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BIBLIOTHEEK
RIJKSSERüMiNRiCHTING
LETTlR...............No........_
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Die erste HilfeDiau>\&cw<s-o
bei
UnglDcksfallen and Krankheiten
des Pferdes.
Von
H. Frick,
Professor an der Tierârztlichen Hochschule
zu Hannover.
HANNOVER.
Verlag von M. & H. Schaper.
1910.
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Vorwort.
Es ist nicht zu leugnen, dafi oft durch zwar gut
gemeinte aber doch falsch angebrachte Laienhilfe
dem Verungliickten oder Erkrankten mehr geschadet
als genutzt wird, und dafi femer dem Sachverstândigen,
wenn er herbeigerufen wird, durch solche unzweckmâfiige
Hilfe seine Aufgabe nicht nur erschwert, sondern oft geradezu
unerfüllbar gemacht wird. Diese Tatsachen sprechen auf
der einen Seite ohne Frage fur die Notwendigkeit, die
erste Hilfe, welche der Laie in der Regel selbst leisten
mufi, in die richtigen Bahnen zu lenken, auf der anderen
Seite darf aber nicht verkannt werden, dafi ein Buch,
welches diesen Zwecken dient, in der Hand des Laien
ein zweischneidiges Schwert werden kann, indem es ihn in
eine gewisse Sorglosigkeit einwiegt, und dafi es, wenn es
nicht eine strenge Grenze zwischen dem, was Sache des
Laien ist, und dem, was dem Sachverstândigen iiberlassen
bleiben mufi, zieht, Pfuscher heranbildet. Dafi solche dem
in unseren Pferden festgelegten Nationalvermögen mehr
schaden als das Unterlassen jeglicher Hilfe, ist eine bekannte
Tatsache. Ich bin daher der Aufforderung, einen Leitfaden
fur die erste Hilfe bei Unglücksfallen und Krankheiten des
Pferdes zu schreiben, erst nach langerem Zögern nach-
gekommen, weil ich mir der Schwierigkeit der Aufgabe wohl
bewufit war.
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IV
Vorwort.
Es ergab sich daher von selbst als Richtschnur für eine
„Erste Hilfe usw." eine weise Beschrankung in der Auswahl
des Stoffes. Nur das unbedingt Nötige und lediglich diejenigen
Falie, in denen sofort Hilfe geleistet werden mufl, weil
Lebensgefahr droht, oder durch Unterlassung sofortiger Hilfe
heraufbeschworen wird, durften besprochen werden. Aus-
schliefilich diejenigen Mittel und Methoden durften dem
Laien in die Hand gegeben werden, mit denen er das
erforderliche Ziel zwar erreicht, mit denen er aber den Erfolg
der spâteren sachverstandigen Hilfe nicht in Frage stellt
oder gar vereitelt. Es galt also, den Laien stets dahin an-
zuweisen, dafi er sich nur auf das unumganglich Notwendige
beschrankt und vor allen Dingen sowohl in seinem eigenen
Interesse, wie in dem des Patiënten sachverstandige d. h.
tierarztliche Hilfe zuzieht.
Nur von diesen Gesichtspunkten habe ich mich bei Ab-
fassung des kleinen Werkes leiten lassen und ich weifi aus
der Praxis zur Genüge, dafi damit dem Pferdebesitzer ein
besserer Dienst erwiesen wird, als mit ausführlichen Be-
schreibungen von Krankheiten und deren Behandlung, die
ihn verleiten, die sachverstandige Hilfe sowohl zu seinem
eigenen wie des Patiënten Schaden zu spat zu rufen.
Hannover, im Januar 1910.
Frick.
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Inhaltsverzeichnis.
Seite
Vorwort.......................     III
Bau und Verrichtungen des Pferdekörpers ....       1
Knochengerüst (Skelett) des Pferdes.........       1
Gelenke......................       2
Muskeln und Sehnen................       2
Blutkreislauf (Zirkulation)..............       3
Atmung (Respiration)................       4
Ernâhrung.....................       4
Harnbildung und -Absatz..............       5
Nervensystem...................       5
Aufheben gef al lener oder f estliegender Pierde . .       (i
Transport kranker Pferde .............       7
Krankheiten des Pferdes ..............       7
Wunden und Verletzungen.............       8
Verâtzungen und Verbrennungen..........     10
Knochenbrüche...................     11
Ohnmachts-, Schwindelanfalle, Epilepsie (Fallsucht),
Krâmpfe...................     12
Fremdkörper im Auge...............     13
Fremdkörper in der Rachenhöhle und im Schlunde . .     13
Atemnot, Erstickungsgefahr.............     13
Kolik.......................     15
Harnverhaltung ..................     17
Bauchbrüche....................     17
Mastdarmvorfall..................     17
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VI
înhaltsverzeichnis.
Kreuzverschiag, akute Kreuzlâhrnung ........     18
Hufrehe, Hufverschlag, Rehe............     18
Kronentritt.....................     19
Nageltritt •....................     19
Oeburtshilfe ....................     21
Gebârmuttervorfall.................     21
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Bau und Ter richt un gen des Pferde-
körpers.
Für das Verstandnis derjenigen sofort erforderlichen
Mafinahmen, welche bei plötzlichen Unglücksfallen oder Er-
krankungen des Pferdes erforderlich werden, ist eine gewisse
Kenntnis des Körperbaues und der Verrichtungen des Körpers
nötig. Es mag daher zunâchst in groBen Zügen eine Schilde-
rung der einschlagigen Verhaltnisse vorangeschickt werden.
Knochengerüst (Skelett) des Pferdes. (s. Tafel 1.)
Die Qrundlagen des Pferdekörpers bildet das Knochen-
gerüst (Skelett), welches sich aus vielen einzelnen Knochen
zusammensetzt. Die Wirbelsaule besteht aus 7 Hals-,
18Brust- oderRücken-, 6 Lendenwirbeln, aus dem aus
5 Kreuzwirbeln durch Verwachsung entstandenen Kreuzbein
und den 18—20 Schweifwirbeln. Am vorderen Ende der
Wirbelsaule ist der Kopf gelenkig angesetzt. Derselbe
besteht aus einer gröfieren Anzahl von Kopfknochen,
welche mit Ausnahme des Unterkiefèrs fest miteinander ver-
wachsen sind. Der Unterkiefer ist im Kiefergelenke
beweglich am Kopfe befestigt und tragt 6 Schneidezahne
und 12 (jederseits 6) Backenzahne, welche zusarnmen mit
den im Zwischenkiefer stehenden 6 Schneidezahnen
und den 12 Backenzahnen des Oberkiefers (jeder-
seits 6) das Gebifi bilden. Bei Hengsten und Wallachen
(ausnahmsweise auch bei Stuten) kommen dazu die 4 H aken-
zahne, von denen 2 im Ober- und 2 im Unterkiefer (je 1
auf jeder Seite) stehen. An die 18 Brustwirbel lenken sich
seitlich die 18 Rippenpaare an, die an ihren unteren
Enden durch das Brustbein verbunden werden und so
den Brustkorb bilden. An letzterem sind die beiden
Vordergliedmafien durch Muskelmassen befestigt. Die
Verbindung der Hintergliedmafien mit dem Kreuzbein
und folglich auch mit der Wirbelsaule wird durch Vermittlung
des Be ekens hergestellt.
1
Friok, Dio ersto Hilfe.
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Schweifwirbel
)berschenkelbein
Kniescheibe
Unterschenkel
Sprunggelenk_________
Griffelbein.__________
[ittolfufiknoohen
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Bau und Verrichtungen des Pferdekörpers.
2
Jede Vordergliedmafie besteht von oben nach unten
aus dem Schulterblatt, dem Armbein, dem Vorarm (zu-
sammengesetzt aus Elle und Speiche), der aus 8 einzelnen
Knochen bestehenden Vorderfufiwurzel (falschlich und
schlecht Vorderknie genannt), dem Mittelfufiknochen
mit den beiden Griffelbeinen, dem Fesselbein mit den
beiden Gleichbeinen, dem Kronbein und dem Huf-
bein nebst Strahlbein.
Jede Hintergliedmafie (von oben nach unten) weist
an einzelnen Knochen auf: das Oberschenkelbein nebst
Kniescheibe, den Unterschenkel, bestehend aus dem
Schienbein und dem Wadenbein, dem Sprunggelenk
(aus 7 einzelnen Knochen zusammengesetzt), dem Mittel-
fufiknochen mit seinen beiden Griffelbeinen, dem
Fesselbein nebst den beiden Gleichbeinen, dem
Kronbein und dem Hufbein mit dem Strahlbein.
Gelenke.
Alle Knochen, mit Ausnahme der Kopfknochen (ausschl.
des Unterkiefers) sind gegeneinander beweglich; sie bilden
Gelenke miteinander. Die aneinanderstofienden Knochen-
flachen (Gelenkflachen) sind mit einer knorpligen Schicht
(Gelenkknorpel) iiberzogen und die Knochenenden sowie
der zwischen ihnen gelegene Raum (Gelenkhöhle) werden
von einer festen Haut, der Gelenkkapsel, umschlossen.
In der dadurch gebildeten Gelenkhöhle befindet sich eine
zahe, schleimhaltige Fliissigkeit, die Gelenkschmiere,
welche die Gelenkflachen schliipfrig erhalt und von der
Gelenkkapsel geliefert wird.
Zur besseren Befestigung der Knochenenden aneinandei
bezw. zur Einschrankung ihrer Beweglichkeit nach gewissen
Richtungen dienen die straffen und sehr festen Gelenk-
bander.
Muskeln und Sehnen.
Die Bewegung der einzelnen Knochen gegeneinander
besorgen die Muskeln, welche in ihrer Gesamtheit als
Fleisch bezeichnet werden und um die Knochen herum
gelagert sind. Zur Uebertragung der Muskelbewegungen
auf weiter entfernte Knochen dienen die festen strang-
förmigen Sehnen, in welche die meisten Muskeln auslaufen
und die sich an die zu bewegenden Knochen ansetzen. Aufier
zur Bewegung dienen auch manche Muskeln zur Bildung
und Begrenzung der grofien Körperhöhlen. Die Bauchhöhle
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Bau und Verrichtungen des Pferdekörpers.                      3
wird zum gröfiten Teile von den plattenartigen Bau cli-
ni uskeln umschlossen, wahrend das Zwerchfell die Grenze
zwischen Brust- und Bauchhöhle bildet.
Blutkreislauf (Zirkulation).
Die Erhaltung und Emahrung aller Körperteile erfolgt
durch das Blut. Dièses wird durch das in der Brusthöhle
gelegene Herz, welches sich bei ruhenden, gesunden Pferden
36 — 40 mal in der Minute, bei arbeitenden, aufgeregten
oder kranken Pferden aber 60, 80 und mehr Male
zusammenzieht (schlâgt), gleichsam wie von einer Pumpe
in ein Röhrensystem (Blutgefafie) getrieben. Die Blut-
gefafie durchziehen den ganzen Körper und führen so allen
Teilen desselben das Blut zu. Dieser Vorgang, Zirkulation
genannt, vollzieht sich ohne Unterbrechung Tag und Nacht,
und so lange das Tier lebt, in folgender Weise:
Aus der linken Herzkammer gelangt das hellrote
(artérielle) Blut stofiwèise in die grofien Puls- oder
Schlagadern (Arterien), an denen man dort, wo sie
oberflachlich liegen, das Einströmen in Form des Puises
in der Minute ebenso oft, wie das Herz schlâgt, fühlen kann.
Durch reiche Verzweigungen dieser grofien Schlagadern in
solche von I immer kleinerem Durchmesser gelangt das Blut
schliefilich in ganz winzig kleine Röhrchen, die Haargefafie,
welche alle Körperorgane netz.artig durchziehen und so den
Uebergang der im Blut enthaltenen Nahrstoffe in die einzelnen
Körperteile ermöglichen (Stoffwechsel). Aus diesen kleinen
Haargefafien strömt das nunmehr dunkel (venös) gewordene
Blut in allmahlich wieder weiter werdende Blutgefafie,
die Blutadern (Venen), welche sich zu gröfieren Stammen
vereinigen und schliefilich das Blut zur rechten Vorkammer
des Herzens zurückbringen. Von dort fliefit es in die
rechte Herzkammer und wird durch die Zusammen-
ziehungen des Herzens in die Lungenschlagadern und
schliefilich in die Haargefafie der Lunge getrieben. Hier
in der Lunge gibt das dunkle (venose) Blut seine Kohlen-
saure an die Atmungsluft ab und nimmt aus dieser Sauer-
stoff auf, sodafi es wieder hellrot (arteriell) wird. Durch
die aus den Haargefafien der Lunge sich zusammensetzenden
Lungenblutadern gelangt jetzt das Blut in die linke
Herzvorkammer, von da in die linke Herzkammer
und beginnt so den oben beschriebenen Kreislauf von neuem.
1*
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4                     Ban und Verrichtiingen des Pferdekörpers.
Atmung (Respiration).
Die Vergröfierung der Brusthöhle, welche hauptsachlich
durch die Abflachung des muskulösen, nach der Brusthöhle
zu kuppelförmig gewölbten Zwerchfelles herbeigeführt wird,
schafft in der allseitig geschlossenen Brusthöhle einen
geringeren Luftdruck als aufien, sodafi die aufiere Luft durch
die Nase, den Kehlkopf, die Luftröhre und ihre Zweige
(Bronchien) in die Lunge hineinströmt (Einatmung) und
diese ausdehnt. In der Lunge gibt die eingeatmete Luft
ihren Sauerstoff an das vom rechten Herzen kommende Blut
ab und nimmt von diesem die Kohlensaure auf. Durch
Verkleinerung des Brustraumes, die vorwiegend durch die
Rückkehr des Zwerchfelles zur ursprünglichen Wölbung er-
folgt, werden die Lungen zusammengedrückt und die in ihr
enthaltene verbrauchte Luft auf dem oben bezeichneten
Wege wieder nach aufien befördert (Ausatmung). Dieser
Vorgang (Atemzüge) wiederholt sich, solange das Tier lebt,
in der Rune und bei gesunden Pferden in jeder Minute 12mal.
Bei der Arbeit und bei kranken Tieren vermehrt sich die
Zahl der Atemzüge bis zu 50 und darüber in der Minute.
Ernâhrung.
Die" Futterstoffe" (flüssige und feste) nimmt das Pferd
zunàchst in das Maul und schluckt flüssige sofort ab, wahrend
feste von den Backenzahnen sorgfaltig gemahlen (gekaut)
und mit dem Ohrdrüsenspeichel eingespeichelt werden.
Das Gekaute wird dann bissenweise in die Rachenhöhle
gebracht und durch den Schlund in den Magen befördert
(Abschlucken). lm Magen erfolgt eine weitere Vermischung
des Futters mit dem Magensaft und eine teilweise Um-
wandlung des festen Futters in flüssige, aufsaugbare Nahr-
stoffe. Nach einiger Zeit (6—10 Stunden) tritt der im Magen
gebildete Speisebrei in den Darm über; daselbst werden
ihm die von der Leber, der Bauchspeicheldrüse und
den Darmdrüsen gelief erten Verdauungssafte (Galle,
Bauchspeichel, Darmsaft) beigemengt und er erfahrt be-
deutende Umsetzungen. Durch die Einwirkung der genannten
Verdauungssafte werden aus dem Futterbrei die für den Tier-
körper erforderlichen Nahrstoffe frei und für die Aufsaugung
geeignet gemacht (Verdauung). Auf dem langen Wege,
den der Futterbrei beim Pferd im Magen und Darmkanale,
namentlich im Dünn-, Blind- und Grimmdarme zurücklegt,
werden die aufgenommenen Getranke sowie auch die durch
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Bau und Verrichtungen des Pferdekörpers.                       5
die Verdauung gebildeten Nâhrstoffe von der Darmwand
aufgesogen und dem Biute zugeführt. Der dann verbleibende
Rest des Futters wird unverdaut als Kot in Form von Ballen,
die im Mastdarme gebildet werden, durch den After von
Zeit zu Zeit abgesetzt.
Harnbildung und -Absatz.
Die im Blute kreisenden und den Körpergeweben so
zugeführten Nâhrstoffe werden in letzteren umgesetzt und
zersetzt (Gewebsernahrung). Die Zersetzungsprodukte
der Gewebsernahrung werden wieder in die Blutbahn auf-
genommen und sie, sowie ein grofier Teil der mit der
Nahrung bzw. dem Trinkwasser in den Körper eingeführten
Flüssigkeiten werden in den Nieren als Harn wieder aus-
geschieden. Der Ham fliefit von den Nieren durch die
Harnleiter in die Harnblase und wird von dort durch
die Harnröhre von Zeit zu Zeit nach aufien entleert.
Nervensystem.
Am Nervensystem unterscheidet man die Zentralorgane
(Gehirn und Rückenmark) und die von diesen abgehenden
Nerven. Letztere heifien, je nachdem sie nur das Gefühl
oder nur die Bewegung vermitteln, Gefühls- oder Be-
wegungsnerven. Nerven, welche beide Verrichtungen
besorgen, heifien gemischte Nerven. Das Gehirn hat seine
Lage in dem als Schade 1 bezeichneten Kopfteil und ist
fast allseitig von Knochen dicht umschlossen. An dasselbe
setzt sich nach hinten das Rückenmark an, welches in dem
in der Wirbelsaule befindlichen Kanal (Wirbelkanal) ein-
gebettet liegt. Vom Gehirn und vom Rückenmarke zweigen
sich die Nerven ab, welche sich als mehr oder weniger
starke Strange in allen Teilen des Tierkörpers verbreiten,
indem sie sich in zahlreiche, immer feiner werdende Aeste
auflösen. Wahrend das Gehirn und Rückenmark die Mittel-
punkte darstellen, von denen aus alle Bewegungen veranlafit
werden, sind die Bewegungsnerven die Leitungsdrahte, welche
den Antrieb zur Bewegung von den Zentralorganen nach
den betr. Teilen (Muskeln) übertragen. Das Gehirn ist
ferner Sitz des Willens und der bewufiten Empfindung,
es empfangt durch die Gefühlsnerven die an den ver-
schiedensten Körperstellen gesetzten Reize und bringt sie
als Sehen, Horen, Fühlen, Riechen, Schmecken usw. zum
BewuBtsein.
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Auflieben gefalleiier oder festliegender
Pferde.
Gefallene Pferde, zumai altere, bedürfen zum Aufstehen
oft der Hülfe. Besondere Apparate (Flaschenzüge, Hebe-
baume, Gurte usw.) fehlen in der Regel und man mufi sich
dann meist auf die Fàhigkeit des Pferdes, bei geeigneter
Lagerung der Gliedmafien und beim Antreiben mit Peitsche
oder Stock selbstândig aufzustehen, verlassen. Man bringt
solche Tiere durch Unterstützen am Widerrist und durch Ziehen
des Kopfes nach deroben liegenden Seite zu in die Brustlage
und streckt nunmehr die gebeugten und unter die Brust
geschlagenen Vorderbeine nach vorn heraus. Wird das
Pferd jetzt mit der Peitsche angetrieben, der Kopf schrag
nach der Seite gezogen und das Hinterteil am Schweife
durch einige Manner krâftig angehoben, so gelingt es fast
stets, die Tiere hoch zu bringen.
Ist der Grund, auf dem die Pferde liegen, glatt, so ist
vorheriges Streuen von Asche oder Sand, sowie
Unterlegen von Sacken oder Pferdedecken erforder-
lich, da die Pferde beim Aufstehen sonst leicht ausgleiten
und sich beim Stürzen schwere Beschadigungen zuziehen.
lm Winter soli man Pferde nie lange Zeit auf der
Erde im Freien liegen lassen, weil sie durch die Kalte
sehr bald steif werden und dann schwer oder garnicht hoch
zu bringen sind. Haben Pferde langere Zeit auf derselben
Seite gelegen, so mussen sie vor dem Hochheben über den
Rücken hinweg auf die andere Seite gewâlzt werden.
Pferde, die sich im Stali unter der Krippe oder in
Bodenvertiefungen (Grâben, Gruben) oder beim Walzen
gegen Wande festgelegt haben, mussen stets erst auf freie
ebene Stellen gebracht werden, ehe sie aufstehen können. Sie
werden dazu mittels eines Seiles, welches an dem unten liegen-
den Hinterfufie dicht über dem Sprunggelenke befestigt wird,
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Transport kranker Pferde. — Krankheiten des Pferdes.            ~
und durch Ziehen am Schweif auf untergelegtem Stroh unter
der Krippe hervor, ev. auf die Stallgasse oder gar ins Freie
(bei zu engem Stali), aus Grâben und aus sonstigen Ver-
tiefungen herausgezogen und nun in der oben angegebenen
Weise hochgebracht.
Sollten Pferde nicht bald in die Höhe gebracht werden
können, so mufi man an schwere Knochenbrüche (Becken,
Wirbelsaule usw.) oder an Lahmungen (Nerven-, Nieren-
schlag, Kreuzlahmung) denken und man lafit sie dann am
besten weich gelagert und im Winter gut eingedeckt liegen,
bis der Tierarzt zur Stelle ist, der dann das Weitere an-
ordnet, weil durch nicht sachgemâfie Hebe- und Transport-
versuche unter solchen Umstanden nur geschadet wird.
Transport kranker Pferde.
Kranke Pferde, gleichgültig ob an inneren oder auBeren
Krankheiten leidend, sollten nur in aufiersten Notfallen zu
Fufi transportiert werden, weil die krankhaften Zustande in
den meisten Fallen durch die Bewegung verschlimmert
werden und selbst tödlich verlaufen können. Beispielsweise
werden bei Knochenbrüchen durch das Gehen meist starke
Verschiebungen der Bruchstücke und Verletzungen benach-
barter Gelenke, Blutgefafie usw. erzeugt. An Wunden ent-
stehen durch die Bewegung oft heftige Nachblutungen, bei
lungenkranken Tieren hochgradige Atemnot und ev. Erstickung
usw. In der Regel soli daher die Beförderung kranker
Pferde mittels Viehtransportwagen erfolgen. Meist
ist es praktisch, die Pferde am Orte des Unfalles oder der
Erkrankung bis zur Untersuchung durch den Tierarzt zu
belassen und dann nach des letzteren Anordnungen den
Transport vorzunehmen bezw. zu unterlassen.
Krankheiten des Pferdes.
Im Nachfolgenden ist keine erschöpfende Abhandlung
über Wesen, Behandlung usw. aller beim Pferde vorkommen-
den Krankheiten gegeben, sondern es sind nur diejenigen
berücksichtigt, welche öfter vorkommen, leicht erkennbar
sind und sofortige Hilfe erheischen. In Krankheitsfallen, die
selten vorkommen und deren Erkennung schwer ist, tut man
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8                                  Wunden und Verletzungen,
gut, nicht selbstândig zu behandeln, sondern so schnell als
möglich tierarztliche Hilfe zu rufen. Die richtige Behandlung
gründet sich eben auf einer richtigen Erkennung des Leidens
und in Zweifelsfallen schadet man weniger durch Unterlassung
jeglicher Behandlung als durch Anwendung einer falschen.
Wunden und Verletzungen.
Jede Wunde bzw. Verletzung der Körpergewebe bringt
zwei Gefahren mit sich:
1.  Die Blutung. Ist diese erheblich, so kann sie zur
Verblutung führen. Letzteres tritt bei Verletzung der Schlag-
adern (Arterien), was sich durch Spritzen im Strahle kenn-
zeichnet, am leichtesten ein, aber auch Verletzung grofier
Blutadern (Venen) kann zur Verblutung führen. Nicht
erhebliche Blutungen wirken in der Regel nicht direkt tödlich,
erhöhen aber die unter 2 genannte Gefahr.
2.  Die Infektion d. h. das Eindringen kleinster pflanz-
licher Lebewesen (Bakterien) in die Wunde. Sie kommt
beim Pferd in der Regel schon beim Entstehen der Wunde
zustande, kann aber auch noch spater durch Liegen in der
Streu, unsachgemâBe Behandlung usw. herbeigeführt werden.
Die Infektion ist die Ursache der Eiterung, des Brandes, des
Wundstarrkrampfes, der Blutvergiftung usw. Diesen beiden
Gefahren mufi sofort nach dem Entstehen der Wunde
begegnet werden. Die Stillung nicht erheblicher Blutungen
vollzieht sich meist von selbst, sie kann aber auch durch
Druck auf die blutenden Gefafie begunstigt werden. Man
nimmt dazu ein mehrfach zusammengelegtes Stück alter
reiner Leinwand (Kompresse), trankt es mit Des-
infektionsflüssigkeit (2°/0iges Kreolin-, Lysol-, Karbolwasser,
3°/0ige essigsaure Tonerde, im Notfalle verdünnter Essig),
und drückt dièses entweder mit der Hand oder, wo ein
Verband anzulegen ist (Gliedmafien, Huf), mit daraufgelegter
Wundwatte oder reiner Heede und schliefilich mittels Binden
fest an. Wundwatte soli niemals direkt auf die
Wunde gebracht werden. Höhlenwunden kann man mit
derart zubereiteter Leinwand zwecks Blutstillung ausstopfen.
Ist die Blutung erheblich, dann mufi sie zunachst durch
Druck mit dem Finger auf das blutende Gefafi (Digital-
kompression) gestillt werden, bis man obige Stoffe herbei-
geschafft hat. Diese Methode (Digitalkompression) mufi bei
heftigen Blutungen und an Stellen, wo kein Verband oder
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Wunden und Veiietzungen.
9
keine Verbandstoffe angebracht werden können, zuweilen
stundenlang angewendet werden und ist in solchen Fallen die
einzige erfolgreiche Blutstillungsmethode.
An den Gliedmafien lassen sich alle Blutungen unter-
halb der Vorderfufiwurzel bezw. des Sprunggelenkes vorder-
hand in der in Fig. 1 und 2 dargestellten Weise stillen.
Nur darf der umgeschnürte Strick ohne Nachteil nicht langer
als zwei Stunden liegen bleiben. In dieser Zeit wird es
meist gelingen, einen Tierarzt zur endgültigen Blutstillung
herbeizuholen.
Gegen die Wundinfektion mufi man vor allen Dingen
dadurch ankâmpfen, dafi man jede Berührung der Wunde
nach Möglicbkeit vermeidet und,
wo irgend möglich (Gliedmafien,
Huf), einen Schutzverband anlegt,
der mit den oben
genannten Mitteln
(Desinfektions-
mitteln) feucht
erhalten wird.
Ist kein Ver-
band möglich oder
lâfit sich die Wunde
nicht ausstopfen,
dann wird die
Wunde bis zur An-
kunft desTierarztes
von 3 zu 3 Stunden
mit den obigen Des-
infektionsmitteln
leicht ausgespült.
lm übrigen sorgt
man dafür, dafi der
Patient die Wunde
nicht scheuern und
Figur 1.
Voiliiufige Blut-
stillung am
Vorderschenkel.
Figur 2.
Vorlaufige Blutstillung
am Hinterschenkel.
benagenkann, weil
dies die Blutung und die Infektion befördert. lm weiteren
Verlauf ist die Behandlung je nach Art, Beschaffenheit,
Sitz usw. der Wunde sehr verschieden und wird daher nach
den Angaben des Tierarztes auszuführen sein.
Wunden, die bis in die Brusi- oder Bauchhöhle dringen,
sind aufier den beiden obigen Gefahren noch einer anderen
ausgesetzt, namlich dem Austritte der Lunge, des Darmes, des
Netzes usw. aus der Wunde (sogenannter Vorfall). Solche
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Verâtzungen une! Verbrennungen.
10
vorgefallenen Teile werden oft schwer verletzt oder sie ver-
andern sich derart, dafi sie spater nicht ohne Gefahr für das
Tier wieder in ihre Höhle zurückgebracht werden können.
Deswegen mussen solche ausgetretenen Eingeweide sorgfaltig
mit abgekochtem lauwarmen Wasser abgespült, mit reinen
Leinentüchern, die mit l/a°/0igem Karbol-, Kreolin- oder Lysol-
wasser getrankt sind, umhüllt werden und dann eventuell
durch um die Brust oder den Bauch lose umgelegte Bettlaken
oder Pferdedecken bis zur Ankunft des Tierarztes getragen
werden. Entschieden zu widerraten wegen der damit
verbundenen Beschadigung und wegen der Infektionsgefahr
ist das einfache Hineinstopfen der vorgefallenen Teile in
ihre Höhle.
Verâtzungen und Verbrennungen.
Verâtzungen mussen sofort und je nach der Art des
âtzenden Mittels verschieden behandelt werden, damit
die atzende Substanz möglichst schnell entfernt und unwirksam
gemacht wird. Bei Veratzung mit Sauren wird mit Kalkwasser
oder dunner Soda- oder Pottaschenlösung (1—2°/<>ig) sorg-
faltig abgespült (nicht waschen oder gar reiben).
Umgekehrt nimmt man dazu bei Verâtzungen mit Laugen
(Kali-, Natronlauge, Seifenstein) oder gelöschtem Kalk Essig-
wasser zur Abstumpfung des Aetzmittels.
Ausgeschlossen sind alle diese Mittel, wenn Aetzmittel
in die Augen gekommen sind. In solchen Fallen dürfen
nur viel Wasser oder ölige Mittel in das Auge gebracht und
zum Herausspülen des Aetzmittels benützt werden und es
ist tierarztliche Hilfe wegen der spater leicht bleibenden Seh-
störungen besonders frühzeitig zuzuziehen.
Verbrennungen kommen beim Pferde sehr selten vor
und werden höchstens bei Feuersbrünsten gesehen. Am
haufigsten werden solche an den Beinen bis zum Fessel-
gelenke beobachtet, wenn die Pferde in heifie Asche oder
bei Hochofenbetrieben in glühende Schlacke treten. Das
Waschen derbetreffendenHautstellen mit Wasser, Desinfektions-
mitteln usw., sowie jedes Reiben und Scheuern derselben
ist zu vermeiden und als bestes Mittel für Verbrennungen
zunachst eine Mischung von Kalkwasser und Leinöl, die
vorsichtig aufgetragen wird, zu benutzen. Das Aufstreichen
von Eigelb oder Milchrahm (Sahne) oder das Bepudem mit
Starkemehl sind als Notbehelfe anzusehen.
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Knochenbrüche.
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Knochenbrüche.
Knochenbrüche sind beim Pferde nicht gerade selten
und besonders an denGliedmafien (Fesselbein,Unterschenkel),
am Becken und an der Wirbelsaule. Da die Erscheinungen
der Knochenbrüche nicht immer so offensichtlich sind, so soli
man bei allen Pferden, die durchgegangen oder gestürzt
oder stark angestrengt sind und dabei plötzlich schwer lahm
geworden sind oder sich nicht erheben können, stets an
Knochenbrüche denken. Am leichtesten
zu erkennen sind vollstandige Bruche der
Gliedmafienknochen, weil durch starke
Verschiebung der Bruchstücke gegenein-
ander abnorme Bevveglichkeit an dem
betr. Gliede festgestellt werden kann. Zu-
weilen finden sich an der Bruchstelle
gleichzeitig Wunden, sodafi die Bruch-
stücke sichtbar sind (offener Bruch).
Die Behandlung von Knochenbrüchen
lohnt sich in vielen Fallen bei Pferden
überhaupt nicht; nur bei jungen und sehr
wertvollen Zuchttieren kommt eine solche
in Frage und sie wird nach dem Ermessen
des Tierarztes zu gestalten sein. Bis zu
dessen Ankunft handelt es sich darum,
schwerere Schadigungen an der Bruch-
stelle (Zerreifiung von Sehnen, Muskeln,
Nerven, Blutgefâfien usw.) durch Fest-
stellung der beweglichen Bruchstücke zu
vermeiden. Man legt dazu einen Verband
an, indem die Bruchstelle und ihre Nach-
barschaft bis über die nâchsten Gelenke
hinaus mit Watte, Heede oder Werg um-
wickelt und diese mit Binden aus Leine- Geschienter Bruch.
wand, Sackleinen, Flanell, Pferdedecken
usw. befestigt werden. Durch darüber gelegte Schienen aus
Holz, Schusterspahn, Pappe, Leder, Blechstreifen, Bandeisen,
Weidenruten, Stroh usw. und darüber angelegte Binden
werden die Bruchenden festgestellt (Fig. 3).
Sind an der Bruchstelle Wunden vorhanden (offener
Bruch), so mussen diese vor Anlegen des Schienenverbandes
in der oben angegebenen Weise (S. 9) mit einem Verbande
versehen werden.
Kann kein Verband angelegt werden oder fürchtet man
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J2 Ohnmachts-, Schwindelanfalle, Epilepsie (Fallsuclit), Krâmpfe.
trotz desselben Nachteile von einem Transporte, so lafit man
bis zur Ankunft des Tierarztes das Pferd am Unfallort,
andernfalls mufi der Transport zum Stalle mittels Wagen
erfolgen.
Ohnmachts-, Schwindelanfalle, Epilepsie (Fall-
sucht), Krâmpfe.
Diese beim Pferd in der Regel vom Gehirn ausgehen-
den Krankheiten erfordern eine sehr eingehende tierarztliche
Figur 4. Festhalten liegeijder Pferde.
Untersuchung zwecks Feststellung der Ursache und der Be-
handlung. Die erste Hilfe beschrànkt sich darauf, die Pferde,
wenn sie taumeln und schliefilich fallen, vor Beschadigungen
zu schützen. Die Patiënten werden ev. sofort ausgespannt,
der Reiter steigt ab und durch Ueberhangen einer Decke
über den Kopf halt man aufiere Reize vom Gehirne fern.
Liegen die Pferde, so lëfit man sie ruhig liegen, bis der
Anfall vorüber ist, dann stehen sie von selbst auf. Schlagen
sie viel mit dem Kopf umher oder springen auf und stürzen
wieder hin, so kniet sich jemand auf den Hals und drückt
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Fremdkörper i. Auge. — Fremdkörper i. d. Rachenhöhle. — Atcranot. 1J{
den Kopf des Pferdes nieder, um schwere Beschàdigungen
zu verhüten. Eine zweite Person setzt sich zu demselben
Zweck auf das Hinterteil des Pferdes. (Fig. 4.) Ist der
Anfall vorüber, dann bringt man die Pferde in den Stali,
weil sie meist etwas erschöpft sind.
Fremdkörper im Auge.
Die zuweilen in den Lidbindehautsack geratenen Fremd-
körper (Spreu, Staub, Sand, Hacksel) reizen das Auge stark
und erzeugen nicht nur heftiges Tranen, sondern auch Ver-
letzungen der Hornhaut und spater Sehstörungen. Die Ent-
fernung des eingedrungenen Körpers gelingt anfangs oft
durch Spülungen mit Wasser. Auf jeden Fall mufi aber vor
den Versuchen gewarnt werden, die Fremdkörper mit
Instrumenten zu entfernen, da dies meist zu Verletzungen
des Auges führt. Gelingt die Entfernung des Fremdkörpers
nicht alsbald durch Spülungen, dann ist schleunigst tierarzt-
liche Hilfe zu holen.
Fremdkörper in der Rachenhöhle oder im
Schlunde.
Treten Pferde plötzlich vom Futter zurück, ziehen krampf-
haft den Kopf an die Brust, speicheln, wurgen und entleeren
Futterbrei durch die Nase, so liegt eine Unwegsamkeit der
Rachenhöhle oder des Schlundes vor. Man entzieht solchen
Pferden sofort jegliches Futter (auch Wasser) und bindet sie
so an, dafi sie auch keine Streu fressen können. Die An-
wendung von Schlundröhren und ahnlichen Apparaten ist
beim Pferde nicht so einfach und mufi ev. dem Tierarzt
überlassen bleiben, da der Laie damit meist schwere Ver-
letzungen des Schlundes erzeugt.
Atemnot, Erstickungsgefahr.
Plötzlich entstehende Atemnot kann durch Verlegung
der luftzuführenden Wege (Nase, Kehlkopf, Luftröhre und
ihrer Zweige) entstehen, kann aber auch ihre Ursache in Er-
krankungen der Lunge oder des Herzens haben, sodaB es
nur dem Tierarzte möglich sein wird, genauere Angaben über
die Behandlung zu machen. Die erste Hilfe mufi dafür sorgen,
dafi den Pferden die Atmung auf jede Weise erleichtert
wird (Oeffnung von Stalltüren und Fenstern, Abnehmen
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14
Atemnot, Erstickungsgefahr.
des Geschirres und Sattels, der Decken und Decken-
gurte usw.). Gütliches Zureden hilft oft, weil die Pferde
meist aufgeregt werden, wenn Atemnot auftritt. In Fallen,
wo infolge von Verletzung der Nase oder des Kehlkopfes
Erstickungsgefahr droht, gibt es nur ein Mittel, den Luft-
röhrenschnitt, den in solchen verzweifelten Fallen auch der
Laie mal vornehmen mufi. Dazu werden am gut gebremsten
Pferde die Haut und die daruntergelegenen Weichteile an
der Grenze zwischen dem oberen und mittleren Drittel des
Figur 5. Luftröhrenschnitt. a Schnittstelle.
vorderen Halsrandes der Lange nach auf 8—10 cm durch-
schnitten und die nun freiliegenden Luftröhrenringe werden
in derselben Richtung auf eine Strecke von 5—6 cm gespalten
(Fig. 5). In die Wunde der Luftröhre steekt man zwei Finger
hinein und erweitert sie, sodafi die Luft frei eintreten kann.
Droht nicht Erstickungsgefahr, sondern ist die Atmung
nur schwierig, so überlafit man dièse Opération besser dem
Tierarzt, andernfalls aber schafft man auf obige Weise bis
zur Ankunft des Sachverstandigen dem Tiere Luft, da es
sonst erstickt.
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Kolik.
15
Kolik.
Mit dem Namen „Kolik" wird viel Unfug getrieben.
Sobald ein Pferd nicht frifit, mit den Vorderfüfien scharrt,
sich öfter hinlegt und aufsteht, heifit es sofort, das Pferd
hat Kolik und es wird mit meist nicht passenden oder direkt
schâdlichen Mitteln dagegen vorgegangen. Abgesehen davon,
dafi Pferde aus Langerweile scharren, dafi von der Arbeit
ermüdete Pferde oft nicht fressen, wenn sie in den Stali
kommen, sondern sich hinlegen und sich sogar walzen, ist
das oben beschriebene Verhalten der Pferde nur ein âuBerer
Ausdruck für Unbehagen oder Schmerzen, weiche ihren Sitz
oft in der Bauchhöhle haben, aber auch durch Krankheiten
an anderen Körperstellen bedingt sein können. Von den
vielen Erkrankungen in der Bauchhöhle, weiche obige Er-
scheinungen erzeugen, mogen nur einige hier aufgeführt
werden, urn zu zeigen, wieviel mit dem Begriffe „Kolik"
gesündigt wird und wie fehlerhaft die schablonenhafte
Behandlung dièses Leidens ist. Es kann vorliegen: Schlund-
verstopfung, Magenverstopfung, MagenzerreiBung, Dünn-
darmverstopfung, Dünndarmverschlingung, Dünndarmein-
schiebung, Dünndarmverlagerung, Dünndarmentzündung,
Blinddarmverstopfung, Blinddarmlahmung, Grimmdarmver-
stopfung, Grimmdarmentzündung, Axendrehung des Grimm-
darmes, Darmkata rhe, Durchfalle usw., Bauchfellentzündung,
Bauchbrüche, Geburtshindernisse und falsche Wehen, Milz-
brand usw. So verschieden diese einzelnen der Kolik
zugrunde liegenden Krankheiten sind, so schwierig ist
auch ihre Erkennung und so wenig kann es eine allen
gemeinsame Behandlung geben. Erst durch eingehende
tierarztliche Untersuchung kann die Ursache und die
erforderliche Behandlung festgestellt werden. Bis zum
Eintreffen tierarztlicher Hilfe ist deshalb dafür zu sorgen,
dafi sich die Tiere durch ungestümes Hinwerfen keine
Verletzungen zuziehen oder der Zustand nicht noch ver-
schlimmert wird.
Zunâchst wird den Pferden jegliches Futter und Getrank
entzogen. Man bringt sie in einen Stali allein oder, wo dies
nicht geht, entfernt man die Nachbarpferde, damit diese
nicht durch die Kranken beschadigt werden. Ferner sorgt
man für weiche Unterlage; sehr geeignet sind Raume mit
weichem Sand-, Torf- oder Lohboden. Gegenstande, an denen
die Kranken sich verletzen können, werden entfernt. Liegen
die Pferde ruhig, so lâfit man sie liegen. Das Walzen wird
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Kolik.
16
ihnen nur dann nicht gestattet, wenn sie es so heftig aus-
führen, dafi sie sich verletzen.
Legen sich die Pferde fortwahrend hin und springen
wieder auf oder werfen sie sich sehr ungestüm hin, dann
nimmt man sie aus dem Stali und lafit sie umherführen.
Bewegen in schnelleren Gangarten (Trab oder Galopp) sind
nicht erforderlich, sie können sogar schâdlich wirken.
Abreiben des Bauches mit Strohwischen ev. nach vor-
herigem Besprengen der Haut mit Kampherspiritus (Terpentinöl
reizt stark und ist nicht ungefahrlich) sind oft vorteilhaft und
jedenfalls unschadlich, wenn sie nicht übertrieben werden,
da durch sehr starkes Reiben Hautentzündungen entstehen.
Einwickeln des Leibes in Decken, eventuell nachdem ein
feuchter Sack oder ein leinenes Bettuch zuerst umgelegt
worden ist (Priefinitzsche Umschlage), ist nur zu empfehlen,
wenn keine Auftreibung des Bauches besteht. Besteht solche,
so empfehlen sich eher kalte Begiefiungen des Bauches, die
jedoch nur im Sommer ausführbar sind.
Klystiere von kaltem Wasser oder Seifenwasser in den
Mastdarm dürfen nie mit einer Spritze gemacht werden, weil
dadurch leicht Verletzungen des Mastdarmes verursacht
werden und diese zuweilen Lebensgefahr erzeugen. Unge-
fahrlich erfolgt das Einfüllen solcher Flüssigkeiten, indem man
das eine Ende eines Gummischlauches durch den After in
den Mastdarm steekt und das andere Ende mit einem Trichter
versieht, letzteren hochhâlt und in ihn die Flüssigkeit einfüllt.
Auch die für den Menschen viel benützten Irrigatoren eignen
sich hierzu. Wegen der Verletzung des Mastdarmes und
deren Folgen ist auch das Eingehen mit der Hand in den
Mastdarm zu unterlassen, zumai es keinen grofien Wert für
die Behandlung der Kolik hat, sondern dem Tierarzte fast
ausschliefilich für die Erkennung des ursachlichen Leidens
bei der Kolik dient.
Die angeblich bei Kolik oft vorhandene Harnverhaltung
ist eine Tauschung und wird durch Reizung der Blase ver-
ursacht. Ueberdies können die Pferde, da sie sich alle
Augenblicke zum Hamen anstellen, nicht fortwahrend Harn
absetzen.
Das leider vielfach seitens der Laien übliche schablonen-
hafte Anwenden von Arzneimitteln (Eingeben oder Spritzen
unter die Haut) kann nicht genug getadelt werden, weil
dadurch mehr Schaden als Nutzen gestiftet wird. Die An-
wendung dieser Mittel hangt von der genauen Erkenntnis der
Ursache der Kolik ab und ist Sache des Tierarztes.
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Harnverhaltung. — Baiichbriichc. — Mastdarmvorfall.           \~i
Harnverhaltung.
Dafi Pferde den Harn nicht absetzen können, weü ein
Blasenkrampf vorliegt, kommt sehr selten vor, meist handelt
es sich um Hindemisse in den Harnwegen (Harnsteine), die
operativ entfernt werden mussen, oder um die Gewohnheit
mancher Pferde, nur ini Stali oder auf Streu Harn zu ent-
leeren. Wo also ein Pferd wirklich Harnverhaltung zeigt,
bringt man es zunachst in den Stali oder streut ihm etwas Stroh
unter, tritt dann trotzdem kein Harnabsatz ein, obgleich das
Pferd sich zum Stallen anstellt, so liegen besondere Ursachen
vor, deren Beseitigung der Tierarzt sofort vornehmen mufi.
Alle Einreibungen des. Schlauches sind in solchen Fallen
zwecklos, meist sogar schadlich, weil sie Entzündungen dièses
Teiles verursachen.
Bauchbrüche.
Alle am Bauche des Pferdes, insbesondere am Hoden-
sacke des Hengstes und am Euter der Stute plötzlich
auftretenden, scharf begrenzten Anschwellungen sind ver-
dachtig, dafi es sich um Bruche handelt. Treten dazu,
namentlich bei Hengsten, Kolikerscheinungen, so sind zweifel-
los Darmteile aus der Bauchhöhle herausgetreten und ein-
geklemmt (eingeklemmter Bruch). In solchen Fallen versuclit
man durch vorsichtiges und sanftes Kneten des Bruches die
ausgetretenen Teile in die Bauchhöhle zurückzuschieben,
vermeidet aber jede Gewalt oder gar die Anwendung von
Messer, Trokaren usw. Gelingt das Zurückbringen des
Bruches nicht gleich anfangs, dann muss der Tierarzt sofort
gerufen werden, um die eventuell nötige Opération vorzu-
nehmen. Bis dahin kann man durch Kühlen mit kaltem
Wasser die Bildung von Gasen im ausgetretenen Darme
beschranken. Sind die Pferde sehr unruhig (Kolik), dann
treten die S. 15 ff. erwahnten Maönahmen ein.
Mastdarmvorfall.
Bei Fohlen, seltener bei erwachsenen Pferden, tritt durch
starkes Drangen der Mastdarm in mehr oder weniger erheb-
licher Lange aus dem After heraus (Vorfall). Bei dem Versuche,
denselben zurückzubringen, mufi mansehrvorsichtigverfahren,
da jedeauch noch so kleine Verletzung des Mastdarmesleichtzu
bösen Folgen führt. Gelingt das Zurückbringen nicht alsbald
oder ist es schwierig, so überlafit man dies dem Tierarzte,
Friok, Dìo erste Hüfe.                                                          2
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13 Ivreuzverschlag, akute Kreuzlâluming — Hufrehe, Hufverschlag, Relie.
weil die Tiere nötigenfalls dazu betâubt (narkotisiert) und
auch operative Eingriffe vorgenommen werden mussen. Bis
zur Ankunft des Tierarztes wascht man den herausgetretenen
Mastdarm sauber ab und sorgt dafür, dafi er nicht verletzt
wird. Die Pferde werden an einen dunklen Ort gebracht,
wo keine Fliegen sind, und am Scheuern verhindert. Der
Schweif wird zur Seite an den Deckengurt gebunden.
Kreuzverschlag, akute Kreuzlâhmung.
Schwere Lastpferde (Belgier), aber auch sonst gut
genahrte andere Rassen vertragen es nicht gut, wenn sie
mehrere Tage ohne Arbeit bezw. Bewegung im Stalle stehen.
Sie fangen dann zuweilen schon im Stali oder aber kurze
Zeit nach Beginn der Arbeit, die auf solche Feiertage folgt,
plötzlich an zu schwitzen, lahmen oder stolpern mit dem
einen oder anderen Hinterbeine, werden wackelig im
Kreuz usw. Lafit man die Tiere in diesem Zustande weiter
arbeiten oder zwingt sie, weiter zu genen, so brechen sie
schliefilich zusammen und können sich nicht mehr erheben.
Das beste Mittel zur Verhütung des Leidens ist tagliche
Bewegung (auch an Ruhetagen) und ein Abzug am Futter
an solchen Ruhetagen. Ist die Krankheit eingetreten, so ist
jede weitere Bewegung (also auch der Fufitransport nach
dem Stalle) schadlich. Ist kein Transportwagen vorhanden,
so lafit man die Tiere gut eingedeckt an Ort und Stelle stehen.
Im Winter kann man zum Schutze gegen Wind und Wetter
eine Wand aus Strohbündeln urn den Patiënten herumbauen.
Können sich die Pferde nicht mehr erheben, dann mussen
sie mittels Wagen oder Schleife in den nâchsten Stali gefahren
und weich gelagert werden. Das vielfach übliche Eingraben
in Schafdünger ist zwecklos und daher zu vermeiden. Die
Behandlung des Kranken überlafit man dem Tierarzte.
Hufrehe, Hufverschlag, Rehe.
Durch Verfüttern von Roggen, Gerste, Weizen, Bohnen,
frischem Klee, frischem Heu oder frischem Hafer, ferner
durch langer dauemdes Traben auf hartem Boden ziehen
sich Pferde eine Entzündung der Huflederhaut zu, meist auf
beiden Vorder-, zuweilen auch gleichzeitig auf den Hinter-
beinen. Solche Pferde gehen steif und getrauen sich nament-
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Kronentritt — Nageltritt.
lich auf hartem Boden und beim Umdrehen nicht zuzutreten.
Oft liegen sie andauernd im Stali und stöhnen bei
Bewegungen. Der Appétit ist meist erhalten.
Solchen rehekranken Pferden soli man niemals die Eisen
abreifien, weil sie dann garnicht mehr stehen können. Man
macht den Kranken eine weiche Streu, entzieht ihnen jeg-
liches Futter und schlagt die Hufe in nasse Lappen ein.
Kann man die Hufe dauernd mit fliefiendem Wasser berieseln,
so ist dies besser. Das Einstellen in Flüsse, Bâche usw. ist
nur in leichten Fâllen möglich, in schwereren Fâllen halten
die'Pferde das dauernde Stehen nicht aus. Die innere und
aufiere Behandlung der Rehe muB sofort nach Beginn der
Krankheit einsetzen, wenn sie
baldigen Erfolg haben soli. Der
Tierarzt ist daher so früh als
möglich zuzuziehen.
Kronentritt.
Alle durch stumpfe, quetschen-
de Gewalt an der Hufkrone ent-
standenen Verletzungen bergen
die Gefahr derBlutung undlnfek-
tion in sich, sind aber besonders
gefâhrlich, weil nicht selten tiefer
gelegene Teile(Hufgelenk,Sehne,
Hufknorpel) verletzt sind und
überdies nicht selten Störungen
in derBildung derWand zustande
kommen. Solche Verletzungen
mussen daher sofort wie alle
Figur 6.
Verband bei Kronentritt.
Wunden (s. S. 8ff.) behandelt und
miteinem Schutzverbande (Fig.6)
versehen werden, damit der Tier-
arzt, wenn er die weitere Behandlung (Opération) vornimmt,
gunstige Bedingungen dafür vorfindet. Man soli jeden, auch
den leichtesten Kronentritt sofort nach der Entstehung sorg-
faltig behandeln und tierarztliche Hilfe zuziehen.
Nageltritt.
Unter Nageltritt sind alle Stichverletzungen an der
Sohlenflâche des Hufes, durch weiche Körper sie auch ent-
standen sein mogen, zu verstehen. Da auch bei Nageltritten
2*
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Nageltritt.
20
die Schwere der Verletzung verschieden ist, so ist selir früh-
zeitige Behandlung erforderlich. Die Sohlenflâchen der Hufe
sollen jeden Tag ge-
reinigt und auf das
Vorhandensein von ein-
gedrungenen Fremd-
körpern (meist am Stralli
und in den Strahl-
furchen) untersucht und
letztere entfernt werden.
Da die Fremdkörperfast
oline Ausnahme in der
Richtung von vorn
(Zehe) nach hinten
(Ballen) eindringen, sind
sie durch Zug nach der
Zehe zu zu entfernen.
Das Horn in der Nacli-
barschaft des Stich-
kanales wird dünn ge-
schnitten, die ganze
Figur 7. Splintverband.
Sohlenflache sorgfaltig
abgewaschen und dann
auf die Stichwunde ein
Gaze-, Heede- oder
Wattebausch gelegt, der
mit einem Desinfek-
tionsmittel (s. S. 9)
feucht erhalten wird.
Die Befestigung des
Bausches erfolgt durch
einen sogen. Splint-
verband (Fig. 7)
oder mittels Deckeleisen
(Fig. 8). Da eine er-
folgreiche Behandlung
des Nageltrittes in der
Regel nur durch früh-
zeitige Opération mög-
lich ist, lafit man Pferde
mit Nageltritt nicht
Figur 8. Deckeleisen.
                mehr arbeiten (auch
wenn die Lahmheit
nur gering ist) und holt das Gutachten des Tierarztes ein.
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Geburtshilfe. — Gebârmuttervorfall.                         21
Geburtsliilfe.
Unter normalen Umstânden wird das Fohlen nach Ab-
latif der Trachtigkeit ohne Hilfe geboren. Es ist daher
das Ziehen an den Beinen, welche das Fohlen aus der
Scheide der Mutter heraussteckt, in der Regel überflüssig
und, sofern eine fehlerhafte Lage des Fohlens vorhanden
ist, sogar ein Fehler, weil dadurch die fehlerhafte Lage noch
verschlimmert wird. Man halte sich stets gegenwartig, da6
die Geburt sich nicht in wenigen Minuten vollzieht, sondern,
namentlich bei Erstgebarenden, Zeit (bis mehrere Stunden)
erfordert und dafi daher eine gewisse Geduld notwendig ist.
Geht der Geburtsakt nicht von selbst vor sich, dann liegen
Hindernisse in den Geburtswegen oder vonseiten des Fohlens
vor, die erst ihrem Wesen nach genau festgestellt und dann
beseitigt werden mussen. Ohne letztere Mafinahmen hat
Ziehen an den Beinen des Fohlens nicht nur keinen Zweck,
sondern ist ein direkter Fehler, der meist denErfolg hat, dafi der
schliefilich gerufene Tierarzt einen verzweifelten und oft un-
heilbaren Zustand vorfindet, welcher der Stute verderblich wird.
Die erste Hilfe mufi sich daher bei fohlenden Stuten
darauf beschranken, die in einem Laufstande frei bewegliche
Stute zu überwachen und den Geburtsakt nicht durch vor-
zeitige Eingriffe zu storen. Wenn die Geburt wirklich nicht
vorwarts geht, dann mufi die Ursache dafür zunachst fest-
gestellt werden, ehe irgèndwelche Eingriffe unternommen
werden. Die dazu nötige innere Untersuchung der Geburts-
wege überlafit man am besten dem möglichst bald zuzu-
ziehenden Tierarzte, weil die Untersuchung bereits Nachteile
bringen kann. Das Eingehen in die Geburtswege ist ohne
vorherige Desinfektion der Hande und Arme gefahrlich, weil
dadurch leicht Gebarmutterentzündungen entstehen.
Sind die Vorderbeine und der Kopf oder das Hinterteil
des Fohlens bereits aus der Scham herausgetreten und die
Geburt macht keine Fortschritte, dann ist ein vorsichtiger
gleichmafiiger Zug an den Vorder- bezw. Hinterbeinen zur
Unterstützung der Austreibung am Platze. Geniigt dieser
Zug nicht, um die Geburt zu vollenden, dann ist die
Beseitigung etwaiger Hindernisse dem Tierarzte zu überlassen.
Gebârmuttervorfall.
Nach beendigter Geburt stulpt sich zuweilen die Gebâr-
mutter durch die Scham nach aufien hervor (sie fâllt vor).
i
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Gebitrmuttervoi'fall.
22
Dièses Ereignis ist sehr bedenklich und erfordert sofortiges
Zurückbringen der Gebarmutter durch den Tierarzt, da die
Stuten infolge heftigen Drangens und wegen der Unruhe dazu
oft betâubt werden mussen. Bis zur Ankunft des Tierarztes
legt man die Gebarmutter auf ein reines Leinentuch und
spült sie mit abgekochtem lauwarmen Wasser sorgfaltig ab.
Beschadigungen der vorgefallenen Gebarmutter sind auf
jeden Fall zu vermeiden und die Stute muö daher nötigen-
falls, wenn sie sehr unruhig ist, am Erdboden festgehalten
werden (s. S. 12).
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Druck: Heider Anzeiger, G. m. b. H., Heide in Holstein.