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Der
Pferdeliebhaber.
Ein
Handbuch �ber Pferdekenntniss im weiteren Sinne.
F�r Besitzer. Z�chter und Liebhaber der Pferde in allen
St�nden und L�ndern.
Von
B. von Oeynhausen,
k. lc. Oliei-stiieutenant im Armi'esja^r<' uml l?<�l1eliii'r an iler Cent.-(lavall.-Schul*
Drix Hiclil der Vebersetziinif trfril pari/e/tatten
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WIEN.
Verlag von L. "W. Seidel & Sohn.
1863.
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Vorrede.
bei angeborner Liebe f�r das Pferd, habe ich mich von Jugend
auf, an der Hand meines sei. Vaters beginnend, dem Reit- und Pfer-
defache gewidmet. Der auf mehren sehr guten Reitbahnen und Thier-
arzneischulen Deutschlands mir ertheilte Unterricht, der Besuch der
meisten Gest�tte Deutschlands und des KaiserthumsOesterreich, meine
vielj�hrige Dienstzeit in einer europ�ischen Ruf geniessenden Reite-
rei, die Stellung als Lehrer an der Central-Equitations-Schule dieser Rei-
terei, meine Verwendung in derk. k. Gest�ttsbranche und zum Ankaufe
von Milit�rremonten, einige Erfahrung im Betriebe der Landwirthschaft
endlich eine in neuster Zeit unternommene Reise nach England �
dies alles vereint, hat mir sehr vielfache Gelegenheit geboten, �ber
das Pferd, seine Zucht und seine Verwendung nachzudenken und viel-
seitige Kenntnisse zu sammeln.
Ich �bergebe nun hiermit dem Pferdebesitzenden und gebrauchen-
den Publikum des Milit�r- und Civilstandes einen Theil der Fr�chte,
dieser vierj�hrigen Erfahrung, mannichfaltiger und fleissiger Beob-
achtung.
Die Erfahrungen und Ansichten Anderer mit den eigenen ver-
gleichend, habe ich von den mir bekannten altern und neuern Werken
�ber Pferdewesen einige als Quellen benutzt, und dieses meist im Ver-
laufe des Textes angegeben. Haben denkende Fachm�nner �ber densel-
ben Gegenstand gleiche Ansichten so ist dieses immer eine angenehme
Genugthung und best�rkt das Selbstvertrauen.
Vielleicht ist es meinem Bem�hen gelungen, die Lehre vom Gang-
wesen und den Proportionen im Baue des Pferdes � immer ein ziem-
lich undankbares Thema � deutlicher zu geben, als es bisher in man-
chen Werken geschehn ist; die beigef�gten Zeichnungen werden ge-
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wiss sehr dazu beitragen, dem Leser den richtigen Standpunkt anzu-
weisen. Ich bitte, diese Bl�tter nur als das zu betrachten, was sie eben
sind, und an sie nicht den Maasstab zulegen, wornach man Pferde-
gem�lde zu beurtheilen pflegt. Sind diese Zeichnungen zur Ver-
deutlichung des Gegenstandes gelungen, so haben wir dieses ganz be-
sonders der sehr freundlichen Mitwirkung des k. k. Herrn Obersten
Joseph �erres von Perez zu verdanken; die Litografie ist aus dem
k. k. Milit�rgeografischen Institut hervorgegangen.
Wohl werden es manche als einen Mangel betrachten, dass nicht
alle Gangarten bildlich dargestellt wurden. Es ist dieses darum un-
terblieben, weil sich aus der Fussfolge des Schrittes alle andern G�nge
leicht erkl�ren lassen. Es gibt ferner Momente in der Bewegung wel-
che gar so schwer naturgetreu wiederzugeben sind, indem sie in der
Bewegung des lebenden Pferdes dem beobachtenden Auge gar so
schnell entwischen, und dann auf dem Papiere entweder unnat�rlich
oder schwerf�llig erscheinen. Der Wunsch in weitern Kreisen praktisch
n�tzlich zu sein, und es als Pflicht erkennenddas gesammelte eigne
Wissen Andern zur weitern Verwerthung zu �bergeben, sind die Trieb-
federn zur Herausgabe dieses Werkes; ich f�hlte mich hierzu um so
angenehmer veranlasst, als sich meine bisherigen kleinen schriftlichen
Arbeiten immer vielen Beifalls erfreuten. Ernten meine Ansichten
und die Art sie mitzutheilen die Zustimmung der Sachverst�ndigen,
habe ich damit zur Bef�rderung der guten Sache nach Kr�ften beige-
tragen, so will ich mich dem beruhigendem Bewusstsein hingeben, das
dieser Schrift vorangesetzte Motto nie aus den Augen verloren zu haben.
Auf bl�henden, sch�nen Styl keinen Anspruch machend, ist es
mein Streben deutlich und f�r das praktische Leben wirklich beleh-
rend zu sein; ich glaube die Klippe als einseitiger Stubengelehrter zu
erscheinen gl�cklich umschifft zu haben. Ich werde einen ganz beson-
deren Werth darauf legen, wenn die Kritik in dieser Beziehung eine
g�nstige ist.
Hiermit sei die Vorrede beendigt; die Nachrede bleibt dem Forum
der Oeffentlichkeit anheimgestellt. M�ge sie eine gute sein!
Der Verfasser.
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Einleitung.
Mit Strebenden ein Strebender zu sein,
Das leihet Muth, das schafft Gedeihn!
Friedr. Halm.
Unter den vom Menschen gez�hmten und zu seinem Nutzen verwen-
deten Thieren steht das Pferd obenan; seine edle Gestalt, seine grosse
Gelehrigkeit und die Art, wie es uns Vortheil und Vergn�gen schafft,
haben ihm mit Recht den ersten Platz erworben.
Die gef�llige Gestalt des Pferdes, der Anstand in seinem Benehmen,
nat�rliche Gutm�thigkeit und dabei die Kraft seiner Bewegungen erweck-
ten ohne Zweifel schon fr�her in dem kindlichen Sinne unserer ersten
Voreltern eine gewisse Vorliebe und erwarben ihm das Vertrauen und die
Hausgenossenschaft des Menschen in einem ausgezeichneten Grade, welche
es auch durch die aufopfernde Bereitwilligkeit, seine Kr�fte dem mensch-
lichen Willen unterzuordnen, so sehr lohnte, dass es sich dessen Gunst
f�r alle Zeiten sicherte, ja sogar g�ttlicher Verehrung theilhaftig machte.
In dem Pferde treten Eigenschaften hervor, die man auch beim Men-
schen unter die edlen z�hlt, indem sich in seiner Haltung und Bewegung
Stolz, K�hnheit und Kraft ausdr�cken, welche sich auch auf seinen Reiter
zu �bertragen scheinen, denn der Geist des Mannes erhebt sich auf dem
R�cken des Rosses und steigert das Bewusstsein seiner Kraft mit dem
Muthe und der St�rke seines Tr�gers. Diese Gef�hle sind tief in die
Brust des Mannes gepflanzt, und regen sich schon fr�he im m�nnlichen
Leben, denn schon des Knaben Herz erbebt in Freude, und w�hnt sich
zum Manne gereift, wenn ihm verg�nnt wird, ein Ross zu besteigen. Das
Ross ist stets ein Attribut der M�nnlichkeit und fehlt daher in den
festlichsten Tagen des Mannes nicht; zu Ross erscheint der Herr-
scher vor seinem Volke, zu Ross mustert der Feldherr seine Heerschaaren,
zu Ross feiert der Sieger seinen festlichen Einzug nach heisserk�mpfter
Schlacht und selbst dem Leichenzuge des im Kampfe gefallenen Helden
wird das Ross noch nachgef�hrt; ja auch der altersschwache Greis blickt
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noch mit Wonne dem stolzen Tritte des Rosses nach, eingedenk der sch�-
nen verschwundenen Tage der Kraft, wo auch er zu Ross erschien. Die
K�hnheit und Standhaftigkeit des Pferdes bei drohenden und wirklichen
Gefahren, die so sehr den Muth des Reiters st�hlen, den best�rzten Feind
mit Furcht und Schrecken erf�llen und den K�mpfer zum Siege f�hren,
stempeln es zum Kampfgef�hrten des Kriegers als Schlachtross. Im Ge-
f�hle seiner W�rde spitzt es muthig die Ohren beim Schalle der Trompe-
ten, die den Krieger zum Kampfe rufen, erhebt es stolz seinen Nacken und
erscheint mit festem Tritte vor der Feinde Reihen, dringt mit unwidersteh-
licher Gewalt ein in des Kampfes Gew�hl, h�lt unerschrocken und uner-
m�det aus im Zweifel der heissentsponnenen Schlacht, verfolgt rasch den
besiegten, fliehenden Feind, entf�hrt aber auch fl�chtig und sicher den im
Kampfe ermatteten und verwundeten Krieger der feindlichen Mitte, und
schweigend versteht es, zum Tode verwundet, auf dem Schlachtfelde zu
verenden.
Aber nicht nur im wilden Get�mmel der Schlacht, sondern auch da,
wo unter dem milden Segen des Friedens der Pflug die fruchtbare Furche
durch das Land zieht, und von der gelockerten Scholle des Bodens Le-
bensbed�rfnisse des Menschen gewonnen werden, erweist es seine Brauch-
barkeit und wird mit demselben Eifer der treue Gehilfe des Landmannes.
Auch da, wo sich durch den Austausch der Landesprodukte zwischen
den V�lkerst�mmen ein gegenseitiger Verkehr bildet und Handel gestaltet,
entfaltet es Vorz�ge, die von keinem andere Hausthiere in gleichem Grade
zu ersetzen sind, denn mit rastlosem Eifer und unwiderstehlicher Kraft
bringt es den mit den Landeserzeugnissen schwer belasteten Frachtwa-
gen in ferne Gegenden, um diesen vorteilhafte Verwerthung zu ver-
schaffen ; mit eilender Hast f�hrt es die fl�chtige Post durch die
L�nder und tr�gt den schriftlichen Gedanken zur fernen Mittheilung. Kurz,
es ergibt seiner Dienstleistung eine Vielseitigkeit, die seiner Brauchbarkeit
Anerkenntniss im Marstalle des Grossen, im Feldlager des Kriegers, auf
der Heerstrasse und in der friedlichen H�tte des Landmannes in gleich
ausgezeichnetem Grade sichert. (Baumeister.)
In solcherWeise »des Krieges Kraft, des Friedens Zier«
muss es jedem Pferdefreund und Pferdebesitzer vom h�chsten Interesse
sein, sich �ber dieses Thier die gr�ndlichsten Kenntnisse anzueignen. Ge-
biethet dieses vom Standpunkte des Privatmannes der eigene wohlverstan-
dene Vortheil, so ist es f�r jeden, dem im Staatsdienst wie immer Pferde
anvertraut sind, Gegenstand der Ehre des von Pflichtgef�hl durchdrunge-
nen Mannes. Ausger�stet mit gr�ndlicher Pferdekenntniss kann der Caval-
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lerie-Offizier Ankauf, Abrichtung und nachher Verwendang der Pferde zu
Friedens- und Kriegsdiensten besser leiten; er wird dadurch bef�higt, zur
rechten Zeit zu schonen, oder zur rechten Zeit den h�chsten Kraftauf-
wand zu verlangen. Diese Pferdekenntniss sich anzueignen, gen�gt es bei
weitem nicht, gute B�cher zu lesen oder den Vortrag eines Professors von
der Lehrkanzel mit anzuh�ren. Auf theoretische F�cher sich st�tzend, er-
h�lt dieselbe erst Werth durch die Praxis, indem sie lehrt, die Theorie im
praktischen Leben anzuwenden. Die Pferdekenntniss muss sich desshalb
am lebenden Pferde angeeignet werden, im Stalle, auf der Reitbahn,
auf Pferdem�rkten , auf M�rschen , beim Reiten und Fahren aller
Art. Wo viele Pferde beisammen sind und im vielseitigen Gebrauche
gibt es Gelegenheit Vergleichungen anzustellen, man lernt, dass nicht
jedes Pferd zu jedem Gebrauchszwecke gleich gut ist, und auch nicht
sein kann, man erkennt, dass selbst ein von Natur sehr mittelm�ssiges,
selbst mit mehreren Fehlern behaftetes Pferd, selbst ein blindes, stumpf-
sinniges, in geringem Grade d�mpfiges oder lahmes Pferd auch noch sei-
nen Platz findet, dem Menschen zu n�tzen und somit sein Futter zu ver-
dienen. Alles dieses regelt das Urtheil und bef�higt, ein jedes Pferd rich-
tig zu sch�tzen, sei es nun das vorz�glichste oder das geringste.
Mit den Kenntnissen der Gest�tskunde als Belehrung �ber Z�chtung
des Pferdes nach bestimmten Grunds�tzen, das di�tetische Verhalten u. s. w.
ist es f�r den Gest�tsmann, welcher Pferde f�r verschiedene Gebrauchs-
zwecke oder f�r den einen oder andern im Besondern z�chten will, sehr
w�nschenswerth, ja fast nothwendig, alle diese Gebrauchszwecke zu ken-
nen , denn nur dadurch kann er die Eigenschaften des Baues und Tempe-
ramentes , der Race u. s. w., die zu dieser oder jener Leistung besonders
bef�higen, kennen lernen, um darnach die zu paarenden Individuen zu-
sammenzustellen.
Ohne dass es f�r den gr�ssten Theil der Pferdebesitzer oder Pferde-
liebhaber m�glich w�re, sich die einem Thierarzte n�thigen Kenntnisse
anzueignen, ohne sich bis zur gr�ndlichen Kenntniss und Anwendung der
Heilmittellehre aufzuschwingen, erscheint es doch �ur gr�ndlichen Pferde-
kenntniss sehr n�thig, einiges aus den Wissenschaften des Thierarztes sich
anzueignen. Dahin geh�ren einige naturgeschichtliche Kenntnisse
des Pferdes, als wodurch die unterscheidenden Merkmale des Pferdes in
der Reihe der �brigen Thiere erkannt werden, und der Standpunkt, wel-
chen es in der Thierwelt einnimmt, angegeben wird; anatomische
Kenntnisse, als Belehrung �ber die Beschaffenheit der einzelnen Theile
des Pferdek�rpers und deren Zusammensetzung zu einem Ganzen; phy-
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siologische Kenntniss, als Belehrung �ber die Verrichtungen der ein-
zelnen K�rpertheile in ihrem Zusammenwirken zu einem selbstst�ndigen
Ganzen und die Gesetze der Lebensth�tigkeit des gesunden Zustandes ;
endlich pathologische Kenntnisse, als Belehrung �ber die verschiede-
nen Abweichungen der einzelnen K�rpertheile vom gesunden norma-
len Zustande und deren Bedeutung f�r den gesammten Lebensprozess.
Unter solchen Voraussetzungen ist die Pferdekenntniss sehr umfas-
send und keineswegs so leicht, als man sich gew�hnlich denkt; allein in
diesem Umfange unbedingt nothwendig f�r den, dessen ausschliess-
licher Beruf sie ist, und welchem dieser Beruf ohnehin die Erlangung der
erw�hnten Kenntnisse auferlegt, ist sie sehr n�tzlich f�r jeden Pferde-
besitzer, Pferdefreund und Liebhaber.
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Erster Abschnitt.
Naturgeschichtliches.
Nach Blumenbachs Lehre geh�rt das Pferd in die f�nfte Ordnung
der S�ugethiere, zur Familie der Einhufer. Es hat als naturhistorische
Kennzeichen 12 Schneidez�hne, 6 in jedem Kiefer, 24 Backenz�hne, 12 in
jedem Kiefer, und das m�nnliche Pferd hat 4 Hackenz�hne, 2 in jedem
Kiefer, welche nahe hinter dem Schneidezahn ihren Platz haben. Somit
hat die Stute 36, der Hengst 40 Z�hne; es hat lange Schopf-, M�hnen-
und Schweif haare, einfache Hufe an den F�ssen,, eine wiehernde Stimme
u. d. gl. m., der nat�rliche Aufenthalt des Pferdes ist auf hochgelegenen
Ebenen, und seine Nahrung besteht in den trockenen Pflanzen, h�rteren
Gr�sern und den an Satzmehl und Kleber reichen Saamen und K�rnern
verschiedener Getraidearten. Das Pferd hat nur einen einfachen Magen,
einen sehr weiten Dickdarm und keine Gallenblase. Das m�nnliche Pferd,
der Hengst, so wie das weibliche, die Stute, werden beide in den Fr�h-
lingsmonaten br�nstig und der Hengst bedeckt die als rossig erkannte
Stute gew�hnlich sehr rasch; wenn die Stute aufgenommen hat, l�sst sie
den Hengst nicht wieder zu und schl�gt ihn ab. Die Stute geht 11 Mo-
nate oder 48�49 Wochen, oder 338�340 Tage tr�chtig und bringt nach
dieser Zeit in der Regel nur ein Fohlen, das gew�hnlich sehr bald erstarkt
und 3, h�chstens 4 Monate ges�ugt wird.
Das Pferd lebt in seinem Naturzustande in Heerden beisammen; als
die urspr�ngliche Heimath des Pferdes wird das mittlere Asien bezeich-
net, doch wird das urspr�nglich wilde Pferd^ der Stammvater des unsri-
gen nirgends mehr getroffen, indem vielf�ltigen Beobachtungen zu Folge
die hie und da in Asien wildangetroffenen Pferde nur verwilderte sein sol-
len. Diese sollen von niedriger Statur sein, einen dicken starken Kopf,
gr�ssere breitere Ohren, kurzen dicken Hals mit kraushaarigem Sch�pfe
und M�hnen, starken Leib, etwas abh�ngendes Kreutz , k�rzeren zottigen
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Schweif, starke st�mmige F�sse, etwas l�ngliche sehr z�he Hufe, grau-
br�unliche Farbe und im Ganzen eine dem Esel nicht un�hnliche Gestalt
haben.
In Gr�sse, Gestalt und Brauchbarkeit wesentlich abweichend fand
man das Pferd in allen gem�ssigten, in den meisten heissen und in vielen
n�rdlichen Gegenden der alten Welt. Es ist inzwischen sicher, dass das
Pferd vor der letzten grossen Ueberschwemmung unseres Ertheiles, die
unter dem Namen S�ndfluth bekannt ist, vorhanden war. An mehreren
Stellen sowohl in Europa als in Asien und Afrika hat man fossile Kno-
chen von Thieren der Pferdegattung, meist in Gesellschaft von versteiner-
ten Ueberresten des Nielpferdes, des Elephanten und Nasshornes, des B�-
ren, Tiegers, der Hirsche und verschiedener anderer Thiere gefunden.
Die Mehrzahl dieser Pferdeknochen ist von derselsen Gr�sse wie die der
jetzt lebenden Pferde; nur im s�dlichen Amerika will man Ueberreste
eines gigantischen Pferdes aufgefunden haben. Die jetzt in der neuen Welt
im verwilderten Zustande angetroffenen Pferde sind wahrscheindlich erst
durch die Europ�er dorthin verpflanzt worden, denn sie zeigen noch Merk-
male einer edleren Abstammung.
Das nat�rliche Alter des Pferdes mag sich immerhin auf 30�40
Jahre belaufen, obgleich einige Beispiele noch h�heren Alters der Pferde
bekannt geworden sind. K�nstliche Aufzucht und deren Folgen f�r die
K�rperbeschaffenheit , fr�hzeitige Dienstverwendung und verschiedene
Krankheiten k�rzen die nat�rliche Lebensdauer ab und lassen mit weni-
gen Ausnahmen, Pferde nach dem 18. Jahre schon als alte Pferde erschei-
nen, deren abnehmende Kr�fte nur noch zu geringerer Dienstleistung hin
reichen. Das Pferd besitzt zwar grosse Lebensz�higkeit und erholt sich,
durch Strapatzen und Krankheiten sehr herabgekommen in kurzer Zeit,
erliegt jedoch manchen Krankheiten wie z. B. Hirn-, Hals- und Lungenent-
z�ndungen, Kolicken, Rotz, Wurm etc. auffallend schnell.
Zur Gattung Pferd geh�rt auch der Esel, das Zebra, das Quagga, das
Dschiggetai und das Bergzebra oder das Dauw. Das dem Esel �hnliche
Quagga wurde hie und da auch gez�hmt; die anderen sind als wilde Thiere
zu betrachten. Der Esel begattet sich mit dem Pferde fruchtbar. Das
Produkt aus der Paarung des. Eselhengstes mit der Pferdestute heisst:
M a u 11 h i e r ; es ist gross und stark und stellt eigentlich ein Pferd mit
Eselgestalt dar; der Maulesel, als Produkt der Paarung eines Pferde-
hengstes mit einer Eselstute ist kleiner und erweist sich als Esel mit
Pferdegestalt; beide diese Bastarde sind f�r weitere Fortpflanzung unf�-
hig. Bastarde des Pferdes mit anderen Thieren geh�ren in die Fabelwelt.
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Was Maulthier ist wegen seiner Dauerhaftigkeit sehr gesch�tzt und in eini-
gen L�ndern, namentlich in Spanien und Italien wird auch seine Zucht
sehr schwunghaft betrieben. Der Maulesel wird seiner geringeren Eigen-
schaften wegen minder gesch�tzt und nur zu geringf�gigen Diensten,
namentlich zum Lastentragen ben�tzt.
Das edle, das gemeine Pferd.
Unter Thierveredlung im Allgemeinen versteht man die Art und
Weise wie wir bei der Z�chtung der Thiere gewisse Eigenschaften, die
wir gerne sehen oder wegen welcher wir die Thiere halten, forterben
lassen und vervollkommnen, oder auch andere, die sie nicht haben,
hervorzubringen suchen, und sogar in der Absicht um den Thieren selbst
eine gr�ssere Tauglichkeit zu verschiedenen Zwecken zu verschaffen, d. h.
ihren Werth zu erh�hen und sie zur Befriedigung erh�hter menschlicher
�Bed�rfnisse geeigneter zu machen.
Diesen Grunds�tzen analog strebt man beim Rindvieh eine verbes-
serte und vermehrte Milchbildung, beim Schaafe Wolle, beim Schweine
Fettbildung u. s. w. zu erzielen. Das Pferd n�tzt dem Menschen nament-
�ich durch seine rit�rke, Gewandheit, Ausdauer, und Schnel-
�gkeit, somit mehr durch sein Leben als durch seinen Tod, wie so viele
andere Thiere die durch ihr Fleisch als menschliches Nahrungsmittel,
Haut, Wolle, Fett, Ged�rme u. s. w. dem Menschen erst n�tzlich werden.
Die Merkmale des Adels liegen in der Organisa-
tion und dem ihr innewohnenden Kraftverm�gen.
Je feiner und fester die Materie vom Haar bis zur Nerve und je inni-
ger ihr Zusammenhang ist, desto edler das Thier und um so gr�sser das
Mass seiner innewohnenden Kr�fte. Je gr�berer und lockerer dieselbe und
je loser ihre Verbindung desto gemeiner und kraftloser wird es sein.
Der wesentliche Unterschied der gemeinen Pferde gegen edle
besteht also darin, dass das edle Pferd:
1.  Vorherrschende Produktivit�t durch F�lle von Blutleben besitzt.
2.  Gr�ssere Schwere, Feinheit, Festigkeit und Dichtigkeit der
Knochen.
3. Kr�ftigere Muskeln.
4.  Festergespannte Haut.
�5. Feineres Haar.
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6.  Gr�ssere Schnelligkeit und Intensit�t der Bewegungen.
7.  Eine gr�ssere Plasse von Nerven und Gehirn mit h�heren Bl�then
der Organisation, welche alle Organe durchdringend der Quell der Vered-
lung der untergeordneten Organe sind, und mit diesem in einer Wechsel-
wirkung stehen.
Das l�ngere Erinnerungsverm�gen, die gr�ssere Gelehrigkeit, der
Ehrgeiz und Muth, der verst�ndige Blick, l�ngere Lebensdauer sind die
Eigenschaften h�herer Organe, deren h�chste Potenz dem edelsten Pferde
am meisten eigen ist.
Die hier sehr nahe liegende Frage, ob es denn wohl sehr w�nschens-
werth w�re, nur sehr edle Pferde zu z�chten, d�rfte sich, wie folgt, er-
ledigen.
Wenn sich das veredelte und ganz edle Pferd wegen seiner gr�sse-
ren Ausdauer, Schnelligkeit besonders zum Reitdienst und schnellem Zug-
dienst eignet, so ist darum das gemeine Pferd doch nicht nutzlos oder ganz
entbehrlich; denn es gibt im gew�hnlichen Leben vielerlei Leistun-
gen, wozu sich das gemeinere Pferd besser eignet, als das sehr ver-
edelte oder ganz edle, z. B. der Zugdienst bei allen landwirtschaftlichen
Arbeiten oder der schwere Zugdienst bei grossen Frachtfuhren; derselbe
verlangt eine mehr langsame Ausdauer als schnelle hochgesteigerte Kraft-
entwicklung. Das gemeine Pferd mit seinen gr�sseren K�rperformen legt
mehr Gewicht in das Geschirr und wegen seines weniger erregbaren Tem-
peramentes , gegr�ndet auf die geringere Nerventh�tigkeil und die lockere
Beschaffenheit seiner Muskulatur ist ihm eben die in dieser Arbeit so n�-
thige langsame Ausdauer eigen und es mattet sich bei der schweren Ar-
beit nicht so leicht ab, als es das edle Pferd thun w�rde.
Darum bleibt es aber doch sehr w�nschenswerth, der veredelten
Pferdezucht immer mehr Verbreitung zu geben (und es ist wohl kaum zu
bef�rchten, dass sie sich in ihren ganz guten und vorz�glichen Produkten
allzusehr verbreiten w�rde). Denn erstens ist das edle Pferd ein besse-
rer Handelsartikel, weil sich immer mehr K�ufer dazu finden, zweitens
werden die Anforderungen an Schnelligkeit verbunden mit Ausdauer und
Sch�nheit immer gr�sser, und drittens kann auch das veredelte Pferd
bei entsprechender Behandlung im landwirtschaftlichen Gebrauche sehr
gute Dienste thun, wogegen das gemeine Pferd niemals geeignet ist, den-
jenigen Anforderungen an Schnelligkeit und Ausdauer darin zu gen�gen,
die man heut zu Tage an Reitpferde aller Art sowohl im Milit�rge-
brauche als im gew�hnlichen Leben, oder au leichte Zugpferde stellt.
Ausser den jetzt besprochenen Unterscheidungsmerkmalen des edlen
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und gemeinen Pferdes spricht sich auch in den �ussern Formen die Ab-
kunft aus. Besonders charakteristisch ist hierbei die Form des Kopfes.
Wenn das ge�ffnete frei und fest blickende Auge des edlen Pferdes Muth
uud Klugheit ausspricht, so gestattet die breite, hohe Stirn, der Raum zwi-
schen Augen und Ohren einem grossen kr�ftigen Gehirn die vollste
Entwicklung , woraus wieder die �berwiegend geistigen Eigenschaf-
ten resultiren. Die etwas gestreckte frei gezogene Nase gibt dem ganzen
Gesicht die Form eines h�her organisirten Wesens und die weit ge�ffneten
N�stern bef�rdern die Th�tigkeit einer kr�ftigen Lunge beim angestreng-
testen Rennlauf. Beim gemeinen Pferde ist der Raum zwischen Augen und
Ohren kleiner, flacher, zuweilen eingedr�ckt und nach oben enger zulau-
fend, daher das kleine Gehirn mit weniger Geistesth�tigkeit, daher bei
mangelhafter Quelle die geringere Nerventh�tigkeit, daher dass beim ge-
meinen Pferde der Dummkoller Furchtsamkeit, Schreckhaftigkeit �fter
vork�mmt, als beim edlen. Die engen Nasenl�cher sind eben nicht geeig-
net, in kurzer Zeit der Lunge einen starken Luftstrom zur Blutbereitung
von aussen zuzuf�hren oder die verbrauchten Stoffe hinauszusenden.
Bez�glich des Knochenbaues im Ganzen sind es namentlich zwei
Parthien, welche das edle Pferd charakterisiren und worin sich die
Eigenschaften der kr�ftigen Ausdauer und der Schnelligkeit besonders
aussprechen. Es ist diese die lange schr�g gelagerte mit derben, festen,
vollen Muskeln (bis zum Arme herab) versehene Schulter, der hohe, tief
111 den R�cken sich verlaufende Widerrist, verbunden mit grosser Tiefe
des Rippenkastens vom Widerrist bis zum Brustbein herab. Wird durch
diese Form einerseits eine vorz�gliche Sattellage bedingt, so l�sst sie an-
dererseit eine kr�ftige Beschaffenheit der Brustorgane, der Lunge und des
Herzens voraussetzen. An der Hinterhand ist beim edlen Pferde der Raum
zwischen Becken (H�ften und Sitzbeine) bis sum Kniescheibengelenke
herab sehr gross und mit vollen, kr�ftigen Muskeln versehen. Durch diese
Formen erscheint auch der R�cken kurz und kr�ftig und der Raum, �ber
welchem das Pferd auf dem Boden steht, lang, ge�ffnet. Ein solches Pferd
macht unwillk�rlich den P^indruck, dass ihm ein guter Grad von Schnellig-
keit mit Ausdauer als auch Gewandtheit innewohnen m�sse.
Das gemeine Pferd gibt in vieler Beziehung das gegentheilige Bild;
die Schultern sind steiler, mit schw�chern Muskeln versehen und daher
keiner so grossen Beweglichkeit f�hig, der Widerrist ist k�rzer und weni-
ger ausgesprochen, die Formen der Hinterhand sind kleiner mit mehrfa-
cher Muskulatur versehen, der R�cken erscheint und ist l�nger, der Raum,
den die F�sse �ber dem Erdboden einnehmen, ist kurzer , zusammenge-
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schobener. Ein edles Pferd ist fast nie r�ckbiegig oder bodenweit gestellt
oder s�belbeinig, und bekanntlich ist mit allen diesen Stellungen h�chst
selten ein freier, kr�ftig ausdauernder Gang verbunden. Ist bei dem in
guter Condition befindlichen, edlen Pferde der Ausdruck der Muskeln ein
mehr voller in seinen Contouren scharf abgegr�nzter, so erscheinen diese
Theile beim gemeinen Pferde mehr flach und weich; ebenso ist es mit den
Gelenken, die beim edlen Pferde in allen ihren Theilen scharf ausgespro-
chen , beim gemeinen Pferde kleiner und flacher erscheinen, M�hnen und
Schweifhaare des edlen Pferdes sind lang, weich, seidenartig, beim Lauf
im Winde fliegend geben beide dem Pferde ein stolzes, imposantes Anse-
hen ; beim gemeinen Pferde sind diese Zierden grob und hart. An den Bei-
nen der edlen Pferde liegt das gl�nzende Haar mit festgespannter Haut
und deutlich markirten eisenfesten Sehnen bis zur Krone herab, in der
K�the eine leichte Haarxotte bildend fest auf; beim gemeinen Pferde er-
scheinen diese Theile h�ufig schwammig, ohne sichtlich erkennbare Seh-
nen mit groben, struppigen, in der K�the bis zur Erde herabreichenden
Haarzotten (Behang). Nicht immer jedoch harmoniren inneres Wesen und
�ussere Formen, denn es gibt Pferde mit den innern Eigenschaften des
edlen Pferdes bei �ussern Formen, die meistens nur dem gemeinen Pferde
angeh�ren, und ebenso umgekehrt.
Alle Veredlung der europ�ischen Pferderacen ist stets vom Oriente
ausgegangen ; die aus Asien eingewanderten V�lkerst�mme mit ihren vie-
len Pferden bewirkten dieses in den osteurop�ischen L�ndern, die Mauren
in Spanien und die durch die Kreuzz�ge hervorgerufene n�here Bekannt-
schaft und h�ufigere Verbindung des Abendlandes mit dem Orient that das
�brige. Auch das englische Vollblutpferd f�hrt seinen reinsten Stamm-
baum, bis zu den aus dem Orient direkt eingef�hrten Hengsten und Stuten
zur�ck. Indem jetzt das englische Vollblutpferd als der vollendetste Typus
des edelsten Pferdes in Europa dasteht, so soll dasselbe gleich hier eine
eingehendere Beschreibung finden , indem ich mir vorbehalte, die Vered-
lung der Pferderacen in Europa �berhaupt gelegentlich der Beschreibung
der geschichtlichen Entwicklung der Pferdezuchten n�her zu besprechen.
Das englische Vollblutpferd.
Ueber die Entstehung und Entwicklung des Vollblutpferdes sagt
Graf Veitheim Folgendes:
Man hat in England schon seit der Regierung Jakob I. (1603) ange-
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fangen, morgenl�ndische Hengste einzeln einzuf�hren und zur Veredlung
der Pferdezucht zu gebrauchen, jedoch eine geraume Zeit hindurch ohne
erheblichen Erfolg und zwar dieses wahrscheinlich eben desshalb, weil
man nur edle Hengste hatte, und also keine Reinzucht edler Pferde
bilden konnte, sondern nur einen veredelten Halbschlag, der wie alle
Halbschl�ge immer bald wieder in die gemeine Landesrace ausartet.
Erst unter Karl IL (1660), der leidenschaftlicher Liebhaber der
Pferderennen war, und dieses zuerst auf bestimmte Grunds�tze zur�ck-
f�hrte, scheint man die Notwendigkeit einer edlen Rein zu cht einge-
sehen zu haben, indem dieser K�nig einen seiner Gest�tsmeister nach der
Berberei schickte, um nebst einigen morgenl�ndischen Besch�lern auch
eine Anzahl dergleichen edler Stuten nach England zu bringen.
Diese Absicht muss sehr gl�cklich erreicht worden sein, indem die
von diesem Manne mitgebrachten Stuten, die noch jetzt in den englischen
"est�tsb�cbern unter der Benennung der k�niglichen Stuten (roj^al mares)
vorkommen, den Haupt stamm der jetzigen englischen Reinzucht der
" ettrenner, Vollblutrace ausgemacht haben. Nun will ich zwar keines-
wegs in Abrede stellen, dass nicht in den ersten 50 Jahren, wo die Wett-
rennen in England regelm�ssig betrieben wurden, also etwa zwischen den
Jahren 1670 und 1720 noch manches Pferd vorgekommen sein mag, wel-
ches nicht von ganz unvermischtem, morgenl�ndischen Blute abstammte,
vielmehr m�chte dieses aus der Natur der Sache wohl zu vermuthen sein.
Von 1720 sp�testens an, kann man sich aber aus den in England
vorhandenen, vollkommen glaubw�rdigen Nachrichten �berzeugen, dass
damals und h�chst wahrscheinlich schon fr�her, in der Regel auf den
Rennpl�tzen kein Pferd, dessen reinorientalische Abkunft nicht erwiesen
werden konnte, mehr erschienen ist; und zwar dieses nicht aus leerer
Modesucht oder Eitelkeit, sondern weil die Erfahrung hinl�ng-
lich bew�hrt hatte, dass von einem Pferde, welches eine,
wenn auch nur geringe Beimischung n�rdlichen (d. h. von
der eingeborenen englischen Landrasse) Blutes enthielt, doch
«ein Gewinn mehr zu erwarten sei.
Anmerkung. Der Ausdruck: das Pferd hat viel, wenig
kein Blut, heisst soviel als, dass diesem bezeichneten Pferde die fr�her
erw�hnten Merkmale des edlen und edelsten Pferdes in h�herem, ge-
ringerem Grade oder gar nicht innewohnen. Vollblut (bloodhorse,
racehorse, thorough-breed-horse) bezeichnet also immer den h�chsten
wad des beim Pferde zu findenden Adels und hiernach l�sst sich also
auch der Begriff von Halbblut nicht unschwer feststellen. In England wird
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die Bezeichnung Voll-, Dreiviertel-, Siebenachtel-, Halbblut nach dem
Stammbaum beigelegt; heutzutage wird bei uns mit dem Ausdruck
Vollblut gar h�ufig sehr leichtsinnig verfahren und im gew�hnlichen
Leben gar oft schon ein Pferd Vollblut genannt, wenn es- einen englischen
Vollbluthengst zum Vater hat, um die Mutter und deren Stammbaum wird
dann weiter nicht gefragt.
Die Ueberlegenheit des Vollblutpferdes �ber das Halbblut liegt
haupts�chlich in der intensiven Kraft, welche dem Vollblutpferde inne-
wohnt, und oft manchen Mangel seines Baues aufwiegt.
Dass auch unter den dem Stammbaume nach wirklichen Vollblutpfer-
den gar verschiedene Individuen, sowohl ihrem Baue als ihrer Leistungs-
f�higkeit �berhaupt vorkommen, kann einem einigermassen aufmerksamen
/
                  Beobachter nicht entgehen und darf hier nicht unerw�hnt bleiben. Auf die
Z�chtung der Vollblutpferde erster Klasse kann der Engl�nder mit
vollem Eechte stolz sein, und mittelst der Anwendung dieses ist es gelun-
gen , die andern Arten zu dem zu machen, was sie nun sind, und selbst
ihren aus Friesland stammenden so schweren Karrenpferden haben sie durch
Beimischung von Vollblut mehr Schnelligkeit zu geben f�r gut befunden.
Soweit die Anmerkung. �
Als Versuch und ausnahmsweise sind jedoch einzeln auch noch sp�-
terhin wohl Pferde, von denen es zwar immer nicht eigentlich erwiesen,
aber doch h�chst wahrscheinlich ist. dass sie nicht ganz Vollblut waren,
auf den Rennpl�tzen erschienen. Davon, dass dieses mit Erfolg geschehen
w�re, sind nur drei Beispiele bekannt; als:
1.  Herrn Robinsons Sampson, ein schwarzer Hengst gezogen (1745)
der sich in den 1750er Jahren als Renner auszeichnete.
2.  Enginneer, des vorigen Sohn, dunkelbraun, gezogen 1735, der in
den 1760er Jahren als guter Renner bekannt war, und endlich
3.  dessen Sohn Mambrino, ein Schimmelhengst, gezogen 1768, der in
den 1770er Jahren bl�hte.
Die guten Eigenschaften dieser drei Hengste hatten in Verbindung
mit ihrem starken und kr�ftigen Knochenbau eine Zeitlang hindurch Vor-
liebe f�r ihre Nachkommen erweckt; bald aber �berzeugte man sich, dass
diese Race sich nicht constant erhielt, und mit jeder Generation schlech-
ter und zum Wettrennen unbrauchbarer wurde, wesshalb man eilte, solche
in Vollblutgest�ten auszurotten.
Anmerkung. Richard Darville sagt: In England zieht man Halb-
blutpferde besonders f�r die Rennbahn, welches man racing-coktail, d. h.
Rennbalbblut nennt, bei deren Zucht man darauf sieht, dass sie dem Voll-
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blut so nahe wie m�glich stehen, und nur einen h�chst unbedeutenden Ma-
kel in ihrem Stammbaume haben. Derartige Halbblutpferde sind dem
vollblute so nahe verwandt, ihre Action und ihr Geb�ude ist so gut, dass
Athem und Muskelkraft bei ihnen zu einer grossen Vollkommenheit
gebracht werden k�nnen. Wird ihnen nun gar noch im Rennen Gewicht
erlassen, wie solches meistens der Fall, so ereignet es sich wohl gelegent-
lich , dass ein solches Pferd selbst gute Vollblutpferde schl�gt, und
gew�hnliches Halbblut nat�rlicherweise gar nicht dagegen aufkommt.
Fast jedes Jahr gibt es auf den Rennbahnen Englands einige derar-
tige gute, nicht ganz reine Vollblutpferde, welche selbst oft bedeutende
Stakes (Eins�tze) gewinnen. Dergleichen F�lle sind jedoch zu selten, und
steht dieses Halbblutpferd hierbei in seiner Z�chtung dem Vollblut zu
nahe als dass sie die alte Erfahrung umstossen k�nnten, nach welcher
Halbblut wie es in der Regel unter diesem Namen vork�mmt, unter sonst
gleichen Verh�ltnissen niemals mit Vollblut sich messen kann. Soweit die
Anmerkung. � �
Wenn man also die englische Wettrennrace ihrer grossen Mehrzahl
nach als eine nach England verpflanzte, durch Klima und F�tterung aller-
dings vergr�sserte, sowie durch die Auswahl der schnellsten Individuen,
(fast ohne alle sonstige R�cksicht,) f�r diesen Zweck verbesserte
�iorgenl�ndische Reinzucht betrachten muss, da die angef�hrten ein-
zelnen Beispiele von Mischung mit n�rdlichen, (alt englischen) Blute darin
als Ausnahme von der Regel nichts ver�ndern k�nnen, so muss man jedoch
darum nicht annehmen, dass diese nun seit mehr als 100 Jahren in sich
consolidirte Race nur allein aus Arabien herstamme.
Die Racing-Calendars, das Turf-Register und Stud-Book, (die Ver-
zeichnisse �ber die Abstammung der Vollblutpferde) beweisen vielmehr,
dass diese Race aus Arabern, Berbern, Egyptern, Persern und asiatischen
T�rken zusammengesetzt ist, obschon auch dieses nicht allemal buchst�b-
lich zu verstehen sein m�chte, da in fr�heren Zeiten wo man den Orient
und dessen Pferdezuchten weniger genau kannte, als jetzt man gew�hn-
lich ein Pferd nach dem Lande zu nennen pflegte, von wo es zun�chst
nach Europa gekommen war. Besonders wurden t�rkische Beutepferde
(wie z. B. der ber�hmte Beyerley-Turk, der angeblich bei dem Ents�tze
von Wien 1683 erbeutet war,) immer schlechthin T�rken genannt, obschon
sie h�chst wahrscheinlich die edelsten Araber waren.
Einer der ber�hmtesten Stammv�ter der jetzigen Stammrace "war
Barley's Araber, der im letzten Theile der Regierung der K�nigin Anna,
also zu Anfang des vorigen Jahrhunderts nach England kam. Herr Darley
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hatte gegen vieles Vorurtheil zu k�mpfen, und es dauerte eine Zeitlang,
bis sein Hengst die Aufmerksamkeit auf sich zog und man den Werth
seiner Nachkommen zu erkennen begann. Herrn Darley's Bruder kaufte
diesen Hengst zu Aleppo; in der benachbarten W�ste von Palmyna gebo-
ren. Die unmittelbaren Nachkommen dieses unsch�tzbaren Pferdes waren
der Devonshire oder Flying-Ghilders, der Bleeding oder Bartletts Chil-
ders, welcher nie trainirt wurde, Almansor und andere. Durch die Chil-
ders wurde der Ruhm und das Blut ihres Vaters weit verbreitet; von den-
selben stammten andere Childers, Blaze, Snar, Rampian, Eclipse und eine
Menge vorz�glicher Pferde ab.
Mehr als 20 Jahre nach Darley's Araber, nachdem der Werth des
arabischen Blutes vollkommen anerkannt war, besass Lord Godolphin
einen sch�nen Hengst von eigenth�mlichen Aeussern, den er einen Araber
nannte, der aber ein Berber war.
Sein fast �bertrieben hoher und gebogener Hals zeichnete ihn von
jedem anderen Pferde aus. Er war in Frankreich aufgetrieben worden,
wo er in einem Wasserkarren lief, und als ihn Lord Godolphin bekom-
men hatte, war er eine betr�chtliche Zeit in dessen Stalle, ehe man seinen
Werth erkannte. Erst nach der Geburt des Loth, eines der ersten Pferde
jener Zeit, fing man an, seine Vorz�glichkeit einzusehen. Er wurde nun
ein Araber genannt, und trug noch in einem h�heren Grade als der Dar-
ley's zur Begr�ndung der neueren Vollblutzucht bei. Erstarb, 1759 in
einem Alter von 29 Jahren.
Die sich von diesen ber�hmten Pferden und ihren direkten Nach-
kommen datirende Veredlung leistete nunmehr alles, was man w�nschen
konnte, und zwar gilt dieses nicht blos von dem Vollblut- und Stamm-
pferde, es ist in einem wesentlichen Grade mit jeder Art von Pferden der
Fall. Durch eine umsichtige Beimischung und Verh�ltniss von Blut haben
die Engl�nder ihre Jagdpferde, Reitpferde, Kutschen- und wie schon fr�-
her erw�hnt, sogar Karrenpferde viel st�rker, kr�ftiger, dauerhafte/ und
schneller gemacht, als sie vor Einf�hrung des Rennpferdes waren.
Das Gest�ttbuch, Stud-Book, welches eine von jedem englischen
Z�chter anerkannte Autorit�t ist, f�hrt alle alten Renner auf irgend einen
orientalischen Ursprung zur�ck, oder es gibt die Abstammung bis zu einer
Zeit an, wo sie sich nicht weiter mit Gewissheit verfolgen l�sst. Wenn
der Stammbaum (Pedigree) eines jetzigen Renners verlangt wird, f�hrt
man ihn so weit zur�ck, bis er mit einem wohlbekannten Renner aufh�rt;
wird die Abstammung noch weiter zur�ckverfolgt, so endet sie entweder
mit einem Orientalen oder in Dunkelheit.
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Bekanntlich erschien der erste Racing-Calendar im Jahre 1727 und
'st seitdem ununterbrochen fortgef�hrt worden. Aus den darin enthaltenen
und daraus in das General-Stud-Book, Turf Register u. s. w. �bertragenen
Nachrichten ergibt sich die Abkunft aller auf dem Turf (Rasen also
gleichbedeutend mit Rennbahn) vom Jahre 1700 an erschienenen Renn-
P'erde ziemlich genau, und man findet z. B. darin, dass von da an bis zum
ahre 1750 noch nahe an 30 morgenl�ndische Stuten zu verschiedenen
leiten von Privaten einzeln eingef�hrt sind, um zur Zucht von Rennpfer-
den verwendet zu werden, welche also den royal mares und von Privaten
v°r dem Jahre 1700 eingef�hrten noch zuzurechnen sind.
Da wir nun in den Stammb�umen der ausgezeichnetsten englischen
Rennpferde das Blut des Arabers mit dem der Berber, mitunter auch
angeblich (jedoch seltener) der T�rken und noch anderer morgenl�ndi-
scher Pferderacen gemischt finden, so darf man, glaube ich, (Veitheim)
0111 gutem Grunde annehmen, dass durch diese zum Zweck so gl�cklich
und richtig getroffene Mischung, versteht sich in Verbindung mit der durch
englische F�tterung und Wartung allm�hlig bewirkten Gr�sse und Kno-
ehenst�rke das englische Vollblutpferd entstanden ist, und man
daher, wenn es n�thig w�re, dasselbe auch jetzt wieder auf demselben
wege w�rde hervorbringen k�nnen.
Dieses scheint auch ganz die Meinung des Old-Forester zu sein, wenn
er sagt: dass, wenn ersieh in dem Falle bef�nde, von ausl�ndischen
"lerden Rennpferde erziehen zu wollen, er einen arabischen Hengst mit
einer Berberstute mischen w�rde und dann in der dritten Generation sei-
nen Zweck sicher zu erreichen hoffte.
Die anerkannten Vorz�ge des englischen Pferdes sind nicht so sehr
* eigen des Klimas, des Bodens u. s. w.; sie m�ssten in diesem Falle nicht
erst seit 150 Jahren, sondern schon weit fr�her die Aufmerksamkeit
erregt haben ; sie sind vielmehr wie Mrs. Percival richtig bemerkt, der Er-
folg der mit Festigkeit und Kenntniss geleiteten Z�chtung.
Hierunter ist aber nicht blos die Anschaffung
eines guten Orriginalstammes verstanden, son-
dern auch die sorgf�ltige Aufzucht und F�tte-
rung der Nachkommen und vor allem die wich-
t!ge Auswahl der zur Nachzucht bestimmten I n-
d l v i d u e n.
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Aeussere Pferdekenntniss.
Die �ussere Pferdekenntniss belehrt uns �ber Regelm�ssigkeit des
Baues, Sch�nheit, Dauer und Brauchbarkeit des Pferdes.
Sie zerf�llt daher in mehrere Theile und zwar:
1.  In die Benennung der einzelnen Theile des Pferdek�rpers.
2.  Beurtheilung des guten oder mangelhaften Baues der einzelnen
Theile und des Ganzen.
3.  Die �usserlich sichtbaren Fehler und Gebrechen.
4. Benennung und Erkl�rung der Gangarten nebst Beurtheilung des
guten oder fehlerhaften Ganges.
b. Erkennen des Gesundheitszustandes im Allgemeinen oder St�run-
gen desselben.
Das Skelett oder Knochenger�ste als die Grundlage, die Festge-
bilde , woran sich alle Weichgebilde, die Muskeln, Sehnen u. s. w. anhef-
ten, muss zuerst betrachtet werden.
Skelett nennt man das ganze Knochengeb�ude des Pferdes in sei-
ner Zusammenstellung und Verbindung durch die Gelenke, ohne Mus-
keln, Sehnen, Haut sammt Haar.
Bez�glich der Knochen im Allgemeinen ist zu bemerken, dass sie
s�mmtlich von der Natur h�chst weise geformt sind, um an ihren Ab- und
Forts�tzen, den Muskeln, Sehnen und B�ndern g�nstige Anheftungspunkte
zu biethen. Ihre G�te besteht nicht sowohl in ihrem grossen Umfange als
vielmehr in ihrer Dichtigkeit und Schwere und es ist diese letztere ein
Hauptvorzug des edlen Pferdes vor dem geraeinen. Auch sind sie nicht
alle von gleicher Beschaffenheit, z. B. sind die Rippen und die ihnen �hn-
lichen Stachelforts�tze der R�ckenwirbelbeine weicher als die �brigen
Knochen; die h�rteste Substanz haben die Z�hne.
Die Gelenke sind mit Knorpeln gewissermassen auswattirt, und stets
mit einer Feuchtigkeit, Gelenkschmiere (Synovia) genannt versehen, damit
die Knochen nicht zu hart aneinander stossen, und bei der Bewegung
keine Reibung entsteht; ferner sind diejenigen Knochen, welche das Ge-
lenk bilden, durch starke B�nder mit einander verbunden. Je gr�sser
und breiter die Gelenke in ihrem Umfange sind , desto mehr Befestigungs-
punkte haben sie; je mehr Befestigungspunkte, desto mehr St�rke und
Haltung. Starke Gelenke geben ein Recht, Kraft zu vermuthen. Die Ge-
lenke sind verschiedenartig geformt, wie es ihr Zweck von Natur verlangt
und haben auch verschiedene Benennungen; in der Hauptsache gen�gt es
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zu wissen, dass ein Theil der Gelenke nicht allein die Bewegung nach
auf-, ab-, vor- und r�ckw�rts , sondern auch in der Rundung zul�sst; ein
solches Gelenk nennt man freies oder Nussgelenk.
Nicht alle Knochen am Pferdek�rper sind durch Gelenke verbunden;
so 2. B. nennt man die Verbindung mehrer Knochen des Kopfes nament-
lich des Vorkopfes und der Stirn die N a h t, welche darin besteht, dass
die ungleichen, ausgezackten R�nder zweier aneinanderliegender Knochen
genau in einander passen.
Sind zwei Knochen durch ebene R�nder aneinandergereiht, so nennt
man dieses die Harmonie, z. B. die Verbindung der beiden Nasenbeine
untereinander.
Die Einkeilung nennt man diejenige Verbindung, wo ein Kno-
cuen in einem andern wie ein Keil steckt, was z. B. bei den in den Kie-
fern steckenden Z�hnen der Fall ist.
Durch �berm�ssige Anstrengung in der Jugend, oder heftige, pl�tz-
liche Bewegungen durch �ussere, mechanische Einwirkungen, als Schl�ge,
St�sse u. s. w. entstehen allerhand Knochenkrankheiten. Die hervorgeru-
fene Entz�ndung l�sst Knochenmaterie ausschwitzen, die dann verh�rtet,
wodurch das Pferd bei der Bewegung Schmerzen empfindet und lahm geht.
Nat�rliche Disposition zu mangelhafter Knochenbildung in Folge von Er-
n�hrung mit Futterstoffen, die jene Bestandtheile, welche namentlich zur
gesunden Knochenbilduug dienen, nicht hinl�nglich enthalten, bef�rdert
das Entstehen dieser Knochenfehler sehr und tritt dann auch als Erbfeh-
]er auf. Die Knochenleiden sind unter dem Namen Knochenauflockerun-
gen, Knochenspath , Rehbein, Leisten, Ringbein, Schale, �eberbein be-
kannt, und werden weiter unten n�her besprochen werden.
Auch Knochenbr�che kommen bei Pferden vor. Die Heilung ist
vielen Schwierigkeiten unterworfen, nicht etwa weil die Knochen des
Werdes dazu weniger geeignet w�ren, sondern weil es so schwer ist,
das Pferd in einem solchen Falle in die dazu so n�thige ruhige Lage
zu bringen.
Was nun die Knochen betrifft, welche den einzelnen K�rpertheilen
zur Grundlage dienen, so besteht der Kopf aus sehr vielen (nach Bau-
meister etlichen und dreissig) Knochen. Die Haupteintheilung ist in den
Ober- oder Vorder- und in den Unter- oder Hinterkiefer (auch Ganasche
genannt) zwischen welchen eine bewegliche Verbindung statt findet. Alle
�brigen Knochentheile des Kopfes sind so fest verbunden, dass sie. ein
Ganzes zu bilden scheinen. Besonders zu benennen sind die Augenbogen,
Augenh�hlen, die Jochbeinleiste und die Nasenbeine.
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Von den Z�hnen wird bei der Lehre vom Alter das N�here bespro-
chen werden.
Wirbels�ule nennt man die Reihe von Knochen, welche vom Genick
bis zum Schweifende durch das ganze Pferd geht. Diese Knochen haben
verschiedene Formen und sind gelenkartig unter sich verbunden.
Genick ist dasjenige Gelenk, wodurch sich der Kopf mit dem ersten
Halswirbel verbindet; es l�sst die Bewegung des Kopfes nach auf- und ab-
w�rts und bis zu einem gewissen Grade nach rechts und links in der Run-
dung zu, und ist also ein freies Gelenk.
DieWirbelbeine des Halses sind an der Zahl sieben ; sie sind von ver-
schiedener Gr�sse und Formationen; der zweite heisst A11 a s oder Tr�ger.
Dem R�cken liegen 18 Wirbelbeine zum Grunde, zu .beiden Seiten
derselben sind die Rippen mit ihnen verbunden. Auf der oberen Seite
befinden sich die sogenannten Stachelforts�tze, welche am Widerriste am
l�ngsten sind, wodurch die H�he desselben gebildet wird.
Die sechs Lendenwirbelbeine sind den R�ckenwirbeln ganz �hnlich,
haben ebenfalls Stachelforts�tze, jedoch haften sich an ihre Seitentheile
keine Rippen mehr an.
Der Schweif hat 16�18 Wirbelbeine.
Die Zahl der R�cken- und Lendenwirbelbeine betr�gt zusammen 24;
von vorn gez�hlt das 14. steht gerade aufw�rts, die �brigen dreizehn ha-
ben eine von vorn gegen dieses gerichtete Stellung, ebenso sind die hinter
diesem 14. gelagerten zehn mit ihren Stachelforts�tzen von hinten nach
vorn gerichtet, und sind also nach Art eines Bogengew�lbes construirt. Dass
hierdurch nebst der Biegsamkait des R�ckens die Tragf�higkeit sehr be-
f�rdert wird, Jiegt auf der Hand.
Die Knochen der Vordergliedmassen sind:
1.  Das Schulterblatt; es besteht aus einem mehr flachen Kno-
chen, der nach oben breiter, nach unten schm�ler ist, und durch eine Er-
habenheit , Schulterblattgr�te genannt, nach der L�nge in zwei ungleiche
Theile getrennt ist. Der obere breitere Theil des Schulterblattknochens
endigt mit einem einige Finger breiten Knorpel, der zur Beweglichkeit der
Schulter sehr nothwendig erscheint.
2.  Das Querbein; dasselbe hat eine schiefe Lage von vorn nach
r�ck- und abw�rts, verbindet sich mit seinem obern, vordem Theile mit
dem untern Ende des Schulterblattes mittelst eines Nussgelenkes, wo-
durch es dem Pferde m�glich wird, mit den Vorderbeinen seitw�rts �ber-
einander zu treten. Dieses Gelenk ist das einzige derart an der ganzen
Vordergliedmasse und heisst: Buggelenk.
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3.  Das Armbein; dasselbe verbindet sich mitdem untern, r�ckw�rti-
gen Ende des Querbeines, und reicht bis zur ersten Reihe der Knieknochen.
m °bern ist nach r�ckw�rts ein Knochenfortsatz (H�cker) angebracht, der
azu dient, um dar�ber laufenden Sehnen und daran befestigten Muskeln
mehr Hebelkraft zu geben und Ellbogen genannt wird.
4.  Das Vorderknie, auch nur Knie genannt, indem es am Hintertheil
eigentlich kein Knie gibt; es besteht aus 7 Knochen, die durch B�nder
untereinander verbunden sind. Sechs liegen, je drei und drei, in zwei Rei-
hen �bereinander, der siebente liegt allein hinten und heisst das Fl�gel-
oder Hakenbein.
3. Das R�hrbein, Schienbein, hie und da auch Unterarm genannt,
sammt den beiden an der hintern Seite angebrachten Griffelbeinen.
6.  Das Fesselbein; es verbindet sich mit seinem oberen Theile am
intern Ende des R�hrbeines und hat eine schiefe Richtung von hinten
nach vorn. An der hintern Seite desjenigen Gelenkes, wodurch sich diese
neiden Knochen miteinander verbinden, das K�thengelenk genannt, liegen
die Gleichbeine.
7.  Das Kronenbein, von dem ein kleiner Theil in den Hornschuh
herabreicht.
8.  Das Hufbein und
9.  das Strahlbein, welches hinter dem Hufbein und unter dem Kro-
nenbein liegt.
Das Brustbein bildet die untere feste Grenzlinie des Brustkor-
es; es liegt zwischen den Vorderbeinen und an dasselbe befestigen sich
°n jeder Seite 9 Rippen, wodurch der Brustkorb gebildet wird.
Die Rippen sind alle mit ihren obern Enden an den R�ckenwirbelbei-
nen befestigt; nach unten sind die neun ersten oder vordem an dem Brust-
e'n angewachsen und heissen wahre; die neun andern sind unter sich
urch Knorpel verbunden und heissen falsche Rippen.
Das Becken- oder Kreuzbein dient dem oberen Theile des Hin-
tertheiles zur Grundlage und besteht aus: dem Darm- oder H�ftbein,
dem Sitz- oder Tragbein und dem Schambein.
Die Knochen der ganzen Hintergliedmasse sind folgende:
1. Das Oberschenkel- oder Backbein. Es verbindet sichjnit
seinem r�ckw�rtigen, obern Theile an dein Becken durch ein Nussgelenk,
die Pfanne genannt, und es ist dieses das einzige am ganzen Hintertheile,
Wodurch es dem Pferde m�glich wird, mit einem Hinterfuss seitw�rts �ber
en andern zu treten. Die Richtung des ganzen Beines ist schr�g von hin-
ten nach vorw�rts; es verbindet sich unten mit dem:
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2.  Unter s chenkelbeiii auch als ganze mit Muskeln versehene
Parthie die Hose genannt. Auf der vordem Seite des Gelenkes, welches
diese beiden Knochen mit einander verbindet, liegt ein Knochen, welcher
die Kniescheibe oder Leiste, daher das ganze Gelenk Knieschei-
bengelenk oder Leistengelenk heisst (nicht zu verwechseln mit dem
Knie der vorderen Gliedmasse).
3.  Das Sprunggelenk. Dasselbe besteht aus 6 Knochen, die in
zwei Reihen �bereinander liegen. Die beiden obersten sind die gr�ssten; das
nach vorn liegende heisst des R o 11 b e i n, nach hinten liegt das Fersen-
oder Hakenbein; die Knochen der Hinterglied masse vom Sprunggelenk
abw�rts haben dieselben Namen, als bei der Vordergliedmasse, nur sind sie
alle in der Regel etwas st�rker.
Bez�glich der Knochen im jugendlichen oder vorgeschrittenen Alter
ist zu bemerken , dass das jugendliche Alter leichten K�rperbaues, elasti-
scher Sehnen durch die ganze Sch�pfung, noch ziemlich frei von den
eigentlichen M�hen des Lebens noch �berall die Rundung der Formen
auch in dem Knochengeb�ude zeigt; zu den Anstrengungen des reiferen
Alters bilden sich die Knochen bei weitem entschiedener in ihrer Eigen-
th�mlichkeit aus; endlich aber im h�heren Alter werden sie erst wahrhaft
kn�chern , eckig, schroff und rauh. Es f�hrt uns dieser Gegenstand zur
Bewunderung der weisen Natur, denn was den Muskeln und Sehnen nach
und nach an Spannkraft abgeht, das erleichtert ihnen die allwaltende Vor-
sehung durch g�nstigeres Hervortreten der Knochenvorspr�nge, also
durch Verbesserung der Hebel.
Benennung- der einzelnen Theile am Pferdek�rper.
Zur leichtern Uebersicht f�r den Lernenden theilen die Schriftsteller
den Pferdek�rper in die Vorhand, den Leib und die Nach- oder Hin-
terhand; andere theilen das Ganze in den Rumpf und die Glied-
mas s e n.
Zur Vorhand nun geh�ren :
{. der Kopf mit seinen einzelnen Theilen und zwar: die Ohren, das
Genick, der Schopf, die Stirn mit dem Vorkopf, die Augen sammt Augen-
lider und Augenbogen, die Nase sammt Nasenl�cher, das Maul mit den
Z�hnen, Zunge und Gaumen, das Kinn, die. Lippen , die Ganaschen sammt
dem Kehlgange.
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2.  Der Hals besteht aus dem Kamm, d. i. der obere Rand mit der
M�hne, den beiden Seitentheilen und der Kehle mit dem Kehlkopf.
3.  Der Widerrist ist jene runde hohe Erhabenheit zwischen Hals und
R�cken ober den Schultern.
4.  Die Brust.
8. Die Schultern und das Querbein, in ihrer Verbindung der Bug
genannt.
6.  Der Arm mit dem Ellenbogen.
7.  Das Knie.
8.  Das Schien- oder R�hrbein mitdergrossenBeugesehne.
9.  Der Fessel mit dem K�thengelenk und der Krone.
10.  Der Huf mit seinen einzelnen Theilen, als: der Hornschuh, wel-
cher wieder in die Zehe, die Seiten- und Trachtenw�nde zerf�llt; dann
der Saum, der Strahl, die Sohle und die Ekstreben. Im Innern des Hufes
befinden sich das Hufbein, das Strahlbein und ein Theil des Kronenbeines,
sanimt den am Hufbein sich festsetzenden Sehnen, deren Gef�ssen und
Nerven.
Erw�hnt muss noch werden die Hornwarze oder Kastanie und der
Sporn. Erstere befindet sich an der innern Seite des Armes �ber dem
Knie, ist bei gemeinen Pferden meist gr�sser als bei edlen; ihre eigent-
liche Bestimmung kennt man nicht. Der Sporn ist ein hornartiges Gebilde
lm K�thengelenk und scheint zum Schutze f�r die Gleichbeine und die
dar�ber laufenden Sehnen zu dienen.
Die einzelnen Theile des Leibes, von einigen auch Mittelhand ge-
nannt, sind: der R�cken, die Lenden oder Nieren, die Rippen, die Flan-
ken und der Bauch mit dem Nabel.
Zur Nachhand geh�ren das Kreuz auch Kruppe genannt, die H�ften,
der Schweif, der After, die Scham, die Hinterbacken, die Kniescheibe, die
«osen, das Geschr�te (Hoden sammt Schlauch und m�nnliches Glied) das
kuter (bei Stuten) das Sprunggelenk und von da abw�rts wie bei den
Vorderbeinen.
Die Hornwarze oder Kastanie befindet sich unter dem Sprung-
gelenke.
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Der Kopf.
Derselbe ist im Allgemeinen sch�n, wenn alle Theile, aus welchen er
besteht, ein richtiges Ebenmass unter sich und in R�cksicht auf den
�brigen K�rper haben; so wie er h�sslich, wenn er zu lang oder zu kurz,
zu dick von Knochenmasse, zu fleischig und zu gross ist.
Je nach der Form des Kopfes gibt man demselben verschiedene Na-
men, z. B. Hechtskopf. Dies ist ein solcher, dessen Nasenbein nach
r�ckw�rts eingebogen ist, wobei die Nasenl�cher weit ge�ffnet hervortre-
ten, verbindet sich damit eine breite, etwas gew�lbte Stirn, ist der ganze
Kopf etwas kurz und sieht man die unter der Haut liegenden Blutgef�sse,
so zeigt dieses eine edle Race und scharfe Sinnesorgane an.
Der gerade Kopf unterscheidet sich von diesem nur dadurch, dass
sein Nasenbein gerade herabl�uft; er ist ebenfalls edlen Pferden eigen.
Rammskopf (die Bezeichnung soll aus einem verdorbenen nasus
romanus herr�hren) ist von der Stirn herab bis zur Nase nach vorw�rts
gebogen. Er ist meistens mit einer schmalen, etwas eingedr�ckten Stirn
verbunden, hat vielfach schwache Sinnesorgane, beurkundet Anlage zu
Kopfkrankheiten als Koller, Augenleiden, und ist ein Zeichen von gemei-
ner Race.
Beim Schafskopf ist die Stirn gr�sser, breiter, etwas gew�lbt; er
ist �fter Pferden von veredelter Abkunft eigen und darum besser als der
Rammskopf, weil er f�r ein gr�sseres Gehirn mehr Platz gibt.
Die Benennungen Keilkopf nach vorn sehr spitz mit starken Ga-
naschen; Alteweiberkopf, sehr lang und in allen Theilen sehr
schmal, Schweinskopf, Ochsen k�pf bezeichnen alle einen mehr
oder weniger h�sslichen oder auch fehlerhaften Kopf.
Sch�ne Ohren sollen nicht allzulang, gut angesetzt, aufw�rts getra-
gen , mit feinen Haaren besetzt, die Haut zart, die Adern sichtbar und die
Knorpel nicht zu dick sein.
Je nach ihrer Gestalt, ihrem Ansatz und der Art, wie sie das Pferd
tr�gt, gibt man auch den Ohren verschiedene Benennungen.
Hasenohren z.B. nennt man solche, die zu nahe beisammenste-
hen und gerade aufw�rts getragen werden.
Kuh- oder Schollohren auch Schweinsohren, sind verschie-
dene Benennungen solcher, die zu breit stehen, dabei nach der Seite
herabh�ngen ; sie sind h�sslich.
Sowohl aus der Beschaffenseit der Ohren als der Art sie zu tragen,
zieht der Plerdekenner seine Schl�sse> z. B. ein munteres, aufmerksames
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gehlustiges Pferd hat auch stets ein bewegliches Ohrenspiel; spitzt das
Pferd die Ohren stark nach vorw�rts und h�lt sie l�ngere Zeit in dieser
Richtung aus, so spannt das Pferd seine Aufmerksamkeit besonders auf
einen Gegenstand, der ihm Furcht verursacht und es vielleicht alsbald
zum Stutzen oder gar Umkehren veranlassen wird. Der aufmerksame Rei-
ter oder Kutscher ergreift in rechter Zeit seine Massregeln.
Tr�gt ein Pferd die Ohren immer nach r�ckw�rts gespitzt, so ist
hiermit meistens ein zur�ckhaltendes, kitzliches Temperament verbunden ;
that dieses ein Pferd, zu welchem man in den Stand hin eintreten will, so
darf man Vorsicht anwenden um nicht geschlagen zu werden, u. s. w.
Stehn die Ohren zu nahe beisammen, so ist wahrscheinlich ein schma-
ler Oberkopf und desshalb ein kleines Gehirn vorhanden; solche Pferde
haben dann meistens ein schreckhaftes, leicht erregbares Temperament;
weit stehende Ohren, die im Gehen etwas wackeln, sind meistens mit einem
etwas faulen aber in langsamen Zugdienst sehr willigen, ausdauerndem
Temperamente verbunden.
Stirn und Vorkopf liegen zwischen Ohren und Augen; der ganze
Theil muss breit und sanft gew�lbt sein; dadurch wird ein grosser Raum
t�r das Gehirn gebildet, denn ein grosses Gehirn als Hauptsitz der Ner-
venth�tigkeit hat auf die Sch�rfe der Sinnesorgane und die ganze Lebens-
kraft des Pferdes �berhaupt den gr�ssten Einfluss.
Bei gemeinen Pferden erscheint dieser Theil schmal und flach, zu-
weilen sogar eingedr�ckt; dadurch ist nur f�r ein kleines Gehirn Platz,
daher die Anlage zu Koller und Augenleiden bei solchen Pferden.
Ein sch�nes und gutes Auge erscheint in der W�lbung seiner Horn-
haut mittelm�ssig erhaben, nach allen Standpunkten h�chst rein und klar
geh�rig ge�ffnet, mit vielem Glanz versehen, ohne den mindesten tr�ben
Schein.
Die Augenlider umgeben das Auge von aussen; sie sind sch�n wenn
die �ussere Haut sehr zart, die Haare kurz und der obere Theil
beim Oeffnen des Auges gut in die H�he gezogen ist: sie d�rfen nicht
geschwollen sein, und m�ssen, wenn sie sich schliessen, das Auge v�llig
bedecken. Die innere Haut, Verbindungshaut genannt, soll lebhaft roth
gef�rbt sein. Der Nutzen der Augenlider ist, das Auge zu bedecken, die
hellen, gl�nzenden Strahlen zu massigen, das Auge gegen Insekten u. d. gl.
zu sch�tzen, die Thr�nenfeuchtigkeit �ber das ganze Auge zu verbreiten
»nd den �berfl�ssigen Schleim abzuleiten.
Das Auge besteht aus H�uten und aus Feuchtigkeiten. Die erste
bemerkbare Haut, welche das ganze Auge umschliesst und den Augapfel bil-
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det, heisst die Hornhaut; sie wird in die durchsichtige und die
undurchsichtige eingetheilt.
Bei der Betrachtung des �usseren Auges sind besonders die Regen-
bogenhaut und die Pupille, auch Sehloch oder Stern genannt, zu
bemerken. Die Regenbogenhaut hat bei den meisten Pferden eine braune
Farbe, in hellerer oder dunklerer Schattirung. Die Pupille hat eine
bl�ulich, schw�rzliche Farbe; an ihrem oberen Rande zeigen sich
die sogenannten schwammigen, fleckigen Traubenk�rner. Die Fasern
der Regenbogenhaut sind einer Zusammenziehung und Ausdehnung f�hig,
wodurch man je nach der gr�sseren oder geringeren Reizbarkeit die G�te
des Auges erkennt. Sowohl diese als die Reinheit und Durchsichtigkeit der
Pupille nimmt man am besten wahr, wenn man das Pferd aus einen dun-
kleren in einen helleren Raum f�hrt, z. B. unter die Stallth�re, wobei sich
dann bei einem gesunden Auge die Pupille verengert und erweitert.
Die Feuchtigkeiten des Auges heissen: die w�ssrige, die kristallne
und die gl�serne, auch Glask�rper, wovon besonders die w�ssrige den
Zweck hat, das Auge in einer gespannten Kugelform zu erhalten und die
einfallenden Lichtstrahlen zu brechen.
Nebst dieser Reinheit und Reizbarkeit der Augen sieht man auf ihre
Gr�sse und Gleichheit; gute, kr�ftige Augen m�ssen n�mlich vollkommen
ge�ffnet und mit der Oberfl�che des Kopfes gleichlaufend sein
Erscheint eines kleiner als das andere so sucht sich das Pferd durch
Herablassen des oberen Augenlides vor dem Einfallen der Lichtstrahlen
zu sch�tzen, welches auf Schw�che �berhaupt oder momentanen Entz�n-
dung schliessen l�sst.
Die Krankheiten des Auges sind: 1. der schwarze Star. Dieser
besteht in der Gef�hllosigkeit des Sehnerves, in Folge dessen die oben-
erw�hnte Verengerung und Erweiterung der Pupille nicht mehr stattfin-
det. Das Auge erscheint dabei ziemlich offen und klar, jedoch ist die Farbe
n�mlich die braune der undurchsichtigen Hornhaut und die bl�uliche der
Pupille nicht scharf abgegr�nzt. Aber auch am Gange erkennt man dieses
Leiden, indem ein solches Pferd wie jedes, welches blind ist, die F�sse
hoch hebt, wie im Wasser gehend, in Vertiefungen unversehens hineintappt,
den Kopf in die H�he streckt, beide Ohren horchend vorw�rts spitzt, u. s. w.
Hat das Pferd nur auf einem Auge den schwarzen Staar, so ist dieses h�ufig
sehr schwer zu eikennen, indem es der Fall sein kann, dass das Pferd
das kranke Auge ebenso offen hat, als das gesunde, auch verr�th es sich
nicht durch den Gang.
Zur vollen Ueberzeugung dient dann, dass man das gesunde Auge
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zubindet, und das Pferd vor einem Gegenstand, z. B. einem vorgehaltenen
Stock, da befindlichen Erd- oder Steinhaufen etc. f�hrt, wo man dann bald
bemerken wird, ob es mit dem Auge noch sieht oder nicht.
2.   der graue Staar. Dies ist eine Verdunkelung der Pupille
wodurch dieselbe weiss oder grau erscheint, welche Farbe sich auch �fter
�ber das ganze Auge erstrekt. Man bezeichnet dieses auch mit dem Aus-
r�cke: Das Pferd hat ein Fell auf dem Auge.
3.  Beim sogenannten gr�nen Staar erscheint die Pupille im Hin-
tergr�nde mit einem gr�nlichen Schimmer, wodurch jedenfalls das Sehen
ln gewissem Grade gest�rt wird, ohne dass das Pferd schon ganz
Mind w�re.
5. Die M ond- oder Monatblindh eit ist eine fast jeden Monat
widerkehrende Augenentz�ndung. Gerade in der gesunden Zeit ist sie
schwer zu erkennen; jedoch zeigen die Augen bei n�herer Untersuchung
eine Schw�che im Ertragen des Lichtes und gew�hnlich endigt sie nach
�fterer Wiederke hr mit Erblinden des Pferdes.
S t aar punkte sind kleine weissgraue Flecke, die vereinzelt oder
uch mehrere zugleich sich im Innern der Pupille darstellen, und immer
grosser werden, bis sie die ganze Pupille �berziehen und dann als grauer
Staar erscheinen.
Zuweilen kommen auf der Hornhaut kleinere, gerundete, sternf�rmig
gestaltete, weisslichgraue, gelblichgriine oder ganz weisse Flecken vor, die
1 euiger zu bedeuten haben, wenn sie �ber oder unter oder seitw�rts
i upille zu sehen sind; dagegen das Sehen entschieden hindern, wenn
le cler Pupille gegen�berstehen.
Angenommen, dass ein solcher Fleck, das Sehen durchaus nicht beein-
cntigt, so ist es immer ein Handelsfehler indem nicht jeder K�ufer
en in der Folge sch�dlichen Staarpunkt von einem Augenfleck zu unter-
scheiden weiss.
Hat die gew�hnlich braune Regenbogenhaut eine hellweisse, r�thliche
er perlmutterartige Farbe, so nennt man dies: Glasaugen; Ist sie
gelb oder br�unlichgrau so nennt man dieses Birkaugen, Falkenaugen.
st dieses jedoch nur ein Naturspiel, und wenn sie �brigens die Eigenschaf-
emes gesunden Auges �berhaupt haben, so sind sie so gut als andere.
Zuweilen k�mmt auch vor, dass nur bei einem Auge diese hellere
arbe der Regenbogenhaut besteht; dann sagt man, das Pferd hat zwei-
i Augen. Auch ist die Gr�sse der Pupille bei verschiedenen Pferden
0(1 ganz gesunden Augen verschieden.
1 e l n e Augen sind meistens h�sslich, indem sie h�ufig zu tief im
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Kopfe liegen; man nennt sie dann Schweinsaugen. Sind sie gesund und
kr�ftig so sind die Augenlider mit der geh�rigen Spannkraft zusammenge-
zogen und die Pupille zeigt bei Einwirkung des Lichtes die oben erw�hnte
Empfindlichkeit. Denn auch grosse Augen k�nnen klein erscheinen, wenn
das Pferd das obere Augenlied herabsenkt um die wahrscheinlich schwa-
chen oder leidenden Augen vor der Einwirkung des Lichtes zu sch�tzen.
Der Pferdekenner beobachtet ausserdem noch bei Beurtheilung des
Auges, wenn er sich von der Gesundheit desselben bereits �berzeugt hat,
den Ausdruck des Auges, und schliesst daraus auf das Temperament
und den Charakter, sowie auch auf den allgemeinen Gesundheitszustand
des Pferdes.
Ein gesundes Pferd von lebhaftem Temperamente hat ganz ge�ffnete
klugblickende Augen und sieht alle Gegenst�nde dreisst und fest an.
Pferde von boshaften, unwilligen, misstrauischen Temperamente
haben einen unst�ten Blick, das obere Augenlied ist in eine eckige Falte
hinaufgezogen, welches dem Pferde ein verdriessliches Aussehen gibt.
Sehr hervorstehende, gl�nzende Augen sind ein Zeichen von innerer Un-
ruhe auch wohl von Dummheit oder Koller. In letzterem Falle bewegt sich
ein Ohr nach dem anderen r�ckw�rts und bleibt einige Sekunden in der-
selben Kichtung wobei das Pferd mit fast unbeweglichen Auge auf einen
Fleck hinstiert. Es ist sehr n�tzlich sich den Ausdruck der Augen bei
gesunden, frommen, und willigen, dann bei boshaften, unwilligen leicht
gereitzten, ferner bei kranken, leidenden gut einzupr�gen.
Aus inneren Ursachen entstandene, d, h. in krankhafter Nerven-
th�tigkeit zu suchende Augenleiden sind jedenfalls sehr vererblich, und
daher sollten solche Pferde eigentlich von der Zucht stets ausgeschlossen
werden.
In einem gut organisirten Gest�te wird es auch wohl kaum vorkom-
men, dass blinde Vater- oder Mutterpferde verwendet werden. Aber bei
der Landespferdezucht wird es wohl nicht immer zu umgehen sein, dass
auch eine sonst gesunde arbeitst�chtige blinde Stute belegt werde. Hat
eine solche bereits ein- oder mehrere Fohlen gehabt, und man macht dem
Bauer dar�ber Vorstellungen um ihn von seinem Wunsche, mit dieser
Stute Fohlen zu ziehen, abzubringen, so erh�lt man wohl zur Antwort, dass
die Stute schon mehrere Fohlen mit gesunden Augen geboren habe. Aller-
dings tritt der Fall nur h�chst selten ein, dass ein Fohlen blind geboren
wird, denn das Erblinden tritt fr�hestens erst mit dem dritten oder vier-
ten Jahre ein, wovon aber der Bauer, welcher sein eben abgespenntes
Fohlen verkauft, nichts mehr erf�hrt und dann in seiner Beschr�nktheit
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nicht glauben will, dass Blindheit ein Erbfehler sei. Allerdings ist auch
der Fall m�glich, dass das Produkt einer blinden Stute f�r sein ganzes
Leben gesunde Augen beh�lt. Endlich ist auch gar manches blinde Pferd
das �brigens arbeitsf�hig ist, zu den meisten landwirtschaftlichen Zwe-
cken zu gebrauchen und um billigeres Geld zu haben. Manches halbblinde
Pferd thut, bei sonstiger Eignung als Reitpferd vollkommen gute Dienste.
!ch habe es selbst erlebt, dass mein seliger Vater, damals ein hoher Sie-
benziger, ein stockblindes Pferd durch mehrere Jahre in allen Feld- und
Waldwegen auf seinem Landgute mit vollst�ndiger Sicherheit ritt.
Was ist von dem im gemeinen Leben �fter vor-
kommenden Gebrauche zu halten, mit der Hand gegen
das Auge zu winken, um dessen Sehkraft zu erkennen?
Das ist eine tr�gliche Probe, weil die Bewegung Wind verursacht
und ein blindes Pferd zu einer zuckenden Bewegung mit dem Kopfe ver-
anlasst werden kann, wovon man dann gew�hnlich glaubt, dass das Pferd
die Bewegung der Hand gesehen habe. Es ist in solchem Falle besser
sich etwas seit- und r�ckw�rts des Pferdes zu stellen, und mit aufgehobe-
nen Arme mit einem Stocke oder Peitsche zu drohen, ohne dabei
selbst ein Ger�usch zu machen oder solches von einem
in der N�he befindlichen tr�gerischen H�ndler zu
dulden.
Zeigt das Pferd dann Furcht, indem es diese ger�uschlose Bewegung
bemerkt, so kann man annehmen, dass es noch sieht.
Die Nase ist sch�n, wenn sie von der Stirn gerade, fein gezogen
herabsteigt, und die Nasenl�cher l�nglich und weit ge�ffnet sind.
Edle Pferde haben weit ge�ffnete Nasenl�cher, wodurch die Leich-
Jgkeit des Athmens in schnellerer Bewegung bef�rdert wird.
!m gesunden Zustande des Pferdes muss ihre Bewegung kaum merk-
cn sein, und mit der Flankenbewegung harmoniren; ist sie stark, stossend
Slcn �ffnend und schliessend, so ist das Pferd entweder lungenleidend,
d�mpfig oder hat Fieber. Die im Innern der Nasenl�cher befindliche
Schleimhaut ist bei einem gesunden Pferde lebhaft roth gef�rbt und mit
einer w�sserigen Feuchtigkeit tropfweise belegt.
Unten in jedem Nasenloche �ffnet sich in Gestalt einer Linse der
Thr�nenkanal, welches von Unkundigen schon zuweilen f�r ein Geschw�r
gehalten wurde.
Um st�rrige Pferde zu zwingen irgend eine ihnen zuwiedere Manipu-
ation an ihrem K�rper zu dulden, setzt man auf die Oberlippe als das
ausserste Ende der Nase die bekannte Bremse.
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Hierdurch wird ein starker sich durch die Nasenspitze verbreitender
Nerv zusammengepresst, woraus dann die grosse Unempfindlichkeit und
Bet�ubung des ganzen K�rpers entsteht.
Zuweilen bremst man auch an der Hinterlippe; dieses ist aber gef�hr-
lich, und kann, wenn es heftig geschieht, leicht eine L�hmung zuwege brin-
gen, die entweder gar nicht oder nur mit M�he und mit der Zeit gehoben
werden kann.
Bei den verschiedenen Formen der Dr�senkrankheiten, der des Rotzes
zeigt sich ein dickfl�ssiger, gelblicher oder gr�ngelblicher, blutgemischter
Ausfluss, aus beiden oder nur einem Nasenloche. Letzterer deutet fast
immer auf die Rotzkrankheit wor�ber das N�here weiter unten.
Das Maul soll hinl�nglich weit geschlitzt und die Lippen fein sein
damit die Lage des Gebisses eine geh�rige sein kann, und die Wirkung
desselben durch sehr fleischige Lippen nicht zu sehr beeintr�chtiget werde.
Das Innere des Maules hat bei einem gesunden Pferde eine frische
Farbe und nat�rliche W�rme und ist mit Speichel massig angefeuchtet.
Ein gutes arbeitslustiges Pferd spielt w�hrend des Gehens mit dem Ge-
bisse und hat ein speichelreiches oder wie man zu sagen pflegt, fri s cb e s
Maul.
Eine blassrothe oder gelbliche F�rbung der Schleimh�ute des Maules
deutet immer auf beginnende oder vorhandene Krankheit, sowie h�here
R�the Entz�ndlichkeit anzeigt.
Im Inneren des Maules ist zu untersuchen, ob auf dem Laden oder
an der Zunge Verletzungen in Folge grober Behandlung oder schlechter
Gebisse vorhanden sind; durch solche kann das Pferd f�r einige Zeit
g�nzlich unbrauchbar zur Arbeit sein, oder auch eine bleibende Furcht
vor den Wirkungen des Gebisses behalten. Solche Verletzungen am Hinter-
kiefer durch das Gebiss sind unter der Benennung Ladendruck
bekannt. Derselbe kann durch Vernachl�ssigung, namentlich wenn ein
unaufmerksamer Reiter die Ursache nicht beseitigt so schlimm werden,
dass sich Knochensplitter absondern oder gar der Knochenfrass eintritt.
Noch ist zu bemerken, dass alle Verletzungen im Maule des Pferdes
leicht heilen ohne dass besondere Arzneimittel angewendet werden ; Rein-
lichkeit, damit sich nicht Futterstoffe darin festsetzen, das Fressen erleich-
tern indem man nicht ganzen sondern geschrottenen Hafer oder statt
dessen Mehltrank reicht. Fernhalten der Ursache, wodurch die Verletzung
entstanden ist, sind die ausreichenden Mittel.
Uebrigens ist es jedem Reiter und Kutscher sehr anzurathen das Innere
des Maules �fter zu untersuchen, um stets �berzeugt zu sein, dass keine
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erhebliche Verletzung stattgefunden habe, oder um die Ursache gleich im
Anfange wieder zu beseitigen.
■Alle Theile des Maules, als: Lippen, Zunge, Laden, Kinnketten-
grube sind bei edlen Pferden d�nner und feiner organisirt, als bei ge-
meinen, welches bei Bestimmung der Z�umung zu wissen nothwendig ist.
Auch in der Kinnkettengrube, als demjenigen Theile, wo die
K-innkette ihre Lage hat, und ihre Wirkung �ussert, kommen �fter Ver-
etzungen durch dieselbe vor. Zur Heilung derselben ist Beseitigung
der Ursache vor allem n�thig.
Anmerkung. Im Munde des Reiters h�rt man �fter den Aus-
ruck: Das Pferd hat ein gutes Maul; oder: es hat kein
aul; oder: es beh�lt unter allen Umst�nden; oder: es
erliert �fter sein Maul. Wie ist dieses zu verstehen?
�ie �rtliche Beschaffenheit des Maules allein ist in der Beziehung
lcht massgebend, sondern die Bedeutung dieser Ausdr�cke ist in der
em Pferde von Natur innewohnenden oder durch die Dres-
Ur gegebenen Haltung, sowie in dem Temperamente,
er Neigung, seine Kr�fte dem Dienste des Menschen
e�r oder weniger gern zur Verf�gung zu stellen, be-
endet. Wer sich hier�ber n�her instruiren will, verweise ich auf
s yon mir verfasste Werkchen: Z�umungslehre. Wien 1863.
wanaschen nennt man die beiden bogenf�rmigen Fl�gel der
erkinnladen. ^'e d�rfen nicht zu stark und eckig sein, denn sonst
ommt das Pferd einen plumpen, dicken Kopf, wodurch wieder das
erbeiz�umen beeintr�chtigt wird.
An der innern Seite der Ganasche gegen den untern Rand l�uft
^nnbacken-Schlagader; an dieser pflegt man die Untersu-
chung des Pulses vorzunehmen.
Anmerkung. Beim gesunden Pferde im ruhigen Zustande finden
'n der Minute 3� - 40 Pulssehl�ge statt. Eine Steigerung derselben
rkundet je nach ihrer H�he einen Fieberzustand, entz�ndlichen
ankheitscharakter; eine Verminderung zeigt eine Erschlaffung des Sy-
stemes, fauligten Krankheitscharakter an. Alter, Futterzustand, Tempe-
rament, Temperatur der Luft nehmen hierauf einigen Einfluss.
Kanal oder Kehlgang nennt man den Raum zwischen den bei-
' * l�gein der Hinterkinnladen (Ganaschen); er muss in seinem
ern Theile geh�rig ge�ffnet sein, damit das Pferd durch die Einwir-
g des Reiters den Kopf hinl�nglich herbeinehmen k�nne, ohne dass
Urch die Luftr�hre beengt, und das freie Athmen gehindert w�re,
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In Bezug auf den Kopf im Ganzen und zum Ganzen ist noch Fol-
gendes zu bemerken:
Es wurde schon fr�her erw�hnt, dass die einzelnen Theile des
Kopfes unter sich und mit dem Ganzen in einem richtigen Ebeumasse
stehen sollen; wann es gerechtfertigt erscheint, zu sagen der Kopf ist
zu gross, zu dick, zu klein, zu kurz u. s. w. wird weiter unten bei der
Lehre von den Verh�ltnissen des Pferdek�rpers deutlicher besprochen
werden. Bei edlen Pferden nun ist er trocken, mager, die Adern sind
sichtbar, der ganze Gesichtsausdruck scharf ausgepr�gt, die Ganaschen
sind d�nn, der Kanal weit und er ist auf eine freie, sch�ne Art mit
dem Halse verbunden.
Mit Fleisch und Fett beladene K�pfe, verbunden mit schmaler
Stirn und kleinem Oberkopf sind Zeichen von Gemeinheit und vielfach
zu Augen- und Gehirnleiden geneigt.
Ein zu grosser Kopf beleidigt das Auge; er ist jedenfalls ein Sch�n-
heitsfehler und wird dann zum Gebrauchsfehler namentlich f�r
ein Reitpferd, wenn bei einem zu langen Genicke die Halsmuskeln zu
schwach sind, um ihn geh�rig aufrecht tragen zu k�nnen. Sind aber die
Halsmuskeln, unterst�tzt durch eine g�nstigere Form des Genickes hierzu
stark genug; so ist vielleicht dadurch die ganze Vorhand mehr beschwert,
aber der Nachtheil als Gebrauchsfehler vermindert sich. Ist eine schwere
Vorhand f�r ein Reitpferd stets ein Nachtheil, so sind dann solche Thiere
auch mehr zum Wagenpferde geeignet.
Ein sehr kleiner Kopf, selbst wenn er auch nicht den Ausdruck des
ganz edlen Pferdes hat, gef�llt fast immer und ist selten f�r was immer
einen Dienst nachtheilig. Dadurch aber wird sich ein Pferdekenner noch
nicht bewegen lassen, ein schwaches und schlechtes Pferd blos eines sch�-
nen, kleinen Kopfes wegen einem verm�gsameren Pferde, das einen min-
der sch�nen Kopf hat, vorzuziehen.
Anmerkung. Es wurde im Verlaufe dieser Schrift schon �fter der
Ausdruck Pferdekenner gebraucht. Es entsteht hier die Frage, wo-
durch sich derselbe vom Nichtkenner unterscheidet? Ich will diesen hier
in allgemeinen Umrissen bezeichnen, und behalte mir die weitl�ufigere
Auseinandersetzung bis dahin vor, wo der Unterschied zwischen Pferd e-
kenntniss und Fehlererkenntniss bei Pferden n�her bespro-
chen wird.
Der Kenner weiss sehr gut, dass sich am Kopfe des Pferdes seine
edlere oder gemeinere Abstammung besonders auspr�gt, aber er l�sst sich
durch einzelne, sch�ne Parthien nicht blenden, er �berblickt das ganze
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era, nimmt strenge R�cksicht auf die wesentlichen Theile eines
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es auf den Dienst, wozu es gebraucht werden soll und wie lange
diesem Dienste bei entsprechender Behandlung voraussichtlich wird lei-
n k�nnen. � Der Nichtkenner dagegen l�ssl sich durch einzelne sch�ne,
r i'ir den Dienst nicht wesentliche Parthien blenden oder verwirft das
' nze s°nst gute Pferd wegen einer einzelnen, h�sslichen aber den Ge-
auchswerth nicht beeintr�chtigenden Parthie und ber�cksichtigt zu we-'
� g oder gar nicht, zu welchem Dienste das Pferd gebraucht werden soll.
kin gut gebildeter Hals erh�bt nicht allein das freie und edle Anse-
des Pferdes, sondern er hat auch einen wichtigen Einfluss auf die
Dienstt�chtigkeit.
"er Hals ist sch�n, wenn er vom Widerriste sanft nach vorne und
u gebogen in die H�he steigt, nach oben schm�ler zul�uft, einen schar-
' �ar,; anzuf�hlenden Kamm, etwas gebogenes Genick hat und die Mus-
^ n stark genug sind, um den Kopf geh�rig aufrecht tragen zu k�nnen.
lne Verbindung mn <jem Kopfe, das Genick genannt, soll so sein, dass
"ierd ein Zusammenschieben durch die Z�gelwirkung hervorgebracht,
Herbeistellen des Kopfes, gern und ohne Schmerz annehmen kann.
nennt diese ganze Bildung des Halses sch�n und gut aufgesetzt.
Dieses schmerzlose und willige Herbeistellen des Kopfes wird von
r sehr beeintr�chtigt, wenn entweder der Kehlgang zu enge ist, oder,
U zwischen den Ganaschen und den ersten Halswirbeln liegenden
endr�sen zu stark sind, und dann von den sie umgebenden harten Ge-
il zu leicht gedr�ckt werden, oder wenn die oberen Theile des Ge-
es und Halses nicht die hinl�ngliche Dehnbarkeit besitzen.
&s kann aber auch das Genick zu lang, zu lose, zu dehnbar von
ur sein, und solche wacklige H�lse bieten dem Bereiter ebenfalls
e Hindernisse, um dem Pferde eine gute Kopfstellung, gleiche Anleh-
nung u. s. w. 2U geben.
&S verdient daher dieser Theil sehr viel Beachtung, indem eine von
r g�nstige Bildung es dem Pferde sehr erleichtert, eine gute f�r den
r angenehme Haltung anzunehmen und ohne M�he beizubehalten.
e bringt wieder einen sichern Gang, leichte Wendsamkeit und willige
bsamkeit auf den Z�gel hervor. Diese Vortheile sind so gross und die
sur wird dadurch so sehr erleichtert, dass man mit Recht sagen kann:
gunstige Verbindung zwischen Hals und Kopf, so-
em g�nstig angesetzter Hals �berhaupt sind gros�e
0rz�ge an einem Pferde.
er Gebrauchswerth eines Pferdes, ganz besonders aber zum Reit-
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dienst, kann in dem Grade vermindert werden, als der Bau dieser jetzt
besprochenen Theile ung�nstiger ist. Zwar besitzt die Reitkunst Mittel um
auch Pferde mit ung�nstig gebauten H�lsen diensttauglich zu machen;
aber alle derartigen Pferde stellen, besonders wenn noch ein sehr reizba-
res Temperament hinzuk�mmt, dem Abrichter viele Hindernisse entgegen,
wodurch nicht allein der Gang der Dressur verz�gert, sondern auch das
Pferd w�hrend derselben, namentlich auf den Hinterbeinen mehr an-
gestrengt wird. Auch nach vollendeter Dressur sind solche Pferde nie
so verl�sslich und angenehm, als Pferde, die in diesen Theilen von Na-
tur besser begabt wurden. Solche Pferde bed�rfen immer ein geschick-
tes Hinzuthun von Seiten des Reiters und den gew�nschten Gang anzuneh-
men und sich mit Ausdauer darin zu erhalten, wodurch sowohl der Reiter als
das Pferd leichter erm�den. Eine schlechte Verbindung zwischen Hals und
Kopf ist �fter allein Ursache zum St�tzigwerden der Pferde, indem die An-
wendung der Z�gel durch einen ungeschickten oder schwachen Reiter dem
Pferde so viele Schmerzen verursacht, dass das Pferd dieserhalb und wegen
der momentan gest�rten oder sehr verhinderten Cirkulation des Blutes mit
dem Gehirne nicht selten sich wie kollerig geberdet, und sozusagen
alle Besinnung verliert, steigt u. s. w., daher auch die fast augenblick-
lich eintretende Beruhigung des Pferdes, wenn der Reiter durch g�nz-
liches Nachgeben der Z�gel allen Zwang beseitigt. Bei solchen Pferden
steigert der methodische Reiter den Zwang, den sich jedes abgerichtete
Pferd endlich gefallen lassen muss, nur sehr stufenweise und wird eine
gewisse Gr�nze ohne Gefahr nie �berschreiten d�rfen.
Der mit dem Kopfe gut verbundene Hals erleichtert sehr die Ar-
beit des Bereiters. Die Freiheit des Ganges h�ngt viel davon ab, so
wie die Geschicklichkeit und der gute Wille des Thieres �berhaupt; nicht
minder die Sch�nheit, Bequemlichkeit und Sicherheit.
Anmerkung. Stets den Standpunkt des praktischen Reiters und
Bereiters vor Augen habend, dr�ngt es mich hier unwillk�rlich, eine
Frage, welche bei der technischen Ausf�hrung des Abbiegens sehr wich-
tig ist, zur Sprache zu bringen, n�mlich die: Soll die Ohrspeicheldr�se
(Parotis) nach einw�rts oder nach ausw�rts gearbeitet werden? Der
Jahrgang 1881 des Jahrbuches f�r Pferdezucht, Pferdekenntniss u. s. w.
herausgegeben vom Verfasser Rueff in W�rtemberg, enth�lt hier�ber die
folgenden sehr beherzigenswerthen Worte:
Jeder Reiter, welcher sich auch nur einigermassen wissenschaftlich
f�r sein Fach ausgebildet hat, weiss, dass die beiden Ohrspeichel-
dr�sen seitlich in einer Vertiefung zwischen dem hintern und obern
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ande des Unterkiefers und dem Fl�gel des ersten Halswirbels liegen,
gr�sser als die �brigen Speicheldr�sen sind. Sie erstrecken sich
der Basis des Ohres bis unter den Kehlkopf. Zwischen den Hin-
' rJaeter�sten (den Ganaschen) in dem schmalen Kanal, Kehlgang ge-
annt> Wegen die Aeste des Zungenbeines und zwischen ihnen die Zun-
g nwurzel, dje Unterkieferspeicheldr�sen und die Lympfdr�sen des Kehl-
ganges, endlich der Schlundkopf, der Kehlkopf und ein Theil der Luft-
cive, die dem Pferde eigenth�mlich sind.
Zwischen und neben diesen Theilen verlaufen noch wichtige Arte-
nei>, Venen und Nerven.
Hieraus kann man leicht entnehmen, dass der zwischen unnachgie-
gn kn�chernen Gr�nzen liegende Raum des Kehlganges und des un-
rn Halsausschnittes vollkommen benutzt ist. Dieser Raum ist oft so
engt, dass, sobald wir bei einem Thiere eine Verkleinerung des Win-
s zwischen Hals und Kopf, n�mlich ein Herbeiz�umen verlangen, sich
liehe Nachtheile, n�mlich St�rungen im Kreislaufe und in der Re-
paration zeigen. Nicht selten sogar entstehen hierdurch bei Thieren,
cne ohnedies zu Congestionen nach dem Kopfe geneigt sind, na-
ent'ich also bei jungen Thieren w�hrend des Zahnens, Augenentz�n-
fgen, Kollersimptome u. s. w. bei andern; besonders bei altern Thie-
ni bemerkt man in Folge dieser Ver�nderung ein h�rbares, schweres
nnien, St�hnen oder doch ein unangenehmes, starkes Schnauben.
Wenn wir nun die nat�rliche Einrichtung, wie sie oben beschrie-
i sowie die Erfahrung beachten, so werden wir nicht auf die Idee
r allen j die von der Natur weislich nach aussen placirte Ohrspei chel-
se nach innen arbeiten zu wollen, an dem ohnedies so sparsam
nandenen Raum noch mehr zu beengen, und die betreffenden Theile
ihrer Funktion zu bel�stigen, ganz abgesehen davon, dass wir hier-
ch die Arbeit erschweren und compliciren. In letzterer Beziehung
n�mlich noch �u ber�cksichtigen, dass diese Dr�se nur durch locke-
' nachgiebiges Zellgewebe mit den umgebenden Theilen verbunden
' es lasst sicb desswegen dieselbe sehr leicht aus der normalen Lage
' ausw�rts dr�cken, und es wird hierdurch der Raum erweitert f�r
e andern, von der Natur nach innen gelagerten Theile, welche bei
ner Abbiegung ohnedies eingezw�ngt sind; eine also nach aus-
r s gearbeitete Ohrspeicheldr�se wird endlich als eine scharf mar-
fte' ^gliche Wulst �ber dem obern Rande des Hinterkiefers er-
scheinen. �
Diese hier ausgesprochene Belehrung m�ge allen Reitern und
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Bereitern zum Wohle der Pferde und zum gedeihlichem Fortgange der
Dressur aufs W�rmste empfohlen sein.
Bei Wagenpferden ist ein etwas ung�nstig gebauter Hals weniger
nachtheilig, denn das Wagenpferd hat sich nicht unter der Last und
dem Zwange des Reiters zu bewegen, es hat keine so zusammenschie-
bende Wirkung seines K�rpers, als es zum leichten Wenden, pariren
aus schnellen G�ngen etc. zum Reitdienst n�thig ist, zu erleiden. Ein
etwas starker Hals wird bei den Wagenpferden meistens gerne gesehen;
denn er wird dadurch zum Vortheil, dass das Kummet eine vorteilhaf-
tere Anlage gewinnt; die dadurch etwas schwerere Vorhand findet ihre
St�tze im Geschirre, welche ein so gebautes Reitpferd nur in der Hand
des Reiters suchen m�sste.
F�r schwere Zugpferde, ist. ein dicker, starker Hals entschieden
ein Vortheil, indem es bei solchen �berhaupt erw�nscht ist, recht viel
Gewicht in das Geschirr zu bringen.
Aus diesen Betrachtungen �ber den Hals folgt nun, dass man
auch in dieser Beziehung bei Beurtheilung eines Pferdes, um dessen
h�hern oder geringern Gebrauchswerth zu bestimmen, den Dienst be-
r�cksichtigen muss, den es leisten soll.
Die einzelnen Theile des Halses nun sind:
1. Der Kamm, d. i. der obere Rand, die beiden Seitenfl�-
chen und die Luftr�hre.
Auf dem Kamme befindet sich die M�hne, die dem Pferde zur
Zierde und zum Schutze gegen Insekten gegeben ist. Bei edlen Pfer-
den ist sie lang und nicht allzuvoll, die Haare an sich sind fein und
gl�nzend; bei gemeinen Pferden ist sie dick und grob, bei Fohlen im
ersten Jahre kurz und wollig.
Die Luftr�hre macht den untern von der Brust bis nach dem
Kehlgange hinaufgehenden Theil aus.
Oben ganz in der N�he der Ganaschen befindet sich als ein Theil
der Luftr�hre der Kehlkopf. Zwischen der Luftr�hre und den Seiten-
theilen des Halses bildet sich eine Rinne, wo die �ussere, grosse
Halsader herabl�uft, an welcher man gew�hnlich dem Pferde zur
Ader lasst.
Die Seitentheile des Halses heissen die rechte und die linke
Seite.
Von der regelm�ssigen Form abweichende H�lse benennt man je
nachdem der Hals in seiner Form mit dem Halse eines anderen Thie-
res Aehnlichkeit hat. Z. B.
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Der Schwanenhals, derselbe hat bei einer betr�chtlichen
jai>ge eine starke Kr�mmung. Er wird desshalb f�r sch�n gehalten und
v°n den Malern gern als Muster gew�hlt; in den Augen des prakti-
cnen Pferdemannes verdient er den grossen Beifall nicht, den man ihm
gew�hnlich zollt, indem er h�ufig zu schwach ist, um dem Pferde eine
geh�rige Z�gelanlehnung zu geben: auch ist h�ufig ein Senkr�cken und
schwaches Hintertheil damit verbunden.
Der Hirsch- oder verkehrte Hals. Dieser steckt tief zwi-
' Cnen den Schultern und ist an der Kehle hervorgebogen; er ist ge-
nlich m& einem kurzen, breiten Genick verbunden, wesshalb solche
erde die Nase gern hoch tragen und desshalb Sterngucker genannt
rden. Der Abrichter hat bei solchen Pferden h�ufig sehr viel Geduld
richtiges Vorgehen n�thig, um solchen Pferden eine gute Kopf- und
a Stellung beizubringen. Eine geringe Neigung zum Hirschhalse ist
ofter sehr edlen Pferden eigen.
Einen zu kurzen Hals, der desshalb wenig Aufrichtung sul�sst, am
ern Ende fast so dick ist, als am untern, nennt man Schweine-
hals.
H�lse mit zu stark aufw�rts gebogenem, breitem Kamm, der �fter
ach einer Seite h�ngt nennt man Speckh�lse. Sie kommen �fter
bei alten Hengsten vor.
Die zu d�nnen H�lse mit zu langem, von Natur zu losem Genick
en selten Kraft genug, den Kopf ruhig und so zu tragen, wie es
Erlangung einer gleichen, hinl�nglich starken Anlehnung an das
iss f�r ein t�chtiges, gutes Eeitpferd nothwendig ist; solche Pferde
daher gern geneigt mit dem Kopfe zu schnellen, welches f�r den
1 er h�chst unangenehm ist, den Gang unsicher und ungleich macht.
ein solcher d�nner Hals mit einem schweren, langen Kopfe verbunden,
ist der Fehler um so gr�sser. Es ist in den meisten F�llen bei die-
losen Construction von Genick und Hals viel schwieriger, dem Pferde
e gute Anlehnung zu geben, es an die Hand zu bringen, als bei solchen,
m dieser Beziehung im Biegsammachen mehr Widerstand biethen.
Bez�glich des Halses w�re noch zu bemerken, dass Hengste und
Wallachen st�rkere H�lse zu haben pflegen als Stuten; dass die Ca-
a ion auf die Ausbildung des Halses einen grossen Einfluss nimmt,
amhch je sp�ter dieses geschieht, desto st�rker wird sich der Hals
schon entwickelt haben; man pflegt desshalb vielfach Hengstfohlen, die
Wagenschlage angeh�ren, sp�ter zu kastriren, als solche vom
«eitschlage.
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Anmerkung. In wiefern die L�nge und die Stellung des Halses
und Kopfes bei ihrer Wirkung als Hebel auf den �brigen K�rper Ein-
fluss nehmen, wird beim Gange des Pferdes und der Haltung in dem-
selben n�her beleuchtet werden.
Der Widerrist ist jene Erhabenheit, welche sich zwischen dem
Halse und dem R�cken befindet, und wird durch die h�chsten Stachel-
forts�tze der R�ckenwirbelbeine gebildet, die mit Muskeln, dem Nacken-
bande und vielen sehnigten H�uten bedeckt und �berzogen sind. Bei
einem sch�n markirten Widerriste bildet sich zwischen ihm und dem
Kamme des Halses eine sanfte Vertiefung: bei seiner Ann�herung zum
R�cken soll sich derselbe massig senken und sich unmerklich in den-
selben verlieren. Ferner soll er bei einem gut gebauten Pferde eine
angemessene H�he zum Kreuze haben. Ein so gebauter Widerrist be-
f�rdert eine gute Sattellage, ist daher f�r ein Reitpferd sehr w�n-
schenswerth, auch ist er ein charakteristisches Kennzeichen aller edlen
Pferde.
Ein niedriger, fleischiger, nicht geh�rig hervortretender Widerrist
macht die Pferde in ihrem Vordertheile zu niedrig und zu schwer, er
gestattet dem Sattel keine feste Lage. Verbindet sich damit ein zu weit
gerippter Bauch, ist das Pferd vielleicht im ganzen Vordertheil niedrig,
so rutscht der Sattel immer vor, der Reiter verliert an sicherer Ein-
wirkung auf das Pferd, die freie Bewegung der Schultern ist gehemmt,
und solchen Pferden entgeht eine Haupteigenschaft zur Eignung als
Reitpferd.
Ein allzuhoher, sehr magerer, scharfer Widerrist kann dadurch
nachtheilig werden, dass er leichter vom Sattel besch�digt wird.
Der Widerrist, diese charakteristische kammf�rmige Erh�hung der
neun ersten R�ckenwirbel gibt dem Pferderumpfe den Vortheil, dass
an den erh�hten Stellen desselben das Nackenband und mehrere Haupt-
muskeln, welche Kopf und Hals r�ckw�rts befestigen und bewegen,
einen erh�hten Befestigungspunkt finden, vermittelst dessen das Ge-
wicht des Kopfes und Halses mehr r�ckw�rts gebracht werden kann.
Mit einem langen Halse wird sich also um die Last des Kopfes
durch das Nackenband geh�rig zu unterst�tzen ein hoher Widerrist ver-
binden m�ssen; man sieht hieraus, warum f�r Reitpferde ein hoher sich
weit in den R�cken verlaufender Widerrist gew�nscht wird.
Die Natur zeigt sich auch hier wieder als h�chst weise, denn
bei jenen Racen, welche sich verm�ge ihrer Bauart und ihres Adels
ganz besonders zum Reitgebrauch eignen, steht die H�he des Wider-
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ristes zur L�nge des Halses und zur Schwere des Kopfes in dem er-
w�nschtesten sch�nen harmonischen Verh�ltnisse.
Bei den gemeinen, mehr nur zum schweren Zugdienst geeigneten
Racen bemerkt man hierin ein sehr unvortheilhaftes Verh�ltniss in der
H�he des Widerristes zum Hals und Kopf; indem der Widerrist sehr
niedrig, der Hals kurz und dick, der Kopf schwer ist. Diese K�rper-
formen sind aber f�r das schwere Zugpferd kein Nachtheil.
Die Brust f�ngt da an, wo sich der Hals mit seinem untern
Theile endigt; es dient ihr das Brustbein zur Grundlage, ihre Seiten
werden durch die ersten Rippen gebildet und ihre Form bestimmt die
v°rdere Seite des Pferdes.
Sie verdient bei Untersuchung eines Pferdes die sorgf�ltigste Be-
trachtung; ihre Breite muss mit dem �brigen Pferdek�rper in einem
guten Verh�ltnisse stehen und sie selbst mit guten, vollen Muskeln be-
legt sein; die Linie vom Widerriste zum Brustbeine herab soll eine sehr
la»ge sein, was man Tiefe der Brust, auch Schultertiefe oder
lei> in der Gurte nennt. Diese Form hat den besondern Nutzen,
dass sie eine gr�ssere Fl�che f�r den Ansatz der Muskeln gew�hrt,
Welche beim Athmen die Rippen zu bewegen haben und deren Wirkung
Um so notwendiger ist, wenn durch die Anstrengung das Athmen be-
schleunigt wird.
Es ist hierauf ein sehr grosser Werth zu legen, denn durch alles
dieses zusammengenommen erhalten die innern, edlen Theile der Brust
tterz und Lunge einen geh�rigen Raum zu einer entsprechenden Gr�sse
und geh�rigen Ausdehnung bei ihren so wichtigen Verrichtungen zum
olutumlauf und zur Blutbereitung. Praktische Pferdekenner, welche von
ihren Pferden schwere Leistungen in ausdauernder Schnelligkeit ver-
angen, legen hierauf einen sehr grossen Werth, indem die besten, feh-
erlosesten Beine ihren Dienst versagen m�ssen und der beste Wille
auih�rt, sobald Herz und Lunge in ihren Verrichtungen beengt sind,
oder zu wenig Kraft haben, um das durch die Bewegung und Anstren-
gung der Muskeln verbrauchte Blut schnell zu ersetzen.
Nebst der entsprechenden Breite und Tiefe soll der Brustka-
sten auch eine geh�rige L�nge haben; dieselbe wird durch die Form
des Brustbeines und die Art der Biegung der daran befestigten Rippen
bedingt. Diese L�nge hat einen wesentlichen Einfluss auf eine gute Sat-
e l�ge und auf die R�umlichkeit zur Beherbergung grosser innerer
Brustorgane.
Weiter unten wird hier�ber noch mehr gesprochen.
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Die eben beschriebene Gestalt der Brust ist die w�nschenswerte f�r
Pferde die zum Reitdienste oder vor einem leichten, schnellen Fuhrwerke
verwendet werden sollen,
Pferde mit zu breiter Brust ohne die geh�rige Tiefe taugen nicht
zu einem geschwinderen Dienste; ihr Gang ist gew�hnlich schwerf�llig
und sie lassen sich nicht leicht wenden. Beim Ziehen gr�sserer Lasten bie-
thet eine sehr breite fleischige Brust in mehrerer R�cksicht Vortheile.
Ist die Brust zu schmal und sind die sie umschliessenden Rippen
plattgedr�ckt, so liegen die Lungen zu eingeschr�nkt und beengt, es erfolgt
nothwendig ein mit gewisser Beschwerde verbundenes Athemholen, und es
gibt dieser Bau leichter Veranlassung zu Brustkrankheiten, weil eben eine
nat�rliche Schw�che der inneren Organe damit verbunden ist.
Bei manchen Pferden steht das Brustbein sehr gebogen, stark nach
vorw�rts, was man Habicht sbru st nennt; sie ist, wenn im hohen
Grade vorhanden, f�r das Auge beleidigend, aber durchaus kein Fehler,
der den Gebrauch des Pferdes beeintr�chtigt.
Wenn das Brustbein so weit zur�cksteht und die Muskeln auf der
Brust so schwach sind, dass in der Mitte derselben eine Tiefe entsteht, so
nennt man das Ziegenbrust. Sie kann wegen ihrer geringen Muskula-
tur und h�ufig auch schmaler Beschaffenheit nach Umst�nden sowohl h�ss-
lich als fehlerhaft sein.
Bei Beurtheilung der Schu 11ern hat man ihre Bildung, L�nge
und Lage endlich ihre Bewegung zu untersuchen.
Sie sollen n�mlich mit starken, festen Muskeln belegt sein, die sich
vom allzufleischigen, beladenen Schultern dadurch unterscheiden, dass
ihre Abgr�nzungen durch Vertiefungen sich erkennen lassen.
Starke, gute Muskulatur auf der Brust, den Schultern und der ganzen
Parthie, welchen das Querbein bis zum Ellenbogen zu Grunde liegt, ist f�r
alle Pferde sehr w�nschenswerth. Schwache magere Muskeln an diesen
Theilen lassen beim Reitpferd eine kr�ftige, frei und dauernde Schulterbe-
wegung nicht erwarten, und beim Wage npferde bieten sie nebst diesen Nach-
theilen noch den, dass sie dem Kummet wenig Platz biethen sich gut anzulegen.
Dann m�ssen sie eine geh�rige L�nge haben, weil dieses mit der fr�-
her erw�hnten Tiefe der Brust im genauesten Zusammenhange steht,
und auf die Bewegungsth�tigkeit einen entschiedenen Einfluss aus�bt. Im
Gange n�mlich wird der untere vordere Theil noch vorw�rts, wenn sich
der Fuss vorsetzt, und nach r�ckw�rts w�hrend der Fuss am Boden ruht
bewegt; ebenso verh�ltnissm�ssig das obere Ende des Schulterblattes;
der Drehpunkt liegt also zwischen diesen beiden Enden in der Mitte. Je
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weiter nun die beiden Enden an welchem die Kraft wirkl von dem Punkte,
Wo die Last Wiederstand leistet, entfernt sind, d. i. je l�nger die Hebel-
arme desto weniger Kraft ist n�thig um eine gleiche Last in Bewegung zu
setzen. Um ein kurzes Schulterblatt zu bewegen bed�rfen also die Muskeln
einer gr�sseren Kraftanstrengung, werden also bei fortgesetzten Gange
°der stets wiederholter Kraftanwendung eher erm�den, als bei einem l�n-
geren Schulterblatt.
Bei gleich kr�ftiger Beschaffenheit der Muskeln
Dei zwei Pferden, wovon eines eine lange, eines eine kurze Schulter
besitzt, hat also die lange Schulter mehr Ausdauer und gr�ssere, freiere
Bewegungsf�higkeit als die kurze.
Ihre Lage soll von oben und hinten nach vorn und abw�rts gut schr�g
sein, indem dadurch ein weit ausgreifender Gang bedingt wird, und sie bei
heftigen Bewegungen durch die von der Erde zur�ckwirkenden St�sse
aicat so hart getroffen werden.
Ihre Bewegung soll von Natur so frei und ungezwungen sein, dass zu
grosse Beweglichkeit in dieser Beziehung kaum denkbar ist.
Haben die Schultern eine zu wenig schr�ge Lage so nennt man sie
ste�; sind solche mit viel Fleisch und Fett beladen oder sind die Mus-
keln zu ■ mager und schwach, und haben sie keine freie, sondern
gebundene Bewegung, so sind solche Thiere zum Keitgebrauche ungeeig-
net> weil ihre Vorhand plump oder schwach, daher ihr Gang unsicher ist
und ihnen leichte Wendsamkeit mangelt.
Bei Pferden zu leichtem Zugdienste bestimmt, wird dieser Fehler dann
geringer, wenn ein munteres, arbeitslustiges Temperament und innere,
kr�ftige Ausdauer vorhanden ist. F�r schweren, langsamen Zugdienst sind
gerade mit fleischigen Muskeln versehene Schultern wegen der g�nstigen
Anlage des Kummeth nicht zu verwerfen sogar vortheilhaft.
Es gibt F�lle, dass eine gerade Schulter eine freie Bewegung hat,
dagegen eine schr�ge Schulter auch gebunden sein kann. Dieses sind aber
Ausnahmen von der Regel; der Gang und die ganze Beschaffenheit des
Pferdes muss da entscheiden, zu welchem Dienste das Pferd zu gebrau-
chen sein wird.
Der Mangel an Bewegung in den Schultern und die daher entste-
hende Steifigkeit in der ganzen Gliedmasse kann verschiedene Ursachen
haben, und zwar, entweder ist die Verbindung des Schulterblattes mit
dem Querbein derart ung�nstig, dass der Winkel unter welchem sich diese
beiden Knochen verbinden, entweder zu spitz oder zu stumpf ist; oder es
ist diese Steifigkeit ein anderer Naturfehler, welcher daher r�hrt, dass die
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Schulterbl�tter von den Muskeln zu fest an die Kippen gehalten werden,
wodurch ein freies Spiel verhindert wird, endlich kann es eine Folge von
�bertriebener Arbeit und Strapatzen sein, wodurch die Muskeln steif und
unth�tig geworden sind. Dass Letzteres der Fall sei, wird man an einer
fehlerhaften Stellung der Fesselgelenk und der Knie, an Gallen, geschwol-
lenen Sehnen oder schmerzhaften Hufen etc. leicht erkennen.
Indem die Lage und �ewegungsf�higkeit der Schulter auf die ganze
�brige Vordergliedmasse einen so wesentlichen Einfluss nimmt, so bedarf
sie der genauesten Untersuchung; eine wohlgebildete Schulter ist ein cha-
rakteristisches Kennzeichen eines gut gebauten, edelgezogenen Pferdes;
sie ist f�r Schnelligkeit und Sicherheit des Ganges bei einem Reitpferde
unerl�sslich. Eine von Natur freie Schulter ist eine der
angenehmsten Eigenschaften eines Reitpferdes.
Das Querbein soll eine schickliche L�nge haben, und unter einem
angemessenen Winkel mit dem Schulterblatte verbunden sein.
Diese L�nge wird ungef�hr zwei Dritttheile des Schulterblattes aus-
machen m�ssen, und den Winkel wollen einige Schriftsteller zu 80° andere
zu 100° bemessen haben, derselbe wird sich stets dem rechten ann�hern
m�ssen, indem dann die fortschiebende Kraft in senkrechter Richtung und
somit am vortheilhaftesten d. h. mit der geringsten Anstrengung wirkt.
An seinem vorderen oberen Ende verbindet es sich mit dem Schulter-
blatt durch ein Nussgelenk wie es schon bei der Lehre vom Skelet erkl�rt
wurde. Ist das Querbein sehr lang und der Winkel unter dem es sich mit
dem Schulterblatte verbindet sehr spitzig, so kommen dadurch die Vorder-
beine zu weit unter den Leib zu stehn, dadurch h�ngt die Brust vor�ber,
die Vorhand wird zu sehr beschwert, der Gang ist unsicher, wenig frei und
es sind solche Pferde geneigt, mit den Hinterf�ssen in die vordem einzuhauen.
Dieser Fehler in der Bauart wird verringert, wenn das Pferd ein lebhaf-
tes Temperament, leichten Kopf und Hals und starken R�cken hat. Beim
Zugpferde ist dieser Baufehler von geringerem Nachtheile.
Pferde, welche anhaltend im schweren Zuge gebraucht werden, neh-
men diese �berh�ngende Stellung aus Gewohnheit an, welches aber der
erfahrene Pferdekenner nicht unschwer wird unterscheiden k�nnen.
Ist das Querbein sehr kurz und der Winkel sehr stumpf so wird die
freie Bewegung der Vorderbeine dadurch sehr beeintr�chtigt, denn wahr-
scheinlich ist damit eine steile zu gerade Schulter verbunden und das
Querbein ist dann nicht im Stande den untern, vorderen Theil des Schul-
terblattes geh�rig vorzuschieben. Denn dieses Vorschieben im Buggelenke
bestimmt das weitere oder geringere Vortreten der ganzen Gliedmasse;
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aber weder bei einer Verbindung unter zu spitzen noch unter zu stum-
pfen Winkel kann dasselbe geh�rig statt finden.
Diese ganze Parthie der Bug genannt, gewinnt durch eine kr�f-
tige, volle Muskulatur sehr an G�te.
Der Arm verbindet sich oben mit dem r�ckw�rtigen, untern Ende
es Querbeines und unten mit dem Knie. Er hat das Armbein zur Grund-
a�e an dessen oberen Ende r�ckw�rts sich ein zweiter Knochen, das E11-
0 g e n b e i n anheftet. Der Arm eines guten Pferdes soll mit starken,
erben Muskeln versehen sein, die durch sehr kennbare Vertiefungen
getneilt, und von einander unterschieden sind.
Der Arm soll im Verh�ltniss zum Schienbein etwas l�nger als dieses
erscheinen, indem hiermit eine mehr vorgreifende Bewegung verbunden
sein pflegt, als da wo der Arm mehr kurz ist.
Bez�glich des Ellenbogens ist zu bemerken, dass dieser Theil gut
ervorstehn muss, damit die Hebelkraft vermehrt werde, und die daran
festigten Muskeln mit mehr Vortheil wirken k�nnen. Ist er zu sehr an die
'Ppen angedr�ckt, so wird die freie Bewegung dadurch sehr gehindert, steht
r zu weit ab, so bek�mmt die ganze Gliedmasse vielleicht eine nach ein-
w�rts gerichtete, der freien Bewegung ebenfalls sehr nachtheilige Stellung.
We aufmerksame Beobachtung in dieser Hinsicht sehr gut gebauter
erde und Vergleich mit mangelhaften Pferden, kann das Urtheil hier�-
er am besten bilden, bei den Hunden ist die Richtung und Blidung des
bogens ganz besonders g�nstig hervortretend.
An der inneren Seite des Armes, etwas ober dem Knie, befindet sich
l�nglicht runder, hornartiger K�rper, welcher die Hornwarze oder
astanie genannt wird. Bei edlen Pferden pflegt sie kleiner und feiner
sein, als bei gemeinen; ihr Zweck und Nutzen ist unbekannt. (Anden
einen befindet sich diese "Warze unter dem Sprunggelenke.)
as Knie soll von vorn betrachtet ein recht breites, plattrundes,
6 , flaches Ansehen haben, die Haut fest aufliegen, und mit kurzen,
einen Haaren besetzt sein. Von der Seite betrachtet, soll es mit dem Arm
uenbein in senkrechter Richtung stehn und eine freie Bewegung
haben.
Weicht diese durch die Mitte des Knies gedachte Linie durch eine
gung nach vorn von der senkrechten ab, so nennt man das vorbiegi g
°aer bockbeinig.
_ iese Stellung kann angeboren, oder durch zu grosse Anstrengung
ei nat�rlicher schwacher Beschaffenheit entstanden sein. Im ersteren
steht das Pferd doch fest auf seinen Beinen ohne zu zittern, die
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grosse Beugesehne ist rein und stramm anzuf�hlen etc. Hat das Pferd dabei
eine freie Schulterbewegung, einen starken Arm, gute biegsame Fesseln,
tadellose Sehnen und Hufe und wird das ganze Bein im Gange
hinl�nglich hoch gehoben um nicht an jede kleine Erhabenheit anzustossen,
so kann es trotz der Vorbiegigkeit einen ganz sicheren Tritt und guten
Gang haben.
Pflegt das Pferd jedoch im Stande der Ruhe zu zittern, zuweilen nach
vorn einzuknicken, sind die Fesseln dabei abgenutzt, so ist dieser Fehler
wahrscheinlich durch �bertriebene Anstrengung und schwacher Naturbe-
schaffenheit �berhaupt entstanden. Bemerkt man auf der vorderen Seite des
Knies veraltete Narben oder haarlose Stellen, so kann man vermuthen, dass
das Pferd zum Stolpern und Fallen geneigt sei. Dass ein solches Pferd
dann f�r ein Reitpferd nur einen sehr geringen Werth hat, liegt auf
der Hand.
Uebrigens k�nnen diese Narben auch von schlechtem Streulager her-
r�hren, oder daher, wenn das Pferd sehr unruhig ist, und wie es manche
bei der Futtervertheilung gerne thun, mit den Knien gegen die �fter unter
der Krippe angebrachten Streukammern oder auch die Krippe selbst
anst�sst.
Weicht die oben erw�hnte Linie von der senkrechten nach r�ckw�rts
ab, so nennt man diese unvorteilhafte Stellung r�ckbiegig auch
k a 1 b s f � s s i g. Sie ist allemahl ein Naturfehler, der seinen Grund in der
Bildung der Knieknochen hat; sie verr�th wenig St�rke und Ausdauer der
Vorderbeine und ist fast nie mit einem freien Gange verbunden.
Bei edlen Pferden k�mmt die angeborne Vorbiegigkeit �fter, die
R�ckbiegigkeit fast nie vor.
Das Fl�gel-oder Hackenbein muss so gestellt sein, dass die
dahinter herlaufende grosse Beugesehne des Unterfusses eine freie Lage
habe, und es darf sich unter demselben kein grosser Ausschnitt befinden.
Findet aber ein solcher statt, so liegt die grosse Beugesehne zu nahe am
R�hrbein, wodurch ihre Bewegungsf�higkeit, ihre Hebelkraft und Ausdauer
sehr vermindert wird, welches dann einen unsichern Auftritt und baldige Erm�-
dung zur Folge hat. Man nennt diesen Fehler gedrosselte Kniee,
und alle guten Pferdekenner legen mit Recht einea grossen Werth darauf,
dass dieser Fehler nicht da sei.
Der zwischen Knie und Fessel liegende Theil der Vordergliedmasse
heisst R�hrbein. Der ganze Theil besteht aus drei Knochen und der
grossen Beugesehne. Diese drei Knochen sind n�mlich ein grosser, langer nach
vorn gelegener, das eigentliche R�hrbein, und zwei kleineren die hinten
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aai R�hrbein angeheftet sind, mit ihren obern K�pfen sammt dem R�hr-
oeinkopf den Knieknochen zur Grundlage dienen, mit ihren unteren Ende
bis �ber den dritten Theil des R�hrbeins hinabreichen, und Griffel-
eine genannt werden. Die grosse Beugesehne l�uft an der hintern Seite
harab.
Dieser ganze Theil soll in Anbetracht seiner St�rke mit dem �brigen
orper in gutem Verh�ltnisse stehn, etwas k�rzer als der Arm sein, mager,
r°cken, ohne wiedernat�rliche Erhabenheiten erscheinen und mit kurzen
lnen Haaren besetzt sein.
Von der Seite betrachtet soll dieser Theil geh�rig breit erscheinen,
welches eben durch die vorhin beschriebene Stellung des Fl�gelbeines und
gute Entfernung der Beugesehne hervorgebracht wird. Diese Sehne muss
r *est und trocken, ohne alle Anschwellung anzuf�hlen sein, und so weit
01X1 �-�hrbein entfernt liegen, dass sich zwischen beiden eine sichtbare
�nne zeigt.
bez�glich der Griffelbeine ist noch zu bemerken, dass sie an ihrem
ren Endpunkte einen kleinen Knopf haben, der von Unkundigen f�r
n krankhaften Knochenauswuchs gehalten werden kann.
Behang nennt man, wenn sich an der Beugesehne bis zum K�then-
nke herab viele grobe, lange Haare befinden, wie man dieses bei gemei-
terden die in sumpfigen, niedrigen Gegenden aufwachsen, wahrnimmt.
"terde haben nur wenige feine l�ngere Haare in der K�the ; diese
nennt man Haarzotte oder K�thenzopf.
L»as K�thengelenk, auch kurz nur K�the genannt, verbindet das
em mit (jem Fesselbein; dasselbe erscheint etwas dicker als das
ein und soll ein festes, trockenes Aussehen haben. Hinter diesem
e liegen zwei v�llig gleiche, bewegliche Knochen, auf welchem die
8 sehne des Hufes als auf einer beweglichen Rolle hinabl�uft; sie heis-
senGleichbeine.
nmerkung. An der inneren Seite dieses Gelenkes bemerkt man
aarlose Stellen, die dadurch entstehen, wenn sich das Pferd beim
anst�sst, was man sich streichen nennt. Pferde, die ausw�rts
. na hierzu besonders geneigt. Manche Pferde streichen sich nur
nem h usse, auch kann dieses Anstossen an der inneren Seite des
nies statt finden. In sehr vielen F�llen kann dieses Streichen durch
ic cten, passenden Beschlag beseitigt werden. Findet es in dem
es att, dass die Stellen immer wieder blutig gestossen werden, so
ieses h�sslich aus, auch kann der erregte Schmerz Anlass zum stol-
n tallen geben. Um diesen nun vorzubeugen, bleibt, wenn dem
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Fehler mittelst Hufbeschlag nicht abzuhelfen ist, nichts anderes �brig, als
das Gelenk durch Anlegen eines sogenannten Streifleders oder Umwickeln
mit einem Wollstoff zu sch�tzen. Nicht alle ausw�rts gestellten Pferde
streifen sich, auch stark nach einw�rts gerichtete Hufe k�nnen hierzu An-
lass geben. Bei Untersuchung eines Pferdes ist also dieser Gegenstand
nicht gleichg�ltig und wird der Werth eines sonst guten Pferdes dadurch
offenbar vermindert; manche junge noch unkr�ftige Pferde mit schwan-
kendem Gang streifen sich so lange dieser Zustand dauert, und mit zuneh-
mender Kraft und Regelung des Ganges h�rt dieses wieder auf.
Auch bei den Hinterf�ssen k�mmt dieses Streichen vor; jedoch ist
dieses f�r die Sicherheit des Ganges weniger nachtheilig.
Hinter den Gleichbeinen, mitten in der Haarzotte, befindet sich ein
der Honrwarze ganz �hnlicher Auswuchs, welchen man Sporn nennt.
Derselbe scheint den Zweck zu haben, die �ber die Gleichbeine herlaufen-
den Beugesehnen vor starken, �ussern Eindr�cken, denen sie z. B. beim
Durchtreten halbgefrornen tiefen Bodens ausgesetzt w�ren, zu sch�tzen.
Ein guter Fessel erscheint von vorn betrachtet etwas st�rker als
das R�hrbein, die Haut ist fest dar�ber gespannt und es sind keine wider-
nat�rlichen Erhabenheiten sichtbar; von der Seite angesehen, erscheint er
etwas d�nner als das R�hrbein mit der Beugesehne als Ganzes betrachtet;
beim Stehen hat er eine schiefe Richtung und beim Gehen ist er in der Art
biegsam, dass sich beim Auftreten die schiefe Richtung etwas vermehrt, seine
St�rke muss mit dem �brigen K�rperbau in guter Uebereinstimmung sein.
Ist der Fessel zu lang, so verliert er dadurch meistens an Tragkraft,
beim Auftreten des Fusses senkt sich die K�the zu sehr gegen den Erd-
boden ; es kann dieses aber auch bei zwar nicht zu langen aber doch sehr
schwachen Fesseln stattfinden. Mann nennt dieses Durchtreten; findet
es in hohem Grade statt, so dass die K�the fast die Erde ber�hrt, so
heisst es b�rentatzig.
Kurze Fesseln haben meistens mehr Tragkraft aber weniger Biegsam-
keit und stehen meistens zu gerade. Ist dieses Folge von Verk�rzung der
Sehnen, oder Gelenksverwachsungen durch zu grosse, heftige Anstrengung
hervorgebracht, so entsteht dadurch der Stelzfuss.
Edle Pferde haben im Allgemeinen l�ngere Fesseln, ohne damit
durchzutreten; bei gemeinen Pferden sind lange Fesseln auch fast immer
schwach. Kurze Fesseln sind meistens kr�ftiger, aber der Gang wird da-
durch f�r den Reiter gew�hnlich etwas h�rter; mit langen Fesseln ist ein
mehr elastischer, sanfter Gang verbunden. Es finden jedoch hiervon auch
viele Ausnahmen statt.
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Auf den Fessel folgt die Krone; derselben dient das Kronbein zur
Grundlage, das schon zum Theil im Hornschuh des Hufes steckt, und sie
begreift den ungef�hr einen Finger breiten, erhabenen Eand, der den
0Dern Band des Hufes begr�nzt, in sich. Eine gesunde Krone darf keine
Aufwulsterung zeigen und m�ssen die Haare um dieselbe glatt anliegen.
Der Huf ist der unterste Theil der ganzen vorderen Gliedmasse.
Dle �ussern sichtbaren Theile sind:
Der Hornschuh, der wieder in Zehenwand, Seiten- und
1 r�ch ten w�nde zerf�llt; dann die Sohle, die Eckstreben und
der Strahl.
Im Innern liegen das Hufbein, das Strahlbein, woran sich
"mehrere vom R�hrbein �ber den Fessel herablaufende Beuge- und
olT eck sehnen anheften, dann mehre Weichgebilde als: die Fleisch-
s°hle, der Fleischstrahl, Bl�ttchen zur Verbindung der Horn-
Und Fleischwand, nebst vielen Gef�ssen, die zur Ern�hrung des Hu-
es dienen, und durch den Hornschuh eingeschlossen und gesch�tzt
werden.
Sieht man die untere Fl�che eines unbeschlagenen Hufes an, so
"eigt sich ungef�hr einen kleinen Finger breit von dem �ussern Rande
5 Hufes ein rund fortlaufender weisser Streif, welchen man die
eiSse Linie nennt, und auf welcher die N�gel zur Befestigung des
U eisens eingeschlagen werden sollen.
"ei einem gesunden Hufe hat die Hornwand eine von der Krone
gen die Zehe schr�g herablaufende Richtung, ohne eine Einbiegung
gegen die Zehe oder um den ganzen Fuss herumlaufende Erh�hungen
Vertiefungen in Gestalt von Ringen zu zeigen; die ganze Ober-
e des Hornschuhes ist glatt und wie mit einem matten Firniss
�berzogen.
on vorn gesehen erscheint ein gesunder Vorderhuf beinahe zir-
, rmig rui"l, das Horn hat �berhaupt ein festes, elastisches Ansehen
°nne Spr�digkeit zu zeigen.
■Die Sohle erscheint massig ausgeh�hlt, der Strahl breit und gut
ervorstehend, der Huf nach hinten geh�rig breit, was man einen of-
fnen Huf nennt.
Die Farbe des Hufes ist nach der Farbe des Haares verschieden,
ei allen dunklen Haarfarben und den nicht weiss gebornen Schimmeln
ist der Huf meistens heller oder dunkler blaugrau gef�rbt. Mit weissen
ssen ist fast immer eine sogenannte weisse, d. h. gelbliche Farbe
Hornes verbunden; ebenso bei weissgebornen Schimmeln und Isa-
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bellen. Viele behaupten, dass das weisse Horn der Hufe eine mehr
m�rbe Beschaffenheit habe als das blaugraue.
Der Huf ist ein so wichtiger Theil am Pferdek�rper, dass seine
Beschaffenheit fast nicht gut genug sein kann. Man muss desshalb auf
die Gesunderhaltung und Conservation der Hufe durch guten, zweck-
m�ssigen Beschlag und andere Mittel, welche das Horn elastisch er-
halten , die Zusammenziehung verhindern die gr�sste Aufmerksamkeit
verwenden. Durch Schmerzen in den Hufen werden die Verrichtungen
in der ganzen Vordergliedmasse so gehindert, dass schon manches Pferd
von Unkundigen f�r schultersteif oder schulterlahm gehalten wurde, was
an den Hufen litt.
Betrachtet man nun die Vordergliedmassen von vorn, so zeigt sich
manche Abweichung von der regelm�ssigen Stellung, die wir nun be-
trachten wollen.
Zur Regelm�ssigkeit der vordem Gliedmassen geh�rt, dass sie von
vorn betrachtet, jedenfalls in gerader Linie herablaufen d. h. von der
Brust bis zum Boden in gleichweiter Entfernung von einander stehen ;
ebenso muss eine senkrechte Linie von der Bugspitze bis zur Hufzehe
herab alle Theile senkrecht durchschneiden. Die senkrechte Richtung
muss Statt finden, ob nun das Pferd im Ganzen breit oder schmal sei.
Die von der Regelm�ssigkeit abweichenden Stellungen nun sind folgende:
1.  Die zu enge Stellung. Diese ist in zu schmaler Brust be-
gr�ndet. Wenn man n�mlich ein Pferd im Stande der Ruhe, das auf
seinen vier F�ssen gerade steht, von vorn betrachtet, so m�ssen die
Hinterf�sse von den vordem gedeckt werden; ist nun die Brust im
Verh�ltniss zum Hintertheil schm�ler, so entsteht dadurch die zu enge
Stellung. Man gebraucht jedoch diesen Ausdruck auch bei Pferden, die
�berhaupt sehr schmal in der Brust sind, auch wenn die ebenso schmale,
enge Bildung des Hintertheiles damit �bereinstimmt, und will damit sa-
gen, dass man diesem Pferde keine kr�ftige Entwicklung der Brustor-
gane zutraue.
2.  Die zu breite Stellung. Diese kann ebenfalls im Vergleich
mit dem Hintertheile Statt finden: da aber mit einer sehr oder zu brei-
ten Brust h�ufig auch Schwerf�lligkeit des ganzen Vordertheiles ver-
bunden ist, so kann diese Bezeichnung bei Beurtheilung eines Reitpfer-
des auch in dieser Bedeutung genommen werden.
3.  Kniebohrer nennt man, wenn die Kniee nach einw�rts ge-
geneinander gerichtet sind; der Fehler besteht darin, dass die Kraft
der Unterst�tzung dadurch gemindert wird.
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4. K n i e w e i t oder f a s s b e i n i g ist das Gegentheil von Knie-
bohrer.
�- Zehentreter nennt man, wenn die Hufe mit der Zehe gegenein-
ander gerichtet sind.
«� Bodenweit nennt man, wenn die F�sse unten weiter aus-
ander stehen als oben in der Brust, welche dann meistens schmal
zu sein pflegt.
'Ausw�rts gestellt, franz�sisch stehen, ein
fizmeister, sagt man von einem Pferde, wenn die ganze Glied-
masse scn°n aus der Brust eine solche Stellung hat, dass die Hufe
ausw�rts gerichtet erscheinen; �fter ist diese Stellung auch nur
emer fehlerhaften Bildung der Fesseln begr�ndet. Stehen im er-
halle die Ellenbogen fest an den Rippen, so wird der Fehler f�r
trang um so gr�sser. In beiden F�llen sind die Pferde geneigt sich
s reichen. Zeigt es sich jedoch im Gange, dass dieses S t r e i-
e n nicht Statt findet, so wird die abweichende Richtung von der
.massigen Stellung nic�t bedeutend sein, und dann ist der Fehler
mcht erheblich.
Anmerkung. Bodenweit, fassbeinig, r�ckbiegig
Zehentreter lassen fast mit Sicherheit schliessen, dass das
r einen freien Gang nicht habe; dagegen ist mit: von Natur v o r-
S'g, Kniebohrer, im Fessel etwas ausw�rts ge-
vielfach ein freier Gang verbunden, nicht etwa weil, sondern
z d e m , dass diese Abweichungen von der Regelm�ssigkeit vor-
fanden sind.
e r R � c k e n ist der Theil zwischen dem Widerrist und der
be re"Part�ie> also der Ort, wo der Sattel seine Lage hat; gew�hnlich
man jedoch unter der Bezeichnung R�cken den ganzen Theil
m Widerrist bis zur Kruppe.
W sch�ner, guter R�cken zeigt hinter dem Widerrist eine sanfte
Lend"118' SOgenannte Satteltiefei lauft dann bis zu den Nieren oder
s> t gerade fort, hat eine zum �brigen K�rperbau verh�ltnissm�s-
ge Lange und ist mit starken, festen Muskeln belegt,
bweichungen von diesem regelm�ssigen Baue sind:
� Wer Senkr�cken, in geringerem Grade einges�t-
Ieit genannt.
erse be bedarf keiner weitern Erkl�rung und entsteht gew�hnlich
Mos von Natur
         i
de v>e              '            nn dessen auch ein zu fr�hzeitiger Gebrauch
erdes zum Reiten und Lastentragen die Veranlassung dazu sein.
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Nimmt die Nierenparthie an der Einsenkung Antheil, so dass die
ganze Senkung vom Widerrist bis zum Kreuz fortl�uft, so kann man
mit Recht vermuthen, dass dieser R�cken schwach sei. Bei Stuten, die
�fter gefohlt haben, pflegt sich der R�cken etwas einzusenken, ebenso
auch bei alten Pferden, ohne dass ihre sonstige Brauchbarkeit dadurch
sehr beeintr�chtigt w�rde. Indem durch die Form des Senkr�ckens der
Widerrist mehr hervortritt, so wird dieser vom Sattel leichter be-
sch�digt.
(Ich habe senkr�ckige Pferde gekannt, die selbst als Reitpferde
sehr gut waren.)
2. Der Karpfenr�cken; so nennt man einen nach auf-
w�rts gebogenen R�cken. Diese Aufbiegung pflegt gew�hnlich gegen die
Nierenparthie hin statt zu finden, und besteht �fter nur in sehr lan-
gen Stachelforts�tzen der R�ckenwirbeibeine, was um so st�rker her-
vortritt, wenn die daneben liegenden Muskeln nicht geh�rig voll sind.
Es liegt ihm immer ein Naturfehler zu Grunde, auch kann zu seinem
Entstehen beitragen, wenn allzujunge Thiere im schweren Zuge �ber-
m�ssig angestrengt werden.
Pferde mit solchem R�cken haben fast nie einen angenehmen Gang
und geschmeidige Wendsamkeit; sie werden auch leicht vom Sattel ge-
dr�ckt, und geh�ren daher mehr zum Zug- als Reitdienst.
Ein zu langer R�cken ist h�ufig zu biegsam, um mit l�ngerer
Ausdauer die Last eines Reiters zu tragen, und verstattet auch keine
kurzen und geschwinden Wendungen, weil die kr�ftige Verbindung zwi-
schen Yor- und Nachhand fehlt.
Ein zu kurzer R�cken ist h�ufig steif und hat zu wenig ela-
stische Bewegungen, auch gibt er Veranlassung zum Einhauen mit den
Plinterf�ssen in die vordem. Obwohl ein solcher R�cken gew�hnlich
stark , zum Lasttragen geeignet ist und kurz gedrungene Pferde h�ufig
sehr wendsam, mehr langgestreckte schneller auf gerader Linie sein
k�nnen, so wird doch ein Uebermass von L�nge oder K�rze nach Um-
st�nden zu einem bedeutenden Fehler.
Der praktische Pferdekenner beurtheilt den R�cken nie bloss
nach seiner Form allein, sondern er weiss, dass
man die Kraft und den wahren Werth des R�ckens
nur im Gange unter dem Reiter erkennen kann. Er
muss n�mlich im Gange ruhig gehalten werden, und beim �ebergehn
aus einem schnellern in ein langsameres Tempo es dem Pferde leicht
werden, die zusammenschiebende Wirkung von Hand und Sehen-
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anzunehmen, und ebenso auch die geh�rige St�rke besitzen, um
1 durch die antreibende Kraft der Hinterbeine veranlassten Druck
» gen das Vordertheil demselben in gerader Richtung und ungeschw�cht
mitzutheilen.
�fc erner weiss er, dass zu gew�hnlichen Dienstleistungen ein kurzer
id vorzuziehen ist, man h�lt solche Thiere f�r dauerhaft und gesund,
anS ist leicht genugJum den Reiter nicht zu erm�den, und ihre
Eiligkeit hinreichend f�r die gew�hnlichen Zwecke.
(.Bei Besprechung der Verh�ltnisse im Baue des Pferdes komme ich
lerauf n°ch einmal zur�ck.)
■Nieren-oder Lendenparthie ist derjenige Theil, welchem die
er Lehre vom Skelett erw�hnten 6 Lendenwirbelbeine zu Grunde lie-
j der gute Pferdekenner verlangt, dass diese Parthie recht stark und
und mit vollen, derben Muskeln belegt erscheint; denn die St�rke
ganzen R�ckens und der Nachdruck der Hintergliedmassen nach vorn
m Gehen h�ngt haupts�chlich davon ab.
Uebrigens ist die �ussere Form auch bei dieser Parthie nicht allein
sgebend, sondern ich verweise hier auf das in dieser Beziehung eben
VOm R�cken im Ganzen Gesagten.
ist der Raum zwischen der letzten Rippe und der H�fte ein kleiner,
Wa ^ tv\
man gut geschlossen nennt, so erwartet man von einem solchen
e v*el Ausdauer und Kraft, auch pflegen solche Pferde gute Fresser
zu se"i, und sich gut zu n�hren.
ist dieser Raum gross, was man lang geschlossen nennt, und
le -Nierenparthie dabei eingesenkt zu Folge magerer, schwacher Mus-
! s° hat ein solches Pferd gew�hnlich weuig Kraft und Ausdauer unter
r Last und der Einwirkung des Reiters.
aben aber lang geschlossene Pferde dabei kr�ftige Muskeln auf die-
arthie und ist sie dabei nicht eingesenkt, so kann dieses f�r Sehne 1-
s e 11 auf gerader Linie, ohne grosse Last zum
eil werden, indem die Hintergliedmassen dadurch mehr Platz zur
T�tigkeit bekommen.
as nun aber zieht der praktische Pferdemann f�r Schl�sse aus die-
ser Belehrung �ber die Beschaffenheit des R�ckens und der Nieren ?
Dass bei Untersuchung eines Pferdes dieser ganze K�rpertheil die
sorgf�ltigste Beachtung verdient;
dass der Beurtheiler den Dienst, wozu das Pferd verwendet werd'en
so . kennen und zufrieden sein muss, wenn das Pferd in der Hauptsache
«em entspricht, was er braucht; und
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dass man an Einem Thiere nicht Alles haben kann; denn dies
w�rde Formen uotbwendig machen, die unm�glich alle in demselben Thiere
vereinigt sein k�nnen.
Die Rippen ; sie machen die Seitentheile der Brust aus, ihre W�l-
bung und L�nge bedingt die R�umlichkeit der Brusth�hle und die unge-
st�rte Verrichtung der in dieser gelagerten, lebenswichtigen Eingeweide.
Gutgew�lbte Rippen m�ssen in einer massig starken Rundung von
dem R�cken ausgehen und sich in gleicher W�lbung nach abw�rts fort-
setzen , wodurch eine ger�umige Brusth�hle gebildet, der Lunge und dem
Herzen zu ihren Verrichtungen ausgedehnter Raum gestattet wird.
Die Rippen sind von elastischer Bildung und zeigen w�hrend des Ath-
mens einige Bewegung; beim gesunden, ruhigen Athmen ist diese Bewe-
gung kaum sichtbar nur bei Aufregungen, nach schnellem Laufen. sehr
schwerem Ziehen u. s. w. wird sie bemerklicher, beruhigt sich jedoch
alsbald wieder; auch bei krankhaften Zust�nden tritt sie mehr hervor, ohne
sich alsbald zu beruhigen.
Platt- oder flachgerippt nennt man, wenn die W�lbung der
Rippen schon vom R�cken aus eine zu geringe ist, wodurch die Brusth�hle
enge wird; diese Form ist daher als ein wesentlicher Fehler zu betrach-
ten , indem mau dann auf eine nicht kr�ftige Entwicklung der Lunge und
des Herzens schliesst. Bei manchen f�r den Brustkorb plattgerippten Pferden
nehmen die Rippen gegen den Bauch hin eine hohe hervorstehende W�l-
bung an, wodurch die gute Lage des Sattels h�chst unangenehm beein-
tr�chtigt wird. Will man alsdann durch ein allzufestes Gurten ein besseres
Liegenbleiben des Sattels erzwingen, so wird dadurch dem Pferde ein
h�chst unangenehmer Zwang auferlegt, der empfindliche Pferde zum
Bocken oder Niederwerfen veranlasst, weniger empfindliche aber minde-
stens im Athmen und also ausdauerndem Gehen sehr behindert. F�r Wa-
genpferde ist daher dieser Rippenbau von minderem Nachtheil.
Die Flanken auch Weichen genannt, befinden sich unter den
Nieren und erstrecken sich von der Gegend zwischen den letzten Rippen
und den H�ften bis ganz hinunter. Sie sollen sch�n gef�llt seiu; ferner
hat man auf ihre Bewegung sowohl im Stande der Ruhe als auch gleich
nach der Bewegung zu achten. Je weniger und gleichm�ssiger sich die
Flanken bewegen, f�r desto besser hat man die Brustorgaue zu halten.
Ist die Bewegung im Stande der Ruhe sehr stark, ungleichm�ssig und
stossend, oder beruhigt sie sich nicht alsbald nach der Bewegung, so ist
ein heftiger Krankheitszustand vorhanden, oder die Lunge �berhaupt
schwach. Ihre Untersuchung verdient daher eine genaue Beobachtung.
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Der Bauch gl�nzt unten au die Brust, seitw�rts an die Rippen und
ichen und r�ckw�rts verliert er sich zwischen den Hinterbeinen. Ein
r "auch soll rund und massig stark sein, und findet nur bei einem
gerippten Pferde mit geradem B�cken statt. Hengste und Wallachen
gen einen mehr schlanken, Stuten einen mehr runden Bauch zu haben.
le Abweichungen von der regelm�ssigen Form des Bauches sind:
^ifgesch�rzt oder aufgezogen auchhechtleibiggenannt; der-
' lst in seinem ganzen Umfange nach r�ckw�rts zu d�nn, und gegen
lanken zu hinaufgezogen. Die Erfahrung lehrt, dass solche Pferde
hitzig, schlechte Fresser und nicht ausdauernd zu sein pflegen.
�uh- oder H�nge bauch nennt man, wenn derselbe, wie beim
yieh, einen allzugrossen Umfang hat und zu sehr hinabh�ngt. Er ist
m Reitpferd durchaus nachtheilig, indem er keine gute Sattellage zu-
und die leichte Beweglichkeit des Pferdes sehr beeintr�chtigt. Da
Gestalt im Rippenbau begr�ndet ist, so l�sst er sich auch durch
61ne Futterungsart ab�ndern.
Uen Heu bauch haben Pferde, die mit Rauhfutter stark gen�hrt
en, oder auch junge Thiere, die eben von der Weide kommen. Ist der
PPenbau g�nstig, so wird er sich bei ver�nderter Futterungsweise ver-
lieren.
ei Betrachtung des Bauches hat man ein Hauptaugenmerk auf die
das Athmen entstehende Bewegung zu richten; hiervon gilt im Gan-
asselbe , was schon bei den Flanken und Rippen erw�hnt wurde , nur
°ch hinzuzuf�gen, dass bei d�mpfigen Pferden beim Ausathmen die
gUng stossweise vor sich geht, und beim Einathmen eine starke Rinne
nach dpr r ��
jt Lange des Bauches gegen die untere Rundung zu zeigt, eine starke
�niliche Bewegung der Nasenl�cher ist damit verbunden , auch ge-
1 ein trockener, kurz abgebrochener, dumpfer Husten.
nter Kreuz oder Kruppe versteht man im gew�hnlichen Leben
ganze Hintertheil des Pferdes. Bei Betrachtung der einzelnen Theile
erdes ist hierunter der obere Theil des Hintertheiles gemeint. Zur
age dient dein Ganzen das Becken mit seinen �ussern Seitentheilen
�ften und den Sitzbeinen nebst einigen der ersten Schweifwirbel-
heme.
Eine gute Kruppe f�ngt, von der Seite gesehen, in gleicher H�he mit
^ leren an, senkt sich massig nach dem Schweife zu, erscheint in allen
en von grossem Umfange und ist mit derben, festen Muskeln verse-
-on hinten gesehen soll sich dieselbe in angemessener Breite mit
�brigen K�rper zeigen, und die H�ften nicht allzuweit hervorstehen.
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Die allzugeraden Kruppen finden gew�hnlich viel Beifall, sind aber
h�ufig schwach, besonders dann, wenn sie zugleich schmal sind, und nur
flache, wenig ausgedr�ckte Muskeln haben.
Geh�rnte H�ften nennt man, wenn dieselben von hinten gese-
hen , bei einem massig gef�tterten Pferde zu hoch und zu weit hervorste-
hen. Diese Form entsteht durch die Bildung des H�ftknochens, sie biethet
grossen Muskeln Platz zum Anheften und ist daher, obwohl h�sslich f�r
das Auge h�ufig starken Kruppen eigen. Ist aber das ganze Hintertheil
dabei schmal, ohne derbe, hervortretende Muskeln, so ist das um so h�ss-
licher, auch gewiss nicht mit viel Kraft verbunden.
Es gibt F�lle, dass Fohlen beim Ein- und Auslaufen sich mit der
H�fte an einen Th�rpfosten heftig anstossen, wodurch ein H�ftknochen
eingedr�ckt werden kann. Man sieht dieses ungleiche Hervorstehen der
H�ftknochen beim Betrachten des Pferdes von hinten. Obwohl viele
Pferde damit nicht eigentlich lahm gehen, so ist es doch ein nicht zu �ber-
sehender Fehler, weil h�ufig geringere Muskeln damit verbunden sind,
die dann eine Schw�che in dem ganzen Hinterfusse hervorbringen.
Aber auch ohne Einh�ftigkeit kann ein Abmagern der Muskeln auf
einer Seite der Kruppe in Folge eines grossen Schmerzes, z. B. bei sehr
starkem Knochenspath (ich hatte einmal selbst ein solches Pferd) eintre-
ten, welches man den Schwund oder Verschwind nennt.
Absch�ssig oder abgeschliffen nennt man die Kruppe,
wenn sie sich vom Kreuzbein gegen den Schweif hin sehr stark senkt; sie
gilt f�r h�sslich, obwohl sie mitunter sehr kr�ftig sein kann.
Das Esels- oder Schweinekreuz ist in geringerem Grade ab-
sch�ssig als das abgeschliffene; von hinten gesehen erscheint es schmal
und l�uft spitzig zu.
Das gespaltene Kreuz ist oben durch eine Kinne oder
Furche in zwei H�lften getheilt, wobei die Muskeln zu beiden Seiten sehr
voll sind. Dasselbe findet man nie bei edlen Pferden vom Reitschlage; da-
gegen ist es dem ganz schweren Burgunder Wagenschlage, wie er auch
im Salzburgischen existirt ganz eigenth�mlich und wird von den Fuhrleu-
ten sehr gesch�tzt.
Da nun die Kruppen so verschiedene Formen
haben, wie erkennt man nun die wahre G�te die-
ses Theiles am Pferdek�rper?
Dem Auge des gew�hnlichen Beurtheilers erscheinen sanft abgerun-
dete Formen am Hintertheile die sch�nsten, und desshalb h�lt er sie auch
f�r die besten. Der praktische Pferdekenner liebt mehr grosse Formen an
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leseni Theile des Pferdes, wenn sie auch hie und da etwas eckiger er-
5C leine»i. Ferner ist d e r D i e n s t zu ber�cksichtigen, den das Pferd lei-
sten soll.
Das Reitpferd, welches unter der Last und dem Zwange des Reiters
c allein laufen, springen, sondern auch sich schnell versammeln lassen
so'l, um kurze, schnelle Wendungen auf dem Hintertheile auszuf�hren,
bedarf eine sehr gute, starke Kruppe. Da aber die Reitzwecke die W�nsche
und Red�rfnisse der vielen Reiter sehr verschieden sind, so kann sich
hiernach das Urtheil �ber die Kruppe selbst bei einem zum Reitgebrauche
bestimmten Pferde sehr modificiren.
(Ein N�heres hier�ber noch weiter unten.)
Bei einem Wagenpferde f�r den gew�hnlichen Fahrgebrauch kann
man in der Beurtheilung nachsichtiger sein.
Das schwere Fuhrmannspferd bedarf �berhaupt vieler Masse, und zu
langsamer Ausdauer geeignete Kraft; daher wird viel Breite und St�rke
auch in dieser Parthie sehr erw�nscht sein.
Es wurde schon �fter erw�hnt, dass zur Vollkommenheit des Baues
ganz besonders Uebereins timmung aller Theile nnter sich
und zum Ganzen geh�re; so auch hier. Stellt man sich also hinter das
Pferd, so m�ssen, wenn dasselbe auf seinen 4 F�ssen gerade steht, die
Vorderf�sse von den hintern ganz gedeckt sein; stehen sie breiter, so ist
das Pferd z u breit im Verh�ltniss sum Vordertheil; stehen sie enger, so
ist das Pferd z u schmal im Hintertbeil.
Zur Beurtheilung der Kruppe ist es nicht genug, die Formen dersel-
ben im Stande der Ruhe betrachtet und vielleicht sie als gut erkannt zu
haben; sondern die gr�ssere oder geringere G�te zeigt sich erst im Gange,
namentlich unter dem Reiter; wor�ber das N�here noch weiter unten ge-
sagt werden wird.
Die Hinterbacken nennt man jene grosse muskul�se Parthie , die
vom Becken herab bis zum Kniescheibengelenk und zur Zehe reicht. Es
dient ihr das grosse Oberschenkel- oder Backbein zur Grundlage. Das-
selbe verbindet sich an seinem obern Ende mit dem Becken durch ein
Nussgelenk, wodurch es dem Hinterfuss m�glich wird, seitw�rts zu treten.
Man nennt dieses Gelenk gew�hnlich die P f a n n e.
Von hinten gesehen , muss diese Parthie, selbst bei einem nicht
allzu dick gen�hrten Pferde sehr voll und die Muskeln hervortretend er-
scheinen ; von der Seite gesehen, muss, wenn man sich die H�fte,
das Backen- und Kniescheibengelenk durch eine sich in l�nglicher Rich-
tung verlaufende Linie verbunden denkt, dieses ein sehr grosses Oval bilden.
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Das grosse Oberschenkel- oder �ackbein verbindet sich unten mit
dem Unterschenkelbein. Auf diesem Gelenke liegt ein Knochen,
welcher die Kniescheibe und daher das Ganze das Kniescheibengelenk
heisst.
Die Hose, welcher das Unterschenkelbein zur Grundlage dient,
nennt man den Theil von der Kniescheibe ahw�rts bis zum Sprunggelenke.
Von der Seite betrachtet, muss sie geh�rig lang und breit erscheinen, von
hinten gesehen m�ssen die Muskeln geh�rig gew�lbt zu beiden Seiten her-
vorstehen, dabei trocken und fest anzuf�hlen sein.
Die Hinterbacken und die Hose sind so wichtige Theile an einem
Pferde, das sehr kr�ftiger Leistungen f�hig sein soll, dass diese Parthieen
sozusagen niemals zu kr�ftig und muskul�s sein k�nnen.
Das Sprunggelenk befindet sich zwischen Zehe und R�hrbein
und wird aus 6 in 'S Reihen �ber einander liegender Knochen gebildet.
Ein sch�nes, festes und kr�ftiges Sprunggelenk ist mit kurzen , feinen und
gl�nzendeu Haaren besetzt, und dabei so trocken, dass alle Vertiefungen
und Erh�hungen desselben recht deutlich ins Auge fallen, es also den An-
schein hat, als w�re die Haut auf die Knochen geleimt. Ein dickes, fettes,
aufgedunsenes Sprunggelenk zeugt von keiner Kraft, sondern verr�th viel-
mehr eine Anlage zu Gallen, und �berhaupt zu w�sserigen Geschw�lsten,
Von der Seite angesehen, muss es recht breit sein, und zwischen dem
Hacken- oder Fersenbein und dem unteren Ende des Unterschenkelbeines
eine merkliche Aush�hlung haben. Die starke Sehne, welche sich an dem
Fersenbeine befestigt, und Achillessehne heisst, muss weit vom Unter-
schenkelbeine abliegen und ein sehr derbes Ansehen haben.
Dieses Entferntliegen der Achillessehne wird durch eine gute L�nge
des Fersenbeines hervorgebracht, wodurch, diese Sehne sehr au Hebel-
kraft und dadurch das ganze Hintertheil an fortschiebender Kraft gewinnt.
Je l�nger das Fersenbein ist, und je weiter es dadurch von den �brigen
Sprunggelenksknochen entfernt wird, desto entfernter l�uft auch die
Flechse von ihm am Schienbeine herab, desto breiter wird der Schenkel
und desto gr�sser die Kraft. Ist also diese Parthie schmal, so wird sie
nicht ohne Grund getadelt, indem dies Schw�che verr�th.
(Diese Parthie, sowie die ganze Hose ist beim Hunde ganz besonders
stark und kr�ftig gebildet, worin die Schnelligkeit des Hundes vielfach
begr�ndet sein mag.)
Von hinten betrachtet, muss das Sprunggelenk scharf abgegr�nzt und
keines gr�sser als das andere aussehen; diese verschiedene Gr�sse kann
in einer krankhaften Knochenauftreibung ihren Grund haben; auch d�rfen
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dessen Erh�hungen auf der aus und inwendigen Seite in Absicht der
Gr�sse nicht merklich von einander ahweichen.
Von der G�te oder Mangelhaftigkeit der Theile vom Sprunkgelenke
abw�rts gilt im Ganzen dasselbe, als bei den Theilen vom Knie abw�rts
an den Vorderbeinen.
Nur ist zu bemerken, dass sie im Ganzen etwas st�rker sein werden.
uud dass die hinteren Hufe eine mehr l�ngliche nach der Zehe hin spitzi-
gere Form haben; auch sind sie bei weitem nicht so vielen Fehlern unter-
worfen, als die vorderen Hufe.
Bei manchen Pferden zeigt sich der Theil unmittelbar unter dem
Sprunggelenk sehr schmal, wie zusammengeschn�rt. Man nennt diese feh-
�erhafte Bildung zwar nicht gedrosselt, aber ich habe beobachtet, dass
ei«e kr�ftige, freie Bewegung des Sprunggelenkes damit nicht verbunden
zu sein pflegt.
Betrachtet -man nun die Hinterschenkel im Ganzen, so ist der Winkel
unter welchem das Sprunggelenk gestellt ist, ganz besonders ins Auge zu
fassen. Steht das Unterschenkelbein zu viel nach r�ckw�rts oder ist das-
selbe zu lang, so k�mmt das Sprunggelenk zu weit zur�ck; ist dabei die
Stellung des R�hrbeines nach vorw�rts gerichtet, so entsteht im Sprung-
gelenke ein zu spitzer Winkel; diese Stellung nennt man s�belbeinig.
L�uft das Unterschenkelbein zu gerade herab, oder ist es zu kurz, so
ei'folgt im Sprunggelenke ein zu stumpfer Winkel und man nennt das zu
gerade gestellt.
Gute Pferdekenner verlangen, dass bei einem gut gestellten Hinter-
theile eine von der Kruppe durch das Kniescheibengelenke senkrecht her-
abfallende Linie ungef�hr eine halbe Kopfl�nge vor der Zehe des Hinter-
stes zur Erde komme; eine zweite von der oberen, vorderen Biegung
des Sprunggelenkes herabfallende senkrechte trifft die Zehe des Hufes
u"d eine dritte vom Pfannengelenke ausgehende gedachte, senkrechte f�llt
durch die Trachten der Hinterhufe zur Erde. Da nun weder bei der S�-
belbeinigkeit noch bei der zugeraden Stellung diese senkrechten zutreffen,
so nennt man-beide Stellungen von der Regelm�ssigkeit abweichend, und
obwohl es genug Pferde gibt, die mit beiderlei Stellung recht gute Dienste
leisten, so ist doch h�ufig mit der S�belbeinigkeit ein schwankender,
und mit der zu geraden Stellung einstuppiger nicht genug unter
tretender Gang verbunden und in beiden F�llen ist die nachschiebende
Kraft vermindert.
Bei der S�belbeinigkeit verbindet sich auch gew�hnlich das
Oberschenkelbein mit dem Unterschenkelbein im Kniescheibengelenke
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unter einem zu spitzen, bei der geraden Stellung in den Sprunggelenken
unter einem zu stumpfen Winkel.
Auch best�tiget die Erfahrung, dass Pferde mit geraden Sprungge-
lenken h�ufig in den hintern Fesseln durchtreten, dagegen, dass S�belbeiue
zum �berkn�cheln geneigt sind.
Von hinten betrachtet, muss, wie schon oben gesagt, die Muskulatur
der Backen und der Hosen recht stark und voll hervortreten; die Sprung-
gelenke m�ssen einen massigen Raum zwischen sich lassen und r�ckw�rts
mit den Fersenbeinen nur ein wenig gegeneinander gerichtet sein; diese
Stellung erhalten sie durch die Richtung des der Hose zur Grundlage die-
nenden Knochen, nicht durch ihre eigenen Knochen und deren Zusam-
mensetzung. Die R�hrbeine m�ssen dann bis zur K�the gerade herab-
laufen und die Fesseln weder aus, noch einw�rts gedreht sein.
Diese gerade Stellung des R�hrbeines unter dem Sprunggelenke
die dadurch hervorgehende Bildung des Winkels dieses Gelenkes, die
Breite desselben, die L�nge und Entfernung des Fersenbeines und die
L�nge der Hose geben der ganzen hintern Gliedmasse nicht nur eine
sch�ne, gef�llige Gestalt, sondern sie bewirken auch die m�glichste
Kraft und Schnelligkeit.
Eine von der Mitte der Hinterbacken senkrecht herabfallende
Linie muss alle Theile gleichweit von sieh fern halten; ebenso muss
eine senkrechte von der Mitte der Fersenbeine Sprunkgelenk, R�hr-
bein, K�the, und Fessel, so durchschneiden, dass sie gerade in der
Mitte der Ballen des Hufes zur Erde k�mmt.
Hievon abweichend ist die k u h f � s s i g e Stellung; so nennt man
n�mlich, wenn die Sprunggelenke zu nahe beisammen stehn, und sich
die untern Gliedmassen nach unten von einander entfernen. H�u-
fig ist diese mit der s�belbeinigen Stellung verbunden und ihr h�ch-
ster Grad ist, wenn sich die Sprunggelenke im Gehen aneinander
reiben.
Eine andere Abweichung von der Regelm�ssigkeit ist die knie-
weite Stellung. Hiebei stehn die Sprunggelenke zu weit auseinan-
der, und pflegen sich im Gange nach ausw�rts zu neigen. Diese beiden
Stellungen k�nnen in fehlerhafter Form des Beckens ihren Grund
haben; �fter sind sie aber in der Richtung des Unterschenkelbeines
und seiner Verbindung mit dem Oberschenkelbeine im Kniescheibenge-
lenke begr�ndet.
Zu eng gestellte Hinterbeine pflegen sich im Gange zu streichen.
(Siehe oben bei den Vorderbeinen.)
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Ob und in welchem Grade alle diese fehlerhaften Stellungen wirk-
nachtheilig sind, kann man nur in Ber�cksichtigung des Dienstes
WOzu das Pferd verwendet werden soll, im Gange beurtheilen, wor�ber
das N�here weiter unten.
Bei edlen Pferden findet man die kuhf�ssige oder s�belbeinige
Stellung sehr selten, fast nie.
Oer Schweif; ihm liegt die Schweifr�be oder Ruthe zum
Grunde, dieselbe wird durch die 16�18 Schweifwirbel, nebst Muskeln,
aut etc. gebildet. Der Schweif heisst sch�nangesetzt, wenn er
Us einen vollen, sch�nem Kreuze hervorgeht: er selbst ist sch�n,
Wenn er eine massig dicke aber recht derbe und feste R�be hat und
Vlelen, langen und feinen Haaren besetzt ist.
Ein solcher im Bogen getragener Schweif ist h�ufig der Gegen-
aod allgemeinen Gefallens und beim grossen Publikum wird ein damit
-rsehenes Pferd auch gleich f�r besser gehalten als jenes, welches
en Schweif minder sch�n tr�gt.
w den Augen des praktischen Pferdekenners wird der wahre
ebrauchs werth des Pferdes dadurch nicht ver�ndert, ob das Pferd
,nen mehr oder weniger sch�nen Schweif hat; aber sicher ist es, dass
sch�n behaarter, massig im Bogen getragener Schweif, ebenso wie
e lange feine M�hne, eine grosse Zierde des Pferdes ausmacht, auch
"ferde ein kr�ftigeres, und muthigeres Ansehen gibt; ebenso ist
Ansatz und die Art des Tragens des Schweifes ein eharakteristi-
^hes Kennzeichen des edlen Pferdes.
Alle Welt findet einen kahlen mit kurzen, wenigen Haaren verse-
en Schweif, (Rattenschweif genannt,) h�sslich; ein solches Pferd
gef�llt Wenigem, es wird desshalb f�r weniger Werth gehalten, es ist
^ein so gesuchter Handelsartikel, und nur darin liegt der h�here Werth
ei»es mit einem sch�nen Schweif versehenen Pferdes.
uer praktische Pferdekenner wird ein schlechtes Pferd wegen eines
onen Schweifes nicht f�r ein gutes halten, und sich wegen eines hass-
en oder nicht h�bsch getragenen Schweifes nicht gegen ein sonst gutes
pferd einnehmeu lassen.
Wenn ihm aber zwischen zwei sonst ganz gleich guten Pfer-
en. das eine mit sch�nen, gut getragenen, das andere mit h�sslichen,
schlecht getragenen Schweife, die Wahl frei steht, so liegt es in seinem
e"genen wohlverstandenen Interesse, das Pferd mit dem sch�nen Schweife
z« w�hlen.
Das Schieftragen beeintr�chtigt nur darum den Werth des Pferdes,
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weil es f�rs Auge ungef�llig erscheint. Ein sch�ner Schweif ist jedenfalls
ein H and eis vor t h eil, ein h�sslicher ein Handel sfe hl er.
Der After, als das Ende und die M�ndung des Mastdarmes muss
vollkommen zusammengezogen sein, und nichts geschwollenes zeigen.
Das G e b u r t s g 1 i e d bei Stuten, auch Wurf oder S c h a m
genannt, muss mittelst der Lefzen geh�rig geschlossen sein ; ist es etwas
aufgedunsen, und l�sst eine z�he, eiweiss�hnliche Feuchtigkeit ausfliesen, die
sich in langen F�den herunterzieht, so ist es ein Zeichen, dass die Stutte
Begattung w�nscht, d. h. rossig sei.
DasEuter nebst den beiden Zitzen ist bei den Stuten an eben
dem Orte, wo sich das Geschr�te bei den Hengsten befindet.
Diese Theile m�ssen von angemessener Gr�sse und derb sein, aber
nichts Verh�rtetes an sich haben. Stuten, die ges�ugt, haben ein schlaffe-
res und gr�sseres Euler als solche, die noch nicht ges�ugt haben, auch
sind bei ersteren die Zitzen l�nger und platter als bei letzteren.
Unter Geschr�te wird der ganze zu den m�nnlichen Geschlechs-
theilen geh�rende Apparat, als Hoden, Hodensack, Schlauch und Ruthe
verstanden.
Das Ganze muss von massiger Gr�sse, beim Anf�hlen derb sein,
jedoch nichts verh�rtetes, geschwollenes, oder erschlafftes an sich
haben, und sich im Gange des Pferdes so wie beim Ber�hren sich kr�u-
seln und hinaufziehen.
Die Hoden sind nicht selten von ungleicher Gr�sse, was aber, wenn
sie beim Anf�hlen nichts krankhaftes zu erkennen geben, gleichg�ltig ist.
Ein schlaffes, aufgedunsenes herunterh�ngendes Geschr�te zeigt von
einer Schw�che in diesen Theiien und findet sich bei Hengsten, die zur
Zeit krank oder es eben gewesen sind.
Unter Klopf oder Spitzhengst versteht man, wenn nur ein Ho-
den sichtbar und f�hlbar, der andere aber in der Bauchh�hle zur�ckge-
blieben ist; auch gibt es seltene F�lle wo dieses mit beiden Hoden der
Fall ist. Die Klopfhengste pflegen nach Stuten hitziger zu sein, als
Hengste wo beide Hoden im Hodensacke sichtbar sind. Da die Castration
eines Klopfhengstes mit sehr viel Gefahr verbunden, auch bis jetzt noch
sehr selten unternommen worden ist, so verlieren solche Pferde um somehr
an Werth, weil sie meistens auch b�sartig zu sein pflegen.
Wallach nennt man ein Pferd, dem durch die bekannte Operation
Gastriren genannt, beide Hoden genommen worden sind. Hie und da nennt
man auch einen Wallach, ein halbes Pferd. Zu den vielfachen Ge-
brauchszwecken hier zu Lande sind Wallachen h�utig sehr gute, verwend-
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are pferde, wo der Gebrauch der Hengste mit vielmehr Last, mitunter
auch Gefahr f�r den Menschen verbunden w�re. Im Orient soll diese Ope-
0n nie angewendet werden ; selbst die Reiterei hat nur Hengste.
Der Schlauch ist als eine Scheide f�r das m�nnliche Glied, die
Huthe anzusehen. Er muss eine angemessene Gr�sse haben, und nur ober-
Warts mit kurzen Haaren besetzt sein; ist er zu gross und dick, ohne
lankhaft zu sein, so nennt man dieses Fettschlauch.
Die Ruthe, das Hengstglied oder auch Schaft genannt,
egt in dem Schlauche verborgen, und kommt nur zum Vorschein, wenn
der Hengst urinirt oder sich zur Begattung anschickt. Im ersteren Falle
rauss sie aus dem Schlauche hinl�nglich hervortreten; ausschachten,
dan"t das Innere des Schlauches nicht durch den Urin verunrei-
nigt werde.
Als Begattungswerkzeug des Hengstes betrachtet, muss sie m�glichst
8 att> rein, gerade und im Verh�ltniss der Gr�sse und St�rke des Pferdes
auch eine den Begattungsakt bef�rdernde L�nge und Dicke haben. Denn
/u betr�chtliche Gr�sse und St�rke, sowie auffallende Kleinheit, Unver-
m°gen sich zu steifen und l�ngere Zeit sieh steif zu erhalten, gekr�mmte
Ulld gebogene Richtung u. s. w., erschweren die Begattung und bef�higen
c en Hengst nur wenig zum Besch�ler.
Aeusserlich sichtbare Fehler.
Wir wollen nun die �usserlich sichtbaren Fehler kennen lernen und
angen dabei wiederum beim Kopfe an.
_ Setzungen am Kopfe und seinen einzelnen Theilen sind z. B. zer-
schhtzte oder abgeschnittene Ohren;
Brandmerkmale auf dem Vorkopfe unter dem Sch�pfe, die wegen
Kopfkrankheiten angebracht wurden.
Zerrissene Augenlieder;
Narben an den Ganaschen in Folge von Haarseilen bei Augenleiden ;
Dicke Haut auf dem Nasenbeine in Folge von Anwendung des Kapp-
zaumes ;
Verletzung der Keimkettengrube durch schlecht passende Kinn-
Gel�hmte Unterlippe:
Am Hinterkieferrande unsch�dliche Knochenausw�chse:
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Zahnfistel; diese erkennt man an einer Geschwulst mit einer kleinen
Oeffnung, aus welcher stinkender, jauchiger Eiter fliesst, und der Hartn�-
ckigkeit ihrer Heilung wegen stets bedenklich ist.
(Die Augenleiden wurden schon fr�her, besprochen,) ebenso die im
Inneren des Maules vorkommenden Verletzungen, als Ladendruck
zerrissene Zunge.)
Bei Untersuchung des K e h 1 g a n g e s und der Nase entdeckt man
Krankheiten, die im Innern Lebenshaushalte ihren Grund haben. Im Kehl-
gange liegen n�mlich unter der Haut die Limpfdr�sen, welche im gesun-
den Zustande kaum als einzelne K�rner bemerkbar sind; in kranken Zu-
st�nden aber verschiedenartig ver�ndert angetroffen werden; denn so fin-
det man sie beim einfachen Str enge 1, Drusse, etc. schmerzhaft
angeschwollen, bei Rotz und verd�chtiger Dr�se schmerzlos,
kugel�hnlich geschwollen, verh�rtet und auf einer Seite festsitzend.
Bei der gutartigen Dr�se findet aus beiden Nasenl�chern ein weiss-
lich, schleimiger, ziemlich fl�ssiger Ausfluss statt; erfolgt aber dieser Aus-
fluss nur aus einem Nasenloche, so ist das Pferd um so mehr in h�herem
Grade des Rotzes verd�chtig, wenn der Ausfluss z�he ist, an dem Rande
des Nasenloches festklebt oder gar zu Zeiten mit Blut und Eiter ver-
mischt und �belriechend ist.
Die Beschaffenheit der Nasenschleimhaut ist dabei von sehr dunkel-
rother meist aber bleigrauer F�rbung oder auch eine Schattirung zwischen
beiden. Zeigen sich dabei auf dem Ueberzug der Nasenscheidewand nicht
blos wunde Flecke, sondern kleine, meist etwas rundliche, tiefe Geschw�re
mit. erhabenen R�ndern, so ist kein Zweifel �ber das Vorhandensein des
Rotzes.
Anmerkung. Ein rotzkrankes Pferd kann noch l�ngere Zeit bei
Appetit und Arbeitskraft verbleiben und auch dabei gut aussehen.
Es mag dieses auch der Hauptgrund sein, warum der gew�hnliche
Bauer und Fuhrmann nichts dazu thut, und die Krankheit vom Thierarzt
behandeln zu lassen; denn das Pferd frisst ja, thut seine Arbeit, der
Thierarzt ist nicht im Ort, �brigens kostet die Kur auch Geld , das Pferd
wird als rotzkrank erkannt, vertilgt u. s. w. Ob der Rotz wirklich so
ansteckend ist, als es im Allgemeinen angenommen wird, kann ich nicht
entscheiden; denn es sollen Versuche gemacht worden sein, dass man
gesunde Pferde mit Rotzkranken aus einer Krippe fressen, aus einem Ge-
lasse saufen Hess, dass man sie mit demselben Gebiss z�umte, mit demsel-
ben Putzzeug reinigte u. s. w. Einige der gesunden Pferde wurden alsdann
auch rotzkrank, andere nicht.
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Eigentlich f�r unheilbar gehalten, tauchen immer wieder Leute auf,
°he behaupten den Rotz geheilt zu haben, oder ein sicheres Mittel zur
euung zu wissen. Ich habe selbst einen Fall erlebt, wo ein durch 1 l/2
lre als rotzkrank behandeltes Pferd von einem andern Arzt durch An-
endung von Arsenik in hom�opathischen Gaben ganz hergestellt wurde.
" acndem ich das Pferd durch einige Monate als ganz gesund erscheinend
gesehen hatte, verliess das Pferd den Ort meines Aufenthaltes und ich
De nachher nichts mehr von ihm geh�rt. Zu bemerken ist, dass bei die-
em Pferde am Nasenbein, in der Gegend, wo im Innern die Siebbeine
Sen, im Laufe der Kur mit Arsenik eine haarlose Stelle entstand. We-
5 a dieses einen Falles kann ich nat�rlich nicht behaupten, dass der Rotz
1 bar sei; die Unheilbarkeit des in einer allgemeinen �lutverderbniss
estehenden Rotzes scheint bis jetzt noch festzustehen. Der von mir er-
e fall mag wohl nur in lokalem Rotz, der nur seinen Sitz in den Sieb-
bei"en hat, bestanden haben.
Indem die Rotzkrankheit in gewissen Gegenden sozusagen nie auf-
01', in andern Gegenden fast nie oder selten erscheint, so muss dieses in
Sewissen allgemeinen oder stets regelm�ssig wiederkehrenden Ursachen
meinen Grund haben. Ich glaube die Beobachtung gemacht zu haben, dass
■ o'che Gegenden, wo die Menschen viel am Fieber, Sumpffieber leiden, am
'eisten davon heimgesucht werden. Da dieses Fieber am wirksamsten
ch Verlassen einer solchen Gegend auf l�ngere Zeit, also durch ganz-
eren Luft und Nahrungswechsel geheilt wird, so w�ren Proben mit rotzi-
gen Pferden in dieser Weise sehr interessant.
Dass der Rotz nach Feldz�gen, wo die Pferde durclr mancherlei Ent-
nrungen an regelm�ssiger, gesunder Nahrung, durch Witterungseinfl�sse
"d Strapatzen aller Art herabgekommen sind, fast immer ausbricht, ist
ekannt. Es �ussert sich eben auf diese Weise die durch ebengenannte
TT
''Sachen eingetretene Verderbniss der Nahrungss�fte.
(Die von der thier�rztlichen Gesundheitspolizei vorgeschriebenen
orsichtmassregeln, um die Verbreitung des Rotzes hintanzuhalten, sind
bekannt und ihre Befolgung stets anzurathen.)
Am Genick ist �fter eine Geschwulst oder ein offenes Geschw�r an-
zutreffen, das in die Muskeln und Sehnen geht, und viel w�sserigen, �bel-
riechenden Eiter gibt; man nennt das eine Genickfistel. Sie entsteht mei-
en von scharfen S�ften, ist als bedeutend anzusehen und schliesst jeden-
falls das Pferd vom Kaufe aus.
ua, mau in 'vorkommenden F�llen an der grossen Halsvene zur Ader
zu lassen pflegt, so bleiben hier �fter runde, schlaffe, unschmerzhafte Beu-
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len als unsch�dliche Folgen zur�ck. Da sie jedoch Zeichen sind, dass das
Pferd an einer heftigen Entz�ndung krank war, z. B. einer Lungenentz�n-
dung oder heftigen Kolik gelitten hat, so muss man ein solches Pferd dann
um so aufmerksamer untersuchen. Wenn aber eine gespannte, harte und
lange Geschwulst �ber der Ader�ffnung nach dem Halse hinaufgeht, und
eine fl�ssige Materie aus der Ader�ffnung fliesst, diese auch hervorge-
drungenes, schwammiges Fleisch zeigt, so ist dieses eine Aderfistel, die
als nicht unbedeutend anzusehen und in ihrer Heilung oftmal beschwerlich
und langwierig ist.
Der M � h n e n gr i n d ist eine Ausschlagskrankheit am Kamnirande
des Halses mit Ausfallen der M�hnen und Erzeugung kleiner, fressender
Hautgeschw�re.
Der Weichselzopf, eine aus allgemeiuen Krankheitsursachen
entstandene Verfilzung der M�hnenhaare mit krankhafter Bildung der
Haare selbst, der �brigens auch als un�cht aus �rtlich en Einwirkungen,
Unreinlichkeit etc. entstehen kann.
Anschwellungen der Ohrspeicheldr�sen, dessgleichen der
Schilddr�sen; Narben am oberen Theile des Halses von Haarseilen
oder Scharfsalben bei Kopf- und Augenkrankheiten; kahle Stellen am
obern Theile des Halses vom Koppriemen, sind alles Makel, welche eine
um so vorsichtigere Untersuchung des Pferdes anrathen.
Der Widerrist wird �fter durch Kummet oder Sattel gedr�ckt und
entstehen hier �fters Entz�ndungsgeschwulste, welche durch die Art, Dauer
und den Grad des Druckes Fl�ssigkeiten ergossen zeigen, auch eitern oder
gar in Brand �bergehen, und in dieser Beziehung schwierige, hartn�ckige,
selbst gef�hrliche Leiden darstellen. In Folge derselben entstehen zuwei-
len Zerst�rung des Nackenbandes, Beinfrass an den Dornforts�tzen der
R�ckenwirbel, Fistelgeschw�re u. s. w., die das Pferd l�ngere Zeit un-
tauglich machen. Es bleiben dann gew�hnlich haarlose Narben , weissbe-
haarte Flecke etc. zur�ck.
Aehnliche Besch�digungen kommen aus �hnlichen Ursachen auch auf
dem R�cken vor.
Narben auf der Brust sind meistens r�ckgebliebene Spuren von
Haarseilen, Fontanellen (Lederstecken) wegen verschiedener Krankheiten
und berechtigen zur genauen Untersuchung des allgemeinen Gesundheits-
zustandes.
Narben oder haarlose Flecken auf der Schulter deuten .an,
dass das Pferd einmal an der Bug- oder Sehulterl�hmung litt.Diese
entsteht durch verschiedene Ursachen und ist daher mehr oder weniger
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m
ahrlich. Ist sie durch �ussere Gewalt, einen Schlag, Stoss etc. entstan-
> was man an der Geschwulst, erh�hten W�rme, Schmerz beim Ber�h-
erkennt so ist es eben eine Contusion, wie jede andere derartige und
sich bald heilen, ohne dass ein R�ckfall zu besorgen sei.
Ist die Bugl�hmung aber von einer gewaltth�tigen Bewegung, sei es
rch Springen, schnelles Umdrehen oder Fallen entstanden, so kann eine
Irrung der Sehnen, Muskeln und B�nder vorhanden sein. In diesem Falle
st an keinem Theile des Schenkels Geschwulst, Hitze oder Schmerz beim
sten Ber�hren zu entdecken; die Heilung ist alsdann misslicher und man
1 Ursache zu bef�rchten, dass das Pferd, wenn es nach erfolgter Hei-
n8 etwas stark gebraucht wird oder einen Fehltritt thut, �ber kurz oder
nS einen R�ckfall dieser L�hmung bekomme. Nicht selten ist eine L�h-
mui»g in diesen Theilen rheumatischer Art.
Die Bugl�hmung wird h�ufig Pferden angeschuldigt, wenn sie nicht
l*handen, sondern der Schmerz wahrscheinlich seinen Sitz im Innern des
'es hat (Hufgelenkl�hme, wovon weiter unten).
Es ist h�ufig sehr schwer, sich mit Bestimmtheit dar�ber auszuspre-
leu. ob ein Pferd buglahm sei, oder nicht. Man will es am besten da-
rch erkennen, dass ein buglahmes Pferd beim Zur�cktreten den lahmen
ss nicht biegt und hebt, sondern steif �ber den Boden zur�ckzieht,
enso, dass das Pferd beim Vorw�rtsgehen die ganze Gliedmasse nicht
t> rade vorw�rts, sondern in einem Bogen von der Seite ausholend (m�-
naj vorw�rts setze, und dass es einen erhabenen Gegenstand, eben weil
uie Gliedmasse nicht liegen oder heben mag oder kann, nicht zu �ber-
schreiten vermag.
"or der Brust und am Buggelenke kommen bei Zugpferden �fter Ent-
lc"ittgsgeschw�lste, schwammige Geschw�lste, Hautschwielen und wunde
eleu vor, entstanden durch den Druck schlechter Geschirre; ihre
° 0ssere oder geringere Bedeutendheit ist leicht zu erkennen.
-in der Spitze des Ellbogens k�mmt die sogenannte St ollbeule
ei Stollschwamm vor. Es ist dieses eine runde Geschwulst, die so-
durch von aussen entstehenden Druck, indem beim Liegen das Huf-
" sen auf diesen Punkt dr�ckt, als auch aus allgemeinen Krankheitsur-
ehen entstehen soll. Anf�nglich ist sie �fter sehr heiss und schmerzhaft,
verursacht eine Spannung, die das Pferd lahm macht. 1st sie klein
<1 ohne grosse Hitze , so macht sie nicht lahm. Sie beeintr�chtigt das
,USSei'e Ansehen des Pferdes und l�sst sich durch_Einreibungen, Opera-
IOn 0c^er Brennen beseitigen. Ein zur�ckbleibender kahler Fleck, scHwie-
^e Haut, deuten auf das Dagewesensein dieses Leidens; einmal
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entstanden, pflegt sie auch nach geschehener Heilung �fter wiederzu-
kehren.
(Narben oder haarlose Stellen oder weissbehaarte Flecke auf den
Knieen siehe oben.)
Zu Folge stattgehabter heftiger, �usserer Verletzungen entstehen am
Knie Verdickungen, die den Knieschwamm begr�nden, und harte Auftrei-
bungen zeugen sogar von wirklichen Verwachsungen der Knochen im
Kniegelenke und sind gew�hnlich mit Gebrauch st�render Steifigkeit ver-
bunden.
Die sogenannte Raspe besteht in quer durchgehenden Schrunden
oder Rissen in der Kniebiegung, welche eine mauken�hnliche Feuchtigkeit
aussickern, Spannung, Schmerz und Lahmgehen verursachen; ihre Heilung
ist �fter recht hartn�ckig.
K n i e g a 11 e n sind rundliche, weiche Geschw�lste an der �ussern
Seite des Kniees; es sind Erweiterungen des Kapselbandes mit Anf�llung
von Gelenkschmiere, welche anf�nglich blos das �ussere Ansehen beein-
tr�chtigen , bei gr�sserer Zunahme aber selbst der Bewegung nachtheilig
werden.
Am Schienbeinknochen kommen kleine Knochenerh�hungen vor, die
unter dem Namen Ueberbeine bekannt sind. Sie entstehen fast nur
an der innern, h�chst selten an der �ussern Seite des Schienbeins. Dies
mag sich daraus erkl�ren lassen, dass das innere Griffelbein n�her bei
dem Unterst�tzungspunkte des ganzen K�rpers liegt, mehr zu tragen hat,
als das �ussere und daher der Entz�ndung und der nachfolgenden Aus-
schwitzung von Knochenmasse eher unterworfen ist. Ein Ueberbein bildet
sich h�ufig sehr schnell, so zu sagen �ber Nacht; anf�nglich geht das
Pferd gew�hnlich lahm daran (jedoch nicht in jedem Falle), weil die Bein-
haut schmerzhaft gespannt ist; hat sie sich aber an die Ausdehnung ge-
w�hnt, so nimmt der Schmerz ab und das Hinken verschwindet, wenn
nicht das Ueberbein die Bewegung einer Sehne oder eines Bandes hindert,
oder in der N�he des Gelenkes ist; in diesen F�llen beeintr�chtigt es die
freie Bewegung, verursacht Druck und Entz�ndung. Daher sind Ueber-
beine nicht nothwendig als Hauptfehler anzusehen, und k�nnen dem Gang
und Werthe des Pferdes ganz unsch�dlich sein; denn alles h�ngt von der
Stelle ab, wo es sich befindet, ob das Ueberbein erst im Entstehen oder
schon ausgebildet ist u. s, w.
Die r�ckw�rts am Schienbein herablaufende grosse Beugesehne ist
einem Leiden ausgesetzt, das man den Sehnenklapp nennt.
Die Beugesehne n�mlich ist in eine Scheide eingeschlossen, welche
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eine Fl�ssigkeit absondert, die zur Verminderung der Reibung dient.
Wenn nun ein Pferd zu hart arbeiten muss, oder pl�tzlich und stark ange-
strengt wird, so entsteht Entz�ndung dieser Scheide, die abgesonderte
Fl�ssigkeit gerinnt, es bilden sich Verwachsungen zwischen der Sehne und
ihrer Scheide, die Bewegung wird schwierig und schmerzhaft.
In andern F�llen reissen einige der Fasern, welche die Sehnen befe-
stigen in Folge der �berm�ssigen Anstrengung. Der Schmerz und das
Hinken ist gew�hnlich sehr bedeutend; die Angst, welche das Thier bei
jeder Bewegung des Gliedes �ussert, die Hitze und Geschwulst, bezeichnen
den Sitz der Krankheit sehr deutlich.
Die Heilung pflegt etwas langsam von Statten zu gehen; und das Lei-
den bei vorkommenden Gelegenheiten sich zu erneuern. Entdeckt man da-
her bei Untersuchung eines Pferdes, indem man die grosse Beugesehne be-
f�hlt, Anwulstungen oder Verdickungen, so hat man Ursache, misstrauisch
und vorsichtig zu sein.
Nahe bei den K�thengelenken findet man �fter an den Hinter- als
Vorderbeinen betr�chtliche Auftreibungeu in gr�sserer oder kleinerer
Form, die man Flussgallen nennt. Sie bestehen in einer Ausscheidung
der schl�pfrigen Fl�ssigkeit der Sehnenscheiden, und da die Sehnen
h�ufig sich nahe an Gelenken befestigen, und daselbst die meiste Bewe-
gung stattfindet, so werden diese Schleims�cke durch heftige Bewegung
oder Ausdehnung krank, sie entz�nden sich, werden gr�sser, gespannt
und hart.
W�hrend der Bildung der Flussgallen und bis die Entz�ndung nach-
l�sst, geht das Thier etwas lahm, sonst aber, ausgenommen die Gallen w�-
ren sehr gross, st�ren sie die Bewegung nicht, und es gibt wenige Pferde
die davon ganz frei w�ren.
Finden sie bei jungen Pferden schon in ziemlicher Gr�sse statt, so
kann man mit Sicherheit auf Schw�che dieser Gelenke schliessen; findet
man sie bei �lteren Pferden, die sich schon in der Arbeit gut bew�hrt ha-
ben , und sind sie in nicht zu grosser Ausdehnung vorhanden, so beein-
tr�chtigen sie den Werth des Pferdes wenig; sie sind dann eben ein Han-
delsfehler.
Finden sie auf beiden Seiten des K�thengelenkes statt, so nennt man
sie durchgehende Gallen; sind diese sehr gross und hart, so ma-
chen sie fast immer lahm.
Da dieses Gelenk bei den verschiedenen Gangarten bedeutende An-.
strengungen erleidet, so ist es auch mannigfachen Verstauchungen und
Verrenkungen ausgesetzt, in deren Folge krankhafte Entartungen und
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Verdickungen der Strecksehne entstehen, wodurch die Beweglichkeit die-
ses Gelenkes gehindert wird. Man nennt dieses k�thensch�ssig und
in hohen Grade vorhanden Stelzf�s sig. Bei ganz ausgebildetem Stelz-
t'usse jedoch findet auch eine krankhafte Knochenverwachsung zwischen
dem Fessel- und dem Kronenbeine statt. Zu bemerken ist, dass Stelzfuss
meist nur an einem Fusse vorkommt. Die gerade Stellung der Fesseln
kann auch ein Naturfehler sein; alsdann aber zeigt sich das ganze Gelenk
trocken, rein und ohne hrankhafte Verdickungen.
Haarlose Stellen oder Narben auf der vorderen Seite des
K�lhengelenkes sind meistens ein Ueberbleibsel eines Falles; zuweilen
aber entstehen sie auch durch das Liegen, wenn eine geringe Streu
zur�ckgekratzt wurde.
Leiden des Fesselgelenkes. Heftige und �fter wiederholte
Ausdehnungen der an jenen Konchen sich fortsetzenden Sehnen bringen Ent-
z�ndungen der Beinhaut hervor, es bildet sich Ausschwitzung von Knochen-
materie, welche oft zunimmt, und sich als krankhafte Erhabenheit zeigt.
Findet diese Erhabenheit nur an der �usseren oder inneren Seite des Fessel-
beines statt, so nennt man dieses Leisten, dehnt sie sich um das ganze Fes-
selbein aus, Ringbein auch Seh aale. Dieses Leiden kommt nach Um-
st�nden an allen vier Fesseln vor, und es kann dadurch namentlich an den
Vorderbeinen bedeutendes Hinken entstehn. Zuerst verw�chst das Fessel-
mit dem Kronbein durch Knockenmaterie und das Gelenk hat alle Be-
weglichkeit verloren; in gr�sserer Ausdehnung geht dann die Krankheit
auf die Hufbeinknorpel und auf das Hufgelenk �ber, und die Bewegung
dieser Theile wird ebenfalls eingeb�sst indem sie alle zusammen in eine
schwammige Knochenmasse verwachsen.
An der R�ckfl�che des Fesseis erscheinen Schrunden und Quer-
risse mit Ausschwitzung einer scharfen, �tzenden Fl�ssigkeit, wobei sich
die Haut stark ger�thet, entz�ndet und trocken zeigt. Man nennt dieses
Leiden Mauke. Sie k�mmt viel �fter an den h i n t e r n als an den v o r-
deren Fesseln vor, macht dem Pferde im Gehen Schmerzen, indem die
Haut ihrer Fettigkeit entbehrt, trocken und heiss ist, und in der Bewe-
gung die Schrunden aufspringen. Sie entsteht meistens, durch Unreinlich-
keit, schlechte "Wartung, feuchte nasskalte Stallungen und besonders wenn
im Winter nach der Arbeit die Fesseln nicht gut abgetrocknet, oder wenn
das Pferd von der Arbeit noch erhitzt, die Fesseln mit kaltem Wasser
abgewaschen werden.
Mauke verursacht dem Pferde immer sehr viel Schmerz und macht
das Pferd undienstbar, es ist desshalb, wenn Reiterei im Winter, oder
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auch in anderer Jahreszeit namentlich im Hochgebirge marschiert,
wo �fter kleine Wildb�che durchritten werden m�ssen, alle Sorgfalt
u�thig dies Leiden m�glichst hintanzuhalten.
Eine gr�ssere Ausdehnung dieses Krankheitszustandes ist der
Straub- oder Igelsfuss, der sich dann um die ganze Krone verbreitet
und von dem struppigen Aufstehen der Haare seinen Namen haben mag.
Schlechte Stallbehandlung und Vernachl�ssigung der Krankheit brin-
gen noch einen h�heren Grad derselben hervor; es entstehen schwammige
Ausw�chse, die sehr empfindlich sind, bei der leisesten Ber�hrung bluten
Und unter dem Namen Feigwarzen bekannt sind. Ein stinkender und
eigent�mlicher Ausfluss findet auf der ganzen kranken Oberfl�che statt
und das Pferd leidet dabei sehr.
Zufolge Verwundungen mittelst der Halfterkette in welche das Pferd
eingehauen haben kann, bleiben �fter im Fessel haarlose Flecke oder auch
verh�rtete W�lsten zur�ck, die h�sslich aussehen aber �brigens unsch�d-
lich sein k�nnen.
An den Hinterfesseln k�mmt diese Art Verletzung �fter vor, als an
den vordem.
Die Krone wird �fter dadurch verletzt, wenn sich scharf beschlagene
Pferde auf die Krone treten; man nennt dieses Kronen tritt. Ist der
Tritt nicht gar zu heftig gewesen, so ist die Sache nicht gef�hrlich, ist
aber der Stollen tief eingedrungen, so kann das Pferd lahm gehen, und
man hat Sorge zu tragen, dass die Wunde nicht abw�rts eitert.
Bei verschiedenen Hufkrankheiten erscheint auch die Krone krank-
haft ergriffen, z. B. bei Verkn�cherungen der Hufknorpel aufgetrieben
und hart; bei der Knorpelfistel aufgetrieben, weicher und sehr schmerz-
haft, nicht selten mit Fistel�ffnungen und die Krone vom Hufe getrennt;
bei heftigen Entz�ndungen der im Hufe eingeschlossenen Weichtheile,
Rehe und anderen Leiden entz�ndlich angeschwollen.
D er Hu f, als der unterste Theil der ganzen Gliedmasse worauf dfe
ganze K�rperlast ruht, und der mit dem Boden in unmittelbarer Ber�h-
rung hommt, ist mancherlei Gebrechen ausgesetzt, die man in drei Haupt-
abtheilungen zusammenfassen kann, und zwar:
1. Mangelhafte Bildung und krankhafter Zustand
des Hufes im Ganzen.
Im Verh�ltniss zu den �brigen K�rpertheilen kann der Huf als z u
gross erscheinen, indem er nicht nur betr�chtlich hoch sondern auch -
breit in den W�nden und der Sohle ist und so auch eine ziemliche
Schwere besitzt; oder er ist auch z u k 1 e i n.
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Beide Formen k�nnen gesund, aber wegen ihrem Missverh�ltniss zum
�brigen K�rper zum Fehler sowohl in der Leichtigkeit der Bewegung als
in der Sicherheit des Auftrittes werden.
Eine andere fehlerhafte Hufform, die sich schon krankhafter Bildung
n�hert wird durch die Beschaffenheit des Huf'hornes gebildet. So unterschei-
det man den weichen Huf mit auffallender Weichheit der Hornmasse ;
den spr�den Huf mit auffallender Spr�digkeit und H�rte des Hor-
nes, namentlich an den W�nden, so dass es beim Einschlagen der N�gel
aussplittert und bricht, und das Eisen nicht oder nur nothd�rftig darauf
sich befestigen l�sst; dann den Huf mit schwachen, d�nnen W�nden;
bei solchen lassen sich dieW�nde nicht nur leicht zusammendr�cken, sondern
beg�nstigen auch verschiedene krankhafte Zust�nde, sie werden vom Eisen
leicht gedr�ckt, sind leicht dem Vernageln ausgesetzt, und werden bei gr�s-
seren Anstrengungen auf harten Boden leicht schmerzhaft.
Die wirklich krankhaften, fehlerhaften Hufe heissen:
Der schmale oder Eselshuf; dieser hat hohe Seitenw�nde, ver-
l�ngerte Zehe, enge Ballen, sehr hohle Sohle und einen kleinen, mage-
ren Strahl.
Der Zwanghuf ist dem ersten sehr �hnlich, nur pflegt er nicht so
hohe Seitenw�nde zu haben, und wird mehr durch schlechte Conservation
der Hufe hervorgebracht, als wie er angeboren ist. Er ist allerdings ein
Fehler, der, bedeutend vorhanden, das Pferd sehr lahm machen kann; sei-
ner g�nzlichen Ausartung kann jedoch durch feucht erhaltende und
erweiternde Mittel nebst einem zweckm�ssigen Beschl�ge, in den meisten
F�llen vorgebeugt werden. Oft haben edle, in trockenen Gebirgsgegenden
erzogene Pferde zu diesen beiden Hufformen viel Anlage.
Der Bockhnf; hat hohe steile Seiten- und Fersenw�nde, abge-
k�rzte Zehe, meist wulstige Krone, tief ausgeh�hlte Sohle und schwachen
Strahl; er �ndert die Stellung des Fusses durch zu gerade Stellung des
Fesseis u. s. w� und ist sehr h�ufig angeboren, selten erworben. Die zu
hohe Trachte l�sst sich nicht hinl�nglich niederschneiden, weil die inne-
ren Weichtheile des Hufes zu nahe liegen.
Der Platt- oder Flachhuf; hat schiefe weit auseinander
gehende W�nde, niedere Trachten, weiche, grosse Ballen, flache Sohle
und breiten, weichen Strahl; die Richtung von der Krone gegen die Zehe
ist keine gerade schief herablaufende, sondern erscheint als etwas ein-
gedr�ckt.
Der Vollhuf; derselbe hat eine fast gew�lbt hervorstehende
Sohle, flache, niedrige d�nne W�nde und bald einen sehmalen, bald einen
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zu vollen Strahl, wodurch der Huf anstatt mit dem Tragrande der W�nde
vielmehr mit der Sohle auftritt und so ganz den nachtheiligen Einwirkun-
gen der Bodenbeschaffenheit ausgesetzt ist.
Zu diesen beiden letztgenannten Hufbildungen haben gemeine Pferde
in nassen, niedrigen Gegenden erzogen, viel Neigung. Beide Hufformen
sind als bedeutende Fehler zu betrachten, indem derartige Pferde zu
schnellem Dienste auf harten Boden nie zu verwenden sind, und wenn der
Fehler einmal vorhanden so verschwindet er nicht mehr. Nur ein zweckm�s-
siger Beschlag kann solche Hufe gegen die Einwirkung ung�nstiger Bo-
denbeschaffenheit einigermassen sch�tzen, indem die Seitenarme des Huf-
eisens eine breitere Form als gew�hnlich erhalten, um die empfindliche
Sohle vor dem Drucke des Bodens zu sch�tzen; das Eisen selbst aber darf
dann nat�rlich nicht auf der Sohle aufliegen.
Auch kann Leder oder Filz zwischen das Eisen und den Huf gelegt
werden, welches dann die Sohle vor sch�dlichem Druck von Aussen sch�tzt.
Pferde mit diesen Hufen k�nnen in weichem, sandigen Boden im langsa-
men Zugdienst bei der Landwirtschaft recht gut gebraucht werden.
Allzuviel kr�ftige, s�ftebildende Nahrung mit zu wenig Bewegung
mag zur Bildung des Vollhufes viel beitragen. Die gew�hnlichste Ursache
zur Entstehung vom Vollhuf, ist, wenn die Fleisch- und Horntheile durch
eine Entz�ndung sich getrennt und nachher nicht wieder vollst�ndig geei-
nigt oder einen Theil ihrer Elasticit�t verloren haben.
Das Hufbein, nun nicht mehr geh�rig von ihnen unterst�tzt, dr�ckt
dann auf die Sohle, diese wird flach oder hervorgetrieben und das Pferd
hat Vollhuf; die Sohle ist dann in ihren Horntheilen d�nner und wegen
der dadurch verminderten Wiederstandsf�higkeit gegen �ussern Druck, so
empfindlich.
Der Ringhuf; derselbe zeigt mehrere bald gr�ssere, bald klei-
nere, erhabene Ringe, welche in gleicher oder ungleicher Entfernung von
der Krone und von der einen Tracht zur andern �ber die W�nde verlau-
fen ; zwischen sich zeigen sie entsprechende Vertiefungen, so dass die
W�nde nicht glatt sondern uneben, und wie mit Ringen umgeben erschei-
nen. Er entsteht durch krankhafte Unterbrechung des Wachsthums des
Hufhornes und stellt oft ein f�r sich allein bestehendes Uebel dar, ist
aber auch oft mit anderen Huf�beln vereint.
Der Knollhuf; derselbe zeigt sich von sehr abweichender Ge-
stalt und ist durch eine eingebogene, verk�rzte Zehenwand, eingezogener -
Seitenw�nde, hohe, verl�ngerte und r�ckw�rts gebogener Trachten und
starke ungleich verlaufende Ringe an den Seitenw�nden charakterisirt; er
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ist immer das Ergebniss vorausgegangener Hufkrankheiten und als kaum
einer Verbesserung f�hig, ein sehr bedenkliches Hufleiden.
Der schiefe Huf; derselbe erscheint in verschiedenen Gestal-
ten, z. B. dass beide Ballen schon nach einer Seite gezogen sind, wobei
der eine kleiner erscheint, und auch vielleicht der halbe Strahl fehlt;
oder, eine Seitenwand ist sehr stark nach ausw�rts geneigt, wobei die
andere stark eingezogen ist, welches man auch eingezogene Wand
nennt.
Diese Hufform ist entweder blos vor�bergehend, indem bei Weide-
pferden die zu stark gewachsenen W�nde solche fehlerhafte Richtungen
gewinnen, was aber durch Sorgfalt im Ausschneiden und Beschlagen wie-
der gehoben werden kann ; oder, sie ist bleibend, indem eine nat�rliche
fehlerhafte Bildung der unteren Fussglieder zum Grunde liegt. Diese Huf-
form ist jedenfalls ein Fehler, jedoch kann ein Pferd schmerzlos damit
gehen.
2. Huffehler als �rtliche Leiden einzelner Huf-
t heile.
Der Hornspalt; derselbe besteht in einer Trennung einer Stelle
der Wand der L�nge nach, und k�mmt sowohl gerade an der Zehe, (Och-
senspalt) oder an den Seiten- der Trachtenw�nden vor. Je nach seiner
Beschaffenheit macht er das Pferd mehr oder weniger lahm, indem er
zuweilen nur oberfl�chlich, zuweilen bis auf die Fleischtheile durchdringend
erscheint. Sein Vorhandensein beurkundet immer eine mangelhafte Be-
schaffenheit des Hufhornes, die Heilung dauert oft recht lange und er ent-
steht nach Umst�nden wieder, wodurch der Gebrauchswerth eines damit
behafteten Pferdes bedeutend vermindert wird.
Die Hornkluft; so nennt man eine Trennung der Wand der
Quere nach, welche entweder eine tiefe Grube, oder eine breitere oder
schm�lere Spalte darstellt. Uebrigens gilt dasselbe von ihr, wie von der
Hornspalte.
Die hohle W a n d; diese besteht in einer tiefern oder seichteren
Lostrennung der Wand von der Sohle, zum Theile von Fleischtheilen durch
fehlerhafte Beschaffenheit des Hufes oder fehlerhafte Art des Beschlages;
h�ufiges Lahmgehen und erschwerte Befestigung des Eisens sind die Nach-
theile davon.
Die Steingallen; diese sind die Folgen einer durch Druck oder
Quetschung entstandenen Entz�ndung; sie zeigen sich als r�thlich blaue
Flecke in den Sohlenwinkeln und erzeugen heftiges und schmerzhaftes
Hinken. Bei schon erfolgter Trennung der hornigen von den fleischigen
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Theilen mit Erguss von Blut oder Blutwasser verbunden, stellen sie sich
als n a s s e Steingallen dar, und wenn sich bei fortschreitanden Grade
Eiter und Jauche bildet, so ist dieses die eiternde Steingalle.
Die Strahlf�ule; dieselbe ist eine eigenth�mliche Verschw�rung
des Strahles, wobei aus dem Spalte desselben eine schw�rzliche, h�chst
�belriechende Feuchtigkeit ausschwitzt, und dem Strahl ein zernagtes,
gleichsam wurmstichiges Ansehen gibt.
Der Strahlkrebs; derselbe ist ein b�sartiges, fressendes Ge-
schw�r des Fleischstrahles mit Zerst�rung, Abl�sung und Abfallen des
Hornstrahles, das sich auch �fter der ganzen Sohle mittheilt und die Dienst-
tauglichkeit des Pferdes in hohem Grade beeintr�chtigt.
3. Leiden und Besch�digungen am Hufe, die durch
momentane �ussere Einwirkungen entstehen.
Hufgelenkverrenkung; diese Krankheit ist dadurch bezeich-
net, dass das Thier pl�tzlich hinkt, nnd man haupts�chlich um die Krone
herum vermehrte W�rme und Empfindlichkeit bemerkt, diese Krankheit
wird oft gef�hrlich, denn weil �usserlich nicht immer eine Anschwellung
sondern nur W�rme an der Krone zugegen ist, wird der Sitz des Uebels
vom Schmidt und vom Pferdew�rter leicht �bersehen, und die Krankheit
wird hartn�ckig, ehe man ihre Natur erkennt bat. Keine Art von Hinken
wird �fter mit Bugl�hme verwechselt als diese, weil jene Leute gewohnt
sind, jedes Lahmgehen, dessen Sitz nicht deutlich in die Augen f�llt, auf
die Schulter zu schieben.
Durch �fter wiederholte, heftige Einwirkungen auf das Hufgelenk
k�nnen die langwierigsten, endlich unheilbaren L�hmungen entstehen,
indem durch die stattgehabten Entz�ndungen der Knochen selbst sich
ver�ndert und Verwachsungen zwischen den drei das Hufgelenk bilden-
den Knochen stattfanden.
Wird die Krankheit gleich im Beginnen behandelt, noch ehe die
Theile angefressen sind, so kann sie vollst�ndig geheilt werden; allein
wo Vereiterung eingetreten ist, wird dies schwer sein, und Beinfrass
fast immer zur�ckbleiben.
Auch der Verkn�cherung der Hufbeinknorpel ist hier zu erw�hnen.
Diese Theile sind ebenfalls einer Entz�ndung ausgesetzt, wobei
die Knorpelsubstanz sich gerne in Knochen verwandelt; ein erhebli-
ches Hinken begleitet diesen Vorgang nicht, sondern blos eine geringe
Steifigkeit, die sich vielleicht nur in schnelleren G�ngen zum Hinken-
steigert. Es soll dieses h�ufig mit der Entstehung der Ringbeine in
Verbindung stehen.
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Huf - Entz�ndung auch entz�ndliche Rehe ge-
nannt. Die sehr empfindlichen Bl�ttchen der Fleischwand sind wie je-
der gef�ssreiche Theil der Entz�ndung ausgesetzt; theils durch die ge-
w�hnlichen Veranlassungen, theils aber und am h�ufigsten durch die
Heftigkeit, mit welcher sie bei anhaltender und schneller Bewegung ge-
dr�ckt und gezerrt werden. Dies ist der Fall bei heftig bestrittenen
Rennen, starken Spr�ngen oder langen Tagereisen; wenn nun ein so
stark angestrengtes Pferd nachher vielleicht in der K�lte stehen bleibt,
oder die Hufe mit kaltem Wasser abgewaschen und nicht gleich wieder
abgetrocknet werden, so entsteht durch diesen schnellen Wechsel der
Temperatur sehr leicht eine Hufentz�ndung. Das Pferd �ussert dabei
grosse Schmerzen, indem sich die Geschwulst in den entz�ndeten Fleiseh-
theilen zwischen harten befindet, sich daher nicht ausdehnen kann, und
durch den immerw�hrend erleidenden Druck dem Pferde sehr unange-
nehm werden muss. Die vollst�ndige Behandlung eines solchen Leidens
ist Sache eines verst�ndigen Thierarztes; jedoch ist Blutentleerung in
vollem Masse, namentlich �rtlich an der Zehe, unumg�nglich n�thig.
Als eine Folge dieser Krankheit findet �fter das Ausschuhen
statt. Es ist sorgf�ltig acht zu geben, ob sich 6�7 Tage nach der
Entz�ndung eine leichte Trennung des Hornes an der Krone bemerk-
lich macht; denn das getrennte Horn vereinigt sich nie wieder mit der
Krone; sondern die Trennung erstreckt sich weiter und der Hornschuh
f�llt ab. Es ist zwar richtig, dass sich ein neuer Hornschuh wieder bil-
den kann, allein er wird kleiner und schw�cher als der vorherige und
kann selten harte Anstrengungen aushalten.
Chronische (jange oder bleibende) Rehe oder Rehhuf; so
nennt man krankhafte Ver�nderungen des Hufes, durch lange fortgesetz-
ten fehlerhaften Beschlag, oder vernachl�ssigte Hufentz�ndungen entstan-
den und bleibend geworden. Das Hinken ist dabei gew�hnlich nicht stark,
aber der Gang des Pferdes ist so, dass es soviel als m�glich mit dem Bal-
len auftritt und den Gebrauchswerth des Pferdes jedenfalls sehr beein-
tr�chtigt.
Huffistel; sie ist meist Folge irgend einer Verwundung des Hu-
fes bei Kronentritt, Nageleintreten etc. oder auch eiternder Steingallen.
Hat die Verwundung an der Sohlenfl�che stattgefunden, so schliesst sich
eine kleine Wunde bald wieder; bleibt dann vielleicht ein fremder K�rper
darin stecken, so bildet sich schnell Eiter, welcher bald die Hornsohle los-
trennt , am Ende unter der Hornwand aufw�rts steigt, und au der Krone
zum Vorschein k�mmt. Diese Oeffnung ist dann gew�hnlich sehr gering,
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w�hrend die Zerst�rung im Hufe sehr ausgebreitet sein kann und die Hei-
lung sehr schwierig ist. Ein �hnlicher Vorgang findet statt, wenn ein tiefer
Kronentritt zu fr�h von oben zuheilt.
Huffistel ist als ein sehr bedeutendes Leiden anzusehen.
Der Nageltritt; wenn das Pferd zuf�llig in die vom Eisen nicht
besch�tzten Theile der Sohle oder dem Strahle einen am Boden liegenden
Nagel, Knochen, dann Holz-, G-lassplitter oder dergleichen eintritt und die-
ser bis zu den Fleischtheilen dringt. Entfernung dieses K�rpers, Oeffnen
der Wunde und Reinhalten ist das erste zur Heilung.
Vernagelung; wenn der einzuschlagende Nagel von seiner Rich-
tung so abweicht, dass er den Fleischtheilen zu nahe kommt, und sie ent-
weder wirklich verwundet, oder durch best�ndigen Druck quetscht, so ent-
stellt dadurch Entz�ndung, Schmerz und Lahmgehen. Zur Beseitigung des-
selben ist �fter genug, dass nur der eine Nagel herausgezogen wird; �fter
muss jedoch das ganze Eisen abgenommen und durch mehrere Tage ent-
z�ndungswidrige Mittel angewendet werden. Auch muss man sich �berzeu-
gen, ob die durch den Nagel verursachte Wunde nicht bereits eitere.
Verletzung der Ballen durch Einhauen mit
den Hinterf�ssen findet �fter statt und ist zu betrachten wie jede
geringe �ussere Verwundung. Um dieses zu verhindern, m�ssen die Zehe
der Hinterhufe verk�rzt und dem Pferde durch aufmerksames Reiten oder
Fahren eine bessere Haltung beigebracht werden.
Verb� 11 ung wird entstehen, wenn das Pferd z. B. mit Pantoffel-
eisen auf hartem Boden weit laufen muss, indem sich dann an den Ballen,
dem Strahl und Umgebung eine h�here W�rme, somit Entz�ndung zeigt,
durch einige Zeit Ruhe und k�hlende Umschl�ge nicht unschwer zu besei-
tigen sein wird.
In Bezug auf Hufleiden w�ren im Allgemeinen nun noch Folgendes zu
erw�hnen.
In Folge krankhafter Zust�nde erfolgen mancherlei Entartungen als:
Wulstige Erhabenheiten am Aeusseren der W�nde, oder wulstige Narben
im Innern durch Verschmelzung vieler Hornbl�ttchen; mangelhaftes
Wachsthum des Hufhornes, entweder im ganzen Hufe oder nur an einzel-
nen Theilen f�hrt zu Abweichungen in der Gestalt und ungleichm�ssiger
Abnutzung, widernat�rlicher Verk�rzung und mancherlei Nachtheilen f�r
Stellung und Bewegung; �berm�ssiges Wachsthum einzelner Huftheile er-
fordert �ftere Erneuerung des Beschlages. Durch allzutrocknes Halten der'
Hufe entsteht zu grosse H�rte des Hornes, endlich Verengerung des gan-
zen Hufes, die eine schmerzhafte Entz�ndung der innern Weichtheile zur
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Folge haben wird; durch best�ndige Einwirkung von N�sse entsteht fau-
lige Aufl�sung der Hornmasse und �ndert den Zusammenhang, die Be-
schaffenheit und Form des Hufes ab.
Bei einer Vergleichung zwischen den Vorder- und Hinter h�fen
stellt sich heraus, dass der Hinterhuf zwar von derselben Zusammen-
setzung wie der vordere ist, aber in Gestalt und Beschaffenheit manche
Abweichungen zeigt. Der Hinterhuf n�mlich ist im Ganzen kleiner, an der
Zehe etwas schm�ler spitziger, an den Ballen jedoch meist breiter und
offner als der Vorderhuf. Die Trachten sind meist h�her und die W�nde
besitzen hiaten gegen die Trachten zu die gr�sste Dicke und St�rke, wo-
gegen die Vorderh�fe das st�rkste Horn an der Zehe besitzen. Hierauf
gr�ndet sich schon die alte Lehre des Beschlagens, dass man an den Vor-
derhufen die N�gel zum Befestigen der Eisen mehr nach vorn, an den Hin-
tereisen mehr nach hinten anzubringen habe. Beim Vorderhaf ist immer
die �ussere Wand mehr nach ausw�rts gebogen als die innere, dagegen
dehnt sich die innere beim Auftreten mehr aus, und um diese f�r das Ge-
sunderhalten des Hufes so wichtige Dehnbarkeit demselben zu lassen,
m�ssen an der inrrern Seite die N�gel so nahe als m�glich an der Zehe
und �berhaupt hier so wenig N�gel als m�glich angebracht werden (Huf-
beschlagslehre von Miles Esqre). Hiernach wird auch ein jeder bei zwei
ihm vorgelegten Huf-Eisen das vordere vom hintern unterscheiden k�nnen.
Die Hinterhufe sind weit weniger Fehlern und Gebrechen ausgesetzt,
als die vordem; mit Ausnahme von Strahlf�ule, Strahlkrebs und der ent-
z�ndlichen Behe, die sich mit dem Ausschaben auf alle vier Hufe ausdehnen
kann, sind es nur seltene Ausnahmen, wenn von den vielen Leiden der
Vorderh�fe eine an einem Hinterhufe vorkommen sollte. Platt- und Voll-
huf k�mmt hinten nie, von �ussern Verletzungen Kronentritte �fter vor.
Dass die Vorderh�fe mehr Gebrechen ausgesetzt sind, ist, wie folgt
zu erkl�ren. Beim Gehen hat die ganze Hintergliedmasse die Fortschie-
bung zu besorgen, wozu bei manchen Gelegenheiten ein tieferes Eingreifen
in den Boden mit der Zehe des Hinterhufes n�thig wird; die Vorderglied-
masse hat die ganze durch die fortschiebende Kraft des Hintertheiles
nach vorn geworfene Last aufzunehmen und zu st�tzen, darum hat die Na-
tur h�chst weise die Zehe des Vorderhufes breit und stark, die des Hin-
terhufes mehr spitz gebildet. Der oft harte und unebene Boden auf dem
das Pferd laufen muss, wirkt dabei unmittelbar zuerst auf den Huf. Diese
Einwirkungen treffen besonders Wagenpferde, die viel bergab im Trabb
laufen m�ssen.
Die meisten Leiden der Vorderh�fe entstehen durch zu grosse Aus-
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trocknung und Verengerung des Hufes, welche noch dadurch bef�rdert
wird, dass die meisten, namentlich Luxuspferde in den St�dten wie im fri-
schen, feuchten Boden gehen und auch im Stalle mit den Vorderh�fen im-
mer trocken stehen. Diese beiden Einwirkungen, n�mlich die vielen Prel-
lungen, welche der Yorderhuf beim Gehen zu ertragen hat, und die Veren-
gerung bringen pl�tzliche oder schleichende Entz�ndung der innern Theile
hervor, woraus sich denn alle Leiden entwickeln. Der Hinterhuf steht
selbst im reinlichsten Stalle mehr feucht, und wenn auch beim heftigen
Pariren und schnellen G�ngen das Hintertheil die ganze Last auf sich
nehmen muss, so ist die Prellung die der Huf dabei erleidet, wegen der
unter vielen Winkeln zusammengestellten Knochen der ganzen Hinter-
gliedmasse nur gering, wogegen der Vorderhuf bei j e d e m Tritt im Trabb
oder jedem Galoppsprung einen mehr oder weniger harten Stoss erlei-
det. Darum ist von der weisen Natur die Zehe des Vorderhufes mit dem
st�rksten Horn versehen und jeder Schmied thut wohl, beim Beschneiden
des Hufes diesen Theil zu schonen.
Bei zur Vollsaftigkeit geneigten Pferden, die bei wenig Arbeit sehr
gut und kr�ftig gen�hrt werden, ist im Allgemeinen immer mehr oder we-
niger Neigung zu entz�ndlichen Krankheiten vorhanden, welches sich dann
auch aus genannten Ursachen den Vorderh�fen am leichtesten mittheilt.
Welches sind nun die Mittel, um soche Hufe,
die zu grosser Trockenheit und daher Verenge-
rung geneigt sind, oder wo es den Pferden an Ge-
legenheit fehlt, im frischen Boden zu gehen, vor
dieser Austrocknung und Zusammenziehung zu be-
wahren?
Das gew�hnlichste und am leichtesten anzuwendende Mittel ist der
sogenannte Einschlag. Derselbe besteht aus nassem Lehmbrei oder fri-
schem Kuhmist, dem man dem Pferde Abends, wenn die Streu gemacht ist,
zwischen die Hufeisen eindr�ckt, und des Morgens wieder daraus entfernt.
Kuhmist verdient hierzu den Vorzug, indem man nicht �berall guten Lehm
hat, und auch derselbe, wenn er trocken oder hart wird, einen Druck ver-
ursacht.
Man macht auch zu diesem Zwecke ganze St�nde mit Lehm oder Kuh-
mist zurecht, worin man das Pferd mehrere Stunden stehen l�sst; oder hat
auch hierzu eigene lederne Schuhe, die man mit Kuhmist oder auch mit
Kleien- oder Leinsamenbrei anf�llt, den ganzen Huf hineinsteckt und den
Schuh mittelst eines um den Fessel geschlungenen Riemens befestigt. Ein
grosser Lappen mit solchem Mist oder Brei angef�llt, thut dieselben Dienste.
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Einen oder zwei Tage vor Erneuerung des Beschlages ist eine
solche Erweichung des Homes immer nothwendig, indem es das gute
und richtige Zuschneiden sehr erleichtert.
Bei stark gen�hrten Pferden sollte die Bewegung immer im zweck-
m�ssigen Verh�ltnisse stehen, um eine Anf�llung der Blutgef�sse und
Stockung in denselben zu verh�ten. Kann diese Bewegung �fter auf
frischem Erdboden, frisch gepfl�gtem Ackerland oder bethautem Wie-
senboden geschehen, so ist es f�r die Hufe um so zweckm�ssiger.
Einen kleinen Ersatz f�r diese mangelnde Bewegung im Freien
biethet es, wenn das Pferd nicht den ganzen Tag angebunden stehen
muss, sondern in einem grossen Kastenstand (loose boxes) nach Belie-
ben umhergehen kann.
Diesen Vortheil kann man freilich im Allgemeinen in Cavallerie-
Stallungen nicht anwenden, aber es w�re zu w�nschen, dass bei jedem
gr�ssern Pferde-Etablissement mehre solcher grossen Kastenst�nde vor-
handen w�ren, um wenigstens denen Pferden, die es bed�rfen, diese
Wohlthat angedeihen lassen zu k�nnen. Privatpferdebesitzer, welche
dazu die Gelegenheit haben, sollten dieses nie ausser Acht lassen.
Indem der englische Veterin�r Turner von den nachtheiligen Fol-
gen der gew�hnlichen Pferdest�nde spricht, sagt er: Ich bin der festen
�eberzeugung, dass, wenn jedes werthvolle Pferd dieses Landes sofort
in eine grosse loose box gestellt w�rde, und Tag und Nacht frei darin
herumgehen k�nnte, dabei ausserdem seine gewohnte Arbeit h�tte, so
w�re dies in der That der allerschlimmste Fall, der den Thier�rzten je
in der Pferdewelt passiren k�nnte; denn hierdurch w�rden die Krank-
heiten und L�hmungen des Flufes und ihre sonstigen Begleitungen mehr
beseitigt werden, als wie durch irgend ein anderes Mittel, welches je
bekannt gemacht oder auch nur genannt worden ist.
William Miles Esqre., der bekannte Verfasser des vorz�glichen
Werkes: Der Huf des Pferdes und dessen fehlerfreie Er-
haltung sagt, dass er dieser Meinung vollkommen beipflichte und eine
Sache, welcher so gehaltvolle Stimmen das Wort reden, ist wohl der
Beachtung aller Besitzer kostbarer Pferde werth. Viele, welche ihre
Pferde in loose boxes stehen haben, m�gen sich selbst dieses ihrem
eigenen Interesse so vorteilhaften Umstandes nicht ganz klar bevvusst
sein, indem sie nur im Allgemeinen die Behaglichkeit des Pferdes be-
r�cksichtigen. Die sehr verbreitete Anwendung mag wohl h�ufig bei dem
�rmeren Besitzer und auch in grossen St�dten wegen Mangel an Raum
nicht immer auszuf�hren sein; aber wo weder Kosten noch Raum ein
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Hinderniss biethen, kann die Einrichtung derselben nicht genug ange-
rathen werden, wie viel auch faule Reitknechte und W�rter dagegen
sagen m�gen, indem sie dann das eben abgeputzte Pferd nicht hindern
k�nnen, sich niederzulegen und es dann wieder wie in jedem andern
Stande kurz anbinden, wodurch begreiflicherweise der Nutzen der loose
box wieder verloren geht.
Ferner th�t der Hufbeschlag das Seinige zum Gesunderhalten der
Hufe. Hier�ber gibt die Lehre vom Hufbeschlag das N�here an; es sei
hier nur bemerkt, dass nach den neuesten Grunds�tzen durch das sogenannte
einseitige Nageln, n�mlich wo an der innern Seite der Vorder-
h�fe nur zwei oder gar ein Nagel und die so nahe als m�glich an der
Zehe eingeschlagen werden, der Verengerung des Hufes sehr wirksam
vorgebeugt wird, indem dadurch diese Wand vollkommen Freiheit be-
h�lt, sich bei jedem Auftritt hinl�nglich ausdehnen zu k�nnen.
Endlich �bt Reinlichkeit auch auf diesen K�rpertheil ihren gesund-
heitlichen Einfluss aus; desshalb m�ssen die Hufe, so oft das Pferd
von der Arbeit kommt, von allen etwa unter dem Eisen in dem Strahl
oder in den Sohlenwinkeln eingedr�ckten Sand, kleinen Steinen sorg-
f�ltig gereinigt, und wenn das Pferd g�nzlich abgek�hlt ist,
sauber abg ewaschen werden. Abwaschen der Hufe mit kaltem Wasser
oder, wie es faule Pferdew�rter so oft thun, in ein nahes, fliessendes
Wasser zu reiten, sobald das Pferd noch erhitzt ist, kann, je nachdem
eine dadurch entstehende Verk�ltung im hohen Grade stattfindet, die
Rehe, auch Verschlag genannt, zur Folge haben.
Den obern Rand des Hufes, den Saum gleich unter der Krone
�fter mit ungesalzenem Fett oder noch besser mit reinem, unverdorbe-
nem Oel einschmieren, bef�rdert das Wachsthum des Homes. Faule
Pferdew�rter, welche die M�he scheuen, den Huf vom Strassenkoth zu
befreien, wenden t�glich eine schwarze mit Kienruss gemischte Schmiere
an, t�uschen somit das Auge des Herrn und verderben mehr als sie
gut machen.
Das Wachsthum des Hornes sehr f�rdernd ist es auch, wenn man
um die Krone eine mit nasser Kleie gef�llte Wulst von Leinwand an-
legt, und diese immer nass erh�lt.
Bei Strahlf�ule ist Reinlichkeit vor allem unerl�sslich n�thig;
f�r Pferde, die im Winter l�ngere Zeit im aufgethauten Schneewasser
gehen m�ssen, ist das Einschmieren mit fl�ssigem, gew�hnlichem Theer
(Wagenschmiere) sehr gut.
Bei Voll- und Platth�fen so wie bei allen, wo eine Senkung
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des Hufbeines bereits vorhanden ist, kann die Anwendung erweichen-
der Umschl�ge eher sch�dlich als n�tzlich sein, indem dadurch die
ohnehin schwache, d�nne Sohle noch weicher und schw�cher wird.
Brauchen solche Hufe eine Abk�hlung, so ist es besser, diese dureh
kalte Wasserumschl�ge, an der Krone angebracht, zu bewerkstelligen.
Die hornerweichenden Mittel sind nur da gut, wo eine Verenge-
rung bereits stattgefunden hat, oder zu bef�rchten steht.
Welche sind nun diejenigen Hufleiden, die der Ge-
brauch st�chtigkeit des Pferdes am leichtesten nach-
theilig sind?
Die einmal stattgefundene Senkung des Hufbeines beim Platt-
huf oder Vollhuf l�sst sich durch kein Mittel mehr beseitigen; die
empfindliche, schwache Sohle kann nur durch zweckm�ssigen Beschlag
gesch�tzt werden, und da diese Pferde ausserdem nur zu langsamer,
wenig anstrengender Arbeit auf weichem Boden zu verwenden sind,
auch die Schmerzen �fter so zunehmen, dass die Pferde kaum noch
im langsamen Schritte gehen k�nnen, so vermindern diese beiden feh-
lerhaften Hufformen die Gebrauchsf�higkeit des Pferdes wohl in sehr
hohem Grade.
Bei Ringhuf, Knollhuf, Rehhuf findet in Folge der voraus-
gegangenen Entz�ndung eine sehr mangelhafte Hornbildung statt und
da h�ufig damit eine Senkung des Hufbeines verbunden ist, so sind
diese den beiden erstem gleich zu achten.
Pferde mit Eselshuf, Zwanghuf k�nnen wenn nicht schon durch
Quetschung der innern Weichtheile eine Entartung derselben vorhanden
ist, durch zweckm�ssige das Horn immer frisch und weich erhaltende
Behandlung, so wie durch den anpassenden Hufbeschlag stets gebrauchs-
f�hig erhalten werden; auch sind solche Hufe selbst im vernachl�ssig-
ten Zustande nach und nach der Verbesserung f�hig und nicht jedes
Pferd, welches eng erscheinende Hufe hat, ist desshalb auch zwang-
hufig, d. h. dieserhalb in den Hufen Schmerzen leidend. Obwohl ein
solches Pferd Misstrauen erregt und um so aufmerksamer untersucht
werden muss, so wird doch der Gang entscheiden, ob diese Hufform
dem Pferde wirklich nachtheilig ist oder nicht. Man h�te sich, den
Zwanghuf durch gewaltsame Mittel, wie sie zuweilen angerathen wur-
den, auseinander treiben zu wollen; dieses k�nnte eine Trennung der
Fleisch- und Horntheile veranlassen und statt des einen Uebels nur
ein noch gr�sseres herbeif�hren.
Hornspalt und Hornkluft, zwar immer ein Zeichen von
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mangelhafter oder zu Fehlern geneigter Hornbildung k�nnen wieder ge-
heilt werden, obwohl die Heilung langsam vor sich geht, und eine Nei-
gung zur Wiederholung zu bleiben pflegt.
Ebenso ist es mit der hohlen Wand.
Der Bockhuf hat, wie schon erw�hnt, wegen seiner sehr hohen
Trachten eine nachtheilige Einwirkung auf Gang und Stellung der Vor-
derbeine und das sehr Unangenehme, dass bei einigen Niederschneiden
der Trachten gleich Blut k�mmt, folglich ein hinl�ngliches Niederschnei-
den, um die Nachtheile f�r die Stellung zu beseitigen, nicht wohl
stattfinden kann; er ist fast immer angeboren, selten erworben.
Steingallen machen ein Pferd oft sehr lahm, aber sie k�nnen
geheilt werden.
Strahlf�ule macht ein Pferd selten lahm, oder eigentlich nur
dann, wenn es sich harte K�rper, kleine Steine, Sand oder auch harte
Stoppeln von abgem�htem Getreide eintritt; aber mit Entfernung die-
ser Ursachen h�rt auch das Lahmgehen auf; ihre g�nzliche Verschlim-
merung kann verhindert und sie endlich geheilt werden, so dass ein
Pferd dadurch selten unbrauchbar wird.
Selbst der Strahlkrebs, allerdings ein sehr b�ses Uebel, der w�h-
rend seinem Vorhandensein das Pferd zur Arbeit untauglich macht, ist
heilbar, obwohl es nicht rathsam ist, ein Pferd, das einmal an Strahl-
krebs litt, zu kaufen.
Alle �usseren Verletzungen an den Hufen oder durch pl�tzliche
Einwirkung entstandene momentane Entz�ndungen machen das Pferd
wohl auf einige Zeit unbrauchbar, aber das ist vor�bergehend. In
Folge der Kehe k�nnen alle Arten von Trennungen der Horn- und
Fleischtheile, sowie alle durch heftige Entz�ndung entstehenden Huffeh-
ler zur�ckbleiben.
Hufe mit zu weichem oder spr�dem br�chigem Horn, oder
zu schwache W�nde haben das sehr L�stige, dass die Eisen dar-
auf nie recht fest halten; im Falle dass dann einmal ein Eisen verlo-
ren geht, und das Pferd auf der Strasse noch eine weite Strecke ge-
hen muss, bevor man Gelegenheit hat, das Eisen wieder aufschlagen zu
lassen, so kann allerdings das Pferd dadurch lahm und auf einige Zeit
unbrauchbar werden. Solche Hufe sind nur in der Art einer Verbesse-
rung f�hig, dass man durch sorgf�ltige Behandlung eine g�nzliche Ver-
schlechterung soviel als m�glich hintanzuhalten sucht.
Auf welche Art zeigt das Pferd im Gehen und
Stehen, dass es in den Hufen Schmerzen leidet, ohne
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schon offenbar lahm zu sein, wie es bei einer heran-
schleichenden Entz�ndung z. B. bei zunehmenden Zwang-
huf zu sein pfl egt?
Im Stalle wird alsdann das Pferd den kranken Fuss voranstellen,
und wenn beide anfangen Schmerzen zu leiden, damit abwechseln, oder
auch beide zugleich vorausgestreckt hinstellen. Ein aufmerksamer Pferde-
w�rter ist auf solche Symptome aufmerksam, und theilt sie seinem
Herrn oder Vorgesetzten mit. Ganz ohne Ursache nimmt ein Pferd solche
Stellungen nicht an, obwohl es nicht immer gesagt ist, dass Pferde in die-
sem Falle auch schon lahm gehen m�ssen, denn mitunter nimmt ein Pferd
solche Stellungen auch nur aus Gewohnheit an. Aus dem Stalle genom-
men, wird es nicht so entschieden lahm gehen, wie bei einer Ausdehnung
der Sehnen oder sonst einer schon weiter gediehenen Hufkrankheit, son-
dern sein Schritt ist eigenth�mlich kurz und schnell, es setzt die F�sse
schonend und �ngstlich auf den Boden und hebt sie in Schritt oder Trabb
kaum etwas in die H�he. Auf hartem Boden tritt dieses alles mehr hervor
als auf weichem. Ist das Leiden an beiden Hufen gleichm�ssig, so
f�llt das Lahmgehen weniger auf, mancher Unkundige h�lt es f�r Mangel
an Schulterbewegung oder f�r Unentschlossenheit an das Gebiss zu gehen.
Sind die Schmerzen schon gr�sser, so scheint es, als wenn die geringste
Unebenheit des Bodens das Thier st�rzen machen w�rde, so sehr f�rchtet
es sich aufzutreten, denn es stolpert und strauchelt unaufh�rlich, es scheint
gewissermassen nach einem Fleck zu suchen um einen weniger schmerz-
haften Auftritt zu finden, ruht dabei nur kurze Zeit auf dem einen Fusse,
wodurch beide Beine im Gehen vorw�rts gestreckt erscheinen, die Hinter-
f�sse treten dabei sehr weit unter den K�rper um die Last den Vorderf�s-
sen abzunehmen, und scheinen auch schmerzhaft, welches aber in dem hier
gemeinten Falle nur scheinbar ist.
Pferde die an den Hufen leiden, oder auch, die nach einer �berstan-
denen Hufentz�ndung auf irgend eine Weise entartete Hufe behalten haben
treten im Gange immer zuerst mit dem Ballen auf.
Das Pferd �ussert bei Lungenentz�ndung, Kolick
und bei heftiger H uf en tz�ndung, (der entz�ndlichen
Rehe) bedeutende Schm er zen ; wie erkennt man mit Si-
cherheit, dass diese Schmerzen von Hufentz�ndung
kommen?
Die ersten Zeichen der Hufentz�ndung sind Unruhe, �fters Aufheben
der Vorderf�sse, jedoch nicht Hauen mit denselben und noch weniger
Schlagen mit den Hinterf�ssen nach dem Bauche; der Puls wird bald
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beschleunigt, die Flanken heben sich, die Nasenschleimhaut wird ger�thet
und durch eine Aengstlichkeit und St�hnen dr�ckt das Thier seinen hef-
tigen Schmerz aus. Es macht sodann Vorbereitungen zum Niederlegen,
f�rchtet sich aber die F�sse hinreichend unter den Leib zu bringen und bleibt
wieder stehen; am Ende jedoch legt es sich. Dieses fr�hzeitige Niederle-
gen wird die Krankeit hinl�nglich von Lungenentz�ndung unterscheiden,
in welcher das Thier hartn�ckig stehen bleibt, bis es endlich aus Ersch�-
pfung niederst�rzt; die K�he mit der es liegen bleibt, unterscheidet die
Hufentz�ndung von der Kolick, in welcher es sich w�lzt, abwechselnd auf-
steht und sich niederlegt. Ist das Leiden in den Hufen, so wird das Thier
durch die Entfernung der auf ihnen ruhenden Last des K�rpers so erleich-
tert, dass es gerne so lange als m�glich liegen bleibt. Dabei zeigt das
Pferd wie bei Kolick oder anderen Leiden den Sitz der Krankheit
dadurch an, dass es sich nach demselben umsieht oder die Schnauze auf
dem kranken Fusse ruhen l�sst. Man m�sste wenig Aufmerksamkeit besit-
zen, um nicht bald zu wissen, was dies bedeuten soll.
Nimmt man nun einen Gesammt�berblick alles des-
sen, was �ber diesen so wichtigen Theil am Pferde-
k�rper, den Huf, gesagt worden ist, was stellt sich
dab ei heraus?
1.  Dass die Vorderh�fe viel mehr Fehlern unterworfen sind, als
die hinteren, daher bei Untersuchung eines Pferdes eine viel genauere
Betrachtung verdienen.
2.  Dass wenig Huffehler angeboren sind, die meisten aber durch
fehlerhafte Behandlung sowohl der Hufe an sich selbst, als des Pfer-
des �berhaupt erworben werden: und zwar:
a)  Durch zu grosse Austrocknung und dadurch entstehende Ver-
engerung der Hufe.
b)  Durch zu viel S�fte erzeugende Nahrung und zu wenig Bewe-
gung durch pl�tzlich starke Anstrengung nach langer Buhe oder pl�tz-
liche Buhe nach heftiger Anstrengung; durch allzuschnellen Wechsel
der Temperatur entsteht Disposition zu Entz�ndungen �berhaupt, folg-
lich auch zu Hufentz�ndungen.
c)  Durch mangelhaften oder vernachl�ssigten Hufbeschlag.
3.  Nach �berstandener starker Hufentz�ndung kehrt, wenn auch
durch zweckm�ssige Behandlung eine bedeutende Besserung erzielt
wurde, der vorige ganz gesunde Zustand selten wieder ganz zur�ck, und
endlich
4.  Ist ein recht leidender Huf hinl�nglich um ein sonst ganz
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gesundes Pferd zur Arbeit untauglich zu machen, sowie auch die Hei-
lung jedes Hufleidens langwierig ist.
Am R�cken k�nnen ausser den schon besprochenen Besch�digun-
gen durch den Sattel noch mancherlei andere Gebrechen vorkom-
men ; z. B.
Durch heftiges Pariren unter einem schweren Reiter, dabei aus-
gleiten auf glattem Boden oder Niederwerfen behufs irgend einer Opera-
tion kann ein Bruch des R�ckrates entstehen.
Durch Ueberladung oder pl�tzliches in den Sattel fallen, kann eine
Ausdehnung der B�nder des R�ckens entstehen, es folgt Entz�ndung, die
B�nder verwandeln sich in Knochensubstanz und die Beweglichkeit und
Elasticit�t des R�ckens gsht verloren, wodurch das Pferd zum Reitge-
brauche, wenn nicht immer ganz untauglich doch mindestens sehr unan-
genehm werden kann.
Auf den Rippe n kommen ebenfalls Satteldr�cke in Gestalt von Ge-
schwulst oder wunden Stellen vor; letztere pflegen nach der Heilung einen
weisshaarigen Fleck zu hinterlassen. Auch kommen Rippenbr�che vor, die
gew�hnlich sehr leicht heilen.
Ein Leiden der Flanken sind die F1 a n k e n b r � c h e ; es ist die-
ses ein Austreten der Baucheingeweide in die sich zu einem Bauchsacke
ausdehnenden �ussern Haut, und zumal auf der linken Seite, wo die d�n-
nen Ged�rme liegen, k�nnen sie durch leicht entstehende Einklemmungen
gef�hrlich werden. Sie zeigen sich von der Gr�sse einer Haselnuss bis zum
Umfange eines Kindskopfes.
Es wurde schon fr�her bei Beurtheilung der Flanken gesagt, dass
die Art ihrer Bewegung die aufmerksamste Untersuchung verdiene. Be-
merkt man nun, dass sich beim Einathmen der obere Theil stark hebt,
wobei sich an der unteren Bauchgegend eine eigent�mliche sich einzie-
hende Rinne zeigt, und sinkt sie beim Ausathmen stossweise stark hinunter, so
ist das Pferd d�mpfig. Eine eigenth�mliche stossweise Bewegung der Na-
senl�cher ist hiermit verbunden.
Aeusserlich sichtbare Gebrechen des Bauches sind: Nabelbr�che
welche am Nabel und Seitenbr�che, welche unter den Knorpeln der
Rippen hervorzukommen pflegen.
Sie treten auch in mehr oder weniger grossen Umfange hervor.
Zuweilen bemerkt man am unteren Theile des Bauches eine Ge-
schwulst, die entweder durch zu lange anhaltendes, festes Gurten entsteht
oder auch von kalter, �demat�ser Beschaffenheit sein kann.
Da nicht selten unten gegen das Ende des Brustbeines Fontanellen
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gegen allgemeine Krankheiten angewendet werden, so m�ssen davon
zur�ckgebliebene Narben bei der Untersuchung eines Pferdes zu versch�rf-
ter Aufmerksamkeit auffordern.
Zur St�rkung des Schlauches und Hodensackes ist es sehr notwen-
dig diese Theile �fter mit frischem, jedoch nicht allzukaltem Wasser zu
waschen; ebenso erfordert es die Reinlichkeit, dass die kalkartige Schmiere
welche sich im Schlauche ansetzt, zu Zeiten durch Waschen entfernt
werde.
Bei Wallachen findet es bisweilen statt, dass sie beim Uriniren die
Ruthe nicht hervortreten lassen, wobei dann der Urin in den Schlauch
l�uft. Indem die hierdurch veranlasste Unreinlichkeit Anfressungen,
selbst feigwarzenartige Ausw�chse veranlassen kann, so ist Reinlichkeit
bei diesem Theile um so n�thiger.
Die Ruthe, das m�nnliche Glied des Hengstes, ist mancherlei
Krankheiten ausgesetzt, welche von jedem Hengstbesitzer oder dem die
Aufsicht �ber �rarische Hengste anvertraut ist, gekannt sein m�ssen,
und zwar:
Durch unvorsichtiges Benehmen beim Bedecken kann durch Ausschla-
gen der Stute die Ruthe besch�digt werden.
Ferner k�nnen an derselben Anschwellungen, Wunden, Geschw�re,
warzige Ausw�chse u. s. w. entstehen, die entweder in eigener Unreinlich-
keit oder durch Bedecken unreiner, krankhafter Stuten ihren Grund
haben.
Es muss desshalb namentlich in der Belegzeit der in der Station die
Aufsicht f�hrende Unteroffizier oder sonst damit betraute Mann die Ru-
the der Hengste genau beobachten und auch die Wartmannschaft dazu
anhalten, dasselbe zu thun.
Bemerkt er nun, dass die Ruthe, sei es zum Uriniren, oder wenn sich
der Hengst zur Begattung anschickt, mit besonderer Schwierigkeit aus
dem Schlauche hervortritt, bemerkt er eine besondere Anschwellung,
h�here R�the, oder gar kleine Bl�schen, kleine Geschw�re an der ganzen
Ruthe zerstreut vertheilt, oder dass nach der Begattung ein blutiger Aus-
fluss aus der Ruthe stattfindet, so ist in allen diesen F�llen der Hengst
sogleich von der Begattung auszuschliessen, und wegen thier�rztlicher
Behandlung, die weitere Anzeige an den Vorgesetzten sogleich zu
erstatten.
Die am Geschr�te vorkommenden Leiden betreffen entweder den.
Hodensack allein, oder auch die Hoden selbst, z. B.
Der Hodensackdarmbruch; man erkennt ihn, wenn sich
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da, wo der Saamenstrang durch den Bauchring geht, eine wiedernat�rliche
dicke, weiche Stelle, die dem Drucke der Finger nachgibt, f�hlen l�sst.
Die durchgeglittenen Ged�rme lassen sich nach und nach in die Bauch-
h�hle zur�ckdr�cken, senken sich aber bald wieder herab; ein solcher
starker Bruch ist nicht zu heilen, denn er klemmt sich nach und nach ein
und t�dtet das Pferd.
Die Hodensackfistel oder hesser gesagt, Saamenstrang-
f i s t e 1, welche zuweilen, nach einer nicht ganz gut vollf�hrten Castration
entsteht, ist an der Oeffnung eines feinen Fistelkanals, woraus etwas w�s-
seriger Eiter fliesst, und wobei der Saamenstrang stark und angeschwol-
len ist, zu erkennen.
Solche Fisteln sind �fter schwer zu heilen; sie entstehen zuweilen,
wenn von dem bei Unterbindung des Saamenstranges angewendeten Bind-
faden bei der Castration in der Wunde etwas zur�ckgeblieben ist. "Wird dieser
fremde K�rper durch eine neue Operation entfernt, so ist die nothwen-
digste Bedingung zur Heilung gegeben.
Geht aber die Verh�rtung des Saamenstranges ohne Vorbandensein
eines solchen fremden K�rpers zu weit und bis beinahe an den Bauchring
hinauf, so ist kaum noch eine Heilung m�glich.
Es ist desshalb einem jeden, der einen Hengst castriren Hess, anzu-
rathen, dass er die durch die Castration entstandene Wunde noch l�ngere
Zeit nach eingetretener Heilung seihst untersuche, oder in seiner Ge-
genwart durch einen Sachverst�ndigen untersuchen lasse, um ganz sicher
zu sein, ob sich nicht eine Fistel mit Verh�rtung des Saamenstran-
ges bilde.
Schwinden, Auftreibungen, Verh�rtungen, Entz�ndungen, Vereiterun-
gen und Verwachsung mit den H�llen kommen an den Hoden selbst vor
und gewinnen stets an Wichtigkeit, sobald der Hengst auch als Besch�ler
verwendet werden soll.
Es ist nun besonders w�hrend der Besch�llzeit sehr gerathen, alles
zu den Geschlechtstheilen geh�rige stets aufmerksam zu beobachten und
vor allem auf Reinlichkeit Bedacht zu nehmen; ferner, dass man sich durch
�fteres Bef�hlen �berzeuge, ob keine Hitze, Verh�rtung, Anschwellung
eines oder beider Hoden vorhanden sei, und ob nicht der Hengst durch
wechselweises Aufheben und gegen den Bauch ziehen der Hinterf�sse
bereits einen bedeutenden Schmerz in diesen Theilen verrathe.
Jeder krankhafte Zustand der Hoden schliesst den Hengst bis zu
seiner Herstellung vom Belegen aus.
Das Waschen und Reinigen des Schlauches und der Hoden hat
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stets mit Wasser zu geschehen, welches durch einige Zeit stehen im
Stalle oder in der Sonne seine urspr�ngliche K�lte verloren hat. Zu-
folge gemachter Erfahrungen ist es nicht gut, die Hoden und den
Schlauch gleich nach dem Belegakte mit ganz kaltem Was-
ser abzuwaschen, indem gerade diese Theile durch die Aufregung am
meisten erhitzt sind, und dann die pl�tzliche Abk�hlung mehr schadet
als n�tzt, ja sogar �fter Anschwellungen und Verh�rtung dieser Theile
dadurch entstanden ist.
In der Spalte zwischen den beiden Euterh�lften setzt sich zuwei-
len eine z�he Schmiere an, welche die Haut auf�tzt, auch wohl kleine Ge-
schw�rchen erzeugt; desshalb ist Reinlichkeit auch hier sehr n�thig. Ausser-
dem wird das Euter von Entz�ndungen und deren Folgen, namentlich
g�nzlichen oder nur theilweisen Verh�rtungen, Milchknoten, Abscessen
u. dgl. betroffen. Bei s�ugenden Stuten muss man Acht geben, ob sich
an den Zizen keine Verletzungen zeigen, die f�r die Stute sehr schmerz-
haft sind, und sie zu Widersetzlichkeiten gegen das S�ugen reizen.
Das Geburtsglied der Stute (Scham, Wurf) ist auch manchen
Krankheitszust�nden unterworfen; z. B. bei der venerischen Krankheit,
auch Besch�lseuche genannt, erscheinen die innern Seiten der Scham-
lefzen entz�ndlich ger�thet, sie selbst geschwollen, es zeigen sich an
der innern Seite Bl�schen, auch kleine Geschw�re, der ausfliessende
Schleim wird misf�rbig, stinkend und �tzend. Bei einer im Fruchth�l-
ter faulenden Nachgeburt, bei Rotz, Wurm etc. zeigt sich ein �hnlicher
Ausfluss, der jedoch mit dem gesunden einer rossigen Stute nicht
zu verwechseln ist,
In manchen Gegenden (im Orient sehr vielfach) werden die Schamlef-
zen bei weidenden Stuten durch Messingdr�hte zusammengehalten, um
sie dadurch vor dem Bedecktwerden durch mitweidende Hengste zu
besch�tzen; es bleiben hiervon Narben zur�ck.
Anmerkung. Es wird hier am Platze sein, �ber die Besch�l-
krankheit, auch Chankerseuche genannt, einige Worte ein-
fliessen zu lassen. Ich zitire zu diesem Zwecke ein thier�rztliches Gut-
achten �ber die in den Jahren 1846/47 in B�hmen sich zeigende Be-
sch�lkrankheit.
Die Chankerseuche des Pferdes ist eine eigent�mliche Krankheit
der Besch�ler und der Zuchtstuten, welche durch einen besonderen An-
steckungsstoff bei der Begattung fortgepflanzt wird, dessen Einwirkung"
an den Geschlechtstheilen zuerst locale Entz�ndung, Geschw�re, Aus-
fl�sse und Dr�senanschwellungen an verschiedenen Theilen des K�r-
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pers verursacht, und mit nerv�ser Schw�che und L�hmung zum Tode
f�hrt.
Der Verlauf der Krankheit von ihrem Beginne bis zu ihrem t�dt-
lichen Ausgange ist der Symptome nach folgender:
Mehre Tage nach dem Belegen zeigt sich bei den Vaterpferden
eine entz�ndliche R�the an der Ruthe, worauf sich bei einigen Meine
Bl�schen und sp�ter Geschw�re an der Ruthe bilden, sowie auch der
Schlauch, die Hoden und der Hodensack von einer entz�ndlichen Ge-
schwulst befallen werden, welche aber auf die innerlich angewendeten
k�hlenden und gelinde abf�hrenden Salze mit Zusatz des Brechweinsteins
und Kampfers und der n�thigen bittern und schleimigen Mittel � so-
wie auch zur Behebung der �ussern entz�ndliehen Geschwulst der Ge-
schlechtstheile angewendeten kalten B�der mit Zusatz des Salmiaksal-
zes � so wie auch die angebrachten Lehmanstriche mit Zusatz von
Salz und Essig die entz�ndliche Geschwulst der Geschlechtstheile be-
hoben wurde. Mit dieser behobenen Geschwulst an den Geschlechtsthei-
len war die Krankheit keineswegs ganz beseitigt; denn es folgte eine
besondere Schw�che in der Nachhand und ein eigener Schmerz in den
hintern F�ssen, der durch das stete wechselweise in die H�he ziehen
der Hinterf�sse ersichtlich war. Nach einer mit dem kranken Thiere
vorgenommenen Bewegung war die Schw�che derart, dass es auf allen
vier F�ssen �berk�thete und oft zusammenzust�rzen begann. Nach Ver-
lauf mehrerer Wochen ist der Kranke aber nicht mehr im Stande ge-
wesen , ohne Beih�lfe des Menschen selbst aufzustehen. Die Fresslust
ist jederzeit bei diesen kranken Thieren vorhanden, magern zwar im-
mer mehr und mehr ab, so zwar, dass sie alle an Abzehrung eingehen.
Aus diesem Grunde muss jedes an dieser Seuche erkrankte Vaterpferd
gleich im ersten Stadium der Krankheit kastrirt werden, um selbes
nach vollzogener Heilung zu was immer f�r einen Gebrauch zu ver-
wenden. Nur eine baldige Kastration kann das Vaterpferd vom Tode
erretten; jede Begattung muss strengstens vermieden werden.
Die an der Chankerseuche erkrankte Zuchtstute �ussert anfangs
Neigung zum Reiben um die Scham; dieselbe schwillt an, oft so stark,
dass die Geschwulst nach aufw�rts zum After nach abw�rts bis zum
Euter reicht. Bei n�herer Untersuchung findet man die Scham warm,
die Schleimhaut der Schamlefzen r�ther als im gesunden Zustande, die
angeschwollene Scheide verengt, die Schleimabsonderung krankhaft ver-
mehrt, und den Schleim in der Scheide angesammelt. In der Schleim-
haut der Scheide zeigen sich kleine Pusteln oder Bl�schen, die sich stets
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vergr�ssern, weisslicht werden, dann aufbrechen und hohle Geschw�re
bilden, aus welchen eine scharfe, jauchige Fl�ssigkeit sickert, die auf
die angr�nzenden Theile �tzend einwirkt.
Der durch lange Zeit anhaltende Schleimau sfluss aus der Scheide
wird �belriechend und es bilden sich in und um die Scham Chanker-
geschw�re, die sich oft bis in den Tragsack fortsetzen, und erst bei
der Sektion als skirrh�s und verh�rtet gefunden werden. Im weitern
Fortgang der Krankheit verliert sich die krankhafte R�the des Wurfes,
der Lefzen und der Scheide, sie wird blass und missf�rbig, und die
entstehenden Geschw�re nehmen an Zahl und Gr�sse zu, die geschwol-
lene Scham f�hlt sich teigartig an, und mit diesen Erscheinungen nimmt
die Schw�che im Kreuz und der ganzen Nachhand zu. Bei der zuneh-
menden Schw�che ist der Gang schwankend und das Thier der steten
Gefahr zu fallen ausgesetzt. Allm�lig zeigt sich eine Stumpfheit der
Sinneswerkzeuge und das kranke Thier ist f�r �ussere Eindr�cke we-
nig mehr empf�nglich, worauf der unvermeidliche Tod in baldem
erfolgt.
Eine Ansteckung anderer durch derartig kranke Pferde ist nur
durch die Begattung m�glich.
Die Behandlungsart der Zuchtstuten war innerlich wie bei den Vater-
pferden � �usserlich wurden kalte B�der und Einspritzungen von ver-
d�nnter Chlorkalk-Aufl�sung mit gutem Erfolge angewendet.
Wegen der Wichtigkeit des Gegenstandes und weil, wie ich glaube,
gerade �ber diese Krankheit wenig Kenntniss verbreitet ist, will ich
noch eine andere Mittheilung hier folgen lassen.
Die Vierteijahrschrift f�r wissenschaftliche Veterin�rkunde 1833
enth�lt n�mlich einen Aufsatz �ber die Besch�lkrankheit bei Hengsten
nnd Stuten in einer Gegend Frankreichs. Das Resultat der Untersu-
chungscommission �ber Ursache, Beschaffenheit und Verlauf der Krank-
heit war Folgendes:
Eine epicoctische Krankheit herrschte unter den Stuten in der
Ebene von Tarbes; es wurden von ihr beil�ufig der Ib. Theil der Stu-
ten ergriffen; die Sterblichkeit war SO Prozent; das Entstehen der
Krankheit kennt man nicht, ihre Natur besteht wahrscheinlich in einer
Alteration des Blutes in seinen physischen Eigenschaften und seinen
constituirenden Principien, identisch mit den thyph�sen Krankheiten;
die disponirenden Ursachen liegen in der Atmosph�re, den di�tetischen
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Verh�ltnissen und im Aufenthalte, die excitirenden anscheinend in
der Ann�herung beider Geschlechter; die Krankheit ist weder syphili-
tisch noch contagi�s; Merkurialpr�parate schaden in der Regel, die ra-
tionelle Behandlung besteht in Regulirung der Di�t und beim Beginne
in erfrischenden Getr�nken, sp�ter in der Anwendung leicht tonischer
bitterer Mittel u. s. f., wie sie eben die Einsicht und Geschicklichkeit
des Veterin�rarztes f�r zweckm�ssig findet.
Indem die Weiterverbreitung dieser Seuche nur dadurch verhin-
dert wird, dass die kranken Thiere von jeder Begattung fern gehalten
werden, so leitet sich daraus von selbst ab, wie uothwendig eine strenge
Aufsicht in dieser Beziehung ist, die aber nur von Sachverst�ndigen ge-
leitet werden kann.
Hengste, welche wegen dieser Krankheit castrirt wurden, k�nnen
in so weit gesunden, dass sie am Leben bleiben und auch �usserlich gut
aussehen; es bleibt ihnen jedoch immer eine bedeutende Schw�che der
Nachhand, die ernstlich anstrengende Leistungen ausschliesst, wesshalb
es nicht rathsam, einen solchen Castraten sich anzueignen.
Auch der After hat seine Leiden; bei Weidepferden h�ngen nicht
selten im Umkreise des Afters Bremsenlarven hervor, welche aber von
keiner Bedeutung sind. Auch erscheinen am After �fter dicke, schwarze
Knoten, warzige Ausw�chse, Schwarzwarzen, Melanosen ge-
nannt, die sich �fter in die ganze Schweifr�be und in das Innere des
Mastdarmes verbreiten, wodurch alsdann die Mistentleerung sehr beein-
tr�chtigt werden kann.
Bei J�ngern und kr�ftigen Pferden zeigt sich der After stark,
glatt und, ausser bei der Kothentleerung fest verschlossen; bei altern,
schwachen und kr�nklichen Pferden dagegen schlaff, hervorh�ngend und
nicht festgeschlossen.
Bei lungenkranken, d�mpfigen Pferden schiebt sich der After w�h-
rend des Athmens abwechslungsweise hervor und zur�ck, und erscheint
auch ohnedies durch die Magerkeit seiner Umgebung mehr hervorste-
hend; bei sehr magern, alten, abgetriebenen Pferden erscheint er sehr
zur�ckgezogen.
Hieraus geht hervor, dass es nicht unwichtig ist, auch diesen K�r-
pertheil genau zu untersuchen. Auch k�nnen verschlagene Dr�senmate-
rie, unreine S�fte sich auf diesen Theil werfen und ein Geschw�r ver-
ursachen, in seltenen F�llen auch wohl Veranlassung zu einer Fistel
werden.
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Die schon beim After erw�hnten Schwarz Warzen sind �fter an
der ganzen Schweifr�be verbreitet, sie brechen �fter auf, und enthalten
eine schwarze, jauchenartige Fl�ssigkeit.
Der Ratten schweif sieht sehr h�sslich aus und entstellt ein
�brigens sonst ganz gutes Pferd; es scheint demselben eine krankhafte
Beschaffenheit der Haut an der Schweifr�be zum Grunde zu liegen, in-
dem die Haare keinen ordentlichen Wachsthum bekommen.
Eigenth�mlich ist es, dass die Schwarzwarzen meistens nur bei
Schimmeln vorkommen und der Rattenschweif meistens den getiegerten
Pferden eigen ist.
Als das Englisiren noch h�ufiger war als jetzt, entstand am Schweife
�fter eine Fistel, wenn beim Englisiren in die Junkturen der Knochen
geschnitten oder auch solche durch dabei vorgenommenes gewaltsames
Krummbiegen des Schweifes zerbrochen wurden.
Leiden, welche am Kreuze und den H�ften vorkommen sind:
Der Schwund oder Verschwind; so nennt man, wenn die
Muskeln auf einer Seite der Kruppe magerer, niedriger sind; er ent-
steht entweder aus chronischem Rheumatismus oder starken, anhalten-
den Schmerzen in der Gliedmasse z. B. bei sehr starker Spathl�hme.
Begreiflicherweise ist eine Schw�che in der ganzen Gliedmasse damit
verbunden.
Die Kreuzl�hmung erkennt man an einem unsicheren, schwan-
kenden Gange des Hintertheiles; schon der Name zeigt an, dass damit
eine bedeutende Schw�che verbunden sein muss. Solche Pferde sind zu
Dienstleistungen unter dem Reiter oder schnellerm Zugdienst durchaus
ungeeignet.
Einh�ftigkeit nennt man, wenn die H�ften ungleich sind,
d. h. die eine weniger hervorsteht oder niedriger ist, als die andere.
Dieses kann Folge eines erlittenen Bruches des H�ftfortsatzes sein,
oder auch entstehen, wenn sich ein junges Thier beim Ausgang an die
Th�rpfoste hart anst�sst und in Folge des Schmerzes die Muskeln
schwinden. In den meisten F�llen ist damit immer eine Schw�che der
Gliedmasse derselben Seite verbunden. Narben an diesem Theile lassen
vernmthen, dass daselbst Haarseile oder scharfe Salben entweder ge-
gen L�mung oder gegen den Schwund angewendet worden sind.
Das Gelenk, wodurch sich das Oberschenkelbein mit dem Becken
verbindet, das Pfannengelenk, ist aus ganz �hnlichen Ursachen,
Vie es bei der Bugl�hmung erkl�rt wurde, einer L�hmung ausgesetzt.
Man wendet auch hiergegen scharfe Salben und Eiterb�nder an, daher
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man aus den hier zur�ckbleibenden Narben schliessen kann, dass das
Pferd einmal an diesem Theile lahm war.
Am Kniescheibengelenke k�nnen durch �ussere Einwirkungen als
Schl�ge von nebenstehenden Pferden u. s. w. Wunden und Geschw�lste
entstehen, die nach ihrer Gr�sse und Ausdehnung zu beurtheilen sind.
Das Sprunggelenk, als ein Theil, der grosse Anstrengungen zu er-
leiden hat, ist mancherlei Gebrechen ausgesetzt, wodurch die Dienst-
tauglichkeit und der Gang mehr oder weniger beintr�chtigt wird, das-
selbe bedarf daher bei Untersuchung eines Pferdes der genauesten
Pr�fung.
Die an diesem Gelenke verkommenden Fehler sind folgende:
1.  Sprunggelenksgalle.
2.  Blutspat, auch Bugspat, weicher � Wasser- oder Ochsenspat
genannt.
3.  Die Piphake.
4.  Die Baspe oder Rappe,
b. Behbein.
6.  Hasenhake auch Curve genannt.
7.  Der Knochenspat.
Der Knochenspat ist unter all diesen Fehlern der bedeutendste;
er ist dasjenige Leiden, welches die Beweglichkeit des Sprunggelenkes
am meisten beeintr�chtigt, und das Pferd �fter so lahm macht, dass
durch den andauernden, heftigen Schmerz sogar ein Schwinden der
Muskeln bis zur Kruppe hinauf entsteht.
Derselbe entsteht durch eine Entz�ndung der Gelenkfl�chen, wo-
durch Knochenmaterie ausschwitzt, dieselbe wird hart und macht die
Gelenkfl�chen rauh. Dieses macht dem Pferde bei der Bewegung Schmerz
und endlich findet bei weiterer Verbreitung eine g�nzliche Verwachsung
der kleinern Sprunggelenkknochen statt; alsdann pflegt der Schmerz
sich nicht mehr so bedeutend zu �ussern, aber das Sprunggelenk hat
alle Beweglichkeit und Elastizit�t verloren.
Betrachtet man, um dieses Leiden zu erkennen, die innere Seite
des Sprunggelenkes, so zeigt sich unten, da wo sich die Sprunggelenks-
knochen mit dem Schienbein und dem Griffelbeinkopf verbinden, eine
aussergew�hnliche Erh�hung. Zeigt sich diese Erh�hung mehr nach vorn
sitzend, so wird dadurch die Beweglichkeit des Schienbeines um so
mehr beeintr�chtigt; desshalb ist auch der mehr nach vorn sitzende
Spat bedenklicher, als der mehr r�ckw�rts sitzende.
Bei der Bewegung zeigt das Pferd Schmerz, das Sprunggelenk ist
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sowohl in der Biegung als der Streckung gehemmt, und mangelt es
h�ufig auch dem Fessel desselben Schenkels an der geh�rigen Bieg-
samkeit.
Eigenth�mlich ist es beim Knochenspat, dass das Pferd zu An-
fang der Bewegung am meisten lahm geht, bei fortgesetzter Bewegung
vermindert sich der Schmerz und zeigt sich wieder um so gr�sser,
Wenn das Pferd dann nach l�ngerem Stehen wieder gehen soll.
Nicht immer ist diese oben erw�hnte Erh�hung an der innern Seite
des Sprunggelenkes sichtbar, wenn das Pferd bereits am Knochenspat
lahmt. Es kann n�mlich eine Entz�ndung der innern Gelenkfl�chen statt-
finden , wodurch das Pferd Schmerzen empfindet, ohne dass sich die
Ausschwitzung der Knochenmaterie durch ausgebreitete Verh�rtungen
sichtbar macht. Man nennt dieses den unsichtbaren Spat, auch
Stichbein. Er macht das Pferd �fter mehr hinken, als der durch
Erh�hungen bereits sichtbare Spat, und ist in seinem Entstehen
h�ufig die Ursache des Hinkens, wenn man den eigentlichen Sitz des
Uebels weder durch Geschwulst, noch Hitze, noch Wunde entdecken kann.
Ist aber ein Pferd immer lahm, wenn sich an
der untern, innern Seite des Sprunggelenkes
aussergewohnliche Erh�hungen zeigen?
Nein, es gibt sogar F�lle, wo solche Pferde niemals Schmerz in den
Sprunggelenken zeigen, auch dieselben ihre volle Beweglichkeit haben.
Man muss dann untersuchen, ob beide Sprunggelenke in dieser Bezie-
hung gleich sind, und wird dann den Grund dieser Erscheinung in einer
eigenthdmlich scharf ausgepr�gten aber gesunden Form der untern
Sprunggelenksknochen oder des obern Endes des Schienbeines und
Griffelbeinkopfes finden. Man nennt dieses: scharfabgesetzt oder
auch unsch�dlichen Spat.
Aufmerksame Beobachter wollen bemerkt haben, dass das linke
Sprunggelenk von Natur immer etwas st�rker gebildet sei und desshalb
auch die Spatl�hme viel �fter rechts als links vorkomme.
Ist ein spatlahmes Pferd zu jeder Art von Ar-
beit untauglich zu erkl�ren?
Keineswegs; ein solches Pferd kann zu allen Diensten in der Land-
wirtschaft viele Jahre gebraucht werden; es kann im leichtern Fuhrwerk
im schnellern Gehen, selbst als Reitpferd noch sehr gute Dienste leisten,
wenn seine ganze Struktur und sein Temperament darnach ist, um �ber-
haupt ein leistungsf�higes Thier zu sein.
Der Spat l�sst sich in Absicht auf seine Gefahr und die von ihm zu
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besorgende L�hmung ebensowenig nach seiner Gr�sse als nach seiner Lage
beurtheilen, indem man, wie schon fr�her erw�hnt, nicht selten Pferde fin-
det, die bei sehr sichtbarer, spat�hnlicher Knochenerh�hung nicht lahm
gehen, und andere bei einem kleinen Spate und bei einem massigen oder
vielleicht gar keinem Dienste viel Schmerz zeigen.
Bei jungen Pferden, besonders bei solchen, die noch nicht oder wenig
gearbeitet haben, muss eine Spaterh�hung wegen der mit Recht zu be-
f�rchtenden L�hmung starke Besorgniss erregen, besonders dann, wenn
sich an demselben Beine im Gehen eine Neigung zumUeberkn�cheln zeigt.
Bei Pferden, die in einem gewissen Alter sind, und bei denen eine
Spaterh�hung schon lange zugegen war, ohne dass sie selbst bei anstren-
gender Arbeit jemals lahm gingen, ist die Besorgniss einer erfolgenden
L�hmung viel geringer. Es ist rathsamer, einem solchen Pferde, das nichts
widernat�rliches in der Bewegung des spatigen Schenkels zeigt, den Vor-
zug vor einem jungen, schwachen und schlechtgebauten Pferde zu geben.
Man kann also nur in der Bewegung �ber die gr�ssere oder gerin-
gere Sch�dlichkeit eines vorhanden geglaubten Spates urtheilen, und
den Dienst, welchen das Pferd leisten soll, ber�cksichtigend, den h�heren
oder geringeren Werth des Pferdes selbst bestimmen.
Das Pferd hat den Spat! sind Worte, die sehr oft im Munde
gef�hrt werden, jedem Nichtkenner Furcht und Schrecken einjagen und
von Manchem, � nat�rlich der sein Publikum kennt, � nur immer darum
im Munde gef�hrt werden, um f�r einen �usserst feinen Pferdekenner zu
gelten.
Ich will desshalb diesem Gegenstande einige Worte widmen.
Die Natur dieses Leidens bringt es mit sich, dass das Pferd, welches
wirklich Spat hat, an dem betreffenden Fusse lahm gehen muss. Denn
durch vorhergegangene Entz�ndung und Absonderung von Knochensub-
stanz sind die Gelenkfl�chen der Sprunggelenksknochen und des obern
Kopfes des Schienbeines und Griffelbeines rauh geworden, wesshalb das
Pferd bei der Bewegung Schmerzen empfindet. Wird nun w�hrend der Be-
wegung selbst diese Rauhheit der Gelenkfl�chen durch die Reibung des Ge-
hens, W�rme u. s. w. wieder schl�pfriger, so geht das mit Spat behaftete
Pferd nach gelinder Bewegung weniger lahm, aber wieder um so mehr,
wenn das Pferd nach dieser Bewegung wieder einige Zeit stand. Greift die
Entz�ndung der Gelenkfl�chen so weit um sich, dass durch die Aus-
schwitzung die Verh�rtungen einen grossen Umfang annehmen, so entste-
hen dadurch die an der untern, innern Seite des Sprunggelenkes sichtba-
ren Erh�hungen; endlich verw�chst das ganze Gelenk und wird steif.
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Desslialb kann ein frei und kr�ftig bewegtes Sprunggelenk, woran das
Pferd keinen Schmerz zeigt, auch bei Erhabenheiten , wo regelrecht keine
sein sollten, nicht als mit Sp�th behaftet bezeichnet werden; denn
wirklicher Sp�th ist immer mit Schmerz und somit Lahmgehen ver-
bunden.
Als Ursache zum Sp�th wird fast immer zu grosse Anstrengung
heftige Einwirkung beim Reiten oder Fahren angegeben. Wenn man aber
beobachtet, dass ganz junge 3j�hrige Fohlen, die noch gar nicht gear-
beitet haben, bereits am Sp�th lahm gehen, oder beide Sprunggelenke vol-
ler Knochenentartungen sind, so muss dieses zum Nachdenken auffordern
und es f�hrt zu dem Schl�sse, dass die ganze Knochenbildung aus
irgend einer Ursache, vielleicht wegen zu wenig Kalkgehalt der Nahrungs-
mittel eine krankhafte war.
Wir wollen nun die anderen Fehler des Sprunggelenkes n�her
betrachten; und zwar:
Die Hasenhacke; dieselbe zeigt sich in Gestalt einer Erh�hung
an der �usseren Seite des Sprunggelenkes nach hinten und unten, wo
sich das Fersenbein mit den �brigen Sprunggelenksknochen und dem
�usseren Griffelbein verbindet. Sie entsteht durch gewaltsames Ausdehnen
der B�nder, Sehnen, ist im Anfange der Entstehung mehr als ein Leiden
der Weichtheile denn der Knochen zu betrachten, und betrifft erst in
weiterem Verlauf den Knochen.
Anf�nglich verursacht sie schmerzhaftes Hinken ist aber sp�ter der
Beweglichkeit des Sprunggelenkes weniger hinderlich, daher auch viel
Weniger bedenklich als der Spat.
Das Rehbein; dasselbe zeigt sich als eine Erh�hung ebenfalls
an der �usseren, untern Seite des Sprunggelenkes, jedoch weniger nach
r�ckw�rts als die Hasenhacke. Mit der Entstehung und dem weiteren
Verlauf des Leidens hat es eine ganz �hnliche Bewandtniss als mit der
Hasenhacke, und ist daher das Rehbein ganz �hnlich zu beurtheilen;
Manche wollen auch zwischen Rehbein und Hasenhacke keinen Unter-
schied machen.
Selbst bei ganz gesunden Sprunggelenken zeigt sich �fter in dieser
Gegend eine starke Knochenerh�hung oder, wenn das obere Ende des
Fersenbeines nicht gerade in die H�he sondern etwas nach vorw�rts
gerichtet ist, zeigt sich da, wo sich das Sprunggelenk mit dem Schien-
bein verbindet, eine etwas krumme Linie nach r�ckw�rts, (wenn man das
Pferd von der Seite betrachtet.) Erfahrung und sorgf�ltige Beobachtung,
die Art der Bewegung des Gelenkes im Gange muss auch hier das Auge
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des Beurtheilers sch�rfen; auch kann man durch Bef�hlen mit der Hand
sein Urtheil mehr regeln.
Die Piphacke; (Kablette). Dieselbe befindet sich �usserlich
sichtbar da wo die grosse Achilles Sehne �ber die Spitze des Fersenbeines
l�uft; sie entsteht meistens bei Pferden, die (z. B. rossige Stuten) gern
an die Wand oder die Stands�ulen schlagen, oder welche die Gewohnheit
haben, sich mit den Hinterbeinen an die Stands�ulen anzulehnen etc. Sie
ist anf�nglich eine warme, sp�ter kalte Geschwulst, die zwar schwer zu
vertreiben ist, aber als die Bewegung nicht hindernd, nur als ein das Auge
beleidigender aber nicht als ein Gebrauchsfehler zu betrachten ist.
Die Sprunggelenksgalle; sie ist als eine rundliche, weiche
Geschwulst in der Vertiefung zwischen dem Fersenbein und dem untern
Ende der Hose zu erkennen. Ist sie nur auf einer Seite sichtbar, so heisst
sie einfache, auf beiden Seiten durchgehende oder auch Kreuz-
galle.
Sie besteht in einer erschlafften Erweiterung der Gelenkkapsel des
Sprunggelenkes und Anh�ufung von Gelenkschmiere daselbst. Im gr�sse-
ren Umfange und bei jungen Pferden, die noch wenig oder gar nicht gear-
beitet haben, ist sie ein Beweis von Schw�che dieses Gelenkes, und da sie
endlich die Beweglichkeit desselben hindert, so wird der Werth eines
solchen Pferdes dadurch bedeutend vermindert. Im geringeren Umfange
und bei �lteren Pferden, die schon t�chtig gearbeitet haben, ohne dass die
Beweglichkeit des Gelenkes dadurch gehindert wurde, ist sie als minder
bedeutend zu beurtheilen.
Der Blutspat; derselbe zeigt sich an der oberen Fl�che des
Sprunggelenkes etwas mehr nach einw�rts, als eine runde, elastische Ge-
schwulst, und ist von ganz �hnlicher Entstehung und Beschaffenheit als
die Sprunggelengsgalle. Obwohl das Vorhandensein des Blutspates immer
von einem schlaffen Zustande der Gelenkskapsel zeugt, so verursacht
derselbe doch h�chst selten L�hmung und ist besonders in der Hinsicht
anst�ssig, weil er dem Sprunggelenke, das so sehr gew�nschte trockne,
reine Ansehen benimmt.
Einige Thier�rzte nennen den hier beschriebenen Blutspat: Pfan-
neng all e, und nennen Blutspat, eine Erweiterung der an der vorde-
ren, inneren Seite laufenden Schrankader.
Raspe oder Rappe; dieselbe Krankheit, welche unter diesem Na-
men in der Kniebiegung der Vorderbeine vorkommt, erscheint auch in der
Biegung der Sprunggelenke.
Ueber diejenigen P'ehler und Leiden, welche an den Hintergliedmas-
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sen vom Sprunggelenke abw�rts vorkommen, ist folgendes zu bemerken:
An der grossen Achillessehne wird ein Leiden als der Sehnenklapp
am Vorderbeine fast nie vorkommen.
Ueb erbeine sieht man am hinteren Schienbein h�chst selten,
Mauke k�mmt an den Hinterbeinen �fter vor als an den vordem;
ebenso ein Anschwellen der Beine, wenn die Pferde wenig Bewegung
machen.
Dieses Anschwellen, welches bei einiger Bewegung sich verliert, und
bei l�ngerem Stehen sich wieder zeigt, entsteht bei vielen Pferden nur im
Herbst.
Ohne dass die Gebrauchst�chtigkeit dadurch wesentlich beeintr�ch-
tigt w�rde, ist es immer ein Zeichen lascher Beschaffenheit und Mangel an
gesunder, th�tiger Cirkulation in den vom Heerde des inneren Lebens-
haushaltes am meisten entfernten Theilen.
K�th e ns ch�ssigkeit, auch Ueberk�then, Ueberkn�-
cheln genannt, ist an den Hinterbeinen von minderer Bedeutung als an
den Vorderbeinen.
Es ist allerdings kein regelm�ssiger Zustand und bildet jedenfalls
einen Han dels- ni cht immer einen Gebrauchsfehler; denn
die Erfahrung zeigt, dass Pferde, die hinten Ueberk�then (nat�rlich
darf der Fehler nicht in allzuhohem Grade stattfinden, das Pferd dabei
keinen Schmerz �ussern und der Zustand an beiden Beinen gleich sein)
�fter sehr gut und ausdauernd mit den Hinterbeinen gehen, und sich in
jeder Gelegenheit auf dem Hintertheil gut halten.
Bei jungen Pferden die noch nicht viel gearbeitet haben, ist aller-
dings zu f�rchten, dass sich das Uebel bei gr�sserer Anstrengung vermeh-
ren wird, und darf dann namentlich nicht �bersehen werden, ob das junge
Thier vielleicht nur an einem Fusse �berkn�chele.
Indem dieses �fter mit angehender Spatl�hme verbunden sich zeigt,
so ist dann das Sprunggelenk desselben Beines um so aufmerksamer zu
untersuchen. Bei �lteren Pferden, die sich beiK�thensch�ssigkeit schon
in der Arbeit als gut und ausdauernd bew�hrt haben, ist der Fehler von
minderer Bedeutung.
Es ist dieser einer von den Fehlern �ber dessen Bedeutendheit man
nur urtheilen kann, indem man das Pferd im Gange beurtheilt. Sieht man
dann, dass das Hinterbein im Kniescheibengelenk geh�rig vorgeschoben
wird, so dass die Tritte der Hinterbeine die Fussstapfen der Vorderbeine
erreichen, hat das Pferd �berhaupt Gehlust, feste Muskulatur und gute
Verbindung oben in der Kruppe, so kann ein solches Pferd mit einiger
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K�thensch�ssigkeit selbst als Reitpferd viel besser sein, als eins mit ganz
normalen K�thengelenken und Fesseln, dem die �brigen ebenbezeichne-
ten Bedingungen zu einem guten Gange mangeln. Bemerkt muss �brigens
noch werden, dass mangelhaft gestellte Fesseln, namentlich wenn sie zu
gerade stehen, auch wenn sie sonst ganz gesund sind, dem gr�ssten
Theile des Pferdegebrauchenden Publikums den Eindruck machen, dass
das Pferd struppirt sei.
Eine Vergleichung der vorderen und hinteren Hufe wurde schon bei
Beschreibung der Fehler der vorderen Hufe gemacht.
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G�te, Sch�nheit, Gr�sse ; Lehre von den Verh�lt-
nissen im Bane des Pferdes.
Hering sagt in seinem bekannten Werke unter anderem ;
Es haben verschiedene Schriftsteller der �lteren und neueren Zeit
Verh�ltnisslehren der einzelnen Theile des Pferdek�rpers als solchen
und ihrer Harmonie mit dem Ganzen aufgestellt. Wenn auch Andere
wieder an diesen Lehren viel zu tadeln fanden und so wahr diese Ein-
w�rfe h�ufig sind, so beweisen sie nur, dass man diese Fehler also
ab�ndern m�sse, keineswegs aber, dass man gar keine Verh�ltniss-
lehre aufstellen d�rfe.
Die blosse Kenntniss der �usseren Umrisse des Pferdek�rpers und
ihrer Verschiedenheiten selbst in Bezug auf sogenannte Fehler oder
Fehlerfreiheit gen�gt nicht zur vollst�ndigen Pferdekenntuiss, man muss
tiefer gehen, und ebensosehr finden hier die Grunds�tze der Mecha-
nik in Bezug auf L�nge, Richtung, Winkelstellung der
Knochen, ihre Anwendung als die Erforschung de r diese
Hebel in Bewegung setzenden Kr�fte.
Die G�te eines Pferdes l�sst sich einestheils aus dem Baue sei-
ner Theile und ihrem richtigen Verh�ltniss zu einander beurtheilen und
um sich hierin einen praktischen Blick anzueignen, muss man jedes Pferd
das beste wie das schlechteste der Betrachtung werth finden. Die dann
anzustellenden Vergleiche werden um so eher einen sicheren Haltpunkt
finden, wenn man sich mit zu Hilfenahme einer guten auf praktische Beo-
bachtungen gegr�ndeter Verh�ltnisslehre bereits eine Basis
gebildet hat. Anderntheils nun h�ngt die G�te des Pferdes von dem Inne-
re n der Maschine, der Constitution und dem Temperamente
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des Thieres, oder mit einem Worte von den Kr�ften ab, die die
Maschine in Bewegung setzen, und welche nur durch
den Gebrauch zu pr�fen sind.
Die Sch�nheit bezieht sich nur auf das Aeussere, n�mlich auf die
Uebereinstimmung der Theile unter sich zum Ganzen; sie kann durch
blosse Betrachtung empfunden und beurtheilt werden. Die Gelehrten sind
hier�ber verschiedener Meinung, die einen behaupten, es m�sse bestimmte
Verh�ltnisse geben, welche die einzelnen Theile eines Pferdes haben m�s-
sen, um sch�n zu sein; hierbei soll von gewissen Kegeln ausgegangen
und nach denselben die Sch�nheit des Pferdes �berhaupt beurtheilt wer-
den. Da es nun kein absolut sch�nes Pferd g�be, so m�ssen diese Ver-
h�ltnisse von verschiedenen Thieren und von jedem die sch�nste Parthie
gesammelt und auf solche "Weise ein Normalpferd, ein Ideal von Pferde-
sch�nheit entstehen.
Die Gegner dieser Ansicht stellen den Satz auf, dass die Sch�nheit
etwas relatives sei und dem Einen dieses, dem Anderen jenes gefalle, dass
die Sch�nheit in der G�te und Brauchbarkeit des Thieres gegr�ndet sein, und
somit f�r den verschiedenen Gebrauch der Pferde auch verschiedene Propor-
tionen angenommen werden m�ssen, indem man bei einem Lastwagenpferde
und einem Renner nicht gleiche Verh�ltnisse der Theile verlangen d�rfe.
Obgleich die Meisterst�cke der bildenden Kunst Griechenlands und Ita-
liens auf jene zuerst erw�hnte Weise entstanden sind, so wird sich die
Mehrheit der Pferdeliebhaber doch gewiss den zuletzt ge�usserten An-
sichten als den mehr praktischen anschliessen. (Soweit Hering.)
Die englische Redensart: handsome is, who handsome docs sch�n ist
wer Sch�nes (Gutes) leistet, hat seine sehr gute Berechtigung; man muss
aber auch zugeben, dass die Meisten unwillk�hrlich dem Eindrucke der
Sch�nheit oder dessen, was den meisten Menschen gef�llt, unterliegen.
Und dass man das, was durch gef�llige Formen einen guten Eindruck
macht, was eben gef�llt, sch�n ist, auch unmittelbar darauf f�r gut h�lt
ist ebenso wahr. Auf Pferde angewendet, denke man sich zwei Pferde, die
�brigens an Farbe, Gr�sse, Figur, Gangwerk, lebhaftem Temperament etc.
so �hnlich als m�glich sind. Das eine hat einen vollen, sch�n getragenen
Schweif, das andere tr�gt denselben gar nicht oder hat gar einen Ratten-
schweif. Gewiss findet die gr�sste Mehrzahl der Beschauer das erstere
besser, bezahlt es theuerer u. s. w., obwohl beide in ihrer Leistungsf�-
higkeit gleich t�chtig sind. Noch mehr: der ein sch�nes Pferd reitende
gilt auch sogleich beim grossen Publikum f�r einen besseren Reiter
als der auf einem h�sslichen Pferde sitzende, vielleicht in Wirklichkeit
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viel bessere Reiter. Es verbindet sich eben mit dem Sch�nen als etwas
Angeborenen sogleich auch der Begriff des ausdauernd bleiben-
den Guten, wogegen wenn ein h�ssliches Thier auch etwas Gutes lei-
stet unwillk�hrlich einem der Gedanke beschleicht, es sei dieses etwas An-
gelerntes, was auch unter Umst�nden wieder verlernt werden k�nne.
Handsome is, who handsome does, sagt der praktisch rechnende En-
gl�nder, und in manchen Gegenden Deutschlands verbindet sich mit dem
Ausdruck: sch�n auch immer der Begriff: gut. Z. B. der ist ein h�b-
scher Mensch heisst h�ufig, das ist ein ordentlicher, n�chterner, rechtlicher
Mensch, w�re auch seine Gesichts- und K�rperbildung nichts weniger
als seh�n; das ist ein garstiger Mensch sagt man auch von einem sch�n
gewachsenen Manne, wenn er z�nkisch, liderlich u. s. w. ist. In Oester-
reich bezeichnet man mit dem Ausdruck sauber die beiden Begriffe
sch�n und g u t in Verbindung; z. B. ein sauberes Pferd, ein saube-
rer Reiter heisst ein zugleich h�bsches und gutes Pferd, ein guter Reiter,
von auch gef�lligem, ansprechendem Ausseren.
Der wahre, praktische Pferdekenner wird jedoch immer den Blend-
ling von dem solid sch�nen Pferde zu unterscheiden wissen, und weil gar
so oft ein solcher Blender ein sch�nes Pferd genannt wird, so
wird dann h�ufig von den sogenannten Praktikern auf Sch�nheit kein
Werth gelegt.
Die von mir gemeinte Sch�nheit beruht immer auf der regelm�ssi-
gen Form der einzelnen Theile und ihrer harmonischen Verbindung mit
dem Ganzen. Verbindet sich dann hiermit ein dem bestimmten Gebrauchs-
zwecke am meisten entsprechendes Temperament, so vereint sich dann
auch meistens Sch�nheit mit G�te; wogegen sich die sogenannte
Sch�nheit des Blenders meistens auf ein sch�nes Schweiftragen, langen,
d�nnen Hals, Hochbeinigkeit und den sogenannten stechenden Gang im
Trab reduciren wird. In meinem Sinne erscheint die Sch�nheit eines Caros-
siers allerdings unter anderen Formen als die eines schweren Zugpferdes.
Die Sch�nheit eines Reitpferdes, dass einem vornehmen alten Herrn
dazu dienen soll, um an einem �ffentlichen Orte spazieren zu reiten, kann
man mit anderen Augen betrachten, als die eines fl�chtigen und zugleich
gewandten Reitpferde s z. B. f�r den Dienst eines Offiziers der leichten
Reiterei u. s. w. u. s. w.
Hochstetter sagt: In Absicht auf G r � s s e findet unter den Pferden,
wie unter den Menschen eine sehr grosse Verschiedenheit statt, auch
scheint letztere minder gross zu sein, als beim Pferde.
Von der kleinen hochschottischen, schwedischen, sowie auch der klei-
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nen Pferderace Sardiniens, Corsikas und vom Kap der guten Hoffnung bis
zum grossen, englischen Bierbrauerpferd und dem Pferderiesen Flanderns
und Friedlands ist ein ausnehmend grosser Abstand. Nach genauen Mes-
sungen vom Fusse bis zum Widerrist ist der h�chste Unterschied zwi-
schen beiden Pferderacen dreifach. Es geh�rt beim Menschen schon eine
Vergleichung zwischen Riesen und Zwergen also etwas ausserordentliches
dazu um dieses Verh�ltniss zu Stande zu bringen.
Die gew�hnliche Naturgr�sse des Pferdes vom guten Schlage aber
steht in Beziehung auf seine Yerrichtungen und Gesch�fte als Hausthier
in einem sehr richtigen Verh�ltniss zur menschlichen. Welches Thier
w�re daher auch zu diesen Zwecken des Reitens und Fahrens so geschickt
und anwendbar als dieses, und es ist dieses eine dem Pferde in der Thier-
reihe ganz eigenth�mliche Eigenschaft. In Verbindung mit seiner Form,
Kraft und Intelligenz verdanken wir haupts�chlich auch diesem wichtigen
Verh�ltniss der Gr�sse zur menschlichen, dass es durch die Eignung gerit-
ten zu werden, dem Menschen in so hohem Grade zum Nutzen und Ver-
gn�gen dient. Dieses Verh�ltniss ist im Durchschnitt meistens so, dass der
Mensch dem Pferde, wenn es vor ihm steht, gerade in die Augen blicken
und wenn er ihm ganz zur Seite ist, bequem den Ellenbogen auf dem Wi-
derrist auflegen, sich auch ohne grosse Anstrengung auf den R�cken
schwingen kann.
Die relative Gr�sse der einzelnen Theile des Pferdek�rpers oder das
Verh�ltniss der einzelnen K�rpertheile des Pferdes zu einander gibt fol-
gende merkw�rdige Verschiedenheiten.
Sch�nheit, Anmuth, Anstand oder Adel in der Bewegung, sowie auch
Gewandheit, stehen vielfach mit der Schnelligkeit und Zugkraft im umge-
kehrten Verh�ltnisse.
Indessen bemerkt man doch am orientalischen Pferde neben einer
grossen Schnelligkeit, man m�chte sagen Fl�chtigkeit, eine ausgezeichnete
Anmuth, Sch�nheit und Grazie in Gestalt und Bewegungen mit grosser Ge-
wandheit vereinigt.
In dem spanischen Pferde vereinigen sich zwar viel Sch�nheit und
Grazie in Gestalt und Bewegungen mit vorz�glicher Gewandheit; aber
diese Eigenschaften sind in weit geringerem Grade mit Fl�chtigkeit ver-
bunden, wie beim orientalischen Pferde.
Die nat�rliche Gewandheit und Anmuth in den Bewegungen, welche
gewissen Pferdearten vor anderen vorz�glich eigen ist, liegt daher irr
den besonderen Verh�ltnissen ihrer K�rpertheile zu einander.
Das englische Rennpferd und das kolossale Bierbrauerpferd haben
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hingegen keine Anmuth und Gewandtheit in der Bewegung. Jenes tr�gt
den Preis der Schnelligkeit, dieses der Zugsst�rke auf gewisse Entfernun-
gen unzweifelhaft davon.
Anmerkung. Ebensowenig als alle orientalischen Pferde von
Natur anmuthig, gewandt und zugleich schnell sind, ebensowenig sind alle
englischen Vollblut- oder der Rennrace angeh�rigen Pferde von wenig an-
muthigen, nur starren, nicht zur Gewandtheit geeigneten Formen, wenn
man auch vielfach dem Urtheil Hochstetters beipflichten muss.
Aus diesen Vergleichungen erhellt, dass das Pferd in Absicht auf
seine verschiedenen Bewegungen eine verschiedene Uebereinstimmung der
Theile und ein verschiedenes Verh�ltniss derselben zu einander haben
muss, um den Zwecken seiner Bestimmung in besonderm Grade zu
entsprechen.
Es unterscheiden sich daher die Verh�ltnisse der Schnelligkeit von
denen der Gewandheit und Anmuth und von denen der Zugsst�rke. Es er-
hellt ferner, dass jede eigenth�mliche Pferdeart ihre charakteristischen
Proportionen habe.
Die grossen Pferde haben ferner ebenfalls ihre eigenen Verh�ltnisse
und Missverh�ltnisse, welche sie von denen des Mittel und kleinen Schla-
ges unterscheiden. Gewisse Missverh�ltnisse sind n�mlich am kleinen
Schlage der Pferde schon minder auffallend, als am grossen. Daher ist ein
vollst�ndig wohlgebauter grosser Pferdeschlag seltener zu finden, als ein
wohlgebauter Mittel- oder kleiner Schlag; daher m�gen gewisse Propor-
tionen einem kleinen Schlage noch anstehen, welche an einem gr�ssern
missfallen. Denkt man sich aber ein missgestaltetes kleines Pferd im
gr�ssern Massstabe, so wird es noch weit h�sslicher erscheinen. Im ver-
j�ngten Massstabe dagegegen verkleinern sich die Missverh�ltnisse und
werden minder auffallend; z. B. hochbeinige und langleibige Pferde sind
eigentlich nur unter dem gr�ssern Pferdeschlage nachzuweisen. Diese Miss-
verh�ltnisse verschwinden unter dem kleinen Schlage; man trifft unter
demselben keine hochbeinigen und langleibigen Pferde. Daher ist jedesmal
die absolute Gr�sse des Pferdes seinen Dimensionen beizusetzen.
Eine weitere Verschiedenheit in den Proportionen der Pferde tritt
mit dem Geschlechtsunterschiede ein, und derselbe ist oft bedeu-
tend genug, um einige Verschiedenheiten im Mechanismus des Ganzen
hervorzubringen. Die Stute ist meistens vorne tiefer als hinten, und hat
im Verh�ltniss ihrer Gr�sse immer ein breiteres Becken als der Hengst,
dieser hingegen im Durchschnitte eine breitere Brust.
Endlich sind die Proportionen nach dem Alter verschieden;
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z. B. steht hei ganz jungen Fohlen H�he und L�nge des K�r-
pers in gar keinem Verh�ltnisse, indem die Beine stets viel zu lang er-
scheinen; noch hei dem nicht ganz zum Pferde herangewachsenen
Fohlen tritt dieses mehr oder weniger hervor. Bei alten Hengsten wird
der Hals h�ufig unf�rmlich dick, der R�cken eingesenkt; u. s. w.
Es unterscheiden sich daher die Proportionen des Pferdes:
1.  Bez�glich seiner Bestimmung:
a) in Proportionen der Schnelligkeit;
h) der Gewandtheit und Anmuth;
c) der Zugsst�rke.
2.  Bez�glich seiner Racenunterschiede, in Proportionen;
a) des orientalischen Stammes;
h) des occidentalischen Stammes.
3.  Bez�glich seiner Gr�sse, in
a)  den grossen,
b)  den mittlem und
c)  den kleinen Schlag.
4.  Bez�glich des Geschlechtes in Proportionen :
a)  der Hengste,
b)  der Stuten.
h\ In Absicht auf das A11 e r in Proportionen:
a)  des Fohlenalters,
b)  des erwachsenen Alters.
Wenn man den Menschen mit dem Pferde in Absicht auf seine Pro-
portionen vergleichen wollte, so k�nnte man zwar auch sagen: ein Apoll
hat andere Proportionen als ein Herkules, ein Maure andere als ein Tscher -
kesse, eine Venus andere als ein Achilleus, ein Patagonier andere als ein
Lappl�nder. Allein ein ganz verschiedener Bau und Mechanismus, eine
ganz verschiedene Bestimmung, ein verschiedener Einfluss des Klimas
m�ssen in dieser Hinsicht ein verschiedenes Resultat liefern.
(Ebenso interessant ist es, die verschiedenen Hundearten und die Art
sich zu bewegen, zu beobachten, oder die Bauart anderer vierf�ssiger Thiere,
ihreArt zu gehen, zu laufen, zu springen, mit dem Pferde zu vergleichen.)
Man kann �ber Proportionen, Bau, Alter u. s. w. nur am ruhigen
Pferde genaue Beobachtungen anstellen und sichere Urtheile f�llen; um
aber �ber Kraft, Gangwesen und Bewegf�higkeit zu verschiedenen Dien-
sten des Pferdes urtheilen zu k�nnen, m�ssen vorher Mechanismus und
Hebelkraft der einzelnen Theile am Pferde haupts�chlich des Glieder-
baues geh�rig erkannt werden.
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Aus der Kenntniss von der Bewegf�higkeit oder dem Mechanismus
der einzelnen Theile geht die Beurtheilung des Gangwesens und der Kraft
des Pferdes, sowie die Verschiedenheiten in Absicht auf dieselbe hervor.
Ohne jene Kenntniss vom Mechanismus der einzelnen Theile wird man
vergebens Tausende von Pferden beobachten und dennoch kein
wahres Urtheil �ber die Verschiedenheit, die Abweichungen in ihrem
Gangwesen und die Bedingungen ihrer Kraft f�llen lernen; und wie will
man �ber die Dienstt�chtigkeit eines Pferdes zu irgend einem Gebrauche
absprechen, wenn man dessen Gangwesen und die Bedingungen seiner
Kraft nicht zu beurtheilen versteht.
Der Mechanismus der einzelnen Theile kann freilich nicht blos durch
�ussere Merkmale am Pferde erkannt werden, allein eine genauere Dar-
stellung desselben geh�rt demungeachtet wesentlich ins
Gebiet der �ussern Pferdekenntniss, weil ohne
seine Beihilfe das Gangwesen des Pferdes und
die Bedingungen seiner Kraft nicht richtig er-
kannt und beurtheilt werden m�gen
So wie zur Beurtheilung des �ussern Baues einige Kenntniss des Ske-
lets noting ist, ebenso geh�rt die Kenntniss des Mechanismus oder
der Bewegf�higkeit zur Beurtheilung des Gangwesens vom
Pferde.
Freilich f�hrt dieses auf die Entwicklung einiger nothwendiger ana-
tomischer Darstellungen, die Bewegungsorgane betreffend , allein zur Er-
reichung des Zweckes m�ssen auch die entsprechenden Mittel angewendet
werden. Man muss nothwendig in das Innere der Werkst�tte der Natur
eindringen, um �ber die �ussern Punkte derselben einen richtigen Schluss
fassen zu k�nnen.
Die Gestalt des Pferdes ist bekanntlich die sch�nste und edelste,
welche wir in dem Thierreiche kennen, und sie wird mit gerechtem Eifer
und warmer Vorliebe von dem Menschen als solche anerkannt, weil sie
ganz zu seinem Nutzen und Vergn�gen eingerichtet zu sein scheint. Ihre
Zweckm�ssigkeit in dieser Beziehung ist ganz unverkennbar. Allein auch
in allgemein �sthetischer Hinsicht ist die Pferdegestalt die edelste und
sch�nste in dem Thierreiche. Wenn man auch gleich jeder eigenth�mli-
chen Sch�nheit der �brigen Thierklassen volle Gerechtigkeit widerfahren
l�sst, so kann man dennoch diesem Urtheil beipflichten.
Die Pferdegestalt ist sch�n wegen der�ebereinstimmung, dem zweck-
m�ssigen, richtigen Verh�ltniss der einzelnen Theile zum Ganzen, den an-
genehmen Ueberg�ngen der Theile ; das Ange findet nichts zu w�nschen
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�brig an einem vollendet sch�n und gut gebauten Individuum des Pferde-
geschlechtes.
Auch ist der Abstand zwischen dem sch�nsten und h�sslichsten
Pferde, eben wegen der hohen Sch�nheit des erstem, desto auffallender
und empfindlicher f�r das Auge.
Das Pferd verdankt freilich dem Zustande der Domestizit�t, der
grossen Sorgfalt, welche der Mensch f�r seine Reinhaltung nnd seinen Un-
terhalt nimmt, die sch�ne Abrundung seiner Formen, so wie den Abglanz
seiner Haare. Denn man kann eben nicht sagen, dass das Pferd im wilden
Zustande das sch�nste Thier in der Reihe der �brigen genannt werden
k�nne; im Gegentheile, es erscheint in diesem Zustande h�sslicher als
viele andere Thiere. Aber an der Gestalt eines wohlgehaltenen und wohl-
gebildeten orientalischen Hengstes (oder englischen Vollblutpferdes er-
ster Klasse) von edelster Art, bleibt aber nichts zu w�nschen �brig, und
alles was man etwa mit kritischem Auge daran �ndern m�chte, w�rde nur
Difformit�ten hervorbringen, wenn wir es uns lebhaft vorstellen. Freilich
gibt es an jedem Pferde etwas zu tadeln, allein nicht immer ist der Tadel
richtig und gegr�ndet.
Die Pferdegestalt ist auch edel wegen des hohen Kraftausdruckes
verbunden mit dem frommen Feuer das aus dem Auge blitzt, der San ft-
muth und Hingebung in den Willen seines nicht immer gelinden Meisters.
Freundlich und offen blickt es seinen Gebieter an, wenn es nicht misshandelt
wird, und selbst misshandelt, wendet es grossm�thig nicht immer seine ganze
Kraft an, dem Menschen zu vergelten. Wenngleich das Pferd unter allen
S�uge- und Hausthieren am wenigsten eines aufrechten Ganges f�hig zu
sein scheint, so gibt doch die Art, wie es mittelst der H�lsung stolz sein
Haupt emportr�gt, dem Ganzen seiner Gestalt einen edlen Anstand. Vor-
z�glich zeigt es im freien Laufe auf der Weide einen durchaus keinem an-
dern Thiere so eigenth�mlichen Ausdruck von Kraftgef�hl und Munter-
keit. Es tr�gt Kopf und Hals hoch empor, sein Gang wird schwebend,
kaum ber�hrt es den Boden, es braust und schnaubt gewaltig, und seine
ganze Gestalt erscheint im sch�nsten Lichte. Ist dieses Schauspiel ganz
vorz�glich sch�n, so nehmen auch Blick, H�lsung und Stellung beim Wie-
hern des Hengstes einen ganz eigenen, sch�nen Charakter an, welcher die
ganze Gestalt dieses Thieres auf eine eigenth�mliche Weise versch�nert
und veredelt.
Die Sch�nheit der Gestalt des Pferdes zeigt sich nicht allein in der
Uebereinstimmung der Dimensionen, sondern auch in der
Form der einzelnen Theile in ihrer Uebereinstimmung und in den Ueber-
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gangen derselben ineinander. Und eben dieUebereinstimmung
in denDimensionen der einzelnen Theile oder die Regel-
m�ssigkeit der Proportionen ist eine Hauptbedingung
der Sch�nheit, beziehungsweise G�te und Brauchbarkeit
desPferdes. (Soweit Hochstetter.)
Aus diesen beiden Citaten erhellet nun, dass, um ein Pferdekenner
zu sein, es nicht gen�gt, zu wissen, wie die einzelnen Theile am Pferde
beschaffen sein sollen, sondern man muss auch das Ganze in das Auge fas-
sen und betrachten, ob die einzelnen Theile, wenn auch jedes f�r sich ge-
sund, zu einander passen, und mit dem Ganzen in Uebereinstimmung sich
befinden.
Wenn z. B. ein Pferd vom kleinem, leichten Schlage mit einem fei-
nen Halse einen Kopf von viel Knochenmasse hat, s.o dass es dem Pferde
schwer wird, diesen Kopf gut und aufrecht zu tragen, so sagt man mit
Recht, dass dieser Kopf, wenn er auch sonst sch�n geformt ist, nicht zum
�brigen Pferde passe , somit nicht harmoniere. Dieser Kopf k�nnte einem
andern gr�ssern, mit st�rkern Halsmuskeln versehenen Pferde ganz an-
passend sein.
Ein anderes Pferd hat z. B. bei leichtem K�rperbau und feinen Bei-
nen breite, tellerartige, schwere, wenn auch sonst gesunde Hufe, die es
im Gange behindern und offenbar nicht zum Ganzen passen; oder ein
grosses, schweres Pferd hat kleine Hufe und sehr d�nne , schwache Fes-
seln , die der darauf ruhenden Masse keine hinl�nglich starke und breite
Unterlage geben. Bei diesen beiden Pferden harmoniren die Hufe nicht
mit dem �brigen K�rper.
Es gibt nun gewisse Linien, die man sich, um Anhaltspunkte zur
Beurtheilung der einzelnen Theile so wie des Pferdes im Ganzen zu haben,
dem Ged�chtniss und Auge gut einpr�gen muss, und ich will hier einen
Ueberblick derselben geben.
Die H�he und L�nge soll bei einem gut gewachsenen Pferde gleich sein;
erstere rechnet man von dem h�chsten Punkte des Widerristes bis zur
Fusssohle, letztern von dem vordersten Rande der Bugspitze bis zum
�ussersten Ende der Sitzbeine.
(Ueber gute L�nge und fehlerhafte K�rze des Pferdes im Ganzen
weiter unten noch ein mehreres.)
Der.Kopf steht zur ganzen Gr�sse des Pferdes meist in dem Ver-
h�ltniss, dass die ganze H�he oder L�nge 2% oder bei sehr kleinen
K�pfen auch 3 Kopfl�ngen betr�gt.
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Zum Halse steht der Kopf in gutem L�ngenverh�ltniss, wenn eine
gerade Linie vom Genick bis zum Anfange des Widerristes und eine
ebensolche vom Genicke bis zu dem Punkte, wo sich der Hals mit der
Brust verbindet, 11/i Kopfl�nge betr�gt.
Ist der Kopf l�nger als in diesem Verh�ltniss, so erscheint er als
sehr gross, umf�rmlich; ist er viel k�rzer, so erscheint er als sehr klein.
Letzteres Verh�ltniss gef�llt viel mehr und hat auch f�r ein Keitpferd
manches Angenehme, das angegebene Verh�ltniss findet sich bei sehr vie-
len, lebenden Pferden, deren Kopf dem Kenner durchaus nicht als unan-
genehm gross in die Augen f�llt.
Betr�gt die Breite der Brust von einer Bugspitze zur andern zwei
Drittheile der Kopfl�nge, so harmoniren die Gr�ssenverh�ltmsse dieser
beiden Theile.
Eine Linie vom Anfange des Widerristes bis zur Einf�gung des Hal-
ses in die Brust betr�gt meistens eine, an der schm�lsten Stelle des Hal-
ses 1j2 Kopfl�nge, oder auch an beiden Stellen etwas weniger, je nachdem
n�mlich der Kopf in der ganzen K�rperh�he 21j2 oder fast 3mal enthalten ist.
Das Schulterblatt, Querbein und das grosse Oberschenkelbein stehen
beim gutgebauten Pferde in einem bestimmten Gr�ssenverh�ltmsse zu ein-
ander, z, B. hat das Schulterblatt 18 Zoll L�nge, so ist das Querbein 12
und das grosse Oberschenkelbein 15 Zolle lang.
Ich nenne hier absichtlich diese Zahlen, weil diese Gr�ssenverh�lt-
msse bei den meisten Pferden des gr�ssern Mittelschlages vorkommen.
Wird also das ganze Pferd viel gr�sser oder viel kleiner, so �ndern sich
auch die L�ngenmasse dieser Theile, aber sie werden in derselben Pro-
portion unter sich zu oder abnehmen m�ssen.
Eine Linie von der H�he des Widerristes bis zum Ellenbogen, oder
genau genommen, zur untern Linie des Brustbeines, und eine von da zum
K�thengelenke sollen gleich lang sein. Dann ist das Pferd in dieser Bezie-
hung gut gebaut, es erscheint hinl�nglich kurzbeinig, und es besteht auch
dieses Verh�ltniss bei allen mir bekannten, lebenden guten Pferden. Ist
die Linie vom Widerrist zum Ellbogen k�rzer als von da zum K�thenge-
lenke, so erscheint das Pferd hochbeinig und der Brustkasten zu wenig
Raum biethend f�r kr�ftige Organe des innern Lebenshaushaltes. Ich
glaube beobachtet zu haben, dass, wenn das ganze Bein vom Ellbogen bis
zur K�the herab im Verh�ltniss zum Oberk�rper k�rzer ist, als angege-
ben, so leidet darunter die Beweglichkeit im Gange. Dieses ist dann die in
manchen B�chern �ber Pferdekenntniss erw�hnte fehlerhafte Kurz-
beinigkeit.
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Eine senkrechte Linie durch die Mitte des Leibes gedacht, d. h. vom
R�ckgrat bis zur untern �auchlinie, betr�gt bei einem gut gewachsenen
Reitpferde 1 lji Kopfl�nge; bei Stuten oder schweren Wagenpferden wohl
etwas mehr. Selbstverst�ndlich ist diese Linie nur f�r den Rippenbau ohne
den durch Nahrung oder Fettleibigkeit hervorgebrachten vergr�sserten
Umfang zu verstehen.
Am Hintertheile gibt es von der Seite gesehen vier Linien, die bei
bekannt leistungsf�higen lebenden Pferden meistens untereinander gleich
lang sind, und zwar:
Von der H�he der Kruppe bis zum �ussersten Ende des Sitzbeines;
von der Schweifwurzel bis zum Kniescheibengelenke ;
von diesem Gelenke bis zum Fersenbeine; und
vom Fersenbeine bis zur Fusssohle.
Ist die Linie von der Kniescheibe zum Fersenbeine etwas l�nger, so
wird dieses bei �brigens vorhandenen entsprechenden Eigenschaften f�r
Schnelligkeits�usserungen von Vortheil sein. Man vergleiche die Bauart
dieser Parthie beim Hunde oder Hasen mit der des Pferdes.
Eine ziemlich oft vorkommende Abweichung in diesen Formen ist,
dass die Linie von der H�he der Kruppe bis zum �ussersten Ende der
Sitzbeine etwas k�rzer und vom Fersenbein zur Erde etwas l�nger
erscheint.
Winkel; das Pferd von der Seite betrachtet.
Hier kommt besonders die Zusammenstellung des Schulterblattes mit
dem Querbein im Buggelenke, und
des Oberschenkelbeins mit dem Knochen der Hose im Kniescheiben-
gelenke in Betracht.
An diesen beiden Punkten �ussert sich die fortschiebende Kraft in
der Bewegung am deutlichsten, wesshalb auch diese beiden Gelenke bei
Beurtheilung des Ganges die gr�sste Aufmerksamkeit verdienen. Bei bei-
den Gelenken soll diese Verbindung der beiden Knochen sich dem rech-
ten Winkel m�glichst ann�hern, indem die in senkrechter Richtung sich
�ussernde Kraft die wirksamste ist. N�hert sich der Winkel im Buggelenke
dem spitzen, so wird die Vordergliedmasse vom Ellbogen abw�rts zu sehr
unter dem K�rper zur�ckstehen; ist er mehr oder weniger ein stumpfer,
so steht die Vordergliedmasse zu weit vor und es ist in beiden F�llen ein
freier Gang der Vorderbeine kaum zu erwarten.
Aehnlich ist es mit dem Winkel im Kniescheibengelenke; dass dieser
ein spitzer sei, wird kaum vorkommen; ist er mehr stumpf als gut, so wird
dadurch die vorschiebende Kraft, somit was man gute Folge nennt, we-
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sentlich beeintr�chtigt, sogar mehr, als durch etwas zu gerade Sprungge-
lenke, wenn dabei die Verbindung im Kniescheibengelenke eine g�n-
stige ist.
Das Querbein soll eine diagonale Lage haben; d. h. denkt man sich
um diesen Knochen ein Quadrat beschrieben, so soll die Lage des Quer-
beines mit der Diagonallinie desselben zusammentreffen; ist dieses nicht
der Fall, so entsteht eben die Verbindung mit dem Schulterblatt unter
spitzem oder stumpfem Winkel.
Der gut gebaute, hinl�nglich biegsame Fessel soll beim stehenden
Pferde ebenfalls eine diagonale Richtung haben. Ist dieses nicht der Fall
und senkt sich das r�ckw�rtige Ende des Fesseis dem Boden mehr, als es
die Diagonallinie des um denselben gedachten Quadrates erlaubt, so tritt
das Pferd schon im Stehen, um so mehr im Gehen durch. Erreicht aber
dieses Ende des Fesseis in seiner schr�gen Richtung die Diagonale nicht,
so steht das Pferd zu gerade, steil in den Fesseln.
Der Winkel im Sprunggelenke ist stets ein stumpfer.
Senkrechte Linien.
1. Das Pferd von der Seite gesehen.
Eine senkrechte von dem vordersten Rande des Buggelenkes zum
Erdboden wird bei einer gut gebauten Schulter und guten L�nge des
Querbeines ungef�hr 3 Zoll, fast eine Hand breit vor der Hufzehe die
Erde erreichen. Von demselben Punkte aus zur Hufzehe herab, wie es
einige Schriftsteller angeben, habe ich bei Ausmessung anerkannt guter,
lebender Pferde nicht zutreffend gefunden, die Schulter w�rde dann sehr
kurz und die Verbindung mit dem Querbein unter einem ziemlich stum-
pfen Winkel stattfinden m�ssen.
Eine senkrechte Linie von der Mitte des Oberarmes die ganze Vor-
dergliedmasse durchschneidend, soll durch die Mitte des diagonalen Fes-
seis unmittelbar hinter dem Ballen des Hufes zur Erde fallen.
Eine senkrechte Linie vom Kniescheibengelenke zum horizontalen
Fussboden f�llt bei einem gut gestellten Hintertheile ungef�hr % Kopf-
l�nge vor der Hufzehe zur Erde; verl�ngert man diese Linie nach oben,
so soll sie mit der Verbindung der Beckenknochen zusammentreffen und
die Erh�hung der H�ftknochen steht etwas vor dieser Linie.
Eine andere senkrechte von der obern Biegung des Sprunggelenkes
trifft gerade auf die Hufzehe herab, ist dieses nicht der Fall und steht
der Huf mehr unter den Leib, so hat das Pferd, wie man sich ausdr�ckt,
zu viel Winkel im Sprunggelenk, n�hert sich der S�belbeinigkeit. Steht
der Huf weiter zur�ck, so ist das Pferd zu gerade im Sprunggelenk und
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es kann also die Direktion dieser beiden Linien zum Massstab dienen, in
welchem Grade der Winkel im Sprunggelenke stumpf sein soll.
Eine dritte senkrechte von der Mitte des Pfannengelenkes ausgehend,
trifft durch die Trachte des Hinterhufes zur Erde,
2.  Das Pferd von vorne gesehen.
Senkrechte Linien von der Mitte der Buggelenke m�ssen Kniee,
R�hrbein, Fessel und Huf bis zur Zehe gerade durch die Mitte treffen.
p]benso ist eine von der Mitte der Brust zwischen die Hufe herabfallende
senkrechte mit diesen parallel.
3.  Das Pferd von hinten gesehen.
Senkrechte Linien von der Mitte der Fersenbeine sollen durch die
Mitte aller Theile der Hintergliedmasse treffen und zwischen den Ballen
des Hufes endigen.
Eine ebensolche Linie von der Mitte der Hinterbacken zur Erde fal-
lend, ist mit diesen parallel.
Ob die Brust und somit das ganze Vordertheil oder die Kruppe z u
breit oder z u schmal sei, erkennt man durch Vergleichung dieser beiden
Theile unter sich und mit der ganzen Gr�sse des Pferdes. Ist es als ein
gutes Verh�ltniss anerkannt, wenn die Breite der Brust 2/3 der Kopfl�nge
betr�gt, so ist die Linie, welche die ganze Breite der Kruppe von hinten
gesehen, bezeichnet, als etwas l�nger, ungef�hr 3/4 der Kopfl�nge anzu-
nehmen. Sieht man das gerade stehende Pferd von vorne an, so m�ssen
die Hinterbeine durch die vordem, sieht man das Pferd von hinten an, die
vordem durch die Hinterbeine gedeckt erscheinen.
Bez�glich der Beine, d. h. der Gliedmassen vom Ellbogen und dem
Kniescheibengelenke abw�rts, handelt es sich bei Betrachtung der Ver-
h�ltnisse eines Pferdes besonders um Folgendes:
Verh�ltnissm�ssige St�rke der Knochen, breite Gelenke mit ungehin-
derter Bewegung, kurze R�hrbeine, muskul�sen Oberarm und Hose , cor-
recten Winkel im Sprunggelenke und Fessel, und einen gesunden, wohl-
proportionirten Huf mit gesunder Wand und breitem Strahl.
Ob stattfindende Abweichungen im regelm�ssigen
Baue der Gliedmassen, oder vorhandene sogenannte
Fehler wirklich sch�dlich sind, muss sich im Gange
zeigen; denn dieser ist massgebend.
Welches sind nun bei Betrachtung des Pferdes im
Ganzen die am h�ufigsten vorkommenden ins Auge
fallenden Abweichungen vom regelm�ssigen, harmoni-
scheu Baue?
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1. Hochbeinigkeit; man nennt n�mlich ein Pferd hochbeinig,
Wenn die Beine, z. B. die vordem vom Ellbogen bis zur Fusssohle im Ver-
��ltniss zum Oberk�rper zu lang erscheinen; diese L�nge der Beine wird
aber dadurch bedingt, dass der Leib, namentlich die Brust vom Wider-
riste bis zum Brustbeine zu wenig Tiefe hat. Und daher k�mmt es auch,
dass hochbeinige Pferde meistens geringe Ausdauer in der Arbeit haben.
Das von allen rechten Pferdekennern gew�nschte und als gut
anerkannte Verh�ltniss zwischen Leib und Beine ist, dass die Linie vom
Widerrist zum Ellbogen, eben so lang sei, als vom Ellbogen bis in das
K�thengelenk. Da der Ellbogen bei manchen Pferden h�her, bei man-
chen tiefer stehend erscheint, so ist dieser Punkt nur als allgemein anzu-
nehmen; ganz genau w�re es hier die untere Linie des Brustbeines.
Vielfach angestellte Messungen und Beobachtungen anerkannt sehr guter
Pferde best�tigen es vollst�ndig, dass wenn dieses Maasverh�ltniss vor-
handen ist, ein solches Pferd jedem Sachverst�ndigen als mit tiefen Leib
Und nicht hochbeinig erscheint. Wollen Einige ein Pferd erst dann in
dieser Hinsicht als ganz gut gebaut anerkennen, wenn die Linie vom El-
bogen bis zur Fusssohle mit der vom Widerrist zum Ellbogen reichen-
den �bereinstimmt, so habe ich mich hinl�nglich �berzeugt, dass dieses
bei lebenden Pferden sehr selten, fast nie vork�mmt.
Und da ich von der Ansicht ausgehe, dass man in dieser Beziehung
dasjenige als gute Norm festhalten muss, welches bei anerkannt guten
lebenden Pferden am h�ufigsten vork�mmt, so m�chte ich mich
gerne vor dem Fehler verwahren als blosser Theoretiker zu erscheinen,
der ein unerreichbares Bild als massgebend aufstellt. Solche Theorien
machen dann in der Beurtheilung mehr zaghaft und sind nicht wirklich
praktisch belehrend ; man verf�llt an ihrer Hand leicht in den Fehler das
erreichbare, wirklich vorhandene Gute zu �bersehen oder zu
gering zu sch�tzen, einem unerreichbarem Ideale nachjagend.
2. Ein schwerer Oberleib und zu feine Beine. Durch
dieses Missverh�ltniss im Baue kann sowohl die Ausdauer und Schnellig-
keit als auch die Gewandheit sehr beeintr�chtigt werden, weil es diesen
feinen, wenig muskul�sen Beinen an Kraft fehlt, die grosse Last des Ober-
k�rpers und vielleicht auch die eines Reiters ausdauernd zu tragen. Die-
ses Missverh�ltniss ist �fter, dem ge�bten Auge allerdings bemerkbar, ist
aber �fter nur f�r das Auge st�rend, nicht aber f�r den Gang hin-
derlich.
Den solche als zu fein erscheinende Beine haben �fter sehr viel
Elasticit�t und Festigkeit, das ganze Pferd vielleicht sehr gehlustiges
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Temperament, u. s. w., wogegen dem Auge als stark erscheinende Beine
wenig Schnellkraft haben k�nnen, das ganze Pferd vielleicht wenig Ener-
gie hat u. s. w. Auch muss man zur richtigen Beurtheilung dieses Falles
stets im Sinne behalten, ob das betrachtete Pferd ein edles oder gemei-
nes ist und erst dann urtheilen, wenn man das Pferd im Gange gepr�ft
hat. Hat das gemeine Pferd zu d�nn erscheinende Beine, wenig Muskula-
tur auf den Armen etc., so l�sst sich fast mit Bestimmtheit annehmen, dass
auch sein Gang um so mangelhafter sein werde.
Erw�hnen muss ich hier, dass das Auge dessen, der es nicht gewohnt
ist, tr�chtige Stuten auf der Weide gehen zu sehen, sich leicht t�uscht
und der Beschauer �berall zu schweren Oberleib und zu schwache Beine
zu sehen glaubt; ebenso ist der N�hrzustand, ob sehr massleibig, oder
sehr abgemagert, hiebei zu ber�cksichtigen.
Zu starke Beine bei zu leichtem Oberleib. wird wohl nie vor-
kommen.
Bei einem sehr wohl gen�hrten fettleibigem Pferde, bei alten Heng-
sten, oder bei sehr mageren Pferden t�uscht sich das Auge in dieser Be-
ziehung oft sehr.
3.   Kein richtiges, �bereinstimmendes Verh�ltniss
zwischen Hinter- und Vordertheil.
Eine schwere beladene, d. h. mit starkem Halse, grossem Kopfe,
zu fleischigen Schultern versehene Vorhand in Verbindung mit einem in
seinen Verh�ltnissen zu kleinen, wenig muskul�sen Hintertheil k�mmt
�fter vor und ist f�r ein Reitpferd ein grosser Fehler, indem gerade das
Gegentheil n�mlich eine leichte bewegliche Vorhand und ein starkes, mus-
kul�ses Hintertheil f�r ein angenehmes, gutes Reitpferd unerl�sslich ist.
Ich muss hier vor dem Fehler warnen, magere Schultern f�r
leichte Schultern zu halten.
Auch findet �fter hinsichtlich der Breite zwischen Vorder- und Hin-
tertheil ein den Gang sehr beeintr�chtigendes Missverh�ltniss statt.
4.   Hinten zu hoch und daher vorn zu niedrig, kann
man nur dann erkennen, wenn man weiss, dass ein gut gebautes Pferd
hinten so hoch als vorn sein soll. Hinten h�her ist ein nicht selten bei
Stuten vorkommendes Verh�ltniss im ganzen Baue des Pferdes, indem
bei den Stuten das Becken �berhaupt einen gr�sseren Umfang zu haben
pflegt, als bei Hengsten oder Wallachen. Solche Hintertheile k�nnen
�fter sehr gut und kr�ftig sein, aber f�r Reitpferde dadurch zum
Fehler werden, dass eine gute Sattellage und die Erreichung einer guten
Haltung im Gange unter dem Reiter dadurch erschwert werden kann.
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Man wird dieses Missverh�ltniss im Baue alsdann mit mehr Nachsicht
selbst bei einem zum Reiten bestimmten Pferde beurtheilen k�nnen,
wenn das Pferd dabei eine freie Schulterbewegung, �berhaupt leicht
bewegliche Yorhand hat. Ist aber die Schulterbewegung gering, die Vor-
hand beladen und der Hals schlecht angesetzt, so ist ein solches Pferd
meistens nur zum Zugdienst zu gebrauchen. Gew�hnlich nennt man
solche Pferde �berbaut.
Hinten niedriger als vorn k�mmt selten vor; solche Hintertheile
sind immer schwach, denn diese Bauart hat ihren Grund darin, dass die
Formen des Hintertheils nicht die geh�rige Gr�sse haben, und die Mus-
kulatur zu schwach und flach erscheint.
Bei der dadurch entstehenden Richtung des R�ckgrates findet der
von der Triebkraft der Hinterbeine ausge�bte Druck nach vorn in man-
gelhafter Weise statt, indem die Fortschiebung nicht in horizontaler
Richtung statt findet, sondern in schiefer Linie von unten nach oben.
b. Zu lang oder auch zu kurz im R�cken.
Soll ein mit seinen vier F�ssen auf einer ebenen
Grundfl�che senkrecht stehendes Pferd f�r den Be-
schauer im Ganzen kurz oder lang erscheinen?
Die L�nge oder K�rze eines Pferdes ist h�ufig scheinbar und in
der L�nge und Richtung der Schultern und des Beckens begr�ndet.
Die L�nge des K�rpers von zwei Pferden kann gleich sein, und den-
noch das eine im R�cken kurz, das Andere im R�cken lang erschei-
nen. Ist die Schulter lang, liegt sie schr�g, geht der Widerrist tief in
den R�cken hinein, und erscheint das Becken von der Seite betrachtet
lang, breit und von grossem Umfange, so wird dadurch der R�cken kurz.
Es bleibt bei solchen Pferden kaum Raum f�r den Sattel, unten hin-
gegen werden sie offen und erlangen dadurch die F�higkeit sich m�g-
lichst weit auszustrecken und Boden zu greifen, indem bei solcher Lage
und Beschaffenheit der Schultern und des Beckens die Gliedmassen
vollkommen gerade stehen, die Muskeln dadurch einen grossen Umfang
und g�nstige Lage erhalten, wodurch ihre Wirkung und Schnellkraft sehr
vermehrt wird.
Ein solches Pferd erscheint also oben kurz und unten
lang.
Es steht �ber viel Boden ist der Kunstausdruck.
Ist dagegen die Schulter kurz, liegt sie mehr gerade als schief, ist
der Widerrist niedrig und kurz, ist das Becken in seinen Formen klein,
und zu gerade gerichtet, so hat ein solches Pferd bei derselben K�rper-
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l�nge als das erstere einen zu langen wahrscheinlich schwachen R�cken
und schlechte Sattellage.
K�mmt noch hiezu, dass die Vorderbeine in Folge eines etwas zu
langen und nicht gut gestellten Querbeines zu weit unter dem Leibe
zur�ckstehen, die ohnedies sehr kurze Kruppe nach hinten gesenkt ist,
und stehen die Hinterbeine, wegen zu vieler Biegung im Sprunggelenke
mit den Schienbeinen und Hufen weit vor unter den K�rper, so ist es um
so auffallender wie das Pferd bei derselben K�rperl�nge oben lang und
unten kurz erscheint. So vorteilhaft die Bauart des ersteren, so nachthei-
lig ist die des letzteren, indem damit weder freier Gang noch Kraft und
Gewandheit verbunden ist.
Hieraus erhellet, was der gute Pferdekenner damit sagen will, wenn
er w�nscht, dass ein Pferd lang sei. Es k�mmt eben nicht so sehr darauf
an, dass das Pferd im Ganzen ebenso hoch als lang sei, sondern welche
Theile eine zweckm�ssige L�nge- und Gr�ssenform haben, oder zu klein
und wenig Umfang habend, erscheinen. Denn:
Allzulang und schwank
Hat keinen Gang;
Allzukurz und dick
Hat kein Geschick;
Doch oben kurz und unten lang
Verspricht Kraft und guten Gang. �
Welcher Unterschied ist zwischen einem grossen und einem
hohen Pferde ?
Diese beidenBegriffe werden h�ufig miteinander verwechselt; dieBenen-
nung gross es Pferd verdient nur dasjenige, bei welchem die Verh�lt-
nisse aller seiner einzelnen Theile zu der Gr�sse, Breite und L�nge des
ganzen K�rpers passen;, ein hohes Pferd dagegen ist dasjenige
zu nennen, welches nur eine bedeutende H�he von der Sohle bis zum Wi-
derriste hat, dabei aber zu kurz, zu schmal, zu fein von Beinen u. s. w.
zu sein pflegt. Solche hohe Pferde haben gew�hnlich nur einen geringen
Werth, indem die �ebereinstimmung aller K�rperverh�ltnisse zu einander
die Harmonie im und zum Ganzen sowohl auf die Sch�nheit als die Brauch-
barkeit des Pferdes einen ausserordentlichen Einfluss hat, mag das Pferd
nun dem grossen, dem mittel oder kleinem Schlage angeh�ren, als Reit-
oder Wagenpferd gebraucht werden sollen.
Nur ist hier wiederholt zu bemerken, dass zum Reitgebrauche die
Regelm�ssigkeit des Baues noch nothwendiger erscheint, als zum Fahr-
gebrauch.
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Betr�gt die Linie des L�ngenmaasses etwas mehr, was zu 2�3 Zoll
eintreten kann, als die des H�henmaasses, so muss dieses durch die
oben beschriebene sehrvortheilhafte Bi] dung und Lage
der Schulter und des Beckens hervorgebracht werden.
Viele Pferde sind etwas h�her als lang, und solche erscheinen dann
fast immer als hochbeinig.
Ist H�he und L�nge in der angegebenen Weise �bereinstimmend
so sagt man : Das Pferd steht im Quadrat. (Quarrte, quarrirt.)
Vielfache Beobachtung hat mich �berzeugt, dass sich das Auge in
dieser Beziehung sehr leicht t�uscht; bei einem Pferde, welches erst
wirklich im Quadrate steht, h�lt man meistens die L�nge der H�he
�berwiegend, erscheint aber dem Auge des Beschauers das Pferd ebenso
hoch als lang, so ist es wahrscheinlich etwas k�rzer als hoch. Daher
mag es auch kommen, dass alle Pferdebilder, welche das Pferd als
gerade von der Seite gesehen, darstellen, immer das Pferd l�nger als
hoch erscheinen lassen, weil eben das Auge des Zeichners demselben
Eindruck unterliegt.
In �lterer und neuerer Zeit haben manche gelehrte Professoren
�ber Pferdewissenschaft bestimmte Theorien aufgestellt, wornach man
alle einzelnen Theile des Pferdes messen solle, hiernach die Kopfl�nge
als Grundmaass aufgestellt. Der eine nahm sich hierbei ein vorz�gliches
Schulpferd, der Andere einen vorz�glichen Renner zum Muster. F�r den
aber, welcher die sehr verschiedenen Verwendungsarten des Pferdes
kennt und ihre praktischen Leistungen beobachtet hat, ist leicht begreif-
lich, dass eine solche Ausmessungsmethode aller einzelnen Theile des
Pferdes nach Linien und Zollen die meisten Beurtheiler mehr befangen,
als entschlossen machen wird. Das Urtheil wird dann in sehr vielen F�l-
len ebenso einseitig als tr�gerisch ausfallen,
(Ob es mir gelingen wird durch meine Darstellungsweise den Le-
sern es sich zu erleichtern einen mehr praktischen Standpunkt zu gewin-
nen, m�gen die �ber diesen Gegenstand ebenfalls denkenden M�nner
des Pferdegebrauchenden Publikums entscheiden.)
Wenn sich nun die bisherige Belehrung �ber Ver-
h�ltnisse am Pferdek�rper als einseitig und alsonieht
praktisch bewiesen hat, so kann man wohl bei Betrach-
tung des Pferdes �ber die Formen mehr gleichgiltig
hinweggehen?
Das wohl nicht; denn es muss gewisse Grundlehren hief�r geben.
Ich bin jedoch der Meinung, dass man diese nicht blos von einem ein-
8
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zelnen Individuum entnehmen solle, welches entweder sehr schnell,
oder sehr gewandt oder sehr kr�ftig im Zuge war. Gewiss ist es prakti-
scher, viele als anerkannt leistungsf�hige Pferde wie sie in den Ge-
brauchsweisen zum Reiten und Fahren t�glich vorkommen zu beobach-
ten und diejenigen Verh�ltnisse als gen�gend normal festzustellen,
welche bei sehr vielen leistungsf�higen und dem Auge des erfahrenen
Kenners gefallenden Pferden ann�hernd gleich vorkommen. Denn
zwei in jeder Beziehung ganz gleiche Pferde gibt es
nicht. Durch Zusammentragen vorz�glicher Formen von andern Thie-
ren, die sich durch Schnelligkeit, Gewandtheit, Tragkraft oder Zugst�rke
auszeichnen und daraus ein Pferd construiren, Messe doch wohl
zu sehr die Natur und den allweisen Sch�pfer meistern zu wollen.
Im Vorhergehenden wie im Folgenden bem�he
ich mich auseinanderzusetzen, dass man sich
gewisse Normen aneignen muss, die zur Basis
dienen, um sagen zu k�nnen, dieser K�rpertheil
ist im Vergleich mit jenen zu lang, zu kurz, zu
klein, d�nn � dick u. s. w. Ferner, dass man sich
mit Betrachtung der Formen allein nicht begn�-
gen darf, indem, wie schon oft erw�hnt, der
Werth dieses zu Arbeitsleistungen bestimmten
Thieres, des Pferdes n�mlich, nur in der Arbeit
selbst richtig erkannt werden kann. Von zwei
Pferden jedoch die im Alter, gutem Willen, Temperament, Race u. s. w.
m�glichst gleichartig sind, und wovon das eine regelm�ssige, das andere
mehrere unregelm�ssige Formen hat, wird ersteres den Vorzug verdienen,
weil durch die richtige Zusammenstellung und Bildung der Knochen
die Wirkung der von den Sehnen und Muskeln ausge�bten bewe-
genden Kraft sehr bef�rdert, somit dem Pferde der Gang und
die Arbeit erleichtert wird (Siehe weiter oben die Beschreibung der
Schulter). Die Zusammenstellung der Knochen und ihre Wirkung gegen-
einander ist n�mlich von der Natur nach den Grunds�tzen der Mechanik
geordnet, die Sehnen und Muskeln verbinden diese Knochen miteinander
und bewirken, dass der einzelne Theil auf das Ganze, das Ganze auf den
einzelnen Theil wirke. Der Leser m�ge sich erinnern, dass bei der Be-
schreibung des Bug- und des Kniescheibengelenkes gesagt wurde, es sei
f�r die Bewegungsth�tigkeit am besten, wenn sich der Winkel, der sich
bei der Verbindung der beiden sich in diesen Gelenken vereinigenden
Knochen gebildet wird, dem rechten sich ann�here, weil die in senkrech-
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HS
ter Richtung sich �ussernde Kraft die wirksamste ist. Ich wiederhole
hier, dass Schulterblatt, Querbein und das grosse Oberschenkel-
bein in einem gewissen L�ngenverh�ltniss stehen. N�mlich bei den
allermeisten Pferden des gr�ssern Mittelschlages ist das Schulterblatt
18 Zoll lang, das Querbein 12 und das grosse Oberschenkelbein 15.
Ich habe dieses L�ngenverh�ltniss bei so vielen Pferden von ziemlich
gleicher Gr�sse beobachtet, dass ich als Abweichung ansehen muss,
wenn z. B. das grosse Oberschenkelbein nur 13 oder 17 Zoll lang
w�re. Dass dadurch die ganze Stellung und Bildung der Hinterglied-
massen eine ver�nderte werden muss, ist einleuchtend. Ebenso
dass dadurch die Harmonie mit dem Vordertheil beeinflusst und die
Uebereinstimmung im Gange ver�ndert werden muss. Das Schulterblatt
erscheint als doppelarmiger Hebel, indem es seinen St�tzpunkt, um den
sich die Enden drehen, nach Art des Wagbalkens einer Kr�merwage,
in der Mitte hat. Das grosse Oberschenkelbein ist ein einarmiger He-
bel, indem sich der St�tzpunkt an dem einen Ende im Pfannengelenke,
die Kraft um die Last in Bewegung zu setzen, am andern Ende be-
findet. Hals und Kopf sind in ihrer Zusammensetzung zwei einarmige
Hebel. Wird der Kopf durch die Wirkung des Zaumes in Bewegung
gesetzt, so erkennt man den St�tzpunkt dieses Hebels im Genick, der
Z�gelanzug am untern Theile des Kopfes angebracht, �ussert die Kraft.
Der in seinem obern Theile am Genick zur�ckgeschobene Hals findet
als Hebel betrachtet, seinen St�tzpunkt zwischen den Schultern. Es ist
einleuchtend, dass ein langer Kopf gegen einen l�ngeren oder k�rzeren
Hals in ihrer Hebelwirkung aufeinander oder gegen den �brigen Pferde-
k�rper verschieden sein m�ssen. Der H�cker am Ellbogen, das Fl�gel-
bein am Knie, das Fersenbein am Sprunggelenk, die Gleichbeine an
den K�thengelenken bilden Rollen, �ber welche Sehnen laufen, und da-
durch unterst�tzt an Kraft�usseruug gewinnen; u. s. w. u. s. w.
Was nun das Ganze in Bewegung setzt ist die Lebenskraft, her-
vorgebracht und bedingt durch Nerven, Blut undAthem. Je g�n-
stiger nun die Maschine zusammengestellt ist, je besser die durch die
Knochen entstehenden Hebelwirkungen eingerichtet sind, desto weniger
Aufwand, also weniger Verbrauch bedarf die Lebenskraft, um die Ma-
schine zu bewegen, sie hat also immer noch einen zu verwendenden
Vorrath, daher die l�ngere Ausdauer, daher die Leichtigkeit der Bewe-
gungen. Hat aber die Natur bei Zusammenstellung und Bildung der-
Knochen ihre eigenen guten Gesetze der Hebelwirkung vernachl�ssigt,
so bedarf die Lebenskraft bei jedem Tritt, den das Pferd macht, einen
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gr�ssern, folglich schnellem Verbrauch und �ftern Ersatz ihres Auf-
wandes um durch die Muskeln und Sehnen die Maschine in Bewegung
zu setzen, daher dann die geringere Ausdauer, die Schwerf�lligkeit der
Bewegungen; denn eine zu bewegende Last erscheint
um so viel schwerer, als die Kraft gering ist, oder
durch wiederholten Aufwand und nicht hinl�nglich
schnellen Ersatz geringer wird.
Wenn es daher �fter der Fall ist, dass unregelm�ssig gebaute
Pferde besser gehen, als regelm�ssig gebaute, so liegt dieses nicht
darin, weil sie unregelm�ssig gebaut sind, sondern weil die Lebens-
kraft so gross ist, um die mechanischen Hindernisse leicht zu �berwin-
den; und wenn regelm�ssig gebaute Pferde schlecht gehen, so fehlt es
ihnen an Lebenskraft, um selbst diese gut gebaute Maschine hinl�ng-
lich leicht bewegen zu k�nnen. Von ersterm sagt man dann: das Pferd
ist zwar schlecht gebaut, aber sein Blut tr�gt es, es hat Geist, Tem-
perament, Race u. s. w. von letztem: das Pferd hat keinen Trieb,
lasche Muskulatur, mag nicht gehen, kann nicht vom Fleck u. s. w.
Vergleichsweise denke man sich ein gut, regelm�ssig gebautes Pferd, das
bei Beginn der Arbeit leicht und frisch dahin geht; im Verlaufe der
Arbeit erm�det dasselbe und dieselbe wohl construirte Maschine schleppt,
sich m�hsam dahin, weil f�r den Augenblick die innere Lebenskraft zu
sehr verbraucht ist. Ein unregelm�ssig gebautes aber noch ausgeruhtes
Pferd wird dann dieses regelm�ssig gebaute alsbald �berholen, so lange
seine innere Lebenskraft noch den geh�rigen Vorrath hat.
Die beste Art nun, um sich in dieser Beziehung ein gutes Urtheil
und richtigen Ueberblick zu verschaffen ist, dass man jedes.Pferd, sowohl
das beste als das schlechteste und alle dazwischen liegenden Abstufun-
gen in seinen Arbeitsleistungen beobachtet und dann Vergleiche anstellt;
darum ist zur Erlangung einer guten Pferdekennt-
niss so nothwendig, dass man viel und aufmerksam
reite und fahre.
Man wird alsdann bei solchen Vergleichungen �fter die Beobach-
tung machen, dass sogenannte makellose, f�r das Auge in allen ihren
Formen gef�llig erscheinende Pferde weder Freiheit im Gange, noch
Ausdauer und Gewandtheit haben; und dagegen andere, mit manchen
Unregelm�ssigkeiten in ihrem Baue, sich in der Arbeit vorz�glich
zeigen.
Es liegt dieses eben darin, dass die sich im Stande derRuhe
darstellenden regelm�ssigen Formen allein nicht genug sind, um auch
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wirkliche Arbeitsf�higkeit za bedingen, sondern es muss auch der gute
Wille, das Temperament, kurz was ich bisher Lebenskraft genannt
habe, damit harmoniren, das gute Pferd soll verm�ge seiner Natur nicht
allein die mechanischen Eigenschaften des Gehenk�nnens, sondern
auch die geistigen des Gehenwollen 's in sich vereinigen. Was n�tzt
/.. B. das bestgebaute Pferd, wenn es nicht den Willen, das Tempera-
ment hat, seine Kr�fte zum Vortheil des Menschen anwenden zu wol-
len, sondern sich durch Steigen, Bocken, Scheuen, Ausschlagen, Beis-
sen, Durchgehen, das Ziehen verweigern u. s. w. gegen jede Arbeit
widersetzt und nur durch sehr beharrlich fortgesetzte, mitunter f�r die
Gesundheit von Mensch und Thier verderbliche Bearbeitung brauch-
bar gemacht und erhalten werden kann. Ein anderes hat vielleicht
schon eine angegriffene Lunge, die ihm jede Ausdauer in schnellern
Gangarten unm�glich macht, oder es ist ein schlechter Fresser, oder
hat �berhaupt eine sehr lasche Muskulatur u. s. w. u. s. w.
Die Reit- und Fahrkunst hat zwar Mittel, um auch unwillige,
reizbare etc. Pferde arbeitsf�hig und gehorsam zu machen; die meisten
derartigen Pferde bed�rfen jedoch, wenn endlich mit vieler M�he ab-
gerichtet, stets einer aufmerksamen Behandluug, um auch gehorsam zu
bleiben.
Die Lehre von den Proportionen kann �berhaupt
nur als Basis dienen, um dem Auge Anhaltspunkte zu
Vergleichen zu geben und dadurch das Urtheil leiten
zu lassen. Wo sich regelm�ssiger Bau mit dem arbeits-
willigen, gehlustigen Temperamente verbindet und �ber-
haupt alle Bedingungen einer kr�ftigen Gesundheit und
Lebenstb�tigkeit vorhanden sind, das ist das beste
Pferd, Als erfahrener Reiter und Fahrer kann ich hier jedoch nicht un-
ber�hrt lassen, dass gar manchem ganz gutem Pferde durch ungeschickte
Einwirkung des Reiters, oder schlecht passendes Geschirr u. s. w. die
Arbeit sehr erschwert wird: manches Pferd wird dann unwillig, unfolg-
sam , es scheint als ob es nicht gehen k�nne oder nicht gehen wolle;
was in der Rand eines Andern als ganz gutwillig und arbeitslustig er-
scheint.
Hieraus folgt wieder, dass, um ein richtiges Urtheil �ber den Ge-
brauchswerth eines Pferdes zu f�llen, man es stets im Gange und da
wieder unter dem Reiter oder im Geschirr sehen m�sse. Denn, gar
manches Pferd zeigt beim F�hren an der Hand sich viel feuriger, wil-
liger und freier im Gange, als wenn es den durch den Reiter oder
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das Geschirr ihm aufgelegten Zwang willig und ausdauernd ertra-
gen soll.
Wird sich ein Pferdekeuner bei Betrachtung eines
Pferdes durch einzelne, sch�ne, gute Parthien bestimmen
lassen, das ganze Pferd oder den ganzen Haupttheil,
d. h. das ganze Vorder- oder Hintertheil f�r sehr gut zu
halten, oder wegen einer einzelnen schlechten Parthie
zu verwerfen?
Eine einzelne gute oder sch�ne Parthie kann ein sonst mittel-
m�ssiges Pferd nie zu einem sehr guten umwandeln; eine einzelne man-
gelhafte Parthie macht desswegen nicht gleich das ganze Pferd verwerf-
lich ; aber es kann der Fall eintreten, dass ein von Natur sehr schwach,
mangelhaft gebildeter Theil ein Pferd f�r einen bestimmten Dienst
mehr oder weniger oder auch ganz untauglich erscheinen l�sst. Denn
es ist ein grosser Unterschied, welcher Theil mangelhaft oder
schlecht ist. Z. B. gibt es Pferde, die mit breitem, gesundem, stark aus-
sehenden Sprunggelenken doch im Hintertheil wenig Kraft zum Schie-
ben sowohl als Tragen zeigen, und doch ist das Sprunggelenk f�r beide
Kraftanwendungen ein sehr wichtiger Theil. Ein anderes zeigt mit klei-
nern, schm�lern, schwach aussehenden Sprunggelenken ein kr�ftiges
Nachschieben im Gange. Bei ersterem Pferde sind alsdann wahrscheinlich
die obern Theile der Kruppe und der Nierenparthie mangelhaft, und
schwach organisirt, bei letztem sind diese Theile vielleicht sehr gut
und kr�ftig, wodurch der Fehler des schw�chern Sprunggelenkes wieder
ausgeglichen zu werden scheint. Nebstdem fehlt es ersterem vielleicht
am Temperament, an Gehlust, letzteres ist sehr willig seine Kr�fte dem
Menschen zur Verf�gung zu stellen. Dieses Beispiel soll nur klar ma-
chen, dass ein gutes, kr�ftig aussehendes Sprunggelenk allein noch
kein gutes und ein schw�cheres Sprunggelenk allein noch kein
schlechtes Hintertheil im Ganzen ausmacht. Oder man denke sich ein
durch starke Arbeit vorbiegig gewordenes Pferd. Hat dieses Pferd ge-
sunde, starke Hufe, eine gesunde Lunge und guten Magen, so kann es
noch lange, an dem rechten Platze verwendet, ein sehr arbeitsf�higes
Thier sein, wogegen ein Pferd mit bedeutendem Hufleiden als: im
hohen Grade Vollhuf, hohle Wand, tief eingehende Spr�nge im Horn-
schuh etc. etc. auf sehr lange, oder auch f�r immer zu jedem anstren-
genden oder schnellem Dienste auf hartem Boden unbrauchbar sein
wird. Ebenso sind noch so sch�n gelagerte schr�ge Schultern in ihrer
Bewegung ganz gest�rt, sobald das Pferd an den Hufen bedeutende
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Schmerzen leidet, wogegen ein Pferd mit weniger gut gelagerten und
etwas gebundenen Schultern aber guten, gesunden starken Hufen sehr
arbeitsf�hig sein kann. Dieses Beispiel soll zeigen, dass eine gut gebil-
dete Schulter allein noch nicht das gute Vordertheil im Ganzen aus-
macht, so wie dass ein Pferd auch mit minder gut gebildeten Schultern
doch ganz brauchbar sein kann.
Manches v o n N a tur vorbiegige Pferd geht sehr sicher und gut auch
auf ung�nstigem Boden; ein anderes mit ganz gerade senkrecht stehen-
den Vorderbeinen st�sst an jede kleine Bodenerhabenheit an und stol-
pert jeden Augenblick; ebenso ist ein Pferd mit Gallen, etwas Spat,
geraden Fesseln, aber gesunden, starken Hufen viel gebrauchf�higer
als eins mit den reinsten Beinen, aber schlechten, schmerzhaften
Hufen.
Aus dieser Darstellung m�ge der Leser entnehmen, was die Re-
densart: »Wer scheut etwasSpat undGalle, hat kein gutes
Pferd im Stalle« zu bedeuten hat. Ebenso wird hiernach der Unter-
schied zwischen Pier dekenn tniss und Fehlererkenntniss bei
Pferden deutlicher geworden sein.
Welche sind nun diejenigen K�rpertheile am Pferde,
deren mehr oder weniger gesunder oder mangelhafter
Zustand auf die Gebrauchsf�higkeit des Pferdes einen
Haupteinfluss nehmen?
Lunge und Magen sind die Hauptwerkst�tten, welche die einge-
nommenen Nahrungsstoffe verarbeiten und in Blut und Nahrungssaft
verwandeln. Desshalb ist die Gesundheit dieser beiden Theile erste
Hauptbedingung, desshalb ist auf Beurtheilung der K�rperformen, welche
die Organe des innern Lebenshaushaltes einschliessen, ein gr�sseres
Augenmerk zu legen, als es gew�hnlich geschieht. Durch richtige An-
wendung dieser Lehre unterscheidet sich namentlich der Pferdek en-
ner vom Fehler erkenn er bei Pferden, indem letzterer nur
die Gliedmasse und diese wieder nur vom Knie abw�rts betrachtet.
Findet er dann kein Ueberbein, keine Gallen, keinen sogenannten
Spat, so sagt er: das Pferd ist rein und r�th ohne weiteres zum
Ankauf. Aber dieses reine Pferd hat vielleicht ein sehr faules, oder
sehr hitziges, unwilliges Temperament, oder es ist scheu, oder hat eine
un�berwindliche Furcht vor dem Schiessen, oder ist eingespannt ein
Strangschl�ger oder ein schlechter Fresser, ein K�cker, der immer an
Kolik leidet u. s. w. u. s. w.
Ein Pferd, welches gut frisst und eine gesunde Lunge hat, kann
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selbst mit angegriffenen Sehnen und Gelenken, selbst Spatl�hme noch
lange viele und gute Dienste thun, wogegen die besten Beine und Hilfe
aufh�ren zu gehen, sobald Lunge und Magen ihren Dienst versagen.
Selbst ein blindes oder in geringem Grade am stillen Koller, eigentlich
Stumpfsinn leidendes, ja selbst ein rotziges Pferd kann noch lange ent-
sprechende Dienste leisten; aber ein schlechter Fresser oder ein d�m-
pfiges Pferd wird selbst mit den hellsten Augen und dem k�hlsten Ge-
hirn bald aufh�ren zu arbeiten.
Abgesehen von momentanen sehr schmerzhaften Leiden sind sehr
mangelhafte Vorderh�fe und Leiden der grossen Beuge-
sehne diejenigen Gebrechen, welche die Gebrauchf�higkeit des Pfer-
des zu was immer f�r einen Dienst des Reit- oder Fahrgebrauches
welcher gr�ssere Anstrengung oder Geschwindigkeit auf hartem Boden
verlangt, am meisten beeintr�chtigen, deren Heilung die l�ngste Zeit
erfordert, in vielen F�llen auch nicht total gelingt.
Beurthe�ung eines jungen Pferdes.
Es wurde schon �fter hervorgehoben, dass man ein
Pferd nur im Gange und in der Arbeit richtig beur-
theilen kann, wie kann man aber da �ber ein junges, noch
ganz rohes Pferd ein m�glichst richtiges Urtheil f�llen?
Von dem Aeussern und den Formen eines jungen im Wachsthum
noch nicht ganz ausgebildeten Pferdes auf seine verborgenen, ihm m�g-
licher oder wahrscheinlicherweise beiwohnenden Eigenschaften auf das-
jenige richtig zu schliessen, was bei guter Behandlung und fortgesetz-
ter Uebung seiner Kr�fte aus demselben werden kann, ist ein nur we-
nig Menschen gegebenes, h�chst selten erworbenes Talent. In dieser
Beziehung ein richtiges Urtheil abzugeben, bleibt besonders darum sehr
schwer, weil man erstens nie mit Sicherheit voraus weiss, wie die noch
unvollendeten Parthien sich auswachsen werden, und zweitens nicht
weiss, welcher Behandlung das junge Thier bis zu seiner g�nzlichen
Ausbildung unterworfen sein wird, indem manches ganz gut geborene
junge Pferd in der Abrichtungszeit entweder b�swillig gemacht oder
auf den Beinen ruinirt wird. Der wirklich praktische Pferdekenner wird
jedoch auch hierin wenigstens vor grobem Irrthuin sich zu sch�tzen
wissen; denu er kennt aus seiuer Erfahrung diejenige Form des Brust-
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kastens und des Leibes, die auf eine gesunde Lunge und Magen
schliessen lassen; er erkennt aus dem Ausdruck des Auges, der Form
des Oberkopfes und dem ganzen Benehmen des Thieres, ob es zur Ar-
beit willig, fromm oder unwillig, hitzig, zornig, kitzlich, seine Kr�fte
zur�ckhaltend u. s. w. sein d�rfte; er weiss, dass der Widerrist dieje-
nige Parthie ist, die sich am sp�testen ausbildet; er weiss, dass ein
junges unausgebildetes Pferd immer etwas hochbeiniger erscheint, als
ein ausgewachsenes, welches je j�nger das Thier, desto mehr her-
vortritt.
Schlecht angesetzter Hals, sehr gerade Schultern, r�ckbiegig, sehr
bodenweit, stark ein- oder ausw�rts gestellt, s�belbeinig, sehr gerade
in den Sprunggelenken, sehr in die Augen fallendes Missverh�ltniss in
den Gr�ssenformen der einzelnen Parthien in der Vor- und Nachhand sind
Fehler des Baues, die wenn beim jungen, vielleicht dreij�hrigen Fohlen
vorhanden, das zum Pferd herangewachseue Thier auch haben wird ; der
Pferdekenner entnimmt aus der Art, wie sich das Pferd im Gange be-
bewegt, ob ihm von Natur eine nat�rlich-gute Haltung innewohnt um
sich von selbst in einem guten Gleichgewichte zu tragen, oder ob es
aus allzu heftigem Temperamente oder aus Schw�che im Kreuz oder
Empfindlichkeit in den Hufen einen eiligen, unregelm�ssigen Gang an-
zunehmen geneigt ist.
Aus allem diesem zieht nun der praktische Pferdekenner seinen
Schluss, und kennt er den Dienst, wozu das Pferd in Zukunft verwen-
det werden soll, kennt die Art und Weise der Behandlung desjenigen,
der es abrichten, und erf�hrt er den Preis, welcher f�r das Thier ge-
fordert wird, kennt er endlich die Abstammung desselben, so kann da-
durch sein Urtheil sehr an Bestimmtheit gewinnen.
Das von Bourgelat aufgestellte Musterpferd, ver-
glichen mit Eklipse, zur genauem Begr�ndung der
Verh�ltnisslehre.
Die Lehre von den Verh�ltnissen im Baue des Pferdek�rpers hat
schon vielen Schriftstellern der ganz alten, altern und neueren Zeit
ein hinl�nglich wichtiger Gegenstand geschienen, um dar�ber nachzu-
denken und ihre Theorien mehr oder weniger auf praktische Beobaca-
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tungeu und Vergleiche am lebenden Pferde gegr�ndet, der Welt be-
kannt zu geben.
Bourgelat, der Gr�nder der Thierarzneischulen gab 1786 zum er-
stenmal sein Traite de la conformation exterieure du cheval, heraus,
dieses Werk gilt, wie Hering sagt, bei den Franzosen jetzt noch f�r
classisch und dient als Grundlage beim Unterrichte in diesem Theile
der Pferdewissenschaften, die Fehler, welche man �ourgelats Schriften
�berhaupt vorwerfen kann, f�hrt Hering fort, sind: dass sie noch zu
wenig auf eigene Beobachtungen und Erfahrungen sich st�tzen, dagegen
h�ufig die Behauptungen Anderer oder Schl�sse aus der Analogie ohne
n�here Pr�fung annehmen, ausserdem bemerkt man darin eine auffal-
lende Unkenntniss dessen, was ausserhalb Frankreich in diesem Fache
geleistet worden ist (Nachdem in neuerer Zeit in Frankreich zur He-
bung der Pferdezucht mancherlei Bestrebungen mit sehr gutem Erfolg
ins Leben getreten sind, viele ber�hmte englische Vollblutpferde da-
selbst eingef�hrt wurden u. s. w., so wird sich dieses wohl etwas ge�n-
dert haben). Demungeachtet haben die meisten sp�tem Schriftsteller
�ber Pferdekenntniss sich mehr oder weniger an Bourgelat gehalten,
dessen Werk bald in mehrere andere Sprachen �bersetzt wurde.
Dem von Bourgelat in Verbindung mit den K�nstlern Goiffon und
Vincent entworfenen Musterpferde wirft man im Allgemeinen vor, dass
die Verh�ltnisse nicht nach der Natur seien, und auf keine Race pas-
sen, insbesondere aber, dass der Kopf zu lang, der Hals gewaltsam
aufw�rts gebogen und zu kurz sei, so dass ein solches Thier unm�g-
lich mit den Lippen den Boden erreichen k�nne. Ferner, dass der
Widerrist zu hoch oder eigentlich zu weit vorn angenommen sei; u. s. w.
(So weit Hering).
Betrachtet man, diesem Urtheile nur beipflichtend, die Zeichnung
dieses Normalpferdes, so findet man ferner, dass die Parthie des Bug-
gelenkes sehr wenig kr�ftig und muskul�s erscheint, das Knie ist etwas
r�ckbiegig; die Hinterbeine stehen so weit unter dem K�rper gescho-
ben, dass das ganze Pferd nicht den Eindruck eines von Natur ruhig
auf seinen 4 F�ssen mit senkrechter Richtung der Schwere (� plomb)
dastehenden Pferdes macht.
Das Bild zeigt ein durch die einwirkende Hand des Menschen
k�nstlich hingestelltes Pferd, die Vorderbeine erleichternd, und somit
die Hinterbeine sehr belastend dar. Ausserdem ist es noch eine sehr
einseitige Auffassung nur ein Normalpferd aufstellen zu wollen, indem
doch die Gebrauchszwecke und die daf�r n�thigen Eigenschaften auch
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einen verschiedenen Bau bedingen m�ssen. Bourgelat nimmt den Kopf als
Grundmaass an, theilt denselben in drei Primen, jede dieser in dreiSecun-
den und um auch den kleinsten Theil ausmessen zu k�nnen, eine solche
Sekunde in 24 Punkte oderTerzien ein, so dass eine Kopfl�nge 3 Primen
oder 9 Sekunden oder 216 Terzien enth�lt. Prof. Naumann, dessen Vor-
tr�ge ich im Jahre 1832 in Berlin anh�rte, folgte ganz dieser Eintheilung
und hatten wir die Zeichnung dieses Normalpferdes auf einer schwarzen
Tafel im H�rsaale stets vor Augen. Damals schon, obwohl ein junger An-
f�nger in Pferdesachen konnte mir diese Zeichnung nie gefallen, um so
weniger, wenn ich sie mit lebenden, t�glich vor Augen habenden Pferden
verglich.
Zu verschiedenen Zeiten hat man sich bem�ht, diese Verh�ltnisse so
weit zu ergr�nden, dass man sie in Zahlen auszudr�cken vermochte,
allein da sie nicht unwandelbar sind, sondern sich nach Racen und Indivi-
dualit�ten in grosser Verschiedenartigkeit darstellen, so k�nnen sie nie
so bestimmt, sondern nur ann�herungsweise angegeben werden ; daher
denn auch die abweichenden Angaben verschiedener Autoren.
Auch bin ich der Meinung, dass diese allzusehr ins detail gehenden
Zahlenangaben den gr�ssten Theil der Lernenden mehr verwirren und zag-
haft machen, als ihnen wirklich zu einem praktischen Leitfaden zu dienen
so anerkennenswerth �brigens diese Bem�hungen der betreffenden Schrift-
steller auch sind.
Vial de Saintbel, ein englischer Veterin�r, war praktischer als
Bourgelat indem er ein Pferd beschreibt, das zu seiner Zeit lebte und
als Rennpferd ausserordentliches Aufsehen machte. Er beschreibt n�m-
lich den ber�hmten Eklipse, der nie besiegt wurde, der bei einer K�r-
pergr�sse von 5 ein halb Fuss in jedem Galopsprung 28 Fuss hinter-
legte, in 3 Sekunden 7 solcher S�tze ausf�hrte und 4 englische Meilen
in 6 Minuten und 2 Sekunden durchlief; also bei gleich bleibender
Schnelligkeit in 7 Minuten und 415 Sekunden eine deutsche Meile durch-
laufen h�tte.
Auch konnte seine vollste Schnelligkeit nie g�nzlich gepr�ft wer-
den, indem keiner seiner Concurrenten ihn niemals so dr�ckte, da&s es
zu einem recht heftigen Kampfe gekommen w�re.
Saintbel sagt auch ausdr�cklich, dass es ihm bei Ausmessung dieses
Pferdes nur darum zu thun gewesen sei, die Ursachen dieser ausseror-
dentlichen Schnelligkeits�usserung zu ergr�nden, und so vielleicht Grund-
lehren aufzustellen, die bei Beurtheilung von Rennpferden als Norm die-
nen k�nnten. Er stellte also keinesfalls ein Normalpferd f�r alle F�lle
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auf. Schnelligkeit verbunden mit Ausdauer ist das Losungswort
der Gegenwart und so will ich um so mehr der Beschreibung des Eklipse
etwas mehr Kaum und Zeit widmen. Wenn auch eine gewisse langsame
Ausdauer bei vielen Gebrauchszwecken recht w�nschenswerth ist, so wird
sich doch Niemand ein ganz faules, ganz langsames Pferd w�nschen; den-
jenigen Pferde, denen verm�ge ihres Knochenbaues und ihrer innern Ei-
genschaften ein guter Grad von- Schnelligkeits�usserung inne wohnt,
kann in den meisten F�llen ein Grad von Dressur beigebracht werden,
dass man sie auch zur M�ssigung ihrer Triebkr�fte verhalten kann;
sie haben dann aber etwas herzugeben, wenn man es braucht. Aber
Pferde, denen nur ein sehr geringer Grad von Triebkraft in dieser Hin-
sicht innewohnt, erm�den sehr bald bei einer mehr als gew�hnlichen An-
forderung und sind ersch�pft, wenn man sie eigentlich erst recht brau-
chen m�sste.
Indem Saintbel seine Beobachtungen beim Eklipse mit dem Normal-
pferd Bourgelats vergleicht, sagt er: Eklipse hat niemals f�r sch�n gegol-
ten, aber der Mechanismus seiner Bewegungen war beinahe vollkommen
und er entwickelte bedeutende Schnelligkeit. Diejenigen Personen, welche
Gelegenheit haben werden, zwischen ihm, und dem Musterbilde, wovon
ich oben sprach, (Bourgelats) Vergleiche anzustellen, werden auf
den ersten Blick folgende Verschiedenheiten wahrnehmen.
1.  Bei dem in Kede stehenden Musterbilde soll die H�he des Pfer-
des vom Genick bis zur Fusssohle gerechnet, nur drei Kopfl�ngen betra-
gen ; bei Eklipse betr�gt diese 3 '/4 Kopfl�ngen, eher mehr als
weniger.
Anmerkung. Abgesehen davon, dass eine Messung vom Genick
zur Fussohle sich stets sehr ab�ndern muss, je nachdem das Pferd eine
Haltung mit dem Halse annimmt, muss ich hier bemerken, dass nach
Buorgelat die H�he des Pferdes vom Widerrist zur Erde 272 Kopfl�n-
gen betragen soll, und beim Eklipse 3 Kopfl�ngen betragen hat.
(Bei zwei gleich grossen Pferden, w�rde also ein Kopf nach Saintbels
Angabe recht klein, nach Buorgelats Theorie ziemlich gross erscheinen.)
2.  Der Hals soll nur eine Kopfl�nge betragen; beim Eklipse betr�gt
dieselbe i'/s Kopfl�nge.
(Trotz vielfacher Bem�hung habe ich noch kein Pferd entdecken k�n-
nen, wo Buorgelats Lehre eintr�fe ; auch stimmt die Zeichnung nicht
�berein.)
3.  Die H�he des K�rpers soll der L�nge gleich sein; die L�nge des
Eklipse betrug beinahe ein Zehutel mehr als seine H�he.
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4. Die senkrechte Linie, welche vom Kniescheibengelenke herab-
f�llt, soll auf die Zehe treffen. Dieselbe Linie f�llt beim Eklipse in einer
Entfernung von einer halben Kopfl�nge vor der Zehe auf den Boden: die-
ser Unterschied nimmt viel Einfiuss auf das Portschreiten.
b. Die L�nge vom Ellbogen bis zur Kniebiegung soll dieselbe sein,
als von der Kniebiegung bis zum Erdboden. Beim Eklipse sind diese bei-
den L�ngenmaasse ungleich; das obere ist um 2 Kopftheile gr�sser als
das untere. (Saintbel theilt den Kopf in 22 Theile; dieser Vergleich ent-
spricht der Theorie, dass mit einem langen Oberarm eine mehr vorgrei-
fende, mit einem kurzen eine mehr erhabene Aktion verbunden sei.)
Weiter sagt Saintbel:
Diese kurz gefasste Vergleichung zeigt, dass die Regeln �ber Sch�n-
heit eines Pferdes nicht ein f�r allemal bestimmt sein k�nnen, sondern
dass sie relativ sind, nach den verschiedenen Pferdearten.
Obgleich Herr Buorgelat seinem Sisteme nicht diejenige Entwicklung
gegeben hat, welcher dasselbe f�hig ist, so muss man doch zugeben, dass
die daraus zu ziehenden Schl�sse mit einiger Modifizirung dazu dienen
k�nnen, den Mechanismus der Pferde von verschiedenen Arten zu
erkl�ren.
Es ist gewiss, dass die verschiedenen Grade der Schnelligkeit welche
man in der Aus�bung der Gangarten der verschiedenen Pferde beobach-
tet, auf der mechanischen Zusammenstellung derjenigen- Theile beruhen,
Woraus die Fortbewegungsorgane zusammengesetzt sind, und indem man
strebt, ihre sch�nen Veih�ltnisse zu erkennen, indem man sich von ihrer
Woblgebildetheit, von ihrer auf sich selbst ruhenden Lage, (� plomb) von
ihrer in wechselseitiger Beziehung zu einander stehenden Richtung gegen-
einander �berzeugt, kann man hoffen auf den Willen und die Absicht der
Natur richtig zu schliessen.
Dass die Ausdehnung irgend einer K�rperparthie in seiner Th�tig-
keits�usserung in der L�nge und der Richtung derselben beruht, wurde
schon erw�hnt.
Die Gewalt der Bewegungsth�tigkeit aber ist ebenso sehr die Folge
der Richtung der Muskeln, als der inneren Kraft dieses Ge-
bilde; die Kraft wird ausserdem gr�sser oder geringer, je nachdem die
Muskeln von dem Mittelpunkt der Bewegung derjenigen K�rpertheile
welche die Bewegung hervorbringen mehr oder weniger entfernt liegen.
(Siehe weiter oben �ber die Bewegung des Schulterblattes.)
Bevor ich, sagt Saintbel, das Bild der K�rperverh�ltnisse dieses so
ber�hmten Pferdes entrolle, muss ich den Leser aufmerksam machen, dass
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es durchaus nicht in meiner Absicht liegt, die Sch�nheit eines Rennpfer-
des mit Zirkel und Winkelmaass festzustellen, man muss vor allen
seine g eisti ge Gedankenrichtung von ein er nachLaune
oder vertragsm�ssig bestimmten Sch�nheit ablenken,
und das als sch�n annehmen, was sich auf die dem
Thier e von Natur innewohnende G�te und Bewegungs-
f�higkeit gr�ndet, in Bezug auf den Gebrauch wozu
es bestimmt ist.
Bei dem in Rede stehendem Pferde also der Schnellauf.
(Der hier von Saintbel ausgesprochene Gedanke ist es; welcher mir
bei Erkl�rung der Verh�ltnisse eines gut gebauten Pferdes, stets vorge-
schwebt hat; zugleich ist hieraus zu entnehmen, dass Saintbel G�te und
wahre, wirkliche Sch�nheit f�r untrennbar h�lt.)
Die geometrischen K�rperverh�ltnisse des Eklipse werden nun
wie folgt geschildert.
Der Kopf zerlegt in 22 Theile ist das gew�hnliche angenommene
Maass f�r alle �brigen K�rpertheile. Wenn der Kopf eines zu messenden
Pferdes zu lang oder zu kurz erscheint, so muss man von diesem gew�hn-
lich gebr�uchlichem Maasse absehen und die H�he des K�rpers vom Wi-
derrist bis zur Fussohle daf�r annehmen. Diese H�he theiit man in drei
gleiche Theile und jeden dieser Theile wieder in 22 Unterabtheilungen
und erh�lt alsdann diejenige richtige geometrische L�nge, welche der Kopf
gegeben haben w�rde, wenn er regel- und verh�ltnissm�ssig gewe-
sen w�re.
(Der Leser wird hier den Unterschied zwischen Buorgelat und Saint-
bel beachten m�ssen; ersterer nimmt 2 ein halb Kopfl�nge als richtiges
Verh�ltniss f�r die H�he des Pferdes an; da aber Saintbel ein wirklich
lebendes Pferd ausmaass, so muss wohl Eklipse einen sehr kleinen Kopf
gehabt haben. Nach meinen Beobachtungen findet sich in dieser Bezie-
hung, dass das von Bourgelat angegebene Verh�ltniss zwischen L�nge des
Kopfes und der Gr�sse des Pferdes (2 ein halb Kopfl�nge die H�he des
Pferdes) bei lebenden Pferden viel �fter vorfindet, als das wie es bei
Eklipse statt gefunden hat. Auch muss ich gleich hier bemerken, dass sich
Saintbel in einigen Angaben selbst wiederspricht; ich werde dieses von
Fall zu Fall hervorheben.
D r e i Kopfl�ngen betrug die H�he vom Widerrist zur Fussohle und
ebenso von der Kruppe bis zur Erde.
(Sp�ter, wo Saintbel die Verh�ltnisse des Eklipse in Zahlen aus-
dr�ckt, sagt er, dass er in der Kruppe um einen Zoll h�her gewesen sei.
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Auch stimmen hiermit alle mir bekannten Angaben den Bau dieses
Pferdes anlangend �berein.)
Drei Kopfl�ngen und drei Theile gaben die ganze L�nge
von der hervorragendsten Stelle der Brust, Bugspitze, bis zum �usser-
sten Ende der Hinterbacken, die Sitzbeine.
(Diese Linie geht von vorn nach hinten etwas aufw�rts; aus der
Angabe nach Zahlen erhellet, dass Eklipse �berhaupt 66 Zoll, also
8 ein halb Fuss hoch und 69 Zoll oder b drei viertel Fuss lang gewe-
sen sei.)
Zwei Kopfl�ngen und 20 Theile betrug die H�he durch die
Schwerpunktlinie des K�rpers gezogen. (Es fand also hinter dem Wi-
derrist eine kleine Senkung des R�ckens statt; sogenannte Sat-
teltiefe.)
Die Angaben Saintbels �ber das Verh�ltniss der K�rpertiefe vom
Widerrist zum Brustbein, im Vergleich mit der L�nge der Vorderglied-
maasse von Ellbogen abw�rts, sind so undeutlich und wiedersprechend,
dass ich sie, diesen Mangel sehr bedauernd, hier lieber gar nicht
erw�hne.
Eine Kopfl�nge betrug die dicke des Halses bei seiner Verbindung
mit der Brust; eine halbe Kopfl�nge an seiner schm�lsten Stelle
nach oben.
Eine und eine halbe Kopfl�nge betrug eine gerade Li-
nie vom Genick bis zum Anfang des Widerristes, und ebenso vom Genick
bis zur Verbindung mit der Brust, also die L�nge des Halses dar-
stellend.
Eine Kopfl�nge und 4 Theile gaben die Dicke, Tiefe des
Leibes von der Mitte des R�ckens bis zur Mitte des Bauches. Ausser-
dem noch ebenso:
i. Die Breite des Leibes.
2.  Die L�nge der Kruppe von dem h�chsten Punkte derselben bis
zum �ussersten Ende der Hinterbacken.
3.   Eine Linie von der Schweifwurzel bis zum Kniescheibenge-
lenke.
4.  Die L�nge des grossen Unterschenkelbeines (Hose) vom Knie-
scheibengelenke bis zur Spitze des Sprungbeines, (Fersenbeines.)
o. Die L�nge der Gliedmasse vom Sprungbeine bis zur Zehe des
Hinterhufes.
(Zufolge der Angabe nach Zahlen w�re die Linie vom Kniescheiben-
gelenke bis zum Sprungbein nm 4 Zolle l�nger gewesen als die drei andern
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am Hintertheil angegebenen Linien, welche nach dieser Angabe �ber-
eingestimmt h�tten. Der Leser wolle sich erinnern, dass ich weiter oben
sagte: etwas mehr L�nge als H�he des K�rpers, hinten etwas h�her
als vorn, �berhaupt grosse Parthien des Hintertheils, die Hose des Pfer-
des mit der des Hasen oder Hundes vergleichend, � seien der Schnel-
ligkeits�usserung vortheilhaft. Da nun Eklipse so ausserordentlich
schnell war und er etwas l�nger als hoch, hinten h�her als vorn war,
so bin ich hier geneigt, der Angabe nach Zahlen mehr Glauben beizu-
messen.
Zwanzig Kopftheile gaben die Breite der Kruppe, von hinten ge-
sehen, von einer H�fte zur andern.
Zehn Theile einer Kopfl�nge gaben ebensowohl die Dicke
des Oberarmes, gerechnet von der Vorderseite bis zum Ellbogen, als
die Dicke des Hinterschenkels unter der Einbiegung der Hinterbacken.
Acht Theile einer Kopfl�nge gaben die Breite des Sprung-
gelenkes, gemessen von der Biegung bis zur Spitze des Hakenbeines.
F�nf Theile einer Kopfl�nge gaben die Breite des Knies
von vorne gesehen;
des Vorderschenkels �ber dem Knie von der Seite gesehen, und
die Dicke des Sprunggelenkes von hinten gesehen.
Vier Theile einer Kopfl�nge gaben die Dicke des K�then-
gelenkes, sowie die Dicke der Kr�ne.
Zwei dreiviertel Theile einer Kopfl�nge betrug die Dicke der
Fesseln, ebenso die Breite der vordem Schienbeine.
Weiter unten sagt Saintbel, dass in Folge der Rehe, woran Eklipse
in seinem h�hern Alter litt, diese Theile so entartet waren, dass eine
genaue Ausmessung nicht vorgenommen werden konnte.
Zwei ein viertel Kopftheile betrug die Dicke der vorderen und
ebenso der hinteren Fesseln.
Ein dreiviertel Kopftheile betrug die Dicke der Schien-
beine sowohl der vordem von vorn, und der hintern von hinten ge-
sehen.
Senkrechte Linien des Eklipse;
f�r die Vorderbeine.
Die erste f�llt von dem Gelenke des Vorarms, Querbeines, mit
dem Schulterblatte genau zum �ussersten Ende der Zehe herab; diese
Linie wird von dieser Richtung nie abweichen d�rfen.
(Nach meinen Beobachtungen und Messungen anerkannt guter, lei-
stungsf�higer Reitpferde f�llt diese Linie von der vordersten Spitze
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129
dieses Gelenkes einige Zolle vor der Hufzehe zur Erde; nimmt sie die
Direktion, wie es bei Eklipse der Fall gewesen sein soll, so erscheint
die Schulter kurz und das Querbein verbindet sich mit dem Schulter-
blatte unter einem stumpfen Winkel (Nur wenn man ein Pferd mit auf-
gerichtetem Halse und etwas zur�ckgeschobenem Leibe hinstellt, k�nnen
die Vorderbeine in diese Richtung kommen). Obwohl ich mir nicht den-
ken kann, dass Eklipse bei seiner ausserordentlichen Schnelligkeit man-
gelhaft gebildete Schultern gehabt habe, so muss ich doch hier bemer-
ken, dass im franz�sischen Urtext von dieser Parthie der Ausdruck
tres-charge gebraucht wird. Uebersetzt man dieses mit sehr beladen,
belastet, so ist dieses kein Lob f�r % den Bau der Schultern, es kann
sich aber auch darauf beziehen sollen, dass das Pferd vorne niedriger
war als hinten, oder auch, dass die Schultern mit sehr sarken, vollen
Muskeln versehen (beladen) waren.)
Die 2te f�llt von der Mitte der Brust herab, gerade auf den Mit-
telpunkt des Zwischenraumes, welcher die beiden Vorderf�sse trennt.
Die 3te f�llt von der Mitte des Kniees herab, und theilt alle jene
St�cke in gleiche Theile, welche den �brigen Theil des Vorderfusses
bilden, bis zur Fusssohle.
Die 4te Linie durchschneidet das ganze Bein von der Seite gese-
hen und zertheilt alle Parthien bis zum Fessel herab gleichm�ssig.
(Hieraus geht hervor, dass Eklipse weder vor- noch r�ckbiegig
noch Kniebohrer oder fassbeinig war, noch aus- oder einw�rts stand.)
F�r die Hinterbeine.
Die erste f�llt senkrecht vom Kniescheibengelenke aus zum Boden;
sie wird eine halbe Kopfl�nge vom Hufe die Erde ber�hren m�ssen.
Die 2te f�llt vom obern Theile der Biegung des Sprunggelenkes
genau zum Hufe herab.
(Diese beiden Linien treffen unm�glich zu, wenn man annimmt, dass
die Hose (siehe oben) um 4 Zoll l�nger gewesen ist, als die Linie von
der Schweifwurzel zum Kniescheibengelenke, und vom Fersenbein zur
Zehe des Hufes. Nimmt man aber an, dass die Hose eben so lang ge-
wesen sei, wie es Saintbel auch einmal angibt (siehe oben), so finden
sich diese Linien, n�mlich die 4 genannten gleich langen und diese bei-
den senkrechten, bei allen gut gestellten Hintertheilen mir bekannter
sehr guter lebender Reitpferde.)
Die 3te f�llt von der Spitze des Sprunggelenkes herab, und theilt
von hinten gesehen, alle �brigen Theile des Hinterschenkels bis zum
Boden in gleiche Theile.
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Die 4te Linie f�llt von der Mitte der Hinterbacken genau in den
Mittelpunkt des Raumes, welcher die Hinterbeine von einander trennt.
Alle diese senkrechten Linien, sagt Saintbel, welche in der That
beim Eklipse vorhanden sind, wie man es bei seinem Skelette sehen
kann, vereinigen in ihrer Bildung die sch�nsten und vorz�glichsten
Eigenschaften. Dieselben Linien k�nnen bei der Auswahl der besten
Rennpferde zur Regel dienen.
Es wird meine Leser interessiren, hier noch einiges der Beschrei-
bung Saintbels Entnommenes von diesem ber�hmten Pferde zu erfahren.
Eklipse geh�rte Herrn 0'Kelly; er wurde geboren in dem Gest�te
weiland des Herzogs von Cumberland und ward beim Verkauf des Ge-
st�tes Sr. k�niglichen Hoheit durch Herrn Wildmann f�r 46 Guineen
gekauft (i Guinee = 7 Thlr. pr. Cnt.= 10'/2 fl. �. W.). Dieser verkaufte
ihn in der Folge an seinen letzten Besitzer f�r die Summe von 1700
Guineen. Eklipse erschien nur kurze Zeit auf der Rennbahn, gewann
die h�chsten Preise und ward nie besiegt. Er ward erzeugt durch
Marsk, Sohn des Squirt, welcher durch Bartletts Childers erzeugt wor-
den war; seine Mutter ward gezeugt durch Regulus, seine Grossmutter
durch eineu Bruder v�terlicher und m�tterlicher Seite vom Squirrel des
Herrn Wildmann; sein Grossvater durch Montagu des Lord Dorcey;
seine Urgrossmutter durch Hautboy und seine Ur-Urgrossmutter durch
Brimmer ein Sohn des Arabers des Oglethorge.
In den Morgenstunden des 28. Februars 1789 wurde Eklipse von
einer sehr heftigen Kolik befallen, und trotz aller bekannten angewand-
ten Mittel verschied er am 26. um 7 Uhr Abends in seinem 26. Le-
bensjahre.
Die Oeffnung des Leichnams erwies als Todesursache eine g�nz-
liche Vereiterung der Nieren und man ist berechtigt anzunehmen, dass
diese Organe schon seit l�ngerer Zeit ihre Funktionen nur sehr un-
vollkommen verrichtet hatten. Die Beobachtung �ber das Gewicht des
Herzens verdient dem Ged�chtniss aufbewahrt zu werden ; dieses Ein-
geweide wog 14 Pfund. (Das Herz eines Pferdes wiegt meistens 7�9
Pfund.) Der Hirnsch�del wurde nicht ge�ffnet, weil ich das Skelett eines
so sehr ber�hmten Pferdes unversehrt aufbewahren wollte.
Eklipse, mehrere Jahre vor seinem Tode von der Rehkrankheit
befallen, hatte ganz entartete Vorderbeine. Die Zerst�rungen dieser
Krankheit hatten die Richtung der Krone und des Fesseis so g�nzlich
ver�ndert, dass es mir nicht mehr m�glich war, die Verh�ltnisse die-
ser Theile genau zu bestimmen.
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Dem sehr gesch�tzten Werke: Das Pferd, aus dem Englischen
�bersetzt von Hering, entnehme ich �ber Eklipse noch einige sehr in-
teressante Notizen. Daselbst heisst es:
Eklipse wurde von Marsk erzeugt, der ein Enkel von Bartletts
Childers war.
Eklipse war hartschnaufig (Rohrer), und zwar so, dass man ihn
auf betr�chtliche Entfernung h�ren konnte. Dieser oder anderer Ursa-
chen halber kam er erst mit 8 Jahren auf die Rennbahn. Ueber die
Sch�nheit und selbst das Abweichende seiner Formen ist viel gestrit-
ten worden; er stand vorne auffallend niedrig, allein dieser Fehler
wurde vollst�ndig wieder ausgeglichen durch die Ausdehnung und schiefe
Stellung seiner Schultern, die Breite der Lenden, das volle und gut
proportionirte Hintertheil, und die muskul�se Ausbildung der Vorder-
und Hinterschenkel.
Nachdem Eklipse bei einem Rennen im Jahre 1769 alle seine
Mitbewerber distancirt hatte, besiegte er im folgenden Fr�hjahre Wenth-
worth's Bucephalus, der vorher nie �bertroffen worden war; zwei Tage
sp�ter distancirte er den Pensioneer, ein sehr gutes Pferd, und im
August desselben Jahres gewann er die grosse Subscription von York.
Da kein Pferd mehr neben ihm aufzutreten wagte, beschloss er
seine kurze Laufbahn von 17 Monaten, indem er den 18. Oktober 1770
um den K�nigspreis �ber die Bahn von Newmarket ging. Er war nie
besiegt worden, zahlte nie Reugeld und gewann seinem Besitzer mehr
als 28.000 Pfund. Ueber seine Schnelligkeit l�sst sich nichts Bestimm-
tes angeben, weil er nie einen Gegner hatte, der schnell genug gewesen
w�re, ihn recht auf die Probe zu stellen.
Sp�ter ben�tzte man Eklipse zum Bedecken ; er erzeugte die unge-
heure Menge von 334 Gewinnern, und diese brachten ihren Eigenth�mern
mehr als reine 160.000 Pfund ein; ohne die Platten und Pokale. Der
Nutzen, den der Eigenth�mer aus Eklipse zog, muss ungeheuer gewesen
sein. Nachdem er seit 10 Jahren die Rennbahn verlassen hatte, wurde
Herr O' Kelly gefragt, was er f�r denselben verlange. Anfangs wollte er
ihn zu keinem Preise abgeben, allein nach reiflicher Ueberlegung verlangte
er 28.000 Pfund Sterling und eine j�hrliche Rente von 300 Pfund, so
lange er (O'Kelly) lebte, nebst der Befugniss, j�hrlich 6 Stuten von Eklipse
decken lassen zu d�rfen. Auf die Bemerkung, dass die Forderung �ber-
trieben sei, erwiderte der Besitzer des Hengstes, dass ihm derselbe be-
reits 28.000 Pfund reinen Gewinn gehracht habe, und noch jung genug
sei, um noch einmal soviel einzubringen, Wirklich lebte der Hengst noch
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beinahe 10 Jahre und deckte l�ngere Zeit zu 80 Guineen die Stute; da
man inzwischen seine Hufe ganz vernachl�ssigt hatte, wurde er reh,
bei dem schnellen Ueberhandnehmen des Leidens wurde seine Fruchtbar-
keit sehr beeintr�chtigt, und der Werth der Nachkommen zweifelhaft.
Zum Schl�sse �ber alles von der Verh�ltnisslehre hier Gesagte f�hre
ich noch einige "Worte aus »Herings Vorlesungen« an; daselbst heisst es
unter Anderem:
Bojanus (Isis van Oken. Jahrgang 1823 Heft I. Ueber die Maase des
Pferdek�rpers von Anonymus) hat versucht die Fehler seiner Vorg�nger
zu vermeiden und das Bild eines Pferdes von regelm�ssigen Formen zu
geben; die Stellung desselben ist so, dass die F�sse das Gewicht des K�r-
pers gleichm�ssig tragen; dies ist der Fall, wenn eine senkrechte Linie
an dem festen Punkte des Schulterblattes (hart hinter seiner Mitte) auf
die Trachtenwand des Vorderhufes und eine �hnliche Linie von der
Pfanne des Beckengelenkes auf denselben Theil des Hinterhufes f�llt. Die
angegebenen Verh�ltnisse sind unbezweifelt die nat�rlichsten und am all-
gemeinsten anwendbar, w�hrend Bourgelats Muster nur f�r ein Schulpferd
und Saintbels nur f�r einen Renner passt. Bojanus dagegen behauptet,
die richtigsten Verh�ltnisse m�ssten bei ausgezeichneten Trabern gesucht
werden.
(Diese letzten Worte beweisen wieder, dass auch dieser Mann die
Theorie vorhandenen, guten lebenden Exemplaren entnommen wissen,
nicht aber die Natur in eine h�ufig nur als Fiktion bestehende Form ge-
zw�ngt haben will.)
Das Gangwesen.
Nachdem wir nun den regelm�ssigen Bau des Pferdes und die Ab-
weichungen von demselben, so wie die �ussern Fehler und Gebrechen ken-
nen gelernt haben, wollen wir nun das Pferd in der Bewegung, d. h. seine
Gangarten n�her betrachten, und lassen, um den Gang selbst besser und
richtiger beurtheilen zu k�nnen, einige hierzu f�hrende Erkl�rungen noch
vorausgehen.
Der Boden, worauf das Pferd steht, ist als die Grundlinie zu betrach-
ten, von welcher seine Bewegungen ausgehen.
Denkt man sich nun ein auf seiner ebenen Grundfl�che auf seinen
vier F�ssen gerade stehendes Pferd, so ruht der Pferdek�rper auf den-
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selben wie auf vier S�ulen und geh�rt in dieser allgemeinen mechanischen
Beziehung unter die vierf�ssigen Thiere, deren wagrechter Stand und
Gang ebenfalls auf vier beweglichen S�ulen oder St�tzen beruht.
Beim Stehen solcher Thiere kommen �berhaupt drei Momente be-
sonders in Betracht, n�mlich:
1.  Die Richtung oder der Fall der Schwerpunktslinie des K�rpers.
2.  Die Unterst�tzung dieser Schwerpunktslinie und
3.  Das Gleichgewicht. ■
Zud).
Das Mittelst�ck des Pferderumpfes oder der Mittelleib des Pferdes
ist als die Hauptmasse und als das Hauptgewicht desselben, und desshalb
auch als die Vereinigung der Schwerpunkte der verschiedenen
Theile des Pferdek�rpers besonders anzusehen.
Der vordere Theil des Mittelleibes ist mittelst der schweren Brust
und des auf ihr ruhenden Widerristes gewichtiger als dessen hinterer
Theil, die Lenden, Flanken und der Bauch. Der mittlere Theil des Mittel-
leibes , welcher aus den neun gew�lbten, falschen Rippen und den sie zu-
sammenf�genden neun Wirbeln des eigentlich lasttragenden R�ckens be-
steht, ist an sich minder schwer, als das jenes vordem Theiles, n�mlich
das Brustst�ck. Das Heiligenbein als Hinterst�ck des Rumpfes ist indess
noch leichter als das mit ihm unmittelbar zusammenh�ngende Bauchst�ck
nebst Rippen und Flanken. Endlich aber endigt sich der Pferderumpf in
dem vollends ganz leichten, mit Haaren bewachsenen, leicht beweglichen
Schwanz. Umgekehrt verh�lt es sich mit dem Vordertheil des Pferde-
rumpfes.
Das schon an sich schwerere Brustst�ck des Mittelleibes erh�lt noch
einen bedeutenden Zuwachs an Gewicht durch den vorn �berstehenden
Pferdehals, an dessen Ende, als am Ende der ganzen Wirbels�ule noch
obendrein der Pferdekopf angebracht ist. Aus dieser �berwiegenden, durch
das Kopfgewicht noch vermehrten Schwere des Brustst�ckes erkl�rt es
sich alsbald, dass die vertikale Schwerpunktslinie des unbelasteten K�r-
pers eines auf ebener Grundfl�che ruhig stehenden Pferdes, und bei der
einem jeden Pferde eigenen nat�rlichen Stellung von Kopf und Hals, bald
hinter dem Widerrist, beim Anfange des lasttragenden R�ckens hinabfal-
len m�sse.
Denkt man sich nun bei guter Sattellage einen auf dem Pferde
sitzenden Menschen, der nicht in der Gabel sitzt, sondern seinen Ober-
k�rper, so wie den Hang seiner Schenkel ihrem nat�rlichen Gewichte
�berl�sst, so f�llt die Schwerpunktslinie des Reiters und Pferdes nicht in
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eine und dieselbe senkrechte, sondern die des Reiters f�llt etwas mehr
der Mitte des Pferdes zu. Ob sie gerade in die Mitte treffe, h�ngt sehr
von der jeweiligen Sattellage und der L�nge des Pferdes ab. Dieser Um-
stand erleichtert es jedenfalls dem Reiter sehr, dem Pferde die f�r Aus-
dauer, Sicherheit und Gewandtheit so n�thige Gleichgewichtstellung zu
geben.
Durch die freie Bewegf�higkeit von Kopf und Hals nach auf- oder
abw�rts aber kann �brigens die Schwerpunktslinie mehr r�ckw�rts oder
mehr vorw�rts gebracht werden; beiderlei Bewegungen bringen eine Ge-
sammtbewegung nach vor- oder r�ckw�rts hervor.
Die H�he des Widerristes bildet den Scheidepunkt f�r die Schwer-
punktslinien des Vordertheils des Pferdek�rpers. Sehr merkw�rdig und
dem Pferdegeschlechte mehr oder minder eigent�mlich ist daher in Ab-
sicht auf die Schwerpunktslinie des ganzen Pferdek�rpers die Bestimmung
und Verrichtung des Widerristes (Siehe schon oben Widerrist).
Diese karakteristische kammf�rmige Erh�hung der neun ersten
R�ckenwirbel gibt n�mlich dem Pferderumpfe den Vortheil, dass an den
erh�hten Stellen desselben das Nackenband und mehrere Hauptmuskeln.,
welche Kopf und Hals r�ckw�rts befestigen und bewegen, einen erh�hten
Befestigungspunkt finden, vermittelst dessen das Gewicht des Kopfes und
Halses mehr r�ckw�rts gebracht werden kann. Ohne diese Erh�hung des
Widerristes n�mlich w�rde bei der L�nge des Pferdehalses die Last des
Pferdekopfes durch das Nackenband nicht geh�rig unterst�tzt werden
k�nnen, welches ein immerw�hrendes St�rzen des Pferdek�rpers zur Folge
h�tte. Daher findet man auch, dass in dieser wichtigen mechanischen Be-
ziehung die Natur bei den verschiedenen Pferderacen die Gewichtsverthei-
lung zwischen Kopf und Rumpf und ihrer verh�ltnissm�ssigen Unter-
st�tzung auf eine merkw�rdige Weise zu erhalten gesucht hat.
Bei den Racen n�mlich, welche sich durch einen schweren Kopf aus-
zeichnen , ist meistens auch der Hals um so k�rzer, je weniger die
H�he des Widerristes im Stande ist, die Last desselben zur�ckzu-
bringen.
Daher steht bei einigen Racen die H�he des Widerristes in einem
sch�nen harmonischen Verh�ltniss zur L�nge des Halses und zur Schwere
des Kopfes, wie bei der edelsten, orientalischen und den feinen europ�i-
schen Racen, welche sich durch einen leichten, kleinen Kopf, feinen und
l�ngern Hals und hohen Widerrist auszeichnen. Bei andern hingegen steht
die H�he des Widerristes im unvortheilhaftesten Verh�ltniss zum Kopf
und Hals, wie �berhaupt bei den gemeinen Racen, welche mehr oder min-
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der einen dicken, schweren Kopf, kurzen, schweren Hals und niedrigen
Widerrist haben.
Die verschiedenen Formenverh�ltnisse haben nun mannigfaltige
Ueberg�nge in einander.
Kopf und Hals bilden n�mlich zwei einarmige Hebel, das Genick ver-
bindet beide und gibt somit dem Kopfe als Hebel seinen St�tzpunkt; der
Hals findet den Seinigen bei der Verbindung mit dem ersten R�ckenwir-
bel. Nach der Lehre vom Hebel wirkt das relative Gewicht des Hebelar-
mes um so geringer, als der Winkel spitzer wird, den beide Hebelarme
im Unterst�tzungspunkte bilden; denn die Gewichte verringern sich in dem
Maasse, wie die horizontalen Abst�nde der Gewichte k�rzen werden. Der
gr�sseren Deutlichkeit wegen stelle man sich das Pferd unter nebenste-
hender Figur vor, d f sei der ganz ausgestreckte Hals, (welcher sich auch
c
i
\
'
n
m
n
ganz tief herab, wie beim Grasen des Pferdes, gedacht werden kann),
sodann f�llt ein Theil des Gewichtes in f und die ganze Weite d f ausser-
halb der Basis o p; kommt aber dieser Theil des Gewichtes f auf i, wenn
Hals und Kopf in die Richtung von i d gebracht wird, wo dann das Gewicht
von i senkrecht in i n f�llt, so ist die Entfernung um die das Gewicht
ausserhalb der Basis o p liegt, nun n d. Kommt endlich derselbe Theil des
Gewichtes f auf c, wo dann wieder die Schwere desselben in c m f�llt, so
ist die Entfernung des Gewichtes vom Ruhepunkte nur m d, also um m f
k�rzer als zuerst.
Die Gewichte verhalten sich umgekehrt, wie die Entfernungen vom
Unterst�tzungspunkte, also wird das Gewicht vom Hals und Kopf relativ,
leichter in denselben Verh�ltniss als diese Theile auf d zur�ckgerichtet
werden.
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Zu 2)
Das Gewicht des Pferdek�rpers wird nun von vier beweglichen
S�ulen, den vier Gliedmaassen folgendermaassen unterst�tzt und
getragen.
Das Brustst�ck des Pferderumpfes wird als der eigentlich gewich-
tige Theil des Pferdek�rpers unmittelbar von den zwei vorderen Glied-
maassen unterst�tzt; dieselben sind durch die Schulterbl�tter mit diesem
Theile des Rumpfes unmittelbar verbunden.
Diese Verbindung der beiden Schulterbl�tter mit dem Brustst�cke
ist mittelst starker Muskeln und Sehnenh�ute sowohl am Widerriste als
auch den Brustrippen um so fester und gesicherter als sie das Hauptge-
wicht des Pferdek�rpers zu tragen hat. Die vorderen Gliedmaasen haben
also das Gewicht vom Kopf und Hals und das weit gewichtigere Vorder-
st�ck des Mittelleibes zu tragen. Auf ihnen ruht es im Stehen, sie haben
die Aufgabe die durch die Schiebkr�fte der Hinterbeine nach vorw�rts
getriebene Last stets zu st�tzen, und das Pferd vor dem St�rzen zu
bewahren.
Auf den Hintergliedmaassen ruhen hingegen mittelst der Verbin-
dung des Heiligenbeines mit dem Becken, die hintere H�lfte des Mittel-
leibes, das Kreuzst�ck, nebst dem nicht ganz ungewichtigen Schw�nze. Die
Verbindung dez Heiligenbeines mit dem Becken ist durch ein starkes Seh-
nengeflechte gesichert; das Heiligenbein h�ngt zwischen den beiden oberen
Darmbeinforts�tzen des Beckens, wie der Widerrist zwischen den beiden
Schulterblattschaufeln. Der Widerrist und das Kreuz sind daher die bei-
den Lastenpunkte des Pferdek�rpers, welche verbunden durch den R�cken
unmittelbar von den vier F�ssen unterst�tzt werden.
Die besondere S chwerpunkts linie des gewichti-
gen Vordertheils f�llt aber unmittelbar vor dem ersten R�ckenwir-
bel mitten zwischen den beiden Buggelenken herab, so dass sich die bei-
den Buge meistens auf der Schwerpunktslinie befinden, und sich die Ze-
henspitzen der Vorderhufe derselben mehr oder weniger n�hern.
Die besondere Schwerpunktslinie des Hinterthei-
1 e s wird gleich hinter den Lendenwirbelbeinen anzunehmen sein.
Aus dieser Erkl�rung �ber die Gewichtsvertheilung in dem Pferde-
rumpfe geht deutlich hervor, dass sich derselbe selbst auf ebenen Boden
stehend immerw�hrend in einer Neigung nach vorw�rts befindet, und dass
es einer besonderen mechanischen Einrichtung und Kraft bedarf, um die-
ses Uebergewicht des Vordertheiles im Stehen und Gehen ins Gleich-
gewicht mit dem Gewichte des Hintertheiles zu bringen.
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Diese Einrichtung besteht darin, dass wie oben gesagt, durch die
Emporrichtung des Halses und Kopfes das Gewicht dieser Theile nicht
allein f�r sich ver�ndert wird, sondern eine Verlegung des Gewichtes nach
r�ckw�rts im ganzen Pferdek�rper zur Folge hat; der Bau der Hinter-
beine l�sst es zu, dass dieselben durch massiges Zusammendr�cken in
ihren Gelenken dieses Mehrgewicht aufnehmen und tragen k�nnen.
Zu 3)
Um den Begriff Gleichgewicht zu verstehen, ist eine Erkl�rung �ber
Schwerpunkt n�thig.
Unter Schwerpunkt versteht man denjenigen Punkt eines K�rpers, der
eine solche Lage hat, dass wenn er unterst�tzt ist, alle Theile rings-
herum im Gleichgewichte sind. Bei der Unterst�tzung des Schwerpunktes
ist demnach der ganze K�rper unterst�tzt. Er dr�ckt daher auf seinen
Unterst�tzungspunkt so, als ob das ganze Gewicht des K�rpers in ihm
vereinigt w�re.
Eine senkrechte Linie von dem Schwerpunkte auf die Basis des
K�rpers ist dessen Schwerpunktslinie.
Das Gleichgewicht aber bedingt Ruhe und kann daher nur in soweit
auf das Pferd angewendet werden, als man darunter bei ruhiger Stellung
desselben, das Gewicht seines K�rpers auf die vier F�sse gleichm�ssig
vertheilt, versteht.
Unter Gleichgewicht im Gange kann nur gedacht werden
dass dieses Gewicht auf die tragenden Beine abwechselnd so vertheilt
wird, dass dadurch die Bedingungen des Gleichgewichtes nicht aufgeho-
ben werden.
(Einige wollen den Ausdruck Gleichgewicht beim Gehen des Pferdes
�berhaupt nicht gelten lassen und sagen daf�r: Versetzung des
Schwerpunktes. Die Sache aber bleibt dieselbe.)
Die S�ulen nun, welche den Rumpf des Pferdek�rpers st�tzen, und
nicht allein im Stande der Ruhe zu tragen, sondern im Gehen fortzubewe-
gen haben, sind die vier Gliedmaassen. H�tten dieselben nur eine auf
ihnen ruhende sich nicht bewegende Last zu tragen, und nicht selbst als
unmittelbare Werkzeuge zur Fortbewegung zu dienen, so w�rde es wohl
gen�gen, wenn es vier gerade feste S�ulen, Pfeiler w�ren; denn eine senk-
recht gestellte S�ule ist im Zustande der gr�sstm�glichen Tragf�higkeit
und sie verliert von ihrer Festigkeit in demselben Maasse als sie sich von
dieser Richtung entfernt. Es k�nnte daher auf den ersten Anblick erschei- �
nen, als ob die Natur die Festigkeit des Geb�udes vernachl�ssigt habe,,
indem sie der Basis der vier zum Tragen bestimmten S�ulen eine schiefe
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Richtung gab, ausser der �brigens in der ganzen Gliedmaase ersichtlichen
Knochenzusammenstellung unter Winkel.
Aber man erkennt bald die hohe Weisheit in der Bildung derjenigen
Mittel, welchen sie das Verm�gen der Fortbewegung beigegeben hat, weil
diese Kraft ohne H�lfe der Winkel, deren Anzahl und Gr�sse die
Schnelligkeit der Bewegung des K�rpers bestimmen, nicht stattfinden
k�nnte.
Diese unter Winkel angeordnete Znsammenstellung der Knochen-
theile, welche diese S�ulen bilden, beg�nstigt nicht allein die Fortbewe-
gung, sondern sie sch�tzt auch die Eingeweide der Brust und des Unter-
leibes vor Ersch�tterungen, welche dieselben unfehlbar empfinden w�rden,
wenn der Stoss auf die Erde in senkrechter Richtung statt f�nde, unge-
rechnet die harten Prellungen, welche die Gliedmaassen selbst zu erlei-
den h�tten.
Die mehr oder weniger von dieser Linie des Bodens entfernten Win-
kel sind als ebenso viele Federn zu betrachten, welche nicht allein die
Wirkungen des R�ckstosses vermindern, sondern auch einen elastischen
sehnellkr�ftigen Gang �berhaupt erm�glichen.
Man betrachte nur Kinder, die auf Stelzen gehen, und dabei der
Elastizit�t des Fussgelenkes und der Zehen entbehren; oder einen Un-
gl�cklichen, der einen h�lzernen Fuss hat, auch bei sonst ganz gesundem
Knie und Oberschenkel.
Betrachtet man nun die Gliedmaassen n�her, so findet man verschie-
dene Neigungslinien, und zwar:
An den Vordergliedmaassen:
1.  Das Schulterblatt hat in seiner Richtung vom Widerrist zum Buge
eine Neigung gegen den Boden, welche im Durchschnitt 40 bis 48
Grade betr�gt.
2.  Das Querbein hat von seiner Verbindung mit dem Schulterblatt
gegen den Ellbogen eine Neigung nach r�ckw�rts gegen den Boden unter
einem Winkel von 45�55 Grad. Beide Knochen vereinigen sich im Bug-
gelenke unter einem Winkel von 85�95 Grad, also dem rechten Winkel
sich ann�hernd.
Im Gegensatze zu diesen Obergliedern sind die Mittelglie-
der Oberarm, Knie und R�hrbeine in mehr oder minder senkrechter
Richtung gegen den Boden gestellt; aber das Knie besteht aus zwei Reihen
Knochen, welche Bauart wohl geeignet ist, Druck und Gegendruck nicht zu
hart zu empfangen und in gewissem Grade elastisch weiter zu geben.
Die Unterglieder, Fessel, Krone und Huf stehen wieder in einer
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8chiefen Neigung gegen den Boden, welche bei guter Bildung dieser Theile
"tit der Richtung des Schulterblattes parallel l�uft.
Betrachten wir nun die Neigungslinien der verschiedenen Glieder
des Hinterfusses in Verbindung gebracht mit denen des Vorderfusses.
Oberglieder; das Becken ist als zwei r�ckw�rts gestellte nach
Unten zu aber durch die Schambein�ste miteinander vereinigte Schulter-
bl�tter anzusehen.
Das Becken aber hat keine Bewegungsf�higkeit wie die Schulter-
bl�tter, und wenn die Hauptbestimmung der Schulterbl�tter ist, die Last
des Vortheiles nach gewissen mechanischen und statistischen Gesetzen
aif die Vordergliedmaassen zu vertheilen, so hat das Becken dieselbe Be-
sti«imung an den Hinterf�ssen.
Da nun die Last des Vordertheiles, welche auf den Schulterbl�ttern
ru�t, zufolge schon oben angezeigtem Verh�ltnisse allein schon die H�lfte
v°o» Gewichte des Pferdek�rpers ausmacht, und hierzu noch ein betr�cht-
licher Theil vom Gewichte des Mittelst�ckes gerechnet werden muss, so
^Un man mit Grund annehmen, dass nur ein Drittheil der Last des
^erdek�rpers au^ das Becken und die Hinterf�sse falle, w�hrend zwei
^rtttheil desselben auf den Schulterbl�ttern und Vorderf�ssen ruhe. Die
^igungslinien des Schulterblattes und Beckens gegen den ebenen Bo-
ei wiewohl einander entgegengesetzt, bilden einen �hnlichen Winkel
'ou 40_gQO) flass gjgjj aieser Neigungswinkel je nach der mehr schie-
en oder geraden Lage des Schulterblattes und des Beckens etwas
�ndert, liegt auf der Hand.
Denkt man sich die Linien des Schulterblattes und des Beckens
ach oben so weit verl�ngert, bis sie zusammentreffen, so geschieht die-
es auch unter einem Winkel, welcher sich nach der Lage der beiden
n°chentheile bestimmt. Erscheint er mehr oder weniger stumpf so
eweist dieses eine g�nstige Bildung des Schulterblattes und des Be-
bens, wovon wieder die L�nge des R�ckens abh�ngt.
(Siehe oben Bau und Verh�ltnisslehre.)
Bei den Mittelgliedern der Gliedmaasse beobachten wir
fol8endes.
Indem das Querbein des Vorderfusses sich r�ckw�rts richtet und
ar vom Buggelenke aus gegen den Knochen des Oberarmes, hat das
r°<�se Oberschenkel- oder Dickbein des Hinterfusses die Richtung vom Pfan-
n~ oder Hankengelenke nach vorw�rts zum Kniescheiben- oder Lei-'
Qgelenke; beide haben einen Neigungswinkel gegen den ebenen Boden
v°� 40-SO0.
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W�hrend nun die Mittelglieder der Vorderf�sse eine mehr oder
minder senkrechte Richtung gegen den Boden haben, steht die Keule
oder Hose vom Kniescheibengelenke gegen das Sprunggelenk in der
Richtung von vorn nach r�ckw�rts in einem spitzen Winkel von etwa SO0
gegen den ebenen Boden, und mit dem hintern R�hrbein verbunden
durch das Sprunggelenk in einen stumpfen Winkel von etwa 130=13d°
Die Richtung der R�hrbeine aber sowohl der vordem als hintern n�hert
sich mehr oder minder der senkreehten Linie. Doch bemerkt man beim
vorderen R�hrbein in der nat�rlichen freien Stellung eine Neigung seiner
Durchschnittslinie nach r�ckw�rts und beim hintern eine Neigung der-
selben sich nach vorw�rts zu stellen. Dieses hat seinen Grund darin,
dass sich das Vorderbein r�ckw�rts das Sprunggelenk vorw�rts beugt.
Die Unterglieder desHinterfasses bestehen gleichfalls aus Fes-
sel, Krone und Huf; sie sind den vordem ganz �hnlich.
Es erhellet aus dieser Beschreibung, dass sich an den Vorderglied-
maasen zwei Gelenke, das Bug- und Kniegelenk nach r�ckw�rts und ein
dazwischenliegendes, das Ellbogengelenk nach vorw�rts beugen. Bei den
Hintergliedmaassen beugen sich zwei Gelenke, das Pfannen- oder Kugel-
gelenk und das Sprunggelenk nach vorw�rts, und ein dazwischenliegen-
des, das Kniescheibengelenk nach r�ckw�rts, dass sich in der Mitte der Mit-
telgliedmaassen ein Gelenk befindet, n�mlich bei den Vorderf�ssen das
Knie, bei den hintern das Sprunggelenk. Ersteres ist ganz geeignet den
K�rper zu st�tzen, letzteres die Schnellkr�fte der Hinterbeine bedeutend
zu vermehren, wenn losgelassen oder elastisch zu tragen, wenn die Reit-
zwecke es verlangen, dass im Gange das Mehrgewicht auf's Hintertheil
verlegt werde; und endlich dass das Pfannengelenk h�her liegt, als das
Buggelenk, wodurch selbst, wenn das Pferd in der Kruppe und Vorder-
theil gleich hoch ist, der fortschiebende Druck von hinten nach vorn
st�rker aber auch mehr belastend auf das Vordertheil wirkt.
Die Natur verfolgt ihre Zwecke h�chst weise ; sie wollte dem Pferde
besondere Schnelligkeit verleihen, aber auch dem dieses Thier so vielfach
ben�tzenden Menschen es m�glich machen, diese Schnelligkeits�usse-
rungen nach Umst�nden massigen zu k�nnen. Und das Werk ist
gelungen.
Durch Betrachtung eines auf schiefer Ebene stehenden Pferdes wird
manches hier gesagte noch deutlicher werden ; z. B, bei einen auf schie-
fer Fl�che bergab stehenden Pferde (1) ist das Vordertheil niedriger
das Hintertheil h�her gestellt; die Vorderf�sse sind um die senkrechte
Unterst�tzung zu bewerkstelligen vorw�rts gerichtet, die Hinterf�sse, um
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m
e zu sehr auf den Vorderf�ssen liegende Last zu vermindern, zusam-
mengedr�ckt, gebogen und unter den K�rper gestellt. Wenn dieses Pferd
anfangen will zu gehen, muss es zuerst einen Vorderfuss vorsetzen, um
"en bereits gebogenen Hinterfuss zu erm�glichen sich zu strecken, und
s°init seine fortschiebende Kraft zu �ussern.
Aeussert sich diese Krait zu pl�tzlich oder zu stark, ehe das Pferd
^it fand durch Vorsetzen eines Vorderfusses das nach abw�rts dr�ckende
Ond vorw�rts treibende Gewicht zu st�tzen, so muss das Pferd nach den
besetzen des Fallens vorn �berst�rzen.
Hierzu kommt noch, dass eine einmal auf einer schiefen Ebene nach
abw�rts in Bewegung gesetzte Last ihre Bewegung immer mehr beschleu-
nigt, welches deutlicher hervortritt, je gr�sser der Neigungswinkel dieser
Ebene ist.
Da nun dieses hier Gesagte zufolge der fr�her erkl�rten Bauart und
^ewichtsvertheilung im Pferdek�rper auch beim Gehen auf ebener Fl�che
stattfindet, so zieht man hieraus f�r das praktische Reiten manche Schl�sse
"nd zwar:
Wie nothwendig und gut zum Reitgebrauche gute feste Vorderbeine
nebst Schulterfreiheit sind
wie es ein sehr gutes Zeichen, sowohl f�r die Tragf�higkeit der Hin-
terbeine, als der schmerzlosen Unterst�tzung durch die Vorderbeine ist,
*enn ein Pferd ruhig und sicher ohne zu eilen bergab geht, denn durch
"iese in den Naturgesetzen begr�ndete Neigung zur Eile, n�mlich Beschleuni-
gung, der Bewegung wird uie Gefahr des St�rzens immer gr�sser und es dient
"iese Beobachtung ferner zu der Erkl�rung, warum es so schwer ist,
Namentlich in schnellen G�ngen ein gleiches Tempo zu reiten, denn es ist
"ftmer die Neigung vorhanden, dass es schneller wird und endlich in halt-
ten �bereilten Gang ausartet. Aus derselben Ursache f�llt ein Trab
tuendes Pferd sich selbst �berlassen alsbald in Galopp ein u. s. w.
Bei einem auf schiefer Fl�che bergauf stehenden Pferde (II.) stehen
^e Vorderf�sse unter dem Leibe zur�ck, die Hinterf�sse gestreckt hinten
hinaus. Will dieses Pferd anfangen zu gehen, so muss es mit einem
hinterfuss beginnen, denn die von der Schwerpunktslinie des ganzen K�r-
pers zu entfernten Hinterbeine m�ssen erst das nach hinten h�ngende
�bergewicht dieser Direktionslinie n�her bringen, ehe eine Fortbewe-
gung m�glich und eine Unterst�tzung durch Vorsetzen eines Vorderfusses
�*�thig wird. Die Schiebkr�fte der Hinterbeine k�nnen sich mehr entwi-
ckeln, ohne dass das Pferd Gefahr lauft zust�rzen; sie m�ssen sich mehr
anstrengen, um den Gang bergauf �berhaupt zu unterhalten.
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Auch ein auf ebener Grundfl�che gestreckt stehendes Pferd muss erst
die Hinterbeine oder doch wenigstens eins vorsetzen, um die Unterst�tzung
der Schwerpunktslinie des ganzen Pferdek�rpers erst herzustellen. Es
muss daher ein so stehendes Pferd mit einem Hinterfusse anfangen zu
gehen, oder wenn es sehr gestreckt stand, muss es erst mit beiden Hinter-
f�ssen eine ganze Schrittl�nge vortreten, ohne dass sich der ganze K�rper
dadurch in Bewegung setzt, und aus dieser Stellung erst kann die fort-
schiebende Kraft der Hinterbeine f�r die Fortbewegung wirksam ein-
treten.
Der denkende Reiter wird desshalb ein gestreckt stehendes Pferd nie
schnell vom Fleck anreiten wollen, oder wenn es einer un�berlegterweise
doch th�te, so braucht er sich nicht zu wundern, wenn das Pferd den
Gang nicht gleich beginnen kann, oder sich im R�cken wehe thut, nach-
her eine Furcht vor der Einwirkung des Reiters beh�lt u. s. w. u. s. w.
Das Pferd n�tzt einzig und allein durch seine Bewegung, wesshalb
diese die Diensttauglichkeit desselben vorz�glich bedingt.
Drei Hauptursachen nun sind es, welche die Beweglichkeit des Pfer-
des vermitteln.
\. Die Muskeln; sie sind die Werkzeuge der Bewegung. S�mnit-
liche Muskeln, welche der Ortsbewegung dienen, stehen unter dem Gebote
des Willens und k�nnen von den Thieren willk�rlich sowohl in den einzel-
nen Gliedern als auch im Ganzen zu dieser Bewegung veranlasst werden-
Zum Zwecke der Bewegung zieht sich der Muskel zusammen, verk�rzt
sich und ver�ndert hierdurch die Stellung jener Knochen, an welchen er
sich entweder mit seiner Masse oder durch Sehnenh�ute oder Sehnen-
str�nge befestigt.
So wie jene Zusammenziehung aufh�rt, oder so wie ein noch st�rke-
rer gegenwirkender Muskel in Th�tigkeit tritt, erfolgt R�ckkehr des be-
wegten Knochens in die fr�here oder in eine andere Lage, so dass w�h-
rend der Bewegung ein ununterbrochenes Spiel der Muskeln in Zusanv
menziehung und Ausdehnung besteht, welche je l�nger sie unbehindert vor
sich geht, die Ausdauer der Bewegung begr�ndet. Das Gef�ge und die
Gr�sse des Muskels, vortheilhafte Anheftung und Befestigunz desselben
und der die Bewegung bestimmende Wille des Thieres begr�nden die
Kraft der Muskelbewegung; ungetr�bte Ausf�hrung der Bewegung durcb
leichte Beweglichkeit der Gelenke und g�nstige Erfolge derselben i"1
R�ume und in der Zeit begr�nden die Gewandtheit der Bewegung
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so dass Kraft, Gewandtheit und Ausdauer als die vorz�glich-
sten Eigenschaften der Bewegung f�r Diensttauglichkeit des Pferdes
gelten.
(Es wurde hier ganz abgesehen von der Th�tigkeit der Lunge zur
Blutbereitung, des Blutumlaufes etc., um die in der Bewegung verbrauch-
ten Muskelkr�fte schnell und hinl�nglich zu ersetzen, wor�ber weiter unten
das N�here.)
2. Die Knochen; sie erscheinen zun�chst als die bewegten Tb eile;
die Gelenkverbindung der Knochen wird durch die B�nder bedingt.
Die Knochen der Gliedmassen sind theils einarmige, theils doppelar-
mige Hebel, denn sie haben alle irgendwo einen St�tzpunkt, an einem
Punkte wirkt eine Kraft, und an einem biethet die Last den zu �berwin-
denden Widerstand, z. B. das Schulterblatt ist ein doppelarmiger Hebel,
der seinen St�tzpunkt in der Mitte hat, bei eintretender Bewegung dreht
sich die ganze L�nge desselben um diesen Punkt. Das grosse Oberschen-
kel- oder Dickbein am Hintertheil ist ein einarmiger Hebel; derselbe fin-
det seinen St�tzpunkt im Pfannengelenke (Hanken, Kugelgelenk) am andern
Ende wirkt der Druck des der Hose zum Grunde liegenden Knochens als
Kraft und die Last ist eben die Fortbewegung des ganzen K�rpers.
Der Fessel ist ebenfalls ein einarmiger Hebel, der seinen St�tz-
punkt unmittelbar im Kronengelenke und mittelbar in Verbindung mit
dem Hufe am Boden hat. Das obere Ende wird beim Gehen durch die
ihm w�hrend des Aufhebens des nebenstehenden Fusses zugewiesene
gr�ssere Belastung hinabgedr�ckt; die Elastizit�t der Strecksehnen ebenso
sehr als das �ebertragen der gr�ssern Last auf den nebenstehenden an-
dern Fuss bebt dieses Ende wieder empor, worauf dann die Beuger ihr
Gesch�ft beginnen.
Je l�nger ein Hebel, d. h. je weiter die Kraft vom St�tzpunkte ent-
fernt ist, desto mehr gewinnt die Hebelkraft bekanntlich, also ist f�r freie,
schnelle Bewegung eine lange Schulter, ein langes Dickbein und lange
Fesseln g�nstiger, als wenn alle diese Theile eine gewisse L�nge im Ver-
h�ltniss zum ganzen K�rper nicht erreichen (Lange oder schwache
Fesseln weiss der Kenner zu unterscheiden; siehe oben).
Der Kopf und der Hals bilden jeder f�r sich einen einarmigen Hebel;
sie sind durch das Genick mit einander verbunden und stehen schief ge-
geneinander. Der hierdurch gebildete Winkel ist sehr verschieden und �n-
dert sich je nachdem durch Einwirkung des Reiters der Kopf mehr oder
weniger herbeigestellt, der Hals aufgerichtet wird. Dass auch die Wirkung
dieser Hebel sowohl in unmittelbarer Beziehung zu einander als auf
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den ganzen K�rper nebst der ihnen gegebenen Richtung, Stellung, sehr
von ihrer L�nge abh�ngt, ist klar.
Wie schon oben erw�hnt wurde, kann das relative Gewicht dieser
beiden Theile, je nach der Richtung, die der Hals annimmt, oder welche
ihm durch den Reiter gegeben wird, ver�ndert werden. Aber auch auf die
Haltung des ganzen Pferdek�rpers im Gange verbreitet sich die Einwir-
kung der Stellung von Hals und Kopf, indem durch das Auf- und Zur�ck-
richten der untere Theil des Halses als Hebel gegen die R�ckenwirbels�ule
dr�ckt, dieselbe theilt diese Wirkung dem Becken mit, am Becken aber
ist mittelst des Pfannengelenkes das grosse Oberschenkelbein verbunden.
Dauert der von vorn kommende Druck sich vermehrend fort, so wird der
obere Theil des grossen Oberschenkelbeines hinabgedr�ckt, der Winkel,
unter welchem sich das untere Ende mit der Hose verbindet, wird spitzer,
im Sprunggelenke entsteht die Wirkung, dass der stumpfe Winkel weniger
stumpf wird, das Schienbein nimmt eine mehr schiefe Richtung nach vor-
w�rts an, der Fessel wird in seinem obern Ende mehr hinabgedr�ckt:
kurz alle Winkel in den Hintergliedmassen werden zusammengedr�ckt.
Diese Wirkung entsteht, wenn der Reiter den Gang abk�rzt, das Pferd
versammelt, um zur Erlangung des Gleichgewichtes im Gange die Trag-
kr�fte der Hinterbeine mehr zu �ben und ihrer �berhaupt Herr zu wer-
den. Wird der von vorn kommende Druck noch mehr vermehrt, so nimmt
das Pferd das von Natur auf dem Vordertheil liegende Mehrgewicht f�r
einige Momente auf das Hintertheil, es geht zur�ck oder erhebt das Vor-
dertheil von der Erde mit immer mehr Zusammendr�cken der Winkel in
den Hintergliedmassen. Das gut und ruhig zur�cktretende oder das auf
der Stelle eine trabm�ssige Bewegung aus�bende Pferd in der vollkom-
mensten Aus�bung Piaffiren genannt, zeigt diese Wirkung am deut-
lichsten.
L�sst nun dieser von vorn kommende Druck wieder nach, so werden
die zusammengedr�ckten Federn in den Hintergliedmassen nach und nach
oder pl�tzlich, je nach der Einwirkung des Reiters oder nach dem eige-
nen Willen des sich selbst �berlassenen Pferdes ihre Schieb- und Schnell-
kraft �ussern; im ersten Falle geht das Pferd wieder vorw�rts und zwar
wahrscheinlich im Schritt oder Trabb; im letzteren galoppirt oder springt
es vorw�rts.
Aus dieser Erkl�rung geht hervor, wie sich die Haltung des Pferde-
k�rpers beim Reiten im Uebergewicht nach vorn oder hinten oder beim
Beiten mit Gleichgewichtsrichtung ver�ndert.
Ferner in wie weit die Theorie richtig ist, dass bei einem gut in die
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Hand gestellten gut gez�umten Reitpferde das Gebiss der Stange in glei-
cher H�he mit der H�fte des Pferdes sich befinden solle; so wie dass diese
Theorie je nach der L�nge des Kopfes und Halses sich modificiren m�sse
und daher nicht immer buchst�blich zu nehmen sei. Endlich, dass es einen
g�nstig gebauten Pferdek�rper voraussetzen l�sst, wenn diese Theorie
ohne viele Schwierigkeit zu erreichen ist.
Die Vordergliedmassen �ben ebenfalls einen Grad von Schnellkraft
aus; derselbe �ussert sich aber nicht vorw�rts treibend oder werfend, son-
dern elastisch st�tzend und emporschnellend.
Man sieht, dass sich der Rumpf als die Hauptmasse des thierischen
K�rpers vermittelst der an ihm befestigten Muskeln und Hebel vor- und
r�ckw�rts bewegt. Die Oberglieder der Gliedmassen sind sein unmittel-
bares, die Mittel- und Unterglieder sein mittelbares Hebelzeug
Die Oberglieder der Gliedmassen, welche durch Muskeln des Rum-
pfes in Bewegung gesetzt werden, und durch eigene Rumpfmuskeln mit
ihnen verbunden sind, lassen sich ihrer Bewegf�higkeit nach nicht von
demselben trennen. Das Mittelst�ck des Rumpfes aber, der Mittelleib, ist
der Mittelpunkt der fortschreitenden Bewegung, so wie der Schwer-
punktslinie.
Bildet nun die R�ckenwirbels�ule die unmittelbare feste Grundlage
der Verbindung zwischen Vorder- und Hintertheil, so befestigen sich auch
daselbst grosse, starke Muskeln , welche zur Bewegung der Gliedmassen
das Ihrige beitragen, woraus erhellet, welch wichtiger Theil der R�cken in
dieser Beziehung ist, abgesehen davon, dass er von der Last des Reiters
unmittelbar betroffen wird;
ferner, dass sich der Pferdekenner zur Beurtheilung der Bewegf�hig-
keit des Pferdes nicht blos mit der Betrachtung der Un-
terglieder und ihrer Fehlerlosigkeit begn�gt.
Zu 3).
Der Widerstand des Bodens oder Wassers, ohne welchen keine fort-
schreitende Bewegung des Pferdek�rpers stattfinden k�nnte. Der Mecha-
nismus des Ganges ist auf diesen Widerstand berechnet; denn das eigene
Gewicht des Pferderumpfes, vermehrt durch die Last und die Einwirkung
des Reiters �berhaupt, kann die unter Winkel zusammengestellten Kno-
chen der Gliedmassen nur unter der Bedingung zusammendr�cken, dass
das Ende dieser Gliedmassen einen festen Widerstand findet. Die den
Gliedmassen durch ihre lebendige Beschaffenheit innewohnende Schnell-
kraft wirkt unter der Bedingung, dass dieser Widerstand vorhanden ist, der
Last entgegen und so entsteht durch diese Aktion und Reaktion der Gang.
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Abgesehen von der Dr�hnung in den Hufen und Gelenken m�sste ein
Pferd auf einem ganz ebenen harten Boden am leichtesten gehen; denn
l�sst der Boden ein Einsinken z. B. im tiefen Sande zu, so erm�det das
Pferd bald.
Im tiefen, nassen Boden, ungerechnet dessen, dass solcher Boden
sich klebend um Hufe und Fesseln anlegt, tritt dies noch mehr hervor,
denn es liegt eben in dem Mangel an festem Widerstand, dass das Pferd
seine in den Gliedmassen enthaltenen Federkr�fte nicht oder nur sehr
m�hsam aus�ben kann.
Ein elastischer Kasenboden vereinigt die meiste Eigenschaft, um so-
wohl den geh�rigen Widerstand zu leisten, als auch den Hufen, Sehnen
und Gelenken keine zu harten Prellungen zu geben.
Es ist hieraus klar, welchen Einfluss die Beschaffenheit des Bodens
auf die Ausdauer des Pferdes im Gange haben muss.
Das Schwimmen verrichtet das Pferd in einer trabb�hnlichen Bewe-
gung seiner F�sse, d. h. es bewegt die beiden diagonal gegen�berstehen-
den F�sse zugleich.
Hie und da m�gen wohl junge, unerfahrene Pferde Sch�sse und
Spr�nge nach vorw�rts im Wasser machen, allein der Widerstand des
Wassers lehrt sie bald dergleichen unterlassen und in einer ruhigen Trab-
bewegung , wobei das Pferd wegen gleichm�ssig abwechselnder Anstren-
gung der Gliedmassen l�nger auszudauern vermag, ihr Heil suchen. Dass
der auf dem schwimmenden Pferde sitzende Reiter diese Bewegung nicht
so f�hlt, als beim Reiten auf der Erde, liegt eben darin, dass der untere
Theil der Gliedmassen einen so festen Widerstand, als ihn die Erde bie-
thet, nicht findet, und dass die W�lbung des K�rpers eigentlich der Theil
ist, mit welchem die Last im Wasser getragen wird.
Das eigentliche Gangwesen des Pferdes oder die fortschreitende Be-
wegung desselben auf dem Boden, besteht in der abwechselnden Fort-
schiebung und Unterst�tzung seines K�rpergewichtes. In dieser Beziehung
lassen sich die Wirkungen seiner dabei th�tigen Bewegungsorgane in Fort-
w�lzungs- und Gleichgewichtsstrebungen eintheilen.
Beiderlei Bewegungen wechseln mit mehr oder minderer Schnellig-
keit in gewissen abgemessenen Zeitr�umen mit einander ab, von der lang-
samem Gangart des Schrittes an zur th�tigeren der Trabbewegung bis zur
schnellen Galopp- und Rennbewegung in abgemessenen S�tzen oder
Spr�ngen.
Die verschiedenen Gangarten des Pferdes gehen aus der Zeitfolge, in
welcher seine Gliedmassen das K�rpergewicht wechselsweise unterst�tzen
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und es mittelbar wieder forttreiben, hervor, sowie aus der Ordnung, in
welcher es die F�sse aufhebt und vorsetzt.
Man nennt den Gang rein, wenn sich die F�sse des Pferdes in der
f�r jede Gangart von der Natur bestimmten Reihenfolge in gleichen Zeit-
r�umen und gleichem �aumgreifen fortbewegen.
Frei nennt man den Gang, wenn sich das Pferd in allen seinen Ge-
lenken entbunden, ohne sich irgendwo, z. B. im Halse, im R�cken, in den
Ganaschengelenken oder in irgend einem Gelenke der Gliedmassen zu
steifen, zwanglos fortbewegt.
Findet die Schnelligkeit dieser Fortbewegung derart statt, dass
sie so lange andauert, als es der Wille des Reiters beabsichtigt, so ent-
steht daraus das gleiche Tempo und dieses ist die Folge der richtigen Ein-
wirkung des Reiters; die Erzielung desselben bildet die Grundlage aller
Dressur und gibt dem Pferde Ausdauer.
Gangarten im Besondem.
Ich komme nun zur Beschreibung der Gangarten im Besondern; die-
selben heissen Schritt, Trab und Galopp; der Rennlauf, die Carriere ist
der h�chst m�glichste Schnelligkeitsgrad des Galopps.
Eine allgemein g�ltige Regel f�r alle Gangarten ist, dass immer die
beiden diagonal gegen�berstehenden F�sse entweder zugleich oder alsbald
auf einander folgend den K�rper st�tzen, d. h. das Mehrgewicht aufneh-
men, indem die andern beiden die Fortschaffung besorgen.
Die Belastung der beiden diagonal gegen�berstehenden F�sse kann man
sich auf folgende Weise sogleich sehr verdeutlichen. Man denke sich den
Fall, wo man z. B. den linken Hinterfuss angreifen will, um sich von ir-
gend etwas z. B. Gallen, oder der Reinlichkeit in der K�the etc. zu �berzeu-
gen. Das Pferd aber vielleicht etwas kitzlich oder unvertraut hebt den Fuss
immer auf, um auch gelegentlich damit zu schlagen. Um nun dieses dem
Pferde zu erschweren, fast unm�glich zu machen, l�sst man einen Vor-
derfuss aufheben, aber welchen in diesem Falle? Jedenfalls den linken,
Das Pferd stellt sich alsdann sogleich fest auf den linken Hinterfuss.
weil es die Schwere zwischen rechten Vorder- und linken Hinter-
fuss als den diagonalen vorherrschend vertheilen muss.
Beim regelm�ssigen Schritt nun, den ein auf ebener Fl�che stehen-
des Pferd beginnt, werden die F�sse einer nach dem andern kreuzweise
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vorgesetzt, d. h. f�ngt der rechte Vorderfuss die Bewegung an, so wird im
selben Momente dem nebenstehenden linken Vorder- und dem diesem dia-
gonal gegen�berstehenden rechten Hinterfusse mehr Last zugewiesen.
Desshalb folgt dem rechten Vorderfuss zun�chst der linke Hinterfuss, in-
dem er vortritt. Hierauf erhebt sich der linke Vorderfuss, dadurch neigt
sich der rechte zur�ck gegen die Schwerpunktslinie des K�rpers, der linke
Hinterfuss bereits vorgesetzt unter den K�rper �bernimmt nun zugleich
mit dem diagonal gegen�berstehenden rechten Vorderfuss, die Unter-
st�tzung des K�rpers und endlich tritt auch der rechte Hinterfuss vor.
Auf diese Weise nun wird der Gang fortgesetzt, und es entstehen die
vier Hufschl�ge, die man bei einem im Schritte auf hartem Boden, Pflaster
gehenden Pferde durch das Geh�r wahrnimmt.
Beginnt das Pferd mit einem Hinterfuss z.B. dem rechten die
Gangart Schritt, so tritt dieser vor und unter den K�rper; er �bernimmt
somit mehr Last und zufolge der Grundregel, dass immer die beiden dia-
gonal gegen�berstehenden F�sse den K�rper st�tzen, wird zugleich der
linke Vorderfuss mehr belastet, es muss also der nunmehr erleichterte
rechte Vorderfuss zun�chst gehen, darauf tritt der linke Hinter-, endlich
der linke Vorderfuss vor.
Steht ein Pferd vor Beginn des Schrittes mit einem Vorderfusse mehr
zur�ck als mit dem andern, so f�ngt das Pferd mit diesem an zu gehen,
denn durch die bereits mehr darauf ruhende Last ist der Fessel mit sei-
nem oberen Ende etwas hinabgedr�ckt, kann also augenblicklich die zur
Bewegung n�thige Schnellkraft aus�ben, und der weiter vorstehendeist
ganz in der Verfassung die sich vorw�rts bewegende Last gleich beim Be-
ginn der Bewegung zu st�tzen.
Steht ein Hinterfuss mehr zur�ck, so beginnt dieser die Bewegung,
denn der bereits vorw�rts unter dem Leib stehende Hinterfuss ist ganz
vorbereitet, die Last, welche der bereits gestreckte andere Hinterfuss vor-
w�rts schiebt, aufzunehmen.
Soll das Pferd zur�ckgehen, und es steht vor Beginn der Bewegung
ein Hinterfuss weiter vor, so wird dieser zuerst zur�ck bewegt.
Beim guten, reinen Schritt muss ein Fuss so weit vortreten als der
andere und wenn das Pferd in nat�rlicher guter Haltung geht, erreichen
die Hinterfusse die Tritte der vordem. Man nennt dieses eine gute
Folge haben.
Ein munteres, gehlustiges Temperament veranlasst das Pferd, die
Hufschl�ge weder �bereilt noch schleppend auf einander folgen zu lassen.
Die Vorderfusse werden dabei in massiger Entfernung von der Erde er-
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hoben mit etwas gebogenem Knie geh�rig weit vorgesetzt, und beim Auf-
treten am Boden wird die Zehe des Hufes denselben etwas zuerst ber�h-
ren, ohne jedoch gegen denselben zu stossen oder in denselben zu bohren.
R�cken und Kruppe m�ssen dabei ruhig gehalten werden. Von vorn
oder hinten gesehen, muss das Pferd jeden Fuss gerade vorsetzen, so
dass die Hinterf�sse von den vordem, die vordem von den hintern ge-
deckt werden.
Geschieht das Niedersetzen der F�sse mit elastischem Fessel, so
muss das Aufheben derselben ebenso mit Leichtigkeit geschehen, was man
nennt: Leicht vom Boden los werden.
Auf das Aushalten jeden Fusses zwischen dem Erheben und Vor-
setzen ist ein besonderes Augenmerk zu richten; denn ein Pferd, das auf
den Beinen angegriffen ist, Schmerz in den Hufen empfindet, im Kreuz
und R�cken schwach ist, trachtet immer sich von der Last, welche auf
einem Fusse ruht, w�hrend dem der andere sich erhebt und vorsetzt, so-
bald als m�glich zu befreien. Dadurch entstehen kurze, �bereilte Schritte,
die das Pferd bei Gelegenheit zum Stolpern veranlassen. Man muss also
die drei Momente Aufheben des Fusses, Schweben und Vorsetzen,
dann Niedersetzen und St�tzen des vorgeschobenen K�rpers genau
von einander unterscheiden zu k�nnen.
Findet der hier beschriebene Schritt in allen seinen Eigenschaften
auch unter der Last des Reiters statt, so kann man von der G�te dessel-
ben um so mehr �berzeugt sein. Denn manches Pferd, das ohne Reiter
einen ganz sch�nen, freien Schritt geht, �ndert denselben unter der Last
des Reiters sehr unvortheilhaft. Ist ein solches Pferd noch jung, noch
nicht abgerichtet, so kann man bei �brigens guter Beschaffenheit des
Pferdes hoffen, dass mit vollendetem Wachsthum und dem Einfluss der
Dressur sich der Schritt bessert; ist es aber ein bereits ausgewachsenes,
abgerichtetes Pferd, so ist es eben ein Mangel, der den Werth des Pfer-
des mehr oder weniger ver�ndert.
F�ngt der Reiter an, sein Pferd zu arbeiten, um durch vermehrte
Uebung der Tragkr�fte des Hintertheiles demselben mehr Biegsamkeit zu
geben, so werden dadurch die Tritte abgek�rzter und das Pferd hat
scheinbar keine guteFolge.
Ein wirklich gutes Pferd geht aber gleich, sobald der Reiter dem
Pferde Z�gelfreiheit l�sst, einen nat�rlich, ruhigen, freien Schritt mit re-
gelm�ssiger Folge fort.
Manches Pferd, das allein, auch unter dem Reiter einen recht guten,
ruhigen Schritt geht, nimmt in Gesellschaft mit andern Pferden geritten,
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einen mit trabb�hnlicher Bewegung ausgef�hrten, kurz abtretenden Gang
an. Ein solcher Zappler erm�det sich und den Reiter unn�thiger Weise
und ist daher jedem Oavalleristen wegen den M�rschen und dem Exerci-
ren in Reih und Glied sehr verhasst.
Manches von Natur ganz gute Pferd nimmt durch solche, allzuzwang-
volle Einwirkung des Reiters, schlechte Z�umung etc. einen mangelhaften,
unregelm�ssigen Schritt an, der sich jedoch auch durch zweckm�ssiges
Reiten wieder verbessern l�sst. Ich meine den sogenannten Antritt.
Derselbe besteht darin, dass das Pferd mit einem Vorder- oder Hinter fuss
einen k�rzern Tritt macht, als mit seinem Nachbar. Er zeigt sich �fter
hinten als vorn.
Es ist kein wirkliches Lahmgehen, denn wenn das Pferd in dem
Fusse Schmerzen empf�nde, so w�rde sich dieses beim Trabb um so mehr zei-
gen ; aber wenn nun ein solches Pferd im Trabb ganz rein und regelm�ssig
ohne die geringste Schmerzens�usserung geht, im Galopp gute Haltung
zeigt, auf beiden H�nden gleichm�ssig gern galoppirt, so ist dieses eine
ganz eigenth�mliche Erscheinung, die mir �fter vorgekommen ist. Auch kann
dieser fehlerhafte Schritt wieder verbessert werden, wenn der Reiter durch
l�ngere Zeit dem Pferde gestattet mit v�lliger Z�gelfreiheit seinen nat�r-
lichen Schritt fortzugehen. Auch ist es f�r dergleichen F�lle �fter gut, ein
solches Pferd durch l�ngere Zeit gar nicht zu reiten, vielleicht gar selbst
im leichten Zuge arbeiten zu lassen, um die unangenehme Einwirkung, die
es zu diesem Gange veranlasste, wieder zu vergessen.
Beim Gehen auf unebenem Boden darf ein gutes Pferd nicht gleich
aus der Haltung kommen. Es ist nicht allein von selbst auf seinen Weg
aufmerksam, sondern es hat auch Kraft und Haltung, um �ber geringe Er-
habenheiten wegzuschreiten, im Wege liegenden Steinen auszuweichen und
wegen kleinen Vertiefungen nicht gleich auf einem oder dem andern Fusse
einzuknicken.
Beim Bergabgehen auf l�ngern Strecken darf ein gutes Pferd nicht
anfangen zu eilen, sondern es h�lt sich im Gegentheil etwas auf, es nimmt
seine Last etwas mehr auf das Hintertheil, um dadurch Zeit und Geschick
zu gewinnen, die Vorderf�sse mit Ruhe und Sicherheit zur Unterst�tzung
der Last vorsetzen zu k�nnen.
Hat ein Pferd nicht soviel Kraft im Kreuz und R�cken, um gerne
und mit Leichtigkeit dieses eben erw�hnte Aufnehmen der Last auszuf�h-
ren , oder ist es nicht kr�ftig und fest auf den Vorderbeinen, vielleicht
etwas empfindlich in den Hufen, so f�ngt es beim Bergabgehen an zu eilen,
indem es ihm sehr unangenehm ist, die Last l�ngere Zeit auf dem Hinter-
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theile oder einem Vorderfuss ruhen zu lassen. Unterst�tzt es der Reiter
dann nicht durch F�hlenlassen der Z�gel, ist er vielleicht zu unaufmerk-
sam dieses zu thun, so eilt das Pferd immer mehr (siehe oben), stolpert
�ber jeden kleinen Stein oder geringe Erh�hung und f�llt auch gelegent-
lich auf die Knie. Dass ein solches Pferd zum Reitdienst sehr an Werth
und der Reiter an Annehmlichkeit und Sicherheit sehr verliert, ist wohl
einleuchtend.
Ein jeder einigermassen erfahrener Kutscher oder Fuhrmann weiss
es sehr an seinen Wagenpferden zu sch�tzen, wenn sie beim Bergabfahren
ruhig aufhalten. Ein jeder thut wohl, bei Beurtheilung des Pferdes hierauf
die geb�hrende R�cksicht zu nehmen.
Auch bergauf geht ein gutes, kraftvolles Pferd mit Ruhe, ohne dabei
sichtbar m�hevolle Anstrengung zu zeigen. Das Eilen sowohl beim Bergab-
ais Bergaufgehen beruht immer in dem Bestreben von der unangenehmen
Anstrengung alsbald loszukommen, indem jeder Schw�che Ausdauer man-
gelt und durch die momentane zu grosse Aufregung alsbald Abspannung
erfolgt. Diese �ngstliche Eile bringt das Pferd um so mehr ausser Athem,
als es beim Bergaufgehen ohne dies schon geschieht, wodurch die Kraft
der Muskeln und also die ganze bewegende Kraft um so leichter abnimmt.
Bei "Wagenpferden, namentlich f�r schweren Zug ist ruhiges Ziehen
beim Bergaufgehen eine �usserst sch�tzenswerthe Eigenschaft. Es gibt
Pferde, die nur dann bergauf ziehen, wenn sie in einem eiligen Trab die
Anh�he hinaufgehen d�rfen; werden sie zum Schrittgehen verhalten, so
bleiben sie stehen und verweigern dann das Ziehen, welches auch dann
h�ufig eintritt, wenn die Ansteigung etwas lange dauert. Mit solchen Pfer-
den ist es dann unm�glich am Berge einmal stehen zu bleiben, um die
Pferde zu Athem kommen zu lassen.
Anmerkung. Es liegt hier die Frage sehr nahe, wie steil ein Pferd
�berhaupt bergab- oder auf gehen k�nne ?
Die Taktik hat ihre bestimmten Theorien, in wie weit Bewegungen
der Cavallerie auf unebenem Boden ausf�hrbar, gehemmt oder ganz un-
m�glich sind.
Nach der Gradation werden die Abh�nge von 0-rl5° als Lehne, von
25�30° als Hang, von 30�45° als steiler Hang, von 45�60° als Ab-
sturz und von 60�90° als Wand bezeichnet.
Eine Neigung von 5° erlaubt das Man�vriren aller Waffen; die Rei-
terei kann ihre Attaque mit Erfolg ausf�hren.
Eine Neigung von 10° erlaubt der Reiterei das geschlossene Mar-
schieren nach aufw�rts; nach abw�rts nur mit Beschwerlichkeiten. Dieses
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beruht darauf, dass das Pferd �berhaupt leichter bergauf als bergab geht.
Es ist dieses durch die nat�rliche Gewichtsvertheilung im Pferdek�rper
und die Einrichtung der Hinterbeine bedingt. Gesch�tz und Fuhrwerk
kommen noch ohne Anstand fort.
Ein Hang von 15° erlaubt der Beiterei nur eine Bewegung mit An-
strengung ; jedoch sind Angriffe noch m�glich. Das Gesch�tz wird nur mit
Anstrengung aufw�rts gebracht. Ein Hang von 20° sichert ziemlich gegen
Reiterangriffe.
Dass der einzelne Reiter oder das an der Hand gef�hrte Pferd auch
viel steiler klettern k�nne, beweist die t�gliche Erfahrung. Die M�glich-
keit der Ausf�hrung wird stets sehr dadurch beeinfiusst werden, ob Pferd
und Reiter darin bereits Vor�bung haben, wie lang andauernd der Hang
ist, und was er f�r Boden hat.
Ein l�nger andauernder ziemlich steiler Hang wird immer in Schlan-
genlinien ab oder auf erklettert werden m�ssen, namentlich wenn der Bo-
den etwas locker ist. Ein steiler Hang, der nicht zu lang andauernd ist,
mit hartem oder gar glattem Boden muss immer in gerader Linie erklet-
tert werden.
(Gewiss auch ist, dass der im Klettern zu Pferd Unge�bte kaum weiss,
wie geschickt Pferde im Klettern sein k�nnen. Es bedarf eben alles der
Hebung.)
Die Abweichungen von der regelm�ssigen Bewegung im Schritt sind
nun folgende:
Bewegt das Pferd die Vorderf�sse nicht gerade vorw�rts, sondern so,
dass der Unterfuss vom Knie abw�rts hoch gehoben und nach ausw�rts ge-
worfen wird, so nennt man dieses Fuchteln, B�geln, Aus werfen,
Schaufeln.
Die Art Bewegung wird am leichtesten erkannt, indem man ein Pferd
gerade auf sich zu oder von sich weg gehen l�sst. Da diese Art zu gehen
weder r�umlich noch sch�n ist, auch das Pferd unn�thigerweise erm�det,
so wird sie mit Recht fehlerhaft genannt.
In �lterer Zeit wurde diese Bewegung besonders bei Kutschpferden
sehr gesch�tzt und gesucht. Heutzutage w�nscht man an jedem guten
Pferde zu was immer f�r einen Gebrauchszweck R�umlichkeit des Ganges,
wozu ein geradesVorsetzen des Fusses wesentlich nothwendig ist.
Findet die Fusssetzung so statt, dass die F�sse �bereinander vorge-
setzt werden, so dass man die Fusstritte fast in einer Linie hintereinander
gewahrt, so heisst dieses Kreuzen. Diese Bewegung kann im Gange so-
wohl mit den hintern als vordem F�ssen stattfinden , und gibt Anlass zum
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Streifen, Anstossen und Stolpern; die Sicherheit des Ganges wird dadurch
wesentlich beeintr�chtigt.
Der Gegensatz vom Kreuzen ist das sogenannte Schwimmen, wo-
bei das Pferd die F�sse wenig erhebt und vor dem Niedersetzen eine Be-
wegung nach ausw�rts macht, woran das ganze Bein von oben an Theil
nimmt. Die Huftritte kommen dadurch weiter auseinander als wenn das
Pferd regelm�ssig gerade vortr�te. Dieser Gang findet sich �fter bei Pfer-
den mit bodenweiter Stellung oder wo die Hinterbeine vom Sprunggelenke
abw�rts nach ausw�rts gerichtet sind. Er ist gew�hnlich unbequem f�r
den Reiter und beeintr�chtigt auch die R�umlichkeit.
Die drei jetzt genannten Abweichungen vom regelm�ssigen Gang er-
kennt man am besten, indem man das Pferd ganz gerade und ruhig auf
sich zu oder von sich weggehen l�sst.
Von der Seite gesehen, werden nun noch andere fehlerhafte Bewe-
gungen in das Auge fallen, und zwar:
Zu hoch, erhaben ist der Gang, wenn die Vorderf�sse mehr als
U�thig ist, erhoben, dabei im Knie und Fessel stark gebogen werden, und
dabei so wenig vorgreifen, dass sie fast auf derselben Stelle wieder nieder-
treten. Geschieht dieses mit einem unn�thigen Aufwand von Anstrengung
gewissermassen trampend gegen den Boden, so nennt man das einen Pau-
ker oder Trommler.
Manche Pferde, besonders solche, die vorn ausw�rts stehen, pflegen,
bevor sie den Fuss wieder vom Boden erheben, den Huf auf der Erde
loch zu drehen, wodurch nicht allein eine unn�thige Anstrengung der
Gelenke verursacht, sondern auch das Hufeisen aus seiner Befestigung
gebracht werden muss.
Das Tappen ist eine Bewegung der Hinterbeine, wobei diesel-
ben nur im Sprung- und nicht zugleich im Kniescheibengelenke mehr
als n�thig gehoben und bei einiger Anstrengung mit den Fersen etwas
zuerst niedergesetzt werden. Zuweilen findet diese Bewegung auch nur
�Hit einem Hinterfusse statt; sie �ussert wenig Schiebkraft von hinten
und ist daher nicht gew�nscht.
Niedrig, schleppend nennt man den Gang, wenn die F�sse
allzuwenig von der Erde erhoben, vielleicht mit der Zehe �ber die
Erde schl�rfend, wenig kr�ftig vorgesetzt werden.
Der gedehnte Gang ist, bei welchem die Hinterfusse �ber-
m�ssig stark nach r�ckw�rts gestreckt und schleppend nach vorw�rts -
bewegt werden; dabei zeigt sich eine m�hsame Bewegung des R�ckens und
des Kreuzes wenig nachschiebende Kraft versprechend, daher sehr fehlerhaft.
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Andere Pferde treten wieder, ihrer nat�rlichen Neigung ganz sich
selbst �berlassen, mit den Hinterf�ssen �ber die Fusstapfen der vor-
dem hinaus; dadurch erreichen die Hinterh�fe die vordem, ehe diese
sich zum Vorschreiten aufheben konnten, wodurch dann der Fehler des
Einhauens in die Eisen entsteht.
Der zu kurze, gebundene Gang ist derjenige, wo das Pferd
mit den Vorderf�ssen weder geh�rig vorgreift, noch mit den hintern
weit genug nachtritt.
Wenn auch die Erfahrung zeigt, dass Pferde mit Abweichungen
von der regelm�ssigen Stellung Ausdauer im Gange haben k�nnen,
so wird man doch immer finden, dass dem unregelm�ssigen Gange Feh-
ler im Bau der Gliedmassen oder des ganzen K�rpers zum Grunde
liegen: z. B.
Mit bodenweit, Zehentreter, R�ckbiegigkeit, Fassbeinigkeit, allzubreit
in der Brust � ist fast nie ein freier Gang der Vorderbeine ver-
bunden.
Bei Vorbiegigkeit, Kniebohrer in nicht zu hohem Grade, etwas
ausw�rts gestellt, wenn damit ein enges Anschliessen des Ellbogens an
die Rippen nicht verbunden ist, zeigt sich �fter, dass der freie Gang
dadurch nicht gehindert ist.
S�belbeinig und stark kuhf�ssig, schmal in den H�ften zeigt h�chst
selten ein kr�ftiges, gut nachschiebendes Hintertheil.
Zu kurze Pferde, n�mlich wo H�he und L�nge in einem guten
Verh�ltnisse nicht steht (siehe oben) verfallen leicht in den Fehler des
Einhauens, wenn nicht eine sehr freie Schulterbewegung' vorhanden ist-
F�r die Anwendung im praktischen Leben l�sst sich hieraus der
Schluss ziehen, dass Abweichungen von der regelm�ssigen Stellung oder
ein korrekter Gang unter Umst�nden den Werth eines Pferdes sehr
vermindern k�nnen, dass aber auch der Fehler als kaum vorhanden be-
trachtet werden kann, wenn das Pferd einen Dienst verrichten soll>
den es mit diesen Unregelm�ssigkeiten vollst�ndig gut thun kann.
Der Pass ist hierzulande nicht beliebt, und wird zu den fehler-
haften Gangarten gerechnet; bei den Orientalen wird er sehr gesch�tzt
und die Pferde eigens darauf einge�bt.
Er besteht in einer eigenth�mlichen Art von Fortbewegung, wobei
zwei F�sse einer Seite vorgesetzt werden, und mit denen der andere»
Seite abwechseln.
Die F�sse werden dabei wenig erhoben, das Gef�hl f�r den Reiter
ist als ob das Pferd von einer zur anderen Seite wanke.
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Pferde, welche den Pass von Natur gern und leicht gehen, k�nnen
darin auch sehr ausdauernd sein, und tragen den Reiter in bequemer
Weise recht weit.
Der Trabb. Man nennt denselben gew�hnlich die verdoppelte
Geschwindigkeit des Schrittes; dieses will sagen, dass, wenn das Pferd im
Schritt einen Fuss nach dem anderen kreuzweise in Bewegung setzt, so
findet im Trabb das Aufheben, Vorgreifen und Aushalten dann Niederset-
zen der beiden F�sse �bers Kreuz zu gleicher Zeit statt, so dass man von
den vier F�ssen nur zwei Hufschl�ge h�rt.
Dieser Gang ist gut und vollkommen zu nennen,
wenn er in reinem Takt erfolgt, d. h. dass die zwei Hufschl�ge immer
in gleichen Zeitr�umen aufeinander h�rbar sind;
wenn er entschlossen, raumgreifend und mit elastischer Leichtigkeit
von Statten geht; die beiden Diagonal gegen�berstehenden Beine m�ssen
dabei zugleich und hinl�nglich vom Boden erhoben werden, vorgreifen und
niedergesetzt werden, so dass, die drei Momente des Ganges B e u g e n
nndAufheben, Aushaltenund Vorgreifen, Niedersetzen
nnd Tragen deutlich unterschieden zu bemerken sind;
wenn das Pferd denselben gern und ohne M�he je nach Aufforderung
des Reiters verk�rzen und versch�rfen kann, und endlich:
wenn es sich mit Leichtigkeit und ruhig gehaltenen Kopfe und
Kruppe in demselben hin- und herwenden l�sst.
Zum Theil wird diese Vollkommenheit des Trabbes erst durch die
Dressur erreicht, aber die nat�rliche Anlage dazu muss vorhanden sein,
und sich schon im rohen Pferde zeigen.
Das gesunde, gute Pferd kann den Trabb in verschiedener Schnellig-
keit aus�ben.
Beim gestreckten Trabbe, mit Elasticit�t der Bewegung ausgef�hrt,
gibt es einen sehr kurzen Moment wo alle vier F�sse �ber den Boden
schweben.
Beim abgek�rzten, versammelten Trabb unter dem Reiter befin-
den sich die zwei diagonal gegen�berstehenden F�sse a u f der Erde,
W�hrend die beiden anderen im Aufheben und Vorsetzen begriffen
sind.
Sowohl beim Dienste des Wagen- als Reitpferdes im ausgedehnteren
Sinne, findet der Trabb eine sehr vielfache Anwendung: er ist diejenige
Gangart in welcher man weitere Strecken zu Wagen und im Sattel schnel-
!er hinterlegen kann, ohne das Pferd vor der Zeit zu erm�den; er dient
dazu, dem lernenden und jungen Reiter Festigkeit im Sitz zu geben, und
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die Kr�fte des jungen in der Abrichtung zum Reit- oder Fahrgebraucb,
befindlichen Pferdes gleichm�ssig zu entwickeln.
Bemerkt muss jedoch hier werden, dass das im Freien sich selbst
�berlassene Pferd niemals den Trabb geht, welchen der Reiter entschlos-
sen, entbunden, kurz das Austrabben nennt, denn wenn sich ein solches Pferd
schneller fortbewegen will, als es in einem nat�rlichen nicht starken Trabb
geschehen kann, so f�ngt es an zu gallopiren.
Diese Eigenschaft wird eben erst durch die Dressur gegeben und
dient wieder als Mittel zur Dressur.
Es ist dieses ein Fingerzeig, dass man im gestreckten, ganz entschlos-
senen Trabbe weite Strecken nicht reiten soll.
Hebt das Pferd im Trabb die F�sse schnell und setzt sie ohne weit
vorzugreifen nieder, so nennt man dieses einen fleissigen Trabb.
Derselbe ist zwar nicht blendend f�r den Zuschauer, aber kann f�r den
praktischen Gebrauch sehr gut sein.
Werden die Vorderbeine in der Art gehoben, wie es beim Schritt als
zu hoch, erhaben bezeichnet w�rde, mit gebogenem Knie vorgesetzt,
so nennt man dieses auch wohl einen runden Gang. Derselbe wird f�r
Kutschpferde gern gesehen.
Bewegt das Pferd die Vorderf�sse mit wenig gebogenem Knie und
nicht viel erhoben �ber die Erde vorw�rts, tritt dabei der Moment des
Aushaltens der F�sse besonders deutlich hervor, und ist der ganze Gang
dabei elastisch, so nennt man das: den seh we b en den Trabb, sehr
abgek�rzt auch wohl S c h w i m m t r i 11. Er ist sehr sch�n anzusehen, auch
h�ufig sehr edlen Pferden eigen aber selten r�umlich, und nicht zu ver-
wechseln mit der Bewegung im Schritt, welche man Schwimmen
nennt.
StechendenTrabb nennt man, wenn das Pferd beim Vorgreifen
Knie und Unterfuss mit besonderer Schnellkraft vorw�rts wirft. Oefter ist
damit sehr geringe Schulterbewegung verbunden, alsdann wird er mit
Recht getadelt, indem er bei wenig R�umlichkeit viel Anstrengung verur-
sacht. Bei einigen Pferden, welche mit den Vorderf�ssen diesen stechen-
den Trabb zeigen, stimmt die Bewegung der Hinterbeine weder im Aufhe-
ben noch Vorsetzen mit den Vordem �berein; es ist dieses ebenfalls
schlecht, man sagt dann von einem solchen Pferde, dass es vorne wohl
etwas zeigt, aber nichts ausf�hrt.
Ist aber eine freie Schulterbewegung mit geh�rigem Aufbe-
ben und Nachtreten der Hinterf�sse damit verbunden, so wird er mit
Recht als sch�n, raumgewinnend und viel Kraft verrathend, gesch�tzt.
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Alles was beim Schritt bez�glich des geraden Vorsetzens der F�sse
der Uebereinstimmung in der Folge mit den Hinterf�ssen, dem Bergauf-
nnd Bergabgehen, den fehlerhaften Bewegungen als Kreuzen, Fuefa-
beln, Schleppen, Tappen u. s. w., gesagt wurde, findet auch beim
Trabb seine Anwendung.
                                                           ,
Nur ist hier noch des Hahnentrittes oder Zuck fusses zu
erw�hnen. Derselbe besteht in einem krampfhaften, sehr hohen Aufheben
eines oder beider Hinterf�sse sowohl in Schritt als Trabb; es ist kein
eigentliches Lahmgehen, und es haben ihn �fter sonst sehr guten Pferde.
Er k�mmt in so hohem Grade vor, dass sich das Pferd dabei fast unter
den Bauch schl�gt, und es kann dabei doch sehr arbeitst�chtig sein. Auch
k�mmt es vor, dass sich diese krampfhafte Bewegung mehrere Tritte gar
nicht zeigt, und dann wieder da ist. Ueber das eigentliche Wesen dessel-
ben sind sich die Thier�rzte selbst nicht einig; f�r den praktischen Ge-
brauch gen�gt es zu wissen, dass er die Arbeitst�chtigkeit des Pferdes
2u manchen Gebrauchszwecken nicht beeintr�chtigt. Es ist aber immer
ein Sch�nheits- und Handelsfehler, und er soll mittelst einer Operation
beseitigt werden k�nnen.
Im Allgemeinen w�re nun noch j�ber die Bewegung der F�sse im
Trabbe folgendes zu bemerken.
Freie Schulterbewegung, durch gute Naturbildung, n�mlich richtige
Lage und gute Zusammenstellung der dahin geh�rigen Knochen, kr�ftige
Muskulatur und bewegliches Spiel der Gelenke hervorgebracht, ist eine
der ersten Bedingungen. Man hat, um dieses richtig zu erkennen, sein Au-
genmerk besonders auf den durch Zusammentreffen des Schulterblattes
Und Querbeines gebildeten "Winkel, das Buggelenk zu richten. Der untere
Theil des Schulterblattes muss n�mlich durch den Druck des Querbeines
geh�rig vorw�rts geschoben werden; der Ellbogen darf dabei nicht an
den Rippen kleben, sondern muss an der Bewegung den hinl�nglichen
Antheil nehmen.
Bei Beobachtung der Hinterbeine verdient das Kniescheibengelenk
in dieser Beziehung einer besonderen Aufmerksamkeit. Das Aufheben
Und Vorsetzen des Hinterfusses muss n�mlich nicht allein durch das Bie-
gen des Sprunggelenkes und Vorsetzen des Unterfusses ausgef�hrt wer-
den, sondern durch den richtigen Druck des grossen Unterschenkelbeines,
welches der Hose zur Grundlage dient, gegen das grosse Oberschenkel-
bein. Dieser Druck findet eben im Kniescheibengelenke statt, und desshalb
verdient dieses Gelenk in Bezug der Winkelbildung, in Bezug des ihm
gestatteten freien Spieles und der es begleitenden Muskulatur einer ganz
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besonderen Aufmerksamkeit beimTrabbe. Betrachtet man ein Trabbgehen-
des Pferd von hinten, so muss man genau sehen, dass dieses Gelenk der
Bauchwendung nicht zu nahe komme, weil dadurch sein freies Spiel
beeintr�chtigt w�rde. Die Fersenbeine der Sprunggelenke erscheinen als-
dann beim Aufheben des Fusses etwas gegen einander gerichtet.
Findet diese Neigung der Fersenbeine nicht statt, sondern sind sie
ganz gerade nach r�ckw�rts oder gar etwas ausw�rts gerichtet, so ist mit
dieser h�ufig als breites Hintertheil bewunderten Stellung fast nie ein
freies kr�ftiges Nachtreten verbunden.
Ferner ist auf die �ebereinstimmung im Aufheben, Aushalten und
Niedersetzen der beiden corresspondirenden F�sse vorn und hinten ein
besonderes Augenmerk zu richten. Denn manche Pferde arbeiten vorne
sehr hoch und die Hinterbeine schleichen nur nahe �ber der Erde fort;
dann bem�hen sich die Vorderf�sse vergebens den Gang zu f�rdern, denn
von hinten fehlt der Nachschub; andere heben wieder hinten sehr hoch
und m�chten gerne Schiebkraft aus�ben; wie aber soll dieses einen den
Gang f�rdernden Erfolg haben, wenn das Pferd vorne nicht genug aus-
treten kann.
Der Galop. Er besteht in einer fortgesetzten Reihenfolge von
Spr�ngen, wobei die Fusssetzung ebenfalls nach einer gewissen nat�rlichen
Ordnung erfolgt, das Pferd kann rechts oder links galoppiren, je nach-
dem die F�sse der einen oder andern Seite mehr vorgreifen. Die Fussset-
zung findet n�mlich so statt, dass immer die beiden F�sse �bers Kreuz
dem Schwerpunkte des K�rpers zur Unterst�tzung der Last am n�chsten
sind, w�hrend dem die anderen beiden das Fortschaffen besorgen; z. B.
galoppirt das Pferd rechts, so greift der rechte Vorder- und rechte Hin-
terfuss am meisten vor, der linke vordere und linke hintere bleiben zur�ck,
folglich sind dabei der linke vordere, weil er zur�ck, und der rechte hin-
tere Fuss weil er vorgesetzt ist, als die beiden diagonal gegen�berstehen-
den dem Schwerpunkte zur Unterst�tzung des K�rpers am n�chsten.
Diese Fusssetzung bleibt so lange dieselbe, als das Pferd rechts galop-
pirt. Beim Linksgaloppiren sind die beiden linken F�sse die am meisten
vorgreifenden. Der zur�ckbleibende Hinterfuss �ussert dabei die gr�ssere
Schnellkraft, und dem Geh�re sind drei Tempos wahrnehmbar. Um den
Galopp zu beginnen, (angenommen rechts) �ussert der linke Hinterfuss
die gr�ssere Th�tigkeit, indem er sich zur Aus�bung seiner Schnellkr�fte
vorerst biegt; durch Aus�bung dieser Schnellkraft wird das Gewicht des
Hintertheils etwas nach rechts geworfen, um dieses zu st�tzen tritt der
rechte Hinterfuss sogleich vor, zufolge der nat�rlichen Einrichtung der
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Pussfolge bleibt der linke Vorderfuss zur�ck und der rechte erh�lt
dadurch, indem jener den gr�sseren Theil der Last des Vordertheils da-
durch auf sich nimmt, vollkommen Freiheit zum Erheben und Vor-
greifen.
Ich halte diese Art den Anfang des Galoppirens zu erkl�ren f�r die
richtigere; denn Einige fangen mit der Erkl�rung des Aufhebens des
einen Vorderfusses an; aber das Treten der Vorderf�sse wird durch das
richtige Treten der Hinterf�sse bedingt, und diese m�ssen vor allem zur
Aus�bung dieser regelm�ssigen aufeinander folgenden Spr�nge sich zu-
sammen dr�cken und einen Theil der K�rperlast mehr auf sich
nehmen.
Der ganz abgek�rzte Schulgalopp w�re am meisten geeignet, diese
Fussfolge genau beobachten zu lassen, aber auch hierbei entwischt der Mo-
ment zu schnell. Man beobachte aber ein Pferd z. �. auf der Weide, das
in aller K�he einen kleinen Graben nimmt. Dasselbe f�hrt dieses immer
in der Fussetzung des Galopps rechts oder links aus, und man sieht sehr
deutlich wie es zum Erheben des Vordertheils die beiden Hinterf�sse
galopp�hnlich stellt, und auf der anderen Seite des Grabens mit einem
Fuss voraus mit den anderen zur�ckbleibend auffusst.
Auch ein mattes, erm�detes Wagenpferd, namentlich einsp�nnig,
nimmt �fter eine galopp�hniiche Fusssetzung an, ohne jedoch einen schnell-
kr�ftigen Sprung auszuf�hren; aber das Auge hat Zeit die Fusssetzung
zu beobachten, und kann zugleich sehen, wie aus dem Trabb der Ueber-
gang in den Galopp geschieht.
Der Galopp ist falsch oder �bers Kreuz sagt man, wenn diese
nat�rlich richtige Fusssetzung in der Art unterbrochen ist, dass nicht die
beiden diagonalen, sondern die F�sse einer Seite dem Schwerpunkte
am n�chsten bleiben: dieser Gang ist sehr unangenehm, gew�hrt weder
Sicherheit noch Ausdauer, und das Pferd beweist dieses selbst schon da-
durch, dass es ihn so bald wie m�glich wieder aufgibt.
In der Sprache der Reitkunst nennt man auch den Galopp falsch,
wenn ein Pferd beim Reiten auf der Reitbahn ohne den Willen des
Reiters auf der rechten Hand links, oder auf der linken Hand rechts
galloppirt.
Auch sagt man, dass das Pferd auf zweierlei Art �bers Kreuz galop-
piren k�nne. Wenn n�mlich der Reiter z. B. auf der rechten Hand galop-
pirt und das Pferd bleibt, anstatt mit dem rechten Vorderfuss vorzugrei-"
fen, mit demselben zur�ck und greift mit dem linken vor, so sagt
man, das Pferd galoppirt vorn falsch.
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Bleibt es mit dem rechten Hinterfuss zur�ck, der doch beim
Rechtsgaloppiren weiter vorgesetzt werden soll, so sagt man, es galop-
pirt hinten falsch.
Der Galopp �ber Kreuz ist jedenfalls ein fehlerhafter Gang, den
der Reiter alsbald unterbrechen und stets bem�ht sein soll, dass das
Pferd nicht durch seine Schuld in denselben verfalle.
Der Galopp wird von Natur gut genannt, wenn das Pferd zufolge
seiner guten, ihm innewohnenden Eigenschaften im Stande ist, ihn aus
jeder andern Gangart leicht, ohne Zwang und ohne Aufregung anzu-
nehmen und ihn auf eine gute Strecke, ohne bald zu erm�den, fort-
setzen kann. Der Galoppsprung muss dabei mit sichtbarer Schnellkraft
geschehen und raumgreifend sein. Dabei darf das Pferd mit den Vor-
derf�ssen nicht gewissermassen hart auf den Boden auffallen, sondern
mit allen vier F�ssen leicht von demselben los werden, so dass man
den Moment, wo alle vier F�sse sich zur Ausf�hrung des Galoppsprun-
ges �ber der Erde befinden, ganz deutlich wahrnehmen kann. Man
sieht dieses am besten, indem man sich gerade hinter dem Pferde be-
findet. Indem beim guten Galopp die Schnellkr�fte der Hinterbeine
ganz besonders th�tig sind, so m�ssen auch die Vorderbeine geh�rig
stark und fest sein, um die mit solcher Kraft vorgeworfene Last geh�-
rig aufnehmen und st�tzen zu k�nnen.
Der Rennlauf, die Carriere, ist die h�chst m�gliche Aus�bung von
Schnelligkeit, welcher das Pferd f�hig ist.
Muskeln, Sehnen und Lunge m�ssen alle ihre Kr�fte aufbiethen,
um diese Fortbewegung m�glich zu machen und nicht allein die Kr�fte
anzuwenden, sondern auch die verbrauchten Kr�fte so schnell als m�g-
lich zu ersetzen.
Es ist daher begreiflich, dass das Pferd in der Garriere keine all-
zuweite Strecke durchlaufen kann, ohne zu erm�den, und dass wirkliche
nat�rliche Ausdauer und Kraft in dieser Beziehung f�r Pferde zu jedem
�berhaupt schnellern Dienst sehr w�nschenswerth ist.
Bei der Carriere findet dieselbe Fusssetzung statt wie im Galopp i
d. h. dass immer die beiden F�sse �bers Kreuz dem Schwerpunkt an»
n�chsten sind.
Das Pferd kann daher in der Carriere rechts und links galoppi-
ren; und wenn man im Galopp in nat�rlicher Haltung drei Hufschl�ge
h�rt; so vernimmt man in der Carriere wegen der Schnelligkeit der
Bewegung nur zwei. Dieser Eindruck auf das Geh�r hat manche zu
der Meinung veranlasst, dass das Pferd bei der Carriere eine andere
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Fussfolge annehme als beim Galopp und meinen, dass das Pferd dabei
mit beiden Vorderf�ssen gleichweit und ebenso mit beiden Hin-
ter f�ssen gleich weit vorgreife.
Dass dieses nicht der Fall ist, f�hlt jeder gute Reiter beim Rei-
ten in der Carriere;
man sieht es sehr deutlich bei vorkommenden, wenn auch noch so
weitl�ufigen Wendungen und endlich:
weiss ein jeder einigermassen erfahrene Reiter, dass man das
Pferd in der Carriere in Bezug auf Fussfolge abwechseln kann, gerade
so wie im massigen oder ganz kurzen Galopp.
Der in vier h�r- und sichtbaren Tempos ausgef�hrte Galopp ge-
h�rt in die Cathegorie der k�nstlichen G�nge. Es ist der
Schulgalopp, Galoppade genannt. Wenn n�mlich beim Galoppiren durch
Verlegung der vermehrten Schwere auf das Hintertheil das Vordertheil
sehr erleichtert wird, so erfolgt das Auftreten des inneren Hinter-
und �usseren Vorderfusses nicht zugleich, sondern der Vorderfuss
setzt sich etwas sp�ter nieder als der Hinterfuss, bei diesem im h�ch-
sten Grade verk�rzten Galopp ist die sichtbare Schnellkraft der beiden
Hinterf�sse namentlich des �ussern, Haupterforderniss; weil er sonst
die Bezeichnung, Schulgalopp, Galoppade nicht verdient.
Geschicklichkeit, Ausdauer und Gewandtheit im Galopp ist ein
Hauptziel der Dressur der Reitpferde; auch ist das Pferd je nach sei-
nen nat�rlichen Anlagen und der Sachkenntniss des Dressirenden einer
vielseitigen Ausbildung im Galopp f�hig, wor�ber alte und neue Reit-
b�cher Aufschluss geben.
Diejenigen nat�rlichen Eigenschaften, welche das Pferd zu einem
guten Galopp bef�higen, sind im Allgemeinen in einer starken, musku-
l�sen Nachhand, leichten, jedoch mit kr�ftigen Schultermuskeln und
sehr guten Sehnen der Vorderbeine versehenen Vorhand, starken
R�cken und Kreuz, einer gesunden, guten Lunge und munterem, geh-
lustigen Temperamente zu suchen und zu finden.
Da aber nun nicht alle Pferde diese zu einem guten Galopp er-
forderlichen Eigenschaften besitzen, so kann auch begreiflicher Weise
nicht ein Pferd so gut galoppiren als das andere.
Manchen Pferden mangelt es besonders dann, wenn der Galopp
unter dem Reiter bis auf einen gewissen Grad verk�rzt wird, an Kraft
im Hintertheil um dann noch bei dieser starken Belastung desselben-
eine festelastische Springkraft zu �ussern, wodurch dann der Galopp
nicht mehr sprungartig erscheint, indem die Hinterf�sse dann nur steif
11
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und schleppend galopp�hnlich nachtreten. Dieses ist als ein Mangel zu
betrachten und sollten solche Pferde wom�glich mit einer �berm�ssi-
gen Verk�rzung des Galopps verschont werden. Zeigt sich dieser Man-
gel an Sprungkraft bei einem in nat�rlicher Haltung fortgaloppirenden
Pferde so vermindert sich der Werth desselben zum Reitgebrauche um
so mehr.
(Bei der Abrichtung junger Truppendienstpferde zeigt es sich beim
Galopp am deutlichsten, wie nothwendig es ist, bei der Truppe solche
Tempo zu sistemisiren, worin auch das mittelm�ssige Pferd im rei-
nen Gange m�glichst lange ausdauern kann.)
Andere Pferde haben einen sogenannten prellenden, stuppigen Ga-
lopp (man sagt dann auch: das Pferd spiesst sich auf die Vorderbeine).
Bei demselben findet keine raumgreifende, elastische Fortschwingung
des ganzen Pferdek�rpers statt, sondern das Pferd bewegt sich mit
steifem R�cken und steifen Gelenken in den Beinen fort. Manche
Pferde haben diesen Galopp von Natur, andere nehmen ihn erst in
Folge ihrer abgenutzten Schenkel an, auch ist �fter nur die mangel-
hafte Einwirkung des Reiters daran Schuld.
Der sogenannte Dreibatzengalopp besteht in einer eigen-
th�mlichen TJebereilung und Mangel an nat�rlicher Haltung in dieser
Gangart; man nennt ihn auch: rollender Galopp. Der erste Grund
dazu mag auch darin liegen, dass es dem Pferde sehr schwer ist, dem
auswendigen Hinterfuss ruhig und nach und nach zusammenzudr�cken
und eben so wieder loszulassen. Es beweist dieses eben wenig Kraft
und nat�rliche Geschicklichkeit; er l�sst sich indess leichter durch Ge-
sicht und Geh�r erkennen, als mit Worten beschreiben.
Tr�ger, Thierarzt im Gest�te zu Trakehnen, glaubt die Beob-
achtung gemacht za haben, dass bei jedem Pferde der linke Hinter-
und rechte Vorderfuss von Natur etwas st�rker gebildet seien als die
beiden andern.
Desshalb galoppire das Pferd von Natur lieber links als rechts,
weil dabei die beiden st�rkern F�sse in der Unterst�tzung des K�r-
pers l�nger ausdauern k�nnten;
desshalb komme die Spatl�hme �fter rechts als links vor;
desshalb f�nde die Verwundung beim Streichen vorne �fter am
rechten, hinten am linken Fusse statt, indem die beiden schw�chern
F�sse schlaffer gehen und daher ihren Nachbar streichen.
Tr�ger sagt ferner, dies Verh�ltniss f�ngt beim Menschen an, und
wird ziemlich durch alle vierf�ssigen S�ugethiere hindurch gehen. Wir
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f�hren das Schwert rechts und decken die schw�chere verletzlichere
linke Seite, die Seite des Herzens durch den Schild. Wollen wir eine
Last bew�ltigen, so legen wir uns mit der rechten Brustseite dagegen
und stemmen mit dem linken Fuss. Wir springen �ber einen Graben
mit dem rechten Fusse voran; der linke �bt die gr�ssere Schnellkraft
und wirft uns hin�ber. Vom heranwachsenden Kinde wird die rechte
Hand zu mancherlei Verrichtungen beim Spielen, Essen u. s. w. mehr
gebraucht als die linke; doch wahrscheinlich weil sich die gr�ssere
Kraft mehr regt und dann allerdings durch Uebung auch st�rker wird.
Auch soll sich nach Tr�ger am linken Sprunggelenke die Forma-
tion, welche oben als unsch�dlicher Spat bezeichnet wurde, �fter vor-
finden als am rechten, eben weil die Knochenformation dieses Gelen-
kes von Natur st�rker ist, daher auch eine Knochenerh�hung in der
Spatgegend am linken Sprunggelenk nachsichtiger beurtheilt werden
mag als am ^echten.
Allen Reitern, die sich mit ungezogenen Pferden abgeben, ist be-
kannt, dass solche immer links umkehren. Auch dieses kann seinen
Grund darin haben, dass das linke Hinterbein st�rker ist, denn bei der
Wendung links muss dieses am meisten tragen.
Auch kann dieses der Grund sein, warum viele Pferde, �hnlich
wie die Hunde, eine Neigung haben, im Trabb und Galopp etwas schief
zu laufen, d. h. dass die Hinterf�sse nicht ganz die Linie der vordem
einhalten.
Ist die Beobachtung Tr�gers richtig, so erkl�rt sich auch hieraus,
warum so zu sagen jedes Pferd dem Reiter im Galopp rechts ein an-
deres Gef�hl gibt als links.
Kann endlich ein jedes �berhaupt zum Reiten taugliches Pferd da-
hin gebracht werden, dass es auf die Hilfe des Reiters sowohl rechts
als links sicher ansprengt, ganz willig wendet, den Gang verk�rzt und
verl�ngert, von einer Hand zur andern abwechselt, so ist eben in der
Art des Ganges ein Unterschied bemerkbar, der einen in der Natur
liegenden Grund haben muss, weil es bei allen Pferden wieder er-
scheint; z. B.
Das eine sprengt gleich am ersten Tage, wo es zum Galopp an-
geleitet wird,, lieber auf der einen als der andern Hand an;
das andere dringt auf der einen Hand gern mit der Kruppe her-
ein, w�hrend es auf der andern gern grad ausgeht, oder mit der Kruppe-
zum Ausfallen geneigt ist;
ein drittes nimmt alsbald auf einer Hand eine gute Haltung an,
li*
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und auf der andern ist ihm dieses viel schwerer; u. s. w. u. s w.
Diese Art Neigungen bleibt dann bei einem Pferde mehr oder weniger
immer f�hlbar, wenn es auch im Galopp noch so geschickt unter
dem Reiter gemacht worden ist. Scharf kritisirende Stallmeister werden
hier sagen, dass dann die Vorbildung im Schritt und Trabb nicht ge-
h�rig gewesen ist; ich aber fordere sie auf, die Natur zu beobachten,
denn ich schenke Herrn Tr�ger Glauben.
Vielen meiner Leser wird es gewiss willkommen sein, hier vom
Standpunkte des Reiters noch einige Bemerkungen �ber den Gang zu
finden.
Schon oben wurde erkl�rt, dass durch die nat�rliche Bauart und
Einrichtung des Mechanismus im Gange des Pferdes der gr�ssere Theil
des ganzen Gewichtes dem Vordertheile zuf�llt. Ferner wurde erkl�rt,
dass die Richtung des Halses und Stellung des Kopfes dieses Mehrge-
wicht noch mehr nach vorne oder mehr nach r�ckw�rts bringen k�nne.
Die Reitzwecke verlangen nun, dass das Pferd je nach Aufforde-
rung des Reiters diese Richtungen seines K�rpers und den dadurch be-
dingten schnellern oder langsamem Gang ohne Z�gern annehmen und
so lange beibehalte, als es der Reiter vern�nftiger Weise verlangen
kann. Es ist daher Aufgabe der Dressur, die fortschiebenden mit den
Tragkr�ften so in Einklang zu bringen, dass der Reiter nach Bedttrf-
niss dar�ber verf�gen kann. Erfolgt die sich immer wiederholende Er-
leichterung des einen und Belastung des andern Fusses in demselben
Grade und demselben Zeitmasse in der f�r jede Gangart von der Natur
bestimmten Reihenfolge der F�sse, so entsteht dadurch das Gleichge-
wicht im Gange.
Die Sattellage bestimmt zwar am meisten, wohin die Last des
Reiters k�mmt; doch kann der Reiter durch unmerkliche Aenderung
seines Sitzes, Haltung seines K�rpers dem Erfordernisse nach, dem
einen oder andern Theile mehr Gewicht zulegen oder abnehmen. Der
geschickte Reiter kann alsdann dem dressirten Pferde ohne Z�gern die-
jenige Richtung geben, welche aus der Gleichgewichtshaltung das Ge-
wicht mehr nach hinten verlegt, um den Gang abzuk�rzen, oder mehr
nach vorn, um den Gang zu beschleunigen, gestreckter zu machen.
Als Grundregel f�r die dem Pferde unter dem Reiter zu gebende Stel-
lung und Richtung von Hals und Kopf muss man festhalten, dass d iej e-
nige diebeste sei, in welcher dasPferd seine G�nge rein
und frei gehen, in der es sich willig und ungezwungen
imreinenTempo wenden, seinen Gang ohne Stocken ver-
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16b
k�rzen und verl�ngern, mit Anlehnung zur�cktreten
und gleich wieder frei vortreten kann.
Die Stellung des Kopfes, die Richtung des Halses,
die das Pferd zu allem diesem bef�higt, �ndert sich in
den verschiedenen stufen weisen Fortschritten derDres-
sur, wie das Pferd an Biegsamkeit und Kraft zunimmt.
Sie in jeder Periode der Dressur richtig zu ermitteln, ist Sache des
Gef�hles des Reiters; das ge�bte Auge des Lehrers kann dem viel-
leicht noch mangelhaften Gef�hle des jungen Reiters zu Hilfe kommen.
Der sicherste Pr�fstein hierbei ist, Beibehaltung des reinen Ganges,
ruhiges Halten von Kopf und Schweif. Bei manchen jungen Pferden wird
diese Stellung vielleicht mit dem Kopfe sehr tief, bei manchen mit ge-
streckter Nase erscheinen; nur mit zunehmender Kraft und Geschick-
lichkeit bessern sich bei billigen Anforderungen des Reiters beide, bis
endlich diejenige Haltung entsteht, in welcher Kopf und Hals gegen
den R�cken, dieser gegen das Becken, dieses auf die Hinterbeine von
oben zusammendr�ckend wirkt. So wird das vorn sich befindende Mehr-
gewicht erst ins Gleich- dann ins Mehrgewicht nach hinten verlegt, die
Tragkr�fte der Hinterbeine mehr in Anspruch genommen, der Gang
verk�rzt, das Pferd versammelt. Wird das Zur�ck- und Aufrichten des
Halses vermindert, so erhalten die Hinterbeine die M�glichkeit, ihre
Federkr�fte los zu lassen, sie dr�cken gegen das Becken, dieses ge-
gen den R�cken, sie �ussern gr�ssere Schiebkraft, das dem Hintertheil
zugewiesene Mehrgewicht wird nun erst wieder ins Gleichgewicht, dann
ins Uebergewicht nach vorn gebracht; der Gang wird verl�ngert, ausgrei-
fend, bis zur h�chsten Schnelligkeit gesteigert.
Die Stellung, welche der Reiter dem Pferde gibt kann aber auch
in falscher Weise geschehen, wenn der Reiter nicht durch richtiges
Gef�hl geleitet wird.
Wenn n�mlich das untere Ende des Kopfes zu sehr in die H�he
und das obere Ende des Halses nur zur�ck und nicht zugleich der
ganze Hals zusammengeschoben wird, so tritt nicht die ebenbeschrie-
bene Wirkung gegen den R�cken, Becken u. s. w. ein, sondern die-
selbe geht f�r den �brigen K�rper verloren, gewissermassen vom Wi-
derrist an sich zu sehr nach abw�rts richtend. In dieser Haltung ist
dann das Pferd ganz aus der Hand des Reiters, bei einigem heftigen
Temperament st�rmt es fort, kann nur mit M�he nach und nach in
eine verbesserte Haltung und dadurch zum Langsamergehen oder Ste-
hen gebracht werden.
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In ganz �hnlicher Weise verliert der Reiter die Herrschaft �ber
das Pferd, wenn die Nase zu tief herab- und herbeigezogen wird, wo-
bei sich der Hals bogenf�rmig sehr kr�mmt, und die Wirkung geht ge-
wissermassen vom Widerrist nach oben hinaus, und ist auch f�r R�cken,
Becken etc. verloren.
Die Reitkunst fasst dieses alles in die paar Worte; d i e S t e 1-
lung ist das Mittel, der Gang ist der Zweck, zusammen.
Die Reitkunst theilt die Gliedmassen des Pferdes ein in solche, welche
die Bewegung desselben gr�nden, unmittelbar ausf�hren, und in solche
mittelst welcher die Bewegung der ersteren geordnet wird. Diese er-
steren sind mit dem ganzen Rumpfe vereinigt, ihre Th�tigkeit �bertr�gt
sich bis zum Ende der F�sse, zuv�rderst auf die Hinterf�sse als die
Triebfedern der gesammten Bewegung.
Es sind alle diejenigen K�rpertheile, welche weiter oben in Ober-
glieder, Mittel- und Unterglieder eingetheilt wurden; von dem zweck-
m�ssigen Auffussen und Abschieben der letztern, ihrer Bewegung im
Raum-, Kraft- und Zeitmass h�ngt die Gesammtleistung im Gange ab.
Dieses hat viele zu der falschen Ansicht verleitet, dass man bei der
Dressur des jungen Pferdes mit der Bearbeitung des Hintertheiles an-
fangen m�sse.
Diejenigen Gliedmassen, oder besser gesagt, K�rpertheile als He-
bel, deren sich der Bereiter zum Ordnen der Bewegungsgliedmassen
bedient, sind der Kopf und der Hals, und um zu denen der Hinter-
hand zu gelangen, als Verbindungsmittel der R�cken.
Die Kraftentwicklung der Bewegung geht von den Hinterbeinen
aus; von der Anlehnung des Mundst�cks, also vom Kopfe, die Ord-
nung der Bewegung, woraus folgt, dass der Weg, um richtig auf das
ganze Pferd einzuwirken, von vorn ausgeht, also dieser Weg erst geeb-
net d. h. die Kopfstellung geordnet werden muss, ehe man an Bear-
beitung der Hinterbeine denken darf. Beabsichtigt das Pferd sich von
dieser durch den Reiter geordneten Bewegung loszumachen, so beginnt
es dieses immer mit dem Kopf, man muss also, um wieder Herr �ber
das ganze Pferd zu werden, erst wieder die Kopfstellung ordnen, steift
sich das Pferd mit einem Hinterfuss gegen die Einwirkung des Reiters,
so steift es sich auch mit der Ganasche gegen den Z�gelanzug der-
selben Seite u. s. w. Alles dieses beweist die Wichtigkeit der Kopf-
stellung f�r die Einwirkung des Reiters auf das ganze Pferd; die wei-
tere Ausf�hrung dieser Regel geh�rt in eine Abhandlung �ber Reit-
kunst, Dressur etc.
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Beim th�tigen, abgerichteten Pferde verlangt man daher auch, dass
die Z�gelwirkung durch das ganze Pferd, vom Kopf durch den R�cken
bis zum Hinterhuf hindurchgehen m�sse.
Der unreine, �bereilte Gang wird �fter durch ungeduldiges Tempe-
rament hervorgebracht; diese Ungeduld wird immer, wenn sie schon durch
eine mangelhafte Naturbildung bedingt wurde, durch zwangvolle Stellun-
gen vermehrt, und nur ein zeitgem�sses Nachlassen, Verminderung des
Zwanges, langsam sich steigernde Anforderungen k�nnen das Pferd nach
und nach bessern und beruhigen.
Solche Thiere sind diejenigen, welche man mit dem Ausdruck: dif-
ficiles Pferd bezeichnet.
Bei der Beurtheilung der Gewichtsverlegung des Pferdes im Gange
unter dem Reiter k�mmt noch folgendes in Betracht. Der Reiter, �berhaupt
der Bereiter insbesondere, muss der anatomischen Zergliederung des
Pferdes noch die Beurtheilung beif�gen, ob das Pferd von Natur eine
schwere Vorhand, schwache Nachhand, oder kr�ftig schiebendes Hinter-
theil, verbunden mit schwachen Vorderbeinen hat, die wenig geeignet sind,
die ihnen zugetriebene Last kr�ftig zu st�tzen, ob er einen kurzen, lan-
gen, schwachen oder kr�ftigen R�cken zu bearbeiten hat; er muss dar-
nach die Verlegung seines Gewichtes ebenso einrichten als die Stellung
und Richtung die er dem ganzen Pferde gibt, um es mit Geschicklichkeit
und Ausdauer zu reiten.
Wenn daher ein Pferd auch durch Ebenmaass im Baue des Kno-
chenger�stes geeignet ist, alsbald in einer guten Gleichgewichtshaltung
zu gehen, und es mangelt ihm die erforderliche Muskelkraft an einem
Theile, wie sich solches z. B. bei den meisten jungen noch nicht formir-
ten Pferden bei der Hinterhand herausstellt, so ist dieses geregelte Gleich-
gewicht f�r die schw�chere Nachhand, zum Verh�ltniss ihrer mindern
Kraft, schon eine vermehrte Belastung. So muss der Reiter Last und
Kraft geh�rig zu einander abw�gen und darnach seine Anforderungen
einrichten. Ob in diesem Beispiele die Nachhand hinl�nglich belastet
sei, erkennt und f�hlt der Reiter immer am besten daran, dass ein
solches Pferd die Hinterbeine nicht schleppt; die Hinterbeine m�ssen
immer noch so viele Schnellkraft haben und behalten, dass das Pferd
mit denselben geh�rig vortreten und einen reinen Gang gehen kann.
Am deutlichsten tritt dieses hervor, wenn Pferde mit schwachen
Hintertheil im Galopp zu einem allzukurzen Tempo verhalten werden -
sollen.
Diejenigen Reiter, welche glauben, das Pferd k�nne nur in einer
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eng zusammengebrachten K�rperhaltung im Gleichgewichte gehen, und
nur durch eine sehr sichtliche Aufrichtung im Widerrist dazu gebracht
werden, m�gen dieses stets bedenken und fernere Schl�sse daraus
ziehen.
Geht das Pferd auf gerader Linie im Gleichgewichte, so beschrei-
ben die Huftritte zwei parallel nebeneiander fortlaufende Linien, indem
der Hinterfuss in die vom Vorderfuss verlassene Fusstapfe derselben
Seite tritt.
Zur deutlicheren Veranschaulichung denke man sich die vier F�sse
des Pferdes durch gerade Linien verbunden, so entsteht dadurch ein
Bechteck mit zwei langen und zwei kurzen Seiten.
W�hrend des Ganges nun f�llt das Ende der von oben durch den
Pferdek�rper gedachten Schwerpunktslinie nicht auf eine gerade Linie,
welche man sich als dieses Rechteck durch die Mitte der L�nge nach
durchschneidend denkt, sondern bei jedem Tritt immer etwas nach rechts
oder links seitw�rts dieser Mittellinie, je nachdem das Pferd mit dem
rechten oder linken Hinterfuss vortritt; es wird dabei dem vortretenden
Hinterfuss und dem zur�ckbleibenden Vorderfuss, so lange er auf der
Erde ruht, etwas mehr Gewicht zugewiesen.
Der auf dem Kutschbock sitzende sieht, der Reiter f�hlt die Ge-
wichtsverlegung nach rechts und links namentlich bei einem etwas lan-
gen Schritt, mit kr�ftigen Nachtreten der Hinterbeine ausgef�hrt, sehr
deutlich. Beim Erheben des linken Hinterfusses z. B. um sich vorsetzen
zu wollen, f�hlt der Reiter ein Erheben unter dem linken Gef�ssknochen
und sobald sich der Fuss vor und zur Erde niedersetzt ein Erniedrigen.
In diesem Momente wird die vermehrte Schwere aufgenommen, welche
der nun erfolgende Antrieb des rechten Hinterfusses durch sein Erheben
nach links dr�ckt; st�tzt der linke Hinterfuss dieses nach links gewor-
fene Gewicht nicht, so m�sste das Hintertheil umfallen. Man denke sich
nur dasselbe als zweibeinig allein stehenden K�rpertheil. Ebenso, vorn
der zur�ckbleibende Vorderfuss gibt dem Reiter das Gef�hl, dass sich
das Pferd auf dieser Seite erniedrigt, u. s. w.
Hieraus folgt, warum der Reiter zum Beginne des Galopps rechts,
den linken Schenkel etwas st�rker gebraucht als den rechten. Denn durch
diese Einwirkung wird zun�chst der linke Hinterfuss zu einer st�rkeren
Th�tigkeits�usserung veranlasst, diese besteht darin, dass sich der Fuss
erst biegt, dann erhebt, und dadurch das Gewicht nach rechts wirft;
der rechte Hinterfuss wird alsbald veranlasst, dieses Gewicht zu st�tzen,
indem er dabei vortritt.
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Zufolge des nat�rlichen Mechanismus des Ganges bleibt gleichzeitig
der linke Vorderfuss zur�ck, indem die beiden diagonal gegen�berste-
henden F�sse immer den K�rper tragen, st�tzen, und der rechte Vorder-
fuss bek�mmt die M�glichkeit ja Notwendigkeit sich frei zu erheben
und vorzutreten; auf diese Art entsteht mit Sicherheit der Galopp rechts
und alles dieses f�r den Galopp links anzuwenden ist leicht.
Bei Ausf�hrung der Seiteng�nge unter dem Reiter macht man nun
folgende Beobachtung.
Auf der geraden Linie gehend balancirt das Pferd sein Gewicht
durch den Hinterfuss der einen und den Vorderfuss der anderen Seite
auf der nebeneinander laufenden Hufschlagslinie jeder Fussseite. Zum
richtigen Schulterherein nun muss das Pferd die Geschicklichkeit erlan-
gen, den inwendigen Hinterfuss fast auf der Linie des aufgefussten �us-
seren und genau bis unter die Mitte der K�rperschwere zu bringen,
auf diesen Fuss die Last aufzunehmen, sie auf ihm zu balanciren und
dann die K�rpermaasse weiter zu f�rdern. Die Einrichtung des Pfan-
nen- oder Kugelgelenkes gibt dem Pferde die M�glichkeit, diese Fusset-
zung ausf�hren zu k�nnen.
Man sieht hieraus, was eigentlich der Nutzen des Schulterherein
ist; wie das Pferd dadurch eine erh�hte Geschicklichkeit erlangt, das
aufs Hintertheil verlegte Mehrgewicht aufzunehmen, wie durch das Treten
der Hinterbeine der freie Gang der vorderen bestimmt, und namentlich
das richtige Treten und Vorsetzen des inneren Hinterfusses den inne-
ren vorderen erhebt und erleichtert.
Zur deutlicheren Versinnlichung wie die von der Natur angeord-
nete Unterst�tzung des K�rpers durch die beiden diagonal gegen�ber-
stehenden Beine die zweckm�ssigste ist, denke man sich vergleichsweise
eine h�lzerne Bank mit vier F�ssen. Das Brett der Bank ist der K�rper,
die F�sse, die Beine des Pferdes. Man ziehe nun aus der Bank zwei
diagonal gegen�berstehende F�sse heraus und die Bank kann stehen
bleiben, sie bek�mmt eine noch festere Lage, wenn man den als Vorder-
bein gedachten Fuss mehr zur�ck und den als Hinterbein gedachten Fuss
mehr nach vorn gegen die Mitte der ganzen Bank anbringt. Dieses w�rde
die Stellung der Beine des lebenden Pferdes im Galopp noch deutlicher
darstellen. Nun stecke man der Bank die weggenommenen zwei F�sse
wieder an, und nehme ihr die beiden derselben Seite weg, und sie f�llt
nun, oder m�sste um dieses zu verhindern, gleich wieder auf der ande-
ren Seite unterst�tzt werden. Desshalb der Mangel an Haltung im Gange
des Pferdes; wenn diese Unterst�tzung nicht durch die beiden diago-
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n a 1 e n F�sse stattfindet, wie es sich im Pass und im Kreuzgalopp
darstellt.
Hier sollen nun noch einige ganz ins praktische Leben einschlagende
Fragen ihre Beantwortung finden.
L�sst sich z. B. von einem Pferde, welches einen
ganz regelm�ssigen guten Schrittgeht, mitSicherheit
erwarten, dass es auch die anderen Gangarten tadel-
los gehen m�sse?
Man sollte dieses glauben; denn dieselbe Zusammenstellung der
Knochen, die Formation der Gelenke, das Gef�ge der Muskeln, die Tex-
tur der Sehnen, dasselbe Temperament u. s. w., welches das Pferd bef�-
higt einen ausgiebigen, reinen guten Schritt zu gehen, sollte ihm auch die
Eigenschaften f�r gute Ausf�hrung der �brigen G�nge geben. Diesem wi-
derspricht jedoch die Erfahrung beim lebenden Pferde; denn manches Pferd
das einen mangelhaften, gebundenen Schritt geht, trabbt gut; ein anderes
welches gut trabbt, l�sst im Schritt und Galopp zu w�nschen �brig u. s.w.
Woher mag das kommen und was ist davon zu urtheilen?
Wenn man die Ursache davon auch in manchen F�llen ergr�nden
k�nnte, so w�rde der Mangel dadurch schwerlich beseitigt werden; f�r
den praktischen Pferdemann ist es gen�gend diese Erscheinung zu wissen,
und darnach den Gebrauchswerth f�r diesen oder jenen Zweck zu bestim-
men, z. B. f�r ein Wagenpferd zum schweren Zugdienst k�mmt der Schritt
ganz besonders in Betracht; zum schnelleren Fahrdienst ist der Trabb
die Hauptgangart: zum Reitdienst sollen alle Gangarten so gut als m�g-
lich sein. Der Reitdienst ist jedoch so mannigfaltig, dass auch hier wieder
jedes Pferd seine Classification erh�lt, z. B. derjenige dessen Gesch�ft
es mit sich bringt lange zu Pferd zu sein, ohne dabei besonderer Schnel-
ligkeit zu bed�rfen, als ein Forstbeamter, ein grosser Gutsbesitzer, ein
Landarzt etc. wird einen fleissigen, munteren Schritt und einen leichlen
den Reiter nicht anstrengenden Trabb w�nschen. Derjenige der nur zum
Vergn�gen oder Gesundheitshalber reitet und sich nebenan- auch als
guten Reiter zeigen m�chte, wird schon auch einen angenehmen geschick-
ten Galopp verlangen.
Wer den Zweck hat weiter j Ritte mit dem geringsten Zeitaufwande
zu machen, wird einen r�umlichen Trabb und ruhigem Galopp mit grossem
elastischem Sprung sehr zu sch�tzen wissen.
Alles dieses auf Milit�rgebrauch angewendet, zeigt sich, dass f�r
das Artillerie Bespannungspferd ein kr�ftiger, guter Schritt nebst raumgrei-
fendem, gut schiebenden Trabb Haupterforderniss ist; f�r das Cavallerie-
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dienstpferd im allgemeinen ist ein kurzer, gebundener, oder ein gedehn-
ter, schleppender Schritt, oder ein sogenannter Zappler, eine sehr
schlechte Eigenschaft. Ein solches Pferd kann weder beim Exerciren,
noch Marschieren den �brigen mit Leichtigkeit folgen; es erm�det sich
und den Reiter vor der Zeit. Der Trabb des Cavalleriedienstpferdes soll
wo m�glich kr�ftig, entschlossen und raumgreifend sein, dabei muss das
Pferd das Tempo des Trabbens ohne Schwierigkeit verl�ngern und ver-
k�rzen k�nnen, und die m�glichste Ausdauer in demselben besitzen; denn
der Trabb ist sowohl zur Ausbildung des Reiters auf der Reitschule als
auch beim Mann�vriren in gr�sseren K�rpern die Hauptgangart. Im Ga-
lopp muss das Cavalleriepferd sowohl einen guten Grad von Schnellig-
keit mit hinl�nglicher Ausdauer als auch Gewaudheit zu entwickeln von
Natur f�hig sein.
Das Offiziersdienstpferd soll wo m�glich alle diese Eigenschaften in
gr�sserer Vollkommenheit besitzen. F�r das Pferd des Stabsoffiziers der
Cavallerie ist unter allen Gangarten ein ruhiger, mit elastischem grossen
Sprung ausge�bter Galopp eine Haupteigenschaft, so wie der Stabsoffizier
der Infanterie mehr auf ruhiges, unerschrockenes1 nicht furchtsames Tem-
perament als auf besonders gute G�nge zu sehen hat. F�r das Pferd des
Adjutanten und Generalstabsoffiziere ist nebst alledem Schnelligkeit und
Unerschrockenheit in Hinterlegung von allerhand Terrainhindernissen
eiD Haupterforderniss.
Hieraus nun ist der Schluss zu ziehen, dass es sehr selten ein Pferd
gibt, welches alle Gangarten ganz gut geht, dass man bei Beurtheilung
eines Pferdes stets den Dienstzweck vor Augen haben und zufrieden sein
muss, we'nn es bei Gesundheit im allgemeinen, die Hauptei-
genschafte n besitzt, die es f�r seinen Gebrauchszweck bedarf.
Wie lassen sich nun die Bedingungen guter G�nge
mit kurzen Worten ausdr� cken?
Die organischen Bedingungen zur G�te aller Gangarten sind von
Seite des K�rpers: gesunde Organe, Stetigkeit des R�ckens und der Len-
den als Folge ihres kr�ftigen Baues, eine breite, starke und zweckm�ssig
gebaute Kruppe, verbunden mit einer Bildung der Brust und einem Rip-
penbau der den inneren Organen als Herz, Lunge, Magen eine kr�ftige
Entwicklung ihrer Funktionen gestattet.
Von Seite der Gliedmassen: freie und gut gelagerte Schultern, ein
kr�ftiger Vorarm, gesunde, starke Hufe, reine, stramme, schmerzlose Beu-~
gesehnen, volle und muskul�se Hinterbacken und Hosen, starke Sprung-
und K�thengelenke.
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Die geistigen Bedingungen des guten Ganges liegen in dem quantita-
tiven Verh�ltniss der Lebenskraft oder mit anderen Worten im Blute in
der Kasse. Je gr�sser jene und je besser diese sind, desto dauernder und
schneller werden die G�nge des Pferdes sein, w�hrend oft alle Bedingun-
gen des guten Baues vorhanden sein k�nnen und die Bewegung doch
schlecht und ohne Dauer sein wird, wenn die letzteren mangeln.
Ein Pferd, das frei und sicher seinen Schritt fortgeht, ohne die
Peitsche oder H�lfe zu erwarten, das vom Schritt zum Trabb ungezwun-
gen �bergeht, von diesem zum Galopp, vom Schritt ohne sich zu alarmi-
ren in Galopp einsprengt und ebenso sich ruhig vom Galopp in Schritt
�bernehmen l�sst, welches an seinem Gebiss kauet, stets ein frisches Maul
beh�lt und sich manchmal ausprustet, � das ist ein brauchbares, gutes
Pferd.
Wenn sich ein Pferd auf seinem Hintertheile halten kann, �ber Bo-
den geht, leicht von demselben los wird, wendsam und willig ist, Strafe
annimmt, Athem und gute Hufe hat, � so darf man sich �ber den Preis
nicht beklagen.
Ist es bei Beurtheilung des Ganges eines Pferdes genug, dabei nur
auf die Bewegung der Beine zu sehen?
Die Beine, die Gliedmassen des Pferdes im Ganzen sind allerdings die
unmittelbaren Werkzeuge der Fortbewegung, und die regelm�ssige,
schmerzlose, freie Th�tigkeit derselben ist das erste Mittel zum Gange;
aber um den Gang zu beurtheilen gen�gt es nicht nur auf die Bewegung
der Beine zu sehen, sondern man muss das ganze Pferd dabei im
Auge behalten und namentlich die ruhige Haltung des R�ckens
der Kruppe, die Art und Weise des Tragens vom Ko'pf und
Schweif betrachten.
Der Pferdekenner sieht bei Betrachtung des Kopfes aus dem Ohren-
und Augenspiel ob das Pferd gehlustig, fromm und willig, ob es herzhaft
und dreist, oder ob es zur�ckhaltend, kitzlich oder scheu und furchtsam
ist. Ein wirklich gut gebautes und kr�ftiges Pferd tr�gt den Kopf bei mas-
siger Aufrichtung des Halses mit der Nase etwas nach vorw�rts, es wehrt
sich nicht durch Bohren in die Z�gel gegen den Z�gelanzug, es nimmt in
allen Gelegenheiten eine gleiche Anlehnung und schnellt nicht mit dem
Kopfe.
Schnellen nennt man n�mlich jene f�r den Reiter sehr unangenehme
Bewegung des Kopfes, die das Pferd w�hrend des Ganges in der Art aus -
�bt, dass es die Nase oft pl�tzlich stark in die H�he wirft. Der Gang
des Pferdes ist dabei ungleich unterbrochen, das Pferd hat nie eine gleiche
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stete Anlehnung und kann vorkommende Gegenst�nde nicht ruhig ins
Alge fasse; daher sind bodenscheue Pferde, die zugleich mit dem
Kopfe schnellen, zum sichern Reiten so zu sagen unbrauchbar und
k�nnen den Reiter in sehr unangenehme Lagen bringen.
Ungeduldige Pferde, die einen g�nstigen Ansatz zwischen Hals und
Kopf nicht haben, und bei der Z�gelwirkung einen l�stigen Druck auf
die Ohrendr�sen empfinden, haben hierzu die meiste Neigung. Nur ein
sehr ruhiges, richtiges Reiten kann diese Neigung m�glichst beseitigen,
Wogegen schlechtes Reiten, unpassende Z�umung etc. solche Pferde zum
�eitdienst g�nzlich unbrauchbar machen kann. Auch Pferde mit weni-
ger nat�rlicher Neigung zum Schnellen k�nnen durch schlechtes Rei-
ten dazu veranlasst, und durch gutes Reiten wieder corrigirt werden.
Tr�gt das Pferd den Kopf allzutief, mit dem Kinn gegen die Brust, so
wird dadurch h�ufig die Folgsamkeit auf den Z�gel und somit die
'eichte Beweglichkeit der Vorhand sowohl, als entschlossenes, beherz-
tes geradeaus Fortgehen, sehr beeintr�chtigt.
Strecken der Nase in h�herem Grade ist der Wendsamkeit und
Haltung auch in k�rzern Gangarten sehr nachtheilig. Beide Arten, den
Kopf zu tragen, durch nat�rlichen Bau bedingt, k�nnen durch zweck-
m�ssiges Reiten verbessert, durch mangelhaftes Reiten verschlimmert
Verden. Ich kann nicht oft genug wiederholen, dass sehr mangel-
hafte Naturanlage in der Verbindung von Hals und Kopf dem dres-
S1renden Reiter stets Haupthindernisse in den Weg legen, und selbst
�berwunden, stets ein sehr aufmerksames Reiten erheischen, damit
diese mangelhafte Naturanlange nicht zum vollkommenen Gebrauchsfeh-
ler werde.
Der Beurtheiler eines Pferdes im Gange unter dem Reiter hat
daher sehr darauf zu achten, ob es dem Reiter besondere M�he
mache, dem Pferde eine gute Kopf Stellung zu geben und es darin
2u erhalten, oder ob das Pferd diese Haltung von selbst gern
a�nimmt.
Auch die Haltung des Schweifes ist sehr beachtenswerth.
derselbe soll n�mlich im Gange sowohl unter dem Reiter als im Ge-
sehirre ruhig gehalten werden, er mag nun vom Leibe abgetragen wer-
den oder nicht.
Furchtsame, sehr empfindliche Pferde pflegen den Schweif einzu-
gehen, und das sogenannte Schweifdrehen ist immer ein Beweis von
sehr grosser Reizbarkeit oder Unlust zum Gehen. Die nat�rliche Anlage
Eum Schweifdrehen kann durch mangelhaftes Reiten sehr verst�rkt,
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durch richtiges, gutes Reiten sehr vermindert auch wohl beseitigt wer-
den. Das Vorhandensein des Schweifdrehens ist immer unangenehm und
wenn es die Erfahrung best�tigt, dass sowohl ein Kopfschneller als ein
Schweifdreher ein ausdauerndes Pferd sein kann, so sind doch beide
Eigenschaften durchaus nicht w�uschenswerth.
In den B�chern heisst es gew�hnlich die Gangarten des Pferdes
werden eingetheilt in nat�rliche und k�nstliche; da dieses schon
oft zu Missdeutungen Anlass gegeben hat, so entsteht die Frage was
soll man eigentlich unter k�nstliche Gangarten verstehen?
Die nat�rlichen Gangarten liegen immer den k�nstlichen zum
Grunde und die gestellte Frage beantwortet sich in folgender Weise
am besten.
Nat�rliche G�nge oder nat�rlich nennt man die G�nge, wie sie
das rohe Pferd mit der ihm von der Natur angewiesenen K�rperhal-
tung und Kraftentwicklung geht.
K�nstliche G�nge oder k�nstlich nennt man die G�nge, wie es
sie in der durch die Reitkunst ihm gegebenen Haltung und
Kraftentwicklung geht.
Die G�nge, ob nun in nat�rlicher oder durch die Kunst gegebe-
ner Haltung sind immer Schritt, Trabb und Galopp in der von der
Natur vorgeschriebenen Fussfolge.
Wird durch die Einwirkung des Reiters das Vordertheil sehr auf-
gerichtet, das Hintertheil gesenkt, so entsteht dadurch ein abgek�rzter
Schritt mit h�herer Action der Vorderbeine und es ist ein durch Ein-
wirkung der Reitkunst vom Pferde ausgef�hrter, also k�nstlicher
Schritt; aber die Fussfolge, nur nicht die R�umlichkeit ist wie
beim nat�rlichen Schritt.
Schon oben wurde gesagt, dass das rohe Pferd von Natur nur
einen Trabb mit wenig Energie ausf�hre (der im aufgeregten Zustande
auf einige Momente ausgef�hrte schwebende Tritt geh�rt nicht hierher).
Wird nun der nat�rliche Trabb durch die Reitkunst entwickelt und im
Austrabben zur h�chsten Energie gebracht, so ist das ebensowohl ein
durch die Kunst gegebener, also k�nstlicher Trabb, wie der bis
zum Piaffiren, d. h. Trabb auf der Stelle, abgek�rzte Trabb mit ge-
senktem Hintertheil und hoher Action vorn.
Spanischer Tritt, schwebender, Schwimmtritt ist immer ein durch
die Reitkunst ausgebildeter Trabb, denn die oben erkl�rte, f�r den
Trabb von Natur bestimmte Fussfolge ist immer dieselbe.
Es gibt F�lle, wo Pferde, die zum Passgehen von Natur gar keine
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Neigung zeigen, durch allerhand k�nstliche Mittel zum Passgange ab-
gerichtet werden, weil es der Besitzer oder die Besitzerin des Pferdes'so
w�nscht. Dieses ist ein Fall, dass alsdann der sonst unter die fehler-
haften G�nge gerechnete Pass ein k�nstlicher Gang ist.
Der Schulgalopp, die Galoppade gesteigert zu Redopp, Plie
und Renversgalopp ist ein mit Verlegung des Mehrgewichtes auf das
Hintertheil ausgef�hrter Galopp, also ein durch die Reitkunst dem
Pferde beigebrachter Galopp, indem das rohe Pferd sich selbst �ber-
lassen nie in dieser Haltung galoppirt; aber die von der Natur f�r
den Galopp vorgeschriebene Fusssetzung ist dieselbe.
Das Wechseln im Galopp in jedem Sprung, wie man sich aus-
dr�ckt, ist mehr eine passartige Bewegung, deren k�nstliche Ausf�h-
rung man bewundern kann, aber ein Galopp ist es nicht mehr, denn die
von der Natur bestimmte Fusssetzung f�r die Reihenfolge von Spr�n-
gen, welches man die Gangart Galopp nennt, findet dabei nicht statt.
Ein im Freien laufendes oder stehendes ganz rohes Pferd wird
z. B. pl�tzlich erschreckt und wendet sich, um dem gef�rchteten Ge-
genstande zu entfliehen, schnell mit dem Vordertheil um das Hintertheil
herum. Der Mensch benutzt diese Naturanlage und bildet sich dadurch
ein geschicktes, gewandtes Reitpferd und benennt die vollkommene Aus-
f�hrung einer solchen Wendung mit dem Kunstausdrucke: Pirouette.
Die muthwilligen Spiele und Spr�nge der F�llen werden als Levade,
Courbette und Capriole ausgebildet.
Das in der Hand und zwischen den Schenkeln des Reiters ausge-
f�hrte Znr�cktreten thut das Pferd sich selbst �berlassen ebensowenig
als es den gestreckten, energischen Trabb aus vollem Buge oder den
Schulgalopp geht; es geh�rt also auch dieses, zu Folge meiner Erkl�-
rung, zu den k�nstlichen G�ngen. Ebenso sind alle unter dem Rei-
ter ausgef�hrten Seiteng�nge zu den k�nstlichen zu z�hlen.
Erkenntniss der L�hmungen bei Pferden.
Von den Gliemassen wurde gesagt, dass man ihre Gesundheit an
der ungezwungenen, schmerzlosen, kr�ftigen Bewegung erkenne; St�-
rungen dieser Gesundheit nennt man Hinken oder Lahmgehen.
Wie nun �ussert das Pferd beim Stehen, dass es in einem oder
beiden F�ssen Schmerzen empfinde?
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Leidet das Pferd z. B. an einem Vorderfusse, so setzt es densel-
ben vor, dadurch wird dem andern gesunden Fusse mehr Last zuge-
wiesen und der kranke erleichtert.
Leidet es an beiden Vorderf�ssen, so stellt es beide vorw�rts;
die Hinterbeine sind dabei vor unter den K�rper gestellt, um die
gr�ssere K�rperlast zu tragen; will sich ein solches Pferd nur im
Stalle ein wenig in Bewegung setzen, so geschieht dieses mit sichtba-
rer Anstrengung um das vermehrte K�rpergewicht den Hinterbeinen zu-
zutheilen, ein Vorderfuss wird nur mit M�he von der Erde gebracht,
theils wegen der eigenen Steifigkeit, theils weil es dem andern zu viel
Schmerz macht, die vermehrte Schwere auch nur f�r Momente auf sich
zu nehmen.
Leidet es Schmerzen an einem Hinterfuss, so ruht es denselben
mittelst Einknicken, und zeigt den Schmerz, wenn man es veranlasst,
darauf treten zu m�ssen, augenscheinlich dadurch an, dass es trachtet,
den leidenden Fuss so kurze Zeit als m�glich zur St�tzung des K�r-
pers zu gebrauchen, und sich beeilt, die Last wieder auf den gesunden
Fuss zu verlegen. Leidet es an beiden Hinterf�ssen, so wird es mit
dem Einknicken, auch Ruhen genannt, oft von einem auf den andern
Fuss abwechseln, und die Vorderbeine mehr unter dem Leibe zur�ck-
gestellt behalten.
Manche Pferde stellen �fter einen Vorderfuss vor oder ruhen auf
einem Hinterfuss ohne den geringsten Schmerz zu empfinden; andere
haben die Gewohnheit, ohne dass man die Ursache davon kennt, ohne
Schmerz�usserung im Stalle sehr gestreckt zu stehen, und die Hinter-
beine vom Sprunggelenk abw�rts an die Stands�ule anzulehnen;
andere stellen die Hinterf�sse �bereinander und lassen den einen
Fuss auf die Krone des andern gest�tzt ruhen.
Es scheint dieses dann vielfach Angew�hnung zu sein, die Pferde
aus Langeweile annehmen, wenn sie ohne bei Tage Streu zu haben,
viel im Stalle stehen m�ssen. Es ist aber auch wohl ein Fingerzeig,
dass sie sich legen w�rden, wenn sie Streu h�tten.
Zur bessern Ueberzeugung, ob ein Pferd an einem oder zwei Bei-
nen Schmerz empfinde, steif oder lahm sei, fasse man das im Stalle
stehende Pferd bei der Halfter, schiebe es einige Schritte zur�ck und
lasse es wieder vortreten. Hierbei muss das Pferd jedes Bein aufheben,
biegen und dann zur�ck- oder vorsetzen, �berhaupt in allen Gelenken
Beweglichkeit zeigen. Unterl�sst das Pferd das Biegen und Aufheben,
zieht es die F�sse auf der Erde schleifend zur�ck, und eilt es im Vor-
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treten sehr, den betreffenden Fuss von der aufgenommenen Last als-
bald zu befreien, so empfindet es in einem oder allen F�ssen Schmerz,
ist steif vielleicht in Folge einer am Tage vorher stattgefundenen sehr
anstrengenden Leistung, oder es ist �berhaupt schon sehr abgenutzt.
Ebenso muss das Pferd, wenn man es, an der Hand f�hrend, in
kleinen Wendungen herumgehen l�sst, jeden Fuss hinl�nglich aufheben
und vorsetzen, dabei zugleich die Last auf den betreffenden andern
Fuss gern und ohne Z�gern verlegen, �berhaupt in allen Gelenken be-
weglich sein.
Wie nun �ussert das Pferd beim Gehen, dass es in einem oder
dem andern Fusse Schmerz empfinde?
Im Allgemeinen dadurch, dass es mit dem leidenden Fusse leiser,
d. h. nicht so beherzt und fest auftritt als mit dem gesunden, dass es
sich beeilt, den leidenden Fuss von der auf ihm ruhenden Last zu be-
freien, und ihn auch beim Gehen dem St�tzpunkte der Last nicht so
sehr zu n�hern. Das Pferd macht daher mit dem gesunden Vorder-
fuss den kleineren Schritt, damit die Last nicht zu lange auf dem
kranken ruhe und er nicht zu weit gegen den Schwerpunkt des K�r-
pers zur�ckkomme. Weil sich das Pferd beeilt, den kranken Fuss
schnell von der Last zu befreien, so tritt es mit dem gesunden gewis-
sermassen viel fester auf. Wenn man daher sagt: das Pferd f�llt
auf den rechten Fuss auf, so ist es am linken lahm.
Auch mit dem gesunden Hinter fuss macht das Pferd einen
k�rzern Schritt, um es dem leidenden zu ersparen, die Last des K�r-
pers zu lange auf sich ruhen zu lassen, und tritt auch �fter mit dem
leidenden Fuss mehr seitw�rts, eben um wieder dem Aufnehmen der
Last dadurch zu entgehen.
Leidet das Pferd an einem Vorderfuss, so hebt es im Gehen den Kopf
und Hals, sobald es mit demselben auftritt, leidet es hinten, so senkt es
den Hals und Kopf. Leidet es sehr an beiden Vorderf�ssen, z. B. bei
einer starken Hufentz�ndung, so setzt es dieselben in kleinern Schrit-
ten in einer vorgestreckten Richtung vorw�rts, der ganze K�rper, vom
Hals und Kopf angefangen, erscheint dabei in zur�ckgeschobener Rich-
tung, die Hinterf�sse treten weit unter den K�rper vor. Ein wirklich
starker Schmerz in beiden Hinterbeinen �ussert sich durch ein auffal-
lend schleppendes Nachschieben des ganzen Hintertheiles.
Oefter ist es schwer zu erkennen, ob das Pferd rechts oder links'
lahm gehe. In solchen F�llen l�sst man das Pferd im Kreise trabben,
wobei es dann wenig oder gar nicht zu hinken scheint, wenn der schmerz-
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hafte Fuss sich auf der auswendigen Seite befindet, und also um so mehr,
wenn der schmerzhafte Fuss der inwendige ist, weil dann der leidende
Fuss am meisten zu tragen hat.
Auch ist es oft schwer zu erkennen, ob ein Pferd vorn oder
hinten lahm geht. Man glaubt n�mlich zuweilen, dass das Pferd am
rechten Hinter fuss lahm ginge, und der Schmerz ist wirklich am lin-
ken Vorder fuss; oder man glaubt, es gehe vorn rechts lahm und der
Schmerz ist thats�chlich hinten links. Da diese T�uschung nur bei sehr
geringer L�hmung eintreten kann, so bedarf es �fter der genauesten
Beobachtung um der Sache auf den Grund zu kommen, und bemerkt als-
dann doch, durch eine Steifigkeit in der Bewegung des Fesseis oder des
Sprunggelenkes etc., wo eigentlich der Fehler liegt.
Wie erkennt man den Sitz der L�hmung ?
Leidet das Pferd am Hufe oder an beiden Hufen, so geht es auf har-
tem Boden schmerzhafter als auf weichem; liegt das Uebel in der Zehe,
so tritt das Pferd mehr und zuerst mit den Fersen auf, liegt das Uebel
mehr in den Fersen, so sucht das Pferd zuerst und mehr mit der Zehe
aufzutreten.
Findet man an einem Theile des Schenkels eine erh�hte W�rme, eine
Geschwulst, sei es nun eine Knochenerh�hung, Verdickung der Sehnen-
scheide, Muskel- oder Hautgeschwulst, eine Wunde, � so ist diese wahr-
scheinlich der Sitz der L�hmung, obwohl all dergleichen vorhanden
sein kann, auch ohne dass das Pferd lahm geht.
Auch eine Verkleinerung, Verminderung der Muskulatur, wie es
z. B. beim Schwund der Fall ist, zeigt die wahrscheinliche Ursache des
Lahmgehens an.
Bei rheumatischen L�hmungen ist auch gew�hnlich �usserlich kein
sichtbares Erkennungszeichen der L�hmung vorhanden; man erkennt
sie dann als solche, indem sie ohne bekannte Gelegenheitsursache er-
scheint und wieder vergeht, und sich dieses von Zeit zu Zeit wie-
derholt.
Auch gibt es noch einen andern Fall, wo sich durch die blosse
Hand weder f�hlbare Hitze, noch Geschwulst, noch eine Wunde wahr-
nehmen l�sst und das Pferd geht doch lahm. Findet dieser Fall an
einem Vorderbeine statt, so kann man fast mit Sicherheit annehmen,
dass sich das Pferd durch eine heftige Prellung auf hartem Boden u. s. vv.
eine Hufgelenkl�hme zugezogen habe, oder dass sich vielleicht das Huf-
bein anfange, zu senken.
In beiden F�llen ist eine erh�hte W�rme nicht leicht f�hlbar, in-
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dem die Entz�ndung einen zu tief liegenden Sitz hat; die Heilung ist
dann sehr schwer.
Im Allgemeinen ist man sehr leicht geneigt, jede L�hmung an
einem Vorderfuss, wo die Ursache nicht offen zu Tage liegt, als Schul-
ter- (Bug-) L�hmung anzusehen; denn auch bei dieser, besonders wenn
sie durch einen Fehltritt, Ausgleiten etc. und nicht durch einen Schlag,
Stoss etc. von aussen entstanden, ist eine erh�hte W�rme, womit jede Ent-
z�ndung vergesellschaftet ist, wegen dem tiefen Sitze des Leidens kaum
f�hlbar. Alle erfahrenen Praktiker stimmen jedoch darin �berein, dass die
Ursache des Lahmgehens an einem Vorderfusse, meistens im Hufe
ihren Sitz habe, es w�re denn, dass die wirkliche Ursache offenkundig am
Tage l�ge.
Beim Lahmgehen an einem Hinterbeine ist die Ursache der L�h-
mung h�chst selten im Hufe zu suchen, ausgenommen, dass sich das Pferd
einen Nagel, eine Glasscherbe etc. eingetreten h�tte. Desshalb ist es auch
unumst�ssliche Regel bei Untersuchung eines Pferdes beide vordem
Hufe, auch wenn das Pferd nicht lahm geht, genau zu untersuchen.
Wird aber ein Pferd vorn lahm, so wende man vor allem seine Auf-
merksamkeit dem Hufe zu, und �berzeuge sich durch Abnehmen des
Eisens, ob vielleicht ein neuer Beschlag gedr�ckt hat, ob ein bereits zu
lange liegendes Eisen zu tief im Hufe liegt, das Pferd vernagelt war, sich
Steingallen zeigen, Strahlf�ule �berhand nimmt, ein harter K�rper sich
unter das Eisen geklemmt hat u. s. w.
An den Hinterbeinen ist das Sprunggelenk derjenige Theil, wo der
Sitz der L�hmung am �ftesten zu suchen und zu finden ist.
Es ist dabei eine Eigenth�mlichkeit der Spatl�hme, dass das Pferd
zu Anfang der Bewegung mehr lahm geht, als sp�ter, wenn es schon eine
zeitlang in der Bewegung war, und wieder stark lahmt, wenn es nach der
Bewegung einige Zeit gestanden hat. Hat die L�hmung ihre Ursache in
einem der andern Sprunggelenksfehler, in der H�fte, im Fessel oder ist
Muskelschwund die Ursache, so bleibt sich das Lahmgehen mehr gleich
oder wird bei l�ngerem Gehen und gr�sserer Anstrengung wohl zunehmen.
In welcher Gangart ist das Lahmgebn �berhaupt, und an welchem
Fusse insbesondere am leichtesten zu erkennen?
Im ruhigen Schritt und Trabb am ehesten, im Galopp am wenigsten
und zwar darum, weil im Schritt und Trabb die Anstrengung und das Tra-
gen der Last stets gleicbm�ssig abwechselnd ist; denn indem das Pferd
im Schritt mit einem Fusse nach dem andern ausschreitet, oder im Trabb
die beiden diagonalen F�sse gehoben werden und vorschreiten, bemerkt
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man bald, ob sich das Pferd beeilt, die Last auf einem Fusse, dem leiden-
den, nicht so lange ruhen zu lassen, als auf dem gesunden, ferner, ob es
mit einem Fusse so entschlossen auftritt als mit dem andern.
Im Galopp bleiben bekanntlich immer dieselben beiden diagonalen
F�sse die zumeist tragenden, als der Galopp rechts oder links �berhaupt
andauert; die Abwechselung zwischen Tragen und Fortschaffen des K�r-
pers findet also erst dann statt, wenn das Pferd den Galopp wechselt.
Es geht z. B. ein Pferd am linken Hinterfuss etwas lahm, vielleicht
mit etwas Sp�th, so wird sich dieses im Galopp rechts am meisten ver-
stecken , indem der lahme Hinterfuss �berhaupt lieber etwas zur�ckbleibt,
indem das Pferd das Vorsetzen unter die Last des K�rpers vermei-
den will.
Oder das Pferd geht am rechten Vorderfuss etwas lahm, so versteckt
sich dieses ebenfalls am leichtesten im Galopp rechts, indem das Pferd
geneigt ist, mit dem nicht leidenden linken Fuss die K�rperlast aufzuneh-
men und zu st�tzen.
Ein Kenner wird es allerdings immer sehen, dass und an wel-
chem Fuss das Pferd Schmerz �ussert, aber f�r Jedermann ist es im
Schritt und Trabb viel leichter zu erkennen. Betr�gerische Pferde-
h�ndler sind daher auch immer geneigt, derartige Pferde schon vor der
Produktion so aufzuregen, dass sie im sehr �bereilten Schritt gehen, sie
zeigen ein solches Pferd unter dem Reiter erst im Galopp und dann erst
im Trabb u. s. w.; das Lahmgehen in geringem Grade wird dadurch ver-
steckt, und der Unkundige h�lt das Pferd noch f�r sehr temperamentsvoll,
gut geritten und kr�ftig.
Alte Damenpferde, die schon viele Jahre gar nicht mehr getrabbt
wurden, sondern nur Schritt und meistens nur Galopp rechts, gegangen
sind, zeigen am deutlichsten, dass beim Galopp rechts die linken F�sse
(und ebenso beim Galopp links die rechten) des Pferdes am meisten lei-
den ; denn solche Pferde k�nnen nachher mit den beiden linken F�ssen
gar nicht mehr so weit vorgreifen, als mit den rechten , indem sie steifer
und abgenutzter sind als die beiden andern.
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Physiologisches.
In der Einleitung wurde gesagt, dass dem Pferdekenner auch einige
Kenntnisse aus der Physiologie (Lehre von der Erscheinung der Lebens-
verrichtungen) n�thig seien. Das hier nun in den n�chstfolgenden Zeilen
�ber Blut, Nerven, Lunge, Magen, Haut u. s. w. Gesagte, geh�rt dahin.
Es wird dem Nichtthierarzt hinl�nglich sein, um �ber den Lebensprozess
eine klare Anschauung zu bekommen, und ihn zu weiterm Nachdenken an-
regen.
Wodurch erkennt man im Allgemeinen, dass sich das Pferd in einem
vollkommen gesunden Zustande befindet?
Die Gesundheit der Pferdes besteht in dem Bedingniss einer ge-
wissen Beschaffenheit des Organismus, wodurch alle Lebensverrichtungen
desselben mit Leichtigkeit, einer gewissen St�rke und Wohlbehagen von
Statten gehen.
Die sichersten Kennzeichen des gesunden Zustandes geben uns da-
her die Verrichtungen der Lunge, des Magens, der Haut und die
ungehinderte Bewegung der Gliedmassen.
Geschieht das Athmen frei, ist es weder zu geschwind noch zu
langsam, und wird das Pferd bei einer starken Fortbewegung nicht gleich
kurzathmig, so sind dies Beweise einer guten Lunge.
Hat das Pferd guten Appetit, frisst es weder zu hastig noch zu lang-
sam, verdaut es das Genossene geh�rig, findet man den abgegangenen Mist
nicht klein, hart und mit Schleim �berzogen oder unverdaute Haferkerne
darin, ist der Abgang desselben an sich nicht d�nn und w�sserig, so k�n-
nen wir mit vollem Grunde auf eine gute Beschaffenheit des Magens
und der Ged�rme schliessen.
Die Harnentleerungen finden bei einem gesunden Pferde 6�7 mal
des Tages, jederzeit in einem starken, ununterbrochenen Strahle mit Aus-
pressung der letzten Ueberreste, statt.
D�nstet das Pferd geh�rig aus, ohne dass es jedoch zu leicht und
h�ufig schwitzt, findet man die Haut nicht spr�de, nach Verh�ltniss der
atmosph�rischen Temperatur weder zu viel noch zu massig warm, das
Haar nicht trocken und ohne Glanz, so ist die Haut in einer gesunden
Verfassung.
Ist bei der Bewegung der Gliedmassen weder Zwang noch Schm�rz
bemerkbar, folgen die Bewegungen der Schenkel in bestimmter Ordnung
und in einem geh�rigen Zeitmasse aufeinander, setzt es dieselben mit an-
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gemessener Kraft auf den Boden und verrichtet es eine massige Arbeit,
ohne bald zu erm�den, so gibt uns dieses einen Beweis von der St�rke
des k�rperlichen Mechanismus des Pferdes.
Nachdem die Aeusserungen des Temperamentes mit den Funktionen
eines wahrhaft gesunden K�rpers, namentlich mit den Verrichtungen der
Ern�hrung, Aussonderungen aus dem Gehirn in genauer Verbindung ste-
hen, so kann man auch wohl ein stets munteres, gehlustiges, frommes, we-
der zu reizbares, noch zum Scheuen geneigtes Temperament ein ge-
sundes nennen.
Auf welche Art nun zeigt ein Pferd, dass St�rungen dieses Gesund-
heitszustandes eingetreten sind, d. h. dass es sich krank f�hle?
Mangel an Fresslust, d. h. dass das Pferd das gew�hnliche
Futter entweder ganz versagt, oder nur zum Theil oder sehr langsam auf-
zehrt, ist meistens das erste Merkmal von Krankheits�usserung.
Ungew�hnliche Traurigkeit im Stalle, Laschheit bei
derArbeit, zuweilen nur in geringem Grade und ohne die Fresslust
ganz zu verlieren, macht einen aufmerksamen W�rter schon besorgt.
Ungew�hnlich vieles oder auch durch l�ngere Zeit sich gar
nicht niederlegen;
Oefter wiederholtes Niederlegen, bald wieder
schnell aufspringen, sehr unruhig liegen;
Zum Strahlen sich �fter anschicken, ohne es auszu-
f�hren, sind alles Aeusserungen vom innern Kranksein.
Sehr beschleunigter oder ungleicherFlankenschlag,
heftige Bewegungen der Nasenl�cher, bedeutende Un-
ruhe im Stalle, ge�ussert durch Kratzen mit den Vorder-
f�ssen, Umsehen nach den Flanken, sich Niederlegen-
wollen undes nicht ausf�hren;
Ferner ein sehr stierer Blick verbunden mit besonderer
U n emp f ind 1 i c h k e i t an sonst sehr empfindlichen K�r-
pertheilen (stiller Koller) besondere Z�higkeit bei An-
wendung von Z�gel- und Schenkelh�lfen sind Aeusserungen
verschiedener Krankheitszust�nde.
(Dieses kann z. B. durch Rossigkeit in sehr hohem Grade herbeige-
f�hrt werden; dann ist es rathsam mit dem Pferde Nachsicht zu
haben, denn nach einigen Tagen verschwindet dieser Zustand von selbst.)
Ungew�hnlich starkes Schwitzen bei der gewohnten Ar-
beitsleistung, sehr trockene spr�de Haut, glanzloses Haar
bei sonst guter Wartung, allm�liges Abnehmen an gutem Aussehen ohne
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ver�nderte Lebensweise lassen Gesundheitsst�rungen vermuthen , die fr�-
her oder sp�ter in g�nzliches Kranksein �bergehen.
Anmerkung. Manches Reitpferd, welches entweder durch einen
neuen W�rter, der die Eigenheiten des Pferdes noch nicht kennt, oder
ans Unachtsamkeit, wenn es gleich nach dem F�ttern geritten werden
soll, �berm�ssig fest gegurtet wird, mag nicht angehen oder zeigt Neigung
zum Niederlegenwollen, als ob es heftige Kolik bekommen h�tte, oder schwitzt
ungew�hnlich stark, st�hnt auf ungew�hnliche Weise, beachtet die er-
mahnende Schenkelh�lfe nicht so als sonst u. s. w. Das Pferd wird dann
zuweilen f�r krank gehalten, befindet sich aber nach einigen Minuten ganz
wohl, sobald dieser Gurtenzwang beseitigt wurde. Ein anderes m�chte
gern strahlen, es geht langsamer, matter, der unaufmerksame Reiterjjh�lt
das f�r Gehunlust, treibt es an, das Pferd geht aus Gehorsam fort und
wird aber �ber diesen Zwang der Harnverhaltung nachher krank u. s. w.
Unpassendes Geschirr, z.B. wenn das Brustst�ck zu hoch liegt,
und die Luftr�hre dr�ckt, oder zu tief liegt und dadurch die Bewegung
der Schulter sehr erschwert, erm�det das Pferd sehr, und veranlasst es
mehr zu schwitzen als sonst, wo das Geschirr passte, indem es an diesem
Tage durch Unaufmerksamkeit verschnallt war, oder von einem andern
Pferde genommen wurde, ohne zu untersuchen, ob es diesem auch passt.
Zu tief liegendes Brustgeschirr oder Kummet ist nebstdem die
erste Ursache, dass das Pferd vom Geschirre wund gedr�ckt wird.
Mancher, der die wahre Ursache nicht sieht, die er leicht beseitigen
k�nnte, h�lt dann das Pferd f�r krank.
In �hnlicher Weise treten Aeussernngen ein, wenn ein Pferd, das ge-
wohnt war, im Brustgeschirre zu gehen, nun im Kummet gehen soll,
oder umgekehrt. Manche Pferde versagen in solchem Falle auch wohl den
Gehorsam zum Ziehen, was sich aber dann in einigen Tagen bei einiger-
massen guter Behandlung wieder verliert.
F�rs praktische Leben leitet sich hieraus die Lehre ab, immer Sattel
und Zaum, oder das Geschirr zu untersuchen, wenn ein Pferd dergleichen
�ussert oder auch nur an einem Tage weniger gut geht, als an andern
Tagen.
Bez�glich dess: allm�liges Abnehmen in gutem Aus sehen
ohne ver�nderte Lebensweise muss ich bemerken, dass dieses
auch hie und da durch nachl�ssige oder betr�gerische W�rter, Reitknechte
und Kutscher aller Art herbeigef�hrt wird. Denn solche Leute tragen den
Hafer ins Wirthshaus, geben einem vielleicht etwas ungezogenen Pferde
kein Getr�nk, der unkundige Besitzer l�sst sich vielleicht auch noch bere-
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den, dem Pferde Haferzulage zu bewilligen u. s. w. Endlich wird der Be-
trug entdeckt, der W�rter entlassen, ein neuer, redlicher aufgenommen,
und das f�r krank gehaltene Pferd bek�mmt alsbald sein gutes Aussehen
wieder.)
Welches Mittel biethet sich auch dem Nichtthierarzte dar, um dem
h�heren oder geringeren Grad einer inneren Krankheit zu erkennen?
Das ist der Pulsschlag. Derselbe ist sowohl am Herzen als
an den gr�sseren Arterien f�hlbar. Gew�hnlich legt mau hierzu einige
Finger an die innere Seite einer Ganasche, wo man alsbald eine grosse
Arterie f�hlt.
Ein gesundes Pferd zeigt im ruhigen Zustande 36 � 40 Pulsschl�ge
in der Minute.
Diese Schl�ge vermehren sich nach dem Grade der Aufregung durch
st�rkeren Zufluss des Blutes; ist dieses die Folge von heftigerer Bewe-
gung im Gange, so muss der Puls sobald diese Ursache beseitigt ist, zu
seinem normalen Stand wieder zur�ckkehren. Bei inneren Entz�ndungs-
krankheiten bleibt die Steigerung der Schl�ge bis die Entz�ndung sich
vermindert.
SO�BS Schl�ge in der Minute deuten einen fieberhaften Zustand an;
bei 70 Schl�ge und dar�ber ist ein bedenklicher Fiebergrad vorhanden ;
von da an ist jede Vermehrung der Schl�ge mit Lebensgefahr verbunden,
so dass nur in seltenen F�llen der Puls vor dem Tode 100 Schl�ge
erreicht.
Sowie durch Aufregung, innere Entz�ndungskrankheit die Pulsschl�ge
vermehrt werden, so ist eine Verminderung unter der normalen Zahl ein
Zeichen von Schlaffheit, Schw�che oder allgemeiner Abspannung.
Bei Beurtheilung des Pulses ist �brigens wohl in R�cksicht zu zie-
hen, dass ausser Bewegung auch ein heisser Stall, sehr warme Tempera-
tur �berhaupt, pl�tzlich erregte Furcht u. s. w. die Zahl der Pulse auf-
fallend beschleunigen kann. Wenn ein liebloser, grober Mensch zu dem
Pferde hineintritt, es heftig anredet und rauh betastet, so kann dieses bei
einem reitzbaren Pferde dem Pulse in der Minute einige Schl�ge zulegen
und macht, dass man sich �ber den Zustand des Pferdes ein falsches Ur-
theil bilden kann. Ein umsichtiger Mann wird sich dem Thiere mit G�te
ann�hern, ihm schmeicheln, es streicheln und da selbst dann in manchen
F�llen der Kreislauf gest�rt werden kann, so wird er den Puls, ehe er
sich vom Pferde entfernt noch einmal untersuchen und seine Zahl
und Beschaffenheit mit der ersten Untersuchung vergleichen.
Die verschiedenen Abstuffungen des Pulses, ob er klein, hart,
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ungleich, voll, unterdr�ckt sei, geh�ren in das Bereich des
Thierarztes.
Das Blut ist der eigentliche Lebenssaft und ist im ganzen K�rper
vertheilt; von demselben h�ngt das Bestehen, die Ern�hrung und das
Wachsthum aller Theile ab, denn es ist aus allen Stoffen zusammengesetzt,
welche der thierische K�rper aus der Nahrung und der Athmos-
ph�re durch die Lymphgef�sse und die Athm ungswerk-
zeuge erh�lt.
Diejenigen Adern, welche das Blut aus dem Herzen in den K�rper
f�hren, heissen Arterien oder Pulsadern, die gr�sste und dem Herzen
zun�chst liegende ist die Aorta, welche sich in zwei grosse St�mme mit
dem einem gegen den Kopf mit dem anderen unter der R�ckenwirbels�ule
nach der Hinterhand theilt.
Diejenigen Adern, welche das Blut zum Herzen zur�ckf�hren heis-
sen Venen; die gr�sste und dem Herzen zun�chstliegenden heissen
die vordere und hintere H o h 1 v e n e.
Durch Einathmung der reinen, athmosph�rischen Luft wird das
Blut in der Lunge chemisch zersetzt, und gereinigt, indem das dunkle
Venenblut durch Hinzutritt des Sauerstoffs in hellrothes Arterienblut ver-
verwandelt wird.
Dieses ist der sogenannte, durch das Athmen in der Lunge bewirkte
Blutreinigungsprocess.
Das Blut erh�lt seinen n�hrenden Wiederersatz von der Nahrung
durch die Verdauung, von der Athmosph�re durch das Einathmen und
die Saugadern der Oberfl�che.
Der Zustand des Pferdes wird daher vorz�glich von der Nahrung und
der Luft abh�ngen n�mlich vom gesunden, nahrhaften, leicht verdaulichen
Futter und von reiner, trockener, massig warmer Luft.
In kleinen, niederen Stallungen oder in solchen, wo viele Pferde ste-
hen, wird die Luft durch das Ausathmen mit Kohlenstoff geschw�ngert,
wird zur Reinigung des Blutes ungeeignet und erzeugt Krankheiten.
(Rotz, Wurm, Typhus.)
Das Blut setzt seine n�hrenden S�fte im K�rper ab, und der Ver-
brauch derselben wird nur durch neuen Zufluss von Nahrungsstoffen aus
der Verdauung und durch das Einathmen frischer Luft ersetzt. Jede Be-
wegung beschleunigt nach Mass als sie eintritt den Kreislauf und das Ath-
men, also werden auch die aus der Nahrung zufliessenden Kr�fte schnel-
ler verbraucht.
Hieraus erkl�rt sich wie n�tzlich und nothwendig zum Gesunder-
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halten der Pferde t�gliche, massige Bewegung in freier Luft ist, dass die
Arbeit die Menge des Futters bestimmt, und wir unseren Pferden durch
Verabreichung von vielem Futter bei langer Ruhe ebenso schaden, als
wir dieselben durch geringe Nahrung bei grosser Arbeit schw�chen und
herabbringen.
Der Lauf des Blutes aus dem Herzen in den K�rper und von diesem
zum Herzen zur�ck heisst; Der grosse Kreislauf des Blutes; w�h-
rend der Lauf vom Herzen zur Lunge und aus dieser zum Herzen zur�ck
der kleine Kreislauf des Blutes genannt wird.
Die Galle wird aus dem Venenblute der hintern Gliedmassen und
den hinter der Leber gelagerten Organen in einen Kanal, (Pfortader)
gesammelt; diese m�ndet in die Leber, verzweigt sich in der Substanz
derselben und bereitet so die Galle; die Bereitung der Galle mit den dazu
geh�rigen Gef�ssen heisst das Pfortadersystem.
Das Lymphsystem besteht aus einer Verzweigung und Ge-
flechte von Kan�len, die in verschiedenen Theilen des K�rpers als unsicht-
bare F�den ihren Ursprung haben, und Saugadern genannt werden.
Die Saugadern vereinigen sich in ihrem Verlaufe zu gr�sseren
Zweigen bis sie endlich in zwei Hauptst�mme m�nden, und ihren Inhalt
in das Venenblut ergiessen.
Die Lymphadern bilden in ihrem Verlaufe durch Verschlingung
Knoten von verschiedener Farbe, Gr�sse und Gestalt, die Lymphdr�sen
genannt werden.
Die Verrichtung der Saugadern in Verbindung mit den Lymphdr�sen
ist, solche Fl�ssigkeiten im und ausser dem K�rper aufzusaugen, und
dem Blute zuzuf�hren, durch welche dasselbe seinen ern�hrenden Ersatz
erh�lt. Die Fl�ssigkeit, welche die Saugadern f�hren, heisst Lymphe.
Die Lymphdr�sen liegen selten vereinzelt, aber meistens in Gruppen
beisammen, an verschiedenen Theilen des K�rpers, als: an dem Bugge -
lenk, in der Brust und fast an allen Organen der Bauchh�hle, besonders
aber im Gekr�se, ferner unter den Lendenwirbeln und Kreuzbein, die
wichtigsten aber f�r uns sind die Kehlgangsdr�sen.
Was nennt man Serum?
Es ist dieses die Absonderung eines w�sserigen Dunstes durch die
sogenannten ser�sen H�ute, wie der inneren Auskleidung der Brust, des
Bauches, des Zwerchfells, des Gekr�ses, der ser�sen H�ute, des Gehirns, des
R�cken- und Knochenmarkes und der Sehnen.
Das Serum befeuchtet die Theile, erh�lt sie geschmeidig und ver-
hindert jede Reibung. Aehnliche Absonderungen sind das Gliedwasser,
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oder Gelenkschmiere, welche von den ser�sen, faserigen H�uten der B�n-
der ausgeschieden werden, und was mehr eine klebrige, schl�pfrige Feuch-
tigkeit ist.
Die Nerven werden in die Empfindungs-, Be wegungs-und
Gangliennerven eingetheilt.
Die Ganglien- oder sympatischeu Nerven sind unabh�ngig
von dem Willen des Thieros und sind bestimmt die Funktionen der Er-
n�hrungs- und Bildungsorgane zu f�rdern, daher sie auch organische
oder unwillk�hrliche Nerven genannt werden. Sie h�ngen zwar mit
dem Gehirn zusammen, sind aber durch Knoten von demselben getrennt.
Das Athmen, der Kreislauf, die Verdauung, die Aussonderungen etc. wer-
den durch eigene, unwillk�hrliche Nerven, so lange keine St�rung eintritt,
beth�tigt. Ihre Wirkung h�rt auch im Schlafe nicht auf, wo alle Sinnes-
empfindungen und das Bewusstsein ruhen.
Nachdem Lunge, Magen und H a u t die drei Organe sind, welche
selbst in unmittelbarer Beziehung zu einander stehen, die zur Ern�hrung
dienenden Stoffe in den K�rper aufnehmen, die zur Assimilirung mit dem
Blute nicht geeigneten wieder aussondern, und somit den ganzen Lebens-
process vermitteln und unterhalten, so wollen wir jedem einzelnen dieser
drei Organe eine besondere Aufmerksamkeit zuwenden.
Die Lunge besteht aus zwei Fl�geln, dem rechten und dem linken;
der linke, welcher unmittelbar am Herzen liegt ist etwas kleiner als
der rechte.
Die Verrichtung der Lunge nun besteht in folgenden:
Das Blut erleidet w�hrend seines Laufes durch den K�rper wo es
die Ern�hrung und alle Absonderungen besorgt Ver�nderungen, wodurch
es zur ferneren Ern�hrung des K�pers ungeeignet wird, und durch den
Hinzutritt von Sauerstoff aus der athmosph�rischen Luft wieder gereinigt
und zur Ern�hrung geeignet gemacht werden muss.
Diesen chemischen Process der Blutreiniguug besorgt wie schon
gesagt die Lunge durch das Ein- und Ausathmen, indem durch den Hinzu-
tritt von Sauerstoff das Uebermass an Kohlenstoff aus dem verbrauchten
Blute und aus dem K�rper entfernt wird.
Wenn das Thier sich stark anstrengt, bedarf es einer gr�sseren
Monge gereinigten Blutes um seine Lebenskr�fte zu unterhalten und durch
die Th�tigkeit der Muskeln wird das Blut zugleich rascher durch die Adern
getrieben. Durch das Ein- und Ausathmen wird das bereits gebrauchte Blut
wieder in brauchbares verwandelt, indem das Blut allen K�rpertheilen
ihre Lebenskraft zuf�hrt; je schneller nun der Verbrauch, desto schneller
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muss auch der Ersatz stattfinden und so ist es hieraus erkl�rlich, dass
auch ein auf der Stelle sich bewegendes Pferd, (z. B. bei der Arbeit in
den Pilaren), ausser Athem k�mmt; daher das schnelle und tiefe Athmen
eines schnelllaufenden Pferdes; daher die Notwendigkeit einer ger�umi-
gen Brusth�hle um Schnelligkeit mit Ausdauer zu verbinden: daher die
auffallende Erleichterung eines ausser Athem gekommenen Pferdes durch
Aufschnallen der Gurten oder durch eine wenn auch kurze K�he; daher
die Erscheinung, dass ein ausser Athem gekommenes oder lungenkrankes
Pferd selbst mit den gesundesten Beinen nicht mehr gehen, und warum
sonst ganz willige Pferde das Weiterziehen an einem Berge versagen,
wenn nicht zu rechter Zeit ein wenig Halt gemacht werden kann.
Nachdem nun die Lunge auf das Blut, als den eigentlichen Lebens-
saft und dessen Bereitung einen so grossen Einfluss nimmt, so ist es leicht
erkl�rlich, dass gest�rte Verrichtungen oder krankhafte Zust�nde der
Lunge auf den ganzen Lebensorganismus bedeutenden Einfluss nehmen
m�ssen.
Die Krankheiten der Athmungswerkzeuge geh�ren unter die bedeu-
tendsten und sind beim Pferde von grossem Einfl�sse auf seine Brauch-
barkeit, indem bei aller Arbeit des Pferdes Schnelligkeit und Ausdauer
nach Umst�nden im h�chst m�glichen Grade verlangt werden.
Wie sehr die Lunge hierbei einwirkt, wurde schon gesagt.
Es liegt daher im Interesse eines jeden Pferdebesitzers alle auf die
Lunge sch�dlich einwirkenden Einfl�sse m�glichst fern zu halten.
Welches sind nun die gew�hnlichsten Veranlassungen wodurch Lun-
genkrankheiten entstehen?
Pl�tzlicher Uebergangaus vieler langer Ruhe in heftige Be-
wegung, oder von starker Bewegung zu pl�tzlicher Ruhe, daher das alte
Sprichwort: Langsam aus dem Stall, langsam in den Stall,
stets wahr bleibt.
Schneller Wechsel der Temperatur, dem das Pferd beider
gew�hnlichen Stallbehandlung nur zu sehr ausgesetzt zu sein pflegt. In
den meisten St�llen ist die Temperatur der Luft im Fr�hjahre und Herbst
um mehrere Grade h�her als draussen im Freien, was im Winter noch
mehr hervortritt. Zu dem kommt, dass die Luft nicht allein erhitzt, son-
dern auch durch die Ausd�nstung des Pferdes, den durch das Ausathmen
aus dem K�rper entfernten und in die Stallluft �bergegangenen Kohlen-
stoff und die aus dem Miste entwickelten amoniakalischen Verdunstungen
verunreinigt ist, wie man aus dem scharfen Geruch und dem schmerzhaf-
ten Eindruck auf die Augen und die Brust entnehmen kann.
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Wenn nun ein Pferd in dieser heissen, verdorbenen Athmosph�re die
meiste Zeit warm zugedeckt steht, aus jeder Pore seiner Haut �berm�s-
sig ausd�nstet, dann pl�tzlich die Decken abgenommen werden und
das Pferd alle 24 oder gar nur alle 48 Stunden eine Stunde in die kalte
Winterluft k�mmt, so wirkt dieses unmittelbar auf die Haut nachtheilig.
Jede unterdr�ckte Hautausd�nstung �ussert sich nachtheilig f�r die Lunge
indem diese beiden Organe in steter Wechselwirkung zu einander stehen,
und zwar um so nachtheiliger f�r die durch die heisse und vergiftete Luft
zu Krankheiten geneigte Lunge.
Mangelan Bewegung oder Arbeit bei kr�ftigerEr-
n � h r u n g f�llt alle Gef�sse zu sehr an, dadurch entsteht Stockung der
S�fte, wodurch die Gef�sse, folglich auch ein so gef�ssreiches Organ, wie
die Lunge ist, zu Entz�ndungen geneigt werden.
Was f�r Schl�sse sind hieraus zu ziehen?
Dass reine, massig warme, jedoch nie erhitzte, oder mit vielen sch�d-
lichen Stoffen geschw�ngerte Stallluft ein Haupterforderniss zum Gesund-
erhalten der Pferde ist;
dass durch eine solche Luft der Unterschied zwischen der Luft im
Stalle und draussen sowohl in Bezug der verschiedenen Bestandtheile
als des W�rmegrades nicht so gross ist, wodurch auch ein so pl�tzlicher
Temperaturwechsel nicht eintritt;
dass viele Bewegung im freien in langsamen Gangarten der Gesund-
heit h�chst zutr�glich ist;
dass Nahrung und Arbeit stets in einem guten Verh�ltnisse stehen
m�ssen oder sollen;
dass ein Pferd, auch ohne schnell bewegt worden zu sein, was aber
Unkundige gar nicht einsehen wollen, bloss durch zu vieles Stehen in
schlechter, erhitzter Stallluft in Lungenentz�ndung verfallen k�nne und
endlich:
dass der Einfluss unreiner, verdorbener Luft auf die Bildung der
Rotz und Wurmkrankheit einen bedeutenden Einfluss nehmen muss; denn
diese Krankheiten bestehen in einer allgemeinen Verderbniss des Blutes
und der durch die Lunge vermittelte Hinzutritt reiner, athmosph�rischer
Luft zur gesunden Blutbereitung ist unerl�sslich.
Anmerkung. Reine Luft ist eine solche, welche in der Zusam-
mensetzung ihrer Bestandtheile dasjenige Verh�ltniss hat, wodurch die
Erhaltung des Lebens und der Gesundheit am besten bef�rdert wird. Die
Hauptbestandteile der Luft sind n�mlich: Sauerstoff, Stickstoff,
Kohlens�ure und Wasserdarapf.
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Sauerstoff und Stickstoff sind Luft- oder Gasarten, welche
weder Farbe, noch Geschmack, noch Geruch haben. Im Sauerstoff ver-
brennt eine Kerze viel schneller und viel heller als in gew�hnlicher Luft;
auch Thiere athmen darin anf�nglich mit mehr Leichtigkeit und Lust,
aber es regt sie auf, beschleunigt den Blutumlauf, bewirkt einen Fieberzu-
stand und t�dtet sie endlich durch das Uebermass der Aufregung. Sie le-
ben zu rasch in dem reinen Sauerstoffgas und verzehren sich schnell
darin, wie die blendend aufleuchtende aber bald verl�schende Kerze.
Im Stickstoff erlischt eine brennende Kerze augenblicklich,
Thiere, die hineingebracht werden, h�ren auf zu athmen.
Kohlens�ure ist eine Luftart, welche gleich dem Sauerstoff und
dem Stickstoff keine Farbe aber einen schwachen Geruch und einen merk-
lich sauren Geschmack hat.
Unter Wasser dampf oder Wasserdunst wollen wir die sicht-
baren oder unsichtbaren Wassertheilchen verstehen, die in offener Luft
von dem Wasser aufsteigen. Wenn man bei trocknem Wetter Wasser auf
den Boden giesst, so verschwindet es sehr bald; es steigt als unsichtbarer
Dampf oder Dunst in die Luft auf, und mischt sich mit den �brigen Be-
standtheilen derselben.
Diese vier Stoffe enth�lt die Luft �berall und zu jeder Zeit. Sie alle
sind f�r die t�glichen Bed�rfnisse des thierischen und des Pflanzenlebens
unentbehrlich, aber der Stickstoff und der Sauerstoff bilden einen
so grossen Theil des Ganzen, dass man gewohnt ist zu sagen, die Luft be-
stehe nur aus Stickstoff und Sauerstoff, und zwar in dem Verh�ltniss von
vier Theilen des erstem auf einen Theil des letztern.
Kohlens�ure ist in der Luft in verh�ltnissm�ssig nur sehr geringer
Menge vorhanden.
Der Wassergehalt der Luft �ndert sich mit dem Klima und der
W�rme des Ortes.
Mit jedem Athemzuge, der die Lungen des Thieres schwellt, saugt es
eine Menge Sauerstoff ein. Dieser Sauerstoff ist ein Theil seiner notwen-
digen Nahrung, den es aus keiner andern nat�rlichen Quelle beziehen
kann, und der ihm in jedem Augenblick von neuem geboten wer-
den muss.
Aber auch das Verh�ltniss, in welchem der Sauerstoff in der Luft
vorhanden ist, ist den Daseinsbedingungen der Thiere und Pflanzen ange-
messen. Best�nde die Luft aus Sauerstoff allein, so w�rde das Leben der
Thiere nur von sehr kurzer Dauer sein, und angez�ndete K�rper w�rden
mit ausserordentlicher Heftigkeit und Schnelligkeit verbrennen. Nun ist
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der Sauerstoff aber mit einer grossen Menge Stickstoff verni ischt, und
diese Luftart bewirkt eine unsch�dliche Verd�nnung desselben, da sie
nicht giftig wie die Kohlens�ure ist. Sie m�ssigt und verl�ngert die Wir-
kung des Sauerstoffs auf den K�rper, wie etwa Wein oder Spiritus durch
Wasser verd�nnt werden, und dadurch ihre zu heftige Wirkung ge-
m�ssigt wird.
Die Kohlens�ure ist f�r das Pflanzenleben eben so unentbehrlich, als
der Sauerstoff f�r das Thier. W�re keine Kohlens�ure in der Luft, so
w�rde das Wachsthum der Pflanzen g�nzlich stocken. Bald w�rde uns nur
eine traurige W�ste umgeben und mit dem erstorbenen Pflanzenleben
w�rde auch das der Thiere aufh�ren m�ssen.
Aber die Kohlens�ure ist ein Gift f�r die Thiere; ebendesshalb darf
die Luft nur eine so geringe Menge davon enthalten.
Nicht minder nothwendig ist der in der Luft enthaltene Wasserdampf
f�r das Bestehen der belebten Natur. Der Mensch und das durch Lungen
athmende Thier dunsten aus der Haut und den Lungen best�ndig Wasser
aus. W�re die sie umgebende Luft vollkommen trocken, so w�rde ihre
Haut vertrocknen und zusammenschrumpfen, und ein fieberischer Durst
w�rde ihren Leib verzehren.
Zur Erhaltung einer gesunden Luft in einem Stalle ist es nothwendig
stets einen Luftwechsel zu unterhalten. In gut eingerichteten Stallun-
gen dienen hierzu die bekannten Luftabz�ge; diese gen�gen jedoch nicht
immer, um die durch die Verwesung des Auswurfes, des Urines, sich bil-
denden Ammoniak- und des Ausathmens entstehenden Kohlenstoff-Be-
standtheile hinl�nglich zu entfernen und daf�r hinl�nglich Sauerstoff-Be-
standtheile aus der Luft aufzunehmen. Es m�ssen desshalb Th�ren und
Fenster �fter ganz ge�ffnet werden, wobei es jedoch zu vermeiden ist,
dass die Pferde in Zugluft stehen.
K�ucherungen erreichen nur dann den Zweck der Luftverbesserung,
wenn diese aus Stoffen bestehen, welche die sch�dlichen Bestandteile der
Stalluft aufsaugen; denn ausserdem erreicht man nur einen andern Ge-
ruch , aber die Luft ist nicht gereinigt. Desshalb ist Luftwechsel in oben-
angegebener Weise stets das beste.
Diese Erkl�rung �ber die Bestandtheile und die Eigenschaften der-
selben, woraus die atmosph�rische Luft besteht, wird hinl�nglich sein, um
auf die Notwendigkeit einer guten Stallluft zum Gesunderhalten der
Pferde hinzuweisen.
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Die Nasenl�cher und die Luftr�hren bilden nun die Wege, durch
welche die atmosph�rische Luft in die Lungen ein- und ausstr�mt. Es ist
daher begreiflich, dass diese Wege frei und geh�rig offen sein m�ssen, um
der Lunge ihre Verrichtungen zu erleichtern, und dass Krankheiten, Ver-
stopfungen oder Verengerungen in diesen Luftwegen das Athmen erschwe-
ren, nach Umst�nden fast unm�glich machen.
Welches sind nun die gew�hnlichsten Krankheiten
die in diesen Luftwegen und an der Lunge selbst vor-
kommen?
An der Spitze der Luftr�hre befindet sich der Kehlkopf; derselbe
besitzt viele Muskeln zu seiner Bewegung und zahlreiche Nerven; er ist
desshalb auch sehr empfindlich und muss es sein, da er die Lunge vor
nachtheiligen Einwirkungen zu bewahren hat. Dieser Kehlkopf nun ist aus
verschiedenen Ursachen �fter Entz�ndung ausgesetzt, in Folge deren
durch Ausschwitzung zerrinnbarer Substanz eine Verengerung desselben
zur�ckbleiben kann. Hierdurch entsteht beim Athmen ein pfeifender Ton
und man nennt ein solches Pferd einen Pfeifer oder Rohr er.
Bei manchen Pferden tritt dieses erst bei heftigerer Bewegung her-
vor , bei manchen nur dann, wenn sie in eine stark zusammengeschobene,
herbeigez�umte Stellung genommen werden; bei manchen tritt dieses
schon in massigem Trabb so stark hervor, dass sie dem Ersticken nahe zu
sein scheinen.
Mit der Dr�se, katharrhalischen Affektionen �berhaupt kann auch
Kehlkopfentz�ndung entstehen, wodurch krankhafte Ver�nderungen blei-
bend in diesem Theile hervorgebracht werden; aber auch �ussere Einwir-
kungen k�nnen dieses hervorbringen.
Ich habe ganz junge, vierj�hrige Pferde gekannt, die sehr stark r�hr-
ten. Namentlich ist mir eines, von einem Kameraden zum Zureiten anver-
traut, erinnerlich, welches im massigen Trabb so stark r�hrte, dass es un-
m�glich war, die Dressur zum Reitgebrauche fortzusetzen. Woher dieses
junge Thier, das unmittelbar aus der Hand des Z�chters in den Besitz
meines Kameraden gekommen war, dieses Leiden erhalten hatte, ist mir
unbekannt.
Indem alles, was auf das gesunde und ungehinderte Athmen unmittelba-
ren Einfluss nimmt, von so grosser Wichtigkeit f�r die Brauchbarkeit des
Pferdes ist, so kann ich nicht unterlassen, hier die Worte aus dem sehr ge-
sch�tzten Werke, das Pferd, aus dem Englischen �bersetzt von Hering,
anzuf�hren. Diese Worte verdienen um so mehr Beachtung, als sie auf
einen Gegenstand aufmerksam machen, der, wenn er auch nicht immer
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Kehlkopfentz�ndung hervorbringt, so doch gar oft zur Qual der Pferde
dient.
In dem genannten Werke heisst es:
Eine h�ufigere, bisher unber�cksichtigte Veranlassung zu Entz�n-
dungen und Entartungen des Kehlkopfes ist das scharfe Anziehen der Auf-
satztrensen bei Wagenpferden. Es ist unzweifelhaft, dass weit mehr Wa-
genpferde (Kutschenpferde) Pfeifer werden, als solche, die blos zum Reit-
dienste benutzt werden, und dies erkl�rt sich aus dem fortdauerden und
beschwerlichen Druck, welchen das straffe Anziehen des Aufsatzz�gels, damit
das Pferd den Kopf gut tragen lerne, auf den Kehlkopf und die Luftr�hre
aus�bt.
Wir haben den Kehlkopf und ein St�ck der Luftr�hre zun�chst an
ihm flach gedr�ckt, gekr�mmt und auf die seltsamste Weise verdreht ge-
sehen , was nicht durch Krankheit, sondern blos auf mechanische Weise
geschehen sein konnte.
Dieser Uebelstand kommt meistens bei jungen Pferden vor; der sehr
gebogene Hals und aufgerichtete Kopf des Wagenpferdes ist eine unnat�r-
liche Stellung, welche das Thier, wie sehr es auch daran gew�hnt sein
Wag, gerne wieder verl�sst.
Diejenigen, welche Wagenpferde dressiren, sollten begreifen, dass,
wenn der Kopf eines Wagenpferdes zum erstenmale durch den Aufsatzz�-
gel zur�ckgezogen wird, dies grosse Sorgfalt und Vorsicht erheischt. Es
°iuss Nachtheil bringen, wenn die Kehle gewaltsam gedr�ckt wird, beson-
ders da die Gefahr durch die Ungeduld des noch nicht daran gew�hnten
Thieres vermehrt wird.
Der Kopf des Reitpferdes erh�lt nach und nach durch die Hand des
Bereiters seine geh�rige Stellung, welcher geschickt mit dem Drucke
flachl�sst oder steigt, und mit dem Maule gleichsam spielt, wogegen das
arme Wagenpferd durch einen Z�gel gehalten wird, der nie nachgibt, und
seine Nase wird zum Nachtheile des Kehlkopfes und der Luftr�hre herbei-
genommen, ein Nachtheil, der noch besonders vergr�ssert wird durch
einen ung�nstigen Ansatz des Kopfes, oder einen dicken, verkehrten Hals
oder enge Ganaschen.
Die Form des Kehlkopfes und der Luftr�hre wird nach und nach
vpr�ndert, wenn sie so zwischen die Kiefer und die Halswirbel hineinge-
kleramt werden; ferner werden die Muskeln dieser Theile durch den
Druck unf�hig zu ihrer Verrichtung und bleiben es am Ende, selbst wenn
der Druck aufgeh�rt hat. Da nun auf diese Weise der Kehlkopf w�hrend
dem beschleunigten Athmen des Thieres nicht hinreichend ge�ffnet wer-
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den kann, so str�mt die Luft mit Gewalt durch die verengte Oeffnung und
bringt so das Pfeifen hervor.
Man glaubt gew�hnlich, das Koppen endige gern mit dem Pfeifen;
indessen, es ist nichts beim Koppen, was dazu f�hren k�nnte, wohl aber
sind es die gew�hnlich zum Verhindern des Koppens angewendeten und
um den oberen Theil des Halses fest zugeschnallten Koppriemen, welche
nothwendig den Kehlkopf dr�cken und verdrehen m�ssen, ja ihn sogar
l�hmen k�nnen.
Die Behandlung des Pfeifens ist sehr unbefriedigend; aus der Natur
dieser Krankheit kann man schon abnehmen, dass ihre Heilung meist
ausser dem Bereiche der Kunst liegt; diese kann n�mlich einem auf diese
Weise beleidigten Kehlkopfe seine nat�rliche Lage und Form nicht wieder
geben. Ist ein Ring oder Band von geronnener Lymphe vorhanden, so gibt
es kein Mittel es zu entfernen; oder wenn die Muskeln des Kehlkopfes
gel�hmt sind, kennen wir kein Mittel, um sie wieder in Th�tig-
keit zu setzen, oder keine Methode den dazu n�thigen Reiz anzu-
bringen.
So weit der citirte Autor.
Die Spaltung der Luftr�hre bei ihrem Eintritt in die Lungen und die
zahlreichen Verzweigungen, in welche sie sich unmittelbar nachher theilt,
nennt man Bronchien oder Luftr�hren�ste und die Entz�ndung der sie
auskleidenden Haut: Bronchitis oder Luftr�hrenentz�ndung. Sie ist eine
Ausbreitung des Katarrhes bis zum Eintritt der Luftr�hre in die Lungen;
das Athmen ist schneller und beschwerlicher als beim gew�hnlichen Ka-
tarrh und eigenth�mliches Keuchen ist h�rbar, das durch Heraufhusten
von Schleim vermindert wird.
Die Dr�se, obwohl eigentlich in einer Affektion der Nasenschleimhaut
bestehend, ist doch gew�hnlich mit einer Geschwulst das Kehlganges ver-
bunden , wodurch die Luftwege ebenso sehr verengert werden, als durch
eine grosse Anh�ufung in der Nase sich krankhaft absondernden
Schleimes.
Ebenso nimmt jeder Grad katarrhalischen Leidens auf das Athmen
mehr oder weniger Einfluss.
Lungenentz�ndung kommt ziemlich h�ufig vor, und hat je nach der
Art ihres Verlaufes mancherlei Leiden im Gefolge. Manchmal werden die
Pferde pl�tzlich davon befallen, meistens aber geht ihr verminderte
Fresslust, Traurigkeit, Frostschauder, Husten und dergl.
voraus.
Die gew�hnlichsten Ursachen der Lungenentz�ndung sind: Schneller
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Wechsel von Hitze und K�lte oder umgekehrt; Waschen mit kaltem Was-
ser unmittelbar nach dem Gebrauch; Laufen gegen kalten Wind; allge-
meines Fieber, z. B. bei heftiger Halsentz�ndung, Ged�rm-, Hufentz�n-
dung etc., das sich auf die geschw�chte Lunge wirft; vernachl�ssigter oder
mit reizenden Mitteln behandelter Katarrh. Auch zu schneller Uebergang
von der Weide- zur Stallf�tterung oder umgekehrt kann Lungenentz�n-
dung hervorbringen.
Bei dem entschiedenen Vorhandensein der Lungenentz�ndung ist ein
sehr ausgiebiger Aderlass der nach Umst�nden wiederholt werden kann,
das erste und nothvvendigste Mittel. Dann werden scharfe Einreibungen zu
beiden Seiten der Brust angewendet, um die Entz�ndung nach ausw�rts zu
leiten; Bef�rderung der Hautth�tigkeit durch warmes Zudecken, um den
Zudrang des Blutes von der Lunge weg mehr nach aussen im Allgemeinen
mehr in Th�tigkeit zu erhalten, ist sehr nothwendig; dabei darf der Stall
keineswegs heiss, sondern mit m�glichst reiner, frischer Luft versehen sein.
Nach Verlauf von 48 Stunden pflegt es entschieden zu sein, ob der Pa-
tient geheilt sein wird, ob bald der Tod erfolgt oder ob sich aus der Ent-
z�ndung andere Krankheitsformen bilden. Ist die Entz�ndung ohne �ble
Folgen beseitigt, so darf man sich nicht zu sehr beeilen das Pferd
durch sehr nahrhaftes Futter schnell wieder herauszuf�ttern.
Geht die Entz�ndung in Zertheilung nicht �ber, so treten nach drei
h�chstens f�nf Tagen verschiedene Entz�ndungs�berg�nge ein, wodurch,
wenn auch das Pferd am Leben bleibt, die Brauchbarkeit des Thieres sehr
beeintr�chtigt werden kann.
Wenn eine Ausscheidung des gerinnbaren Theiles des Blutes in die
Lungensubstanz stattgefunden hat, wodurch viele Luftzellen ausgef�llt und
andere verschlossen werden, so verursacht dieses Schwerathmigkeit
auch Hartschnaufen genannt, welches mit Schnelligkeit unvertr�glich ist,
und h�ufig in D�mpfigkeit �bergeht.
Wasserergiessungen in die Brusth�hle, gew�hnlich �bergan-
gene Lungenentz�ndung genannt, sind eine andere Folge und bilden
dann die Brustwassersucht, welche dann endlich bei gr�sserem Um-
fang die Ausdehnung des Herzens und der Lunge hindert, wodurch das
Thier ersticken muss.
Eiterung in der Lunge, Verjauchung derselben, Bildung von Lungen-
knoten (Tuberkel) sind h�ufig auch Folge von Lungenentz�ndung. Diese Lun-
genknoteu t�dten dieThiere gew�hnlich nicht bald und sind ihrer nur wenige
vorhanden, so leben sie damit fort; ist aber die Lunge vollauf damit besetzt,
so verdr�ngen sie die Lungensubstanz und st�ren dadurch den Verkehr
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mit der Lebensbedingung: d e r L u f t. Daher magern solche Pferde ab,
wenn sie auch bei Fresslust bleiben, athmen schneller und auffallender,
werden d�mpfig, husten �fters, und der Husten ist bald trocken, bald
mit einem Ausfluss eines mehr br�ckligen Schleimes aus der Nase
verbunden.
Ein J zwar seltener, aber durch heftigen Blutandrang beding-
ter Fall ist Berstung und Zerreissung der Lunge, wovon das Thier
schnell durch innere Verblutung zu Grunde geht.
Der Damp f ist eine chronische, fieberlose, die Verwendung
des Thieres seh ^beeintr�chtigende meistens unheilbare Ath-
mungsbeschwerde.
Die n�chste Entstehungsursache des Dampfes liegt in einer krank-
haften Aenderung entweder der eigentlichen Athmungswerkzeuge oder
anderer beim Athemholen einwirkender Organe, wodurch es geschieht,
dass das Thier in einem einzigen ruhigen Athemzuge nicht die n�thige
Menge Luft einathmen kann, sondern mehrere und angestrengte Athem-
zuge machen muss um sich die zu seiner Erhaltung n�thige Quantit�t
Luft zu verschaffen, die bei allem dem den normalen Verkehr doch nicht
unterhalten kann, wenn die Lungen durch schon genannte Entz�ndungs-
�berg�nge krankhaft ver�ndert sind.
Da der Dampf selten ein prim�res Leiden, sondern meistens eine
Nachkrankheit vorangegangener Leiden ist, so sind alle Ursachen, welche
Entz�ndungen der eigentlichen Athmungswerkzeuge verursachen, den
freien Luftverkehr, sowie eine ungest�rte, hinl�nglich kr�ftige Ausdeh-
nung der Lunge verhindern, als Dampferzeugung anzusehen. Solche Ur-
sachen sind z. B. Druck auf den Kehlkopf durch zu zwangvolle Z�a-
mung hervorgebracht, Schwinden der Kehlkopfsmuskeln, viele Nahrungs-
mittel die ohne viel Kraft zu geben die Bauchh�hle zu sehr ausdehnen,
und die Bewegung des Zwergfelles hindern; dumpfige, staubige Nah-
rung, von Natur zu schmaler Brustkasten u. s. w.
Von einem in Lungenleiden wurzelnden Dampfe sind nicht selten
Rotz und Wurm die Folgen, indem durch die mangelhafte Verrichtung der
Lunge der Zutritt der atmosph�rischen Luft zum Blute verhindert ist,
wodurch nach und nach eine immer gr�ssere Verschlechterung in der
Blutbereitung eintritt.
Selbst bei geringem Vorhandensein des Dampfes athmet das Pferd
in ganz ruhigem Zustande 4�6 oder noch mehr Athemzuge in der Mi-
nute schneller als ein gesundes Pferd und dabei ist das Athmen
auffallend.
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(Das gesunde Pferd athmet bekanntlich im ruhigem Zustande 8�10
Mal in der Minute.)
Beim Ausathmen geschieht die Flankenbewegung stossweise, so zu
sagen doppelt.
L�ngs der Anheftung des Zwergfelles an die Knorpel der fal-
schen Rippen zeigt sich beim Einathmen eine Rinne, Dampfrinne
genannt.
Die Bewegung der Nasenl�cher ist auffallend und correspondirt nicht
immer richtig mit der Flankenbewegung.
Bei h�herem Grade des Uebels wird das Athmen h�rbar und im
h�chsten Grade entsteht eine von der Zusammenziehung der Bauchw�nde
ausgehende Ersch�tterung des ganzen K�rpers.
Zur Beurtheilung des Dampfes soll man immer mit dem Thiere eine
anstrengendere Bewegung vornehmen. Nach dem Futtergenusse, nach der
Tr�nke, bei grosser Hitze, und bei feuchter sehr kalter Witterung werden
alle Erscheinungen des beschwerlichen Athemholens auffallender, und
halten noch lange oft eine Viertelstunde und noch l�nger nach der Bewe-
gung fortw�hrend an.
Noch w�re �ber den Dampf zu bemerken:
dass es mindere und h�here Grade des Uebels gibt und nicht
�berall alle Erscheinungen zugegen sind;
dass der Husten kein wesentliches Symptom des Dampfes ist, denn es
kann Husten ohne Dampf vorhanden sein; wenn Husten zugegen, so
ist er kurz, hohlklingend und trocken.
Bei lange dauerndem Dampfe tritt Magerkeit ein, das Pferd bek�mmt
glanzloses, struppiges Haar und einen aufgezogenen, (aufgesch�rzten)
Leib, es verliert sein fr�heres Feuer und Temperament und schwitzt leicht
bei geringer Anstrengung. Alle diese Erscheinungen sind Folgen des
gest�rten Verkehrs der Luft mit dem Blute, weil die atmosph�rische
Luft die wichtigste Lebensbedingung ist.
Indem d�mpfige Pferde zu langsamen Zugdienste noch Jahre
lang brauchbar sein k�nnen, so muss man trachten, sie wenigstens so
lange als m�glich brauchbar zu erhalten und ihnen das Athmen zu
erleichtern. Die Mittel hierzu sind massige Arbeit bei hinl�nglicher
Schonung;
dann zweckm�ssige F�tterung d. h. Gr�nfutter, wo m�glich auf der
Weide genossen, oder statt dessen gelbe R�ben, (M�hren) etc. Anstatt
des Heues, Strohf�tlerung, �berhaupt Futter, das hinl�ngliche Kraft gibt
ohne den Bauch zu sehr anzuf�llen, und dieses in kleineren, �fteren Ga-
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ben reichen; sogleich nach der F�tterung verschone man das Pferd
wo m�glich mit Arbeit und verlange kein schnelleres Gehen von ihm.
Lungenleidende Hengste oder Stuten sind jedenfalls von der Zucht
auszuschliessen.
Unter chronischen Husten versteht man, wenn das Pferd ohne sonst
an einem Katharr oder Lungenkrankheit zu leiden, oder kurz vorher
gelitten zu haben, zeitweise hustet, ohne sich dabei sonst
krank zu zeigen, und dieser Zustand lange Zeit andauert.
Es liegt diesem entweder eine schleichende, langdauernde (d. h.
chronische) Entz�ndung der Luftwege oder eine �beraus grosse Em-
pfindlichkeit der Luftwege zum Grunde, so dass schon ganz ge-
ringe Anl�sse z. B. eine etwas k�ltere Luft, kaltes Getr�nk, stau-
biges Futter eine etwas st�rkere Anstrengung u. s. w. einen Reite der
Luftr�hre verursachen, und Husten erregen.
Lungenknoten, die so lange sie nur Verh�rtungen auf einzel-
nen Punkten bilden, den Verkehr zwischen Luft und Blut nicht bedeu-
tend hemmen, erregen einen zeitweisen, trockenen Husten. Nehmen aber
diese Knoten an Zahl und Umfang zu, und �bergeht die Verh�rtung in
Vereiterung, so gehen bedeutende St�rungen des Athemholens vor sich
und es entsteht ein eiteriger Ausfluss, Abmagerung, die Fresslust geht
verloren, fauliges Fieber, ja selbst Wurm und Rotz sind die gew�hnlichen
Folgen dieser langwierigen Krankheit, die unausbleiblich mit dem Tode endigt.
Zur Heilung des chronischen Hustens ist einige Hoffnung da, wo die
Ursache in besonderer Empfindlichkeit der Luftwege zu suchen ist; bei
Lungenknoten, Eiters�cken etc. verschwindet die Hoffnung dazu, obwohl
Pferde mit Lungenknoten noch lange leben k�nnen und zu geringen
Dienstleistungen zu verwenden sind.
                                       i
Woraus auf eine gesunde Beschaffenheit des Magens und der Ge-
d�rme zu schliessen sei, wurde schon fr�her erw�hnt; wir wollen nun
hier den Magen und die Verdauungsorgane in ihren Verrichtungen
�berhaupt und ihren krankhaften Zust�nden etwas n�her betrachten.
Das durch die Lippen und das Maul aufgenommene und durch die
Z�hne zerkaute Futter wird schon w�hrend dessen mit Speichel befeuch-
tet; durch den Schlund gelangt es in den Magen, vom Magensaft
befeuchtet wird die Verkochung des Magenbreies bef�rdert, welcher
dann als solcher in die Ged�rme gelangt. Die Ged�rme bilden einen
Hautschlauch, der 9�11 Mal l�nger ist, als das Pferd; der theils gr�s-
sere, theils kleinere Umfang bedingt die Benennung: D�nn- und
Dickdarm.
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Die Verrichtung des Magens und der Ged�rme mit ihren Nachbar-
organen als: der Leber, der Bauchspeicheldr�se, der Milz und
'des Gekr�ses, die Futterstoffe aufzunehmen, sie in Nahrungssaft zu
verwandeln, dem Blute zuzuf�hren und die unverdaulichen Theile durch
den Mastdarm aus dem K�rper zu schaffen, wird mit einem Worte:
Verdauung genannt.
Hieraus geht hervor, dass Leiden des Magens und der Ged�rme,
sowie der zur Bereitung des Magensaftes (Chylus) mitwirkenden Nach-
barorgane gew�hnlich in genauer Verbindung stehen; daher die mangel-
hafte Ern�hrung des Pferdes bei Leberleiden, Gekr�sdr�senverh�r-
tungen u. s. w.
Mangel an Fresslust ist nicht immer ein Zeichen von krankhaf-
ten Zust�nden des Magens und der Ged�rme, denn man muss in diesem
Falle untersuchen, ob das Thier nicht fressen will, nicht fressen kann
oder nicht zu fressen weiss.
Die Thiere wollen nicht fressen, wenn sie Abneigung oder gar
Eckel vor Nahrungsmitteln haben, z. B. bei �belriechenden, dumpfigen
Futter, sehr schilfigem Heu, unreinen, stinkenden Krippen etc. oder bei
wirklichen Krankheitszust�nden, als gastrischem Leiden, Koliken, Magen-
und Ged�rmentz�ndungen oder auch bei heftigein Leiden anderer Bauch-
und Brust oder Kopfeingeweide, wegen der Sympathie der Verdauungs-
organe mit allen �brigen Organen.
Die Thiere k � n n e n nicht fressen wie bei Entz�ndungen des Mau-
les, der Schlingwerkzeuge und bei sogenannten Wolfsz�hnen, wegen der
Schmerzen; oder wie bei der Maulsperre, wegen Verschliessung des
Maules.
Die Thiere w i s s e n nicht zu fressen, wenn ihnen das Bewusstsein
fehlt, wie bei Gehirnentz�ndung, Koller, oder sonstiger Bet�ubung.
Was nennt man ein gastrisches Leiden?
Diese Benennung k�mmt von dem griechischen Worte »Gaster«, Magen
oder Bauch und bezeichnet den geringsten Grad eines Bauchleidens,
dadurch entstanden, dass die Verdauungskr�fte und S�fte nicht hinreichen
um das Genossene geh�rig zu verarbeiten.
Es �ussert sich durch verminderte oder g�nzlich aufgehobene Fress-
lust, unordentliche Entleerung eines gew�hnlich schlecht verdauten Mistes
ohne bedeutende Kolikschmerzen zu zeigen.
Der Sitz des gastrischen Leidens sind der Magen und die Ged�rme ;
ist Fieber vorhanden, so nennt man es gastrisches Fieber, welches
dann gew�hnlich eine Ged�rmentz�ndung ist.
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Entstehungsursachen sind gew�hnlich:
Zu viel Futter und Mangel an Bewegung;
schlechte Beschaffenheit des Futters, wenn es schimlig,
dumpfig, erhitzt, in unreinen, stinkenden Krippen gereicht wird;
kaltes, bethautes Gr�nfutter, verdorbenes, unrei-
nes, zukaltesW asser;
pl�tzlicher Uebergang von Gr�n zum Hartfuttur, oder
umgekehrt;
Verk�ltungen und endlich werden auch das Koppen, W�r-
mer und Bremsenlarven im Magen des Pferdes als Ursachen zur
Unverdaulichkeit betrachtet.
Worin besteht nun eigentlich das Wesen des gastrischen Leidens ?
Ist das Genossene in zu gr oss er Menge oder in fehlerhafter
schlechter Beschaffenheit in den Magen gelangt, oder sind die Verdau-
ungskr�fte �berhaupt schon geschw�cht, so k�nnen sie �ber den Inhalt
des Magens nicht Meister werden, d. h. ihn nicht verdauen. Bleiben nun
diese unverdauten Stoffe l�nger im Magen und in den Ged�rmen liegen,
so gehen sie in der Folge in saure und faule G�hrung �ber. Werden diese
unverdauten Stoffe aus dem Magen und den Ged�rmen nicht entfernt, so
nimmt die G�hrung immer mehr zu, und die Stoffe wirken durch ihre
Menge mechanisch, durh ihre faule oder saure Beschaffenheit chemi s ch
auf die Magen-und Darmw�nde zur�ck und erzeugen dadurch selbst
Koliken, Magen- und Ged�rmentz�ndungen, Durchfall etc.
Es ist also das gastrische Leiden so zu sagen der erste Schritt zur
Kolik, Magen- und Ged�rmentz�ndungen.
Die wirklich �rztliche Behandlung dieses Leidens, und es zu erken-
nen, ob die Fresslust nicht zu Folge eines anderen Leidens z. B. Lungen-
entz�ndung, heftiger Schmerzen einer Wunde etc. etc. verloren gegan-
gen ist, geh�rt in das Bereich eines Thierarzten.
Hier sei nur erw�hnt, dass ein gastrisches Leid en im geringen Grade
durch Futter abb ruch und Klystiere zur Entfernung der unverdauten
Futterstoffe aus den Ged�rmen auch ohne Thierarzt wird behoben werden
k�nnen.
Die meisten Pferdew�rter machen in solchen F�llen den Fehler, dass sie
das in der Raufe und Krippe �brig gelassene Futter dem Pferde nicht
wegnehmen, wodurch das Pferd gew�hnlich noch mehr Eckel davor
bek�mmt. Ist nun das Pferd so weit hergestellt, dass es wieder anf�ngt zu
fressen, so pflegen sie gleich zu viel Futter zu geben, in der unrichtigen
Meinung es dadurch schnell wieder zu Kraft zu bringen.
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Durch Brechmittel den Magen zu reinigen ist beim Pferde nicht
anwendbar ; denn der Magen des Pferdes ist an der M�ndung des Schlun-
des mit einer starken Muskel versehen, welcher dieselbe nach dem Durch-
gange des Futters schliesst, und dadurch die Entleerung des Magens auf
diesem Wege unm�glich macht.
Der Magen des Pferdes ist im Verh�ltniss zu demselben sehr klein,
darum geht andererseits die Verdauung rasch vor sich.
Es ist dieses bei einem Thiere, das ebenso zur Schnelligkeit als zur
Ausdauer in derselben bestimmt ist, eine sehr weise Einrichtung der Na-
tur. W�re der Magen viel gr�sser, so w�rde er, wenn durch lange Zeit
mit Nahrungsstoffen angef�llt, wegen seiner nahen Lage am Zwerchfell
auf dieses dr�cken; dieses aber ist durch seine zusammenziehende und
nachlassende Kraft beim Athmen sehr betheiligt.
W�rde diese Th�tigkeit nun durch die zu grosse Ausdehnung des
Magens beeintr�chtigt, so w�rde dadurch der Lunge Platz an freier Th�-
tigkeit genommen und die Ausdauer in der Schnelligkeit offenbar sehr
beeintr�chtigt.
Durch die schnelle Verdauung wird der durch Schnelligkeit in
der Bewegung gesteigerte Verbrauch an Blut und Lebenskraft bald wie-
der ersetzt.
Was f�r eine Lehre leitet sich hieraus f�r uns ab ?
Indem der volle Magen gegen das Zwerchfell dr�ckt, und dasselbe in
seiner Th�tigkeit beim Athmen hindert, so kann ein Pferd mit vollem Ma-
gen keine anstrengende Arbeit verrichten, und ebensowenig den fest
gegurteten Sattel vertragen; es ist daher nothwendig die Verdauung abzu-
warten bevor das Pferd gebraucht wird.
Trotz der schnellen Verdauung kommen wahrscheinlich wegen der
Kleinheit des Magens, besonders bei gierig fressenden Pferden Ueberf�t-
terungen, Magenausdehnungen und sogar Magenberstungen vor; sie geben
uns die Lehre, dem Pferde wohl �fter, jedoch in geringerem Masse Futter
und Getr�nk zu verabreichen. Das Pferd unmittelbar vor dem Reiten sich
ganz voll saufen zu lassen, beeintr�chtigt die Leistungsf�higkeit sehr;
der englische Trainer z�hlt die Schlucke Wasser, die er dem Pferde
namentlich am Morgen vor dem Rennen verabfolgt.
Indem Koliken �fter bei Pferden vorkommen, und auch ohne einen
Thierarzt erkannt und beseitigt werden k�nnen, so wird es gut sein, sich
etwas l�nger hierbei aufzuhalten.
Worin besteht nun eigentlich das Wesen der Kolik ?
Kolik ist ein Leiden des Magens oder der Ged�rme oder beider
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zugleich, mit mehr oder weniger heftigen, nachlassenden und wieder
zunehmenden Bauchschmerzen, denen eine entz�ndliche Neigung oder
Blutcongestion der genannten Theile zu Grunde liegt, haupts�chlich
bedingt durch St�rungen der Verdauungsth�tigkeit oder wenigstens mit
diesen vergesellschaftet.
Je nach den Hauptgelegenheitsursachen zu ihrer Entstehung und
den auffallendsten Krankheitserscheinungen, hat man ihr verschiedene
Namen gegeben, z. B. Futterkolik, Verk�hlungskolik, Wind-, Wurm-,
Verstopfungs-, Bl�h-, Entz�ndungskolik, ferner Nierenkolik, Blasenko-
lik u. s. w. Aus diesen Benennungen sind schon die h�ufigsten Ursachen
zur Kolik zu entnehmen; aber diese vielen Benennungen sind ohne prak-
tischen Nutzen. Denn das wahre Wesen der Kolik ist immer das n�m-
liche, nur die Entz�ndungsgrade sind h�here und niedere, und
daher die Gefahr f�rs Leben geringer oder bedeutender. So ist z. B. Nie-
renkolik eine Entz�ndung der Nieren, Blasenkolik eine Entz�ndung der
Harnwerkzeuge.
Wodurch und wie �ussert das Pferd, dass es an Kolik leide?
So wie bei allen inneren Leiden die verlorne Fresslust das erste
Zeichen der Krankheit ist, so auch hier; die Thiere werden unruhig,
sehen sich oft nach dem Bauche um, schlagen mit den Hinterf�ssen dar-
nach, kratzen und stampfen mit den Vorderf�ssen, wedeln mit dem Schweife,
dr�ngen zum Misten, stellen sich zum Strahlen, jedoch ganz ohne oder
mit sehr geringem Erfolge, werfen sich zur Erde, w�lzen sich auf dem
R�cken, springen pl�tzlich auf, scheinen einige Minuten ruhiger, wenn
die Schmerzen nachgelassen haben, und langen auch wohl nach dem Fut-
ter; aber pl�tzlich kehren die Schmerzen wieder und alle fr�heren Er-
scheinungen wiederholen sich.
Die Grundz�ge der gew�hnlichen Verfahrungsweise zur Beseitigung
der Kolik sind nun folgende:
Nachdem keine Kolik ohne Mistentleerung oder Entfernung von
Winden geheilt werden kann, so sind vor allem Klistiere nothwendig um
angesammelte, unverdaute Futterstoffe zu entfernen und die wurmf�rmige
Bewegung des Darmkanals anzuregen. Langsame Bewegung im Schritt
bef�rdert dieses und verhindert zugleich das Niederwerfen und W�lzen,
wodurch h�chst gef�hrliche �erstungen und Ged�rmverwicklungen ent-
stehen k�nnen.
Es ist ein gutes Zeichen, wenn das Pferd das Klistier l�ngere Zeit
bei sich beh�lt, indem es dadurch viel aufl�sender wirkt, was nicht der
Fall ist, wenn es den Klistiergehalt gleich wieder als blosses Wasser von
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sich gibt. Fleissiges, festes Reiben mit Stroh �ber die ganze Oberfl�che
des K�rpers, vielleicht unterst�tzt durch Einspritzen mit Terpentin�l l�ngs
des R�ckens, namentlich in der Nierengegend, ist sehr nothwendig und
zweckm�ssig, besonders wenn die Kolik durch Verk�hlung entstanden
w�re. Dass dem Pferde w�hrend der Kolik nichts zum Fressen gereicht
werden darf, ist wohl nat�rlich.
Wenn nun auch durch diese Mittel allein nicht jede Kolik behoben
werden wird, so sind sie doch immer gut anzuwenden, um einer bedeuten-
deren Verschlimmerung des Zustandes bis zur Ankunft eines oft entfern-
ten Thierarztes vorzubeugen. Sind die Schmerzens�usserungen nach meh-
ren Stunden nicht viel geringer oder beseitigt, so ist durch die zuneh-
mende Entz�ndung die Gefahr immer gr�sser; kr�ftige, scharfe Einrei-
bungen an den Bauchw�nden und ein sehr ergiebiger Aderlass werden
nothwendig.
Dieser wird bei der Kolik stets angezeigt sein, sobald der Puls die
H�he von 60 Schl�gen und dar�ber erreicht.
Dass durch die Blutentziehung der Darmkanal von seinem sch�dli-
chen Inhalt nicht gereinigt wird, ist einleuchtend, allein es wird dadurch
der entz�ndliche Zustand des Magens und der Ged�rme gem�ssigt, der
durch die R�ckwirkung des sch�dlichen Darminhaltes unaufhaltsam ein-
tritt und zunimmt.
Bei Pferden, die trotz aller angewendeten Mittel an Kolikschmerzen
umgestanden sind, findet man �fter Ged�rmverschlingungen oder unent-
fernbare fremde K�rper, als Glasscherben, Nadeln , Sand etc., wo dann
freilich jede Hilfe vergeblich war.
Die bei Koliken angewendeten Klystiere bestehen in Wasser, worin
Kochsalz oder Seife aufgel�st worden ist; bei hartn�ckiger Verstopfung
nimmt man den noch mehr reizenden Tabakabsud mit etwas aufgel�ster
Seife vermischt, und wiederholt ein solches Klystier alle b Minuten, auch
Nvohl �fter. Sie sind das vorz�glichste Heilmittel bei Koliken und
sind bei geringen Anf�llen oft allein genug , um das Leiden zu
heben.
Entz�ndungen des Magens allein kommen bei Pferden h�chst selten
vor, sondern meistens in Verbindung mit Ged�rmentz�ndung; wogegen
letztere auch ohne erstere stattfinden kann. Dies k�mmt daher, weil der
Magen bei allen Thiergattungen ein sehr kr�ftiges nicht so leicht verletz-
bares Organ ist. Es ist dieses eine sehr weise Einrichtung aer Natur, weil
er so zu sagen den ersten Anfall aller genossenen oft so verschiedenarti-
gen Stoffe aushalten muss, damit sie durch seine Verdauungskraft in
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etwas gemildert und bezwungen den weiten Weg zu den viel empfindli-
chem Ged�rmen mit weniger Nachtheil machen k�nnen.
Ein anderes Leiden des Magens und der Ged�rme ist der Durch-
fall; es ist dieses eine nicht seltene Krankheit bei Pferden, die sich aus
den �ftern und weichern oder ganz fl�ssigen Darmentleerungen mit oder
ohne Bauchschmerz leicht erkennen l�sst. Die Entstehungsursachen sind
gew�hnlich:
F�tterungsfehler; pl�tzlicher Uebergang von einer gewohnten
zu einer ungewohnten F�tterungsweise;
Ver�nderung des Wassers durch Wechsel des Aufenthaltes aus einer
in eine andere Gegend;
zu vieler und schneller Genuss sehr kalten Wassers; dann
Verk�hlungen.
Kennt man die Gelegenheitsursachen, so werden sich auch die Mit-
tel zur Behebung des Uebels nicht schwer finden lassen; jedoch bei Durch-
f�llen, die m e h r e W o c h e n dauern, wird die Sache bedenklicher, weil
dann im Darmkanal und auch wohl schon in den Gekr�sdr�sen u. s. w.
bedeutende krankhafte Ver�nderungen vorgegangen sein k�nnen, die end-
lich zur Auszehrung, ja selbst zu Kotz und Wurm f�hren.
Bei s�ugenden Fohlen sind Durchf�lle sehr h�ufig, wenn die Mutter-
milch zu viel, k�se- oder fettreich oder durch den Genuss nachtheiliger
Futterstoffe, oder durch das zu lange Verweilen in den Eutern (wie es bei
Arbeitspferden der Landleute leicht und oft vorkommen kann) unverdau-
lich, reizend geworden und verdorben ist; eine solche Milch wird von den
noch schwachen Verdauungskr�ften und S�ften der Fohlen nicht geh�rig
verdaut, geht in die gemeine G�hrung �ber und erzeugt entz�ndliche Lei-
den der Ged�rme und den Durchfall.
Bei solchen F�llen muss dann die Stute (Mutter) haupts�chlich be-
handelt werden.
Worin besteht das Leiden, welches man Gekr�sdr�senverh�r-
tung nennt?
Das Gekr�se ist eine Fortsetzung der ser�sen H�ute, �berzieht die
Ged�rme und hat die Verrichtung zur Bereitung des Milchsaftes und der
Assimilirung desselben, d. h. Verwandlung in Blut wesentlich und eigen-
artig beizutragen.
Hieraus geht hervor, dass krankhafte Unterbrechungen des Gekr�ses
auf die Ern�hrung des Pferdes unmittelbar und sehr nachtheilig einwir-
ken m�ssen.
Werden den sehr zahlreichen Gekr�sdr�sen durch den sogenannten
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Milchsaft sch�dliche Stoffe oder Krankheitsprodukte als: ein abnormer
Milchsaft, kranker Schleim, Serum, Lymphe etc. nach vorausgegangenen
Ged�rmentz�ndungen, Durchf�llen, gastrischen Leiden, Koliken etc. zuge-
f�hrt , so entstehen dadurch, wie bei allen Dr�senerkrankungen, Ver-
h�rtungen oder Vereiterungen, wodurch die Gekr�sdr�sen ihre F�higkeit
verlieren, den Milchsaft umzuwandeln und zur Ern�hrung tauglich zu
machen.
Die Erscheinungen, welche auf das Vorhandensein dieses Leidens
schliessen lassen, sind: die Pferde magern ab und verlieren ihre Kr�fte,
ihre Haare werden glanzlos und struppig, der Bauch ist eingefallen und
aufgezogen, die Haut ist trocken und eigenth�mlich fest �ber die Rippen
gespannt; dabei fressen die Thiere gut und der Mist geht geh�rig ab, das
Athmen ist normal, die Pferde husten nicht und legen sieh ordentlich nie-
der. Aus diesen Erscheinungen kann man zugleich deutlich entnehmen,
dass das Pferd nicht in Folge eines Lungenleidens (Lungenknoten) abma-
gert und schlecht aussieht.
Die Heilung dieses Leidens ist sehr unwahrscheinlich, indem die Ge-
kr�sdr�sen der unmittelbaren Einwirkung der Arzneimittel zu entfernt lie-
gen. Die Pferde k�nnen mit diesem Leiden jahrelang leben, aber sie
werden wegen zunehmender Abmagerung und Entkr�ftung immer un-
brauchbarer und erliegen endlich den Folgen dieses Leidens, die nicht
selten in Rotz und Wurm bestehen.
Nachdem die Leber an der Verdauung einen sehr th�tigen Antheil
nimmt, so muss auch ihrer krankhaften Zust�nde hier erw�hnt werden,
und betrachten wir zuerst die Verrichtung der gesunden Leber �ber-
haupt.
In der Leber n�mlich wird die Galle bereitet, welche dann durch den
Lebergallengang in den Zw�lffingerdarm geleitet, dort dem Magenbrei bei-
gemischt wird, und'zur Bereitung des Milchsaftes wesentlich beitr�gt.
Dieses Organ nun, die Leber, kann aus verschiedenen Ursachen in
Entz�ndungen verfallen, was durch Entz�ndungs�berg�nge zum
Tode, oder langwierigen Leiden der unmittelbaren Verdaungsorgane Ab-
magerung endlich wegen der gest�rten und aus Mangel an Galle schlech-
ten Blutbereitung zum Rotz und Wurm f�hren, wie alles, was endlich we-,
gen schlechter Blutbereitung, schlechter Blutmischung die Entartung des
Hauptlebenssaftes bewirkt.
Der Verlauf der Krankheit ist meistens langwierig (chronisch), nur
in manchen F�llen schnellverlaufend (acut).
Obwohl die Behandlung und richtige Erkennung dieses Leidens in
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das Bereich des Thierarztes geh�rt, so sei hier nur erw�hnt, dass bei heftig
auftretender Leberentz�ndung ein t�chtiger Aderlass, scharfe Einreibun-
gen auf der Aussenseite, wie bei allen heftigen innern Enz�ndungen anzu-
wenden ist.
Bei chronischen Leberleiden, welche die Folge �bergangener Leberent-
z�ndung sind, werden gute Weide, massige Bewegung und innerlich leicht
aufl�sende Mittel das Ihrige thun. Nicht ganz gesunde oder gest�rte Funk-
tion der Leber, ohne dass das Pferd als ganz krank erscheint, sind gewiss
vielfach Ursache, warum sich Pferde so sehr gegen den Gurtenzwang weh-
ren , oder sich Zornausbr�chen hingeben, wenn dieser Zwang andauert,
oder doch wenigstens eine sehr wechselnde Laune in Bezug auf Gehlust,
Folgsamkeit auf die Hilfen u. s. w. zeigen.
Auch sei hier noch der Milz erw�hnt.
Obwohl die eigentliche Verrichtung derselben noch nicht ganz ermit-
telt ist, so h�lt man sie doch f�r einen Blutbeh�lter des Magens, und
glaubt, dass sie einen Theil ihres Blutes zur Bef�rderung der Verdauung
an den Magen abg�be.
Da man den Zweck der Milz im gesunden Zustande nicht genau
kennt, so sind auch ihre gest�rten Verrichtungen so schwer zu erkennen;
desshalb ist auch die Heilung eines Milzleidens so ungewiss.
Unter der Benennung Milzbrand ist eine Seuche bekannt, die so
schnell zum Tode f�hrt.
Zum Schl�sse dieser Er�rterung, �ber den Magen und die zur Ver-
dauung mitwirkenden Organe liegt die Frage nahe, ob Stuten in sehr ab-
gemagertem Zustande dem Hengste zugef�hrt werden sollen ?
Diese Frage ist fast unter allen Umst�nden entschieden mit Nein zu
beantworten; denn ist der sehr abgemagerte Zustand nur Folge von Man-
gel an Nahrung oder �bertriebener Anstrengung, so wird es der Stute
�berhaupt an Kr�ften fehlen, die Frucht im Leibe geh�rig auszubilden,
und das zur Welt gekommene F�llen hinl�nglich zu ern�hren.
Ist diese Abmagerung aber eine Folge von innern Krankheitszu-
st�nden, wie sie bei den zur Verdauung mitwirkenden Organen erkl�rt
wurden, so wird ein gesundes Fohlen um so weniger zu hoffen, ja viel-
mehr eine Vererbung dieser Krankheitszust�nde zu erwarten sein.
Wir kommen nun zur Besprechung der Haut und ihren Ver-
richtungen.
Die Haut sammt dem Haare bildet die allgemeine Decke des Pfer-
des, sie besteht eigentlich aus drei Schichten, n�mlich: der Oberhaut (Epi-
dermis), der Lederhant und dem Schleimnetz.
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Die Haut ist an manchen K�rpertheilen z. B. den Knien, den Fessel-
gelenken, Schienbeinen und Sprunggelenken sehr fest gespannt, an an-
dern Theilen, z. B. auf den Bippen, in den Flanken, am Halse etc. viel
lockerer anliegend; sie ist �berhaupt sehr elastisch, indem sie sich dem
Pferde bei zu- oder abnehmender K�rperf�lle stets anpasst. Ihr Zweck
sammt dem Plaar ist, den K�rper gegen �ussere Einwirkungen zu sch�tzen,
und mittelst ihrer Absondernngs- und Sauggef�sse aus dem allgemeinen
Kreislauf Theile zu entfernen, dann aus der Athmosph�re Theile aufzu-
nehmen und dem allgemeinen Kreislauf zuzuf�hren. Zu diesem Zwecke
hat die Haut eine sehr grosse Menge Gef�sse, die im gesunden Zustande
einen unmerklichen Dunst aus den unter der Haut liegenden kleinen, fla-
chen Schweissdr�sen entfernen, welcher sich theils in der Luft verfl�chtigt,
theils auf der Oberfl�che sammelt und vertrocknet, wodurch der
Staub entsteht, welcher durch das Putzen der Haut abgenommen wird.
Wird dieser Staub nicht hinl�nglich entfernt, so entsteht dadurch eine Ver-
stopfung der aussondernden und aufsaugenden Gef�sse (Pores) und die
Th�tigkeit der Haut ist gest�rt. Die Ausd�nstung der Haut wird durch Auf-
regung des Blutes, sei es durch anstrengende Bewegung oder aus innern
Ursachen vermehrt, und wenn sie durch die Luft nicht g�nzlich aufgenom-
men werden kann, so bildet sie Tropfen, der Schweiss genannt.
Die Haut eines gesunden Pferdes muss sich glatt, weich und warm
anf�hlen, und selbst bei nicht ganz wohlgen�hrten Pferden auf den
Rippen nicht zu fest anliegen , sich nicht spr�de und nicht hart
zeigen.
Die Haut steht durch ihre Gef�sse, welche Stoffe aus dem allgemei-
nen Kreislauf absondern und aus der Luft Stoffe aufnehmen mit den in-
nern Organen des Athmens und der Blutbereitung in genauer Correspon-
ded. Daher bringt die Haut ebenso als die Lunge und der Magen Ern�h-
rungs- und zur Blutbereitung n�thige Stoffe in den K�rper und entfernt
unn�thige oder sch�dliche verbrauchte Stoffe aus demselben, wie es die
Lunge mittelst des Ausathmens und der Darmkanal mittelst Entleerung
der Excremente thut.
Es findet daher zwischen der Haut und diesen Organen eine stete
Wechselwirkung statt, z. B. Krankheitszust�nde der Lunge oder der Ver-
dauungswerkzeuge , wie es bei den Gekr�sdr�senverh�rtungen, Leberlei-
den etc. erkl�rt wurde, erzeugen eine trockne, spr�de Haut, krankes,
glanzloses Haar; pl�tzliche Unterdr�ckung von Hautausd�nstung erzeugt
Husten, Durchfall u. s. w. Hieraus erkl�rt sich, dass das Keinhalten des
Pferdes durch Putzen ebenso n�thig zur Bef�rderung der Gesundheit
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ist, als reine Luft und gesunde N�hr ung smittel. Auch erkl�rt
sich hieraus der Nutzen des Trockenreibens mit Strohwischen, wenn das
Pferd verschwitzt von der Arbeit kommt.
Anmerkung. Ein Pferd t�chtig zu putzen, gew�hrt demselben un-
endlich gr�ssere Vortheile, als man gew�hnlich denkt. Es veranlasst das
Zustr�men des Blutes zur Oberfl�che des K�rpers," verhindert dadurch
eine Stockung der S�fte in den innern edlen Organen, bef�rdert eine all-
gemeine Cirkulation des ganzen Systems, gibt der Lunge Elastizit�t und
unterst�tzt wesentlich Athem und Verdauung.
Ein gewisser Grad von W�rme ist f�r jedes lebende Wesen zum ge-
sunden Gedeihen und Wohlbefinden unentbehrlich; die Haut des Pferdes
muss auch stets in einer gewissen W�rme erhalten werden. Es darf dieses
aber keinenfalls durch einen heissen Stall bewirkt, sondern muss durch
massiges Zudecken, durch Putzen, Frottiren u. s. w. erzielt werden.
Das Haar eines gesunden Pferdes soll glatt anliegend, gl�nzend und
weich erscheinen. Das Gegentheil hiervon, n�mlich ein mattes, glanzloses,
zu trockenes, struppiges Ausseben ist entweder Folge schlechter War-
tung, eines allzukalten Stalles, oder es l�sst auf Krankheit schliessen, die
h�ufig dann nicht sowohl in der Haut oder dem Haare selbst, sondern in
einer Unterdr�ckung irgend einer wichtigen Absonderung, namentlich des
Verdauungskanales, zu suchen ist.
Das Haar wird auch von der Oberhaut (Epidermis) �berzogen und
da die Haarzwiebel in der Lederhaut wurzelt, so ist es begreiflich, dass
nach scharfen Einreibungen, wo sich die Oberhaut abl�st und haarlose
Stellen entstehen, diese wieder behaart werden; dagegen Verletzungen,
die bis tief in die Lederhaut dringen, z. B. Knieverletzungen nach einem
Sturz etc., haarlos bleiben.
Die Haare des Pferdes werden zweimal im Jahre gewechselt; die
M�hne, der Schopf und die Schweifhaare sind hiervon ausgenommen.
Der Haarzwiebel stirbt hierbei nicht ab, sondern es scheint nur eine
Unterbrechung der Ern�hrung des Haarschaftes einzutreten, wodurch
derselbe ausf�llt und aus demselben Zwiebel neben dem alten Haar-
schaft ein neuer entspringt. Bei der grossen Ausdehnung dieses Vor-
ganges �ber die ganze Oberfl�che der Haut nimmt der Haarwechsel das
Thier ziemlich in Anspruch. Die Kr�fte und Fl�ssigkeiten, welche sich
sonst auf den ganzen K�rper vertheilen, wenden sich nun im grossen
Maasse nach der Haut, das Thier wird matt und kann nicht so hart
arbeiten; es schwitzt selbst bei der gewohnten Anstrengung mehr und
wird ernstlich krank, sobald es �ber Verm�gen arbeiten soll.
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Die Natur richtet die Bedeckung des Thieres nach dem Klima und
der Jahreszeit ein. In sehr n�rdlichen Klimas hat das Pferd fast das
ganze Jahr hindurch einen wahrhaften Pelz, denn selbst der Sommer
ist kurz und rauh. In den Steppen Arabiens, wo es selten im Winter
kalt ist, bleibt das Haar des Pferdes das ganze Jahr hindurch glatt
und kurz.
In unserm Klima folgt auf das kurze Sommerhaar im Herbste ein
merklich dickeres und l�ngeres und dieses weicht im Fr�hjahr wieder
der leichtern Decke f�r den Sommer.
Man thut wohl, diesen Naturprozess nicht allzusehr zu bef�rdern,
indem dadurch der kr�nkliche Zustand des Pferdes nur noch mehr ge-
reizt wird. Massiges Frottiren unterst�tzt das Ausgehen des Haares
am zweckm�ssigsten, etwas w�rmeres Zudecken und keine zu grosse
Anstrengung sind zweckm�ssig.
Unkundige Stallleute wollen, um sich bei ihrem Herrn in gutes
Licht zu stellen, durch sehr warme Stallungen oder gewaltsames schnel-
les Entfernen des Winterhaares ein stets kurzes Haar erzielen und
geben dem Pferde dadurch um so mehr Gelegenheit zu Erk�ltungen
und allen ihren �blen Folgen.
Das Winterhaar soll und kann durch fieissiges Putzen und Ge-
sunderhalten des Pferdes �berhaupt gl�nzend, anliegend und weich er-
halten werden, indem das Pferd dabei den ihm von der Natnr f�r das
h�chst wichtige Organ, die Haut, sehr zweckm�ssig verliehenen Schutz
beh�lt.
Mit dem Haarwechsel pflegt sich bei vielen Pferden auch die
Farbe des Haares in lichtere oder dunklere Schattirung zu ver�ndern,
auch ist bei einigen das Winterhaar bedeutend l�nger, bei andern
dichter.
Von den Hautkrankheiten ist namentlich die Schabe, R�ude
auch Kr�tze genannt, zu erw�hnen; ihr Sitz ist die �ussere Haut,
vorz�glich am Kopfe, am Halse, der Schulter, der innern Fl�che der
Schenkel, �berhaupt an den weniger fleischigen Stellen, wo die Haut
fester aufliegt.
Sie besteht in kleinen Bl�schen, die nach einiger Zeit aufbrechen
und durch das Ausfallen der Haare einen kleinen, kahlen Fleck hin-
terlassen, der sich jedoch mit Schorf bedeckt. Hiermit ist vermehrte
Empfindlichkeit und Jucken verbunden, nebst einer Verdickung der
Haut, die bald schrundig oder faltig wird.
Die Schabe ist ansteckend und die gew�hnlichste Ursache ihrer
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Verbreitung ist Uebertragung des Ansteckungsstoffes durch unmittelbare
Ber�hrung oder indem das bei einem sch�bigen Pferde verwendete Ge-
schirr, Putzzeug, Decke etc. bei einem gesunden Pferde verwendet
wird. Man muss dieses also vermeiden, und ebenso muss der Stall, wo
ein sch�biges Pferd stand, sorgf�ltigst gereinigt werden (frisch ausweis-
sen, Krippen, Raufen etc. mit heisser Lauge abwaschen, mit Chlorkalk
anstreichen, l�ngere Zeit bei offnen Th�ren und Fenstern unbesetzt
lassen, sind die zu ergreifenden Massregeln, �hnlich wie in dem Falle,
wo ein rotziges Pferd stand).
Die Entstehungsursachen dieser Hautkrankheit sind in mangelhafter
Pflege, �nreinlichkeit der Haut, �nreinlichkeit des Aufenthaltsortes, �fterer
Einwirkung nasser, feuchter Witterung etc. zu suchen. Am meisten wirken
alle genannten Einfl�sse als: wenig oder schlechtes Futter, mangelhafte
Pflege, und unreiner Aufenthalt zusammen, wie dies bei den armen oder nach-
l�ssigen Pferdebesitzern �fter der Fall ist. Denn wegen der mangelhaften
oder schlechten F�tterung unterbleibt die geh�rige Ern�hrung im Allgemei-
nen, folglich auch der Haut, daher eine solche Haut wegen der in ihr
gesunkenen Lebenskraft den widrigen �ussern Einfl�ssen leichter un-
terliegt und erkrankt, als eine gesunde, reinlich gehaltene, kr�ftig ge-
bildete Haut eines gut gehaltenen Pferdes.
Die Heilung dieses Leidens erfordert die Hilfe eines Thierarztes,
wird jedoch bei geh�riger Entfernung der Entstehungsursachen keiner
besondern Schwierigkeit unterliegen. Es ist jedoch gut f�r den Pferde-
besitzer zu wissen, woran man dieses Leiden erkennt, indem die Fress-
lust, Verdauung etc. ihren ungest�rten Fortgang dabei zu nehmen pfle-
gen, damit er durch Absonderung des sch�bigen Pferdes und aller da-
bei gebrauchten Requisiten seine andern gesunden Pferde vor An-
steckung bewahre.
Dass sch�bige Stuten zum Belegen nicht zugelassen werden sol-
len, unterliegt wohl keiner Frage.
Allgemeines �ber das Benehmen und Aussehen
eines gesunden Pferdes.
Das gesunde Pferd bewegt seine Ohren h�ufig und wendet sie
augenblicklich nach allen Seiten, woher ein Schall oder Ger�usch kommt.
Das Auge ist ge�ffnet, und gegen jeden Eindruck empfindlich; die Pu-
pille ver�ndert sich bei jedem Wechsel des Lichtes.
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Das Pferd steht munter da, und pflegt h�chstens nach dem Fres-
sen tr�ge und schl�frig auszusehen; es ist auf alles aufmerksam, was
in seiner N�he vorgeht, sieht sich nach jedem fremden Gegenstande
um, beriecht und beschn�ffelt alles, was ihm nahe kommt, und ist ge-
gen jeden schmerzlichen Eindruck empfindlich.
In der gew�hnlichen, durch nichts beunruhigten oder gest�rten
Stellung im Stalle ist der Kopf weder ungew�hnlich aufgerichtet,
noch tief gesenkt, der Hals etwas gebogen und nicht steif vorw�rts ge-
streckt, die F�sse stehen gerade, fest und senkrecht, ohne sich ausein-
ander zu spreizen, oder sich unter- oder zusammenzustellen; der
Schweif wehrt alle bel�stigenden Eindr�cke ab, und h�ngt ausserdem
ruhig.
Das Thier steht frei und sucht sich nirgends zu st�tzen oder an-
zulehnen; es �ussert ohne Veranlassung keine Zuckungen, keinen
Schauer, macht keine Bewegungen und Zeichen, die ein schmerzhaftes
Gef�hl oder eine �ngstliche Unruhe verrathen und �ussert, wenn man
seinen K�rper bef�hlt, an keiner Stelle einen Schmerz.
Die Bewegung geschieht lebhaft, frei, regelm�ssig und sicher mit
entsprechender Kraft�usserung ohne sichtbarer Anstrengung und mit ge-
h�riger Biegung der Gliedmassen, � nicht tr�ge, schwankend oder
schleppend. Das Thier erm�det nicht so geschwind und k�mmt nur hei
ungew�hnlicher Anstrengung in Schweiss. Das gesunde Pferd legt sich
t�glich nieder und schl�ft oder ruht einige Stunden; es liegt mit von
sich gestreckten F�ssen und auf beiden Seiten, ohne sich jedoch hin
und her zu w�lzen und mit den F�ssen herumzuschlagen.
Was nun den Zustand und die Beschaffenheit des Aeussern �ber-
haupt anbetrifft, so ist hier�ber Folgendes zu bemerken.
Das Auge ist klar, lebhaft und massig feucht.
Der Nasenschleim ist w�sserig, d�nn, f�rb- und geruchlos, in
geringer Menge vorhanden und h�uft sich nur bei starker Anstrengung
etwas mehr an.
Die Nase ist rein ohne Geschw�re und Ausfl�sse; ihre Schleim-
haut sieht sich sch�n rosenroth an.
Das Maul ist massig warm und enth�lt eine hinl�ngliche Menge
eines d�nnen, sch�umenden Speichels; das Zahnfleisch ist ebenfalls ro-
senroth.
Der Kehlgang ist frei von Anschwellungen und Knoten.
Die haarlosen Stellen haben ihre nat�rliche Farbe; der Af-
ter ist ziemlich fest geschlossen.
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Der ganze K�rper ist gef�llig gerundet, weder zu fett noch zu
mager und f�hlt sich in seinem ganzen Umfange, einschliesslich der
Ohren und Hufe, gleichf�rmig und nach Verh�ltniss des W�rmegrades
der Luft massig warm an.
Das Fleisch ist kernig und derb; die F�sse sind rein, ohne
Ausw�chse und Blattern; die allgemeine Decke straff gespannt und
geschmeidig, ohne Ausschlag, Wunden oder Geschw�lste; das Haar
nach dem Striche liegend und gl�nzend.
Wer sich diese allgemeinen Kennzeichen eines gesunden Pferdes
gut eingepr�gt hat, wird auch alsbald erkennen k�nnen, ob er ein sol-
ches oder ein krankes Pferd vor Augen hat.
Das Reitpferd, das Zugpferd in allgemeiner
Ueb ersieht.
Im Verlaufe dieser Schrift wurde stets am geeigneten Platze auf
das Reitpferd und das Zugpferd hingewiesen. Trotzdem halte ich es
f�r n�tzlich, hier die Eigenschaften eines Pferdes, das zum Reit-, und
dessen, welches zum Zugdienst verwendet werden soll, dem Leser in
kurz gedr�ngter Uebersicht vorzuf�hren.
Die erste Bedingung nun zu jedem Gebrauche ist, dass das Pferd
gesund sei; ferner, dass es sich weder im zarten F�llen- noch in
einem sehr hohen Alter befinde; und drittens, dass es in der Haupt-
sache diejenigen Eigenschaften besitze, die zu einem besondern Ge-
brauchszwecke z. B. Reit gebrauch, Zuggebrauch oder La st tragen
am meisten erforderlich sind.
Ein gutes Reitpferd soll also nebst allgemeiner Gesundheit ein
munteres, gehlustiges kein sehr reizbares oder unwilliges Temperament
haben.
Was den K�rperbau und den Gang anbetrifft, so muss eine gute
Harmonie der einzelnen Theile zum Ganzen da sein; ein g�nstiger
Ansatz von Hals und Kopf (siehe oben) ist sehr w�nschens-
werth;
freier Schulterbewegung und entschlossenes Auftreten mit
den Vorderf�ssen ist unerl�sslich.
Ohne gute Schultern gibt es wenig gute, angenehme Reitpferde.
Die Sicherheit des Ganges, die Dauer und Brauchbarkeit des Pferdes
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h�ngt wesentlich davon ab. Die kraftvolle uud dabei freie Schulter er-
leichtert dem Reiter und Pferde die Arbeit.
Gute, kr�ftige Folge des Hintertheiles, ruhiges Halten von Kruppe
und R�cken, ist �usserst w�nschenswerth.
Der ernsthafte Reitdienst kann einen guten R�cken nicht entbeh-
ren ; da er und die Lenden den hintern und vordem Theil des Pferde-
k�rpers vereinigen, so ist das Pferd stark oder schwach, geschickt oder
nicht, je nach dem Grade seiner Vollkommenheit. Seine Biegsamkeit
mit St�rke vereinigt, ist der h�chste Grad von guter Eigenschaft. Der
gebogene R�cken nach auf- oder abw�rts ist fehlerhaft; doch ist der
eingebogene dem aufw�rts gebogenen meistens vorzuziehen, denn er
kann hinreichend kr�ftig sein, wenn er breit, muskul�s und nicht
zu lang ist; der steife R�cken, er mag es von Natur oder durch feh-
lerhaftes Reiten sein, ist stets unangenehm.
Ferner ein Rippenbau, der sowohl dem Sattel eine gute Lage
gestattet, als auch der Lunge, dem Herzen, dem Magen und Darmka-
nal hinl�nglichen Platz zur kr�ftigen Entwicklung ihrer Th�tigkeit bie-
thet, und endlich:
Fehlerfreiheit der Gliedmassen, wohin ganz besonders gute, ge-
sunde, g�nzlich schmerzlose Vorderh�fe und reine, feste, nicht ange-
griffene grosse Beugesehnen geh�ren.
Ein sehr praktischer Reiter sagte einst in dieser Beziehung
zu mir:
»Vorn sehr gut und hinten nicht schlecht, ist mein Wahl-
spruch.«
Ein Pferd �berhaupt, Reitpferd insbesondere, das an einem vor-
dem Hufe oder Sehne Schmerzen leidet, ist weniger leistungsf�hig, als
eins, das an Sp�th, durchgehende Gallen, Ueberkn�cheln an einem Hin-
terbeine etwas lahmt.
In jeder Beziehung gute Vorhand erm�glicht es dem Reiter, durch
leichte Z�gelf�hrung und entsprechende K�rperhaltung das Hintertheil
zu schonen, ohne das Vordertheil zu beleidigen; muss aber der Reiter
durch kurze Z�gel, Aufrichten der Vorhand, Zur�ckhalten des eigenen
K�rpers die Vorhand schonen, so erm�det er damit das Hintertheil des
Pferdes und sich selbst immerw�hrend. Ein Zusammenknicken vorn
kann viel eher nachtheilige Folgen f�r den Reiter haben, als dasselbe
hinten; die Kr�fte und die Th�tigkeit eines etwas mangelhaften Hin-
tertheils k�nnen ein paar rechtzeitig angebrachte Sporen beleben,
schmerzhafte oder steife Vorderbeine bringt nichts vom Fleck; endlich
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was n�tzen starke Triebkr�fte von hinten, wenn die Vorderbeine nicht
vorweg k�nnen.
Der Schulreiter altern Schlages will immer, dass das Hinter-
theil die vorz�glichere Partbie sei, der praktische Reiter, der im
Freien auf allen Arten von Wegen und Terrainformationen sicher
reiten will, weiss eine sehr gute Vorhand, die es ihm gestattet, mit
der wenigsten Erm�dung f�r sich und das Pferd lange im Sattel zu
bleiben, mit Recht sehr zu sch�tzen.
Eine g�nstige Sattellage ist eine der angenehmsten Eigen-
schaften f�r ein Reitpferd; denn sie wird bedingt durch g�nstigen Rip-
penbau, guten Widerrist und vorteilhaft gebildete Schultern. Sie er-
leichtert es dem Reiter ungemein einen guten wirksamen Sitz bei der
Dressur des Pferdes anzunehmen, und bef�rdert sehr die Ausdauer bei
langem Reiten; schlechte Sattellage konnte mir h�ufig ein sonst gutes
Pferd ganz zuwider machen.
Will man bei ung�nstigem Bau die gute Sattellage durch sehr fe-
stes Gurten erzwingen, so hat dieses f�r das Athmen, die Beweglich-
keit im Gange manche Nachtheile, und alle Vorrichtungen zum guten
Liegenbleiben des Sattels erzielen nicht, was ein f�r die Sattellage g�n-
stiger Bau von selbst bringt.
Ein ein�ugiges Pferd ist zum Reitdienst viel verwendbarer,
als z. B. eins mit schmerzhaften Hufen, leidenden Sehnen, unwilligem
Temperament u. s. w. aber gesunden Augen.
Was Temperamentsneigungen angeht, so sind Nichtvomhausegehen-
wollen, Nichtalleingehen wollen, Andr�ngen an andere Pferde, besondere
Furcht vor dem Schiessen oder milit�rischem L�rm und Scheusein wohl
die in der Dressur zum praktischen Gebrauch am schwierigsten zu
�berwindenden, die mit vieler M�he bek�mpft immer wieder erscheinen,
sobald die Naturanlage dazu in hohem Grade vorhanden ist.
Der Gang eines guten Reitpferdes soll mit kr�ftiger Leich-
tigkeit erfolgen, entschlossen und raumgreifend sein, R�cken
und Kruppe, Kopf und Schweif sollen sowohl beim Gehen auf ge-
rader Linie als bei Wendungen und im Kreise fest und ruhig gehal-
ten werden.
Hierdurch beweist ein Pferd sowohl Gehlust als auch innere ge-
sunde Kraft.
Manches Pferd, das sich beim Vorf�hren an der Hand als ganz
gut zeigt, nimmt unter der Last des Reiters und dem Zwange des
Zaumes einen gebundenen, schwankenden, schwerf�lligen Gang an,
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wesshalb man mit Sicherheit nur unter dem Reiter hier�ber urthei-
len kann.
F�r alle G�nge ist Hauptbedingung, dass sie das Pferd unter dem
Reiter mit einer gewissen Leichtigkeit und gern gehe, dass es
ohne viel Schwierigkeit, willig aus einem in den andern
�bergehen und je nach dem Wunsche des Reiters das
Tempo ohne Schwierigkeit oder Widerstreben gegen die
H�lfen verk�rzen und verl�ngern k�nne.
Die Dressur kann einer mangelhaften Natur sehr zu H�lfe kom-
men, aber sie ganz um�ndern kann sie nicht.
Ob ein junges Pferd von Natur nicht gehen kann unter
dem Reiter, oder ob dieses daher k�mmt, weil seine G�nge durch die
Reitkunst noch nicht geregelt wurden � dazu geh�rt schon viel Er-
fahrung und gute Pferdekenntniss.
In Bezug auf Gr�sse ist zu bemerken, dass das kleinere und
mittelgrosse Pferd zum Reitgebrauche gew�hnlich geeigneter sind, als
das sehr grosse Pferd.
Wenn das gemeinere Pferd eine Gr�sse von 16 Faust (eine Faust
= 4 Zoll, also 3 Faust = 1 Fuss) erreicht oder �bersteigt, so hat es
selten weder diejenige Leichtigkeit im Gange, noch diejenige Harmonie
im Bau, wie es der Reitgebrauch erheischt.
Es geh�rt also in den meisten F�llen sehr gute, edle Abkunft
dazu, um sich bei dieser Gr�sse noch zum Reitgebrauche zu eignen.
Die Eigenschaften eines Zugpferdes eng zusammenfassend, ist Fol-
gendes zu sagen.
Ein jedes zum Reiten taugliche Pferd ist auch zum Zuge zu ge-
brauchen, nat�rlich vorausgesetzt, dass es das Geschirr leidet, nicht
nach den Str�ngen schl�gt und das Ziehen nicht standhaft verweigert.
So oft einem unwillige Reitpferde vorkommen, ebenso selten sieht
man ganz unwillige Zugpferde. Es liegt dieses gr�sstentheils am Men-
schen als Reiter, und in vielen andern Dingen, worin der Reitgebrauch
vom Zuggebrauch abweicht. Manches ganz st�tzige Reitpferd geht im
Geschirr sehr willig und gut, manches Pferd, das einsp�nnig durchaus
den Dienst versagt, geht im Zweigespann ganz unverdrossen.
F�r den leichten Zugdienst sind alle f�r das Reitpferd erforder-
lichen Eigenschaften auch w�nschenswerth; etwas abgen�tzte Beine,
wenn nur die Hufe gut, Lunge und Magen gesund sind, vermindern die
Tauglichkeit aber heben sie nicht auf.
Etwas mehr gerade Schultern, wenn nur mit starken, vollen Mus-
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kein versehen, ein kurzer Hals, mehr langer R�cken, etwas s�belbei-
nig etc. sind zum leichten Zugdienst keine erheblichen Fehler.
Der schwere Zugdienst verlangt vor allem starkes, massiges Kno-
chengeb�ude, breite muskul�se Brust, gerade Schultern mit recht vol-
len Muskeln , gut gew�lbten, weiten, umfangreichen Rippenbau,
kurze Beine, breite mit recht vollen Muskeln versehene hohe
Kruppe, m�glichst grosse Zugkraft, verbunden mit UnVerdrossen-
heit im Ziehen.
Von den G�ngen k�mmt sozusagen nur der Schritt zur Anwen-
dung, wesshalb dieser m�glichst r�umlich und fest sein muss.
Zwischen dem vollkommen guten Reitpferde, das die h�chste
Schnelligkeit und Gewandtheit in sich vereinigt und dem schweren die
h�chste Zugkraft darstellenden Wagenpferde sind unendlich viele Ab-
stufungen, die diesen beiden Extremen mehr oder weniger nahe kom-
men und darnach ihren Platz, auf dem sie verwendet werden, besser
oder geringer auszuf�llen verm�gen. Es ist dann Sache des Menschen,
welcher diese Thiere zu seinem Nutzen und Lebensberuf verwenden
will, die richtige Auswahl zu treffen.
Das Kanonenbespannungspferd ist wohl von allen zum Zuge ver-
wendeten Pferden dasjenige, welches mit geh�riger K�rpermasse alle
G�nge, auch den Galopp in scharfem Tempo zur Anwendung bringen
und daher die Eigenschaften dazu haben muss. Von allen andern
Zugpferden wird nur Schritt und Trabb verlangt; das ausgezeichnete
Kanonenbespannungspferd ist desshalb auch nicht gar h�ufig anzutreffen.
Das landwirtschaftliche Zugpferd erscheint unter sehr
verschiedenen Formen und Gr�ssen, es nimmt nicht allein die Terraiu-
gestaltung hierauf vielen Einfluss, sondern auch die Gewohnheit, das
Herkommen, woran der Landmann mit ausserordentlicher Z�higkeit
h�ngt. So sehen wir z. B. in Steiermark, K�rnthen, Ober�sterreich,
Salzburg � Hochgebirgsl�nder � sehr kr�ftige, dem ganz schweren
Zugschlage angeh�rige Pferde; aber auch in ebenen L�ndern, z. B.
Brabant Ostfriesland, D�nemark � ist ein sehr schwerer Schlag hei-
misch, welcher durch Uebersiedelung nach England den Grund gelegt
hat zu den ganz schweren, wohl die gr�sste Zugkraft darstellenden
Bierwagenpferden, wie man sie in den Strassen Londons so h�ufig be-
gegnet. In Brabant, den Niederlanden �berhaupt, sowie in England
sieht man zu vielen landwirtschaftlichen und vielen andern b�rgerli-
chen Gewerbszwecken den zweir�drigen, einsp�nnigen Wagen vorherr-
schend verwendet. Das Pferd geht dabei in der Gabel; sind mehr
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Pferde zum Fortbringen der Last n�thig, so werden 4�6 vor einan-
der gespannt.
Die Ladung dieser Wagen ist meistens mit ausserordentlicher Ge-
schicklichkeit so vertheilt, dass das Pferd anscheinend leicht in der
Gabel geht. Aber diese landes�bliche Art Wagen mag doch ein beson-
deres starkes, massiges Pferd erfordern.
In andern ebenen L�ndern, z. B. dem �brigen Norddeutschland,
Ungarn etc. ist das leichtere Zugpferd vorherrschend. Im Gegensatz
zur Gebrauchsweise in England spannt der Ungar, Russe etc. auch
wohl vier Pferde nebeneinander an einen Wagen.
Im Allgemeinen ist f�r die Vielseitigkeit des landwirthschaftlichen
Zugdienstes ein gedrungener Mittelschlag, der Zugkraft mit K�rperge-
wicht und doch wieder R�umlichkeit und fleissigen Schritt und Trabb
vereinigt, der am meisten w�nschenswerthe. Denn solche Pferde haben
meistens die Eigenschaft, sich auch bei minder nahrhaftem Futter in
gutem Aussehen und bei Arbeitskraft zu erhalten.
Der vollkommenste Typus dieses Arbeitspferdes wird in den Suf-
folker Pferden Englands gefunden. Ein sehr gesch�tzter Schriftsteller
sagt hier�ber:
Pferde f�r langsames Fuhrwerk werden von dem Suffolk Punch
(St�psel Wurstel) gezogen, den man seiner kurzen, runden Gestalt we-
gen so genannt hat; er stammt von Norm�nner Hengsten und Suffolk
Karrenstuten ab. Der echte Suffolk wie der Cleveland ist jetzt bei-
nahe ausgegangen; er mass IS�16 Faust, war von Farbe Fuchs, mit
breitem Kopf, niedern Schaltern, dickem Widerrist, tiefem und rundem
Brustkasten, langem R�cken, hoher Kruppe, breitem und starkem Hin-
tertheil, vollen Flanken, runden Schenkeln und kurz gefesselt. Er war
eigentlich das Pferd, um mit seinem ganzen Gewichte im Geschirre zu
liegen, dabei th�tig und ausdauernd in der Arbeit.
Die jetzige Zucht besitzt vieles Eigenth�mliche und Gute von sei-
nen Voreltern; sie ist mehr oder weniger zur Fuchsfarbe geneigt, aber
l�nger, h�her und feiner in den Schultern; sie ist gekreuzt mit York-
shire, Halb- oder Dreiviertelblut.
Ein seltener Vorzug des alten Suffolk-Schlages, den der neue nicht
ganz verloren hat, war die flinke Bewegung und das t�chtige Aus-
halten in jeder Anstrengung, manches brave Pferd weiss wohl
was es leisten kann; hat es dieses probirt und es geht nicht, so ist
es auf keine Weise dazu zu bringen, seine Kr�fte noch weiter anzu-
strengen. Der Suffolk hingegen w�rde ziehen, bis er fiele.
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Die Suffolkzucht ist in den benachbarten Grafschaften von Nor-
folk und Essex sehr gesucht; Herr Wakefield in Essex hatte einen
Hengst, f�r den man ihm 400 Guineen (1 Guinee = 10 fl. SO kr.
�st, W.) geben wollte.«
Gem�ssigtes Temperament ist nothwendig, theils um das Anlernen
des jungen Pferdes nicht zu sehr zu erschweren, theils damit das Pferd
eine langsame Ausdauer habe.
Hitziges, kitzliches, scheues Temperament hat viele Schatten-
seiten,
Der Landwirth ist selten in der Lage Leute zu haben, die mit
empfindlichen Pferden umgehen k�nnen; eine zu feine empfindliche Haut
wird durch das Geschirr eher wund gerieben, als eine derbere Haut
mit gr�berem Haar; das hitzige Pferd m�det sich selbst zu fr�h ab,
versagt dann das Futter, erschwert dem neben ihm gehenden die Ar-
beit, ist viel leichter Erk�ltungen ausgesetzt, u. s. w.; Kitzlichkeit
bringt den Strangschl�ger hervor, und jeder weiss, was es f�r M�he
macht, einen Strangschl�ger abzurichten und welche stete Aufmerksam-
keit es bedarf, ihn brauchbar zu erhalten. Scheusein ist fatal, denn
wie soll der hinter dem Pfluge oder der Egge gehende Landmann, �ber
zwei scheu werdende Pferde Herr bleiben, die er meist nur mit einem
Z�gel � Leitseil oder Riemen � an dem linksgehenden Pferde ange-
bracht, regiert.
Oft tritt der Fall ein, dass Pferde auf dem Felde allein, ohne
gehalten zu werden, stehen bleiben m�ssen; schreckhaftes, allzuleicht
erregbares Temperament veranlasst dann gelegentlich ein Gespann mit
Pflug oder Egge hinter sich davonzulaufen, wodurch schon manches Un-
heil entstanden ist.
Zu allem �brigen leichten Zugdienst, als Bef�rderung der Posten,
Omnibusse, Droschken, Fiaker und auf der Strasse sich bewegende
leichte Fuhrwerke aller Art sieht man sehr verschiedenartige Pferde
verwendet. Es sind dieses theils abgen�tzte, �ltere Reitpferde, theils
ausgemusterte Milit�r-Reit- und Zugpferde, theils altgewordene Luxus-
wagenpferde u. s. w. u. s. w. Jedes findet seinen Platz und verdient
sein Futter. Der betreffende Postmeister, Kutscher, Fuhrmann etc.
kann sich in vielen F�llen ein Pferd, wie er es f�r seinen Dienst
als vorz�glich erkennen m�sste, nicht ankaufen, denn da spricht der
Geldpunkt ein grosses Wort mit.
Gesundheit �berhaupt, kr�ftiger innerer Lebenshaus-
halt; willige UnverdrossenheitimZugdienst sind immer noth-
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wendig f�r jede Art von Arbeit; auch der �rmste Pferdebesitzer w�nscht,
dass sein Pferd gut fresse, er freut sich nicht dar�ber, dass sein
Pferd nicht fressen mag, und darum billig zu erhalten sei, er bedauert
sicher, dass er nicht mehr hat, um dem vielleicht f�r seine eigene Exi-
stenz unentbehrlichen Thiere nicht mehr geben zu k�nnen.
Sieht man unter diesen Thieren h�ufig lahme Pferde, so kann man
solchen sein Mitleid nicht versagen; es liefert aber auf der andern
Seite auch den Beweis, dass selbst solche Pferde noch ihr Futter ver-
dienen k�nnen.
Das Zugpferd f�r den Luxus in der Karosse des vornehmen und
reichen Privaten muss sch�n gestaltet, gross, von imponirender Haltung,
etwas erhabener freier Bewegung (Action) und f�r seinen Dienst so ab-
gerichtet sein, dass man nirgend mit ihm in Verlegenheit ger�th; es
muss also nicht allein gehorsam gehen, sondern auch l�ngere Zeit ge-
duldig auf einem Platze stehen bleiben, im Gew�hl der sehr belebten
Strassen grosser St�dte nicht ungehorsam, zu ungeduldig etc. werden.
Seinen K�rperformen nach k�mmt es dem ganz edlen gezogenen
Reitpferde st�rkeren Schlages sehr nahe, und hat h�ufig einen sehr
hohen Preis.
Den Ausdruck »egal« gebraucht man h�ufig schon dann von
Wagenpferden, wenn sie beide Braun, Fuchs, Rappen, Schimmel etc.
sind. Die N�ancirungen der Farben sind bekanntlich sehr gross, und
zwei ganz gleiche Braune, F�chse etc. gibt es sozusagen nie, auch ab-
gesehen vom Abzeichen. Indem die meisten Besitzer von Luxuswagen-
pferden eben mit dieser Bezeichnung von »egal« zufrieden sind, so hat
der Pferdeh�ndler von Profession Recht hiervon Gebrauch zu machen.
Der Fachmann aber sollte unter »egal« vor allem gleiche Geh In st
und Gehverm�gen verstehen; k�mmt dann m�glichst gleiche, dem
Auge gefallende, dem Zeit- oder Landesgeschmack entsprechende Farbe,
Gr�sse, gleiches Alter hinzu, um so besser.
Erkenntniss des Alters bei Pferden.
Auch bei der Belehrung �ber die Erkennung des Alters an den
Z�hnen nehme ich den Standpunkt des Thierarztes nicht ein, sondern
mein Bestreben ist, dem Pferdebesitzer, der selbst nicht Thierarzt ist,
eine m�glichst deutliche Belehrung zu geben, um auch ohne Beihilfe
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eines Thierarztes sich vor grobem Irrthum und somit in vielen F�llen
vor Betrug zu sch�tzen.
Das erwachsene m�nnliche Pferd hat im Ganzen 40, das weib-
liche 86 Z�hne. Vorne im Maule, sowohl im Vorder- als Hinterkiefer
befinden sich die Schneidez�hne: ihrer sind 12, d. h. in jedem Kie-
fer sechs.
In kleiner Entfernung davon befinden sich die Hakenz�hne; es
sind ihrer vier, d. h. auf jeder Seite in jedem Kiefer einer, die in der
Regel den Stuten fehlen.
(Es besteht ein alter Glaube, dass Stuten mit Hakenz�hnen un-
fruchtbar seien; ob wahr, weiss ich nicht.)
Ganz hinten im Maule befinden sich die Backen-, Stock- oder
Mahlz�hne. Es sind ihrer im Ganzen 24, d. h. auf jeder Seite in je-
dem Kiefer 6.
Bei Beurtheilung des Alters kommen haupts�chlich die Schneide-
z�hne in Betracht, indem die Hakenz�hne keine solchen regelm�ssigen
Ver�nderungen im Laufe der Zeit erkennen lassen, dass sie mit Be-
stimmtheit als Zeichen des Alters ben�tzt werden k�nnten; die Backen-
z�hne aber der Schwierigkeit ihrer Besichtigung wegen gar nicht be-
trachtet werden, so dass ihrer nur beziehungsweise beim allgemeinen
Zahnen Erw�hnung geschehen kann.
Die Schneidez�hne haben verschiedene Benennungen,
n�mlich:
Die beiden in der Mitte beisammenstehenden heissen Zangen.
Die beiden rechts und links daneben stehenden heissen Mittel-
und die an beiden Enden stehenden heissen Eckz�hne.
Diejenigen Z�hne, welche das F�llen theils schon bei der Geburt
zeigt, theils im Laufe des ersten Jahres bek�mmt, heissen F�ll e n-
oder Milchz�hne. Diese werden in gewissen Perioden abgestossen
und durch andere bleibende, Pferdez�bne genannt, ersetzt. Erstere
sind weisser und kleiner als letztere, wodurch man sie leicht von ein-
ander unterscheidet.
Innerhalb 6�10 Tagen nach der Geburt des F�llens brechen
die Zangenz�hne in jedem Kiefer aus; nach 4�6 Wochen kommen
die Mittelz�hne und nach 6�8 Monaten die Eckz�hne zum Vor-
schein.
Bei der Erkennung des Alters kommen nun namentlich die Schneide-
z�hne des Hinterkiefers in Betracht. 1. Das Ausfallen der F�llen-
und der Ersatz durch Pferdez�hne, der Wechsel, beginnt mit 21
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Jahren und tritt 3mal ein, so dass mit 4*/2 Jahren die letzten F�l-
lenz�hne abgestossen werden.
Wenn das F�llen 2V2 Jahre alt ist, so fallen die Zangenz�hne
aus und werden durch Pferde zahne ersetzt; mit 31/2 Jahren geschieht
dasselbe mit dem Mittel- und mit ix/2 Jahren den E ckzahnen. Auch
brechen zu dieser Zeit bei Hengsten gew�hnlich die Hakenz�hne hervor, man-
chesmal jedoch auch schon mit 4 Jahren, manchesmal erst mit S72 Jahren.
Das vierj�hrige Pferd erkennt man also daran, dass Zan-
gen- und Mittel zahne bereits Pferdez�hne, aber die Eckz�hne noch
F�llenz�hne sind.
Die mit 4x/2 Jahren ausgebrochenen Pferdeeckz�hne errei-
chen mit dem vollendeten f�nften Jahre die H�he der �brigen Schneide-
z�hne.
Dieser Zahnwechsel findet in der angegebenen Zeit fast regelm�s-
sig in beiden Kiefern statt.
Ist derselbe vollendet, d. h. sind auch alle Pferdeeckz�hne ganz aus-
gebrochen, so sagt man, das Pferd ist vollj�hrig, es hat den letz-
ten Schub gemacht, hat abgezahnt, hat das Pferdealter er-
reicht, u. s. w.
Zu bemerken ist nur, dass betr�gerische Pferdeh�ndler ein stark
herangewachsenes F�llen gern wollen �lter erscheinen lassen, um es
besser zu verkaufen. Zu diesem Zwecke wird ein Eckzahn oder auch
Wohl der Mittelzahn fr�her ausgebrochen; man erkennt dieses aber
leicht, indem auf nat�rlichem Wege der F�llenzahn erst dann ausf�llt,
wenn er durch den hervorbrechenden Pferdezahn ver-
dr�ngt wird. Ist der Pferdezahn nun an der Stelle des fehlenden
F�llenzahnes noch nicht ausgebrochen, so kann man annehmen, dass
dieser gewaltsam entfernt wurde.
Was nun die Backenz�hne angeht, so m�ge Folgendes gen�gen:
Bei der Geburt des F�llens sind die Spitzen von 12 Backenz�h-
nen, d. h. die 3 vordem in jeder Kieferreihe bereits durchgebro-
chen. Diese z�hlen auch zu den Milchz�hnen und werden somit ge-
wechselt. Dieser Wechsel und Ersatz durch bleibende Backenz�hne be-
ginnt mit der H�lfte des dritten Jahres und endigt in der zweiten
H�lfte des vierten Jahres.
Noch vor Ablauf des ersten Jahres brechen vier bleibende Backen-
z�hne aus, d. h. in jeder Kieferreihe einer. Gegen Ende des zweiten
Jahres bricht ein f�nfter und endlich mit 47a Jahren der sechste
Backenzahn, immer in jeder Kieferreihe einer, hervor.
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999
Diese Pferdez�hne, die sich durch ihr mehr gelbliches Aussehen
und h�rteres Wesen leicht kenntlich machen, beh�lt nun das Pferd
bis an sein Ende, und da von nun an kein Wechsel mehr eintritt
so erkennt man das Alter an der von Zeit zu Zeit sich ver�n-
dernden Form der Z�hne und zwar auf folgende Art.
Denjenigen Theil der Z�hne, welcher sich beim geschlossenen
Maul in unmittelbarer Ber�hrung befindet, nennt man die Reibe-
fl�che.
Auf dieser Reibefl�che sind l�ngliche, schwarze Vertiefungen
bemerkbar, welche man Kunden oder Marken, auch Bohnen
nennt.
In der Regel werden mit dem vollendeten sechsten Jahre diese
Kunden an den zuerst hervorgebrochenen Pferdez�hnen n�mlich den
Zangen desHinterkiefers abgerieben, wodurch also diese schwarze
Vertiefung verschwindet.
Mit dem vollendeten siebenten Jahre tritt dieses an den Mittel-
und mit dem vollendeten achten Jahre an den Eckz�hnen ein. Ein
achtj�hriges Pferd wird man also daran erkennen, dass auf
allen Schneidez�hnen des Hinterkiefers die schwarzen Kunden ver-
wischt sind.
Man nennt diese Zeit die kundende Periode; sie dauert an
jedem Zahne drei Jahre. Bei achtj�hrigen Pferden sind die Hacken-
z�hne noch recht spitzig; aber die scharfen Seitenr�nder sind etwas
runder geworden. Es treten jedoch �fter F�lle ein, dass sich schwarze
Zeichen auf der Reibefl�che der Schneidez�hne des Hinterkiefers noch
�ber das achte Jahr hinaus erhalten, oder auch durch betr�gerische
Pferdeh�ndler k�nstlich eingebrannt werden; man k�nnte sich also bei
oberfl�chlicher Beurtheilung leicht t�uschen.
Hiergegen sch�tzt folgende Belehrung.
In den hier jetzt besprochenen- Jahren erscheinen die Schneide-
z�hne viel mehr breit als dick; wegen der keilf�rmigen Gestalt des
Zahnes jedoch von der Reibefl�che bis zur Wurzel, sowie wegen des
Nachschubes und der Abreibung �ndert sich im Laufe der Zeit dieses
Verh�ltniss der Breite zur Dicke, so dass die Z�hne mit zuneh-
mendem Alter an Dicke immer mehr zu- an Breite aber abnehmen.
Diese Ver�nderung beginnt wieder an den Zangen des Hin-
terkiefers als den zuerst ausgebrochenen, zuerst gewechselten Z�h-
nen; sie f�ngt an diesen Z�hnen mit dem vollendeten sechsten Jahre
an und endet an diesen Z�hnen mit dem 12. Jahre;
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ebenso an den Mittelz�hnen mit dem vollendetem siebenten, dauert
bis zum dreizehnten, und an den Eckz�hnen mit dem vollendeten ach-
ten und dauert bis zum vollendeten vierzehnten Jahre.
Es braucht also jeder Zahn 6 Jahre um diese Gestalt der Rei-
befl�che anzunehmen. Man nennt sie quer ovale Gestalt, und die
ganze Entwicklungszeit die querovale Periode.
K�mmt also ein Pferd vor, das noch Kunden, oder besser gesagt,
schwarze Flecke in mehr runder als l�nglicher Gestalt, hat, das acht
j�hrig angegeben wird, aber diese eben beschriebene Gestalt der Rei-
befl�che zeigt, sind die Hackenz�hne schon recht rund, so kann man
mit Sicherheit annehmen, dass das Pferd �lter ist. Es ist dieses in dem
Verh�ltniss der Fall, als sich die querovale Gestalt der Reibefl�che an
den Zangen »Mittel« oder gar Eckz�hnen mehr oder weniger voll-
endet hat.
Bis zum neunten Jahre haben die Schneidez�hne der beiden
Kiefer eine bogenf�rmige Richtung wie eine Zange gegeneinander;
vom neunten Jahre an beginnt eine mehr gestreckte Gestalt, die
bis zum hohen Alter so zunimmt, dass die Z�hne fast gerade nach vorne
gerichtet und sehr lang erscheinen.
Dieser umstand bringt hervor, dass an den Eckz�hnen des Ober-
kiefers der sogenannte Einbiss entsteht, indem die hintere Ecke
dieses Zahnes mit den Schneidez�hnen des Hinterkiefers nicht in glei-
cher Ber�hrung bleiben und somit eine ungleiche Abreibung erleiden.
Dieser Einbiss pflegt im Laufe des zehnten Jahres wieder zu verschwinden.
Diese Ver�nderung der Z�hne, n�mlich das Zunehmen der
Dicke und Abnehmen der Breite setzt sich nun in derselben
Art immer fort, so zwar dass die neue Gestaltung immer an den Zan-
genz�hnen beginnt.
Die nun folgende Zeitperiode heisst die der rundlich dreiecki-
genGestalt. Diese Periode beginnt an den Zangen des Hinterkiefers
mit dem dreizehnten, an den Mittelz�hnen mit dem vierzehnten, und an
den Eckz�hnen mit dem f�nfzehnten Jahre; sie dauert an jedem Zahne
ebenfalls sechs Jahre.
K�mmt also ein Pferd vor, das auf allen Reibefl�chen der Z�hne
des Hinterkiefers eine dreieckige Gestalt zeigt, als ein Keil mit der
Spitze gegen das Innere der Maulh�hle gerichtet, wobei die Z�hne
gewiss eine sehr gerade Richtung nach vorne haben, so ist das Pferd
als sehr alt zu bezeichnen, und desshalb wahrscheinlich nur zu gewis-
sen Verwendungen noch brauchbar.
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Im Verlaufe dieser rundlich dreieckigen Periode und zwar
im f�nfzehnten Jahre erscheint der Einbiss am oberen Eckzahn noch
einmal wieder, welcher im Laufe des zehnten Jahres verschwunden
war. Man kann aber aus der Gestalt der Reibefl�che und der viel
mehr gestreckten Richtung der Z�hne alsbald erkennen, ob dieses der
Einbiss des neunten oder f�nfzehnten Jahres ist.
In den thier�rztlichen Werken, welche �ber diesen Gegenstand
handeln, sind die Ver�nderungen der Z�hne von Jahr zu Jahr genau ange-
geben, und folgen z. B. auf die beschriebenen Perioden f�r das hohe
und h�chste Alter noch die ganz dreieckige und verkehrt ovale
Periode. Diese Theorien hier alle auseinander zusetzen, w�rde den
Zweck dieser Zeilen �berschreiten, das Ged�chtniss vieler Pferdebesit-
zer unn�thigerweise �berladen und endlich muss zugegeben werden,
dass je mehr diese Theorien ins detail gehen auf desto mehr Ausnah-
men st�sst man im praktischen Leben.
F�r die vielfachen Gebrauchsweisen gen�gt es, ein vierj�hriges Pferd
von einem dreij�hrigen, oder f�nf oder sechsj�hrigen, ein neunj�hriges von
einem zw�lf oder vierzehnj�hrigen und ein solches von einem ganz alten
unterscheiden zu k�nnen. Und das ist im Ganzen die Hauptsache, denn
wenn ein Pferd einmal ein gewisses Alter erreicht hat, so ist es ziemlich
gleichg�ltig ob es nun z. B. 11 j�hrig angegeben schon 12j�hrig wirklich
w�re, wenn es nur �berhaupt einer gewissen Absicht entspricht, auf den
Beinen, an der Lunge, Magen, Gehirn u. s. w. gesund ist, seiner besse-
ren Race und guten Temperamentes eine l�ngere Ausdauer verspricht, und
der Preis verh�ltnissm�ssig ist. Zur Entscheidung von Processen wird
ja ohnedies immer ein beeidigter Thierarzt beigezogen.
W�rde man aber ein �j�hriges Pferd also halbes F�llen, als f�nf-
j�hrig oder ein vierzehnj�hriges f�r neunj�hrig, oder zwanzigj�hriges
also ganz altes f�r ein zw�lfj�hriges kaufen, so w�re man jedenfalls hin-
tergangen.
Bemerken will ich hier, dass im gew�hnlichen Handelsverkehr, wenn
ein Pferd, dessen Alter nicht genau zu ermitteln ist, sei es nun durch
einen Geburtsschein, Auszug aus dem Grundbuch bei Milit�rpferden,
oder glaubensw�rdige m�ndliche Aussagen, beim Verkaufe als neunj�h-
rig angegeben wird, es meistens auch einige Jahre �lter ist, wird es aber
in diesem Falle schon 11 oder 12j�hrig genannt, so kann man vielfach
glauben, dass es auch schon 18 oder 20 Jahre alt sein mag. Es liegt
dieses darin, dass in den meisten F�llen etwas vorger�cktes Alter einen
grossen Handelsfehler darstellt.
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An den Schneidez�hnen des Vorderkiefers verlieren sich die Kunden
langsamer, indem sie noch einmal so tief sind als an den Schneidez�h-
nen des Hinterkiefers. Dieses Verschwinden der Kunden am Vorderkie-
fer geht fast in derselben Ordnung vor sich, tritt jedoch immer um 3
Jahre sp�ter ein als an dem im Hinterkiefer gegen�berstehenden Zahne
so dass, wenn mit Ablauf des 8. Jahres die Kunde am Eckzahn des
Hinterkiefers abgerieben ist, dieses am Eckzahn des Vorderkiefers mit
Ablauf des 11. Jahres eintritt. Allein die Betrachtung dieser Kunden
an den Schneidez�hnen des Vorderkiefers liefern keine so zuverl�ssigen
Zeichen des Alters und werden desshalb nie abschliessend sondern nur
beil�ufig zur Beurtheilung des Pferdealters untersucht.
Das ganz junge Thier, das sich noch im F�llenalter befindet, d. h.
bei dem der Wechsel der Z�hne noch nicht vollendet ist, kennzeichnet
sich als solches, auch ohne dass man ihm ins Maul sieht, durch sein
kindisches Wesen, jugendliches Gesicht, Mangel an Proportion in sei-
nen einzelnen Theilen, namentlich durch Hochbeinigkeit, weichere, wol-
ligere Beschaffenheit der M�hnen und Schweifhaare.
Ebenso sprechen sich die Merkmale des hohen Alters in der all-
gemeinen K�rperbeschaffenheit aus, indem durch Schwinden der Lebens-
f�lle der K�rper an Umfang abnimmt, wodurch die Theile trockener
werden; dies zeigt sich zuerst und am deutlichsten am Kopfe, welcher
durch das Einfallen der Augen- und Schl�fengruben, sowie magerer
werden der Seitenfl�chen des Gesichtes ein langes Ansehen bek�mmt.
Im ganz hohen Alter zeigen sich auf den Augenbogen weisse
Haare, der B�cken senkt sich bei vielen, der After vertieft sich, und
zwischen den mageren Hinterbacken erscheint eine Spalte, durch welche
man r�ckw�rts den Bauch sehn kann. Eace, Gesundheitszustand und
Pflege der Thiere haben auf das fr�here oder sp�tere Erscheinen dieser
Alterssymptome grossen Einfluss.
Um sich einen m�glichst sicheren Blick in Erkennung des Alters der
Pferde anzueignen, muss man sehr oft Pferden in das Maul sehen
deren Alter man genau erfahren kann.
Die Gelegenheit dazu biethet sich namentlich in Cavalleriestallun-
gen mit zu Hilfenahme des Grundbuches.
Durch besondere Beschaffenheit der Z�hne, F�tterungsart, zuf�l-
lige, �ussere Einwirkung u. dgl. erleidet die Abreibung der Z�hne
manche Abweichungen, aber in der Hauptsache leitet die Theorie doch
richtig.
Wurde weiter oben gesagt, dass betr�gerische Pferdeh�ndler junge
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Pferde durch Ausbrechen der Z�hne wollen �lter erscheinen machen,
so gibt es auch allerhand Manipulationen um �ltere Pferde scheinbar
j�nger zu machen. Man nennt dieses gitsehen oder mallochen.
Es werden n�mlich bereits sehr lang gewordene Z�hne durch Abfeilen
k�rzer gemacht, oder auf den Reibefl�chen k�nstliche, schwarz gef�rbte
Vertiefungen angebracht,
Wer die nat�rlichen Kunden, die Form und Richtung der Z�hne
in den verschiedenen Altersperioden sich einigermassen gut eingepr�gt
hat, kann sich dadurch unm�glich t�uschen lassen. Hat aber ein K�u-
fer in dieser Beziehung Verdacht, will sich das Pferd nicht ins Maul
sehen lassen, oder sch�umt es ungew�hnlich stark, womit m�glicher-
weise das Beschauen der Z�hne erschwert werden soll, so sei er um
so vorsichtiger.
Temperament, Charakter, Gem�th, G-ed�chtniss
�berhaupt das Geistige des Pferdes.
Die Kenntniss von dem Teroparamente, dem Charakter und Ge-
m�the des Pferdes, d. h. den moralischen und intellektuellen Eigen-
schaften ist h�chst wichtig. Denn bei allen ausgezeichneten �usseren
Verh�ltnissen des Baues und der Sch�nheit ist ein dem Charakter nach
falsches, verdorbenes, lasterhaftes oder dem Temperamente nach allzu-
hitziges, oder faules und unempfindliches oder dummes, und ungelehriges
Pferd immer eine mehr oder minder schlechte Acquisition, welche der
Erwartung nicht entspricht, und einen unzuverl�ssigen, �fter gef�hrlichen
immer mehr oder minder unangenehmen Dienst gew�hrt.
Das beste Temperament istdas, welches munter,
willig und unverdrossen zu jeder Arbeit, sich zuweilen
zurHergabe der Kr�fte etwas anmahnenund nach statt-
gehabter Aufregung sich bald wieder beruhigen l�sst.
Pferde mit boshaftem, zum Beissen, Schlagen geneigten, zur Arbeit
sehr unwilligem, wirklich boshaften Temperamente sind, wenn auch
noch so regelm�ssig im K�rperbau zur Zucht nicht w�nschenswerth,
denn mit den phisischen Eigenschaften �bertragen sich auch die psi-
chischen, die Anlagen zu g�nstiger oder ung�nstiger Entwicklung der
geistigen Kr�fte und des Temperamentes.
Es lassen sich der Hauptsache nach vier Temperamente feststellen.
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Und zwar:
Das sanguinische. Es zeigt Lebhaftigkeit, Gelehrigkeit, Drei-
stigkeit, Folgsamkeit, aber auch Unbest�ndigkeit bei zu grossen steten
Anstrengungen wie im schweren Zuge.
Das phlegmatische. Es zeigt geringere Erregbarkeit, ruhige-
res Betragen, beschr�nktere Geistesth�tigkeit, Beharrlichkeit bei An-
strengungen im langsamen Dienste.
Das cholerische. Mit vorherrschender Irritabilit�t, charakteri-
sirt es sich durch Anlage zum Zur�ckhalten der Muskelkr�fte � Wi-
dersetzlichkeit. Endlich
das melancholische Temperament mit vorherrschender Sensi-
bilit�t ; es gibt sich zu erkennen durch Aengstlichkeit, Schreckhaftigkeit,
Misstrauen und dadurch verursachtes Zur�ckhalten der Kr�fte.
Die verschiedenen Temperamentsbeschaffenheiten �ben verschiedene
Einfl�sse auf die Lebensth�tigkeit im Allgemeinen und somit auf die
Ern�hrungsverh�ltnisse, Diensttauglichkeit und Anlage zu
Krankheiten aus.
Schon weiter oben wurde erw�hnt, dass der Pferdekenner nach dem
Ausdrucke des Auges, des Ohrenspieles und der Form namentlich des
Oberkopfes auf die geistigen Eigenschaften des Pferdes schliesse, und
es kann jedem Pferdebesitzer nicht genug empfohlen werden, es sich
zum fleissigsten Studium zu machen, die �usseren Merkmale hievon
kennen zu lernen.
Die vier genannten Temperamente erscheinen nie als schroff abge-
sondert, indem fast jedes Pferd von jedem etwas hat, aber von den
vieren wird stets eins das vorherrschende sein. Es gibt demnach ver-
schiedene Nuancen bei den Pferden, die dem Kenner alsbald bemerk-
lich sind, und wornach er seine Behandlung namentlich in der Abrieh-
tungszeit, sowohl im Stalle als bei der Arbeit, einrichtet. Nichts ist f�r
Entwicklung der geistigen Kr�fte besser, als der viele Umgang des
Menschen mit dem Thiere vom ersten Tage seiner Lebenszeit; denn j e
mehr sich der Mensch mit dem Pferde gem�thlich besch�f-
tigt, desto vertrauter wird es.
Martin sagt in seiner Naturgeschichte des Pferdes.
Die Neigung des Pferdes mit anderen in Freundschaft zu leben
ist so entschieden, dass sie sich an andere Thiere anschliessen, wenn
keine ihrer Gattungsgenossen zugegen sind.
(Bei dem ersten Chargepferd, welches ich als Lieutenant der k. k.
Cavallerie besass, war diese Neigung so ausgesprochen, dass ich grosse
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M�he hatte, an einer Viehheerde �berhaupt, waren es nun K�he,
Schaafe oder Schweine vorbeizukommen. Dieses Pferd war in jener
Zeit �berhaupt ganz st�tzig, und nur mit sehr vieler M�he habe ich
es dahin gebracht, es allein und von anderen Pferden weg zu
reiten.)
Beispiele von gegenseitiger Anh�nglichkeit zwischen Hunden und
Pferden sind nichts Ungew�hnliches, und einer der ber�hmtesten englischen
Benner, Eklipse, unterhielt eine sehr enge Freundschaft mit einer Katze
(andere sagen einem Schaafe). Auch gegen den Menschen, wenn dieser
sich hierzu herbeil�sst, bezeigt sich das Pferd sehr freundlich und der
Familie zugethan und zeigt gegen ihn alle Erscheinungen der ergeben-
sten Anh�nglichkeit.
Zwar gibt es Pferde von m�rrischem, st�rrischem Charakter welche
auch durch die freundlichste Behandlung nicht zu bes�nftigen sind,
aber diese sind Ausnahmen von der allgemeinen Eegel; bei manchen
Pferden wird das urspr�nglich gutartige Temperament durch un�ber-
legte oder �berm�thige Strenge verdorben, in welchem Falle es schwer
ist, sie wieder zug�nglich zu machen: aber beinahe �berall, wo dem
Pferde G�te gezeigt wird, kann man sich auf dessen Anh�nglichkeit
verlassen.
In den Zelten der Beduinen leben die Stuten mit ihren F�llen
und die Herren mit ihren Frauen und Kindern beisammen; sie schla-
fen untereinander, der Herr liebkost seine Lieblingsstute und die Kin-
der spielen mit den F�llen, welche mit ihnen aufwachsen, und so
besteht das gr�sste Vertrauen und die gr�sste Familiarit�t unter ihnen.
Der Beduine behandelt sein Pferd als ein Mitglied seiner Familie und
die freundlichen Gef�hle tauschen sich gegenseitig aus. Colonell Ha-
milton Smith, den wir wegen seiner edlen Gef�hle f�r Menschlichkeit
ehren, theilt uns die Ansicht mit, dass die wechselseitige Anh�nglich-
keit, welche zwischen den Norddeutschen und ihren Pferden besteht,
grossenthe�s der Bauart ihrer H�user auf dem Lande zuzuschreiben
sei, wo die K�pfe der Rinder und Pferde gegen die Dreschtenne sehen,
an deren Ende gew�hnlich die Familie wohnt, und wo der Herd
steht.
Da die Thiere alles mit ansehen k�nnen, was im Hause vorgeht,
so werden sie allm�hlig mit allen Handlungen der Bewohner v�llig ver-
traut ; diese aber lernen, da sie ihre Hausthiere best�ndig vor Augen
haben, sie als ihre Genossen und nicht als Bestien kennen, welche
man blos mit Schl�gen zu zwingen glaubt. Wir w�nschten dass solche
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Gef�hle als Charakterzug der Bauern unserer Insel angef�hrt werden
k�nnten.
Nach der Meinung der Pferdekenner �lterer Zeit war ein gewisses
Temperament mit der Farbe des Haares unzertrennlich. Man verband die
vier Elemente mit den vier Haupttemperamenten und den vier Haupt-
haarfarben.
Dem braunen Haar geh�rt das sanquinische Temperament, als das
leicht bewegliche, die Luft darstellend.
Mit dem Fuchshaar sollte das cholerische Temperament verbunden
sein, das Feuer darstellend.
Das phlegmatische Temperament wurde allen Schimmeln, lichten
Farbe �berhaupt zuerkannt; das weiche, w�sserige, also das Element des
Wassers darstellend.
Das melancholische Temperament kam dem schwarzen Haar zu;
es stellt die Erde dar.
Dass man diese Theorie nicht buchst�blich nehmen darf und sich
unter jedem Kleide alle Arten von Temperamenten finden, liegt auf der
Hand; aber der erfahrene Pferdemann muss doch zugestehen, dass die
reizbarsten Pferde meistens der Fuchsfarbe angeh�ren.
Dass die braune Farbe bei Pferden eine so allgemein beliebte ist,
hat wohl einen tieferen Grund, als nur der Eindruck auf das Auge des
B eschauers. Nach der Meinung der alten w�re dem Braunen das san-
guinische , das am meisten heitere, gutwillige, arbeitslustige Tempera-
ment zu Theil geworden. Hiernach w�re die allgemeine Beliebtheit
leicht erkl�rlich.
Der Volksglaube h�lt jetzt noch vielfach daf�r, dass Rappen nament-
lich die ohne weisses Zeichen, zum Dummkoller, (Schwermuth, Stumpf-
sinn) �berhaupt Kopfkrankheiten geneigt seien.
Ebenso gelten noch jetzt, obwohl vielfach mit Unrecht die Schim-
mel, �berhaupt alle lichten Farben f�r weiche, (w�sserige) Pferde.
Man h�lt sogar einen weissen Fuss f�r schw�cher als die dunkel-
f�rbigen ; es gibt eine Gegend in B�hmen, wo man einen Schimmel
nicht als Pferd anerkennt, denn von einem Zweigespann, wovon das
eine ein Schimmel ist, sagt man: Ein Schimmel und ein Pferd.
Zur Ehrenrettung der Schimmel namentlich muss ich daran erinnern,
dass grosse Herren zu ihren Parade- und Schlachtpferden gern Schimmel
gew�hlt zu haben scheinen; ich erinnere nur an Friedrich den Grossen und
Napoleon I. Wenn ich nicht irre ritt auch Wellington bei Waterloo einen
Schimmel. Auch werden zu gewissen pomp�sen Ceremonien an grossen
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H�fen nur Schimmelz�ge verwendet. Die Sage von den weissen Pferden
in den heiligen Hainen der alten Deutschen ist bekannt; es wurde also
dieser nach einer Theorie gering gesch�tzten Farbe, an einem anderen
Orte g�ttliche Verehrung zu Theil; das Paradepferd des Mittelalters das
Damenpferd, (weisse Zelter) musste ein Schimmel sein.
Die Temperamentsneigungen �ussern sich nun beim Pferde als:
Gutm�thig und dabei entweder mehr ruhig oder mehr lebhaft.
Furchtsam; die Furchtsamkeit �ussert sich unter sehr verschiede-
nen Formen.
Feurig, empfindlich, hitzig.
B�se, heimt�ckisch auch launisch, alle Kr�fte zur�ckhaltend
und nur nach kr�ftiger Aufforderung aber dann gewissermassen zornig
hergebend.
Der Keim, die Anlage zu allem geistigen ist angeboren; es ist beim
Menschen Sache der Erziehung, beim Pferde Sache der Abrichtung diese
Anlagen zu entwickeln, zu bilden, nach Umst�nden zu beleben oder zu
d�mpfen.
In Bezug auf das Pferd kann selbst die rationellste, beste Abrich-
tung ein von Natur tr�ges , faules geistloses Pferd nicht zu einem feu-
rigen oder hitzigen umwandeln. Es gelingt der Dressur �fter zu viel
Feuer massigen, und sich unterth�nig zu machen, als Feuer anzufachen
wo der Stoff dazu fehlt. Alle Pferde, die in Folge ihres angebornen Tem-
peramentes ganz besondere Schwierigkeiten in der Abrichtung biethen,
sei es zum Keit- oder Zugdienst, bed�rfen nachher immer, wenn auch noch
so gr�ndlich abgerichtet, einer gewissen consequenten, aufmerksamen
Behandlung um brauchbar zu bleiben.
Wir wollen nun die verschiedenen Neigungen etwas n�her be-
trachten.
Wenn auch der Keim zu Allem von der Natur gegeben ist, so
muss man doch als Abrichtungsgrundsatz festhalten, dass kein Pferd
als wirklich boshaft oder verdorben auf die Welt k�mmt.
Desshalb steht als erster Grundsatz oben an, sich mit dem jungen
Thiere viel und freundlich zu besch�ftigen; sich ihm oft ann�hern, mit
freundlicher Stimme zu ihm sprechen, es betasten, streicheln, aus der
Hand einen Leckerbissen reichen, das Fohlen gew�hnen, sich eine Half-
ter anziehen und sich kurze Zeit anbinden zu lassen, u. s. w. u. s. w.
(Weiter unten hier�ber mehr.) Selbst das j�ngste Thier gibt dem
Pferdekenner Gelegenheit seine geistigen Neigungen kennen zu lernen
und darnach seine Behandlung einzurichten.
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Die Gutm�thigkeit ist aus dem Geberdenspiel, dem Thun
und Lassen leicht zu erkennen. Das Geberdenspiel eines solchen Pfer-
des hat etwas Freundliches, es richtet Blick und Ohren fest und
dauernd auf den Menschen, es zeigt kein furchtsames Benehmen, wenn
er sich ihm im Stalle ann�hert, es l�sst sich, bei der Halfter ange-
fasst, leicht und willig zum Vor- und Zur�cktreten bewegen, es tritt,
wenn dazu aufgefordert, auf die Seite, es l�sst sich auch gleich das
erstemal, ohne besondere Furcht zu zeigen, Sattel oder Geschirr willig
auflegen.
Zur Arbeit angebalten, ist es gelehrig und thut alsbald den Wil-
len des Menschen befolgen, sobald es ihn nur verstanden, die Kraft
und Geschicklichkeit dazu hat, ihn befolgen zu k�nnen.
Die Gutm�thigkeit �ussert sich auch mit mehr oder weniger Leb-
haftigkeit; erstere ist dann wohl, namentlich bei ganz jungen Thieren,
zum Stallmuth geneigt. Wiederholte Lection ohne zu grosse Anstren-
gung d�mpft dieses bald; ist aber das gutm�thige, ganz junge Pferd
niemals zu einem lustigen Sprunge aufgelegt, so wird das ausgewach-
sene wohl ein tr�ges Pferd werden.
Lebhafte � Gutm�thigkeit �ussert sich als Geh-, Arbeitslust, als
Fr�mmigkeit, Verl�sslichkeit im Gebrauch u. s. w.
Die Furchtsamkeit �ussert sich sehr verschieden. Es ist
eine Eigenheit des Pferdes, alles was ihm Furcht einfl�sst mit dem
Ger�che zu pr�fen. Es wird also bei Ann�herung eines ihm Furcht
machenden Gegenstandes mit stark gespitzten Ohren durch die Nasen-
l�cher schnarchen, was sich dann, wenn das Pferd nur furchtsam und
nicht wirklich scheu ist, nach und naeh vermindert und sich dann die
Furcht alsbald verliert. Das furchtsame Pferd heftet Auge und Ohr
nicht bleibend auf einen Gegenstand, sondern wechselt h�ufig das Ohren-
spiel, und der Augapfel wendet sich bald zur Seite, bald r�ck-, bald
vorw�rts. Einem solchen Pferde muss man alles ihm neue, sei es nun
Tr�nkeimer, Sattel, Zaum, Decke, Geschirr u. s. w. beriechen lassen
und dieses �fter wiederholen ehe man es ihm auflegt. Ist es �berhaupt
Regel nie zu einem Pferde in den Stand zu treten, ohne es anzuspre-
chen und damit auf die Ann�herung eines Menschen aufmerksam zu
dachen, so ist dieses bei einem furchtsamen um so unerl�sslicher. Ein
furchtsames Pferd wird �berhaupt durch ein ruhiges, gehalte-
nes, stets gleich bleibendes Wesen des W�rters
oder Abrichters am ersten gebessert.
Wenn der Abrichter mit einem furchtsamen Pferde nicht umzu-
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gehen weiss, *so wird das Pferd bei unrichtiger Behandlung noch furcht-
samer, nimmt auch nach Umst�nden einen b�sen, zur Falschheit ge-
neigten Charakter an, widersetzt sich bei jeder Gelegenheit, f�rchtet
sich vor allen Gegenst�nden und bringt sowohl den Keiter als den
Fahrenden ins Ungl�ck, oder nimmt auf eine oder die andere Art ein
fr�hes Ende.
Ein gewisser Grad von Furcht, � oder wollen wir dieses in den
meisten F�llen Geneigtheit, sich dem Willen des Menschen zu f�gen,
nennen, - - wohnt dem Pferde von Natur inne. Das Pferd erwartet
nicht seinen Feind, wie z. B. der Stier, welcher ihn mit den H�rnern
bek�mpft; nur in besondern F�llen packt das Pferd den Feind mit den
Z�hnen. Aber Pferdeheerden, wild oder in grossen Gest�ten, bilden,
wenn z. B. W�lfe herannahen, einen Kreis mit den K�pfen gegenein-
ander und schlagen mit den Hinterf�ssen nach dem Feinde oder su-
chen ihr Heil in der Flucht. Die Schnelligkeit weist das Pferd von
Natur hierauf hin, sowie den Stier seine Langsamkeit und die Kraft
seines Halses anweist, den Feind stehenden Fusses zu erwarten. Darum
hat der Stier seine Waffen zun�chst am Halse, das Pferd dagegen hat
eben seine Hauptwaffe in den Hinterbeinen. Der Mensch w�rde sich
das Pferd wohl kaum so vielseitig unterw�rfig gemacht haben, wenn
das Pferd nicht diesen Grad von Furcht, als Neigung, sich ihm unter-
zuordnen, von der weisen Natur erhalten h�tte. Denn wo sich der
Wille des Pferdes ins Gegentheil umschl�gt, kostet es, wie bekannt,
ganz gewaltige K�mpfe, die schon oft zum Schaden des Menschen aus-
fielen, um �ber es Herr zu werden.
Der Mensch muss also stets trachten, sich diese Neigung als gu-
ten Willen zu erhalten, indem er beim Pferde Vertrauen erweckt,
nicht aber diese nat�rliche Furcht zur Schreckhaftigkeit, Misstrauen,
Scheue gegen den Menschen etc. steigert. Wer kann es z. B. einem
neu angekauften Cavalleriepferd, das an mehren Stellen gebrannt wurde,
�belnehmen, dass es einige Zeit die Ann�herung des Menschen �ber-
haupt f�rchtet; oder:
wenn einem jungen Pferde beim ersten Anlernen zum Ziehen ein
ganz unpassendes Geschirr aufgelegt wird, dass es dann f�r immer
einen Widerwillen, Furcht vor dem Ziehen �berhaupt beh�lt; oder:
wenn ein junges Pferd beim Gew�hnen an die Infanterie, den Ge-
wehrgriffen u. s. w. mit einem Bajonett unvorsichtiger Weise gesto-
chen wird, und nachher eine best�ndige Furcht vor der Infanterie
beh�lt.
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Mit der Furcht ist Scheuen, Schreckhaftigkeit, Misstrauen u. s. w.
zan�chst verwandt.
Manches Pferd, das sich vor Schiessen, milit�rischem L�rm u. s. w.
gar nicht f�rchtet, kann einen rasselnden Wagen durchaus nicht ver-
tragen, oder erschrickt vor jedem auffliegenden Vogel, oder scheut einen
Strohhalm, schwarzen oder sehr lichten Fleck auf der Erde, wie Was-
serpf�tze, aufgeh�ngte W�sche u. s. w.
Ein anderes f�rchtet und scheut sich vor gar nichts, was im ge-
w�hnlichen Leben vorkommt, und hat von Natur eine un�berwindliche
Furcht vor dem Schiessen.
Ein anderes ertr�gt Alles, aber Trommeln und Musik hinter
i h m erregt ihm ausserordentliche Furcht; ein anderes, sonst ganz ver-
traut, kann es nicht lernen, den S�bel zu vertragen.
Manches ganz fromme, vertraute Wagenpferd wird unb�ndig durch
das Schellengel�ute eines Schlittengeschirres; ein anderes wird sehr
ungeduldig furchtsam aufgeregt, wenn es nach dem Einspannen noch
etwas stehen bleiben soll, und nicht selten sucht sich diese Furcht
durch die heftigsten Lancaden Luft zu machen; dasselbe Pferd steht
vielleicht ganz still, wenn es erst eine Weile gegangen hat; manches
Pferd �berwindet nur bei sehr geduldiger, ruhiger Behandlung die
Furcht vor dem Eingespanntsein, wie es f�r ein Kutschenpferd in der
Stadt n�thig ist.
Ich habe ein Pferd gekannt, welches in aller Arbeit ganz fromm,
in die h�chste Aufregung gerieth, wenn das neben ihm stehende Pferd
geputzt wurde. Wurde aber dieses Pferd selbst zur selben Zeit auch
geputzt, so stand es ganz still, war nirgends kitzlich, u. s. w.
Es gibt Pferde, die so furchtsam, misstrauisch sind, dass sie genau
wissen, wenn der W�rter oder Abrichter ein anderes Kleid als das ge-
w�hnliche tr�gt.
Ein riechender Pelz, ein Kautschukmautel k�nnen einem Pferde
die h�chste Furcht einfl�ssen und den Menschen gef�hrden. Das Kni-
stern oder der Anblick von Papier ist manchen Pferden, die �brigens
gar nicht furchtsam oder scheu sind, so unertr�glich, dass sie in die
h�chste Aufregung gerathen.
M�hlr�der, die sich bewegen, ein auf der Strasse fortgew�lztes
Fass, eine schmale Br�cke, namentlich wenn die Bretter oder Kn�ppel,
wie es �ber B�che im Hochgebirge �fter der Fall ist, lose sind, der
Geruch von Lohgerbereien, Abdeckereien, Eisenbahnz�ge u. s. w. er-
regen bei sehr vielen Pferden grosse Furcht.
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Manches Pferd ist nur mit gr�sster M�he zu bewegen, durch ein
Wasser zu gehen, tiefe Gr�ben, wenn auch nicht sehr breit, f�rchten
die meisten Pferde mehr als flache, wenn auch breiter, sumpfige Ufer,
Wassergr�ben mehr als trockene, u. s. w. Ebenso erregt das Ver-
wickeln in einen Halfter- oder Schlagen �ber einen Zugstrang manchem
Pferden grosse Angst.
Manche Pferde, die sonst bei keiner Art von L�rm Furcht zei-
gen, gerathen bei einem Gewitter in die h�chste Aufregung; in F�llen,
wo Pferde bei einem Brande im Stalle stehen, l�hmt die Furcht ihre
Glieder vollkommen und es ist daher sehr schwer, sie herauszubringen,
wenn man ihnen nicht die Augen mit Blenden bedecken oder sie zu-
binden kann, was in solchen F�llen wo m�glich immer geschehen sollte.
Manche Pferde f�rchten den Ort und das Ger�usch eines Schmie-
des so, dass sie sich daselbst durchaus nicht beschlagen lassen wollen,
wohl aber im Stalle ganz willig. Andere f�rchten das lederne Schurz-
fell eines Schmiedes derart, dass er, mit demselben angethan, sich
einem solchen Pferde nicht ann�hern kann; das Ger�usch einer Scheere zum
Ausscheeren der Fesselhaare, Schweifstutzen u. s. w. ist manchem
Pferde unausstehlich.
Ein auf der Weide gehendes Pferd, erz�hlt Martin, hatte sich
bei einem Gewitter unter einen Baum gestellt, daselbst Schutz suchend,
und sich mit der Kruppe in der Richtung gegen den Wind an den
Baum angelehnt. Der heftig w�thende Sturm entwurzelte diesen B�um,
wor�ber das Pferd in den heftigsten Schreck versetzt wurde, und ent-
floh noch gl�cklich, ohne von dem st�rzenden Buume verletzt zu wer-
den. Dasselbe Pferd wurde nachher noch viele Jahre auf dieselbe
Weide getrieben und hat sich nie mehr entschliessen k�nnen, unter
einem Baume, weder gegen Sonnenhitze, noch Regen noch Wind Schutz
zu suchen. Wohl eben so sehr ein Beweis von Furcht als von Ge-
d�chtniss.
Derselbe Schriftsteller erz�hlt ferner:
Zuweilen zeigen Pferde einen entschiedenen und motivirten Wider-
willen gegen verschiedene Objekte; einige merkw�rdige F�lle theilt
Rodet mit:
Im Jahre 1803 besass w�hrend der Schlacht bei Austerlitz ein
franz�sischer Offizier eine sehr sch�ne und in vieler Beziehung sehr
brauchbare Stute, welche aber durch eine Eigenth�mlichkeit sehr ge-
f�hrlich f�r den Reiter wurde; sie hatte n�mlich eine entschiedene
Aversion gegen das Papier, das sie, sobald sie es sah, im Augenblicke
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als solches bemerkte und dies selbst im Dunkeln, wenn ein oder zwei
Bl�tter Papier gegeneinander gerieben wurden. Der Anblick oder das
H�ren dieses Materials brachte auf das Thier eine so schnelle Wir-
kung hervor, dass es in manchen F�llen den Reiter abwarf, und in
einem Falle, wo er mit dem Fusse im B�gel h�ngen blieb, ihn eine
ziemliche Strecke weit �ber eine steinige Strasse schleppte. In andern
Beziehungen hatte dieses Pferd nicht die geringste Furcht vor Gegen-
st�nden, welche sonst den meisten Pferden Entsetzen verursachen. Die
Musik der Brigade, das Pfeifen der Kugeln, der Kanonendonner, das
Bivouakfeuer oder das Glitzern der Waffen war ihm v�llig gleichg�ltig.
Die Konfusion und das Ger�usch des Angriffs machte keine Wirkung
auf es, kein Ger�usch^, welches es auch .sei, brachte das Pferd ausser
Fassung, nur das Sehen und Rascheln des Papiers brachte es zur
Tollheit.
Alle m�glichen Mittel wurden angewendet, um es von dieser aus-
serordentlichen Extravaganz zu heilen, sein Herr war aber am Ende
gen�thigt, sie weg zu geben, da sein Leben in best�ndiger Ge-
fahr war.
Eine in den Jahren 1816�1821 zu dem k�niglichen Garderegi-
mente geh�rige Stute war vollkommen gutartig, und zeigte weder ge-
gen Menschen noch Thiere irgend eine Antipathie, nur konnte sie kei-
nen Grauschimmel leiden; in dem Augenblicke, wo sie eines solchen
ansichtig wurde, st�rzte sie sich auf ihn, und fiel ihn mit der gr�ssten
Wuth an. Dies that sie �berall und zu allen Zeiten. In Beziehung auf
ihren Dienst bei der Parade, auf dem Marsche u. s. w., sowie in der
Action und dem Betragen im Stalle Hess sie sonst nichts zu w�nschen
�brig; aber gegen Grauschimmel oder Schimmel hatte sie einen sol-
chen Hass, dass es gef�hrlich war, sie, wenn auch nur entfernt, mit
solchen in einen Stall zu bringen. Sobald sie nur von ferne ein sol-
ches Pferd bemerkte, gleichviel ob es ein Hengst war oder eine Stute,
so ruhte sie nicht, bis sie ihren Reiter abgeworfen oder ihr Halfter
zerrissen hatte, und st�rzte sich mit der gr�ssten Wuth auf dasselbe,
um es an tausend Stellen zu beissen. Gew�hnlich packte sie den Ge-
genstand ihrer Wuth am Kopfe oder an der Kehle und hielt ihn so
fest, dass sie ihn erstickte, wenn man nicht schnelle Hilfe schaffte.
Selbst im Alter, � im Jahre 1821 war sie 18 Jahre alt, � war
diese Wuth nicht ganz verwischt, wiewol etwas gemildert. Kein ande-
rer Gegenstand von weisser Farbe machte auf sie den geringsten
Eindruck.
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Eine, zu der f�nften Husarenschwadron geh�rige Stute scheute da-
gegen vor allen weissen, leblosen Gegenst�nden, wie weisse M�ntel
oder Decken, Sch�rzen oder Hemden, besonders aber vor weissen
Federn.
Sobald sie irgend einen dieser weissen Gegenst�nde und nament-
lich, wenn sich derselbe bewegte, erblickte, so �berkam das Pferd eine
panische Angst und suchte durchzugehen. Waren diese Gegenst�nde
aber nicht sehr gross, und bewegten sie sich nur langsam, so st�rzte
sie sich w�thend auf sie, und suchte sie mit den Vorderf�ssen zu zertre-
ten oder mit den Z�hnen zu zerreissen, anders gef�rbte Dinge machte auf
sie nicht den geringsten Eindruck, auch Schimmel oder selbst ganz weisse
Pferde, wenn sie schnell in ihre N�he kamen, erregten sie nicht; wenn
aber nur eine weisse Feder wallte oder ein St�ck weisses Papier vor ihr
niederfiel, so war ihre Furcht oder Wuth v�llig unbez�hmbar.
Eodet bemerkt zu diesen F�llen, dass sie wahre fixe Ideen seien.
Merkw�rdig ist, dass allemal das solchen Anf�llen unterworfene Indivi-
duum eine Stute war. (Soweit Martin.)
Erinnern diese Beobachtungen nicht an sogenannte Launen hysteri-
scher Frauen ?
Die Boden scheue ist eine ganz besondere Art von Furcht; die
im Gebrauch h�chst unangenehm ist.
Es gibt n�mlich Pferde, die �brigens nicht scheu, jeden Fleck auf der
Erde, sei er heller oder dunkler, einen grossen Stein, besonders tiefe
Fahrgleise, eine kleine Wasserlacke u. s. w. so markiren, dass sie auf die
Seite springen, aus dem Galopp inTrabb fallen, immerw�hrend Stutzen etc.,
wodurch sie im Gebrauch stets unangenehm und unverl�sslich sind. Nur die
geduldigste, ruhigste Behandlung kann diesen Fehler so weit bessern, dass
solche Pferde brauchbar bleiben, aber ganz abzugew�hnen , sodass sie nie
wiederkehrte, ist mir wenigstens nicht gelungen, wenn ich mir auch
schmeicheln kann, sehr bodenscheue Pferde fast bis zum Verschwinden
des Fehlers beruhigt zu haben, so lange die entsprechende Behandlung
andauerte.
. Ebenso sind kopfscheue Pferde h�chst unangenehm und dadurch
im Gebrauch unsicher, dass sie sich nur mit der gr�ssten Vorsicht aufz�u-
men lassen, manchen Tag auch dieses durchaus nicht leiden wollen und,
wenn einmal erschreckt, sich sehr schwer wieder beruhigen und vertraut
machen lassen.
Meine Leser wollen die Versicherung entgegennehmen, dass ich in
meinem vielseitigen und vielj�hrigen praktischen Umgang mit Pferden so
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zu sagen alle hier erw�hnten F�lle, die dem Pferde Furcht machen, selbst
gesehen und behandelt habe.
Am schwierigsten sind zu �berwinden, angeborne, sehr grosse Furcht
beim Schiessen;
die erw�hnte Papierscheue;
Nicht durchs Wasser gehen wollen;
Bodenscheue in hohem Grade;
sehr kopfscheue, und diejenigen F�lle, wo der Geruchssinn sehr unan-
genehm ber�hrt wird.
Das feurige Pferd. Diese Temperamentseigenschaft �ussert sich
auch verschieden. Ist es das lebhafte Feuer des edlen Pferdes, so ist die-
ses eine h�chst erw�nschte Eigenschaft, denn ein solches Pferd kann da-
bei auch gutm�thig sein, d. h. es f�gt sich stets gern dem Willen des ihn
beherrschenden Menschen. Ein solches, wenn vom Menschen gut behan-
handelt, ist bis in sein hohes Alter munter und dem Menschen zugethan;
ein mit solchem lebhaften Temperamente begabtes Pferd ist auch leicht
zu erkennen, es �ussert sich durch sein Geberdenspiel und sein �briges
Verhalten, beim Eintritt des Menschen in den Stall wird es sich nach ihm
umsehen, es hat gew�hnlich feurige Augen und ist in steter Bewegung bei
dem geringsten vorkommenden Anlass, es ist f�r die menschliche Stimme
und �berhaupt f�r jede vorkommende Kleinigkeit sehr empf�nglich.
Aeussert sich das Feuer als zu grosse Reizbarkeit, Empfindlichkeit,
Hitze, so kann dieses ebenso unangenehm werden, als das edle, lebhafte
Feuer sehr erw�nscht ist: denn nicht allein, dass solche Pferde ihre
Kr�fte vor der Zeit aufreiben, k�nnen sie auch den Reiter oder Fahrer durch
ihre unbez�hmbare Hitze und Ungeduld in die unangenehmsten Lagen brin-
gen. Solche Pferde gerathen gewissermassen in einen j�hzornigen Zustand
und wenn sie auch endlich zum Gehorsam gezwungen werden, so thun sie es
weil sie es m�ssen, nicht aber aus eigenem Antriebe.
Derartige Pferde sind sehr schwer zu behandeln, und wenn sich auch
hochgradige Empfindlichkeit, Kitzlichkeit im Stalle zeigt, so kann sich
diese Art von Feuer nur in der Arbeit darthun. Bei manchen Pferden tritt
sie nur bei bestimmten Gelegenheiten hervor. Es gibt z. B. Pferde, die
allein geritten wohl lebhaft gehen, in Gesellschaft unertr�glich hitzig
werden, oder durchaus nicht stehen bleiben wollen, w�hrend andere Pferde
weggehen, oder in die heftigste Aufregung gerathen, wenn ihnen in
der Dressur ein gr�sserer Zwang in Gang und Stellung abverlangt
wird, u. s. w.
Das b�se, heimt�ckische Pferd. Ein solches erkennt der
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aufmerksame Beobachter leicht im Stalle und auch im Freien, denn
es sieht sich bei Ann�herung eines Menschen scharf nach ihm um, legt
die Ohren zur�ck, f�hrt auf ihn los um zu beissen, und zeigt �berhaupt
durch seine Aeusserungen, als ob es ihn nicht zu sich in den Stand lassen
wollte; befindet es sich aberimFreien so stellt es sich beim Hinzutritt eines
Menschen gleich sicher oder zur Vertheidigung bereit. Solche Pferde sind
stets schwer zu behandeln, und legen ihre b�sen Eigenschaften vielleicht
erst ab, wenn sie durch viele, anstrengende Arbeit, wenig oder schlechte
Nahrung u. s. w. herabgekommen sind. Der W�rter oder derjenige, wel-
cher das Pferd gebraucht, darf die bekannten Vorsichtsmassregeln bei der
Ann�herung im Stalle, beim Putzen, Beschlagen, Satteln, Einspannen und
so weiter nicht ausser Acht zu lassen, ohne sich dadurch einer Gefahr
auszusetzen. Dreistes, entschlossenes, sich gleichbleibendes Wesen und
hinl�ngliche Arbeit imponiren solchen Pferden am ehesten, wogegen Zag-
haftigkeit von Seiten des Menschen sie immer dreister macht.
Geile Hengste mit diesem Temperamente sind die schlimmsten; man
thut gut, bei Ann�herung zu denselben, stets einen kurzen etwas dickeren
Stock in der Hand zu haben, nicht etwa um gleich auf das Pferd los zu
pr�geln, sondern um ihm denselben entgegenzuhalten, damit es darauf
beisse. L�sst man es an einem solchen Stock beim Beschlagen, Putzen,
Satteln etc. beissen, so lassen solche Thiere alles geduldig mit sich
machen.
Die Heimt�cke, Launigkeit zeigt sich darin, dass ein Pferd seine
Bosheit unvermuthet aus�bt, mitunter tr�ge und ruhig in der Arbeit zu
sein scheint, dann aber aufgefordert, auf einige Zeit unb�ndig heftig,
in Zorn gerathend erscheint.
Das sind f�r jede Art von Arbeit sehr unangenehme, wo es solide
Arbeitskraft gilt, stets unverl�ssliche Pferde.
Zur Zeit des Rossens zeigen sich viele Stuten fast immer als sehr
launisch, in Folge des gereitzten Zustandes als sehr kitzlich oder auch
sehr unempfindlich, ihre Kr�fte zur�ckhaltend oder heftig u. s. w.
Man findet dieses �fter bei Stuten die ausser der Zeit des Rossens
ein ganz gutes, angenehmes Temperament haben. Mit Aufh�ren des Ros-
sigseins verschwindet dann auch die Launigkeit wieder.
Der Charakter der Bosheit, Falschheit, T�cke ist nun noch auffal-
lender bei einem Thiere, das von Natur zur Treue, Gutm�tigkeit und
Zuneigung zum Menschen geschaffen ist. Allein so wie der Mensch, so
sein Pferd. Wenn der Mensch seine Gewalt, � namentlich hervortetend
bei solchen Pferden, � missbraucht, so lehrt er diesem Thiere, das Ge-
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heimniss seiner Kraft�berlegenheit kennen, indem es Ausfl�chte gegen die
Misshandlungen sucht, und wenn es einmal Sieger geblieben, endlich die
ihm wiederfahrene Behandlung mit gleicher M�nze bezahlt; ersch�pft zu
Grunde gerichtet, anstatt abgerichtet zu werden, ist dann auch �fter die
Folge.
Welch' ein Unterschied zwischen solchen b�sartigen, t�ckischen
Pferden, sagtHochstetter, und dem gutgearteten, aufrichtigen,
frommen. Zutrauensvoll kehrt sich das letztere gegen seinem g�tigen,
liebreichen Meister, und w�rde ihm �berall hin wie ein Hund folgen,
wenn es die Umst�nde gestatteten. Es schaut ihm treu und aufrichtig
in die Augen, beriecht ihn, beleckt ihn mit der Zunge und erkennt deut-
lich seine Stimme. Im Dienste ist es unverdrossen, aufmerksam, gelehrig
und fromm, zu allem bereit, was sein guter Herr mit liebreichen Zeichen
von ihm begehrt, selbst wenn es sauern Schweiss und M�he kostet. Wie
sch�n erwidert und belohnt es die G�te und Freundlichkeit seines Herrn
durch einen treuen und unverdrossenen Dienst. �
Aus diesem �ber das geistige des Pferdes, Charakter, kurz Tempera-
ment Gesagtem, ist nun leicht zu entnehmen, was man unter gutem
oder b�sem Willen zu verstehen hat. Der Wille des Pferdes ist nichts
anderes, als das Vorhaben zum Guten oder B�sem, das aus dem inneren
Sinne desselben hervorgeht. Das Pferd kann, wenn eswill, sehr viel
leisten, dem Menschen angenehm und durch seinen Gehorsam n�tzlich
sein; wenn es aber nicht will so wird es nicht nur gar nichts leisten
sondern auch dem Menschen gef�hrlich werden.
Der Gehorsam zeigt sich eben durch Unterordnung in den menschli-
lichen Willen; das gutgeartete Pferd zeigt, wenn es einmal den Menschen
verstanden hat, einen freiwilligen Gehorsam, wogegen das b�sgeartete
endlich in den meisten F�llen wohl auch dem Willen des Menschen unter-
geordnet, d. h. gehorsam wird; aber es thut alles nur gezwungenerweise
mit Widerwillen. Dass ersterer Gehorsam viel mehr Ausdauer, Verl�sslich-
keit und Annehmlichkeit verspricht, liegt auf der Hand.
Im gew�hnlichen, praktischen Leben treten die Unterschiede und
vielen Abstuffungen in dieser Beziehung in einigen F�llen besonders her-
vor. So ist z. B. das A11 e i n s e i n manchen Pferden h�chst zuwider, denn
das Pferd lebt im nat�rlichen Zustande Heerden- oder rudelweise beisam-
men und auch im gez�hmten Zustande beh�lt es diese Neigung bei, in so
fern es gern mit seines Gleichen geht, und offenbar besser gedeiht, wenn es
zu mehren gehalten wird, als wenn allein.
In der Koppel halten sie sich gern zusammen, schliessen Freund-
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schaft mit einander, necken einander und laufen, wenn sie auf der Strasse
oder einer angrenzenden Koppel ein fremdes Pferd sehen, an die Hecke
um es durch wiederholtes Wiehern zu begr�ssen.
Auch leisten sie sich kleine Dienste, denn man bemerkt h�ufig, dass sie
des Nachbarn Haut mit den Z�hnen gelinde kneifen, was entweder zum Scherze
oder weil es den andern juckt geschieht. Es gibt Pferde, die, wenn sie
allein in einem Stalle stehen sollen, in eine fieberhafte Aufregung gera-
then, schwitzen, Futter versagen und endlich krank werden, wenn sie
nicht rechtzeitig wieder mit anderen Pferden in einem Stalle eingestellt
werden. Und so auch im Gebrauch.
Es gibt z. B. Pferde, die auch ohne fr�her verdorbeu zu sein, im
Freien durchaus nicht allein gehen m�gen; jede Folgsamkeit f�r Z�gel
und Schenkel die das Pferd auf der Reitschule lernte und auch stets wil-
lig befolgte, h�rt so zu sagen auf. Solche Pferde gehen in Gesellschaft
anderer tiberall bin; es gibt sogar solche, die in Gesellschaft voraus ganz
willig gehen und allein vom Hause nicht wegzubringen sind.
' Andere �ussern diese Gesellschaftsliebe indem sie allein wohl vom
Hause willig gehen, aber sich an jedes begegnende Pferd anschliessen
wollen, und dieses mit dem gr�ssten Eigensinn durchzuf�hren suchen. An-
dere wieder gehen vom Hause h�chst tr�ge und unwillig; auf dem Nach-
haus ewege zeigen sie wohl zu viel Gehlust also guten Willen zur Ar-
beit. Kehrt der Reiter dann ein solches Pferd um, so ist die Gehlust wie
verschwunden; es ist dann eben nicht Gehlust, sondern nur Sehnsucht
nach dem Stalle und auch nach den anderen darin befindlichen Ka-
meraden.
Der rationelle, gr�ndliche Reiter sucht sein Pferd dahin zu bringen,
dass es nach dem Aufsitzen stehen bleibe, und die anmahnende Hilfe
abwarte; er lobt sein Pferd, wenn es hief�r guten Willen zeigt. Ein ande-
rer nennt es ausserordentliche Gehlust, Willen zum Gehen, wenn es
gleich nach dem Aufsitzen fortrennt, oder wohl in Lancaden abgeht.
K�mmt nun dasselbe Pferd aus der Hand des einen in die Hand des
anderen so bedarf es erst wieder einiger Abrichtung d. h. Erkennen des
Willens des neuen Herrn, um diesem gem�ss wieder guten Willen
zu zeigen.
Vielfach wird den Pferden �bler Wille angedichtet, wo der Fehler
nur in der mangelhaften Einsicht des Menschen gegr�ndet ist; z. B. ein
junges Pferd, das den Zwang der Gurten noch nicht recht gewohnt
ist, wird gleich nach dem Aufsitzen nicht so willig gehen, als nachher,
wo ihm w�hrend des Gehens der Zwang der Gurten ertr�glicher wurde.
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Der denkende Reiter beachtet dieses und schreibt dem Pferde desshalb
nicht gleich �blen Willen zu.
Oder ein anderes Pferd, das gewohnt ist, vor dem Mittagsf�ttern
geritten zu werden, wird nun einmal aus irgend einer Ursache gleich nach
dem F�ttern vielleicht etwas rasch gesattelt und sogleich geritten. Wer
es weiss, dass Gewohnheit auch bei Pferden zur anderen Natur wird,
wundert sich in diesem Falle nicht, wenn das Pferd in diesem Falle
nicht ganz so gern, so angenehm geht, als an anderen Tagen, wo diese
st�rende Ursache nicht vorhanden war. Oder ist es wohl wirklich �bler
Wille zu nennen, wenn ein Pferd wegen schlecht passender Z�umung, oder
weil es der Eeiter zu fest h�lt, oder weil er die entsprechende Schenkel-
hilfe nicht zu geben weiss, oder weil das Pferd bereits erm�det ist, oder
weil der Sattel zu weit zur�ck liegt, oder weil das Geschirr nicht
passt, u. s. w. u. s. w. nicht so vorw�rts geht, als der Reiter oder
Fahrer gern haben m�chte ? Gewiss nicht. In sehr vielen solchen F�l-
len muss man anstatt zu sagen: das Pferd will nicht, sagen: das Pferd
kann nicht, oder wenigstens nicht so gut gehen, als es gehen w�rde,
wenn diese hindernd einwirkenden Ursachen nicht vorhanden w�ren.
Denn die Hauptursache der Wiedersetzlichkeiten der Pferde ist, dass
sich der Mensch so schwer entschliessen kann, dem
Thiere gegen�ber Unrecht haben zu wollen. Und es ist
eine goldene Regel welche sagt: Alle Wiedersetzungen die das
Pferd unternimmt, r�hren entweder her aus Furcht,
aus Unkenntniss, oder aus Unverm�gen das zu leisten
was entweder zu viel, zufr�h oder auch wohl zu oft
verlangt wird.
Der denkende Mensch, aufmerksam im Umgang mit Pferden, wird
t�glich die Wahrheit dieser Lehren beobachten k�nnen, und sich dadurch
vor Missgriffen und Gefahr sch�tzen.
Den h�chsten Grad von Mangel an guten Willen, Unlust zur Arbeit
�berhaupt, nennt man St�tzigkeit, Stetigkeit. Man hat dieses als Krank-
heit angenommen, welche den Kauf r�ckg�ngig macht.
Streitigkeiten �ber diesen Fall k�nnen zu den unangenehmsten Pro-
zessen f�hren und auch die Richter in sehr schwierige Lagen bringen.
Keineswegs gen�gt in diesem Falle der Standpunkt des Thierarzten
angenommen auch, dass diese Stetigkeit in einem krankhaften Zustande
des Nervensystemes zu suchen sei, die sich in einem Falle als un�ber-
windliche Sehnsucht nach dem Stalle, im anderen, als un�berwindliche
Sehnsucht nach anderen Pferden im dritten, als un�berwindliche Furcht
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vor gewissen Gegenst�nden oder einer gewissen Arbeitsleistung, �ussert,
so h�ngt es doch sehr von der jeweiligen Einwirkung des Menschen ab, ob
diese Stetigkeit sich als unheilbar darstellt, das Pferd also zu einem gewis-
sen Zwecke f�r welchen es gekauft wurde, unbrauchbar ist, oder ob sich
diese �ble Neigung bei richtiger Behandlung soweit bessert, dass das
Pferd zu brauchen ist.
Denn, von der consequenten, lebensl�nglichen Widersetzlichkeit
gegen alle menschlichen Handhabungen ohne Ausnahme, � wenn eine
solche Stetigkeit �berhaupt denkbar w�re, � bis zur lammfrommen, unbe-
dingten und unwandelbaren Hingebung auch in den unsinnigsten mensch-
lichen Willen, gibt es ja nach angebornen Eigenschaften und Ge-
w�hnungen vielleicht eben so viele Zwischenstufen, als es Pferde-
k�pfe gibt.
W�hrend nun aber der wahre Pferdefreund, der eines unersch�pf-
lichen guten Willens und einer t�chtigen Geschicklichkeit sich bewusst
ist, � von seinem Standpunkte aus vielleicht mit Recht � Stettigkeit
�berhaupt als ein Unding leugnet, nennt Bequemlichkeit, Aengstlichkeit
oder Mangel an Einsicht und Geschick jedes Pferd stetig, mit dem man
nicht sogleich sich zu verst�ndigen vermag.
Langj�hriger Umgang mit edlen, desshalb aber sehr sensiblen, kr�f-
tigen und fl�chtigen Pferden lehrt zwischen stetig und nicht th�tig
einen wesentlichen Unterschied finden. Manche sind gar zu gerne bereit
Pferde die nicht vollkommen t h � t i g, d. h. lammfromm, f�r Jedermann
undallerOrten willig, oder unter allen Umst�nden sogleich gutwillig
sind, als stetig zu betrachten, statt dessen sollte man sich �ber den
respt. Grad der Th�tigkeit jedesmal zuvor verst�ndigen, da die
diesfallsigen Anspr�che sehr verschieden sein k�nnen.
Auf den Verkehr im gew�hnlichen Leben angewendet heisst dieses
Eskaufe niemals Jemand ein Pferd, ohne es f�r sei-
nen Zweck Selbst zu probiren.
Auf dieses »Selbst« lege ich einen sehr grossen Nachdruck und
namentlich der schw�chere oder unerfahrenere Reiter soll dieses nie
unterlassen.
Ist das in Rede stehende Pferd jung, unabgerichtet, so kann diese
Probe allerdings nicht unternommen werden, es ist dann Sache des
K�ufers sich auf die eigene oder des Freundes und Rathgebers Pfer-
dekenntniss zu verlassen und darauf seine Hoffnungen zu gr�nden.
(Hier�ber weiter unten noch mehr.)
Nach meiner Meinung sollte der Fehler den man mit der Benen-
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nung Stetigkeit unter die Gew�hrsm�ngel aufgenommen hat, aus dem
Gesetzbuche gestrichen werden.
Manche Pferde sind einer Art Schwindel unterworfen und sind in
diesem Zustande ohne bewusstlos zur Erde zu fallen � so taumelig,
dass sie, so lange der Zustand dauert, allerdings gegen alle Einwirkung
des Menschen unfolgsam sind. Vielleicht meint das Gesetz diesen Fall,
wenn es von wahrer Stetigkeit spricht.
Jedenfalls ist das was man im gew�hnlichen Leben Stetigkeit
zu nennen so vielfach geneigt ist, noch nie durch Arzneimittel kurirt
worden, also auch wohl vom Standpunkte der Gesundheitslehre nicht
als Krankheit zu betrachten.
Bei Besprechung des geistigen Wesens der Pferde darf das Ge-
d�chtniss nicht unber�hrt bleiben.
Das Ged�chtniss des Pferdes ist sehr gross und �ussert sich na-
mentlich durch Ortsged�chtniss und als Erinnerungsverm�gen, auf
gewisse Zeichen dieses oder jenes zu thun, eine be-
kannte Stimme zu erkennen;
die Reihenfolge der Uebungen in der Abrichtung, die Art
und den Platz eine Lektion zu beendigen, Empfang eines Lecker-
bissens nach oder vor einer bestimmten Uebung u. s. w. sich
zu merken.
Jedem erfahrenen Reiter und Fahrer ist bekannt, dass Pferde einen
Weg den sie �fter gehn, nicht allein alsbald kennen, sondern auch,
wenn sie denselben Weg Monatelang nicht mehr gegangen sind, ihn vor-
kommenden Falles sogleich wieder erkennen, und dieses bei Biegungen
des Weges deutlich zu verstehn geben.
Fuhrpferde, die viel auf der Landstrasse gehen, kennen das Wirths-
haus wo der Kutscher anzuhalten, oder zu �bernachten pflegt, ganz
genau; beim Hause wo die Wegemauth entrichtet werden muss, bleiben
solche Pferde von selbst stehen; u. s. w. Wer �fter bei Nacht geritten
ist, weiss wie genau das Pferd den Weg nach Hause findet, dass es
selbst dem verirrten Reiter als F�hrer dient, wenn er sich ihm �ber-
l�sst. u. s. w.
Das Ged�chtniss f�r Zeit zeigen solche Pferde sehr deutlich, die
meistens nach einer bestimmten Folge der Uebungen auf Reitschulen
geritten werden; siezeigen dieses besonders deutlich, wenn mit diejeni-
gen Uebungen die gew�hnlich zuletzt vorgenommen werden, einmal
begonnen wird. u. s. w. Solche Pferde wollen dem Reiter immer zuvor-
kommen und der Sch�ler, der bisher nur solche Pferde ritt und sich
16*
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vielleicht schon etwas auf sein Beiten einbildete, sieht dieses erst ein,
wenn er dann Pferde zu reiten bek�mmt, die wirkliche Hilfen zum
Beginnen oder Beendigen eines Ganges bed�rfen.
Bei der Abrichtung junger Pferde kann dieses Ged�chtniss mit
viel Erfolg ben�tzt werden, um dem Pferde die Hilfe f�r eine bestimmte
Uebung erst recht einzupr�gen. Man reitet z. B. ein Pferd, das ein
unaufmerksames, zerstreutes Wesen hat, und das in Folge dessen auf
den Reiter unaufmerksam ist.
Nun ist das Einsprengen zum Galopp schon eine Sache, die ein
genaueres Verst�ndniss f�r die Hilfen des Reiters erfordert; l�sst man
nun ein solches Pferd durch einige Zeit jedesmal vor dem Einspren-
gen einige Schritte zur�cktreten, oder nimmt es einige Schritte in
Schulter herein, so wird hierdurch nicht allein die Haltung des
Pferdes verbessert, sondern das Pferd weiss verm�ge seines guten Ge-
d�chtnisses alsbald, dass nach dieser Uebung der Galopp begin-
nen soll.
Feuert man bei jungen Pferden um sie an den Schluss zu gew�h-
nen, zu Ende der Lektion kurz vor dem Absitzen die Pistole los, so
wissen die Pferde schon nach einigen Tagen, dass dieses das Zeichen
zur Beendigung der Lektion ist, und gew�hnen sich alsbald an das
Schiessen.
In Milit�rstallungen, wo zu bestimmten Stunden gef�ttert wird,
kann man schon eine halbe Stunde vorher eine gewisse Unruhe
bei den Pferden bemerken, was besonders hervortritt, wenn zu die-
ser Zeit aus einer anderen Ursache viele Leute im Stalle sich ver-
sammeln.
Pferde, die gewohnt sind, nach dem Aufsitzen aus der
Hand des Reiters etwas Brod, Zucker etc. zu bekommen, wollen dann
nicht vom Platze gehen, wenn dieser Leckerbissen einmal ausbleibt,
indem sie darauf warten.
Im allgemeinen wird bei der Abrichtung junger Pferde auf das
Geistige und namentlich das Ged�chtniss des Pferdes zu wenig Werth
gelegt.
Die Erfolge der Circusabrichtung, die h�ufig so in Staunen setzen,
beruhen ganz hierauf, denn es ist wohl nichts, was die Gelehrigkeit des
Pferdes mehr beweist als diese K�nste.
Ein Wink mit der Hand, stehn bleiben, geschwinder oder langsa-
mer gehn des Abrichters, dem Pferde sich mehr ann�hern oder von
ihm entfernen, die Peitsche heben oder senken, Schnalzen u. s. w. alle
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Zeichen befolgt ein solches Pferd auf's geuaueste. Auf gegebene Sig-
nale sich niederlegen und todt stellen, dann aufspringen und wie toll
im Circus herumrennen, auf den Knien gehen, sich lahm stellen, nur
auf den Hinterbeinen gehen, ja selbst Orgel spielen, lehrt man diesen
Pferden.
Stets dieselbe Reihenfolge der Lektion, Produktion, zu einer bestimm-
ten Leistung ein bestimmtes Musikst�ck u. s. w. sind auf das Ged�cht-
niss des Pferdes berechnete H�lfsmittel, die der die Natur des Pferdes
kennende Abrichter geschickt ben�tzt.
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Zweiter Abschnitt.
Zucht und Aufzucht des Pferdes.
Erkl�rung von Kunstausdr�cken; Boden, Klima, Kultur-
verh�ltnisse eines Landes.
Diesen Abschnitt �ber Zucht und Aufzucht der Pferde beginne ich
mit Erkl�rung von einigen sogenannten Kunstausdr�cken, die �fter im
Munde gef�hrt werden und deren Erkl�rung zum richtigen Verst�ndniss
durchaus nothwendig ist. Ich folge hierin dem weiland Hofgest�tsdirektor
Justinus, einer von jedem Fachmanne anerkannten Autorit�t.
Der erste Gegenstand, der bei der Pferdezucht der L�nder un-
tersucht werden muss, ist, ob Verbesserung oder Veredlung
statt haben kann.
Verbessern heisst, die vorhandenen Eigent�mlichkeiten in
Charakter, Form und Bildung der einzelneu Theile und im Ganzen
so wie die vorhandenen Eigenschaften als Diensttauglichkeit, St�rke,
Geschwindigkeit, Dauer und Gang vervollkommnen und sie immer mehr
Individuen im h�heren Grade mittheilen. Die Verbesserung begreift
also nur, und bezieht sich auf vorhandene Eigenschaften und Ei-
genth�mlichkeiten, findet aber statt bei Edlen und Gemeinen.
Veredlen heisst die �usseren charakteristischen Eigenth�mlich-
keiten sowohl, als auch und haupts�chlich die inneren Vorz�glichkeiten der
Organisation und daraus entspringenden charakteristischen Eigenschaften
edler Pferde auf gemeine oder gemeinere, durch die Paarung zu �bertra-
gen. Die Veredlung begreift also und bezieht sich auf Eigent�mlich-
keiten und Eigenschaften die nicht vorhanden sind, und findet Statt
bei gemeinen und die nicht genug edel sind.
Ob nun die Umst�nde und Verh�ltnisse eines Landes Veredlung
oder Verbesserung fordern, so muss es mit dem Bestreben geschehen
die Zuchten und Landesarten selbstst�ndig zu machen.
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Selbstst�ndigkeit in der Thierzucht ist unausbleibliche For-
derung, damit die Eigenthumlichkeiten und Eigenschaften durch sich
selbst forterben, ohne andere fremde Stammzucht zu bed�rfen. Diese
Selbstst�ndigkeit kann nur durch Aufstellung richtiger Grunds�tze und
durch unersch�tterliche und beharrliche Anwendung derselben herge-
stellt werden.
Unter halbsch l�g ig wird verstanden: Abk�mmlinge von Eltern,
welche ungleichartig in ihrer Abkunft, in ihren Eigenthumlichkeiten und
ihren Eigenschaften sind. Die Thierz�chter kommen �berein, dass beide
Geschlechter gleichen Antheil an der Zeugung haben; dass die Abk�mm-
linge zweier ungleichartigen Thiere weder so gut wie das Bessere,
noch so unvollkommen wie das Geringere sein k�nnen. Die halb-
schl�gige Zeugung ist der selbstst�ndigen entgegengesetzt.
R�ckschlag wird in der Thierzucht genannt, die Wiedererschei-
nung der Eigenthumlichkeiten und Eigenschaften der Vorfahren. Beispiele
sind vorhanden, dass sie in den entfernten Generationen Statt gehabt,
und durch l�ngst vergessen gewesenen Farben und K�rpertheile in Ver-
wunderung gesetzt haben.
Rein zu cht ist die in einer langen Reihe von Generationen durch
einige oder mehreren St�mme unvermischt mit anderen fortgef�hrte Zucht
Reinzucht herzustellen fordert, dass durch eine lange Reihe von Gene-
rationen dieselben Geschlechter ohne Vermischung mit anderen forter-
zeugt werden. Demzufolge kann Reinzucht Statt finden von dem Unvoll-
kommenen und Geringen bis zu dem vollkommensten und edelsten.
Dieser Reinzucht verdanken die Araber die Ber�hmtheit ihrer
Pferde.
In Europa ist dieselbe durch das englische Vollblutpferd, race-horse,
blood-horse, zum vollendetsten Ausdruck gelangt.
Da nun die Reinzucht diejenige Zucht ist, durch die wir mit m�g-
lichster Sicherheit das erziehn, was wir w�nschen und wollen, so ist sie
unbedingt nothwendig. Aus den Beobachtungen der Kraft der Reinzucht
ist die Lehre der Innzucht hervorgegangen.
Innzucht (Breeding in and in) ist Paarung naher oder n�chster
Verwandter miteinander. Die Natur wendet die Innzucht bei den sich
�berlassenen und wild lebenden Thieren selbst an; die Engl�nder waren
die ersten, welche �ber die Innzucht gr�ndliche Versuche angestellt und
dadurch bewiesen haben, dass die Innzucht, weit entfernt, sch�dlich zu
sein vielmehr grosse Vortheile verschaffe. Jedoch bedingungsweise
in Nachahmung der Natur, welche nur dem St�rkeren, folglich dem
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Besseren ohne R�cksicht der Verwandtschaft die Begattung und Fort-
pflanzung gestattet. Die Innzucht ist demzufolge zul�ssig oder gar
nothwendig, wenn die Verwandten gr�ssere und vorz�glichere Eigenschaf-
ten besitzen, als Fremde nicht verwandte; z. B. eine Stute w�re vor-
handen und zwei Hengste, davon einer ihr Vater ist.
Ist dieser Vater der vorz�glichere so belegt er sie nach dem Ge-
setze der Natur und der Innzucht; nicht darum, weil er der Vater, son-
dern weil er der bessere Hengst ist.
Die Vortheile, welche daher aus der Innzucht f�r
die Thierzucht entnommen wer den k�nnen, gehen nicht
aus ihr selbst, sondern aus ihrem bessern Einzelnen
hervor. (Aufmerksame Z�chter wollen beobachtet haben, dass man es
sorgf�ltig vermeiden m�sste, die Abk�mmlinge derselben Mutter
miteinander zu paaren, wogegen die Paarung von Abk�mmlingen desselben
Vaters fast immer zum Vortheil ausschlage.)
Kreuzung ist der Innzucht entgegengesetzt; sie vermeidet Paa-
rung der Familien und Verwandten und paart die vorhandene oder einge-
borne Zucht mit gleichartigen oder ungleichartigen anderen oder fremden
Familien, St�mmen, Zuchten und Landesarten.
Jede Veredlung und manchmal auch die Verbesserung ist daher im
ausgedehnten Sinne Kreuzung, wo Paarung nicht eingeborner sondern
fremder Thiere mit den eingeborenen Statt hat. Richtig geleitete Kreu-
zung hat den gr�ssten Nutzen f�r die Thierzucht; wo sie bei der Pferde-
zucht ohne Plan geleitet wurde, ohne B�cksicht, wie gemischt, oder wie
rein gezogen, oder ob gut oder schlecht die Thiere waren, hat sie eine
Verwirrung hervorgebracht, wodurch f�r den gr�ssten Theil der Zuchten
gewisse Erzeugungen sogar bis auf die Farben, h�chst unsicher und zu-
f�llig geworden sind.
Im allgemeinen soll die Kreuzung bei Gest�tten und Landeszuchten
drei Absichten erreichen.
{'. Kreuzung zur Verbesserung oder Veredlung, zur Her-
stellung eines dauernden, bleibenden Schlages, endlich Selbstst�ndigkeit
der Zucht.
2.   Kreuzung um Diensttauglichkeiten zu erzeugen, ohne B�ck-
sicht ob die Produkte wiederzur Zucht verwendet wer-
den sollen, sondern nur f�r einen Dienst.
3.   Kreuzung um die vorhandenen Eigenth�mlichkeiten und Eigen-
schaften zu erhalten. Diese dritte Kreuzungsartist Bluter frischen
genannt worden.
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Bluterfrischen ist im eigentlichsten Sinne: Wiederanwendung eines
Hengstes von demselben Stamme und derselben Zucht, von welcher die
Verbesserung oder Veredlung ausgegangen, oder die ganze Zucht hervor-
gegangen ist.
Sie ist nothwendig, ja unerl�sslich bei allen Kreuzungen der ersten
Art, bis der verlangte Grad unausbleiblich forterbend und selbstst�ndig
hergestellt ist, oder da wo durch Zuf�lle, Klima, Nahrung, Gebrauchs-
weise oder Fehler in der Paarung, Zuchten heruntergekommen sind.
Die Notwendigkeit und Kraft der selbstst�ndigen Zuchten die un-
erl�ssliche Notwendigkeit der Forderungen an alle Zuchtthiere, n�mlich:
Abkunft, G�te und Nachartung;
die Wichtigkeit der Reinzucht, die Zul�ssigkeit der Innzucht, und
die Folgen der Kreuzung und Bluterfrischung' in Bezug auf das Yerm�-
gen der Fort erb ung zeigen, dass die Stammzucht der wichtigste
Gegenstand in der Thierzucht ist; dass sie die durch Klima, Gegend und
Boden entgegenstehenden Hindernisse �berwinden kann und m�chtiger
wirke als alle auf die Bildung Einfluss nehmenden Kr�fte; endlich
dass von ihrer verst�ndigen Anwendung die Erreichung und Erhal-
tung der Vollkommenheit aller Thierzuchten abh�ngt.
Vollkommenheit irgend einer Thierzucht aber ist, wenn die
Z�chter mit Gewissheit und Unfehlbarkeit (Ausnahmen abgerechnet) das-
jenige erzeugen, was sie beabsichtigen, was sie verlangen und wollen. Es
beth�tigt sich hierin ein grosser Triumph des menschlichen Geistes �ber
die Materie.
Boden, Klima, Kulturverh�ltnisse.
Bei der Verfahrungsweise um eine Verbesserung resp. Veredlung
einer Landespferdezucht zu bewerkstelligen, kommen nun verschiedene
Faktoren in Rechnung, die man alle ber�cksichtigen muss, wenn nicht
L�cken entstehen sollen, die nicht ungestraft bleiben werden; und zwar
vorerst ist zu ber�cksichtigen die Beschaffenheit eines Landes nach Boden,
Klima und Kulturverh�ltnisse, unbeschadet der eben erw�hnten M�chtig-
keit der durch menschlichen Verstand geleiteten und begr�ndeten
Stammzuchten.
Die Pferdezucht wird �berall von Natur beg�nstigt, und ist im
Grossen ausf�hrbar, wo es ein mehr warmes oder gem�ssigtes, als kaltes
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und feuchtes Klima, weite und gesunde Weidefl�chen gibt, auf welchen
die Zuchtpferde und F�llen sich den gr�ssten Theil des Jahres ohne
grossen Kostenaufwand ern�hren und letztere sich geh�rig bewegen k�n-
nen, damit sie ihre Sehnen und Muskeln st�rken, was, wenn gute, muntere
und kr�ftige Pferde erzogen werden sollen, unumg�nglich n�thig ist. Am
besten eignen sich solche Gegenden, die nicht zu flach liegen, mit reich-
lichem Futterbau, ohne dass derselbe zu theuer zu stehen kommt; fer-
ner trockene Weidepl�tze haben, auf denen nicht nur ein feines, kurz-
halmiges Gras w�chst, sondern wo sich zugleich fliessendes Wasser und
einiger Schatten befindet. Auf solchen Weiden k�nnen die Thiere nur
nach und nach fressen, und also die Futtermenge, die sie in den Leib
bekommen, gut verdauen. Das auf trockenen Boden gewachsene Gras ent-
h�lt nicht soviel Wassertheile, es kann also keine w�ssrige Aufbl�hung,
auf den Genuss folgen; die Eingeweide der Pferde werden nicht erschlafft
sie bleiben mehr enge und straff, Auch sind die Pferde in solchen Gegen-
den weit fl�chtiger, munterer, gesunder und kr�ftiger; sie bekommen weit
leichter trockene und feste Hufe, als da, wo sie in sumpfigen
Gegenden (Marschen � Marschniederungen) aufwachsen. In solchen
Gegenden entstehen schlechte und plumpe Rassen, denn das Gras ist hier
zu saftig und zu fett, und gibt dem jungen Pferde zu viel extensiv wir-
kende Nahrung, die viel Volumen aber wenig Kraft und Festigkeit
erzeugt. Dadurch sowohl als durch das immerw�hrende Einhauchen von
Sumpfluft beim Weiden wird oft schon der Grund zu k�nftigen Krank-
heiten der Brust und der Nase gelegt. Auch bekommen die Hufe durch
den feuchten Boden zu viel S�fte, dadurch einen geilen Wuchs; eine plumpe
Gr�sse und flache Gestalt. Dergleichen Hufe verunstalten ein Pferd nicht
allein, sondern k�nnen auch wegen ihrer lockeren Beschaffenheit allein
hinreichend sein, ein sonst gutes Pferd zu anstrengenden Leistungen auf
hartem Boden ganz untauglich zu machen. (Siehe weiter oben.)
Auch sind die gebirgigen Weiden den ebenen und niedrig gelegenen
bei weitem vorzuziehen; erstens, weil die reine Gebirgsluft den gr�ssten
Einfluss auf die Gesundheit der Thiere �ussert, sie erfrischt und munter
macht, nur sollte die Weide wo m�glich den kalten Nordwinden nicht
zu sehr ausgesetzt sein ; zweitens, weil auf den Gebirgen die besten aro-
matischen Pflanzen wachsen, welche n�hrend und st�rkend zugleich
sind. Dann hat auf den Gebirgen das F�llen Gelegenheit seine Kr�fte
zu �ben, seine Knochen und Muskeln auszubilden. Indem es die H�hen
ersteigt, oder indem es von ihnen herabk�mmt, gew�hnt es sich einen
sichern Gang an, es wird geschmeidig, bek�mmt Kraft im Kreuz, lernt
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2b i
sich gut tragen, seine Schenkel bekommen St�rke, seine Hufe werden
compact, kurz sein ganzes Wesen wird feuriger, kr�ftiger und mun-
terer. �
Die gr�ssere Ausbreitung der Landespferdezucht findet in Gebirgs-
gegenden darin ein Hinderniss, dass die Ern�hrung der Pferde be-
schr�nkter und meistens auch theurer ist, als in der Ebene; aber
auch die beschwerlichere Arbeit strengt die tr�chtigen Stuten, welche
in der Landwirthschaft zur Arbeit verwendet werden, mehr an , und
macht die Aufzucht der F�llen schwieriger und unsicher.
Je bev�lkerter ein Land ist, desto mehr steigt der Werth des Bo-
dens zum Anbau menschlicher Nahrungsbed�rfnisse, und desto weniger
werden sich ausgedehnte Strecken finden, welche zu Weidepl�tzen dienen
k�nnen; die junge Aufzucht ist dann mehr, h�ufig fast ganz auf Stallf�t-
terung angewiesen. Diese vermehrt jedenfalls die Kosten und hat beim
gew�hnlichen Bauer fast �berall den grossen Nachtheil, dass das junge
Thier an zweckm�ssiger Bewegung, am Gen�sse gesunder
freierLuft und des Sonnenlichtes fast g�nzli chen Man-
g e 11 e i d e t.
Oesterreich im Ganzen, und die meisten zum deutschen Bunde ge-
h�rigen Staaten bed�rfen wegen ihrer verschiedenen Terraingestaltungen
und wegen der Notwendigkeit grosser Landarmeen alle Arten von Pfer-
den vom leichtesten, schnellsten bis zum schwersten Schlage der Fracht-
Fuhrpferde.
Bei einiger Beobachtung sieht man auch bald, dass sich in jedem
der anpassende Schlag mehr oder weniger erhalten hat. Der Bewohner
der Ebene z�chtet sich ein schnelles, munteres, leichtes Pferd; der Ge-
birgswohner z�chtet einen schweren Schlag um die schweren Frachtwagen
die starken Anh�hen hinauf und eben so sicher hinabbringen zu k�nnen;
der Bewohner der L�nder mit gemischtem Terrain f�hlt das Bed�rfniss
nach einem zwischen beiden fr�her genannten Schl�gen, der stark genug
ist f�r die Leistungen in bergigen Gegenden und schnell genug f�r die
Ebene. Diese Beobachtung allein schon f�hrt zu dem Schl�sse, dass es
f�r eine gute Pferdezucht dieser L�nder Aufgabe ist, die Ueberreste einst
mehr als jetzt vorhandenen reinen St�mme zu erhalten und
^m�glichster Ausdehnung zu verbessern.
Auch die luzzulischen Ponis, (in den Karpathen) d�rfen hier nicht
vergessen werden.
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Einige Worte �ber den Einfluss des JSTational-Cha-
rakters, der Zeitanforderungen etc. auf die Pferde-
zucht.
Der Charakter einer Nation hat neben den speziellen Bed�rfnissen
eines Landes immer bedeutenden Einfluss auf die Pferdezucht ge�bt. Der
Araber liebt, um seine Wasser- und Schattenlosen Sandstriche schnell
zu durchfliegen und zu Folge der dem Orientalen eigenen Bequemlich-
keit sanfte, schnelle Gangarten; daher liebt er den Pass und den Galopp
und sucht die diesen Gangarten g�nstigen Eigenschaften immer wieder
zu vererben. Der stolze Spanier z�chtete sich nach und nach Pferde mit
einem stolzen erhabenen Gange, daher noch jetzt der in der Reitkunst
�bliche Kunstausdruck: »der stolze oder spanische Schritt.« Der prakti-
sche, kaufm�nnisch spekulirende Engl�nder z�chtete f�r jeden Gebrauchs-
zweck einen eigenen Stamm, eine Rasse und hat durch zweckm�ssige
Paarung, F�tterung, Erziehung, Behandlung, Ausbildung f�r den eigenen
Gebrauchszweck diese einzelnen St�mme in m�glichster Vollkommenheit
erzielt und sucht sie rein zu erhalten; f�r alle andern ein nachahmens-
w�rdiges Beispiel.
Der deutsche verlangt wohl unter allen V�lkern in dem einzelnen
Pferde die m e i s t e n Eigenschaften vereinigt und dieses ist vielleicht
die Ursache des ewigen Mischen und Kreuzens und Suchens nach einer
Vollkommenheit, die wahrscheinlich auf dieser Erde nicht existirt.
Auch die Anforderungen der jeweiligen Zeit, die Art der Krieg-
f�hrung, etc. �ben immer auf die Pferdezucht entschiedenen Einfluss. Im
Mittelalter und noch etwas sp�ter erforderte die Art der Ausr�stung und
Bewaffnung des milit�rischen Reiters, die Art zu reisen u. s. w. Pferde
die mehr zum Lasttragen als zum schnellen Gehen geeignet waren. (Siehe
geschichtl. Entwicklung etc.)
Zur Zeit als Caroasselle im gl�nzenden Costume Mode waren, trat
das �ed�rfniss der schnelleren Gewandtheit im kleineren R�ume mehr
hervor. Man suchle die Eigenschaften, welche hierzu bef�higen immer
fortzuerben daher in jenen Zeiten die Pferde mit von Natur gebogenem,
starkem Hintertheile, hoher Action der Vorderbeine, aufgerichteten Halse
leicht herbeizustellenden Kopfe.
Der rapide Fortschritt des neunzehnten Jahrhunderts, die mit den
Anforderungen an das Kriegspferd und den milit�rischen Reiter in unmit-
telbarer Verbindung stehende Mode des Jagd- und Rennreitens, das
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stete Voraugenschweben der jeder Entfernung spottenden Telegraphen
und Eisenbahnen haben ein Streben nach schnellen und schnellsten Pfer-
den hervorgerufen, dass man fast zu den Glauben k�mmt, nur diese Eigen-
schaft k�nne einem Pferde noch Werth geben.
Der ruhige, vern�nftige Beobachter verliert jedoch nicht aus dem
Auge, dass ein einseitiges Streben nach der Z�chtung von nur schnellen
Pferden f�r ein Land von verschiedenen Bed�rfnissen ebenso gefehlt ist,
als wenn man nur schwere Frachtfuhrpferde ziehen wollte. Man beobachte
nur die Anforderungen, welche man heut zu Tage an ein Dienstpferd der
Reiterei und Gesch�tzbespannung stellt, und wird bald erkennen, dass
solche Pferde Kraft, Gewandtheit, ruhige und schnelle Ausdauer in einem
Grade bed�rfen, als vielleicht fr�her noch nie.
Sollte dieser Umstand nicht auch ein Grund zu der vielfachen Klage
�ber den Verfall der Pferdezucht sein ? Auch das immer seltener werden,
von rationellen gr�ndlich ausgebildeten Reitern, das so h�ufig vorkom-
mende Gl�nzenwollen mit Schnelldressur macht die Bem�hungen und
Resultate manchen Z�chters zu Schanden, indem durch ein �bereiltes, un-
methodisches Vorgehen, Zwingen in widersinnige Stellungen endlich das
beste Temperament unwillig wird und die besten Beine ruinirt wer-
den k�nnen.
Vortheile des Pferdes als Arbeitskraft im Vergleich
mit Rindvieh.; Vergleich des edlen mit dem gemei-
nen Pferde in dieser Beziehung.
Soviele Vortheile das Halten von Rindvieh f�r den Landwirth hat,
so wird doch das Pferd als Arbeitskraft vor diesem immer bei weitem
d en Vorzug verdienen, wegen seiner weit gr�sseren St�rke, Ausdauer und
Schnelligkeit.
Dieses tritt besonders in Gegenden hervor, wo sich die Gespannar-
beiten wegen K�rze des Sommers gew�hnlich so h�ufen, dass man ohne
eine grosse Menge arbeitsf�higer Thiere sie zu rechter Zeit gar nicht ge-
h�rig beschaffen kann.
Oder beim Hereinbringen der Ernte in einem nassen Sommer, wo
es oft nur wenige sch�ne Tage gibt, oder wenn sich wegen ung�nstiger
Witterungsverh�ltnisse die Ernte soweit in den Herbst versp�tet, dass
sie zum Theil mit Bestellung der neuen Wintersaat zusammenf�llt.
Wo nun der Pferdezucht �berhaupt g�nstige Verh�ltnisse obwalten,
da verdient der Betrieb derselben auch alle Beachtung, indem dadurch
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viele Vortheile f�r den einzelnen Z�chter sowohl als den Staat im Ganzen
entstehen. Mag nun der einzelne Z�chter beabsichtigen sich Pferde zum
eigenen Wirthschaftsbetriebe zu z�chten, mag er seine Produkte als
F�llen oder als erwachsen verkaufen so entsteht f�r den Staat der
Vortheil, dass er dadurch immer unabh�ngiger vom Auslande wird,
und sich auch dasselbe zinsbar macht.
Den Zweck sehr f�rdernd, ja unerl�sslich ist es dann, wenn man
mit der Zucht der Pferde gleichzeitig eine Verbesserung, rcsp. Ver-
edlung der Thiere zu verbinden sucht, da es hinsichtlich der Kosten
fast gleichgiltig ist, ob man sch�ngebaute oder �belgestaltete z�chtet
und aufzieht; jene aber jederzeit, wenn sie sonst fehlerfrei sind, bes-
ser bezahlt werden als diese und daher beim Verkaufe die Kosten
sicherer oft sogar mit nicht geringem Gewinne wieder erstatten.
Ebenso erheischen es bei dem sich mit Pferdezucht befassenden
Landmanne, Oekonomen �berhaupt die Grunds�tze des Gewerbebetrie-
bes von selbst, dass man sich der Aufzucht in ihren Eigenschaften
verbesserter, veredelter Thiere befleissigen m�sse, weil dadurch die
Thiere vollkommener und brauchbarer werden, und weil sich diejenigen,
die der Z�chter zum eigenen Wirthschaftsbetriebe nicht gebraucht, zu
allerhand andern Zwecken leichter in den Handel bringen lassen.
Die Verbesserung, (Veredlung) der Pferde eines
Landes kann erst dann wirklich nutzbringend Platz
greifen, wenn die Z�chter nebst Pferdekenntniss �ber-
haupt, Kenntnisse der Z�chtungsgrunds�tze haben um
eine zweckm�ssige Paarung zu bewirken, und das junge
Thier zweckm�ssig zu behandeln und zu erziehn.
Wenn es bei der Z�chtung aller Viehgattungen dieser Kenntnisse
bedarf, so ist es namentlich bei Pferden n�thig um das Gesch�ft mit
Einsicht und Beharrlichkeit betreiben zu k�nnen.
Verfahrungsweise um durch Kreuzung die Pferde-
zucht eines Landes zu verbessern, beziehungsweise
zu veredlen.
Vor allem ist n�thig sich m�nnlicher und zwar vorz�glicher m�nn-
licher Thiere derjenigen Kasse zu bedienen, in die man die bisherige
Zucht umzuwandeln w�nscht. Ein gutes Vaferpferd kann m�glicher-
weise in einem Jahre 50 gelungene Nachkommen haben; eine gute
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Stufte aber kann j�hrlich nur ein F�llen bringen, das ihr nachartet.
War aber der Vater nichts nutz, so kann selbst dieses eine F�llen
dem schlechten Vater nachgeartet sein, und darin liegt es, warum eine
richtige Auswahl der Vaterpferde einen viel schnelleren weiter ver-
breiteten Einfiuss auf Verbesserung und Veredlung einer ganzen Lan-
deszucht nehmen.
Je constanter die Rasse dieses Vaterpferdes ist, desto mehr �ber-
wiegt es das Blut der Stute und desto mehr werden sich seine Eigen-
schaften in den Produkten zeigen, bis endlich das gemeine Blut der
urspr�nglichen Mutter verschwindet.
Alle Produkte, n�mlich bei denen sich auffallende Aehnlichkeit
mit der urspr�nglichen Mutter zeigen, was auch noch nach mehreren
Generationen Statt finden kann, und gemeiner R�ckschlag ge-
nannt wird, m�ssen sorgf�ltig von der Nachzucht ausgeschlossen blei-
ben. Dass sich der hier bezeichnete Vorgang bei der Landespferdezucht
im grossen Ganzen nicht immer w�rtlich durchf�hren l�sst, liegt in
den Verh�ltnissen begr�ndet; aber« z. B. ein grosser Grundbesitzer, der
aus seinen Arbeitsstuten F�llen ziehn will, sich selbst einen oder
mehrere Hengste h�lt, sollte stets diesen Grundsatz festhalten. Denn
nur auf diese Weise und im Verein eines daraus folgenden klugen
Verfahrens l�sst sich mit der Zeit das gew�nschte Ziel erreichen..
Eine solche Kreuzung wird erst nach mehren Generationen von sicht-
barem Erfolge sein. Man w�hlt also, wie schon gesagt, die Zucht-
hengste von derjenigen Rasse; durch welche die beabsichtigte Verbesse-
rung oder Veredlung bewirkt werden soll, um durch die Vollkommen-
heiten in der Organisation der einen Rasse die Unvollkommenheiten
der andern zu beseitigen. Von den Produkten verwendet man nur die
wohlgebildeten Stuten, die dem Vater am �hnlichsten sein werden,
wieder zur Zucht.
Und so werden auch von den durch die Paarung nach dem fort-
gesetzten Kreuzungsprinzip hervorgegangenen Generationen immer wie-
der nur die vollkommensten Individuen weiblichen Geschlechtes zur
Paarung mit den Hengsten von der Rasse gew�hlt, von welcher die
Vervollkommnung ausgegangen ist.
Durch dieses Verfahren viele Generationen hiedurch fortgesetzt
bis die beabsichtigte Umwandlung im h�chstm�glichen Grade Statt ge-
funden hat, was nach der Annahme mancher Z�chter in der 8. Gene-
rationen zu Stande gekommen sein soll, wird die durch Kreuzung
gebildete Zucht constant, selbstst�ndig. Dieses heisst n�mlich so-
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viel, dass die Anfangs beabsichtigte Verbesserung, Veredlung um so
feste Wurzel geschlagen habe, dass gemeine R�ckschl�ge nur noch als
unerw�nschte Ausnahme vorkommen werden.
Sobald aber trotzdem bei einem durch solche Kreuzung entstan-
denen Stamme die erlangten Vollkommenheiten der Organisation bei
fortgesetzten Paaren durch Einfl�sse des Klimas, der Nahrung, der Pflege
der Gebrauchsweise wieder zu verlieren beginnen, d. h. ausarten, oder
wenn dieses durch zu h�ufiges Vorkommen gemeiner R�ckschl�ge zu
bef�rchten ist, so tritt die Notwendigkeit des Bluter frisch en s
ein. (Siehe Kunstausdr�cke.)
Bei der Auswahl von Zuchtthieren muss sich der Z�chter vor
allem bewusst sein, was er f�r Thiere zu z�chten gedenkt.
Er muss desshalb den vorhandenen Pferdeschlag betrachten und bei der
Auswahl von Hengsten wo m�glich edle Thiere derselben Rasse wovon
der vorhandene Schlag urspr�nglich stammt, zu erhalten suchen, und
sich nicht der Meinung hingeben, dass die Natur in der Veredlung
der Thiere Spr�nge zuliesse. Will nian die Tugenden und guten Eigen-
schaften der Thiere sicher auf die Nachkommenschaft �bertragen, so
muss man mit Vorsicht zu Werke gehn, und darum sind bei Veredlung
jeglicher Art Einsicht und Ausdauer so nothwendig; denn die
Veredlung der Thiere ist nicht mit einemmale, sondern nur allm�hlig
zu bewirken.
Die Paarung von Individuen ganz von einander abweichender
Rassen f�hrt sicher nicht zum Ziele. Was w�rden z. B. f�r Produkte
entstehn, wenn man die Pinzgauer schweren Fuhrpferde mit dem pol-
nischen oder ungarischen Landschlage paaren wollte.
Nur wo man kreuzt um Produkte f�r einen bestimmten Gebrauchs-
zweck zu erzielen, ohne R�cksicht auf Zucht ei gnung, k�nnen
solche Paarungen gerechtfertigt sein; so z. B. hat man in
England durch Anwendung von Vollblut aus Stuften der ganz schweren
friesischen Karrenrasse Produkte mit mehr Energie und Gangwerk er-
zielt. Man muss also die fr�her bezeichneten dreierlei Absichten der
Kreuzung stets vor Augen behalten.
V�llig rein oder edelgezogene Pferde, also Vollblut oder Original-
hengste eignen sich jederzeit nur f�r schon veredelte, wenn auch noch
nicht auf so hoher Stuffe stehenden Thiere; dagegen sind Halbblut-
hengste zur Verbesserung gemeiner Landrassen geschickter, um die
Produkte durch die Z�chtung in brauchbarere , werthvollere Pferde
umzuwandeln.
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Man muss also die vorhandene gemeine Landrasse erst verbes-
sern und dann erst veredeln. (Siehe Kunstausdr�cke.)
Manche befinden sich in dem Wahne, dass bei dem Produkte, dem
F�llen von zwei Eltern, wo jedes Individuum einzelne gute K�rper-
formen hat, sich nur die guten Eigenschaften beider Eltern vereinigen
w�rden.
Es k�nnte z. B. der Vater sehr freie Schulterbewegung haben, die
der Mutter mangelt, die Mutter einen h�bschen, kleinen Kopf, sch�ne
Kruppe, der Vater schweren Kopf, h�ssliche Kruppe, so m�ssten sich in
dem F�llen ein kleiner Kopf, sch�ne Kruppe und freie Schulterbewegung
vereinigen; oder manche treiben die Theorie der Kreuzung soweit, dass
sie glauben im Produkte w�rden sich mangelhafte K�rperformen z. B.
zu lange Fesseln des Vaters, die bei der Mutter zu kNurz sind, zu
langer R�cken der Mutter, zu kurzer R�cken des Vaters beim F�llen
so ausgleichen, dass nun bei ihm das rechte Mittelmass dieser fehlerhaf-
ten Theile der Eltern zum Vorschein k�me. Anstatt des gehoffteu F�l-
lens k�mmt aber dann eins zur "Welt das die mangelhafte Schulterbewe-
gung der Mutter, den grossen Kopf und die h�ssliche Kruppe des Vaters
hat; oder ein anderes hat die zu langen Fesseln und den zu langen
R�cken von jedem Elternthier geerbt, oder ein anderes hat die feinen,
leichten Beine eines allzuleichten Vaters mit dem schweren Oberleib
einer gemeinen Mutter u. s. w. u. s. w.
Es ist dieses eben eine immer wieder auf einzelne Individuen
ausgedehnte falsch angewendete Kreuzungstheorie und ich verweise
�brigens hier auf das �ber: »Verfabrungsweise um durch Kreuzung die
Pferdezucht eines Landes zu verbessern beziehungsweise zu veredeln,«
Gesagte.
Aus dieser Erfahrung hat sich nun der Grundsatz entwickelt, nur
Pferde mit m�glichst gleichen Eigenschaften zu paaren.
Das gute mit dem Guten, dasBeste mit dem Bestem,
sagt Justinus. Stammt der Vater aus einer edleren, constan-
teren Rasse so werden seine Eigenschaften vorherrschend, � ist die-
ses bei der Mutter der Fall so sind ihre Eigenschaften vorherrschend
zu erwarten.
Der Z�chter muss sich desshalb bewusst sein, was er zu ziehen
beabsichtigt, denn auch Pferde mit grossen K�pfen, schweren H�lsen,
geraden Schultern, gemeiner innerer Organisation und �usseren For-
men sind zu manchen Gebrauchszwecken sehr gut, und es ist Aufgabe
der Verbesserung in der Zucht solcher Thiere, dass man immer
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mehr Individuen die f�r ihren speziellen Gebrauchszweck erforderlichen
Eigenschaften in m�glichster Vollkommenheit anerzieht.
Die Resultate der Pferdezucht in England geben uns in sehr vie-
ler Beziehung ein nachahmenswerthes Muster; es k�mmt nur darauf
an, dass wir mit denselben Kenntnissen, ebenso ausdauernd und conse-
quent verfahren; pr�fend unseren Verh�ltnissen angemessen, aber nicht
blindlings nachahmend. In diesem Lande war man von jeher bem�ht
die Schaffung und Erziehung der verschiedenen Pferderassen, den lan-
des�blichen Gebr�uchen so viel als m�glich anzupassen. Hierbei war
das Augenmerk ganz besonders darauf gerichtet, f�r die mannichfachen
Bed�rfnisse jedesmal den h�chsten nur erreichbaren Grad zweckm�s-
siger F�higkeit zu erzielen. Man z�chtet Wettrenner, Jagd-, Reitpferde,
zu mehrfachen Zwecken unter dem Reiter, edle Wagenpferde, das ge-
eignetste Pferd f�r alle landwirtschaftlichen Zwecke, ganz schwere
Last-Zugpferde; ferner Galloways, ein sehr kr�ftiger kleinerer Mittel-
schlag, endlich Ponys, ganz kleine, kr�ftige, bequeme Pferde.
Schon vor vielen Jahren, (1815) schrieb Justinus: die Engl�n-
der w�rden selbst in B�hmen englische Pferde ziehen.
Einige Privaten in B�hmen, zwar keine Engl�nder, aber nach deren
Grunds�tzen z�chtend, haben diesen Ausspruch bereits zur Wahrheit
gemacht.
- Wird ein gewisser Grad von Veredlung �berstiegen, so ent-
steht dadurch zu grosse Empfindlichkeit, Reizbarkeit, so dass dieses
f�r Gebrauchszwecke, welche eine langsame, ruhige Ausdauer
erheischen, nachtheilig ist.
(Siehe weiter oben.)
Je mehr man bei den Zuchtthieren auf Kraft, Munterkeit,
Behendigkeit, Ausdauer, Fr�mmigkeit, Gelehrig-
keit, Sch�nheit und Ebenmass der Formen mit einem Worte:
auf gute Race R�cksicht nimmt, und diese zum Adel des Pferdes
geh�rigen Tugenden auf die Nachkommen fortzupflanzen sich bestrebt,
um so geeigneter wird die Nachkommenschaft f�r aller-
hand Gebrauchszwecke ausfallen und sowohl zum bes-
sern Betriebe der Landwirthschaft, die milit�rischen
Zwecke und den Handel sich eignen.
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259
Erbfehler.
Die �berall in der Pferdezucht gemachten Erfahrungen setzen es
ausser Zweifel, dass gewisse k�rperliche Anlagen oder Abweichungen
von der �egel, m�gen sie im Zusammenhange oder in der Be-
schaffenheit der Knochen, Muskeln und Flechsen, in der inneren
Organisation oder in der �usseren Form, ja selbst im Temperamente
also im Blute und Nervensystem ihren Grund haben, mehr oder min-
der, fr�her oder sp�ter forterben und bei der Nachkommenschaft wie-
der sichtbar werden.
Wolstein sagt:
Nicht nur die K�rper- und Gliedergestalt, die Erbkrankheiten, die
Erbfehler, die guten und b�sen Eigenschaften der Thiere liegen im
Saamen, im Urstoff, im Blute: auch die Farbe and der Glanz der
Haare, die Farbe und der Glanz der Augen, das schwache und starke
Gesicht, alles: alles, sage ich, liegt in der Natur des Blutes, liegt in
dem Saamen als Keim, als wirklicher Saame verborgen, der sie ent-
wickelt.
Die h�ufigen �rtlichen Fehler sind unstreitig meistens als die Fol-
gen des so mannigfaltig, oft verkehrten und h�chst zweckwidrigen ohne
R�cksicht auf k�rperliche F�higkeiten bestimmten Gebrauches anzusehen,
zu welchen das Pferdegeschlecht von den sonderbarsten Launen seiner
Beherrscher abh�ngig, verurtheilt zu sein scheint. Solche rein k�rper-
liche Schw�chen oder fehlerhafte Anlagen sind es indess nicht allein,
welche sich oftmals fortpflanzen, sondern auch abgestumpfte oder ge-
sch�rfte Sinneswerkzeuge, ein mehr oder weniger eigenth�mliches Er-
rinnerungsverm�gen, oder �berhaupt diejenigen, gewissermassen intelek-
tuellen Eigenschaften, die jedoch hier nur eine edlere Ausbildung des
Instinktes bezeichnen k�nnen; und welche durch die dem Thier zu
Theil gewordene Erziehung bereits mehr oder weniger geweckt wur-
den, bleiben der Vererbung f�hig.
So kann man leicht beobachten, dass in einzelnen Landeszuchten
oder Privatgest�tten gewisse Eigenth�mlichkeiten, was man dann Ras-
setypus nennt immer wieder forterben.
Z. B. kann man sich das polnische Landpferd fr�herer Zeit nicht
ohne Hirschhals denken, ebenso das Siebenb�rgerpferd nicht ohne rund-
gebogenen Hals und hoher Aktion der Vorderbeine u. s. w.
So sagt man von manchem Privatgest�tte, dass die Pferde dessel-
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ben bekannt sind als sehr ausdauernd, fromm in der Arbeit; oder
von einem anderen, dass sie furchtsam, scheu und misstrauisch in der
Abrichtung sind;
von einem anderen, dass die Pferde einen sehr guten, ausdauernden
Galopp gehn, oder dass sie meistens sehr freie Schulterbewegung, oder
sehr gebundene, steile Schultern h�tten;
von einem anderen ; dass sie Anlage zu Augenleiden oder Sp�th
oder schwache Verdauungsorgane h�tten;
oder der eine oder andere Hengst hat das Renomee, breit stehende
herabh�ngende Ohren, oder fehlerhafte Hufe, oder Vorbiegigkeit, oder
sehr gerade Sprunggelenke, besonders hervortretenden Widerrist, sehr
langen oder sehr kurzen R�cken, sehr sch�nes Schweiftragen n. s. w.
u. s. w. zu vererben.
Derselbe Hengst besitzt vielleicht Abweichungen von den regelm�s-
sigen Formen nicht. Ist man dann im Stande seinen Stammbaum zu ver-
folgen und etwas �ber seine Voreltern zu erfahren, so ist wahrscheinlich
bei diesen die fehlerhafte Anlage zu finden.
Auch gibt es mangelhaft gebaute Vaterpferde, die ihre M�ngel
nicht vererben und deren Nachzucht tadellos ist.
Schon aus diesen wenigen Worten ist zu entnehmen, was man eigent-
lich unter Erbfehler zu verstehen hat. Da aber gerade �ber diesen
Gegenstand bei sehr vielen Pferdebesitzern und Z�chtern wenig Aufkl�-
rung besteht, so glaube ich nichts besseres thun zu k�nnen, als zwei aner-
kannte Autorit�ten, n�mlich Justinus und Tr�ger zu citiren.
Erster sagt:
»Die edlen und die gemeinen Pferde und alle ihre mannig-
»faltigen Abstuffungen, wie sie immer entstanden sein m�gen die guten
»und schlechten, die richtig und fehlerhaft gewachsenen
»erben sicher oder unsicher, bleibend und fortdauernd oder verg�nglich
»ihre Eigenth�mlichkeiten und Eigenschaften fort, je nachdem sie rein
»und unvermischt, oder halbschl�gig, oder vermischt gezogen sind.»
Tr�ger sagt:
»F�r Behandlung dieses Gegenstandes w�rde einerseits der Be-
»griff, andererseits etwa ein Verzeichniss festzustellen sein. Be-
»treffs der einen Kategorie der Erbfehler muss ich auf das Capitel
»Gesundheit zur�ck verweisen und hier nur die Fortsetzung davon
»liefern. Es gilt ziemlich allgemein, dass Fehler sich leichter vererben
»als gute Eigenschaften, dem muss ich jedoch, sobald es sich um ein
»ernstes Urtheil handelt, wiedersprechen: die organische Welt w�re
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26!
»dann l�ngst, wie in einer Sttndfluth, in ihren Fehlern untergegangen,
»oder aber sie st�nde fehlerfrei in verk�rperten Idealen da. Wir sind
»mit diesem Thema allerdings lediglich an unsere Hausthiere gewiesen
»und entbehren daher der Schl�sse, die aus Vergleichungen hervorge-
»hen w�rden. Krankheiten ist auch das wildlebende Thier zuweilen
»ausgesetzt, aber Fehler in dem einen, oder gar Erbfehler in
»dem andern Sinne kennt man an ihm nicht. Nur da wo der Mensch
»den Thierk�rper nach Ansichten und Bed�rfnissen modeln will, der
»Natur Prozesse aufzwingt, die ihr fremd sind, wo er solche Versuche
»bei Reinzucht schon bis zum Versagen treibt, wo er endlich aber
»kreuzt und mengt, bis er Bastarde mit Bastarden der entfernsten Po-
»tenzen durcheinander wirft, nur da treten unter dem gleichzeitigen
»Einfl�sse des Dienstes und der naturwidrigen Lebensordnung nach
»und nach Schw�chen und Fehler hervor, die, je l�nger, je mehr als
»Erbfehler sich reproduciren.
»Keines unserer heutigen Hausthiere sieht seinem Urzust�nde
»gleich. Sie mussten den wechselnden und wachsenden Bed�rfnissen
»der Menschen, ebenso ihrer Form nach folgen, wie seinen Lebensbe-
d�rfnissen sich f�gen. Beides dr�ckte dem ganzen Wesen des Thieres
»seinen gegenw�rtigen Habitus auf.
»Die Intelligenz des Menschen feiert darin einen ihrer unz�hligen
»Siege; dieselbe Intelligenz aber muss auch f�hlen, muss wissen, wann
»es Zeit ist Frieden zu schliessen mit der Natur. Eine gesunde Prak-
»tik hat dieses verstanden. Man schuf sich St�mme, den verschiedenen
»Verh�ltnissen entsprechend, und nur die Ueberbildung, ein missrathe-
»nes Kind der Intelligenz hat jenen Frieden hin und wieder ge-
»brochen.
»St�mme, die sich �ber weite Landschaften verbreiten, �hnlich
»dem einheimischen Volksstamm, kommen auch in der Eigenschaft der
»kultivirten Hausthiere nach und nach mit sich selbst zur Ruhe und
»treten so in Bezug auf erbliche Eigenschaften, dem Naturstande wie-
»der n�her. Fehler und Erbfehler werden seltener, der gute Stoff des
»Ganzen neutralisirt den Fehler des Einzelnen, und so verschwinden
»diese nach und nach bis auf den Grad, in welchem alles Irdische im-
»mer seine M�ngel tragen wird.
»In diesem Falle befindet sich eine Landespferdezucht, die entwe-
»der ohne alle Einmischung von Landbesch�lern des Staates ihre
»Arbeitspferde zieht, oder eine solche, die seit einer langen Reihe von
»Generationen, ausschliesslich nach Landbesch�lern z�chtete,
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»wenn letztere aus gut organisirten Gestatten hervorgingen. � Li-
»tbauen, die Mark, einige Distrikte des �sterreichischen Staates, die
»Senne n. s. w.
»Ganz anders verh�lt es sich bei planlosen Durcheinanderwerfen
»aller Familien, St�mme und Rassen. Eine solche Mixtur biethet alles
»dar, was nur irgend Anlagen genannt werden kann, m�gen die ver-
»schiedenen Krankheiten den Erscheinungen, dem Namen, der syste-
»matischen Classification nach noch so un�hnlich scheinen, im tief-
»sten Hintergrunde sind die meisten so innig verwebt, dass ein klei-
»nes minder oder mehr derselben Zuthat, dass der leiseste Anstoss
»zuf�lliger Umst�nde hier diesen, dort jenen Fehler aus derselben
»Quelle hervorgehen l�sst.
»Ein schlechter Magen vererbt Blattl�hme, Rheumatismen aller
»Art, Rheumatismus Sp�th; Sp�th Staar; Staar Leberleiden; Leber-
..leiden Koller, Schwindel, Dampf; Dampf Rehe; Rehe Hornspalt;
»Hornspalt Warzen; Warzen Rattenschweif; Rattenschweif Kr�tenmaul;
»Kr�tenmaul Mauke; Mauke Strahlkrebs; Strahlkrebs Schale ; Schale
»Ueberbeine; Ueberbeine Sp�th; Sp�th wieder Rheumatismus, Gicht,
»Gastricismns; dieser wieder Ungl�cksm�tter, die oft versetzen, oder
»Kr�nklinge an Skrofeln oder F�llenl�hme bringen; Skrofeln und F�l-
»lenl�hme wieder r�ckw�rts in langer Reihe bald dieses, bald jenes
»Leiden.
»Solche Erfahrungen f�hren aber dahin, den Erbfehlern, d. h
»jedem Einzelnen an sich nicht zu hohe Wichtigkeit
»beizulegen; sie ermahnen vielmehr, den innersten Grund derselben
»aufzufassen, weil es der Wissenschaft und einer soliden Praktik un-
»w�rdig ist, nach den Erscheinungen der Oberfl�che zu urtheilen und
»zu handeln.
»Dies beziehe ich demnach auch auf die mit astronomischen Eifer
»gesuchten und dann und wann gl�cklich entdeckten St aarpunkte.
»Wollte man fort und fort Staar auf Staar setzen, so w�rde man aller-
»dings eine vorherrschende Disposition zu diesem Fehler ver-
werten; ausserdem aber vererbt man wenig mehr als den Soupcon.
»Die Erb fehler sind wesentlich zu trennen in Bildungsfehler
»und in Gesundheitsfehler. Die Bildungsfehler: Hasenhacke, Stellung
»der Extremit�ten, steile Sprunkgelenke, mangelhafter Gang, langer, wei-
»eher R�cken, schlechter Brustkasten, mit einem Worte die nachtheiligen
»Formfehler, sind bei weitem ertlicher, bei weitem spezifischer, als die
»Gesundheitsfehler. Die Gesundheitsfehler sind nach dem Begriffe
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»aufzufassen, die Formfehler allenfalls in ein Verzeichnis? zu bringen.
»Beide Gattungen schliessen jedoch immer nur bedingungsweise
»von der Nachzucht aus; keine unbedingt.
»Die Formfehler sind durch zweckm�ssige Paarung unter dem
»unverwandten Auge des Z�chters nach und nach doch zu ver-
»bessern ; den Gesundheitsfehlern aber ist, den meisten wenigstens unter
»dem Auge des Arztes und Di�tetikers zu begegnen.
»An mancherlei Formfehlern haben wir uns �brigens schon oft
»genug vers�ndigt, die bekrittelten Thiere selbst haben uns durch
»gl�nzende Leistungen besch�mt und eines bessern belehrt. Steht die
»Z�chtungsbrauchbarkeit in Frage, so kommt alles auf
»das Verh�ltniss des Guten zum Mangelhaften, und
»darauf an, ob wir Besseres haben; denn das fernher leuch-
»tende, bessere, wird nahebei besehen, auch zu w�nschen lassen, und
»w�hrend wir so in Aengsten und Zweifeln liegen, schreitet die lebens-
«kluge Praktik vorw�rts. � Im Dunkel der Gespensterfurcht vor den
»Erbfehlern, im unth�tigen Hoffen auf einen Messias sind die besten
»Pferde Englands spurlos �ber den Continent gegangen.»
Auswahl der Zuchtthiere; im Speziellen des Heng-
stes als Vater- der Stute als Mutterpferd.
Nach diesen allgemeinen Ansichten �ber die Wahl von Zuchtthie-
ren will ich nun darzuthun suchen, auf welche Gegenst�nde insbeson-
dere hierbei R�cksicht zu nehmen ist.
Gesundheit des Thieres in allen seinen K�rpertheilen ist wie
zum Gebrauch so zur Zucht das erste Erforderniss, nicht allein weil
dadurch die Fruchtbarkeit mehr gesichert, sondern auch wieder ein
gesundes Produkt zu erwarten ist, indem sich nicht allein die guten
und fehlerhaften K�rperformen, regelm�ssiger und unregelm�ssiger Gang
u. s. w. forterben, sondern auch kr�ftige oder schw�chliche Beschaf-
fenheit des Magens, der Verdauung �berhaupt, der Lunge und des
Nervensystems.
Es wurde schon oben n�her auseinandergesetzt, dass die Gesund-
heit des Pferdes in dem Bedingnisse einer gewissen Beschaffenheit des
Organismus besteht, wodurch alle Lebensverrichtungen desselben mit
Leichtigkeit, einer gewissen St�rke und Wohlbehagen von Statten gehn;
ich verweise den Leser hierauf.
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Dann k�mmt zun�chst der K�rperbau, der Gang, der Blick des
Auges, die Aeusserungen des Temperamentes in Betracht. Man m�ge
die Absicht haben, einen grossen, kleinen oder Mittelschlag zu z�chten,
sei es nun Reit- oder Zugschlag, so ist es unerl�sslich, dass die ein-
zelnen K�rpertheile derTbiere f�r sich vorz�glich und
alle zu einem harmonischen Ganzen vereinigt sind.
In der Landespferdezucht trifft es sich gar h�ufig, dass man
gezwungenerweise diesen Grundsatz nicht immer durchf�hren kann j
alsdann ist und bleibt es doch Aufgabe mit diesem Grundsatze vor Au-
gen denselben m�glichst ann�herd zu befolgen und das ganz schlechte
von der Zucht auszuschliessen, indem hierdurch der Verbrei-
tung des Guten am meisten Vorschub geleistet wird.
Bez�glich der Farbe des Haares bei Pferden erinnert sich der
Leser, dass ich schon oben erw�hnte, wie man in fr�heren Zeiten
glaubte aus der Farbe der Haare allein schon die Eigenschaften und
Constitution des Pferdes folgern zu k�nnen.
Obwohl nun jeder gute Kenner diese Ansicht nicht allzuweit aus-
dehnen, sondern stets in dem guten Bau, der Bewegung und der guten
Rasse das gute Pferd finden wird, so sind doch aufmerksame Beobach-
ter immer der Meinung dass alle dunklen Farben meistens mehr Trocken-
heit, Festigkeit der Fasern und mehr Temperament besitzen sollen,
wogegen alle Licht- und Halbfarben, Schlaffheit, Aufgedunsenheit und
Schw�che zu verrathen pflegen, Daher sollen alle lichten Schweisf�chse,
Falben, Isabellen, Hermeline, Schecken, weissgeborene Schimmel weni-
ger zu Vaterpferden taugen, als die dunkeleinfarbigen, n�mlich Rappen,
Braune, F�chse. Erstere sind daher bei Auswahl von Zuchtthieren zur
Verbesserung einer Landeszucht zu vermeiden.
Es gibt wohl h�chst selten einen Z�chter, der nur und ausschliess-
lich f�r sich z�chtet, und gar nicht darauf rechnet seine Produkte
in den Handel zu bringen. Der Geschmack bez�glich der Farbe ist der
Mode unterworfen wie alles andere; es werden daher die meisten Z�ch-
ter wohlthun auch hierauf R�cksicht zu nehmen. Wurden einstens
Schecken, Tiger, Isabellen gesucht und gut bezahlt, so sind es jetzt die ein-
farbigen, nicht einmal grosse weisse Zeichen sieht man gern, und man-
ches sonst ganz gute Pferd wird dieserbalb vom H�ndler stehen gelas-
sen, Wagenpferde von gleicher Farbe werden fast immer lieber gekauft,
als solche von ungleichem Haar.
Die Vererbung der Farbe des Haares liegt ausser aller Berechnung.
Tr�ger sagt:
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»Bei der Paarung verschiedener Farben f�llt das Produkt
nicht immer in die Mitte; braun und schwarz noch am gew�bnlich-
»steh, braun und Fuchs desgleichen; Fuchs und Rappe geben seltener
»Mischung � schwarz scheint Neigung zum Uebergang in roth zu
»haben; altes schwarz wird »f�chsig,« man erzielt entweder Rappe oder
»Fuchs. Schimmel scheinen am constantesten alles andere Haar in N�-
»angen von Schimmeln zu ziehen.
«Schecken, Tiger und Falben vererben sich mit anderen Farben ge-
»paart ausser Berechnung, Fliegenschimmel, Tiger und Schecken mit
»dem Haar ihrer dunklen Punkte oder Flecke gepaart, geben noch am
»wahrscheinlichsten das als Totalfarbe wieder.«
Das Alter in welchem Hengst, und Stute zur Z�chtung verwen-
det werden, hat auf die Nachkommenschaft und deren Veredlung einen
grossen Einfluss; sind beide zu jung, oder zu alt, so wird in beiden F�l-
len nur eine schw�chliche Nachzucht erlangt.
Grosse Thorheit ist es, Thiere von zu jugendlichem Alter zu w�hlen
Junge Hengste sind zwar im Begatten hitziger als �ltere; allein
sie selbst ersch�pfen sich auch weit fr�her, verlieren ihre Kr�fte, werden
im ferneren Wachsthum gest�rt, und vor der Zeit alt. Aber auch der
Saame ist in zu jugendlichen Thieren noch unvollkommen (unreif) und
nicht geeignet genug ein anderes, junges Thier in geh�riger Vollkom-
menheit hervorzubringen. Ein solches Produkt wird immer schw�chlich
sein und in allen guten Eigenschaften zur�ckbleiben, und wenn es
auch wieder zur Fortpflanzung gebrauchtwird, Schw�chlinge zur Welt
bringen.
Ich kann nicht unterlassen hier, einen vielleicht einzig dastehenden
Fall zu erw�hnen.
Als ich vor vielen Jahren das k. k. Hofgest�t Kladrub in B�hmen
besuchte, zeigte man mir ein ganz gutes, f�nfj�hriges Pferd welches als
Dienstklepper verwendet wurde; dasselbe war das Produkt der zuf�lligen
Paarung �usserst jugendlicher Eltern, denn zur Zeit der Begattung
soll der Hengst 13 und die Stute 11 Monate alt gewesen sein.
Gew�hnlich l�sst man den Hengst mit dem vollendeten 4. oder �.
Jahre anfangen zu besch�len. Ein guter Hengst kann bei richtiger Be-
handlung bis in sein zwanzigstes Jahr, als Vaterpferd dienen; in ein-
zelnen F�llen auch bis in noch h�heres Alter, ohne dass dadurch seine
Fruchtbarkeit sehr wesentlich abnimmt.
Als ich den Mirza, Original Araber, Hengst, ein Geschenk des
Schachs von Persien an K�nig Georg IV. von England, welcher densel-
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ben wieder dem Herzog von Braunschweig schenkte, im Jahre 1832 zu
Harzburg sah, war derselbe 28 Jahre alt.
Eine zahlreiche Nachkommenschaft von ihm war im Gestatte zu
sehen, und man erz�hlte mir, dass jeder Sprung von ihm noch fruchtbar sei.
Die weiblichen Thiere scheinen fr�her mannbar zu werden und zum
Zeugungsgesch�fte geschickt zu sein, als die m�nnlichen, und k�nnen
daher schon fr�her zur Begattung zugelassen werden. Doch schadet ein
allzufr�hes Zulassen und Tr�chtigwerden ihrem W�chse weit mehr, als
dem m�nnlichen Thiere. Mit dem vollendeten 3. oder 4. Jahre kann
man die junge Stute zur Begattung zulassen und sehr viele k�nnen bis
in ihr 20. Jahr und l�nger zur Zucht dienen.
Am besten ist es jedoch f�r die Nachzucht, sie weder vor dem 4.
noch nach dem 20. Jahre hiezu zu benutzen.
Bei meiner Anwesenheit in der Gegend an der Allee, wo die Ha-
n�verische Pferdezucht am meisten bl�ht, erz�hlten mir die dortigen
Bauern, dass sie ihre jungen Stuten meistens schon mit dem vollerde-
ten 3. Jahre belegen Hessen. Denn, sagten sie, der Begattungstrieb zeige
sich um diese Zeit immer so stark, dass die Nichtbefriedigung dessel-
ben das junge Thier mehr abmatte als das Bringen eines F�llens. Der
Landmann f�ttert in dieser Gegend seine Pferde sehr gut, die Weiden
sind sehr grasreich und es mag dieses vielfach dazu beitragen, dass
sich der Trieb zur Begattung fr�he regt; ich glaube jedoch, dass die
Aussicht auf momentanen Gewinn, dadurch, dass die Stute ein
Jahr fr�her ein F�llen bringt, bei vielen Pferdebesitzern die Triebfe-
der hierzu ist, dass dieses Belegenlassen erst 3j�hriger Stuten all-
gemein Platz greife, ist gewiss nicht zu w�nschen. Auch sah ich
dort eine 20j�hrige Stute, vom grossen gut veredelten Schlage, die der
Besitzer als ein Pferd in schon guten Jahren kaufte, die ihm jedes
Jahr ein gesundes F�llen gebracht hatte und nun wieder tr�chtig war.
An einem andern Orte sah ich bei einem Landmann eine zu allen
landwirtschaftlichen Arbeiten verwendete Stute, die der Besitzer als
vierj�hrig gekauft, und die ihm bereits 16 gesunde F�llen gebracht
hatte. Die meisten dieser F�llen hatte er als junge Pferde an die in
der Umgegend stationirten Cavallerieoffiziere verkauft.
Sehr vorteilhaft soll es f�r eine kr�ftige Nachzucht sein, die
Stuten nur alle zweites Jahr zum Hengst zu lassen. Es gibt Gegenden
z. B. in der Umgegend von Teschen in �sterreichisch Schlesien, wo der
Landmann an diesem Grundsatze vielfach festh�lt.
F�r den Landmann, welcher seine Zucbtthiere zugleich zur Arbeit
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verwendet, ist das Fr�hjahr besonders von Anfang M�rz bis Anfang oder
Mitte Mai die g�nstigste Jahreszeit zum Bedeckenlassen der Stuten,
denn zu dieser Zeit regt sich der Begattungstrieb der weiblichen
Thiere am st�rksten, und das Tr�chtigwerden ist dann am meisten
gesichert.
Bekanntlich tr�gt die Stute im Durchschnitte eilt' Monate; die
F�llen kommen dann in einer Zeit zur Welt, wo gute F�tterung, fri-
sche Weide, und die W�rme des Fr�hjahrs ihrer warten; der Landmann
kann dann die geb�hrenden oder s�ugenden Stuten bis zur Feldbestel-
lung noch geh�rig schonen, denn diese beginnt in vielen Gegenden vor
Anfang Aprils selten, so dass dadurch der Gang einer Wirthschaft nicht
im geringsten gest�rt wird.
Bei der Auswahl eines Besch�lers k�mmt es nebst Gesundheit,
Abstammung, guten K�rperformen und regelrechten Gange, sehr viel
darauf an, was f�r geistige Eigenschaften er besitzt; es kommt darauf
an, ob er muthig, rasch, treu, lenksam, gelehrig sei, ob er viel Tempera-
ment habe, und ob sein Feuer mehr ein edler, starker und bleibender
Naturtrieb, oder blos eine wilde, leicht verl�schende Flamme sei; ob
seine Gem�thsart fest, standhaft oder launisch, schlechterzogenen Men-
schen gleich sei. Es ist sehr zu w�nschen, dass er weder st�rrisch noch
t�ckisch, weder falsch noch boshaft, weder scheu noch furchtsam sei.
Seine innerlichen Tugenden m�ssen den Vollkommenheiten seines �usse-
ren K�rpers entsprechen, denn das Temperament vererbt wie diese auf
die Nachkommenschaft.
Ein Hengst, der frei, gelenksam, ungezwungen und munter einher-
schreitet, der sich stolz tr�gt, dessen Blicke muthig und feurig im leb-
haften Auge gl�nzen, der sicher und ohne Furcht an der Hand und unter
dem Reiter seine Gliedmassen braucht, der leicht gewandt, folgsam und
mit Schnelligkeit alles vollzieht, was man von ihm haben will, der in
allen seinen Geberden einen edlen Geist verr�th, der sich willig z�u-
men, satteln, beschlagen und behandeln l�sst, der weder nach Menschen
noch nach seines gleichen schl�gt, zeigt alle diese Eigenschaften auch
in seinem ganzen Betragen.
Bei Auswahl eines Besch�lers den man zur Verbesserung oder
Veredlung einer Zucht verwenden will, k�mmt es nebstdem auch auf
das Vaterland desselben an.
Pferde, aus Gegenden welche sich �berhaupt nicht zu guter Pferde-
zucht eignen, z. B. die feuchten, kalten und sumpfigen werden nur
selten gute Zuchthengste liefern. Die �ppigen, fetten Futterstoffe jener
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Gegenden n�hren zu sehr extensiv, die damit auferzogenen Thiere
wachsen zu schnell heran, werden kolossalisch, aber ihre Muskulatur
bleibt schlaff und sie sind nicht von dauerhafter Art; dagegen sind
die Z�chthengste aus warmen und gesunden Klimaten die besten, wenn
auch da, wo sie als Besch�ler dienen sollen, das Klima k�lter ist.
Auch ein gut passendes Verh�ltniss der Gr�sse des Hengstes
zur Stutte ist ins Auge zu fassen.
Ist der Hengst in Verh�ltniss zur Stute gar zu gross, so entsteht
�fter eine schon im Mutterleibe zu grosse Frucht, welche dann jeden-
falls die Geburt sehr erschwert, mitunter auch unm�glich macht.
Beide F�lle nat�rlich sehr Gefahrbringend f�r die Mutter.
Manche glauben, dass, wenn ein klainerer Hengst eine grosse Stute
belege, so m�sse das Produkt ein kleines Pferd werden. Diesem
widerspricht die Erfahrung: denn in einem ger�umigen Mutterleibe kann
sich die Frucht, wenn sonst die Bedingungen dazu vorhanden sind,
kr�ftig entwickelt ausbilden, und auch zur Welt gef�rdert werden, aber
ganz anders ist es, wenn durch einen sehr erbf�higen Hengst in einem
kleinen, engen Mutterleibe der Keim zu einer sehr grossen Frucht ge-
legt wird.
Erwiesene Leistungsf�higkeit und erwiesene Erb-
f�higkeit sind zwei der wichtigsten Gegenst�nde bei Auswahl von
Besch�lhengsten.
Hat der Hengst Leistungen aufzuweisen und ist dabei gesund und
fehlerfrei geblieben, so ist dieses der augenscheinlichste Beweis seiner
G�te; denn Thatsachen lassen sich eben so wenig abl�ugnen wie
Ziffern.
Ohne Erbf�higkeit h�rt der Nutzen des Besch�lers als
solcher auf; hat man nun aber Gelegenheit die Produkte in Augen-
schein zu nehmen, so gewinnt man, wenn sie gut sind nat�rlich sehr
an sicherer Hoffnung auf gew�nschten Erfolg. Hat man zugleich Gele-
genheit die M�tter zu sehn, von welchen diese Produkte fielen, so
vergleiche man in wiefern diese Produkte, die F�llen mehr dem Vater
oder den M�tten �hnlich sehn, woraus man im ersten Falle mit Sicher-
heit auf gute Constanz der Rasse und vorwiegendes Blut des Hengstes
schliessen darf. Dass dadurch sein Werth zur Verbesserung einer
Landespferdezucht oder zur Bildung eines Stammes in einem Gest�tte
sehr erh�ht wird, bedarf wohl nun nach allem bishergesagten keines
Beweises mehr.
Der Einfluss des Hengstes verbreitet sich auf eine Landespferde-
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zucht nicht allein dadurch am meisten, dass jedes F�llen im einzelnen von
seinen Eigenschaften erbt, sondern auch weil von einem Hengst j�hrlich
viele F�llen zur Welt kommen k�nnen, wogegen die Stute j�hrlich nur
einem F�llen ihre Eigenschaften anerben kann.
Da im allgemeinen besonders bei der Landespferdezucht, der Aus-
wahl der Zuchthengste mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird, als den
Stuten und erstere gew�hnlich von constanterer edlerer Rasse sind, als
die mehr vermischt gezogenen, gemeinen Stuten, so ist die Meinung ent-
standen, dass die Nachkommen, besonders in einzelnen Theilen mehr dem
Vater als der Mutter nacharteten; wo aber die Stute von ebenso reiner
constanter Abkunft ist, als der Hengst, da wird sicher das Vererbungsver-
m�gen ebenso deutlich hervortreten.
Die genaue Untersuchung der Geschlechtstheile selbst, ist, bei Aus-
wahl und Beurtheiiung eines Besch�lers von Wichtigkeit, die Hoden d�r-
fen nicht zu klein erscheinen, und fest anzuf�hlen sein, der Hodensack
darf nicht schlaff herunterh�ngen, und muss sich beim Besch�lakt in
Falten gekr�uselt zusammenziehen. Die Ruthe muss im ruhigen
Zustande ganz in den Schlauch zur�ckgezogen sein; sich zum Harnen
leicht ausschachten und beim Anblick einer Stute in geh�riger L�nge
und Dicke mit ausgesprochener Steifheit in etwas gebogener Form mit
Kraft gegen den Bauch heben.
Dass keine �rtliche Krankheit, als Geschw�re an der Ruthe,
Wassergeschwulst der Hoden, Hodenfistel u. dgl. vorhanden sein darf,
ist wohl nicht noting zu erw�hnen.
Dieselben Regeln muss man auch beziehungsweise bei Auswahl
der Stuten beobachten, nur k�nnen diese Eigenschaften, wenn man
sich mit Veredlung gemeiner Landrassen besch�ftigt, bei ihnen nicht
in dem Grade verlangt werden, weil es dann keine gemeinen,
sondern schon veredelte Thiere waren, bei denen sie schon in h�herm
Grade entwickelt sind, und wo man sie daher voraussetzt; doch muss
man die bestgebauteu und fehlerfreisten aussuchen, wovon sich unter
jeden selbst der gemeinsten Rasse Individuen linden,
Flachgerippte, aufgesch�rzte Stuten mit engen Becken geben keine
Hoffnung gute Mutter zu werden; tiefe Brust, gut gew�lbter Rippenkasten,
breites Becken, frommes, munteres Temperament, durchaus
innere Gesundheit sind unerl�ssliche Eigenschaften. Allzudickge-
n�hrt sein ist f�r Zuchtstuten nicht zweckm�ssig, denn diese bringen
'n der Regel nicht ganz ausgebildete F�llen, oft sind sie aber auch
ganz unfruchtbar.
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Ebenso wenig darf die zu besch�lende Stute sich in einen ent-
kr�fteten, abgemagerten oder gar kranken Zustande befinden; denn
Gesundheit in jeder Beziehung ist wohl die nothwendigste Bedin-
gung zum Gedeihn der Frucht.
Hat man die Absicht, Zuchtstuten anzukaufen, so �berzeuge man
sich sowohl von ihren bisherigen Leistungen als der Fruchtbarkeit;
man forsche genau nach, wann die Stute das letzte F�llen hatte; sind
seit der Zeit mehre Jahre verflossen, ohne dass sie tr�chtig war, so
darf man sich der Meinung hingeben, dass sie von nun an g�st, (g�lte)
bleiben werde, wenn auch der Besitzer noch so viel das Gegentheil
versichert. Auch suche man von ihren Nachkommen welche zu Gesichte
zu bekommen.
Anmerkung. Zu einem Landbesch�ller wird gew�hnlich ein
Hengst bald gut genug gefunden, wenn er hinreichend h�bsch ist, dem
Landmann zu gefallen und keine Gebrechen hat. Nachdem aber Lan-
despferdezuchten unentbehrlich f�r Staat und B�rger und n�tzlicher
als die Gest�tte allein sind, so m�ssen die Landbesch�ler mit
nicht weniger Gewissenhaftigkeit gezogen werden und r�cksichtlich der
Brauchbarkeit und G�te sogar mit mehr Gewissenhaftigkeit als selbst
f�r Luxus- und Prachtgest�tte. Besitzer von Luxusgest�tten k�nnen,
wenn in ihren Gest�tten gute Pferde nicht gezogen werden, die besten
Pferde aus allen L�ndern von Europa kommen lassen ; die Regimenter,
das Fuhrwesen und der gemeine B�rger nicht. Grossstaaten w�rden
ihre Stellung als solche aufgeben m�ssen, wenn sie den Pferdebedarf
f�r die Landarmee nicht im eigenen Lande finden k�nnten, und dieser
Bedarf wird nie durch einzelne Gest�tte, sondern nur durch eine gut
betriebene, ausgebreitete Landespferdezucht gedeckt werden k�nnen.
Dass aber bei denen von der Regierung dem Z�chter dargebotenen
Besch�lern auf G�te und Brauchbarkeit gewissenhaft R�cksicht genom-
men werde, ist um so viel nothwendiger in L�ndern und Gegenden
wo der Landwirth noch keine bessern Begriffe von der Thierzucht hat,
so lange er noch nicht belehrt ist, und selber nicht weiss was an
dem Pferde zu seiner G�te nothwendig und unentbehrlich ist, so
lange er noch nicht versteht, den besten Hengst f�r seine Stute zu
w�hlen, und wenn er es versteht, so lange sein Land noch nicht sieb
selber Besch�ler zieht, und eine grosse Anzahl Hengste im Lande zu
seiner eigenen, freien Wahl vorhanden sind, so lange er noch das
nehmen muss, was ihm gegeben wird.
Die Existenz der G�te von Gest�tten reicher Privaten ist ver�n-
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derlich, sowie die Existenz des Gest�ttes selbst von mancherlei Umst�n-
den abh�ngig ist. Der Vater stirbt, der das Pferd gern erzog und
liebte; der Sohn liebt ganz was anderes, und in wenig Jahren geht
die sch�ne Zucht zu Grunde die viel Zeit und Geld gekostet hat.
Landeszuchten sind, wenn sie einmal gegr�ndet, weit bleibender und
sicherer, nicht zu gedenken, dass in kultivirten, stark bev�lkerten
L�ndern nur diese Pferdezucht die vortheilhafteste, n�tzlichste ja fast
allein ausf�hrbare ist, die mit der Landwirtschaft in engster Verbin-
dung steht.
Unter Landeszucht ist hier �berhaupt die von vielen einzelnen
Privaten in Verbindung mit der Landwirthschaft betriebene Pferdezucht
zu verstehen, im Gegensatze von grossen Staat sges tut ten, m�gen
diese Einzelnen nun dem F�rsten-, Grafen- oder Bauernstande angeh�ren.
Das Paaren.
Das Paaren oder Besch�len selbst geschieht entweder im Freien
oder aus der Hand, und zwar, wenn sich bei den Stuten der Begat-
tungstrieb einstellt, d. h. wenn sie rossig sind. Dieser Zustand zeigt
sich durch Unruhe, geringe Fresslust, Wiehern, �fteres Harnen, und
durch Anschwellung der Geschlechtstheile aus denen eine weisse,
schleimige Fl�ssigkeit fliesst; die Bossigkeit ist hieran leicht erkennbar
und h�lt gew�hnlich 2�3 Wochen an, indem sie sich einige Zeit ge-
ringer, dann wieder st�rker zeigt. Es gibt zwar Stuten, die zu jeder
Jahreszeit rossig werden; zur Befruchtung ist das Fr�hjahr die beste
Zeit; wenn die Stute nach dem Bedecktwerden nicht empfangen hat,
so pflegt der Begattungstrieb am neunten Tage wieder zu kehren.
Das Besch�len im Freien, besteht darin, dass man einen Hengst
zu mehreren Stuten in einen umz�umten Platz l�sst; hier bleibt er so
lange, bis entweder alle oder einige unter ihnen tr�chtig sind Es ist
zwar das naturgem�sseste, wird aber jetzt fast nirgends mehr ange-
wendet, indem dieses Verfahren bei ganz zahmen, mehr oder weniger
im k�nstlichen Zustande lebenden Pferden wenig zu empfehlen ist,
weil dabei der Hengst, wenn viele Stuten auf einmal rossig sind, nicht
nur sehr abgemattet wird, sondern auch der Gefahr ausgesetzt ist, von
den nicht rossigen, die er in der Hitze auch bespringen will, zu Schan-
den geschlagen zu werden, auch weiss man nicht ob und an welchem
Tage die Stuten empfangen haben.
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Sicherer ist das Besch�len aus der Hand, weil man dabei nach
Gefallen den Naturtrieb des Hengstes massigen oder da anwenden
kann, wo er wirken soll. Es geschieht auf die Art, dass der Hengst
an zwei langen Z�geln (Longen) die in den Ringen des Wischzaumge-
bisses oder des Kapzaumes befestigt sind, zur rossigen Stute gef�hrt
und w�hrend er von zwei F�hrern an diesen Z�geln lang gehalten
wird, dieselbe bedeckt. Einer dieser W�rter zieht den Schweif der
Stute auf die Seite und gibt der Ruthe des Hengstes n�thigenfalls
mit der Hand die Direktion.
Vorher muss man sich �berzeugt haben, dass die Stute auch
willig ist, den Hengst anzunehmen, denn manche zeigen sich ros-
sig und wollen das Bespringen durch den Hengst doch nicht an-
nehmen. Ist letzteres der Fall, so muss der Hengst nach einiger
Zeit der Stute wieder zugef�hrt, und dieses so oft wiederholt wer-
den, bis sie ihn willig annimmt. Zwang f�hrt hier nicht zum Ziele.
Um sich nun zu �berzeugen, ob die Stute willig sei, l�sst man
dieselbe vorher probieren.
Hierzu ist auf jedem Besch�lplatze eine ungef�hr 3 Fuss hohe,
einige Schritte lange Bretterwand vorhanden. Zu dieser wird die
Stute auf die eine, der Hengst auf die andere Seite gef�hrt, so
dass sie sich einander sehn und beriechen k�nnen. Auf diese Art
sind beide Pferde vor Gefahr gesch�tzt. Zu diesem Gesch�fte w�hlt
man, wo mehrere Hengste vorhanden sind, einen �lteren, ruhigen, der
sich bei �fterer Wiederholung solcher Probierscenen nicht zu sehr ab�-
schert. Nur zuweilen l�sst man diesen sogenannten Probierhengst eine
Stute bedecken, damit er beim Probieren wieder mehr Th�tigkeit
entwickle.
Beim Begattungsakte muss man beobachten, ob der Hengst auch
seinen Saamen abgebe, dieses erkennt man an einem 4�Smal wieder-
derholten Zucken des Schweifes, welches gegen das Ende des Begattungs-
aktes eintritt und mit der stossweise erfolgenden Ergiessung des Saa-
mens verbunden ist. Steigt der Hengst von der Stute ab, ohne das diese
Bewegung des Schweifes bemerkt wurde, so hat er nicht abgesaamt; auch
wird in diesem Falle die Ruthe nach Verlassen des weiblichen Gliedes
nicht schlaff herabh�ngen, welches der Fall ist, wenn der Hengst den Be-
gattungsakt wirklich vollzogen hat. Es gibt Hengste welche 2�3mal
auf die Stute springen, auch ihr Glied einf�hren und wieder absteigen
ohne abgesaamt zu hahen; andere wieder stehn sehr lange ganz ruhig
bei der Stute ehe sie sich zur Begattung fertig machen k�nnen und man
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will beobachtet haben, dass solche h�ufig sehr fruchtbar sind. Auch sind
mir junge Hengste vorgekommen, die im ersten Fr�hjahre gar nicht dazu zu
bewegen waren, eine Stute zu bespringen, und im 2. Jahre waren
sie sehr gut.
Mancher junge Hengst ist so furchtsam, man kann sagen versch�mt,
dass er in Gegenwart von Menschen durchaus nicht zu bewegen ist,
eine Stute zu bespringen; man hat alsdann einen solchen mit einer
recht willigen Stute in einem abgesonderten R�ume allein eingesperrt
und ihn unbemerkt beobachtet. Der Begattungsakt wurde dann alsbald
vollzogen und der junge Hengst hatte seine Furcht f�r immer
verloren.
Erforderlich ist es �brigens beim Besch�len jeder Art, dass man
dem Hengste nicht mehr Stuten zur Bedeckung zutheile, als er mit
V ortheil befruchten kann.
Die Hengste sind in dieser Beziehung sehr verschieden, und
es nimmt hierauf auch das Alter begreiflicher Weise einen Einfluss;
es lassen sich in dieser Beziehung genaue Vorschriften nicht gut er-
theilen, weil Beobachtungen und Erfahrungen den Pferdez�chter lei-
ten m�ssen. Bei Landgest�tanstalten wird von den Leitern dersel-
ben jedem Hengst eine gewisse Sprunganzahl zuerkannt, damit die
auf den kleineren Stationen befindlichen Aufseher und W�rter eine
Richtschnur haben, und dieses nicht der mangelhaften Kenntniss und
Willk�hr dieser Leute �berlassen bleibe.
Mancher Hengst ist so ergiebig, dass er in einem Jahre 60 Stu-
ten mit dem besten Erfolge decken und befruchten kann; doch m�chte
eine Mittelzahl von 30 bis 40 in den meisten F�llen die beste sein.
Ist die Stute wirklich rossig, d. h. willig, den Hengst anzuneh-
men, so ist auch nicht zu besorgen, dass sie nach ihm schlage.
An manchen Orten ist es Gebrauch j e d e r Stute Fesseln anzulegen,
sie zu spannen, wie man es nennt, indem manche sehr kitzliche
Stute auch wenn sie willig ist, aus Ueberreiz nach dem sich ann�hern-
den Hengste schl�gt. Jedenfalls ist es gut, der Stute die Hinterei-
sen abzunehmen, und fast immer gefehlt, eine nicht rossige Stute durch
Anlagen der Fesseln zu zwingen den Hengst anzunehmen, denn
das auf diese Art ausgef�hrte Besch�len ist sehr selten befruchtend.
Der Akt selbst muss so still und ruhig vollzogen werden, als
nur m�glich; denn die Natur liebt in ihren Arbeiten, besonders beim
Zeugen, Verborgenheit. Hat die Stute empfangen, so geht sie in der
Regel 11 Monate tr�chtig; es soll zwar auch seltene Beispiele geben,
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dass sie l�nger als ein Jahr trugen. 322 Tage hat man als den k�r-
zesten, 419 Tage als den l�ngsten und 351 Tage als den mittle-
ren Termin der Tragzeit wahrgenommen.
Der Z�chter muss sich genau aufschreiben, wann seine Stute
gedeckt wurde, und an welchem Tage derjenige Sprung stattfand, nach
welchem sie den Hengst nicht mehr annahm, um die Zeit genau zu
wissen, wann sie ihr F�llen bringen wird.
Das erste Anzeichen der Tr�chtigkeit ist, wenn der Wurf der
Stute gleich nach dem Besch�lakt trocken ist, oder wenn die Stute
bei einem nochmaligen Versuche den Hengst abschl�gt.
Einige Zeit nach dem Besch�len wird die tr�chtig gewordene
Stute etwas tr�ger, und f�ngt auch nach 3 Monaten an, etwas st�rker
zu fressen, Vom 6. Monat der Tr�chtigkeit an, wird ihr Bauch immer
weiter und wenn man von dieser Zeit an, w�hrend des Saufens die
flache Hand unter den Bauch legt, versp�rt man ein Zucken und
Klopfen, welches durch das im Mutterleibe befindliche F�llen verur-
sacht wird. Gegen das Ende der Tragzeit zeigen sich auf beiden Sei-
ten der Kruppe sanfte Vertiefungen und ganz zuletzt schw�len die
Milchadern unter dem Bauche an, das Euter wird gr�sser und es zei-
gen sich an den Zizen Tropfen einer gelblichen, klebrigen Fl�ssigkeit.
Aufmerksame Thierz�chter wollen bemerkt haben, dass das m�nnli-
che Elternthier, welches die Erstgeburt erzeugt, auf die �ussere Ge-
stalt und den Charakter der nachgeborenen Jungen, welche von andern
V�tern erzeugt werden, einen bedeutenden Einfluss aus�bt.
Martin sagt in seiner Naturgeschichte des Pferdes hier�ber
folgendes:
»Wir glauben, dass dieses geheimnissvolle Naturgesetz bei den
»S�ugethieren weit verbreiteter ist, als man gew�hnlich annimmt; dass
»es auch bei Pferden sich als g�ltig erweist, ist durch die Erfahrung
»dargethan. Bell bemerkt ganz richtig, dass die Wichtigkeit des Hengstes
»bei der Pferdezucht durch nichts klarer in die Augen springt, als durch
»die Thatsache, dass die Nachzucht der ber�hmtesten Kennpferde im
»allgemeinen durch den Ruhm ihrer V�ter sich als gut erhalten hat,
»denn unter den Nachkommen des Eklipse waren nicht weniger als 364
»Sieger auf der Rennbahn und die des Highflyer und anderer ber�hm-
»ter Pferde haben die angeborne Vortrefflichkeit ebenfalls bewiesen.
»Die so sehr merkw�rdige Thatsache aber, welche hierin einen Haupt-
»beweis liefert, und auf welche wir aufmerksam machen wollen, bezieht
»sich auf folgende Umst�nde, welche in den Briefen des verstorbenen
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»Earl of Murton umst�ndlicher geschildert und in den Phylosophiccal
»Transactions vom Jahre 182 t beschrieben sind. Offenbar lag dem Earl
»sehr viel daran zwischen dem Pferde und dem Quagga ein Maulthier
»zu erzeugen, und zu diesem Zwecke bestimmte er eine Siebenachtel-
»blut arabische Stute und einen Quaggahengst. Das Produkt war ein
»weibliches Maulthierf�llen, das durch seine Gestalt und seine gestreifte
»Zeichnung entschieden seinen Ursprung vom Quagga bekundete; sein
»Kopf war l�nger und breiter und sein Hals k�rzer und weniger gebogen
»als bei der Vollblutstute; die Form der Kruppe war mehr eselartig
»und der Schweif sparsam mit Haaren besetzt. Die Stirn, der Hals,
»der Widerrist, so wie der Vorarm und die Hose hatten quaggaartige
»Streifen; ein schwarzer Aalstreif ging �ber den K�cken, und die
»M�hne war d�nn und grob; der Bastard; Charakter war also evident.
»Das n�chste F�llen, welches die Stute zur Welt brachte war von ei-
»nem arabischen Rapphengst; es war ein braunes Stutf�llen mit einer stei-
»fen, aufrechtstehenden M�hne gleich der des Quagga, Stirn, Hals,
»Schultern und Glieder hatten die entschiedenen Quaggastreifen und
»auf dem R�cken war ein schwarzer Aalstreif. Der Schweif war voll-
»behaart und die Gestalt in jeder Beziehung Pferdeartig; es hatte
19/20 arabisches Blut allein mit der M�hne und den Abzeichen des
»Quagga.
»Nun bekam diese Stute mit demselben Araberhengst ein braunes
»Hengstf�llen mit denselben Abzeichen; allein die M�hne war zwar
»lang aber so steif und drahtartig, dass sie an der Seite des Halses
»einen Bogen bildete, ohne ihn zu ber�hren. Beide, das Stuten- und
»das Hengstf�llen waren feurige, fl�chtige und kr�ftige Thiere; die
»Portr�ts befinden sich in dem Royal collegs of Surgeons.»
Soweit Martin.
Eine orientalische Redensart sagt: »Willst du wissen wer du bist
so frage deine Mutter.«
Die edelste Stammzucht leitet er von den Stuten des Prophe-
ten ab, und man sieht hieraus welchen Werth der Araber, der Orien-
tale �berhaupt, der Abstammung von der Mutter her beilegt. Er ver-
kauft eine Stute viel schwerer als einen Hengst. Dieses mag nun sei-
nen Grund darin haben, dass er sich von der Stute einen doppelten
Nutzen verspricht, indem er sie ebensowohl zum Reiten als zur Auf-
zucht von F�llen benutzt. Beim Hengste dagegen liegt der Werth nur
mehr im Gebrauche zum Reiten, indem es nicht Sitte ist, den Hengst
gegen Erlag von Sprunggeld zu venniethen.
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Da Hengst und Stute, welche dort zur Paarung gelangen, wohl
meist sich gleich im Blute oder gleich edel sind, so tritt beim F�llen
nach schon erkl�rten, fest stehenden Grunds�tzen der Unterschied zwi-
schen Vater und Mutter nicht besonders deutlich hervor.
Pflege und Behandlung der Vaterpferde; der tr�ch-
tigen und s�ugenden Stute.
Es liegt auf der Hand, dass ein Besch�ler je mehr und eifriger
er seinem Dienste obliegen soll, auch um somehr Ersatz f�r den
Verlust seiner S�fte erhalten muss, und dies geschieht durch sehr
nahrhaftes und reizendes Futter. Hafer von der besten Qualit�t, durch-
aus staubfrei, auserlesenes, gutes feines gut eingeheimstes Heu in etwas
gr�sserer Quantit�t als ausser der Besch�lzeit, wird gegeben. Die Ver-
mehrung des Futters hat haupts�chlich in Hafer zu bestehen, auch im
Wasser gequellte mit H�cksel angemengte Gerste wird f�r zweckdien-
lich gehalten.
Es ist rathsam, dass keine Unordnung im F�ttern vorf�llt und
dass das Futter den Thieren nicht in zu grossen Portionen gegeben
werde, sondern lieber �fter und weniger auf einmal. Auch Sauberkeit
und Reinlichkeit sind bei einem Besch�ler wichtige Erfordernisse und
es bezieht sich dieses sowohl auf seinen K�rper als auf die Luft im
Stalle, Reinlichkeit der Krippe, des Stalles �berhaupt u. s. w. Schlauch
und Geschr�te sind �fter mit frischem, wenn auch nicht kaltem Wasser
zu waschen.
Ebenso ist Bewegung dem Hengste sehr zutr�glich, ja nothwen-
dig, weil, wenn das Thier zu viel mtissig im Stalle steht, nur tr�ge
wird, an Stallmuth zu aber an wahren Geiste und Muth abnimmt.
T�gliche, regelm�ssige Bewegung ist jedem Pferde, namentlich bei
gutem Futter, so wohlth�tig und zutr�glich, ja durchaus nothwendig,
dass die sorgf�ltigste F�tterung und beste Stallwartung wenig n�tzen,
wo erstere fehlt. Ohne Zweifel gehen viele Pferde verloren durch zu
viel Arbeit, aber auch viele durch zu viel M�ssiggang bei guter
Nahrung.
Anmerkung. Auf die Vortheile der sogenannten loose boxes
d. h. grosse Kastenst�nde, worin das Pferd unangebunden sich nach
Belieben bewegen kann, habe ich im Verlaufe dieser Schrift schon ein-
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mal hingewiesen. Es w�re zu w�nschen, dass alle Besch�lhengste solche
haben k�nnten; ist zugleich, wie es in England meist der Fall ist, ein
Auslauf-Platz ins Freie unmittelbar damit verbunden, so kann der Hengst
nach Belieben Bewegung machen, im Stalle Schutz gegen Witterung fin-
den, im freien gesunde Luft geniessen. Der einmal zum Vaterpferd be-
stimmte Vollbluthengst wird in England dann nicht mehr zu irgend einer
Arbeit verwendet. Die n�thige Bewegung macht er sich selbst in
dem wie oben beschriebenen Stalle und dem unmittelbar damit verbun-
denen Platze, oder man l�sst ihn auch an einer Longe sehr massig tra-
ben, oder wird er mit ziemlich fest ausgebundene Z�gel von einem W�r-
ter umhergef�hrt. Man vermeidet hierbei jede Art von Aufregung und
einige gehn in neuester Zeit sogar soweit, diese Vaterpferde auch gar
nicht mehr putzen zu lassen, indem wie man behauptet, auch dieses
eine Aufregung bewirke, welche der Fruchtbarkeit nachtheilig sein solle.
Bei meiner Anwesenheit in England im September des Jahres 1863
hatte ich Gelegenheit in Rudcliff bei York zehn Vollbluthengste zu sehen,
worunter die ber�hmten Vaterpferde Newminster, Lemmington; ferner
sah ich ohnweit Richmond den ber�hmten Voltigeur des Lord Cetland
und ich habe gefunden, dass alle diese Pferde sehr sauber gewartet
aussahen. Die Reinlichkeit der Stallungen, (�berall loose boxes) und
die Luft in denselben, war musterhaft. �
Wie mit den Besch�lern, ebenso verf�hrt man in �hnlicher Weise
mit den Mutterstuten. Sie m�ssen stets ihr ordentliches.und geh�riges
Futter haben, Reinlichkeit und dabei massige Arbeit und Bewegung ge-
niessen. Namentlich verschone man sie mit bluterhitzenden, bl�henden
oder erschlaffenden Nahrungsmitteln wie Roggen, Wicken, Bohnen u. s. w.
weil solche Futtermittel h�ufig die Geburt erschweren und zuweilen zum
Verfohlen Veranlassung geben.
Man verschone die tr�chtigen Stuten mit Arbeiten die sehr schnel-
len Gang verlangen, oder die Pferde erhitzen, sei dieses nun unter dem
Reiter oder im Wagen.
Bei einem grossen Theil der kleineren Z�chter, �rmerer Bauern etc.
wird es, also in der Landespferdezucht �berhaupt, vielfach sehr schwer,
fast unm�glich scheinen, die hier angegebene Verfahrungsweise zu be-
obachten; dann bleibt es wenigstens Grundsatz, dieselben soviel es die
Verh�ltnisse gestatten zur steten Richtschnur beizubehalten.
Da wo tr�chtige Stuten zur Arbeit in der Landwirtschaft verwen-
det werden, vermeide man es namentlich, solche in steinigen, engen We-
gen neben die Deichsel zu spannen, indem diese den Tnieren oft
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an den Leib schl�gt, wodurch die Leibesfrucht Schaden neh-
men kann.
Je n�her die Geburtszeit heranr�ckt, desto sorgf�ltigerer Beach-
tung bedarf die Stute sowohl bez�glich der F�tterung als der Arbeit;
je gesunder und nahrhafter das Futter desto besser, mit schweren Arbei-
ten muss die Stute verschont werden, und die Arbeit kann eigentlich
nur darin bestehen, dass die Stute dabei eine zweckm�ssige Bewegung
mache. Wo es die �rtlichkeit gestattet, muss man der Stute schon in
dieser Zeit einen abgesonderten, grossen Stand einr�umen, in welchem
sie sich nach Belieben unangebunden bewegen kann, ohne eine enge
Wendung machen zu m�ssen.
Naht die Geb�rszeit heran, so versehe man mehr als sonst diesen
Stand mit einer trockenen, reinlichen Streu; hier wird nun die Geburt
abgewartet. Man gebe daher, ohne das Thier zu st�ren, Tag und
Nacht Achtung um bei der Hand zu sein, wenn Hilfe n�thig ist.
F�ngt die Stute an, unruhig zu werden, indem sie sich bald
niederlegt und wieder aufsteht, in dem Stande hin und her trippelt,
sich wohl auch stellt, als ob sie harnen wollte, so sind dies Zei-
chen, dass sie geb�hren will; sie bringt dann das F�llen ge-
w�hnlich liegend zur Welt, steht aber bald nach der Geburt wieder auf
und leckt es ab. Auch das F�llen richtet sich, wenn es gesund ist,
bald auf, und sucht das Euter der Mutter.
Gew�hnlich wirft das Pferd nur ein Junges, es kommen auch
Zwillingsgeburten vor, die aber selten lange am Leben bleiben. Sind
die Stuten kr�ftig und gesund, hat das F�llen eine nat�rliche Lage
so geht das Geburtsgesch�ft gew�hnlich sehr gut von statten, man braucht
daher nicht �ngstlich zu sein, noch weniger auf Kunstmittel zu sinnen
um die Geburt zu beschleunigen.
Muss sich die Mutter ja zu lange qu�len, so kann man mit
St�rkungsmitteln allenfalls zu Hilfe kommen: diese k�nnen aus etwas
Brod in Wein getaucht bestehen, das man der Stute zum fressen gibt;
auch Oelklystiere beschleunigen die Geburt.
Wird in F�llen, wo das Junge eine verkehrte Lage hat, tier-
�rztliche Hilfe nothwendig, so ist vor allem zu bestimmen, ob es
am r�thlichsten ist, das Leben und die Gesundheit der Stute zu ret-
ten, und zu erhalten, oder ob man auf Bisico der Mutter das viel-
leicht gesunde aber verkehrt liegende F�llen zur Welt bef�rdern will.
Ein g�nstiges Zeichen baldiger Geburt ist es, wenn bald nach
den Wehen die Fruchtwasserblase zum Vorschein k�mmt.
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Sollte die Haut, in welche geh�llt das F�llen zur Welt kommt,
bei der Geburt nicht zerspringen, so muss sie augenblicklich behut-
sam zerrissen werden, weil das F�llen sonst darin ersticken w�rde.
Ebenso bei der Nabelschnur; wenn dieselbe nicht von selbst zerreist,
muss man diese zwei Zoll vom Nabel mit einem Bande unterbinden
und einige Finger breit vom Bande abschneiden. Nicht minder muss man
sogleich nach der Geburt mit einem stumpfen Messer den fleischigen
Ballen von der Sohle des Hufes des F�llens abstossen, weil dieser
sonst das junge Thier im Gehn hindert.
Kurze Zeit nach der Geburt stellen sich abermals Erscheinun-
gen ein, welche denen der Geburt gleichen, dieselben beginnen mit
wehe�hnlichen Dr�ngen, den sogenannten Nachwehen, und haben den
Zweck die noch im Fruchth�lter zur�ckgebliebenen Eih�ute auszuschei-
den. Diesen Vorgang nennt man die Nachgeburt, und betrachtet
ihn erst als die wahre "Vollendung des Geburtsgesch�ftes.
Bei der Stute erfolgt dieselbe gew�hnlich schon l/i oder 72
Stunde nach der Geburt des F�llens; diese Nachgeburt muss sogleich aus
dem Stalle entfernt werden.
Bei der richtigen, nat�rlichen Lage liegt das F�llen im K�r-
per des Fruchth�lters, die Hinterf�sse in eines der H�rner des Frucht-
h�lters gelagert, den R�cken gegen die rechten Bauchwendungen ge-
kr�mmt, Kopf und Hals gegen den Muttermund der Stute gerichtet
und auf den in den Knieen gebeugten und mit den �nterf�ssen gegen
den Muttermund gerichteten F�ssen ruhend.
Dieses ist diejenige Lage, welche das Geburtsgesch�ft ohne St�-
rung vor sich gehn l�sst, sobald das F�llen �berhaupt lebendig oder
lebensf�hig ist. Es gibt aber hiervon vielerlei Abweichungen, die dann
das geboren werden des jungen Thieres sehr erschweren, oft unm�g-
lich machen der Mutter oder dem Jungen das Leben kosten. Zum
Gl�ck ist die Zahl der gl�cklichen Geburten die bei weitem Vor-
herrschende; wer sich hier�ber, so wie die Verfahrungsweise in sol-
chen F�llen n�her belehren will, m�ge sich: Thier�rztliche
Geburtshilfe von W. Baumeister anschaffen.
Sollte die Mutter nach der Geburt sehr entkr�ftet sein, so gebe man
ihr etwas Brot und Wein und gutes altes Heu.
Ueberhaupt muss das Thier mit aller Vorsicht und mit der
Sorgfalt gewartet werden, die ihr Zustand erfordert. Laulichte meh-
liche Getr�nke aus Haferschrot und Wasser mit etwas Salz gemischt,
auch Gerstenmehl und Wasser nebst altem, gutem Heu, m�ssen in
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den ersten drei Tagen nach der Geburt die Nahrung der Stute aus-
machen. Zum K�rnerfutter geht man allm�hlig wieder �ber, und die
Weide darf erst dann benutzt werden, wenn beide, Mutter und F�l-
len, geh�rige Kr�fte erlangt haben, und keine �ble Witterung ist,
die beiden sehr nachtheilig werden kann.
Auch beunruhige man das Thier auf keinerlei Art und benutze
es wo m�glich 3�4 Wochen lang nicht zur Arbeit, sondern lasse
ihm nur die zur Gesundheit n�thige Bewegung angedeihen, was durch
Herumgehen in einem grossen Stalle oder einem freien Platze be
sch�nem Wetter am zweckm�ssigsten erreicht wird.
Verlangt man von den Stuten alle Jahre F�llen, so muss man
sie nach vielseitig bestehender Meinung schon den neun ten Tag nach
der Geburt, wieder zum Hengste bringen, weil man glaubt bemerkt
zu haben, dass sie an diesem Tage besonders sicher empfangen.
Andere legen auf diesen neunten Tag keinen besonderen Werth
auch ist es gewiss f�r die Zucht besser, wenn man nach der Ge-
burt noch einen ganzen Monat wartet, damit die Geb�hrswerkzeuge
sich wieder zusammenziehen k�nnen, und die Mutter wieder ordent-
lich zu Kr�ften komme. Es ist dann gut, die Stute in Gegenwart
des F�llens decken zu lassen, wobei das F�llen so gehalten wird,
dass es die Mutter sehen kann, weil sonst die Mutter unruhig und
dadurch die Neigung f�r den Hengst unterdr�ckt wird.
Bei dieser Verfahrungsweise wird sich der Landwirth gesunde und
kr�ftige Zuchtthiere erhalten, besonders wenn er die Stute in den ersten
Wochen nach der Geburt nicht zu sehr anstrengt, und vor Erhit-
zungen in Acht nimmt.
Ist dies ja einmal der Fall, so lasse man die F�llen nicht
eher saugen, als bis sich die Mutter wieder abgek�hlt hat. Die Stun-
den des Tages, wo die Stuten nicht arbeiten, k�nnen sie mit ihren
F�llen auf der Weide, � wenn solche vorhanden, � zubringen. Gehn
die Stuten zur Arbeit so beh�lt man die F�llen zu Hause und
l�sst sie am zweckm�ssigsten auf einem umz�umten freien Platze oder
auch dem geschlossenen Hofe so viel als m�glich sich in der frischen
Luft bewegen, indem das Mitlaufenlassen bei der Arbeit mancherlei
St�rungen und Unannehmlichkeiten mit sich bringt.
Der Landwirth beobachte stets die Vorsicht, die Arbeitsstunden
der s�ugenden Stuten, namentlich anf�nglich nicht zu lange auszu-
dehnen, indem die Sehnsucht nach einander Mutter und F�llen sehr
angreift. Durch vieles Ansammlen der Milch im Euter Entz�ndung
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entstehen kann, und das F�llen nach langen Fasten zu hastig trinkt.
Die Dauer der Arbeiststunden kann erst dann ohne Schaden gestei-
gert werden, wenn sich das F�llen bereits mehr vom Futter als
von der Mich ern�hrt.
F�llenkr anklie iten.
Die F�llen sind schon w�hrend der Saugzeit mancherlei Krank-
heiten unterworfen, die namentlich dann, wenn sie etwas heftiger auf-
treten, immer die Beihilfe des Thierarztes erforderlich machen.
Tr�ger sagt: »Kaum hat die Freude dem Neugebornen entgegen-
»gel�chelt, so ziehen auch die Sorgen um seine Gesundheit �ber die
»Stirne. Nur wenige Z�chter r�hmen das Gl�ck, den F�llenkrank-
»heiten ihre St�lle verschlossen zu haben; obendrein aber reden noch
»Wenige jener Wenigen die Wahrheit. N�her als das Pferd liegt
»das Kind dem Menschen am Herzen, und doch haben tausend-
j�hrige Studien nicht vermocht, die Kinderkrankheiten weder abzu-
halten noch sie stets gl�cklieb zu bek�mpfen.«
Alle bei F�llen vorkommenden Krankheiten hier anzuf�hren,
w�rde den Zweck dieser Zeilen �berschreiten, erw�hnt sei nur, dass
sie in sehr grossen Gestuften �fter epidemisch auftreten. Am mei-
sten k�mmt der Durchfall vor, wovon wohl wenige F�llen verschont
bleiben; derselbe kann gut oder b�sartig auftreten. Weicher Ab-
gang von gelben Excrementen in fr�herer, von gr�nen in sp�terer
Zeit, kann als unschuldige Erscheinung ziemlich unbeachtet blei-
ben, selbst wenn, wie nicht selten, soweit der Schweif als Stadius
reicht, nackte Affenscheibe sich zeigen sollte.
Der b�se Durchfall, weiss, grau, bleifarben, violett, schwarz-
blutig, den man schon an dem scheusslichen, dem Knocheneiter,
dem hohlen Zahne �hnlichen Ger�che erkennt, muss sobald als m�g-
lich durch thier�rztliche Hilfe heseitigt werden.
In den ersten 24 � 48 Stunden hat man zuweilen mit Schwierig-
keiten der Entleerung des ersten Kothes, F�llenpech zu thun; mecha-
nische H�lfe, etwas Oel oder Fett leisten hier das Beste.
Solange der Charakter der Krankheit gutartig ist, und die Kr�fte
noch in einem g�nstigen Vorrathe vorhanden sind, heilen die Krank-
heiten bei den F�llen meist leicht; sie werden aber bei Charakter�nde-
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rung und bei mangelnden Kr�ften mehr als in jeder andern Lebensperiode
gef�hrlich, und bed�rfen daher der genauesten Ber�cksichtigung in der
Behandlung. Gew�hnlich richtet man mit Arzneimittel nicht viel aus,
wenn nicht das allgemeine Verhalten inBetracht gezo-
gen und namentlich schon in der F�tterung und Ver-
pflegung der Mutterthiere auf die Erzeugung einer
gesund beschaffenen Muttermilch hingearbeitet
wird.
Alle Krankheiten, welche das junge Thier w�hrend der Saugzeit
befallen, haben auf die fortschreitende K�rperentwicklung und Ausbildung
einen nachtheiligen, hemmenden Einfluss.
Die jungen Thiere bed�rfen auch in dieser Richtung, selbst nach
gehobener Krankheit einer sorgf�ltigen Beachtung um die durch Unter-
brechung der Entwicklung des K�rpers entstandene Vers�umniss wieder
nachzuholen, weil K�ckg�nge in der K�rperentwicklung w�hrend der
Saugezeit sp�ter nur sehr unvollst�ndig wieder gehoben werden k�nnen.
Werden die Znchtthiere �berhaupt nach vern�nftigen, die Ge-
sundheit in jederBeziehung erhaltenden, st�rkenden und bef�r-
dernden Prinzipien behandelt, � als gesunde Stallluft, viel massige Be-
wegung in freier Luft, reine, gesunde Nahrung, Vermeiden jeder Art von
Misshandlung der tr�chtigen oder s�ugenden Stute � so wird mit immer
mehr Sicherheit eine gute, brauchbare Nachzucht zu hoffen sein; F�lle
von sehr schweren oder g�nzlichen Missgeburten, sowie die mancherlei
in thier�rztlichen Werken ausf�hrlich behandelten Krankheiten der M�t-
ter und S�uglinge immer seltener werden.
Fernere Belehrungen �ber die Behandlung der
Mutterstuten und die Aufzucht der F�llen.
Nach der Geburt ist die Mutter die beste W�rterin und Pflegerin
f�r das Junge, d. h. ist die Mutter �berhaupt gesund, bat sie gesunde
und hinl�ngliche Milch, wird sie so ern�hrt und gehalten, dass sich
die zur Milchbereitung dienenden S�fte immer in gesunder und reich-
licher Menge ersetzen, wird der Stall reinlich und gesund erhalten, so
wird auch wohl das F�llen gut gedeihn und kr�ftig heranwachsen.
Wie lange das F�llen saugen soll, l�sst sich nicht genau bestimmen,
es h�ngt dieses von mancherlei Umst�nden und Gewohnheiten, der
Gegend, dem schw�chlichen oder kr�ftigen Zustande der F�llen u. s. w.
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ab. Die k�rzeste Saugzeit pflegt in 6 Wochen, die l�ngste in 3 � 3 l/a
Monaten zu bestehn.
Manche junge Stuten, die zum erstenmale ein F�llen haben, leiden
anf�nglich das Saugen nicht gerne; manche F�llen sind auch unge-
schickt im Finden des Euters. In beiden F�llen muss menschliche
Zuhilfe eintreten. In den allermeisten F�llen leitet jedoch die Natur
sowohl das alte, als das junge Thier auf den rechten Weg.
Die Muttermilch, als die erste und einzige Nahrung des F�llens
ist ein sehr wichtiger Gegenstand.
Hat die Mutter zu wenig Milch oder ist dieselbe zu d�nn, zu
w�sserig so bleiben die F�llen d�rftig und klein bis sie es �ber sich
gewonnen haben, das Fehlende an der Krippe zu suchen und zu er-
g�nzen, und es muss in diesem Falle der Milcherzeugung durch ent-
sprechend anregende Nahrung nachgeholfen werden.
Bei zu reichlicher, zu fetter Milch, werden die F�llen �ber-
n�hrt, verfallen in Durchfall und L�hme und erliegen fr�her oder
sp�ter Entz�ndungs- oder skrophul�sen Krankheiten, wenn der Grund
des Uebels nicht zeitig genug erkannt und gehoben wird.
Solchen Stuten, die zu milchergiebig sind, m�ssen alle sehr n�h-
renden Futterstoffe entzogen und sie durch einige Zeit meist auf Stroh-
nahrung gesetzt werden.
Manche Stute hat auch gar keine oder nur sehr unzureichende
Milch f�r ihr Junges. In Gest�tten kann dann wohl eine sehr milch-
reiche Mutter zwei F�llen s�ugen lassen; es bedarf aber oft vieler
M�he, dass die Stutte dieses fremde F�llen an sich duldet. Der Land-
mann wird dann meistens zur Ern�hrung mit Kuhmilch schreiten m�s-
sen. Es hat F�lle gegeben, dass ein F�llen dann selbst am Euter einer
Kuh seine Nahrung suchte.
Zum kr�ftigen Gedeihn und Wachsthum des F�llens ist es sehr
zweckm�ssig, ja nothwendig die jungen Thiere sobald als m�glich an
den Genuss des Hafers zu gew�hnen. Sie lernen spielend ihn fressen,
besonders, wenn man ihnen denselben w�hrend der Abwesenheit
der Mutter gibt; mit dem Zerkauen hat es dann auch keinen
Anstand mehr, indem die Z�hne, namentlich die schon bei der Geburt
hervorgebrochenen Spitzen der Backenz�hne hinl�nglich hervorgewach-
sen und erstarkt sind. Sobald die jungen Thiere anfangen den Hafer
zu fressen, muss man ihnen denselben nicht gleich im �eberfluss ge-
ben, weil sie das zu vollbl�tig machen w�rde; dagegen massig gegeben,
�bt er die Verdauungskr�fte und hindert den Durchfall, wozu die jun-
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gen Thiere ohnehin sehr geneigt sind. Auf diese Weise lassen sich
die F�llen sp�ter um so leichter entw�hnen, welches in der Land-
wirtschaft nach 8 � 9 w�chentlichen Alter erfolgen kann. In dieser
Absicht bringt man das F�llen in einen wo m�glich ger�umigen, rein-
lichen und lichten, so weit abgesonderten Stall, dass Mutter und F�llen
wenn sie nach einander wiehern sich nicht h�ren k�nnen. Hier bleiben
die F�llen, wenn �berhaupt mehrere vorhanden sind, unangebunden
frei herumgehend, bis sie ihre Mutter vergessen haben, was in den
meisten F�llen nach einigen Tagen geschehn sein wird; das beste
Futter ist dann reiner Hafer und gutes staubfreies Heu. Sind mehre
F�llen in einem Stalle beisammen, so werden die st�rkeren alsbald die
schw�cheren beim Fressen verdr�ngen, man thut desshalb gut, sie
w�hrend des Fressens anzubinden, sie gew�hnen es nebstdem bei die-
ser Gelegenheit zugleich sich eine Halfter anziehn zu lassen, und sich
in den Willen des Menschen zu f�gen, was dann sp�ter bei allen
Gelegenheiten so vorteilhaft ist.
Das g�nzliche Trennen von Mutter und F�llen muss nicht pl�tz-
lich geschehn und wird auch da, wo die Mutterstuten zugleich als
Arbeitspferde ben�tzt werden, dadurch allm�hlig eingeleitet, wenn die
M�tter anfangs k�rzere nachher immer l�ngere Zeit bei der Arbeit ver-
bleiben m�ssen, w�hrend die F�llen zu Hause gehalten werden.
Das Entw�hnen der Jungen von den Mutter thieren hat f�r beide
�fters manichfache Nachtheile im Gefolge, welche sich unter ung�nstigen
Umst�nden sogar zu wirklichen Krankheiten auszubilden verm�gen. Bei
den Jungen entsteht durch Abh�rmen in Sehnsucht nach dem Mutter-
thiere nicht selten ein nerv�ser Zustand, der sich in Zuckungen und
Kr�mpfen �ussert, sich wohl auf das fernere Leben forterstreckt, und
den Keim zu vielen Jugendkrankheiten entwickelt.
Durch die verschiedenartigkeit des nach dem Entw�hnen dem Jun-
gen gegebenen Futters gegen�ber dem fr�heren erzeugen sich Ver-
dauungsbeschwerden, die f�r die gesammte Ern�hrung, wie f�r die
weitere Entwicklung und Ausbildung von gleich nachtheiligen Folgen sind.
Darum ist es nothwendig die F�llen schon w�hrend der Saugzeit nach
und nach auch an andere Nahrungsstoffe als die Muttermilch zu gew�h-
nen. Je nach der Beschaffenheit der dargereichten Nahrungsmittel ent-
stehn gerne Verstopfungen, Bl�hsuchten, Koliken, uud namentlich durch
zu hastiges Saufen harten, kalten Wassers h�chst nachtheilige Durchf�lle
und dergleichen.
Bei den Mutterthieren entstehn zur Zeit des Entw�hnens in den
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Eutern Verstopfungen, indem die Mutterthiere noch viele Milch erzeugen
und diese selbst bei dem Ausmelken zur�ckhalten; diese Verstopfungen
erzeugen durch Verdicken und selbst eine Art Gerinnen der Milch in
den Milchg�ngen Entz�ndungen und verschiedenartige �bel.
Da sich w�hrend der S�ugezeit die Bildungsth�tigkeit in der be-
sonderen Richtung der Milcherzeugung angeregt zeigt, und eine gr�ssere
Menge von thierischen Stoffen hierf�r verwendet, was nat�rlich bei
dem Entw�hnen des Jungen schnell unterbrochen wird, so entstehen
bei den Mutterthieren hierdurch nicht selten Stockungen der S�fte,
Andrang derselben nach verschiedenen K�rpertheilen und sogar lebens-
gef�hrliche Krankheiten. Durch zu rasches Entw�hnen der Jungen ent-
stehen bei Mutterthieren auch heftige Gem�thsbewegungen, die sich
zuweilen mit verschiedenen, bedenklichen, nerv�sen Krankheiten ver-
binden.
Alle derartige krankhafte Erscheinungen treten bei arbeitenden
und an Arbeit gew�hnten Pferden immer in weit geringer heftigem
Grade hervor, als bei m�ssig lebenden zu vollsaftig ern�hrten Stuten.
Auch k�mmt hierbei die Natur meistens selbst sehr zweckm�ssig zu
Hilfe, indem sich die Bildungsf�higkeit in der besondern Richtung der
Milcherzeugung von selbst verliert, wenn das Junge soweit herange-
wachsen ist, dass es die Muttermilch nicht mehr bedarf, und sich von
andern Futterstoffen ern�hren kann und ern�hren muss.
Hat man mehrere F�llen, die zur selben Zeit entw�hnt werden
k�nnen, so werden sie sich in Gesellschaft leichter �ber den Verlust
der Mutter tr�sten, als ein einzelnes, welches h�ufig wegen Mangel
an einem sonstigen passenden R�ume mit der Mutter in einem Stalle
bleiben muss. Im nat�rlichen Zustande lebt das Pferd heerden- oder
rudelweise, und auch im gez�hmten beh�lt es diese Neigung bei, in
so fern es gern mit seinesgleichen geht, und offenbar besser gedeiht,
wenn es zu mehreren gehalten wird, als wenn allein.
In der Koppel halten sie sich gerne zusammen, schliessen Freund-
schaft miteinander, necken einander und laufen, wenn sie auf der Strasse
oder einer angrenzenden Koppel ein fremdes Pferd sehen an die Hecke
um es durch wiederholtes Wiehern zu gr�ssen.
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Verfahren in der Aufzucht von der Zeit der Ent-
w�hnung an.
Die fernere Aufzucht und Behandlung des jungen Thieres richtet
sich nun so sehr nach der Wohlhabenheit und Sachverst�ndigkeit des
Z�chters, nach den Lokalverh�ltnissen, nach alten landes�blichen Ge-
br�uchen u. dgl. dass sich hier�ber nur Allgemeines sagen l�sst. In-
dess gibt es doch durch die Beobachtungen und Erfahrungen einsichts-
voller Z�chter festgestellte Grunds�tze, die jeder Z�chter wenigstens
wissen sollte, um sie seinen Verh�ltnissen m�glichst anpassen zu
k�nnen.
Es ist n�mlich bekannt, dass das junge Pferd in seinem ersten
Jahre bei weitem am meisten w�chst; das weibliche Pferd pflegt mit
dem vollendeten 4., das m�nnliche mit dem vollendeten 6. Jahre seinen
eigentlichen Wachsthum beendigt zu haben.
Es springt daher in die Augen, dass der Drang der Natur in die-
sem ersten Jahre durch gute, kr�ftige Nahrung sehr unterst�tzt, im
Gegentheile aber sehr beeintr�chtigt wird; Vernachl�ssigung in dieser
Beziehung l�sst sich sp�ter nie mehr ganz nachholen. Das kr�ftige Ge-
deihen der jungen Nachzucht wird also, wenn die Eltern auch noch so
gut zur Paarung gew�hlt waren, von der in dem ersten Jahre gege-
benen Nahrung sehr abh�ngen. Es gab eine Zeit, wo man glaubte durch
Hungern lassen, jeder Einwirkung kalter, nasser Witterung u. dgl. die
F�llen abh�rten zu m�ssen, um sie zu guten, ausdauernden Pferden zu
erziehen.
Nachher hat man den entgegengesetzten Weg eingeschlagen, und
jetzt haben alle rationellen Z�chter die Ueberzeugung, dass kr�ftige,
ausreichende Ern�hrung durch trockne, intensiv wirkende Nahrungsstoffe
f�r das Wachsthum und Gedeihen der F�llen Haupterfordernisse sind.
Nebstdem muss f�r einen lichten, luftigen Aufenthaltsraum, der zugleich
die hinl�ngliche Bewegung gestattet, gesorgt sein. Jeder Z�chter wird
daher wohlthun, seinen F�llen auch da, wo sie den Sommer �ber immer
auf der Weide gehn, t�glich etwas Hafer zu gehen; und auch da wo
die Lokalit�tsverh�ltnisse keine Weiden bieten, und die F�llen meistens
mit gr�nen Klee oder Gras im Stalle ern�hrt werden, ist es ebenfalls
durchaus erforderlich. Bei diesem Gr�nfutter im Stalle hat der Land-
wirth sehr darauf zu sehn, dass dieses Gr�nfutter vielleicht aus Faulheit
oder Unwissenheit des Knechtes nicht zu lange auf einen Haufen liege,
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wodurch es sich erhitzt, an Frische verliert und in sch�dliche G�hrung
ger�th. In England und �berall auf dem Continent wo die Zucht edler
Pferde rationell betrieben wird, ist man von der vortheilhaften Ein-
wirkung des trockenen und hinl�nglichen Hartfutters f�r die F�llen
l�ngst �berzeugt. Man verdankt demselben haupts�chlich das gr�sser
und st�rker werden der nach Europa verpflanzten, arabischen Zucht.
Der �rmere pferdehaltende und auch z�chtende Landwirth mag
wohl oft genug nicht in der Lage sein, sein F�llen mit Hafer zu f�ttern;
aber der auf Erfahrung beruhende Grundsatz bleibt doch derselbe und
solche �rmere Z�chter thun wohl besser, das F�llen bald nach dem
Entw�hnen zu verkaufen, als sich ein durch Mangel an Nahrung ver-
k�mmertes Thier aufzuziehn.
In niedrigen, fetten Gegenden sieht man auf den Weiden beinahe
mastig gen�hrte F�llen jeden Alters gehn. Aber wie wenig reelle,
intensive Kraft praktische M�nner dieser Art von Ern�hrung zutrauen,
beweisst der Umstand, dass nach den Vorschriften der k. hannoveri-
schen Cavallerie die mit 3'/2 Jahren angekauften Remonten ein ganzes
Jahr hindurch mit Hafer gef�ttert, nur an der Hand oder unter einem
leichten Reiter spazieren gehend, verleben m�ssen, bevor sie in die
Dressur genommen werden d�rfen.
Diese Vorschrift bezieht sich auch auf diejenigen Remonten, welche
beim Ankauf bereits 47s Jahre alt waren ; denn, sagt man dort, das
junge Pferd muss um zu einer Arbeit t�chtig zu sein, jedenfalls Korn-
kraft haben.
Die m�glichst wohlfeile und doch dem Gedeihn des F�llens am
meisten zutr�gliche Ern�hrung ist gewiss ein sehr in das Auge zu fas-
sender Gegenstand bei gr�sserer Verbreitung veredelter Pferdezucht.
In ebenen, mit fruchtbarem Boden versehenen Gegenden, die nicht �ber-
v�lkert sind, gibt es gew�hnlich grosse Weidepl�tze, welche sowohl zur
Wohlfeilen Ern�hrung als Bewegung der F�llen Gelegenheit bieten. An-
ders ist es in sehr bev�lkerten Gegenden. Dort wird jedes St�ckchen
Boden zum Hervorbringen der notwendigen Lebensbed�rfnisse der
Menschen ben�tzt; dort betreibt man mehr die Zucht derjenigen Thiere ,
welche dem Menschen durch Fleisch, Haut, Wolle, Fett u. dgl. mehr
Nutzen verschaffen. Aber auch solche Gegenden bed�rfen der Pferde
zu mancherlei Arbeiten, welche das Beisammenleben der Menschen er-
heischt. Und wenn da, wo die Staatsregierung die Leitung der Pferde-
2ucht mittelst Vertheilung der Landbesch�ler haupts�chlich in H�nden
bat, man auch nicht gerade bem�ht zu sein braucht, den Haupttheil
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der Pferdezucht in solche Gegenden zu verlegen, so mnss man doch auf
Mittel denken, sie denjenigen, welche sie betreiben wollen, zu erleich-
tern. Ich halte es daher f�r rathsam in solchen Gegenden Pl�tze, F�llen-
weiden einzurichten, wo jeder Z�chter, dem es zu Hause an Weide-
pl�tzen mangelt, sein junges Thier f�r die Sommermonate gegen eine
billige Entsch�digung unterbringen kann.
Die Hauptbedingungen bei einer solchen Einrichtung sind:
1.   Eine gesunde, nicht zu rauhe, auch nicht sumpfig gelegene
Gegend.
2.  Geh�rige Ertragsf�higkeit des Bodens, die jedoch durch Anbau
von allerhand Gr�ser und Kleearten, Bew�sserung und Entw�sserung
u. s. w. sehr gehoben werden kann. Nach der Ertragsf�higkeit des Bo-
dens ist die Anzahl der aufzunehmenden F�llen zu berechnen und zu
bestimmen.
3.   Schattige Pl�tze, entweder durch Anpflanzung von B�umen,
(jedoch kein Nadelholz,) oder Errichtung von Bretterschupfen. Diese
dienen dann dazu, um den Pferden gegen starke Sonnenhitze, hefti-
gen Regen, kalte N�chte Schutz zu gew�hren.
In den Schupfen sind Krippen anzubringen, wo die F�llen ihr Hart-
futter t�glich bekommen.
4.  Ein Stall f�r erkrankende F�llen.
8. Verschiedene abgesonderte Abtheilungen um die Gesammtzahl
der Weidenden sowohl nach Jahren, dem Alter, als auch dem Geschlecht
absondern zu k�nnen.
6. Das hinl�ngliche Aufsichtspersonale, dem ein Thierarzt nicht
fehlen darf, und welcher mit der Oberaufsicht des Ganzen wahr-
scheinlich am besten betraut werden d�rfte.
Solche Weidepl�tze k�nnen bei rationellen Vorgehen dabei auch
auf das Fromm- und Th�tigmachen der F�llen den besten Einfiuss
nehmen wenn die Hirten und W�rter angehalten werden, stets sanft
und gut mit den Thieren umzugehn, wenn z. B. auf ein gegebenes
Zeichen durch eine Trompete, Trommel, einen Schuss u. dgl. alle
F�llen sich an einer Futterschupfe versammeln und auf dem Wege
dahin einen massigen Hoch- oder Weitsprung ausf�hren m�ssen, wie
ich dieses im Sennergest�tte zu Lopshorn beobachtete.
In den meisten Gest�tsanstalten ist in jetziger Zeit in dieser Be-
ziehung ein sehr lobenswerther Fortschritt gegen fr�her eingetreten.
Im Verlaufe dieser Schrift wurde, wie sich der Leser erinnern
wird, schon weiter oben erw�hnt, welchen Einfiuss der vielfache, ge-
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m�thliche Umgang des Menschen mit den Thieren auf das letztere
nimmt und ich f�ge hier nur noch einiges hinzu.
Wie sehr der h�ufige, freundliche Umgang des Menschen mit den
Thieren auf das Geistige des Thieres bes�nftigend und belehrend
wirkt, beweisen unter andern die zahmen Hirsche -und Rehe in den
Thierg�rten, die sich ruhig betasten lassen und auf ein Hornsignal
zur Futterkrippe eilen.
Verlieren doch ganz in der Freiheit lebende V�gel, sogar Fische
denen �fters an demselben Orte von Menschenhand Futter ausgestreut
wird, vieles von ihrem Scheusein. Die Treue, Anh�nglichkeit und der
scharfe Verstand des Hundes ist diesem zwar angeboren, aber sicher
durch den vielen Umgang mit dem Menschen erh�ht. Alles dieses
weist darauf hin, sich mit dem Pferde von dem man so viele schwere
Dienste verlangt, schon von fr�hester Jugend an, viel, liebevoll
und freundlich zu besch�ftigen.
Die bis zu einem gewissen Grad gelingende Bez�hmung ganz
wilder Raubthiere beruht mehr auf einem Imponiren durch den Blick und
�herhaupt der Ueberlegenheit des menschlichen Geistes �ber den thierischen.
N�chst der Ern�hrung sind Licht, Luft und Bewegung
unumg�nglich n�thig zum Gedeihen und Gesundbleiben lebender Wesen.
In dieser Beziehung gehn viele Z�chter sehr gedankenlos mit ihren
F�llen um.
Wo die F�llen im Sommer auf der Weide gehn, ergibt sich die
Gelegenheit zur Bewegung von selbst; aber wo durch Lokalverh�ltnisse
nur Stallf�tterung eintritt, oder im Winter werden die armen F�llen
meist so vernachl�ssigt, dass nur durch allzuvieles Stehn, h�ufig auf
ungleichem Boden, die noch jugendlichen, zarten Sehnen, Gelenkb�nder,
Hufe, u. s. w. schiefe Richtungen bekommen, die Augen und Lungen aus
lauter Mangel an Licht und Luft Schaden leiden u. s. w. Wie oft sah ich
in den D�rfern in B�hmen am Samstag gegen Abend F�llen an einer
Halfter von einem Knechte einigemale im Dorfe auf und abf�hren, und
erfuhr dann auch zuweilen, dass dieses 'nicht jeden Sams-
tag, sondern auch wohl nur alle vierzehn Tage stattf�nde. Na-
t�rlich ist dann ein solches, junges Thier, h�ufig ganz gut gen�hrt, zu
allerhand Spr�ngen und Unarten aufgelegt. Der Knecht oder Eigenth�mer
des F�llens f�rchtet dann, dass es sich Schaden thun k�nnte, und
bringt es sehr bald wieder in den Stall; der Knecht nat�rlich sehr
froh, dieser Arbeit sobald �berhoben zu sein. Wie leicht tritt es dabei
nun auch ein, dass sich das stall�berm�thige Thier, gegen die �usseren
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Einwirkungen der Luft um so empfindlicher je weniger es heraus kommt,
durch Springen, Trappeln u. dgl. erhitzt, wodurch dann der Keim zu
allerhand Dr�sen- und Lungenleiden gelegt wird. Gewiss fehlt es vielen
Bauern an Kenntniss, wie n�tzlich t�gliche, massige Bewegung und
frische Luft dem Thiere ist, vielen aber auch an Fleiss, und gewiss
auch h�ufig an Zeit und Menschenh�nden, um den F�llen hinreichende
Bewegung zu geben. Es w�re desshalb sehr zweckm�ssig und w�rde
sich gewiss auch in den meisten D�rfern, wo die Pferdezucht in einiger
Ausdehnung betrieben wird, ausf�hren lassen, wenn Tummelpl�tze f�r
die F�llen eingerichtet w�rden. Es liesse sich hierzu gewiss in den
meisten Oertern irgend ein passender Platz auffinden, der eigentlich
bisher zu Nichts benutzt wurde; solche mit einer h�lzernen Einfassung
versehene Pl�tze w�rden sich als sehr n�tzlich erweisen und auch ge-
wiss entstehn, sobald sich nur eine leitende Hand findet, um die nicht
aufgekl�rten Z�chter geh�rig zu belehren und die Sache ins Werk zu setzen.
Ein solcher Platz braucht nicht aus Weidegrund zu bestehen,
sondern er dient nur dazu, damit sich die F�llen wenigstens einige
Stunden des Tages in der Luft befinden und sich nach Gefallen be-
wegen k�nnen, wodurch der Sch�dlichkeit des allzuvielen Aufenthaltes
in dunstigen, engen Stallungen schon sehr entgegen gearbeitet w�rde.
Wo solche Tummelpl�tze nicht angelegt werden k�nnen, oder man
sich nicht dazu entschliessen mag, ist schon viel geholfen, wenn man
die F�llen t�glich auf dem Hofe herumgehen l�sst.
Nur die ersten paar Tage pflegen sie dann aus Stallmuth mehr
als n�thig hin und herzulaufen, nachher gew�hnen sie sich alsbald
daran, lernen alle Gegenst�nde kennen, vermeiden von selbst die Ge-
fahr sich an einen dastehenden Wagen, Ackerpflug u. dgl. anzustossen,
werden dadurch vertraut und geniessen dabei den grossen Vortheil der
Bewegung in freier Luft ohne Menschenh�nde mehr dazu in Anspruch
zu nehmen, als zum Aus- und Einlassen n�thig sind.
Der ungarische Bauer l�sst selbst sein Saugf�llen, auch wenn er
schneller f�hrt, mitlaufen, wobei das F�llen wohl manchesmal sehr er-
m�det wird und erhitzte Milch zu sich nehmen muss, welches auch
wieder manche Nachtheile mit sich f�hrt.
Es gibt gewiss unter den m�nnlichen und weiblichen Zuchtthieren
viele mit Fehlern an den Beinen, Hufen, Augen und Lungen, aber
durch eine Behandlungsweise wie oben beschrieben, m�ssen bei den
jungen Thieren immer mehr Fehler entstehn, und die vielleicht ange-
borene Anlage dazu mehr ausgebildet werden.
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Die fr�her angef�hrten F�llenweiden und die Tummelpl�tze in
den D�rfern w�rden in dieser Beziehung viel Nutzen schaffen.
Manches ist schon gewonnen, wo die Z�chter einen m�glichst
grossen F�llenstall haben, in welchem die jungen Thiere unangebunden
umhergehen k�nnen, und m�glichst wenig vom Stalldunst zu lei-
den haben.
Nach den hannoverischen Bestimmungen muss jeder Z�chter,
welcher auf eine Pr�mie Anspruch macht, nachweisen, dass er einen
freien Platz habe, wo die F�llen Sommer und Winter Bewegung
machen k�nnen.
Belehrung durch Worte wird bei dem grossen Theil der b�uer-
lichen Z�chter weniger n�tzen als Beispiel und Th�tliches an die
Hand gehen.
Die wohlhabenderen, sachverst�ndigen Pferdebesitzer �berhaupt
und Z�chter insbesondere, dann jedenfalls alle Mitglieder landwirtschaft-
licher Vereine k�nnten hier ein weites Feld ihrer Th�tigkeit finden und
sollten sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen jedem einzelnen
Pferdez�chter und Pferdebesitzer mit thats�chliehem Beispiel voranzu-
leuchten, um so nicht nur dem Einzelnen sondern auch dem Staate, der
Armee, d. h. dem grossen Ganzen zu n�tzen.
Hat nun das F�llen sein 2. Jahr vollendet, so wird dieses Thier,
welches bisher seine meiste Lebenszeit in einem dunstigen Stalle zu-
brachte, keine oder nur sehr wenig Gelegenheit hatte, seine Glieder
und Lunge zu �ben und zu st�rken, h�ufig schon zu allen landwirth-
schaftlichen Arbeiten verwendet.
Mancher verlangt dann gleich, dass es ebenso arbeiten solle, als
ein ausgewachsenes Pferd, denn, sagt der gew�hnliche Bauer, es m�sse
nun sein Futter selbst verdienen, er k�nne es nicht l�nger mehr um-
sonst f�ttern. Ist das Thier fromm und gutwillig, so tr�gt dieses
h�ufig noch bei, es den ganzen Tag arbeiten zu lassen. Findet dabei nun
eine d�rftige Ern�hrung Statt, wird das junge Thier zu allen auch
den schwierigeren Arbeiten schonungslos verwendet, so muss dieses in
sehr vielen F�llen den Ruin des Thieres herbeif�hren. Hat das Thier
Blut, Temperament so wird es wohl h�ufig von unverst�ndigen Menschen
zu Fleiss recht abgemattet, um dadurch das f�r den Augenblick l�-
stige dieses Jugendfeuers neben einem alten Ackergaule zu beseitigen.
Manche warten wohl bis das F�llen das dritte Jahr vollendet hat, be-
vor es zur Arbeit verwendet wird.
Massige und zweckm�ssige Uebung der jugendlichen
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Kr�fte kann gewiss zur Ausbildung, zur St�hlung der Kr�fte nur
beitragen, besonders wenn die Ern�hrung und Behandlungs-
weise �berhaupt damit im Einkl�nge steht.
Das Pfl�gen im leichten Ackerland, die Erntefuhren auf guten
Wegen bieten hierzu die beste Gelegenheit. Man lasse die jungen
Pferde da, wo es die Beschaffenheit der Wege und des Bodens �ber-
haupt gestatten, so lange wie m�glich unbeschlagen und richte ihnen
nur zuweilen durch vorsichtiges Beschneiden die Hufe wieder zurechte
und gew�hne sie dabei durch ruhige Behandlung und �ftere Uebung
sich die F�sse willig aufheben zu lassen. Wer Gelegenheit hat, die
jungen Pferde als an den Sattel und Reiter gew�hnt, dem K�ufer vor-
zustellen, darf dann mit Recht einen h�heren Preis fordern.
Jeder Z�chter, dem daran liegt, seine 2j�hrigen Pferde besser
als um den gew�hnlichen Remontenpreis zu verwerthen, wird sich aus
eigenem Interesse wohl bem�hen, seine jungen Thiere gesund, kr�ftig
und gut aussehend zu erhalten; aber die Mehrzahl der Z�chter, die
geringeren Landwirthe bed�rfen gewiss in dieser Beziehung vieler Be-
lehrung und Leitung.
Diese beiden Punkte, n�mlich: Die wohlfeile und doch hinl�ng-
lich kr�ftige Ern�hrung, dann die Art der Behandlung,
der Bewegung, dem Anhalten zur Arbeit bis zum vollendeten 4.
Jahre m�ssen �berall die h�chste Aufmerksamkeit der zur Leitung der
Pferdezucht aufgestellten Beh�rden in Anspruch nehmen, weil durch
richtiges, zweckm�ssiges Vorgehen in dieser Beziehung das Aufbl�hen
der Nachzucht so ungemein bef�rdert, im Gegentheile Kosten zur An-
schaffung der Zuchtthiere, Auswahl bei der Paarung u. dglm. theilweise
wieder g�nzlich zu Nichte gemacht wird.
Da wo die Landespferdezucht meistens durch Organe der Regie-
rung geleitet wird, ist es Pflicht aller zu diesem Zwecke Angestellten
den Z�chter aufzukl�ren, zu leiten und gewissermassen zu �berwachen.
Man ist vielfach geneigt, den pferdez�chtenden Landmann der grossen
Mehrzahl nach als dumm, ungeschickt, indolent, seinen eigenen Vortheil
zu wenig wahrnehmend zu schildern und es auch wohl der Regierung
zur Last zu legen, dass sie hier nicht mehr und einflussreicher einwirke.
Um den Leser in den Stand zu setzen, sich hier�ber einen mehr unpar-
teiischen Standpunkt anzueignen, finde ich es hier am Platze einige
Worte aus Martins Naturgeschichte des Pferdes anzuf�hren,
woraus man ersehn wird, dass �ber diesen Gegenstand, n�mlich die Art
der Behandlung und Verwendung zur Arbeit der Pferde im unreifen
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Jugendalter, auch im praktischen England nicht alles Gold ist was
gl�nzt.
»In gegenw�rtiger Zeit (das citirte Werk erschien deutsch 1847)
»kann sich England nicht eines so gl�nzenden Bestandes ausgezeichneter
»Rennpferde r�hmen, denn wir h�ren nicht oft von Beispielen so ausser-
»ordentlicher Schnelligkeit als die Pferde entwickelten, von denen wir
»so eben gesprochen haben, und wir schreiben diesen Umstand der b�sen
»Praktik zu, dass man schon in fr�her Jugend dieKr�fte
»der Thiere zu sehr angreift, um sie mit dem dritten
»JahreaufdieRennbahn zubringen. Man muss bedenken, dass,
»wenn dieses geschehen soll, die Pferde schon vom 2. Jahre an, das
«anstrengende Gesch�ft des Zureitens und Trainirens durchmachen m�s-
»seii, desshalb wird, ehe das edle Thier seine Kr�fte und Glieder recht
»ausbilden konnte, seine Leistung an Schnelligkeit auf das �usserste in
»Anspruch genommen ; es wird zum Rennen gezwungen, in jedem Gliede
»angestrengt und ersch�pft ehe es ausgewachsen und reif ist. Daher wird
»in fr�her Jugend seine Constitution durch fr�hzeitige und �berm�ssige
»Anstrengung ruinirt, und wenn dieses Verfahren nicht abgeschafft wird,
»so ist ohne Zweifel die Degeneration der Pferdezucht die Folge. Was kann
»auch anderes erwartet werden von Elternthieren, die von der Reife
»in ihrer ganzen Constitution durch solche Anstrengungen gebrochen
»sind, als eine entartete Nachzucht.«
Soweit Martin.
Diese eben citirten Worte beziehn sich namentlich auf die Behand-
lung des jungen Vollblutes, also des edelsten und werthvollsten was es
gibt. Man wird entgegnen, dass das im Training befindliche junge Thier
ganz entsprechend gef�ttert und gepflegt, �berhaupt rationell behandelt
wird. Dieses auch zugegeben, wird man doch eingestehen m�ssen, dass
viele junge Pferde den Training nicht gl�cklich �berstehn und entweder
an den Beinen Schaden nehmen, oder ihr ganzes System, namentlich
das der Verdauung k�mmt in einen so �berreizten Zustand, dass das
Pferd f�r sein Leben damit zu thun hat. Der f�r die Rennbahn Z�chtende
will gern bald wissen, ob sein junges Vollblut leistungs-
f�higsein wird,und in diesemFalle sobald als m�glich
einengutenPreisgewinnen.
Der Bauer sagt, wenn das F�llen zwei Jahre alt ist, so muss es sein
Futter verdienen ; worin liegt da der Unterschied ? ein jeder will alsbald
von seinem jungen Thiere Gewinn ziehn. Ist es wahr, dass nicht alle in
den Training kommenden Vollblutpferde denselben gl�cklich �berstehn,
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so ist es eben so unbestritten, dass nicht alle in der Landwirtschaft
zur Arbeit verwendeten F�llen zu Grunde gehen, denn die allermeisten
Cavalleriedienstpferde und sehr viele der nachher in den Carossen der
St�dter gehenden Luxuswagenpferde haben vorher iD der Landwirthschaft
mehr oder weniger schweren Zugdienst geleistet. Es k�mmt eben
gar soviel auf die B ehandlungsweise des jungen Thie-
res an; wird das junge Vollblut �bertrainirt so leidet
es Schaden, wird das junge Thier beim Landwirth mit
Arbeit �berladen ohne entsprechend ern�hrt zu wer-
den, so leidet es Schaden; sind beide von Natur
gut und werden sie gut behandelt, so bleiben sie
gut.
Man hat schon mancherlei Vorschl�ge gemacht, um dieses zu
fr�he Arbeitenlassen der jungen Pferde hintanzuhalten, aber alle Be-
lehrungen und Erinnerungen es zu verhindern sind so ziemlich frucht-
los geblieben.
Es muss dieses wohl in Verh�ltnissen liegen, die sich nicht so
leicht beseitigen lassen und weil dieses einmal so ist, s o m � s s e n
die Sachverst�ndigen ihr Einwirken dahin lenken,
dass die Verfahrungs we ise beim Arbeitenlassen der
jungen Pferde �berall eine vern�nftigere, zweckm�ssi-
gere werde.
Es scheint beinahe als ob in neuester Zeit die Klagen �ber zu
fr�he Anstrengung dem jungen, noch nicht erwachsenen Pferde wieder
vielfach laut werden und auch begr�ndet sind.
So wird aus Irland berichtet, dass die Agrikultur-Gesellschaft bei
der K�nigin Victoria ein Bittgesuch eingereicht habe, um die Abschaf-
fung der allzukurzen Rennen (1 oder gar V2 engl. Meile) zu erwirken,
indem durch diese Rennen, bei denen nur 2j�hrige Thiere laufen
einem jeden Schw�chling Gelegenheit gegeben wird, schon in fr�hster
Jugend einen Preis zu gewinnen. Man hofft desshalb durch Verbieten
solcher Renner auch die Aufzucht solcher Schw�chlinge hintanzuhalten.
Auch aus Deutschland erhebt sich eine solche Stimme; im Sport,
Oesterreic'hische Bl�tter �ber Pferde und Jagd ist in
Nr. 10 folgendes zu lesen.
Dem M�nchner Thierschutzverein schreibt ein bekannter
Thierarzt folgendes:
Die Pferderennen auf dem Lande werden immer h�ufiger, weil
speculative Wirthe, besonders ein grosser Theil der neu etablirten die
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Volksbelustigungen zu ihrem Vortheile ausbeuten, w�hrend den Pferde-
besitzern nur Schaden daraus erw�chst. Die Rennen sind zweier-
lei Art.
1.   Heiler-Rennen; hier d�rfen nur frisch kastrirte junge
Pferde, (Wallachen) ungef�hr 4 � 6 Wochen nach der Operation sich
betheiligen; dann
2.   gew�hnliche, bei welchen alle Pferde ohne Unterschied
des Alters, Geschlechtes, der Race laufen d�rfen. Wenn auch im allge-
meinen nichts gegen die Rennen eingewendet werden kann, so f�llt doch
ein Umstand so schwer in die Wagschale, dass dessen Beseitigung anzu-
streben Pflicht jedes vern�nftigen Mannes um so mehr ist, als das Uebel
sehr vorw�rts schreitet Dieser Umstand ist, dass viele Pferdebesitzer von
falschem Ehrzeig oder Unverstand getrieben, viel zu junge Pferde
mitrennen lassen. Ich habe Pferde schon von 2�3 Jahre mitrennen
sehen, und gerade das ist von unberechenbaren Nachtheil. Ich habe
mich aber auch �berzeugt, dass die Besitzer, (darauf aufmerksam ge-
macht,) den daraus entspringenden Nachtheil recht gut zu w�rdigen
wussten, aber als Entschuldigung anf�hrten, »sie k�nnen und d�rf-
ten nicht zur�ckbleiben. Diese jungen Thiere sind in der Re-
gel vielversprechende sogenannte racige Pferde, (Schiesser). Die
Vor�bungen und das Rennen selbst, (sogar oft auf harter Strasse!) neh-
men die Knochen dieser armen, weichen, unentwickelten Thiere zu sehr
mit, selbst abgesehn von den Schl�gen mit den �blichen kurzen, dicken
Peitschen �ber Bauch und Lenden, womit man sie zur gr�ssten Kraft-
�usserung antreibt. Bew�hren sie sich noch dazu als L�ufer, dann sind"
sie l�ngstens bis zum f�nften Jahre, wo die Leistung erst beginnen
sollte, total ruinirt, und das um einige Gulden, die in der Zeche ge-
wissenhaft wieder aufgehn.
Es erwachsen also Nachtheile unverkennbar zun�chst f�r den Pfer-
dez�chter, dann f�r die Landespferdezucht, weil gerade die
sch�nern edleren Pferde zu fr�h zusammengehetzt, struppirt, mit Kno-
chen- und andern Fehlern behaftet, auch unfruchtbar werden etc., end-
lich f�r die Armee, weil die, verm�ge ihrer Form, ihres Ganges und
ihrer Leistungsf�higkeit zum Cavalleriedienste sich eignenden, jungen
Pferde durch zu fr�hen und theilweise so unsinnigen Gebrauch ruinirt
werden. Auf den F�llenh�fen hat man st�ndlich Gelegenheit sich zu
�berzeugen, dass viele 5j�hrige, baierische Pferde an den F�ssen schon
sehr gelitten haben. Gewiss w�re daher eine allerh�chste Anordnung
sehr zweckm�ssig, dass bei allen Rennen ohne Unterschied kein Pferd
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unter 3 Jahren (besser w�re es freilich unter 4 Jahren) sich bethei-
ligen darf. Bei n�herer Beleuchtung der Sache wird man leicht ein-
sehen, dass hieraus nimmer mehr ein Nachtheil, sondern nur Gutes in
jeglicher Beziehung hervorgehen k�nnte, und vern�nftige Pferdebesitzer
w�rden eine solche Verordnung gerne befolgen, w�hrend sie jetzt von
der grossen Masse mit fortgerissen, zur�ckzubleiben den Muth nicht
haben, und die armen Thiere theils dem Ehrgeiz, theils dem
Unverstand und der augenblicklichen Gewinnsucht ge-
opfert werden.
(Soweit der Sport.)
Aufmerksamen Beobachtern wird es leicht sein, die F�lle zu ent-
decken, wo das �ber die Behandlung der jungen unreifen Pferde hier
Gesagte Anwendung findet, und es wird sich hierzu in allen mir be-
kannten deutschen Staaten, sowie in den L�ndern des �sterreichischen
Kaiserstaates Gelegenheit genug ergeben. Aus England habe ich eine
Stimme angef�hrt und die �brigen L�nder, wo die Menschen gedr�ngt
wohnen, und keine grossen Strecken unbebaut liegen um grossen Pfer-
deheerden Platz und sehr billige Nahrung zu geben, werden wohl keine
Ausnahme hiervon machen.
Es liegt dieses eben in kaum zu �ndernden Verh�ltnissen des
kultivirten Europas und ich rauss hier wiederholen, dass es Auf-
gabe des intelligenteren Theiles ist, den Uebelstand so wenig
sch�dlich als m�glich zu machen.
In meinem kleinen Werke, betitelt: Leitfaden zur Abrich-
tung f�r Reiter und Pferd, sagte ich Seite 53:
Ein Hauptgrund zu den Widersetzlichkeiten der Pferde gegen
den Menschen liegt darin, dass sich der Mensch so schwer ent-
schliessen kann, sich dem Thiere gegen�ber Unrecht geben zu wol-
len, und mit tyrannischem Eigensinn Anforderungen an das Thier
stellt, die zu befolgen ihm von Natur unm�glich sind. F�ge ich die-
sen Worten die Innschrift einer englischen Reitpeitsche bei, die mir
einmal zu Gesichte kam: Keep your temper, was man mit: »Be-
wahret M�ssigung« �bersetzen kann, so sind dieses zwei so wahr-
heitsvolle goldene Regeln; dass sie nicht oft genug wiederholt, nicht
weit genug verbreitet werden k�nnen.
Die Behandlung im Stalle hat auf den Charakter, sowohl des
rohen als des abgerichteten Pferdes einen grossen Einfluss, wesshalb
sich die Sorgsamkeit des W�rters und Abrichters hierauf besonders
erstrecken muss.
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Je mehr sich der Mensch mit dem rohen Pferde gem�thlich be-
sch�ftigt, desto eher wird es vertraut; wiederholtes Futterreichen aus der
Hand, h�ufiges ann�hern mit freundlicher, sanfter Stimme, und vorz�glich
ruhig gehaltenem Wesen sind die besten Mittel ein jedes Pferd vertraut
zu machen. Diesem Benehmen n�hert sich jedes Pferd am meisten an,
und der Mensch ist dabei am wenigsten Gefahr ausgesetzt. Ein Pferd ist
aus verschiedenen Ursachen misstrauischer als das andere; diese Ursa-
chen sind meistens in vorausgegangener, unrechter Behandlung, in allge-
meiner reizbarer Stimmung des Nervensystems, in momentaner Aufregung
z. B. des Geschlechtstriebes, �berstandenen Gefahren und dadurch er-
schreckt, erlittenen Besch�digungen z. B. durch den Biss eines Hundes,
Wolfes, Stossen an einen vor�berfahrenden Wagen, wundreibendes Ge-
schirr oder Kummet u. drgl. zu suchen. Das empfindliche, reizbare, furcht-
same etc. Pferd kann durch sanfte Behandlung gebessert, durch rohe Be-
handlung b�ser gemacht werden. Bei empfindlichen, kitzlichen Pferden ist
sogar der allzuharte Gebrauch der Striegel h�ufig Grund, dass das Pferd
beisst, schl�gt, und dann noch von dem unvern�nftigen W�rter obendrein
gepr�gelt wird. Ein gelinderer Gebrauch, vielleicht g�nzliche Weglassung
der Striegel w�rde das Pferd nicht zum Schlagen und Beissen gereitzt
und somit den W�rter nicht erz�rnt haben.
Wie oft mag wohl ein dem noch nicht ausgewachsenen, jungen
Pferde zu grosses auf dem Halse und den Schultern schlotterig h�n-
gendes Kummet Ursache werden, dass das junge Pferd das Ziehn-
wollen verweigert, endlich ausschl�gt, sich auf die Deichsel wirft,
in den Zugstr�ngen verwickelt, sich und das Nebenpferd besch�digt.
Dann werden allerhand Menschen mit Peitschen und St�cken in Be-
wegung gesetzt, und diese mit dem Ehrentittel bezeichnet b�se Ca-
naille zum Ziehn zu bringen. Furchtsames Misstrauen gegen das
Geschirr �berhaupt, welches dem aufmerksamen Kenner das Pferd
schon durch sein Benehmen im Stalle verr�th, wenn es nur das Ge-
schirr erblickt, immerw�hrendes Verweigern, wenn es ein schwereres
Ziehn gilt, schlechtes Renomee das den Handel verdirbt, sind die
unausbleiblichen Folgen. Ich erinnere da wieder an die Worte von
Seite S3. Oder ist gar das Kummet zu eng, liegt es zu hoch und
dr�ckt auf die Luftr�hre, so muss die Be�ngstigung und Unbehag-
lichkeit eines solchen Thieres unbeschreiblich sein. Zu grosse An-
strengung, Pr�gel wenn bereits Ersch�pfung eingetreten ist, z. B.
um eine schon f�r die Ebene sehr schwere Fuhr eine Anh�he hin-
aufzuschaffen, k�nnen ein junges Pferd f�r immer dahin bringen, das
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Anziehn an einem Berge zu verweigern. Je edler das Pferd, desto
sch�rfer und h�her potenzirt sind seine geistigen Eigenschaften, desto
tiefer pr�gen sich alle vom Menschen empfangenen Eindr�cke sei-
nem Ged�chtnisse ein. Aber seine Leistungen sind auch um so bes-
ser, wenn es geneigt gemacht wird, sich dem Dienste des Menschen
gern hinzugeben; daher auch seine Anh�nglichkeit an den es
freundlich behandelnden Menschen, seine Dankbarkeit um so gr�s-
ser; sein Zorn, sein Hass gegen seinen Peiniger um so un�ber-
windlicher.
Es ist eine sehr gute Regel, welche sagt: Sobald sich ein
sonst frommes und williges Pferd an einem Tage un-
willig zeigt, so untersuche man zuerst Zaum und Sat-
tel. Der Zaum kann zuf�llig verwechselt oder verschnallt worden
sein, wodurch die richtige oder auch nur gewohnte Lage des Ge-
bisses ver�ndert werden kann; der Sattel kann mehr vorn oder hin-
ten liegen, als sonst, die Gurten k�nnen vielleicht zu fest angezo-
gen sein, u. dergl., der nicht nachdenkende Reiter sucht dann die
Ursache allein am Pferde, glaubt es f�r seine Unart strafen zu m�s-
sen u. s. w. Ich erinnere nochmals an Seite 33. Und die daselbst
ausgesprochene Regel m�gen sich alle jene merken, welche junge
Pferde zu irgend einer Arbeit abrichten wollen; sie findet bei so
vielen F�llen, die sich bei einiger Aufmerksamkeit leicht entdecken
lassen, Anwendung.
Bei den Landwirthen welche sich zugleich mit Zucht und Auf-
zucht von Pferden besch�ftigen, k�mmt die Abrichtung zum Zugdienst
viel �fter vor, als die zum Reiten; denn die allermeisten vom
Landwirth aufgezogenen Pferde, die als vierj�hrig in den Handel
kommen, haben, wenn sie dann auch zum Reiten abgerichtet wer-
den, schon wenigstens ein oder anderthalb Jahre im Zuge gearbei-
tet. Ich will desshalb die Verfahrungsweise hierbei mit kurzen Wor-
ten angeben.
Die Grundz�ge um sich und die jungen Thiere vor Schaden
zu bewahren, Wiedersetzlichkeiten zu vermeiden, guten Willen zu er-
wecken und zu erhalten, sind ungef�hr folgende:
Kennenlernen des Geschirres durch �fteres Auflegen, dann Um-
herf�hreri unter demselben, bevor man das junge Thier wirklich ein-
spannt. Um dem jungen Thiere den Druck vor der Brust und das
Reiben der Zugstr�nge an den Seiten kennen und dulden zu leh-
ren, befestigt man an den Enden der Zugstr�nge Stricke; mehrere
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Menschen h�ngen sich an diese Stricke und halten immer fester, indem
das Pferd dabei vorw�rts gef�hrt wird.
Die Zugstr�nge, anfangs etwas auseinander gehalten, werden nach
und nach dem Pferde so angen�hert, dass sie Flanken und Beine
ber�hren. Schl�gt das Pferd darnach, so entfernt man die Zugstr�nge
wieder und n�hert sie so oft an, bis sie das Pferd ruhig duldet.
Diese hier angegebene Manier, auch der lebendige Wagen ge-
nannt, ist eine sehr gute Vorbereitung f�r das Ziehn selbst und
sollte allgemein verbreitete Anwendung finden.
Ferner muss man Sorge tragen, dass das Geschirr gut passe
und weder zu tief noch zu hoch liege.
Ist es ein Brustgeschirr so muss das sogenannte Brustblatt so
liegen, dass das Buggelenk nicht davon gedr�ckt wird, es muss also
der untere Rand dieses Lederst�ckes nicht auf dasselbe zu liegen
kommen. Liegt dieses Brustblatt tiefer, so ist dieses die erste Ur-
sache zum Wundziehn an dieser Stelle; tritt dieses nicht ein so hin-
dert es wenigstens sehr die Bewegung des Schulterblattes, erm�det
das junge Pferd vor der Zeit und macht ihm das Ziehn �berhaupt
zuwider.
Liegt das Brustblatt h�her so dr�ckt es auf die Luftr�hre, was
eben so hinderlich ist. Das Kummet ist den jungen Pferden h�u-
fig zu gross, dadurch entstehn �hnliche Nachtheile als wenn das
Brustblatt zu niedrig liegt.
Wer viele junge Pferde einfahren l�sst, thut immer besser sich
hierzu Brustgeschirre zu halten, indem diese durch Verschnallen leicht
auf jedes Pferd zu richten sind, was beim Kummet nicht der
Fall ist.
Manche Pferde , die gewohnt waren im Brustgeschirr zu gehn,
versagen das Ziehn, wenn sie nun Kummetgeschirre bekommen, oder
auch umgekehrt.
Vertrauenerweckende, ruhige Behandlung wo sich Furcht und
Aengstlichkeit zeigt ist selbstverst�ndlich; anf�nglich mit geringen
Anforderungen zufrieden sein, nie zu lange dauernde Lektioni
dieselbe aber zwei-, dreimal im Tage wiederholt, bef�rdern sehr die
Abrichtung.
Die meisten jungen Pferde gehn anf�nglich sehr ungern Schritt
alsdann ist es gut, sie nicht mit Eigensinn zum Schrittgehn zu
verhalten, sondern in einem massigen Trabb fortgehn zu lassen,
dieses benimmt zuerst, den sch�dlichen Stallmuth, und macht den
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Pferden Gehlust; das Schrittgehn findet sich dann sp�ter von
selbst.
Vielfach kann man beobachten, dass einem eifrig vorw�rts dr�n-
genden jungen Pferd der Kopf mit einem kurzen Z�gel stark nach
einer Seite, n�mlich der dem altern Pferde zugekehrtem, ausgebun-
den wird. Das junge Thier muss dann durch die ganze Dauer, Zeit
seiner Arbeit schief gehn, was in so jugendlichem Alter oft den Ge-
lenken eines Vorderbeines eine bleibend schiefe Richtung gibt. Mit
zwei Z�geln den Kopf gerade gestellt etwas k�rzer ausge-
bunden, ruhige Behandlung, oft wiederholte Lektion ohne zu lange
Ruhepausen, w�rde dieses eifrige Dr�ngen mit weniger Nachtheil beseitigen.
Das junge Pferd muss immer erst neben einem ruhigen, gut-
ziehenden alten dem sogenannteu Sc hulmeister eingespannt wer-
den; man spannt dann das junge auf die Seite der Deichsel wo es
nachher im Zweigespann gehn soll. Ein grosser Platz, wo kein L�rm
herrscht ist sehr angenehm zur Abrichtung, aber da derselbe nicht
immer vorhanden und man oft nur auf einen Fahrweg beschr�nkt
ist, so stelle man den Wagen immer so, dass man beim Abfahren
eine l�ngere, gerade Linie, ohne alsbaldige Wendung
vor sich hat.
Schon weiter oben wurde die in einem englischen Werke ent-
haltene Aeusserung �ber Anwendung der Aufsatztrense erw�hnt; in-
dem ich hieranf verweise, kann ich hier doch niht unterlassen, noch
einmal darauf zur�ckzukommen. Dieselbe wird h�ufig ohne R�cksicht
auf den Bau und Gang des Pferdes zur Qual vieler Wagenpferde
namentlich in den St�dten angewendet.
Es muss allerdings zugegeben werden, dass die Aufsatztrense
gut angewendet das Mittel ist, um Wagenpferden eine gute Stel-
ung vom Hals und Kopf zu geben, wodurch es dem Kutscher er-
leichtert wird, die Pferde im abgemessenen Tempo zu erhalten, was
zum Fahren in der Stadt sehr nothwendig erscheint. Derjenige der
diese Aufsatztrense bei jungen Pferden anwendet, wird wohl thun sie
anf�nglich ziemlich lang zu schnallen, damit die Pferde doch eine hinl�ng-
lich freie Kopfstellung behalten, stets dem Grundsatze zufolge dem jungen
Pferde die Arbeit nicht zu schwer zu machen, in ihm Vertrauen und Lust
zur Arbeit zu erwecken.
Wird aber mittelst der Aufsatztrense der Hals und der Kopf
gleich in eine sehr aufgerichtete, zusammengeschobene Stellung ge-
zw�ngt, so kann dieses hinl�ngliche Ursache sein, dass das Pferd nicht
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fortgehen kann, was dann f�r b�senWillen genommen zu werden
pflegt. Ich verweise den Leser hier wieder auf die Regel von Seite S3
und auf die in dieser Schrift gegebene Erkl�rung �ber Placirung der
Ohrendr�sen, Verbindung von Hals und Kopf u. s. w. Wer rationell
gebildeter Reiter ist, wird auch in dieser Beziehung weniger Missgriffe
machen als es von rohen unwissenden Kutschern nur zu oft ge-
schieht.
Wer hat wohl nicht schon oft Gelegenheit gehabt eingespannte
Kutschpferde in der Stadt zu beobachten, die vor einem Hause warten
und sich durch allerhand Drehungen, Schnellen mit dem Kopfe u. drgl.
von dem durch sehr fest gestellte Aufsatztrensen verursachten Schmerz
los zu machen suchen. Wer von den Schmerzen eines so geplagten Thie-
res einen Begriff bekommen will, mag sich einmal selbst auf die hinter
den Ohren herablaufenden zwischen Kinnbacken und Hals liegenden
Ohrendr�sen nur eine kurze Zeit dr�cken lassen. Gar mancher Pferde-
besitzer, gar mancher Kutscher hat wohl keine Ahnung, dass die durch
allzuscharfe Anwendung der Aufsatztrense gest�rte Girkulation des Blu-
tes die Ursache sowohl zum Koller als zum Scheuen, dass sie zu
Widersetzlichkeiten aller Art zu unreinem Gang, ausserordentlicher Auf-
geregtheit, nicht Trabb gehen u. drgl. m. die Ursache sein kann. Aber die
Mode und der herrschende Gebrauch �berbiethen hier wie so oft die
Vernunft und den gesunden Menschenverstand.
Selbst �ltere Pferde, die bisher gewohnt waren, auf Trensengebisse
ohne Aufsatzz�gel gefahren zu werden, zeigen sich vollst�ndig ungehor-
sam, wenn sie, in den Besitz eines Anderen �bergegangen, eine Stange
ins Maul bekommen, scharf aufgesetzt und k�rzer eingespannt werden,
als sie es bisher gewohnt waren.
Der Mensch bedenke wohl, dass er gute Behand-
lung und Pflege einem Thiere schuldig ist, aus des-
sen Dientsleistungen er gar so grossen Nutzen zieht;
nur zu oft vergisst er aber, dass er nicht nur gegen
seinen Nebenmenschen, sondern auch gegen die
Hausthiere, welche ihm die Vorsehung zu seinem
Fortkommen gab, wichtige sehr wichtige Pflich-
ten hat.
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Kastriren der Hengstf�llen.
Die wichtige Operation des Kastrirens der Hengstf�llen ist zun�chst
Sache eines geschickten Thierarztes. Es gibt hierzu verschiedene Metho-
den; man muss darin dem Thierarzte Vertrauen schenken und nicht
eigensinnig auf einer Methode bestehen, wenn dieser Thierarzt zuf�llig
einer anderen Methode anh�ngen sollte.
Das Alter in welchem diese Operation am besten vorgenommen wird
h�ngt theils von der Race und dem Baue, theils von der Bestimmung des
F�llens ab.
Ist das Hengstf�llen nicht von so edler Abstammung oder gibt es
nach seinem Baue nicht zu der Berechtigung Raum, dass sich ein guter
Besch�ler von ihm erwarten l�sst, so wird es im Allgemeinen am besten
sein, gegen Ende des ersten Lebensjahres diese Operation vorzu-
nehmen.
Geh�rt das F�llen mehr zum Wagen- als Reitschlag, so kann es
auch sp�ter kastrirt werden, indem sich bei jungen Hengsten die Mus-
keln des Halses, der Schultern und der Brust im gr�sserem Umfange ent-
wickeln, als bei den jungen Wallachen. Aus demselben Grunde, n�mlich
damit die Vorhand durch das zu lange Hengst bleiben nicht zu schwer
werde, ist es besser, die zum Reitschlage geh�rigen Hengstf�llen fr�her
zu kastriren. Jedoch k�nnen Hengste auch in sp�teren Jahren noch
ohne Nachtheil dieser Operation unterzogen werden. Gr�nde, welche f�r
das fr�here Kastriren sprechen, sind, dass dabei eine geringere St�rung
der f�r Bildung des Saamens dienenden S�fte eintritt als in sp�teren
Jahren, namentlich wenn der junge Hengst schon gedeckt h�tte;
zweitens sind die jungen Wallachen leichter zu behandeln, sie k�n-
nen mit den Stutf�llen in einem Stalle und auf einer Weide leben, sie
sind leichter abzurichten, und finden mehr K�ufer, obwohl ein gut ge-
rathener Hengst eben der Seltenheit wegen und des vielfachen Nutzens,
den man sich von ihm als Besch�lhengst verspricht, dann viel besser
bezahlt wird.
M�gen nun die Hengstf�llen in was immer f�r einem Alter kastrirt
werden, so sollte es zu einer Jahreszeit geschehen, wo das Wetter nicht
zu heiss und die Anzahl der Fliegen nicht zu gross ist; denn es ist
wohl einleuchtend, dass nichts mehr geeignet ist, Entz�ndung, Anschwel-
lung und Gefahr zu verursachen, als die qu�lenden Fliegen, welche an-
haltend den wunden Theil umschweben und stechen. Die Operation sollte
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am besten in der w�rmeren Zeit des' Fr�hjahres oder im Anfange des
Herbstes wenn die Luft gem�ssigt und das Wetter trocken ist, vorge-
nommen werden. Bei mildem Wetter ist es dann besser das F�llen im
Freien laufen zu lassen, als es in einem heissen Stall einzusperren. Ein
grosser, gut gel�fteter Laufstall, wenn vorhanden, ist auch gut, denn
massige Bewegung, wie z. B. beim Weidegang ist vollkommener Unth�-
tigkeit vorzuziehen.
Wenn bei der Operation selbst keine groben Fehler gemacht werden,
so geht sie in den allermeisten F�llen wieder ohne Gefahr vor�ber.
Zieht sich die Heilung l�nger als man es nach dem gew�hnlichen Ver-
lauf erwarten kann, hinaus, so ist zu besorgen, dass sich eine Saamen-
strangfistel bilde, oder dass vielleicht ein St�ck Spagath vom Unterbinden
der Saamenstr�nge in der Wunde zur�ckgeblieben ist. In beiden F�llen
muss rechtzeitig zweckm�ssige Behandlung eintreten um die g�nzliche
Heilung herbeizuf�hren.
Das Schonen jnnger Pferde.
Einige Worte �ber das Schonen junger Pferde m�gen hier am
Platze sein.
Gar vielfach wird unter dem Ausdruck Schonen verstanden, dass
man ein junges Pferd recht viel im Stalle stehen l�sst und es recht dick
f�ttert. Wird dieses soweit ausgedehnt, dass es den jungen Pferden nicht
allein an �ebung seiner Kr�fte sondern sogar an Bewegung in frischer
freier Luft mangelt, erh�lt dabei das junge Pferd albustark n�hrendes Fut-
ter so kann dieses alles besonders f�r Lungen und Augen ebenso nachtheilig
werden und den Ruin des Pferdes herbeif�hren, als zu harte Arbeit und
mangelhafte Nahrung die Entwicklung des Organismus �berhaupt hindert,
Sehnen und Gelenke verdirbt.
Massige und zweckm�ssige �ebung, viele, mehr langsame Bewegung
die die Kr�fte nicht momentan zu sehr in Anspruch nimmt, ist sehr dien-
lich. Nur kurze Zeit ausdauernde, aber heftigere Bewegung regt zu sehr
auf, erhitzt Blut, Lunge und Gelenke zu schnell und die darauf eintre-
tende zu lange dauernde Ruhe l�sst die Kr�fte zu lange in Unth�tigkeit,
dadurch entsteht Neigung zu Entz�ndungen, die Kr�fte werden nicht an
Ausdauer gew�hnt. Guter, kr�ftigender Nahrung, verbunden mit guter
Pflege �berhaupt darf hinl�ngliche Bewegung, resp. Arbeit theils we-
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gen Genuss der freien atmosph�rischen Luft, theils wegen Uebung der
Gelenke und Gliedmassen nicht fehlen.
Im ersten Lebensjahre w�chst das F�llen bei weitem am meisten,
im zweiten schon weniger, im dritten, vierten und f�nften noch viel we-
niger ; nachher ist das Wachsen dem Auge noch einige Zeit kaum sichtbar
es besteht nur im kr�ftiger und fester werden des ganzen Organismus von
der Faser bis zum Knochen. Ein jeder vern�nftige Beurtheiler wird hier-
nach einsehen, dass das Pferd im ersten Jahre alle Nahrungsstoffe f�r sein
Wachsthum verwenden muss, daher zu keiner Arbeit f�hig, sondern nur
der Bewegung in freier Luft bed�rftig ist; ebenso im zweiten Jahre.
Im dritten und vierten Jahre kann diese Bewegung einer Arbeit glei-
chen und nach und nach gesteigert werden; erst das vollkommen ausge-
wachsene Pferd, also erst nach vollendetem f�nften Jahre, kann bei fort-
gesetzt guter Nahrung und Pflege, Anstrengungen unterworfen werden,
ohne dass desshalb ein Schaden zu bef�rchten w�re. Die Entwicklung des
jungen Pferdes kann durch die Einwirkung des Menschen, durch Futter
entsprechende Behandlung �berhaupt sehr bef�rdert werden, wie dieses
richtig trainirte junge Vollblutpferde beweisen; aber bisher hat es noch
keine Einwirkung des Menschen dahin gebracht, dass das Zahngesch�ft
von seinem durch die Gesetze der Natur bestimmten Wege abgebracht,
beziehungsweise auch beschleunigt w�rde. Und so lange der Zahnwech-
sel nicht beendet ist, muss der Lebenshaushalt die zur Bildung der Kno-
chen n�thigen Stoffe noch zu sehr diesen zuwenden, denn die Z�hne sind
vor allem zum Zerkauen der Nahrungsstoffe n�thig; die entgiltige Festi-
gung der �brigen Knochen wird also noch etwas aufgehalten bis der Le-
benshaushalt sein ganzes Erzeugniss der zur Bildung der Knochen dienen-
den Stoffe diesem Zwecke zuwenden kann. �
Nach diesen Grunds�tzen die Behandlung eines jungen Pferdes ein-
gerichtet, verstehe ich unter Schonen, nicht aber, dass man es in g�nz-
licher Unth�tigkeit und nur immerw�hrenden M�sten bis zum vollendeten
vierten Jahre im Stalle liegen l�sst und dann pl�tzlich in einen anstren-
genden Dienst nimmt, sei es nun unter dem Reiter oder im Geschirr, sa-
gend, das Thier sei nun lange genug geschont worden, es m�sse nun
arbeiten. Ein solcher pl�tzlicher Uebergang von g�nzlicher Unth�tigkeit
in zu grosse Anstrengung verdirbt manches von Natur gute Thier.
Bei der Dressur junger Reitpferde besteht h�ufig die Ansicht, dass
sie nur immer den zweiten Tag herauskommen d�rfen, das ist nicht gut,
denn dadurch entsteht der h�chst unangenehme Stallmuth, der bekanntlich
der schlimmste Feind aller gr�sseren Leistungsf�higkeit ist. Solche junge
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Pferde werden dann durch jedes Ger�usch, einen auffliegenden Vogel,
bellenden Hund u. drgl. erschreckt, das zu viel im Stalle stehn, be-
sonders wenn derselbe etwas dunkel ist, macht das Auge zu empfindlich
gegen.das helle Tageslicht, das Sehverm�gen wird dadurch beeintr�ch-
tigt, das Pferd scheut manche Gegenst�nde an denen es ruhig vor�ber
gegangen w�re, wenn es sie �fter oder deutlicher s�he; solche Pferde
nennt man stallblind. Der Zwang der Gurten bel�stigt dann das
Pferd mehr, als wenn es alle Tage gesattelt und unter einer Last
massig bewegt wird, anf�nglich tanzt und trippelt es immerw�hrend,
erm�det und erhitzt sich unn�thigerweise und vor der Zeit. Alles L�-
stige dieser Umst�nde und das Nachtheilige wird vermieden, wenn
die jungen Pferde t�glich herauskommen und eine ihrem
Alter, ihrer Kraft und dem bereits erlangten Dressur-
grade anpassende Bewegung, resp. Arbeit erhalten.
Auch �ltere Pferde werden durch t�gliche Bewegung, ver-
bunden mit einer die Kr�fte stets �benden ohne unn�-
thiger zu sehr anstrengender Erm�dung gesund und in
steter Bereitschaft f�r unvorhergesehene grosse An-
strengungen f�hig erhalten. Die Einwirkung der reinen, freien
Luft nimmt hierbei einen Haupteinfluss, indem durch dieselbe der Ath-
mungsprocess besser bewerkstelligt, und hierdurch die Blutbereitung
und Blutreinigung vermittelt wird.
Der leichte Zugdienst biethet nach meiner Ueberzeugung die beste
Gelegenheit um jungen Pferden Bewegung und zweckm�ssige Arbeit zu
geben. Gegen diese Arbeit zeigen die wenigsten Pferde Widerwillen
vorausgesetzt, dass sie vertrauenerweckend behandelt werden, das Ge-
schirr gut passt u. s. w. Schon das Zusammengehn mit einem alten
ruhigen Pferde, dem sogenannten Schulmeister, ist ein Hauptmittel dem
jungen Pferde Vertrauen und Lust zur Arbeit zu machen. Der weiche,
frische Boden bei leichter Ackerarbeit ist gesund f�r die Hufe, das
langsame Gehn, das l�ngere Draussensein in freier Luft ist alles zu-
tr�glich f�r die Gesundheit und Uebung der jungen Kr�fte. Leider
wird nur zu oft hierbei ganz vernunftwidrig verfahren, denn wenn ich
f�r junge Pferde eine solche Bewegung und Arbeit anrathe, so ver-
stehe ich darunter nicht, dass man sie mit vollendetem zweiten Jahre
oft bei karger Nahrung zu allen schweren, landwirtschaftlichen Ar-
beiten verwendet und ihnen alle Anstrengungen wie altern Pferden
auferlegt. Auch f�r solche Pferde, deren zuk�nftiger Zweck wahrschein-
lich sein wird zum Reitdienst verwendet zu werden, ist es nicht sch�d-
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lieh mit Beendigung des dritten Jahres von einer vern�nftigen Hand
durch zwei Jahre im leichten Zuge gefahren und nach vollendetem
5. Jahre erst zugeritten zu werden. Bleibt ein solches Pferd dann bei
dieser Arbeit gesund und rein auf den Beinen, so ist dieses zugleich
ein Beweis f�r kr�ftige Konstruktion dieser Theile. Ich habe h�ufig
durch Erfahrung die �eberzeugung gewonnen, dass Reitdressur in zu
jugendlichem Alter begonnen und fortgesetzt nie oder h�chst selten
mit dem erw�nschten Erfolge verbunden ist. Wenn gleich h�ufig ganz
junge Pferde im Aeussern kr�ftig scheinen und durch ihr jugendliches
Feuer veranlasst werden, sehr bereitwillig fortzueilen auch mitunter
heftige Bewegungen und Spr�nge zu machen, welche von Unerfahrenen
nur zu leicht f�r Zeichen von Kraft gehalten werden, so ist ihr Gang
auf die Dauer unter der Last und den Einwirkungen von Hand und
Schenkel des Reiters schlaff, schleppend, oft auch unsicher.
Der R�cken ist noch nicht geh�rig erstarkt, die Gelenkverbindun-
gen besonders im Hintertheile nicht hinl�nglich befestigt, den B�ndern,
Sehnen und Muskeln mangelt Festigkeit, Spannkraft und Elasticit�t.
Aus diesen Ursachen sind ganz junge Pferde noch nicht im Stande
sich in einer zusammengef�gten Stellung und in gleichm�ssiger Bewe-
gung zu erhalten und k�nnen ohne Nachtheil f�r sie zum zweckm�ssi-
gen Gebrauche ihres Hintertheiles nicht angehalten werden. Hals, R�-
cken und Kreuz schmerzen dem Pferde sehr bald; Verbiegen, Steif-
machen im Halse und im R�cken, Ziehn und Bohren in die Z�gel
oder hinter der Hand bleiben, unreiner Gang, allerhand Fehler an den
Beinen, Ungehorsam, vielleicht lebensl�ngliche Unlust zur Arbeit mit
einem Worte ein verdorbenes und nicht ein dressirtes Pferd sind die
Folgen, wenn es dem Bereiter an Einsicht und Kenntniss mangelt oder
der Eigensinn des Besitzers ihn zwingt, seiner eigenen, besseren �eber-
zeugung zuwider zu handeln.
Das Sprichwort: Verstand k�mmt nicht vor Jahren l�sst
sich auch bei Pferden anwenden.
Von zwei Pferden mit gleichen Eigenschaften des K�rpers und
des Temperamentes, wovon das eine bis zum vollendeten 4. Jahre in
g�nzlicher Ungebundenheit und Freiheit sich im Gestatte befand, das
andere sein 4. und 5. Jahr auf vern�nftige, zweckm�ssige
Weise im leichten Zugdienst Bewegung und Arbeit erhielt, l�sst sich
letzteres mit viel weniger M�he und Zeit zum Reitdienst abrichten als
ersteres. Es ist dieses auch begreiflich, denn letzteres hat schon einen
gewissen Grad von Gehorsam und Unterw�rfigkeit unter den Willen
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des Menschen gelernt, es kennt einen Z�gelanzug, es leidet eine Gurte
um den Leib, einen Schweifriemen, seine Muskeln, Sehnen und Ge-
lenke sind schon durch passende Arbeit gekr�ftigt, seine Augen sind
den Anblick, seine Ohren das Ger�usch von allerhand Gegenst�nden
gewohnt.
Das Reitenlassen ganz junger Pferde ist ganz etwas anderes; den
wenigsten Z�chtern biethet sich Gelegenheit dar, einen so leichten
Menschen, der dem noch schwachen R�cken des jungen Thieres ange=
messen ist, auf dasselbe setzen zu k�nnen, der zugleich die hinl�ng-
liche Geschicklichkeit im Reiten besitzt, um etwa entstehenden Unar-
ten entgegenarbeiten und sie unterdr�cken zu k�nnen. (Die Erziehung
des f�r die Rennbahn bestimmten jungen Vollblutes liegt ausser dem
Bereiche dieser Besprechung.) Auch haben die wenigsten sonst sehr
achtenswerthe, geschickte, urtheilsf�hige M�nner, welche sich mit der
Dressur von Reitpferden besch�ftigen Selbst�berwindung genug, um sich
von einem ganz jungen Pferde nur umhertragen zu lassen, d. h, ihm
nur Bewegung zu machen ohne es zu arbeiten.
Ich weiss wohl, dass es eine sehr verbreitete Ansicht ist, ein zum
Reitdienst bestimmtes junges Pferd d�rfe vorher nicht zum Ziehn ver-
wendet werden, indem dadurch die Haltung des Pferdes verdorben
w�rde u. s. w. Ich spreche desshalb auch nur von leichtem, nicht
vom schweren Zugdienst. Die Haltung wird durch den harmonischen
Bau aller Theile zu einander, die innewohnende Kraft und das Tem-
perament bedingt, dem Bereiter aber gewiss seine Aufgabe erleichtert
wenn diese Kr�fte bereits durch zweckm�ssige Uebung gest�rkt sind,
und der Wille des Pferdes schon gew�hnt worden ist, sich dem Wil-
len des Menschen zu f�gen. Darum soll man junge Pferde, die noch
keinen Reiter tragen k�nnen, vor dem Anreiten Longieren, h�re ich hier
in Gedanken viele sagen. Zum Longieren eines jungen Pferdes geh�rt aber
viel Kenntniss und Geschicklichkeit, die Uebung, die Bewegung welche
das Pferd erh�lt, dauert vielleicht t�glich l�ngstens eine kleine Stunde,
und sie wird in einem engen R�ume vollf�hrt, welche beide Umst�nde mehr
geeignet sind den Gelenken zu schaden, als Bewegung im leichten Zugdienst
in der Art und Weise wie ich es meine. Das Longieren kann um so sch�d-
licher werden, wenn das junge Thier dabei heftig herumgejagt und gerissen
wird; es k�mmt dann vielleicht nach einer halbst�ndigen solchen Plage
ganz erhitzt in den Stall, steht dann 23 Stunden wieder kurz an-
gebunden in einem engen R�ume u. s. w. Es k�mmt wohl auch
hier wie so oft im Leben sehr viel darauf an: Wieman es macht!
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Bez�glich des Sch�nens junger Truppenpferde bemerke ich
folgendes:
Das Milit�rremont wurde der grossen Mehrzahl nach von kleine-
ren Landwirthen aufgezogen, die meisten haben von vollendetem 2.
Jahre an, Zugarbeit verrichtet, und sehr viele sind k�mmerlich gen�hrt
meistens nur bei Heu und Strohnahrung aufgewachsen. Es werden
ihrer nicht viele sein, die vorher K�rnerfutter in gedeihlicher Menge
erhalten haben, dabei haben viele junge Thiere eine t�glich lang an-
dauernde Arbeit im langsamen Gange verrichtet, im Sommer war ihre
Arbeit m�hsam, im Winter haben sie vielleicht Tage auch Wochenlang
ohne Bewegung in der Luft zu machen, im Stalle gestanden. Als Mi-
lit�rpferd nun �ndert sich die ganze Lebensweise dieses jungen Thie-
res; denn nun bek�mmt das Pferd hartes, intensiv n�hrendes Futter,
aber in kleineren, den Magen nicht so ausdehnenden Portionen, die
Th�tigkeit der Haut erh�lt durch das Putzen eine ganz andere Be-
schaffenheit, die Arbeit ist von k�rzerer Dauer und versetzt das Thier
mehr in lebhafte Aufregung; das Pferd, welches bisher nur gezogen
hat, soll nun einen Reiter tragen, es muss sich unter dem Sattel und
Gurtenzwang eine zusammengeschobene Stellung aneignen und seine
Beine energisch gebrauchen lernen u. s. w.
Alles dieses ist seinem bisherigen Leben ganz entgegesetzt; dass
diese Ver�nderung des ganzen Lebens allerhand Krankheiten nament-
lich Dr�senleiden hervorruft, ist begreiflich, ebenso dass man den jun-
gen Thieren eine gewisse Zeit gestatten muss, um sich zu entwickeln,
und in den neuen Lebensverh�ltnissen zu kr�ftigen.
Die meisten Remonten werden zu der Zeit angekauft wo der
Zahnwechsel noch nicht beendet, mithin die Knochenbildung �berhaupt
noch nicht vollendet und geh�rig befestigt ist, viele werden in ganz
entfernte Gegenden transportirt, und bei Ank�ufen in grosser Menge
z. B. einer Armeeaufstellung vor einem beginnenden Feldzuge wirken
die sch�dlichen Einfl�sse sehr gedr�ngter Bequartirung, wenig War-
tung wegen mangelnder Mannschaft, hierauf vielfach nachtheilig ein,
und halten das Gedeihen wenigstens einige Zeit auf.
Die Hauptgrundz�ge junge Milit�rpferde hinl�nglich zu schonen
und doch ihre Gebrauchst�chtigkeit nicht allzuweit hinauszuschieben,
lassen sich nun in folgenden zusammenfassen.
Das Remont muss anf�nglich t�glich eine mehrst�ndige Bewegung
in freier Luft machen.
Dauert diese ungef�hr zwei bis zwei ein halb Stunden, so kann
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diese Bewegung eine halbe Stunde unter dem Reiter, die �brige Zeit
an einem anderen Pferde gef�hrt, stattfinden.
Bevor der Reiter aufsitzt muss das Pferd eine ganze Weile ge-
gangen sein. Die in dieser Zeit auszuf�hrenden G�nge sind Schritt
und massiger Trab, ohne dass der Reiter bem�ht ist dem Pferde eine
zwangvolle Stellung zu geben. Der Grundsatz langsam aus dem Stalle
langsam in den Stall ist stets zu beobachten, d. h. die Uebung muss
zwanglos beginnen und mit g�nzlicher Beseitigung jeder erhitzenden
Aufregung beendigt werden.
Die Beobachtung dieses Grundsatzes ist das Mittel, die jungen
Pferde bei gutem Willen zu erhalten und auf den Beinen zu schonen.
Diejenige Dressurperiode, wo das Pferd mehr eine geregelte Bewegung
als Arbeit erh�lt, muss bei manchen Pferden ziemlich lange ausge-
dehnt werden.
Die gute Pferde- und Reitkenntniss muss das Verfahren des Ab-
richters leiten.
Tretten die jungen Pferde, dann in die Dressurperiode ein, wo
sie gearbeitet werden, ihnen k�rperliche Geschicklichkeit gegeben wer-
den soll, wo sie sich also allerhand zwangvolle Stellungen, Einwirken
des Reiters um die Kr�fte zu entwickeln und dem Reiter zur Verf�-
gung zu stellen, gefallen lassen m�ssen, beginne man stets die Arbeit
ohne Zwang, d. h. man lasse das Pferd in zwangloser Stellung erst
etwas sich abgehn, und beendige die Arbeit ohne Aufregung also man
lasse die Pferde auch vor Ende der Lektion zwanglos einige Zeit her-
umgehn. Da wo diese Arbeit in gedeckten Reitschulen vorgenommen
wird, darf die Bewegung in freier Luft nicht unterbleiben.
F�r manche Pferde, welche zum Stallmuth Neigung haben, sehr
zerstreut und unaufmerksam sind, sich gegen den Sattel spannen, oder
sonst Ganaschenzwang, u. s. w. haben, ist es die beste Schonung, sie
t�glich zweimal in nicht zu kurz dauernden und nicht zu zwangvollen
Lektionen vorzunehmen.
Das sogenannte G�ngigmachen, Gehlustwecken, wird
h�ufig dahin missverstanden, dass junge, schwache Pferde in scharfen
Gangarten fortgejagt werden. Viele achten dann dabei nicht einmal
darauf, ob sich das Pferd in einer zweckentsprechenden Kopf- und
Halsstelluug befindet, ob es �bers Kreuz galoppirt u. s. w. Es ist die-
ses sehr fehlerhaft und macht solchen Pferden wohl eher Furcht vor
der Arbeit als Gehlust. Es ist dieses eben ein Missverst�ndniss des
Grundsatzes, dass man ein junges Pferd nicht gleich mit hoch aufge-
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richtetem Halse, in kurzen, zwangvollen Stellungen und Gangarten ar-
beiten soll. F�llt ein junges Pferd anstatt zu trabben, aus irgend einer
Ursache in Galopp ein , so lasse es der Reiter in Gottes Namen in
nat�rlicher Richtung etwas fortgaloppiren; dadurch lernt das Pferd
auch in diesem Gange unter der Last des Reiters gehn, und es ist
ihm nicht mehr fremd, wenn es dann das Fortschreiten in der Dres-
sur erheischt, dass das Pferd nun auf die bestimmte Hilfe des Rei-
ters Galopp gehn soll. Auf diese Weise schadet das in Galopp gehn
dem jungen Pferde gewiss nicht, aber diesen Grundsatz missbrauchen,
wie oben angedeutet kann ich unm�glich da gelten lassen, wo es sich
um schonendes Reiten junger Pferde handelt.
Reine, gesunde Stallluft, lichter Raum, worin sich das Pferd be-
findet, gesunde, hinl�ngliche Nahrung mit der eben angedeuteten Art
der Bewegung, Reinhalten des K�rpers, ein gedeihlicher W�rmegrad
der Haut, ohne das Pferd zu verweichlichen geh�rt alles in die Ru-
brick Schonen.
Zuweilen Steinsalz zum Lecken geben, bef�rdert sehr die Ver-
dauung und das Gedeihn des Futters.
In unreifer Jugend und nicht entwickelten Kr�ftezustand von den
Thieren Leistungen verlangen, die sie auszuf�hren noch nicht im
Stande sind, f�hrt am meisten zum Ruin junger Pferde , sowohl was
den guten Willen, als die Gesundheit angeht.
Gute Pferdekenntniss und Erfahrung sowohl im Umgange als der Ab-
richtung von Pferden ist auch hier der beste F�hrer, den keine ge-
schriebene Instruktion ersetzt.
Ich will mit diesen Worten reglementsm�ssige Vorschriften �ber
Abrichtung und Behandlung der Remonten durchaus nicht f�r �berfl�s-
sig erkl�ren, denn sie sind n�thig um dem minder Erfahrenen
als Leitfaden zu dienen, und um eineGleichm�s-
sigkeit des Vorganges im ganzen Armeek�rper zu
erhalten. Der Unterschied liegt nur in der besseren oder min-
der guten Aus�bung dieser Vorschriften mit Umsicht an-
gewendet auf die verschiedenen F�lle.
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Kurzgefasster Ueberblick dessen, was zum ge-
deihlichen Betriebe der Pferdezucht zusammen-
treffen muss oder sollte.
Da sich manche der Meinung hinzugeben scheinen, dass d i e
Auswahl der Zuchthiere allein schon hinl�nglich sei
um zu einer guten Nachzucht zu berechtigen, so will ich dieser Frage
hier einige Worte widmen.
Nach allem bisher gesagten, l�sst sich diese Frage nicht schwer
beantworten, und in kurzem, wie folgt zusammenfassen.
Die gl�ckliche, passende Auswahl des Hengstes, wo-
mit man die bestehende Landesrasse verbessern, veredlen, oder M�n-
gel einer Gest�ttszucht beseitigen will, bildet den Grund und Anfang
aber auch nur diesen, zu dem aufzuf�hrenden Geb�ude.
Die gl�ckliche Auswahl der diesem Hengste in den
Hauptsachen m�glichst gleich oder nahekommenden Stuten ist der
zweite Schritt.
Das Gesundsein und durch zweckm�ssige Behand-
lung in Abrichtung, Ern�hrung, Bewegung, (Arbeit)
Gesunderhaltenwerden der Zuchtthiere bildet einen ferne-
ren Stein zum gl�cklichen Ausbau des Ganzen.
Ferner die zur Ern�hrung, Bewegung, Abrichtung, Behandlung der
F�llen �berhaupt n�thigen Kenntnisse, Fleiss und Mittel. Die
Nahrung und die Mittel, diese Nahrung herzuschaffen, d. h. ein ent-
weder durch Kunst oder von Natur ergiebiger, von dem
nachdenkenden Menschen am besten benutzter Boden
spielen dabei eine Hauptrolle.
Soviel ist gewiss, dass wir diejenigen Nahrungsmittel f�r die nahr-
haftesten und kr�ftigsten zu halten das Recht haben, welche in dem
kleinsten Volumen eine grosse Menge N�hrstoff enthalten.
Das Fleisch n�hrt besser und gibt in weniger Volumen mehr
Kraft als Brod; so der Hafer mehr Kraft als Stroh und Heu. Es ist
aber nicht genug, dass wir dem Pferde zweimal soviel Heu und vier-
mal soviel Stroh anstatt des Hafers geben; die Pferde werden dabei
nicht in gleichem Grade arbeitsf�hig. Wir sieben, reitern und schwin-
gen den Hafer um allen Staub und Spreu daraus weg zu bringen; wir
wiegen den Hafer wie schwer er ist; je weniger Staub und Spreu er
hat, desto besser.
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Wir st�uben und sch�tteln das Heu aus, � alles wegen der Kr�fte
und dem Athem der Pferde, weil wir wissen, dass beide das wichtigste
sind, und weil die Staubtheile des Futters in die Blutmasse �bergehen,
den Dampf und andere Krankheiten beim Pferde erzeugen,
Ich sage: beim Pferde; obwohl auch dem Rindvieh und andern
Nutztbieren unreines und staubiges Futter nicht gesund sein kann;
allein darauf ist weniger R�cksicht zu nehmen; denn nur mit dem
Pferde trabbt und galloppirt der Landwirth auf der Strasse, der Fuchs-
j�ger hinter den Hunden, der Milit�r zu seinen Zwecken u. s. w. meh-
rere Stunden fort. Von den anderen Thieren verlangt man nur Milch,
Fleisch, D�nger, Wolle, wenn sie dabei auch etwas schw�chlich und
schwerathmig sind.
Darum kalkulirt auch der reine trockene Oekonom ganz anders,
als der Gest�ttsbesitzer oder Pferdez�chter im Grossen. Jener berech-
net den schnellsten Gewinn mit nicht weit aussehender Lebensdauer,
er will wenn m�glich schon im ersten Lebensjahre seine Thiere be-
n�tzen ; der Gest�ttsbesitzer aber noch im hohen Alter. Die Pferde-
z�chter aller L�Tider beabsichtigen gute Pferde zu er-
ziehen und so wohlfeil als m�glich; die rationell den-
kenden unter ihnen glauben aber auch, dass das gute
nur zu erlangen ist, durch Rasse, durch Futter,
durch Pflege in jeder Beziehung.
Um gute Pferde zu z�chten , scheut der englische Pferdez�chter
die erforderlichen Kosten nicht, er bezahlt wegen der Rasse viel
Geld f�r den Sprung (die besten Vollbluthengste decken gegen Erlag
von 40�50 Pfd. = 400 � 800 fl. �sterr. W�hrg.) und f�ttert nach
seinem Verm�gen das dem Pferde gedeihlichste Futter und pflegt es
dann so gut er kann. Wenn es der Z�chter auch nicht immer weiss
wie sich sein vielleicht schon jung verkauftes Pferd in der Arbeit be-
w�hrt so erf�hrt es derjenige, der es gebraucht, und das Gute wird
endlich bekannt, gesucht und bezahlt. Mit allen Erzeugnissen der Na-
tur und Kunst ist das derselbe Fall. Das Gute ist endlich auch im-
mer das N�tzlichste und E i nt r �gl i c h s t e f�r den Verk�u-
fer, weil es gesucht wird; und das Wohlfeilste f�r den K�u-
fer weil es ihm l�nger und besser dient.
Wohlfeile, schlechte Pferde kommen theuer und theure
gu t e kommen wohlfeil zu stehn, so im Dienst und so mit der Zucht.
Wohl aufbewahrtes, zufolge Erfahrung gedeihliches Pferdefutter muss
den jungen Thieren vollauf satt gegeben worden, wenn man eine grosse
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kr�ftige, gute Nachzucht haben will. Vor Staub, Spreu u. drgl. ver-
schimmelten, verschlemmten Heu kann nicht genug gewarnt werden, in-
dem dieses immer auf die Lunge, dieses so wichtige Organ f�r Thiere
welche zum schnellen, ausdauerndem Dienste bestimmt sind, von gros-
sem Nachtheil ist.
Allein auch alles �brige, Stallpflege, Bewegung und
Erziehung, Nahrung and Wartung, Besch�tzung gegen
alle derEntwicklung und der sch�nen ungest�rten Aus-
bildung entgegenstehenden Ein wi rkungen m�ssen zusam-
mentreffen um eine m�glichst sch�ne und m�glichst vollkommene Zucht
hervorzubringen. Sie l�sst sich nicht erwarten und denken ohne Er-
f�llung dieser k�nstlichen Mittel
Ferner sieht man hieraus, dass die Anschaffung einer oder meh-
rerer noch so theueren und edlen Hengste sei es nun zur Verwendung
in einem Gest�tte, sei es f�r die Landespferdezucht erst dann recht
nutzbringend wird, wenn alle anderen Bedingungen zur
Erzielung einer guten Nechzuc ht sich damit verbinden.
Es brauchen nur bei der Auswahl der Stuten die man
diesem Hengste zuweist, grobe Fehler gemacht zu wer-
den, und der beste Hengst wird an Renome" als Vater-
pferd verlieren.
Und hat mau nun endlich wirklich gute Pferde erzogen, so ma-
chen oft die unsinnige wohl ganz natur- und dem vorliegenden Zwecke
zuwidere Verfahrungsweise in der Dressur, namentlich der Reitpferde
alle M�he und Kosten des Z�chters gewissermassen zunichte und stem-
peln manches Pferd zu einer M�hre, welches vielleicht bei richtiger
Behandlung fehlerfrei geblieben und der besten Leistungen f�hig ge-
worden w�re.
Ich erinnere abermals an meine Bemerkung von der Seite �3.
Zur Hebung der Pferdezucht eines Landes ist vor allem nothwen-
dig : Erweckung und Bef�rderung des Interesses f�r ver-
edelte Pferdezuc ht; verbunden mit Verbreitung guter
Pferdekenntniss �berhaupt. Die Mittel dazu sind:
�ffentliche Probeleistungen und Schaustellungen
sowohl der Zuchtthiere als der Produkte. Diese m�ssen im
allgemeinen so eingerichtet sein, dass Reich und Arm daran Theil neh-
men, dass auch dem Vergn�gen, entsprechend den Nationalcharakter
der Provinz Rechnung getragen werde. Anf�nglich lockt viele die Neu-
gierde und das zu erwarteude Vergn�gen an; das thut nichts, Auch
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diese sehn, h�ren, sprechen sich aus, mit einem Worte: Die Kon-
kurrenz wird bef�rdert.
In England waren in dieser Beziehung die Rennen und die Jagd
die m�chtigsten Hebel, um die vorz�glichsten Pferde zu erkennen und
allgemeine Pferdekenntniss zu verbreiten. Im Nachstreben sich die in
England befolgten Grunds�tze immer mehr anzueignen haben auch auf
dem Continent Rennen und Jagdreitkunst bereits eine bedeutende Aus-
dehnung gewonnen, und sie werden gewiss nicht verfehlen ihren gros-
sen Werth und Einfluss f�r edle Pferdezucht aus�ben. Es ist �berall
w�nschenswerth sie nicht blos als Modesache einseitig nachzuahmen
und sich dabei von allen Uebeln und Anh�ngseln fern zu halten, welche
sich nach und nach aus Gewinnsucht und kaufm�nnischen Spekulation -
geist eingeschlichen haben.
Mit einem Worte man muss Rennen und Jagd ben�tzen
um die h�chste Leistungsf�h igk eit des edelst en Pfer-
des zu pr�fen und zu erkennen nicht aber z�chten, blos um
einen Preis auf der Rennbahn zu gewinnen. Was anf�nglich auch in
England, Mittel war, ist jetzt vielfach Zweck geworden und daraus
ist alles das entstanden, was man jetzt Uebel und Anh�ngsel der Ren-
nen nennt, das man wieder beseitigen m�sste oder wenigstens nicht
nachahmen sollte.
An manchen Orten, z. B. in Berlin, wenn ich nicht irre, sind mit
dem Rennen �ffentliche Produktionen vorz�glich gut zugerittener Pferde
verbunden. Es w�re zu w�nschen, dass dieses eine sehr verbreitete
Anwendung f�nde, namentlich jetzt wo fast in jedem Cavallerie-Rogi-
mente allj�hrlich vom Offizierscorps arrangirte Rennen stattfinden;
es w�re hierdurch das Mittel gegeben, dass die allerdings sehr zu
sch�tzende Eigenschaft der Schnelligkeit nicht allein, sondern auch die
Geschicklichkeit, Gewandheit und methodische Dressur ihre Geltung
behielten.
Diese Produktionen m�ssen f�r Jedermann zug�nglich sein;
vor Sachverst�ndigen festgesetzte Bestimmungen haben anzugeben, was
Reiter und Pferd leisten m�ssen, um den 1., 2., etc. Preis
zu gewinnen. Anf�nglich d�rften Pferde aus alleu L�ndern dabei kon-
kurriren, mit dem Beisatze, dass bei gleichen Leistungen und
Eigenschaften das inl�ndische Pferd den Vorzug hat.
Um auch demjenigen Theile der P erdebesitzer, welche nur Zug-
pferde halten (ine sie unmittelbar ber�hrende Anregung zu geben und
dadurch das Interesse so weit als m�glieb verbreitet zu erwecken, so
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m�ssen �ffentliche Leistungen im leichten und schweren Zuge sowohl
f�r innl�ndische als vom Ausland eingef�hrte �ltere Zucht-
t h i e r e nur f�r innl�ndische Nachzucht abgehalten
werden.
Werden diese Leistungsprobeu an demselben Orte und zu der-
selben Zeit abgehalten, wo die Rennen f�r Vollblutpferde stattfinden,
so w�rde dieses sehr zur allgemeinen Verbreitung von Pferdekenntniss
und zur Anregung dienen.
Obwohl f�r alle diese Leistungen vom Staate oder reichen Priva-
ten Pr�mien bestimmt sein sollen, so werden diese doch nie oder sel-
ten so hoch sein k�nnen, dass man der Pr�mie wegen, die Leistung
untern�hme, sondern der Hauptvortheil ist: Erkennung der Lei-
stungsf�higkeit der Zuchtthiere und des Pferdes �ber-
haupt, Verbreitung von Kenntnissen �ber Pferde,
deren Pflege, Wartung, Vorbereitung zu diesen Lei-
tungen, Interesse, Handel u. s. w. u. s. w. was alles drum
und dran h�ngt.
Pr�mien f�r besonders wohlgebildete F�llen haben
den Zweck, dem Z�chter eine Freude zu machen, dem �rmeren einen
kleinen Ersatz f�r die Aufzugskosten zu gew�hren und ihn zu bewegen
das F�llen nicht allzuschnell zu verkaufen, es der Commission in gu-
tem Stande vorzuf�hren u. s. w.
Pr�mien f�r Stuten, die sich durch gute Nachkommenschaft
hervor hun, dienen dazu, den Z�chter zu bewegen, die Stute nicht zu
verkaufen, sondern zur Zucht zu behalten.
Es wird dieser Zweck namentlich dann erreicht, wenn dieselbe
Stute mehrere Jahre um eine Pr�mie konkurirren kann.
In Staaten, wo nnch Mangel an edlen Pferden ist, muss von der
Staatsregierung den Privaten an die Hand gegangen werden, um edle
Pferde, sowohl Hengste als Stuten zum Zwecke der Zucht vom
Auslande einzuf�hren.
Er�ffnung aller m�glichen Wege zum guten Absatz der
Produkte. Es besteht wohl jetzt �berall kein Hinderniss gute Produkte
auch gut zu verwerthen; Ausfuhrverbothe oder sonstige Zwangsmass-
regeln die Produkte der edleren Pferdezucht im Lande zu behalten,
in der Meinung dadurch die Anzahl der edlen Pferde zu vermehren
hat sich nirgends als zweckm�ssig bewiesen.
Ungehinderter Verkehr, �ffentliche Probeleistungen, Aussicht auf
gute Verwerthung der Produkte, weil edle Produkte einen
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Platz finden, wo sie verwendet werden k�nnen, sind bei
weitem zweckm�ssigem Mittel.
Ein sehr gesch�tztes Werkchen »Skizzen �ber Pferdezucht und
Pferdewesen gesammelt auf einer Reise durch England und Frankreich
von einem anonymen Verfasser« sagt in dieser Beziehung:
»Wie das Menschengeschlecht nun einmal ist, so sind Ehrgeiz,
»Vergn�gen und Interesse die Hauptmotive jeder menschlichen An-
»strengung, die weder durch Ehre und Pflichtgef�hl geboten ist, noch
»durch Strenge erzwungen werden kann.
»Auf unser Thema angewendet; erreicht man diesen Zweck am
»ehesten durch Rennen, Jagd und Pr�mien. Wer w�rde sich in England
»mit der Vollblutzucht abgeben, wenn nichts dabei zu gewinnen w�re?
»Wer w�rde Jagdpferde erziehn, wenn keine Parforcejagd existirte, und
»daher kein Absatz f�r diese Gattung Pferde zu hoffen w�re? Und
»doch sind beide nothwendig zur bessern Zucht und darin liegt ihr
�Nutzen f�r das Allgemeine.
»Mit ihnen wird das Reitpferd, das Luxuswagenpferd, das edlere
»Kriegspferd, jedes wird besser � ohne sie producirt das Land nur
»gemeine Pferde wie sie der gew�hnliche, b�rgerliche Gebrauch
»begehrt.«
Vereine von einzelnen Privaten oder Gemeinden zur Anschaf-
fung und Erhaltung von bessergezogenen, edleren Hengsten und Stu-
ten k�nnen sehr viel Gutes stiften und zur Verbreitung verbesserter
Pferdezucht viel beitragen. Solche Vereine m�ssen sich dann dar�ber
klar sein, ob sie �berhaupt edle Pferde zu ziehen beabsichtigen , und
diese zum eigenen Gebrauch zu behalten oder anderweitig in den Han-
del zu bringen;
oder ob es ihre Absicht ist, die Landeszucht einer Ge-
gend, einer Provinz zu heben, indem nach ihrer Meinung von
Seiten des Staates in dieser Beziehung nichts oder nicht genug ge-
than w�rde.
Im eisten Falle werden sich diese Vereine edles Zuchtmate-
riale, sowohl m�nnliches als weibliches, anzuschaffen suchen;
im zweiten verweise ich auf das �ber Verbesserung einer Lan-
despferdezucht mittelst Kreuzung Gesagte.
Solche Vereine m�ssen sich nebstdem als der intelligentere Theil
zur Aufgabe machen , veraltete Ansichten, Vorurtheile, Aberglauben
u. s. w. zu berichtigen, und dieses geschieht am wirksamsten durch
voranleuchteiides Beispiel; denn der ungebildete rohe Mensch will alles
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mit H�nden greifen k�nnen; Gibt es in vielen D�rfern einzelne Land-
wirthe, die den �brigen thats�chlich zeigen, das ein sorgf�ltig und bes-
ser belaubter Boden mehr und bessere Fr�chte tr�gt, dass ein edleres
F�llen theuerer verkauft wird, als ein gemeines, dass ein in einem ger�u-
migen , hellen luftigen Stalle, auf einem wie oben erw�hnten Tummel-
platze sich bewegendes, ein auf guter Weide oder sonst mit ge-
sundem Futter ern�hrtes �berhaupt naturgem�ss, richtig behan-
deltes F�llen besser gedeiht, dass es gesundere, reinere Beine,
bessere Augen beh�lt, als wenn gegentheilig behandelt, dass es dann ent-
weder die eigene Arbeit besser verrichtet, oder dem H�ndler ein sch�nes
St�ck Geld abzwingt, � wenn solche Thatsachen nicht mehr einzeln, son-
dern oft vorliegen, so werden in der k�rzesten Zeit ganze D�rfer folgen.
Den Landwirthschafts- und Ackerbauvereinen, verbunden mit denen
vom Staate zur Leitung der Pferdezucht Angestellten (m�gen diese nun
Offiziere der Gest�ts - Branche, Landgest�ttsdirektoren oder wie immer
heissen, ihre Aufgabe bleibt dieselbe), gest�tzt und gehoben durch die
Ministerien des Krieges und des Innern �ffnet sich hier ein weites segens-
reiches Feld.
F�r alle F�cher des Wissens gibt es vom Staate eingerichtete und
unterhaltene Lehr- und Bildungsanstalten, warum nicht auch f�r die
Pferdewissenschaft! ? Man wird sagen, dass dieses Gegenstand der land-
vvirthschaftlichen und Thierarznei-Institute sei. Es ist dieses in dem Sinne,
wie ich es meine, nicht gen�gend und ich bef�rworte eine Lehranstalt, wo
die Aufzucht, Gest�ttskunde �berhaupt, das Anlernen zur Arbeit, die Er-
n�hrung, Behandlung, Leistungen im Fahren und Reiten theoretisch und
praktisch gelehrt und ge�bt w�rden. Dieser Unterricht Hesse sich wohl mit
den meisten Staatsgest�tten verbinden und die Gemeinn�tzigkeit w�rde
haupts�chlich dadurch eintreten, dass Jedermann, der die dazu n�thigen
Bedingungen erf�llt, daran Theil nehmen k�nnte. Werden in Thierarznei-
Instituten nur Thier�rzte gebildet, so m�sste der Unterricht an diesen
Anstalten die Bildung von Pf er defachm�un er n und solchen, deren
Lebensaufgabe den Besitz und die Behandlung der Pferde erheischt, an-
streben. Dadurch w�rde namentlich den gr�sseren und kleineren Land-
wirthen Gelegenheit gegeben, sich im Pferdewesen Kenntnisse zu sammeln,
die sie dann wieder n�tzlich anwenden k�nnen. Mit den Kenntnissen
w�chst das Interesse an einem Gegenstande, es wird das Denken geweckt,
der Fortschritt bef�rdert, an der Hand eines t�chtigen Lehrers findet
einer bald den rechten Weg, den er sonst wohl erst nach vielen Jahren,
misslungenem Streben, eigenem Schaden, nicht Bef�rdern des Gemeinwohles,
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u. s. w., auch wohl entdeckt, oder auch trotz allem Streben bis an sein
Lebensende im Finstern tappt.
Ist es Aufgabe der Staatsgest�tte sich selbst nach und nach entbehr-
lich zu machen, d. h. ist es das Ziel die Landespferdezucht so zu heben,
dass die einzelnen Privaten der Unterst�tzung des Staates nicht mehr be-
d�rfen, so w�rde die Einrichtung und Unterhaltung einer solchen Bildungs-
anstalt gewiss ein wesentlicher Schritt sein um dieses Ziel je eher zu
erreichen.
In den k. k. �sterreichischen Staaten ist in neuerer Zeit manches
ins Leben getreten, um die Zucht edler Pferde immer mehr in die H�nde
Einzelner und vieler Einzelner zu bringen. Hierin geh�rt namentlich die Ein-
richtung, dass jeder Privatmann seine geeignete Stute von den in Staats-
gest�tten aufgestellten Pepinierhengsten, worunter sich viele Originalara-
ber und englische Vollbluthengste befinden, gegen ein gewisses, nicht
hohes Sprunggeld decken lassen kann.
(Von den in Kis-Ber stehenden englischen Vollbluthengsten nenne
ich nur Teddington, Daniel 0' Rourke, Deutsche Mich'l, Virgilius und f�hre
beispielweise an, dass f�r die diesj�hrige Belegzeit (1864) bis zum 25.
M�rz hundert Stuten im Besitze von Privaten angemeldet waren.)
Ferner dass einzelne Hengste f�r die ganze Belegzeit gegen eine
bestimmte Verg�tung von Privaten gemiethet werden k�nnen. Es ist die-
ses ein sehr anerkennenswerther Fortschritt von der jetzigen Oberleitung
der Pferdezucht, denn das Anschaffen und Halten eines oder mehrerer
edler Hengste ist f�r den Privatmann meist mit sehr viel Schwierigkeit
verbunden.
In England hat es nie grosse Staats-Gest�ttsanstalten gegeben; das
Gest�tt der K�nigin zu Hamptoncourt bestand, als ich es im Jahre 1868
besuchte; aus 83 Mutterstuten und drei Vaterpferden. In diesem Gest�tte
wird nur das beste Vollblut gez�chtet, alle F�llen werden einj�hrig an den
Meistbietenden verkauft, damit das beste Blut immer wieder in die
H�nde vieler Einzelner k�mmt; es ist nichts seltenes, dass einj�hrige
Hengstf�llen f�r 1000 Guinees, d. i. 10000 fl. �sterr. W�hrg. verkauft
werden. Die K�nigin beh�lt nie ein in diesem Gest�tte gezogenes Pferd
zum eigenen Gebrauch, damit keines dieser h�chst edlen Thiere der Pri-
vatzucht entgehe.
Der schon erw�hnte anonyme Verfasser eines Werkchens �ber Pfer-
dewesen sagt:
»Es gibt in England, wie bekannt, keine grossen Gest�tte; die gr�ss-
«ten Zuchtanstalten bestehn aus h�chstens 20 Stuten; aber jeder der
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»Grund und Boden hat, h�lt deren einige nach Massgabe seiner Mittel,
»seines Bedarfes, oder seiner Liebhaberei; der eine zieht Vollblut f�r die
»Rennbahn, der andere edel Halbblut f�r die Jagd, die P�chter zielin im
»allgemeinen Arbeits- und Wagenpferde, obwohl sie meistens auch noch
»nebenbei ein Jagdpferd zu produciren suchen.
»Einige Leute halten blos Hengste, die gegen eine Verg�tung decken;
»Halbblut und mindere Vollbluthengste reisen im Fr�hjahre in einem ge-
»wissen Distrikte herum; die besseren Vollbluthengste sind station�r
»und die Stuten werden oft von weit her zu ihnen geschickt, wo sie ab-
»fohlen und in welchen Lokalit�ten Alles zu deren zweckm�ssiger Unter-
»kunft vorgerichtet ist.
(Ich sah selbst eine solche Anstalt zu Rudcliffe bei York: man nennt
sie Stud-Farm, es standen zur Zeit dort [0 Vollbluthengste, worunter der
ber�hmte Newminster, Vaterpferd erster Klasse; in Hamptoncourt
sah ich den ebenso ber�hmten Orlando, und in Askee bei Richmond den
Voltigeur beide Vaterpferde I. Klasse.)
»Ist die Nachkommenschaft eines solchen Hengstes gut, d. h. lei-
»stet sie etwas Gutes, so ist er auch eine sch�neEinnabmsquelle f�r sei-
»nen Besitzer. Darum wird es auch so schwer, einen erprobten Hengst
»erster Klasse zu kaufen, da er seinem Eigenth�mer so viel Geld ein-
»bringt, und dies der Massstab f�r seinen Preis ist.
»So wurde der 19 Jahre alte irl�ndische Hengst Irish-Birdcatcher
»nach dem Rennen in Epsom, wo sich seine Descendenz hervorgethan
»hatte, von seinem Besitzer f�r dieses Jahr (1853) um 1000 Pf. St. ■=
»(0000 fl. �sterr. W�hrg. vermiethet; Mr. Jacques, der ihn gemiethet,
»er�ffnete auf der Stelle eine Subscription auf 40 Stuten � 80 Pf. St.
»ausser seinen eigenen und in einer halben Stunde waren 38 subscribirt,
»was eine runde Summe von 2000 Pf. Rente ausmacht. Flying Dutchman
»wurde, nachdem er die Rennbahn verlassen, in f�nf Antheilen zu 1000
»Pf. St. jeder verkauft, und deckt zu 30 Pf. Fallen seine Produkte gut
»aus, so wird er auf 50 Pf. steigen. Ebenso eintr�glich sind Orlando,
»Slane, Melbourne, Chatham, Touchstone, Surplice und noch viele
»andere.
»Eine gute Stute, die ein vorz�gliches F�llen gebracht, ist f�r den
»Besitzer gleichfalls ein gutes Einkommen, indem er ein gesundes Saug-
»f�llen sehr leicht um den Preis von 200�500 Pf. verkaufen kann; wie
»z. B. Cyprian, die ihrem Besitzer mit ihren Siegen auf der Rennbahn und
»denen ihrer Descendenz, mit dem Erl�s f�r diese bei 16000 Pf. ein-
»getragen hat. Crucifix, Barbelle, Industry geh�ren ebenfalls in diese
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..Klasse und siud wahre Kapitalien; ich habe mehrmals 1000 Pf. f�r
-den einj�hrigen Hengst zur�ckweisen sehn.
»Das sind h�bsche'Pr�mien und lohnen f�r gute Zucht; w�ren aber
»keine Rennen und nichts mit den Produkten zu verdienen, so w�rde sich Nie-
»mand der M�he und der Kosten der Vollblutzucht unterziehn; das h�rte
»alles mit einem Male auf und damit ginge auch die Qualit�t aller andern
»Pferde zur�ck.
»Man glaube aber ja nicht, dass man das Vollblut in der Zucht ent-
behren k�nne, wenn man etwas besseres als ein Acker- oder Postpferd
»produciren will. Soll nun der Staat allein Vollblut erziehn?
»Bedenkt man, dass selbst in England, wo doch das ausgezeichnetste
»Material vorhanden ist, sowie wir es uns gar nicht verschaffen k�nnen, 30
..Vollblutpferde geboren werden, bis eines werth erachtet wird, als
»Vaterpferd einen Ruf zu bekommen, � dann aber auch reichen Ersatz
»biethet, � so wird es klar, dass es der Regierung, die noch f�r so vieles
»andere zu sorgen hat, zu theuer kommen m�sse, diese Auslagen allein
»zu bestreiten.
»Das Publikum muss zur Mithilfe aufgefordert, es muss ihm aber
»auch Lust gemacht, und demselben die Sache erleichtert werden, bis
■■dieser Industriezweig so weit erstarkt ist, um auf eigenen F�s-
»sen gehn zu k�nnen.
»In England wird von allen Klassen vom Herzoge bis zum P�chter
»herab die Zucht betrieben, und nur die Menge der Z�chter bringt die
»Masse von Vollblutpferden hervor, worunter doch immer in der Folge
»sich einige ausserordentliche Vaterpferde herausstellen, die dem Lande
»zu Gute kommen ; die Mindern sind auch sehr gut zum anderweitigen
»Luxusgebrauche und zum Handel, und so erreicht die Regierung mit
»geringen Mitteln grosse Resultate. Es ist eine Lotterie, jeder hofft zu
«gewinnen und strengt sich an, wenigen gelingt es; wer aber am meisten
»dabei profitirt, ist der Staat, durch den Reichthum an edlen Pferden den
- das Land durch diese einfache Prozedur besitzt, und welchem die ganz
- civilisirte Welt in dieser Beziehung zinsbar ist.
»Der Vortueil der kleineren Zuchtanstalten im Vergleich mit gros-
»sen, ist der, aller kleinen Wirthschaften: der leichten Aufsicht, � der
»durch gr�ssern Raum gestatteten, kr�ftigeren Ausbildung � und daraus
»hervorgehenden Vermeidung von Calamit�ten wie sie in grossen Gest�t-
»ten einreissen, wo hunderte von Thieren aufgeh�uft sind, und gew�hn-
.. liehe Jugendkrankheiten einen epidemischen und verderblichen Charakter
»annehmen, und die oft eine solche Ausdehnung erreichen, dass
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«die beste Aufsicht und das redlichste Bem�hen sie nicht mehr be-
»w�ltigen k�nnen.
»Man kann annehmen, dass es ein Vortheil f�r den Staat ist, wenn
»er sich mit der direkten Produktion so wenig als m�glich befasst, diese
»jedoch im Laude �berwacht und unterst�tzt, das Publikum durch ge-
»eignete Mittel aufmuntert und geneigt macht, sich der Zucht edler
»Pferde mit mehr Eifer zuzuwenden, diese dadurch allgemein wird, und
»damit die grossen Gest�tte, die unter andern Verh�ltnissen so
»nothwendig sind, nach und nach entbehrlich werden.«
Ankauf von Pferden.
Ausger�stet mit guten Kenntnissen �ber die Bauart, den Gang,
die Gesundheit des Pferdes bedarf man zum Ankaufe von Pferden
auch Kenntnisse der mancherlei Gebrauchszwecke, wozu der Mensch
das Pferd verwendet um nicht etwa einen Karrengaul zu acquiriren,
wenn man ein starkes, knochiges Reitpferd suchte, oder einen Hitz-
kopf ankauft, wenn man aufgefordert war, f�r einen Gesundheitsreiter
ein angenehmes Reitpferd zu erwerben, oder ein Pferd, das im Bau
und in Folge l�ngeren Gebrauches allerhand Fehler an den Knochen
hat, zu jedem Gebrauche g�nzlich verwirft, indem man nicht zu beurtheilen
weiss, zu welchem Gebrauche dieses Pferd noch sehr verwendbar ist
u. s. w. u. s. w. Der Leser wolle sich zur bessern Orientirung alles
dessen erinnern, was ich �ber den Unterschied von Pferde-
kenntniss undFehlererkenntnissbei Pferden gesagt habe.
Aber ausser der Pferdekenntniss ist auch Menscheukenntniss n�-
thig, so wie man erfahren sein muss, in der Art und Weise, wie der
Verk�ufer sucht seine Waare in das beste Licht zu stellen; in Folge
seiner Menschenkenntniss der Eitelkeit oder Schwachheit des K�ufers
alsbald zu schmeicheln weiss u. s. w.
Sagt man von einem Pferdeh�ndler, dass er einen guten Geschmack
habe, so beweisst dieses eben, dass er die W�nsche der Bewohner
einer grossen Stadt, der Offiziere und Remontenankaufscommissionen
u. s. w. kurz des Pferdekaufenden Publikums zu befriedigen weiss, und
da diese W�nsche je nach Kenntniss, Gebrauchsweise, Geldkr�ften
u. s. w. sehr verschieden und mannichfaltig sind, so hat auch ein
umsichtiger Pferdeh�ndler, der sein Gesch�ft einigermassen im Gros-
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nen betreiben will, gar mancherlei Pferde n�thig und der Kauflustige
nmss eben wissen, das herauszufinden was er braucht.
Der Geldwerth eines Pferdes ist stets sehr relativ und wer auf
den Handel ausgeht, muss vor allen Dingen �ber zwei Punkte mit sich
im Beinen sein und zwar:
Zu welchem Zwecke suche ich ein Pferd und was
kann ich daf�r bezahlen? Eine weitere Ausdehnung dieser bei-
den Fragen ist; Kaufe ich f�r mich, oder habe ich Auftrag f�r einen
Anderen zu kaufen, ist der Andere gegenw�rtig oder abwesend?
Ob man nun in was immer f�r einer Absicht ein Pferd kaufen
will, so gibt es gewisse allgemeine Regeln, die man unter allen Be-
dingungen beobachten muss. Die Besichtigung �berhaupt zerf�llt in jene
im Stalle und in jene ausser demselben, indem man sich das Pferd
vorf�hren, reiten oder fahren l�sst und endlich es selbst probirt.
Bei der Besichtigung im Stalle beobachtet man oh das Pferd bei
Ann�herung eines Menschen oder einem Ger�usch sich leicht aufgeregt
und schreckhaft zeigt, und kann in diesem Falle urtheilen, dass das
Pferd �berhaupt furchtsam ist, oder durch die Peitsche des H�ndlers
aufgeregt mehr Temperament verrathen soll als es wirklich besitzt.
Man sieht ob das Pferd Krippenbeisser, Windk�cker oder ein
Weber ist, ob es sich selbst �berlassen traurig oder munter erscheint,
versucht ob es sich die F�sse willig antasten und aufheben l�sst, ist gegen-
w�rtig, wenn es 'gesattelt, gez�umt oder angeschirrt wird, und kann hierbei
sehr vielfach beobachten, ob das Pferd alles dieses willig leidet, oder ob es
Unwillen, Missmath, Kitzlichkeit Spannengegen den Sattel-und Gurten-
zwang u. drgl. zeigt. Hat man Zeit und Gelegenheit, das Pferd beim Fressen zu
beobachten, um so besser. Manches Pferd koppt nur auf h�lzernen Krip-
pen, wird es daher an steinernen unterlassen, f�ngt aber wieder an, so-
bald es an h�lzerne kommt. Im Stalle eines H�ndlers wird man nie-
mals Heu auf der Raufe oder Hafer in der Krippe finden, wenn das
Pferd nicht gerade beim Futter ist. Denn das w�rde verrathen,
dass das Pferd schlecht frisst; der H�ndler f�ttert seine Pferde
desshalb auch immer nur mit sehr kleinen Gaben, damit, wenn ein
K�ufer das Pferd fressen sehn wollte, es stets Appetit zeigt. Ein Ge-
r�usch mit der Futterschvvinge oder am Haferkasten veranlasst dann
auch die Pferde mit gespitzten Ohren die K�pfe zu erheben, dadurch
gewinnen sie ein gr�sseres, munteres Ansehen. Das sogenannte Pfef-
fern wird �fter in der Gegenwart des K�ufers, ohne dass es derselbe
merkt, ausgef�hrt, indem der H�ndler das Pferd vor dem Herausf�hren
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jedesmal abwischt, M�hnen und Schweif ausk�mmt oder mit der B�rste
dar�berf�hrt und bei dieser Gelegenheit wird der Pfeffer beige-
bracht.
Das Schweiftragen des gepfefferten Pferdes unterscheidet sich von
dem nat�rlichen dadurch, dass ersteres auch im Stehn den Schweif tr�gt
und eine zitternde Bewegung damit macht. Bemerkt man beim Aufz�u-
men, dass sich an dem Stangengebiss ein Zungenspiel befindet, so kann
man urtheilen, dass das Pferd beim Reiten oder Fahren die Zunge heraus-
h�ngen l�sst, oder dieselbe �ber das Gebiss zieht. Ersteres sehr h�sslich,
beides die gute Anlehnung beeintr�chtigend.
Die Unarten der Pferde im Stalle sind gar mannichfach, ohne dass
dadurch immer die Gebrauchst�chtigkeit beeintr�chtigt w�rde. Ich habe
z. B. sehr arbeitst�chtige Pferde gekannt, welche die Untugend des We-
bens hatten.
Im Stalle des H�ndlers ist in Gegenwart des K�ufers immer Jemand
um die Pferde besch�ftigt, damit sie wo m�glich an der Aus�bung irgend
einer solchen Untugend verhindert werden; man thut desshalb sehr wohl,
es dahin zu bringen, die Pferde ungest�rt beobachten zu k�nnen. Erw�h-
nen muss ich hier, dass man zu einem unbekannten Pferde nie in den
Stand gehen soll, ohne vorher dureh Ansprechen die Aufmerksamkeit des
Pferdes auf sich gelenkt zu haben; denn manches Pferd wird ohne diese
Vorsichtsmassregel erschreckt, schl�gt auch wohl nach dem fremden
Menschen und in den Augen des Kenners erscheint man dann nicht als
ein Pferdemann, wornach der H�ndler dann auch wohl sein ferneres Be-
nehmen gegen�ber des K�ufers einrichtet. Im Stalle des H�ndlers wird
man nie ein ungeputztes Pferd sehn, denn ein jedes wie es vom Reiten
oder Fahren nach Hause k�mmt, wird sogleich wieder sauber gemacht,
damit ein sp�ter kommender K�ufer es wieder rein erblickt, und nicht auf
den Gedanken kommt, es sei vor kurzem probiert worden, ohne gekauft
zu werden. Uebrigens pflegt der H�ndler allen seinen Pferden fr�h Mor-
gens ehe die K�ufer kommen, Bewegung zu machen, sei dies unter dem
Sattel oder im Geschirre, theils damit der Stallmuth nie aufkomme,
theils um bereits auf den Beinen abgen�tzte Pferde weniger steif
erscheinen zu machen, wenn ein K�ufer k�mmt. Auch ist in den
Stallungen vieler Pferdeh�ndler, der Gang inmitten des Stalles etwas
niederer als die Pferdest�nde, wodurch die Pferde f�r den Beschauer
gr�sser erscheinen.
Ebenso geh�rt es zum Arrangement des Stalles eines Pferdeh�ndlers,
dass die minder h�bschen und guten Pferde zun�chst des Einganges stehu
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damit sich bei weiterer Besichtigung der auf den muthmasslichen K�ufer
hervorgebrachte gute Eindruck steigere; ebenso r�hmt ein kluger H�nd-
ler stets den guten Fortgang seines Gesch�fts, indem dieses das Vertrauen
des K�ufers erh�ht. Die Halftern sind meistens von weissen Gurten, was
einen freundlichen Anblick gew�hrt; Decken, Gurten, �berhaupt die ganze
Stallordnung muss auf Wohlhabenheit und Sachkenntniss schliesen
lassen.
Ist nun die Besichtigung im Stalle beendet, dass man das Pferd auch
draussen sehn will, so ben�tzt man gleich die Stallth�re um die Augen
zu untersuchen, indem bekanntlich sich die Reizbarkeit der Pupille am
besten darstellt, wenn das Pferd aus einem dunklern in einen hellem Raum
gef�hrt wird. Auch muss man gleich in diesem Momente beobachten, ob
das Pferd schon die ersten Schritte aus der Ruhe, frei, schmerzlos und mit
beweglichen Gelenken ausf�hrt.
Bei dieser Gelegenheit �berzeugt man sich auch vom Alter, indem
man die Z�hne betrachtet. Man kann annehmen, dass, wenn ein Pferd vom
Verk�ufer selbst 9 oder lOj�hrig angegeben wird, es auch meistens etwas
�lter ist, indem vom 9. Jahre an, die Z�hne das Alter nicht mehr ganz
deutlich erkennen lassen, (Siehe oben) und ein Pferd unter 9 Jahren mei-
stens einen gr�sseren Handelswerth hat, als ein �lteres.
(Allerhand Manipulationen betr�gerischer Pferdeh�ndler um ein
Pferd j�nger oder �lter erscheinen zu machen, siehe Lehre vom
Alter.)
Das Vorf�hren eines Pferdes wird von den vielen Verk�ufern oder
H�ndlern sehr verschieden ausgef�hrt und auch hierbei getrachtet, die
Waare so vortheilhaft als m�glich erscheinen zu lassen. (Viele nennen
schon dieses Streben des H�ndlers Betrug, was ich nicht billigen kann,
denn jeder Kaufmann sucht durch geschicktes Arrangement seines Ladens
die K�ufer anzulocken und seine Waare an den Mann zu bringen. Warum
nicht auch der Pferdeh�ndler? Aber die K�ufer gehn h�ufig mit sehr
grossen Leichtsinn zu Werke, die eigene Uukenntniss, welche ein-
zugestehn man zu eitel oder schwach, ist dann gleich geneigt alles dem
Verk�ufer zur Last zu legen. Man k�nnte �ber dieses Thema manches
Wort sprechen.) Ein Tferd z. B. das vorn etwas niedriger oder zum h�n-
gen in die Knie geneigt ist, wird mit hochgehaltenem Kopfe mit den Vor-
derf�ssen auf einen etwas erhabenen Platz gestellt; einem Pferde das
allzukurz in seinem Baue ist, oder mit den Vorderf�ssen unter sich steht,
wird alsbald das Strecken gel�hmt; ein Pferd, das einen unreinen Gang
hat, kreuzt, fuchtelt etc. wird an einem langen Z�gel gef�hrt, damit es
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bald springend, bald Trabb, bald Galopp gehend, durch die Peitsche
in der geh�rigen Furcht gehalten diesen Gang oder ein geringes Lahm-
gehn nicht erkennen l�sst. Hat das Pferd einen reinen, sch�nen Gang,
so wird dieser durch ruhiges, festes Halten des Kopfes mit ausge-
strecktem Arm des F�hrers noch mehr hervorzuheben gesucht; der
praktische, erfahrene Pferdekenner weiss �berhaupt, dass sich manche
Pferde beim Vorf�hren in einem viel bessern Lichte zeigen, als
unter dem Reiter oder im Geschirre, wo die Last des Reiters, der
Zwang vom Zaum und Sattel in manchen F�llen das ebenvorgef�hrte
Pferd kaum wieder erkennen lassen.
Beim Pferdeh�ndler sind sonst alle Pferde darauf einge�bt, sich
beim Vorf�hren von der vortheilhaftesten Seite zu zeigen und es
werden alle Mittel aufgeboten ein tr�ges Pferd oder ein solches das
wenig Gang hat in einen aufgeregten Zustand zu versetzen um es we-
nigstens f�r diese paar Minuten temperamentvoll und mit freiem Gang-
werk versehen erscheinen zu lassen.
Hat man die Absicht ein Paar Wagenpferde zu kaufen, so lasse
man auch diese sich erst einzeln zeigen, denn der H�ndler ist im-
mer geneigt, sie gleich beide nebeneinander hinzustellen und auch mit-
einander vorzuf�hren, indem es f�r den Beschauer viel schwerer ist,
zwei Pferde zugleich zu besehn, ihren Gang, ihre K�rperformen u. s. w.
zu beurtheilen.
(Was man gew�hnlich unter egale Wagenpferde versteht, siehe
oben.)
Ohne mich in eine detaillirte Auseinandersetzung aller sogenann-
ter Rosst�uscherk�nste einzulassen, will ich hier den Leser doch auf
einiges dahin geh�rige aufmerksam machen. Z. B. geht ein Pferd an
einem Beine etwas lahm, weil es geringen Sp�th oder sonst einen
Knochenfehler, etwas schmerzhaften Huf, Sehne o. drgl. hat, so wird
zuweilen dem Pferde absichtlich an demselben Beine eine �ussere �bri-
gens unsch�dliche Verletzung beigebracht, und dieses als die Ursache
des Lahmens dargestellt. Bei etwas voller Hufsohle und zu niederen
Trachtenw�nden, werden diese frisch beschnitten, dem ungeschickten
Schmied die Schuld gegeben und dabei gesagt, dass die Trachten ja
l�ngstens in 14 Tagen wieder hinl�nglich gewachsen sein w�rden, was
dann aber in diesem Falle wegen der mangelhaften Hufbildung nicht
eintritt. Spr�nge im Horn werden �fter mit Wachs verklebt, empfindli-
chen Hufen wird eine Filzsohle unter das Eisen gelegt u. s. w.
Da nun wie sich der Leser erinnern wird, schon weiter oben dar-
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gestellt wurde, welch' wichtiger K�rpertheil der Huf ist, und dass an
den Vorderh�fen viel �fter Fehler vorkommen, als an den hin-
tern, so bleibt es unumst�ssliche Regel, die Vorderh�fe nicht allein
im Gange genauestens zu beobachten, sendern sie auch durch Aufheben
des Fusses nach allen Seiten zu besehn, auch selbst dann oder viel-
leicht um so mehr dann, wenn das Pferd �brigens noch so sch�n und
entsprechend erscheint.
Ausser dergleichen Praktiken um Fehler zu verstecken unterl�sst
es der Pferdeh�ndler nie den muthmasslichen K�ufer auf die sch�nern
Parthien um so mehr aufmerksam zu machen, oder auch wohl einen
unbedeutenden Fehler einzugestehn um die Aufmerksamkeit von einem
gr�sseren abzulenken, und dabei vielleicht einige schmeichelhafte Reden
�ber die bekannte Pferdekenntniss, Reit- oder Fahrkunst des Herrn
einfliessen zu lassen, wie sich ein schlecht aussehendes Pferd, (weil es
ein schlechter Fresser oder drgl. ist,) in der vorz�glichen Wartung,
welche im Stalle des Besichtigers herrscht, in der k�rzesten Zeit ein
vorz�gliches Aussehen gewinnen werde u. drgl. m. Ueberhaupt muss
man Jedem, der auf den Pferdehandel ausgeht rathen, sich f�r dieses
Gesch�ft mit dem k�ltesten Blute und der ruhigsten Ueberlegung zu
waffnen.
Stets festzuhaltende Regel bei Besichtigung eines Pferdes ist, z u-
erst einen Ueberblick �ber das ganzePferd zu nehmen.
Man geht zu diesem Zwecke um das ruhig dastehende Pferd ganz
herum, und pr�ft mit dem Auge, ob es den f�r ein gut gewachsenes
Pferd geltenden Regeln im Ganzen entspreche.
Hierauf pr�ft man, ob die einzelnen Parthien zum Ganzen passen
und endlich schreitet man erst zur Erkennung der sogenanten Fehler
an den Beinen u. s. w. Viele Beurtheiler sehn nur darnach, ob das
Pferd an den Beinen keine Fehler habe und meinen, damit sei schon
alles gut. Ich verweise den Leser abermals auf das, was ich �ber
Pferdekenntniss und Fehlererkenntniss bei Pferden ge-
sagt habe.
Bez�glich der Pr�fung des Ganges l�sst man das Pferd an sich
vor�bergehn, dann einmal gerade auf sich zu kommen und von sich
weggehn.
Nun k�mmt die Pr�fung unter dem Sattel oder im Geschirr.
Wird ein Pferd als zugeritten oder eingefahren bezeichnet, so
begn�ge man sich nie mit dem Vorf�hren lassen an der Hand; denn nur
im Sattel kann man urtheilen, welches Gef�hl das Pferd dem Reiter
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gibt, bez�glich der Leichtigkeit des Ganges und dem guten Willen,
seine guten Eigenschaften zum Vortheile des Menschen anwenden zu
wollen. Mag nun der K�ufer ein guter oder schwacher Eeiter sein, so
unterlasse er es nie, das Pferd selbst zu probieren und zwar
f�r den Zweck, wozu er ein Pferd sucht. Manche begn�gen
sich mit einer Probe auf der Reitbahn und wenn das Pferd folgsam
geht, so glauben sie, dass dieses Pferd auch nun in allen Gelegenhei-
ten im Freien gehorsam sein werde. Wie aber kann man nur nach
einer solchen Probe wissen, ob das Pferd willig vom Hause weggeht;
ob es nicht vor tausendderlei Dingen, die das Pferd draussen sieht und
die ihm Furcht einfl�ssen scheu ist; ob es sich an andere Pferde an-
dr�ngt; ob es draussen �berall wo der Reiter m�chte, stehn bleibt,
ob das f�r einen berittenen Offizier der Infanterie gekaufte Pferd
bei der Truppe, dem Schiessen, der Musik und sonstigen milit�rischen
L�rm vertraut ist. Da man nun in den seltensten F�llen ein Pferd kauft
um es nur in der Reitbahn zu reiten, so m�ge hieraus der Leser ent-
nehmen, wie n�thig es ist, ein Pferd draussen zu probieren. Ich lege einen
sehr grossen Werth darauf, dass derjenige, f�r den ein Pferd angekauft
werden soll, es selbs t probiere, denn dem Einem ist unangenehm, wo-
raus sich ein Anderer nichts macht, ein kleiner Mann sitzt auf einem brei-
ten, grossen Pferde unangenehmer, als ein grosser l�nger gespaltener;
ein guter, fester Reiter weiss einen energischen, kr�ftigen Trabb sehr zu
sch�tzen, der schwache Reiter hat M�he auf einem solchen Pferde sitzen
zu bleiben und das Pferd ist ihm mehr zur Last als zum Nutzen; der Eine
legt einen sehr grossen Werth auf einen ruhigen, dabei fleissigen und be-
quemen Schritt, der Andere macht sich nichts aus einem mangelhaften
Schritt wenn nur der Trabb und Galopp gut sind ; der Eine weiss eine
kleine Unart, einen Sprung aus Stallmuih, etwas Scheuen alsbald zu be-
k�mpfen, der Andere nennt das eine st�tzige, scheue M�hre u. s .w. u. s. w.
Darum ist es stets ein sehr misslicher Auftrag f�r einen Abwesenden
ein Pferd zu w�hlen und so gibt es tausend F�lle, in deren Folge man im-
mer widerholen muss:
Kaufet nie ein Pferd ohne es selbst zu probieren
und zwar f�r den Zweck wozu es dienen soll. Hieraus
leitet sich ferner die Regel ab, dass derjenige, welcher sich
mit derDressur eines jungen Pferdes nicht selbstbe-
fassen oder es nicht abwarten kann, bis diese been-
det, oder wie das Resultat derselben beschaf-
fen ist,
immer besser that, ein abgerichtetes
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Pferd zu kaufen und daf�r lieber etwas mehr zu
bezahlen.
Der Pferdeh�ndler hat fast immer gleich beim Stalle einen Hof oder
sonst abgeschlossenen Platz, wo er seine Pferde den K�ufern vorreiten
l�sst. Auf diesem Platze erscheint dann manches Pferd als vollkommen
geritten, welches draussen nicht zu brauchen ist. Hier�ber staunt dann
Mancher und glaubt, dass die Bereiter der Pferdeh�ndler wahre Hexen-
meister sind. Es ist nicht zu verkennen, dass diese Leute vielfach eine
grosse Geschicklichkeit darin besitzen ein junges Pferd alsbald auf
einen Standpunkt zu bringen um es als dressirt erscheinen zu lassen. Es
kommt ihnen aber hierbei mancher Umstand zu Hilfe, den nur der erfah-
rene Fachmann bemerkt. So z. B. reitet der Bereiter des Pferdeh�ndlers
ein Pferd nie mit Wischzaum, (Arbeitstrense) vor, denn das w�rde dem
K�ufer gleich den Eindruck machen, dass das Pferd noch ziemlich roh
sei. Das vorzureitende Pferd erscheint also jedenfalls mit dem Rangen -
z�um; die Stange liegt gew�hnlich etwas hoch, weil sie da nicht so em-
pfindlich wirkt, stets sind die Trensenz�gel mit beigenommen, und das ge-
gen die Stange zu empfindliche oder noch nicht daran gew�hnte Pferd
wird vorherrschend mit diesen gef�hrt.
Der Pferdeh�ndler verweigert es nie, ein Pferd, das dem K�ufer im
Stalle gef�llt, unter dem Sattel zu zeigen, und wenn es noch so roh oder
ungezogen w�re. Zeigt sich dann das Pferd ungehorsam, so wird stets den
ungeschickten Manieren oder dem schlechten Reiten des Bereiters die
Schuld gegeben; auch l�sst ein Pferdeh�ndler, der zugleich Menschenken-
ner ist, dabei wohl ein schmeichelhaftes Wort �ber die bekannte Reit-
kunst des muthmasslichen K�ufers fallen, welches nie seine Wirkung zu
verfehlen pflegt.
Das Ged�chtniss des Pferdes ist bekanntlich sehr gut; wird nun dem
Pferde auf demselben Platze, t�glich dieselbe Lektion gegeben, und viel-
leicht zwei bis dreimal t�glich wiederholt, so merkt sich das Pferd gar
bald einige Touren im Trabb auf beiden H�nden; im Schritt einfallen,
dann einige Tritte zur�ck, gleich darauf Galopp rechts, einige Touren im
Kreise, Halt, Umkehrtwenden einige Touren im Kreise links sind diejeni-
gen Uebungen, die ein junges Pferd als dressirt erscheinen lassen ; weil
sie aber meistens nur auf Ged�chtniss beruhn und nicht in wahrem Gehor-
sam bestehn, der sich nur mit wirklich durchgearbeiteter K�rperhaltung
und l�ngere Zeit fortgesetzter Uebung denken l�sst, so erscheinen diese
Pferde dann h�ufig beim Gebrauch im Freien oder unter einem anderen
Reiter als fast roh.
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Das faule Pferd wurde schon bei der Fr�hmorgenlektion durcli
Peitsche und Sporn geh�rig aufgemuntert, auch weiss es der Bereiter
durch unbemerktes Ber�hren sehr scharfer Sporn bei seinem stets sehr
kurzen B�geln immer wieder zu erinnern; das Hitzige weiss er durch
Geschicklichkeit auf kurze Zeit zu beruhigen; eine etwas dickere Un-
terdecke, oder gepolsterte Sattelbl�tter vermindern die Wirkungen
des Sitzes; der meistens einsam gelegene Platz st�rt die Auf-
merksamkeit des Pferdes nicht, und biethet keine Gelegenheit zum
Scheuen dar.
Der Sachkundige findet dieses alles ganz nat�rlich, der Unkundige
l�sst sich h�ufig t�uschen und bewundert, die wahren Ursachen nicht
kennend, die Reitkunst des Bereiters oder schimpft und �rgert sich
meistens zu sp�t �ber den betr�gerischen Pferdeh�ndler. Eine vor dem
Stalle vor�berf�hrende Strasse ist wohl ein etwas ung�nstigerer Mu-
sterplatz, aber auch das Auf- und Abreiten bis zu einem gewissen
Punkt biethet keine hinl�ngliche Garantie daf�r, dass das Pferd die
Bezeichnung zugeritten und unter dem Reiter gehor-
sam, verdient.
Probiert man ein Pferd f�r einen Offizier, so unterlasse man nie
die Probe, ob das Pferd den umgenommenen S�bel sowohl als das Ziehn
desselben vertr�gt. Es sind mir einzelne F�lle bekannt, dass sonst
sehr gute, t�chtige Reitpferde f�r einen Offizier unbrauchbar waren,
weil sie, vollkommen gehorsam sobald der Reiter ohne S�bel war, im
Dienste durchaus nicht zu reiten waren, indem sie das Schlagen der
S�belscheide, das Ger�usch u. s. w. durchaus nicht vertragen konnten.
Auch ist mir ein Fall bekannt, dass ein Pferd den umgenommenen
S�bel ganz ruhig vertrug, aber beim Ziehn desselben, Salutiren damit,
Hiebe exerciren u. s. w. so unwirrsch wurde, dass es der Besitzer um
sehr billigen Preis weggeben musste. Es ist mir noch sehr gut erin-
nerlich, dass der betreffende Offizier das Pferd vor dem Ankauf mit
umgenommenem S�bel probiert aber das Ziehn desselben vers�umt
hatte. Gl�cklicherweise kommen dergleichen F�lle sehr selten vor,
aber sie beweisen nur, welchen Zuf�lligkeiten man beim Pferdekauf
ausgesetzt ist.
Das Damenpferd muss vor allem ein frommes, munteres, gehlustiges
Temperament haben und darf nicht scheu oder furchtsam sein. Sehr g�n-
stige Sattellage, eine Bildung des Halses und Verbindung mit dem Kopie,
welche das Pferd von Natur bef�higt einen sch�nen Zaum zu machen,
freie Schultern, gute Action bei tadelloser Beschaffenheit der Vorder-
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beine �berhaupt, ist unerl�sslich. Kommt sch�ne Figur und gef�llige
Farbe hinzu, � um so besser.
Hat man sich Wagenpferde einzeln vorf�hren lassen und findet
f�r gut, sie im Geschirre zu probieren, so sehe man vorerst darauf,
ob sie sich beim Auflegen des Geschirres und dem Einspannen nicht
furchtsam, kitzlich u. s. w. zeigen. Noch junge, nicht ganz eingefah-
rene Pferde pflegen gleich nach dem Einspannen nicht gern stehn
zu bleiben, was f�r wirklich abgerichtete Wagenpferde unbedingt no-
ting ist. Suchen Pferde durch Lancaden angehn zu wollen, so liegt
diesem h�ufig eine �ngstliche Ungeduld zum Grunde, die bei mangelhafter
Behandlung in g�nzliche, schwer zu bek�mpfende Untugend ausarten
kann. Viele dergleichen Pferde stehn aber ganz ruhig, wenn man sie
nach einer Weile stehn, wieder dazu verh�lt und solche geben dann
auch Hoffnung es bald zu lernen, gleich nach dem Einspannen stehn
zu bleiben. Kitzlichkeit in hohem Grade ist bei Wagenpferden mei-
stens sehr unangenehm und wird zur ganz fehlerhaften Unart, wenn
das Pferd bei Wendungen nach den Zugstr�ngen schl�gt, oder mit dem
Schweif drehend den Leitriemen unter dem selben bek�mmt. Gleiches
Temperament, n�mlich gleiche Gehlust und Gehverm�gen ist, um mit
ein Paar Pferden angenehm selbst zu kutschieren unerl�sslich, abge-
sehen davon, dass, wenn das eine tr�ge und lasch mit wenig Gehwerk,
das andere mehr hitzig mit freiem Gange ist, das letztere die Arbeit
meistens allein verrichtet und vor der Zeit erm�det.
Bei der Probe von Wagenpferden hat man noch zu ber�cksichti-
gen, ob man Pferde f�r den Gebrauch in der Stadt oder nur auf dem
Lande sucht; denn manche Pferde werden, � wenigstens durch einige
Zeit � von dem vielen Ger�usch in den belebten Strassen einer gros-
sen Stadt, dem vielen Ausweichen �ftern Pariren u. s. w. u. s. w.
so sehr aufgeregt, dass sie ganz ungehorsam werden. Findet die Ur-
sache dieser Aufregung auf dem Lande nicht statt so gehen dieselben
Pferde ganz gut. Der K�ufer oder Bathgeber beim Handel muss also
hierauf K�cksicht nehmen und sich nicht wundern, wenn manche Pferde
die auf dem Lande ganz gehorsam waren nun in der Stadt erst wie-
der einiger Uebung bed�rfen.
Hat man Gelegenheit sich zu �berzeugen, ob Pferde bergauf ruhig
und gelassen ziehn, bergab geduldig aufhalten, so vers�ume man diese
nie und das Urtheil �ber die Gebrauchsttichtigkeit wird sehr an Si-
cherheit gewinnen.
Gut eingefahrene Wagenpferde m�ssen eine Peitschenh�lfe in �hnli-
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eher Weise ruhig annehmen, als das gute Reitpferd die Schenkel-
h�lfe abwartet.
Indem der Cavallerieoffizier �fter in die Lage kommt, Truppen-
dienstpferde ankaufen zu m�ssen, so will ich hier�ber im speziellen
noch etwas sagen.
In allen Armeen bestehn Vorschriften �ber die Gr�sse der Pferde
zu den verschiedenen Milit�rdienstzwecken sowie �ber den zu zahlenden
Preis, und es enthalten diese Remontirungsinstr�ktionen auch wohl Be-
lehrungen �ber die Eigenschaften, Fehlerlosigkeit, das Alter bis zu wel-
chem Pferde angekanft werden d�rfen u. s. w. Die Hauptsache bleibt im-
mer, dass der damit Beauftragte ein erfahrener Pferdekenner ist, die Lei-
stungen, welche man von Milit�rpferden verlangt, kennt und auch mit den
Manieren der Pferdeh�ndler nicht unbekannt ist.
Es geh�rt ein sehr ge�btes Auge dazu um unter dem vielen mit-
telm�ssigen zum Kaufe angebothenen das Brauchbare herauszufinden, und
nicht im Streben und Suchen nach dem Besten das Gute
zu �bersehn und endlich nichts zu kaufen. Die von den
Regierungen f�r Milit�rpferde ausgesetzten Preise sind meistens nicht
hoch, h�ufig sogar nicht im Einklang mit den im Privathandel zur Zeit
g�ngigen Preisen, man w�nscht meistens nur junge, drei ein halb, vier
oder f�nfj�hrige Pferde zu kaufen; man kann die Pferde nur durch
Vorgef�hrtwerden beurtheilen; viele kommen auf den Ankaufsplatz in
sehr abgetriebenen, mageren Zustande, die vielen Kunstgriffe der Lie-
feranten die Pferde in m�glichst gutem Lichte erscheinen zu lassen
� alles dieses und noch manches andere machen den Ankauf von
Milit�rremonten stets zu einem mehr oder weniger beschwerlichen und
unangenehmen Gesch�fte.
Die Preise sind meistens nach der Gr�sse des Pferdes bestimmt,
und da nun ein Zoll H�henmass den Preis oft um viele Gulden ver�n-
dert, so wendet der H�ndler alle m�glichen Kunstgriffe an, um das
Pferd beim Messen gr�sser erscheinen zu machen, als es wirklich ist
Der h�ufigste Vorgang hierbei ist folgender. Das vorgef�hrte Pferd be-
findet sich stets in einer gewissen Furcht vor der Peitsche, dadurch
schon hebt es Kopf und Hals h�her, und setzt die Hinterbeine mehr
unter; wenn nun das Pferd auf den Platz gestellt wird, wo es gemes-
sen werden soll, so stellt sich der H�ndler vor den Kopf desselben, hebt
diesen mit beiden H�nden erst um den Hals geh�rig aufzurichten, ge-
rade in die H�he und biegt dann den Kopf des Pferdes stark links.
Durch diesen ganzen Vorgang richtet sich das Pferd nicht allein
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im Widerrist stark auf, sondern legt sich ganz auf den rechten Vorder-
fuss her�ber, wodurch sich der linke Schenkel auch mehr streckt und
ein so hingestelltes Pferd kann beim Anlegen des Baudmasses um einen
guten auch ein und ein halb Zoll gr�sser erscheinen, als es wirklich
ist. Wird nun ein solches Pferd nachher mit weniger Vortheil, sich
selbst �berlassen, hingestellt, so misst es um so viel weniger und der
Ank�ufer k�mmt in Unannehmlichkeiten, weil er ein zu kleines Pferd
zu theuer bezahlt hat.
Man kann sich und den H�ndler sogleich �berzeugen, welcher
Vortheil in den Biegen des Pferdekopfes nach links liegt, wenn man
ihn auffordert, den Kopf ebenso rechts zu biegen, und in dieser
Stellung das Pferd misst.
Das Messen mit dem Bandmass wird �berhaupt leicht tr�gerisch,
wenn man dasselbe am Pferdek�rper zu dicht anlegt, indem dann die
gr�ssere oder geringere W�lbung der Schultern einen nicht unbedeu-
tenden Einfluss aus�bt.
Das sogenannte G�rtelmass k�mmt in Anwendung um sich von
dem hinl�nglich grossen Umfange des Brustkastens zu �berzeugen.
Man legt dasselbe kurz hinter dem Widerrist an und die ganze
L�nge desselben soll dann um 6�8 Zoll l�nger sein als das H�hen-
mass. Die Anwendung des G�rtelmasses beruht auf der sehr richtigen
Theorie �ber den grossen Umfang des Brustkastens um hieraus auf
eine kr�ftige Bildung der inneren Organe zu schliessen.
Der Remontenlieferant wird wohl nie ein Pferd vorf�hren, ohne es
vorher durch Anwendung der Peitsche in Aufregung und Furcht ver-
setzt zu haben, denn das tr�ge, schwerf�llige Pferd zeigt dann f�r die
kurze Zeit des Vorf�hrens nicht allein mehr Temperament und Leich-
tigkeit im Gange, sondern auch geringes Lahmgehen, Steifigkeit u. s. w.,
tritt dann weniger hervor.
Diese Einwirkung der Peitsche des H�ndlers tritt meistens an
einem Orte ein , wo es der Ankaufende nicht sieht, im Stalle, hinter
einem Hause u. s. w. und es wird kaum m�glich sein, den H�ndler
hiervon zu verhindern, abgesehn davon , das ihm wohl nicht verargt
werden kann, seine Waare so vorteilhaft als m�glich zu zeigen.
Aber der K�ufer muss darauf bedacht sein, sich nicht blenden zu
lassen, und wird in diesem Falle sehr wohl thun, alle zum Ankaufe
bezeichneten Pferde nach der ersten Besichtigung an einem Orte unter
Aufsicht stehn und sie dann erst noch einmal im Schritt und Trabb
durch die eigenen Leute an sich vor�berf�hren zu lassen, ehe die
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Pferde wirklich angenommen werden. Ich weiss aus eigener Erfahrung,
dass dann immer eins oder das andere vork�mmt, welches wieder aus-
gestossen wird, weil es sich nun im ruhigen Zustande viel mehr so
zeigt wie es eben beschaffen ist, und dieser mangelhafte Zustand
wurde durch die Peitsche des H�ndlers mehr oder weniger versteckt.
Da es f�r einen Eemontenank�ufer �fter eintritt, dass er an einem
Tage 100 und mehr Pferde ankauft, wozu er wenigstens noch zwei
Drittel mehr besichtigt, so ertheile ich jedem, der in diese Lage k�mmt,
den wohlgemeinten Rath sich selbst zu pr�fen, und auf sich Acht zu
geben, denn das Auge erm�det, und man �bersieht Dinge, die einem ohne
diese Erm�dung nicht entgangen w�ren. Am leichtesten t�usche man
sich, wenn Schnee liegt, und die Sonne scheint, theils wegen der Blen-
dung , theils weil das Gehn im Schnee Huffehler am meisten ver-
steckt.
Es ist unm�glich f�r Jemanden, der weder die hinl�ngliche Pfer-
dekenntniss noch Erfahrung im Pferdehandel und die Manieren der
H�ndler hat, f�r alle F�lle Belehrungen zu geben. Ich vermeide es
daher auch hier noch im Besonderen die Eigenschaften zu beschreiben,
welche das schwere, das leichte Cavalleriepferd, das Artilleriezug-, das
Fuhrwesens- oder das Packpferd haben sollen, noch so genau verfasste
Remontirungsinstruktionen k�nnen nicht ersetzen , was Erfahrung und
Umsicht im Pferdefache �berhaupt gibt; es ist stets wohlgerathen mit
dem Pferdeankaufe nur Sachverst�ndige zu beauftragen. Denn einen
solchen muss man das Vertrauen schenken, dass er ein schweres Ca-
valleriepferd von einem Karrengaul und ein schw�chliches, verk�mmer-
tes Thierchen von einem leichten Truppendienstpferd zu unterschei-
den weiss.
Es ist desshalb unpraktisch den Gebrauchswerth eines Pferdes f�r
die eine oder die andere Cavalleriegattung haupts�chlich oder nur nach
dem H�henmasse beurtheilen zu wollen. Manches Pferd, das wegen seiner
Masse, Kraft und gutem Gehwerk ein sehr t�chtiges C�rassierpferd
w�re, wurde schon von unpraktischen Pedanten vom Ankaufe ausgeschlos-
sen, weil ihm an H�henmasse 1/i Zoll fehlte, dagegen manche lasche
kraftlose, schmale, hochbeinige M�hre um so lieber angekauft weil die-
ses Tbier das Normalh�henmass um 1 auch 1 % Zoll �berschritt. Die
in den Remontirungsinstruktionen bestimmten Normalmasse f�r die Gr�sse
der verschiedenen Milit�r-Dienstpferde k�nnen nur als allgemeine Richt-
schnur betrachtet werden, sollten aber nie dahin missbraucht werden, um
die H�he allein den anderen Eigenschaften voranzustellen.
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Der Sachverst�ndige weiss nebstdem, dass nicht alle Cavallerie-
dienstpferde sehr gute Reitpferde sein k�nnen, denn es liegt in der
Natur der Sache, dass derartige Pferde in der grossen Anzahl f�r das
vom Staate zu ihrer Anschauung ausgeworfene Geld nicht zu haben sind
und weiss desshalbdas hinl�nglich gute und brauchbare zu
nehmen ohne einemunerr eichbaren Ideale nachzujagen.
Die Beurtheiler des Ank�ufers d�rfen nie vergessen, dass unter einer
grossen Anzahl Pferde gut und mitteltn�ssig stets gemischt ist und dass
das Urtheil �ber ein nur vorgef�hrtes Pferd, �ber ein junges, noch
nicht ganz entwickeltes, schlecht gen�hrtes u. s. w. Pferd stets vielen
Wechself�llen unterliegt. Manches in sehr gutem Futterzustande zum Re-
gimente kommende Remont scheint zu den besten Hoffnungen zu berech-
tigen, ein anderes, mageres wird geringsch�tzig angesehen. Ersteres aber
bleibt dann vielleicht so, wird auch wohl gleich in eine anstrengende Ab-
richtung genommen und entspricht dann den Erwartungen nicht; das an-
dere wird geschont, nimmt zu an Kraft, es bek�mmt Muskulatur, einen
kr�ftigen, freien Gang u. s. w. der aufmerksam dienende Offizier kann
im Laufe einiger Jahre diese und �hnliche Beobachtungen gar oft
machen.
Das Gedeihn des jungen Truppenpferdes h�ngt �berhaupt von gar
vielen Umst�nden ab^ welche der Ankaufende nie alle voraussehn und
vorauswissen kann.
(Siehe; Schonen junger Pferdo.)
Die Summe Geldes, welche f�r dasselbe Pferd bezahlt wird, �ndert
sich �fter in sehr kurzer Zeit sehr, man wirft sich dann unwillk�hrlich
die Frage auf; wie das wohl komme? Der Geldwerth eines Pferdes ist
stets ein sehr relativer Begriff und ich will auch diesen Punkt hier etwas
n�her besprechen.
Gedanken �ber den Geldwerth eines Pferdes.
Der wahre Werth eines Pferdes wird eigentlich durch
die Leistungsf�higkeit f�r einen bestimmten Zweck und
die Hoffnung, wie lange es wahrscheinlicherweise f�r
diesen Zweck tauglich bleibt bestimmt. Der wahre Werth
eines Pferdes wird daher nicht wirklich ver�ndert, wenn es zuf�lliger-
weise in den Besitz eines Menschen k�mmt, der entweder dieses Pferd
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nicht zu gebrauchen weiss, oder keine passende Arbeit far dasselbe
hat. Man kann desshalb, wenn ein hoher Preis gefordert wird, nur
sagen: F�r mich hat dieses Pferd keinen so hohe'n Werth, oder auch
das Pferd passte wohl f�r meinen Gebrauchszweck, aber ich kann so
viel nicht bezahlen. Ein jedes Pferd hat irgend einen Werth, der sich
steigert oder vermindert, je nachdem das Pferd an seinem
Platze ist, oder nicht. Wie n�tzlich ist noch selbst das blinde
alte, nebstbei auch wohl schwerathmige Pferd, das den Ackev des Land-
mannes mit unverdrossenem Diensteifer umpfl�gt, die Saat einegget und
das reife Getreide nach Hause f�hrt.
H�tte dieses Pferd wohl f�r einen Postmeister, dessen Pferde auf
harter Strasse bergauf und ab im Trabb laufen m�ssen , denselben
Werth?
Wie viel Menschenkr�fte ersetzt nicht ein Pferd, das im langsamen
Schritt, � vielleicht keines anderen Ganges mehr f�hig � stets in
kleinen Kreise gehend, irgend eine n�tzliche Maschine in Bewegung setzt.
Welchen Werth hat wohl ein Schulpferd, das durch Natur und Kunst
vollkommen dasteht, dass in Folge dessen gar manchen jungen Mann
richtiges Reitergefilhl gibt, seine Ansichten und Begriffe l�utert, und be-
festigt, die er nachher wieder zum Nutzen einer unendlichen Anzahl von
Pferden und Menschen anwendet, das in ihm Lust und Liebe zum Pferde
und der Reitkunst erweckt und bef�rdert, stets dankbar sich jener Zeit
erinnernd, wo er so gl�cklich war, ein solches Pferd reiten zu k�nnen?
Hat ein solches Pferd, das allen regelrechten H�lfen augenblicklich ent-
spricht, aber auch durch jede unregelm�ssige Anwendung von Hand und
Schenkel unangenehm ber�hrt wird, das gewohnt ist, alle G�nge h�chst
tacktvoll aber in einer ihm durch die Kunst gegebenen und durch dieselbe
stets darin unterst�tzten Haltung auszuf�hren wohl denselben Werth
f�r einen Gutsbesitzer der auf dem Lande lebend, von seinem Reitpferde
hauts�chlich verlangt, dass es ihn bequem und ruhig, ohne dass er dabei
auf das Pferd viel einzuwirken brauche, in seinen Feldern und W�ldern
ruhig umhertrage ?
Welchen Werth hat wohl ein noch so gesundes, kr�ftiges, ausdau-
erndes noch so schnelles Pferd f�r einen Staabsoffizier der Infanterie
das bei allen seinen guten Eigenschaften eine un�berwindliche Furcht
gegen das Schiessen hat. Dasselbe Pferd w�rde vielleicht bei schneller
Hinterlegung von Distanzen, Rennen mit Hindernissen u. drgl. einem
andern Besitzer viel Vergn�gen machen, oder auch durch das Ge-
winnen hoher Preise Geld eintragen; dagegen ist es zum sicherii
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Dienst bei der Infanterie in einem Hauptpunkte unbrauchbar, folglich
werthlos.
Welchen Werth hat wohl ein Vaterpferd, das in Folge seiner vor-
z�glichen Eigenschaften zur Verbesserung einer ganzen Landeszucht
den Grund legt? Warum sind die besten Wettrennpferde in England so
theuer? Weil der Besitzer dieses Pferd als ein Kapital betrachtet, das
um so mehr steigt, je h�here Interessen es tragen kann. Diese bestehn
theils im Gewinnen sehr hoher Preise auf der Rennbahn, theils in den
Betr�gen, welche Stutenbesitzer f�r das Bedecken bezahlen, theils in den
selbstgezogenen F�llen, in der Voraussicht sie gut zu verkaufen oder
dass wenigstens eins den Ersatz f�r den immer �lter werdenden Vater
liefert. Warum ist dem W�stenaraber sein bestes Pferd so zu sagen f�r
gar nichts feil ? Weil es ihm ohne dieses Pferd vielleicht gar nicht m�g-
lich w�re, seine Lebensaufgabe zu erf�llen, und er sich zufolge der
Landeszust�nde seiner Heimath f�r Geld gar nicht verschaffen kann, was
ihm dieses Pferd erwerben hilft.
Kann wohl der Werth eines Pferdes jemals durch Zahlen bezeichnet
werden, durch dessen Ausdauer, Schnelligkeit und Bravour es seinem
k�hnen, entschlossenen Reiter gelang am Tage der Schlacht einem Co-
lonnenf�hrer einen Befehl zu �berbringen, von dessen rechtzeitigem
Eintreffen der Gewinn oder Verlust der Schlacht abh�ngt �bor L�n-
der und Kronen entscheidend? Ist wohl f�r einen Offizier �berhaupt
der Werth eines Pferdes von dessen gr�sserer oder geringerer Lei-
stungsf�higkeit oft Leben, Ruhm und Ehre abh�ngt, zu hoch an-
zuschlagen.
Es gibt also ausser dem Geldwerthe der Pferde auch noch einen
ideellen, unmessbaren Werth.
Die in einem Lande bestehenden Preise der Pferde sind von man-
cherlei Verh�ltnissen abh�ngig, bedingt durch das Zusammenleben und die
Bed�rfnisse vieler Menschen. In kultivirten L�ndern, wo jedes St�ckchen
Erde bebaut wird um die Nahrungs- und Lebensbed�rfnisse f�r den Men-
schen hervorzubringen, ist die Aufzucht der Pferde kostspieliger, als in
Gegenden, wo die Bev�lkerung d�nner ist, und sich grosse Weidepl�tze
darbiethen. In solchen L�ndern werden dann Pferde nicht allein zum eige-
nen Bedarf gezogen, sondern in der Absicht sie zu verkaufen, um sich
f�r das gel�sste Geld wieder andere Bed�rfnisse anzuschaffen. So nimmt
die Lage und Beschaffenheit des Landes auf die Preise Einfluss: fer-
ner die verminderte oder gesteigerte Nachfrage f�r die Bed�rfnisse des
eigenen oder Nachbarlandes zu einem oder dem anderen Zweck und je
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nachdem nun viele oder wenige der gew�nschten Pferde vorhan-
den sind.
Dieses zeigt sich am deutlichsten beim Handel mit Luxuspferden, oder
bei Ausbruch eines Krieges.
Ebenso �bt eine Ver�nderung der Preise der Lebensbed�rfnisse
�berhaupt auch auf die Preise der Pferde einen nat�rlichen Einfluss. Der
Privatz�chter bringt das Kapital in Anschlag was er anlegte, um seine
Zucht zu gr�nden, und die Aufzucht zu ern�hren, wornach er dann den
Preis seiner Produkte bestimmt.
Und so gibt es mancherlei Ursachen, welche die Preise und somit
den Geldwerth der Pferde bestimmen.
Um welchen Preis bek�mmt man in diesem Lande, in dieser Stadt
ein Pferd mit den oder jenen Eigenschalten, f�r den einen oder anderen
Zweck ? Diese Frage kann man bei umsichtiger Kenntniss und Erfahrung
eher bestimmt beantworten.
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Dritter Abschnitt,
Skizze einer Geschichte der Pferdezucht.
Von Prof. Dr. A. Bruckm�ller.
Die Geschichte des Pferdes steht in einiger Beziehung mit der
Geschichte des Menschengeschlechtes.
Die Nomadenv�lker, welche die weit ausgehenden Steppenl�nder
Hochasiens bewohnen, haben zuerst das Pferd auf ihren kriegerischen
Raubz�gen gegen die sesshaften und durch die Bodenkultur reich ge-
wordenen V�lker nach den verschiedenen Weltgegenden verbreitet, und
so wie dieses edelste der Hausthiere unstreitig zun�chst zu kriege-
rischen Zwecken ben�tzt worden ist, so geht auch die allm�hlige
Entwicklung der Pferdezucht Hand in Hand mit der Art und Weise
der Kriegsf�hrung.
Nachdem der Gebrauch des Pferdes einmal allgemein geworden
war, trifft man es nach den �ltesten historischen Ueberlieferungen nur
bei pomp�sen, kriegerischen Aufz�gen und als Gef�hrten des Mensehen
in der Schlacht verwendet, theils um den k�hnen Reiter in den Kampf
zu tragen, theils um an den Streitwagen gespannt den muthigen K�m-
pfer gegen den Feind zu f�hren.
Die letztere Sitte verschwand immer mehr, je gr�ssere Massen
gegen einander aufgebothen wurden, und schon in den Kriegen der
Perser gegen Griechenland wird der Reiterei allein erw�hnt. Der Man-
gel an Kriegswerkzeugen, welche in die Ferne von bedeutender Wirk-
samkeit gewesen w�ren, setzte das Schlachtengl�ck auf pers�nlichen Mulh
und Tapferkeit und der Kampf wurde durch die St�rke und Behen-
digkeit der einzelnen Streiter entschieden. Daher ist das Hauptaugen-
merk in jenen Zeiten dahin gerichtet, weniger schwere, als
vielmehr leichte, behende und wendsame Pferde zu
ziehn, und zur Zeit der Griechen und R�mer wird das fl�chtige
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Ross Kleinasiens und der von dort aus gegr�ndeten
europ�ischen Colonien im s�dlichen Italien und Spa-
nien als das beste Kriegspferd geschildert; schon in diesen fr�hen
Zeiten treffen wir auf einzelne, durch ihre Vorz�glichkeit ausge-
zeichnete St�mme, deren "Werth nach der Reinheit ihrer Abstam-
mung gesch�tzt wird, wie dieses, um nur ein Beispiel hervorzuheben,
mit den nis�ischen Pferden der Fall war; legte man gleich einigen
Werth auf die Gestalt und die �usseren Formen der Pferde, deren
Sch�nheit aber nach Virgils Beschreibung nach andern Gesichtspunk-
ten als heut zu Tage beurtheilt wurde, so standen doch nur die durch ihre
Leistungsf�higkeit ausgezeichneten Pferde in hohen Ansehen, und
die reichen Preise , welche den Siegern auf der Rennbahn bei den
olympischen und circensischen Spielen zu Theil wurden, beweisen am
deutlichsten, welch' hohen Werth man schon damals auf die Schnellig-
keit und Behendigkeit bei dem Pferde legte.
Die ungeheure V�lkerwanderung, welche vor der Spaltung des
r�mischen Reichs begann, und wahrscheinlich von denselben Gegenden
ausgegangen ist, aus denen das Pferd zuerst �ber die Welttheile ver-
breitet worden war, h�llt den Zustand dieses Gef�hrten des Menschen
auf seinem Wanderungs- und Kriegsz�gen in undurchdringliches Dunkel,
und nur eine Vermuthung erlaubt auf eine vielfache Vermischung der
schon damals bestandenen Rassen zu schliessen, deren Produkte aber
weder durch bildliche Darstellungen, noch durch historische Nachrich-
ten nur einigermassen bekannt w�ren.
Erst im weiteren Verlaufe des Mittelalters erfahren wir theils aus
den Sagen, in welchen die nordischen V�lker die k�hnen Thaten ihrer
Helden kleideten, theils aus den Liedern, in welchen die deutschen St�m-
me die K�mpfe ihrer F�rsten besangen, dass ein durch vollst�ndige Rein-
zucht erhaltener Stamm von starken, schweren nnd grossen Pferden
durch die kriegerischen Raubz�ge jener V�lker von dem Norden Eu-
ropas aus �ber diesen Welttheil zugleich mit der Sitte verbreitet wurde,
den K�rper des K�mpfers mit der m�chtigen Schutzwaffe des Panzers
zu versehen. Als die Einf�hrung des Feudalsystems die Verpflichtung
des Adels zu pers�nlichem Kriegsdienste, und zwar zu Pferde veran-
lasste, musste das Bed�rfniss nach solchen den damaligen Anforderun-
gen allein entsprechenden Pferden nicht blos auf die Vermehrung,
sondern auf Verbesserung und Vervollkommnung jenes Stammes g�n-
stig einwirken; wir lesen auch aus jener Zeit von Gest�tten auf den
Bergen und Edelsitzen, wie den Abteien und Kl�stern, von Marst�l-
22*
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len an den H�fen der geistlichen und weltlichen F�rsten, w�hrend der
gemeine Mann, meist nur zum Kriegsdienste zu Fuss verpflichtet, der
von dem Lehensherrn mit einem Pferde versehn , von dem Betriebe
der Zucht dieses, fast nur f�r den Dienst des Adels bestimmten Thie-
res ausgeschlossen war. Die Gef�hrlichkeit der Angriffwaffen ruft m�ch-
tigere Scbutzwaffen hervor, und so wird nicht nur der Reiter, sondern
auch das Pferd, durch dessen Stoss die Gewalt der Lanze noch erh�ht
wird, in Eisen geh�llt; sowohl Beschreibungen von Pferden jener Zeit
als auch Abbildungen solcher geharnischten Ritter auf den Siegeln und
insbesondere auf den Tapeten erlauben ein vollst�ndiges Bild von der
St�rke der damals gebrauchten Pferde zu entwerfen, welche nach ange-
stellten Berechnungen ohne das Gewicht der Lanze und Kleidung zwi-
schen 400-430 Pfund zu tragen hatten. Die Turniere, eigentliche
Reiterspiele, in welchen woniger die Schnelligkeit als die
Kraft des Pferdes sich erproben konnte, schon gegr�ndet
in den fr�hsten Zeiten, und nur durch die Sitte der Zeit abge�ndert,
bef�rderten die Erziehung der m�chtigen Streitrosse, deren Zucht vor-
z�glich in den deutschen L�ndern betrieben, und von hier aus nach
andern L�ndern, insbesondere Frankreich und England verbreitet wurde.
Das altd�nische Pferd, das Pferd von Burgund und Franche-Comte
das Normanen-Ross und das nieders�chsiche Pferd des vorigen Jahr-
hunderts d�rften den Typus jener alten und durch so lange Zeit rein-
erhaltenen Rosse so ziemlich beibehalten haben.
Die Erfindung des Schiesspulvers und die daraus folgende An-
wendung weithin treffender Waffen Hess pers�nliche Tapferkeit einer
�berwiegenden Geschicklichkeit weichen, und machte diese Eisenum-
h�llungen von Mann und Ross unn�tz; die neue Art der Kriegsl�h-
rung suchte die Macht des Gegners durch das Ungest�m des Fuss-
volkes zu brechen , und dr�ngte den Gebrauch der Reiterei mehr in
den Hintergrund, es begann der Kampf der Massen gegen Massen, und
was das Pferd an Gr�sse und St�rke oder eigentlich an
Gewicht verloren hatte, wurde ihm durch Wendsamkeit
und Behendigkeit ersetzt. Die Pracht der f�rstlichen H�fe
zeigte sich in pompvollen Aufz�gen; gl�nzende Caroussels in denen
sieh mehr der Reichthura und die Geschicklichkeit des jugendlichen
Adels irn Reiten als eine jetzt nutzlose St�rke und pers�nliche Ta-
pferkeit zu zeigen suchte, traten an die Stelle der Turniere, und so
wird insbesondere seit der Zeit Kaiser Karl V. der Stamm riesiger
Pferde aus dem Korden mehr und mehr zur�ckgedr�ngt; an seiner
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Stelle wird jetzt das lebhafte, lenksame, behende und pom-
p�se Pferd von denZ�chtern der s�dlichen L�nder, ins-
besondere von Spanien und Neapel gesucht.
Hiermit tritt aber auch ein vollst�ndiger Wendepunkt in der
Pferdezucht auf und das orientalische Blut kommt zu seiner
so vielfach ber�hmten, in neuester Zeit aber so heftig
angefochtenen Wirksamkeit.
Spanien, schon zur Zeit der R�mer wegen seiner Pferde ber�hmt
die es wahrscheinlich durch die Ph�nizier aus Syrien erhalten hatte,
im fortgesetzten Verkehre mit der Nordk�ste von Afrika, wo schon
fr�her orientalische Pferde sich ausgebreitet hatten, endlich selbst gr�ss-
tenthe�s von den Mauren erobert, war das erste Land, in welchem in
maurischer Zeit das orientalische Blut in der Pferdezucht zur Gel-
tung kam.
Bis in das f�nfzehnte Jahrhundert dauerten die K�mpfe der go-
thischen F�rsten gegen die Sarazenen, und es ist kein Zweifel, dass
w�hrend dieses langen Zeitraumes vielfache Vermischungen der Plerde
vorgekommen sein werden. Schon die Notwendigkeit zwang die christ-
lichen Ritter sich ein zwar starkes, aber doch auch schnelles
und behendes Pferd zu erziehn, um dem fl�chtigen Barberrosse
folgen zu k�nnen, und der Gewaudheit arabischer Streiter gewachsen
zu sein. Desshalb scheint auch nach den Sagen und Bildern aus die-
ser Zeit das Pferd in Spanien nie so massig und schwer geworden zu
sein, wie in Deutschland, und es erfolgte daher daselbst eine in ande-
ren L�ndern wenig gekannte Verbesserung und Vervollkommnung des
nordischen Pferdes durch die Beimischung des nord-
afrikanischen Blutes.
Spanien kam nicht nur in den Besitz eines .grossen Theiles von
Italien, sondern auch in vielfache Ber�hrung mit den �brigen Staaten
Europas, und legte so den Grund zu einer g�nzlichen Ver�nderung in
den Ansichten �ber Pferdezucht. Namentlich aber war es Italien wo
weltbekannte Gest�tte errichtet, die pr�chtigsten Pferde erzogen, und
weithin versendet wurden; aus diesem Lande stammen auch die ersten
neuern Schriften �ber Pferdezucht; hier wurde die Reitkunst zuerst
vervollkommnet, und italienische Stallmeister verbreiteten ihre Wis-
senschaft von der Wartung und Abrichtung der Pferde, so wie von
der eigentlich mit Unrecht so genannten spanischen Schulreiterei
nicht blos nach Deutschland und Frankreich, sondern selbst nach
England.
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Anmerkung. Der Ausdruck spanische Schule, � spani-
sche Schulreiterei dr�ngt unwillk�hrlich zu der Ansicht, dass die
hohe Schule in Spanien einst sehr cultivirt worden sei. Dieses ist
nirgends in der Entwicklungsgeschichte der Reitkunst best�tigt;
was man an andern Orten hohe Schule, Schulreiten �berhaupt
heisst, nennt man nur in Wien � Osterreich - - spanische Schule,
weil zur Zeit der Gr�ndung der jetzt noch bestehenden Hofreit-
schule in der k. k. Hofburg unter der Regierung Karl's VI. hierzu
vorz�glich, vielleicht ausschliesslich spanische Pferde, oder doch
direkte Nachkommen derselben, verwendet wurden.
B. v. 0.
Die Ben�tzung des Pferdes als des wichtigsten Transportmittels
zu Lande f�r den nach der Entdeckung von Amerika so schnell gesteiger-
ten Handel, und die in den italienischen Kriegen zwischen Deutschland
und Frankreich mehr zunehmende Gewohnheit, gr�ssere Reitermassen im
Kriege gegen einander wirken zu lassen, machten das Bed�rfniss nach
Pferden viel allgemeiner und mussten die Zucht dieser zu allgemeiner
Notwendigkeit gewordenen Hausthiere ungemein bef�rdern und erwei-
tern; nicht mehr blos die F�rsten und der Adel sondern auch der durch Han-
delsth�tigkeit reich gewordene B�rgerstand, die Freisassen und Besitzer
gr�sserer Grundcomplexe besch�ftigten sich mit der Pferdezucht. Wenn
daher auch die Zucht einheimischer St�mme nicht vernachl�ssigt wurde,
wie dies die Nachrichten von dem burgundischen, d�nischen, friesischen
Pferde hinreichend beweisen, so wurde doch der sp an is che und ita-
lienische Typus als der vollkommenste betrachtet, und das Blut
dieser Pferde h�ufig dem einheimischen beigemischt. Ja, als in Spanien
selbst schon in Folge des Aufh�rens der Theilnahme an weltgeschichtli-
chen K�mpfen die Pferdezucht bedeutend zur�ckging und die durch eine
gewisse Verweichlichung herbeigef�hrte Maulthierzucht sich immer mehr
ausbreitete, als Italien bei seinem unaufh�rlichen Partheik�mpfen und
Zersplitterungen den Rufseiner dadurch vielfach gef�hrdeten Pferdezucht
verloren hatte, behauptete doch noch immer der Name des spanischen
Pferdes seine altber�hmte Wichtigkeit in Bezug auf Verbesserung eines
minder guten Stammes.
Der dreissigj�hrige Krieg zerst�rte, so wie in vielfach anderer Be-
ziehung den Fortschritt der Cultur, so auch jeden weitern Aufschwung der
Pferdezucht in den darin betroffenen L�ndern. In Deutschland sah man
sich gezwungen Pferde aus den verschiedensten L�ndern und daher auch
von mannigfaltigster Abstammung zu erwerben, und erst von dieser Zeit
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an scheint, wenigstens nach den Schriften �ber diesen Gegenstand das
polnische und ungarische Pferd in Deutschland zum gew�hnlichen Ge-
brauche und zur Zucht verwendet worden zu sein, da es in Folge sei-
ner geringen K�rpergr�sse bei der herrschenden Mode grosser und
starker Pferde fr�her wenig in Betracht gekommen sein mag.
Nur an den gr�sseren f�rstlichen H�fen blieb die spanische Zucht
noch lange in grossem Ansehn, und wurde zu einer wo ra�g ich noch h�-
heren Vervollkommnung nach den Ansichten jener Zeit gebracht. Der
immer mehr �berhand nehmende Gebrauch von Kutschen, welche anfangs
von der schwerf�lligsten Bauart waren, die ungemeine Vervollkomm-
nung der Reitkunst, welche jetzt durch franz�sische Stallmeister ange-
bahnt und verbreitet wurde, endlich die Einf�hrung der gl�nzenden
Caroussels mit ihren Quadrillen und Riugelstechen, welche an die Stelle
der l�ngst verschollenen Turniere traten, erforderten grosse und starke
wendsame und gelehrige, stolze und pomp�se Pferde, wie man sie da-
mals eben in der spanischen Zucht kennen und sch�tzen gelernt
hatte.
Durch ganz andere Einfl�sse als die Zucht in Gestuften wurde die
Landespferdezucht geregelt, hier wirkte vor allem die Einf�hrung ste-
hender Heere; sobald der Soldat n�mlich der zu P/erde k�mpfende
Krieger, � Ritter, Edelmann nicht mehr selbst sein Pferd herbeizu-
schaffen und es durch eigne Mittel zu erhalten hatte, ergab sich auch
die mindere Bedeutung der Zucht f�r den Einzelneu; da aber in Folge
des Ankaufes von Seite des Staates eine gr�ssere Anzahl bedurft
wurde und desshalb der Absatz mehr und mehr an Sicherheit gewann,
nahm die Pferdezucht nicht nur eine weitere Verbreitung unter dem
Landmanne, sondern es trat auch ein intensiverer Betrieb dieses land-
wirtschaftlichen Zweiges ein, der durch den Ueberfluss an Weiden
noch bef�rdert wurde.
Nimmt man dazu, dass der rasch wieder aufbl�hende Handel und
die allgemeine Hebung der Cultur eben so gut das Bed�rfniss nach
Pferden steigern musste, wie der von Seite des Milit�rs im Grossen
bewirkte Ankauf, so erkl�rt sich die schnelle Ausdehnung der Pferde-
zucht hinreichend, wobei aber als eine nat�rliche Folge des Mangels an
guten und reingez�chteten Zuchtpferden vielfache Vermischungen der
entgegengesetztesten St�mme eingeleitet wurden, so dass die alten Lan-
deszuchten, obgleich sie sich durch lokale Verh�ltnisse beg�nstigt, in
manchen Gegenden erhalten haben, dennoch immer mehr und mehr ver-
loren gingen. Auf den Untergang dieser schweren massigen Pferde wirkte
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auch noch der Umstand ein, dass die damalige Art der Kriegf�hrung mehr
durch die schnelle Gangart bei dem Angriffe, als durch das Gewicht der
Pferde den Stoss der Massen furchtbar zu machen, mit der Abnahme der
schwereren Bewaffnung auch leichtere und schnellere Pferde erforderte,
und der Pferdez�chter daher gezwungen war, sich dem Bed�rfnisse desje-
nigen K�ufers anzupassen, von welchem er den sichersten und gr�ssten
Absatz erwarten d�rfte.
Die Ausdehnung der immer mehr �berhand nehmenden Hofgest�tte
an denen nicht immer nach geregelten Grunds�tzen, sondern mehr nach
der Liebhaberei in seltenen und besonders verschieden gef�rbten Pferden
und nach der M�glichkeit sich die erw�nschten Zuchtthiere zu verschaffen,
verfahren wurde, blieb durch die Verbreitung der daselbst gezogenen
Pferde nicht ohne Einfluss auf die Landespferdezucht, hatte aber eben
dadurch, dass bei der noch bis auf den heutigen Tag bei dem gr�sstem
Theile der kleineren Z�chter bestehenden Unkenntniss eines zweckm�ssi-
gen Zuchtverfahrens die entgegengesetzten St�mme gekreuzt wurden,
nur nachtheilige Folgen f�r die Begr�ndung und Erhaltun g fest-
stehender Rassen.
Die vielfachen Beziehungen in welche seit jener Zeit die europ�i-
schen H�fe mit den orientalischen traten, und durch welche der Aus-
tausch gegenseitiger Geschenke, unter denen Pferde nicht immer die min-
der werthvollen waren, veranlasst wurde, lehrten die Vorz�ge des arabi-
schen Pferdes, welche zum Theil schon durch die Einwirkung des
nordafrikanischen Blutes in der spanischen Zucht erprobt waren, in immer
weiteren Umfange kennen, und man darf von diesem Zeitpunkte an rech-
nen, dass, wie fr�her der Berberstamm in Spanien, so jetzt das orientali-
sche Blut zun�chst seine Einwirkung in Frankreich auf die bereits viel-
fach ver�nderten und verbastardirten occidentalischen Rassen zu zeigen
begann.
Wahrhaft Epoche machend in der Geschichte der Pferdezucht, ist
die Begr�ndung einer selbst�n digen Rasse in England
durch das orientalische Blut, der sogenannten Vollblutrasse.
Die freilich mehr durch Zufall als durch Absicht geleitete Wahl der
Stammpferde durch welche nach dem Ausdrucke Veltheim's die Gr�sse
und Substanz des turkomanischen Pferdes mit der edlen Form und Fl�ch-
tigkeit des Arabers einerseits und mit dem Feuer des Berbers anderer-
seits verbunden wurden: die genaue Befolgung- geregelter Zuchtgrunds�tze
wie sie den auch in der �brigen Hausthierzucht erfahrener Engl�nder
gel�ufig war: die gr�sstm�gliche Sorgfalt auf die Heranziehung und War-
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tuDg der Pferde, die durch ein der Entwicklung thieriscker Organismen
�berhaupt so g�nstiges Klima m�chtig unterst�tzt wurde; die Erweckung
des allgemeinen Interesses f�r Pferdezucht durch Einf�hrung und Aus-
bildung der zu Nationalfesten gewordenen Wettrennen, welche aus einem
der Lust zu Wetten entspringenden Vergn�gen zu dan entscheidensten
Proben f�r die Leistungsf�higkeit einer Zucht wurden, und . endlich die
Aussicht auf gl�nzenden Gewinn, welche dem Z�chter durch einen siche-
ren Absatz und durch die von Seite des Staates und den Privaten ge-
spendeten reichlichen Preise er�ffnet wurde; alle diese Umst�nde waren
die wesentlichsten Momente, welche auf die Heran-
bildung der englischen Vollblutrasse zu dem in seiner
Art vollkommensten und schnellsten Pferde vomm�ch-
tigsten Einfl�sse waren. Ein so edler und in sich stets rein
erhaltener Stamm konnte bei zweckm�ssiger Verwendung zu Zuchtpfer-
den nicht ohne die g�nstigste Einwirkung auf die Veredlung und Ver-
vollkommnung der �brigen im Lande befindlichen Rassen sein, and so
haben die Engl�nder, wenn sie gleich einzelne, zu bestimmten Zwecken
verwendete St�mme ganz rein vom Vollblut erhalten haben, durch einen
einzigen aber rein gez�chteten Stamm die Pferdezucht des ganzen Landes
auf die allgemein anerkannt h�chste Stufe der Vervollkommnung nach
den verschiedenen Gebrauchsrichtungen hingebracht.
Auf dem Continente dagegen hatte die Pferdezucht eine ganz andere
und wesentlich verschiedene Richtung genommen, welche insbesondere
durch den gesteigerten Bedarf an Kriegspferden eingeleitet war. Der
durch eine wahrhaft r�cksichtslose Vermischung aller nur m�glichen
Rassen herbeigef�hrte Mangel an zum Kriegsdienste tauglichen Pferden
machte sich zun�chst in Frankreich w�hrend der verherrenden Kriege
gegen Ende des 17. Jahrhunderts geltend, und rief daselbst die erste
Einf�hrung von dem sogenannten Landgest�tten (eigentlich Be-
sch�ler-Depots) hervor, welche von hier aus �ber ganz Europa, mit Aus-
nahme Grossbritaniens verbreitet, eine entschiedene Wendung in der
Pferdezucht bewirken mussten.
Der Zweck, welcher der Errichtung von Landgest�tten zu Grunde
lag, war zun�chst, viele und t�chtige Zuchthengste von Seite des Staa-
tes zu unterhalten, um dieselben je nach den Bed�rfnissen in die einzel-
ner Distrikte zur Belegung der Stuten zu vertheilen; hierdurch sollte
auch dem kleinern Grundbesitzer Gelegenheit zum Betriebe der Pferde-
zucht gegeben und derselbe somit in weitern Kreisen erm�glicht wer-
den; andererseits wollte man durch die Aufstellung besserer Zucht-
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hengste, als dies den Privaten m�glich war, zugleich auf eine Verbesse-
rung der Landeszucht hinwirken.
Anfangs verschaffte sich der Staat diese gr�ssere Anzahl an Be-
sch�lern durch den Ankauf theils im eigenen Lande, theils in solchen
L�ndern, welche ihrer Pferdezucht wegen sich einigen Ruf erworben
hatten; bald aber ging man von diesem unsichern Mittel, sich die geeig-
neten Zuchthengste zu verschaffen ab, und errichtete sogenannte Stamm-
oder Pepiniere Gest�tte, in welchen die f�r das Land bestimmten Zucht-
thiere erzogen werden sollten; es waren dies urspr�nglich wohl meist
nur Hofgest�tte, also Privateigenthum der F�rsten und erst sp�ter und
allm�lig wurden sie theils als eigne Milit�ranstalten festgesetzt, theils
auf Kosten des Landes erweitert und eingerichtet. Um aber zugleich
auf eine Verbesserungund Veredlung der bestehenden St�mme
hinzuwirken, sah man sich h�ufig gen�thigt, fremde Zuchten einzuf�hren,
wobei man sein Hauptaugenmerk auf das orientalische Blut
richtete, welches ja die Hauptquelle war, aus welchen England die
Grundlage seiner vorz�glichsten Pferdezucht gesch�pft hatte. Da es
auch in dem speciellen Zwecke der Landgest�tte lag, die Armeen mit
tauglichen Kriegspferden zu versehn, so wurden sp�terhin Remontende-
pots und F�llenh�fe errichtet, in welchen junge augekaufte Pferde f�r
die Bed�rfnisse der Cavallerie auferzogen wurden. Durch den in solcher
Weise gesicherten Absatz um einen entprechenden Preis noch mehr aber
durch die Vertheilung selbst sehr hoher Preise f�r die Aufzucht sch�ner
Pferde suchte man das Interesse selbst kleinerer Besitzer an diesem
landwirthschaftlichen Zweige zu heben.
Allein der Erfolg blieb weit hinter den aufgewen-
deten Mitteln zur�ck. Die h�ufigen Continentalkriege, durch
welche oft in kurzer Zeit die sich allm�lig hebende Pferdezucht eines
Landes zerst�rt wurde; die stete Vermischung der verschiedensten Rassen
und St�mme durch welche die Bildung eines reingez�chteten und selbst-
st�ndigen Stammes immer wieder gehindert wurde; die fort und fort
wechselnden Ansichten �ber die Zweckm�ssigkeit der verschiedenen
Zuchtsysteme, durch welche nur zu oft der begonnene Fortschritt wieder ge-
hemmt wurde; die zu geringe Aussicht auf Gewinn, durch welche die Er-
weckung eines allgemeinen Interesses an der Pferdezucht unm�glich
wurde; dass nur auf der subjektiven Anschauung des Preisrichters basi-
rende System, die Preise nach der, so h�ufig dem Geschmacke der Mode
unterliegenden Sch�nheit der �ussern Form, und nicht nach der durch
Leistungsf�higkeit begr�ndeten innern G�te zu vertheilen; die durch
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Aufhebung oder m�glichst geringe Festsetzung eines Sprunggeldes her-
beigef�hrte Unm�glichkeit einer Concurrenz zwischen den Besch�lern
des Staates und der Privaten, waren die Hauptursachen, welche
die Einwirkung der Landgest�tte auf Hebung der
Pferdezucht so wesentlich beeintr�chtigten, dass bis
auf die letzten Jahrzehnte, wo die gl�nzenden Erfolge des Zuchtverfah-
rens in England zu vielfacher Nachahmung angeeifert haben, die westli-
chen L�nder Europas fast durchaus gen�thigt waren, durch den Ankauf
aus fremden L�ndern, insbesondere aus dem Reichthume der �stlichen
Gegenden ihre Cavallerien mit Pferden zu versehen; wohl der sicherste
Beweis, dass die vielen Millionen, welche die Landgest�tte bis dahin geko -
stet hatten, nicht im Stande gewesen sind, weder die Erzeugung
der geh�rigen Menge von Pferden zu bewirken, noch
eine selbstst�ndige, den gew�nschten Gebrauchszwe-
cken entsprechende Rasse zu begr�nden.
So ergibt sich dann die �usserst interessante historische Thatsache,
dass in demselben Abschnitte eines und desselben Jahrhunderts zwei ganz
verschiedene Methoden der Pferdezucht sich Eingang verschaffen; in Eng-
land durch Begr�ndung eines in seiner Fortpflanzung m�glichst reingezo-
genen Stammes, dessen Ausbreitung man durch Rennen als Proben der
Leistungsf�higkeit zu bewirken suchte, wobei die Zucht ganz den Privaten
�berlassen bleibt; auf dem Continente durch Einf�hrung der Landgest�tte
mit m�glichst �fter Vermischung des einheimischen mit dem fremden Blute
deren Wirksamkeit durch Pr�mienvertheilung nach der Beurtheilung der
�usseren Formen erh�ht werden sollte, wobei der Staat eigentlich die Lei
tung der Privatpferdezucht �bernimmt. So bestanden diese beiden Systeme
durch mehr als 150 Jahre, fast ohne allen gegenseitigen Einfluss neben-
einander; das eine gest�tzt auf v�llige Freigebung der Pfer-
dezucht, auf Beurtheilung der Leistungsf�higkeit,
auf Heranziehung eines selbst�ndigen Stammes; das
andere begr�ndet auf die Leitung der Pf erdezuc ht durch
Staatsanstalten, auf Beurtheilung nach �ussern For-
men und auf Vermischung verschiedener St�mme. Es
konnte nicht ausbleiben, dass endlich ein Zeitpunkt eintreffen musste, in
welchem die Erfolge dieser entgegengesetzten Zuchtmethoden mit einander
verglichen wurden, und in der That sehn wir seit ungef�hr 20 Jah-
ren die Anh�nger dieser beiden Systeme in einem erbitterten Streite
begriffen, dessen Entscheidung oder vielmehr Vermittlung bis jetzt
zwar nicht erfolgt, aber doch vielseitig versucht und angebahnt ist
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dass wir einer neuen Zeitepoche in der Pferdezucht entgegensehn
d�rfen.
Werfen wir einen kurzen R�ckblick auf das bisher Angegebene, so
Hessen sich folgende verschiedene Zuchten, wie sie sich in den einzelnen
Zeitperioden vorz�glich geltend machten, unterscheiden: 1. Das Pfe rd
des Alterthnms; die orientalische Zucht. 2. Das Pferd des
Feudalsystems, die normanische Zucht. 3. Das Pferd seit Er-
findung des Schiesspulvers, die spanische Zucht. 4. DasPferd
seit Errichtung stehender Heere; das englische Pferd und
das Pferd der Landgest�tte. Vielleicht schreiten wir jetzt einer f�nften
Periode entgegen, in welcher durch eine zweckm�ssige und weise Verei-
nigung der beiden fr�her angef�hrten Zuchtmethoden ein erh�hter Auf-
schwung in diesem so wichtigen landwirthscbaltlichen Zweige erfolgt. Es
d�rfte fast �berfl�ssig sein, hervorzuheben, dass keine dieser Perioden
scharf abgegr�nzt ist, sondern vielfache Ueberg�nge der verschiedenen
Zuchten stattgefunden haben, wie sich dies bei einem in steter Entwick-
lung begriffenen Gegenstande von selbst versteht: es sollte hiermit auch
nur ein Versuch der historischen Darstellung der Pferdezucht gegeben
sein, der weder auf Vollst�ndigkeit noch auf die Unm�glichkeit einer Be-
streitung Anspruch macht, so wie sich derselbe nur auf europ�ische Pferde
beschr�nkt, da entweder in Folge der Unkenntniss historischer Thatsa-
chen, wie dies f�r Asien und Afrika der Fall ist, eine solche Zusammen-
stellung unm�glich ist, oder wie in Amerika die Einwirkung der europ�i-
schen Verh�ltnisse massgebend war.
Weitere Mittheilungen �ber die geschichtliche Ent-
wicklung der Pferdezucht.
Dieser Darstellung, welche in gedr�ngter K�rze im allgemeinen
eine deutliche Uebersicht gibt, will ich noch einige Details beif�gen.
Die Eintheilung Bruckm�llers beibehaltend, werfen wir also zu-
n�chst einen Blick auf das orientalische Pferd, als das Pferd
des Alterthums.
Von Gelehrten, Naturforschern und Hippologen sind die verschieden-
artigsten Ansichten �ber das Vaterland der Pferde und �ber das Urpferd
selbst angestellt worden. Woher kam das Pferd? stammen alle Pferderas-
sen von einem ersten Elternpaar ab, wie man es beim Menschen annimmt,
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oder wurden in verschiedenen L�ndern verschiedene Pferde ge-
schaffen ?
Das sind wohl Fragen, �ber die uns nie helles Licht werden wird;
wir m�ssen uns mit der nat�rlichsten und wahrscheinlichsten Hypothese
�ber jene undurchdringlichen Geheimnisse begn�gen. Angenommen, dass
anl�nglich nur eine Art des Pferdes geschaffen wurde, so hatte der Sch�-
pfer der ganzen Gattung eine wunderbare F�gsamkeit gegeben, sich dem
Willen und den Bed�rfnissen des Menschen willig anzupassen; er ge-
stattete, dass verschiedene L�nder, angemessene Pflege, besonders Fut-
ter und vern�nftige Kreutzungen in der Organisation, dem W�chse, der
Kraft, der Energie und der Schnelligkeit dieses Thieres die Ver�nde-
rungen hervorbrachte, welche f�r die verschiedenen Arbeiten, die ihm
auferlegt werden sollten, nothwendig waren. So m�gen sich von der
Zeit der Zerstreuung der Menschen an, verschiedene Pferderassen auf
der ganzen Erde gebildet haben.
Es unterliegt wohl kaum einem Zweifel, dass der Orient das Stamm -
land des Pferdes ist und dass es dort zuerst bekannt, ben�tzt, gez�ch-
tet und durch menschliche Sorgfalt veredelt wurde.
Mit einiger Gewissheit d�rfen wir in Beziehung auf Z�chtung und
Verbreitung der Pferde erst mit dem Zeitpunkte beginnen, von dem
wir einigermassen glaubw�rdige Nachrichten besitzen und mit dem die
Geschichte �berhaupt beginnt.
Aus jener Zeit erfahren wir nun, dass Pferde zuerst in Egypten
und den angr�nzenden L�ndern Afrikas, in Ph�nizien, Pal�stina, Klein-
asien, Persien, Medien und den Nachbarl�ndern gez�chtet und ben�tzt
wurden.
Von Egypten kam das Pferd nach Griechenland und da dieses nur
mittelst Transport �ber das Meer geschehen konnte, so erkl�rt sich
hierdurch die griehische Mythe, welche Neptun, der Gott des Meeres,
den Sch�pfer des Pferdes nennt.
Wir betrachten zuerst das persiche Pferd, welches in fr�he-
ster Zeit schon bekannt und von jeher wegen seiner Trefflichkeit ge-
sch�tzt war. Als man von arabischen Pferden noch nichts wusste, galt
schon viele Jahrhunderte lang das persische als das edelste, sch�nste
und tauglichste Ross, dessen sich F�rsten und Feldherrn am liebsten
bedienten. Herodot, Xenophon, Strabo u. a. m. erw�hnen der persischen
Pferde als der besten und gesch�tztesten des Alterthuras.
Alexander der Grosse bediente sich wie uns gleichzeitige und sp�-
tere Geschichtsschreiber berichten, vorzugsweise persischer Pferde, die
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persische Reiterei galt als die erste und beste in jener fr�hen Zeit.
Und dass in allen Zeiten zur Trefflichkeit einer Reiterei die Vorz�g-
lichkeit der Pferde ein Hauptfaktor war, unterliegt keinem Zweifel.
Erst als das persische Reich unter arabische Herrschaft kam, (636)
fanden mit Nutzen betriebene Paarungen arabischer und persischer
Pferde statt; arabische Pferde wurden von jener Zeit an den persi-
schen vorgezogen, obwohl diese an Sch�nheit jenen nicht nach-, sogar im
Durchschnitt etwas h�her standen, als erstere. Das arabische Ross be-
sass dagegen mehr Dauer, reineres Blut, mehr F�gsamkeit und An-
h�nglichkeit an den Menschen.
Die grossen nis�ischen Ebenen wurden von den persischen K�ni-
gen ausschliesslich zur Pferdezucht benutzt; �ltere Schriftsteller be-
richten, dass auf den nis�ischen Gefilden ISO bis 160000 Pferde, da-
runter 50000 Zuchtstuten gehalten worden w�ren. Diese Pferde sollen
meistens aus Schimmeln und Isabellen bestanden haben.
Es muss noch erw�hnt werden, dass Wettrennen von Alters her
in Persien eingef�hrt waren und von den Herrschern und Grossen, die
von jeher die edelsten Pferde z�chteten und eine Vorliebe f�r sch�ne
Thiere und deren Zucht besassen, sehr beg�nstigt wurden.
Eine ganz besondere Pferdeart gibt es in Kurdistan, welches halb
zu Persien, halb zur T�rkei geh�rt; sie sind die ausgezeichnetsten
unter allen im Erklettern der Berge und im Herabsteigen derselben,
sie sind dieser Eigenschaft wegen sehr gesucht.
In den t�rkischen Provinzen Syrien, Mesopotamien, Palestina und
Irak-Arabi hallt man verschiedene Rassen von Pferden, die man theils
kreuzt, neuerdings vorzugsweise mit arabischen Hengsten, theils unter
sich fortz�chtet.
In Turkomanien, (dem s�dlichen Theile der Tartarei zwischen
dem kaspischen Meere und dem Aralsee) z�chtet man von Alter her
einen ber�hmten Pferdeschlag: Die turkomanischen Pferde, sagt Dr. A.
J�ger, erreichen eine H�he von lb�16 Faust und zeichnen sich durch
ihre unglaubliche Ausdauer aus. Auf ihren Raubz�gen hinterlegsn sie
oft in einem Tage 20�30 deutsche Meilen, und es ist Thatsache, dass
ein Haufe Turkomanen, der sich, auf die Schnelligkeit seiner Pferde
vertrauend, bis vor die Thore Ispahans wagte, in 11 Tagen 198 deut-
sche Meilen zur�cklegte.
Wollte Jemand, dem die arabischen und anderen Pferde des Mor-
genlandes zu klein und zu fein sind, zur Z�chtung eines gr�sseren,
kr�ftigeren Schlages sich orientalischen Blutes bedienen, so w�rde er
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3�l
am zweckm�ssigsten turkomacische Pferde w�hlen, unter denen er viele
f�nde , die den englischen Kutsch- und Halbblutpferden, was Gr�sse,
Bau, Knochenst�rke betrifft, gleichen.
Die tartarischen, bucharischen und kalm�ckischen Pferde geh�ren
alle dem grossen Oriente an; sie verdienen unsere Beachtung weniger,
wie dann auch die Pferde in Indien, China, Japan und andern L�ndern
in �stlichen und s�dlichen Asien der Erw�hnung kaum werth sind. In
Indien geschieht jedoch von Seiten der Engl�nder sehr viel zur Ver-
besserung der dortigen Pferde durch Anlegung von Gest�tten, durch
Einf�hrung der Wettrennen und durch Beg�nstigungen mannigfa-
cher Art.
Zu erw�hnen ist noch das Tscherkesische Pferd; es gleicht
dem turkomanischen und ist wahrscheinlich aus einer Kreuzung mit
persischen und arabischen Hengsten entstanden. Das t�rkische
Pferd ist ebenfalls rein orientalischen Ursprungs, durch Vernachl�ssi-
gung jedoch, durch Kriege und �ndere ung�nstige Einwirkungen sehr
herabgekommen.
Die orientalische Pferderasse beschr�nkt sich nicht blos auf Asien,
obwohl dieser Erdtheil als Stammland des Pferdes �berhaupt und als
Vaterland der edelsten Rassen anzusehn ist, sondern erstreckt sich auch
�ber grosse Theile des �stlichen und n�rdlichen Afrika.
Man darf wohl annehmen, dass das Pferd von Asien nach Afrika
verpflanzt wurde, dass dies in fr�hesten Zeiten besonders nach Aegyp-
ten geschah, von wo aus, wie von den n�chsten asiatischen L�ndern
sp�ter das edlere Pferd weiter verbreitet war, nach Lybien, Nubien,
Dongola u. s. w.
Anders verh�lt es sich mit den nordafrikanischen K�stenl�ndern
die von jeher eine gute Landrasse besassen, welche jedoch durch
das Eindringen der siegreichen Araber im siebenten Jahrhundert noch
mehr veredelt ward. Die Araber liebten ihre Pferde �ber alles, und
trachteten darnach, ihre trefflichen Rassen in allen den L�ndern einzu-
f�hren, die sie sich unterwarfen. Durch Reinzucht war dieses nicht so
leicht und so bald zu vollf�hren, sie kreutzten dssshalb ihre aus-
gezeichneten Hengste mit den Stuten der verschiedenen L�nder, die
sie eroberten.
Von den Pferden im Innern von Afrika sind die nubischen und
dongolasischen Pferde zu nennen; da aber �ber sie, ebenso wie
�ber das ganze Innere von Afrika wenig reeles bekannt ist, so wenden
wir uns zu einer ber�hmten, zahlreichen und schon seit uralter Zeit be-
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kannten und gesch�tzten Rasse, zu den Berberpferden. Unter diesem
Namen werden alle diejenigen Arten begriffen, die sich in der Berbe-
rei, d. h. in den nordafrikanischen K�stenl�ndern, Marokko, Algier,
Tunis und Tripolis finden. Schon zu Zeiten der R�mer und Carthagi-
nienser waren die dortigen Pferde gesch�tzt und gesucht; die ber�hmte
numidische Reiterei war mit Pferden dieser L�nder beritten; die mau-
rischen und berberischen Pferde wurden als leichte Reitpferde im Mit-
telalter von den F�rsten und den Reichen in Europa mit Eifer ge-
sucht, und hin und wieder auch zur Veredlung der Zucht benutzt.
(Der Leser wird sich errinnern, dass einer der Stammv�ter der
englischen Vollblutrasse, Godolphins Araber, eigentlich ein Berberpferd,
Barbe, gewesen ist.)
Als die R�merherrschaft in diesen L�ndern ihr Ende erreicht
hatte, zogen die Araber in der Mitte des siebenten Jahrhunderts herbei
besiegten die kaum Widerstand leistenden Einwohner, setzten sich mit
leichter M�he in den Besitz der nordafrikanischen L�nder, von wo aus
sie sich bekanntlich sp�ter den gr�ssten Theil Spaniens unterwarfen,
und das maurische oder sarazenische Reich in Europa gr�ndeten. Wie
nun der Araber vor allem sein treues, treffliches Ross liebt, so ging
sein Streben stets dahin, die Rasse desselben, die er f�r die beste
h�lt auch nach denjenigen L�ndern, die er unterjochte, zu ver-
pflanzen.
In neuerer Zeit hat die Berberrasse ihren fr�heren Ruf gr�ssten-
teils verloren, obwohl man noch immer im Marrokanischen, in Tunis
und Tripolis sehr gute Pferde findet, in Algerien sind sie durch den
dort seit Jahren herrschenden Krieg sehr gelichtet. Die edleren
Thiere stammen durchaus von einer, mehrere Jahrhunderte lang fort-
gesetzten Kreuzung mit der arabischen Rasse ab; viele St�mme der
wandernden Beduinen betrieben ausserdem arabische Reinzucht. So
kam es denn, da Klima, Boden, die Neigung der Eingebornen und
andere Verh�ltnisse der Pferdezucht in der Berberei g�nstig waren,
dass die Berberpferde zu so hoher Ber�hmtheit kamen, dass Hengste
wie Stuten zur Veredlung der Pferdezucht nach Europa insonderheit
nach England gef�hrt wurden und in der That auch namentlich in
letzterem Lande auf die Veredlung der Pferdezucht sehr vortheilhaft
eingewirkt haben.
Das orientalische Pferd �berhaupt geh�rt mehr dem kleinen als dem
grossen Schlage an; aber es vereinigt in seinen bessern und besten Indi-
viduen die Eigenschaften des edlen und edelsten Pferdes. (Siehe oben.)
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Ich will nun einiges �ber die Verbreitung des orientalischen Pfer-
des in Europa mittheilen.
L�ffler, Geschichte des Pferdes sagt:
Im vierten Jahrhundert fand die Auswanderung der Griechen statt,
die auf der Nordseite von Europa eindringend, es in einer schr�gen
Lage bis nach Spanien durchzogen und auf ihrem Zuge rechts und
links Schw�rme und Colonnen aussandten.
Die Pferde welche sie mit sich brachten, waren asiatisch, aber
wenn sich auch das Blut der europ�ischen Pferde durch diese Ank�mm-
linge verbessern konnte, verhinderte doch die Feuchtigkeit der Weiden die
Vervollkommnung ihrer Formen.
Um diese Zeit war es, wo die gew�hnliche Art der s�dpolnischen
Pferde zum ersten Male allgemein eingef�hrt wurde.
In Ungarn, das einen morastigen Boden hat, kamen sie nicht gut
fort; aber in Transilvanien (Siebenb�rgen) einem in Beziehung besser
bedachten Lande, arteten sie weit weniger aus. Herodet berichtet, es
g�be jenseits der Isther, (Donau) grosse L�nderstrecken, die von Men-
schen bewohnt w�rden, die sich gleich den Medern kleideten und deren
Pferde sich durch ihre fast IS Zoll langen M�hnen auszeichneten. Diese
Pferde seien aber minder brauchbar zum Reiten als zum Ziehn gewe-
sen. Unstreitig waren die L�nder, von denen Herodet sprechen wollte,
die niederen Theile Pannoniens und Daciens, (S�d- oder Niederungarn
und die Donauf�rstenth�mer) die noch heutigen Tages so viele Sumpf-
strecken kaben.
Im Jahre 710 kamen die Mauren nach Spanien und behaupteten
dort ihre Herrschaft fast acht Jahrhunderte lang. W�hrend dieser Pe-
riode mussten die orientalischen Pferde sich schon auf der Halbinsel
ausbreiten, wo der trockne Boden und die H�he der Lage von Anda-
lusien der urspr�nglichen Reinheit und Sch�nheit der Rasse ganz be-
sonders zusagten. Die Prachtliebe der Sarazenen F�rsten, der Glanz
ihrer H�fe von Granada und Cordova, ihr Bed�rfniss eine gute Caval-
lerie zu haben, u. s. w. trugen dazu bei, eine grosse Anzahl sch�ner
Pferde nach Spanien zu ziebn.
Im Jahre 738 �berzogen 200.000 Sarazenen das ganze s�dliche
Frankreich und breiteten ihre Herrschaft bis an die Ufer der Rhone aus.
Beim Abz�ge der Mauren nach dem grossen Siege von Carl Martell
mussten nothwendiger Weise eine grosse Menge orientalischer Pferde in
den H�nden der Franzosen verbleiben; die Pferde von Limousin stam-
men sichtlich davon her. Diese Provinz ist h�chst g�nstig gelegen,
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und ihre Weiden eignen sich ganz vorz�glich f�r die Zucht von arabi-
schen Pferden.
Im Jahre 800 �bersandte Harun al Raschid Karl dem Grossen kost-
bare Geschenke und es werden sich unzweifelhaft nach orientalischem
Gebrauche auch mindestens einige sch�ne Pferde unter diesen Geschen-
ken befunden haben.
Dann kam die Epoche der Kreuzz�ge, welche auf lange Zeit eine
stete Gemeinschaft mit dem Morgenlande begr�ndeten. Es kamen
christliche F�rsten auf die Throne von Jerusalem, Niz�a und
Cypern.
Die Grossen von Frankreich, England und Deutschland, ja selbst
die K�nige theilten die Gefahren dieser Religionskriege. Alle diese Edel-
leute, alle diese F�rsten, alle diese Ritter brachten arabische Hengste
mit nach Europa.
Im Jahre 1211 unterwarf sich der Tartarenf�rst Butanchan, die
Krim, aus welcher er eine Provinz schuf, nachdem er die Kosacken
zerstreut hatte.
Er setzte darauf mit seiner ganzen Armee �ber den Dnieper, �ber-
schwemmte Polen und r�ckte bis nach Lublin, Krakau, Lignitz und Bres-
lau vor.
Dieser Invasion folgten mehrere andere und es waren dies successive
herrliche Gelegenheiten f�r die Polen die Zahl ihrer Pferde zu vermeh-
ren, um so mehr, als jeder Tartar deren Zwei mitnimmt, wenn er in den
Krieg zieht. Seit den fernsten Zeiten sind die Polen sehr gute Reiter
gewesen, und haben es sich bis auf die neueste Zeit grosse Sum-
men kosten lassen, um sch�ne orientalische Besch�ler bei sich ein-
zuf�hren.
Die lang andauernde und weite Verbreitung der T�rken in Ungarn
hat hier das orientalische Pferd sehr verbreitet.
Die kostbarste Nachkommenschaft des orientalischen Pferdes
in Europa ist wohl das englische Vollblutpferd und die durch das-
selbe bewirkte Veredlung aller andern Pferdeschl�ge in England.
(Siehe oben.)
Betrachten wir nun das Pferd des Feudalsystems, des Rit-
terthums etwas n�her.
Das Pferd war das Symbol und das Werkzeug, das einzige
Mittel und die wesentliche Bedingung des Ritterthums.
Ohne das Pferd h�tte es kein Ritterthum gegeben. In unwegsamen
Gegenden zu reisen, schwere Waffen und R�stungen zu tragen und be
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sonders sich schnell von einem Orte zum andern zu begeben, das war
nur mit dem Pierde m�glich.
Auch betrachtet die Geschichte aller heroischen Zeiten das Pferd
als einen Gegenstand von unsch�tzbarem Werthe; wie die homerischen
Gedichte, so r�hmen auch alle Sagen den Muth der M�nner zugleich mit
dem Muthe der Pferde.
Alle Aufmerksamkeit und alle Sorgfalt der Ritter richtete sich vor
allen Dingen auf die Zucht und auf die Dressur des Pferdes. Die
Urkunden aller K�nige und F�rsten enthalten ausf�hrliche Vorschrif-
ten und Gesetze �ber diese wichtige Angelegenheit.
»Ich verleihe allen Rittern, welche ihre L�ndereien mit dem
»Helme und dem Schwerte vertheidigen, den unbesteuerten Besitz aller
»L�nder, welche sie anbauen, zu dem Zwecke, dass sie sich Waffen
»und Pferde f�r unsern Dienst und zum Schutze des Vaterlandes
»anschaffen.«
Dieses war der gew�hnliche Inhalt aller Urkunden der Lehenherrn
sowohl in Deutschland, als auch in England und Frankreich w�hrend
der Dauer des Mittelalters.
»Nehmt das Pferd aus der Sch�pfung« � ruft L�ffler aus �
und die Geschichte der Welt wird Jahrhunderte weniger z�hlen! das
Pferd war w�hrend dieser langen Zeit das eigentliche Leben Europas.
Ein Ritter stand mit dem F�rsten in gleichem Range.
Die r�mische Sitte, welche nur den Patriciern die Benutzung des
Pferdes erlaubte, - war von den Galliern angenommen worden, und der
Besitz eines Pferdes war ein kostbares und heiliges Recht. Man hat
auch die Bemerkung gemacht, dass die Namen, welche die adeligen
Klassen des neueren Europa f�hren, dem Namen des Pferdes oder den
Besch�ftigungen die ihm gswidmet waren, entlehnt sind:
Chevalier aus dem franz�sischen cheval. (Pferdemann, Reiter, Rit-
ter) Ecuyer, aus dem lateinischen Equus. (Abrichter der Pferde, Be-
reiter.)
Marquis aus dem Celtischen und deutschen March.
Marcchal ebendaher.
Marschall drgl.
Connetable aus dem Lateinischen Comes stabuli, Oberstallmeister.
Bei vielen sowohl altern als neuern V�lkern hat das Wort
March oder Marc, Marach, Mare (englisch die Stute) die Bedeutung
Pferd behalten. D er Titel M a r s c h a 1 k, M a r s c h a 11, urspr�nglich Ober-
stallmeister, dann Anf�hrer in der Reiterei; Marquis, Stallmeister,
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Reiter Waffentr�ger; Marchio im Lateinischen Kriegsheld; davon
Marquess, englisch; Marchese italienisch; Marques spanisch;
endlich Markgraf Anf�hrer der Reiterei, eine ehmals in Deutsch-
land �hliche W�rde, findet in den Beziehungen zum Pferd seinen Ur-
sprung und Berechtigung.
Aus March sind nachfolgende franz�sische Worte entstanden;
Marchand, Mercator Pferdeh�ndler; Marche Pferdemarkt; marcher
gehn, dem altfranz�sischen chevaucher entsprechend; marches, die
Grenzen, wo die nordischen V�lker ihre Fahne, die ein Pferd als Zei-
chen hatten, aufpflanzten; marc, ein Bruchtheil des Pfundes, nach dem
Bilde eines Pferdes so genannt, das auf dem Gewichte eingepr�gt
war, u. s. w.
Die alte Welt hatte eigentlich nur eine Gattung von Pferden ge-
kannt, n�mlich das leichte Pferd, dessen Typus das orientalische war,
aber von dem Augenblicke an, wo die M�nner des Nordens ihre Rolle
in dem Drama der Welt zu spielen begannen, erschien auch eine neue
Pferderasse, wie sie die Bed�rfnisse einer neueren Gesellschaft erfor-
derten.
Das Ritterwesen, zu dem Kaiser Heinrich I. zu Anfang des 10.
Jahrhunderts in Deutschland die Anregung gegeben, bildete sich immer
mehr aus. Zur Erziehung des Junkers geh�rte nothwendig, sich auf
den Pferden in Ernst und Spass zu tummeln; das Pferd war daher
sein Lieblingsthier. Nat�rlich wurde nun auch auf dasselbe grosse
Sorgfalt verwendet; mit dem gesteigerten Anspr�chen stei-
gerte sich auch die Sorge f�r seine Erziehung und
Pflege. Vern�nftige naturgem�sse Pflege hat alle Hausthiere veredelt,
besonders aber das Pferd. Das Pferd gewann damals, wie jetzt, an
Sch�nheit, Gr�sse, Kraft, Feuer, Ausdauer, wodurch es durch den Ge-
brauch nun auch t�chtiger wurde.
Wenn nun das Ritterthum in Verfolgung seiner Zwecke den Rit-
tern die Notwendigkeit auferlegte, gute Pferde zu haben, so kamen
Eitelkeit und Stolz der Pflicht, die aus der Nothwendigkeit entsprang,
zu H�lfe. Die Turniere erforderten grosse, gewandte, gelehrige und
feurige Pferde; und musste der Ritter mit seinen Reisigen zur Fehde
dann war wieder das Pferd und zwar in Menge, ein Bed�rfniss. Jeder
Ritter, der ein guter Wirth war, hatte daher bei seiner Burg, in sei-
nem Rittersitze eine Stutterei, wo er selbst seine Pferde zog, und seinMar-
stall war sehr oft ansehnlich und voll sch�ner Pferde. Oft, � man k�nnte
sagen, meistens thaten es die Ritter der Landesf�rsten ihrer Zeit voraus.
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Vier verschiedene Arten waren im Mittelalter besonders beliebt,
wir wollen versuchen, sie genau zu kennzeichnen. Das Schlacht-
pferd, das Paradepferd, der Klepper oder das Arbeits-
pferd, und das Saumthier oder das Packpferd.
Die besten Schlachtpferde erzielte man durch die Kreuzung der
arabischen und andalusischen Reitpferde mit den kr�ftigen Stuten der
deutschen, englischen und franz�sischen Basse. Hierunter ist wohl das
Pferd zu verstehen, welches in D�nemark, Holstein, Belgien, Holland
(das friesische Pferd) in der Bretagne und auch in einigen Strecken
Englands gezogen wurde, und sich noch jetzt durch Gr�sse und St�rke
auszeichnet. An der Spitze dieser Familie, welche L�ffler »Armorika-
nische Pferde« nennt, steht das d�nische Pferd, und dieses Pferd, das
wir im Mittelalter unter dem Namen Schlachtpferd und in unse-
ren Tagen unter dem Namen Kutschenpferd kennen, ist und war
das Pferd f�r alle Arbeiten des Krieges und des Friedens. W�hrend
des ganzen Mittelalters wurde das d�nische Pferd, besonders als Tur-
nier oder als Schlachtpferd, allen andern vorgezogen; es war das
grosse Pferd der Sage, woher das Sprichwort gekommen ist, auf
hohem Rosse reiten.
Das gegenw�rtige belgische Pferd ist das ehemalige fl�mi-
sche Pferd. Das Wort fl�mischer Kerl dient als Spitzname zur
Bezeichnung eines grossen und plumpen Menschen. Diese Benennung
kennzeichnet hinl�nglich das belgische Pferd, welches niemals ein an-
deres Verdienst als das der Schwere und Gr�sse gehabt hat.
Das Schlachtpferd, das gew�hnlich von den Pagen und Reitknech-
ten gef�hrt wurde, war ein Pferd vom hohen W�chse und vereinigte
Kraft mit Sch�nheit.
Diese Pferde glichen nicht, wie einige Schriftsteller behauptet
haben, den Pferden, welche die niederl�ndischen Maler f�r ihre Sol-'
daten erfanden. Sie waren weder plump noch missgestaltet, noch mit
Haaren an den Beinen bedeckt; sie hatten weder einen dicken und
schweren Kopf, noch ein mattes Auge; sie waren nicht eine Abart des
Zugpferdes unserer Zeit. Im Gegentheil es waren stolze und sch�ne
Pferde, welche den Stempel der Veredlung an sich trugen. (Die K�-
nige von D�nemark besassen seit vielen Jahrhunderten in der N�he
von Kopenhagen ein pr�chtiges Gest�tt; die Pferde desselben waren
an dem einem Schenkel mit einem Buchstaben und an dem andern
mit dem Datum ihrer Geburt gezeichnet.
Diese den Spaniern entlehnte Sitte best�rkt noch die Meinung
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dass die ersten Pferde, die man in D�nemark zur Verbesserung der
Zucht verwendete, spanische Pferde waren.) Sie hatten einen hohen
Wuchs und athletische Formen, welche nothwendig waren, um starke
mit eisernen R�stungen und schweren Waffen belastete M�nner zu
tragen; es war die Urform des norm�nischen Pferdes aus Cotentin
und Merlerault; es war auch das meklenburgische Pferd; das Pferd
aus den grasreichen Gegenden Andalusiens; es war das starke Jagd-
pferd Englands, das norm�nische und meklenburgische Kutschpferd.
Abbildungen von diesen Pferden finden sich seit dem 10. bis 14. Jahr-
hundert auf den alten M�nzen der K�nige auf den Urkundensiegeln,
und besonders auf den ber�hmten Teppichen der K�nigin Mathilde
an deren Genauigkeit man nicht zweifeln kann, wenn auch an einzel
nen Stellen die Zeichnung zu tadeln w�re.
Diese Pferde waren selten, ihr Preis sehr hoch, und aus der
Geschichte weiss man, welchen Werth die Ritter auf ihren Besitz
legten.
Der Eine kann wegen Mangel eines guten Pferdes nicht auf den
Waffenplatz erscheinen; � der andere verpf�ndet seine G�ter um
sich ein gutes Ross zu verschaffen; � der besiegte Ritter muss sein
Pferd dem Sieger geben, denn es ist der sch�nste Preis und fast der
Zweck des Siegers.
Karl der Grosse h�lt Roland nur erst dann f�r unbesieg-
bar als er ihn im Besitze eines guten Pferdes sieht. Und das kost-
barste Geschenk, das die K�nige einem Ritter machen konnten, be
stand in einem Streitrosse.
Das Paradepferd des Mittelalters ist ein leichtes und zierli-
ches Pferd das besonders den Damen als Reitpferd diente, und auch
bei dem festlichen Einz�ge der K�nige und F�rsten in die St�dte und
bei den Ritterspielen figurirte.
Alle arabischen und orientalischen Pferde, welche die Kreuzritter
in ihre Heimath mitbrachten, waren Paradepferde; (franz�sisch Pale-
frois, woher das Wort Palefrenier, Stallmeister oder Reitknecht,) auch
erhielt man sie aus Spanien, aus dem Limousin und aus Navarra;
ferner lieferte Lothringen, sowie die Bretagne und die Normandie aus-
gezeichnete Thiere dieser Rasse. Diese Paradepferde waren meistens
Schimmel, man gew�hnte sie bisweilen an den Zeltergang oder Pass,
daher denn auch Zelter vielfach soviel als angenehmes, bequemes Da-
menpferd bedeutet.
Der Klepper war ein untersetztes, starkes Pferd, dessen ge-
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wohnlicher Dienst darin bestand, die geharnischten M�nner von einem
Orte zum andern zu tragen, w�hrend das Schlachtross erst im Augen-
blicke des Gefechtes gebraucht wurde. Man bediente sich der Klepper
auch zum Zuge und zu Feldarbeiten, kurz der Klepper war im Mit-
telalter das Urbild des heutigen Postpferdes, mehr oder weniger plump,
mehr oder weniger ausgezeichnet, mehr oder weniger brauchbar. Er
stand einerseits zwischen dem Schlachtpferd und dem Paradepferd, und
andererseits dem gew�hnlichen Saumpferd.
Die Klepper waren zu manchen Zeiten sehr theuer, und einige
wurden sogar oft so theuer wie Schlachtpferde bezahlt, dessen Stelle
sie vertraten. Dennoch bestand zwischen ihnen gew�hnlich ein sehr
grosser Unterschied: das Schlachtpferd, welches einen lebhaften und
kurzen Gang haben musste, ging regelm�ssig nur im Schritt, Trabb
und Galopp, w�hrend der Klepper, der eigentlich nur auf Wiesen ge-
braucht wurde, auf den Pass- oder Zeltergang abgerichtet wurde.
Dies war die einzige Methode schnell und bequem zu reisen,
wenn man mit einer schweren R�stung belastet war. Der Passgang
war im Mittelalter eine gebietherische Nothwendigkeit und daher sehr
gebr�uchlich. Das Pferd des Nordens kann gew�hnlich nicht lange im
Galopp gehn und der Trabb ist bei der milit�rischen Haltung, welche
die Kriegsleute des Mittelalters haben mussten, unausf�hrbar. Dieser
Gang, der dem Pferde mittelst Dressur und Anwendung mechanischer
Mittel z. B. Stricke und Fesseln, beigebracht wurde, war in einigen
L�ndern in Folge der Zeugung erblich geworden; in England haben
die Passg�nger sich lange erhalten, bis die Sitte des Trabbes sie aus-
ser Th�tigkeit setzte. Jetzt betrachtet man den Pass als fehlerhaften
Gang, und die Passg�nger nur noch als Ueberbleibsel der ehemaligen
Klepper, die von den Rittern so gesch�tzt wurden.
Man z�chtete die besten Klepper in Deutschland, England und
der Bretagne. Uebrigens hatten alle L�nder ihre Klepper und man
hatte damals sogar die Beobachtung gemacht, dass das eingeborne
Pferd den Strapatzen und Wirkungen der Jahreszeiten besser wider-
stehn, als das importirte Pferd.
Das Saumpferd, Lastpferd stand au! der niedrigsten
Stufe der mittelalterlichen Rassen, und es wurde zu vielerlei Dienst-
leistungen ben�tzt; es musste Gep�ck und Kaufmannsg�ter von einem
Ende Europas bis zum andern tragen. Auf dem Meere dienten die
Schiffe, in den Binnenl�ndern der R�cken des Pferdes zum Transport
der Lasten; denn damals gab es keine Kan�le, keine bequemen Stras-
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sen , keine Frachtw�gen Eisenbahnen, etc. Die letzten Ankl�nge an
diese Art zu reisen, waren wohl die zu Pferde reisenden Handlungs-
diener, sogenannte Musterreiter, wie man sie noch vor 30�3b Jahren
mit ihren hohen, viereckigen Mantels�cken hinter dem Sattel, vielfach
sehn konnte.
Das Pferd seit Erfindung des Schiesspulvers, die
spanische Zucht.
Als die Erfindung und verbreitete Anwendung des Schiesspulvers
und die dadurch bewirkte Ver�nderung in der Staats- und Kriegsver-
fassung dorn Ritterwesen im sechzehnten Jahrhundert das bisherige
Ansehn nahm, dauerte demnach die Neigung zu Ritterspielen und damit
auch zur Pferdezucht und Reitkunst fort. Der Preis in den Turnieren
aus den H�nden der Damen und die Bewunderung, welche dem guten
Erfolge wurde, hingen zu sehr von den Vorz�gen des Pferdes und von
der Geschicklichkeit seines Reiters ab, als dass die ver�nderte Stel-
lung im Staate die Neigung f�r diese Dinge h�tte sobald unterdr�cken
k�nnen. An die Stelle der Turniere traten nun als Ritterspiele die
Caroussels, die Tracht des Ritters und die R�stung des Pferdes wurde
leichter; der Stolz der Ritter auf den Besitz sch�ner Pferde war zum
Theil Hauptursache, dass diese ritterlichen Uebungen so lange fortdau-
erten. Diese Vorliebe des hoben und niederen Adels f�r Reitkunst und
Gest�tte hatte den Nutzen, dass einer Verbesserung und Veredlung der
Pferde fortan viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde.
Wir haben schon oben gesehn, dass durch die Mauren das orien-
talische Blut in Spanien und nachher in Frankreich sehr verbreitet
wurde. Die Mauren, welche im Jahre 711 Spanien eroberten, besassen
dasselbe 700 Jahre lang; ihre Herrschaft also endete daselbst mit der ver-
breiteten Anwendung des Schiesspulvers. W�hrend dieser Jahrhunderte
wo sie best�ndige Kriege mit den Christen f�hrten, oder in Handelsver-
bindungen mit ihnen standen, wurden durch die Kampfmethode beider
V�lker neue Kreuzungen der Pferderassen n�thig. Die Mauren mussten
darauf denken, ihren Pferden die Kraft des Widerstandes zu geben, die
erforderlich war, um den Angriff der starken Schlachtrosse der christ-
lichen Ritter auszuhalten; diese mussten ihrem Pferde die grosse
Schnelligkeit zu geben suchen, wodurch sich die Pferde ihrer Feinde
auszeichneten. Diese Kreutzungen, welche von christlichen und mauri-
schen F�rsten mit Kenntniss und Geschmack geleitet wurden, hatten die
andalusische Rasse zur Folge, deren Ruf und Werth unbestreit-
bar sind.
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Und dieses war die Ursache, dass das spanische Pferd von
nun an �berall hin zur Veredlung der Pferdezucht gesucht und ver-
wendet wurde.
Die Anwendung der Feuerwaffen und dadurch bewirkte ver�nderte
Kriegf�hrung rief damals das Bed�rfniss nach starken, gewand-
ten und zugleich schnellen Pferden hervor. Und jetzt wo in neu-
ester Zeit, die Wirksamkeit der Feuerwaffen wieder einen ausserordent-
lichen Fortschritt gemacht hat, ist es ebenso.
Sp�ter haben allerdings verschiedene Ursachen wieder zur Ver-
schlechterung der spanischen Basse beigetragen; erstens fanden die
christlichen K�nige, welche auf die maurischen folgten, nicht in demsel-
ben Grade Geschmack an den Beiterspielen und Festen der Mohameda-
ner und die Pferdeliebbaberei ging in der Nation nach und nach verlo-
ren; dann wurde der �ckerbau, ohne welchen es keine Pferde gibt,
vernachl�ssigt, als die Araber Spanien verliessen, wo sie sich haupt-
s�chlich damit besch�ftigten, und das Geld der neuen Welt beg�nstigte
die Tr�gheit des Volkes, welches nur leben wollte, ohne zu arbeiten.
Es wurden fremde, besonders neapolitanische Pferde eingef�hrt, welche,
obwohl sie den spanischen Pferden einen hohen Wuchs gaben, ihnen
demnach den urspr�nglichen Charakter nahmen; die Nation gew�hnte
sich an den Esel und das Maulthier, welche bequemer und geduldiger
sind, und die Faulheit, wozu ein mildes Klima einladet, bef�rdern.
Das Pferd aber ist zur Th�tigkeit geschaffen, und erh�lt somit den
sich mit seiner Abrichtung und Gebrauch befassenden Menschen in ste-
ter Th�tigkeit; die Wettrennen des Alterthums zu Pferd und zu Wa-
gen, die Turniere des Mittelalters, die maurischen Fantasia's, die Jag-
den und Wettrennen unserer Zeit sind die Mittel, nach denen man den
Werth eines Pferdes f�r die Anforderungen seiner Zeit beurtheilen
muss. Dient die Beitschule dazu gute Pferde abzurichten, so k�nnen
nur die anstrengenden �ebungen kr�ftige Pferde bilden, und indem dazu
geeignete Pferde gesucht werden, zur Aufzucht anreizen.
Es muss �brigens zugegeben werden, dass die Spanier in ihren Ge-
wohnheiten die Pferdeliebhaberei bis auf den heutigen Tag beibehalten
haben; namentlich gibt es in Andalusien Gesellschaften, welche Mar-
stranza heissen, und die Beitkunst und Pferdezucht zum Zweck haben.
An gewissen Tagen f�hren die Mitglieder der Gesellschaft Beiter�bun-
gen aus, welche an die maurischen Spiele erinnern.
Die spanischen Pfer.'evereine haben eine sch�ne Devise angenom-
men, welche die Devise des Sports aller Nationen sein sollte ;
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Pro republica est, dum ludere videmur.
(Unsere Spiele haben die Wohlfahrt des Staates zum Zweck.)
Folgende spanische Anekdote gibt von dem Muthe des Pferdes und
des Reiters zugleich Zeugniss.
»Unter den sch�nen Ruinen, welche Spanien bedecken, bemerkt
»man einen verfallenen Aqu�duckt, der dazu bestimmt war, das Wasser
»von der Br�cke von Armontara nach Tarragona zu leiten. Dieser Aqu�-
»dukt, der aus einer Doppelreihe von Arkaden besteht, und einer der
»am besten erhaltenen ist, zeichnet sich durch die sch�nen Reliefs seiner
»Schwibbogen aus. Oben auf dem Aqu�dukt lief eine einfache, mehr
»oder weniger tiefe, aber sehr enge Rinne. Ein Reiter hatte eine
»Wette gemacht, dass er auf dieser Rinne in ihrer ganzen L�nge reiten
»wolle; er hatte jedoch nicht bemerkt, dass sie gerade an der Stelle
»wo das Thal darunter am tiefsten ist, von einer breiten Bresche unter-
»brochen war. Als das Pferd an dieser Stelle angekommen war, konnte
»es nicht umkehren, und es w�re ein Schimpf f�r den Reiter gewesen,
»wenn er abgestiegen und zu Fuss zur�ckgegangen w�re. Er gab seinem
»Pferde die Sporn. Dieses schwang sich �ber die Kluft, vollbrachte den
»Sprung und gewann die Wette.«
Das Pferd seit Errichtung stehender Heere; das
englische Pferd und das Pferd der Landgest�tte.
Die Zeit Kaiser Maximilian I. also im allgemeinen der Anfang des
sechzehnten Jahrhunderts ist als diejenige zu betrachten, wo die stehen-
den Heere in Deutschland sich bleibend zu bilden anfingen; der Einfluss
der auf die Pferdezucht im grossen Ganzen hierdurch entstand, war haupt-
s�chlich darin begr�ndet, dass der zu Pferd k�mpfende Krieger, n�mlich
der Ritter, nicht mehr wie bisher sich selbst ausschliesslich beritten
machte, und auf seine Kosten beritten ins Feld stellte.
Bis daher war der Ritter gen�thigt, seinen Pferdebedarf selbst zu
z�chten; von nun an bildet sich immer mehr heraus, was auch in der Ge-
genwart noch besteht, n�mlich dass der zu Pferd dienende Krieger auf
Staatskosten beritten gemacht wird. Es liegt auf der Hand, dass sich
nun Manche zur Z�chtung von Pferden veranlasst finden mochten, die
auch f�r ihren eigenen Gebrauch im Kriege sie nicht bedurften, sondern
zum Zwecke des Verkaufes z�chteten. Wie sich nun die b�uerlichen Ver-
h�ltnisse immer mehr verbesserten, das heisst, dass auch der Nichtade-
lige Grund und Boden besitzen konnte und wie dieser Grund und Boden
von Lasten, Zehnten, Dienstleistungen u. s. w., immer mehr befreit wurde,
sehn wir auch den ganz kleinen Grundbesitzer Pferde erziehn. Es lag im
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wohlverstandenen Interesse der Staaten diesen kleinen, armen Z�chtern
auf alle Weise an die Hand zu gehn. So entwickelte sich nach und nach
was man jetzt Landgest�tte nennt, und wir werden aus nachfolgenden
sehn, wie sich in Gegenden und L�ndern, die bisher wenig Pferdezucht
betrieben hatten, diese immer mehr ausbreitet und wie lange es brauchte
bis sich Grossstaaten, z. �. Oesterreich in dieser Beziehung, wenigstens
in Bezug auf die Armeeremontirung, vom Auslande unabh�ngig machen
konnten.
Die uns zun�chst besch�ftigenden L�nder sind Frankreich, Deutsch-
land mit allen L�ndern des �sterreichischen Kaiserstaates und end-
lich England.
Obwohl in Frankreich die Einf�hrung stehender Heere fr�her be-
gann als in Deutschland, so h�lt doch die Entwicklungsgeschichte der
Pferdezucht hiermit nicht gleichen Schritt und noch bis auf die neueste
Zeit kauft Frankreich einen grossen Theil seines Armeebedarfes im Aus-
lande, namentlich in Deutschland.
Dr. L�ffler sagt:
Die Regenten, oder Regierungen Frankreichs haben hierin sich zu
wiederholtenmalen einem Irrthum hingegeben, n�mlich den, im Auslande
Pferde anzukaufen, wenn ein Kriegsgewitter am Horizonte steht. Man
glaubt so, den doppelten Zweck zu erreichen, dass man dem Feinde seine
Pferde entzieht, die er bald vielleicht selbst braucht, und dass man seine
eigenen Hilfsquellen schont. Statt dessen aber f�llt man in zwei Schlingen.
Man ermuthigt den ausl�ndischen Handel, indem man ihm sein Geld
bringt, und e n tmuthigt den eigenen Binnenhandel indem man ihm seinen
Absatz verschliesst. Der Z�chter, der nicht nur den Verkauf seines
Pferdes einb�sst, sondern dasselbe auch noch ern�hren muss, schlachtet
sein Huhn, welches ihm goldene Eier legt; er verkauft seine Mutterstuten
und vernachl�ssigt seine F�llen; an einem Tage verliert er die Frucht
zehnj�hriger Arbeit. Man bewahrt Pferde nicht auf, wie andere Sachen
und das Pferd, welches keiner gekauft hat, verschwindet in dem Schl�nde
einer Consumtion, welche keinen Vortheil gew�hrt.
Will man niemals daran Mangel leiden, so kaufe man nur immer zu
bis zur Ersch�pfung. Man sei unbesorgt und sch�pfe nur immer aus die-
ser Quelle; sie wird immer klarer und lebendiger emporsprudeln. � In
neuerer Zeit hat die Pferdezucht Frankreichs sowohl durch innere gute
Einrichtungen, als die Verbindung mit Algerien, die Bef�rderung der
Rennen nach englischen Muster und die damit verbundene Verbreitung
des englischen Vollblutes wieder einen erfreulichen Aufschwung genommen.
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Richelieu, (also zur Zeit des dreissigj�hrigen Krieges) hat gewiss
die Pferdezucht Frankreichs in eine andere Richtung versetzt, indem er
die Macht der grossen Lehnsinhaber g�nzlich unterdr�ckte ; der hohe
Adel, seiner Rechte beraubt, entzog sich auch seiner Pflichten und die
Edelleute vertauschten das Land mit der Stadt und wurden aus grossen
Grundbesitzern H�flinge und ergebene Diener. Die Pferde kamen aus den
Marmorst�llen der Schl�sser an die feuchten Krippen der H�tten.
Armuth reichte ihnen ihr Futter, Unwissenheit entschied �ber die
Fortpflanzung der Rassen.
Unter dem Einfl�sse dieses Verfalles erfolgten dann die Erg�n-
zungen der Pferde vom Auslande her in den Jahren 1688 und 1700.
Dies waren die ersten und verh�ngnissvollen Zeichen eines
Uebels, welches sp�ter an den Herzen der Pferdeindustrie Frankreichs
nagen sollte.
Bis dahin hatte Frankreich nicht nur seine eigenen Bed�rfnisse
bestritten, sondern es versorgte auch die Reitschulen Deutschlands,
Spaniens, Englands und Italiens mit Parade- und Luxuspferden. Nun
ist aber jede Industrie im Fortschreiten begriffen, wenn sie ausf�hrt,
dagegen im Verfall so lange sie nur einf�hrt. Als einmal die Grenze
f�r ausl�ndische Pferde offen stand, kamen sie nicht mehr von den
franz�sischen M�rkten, und der ganze Pferdehandel bekam in Frank-
reich eine fehlerhafte Richtung.
Dieser Einfuhr zu steuern setzte Ludwig der XIV. eine Admini-
stration der Gestufte ein, deren Aufgabe es war, f�r die Pferdez�ch-
ter eine angemessene Auswahl von Zuchtpferden zu beschaffen.
Man sammelte sorgf�ltig die besten franz�sischen Arten und Ras-
sen und liess mit grossen Kosten eine ungeheure Menge Pferde zur
Erneuerung der Rassen vom Auslande kommen; die Berberei und Spa-
nien wurden in Contribution gesetzt f�r das Reitpferd, Flandern, Fried-
land und D�nemark f�r das Kutschenpferd. Man hatte auch einige Pferde
aus England, die man englische T�rken nannte.
(Es waren dieses gewiss in England geborene Nachkommen aus
dem Orient eingef�hrter Pferde.)
Somit war also damals, indem von Seiten der Regierung Massre-
geln zur Hebung der Pferdezucht und Unterst�tzung der Z�chter er-
griffen wurden der Grund zu den nachherigen Landgest�tten gelegt.
Die englischen Wettrennen fanden in Frankreich zum ersten Male
im Jahre 1776 statt; dass die vielen Kriege, welche Frankreich im
vorigen Jahrhundert f�hrte und die grosse Revolution zu Ende des-
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selben auf die Pferdezucht dieses Landes einen wesentlichen Einfluss
nehmen mussten, ist leicht begreiflich.
Und in dem Zeitpunkte, wo die Sorge f�r das Pferd unter dem
Schatten des Friedens wieder aufbl�hn zu wollen schien, erlitt sie
abermals einen gewaltigen Stoss durch eine neue Revolution.
Die Ereignisse von 1830 entzogen den franz�sischen Z�chtern
den geringen Absatz, den sie bisher noch gehabt haben.
Um das Jahr 1833 traten einige Z�chter und Pferdeliebhaber zu-
sammen und bildeten zu Paris die Gesellschaft, deren Zweck die Auf-
munterung zur Veredlung der Pferderassen war, und die unter dem
Namen des Jokey-Clubs bekannt ist.
Die Revolution von 1848 war wie alle Revolutionen, diesen Din-
gen nicht g�nstig ; sie ersch�tterten den Reichthnm, beunruhigte den Lu-
xus und brachte Verwirrung in den Pferdehandel; �brigens geschieht
unter der Regierung Napoleons III. alles zur Hebung der Pferdezucht
und bereits mit sehr sichtlichem Erfolge.
Ich kann diese kurzen Andeutungen �ber die geschichtliche Ent-,
wicklung der Pferdezucht in Frankreich nach dem Mittelalter nicht
schliessen, ohne dem Pferde der Normandie, des von Navarra und Li-
monsin noch besonders zu erw�hnen.
Die Normandie ist von England nur durch einen Arm des Mee-
res getrennt; in beiden sind derselbe Himmel, derselbe Boden, das-
selbe Wasser und dieselben Blumen, auch die nat�rliche Pferderasse
ist in beiden Gegenden gleich.
Die Stute in Contentin und die in Cleveland sind zwei Schwe-
stern, die auf einer und derselben, nur durch einen breiten Bach ge-
schiedenen Wiese weiden.
Von jeher war es in der Normandie ein geachtetes Gesch�ft,
Pferde zu pflegen und zu ziehn ; auch jetzt noch besitzt jeder Weide-
besitzer unter seinen zahlreichen Rinderheerden auch einige kostbare
Zuchtstuten, deren Abstammung er auf lange Generationen zu bestim-
men weiss.
Die Einfl�sse des Bodens und des Klimas haben immer allen
Thierrassen ein eigenth�mliches Gepr�ge gegeben, und das Pferd der
Normandie geh�rt zu den eklatantesten Beispielen dieser phisiologi-
schen Erscheinung; aber mit dieser Unterscheidung von anderen Pfer-
den in minder beg�nstigten Gegenden vereinigt dieser Charakter der
Gleichartigkeit bei diesem auch noch die idealsten Verh�ltnisse plasti-
scher Sch�nheit und solche, welche die Kraft und Geschicklichkeit zu
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allen Arbeiten bestimmen. Das Pferd der Normandie hat einen hohen
und stolzen Hals, einen dicken, wallenden Schweif, ein k�hnes Auge,
starke und nervige Glieder, ein Seidenhaar und �berhaupt ein Ansehn
welches dem Kenner, wie dem Nichtkenner gef�llt. Die gew�hnlichsten
Farben sind rothbraun, schwarz und dunkelschimmel. Dieses Pferd ist
sanft von Charakter, bequemt sich zu allen Dienstleistungen und er-
tr�gt die h�rtesten Strapazen mit wunderbarem Muthe. Es hat unver-
drossen die Gef�hrten Tankred's und Koberts unter dem heissen Him-
melstrich Syriens und die Soldaten Napoleons auf den Schneefeldern
Russlands getragen.
Der �fter erw�hnte anonyme Verfasser eines Werkchens �ber
Pferdewesen sagt:
»Das Staatsgest�tt in der Normandie, le Haras du Piu, war an-
fangs ziemlich zahlreich, die Zahl der Stuten wurde jedoch nach und
■ nach immer mehr verringert und das Etablissement ist jetzt eigent-
»lich nur mehr ein Hengstendepots; es werden nicht mehr als 12 Voll-
»blutstuten gehalten, als Model f�r die Z�chter im Publikum und als
-Schule, um junge Leute f�r dieses Fach auszubil-
»den. Alle Erfindungen und Verbesserungen werden da praktisch ver-
»sucht und dienen dem Publikum zur Lehr- und Einsicht. Bei meiner
Anwesenheit waren in dieser Schule 18 Scholarem, die durch ange-
»stellte Lehrer in allen in das Fach einschl�gigen Gegenst�nden unter-
»richtet werden, und nebstbei Reiten und Fahren lernen, was den
»Vortheil hat, dass es ihre Lust zum Pferde und die Kenntniss des-
selben f�rdert. Den Reitschulunterricht bekommen sie auf Ausschuss-
»Vollbluthengsten, die alle trainirt waren, womit zugleich praktisch
»wiederlegt wird, dass ein Vollblutpferd nur zum Wettrennen tauge.
»Diese fehlerhaften Hengste gehn alle G�nge vorw�rts und seitw�rts
»und es wird dadurch gezeigt, dass ein Vollblutpferd, wenn es nicht
«ganz verbaut ist, jeden Dienst machen k�nne, und dabei noch die
»erh�hte Energie des Blutes f�r sich habe.
».Mit dem Gestufte ist eine Trainieranstalt verbunden, in klei-
»nem Massstabe f�r die Descendenz der 12 Stuten und als Muster
»so wie es im k�nigl. preuss. Neust�dter Gestufte besteht.
»In der Normandie wird in neuerer Zeit zur Veredlung englisches
»Zuchtmateriale verwendet, w�hrend das orientalische dem S�den zu-
»gewiesen ist.«
Von den Pferderassen des s�dlichen Frankreichs ist das von Na-
varra und das Limousiner besonders hervorzuheben. Schon zu C�sars
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Zeiten galt das Pferd von Navarra f�r eins der besten in Gallien. Na-
varra ist Frankreichs Arabien; in diesen sch�nen, wasserreichen Ebe-
nen und auf den von den Pyren�en gesch�tzten Anh�hen findet die
orientalische Familie zugleich das helle Licht ihrer Sonne und die
�ppigen Weiden an den Ufern des Euphrat und Tigris wieder.
Es w�re vielleicht unm�glich, sagt L�ffler, jetzt im ganzen Orient
einen Volksstamm zu finden, der so viele beachtenswerthe Zuchtstu-
ten besitzt, als die Ebene bei Tarhes. Ein geringer Handel mit Spa-
nien unterh�lt diese Goldgrube, welche nur eines ausgedehntem Absat-
zes bedarf, um die fr�her so ber�hmte Fruchtbarkeit wieder zu ge-
winnen.
Gegen Ende der Regierung Ludwigs XV. hatte das Renome des
Limousiner Pferdes seinen H�henpunkt erreicht. Der Geschmack an
Reit�bungen und Jagden, das Halten vieler Reitpferde, sicherten die-
sem Industriezweige einen leichten und vertheilhaften Verkauf. Das
Limousinerpferd jener Zeit empfahl sich durch seine Lenksamkeit, Ge-
wandheit, K�hnheit des Charakters, Festigkeit und dauerhafte Gesund-
heit. Das war das richtige Reitpferd nach dem Sinne jener Zeit, und
ein solches, wie es immer entstehn wird, wenn analoge Bedingungen
sich vereinen, um es zu produzieren, besonders aber wenn die Pro-
dukzion durch eine andauernde Consumtion gesichert wird. Man hat
von der limousiner Rasse dasselbe wiederholt, was man von andern
gesagt hat, sie sei untergegangen, zerst�rt worden, � das ist hier
ebenso wenig der Fall, wie bei anderen Rassen, sondern viele Z�chter
haben einfach aufgeh�rt, sie zu ziehn, weil ihr Verkauf aufge-
h�rt hat.
Das Schlachtpferd T�rennes war ein Limousiner und man weiss, dass
der Marstall des Kaisers Napoleon des I. haupts�chlich aus dieser Gegend
erg�nzt wurde. Unter den ber�hmtesten that sich ein Fuchs hervor, der
die Feldz�ge in Italien mitmachte, und den er auch von 1806�1814 ritt.
Es hatte seinen Herrn bei Jena, in Spanien, im Russland begleitet und
war sein Lieblingspferd auf den Jagden bei Fontainneblau.
Was nun Deutschlands Pferdezucht betrifft, so sagt die Geschichte
so weit sie hinaufreicht, dass die deutschen V�lkerschaften Pferde hatten,
dass sie sogar eine ge�bte Reiterei auf's Schlachtfeld f�hrten, dass sie
damit die wohlbewaffnete und berittene r�mische und gallische Reiterei
�ber den Haufen zu werfen vermochten, (wobei sie auf den blossen R�-
cken der Pferde sassen) dass endlich zur Morgengabe der Frauen der
Vornehmen ein Schlachtross mit Schild und Waffen geh�rte.
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Man darf annehmen, dass der nat�rliche Sinn der deutschen und die
Erfahrung beim Gebrauche der Pferde schon unsere Vorfahren das Bes-
sere vom Schlechtem unterscheiden Hess. Selbst die Gestalt des Pferdes
insofern dieselbe auf den Gebrauch einwirkt, mussten sie unterscheiden
leinen, und also eine praktische Tauglichkeit zu erlangen trachten. Sie
paarten folglich die besten Hengste mit den besten Stuten und das musste
allm�hlig einen guten Pferdeschlag geben ; einen Pferdeschlag der Jahr-
hunderte in Flor blieb, und in manchen Gegenden Deutschlands, wohin
keine fremde Zucht gelangte, im Einzelnen noch heute gefunden wird. Das
Ideal, welches wir uns dermalen von einem sch�nen Pferde machen, und
auch in einzelnen Exemplaren vorfinden, kannten die Voreltern freilich
nicht, ihr Bild des sch�ne n Pferdes war dem besten deutschen
Pferde entlehnt, und entsprach ihren W�nschen.
Wenn nun auch der Adel in jener Zeit, die uns jetzt namentlich be-
sch�ftigt, die Gestatte eingehen liess, so sprechen doch die Schriftsteller
jener Zeit von Gest�tten, welche die F�rsten im Anfange des siebzehnten
Jahrhunderts einrichteten, und welche zum Theil noch heute bestehn.
Diese Gestufte hatten gewiss Anfangs den Zweck, den pers�nlichen Be-
darf der F�rsten zu befriedigen, sie hiessen Hofgest�tte, aber aus ihnen
wurden dann nach und nach die Stammgest�tte, welche die Vaterpferde
z�chteten, die von den Landesherrn den Unterthanen zur Bedeckung
ihrer Stuten zur Verf�gung gestellt wurden.
Wenn es auch wahrscheinlich, dass schon im 10. Jahrhundert (etwa
um 9S0) Herzog Rudolph von Schwaben, zu Stuttgart ein Gest�tt gehabt,
wovon die Stadt den Namen (Stutengarten) erhalten haben soll, so ist
doch die Gr�ndung des w�rtembergischen Gestuftes zu Marbachim
Jahre l�iS durch Herzog Ludwig gewiss.
Kurf�rst Christian I. in Sachsen hatte um diese Zeit, 1S90, viel f�r
Gestufte getban ; besonders waren Spanier die V�ter darin, und ihm ver-
dankt das sp�ter noch ber�hmte Gest�tt zu Torgau seinen Flor.
(Es ist dieses vielleicht dasselbe, welches jetzt Graditz heisst; denn
dieses liegt kaum x/2 Stunde von Torgau entfernt.)
Dass die Pferdezucht in Deutschland im sechzehnten Jahrhundert
anfing das allgemeine Interesse zu erregen beweisst der Umstand,
dass in dieser Zeit das erste deutsche Werk �ber Pferdezucht
erschien.
Max Fugger, Herr von Kirchberg und Weissenhorn, schrieb damals
sein »Buch von der Ge st�tter ei« es erschien zum ersteh Male 1878
mit Holzschnitten und ist in aller Hinsicht bemerkenswert!!.
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Dieser Schriftsteller klagte schon damals, so nahe nach der Ritter-
- zeit, �ber den Verfall der guten Pferdezucht, nicht in Deutschland allein
sondern auch in L�ndern, woher der deutsche seine Besch�ler zu nehmen
pflegte, in Italien und Spanien.
Wenn man ISoO eins der besten neapolitanischen Pferde f�r hun-
dert Kronen kaufte, musste man zwanzig Jahre sp�ter f�r ein betr�chtlich
schlechteres Pferd vierhundert Kronen geben. Von den spanischen Pfer-
den sagt er, dass 1550 das sch�nste Pferd f�r 200 Dukaten feil gewesen
und zwanzig Jahre sp�ter m�sse man f�r ein minder sch�nes sechshun-
dert und mehr Dukaten zahlen.
Fngger erwog wohl nicht die schnelle Wirkung, welche der Zufluss
des Goldes aus S�damerika damals auf den Werth des Geldes in jenen
beiden L�ndern hervorgebracht hatte.
Von der deutschen Pferdezucht sagt er, dass die G�te der Pferde
1584 mit der vor zwanzig Jahren gar nicht zu vergleichen w�re, und
gibt als Ursache davon an:
1.  Die Vernachl�ssigung der Gestatte , deren die Edelleute viele
eingehn liessen, weil sie die hohen Ausgaben f�r ausl�ndische Besch�-
ler scheuten und
2.  dass man anfinge mehr das Fahren als das Reiten zu lieben
und dadurch die gute Zucht der Reitpferde � die man nat�rlich nach
dem Verschwinden der Ritterspiele nicht mehr so n�thig erachtete �
vernachl�ssige.
Den Grund f�r die Abnahme der Dauer und St�rke des deut-
schen Pferdes findet Fugger darin, dass man die jungen Pferde
ehe sie noch zu ihrer Reife gelangt seien, anreite und
arbeiten lasse, und sie �berhaupt nicht mit Sorgfalt warte. Fugger
will das Pferd nicht vor vollendetem sechsten Jahre als v�llig gutes Reit-
pferd angesehn wissen.
Also schon damals bestanden dieselben Klagen wie jetzt, n�mlich
dass gute Pferde niemals in gar grosser Menge vorhanden waren und
dass man das Pferd zu jung zur Arbeit verwende. Nach meiner Mei-
nung haben zu allen Zeiten M�nner, welche sowohl an die K�rperfor-
men als die Leistungsf�higkeit der Pferde hohe Anforderungen stellten,
diese Klagen angestimmt, weil das gute m�glichst vollkommen �ber-
haupt selten ist; ebenso klagen zu allen Zeiten vorz�gliche Reitmei-
ster, dass es so wenig gute Reiter g�be.
Bez�glich der Verwendung des zu jungen Pferdes zur Arbeit habe
ich mich schon weiter oben ausgesprochen,
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Das Gest�tt zu Lopshorn in der Seene bei Detmold war schon
im 15. Jahrhundert in Flor, es wurde nach dem dreissigj�hrigen Kriege
erneuert und erlangte den alten Ruf.
Nachdem das Ritterwesen nach und nach untergegangen, stehende
Heere zuerst in Frankreich, nachher auch in anderen Staaten, also
auch in Deutschland eingef�hrt waren, und der dreiasigj�hrige Krieg
die Notwendigkeit einer guten Reiterei gelehrt hatte, erkannte man
in allen Staaten den schlechten Zustand der eigentlichen Landpferde
welche der Bauer, (er lebe nun in einem freien, in Lehens- oder an-
deren Verh�ltnissen) hatte, und nach denen doch zur Erreichung und
Erg�nzung der Pferde f�r die Reiterei, gegriffen werden musste.
Da die R�stung noch schwer, leichte Reiterei auch wenig gekannt
und gebraucht ward, so konnten schwache oder leichte Pferde viel
weniger dienen, als jetzt. Ihr Untergang war h�ufiger, die Erg�nzung
also schneller nothwendig. Dazu kam dann das schwere Kaliber des
Gesch�tzes welches bei den damals allgemein noch schlechten Wegen
den Zugpferden den Untergang drohte. Es war also eine Notwendig-
keit geworden, mit der neuen Art Kriegf�hrung auch eine allgemeine
Verbesserung der Landpferde einzuf�hren. So n�mlich kann man sich
den Ursprung der Anstalten denken, welche die Regierungen f�r diese
Verbesserung, theils durch Verordnungen und Vorschriften, theils durch
unmittelbares darzuthun ins Leben riefen. Die Einwirkungen auf den
eigentlichen Wohlstand des Landmannes waren damals wohl theils
noch nicht erkannt, theils wurden sie sogar wohl nicht beabsichtigt.
Alte Schriften, welche Landgest�tte anrathen, sprechen daher nur von
Erziehung guter Pferde f�r die Reiterei. Aber sp�ter als man die
Wirkungen dieser Anstalten erkannte, als �berhaupt F�rsten und Re-
gierungen lernten das Staatsleben aus h�heren Gesichtspunkten zu be-
trachten, dachte man daran, dem Landmanne zu geben, damit man
auch von ihm fordern k�nne.
Im 16. Jahrhundert, also schon vor dem dreissigj�hrigen Kriege,
findet man bereits Spuren einer solchen Vorsorge f�r die Verbesse-
rung""der Landpferde. So bemerkt L�hn eisen, der in der zweiten
H�lfte des gedachten Jahrhunderts lebte, dass einige grosse Herren in
Deutschland neben ihrem eigenen Gest�tte einige Hengste zum Bede-
cken der besten Stuten ihrer Bauern hielten, und die F�llen gegen
einen gewissen Preis sich nach ihrem Hofe liefern Hessen, wo sie ent-
weder f�r den Hofstall oder f�r die Wirtschaft oder Reiterei ge-
braucht wurden.
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Ein Herzog von Baiern, Albrecht I. liess, wie Schwab erz�hlt,
schon ums Jahr 1SS3 Hengste ankaufen und auf die Kl�ster f�r die
dort befindlichen Stuten vertheilen, welche aber auch die Stuten der be-
nachbarten Bauern bedecken d�rften. Ein Herzog von Wiirtemberg soll
ums Jahr 1373 etwas �hnliches gethan haben.
Zu L�hneisens Zeiten war der Stamm der Pferde in Deutsch-
land in ziemlich guter Beschaffenheit, da er bemerkt, dass nicht allein
viele Pferde, sondern auch sch�ne, verm�gende und gute Pferde erzogen
wurden, dass sie viel mehr Arbeit aushalten konnten, als ausl�ndische
Pferde, ungeachtet sie nicht sehr sorgf�ltig gepflegt wurden.
W�hrend des dreissigj�hrigen Krieges fanden alle f�rstlichen und
Herrengest�tte ihren Untergang, und die Landpferde verschwanden in
mehreren Gegenden so sehr, dass kein einziges mehr zu finden war.
Als die Mittel sich wieder dazu fanden, mussten vom Auslande Pferde
herbeigeschafft werden. Die F�rsten errichteten wieder Privatgest�tte
und gaben Besch�ler zur Bedeckung der vorerst sparsam sich finden-
den Bauerstuten her.
Wie schon oben erw�hnt, wurde in Frankreich unter Ludwig XIV.
zuerst eine Einrichtung getroffen, welche man als den Anfang von
Landgest�ttseinrichtungen betrachten kann; denn unter dem bekannten
Minister Colbert wurde eine Anstalt ins Leben gerufen, die Besch�ler
enthielt, welche zur Bedeckung der Landesstuten ins Land geschickt
wurden. Es soll dieses im Jahre 166b, also auch in der ersteren Zeit
nach dem dreissigj�hrigen Kriege geschehn sein.
In Deutschland soll, ■ soviel bekannt ist, der Herzog Georg
Wilhelm von Celle der erste F�rst gewesen sein, welcher eine
solche Landgest�tts-Anstalt � freilich im Kleinen, � in der Graf-
schaft Hoy� ums Jahr 1670 einrichtete. In dieser Gegend des nun-
mehrigen K�nigreichs Hannover ist die Pferdezucht auch jetzt noch in
besonderer Bl�the.
Wie uns Wiburg erz�hlt, so ahmte D�nemark dieses Beispiel erst
im Jahre 1688 nach, und doch stand es in Deutschte^' und D�nemark
damals noch immer besser mit der Pferdezucht als in Frankreich, wo
der gr�sste Theil der Pferde aus fremden L�ndern bezogen wurde, wie
es sogar noch jetzt dazu gen�thigt ist.
In W�rtemberg wurde um dieselbe Zeit, (es werden die Jahre
1674 und 1683 besonders genannt,) Einrichtungen zur Bef�rderung
der Landespferdezucht getroffen; es wurden zu diesem Zweck 89
sch�ne, ausgesuchte Hengste angekauft, und diese aus dem Sennerge-
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sttitte bei Detmold, ans Ostfriedland, Th�ringen, L�neburg, Holstein
und D�nemark entnommen. Es wurden diese Hengste um einen ge-
ringern , als den Ankaufspreis an Unterthanen �berlassen, welche sie
unter Aufsicht gegen Erhebung eines geringen Deckgeldes zum Decken
der Landstuten, und zur Arbeit verwenden durften.
Herzog Karl von W�rtemberg vermehrte die Landbesch�-
ler auf etwa hundert aus seinem Marstalle und gestattete, dass vorher
untersuchte und unter Aufsicht gehaltene Privathengste bedecken
durften.
Indem aber zugleich die Besch�lordnung sehr zwangvolle Vor-
schriften enthielt, so hat diese Einrichtung den erwarteten Erfolg nicht
gehabt. Erst K�nig Wilhelm von W�rtemberg, hat nach Herstellung
des Friedens vom Jahre 1847 angefangen, der Pferdezucht grosse
Sorgfalt zu widmen, und sich auch um die Landespferdezucht mit be-
sonderen Nachdruck anzunehmen.
Im Jahre 1736 entstand zu Celle das bekannte hannoverische
Landgest�tt. Es war zuerst die Idee eines Privatmannes, der mit 12
Besch�lern anfing die er unter bestimmten von der Regierung gut ge-
heisseneu Bedingungen zum Bedecken ausbot. Das Unternehmen fand
den Beifall der Regierung. Bald aber nahm sich die Domainenkammer
der Anstalt an, und sie war seitdem durch die Bem�hungen derselben
in stets steigendem Fortgange.
Diese Anstalt hat recht sichtbar f�r die Verbesserung der Pfer-
dezucht in den hannoverischen Landen gewirkt. Sie fand aber auch
gleich allgemeinen Beifall unter den Landleutcn, weil keine ein-
zige l�stige Bedingung daran gekn�pft war, und sie
auch den Versicherungen der Beamten trauten, dass desshalb keine
neue Auflage gemacht werden solle. So hob sich die Zahl der Be-
sch�ler, welche diese Anstalt in die zur Pferdezucht geeigneten Ge-
genden schickte bis zu dem Jahre 1803 auf achtzig bis neunzig, welche
j�hrlich 8800 Stuten bedeckten.
Die Besch�ler wurden gr�sstentheils in Holstein, auf den d�ni-
schen Inseln, in Meklenburg und aus andern f�rstlichen Gestuften zu
theuren Preisen mit Sorgfalt ausgew�hlt und gekauft. Es waren dem-
zufolge immer sch�ne, zweckm�ssige Hengste im Institute. Ini Jahre
1786 genehmigte der K�nig zur Verbesserung der Pferdezucht, dass
alle Jahre 30�40 Hengste aus seinem hannoverischen Marstalle
zum Bedecken der Stuten ins Land gehen sollten, wodurch sich
diese H�lfe f�r das Land sehr erweiterte, und j�hrlich 2000 be-
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deckte Stuten mehr die Hoffnung auf eine bessere F�llenernte
gaben.
Unter diesen Marstallhengsten, waren insbesondere die von der
ausgezeichneten schwarzen Kutschart dem Landmanne am angenehm-
sten , die f�r seinen eigenen Gebrauch, f�r die Nachzucht und zum
Verkauf am besten passten.
Der starke Bau, das starke Fundament, das angemessene Feuer
und die Kraft dieser einst durch spanisches Blut veredelten, deut-
schen Art waren Eigenschaften, die dem Landmanne besonders zu-
sagten.
Alles verfiel aber mit dem Jahre 1803, als der gallische Erobe-
rer Georg den III. der als K�nig von Grossbritanien sein gr�sster
Widersacher war, durch die Besetzung seiner Erblande kr�nken
wollte-
In den 10 Jahren des Krieges und der Tr�bsal verminderte sich
die Zahl aller Besch�ler auf 2S und der Landmann hatte seine schon
verbesserte Pferdezucht verloren. Doch um den Verlust der veredelten
Stuten dem Lande m�glichst bald zu ersetzen, hat die v�terliche Ver-
waltung der Eegierung seit 1818 daf�r gesorgt, dass die vorigen An-
stalten vergr�ssert wieder dastehn.
Den Zeitgenossen ist hinl�nglich bekannt, dass die Landgest�tt-
hengste in Celle, jetzt meistens englisch Voll- und Halbblut, eine mu-
sterhafte Sammlung in dieser Beziehung sind.
Nachdem W�rtemberg und Hannover das Beispiel gegeben hatten,
als der Sinn �berall mehr erwachte, f�r die Pferdezucht der Unter-
thanen etwas zu thun, um, wie es allgemein hiess, »das Geld f�r
Pferde im Lande zu behalten und Geld daf�r hereinzuziehen,« da ahm-
ten andere deutsche Staaten nach. Sie errichteten Landgest�tte, mei-
stens in den Jahren von 1730�1780, also alsbald nach dem sieben-
j�hrigen Kriege oder noch w�hrend desselben, mit besseren oder min-
dern Erfolge, wie die Geldmittel, die Kenntnisse von oben, der Wohl-
stand und guter Wille von Seiten der Unterthanen einander entge-
genkammen.
Von manchen weiss man nichts mehr, als dass sie waren; manche
sind eingegangen im Laufe der Zeiten, daf�r sind andere entstanden, be-
sondern Ruf haben nur einige erhalten, und es gl�nzten unter den kleinen
F�rstenthiimern Zweibr�cken und Anspach bald nach dem
FricJuii, der den 7j�hrigeu Krieg beschloss, mit ihren Privatgest�tten,
wie auch mit ihren Landgest�ttsanstalten vor allen andern. Man schickte
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eine angemessene Anzahl Besch�ler, die in den Privatgest�tten gezogen
waren, ins Land und kn�pfte gar keine l�stigen Bedingungen daran; weil
diese L�nder klein und die Anzahl der Stuten zu den Hengsten in sehr
g�nstigem Verh�ltnisse stand, so konnten diese Hengste ohne Mith�lle
von Privathengsten, deren Haltung auch aus diesem Grunde verboten
wurde, auch alle Stuten bedecken. Der Erfolg konnte nicht zweifelhaft
sein; in Folge des Wechsels ihrer F�rsten und Regierungen gieng diese
Anstalt nichts desto weniger ein, wird aber in der Geschichte der Land-
pferdezucht noch lange als Muster gepriesen werden d�rfen.
In Baiern richtete man im Jahre 1769 eine verbesserte, eigentliche
Landgest�ttsanstalt ein, indem man sechszig Hengste, angeblich lauter
holsteinische, kaufte, diese im Lande vertheilte und unentgeldlich
bedecken Hess.
Die guten, brauchbaren F�llen durften aber nur im Lande verkauft
werden, und f�r die acht besten derselben, wurden, zwei- oder dreij�hrig,
Pr�mien bezahlt. Im Jahre 1784 wurde aber das Verbot der Ausf�hrung
gesch�rft, auch auf alle Hengstf�llen unter drei Jahren und auf alle
Stuten, ohne Ausnahme, wenn sie nicht mangelhaft waren, ausgedehnt.
Diese Verf�gung erzeugte Beschwerden, und war ohne Erfolg, wie es nicht
anders zu erwarten war von einer Beschr�nkung der Freiheit mit dem
Eigenthume zu schalten.
Durch die Vorschl�ge des ber�hmten Generals Ruinford wurden eine
Art Milit�rgest�tt von grossen wirtschaftlichem Umfange eingerichtet,
und den Z�chtern vortheilhaftere Bedingungen auferlegt.
Sie waren aber immer noch mit zu viel Zwang verbunden. Aber diese
Einrichtung, so viel Vortheil Kumford f�rs Milit�r sich davon versprochen
hatte, stiess sich an den Widerstand der Bauern, denn, � wie Kumford
selbst sagt � >man konnte nur wenige dazu verm�gen, die Zuehtstuten
»anzunehmen, und je vortheilhafter die Bedingungen waren, unter wel-
»chen sie ihnen angeboten wurden, desto mehr nahm ihr Misstrauen zu,
»und man konnte sie nicht �berreden, dass nicht etwas dahinter stecke
»um sie zu beth�ren.«
Es entstand nach und nach Mangel an Pferden; man verboth dess-
halb die Ausfuhr der Pferde ganz und wenn dieses auch in den Jahren
1792�94 durch die politische Lage in Europa gegr�ndet gewesen sein
mag, so ist es doch stets ein schlechtes Mittel zu dem Zwecke, zur Pferde-
ucht zu ermuntern.
Im Jahre 1796 kam man endlich auf ein ordentliches Lanugest�tt
zur�ck, und wenn auch seitdem von der Regierung stets der Landespfer-
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dezucht unter die Arme gegriffen wurde, so muss doch Baiern auch jetzt
noch seinen Armeebedarf grossentheils aus dem Auslande beziehn.
Zur Zeit besteht die Landesgest�ttsanstalt in �aiern nur aus Heng-
sten welche von der Regierung augekauft werden; sie stehn in 4 Haupt-
stationen in M�nchen, Augsburg, Landshutt und Ansbach; von dort
werden sie zur Besch�llzeit in 73 Zweigstationen im ganzen K�nigreich
diesseits des Rheines entsendet. Es sind solche 250 vorhanden, dieselben
sind gr�sstentheils in England, Hannover, Meklenburg, Oldenburg, Ungarn,
Ostpreussen auch einige im Innlande aus dem Hof- oder Stammgest�tte
angekauft. Da diese Anzahl jedoch f�r den Bedarf nicht hinreicht, so wird
wohl eine ebenso grosse Anzahl von Privathengsten, die vorher durch
eine Commission gepr�ft und dann mit dem Landgest�ttsbi ande versehen
werden; zum Belegen verwendet.
F�r den Armeebedaif werden die Pferde zum Theil im Innlande als
3j�hrig angekauft und in F�llenh�fen aufgestellt, bis sie b Jahre alt
sind. Viele werden im Auslande, neuester Zeit namentlich in Ungarn
angekauft.
Die Pfalz sorgt durch das Zweibr�ckergest�tt, welches zugleich
Stamm- und Landesgest�tt ist, abgesondert von Baiern diesseits des
Rheines f�r ihren Bedarf an Pferden. Die ber�hmte fr�here Zucht
wurde durch die franz�sischen Kriege gr�sstentheils verschleppt. Doch
hat sich das Gest�tt in den letzteren Jahren durch Ankauf von orien-
talischen Pferden wieder bedeutend gehoben und liefert meist Reit-
und leichten Wagenschlag.
In den preussischen Landen geschah f�r die Verbesserung der
Landespferdezucht in der Zeit vor dem Tode des grossen Fried-
richs nichts durchgreifendes. Mittelst Verordnungen f�r die Pferde-
zucht suchte man, wie in manchen, andern deutschen Staaten, auszu-
helfen, aber der Staat selbst that sehr wenig daf�r. 1713 gab K�nig
Wilhelm I. auch eine Anzahl Besch�ler aus seinen Gest�tten her,
entsagte dem Anspruch auf die besten F�llen; aber wahres Gedeihn
war nicht in der Einrichtung. Zehutner, der 1750 Stallmeister in Ber-
lin war, weist an mehrere Stellen seines »Unterrichtes von der
Pferdezucht,« darauf hin, das Landgest�tte im Brandenburgischen,
Pommern, in Preussen gedeihn w�rden, und fragt, warum sie nicht da
w�ren? beantwortet aber die Frage nicht.
Mit dem Jahre 1787 fing man aber an, in den preussischen Staa-
ten mit Kraft oder Aufwand die Landpferdezucht zu verbessern. Man
schien aber dieses kr�ftige Aufhelfen eines Zweiges der landwirth-.
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schaftlichen Betriebsamkeit nicht als ein Mittel, den Wohlstand des
Landmannes durch die Pferdezucht zu verbessern, sondern nur als
eine Anstalt zu betrachten, die Reiterei des Heeres mit wohlfeilen
und doch brauchbaren Pferden zu versehn, wozu der Landmann seine
Stuten, seine Sorgfalt und Pflege zur Auferziehung der F�llen, unter
lauter Zwang und Strafen gegen einen sehr geringen Preis f�r
die dreij�hrigen F�llen, hergeben musste, sein ganzer Vortheil f�r
die Auferziehung eines F�llens bis ins vierte Jahr waren h�chstens
drei Thaler.
Auf den Vortheil der Unterthanen f�r seinen landwirtschaftli-
chen Bedarf, � wof�r er doch zuerst Pferde ziehn muss und aus
Neigung und Notwendigkeit ziehn wird , auf den Vortheil, sich durch
den Verkauf seines Ueberflusses an Pferden eine Einnahme zu erwer-
ben, die ihn haupts�chlich zur Pferdezucht ermuntern k�nnte, ward
keine R�cksicht genommen; denn jedes gute Stutf�llen war auch ein
gutes Cavalleriepferd, und der Besitzer war gezwungen es f�r einen
bestimmten Preis herzugeben.
(Eine Landpferdezucht, welche den Bedarf f�r alle b�rgerlichen
Gewerbe und den Luxus der Zeitanforderungen entsprechend hervor-
bringt, liefert auch stets Milit�rpferde in gen�gender Anzahl.)
Ein im Jahre 1787 erschienenes Reglement bestimmte die Art
und Weise, wie die Landbesch�lanstalt bei den Unterthanen eingef�hrt
werden sollte. Zwei Besch�ler-Depots, das eine zu Lindenau bei Neu-
stadt an der Bosse, und das andere zu Bischofswerder bei Liebenwaldc,
wurden nach und nach auf mehr als 200 Besch�ler gebracht.
Der Anfang wurde mit holsteinischen, meklenburgischen, trakeh-
ner, d�nischer und zweibr�cker Hengsten gemacht, dann mit t�rkischen,
polnischen, auch einigen englischen und russischen Hengsten vermehrt:
die eigenen Landesarten, wovon nur wenige dazu gekauft wurden, nicht
gerechnet.
Wenn man schnell eine solche Anstalt gross machen will, so ist,
eine Verschiedenheit der Landesarten unter den Besch�lern nicht zu
vermeiden, ungeachtet sie der wahren, gest�ttsm�ssigen Anlage einer
solchen Anstalt nicht angemessen ist. Man muss eben die Hengste aus
L�ndern herbeischaffen, wo die Pferdezucht eine gr�ssere Ausdehnung
bereits erreicht hat. Dass dann auch in der Nachkommenschaft sehr
viel Verschiedenheit entstehn mus, liegt auf der Hand; Es ist gewiss
in Preussen auch nicht anders gewesen, bis nach und nach die Haupt-
gest�tte zu Neustadt an der Dosse gegr�ndet 1788, zu Tran-
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kebnen gegr�ndet 1736, und zu Graditz auf den Standpunkt kom-
men, um nach sicheren Prinzipien gezogene Hengste f�r die Landge-
st�ttanstalt in gen�gender Zahl zu liefern.
Nebst mancher sehr guter Massregel �ber Aufzucht und Behand-
lung der nach Landgest�tthengsten gefallenen F�llen hat sich die da-
malige preussische Regierung auch der Meinung hingegeben, durch
Zwangsmassregeln die Sache bef�rdern zu wollen.
So z. B. mussten die F�llen von k�nigl. Besch�lern im zweiten Jahre
zur Besichtigung gebracht und eingeschrieben werden.
Hengstf�llen, die man zur Zucht brauchbar erachtet hatte, wurden
an solche Einwohner verkauft, welche sie als Nebenhengste gebrauchen
wollten, die anderen gewallacht. Die Wallachen oder Stutf�llen, welche
dem Eigenth�mer verblieben, durften nun innerhalb drei voller Jahre
nicht angespannt oder zu irgend einer Arbeit gebraucht werden; eine
Maasregel, welche, so gut sie ist, W o h 1 h a b e n he i t des B-e s i t z e r s
oder die Erwartung k�nftiger Vortheile vor-
aussetzt.
Das vierj�hrige Wallach- oder Stutf�lleu wurde f�r den Reiterdienst
des Heeres angekauft, und nach den festgesetzten Preisen mit sechszig
oder achtzig Thaler bezahlt; weigerte sich der Besitzer gegen die-
sen Kauf, so durfte er zwar das F�llen behalten, aber verkaufen
durfte er es nicht.
Rechnete der Besitzer genau, so konnte er bei jenen Preisen nie
einen Vortheil haben. Dann waren auch auf die Uebertretung dieser und
noch vieler anderer Vorschriften betr�chtliche Geldstrafen gesetzt.
Der Bauer Hess daher lieber seine Stute von Nebenhengsten decken
um seine Freiheit an seinem Eigenthume zu behalten. Er verkaufte lieber
das F�llen halbj�hrig zu (0�18 Thaler und sparte so Aufwand,
Sorge und die Gefahr einer Verschlechterung oder Absterben des
F�llens.
Darum konnte diese wahrlich sch�ne, grosse Anstalt den beabsich-
tigten Zweck nicht erreichen und auch hier zeigte sich, dass Zwangsmass-
regeln f�r den Z�chter in dieser Beziehung stets mehr gehindert als ge-
f�rdert haben.
Man erkannte sp�ter diese Hemmungen, welche in der Anstalt selbst
lagen, sehr wohl und Hess von der Strenge des Reglements ab, um, das
beabsichtigte Gute nicht ganz zu verlieren, Die Kriege, welche Preussen
f�hrte, n�thigten um so mehr dazu.
Als die preussischen Truppen 1806 das hannoversche Land besetz-
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ten, ward der dahin geschickte Gouverneur, General Graf von der Schu-
ehburg auf die G�te der hannoverschen Landespferdezucht sehr bald
aufmerksam. Er verlangte Darstellung der hannover'schen Gest�tsverfas-
sung vor dem Einm�rsche der Franzosen und Darlegung des damaligen
Bestandes mit dem Beisatze, Vorschl�ge zur Widerherstellung der Land-
pferdezucht dabei zu machen. Diese Darstellung musste nothwendig die
Ursachen enthalten, warum die hannoversche Landpferdezucht so vor-
theilbaft f�r den Landmann und dann erst daneben f�r die Cavallerie ge-
worden ; es musste ausgesprochen werden, dass nur die m�glichste Frei-
heit der Unterthanen mit ihren Stuten und F�llen nach Belieben zu schal-
ten dieses bewirkt habe, und die Vorschl�ge, welche die Wiederbelebung
der verbesserten Landpferdezucht im Hannoverschen zur Absicht hatten,
mussten diese Freiheit als obersten Grundsatz oben anstellen.
Dieser Grundsatz so sehr von der Erfahrung unterst�tzt, ist in Folge
dessen bei* der Wiedereinrichtung der Landgest�ttanstalten im Preussi-
schen nach den Jahren des Ungl�cks und der Kriege gleichfalls angenom-
men worden. Es fielen von nun an alle Strafen f�r den Z�chter weg, da
diese in einer Anstalt nicht n�tzlich sein k�nnen, welche zur Wohlfahrt
der Unterthanen dienen soll, wobei aber ihr Wille, ihre Liebe zur Sache
in Anspruch genommen werden muss.
Preussens Pferdezucht ist seitdem auch gediehn, wie so vieles in
einem Lande gedeiht, wo die Regierung von einem aufgekl�rten Geist f�r
Betriebsamkeit beseelt ist.
Der Pferdestand Preussens soll sich in den 18 Jahren von 1820�
1838 um mehr als 400.000 K�pfe erh�ht haben.
In Oester reich hat man ebenfalls alsbald nach Beendigeung des
siebenj�hrigen Krieges, welcher so viele Pferde den Provinzen genommen
hatte, von Seiten der Regierung Schritte gethan um die Landespferdezucht
zu heben. Im Jahre 1763 erschien ein Patent, mittelst welchem in den
verschiedenen Provinzen der Monarchie auf die N�tzlichkeit der Pferde-
zucht �ffentlich hingewiesen wurde; es wurde dabei auch eine gedruckte
Anweisung ausgegeben, wie bei dieser Landespferdezucht verfahren und
die F�llen verpflegt werden mussten ; dessgleichen wurde darin das Ver-
halten in Ansehung der Besch�ler bestimmt.
Es war auch hierin der grossen Kaiserin Maria Theresia vor-
behalten die Initiative zu ergreifen, wie in so vielen andern se-
gensreichen Einrichtungen. Um dieselbe Zeit wurden aus den kai-
serlichen Hofstallungen Hengste in die L�nder vertheilt um die Land-
stuten zu belegen und es wurde in der Person des Freiherrn
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von Traicbapelle ein eigener Inspekteur f�r Pferde - Angelegenheiten
ernannt.
Die Benutzung der kaiserlichen Besch�ler war aber f�r den Land-
mann auch hier mit zuviel Bedingung und Zwang verbunden, als dass die
Sache einen schnellgedeihlichen Fortgang h�tte haben k�nnen. Gesetzge-
ber m�ssen Neigungen, Vorurtheile und h�usliche Verh�ltnisse derjeni-
gen, welche die Vorschriften befolgen sollen, kennen und in Betracht ziehn,
wenn das von ihnen beabsichtigte Gute gedeihn soll.
Der Mensch will auch da, wo man ihm das Gute zeigt, theils die
Freiheit behalten, nach seinen Neigungen zu handeln, theils will er den
Vortheil leicht begreifen k�nnen. Bei den Verordnungen zur Verbesserung
der Landespferdezucht ist fast in allen Staaten dawider gehandelt,
und darum wollten die guten Absichten der Kegierung nicht ge-
lingen.
Wie wir gesehn haben, wurden in Hannover gleich beim Anfange
der Landgest�ttseinrichtungen dem Z�chter keine zwangsvollen Bedin-
gungen auferlegt, und die Sache fasste gleich Wurzel, weil man das Ver-
trauen der Regierung mit Entgegenkommen erwiderte. Ich glaube in die-
sen hannoverischen Anordnungen eine Wirkung der n�hern Beziehungen
zu erkennen, in welchen dieses zu England stand, seitdem das Haus Han-
nover auf den englischen Thron gekommen war. (1714)
Die Hoffnung der kaiserl. Regierung, das sich viele grosse und Meine
Grundbesitzer zur Anschaffung und Unterhaltung von Deckhengsten her-
beilassen w�rden, ging nicht in Erf�llung; man entschloss sich also
schon im Jahre 1764 einen Theil der Hengste auf Kosten des Staates zu
unterhalten, dem Landmanne zur Bedeckung seiner Stuten ohne Abga-
ben anzubiethen, auch den Verkauf der F�llen unter 4 Jahren in und
ausser dem Lande frei zu geben, ohne dass auch diese Einrichtung
den erwarteten Erfolg gehabt h�tte.
Im Jahre 1780 wurden daher nach den Vorschl�gen einer von
Kaiser Josef IL niedergesetzten Commission, die bisherigen Besch�ler
von Privaten untersucht; die tauglich befundenen wurden besonders
bezeichnet, damit jeder Eigenth�mer einer Stutesich wenigstens einen
gesunden Besch�ler w�hlen k�nne; die untauglichen mussten abge-
schafft werden. Es war dies der erste Schritt zum Bessern und immer
etwas werth; es war eine polizeiliche Massregel um gr�ssern Schaden
zu verh�ten.
Diesen Privatbesch�lern ward eine Bedeckung der Stuten von
kaiserlichen Besch�lern zur Seite gestellt. Diese letzteren belegten
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die Landstuten v�llig unentgeltlich, und es mochte dieses ein Mittel
sein, sich der kaiserlichen Besch�ler lieber zu bedienen, als der Pri-
vatbesch�ler.
Diese Einrichtung hat bis zum Jahre 1860 fortbestanden. Die
Stuten niussten bevor sie zur Bedeckung zugelassen wurden, von um-
hergeschickten Cavallerie-Offizieren nach bestimmten Vorschriften un-
tersucht werden, damit die kaiserl. Besch�ler nicht f�r untaugliche
Stuten verbraucht w�rden.
Auch wurden damals auf Staatskosten vom Auslande namentlich
aus Holstein, Stuten angekauft, den Z�chtern um billigern Preis gegen
einigen Vorbehalt �berlassen und meist in B�hmen und M�hren ver-
teilt. Eine solche Auswahl der Stuten sichert den nachhaltigen Werth
eines Landgest�ttes; im Anfange unerl�sslich, ist es auch sp�ter eine
zweckm�ssige Vorsicht, die den Landmann nicht gleichg�ltig l�r die
Stuten I�sst, von denen er F�llen zu ziehn w�nscht.
Die zur Auswahl der Zuchstuten bestimmten Cavallerie-Offiziere
hatten dann durch die ganze Dauer der Besch�lzeit einen Bezirk �ber-
haupt zu beaufsichtigen und hieraus ist die noch bestehende Milit�r-
Gest�ttsbranche hervorgegangen; wenn ich nicht irre, wurde sie auch
in den 80-er Jahren organisirt.
Uebrigens hatte der Stutenbesitzer v�llige Freiheit, mit Stuten
und F�llen nach Willk�hr zu verfahren, nur mit der einzigen Ein-
schr�nkung, dass wenn das F�llen, zwei Jahre alt war, es einer Com-
mission zur Besichtigung vorgef�hrt werden musste.
Liess es zum Cavalleriedienst Tauglichkeit erwarten, so erhielt der
Besitzer einstweilen einen Vorschusb von 18�20 Gulden, damit eines-
teils derselbe nicht unter dem Vorwande, seine Abgaben bezahlen zu
k�nnen , das F�llen verkaufe, und anderntheils f�r solches, wenn es
Dreij�hrig als Remont angenommen wurde, den Rest des Remonten-
geldes von 10��HS Gulden erhalte. Dann musste er sich aber vor
der Obrigkeit verpflichten, das F�llen noch ein Jahr gut zu f�ttern
und zu pflegen, nicht zu reiten oder anzuspannen und nicht zu ver-
kaufen. Hierbei wurde aber auch die Freiheit des Eigenthums nicht
beschr�nkt, denn er war nicht gezwungen, den Vorschuss auf sein F�l-
len anzunehmen, und selbst wenn er ihn genommen hatte, und wollte
nachher sein F�llen behalten, so stand ihm auch dieses gegen Zur�ck-
gabe des Vorschusses frei. Es war also ein freier Kauf der F�llen
f�r die Reiterei und nach bestimmten Preisen. Da diese Einrichtung
besser von Statten ging, als die fr�heren, so war die Zahl der kaiserl.
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Besch�ler immer vermehrt, und es standen im Jahre 1788 schon gegen
400 Landbesch�ler in den �sterreichischen Staaten, welche auf Kosten
der Regierung erhalten wurden.
Eine vom kaiserl. Pferdearzt Scotti verfasste Instruktion enthielt
die Vorschriften �ber Behandlung und Verwendung der Besch�ler; es
ward ein Unterricht ertheilt, �ber die Auferziehung des F�llens von
der Geburt bis zum vollendeten dritten Jahre, damit der Bauer sich
von manchen Vorurtheil entw�hne und eine bessere Sorgfalt den F�l-
len angedeihn lssse, eine Massregel, welche Nachahmung verdient. �
Zur Aufmunterung war anf�nglich jedem Bauer, der eine von einem
kaiserl. Besch�ler tr�chtig gewordene Stute angeben konnte, ein Gul-
den zur Belohnung gegeben.
Ferner wurde f�r das beste dreij�hrige Hengstf�llen, das von
einem kaiserl. Hengste gefallen war und als Zuchthengst f�r tauglich
erkannt wurde, eine Pr�mie von dreissig Dukaten ausgesetzt.
Man sieht, diese Einrichtung ward mit Umsicht gemacht, und
waren die Menschen, welche dabei eingriffen und sie leiteten mit Ein-
sicht und Lust zur Sache erf�llt, waren die Besch�ler gut, wurden
diese zweckm�ssig nach Stutenschlag und �rtlichkeit vertheilt, so
konnte etwas Gutes f�r den Wohlstand des Landmannes und f�r die
Reiterei des Heeres erwartet werden.
Die Pferde f�r diese Landesgest�ttanstalt wurden meistens in
dem grossen Gestufte Mez�hegyes in Ungarn gezogen.
Die Kriege, welche Osterreich seit dem Jahre 1792 mit ge-
ringen Unterbrechungen bis zum Jahre 1815 gegen Frankreich zu
f�hren gen�thigt war, hatten wieder auch in Bezug auf Gestufte und
Pferdezucht sehr vieles zerst�rt und es musste nach dem Frieden Vieles
neu geschaffen werden.
Es wurde nun der Grundsatz aufgestellt, man wolle den Provinzen
der Monarchie gute Besch�ler zur Bedeckung der Stuten liefern, und
zwar nach den Bed�rfnissen der verschiedenen Provinzen und diese Rasse-
Hengste in den kaiserl. Hauptgest�tten, welche man in Osterreich
wegen der milit�rischen Organisation, Milit�rg e st�tte
nennt, von der m�glichst besten Qualit�t erziehn.
Seitdem hat sich Oesterreichs Pferdezucht sehr vermehrt und ver-
bessert, sowohl f�r die landwirthschaftlichen Anforderungen, allerhand
b�rgerliclien Gewerbe, f�r den Luxus als auch f�r die Cavallerie- und
sonstigen Kriegsbed�rfnisse. Der jetzige Standpunkt wurde jedoch be-
greiflicherweise erst nach und nach erreicht; denn, wenn ich nicht irre,
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wurden erst, seit ungef�hr 20 oder einige 20 Jahre f�r den Armee-
bedarf gar keine Pferde mehr im Auslande angekauft. Auf das K�nig-
reich Ungarn wurde die Landbesch�lanstalt erst im Jahre 1830 aus-
gedehnt. Es stehn nun jetzt in allen Kronl�ndern des Kaiserstaates
2824 Besch�ler; bis zum Jahre 1860 wurden die Stuten der Bauern
unentgeldlich belegt, seitdem wird ein Deckgeld von 2�5 Gulden, je
nach der Qualit�t des Hengstes, erhoben. Die Besch�ler werden alle
in den Gest�tten zu Mez�hegyes, B�bolna, �adautz, Piber und Kis-
Ber gezogen und j�hrlich circa 300 f�r die Landbesch�lanstalt abge-
geben. In all diesen Gest�tten war bisher das spanische und neapoli-
tanische Blut aus fr�herer Zeit, dann das orientalische vorherrschend.
Es sind seit dem Jahre 1820 mehrere Male Commissionen in
den Orient entsendet worden , um orientalische Hengste und Stuten
anzukaufen. Orientalische Rein zu cht besteht jetzt nur in B�bolna-
Es wurden auch �fter Ank�ufe von Voll- und Halbblut-Hengsten in
England gemacht, aber erst seit Gr�ndung des Gest�ttes Kis-Ber im
Jahre 1834 wird auch daselbst die englische Vollbutzucht be-
trieben. Auch besteht seit neuster Zeit die Einrichtung, dass Hengste
an einzelne Private f�r die Bedeckzeit gegen Erlag von 200�300
auch 300 Gulden vermiethet werden, ebenso k�nnen Private, die im
Besitze edler Stuten sind, dieselben von den Pepinierhengsten der Ge-
st�tte bedecken lassen. Das Sprunggeld ist je nach der Qualit�t des
Hengstes mit 50�100 Gulden festgesetzt, und es bleibt den Privaten
die Wahl des Hengstes freigestellt.
Es ist dieses ein sehr anerkennenswerther Schritt zur gr�sseren
Verbreitung der edlen Pferdezucht; es findet auch diese Maasregel
sehr viel Anwerth, so z. B. waren am 25. M�rz f�r die diesj�hrige
(1864) Bedeckzeit in Kis-Ber bereits 100 Stuten, worunter viele aus
B�hmen, M�hren, Oesterreich, angemeldet, und man glaubte sicher,
dass die Zahl der Anmeldungen noch nicht geschlossen sei.
Die R�stungen in den Jahren 1848, 1849, 1854 und 1859 haben
bewiesen, welche grosse Masse tauglicher Pferde in der Monarchie
aufgebracht werden konnte, und das w�re schwerlich m�glich gewesen,
wenn das Institut der Aerarial Besch�ler nicht schon durch Jahre auf
eine so n�tzliche Weise gewirkt h�tte.
Es ist noch nicht gar zu lange her, dass Oesterreich selbst im
Frieden j�hrlich gegen 2000 St�ck Cavallerie-Remonten im Auslande
kaufen musste, gehen wir aber bis zu den letzten Jahren des vorigen
Jahrhunderts zur�ck, so finden wir, dass die Armee damals gen�thigt
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war, mehr als die H�lfte ihres Bedarfes an Reit- und Zugpferden auf
den Kriegsstand im Auslande sich zu verschaffen.
Mit der fortschreitenden Verbesserung der innl�ndischen Pferde-
zucht aber hat sich die Notwendigkeit einer solchen Einfuhr nach
und nach vermindert, und im Jahre 1846 wurden zum letzten Male
noch 600 St�ck Remonten vom Auslande bezogen.
Ebenso kann durch statistische Nachweisungen dargethan werden,
dass Oesterreichs Aktivhandel bez�glich der Pferde im Zunehmen be-
griffen ist, denn es wurden im Jahre
1803 eingef�hrt 13788 , �
ausgef�hrt 1252 } Pferde Und F�llen
1887 eingef�hrt 9402
ausgef�hrt 12790
1861 eingef�hrt 7802
ausgef�hrt 13045
(Jn den letzten Jahren sind von Baiern, Sachsen und Darmstadt
nicht unbedeutende Ank�ufe von Cavallerie-Remonten in Oesterreich
geschehen.)
Aber auch in Bezug auf die vorhandene Zahl dieser Thiergattung
in der Monarchie zeigt sich ein erfreulicher Fortschritt, indem nach
�mtlichen Ausweisen im Jahre 1848 der Pierdestand Oesterreichs
(die ungarischen Kronl�nder mit einbegriffen), 2838414 St�ck be-
trug, w�hrend er im Jahre 1887 bereits auf 3602641 St�ck ge-
stiegen ist.
Diese Beweise f�r das Fortschreiten der Pferdezucht sowohl in
qualitativer als quantitativer Hinsicht sprechen wohl sehr deutlich
f�r das segensreiche Wirken der f�r diesen Zweck aufgestellten Staats-
anstalten.
Der Wunsch nach Vermehrung der �rarischen Deckhengste ist
daher auch ein allgemeiner und nur zu h�ufig wiederholter, da die
vorhandenen dem wirklichen Bedarfe kaum zu einem Drittel gen�-
gen sollen.
In den kleinern, hier nicht besonders genannten deutschen L�n-
dern war der Vorgang, seitdem sich die Regierungen um Bef�rderung
der Pferdezucht durch Aufstellung von Deckhengsten, Aussetzung von
Pr�mien f�r Stuten und F�llen, Ankauf im Lande selbst gezogener
Hengste u. s. w. angenommen haben, �berall so ziemlich derselbe.
W�hrend oder gleich nach dem siebenj�hrigen Kriege tritt das Be-
d�rfnis» nach einer Vermehrung und Verbesserung der Pferdezucht
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hervor. Wir sehn in allen L�ndern, dass die Regierungen glaubten,
durch Zwangmittel, verpflichtende Bedingungen, ja selbst Strafen den
Z�chter zu veranlassen, gute Pferde anzuschaffen, zu z�chten und die
Produkte zur weitern Zucht zu behalten.
Wir sehn aber auch �berall, dass diese Massregeln ihre gehoffte
Wirkung nicht hatten; Hannover machte hiervon, wie oben erw�hnt,
eine r�hmliche Ausnahme, was auch alsbald in Preussen Nachahmung
fand. Was im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts zur Hebung der
Pferdezucht geschehn war, wurde meistens durch die Napoleonischen
Kriege wieder zerst�rt oder doch sehr gehemmt, so dass der eigentli-
che Aufschwung durch die Landgest�tt-Anstalten erst vom Jahre 18 IS
datirt.
Mecklenburg hatte schon von alten Zeiten eine ber�hmte und
vielgesuchte Pferdezucht und auf die Vortheile der nach den in Eng-
land geltenden Grunds�tzen betriebenen Pferdezucht wurde man1 in
Norddeutschland, namentlich in Mecklenburg aus Hannover zuerst auf-
merksam. Die grossen Gutsbesitzer in Mecklenburg hatten sich viel-
fach englische Voll- und Halbbluthengste mit grossem Kostenaufwande
angeschafft und Hessen damit ihre Stuten, die theils von der Land-
rasse, theils aus England angekauft waren, bedecken.
In Hannover kamen viele englische Hengste gleich in die Land-
gest�ttsanstalt.
Wenn auch jetzt noch von den meisten deutschen Kleinstaaten
gesagt werden kann , dass sie ihren Armeebedarf im Innlande nicht
aulbringen k�nnen, so hat dieses eine andere Bedeutung als ehemals.
Sonst, d. h. noch in dem ersten Drittel dieses Jahrhunderts wurde
von den meisten Staaten der Bedarf f�r die leichte Reiterei aus den
Donauf�rstenth�mern, S�drussland und Polen bezogen.
Man nannte dieses kurzweg: die polnische Remonte, weil
diese Pferde meistens von polnischen Juden geliefert und auch grosse
Transporte zur Leipziger Messe in den Handel gebracht wurden. Auch
Oesterreich und Preussen bezogen einen grossen Theil ihres Armee-
pferdebedarfes von daher. Die schwere Reiterei aller deutschen Staa-
ten wurde zumeist mit Oldenburger, Holsteiner und j�tl�ndischen Pfer-
den beritten gemacht.
Wenn man aber jetzt sagt, Baiern, Sachsen, Hessen u. s. w. k�nne
seinen Pferdebedarf f�r die Armee im Innlande nicht aufbringen, so ist
hiermit immer das engere Vaterland gemeint, denn alle diese L�nder
beziehn den Pferdebedarf welchen sie selbst nicht decken k�nnen, aus Han-
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nover, Mecklenburg, Preussen, Oldenburg und den L�ndern des Kai-
sertums Oesterreich; also immer innerhalb der Grenzen des deutschen
Bundesgebiethes und sind jetzt in dieser Beziehung vom wirklichen Aus-
lande nicht mehr abh�ngig.
Die Pferdeausfuhr nach Frankreich, Italien, der Schweiz ist jetzt be-
deutend, und in den letzten Jahren wurden selbst f�r englische Cavalle-
rieoffiziere in Deutschland viele Ank�ufe gemacht.
Da sich nun englische Pferde und somit die Grunds�tze der Auf-
zucht, wie sie in England schon lange gelten, hier zu Lande immer mehr
verbreiten, so wird es jetzt an der Zeit sein, England's Pferdezucht etwas
n�her zu betrachten.
Die fr�hste Nachricht �ber das Pferd Grossbritaniens enth�lt die
Geschichte des Einfalles der R�mer unter Julius C�sar SO vor
Christus. Dieser Eroberer gibt eine sehr lebhafte Beschreibung von der
Geschicklichkeit mit welcher die Pferde dressirt waren. Welche Art von
Pferden die Britanier besassen, ist unn�tz zu untersuchen; aber aus dem
schwerf�lligen Bau der Streitwagen und der Wuth womit sie getrieben
wurden, sowie aus dem schlechten Zustand oder dem g�nzlichen Mangel
an Strassen, l�sst sich schliessen, dass die Pferde in einem ungew�hnlichen
Grade stark und kr�ftig gewesen sein m�ssen.
Ungef�hr 920 Jahre nach der Landung C�sars finden wir die briti-
schen Gebiethe unter Alfred vereinigt; dieser Monarch �bersah nichts,
was zurWohlthat seines Landes dienen konnte, und verwendete besondere
Aufmerksamkeit auf die Zucht und Verbesserung der Pferde.
Ein Umstand verdient bemerkt zu werden, n�mlich dass in keiner
der fr�hsten Nachrichten der Angelsachsen oder W�lschen irgend eine
Anspielung auf den Gebrauch des Pferdes an dem Pfluge vorkommt. Bis
zu einer, vergleichungsweise mit anderen Gegenden neuen Zeit, wurden in
England blos Ochsen zu diesem Zwecke benutzt; aber sp�ter im 10. Jahr-
hundert schlich sich eine Neuerung in dieser Beziehung ein, wesshalb ein
w�lsches Gesetz den Bauern verboth mit Hengsten, Stuten oder K�hen
zu pfl�gen, sondern nur mit Ochsen. Auf einer Tapete die zur Zeit Wil-
helms des Eroberers, 1066, zu Bayonne gewoben wurde, ist ein Mann
vorgestellt, der ein an der Egge angespanntes Pferd treibt. Dies ist die
fr�hste Nachricht �ber die Benutzung von Pferden zu Feldgesch�ften.
Mit Wilhelm dem Eroberer kam die Verbesserung der Pferdezucht
bedeutend weiter; dieser F�rst verdankte seinen Sieg bei Hastings haupt-
s�chlich seiner �berlegenen Reiterei, sein Lieblingsreitpferd, also vermuth -
lich auch sein Schlachtross war ein Spanier. Sein Gefolge sowohl vom
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Adel als gemeinen Soldaten kam aus einem Lande, in welchem der
Ackerbau schnellere Fortschritte gemacht hatte, als in England. Ein
sehr betr�chtlicher Theil des K�nigreichs wurde unter diese Leute
vertheilt, und es ist unbezweifelt, dass England in seiner Landwirt-
schaft, insbesondere aber seiner Pferdezucht, durch diesen Wechsel
seiner Herren gewonnen hat.
Wilhelm und seine Soldaten brachten nach England die Keitkunst
welche eine h�here Civilisation in Frankreich ausgebildet hatte; die
Bretagner f�hrten die Wettrennen ein, die in den alten Volksliedern
beschrieben werden; die Franzosen die Jagden und Eeiterfeste; die
normannischen Barone f�hrten in ihren neuen Wohnsitzen die Ab-
k�mmlinge ihrer sch�nen Pferderassen ein, n�mlich die kr�ftige Fa-
milie von Armorika mit dem hohen Halse, den kr�ftigen Gliedern, der
starken Kruppe und die in ihren Gest�tten durch spanisches und orien-
talisches Blut veredelten Pferde.
Unter der Regierung Heinrichs I. (1121) kam das erste arabi-
sche Pferd, oder wenigstens das erste, wor�ber man Nachrichten hat
nach England.
Alexander I. K�nig von Schottland, schenkte n�mlich der Kirche
des heiligen Andreas ein arabisches Pferd mit reichem Geschirr, t�r-
kischer R�stung und mehren werthvollen Zierrathen. Man hat angege-
ben die Abstammung mancher Pferde lasse sich bis zu diesem Araber
hinauf verfolgen, allein den Beweis daf�r ist man schuldig geblieben.
K�nig Johann (1199) suchte den Ackerbau und insbesondere die
Pferdezucht emporzubi ingen; er f�hrte 100 ausgesuchte Hengste von
flandrischer Rasse ein, und legte dadurch den Grund zu der schweren
Zugrasse. Hundert Jahre sp�ter kaufte Eduard II. dreissig lombardi-
sche Kriegspferde und zw�lf schwere Zugpferde, wahrscheinlich Hengste.
Die Lombardie, Italien und Spanien waren die L�nder aus welchen
damals der gr�ssere Theil von Europa seine bessern Pferde sowohl
f�r die gew�hnliche Reiterei als zum Prunke bezog. Zum Ackerbau
verschaffte man sich die Pferde meist aus Flandern.
Eduard III. vewendete 1000 Mark auf den Ankauf von SO spani-
schen Pferden und legte einen so grossen Werth auf diesen Zusatz zu
dem englischen oder vielmehr gemischten Blut der damaligen Zeit,
dass ein f�rmliches Gesuch um sicheres Geleit dieses Transportes an
die K�nige von Spanien und Frankreich erging. Es wurde von ihm ein
Ausfuhrverboth erlassen und es war dieses wohl ein Zwang, der seine
Rechtfertigung hatte; denn so lange es f�r ein Volk von Vortheil ist,
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die Ausfuhr seiner veredelten Produkte, wenn sie im Ueberfluss oder
auch nur in gen�gender Menge vorhanden sind, zu beg�nstigen, eben
so wird es f�r eine junge Industrie nachtheilig sein, wenn man diese
kaum geschaffenen und nicht sehr zahlreichen Elemente der Fortpflan-
zung unn�thigerweise zerstreuen wollte.
Bis zum Ende des f�nfzehnten Jahrhunderts gab es nichts bemer-
kenswerthes in Bezug auf das englische Pferd. Der Partheienkampf
an dessen Spitze die H�user York und Lunkaster (rothe und weisse
Kose) standen, konnte nicht verfehlen, einen traurigen Einfluss auf die
Pferdezucht auszu�ben und erst unter Heinrich VIII. (1809) wurden
Massregeln zur Verbesserung derselben ergriffen. Damals wurden Vor-
schriften gegeben, welche die Gr�sse und das Alter der Hengste fest-
setzten und nach welchen sie nicht auf Weidepl�tze oder in die W�l-
der getrieben werden durften. Zugleich verboth man auf das strengste
die Benutzung fehlerhafter Hengste und schlechter Stuten.
Trotz dieser Vorschriften scheint dennoch die Regierung der K�-
nigin Elisabeth (1558) der Veredlung der Pferde nicht g�nstig ge-
wesen zu sein, was seinen Grund theils in den damaligeu Unruhen,
theils in dem Geize dieser F�rstin hatte, der ihr nicht erlaubte, die
Pferdezucht zu bef�rdern; man sagt sogar, dass sie der Landung, wo-
mit die riesenhafte Armada sie bedrohte nur dreitausend Pferde entge-
gen stellen konnte. Heinrich IV. von Frankreich schenkte der Elisa-
beth mehre franz�sische Pferde, welche die Bewunderung des Hofes er-
regten. Es scheint also, dass damals in Frankreich die Pferdezucht auf
einem bessern Grade sich befand, als in England.
Jakob I. (1603) organisirte in England die Wettrennen, welche
noch keine besonderen Rennbahnen hatten. Man w�hlte vorz�glich ein
h�geliges und mit allerlei Hindernissen durchschnittenes Terrain, wie
man es noch heute in Betreff der Steeple-chases macht, die ein Ueber-
bleibsel der alten s�chsichen Wettrennen sind.
Vor dieser Zeit begn�gten sich die Sieger mit Ehrenpreisen die
gew�hnlich in einem silbernen Gl�ckchen bestanden; daher stammt der
Ausdruck, der jetzt noch gebr�uchlich ist, bear away the bell. Die
Glocke davontragen, d. h. einen Preis beim Pferderennen gewinnen.
Gewiss wurde der Sieger mit diesem Gl�ckchen geschm�ckt, denn wir
wissen, dass fr�her bei den R�mern das Gl�ckchen das am Kopfe eines
Pferdes hing, ein Ehrenzeichen war, und dass diese Sitte noch heute
sich in einigen L�ndern erhalten hat, wo die Postillone den Hals ihrer
Pferde mit Gl�ckchen schm�cken. Auch in den Gest�tten pflegt man
2g*
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h�ufig dem besten, sch�nsten F�llen im Rudel eine Glocke anzu-
h�ngen.
Es muss hervorgehoben werden, dass die englische Reitkunst und
die leichte f�r Jagden und Wettrennen eingerichtete Ausr�stung der
Pferde mit Verbesserung der Rasse im innigen Zusammenhange steht«
Das schwere R�stzeug hindert die raschen Bewegungen, und die Haltung
des K�rpers, welche dasselbe erfordert, erm�det den Reiter. Die Engl�n-
der befreiten das Pferd von diesem Gep�ck, setzten an die Stelle des
plumpen viereckigen Sattels einen leichten Sattel von gef�lliger Form mit
gutem Sitz. Die Sitte des Wettrennen zwang den Reiter sein Zaum- und
Sattelzeug zu vereinfachen und diese Vereinfachung gestattete ihm, die
Bewegungen des Pferdes besser zu f�hlen und sich so zu sagen mit ihm zu
identifiziren.
Dadurch erhielt das Pferd und der Reiter eine leichte Beweglichkeit
in welcher sie ohne Erm�dung die angestrengtesten Uebungen machen
konnten. Der Trabb empfing durch die Ver�nderung des Sattel- und Riem-
zeuges eine wichtigere Bestimmung und man hatte nicht mehr n�thig, dem
Pferde mit allerlei Zwang- und Kunstmittel den Pass zu lehren, wie die-
ses f�r die Klepper des Mittelalters n�thig war. Die R�mer nannten uen
Trabb eine Strafe und Folter, das Reiten in demselben ist durch die Eng-
l�nder bequemer geworden, deDn das sogenannte »englisch trabben«
gibt dem Reiter und dem Pferde die gr�sste Ausdauer in diesem
Gange.
Karl I. (1625) f�hrte die Pferderennen zu Hydepark und Newmarket
ein; er Hess mehre Pferde aus dem Oriente kommen, und ertheilte gross-
artige Belohnungen an die M�nner, welche sich in der Besch�ftigung mit
der edlen Pferdezucht auszeichneten.
Die damaligen B�rgerkriege hemmten den Aufschwung der Pferde-
zucht, die im ganzen Lande aufzubl�hn begann. Der Protektor Cromwell
(1647) widmete ihr jedoch die sorgf�ltigste Aufmerksamkeit; er selbst
besass mehre ber�hmte Rennpferde und w�hrend ihr Herr Schlachten ge-
wann, trugen seine Rosse den Sieg auf der Rennbahn davon. Sein Stall-
meister Place f�hrte in England den ber�hmten Hengst, White-
T�rk ein.
Karl IL (1660) Hess sich die Veredlung des Pferdes ebenfalls
eifrig angelegen sein, und der Adel der drei K�nigreiche folgte sei-
nem Beispiel.
Karl II. war der erste englische K�nig, der in seinem Namen Pferde
rennen Hess, und der Leser wird sicli aus der Beschreibung des Vollblut-
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pferdes erinnern, dass unter ihm die orientalischen Stuten eingef�hrt wur-
den, welche unter dem Namen' royalmares bekannt sind und mittelst deren
das englische Vollblut als Reinzucht begr�ndet wurde.
Unter Wilhelm III. (1689) vermehrten sich die Wettrennen und
viele k�nigliche Preise, die unter dem Namen Kings-Plates bekannt
sind, wurden den verschiedenen Rennpl�tzen zugewiesen.
Unter Georg I. (1714) gewannen die Wettrennen an Ausdehnung,
und der Geschmack an denselben ward materieller; die k�niglichen Preise
von dem einfachen Gl�ckchen der alten Zeit schon weit entfernt, verwan-
delten sich in eine Summe Geld; die Plates wurden durch Preise von 500
Guineen ersetzt.
Georg II. (1727�1760) besch�ftigte sich sehr wenig mit den Ange-
legenheiten der Pferde, und dies ist vielleicht das einzige Interregum, wel-
ches in der Geschichte des englischen Pferdes vorkommt. Dennoch ver-
dankt man diesem F�rsten mehre Verordnungen, welche den Zweck hat-
ten, die Betr�gereien zu verh�ten, welche schon damals anfingen sich in
die Turfangelegenheiten einzuschleichen.
Georg III. 1760- -1820 Hess es sich besonders in der Jugend sehr
angelegen sein, die Pferdeliebhaberei in Schwung zu bringen , er mun-
terte zu Wettrennen und zur Reitkunst auf; man verdankt diesem F�rsten
die Gr�ndung einer Thierarzneischule, welche von Vial de St. Bei
dirigirt wurde.
Es ist dieses derselbe, welcher den ber�hmten Wettrenn-Hengst
Eclipse in allen seinen K�rperverh�ltnissen genauestens ausmass und be-
schrieb. (Siehe oben.)
Der k�nigl. Sportmann Englands war jedoch Georg IV. Als vollende-
ter Stallmeister, kluger Pferdekenner, ausgezeichneter Z�chter und uner-
m�dlicher J�ger verband er alle Eigenschaften, welche der pferdefreund-
lichsten Nation der Welt gefallen konnten. Als er noch Prinz von Wales
war, hatte er ein bl�hendes Gest�tt gegr�ndet, und seine Pferde hatten
in dem Zeitraum von acht Jahren einhundert und f�nfzig Preise gewonnen
die beinahe eine halbe Million Thaler werth waren. Ihm verdankt man die
Gr�ndung des sch�nen Gestuftes zu Hamptoncourt.
Anmerkung. Das Gest�tt zu Hamptoncourt ohnweit London z�ch-
tet jetzt nur das beste Vollblut.
Zur Zeit meiner Anwesenheit daselbst im September 1863 waren da-
selbst 53 Mutterstuten und drei Vaterpferde worunter Orlando. Alle F�l-
len werden einj�hrig verkauft und es ist nicht selten, dass f�r ein solches
Hengstf�llen 1000 Guineen, � 10000 fl. �sterr. W�hrg. bezahlt werden.
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Die K�nigin Victoria beh�lt nie ein in diesem Gestufte gezogenes Pferd
zum eigenen Gebrauch, und durch den Verkauf aller F�llen, wenn sie
einj�hrig sind, k�mmt das edelste Blut sogleich wieder in die H�nde sehr
vieler Privaten. �
Unter dem gnadenreichen Scepter seiner vielgeliebten K�nigin Vic-
toria (seit 1835) geniesst Grossbritanien eines Emporbl�hens der Pferde-
zucht, das in der Welt ohne Gleichen ist.
Die K�nigin hat selbst ihre Freude an den Field-sports, sie versteht
die Kunst ein schnelles und feuriges Ross zu reiten, oft lenkt ihre k�nigli-
che Hand auf den Wegen ihres Parkes ein Gespann von kr�ftigen Ponies;
ihre Gegenwart versch�nert die Meetings und Rennen, und wenn sie ihre
edlen Vasallen, die Nachkommen der alten Gef�hrten Wilhelms, besucht,
so macht sie die gl�nzenden Cavalcaden und die Jagden mit, welche das
Vergn�gen der Nation sind. Prinz Albert, ihr k�niglicher Gemahl zeichnete
sich bei seinen Lebzeiten als vollendeter Gentleman in allem aus, was
man in England Sport nennt.
Wir haben gesehn, welche Fortschritte die Veredlung des Pferdes
nach und nach in England gemacht hat; aber man m�sste dicke B�cher
schreiben, sagt Dr. L�ffler, dem ich �berhaupt in dieser geschichtlichen
Darstellung meistens folgte, wenn man andern ein klares Bild machen
wollte, von den verschiedenen Rassen und Gattungen, welche die Natur
und Kunst in diesem Lande erzeugt haben: von den ausgezeichneten
Pferdez�chtern , die sich durch ihre Resultate, durch ihre Siege, ihre
Ungl�cksf�lle und ihre Sonderbarkeiten einen Namen gemacht haben,
von den Jokeys, die durch ihre Gesckicklichkeit und Schurkerei bekannt
geworden sind: von den ber�hmten Pferden, die auf den Rennbahnen
Unglaubliches geleistet haben, und endlich von den merkw�rdigen Anek-
doten, welche die englischen Chroniken von der Pferdezucht, von den
Wettrennen, den Jagden erz�hlen und deren Hauptheld immer das
Pferd ist.
Zu den verschiedenen Rassen Englands geh�rt nun erstens jene reine
Rasse, deren Entstehung durch Verbreitung aus dem Orient nach England
und Fortpflanzung ich schon oben besprochen habe. Es ist dieses die als
Rein zucht bekannte Vollblutrasse. Man nennt sie Thoroughbred d. h.
durch und durch, durchaus rein gezogen, Blood- oder Racehorse Blut- d.h.
von edlem Blut stammendes, Rennpferd. Der Gegensatz von Thoroughbred
ist Half bred Haiblut, halb vom ganz edlem Blut gezogen, d. h. mit fr�her
oder sp�ter nicht mehr reinem Stammbaum des Vaters oder der Mutter.
So spricht man von dreiviertel � Siebenachtelblut und es wird damit der
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Grad von edler Abstammung bezeichnet, in welchem sich das Nichtvoll-
blut dem Vollblut n�hert.
Die Kasse von Cleveland, die Cleveland Braunen in der Grafschaft
York mit dem hohen und stolzen Halse ist eine Schwester der nor-
m�nischen Kasse. Ein gesch�tzter Schriftsteller sagt von diesen
Pferden:
»Die Variet�t an Kutschenp(erden, welche man gew�hnlich Cleveland
»Braune nennt, ist durch die allm�hlige Vermischung von edlern Pferden
»mit denen der Landesrasse hervorgebracht worden; ihr Name ist von der
«vorherrschenden Farbe und dem fruchtbaren Distrikte an den Ufern des
»Tees in der Grafschaft York genommen. Ungef�hr in der Mitte des vori-
gen Jahrhunderts wurde dieser Distrikt wegen seiner ausgezeichneten
»Zucht von kraftvollen Kutschenpferden, die immer mehr in Aufnahme
»kam, wie das alte, schwerf�llige Kutschenpferd mehr aus der Mode kam,
»sehr ber�hmt.
»Indessen beschr�nkt sich die Zucht dieser Pferde nicht auf Cleve-
»land allein, sondern wird in einem grossen Theile des n�rdlichen Eng-
»lands betrieben. Die Grunds�tze dieser Zucht sind dieselben, wie bei
»denen des Rennpferdes; sowohl die Hengste als die Stuten
»m�ssen diejenigen Eigenschaften besitzen, die man
»zu eihalten w�nscht, und die Ueberlegenheit des Cleveland Distrik-
»tes beruht darauf, dass er im Besitze einer constanten Zucht ist, die
»nicht durch zuf�llige Vermischung, sondern durch
»fortgesetzte Verbesserung entstanden ist.«
Ferner ist es das untersetzte Pferd von Suffolk, welches dem Pferde
der Bretagne so �hnlich ist, und welches wie dieses als Zugpferd nicht
seines Gleichen kennt; denn man sagt sprichw�rtlich, dass das Pferd
von Suffolk am Lastwagen stirbt.
Wegen seiner kurzen, runden Gestalt hat man es Punch, (St�psel
Worstel) genannt; die Fuchsfarbe ist die bei weitem vorherrschende, fast
ausschliessliche Farbe des Suffolk Punch.
Das ganz schwere Zugpferd, vielfach von schwarzer Farbe,
doch findet man auch �fter Braune, seltener Schimmel durunter. Diesen
Schlag verdankt man einem Herzoge von Hamilton, welcher einige der
besten Stuten mit Hengsten kreutzte, die er aus Flandern geholt hatte;
es ist der Typus der nordischen Rassen, welche wir an allen K�sten Mit-
teleuropas treffen:
(Der kr�ftige Stamm von Armorika.)
Da es in Clydesdale vielfach gezogen wird, so nennt man es auch Cly-
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desdaler. Dieses Pferd, welches verst�ndige Kreutzung und Pflege so
gross und stark gemacht haben, als ein Pferd nur werden kann, scheint
in Folge der Zeitanforderungen, welche die materielle Kraft des Pferdes,
wenn von ihm keine Schnelligkeit gefordert wird, weniger nothwendig ma-
chen, im Abnehmen begriffen zu sein.
Ferner sehen wir den Pony von Wales, der unter dem Namen G a 1-
lo way bekannt ist, und den ganz kleinen Pony der schottischen Berge
mit dem wilden Blick und der dichten M�hne.
Der H u n t e r, das Jagdpferd, ist ein sehr veredeltes, starkes Reit-
pferd ; Ausdauer ist stets erforderlich, allein Schnelligkeit ist mehr noth-
wendig geworden, daher ist Blut eine wesentliche Eigenschaft. Wenn man
Vollblut erhalten kann von hinreichend starken Knochen und einer h�hern
Action, w�re dieses das beste Jagdpferd. Irland hat bisher sehr viele der
besten Jagdpferde producirt, die sich fast immer als sehr gute Springer
bew�hrt haben.
Hack nennt man in England ein nicht grosses, ausdauernd und an-
genehm gehendes Keitpferd, dass zu Spazierritten auf dem Lande, bei wei-
tern T�ren zu Pferd u. s. w. gebraucht wird. Der Hack dient auch gele-
gentlich als Bedientenpferd, es ist mit einem Worte ein guter Klepper.
Coach-horse ist das Kutschenpferd, dieses Thier hat an der Vered-
lung vollen Antheil genommen, und ist so sehr verschieden von dem, was
es f�nfzig Jahre fr�her gewesen, dass es kaum zu begreifen ist. Der Schlag
Rappen mit plumpen K�rper, sagt ein englischer Schriftsteller, schweren
Schultern und runden Schenkeln findet sich nicht mehr; sie waren weder
Kutschen- noch Karrenpferde, aber so etwas zwischen beiden, fett wie
ein Ochse, fielen trotz ihren Einherstolzirens zuerst, liefen nicht �ber
sechs (engl.) Meilen in der Stunde und waren nach einem harten Tage
schon abgeschlagen. An ihrer Stelle haben wir nun ein Thier, lang im
K�rper mit tiefer Brust, hohem Widerrist, schiefer Schulter, flachen
Schenkeln, und mit weit mehr Kraft und dreimal so viel Schnel-
ligkeit.
Der Charger ist das Offiziersdienstpferd, das Schlachtpferd. Das
Cavalleriepferd besitzt Blut in verschiedenen Verh�ltnissen nach der Art
des Dienstes wozu es bestimmt ist.
Cart-horse ist das dicke, gedrungene Zugpferd;
Der Cab, das kleine , untersetzte und stark gebaute Pferd;
Der Pony, wie schon erw�hnt, das ganz kleine und kleinste
Pferd.
Unter allen V�lkern erkannten die Engl�nder zuerst die M�glich-
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keit, das Werk des Sch�pfers umzuarbeiten, das Individuum und sogar die
Gattung der Hausthiere nach ihrem Willen umzugestalten, die Muskeln
und das Fettsystem zu entwickeln, und die k�rperlichen Eigenschaften zu
beschr�nken oder zu vermehren. Der Engl�nder auf allen Seiten vom
Meere umgeben, mit Verstand begabt und mit Reichthum gesegnet fast im-
mer auf Reisen, wo er die Wunder anderer L�nder kennen lernte, �
der Engl�nder musste die Mittel aufsuchen, wodurch er sich die Annehm-
lichkeiten des Lebens verschaffen konnte. Unter einem tr�ben Himmel
und in einem k�lteren Klima erzog er das Pferd der Sandw�ste Asiens,
auf seinen unfruchtbaren Bergen die K�he der Schweiz; er akklimatisirte
bei sich das chinesische Schwein und das spanische Schaaf; � alles
dieses that er durch hartn�ckige Ausdauer und mit Hilfe einer politischen
Organisation, welche Freiheit mit Ordnung verbindet. Diesen Gedanken
hatten die Alten nicht, auch nicht die Bewohner der unermesslichen W�-
sten Syriens oder der grossen Steppen Russlands, noch diejenigen V�lker
die durch einen zu unfruchtbaren Boden und durch ein zu mildes Klima
tr�ge geworden sind.
Unter allen M�nnern Englands, die sich in der Thierzucht hervorge-
than und durch Aufstellung von Grunds�tzen allen andern als Beispiel
vorangeleuchtet haben, nimmt Robert Bakewell den ersten Platz ein ; er
ward geboren 1726 zu Dischley in der Grafschaft Leycester, gestorben
179b. Man sieht, dass sein Leben in die Zeit f�llt wo man in England der
Vollblutzucht der Pferde bereits die gr�sste Sorgfalt widmete und er
hatte grossen, vielleicht den gr�ssten Antheil hieran. Bakewell hatte die
Beobachtung gemacht, dass bei den Thieren die Nachkommen den Aeltern
in ihren Eigenschaften fast ganz glichen, und er schloss hieraus, dass man,
wenn die ausgezeichnetsten und nutzbringendsten Rassen und Exemplare
mit einander gepaart w�rden, endlich einen Vieh stamm erhalten m�sse,
der alle w�nschenswerthen Eigenschaften in sich vereinigte.
Er machte seine Versuche zuerst mit Sohaafen und brachte es in der
Veredlung so weit, dass man ihm 1760 f�r einen Hammel drei Guineen
und f�r einen w�hrend der Sprungzeit vermietheten Widder 25, sp�ter
sogar 400 Guineen zahlte. Mit der Zeit stieg sein Ruf auf eine ausseror-
dentliche H�he und man wendete seine Grunds�tze bei allen anderu Haus-
thieren und namentlich auch in der Pferdezucht an. Diesem verdankt Eng-
land seine Stammzuchten, w�hrend man im Uebrigen Europa noch allzu-
lange an Buffons Theorie hing, welche dahin lautete, das verschiedenste
aus den entgegengesetztesten Klimaten zu paaren.
Buffon, ein goborener Franzose, lebte von 1707�1788; er war somit
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Zeitgenosse Bakewells. Die Zuchtungssysteme in ihrem Grundprinzip so
sehr verschieden entwickelten sich also zur selben Zeit und ich verweise
den Leser auf Bruckm�llers Worte und Urtheil �ber den Erfolg dieser
beiden Z�chtungsmethoden in den L�ndern Europas.
In Deutschland haben Wolstein und Justinus es zuerst durchdrin-
gend versucht, Bakewells Grunds�tzen Geltung zu verschaffen und in neu-
ester Zeit befolgt man sie immer mehr.
Der schon oben erw�hnte anonyme Verfasser eines sehr gesch�tzten
Werkchens �ber Pferdezucht und Pferdewesen sagt �ber diesen Gegen-
stand noch folgendes:
»Es entsteht der Wunsch, die veranlassenden Ursachen aufzusuchen,
»welche in England zu der grossen Ueberlegenheit in der Thierzucht im
»Allgemeinen und in der Pferdezucht insbesondere gef�hrt haben.
» Wir wollen dem Klima und auch dem Kalkboden der Insel den ihnen ge-
b�hrenden Antheil g�nstiger Einwirkuug auf die Ausbildung der gras-
»fressenden Thierenicht bestreiten; diesen Einfl�ssen kann vieles zuge-
»schrieben werden, aber nicht Alles; das w�re zu bequem.
»Wissenschaftliche Erfahrungen haben zu der Erkenntniss gef�hrt,
»dass Kalk in den Nahrungsstoffen auf die Knochenern�hrung und damit
«auf die Substanz vorteilhaft einwirke, sogar n�thig sei, und ganz Eng-
land ist ein Kalkfelsen; andererseits gestattet das feuchte Klima und die
»weniger schroff abgegr�nzten Jahreszeiten einen besseren Graswuchs und
»eine l�nger ausdauernde Weide; der g�nstigste und wirksamste Einfluss
»des Klimas ist aber darin zu suchen, dass der Winter, der bei uns das
»Reiten ganz einstellt, dort dieses Vergn�gen durch die Parforcejagd erst
»recht in Gang bringt.
»Diese ruft sofort mehr Theilnahme und mit ihr gesteigerte Nach-
»frage hervor, die wieder ihrerseits zur Produktion des verlangten Arti-
»kels, � n�mlich edler Pferde, anspornt. Die Jagd ist eine der Haupt-
»ursachen, dass alle Engl�nder den Aufenthalt auf dem Lande dem in der
»Stadt so sehr vorziehn, dass in Folge dieser Vorliebe das Familienleben
»in allen Klassen so ausgepr�gt ist, und wiederum der Grund, warum
»jeder Engl�nder sich so eifrig mit der Landwirthschaft besch�ftigt, so
»gerne z�chtet, und man dort so viele reele Kenntniss der Thierzucht
»verbreitet findet, wozu die z�he Ausdauer dieser Nation das ihre beitr�gt
»indem es sie nicht verdriesst, nach 10 misslungenenen Versuchen auszu-
»harren in dem einmal Begonnenen bis es gelingt.
»Neben dem Klima m�ssen aber noch andere Ursachen vorhanden
»sein, die der Thierzucht f�rderlich sind, denn es sind auch andere Thiere,
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»die nicht vom Gras leben, dort besser, wie z. B. alle Hundegattungen,
»H�hner, Setweine etc., auch ist die Produktion gr�sser; diese ist beson-
ders auffallend bei den edleren Pferden, deren Verbrauch und Ausfuhr
»so ungemein gross ist.
»Wie nun diesem grossen Bedarf an edleren Pferden gen�gt werde,
»ist ein interessanter Gegenstand des Nachforschens, und ich will es ver-
»suchen, die Gr�nde, denen diese Erfolge zu verdanken sein d�rften zu
»zergliedern, nach Daten, die aus der bekannten, nun beinahe 200 Jahre
»alten Geschichte der jetzt bestehenden englischen Pferdezucht und aus
»einigen eigenen Anschauungen gesch�pft sind.
»Die successive Vervollkommnung der englischen Pferde, urspr�ng-
lich ausgehend von einer sehr niedern Stufe k�nnte demnach haupts�ch-
»lich folgenden Ursachen zugeschrieben werden :
»1. Der �usserst sorgsamen Paarung nach erwiesener Abkunft, und
»nach allgemein guten Verh�ltnissen im Baue, mit steter Ber�cksichtigung
»vorhergegangener Leistungen.
»2. Dem Vortheile der allgemeinen verbreiteten und von vielen
»Privaten im Kleinen betriebenen Zucht und daher allgemein vorherr-
»sehenden Pferdekenntniss.
»3. Der durchg�ngig besseren Bodenkultur und daher besserem
»Putter.
»4. Der einfachen Aufzucht und Haltung der Pferde nach dem
«Grunds�tze gr�sserer Abh�rtung und Wohlfeilheit, wodurch wieder die
«Zucht erleichtert und vervielf�ltigt wird.
»d. Der Pr�fung der Zucht durch Rennen und Jagd; Entfernung des
»im Gebrauche untauglichen von der Zucht.
»6. Der Aufmunterung der Privaten zur Zucht edler Pferde durch
»diese beiden Anregungsmittel.
»Ich muss die Bemerkung hinzuf�gen, dass hier nur von der Zucht
»des edlen Pferdes die Rede sei, das Gemeine und dessen Qualit�t und
»Quantit�t, wurden nicht in den Bereich dieser Besprechung gezogen; ich
»glaube aber, dass auch dieses von selbst besser wird, wenn nur ein-
»mal das erstere gut und hinl�nglich erzeugt werden kann.«
Soweit der anonyme Verfasser.
Ausser den Landgest�ttsanstalten befinden sich jetzt in den deut-
schen L�ndern folgende Gest�tte:
Im K�nigreiche Preussen:
Trakehnen ohnweit Gumbinnen in Ost-Preussen; gegr�n-
det 1736.
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Das Friedrich-Wilhelmgest�tt zu Neustadt ander
D o s e in der Mark Brandenburg; gegr�ndet 1788.
DasGest�tt zu Graditz in preussisch Sachsen.
Man nennt sie Hauptgest�tte; sie liefern den gr�sstenTheil der
f�r die Landeszucht aufgestellten Besch�ler und des Bedarfes f�r den
k�nigl. Marstall in Berlin; denn das es ausserdem ein k�nigl. Privatge-
st�tt g�be, ist mir nicht bekannt.
Bei vielen Privaten ist die Pferdezucht nach englischem Muster, na-
mentlich in Ostpreussen, Schlesien und Westphalen sehr im Aufbl�hn.
Der K�nig von Hannover hat Privatgest�tte zu Neuhaus im Sollin-
gerwalde und in Herrenhausen bei Hannover; letzteres bestand fr�her zu
Memsen bei Hoya und wurde vor mehreren Jahren an den jetzigen Ort
verlegt.
Die Hengste f�r die Landeszucht werden meistens in England, Meck-
lenburg oder auch im Lande selbst angekauft, und stehen ausser der Be-
sch�lzeit in Celle vereint.
Der Herzog von Braunschweig unterh�lt ein Privatgest�tt zu
Harzburg.
Das Privatgest�tt des Kurf�rsten von Hessen befindet sich zu Bever-
bek im Reinhardtswald. Es liefert nur den Bedarf f�r den kurf�rstl. Mar-
stall. Auch werden daselbst Isabellen gezogen, die einen Theil der Hofge-
spanne ausmachen.
Meines Wissens werden diese Isabellen ausserdem noch in Hannover,
Weimar und dem Gest�tte zu Hamptoncourt, in England (nebst der Voll-
blutzucht,) gezogen.
Der F�rst von Lippe-Detmold ist Besitzer des alt ber�hmten Gest�t-
tes zu Lopshorn in der Senne.
Der K�nig von W�rtemberg unterh�lt die bekannten Privatgest�tte
zu Hohenheim, Weil und Scharrenhausen mit orientalischer Reinzucht.
Der Bedarf f�r die Landgest�ttanstalt wird gr�sstentheils im Auslande
angekauft.
Die Privatgest�tte des K�nigs von Baiern befinden sich in Rohrenfeld
und Bergstetten. Ersteres besteht seit 1571 und liefert dem k�nigl.
Marstall zumeist den leichteren Reit- und Wagenschlag, von orientali-
scher und englischer Rasse.
Das Gest�tt Bergstetten besteht seit (816 und z�chtet den st�r-
keren Wagenschlag aus selbstgezogenen Stuten und englischen oder
norm�nischen Vaterpferden.
Das Stammgest�tt zu Schweiganger steht unter dem k�niglichem
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Staatsministerium und wird aber durch Milit�rs verwaltet. Es wurde
4841 gegr�ndet und zwar zumeist aus inl�ndischen Stuten und aus-
l�ndischen Vaterpferden. Die hier gezogenen Pferde werden �ffentlich
versteigert; 12�IS Hengste �bernimmt gew�hnlich das Landgest�tt
um den durchschnittlichen Preis von 800 bis 1000 Gulden s�ddeut-
scher W�hrung.
Ueber die Gest�tte in dem Kaiserthum Oesterreich bin ich im
Stande n�here Daten anzugeben, die auf authentischen Quellen be-
ruhen.
Unter dem Namen Milit�rgest�tte bestehn jetzt folgende derlei
Anstalten:
Mez�hegyes ohnweit Arad in Ungarn;
Radautz ohnweit Czernowitz in der Bukowina;
B � b o 1 n a ohnweit Raab in Ungarn;
K i s - B e r zwei Stunden von B�bolna an der Eisenbahn von Wien
�ber Raab nach Stuhlweissenburg; endlich
P i b e r in Steiermark.
(Das Gest�tt zu Nemoschitz in B�hmen, welches noch in manchen
auch neueren Werken genannt wird, besteht schon seit vielen Jahren
nicht mehr; das Gest�tt zu Ossiach in Krain wurde 1862 aufgel�sst.)
Die milit�rische Organisation und Verwaltung hat diesen Anstal-
ten den Namen Milit�rgest�tte gegeben; die dabei Angestellten
sind Offiziere aller Grade, Unteroffiziere und Mannschaft; der Inspec-
teur des Ganzen, auch mit der Oberleitung der Landgest�ttsanstalt, Mi-
lit�r-Hengsten-Depots genannt, betraut, bekleidet die Charge eines Feldmar-
schall-Lieutenants. Das Ganze bildet einen integrirenden Theil der Ar-
mee und untersteht in administrativer Beziehung dem Kriegsmini-
sterium.
Diese Einrichtung hat vielfach die Meinung aufkommen lassen,
dass der Zweck dieser Gest�tte Erzeugung und Aufzucht von Remon-
ten f�r die Armee sei; es ist dieses irrig. Hauptzweck dieser Anstal-
ten ist, die Hengste f�r die Landbesch�lanstalt zu produciren. Hengste
die sich hierzu nicht eignen, werden als Castraten und junge Stuten
die man zur Zucht nicht beibehalten will, im 3. oder 4. Jahre an den
Meistbiethenden verkauft; oder auch einzelne f�r den Remontenpreis
an unbemittelte Offiziere der Armee �berlassen.
Man sieht hieraus, dass sie denselben Zweck haben, wie diejeni-
gen Anstalten, welche man in anderen L�ndern Haupt- oder Staats-
gest�tte nennt.
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Das Gest�tt zu Mez�hegyes wurde unter der Regierung Kaiser
Josef II. gegr�ndet. Rittmeister von Csekonics, ein dem Pferdewesen sehr
eifrig zugethaner Mann, unterlegte Sr. Majest�t, als H�chstderselbe im
Jahre 1783 in Ofen anwesend war, einen Plan zur Emporbringung und
Erweiterung der Pferdezucht in Ungarn. Dieser Vorschlag von Sr. Maje-
st�t gut geheissen, wurde einer Commission zur Pr�fung vorgelegt, und
dieselbe erkannte die allgemeine, wesentliche Nothwendigkeit, dass ein
Pepiniergest�tte von vorz�glichsten V�tern und M�ttern zur Erzeugung
einer vorz�glichen Pferdeart errichtet werden m�sse. Se. Majest�t verf�g-
ten hierauf die Gr�ndung eines Pepiniergest�ttes von 500 Mutterstuten.
Zu diesem Zwecke wurden s�mmtliche Bukowiner Mutterpferde, worunter
mehre cirkassische Stuten waren, nach Ungarn �berbracht, auch i�O der
besten Cuirassierstuten dazu gew�hlt und ferner verf�gt, dass wo etwas
brauchbares zu finden sei, hinzugekauft werden solle.
Es wurde nun zur Aufsuchung der zur Ern�hrung des Gest�ttes er-
forderlichen Weiden und Entwerfung n�thiger Pl�ne zur Unterkunft und
Pflege des Gest�tts geschritten, Rittmeister von Csekonics beauftragt, Be-
sch�ler anzukaufen und die planm�ssigen Vorkehrungen zur Pferdezucht
im Lande einzuleiten.
Auf diese Art ist die Anlegung eines neuen Pepinier-Gest�ttes auf
Mez�hegyes und dessen Umgebung im Ganzen auf einen Terrain von
42000 Joch gefallen, der Plan der Geb�ude wurde entworfen und das
Bauen selbst regulirt.
Csekonics schrieb ein Werk, worin er seine Erfahrungen und Ansich-
ten �ber Pferdezucht niederlegte; dasselbe enth�lt sehr sch�tzenswerthe
Mittheilungen; er klagt in der Vorrede �ber das Verschwinden der
Stammzuchten und sagt: »Die Abk�mmlinge der neu angelegten Stute-
freien, sind, wie es mir bekannt, mehr Musterkarten � als einem wirk-
lichen Gest�ttsschlag zu vergleichen. Ja es ist bereits so weit gekom-
»raen, dass man bei Betrachtung eines erwachsenen Pferdes, sogleich
»dessen alte Abstammung mit Gewissheit erkennt, und dessen Seltenheit
»bewundert.«
Von Mez�hegyes sprechend, sagt er dann;
»Wie schon oben erw�hnt wurde, bestand in der Mez�hegye'schen
»Gest�ttsanlage das sogenannte Pepinier-Gest�tt aus Vater- und Mutter-
npferden aller Nationen zusammengesetzt. Als nun bei abgehaltenen Con-
tours die Grossen Ungarns dazu eingeladen wurden, um sie von dem
»Portgange dieser Anlage augenscheinlich zu �berzeugen, so wurde die
»auffallende Bemerkung gemacht, dass dieses Gest�tt, ungeachtet es
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»aus Besch�lern und M�ttern aller Nationen bestand, sich dennoch durch
»einen besondern eigenen Schlag ausgezeichnet hat, der sich von an-
»dern so sehr unterscheidet, dass man ein Mez�hegye'sehes Gest�tts-
»produkt sogleich an der Gestalt erkennen muss.«
Es scheint also, dass Csekonics nach dem Grundsatze: Gleiches
mit Gleichem, das Gute mit dem Gutem, das Beste mit
dem Besten gepaart hat.
Seit jener Zeit ist dieses Gest�tt immer im Fortschreiten begriffen
gewesen und erfreut sich in der Gegenwart einer ganz besondern Bl�the.
Der gegenw�rtige Stand sind:
28 Pepinierh engste
(Hauptbesch�ler) und
635 Pepiniermutterstuten.
In fr�heren Jahren war in diesem Gestatte das neapolitanische, spa-
nische, (Generale, Generalissimus, Saeromoso, Incitato,) orientalische und
auch durch den im Jahre 1814 in Frankreich erbeuteten Hengst Nonius
das norm�nner Blut vorherrschend; in neuerer Zeit werden auch in Eng-
land augekaufte oder von englischer Abkunft selbst gezogene Voll- und
Halbbluthengste verwendet.
Das Noniusblut ist noch immer vorhanden und wird als besondere
Stammzucht in neuerer Zeit wieder sehr in Ehren gehalten. Die Familien
Ghydran, El-Bedavy, Siglavy u. s. w. sind orientalischen Ursprungs.
Das Gest�tt zu Babolna wurde im Jahre 1789 gegr�ndet, und zu
diesem Zwecke das Pr�dium Babolna wovon das Gest�tt den Namen f�hrt
von dem Grafen Josef Szapary erkauft.
Von der Zeit seiner Errichtung bis zum Oktober 1806 war Babolna
ein Filiale von Mez�hegyes. Dieses letztere hatte seine Hengstenjahrg�nge
und sonstigen, entbehrlichen Pferde hier detachirt.
Die Geschichte der Entwicklung der hiesigen Pferdezucht zu seiner
jetzigen H�he beginnt demnach mit 1. November 1806 von welchem Zeit-
punkte an B�holna eine eigene Pferdezuchtanstalt wurde.
Bei dem zur Zucht bestimmten Materiale war die spanische Rasse
vorherrschend; unter den zu Mutterstuten bestimmten Pferden waren 45
St�ck aus dem Stande der Cavallerie von Moldauer Rasse.
Die Invasion der Franzosen im Jahr i 809 und die in Folge dessen
unternommene Verlegung des ganzen Gest�ttes nach Mez�hegyes und
Goncurrenz wirkte h�chst nachtheilig auf die im Entstehn begriffene An-
stalt, da es bei der R�ckkehr an den n�thigsten Geb�uden zur Unterbrin-
gung fehlte, indem der Feind das ganze Etablissement den Flammen preis
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gegeben hatte. Die Wiederherstellung dieser Geb�ude war bis zum Jahre
1816 vollendet und es war nun auch der Zeitpunkt gekommen, von wo
an nicht allein B�bolna sondern auch alle andern Gest�ttsanstalten einem
neuen Aufschw�nge entgegengingen.
Was B�bolna betrifft, so war der Hauptzweck, hier einen ganz edlen
Reitschlag zu z�chten; es war daher die erste Sorge, die wenig entspre-
chenden Mutterstuten auszuscheiden und nach und nach immer besse-
res Zuchtmaterial anzuschaffen.
Es sind hier namentlich die aus dem kaiserl. Hofgest�tte zu Kopt-
czan, (nachher aufgel�sst und zum Theil mit Kladrub vereinigt) acquirir-
ten beiden Original Araber Hengste Huscyn und Monacki zu nennen.
Nach einem Standesausweise vom Jahre 1816 erscheinen folgende
Pepinier-Besch�ler in Th�tigkeit:
L'Ardent
Gidran Original-Araber
Feconde
Tharax T�rke.
Janitsar von der Karsterasse.
Tovara Spanier.
Kenyes Siebenb�rger.
Cardoves spanischer Abkunft.
Wenn auch bei Weitem nicht alle der damals ins Gest�tt gebrach-
ten Pferde sich als vorz�glich zur Zucht bew�hrt haben mochten, so wa-
ren doch die, welche mit wahrhaften Nutzen auf die Regeneration des
alten Blutes einwirkten, nicht die Minderzahl und es erscheint nach und
nach die orientalische Rasse als vorherrschend. Schon im Jahre 1817
waren die von den Arabern, besonders die Nachkommen des Hengstes
Gidran, gelungene Produkte zu nennen, und die Veredlung schritt, wenn
auch langsam, vorw�rts.
Das ungeeignete Zuchtmateriale wurde immer mehr ausgesondert,
es bildete sich nach und nach eine constante Rasse aus, und unter den
Saamenpferden kommen viele recht vorz�gliche vor.
Der innere Werth und Gehalt der Pferde im allgemeinen nimmt
allj�hrlich zu und das Muttergest�tt hatte bereits im Jahre 1820 eine
auserlesene Sammlung der vorz�glichsten edlen Rassen und St�mme
die theils aus dem Karster (Lippiza) kaiserl. Hof- theils aus den besten
Gest�tten Siebenb�rgens, theils aus der eigenen Zucht stammten.
Die erste Ausbeute von den orientalischen Spr�sslingen both das
Jahr 1821, in welchem 22 junge Stuten dem Muttergest�tte einge-
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reiht wurden. Auf diese Weise wurde der Grund zur orientalischen
Zucht gelegt, deren Blut und gute Eigenschaften nach und nach in B�-
bolna vorherrschend wurden und endlich 2ur Reinzucht f�hrten.
Das Jahr 1823 zeigt schon den Werth und die Vorz�glichkeit der
B�bolnaer Pferde indem S junge Hengste f�r das Mez�hegye'scher Ge-
st�tt als Zuchtpferde abgegeben und ein f�nfj�hriger Hengst als Ge-
schenk an Sr. Majest�t den K�nig von Neapel abgesendet wurde. Ferner
wurden von den jungen Hengsten 47 als Landbesch�ler f�r die verschie-
denen Provinzen classifizirt.
Zur Consolidirung dieses Gest�ttes und dessen Verwahrung vor
R�ckschl�gen, bedurfte es jedoch durch mehre Generationen orientalischer
Stammpferde um die m�hsam und kostspielig errungenen Fr�chte in der
Folge nicht wieder zu verlieren. Diese Bedingung war nur dadurch zu
erreichen, indem man Hengste und Stuten aus dem Oriente an-
schaffte und diese unter sich paarte. Es wurden zu diesem Zwecke meh-
reremale Commissionen in den Orient entsendet um Zuchtmateriale an-
zukaufen. Die letzte und zugleich ergiebigste Mission fand im Jahre
1856/57 unter Leitung des damaligen Oberst Brudermann Statt.
Der Pferdestand des Gest�ttes besteht jetzt in 7 Pepinierhengsten
und 174 Mutterstuten theils Original-, theils im Gestatte gezogene Voll-
blutaraber.
Die Ereignisse der Jahre 18fs/49 nahmen auch auf B�bolna einen
st�renden Einfluss, wogegen das Gest�tt zu Mez�begyes durch Zusammen-
treffen besonders g�nstiger Umst�nde hiervon verschont blieb.
Die Gr�ndung des Gest�ttes zu Radautz f�llt in das Jahr 1792.
Es wurde zu diesem Zwecke die dem Religionsfond geh�rige Domaine
gleichen Namens gepachtet, indem schon seit dem Jahre 1774 unter Lei-
tung des Oberlieutenants Cavallar hier eine sehr grosse Remonten-An-
kaufsanstalt etablirt war.
Die Ausdehnung und Wichtigkeit dieses Remontirungsgesch�ftes so
wie auch die beabsichtigte Aufzucht der theils mit den erkauften Remon-
teu �berkommenen als auch von diesen in den Depots geworfenen F�llen
veranlassten den hohen Hofkriegsrath die ganze Domaine Radautz
hiezu zu verwenden.
Gleichzeitig wurde das Cavallarische Remonten-Ankaufs-Commando
zu einem selbst�ndigen K�rper unter dem Titel: Bukowiner-Besch�l-Ge-
st�tts- und Remontirungsdepartement erhoben und ihm die erw�hnte Do-
maine zur Verwaltung �bergeben.
In der Zeit von 1774�1792 wurden �ber 30.000 Remonten ange-
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kauft und es ist wahrscheinlich, dass dieses gr�sstentheils durch Lieferan-
ten herbeigef�hrte russische und moldauische Pferde waren.
Von den zu jener Zeit vorhanden gewesenen 1030 Remonten weibli-
chen Geschlechtes wurden die besten 120 St�ck in einen Rudel unter der
Bezeichnung Pepiniergest�tt zum Behufe der Stammzucht gesondert, und
mit drei Hengsten versehn. Zwei dieser Hengste Barbarino wurden vom
Grafen Bethlen in Siebenb�rgen und der 3. Brillianto genannt, von einem
Pferdelieferanten angekauft.
Bis zum Jahre 1818 wurde die Gest�ttsmanipulation nicht geregelt
gef�hrt, es erscheinen w�hrend dieser Zeit weder neue Hengste angekauft,
noch Stuten besserer Abstammung eingef�hrt und es muss sich somit das
Gest�tt durch die eigene Descendenz wie auch erneuerte Einrangirung
besserer Remonten erhalten und vermehrt haben. Von diesem Jahre
liegen die ersten Geburtslisten und Gest�ttsregister vor, aus wel-
chen auch zu ersehn, dass zu dieser Zeit f�nf Hengste arabischer,
zwei t�rkischer, ein karster und zwei siebenb�rgischer Abkunft als Vater-
pferde verwendet wurden.
Im Jahre 1821 waren 9 St�ck Barbarino (siebenb�rgischer Rasse,
wie oben erw�hnt) eigener Zucht, ein Original Araber, Husseyn, 1 Tajar
arabischer Abkunft, und zwei t�rkische Hengste Alj in Verwendung; von
dieser Zeit an wurden �berhaupt die Vaterpferde durch in den andern
Milit�rgest�tten gezogenen Hengste erg�nzt.
Die Stuten waren meistens t�rkischer, zirkassischer, moldauer und
siebenb�rger Abkunft, im Jahre 1827 wurden aus B�bolna 9 und aus Me-
z�hegyes 3 und seit dem ganzen Bestehn �berhaupt einige 60 Mutterstu-
ten aus anderen Gest�tten nach Radautz �bersetzt, woraus zu ersehn, dass
die Radautzer Zucht aus ganz rohen, unbekannten, zusammengekauften
Stutenmaterial entstanden ist, und sich bis auf seinen jetzigen Standpunkt
entwickelt hat. Es k�mmt desshalb auch jetzt noch vor, dass in den
Stammb�umen vieler noch jetzt verwendeter �lterer Zucbtstuten die Ur-
grossm�tter als unbekannt in dem 1., 2. oder 3. freien Gest�tt erzeugt,
erscheinen.
Unter freiem Gest�tte hat man hier ein sogenanntes halbwildes Ge-
st�tt zu verstehn, wo ein Hengst zu einer gewissen Anzahl Stuten gelas-
sen wurde, der so lange dabei blieb, bis sie alle befruchtet waren oder
keine den Hengst mehr annehmen wollte. (Siehe oben.)
Ge genw�rtig sind in Radautz 27 Pepinier-Hengste und 491 Mutter-
stuten vorhanden. Das englische Blut hat in neuerer Zeit auch dort Ein-
gang gefunden, und wenn auch daselbst, wie aus der Entstehungs- und
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Entwicklungs-Geschichte des Gest�ttes zu entnehmen ist, weder orienta-
lische noch englische Reinzucht existirt, so muss man doch anerkennen,
dass das Radautzer Gest�ttspferd sich wegen seiner Festigkeit und Aus-
dauer einen sehr guten Namen erworben hat.
Das Gest�tt zu Piber in Steiermark wurde im Jahre 1798 errichtet.
Das Zuchtmateriale wurde anf�nglich auch aus verschiedenen Bestand-
theilen zusammengesetzt, um aber die Produkte der Nachkommen der
damaligen Zuchtstuten zu verbessern und zu veredeln wurden j�hrlich
6�10 dieser Zuchtstuten nach B�bolna geschickt, um dort belegt zu
werden. Im Jahre 1808 sind die �brigen Zuchtstuten des Gest�ttes durch
den Landesbesch�ler Arabo, ungarischer Zucht, Hamilton, englischer
Zucht, und Galiziano, polnischer Rasse belegt worden.
Im Jahre 1811 wurden vom Mez�hegye'schen Gest�tte 2b Stuten
dortiger Zucht nach Piber gesendet, und es belief sich die Gesammtzahl
der Pferde des Gest�ttes auf 311, in einer grossen Mischung was Rasse
und Abstammung anbelangt.
Ein englischer Hengst, Richmond, hat sich in diesem Gest�tte einen
bleibenden Namen gemacht, indem sich seine Nachkommen durch 47
Jahre forterhalten haben, und als sehr ausdauernde Pferde im Gest�tte
bekannt gewesen sind.
Gegenw�rtig sind in Piber 4 Pepinier-Hengste und 68 Mutterstu-
ten, und man ist jetzt bestrebt einen nicht grossen, aber sehr gedrunge-
nen Reitschlag mit sehr viel Gangwerk zu z�chten.
Das Material geh�rt meistens der Lippizanner-Rasse an.
Das Gest�tt zu Kis-Ber wurde im Jahre 18S3 gegr�ndet und hierzu
die im Graner und Weszprimer Comitate gelegene Graf Bathyanische
Verfallsherrschaft verwendet.
Wie wir aus der Entstehungsgeschichte der bisher beschriebenen
Gest�tte gesehn haben, so war man bei Errichtung derselben bei der
Auswahl des Zuchtmaterials nicht sehr darauf bedacht Stammzuch-
ten zu gr�nden; es scheint vor allem das Streben gewesen zu sein die
Pferdezucht zu vermehren um namentlich den grossen Armeebedarf
immer mehr im Innlande zu finden. Es darf �brigens nicht Wunder neh-
men, dass das Zuchtmateriale genommen wurde, wo man es eben fand,
denn die Errichtung all dieser Gest�tte fand fast zu derselben Zeit statt,
es w�re also wohl kaum auszuf�hren gewesen gleich �berall nur ganz
edle Zuchtpferde in hinl�nglicher Anzahl zusammenzubringen um �berall
Reinzuchten zu gr�nden.
In Kis-Ber ist man hierin vom Anfang rationeller zu Werke ge-
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gangen, indem man gleich darauf Bedacht war englisches Vollblut, also
Reinzucht, dort einzuf�hren.
Im Laufe des Jahres 1863 wurden zur Vermehrung dieser Rein-
zucht in England 36 ausgezeichnete Vollblutstuten, aus der Zucht des
Sir Tatton Sykes erworben, die zum Theil von Vollbluthengsten tr�ch-
tig waren, so dass jetzt gegen 70 Vollblutstuten sich in Kis-Ber
befinden.
Die in der Sportwelt r�hmlichst bekannten Vollbluthengste Daniel
O'Bourke, Teddington, Virgilius, Deutsche Michel, welche alle in neue-
ster Zeit angekauft wurden, berechtigen zu den sch�nsten Hoffnungen
f�r das fernere Aufbl�hn dieses herrlichen Gestuftes. Ausser mehren
englischen Vollblutstuten wurden bei Errichtung des Gestuftes die an-
dern Zuchtstuten aus dem besten Materiale der �brigen Gestufte, na-
mentlich Mezohegyes gew�hlt und dabei nebst der Abstammung auf
vollkommene Gesundheit und die gediegensten K�rperformen besondere
R�cksiebt genommen. Die Haupttendenz geht jetzt dahin das allzufeine
hochbeinige Pferd immer mehr verschwinden zu machen und daf�r
ein hochedles, starkes mit sch�ner Tiefe im Leibe versehenes Pferd mit
leichten, freien G�ngen zu erzielen. Die Sir Tatton Sykes Stuten und
die oben genannten Vollbluthengste sind ganz besonders geeignet die-
sem Streben den gedeihlichsten Fortgang zu sichern.
Ausserdem befinden sich in Kis-Ber drei Hengste der Norfolktra-
berrasse, Pride of England, North star und Confidenze. Von den bei-
den ersteren sind bereits sehr gelungene Produkte aus veredelten Stu-
ten vorhanden; Confidenze wurde in diesem Fr�hjahr 1864 zum er-
stenmale zum Belegen verwendet, indem er erst vor einigen Monaten
nebst dem Vollbluthengste Codrington in England angekauft wurde.
Er steht nunmehr im Gestufte zu Mezohegyes und es werden ihm die
geeignetsten Stuten zur Z�chtung eines starken Wagenschlages mit
freiem Gangwerk, zugef�hrt.
Auch zieht man in Kis-Ber Percherons um daraus Arbeitspferde
f�r den landwirtschaftlichen Betrieb zu gewinnen. Auffallend ist die
geringe Fruchtbarkeit dieser Thiere.
Seit einigen Jahren besteht in diesem Gestufte eine Trainiran-
stalt und es werden dort auch Produkte der orientalischen Reinzucht
aus B�bolna in Training genommen. .Diese k�nnen es mit dem engli-
schen Vollblut in der Schnelligkeit auf jetzt gebr�uchliche Renndistanz
nicht aufnehmen; aber nach Aussage des dortigen Trainers machen
diese orientalischen Abst�mmlinge im Training weit weniger M�he, als
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die junge englische Vollblutzucht, indem der Magen viel kr�ftiger sei
und auch die Sehnen nicht so leicht leiden.
Es ist dieses jedenfalls eine sehr interessante Beobachtung, die
wohl an einer andern Trainieranstalt nicht beobachtet werden konnte,
indem meines Wissens die Gelegenheit hierzu nirgends so als in Kis-
Ber gegeben ist. Ist die Beobachtung des Trainers richtig so f�hrt sie
doch wohl zu der Meinung, dass sich beim englischen Vollblut in Folge
dessen, dass dasselbe nun schon durch viele Generationen allzujung
in einen k�nstlichen Zustand versetzt wird, um schon zweij�hrig auf
der Rennbahn erscheinen zu k�nnen, ein gereitzter Zustand ausgebil-
det hat, der bereits erblich zu sein seheint.
Der Trainer sagte mir selbst, dass ihm noch nie, so lange er das
Gesch�ft betreibe, ein Pferd so wenig M�he gemacht habe, als der
junge B�bolnaer Fuchshengst Scheridau, welcher sich jetzt, (im Fr�h-
jahre 1864) in Training befindet.
Es sind jetzt in Kis-Ber 11 Pepinierhengste, n�mlich 9 St�ck engl.
Vollblut und 2 Norfolktraber, dann 207 Mutterstuten ; unter den Nicht-
vollblutstuten befinden sich viele in Irland angekaufte Halbblutpferde
von besonders starkem Knochenbau.
In allen diesen Gest�tten werden schon seit vielen Jahren sehr
genaue Geschlechtsregister gef�hrt, woraus man die Abstammung jedes
Pferdes deutlich sehn kann. Es besteht der Gebrauch den Pferden
Familiennamen zu lassen z. B. heissen alle Nachkommen der Stamm-
v�ter Siglavy, Ghydran, El Bedavy etc. nach diesen, und werden �bri-
gens zur n�heren Bezeichnung mit einer Nummer versehn. Nur bei der
englischen Vollblutzucht in Kis-Ber ist man hiervon abgewiechen und
hat den in England bestehenden Gebrauch, jedem F�llen einen beson-
deren Namen zu geben, beibehalten.
Als Gest�ttszeichen erhalten die Pferde einen Brand auf der lin-
ken Hinterbacke; derselbe besteht in den Anfangsbuchstaben des Ge-
st�ttes wo das Pferd geboren wurde, z. B. B. Babolna, KB. Kis-Ber
u. s. w.; �ber diesem Buchstaben befindet sich eine Krone. Ferner
erh�lt jedes Pferd auf der Ganasche den Anfangsbuchstaben seines
Familiennamens aufgebrannt, z. B. S. Siglavy, A. Abugress u. s. w.
Die Landgest�ttsanstalt in den k. k. Staaten enth�lt jetzt 2824
Hengste. Der Abgang wird aus den ebenbeschriebenen Milit�rgest�tten
geliefert; und mit circa 300 St�ck j�hrlich erg�nzt � auch diese An-
stalt ist ganz milit�risch organisirt; sie bildet mit den Gest�tten die
sogenannte Milit�r-Gest�tts-Branche. In jedem Kronlande ist ein Staabs-
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Offizier als Commandant, Direktor des Ganzen angestellt, und es ist
die Gesammtzahl der Hengste in Posten eingetheilt, ein jeder zu 60�
80 St�ck. Ein solcher Posten wird von einem Oberoffizier, Rittmei-
ster oder Subaltern commandirt, er ist mit der n�thigen Anzahl Un-
teroffiziere versehn um in der Besch�llzeit auf jeder Station einen Un-
teroffizier zu haben, der die Aufsicht hat, das Belegprotokoll f�hrt,
ein Verzeichniss der von der letzten Besch�lung gefallenen F�llen
aufnimmt u. s. w. Ausser der Besch�llzeit stehn die Hengste in gr�s-
seren Stallungen, kasernartig, beisammen, und werden zu ihrer Bewe-
gung spazieren geritten. Nur einige werden zum Zugdienst verwendet,
die Fourage etc. herbei zu f�hren.
Von den 2824 Landesbesch�lern stehn:
Zu Stadel bei Lambach f�r Nieder- und Ober�sterreich, Salzburg
und Tirol 101 Hengste.
In Graz f�r Inner�sterreich und Illirien 210.
F�r B�hmen in Nimburg, wo auch der Commandant statio-
nirt ist, in Nemoschitz und Jung-Bunzlau S68.
F�r M�hren und Schlesien in Brunn, nebst dem Commando,
zu Hatschein bei Olm�tz und Troppau in Schlesien 315.
F�r Gallizien in Drohowycze 270.
In Stuhlweissenburg beim 1. ungarischen Hengsten-Depots 360, und
zu Nagy-K�r�s beim 2. 670.
F�r Siebenb�rgen zu Sepsi Szt. Gy�rgy 200.
F�r Kroatien und Slavonien zu Warasdin 70 Hengste.
Auf Ungarn wurde die Landesbesch�llanstalt erst seit 1850 ausge-
dehnt ; im Lombardisch-Venetianischen K�nigreiche wurde sie nach dem
Revolutionsjahre 1848 nicht wieder eingef�hrt.
Dass diese Anzahl der Hengste von Zeit zu Zeit einiger Ver�nderung
unterliegt, braucht wohl kaum erw�hnt zu werden.
Die k. k. Hofgest�tte befinden sich zu Lippiza im Karstgebirge ohn-
weit Triest, und zu Kladrub ohnweit Pardubitz in B�hmen.
Schon unter den R�mern waren Aquilejas Pferde ber�hmt und das
Gest�tt zu Lippizza wurde durch den Erzherzog Carl von Osterreich, 3
Sohn Kaiser Ferdinand IV. im Jahre 1680 eingerichtet, indem es ihm da-
mals der Bischof von Triest und K�rnthen �berliess. Das Gest�tt wurde
mit spanischen und italienischen Pferderassen angelegt und es wurden
auch sp�ter spanische Vaterpferde zeitweise dahingebracht.
Lippizza liefert einen nicht grossen, sehr guten Wagenschlag spani-
scher Rasse, in neuerer Zeit durch Original orientalisches Blut aufge-
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rischt; ebenso auch die Reitpferde f�r die Hofreitschule, (spanische
Schule genannt.)
Maximilian IL, Rudolph IL und Mathias IL, welche sich in Spanien
aufgehalten hatten, brchten von dort Pferde nach B�hmen und legten
damit das Gest�tt in Kladrub an.
Es f�llt also die Anlage dieses Gest�ttes zwischen die Jahre 1570
bis 1619.
Die aus Andalusien stammenden grossen Schimmel und Rappen
werden noch immer dort gez�chtet und liefern die Pferde f�r die
Staatsz�ge des k. Hofes in Wien.
Kaiser Leopold I. mach'te es zum Hofgest�tt 16S6. Unter Carl
VI. wurde es verlegt, und Kladrub zu einem Thiergarten gemacht.
Kaiser Joseph IL hat es neuerdings als Gest�tt hergestellt und seit-
dem besteht es als Hofgest�tt.
In neuerer Zeit werden in Kladrub auch Wagenpferde meist
Braune, f�r den Bedarf des k. k. Hofes, von englischer Rasse gezo-
gen. Die Reitpferde f�r den Bedarf Sr. Majest�t und dessen Hof
werden fast ausschliesslich in England angekauft.
In kurzgefasster Uebersicht entnimmt man aus dieser geschichtli-
chen Darstellung der Entwicklung der Pferdezuchten folgendes:
1.  Seitdem es dem Menschen gelang, sich das Pferd nutzbar zu
machen, ist es sein unzertrennlicher Gef�hrte und folgt ihm in alle
Klimate; es geht also die Entwicklungsgeschichte des Pferdes mit der
des Menschen Hand in Hand.
2.  Die Veredlung ist immer vom Oriente ausgegangen.
3.  Erfindungen, welche die Kriegf�hrung wesentlich ver�nderten,
z. B. Erfindung und verbreitete Anwendung des Schiesspulvers, ge-
schichtliche Ereignisse, welche eine sociale Revolution bewirkten, z. B.
V�lkerwanderung, Eroberungskriege, Kreuzz�ge, Untergang des Ritter-
wesens, Entlastung des Grundbesitzes u. s. w. haben stets einen we-
sentlichen Einfluss auf die Pferdezucht ausge�bt. Als die Eisenbahnen
eine gr�ssere Verbreitung erhielten, wollten Manche den Untergang
aller Pferde vorhersagen; statt dessen nimmt die Pferdezucht fast �berall
einen erh�hten Aufschwung und das Interesse daf�r ist sehr lebhaft rege.
4.  Zu allen Zeiten gab es Leute, welche �ber den Verfall der
Pferdezucht klagten und die R�ckschritte bedauerten. Es passen eben
nicht alle Pferde in alle Zeiten; entspricht eine Pferdezucht in seinen
meisten Produkten im Gebrauche den Anspr�chen der jedesmaligen
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Gegenwart, gut und sehr gut so hat sich die Pferdezucht eines Lan-
des , oder einzelnen Gest�ttes wohl ver�ndert, aber nicht immer R�ck-
schritte gemacht.
Die vielfachen Gebrauchszwecke erfordern verschiedenerlei Pferde;
was w�rde wohl ein geharnischter Ritter dazu gesagt haben, wenn ihm
pl�tzlich ein in jetziger Zeit so theuer bezahlter Derby oder St. Leger
Sieger mit Rennsattel, Trense und Martingal versehn, vorgef�hrt wor-
den w�re ?
Oder wie w�rde sich ein kaum 100 Pfund wiegender Jokey in sei-
nem leichten Kleide auf einem zum Kampfe ausger�steten Streithengste
eines Reiters ausnehmen?
Um �ber Fort- oder R�ckschritt einen unpartheischen Standpunkt
zu gewinnen, muss man die ganze Zeitrichtung ins Auge fassen und
darnach sein Urtheil f�llen. Uebrigens war das Vorg�gliche stets
selten.
8. Auch in alten Zeiten fand die Klage statt, dass die jungen
Pferde, so zu sagen, noch F�llen, schon zu anstrengenden Arbeiten
gebraucht und dadurch verdorben wurden.
Das junge Pferd bis zur Vollj�hrigkeit gar nicht arbeiten lassen,
dazu geh�rt Wohlhabenheit oder Hoffnung auf desto gr�sseren Gewinn,
dass war in alter Zeit gewiss so als in neuer; gleiche Ursachen aber
haben gleiche Wirkungen.
6.  In allen L�ndern des cultivirten Europas tritt fast zur selben
Zeit das Bed�rfniss nach Vermehrung der Pferde hervor, die Regie-
rungen sehn sich veranlasst den Unterthanen an die Hand zu gehen
und glauben fast �berall durch Anwendung von Zwangmittel die Sache
schnell zu bef�rdern. Es darf dieses nicht Wunder nehmen in einer
Zeit wo das Abh�ngigkeits- und �nterth�nigkeits-Verh�ltniss noch viel
sch�rfer ausgepr�gt war, als jetzt. Dass aber diese Zwangsmassregeln
die Sache nirgends f�rderten und desshalb aufgehoben oder abge�n-
dert werden mussten , war eben ein Zeichen, dass eine andere Zeit-
richtung begann.
7.  Zwei Zuchtsysteme im Prinzip ganz verschieden treten zur sel-
ben Zeit auf. In England bringt Bakwell im Laufe des vorigen Jahr-
hunderts den Grundsatz: Das Gute mit dem Guten, das Beste
mit dem Besten zu paaren, in der Thierzucht �berhaupt zur Gel-
tung und erreicht damit die h�chstm�glichen Resultate.
Auf dem Continente befolgt man �berall Buffons Theorie, das
verschiedenste aus den entferntesten Klimaten zu paaren und kann sich
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erst in neuster Zeit von diesem vielen Mischen und Kreuzen mehr los-
machen um mit Bakewells Grunds�tzen auch dieselben Kesultate zu erzielen
8. Endlich tritt uns die Thatsache entgegen, dass es dem mensch-
lichen Verst�nde gelungen ist, f�r jeden Gebrauchszweck ein beson-
ders geeignetes Pferd zu z�chten.
Klima und Bodenverh�ltnisse wirken hierbei helfend oder st�rend
mit, machen aber nicht alles schlecht oder alles gut. England liefert
hief�r den Beweis.
Das in dieser Schrift schon �fter erw�hnte vorz�gliche Werkchen
�ber Pferdewesen eines anonymen Verfassers stets vor Augen habend,
sei es zum Schl�sse dieser geschichtlichen Darstellung noch erlaubt,
einige Mittel zu nennen zur F�rderung und Verbreitung der Pferde-
zucht mit Beobachtung nothwendiger, �konomischer R�cksichten, und
Anbahnung k�nftiger Ersparungen. Der Leser dieser Zeilen m�ge dann
seine heimathlichen Zust�nde hiermit vergleichen und passende Folge-
rungen ziehn.
Zur Hebung einer Pferdezucht �berhaupt ist vor allem n�thig,
Ermunterung und Unterst�tzung der Privatzucht auf jede Weise; der
Liebhaberei und der Spekulation muss ein Feld er�ffnet werden, um
das Publikum zu veranlassen, die Kosten der Aufzucht edler Pferde
dem Staate zu erleichtern, und so die M�glichkeit herbeizuf�hren, die
grossen Staatsgest�tte nach und nach reduciren und sie vielleicht in
der Folge der Zeiten, mit allfallsiger Ausnahme eines Pepiniergest�t-
tes entbehren zu k�nnen. Die Mittel hierzu sind:
Errichtung einer Pepiniere von Reinzucht an einem passen-
den Orte; englisches und orientalisches Vollblut m�ssen daselbst gezo-
gen werden, jede Rasse jedoch f�r sich.
Pr�fung der Nachkommenschaft durch Leistungen, um die
guten herauszufinden, und die schlechten von der Zucht auszu-
schliessen.
Verkauf von tauglichen in der Pepiniere gezogenen Hengste
um angemessene Preise an gr�ssere Gest�ttsbesitzer, oder an einen
Verein von kleinern Z�chtern, wenn sie derlei Hengste w�nschen, gute
Stuten haben, und die Nachzucht mit Sorgfalt auferziehn. Jedenfalls
muss die Ben�tzung der Pepinierhengste auch den Privatz�chtern gegen
Entrichtung eines geh�rigen Deckgeldes gestattet sein.
Ankauf tauglicher Landesbesch�ler von der Privatzucht, durch
eine Commission, um raisonable Preise, als Pr�mie f�r gute Zucht;
der erste Schritt zur Reduktion der Staatsgest�tte.
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Pr�mien allj�hrlich gegeben, f�r gute Landstuten, die von einem
gesunden F�llen begleitet sind; zu wiederholen f�r dieselbe Stute so
oft sie wieder mit einen F�llen erscheint. Dieses f�r Landleute und
kleine Z�chter, um sie zu veranlassen, gute Stuten nicht zu ver-
kaufen.
T�chtige Staatspreise f�r Kennleistungen, damit die reichern
Privaten veranlasst werden, Vollblut und Luxuspferde zu ziehn.
Beg�nstigung der Parforce-Jagd; wo m�glich irgendwo eine
Meute auf Staatskosten, wenn auch nur zum Anfang oder Unterst�t-
zung einiger Privatmeuten vom Staate, bis die erh�hte Theilnahme
diese Unterst�tzung nicht mehr nothwendig macht.
Errichtung einer Schule in einem Staatsgest�tte, wo die Ge-
st�tskunde und Pferdewissenschaft �berhaupt theoretisch und praktisch
also auch reiten und fahren, gelehrt wird. (Zum anregenden Beispiele
diene die Schule im Gest�tte Du Pin in der Normandie.)
Entrichtung von Deckgeld f�r alle von der Regierung aufge-
stellten Hengste zur Vermeidung von Monopolisirung und steter Erhal-
tung der Concurrenz mit den Privaten.
St�ndige Agenten in England und im Oriente, damit nicht
immer neue Leute, die jedesmal wieder das Lehrgeld zu zahlen haben,
dahin geschickt werden, diese Agenten m�ssen f�r das Pepinierge-
st�tt kaufen, so oft ihnen Vorz�gliches vorkommt, desswegen aber im-
mer am Platze sein, der durch die Gelegenheit beg�nstigte, wohlfei-
lere Ankauf und die Deckgelder werden diese Kosten reichlich er-
setzen.
Die meisten der hier angegebenen Mittel zur Hebung der Pferde-
zucht sind in den k. k. Staaten in neuster Zeit zur Anwendung ge-
kommen.
Hippologische Literatur, in gedr�ngter Uebersiont.
In den Werken Homer's, Hesiod's, Herodots und andern mehr,
auch im Buch Hiob in der Bibel, sind Beschreibungen vorz�glicher
Pferde enthalten. Aus der Zeit vor der christlichen Zeitrechnung ist
nur eine Abhandlung �brig, welche auf Kenntniss und Beurtheilung
der Pferde Bezug hat, n�mlich Xenophon's Buch �ber die Reitkunst.
(.350 v. Chr. G.) derselbe gibt zuerst die Regeln an, welche beim An-
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kauf von Reitpferden, so wie bei Erziehung und Beurtheilung der F�l-
len zu beachten sind, ferner wie die Pferde f�r den Krieg abzurich-
ten und im Stalle zu warten seien und endlich wie man zu Pferde
fechten soll, dabei sind die �ussern Gebrechen selten erw�hnt, son-
dern es ist mehr auf das Temperament und die Stellung des Thieres
R�cksicht genommen; im allgemeinen aber die Naturtreu beobachtet
und richtige Schl�sse daraus gezogen. Dass man an den Z�hnen das
Alter der Pferde erkennen k�nne war Xenophon bereits bekannt, denn
er sagt: ein Pferd das keine Kunden mehr hat, berech-
tigt weder zu erfreulichen Hoffnungen, noch kann man
es leicht wieder verkaufen.
Im siebenten Jahrhundert nach Christus (671) lebte Apsirtus von
Prusa, welcher als Hippioter oder Pferdearzt unter Constantin dem IV.
den Feldzug gegen die Bulgaren mitmachte, und in seinen Schriften
die Druse, den Rotz, die Kr�tze, den Koller, die Mauke, den Starr-
krampf und mehre andere Krankheiten der Pferde beschrieb.
Die Schriftsteller vom 10. his 13. Jahrhundert brachten wenig
mehr als Wiederholungen des Apsyrtus und anderer zu Tage, und aus
dem 15. Jahrhundert existirt ein deutsches Werk von einem gewissen
Albrecht, Kaiser Friedrich's Schmied und Marstaller von Constan-
tinopel.
Weit interessanter als alles bisherige ist das Werk Max Fugger's
Herrn von Kirchberg und Weissenhorn �ber die Gest�tterei,
1578. Fugger hatte diejenigen L�nder in welchen zu seiner Zeit die
Pferdezucht am meisten bl�hte (Spanien und Italien) bereist und selbst
ein bedeutendes Gest�tt angelegt. Obgleich nicht frei von mancherlei
Vorurtheilen waren die Grunds�tze, von welchen er bei Beurtheilung
der Pferde und ihrer Zucht ausging, von der Art, dass sie gr�ssten-
theils noch jetzt gelten k�nnen. Fuggers Stallmeister schrieb im Jahre
1584 eine Z�umungslehre unter dem Titel Bissbuch. Dieses Werk
ist mit sehr viel Fleiss, den damaligen Zeitanforderungen entsprechend
ausgearbeitet; es enth�lt sehr viele Zeichnungen von Stangen mit we-
nig erkl�renden Worten und heutigen Tages staunen wir �ber die Ge-
bisse und Stangenformen, die man damals anwendete.
Im Jahre 1598 erschien das erste Werk �ber Anatomie des Pfer-
des von dem Senator Corola Ruini zu Bologna.
Im 16. und 17. Jahrhundert wurde bereits der Pferdezucht eine
gr�ssere und verbreitetere Aufmerksamkeit zugewendet. Die emporge-
kommene Schulreiterei und der �berhaupt mit Pferden getriebene Lu-
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xus brachten eine Anzahl von Werken �ber Pferdezucht, Beurtheilung
und Abrichtuug derselben hervor, als deren Repr�sentanten man das
Werk Solleysels, betitelt le veritable parfait marcchal, Paris 1564, an-
sehn kann. Er behandelt die �ussere Pferdekenntniss, Hufbeschlag,
Wartung, Krankheiten und Zucht der Pferde, er gibt eine �ebersicht
der franz�sischen Schriftsteller �ber diesen Gegenstand, die ihm be-
kannt gewesen, citirt auch einige spanische und italienische Werke
�ber Reitkunst, Z�umung u. s. w. und f�hrt von Deutschland dessen
vielerlei Gattungen Stuterei und vortreffliche Reite-
rei, r�hmend an.
Aehnliche Werke besitzt man noch im franz�sischen von Jour-
dain 164G. d'Espiney 1664. Pluvinel 1660. de la Gueriniere 1733
Gaspard Saunier 1734. Du Paty de Clam 1760. Baron von Eisenberg
1727. Garsault 1770. Ferner die englischen Werke des Herzogs von
Newcastle 1657. Des Grafen von Pembroke 1761. Bartlet 1756. End-
lich die deutschen Schriften von Pinter von der Au 1664. Winter
von Adlersfi�gel 1678. Zehntner 1757. Baron von Sind 1766�74.
von Reitzenstein 1764. Prizelius 1776. Ammon 1805.
Diese Schriften, sagt Hering, davon die meisten mehrmal aufge-
legt, und in verschiedene Sprachen �bersetzt worden sind, Hessen sich
noch bedeutend vermehren, wenn es nicht schon davon mehr als ge-
n�gte um eine Ansicht von der Th�tigkeit das 17. und 18. Jahrhun-
derts in diesem Fache zu gew�hren. Die Wiederholung alles l�ngst be-
kannten in einem sehr breiten Style , das Zusammenwerfen der ver-
schiedensten Gegenst�nde wie Z�umung, Abrichtung, Gest�ttswesen,
Beschlag und Pferdearzneikunde, die Beurtheilung fehlerhafter Zust�nde
ohne alle Kenntniss der Anatomie derselben, daher ungeeignete Heil-
methoden aus falschen Ansichten und herrschenden Verurtheilen her-
vorgegangen, dieses ist es, was die Mehrzahl der genannten Schriften
charakterisirt.
Erst mit der Errichtung eigener Thierarzneischulen, deren erste
zu Lyon 1762 er�ffnet wurde, kam Licht in diesen bisher vernachl�s-
sigten Theil der Wissenschaften. (Es ist hier besonders Pferdekunde
gemeint, denn die Werke �ber Reitkunst von de la Gueriniere, du
Paty de Clam und einige andere zeichneten sich schon damals durch
ihre Gediegenheit aus.) Eifrige, mit allgemeinen Kenntnissen ausger�-
stete M�nner widmeten sich denselben, und begn�gten sich nicht mehr
mit Wiederholung des von anderen Gesagten, sondern ben�tzten die
Gelegenheit zu eigenen Beobachtungen und Untersuchungen. Indem sie
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haupts�chlich die Zergliederung des Pferdes anwendeten um die Natur
der auf der Oberfl�che sichtbaren wie der tiefer liegenden Krankhei-
ten zu erkennen, gelangte man dahin, den Einfluss derselben auf den
Gebrauch des Thieres genauer als bisher zu erfahren. Bourgelat, der
Gr�nder der Thierarzneischulen, gab 1768 zum erstenmale sein Traite
de la conformation exterieure du cheval heraus, wovon bis zum Jahre
1818 sechs Auflagen erschienen. Zur selben Zeit lebte und schrieb
Vial de St. Bei, Direktor einer Thierarzneischule in England. (Siehe
oben die Beschreibung des Eklipse.) Die erste und richtige Spur, sagt
Naumann, welche wir von einer Beobachtung der Verh�ltnisse im
Bau des Pferdes haben, findet sich in Lautersacks Unterwei-
sung der Perspektive und Proportionen der Menschen
und Eosse, Frankfurt a/M. 1564. Diese und mehre folgende Arbei-
ten �hnlicher Art waren jedoch blos Unterweisungen f�r den K�nstler;
in Hinsicht auf die Brauchbarkeit des Pferdes aber wurden dieselben
erst durch Pinter von der Au angegeben, und zwar in seinem 1688
ebenfalls zu Frankfurt a/M. herausgekommenen Pferdeschatze.
Diesem folgte nun Bourgelat in seinen Elements d' Hyppiatrique
Lyon 1750 und mit diesem auch Goiffon und Vincent.
Unter den neuren deutschen Werken �ber Pferdekenntniss ist zu-
erst Havemanns Anleitung zur Beurtheilung des �usseren
Pferdes zu erw�hnen; 1792, 3. Auflage 1822; es zeichnet sich bei
geringen Umfange durch sch�tzbare eigene Untersuchungen vor vielen
Andern aus.
Naumann schrieb bereits 1800 �ber die vorz�glichsten
Theile der Pferde Wissenschaft und 1822 ein Lehrbuch der
Pferdekenntniss.
Seyfried von Tennecker, ein allen Beitern und Pferdem�n-
nern bekannter Schriftsteller liess sein erstes Werk 1797 erscheinen
2. vermehrte Auflage 1831.
Von Hochstetter, Stallmeister der Republick Bern, nachher in Ber-
lin schrieb ein umfassendes Werk �ber Pferdekenntniss, 1821; Wei-
denkeller 1826.
Schwabs Anleitung zur �usseren Pferdekenntniss erschien 1830.
Aus neuester Zeit zu nennen: Baumeister, �ussere Pferde-
kenntniss, dann thier�rztliche Geburtshilfe 1845.
Dr. J�ger, das orientalische Pferd und die Privatgest�tte Sr.
Majest�t des K�nigs von W�rtemberg 1846. Veitheim, Abhandlung
�ber die Pferdezucht 1833.
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Krejssig, die landwirthschaftlichePferdezuchtl844; ein sehr gutesWerk.
Justinus; allgemeine Grunds�tze zur Vervollkommnung der Pfer-
dezucht 1815; ferner
Johann Christoph Justinus, weil. k. k. Hofgest�tt- Inspektors hin-
terlassene Schriften �ber die wahren Grunds�tze der Pferdezucht, �ber
Wettrennen und Pferdehandel in England nebst Aphorismen �ber das
Exterieur in besonderer Beziehung auf Zuchtthiere. Herausgegeben von
Carl Appel von Kapotz�ny; mit Anmerkungen versehn von Josef H�r-
mann 1830; diese beiden Werke sollten in der B�chersammlung eines
gebildeten Pferdemannes nie fehlen.
Th. Tr�ger, Studien und Erfahrungen im Bereiche der Pferde-
k�nde. 1851. Enth�lt sehr beachtenswerthe Mittheilungen.
Hering, Vorlesungen f�r Pferdeliebhaber mit 233 bildlichen Dar-
stellungen auf 21 Bl�tter, gezeichnet von Baumeister 1834.
Hering, das Pferd, seine Zucht, Behandlung, Struktur, M�n-
gel und Krankheiten etc. aus dem Englischen mit Anmerkungen und
Zus�tzen. Beide Werke sehr belehrend.
Hippologische Bl�tter, eine Zeitschrift f�r veredelte Pferdezucht,
herausgegeben vom Grafen von Holmer, erschienen in dem 1830-er
und 40-er Jahren, haben aber schon l�ngere Zeit aufgeh�rt; es fehlt
jetzt an derartigen Zeitschriften auch nicht.
Unter vielen andern das Pferd behandelnden Schriften muss ich
zwei kleine Werkchen erw�hnen, die ich mit vielem Interesse gelesen
habe und zwar:
Redensarten und Manieren der Pferdeh�ndler von Moses
Aaron 1839 und
Zustand der Pf erdezucht, der Pferd ekenntniss, des Pfer-
de h a n d e 1 s, der Pferdearznei und Reitkunst in dem Jahre 1895; eine
Profezeihung vom Stallmeister L�mmergeier 1838.
Das neuste mir bekannte hippologische Werk ist von Dr. Carl L�ff-
ler, betitelt: Die Geschichte des Pferdes. 1863, dasselbe behandelt die-
sen Gegenstand in der ausgedehntesten Weise von den �ltesten bis auf
die neuesten Zeiten und verbreitet sich �ber die Pferdezuchten aller
L�nder und Welttheile. F�r den Fachmann ein sehr interessantes und
lesenswerthes Werk.
Ueber Pferdedressur und Reitkunst sind in neuerer Zeit ebenfalls
sehr gute Werke geschrieben worden. Ich erw�hne hiervon:
Andree, Anleitung zur Reitkunst 1823, und von demselben Dres-
sur des Campagnepferdes 1838.
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Seidler, Leitfaden zur sistematischen Dressur des Campagne-
pferdes 1843 und von demselben die Dressur difficiler Pferde 1846.
System der Reitkunst von Louis Seeger 1844. Von demselben er-
schien 18,50 ein Werk betitelt: Z�chtung, Erziehung, Ausbildung des
Pferdes im systematischem Zusammenhange, Vorschl�ge zu einer ratio-
nellen Reorganisation der Gest�tte.
Im Jahre 1852 schrieb Seeger sein Werkchen:
Herr Baucher und seine K�nste, ein ernstes Wort an Deutsch-
lands Reiter.
Im Jahre 1844 hatte schon Seidler ebenfalls ein Werkchen ge-
schrieben, um die von dem Franzosen Baucher aufgestellte Methode, kri-
tisch zu beleuchten. Der Titel lautet:
»Unpartheiische Ansichten �ber das Baucher'sche System der
»Pferdedressur, nebst theilweisem Vergleich mit den bei uns im allge-
meinen �blichen Prinzipien.«
I. G-. F. G�nther, das Gangwerk der Pferde. Ein Beitrag zur Be-
urtheilungslehre und Z�chtungsfrage des Pferdes 1845; enth�lt in ge-
dr�ngter K�rze des Lesens- und Beherzigungswerthen sehr viel.
Nadossy, Equitations-Studien, 1854: enth�lt �ber Abrichtung des
Reiters und Pferdes, das Fahren, die Wartung, den Hufbeschlags, die
Pferdekenntniss etc., sehr gr�ndliche Belehrung.
Skizzen �ber Pferdezucht und Pferdewesen, gesammelt auf einer
Reise in England und Frankreich im Jahre 1852.
Der Verfasser dieses im Jahre 1853 erschienenen Werkes nennt
sich nicht, ist aber in Oesterreich als eine der ersten hippologischen
Autorit�ten bekannt. Es ist dasselbe Werk, woraus ich im Verlaufe die-
ser Schrift mehre Citate entnommen habe.
Ausser diesen hier genannten Werken sind noch manche in neue-
ster Zeit erschienen, die mir auch theilweise bekannt sind; da ich aber
nicht beabsichtigte, einen buchh�ndlerischen Katalog zu liefern, so sei es
mir nur erlaubt, meiner eigenen kleinen Werke Erw�hnung zu thun.
B. von Oeynhausen, Leitfaden zur Abrichtung von Reiter
und Pferd 1852.
Einiges aus dem Gebiethe der Reitkunst und Pfer-
dekenntniss, besonders berechnet f�r die Bed�rfnisse und Vor-
kenntnisse berittener Offiziere der Infanterie, 1861.
Sichere Methode f�r jedes Pferd eine passende Z�umung
zu finden 1863.
Diese in gedr�ngter K�rze gegebene Uebersieht der hippologischen
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Literatur glaubte ich nicht umgehn zu sollen, indem der Leser dadurch
ein Bild bek�mmt, wie schon von der �ltesten Zeit unserer geschichtli-
chen Nachweisungen bis auf die Gegenwart das Pferd, seine Z�chtung,
Behandlung, Abrichtung, Gebrauch, das Interesse der Menschen in hohem
Grade gefesselt hat.
Das Studium dieser Schriften f�hrt zu der Ueberzeugung, dass der
Mensch zu allen Zeiten bestrebt war, die Z�chtung der Pferde den her-
vorragenden Zeitanforderungen der jeweiligen Gegenwart m�glichst an-
zupassen ;
dass alle Reitmethoden das Ziel hatten, das Pferd dem Willen
des Reiters gehorsam und ergeben, den Reiter selbst
aber so geschickt zu machen, alle dem Pferde m�gli-
chen Bewegungen vorzubereiten, auszuf�hren und ihnen
mit Kraft und Gewandtheit zu folgen und zu widersteh n,
dass verschiedene Wege zu diesem Ziele f�hren,
dass aber nicht jede Art Vorgang in alle Zeiten passt, denn verschie-
denen Zeiten stellen an Reiter und Pferd verschiedene Anforderungen;
dass es aber trotzdem auf Naturgesetzen beruhende Lehren gibt, die
man nie weder bei der Z�chtung noch bei der Abrichtung vernachl�ssi-
gen darf, und wenn sie einige Zeit vernachl�ssigt wurden, sich immer von
neuem Geltung verschafften.
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Inhalt.
Seite
Vorrede.
Einleitung........................■�.... 1
Erster Abschnitt.
Naturgeschichtliches......................... 5
Das edle, das gemeine Pferd....................�. 7
Das englische Vollblutpferd.............�........10
Aeussere Pferdekenntniss................�......16
Benennung der einzelnen Theile am Pferdek�rper...... . ■ . . . . 20
Aeusserlich sichtbare Fehler...................SO
G�te, Sch�nheit, Gr�sse; Lehre von den Verh�ltnissen im Baue des Pferdes . 96
Beurtheilung eines jungen Pferdes...................120
Das von Bourgelat aufgestellte Musterpferd, verglichen mit Eklipse ; zur ge-
nauem Begr�ndung der Verh�ltnisslehre.............121
Das Gangwesen..............�............132
Die Gangarten im Besondern.......�.............147
Erkenntniss der L�hmungen bei Pferden.....■..........175
Physiologisches.................�.........181
Allgemeines �ber das Benehmen und Aussehn eines gesunden Pferdes . . . 210
Das Reitpferd, das Zugpferd in allgemeiner Uebersicht..........212
Erkenntniss des Alters bei Pferden.............�.....219
Temperament, Charakter, Gem�th, Ged�chtniss, �berhaupt das Geistige des
Pferdes.......� . � . . ............. � . . . 226
Zweiter Abschnitt.
Zucht und Aufzucht des Pferdes, Erkl�rung von Kunstausdr�cken etc. ... 246
Boden, Klima, Kulturverh�ltnisse......�............249
Einige Worte �ber den Einfluss des Nationalcharakters, der Zeitanforderungen
etc. auf die Pferdezucht .....................282
Vortheile des Pferdes als Arbeitskraft im Vergleich mit Rindvieh; Vergleich
des edlen mit dem gemeinen Pferde in dieser Beziehung ........-253
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418
Seite
Verfahrungsweise um durch Kreuzung die Pferdezucht eines Landes zu ver-
bessern, zu veredlen .......................284
Erbfehler....... �......................259
Auswahl der Zuchtthiere; im Speziellen des Hengstes als Vater, der Stute als
Mutterpferd...........................263
Das Paaren.............................271
Pflege und Behandlung der Vaterpferde; der tr�chtigen und s�ugenden Stute . 276
F�llenkrankheiten.........................281
Fernere Belehrungen �ber die Behandlung der Mutterstuten und die Aufzucht
der F�llen ...........................282
Verfahren in der Aufzucht von der Zeit der Entw�hnung an...... . .286
Kastriren der Hengstf�llen........�............302
Das Schonen junger Pferde......................303
Kurz gefasster Ueberblick dessen, was zum gedeihlichen Betriebe der Pferde-
zucht zusammentreffen muss oder sollte...............311
Ankauf von Pferden..........................321
Gedanken �ber den Geldwerth eines Pferdes..............334
Dritter Abschnitt.
Skizze einer Geschichte der Pferdezucht................338
Weitere Mittheilungen �ber die geschichtliche Entwicklung der Pferdezucht mit
besonderer K�cksicht auf Frankreich, England, Deutschland und die �ster-
reichische Monarchie ...-....�.�............348
Gedr�ngte Uebersicht der hippologischen Litteratur...........410
\
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Berichtigungen.
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2
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17
U. 18 »
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3
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« 234
13
» 266
14
. 293
20
von unten
,, 300
6
von oben
334
..
4
� 364
11
von unten
367
~
8
von oben
. 367
..
8
von unten
, 370
1
von oben
» 408
11
..
Findet
sich
noch hio und
stabenfohl
er, oder b
ei der Interpuu
anstatt frei � fein.
wichtige � richtige.
Verfasser � Professor.
Zehe � Hose.
Richtung � Rundung.
Zehe � Hose.
wie � nie.
Friedlands � Frieslands.
niemals � jemals,
n seiner � einer.
Beschleunigung, der Bewegung wird - Be
schleunigung der Bewegung, wird � ■ ■
Bauchwendung � Bauchwandung.
eines Schmiedes � einer Schmiede,
» Allee � Aller.
von � vor.
Dauer, Zeit � Dauerzeit.
Anschauung � Anschaffung.
Friedland � Friesland,
i, Tarhes � Tarbes.
Fontainneblou � Fontainbleau.
Seene � Senne.
Reiters � Ritters,
da ein kleiner, den Sinn nicht geradezu entstellender Buch
ktion, so wolle der Leser dieses g�tigst entschuldigen.
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