aengstlichkeit
oder Mangel an Einsicht und Geschick jedes Pferd stetig, mit dem man
nicht sogleich sich zu verständigen vermag.
Langjähriger Umgang mit edlen, desshalb aber sehr sensiblen, kräf-
tigen und flüchtigen Pferden lehrt zwischen stetig und nicht thätig
einen wesentlichen Unterschied finden. Manche sind gar zu gerne bereit
Pferde die nicht vollkommen t h ä t i g, d. h. lammfromm, für Jedermann
undallerOrten willig, oder unter allen Umständen sogleich gutwillig
sind, als stetig zu betrachten, statt dessen sollte man sich über den
respt. Grad der Thätigkeit jedesmal zuvor verständigen, da die
diesfallsigen Ansprüche sehr verschieden sein können.
Auf den Verkehr im gewöhnlichen Leben angewendet heisst dieses
Eskaufe niemals Jemand ein Pferd, ohne es für sei-
nen Zweck Selbst zu probiren.
Auf dieses »Selbst« lege ich einen sehr grossen Nachdruck und
namentlich der schwächere oder unerfahrenere Reiter soll dieses nie
unterlassen.
Ist das in Rede stehende Pferd jung, unabgerichtet, so kann diese
Probe allerdings nicht unternommen werden, es ist dann Sache des
Käufers sich auf die eigene oder des Freundes und Rathgebers Pfer-
dekenntniss zu verlassen und darauf seine Hoffnungen zu gründen.
(Hierüber weiter unten noch mehr.)
Nach meiner Meinung sollte der Fehler den man mit der Benen-
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nung Stetigkeit unter die Gewährsmängel aufgenommen hat, aus dem
Gesetzbuche gestrichen werden.
Manche Pferde sind einer Art Schwindel unterworfen und sind in
diesem Zustande ohne bewusstlos zur Erde zu fallen — so taumelig,
dass sie, so lange der Zustand dauert, allerdings gegen alle Einwirkung
des Menschen unfolgsam sind. Vielleicht meint das Gesetz diesen Fall,
wenn es von wahrer Stetigkeit spricht.
Jedenfalls ist das was man im gewöhnlichen Leben Stetigkeit
zu nennen so vielfach geneigt ist, noch nie durch Arzneimittel kurirt
worden, also auch wohl vom Standpunkte der Gesundheitslehre nicht
als Krankheit zu betrachten.
Bei Besprechung des geistigen Wesens der Pferde darf das Ge-
dächtniss nicht unberührt bleiben.
Das Gedächtniss des Pferdes ist sehr gross und äussert sich na-
mentlich durch Ortsgedächtniss und als Erinnerungsvermögen, auf
gewisse Zeichen dieses oder jenes zu thun, eine be-
kannte Stimme zu erkennen;
die Reihenfolge der Uebungen in der Abrichtung, die Art
und den Platz eine Lektion zu beendigen, Empfang eines Lecker-
bissens nach oder vor einer bestimmten Uebung u. s. w. sich
zu merken.
Jedem erfahrenen Reiter und Fahrer ist bekannt, dass Pferde einen
Weg den sie öfter gehn, nicht allein alsbald kennen, sondern auch,
wenn sie denselben Weg Monatelang nicht mehr gegangen sind, ihn vor-
kommenden Falles sogleich wieder erkennen, und dieses bei Biegungen
des Weges deutlich zu verstehn geben.
Fuhrpferde, die viel auf der Landstrasse gehen, kennen das Wirths-
haus wo der Kutscher anzuhalten, oder zu übernachten pflegt, ganz
genau; beim Hause wo die Wegemauth entrichtet werden muss, bleiben
solche Pferde von selbst stehen; u. s. w. Wer öfter bei Nacht geritten
ist, weiss wie genau das Pferd den Weg nach Hause findet, dass es
selbst dem verirrten Reiter als Führer dient, wenn er sich ihm über-
lässt. u. s. w.
Das Gedächtniss für Zeit zeigen solche Pferde sehr deutlich, die
meistens nach einer bestimmten Folge der Uebungen auf Reitschulen
geritten werden; siezeigen dieses besonders deutlich, wenn mit diejeni-
gen Uebungen die gewöhnlich zuletzt vorgenommen werden, einmal
begonnen wird. u. s. w. Solche Pferde wollen dem Reiter immer zuvor-
kommen und der Schüler, der bisher nur solche Pferde ritt und sich
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vielleicht schon etwas auf sein Beiten einbildete, sieht dieses erst ein,
wenn er dann Pferde zu reiten bekömmt, die wirkliche Hilfen zum
Beginnen oder Beendigen eines Ganges bedürfen.
Bei der Abrichtung junger Pferde kann dieses Gedächtniss mit
viel Erfolg benätzt werden, um dem Pferde die Hilfe für eine bestimmte
Uebung erst recht einzuprägen. Man reitet z. B. ein Pferd, das ein
unaufmerksames, zerstreutes Wesen hat, und das in Folge dessen auf
den Reiter unaufmerksam ist.
Nun ist das Einsprengen zum Galopp schon eine Sache, die ein
genaueres Verständniss für die Hilfen des Reiters erfordert; lässt man
nun ein solches Pferd durch einige Zeit jedesmal vor dem Einspren-
gen einige Schritte zurücktreten, oder nimmt es einige Schritte in
Schulter herein, so wird hierdurch nicht allein die Haltung des
Pferdes verbessert, sondern das Pferd weiss vermöge seines guten Ge-
dächtnisses alsbald, dass nach dieser Uebung der Galopp begin-
nen soll.
Feuert man bei jungen Pferden um sie an den Schluss zu gewöh-
nen, zu Ende der Lektion kurz vor dem Absitzen die Pistole los, so
wissen die Pferde schon nach einigen Tagen, dass dieses das Zeichen
zur Beendigung der Lektion ist, und gewöhnen sich alsbald an das
Schiessen.
In Militärstallungen, wo zu bestimmten Stunden gefüttert wird,
kann man schon eine halbe Stunde vorher eine gewisse Unruhe
bei den Pferden bemerken, was besonders hervortritt, wenn zu die-
ser Zeit aus einer anderen Ursache viele Leute im Stalle sich ver-
sammeln.
Pferde, die gewohnt sind, nach dem Aufsitzen aus der
Hand des Reiters etwas Brod, Zucker etc. zu bekommen, wollen dann
nicht vom Platze gehen, wenn dieser Leckerbissen einmal ausbleibt,
indem sie darauf warten.
Im allgemeinen wird bei der Abrichtung junger Pferde auf das
Geistige und namentlich das Gedächtniss des Pferdes zu wenig Werth
gelegt.
Die Erfolge der Circusabrichtung, die häufig so in Staunen setzen,
beruhen ganz hierauf, denn es ist wohl nichts, was die Gelehrigkeit des
Pferdes mehr beweist als diese Künste.
Ein Wink mit der Hand, stehn bleiben, geschwinder oder langsa-
mer gehn des Abrichters, dem Pferde sich mehr annähern oder von
ihm entfernen, die Peitsche heben oder senken, Schnalzen u. s. w. alle
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Zeichen befolgt ein solches Pferd auf's geuaueste. Auf gegebene Sig-
nale sich niederlegen und todt stellen, dann aufspringen und wie toll
im Circus herumrennen, auf den Knien gehen, sich lahm stellen, nur
auf den Hinterbeinen gehen, ja selbst Orgel spielen, lehrt man diesen
Pferden.
Stets dieselbe Reihenfolge der Lektion, Produktion, zu einer bestimm-
ten Leistung ein bestimmtes Musikstück u. s. w. sind auf das Gedächt-
niss des Pferdes berechnete Hülfsmittel, die der die Natur des Pferdes
kennende Abrichter geschickt benützt.
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Zweiter Abschnitt.
Zucht und Aufzucht des Pferdes.
Erklärung von Kunstausdrücken; Boden, Klima, Kultur-
verhältnisse eines Landes.
Diesen Abschnitt über Zucht und Aufzucht der Pferde beginne ich
mit Erklärung von einigen sogenannten Kunstausdrücken, die öfter im
Munde geführt werden und deren Erklärung zum richtigen Verständniss
durchaus nothwendig ist. Ich folge hierin dem weiland Hofgestütsdirektor
Justinus, einer von jedem Fachmanne anerkannten Autorität.
Der erste Gegenstand, der bei der Pferdezucht der Länder un-
tersucht werden muss, ist, ob Verbesserung oder Veredlung
statt haben kann.
Verbessern heisst, die vorhandenen Eigentümlichkeiten in
Charakter, Form und Bildung der einzelneu Theile und im Ganzen
so wie die vorhandenen Eigenschaften als Diensttauglichkeit, Stärke,
Geschwindigkeit, Dauer und Gang vervollkommnen und sie immer mehr
Individuen im höheren Grade mittheilen. Die Verbesserung begreift
also nur, und bezieht sich auf vorhandene Eigenschaften und Ei-
genthümlichkeiten, findet aber statt bei Edlen und Gemeinen.
Veredlen heisst die äusseren charakteristischen Eigenthümlich-
keiten sowohl, als auch und hauptsächlich die inneren Vorzüglichkeiten der
Organisation und daraus entspringenden charakteristischen Eigenschaften
edler Pferde auf gemeine oder gemeinere, durch die Paarung zu übertra-
gen. Die Veredlung begreift also und bezieht sich auf Eigentümlich-
keiten und Eigenschaften die nicht vorhanden sind, und findet Statt
bei gemeinen und die nicht genug edel sind.
Ob nun die Umstände und Verhältnisse eines Landes Veredlung
oder Verbesserung fordern, so muss es mit dem Bestreben geschehen
die Zuchten und Landesarten selbstständig zu machen.
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Selbstständigkeit in der Thierzucht ist unausbleibliche For-
derung, damit die Eigenthumlichkeiten und Eigenschaften durch sich
selbst forterben, ohne andere fremde Stammzucht zu bedürfen. Diese
Selbstständigkeit kann nur durch Aufstellung richtiger Grundsätze und
durch unerschütterliche und beharrliche Anwendung derselben herge-
stellt werden.
Unter halbsch läg ig wird verstanden: Abkömmlinge von Eltern,
welche ungleichartig in ihrer Abkunft, in ihren Eigenthumlichkeiten und
ihren Eigenschaften sind. Die Thierzüchter kommen überein, dass beide
Geschlechter gleichen Antheil an der Zeugung haben; dass die Abkömm-
linge zweier ungleichartigen Thiere weder so gut wie das Bessere,
noch so unvollkommen wie das Geringere sein können. Die halb-
schlägige Zeugung ist der selbstständigen entgegengesetzt.
Rückschlag wird in der Thierzucht genannt, die Wiedererschei-
nung der Eigenthumlichkeiten und Eigenschaften der Vorfahren. Beispiele
sind vorhanden, dass sie in den entfernten Generationen Statt gehabt,
und durch längst vergessen gewesenen Farben und Körpertheile in Ver-
wunderung gesetzt haben.
Rein zu cht ist die in einer langen Reihe von Generationen durch
einige oder mehreren Stämme unvermischt mit anderen fortgeführte Zucht
Reinzucht herzustellen fordert, dass durch eine lange Reihe von Gene-
rationen dieselben Geschlechter ohne Vermischung mit anderen forter-
zeugt werden. Demzufolge kann Reinzucht Statt finden von dem Unvoll-
kommenen und Geringen bis zu dem vollkommensten und edelsten.
Dieser Reinzucht verdanken die Araber die Berühmtheit ihrer
Pferde.
In Europa ist dieselbe durch das englische Vollblutpferd, race-horse,
blood-horse, zum vollendetsten Ausdruck gelangt.
Da nun die Reinzucht diejenige Zucht ist, durch die wir mit mög-
lichster Sicherheit das erziehn, was wir wünschen und wollen, so ist sie
unbedingt nothwendig. Aus den Beobachtungen der Kraft der Reinzucht
ist die Lehre der Innzucht hervorgegangen.
Innzucht (Breeding in and in) ist Paarung naher oder nächster
Verwandter miteinander. Die Natur wendet die Innzucht bei den sich
überlassenen und wild lebenden Thieren selbst an; die Engländer waren
die ersten, welche über die Innzucht gründliche Versuche angestellt und
dadurch bewiesen haben, dass die Innzucht, weit entfernt, schädlich zu
sein vielmehr grosse Vortheile verschaffe. Jedoch bedingungsweise
in Nachahmung der Natur, welche nur dem Stärkeren, folglich dem
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Besseren ohne Rücksicht der Verwandtschaft die Begattung und Fort-
pflanzung gestattet. Die Innzucht ist demzufolge zulässig oder gar
nothwendig, wenn die Verwandten grössere und vorzüglichere Eigenschaf-
ten besitzen, als Fremde nicht verwandte; z. B. eine Stute wäre vor-
handen und zwei Hengste, davon einer ihr Vater ist.
Ist dieser Vater der vorzüglichere so belegt er sie nach dem Ge-
setze der Natur und der Innzucht; nicht darum, weil er der Vater, son-
dern weil er der bessere Hengst ist.
Die Vortheile, welche daher aus der Innzucht für
die Thierzucht entnommen wer den können, gehen nicht
aus ihr selbst, sondern aus ihrem bessern Einzelnen
hervor. (Aufmerksame Züchter wollen beobachtet haben, dass man es
sorgfältig vermeiden müsste, die Abkömmlinge derselben Mutter
miteinander zu paaren, wogegen die Paarung von Abkömmlingen desselben
Vaters fast immer zum Vortheil ausschlage.)
Kreuzung ist der Innzucht entgegengesetzt; sie vermeidet Paa-
rung der Familien und Verwandten und paart die vorhandene oder einge-
borne Zucht mit gleichartigen oder ungleichartigen anderen oder fremden
Familien, Stämmen, Zuchten und Landesarten.
Jede Veredlung und manchmal auch die Verbesserung ist daher im
ausgedehnten Sinne Kreuzung, wo Paarung nicht eingeborner sondern
fremder Thiere mit den eingeborenen Statt hat. Richtig geleitete Kreu-
zung hat den grössten Nutzen für die Thierzucht; wo sie bei der Pferde-
zucht ohne Plan geleitet wurde, ohne Bücksicht, wie gemischt, oder wie
rein gezogen, oder ob gut oder schlecht die Thiere waren, hat sie eine
Verwirrung hervorgebracht, wodurch für den grössten Theil der Zuchten
gewisse Erzeugungen sogar bis auf die Farben, höchst unsicher und zu-
fällig geworden sind.
Im allgemeinen soll die Kreuzung bei Gestütten und Landeszuchten
drei Absichten erreichen.
{'. Kreuzung zur Verbesserung oder Veredlung, zur Her-
stellung eines dauernden, bleibenden Schlages, endlich Selbstständigkeit
der Zucht.
2.   Kreuzung um Diensttauglichkeiten zu erzeugen, ohne Bück-
sicht ob die Produkte wiederzur Zucht verwendet wer-
den sollen, sondern nur für einen Dienst.
3.   Kreuzung um die vorhandenen Eigenthümlichkeiten und Eigen-
schaften zu erhalten. Diese dritte Kreuzungsartist Bluter frischen
genannt worden.
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Bluterfrischen ist im eigentlichsten Sinne: Wiederanwendung eines
Hengstes von demselben Stamme und derselben Zucht, von welcher die
Verbesserung oder Veredlung ausgegangen, oder die ganze Zucht hervor-
gegangen ist.
Sie ist nothwendig, ja unerlässlich bei allen Kreuzungen der ersten
Art, bis der verlangte Grad unausbleiblich forterbend und selbstständig
hergestellt ist, oder da wo durch Zufälle, Klima, Nahrung, Gebrauchs-
weise oder Fehler in der Paarung, Zuchten heruntergekommen sind.
Die Notwendigkeit und Kraft der selbstständigen Zuchten die un-
erlässliche Notwendigkeit der Forderungen an alle Zuchtthiere, nämlich:
Abkunft, Güte und Nachartung;
die Wichtigkeit der Reinzucht, die Zulässigkeit der Innzucht, und
die Folgen der Kreuzung und Bluterfrischung' in Bezug auf das Yermö-
gen der Fort erb ung zeigen, dass die Stammzucht der wichtigste
Gegenstand in der Thierzucht ist; dass sie die durch Klima, Gegend und
Boden entgegenstehenden Hindernisse überwinden kann und mächtiger
wirke als alle auf die Bildung Einfluss nehmenden Kräfte; endlich
dass von ihrer verständigen Anwendung die Erreichung und Erhal-
tung der Vollkommenheit aller Thierzuchten abhängt.
Vollkommenheit irgend einer Thierzucht aber ist, wenn die
Züchter mit Gewissheit und Unfehlbarkeit (Ausnahmen abgerechnet) das-
jenige erzeugen, was sie beabsichtigen, was sie verlangen und wollen. Es
bethätigt sich hierin ein grosser Triumph des menschlichen Geistes über
die Materie.
Boden, Klima, Kulturverhältnisse.
Bei der Verfahrungsweise um eine Verbesserung resp. Veredlung
einer Landespferdezucht zu bewerkstelligen, kommen nun verschiedene
Faktoren in Rechnung, die man alle berücksichtigen muss, wenn nicht
Lücken entstehen sollen, die nicht ungestraft bleiben werden; und zwar
vorerst ist zu berücksichtigen die Beschaffenheit eines Landes nach Boden,
Klima und Kulturverhältnisse, unbeschadet der eben erwähnten Mächtig-
keit der durch menschlichen Verstand geleiteten und begründeten
Stammzuchten.
Die Pferdezucht wird überall von Natur begünstigt, und ist im
Grossen ausführbar, wo es ein mehr warmes oder gemässigtes, als kaltes
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und feuchtes Klima, weite und gesunde Weideflächen gibt, auf welchen
die Zuchtpferde und Füllen sich den grössten Theil des Jahres ohne
grossen Kostenaufwand ernähren und letztere sich gehörig bewegen kön-
nen, damit sie ihre Sehnen und Muskeln stärken, was, wenn gute, muntere
und kräftige Pferde erzogen werden sollen, unumgänglich nöthig ist. Am
besten eignen sich solche Gegenden, die nicht zu flach liegen, mit reich-
lichem Futterbau, ohne dass derselbe zu theuer zu stehen kommt; fer-
ner trockene Weideplätze haben, auf denen nicht nur ein feines, kurz-
halmiges Gras wächst, sondern wo sich zugleich fliessendes Wasser und
einiger Schatten befindet. Auf solchen Weiden können die Thiere nur
nach und nach fressen, und also die Futtermenge, die sie in den Leib
bekommen, gut verdauen. Das auf trockenen Boden gewachsene Gras ent-
hält nicht soviel Wassertheile, es kann also keine wässrige Aufblähung,
auf den Genuss folgen; die Eingeweide der Pferde werden nicht erschlafft
sie bleiben mehr enge und straff, Auch sind die Pferde in solchen Gegen-
den weit flüchtiger, munterer, gesunder und kräftiger; sie bekommen weit
leichter trockene und feste Hufe, als da, wo sie in sumpfigen
Gegenden (Marschen — Marschniederungen) aufwachsen. In solchen
Gegenden entstehen schlechte und plumpe Rassen, denn das Gras ist hier
zu saftig und zu fett, und gibt dem jungen Pferde zu viel extensiv wir-
kende Nahrung, die viel Volumen aber wenig Kraft und Festigkeit
erzeugt. Dadurch sowohl als durch das immerwährende Einhauchen von
Sumpfluft beim Weiden wird oft schon der Grund zu künftigen Krank-
heiten der Brust und der Nase gelegt. Auch bekommen die Hufe durch
den feuchten Boden zu viel Säfte, dadurch einen geilen Wuchs; eine plumpe
Grösse und flache Gestalt. Dergleichen Hufe verunstalten ein Pferd nicht
allein, sondern können auch wegen ihrer lockeren Beschaffenheit allein
hinreichend sein, ein sonst gutes Pferd zu anstrengenden Leistungen auf
hartem Boden ganz untauglich zu machen. (Siehe weiter oben.)
Auch sind die gebirgigen Weiden den ebenen und niedrig gelegenen
bei weitem vorzuziehen; erstens, weil die reine Gebirgsluft den grössten
Einfluss auf die Gesundheit der Thiere äussert, sie erfrischt und munter
macht, nur sollte die Weide wo möglich den kalten Nordwinden nicht
zu sehr ausgesetzt sein ; zweitens, weil auf den Gebirgen die besten aro-
matischen Pflanzen wachsen, welche nährend und stärkend zugleich
sind. Dann hat auf den Gebirgen das Füllen Gelegenheit seine Kräfte
zu üben, seine Knochen und Muskeln auszubilden. Indem es die Höhen
ersteigt, oder indem es von ihnen herabkömmt, gewöhnt es sich einen
sichern Gang an, es wird geschmeidig, bekömmt Kraft im Kreuz, lernt
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sich gut tragen, seine Schenkel bekommen Stärke, seine Hufe werden
compact, kurz sein ganzes Wesen wird feuriger, kräftiger und mun-
terer. —
Die grössere Ausbreitung der Landespferdezucht findet in Gebirgs-
gegenden darin ein Hinderniss, dass die Ernährung der Pferde be-
schränkter und meistens auch theurer ist, als in der Ebene; aber
auch die beschwerlichere Arbeit strengt die trächtigen Stuten, welche
in der Landwirthschaft zur Arbeit verwendet werden, mehr an , und
macht die Aufzucht der Füllen schwieriger und unsicher.
Je bevölkerter ein Land ist, desto mehr steigt der Werth des Bo-
dens zum Anbau menschlicher Nahrungsbedürfnisse, und desto weniger
werden sich ausgedehnte Strecken finden, welche zu Weideplätzen dienen
können; die junge Aufzucht ist dann mehr, häufig fast ganz auf Stallfüt-
terung angewiesen. Diese vermehrt jedenfalls die Kosten und hat beim
gewöhnlichen Bauer fast überall den grossen Nachtheil, dass das junge
Thier an zweckmässiger Bewegung, am Genüsse gesunder
freierLuft und des Sonnenlichtes fast gänzli chen Man-
g e 11 e i d e t.
Oesterreich im Ganzen, und die meisten zum deutschen Bunde ge-
hörigen Staaten bedürfen wegen ihrer verschiedenen Terraingestaltungen
und wegen der Notwendigkeit grosser Landarmeen alle Arten von Pfer-
den vom leichtesten, schnellsten bis zum schwersten Schlage der Fracht-
Fuhrpferde.
Bei einiger Beobachtung sieht man auch bald, dass sich in jedem
der anpassende Schlag mehr oder weniger erhalten hat. Der Bewohner
der Ebene züchtet sich ein schnelles, munteres, leichtes Pferd; der Ge-
birgswohner züchtet einen schweren Schlag um die schweren Frachtwagen
die starken Anhöhen hinauf und eben so sicher hinabbringen zu können;
der Bewohner der Länder mit gemischtem Terrain fühlt das Bedürfniss
nach einem zwischen beiden früher genannten Schlägen, der stark genug
ist für die Leistungen in bergigen Gegenden und schnell genug für die
Ebene. Diese Beobachtung allein schon führt zu dem Schlüsse, dass es
für eine gute Pferdezucht dieser Länder Aufgabe ist, die Ueberreste einst
mehr als jetzt vorhandenen reinen Stämme zu erhalten und
^möglichster Ausdehnung zu verbessern.
Auch die luzzulischen Ponis, (in den Karpathen) dürfen hier nicht
vergessen werden.
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2M
Einige Worte über den Einfluss des JSTational-Cha-
rakters, der Zeitanforderungen etc. auf die Pferde-
zucht.
Der Charakter einer Nation hat neben den speziellen Bedürfnissen
eines Landes immer bedeutenden Einfluss auf die Pferdezucht geübt. Der
Araber liebt, um seine Wasser- und Schattenlosen Sandstriche schnell
zu durchfliegen und zu Folge der dem Orientalen eigenen Bequemlich-
keit sanfte, schnelle Gangarten; daher liebt er den Pass und den Galopp
und sucht die diesen Gangarten günstigen Eigenschaften immer wieder
zu vererben. Der stolze Spanier züchtete sich nach und nach Pferde mit
einem stolzen erhabenen Gange, daher noch jetzt der in der Reitkunst
übliche Kunstausdruck: »der stolze oder spanische Schritt.« Der prakti-
sche, kaufmännisch spekulirende Engländer züchtete für jeden Gebrauchs-
zweck einen eigenen Stamm, eine Rasse und hat durch zweckmässige
Paarung, Fütterung, Erziehung, Behandlung, Ausbildung für den eigenen
Gebrauchszweck diese einzelnen Stämme in möglichster Vollkommenheit
erzielt und sucht sie rein zu erhalten; für alle andern ein nachahmens-
würdiges Beispiel.
Der deutsche verlangt wohl unter allen Völkern in dem einzelnen
Pferde die m e i s t e n Eigenschaften vereinigt und dieses ist vielleicht
die Ursache des ewigen Mischen und Kreuzens und Suchens nach einer
Vollkommenheit, die wahrscheinlich auf dieser Erde nicht existirt.
Auch die Anforderungen der jeweiligen Zeit, die Art der Krieg-
führung, etc. üben immer auf die Pferdezucht entschiedenen Einfluss. Im
Mittelalter und noch etwas später erforderte die Art der Ausrüstung und
Bewaffnung des militärischen Reiters, die Art zu reisen u. s. w. Pferde
die mehr zum Lasttragen als zum schnellen Gehen geeignet waren. (Siehe
geschichtl. Entwicklung etc.)
Zur Zeit als Caroasselle im glänzenden Costume Mode waren, trat
das ßedürfniss der schnelleren Gewandtheit im kleineren Räume mehr
hervor. Man suchle die Eigenschaften, welche hierzu befähigen immer
fortzuerben daher in jenen Zeiten die Pferde mit von Natur gebogenem,
starkem Hintertheile, hoher Action der Vorderbeine, aufgerichteten Halse
leicht herbeizustellenden Kopfe.
Der rapide Fortschritt des neunzehnten Jahrhunderts, die mit den
Anforderungen an das Kriegspferd und den militärischen Reiter in unmit-
telbarer Verbindung stehende Mode des Jagd- und Rennreitens, das
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2S3
stete Voraugenschweben der jeder Entfernung spottenden Telegraphen
und Eisenbahnen haben ein Streben nach schnellen und schnellsten Pfer-
den hervorgerufen, dass man fast zu den Glauben kömmt, nur diese Eigen-
schaft könne einem Pferde noch Werth geben.
Der ruhige, vernünftige Beobachter verliert jedoch nicht aus dem
Auge, dass ein einseitiges Streben nach der Züchtung von nur schnellen
Pferden für ein Land von verschiedenen Bedürfnissen ebenso gefehlt ist,
als wenn man nur schwere Frachtfuhrpferde ziehen wollte. Man beobachte
nur die Anforderungen, welche man heut zu Tage an ein Dienstpferd der
Reiterei und Geschützbespannung stellt, und wird bald erkennen, dass
solche Pferde Kraft, Gewandtheit, ruhige und schnelle Ausdauer in einem
Grade bedürfen, als vielleicht früher noch nie.
Sollte dieser Umstand nicht auch ein Grund zu der vielfachen Klage
über den Verfall der Pferdezucht sein ? Auch das immer seltener werden,
von rationellen gründlich ausgebildeten Reitern, das so häufig vorkom-
mende Glänzenwollen mit Schnelldressur macht die Bemühungen und
Resultate manchen Züchters zu Schanden, indem durch ein übereiltes, un-
methodisches Vorgehen, Zwingen in widersinnige Stellungen endlich das
beste Temperament unwillig wird und die besten Beine ruinirt wer-
den können.
Vortheile des Pferdes als Arbeitskraft im Vergleich
mit Rindvieh.; Vergleich des edlen mit dem gemei-
nen Pferde in dieser Beziehung.
Soviele Vortheile das Halten von Rindvieh für den Landwirth hat,
so wird doch das Pferd als Arbeitskraft vor diesem immer bei weitem
d en Vorzug verdienen, wegen seiner weit grösseren Stärke, Ausdauer und
Schnelligkeit.
Dieses tritt besonders in Gegenden hervor, wo sich die Gespannar-
beiten wegen Kürze des Sommers gewöhnlich so häufen, dass man ohne
eine grosse Menge arbeitsfähiger Thiere sie zu rechter Zeit gar nicht ge-
hörig beschaffen kann.
Oder beim Hereinbringen der Ernte in einem nassen Sommer, wo
es oft nur wenige schöne Tage gibt, oder wenn sich wegen ungünstiger
Witterungsverhältnisse die Ernte soweit in den Herbst verspätet, dass
sie zum Theil mit Bestellung der neuen Wintersaat zusammenfällt.
Wo nun der Pferdezucht überhaupt günstige Verhältnisse obwalten,
da verdient der Betrieb derselben auch alle Beachtung, indem dadurch
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viele Vortheile für den einzelnen Züchter sowohl als den Staat im Ganzen
entstehen. Mag nun der einzelne Züchter beabsichtigen sich Pferde zum
eigenen Wirthschaftsbetriebe zu züchten, mag er seine Produkte als
Füllen oder als erwachsen verkaufen so entsteht für den Staat der
Vortheil, dass er dadurch immer unabhängiger vom Auslande wird,
und sich auch dasselbe zinsbar macht.
Den Zweck sehr fördernd, ja unerlässlich ist es dann, wenn man
mit der Zucht der Pferde gleichzeitig eine Verbesserung, rcsp. Ver-
edlung der Thiere zu verbinden sucht, da es hinsichtlich der Kosten
fast gleichgiltig ist, ob man schöngebaute oder übelgestaltete züchtet
und aufzieht; jene aber jederzeit, wenn sie sonst fehlerfrei sind, bes-
ser bezahlt werden als diese und daher beim Verkaufe die Kosten
sicherer oft sogar mit nicht geringem Gewinne wieder erstatten.
Ebenso erheischen es bei dem sich mit Pferdezucht befassenden
Landmanne, Oekonomen überhaupt die Grundsätze des Gewerbebetrie-
bes von selbst, dass man sich der Aufzucht in ihren Eigenschaften
verbesserter, veredelter Thiere befleissigen müsse, weil dadurch die
Thiere vollkommener und brauchbarer werden, und weil sich diejenigen,
die der Züchter zum eigenen Wirthschaftsbetriebe nicht gebraucht, zu
allerhand andern Zwecken leichter in den Handel bringen lassen.
Die Verbesserung, (Veredlung) der Pferde eines
Landes kann erst dann wirklich nutzbringend Platz
greifen, wenn die Züchter nebst Pferdekenntniss über-
haupt, Kenntnisse der Züchtungsgrundsätze haben um
eine zweckmässige Paarung zu bewirken, und das junge
Thier zweckmässig zu behandeln und zu erziehn.
Wenn es bei der Züchtung aller Viehgattungen dieser Kenntnisse
bedarf, so ist es namentlich bei Pferden nöthig um das Geschäft mit
Einsicht und Beharrlichkeit betreiben zu können.
Verfahrungsweise um durch Kreuzung die Pferde-
zucht eines Landes zu verbessern, beziehungsweise
zu veredlen.
Vor allem ist nöthig sich männlicher und zwar vorzüglicher männ-
licher Thiere derjenigen Kasse zu bedienen, in die man die bisherige
Zucht umzuwandeln wünscht. Ein gutes Vaferpferd kann möglicher-
weise in einem Jahre 50 gelungene Nachkommen haben; eine gute
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Stufte aber kann jährlich nur ein Füllen bringen, das ihr nachartet.
War aber der Vater nichts nutz, so kann selbst dieses eine Füllen
dem schlechten Vater nachgeartet sein, und darin liegt es, warum eine
richtige Auswahl der Vaterpferde einen viel schnelleren weiter ver-
breiteten Einfiuss auf Verbesserung und Veredlung einer ganzen Lan-
deszucht nehmen.
Je constanter die Rasse dieses Vaterpferdes ist, desto mehr über-
wiegt es das Blut der Stute und desto mehr werden sich seine Eigen-
schaften in den Produkten zeigen, bis endlich das gemeine Blut der
ursprünglichen Mutter verschwindet.
Alle Produkte, nämlich bei denen sich auffallende Aehnlichkeit
mit der ursprünglichen Mutter zeigen, was auch noch nach mehreren
Generationen Statt finden kann, und gemeiner Rückschlag ge-
nannt wird, müssen sorgfältig von der Nachzucht ausgeschlossen blei-
ben. Dass sich der hier bezeichnete Vorgang bei der Landespferdezucht
im grossen Ganzen nicht immer wörtlich durchführen lässt, liegt in
den Verhältnissen begründet; aber« z. B. ein grosser Grundbesitzer, der
aus seinen Arbeitsstuten Füllen ziehn will, sich selbst einen oder
mehrere Hengste hält, sollte stets diesen Grundsatz festhalten. Denn
nur auf diese Weise und im Verein eines daraus folgenden klugen
Verfahrens lässt sich mit der Zeit das gewünschte Ziel erreichen..
Eine solche Kreuzung wird erst nach mehren Generationen von sicht-
barem Erfolge sein. Man wählt also, wie schon gesagt, die Zucht-
hengste von derjenigen Rasse; durch welche die beabsichtigte Verbesse-
rung oder Veredlung bewirkt werden soll, um durch die Vollkommen-
heiten in der Organisation der einen Rasse die Unvollkommenheiten
der andern zu beseitigen. Von den Produkten verwendet man nur die
wohlgebildeten Stuten, die dem Vater am ähnlichsten sein werden,
wieder zur Zucht.
Und so werden auch von den durch die Paarung nach dem fort-
gesetzten Kreuzungsprinzip hervorgegangenen Generationen immer wie-
der nur die vollkommensten Individuen weiblichen Geschlechtes zur
Paarung mit den Hengsten von der Rasse gewählt, von welcher die
Vervollkommnung ausgegangen ist.
Durch dieses Verfahren viele Generationen hiedurch fortgesetzt
bis die beabsichtigte Umwandlung im höchstmöglichen Grade Statt ge-
funden hat, was nach der Annahme mancher Züchter in der 8. Gene-
rationen zu Stande gekommen sein soll, wird die durch Kreuzung
gebildete Zucht constant, selbstständig. Dieses heisst nämlich so-
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viel, dass die Anfangs beabsichtigte Verbesserung, Veredlung um so
feste Wurzel geschlagen habe, dass gemeine Rückschläge nur noch als
unerwünschte Ausnahme vorkommen werden.
Sobald aber trotzdem bei einem durch solche Kreuzung entstan-
denen Stamme die erlangten Vollkommenheiten der Organisation bei
fortgesetzten Paaren durch Einflüsse des Klimas, der Nahrung, der Pflege
der Gebrauchsweise wieder zu verlieren beginnen, d. h. ausarten, oder
wenn dieses durch zu häufiges Vorkommen gemeiner Rückschläge zu
befürchten ist, so tritt die Notwendigkeit des Bluter frisch en s
ein. (Siehe Kunstausdrücke.)
Bei der Auswahl von Zuchtthieren muss sich der Züchter vor
allem bewusst sein, was er für Thiere zu züchten gedenkt.
Er muss desshalb den vorhandenen Pferdeschlag betrachten und bei der
Auswahl von Hengsten wo möglich edle Thiere derselben Rasse wovon
der vorhandene Schlag ursprünglich stammt, zu erhalten suchen, und
sich nicht der Meinung hingeben, dass die Natur in der Veredlung
der Thiere Sprünge zuliesse. Will nian die Tugenden und guten Eigen-
schaften der Thiere sicher auf die Nachkommenschaft übertragen, so
muss man mit Vorsicht zu Werke gehn, und darum sind bei Veredlung
jeglicher Art Einsicht und Ausdauer so nothwendig; denn die
Veredlung der Thiere ist nicht mit einemmale, sondern nur allmählig
zu bewirken.
Die Paarung von Individuen ganz von einander abweichender
Rassen führt sicher nicht zum Ziele. Was würden z. B. für Produkte
entstehn, wenn man die Pinzgauer schweren Fuhrpferde mit dem pol-
nischen oder ungarischen Landschlage paaren wollte.
Nur wo man kreuzt um Produkte für einen bestimmten Gebrauchs-
zweck zu erzielen, ohne Rücksicht auf Zucht ei gnung, können
solche Paarungen gerechtfertigt sein; so z. B. hat man in
England durch Anwendung von Vollblut aus Stuften der ganz schweren
friesischen Karrenrasse Produkte mit mehr Energie und Gangwerk er-
zielt. Man muss also die früher bezeichneten dreierlei Absichten der
Kreuzung stets vor Augen behalten.
Völlig rein oder edelgezogene Pferde, also Vollblut oder Original-
hengste eignen sich jederzeit nur für schon veredelte, wenn auch noch
nicht auf so hoher Stuffe stehenden Thiere; dagegen sind Halbblut-
hengste zur Verbesserung gemeiner Landrassen geschickter, um die
Produkte durch die Züchtung in brauchbarere , werthvollere Pferde
umzuwandeln.
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Man muss also die vorhandene gemeine Landrasse erst verbes-
sern und dann erst veredeln. (Siehe Kunstausdrücke.)
Manche befinden sich in dem Wahne, dass bei dem Produkte, dem
Füllen von zwei Eltern, wo jedes Individuum einzelne gute Körper-
formen hat, sich nur die guten Eigenschaften beider Eltern vereinigen
würden.
Es könnte z. B. der Vater sehr freie Schulterbewegung haben, die
der Mutter mangelt, die Mutter einen hübschen, kleinen Kopf, schöne
Kruppe, der Vater schweren Kopf, hässliche Kruppe, so müssten sich in
dem Füllen ein kleiner Kopf, schöne Kruppe und freie Schulterbewegung
vereinigen; oder manche treiben die Theorie der Kreuzung soweit, dass
sie glauben im Produkte würden sich mangelhafte Körperformen z. B.
zu lange Fesseln des Vaters, die bei der Mutter zu kNurz sind, zu
langer Rücken der Mutter, zu kurzer Rücken des Vaters beim Füllen
so ausgleichen, dass nun bei ihm das rechte Mittelmass dieser fehlerhaf-
ten Theile der Eltern zum Vorschein käme. Anstatt des gehoffteu Fül-
lens kömmt aber dann eins zur "Welt das die mangelhafte Schulterbewe-
gung der Mutter, den grossen Kopf und die hässliche Kruppe des Vaters
hat; oder ein anderes hat die zu langen Fesseln und den zu langen
Rücken von jedem Elternthier geerbt, oder ein anderes hat die feinen,
leichten Beine eines allzuleichten Vaters mit dem schweren Oberleib
einer gemeinen Mutter u. s. w. u. s. w.
Es ist dieses eben eine immer wieder auf einzelne Individuen
ausgedehnte falsch angewendete Kreuzungstheorie und ich verweise
übrigens hier auf das über: »Verfabrungsweise um durch Kreuzung die
Pferdezucht eines Landes zu verbessern beziehungsweise zu veredeln,«
Gesagte.
Aus dieser Erfahrung hat sich nun der Grundsatz entwickelt, nur
Pferde mit möglichst gleichen Eigenschaften zu paaren.
Das gute mit dem Guten, dasBeste mit dem Bestem,
sagt Justinus. Stammt der Vater aus einer edleren, constan-
teren Rasse so werden seine Eigenschaften vorherrschend, — ist die-
ses bei der Mutter der Fall so sind ihre Eigenschaften vorherrschend
zu erwarten.
Der Züchter muss sich desshalb bewusst sein, was er zu ziehen
beabsichtigt, denn auch Pferde mit grossen Köpfen, schweren Hälsen,
geraden Schultern, gemeiner innerer Organisation und äusseren For-
men sind zu manchen Gebrauchszwecken sehr gut, und es ist Aufgabe
der Verbesserung in der Zucht solcher Thiere, dass man immer
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mehr Individuen die für ihren speziellen Gebrauchszweck erforderlichen
Eigenschaften in möglichster Vollkommenheit anerzieht.
Die Resultate der Pferdezucht in England geben uns in sehr vie-
ler Beziehung ein nachahmenswerthes Muster; es kömmt nur darauf
an, dass wir mit denselben Kenntnissen, ebenso ausdauernd und conse-
quent verfahren; prüfend unseren Verhältnissen angemessen, aber nicht
blindlings nachahmend. In diesem Lande war man von jeher bemüht
die Schaffung und Erziehung der verschiedenen Pferderassen, den lan-
desüblichen Gebräuchen so viel als möglich anzupassen. Hierbei war
das Augenmerk ganz besonders darauf gerichtet, für die mannichfachen
Bedürfnisse jedesmal den höchsten nur erreichbaren Grad zweckmäs-
siger Fähigkeit zu erzielen. Man züchtet Wettrenner, Jagd-, Reitpferde,
zu mehrfachen Zwecken unter dem Reiter, edle Wagenpferde, das ge-
eignetste Pferd für alle landwirtschaftlichen Zwecke, ganz schwere
Last-Zugpferde; ferner Galloways, ein sehr kräftiger kleinerer Mittel-
schlag, endlich Ponys, ganz kleine, kräftige, bequeme Pferde.
Schon vor vielen Jahren, (1815) schrieb Justinus: die Englän-
der würden selbst in Böhmen englische Pferde ziehen.
Einige Privaten in Böhmen, zwar keine Engländer, aber nach deren
Grundsätzen züchtend, haben diesen Ausspruch bereits zur Wahrheit
gemacht.
- Wird ein gewisser Grad von Veredlung überstiegen, so ent-
steht dadurch zu grosse Empfindlichkeit, Reizbarkeit, so dass dieses
für Gebrauchszwecke, welche eine langsame, ruhige Ausdauer
erheischen, nachtheilig ist.
(Siehe weiter oben.)
Je mehr man bei den Zuchtthieren auf Kraft, Munterkeit,
Behendigkeit, Ausdauer, Frömmigkeit, Gelehrig-
keit, Schönheit und Ebenmass der Formen mit einem Worte:
auf gute Race Rücksicht nimmt, und diese zum Adel des Pferdes
gehörigen Tugenden auf die Nachkommen fortzupflanzen sich bestrebt,
um so geeigneter wird die Nachkommenschaft für aller-
hand Gebrauchszwecke ausfallen und sowohl zum bes-
sern Betriebe der Landwirthschaft, die militärischen
Zwecke und den Handel sich eignen.
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Erbfehler.
Die überall in der Pferdezucht gemachten Erfahrungen setzen es
ausser Zweifel, dass gewisse körperliche Anlagen oder Abweichungen
von der ßegel, mögen sie im Zusammenhange oder in der Be-
schaffenheit der Knochen, Muskeln und Flechsen, in der inneren
Organisation oder in der äusseren Form, ja selbst im Temperamente
also im Blute und Nervensystem ihren Grund haben, mehr oder min-
der, früher oder später forterben und bei der Nachkommenschaft wie-
der sichtbar werden.
Wolstein sagt:
Nicht nur die Körper- und Gliedergestalt, die Erbkrankheiten, die
Erbfehler, die guten und bösen Eigenschaften der Thiere liegen im
Saamen, im Urstoff, im Blute: auch die Farbe and der Glanz der
Haare, die Farbe und der Glanz der Augen, das schwache und starke
Gesicht, alles: alles, sage ich, liegt in der Natur des Blutes, liegt in
dem Saamen als Keim, als wirklicher Saame verborgen, der sie ent-
wickelt.
Die häufigen örtlichen Fehler sind unstreitig meistens als die Fol-
gen des so mannigfaltig, oft verkehrten und höchst zweckwidrigen ohne
Rücksicht auf körperliche Fähigkeiten bestimmten Gebrauches anzusehen,
zu welchen das Pferdegeschlecht von den sonderbarsten Launen seiner
Beherrscher abhängig, verurtheilt zu sein scheint. Solche rein körper-
liche Schwächen oder fehlerhafte Anlagen sind es indess nicht allein,
welche sich oftmals fortpflanzen, sondern auch abgestumpfte oder ge-
schärfte Sinneswerkzeuge, ein mehr oder weniger eigenthümliches Er-
rinnerungsvermögen, oder überhaupt diejenigen, gewissermassen intelek-
tuellen Eigenschaften, die jedoch hier nur eine edlere Ausbildung des
Instinktes bezeichnen können; und welche durch die dem Thier zu
Theil gewordene Erziehung bereits mehr oder weniger geweckt wur-
den, bleiben der Vererbung fähig.
So kann man leicht beobachten, dass in einzelnen Landeszuchten
oder Privatgestütten gewisse Eigenthümlichkeiten, was man dann Ras-
setypus nennt immer wieder forterben.
Z. B. kann man sich das polnische Landpferd früherer Zeit nicht
ohne Hirschhals denken, ebenso das Siebenbürgerpferd nicht ohne rund-
gebogenen Hals und hoher Aktion der Vorderbeine u. s. w.
So sagt man von manchem Privatgestütte, dass die Pferde dessel-
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ben bekannt sind als sehr ausdauernd, fromm in der Arbeit; oder
von einem anderen, dass sie furchtsam, scheu und misstrauisch in der
Abrichtung sind;
von einem anderen, dass die Pferde einen sehr guten, ausdauernden
Galopp gehn, oder dass sie meistens sehr freie Schulterbewegung, oder
sehr gebundene, steile Schultern hätten;
von einem anderen ; dass sie Anlage zu Augenleiden oder Späth
oder schwache Verdauungsorgane hätten;
oder der eine oder andere Hengst hat das Renomee, breit stehende
herabhängende Ohren, oder fehlerhafte Hufe, oder Vorbiegigkeit, oder
sehr gerade Sprunggelenke, besonders hervortretenden Widerrist, sehr
langen oder sehr kurzen Rücken, sehr schönes Schweiftragen n. s. w.
u. s. w. zu vererben.
Derselbe Hengst besitzt vielleicht Abweichungen von den regelmäs-
sigen Formen nicht. Ist man dann im Stande seinen Stammbaum zu ver-
folgen und etwas über seine Voreltern zu erfahren, so ist wahrscheinlich
bei diesen die fehlerhafte Anlage zu finden.
Auch gibt es mangelhaft gebaute Vaterpferde, die ihre Mängel
nicht vererben und deren Nachzucht tadellos ist.
Schon aus diesen wenigen Worten ist zu entnehmen, was man eigent-
lich unter Erbfehler zu verstehen hat. Da aber gerade über diesen
Gegenstand bei sehr vielen Pferdebesitzern und Züchtern wenig Aufklä-
rung besteht, so glaube ich nichts besseres thun zu können, als zwei aner-
kannte Autoritäten, nämlich Justinus und Träger zu citiren.
Erster sagt:
»Die edlen und die gemeinen Pferde und alle ihre mannig-
»faltigen Abstuffungen, wie sie immer entstanden sein mögen die guten
»und schlechten, die richtig und fehlerhaft gewachsenen
»erben sicher oder unsicher, bleibend und fortdauernd oder vergänglich
»ihre Eigenthümlichkeiten und Eigenschaften fort, je nachdem sie rein
»und unvermischt, oder halbschlägig, oder vermischt gezogen sind.»
Träger sagt:
»Für Behandlung dieses Gegenstandes würde einerseits der Be-
»griff, andererseits etwa ein Verzeichniss festzustellen sein. Be-
»treffs der einen Kategorie der Erbfehler muss ich auf das Capitel
»Gesundheit zurück verweisen und hier nur die Fortsetzung davon
»liefern. Es gilt ziemlich allgemein, dass Fehler sich leichter vererben
»als gute Eigenschaften, dem muss ich jedoch, sobald es sich um ein
»ernstes Urtheil handelt, wiedersprechen: die organische Welt wäre
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»dann längst, wie in einer Sttndfluth, in ihren Fehlern untergegangen,
»oder aber sie stände fehlerfrei in verkörperten Idealen da. Wir sind
»mit diesem Thema allerdings lediglich an unsere Hausthiere gewiesen
»und entbehren daher der Schlüsse, die aus Vergleichungen hervorge-
»hen würden. Krankheiten ist auch das wildlebende Thier zuweilen
»ausgesetzt, aber Fehler in dem einen, oder gar Erbfehler in
»dem andern Sinne kennt man an ihm nicht. Nur da wo der Mensch
»den Thierkörper nach Ansichten und Bedürfnissen modeln will, der
»Natur Prozesse aufzwingt, die ihr fremd sind, wo er solche Versuche
»bei Reinzucht schon bis zum Versagen treibt, wo er endlich aber
»kreuzt und mengt, bis er Bastarde mit Bastarden der entfernsten Po-
»tenzen durcheinander wirft, nur da treten unter dem gleichzeitigen
»Einflüsse des Dienstes und der naturwidrigen Lebensordnung nach
»und nach Schwächen und Fehler hervor, die, je länger, je mehr als
»Erbfehler sich reproduciren.
»Keines unserer heutigen Hausthiere sieht seinem Urzustände
»gleich. Sie mussten den wechselnden und wachsenden Bedürfnissen
»der Menschen, ebenso ihrer Form nach folgen, wie seinen Lebensbe-
dürfnissen sich fügen. Beides drückte dem ganzen Wesen des Thieres
»seinen gegenwärtigen Habitus auf.
»Die Intelligenz des Menschen feiert darin einen ihrer unzähligen
»Siege; dieselbe Intelligenz aber muss auch fühlen, muss wissen, wann
»es Zeit ist Frieden zu schliessen mit der Natur. Eine gesunde Prak-
»tik hat dieses verstanden. Man schuf sich Stämme, den verschiedenen
»Verhältnissen entsprechend, und nur die Ueberbildung, ein missrathe-
»nes Kind der Intelligenz hat jenen Frieden hin und wieder ge-
»brochen.
»Stämme, die sich über weite Landschaften verbreiten, ähnlich
»dem einheimischen Volksstamm, kommen auch in der Eigenschaft der
»kultivirten Hausthiere nach und nach mit sich selbst zur Ruhe und
»treten so in Bezug auf erbliche Eigenschaften, dem Naturstande wie-
»der näher. Fehler und Erbfehler werden seltener, der gute Stoff des
»Ganzen neutralisirt den Fehler des Einzelnen, und so verschwinden
»diese nach und nach bis auf den Grad, in welchem alles Irdische im-
»mer seine Mängel tragen wird.
»In diesem Falle befindet sich eine Landespferdezucht, die entwe-
»der ohne alle Einmischung von Landbeschälern des Staates ihre
»Arbeitspferde zieht, oder eine solche, die seit einer langen Reihe von
»Generationen, ausschliesslich nach Landbeschälern züchtete,
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»wenn letztere aus gut organisirten Gestatten hervorgingen. — Li-
»tbauen, die Mark, einige Distrikte des österreichischen Staates, die
»Senne n. s. w.
»Ganz anders verhält es sich bei planlosen Durcheinanderwerfen
»aller Familien, Stämme und Rassen. Eine solche Mixtur biethet alles
»dar, was nur irgend Anlagen genannt werden kann, mögen die ver-
»schiedenen Krankheiten den Erscheinungen, dem Namen, der syste-
»matischen Classification nach noch so unähnlich scheinen, im tief-
»sten Hintergrunde sind die meisten so innig verwebt, dass ein klei-
»nes minder oder mehr derselben Zuthat, dass der leiseste Anstoss
»zufälliger Umstände hier diesen, dort jenen Fehler aus derselben
»Quelle hervorgehen lässt.
»Ein schlechter Magen vererbt Blattlähme, Rheumatismen aller
»Art, Rheumatismus Späth; Späth Staar; Staar Leberleiden; Leber-
..leiden Koller, Schwindel, Dampf; Dampf Rehe; Rehe Hornspalt;
»Hornspalt Warzen; Warzen Rattenschweif; Rattenschweif Krötenmaul;
»Krötenmaul Mauke; Mauke Strahlkrebs; Strahlkrebs Schale ; Schale
»Ueberbeine; Ueberbeine Späth; Späth wieder Rheumatismus, Gicht,
»Gastricismns; dieser wieder Unglücksmütter, die oft versetzen, oder
»Kränklinge an Skrofeln oder Füllenlähme bringen; Skrofeln und Fül-
»lenlähme wieder rückwärts in langer Reihe bald dieses, bald jenes
»Leiden.
»Solche Erfahrungen führen aber dahin, den Erbfehlern, d. h
»jedem Einzelnen an sich nicht zu hohe Wichtigkeit
»beizulegen; sie ermahnen vielmehr, den innersten Grund derselben
»aufzufassen, weil es der Wissenschaft und einer soliden Praktik un-
»würdig ist, nach den Erscheinungen der Oberfläche zu urtheilen und
»zu handeln.
»Dies beziehe ich demnach auch auf die mit astronomischen Eifer
»gesuchten und dann und wann glücklich entdeckten St aarpunkte.
»Wollte man fort und fort Staar auf Staar setzen, so würde man aller-
»dings eine vorherrschende Disposition zu diesem Fehler ver-
werten; ausserdem aber vererbt man wenig mehr als den Soupcon.
»Die Erb fehler sind wesentlich zu trennen in Bildungsfehler
»und in Gesundheitsfehler. Die Bildungsfehler: Hasenhacke, Stellung
»der Extremitäten, steile Sprunkgelenke, mangelhafter Gang, langer, wei-
»eher Rücken, schlechter Brustkasten, mit einem Worte die nachtheiligen
»Formfehler, sind bei weitem ertlicher, bei weitem spezifischer, als die
»Gesundheitsfehler. Die Gesundheitsfehler sind nach dem Begriffe
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»aufzufassen, die Formfehler allenfalls in ein Verzeichnis? zu bringen.
»Beide Gattungen schliessen jedoch immer nur bedingungsweise
»von der Nachzucht aus; keine unbedingt.
»Die Formfehler sind durch zweckmässige Paarung unter dem
»unverwandten Auge des Züchters nach und nach doch zu ver-
»bessern ; den Gesundheitsfehlern aber ist, den meisten wenigstens unter
»dem Auge des Arztes und Diätetikers zu begegnen.
»An mancherlei Formfehlern haben wir uns übrigens schon oft
»genug versündigt, die bekrittelten Thiere selbst haben uns durch
»glänzende Leistungen beschämt und eines bessern belehrt. Steht die
»Züchtungsbrauchbarkeit in Frage, so kommt alles auf
»das Verhältniss des Guten zum Mangelhaften, und
»darauf an, ob wir Besseres haben; denn das fernher leuch-
»tende, bessere, wird nahebei besehen, auch zu wünschen lassen, und
»während wir so in Aengsten und Zweifeln liegen, schreitet die lebens-
«kluge Praktik vorwärts. — Im Dunkel der Gespensterfurcht vor den
»Erbfehlern, im unthätigen Hoffen auf einen Messias sind die besten
»Pferde Englands spurlos über den Continent gegangen.»
Auswahl der Zuchtthiere; im Speziellen des Heng-
stes als Vater- der Stute als Mutterpferd.
Nach diesen allgemeinen Ansichten über die Wahl von Zuchtthie-
ren will ich nun darzuthun suchen, auf welche Gegenstände insbeson-
dere hierbei Rücksicht zu nehmen ist.
Gesundheit des Thieres in allen seinen Körpertheilen ist wie
zum Gebrauch so zur Zucht das erste Erforderniss, nicht allein weil
dadurch die Fruchtbarkeit mehr gesichert, sondern auch wieder ein
gesundes Produkt zu erwarten ist, indem sich nicht allein die guten
und fehlerhaften Körperformen, regelmässiger und unregelmässiger Gang
u. s. w. forterben, sondern auch kräftige oder schwächliche Beschaf-
fenheit des Magens, der Verdauung überhaupt, der Lunge und des
Nervensystems.
Es wurde schon oben näher auseinandergesetzt, dass die Gesund-
heit des Pferdes in dem Bedingnisse einer gewissen Beschaffenheit des
Organismus besteht, wodurch alle Lebensverrichtungen desselben mit
Leichtigkeit, einer gewissen Stärke und Wohlbehagen von Statten gehn;
ich verweise den Leser hierauf.
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Dann kömmt zunächst der Körperbau, der Gang, der Blick des
Auges, die Aeusserungen des Temperamentes in Betracht. Man möge
die Absicht haben, einen grossen, kleinen oder Mittelschlag zu züchten,
sei es nun Reit- oder Zugschlag, so ist es unerlässlich, dass die ein-
zelnen Körpertheile derTbiere für sich vorzüglich und
alle zu einem harmonischen Ganzen vereinigt sind.
In der Landespferdezucht trifft es sich gar häufig, dass man
gezwungenerweise diesen Grundsatz nicht immer durchführen kann j
alsdann ist und bleibt es doch Aufgabe mit diesem Grundsatze vor Au-
gen denselben möglichst annäherd zu befolgen und das ganz schlechte
von der Zucht auszuschliessen, indem hierdurch der Verbrei-
tung des Guten am meisten Vorschub geleistet wird.
Bezüglich der Farbe des Haares bei Pferden erinnert sich der
Leser, dass ich schon oben erwähnte, wie man in früheren Zeiten
glaubte aus der Farbe der Haare allein schon die Eigenschaften und
Constitution des Pferdes folgern zu können.
Obwohl nun jeder gute Kenner diese Ansicht nicht allzuweit aus-
dehnen, sondern stets in dem guten Bau, der Bewegung und der guten
Rasse das gute Pferd finden wird, so sind doch aufmerksame Beobach-
ter immer der Meinung dass alle dunklen Farben meistens mehr Trocken-
heit, Festigkeit der Fasern und mehr Temperament besitzen sollen,
wogegen alle Licht- und Halbfarben, Schlaffheit, Aufgedunsenheit und
Schwäche zu verrathen pflegen, Daher sollen alle lichten Schweisfüchse,
Falben, Isabellen, Hermeline, Schecken, weissgeborene Schimmel weni-
ger zu Vaterpferden taugen, als die dunkeleinfarbigen, nämlich Rappen,
Braune, Füchse. Erstere sind daher bei Auswahl von Zuchtthieren zur
Verbesserung einer Landeszucht zu vermeiden.
Es gibt wohl höchst selten einen Züchter, der nur und ausschliess-
lich für sich züchtet, und gar nicht darauf rechnet seine Produkte
in den Handel zu bringen. Der Geschmack bezüglich der Farbe ist der
Mode unterworfen wie alles andere; es werden daher die meisten Züch-
ter wohlthun auch hierauf Rücksicht zu nehmen. Wurden einstens
Schecken, Tiger, Isabellen gesucht und gut bezahlt, so sind es jetzt die ein-
farbigen, nicht einmal grosse weisse Zeichen sieht man gern, und man-
ches sonst ganz gute Pferd wird dieserbalb vom Händler stehen gelas-
sen, Wagenpferde von gleicher Farbe werden fast immer lieber gekauft,
als solche von ungleichem Haar.
Die Vererbung der Farbe des Haares liegt ausser aller Berechnung.
Träger sagt:
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»Bei der Paarung verschiedener Farben fällt das Produkt
nicht immer in die Mitte; braun und schwarz noch am gewöbnlich-
»steh, braun und Fuchs desgleichen; Fuchs und Rappe geben seltener
»Mischung — schwarz scheint Neigung zum Uebergang in roth zu
»haben; altes schwarz wird »füchsig,« man erzielt entweder Rappe oder
»Fuchs. Schimmel scheinen am constantesten alles andere Haar in Nü-
»angen von Schimmeln zu ziehen.
«Schecken, Tiger und Falben vererben sich mit anderen Farben ge-
»paart ausser Berechnung, Fliegenschimmel, Tiger und Schecken mit
»dem Haar ihrer dunklen Punkte oder Flecke gepaart, geben noch am
»wahrscheinlichsten das als Totalfarbe wieder.«
Das Alter in welchem Hengst, und Stute zur Züchtung verwen-
det werden, hat auf die Nachkommenschaft und deren Veredlung einen
grossen Einfluss; sind beide zu jung, oder zu alt, so wird in beiden Fäl-
len nur eine schwächliche Nachzucht erlangt.
Grosse Thorheit ist es, Thiere von zu jugendlichem Alter zu wählen
Junge Hengste sind zwar im Begatten hitziger als ältere; allein
sie selbst erschöpfen sich auch weit früher, verlieren ihre Kräfte, werden
im ferneren Wachsthum gestört, und vor der Zeit alt. Aber auch der
Saame ist in zu jugendlichen Thieren noch unvollkommen (unreif) und
nicht geeignet genug ein anderes, junges Thier in gehöriger Vollkom-
menheit hervorzubringen. Ein solches Produkt wird immer schwächlich
sein und in allen guten Eigenschaften zurückbleiben, und wenn es
auch wieder zur Fortpflanzung gebrauchtwird, Schwächlinge zur Welt
bringen.
Ich kann nicht unterlassen hier, einen vielleicht einzig dastehenden
Fall zu erwähnen.
Als ich vor vielen Jahren das k. k. Hofgestüt Kladrub in Böhmen
besuchte, zeigte man mir ein ganz gutes, fünfjähriges Pferd welches als
Dienstklepper verwendet wurde; dasselbe war das Produkt der zufälligen
Paarung äusserst jugendlicher Eltern, denn zur Zeit der Begattung
soll der Hengst 13 und die Stute 11 Monate alt gewesen sein.
Gewöhnlich lässt man den Hengst mit dem vollendeten 4. oder ä.
Jahre anfangen zu beschälen. Ein guter Hengst kann bei richtiger Be-
handlung bis in sein zwanzigstes Jahr, als Vaterpferd dienen; in ein-
zelnen Fällen auch bis in noch höheres Alter, ohne dass dadurch seine
Fruchtbarkeit sehr wesentlich abnimmt.
Als ich den Mirza, Original Araber, Hengst, ein Geschenk des
Schachs von Persien an König Georg IV. von England, welcher densel-
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ben wieder dem Herzog von Braunschweig schenkte, im Jahre 1832 zu
Harzburg sah, war derselbe 28 Jahre alt.
Eine zahlreiche Nachkommenschaft von ihm war im Gestatte zu
sehen, und man erzählte mir, dass jeder Sprung von ihm noch fruchtbar sei.
Die weiblichen Thiere scheinen früher mannbar zu werden und zum
Zeugungsgeschäfte geschickt zu sein, als die männlichen, und können
daher schon früher zur Begattung zugelassen werden. Doch schadet ein
allzufrühes Zulassen und Trächtigwerden ihrem Wüchse weit mehr, als
dem männlichen Thiere. Mit dem vollendeten 3. oder 4. Jahre kann
man die junge Stute zur Begattung zulassen und sehr viele können bis
in ihr 20. Jahr und länger zur Zucht dienen.
Am besten ist es jedoch für die Nachzucht, sie weder vor dem 4.
noch nach dem 20. Jahre hiezu zu benutzen.
Bei meiner Anwesenheit in der Gegend an der Allee, wo die Ha-
növerische Pferdezucht am meisten blüht, erzählten mir die dortigen
Bauern, dass sie ihre jungen Stuten meistens schon mit dem vollerde-
ten 3. Jahre belegen Hessen. Denn, sagten sie, der Begattungstrieb zeige
sich um diese Zeit immer so stark, dass die Nichtbefriedigung dessel-
ben das junge Thier mehr abmatte als das Bringen eines Füllens. Der
Landmann füttert in dieser Gegend seine Pferde sehr gut, die Weiden
sind sehr grasreich und es mag dieses vielfach dazu beitragen, dass
sich der Trieb zur Begattung frühe regt; ich glaube jedoch, dass die
Aussicht auf momentanen Gewinn, dadurch, dass die Stute ein
Jahr früher ein Füllen bringt, bei vielen Pferdebesitzern die Triebfe-
der hierzu ist, dass dieses Belegenlassen erst 3jähriger Stuten all-
gemein Platz greife, ist gewiss nicht zu wünschen. Auch sah ich
dort eine 20jährige Stute, vom grossen gut veredelten Schlage, die der
Besitzer als ein Pferd in schon guten Jahren kaufte, die ihm jedes
Jahr ein gesundes Füllen gebracht hatte und nun wieder trächtig war.
An einem andern Orte sah ich bei einem Landmann eine zu allen
landwirtschaftlichen Arbeiten verwendete Stute, die der Besitzer als
vierjährig gekauft, und die ihm bereits 16 gesunde Füllen gebracht
hatte. Die meisten dieser Füllen hatte er als junge Pferde an die in
der Umgegend stationirten Cavallerieoffiziere verkauft.
Sehr vorteilhaft soll es für eine kräftige Nachzucht sein, die
Stuten nur alle zweites Jahr zum Hengst zu lassen. Es gibt Gegenden
z. B. in der Umgegend von Teschen in österreichisch Schlesien, wo der
Landmann an diesem Grundsatze vielfach festhält.
Für den Landmann, welcher seine Zucbtthiere zugleich zur Arbeit
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verwendet, ist das Frühjahr besonders von Anfang März bis Anfang oder
Mitte Mai die günstigste Jahreszeit zum Bedeckenlassen der Stuten,
denn zu dieser Zeit regt sich der Begattungstrieb der weiblichen
Thiere am stärksten, und das Trächtigwerden ist dann am meisten
gesichert.
Bekanntlich trägt die Stute im Durchschnitte eilt' Monate; die
Füllen kommen dann in einer Zeit zur Welt, wo gute Fütterung, fri-
sche Weide, und die Wärme des Frühjahrs ihrer warten; der Landmann
kann dann die gebährenden oder säugenden Stuten bis zur Feldbestel-
lung noch gehörig schonen, denn diese beginnt in vielen Gegenden vor
Anfang Aprils selten, so dass dadurch der Gang einer Wirthschaft nicht
im geringsten gestört wird.
Bei der Auswahl eines Beschälers kömmt es nebst Gesundheit,
Abstammung, guten Körperformen und regelrechten Gange, sehr viel
darauf an, was für geistige Eigenschaften er besitzt; es kommt darauf
an, ob er muthig, rasch, treu, lenksam, gelehrig sei, ob er viel Tempera-
ment habe, und ob sein Feuer mehr ein edler, starker und bleibender
Naturtrieb, oder blos eine wilde, leicht verlöschende Flamme sei; ob
seine Gemüthsart fest, standhaft oder launisch, schlechterzogenen Men-
schen gleich sei. Es ist sehr zu wünschen, dass er weder störrisch noch
tückisch, weder falsch noch boshaft, weder scheu noch furchtsam sei.
Seine innerlichen Tugenden müssen den Vollkommenheiten seines äusse-
ren Körpers entsprechen, denn das Temperament vererbt wie diese auf
die Nachkommenschaft.
Ein Hengst, der frei, gelenksam, ungezwungen und munter einher-
schreitet, der sich stolz trägt, dessen Blicke muthig und feurig im leb-
haften Auge glänzen, der sicher und ohne Furcht an der Hand und unter
dem Reiter seine Gliedmassen braucht, der leicht gewandt, folgsam und
mit Schnelligkeit alles vollzieht, was man von ihm haben will, der in
allen seinen Geberden einen edlen Geist verräth, der sich willig zäu-
men, satteln, beschlagen und behandeln lässt, der weder nach Menschen
noch nach seines gleichen schlägt, zeigt alle diese Eigenschaften auch
in seinem ganzen Betragen.
Bei Auswahl eines Beschälers den man zur Verbesserung oder
Veredlung einer Zucht verwenden will, kömmt es nebstdem auch auf
das Vaterland desselben an.
Pferde, aus Gegenden welche sich überhaupt nicht zu guter Pferde-
zucht eignen, z. B. die feuchten, kalten und sumpfigen werden nur
selten gute Zuchthengste liefern. Die üppigen, fetten Futterstoffe jener
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Gegenden nähren zu sehr extensiv, die damit auferzogenen Thiere
wachsen zu schnell heran, werden kolossalisch, aber ihre Muskulatur
bleibt schlaff und sie sind nicht von dauerhafter Art; dagegen sind
die Züchthengste aus warmen und gesunden Klimaten die besten, wenn
auch da, wo sie als Beschäler dienen sollen, das Klima kälter ist.
Auch ein gut passendes Verhältniss der Grösse des Hengstes
zur Stutte ist ins Auge zu fassen.
Ist der Hengst in Verhältniss zur Stute gar zu gross, so entsteht
öfter eine schon im Mutterleibe zu grosse Frucht, welche dann jeden-
falls die Geburt sehr erschwert, mitunter auch unmöglich macht.
Beide Fälle natürlich sehr Gefahrbringend für die Mutter.
Manche glauben, dass, wenn ein klainerer Hengst eine grosse Stute
belege, so müsse das Produkt ein kleines Pferd werden. Diesem
widerspricht die Erfahrung: denn in einem geräumigen Mutterleibe kann
sich die Frucht, wenn sonst die Bedingungen dazu vorhanden sind,
kräftig entwickelt ausbilden, und auch zur Welt gefördert werden, aber
ganz anders ist es, wenn durch einen sehr erbfähigen Hengst in einem
kleinen, engen Mutterleibe der Keim zu einer sehr grossen Frucht ge-
legt wird.
Erwiesene Leistungsfähigkeit und erwiesene Erb-
fähigkeit sind zwei der wichtigsten Gegenstände bei Auswahl von
Beschälhengsten.
Hat der Hengst Leistungen aufzuweisen und ist dabei gesund und
fehlerfrei geblieben, so ist dieses der augenscheinlichste Beweis seiner
Güte; denn Thatsachen lassen sich eben so wenig abläugnen wie
Ziffern.
Ohne Erbfähigkeit hört der Nutzen des Beschälers als
solcher auf; hat man nun aber Gelegenheit die Produkte in Augen-
schein zu nehmen, so gewinnt man, wenn sie gut sind natürlich sehr
an sicherer Hoffnung auf gewünschten Erfolg. Hat man zugleich Gele-
genheit die Mütter zu sehn, von welchen diese Produkte fielen, so
vergleiche man in wiefern diese Produkte, die Füllen mehr dem Vater
oder den Mütten ähnlich sehn, woraus man im ersten Falle mit Sicher-
heit auf gute Constanz der Rasse und vorwiegendes Blut des Hengstes
schliessen darf. Dass dadurch sein Werth zur Verbesserung einer
Landespferdezucht oder zur Bildung eines Stammes in einem Gestütte
sehr erhöht wird, bedarf wohl nun nach allem bishergesagten keines
Beweises mehr.
Der Einfluss des Hengstes verbreitet sich auf eine Landespferde-
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zucht nicht allein dadurch am meisten, dass jedes Füllen im einzelnen von
seinen Eigenschaften erbt, sondern auch weil von einem Hengst jährlich
viele Füllen zur Welt kommen können, wogegen die Stute jährlich nur
einem Füllen ihre Eigenschaften anerben kann.
Da im allgemeinen besonders bei der Landespferdezucht, der Aus-
wahl der Zuchthengste mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird, als den
Stuten und erstere gewöhnlich von constanterer edlerer Rasse sind, als
die mehr vermischt gezogenen, gemeinen Stuten, so ist die Meinung ent-
standen, dass die Nachkommen, besonders in einzelnen Theilen mehr dem
Vater als der Mutter nacharteten; wo aber die Stute von ebenso reiner
constanter Abkunft ist, als der Hengst, da wird sicher das Vererbungsver-
mögen ebenso deutlich hervortreten.
Die genaue Untersuchung der Geschlechtstheile selbst, ist, bei Aus-
wahl und Beurtheiiung eines Beschälers von Wichtigkeit, die Hoden dür-
fen nicht zu klein erscheinen, und fest anzufühlen sein, der Hodensack
darf nicht schlaff herunterhängen, und muss sich beim Beschälakt in
Falten gekräuselt zusammenziehen. Die Ruthe muss im ruhigen
Zustande ganz in den Schlauch zurückgezogen sein; sich zum Harnen
leicht ausschachten und beim Anblick einer Stute in gehöriger Länge
und Dicke mit ausgesprochener Steifheit in etwas gebogener Form mit
Kraft gegen den Bauch heben.
Dass keine örtliche Krankheit, als Geschwüre an der Ruthe,
Wassergeschwulst der Hoden, Hodenfistel u. dgl. vorhanden sein darf,
ist wohl nicht noting zu erwähnen.
Dieselben Regeln muss man auch beziehungsweise bei Auswahl
der Stuten beobachten, nur können diese Eigenschaften, wenn man
sich mit Veredlung gemeiner Landrassen beschäftigt, bei ihnen nicht
in dem Grade verlangt werden, weil es dann keine gemeinen,
sondern schon veredelte Thiere waren, bei denen sie schon in höherm
Grade entwickelt sind, und wo man sie daher voraussetzt; doch muss
man die bestgebauteu und fehlerfreisten aussuchen, wovon sich unter
jeden selbst der gemeinsten Rasse Individuen linden,
Flachgerippte, aufgeschürzte Stuten mit engen Becken geben keine
Hoffnung gute Mutter zu werden; tiefe Brust, gut gewölbter Rippenkasten,
breites Becken, frommes, munteres Temperament, durchaus
innere Gesundheit sind unerlässliche Eigenschaften. Allzudickge-
nährt sein ist für Zuchtstuten nicht zweckmässig, denn diese bringen
'n der Regel nicht ganz ausgebildete Füllen, oft sind sie aber auch
ganz unfruchtbar.
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Ebenso wenig darf die zu beschälende Stute sich in einen ent-
kräfteten, abgemagerten oder gar kranken Zustande befinden; denn
Gesundheit in jeder Beziehung ist wohl die nothwendigste Bedin-
gung zum Gedeihn der Frucht.
Hat man die Absicht, Zuchtstuten anzukaufen, so überzeuge man
sich sowohl von ihren bisherigen Leistungen als der Fruchtbarkeit;
man forsche genau nach, wann die Stute das letzte Füllen hatte; sind
seit der Zeit mehre Jahre verflossen, ohne dass sie trächtig war, so
darf man sich der Meinung hingeben, dass sie von nun an güst, (gälte)
bleiben werde, wenn auch der Besitzer noch so viel das Gegentheil
versichert. Auch suche man von ihren Nachkommen welche zu Gesichte
zu bekommen.
Anmerkung. Zu einem Landbeschäller wird gewöhnlich ein
Hengst bald gut genug gefunden, wenn er hinreichend hübsch ist, dem
Landmann zu gefallen und keine Gebrechen hat. Nachdem aber Lan-
despferdezuchten unentbehrlich für Staat und Bürger und nützlicher
als die Gestütte allein sind, so müssen die Landbeschäler mit
nicht weniger Gewissenhaftigkeit gezogen werden und rücksichtlich der
Brauchbarkeit und Güte sogar mit mehr Gewissenhaftigkeit als selbst
für Luxus- und Prachtgestütte. Besitzer von Luxusgestütten können,
wenn in ihren Gestütten gute Pferde nicht gezogen werden, die besten
Pferde aus allen Ländern von Europa kommen lassen ; die Regimenter,
das Fuhrwesen und der gemeine Bürger nicht. Grossstaaten würden
ihre Stellung als solche aufgeben müssen, wenn sie den Pferdebedarf
für die Landarmee nicht im eigenen Lande finden könnten, und dieser
Bedarf wird nie durch einzelne Gestütte, sondern nur durch eine gut
betriebene, ausgebreitete Landespferdezucht gedeckt werden können.
Dass aber bei denen von der Regierung dem Züchter dargebotenen
Beschälern auf Güte und Brauchbarkeit gewissenhaft Rücksicht genom-
men werde, ist um so viel nothwendiger in Ländern und Gegenden
wo der Landwirth noch keine bessern Begriffe von der Thierzucht hat,
so lange er noch nicht belehrt ist, und selber nicht weiss was an
dem Pferde zu seiner Güte nothwendig und unentbehrlich ist, so
lange er noch nicht versteht, den besten Hengst für seine Stute zu
wählen, und wenn er es versteht, so lange sein Land noch nicht sieb
selber Beschüler zieht, und eine grosse Anzahl Hengste im Lande zu
seiner eigenen, freien Wahl vorhanden sind, so lange er noch das
nehmen muss, was ihm gegeben wird.
Die Existenz der Güte von Gestütten reicher Privaten ist verän-
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derlich, sowie die Existenz des Gestüttes selbst von mancherlei Umstän-
den abhängig ist. Der Vater stirbt, der das Pferd gern erzog und
liebte; der Sohn liebt ganz was anderes, und in wenig Jahren geht
die schöne Zucht zu Grunde die viel Zeit und Geld gekostet hat.
Landeszuchten sind, wenn sie einmal gegründet, weit bleibender und
sicherer, nicht zu gedenken, dass in kultivirten, stark bevölkerten
Ländern nur diese Pferdezucht die vortheilhafteste, nützlichste ja fast
allein ausführbare ist, die mit der Landwirtschaft in engster Verbin-
dung steht.
Unter Landeszucht ist hier überhaupt die von vielen einzelnen
Privaten in Verbindung mit der Landwirthschaft betriebene Pferdezucht
zu verstehen, im Gegensatze von grossen Staat sges tut ten, mögen
diese Einzelnen nun dem Fürsten-, Grafen- oder Bauernstande angehören.
Das Paaren.
Das Paaren oder Beschälen selbst geschieht entweder im Freien
oder aus der Hand, und zwar, wenn sich bei den Stuten der Begat-
tungstrieb einstellt, d. h. wenn sie rossig sind. Dieser Zustand zeigt
sich durch Unruhe, geringe Fresslust, Wiehern, öfteres Harnen, und
durch Anschwellung der Geschlechtstheile aus denen eine weisse,
schleimige Flüssigkeit fliesst; die Bossigkeit ist hieran leicht erkennbar
und hält gewöhnlich 2—3 Wochen an, indem sie sich einige Zeit ge-
ringer, dann wieder stärker zeigt. Es gibt zwar Stuten, die zu jeder
Jahreszeit rossig werden; zur Befruchtung ist das Frühjahr die beste
Zeit; wenn die Stute nach dem Bedecktwerden nicht empfangen hat,
so pflegt der Begattungstrieb am neunten Tage wieder zu kehren.
Das Beschälen im Freien, besteht darin, dass man einen Hengst
zu mehreren Stuten in einen umzäumten Platz lässt; hier bleibt er so
lange, bis entweder alle oder einige unter ihnen trächtig sind Es ist
zwar das naturgemässeste, wird aber jetzt fast nirgends mehr ange-
wendet, indem dieses Verfahren bei ganz zahmen, mehr oder weniger
im künstlichen Zustande lebenden Pferden wenig zu empfehlen ist,
weil dabei der Hengst, wenn viele Stuten auf einmal rossig sind, nicht
nur sehr abgemattet wird, sondern auch der Gefahr ausgesetzt ist, von
den nicht rossigen, die er in der Hitze auch bespringen will, zu Schan-
den geschlagen zu werden, auch weiss man nicht ob und an welchem
Tage die Stuten empfangen haben.
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Sicherer ist das Beschälen aus der Hand, weil man dabei nach
Gefallen den Naturtrieb des Hengstes massigen oder da anwenden
kann, wo er wirken soll. Es geschieht auf die Art, dass der Hengst
an zwei langen Zügeln (Longen) die in den Ringen des Wischzaumge-
bisses oder des Kapzaumes befestigt sind, zur rossigen Stute geführt
und während er von zwei Führern an diesen Zügeln lang gehalten
wird, dieselbe bedeckt. Einer dieser Wärter zieht den Schweif der
Stute auf die Seite und gibt der Ruthe des Hengstes nöthigenfalls
mit der Hand die Direktion.
Vorher muss man sich überzeugt haben, dass die Stute auch
willig ist, den Hengst anzunehmen, denn manche zeigen sich ros-
sig und wollen das Bespringen durch den Hengst doch nicht an-
nehmen. Ist letzteres der Fall, so muss der Hengst nach einiger
Zeit der Stute wieder zugeführt, und dieses so oft wiederholt wer-
den, bis sie ihn willig annimmt. Zwang führt hier nicht zum Ziele.
Um sich nun zu überzeugen, ob die Stute willig sei, lässt man
dieselbe vorher probieren.
Hierzu ist auf jedem Beschälplatze eine ungefähr 3 Fuss hohe,
einige Schritte lange Bretterwand vorhanden. Zu dieser wird die
Stute auf die eine, der Hengst auf die andere Seite geführt, so
dass sie sich einander sehn und beriechen können. Auf diese Art
sind beide Pferde vor Gefahr geschützt. Zu diesem Geschäfte wählt
man, wo mehrere Hengste vorhanden sind, einen älteren, ruhigen, der
sich bei öfterer Wiederholung solcher Probierscenen nicht zu sehr abä-
schert. Nur zuweilen lässt man diesen sogenannten Probierhengst eine
Stute bedecken, damit er beim Probieren wieder mehr Thätigkeit
entwickle.
Beim Begattungsakte muss man beobachten, ob der Hengst auch
seinen Saamen abgebe, dieses erkennt man an einem 4—Smal wieder-
derholten Zucken des Schweifes, welches gegen das Ende des Begattungs-
aktes eintritt und mit der stossweise erfolgenden Ergiessung des Saa-
mens verbunden ist. Steigt der Hengst von der Stute ab, ohne das diese
Bewegung des Schweifes bemerkt wurde, so hat er nicht abgesaamt; auch
wird in diesem Falle die Ruthe nach Verlassen des weiblichen Gliedes
nicht schlaff herabhängen, welches der Fall ist, wenn der Hengst den Be-
gattungsakt wirklich vollzogen hat. Es gibt Hengste welche 2—3mal
auf die Stute springen, auch ihr Glied einführen und wieder absteigen
ohne abgesaamt zu hahen; andere wieder stehn sehr lange ganz ruhig
bei der Stute ehe sie sich zur Begattung fertig machen können und man
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will beobachtet haben, dass solche häufig sehr fruchtbar sind. Auch sind
mir junge Hengste vorgekommen, die im ersten Frühjahre gar nicht dazu zu
bewegen waren, eine Stute zu bespringen, und im 2. Jahre waren
sie sehr gut.
Mancher junge Hengst ist so furchtsam, man kann sagen verschämt,
dass er in Gegenwart von Menschen durchaus nicht zu bewegen ist,
eine Stute zu bespringen; man hat alsdann einen solchen mit einer
recht willigen Stute in einem abgesonderten Räume allein eingesperrt
und ihn unbemerkt beobachtet. Der Begattungsakt wurde dann alsbald
vollzogen und der junge Hengst hatte seine Furcht für immer
verloren.
Erforderlich ist es übrigens beim Beschälen jeder Art, dass man
dem Hengste nicht mehr Stuten zur Bedeckung zutheile, als er mit
V ortheil befruchten kann.
Die Hengste sind in dieser Beziehung sehr verschieden, und
es nimmt hierauf auch das Alter begreiflicher Weise einen Einfluss;
es lassen sich in dieser Beziehung genaue Vorschriften nicht gut er-
theilen, weil Beobachtungen und Erfahrungen den Pferdezüchter lei-
ten müssen. Bei Landgestütanstalten wird von den Leitern dersel-
ben jedem Hengst eine gewisse Sprunganzahl zuerkannt, damit die
auf den kleineren Stationen befindlichen Aufseher und Wärter eine
Richtschnur haben, und dieses nicht der mangelhaften Kenntniss und
Willkühr dieser Leute überlassen bleibe.
Mancher Hengst ist so ergiebig, dass er in einem Jahre 60 Stu-
ten mit dem besten Erfolge decken und befruchten kann; doch möchte
eine Mittelzahl von 30 bis 40 in den meisten Fällen die beste sein.
Ist die Stute wirklich rossig, d. h. willig, den Hengst anzuneh-
men, so ist auch nicht zu besorgen, dass sie nach ihm schlage.
An manchen Orten ist es Gebrauch j e d e r Stute Fesseln anzulegen,
sie zu spannen, wie man es nennt, indem manche sehr kitzliche
Stute auch wenn sie willig ist, aus Ueberreiz nach dem sich annähern-
den Hengste schlägt. Jedenfalls ist es gut, der Stute die Hinterei-
sen abzunehmen, und fast immer gefehlt, eine nicht rossige Stute durch
Anlagen der Fesseln zu zwingen den Hengst anzunehmen, denn
das auf diese Art ausgeführte Beschälen ist sehr selten befruchtend.
Der Akt selbst muss so still und ruhig vollzogen werden, als
nur möglich; denn die Natur liebt in ihren Arbeiten, besonders beim
Zeugen, Verborgenheit. Hat die Stute empfangen, so geht sie in der
Regel 11 Monate trächtig; es soll zwar auch seltene Beispiele geben,
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dass sie länger als ein Jahr trugen. 322 Tage hat man als den kür-
zesten, 419 Tage als den längsten und 351 Tage als den mittle-
ren Termin der Tragzeit wahrgenommen.
Der Züchter muss sich genau aufschreiben, wann seine Stute
gedeckt wurde, und an welchem Tage derjenige Sprung stattfand, nach
welchem sie den Hengst nicht mehr annahm, um die Zeit genau zu
wissen, wann sie ihr Füllen bringen wird.
Das erste Anzeichen der Trächtigkeit ist, wenn der Wurf der
Stute gleich nach dem Beschälakt trocken ist, oder wenn die Stute
bei einem nochmaligen Versuche den Hengst abschlägt.
Einige Zeit nach dem Beschälen wird die trächtig gewordene
Stute etwas träger, und fängt auch nach 3 Monaten an, etwas stärker
zu fressen, Vom 6. Monat der Trächtigkeit an, wird ihr Bauch immer
weiter und wenn man von dieser Zeit an, während des Saufens die
flache Hand unter den Bauch legt, verspürt man ein Zucken und
Klopfen, welches durch das im Mutterleibe befindliche Füllen verur-
sacht wird. Gegen das Ende der Tragzeit zeigen sich auf beiden Sei-
ten der Kruppe sanfte Vertiefungen und ganz zuletzt schwülen die
Milchadern unter dem Bauche an, das Euter wird grösser und es zei-
gen sich an den Zizen Tropfen einer gelblichen, klebrigen Flüssigkeit.
Aufmerksame Thierzüchter wollen bemerkt haben, dass das männli-
che Elternthier, welches die Erstgeburt erzeugt, auf die äussere Ge-
stalt und den Charakter der nachgeborenen Jungen, welche von andern
Vätern erzeugt werden, einen bedeutenden Einfluss ausübt.
Martin sagt in seiner Naturgeschichte des Pferdes hierüber
folgendes:
»Wir glauben, dass dieses geheimnissvolle Naturgesetz bei den
»Säugethieren weit verbreiteter ist, als man gewöhnlich annimmt; dass
»es auch bei Pferden sich als gültig erweist, ist durch die Erfahrung
»dargethan. Bell bemerkt ganz richtig, dass die Wichtigkeit des Hengstes
»bei der Pferdezucht durch nichts klarer in die Augen springt, als durch
»die Thatsache, dass die Nachzucht der berühmtesten Kennpferde im
»allgemeinen durch den Ruhm ihrer Väter sich als gut erhalten hat,
»denn unter den Nachkommen des Eklipse waren nicht weniger als 364
»Sieger auf der Rennbahn und die des Highflyer und anderer berühm-
»ter Pferde haben die angeborne Vortrefflichkeit ebenfalls bewiesen.
»Die so sehr merkwürdige Thatsache aber, welche hierin einen Haupt-
»beweis liefert, und auf welche wir aufmerksam machen wollen, bezieht
»sich auf folgende Umstände, welche in den Briefen des verstorbenen
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»Earl of Murton umständlicher geschildert und in den Phylosophiccal
»Transactions vom Jahre 182 t beschrieben sind. Offenbar lag dem Earl
»sehr viel daran zwischen dem Pferde und dem Quagga ein Maulthier
»zu erzeugen, und zu diesem Zwecke bestimmte er eine Siebenachtel-
»blut arabische Stute und einen Quaggahengst. Das Produkt war ein
»weibliches Maulthierfüllen, das durch seine Gestalt und seine gestreifte
»Zeichnung entschieden seinen Ursprung vom Quagga bekundete; sein
»Kopf war länger und breiter und sein Hals kürzer und weniger gebogen
»als bei der Vollblutstute; die Form der Kruppe war mehr eselartig
»und der Schweif sparsam mit Haaren besetzt. Die Stirn, der Hals,
»der Widerrist, so wie der Vorarm und die Hose hatten quaggaartige
»Streifen; ein schwarzer Aalstreif ging über den Kücken, und die
»Mähne war dünn und grob; der Bastard; Charakter war also evident.
»Das nächste Füllen, welches die Stute zur Welt brachte war von ei-
»nem arabischen Rapphengst; es war ein braunes Stutfüllen mit einer stei-
»fen, aufrechtstehenden Mähne gleich der des Quagga, Stirn, Hals,
»Schultern und Glieder hatten die entschiedenen Quaggastreifen und
»auf dem Rücken war ein schwarzer Aalstreif. Der Schweif war voll-
»behaart und die Gestalt in jeder Beziehung Pferdeartig; es hatte
19/20 arabisches Blut allein mit der Mähne und den Abzeichen des
»Quagga.
»Nun bekam diese Stute mit demselben Araberhengst ein braunes
»Hengstfüllen mit denselben Abzeichen; allein die Mähne war zwar
»lang aber so steif und drahtartig, dass sie an der Seite des Halses
»einen Bogen bildete, ohne ihn zu berühren. Beide, das Stuten- und
»das Hengstfüllen waren feurige, flüchtige und kräftige Thiere; die
»Porträts befinden sich in dem Royal collegs of Surgeons.»
Soweit Martin.
Eine orientalische Redensart sagt: »Willst du wissen wer du bist
so frage deine Mutter.«
Die edelste Stammzucht leitet er von den Stuten des Prophe-
ten ab, und man sieht hieraus welchen Werth der Araber, der Orien-
tale überhaupt, der Abstammung von der Mutter her beilegt. Er ver-
kauft eine Stute viel schwerer als einen Hengst. Dieses mag nun sei-
nen Grund darin haben, dass er sich von der Stute einen doppelten
Nutzen verspricht, indem er sie ebensowohl zum Reiten als zur Auf-
zucht von Füllen benutzt. Beim Hengste dagegen liegt der Werth nur
mehr im Gebrauche zum Reiten, indem es nicht Sitte ist, den Hengst
gegen Erlag von Sprunggeld zu venniethen.
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Da Hengst und Stute, welche dort zur Paarung gelangen, wohl
meist sich gleich im Blute oder gleich edel sind, so tritt beim Füllen
nach schon erklärten, fest stehenden Grundsätzen der Unterschied zwi-
schen Vater und Mutter nicht besonders deutlich hervor.
Pflege und Behandlung der Vaterpferde; der träch-
tigen und säugenden Stute.
Es liegt auf der Hand, dass ein Beschäler je mehr und eifriger
er seinem Dienste obliegen soll, auch um somehr Ersatz für den
Verlust seiner Säfte erhalten muss, und dies geschieht durch sehr
nahrhaftes und reizendes Futter. Hafer von der besten Qualität, durch-
aus staubfrei, auserlesenes, gutes feines gut eingeheimstes Heu in etwas
grösserer Quantität als ausser der Beschälzeit, wird gegeben. Die Ver-
mehrung des Futters hat hauptsächlich in Hafer zu bestehen, auch im
Wasser gequellte mit Häcksel angemengte Gerste wird für zweckdien-
lich gehalten.
Es ist rathsam, dass keine Unordnung im Füttern vorfällt und
dass das Futter den Thieren nicht in zu grossen Portionen gegeben
werde, sondern lieber öfter und weniger auf einmal. Auch Sauberkeit
und Reinlichkeit sind bei einem Beschäler wichtige Erfordernisse und
es bezieht sich dieses sowohl auf seinen Körper als auf die Luft im
Stalle, Reinlichkeit der Krippe, des Stalles überhaupt u. s. w. Schlauch
und Geschröte sind öfter mit frischem, wenn auch nicht kaltem Wasser
zu waschen.
Ebenso ist Bewegung dem Hengste sehr zuträglich, ja nothwen-
dig, weil, wenn das Thier zu viel mtissig im Stalle steht, nur träge
wird, an Stallmuth zu aber an wahren Geiste und Muth abnimmt.
Tägliche, regelmässige Bewegung ist jedem Pferde, namentlich bei
gutem Futter, so wohlthätig und zuträglich, ja durchaus nothwendig,
dass die sorgfältigste Fütterung und beste Stallwartung wenig nützen,
wo erstere fehlt. Ohne Zweifel gehen viele Pferde verloren durch zu
viel Arbeit, aber auch viele durch zu viel Müssiggang bei guter
Nahrung.
Anmerkung. Auf die Vortheile der sogenannten loose boxes
d. h. grosse Kastenstände, worin das Pferd unangebunden sich nach
Belieben bewegen kann, habe ich im Verlaufe dieser Schrift schon ein-
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mal hingewiesen. Es wäre zu wünschen, dass alle Beschälhengste solche
haben könnten; ist zugleich, wie es in England meist der Fall ist, ein
Auslauf-Platz ins Freie unmittelbar damit verbunden, so kann der Hengst
nach Belieben Bewegung machen, im Stalle Schutz gegen Witterung fin-
den, im freien gesunde Luft geniessen. Der einmal zum Vaterpferd be-
stimmte Vollbluthengst wird in England dann nicht mehr zu irgend einer
Arbeit verwendet. Die nöthige Bewegung macht er sich selbst in
dem wie oben beschriebenen Stalle und dem unmittelbar damit verbun-
denen Platze, oder man lässt ihn auch an einer Longe sehr massig tra-
ben, oder wird er mit ziemlich fest ausgebundene Zügel von einem Wär-
ter umhergeführt. Man vermeidet hierbei jede Art von Aufregung und
einige gehn in neuester Zeit sogar soweit, diese Vaterpferde auch gar
nicht mehr putzen zu lassen, indem wie man behauptet, auch dieses
eine Aufregung bewirke, welche der Fruchtbarkeit nachtheilig sein solle.
Bei meiner Anwesenheit in England im September des Jahres 1863
hatte ich Gelegenheit in Rudcliff bei York zehn Vollbluthengste zu sehen,
worunter die berühmten Vaterpferde Newminster, Lemmington; ferner
sah ich ohnweit Richmond den berühmten Voltigeur des Lord Cetland
und ich habe gefunden, dass alle diese Pferde sehr sauber gewartet
aussahen. Die Reinlichkeit der Stallungen, (überall loose boxes) und
die Luft in denselben, war musterhaft. —
Wie mit den Beschälern, ebenso verfährt man in ähnlicher Weise
mit den Mutterstuten. Sie müssen stets ihr ordentliches.und gehöriges
Futter haben, Reinlichkeit und dabei massige Arbeit und Bewegung ge-
niessen. Namentlich verschone man sie mit bluterhitzenden, blähenden
oder erschlaffenden Nahrungsmitteln wie Roggen, Wicken, Bohnen u. s. w.
weil solche Futtermittel häufig die Geburt erschweren und zuweilen zum
Verfohlen Veranlassung geben.
Man verschone die trächtigen Stuten mit Arbeiten die sehr schnel-
len Gang verlangen, oder die Pferde erhitzen, sei dieses nun unter dem
Reiter oder im Wagen.
Bei einem grossen Theil der kleineren Züchter, ärmerer Bauern etc.
wird es, also in der Landespferdezucht überhaupt, vielfach sehr schwer,
fast unmöglich scheinen, die hier angegebene Verfahrungsweise zu be-
obachten; dann bleibt es wenigstens Grundsatz, dieselben soviel es die
Verhältnisse gestatten zur steten Richtschnur beizubehalten.
Da wo trächtige Stuten zur Arbeit in der Landwirtschaft verwen-
det werden, vermeide man es namentlich, solche in steinigen, engen We-
gen neben die Deichsel zu spannen, indem diese den Tnieren oft
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an den Leib schlägt, wodurch die Leibesfrucht Schaden neh-
men kann.
Je näher die Geburtszeit heranrückt, desto sorgfältigerer Beach-
tung bedarf die Stute sowohl bezüglich der Fütterung als der Arbeit;
je gesunder und nahrhafter das Futter desto besser, mit schweren Arbei-
ten muss die Stute verschont werden, und die Arbeit kann eigentlich
nur darin bestehen, dass die Stute dabei eine zweckmässige Bewegung
mache. Wo es die Örtlichkeit gestattet, muss man der Stute schon in
dieser Zeit einen abgesonderten, grossen Stand einräumen, in welchem
sie sich nach Belieben unangebunden bewegen kann, ohne eine enge
Wendung machen zu müssen.
Naht die Gebärszeit heran, so versehe man mehr als sonst diesen
Stand mit einer trockenen, reinlichen Streu; hier wird nun die Geburt
abgewartet. Man gebe daher, ohne das Thier zu stören, Tag und
Nacht Achtung um bei der Hand zu sein, wenn Hilfe nöthig ist.
Fängt die Stute an, unruhig zu werden, indem sie sich bald
niederlegt und wieder aufsteht, in dem Stande hin und her trippelt,
sich wohl auch stellt, als ob sie harnen wollte, so sind dies Zei-
chen, dass sie gebähren will; sie bringt dann das Füllen ge-
wöhnlich liegend zur Welt, steht aber bald nach der Geburt wieder auf
und leckt es ab. Auch das Füllen richtet sich, wenn es gesund ist,
bald auf, und sucht das Euter der Mutter.
Gewöhnlich wirft das Pferd nur ein Junges, es kommen auch
Zwillingsgeburten vor, die aber selten lange am Leben bleiben. Sind
die Stuten kräftig und gesund, hat das Füllen eine natürliche Lage
so geht das Geburtsgeschäft gewöhnlich sehr gut von statten, man braucht
daher nicht ängstlich zu sein, noch weniger auf Kunstmittel zu sinnen
um die Geburt zu beschleunigen.
Muss sich die Mutter ja zu lange quälen, so kann man mit
Stärkungsmitteln allenfalls zu Hilfe kommen: diese können aus etwas
Brod in Wein getaucht bestehen, das man der Stute zum fressen gibt;
auch Oelklystiere beschleunigen die Geburt.
Wird in Fällen, wo das Junge eine verkehrte Lage hat, tier-
ärztliche Hilfe nothwendig, so ist vor allem zu bestimmen, ob es
am räthlichsten ist, das Leben und die Gesundheit der Stute zu ret-
ten, und zu erhalten, oder ob man auf Bisico der Mutter das viel-
leicht gesunde aber verkehrt liegende Füllen zur Welt befördern will.
Ein günstiges Zeichen baldiger Geburt ist es, wenn bald nach
den Wehen die Fruchtwasserblase zum Vorschein kömmt.
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Sollte die Haut, in welche gehüllt das Füllen zur Welt kommt,
bei der Geburt nicht zerspringen, so muss sie augenblicklich behut-
sam zerrissen werden, weil das Füllen sonst darin ersticken würde.
Ebenso bei der Nabelschnur; wenn dieselbe nicht von selbst zerreist,
muss man diese zwei Zoll vom Nabel mit einem Bande unterbinden
und einige Finger breit vom Bande abschneiden. Nicht minder muss man
sogleich nach der Geburt mit einem stumpfen Messer den fleischigen
Ballen von der Sohle des Hufes des Füllens abstossen, weil dieser
sonst das junge Thier im Gehn hindert.
Kurze Zeit nach der Geburt stellen sich abermals Erscheinun-
gen ein, welche denen der Geburt gleichen, dieselben beginnen mit
weheähnlichen Drängen, den sogenannten Nachwehen, und haben den
Zweck die noch im Fruchthälter zurückgebliebenen Eihäute auszuschei-
den. Diesen Vorgang nennt man die Nachgeburt, und betrachtet
ihn erst als die wahre "Vollendung des Geburtsgeschäftes.
Bei der Stute erfolgt dieselbe gewöhnlich schon l/i oder 72
Stunde nach der Geburt des Füllens; diese Nachgeburt muss sogleich aus
dem Stalle entfernt werden.
Bei der richtigen, natürlichen Lage liegt das Füllen im Kör-
per des Fruchthälters, die Hinterfüsse in eines der Hörner des Frucht-
hälters gelagert, den Rücken gegen die rechten Bauchwendungen ge-
krümmt, Kopf und Hals gegen den Muttermund der Stute gerichtet
und auf den in den Knieen gebeugten und mit den ünterfüssen gegen
den Muttermund gerichteten Füssen ruhend.
Dieses ist diejenige Lage, welche das Geburtsgeschäft ohne Stö-
rung vor sich gehn lässt, sobald das Füllen überhaupt lebendig oder
lebensfähig ist. Es gibt aber hiervon vielerlei Abweichungen, die dann
das geboren werden des jungen Thieres sehr erschweren, oft unmög-
lich machen der Mutter oder dem Jungen das Leben kosten. Zum
Glück ist die Zahl der glücklichen Geburten die bei weitem Vor-
herrschende; wer sich hierüber, so wie die Verfahrungsweise in sol-
chen Fällen näher belehren will, möge sich: Thierärztliche
Geburtshilfe von W. Baumeister anschaffen.
Sollte die Mutter nach der Geburt sehr entkräftet sein, so gebe man
ihr etwas Brot und Wein und gutes altes Heu.
Ueberhaupt muss das Thier mit aller Vorsicht und mit der
Sorgfalt gewartet werden, die ihr Zustand erfordert. Laulichte meh-
liche Getränke aus Haferschrot und Wasser mit etwas Salz gemischt,
auch Gerstenmehl und Wasser nebst altem, gutem Heu, müssen in
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den ersten drei Tagen nach der Geburt die Nahrung der Stute aus-
machen. Zum Körnerfutter geht man allmählig wieder über, und die
Weide darf erst dann benutzt werden, wenn beide, Mutter und Fül-
len, gehörige Kräfte erlangt haben, und keine üble Witterung ist,
die beiden sehr nachtheilig werden kann.
Auch beunruhige man das Thier auf keinerlei Art und benutze
es wo möglich 3—4 Wochen lang nicht zur Arbeit, sondern lasse
ihm nur die zur Gesundheit nöthige Bewegung angedeihen, was durch
Herumgehen in einem grossen Stalle oder einem freien Platze be
schönem Wetter am zweckmässigsten erreicht wird.
Verlangt man von den Stuten alle Jahre Füllen, so muss man
sie nach vielseitig bestehender Meinung schon den neun ten Tag nach
der Geburt, wieder zum Hengste bringen, weil man glaubt bemerkt
zu haben, dass sie an diesem Tage besonders sicher empfangen.
Andere legen auf diesen neunten Tag keinen besonderen Werth
auch ist es gewiss für die Zucht besser, wenn man nach der Ge-
burt noch einen ganzen Monat wartet, damit die Gebährswerkzeuge
sich wieder zusammenziehen können, und die Mutter wieder ordent-
lich zu Kräften komme. Es ist dann gut, die Stute in Gegenwart
des Füllens decken zu lassen, wobei das Füllen so gehalten wird,
dass es die Mutter sehen kann, weil sonst die Mutter unruhig und
dadurch die Neigung für den Hengst unterdrückt wird.
Bei dieser Verfahrungsweise wird sich der Landwirth gesunde und
kräftige Zuchtthiere erhalten, besonders wenn er die Stute in den ersten
Wochen nach der Geburt nicht zu sehr anstrengt, und vor Erhit-
zungen in Acht nimmt.
Ist dies ja einmal der Fall, so lasse man die Füllen nicht
eher saugen, als bis sich die Mutter wieder abgekühlt hat. Die Stun-
den des Tages, wo die Stuten nicht arbeiten, können sie mit ihren
Füllen auf der Weide, — wenn solche vorhanden, — zubringen. Gehn
die Stuten zur Arbeit so behält man die Füllen zu Hause und
lässt sie am zweckmässigsten auf einem umzäumten freien Platze oder
auch dem geschlossenen Hofe so viel als möglich sich in der frischen
Luft bewegen, indem das Mitlaufenlassen bei der Arbeit mancherlei
Störungen und Unannehmlichkeiten mit sich bringt.
Der Landwirth beobachte stets die Vorsicht, die Arbeitsstunden
der säugenden Stuten, namentlich anfänglich nicht zu lange auszu-
dehnen, indem die Sehnsucht nach einander Mutter und Füllen sehr
angreift. Durch vieles Ansammlen der Milch im Euter Entzündung
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entstehen kann, und das Füllen nach langen Fasten zu hastig trinkt.
Die Dauer der Arbeiststunden kann erst dann ohne Schaden gestei-
gert werden, wenn sich das Füllen bereits mehr vom Futter als
von der Mich ernährt.
Füllenkr anklie iten.
Die Füllen sind schon während der Saugzeit mancherlei Krank-
heiten unterworfen, die namentlich dann, wenn sie etwas heftiger auf-
treten, immer die Beihilfe des Thierarztes erforderlich machen.
Träger sagt: »Kaum hat die Freude dem Neugebornen entgegen-
»gelächelt, so ziehen auch die Sorgen um seine Gesundheit über die
»Stirne. Nur wenige Züchter rühmen das Glück, den Füllenkrank-
»heiten ihre Ställe verschlossen zu haben; obendrein aber reden noch
»Wenige jener Wenigen die Wahrheit. Näher als das Pferd liegt
»das Kind dem Menschen am Herzen, und doch haben tausend-
jährige Studien nicht vermocht, die Kinderkrankheiten weder abzu-
halten noch sie stets glücklieb zu bekämpfen.«
Alle bei Füllen vorkommenden Krankheiten hier anzuführen,
würde den Zweck dieser Zeilen überschreiten, erwähnt sei nur, dass
sie in sehr grossen Gestuften öfter epidemisch auftreten. Am mei-
sten kömmt der Durchfall vor, wovon wohl wenige Füllen verschont
bleiben; derselbe kann gut oder bösartig auftreten. Weicher Ab-
gang von gelben Excrementen in früherer, von grünen in späterer
Zeit, kann als unschuldige Erscheinung ziemlich unbeachtet blei-
ben, selbst wenn, wie nicht selten, soweit der Schweif als Stadius
reicht, nackte Affenscheibe sich zeigen sollte.
Der böse Durchfall, weiss, grau, bleifarben, violett, schwarz-
blutig, den man schon an dem scheusslichen, dem Knocheneiter,
dem hohlen Zahne ähnlichen Gerüche erkennt, muss sobald als mög-
lich durch thierärztliche Hilfe heseitigt werden.
In den ersten 24 — 48 Stunden hat man zuweilen mit Schwierig-
keiten der Entleerung des ersten Kothes, Füllenpech zu thun; mecha-
nische Hülfe, etwas Oel oder Fett leisten hier das Beste.
Solange der Charakter der Krankheit gutartig ist, und die Kräfte
noch in einem günstigen Vorrathe vorhanden sind, heilen die Krank-
heiten bei den Füllen meist leicht; sie werden aber bei Charakterände-
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rung und bei mangelnden Kräften mehr als in jeder andern Lebensperiode
gefährlich, und bedürfen daher der genauesten Berücksichtigung in der
Behandlung. Gewöhnlich richtet man mit Arzneimittel nicht viel aus,
wenn nicht das allgemeine Verhalten inBetracht gezo-
gen und namentlich schon in der Fütterung und Ver-
pflegung der Mutterthiere auf die Erzeugung einer
gesund beschaffenen Muttermilch hingearbeitet
wird.
Alle Krankheiten, welche das junge Thier während der Saugzeit
befallen, haben auf die fortschreitende Körperentwicklung und Ausbildung
einen nachtheiligen, hemmenden Einfluss.
Die jungen Thiere bedürfen auch in dieser Richtung, selbst nach
gehobener Krankheit einer sorgfältigen Beachtung um die durch Unter-
brechung der Entwicklung des Körpers entstandene Versäumniss wieder
nachzuholen, weil Kückgänge in der Körperentwicklung während der
Saugezeit später nur sehr unvollständig wieder gehoben werden können.
Werden die Znchtthiere überhaupt nach vernünftigen, die Ge-
sundheit in jederBeziehung erhaltenden, stärkenden und beför-
dernden Prinzipien behandelt, — als gesunde Stallluft, viel massige Be-
wegung in freier Luft, reine, gesunde Nahrung, Vermeiden jeder Art von
Misshandlung der trächtigen oder säugenden Stute — so wird mit immer
mehr Sicherheit eine gute, brauchbare Nachzucht zu hoffen sein; Fälle
von sehr schweren oder gänzlichen Missgeburten, sowie die mancherlei
in thierärztlichen Werken ausführlich behandelten Krankheiten der Müt-
ter und Säuglinge immer seltener werden.
Fernere Belehrungen über die Behandlung der
Mutterstuten und die Aufzucht der Füllen.
Nach der Geburt ist die Mutter die beste Wärterin und Pflegerin
für das Junge, d. h. ist die Mutter überhaupt gesund, bat sie gesunde
und hinlängliche Milch, wird sie so ernährt und gehalten, dass sich
die zur Milchbereitung dienenden Säfte immer in gesunder und reich-
licher Menge ersetzen, wird der Stall reinlich und gesund erhalten, so
wird auch wohl das Füllen gut gedeihn und kräftig heranwachsen.
Wie lange das Füllen saugen soll, lässt sich nicht genau bestimmen,
es hängt dieses von mancherlei Umständen und Gewohnheiten, der
Gegend, dem schwächlichen oder kräftigen Zustande der Füllen u. s. w.
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ab. Die kürzeste Saugzeit pflegt in 6 Wochen, die längste in 3 — 3 l/a
Monaten zu bestehn.
Manche junge Stuten, die zum erstenmale ein Füllen haben, leiden
anfänglich das Saugen nicht gerne; manche Füllen sind auch unge-
schickt im Finden des Euters. In beiden Fällen muss menschliche
Zuhilfe eintreten. In den allermeisten Fällen leitet jedoch die Natur
sowohl das alte, als das junge Thier auf den rechten Weg.
Die Muttermilch, als die erste und einzige Nahrung des Füllens
ist ein sehr wichtiger Gegenstand.
Hat die Mutter zu wenig Milch oder ist dieselbe zu dünn, zu
wässerig so bleiben die Füllen dürftig und klein bis sie es über sich
gewonnen haben, das Fehlende an der Krippe zu suchen und zu er-
gänzen, und es muss in diesem Falle der Milcherzeugung durch ent-
sprechend anregende Nahrung nachgeholfen werden.
Bei zu reichlicher, zu fetter Milch, werden die Füllen über-
nährt, verfallen in Durchfall und Lähme und erliegen früher oder
später Entzündungs- oder skrophulösen Krankheiten, wenn der Grund
des Uebels nicht zeitig genug erkannt und gehoben wird.
Solchen Stuten, die zu milchergiebig sind, müssen alle sehr näh-
renden Futterstoffe entzogen und sie durch einige Zeit meist auf Stroh-
nahrung gesetzt werden.
Manche Stute hat auch gar keine oder nur sehr unzureichende
Milch für ihr Junges. In Gestütten kann dann wohl eine sehr milch-
reiche Mutter zwei Füllen säugen lassen; es bedarf aber oft vieler
Mühe, dass die Stutte dieses fremde Füllen an sich duldet. Der Land-
mann wird dann meistens zur Ernährung mit Kuhmilch schreiten müs-
sen. Es hat Fälle gegeben, dass ein Füllen dann selbst am Euter einer
Kuh seine Nahrung suchte.
Zum kräftigen Gedeihn und Wachsthum des Füllens ist es sehr
zweckmässig, ja nothwendig die jungen Thiere sobald als möglich an
den Genuss des Hafers zu gewöhnen. Sie lernen spielend ihn fressen,
besonders, wenn man ihnen denselben während der Abwesenheit
der Mutter gibt; mit dem Zerkauen hat es dann auch keinen
Anstand mehr, indem die Zähne, namentlich die schon bei der Geburt
hervorgebrochenen Spitzen der Backenzähne hinlänglich hervorgewach-
sen und erstarkt sind. Sobald die jungen Thiere anfangen den Hafer
zu fressen, muss man ihnen denselben nicht gleich im üeberfluss ge-
ben, weil sie das zu vollblütig machen würde; dagegen massig gegeben,
Übt er die Verdauungskräfte und hindert den Durchfall, wozu die jun-
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gen Thiere ohnehin sehr geneigt sind. Auf diese Weise lassen sich
die Füllen später um so leichter entwöhnen, welches in der Land-
wirtschaft nach 8 — 9 wöchentlichen Alter erfolgen kann. In dieser
Absicht bringt man das Füllen in einen wo möglich geräumigen, rein-
lichen und lichten, so weit abgesonderten Stall, dass Mutter und Füllen
wenn sie nach einander wiehern sich nicht hören können. Hier bleiben
die Füllen, wenn überhaupt mehrere vorhanden sind, unangebunden
frei herumgehend, bis sie ihre Mutter vergessen haben, was in den
meisten Fällen nach einigen Tagen geschehn sein wird; das beste
Futter ist dann reiner Hafer und gutes staubfreies Heu. Sind mehre
Füllen in einem Stalle beisammen, so werden die stärkeren alsbald die
schwächeren beim Fressen verdrängen, man thut desshalb gut, sie
während des Fressens anzubinden, sie gewöhnen es nebstdem bei die-
ser Gelegenheit zugleich sich eine Halfter anziehn zu lassen, und sich
in den Willen des Menschen zu fügen, was dann später bei allen
Gelegenheiten so vorteilhaft ist.
Das gänzliche Trennen von Mutter und Füllen muss nicht plötz-
lich geschehn und wird auch da, wo die Mutterstuten zugleich als
Arbeitspferde benützt werden, dadurch allmählig eingeleitet, wenn die
Mütter anfangs kürzere nachher immer längere Zeit bei der Arbeit ver-
bleiben müssen, während die Füllen zu Hause gehalten werden.
Das Entwöhnen der Jungen von den Mutter thieren hat für beide
öfters manichfache Nachtheile im Gefolge, welche sich unter ungünstigen
Umständen sogar zu wirklichen Krankheiten auszubilden vermögen. Bei
den Jungen entsteht durch Abhärmen in Sehnsucht nach dem Mutter-
thiere nicht selten ein nervöser Zustand, der sich in Zuckungen und
Krämpfen äussert, sich wohl auf das fernere Leben forterstreckt, und
den Keim zu vielen Jugendkrankheiten entwickelt.
Durch die verschiedenartigkeit des nach dem Entwöhnen dem Jun-
gen gegebenen Futters gegenüber dem früheren erzeugen sich Ver-
dauungsbeschwerden, die für die gesammte Ernährung, wie für die
weitere Entwicklung und Ausbildung von gleich nachtheiligen Folgen sind.
Darum ist es nothwendig die Füllen schon während der Saugzeit nach
und nach auch an andere Nahrungsstoffe als die Muttermilch zu gewöh-
nen. Je nach der Beschaffenheit der dargereichten Nahrungsmittel ent-
stehn gerne Verstopfungen, Blähsuchten, Koliken, uud namentlich durch
zu hastiges Saufen harten, kalten Wassers höchst nachtheilige Durchfälle
und dergleichen.
Bei den Mutterthieren entstehn zur Zeit des Entwöhnens in den
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Eutern Verstopfungen, indem die Mutterthiere noch viele Milch erzeugen
und diese selbst bei dem Ausmelken zurückhalten; diese Verstopfungen
erzeugen durch Verdicken und selbst eine Art Gerinnen der Milch in
den Milchgängen Entzündungen und verschiedenartige Übel.
Da sich während der Säugezeit die Bildungsthätigkeit in der be-
sonderen Richtung der Milcherzeugung angeregt zeigt, und eine grössere
Menge von thierischen Stoffen hierfür verwendet, was natürlich bei
dem Entwöhnen des Jungen schnell unterbrochen wird, so entstehen
bei den Mutterthieren hierdurch nicht selten Stockungen der Säfte,
Andrang derselben nach verschiedenen Körpertheilen und sogar lebens-
gefährliche Krankheiten. Durch zu rasches Entwöhnen der Jungen ent-
stehen bei Mutterthieren auch heftige Gemüthsbewegungen, die sich
zuweilen mit verschiedenen, bedenklichen, nervösen Krankheiten ver-
binden.
Alle derartige krankhafte Erscheinungen treten bei arbeitenden
und an Arbeit gewöhnten Pferden immer in weit geringer heftigem
Grade hervor, als bei müssig lebenden zu vollsaftig ernährten Stuten.
Auch kömmt hierbei die Natur meistens selbst sehr zweckmässig zu
Hilfe, indem sich die Bildungsfähigkeit in der besondern Richtung der
Milcherzeugung von selbst verliert, wenn das Junge soweit herange-
wachsen ist, dass es die Muttermilch nicht mehr bedarf, und sich von
andern Futterstoffen ernähren kann und ernähren muss.
Hat man mehrere Füllen, die zur selben Zeit entwöhnt werden
können, so werden sie sich in Gesellschaft leichter über den Verlust
der Mutter trösten, als ein einzelnes, welches häufig wegen Mangel
an einem sonstigen passenden Räume mit der Mutter in einem Stalle
bleiben muss. Im natürlichen Zustande lebt das Pferd heerden- oder
rudelweise, und auch im gezähmten behält es diese Neigung bei, in
so fern es gern mit seinesgleichen geht, und offenbar besser gedeiht,
wenn es zu mehreren gehalten wird, als wenn allein.
In der Koppel halten sie sich gerne zusammen, schliessen Freund-
schaft miteinander, necken einander und laufen, wenn sie auf der Strasse
oder einer angrenzenden Koppel ein fremdes Pferd sehen an die Hecke
um es durch wiederholtes Wiehern zu grüssen.
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Verfahren in der Aufzucht von der Zeit der Ent-
wöhnung an.
Die fernere Aufzucht und Behandlung des jungen Thieres richtet
sich nun so sehr nach der Wohlhabenheit und Sachverständigkeit des
Züchters, nach den Lokalverhältnissen, nach alten landesüblichen Ge-
bräuchen u. dgl. dass sich hierüber nur Allgemeines sagen lässt. In-
dess gibt es doch durch die Beobachtungen und Erfahrungen einsichts-
voller Züchter festgestellte Grundsätze, die jeder Züchter wenigstens
wissen sollte, um sie seinen Verhältnissen möglichst anpassen zu
können.
Es ist nämlich bekannt, dass das junge Pferd in seinem ersten
Jahre bei weitem am meisten wächst; das weibliche Pferd pflegt mit
dem vollendeten 4., das männliche mit dem vollendeten 6. Jahre seinen
eigentlichen Wachsthum beendigt zu haben.
Es springt daher in die Augen, dass der Drang der Natur in die-
sem ersten Jahre durch gute, kräftige Nahrung sehr unterstützt, im
Gegentheile aber sehr beeinträchtigt wird; Vernachlässigung in dieser
Beziehung lässt sich später nie mehr ganz nachholen. Das kräftige Ge-
deihen der jungen Nachzucht wird also, wenn die Eltern auch noch so
gut zur Paarung gewählt waren, von der in dem ersten Jahre gege-
benen Nahrung sehr abhängen. Es gab eine Zeit, wo man glaubte durch
Hungern lassen, jeder Einwirkung kalter, nasser Witterung u. dgl. die
Füllen abhärten zu müssen, um sie zu guten, ausdauernden Pferden zu
erziehen.
Nachher hat man den entgegengesetzten Weg eingeschlagen, und
jetzt haben alle rationellen Züchter die Ueberzeugung, dass kräftige,
ausreichende Ernährung durch trockne, intensiv wirkende Nahrungsstoffe
für das Wachsthum und Gedeihen der Füllen Haupterfordernisse sind.
Nebstdem muss für einen lichten, luftigen Aufenthaltsraum, der zugleich
die hinlängliche Bewegung gestattet, gesorgt sein. Jeder Züchter wird
daher wohlthun, seinen Füllen auch da, wo sie den Sommer über immer
auf der Weide gehn, täglich etwas Hafer zu gehen; und auch da wo
die Lokalitätsverhältnisse keine Weiden bieten, und die Füllen meistens
mit grünen Klee oder Gras im Stalle ernährt werden, ist es ebenfalls
durchaus erforderlich. Bei diesem Grünfutter im Stalle hat der Land-
wirth sehr darauf zu sehn, dass dieses Grünfutter vielleicht aus Faulheit
oder Unwissenheit des Knechtes nicht zu lange auf einen Haufen liege,
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wodurch es sich erhitzt, an Frische verliert und in schädliche Gährung
geräth. In England und überall auf dem Continent wo die Zucht edler
Pferde rationell betrieben wird, ist man von der vortheilhaften Ein-
wirkung des trockenen und hinlänglichen Hartfutters für die Füllen
längst überzeugt. Man verdankt demselben hauptsächlich das grösser
und stärker werden der nach Europa verpflanzten, arabischen Zucht.
Der ärmere pferdehaltende und auch züchtende Landwirth mag
wohl oft genug nicht in der Lage sein, sein Füllen mit Hafer zu füttern;
aber der auf Erfahrung beruhende Grundsatz bleibt doch derselbe und
solche ärmere Züchter thun wohl besser, das Füllen bald nach dem
Entwöhnen zu verkaufen, als sich ein durch Mangel an Nahrung ver-
kümmertes Thier aufzuziehn.
In niedrigen, fetten Gegenden sieht man auf den Weiden beinahe
mastig genährte Füllen jeden Alters gehn. Aber wie wenig reelle,
intensive Kraft praktische Männer dieser Art von Ernährung zutrauen,
beweisst der Umstand, dass nach den Vorschriften der k. hannoveri-
schen Cavallerie die mit 3'/2 Jahren angekauften Remonten ein ganzes
Jahr hindurch mit Hafer gefüttert, nur an der Hand oder unter einem
leichten Reiter spazieren gehend, verleben müssen, bevor sie in die
Dressur genommen werden dürfen.
Diese Vorschrift bezieht sich auch auf diejenigen Remonten, welche
beim Ankauf bereits 47s Jahre alt waren ; denn, sagt man dort, das
junge Pferd muss um zu einer Arbeit tüchtig zu sein, jedenfalls Korn-
kraft haben.
Die möglichst wohlfeile und doch dem Gedeihn des Füllens am
meisten zuträgliche Ernährung ist gewiss ein sehr in das Auge zu fas-
sender Gegenstand bei grösserer Verbreitung veredelter Pferdezucht.
In ebenen, mit fruchtbarem Boden versehenen Gegenden, die nicht über-
völkert sind, gibt es gewöhnlich grosse Weideplätze, welche sowohl zur
Wohlfeilen Ernährung als Bewegung der Füllen Gelegenheit bieten. An-
ders ist es in sehr bevölkerten Gegenden. Dort wird jedes Stückchen
Boden zum Hervorbringen der notwendigen Lebensbedürfnisse der
Menschen benützt; dort betreibt man mehr die Zucht derjenigen Thiere ,
welche dem Menschen durch Fleisch, Haut, Wolle, Fett u. dgl. mehr
Nutzen verschaffen. Aber auch solche Gegenden bedürfen der Pferde
zu mancherlei Arbeiten, welche das Beisammenleben der Menschen er-
heischt. Und wenn da, wo die Staatsregierung die Leitung der Pferde-
2ucht mittelst Vertheilung der Landbeschäler hauptsächlich in Händen
bat, man auch nicht gerade bemüht zu sein braucht, den Haupttheil
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der Pferdezucht in solche Gegenden zu verlegen, so mnss man doch auf
Mittel denken, sie denjenigen, welche sie betreiben wollen, zu erleich-
tern. Ich halte es daher für rathsam in solchen Gegenden Plätze, Füllen-
weiden einzurichten, wo jeder Züchter, dem es zu Hause an Weide-
plätzen mangelt, sein junges Thier für die Sommermonate gegen eine
billige Entschädigung unterbringen kann.
Die Hauptbedingungen bei einer solchen Einrichtung sind:
1.   Eine gesunde, nicht zu rauhe, auch nicht sumpfig gelegene
Gegend.
2.  Gehörige Ertragsfähigkeit des Bodens, die jedoch durch Anbau
von allerhand Gräser und Kleearten, Bewässerung und Entwässerung
u. s. w. sehr gehoben werden kann. Nach der Ertragsfähigkeit des Bo-
dens ist die Anzahl der aufzunehmenden Füllen zu berechnen und zu
bestimmen.
3.   Schattige Plätze, entweder durch Anpflanzung von Bäumen,
(jedoch kein Nadelholz,) oder Errichtung von Bretterschupfen. Diese
dienen dann dazu, um den Pferden gegen starke Sonnenhitze, hefti-
gen Regen, kalte Nächte Schutz zu gewähren.
In den Schupfen sind Krippen anzubringen, wo die Füllen ihr Hart-
futter täglich bekommen.
4.  Ein Stall für erkrankende Füllen.
8. Verschiedene abgesonderte Abtheilungen um die Gesammtzahl
der Weidenden sowohl nach Jahren, dem Alter, als auch dem Geschlecht
absondern zu können.
6. Das hinlängliche Aufsichtspersonale, dem ein Thierarzt nicht
fehlen darf, und welcher mit der Oberaufsicht des Ganzen wahr-
scheinlich am besten betraut werden dürfte.
Solche Weideplätze können bei rationellen Vorgehen dabei auch
auf das Fromm- und Thätigmachen der Füllen den besten Einfiuss
nehmen wenn die Hirten und Wärter angehalten werden, stets sanft
und gut mit den Thieren umzugehn, wenn z. B. auf ein gegebenes
Zeichen durch eine Trompete, Trommel, einen Schuss u. dgl. alle
Füllen sich an einer Futterschupfe versammeln und auf dem Wege
dahin einen massigen Hoch- oder Weitsprung ausführen müssen, wie
ich dieses im Sennergestütte zu Lopshorn beobachtete.
In den meisten Gestütsanstalten ist in jetziger Zeit in dieser Be-
ziehung ein sehr lobenswerther Fortschritt gegen früher eingetreten.
Im Verlaufe dieser Schrift wurde, wie sich der Leser erinnern
wird, schon weiter oben erwähnt, welchen Einfiuss der vielfache, ge-
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müthliche Umgang des Menschen mit den Thieren auf das letztere
nimmt und ich füge hier nur noch einiges hinzu.
Wie sehr der häufige, freundliche Umgang des Menschen mit den
Thieren auf das Geistige des Thieres besänftigend und belehrend
wirkt, beweisen unter andern die zahmen Hirsche -und Rehe in den
Thiergärten, die sich ruhig betasten lassen und auf ein Hornsignal
zur Futterkrippe eilen.
Verlieren doch ganz in der Freiheit lebende Vögel, sogar Fische
denen öfters an demselben Orte von Menschenhand Futter ausgestreut
wird, vieles von ihrem Scheusein. Die Treue, Anhänglichkeit und der
scharfe Verstand des Hundes ist diesem zwar angeboren, aber sicher
durch den vielen Umgang mit dem Menschen erhöht. Alles dieses
weist darauf hin, sich mit dem Pferde von dem man so viele schwere
Dienste verlangt, schon von frühester Jugend an, viel, liebevoll
und freundlich zu beschäftigen.
Die bis zu einem gewissen Grad gelingende Bezähmung ganz
wilder Raubthiere beruht mehr auf einem Imponiren durch den Blick und
üherhaupt der Ueberlegenheit des menschlichen Geistes über den thierischen.
Nächst der Ernährung sind Licht, Luft und Bewegung
unumgänglich nöthig zum Gedeihen und Gesundbleiben lebender Wesen.
In dieser Beziehung gehn viele Züchter sehr gedankenlos mit ihren
Füllen um.
Wo die Füllen im Sommer auf der Weide gehn, ergibt sich die
Gelegenheit zur Bewegung von selbst; aber wo durch Lokalverhältnisse
nur Stallfütterung eintritt, oder im Winter werden die armen Füllen
meist so vernachlässigt, dass nur durch allzuvieles Stehn, häufig auf
ungleichem Boden, die noch jugendlichen, zarten Sehnen, Gelenkbänder,
Hufe, u. s. w. schiefe Richtungen bekommen, die Augen und Lungen aus
lauter Mangel an Licht und Luft Schaden leiden u. s. w. Wie oft sah ich
in den Dörfern in Böhmen am Samstag gegen Abend Füllen an einer
Halfter von einem Knechte einigemale im Dorfe auf und abführen, und
erfuhr dann auch zuweilen, dass dieses 'nicht jeden Sams-
tag, sondern auch wohl nur alle vierzehn Tage stattfände. Na-
türlich ist dann ein solches, junges Thier, häufig ganz gut genährt, zu
allerhand Sprüngen und Unarten aufgelegt. Der Knecht oder Eigenthümer
des Füllens fürchtet dann, dass es sich Schaden thun könnte, und
bringt es sehr bald wieder in den Stall; der Knecht natürlich sehr
froh, dieser Arbeit sobald überhoben zu sein. Wie leicht tritt es dabei
nun auch ein, dass sich das stallübermüthige Thier, gegen die äusseren
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Einwirkungen der Luft um so empfindlicher je weniger es heraus kommt,
durch Springen, Trappeln u. dgl. erhitzt, wodurch dann der Keim zu
allerhand Drüsen- und Lungenleiden gelegt wird. Gewiss fehlt es vielen
Bauern an Kenntniss, wie nützlich tägliche, massige Bewegung und
frische Luft dem Thiere ist, vielen aber auch an Fleiss, und gewiss
auch häufig an Zeit und Menschenhänden, um den Füllen hinreichende
Bewegung zu geben. Es wäre desshalb sehr zweckmässig und würde
sich gewiss auch in den meisten Dörfern, wo die Pferdezucht in einiger
Ausdehnung betrieben wird, ausführen lassen, wenn Tummelplätze für
die Füllen eingerichtet würden. Es liesse sich hierzu gewiss in den
meisten Oertern irgend ein passender Platz auffinden, der eigentlich
bisher zu Nichts benutzt wurde; solche mit einer hölzernen Einfassung
versehene Plätze würden sich als sehr nützlich erweisen und auch ge-
wiss entstehn, sobald sich nur eine leitende Hand findet, um die nicht
aufgeklärten Züchter gehörig zu belehren und die Sache ins Werk zu setzen.
Ein solcher Platz braucht nicht aus Weidegrund zu bestehen,
sondern er dient nur dazu, damit sich die Füllen wenigstens einige
Stunden des Tages in der Luft befinden und sich nach Gefallen be-
wegen können, wodurch der Schädlichkeit des allzuvielen Aufenthaltes
in dunstigen, engen Stallungen schon sehr entgegen gearbeitet würde.
Wo solche Tummelplätze nicht angelegt werden können, oder man
sich nicht dazu entschliessen mag, ist schon viel geholfen, wenn man
die Füllen täglich auf dem Hofe herumgehen lässt.
Nur die ersten paar Tage pflegen sie dann aus Stallmuth mehr
als nöthig hin und herzulaufen, nachher gewöhnen sie sich alsbald
daran, lernen alle Gegenstände kennen, vermeiden von selbst die Ge-
fahr sich an einen dastehenden Wagen, Ackerpflug u. dgl. anzustossen,
werden dadurch vertraut und geniessen dabei den grossen Vortheil der
Bewegung in freier Luft ohne Menschenhände mehr dazu in Anspruch
zu nehmen, als zum Aus- und Einlassen nöthig sind.
Der ungarische Bauer lässt selbst sein Saugfüllen, auch wenn er
schneller fährt, mitlaufen, wobei das Füllen wohl manchesmal sehr er-
müdet wird und erhitzte Milch zu sich nehmen muss, welches auch
wieder manche Nachtheile mit sich führt.
Es gibt gewiss unter den männlichen und weiblichen Zuchtthieren
viele mit Fehlern an den Beinen, Hufen, Augen und Lungen, aber
durch eine Behandlungsweise wie oben beschrieben, müssen bei den
jungen Thieren immer mehr Fehler entstehn, und die vielleicht ange-
borene Anlage dazu mehr ausgebildet werden.
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Die früher angeführten Füllenweiden und die Tummelplätze in
den Dörfern würden in dieser Beziehung viel Nutzen schaffen.
Manches ist schon gewonnen, wo die Züchter einen möglichst
grossen Füllenstall haben, in welchem die jungen Thiere unangebunden
umhergehen können, und möglichst wenig vom Stalldunst zu lei-
den haben.
Nach den hannoverischen Bestimmungen muss jeder Züchter,
welcher auf eine Prämie Anspruch macht, nachweisen, dass er einen
freien Platz habe, wo die Füllen Sommer und Winter Bewegung
machen können.
Belehrung durch Worte wird bei dem grossen Theil der bäuer-
lichen Züchter weniger nützen als Beispiel und Thätliches an die
Hand gehen.
Die wohlhabenderen, sachverständigen Pferdebesitzer überhaupt
und Züchter insbesondere, dann jedenfalls alle Mitglieder landwirtschaft-
licher Vereine könnten hier ein weites Feld ihrer Thätigkeit finden und
sollten sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen jedem einzelnen
Pferdezüchter und Pferdebesitzer mit thatsächliehem Beispiel voranzu-
leuchten, um so nicht nur dem Einzelnen sondern auch dem Staate, der
Armee, d. h. dem grossen Ganzen zu nützen.
Hat nun das Füllen sein 2. Jahr vollendet, so wird dieses Thier,
welches bisher seine meiste Lebenszeit in einem dunstigen Stalle zu-
brachte, keine oder nur sehr wenig Gelegenheit hatte, seine Glieder
und Lunge zu üben und zu stärken, häufig schon zu allen landwirth-
schaftlichen Arbeiten verwendet.
Mancher verlangt dann gleich, dass es ebenso arbeiten solle, als
ein ausgewachsenes Pferd, denn, sagt der gewöhnliche Bauer, es müsse
nun sein Futter selbst verdienen, er könne es nicht länger mehr um-
sonst füttern. Ist das Thier fromm und gutwillig, so trägt dieses
häufig noch bei, es den ganzen Tag arbeiten zu lassen. Findet dabei nun
eine dürftige Ernährung Statt, wird das junge Thier zu allen auch
den schwierigeren Arbeiten schonungslos verwendet, so muss dieses in
sehr vielen Fällen den Ruin des Thieres herbeiführen. Hat das Thier
Blut, Temperament so wird es wohl häufig von unverständigen Menschen
zu Fleiss recht abgemattet, um dadurch das für den Augenblick lä-
stige dieses Jugendfeuers neben einem alten Ackergaule zu beseitigen.
Manche warten wohl bis das Füllen das dritte Jahr vollendet hat, be-
vor es zur Arbeit verwendet wird.
Massige und zweckmässige Uebung der jugendlichen
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Kräfte kann gewiss zur Ausbildung, zur Stählung der Kräfte nur
beitragen, besonders wenn die Ernährung und Behandlungs-
weise überhaupt damit im Einklänge steht.
Das Pflügen im leichten Ackerland, die Erntefuhren auf guten
Wegen bieten hierzu die beste Gelegenheit. Man lasse die jungen
Pferde da, wo es die Beschaffenheit der Wege und des Bodens über-
haupt gestatten, so lange wie möglich unbeschlagen und richte ihnen
nur zuweilen durch vorsichtiges Beschneiden die Hufe wieder zurechte
und gewöhne sie dabei durch ruhige Behandlung und öftere Uebung
sich die Füsse willig aufheben zu lassen. Wer Gelegenheit hat, die
jungen Pferde als an den Sattel und Reiter gewöhnt, dem Käufer vor-
zustellen, darf dann mit Recht einen höheren Preis fordern.
Jeder Züchter, dem daran liegt, seine 2jährigen Pferde besser
als um den gewöhnlichen Remontenpreis zu verwerthen, wird sich aus
eigenem Interesse wohl bemühen, seine jungen Thiere gesund, kräftig
und gut aussehend zu erhalten; aber die Mehrzahl der Züchter, die
geringeren Landwirthe bedürfen gewiss in dieser Beziehung vieler Be-
lehrung und Leitung.
Diese beiden Punkte, nämlich: Die wohlfeile und doch hinläng-
lich kräftige Ernährung, dann die Art der Behandlung,
der Bewegung, dem Anhalten zur Arbeit bis zum vollendeten 4.
Jahre müssen überall die höchste Aufmerksamkeit der zur Leitung der
Pferdezucht aufgestellten Behörden in Anspruch nehmen, weil durch
richtiges, zweckmässiges Vorgehen in dieser Beziehung das Aufblühen
der Nachzucht so ungemein befördert, im Gegentheile Kosten zur An-
schaffung der Zuchtthiere, Auswahl bei der Paarung u. dglm. theilweise
wieder gänzlich zu Nichte gemacht wird.
Da wo die Landespferdezucht meistens durch Organe der Regie-
rung geleitet wird, ist es Pflicht aller zu diesem Zwecke Angestellten
den Züchter aufzuklären, zu leiten und gewissermassen zu überwachen.
Man ist vielfach geneigt, den pferdezüchtenden Landmann der grossen
Mehrzahl nach als dumm, ungeschickt, indolent, seinen eigenen Vortheil
zu wenig wahrnehmend zu schildern und es auch wohl der Regierung
zur Last zu legen, dass sie hier nicht mehr und einflussreicher einwirke.
Um den Leser in den Stand zu setzen, sich hierüber einen mehr unpar-
teiischen Standpunkt anzueignen, finde ich es hier am Platze einige
Worte aus Martins Naturgeschichte des Pferdes anzuführen,
woraus man ersehn wird, dass über diesen Gegenstand, nämlich die Art
der Behandlung und Verwendung zur Arbeit der Pferde im unreifen
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Jugendalter, auch im praktischen England nicht alles Gold ist was
glänzt.
»In gegenwärtiger Zeit (das citirte Werk erschien deutsch 1847)
»kann sich England nicht eines so glänzenden Bestandes ausgezeichneter
»Rennpferde rühmen, denn wir hören nicht oft von Beispielen so ausser-
»ordentlicher Schnelligkeit als die Pferde entwickelten, von denen wir
»so eben gesprochen haben, und wir schreiben diesen Umstand der bösen
»Praktik zu, dass man schon in früher Jugend dieKräfte
»der Thiere zu sehr angreift, um sie mit dem dritten
»JahreaufdieRennbahn zubringen. Man muss bedenken, dass,
»wenn dieses geschehen soll, die Pferde schon vom 2. Jahre an, das
«anstrengende Geschäft des Zureitens und Trainirens durchmachen müs-
»seii, desshalb wird, ehe das edle Thier seine Kräfte und Glieder recht
»ausbilden konnte, seine Leistung an Schnelligkeit auf das äusserste in
»Anspruch genommen ; es wird zum Rennen gezwungen, in jedem Gliede
»angestrengt und erschöpft ehe es ausgewachsen und reif ist. Daher wird
»in früher Jugend seine Constitution durch frühzeitige und übermässige
»Anstrengung ruinirt, und wenn dieses Verfahren nicht abgeschafft wird,
»so ist ohne Zweifel die Degeneration der Pferdezucht die Folge. Was kann
»auch anderes erwartet werden von Elternthieren, die von der Reife
»in ihrer ganzen Constitution durch solche Anstrengungen gebrochen
»sind, als eine entartete Nachzucht.«
Soweit Martin.
Diese eben citirten Worte beziehn sich namentlich auf die Behand-
lung des jungen Vollblutes, also des edelsten und werthvollsten was es
gibt. Man wird entgegnen, dass das im Training befindliche junge Thier
ganz entsprechend gefüttert und gepflegt, überhaupt rationell behandelt
wird. Dieses auch zugegeben, wird man doch eingestehen müssen, dass
viele junge Pferde den Training nicht glücklich überstehn und entweder
an den Beinen Schaden nehmen, oder ihr ganzes System, namentlich
das der Verdauung kömmt in einen so überreizten Zustand, dass das
Pferd für sein Leben damit zu thun hat. Der für die Rennbahn Züchtende
will gern bald wissen, ob sein junges Vollblut leistungs-
fähigsein wird,und in diesemFalle sobald als möglich
einengutenPreisgewinnen.
Der Bauer sagt, wenn das Füllen zwei Jahre alt ist, so muss es sein
Futter verdienen ; worin liegt da der Unterschied ? ein jeder will alsbald
von seinem jungen Thiere Gewinn ziehn. Ist es wahr, dass nicht alle in
den Training kommenden Vollblutpferde denselben glücklich überstehn,
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so ist es eben so unbestritten, dass nicht alle in der Landwirtschaft
zur Arbeit verwendeten Füllen zu Grunde gehen, denn die allermeisten
Cavalleriedienstpferde und sehr viele der nachher in den Carossen der
Städter gehenden Luxuswagenpferde haben vorher iD der Landwirthschaft
mehr oder weniger schweren Zugdienst geleistet. Es kömmt eben
gar soviel auf die B ehandlungsweise des jungen Thie-
res an; wird das junge Vollblut übertrainirt so leidet
es Schaden, wird das junge Thier beim Landwirth mit
Arbeit überladen ohne entsprechend ernährt zu wer-
den, so leidet es Schaden; sind beide von Natur
gut und werden sie gut behandelt, so bleiben sie
gut.
Man hat schon mancherlei Vorschläge gemacht, um dieses zu
frühe Arbeitenlassen der jungen Pferde hintanzuhalten, aber alle Be-
lehrungen und Erinnerungen es zu verhindern sind so ziemlich frucht-
los geblieben.
Es muss dieses wohl in Verhältnissen liegen, die sich nicht so
leicht beseitigen lassen und weil dieses einmal so ist, s o m ü s s e n
die Sachverständigen ihr Einwirken dahin lenken,
dass die Verfahrungs we ise beim Arbeitenlassen der
jungen Pferde überall eine vernünftigere, zweckmässi-
gere werde.
Es scheint beinahe als ob in neuester Zeit die Klagen über zu
frühe Anstrengung dem jungen, noch nicht erwachsenen Pferde wieder
vielfach laut werden und auch begründet sind.
So wird aus Irland berichtet, dass die Agrikultur-Gesellschaft bei
der Königin Victoria ein Bittgesuch eingereicht habe, um die Abschaf-
fung der allzukurzen Rennen (1 oder gar V2 engl. Meile) zu erwirken,
indem durch diese Rennen, bei denen nur 2jährige Thiere laufen
einem jeden Schwächling Gelegenheit gegeben wird, schon in frühster
Jugend einen Preis zu gewinnen. Man hofft desshalb durch Verbieten
solcher Renner auch die Aufzucht solcher Schwächlinge hintanzuhalten.
Auch aus Deutschland erhebt sich eine solche Stimme; im Sport,
Oesterreic'hische Blätter über Pferde und Jagd ist in
Nr. 10 folgendes zu lesen.
Dem Münchner Thierschutzverein schreibt ein bekannter
Thierarzt folgendes:
Die Pferderennen auf dem Lande werden immer häufiger, weil
speculative Wirthe, besonders ein grosser Theil der neu etablirten die
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Volksbelustigungen zu ihrem Vortheile ausbeuten, während den Pferde-
besitzern nur Schaden daraus erwächst. Die Rennen sind zweier-
lei Art.
1.   Heiler-Rennen; hier dürfen nur frisch kastrirte junge
Pferde, (Wallachen) ungefähr 4 — 6 Wochen nach der Operation sich
betheiligen; dann
2.   gewöhnliche, bei welchen alle Pferde ohne Unterschied
des Alters, Geschlechtes, der Race laufen dürfen. Wenn auch im allge-
meinen nichts gegen die Rennen eingewendet werden kann, so fällt doch
ein Umstand so schwer in die Wagschale, dass dessen Beseitigung anzu-
streben Pflicht jedes vernünftigen Mannes um so mehr ist, als das Uebel
sehr vorwärts schreitet Dieser Umstand ist, dass viele Pferdebesitzer von
falschem Ehrzeig oder Unverstand getrieben, viel zu junge Pferde
mitrennen lassen. Ich habe Pferde schon von 2—3 Jahre mitrennen
sehen, und gerade das ist von unberechenbaren Nachtheil. Ich habe
mich aber auch überzeugt, dass die Besitzer, (darauf aufmerksam ge-
macht,) den daraus entspringenden Nachtheil recht gut zu würdigen
wussten, aber als Entschuldigung anführten, »sie können und dürf-
ten nicht zurückbleiben. Diese jungen Thiere sind in der Re-
gel vielversprechende sogenannte racige Pferde, (Schiesser). Die
Vorübungen und das Rennen selbst, (sogar oft auf harter Strasse!) neh-
men die Knochen dieser armen, weichen, unentwickelten Thiere zu sehr
mit, selbst abgesehn von den Schlägen mit den üblichen kurzen, dicken
Peitschen über Bauch und Lenden, womit man sie zur grössten Kraft-
äusserung antreibt. Bewähren sie sich noch dazu als Läufer, dann sind"
sie längstens bis zum fünften Jahre, wo die Leistung erst beginnen
sollte, total ruinirt, und das um einige Gulden, die in der Zeche ge-
wissenhaft wieder aufgehn.
Es erwachsen also Nachtheile unverkennbar zunächst für den Pfer-
dezüchter, dann für die Landespferdezucht, weil gerade die
schönern edleren Pferde zu früh zusammengehetzt, struppirt, mit Kno-
chen- und andern Fehlern behaftet, auch unfruchtbar werden etc., end-
lich für die Armee, weil die, vermöge ihrer Form, ihres Ganges und
ihrer Leistungsfähigkeit zum Cavalleriedienste sich eignenden, jungen
Pferde durch zu frühen und theilweise so unsinnigen Gebrauch ruinirt
werden. Auf den Füllenhöfen hat man stündlich Gelegenheit sich zu
überzeugen, dass viele 5jährige, baierische Pferde an den Füssen schon
sehr gelitten haben. Gewiss wäre daher eine allerhöchste Anordnung
sehr zweckmässig, dass bei allen Rennen ohne Unterschied kein Pferd
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unter 3 Jahren (besser wäre es freilich unter 4 Jahren) sich bethei-
ligen darf. Bei näherer Beleuchtung der Sache wird man leicht ein-
sehen, dass hieraus nimmer mehr ein Nachtheil, sondern nur Gutes in
jeglicher Beziehung hervorgehen könnte, und vernünftige Pferdebesitzer
würden eine solche Verordnung gerne befolgen, während sie jetzt von
der grossen Masse mit fortgerissen, zurückzubleiben den Muth nicht
haben, und die armen Thiere theils dem Ehrgeiz, theils dem
Unverstand und der augenblicklichen Gewinnsucht ge-
opfert werden.
(Soweit der Sport.)
Aufmerksamen Beobachtern wird es leicht sein, die Fälle zu ent-
decken, wo das über die Behandlung der jungen unreifen Pferde hier
Gesagte Anwendung findet, und es wird sich hierzu in allen mir be-
kannten deutschen Staaten, sowie in den Ländern des österreichischen
Kaiserstaates Gelegenheit genug ergeben. Aus England habe ich eine
Stimme angeführt und die übrigen Länder, wo die Menschen gedrängt
wohnen, und keine grossen Strecken unbebaut liegen um grossen Pfer-
deheerden Platz und sehr billige Nahrung zu geben, werden wohl keine
Ausnahme hiervon machen.
Es liegt dieses eben in kaum zu ändernden Verhältnissen des
kultivirten Europas und ich rauss hier wiederholen, dass es Auf-
gabe des intelligenteren Theiles ist, den Uebelstand so wenig
schädlich als möglich zu machen.
In meinem kleinen Werke, betitelt: Leitfaden zur Abrich-
tung für Reiter und Pferd, sagte ich Seite 53:
Ein Hauptgrund zu den Widersetzlichkeiten der Pferde gegen
den Menschen liegt darin, dass sich der Mensch so schwer ent-
schliessen kann, sich dem Thiere gegenüber Unrecht geben zu wol-
len, und mit tyrannischem Eigensinn Anforderungen an das Thier
stellt, die zu befolgen ihm von Natur unmöglich sind. Füge ich die-
sen Worten die Innschrift einer englischen Reitpeitsche bei, die mir
einmal zu Gesichte kam: Keep your temper, was man mit: »Be-
wahret Mässigung« übersetzen kann, so sind dieses zwei so wahr-
heitsvolle goldene Regeln; dass sie nicht oft genug wiederholt, nicht
weit genug verbreitet werden können.
Die Behandlung im Stalle hat auf den Charakter, sowohl des
rohen als des abgerichteten Pferdes einen grossen Einfluss, wesshalb
sich die Sorgsamkeit des Wärters und Abrichters hierauf besonders
erstrecken muss.
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Je mehr sich der Mensch mit dem rohen Pferde gemüthlich be-
schäftigt, desto eher wird es vertraut; wiederholtes Futterreichen aus der
Hand, häufiges annähern mit freundlicher, sanfter Stimme, und vorzüglich
ruhig gehaltenem Wesen sind die besten Mittel ein jedes Pferd vertraut
zu machen. Diesem Benehmen nähert sich jedes Pferd am meisten an,
und der Mensch ist dabei am wenigsten Gefahr ausgesetzt. Ein Pferd ist
aus verschiedenen Ursachen misstrauischer als das andere; diese Ursa-
chen sind meistens in vorausgegangener, unrechter Behandlung, in allge-
meiner reizbarer Stimmung des Nervensystems, in momentaner Aufregung
z. B. des Geschlechtstriebes, überstandenen Gefahren und dadurch er-
schreckt, erlittenen Beschädigungen z. B. durch den Biss eines Hundes,
Wolfes, Stossen an einen vorüberfahrenden Wagen, wundreibendes Ge-
schirr oder Kummet u. drgl. zu suchen. Das empfindliche, reizbare, furcht-
same etc. Pferd kann durch sanfte Behandlung gebessert, durch rohe Be-
handlung böser gemacht werden. Bei empfindlichen, kitzlichen Pferden ist
sogar der allzuharte Gebrauch der Striegel häufig Grund, dass das Pferd
beisst, schlägt, und dann noch von dem unvernünftigen Wärter obendrein
geprügelt wird. Ein gelinderer Gebrauch, vielleicht gänzliche Weglassung
der Striegel würde das Pferd nicht zum Schlagen und Beissen gereitzt
und somit den Wärter nicht erzürnt haben.
Wie oft mag wohl ein dem noch nicht ausgewachsenen, jungen
Pferde zu grosses auf dem Halse und den Schultern schlotterig hän-
gendes Kummet Ursache werden, dass das junge Pferd das Ziehn-
wollen verweigert, endlich ausschlägt, sich auf die Deichsel wirft,
in den Zugsträngen verwickelt, sich und das Nebenpferd beschädigt.
Dann werden allerhand Menschen mit Peitschen und Stöcken in Be-
wegung gesetzt, und diese mit dem Ehrentittel bezeichnet böse Ca-
naille zum Ziehn zu bringen. Furchtsames Misstrauen gegen das
Geschirr überhaupt, welches dem aufmerksamen Kenner das Pferd
schon durch sein Benehmen im Stalle verräth, wenn es nur das Ge-
schirr erblickt, immerwährendes Verweigern, wenn es ein schwereres
Ziehn gilt, schlechtes Renomee das den Handel verdirbt, sind die
unausbleiblichen Folgen. Ich erinnere da wieder an die Worte von
Seite S3. Oder ist gar das Kummet zu eng, liegt es zu hoch und
drückt auf die Luftröhre, so muss die Beängstigung und Unbehag-
lichkeit eines solchen Thieres unbeschreiblich sein. Zu grosse An-
strengung, Prügel wenn bereits Erschöpfung eingetreten ist, z. B.
um eine schon für die Ebene sehr schwere Fuhr eine Anhöhe hin-
aufzuschaffen, können ein junges Pferd für immer dahin bringen, das
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Anziehn an einem Berge zu verweigern. Je edler das Pferd, desto
schärfer und höher potenzirt sind seine geistigen Eigenschaften, desto
tiefer prägen sich alle vom Menschen empfangenen Eindrücke sei-
nem Gedächtnisse ein. Aber seine Leistungen sind auch um so bes-
ser, wenn es geneigt gemacht wird, sich dem Dienste des Menschen
gern hinzugeben; daher auch seine Anhänglichkeit an den es
freundlich behandelnden Menschen, seine Dankbarkeit um so grös-
ser; sein Zorn, sein Hass gegen seinen Peiniger um so unüber-
windlicher.
Es ist eine sehr gute Regel, welche sagt: Sobald sich ein
sonst frommes und williges Pferd an einem Tage un-
willig zeigt, so untersuche man zuerst Zaum und Sat-
tel. Der Zaum kann zufällig verwechselt oder verschnallt worden
sein, wodurch die richtige oder auch nur gewohnte Lage des Ge-
bisses verändert werden kann; der Sattel kann mehr vorn oder hin-
ten liegen, als sonst, die Gurten können vielleicht zu fest angezo-
gen sein, u. dergl., der nicht nachdenkende Reiter sucht dann die
Ursache allein am Pferde, glaubt es für seine Unart strafen zu müs-
sen u. s. w. Ich erinnere nochmals an Seite 33. Und die daselbst
ausgesprochene Regel mögen sich alle jene merken, welche junge
Pferde zu irgend einer Arbeit abrichten wollen; sie findet bei so
vielen Fällen, die sich bei einiger Aufmerksamkeit leicht entdecken
lassen, Anwendung.
Bei den Landwirthen welche sich zugleich mit Zucht und Auf-
zucht von Pferden beschäftigen, kömmt die Abrichtung zum Zugdienst
viel öfter vor, als die zum Reiten; denn die allermeisten vom
Landwirth aufgezogenen Pferde, die als vierjährig in den Handel
kommen, haben, wenn sie dann auch zum Reiten abgerichtet wer-
den, schon wenigstens ein oder anderthalb Jahre im Zuge gearbei-
tet. Ich will desshalb die Verfahrungsweise hierbei mit kurzen Wor-
ten angeben.
Die Grundzüge um sich und die jungen Thiere vor Schaden
zu bewahren, Wiedersetzlichkeiten zu vermeiden, guten Willen zu er-
wecken und zu erhalten, sind ungefähr folgende:
Kennenlernen des Geschirres durch öfteres Auflegen, dann Um-
herführeri unter demselben, bevor man das junge Thier wirklich ein-
spannt. Um dem jungen Thiere den Druck vor der Brust und das
Reiben der Zugstränge an den Seiten kennen und dulden zu leh-
ren, befestigt man an den Enden der Zugstränge Stricke; mehrere
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Menschen hängen sich an diese Stricke und halten immer fester, indem
das Pferd dabei vorwärts geführt wird.
Die Zugstränge, anfangs etwas auseinander gehalten, werden nach
und nach dem Pferde so angenähert, dass sie Flanken und Beine
berühren. Schlägt das Pferd darnach, so entfernt man die Zugstränge
wieder und nähert sie so oft an, bis sie das Pferd ruhig duldet.
Diese hier angegebene Manier, auch der lebendige Wagen ge-
nannt, ist eine sehr gute Vorbereitung für das Ziehn selbst und
sollte allgemein verbreitete Anwendung finden.
Ferner muss man Sorge tragen, dass das Geschirr gut passe
und weder zu tief noch zu hoch liege.
Ist es ein Brustgeschirr so muss das sogenannte Brustblatt so
liegen, dass das Buggelenk nicht davon gedrückt wird, es muss also
der untere Rand dieses Lederstückes nicht auf dasselbe zu liegen
kommen. Liegt dieses Brustblatt tiefer, so ist dieses die erste Ur-
sache zum Wundziehn an dieser Stelle; tritt dieses nicht ein so hin-
dert es wenigstens sehr die Bewegung des Schulterblattes, ermüdet
das junge Pferd vor der Zeit und macht ihm das Ziehn überhaupt
zuwider.
Liegt das Brustblatt höher so drückt es auf die Luftröhre, was
eben so hinderlich ist. Das Kummet ist den jungen Pferden häu-
fig zu gross, dadurch entstehn ähnliche Nachtheile als wenn das
Brustblatt zu niedrig liegt.
Wer viele junge Pferde einfahren lässt, thut immer besser sich
hierzu Brustgeschirre zu halten, indem diese durch Verschnallen leicht
auf jedes Pferd zu richten sind, was beim Kummet nicht der
Fall ist.
Manche Pferde , die gewohnt waren im Brustgeschirr zu gehn,
versagen das Ziehn, wenn sie nun Kummetgeschirre bekommen, oder
auch umgekehrt.
Vertrauenerweckende, ruhige Behandlung wo sich Furcht und
Aengstlichkeit zeigt ist selbstverständlich; anfänglich mit geringen
Anforderungen zufrieden sein, nie zu lange dauernde Lektioni
dieselbe aber zwei-, dreimal im Tage wiederholt, befördern sehr die
Abrichtung.
Die meisten jungen Pferde gehn anfänglich sehr ungern Schritt
alsdann ist es gut, sie nicht mit Eigensinn zum Schrittgehn zu
verhalten, sondern in einem massigen Trabb fortgehn zu lassen,
dieses benimmt zuerst, den schädlichen Stallmuth, und macht den
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Pferden Gehlust; das Schrittgehn findet sich dann später von
selbst.
Vielfach kann man beobachten, dass einem eifrig vorwärts drän-
genden jungen Pferd der Kopf mit einem kurzen Zügel stark nach
einer Seite, nämlich der dem altern Pferde zugekehrtem, ausgebun-
den wird. Das junge Thier muss dann durch die ganze Dauer, Zeit
seiner Arbeit schief gehn, was in so jugendlichem Alter oft den Ge-
lenken eines Vorderbeines eine bleibend schiefe Richtung gibt. Mit
zwei Zügeln den Kopf gerade gestellt etwas kürzer ausge-
bunden, ruhige Behandlung, oft wiederholte Lektion ohne zu lange
Ruhepausen, würde dieses eifrige Drängen mit weniger Nachtheil beseitigen.
Das junge Pferd muss immer erst neben einem ruhigen, gut-
ziehenden alten dem sogenannteu Sc hulmeister eingespannt wer-
den; man spannt dann das junge auf die Seite der Deichsel wo es
nachher im Zweigespann gehn soll. Ein grosser Platz, wo kein Lärm
herrscht ist sehr angenehm zur Abrichtung, aber da derselbe nicht
immer vorhanden und man oft nur auf einen Fahrweg beschränkt
ist, so stelle man den Wagen immer so, dass man beim Abfahren
eine längere, gerade Linie, ohne alsbaldige Wendung
vor sich hat.
Schon weiter oben wurde die in einem englischen Werke ent-
haltene Aeusserung über Anwendung der Aufsatztrense erwähnt; in-
dem ich hieranf verweise, kann ich hier doch niht unterlassen, noch
einmal darauf zurückzukommen. Dieselbe wird häufig ohne Rücksicht
auf den Bau und Gang des Pferdes zur Qual vieler Wagenpferde
namentlich in den Städten angewendet.
Es muss allerdings zugegeben werden, dass die Aufsatztrense
gut angewendet das Mittel ist, um Wagenpferden eine gute Stel-
ung vom Hals und Kopf zu geben, wodurch es dem Kutscher er-
leichtert wird, die Pferde im abgemessenen Tempo zu erhalten, was
zum Fahren in der Stadt sehr nothwendig erscheint. Derjenige der
diese Aufsatztrense bei jungen Pferden anwendet, wird wohl thun sie
anfänglich ziemlich lang zu schnallen, damit die Pferde doch eine hinläng-
lich freie Kopfstellung behalten, stets dem Grundsatze zufolge dem jungen
Pferde die Arbeit nicht zu schwer zu machen, in ihm Vertrauen und Lust
zur Arbeit zu erwecken.
Wird aber mittelst der Aufsatztrense der Hals und der Kopf
gleich in eine sehr aufgerichtete, zusammengeschobene Stellung ge-
zwängt, so kann dieses hinlängliche Ursache sein, dass das Pferd nicht
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fortgehen kann, was dann für bösenWillen genommen zu werden
pflegt. Ich verweise den Leser hier wieder auf die Regel von Seite S3
und auf die in dieser Schrift gegebene Erklärung über Placirung der
Ohrendrüsen, Verbindung von Hals und Kopf u. s. w. Wer rationell
gebildeter Reiter ist, wird auch in dieser Beziehung weniger Missgriffe
machen als es von rohen unwissenden Kutschern nur zu oft ge-
schieht.
Wer hat wohl nicht schon oft Gelegenheit gehabt eingespannte
Kutschpferde in der Stadt zu beobachten, die vor einem Hause warten
und sich durch allerhand Drehungen, Schnellen mit dem Kopfe u. drgl.
von dem durch sehr fest gestellte Aufsatztrensen verursachten Schmerz
los zu machen suchen. Wer von den Schmerzen eines so geplagten Thie-
res einen Begriff bekommen will, mag sich einmal selbst auf die hinter
den Ohren herablaufenden zwischen Kinnbacken und Hals liegenden
Ohrendrüsen nur eine kurze Zeit drücken lassen. Gar mancher Pferde-
besitzer, gar mancher Kutscher hat wohl keine Ahnung, dass die durch
allzuscharfe Anwendung der Aufsatztrense gestörte Girkulation des Blu-
tes die Ursache sowohl zum Koller als zum Scheuen, dass sie zu
Widersetzlichkeiten aller Art zu unreinem Gang, ausserordentlicher Auf-
geregtheit, nicht Trabb gehen u. drgl. m. die Ursache sein kann. Aber die
Mode und der herrschende Gebrauch überbiethen hier wie so oft die
Vernunft und den gesunden Menschenverstand.
Selbst ältere Pferde, die bisher gewohnt waren, auf Trensengebisse
ohne Aufsatzzügel gefahren zu werden, zeigen sich vollständig ungehor-
sam, wenn sie, in den Besitz eines Anderen übergegangen, eine Stange
ins Maul bekommen, scharf aufgesetzt und kürzer eingespannt werden,
als sie es bisher gewohnt waren.
Der Mensch bedenke wohl, dass er gute Behand-
lung und Pflege einem Thiere schuldig ist, aus des-
sen Dientsleistungen er gar so grossen Nutzen zieht;
nur zu oft vergisst er aber, dass er nicht nur gegen
seinen Nebenmenschen, sondern auch gegen die
Hausthiere, welche ihm die Vorsehung zu seinem
Fortkommen gab, wichtige sehr wichtige Pflich-
ten hat.
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Kastriren der Hengstfüllen.
Die wichtige Operation des Kastrirens der Hengstfüllen ist zunächst
Sache eines geschickten Thierarztes. Es gibt hierzu verschiedene Metho-
den; man muss darin dem Thierarzte Vertrauen schenken und nicht
eigensinnig auf einer Methode bestehen, wenn dieser Thierarzt zufällig
einer anderen Methode anhängen sollte.
Das Alter in welchem diese Operation am besten vorgenommen wird
hängt theils von der Race und dem Baue, theils von der Bestimmung des
Füllens ab.
Ist das Hengstfüllen nicht von so edler Abstammung oder gibt es
nach seinem Baue nicht zu der Berechtigung Raum, dass sich ein guter
Beschäler von ihm erwarten lässt, so wird es im Allgemeinen am besten
sein, gegen Ende des ersten Lebensjahres diese Operation vorzu-
nehmen.
Gehört das Füllen mehr zum Wagen- als Reitschlag, so kann es
auch später kastrirt werden, indem sich bei jungen Hengsten die Mus-
keln des Halses, der Schultern und der Brust im grösserem Umfange ent-
wickeln, als bei den jungen Wallachen. Aus demselben Grunde, nämlich
damit die Vorhand durch das zu lange Hengst bleiben nicht zu schwer
werde, ist es besser, die zum Reitschlage gehörigen Hengstfüllen früher
zu kastriren. Jedoch können Hengste auch in späteren Jahren noch
ohne Nachtheil dieser Operation unterzogen werden. Gründe, welche für
das frühere Kastriren sprechen, sind, dass dabei eine geringere Störung
der für Bildung des Saamens dienenden Säfte eintritt als in späteren
Jahren, namentlich wenn der junge Hengst schon gedeckt hätte;
zweitens sind die jungen Wallachen leichter zu behandeln, sie kön-
nen mit den Stutfüllen in einem Stalle und auf einer Weide leben, sie
sind leichter abzurichten, und finden mehr Käufer, obwohl ein gut ge-
rathener Hengst eben der Seltenheit wegen und des vielfachen Nutzens,
den man sich von ihm als Beschälhengst verspricht, dann viel besser
bezahlt wird.
Mögen nun die Hengstfüllen in was immer für einem Alter kastrirt
werden, so sollte es zu einer Jahreszeit geschehen, wo das Wetter nicht
zu heiss und die Anzahl der Fliegen nicht zu gross ist; denn es ist
wohl einleuchtend, dass nichts mehr geeignet ist, Entzündung, Anschwel-
lung und Gefahr zu verursachen, als die quälenden Fliegen, welche an-
haltend den wunden Theil umschweben und stechen. Die Operation sollte
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am besten in der wärmeren Zeit des' Frühjahres oder im Anfange des
Herbstes wenn die Luft gemässigt und das Wetter trocken ist, vorge-
nommen werden. Bei mildem Wetter ist es dann besser das Füllen im
Freien laufen zu lassen, als es in einem heissen Stall einzusperren. Ein
grosser, gut gelüfteter Laufstall, wenn vorhanden, ist auch gut, denn
massige Bewegung, wie z. B. beim Weidegang ist vollkommener Unthä-
tigkeit vorzuziehen.
Wenn bei der Operation selbst keine groben Fehler gemacht werden,
so geht sie in den allermeisten Fällen wieder ohne Gefahr vorüber.
Zieht sich die Heilung länger als man es nach dem gewöhnlichen Ver-
lauf erwarten kann, hinaus, so ist zu besorgen, dass sich eine Saamen-
strangfistel bilde, oder dass vielleicht ein Stück Spagath vom Unterbinden
der Saamenstränge in der Wunde zurückgeblieben ist. In beiden Fällen
muss rechtzeitig zweckmässige Behandlung eintreten um die gänzliche
Heilung herbeizuführen.
Das Schonen jnnger Pferde.
Einige Worte über das Schonen junger Pferde mögen hier am
Platze sein.
Gar vielfach wird unter dem Ausdruck Schonen verstanden, dass
man ein junges Pferd recht viel im Stalle stehen lässt und es recht dick
füttert. Wird dieses soweit ausgedehnt, dass es den jungen Pferden nicht
allein an üebung seiner Kräfte sondern sogar an Bewegung in frischer
freier Luft mangelt, erhält dabei das junge Pferd albustark nährendes Fut-
ter so kann dieses alles besonders für Lungen und Augen ebenso nachtheilig
werden und den Ruin des Pferdes herbeiführen, als zu harte Arbeit und
mangelhafte Nahrung die Entwicklung des Organismus überhaupt hindert,
Sehnen und Gelenke verdirbt.
Massige und zweckmässige üebung, viele, mehr langsame Bewegung
die die Kräfte nicht momentan zu sehr in Anspruch nimmt, ist sehr dien-
lich. Nur kurze Zeit ausdauernde, aber heftigere Bewegung regt zu sehr
auf, erhitzt Blut, Lunge und Gelenke zu schnell und die darauf eintre-
tende zu lange dauernde Ruhe lässt die Kräfte zu lange in Unthätigkeit,
dadurch entsteht Neigung zu Entzündungen, die Kräfte werden nicht an
Ausdauer gewöhnt. Guter, kräftigender Nahrung, verbunden mit guter
Pflege überhaupt darf hinlängliche Bewegung, resp. Arbeit theils we-
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gen Genuss der freien atmosphärischen Luft, theils wegen Uebung der
Gelenke und Gliedmassen nicht fehlen.
Im ersten Lebensjahre wächst das Füllen bei weitem am meisten,
im zweiten schon weniger, im dritten, vierten und fünften noch viel we-
niger ; nachher ist das Wachsen dem Auge noch einige Zeit kaum sichtbar
es besteht nur im kräftiger und fester werden des ganzen Organismus von
der Faser bis zum Knochen. Ein jeder vernünftige Beurtheiler wird hier-
nach einsehen, dass das Pferd im ersten Jahre alle Nahrungsstoffe für sein
Wachsthum verwenden muss, daher zu keiner Arbeit fähig, sondern nur
der Bewegung in freier Luft bedürftig ist; ebenso im zweiten Jahre.
Im dritten und vierten Jahre kann diese Bewegung einer Arbeit glei-
chen und nach und nach gesteigert werden; erst das vollkommen ausge-
wachsene Pferd, also erst nach vollendetem fünften Jahre, kann bei fort-
gesetzt guter Nahrung und Pflege, Anstrengungen unterworfen werden,
ohne dass desshalb ein Schaden zu befürchten wäre. Die Entwicklung des
jungen Pferdes kann durch die Einwirkung des Menschen, durch Futter
entsprechende Behandlung überhaupt sehr befördert werden, wie dieses
richtig trainirte junge Vollblutpferde beweisen; aber bisher hat es noch
keine Einwirkung des Menschen dahin gebracht, dass das Zahngeschäft
von seinem durch die Gesetze der Natur bestimmten Wege abgebracht,
beziehungsweise auch beschleunigt würde. Und so lange der Zahnwech-
sel nicht beendet ist, muss der Lebenshaushalt die zur Bildung der Kno-
chen nöthigen Stoffe noch zu sehr diesen zuwenden, denn die Zähne sind
vor allem zum Zerkauen der Nahrungsstoffe nöthig; die entgiltige Festi-
gung der übrigen Knochen wird also noch etwas aufgehalten bis der Le-
benshaushalt sein ganzes Erzeugniss der zur Bildung der Knochen dienen-
den Stoffe diesem Zwecke zuwenden kann. —
Nach diesen Grundsätzen die Behandlung eines jungen Pferdes ein-
gerichtet, verstehe ich unter Schonen, nicht aber, dass man es in gänz-
licher Unthätigkeit und nur immerwährenden Mästen bis zum vollendeten
vierten Jahre im Stalle liegen lässt und dann plötzlich in einen anstren-
genden Dienst nimmt, sei es nun unter dem Reiter oder im Geschirr, sa-
gend, das Thier sei nun lange genug geschont worden, es müsse nun
arbeiten. Ein solcher plötzlicher Uebergang von gänzlicher Unthätigkeit
in zu grosse Anstrengung verdirbt manches von Natur gute Thier.
Bei der Dressur junger Reitpferde besteht häufig die Ansicht, dass
sie nur immer den zweiten Tag herauskommen dürfen, das ist nicht gut,
denn dadurch entsteht der höchst unangenehme Stallmuth, der bekanntlich
der schlimmste Feind aller grösseren Leistungsfähigkeit ist. Solche junge
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Pferde werden dann durch jedes Geräusch, einen auffliegenden Vogel,
bellenden Hund u. drgl. erschreckt, das zu viel im Stalle stehn, be-
sonders wenn derselbe etwas dunkel ist, macht das Auge zu empfindlich
gegen.das helle Tageslicht, das Sehvermögen wird dadurch beeinträch-
tigt, das Pferd scheut manche Gegenstände an denen es ruhig vorüber
gegangen wäre, wenn es sie öfter oder deutlicher sähe; solche Pferde
nennt man stallblind. Der Zwang der Gurten belästigt dann das
Pferd mehr, als wenn es alle Tage gesattelt und unter einer Last
massig bewegt wird, anfänglich tanzt und trippelt es immerwährend,
ermüdet und erhitzt sich unnöthigerweise und vor der Zeit. Alles Lä-
stige dieser Umstände und das Nachtheilige wird vermieden, wenn
die jungen Pferde täglich herauskommen und eine ihrem
Alter, ihrer Kraft und dem bereits erlangten Dressur-
grade anpassende Bewegung, resp. Arbeit erhalten.
Auch ältere Pferde werden durch tägliche Bewegung, ver-
bunden mit einer die Kräfte stets übenden ohne unnö-
thiger zu sehr anstrengender Ermüdung gesund und in
steter Bereitschaft für unvorhergesehene grosse An-
strengungen fähig erhalten. Die Einwirkung der reinen, freien
Luft nimmt hierbei einen Haupteinfluss, indem durch dieselbe der Ath-
mungsprocess besser bewerkstelligt, und hierdurch die Blutbereitung
und Blutreinigung vermittelt wird.
Der leichte Zugdienst biethet nach meiner Ueberzeugung die beste
Gelegenheit um jungen Pferden Bewegung und zweckmässige Arbeit zu
geben. Gegen diese Arbeit zeigen die wenigsten Pferde Widerwillen
vorausgesetzt, dass sie vertrauenerweckend behandelt werden, das Ge-
schirr gut passt u. s. w. Schon das Zusammengehn mit einem alten
ruhigen Pferde, dem sogenannten Schulmeister, ist ein Hauptmittel dem
jungen Pferde Vertrauen und Lust zur Arbeit zu machen. Der weiche,
frische Boden bei leichter Ackerarbeit ist gesund für die Hufe, das
langsame Gehn, das längere Draussensein in freier Luft ist alles zu-
träglich für die Gesundheit und Uebung der jungen Kräfte. Leider
wird nur zu oft hierbei ganz vernunftwidrig verfahren, denn wenn ich
für junge Pferde eine solche Bewegung und Arbeit anrathe, so ver-
stehe ich darunter nicht, dass man sie mit vollendetem zweiten Jahre
oft bei karger Nahrung zu allen schweren, landwirtschaftlichen Ar-
beiten verwendet und ihnen alle Anstrengungen wie altern Pferden
auferlegt. Auch für solche Pferde, deren zukünftiger Zweck wahrschein-
lich sein wird zum Reitdienst verwendet zu werden, ist es nicht schäd-
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lieh mit Beendigung des dritten Jahres von einer vernünftigen Hand
durch zwei Jahre im leichten Zuge gefahren und nach vollendetem
5. Jahre erst zugeritten zu werden. Bleibt ein solches Pferd dann bei
dieser Arbeit gesund und rein auf den Beinen, so ist dieses zugleich
ein Beweis für kräftige Konstruktion dieser Theile. Ich habe häufig
durch Erfahrung die üeberzeugung gewonnen, dass Reitdressur in zu
jugendlichem Alter begonnen und fortgesetzt nie oder höchst selten
mit dem erwünschten Erfolge verbunden ist. Wenn gleich häufig ganz
junge Pferde im Aeussern kräftig scheinen und durch ihr jugendliches
Feuer veranlasst werden, sehr bereitwillig fortzueilen auch mitunter
heftige Bewegungen und Sprünge zu machen, welche von Unerfahrenen
nur zu leicht für Zeichen von Kraft gehalten werden, so ist ihr Gang
auf die Dauer unter der Last und den Einwirkungen von Hand und
Schenkel des Reiters schlaff, schleppend, oft auch unsicher.
Der Rücken ist noch nicht gehörig erstarkt, die Gelenkverbindun-
gen besonders im Hintertheile nicht hinlänglich befestigt, den Bändern,
Sehnen und Muskeln mangelt Festigkeit, Spannkraft und Elasticität.
Aus diesen Ursachen sind ganz junge Pferde noch nicht im Stande
sich in einer zusammengefügten Stellung und in gleichmässiger Bewe-
gung zu erhalten und können ohne Nachtheil für sie zum zweckmässi-
gen Gebrauche ihres Hintertheiles nicht angehalten werden. Hals, Rü-
cken und Kreuz schmerzen dem Pferde sehr bald; Verbiegen, Steif-
machen im Halse und im Rücken, Ziehn und Bohren in die Zügel
oder hinter der Hand bleiben, unreiner Gang, allerhand Fehler an den
Beinen, Ungehorsam, vielleicht lebenslängliche Unlust zur Arbeit mit
einem Worte ein verdorbenes und nicht ein dressirtes Pferd sind die
Folgen, wenn es dem Bereiter an Einsicht und Kenntniss mangelt oder
der Eigensinn des Besitzers ihn zwingt, seiner eigenen, besseren üeber-
zeugung zuwider zu handeln.
Das Sprichwort: Verstand kömmt nicht vor Jahren lässt
sich auch bei Pferden anwenden.
Von zwei Pferden mit gleichen Eigenschaften des Körpers und
des Temperamentes, wovon das eine bis zum vollendeten 4. Jahre in
gänzlicher Ungebundenheit und Freiheit sich im Gestatte befand, das
andere sein 4. und 5. Jahr auf vernünftige, zweckmässige
Weise im leichten Zugdienst Bewegung und Arbeit erhielt, lässt sich
letzteres mit viel weniger Mühe und Zeit zum Reitdienst abrichten als
ersteres. Es ist dieses auch begreiflich, denn letzteres hat schon einen
gewissen Grad von Gehorsam und Unterwürfigkeit unter den Willen
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des Menschen gelernt, es kennt einen Zügelanzug, es leidet eine Gurte
um den Leib, einen Schweifriemen, seine Muskeln, Sehnen und Ge-
lenke sind schon durch passende Arbeit gekräftigt, seine Augen sind
den Anblick, seine Ohren das Geräusch von allerhand Gegenständen
gewohnt.
Das Reitenlassen ganz junger Pferde ist ganz etwas anderes; den
wenigsten Züchtern biethet sich Gelegenheit dar, einen so leichten
Menschen, der dem noch schwachen Rücken des jungen Thieres ange=
messen ist, auf dasselbe setzen zu können, der zugleich die hinläng-
liche Geschicklichkeit im Reiten besitzt, um etwa entstehenden Unar-
ten entgegenarbeiten und sie unterdrücken zu können. (Die Erziehung
des für die Rennbahn bestimmten jungen Vollblutes liegt ausser dem
Bereiche dieser Besprechung.) Auch haben die wenigsten sonst sehr
achtenswerthe, geschickte, urtheilsfähige Männer, welche sich mit der
Dressur von Reitpferden beschäftigen Selbstüberwindung genug, um sich
von einem ganz jungen Pferde nur umhertragen zu lassen, d. h, ihm
nur Bewegung zu machen ohne es zu arbeiten.
Ich weiss wohl, dass es eine sehr verbreitete Ansicht ist, ein zum
Reitdienst bestimmtes junges Pferd dürfe vorher nicht zum Ziehn ver-
wendet werden, indem dadurch die Haltung des Pferdes verdorben
würde u. s. w. Ich spreche desshalb auch nur von leichtem, nicht
vom schweren Zugdienst. Die Haltung wird durch den harmonischen
Bau aller Theile zu einander, die innewohnende Kraft und das Tem-
perament bedingt, dem Bereiter aber gewiss seine Aufgabe erleichtert
wenn diese Kräfte bereits durch zweckmässige Uebung gestärkt sind,
und der Wille des Pferdes schon gewöhnt worden ist, sich dem Wil-
len des Menschen zu fügen. Darum soll man junge Pferde, die noch
keinen Reiter tragen können, vor dem Anreiten Longieren, höre ich hier
in Gedanken viele sagen. Zum Longieren eines jungen Pferdes gehört aber
viel Kenntniss und Geschicklichkeit, die Uebung, die Bewegung welche
das Pferd erhält, dauert vielleicht täglich längstens eine kleine Stunde,
und sie wird in einem engen Räume vollführt, welche beide Umstände mehr
geeignet sind den Gelenken zu schaden, als Bewegung im leichten Zugdienst
in der Art und Weise wie ich es meine. Das Longieren kann um so schäd-
licher werden, wenn das junge Thier dabei heftig herumgejagt und gerissen
wird; es kömmt dann vielleicht nach einer halbstündigen solchen Plage
ganz erhitzt in den Stall, steht dann 23 Stunden wieder kurz an-
gebunden in einem engen Räume u. s. w. Es kömmt wohl auch
hier wie so oft im Leben sehr viel darauf an: Wieman es macht!
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Bezüglich des Schönens junger Truppenpferde bemerke ich
folgendes:
Das Militärremont wurde der grossen Mehrzahl nach von kleine-
ren Landwirthen aufgezogen, die meisten haben von vollendetem 2.
Jahre an, Zugarbeit verrichtet, und sehr viele sind kümmerlich genährt
meistens nur bei Heu und Strohnahrung aufgewachsen. Es werden
ihrer nicht viele sein, die vorher Körnerfutter in gedeihlicher Menge
erhalten haben, dabei haben viele junge Thiere eine täglich lang an-
dauernde Arbeit im langsamen Gange verrichtet, im Sommer war ihre
Arbeit mühsam, im Winter haben sie vielleicht Tage auch Wochenlang
ohne Bewegung in der Luft zu machen, im Stalle gestanden. Als Mi-
litärpferd nun ändert sich die ganze Lebensweise dieses jungen Thie-
res; denn nun bekömmt das Pferd hartes, intensiv nährendes Futter,
aber in kleineren, den Magen nicht so ausdehnenden Portionen, die
Thätigkeit der Haut erhält durch das Putzen eine ganz andere Be-
schaffenheit, die Arbeit ist von kürzerer Dauer und versetzt das Thier
mehr in lebhafte Aufregung; das Pferd, welches bisher nur gezogen
hat, soll nun einen Reiter tragen, es muss sich unter dem Sattel und
Gurtenzwang eine zusammengeschobene Stellung aneignen und seine
Beine energisch gebrauchen lernen u. s. w.
Alles dieses ist seinem bisherigen Leben ganz entgegesetzt; dass
diese Veränderung des ganzen Lebens allerhand Krankheiten nament-
lich Drüsenleiden hervorruft, ist begreiflich, ebenso dass man den jun-
gen Thieren eine gewisse Zeit gestatten muss, um sich zu entwickeln,
und in den neuen Lebensverhältnissen zu kräftigen.
Die meisten Remonten werden zu der Zeit angekauft wo der
Zahnwechsel noch nicht beendet, mithin die Knochenbildung überhaupt
noch nicht vollendet und gehörig befestigt ist, viele werden in ganz
entfernte Gegenden transportirt, und bei Ankäufen in grosser Menge
z. B. einer Armeeaufstellung vor einem beginnenden Feldzuge wirken
die schädlichen Einflüsse sehr gedrängter Bequartirung, wenig War-
tung wegen mangelnder Mannschaft, hierauf vielfach nachtheilig ein,
und halten das Gedeihen wenigstens einige Zeit auf.
Die Hauptgrundzüge junge Militärpferde hinlänglich zu schonen
und doch ihre Gebrauchstüchtigkeit nicht allzuweit hinauszuschieben,
lassen sich nun in folgenden zusammenfassen.
Das Remont muss anfänglich täglich eine mehrstündige Bewegung
in freier Luft machen.
Dauert diese ungefähr zwei bis zwei ein halb Stunden, so kann
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diese Bewegung eine halbe Stunde unter dem Reiter, die übrige Zeit
an einem anderen Pferde geführt, stattfinden.
Bevor der Reiter aufsitzt muss das Pferd eine ganze Weile ge-
gangen sein. Die in dieser Zeit auszuführenden Gänge sind Schritt
und massiger Trab, ohne dass der Reiter bemüht ist dem Pferde eine
zwangvolle Stellung zu geben. Der Grundsatz langsam aus dem Stalle
langsam in den Stall ist stets zu beobachten, d. h. die Uebung muss
zwanglos beginnen und mit gänzlicher Beseitigung jeder erhitzenden
Aufregung beendigt werden.
Die Beobachtung dieses Grundsatzes ist das Mittel, die jungen
Pferde bei gutem Willen zu erhalten und auf den Beinen zu schonen.
Diejenige Dressurperiode, wo das Pferd mehr eine geregelte Bewegung
als Arbeit erhält, muss bei manchen Pferden ziemlich lange ausge-
dehnt werden.
Die gute Pferde- und Reitkenntniss muss das Verfahren des Ab-
richters leiten.
Tretten die jungen Pferde, dann in die Dressurperiode ein, wo
sie gearbeitet werden, ihnen körperliche Geschicklichkeit gegeben wer-
den soll, wo sie sich also allerhand zwangvolle Stellungen, Einwirken
des Reiters um die Kräfte zu entwickeln und dem Reiter zur Verfü-
gung zu stellen, gefallen lassen müssen, beginne man stets die Arbeit
ohne Zwang, d. h. man lasse das Pferd in zwangloser Stellung erst
etwas sich abgehn, und beendige die Arbeit ohne Aufregung also man
lasse die Pferde auch vor Ende der Lektion zwanglos einige Zeit her-
umgehn. Da wo diese Arbeit in gedeckten Reitschulen vorgenommen
wird, darf die Bewegung in freier Luft nicht unterbleiben.
Für manche Pferde, welche zum Stallmuth Neigung haben, sehr
zerstreut und unaufmerksam sind, sich gegen den Sattel spannen, oder
sonst Ganaschenzwang, u. s. w. haben, ist es die beste Schonung, sie
täglich zweimal in nicht zu kurz dauernden und nicht zu zwangvollen
Lektionen vorzunehmen.
Das sogenannte Gängigmachen, Gehlustwecken, wird
häufig dahin missverstanden, dass junge, schwache Pferde in scharfen
Gangarten fortgejagt werden. Viele achten dann dabei nicht einmal
darauf, ob sich das Pferd in einer zweckentsprechenden Kopf- und
Halsstelluug befindet, ob es übers Kreuz galoppirt u. s. w. Es ist die-
ses sehr fehlerhaft und macht solchen Pferden wohl eher Furcht vor
der Arbeit als Gehlust. Es ist dieses eben ein Missverständniss des
Grundsatzes, dass man ein junges Pferd nicht gleich mit hoch aufge-
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richtetem Halse, in kurzen, zwangvollen Stellungen und Gangarten ar-
beiten soll. Fällt ein junges Pferd anstatt zu trabben, aus irgend einer
Ursache in Galopp ein , so lasse es der Reiter in Gottes Namen in
natürlicher Richtung etwas fortgaloppiren; dadurch lernt das Pferd
auch in diesem Gange unter der Last des Reiters gehn, und es ist
ihm nicht mehr fremd, wenn es dann das Fortschreiten in der Dres-
sur erheischt, dass das Pferd nun auf die bestimmte Hilfe des Rei-
ters Galopp gehn soll. Auf diese Weise schadet das in Galopp gehn
dem jungen Pferde gewiss nicht, aber diesen Grundsatz missbrauchen,
wie oben angedeutet kann ich unmöglich da gelten lassen, wo es sich
um schonendes Reiten junger Pferde handelt.
Reine, gesunde Stallluft, lichter Raum, worin sich das Pferd be-
findet, gesunde, hinlängliche Nahrung mit der eben angedeuteten Art
der Bewegung, Reinhalten des Körpers, ein gedeihlicher Wärmegrad
der Haut, ohne das Pferd zu verweichlichen gehört alles in die Ru-
brick Schonen.
Zuweilen Steinsalz zum Lecken geben, befördert sehr die Ver-
dauung und das Gedeihn des Futters.
In unreifer Jugend und nicht entwickelten Kräftezustand von den
Thieren Leistungen verlangen, die sie auszuführen noch nicht im
Stande sind, führt am meisten zum Ruin junger Pferde , sowohl was
den guten Willen, als die Gesundheit angeht.
Gute Pferdekenntniss und Erfahrung sowohl im Umgange als der Ab-
richtung von Pferden ist auch hier der beste Führer, den keine ge-
schriebene Instruktion ersetzt.
Ich will mit diesen Worten reglementsmässige Vorschriften über
Abrichtung und Behandlung der Remonten durchaus nicht für überflüs-
sig erklären, denn sie sind nöthig um dem minder Erfahrenen
als Leitfaden zu dienen, und um eineGleichmäs-
sigkeit des Vorganges im ganzen Armeekörper zu
erhalten. Der Unterschied liegt nur in der besseren oder min-
der guten Ausübung dieser Vorschriften mit Umsicht an-
gewendet auf die verschiedenen Fälle.
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Kurzgefasster Ueberblick dessen, was zum ge-
deihlichen Betriebe der Pferdezucht zusammen-
treffen muss oder sollte.
Da sich manche der Meinung hinzugeben scheinen, dass d i e
Auswahl der Zuchthiere allein schon hinlänglich sei
um zu einer guten Nachzucht zu berechtigen, so will ich dieser Frage
hier einige Worte widmen.
Nach allem bisher gesagten, lässt sich diese Frage nicht schwer
beantworten, und in kurzem, wie folgt zusammenfassen.
Die glückliche, passende Auswahl des Hengstes, wo-
mit man die bestehende Landesrasse verbessern, veredlen, oder Män-
gel einer Gestüttszucht beseitigen will, bildet den Grund und Anfang
aber auch nur diesen, zu dem aufzuführenden Gebäude.
Die glückliche Auswahl der diesem Hengste in den
Hauptsachen möglichst gleich oder nahekommenden Stuten ist der
zweite Schritt.
Das Gesundsein und durch zweckmässige Behand-
lung in Abrichtung, Ernährung, Bewegung, (Arbeit)
Gesunderhaltenwerden der Zuchtthiere bildet einen ferne-
ren Stein zum glücklichen Ausbau des Ganzen.
Ferner die zur Ernährung, Bewegung, Abrichtung, Behandlung der
Füllen überhaupt nöthigen Kenntnisse, Fleiss und Mittel. Die
Nahrung und die Mittel, diese Nahrung herzuschaffen, d. h. ein ent-
weder durch Kunst oder von Natur ergiebiger, von dem
nachdenkenden Menschen am besten benutzter Boden
spielen dabei eine Hauptrolle.
Soviel ist gewiss, dass wir diejenigen Nahrungsmittel für die nahr-
haftesten und kräftigsten zu halten das Recht haben, welche in dem
kleinsten Volumen eine grosse Menge Nährstoff enthalten.
Das Fleisch nährt besser und gibt in weniger Volumen mehr
Kraft als Brod; so der Hafer mehr Kraft als Stroh und Heu. Es ist
aber nicht genug, dass wir dem Pferde zweimal soviel Heu und vier-
mal soviel Stroh anstatt des Hafers geben; die Pferde werden dabei
nicht in gleichem Grade arbeitsfähig. Wir sieben, reitern und schwin-
gen den Hafer um allen Staub und Spreu daraus weg zu bringen; wir
wiegen den Hafer wie schwer er ist; je weniger Staub und Spreu er
hat, desto besser.
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Wir stäuben und schütteln das Heu aus, — alles wegen der Kräfte
und dem Athem der Pferde, weil wir wissen, dass beide das wichtigste
sind, und weil die Staubtheile des Futters in die Blutmasse übergehen,
den Dampf und andere Krankheiten beim Pferde erzeugen,
Ich sage: beim Pferde; obwohl auch dem Rindvieh und andern
Nutztbieren unreines und staubiges Futter nicht gesund sein kann;
allein darauf ist weniger Rücksicht zu nehmen; denn nur mit dem
Pferde trabbt und galloppirt der Landwirth auf der Strasse, der Fuchs-
jäger hinter den Hunden, der Militär zu seinen Zwecken u. s. w. meh-
rere Stunden fort. Von den anderen Thieren verlangt man nur Milch,
Fleisch, Dünger, Wolle, wenn sie dabei auch etwas schwächlich und
schwerathmig sind.
Darum kalkulirt auch der reine trockene Oekonom ganz anders,
als der Gestüttsbesitzer oder Pferdezüchter im Grossen. Jener berech-
net den schnellsten Gewinn mit nicht weit aussehender Lebensdauer,
er will wenn möglich schon im ersten Lebensjahre seine Thiere be-
nützen ; der Gestüttsbesitzer aber noch im hohen Alter. Die Pferde-
züchter aller LäTider beabsichtigen gute Pferde zu er-
ziehen und so wohlfeil als möglich; die rationell den-
kenden unter ihnen glauben aber auch, dass das gute
nur zu erlangen ist, durch Rasse, durch Futter,
durch Pflege in jeder Beziehung.
Um gute Pferde zu züchten , scheut der englische Pferdezüchter
die erforderlichen Kosten nicht, er bezahlt wegen der Rasse viel
Geld für den Sprung (die besten Vollbluthengste decken gegen Erlag
von 40—50 Pfd. = 400 — 800 fl. österr. Währg.) und füttert nach
seinem Vermögen das dem Pferde gedeihlichste Futter und pflegt es
dann so gut er kann. Wenn es der Züchter auch nicht immer weiss
wie sich sein vielleicht schon jung verkauftes Pferd in der Arbeit be-
währt so erfährt es derjenige, der es gebraucht, und das Gute wird
endlich bekannt, gesucht und bezahlt. Mit allen Erzeugnissen der Na-
tur und Kunst ist das derselbe Fall. Das Gute ist endlich auch im-
mer das Nützlichste und E i nt r ägl i c h s t e für den Verkäu-
fer, weil es gesucht wird; und das Wohlfeilste für den Käu-
fer weil es ihm länger und besser dient.
Wohlfeile, schlechte Pferde kommen theuer und theure
gu t e kommen wohlfeil zu stehn, so im Dienst und so mit der Zucht.
Wohl aufbewahrtes, zufolge Erfahrung gedeihliches Pferdefutter muss
den jungen Thieren vollauf satt gegeben worden, wenn man eine grosse
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kräftige, gute Nachzucht haben will. Vor Staub, Spreu u. drgl. ver-
schimmelten, verschlemmten Heu kann nicht genug gewarnt werden, in-
dem dieses immer auf die Lunge, dieses so wichtige Organ für Thiere
welche zum schnellen, ausdauerndem Dienste bestimmt sind, von gros-
sem Nachtheil ist.
Allein auch alles übrige, Stallpflege, Bewegung und
Erziehung, Nahrung and Wartung, Beschützung gegen
alle derEntwicklung und der schönen ungestörten Aus-
bildung entgegenstehenden Ein wi rkungen müssen zusam-
mentreffen um eine möglichst schöne und möglichst vollkommene Zucht
hervorzubringen. Sie lässt sich nicht erwarten und denken ohne Er-
füllung dieser künstlichen Mittel
Ferner sieht man hieraus, dass die Anschaffung einer oder meh-
rerer noch so theueren und edlen Hengste sei es nun zur Verwendung
in einem Gestütte, sei es für die Landespferdezucht erst dann recht
nutzbringend wird, wenn alle anderen Bedingungen zur
Erzielung einer guten Nechzuc ht sich damit verbinden.
Es brauchen nur bei der Auswahl der Stuten die man
diesem Hengste zuweist, grobe Fehler gemacht zu wer-
den, und der beste Hengst wird an Renome" als Vater-
pferd verlieren.
Und hat mau nun endlich wirklich gute Pferde erzogen, so ma-
chen oft die unsinnige wohl ganz natur- und dem vorliegenden Zwecke
zuwidere Verfahrungsweise in der Dressur, namentlich der Reitpferde
alle Mühe und Kosten des Züchters gewissermassen zunichte und stem-
peln manches Pferd zu einer Mähre, welches vielleicht bei richtiger
Behandlung fehlerfrei geblieben und der besten Leistungen fähig ge-
worden wäre.
Ich erinnere abermals an meine Bemerkung von der Seite ä3.
Zur Hebung der Pferdezucht eines Landes ist vor allem nothwen-
dig : Erweckung und Beförderung des Interesses für ver-
edelte Pferdezuc ht; verbunden mit Verbreitung guter
Pferdekenntniss überhaupt. Die Mittel dazu sind:
Öffentliche Probeleistungen und Schaustellungen
sowohl der Zuchtthiere als der Produkte. Diese müssen im
allgemeinen so eingerichtet sein, dass Reich und Arm daran Theil neh-
men, dass auch dem Vergnügen, entsprechend den Nationalcharakter
der Provinz Rechnung getragen werde. Anfänglich lockt viele die Neu-
gierde und das zu erwarteude Vergnügen an; das thut nichts, Auch
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diese sehn, hören, sprechen sich aus, mit einem Worte: Die Kon-
kurrenz wird befördert.
In England waren in dieser Beziehung die Rennen und die Jagd
die mächtigsten Hebel, um die vorzüglichsten Pferde zu erkennen und
allgemeine Pferdekenntniss zu verbreiten. Im Nachstreben sich die in
England befolgten Grundsätze immer mehr anzueignen haben auch auf
dem Continent Rennen und Jagdreitkunst bereits eine bedeutende Aus-
dehnung gewonnen, und sie werden gewiss nicht verfehlen ihren gros-
sen Werth und Einfluss für edle Pferdezucht ausüben. Es ist überall
wünschenswerth sie nicht blos als Modesache einseitig nachzuahmen
und sich dabei von allen Uebeln und Anhängseln fern zu halten, welche
sich nach und nach aus Gewinnsucht und kaufmännischen Spekulation -
geist eingeschlichen haben.
Mit einem Worte man muss Rennen und Jagd benützen
um die höchste Leistungsfäh igk eit des edelst en Pfer-
des zu prüfen und zu erkennen nicht aber züchten, blos um
einen Preis auf der Rennbahn zu gewinnen. Was anfänglich auch in
England, Mittel war, ist jetzt vielfach Zweck geworden und daraus
ist alles das entstanden, was man jetzt Uebel und Anhängsel der Ren-
nen nennt, das man wieder beseitigen müsste oder wenigstens nicht
nachahmen sollte.
An manchen Orten, z. B. in Berlin, wenn ich nicht irre, sind mit
dem Rennen öffentliche Produktionen vorzüglich gut zugerittener Pferde
verbunden. Es wäre zu wünschen, dass dieses eine sehr verbreitete
Anwendung fände, namentlich jetzt wo fast in jedem Cavallerie-Rogi-
mente alljährlich vom Offizierscorps arrangirte Rennen stattfinden;
es wäre hierdurch das Mittel gegeben, dass die allerdings sehr zu
schätzende Eigenschaft der Schnelligkeit nicht allein, sondern auch die
Geschicklichkeit, Gewandheit und methodische Dressur ihre Geltung
behielten.
Diese Produktionen müssen für Jedermann zugänglich sein;
vor Sachverständigen festgesetzte Bestimmungen haben anzugeben, was
Reiter und Pferd leisten müssen, um den 1., 2., etc. Preis
zu gewinnen. Anfänglich dürften Pferde aus alleu Ländern dabei kon-
kurriren, mit dem Beisatze, dass bei gleichen Leistungen und
Eigenschaften das inländische Pferd den Vorzug hat.
Um auch demjenigen Theile der P erdebesitzer, welche nur Zug-
pferde halten (ine sie unmittelbar berührende Anregung zu geben und
dadurch das Interesse so weit als möglieb verbreitet zu erwecken, so
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müssen öffentliche Leistungen im leichten und schweren Zuge sowohl
für innländische als vom Ausland eingeführte ältere Zucht-
t h i e r e nur für innländische Nachzucht abgehalten
werden.
Werden diese Leistungsprobeu an demselben Orte und zu der-
selben Zeit abgehalten, wo die Rennen für Vollblutpferde stattfinden,
so würde dieses sehr zur allgemeinen Verbreitung von Pferdekenntniss
und zur Anregung dienen.
Obwohl für alle diese Leistungen vom Staate oder reichen Priva-
ten Prämien bestimmt sein sollen, so werden diese doch nie oder sel-
ten so hoch sein können, dass man der Prämie wegen, die Leistung
unternähme, sondern der Hauptvortheil ist: Erkennung der Lei-
stungsfähigkeit der Zuchtthiere und des Pferdes über-
haupt, Verbreitung von Kenntnissen über Pferde,
deren Pflege, Wartung, Vorbereitung zu diesen Lei-
tungen, Interesse, Handel u. s. w. u. s. w. was alles drum
und dran hängt.
Prämien für besonders wohlgebildete Füllen haben
den Zweck, dem Züchter eine Freude zu machen, dem ärmeren einen
kleinen Ersatz für die Aufzugskosten zu gewähren und ihn zu bewegen
das Füllen nicht allzuschnell zu verkaufen, es der Commission in gu-
tem Stande vorzuführen u. s. w.
Prämien für Stuten, die sich durch gute Nachkommenschaft
hervor hun, dienen dazu, den Züchter zu bewegen, die Stute nicht zu
verkaufen, sondern zur Zucht zu behalten.
Es wird dieser Zweck namentlich dann erreicht, wenn dieselbe
Stute mehrere Jahre um eine Prämie konkurirren kann.
In Staaten, wo nnch Mangel an edlen Pferden ist, muss von der
Staatsregierung den Privaten an die Hand gegangen werden, um edle
Pferde, sowohl Hengste als Stuten zum Zwecke der Zucht vom
Auslande einzuführen.
Eröffnung aller möglichen Wege zum guten Absatz der
Produkte. Es besteht wohl jetzt überall kein Hinderniss gute Produkte
auch gut zu verwerthen; Ausfuhrverbothe oder sonstige Zwangsmass-
regeln die Produkte der edleren Pferdezucht im Lande zu behalten,
in der Meinung dadurch die Anzahl der edlen Pferde zu vermehren
hat sich nirgends als zweckmässig bewiesen.
Ungehinderter Verkehr, öffentliche Probeleistungen, Aussicht auf
gute Verwerthung der Produkte, weil edle Produkte einen
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Platz finden, wo sie verwendet werden können, sind bei
weitem zweckmässigem Mittel.
Ein sehr geschätztes Werkchen »Skizzen über Pferdezucht und
Pferdewesen gesammelt auf einer Reise durch England und Frankreich
von einem anonymen Verfasser« sagt in dieser Beziehung:
»Wie das Menschengeschlecht nun einmal ist, so sind Ehrgeiz,
»Vergnügen und Interesse die Hauptmotive jeder menschlichen An-
»strengung, die weder durch Ehre und Pflichtgefühl geboten ist, noch
»durch Strenge erzwungen werden kann.
»Auf unser Thema angewendet; erreicht man diesen Zweck am
»ehesten durch Rennen, Jagd und Prämien. Wer würde sich in England
»mit der Vollblutzucht abgeben, wenn nichts dabei zu gewinnen wäre?
»Wer würde Jagdpferde erziehn, wenn keine Parforcejagd existirte, und
»daher kein Absatz für diese Gattung Pferde zu hoffen wäre? Und
»doch sind beide nothwendig zur bessern Zucht und darin liegt ihr
•Nutzen für das Allgemeine.
»Mit ihnen wird das Reitpferd, das Luxuswagenpferd, das edlere
»Kriegspferd, jedes wird besser — ohne sie producirt das Land nur
»gemeine Pferde wie sie der gewöhnliche, bürgerliche Gebrauch
»begehrt.«
Vereine von einzelnen Privaten oder Gemeinden zur Anschaf-
fung und Erhaltung von bessergezogenen, edleren Hengsten und Stu-
ten können sehr viel Gutes stiften und zur Verbreitung verbesserter
Pferdezucht viel beitragen. Solche Vereine müssen sich dann darüber
klar sein, ob sie überhaupt edle Pferde zu ziehen beabsichtigen , und
diese zum eigenen Gebrauch zu behalten oder anderweitig in den Han-
del zu bringen;
oder ob es ihre Absicht ist, die Landeszucht einer Ge-
gend, einer Provinz zu heben, indem nach ihrer Meinung von
Seiten des Staates in dieser Beziehung nichts oder nicht genug ge-
than würde.
Im eisten Falle werden sich diese Vereine edles Zuchtmate-
riale, sowohl männliches als weibliches, anzuschaffen suchen;
im zweiten verweise ich auf das über Verbesserung einer Lan-
despferdezucht mittelst Kreuzung Gesagte.
Solche Vereine müssen sich nebstdem als der intelligentere Theil
zur Aufgabe machen , veraltete Ansichten, Vorurtheile, Aberglauben
u. s. w. zu berichtigen, und dieses geschieht am wirksamsten durch
voranleuchteiides Beispiel; denn der ungebildete rohe Mensch will alles
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mit Händen greifen können; Gibt es in vielen Dörfern einzelne Land-
wirthe, die den übrigen thatsächlich zeigen, das ein sorgfältig und bes-
ser belaubter Boden mehr und bessere Früchte trägt, dass ein edleres
Füllen theuerer verkauft wird, als ein gemeines, dass ein in einem geräu-
migen , hellen luftigen Stalle, auf einem wie oben erwähnten Tummel-
platze sich bewegendes, ein auf guter Weide oder sonst mit ge-
sundem Futter ernährtes überhaupt naturgemäss, richtig behan-
deltes Füllen besser gedeiht, dass es gesundere, reinere Beine,
bessere Augen behält, als wenn gegentheilig behandelt, dass es dann ent-
weder die eigene Arbeit besser verrichtet, oder dem Händler ein schönes
Stück Geld abzwingt, — wenn solche Thatsachen nicht mehr einzeln, son-
dern oft vorliegen, so werden in der kürzesten Zeit ganze Dörfer folgen.
Den Landwirthschafts- und Ackerbauvereinen, verbunden mit denen
vom Staate zur Leitung der Pferdezucht Angestellten (mögen diese nun
Offiziere der Gestüts - Branche, Landgestüttsdirektoren oder wie immer
heissen, ihre Aufgabe bleibt dieselbe), gestützt und gehoben durch die
Ministerien des Krieges und des Innern öffnet sich hier ein weites segens-
reiches Feld.
Für alle Fächer des Wissens gibt es vom Staate eingerichtete und
unterhaltene Lehr- und Bildungsanstalten, warum nicht auch für die
Pferdewissenschaft! ? Man wird sagen, dass dieses Gegenstand der land-
vvirthschaftlichen und Thierarznei-Institute sei. Es ist dieses in dem Sinne,
wie ich es meine, nicht genügend und ich befürworte eine Lehranstalt, wo
die Aufzucht, Gestüttskunde überhaupt, das Anlernen zur Arbeit, die Er-
nährung, Behandlung, Leistungen im Fahren und Reiten theoretisch und
praktisch gelehrt und geübt würden. Dieser Unterricht Hesse sich wohl mit
den meisten Staatsgestütten verbinden und die Gemeinnützigkeit würde
hauptsächlich dadurch eintreten, dass Jedermann, der die dazu nöthigen
Bedingungen erfüllt, daran Theil nehmen könnte. Werden in Thierarznei-
Instituten nur Thierärzte gebildet, so müsste der Unterricht an diesen
Anstalten die Bildung von Pf er defachmäun er n und solchen, deren
Lebensaufgabe den Besitz und die Behandlung der Pferde erheischt, an-
streben. Dadurch würde namentlich den grösseren und kleineren Land-
wirthen Gelegenheit gegeben, sich im Pferdewesen Kenntnisse zu sammeln,
die sie dann wieder nützlich anwenden können. Mit den Kenntnissen
wächst das Interesse an einem Gegenstande, es wird das Denken geweckt,
der Fortschritt befördert, an der Hand eines tüchtigen Lehrers findet
einer bald den rechten Weg, den er sonst wohl erst nach vielen Jahren,
misslungenem Streben, eigenem Schaden, nicht Befördern des Gemeinwohles,
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u. s. w., auch wohl entdeckt, oder auch trotz allem Streben bis an sein
Lebensende im Finstern tappt.
Ist es Aufgabe der Staatsgestütte sich selbst nach und nach entbehr-
lich zu machen, d. h. ist es das Ziel die Landespferdezucht so zu heben,
dass die einzelnen Privaten der Unterstützung des Staates nicht mehr be-
dürfen, so würde die Einrichtung und Unterhaltung einer solchen Bildungs-
anstalt gewiss ein wesentlicher Schritt sein um dieses Ziel je eher zu
erreichen.
In den k. k. österreichischen Staaten ist in neuerer Zeit manches
ins Leben getreten, um die Zucht edler Pferde immer mehr in die Hände
Einzelner und vieler Einzelner zu bringen. Hierin gehört namentlich die Ein-
richtung, dass jeder Privatmann seine geeignete Stute von den in Staats-
gestütten aufgestellten Pepinierhengsten, worunter sich viele Originalara-
ber und englische Vollbluthengste befinden, gegen ein gewisses, nicht
hohes Sprunggeld decken lassen kann.
(Von den in Kis-Ber stehenden englischen Vollbluthengsten nenne
ich nur Teddington, Daniel 0' Rourke, Deutsche Mich'l, Virgilius und führe
beispielweise an, dass für die diesjährige Belegzeit (1864) bis zum 25.
März hundert Stuten im Besitze von Privaten angemeldet waren.)
Ferner dass einzelne Hengste für die ganze Belegzeit gegen eine
bestimmte Vergütung von Privaten gemiethet werden können. Es ist die-
ses ein sehr anerkennenswerther Fortschritt von der jetzigen Oberleitung
der Pferdezucht, denn das Anschaffen und Halten eines oder mehrerer
edler Hengste ist für den Privatmann meist mit sehr viel Schwierigkeit
verbunden.
In England hat es nie grosse Staats-Gestüttsanstalten gegeben; das
Gestütt der Königin zu Hamptoncourt bestand, als ich es im Jahre 1868
besuchte; aus 83 Mutterstuten und drei Vaterpferden. In diesem Gestütte
wird nur das beste Vollblut gezüchtet, alle Füllen werden einjährig an den
Meistbietenden verkauft, damit das beste Blut immer wieder in die
Hände vieler Einzelner kömmt; es ist nichts seltenes, dass einjährige
Hengstfüllen für 1000 Guinees, d. i. 10000 fl. österr. Währg. verkauft
werden. Die Königin behält nie ein in diesem Gestütte gezogenes Pferd
zum eigenen Gebrauch, damit keines dieser höchst edlen Thiere der Pri-
vatzucht entgehe.
Der schon erwähnte anonyme Verfasser eines Werkchens über Pfer-
dewesen sagt:
»Es gibt in England, wie bekannt, keine grossen Gestütte; die gröss-
«ten Zuchtanstalten bestehn aus höchstens 20 Stuten; aber jeder der
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»Grund und Boden hat, hält deren einige nach Massgabe seiner Mittel,
»seines Bedarfes, oder seiner Liebhaberei; der eine zieht Vollblut für die
»Rennbahn, der andere edel Halbblut für die Jagd, die Pächter zielin im
»allgemeinen Arbeits- und Wagenpferde, obwohl sie meistens auch noch
»nebenbei ein Jagdpferd zu produciren suchen.
»Einige Leute halten blos Hengste, die gegen eine Vergütung decken;
»Halbblut und mindere Vollbluthengste reisen im Frühjahre in einem ge-
»wissen Distrikte herum; die besseren Vollbluthengste sind stationär
»und die Stuten werden oft von weit her zu ihnen geschickt, wo sie ab-
»fohlen und in welchen Lokalitäten Alles zu deren zweckmässiger Unter-
»kunft vorgerichtet ist.
(Ich sah selbst eine solche Anstalt zu Rudcliffe bei York: man nennt
sie Stud-Farm, es standen zur Zeit dort [0 Vollbluthengste, worunter der
berühmte Newminster, Vaterpferd erster Klasse; in Hamptoncourt
sah ich den ebenso berühmten Orlando, und in Askee bei Richmond den
Voltigeur beide Vaterpferde I. Klasse.)
»Ist die Nachkommenschaft eines solchen Hengstes gut, d. h. lei-
»stet sie etwas Gutes, so ist er auch eine schöneEinnabmsquelle für sei-
»nen Besitzer. Darum wird es auch so schwer, einen erprobten Hengst
»erster Klasse zu kaufen, da er seinem Eigenthümer so viel Geld ein-
»bringt, und dies der Massstab für seinen Preis ist.
»So wurde der 19 Jahre alte irländische Hengst Irish-Birdcatcher
»nach dem Rennen in Epsom, wo sich seine Descendenz hervorgethan
»hatte, von seinem Besitzer für dieses Jahr (1853) um 1000 Pf. St. ■=
»(0000 fl. österr. Währg. vermiethet; Mr. Jacques, der ihn gemiethet,
»eröffnete auf der Stelle eine Subscription auf 40 Stuten ä 80 Pf. St.
»ausser seinen eigenen und in einer halben Stunde waren 38 subscribirt,
»was eine runde Summe von 2000 Pf. Rente ausmacht. Flying Dutchman
»wurde, nachdem er die Rennbahn verlassen, in fünf Antheilen zu 1000
»Pf. St. jeder verkauft, und deckt zu 30 Pf. Fallen seine Produkte gut
»aus, so wird er auf 50 Pf. steigen. Ebenso einträglich sind Orlando,
»Slane, Melbourne, Chatham, Touchstone, Surplice und noch viele
»andere.
»Eine gute Stute, die ein vorzügliches Füllen gebracht, ist für den
»Besitzer gleichfalls ein gutes Einkommen, indem er ein gesundes Saug-
»füllen sehr leicht um den Preis von 200—500 Pf. verkaufen kann; wie
»z. B. Cyprian, die ihrem Besitzer mit ihren Siegen auf der Rennbahn und
»denen ihrer Descendenz, mit dem Erlös für diese bei 16000 Pf. ein-
»getragen hat. Crucifix, Barbelle, Industry gehören ebenfalls in diese
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..Klasse und siud wahre Kapitalien; ich habe mehrmals 1000 Pf. für
-den einjährigen Hengst zurückweisen sehn.
»Das sind hübsche'Prämien und lohnen für gute Zucht; wären aber
»keine Rennen und nichts mit den Produkten zu verdienen, so würde sich Nie-
»mand der Mühe und der Kosten der Vollblutzucht unterziehn; das hörte
»alles mit einem Male auf und damit ginge auch die Qualität aller andern
»Pferde zurück.
»Man glaube aber ja nicht, dass man das Vollblut in der Zucht ent-
behren könne, wenn man etwas besseres als ein Acker- oder Postpferd
»produciren will. Soll nun der Staat allein Vollblut erziehn?
»Bedenkt man, dass selbst in England, wo doch das ausgezeichnetste
»Material vorhanden ist, sowie wir es uns gar nicht verschaffen können, 30
..Vollblutpferde geboren werden, bis eines werth erachtet wird, als
»Vaterpferd einen Ruf zu bekommen, — dann aber auch reichen Ersatz
»biethet, — so wird es klar, dass es der Regierung, die noch für so vieles
»andere zu sorgen hat, zu theuer kommen müsse, diese Auslagen allein
»zu bestreiten.
»Das Publikum muss zur Mithilfe aufgefordert, es muss ihm aber
»auch Lust gemacht, und demselben die Sache erleichtert werden, bis
■■dieser Industriezweig so weit erstarkt ist, um auf eigenen Füs-
»sen gehn zu können.
»In England wird von allen Klassen vom Herzoge bis zum Pächter
»herab die Zucht betrieben, und nur die Menge der Züchter bringt die
»Masse von Vollblutpferden hervor, worunter doch immer in der Folge
»sich einige ausserordentliche Vaterpferde herausstellen, die dem Lande
»zu Gute kommen ; die Mindern sind auch sehr gut zum anderweitigen
»Luxusgebrauche und zum Handel, und so erreicht die Regierung mit
»geringen Mitteln grosse Resultate. Es ist eine Lotterie, jeder hofft zu
«gewinnen und strengt sich an, wenigen gelingt es; wer aber am meisten
»dabei profitirt, ist der Staat, durch den Reichthum an edlen Pferden den
- das Land durch diese einfache Prozedur besitzt, und welchem die ganz
- civilisirte Welt in dieser Beziehung zinsbar ist.
»Der Vortueil der kleineren Zuchtanstalten im Vergleich mit gros-
»sen, ist der, aller kleinen Wirthschaften: der leichten Aufsicht, — der
»durch grössern Raum gestatteten, kräftigeren Ausbildung — und daraus
»hervorgehenden Vermeidung von Calamitäten wie sie in grossen Gestüt-
»ten einreissen, wo hunderte von Thieren aufgehäuft sind, und gewöhn-
.. liehe Jugendkrankheiten einen epidemischen und verderblichen Charakter
»annehmen, und die oft eine solche Ausdehnung erreichen, dass
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«die beste Aufsicht und das redlichste Bemühen sie nicht mehr be-
»wältigen können.
»Man kann annehmen, dass es ein Vortheil für den Staat ist, wenn
»er sich mit der direkten Produktion so wenig als möglich befasst, diese
»jedoch im Laude überwacht und unterstützt, das Publikum durch ge-
»eignete Mittel aufmuntert und geneigt macht, sich der Zucht edler
»Pferde mit mehr Eifer zuzuwenden, diese dadurch allgemein wird, und
»damit die grossen Gestütte, die unter andern Verhältnissen so
»nothwendig sind, nach und nach entbehrlich werden.«
Ankauf von Pferden.
Ausgerüstet mit guten Kenntnissen über die Bauart, den Gang,
die Gesundheit des Pferdes bedarf man zum Ankaufe von Pferden
auch Kenntnisse der mancherlei Gebrauchszwecke, wozu der Mensch
das Pferd verwendet um nicht etwa einen Karrengaul zu acquiriren,
wenn man ein starkes, knochiges Reitpferd suchte, oder einen Hitz-
kopf ankauft, wenn man aufgefordert war, für einen Gesundheitsreiter
ein angenehmes Reitpferd zu erwerben, oder ein Pferd, das im Bau
und in Folge längeren Gebrauches allerhand Fehler an den Knochen
hat, zu jedem Gebrauche gänzlich verwirft, indem man nicht zu beurtheilen
weiss, zu welchem Gebrauche dieses Pferd noch sehr verwendbar ist
u. s. w. u. s. w. Der Leser wolle sich zur bessern Orientirung alles
dessen erinnern, was ich über den Unterschied von Pferde-
kenntniss undFehlererkenntnissbei Pferden gesagt habe.
Aber ausser der Pferdekenntniss ist auch Menscheukenntniss nö-
thig, so wie man erfahren sein muss, in der Art und Weise, wie der
Verkäufer sucht seine Waare in das beste Licht zu stellen; in Folge
seiner Menschenkenntniss der Eitelkeit oder Schwachheit des Käufers
alsbald zu schmeicheln weiss u. s. w.
Sagt man von einem Pferdehändler, dass er einen guten Geschmack
habe, so beweisst dieses eben, dass er die Wünsche der Bewohner
einer grossen Stadt, der Offiziere und Remontenankaufscommissionen
u. s. w. kurz des Pferdekaufenden Publikums zu befriedigen weiss, und
da diese Wünsche je nach Kenntniss, Gebrauchsweise, Geldkräften
u. s. w. sehr verschieden und mannichfaltig sind, so hat auch ein
umsichtiger Pferdehändler, der sein Geschäft einigermassen im Gros-
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nen betreiben will, gar mancherlei Pferde nöthig und der Kauflustige
nmss eben wissen, das herauszufinden was er braucht.
Der Geldwerth eines Pferdes ist stets sehr relativ und wer auf
den Handel ausgeht, muss vor allen Dingen über zwei Punkte mit sich
im Beinen sein und zwar:
Zu welchem Zwecke suche ich ein Pferd und was
kann ich dafür bezahlen? Eine weitere Ausdehnung dieser bei-
den Fragen ist; Kaufe ich für mich, oder habe ich Auftrag für einen
Anderen zu kaufen, ist der Andere gegenwärtig oder abwesend?
Ob man nun in was immer für einer Absicht ein Pferd kaufen
will, so gibt es gewisse allgemeine Regeln, die man unter allen Be-
dingungen beobachten muss. Die Besichtigung überhaupt zerfällt in jene
im Stalle und in jene ausser demselben, indem man sich das Pferd
vorführen, reiten oder fahren lässt und endlich es selbst probirt.
Bei der Besichtigung im Stalle beobachtet man oh das Pferd bei
Annäherung eines Menschen oder einem Geräusch sich leicht aufgeregt
und schreckhaft zeigt, und kann in diesem Falle urtheilen, dass das
Pferd überhaupt furchtsam ist, oder durch die Peitsche des Händlers
aufgeregt mehr Temperament verrathen soll als es wirklich besitzt.
Man sieht ob das Pferd Krippenbeisser, Windköcker oder ein
Weber ist, ob es sich selbst überlassen traurig oder munter erscheint,
versucht ob es sich die Füsse willig antasten und aufheben lässt, ist gegen-
wärtig, wenn es 'gesattelt, gezäumt oder angeschirrt wird, und kann hierbei
sehr vielfach beobachten, ob das Pferd alles dieses willig leidet, oder ob es
Unwillen, Missmath, Kitzlichkeit Spannengegen den Sattel-und Gurten-
zwang u. drgl. zeigt. Hat man Zeit und Gelegenheit, das Pferd beim Fressen zu
beobachten, um so besser. Manches Pferd koppt nur auf hölzernen Krip-
pen, wird es daher an steinernen unterlassen, fängt aber wieder an, so-
bald es an hölzerne kommt. Im Stalle eines Händlers wird man nie-
mals Heu auf der Raufe oder Hafer in der Krippe finden, wenn das
Pferd nicht gerade beim Futter ist. Denn das würde verrathen,
dass das Pferd schlecht frisst; der Händler füttert seine Pferde
desshalb auch immer nur mit sehr kleinen Gaben, damit, wenn ein
Käufer das Pferd fressen sehn wollte, es stets Appetit zeigt. Ein Ge-
räusch mit der Futterschvvinge oder am Haferkasten veranlasst dann
auch die Pferde mit gespitzten Ohren die Köpfe zu erheben, dadurch
gewinnen sie ein grösseres, munteres Ansehen. Das sogenannte Pfef-
fern wird öfter in der Gegenwart des Käufers, ohne dass es derselbe
merkt, ausgeführt, indem der Händler das Pferd vor dem Herausführen
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jedesmal abwischt, Mähnen und Schweif auskämmt oder mit der Bürste
darüberfährt und bei dieser Gelegenheit wird der Pfeffer beige-
bracht.
Das Schweiftragen des gepfefferten Pferdes unterscheidet sich von
dem natürlichen dadurch, dass ersteres auch im Stehn den Schweif trägt
und eine zitternde Bewegung damit macht. Bemerkt man beim Aufzäu-
men, dass sich an dem Stangengebiss ein Zungenspiel befindet, so kann
man urtheilen, dass das Pferd beim Reiten oder Fahren die Zunge heraus-
hängen lässt, oder dieselbe über das Gebiss zieht. Ersteres sehr hässlich,
beides die gute Anlehnung beeinträchtigend.
Die Unarten der Pferde im Stalle sind gar mannichfach, ohne dass
dadurch immer die Gebrauchstüchtigkeit beeinträchtigt würde. Ich habe
z. B. sehr arbeitstüchtige Pferde gekannt, welche die Untugend des We-
bens hatten.
Im Stalle des Händlers ist in Gegenwart des Käufers immer Jemand
um die Pferde beschäftigt, damit sie wo möglich an der Ausübung irgend
einer solchen Untugend verhindert werden; man thut desshalb sehr wohl,
es dahin zu bringen, die Pferde ungestört beobachten zu können. Erwäh-
nen muss ich hier, dass man zu einem unbekannten Pferde nie in den
Stand gehen soll, ohne vorher dureh Ansprechen die Aufmerksamkeit des
Pferdes auf sich gelenkt zu haben; denn manches Pferd wird ohne diese
Vorsichtsmassregel erschreckt, schlägt auch wohl nach dem fremden
Menschen und in den Augen des Kenners erscheint man dann nicht als
ein Pferdemann, wornach der Händler dann auch wohl sein ferneres Be-
nehmen gegenüber des Käufers einrichtet. Im Stalle des Händlers wird
man nie ein ungeputztes Pferd sehn, denn ein jedes wie es vom Reiten
oder Fahren nach Hause kömmt, wird sogleich wieder sauber gemacht,
damit ein später kommender Käufer es wieder rein erblickt, und nicht auf
den Gedanken kommt, es sei vor kurzem probiert worden, ohne gekauft
zu werden. Uebrigens pflegt der Händler allen seinen Pferden früh Mor-
gens ehe die Käufer kommen, Bewegung zu machen, sei dies unter dem
Sattel oder im Geschirre, theils damit der Stallmuth nie aufkomme,
theils um bereits auf den Beinen abgenützte Pferde weniger steif
erscheinen zu machen, wenn ein Käufer kömmt. Auch ist in den
Stallungen vieler Pferdehändler, der Gang inmitten des Stalles etwas
niederer als die Pferdestände, wodurch die Pferde für den Beschauer
grösser erscheinen.
Ebenso gehört es zum Arrangement des Stalles eines Pferdehändlers,
dass die minder hübschen und guten Pferde zunächst des Einganges stehu
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damit sich bei weiterer Besichtigung der auf den muthmasslichen Käufer
hervorgebrachte gute Eindruck steigere; ebenso rühmt ein kluger Händ-
ler stets den guten Fortgang seines Geschäfts, indem dieses das Vertrauen
des Käufers erhöht. Die Halftern sind meistens von weissen Gurten, was
einen freundlichen Anblick gewährt; Decken, Gurten, überhaupt die ganze
Stallordnung muss auf Wohlhabenheit und Sachkenntniss schliesen
lassen.
Ist nun die Besichtigung im Stalle beendet, dass man das Pferd auch
draussen sehn will, so benützt man gleich die Stallthüre um die Augen
zu untersuchen, indem bekanntlich sich die Reizbarkeit der Pupille am
besten darstellt, wenn das Pferd aus einem dunklern in einen hellem Raum
geführt wird. Auch muss man gleich in diesem Momente beobachten, ob
das Pferd schon die ersten Schritte aus der Ruhe, frei, schmerzlos und mit
beweglichen Gelenken ausführt.
Bei dieser Gelegenheit überzeugt man sich auch vom Alter, indem
man die Zähne betrachtet. Man kann annehmen, dass, wenn ein Pferd vom
Verkäufer selbst 9 oder lOjährig angegeben wird, es auch meistens etwas
älter ist, indem vom 9. Jahre an, die Zähne das Alter nicht mehr ganz
deutlich erkennen lassen, (Siehe oben) und ein Pferd unter 9 Jahren mei-
stens einen grösseren Handelswerth hat, als ein älteres.
(Allerhand Manipulationen betrügerischer Pferdehändler um ein
Pferd jünger oder älter erscheinen zu machen, siehe Lehre vom
Alter.)
Das Vorführen eines Pferdes wird von den vielen Verkäufern oder
Händlern sehr verschieden ausgeführt und auch hierbei getrachtet, die
Waare so vortheilhaft als möglich erscheinen zu lassen. (Viele nennen
schon dieses Streben des Händlers Betrug, was ich nicht billigen kann,
denn jeder Kaufmann sucht durch geschicktes Arrangement seines Ladens
die Käufer anzulocken und seine Waare an den Mann zu bringen. Warum
nicht auch der Pferdehändler? Aber die Käufer gehn häufig mit sehr
grossen Leichtsinn zu Werke, die eigene Uukenntniss, welche ein-
zugestehn man zu eitel oder schwach, ist dann gleich geneigt alles dem
Verkäufer zur Last zu legen. Man könnte über dieses Thema manches
Wort sprechen.) Ein Tferd z. B. das vorn etwas niedriger oder zum hän-
gen in die Knie geneigt ist, wird mit hochgehaltenem Kopfe mit den Vor-
derfüssen auf einen etwas erhabenen Platz gestellt; einem Pferde das
allzukurz in seinem Baue ist, oder mit den Vorderfüssen unter sich steht,
wird alsbald das Strecken gelähmt; ein Pferd, das einen unreinen Gang
hat, kreuzt, fuchtelt etc. wird an einem langen Zügel geführt, damit es
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bald springend, bald Trabb, bald Galopp gehend, durch die Peitsche
in der gehörigen Furcht gehalten diesen Gang oder ein geringes Lahm-
gehn nicht erkennen lässt. Hat das Pferd einen reinen, schönen Gang,
so wird dieser durch ruhiges, festes Halten des Kopfes mit ausge-
strecktem Arm des Führers noch mehr hervorzuheben gesucht; der
praktische, erfahrene Pferdekenner weiss überhaupt, dass sich manche
Pferde beim Vorführen in einem viel bessern Lichte zeigen, als
unter dem Reiter oder im Geschirre, wo die Last des Reiters, der
Zwang vom Zaum und Sattel in manchen Fällen das ebenvorgeführte
Pferd kaum wieder erkennen lassen.
Beim Pferdehändler sind sonst alle Pferde darauf eingeübt, sich
beim Vorführen von der vortheilhaftesten Seite zu zeigen und es
werden alle Mittel aufgeboten ein träges Pferd oder ein solches das
wenig Gang hat in einen aufgeregten Zustand zu versetzen um es we-
nigstens für diese paar Minuten temperamentvoll und mit freiem Gang-
werk versehen erscheinen zu lassen.
Hat man die Absicht ein Paar Wagenpferde zu kaufen, so lasse
man auch diese sich erst einzeln zeigen, denn der Händler ist im-
mer geneigt, sie gleich beide nebeneinander hinzustellen und auch mit-
einander vorzuführen, indem es für den Beschauer viel schwerer ist,
zwei Pferde zugleich zu besehn, ihren Gang, ihre Körperformen u. s. w.
zu beurtheilen.
(Was man gewöhnlich unter egale Wagenpferde versteht, siehe
oben.)
Ohne mich in eine detaillirte Auseinandersetzung aller sogenann-
ter Rosstäuscherkünste einzulassen, will ich hier den Leser doch auf
einiges dahin gehörige aufmerksam machen. Z. B. geht ein Pferd an
einem Beine etwas lahm, weil es geringen Späth oder sonst einen
Knochenfehler, etwas schmerzhaften Huf, Sehne o. drgl. hat, so wird
zuweilen dem Pferde absichtlich an demselben Beine eine äussere übri-
gens unschädliche Verletzung beigebracht, und dieses als die Ursache
des Lahmens dargestellt. Bei etwas voller Hufsohle und zu niederen
Trachtenwänden, werden diese frisch beschnitten, dem ungeschickten
Schmied die Schuld gegeben und dabei gesagt, dass die Trachten ja
längstens in 14 Tagen wieder hinlänglich gewachsen sein würden, was
dann aber in diesem Falle wegen der mangelhaften Hufbildung nicht
eintritt. Sprünge im Horn werden öfter mit Wachs verklebt, empfindli-
chen Hufen wird eine Filzsohle unter das Eisen gelegt u. s. w.
Da nun wie sich der Leser erinnern wird, schon weiter oben dar-
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gestellt wurde, welch' wichtiger Körpertheil der Huf ist, und dass an
den Vorderhüfen viel öfter Fehler vorkommen, als an den hin-
tern, so bleibt es unumstössliche Regel, die Vorderhüfe nicht allein
im Gange genauestens zu beobachten, sendern sie auch durch Aufheben
des Fusses nach allen Seiten zu besehn, auch selbst dann oder viel-
leicht um so mehr dann, wenn das Pferd übrigens noch so schön und
entsprechend erscheint.
Ausser dergleichen Praktiken um Fehler zu verstecken unterlässt
es der Pferdehändler nie den muthmasslichen Käufer auf die schönern
Parthien um so mehr aufmerksam zu machen, oder auch wohl einen
unbedeutenden Fehler einzugestehn um die Aufmerksamkeit von einem
grösseren abzulenken, und dabei vielleicht einige schmeichelhafte Reden
über die bekannte Pferdekenntniss, Reit- oder Fahrkunst des Herrn
einfliessen zu lassen, wie sich ein schlecht aussehendes Pferd, (weil es
ein schlechter Fresser oder drgl. ist,) in der vorzüglichen Wartung,
welche im Stalle des Besichtigers herrscht, in der kürzesten Zeit ein
vorzügliches Aussehen gewinnen werde u. drgl. m. Ueberhaupt muss
man Jedem, der auf den Pferdehandel ausgeht rathen, sich für dieses
Geschäft mit dem kältesten Blute und der ruhigsten Ueberlegung zu
waffnen.
Stets festzuhaltende Regel bei Besichtigung eines Pferdes ist, z u-
erst einen Ueberblick über das ganzePferd zu nehmen.
Man geht zu diesem Zwecke um das ruhig dastehende Pferd ganz
herum, und prüft mit dem Auge, ob es den für ein gut gewachsenes
Pferd geltenden Regeln im Ganzen entspreche.
Hierauf prüft man, ob die einzelnen Parthien zum Ganzen passen
und endlich schreitet man erst zur Erkennung der sogenanten Fehler
an den Beinen u. s. w. Viele Beurtheiler sehn nur darnach, ob das
Pferd an den Beinen keine Fehler habe und meinen, damit sei schon
alles gut. Ich verweise den Leser abermals auf das, was ich über
Pferdekenntniss und Fehlererkenntniss bei Pferden ge-
sagt habe.
Bezüglich der Prüfung des Ganges lässt man das Pferd an sich
vorübergehn, dann einmal gerade auf sich zu kommen und von sich
weggehn.
Nun kömmt die Prüfung unter dem Sattel oder im Geschirr.
Wird ein Pferd als zugeritten oder eingefahren bezeichnet, so
begnüge man sich nie mit dem Vorführen lassen an der Hand; denn nur
im Sattel kann man urtheilen, welches Gefühl das Pferd dem Reiter
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gibt, bezüglich der Leichtigkeit des Ganges und dem guten Willen,
seine guten Eigenschaften zum Vortheile des Menschen anwenden zu
wollen. Mag nun der Käufer ein guter oder schwacher Eeiter sein, so
unterlasse er es nie, das Pferd selbst zu probieren und zwar
für den Zweck, wozu er ein Pferd sucht. Manche begnügen
sich mit einer Probe auf der Reitbahn und wenn das Pferd folgsam
geht, so glauben sie, dass dieses Pferd auch nun in allen Gelegenhei-
ten im Freien gehorsam sein werde. Wie aber kann man nur nach
einer solchen Probe wissen, ob das Pferd willig vom Hause weggeht;
ob es nicht vor tausendderlei Dingen, die das Pferd draussen sieht und
die ihm Furcht einflössen scheu ist; ob es sich an andere Pferde an-
drängt; ob es draussen überall wo der Reiter möchte, stehn bleibt,
ob das für einen berittenen Offizier der Infanterie gekaufte Pferd
bei der Truppe, dem Schiessen, der Musik und sonstigen militärischen
Lärm vertraut ist. Da man nun in den seltensten Fällen ein Pferd kauft
um es nur in der Reitbahn zu reiten, so möge hieraus der Leser ent-
nehmen, wie nöthig es ist, ein Pferd draussen zu probieren. Ich lege einen
sehr grossen Werth darauf, dass derjenige, für den ein Pferd angekauft
werden soll, es selbs t probiere, denn dem Einem ist unangenehm, wo-
raus sich ein Anderer nichts macht, ein kleiner Mann sitzt auf einem brei-
ten, grossen Pferde unangenehmer, als ein grosser länger gespaltener;
ein guter, fester Reiter weiss einen energischen, kräftigen Trabb sehr zu
schätzen, der schwache Reiter hat Mühe auf einem solchen Pferde sitzen
zu bleiben und das Pferd ist ihm mehr zur Last als zum Nutzen; der Eine
legt einen sehr grossen Werth auf einen ruhigen, dabei fleissigen und be-
quemen Schritt, der Andere macht sich nichts aus einem mangelhaften
Schritt wenn nur der Trabb und Galopp gut sind ; der Eine weiss eine
kleine Unart, einen Sprung aus Stallmuih, etwas Scheuen alsbald zu be-
kämpfen, der Andere nennt das eine stützige, scheue Mähre u. s .w. u. s. w.
Darum ist es stets ein sehr misslicher Auftrag für einen Abwesenden
ein Pferd zu wählen und so gibt es tausend Fälle, in deren Folge man im-
mer widerholen muss:
Kaufet nie ein Pferd ohne es selbst zu probieren
und zwar für den Zweck wozu es dienen soll. Hieraus
leitet sich ferner die Regel ab, dass derjenige, welcher sich
mit derDressur eines jungen Pferdes nicht selbstbe-
fassen oder es nicht abwarten kann, bis diese been-
det, oder wie das Resultat derselben beschaf-
fen ist,
immer besser that, ein abgerichtetes
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Pferd zu kaufen und dafür lieber etwas mehr zu
bezahlen.
Der Pferdehändler hat fast immer gleich beim Stalle einen Hof oder
sonst abgeschlossenen Platz, wo er seine Pferde den Käufern vorreiten
lässt. Auf diesem Platze erscheint dann manches Pferd als vollkommen
geritten, welches draussen nicht zu brauchen ist. Hierüber staunt dann
Mancher und glaubt, dass die Bereiter der Pferdehändler wahre Hexen-
meister sind. Es ist nicht zu verkennen, dass diese Leute vielfach eine
grosse Geschicklichkeit darin besitzen ein junges Pferd alsbald auf
einen Standpunkt zu bringen um es als dressirt erscheinen zu lassen. Es
kommt ihnen aber hierbei mancher Umstand zu Hilfe, den nur der erfah-
rene Fachmann bemerkt. So z. B. reitet der Bereiter des Pferdehändlers
ein Pferd nie mit Wischzaum, (Arbeitstrense) vor, denn das würde dem
Käufer gleich den Eindruck machen, dass das Pferd noch ziemlich roh
sei. Das vorzureitende Pferd erscheint also jedenfalls mit dem Rangen -
zäum; die Stange liegt gewöhnlich etwas hoch, weil sie da nicht so em-
pfindlich wirkt, stets sind die Trensenzügel mit beigenommen, und das ge-
gen die Stange zu empfindliche oder noch nicht daran gewöhnte Pferd
wird vorherrschend mit diesen geführt.
Der Pferdehändler verweigert es nie, ein Pferd, das dem Käufer im
Stalle gefällt, unter dem Sattel zu zeigen, und wenn es noch so roh oder
ungezogen wäre. Zeigt sich dann das Pferd ungehorsam, so wird stets den
ungeschickten Manieren oder dem schlechten Reiten des Bereiters die
Schuld gegeben; auch lässt ein Pferdehändler, der zugleich Menschenken-
ner ist, dabei wohl ein schmeichelhaftes Wort über die bekannte Reit-
kunst des muthmasslichen Käufers fallen, welches nie seine Wirkung zu
verfehlen pflegt.
Das Gedächtniss des Pferdes ist bekanntlich sehr gut; wird nun dem
Pferde auf demselben Platze, täglich dieselbe Lektion gegeben, und viel-
leicht zwei bis dreimal täglich wiederholt, so merkt sich das Pferd gar
bald einige Touren im Trabb auf beiden Händen; im Schritt einfallen,
dann einige Tritte zurück, gleich darauf Galopp rechts, einige Touren im
Kreise, Halt, Umkehrtwenden einige Touren im Kreise links sind diejeni-
gen Uebungen, die ein junges Pferd als dressirt erscheinen lassen ; weil
sie aber meistens nur auf Gedächtniss beruhn und nicht in wahrem Gehor-
sam bestehn, der sich nur mit wirklich durchgearbeiteter Körperhaltung
und längere Zeit fortgesetzter Uebung denken lässt, so erscheinen diese
Pferde dann häufig beim Gebrauch im Freien oder unter einem anderen
Reiter als fast roh.
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Das faule Pferd wurde schon bei der Frühmorgenlektion durcli
Peitsche und Sporn gehörig aufgemuntert, auch weiss es der Bereiter
durch unbemerktes Berühren sehr scharfer Sporn bei seinem stets sehr
kurzen Bügeln immer wieder zu erinnern; das Hitzige weiss er durch
Geschicklichkeit auf kurze Zeit zu beruhigen; eine etwas dickere Un-
terdecke, oder gepolsterte Sattelblätter vermindern die Wirkungen
des Sitzes; der meistens einsam gelegene Platz stört die Auf-
merksamkeit des Pferdes nicht, und biethet keine Gelegenheit zum
Scheuen dar.
Der Sachkundige findet dieses alles ganz natürlich, der Unkundige
lässt sich häufig täuschen und bewundert, die wahren Ursachen nicht
kennend, die Reitkunst des Bereiters oder schimpft und ärgert sich
meistens zu spät über den betrügerischen Pferdehändler. Eine vor dem
Stalle vorüberführende Strasse ist wohl ein etwas ungünstigerer Mu-
sterplatz, aber auch das Auf- und Abreiten bis zu einem gewissen
Punkt biethet keine hinlängliche Garantie dafür, dass das Pferd die
Bezeichnung zugeritten und unter dem Reiter gehor-
sam, verdient.
Probiert man ein Pferd für einen Offizier, so unterlasse man nie
die Probe, ob das Pferd den umgenommenen Säbel sowohl als das Ziehn
desselben verträgt. Es sind mir einzelne Fälle bekannt, dass sonst
sehr gute, tüchtige Reitpferde für einen Offizier unbrauchbar waren,
weil sie, vollkommen gehorsam sobald der Reiter ohne Säbel war, im
Dienste durchaus nicht zu reiten waren, indem sie das Schlagen der
Säbelscheide, das Geräusch u. s. w. durchaus nicht vertragen konnten.
Auch ist mir ein Fall bekannt, dass ein Pferd den umgenommenen
Säbel ganz ruhig vertrug, aber beim Ziehn desselben, Salutiren damit,
Hiebe exerciren u. s. w. so unwirrsch wurde, dass es der Besitzer um
sehr billigen Preis weggeben musste. Es ist mir noch sehr gut erin-
nerlich, dass der betreffende Offizier das Pferd vor dem Ankauf mit
umgenommenem Säbel probiert aber das Ziehn desselben versäumt
hatte. Glücklicherweise kommen dergleichen Fälle sehr selten vor,
aber sie beweisen nur, welchen Zufälligkeiten man beim Pferdekauf
ausgesetzt ist.
Das Damenpferd muss vor allem ein frommes, munteres, gehlustiges
Temperament haben und darf nicht scheu oder furchtsam sein. Sehr gün-
stige Sattellage, eine Bildung des Halses und Verbindung mit dem Kopie,
welche das Pferd von Natur befähigt einen schönen Zaum zu machen,
freie Schultern, gute Action bei tadelloser Beschaffenheit der Vorder-
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beine überhaupt, ist unerlässlich. Kommt schöne Figur und gefällige
Farbe hinzu, — um so besser.
Hat man sich Wagenpferde einzeln vorführen lassen und findet
für gut, sie im Geschirre zu probieren, so sehe man vorerst darauf,
ob sie sich beim Auflegen des Geschirres und dem Einspannen nicht
furchtsam, kitzlich u. s. w. zeigen. Noch junge, nicht ganz eingefah-
rene Pferde pflegen gleich nach dem Einspannen nicht gern stehn
zu bleiben, was für wirklich abgerichtete Wagenpferde unbedingt no-
ting ist. Suchen Pferde durch Lancaden angehn zu wollen, so liegt
diesem häufig eine ängstliche Ungeduld zum Grunde, die bei mangelhafter
Behandlung in gänzliche, schwer zu bekämpfende Untugend ausarten
kann. Viele dergleichen Pferde stehn aber ganz ruhig, wenn man sie
nach einer Weile stehn, wieder dazu verhält und solche geben dann
auch Hoffnung es bald zu lernen, gleich nach dem Einspannen stehn
zu bleiben. Kitzlichkeit in hohem Grade ist bei Wagenpferden mei-
stens sehr unangenehm und wird zur ganz fehlerhaften Unart, wenn
das Pferd bei Wendungen nach den Zugsträngen schlägt, oder mit dem
Schweif drehend den Leitriemen unter dem selben bekömmt. Gleiches
Temperament, nämlich gleiche Gehlust und Gehvermögen ist, um mit
ein Paar Pferden angenehm selbst zu kutschieren unerlässlich, abge-
sehen davon, dass, wenn das eine träge und lasch mit wenig Gehwerk,
das andere mehr hitzig mit freiem Gange ist, das letztere die Arbeit
meistens allein verrichtet und vor der Zeit ermüdet.
Bei der Probe von Wagenpferden hat man noch zu berücksichti-
gen, ob man Pferde für den Gebrauch in der Stadt oder nur auf dem
Lande sucht; denn manche Pferde werden, — wenigstens durch einige
Zeit — von dem vielen Geräusch in den belebten Strassen einer gros-
sen Stadt, dem vielen Ausweichen öftern Pariren u. s. w. u. s. w.
so sehr aufgeregt, dass sie ganz ungehorsam werden. Findet die Ur-
sache dieser Aufregung auf dem Lande nicht statt so gehen dieselben
Pferde ganz gut. Der Käufer oder Bathgeber beim Handel muss also
hierauf Kücksicht nehmen und sich nicht wundern, wenn manche Pferde
die auf dem Lande ganz gehorsam waren nun in der Stadt erst wie-
der einiger Uebung bedürfen.
Hat man Gelegenheit sich zu überzeugen, ob Pferde bergauf ruhig
und gelassen ziehn, bergab geduldig aufhalten, so versäume man diese
nie und das Urtheil über die Gebrauchsttichtigkeit wird sehr an Si-
cherheit gewinnen.
Gut eingefahrene Wagenpferde müssen eine Peitschenhülfe in ähnli-
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eher Weise ruhig annehmen, als das gute Reitpferd die Schenkel-
hülfe abwartet.
Indem der Cavallerieoffizier öfter in die Lage kommt, Truppen-
dienstpferde ankaufen zu müssen, so will ich hierüber im speziellen
noch etwas sagen.
In allen Armeen bestehn Vorschriften über die Grösse der Pferde
zu den verschiedenen Militärdienstzwecken sowie über den zu zahlenden
Preis, und es enthalten diese Remontirungsinstrüktionen auch wohl Be-
lehrungen über die Eigenschaften, Fehlerlosigkeit, das Alter bis zu wel-
chem Pferde angekanft werden dürfen u. s. w. Die Hauptsache bleibt im-
mer, dass der damit Beauftragte ein erfahrener Pferdekenner ist, die Lei-
stungen, welche man von Militärpferden verlangt, kennt und auch mit den
Manieren der Pferdehändler nicht unbekannt ist.
Es gehört ein sehr geübtes Auge dazu um unter dem vielen mit-
telmässigen zum Kaufe angebothenen das Brauchbare herauszufinden, und
nicht im Streben und Suchen nach dem Besten das Gute
zu übersehn und endlich nichts zu kaufen. Die von den
Regierungen für Militärpferde ausgesetzten Preise sind meistens nicht
hoch, häufig sogar nicht im Einklang mit den im Privathandel zur Zeit
gängigen Preisen, man wünscht meistens nur junge, drei ein halb, vier
oder fünfjährige Pferde zu kaufen; man kann die Pferde nur durch
Vorgeführtwerden beurtheilen; viele kommen auf den Ankaufsplatz in
sehr abgetriebenen, mageren Zustande, die vielen Kunstgriffe der Lie-
feranten die Pferde in möglichst gutem Lichte erscheinen zu lassen
— alles dieses und noch manches andere machen den Ankauf von
Militärremonten stets zu einem mehr oder weniger beschwerlichen und
unangenehmen Geschäfte.
Die Preise sind meistens nach der Grösse des Pferdes bestimmt,
und da nun ein Zoll Höhenmass den Preis oft um viele Gulden verän-
dert, so wendet der Händler alle möglichen Kunstgriffe an, um das
Pferd beim Messen grösser erscheinen zu machen, als es wirklich ist
Der häufigste Vorgang hierbei ist folgender. Das vorgeführte Pferd be-
findet sich stets in einer gewissen Furcht vor der Peitsche, dadurch
schon hebt es Kopf und Hals höher, und setzt die Hinterbeine mehr
unter; wenn nun das Pferd auf den Platz gestellt wird, wo es gemes-
sen werden soll, so stellt sich der Händler vor den Kopf desselben, hebt
diesen mit beiden Händen erst um den Hals gehörig aufzurichten, ge-
rade in die Höhe und biegt dann den Kopf des Pferdes stark links.
Durch diesen ganzen Vorgang richtet sich das Pferd nicht allein
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im Widerrist stark auf, sondern legt sich ganz auf den rechten Vorder-
fuss herüber, wodurch sich der linke Schenkel auch mehr streckt und
ein so hingestelltes Pferd kann beim Anlegen des Baudmasses um einen
guten auch ein und ein halb Zoll grösser erscheinen, als es wirklich
ist. Wird nun ein solches Pferd nachher mit weniger Vortheil, sich
selbst überlassen, hingestellt, so misst es um so viel weniger und der
Ankäufer kömmt in Unannehmlichkeiten, weil er ein zu kleines Pferd
zu theuer bezahlt hat.
Man kann sich und den Händler sogleich überzeugen, welcher
Vortheil in den Biegen des Pferdekopfes nach links liegt, wenn man
ihn auffordert, den Kopf ebenso rechts zu biegen, und in dieser
Stellung das Pferd misst.
Das Messen mit dem Bandmass wird überhaupt leicht trügerisch,
wenn man dasselbe am Pferdekörper zu dicht anlegt, indem dann die
grössere oder geringere Wölbung der Schultern einen nicht unbedeu-
tenden Einfluss ausübt.
Das sogenannte Gürtelmass kömmt in Anwendung um sich von
dem hinlänglich grossen Umfange des Brustkastens zu überzeugen.
Man legt dasselbe kurz hinter dem Widerrist an und die ganze
Länge desselben soll dann um 6—8 Zoll länger sein als das Höhen-
mass. Die Anwendung des Gürtelmasses beruht auf der sehr richtigen
Theorie über den grossen Umfang des Brustkastens um hieraus auf
eine kräftige Bildung der inneren Organe zu schliessen.
Der Remontenlieferant wird wohl nie ein Pferd vorführen, ohne es
vorher durch Anwendung der Peitsche in Aufregung und Furcht ver-
setzt zu haben, denn das träge, schwerfällige Pferd zeigt dann für die
kurze Zeit des Vorführens nicht allein mehr Temperament und Leich-
tigkeit im Gange, sondern auch geringes Lahmgehen, Steifigkeit u. s. w.,
tritt dann weniger hervor.
Diese Einwirkung der Peitsche des Händlers tritt meistens an
einem Orte ein , wo es der Ankaufende nicht sieht, im Stalle, hinter
einem Hause u. s. w. und es wird kaum möglich sein, den Händler
hiervon zu verhindern, abgesehn davon , das ihm wohl nicht verargt
werden kann, seine Waare so vorteilhaft als möglich zu zeigen.
Aber der Käufer muss darauf bedacht sein, sich nicht blenden zu
lassen, und wird in diesem Falle sehr wohl thun, alle zum Ankaufe
bezeichneten Pferde nach der ersten Besichtigung an einem Orte unter
Aufsicht stehn und sie dann erst noch einmal im Schritt und Trabb
durch die eigenen Leute an sich vorüberführen zu lassen, ehe die
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Pferde wirklich angenommen werden. Ich weiss aus eigener Erfahrung,
dass dann immer eins oder das andere vorkömmt, welches wieder aus-
gestossen wird, weil es sich nun im ruhigen Zustande viel mehr so
zeigt wie es eben beschaffen ist, und dieser mangelhafte Zustand
wurde durch die Peitsche des Händlers mehr oder weniger versteckt.
Da es für einen Eemontenankäufer öfter eintritt, dass er an einem
Tage 100 und mehr Pferde ankauft, wozu er wenigstens noch zwei
Drittel mehr besichtigt, so ertheile ich jedem, der in diese Lage kömmt,
den wohlgemeinten Rath sich selbst zu prüfen, und auf sich Acht zu
geben, denn das Auge ermüdet, und man übersieht Dinge, die einem ohne
diese Ermüdung nicht entgangen wären. Am leichtesten täusche man
sich, wenn Schnee liegt, und die Sonne scheint, theils wegen der Blen-
dung , theils weil das Gehn im Schnee Huffehler am meisten ver-
steckt.
Es ist unmöglich für Jemanden, der weder die hinlängliche Pfer-
dekenntniss noch Erfahrung im Pferdehandel und die Manieren der
Händler hat, für alle Fälle Belehrungen zu geben. Ich vermeide es
daher auch hier noch im Besonderen die Eigenschaften zu beschreiben,
welche das schwere, das leichte Cavalleriepferd, das Artilleriezug-, das
Fuhrwesens- oder das Packpferd haben sollen, noch so genau verfasste
Remontirungsinstruktionen können nicht ersetzen , was Erfahrung und
Umsicht im Pferdefache überhaupt gibt; es ist stets wohlgerathen mit
dem Pferdeankaufe nur Sachverständige zu beauftragen. Denn einen
solchen muss man das Vertrauen schenken, dass er ein schweres Ca-
valleriepferd von einem Karrengaul und ein schwächliches, verkümmer-
tes Thierchen von einem leichten Truppendienstpferd zu unterschei-
den weiss.
Es ist desshalb unpraktisch den Gebrauchswerth eines Pferdes für
die eine oder die andere Cavalleriegattung hauptsächlich oder nur nach
dem Höhenmasse beurtheilen zu wollen. Manches Pferd, das wegen seiner
Masse, Kraft und gutem Gehwerk ein sehr tüchtiges Cürassierpferd
wäre, wurde schon von unpraktischen Pedanten vom Ankaufe ausgeschlos-
sen, weil ihm an Höhenmasse 1/i Zoll fehlte, dagegen manche lasche
kraftlose, schmale, hochbeinige Mähre um so lieber angekauft weil die-
ses Tbier das Normalhöhenmass um 1 auch 1 % Zoll überschritt. Die
in den Remontirungsinstruktionen bestimmten Normalmasse für die Grösse
der verschiedenen Militär-Dienstpferde können nur als allgemeine Richt-
schnur betrachtet werden, sollten aber nie dahin missbraucht werden, um
die Höhe allein den anderen Eigenschaften voranzustellen.
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Der Sachverständige weiss nebstdem, dass nicht alle Cavallerie-
dienstpferde sehr gute Reitpferde sein können, denn es liegt in der
Natur der Sache, dass derartige Pferde in der grossen Anzahl für das
vom Staate zu ihrer Anschauung ausgeworfene Geld nicht zu haben sind
und weiss desshalbdas hinlänglich gute und brauchbare zu
nehmen ohne einemunerr eichbaren Ideale nachzujagen.
Die Beurtheiler des Ankäufers dürfen nie vergessen, dass unter einer
grossen Anzahl Pferde gut und mitteltnässig stets gemischt ist und dass
das Urtheil über ein nur vorgeführtes Pferd, über ein junges, noch
nicht ganz entwickeltes, schlecht genährtes u. s. w. Pferd stets vielen
Wechselfällen unterliegt. Manches in sehr gutem Futterzustande zum Re-
gimente kommende Remont scheint zu den besten Hoffnungen zu berech-
tigen, ein anderes, mageres wird geringschätzig angesehen. Ersteres aber
bleibt dann vielleicht so, wird auch wohl gleich in eine anstrengende Ab-
richtung genommen und entspricht dann den Erwartungen nicht; das an-
dere wird geschont, nimmt zu an Kraft, es bekömmt Muskulatur, einen
kräftigen, freien Gang u. s. w. der aufmerksam dienende Offizier kann
im Laufe einiger Jahre diese und ähnliche Beobachtungen gar oft
machen.
Das Gedeihn des jungen Truppenpferdes hängt überhaupt von gar
vielen Umständen ab^ welche der Ankaufende nie alle voraussehn und
vorauswissen kann.
(Siehe; Schonen junger Pferdo.)
Die Summe Geldes, welche für dasselbe Pferd bezahlt wird, ändert
sich öfter in sehr kurzer Zeit sehr, man wirft sich dann unwillkührlich
die Frage auf; wie das wohl komme? Der Geldwerth eines Pferdes ist
stets ein sehr relativer Begriff und ich will auch diesen Punkt hier etwas
näher besprechen.
Gedanken über den Geldwerth eines Pferdes.
Der wahre Werth eines Pferdes wird eigentlich durch
die Leistungsfähigkeit für einen bestimmten Zweck und
die Hoffnung, wie lange es wahrscheinlicherweise für
diesen Zweck tauglich bleibt bestimmt. Der wahre Werth
eines Pferdes wird daher nicht wirklich verändert, wenn es zufälliger-
weise in den Besitz eines Menschen kömmt, der entweder dieses Pferd
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nicht zu gebrauchen weiss, oder keine passende Arbeit far dasselbe
hat. Man kann desshalb, wenn ein hoher Preis gefordert wird, nur
sagen: Für mich hat dieses Pferd keinen so hohe'n Werth, oder auch
das Pferd passte wohl für meinen Gebrauchszweck, aber ich kann so
viel nicht bezahlen. Ein jedes Pferd hat irgend einen Werth, der sich
steigert oder vermindert, je nachdem das Pferd an seinem
Platze ist, oder nicht. Wie nützlich ist noch selbst das blinde
alte, nebstbei auch wohl schwerathmige Pferd, das den Ackev des Land-
mannes mit unverdrossenem Diensteifer umpflügt, die Saat einegget und
das reife Getreide nach Hause führt.
Hätte dieses Pferd wohl für einen Postmeister, dessen Pferde auf
harter Strasse bergauf und ab im Trabb laufen müssen , denselben
Werth?
Wie viel Menschenkräfte ersetzt nicht ein Pferd, das im langsamen
Schritt, — vielleicht keines anderen Ganges mehr fähig — stets in
kleinen Kreise gehend, irgend eine nützliche Maschine in Bewegung setzt.
Welchen Werth hat wohl ein Schulpferd, das durch Natur und Kunst
vollkommen dasteht, dass in Folge dessen gar manchen jungen Mann
richtiges Reitergefilhl gibt, seine Ansichten und Begriffe läutert, und be-
festigt, die er nachher wieder zum Nutzen einer unendlichen Anzahl von
Pferden und Menschen anwendet, das in ihm Lust und Liebe zum Pferde
und der Reitkunst erweckt und befördert, stets dankbar sich jener Zeit
erinnernd, wo er so glücklich war, ein solches Pferd reiten zu können?
Hat ein solches Pferd, das allen regelrechten Hülfen augenblicklich ent-
spricht, aber auch durch jede unregelmässige Anwendung von Hand und
Schenkel unangenehm berührt wird, das gewohnt ist, alle Gänge höchst
tacktvoll aber in einer ihm durch die Kunst gegebenen und durch dieselbe
stets darin unterstützten Haltung auszuführen wohl denselben Werth
für einen Gutsbesitzer der auf dem Lande lebend, von seinem Reitpferde
hautsächlich verlangt, dass es ihn bequem und ruhig, ohne dass er dabei
auf das Pferd viel einzuwirken brauche, in seinen Feldern und Wäldern
ruhig umhertrage ?
Welchen Werth hat wohl ein noch so gesundes, kräftiges, ausdau-
erndes noch so schnelles Pferd für einen Staabsoffizier der Infanterie
das bei allen seinen guten Eigenschaften eine unüberwindliche Furcht
gegen das Schiessen hat. Dasselbe Pferd würde vielleicht bei schneller
Hinterlegung von Distanzen, Rennen mit Hindernissen u. drgl. einem
andern Besitzer viel Vergnügen machen, oder auch durch das Ge-
winnen hoher Preise Geld eintragen; dagegen ist es zum sicherii
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Dienst bei der Infanterie in einem Hauptpunkte unbrauchbar, folglich
werthlos.
Welchen Werth hat wohl ein Vaterpferd, das in Folge seiner vor-
züglichen Eigenschaften zur Verbesserung einer ganzen Landeszucht
den Grund legt? Warum sind die besten Wettrennpferde in England so
theuer? Weil der Besitzer dieses Pferd als ein Kapital betrachtet, das
um so mehr steigt, je höhere Interessen es tragen kann. Diese bestehn
theils im Gewinnen sehr hoher Preise auf der Rennbahn, theils in den
Beträgen, welche Stutenbesitzer für das Bedecken bezahlen, theils in den
selbstgezogenen Füllen, in der Voraussicht sie gut zu verkaufen oder
dass wenigstens eins den Ersatz für den immer älter werdenden Vater
liefert. Warum ist dem Wüstenaraber sein bestes Pferd so zu sagen für
gar nichts feil ? Weil es ihm ohne dieses Pferd vielleicht gar nicht mög-
lich wäre, seine Lebensaufgabe zu erfüllen, und er sich zufolge der
Landeszustände seiner Heimath für Geld gar nicht verschaffen kann, was
ihm dieses Pferd erwerben hilft.
Kann wohl der Werth eines Pferdes jemals durch Zahlen bezeichnet
werden, durch dessen Ausdauer, Schnelligkeit und Bravour es seinem
kühnen, entschlossenen Reiter gelang am Tage der Schlacht einem Co-
lonnenführer einen Befehl zu überbringen, von dessen rechtzeitigem
Eintreffen der Gewinn oder Verlust der Schlacht abhängt übor Län-
der und Kronen entscheidend? Ist wohl für einen Offizier überhaupt
der Werth eines Pferdes von dessen grösserer oder geringerer Lei-
stungsfähigkeit oft Leben, Ruhm und Ehre abhängt, zu hoch an-
zuschlagen.
Es gibt also ausser dem Geldwerthe der Pferde auch noch einen
ideellen, unmessbaren Werth.
Die in einem Lande bestehenden Preise der Pferde sind von man-
cherlei Verhältnissen abhängig, bedingt durch das Zusammenleben und die
Bedürfnisse vieler Menschen. In kultivirten Ländern, wo jedes Stückchen
Erde bebaut wird um die Nahrungs- und Lebensbedürfnisse für den Men-
schen hervorzubringen, ist die Aufzucht der Pferde kostspieliger, als in
Gegenden, wo die Bevölkerung dünner ist, und sich grosse Weideplätze
darbiethen. In solchen Ländern werden dann Pferde nicht allein zum eige-
nen Bedarf gezogen, sondern in der Absicht sie zu verkaufen, um sich
für das gelösste Geld wieder andere Bedürfnisse anzuschaffen. So nimmt
die Lage und Beschaffenheit des Landes auf die Preise Einfluss: fer-
ner die verminderte oder gesteigerte Nachfrage für die Bedürfnisse des
eigenen oder Nachbarlandes zu einem oder dem anderen Zweck und je
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nachdem nun viele oder wenige der gewünschten Pferde vorhan-
den sind.
Dieses zeigt sich am deutlichsten beim Handel mit Luxuspferden, oder
bei Ausbruch eines Krieges.
Ebenso übt eine Veränderung der Preise der Lebensbedürfnisse
überhaupt auch auf die Preise der Pferde einen natürlichen Einfluss. Der
Privatzüchter bringt das Kapital in Anschlag was er anlegte, um seine
Zucht zu gründen, und die Aufzucht zu ernähren, wornach er dann den
Preis seiner Produkte bestimmt.
Und so gibt es mancherlei Ursachen, welche die Preise und somit
den Geldwerth der Pferde bestimmen.
Um welchen Preis bekömmt man in diesem Lande, in dieser Stadt
ein Pferd mit den oder jenen Eigenschalten, für den einen oder anderen
Zweck ? Diese Frage kann man bei umsichtiger Kenntniss und Erfahrung
eher bestimmt beantworten.
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Dritter Abschnitt,
Skizze einer Geschichte der Pferdezucht.
Von Prof. Dr. A. Bruckmüller.
Die Geschichte des Pferdes steht in einiger Beziehung mit der
Geschichte des Menschengeschlechtes.
Die Nomadenvölker, welche die weit ausgehenden Steppenländer
Hochasiens bewohnen, haben zuerst das Pferd auf ihren kriegerischen
Raubzügen gegen die sesshaften und durch die Bodenkultur reich ge-
wordenen Völker nach den verschiedenen Weltgegenden verbreitet, und
so wie dieses edelste der Hausthiere unstreitig zunächst zu kriege-
rischen Zwecken benützt worden ist, so geht auch die allmählige
Entwicklung der Pferdezucht Hand in Hand mit der Art und Weise
der Kriegsführung.
Nachdem der Gebrauch des Pferdes einmal allgemein geworden
war, trifft man es nach den ältesten historischen Ueberlieferungen nur
bei pompösen, kriegerischen Aufzügen und als Gefährten des Mensehen
in der Schlacht verwendet, theils um den kühnen Reiter in den Kampf
zu tragen, theils um an den Streitwagen gespannt den muthigen Käm-
pfer gegen den Feind zu führen.
Die letztere Sitte verschwand immer mehr, je grössere Massen
gegen einander aufgebothen wurden, und schon in den Kriegen der
Perser gegen Griechenland wird der Reiterei allein erwähnt. Der Man-
gel an Kriegswerkzeugen, welche in die Ferne von bedeutender Wirk-
samkeit gewesen wären, setzte das Schlachtenglück auf persönlichen Mulh
und Tapferkeit und der Kampf wurde durch die Stärke und Behen-
digkeit der einzelnen Streiter entschieden. Daher ist das Hauptaugen-
merk in jenen Zeiten dahin gerichtet, weniger schwere, als
vielmehr leichte, behende und wendsame Pferde zu
ziehn, und zur Zeit der Griechen und Römer wird das flüchtige
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Ross Kleinasiens und der von dort aus gegründeten
europäischen Colonien im südlichen Italien und Spa-
nien als das beste Kriegspferd geschildert; schon in diesen frühen
Zeiten treffen wir auf einzelne, durch ihre Vorzüglichkeit ausge-
zeichnete Stämme, deren "Werth nach der Reinheit ihrer Abstam-
mung geschätzt wird, wie dieses, um nur ein Beispiel hervorzuheben,
mit den nisäischen Pferden der Fall war; legte man gleich einigen
Werth auf die Gestalt und die äusseren Formen der Pferde, deren
Schönheit aber nach Virgils Beschreibung nach andern Gesichtspunk-
ten als heut zu Tage beurtheilt wurde, so standen doch nur die durch ihre
Leistungsfähigkeit ausgezeichneten Pferde in hohen Ansehen, und
die reichen Preise , welche den Siegern auf der Rennbahn bei den
olympischen und circensischen Spielen zu Theil wurden, beweisen am
deutlichsten, welch' hohen Werth man schon damals auf die Schnellig-
keit und Behendigkeit bei dem Pferde legte.
Die ungeheure Völkerwanderung, welche vor der Spaltung des
römischen Reichs begann, und wahrscheinlich von denselben Gegenden
ausgegangen ist, aus denen das Pferd zuerst über die Welttheile ver-
breitet worden war, hüllt den Zustand dieses Gefährten des Menschen
auf seinem Wanderungs- und Kriegszügen in undurchdringliches Dunkel,
und nur eine Vermuthung erlaubt auf eine vielfache Vermischung der
schon damals bestandenen Rassen zu schliessen, deren Produkte aber
weder durch bildliche Darstellungen, noch durch historische Nachrich-
ten nur einigermassen bekannt wären.
Erst im weiteren Verlaufe des Mittelalters erfahren wir theils aus
den Sagen, in welchen die nordischen Völker die kühnen Thaten ihrer
Helden kleideten, theils aus den Liedern, in welchen die deutschen Stäm-
me die Kämpfe ihrer Fürsten besangen, dass ein durch vollständige Rein-
zucht erhaltener Stamm von starken, schweren nnd grossen Pferden
durch die kriegerischen Raubzüge jener Völker von dem Norden Eu-
ropas aus über diesen Welttheil zugleich mit der Sitte verbreitet wurde,
den Körper des Kämpfers mit der mächtigen Schutzwaffe des Panzers
zu versehen. Als die Einführung des Feudalsystems die Verpflichtung
des Adels zu persönlichem Kriegsdienste, und zwar zu Pferde veran-
lasste, musste das Bedürfniss nach solchen den damaligen Anforderun-
gen allein entsprechenden Pferden nicht blos auf die Vermehrung,
sondern auf Verbesserung und Vervollkommnung jenes Stammes gün-
stig einwirken; wir lesen auch aus jener Zeit von Gestütten auf den
Bergen und Edelsitzen, wie den Abteien und Klöstern, von Marstäl-
22*
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len an den Höfen der geistlichen und weltlichen Fürsten, während der
gemeine Mann, meist nur zum Kriegsdienste zu Fuss verpflichtet, der
von dem Lehensherrn mit einem Pferde versehn , von dem Betriebe
der Zucht dieses, fast nur für den Dienst des Adels bestimmten Thie-
res ausgeschlossen war. Die Gefährlichkeit der Angriffwaffen ruft mäch-
tigere Scbutzwaffen hervor, und so wird nicht nur der Reiter, sondern
auch das Pferd, durch dessen Stoss die Gewalt der Lanze noch erhöht
wird, in Eisen gehüllt; sowohl Beschreibungen von Pferden jener Zeit
als auch Abbildungen solcher geharnischten Ritter auf den Siegeln und
insbesondere auf den Tapeten erlauben ein vollständiges Bild von der
Stärke der damals gebrauchten Pferde zu entwerfen, welche nach ange-
stellten Berechnungen ohne das Gewicht der Lanze und Kleidung zwi-
schen 400-430 Pfund zu tragen hatten. Die Turniere, eigentliche
Reiterspiele, in welchen woniger die Schnelligkeit als die
Kraft des Pferdes sich erproben konnte, schon gegründet
in den frühsten Zeiten, und nur durch die Sitte der Zeit abgeändert,
beförderten die Erziehung der mächtigen Streitrosse, deren Zucht vor-
züglich in den deutschen Ländern betrieben, und von hier aus nach
andern Ländern, insbesondere Frankreich und England verbreitet wurde.
Das altdänische Pferd, das Pferd von Burgund und Franche-Comte
das Normanen-Ross und das niedersächsiche Pferd des vorigen Jahr-
hunderts dürften den Typus jener alten und durch so lange Zeit rein-
erhaltenen Rosse so ziemlich beibehalten haben.
Die Erfindung des Schiesspulvers und die daraus folgende An-
wendung weithin treffender Waffen Hess persönliche Tapferkeit einer
überwiegenden Geschicklichkeit weichen, und machte diese Eisenum-
hüllungen von Mann und Ross unnütz; die neue Art der Kriegslüh-
rung suchte die Macht des Gegners durch das Ungestüm des Fuss-
volkes zu brechen , und drängte den Gebrauch der Reiterei mehr in
den Hintergrund, es begann der Kampf der Massen gegen Massen, und
was das Pferd an Grösse und Stärke oder eigentlich an
Gewicht verloren hatte, wurde ihm durch Wendsamkeit
und Behendigkeit ersetzt. Die Pracht der fürstlichen Höfe
zeigte sich in pompvollen Aufzügen; glänzende Caroussels in denen
sieh mehr der Reichthura und die Geschicklichkeit des jugendlichen
Adels irn Reiten als eine jetzt nutzlose Stärke und persönliche Ta-
pferkeit zu zeigen suchte, traten an die Stelle der Turniere, und so
wird insbesondere seit der Zeit Kaiser Karl V. der Stamm riesiger
Pferde aus dem Korden mehr und mehr zurückgedrängt; an seiner
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Stelle wird jetzt das lebhafte, lenksame, behende und pom-
pöse Pferd von denZüchtern der südlichen Länder, ins-
besondere von Spanien und Neapel gesucht.
Hiermit tritt aber auch ein vollständiger Wendepunkt in der
Pferdezucht auf und das orientalische Blut kommt zu seiner
so vielfach berühmten, in neuester Zeit aber so heftig
angefochtenen Wirksamkeit.
Spanien, schon zur Zeit der Römer wegen seiner Pferde berühmt
die es wahrscheinlich durch die Phönizier aus Syrien erhalten hatte,
im fortgesetzten Verkehre mit der Nordküste von Afrika, wo schon
früher orientalische Pferde sich ausgebreitet hatten, endlich selbst gröss-
tentheüs von den Mauren erobert, war das erste Land, in welchem in
maurischer Zeit das orientalische Blut in der Pferdezucht zur Gel-
tung kam.
Bis in das fünfzehnte Jahrhundert dauerten die Kämpfe der go-
thischen Fürsten gegen die Sarazenen, und es ist kein Zweifel, dass
während dieses langen Zeitraumes vielfache Vermischungen der Plerde
vorgekommen sein werden. Schon die Notwendigkeit zwang die christ-
lichen Ritter sich ein zwar starkes, aber doch auch schnelles
und behendes Pferd zu erziehn, um dem flüchtigen Barberrosse
folgen zu können, und der Gewaudheit arabischer Streiter gewachsen
zu sein. Desshalb scheint auch nach den Sagen und Bildern aus die-
ser Zeit das Pferd in Spanien nie so massig und schwer geworden zu
sein, wie in Deutschland, und es erfolgte daher daselbst eine in ande-
ren Ländern wenig gekannte Verbesserung und Vervollkommnung des
nordischen Pferdes durch die Beimischung des nord-
afrikanischen Blutes.
Spanien kam nicht nur in den Besitz eines .grossen Theiles von
Italien, sondern auch in vielfache Berührung mit den übrigen Staaten
Europas, und legte so den Grund zu einer gänzlichen Veränderung in
den Ansichten über Pferdezucht. Namentlich aber war es Italien wo
weltbekannte Gestütte errichtet, die prächtigsten Pferde erzogen, und
weithin versendet wurden; aus diesem Lande stammen auch die ersten
neuern Schriften über Pferdezucht; hier wurde die Reitkunst zuerst
vervollkommnet, und italienische Stallmeister verbreiteten ihre Wis-
senschaft von der Wartung und Abrichtung der Pferde, so wie von
der eigentlich mit Unrecht so genannten spanischen Schulreiterei
nicht blos nach Deutschland und Frankreich, sondern selbst nach
England.
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Anmerkung. Der Ausdruck spanische Schule, — spani-
sche Schulreiterei drängt unwillkührlich zu der Ansicht, dass die
hohe Schule in Spanien einst sehr cultivirt worden sei. Dieses ist
nirgends in der Entwicklungsgeschichte der Reitkunst bestätigt;
was man an andern Orten hohe Schule, Schulreiten überhaupt
heisst, nennt man nur in Wien — Osterreich - - spanische Schule,
weil zur Zeit der Gründung der jetzt noch bestehenden Hofreit-
schule in der k. k. Hofburg unter der Regierung Karl's VI. hierzu
vorzüglich, vielleicht ausschliesslich spanische Pferde, oder doch
direkte Nachkommen derselben, verwendet wurden.
B. v. 0.
Die Benützung des Pferdes als des wichtigsten Transportmittels
zu Lande für den nach der Entdeckung von Amerika so schnell gesteiger-
ten Handel, und die in den italienischen Kriegen zwischen Deutschland
und Frankreich mehr zunehmende Gewohnheit, grössere Reitermassen im
Kriege gegen einander wirken zu lassen, machten das Bedürfniss nach
Pferden viel allgemeiner und mussten die Zucht dieser zu allgemeiner
Notwendigkeit gewordenen Hausthiere ungemein befördern und erwei-
tern; nicht mehr blos die Fürsten und der Adel sondern auch der durch Han-
delsthätigkeit reich gewordene Bürgerstand, die Freisassen und Besitzer
grösserer Grundcomplexe beschäftigten sich mit der Pferdezucht. Wenn
daher auch die Zucht einheimischer Stämme nicht vernachlässigt wurde,
wie dies die Nachrichten von dem burgundischen, dänischen, friesischen
Pferde hinreichend beweisen, so wurde doch der sp an is che und ita-
lienische Typus als der vollkommenste betrachtet, und das Blut
dieser Pferde häufig dem einheimischen beigemischt. Ja, als in Spanien
selbst schon in Folge des Aufhörens der Theilnahme an weltgeschichtli-
chen Kämpfen die Pferdezucht bedeutend zurückging und die durch eine
gewisse Verweichlichung herbeigeführte Maulthierzucht sich immer mehr
ausbreitete, als Italien bei seinem unaufhörlichen Partheikämpfen und
Zersplitterungen den Rufseiner dadurch vielfach gefährdeten Pferdezucht
verloren hatte, behauptete doch noch immer der Name des spanischen
Pferdes seine altberühmte Wichtigkeit in Bezug auf Verbesserung eines
minder guten Stammes.
Der dreissigjährige Krieg zerstörte, so wie in vielfach anderer Be-
ziehung den Fortschritt der Cultur, so auch jeden weitern Aufschwung der
Pferdezucht in den darin betroffenen Ländern. In Deutschland sah man
sich gezwungen Pferde aus den verschiedensten Ländern und daher auch
von mannigfaltigster Abstammung zu erwerben, und erst von dieser Zeit
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an scheint, wenigstens nach den Schriften über diesen Gegenstand das
polnische und ungarische Pferd in Deutschland zum gewöhnlichen Ge-
brauche und zur Zucht verwendet worden zu sein, da es in Folge sei-
ner geringen Körpergrösse bei der herrschenden Mode grosser und
starker Pferde früher wenig in Betracht gekommen sein mag.
Nur an den grösseren fürstlichen Höfen blieb die spanische Zucht
noch lange in grossem Ansehn, und wurde zu einer wo raög ich noch hö-
heren Vervollkommnung nach den Ansichten jener Zeit gebracht. Der
immer mehr überhand nehmende Gebrauch von Kutschen, welche anfangs
von der schwerfälligsten Bauart waren, die ungemeine Vervollkomm-
nung der Reitkunst, welche jetzt durch französische Stallmeister ange-
bahnt und verbreitet wurde, endlich die Einführung der glänzenden
Caroussels mit ihren Quadrillen und Riugelstechen, welche an die Stelle
der längst verschollenen Turniere traten, erforderten grosse und starke
wendsame und gelehrige, stolze und pompöse Pferde, wie man sie da-
mals eben in der spanischen Zucht kennen und schätzen gelernt
hatte.
Durch ganz andere Einflüsse als die Zucht in Gestuften wurde die
Landespferdezucht geregelt, hier wirkte vor allem die Einführung ste-
hender Heere; sobald der Soldat nämlich der zu P/erde kämpfende
Krieger, — Ritter, Edelmann nicht mehr selbst sein Pferd herbeizu-
schaffen und es durch eigne Mittel zu erhalten hatte, ergab sich auch
die mindere Bedeutung der Zucht für den Einzelneu; da aber in Folge
des Ankaufes von Seite des Staates eine grössere Anzahl bedurft
wurde und desshalb der Absatz mehr und mehr an Sicherheit gewann,
nahm die Pferdezucht nicht nur eine weitere Verbreitung unter dem
Landmanne, sondern es trat auch ein intensiverer Betrieb dieses land-
wirtschaftlichen Zweiges ein, der durch den Ueberfluss an Weiden
noch befördert wurde.
Nimmt man dazu, dass der rasch wieder aufblühende Handel und
die allgemeine Hebung der Cultur eben so gut das Bedürfniss nach
Pferden steigern musste, wie der von Seite des Militärs im Grossen
bewirkte Ankauf, so erklärt sich die schnelle Ausdehnung der Pferde-
zucht hinreichend, wobei aber als eine natürliche Folge des Mangels an
guten und reingezüchteten Zuchtpferden vielfache Vermischungen der
entgegengesetztesten Stämme eingeleitet wurden, so dass die alten Lan-
deszuchten, obgleich sie sich durch lokale Verhältnisse begünstigt, in
manchen Gegenden erhalten haben, dennoch immer mehr und mehr ver-
loren gingen. Auf den Untergang dieser schweren massigen Pferde wirkte
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auch noch der Umstand ein, dass die damalige Art der Kriegführung mehr
durch die schnelle Gangart bei dem Angriffe, als durch das Gewicht der
Pferde den Stoss der Massen furchtbar zu machen, mit der Abnahme der
schwereren Bewaffnung auch leichtere und schnellere Pferde erforderte,
und der Pferdezüchter daher gezwungen war, sich dem Bedürfnisse desje-
nigen Käufers anzupassen, von welchem er den sichersten und grössten
Absatz erwarten dürfte.
Die Ausdehnung der immer mehr überhand nehmenden Hofgestütte
an denen nicht immer nach geregelten Grundsätzen, sondern mehr nach
der Liebhaberei in seltenen und besonders verschieden gefärbten Pferden
und nach der Möglichkeit sich die erwünschten Zuchtthiere zu verschaffen,
verfahren wurde, blieb durch die Verbreitung der daselbst gezogenen
Pferde nicht ohne Einfluss auf die Landespferdezucht, hatte aber eben
dadurch, dass bei der noch bis auf den heutigen Tag bei dem grösstem
Theile der kleineren Züchter bestehenden Unkenntniss eines zweckmässi-
gen Zuchtverfahrens die entgegengesetzten Stämme gekreuzt wurden,
nur nachtheilige Folgen für die Begründung und Erhaltun g fest-
stehender Rassen.
Die vielfachen Beziehungen in welche seit jener Zeit die europäi-
schen Höfe mit den orientalischen traten, und durch welche der Aus-
tausch gegenseitiger Geschenke, unter denen Pferde nicht immer die min-
der werthvollen waren, veranlasst wurde, lehrten die Vorzüge des arabi-
schen Pferdes, welche zum Theil schon durch die Einwirkung des
nordafrikanischen Blutes in der spanischen Zucht erprobt waren, in immer
weiteren Umfange kennen, und man darf von diesem Zeitpunkte an rech-
nen, dass, wie früher der Berberstamm in Spanien, so jetzt das orientali-
sche Blut zunächst seine Einwirkung in Frankreich auf die bereits viel-
fach veränderten und verbastardirten occidentalischen Rassen zu zeigen
begann.
Wahrhaft Epoche machend in der Geschichte der Pferdezucht, ist
die Begründung einer selbstän digen Rasse in England
durch das orientalische Blut, der sogenannten Vollblutrasse.
Die freilich mehr durch Zufall als durch Absicht geleitete Wahl der
Stammpferde durch welche nach dem Ausdrucke Veltheim's die Grösse
und Substanz des turkomanischen Pferdes mit der edlen Form und Flüch-
tigkeit des Arabers einerseits und mit dem Feuer des Berbers anderer-
seits verbunden wurden: die genaue Befolgung- geregelter Zuchtgrundsätze
wie sie den auch in der übrigen Hausthierzucht erfahrener Engländer
geläufig war: die grösstmögliche Sorgfalt auf die Heranziehung und War-
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tuDg der Pferde, die durch ein der Entwicklung thieriscker Organismen
überhaupt so günstiges Klima mächtig unterstützt wurde; die Erweckung
des allgemeinen Interesses für Pferdezucht durch Einführung und Aus-
bildung der zu Nationalfesten gewordenen Wettrennen, welche aus einem
der Lust zu Wetten entspringenden Vergnügen zu dan entscheidensten
Proben für die Leistungsfähigkeit einer Zucht wurden, und . endlich die
Aussicht auf glänzenden Gewinn, welche dem Züchter durch einen siche-
ren Absatz und durch die von Seite des Staates und den Privaten ge-
spendeten reichlichen Preise eröffnet wurde; alle diese Umstände waren
die wesentlichsten Momente, welche auf die Heran-
bildung der englischen Vollblutrasse zu dem in seiner
Art vollkommensten und schnellsten Pferde vommäch-
tigsten Einflüsse waren. Ein so edler und in sich stets rein
erhaltener Stamm konnte bei zweckmässiger Verwendung zu Zuchtpfer-
den nicht ohne die günstigste Einwirkung auf die Veredlung und Ver-
vollkommnung der übrigen im Lande befindlichen Rassen sein, and so
haben die Engländer, wenn sie gleich einzelne, zu bestimmten Zwecken
verwendete Stämme ganz rein vom Vollblut erhalten haben, durch einen
einzigen aber rein gezüchteten Stamm die Pferdezucht des ganzen Landes
auf die allgemein anerkannt höchste Stufe der Vervollkommnung nach
den verschiedenen Gebrauchsrichtungen hingebracht.
Auf dem Continente dagegen hatte die Pferdezucht eine ganz andere
und wesentlich verschiedene Richtung genommen, welche insbesondere
durch den gesteigerten Bedarf an Kriegspferden eingeleitet war. Der
durch eine wahrhaft rücksichtslose Vermischung aller nur möglichen
Rassen herbeigeführte Mangel an zum Kriegsdienste tauglichen Pferden
machte sich zunächst in Frankreich während der verherrenden Kriege
gegen Ende des 17. Jahrhunderts geltend, und rief daselbst die erste
Einführung von dem sogenannten Landgestütten (eigentlich Be-
schäler-Depots) hervor, welche von hier aus über ganz Europa, mit Aus-
nahme Grossbritaniens verbreitet, eine entschiedene Wendung in der
Pferdezucht bewirken mussten.
Der Zweck, welcher der Errichtung von Landgestütten zu Grunde
lag, war zunächst, viele und tüchtige Zuchthengste von Seite des Staa-
tes zu unterhalten, um dieselben je nach den Bedürfnissen in die einzel-
ner Distrikte zur Belegung der Stuten zu vertheilen; hierdurch sollte
auch dem kleinern Grundbesitzer Gelegenheit zum Betriebe der Pferde-
zucht gegeben und derselbe somit in weitern Kreisen ermöglicht wer-
den; andererseits wollte man durch die Aufstellung besserer Zucht-
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hengste, als dies den Privaten möglich war, zugleich auf eine Verbesse-
rung der Landeszucht hinwirken.
Anfangs verschaffte sich der Staat diese grössere Anzahl an Be-
schälern durch den Ankauf theils im eigenen Lande, theils in solchen
Ländern, welche ihrer Pferdezucht wegen sich einigen Ruf erworben
hatten; bald aber ging man von diesem unsichern Mittel, sich die geeig-
neten Zuchthengste zu verschaffen ab, und errichtete sogenannte Stamm-
oder Pepiniere Gestütte, in welchen die für das Land bestimmten Zucht-
thiere erzogen werden sollten; es waren dies ursprünglich wohl meist
nur Hofgestütte, also Privateigenthum der Fürsten und erst später und
allmälig wurden sie theils als eigne Militäranstalten festgesetzt, theils
auf Kosten des Landes erweitert und eingerichtet. Um aber zugleich
auf eine Verbesserungund Veredlung der bestehenden Stämme
hinzuwirken, sah man sich häufig genöthigt, fremde Zuchten einzuführen,
wobei man sein Hauptaugenmerk auf das orientalische Blut
richtete, welches ja die Hauptquelle war, aus welchen England die
Grundlage seiner vorzüglichsten Pferdezucht geschöpft hatte. Da es
auch in dem speciellen Zwecke der Landgestütte lag, die Armeen mit
tauglichen Kriegspferden zu versehn, so wurden späterhin Remontende-
pots und Füllenhöfe errichtet, in welchen junge augekaufte Pferde für
die Bedürfnisse der Cavallerie auferzogen wurden. Durch den in solcher
Weise gesicherten Absatz um einen entprechenden Preis noch mehr aber
durch die Vertheilung selbst sehr hoher Preise für die Aufzucht schöner
Pferde suchte man das Interesse selbst kleinerer Besitzer an diesem
landwirthschaftlichen Zweige zu heben.
Allein der Erfolg blieb weit hinter den aufgewen-
deten Mitteln zurück. Die häufigen Continentalkriege, durch
welche oft in kurzer Zeit die sich allmälig hebende Pferdezucht eines
Landes zerstört wurde; die stete Vermischung der verschiedensten Rassen
und Stämme durch welche die Bildung eines reingezüchteten und selbst-
ständigen Stammes immer wieder gehindert wurde; die fort und fort
wechselnden Ansichten über die Zweckmässigkeit der verschiedenen
Zuchtsysteme, durch welche nur zu oft der begonnene Fortschritt wieder ge-
hemmt wurde; die zu geringe Aussicht auf Gewinn, durch welche die Er-
weckung eines allgemeinen Interesses an der Pferdezucht unmöglich
wurde; dass nur auf der subjektiven Anschauung des Preisrichters basi-
rende System, die Preise nach der, so häufig dem Geschmacke der Mode
unterliegenden Schönheit der äussern Form, und nicht nach der durch
Leistungsfähigkeit begründeten innern Güte zu vertheilen; die durch
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Aufhebung oder möglichst geringe Festsetzung eines Sprunggeldes her-
beigeführte Unmöglichkeit einer Concurrenz zwischen den Beschälern
des Staates und der Privaten, waren die Hauptursachen, welche
die Einwirkung der Landgestütte auf Hebung der
Pferdezucht so wesentlich beeinträchtigten, dass bis
auf die letzten Jahrzehnte, wo die glänzenden Erfolge des Zuchtverfah-
rens in England zu vielfacher Nachahmung angeeifert haben, die westli-
chen Länder Europas fast durchaus genöthigt waren, durch den Ankauf
aus fremden Ländern, insbesondere aus dem Reichthume der östlichen
Gegenden ihre Cavallerien mit Pferden zu versehen; wohl der sicherste
Beweis, dass die vielen Millionen, welche die Landgestütte bis dahin geko -
stet hatten, nicht im Stande gewesen sind, weder die Erzeugung
der gehörigen Menge von Pferden zu bewirken, noch
eine selbstständige, den gewünschten Gebrauchszwe-
cken entsprechende Rasse zu begründen.
So ergibt sich dann die äusserst interessante historische Thatsache,
dass in demselben Abschnitte eines und desselben Jahrhunderts zwei ganz
verschiedene Methoden der Pferdezucht sich Eingang verschaffen; in Eng-
land durch Begründung eines in seiner Fortpflanzung möglichst reingezo-
genen Stammes, dessen Ausbreitung man durch Rennen als Proben der
Leistungsfähigkeit zu bewirken suchte, wobei die Zucht ganz den Privaten
überlassen bleibt; auf dem Continente durch Einführung der Landgestütte
mit möglichst öfter Vermischung des einheimischen mit dem fremden Blute
deren Wirksamkeit durch Prämienvertheilung nach der Beurtheilung der
äusseren Formen erhöht werden sollte, wobei der Staat eigentlich die Lei
tung der Privatpferdezucht übernimmt. So bestanden diese beiden Systeme
durch mehr als 150 Jahre, fast ohne allen gegenseitigen Einfluss neben-
einander; das eine gestützt auf völlige Freigebung der Pfer-
dezucht, auf Beurtheilung der Leistungsfähigkeit,
auf Heranziehung eines selbständigen Stammes; das
andere begründet auf die Leitung der Pf erdezuc ht durch
Staatsanstalten, auf Beurtheilung nach äussern For-
men und auf Vermischung verschiedener Stämme. Es
konnte nicht ausbleiben, dass endlich ein Zeitpunkt eintreffen musste, in
welchem die Erfolge dieser entgegengesetzten Zuchtmethoden mit einander
verglichen wurden, und in der That sehn wir seit ungefähr 20 Jah-
ren die Anhänger dieser beiden Systeme in einem erbitterten Streite
begriffen, dessen Entscheidung oder vielmehr Vermittlung bis jetzt
zwar nicht erfolgt, aber doch vielseitig versucht und angebahnt ist
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dass wir einer neuen Zeitepoche in der Pferdezucht entgegensehn
dürfen.
Werfen wir einen kurzen Rückblick auf das bisher Angegebene, so
Hessen sich folgende verschiedene Zuchten, wie sie sich in den einzelnen
Zeitperioden vorzüglich geltend machten, unterscheiden: 1. Das Pfe rd
des Alterthnms; die orientalische Zucht. 2. Das Pferd des
Feudalsystems, die normanische Zucht. 3. Das Pferd seit Er-
findung des Schiesspulvers, die spanische Zucht. 4. DasPferd
seit Errichtung stehender Heere; das englische Pferd und
das Pferd der Landgestütte. Vielleicht schreiten wir jetzt einer fünften
Periode entgegen, in welcher durch eine zweckmässige und weise Verei-
nigung der beiden früher angeführten Zuchtmethoden ein erhöhter Auf-
schwung in diesem so wichtigen landwirthscbaltlichen Zweige erfolgt. Es
dürfte fast überflüssig sein, hervorzuheben, dass keine dieser Perioden
scharf abgegränzt ist, sondern vielfache Uebergänge der verschiedenen
Zuchten stattgefunden haben, wie sich dies bei einem in steter Entwick-
lung begriffenen Gegenstande von selbst versteht: es sollte hiermit auch
nur ein Versuch der historischen Darstellung der Pferdezucht gegeben
sein, der weder auf Vollständigkeit noch auf die Unmöglichkeit einer Be-
streitung Anspruch macht, so wie sich derselbe nur auf europäische Pferde
beschränkt, da entweder in Folge der Unkenntniss historischer Thatsa-
chen, wie dies für Asien und Afrika der Fall ist, eine solche Zusammen-
stellung unmöglich ist, oder wie in Amerika die Einwirkung der europäi-
schen Verhältnisse massgebend war.
Weitere Mittheilungen über die geschichtliche Ent-
wicklung der Pferdezucht.
Dieser Darstellung, welche in gedrängter Kürze im allgemeinen
eine deutliche Uebersicht gibt, will ich noch einige Details beifügen.
Die Eintheilung Bruckmüllers beibehaltend, werfen wir also zu-
nächst einen Blick auf das orientalische Pferd, als das Pferd
des Alterthums.
Von Gelehrten, Naturforschern und Hippologen sind die verschieden-
artigsten Ansichten über das Vaterland der Pferde und über das Urpferd
selbst angestellt worden. Woher kam das Pferd? stammen alle Pferderas-
sen von einem ersten Elternpaar ab, wie man es beim Menschen annimmt,
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oder wurden in verschiedenen Ländern verschiedene Pferde ge-
schaffen ?
Das sind wohl Fragen, über die uns nie helles Licht werden wird;
wir müssen uns mit der natürlichsten und wahrscheinlichsten Hypothese
über jene undurchdringlichen Geheimnisse begnügen. Angenommen, dass
anlänglich nur eine Art des Pferdes geschaffen wurde, so hatte der Schö-
pfer der ganzen Gattung eine wunderbare Fügsamkeit gegeben, sich dem
Willen und den Bedürfnissen des Menschen willig anzupassen; er ge-
stattete, dass verschiedene Länder, angemessene Pflege, besonders Fut-
ter und vernünftige Kreutzungen in der Organisation, dem Wüchse, der
Kraft, der Energie und der Schnelligkeit dieses Thieres die Verände-
rungen hervorbrachte, welche für die verschiedenen Arbeiten, die ihm
auferlegt werden sollten, nothwendig waren. So mögen sich von der
Zeit der Zerstreuung der Menschen an, verschiedene Pferderassen auf
der ganzen Erde gebildet haben.
Es unterliegt wohl kaum einem Zweifel, dass der Orient das Stamm -
land des Pferdes ist und dass es dort zuerst bekannt, benützt, gezüch-
tet und durch menschliche Sorgfalt veredelt wurde.
Mit einiger Gewissheit dürfen wir in Beziehung auf Züchtung und
Verbreitung der Pferde erst mit dem Zeitpunkte beginnen, von dem
wir einigermassen glaubwürdige Nachrichten besitzen und mit dem die
Geschichte überhaupt beginnt.
Aus jener Zeit erfahren wir nun, dass Pferde zuerst in Egypten
und den angränzenden Ländern Afrikas, in Phönizien, Palästina, Klein-
asien, Persien, Medien und den Nachbarländern gezüchtet und benützt
wurden.
Von Egypten kam das Pferd nach Griechenland und da dieses nur
mittelst Transport über das Meer geschehen konnte, so erklärt sich
hierdurch die griehische Mythe, welche Neptun, der Gott des Meeres,
den Schöpfer des Pferdes nennt.
Wir betrachten zuerst das persiche Pferd, welches in frühe-
ster Zeit schon bekannt und von jeher wegen seiner Trefflichkeit ge-
schätzt war. Als man von arabischen Pferden noch nichts wusste, galt
schon viele Jahrhunderte lang das persische als das edelste, schönste
und tauglichste Ross, dessen sich Fürsten und Feldherrn am liebsten
bedienten. Herodot, Xenophon, Strabo u. a. m. erwähnen der persischen
Pferde als der besten und geschätztesten des Alterthuras.
Alexander der Grosse bediente sich wie uns gleichzeitige und spä-
tere Geschichtsschreiber berichten, vorzugsweise persischer Pferde, die
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persische Reiterei galt als die erste und beste in jener frühen Zeit.
Und dass in allen Zeiten zur Trefflichkeit einer Reiterei die Vorzüg-
lichkeit der Pferde ein Hauptfaktor war, unterliegt keinem Zweifel.
Erst als das persische Reich unter arabische Herrschaft kam, (636)
fanden mit Nutzen betriebene Paarungen arabischer und persischer
Pferde statt; arabische Pferde wurden von jener Zeit an den persi-
schen vorgezogen, obwohl diese an Schönheit jenen nicht nach-, sogar im
Durchschnitt etwas höher standen, als erstere. Das arabische Ross be-
sass dagegen mehr Dauer, reineres Blut, mehr Fügsamkeit und An-
hänglichkeit an den Menschen.
Die grossen nisäischen Ebenen wurden von den persischen Köni-
gen ausschliesslich zur Pferdezucht benutzt; ältere Schriftsteller be-
richten, dass auf den nisäischen Gefilden ISO bis 160000 Pferde, da-
runter 50000 Zuchtstuten gehalten worden wären. Diese Pferde sollen
meistens aus Schimmeln und Isabellen bestanden haben.
Es muss noch erwähnt werden, dass Wettrennen von Alters her
in Persien eingeführt waren und von den Herrschern und Grossen, die
von jeher die edelsten Pferde züchteten und eine Vorliebe für schöne
Thiere und deren Zucht besassen, sehr begünstigt wurden.
Eine ganz besondere Pferdeart gibt es in Kurdistan, welches halb
zu Persien, halb zur Türkei gehört; sie sind die ausgezeichnetsten
unter allen im Erklettern der Berge und im Herabsteigen derselben,
sie sind dieser Eigenschaft wegen sehr gesucht.
In den türkischen Provinzen Syrien, Mesopotamien, Palestina und
Irak-Arabi hallt man verschiedene Rassen von Pferden, die man theils
kreuzt, neuerdings vorzugsweise mit arabischen Hengsten, theils unter
sich fortzüchtet.
In Turkomanien, (dem südlichen Theile der Tartarei zwischen
dem kaspischen Meere und dem Aralsee) züchtet man von Alter her
einen berühmten Pferdeschlag: Die turkomanischen Pferde, sagt Dr. A.
Jäger, erreichen eine Höhe von lb—16 Faust und zeichnen sich durch
ihre unglaubliche Ausdauer aus. Auf ihren Raubzügen hinterlegsn sie
oft in einem Tage 20—30 deutsche Meilen, und es ist Thatsache, dass
ein Haufe Turkomanen, der sich, auf die Schnelligkeit seiner Pferde
vertrauend, bis vor die Thore Ispahans wagte, in 11 Tagen 198 deut-
sche Meilen zurücklegte.
Wollte Jemand, dem die arabischen und anderen Pferde des Mor-
genlandes zu klein und zu fein sind, zur Züchtung eines grösseren,
kräftigeren Schlages sich orientalischen Blutes bedienen, so würde er
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am zweckmässigsten turkomacische Pferde wählen, unter denen er viele
fände , die den englischen Kutsch- und Halbblutpferden, was Grösse,
Bau, Knochenstärke betrifft, gleichen.
Die tartarischen, bucharischen und kalmückischen Pferde gehören
alle dem grossen Oriente an; sie verdienen unsere Beachtung weniger,
wie dann auch die Pferde in Indien, China, Japan und andern Ländern
in östlichen und südlichen Asien der Erwähnung kaum werth sind. In
Indien geschieht jedoch von Seiten der Engländer sehr viel zur Ver-
besserung der dortigen Pferde durch Anlegung von Gestütten, durch
Einführung der Wettrennen und durch Begünstigungen mannigfa-
cher Art.
Zu erwähnen ist noch das Tscherkesische Pferd; es gleicht
dem turkomanischen und ist wahrscheinlich aus einer Kreuzung mit
persischen und arabischen Hengsten entstanden. Das türkische
Pferd ist ebenfalls rein orientalischen Ursprungs, durch Vernachlässi-
gung jedoch, durch Kriege und ändere ungünstige Einwirkungen sehr
herabgekommen.
Die orientalische Pferderasse beschränkt sich nicht blos auf Asien,
obwohl dieser Erdtheil als Stammland des Pferdes überhaupt und als
Vaterland der edelsten Rassen anzusehn ist, sondern erstreckt sich auch
über grosse Theile des östlichen und nördlichen Afrika.
Man darf wohl annehmen, dass das Pferd von Asien nach Afrika
verpflanzt wurde, dass dies in frühesten Zeiten besonders nach Aegyp-
ten geschah, von wo aus, wie von den nächsten asiatischen Ländern
später das edlere Pferd weiter verbreitet war, nach Lybien, Nubien,
Dongola u. s. w.
Anders verhält es sich mit den nordafrikanischen Küstenländern
die von jeher eine gute Landrasse besassen, welche jedoch durch
das Eindringen der siegreichen Araber im siebenten Jahrhundert noch
mehr veredelt ward. Die Araber liebten ihre Pferde über alles, und
trachteten darnach, ihre trefflichen Rassen in allen den Ländern einzu-
führen, die sie sich unterwarfen. Durch Reinzucht war dieses nicht so
leicht und so bald zu vollführen, sie kreutzten dssshalb ihre aus-
gezeichneten Hengste mit den Stuten der verschiedenen Länder, die
sie eroberten.
Von den Pferden im Innern von Afrika sind die nubischen und
dongolasischen Pferde zu nennen; da aber über sie, ebenso wie
über das ganze Innere von Afrika wenig reeles bekannt ist, so wenden
wir uns zu einer berühmten, zahlreichen und schon seit uralter Zeit be-
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kannten und geschätzten Rasse, zu den Berberpferden. Unter diesem
Namen werden alle diejenigen Arten begriffen, die sich in der Berbe-
rei, d. h. in den nordafrikanischen Küstenländern, Marokko, Algier,
Tunis und Tripolis finden. Schon zu Zeiten der Römer und Carthagi-
nienser waren die dortigen Pferde geschätzt und gesucht; die berühmte
numidische Reiterei war mit Pferden dieser Länder beritten; die mau-
rischen und berberischen Pferde wurden als leichte Reitpferde im Mit-
telalter von den Fürsten und den Reichen in Europa mit Eifer ge-
sucht, und hin und wieder auch zur Veredlung der Zucht benutzt.
(Der Leser wird sich errinnern, dass einer der Stammväter der
englischen Vollblutrasse, Godolphins Araber, eigentlich ein Berberpferd,
Barbe, gewesen ist.)
Als die Römerherrschaft in diesen Ländern ihr Ende erreicht
hatte, zogen die Araber in der Mitte des siebenten Jahrhunderts herbei
besiegten die kaum Widerstand leistenden Einwohner, setzten sich mit
leichter Mühe in den Besitz der nordafrikanischen Länder, von wo aus
sie sich bekanntlich später den grössten Theil Spaniens unterwarfen,
und das maurische oder sarazenische Reich in Europa gründeten. Wie
nun der Araber vor allem sein treues, treffliches Ross liebt, so ging
sein Streben stets dahin, die Rasse desselben, die er für die beste
hält auch nach denjenigen Ländern, die er unterjochte, zu ver-
pflanzen.
In neuerer Zeit hat die Berberrasse ihren früheren Ruf grössten-
teils verloren, obwohl man noch immer im Marrokanischen, in Tunis
und Tripolis sehr gute Pferde findet, in Algerien sind sie durch den
dort seit Jahren herrschenden Krieg sehr gelichtet. Die edleren
Thiere stammen durchaus von einer, mehrere Jahrhunderte lang fort-
gesetzten Kreuzung mit der arabischen Rasse ab; viele Stämme der
wandernden Beduinen betrieben ausserdem arabische Reinzucht. So
kam es denn, da Klima, Boden, die Neigung der Eingebornen und
andere Verhältnisse der Pferdezucht in der Berberei günstig waren,
dass die Berberpferde zu so hoher Berühmtheit kamen, dass Hengste
wie Stuten zur Veredlung der Pferdezucht nach Europa insonderheit
nach England geführt wurden und in der That auch namentlich in
letzterem Lande auf die Veredlung der Pferdezucht sehr vortheilhaft
eingewirkt haben.
Das orientalische Pferd überhaupt gehört mehr dem kleinen als dem
grossen Schlage an; aber es vereinigt in seinen bessern und besten Indi-
viduen die Eigenschaften des edlen und edelsten Pferdes. (Siehe oben.)
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Ich will nun einiges über die Verbreitung des orientalischen Pfer-
des in Europa mittheilen.
Löffler, Geschichte des Pferdes sagt:
Im vierten Jahrhundert fand die Auswanderung der Griechen statt,
die auf der Nordseite von Europa eindringend, es in einer schrägen
Lage bis nach Spanien durchzogen und auf ihrem Zuge rechts und
links Schwärme und Colonnen aussandten.
Die Pferde welche sie mit sich brachten, waren asiatisch, aber
wenn sich auch das Blut der europäischen Pferde durch diese Ankömm-
linge verbessern konnte, verhinderte doch die Feuchtigkeit der Weiden die
Vervollkommnung ihrer Formen.
Um diese Zeit war es, wo die gewöhnliche Art der südpolnischen
Pferde zum ersten Male allgemein eingeführt wurde.
In Ungarn, das einen morastigen Boden hat, kamen sie nicht gut
fort; aber in Transilvanien (Siebenbürgen) einem in Beziehung besser
bedachten Lande, arteten sie weit weniger aus. Herodet berichtet, es
gäbe jenseits der Isther, (Donau) grosse Länderstrecken, die von Men-
schen bewohnt würden, die sich gleich den Medern kleideten und deren
Pferde sich durch ihre fast IS Zoll langen Mähnen auszeichneten. Diese
Pferde seien aber minder brauchbar zum Reiten als zum Ziehn gewe-
sen. Unstreitig waren die Länder, von denen Herodet sprechen wollte,
die niederen Theile Pannoniens und Daciens, (Süd- oder Niederungarn
und die Donaufürstenthümer) die noch heutigen Tages so viele Sumpf-
strecken kaben.
Im Jahre 710 kamen die Mauren nach Spanien und behaupteten
dort ihre Herrschaft fast acht Jahrhunderte lang. Während dieser Pe-
riode mussten die orientalischen Pferde sich schon auf der Halbinsel
ausbreiten, wo der trockne Boden und die Höhe der Lage von Anda-
lusien der ursprünglichen Reinheit und Schönheit der Rasse ganz be-
sonders zusagten. Die Prachtliebe der Sarazenen Fürsten, der Glanz
ihrer Höfe von Granada und Cordova, ihr Bedürfniss eine gute Caval-
lerie zu haben, u. s. w. trugen dazu bei, eine grosse Anzahl schöner
Pferde nach Spanien zu ziebn.
Im Jahre 738 überzogen 200.000 Sarazenen das ganze südliche
Frankreich und breiteten ihre Herrschaft bis an die Ufer der Rhone aus.
Beim Abzüge der Mauren nach dem grossen Siege von Carl Martell
mussten nothwendiger Weise eine grosse Menge orientalischer Pferde in
den Händen der Franzosen verbleiben; die Pferde von Limousin stam-
men sichtlich davon her. Diese Provinz ist höchst günstig gelegen,
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und ihre Weiden eignen sich ganz vorzüglich für die Zucht von arabi-
schen Pferden.
Im Jahre 800 übersandte Harun al Raschid Karl dem Grossen kost-
bare Geschenke und es werden sich unzweifelhaft nach orientalischem
Gebrauche auch mindestens einige schöne Pferde unter diesen Geschen-
ken befunden haben.
Dann kam die Epoche der Kreuzzüge, welche auf lange Zeit eine
stete Gemeinschaft mit dem Morgenlande begründeten. Es kamen
christliche Fürsten auf die Throne von Jerusalem, Nizäa und
Cypern.
Die Grossen von Frankreich, England und Deutschland, ja selbst
die Könige theilten die Gefahren dieser Religionskriege. Alle diese Edel-
leute, alle diese Fürsten, alle diese Ritter brachten arabische Hengste
mit nach Europa.
Im Jahre 1211 unterwarf sich der Tartarenfürst Butanchan, die
Krim, aus welcher er eine Provinz schuf, nachdem er die Kosacken
zerstreut hatte.
Er setzte darauf mit seiner ganzen Armee über den Dnieper, über-
schwemmte Polen und rückte bis nach Lublin, Krakau, Lignitz und Bres-
lau vor.
Dieser Invasion folgten mehrere andere und es waren dies successive
herrliche Gelegenheiten für die Polen die Zahl ihrer Pferde zu vermeh-
ren, um so mehr, als jeder Tartar deren Zwei mitnimmt, wenn er in den
Krieg zieht. Seit den fernsten Zeiten sind die Polen sehr gute Reiter
gewesen, und haben es sich bis auf die neueste Zeit grosse Sum-
men kosten lassen, um schöne orientalische Beschäler bei sich ein-
zuführen.
Die lang andauernde und weite Verbreitung der Türken in Ungarn
hat hier das orientalische Pferd sehr verbreitet.
Die kostbarste Nachkommenschaft des orientalischen Pferdes
in Europa ist wohl das englische Vollblutpferd und die durch das-
selbe bewirkte Veredlung aller andern Pferdeschläge in England.
(Siehe oben.)
Betrachten wir nun das Pferd des Feudalsystems, des Rit-
terthums etwas näher.
Das Pferd war das Symbol und das Werkzeug, das einzige
Mittel und die wesentliche Bedingung des Ritterthums.
Ohne das Pferd hätte es kein Ritterthum gegeben. In unwegsamen
Gegenden zu reisen, schwere Waffen und Rüstungen zu tragen und be
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sonders sich schnell von einem Orte zum andern zu begeben, das war
nur mit dem Pierde möglich.
Auch betrachtet die Geschichte aller heroischen Zeiten das Pferd
als einen Gegenstand von unschätzbarem Werthe; wie die homerischen
Gedichte, so rühmen auch alle Sagen den Muth der Männer zugleich mit
dem Muthe der Pferde.
Alle Aufmerksamkeit und alle Sorgfalt der Ritter richtete sich vor
allen Dingen auf die Zucht und auf die Dressur des Pferdes. Die
Urkunden aller Könige und Fürsten enthalten ausführliche Vorschrif-
ten und Gesetze über diese wichtige Angelegenheit.
»Ich verleihe allen Rittern, welche ihre Ländereien mit dem
»Helme und dem Schwerte vertheidigen, den unbesteuerten Besitz aller
»Länder, welche sie anbauen, zu dem Zwecke, dass sie sich Waffen
»und Pferde für unsern Dienst und zum Schutze des Vaterlandes
»anschaffen.«
Dieses war der gewöhnliche Inhalt aller Urkunden der Lehenherrn
sowohl in Deutschland, als auch in England und Frankreich während
der Dauer des Mittelalters.
»Nehmt das Pferd aus der Schöpfung« — ruft Löffler aus —
und die Geschichte der Welt wird Jahrhunderte weniger zählen! das
Pferd war während dieser langen Zeit das eigentliche Leben Europas.
Ein Ritter stand mit dem Fürsten in gleichem Range.
Die römische Sitte, welche nur den Patriciern die Benutzung des
Pferdes erlaubte, - war von den Galliern angenommen worden, und der
Besitz eines Pferdes war ein kostbares und heiliges Recht. Man hat
auch die Bemerkung gemacht, dass die Namen, welche die adeligen
Klassen des neueren Europa führen, dem Namen des Pferdes oder den
Beschäftigungen die ihm gswidmet waren, entlehnt sind:
Chevalier aus dem französischen cheval. (Pferdemann, Reiter, Rit-
ter) Ecuyer, aus dem lateinischen Equus. (Abrichter der Pferde, Be-
reiter.)
Marquis aus dem Celtischen und deutschen March.
Marcchal ebendaher.
Marschall drgl.
Connetable aus dem Lateinischen Comes stabuli, Oberstallmeister.
Bei vielen sowohl altern als neuern Völkern hat das Wort
March oder Marc, Marach, Mare (englisch die Stute) die Bedeutung
Pferd behalten. D er Titel M a r s c h a 1 k, M a r s c h a 11, ursprünglich Ober-
stallmeister, dann Anführer in der Reiterei; Marquis, Stallmeister,
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Reiter Waffenträger; Marchio im Lateinischen Kriegsheld; davon
Marquess, englisch; Marchese italienisch; Marques spanisch;
endlich Markgraf Anführer der Reiterei, eine ehmals in Deutsch-
land ühliche Würde, findet in den Beziehungen zum Pferd seinen Ur-
sprung und Berechtigung.
Aus March sind nachfolgende französische Worte entstanden;
Marchand, Mercator Pferdehändler; Marche Pferdemarkt; marcher
gehn, dem altfranzösischen chevaucher entsprechend; marches, die
Grenzen, wo die nordischen Völker ihre Fahne, die ein Pferd als Zei-
chen hatten, aufpflanzten; marc, ein Bruchtheil des Pfundes, nach dem
Bilde eines Pferdes so genannt, das auf dem Gewichte eingeprägt
war, u. s. w.
Die alte Welt hatte eigentlich nur eine Gattung von Pferden ge-
kannt, nämlich das leichte Pferd, dessen Typus das orientalische war,
aber von dem Augenblicke an, wo die Männer des Nordens ihre Rolle
in dem Drama der Welt zu spielen begannen, erschien auch eine neue
Pferderasse, wie sie die Bedürfnisse einer neueren Gesellschaft erfor-
derten.
Das Ritterwesen, zu dem Kaiser Heinrich I. zu Anfang des 10.
Jahrhunderts in Deutschland die Anregung gegeben, bildete sich immer
mehr aus. Zur Erziehung des Junkers gehörte nothwendig, sich auf
den Pferden in Ernst und Spass zu tummeln; das Pferd war daher
sein Lieblingsthier. Natürlich wurde nun auch auf dasselbe grosse
Sorgfalt verwendet; mit dem gesteigerten Ansprüchen stei-
gerte sich auch die Sorge für seine Erziehung und
Pflege. Vernünftige naturgemässe Pflege hat alle Hausthiere veredelt,
besonders aber das Pferd. Das Pferd gewann damals, wie jetzt, an
Schönheit, Grösse, Kraft, Feuer, Ausdauer, wodurch es durch den Ge-
brauch nun auch tüchtiger wurde.
Wenn nun das Ritterthum in Verfolgung seiner Zwecke den Rit-
tern die Notwendigkeit auferlegte, gute Pferde zu haben, so kamen
Eitelkeit und Stolz der Pflicht, die aus der Nothwendigkeit entsprang,
zu Hülfe. Die Turniere erforderten grosse, gewandte, gelehrige und
feurige Pferde; und musste der Ritter mit seinen Reisigen zur Fehde
dann war wieder das Pferd und zwar in Menge, ein Bedürfniss. Jeder
Ritter, der ein guter Wirth war, hatte daher bei seiner Burg, in sei-
nem Rittersitze eine Stutterei, wo er selbst seine Pferde zog, und seinMar-
stall war sehr oft ansehnlich und voll schöner Pferde. Oft, — man könnte
sagen, meistens thaten es die Ritter der Landesfürsten ihrer Zeit voraus.
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Vier verschiedene Arten waren im Mittelalter besonders beliebt,
wir wollen versuchen, sie genau zu kennzeichnen. Das Schlacht-
pferd, das Paradepferd, der Klepper oder das Arbeits-
pferd, und das Saumthier oder das Packpferd.
Die besten Schlachtpferde erzielte man durch die Kreuzung der
arabischen und andalusischen Reitpferde mit den kräftigen Stuten der
deutschen, englischen und französischen Basse. Hierunter ist wohl das
Pferd zu verstehen, welches in Dänemark, Holstein, Belgien, Holland
(das friesische Pferd) in der Bretagne und auch in einigen Strecken
Englands gezogen wurde, und sich noch jetzt durch Grösse und Stärke
auszeichnet. An der Spitze dieser Familie, welche Löffler »Armorika-
nische Pferde« nennt, steht das dänische Pferd, und dieses Pferd, das
wir im Mittelalter unter dem Namen Schlachtpferd und in unse-
ren Tagen unter dem Namen Kutschenpferd kennen, ist und war
das Pferd für alle Arbeiten des Krieges und des Friedens. Während
des ganzen Mittelalters wurde das dänische Pferd, besonders als Tur-
nier oder als Schlachtpferd, allen andern vorgezogen; es war das
grosse Pferd der Sage, woher das Sprichwort gekommen ist, auf
hohem Rosse reiten.
Das gegenwärtige belgische Pferd ist das ehemalige flämi-
sche Pferd. Das Wort flämischer Kerl dient als Spitzname zur
Bezeichnung eines grossen und plumpen Menschen. Diese Benennung
kennzeichnet hinlänglich das belgische Pferd, welches niemals ein an-
deres Verdienst als das der Schwere und Grösse gehabt hat.
Das Schlachtpferd, das gewöhnlich von den Pagen und Reitknech-
ten geführt wurde, war ein Pferd vom hohen Wüchse und vereinigte
Kraft mit Schönheit.
Diese Pferde glichen nicht, wie einige Schriftsteller behauptet
haben, den Pferden, welche die niederländischen Maler für ihre Sol-'
daten erfanden. Sie waren weder plump noch missgestaltet, noch mit
Haaren an den Beinen bedeckt; sie hatten weder einen dicken und
schweren Kopf, noch ein mattes Auge; sie waren nicht eine Abart des
Zugpferdes unserer Zeit. Im Gegentheil es waren stolze und schöne
Pferde, welche den Stempel der Veredlung an sich trugen. (Die Kö-
nige von Dänemark besassen seit vielen Jahrhunderten in der Nähe
von Kopenhagen ein prächtiges Gestütt; die Pferde desselben waren
an dem einem Schenkel mit einem Buchstaben und an dem andern
mit dem Datum ihrer Geburt gezeichnet.
Diese den Spaniern entlehnte Sitte bestärkt noch die Meinung
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dass die ersten Pferde, die man in Dänemark zur Verbesserung der
Zucht verwendete, spanische Pferde waren.) Sie hatten einen hohen
Wuchs und athletische Formen, welche nothwendig waren, um starke
mit eisernen Rüstungen und schweren Waffen belastete Männer zu
tragen; es war die Urform des normänischen Pferdes aus Cotentin
und Merlerault; es war auch das meklenburgische Pferd; das Pferd
aus den grasreichen Gegenden Andalusiens; es war das starke Jagd-
pferd Englands, das normänische und meklenburgische Kutschpferd.
Abbildungen von diesen Pferden finden sich seit dem 10. bis 14. Jahr-
hundert auf den alten Münzen der Könige auf den Urkundensiegeln,
und besonders auf den berühmten Teppichen der Königin Mathilde
an deren Genauigkeit man nicht zweifeln kann, wenn auch an einzel
nen Stellen die Zeichnung zu tadeln wäre.
Diese Pferde waren selten, ihr Preis sehr hoch, und aus der
Geschichte weiss man, welchen Werth die Ritter auf ihren Besitz
legten.
Der Eine kann wegen Mangel eines guten Pferdes nicht auf den
Waffenplatz erscheinen; — der andere verpfändet seine Güter um
sich ein gutes Ross zu verschaffen; — der besiegte Ritter muss sein
Pferd dem Sieger geben, denn es ist der schönste Preis und fast der
Zweck des Siegers.
Karl der Grosse hält Roland nur erst dann für unbesieg-
bar als er ihn im Besitze eines guten Pferdes sieht. Und das kost-
barste Geschenk, das die Könige einem Ritter machen konnten, be
stand in einem Streitrosse.
Das Paradepferd des Mittelalters ist ein leichtes und zierli-
ches Pferd das besonders den Damen als Reitpferd diente, und auch
bei dem festlichen Einzüge der Könige und Fürsten in die Städte und
bei den Ritterspielen figurirte.
Alle arabischen und orientalischen Pferde, welche die Kreuzritter
in ihre Heimath mitbrachten, waren Paradepferde; (französisch Pale-
frois, woher das Wort Palefrenier, Stallmeister oder Reitknecht,) auch
erhielt man sie aus Spanien, aus dem Limousin und aus Navarra;
ferner lieferte Lothringen, sowie die Bretagne und die Normandie aus-
gezeichnete Thiere dieser Rasse. Diese Paradepferde waren meistens
Schimmel, man gewöhnte sie bisweilen an den Zeltergang oder Pass,
daher denn auch Zelter vielfach soviel als angenehmes, bequemes Da-
menpferd bedeutet.
Der Klepper war ein untersetztes, starkes Pferd, dessen ge-
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wohnlicher Dienst darin bestand, die geharnischten Männer von einem
Orte zum andern zu tragen, während das Schlachtross erst im Augen-
blicke des Gefechtes gebraucht wurde. Man bediente sich der Klepper
auch zum Zuge und zu Feldarbeiten, kurz der Klepper war im Mit-
telalter das Urbild des heutigen Postpferdes, mehr oder weniger plump,
mehr oder weniger ausgezeichnet, mehr oder weniger brauchbar. Er
stand einerseits zwischen dem Schlachtpferd und dem Paradepferd, und
andererseits dem gewöhnlichen Saumpferd.
Die Klepper waren zu manchen Zeiten sehr theuer, und einige
wurden sogar oft so theuer wie Schlachtpferde bezahlt, dessen Stelle
sie vertraten. Dennoch bestand zwischen ihnen gewöhnlich ein sehr
grosser Unterschied: das Schlachtpferd, welches einen lebhaften und
kurzen Gang haben musste, ging regelmässig nur im Schritt, Trabb
und Galopp, während der Klepper, der eigentlich nur auf Wiesen ge-
braucht wurde, auf den Pass- oder Zeltergang abgerichtet wurde.
Dies war die einzige Methode schnell und bequem zu reisen,
wenn man mit einer schweren Rüstung belastet war. Der Passgang
war im Mittelalter eine gebietherische Nothwendigkeit und daher sehr
gebräuchlich. Das Pferd des Nordens kann gewöhnlich nicht lange im
Galopp gehn und der Trabb ist bei der militärischen Haltung, welche
die Kriegsleute des Mittelalters haben mussten, unausführbar. Dieser
Gang, der dem Pferde mittelst Dressur und Anwendung mechanischer
Mittel z. B. Stricke und Fesseln, beigebracht wurde, war in einigen
Ländern in Folge der Zeugung erblich geworden; in England haben
die Passgänger sich lange erhalten, bis die Sitte des Trabbes sie aus-
ser Thätigkeit setzte. Jetzt betrachtet man den Pass als fehlerhaften
Gang, und die Passgänger nur noch als Ueberbleibsel der ehemaligen
Klepper, die von den Rittern so geschätzt wurden.
Man züchtete die besten Klepper in Deutschland, England und
der Bretagne. Uebrigens hatten alle Länder ihre Klepper und man
hatte damals sogar die Beobachtung gemacht, dass das eingeborne
Pferd den Strapatzen und Wirkungen der Jahreszeiten besser wider-
stehn, als das importirte Pferd.
Das Saumpferd, Lastpferd stand au! der niedrigsten
Stufe der mittelalterlichen Rassen, und es wurde zu vielerlei Dienst-
leistungen benützt; es musste Gepäck und Kaufmannsgüter von einem
Ende Europas bis zum andern tragen. Auf dem Meere dienten die
Schiffe, in den Binnenländern der Rücken des Pferdes zum Transport
der Lasten; denn damals gab es keine Kanäle, keine bequemen Stras-
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sen , keine Frachtwägen Eisenbahnen, etc. Die letzten Anklänge an
diese Art zu reisen, waren wohl die zu Pferde reisenden Handlungs-
diener, sogenannte Musterreiter, wie man sie noch vor 30—3b Jahren
mit ihren hohen, viereckigen Mantelsäcken hinter dem Sattel, vielfach
sehn konnte.
Das Pferd seit Erfindung des Schiesspulvers, die
spanische Zucht.
Als die Erfindung und verbreitete Anwendung des Schiesspulvers
und die dadurch bewirkte Veränderung in der Staats- und Kriegsver-
fassung dorn Ritterwesen im sechzehnten Jahrhundert das bisherige
Ansehn nahm, dauerte demnach die Neigung zu Ritterspielen und damit
auch zur Pferdezucht und Reitkunst fort. Der Preis in den Turnieren
aus den Händen der Damen und die Bewunderung, welche dem guten
Erfolge wurde, hingen zu sehr von den Vorzügen des Pferdes und von
der Geschicklichkeit seines Reiters ab, als dass die veränderte Stel-
lung im Staate die Neigung für diese Dinge hätte sobald unterdrücken
können. An die Stelle der Turniere traten nun als Ritterspiele die
Caroussels, die Tracht des Ritters und die Rüstung des Pferdes wurde
leichter; der Stolz der Ritter auf den Besitz schöner Pferde war zum
Theil Hauptursache, dass diese ritterlichen Uebungen so lange fortdau-
erten. Diese Vorliebe des hoben und niederen Adels für Reitkunst und
Gestütte hatte den Nutzen, dass einer Verbesserung und Veredlung der
Pferde fortan viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde.
Wir haben schon oben gesehn, dass durch die Mauren das orien-
talische Blut in Spanien und nachher in Frankreich sehr verbreitet
wurde. Die Mauren, welche im Jahre 711 Spanien eroberten, besassen
dasselbe 700 Jahre lang; ihre Herrschaft also endete daselbst mit der ver-
breiteten Anwendung des Schiesspulvers. Während dieser Jahrhunderte
wo sie beständige Kriege mit den Christen führten, oder in Handelsver-
bindungen mit ihnen standen, wurden durch die Kampfmethode beider
Völker neue Kreuzungen der Pferderassen nöthig. Die Mauren mussten
darauf denken, ihren Pferden die Kraft des Widerstandes zu geben, die
erforderlich war, um den Angriff der starken Schlachtrosse der christ-
lichen Ritter auszuhalten; diese mussten ihrem Pferde die grosse
Schnelligkeit zu geben suchen, wodurch sich die Pferde ihrer Feinde
auszeichneten. Diese Kreutzungen, welche von christlichen und mauri-
schen Fürsten mit Kenntniss und Geschmack geleitet wurden, hatten die
andalusische Rasse zur Folge, deren Ruf und Werth unbestreit-
bar sind.
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Und dieses war die Ursache, dass das spanische Pferd von
nun an überall hin zur Veredlung der Pferdezucht gesucht und ver-
wendet wurde.
Die Anwendung der Feuerwaffen und dadurch bewirkte veränderte
Kriegführung rief damals das Bedürfniss nach starken, gewand-
ten und zugleich schnellen Pferden hervor. Und jetzt wo in neu-
ester Zeit, die Wirksamkeit der Feuerwaffen wieder einen ausserordent-
lichen Fortschritt gemacht hat, ist es ebenso.
Später haben allerdings verschiedene Ursachen wieder zur Ver-
schlechterung der spanischen Basse beigetragen; erstens fanden die
christlichen Könige, welche auf die maurischen folgten, nicht in demsel-
ben Grade Geschmack an den Beiterspielen und Festen der Mohameda-
ner und die Pferdeliebbaberei ging in der Nation nach und nach verlo-
ren; dann wurde der Äckerbau, ohne welchen es keine Pferde gibt,
vernachlässigt, als die Araber Spanien verliessen, wo sie sich haupt-
sächlich damit beschäftigten, und das Geld der neuen Welt begünstigte
die Trägheit des Volkes, welches nur leben wollte, ohne zu arbeiten.
Es wurden fremde, besonders neapolitanische Pferde eingeführt, welche,
obwohl sie den spanischen Pferden einen hohen Wuchs gaben, ihnen
demnach den ursprünglichen Charakter nahmen; die Nation gewöhnte
sich an den Esel und das Maulthier, welche bequemer und geduldiger
sind, und die Faulheit, wozu ein mildes Klima einladet, befördern.
Das Pferd aber ist zur Thätigkeit geschaffen, und erhält somit den
sich mit seiner Abrichtung und Gebrauch befassenden Menschen in ste-
ter Thätigkeit; die Wettrennen des Alterthums zu Pferd und zu Wa-
gen, die Turniere des Mittelalters, die maurischen Fantasia's, die Jag-
den und Wettrennen unserer Zeit sind die Mittel, nach denen man den
Werth eines Pferdes für die Anforderungen seiner Zeit beurtheilen
muss. Dient die Beitschule dazu gute Pferde abzurichten, so können
nur die anstrengenden Üebungen kräftige Pferde bilden, und indem dazu
geeignete Pferde gesucht werden, zur Aufzucht anreizen.
Es muss übrigens zugegeben werden, dass die Spanier in ihren Ge-
wohnheiten die Pferdeliebhaberei bis auf den heutigen Tag beibehalten
haben; namentlich gibt es in Andalusien Gesellschaften, welche Mar-
stranza heissen, und die Beitkunst und Pferdezucht zum Zweck haben.
An gewissen Tagen führen die Mitglieder der Gesellschaft Beiterübun-
gen aus, welche an die maurischen Spiele erinnern.
Die spanischen Pfer.'evereine haben eine schöne Devise angenom-
men, welche die Devise des Sports aller Nationen sein sollte ;
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Pro republica est, dum ludere videmur.
(Unsere Spiele haben die Wohlfahrt des Staates zum Zweck.)
Folgende spanische Anekdote gibt von dem Muthe des Pferdes und
des Reiters zugleich Zeugniss.
»Unter den schönen Ruinen, welche Spanien bedecken, bemerkt
»man einen verfallenen Aquäduckt, der dazu bestimmt war, das Wasser
»von der Brücke von Armontara nach Tarragona zu leiten. Dieser Aquä-
»dukt, der aus einer Doppelreihe von Arkaden besteht, und einer der
»am besten erhaltenen ist, zeichnet sich durch die schönen Reliefs seiner
»Schwibbogen aus. Oben auf dem Aquädukt lief eine einfache, mehr
»oder weniger tiefe, aber sehr enge Rinne. Ein Reiter hatte eine
»Wette gemacht, dass er auf dieser Rinne in ihrer ganzen Länge reiten
»wolle; er hatte jedoch nicht bemerkt, dass sie gerade an der Stelle
»wo das Thal darunter am tiefsten ist, von einer breiten Bresche unter-
»brochen war. Als das Pferd an dieser Stelle angekommen war, konnte
»es nicht umkehren, und es wäre ein Schimpf für den Reiter gewesen,
»wenn er abgestiegen und zu Fuss zurückgegangen wäre. Er gab seinem
»Pferde die Sporn. Dieses schwang sich über die Kluft, vollbrachte den
»Sprung und gewann die Wette.«
Das Pferd seit Errichtung stehender Heere; das
englische Pferd und das Pferd der Landgestütte.
Die Zeit Kaiser Maximilian I. also im allgemeinen der Anfang des
sechzehnten Jahrhunderts ist als diejenige zu betrachten, wo die stehen-
den Heere in Deutschland sich bleibend zu bilden anfingen; der Einfluss
der auf die Pferdezucht im grossen Ganzen hierdurch entstand, war haupt-
sächlich darin begründet, dass der zu Pferd kämpfende Krieger, nämlich
der Ritter, nicht mehr wie bisher sich selbst ausschliesslich beritten
machte, und auf seine Kosten beritten ins Feld stellte.
Bis daher war der Ritter genöthigt, seinen Pferdebedarf selbst zu
züchten; von nun an bildet sich immer mehr heraus, was auch in der Ge-
genwart noch besteht, nämlich dass der zu Pferd dienende Krieger auf
Staatskosten beritten gemacht wird. Es liegt auf der Hand, dass sich
nun Manche zur Züchtung von Pferden veranlasst finden mochten, die
auch für ihren eigenen Gebrauch im Kriege sie nicht bedurften, sondern
zum Zwecke des Verkaufes züchteten. Wie sich nun die bäuerlichen Ver-
hältnisse immer mehr verbesserten, das heisst, dass auch der Nichtade-
lige Grund und Boden besitzen konnte und wie dieser Grund und Boden
von Lasten, Zehnten, Dienstleistungen u. s. w., immer mehr befreit wurde,
sehn wir auch den ganz kleinen Grundbesitzer Pferde erziehn. Es lag im
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wohlverstandenen Interesse der Staaten diesen kleinen, armen Züchtern
auf alle Weise an die Hand zu gehn. So entwickelte sich nach und nach
was man jetzt Landgestütte nennt, und wir werden aus nachfolgenden
sehn, wie sich in Gegenden und Ländern, die bisher wenig Pferdezucht
betrieben hatten, diese immer mehr ausbreitet und wie lange es brauchte
bis sich Grossstaaten, z. ß. Oesterreich in dieser Beziehung, wenigstens
in Bezug auf die Armeeremontirung, vom Auslande unabhängig machen
konnten.
Die uns zunächst beschäftigenden Länder sind Frankreich, Deutsch-
land mit allen Ländern des österreichischen Kaiserstaates und end-
lich England.
Obwohl in Frankreich die Einführung stehender Heere früher be-
gann als in Deutschland, so hält doch die Entwicklungsgeschichte der
Pferdezucht hiermit nicht gleichen Schritt und noch bis auf die neueste
Zeit kauft Frankreich einen grossen Theil seines Armeebedarfes im Aus-
lande, namentlich in Deutschland.
Dr. Löffler sagt:
Die Regenten, oder Regierungen Frankreichs haben hierin sich zu
wiederholtenmalen einem Irrthum hingegeben, nämlich den, im Auslande
Pferde anzukaufen, wenn ein Kriegsgewitter am Horizonte steht. Man
glaubt so, den doppelten Zweck zu erreichen, dass man dem Feinde seine
Pferde entzieht, die er bald vielleicht selbst braucht, und dass man seine
eigenen Hilfsquellen schont. Statt dessen aber fällt man in zwei Schlingen.
Man ermuthigt den ausländischen Handel, indem man ihm sein Geld
bringt, und e n tmuthigt den eigenen Binnenhandel indem man ihm seinen
Absatz verschliesst. Der Züchter, der nicht nur den Verkauf seines
Pferdes einbüsst, sondern dasselbe auch noch ernähren muss, schlachtet
sein Huhn, welches ihm goldene Eier legt; er verkauft seine Mutterstuten
und vernachlässigt seine Füllen; an einem Tage verliert er die Frucht
zehnjähriger Arbeit. Man bewahrt Pferde nicht auf, wie andere Sachen
und das Pferd, welches keiner gekauft hat, verschwindet in dem Schlünde
einer Consumtion, welche keinen Vortheil gewährt.
Will man niemals daran Mangel leiden, so kaufe man nur immer zu
bis zur Erschöpfung. Man sei unbesorgt und schöpfe nur immer aus die-
ser Quelle; sie wird immer klarer und lebendiger emporsprudeln. — In
neuerer Zeit hat die Pferdezucht Frankreichs sowohl durch innere gute
Einrichtungen, als die Verbindung mit Algerien, die Beförderung der
Rennen nach englischen Muster und die damit verbundene Verbreitung
des englischen Vollblutes wieder einen erfreulichen Aufschwung genommen.
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Richelieu, (also zur Zeit des dreissigjährigen Krieges) hat gewiss
die Pferdezucht Frankreichs in eine andere Richtung versetzt, indem er
die Macht der grossen Lehnsinhaber gänzlich unterdrückte ; der hohe
Adel, seiner Rechte beraubt, entzog sich auch seiner Pflichten und die
Edelleute vertauschten das Land mit der Stadt und wurden aus grossen
Grundbesitzern Höflinge und ergebene Diener. Die Pferde kamen aus den
Marmorställen der Schlösser an die feuchten Krippen der Hütten.
Armuth reichte ihnen ihr Futter, Unwissenheit entschied über die
Fortpflanzung der Rassen.
Unter dem Einflüsse dieses Verfalles erfolgten dann die Ergän-
zungen der Pferde vom Auslande her in den Jahren 1688 und 1700.
Dies waren die ersten und verhängnissvollen Zeichen eines
Uebels, welches später an den Herzen der Pferdeindustrie Frankreichs
nagen sollte.
Bis dahin hatte Frankreich nicht nur seine eigenen Bedürfnisse
bestritten, sondern es versorgte auch die Reitschulen Deutschlands,
Spaniens, Englands und Italiens mit Parade- und Luxuspferden. Nun
ist aber jede Industrie im Fortschreiten begriffen, wenn sie ausführt,
dagegen im Verfall so lange sie nur einführt. Als einmal die Grenze
für ausländische Pferde offen stand, kamen sie nicht mehr von den
französischen Märkten, und der ganze Pferdehandel bekam in Frank-
reich eine fehlerhafte Richtung.
Dieser Einfuhr zu steuern setzte Ludwig der XIV. eine Admini-
stration der Gestufte ein, deren Aufgabe es war, für die Pferdezüch-
ter eine angemessene Auswahl von Zuchtpferden zu beschaffen.
Man sammelte sorgfältig die besten französischen Arten und Ras-
sen und liess mit grossen Kosten eine ungeheure Menge Pferde zur
Erneuerung der Rassen vom Auslande kommen; die Berberei und Spa-
nien wurden in Contribution gesetzt für das Reitpferd, Flandern, Fried-
land und Dänemark für das Kutschenpferd. Man hatte auch einige Pferde
aus England, die man englische Türken nannte.
(Es waren dieses gewiss in England geborene Nachkommen aus
dem Orient eingeführter Pferde.)
Somit war also damals, indem von Seiten der Regierung Massre-
geln zur Hebung der Pferdezucht und Unterstützung der Züchter er-
griffen wurden der Grund zu den nachherigen Landgestütten gelegt.
Die englischen Wettrennen fanden in Frankreich zum ersten Male
im Jahre 1776 statt; dass die vielen Kriege, welche Frankreich im
vorigen Jahrhundert führte und die grosse Revolution zu Ende des-
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selben auf die Pferdezucht dieses Landes einen wesentlichen Einfluss
nehmen mussten, ist leicht begreiflich.
Und in dem Zeitpunkte, wo die Sorge für das Pferd unter dem
Schatten des Friedens wieder aufblühn zu wollen schien, erlitt sie
abermals einen gewaltigen Stoss durch eine neue Revolution.
Die Ereignisse von 1830 entzogen den französischen Züchtern
den geringen Absatz, den sie bisher noch gehabt haben.
Um das Jahr 1833 traten einige Züchter und Pferdeliebhaber zu-
sammen und bildeten zu Paris die Gesellschaft, deren Zweck die Auf-
munterung zur Veredlung der Pferderassen war, und die unter dem
Namen des Jokey-Clubs bekannt ist.
Die Revolution von 1848 war wie alle Revolutionen, diesen Din-
gen nicht günstig ; sie erschütterten den Reichthnm, beunruhigte den Lu-
xus und brachte Verwirrung in den Pferdehandel; übrigens geschieht
unter der Regierung Napoleons III. alles zur Hebung der Pferdezucht
und bereits mit sehr sichtlichem Erfolge.
Ich kann diese kurzen Andeutungen über die geschichtliche Ent-,
wicklung der Pferdezucht in Frankreich nach dem Mittelalter nicht
schliessen, ohne dem Pferde der Normandie, des von Navarra und Li-
monsin noch besonders zu erwähnen.
Die Normandie ist von England nur durch einen Arm des Mee-
res getrennt; in beiden sind derselbe Himmel, derselbe Boden, das-
selbe Wasser und dieselben Blumen, auch die natürliche Pferderasse
ist in beiden Gegenden gleich.
Die Stute in Contentin und die in Cleveland sind zwei Schwe-
stern, die auf einer und derselben, nur durch einen breiten Bach ge-
schiedenen Wiese weiden.
Von jeher war es in der Normandie ein geachtetes Geschäft,
Pferde zu pflegen und zu ziehn ; auch jetzt noch besitzt jeder Weide-
besitzer unter seinen zahlreichen Rinderheerden auch einige kostbare
Zuchtstuten, deren Abstammung er auf lange Generationen zu bestim-
men weiss.
Die Einflüsse des Bodens und des Klimas haben immer allen
Thierrassen ein eigenthümliches Gepräge gegeben, und das Pferd der
Normandie gehört zu den eklatantesten Beispielen dieser phisiologi-
schen Erscheinung; aber mit dieser Unterscheidung von anderen Pfer-
den in minder begünstigten Gegenden vereinigt dieser Charakter der
Gleichartigkeit bei diesem auch noch die idealsten Verhältnisse plasti-
scher Schönheit und solche, welche die Kraft und Geschicklichkeit zu
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allen Arbeiten bestimmen. Das Pferd der Normandie hat einen hohen
und stolzen Hals, einen dicken, wallenden Schweif, ein kühnes Auge,
starke und nervige Glieder, ein Seidenhaar und überhaupt ein Ansehn
welches dem Kenner, wie dem Nichtkenner gefällt. Die gewöhnlichsten
Farben sind rothbraun, schwarz und dunkelschimmel. Dieses Pferd ist
sanft von Charakter, bequemt sich zu allen Dienstleistungen und er-
trägt die härtesten Strapazen mit wunderbarem Muthe. Es hat unver-
drossen die Gefährten Tankred's und Koberts unter dem heissen Him-
melstrich Syriens und die Soldaten Napoleons auf den Schneefeldern
Russlands getragen.
Der öfter erwähnte anonyme Verfasser eines Werkchens über
Pferdewesen sagt:
»Das Staatsgestütt in der Normandie, le Haras du Piu, war an-
fangs ziemlich zahlreich, die Zahl der Stuten wurde jedoch nach und
■ nach immer mehr verringert und das Etablissement ist jetzt eigent-
»lich nur mehr ein Hengstendepots; es werden nicht mehr als 12 Voll-
»blutstuten gehalten, als Model für die Züchter im Publikum und als
-Schule, um junge Leute für dieses Fach auszubil-
»den. Alle Erfindungen und Verbesserungen werden da praktisch ver-
»sucht und dienen dem Publikum zur Lehr- und Einsicht. Bei meiner
Anwesenheit waren in dieser Schule 18 Scholarem, die durch ange-
»stellte Lehrer in allen in das Fach einschlägigen Gegenständen unter-
»richtet werden, und nebstbei Reiten und Fahren lernen, was den
»Vortheil hat, dass es ihre Lust zum Pferde und die Kenntniss des-
selben fördert. Den Reitschulunterricht bekommen sie auf Ausschuss-
»Vollbluthengsten, die alle trainirt waren, womit zugleich praktisch
»wiederlegt wird, dass ein Vollblutpferd nur zum Wettrennen tauge.
»Diese fehlerhaften Hengste gehn alle Gänge vorwärts und seitwärts
»und es wird dadurch gezeigt, dass ein Vollblutpferd, wenn es nicht
«ganz verbaut ist, jeden Dienst machen könne, und dabei noch die
»erhöhte Energie des Blutes für sich habe.
».Mit dem Gestufte ist eine Trainieranstalt verbunden, in klei-
»nem Massstabe für die Descendenz der 12 Stuten und als Muster
»so wie es im königl. preuss. Neustädter Gestufte besteht.
»In der Normandie wird in neuerer Zeit zur Veredlung englisches
»Zuchtmateriale verwendet, während das orientalische dem Süden zu-
»gewiesen ist.«
Von den Pferderassen des südlichen Frankreichs ist das von Na-
varra und das Limousiner besonders hervorzuheben. Schon zu Cäsars
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Zeiten galt das Pferd von Navarra für eins der besten in Gallien. Na-
varra ist Frankreichs Arabien; in diesen schönen, wasserreichen Ebe-
nen und auf den von den Pyrenäen geschützten Anhöhen findet die
orientalische Familie zugleich das helle Licht ihrer Sonne und die
üppigen Weiden an den Ufern des Euphrat und Tigris wieder.
Es wäre vielleicht unmöglich, sagt Löffler, jetzt im ganzen Orient
einen Volksstamm zu finden, der so viele beachtenswerthe Zuchtstu-
ten besitzt, als die Ebene bei Tarhes. Ein geringer Handel mit Spa-
nien unterhält diese Goldgrube, welche nur eines ausgedehntem Absat-
zes bedarf, um die früher so berühmte Fruchtbarkeit wieder zu ge-
winnen.
Gegen Ende der Regierung Ludwigs XV. hatte das Renome des
Limousiner Pferdes seinen Höhenpunkt erreicht. Der Geschmack an
Reitübungen und Jagden, das Halten vieler Reitpferde, sicherten die-
sem Industriezweige einen leichten und vertheilhaften Verkauf. Das
Limousinerpferd jener Zeit empfahl sich durch seine Lenksamkeit, Ge-
wandheit, Kühnheit des Charakters, Festigkeit und dauerhafte Gesund-
heit. Das war das richtige Reitpferd nach dem Sinne jener Zeit, und
ein solches, wie es immer entstehn wird, wenn analoge Bedingungen
sich vereinen, um es zu produzieren, besonders aber wenn die Pro-
dukzion durch eine andauernde Consumtion gesichert wird. Man hat
von der limousiner Rasse dasselbe wiederholt, was man von andern
gesagt hat, sie sei untergegangen, zerstört worden, — das ist hier
ebenso wenig der Fall, wie bei anderen Rassen, sondern viele Züchter
haben einfach aufgehört, sie zu ziehn, weil ihr Verkauf aufge-
hört hat.
Das Schlachtpferd Türennes war ein Limousiner und man weiss, dass
der Marstall des Kaisers Napoleon des I. hauptsächlich aus dieser Gegend
ergänzt wurde. Unter den berühmtesten that sich ein Fuchs hervor, der
die Feldzüge in Italien mitmachte, und den er auch von 1806—1814 ritt.
Es hatte seinen Herrn bei Jena, in Spanien, im Russland begleitet und
war sein Lieblingspferd auf den Jagden bei Fontainneblau.
Was nun Deutschlands Pferdezucht betrifft, so sagt die Geschichte
so weit sie hinaufreicht, dass die deutschen Völkerschaften Pferde hatten,
dass sie sogar eine geübte Reiterei auf's Schlachtfeld führten, dass sie
damit die wohlbewaffnete und berittene römische und gallische Reiterei
über den Haufen zu werfen vermochten, (wobei sie auf den blossen Rü-
cken der Pferde sassen) dass endlich zur Morgengabe der Frauen der
Vornehmen ein Schlachtross mit Schild und Waffen gehörte.
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Man darf annehmen, dass der natürliche Sinn der deutschen und die
Erfahrung beim Gebrauche der Pferde schon unsere Vorfahren das Bes-
sere vom Schlechtem unterscheiden Hess. Selbst die Gestalt des Pferdes
insofern dieselbe auf den Gebrauch einwirkt, mussten sie unterscheiden
leinen, und also eine praktische Tauglichkeit zu erlangen trachten. Sie
paarten folglich die besten Hengste mit den besten Stuten und das musste
allmählig einen guten Pferdeschlag geben ; einen Pferdeschlag der Jahr-
hunderte in Flor blieb, und in manchen Gegenden Deutschlands, wohin
keine fremde Zucht gelangte, im Einzelnen noch heute gefunden wird. Das
Ideal, welches wir uns dermalen von einem schönen Pferde machen, und
auch in einzelnen Exemplaren vorfinden, kannten die Voreltern freilich
nicht, ihr Bild des schöne n Pferdes war dem besten deutschen
Pferde entlehnt, und entsprach ihren Wünschen.
Wenn nun auch der Adel in jener Zeit, die uns jetzt namentlich be-
schäftigt, die Gestatte eingehen liess, so sprechen doch die Schriftsteller
jener Zeit von Gestütten, welche die Fürsten im Anfange des siebzehnten
Jahrhunderts einrichteten, und welche zum Theil noch heute bestehn.
Diese Gestufte hatten gewiss Anfangs den Zweck, den persönlichen Be-
darf der Fürsten zu befriedigen, sie hiessen Hofgestütte, aber aus ihnen
wurden dann nach und nach die Stammgestütte, welche die Vaterpferde
züchteten, die von den Landesherrn den Unterthanen zur Bedeckung
ihrer Stuten zur Verfügung gestellt wurden.
Wenn es auch wahrscheinlich, dass schon im 10. Jahrhundert (etwa
um 9S0) Herzog Rudolph von Schwaben, zu Stuttgart ein Gestütt gehabt,
wovon die Stadt den Namen (Stutengarten) erhalten haben soll, so ist
doch die Gründung des würtembergischen Gestuftes zu Marbachim
Jahre löiS durch Herzog Ludwig gewiss.
Kurfürst Christian I. in Sachsen hatte um diese Zeit, 1S90, viel für
Gestufte getban ; besonders waren Spanier die Väter darin, und ihm ver-
dankt das später noch berühmte Gestütt zu Torgau seinen Flor.
(Es ist dieses vielleicht dasselbe, welches jetzt Graditz heisst; denn
dieses liegt kaum x/2 Stunde von Torgau entfernt.)
Dass die Pferdezucht in Deutschland im sechzehnten Jahrhundert
anfing das allgemeine Interesse zu erregen beweisst der Umstand,
dass in dieser Zeit das erste deutsche Werk über Pferdezucht
erschien.
Max Fugger, Herr von Kirchberg und Weissenhorn, schrieb damals
sein »Buch von der Ge stütter ei« es erschien zum ersteh Male 1878
mit Holzschnitten und ist in aller Hinsicht bemerkenswert!!.
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Dieser Schriftsteller klagte schon damals, so nahe nach der Ritter-
- zeit, über den Verfall der guten Pferdezucht, nicht in Deutschland allein
sondern auch in Ländern, woher der deutsche seine Beschäler zu nehmen
pflegte, in Italien und Spanien.
Wenn man ISoO eins der besten neapolitanischen Pferde für hun-
dert Kronen kaufte, musste man zwanzig Jahre später für ein beträchtlich
schlechteres Pferd vierhundert Kronen geben. Von den spanischen Pfer-
den sagt er, dass 1550 das schönste Pferd für 200 Dukaten feil gewesen
und zwanzig Jahre später müsse man für ein minder schönes sechshun-
dert und mehr Dukaten zahlen.
Fngger erwog wohl nicht die schnelle Wirkung, welche der Zufluss
des Goldes aus Südamerika damals auf den Werth des Geldes in jenen
beiden Ländern hervorgebracht hatte.
Von der deutschen Pferdezucht sagt er, dass die Güte der Pferde
1584 mit der vor zwanzig Jahren gar nicht zu vergleichen wäre, und
gibt als Ursache davon an:
1.  Die Vernachlässigung der Gestatte , deren die Edelleute viele
eingehn liessen, weil sie die hohen Ausgaben für ausländische Beschä-
ler scheuten und
2.  dass man anfinge mehr das Fahren als das Reiten zu lieben
und dadurch die gute Zucht der Reitpferde — die man natürlich nach
dem Verschwinden der Ritterspiele nicht mehr so nöthig erachtete —
vernachlässige.
Den Grund für die Abnahme der Dauer und Stärke des deut-
schen Pferdes findet Fugger darin, dass man die jungen Pferde
ehe sie noch zu ihrer Reife gelangt seien, anreite und
arbeiten lasse, und sie überhaupt nicht mit Sorgfalt warte. Fugger
will das Pferd nicht vor vollendetem sechsten Jahre als völlig gutes Reit-
pferd angesehn wissen.
Also schon damals bestanden dieselben Klagen wie jetzt, nämlich
dass gute Pferde niemals in gar grosser Menge vorhanden waren und
dass man das Pferd zu jung zur Arbeit verwende. Nach meiner Mei-
nung haben zu allen Zeiten Männer, welche sowohl an die Körperfor-
men als die Leistungsfähigkeit der Pferde hohe Anforderungen stellten,
diese Klagen angestimmt, weil das gute möglichst vollkommen über-
haupt selten ist; ebenso klagen zu allen Zeiten vorzügliche Reitmei-
ster, dass es so wenig gute Reiter gäbe.
Bezüglich der Verwendung des zu jungen Pferdes zur Arbeit habe
ich mich schon weiter oben ausgesprochen,
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Das Gestütt zu Lopshorn in der Seene bei Detmold war schon
im 15. Jahrhundert in Flor, es wurde nach dem dreissigjährigen Kriege
erneuert und erlangte den alten Ruf.
Nachdem das Ritterwesen nach und nach untergegangen, stehende
Heere zuerst in Frankreich, nachher auch in anderen Staaten, also
auch in Deutschland eingeführt waren, und der dreiasigjährige Krieg
die Notwendigkeit einer guten Reiterei gelehrt hatte, erkannte man
in allen Staaten den schlechten Zustand der eigentlichen Landpferde
welche der Bauer, (er lebe nun in einem freien, in Lehens- oder an-
deren Verhältnissen) hatte, und nach denen doch zur Erreichung und
Ergänzung der Pferde für die Reiterei, gegriffen werden musste.
Da die Rüstung noch schwer, leichte Reiterei auch wenig gekannt
und gebraucht ward, so konnten schwache oder leichte Pferde viel
weniger dienen, als jetzt. Ihr Untergang war häufiger, die Ergänzung
also schneller nothwendig. Dazu kam dann das schwere Kaliber des
Geschützes welches bei den damals allgemein noch schlechten Wegen
den Zugpferden den Untergang drohte. Es war also eine Notwendig-
keit geworden, mit der neuen Art Kriegführung auch eine allgemeine
Verbesserung der Landpferde einzuführen. So nämlich kann man sich
den Ursprung der Anstalten denken, welche die Regierungen für diese
Verbesserung, theils durch Verordnungen und Vorschriften, theils durch
unmittelbares darzuthun ins Leben riefen. Die Einwirkungen auf den
eigentlichen Wohlstand des Landmannes waren damals wohl theils
noch nicht erkannt, theils wurden sie sogar wohl nicht beabsichtigt.
Alte Schriften, welche Landgestütte anrathen, sprechen daher nur von
Erziehung guter Pferde für die Reiterei. Aber später als man die
Wirkungen dieser Anstalten erkannte, als überhaupt Fürsten und Re-
gierungen lernten das Staatsleben aus höheren Gesichtspunkten zu be-
trachten, dachte man daran, dem Landmanne zu geben, damit man
auch von ihm fordern könne.
Im 16. Jahrhundert, also schon vor dem dreissigjährigen Kriege,
findet man bereits Spuren einer solchen Vorsorge für die Verbesse-
rung""der Landpferde. So bemerkt Löhn eisen, der in der zweiten
Hälfte des gedachten Jahrhunderts lebte, dass einige grosse Herren in
Deutschland neben ihrem eigenen Gestütte einige Hengste zum Bede-
cken der besten Stuten ihrer Bauern hielten, und die Füllen gegen
einen gewissen Preis sich nach ihrem Hofe liefern Hessen, wo sie ent-
weder für den Hofstall oder für die Wirtschaft oder Reiterei ge-
braucht wurden.
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Ein Herzog von Baiern, Albrecht I. liess, wie Schwab erzählt,
schon ums Jahr 1SS3 Hengste ankaufen und auf die Klöster für die
dort befindlichen Stuten vertheilen, welche aber auch die Stuten der be-
nachbarten Bauern bedecken dürften. Ein Herzog von Wiirtemberg soll
ums Jahr 1373 etwas ähnliches gethan haben.
Zu Löhneisens Zeiten war der Stamm der Pferde in Deutsch-
land in ziemlich guter Beschaffenheit, da er bemerkt, dass nicht allein
viele Pferde, sondern auch schöne, vermögende und gute Pferde erzogen
wurden, dass sie viel mehr Arbeit aushalten konnten, als ausländische
Pferde, ungeachtet sie nicht sehr sorgfältig gepflegt wurden.
Während des dreissigjährigen Krieges fanden alle fürstlichen und
Herrengestütte ihren Untergang, und die Landpferde verschwanden in
mehreren Gegenden so sehr, dass kein einziges mehr zu finden war.
Als die Mittel sich wieder dazu fanden, mussten vom Auslande Pferde
herbeigeschafft werden. Die Fürsten errichteten wieder Privatgestütte
und gaben Beschäler zur Bedeckung der vorerst sparsam sich finden-
den Bauerstuten her.
Wie schon oben erwähnt, wurde in Frankreich unter Ludwig XIV.
zuerst eine Einrichtung getroffen, welche man als den Anfang von
Landgestüttseinrichtungen betrachten kann; denn unter dem bekannten
Minister Colbert wurde eine Anstalt ins Leben gerufen, die Beschäler
enthielt, welche zur Bedeckung der Landesstuten ins Land geschickt
wurden. Es soll dieses im Jahre 166b, also auch in der ersteren Zeit
nach dem dreissigjährigen Kriege geschehn sein.
In Deutschland soll, ■ soviel bekannt ist, der Herzog Georg
Wilhelm von Celle der erste Fürst gewesen sein, welcher eine
solche Landgestütts-Anstalt — freilich im Kleinen, — in der Graf-
schaft Hoyä ums Jahr 1670 einrichtete. In dieser Gegend des nun-
mehrigen Königreichs Hannover ist die Pferdezucht auch jetzt noch in
besonderer Blüthe.
Wie uns Wiburg erzählt, so ahmte Dänemark dieses Beispiel erst
im Jahre 1688 nach, und doch stand es in Deutschte^' und Dänemark
damals noch immer besser mit der Pferdezucht als in Frankreich, wo
der grösste Theil der Pferde aus fremden Ländern bezogen wurde, wie
es sogar noch jetzt dazu genöthigt ist.
In Würtemberg wurde um dieselbe Zeit, (es werden die Jahre
1674 und 1683 besonders genannt,) Einrichtungen zur Beförderung
der Landespferdezucht getroffen; es wurden zu diesem Zweck 89
schöne, ausgesuchte Hengste angekauft, und diese aus dem Sennerge-
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sttitte bei Detmold, ans Ostfriedland, Thüringen, Lüneburg, Holstein
und Dänemark entnommen. Es wurden diese Hengste um einen ge-
ringern , als den Ankaufspreis an Unterthanen überlassen, welche sie
unter Aufsicht gegen Erhebung eines geringen Deckgeldes zum Decken
der Landstuten, und zur Arbeit verwenden durften.
Herzog Karl von Würtemberg vermehrte die Landbeschä-
ler auf etwa hundert aus seinem Marstalle und gestattete, dass vorher
untersuchte und unter Aufsicht gehaltene Privathengste bedecken
durften.
Indem aber zugleich die Beschälordnung sehr zwangvolle Vor-
schriften enthielt, so hat diese Einrichtung den erwarteten Erfolg nicht
gehabt. Erst König Wilhelm von Würtemberg, hat nach Herstellung
des Friedens vom Jahre 1847 angefangen, der Pferdezucht grosse
Sorgfalt zu widmen, und sich auch um die Landespferdezucht mit be-
sonderen Nachdruck anzunehmen.
Im Jahre 1736 entstand zu Celle das bekannte hannoverische
Landgestütt. Es war zuerst die Idee eines Privatmannes, der mit 12
Beschälern anfing die er unter bestimmten von der Regierung gut ge-
heisseneu Bedingungen zum Bedecken ausbot. Das Unternehmen fand
den Beifall der Regierung. Bald aber nahm sich die Domainenkammer
der Anstalt an, und sie war seitdem durch die Bemühungen derselben
in stets steigendem Fortgange.
Diese Anstalt hat recht sichtbar für die Verbesserung der Pfer-
dezucht in den hannoverischen Landen gewirkt. Sie fand aber auch
gleich allgemeinen Beifall unter den Landleutcn, weil keine ein-
zige lästige Bedingung daran geknüpft war, und sie
auch den Versicherungen der Beamten trauten, dass desshalb keine
neue Auflage gemacht werden solle. So hob sich die Zahl der Be-
schäler, welche diese Anstalt in die zur Pferdezucht geeigneten Ge-
genden schickte bis zu dem Jahre 1803 auf achtzig bis neunzig, welche
jährlich 8800 Stuten bedeckten.
Die Beschäler wurden grösstentheils in Holstein, auf den däni-
schen Inseln, in Meklenburg und aus andern fürstlichen Gestuften zu
theuren Preisen mit Sorgfalt ausgewählt und gekauft. Es waren dem-
zufolge immer schöne, zweckmässige Hengste im Institute. Ini Jahre
1786 genehmigte der König zur Verbesserung der Pferdezucht, dass
alle Jahre 30—40 Hengste aus seinem hannoverischen Marstalle
zum Bedecken der Stuten ins Land gehen sollten, wodurch sich
diese Hülfe für das Land sehr erweiterte, und jährlich 2000 be-
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deckte Stuten mehr die Hoffnung auf eine bessere Füllenernte
gaben.
Unter diesen Marstallhengsten, waren insbesondere die von der
ausgezeichneten schwarzen Kutschart dem Landmanne am angenehm-
sten , die für seinen eigenen Gebrauch, für die Nachzucht und zum
Verkauf am besten passten.
Der starke Bau, das starke Fundament, das angemessene Feuer
und die Kraft dieser einst durch spanisches Blut veredelten, deut-
schen Art waren Eigenschaften, die dem Landmanne besonders zu-
sagten.
Alles verfiel aber mit dem Jahre 1803, als der gallische Erobe-
rer Georg den III. der als König von Grossbritanien sein grösster
Widersacher war, durch die Besetzung seiner Erblande kränken
wollte-
In den 10 Jahren des Krieges und der Trübsal verminderte sich
die Zahl aller Beschäler auf 2S und der Landmann hatte seine schon
verbesserte Pferdezucht verloren. Doch um den Verlust der veredelten
Stuten dem Lande möglichst bald zu ersetzen, hat die väterliche Ver-
waltung der Eegierung seit 1818 dafür gesorgt, dass die vorigen An-
stalten vergrössert wieder dastehn.
Den Zeitgenossen ist hinlänglich bekannt, dass die Landgestütt-
hengste in Celle, jetzt meistens englisch Voll- und Halbblut, eine mu-
sterhafte Sammlung in dieser Beziehung sind.
Nachdem Würtemberg und Hannover das Beispiel gegeben hatten,
als der Sinn überall mehr erwachte, für die Pferdezucht der Unter-
thanen etwas zu thun, um, wie es allgemein hiess, »das Geld für
Pferde im Lande zu behalten und Geld dafür hereinzuziehen,« da ahm-
ten andere deutsche Staaten nach. Sie errichteten Landgestütte, mei-
stens in den Jahren von 1730—1780, also alsbald nach dem sieben-
jährigen Kriege oder noch während desselben, mit besseren oder min-
dern Erfolge, wie die Geldmittel, die Kenntnisse von oben, der Wohl-
stand und guter Wille von Seiten der Unterthanen einander entge-
genkammen.
Von manchen weiss man nichts mehr, als dass sie waren; manche
sind eingegangen im Laufe der Zeiten, dafür sind andere entstanden, be-
sondern Ruf haben nur einige erhalten, und es glänzten unter den kleinen
Fürstenthiimern Zweibrücken und Anspach bald nach dem
FricJuii, der den 7jährigeu Krieg beschloss, mit ihren Privatgestütten,
wie auch mit ihren Landgestüttsanstalten vor allen andern. Man schickte
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eine angemessene Anzahl Beschäler, die in den Privatgestütten gezogen
waren, ins Land und knüpfte gar keine lästigen Bedingungen daran; weil
diese Länder klein und die Anzahl der Stuten zu den Hengsten in sehr
günstigem Verhältnisse stand, so konnten diese Hengste ohne Mithülle
von Privathengsten, deren Haltung auch aus diesem Grunde verboten
wurde, auch alle Stuten bedecken. Der Erfolg konnte nicht zweifelhaft
sein; in Folge des Wechsels ihrer Fürsten und Regierungen gieng diese
Anstalt nichts desto weniger ein, wird aber in der Geschichte der Land-
pferdezucht noch lange als Muster gepriesen werden dürfen.
In Baiern richtete man im Jahre 1769 eine verbesserte, eigentliche
Landgestüttsanstalt ein, indem man sechszig Hengste, angeblich lauter
holsteinische, kaufte, diese im Lande vertheilte und unentgeldlich
bedecken Hess.
Die guten, brauchbaren Füllen durften aber nur im Lande verkauft
werden, und für die acht besten derselben, wurden, zwei- oder dreijährig,
Prämien bezahlt. Im Jahre 1784 wurde aber das Verbot der Ausführung
geschärft, auch auf alle Hengstfüllen unter drei Jahren und auf alle
Stuten, ohne Ausnahme, wenn sie nicht mangelhaft waren, ausgedehnt.
Diese Verfügung erzeugte Beschwerden, und war ohne Erfolg, wie es nicht
anders zu erwarten war von einer Beschränkung der Freiheit mit dem
Eigenthume zu schalten.
Durch die Vorschläge des berühmten Generals Ruinford wurden eine
Art Militärgestütt von grossen wirtschaftlichem Umfange eingerichtet,
und den Züchtern vortheilhaftere Bedingungen auferlegt.
Sie waren aber immer noch mit zu viel Zwang verbunden. Aber diese
Einrichtung, so viel Vortheil Kumford fürs Militär sich davon versprochen
hatte, stiess sich an den Widerstand der Bauern, denn, — wie Kumford
selbst sagt — >man konnte nur wenige dazu vermögen, die Zuehtstuten
»anzunehmen, und je vortheilhafter die Bedingungen waren, unter wel-
»chen sie ihnen angeboten wurden, desto mehr nahm ihr Misstrauen zu,
»und man konnte sie nicht überreden, dass nicht etwas dahinter stecke
»um sie zu bethören.«
Es entstand nach und nach Mangel an Pferden; man verboth dess-
halb die Ausfuhr der Pferde ganz und wenn dieses auch in den Jahren
1792—94 durch die politische Lage in Europa gegründet gewesen sein
mag, so ist es doch stets ein schlechtes Mittel zu dem Zwecke, zur Pferde-
ucht zu ermuntern.
Im Jahre 1796 kam man endlich auf ein ordentliches Lanugestütt
zurück, und wenn auch seitdem von der Regierung stets der Landespfer-
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dezucht unter die Arme gegriffen wurde, so muss doch Baiern auch jetzt
noch seinen Armeebedarf grossentheils aus dem Auslande beziehn.
Zur Zeit besteht die Landesgestüttsanstalt in ßaiern nur aus Heng-
sten welche von der Regierung augekauft werden; sie stehn in 4 Haupt-
stationen in München, Augsburg, Landshutt und Ansbach; von dort
werden sie zur Beschällzeit in 73 Zweigstationen im ganzen Königreich
diesseits des Rheines entsendet. Es sind solche 250 vorhanden, dieselben
sind grösstentheils in England, Hannover, Meklenburg, Oldenburg, Ungarn,
Ostpreussen auch einige im Innlande aus dem Hof- oder Stammgestütte
angekauft. Da diese Anzahl jedoch für den Bedarf nicht hinreicht, so wird
wohl eine ebenso grosse Anzahl von Privathengsten, die vorher durch
eine Commission geprüft und dann mit dem Landgestüttsbi ande versehen
werden; zum Belegen verwendet.
Für den Armeebedaif werden die Pferde zum Theil im Innlande als
3jährig angekauft und in Füllenhöfen aufgestellt, bis sie b Jahre alt
sind. Viele werden im Auslande, neuester Zeit namentlich in Ungarn
angekauft.
Die Pfalz sorgt durch das Zweibrückergestütt, welches zugleich
Stamm- und Landesgestütt ist, abgesondert von Baiern diesseits des
Rheines für ihren Bedarf an Pferden. Die berühmte frühere Zucht
wurde durch die französischen Kriege grösstentheils verschleppt. Doch
hat sich das Gestütt in den letzteren Jahren durch Ankauf von orien-
talischen Pferden wieder bedeutend gehoben und liefert meist Reit-
und leichten Wagenschlag.
In den preussischen Landen geschah für die Verbesserung der
Landespferdezucht in der Zeit vor dem Tode des grossen Fried-
richs nichts durchgreifendes. Mittelst Verordnungen für die Pferde-
zucht suchte man, wie in manchen, andern deutschen Staaten, auszu-
helfen, aber der Staat selbst that sehr wenig dafür. 1713 gab König
Wilhelm I. auch eine Anzahl Beschäler aus seinen Gestütten her,
entsagte dem Anspruch auf die besten Füllen; aber wahres Gedeihn
war nicht in der Einrichtung. Zehutner, der 1750 Stallmeister in Ber-
lin war, weist an mehrere Stellen seines »Unterrichtes von der
Pferdezucht,« darauf hin, das Landgestütte im Brandenburgischen,
Pommern, in Preussen gedeihn würden, und fragt, warum sie nicht da
wären? beantwortet aber die Frage nicht.
Mit dem Jahre 1787 fing man aber an, in den preussischen Staa-
ten mit Kraft oder Aufwand die Landpferdezucht zu verbessern. Man
schien aber dieses kräftige Aufhelfen eines Zweiges der landwirth-.
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schaftlichen Betriebsamkeit nicht als ein Mittel, den Wohlstand des
Landmannes durch die Pferdezucht zu verbessern, sondern nur als
eine Anstalt zu betrachten, die Reiterei des Heeres mit wohlfeilen
und doch brauchbaren Pferden zu versehn, wozu der Landmann seine
Stuten, seine Sorgfalt und Pflege zur Auferziehung der Füllen, unter
lauter Zwang und Strafen gegen einen sehr geringen Preis für
die dreijährigen Füllen, hergeben musste, sein ganzer Vortheil für
die Auferziehung eines Füllens bis ins vierte Jahr waren höchstens
drei Thaler.
Auf den Vortheil der Unterthanen für seinen landwirtschaftli-
chen Bedarf, — wofür er doch zuerst Pferde ziehn muss und aus
Neigung und Notwendigkeit ziehn wird , auf den Vortheil, sich durch
den Verkauf seines Ueberflusses an Pferden eine Einnahme zu erwer-
ben, die ihn hauptsächlich zur Pferdezucht ermuntern könnte, ward
keine Rücksicht genommen; denn jedes gute Stutfüllen war auch ein
gutes Cavalleriepferd, und der Besitzer war gezwungen es für einen
bestimmten Preis herzugeben.
(Eine Landpferdezucht, welche den Bedarf für alle bürgerlichen
Gewerbe und den Luxus der Zeitanforderungen entsprechend hervor-
bringt, liefert auch stets Militärpferde in genügender Anzahl.)
Ein im Jahre 1787 erschienenes Reglement bestimmte die Art
und Weise, wie die Landbeschälanstalt bei den Unterthanen eingeführt
werden sollte. Zwei Beschäler-Depots, das eine zu Lindenau bei Neu-
stadt an der Bosse, und das andere zu Bischofswerder bei Liebenwaldc,
wurden nach und nach auf mehr als 200 Beschäler gebracht.
Der Anfang wurde mit holsteinischen, meklenburgischen, trakeh-
ner, dänischer und zweibrücker Hengsten gemacht, dann mit türkischen,
polnischen, auch einigen englischen und russischen Hengsten vermehrt:
die eigenen Landesarten, wovon nur wenige dazu gekauft wurden, nicht
gerechnet.
Wenn man schnell eine solche Anstalt gross machen will, so ist,
eine Verschiedenheit der Landesarten unter den Beschälern nicht zu
vermeiden, ungeachtet sie der wahren, gestüttsmässigen Anlage einer
solchen Anstalt nicht angemessen ist. Man muss eben die Hengste aus
Ländern herbeischaffen, wo die Pferdezucht eine grössere Ausdehnung
bereits erreicht hat. Dass dann auch in der Nachkommenschaft sehr
viel Verschiedenheit entstehn mus, liegt auf der Hand; Es ist gewiss
in Preussen auch nicht anders gewesen, bis nach und nach die Haupt-
gestütte zu Neustadt an der Dosse gegründet 1788, zu Tran-
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kebnen gegründet 1736, und zu Graditz auf den Standpunkt kom-
men, um nach sicheren Prinzipien gezogene Hengste für die Landge-
stüttanstalt in genügender Zahl zu liefern.
Nebst mancher sehr guter Massregel über Aufzucht und Behand-
lung der nach Landgestütthengsten gefallenen Füllen hat sich die da-
malige preussische Regierung auch der Meinung hingegeben, durch
Zwangsmassregeln die Sache befördern zu wollen.
So z. B. mussten die Füllen von königl. Beschälern im zweiten Jahre
zur Besichtigung gebracht und eingeschrieben werden.
Hengstfüllen, die man zur Zucht brauchbar erachtet hatte, wurden
an solche Einwohner verkauft, welche sie als Nebenhengste gebrauchen
wollten, die anderen gewallacht. Die Wallachen oder Stutfüllen, welche
dem Eigenthümer verblieben, durften nun innerhalb drei voller Jahre
nicht angespannt oder zu irgend einer Arbeit gebraucht werden; eine
Maasregel, welche, so gut sie ist, W o h 1 h a b e n he i t des B-e s i t z e r s
oder die Erwartung künftiger Vortheile vor-
aussetzt.
Das vierjährige Wallach- oder Stutfülleu wurde für den Reiterdienst
des Heeres angekauft, und nach den festgesetzten Preisen mit sechszig
oder achtzig Thaler bezahlt; weigerte sich der Besitzer gegen die-
sen Kauf, so durfte er zwar das Füllen behalten, aber verkaufen
durfte er es nicht.
Rechnete der Besitzer genau, so konnte er bei jenen Preisen nie
einen Vortheil haben. Dann waren auch auf die Uebertretung dieser und
noch vieler anderer Vorschriften beträchtliche Geldstrafen gesetzt.
Der Bauer Hess daher lieber seine Stute von Nebenhengsten decken
um seine Freiheit an seinem Eigenthume zu behalten. Er verkaufte lieber
das Füllen halbjährig zu (0—18 Thaler und sparte so Aufwand,
Sorge und die Gefahr einer Verschlechterung oder Absterben des
Füllens.
Darum konnte diese wahrlich schöne, grosse Anstalt den beabsich-
tigten Zweck nicht erreichen und auch hier zeigte sich, dass Zwangsmass-
regeln für den Züchter in dieser Beziehung stets mehr gehindert als ge-
fördert haben.
Man erkannte später diese Hemmungen, welche in der Anstalt selbst
lagen, sehr wohl und Hess von der Strenge des Reglements ab, um, das
beabsichtigte Gute nicht ganz zu verlieren, Die Kriege, welche Preussen
führte, nöthigten um so mehr dazu.
Als die preussischen Truppen 1806 das hannoversche Land besetz-
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ten, ward der dahin geschickte Gouverneur, General Graf von der Schu-
ehburg auf die Güte der hannoverschen Landespferdezucht sehr bald
aufmerksam. Er verlangte Darstellung der hannover'schen Gestütsverfas-
sung vor dem Einmärsche der Franzosen und Darlegung des damaligen
Bestandes mit dem Beisatze, Vorschläge zur Widerherstellung der Land-
pferdezucht dabei zu machen. Diese Darstellung musste nothwendig die
Ursachen enthalten, warum die hannoversche Landpferdezucht so vor-
theilbaft für den Landmann und dann erst daneben für die Cavallerie ge-
worden ; es musste ausgesprochen werden, dass nur die möglichste Frei-
heit der Unterthanen mit ihren Stuten und Füllen nach Belieben zu schal-
ten dieses bewirkt habe, und die Vorschläge, welche die Wiederbelebung
der verbesserten Landpferdezucht im Hannoverschen zur Absicht hatten,
mussten diese Freiheit als obersten Grundsatz oben anstellen.
Dieser Grundsatz so sehr von der Erfahrung unterstützt, ist in Folge
dessen bei* der Wiedereinrichtung der Landgestüttanstalten im Preussi-
schen nach den Jahren des Unglücks und der Kriege gleichfalls angenom-
men worden. Es fielen von nun an alle Strafen für den Züchter weg, da
diese in einer Anstalt nicht nützlich sein können, welche zur Wohlfahrt
der Unterthanen dienen soll, wobei aber ihr Wille, ihre Liebe zur Sache
in Anspruch genommen werden muss.
Preussens Pferdezucht ist seitdem auch gediehn, wie so vieles in
einem Lande gedeiht, wo die Regierung von einem aufgeklärten Geist für
Betriebsamkeit beseelt ist.
Der Pferdestand Preussens soll sich in den 18 Jahren von 1820—
1838 um mehr als 400.000 Köpfe erhöht haben.
In Oester reich hat man ebenfalls alsbald nach Beendigeung des
siebenjährigen Krieges, welcher so viele Pferde den Provinzen genommen
hatte, von Seiten der Regierung Schritte gethan um die Landespferdezucht
zu heben. Im Jahre 1763 erschien ein Patent, mittelst welchem in den
verschiedenen Provinzen der Monarchie auf die Nützlichkeit der Pferde-
zucht öffentlich hingewiesen wurde; es wurde dabei auch eine gedruckte
Anweisung ausgegeben, wie bei dieser Landespferdezucht verfahren und
die Füllen verpflegt werden mussten ; dessgleichen wurde darin das Ver-
halten in Ansehung der Beschäler bestimmt.
Es war auch hierin der grossen Kaiserin Maria Theresia vor-
behalten die Initiative zu ergreifen, wie in so vielen andern se-
gensreichen Einrichtungen. Um dieselbe Zeit wurden aus den kai-
serlichen Hofstallungen Hengste in die Länder vertheilt um die Land-
stuten zu belegen und es wurde in der Person des Freiherrn
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von Traicbapelle ein eigener Inspekteur für Pferde - Angelegenheiten
ernannt.
Die Benutzung der kaiserlichen Beschäler war aber für den Land-
mann auch hier mit zuviel Bedingung und Zwang verbunden, als dass die
Sache einen schnellgedeihlichen Fortgang hätte haben können. Gesetzge-
ber müssen Neigungen, Vorurtheile und häusliche Verhältnisse derjeni-
gen, welche die Vorschriften befolgen sollen, kennen und in Betracht ziehn,
wenn das von ihnen beabsichtigte Gute gedeihn soll.
Der Mensch will auch da, wo man ihm das Gute zeigt, theils die
Freiheit behalten, nach seinen Neigungen zu handeln, theils will er den
Vortheil leicht begreifen können. Bei den Verordnungen zur Verbesserung
der Landespferdezucht ist fast in allen Staaten dawider gehandelt,
und darum wollten die guten Absichten der Kegierung nicht ge-
lingen.
Wie wir gesehn haben, wurden in Hannover gleich beim Anfange
der Landgestüttseinrichtungen dem Züchter keine zwangsvollen Bedin-
gungen auferlegt, und die Sache fasste gleich Wurzel, weil man das Ver-
trauen der Regierung mit Entgegenkommen erwiderte. Ich glaube in die-
sen hannoverischen Anordnungen eine Wirkung der nähern Beziehungen
zu erkennen, in welchen dieses zu England stand, seitdem das Haus Han-
nover auf den englischen Thron gekommen war. (1714)
Die Hoffnung der kaiserl. Regierung, das sich viele grosse und Meine
Grundbesitzer zur Anschaffung und Unterhaltung von Deckhengsten her-
beilassen würden, ging nicht in Erfüllung; man entschloss sich also
schon im Jahre 1764 einen Theil der Hengste auf Kosten des Staates zu
unterhalten, dem Landmanne zur Bedeckung seiner Stuten ohne Abga-
ben anzubiethen, auch den Verkauf der Füllen unter 4 Jahren in und
ausser dem Lande frei zu geben, ohne dass auch diese Einrichtung
den erwarteten Erfolg gehabt hätte.
Im Jahre 1780 wurden daher nach den Vorschlägen einer von
Kaiser Josef IL niedergesetzten Commission, die bisherigen Beschäler
von Privaten untersucht; die tauglich befundenen wurden besonders
bezeichnet, damit jeder Eigenthümer einer Stutesich wenigstens einen
gesunden Beschäler wählen könne; die untauglichen mussten abge-
schafft werden. Es war dies der erste Schritt zum Bessern und immer
etwas werth; es war eine polizeiliche Massregel um grössern Schaden
zu verhüten.
Diesen Privatbeschälern ward eine Bedeckung der Stuten von
kaiserlichen Beschälern zur Seite gestellt. Diese letzteren belegten
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die Landstuten völlig unentgeltlich, und es mochte dieses ein Mittel
sein, sich der kaiserlichen Beschäler lieber zu bedienen, als der Pri-
vatbeschäler.
Diese Einrichtung hat bis zum Jahre 1860 fortbestanden. Die
Stuten niussten bevor sie zur Bedeckung zugelassen wurden, von um-
hergeschickten Cavallerie-Offizieren nach bestimmten Vorschriften un-
tersucht werden, damit die kaiserl. Beschäler nicht für untaugliche
Stuten verbraucht würden.
Auch wurden damals auf Staatskosten vom Auslande namentlich
aus Holstein, Stuten angekauft, den Züchtern um billigern Preis gegen
einigen Vorbehalt überlassen und meist in Böhmen und Mähren ver-
teilt. Eine solche Auswahl der Stuten sichert den nachhaltigen Werth
eines Landgestüttes; im Anfange unerlässlich, ist es auch später eine
zweckmässige Vorsicht, die den Landmann nicht gleichgültig lür die
Stuten Iässt, von denen er Füllen zu ziehn wünscht.
Die zur Auswahl der Zuchstuten bestimmten Cavallerie-Offiziere
hatten dann durch die ganze Dauer der Beschälzeit einen Bezirk über-
haupt zu beaufsichtigen und hieraus ist die noch bestehende Militär-
Gestüttsbranche hervorgegangen; wenn ich nicht irre, wurde sie auch
in den 80-er Jahren organisirt.
Uebrigens hatte der Stutenbesitzer völlige Freiheit, mit Stuten
und Füllen nach Willkühr zu verfahren, nur mit der einzigen Ein-
schränkung, dass wenn das Füllen, zwei Jahre alt war, es einer Com-
mission zur Besichtigung vorgeführt werden musste.
Liess es zum Cavalleriedienst Tauglichkeit erwarten, so erhielt der
Besitzer einstweilen einen Vorschusb von 18—20 Gulden, damit eines-
teils derselbe nicht unter dem Vorwande, seine Abgaben bezahlen zu
können , das Füllen verkaufe, und anderntheils für solches, wenn es
Dreijährig als Remont angenommen wurde, den Rest des Remonten-
geldes von 10ö—HS Gulden erhalte. Dann musste er sich aber vor
der Obrigkeit verpflichten, das Füllen noch ein Jahr gut zu füttern
und zu pflegen, nicht zu reiten oder anzuspannen und nicht zu ver-
kaufen. Hierbei wurde aber auch die Freiheit des Eigenthums nicht
beschränkt, denn er war nicht gezwungen, den Vorschuss auf sein Fül-
len anzunehmen, und selbst wenn er ihn genommen hatte, und wollte
nachher sein Füllen behalten, so stand ihm auch dieses gegen Zurück-
gabe des Vorschusses frei. Es war also ein freier Kauf der Füllen
für die Reiterei und nach bestimmten Preisen. Da diese Einrichtung
besser von Statten ging, als die früheren, so war die Zahl der kaiserl.
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Beschäler immer vermehrt, und es standen im Jahre 1788 schon gegen
400 Landbeschäler in den österreichischen Staaten, welche auf Kosten
der Regierung erhalten wurden.
Eine vom kaiserl. Pferdearzt Scotti verfasste Instruktion enthielt
die Vorschriften über Behandlung und Verwendung der Beschäler; es
ward ein Unterricht ertheilt, über die Auferziehung des Füllens von
der Geburt bis zum vollendeten dritten Jahre, damit der Bauer sich
von manchen Vorurtheil entwöhne und eine bessere Sorgfalt den Fül-
len angedeihn lssse, eine Massregel, welche Nachahmung verdient. —
Zur Aufmunterung war anfänglich jedem Bauer, der eine von einem
kaiserl. Beschäler trächtig gewordene Stute angeben konnte, ein Gul-
den zur Belohnung gegeben.
Ferner wurde für das beste dreijährige Hengstfüllen, das von
einem kaiserl. Hengste gefallen war und als Zuchthengst für tauglich
erkannt wurde, eine Prämie von dreissig Dukaten ausgesetzt.
Man sieht, diese Einrichtung ward mit Umsicht gemacht, und
waren die Menschen, welche dabei eingriffen und sie leiteten mit Ein-
sicht und Lust zur Sache erfüllt, waren die Beschäler gut, wurden
diese zweckmässig nach Stutenschlag und Örtlichkeit vertheilt, so
konnte etwas Gutes für den Wohlstand des Landmannes und für die
Reiterei des Heeres erwartet werden.
Die Pferde für diese Landesgestüttanstalt wurden meistens in
dem grossen Gestufte Mezöhegyes in Ungarn gezogen.
Die Kriege, welche Osterreich seit dem Jahre 1792 mit ge-
ringen Unterbrechungen bis zum Jahre 1815 gegen Frankreich zu
führen genöthigt war, hatten wieder auch in Bezug auf Gestufte und
Pferdezucht sehr vieles zerstört und es musste nach dem Frieden Vieles
neu geschaffen werden.
Es wurde nun der Grundsatz aufgestellt, man wolle den Provinzen
der Monarchie gute Beschäler zur Bedeckung der Stuten liefern, und
zwar nach den Bedürfnissen der verschiedenen Provinzen und diese Rasse-
Hengste in den kaiserl. Hauptgestütten, welche man in Osterreich
wegen der militärischen Organisation, Militärg e stütte
nennt, von der möglichst besten Qualität erziehn.
Seitdem hat sich Oesterreichs Pferdezucht sehr vermehrt und ver-
bessert, sowohl für die landwirthschaftlichen Anforderungen, allerhand
bürgerliclien Gewerbe, für den Luxus als auch für die Cavallerie- und
sonstigen Kriegsbedürfnisse. Der jetzige Standpunkt wurde jedoch be-
greiflicherweise erst nach und nach erreicht; denn, wenn ich nicht irre,
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wurden erst, seit ungefähr 20 oder einige 20 Jahre für den Armee-
bedarf gar keine Pferde mehr im Auslande angekauft. Auf das König-
reich Ungarn wurde die Landbeschälanstalt erst im Jahre 1830 aus-
gedehnt. Es stehn nun jetzt in allen Kronländern des Kaiserstaates
2824 Beschäler; bis zum Jahre 1860 wurden die Stuten der Bauern
unentgeldlich belegt, seitdem wird ein Deckgeld von 2—5 Gulden, je
nach der Qualität des Hengstes, erhoben. Die Beschäler werden alle
in den Gestütten zu Mezöhegyes, Bäbolna, ßadautz, Piber und Kis-
Ber gezogen und jährlich circa 300 für die Landbeschälanstalt abge-
geben. In all diesen Gestütten war bisher das spanische und neapoli-
tanische Blut aus früherer Zeit, dann das orientalische vorherrschend.
Es sind seit dem Jahre 1820 mehrere Male Commissionen in
den Orient entsendet worden , um orientalische Hengste und Stuten
anzukaufen. Orientalische Rein zu cht besteht jetzt nur in Bäbolna-
Es wurden auch öfter Ankäufe von Voll- und Halbblut-Hengsten in
England gemacht, aber erst seit Gründung des Gestüttes Kis-Ber im
Jahre 1834 wird auch daselbst die englische Vollbutzucht be-
trieben. Auch besteht seit neuster Zeit die Einrichtung, dass Hengste
an einzelne Private für die Bedeckzeit gegen Erlag von 200—300
auch 300 Gulden vermiethet werden, ebenso können Private, die im
Besitze edler Stuten sind, dieselben von den Pepinierhengsten der Ge-
stütte bedecken lassen. Das Sprunggeld ist je nach der Qualität des
Hengstes mit 50—100 Gulden festgesetzt, und es bleibt den Privaten
die Wahl des Hengstes freigestellt.
Es ist dieses ein sehr anerkennenswerther Schritt zur grösseren
Verbreitung der edlen Pferdezucht; es findet auch diese Maasregel
sehr viel Anwerth, so z. B. waren am 25. März für die diesjährige
(1864) Bedeckzeit in Kis-Ber bereits 100 Stuten, worunter viele aus
Böhmen, Mähren, Oesterreich, angemeldet, und man glaubte sicher,
dass die Zahl der Anmeldungen noch nicht geschlossen sei.
Die Rüstungen in den Jahren 1848, 1849, 1854 und 1859 haben
bewiesen, welche grosse Masse tauglicher Pferde in der Monarchie
aufgebracht werden konnte, und das wäre schwerlich möglich gewesen,
wenn das Institut der Aerarial Beschäler nicht schon durch Jahre auf
eine so nützliche Weise gewirkt hätte.
Es ist noch nicht gar zu lange her, dass Oesterreich selbst im
Frieden jährlich gegen 2000 Stück Cavallerie-Remonten im Auslande
kaufen musste, gehen wir aber bis zu den letzten Jahren des vorigen
Jahrhunderts zurück, so finden wir, dass die Armee damals genöthigt
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war, mehr als die Hälfte ihres Bedarfes an Reit- und Zugpferden auf
den Kriegsstand im Auslande sich zu verschaffen.
Mit der fortschreitenden Verbesserung der innländischen Pferde-
zucht aber hat sich die Notwendigkeit einer solchen Einfuhr nach
und nach vermindert, und im Jahre 1846 wurden zum letzten Male
noch 600 Stück Remonten vom Auslande bezogen.
Ebenso kann durch statistische Nachweisungen dargethan werden,
dass Oesterreichs Aktivhandel bezüglich der Pferde im Zunehmen be-
griffen ist, denn es wurden im Jahre
1803 eingeführt 13788 , „
ausgeführt 1252 } Pferde Und Füllen
1887 eingeführt 9402
ausgeführt 12790
1861 eingeführt 7802
ausgeführt 13045
(Jn den letzten Jahren sind von Baiern, Sachsen und Darmstadt
nicht unbedeutende Ankäufe von Cavallerie-Remonten in Oesterreich
geschehen.)
Aber auch in Bezug auf die vorhandene Zahl dieser Thiergattung
in der Monarchie zeigt sich ein erfreulicher Fortschritt, indem nach
ämtlichen Ausweisen im Jahre 1848 der Pierdestand Oesterreichs
(die ungarischen Kronländer mit einbegriffen), 2838414 Stück be-
trug, während er im Jahre 1887 bereits auf 3602641 Stück ge-
stiegen ist.
Diese Beweise für das Fortschreiten der Pferdezucht sowohl in
qualitativer als quantitativer Hinsicht sprechen wohl sehr deutlich
für das segensreiche Wirken der für diesen Zweck aufgestellten Staats-
anstalten.
Der Wunsch nach Vermehrung der ärarischen Deckhengste ist
daher auch ein allgemeiner und nur zu häufig wiederholter, da die
vorhandenen dem wirklichen Bedarfe kaum zu einem Drittel genü-
gen sollen.
In den kleinern, hier nicht besonders genannten deutschen Län-
dern war der Vorgang, seitdem sich die Regierungen um Beförderung
der Pferdezucht durch Aufstellung von Deckhengsten, Aussetzung von
Prämien für Stuten und Füllen, Ankauf im Lande selbst gezogener
Hengste u. s. w. angenommen haben, überall so ziemlich derselbe.
Während oder gleich nach dem siebenjährigen Kriege tritt das Be-
dürfnis» nach einer Vermehrung und Verbesserung der Pferdezucht
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hervor. Wir sehn in allen Ländern, dass die Regierungen glaubten,
durch Zwangmittel, verpflichtende Bedingungen, ja selbst Strafen den
Züchter zu veranlassen, gute Pferde anzuschaffen, zu züchten und die
Produkte zur weitern Zucht zu behalten.
Wir sehn aber auch überall, dass diese Massregeln ihre gehoffte
Wirkung nicht hatten; Hannover machte hiervon, wie oben erwähnt,
eine rühmliche Ausnahme, was auch alsbald in Preussen Nachahmung
fand. Was im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts zur Hebung der
Pferdezucht geschehn war, wurde meistens durch die Napoleonischen
Kriege wieder zerstört oder doch sehr gehemmt, so dass der eigentli-
che Aufschwung durch die Landgestütt-Anstalten erst vom Jahre 18 IS
datirt.
Mecklenburg hatte schon von alten Zeiten eine berühmte und
vielgesuchte Pferdezucht und auf die Vortheile der nach den in Eng-
land geltenden Grundsätzen betriebenen Pferdezucht wurde man1 in
Norddeutschland, namentlich in Mecklenburg aus Hannover zuerst auf-
merksam. Die grossen Gutsbesitzer in Mecklenburg hatten sich viel-
fach englische Voll- und Halbbluthengste mit grossem Kostenaufwande
angeschafft und Hessen damit ihre Stuten, die theils von der Land-
rasse, theils aus England angekauft waren, bedecken.
In Hannover kamen viele englische Hengste gleich in die Land-
gestüttsanstalt.
Wenn auch jetzt noch von den meisten deutschen Kleinstaaten
gesagt werden kann , dass sie ihren Armeebedarf im Innlande nicht
aulbringen können, so hat dieses eine andere Bedeutung als ehemals.
Sonst, d. h. noch in dem ersten Drittel dieses Jahrhunderts wurde
von den meisten Staaten der Bedarf für die leichte Reiterei aus den
Donaufürstenthümern, Südrussland und Polen bezogen.
Man nannte dieses kurzweg: die polnische Remonte, weil
diese Pferde meistens von polnischen Juden geliefert und auch grosse
Transporte zur Leipziger Messe in den Handel gebracht wurden. Auch
Oesterreich und Preussen bezogen einen grossen Theil ihres Armee-
pferdebedarfes von daher. Die schwere Reiterei aller deutschen Staa-
ten wurde zumeist mit Oldenburger, Holsteiner und jütländischen Pfer-
den beritten gemacht.
Wenn man aber jetzt sagt, Baiern, Sachsen, Hessen u. s. w. könne
seinen Pferdebedarf für die Armee im Innlande nicht aufbringen, so ist
hiermit immer das engere Vaterland gemeint, denn alle diese Länder
beziehn den Pferdebedarf welchen sie selbst nicht decken können, aus Han-
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nover, Mecklenburg, Preussen, Oldenburg und den Ländern des Kai-
sertums Oesterreich; also immer innerhalb der Grenzen des deutschen
Bundesgebiethes und sind jetzt in dieser Beziehung vom wirklichen Aus-
lande nicht mehr abhängig.
Die Pferdeausfuhr nach Frankreich, Italien, der Schweiz ist jetzt be-
deutend, und in den letzten Jahren wurden selbst für englische Cavalle-
rieoffiziere in Deutschland viele Ankäufe gemacht.
Da sich nun englische Pferde und somit die Grundsätze der Auf-
zucht, wie sie in England schon lange gelten, hier zu Lande immer mehr
verbreiten, so wird es jetzt an der Zeit sein, England's Pferdezucht etwas
näher zu betrachten.
Die frühste Nachricht über das Pferd Grossbritaniens enthält die
Geschichte des Einfalles der Römer unter Julius Cäsar SO vor
Christus. Dieser Eroberer gibt eine sehr lebhafte Beschreibung von der
Geschicklichkeit mit welcher die Pferde dressirt waren. Welche Art von
Pferden die Britanier besassen, ist unnütz zu untersuchen; aber aus dem
schwerfälligen Bau der Streitwagen und der Wuth womit sie getrieben
wurden, sowie aus dem schlechten Zustand oder dem gänzlichen Mangel
an Strassen, lässt sich schliessen, dass die Pferde in einem ungewöhnlichen
Grade stark und kräftig gewesen sein müssen.
Ungefähr 920 Jahre nach der Landung Cäsars finden wir die briti-
schen Gebiethe unter Alfred vereinigt; dieser Monarch übersah nichts,
was zurWohlthat seines Landes dienen konnte, und verwendete besondere
Aufmerksamkeit auf die Zucht und Verbesserung der Pferde.
Ein Umstand verdient bemerkt zu werden, nämlich dass in keiner
der frühsten Nachrichten der Angelsachsen oder Wälschen irgend eine
Anspielung auf den Gebrauch des Pferdes an dem Pfluge vorkommt. Bis
zu einer, vergleichungsweise mit anderen Gegenden neuen Zeit, wurden in
England blos Ochsen zu diesem Zwecke benutzt; aber später im 10. Jahr-
hundert schlich sich eine Neuerung in dieser Beziehung ein, wesshalb ein
wälsches Gesetz den Bauern verboth mit Hengsten, Stuten oder Kühen
zu pflügen, sondern nur mit Ochsen. Auf einer Tapete die zur Zeit Wil-
helms des Eroberers, 1066, zu Bayonne gewoben wurde, ist ein Mann
vorgestellt, der ein an der Egge angespanntes Pferd treibt. Dies ist die
frühste Nachricht über die Benutzung von Pferden zu Feldgeschäften.
Mit Wilhelm dem Eroberer kam die Verbesserung der Pferdezucht
bedeutend weiter; dieser Fürst verdankte seinen Sieg bei Hastings haupt-
sächlich seiner überlegenen Reiterei, sein Lieblingsreitpferd, also vermuth -
lich auch sein Schlachtross war ein Spanier. Sein Gefolge sowohl vom
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Adel als gemeinen Soldaten kam aus einem Lande, in welchem der
Ackerbau schnellere Fortschritte gemacht hatte, als in England. Ein
sehr beträchtlicher Theil des Königreichs wurde unter diese Leute
vertheilt, und es ist unbezweifelt, dass England in seiner Landwirt-
schaft, insbesondere aber seiner Pferdezucht, durch diesen Wechsel
seiner Herren gewonnen hat.
Wilhelm und seine Soldaten brachten nach England die Keitkunst
welche eine höhere Civilisation in Frankreich ausgebildet hatte; die
Bretagner führten die Wettrennen ein, die in den alten Volksliedern
beschrieben werden; die Franzosen die Jagden und Eeiterfeste; die
normannischen Barone führten in ihren neuen Wohnsitzen die Ab-
kömmlinge ihrer schönen Pferderassen ein, nämlich die kräftige Fa-
milie von Armorika mit dem hohen Halse, den kräftigen Gliedern, der
starken Kruppe und die in ihren Gestütten durch spanisches und orien-
talisches Blut veredelten Pferde.
Unter der Regierung Heinrichs I. (1121) kam das erste arabi-
sche Pferd, oder wenigstens das erste, worüber man Nachrichten hat
nach England.
Alexander I. König von Schottland, schenkte nämlich der Kirche
des heiligen Andreas ein arabisches Pferd mit reichem Geschirr, tür-
kischer Rüstung und mehren werthvollen Zierrathen. Man hat angege-
ben die Abstammung mancher Pferde lasse sich bis zu diesem Araber
hinauf verfolgen, allein den Beweis dafür ist man schuldig geblieben.
König Johann (1199) suchte den Ackerbau und insbesondere die
Pferdezucht emporzubi ingen; er führte 100 ausgesuchte Hengste von
flandrischer Rasse ein, und legte dadurch den Grund zu der schweren
Zugrasse. Hundert Jahre später kaufte Eduard II. dreissig lombardi-
sche Kriegspferde und zwölf schwere Zugpferde, wahrscheinlich Hengste.
Die Lombardie, Italien und Spanien waren die Länder aus welchen
damals der grössere Theil von Europa seine bessern Pferde sowohl
für die gewöhnliche Reiterei als zum Prunke bezog. Zum Ackerbau
verschaffte man sich die Pferde meist aus Flandern.
Eduard III. vewendete 1000 Mark auf den Ankauf von SO spani-
schen Pferden und legte einen so grossen Werth auf diesen Zusatz zu
dem englischen oder vielmehr gemischten Blut der damaligen Zeit,
dass ein förmliches Gesuch um sicheres Geleit dieses Transportes an
die Könige von Spanien und Frankreich erging. Es wurde von ihm ein
Ausfuhrverboth erlassen und es war dieses wohl ein Zwang, der seine
Rechtfertigung hatte; denn so lange es für ein Volk von Vortheil ist,
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die Ausfuhr seiner veredelten Produkte, wenn sie im Ueberfluss oder
auch nur in genügender Menge vorhanden sind, zu begünstigen, eben
so wird es für eine junge Industrie nachtheilig sein, wenn man diese
kaum geschaffenen und nicht sehr zahlreichen Elemente der Fortpflan-
zung unnöthigerweise zerstreuen wollte.
Bis zum Ende des fünfzehnten Jahrhunderts gab es nichts bemer-
kenswerthes in Bezug auf das englische Pferd. Der Partheienkampf
an dessen Spitze die Häuser York und Lunkaster (rothe und weisse
Kose) standen, konnte nicht verfehlen, einen traurigen Einfluss auf die
Pferdezucht auszuüben und erst unter Heinrich VIII. (1809) wurden
Massregeln zur Verbesserung derselben ergriffen. Damals wurden Vor-
schriften gegeben, welche die Grösse und das Alter der Hengste fest-
setzten und nach welchen sie nicht auf Weideplätze oder in die Wäl-
der getrieben werden durften. Zugleich verboth man auf das strengste
die Benutzung fehlerhafter Hengste und schlechter Stuten.
Trotz dieser Vorschriften scheint dennoch die Regierung der Kö-
nigin Elisabeth (1558) der Veredlung der Pferde nicht günstig ge-
wesen zu sein, was seinen Grund theils in den damaligeu Unruhen,
theils in dem Geize dieser Fürstin hatte, der ihr nicht erlaubte, die
Pferdezucht zu befördern; man sagt sogar, dass sie der Landung, wo-
mit die riesenhafte Armada sie bedrohte nur dreitausend Pferde entge-
gen stellen konnte. Heinrich IV. von Frankreich schenkte der Elisa-
beth mehre französische Pferde, welche die Bewunderung des Hofes er-
regten. Es scheint also, dass damals in Frankreich die Pferdezucht auf
einem bessern Grade sich befand, als in England.
Jakob I. (1603) organisirte in England die Wettrennen, welche
noch keine besonderen Rennbahnen hatten. Man wählte vorzüglich ein
hügeliges und mit allerlei Hindernissen durchschnittenes Terrain, wie
man es noch heute in Betreff der Steeple-chases macht, die ein Ueber-
bleibsel der alten sächsichen Wettrennen sind.
Vor dieser Zeit begnügten sich die Sieger mit Ehrenpreisen die
gewöhnlich in einem silbernen Glöckchen bestanden; daher stammt der
Ausdruck, der jetzt noch gebräuchlich ist, bear away the bell. Die
Glocke davontragen, d. h. einen Preis beim Pferderennen gewinnen.
Gewiss wurde der Sieger mit diesem Glöckchen geschmückt, denn wir
wissen, dass früher bei den Römern das Glöckchen das am Kopfe eines
Pferdes hing, ein Ehrenzeichen war, und dass diese Sitte noch heute
sich in einigen Ländern erhalten hat, wo die Postillone den Hals ihrer
Pferde mit Glöckchen schmücken. Auch in den Gestütten pflegt man
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häufig dem besten, schönsten Füllen im Rudel eine Glocke anzu-
hängen.
Es muss hervorgehoben werden, dass die englische Reitkunst und
die leichte für Jagden und Wettrennen eingerichtete Ausrüstung der
Pferde mit Verbesserung der Rasse im innigen Zusammenhange steht«
Das schwere Rüstzeug hindert die raschen Bewegungen, und die Haltung
des Körpers, welche dasselbe erfordert, ermüdet den Reiter. Die Englän-
der befreiten das Pferd von diesem Gepäck, setzten an die Stelle des
plumpen viereckigen Sattels einen leichten Sattel von gefälliger Form mit
gutem Sitz. Die Sitte des Wettrennen zwang den Reiter sein Zaum- und
Sattelzeug zu vereinfachen und diese Vereinfachung gestattete ihm, die
Bewegungen des Pferdes besser zu fühlen und sich so zu sagen mit ihm zu
identifiziren.
Dadurch erhielt das Pferd und der Reiter eine leichte Beweglichkeit
in welcher sie ohne Ermüdung die angestrengtesten Uebungen machen
konnten. Der Trabb empfing durch die Veränderung des Sattel- und Riem-
zeuges eine wichtigere Bestimmung und man hatte nicht mehr nöthig, dem
Pferde mit allerlei Zwang- und Kunstmittel den Pass zu lehren, wie die-
ses für die Klepper des Mittelalters nöthig war. Die Römer nannten uen
Trabb eine Strafe und Folter, das Reiten in demselben ist durch die Eng-
länder bequemer geworden, deDn das sogenannte »englisch trabben«
gibt dem Reiter und dem Pferde die grösste Ausdauer in diesem
Gange.
Karl I. (1625) führte die Pferderennen zu Hydepark und Newmarket
ein; er Hess mehre Pferde aus dem Oriente kommen, und ertheilte gross-
artige Belohnungen an die Männer, welche sich in der Beschäftigung mit
der edlen Pferdezucht auszeichneten.
Die damaligen Bürgerkriege hemmten den Aufschwung der Pferde-
zucht, die im ganzen Lande aufzublühn begann. Der Protektor Cromwell
(1647) widmete ihr jedoch die sorgfältigste Aufmerksamkeit; er selbst
besass mehre berühmte Rennpferde und während ihr Herr Schlachten ge-
wann, trugen seine Rosse den Sieg auf der Rennbahn davon. Sein Stall-
meister Place führte in England den berühmten Hengst, White-
Türk ein.
Karl IL (1660) Hess sich die Veredlung des Pferdes ebenfalls
eifrig angelegen sein, und der Adel der drei Königreiche folgte sei-
nem Beispiel.
Karl II. war der erste englische König, der in seinem Namen Pferde
rennen Hess, und der Leser wird sicli aus der Beschreibung des Vollblut-
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pferdes erinnern, dass unter ihm die orientalischen Stuten eingeführt wur-
den, welche unter dem Namen' royalmares bekannt sind und mittelst deren
das englische Vollblut als Reinzucht begründet wurde.
Unter Wilhelm III. (1689) vermehrten sich die Wettrennen und
viele königliche Preise, die unter dem Namen Kings-Plates bekannt
sind, wurden den verschiedenen Rennplätzen zugewiesen.
Unter Georg I. (1714) gewannen die Wettrennen an Ausdehnung,
und der Geschmack an denselben ward materieller; die königlichen Preise
von dem einfachen Glöckchen der alten Zeit schon weit entfernt, verwan-
delten sich in eine Summe Geld; die Plates wurden durch Preise von 500
Guineen ersetzt.
Georg II. (1727—1760) beschäftigte sich sehr wenig mit den Ange-
legenheiten der Pferde, und dies ist vielleicht das einzige Interregum, wel-
ches in der Geschichte des englischen Pferdes vorkommt. Dennoch ver-
dankt man diesem Fürsten mehre Verordnungen, welche den Zweck hat-
ten, die Betrügereien zu verhüten, welche schon damals anfingen sich in
die Turfangelegenheiten einzuschleichen.
Georg III. 1760- -1820 Hess es sich besonders in der Jugend sehr
angelegen sein, die Pferdeliebhaberei in Schwung zu bringen , er mun-
terte zu Wettrennen und zur Reitkunst auf; man verdankt diesem Fürsten
die Gründung einer Thierarzneischule, welche von Vial de St. Bei
dirigirt wurde.
Es ist dieses derselbe, welcher den berühmten Wettrenn-Hengst
Eclipse in allen seinen Körperverhältnissen genauestens ausmass und be-
schrieb. (Siehe oben.)
Der königl. Sportmann Englands war jedoch Georg IV. Als vollende-
ter Stallmeister, kluger Pferdekenner, ausgezeichneter Züchter und uner-
müdlicher Jäger verband er alle Eigenschaften, welche der pferdefreund-
lichsten Nation der Welt gefallen konnten. Als er noch Prinz von Wales
war, hatte er ein blühendes Gestütt gegründet, und seine Pferde hatten
in dem Zeitraum von acht Jahren einhundert und fünfzig Preise gewonnen
die beinahe eine halbe Million Thaler werth waren. Ihm verdankt man die
Gründung des schönen Gestuftes zu Hamptoncourt.
Anmerkung. Das Gestütt zu Hamptoncourt ohnweit London züch-
tet jetzt nur das beste Vollblut.
Zur Zeit meiner Anwesenheit daselbst im September 1863 waren da-
selbst 53 Mutterstuten und drei Vaterpferde worunter Orlando. Alle Fül-
len werden einjährig verkauft und es ist nicht selten, dass für ein solches
Hengstfüllen 1000 Guineen, — 10000 fl. österr. Währg. bezahlt werden.
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Die Königin Victoria behält nie ein in diesem Gestufte gezogenes Pferd
zum eigenen Gebrauch, und durch den Verkauf aller Füllen, wenn sie
einjährig sind, kömmt das edelste Blut sogleich wieder in die Hände sehr
vieler Privaten. —
Unter dem gnadenreichen Scepter seiner vielgeliebten Königin Vic-
toria (seit 1835) geniesst Grossbritanien eines Emporblühens der Pferde-
zucht, das in der Welt ohne Gleichen ist.
Die Königin hat selbst ihre Freude an den Field-sports, sie versteht
die Kunst ein schnelles und feuriges Ross zu reiten, oft lenkt ihre königli-
che Hand auf den Wegen ihres Parkes ein Gespann von kräftigen Ponies;
ihre Gegenwart verschönert die Meetings und Rennen, und wenn sie ihre
edlen Vasallen, die Nachkommen der alten Gefährten Wilhelms, besucht,
so macht sie die glänzenden Cavalcaden und die Jagden mit, welche das
Vergnügen der Nation sind. Prinz Albert, ihr königlicher Gemahl zeichnete
sich bei seinen Lebzeiten als vollendeter Gentleman in allem aus, was
man in England Sport nennt.
Wir haben gesehn, welche Fortschritte die Veredlung des Pferdes
nach und nach in England gemacht hat; aber man müsste dicke Bücher
schreiben, sagt Dr. Löffler, dem ich überhaupt in dieser geschichtlichen
Darstellung meistens folgte, wenn man andern ein klares Bild machen
wollte, von den verschiedenen Rassen und Gattungen, welche die Natur
und Kunst in diesem Lande erzeugt haben: von den ausgezeichneten
Pferdezüchtern , die sich durch ihre Resultate, durch ihre Siege, ihre
Unglücksfälle und ihre Sonderbarkeiten einen Namen gemacht haben,
von den Jokeys, die durch ihre Gesckicklichkeit und Schurkerei bekannt
geworden sind: von den berühmten Pferden, die auf den Rennbahnen
Unglaubliches geleistet haben, und endlich von den merkwürdigen Anek-
doten, welche die englischen Chroniken von der Pferdezucht, von den
Wettrennen, den Jagden erzählen und deren Hauptheld immer das
Pferd ist.
Zu den verschiedenen Rassen Englands gehört nun erstens jene reine
Rasse, deren Entstehung durch Verbreitung aus dem Orient nach England
und Fortpflanzung ich schon oben besprochen habe. Es ist dieses die als
Rein zucht bekannte Vollblutrasse. Man nennt sie Thoroughbred d. h.
durch und durch, durchaus rein gezogen, Blood- oder Racehorse Blut- d.h.
von edlem Blut stammendes, Rennpferd. Der Gegensatz von Thoroughbred
ist Half bred Haiblut, halb vom ganz edlem Blut gezogen, d. h. mit früher
oder später nicht mehr reinem Stammbaum des Vaters oder der Mutter.
So spricht man von dreiviertel — Siebenachtelblut und es wird damit der
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Grad von edler Abstammung bezeichnet, in welchem sich das Nichtvoll-
blut dem Vollblut nähert.
Die Kasse von Cleveland, die Cleveland Braunen in der Grafschaft
York mit dem hohen und stolzen Halse ist eine Schwester der nor-
mänischen Kasse. Ein geschätzter Schriftsteller sagt von diesen
Pferden:
»Die Varietät an Kutschenp(erden, welche man gewöhnlich Cleveland
»Braune nennt, ist durch die allmählige Vermischung von edlern Pferden
»mit denen der Landesrasse hervorgebracht worden; ihr Name ist von der
«vorherrschenden Farbe und dem fruchtbaren Distrikte an den Ufern des
»Tees in der Grafschaft York genommen. Ungefähr in der Mitte des vori-
gen Jahrhunderts wurde dieser Distrikt wegen seiner ausgezeichneten
»Zucht von kraftvollen Kutschenpferden, die immer mehr in Aufnahme
»kam, wie das alte, schwerfällige Kutschenpferd mehr aus der Mode kam,
»sehr berühmt.
»Indessen beschränkt sich die Zucht dieser Pferde nicht auf Cleve-
»land allein, sondern wird in einem grossen Theile des nördlichen Eng-
»lands betrieben. Die Grundsätze dieser Zucht sind dieselben, wie bei
»denen des Rennpferdes; sowohl die Hengste als die Stuten
»müssen diejenigen Eigenschaften besitzen, die man
»zu eihalten wünscht, und die Ueberlegenheit des Cleveland Distrik-
»tes beruht darauf, dass er im Besitze einer constanten Zucht ist, die
»nicht durch zufällige Vermischung, sondern durch
»fortgesetzte Verbesserung entstanden ist.«
Ferner ist es das untersetzte Pferd von Suffolk, welches dem Pferde
der Bretagne so ähnlich ist, und welches wie dieses als Zugpferd nicht
seines Gleichen kennt; denn man sagt sprichwörtlich, dass das Pferd
von Suffolk am Lastwagen stirbt.
Wegen seiner kurzen, runden Gestalt hat man es Punch, (Stöpsel
Worstel) genannt; die Fuchsfarbe ist die bei weitem vorherrschende, fast
ausschliessliche Farbe des Suffolk Punch.
Das ganz schwere Zugpferd, vielfach von schwarzer Farbe,
doch findet man auch öfter Braune, seltener Schimmel durunter. Diesen
Schlag verdankt man einem Herzoge von Hamilton, welcher einige der
besten Stuten mit Hengsten kreutzte, die er aus Flandern geholt hatte;
es ist der Typus der nordischen Rassen, welche wir an allen Küsten Mit-
teleuropas treffen:
(Der kräftige Stamm von Armorika.)
Da es in Clydesdale vielfach gezogen wird, so nennt man es auch Cly-
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desdaler. Dieses Pferd, welches verständige Kreutzung und Pflege so
gross und stark gemacht haben, als ein Pferd nur werden kann, scheint
in Folge der Zeitanforderungen, welche die materielle Kraft des Pferdes,
wenn von ihm keine Schnelligkeit gefordert wird, weniger nothwendig ma-
chen, im Abnehmen begriffen zu sein.
Ferner sehen wir den Pony von Wales, der unter dem Namen G a 1-
lo way bekannt ist, und den ganz kleinen Pony der schottischen Berge
mit dem wilden Blick und der dichten Mähne.
Der H u n t e r, das Jagdpferd, ist ein sehr veredeltes, starkes Reit-
pferd ; Ausdauer ist stets erforderlich, allein Schnelligkeit ist mehr noth-
wendig geworden, daher ist Blut eine wesentliche Eigenschaft. Wenn man
Vollblut erhalten kann von hinreichend starken Knochen und einer höhern
Action, wäre dieses das beste Jagdpferd. Irland hat bisher sehr viele der
besten Jagdpferde producirt, die sich fast immer als sehr gute Springer
bewährt haben.
Hack nennt man in England ein nicht grosses, ausdauernd und an-
genehm gehendes Keitpferd, dass zu Spazierritten auf dem Lande, bei wei-
tern Türen zu Pferd u. s. w. gebraucht wird. Der Hack dient auch gele-
gentlich als Bedientenpferd, es ist mit einem Worte ein guter Klepper.
Coach-horse ist das Kutschenpferd, dieses Thier hat an der Vered-
lung vollen Antheil genommen, und ist so sehr verschieden von dem, was
es fünfzig Jahre früher gewesen, dass es kaum zu begreifen ist. Der Schlag
Rappen mit plumpen Körper, sagt ein englischer Schriftsteller, schweren
Schultern und runden Schenkeln findet sich nicht mehr; sie waren weder
Kutschen- noch Karrenpferde, aber so etwas zwischen beiden, fett wie
ein Ochse, fielen trotz ihren Einherstolzirens zuerst, liefen nicht über
sechs (engl.) Meilen in der Stunde und waren nach einem harten Tage
schon abgeschlagen. An ihrer Stelle haben wir nun ein Thier, lang im
Körper mit tiefer Brust, hohem Widerrist, schiefer Schulter, flachen
Schenkeln, und mit weit mehr Kraft und dreimal so viel Schnel-
ligkeit.
Der Charger ist das Offiziersdienstpferd, das Schlachtpferd. Das
Cavalleriepferd besitzt Blut in verschiedenen Verhältnissen nach der Art
des Dienstes wozu es bestimmt ist.
Cart-horse ist das dicke, gedrungene Zugpferd;
Der Cab, das kleine , untersetzte und stark gebaute Pferd;
Der Pony, wie schon erwähnt, das ganz kleine und kleinste
Pferd.
Unter allen Völkern erkannten die Engländer zuerst die Möglich-
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keit, das Werk des Schöpfers umzuarbeiten, das Individuum und sogar die
Gattung der Hausthiere nach ihrem Willen umzugestalten, die Muskeln
und das Fettsystem zu entwickeln, und die körperlichen Eigenschaften zu
beschränken oder zu vermehren. Der Engländer auf allen Seiten vom
Meere umgeben, mit Verstand begabt und mit Reichthum gesegnet fast im-
mer auf Reisen, wo er die Wunder anderer Länder kennen lernte, —
der Engländer musste die Mittel aufsuchen, wodurch er sich die Annehm-
lichkeiten des Lebens verschaffen konnte. Unter einem trüben Himmel
und in einem kälteren Klima erzog er das Pferd der Sandwüste Asiens,
auf seinen unfruchtbaren Bergen die Kühe der Schweiz; er akklimatisirte
bei sich das chinesische Schwein und das spanische Schaaf; — alles
dieses that er durch hartnäckige Ausdauer und mit Hilfe einer politischen
Organisation, welche Freiheit mit Ordnung verbindet. Diesen Gedanken
hatten die Alten nicht, auch nicht die Bewohner der unermesslichen Wü-
sten Syriens oder der grossen Steppen Russlands, noch diejenigen Völker
die durch einen zu unfruchtbaren Boden und durch ein zu mildes Klima
träge geworden sind.
Unter allen Männern Englands, die sich in der Thierzucht hervorge-
than und durch Aufstellung von Grundsätzen allen andern als Beispiel
vorangeleuchtet haben, nimmt Robert Bakewell den ersten Platz ein ; er
ward geboren 1726 zu Dischley in der Grafschaft Leycester, gestorben
179b. Man sieht, dass sein Leben in die Zeit fällt wo man in England der
Vollblutzucht der Pferde bereits die grösste Sorgfalt widmete und er
hatte grossen, vielleicht den grössten Antheil hieran. Bakewell hatte die
Beobachtung gemacht, dass bei den Thieren die Nachkommen den Aeltern
in ihren Eigenschaften fast ganz glichen, und er schloss hieraus, dass man,
wenn die ausgezeichnetsten und nutzbringendsten Rassen und Exemplare
mit einander gepaart würden, endlich einen Vieh stamm erhalten müsse,
der alle wünschenswerthen Eigenschaften in sich vereinigte.
Er machte seine Versuche zuerst mit Sohaafen und brachte es in der
Veredlung so weit, dass man ihm 1760 für einen Hammel drei Guineen
und für einen während der Sprungzeit vermietheten Widder 25, später
sogar 400 Guineen zahlte. Mit der Zeit stieg sein Ruf auf eine ausseror-
dentliche Höhe und man wendete seine Grundsätze bei allen anderu Haus-
thieren und namentlich auch in der Pferdezucht an. Diesem verdankt Eng-
land seine Stammzuchten, während man im Uebrigen Europa noch allzu-
lange an Buffons Theorie hing, welche dahin lautete, das verschiedenste
aus den entgegengesetztesten Klimaten zu paaren.
Buffon, ein goborener Franzose, lebte von 1707—1788; er war somit
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Zeitgenosse Bakewells. Die Zuchtungssysteme in ihrem Grundprinzip so
sehr verschieden entwickelten sich also zur selben Zeit und ich verweise
den Leser auf Bruckmüllers Worte und Urtheil über den Erfolg dieser
beiden Züchtungsmethoden in den Ländern Europas.
In Deutschland haben Wolstein und Justinus es zuerst durchdrin-
gend versucht, Bakewells Grundsätzen Geltung zu verschaffen und in neu-
ester Zeit befolgt man sie immer mehr.
Der schon oben erwähnte anonyme Verfasser eines sehr geschätzten
Werkchens über Pferdezucht und Pferdewesen sagt über diesen Gegen-
stand noch folgendes:
»Es entsteht der Wunsch, die veranlassenden Ursachen aufzusuchen,
»welche in England zu der grossen Ueberlegenheit in der Thierzucht im
»Allgemeinen und in der Pferdezucht insbesondere geführt haben.
» Wir wollen dem Klima und auch dem Kalkboden der Insel den ihnen ge-
bührenden Antheil günstiger Einwirkuug auf die Ausbildung der gras-
»fressenden Thierenicht bestreiten; diesen Einflüssen kann vieles zuge-
»schrieben werden, aber nicht Alles; das wäre zu bequem.
»Wissenschaftliche Erfahrungen haben zu der Erkenntniss geführt,
»dass Kalk in den Nahrungsstoffen auf die Knochenernährung und damit
«auf die Substanz vorteilhaft einwirke, sogar nöthig sei, und ganz Eng-
land ist ein Kalkfelsen; andererseits gestattet das feuchte Klima und die
»weniger schroff abgegränzten Jahreszeiten einen besseren Graswuchs und
»eine länger ausdauernde Weide; der günstigste und wirksamste Einfluss
»des Klimas ist aber darin zu suchen, dass der Winter, der bei uns das
»Reiten ganz einstellt, dort dieses Vergnügen durch die Parforcejagd erst
»recht in Gang bringt.
»Diese ruft sofort mehr Theilnahme und mit ihr gesteigerte Nach-
»frage hervor, die wieder ihrerseits zur Produktion des verlangten Arti-
»kels, — nämlich edler Pferde, anspornt. Die Jagd ist eine der Haupt-
»ursachen, dass alle Engländer den Aufenthalt auf dem Lande dem in der
»Stadt so sehr vorziehn, dass in Folge dieser Vorliebe das Familienleben
»in allen Klassen so ausgeprägt ist, und wiederum der Grund, warum
»jeder Engländer sich so eifrig mit der Landwirthschaft beschäftigt, so
»gerne züchtet, und man dort so viele reele Kenntniss der Thierzucht
»verbreitet findet, wozu die zähe Ausdauer dieser Nation das ihre beiträgt
»indem es sie nicht verdriesst, nach 10 misslungenenen Versuchen auszu-
»harren in dem einmal Begonnenen bis es gelingt.
»Neben dem Klima müssen aber noch andere Ursachen vorhanden
»sein, die der Thierzucht förderlich sind, denn es sind auch andere Thiere,
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»die nicht vom Gras leben, dort besser, wie z. B. alle Hundegattungen,
»Hühner, Setweine etc., auch ist die Produktion grösser; diese ist beson-
ders auffallend bei den edleren Pferden, deren Verbrauch und Ausfuhr
»so ungemein gross ist.
»Wie nun diesem grossen Bedarf an edleren Pferden genügt werde,
»ist ein interessanter Gegenstand des Nachforschens, und ich will es ver-
»suchen, die Gründe, denen diese Erfolge zu verdanken sein dürften zu
»zergliedern, nach Daten, die aus der bekannten, nun beinahe 200 Jahre
»alten Geschichte der jetzt bestehenden englischen Pferdezucht und aus
»einigen eigenen Anschauungen geschöpft sind.
»Die successive Vervollkommnung der englischen Pferde, ursprüng-
lich ausgehend von einer sehr niedern Stufe könnte demnach hauptsäch-
»lich folgenden Ursachen zugeschrieben werden :
»1. Der äusserst sorgsamen Paarung nach erwiesener Abkunft, und
»nach allgemein guten Verhältnissen im Baue, mit steter Berücksichtigung
»vorhergegangener Leistungen.
»2. Dem Vortheile der allgemeinen verbreiteten und von vielen
»Privaten im Kleinen betriebenen Zucht und daher allgemein vorherr-
»sehenden Pferdekenntniss.
»3. Der durchgängig besseren Bodenkultur und daher besserem
»Putter.
»4. Der einfachen Aufzucht und Haltung der Pferde nach dem
«Grundsätze grösserer Abhärtung und Wohlfeilheit, wodurch wieder die
«Zucht erleichtert und vervielfältigt wird.
»d. Der Prüfung der Zucht durch Rennen und Jagd; Entfernung des
»im Gebrauche untauglichen von der Zucht.
»6. Der Aufmunterung der Privaten zur Zucht edler Pferde durch
»diese beiden Anregungsmittel.
»Ich muss die Bemerkung hinzufügen, dass hier nur von der Zucht
»des edlen Pferdes die Rede sei, das Gemeine und dessen Qualität und
»Quantität, wurden nicht in den Bereich dieser Besprechung gezogen; ich
»glaube aber, dass auch dieses von selbst besser wird, wenn nur ein-
»mal das erstere gut und hinlänglich erzeugt werden kann.«
Soweit der anonyme Verfasser.
Ausser den Landgestüttsanstalten befinden sich jetzt in den deut-
schen Ländern folgende Gestütte:
Im Königreiche Preussen:
Trakehnen ohnweit Gumbinnen in Ost-Preussen; gegrün-
det 1736.
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Das Friedrich-Wilhelmgestütt zu Neustadt ander
D o s e in der Mark Brandenburg; gegründet 1788.
DasGestütt zu Graditz in preussisch Sachsen.
Man nennt sie Hauptgestütte; sie liefern den grösstenTheil der
für die Landeszucht aufgestellten Beschäler und des Bedarfes für den
königl. Marstall in Berlin; denn das es ausserdem ein königl. Privatge-
stütt gäbe, ist mir nicht bekannt.
Bei vielen Privaten ist die Pferdezucht nach englischem Muster, na-
mentlich in Ostpreussen, Schlesien und Westphalen sehr im Aufblühn.
Der König von Hannover hat Privatgestütte zu Neuhaus im Sollin-
gerwalde und in Herrenhausen bei Hannover; letzteres bestand früher zu
Memsen bei Hoya und wurde vor mehreren Jahren an den jetzigen Ort
verlegt.
Die Hengste für die Landeszucht werden meistens in England, Meck-
lenburg oder auch im Lande selbst angekauft, und stehen ausser der Be-
schälzeit in Celle vereint.
Der Herzog von Braunschweig unterhält ein Privatgestütt zu
Harzburg.
Das Privatgestütt des Kurfürsten von Hessen befindet sich zu Bever-
bek im Reinhardtswald. Es liefert nur den Bedarf für den kurfürstl. Mar-
stall. Auch werden daselbst Isabellen gezogen, die einen Theil der Hofge-
spanne ausmachen.
Meines Wissens werden diese Isabellen ausserdem noch in Hannover,
Weimar und dem Gestütte zu Hamptoncourt, in England (nebst der Voll-
blutzucht,) gezogen.
Der Fürst von Lippe-Detmold ist Besitzer des alt berühmten Gestüt-
tes zu Lopshorn in der Senne.
Der König von Würtemberg unterhält die bekannten Privatgestütte
zu Hohenheim, Weil und Scharrenhausen mit orientalischer Reinzucht.
Der Bedarf für die Landgestüttanstalt wird grösstentheils im Auslande
angekauft.
Die Privatgestütte des Königs von Baiern befinden sich in Rohrenfeld
und Bergstetten. Ersteres besteht seit 1571 und liefert dem königl.
Marstall zumeist den leichteren Reit- und Wagenschlag, von orientali-
scher und englischer Rasse.
Das Gestütt Bergstetten besteht seit (816 und züchtet den stär-
keren Wagenschlag aus selbstgezogenen Stuten und englischen oder
normänischen Vaterpferden.
Das Stammgestütt zu Schweiganger steht unter dem königlichem
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Staatsministerium und wird aber durch Militärs verwaltet. Es wurde
4841 gegründet und zwar zumeist aus inländischen Stuten und aus-
ländischen Vaterpferden. Die hier gezogenen Pferde werden öffentlich
versteigert; 12—IS Hengste übernimmt gewöhnlich das Landgestütt
um den durchschnittlichen Preis von 800 bis 1000 Gulden süddeut-
scher Währung.
Ueber die Gestütte in dem Kaiserthum Oesterreich bin ich im
Stande nähere Daten anzugeben, die auf authentischen Quellen be-
ruhen.
Unter dem Namen Militärgestütte bestehn jetzt folgende derlei
Anstalten:
Mezöhegyes ohnweit Arad in Ungarn;
Radautz ohnweit Czernowitz in der Bukowina;
B ä b o 1 n a ohnweit Raab in Ungarn;
K i s - B e r zwei Stunden von Bäbolna an der Eisenbahn von Wien
über Raab nach Stuhlweissenburg; endlich
P i b e r in Steiermark.
(Das Gestütt zu Nemoschitz in Böhmen, welches noch in manchen
auch neueren Werken genannt wird, besteht schon seit vielen Jahren
nicht mehr; das Gestütt zu Ossiach in Krain wurde 1862 aufgelösst.)
Die militärische Organisation und Verwaltung hat diesen Anstal-
ten den Namen Militärgestütte gegeben; die dabei Angestellten
sind Offiziere aller Grade, Unteroffiziere und Mannschaft; der Inspec-
teur des Ganzen, auch mit der Oberleitung der Landgestüttsanstalt, Mi-
litär-Hengsten-Depots genannt, betraut, bekleidet die Charge eines Feldmar-
schall-Lieutenants. Das Ganze bildet einen integrirenden Theil der Ar-
mee und untersteht in administrativer Beziehung dem Kriegsmini-
sterium.
Diese Einrichtung hat vielfach die Meinung aufkommen lassen,
dass der Zweck dieser Gestütte Erzeugung und Aufzucht von Remon-
ten für die Armee sei; es ist dieses irrig. Hauptzweck dieser Anstal-
ten ist, die Hengste für die Landbeschälanstalt zu produciren. Hengste
die sich hierzu nicht eignen, werden als Castraten und junge Stuten
die man zur Zucht nicht beibehalten will, im 3. oder 4. Jahre an den
Meistbiethenden verkauft; oder auch einzelne für den Remontenpreis
an unbemittelte Offiziere der Armee überlassen.
Man sieht hieraus, dass sie denselben Zweck haben, wie diejeni-
gen Anstalten, welche man in anderen Ländern Haupt- oder Staats-
gestütte nennt.
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Das Gestütt zu Mezöhegyes wurde unter der Regierung Kaiser
Josef II. gegründet. Rittmeister von Csekonics, ein dem Pferdewesen sehr
eifrig zugethaner Mann, unterlegte Sr. Majestät, als Höchstderselbe im
Jahre 1783 in Ofen anwesend war, einen Plan zur Emporbringung und
Erweiterung der Pferdezucht in Ungarn. Dieser Vorschlag von Sr. Maje-
stät gut geheissen, wurde einer Commission zur Prüfung vorgelegt, und
dieselbe erkannte die allgemeine, wesentliche Nothwendigkeit, dass ein
Pepiniergestütte von vorzüglichsten Vätern und Müttern zur Erzeugung
einer vorzüglichen Pferdeart errichtet werden müsse. Se. Majestät verfüg-
ten hierauf die Gründung eines Pepiniergestüttes von 500 Mutterstuten.
Zu diesem Zwecke wurden sämmtliche Bukowiner Mutterpferde, worunter
mehre cirkassische Stuten waren, nach Ungarn überbracht, auch iöO der
besten Cuirassierstuten dazu gewählt und ferner verfügt, dass wo etwas
brauchbares zu finden sei, hinzugekauft werden solle.
Es wurde nun zur Aufsuchung der zur Ernährung des Gestüttes er-
forderlichen Weiden und Entwerfung nöthiger Pläne zur Unterkunft und
Pflege des Gestütts geschritten, Rittmeister von Csekonics beauftragt, Be-
schäler anzukaufen und die planmässigen Vorkehrungen zur Pferdezucht
im Lande einzuleiten.
Auf diese Art ist die Anlegung eines neuen Pepinier-Gestüttes auf
Mezöhegyes und dessen Umgebung im Ganzen auf einen Terrain von
42000 Joch gefallen, der Plan der Gebäude wurde entworfen und das
Bauen selbst regulirt.
Csekonics schrieb ein Werk, worin er seine Erfahrungen und Ansich-
ten über Pferdezucht niederlegte; dasselbe enthält sehr schätzenswerthe
Mittheilungen; er klagt in der Vorrede über das Verschwinden der
Stammzuchten und sagt: »Die Abkömmlinge der neu angelegten Stute-
freien, sind, wie es mir bekannt, mehr Musterkarten — als einem wirk-
lichen Gestüttsschlag zu vergleichen. Ja es ist bereits so weit gekom-
»raen, dass man bei Betrachtung eines erwachsenen Pferdes, sogleich
»dessen alte Abstammung mit Gewissheit erkennt, und dessen Seltenheit
»bewundert.«
Von Mezöhegyes sprechend, sagt er dann;
»Wie schon oben erwähnt wurde, bestand in der Mezöhegye'schen
»Gestüttsanlage das sogenannte Pepinier-Gestütt aus Vater- und Mutter-
npferden aller Nationen zusammengesetzt. Als nun bei abgehaltenen Con-
tours die Grossen Ungarns dazu eingeladen wurden, um sie von dem
»Portgange dieser Anlage augenscheinlich zu überzeugen, so wurde die
»auffallende Bemerkung gemacht, dass dieses Gestütt, ungeachtet es
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»aus Beschälern und Müttern aller Nationen bestand, sich dennoch durch
»einen besondern eigenen Schlag ausgezeichnet hat, der sich von an-
»dern so sehr unterscheidet, dass man ein Mezöhegye'sehes Gestütts-
»produkt sogleich an der Gestalt erkennen muss.«
Es scheint also, dass Csekonics nach dem Grundsatze: Gleiches
mit Gleichem, das Gute mit dem Gutem, das Beste mit
dem Besten gepaart hat.
Seit jener Zeit ist dieses Gestütt immer im Fortschreiten begriffen
gewesen und erfreut sich in der Gegenwart einer ganz besondern Blüthe.
Der gegenwärtige Stand sind:
28 Pepinierh engste
(Hauptbeschäler) und
635 Pepiniermutterstuten.
In früheren Jahren war in diesem Gestatte das neapolitanische, spa-
nische, (Generale, Generalissimus, Saeromoso, Incitato,) orientalische und
auch durch den im Jahre 1814 in Frankreich erbeuteten Hengst Nonius
das normänner Blut vorherrschend; in neuerer Zeit werden auch in Eng-
land augekaufte oder von englischer Abkunft selbst gezogene Voll- und
Halbbluthengste verwendet.
Das Noniusblut ist noch immer vorhanden und wird als besondere
Stammzucht in neuerer Zeit wieder sehr in Ehren gehalten. Die Familien
Ghydran, El-Bedavy, Siglavy u. s. w. sind orientalischen Ursprungs.
Das Gestütt zu Babolna wurde im Jahre 1789 gegründet, und zu
diesem Zwecke das Prädium Babolna wovon das Gestütt den Namen führt
von dem Grafen Josef Szapary erkauft.
Von der Zeit seiner Errichtung bis zum Oktober 1806 war Babolna
ein Filiale von Mezöhegyes. Dieses letztere hatte seine Hengstenjahrgänge
und sonstigen, entbehrlichen Pferde hier detachirt.
Die Geschichte der Entwicklung der hiesigen Pferdezucht zu seiner
jetzigen Höhe beginnt demnach mit 1. November 1806 von welchem Zeit-
punkte an Bäholna eine eigene Pferdezuchtanstalt wurde.
Bei dem zur Zucht bestimmten Materiale war die spanische Rasse
vorherrschend; unter den zu Mutterstuten bestimmten Pferden waren 45
Stück aus dem Stande der Cavallerie von Moldauer Rasse.
Die Invasion der Franzosen im Jahr i 809 und die in Folge dessen
unternommene Verlegung des ganzen Gestüttes nach Mezöhegyes und
Goncurrenz wirkte höchst nachtheilig auf die im Entstehn begriffene An-
stalt, da es bei der Rückkehr an den nöthigsten Gebäuden zur Unterbrin-
gung fehlte, indem der Feind das ganze Etablissement den Flammen preis
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gegeben hatte. Die Wiederherstellung dieser Gebäude war bis zum Jahre
1816 vollendet und es war nun auch der Zeitpunkt gekommen, von wo
an nicht allein Bäbolna sondern auch alle andern Gestüttsanstalten einem
neuen Aufschwünge entgegengingen.
Was Bäbolna betrifft, so war der Hauptzweck, hier einen ganz edlen
Reitschlag zu züchten; es war daher die erste Sorge, die wenig entspre-
chenden Mutterstuten auszuscheiden und nach und nach immer besse-
res Zuchtmaterial anzuschaffen.
Es sind hier namentlich die aus dem kaiserl. Hofgestütte zu Kopt-
czan, (nachher aufgelösst und zum Theil mit Kladrub vereinigt) acquirir-
ten beiden Original Araber Hengste Huscyn und Monacki zu nennen.
Nach einem Standesausweise vom Jahre 1816 erscheinen folgende
Pepinier-Beschäler in Thätigkeit:
L'Ardent
Gidran Original-Araber
Feconde
Tharax Türke.
Janitsar von der Karsterasse.
Tovara Spanier.
Kenyes Siebenbürger.
Cardoves spanischer Abkunft.
Wenn auch bei Weitem nicht alle der damals ins Gestütt gebrach-
ten Pferde sich als vorzüglich zur Zucht bewährt haben mochten, so wa-
ren doch die, welche mit wahrhaften Nutzen auf die Regeneration des
alten Blutes einwirkten, nicht die Minderzahl und es erscheint nach und
nach die orientalische Rasse als vorherrschend. Schon im Jahre 1817
waren die von den Arabern, besonders die Nachkommen des Hengstes
Gidran, gelungene Produkte zu nennen, und die Veredlung schritt, wenn
auch langsam, vorwärts.
Das ungeeignete Zuchtmateriale wurde immer mehr ausgesondert,
es bildete sich nach und nach eine constante Rasse aus, und unter den
Saamenpferden kommen viele recht vorzügliche vor.
Der innere Werth und Gehalt der Pferde im allgemeinen nimmt
alljährlich zu und das Muttergestütt hatte bereits im Jahre 1820 eine
auserlesene Sammlung der vorzüglichsten edlen Rassen und Stämme
die theils aus dem Karster (Lippiza) kaiserl. Hof- theils aus den besten
Gestütten Siebenbürgens, theils aus der eigenen Zucht stammten.
Die erste Ausbeute von den orientalischen Sprösslingen both das
Jahr 1821, in welchem 22 junge Stuten dem Muttergestütte einge-
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reiht wurden. Auf diese Weise wurde der Grund zur orientalischen
Zucht gelegt, deren Blut und gute Eigenschaften nach und nach in Bä-
bolna vorherrschend wurden und endlich 2ur Reinzucht führten.
Das Jahr 1823 zeigt schon den Werth und die Vorzüglichkeit der
Bäbolnaer Pferde indem S junge Hengste für das Mezöhegye'scher Ge-
stütt als Zuchtpferde abgegeben und ein fünfjähriger Hengst als Ge-
schenk an Sr. Majestät den König von Neapel abgesendet wurde. Ferner
wurden von den jungen Hengsten 47 als Landbeschäler für die verschie-
denen Provinzen classifizirt.
Zur Consolidirung dieses Gestüttes und dessen Verwahrung vor
Rückschlägen, bedurfte es jedoch durch mehre Generationen orientalischer
Stammpferde um die mühsam und kostspielig errungenen Früchte in der
Folge nicht wieder zu verlieren. Diese Bedingung war nur dadurch zu
erreichen, indem man Hengste und Stuten aus dem Oriente an-
schaffte und diese unter sich paarte. Es wurden zu diesem Zwecke meh-
reremale Commissionen in den Orient entsendet um Zuchtmateriale an-
zukaufen. Die letzte und zugleich ergiebigste Mission fand im Jahre
1856/57 unter Leitung des damaligen Oberst Brudermann Statt.
Der Pferdestand des Gestüttes besteht jetzt in 7 Pepinierhengsten
und 174 Mutterstuten theils Original-, theils im Gestatte gezogene Voll-
blutaraber.
Die Ereignisse der Jahre 18fs/49 nahmen auch auf Bäbolna einen
störenden Einfluss, wogegen das Gestütt zu Mezöbegyes durch Zusammen-
treffen besonders günstiger Umstände hiervon verschont blieb.
Die Gründung des Gestüttes zu Radautz fällt in das Jahr 1792.
Es wurde zu diesem Zwecke die dem Religionsfond gehörige Domaine
gleichen Namens gepachtet, indem schon seit dem Jahre 1774 unter Lei-
tung des Oberlieutenants Cavallar hier eine sehr grosse Remonten-An-
kaufsanstalt etablirt war.
Die Ausdehnung und Wichtigkeit dieses Remontirungsgeschäftes so
wie auch die beabsichtigte Aufzucht der theils mit den erkauften Remon-
teu überkommenen als auch von diesen in den Depots geworfenen Füllen
veranlassten den hohen Hofkriegsrath die ganze Domaine Radautz
hiezu zu verwenden.
Gleichzeitig wurde das Cavallarische Remonten-Ankaufs-Commando
zu einem selbständigen Körper unter dem Titel: Bukowiner-Beschäl-Ge-
stütts- und Remontirungsdepartement erhoben und ihm die erwähnte Do-
maine zur Verwaltung übergeben.
In der Zeit von 1774—1792 wurden über 30.000 Remonten ange-
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kauft und es ist wahrscheinlich, dass dieses grösstentheils durch Lieferan-
ten herbeigeführte russische und moldauische Pferde waren.
Von den zu jener Zeit vorhanden gewesenen 1030 Remonten weibli-
chen Geschlechtes wurden die besten 120 Stück in einen Rudel unter der
Bezeichnung Pepiniergestütt zum Behufe der Stammzucht gesondert, und
mit drei Hengsten versehn. Zwei dieser Hengste Barbarino wurden vom
Grafen Bethlen in Siebenbürgen und der 3. Brillianto genannt, von einem
Pferdelieferanten angekauft.
Bis zum Jahre 1818 wurde die Gestüttsmanipulation nicht geregelt
geführt, es erscheinen während dieser Zeit weder neue Hengste angekauft,
noch Stuten besserer Abstammung eingeführt und es muss sich somit das
Gestütt durch die eigene Descendenz wie auch erneuerte Einrangirung
besserer Remonten erhalten und vermehrt haben. Von diesem Jahre
liegen die ersten Geburtslisten und Gestüttsregister vor, aus wel-
chen auch zu ersehn, dass zu dieser Zeit fünf Hengste arabischer,
zwei türkischer, ein karster und zwei siebenbürgischer Abkunft als Vater-
pferde verwendet wurden.
Im Jahre 1821 waren 9 Stück Barbarino (siebenbürgischer Rasse,
wie oben erwähnt) eigener Zucht, ein Original Araber, Husseyn, 1 Tajar
arabischer Abkunft, und zwei türkische Hengste Alj in Verwendung; von
dieser Zeit an wurden überhaupt die Vaterpferde durch in den andern
Militärgestütten gezogenen Hengste ergänzt.
Die Stuten waren meistens türkischer, zirkassischer, moldauer und
siebenbürger Abkunft, im Jahre 1827 wurden aus Bäbolna 9 und aus Me-
zöhegyes 3 und seit dem ganzen Bestehn überhaupt einige 60 Mutterstu-
ten aus anderen Gestütten nach Radautz übersetzt, woraus zu ersehn, dass
die Radautzer Zucht aus ganz rohen, unbekannten, zusammengekauften
Stutenmaterial entstanden ist, und sich bis auf seinen jetzigen Standpunkt
entwickelt hat. Es kömmt desshalb auch jetzt noch vor, dass in den
Stammbäumen vieler noch jetzt verwendeter älterer Zucbtstuten die Ur-
grossmütter als unbekannt in dem 1., 2. oder 3. freien Gestütt erzeugt,
erscheinen.
Unter freiem Gestütte hat man hier ein sogenanntes halbwildes Ge-
stütt zu verstehn, wo ein Hengst zu einer gewissen Anzahl Stuten gelas-
sen wurde, der so lange dabei blieb, bis sie alle befruchtet waren oder
keine den Hengst mehr annehmen wollte. (Siehe oben.)
Ge genwärtig sind in Radautz 27 Pepinier-Hengste und 491 Mutter-
stuten vorhanden. Das englische Blut hat in neuerer Zeit auch dort Ein-
gang gefunden, und wenn auch daselbst, wie aus der Entstehungs- und
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Entwicklungs-Geschichte des Gestüttes zu entnehmen ist, weder orienta-
lische noch englische Reinzucht existirt, so muss man doch anerkennen,
dass das Radautzer Gestüttspferd sich wegen seiner Festigkeit und Aus-
dauer einen sehr guten Namen erworben hat.
Das Gestütt zu Piber in Steiermark wurde im Jahre 1798 errichtet.
Das Zuchtmateriale wurde anfänglich auch aus verschiedenen Bestand-
theilen zusammengesetzt, um aber die Produkte der Nachkommen der
damaligen Zuchtstuten zu verbessern und zu veredeln wurden jährlich
6—10 dieser Zuchtstuten nach Bäbolna geschickt, um dort belegt zu
werden. Im Jahre 1808 sind die übrigen Zuchtstuten des Gestüttes durch
den Landesbeschäler Arabo, ungarischer Zucht, Hamilton, englischer
Zucht, und Galiziano, polnischer Rasse belegt worden.
Im Jahre 1811 wurden vom Mezöhegye'schen Gestütte 2b Stuten
dortiger Zucht nach Piber gesendet, und es belief sich die Gesammtzahl
der Pferde des Gestüttes auf 311, in einer grossen Mischung was Rasse
und Abstammung anbelangt.
Ein englischer Hengst, Richmond, hat sich in diesem Gestütte einen
bleibenden Namen gemacht, indem sich seine Nachkommen durch 47
Jahre forterhalten haben, und als sehr ausdauernde Pferde im Gestütte
bekannt gewesen sind.
Gegenwärtig sind in Piber 4 Pepinier-Hengste und 68 Mutterstu-
ten, und man ist jetzt bestrebt einen nicht grossen, aber sehr gedrunge-
nen Reitschlag mit sehr viel Gangwerk zu züchten.
Das Material gehört meistens der Lippizanner-Rasse an.
Das Gestütt zu Kis-Ber wurde im Jahre 18S3 gegründet und hierzu
die im Graner und Weszprimer Comitate gelegene Graf Bathyanische
Verfallsherrschaft verwendet.
Wie wir aus der Entstehungsgeschichte der bisher beschriebenen
Gestütte gesehn haben, so war man bei Errichtung derselben bei der
Auswahl des Zuchtmaterials nicht sehr darauf bedacht Stammzuch-
ten zu gründen; es scheint vor allem das Streben gewesen zu sein die
Pferdezucht zu vermehren um namentlich den grossen Armeebedarf
immer mehr im Innlande zu finden. Es darf übrigens nicht Wunder neh-
men, dass das Zuchtmateriale genommen wurde, wo man es eben fand,
denn die Errichtung all dieser Gestütte fand fast zu derselben Zeit statt,
es wäre also wohl kaum auszuführen gewesen gleich überall nur ganz
edle Zuchtpferde in hinlänglicher Anzahl zusammenzubringen um überall
Reinzuchten zu gründen.
In Kis-Ber ist man hierin vom Anfang rationeller zu Werke ge-
26*
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gangen, indem man gleich darauf Bedacht war englisches Vollblut, also
Reinzucht, dort einzuführen.
Im Laufe des Jahres 1863 wurden zur Vermehrung dieser Rein-
zucht in England 36 ausgezeichnete Vollblutstuten, aus der Zucht des
Sir Tatton Sykes erworben, die zum Theil von Vollbluthengsten träch-
tig waren, so dass jetzt gegen 70 Vollblutstuten sich in Kis-Ber
befinden.
Die in der Sportwelt rühmlichst bekannten Vollbluthengste Daniel
O'Bourke, Teddington, Virgilius, Deutsche Michel, welche alle in neue-
ster Zeit angekauft wurden, berechtigen zu den schönsten Hoffnungen
für das fernere Aufblühn dieses herrlichen Gestuftes. Ausser mehren
englischen Vollblutstuten wurden bei Errichtung des Gestuftes die an-
dern Zuchtstuten aus dem besten Materiale der übrigen Gestufte, na-
mentlich Mezohegyes gewählt und dabei nebst der Abstammung auf
vollkommene Gesundheit und die gediegensten Körperformen besondere
Rücksiebt genommen. Die Haupttendenz geht jetzt dahin das allzufeine
hochbeinige Pferd immer mehr verschwinden zu machen und dafür
ein hochedles, starkes mit schöner Tiefe im Leibe versehenes Pferd mit
leichten, freien Gängen zu erzielen. Die Sir Tatton Sykes Stuten und
die oben genannten Vollbluthengste sind ganz besonders geeignet die-
sem Streben den gedeihlichsten Fortgang zu sichern.
Ausserdem befinden sich in Kis-Ber drei Hengste der Norfolktra-
berrasse, Pride of England, North star und Confidenze. Von den bei-
den ersteren sind bereits sehr gelungene Produkte aus veredelten Stu-
ten vorhanden; Confidenze wurde in diesem Frühjahr 1864 zum er-
stenmale zum Belegen verwendet, indem er erst vor einigen Monaten
nebst dem Vollbluthengste Codrington in England angekauft wurde.
Er steht nunmehr im Gestufte zu Mezohegyes und es werden ihm die
geeignetsten Stuten zur Züchtung eines starken Wagenschlages mit
freiem Gangwerk, zugeführt.
Auch zieht man in Kis-Ber Percherons um daraus Arbeitspferde
für den landwirtschaftlichen Betrieb zu gewinnen. Auffallend ist die
geringe Fruchtbarkeit dieser Thiere.
Seit einigen Jahren besteht in diesem Gestufte eine Trainiran-
stalt und es werden dort auch Produkte der orientalischen Reinzucht
aus Bäbolna in Training genommen. .Diese können es mit dem engli-
schen Vollblut in der Schnelligkeit auf jetzt gebräuchliche Renndistanz
nicht aufnehmen; aber nach Aussage des dortigen Trainers machen
diese orientalischen Abstämmlinge im Training weit weniger Mühe, als
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die junge englische Vollblutzucht, indem der Magen viel kräftiger sei
und auch die Sehnen nicht so leicht leiden.
Es ist dieses jedenfalls eine sehr interessante Beobachtung, die
wohl an einer andern Trainieranstalt nicht beobachtet werden konnte,
indem meines Wissens die Gelegenheit hierzu nirgends so als in Kis-
Ber gegeben ist. Ist die Beobachtung des Trainers richtig so führt sie
doch wohl zu der Meinung, dass sich beim englischen Vollblut in Folge
dessen, dass dasselbe nun schon durch viele Generationen allzujung
in einen künstlichen Zustand versetzt wird, um schon zweijährig auf
der Rennbahn erscheinen zu können, ein gereitzter Zustand ausgebil-
det hat, der bereits erblich zu sein seheint.
Der Trainer sagte mir selbst, dass ihm noch nie, so lange er das
Geschäft betreibe, ein Pferd so wenig Mühe gemacht habe, als der
junge Bäbolnaer Fuchshengst Scheridau, welcher sich jetzt, (im Früh-
jahre 1864) in Training befindet.
Es sind jetzt in Kis-Ber 11 Pepinierhengste, nämlich 9 Stück engl.
Vollblut und 2 Norfolktraber, dann 207 Mutterstuten ; unter den Nicht-
vollblutstuten befinden sich viele in Irland angekaufte Halbblutpferde
von besonders starkem Knochenbau.
In allen diesen Gestütten werden schon seit vielen Jahren sehr
genaue Geschlechtsregister geführt, woraus man die Abstammung jedes
Pferdes deutlich sehn kann. Es besteht der Gebrauch den Pferden
Familiennamen zu lassen z. B. heissen alle Nachkommen der Stamm-
väter Siglavy, Ghydran, El Bedavy etc. nach diesen, und werden übri-
gens zur näheren Bezeichnung mit einer Nummer versehn. Nur bei der
englischen Vollblutzucht in Kis-Ber ist man hiervon abgewiechen und
hat den in England bestehenden Gebrauch, jedem Füllen einen beson-
deren Namen zu geben, beibehalten.
Als Gestüttszeichen erhalten die Pferde einen Brand auf der lin-
ken Hinterbacke; derselbe besteht in den Anfangsbuchstaben des Ge-
stüttes wo das Pferd geboren wurde, z. B. B. Babolna, KB. Kis-Ber
u. s. w.; über diesem Buchstaben befindet sich eine Krone. Ferner
erhält jedes Pferd auf der Ganasche den Anfangsbuchstaben seines
Familiennamens aufgebrannt, z. B. S. Siglavy, A. Abugress u. s. w.
Die Landgestüttsanstalt in den k. k. Staaten enthält jetzt 2824
Hengste. Der Abgang wird aus den ebenbeschriebenen Militärgestütten
geliefert; und mit circa 300 Stück jährlich ergänzt — auch diese An-
stalt ist ganz militärisch organisirt; sie bildet mit den Gestütten die
sogenannte Militär-Gestütts-Branche. In jedem Kronlande ist ein Staabs-
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Offizier als Commandant, Direktor des Ganzen angestellt, und es ist
die Gesammtzahl der Hengste in Posten eingetheilt, ein jeder zu 60—
80 Stück. Ein solcher Posten wird von einem Oberoffizier, Rittmei-
ster oder Subaltern commandirt, er ist mit der nöthigen Anzahl Un-
teroffiziere versehn um in der Beschällzeit auf jeder Station einen Un-
teroffizier zu haben, der die Aufsicht hat, das Belegprotokoll führt,
ein Verzeichniss der von der letzten Beschälung gefallenen Füllen
aufnimmt u. s. w. Ausser der Beschällzeit stehn die Hengste in grös-
seren Stallungen, kasernartig, beisammen, und werden zu ihrer Bewe-
gung spazieren geritten. Nur einige werden zum Zugdienst verwendet,
die Fourage etc. herbei zu führen.
Von den 2824 Landesbeschälern stehn:
Zu Stadel bei Lambach für Nieder- und Oberösterreich, Salzburg
und Tirol 101 Hengste.
In Graz für Innerösterreich und Illirien 210.
Für Böhmen in Nimburg, wo auch der Commandant statio-
nirt ist, in Nemoschitz und Jung-Bunzlau S68.
Für Mähren und Schlesien in Brunn, nebst dem Commando,
zu Hatschein bei Olmütz und Troppau in Schlesien 315.
Für Gallizien in Drohowycze 270.
In Stuhlweissenburg beim 1. ungarischen Hengsten-Depots 360, und
zu Nagy-Körös beim 2. 670.
Für Siebenbürgen zu Sepsi Szt. György 200.
Für Kroatien und Slavonien zu Warasdin 70 Hengste.
Auf Ungarn wurde die Landesbeschällanstalt erst seit 1850 ausge-
dehnt ; im Lombardisch-Venetianischen Königreiche wurde sie nach dem
Revolutionsjahre 1848 nicht wieder eingeführt.
Dass diese Anzahl der Hengste von Zeit zu Zeit einiger Veränderung
unterliegt, braucht wohl kaum erwähnt zu werden.
Die k. k. Hofgestütte befinden sich zu Lippiza im Karstgebirge ohn-
weit Triest, und zu Kladrub ohnweit Pardubitz in Böhmen.
Schon unter den Römern waren Aquilejas Pferde berühmt und das
Gestütt zu Lippizza wurde durch den Erzherzog Carl von Osterreich, 3
Sohn Kaiser Ferdinand IV. im Jahre 1680 eingerichtet, indem es ihm da-
mals der Bischof von Triest und Kärnthen überliess. Das Gestütt wurde
mit spanischen und italienischen Pferderassen angelegt und es wurden
auch später spanische Vaterpferde zeitweise dahingebracht.
Lippizza liefert einen nicht grossen, sehr guten Wagenschlag spani-
scher Rasse, in neuerer Zeit durch Original orientalisches Blut aufge-
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rischt; ebenso auch die Reitpferde für die Hofreitschule, (spanische
Schule genannt.)
Maximilian IL, Rudolph IL und Mathias IL, welche sich in Spanien
aufgehalten hatten, brchten von dort Pferde nach Böhmen und legten
damit das Gestütt in Kladrub an.
Es fällt also die Anlage dieses Gestüttes zwischen die Jahre 1570
bis 1619.
Die aus Andalusien stammenden grossen Schimmel und Rappen
werden noch immer dort gezüchtet und liefern die Pferde für die
Staatszüge des k. Hofes in Wien.
Kaiser Leopold I. mach'te es zum Hofgestütt 16S6. Unter Carl
VI. wurde es verlegt, und Kladrub zu einem Thiergarten gemacht.
Kaiser Joseph IL hat es neuerdings als Gestütt hergestellt und seit-
dem besteht es als Hofgestütt.
In neuerer Zeit werden in Kladrub auch Wagenpferde meist
Braune, für den Bedarf des k. k. Hofes, von englischer Rasse gezo-
gen. Die Reitpferde für den Bedarf Sr. Majestät und dessen Hof
werden fast ausschliesslich in England angekauft.
In kurzgefasster Uebersicht entnimmt man aus dieser geschichtli-
chen Darstellung der Entwicklung der Pferdezuchten folgendes:
1.  Seitdem es dem Menschen gelang, sich das Pferd nutzbar zu
machen, ist es sein unzertrennlicher Gefährte und folgt ihm in alle
Klimate; es geht also die Entwicklungsgeschichte des Pferdes mit der
des Menschen Hand in Hand.
2.  Die Veredlung ist immer vom Oriente ausgegangen.
3.  Erfindungen, welche die Kriegführung wesentlich veränderten,
z. B. Erfindung und verbreitete Anwendung des Schiesspulvers, ge-
schichtliche Ereignisse, welche eine sociale Revolution bewirkten, z. B.
Völkerwanderung, Eroberungskriege, Kreuzzüge, Untergang des Ritter-
wesens, Entlastung des Grundbesitzes u. s. w. haben stets einen we-
sentlichen Einfluss auf die Pferdezucht ausgeübt. Als die Eisenbahnen
eine grössere Verbreitung erhielten, wollten Manche den Untergang
aller Pferde vorhersagen; statt dessen nimmt die Pferdezucht fast überall
einen erhöhten Aufschwung und das Interesse dafür ist sehr lebhaft rege.
4.  Zu allen Zeiten gab es Leute, welche über den Verfall der
Pferdezucht klagten und die Rückschritte bedauerten. Es passen eben
nicht alle Pferde in alle Zeiten; entspricht eine Pferdezucht in seinen
meisten Produkten im Gebrauche den Ansprüchen der jedesmaligen
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Gegenwart, gut und sehr gut so hat sich die Pferdezucht eines Lan-
des , oder einzelnen Gestüttes wohl verändert, aber nicht immer Rück-
schritte gemacht.
Die vielfachen Gebrauchszwecke erfordern verschiedenerlei Pferde;
was würde wohl ein geharnischter Ritter dazu gesagt haben, wenn ihm
plötzlich ein in jetziger Zeit so theuer bezahlter Derby oder St. Leger
Sieger mit Rennsattel, Trense und Martingal versehn, vorgeführt wor-
den wäre ?
Oder wie würde sich ein kaum 100 Pfund wiegender Jokey in sei-
nem leichten Kleide auf einem zum Kampfe ausgerüsteten Streithengste
eines Reiters ausnehmen?
Um über Fort- oder Rückschritt einen unpartheischen Standpunkt
zu gewinnen, muss man die ganze Zeitrichtung ins Auge fassen und
darnach sein Urtheil fällen. Uebrigens war das Vorgügliche stets
selten.
8. Auch in alten Zeiten fand die Klage statt, dass die jungen
Pferde, so zu sagen, noch Füllen, schon zu anstrengenden Arbeiten
gebraucht und dadurch verdorben wurden.
Das junge Pferd bis zur Volljährigkeit gar nicht arbeiten lassen,
dazu gehört Wohlhabenheit oder Hoffnung auf desto grösseren Gewinn,
dass war in alter Zeit gewiss so als in neuer; gleiche Ursachen aber
haben gleiche Wirkungen.
6.  In allen Ländern des cultivirten Europas tritt fast zur selben
Zeit das Bedürfniss nach Vermehrung der Pferde hervor, die Regie-
rungen sehn sich veranlasst den Unterthanen an die Hand zu gehen
und glauben fast überall durch Anwendung von Zwangmittel die Sache
schnell zu befördern. Es darf dieses nicht Wunder nehmen in einer
Zeit wo das Abhängigkeits- und Ünterthänigkeits-Verhältniss noch viel
schärfer ausgeprägt war, als jetzt. Dass aber diese Zwangsmassregeln
die Sache nirgends förderten und desshalb aufgehoben oder abgeän-
dert werden mussten , war eben ein Zeichen, dass eine andere Zeit-
richtung begann.
7.  Zwei Zuchtsysteme im Prinzip ganz verschieden treten zur sel-
ben Zeit auf. In England bringt Bakwell im Laufe des vorigen Jahr-
hunderts den Grundsatz: Das Gute mit dem Guten, das Beste
mit dem Besten zu paaren, in der Thierzucht überhaupt zur Gel-
tung und erreicht damit die höchstmöglichen Resultate.
Auf dem Continente befolgt man überall Buffons Theorie, das
verschiedenste aus den entferntesten Klimaten zu paaren und kann sich
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erst in neuster Zeit von diesem vielen Mischen und Kreuzen mehr los-
machen um mit Bakewells Grundsätzen auch dieselben Kesultate zu erzielen
8. Endlich tritt uns die Thatsache entgegen, dass es dem mensch-
lichen Verstände gelungen ist, für jeden Gebrauchszweck ein beson-
ders geeignetes Pferd zu züchten.
Klima und Bodenverhältnisse wirken hierbei helfend oder störend
mit, machen aber nicht alles schlecht oder alles gut. England liefert
hiefür den Beweis.
Das in dieser Schrift schon öfter erwähnte vorzügliche Werkchen
über Pferdewesen eines anonymen Verfassers stets vor Augen habend,
sei es zum Schlüsse dieser geschichtlichen Darstellung noch erlaubt,
einige Mittel zu nennen zur Förderung und Verbreitung der Pferde-
zucht mit Beobachtung nothwendiger, ökonomischer Rücksichten, und
Anbahnung künftiger Ersparungen. Der Leser dieser Zeilen möge dann
seine heimathlichen Zustände hiermit vergleichen und passende Folge-
rungen ziehn.
Zur Hebung einer Pferdezucht überhaupt ist vor allem nöthig,
Ermunterung und Unterstützung der Privatzucht auf jede Weise; der
Liebhaberei und der Spekulation muss ein Feld eröffnet werden, um
das Publikum zu veranlassen, die Kosten der Aufzucht edler Pferde
dem Staate zu erleichtern, und so die Möglichkeit herbeizuführen, die
grossen Staatsgestütte nach und nach reduciren und sie vielleicht in
der Folge der Zeiten, mit allfallsiger Ausnahme eines Pepiniergestüt-
tes entbehren zu können. Die Mittel hierzu sind:
Errichtung einer Pepiniere von Reinzucht an einem passen-
den Orte; englisches und orientalisches Vollblut müssen daselbst gezo-
gen werden, jede Rasse jedoch für sich.
Prüfung der Nachkommenschaft durch Leistungen, um die
guten herauszufinden, und die schlechten von der Zucht auszu-
schliessen.
Verkauf von tauglichen in der Pepiniere gezogenen Hengste
um angemessene Preise an grössere Gestüttsbesitzer, oder an einen
Verein von kleinern Züchtern, wenn sie derlei Hengste wünschen, gute
Stuten haben, und die Nachzucht mit Sorgfalt auferziehn. Jedenfalls
muss die Benützung der Pepinierhengste auch den Privatzüchtern gegen
Entrichtung eines gehörigen Deckgeldes gestattet sein.
Ankauf tauglicher Landesbeschäler von der Privatzucht, durch
eine Commission, um raisonable Preise, als Prämie für gute Zucht;
der erste Schritt zur Reduktion der Staatsgestütte.
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Prämien alljährlich gegeben, für gute Landstuten, die von einem
gesunden Füllen begleitet sind; zu wiederholen für dieselbe Stute so
oft sie wieder mit einen Füllen erscheint. Dieses für Landleute und
kleine Züchter, um sie zu veranlassen, gute Stuten nicht zu ver-
kaufen.
Tüchtige Staatspreise für Kennleistungen, damit die reichern
Privaten veranlasst werden, Vollblut und Luxuspferde zu ziehn.
Begünstigung der Parforce-Jagd; wo möglich irgendwo eine
Meute auf Staatskosten, wenn auch nur zum Anfang oder Unterstüt-
zung einiger Privatmeuten vom Staate, bis die erhöhte Theilnahme
diese Unterstützung nicht mehr nothwendig macht.
Errichtung einer Schule in einem Staatsgestütte, wo die Ge-
stütskunde und Pferdewissenschaft überhaupt theoretisch und praktisch
also auch reiten und fahren, gelehrt wird. (Zum anregenden Beispiele
diene die Schule im Gestütte Du Pin in der Normandie.)
Entrichtung von Deckgeld für alle von der Regierung aufge-
stellten Hengste zur Vermeidung von Monopolisirung und steter Erhal-
tung der Concurrenz mit den Privaten.
Ständige Agenten in England und im Oriente, damit nicht
immer neue Leute, die jedesmal wieder das Lehrgeld zu zahlen haben,
dahin geschickt werden, diese Agenten müssen für das Pepinierge-
stütt kaufen, so oft ihnen Vorzügliches vorkommt, desswegen aber im-
mer am Platze sein, der durch die Gelegenheit begünstigte, wohlfei-
lere Ankauf und die Deckgelder werden diese Kosten reichlich er-
setzen.
Die meisten der hier angegebenen Mittel zur Hebung der Pferde-
zucht sind in den k. k. Staaten in neuster Zeit zur Anwendung ge-
kommen.
Hippologische Literatur, in gedrängter Uebersiont.
In den Werken Homer's, Hesiod's, Herodots und andern mehr,
auch im Buch Hiob in der Bibel, sind Beschreibungen vorzüglicher
Pferde enthalten. Aus der Zeit vor der christlichen Zeitrechnung ist
nur eine Abhandlung übrig, welche auf Kenntniss und Beurtheilung
der Pferde Bezug hat, nämlich Xenophon's Buch über die Reitkunst.
(.350 v. Chr. G.) derselbe gibt zuerst die Regeln an, welche beim An-
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kauf von Reitpferden, so wie bei Erziehung und Beurtheilung der Fül-
len zu beachten sind, ferner wie die Pferde für den Krieg abzurich-
ten und im Stalle zu warten seien und endlich wie man zu Pferde
fechten soll, dabei sind die äussern Gebrechen selten erwähnt, son-
dern es ist mehr auf das Temperament und die Stellung des Thieres
Rücksicht genommen; im allgemeinen aber die Naturtreu beobachtet
und richtige Schlüsse daraus gezogen. Dass man an den Zähnen das
Alter der Pferde erkennen könne war Xenophon bereits bekannt, denn
er sagt: ein Pferd das keine Kunden mehr hat, berech-
tigt weder zu erfreulichen Hoffnungen, noch kann man
es leicht wieder verkaufen.
Im siebenten Jahrhundert nach Christus (671) lebte Apsirtus von
Prusa, welcher als Hippioter oder Pferdearzt unter Constantin dem IV.
den Feldzug gegen die Bulgaren mitmachte, und in seinen Schriften
die Druse, den Rotz, die Krätze, den Koller, die Mauke, den Starr-
krampf und mehre andere Krankheiten der Pferde beschrieb.
Die Schriftsteller vom 10. his 13. Jahrhundert brachten wenig
mehr als Wiederholungen des Apsyrtus und anderer zu Tage, und aus
dem 15. Jahrhundert existirt ein deutsches Werk von einem gewissen
Albrecht, Kaiser Friedrich's Schmied und Marstaller von Constan-
tinopel.
Weit interessanter als alles bisherige ist das Werk Max Fugger's
Herrn von Kirchberg und Weissenhorn über die Gestütterei,
1578. Fugger hatte diejenigen Länder in welchen zu seiner Zeit die
Pferdezucht am meisten blühte (Spanien und Italien) bereist und selbst
ein bedeutendes Gestütt angelegt. Obgleich nicht frei von mancherlei
Vorurtheilen waren die Grundsätze, von welchen er bei Beurtheilung
der Pferde und ihrer Zucht ausging, von der Art, dass sie grössten-
theils noch jetzt gelten können. Fuggers Stallmeister schrieb im Jahre
1584 eine Zäumungslehre unter dem Titel Bissbuch. Dieses Werk
ist mit sehr viel Fleiss, den damaligen Zeitanforderungen entsprechend
ausgearbeitet; es enthält sehr viele Zeichnungen von Stangen mit we-
nig erklärenden Worten und heutigen Tages staunen wir über die Ge-
bisse und Stangenformen, die man damals anwendete.
Im Jahre 1598 erschien das erste Werk über Anatomie des Pfer-
des von dem Senator Corola Ruini zu Bologna.
Im 16. und 17. Jahrhundert wurde bereits der Pferdezucht eine
grössere und verbreitetere Aufmerksamkeit zugewendet. Die emporge-
kommene Schulreiterei und der überhaupt mit Pferden getriebene Lu-
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xus brachten eine Anzahl von Werken über Pferdezucht, Beurtheilung
und Abrichtuug derselben hervor, als deren Repräsentanten man das
Werk Solleysels, betitelt le veritable parfait marcchal, Paris 1564, an-
sehn kann. Er behandelt die äussere Pferdekenntniss, Hufbeschlag,
Wartung, Krankheiten und Zucht der Pferde, er gibt eine üebersicht
der französischen Schriftsteller über diesen Gegenstand, die ihm be-
kannt gewesen, citirt auch einige spanische und italienische Werke
über Reitkunst, Zäumung u. s. w. und führt von Deutschland dessen
vielerlei Gattungen Stuterei und vortreffliche Reite-
rei, rühmend an.
Aehnliche Werke besitzt man noch im französischen von Jour-
dain 164G. d'Espiney 1664. Pluvinel 1660. de la Gueriniere 1733
Gaspard Saunier 1734. Du Paty de Clam 1760. Baron von Eisenberg
1727. Garsault 1770. Ferner die englischen Werke des Herzogs von
Newcastle 1657. Des Grafen von Pembroke 1761. Bartlet 1756. End-
lich die deutschen Schriften von Pinter von der Au 1664. Winter
von Adlersfiügel 1678. Zehntner 1757. Baron von Sind 1766—74.
von Reitzenstein 1764. Prizelius 1776. Ammon 1805.
Diese Schriften, sagt Hering, davon die meisten mehrmal aufge-
legt, und in verschiedene Sprachen übersetzt worden sind, Hessen sich
noch bedeutend vermehren, wenn es nicht schon davon mehr als ge-
nügte um eine Ansicht von der Thätigkeit das 17. und 18. Jahrhun-
derts in diesem Fache zu gewähren. Die Wiederholung alles längst be-
kannten in einem sehr breiten Style , das Zusammenwerfen der ver-
schiedensten Gegenstände wie Zäumung, Abrichtung, Gestüttswesen,
Beschlag und Pferdearzneikunde, die Beurtheilung fehlerhafter Zustände
ohne alle Kenntniss der Anatomie derselben, daher ungeeignete Heil-
methoden aus falschen Ansichten und herrschenden Verurtheilen her-
vorgegangen, dieses ist es, was die Mehrzahl der genannten Schriften
charakterisirt.
Erst mit der Errichtung eigener Thierarzneischulen, deren erste
zu Lyon 1762 eröffnet wurde, kam Licht in diesen bisher vernachläs-
sigten Theil der Wissenschaften. (Es ist hier besonders Pferdekunde
gemeint, denn die Werke über Reitkunst von de la Gueriniere, du
Paty de Clam und einige andere zeichneten sich schon damals durch
ihre Gediegenheit aus.) Eifrige, mit allgemeinen Kenntnissen ausgerü-
stete Männer widmeten sich denselben, und begnügten sich nicht mehr
mit Wiederholung des von anderen Gesagten, sondern benützten die
Gelegenheit zu eigenen Beobachtungen und Untersuchungen. Indem sie
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hauptsächlich die Zergliederung des Pferdes anwendeten um die Natur
der auf der Oberfläche sichtbaren wie der tiefer liegenden Krankhei-
ten zu erkennen, gelangte man dahin, den Einfluss derselben auf den
Gebrauch des Thieres genauer als bisher zu erfahren. Bourgelat, der
Gründer der Thierarzneischulen, gab 1768 zum erstenmale sein Traite
de la conformation exterieure du cheval heraus, wovon bis zum Jahre
1818 sechs Auflagen erschienen. Zur selben Zeit lebte und schrieb
Vial de St. Bei, Direktor einer Thierarzneischule in England. (Siehe
oben die Beschreibung des Eklipse.) Die erste und richtige Spur, sagt
Naumann, welche wir von einer Beobachtung der Verhältnisse im
Bau des Pferdes haben, findet sich in Lautersacks Unterwei-
sung der Perspektive und Proportionen der Menschen
und Eosse, Frankfurt a/M. 1564. Diese und mehre folgende Arbei-
ten ähnlicher Art waren jedoch blos Unterweisungen für den Künstler;
in Hinsicht auf die Brauchbarkeit des Pferdes aber wurden dieselben
erst durch Pinter von der Au angegeben, und zwar in seinem 1688
ebenfalls zu Frankfurt a/M. herausgekommenen Pferdeschatze.
Diesem folgte nun Bourgelat in seinen Elements d' Hyppiatrique
Lyon 1750 und mit diesem auch Goiffon und Vincent.
Unter den neuren deutschen Werken über Pferdekenntniss ist zu-
erst Havemanns Anleitung zur Beurtheilung des äusseren
Pferdes zu erwähnen; 1792, 3. Auflage 1822; es zeichnet sich bei
geringen Umfange durch schätzbare eigene Untersuchungen vor vielen
Andern aus.
Naumann schrieb bereits 1800 über die vorzüglichsten
Theile der Pferde Wissenschaft und 1822 ein Lehrbuch der
Pferdekenntniss.
Seyfried von Tennecker, ein allen Beitern und Pferdemän-
nern bekannter Schriftsteller liess sein erstes Werk 1797 erscheinen
2. vermehrte Auflage 1831.
Von Hochstetter, Stallmeister der Republick Bern, nachher in Ber-
lin schrieb ein umfassendes Werk über Pferdekenntniss, 1821; Wei-
denkeller 1826.
Schwabs Anleitung zur äusseren Pferdekenntniss erschien 1830.
Aus neuester Zeit zu nennen: Baumeister, äussere Pferde-
kenntniss, dann thierärztliche Geburtshilfe 1845.
Dr. Jäger, das orientalische Pferd und die Privatgestütte Sr.
Majestät des Königs von Würtemberg 1846. Veitheim, Abhandlung
über die Pferdezucht 1833.
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Krejssig, die landwirthschaftlichePferdezuchtl844; ein sehr gutesWerk.
Justinus; allgemeine Grundsätze zur Vervollkommnung der Pfer-
dezucht 1815; ferner
Johann Christoph Justinus, weil. k. k. Hofgestütt- Inspektors hin-
terlassene Schriften über die wahren Grundsätze der Pferdezucht, über
Wettrennen und Pferdehandel in England nebst Aphorismen über das
Exterieur in besonderer Beziehung auf Zuchtthiere. Herausgegeben von
Carl Appel von Kapotzäny; mit Anmerkungen versehn von Josef Hör-
mann 1830; diese beiden Werke sollten in der Büchersammlung eines
gebildeten Pferdemannes nie fehlen.
Th. Träger, Studien und Erfahrungen im Bereiche der Pferde-
künde. 1851. Enthält sehr beachtenswerthe Mittheilungen.
Hering, Vorlesungen für Pferdeliebhaber mit 233 bildlichen Dar-
stellungen auf 21 Blätter, gezeichnet von Baumeister 1834.
Hering, das Pferd, seine Zucht, Behandlung, Struktur, Män-
gel und Krankheiten etc. aus dem Englischen mit Anmerkungen und
Zusätzen. Beide Werke sehr belehrend.
Hippologische Blätter, eine Zeitschrift für veredelte Pferdezucht,
herausgegeben vom Grafen von Holmer, erschienen in dem 1830-er
und 40-er Jahren, haben aber schon längere Zeit aufgehört; es fehlt
jetzt an derartigen Zeitschriften auch nicht.
Unter vielen andern das Pferd behandelnden Schriften muss ich
zwei kleine Werkchen erwähnen, die ich mit vielem Interesse gelesen
habe und zwar:
Redensarten und Manieren der Pferdehändler von Moses
Aaron 1839 und
Zustand der Pf erdezucht, der Pferd ekenntniss, des Pfer-
de h a n d e 1 s, der Pferdearznei und Reitkunst in dem Jahre 1895; eine
Profezeihung vom Stallmeister Lämmergeier 1838.
Das neuste mir bekannte hippologische Werk ist von Dr. Carl Löff-
ler, betitelt: Die Geschichte des Pferdes. 1863, dasselbe behandelt die-
sen Gegenstand in der ausgedehntesten Weise von den ältesten bis auf
die neuesten Zeiten und verbreitet sich über die Pferdezuchten aller
Länder und Welttheile. Für den Fachmann ein sehr interessantes und
lesenswerthes Werk.
Ueber Pferdedressur und Reitkunst sind in neuerer Zeit ebenfalls
sehr gute Werke geschrieben worden. Ich erwähne hiervon:
Andree, Anleitung zur Reitkunst 1823, und von demselben Dres-
sur des Campagnepferdes 1838.
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Seidler, Leitfaden zur sistematischen Dressur des Campagne-
pferdes 1843 und von demselben die Dressur difficiler Pferde 1846.
System der Reitkunst von Louis Seeger 1844. Von demselben er-
schien 18,50 ein Werk betitelt: Züchtung, Erziehung, Ausbildung des
Pferdes im systematischem Zusammenhange, Vorschläge zu einer ratio-
nellen Reorganisation der Gestütte.
Im Jahre 1852 schrieb Seeger sein Werkchen:
Herr Baucher und seine Künste, ein ernstes Wort an Deutsch-
lands Reiter.
Im Jahre 1844 hatte schon Seidler ebenfalls ein Werkchen ge-
schrieben, um die von dem Franzosen Baucher aufgestellte Methode, kri-
tisch zu beleuchten. Der Titel lautet:
»Unpartheiische Ansichten über das Baucher'sche System der
»Pferdedressur, nebst theilweisem Vergleich mit den bei uns im allge-
meinen üblichen Prinzipien.«
I. G-. F. Günther, das Gangwerk der Pferde. Ein Beitrag zur Be-
urtheilungslehre und Züchtungsfrage des Pferdes 1845; enthält in ge-
drängter Kürze des Lesens- und Beherzigungswerthen sehr viel.
Nadossy, Equitations-Studien, 1854: enthält über Abrichtung des
Reiters und Pferdes, das Fahren, die Wartung, den Hufbeschlags, die
Pferdekenntniss etc., sehr gründliche Belehrung.
Skizzen über Pferdezucht und Pferdewesen, gesammelt auf einer
Reise in England und Frankreich im Jahre 1852.
Der Verfasser dieses im Jahre 1853 erschienenen Werkes nennt
sich nicht, ist aber in Oesterreich als eine der ersten hippologischen
Autoritäten bekannt. Es ist dasselbe Werk, woraus ich im Verlaufe die-
ser Schrift mehre Citate entnommen habe.
Ausser diesen hier genannten Werken sind noch manche in neue-
ster Zeit erschienen, die mir auch theilweise bekannt sind; da ich aber
nicht beabsichtigte, einen buchhändlerischen Katalog zu liefern, so sei es
mir nur erlaubt, meiner eigenen kleinen Werke Erwähnung zu thun.
B. von Oeynhausen, Leitfaden zur Abrichtung von Reiter
und Pferd 1852.
Einiges aus dem Gebiethe der Reitkunst und Pfer-
dekenntniss, besonders berechnet für die Bedürfnisse und Vor-
kenntnisse berittener Offiziere der Infanterie, 1861.
Sichere Methode für jedes Pferd eine passende Zäumung
zu finden 1863.
Diese in gedrängter Kürze gegebene Uebersieht der hippologischen
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Literatur glaubte ich nicht umgehn zu sollen, indem der Leser dadurch
ein Bild bekömmt, wie schon von der ältesten Zeit unserer geschichtli-
chen Nachweisungen bis auf die Gegenwart das Pferd, seine Züchtung,
Behandlung, Abrichtung, Gebrauch, das Interesse der Menschen in hohem
Grade gefesselt hat.
Das Studium dieser Schriften führt zu der Ueberzeugung, dass der
Mensch zu allen Zeiten bestrebt war, die Züchtung der Pferde den her-
vorragenden Zeitanforderungen der jeweiligen Gegenwart möglichst an-
zupassen ;
dass alle Reitmethoden das Ziel hatten, das Pferd dem Willen
des Reiters gehorsam und ergeben, den Reiter selbst
aber so geschickt zu machen, alle dem Pferde mögli-
chen Bewegungen vorzubereiten, auszuführen und ihnen
mit Kraft und Gewandtheit zu folgen und zu widersteh n,
dass verschiedene Wege zu diesem Ziele führen,
dass aber nicht jede Art Vorgang in alle Zeiten passt, denn verschie-
denen Zeiten stellen an Reiter und Pferd verschiedene Anforderungen;
dass es aber trotzdem auf Naturgesetzen beruhende Lehren gibt, die
man nie weder bei der Züchtung noch bei der Abrichtung vernachlässi-
gen darf, und wenn sie einige Zeit vernachlässigt wurden, sich immer von
neuem Geltung verschafften.
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Inhalt.
Seite
Vorrede.
Einleitung........................■•.... 1
Erster Abschnitt.
Naturgeschichtliches......................... 5
Das edle, das gemeine Pferd....................•. 7
Das englische Vollblutpferd.............•........10
Aeussere Pferdekenntniss................•......16
Benennung der einzelnen Theile am Pferdekörper...... . ■ . . . . 20
Aeusserlich sichtbare Fehler...................SO
Güte, Schönheit, Grösse; Lehre von den Verhältnissen im Baue des Pferdes . 96
Beurtheilung eines jungen Pferdes...................120
Das von Bourgelat aufgestellte Musterpferd, verglichen mit Eklipse ; zur ge-
nauem Begründung der Verhältnisslehre.............121
Das Gangwesen..............•............132
Die Gangarten im Besondern.......•.............147
Erkenntniss der Lähmungen bei Pferden.....■..........175
Physiologisches.................•.........181
Allgemeines über das Benehmen und Aussehn eines gesunden Pferdes . . . 210
Das Reitpferd, das Zugpferd in allgemeiner Uebersicht..........212
Erkenntniss des Alters bei Pferden.............•.....219
Temperament, Charakter, Gemüth, Gedächtniss, überhaupt das Geistige des
Pferdes.......• . • . . ............. • . . . 226
Zweiter Abschnitt.
Zucht und Aufzucht des Pferdes, Erklärung von Kunstausdrücken etc. ... 246
Boden, Klima, Kulturverhältnisse......•............249
Einige Worte über den Einfluss des Nationalcharakters, der Zeitanforderungen
etc. auf die Pferdezucht .....................282
Vortheile des Pferdes als Arbeitskraft im Vergleich mit Rindvieh; Vergleich
des edlen mit dem gemeinen Pferde in dieser Beziehung ........-253
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418
Seite
Verfahrungsweise um durch Kreuzung die Pferdezucht eines Landes zu ver-
bessern, zu veredlen .......................284
Erbfehler....... •......................259
Auswahl der Zuchtthiere; im Speziellen des Hengstes als Vater, der Stute als
Mutterpferd...........................263
Das Paaren.............................271
Pflege und Behandlung der Vaterpferde; der trächtigen und säugenden Stute . 276
Füllenkrankheiten.........................281
Fernere Belehrungen über die Behandlung der Mutterstuten und die Aufzucht
der Füllen ...........................282
Verfahren in der Aufzucht von der Zeit der Entwöhnung an...... . .286
Kastriren der Hengstfüllen........•............302
Das Schonen junger Pferde......................303
Kurz gefasster Ueberblick dessen, was zum gedeihlichen Betriebe der Pferde-
zucht zusammentreffen muss oder sollte...............311
Ankauf von Pferden..........................321
Gedanken über den Geldwerth eines Pferdes..............334
Dritter Abschnitt.
Skizze einer Geschichte der Pferdezucht................338
Weitere Mittheilungen über die geschichtliche Entwicklung der Pferdezucht mit
besonderer Kücksicht auf Frankreich, England, Deutschland und die öster-
reichische Monarchie ...-....•.•............348
Gedrängte Uebersicht der hippologischen Litteratur...........410
\
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Berichtigungen.
Seite 9
Zeile
7
von oben
15
,.
2
von unten
32
,,
5
,,
53
10
»
53
..
2
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..
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von oben
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2
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von unten
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» 141
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U. 18 »
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3
von oben
« 234
13
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Findet
sich
noch hio und
stabenfohl
er, oder b
ei der Interpuu
anstatt frei — fein.
wichtige — richtige.
Verfasser — Professor.
Zehe — Hose.
Richtung — Rundung.
Zehe — Hose.
wie — nie.
Friedlands — Frieslands.
niemals — jemals,
n seiner — einer.
Beschleunigung, der Bewegung wird - Be
schleunigung der Bewegung, wird • ■ ■
Bauchwendung — Bauchwandung.
eines Schmiedes — einer Schmiede,
» Allee — Aller.
von — vor.
Dauer, Zeit — Dauerzeit.
Anschauung — Anschaffung.
Friedland — Friesland,
i, Tarhes — Tarbes.
Fontainneblou — Fontainbleau.
Seene — Senne.
Reiters — Ritters,
da ein kleiner, den Sinn nicht geradezu entstellender Buch
ktion, so wolle der Leser dieses gütigst entschuldigen.
<PA