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Erklärung
Tab. 1.
Dieses Pferd entspricht in allen seinen Formen der aufgestellten
Theorie.
Höhe und Länge des ganzen Pferdes sind sich gleich, das Pferd steht
also im Quadrat.
Bei den allermeisten Pferden ist die Länge des Kopfes in der Grösse
des Pferdes 2V2 Mal enthalten.
Finden bedeutende Abweichungen hiervon statt, was aber selten ist,
so erscheint der Kopf sehr klein oder sehr gross. Auf dieser Zeichnung
ist der Kopf ein weniges kleiner.
Die beiden geraden Linien, welche die Länge des Halses bezeichnen,
d. h. vom Genick zum Anfang des Widerristes und zu dem Punkte wo
sich der Hals mit der Brust verbindet, betragen 1 '/4 Kopflänge. Bei edlen
sehr schön aufgesetzten Pferden ist der Hals zuweilen etwas länger;
ist er kürzer, so ist dieses schon ein sehr kurzer, schlecht gebil-
deter Hals.
Die Tiefe der Brust vom Widerrist bis zum Brustbein herab, ist
der Linie vom Ellbogen bis in das Köthengelenk gleich. Es findet dieses
bei allen gut gebildeten, ausgewachsenen Pferden statt.
Bei dem noch nicht ausgewachsenen Pferde sind die Beine länger,
was um so mehr hervortritt, je jünger das Thier ist.
Die Schulter ist lang und schräg, sie verbindet sich mit dem Quer-
bein unter einem rechten Winkel, und ist mit vollen, kräftigen Muskeln
belegt.
Eine senkrechte Linie von der Mitte des Schulterblattes fällt durch
die Mitte des Oberarmes und Knies dicht hinter dem Ballen oder auch
durch die Trachte zur Erde ; ihr Zutreffen deutet nicht allein eine gute
Bildung der Gliedmassen an, sondern beweisst auch die vollständig
schmerzlose Beschaffenheit derselben; sie lassen dann das Körperge-
wicht durchaus auf sich r u h n.
Am Hintertheile sind die vier Linien:
von der Höhe der Kruppe zum äussersten Ende der Sitzbeine, von
der Scbweifwurzel zum Kniescheibengelenke,
er Figuren.
von da zum Fersenbein und
vom Fersenbein zur Erde gleich lang.
Abweichungen hiervon finden öfter statt und zwar ist bei nicht gut
und ganz regelmässig gebauten Hintertheilen die erste Linie kürzer und
die letztere länger.
Eine senkrechte vom Kniescheibengelenke aus fällt ungefähr x
Kopflänge vor dem Hufe zur Erde.
Eine senkrechte von der obern Biegung des Sprunggelenkes aus-
gehend, fällt auf die Zehe, und eine senkrechte vom Pfannengelenke aus
fällt durch die Trachte zur Erde.
Der Total-Eindruck dieses Pferdes ist folgender:
Die Bildung des Kopfes, der Ausdruck des Auges und der Ohren
lässt ein munteres, frommes, arbeitslustiges Temperament erwarten.
Der wohlgeformte Hals, die günstige Verbindung desselben mit dem
Kopte macht es dem Pferde leicht, jede Richtung und Stellung ohne
Mühe anzunehmen.
Es nimmt dieses sowohl auf die Sicherheit des Ganges als das leichte
IJebergehn aus einem Gang in den andern einen wesentlichen Einfluss.
Die lange, schräge, mit kräftigen Muskeln versehene Schulter, der
kräftige, lange Oberarm, das starke Knie und kurze Röhrbein mit gut
gestelltem Fessel lässt bei gesundem Hufe einen freien entschlossenen
Gang voraussetzen.
Das in der Stellung der Vorderbeine ausgedrückte R u h n, beweist
durchaus schmerzlose, gesunde Beschaffenheit aller einzelnen Theile die-
ser Gliedmasse.
Der ganze Bruskasten ist gross, lang und tief; desshalb haben die
innern Organe Platz für kräftige Entwicklung; der Leib ist wohlgeformt,
unten am Bauche laug, oben im Rücken kurz, ein solches Pferd hat,
stets eine sehr gute SatteJlage, es kann Gewicht tragen und hat räum-
liche Gänge.
Der Rücken lässt Kraft mit Geschmeidigkeit verbunden erwarten.
Die Formen der Kruppe sind gross und mit sehr kräftigen Muskeln
versehn, die üntergliedmassen der Hinterbeine wohlgebildet; ein solches
Hintertheil hat gute Schieb- und gute Tragkräfte.
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cken verbunden, so wird gute Tragkraft, auch Ausdauer in der Arbeit vor-
handen sein, aber die Räumlichkeit der Bewegungen leidet zuweilen darun-
ter ; längere, gestreckte Formen können Schnelligkeit auf gerader Linie
für kurze Zeit befördern, haben aber öfter nicht viel Ausdauer, weniger'
Tragkraft und nicht viel natürliches Geschick für Wendsamkeit.
Das wohlgebaute Pferd füllt das Quadrat in der Weise aus, wie es
Tab. I. darstellt; es ist oben kurz, unten lang, steht über viel Bo-
den; denn
Allzukurz und dick
Hat kein Geschick.
Allzulang und schwank
Hat keinen Gang.
Doch oben kurz, unten lang,
Verspricht Kraft und guten Gang.
Die auf der Zeichnung sichtbaren Schräglinien, welche die Länge des
Rückens markiren, werden gefunden, wenn man l/t der Höhe des Quadra-
tes über der Mitte desselben aufträgt, und von den beiden untern Winkeln
die Schräglinien bis zu diesem Punkte zieht.
Tab. IV.
Stellt in denselben Grössenformen wie auf Tab. I. ein ganz edles
Pferd, Vollbluthengst erster Klasse, dar. Der Unterschied zeigt sich na-
mentlich durch die Form des Kopfes, den edlen Ausdruck des Gesichtes,
die feinere Bildung des Halses, die markirtere Muskulatur, Festigkeit im
Ausdrucke der Gelenke und der Sehnen; kurz, das ganze Pferd lässt
überall erhöhtere Lebensfunktionen erkennen.
Tab. V.
Zeigt ein Pferd gerade von vorn, das andere gerade von hinten
gesehn.
Prägt man dem Auge die senkrechten Linien, welche bei einem gut
gestellten Pferde sich von vorn und von hinten zeigen, gut ein, so erkennt
man auch sogleich die Abweichungen hiervon.
Tab. VI.
Ein ganz schweres Zugpferd, dargestellt durch einen steirischen
Hengst.
Der Totaleindruck biethet überhaupt viel Masse und Gedrung enheit,
Von einem derartigen Pferde kann man Fresslust, innere kräftige
Gesundheit, daher langes Leben, Ausdauer und guten Willen in der Arbeit,
angenehme und kräftige Gänge mit hinlänglicher Schnelligkeit erwarten.
Mit einem Worte; es ist das vorzüglich gezogene Halbblutpferd, welches
in jungen Jahren zu allen Reitleistungen, in vorgerückten Jahren zu den
meisten Leistungen des Zugdienstes zu verwenden ist, und dem Abrichter
sehr wenig Schwierigkeiten bereitet.
Tab. II.
Bei derselben Grösse und Länge, also auch im Quadrat stehend wie
das erste Pferd, wird der Beschauer beim Gesammtüberblick sogleich den
Unterschied wahrnehmen.
Ist bei I. der Brustkasten lang und tief, hat das Hintertheil grosse
Formen, ist in Folge dessen der Rücken kurz, so ist hier bei II. das Gegen-
theil der Fall. Die Schulter ist gerade und mager, der Widerrist geht nicht
gehörig in den Rücken zurück, die Tiefe des Leibes ist zu gering, daher
die Hochbeinigkeit, die obern Parthien des Hintertheils haben zu wenig
Umfang, daher ist der Rücken zu lang, und der ganze Leib zu schmal und eng.
Von einem solchen Pferde lässt sich weder kräftiger, innerer Haus-
halt noch Energie und Kraft im Gange erwarten, vergleicht man den To-
tal-Eindruck beider hier dargestellten Pferde, so wird jeder, Tab. II. ein
zu langes Pferd nennen, und doch ist es ebenso lang als das auf
Tab. I. Um die Bezeichnung gut gebaut, zu verdienen, ist es eben
nicht genügend, dass das Quadrat überhaupt von der ganzen Länge und
Höhe des Pferdes ausgefüllt werde, sondern in welcher Weise dieses
geschieht.
Das ganze ist das Bild eines gemeinen Pferdes vom grösseren Schlage
wie man sie gar oft sieht.
Tab. 111.
Dieses Pferd ist im Ganzen etwas kürzer als hoch und trotzdem ist
der Rücken lang, weil der ganze Brustkasten zu wenig Umfang hat, und
die Obergliedmassen des Hintertheils zu klein sind; ausserdem ist dieses
Pferd hochbeinig. Durch diese Zeichnung will ich den Beschauer darauf
führen, dass mit mehr Kürze als Höhe nicht immer ein starker, wohlge-
formter Rücken und geschlossener Leib verbunden zu sein braucht.
Auch solche Pferde pflegen meistens einen geringen Werth zu haben.
Ist mit zu viel Kürze im Ganzen ein gedrungener Leib und kräftiger Rü-
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der sehr starke Hals, die gerade, volle Schulter, die sehr muskulöse Brust
gestatten dem Kummet eine sehr gute Anlage. Der wohlgeformte Leib ver-
räth den guten Fresser; die mit sehr vollen Muskeln belegte etwas hö-
here Kruppe mit sehr stämmigen Beinen geben das Vermögen der höch-
sten Zugkraft ebenso sehr, als die Fähigkeit beim Bergabfahren gut auf-
halten zu können.
Dass solche Thiere keine Schnellläufer sein können, liegt auf der
Hand. Ein guter, räumlicher Schritt mit zweckmässiger Aufgewecktheit
des Temperamentes geben die hinlängliche Geschwindigkeit in der Bewe-
gung und sind auch den guten Exemplaren dieser Zucht immer eigen.
Tab. TU.
Ein Pferd, welches Schritt geht. Drei Füsse stehn auf der Erde,
einer, hier der linke Vorderfuss ist in der fortschreitenden Bewegung be-
griffen. Der rechte Vorderfuss ist zurück — also der Schwerpunktslinie
näher — gestellt, der linke Hinterfuss ist durch sein Vortreten unter
den Leib dieser Linie näher gerückt, beide als die diagonal gegenüber-
stehenden tragen also in diesem Momente mehr als die beiden andern.
Sobald der linke Vorderfuss sich anf den Boden setzt, folgt der
diagonal gegenüberstehende rechte hintere nach und schreitet fort. Dieser
rechte Hinterfuss tritt in die Fussstapfen, welche der rechte Vorderfuss
verlässt.
Auf der Zeichnung hat der linke Vorderfuss eben den Platz verlas-
sen, welchen der linke Hinterfuss durch sein Vortreten eingenommen hat.
Das Nichtbeachten des Umstandes ob man die Berechnung über die
Fussfolge mit einem Vorder- oder einem Hinte rfusse beginnt, hat in
der Lehre vom Gange schon viele Verwirrung veranlasst.
Hat sich z. B. zum Beginne der Bewegung der linke Vorderfuss vor-
gesetzt, so geht sogleich nach ihm der rechte Hinterfuss als der diago-
nal gegenüberstehende. Hierauf geht der rechte Vorderfuss, der linke
nimmt dabei die Richtung nach rückwärts unter den Leib an und end-
lich geht der linke Hinterfuss, in die Fussstapfe des linken Vorderfusses
tretend. Fängt man aber die Berechnung mit einem Hinterfusse an, so
geht zunächst nach diesem, welcher sich vorgesetzt hat, der
Vorderfuss derselben Seite, den vortretenden Hinterfuss Platz machend.
Der Trabb entwickelt sich aus dem Schritte derart, dass die bei-
den diagonalen Füsse sich zugleich heben, aushalten und
vor greifen.
Betrachtet man die Zeichnung so sieht man, dass, während der
linke Vorderfuss im Vorschreiten über der Erde begriffen ist, sich der
rechte Hinterfuss als derjenige, welcher zunächst nach ihm
gehn wird, bereits mit dem Ballen von der Erde lüpft. Beschleunigt
dieser rechte Hinterfuss seine Bewegung derart, dass er sich zugleich
mit dem linken Vorderfuss hebt und vorsetzt, so ist dieses der
Trabb; so erklärt sich der Ausdruck: der Trabb ist die verdoppelte Ge-
schwindigkeit des Schrittes.
Denkt man sich das hier dargestellte Schritt gehende Pferd in
dieser Fussetzung in eine springende Bewegung übergehend, so ist die-
ses der Galopp, hier links.
Der rechte Hinterfuss als am weitesten zurückgestellt, übt die grös-
sere Schnellkraft aus; der linke hintere greift weiter unter den Leib
vor und trägt mehr; der rechte vordere bleibt mehr unter dem Kör-
per zurück und stützt namentlich die vorgeworfene Last; diese beiden,
nämlich der linke hintere und rechte vordere, behalten dieses Geschäft
des vermehrten Tragens und Stutzens so lange der Galopp links andau-
ert; der linke Vorderfuss wird am meisten gehoben und greift weiter
vor als der rechte.
Die Fusssetzung für den Galopp rechts lässt sich hiernach
leicht denken.
Tab. VIII.
Stellt das berühmte Rennpferd Eklipse dar. Die Zeichnung wurde
nach der Beschreibung des Vial de St. Bei angefertigt.
Eklipse war 66 Zoll hoch und69 Zoll lang; (S72 und S3/4 Fuss)
Es ist dieses ein höchst seltenes Verbältniss der Länge zur Grösse
und es müssen bei Eklipse die Verhältnisse welche das: Oben kurz
unten lang bedingen in bester Form vorhanden gewesen sein.
Der Kopf des Eklipse war sehr klein, der Hals sehr lang; denn
der Kopf war in der ganzen Körpergrösse dreimal und in der Halslänge
ein und ein ha 1 bmal enthalten.
Bei den vielfach angestellten Messungen ganz edler und gemeiner
leichter und schwerer, grosser und kleiner Pferde, ist mir bis jetzt noch
keines vorgekommen, welches länger als gross gewesen wäre. Aber viel-
fach bekömmt das Ange den Eindruck als ob dieses der Fall sei, und na-
mentlich dann, wenn bei wenig Umfang des Leibes der Rücken sehr lang,
Widerrist und Kruppe klein und kurz sind.
Glaubt der Beschauer, dass das Pferd im Quadrat stehe, so ist es in
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Ich ersuche die Leser mit dieser Zeichnung alle andern hier gege-
benen zu vergleichen, und das Nähere im Haupttext nachzusehn.
Stellen sich im Eklipse die Bedingungen für höchste Schnelligkeits-
äusserung, im steirischen Hengst, als eine vorzügliche Art der verschiede-
nen, ganz schweren Zugschläge diejenigen für höchste Zugkraft dar; gibt
Tab. I. einen Ueberblick zur Beurtheilung eines in jeder Beziehung sehr
tüchtigen Gebrauchspferdes, so ist das Pferd auf Tab. IV. desjenige, in
welchem sich Schnelligkeit mit kräftiger Ausdauer, Annehmlichkeit und
Gewandtheit in der Bewegung, aufgewecktes, nie zu hitziges Tempera-
ment ausdrücken sollen.
Die Lehre von den Proportionen im Baue des
Pferdes dient nur als Basis und gibt Anhaltspunkte
für die Beurtheilung über Gebrauchsfähigkeit.
Man muss darauf verzichten, ein Pferd zu finden, welches in allen
seinen Körpertheilen der Theorie entspräche, und mit diesem Körperbau
das am meisten gewünschte Temperament verbindet; die Niiancirungen in
den Abweichungen vom ganz regelmässigen Baue sind sehr vielfach und
da auch der Theorie nicht entsprechend gebaute Pferde leistungsfähig sein
können, so ist, immer das Gehn können und Gehn wollen
massgebend.
Wirklichkeit wahrscheinlich etwas kürzer als gross; glaubt er dass es län-
ger als gross sei, so steht es wahrscheinlich erst im Quadrat.
In dieser Täuschung des Auges mag es auch beruhn, dass so viele
Bilder, welche ein Pferd ganz im Profil zeigen, dasselbe etwas länger
als gross darstellen; denn das Auge des Zeichners oder Malers unterliegt,
wohl vielfach unbewusst, eben derselben Täuschung. Vielleicht hat auch
der Zeichner die Absicht im Bilde denselben Eindruck wiederzugeben,
welcher das wirklich gut gebaute lebende Pferd auf das Auge des Be-
schauers hervorbringt.
Pferde, welche kürzer als gross sind, gibt es viele; dieselben haben
dann öfter einen kurzen, festen aber auch starren Rücken, sind vielfach
hochbeinig, hauen beim Gehn in die Eisen, n. s. w.
Tab. IX.
Zeigt das vom Thierarzt Bourgelat, dem Gründer der Thierarznei-
schulen, gegen Ende des vorigen Jahrhunderts aufgestellte Musterpferd.
Grösse und Länge sind gleich, der Kopf ist in der Grösse 2% Mal
enthalten, und im übrigen auf die genauere Beschreibung verweisend, ma-
che ich hier nur auf die beiden senkrechten Linien besonders aufmerksam,
wovon die erste von der Bugspitze zur Zehe des Vorderhufes, die andere
vom Kniescheibengelenke zur Zehe des Hinterhufes herabfallen soll.
Druck von Anton Sclmeiger & Comp, iq Wien.
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Tab. I.
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Tab. II.
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Tab. III.
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Tab. IV.
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Tab.V.
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Tab. VI.
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Tab.VII.
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Tab. VIII.
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Tab. IX.