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DIENST r^ra
Die spanische Republik wünscht sehn-
lichst, an der allgemeinen Befriedung mit-
zuarbeiten, welche dem Gemeinwohl aller
Völker dient und gleichzeitig den Schutz
unserer nationalen Interessen sichert.
umente
WÖCHENTLICHER AUSZÜfi AUS UNSEREM "SERVICIO ESPAÑOL DE INFORMACIÓN"
Barcelona, 27 Dezember 1937
Nummer 1
Av. 14 de Abril, 556
DIE MILITÄRISCHE SITUATION
DIE EINNAHME VON TERUEL
grosser strategischer Bedeutung für die Republikaner.
Sie bekommen dadurch eine neue kürzere Verbindungs-
strasse mit Madrid und koennen auf diese Weise Trup-
pen und Material von der Aragonfront nach der Zen-
tralfront, und emgekehrt, shneller und besser transpor-
tieren. Die Entfernung zwischen Alcañiz, dem zentralen
Knotenpunkt eines grossen Abschnittes der Aragon-
front, und Madrid ist um 110 Km. kürzer über Teruel als
über Valencia. Die Strecke von Alcañiz nach Guadala-
jara verkürzt sich um 135 Km.
Die Einnahme von Teruel und dem anschliessenden
Terrain bedeutet für die Republikaner einen Nettogewinn
von mehreren Hundert Quadratkilometern, ausser dem
an Kohle und Eisen, welches für die Kriegsindustrie so
notwendig ist, und setzt sie in den Besitz von einer der
holzreichsten Gebiete Spaniens.
In dem Augenblick wo diese Zeilen geschrieben
werden, sind viele Hunderte von Genfangenen auf dem
Wege nach Valencia und Sagunt. Die Einkreisung der
Stadt ging so schnell vor sich, dass kaum jemand ent-
kommen konnte. Und sämtliches Kriegsmaterial, wel-
ches die Rebellen hier konzentriert hatten, fiel den Re-
publikanern in die Hände.
Man wird sich erinnern, dass, als Herr Negiin die
ausländischen Journalisten, nach der Übersiedlung der
Regierung nach Barcelona, empfing, ein englischer
Journalist ihn fragte, wo er sie das nächste Mal empfan-
gen würde. Darauf antwortete Herr Negrin in fliessen-
dem Englisch: «Genau kann ich es Ihnen nicht sagen.
Aber vielleicht in Zaragossa». Der Empfang wird zwar
nicht in Zaragossa stattfinden, aber dieses Jahr kann
Herr Negrin den ausländischen Journalisten die Neu-
jahrswünsche in Teruel aussprechen.
terhaltung der Verteidigung von Teruel schon lange ein
Fehler von Seiten der Rebellen.
Wenn Teruel im Anfang ein bedrohlich vorgescho-
benes Bollwerk bildete, welches das Glück oder, um
genauer zu sein der Verrat der Guardia Civil den Rebel-
len zu Beginn des Aufstandes in die Hände spielte, ein
Bollwerk, welches die republikanischen Verbindungen
an der Mittelmeerküste abzuscheneiden drohte, so ver-
wandelte es sich später in eine Gefahr für die Rebellen
selbst. Das hat öer gute Erfolg der republikanischen Of-
fensive zweifellos bewiesen. Es gab für Franco dennoch
aus Prestigegründen keinen anderen Ausweg, als Teruel
um jeden Preis zu halten, denn der Entschluss, die Ein-
kreisung nach der Küste hin zu durchbrechen, brachte
den Namen Teruels auf aller Lippen, sowohl auf dem
Rebellengebier, als im Auslande. Er konnte seine Trup-
pen nicht zurückziehen und Teruel den Republikanern
überlassen, wenn ihn auch das Beharren ungeheure
Opfer an Menschen und Material kostete. Aus dem-
selben Grunde sah Franco sich gezwungen, als Teruel
bereits umzingelt und seine Verbindungen abgeschnit-
ten waren, Tausende seiner besten Truppen zu opfern,
in dem zwecklosen Versuch, den Ring zu dulchbrechen
und der belagerten Stadt Hilfe zu bringen. In einer
Attacke, welche diese zu Hilfe herbeigezogenen Rebel-
lentruppen in einer Ebene nahe bei Concud unternah-
men, boten sie der auf den Hoehen postierten republika-
nischen Artillerie eine glänzende Zielscheibe und mus-
sten sich in voller Aufloesung surückziehen, wobei sie,
nach vorsichtiger Schätzung, etwa 40 Prozent ihrer Trup-
pen verloren.
Abgesehen von der ungeheuren moralischen Wirkung
innerhalb der republikanischen Armee und im regie-
rungstreuen Hinterland, ist die Einnahme von Teruel von
Der Fall von Teruel am Nachmittag des 21 Dezember
war der Hoehepunkt der Operationen, welche das repu-
blikanische Heer während der letzten Woche unternom-
men hatte.
Dieses Heer hat, indem es, völlig überraschend für
die Rebellen, am Morgen des 15 Dezember mit seinem
Angriff begann, Tag für Tag, mit der Präzision einer
Uhr, die Pläne des Generalstabs ausgefürt. Vielleicht
waren die dramatischsten Operationen diejenigen des
ersten Tages, als die beiden Kolonnen, denen die Aus-
führung des gleichzeitigen überraschungvorstosses von
Norden noch sten und von Süden nach Westen, aufge-
tragen war auf halbem Wegen zwischen Campillo und
Concud miteinander Fühlung nahmen. Dieser Vorstoss,
welcher die Rebellentruppen mit einem eisernen Ring
umschloss, besiegelte das Schicksal von Teruel. Der
Operationsplan war nicht weniger genial als die Art
seiner Ausführung. Teruel, bei dessen Befestigungen
die deutschen Techniker ihre glänzenden Talente be-
währt hatten, schien uneinnhmbar. Dennoch tat das re-
publikanische Heer die ganze Operation mit weit ge-
ringeren Verlusten ausgeführt, als die vorhergehenden.
Die Erklärung für diese erstaunlicher Tatsache ist die,
dass, vielleicht mit der einzigen Ausnahme von Concud,
keine der stark ausgebauten Befestigungen der Rebellen
von der Front her angegriffen wurde. Die republikanische
Oberleitung benutzte die schwachen Punkte der Vertei-
digungslinie der Rebellen und schob einen Keil in das
feindliche Hinterland. Auf diese Weise waren die feind-
lichen Streitkräfte voneinander getrennt und wurden
ohne grosse Mühe vom Rücken her besiegt. So fiel
während der sieben Tage des Angriffs eine Position
nach der anderen in die Hände der Republikaner,
während der Kreis des faschistischen Gebietes um Te-
ruel immer kleiner worde. Schliesslich galt es nur noch
die obere Stadt, auf der Hoehe von Santa Bárbara und
El Mansueto im Osten zu erobern. Die Endoperation
bestand darin, einen Keil zwischen Teruel und diese
Stellungen zu schieben. Die republikanischen Truppen
drangen zu gleicher Zeit von Norden, Nordwesten und
Süden in die Stadt ein.
Der siegreiche Angriff, der mit der Einnahme von
Teruel endete, bedeutet einen Hoehepunkt, oder besser
gesagt ein Reifezeugnis für das Volksheer. Es ist die
logische Folgerung der Erfahrungen, welche in der Casa
de Campo, in Segovia, in Brúñete und in Belchite gesam-
melt wurden. In jedem dieser Angriffe entwickelte das
junge republikanische Voksheer mehr Schlagkraft, mehr
Beweglichkeit und mehr Einheitlichkeit, als im vorher-
gehenden. In den Gegenangriffen von Guadalajara und
Pozoblanco war dieses Heer imstande, die schlechtge-
fütrten italienischen Streitkräfte zu schlagen. Jetzt hat
es seine Ausbildung noch vervollkommt und sich fähig
erwiesen, in einer Schlacht ersten Ranges, in welcher
es der angreifende Teil war, alle ihm gesetzten Ziele
zu erreichen. Ein deutlicher Beweist dafür ist, dass an
dem Angriff auf Teruel kein einziger Ausländer teilge-
nommen hat und dass man auch nicht zu den Reserven
hat greifen müssen. Der Oberst Hernández Saravia, der
seit dem Herbst dieses Jahres das Kommando über die
republikanische Armee der Teruel-Front übernommen
hat ist derjenige, welcher den Plan zu der Offensive
entworfen und sie geleitet hat. Er, gemeinsam mit dem
General Rojo, Chef des Generalstabs. Diese beiden
Männer gehoerten zur alten spanischen Armee und sind
der Republik treu geblieben. Am Dienstag, gleich nach
der Nachricht von der Einnahme von Teruel, befoerderte
die Regierung Saravia telegraphisch zum General. Sa-
ravia und Rojo sind die beiden einzigen Männer, wel-
che wahrend dieses Krieges zu Generälen befoerdert
wurden.
Vom militärischen Standpunkt aus war die Aufrech-
Der neue französische Botschafter in Spanien überreicht
S. L, dem Präsidenten der Republik, das
Beglaubigungsschreiben
Die Rede des französischen
Botschafters
Herr Präsident :
Ich habe die Ehre E. E. das Beglaubigungsschrei-
ben meines Vorgängers, des Herrn Herbette, sowie
diejenigen, welche meine Ernennung für den Posten
eines Botschafters der französischen Republik bestäti-
gen, zu überreichen.
E. E. können versichert sein, dass ich alles daran
setzen werde, um mich einer so hohen Mission würdig
zu erweisen. Ich gebe mich der Hoffnung hin, dass mir
dabei die langjährige Fühlungnahme mit Ihrer Nation
zu gute kommen wird, die Kenntniss ihrer Eigenart,
ihrer Expansionsfähigkeit, welche ich persönlich auf
den afrikanischen und amerikanischen Kontinenten zu
bewundern Gelegenheit hatte und nicht zuletzt
die tie-
fe Zuneigung, welche ich für Ihr Volk empfinde.
Für meine Aufgabe werde ich mich durch die Ge-
fühle inspirieren lassen, die mein Volk in seinem Herzen
beherbergt, die seinem politischen Leben die Richtli-
nien geben und sein Ideal ausmachen: nämlich die
Achtung vor der Persönlichkeit, vor der Freiheit des
Gedankens und der freien Meinungsäusserung; der
Wille zur sozialen Gerechtigkeit und die Hoffnung auf
eine wahrhafte Verbrüderung der Völker untereinan-
der. Geleitet von diesen Motiven, gebe ich der Hoff-
nung Ausdruck, dass ich sowohl bei E. E. als auch bei
der spanischen Regierung auf dauernde fruchtbare
Zusammenarbeit rechnen kann.
Die schweren Zeiten, welche Spanien durchmacht,
und welche zahllose Beweise von der legendären Tap-
ferkeit seiner Bewohner geben, haben gleichzeitig neue
Bestrebungen entstehen lassen und im Dienste dieser
neuen Ziele einen Opfergeist und eine Aufopferungs-
bereitschaft erzeugt, welche auf das wunderbarste be-
stätigen, bis zu welchem Grade sich die Geschicke Spa-
niens der Tapferkeit und Würde ihrer Söhne entspre-
chend gestalten werden.
Es sei mir gestattet, Herr Präsident, den heissen
Wunsch zu äussern, dass meine Mission mir die tiefe
Genugtuung verschaffe, auf spanischem Boden die Wie-
derkehr eines Friedens zu erleben, welcher allen Mit-
bürgern die grundlegenden Elemente sowohl geistiger
und moralischer Freiheit, als auch materiellen Wohl-
ergehens sichert.
Die Antwort des Staatschefs
Herr Botschafter :
Es bereitet mir hohe Genugtuung, aus Ihren Hän-
den das Dokument zu empfangen, welches Sie als Bot-
schafter der französischen Republik bestätigt, gleichzei-
(Foxtsetzung auf der nächsten Seite)
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Seite 2                                                                        Spanischer Informationsdienst                                                       27 Dezember 1938
gegen die sich ein Teil der Staatsangehörigen mit be-
waffneter Hand erhoben hat. Für uns sowohl, wie für
das gesamte Europa, ist die erste Frage die ernstere.
Das spanische Territorium, welches dank seiner geo-
graphischen Lage zwischen zwei Meeren einige der
wichtigsten Wasserstrassen der Welt beherrscht, hat
schon allzu oft im Laufe der Geschichte den Eroberern
als Lockspeise dienen müssen. Das ist auch ein Grund
dafür, dass die Geschicke Europas sich schon mehr-
mals auf unserem Boden entschieden haben. Wir sind
der Überzeugung, dass dieses auch heute wieder der
Fall ist. Die unerschütterliche Energie, mit der meine
Landsleute die Prüfungen, welche ihnen auferlegt sind,
ertragen, und denen sie im Verlaufe Ihrer Rede einige
Worte der Bewunderung gewidmet haben, für die ich
Ihnen meinen Dank ausspreche, wurzelt zum grössten
Teil in dieser Überzeugung : dass diejenigen, welche
die Republik verteidigen, das heisst also ein nationales
Regime der Freiheit, gleichzeitig noch etwas anderes
verteidigen, nämlich das Prinzip der menschlichen
Würde. Und kein spanisches Herz ist unempfindlich
gegenüber historischer Grösse.
Die spanische Regierung hat niemals danach ge-
trachtet, diesen Konflikt zu ver grössern. Nie hat sie
versucht, unser Geschick mit den nationalen Interes-
sen anderer Völker zu verknüpfen, welche sie heilig
achtet, wie sie auch verlangt, dass die unserigen geach-
tat werden. Die Regierung hat immer gewünscht, dass
der innere Konflikt unseres Landes auf unser Land
beschränkt und isoliert bleibt. Darunter ist aber kei-
neswegs zu verstehen, dass diese Beschränkung und Iso-
lierung und die Verhinderung der Ausdehnung des
spanischen Konfliktes auf andere Länder nichts weiter
sein soll, als eine Beschränkung der verheerenden Wir-
kung der Eroberungstendenzen und der Vergewalti-
gung des internationalen Rechtes auf Spanien ; sondern
darauf muss hingearbeitet werden, dass diese Verge-
waltigungen und Verheerungen auch in Spanien auf-
hören. Alles andere hiesse den Konflikt nicht isolieren,
sondern ihn unterstützen.
Der Gewalt soll nicht Gewalt entgegengesetzt wer-
den, sondern Recht. Das ist der Geist der Erklärungen,
welche die Regierung soeben veröffentlicht hat. In die-
sen Zeiten allgemeiner Verblendung muss die Prokla-
mierung der Prinzipien der Freiheit, der Achtung vor
den nationalen Rechten und dem Rechte der Völker
auf Selbstbestimmung ausserordentlich naiv anmuten.
Aber wir glauben trotzdem, dass diese Worte nicht
zwecklos sind.. Auch wenn die herrschende Brutalität
sie verneint. Ihr Wert bleibt unberührt davon, ob
mächtige Armeen hinter ihnen stehen oder nicht. Un-
seren Glauben teilt die grosse Masse der zivilisierten
Völker, welche nichts anderes wollen, als in Frieden
leben und arbeiten ; und einen ganz besonderen Anteil
daran nimmt Ihr eigenes Volk, von dessen Gefühlen
Sie uns ein so treffendes Bild gegeben haben. Und das
liegt nicht nur daran, dass diese Gefühle die Basis
unserer gemeinsamen Zivilisation bilden, sondern an
den schweren Prüfungen, welche Ihre grosse Nation
siegreich zu überwinden verstanden hat, in der Vertei-
digung ihrer Freiheit und Unabhängigkeit, welche un-
trennbar mit jenen Prinzipien verbunden sind. Von
diesem Geiste beseelt, ist die spanische Regierung im
Rahmen der Anerkennung unserer Oberhoheit, unse-
rer republikanischen Institutionen und der effektiven
politischen Freiheit aller spanischen Bürger, stets be-
reit, an jeder kollektiven Bemühung teilzunehmen,
welche die Wiederherstellung und Befestigung der in-*
ternationalen Ordnung zum Ziele hat.
Ich bin tief bewegt von der Aktivität Ihrer Frie-
densauguren, welche für die geistige und moralische
Freiheit und das materielle Wohlergehen Spaniens
eintreten. Ich wünsche sehnlichst, ihre Bemühungen
von Erfolg gekrönt zu sehen. Das wird der Republik,
welche auf ihrem Wege nicht ein Atom von ihrer Auto-
rität einbüssen darf, den Frieden sichern. Frei von
äusserer Einmischung werden die Spanier bald mit
ihrem Zwist fertig werden. Der Frieden der Republik,
als politischer Ausdruck eines Systems der Freiheit
und sozialen Gerechtigkeit, wird gleichzeitig ein spani-
scher, ein nationaler Friede sein. Niemand fasst hier
die Dinge anders auf. Sobald die Waffen ruhen, wird
das spanische Volk in seiner Gesamtheit, wieder im
Vollbesitz seiner Rechte, dazu aufgerufen werden, sei-
nen Willen kund zu tun. Das, was es beschliessen
wird, wird respektiert werden. Sie können versichert
sein, Herr Botschafter, dass Sie, im Kriege wie im
Frieden, unter uns ausser der tief wurzelnden Sympa-
thie für Ihr Vaterland, sowohl von meiner Seite, als
auch von Seiten der- Regierung, den aufrichtigsten
W'unsch vorfinden, Ihnen die Ausübung Ihrer Funk-
tion zu erleichtern, wobei Ihnen die tiefschürfende
Kenntnis, welche Sie von dem Charakter unseres Lan-
des und seiner besonderen Eigenart besitzen, Ihre
Sie, Herr Botschafter, aufs herzlichste willkommen
Sie, Herr Botschafter, aufs Herzlichste willkommen
und sprechen Ihnen meine aufrichtigsten Wünsche für
den Frieden und das Gedeihen Frankreichs aus.
tig mit dem Beglaubigungsschreiben Ihres Vorgängers,
des Herrn Herbette.
Ihre werte Anwesenheit unter uns, Herr Botschaf-
ter, fällt mit einem der dramatischsten Momente un-
serer nationalen Geschichte zusammen. Der innere
Aufruhr, welcher—wenn er auf seine eigenen Kräfte
beschränkt geblieben wäre,—angesichts des energischen
Widerstandes des spanischen Volkes zum Scheitern
verurteilt war, hat ganz gegen unseren Wunsch eine
Unruhe in Europa ausgelöst welche den allgemeinen
Frieden bedroht. Sic bedroht den Frieden, weil die
Ursachen, welche diesen Konflikt andauern lassen,
gleichzeitig mit dem Rechte des spanischen Volkes
auf freie Selbstbestimmung, auch die Grundlagen des
internationalen Rechtes, auf denen der Frieden ba-
siert, vergewaltigen. Wenn wir alle davon reden,
den bedrohten Frieden zu bewahren, so sprechen
wir, strenggenommen, eine nur relative Wahrheit aus :
gemeint ist damit der Frieden, welcher in Europa und
in der Welt noch existiert. Denn tatsächlich ist der
Frieden bereits gebrochen. Die ernsten und verantwor-
tungsbewussten Staatsmänner haben anerkannt, dass in
Spanien ein nicht erklärter, exterritorialer Krieg ge-
führt wird. Deshalb wird es richtiger sein, zu sagen,
dass es sich darum handelt, den Frieden, da wo er ge-
brochen ist, möglichst rasch wiederherzustellen. Die
spanische Republik wünscht sehnlichst, an der allge-
meinen Befriedung mitzuarbeiten, welche dem Ge-
meinwohl aller Völker dient und gleichzeitig den Schutz
unserer nationalen Interessen sichert.
Wir sind der Ansicht, dass der richtige Weg darin
besteht, den inneren spanischen Konflikt, sowohl in den
rechtlichen als auch in den realen Beziehungen, von den
Faktoren der internationalen Verwirrung, welche jenen
unterstützen und für ihre Zwecke ausnutzen, zu
trennen.
Wenn die Republik nicht mehr die Unabhängigkeit
Spaniens gegen den Eindringling wird verteidigen
müssen und als ihre Aufgabe nur die Wiederherstel-
lung des Rechtes im ganzen Lande wird betrachten
können, dann wird auch die Ruhe in Europa wieder-
eintreten und man wird einen definitiven Schritt zur
Wiederherstellung der Legitimität in unserem Lande
getan haben. Ich glaube es ist unnötig zu betonen, Herr
Botschafter, dass die Haltung der Republik gegenüber
den beiden Seiten des Problems eine durchaus verschie-
dene ist. In Bezug auf die erstere sind wir ein in seiner
Unabhängigkeit bedrohtes Volk. In Bezug auf die
zweite befinden wir uns in der Lage einer Regierung,
Lloyd George gibt Negrin recht
Die spanischen Monarchisten ha-
ben den Bürgerkrieg mehr als zwei
Jahre vor seinem Beginn vorbe-
reitet und sich die Hilfe Italiens
gesichert
Der «Rat zur Förderung des Friedens und des
Wiederaufbaus» Grossbritaniens hat in London
eine grosse öffentliche Versammlung veranstaltet,
die einen starken Zulauf aus Angehörigen aller
sozialen Klassen aufzuweisen hatte. Der Bürgerli-
che und der Arbeiter, der Intellektuelle und der
Mesokrat fraternisierten wie in den guten Zeiten
der liberalen Feldzüge gegen die Peers.
Es sprach Lloyd George, und zwar so, wie er
in seiner besten Zeit gesprochen hat. In jener Zeit,
als er die prachtvollen Reden hielt, die später in
seinem Buch «Die Lords, das Land und das Volk»
gesammelt erschienen.
* * *
Lloyd George sagte : «Nie habe ich, seit dem
Ende des europäischen Krieges, eine so schlimme
Lage gesehen wie die heutige.
Die drei autokratischen Mächte haben einen
Pakt geschlossen, der, angesichts der Schwäche
der Demokratien, Furcht einflösst.
Werden wir den WTeg der Kapitulation be-
schreiten, oder seid ihr entschlossen, die Freiheit
der Welt zu verteidigen?
Wenn Franco den Sieg gewänne, würde es in
Europa und Asien vier grosse Diktaturmächte
geben : Italien, Deutschland, Japan and Spanien.
Die Haltung der Regierung ist katastrophal
und sie würde uns in eine zweifellos inferiore
Lage bringen, wenn wir erneut für das interna-
tionale Recht zu kämpfen hätten, wie wir im
Jahre 1914 zu tun uns gezwungen sahen.
Ich rufe alle demokratischen Völker und Na-
tionen zum Widerstand auf, und zur Verteidig-
ung gegen den Dolch ihrer Mörder.»
Als am ersten Oktober dieses Jahres die repu-
blikanischen Cortes sich in Valencia, im Palacio
de la Lonja versammelten, sprach, wie sich alle
erinnern, das Haupt der Regierung, Don Juan
Negrin, über die innere und äussere ¡Lage. Und
sich auf letztere beziehend, sagte er, unter ande-
rem, dass die westlichen Mächte sich darüber klar
sein müssten, dass der Triumph des Faschismus
in Spanien für die Deutschen und Italiener eine
Verstärkung von mehreren Millionen Soldaten
bedeuten würde.
Lloyd George denkt dasselbe wie Don Juan Ne-
grin. Es gibt Politiker in England, welche glau-
ben, dass der Sieg des Frankismus in unserem
Lande nicht einer bedingungslosen Unterwerfung
Spaniens unter die totalitären europäischen Re-
gierungen gleichkommen würde. Diese Politiker
sind von einer geistigen Kurzsichtigkeit, die un-
begreiflich ist. Deutschland und Italien haben in
das spanische Gebiet viele Tausende von Men-
schen und Kriegsmaterial geschickt, dessen Wert
hunderten von Millionen Mark und Liras gleich-
kommt. Sie taten dies, um sich das Monopol der
spanischen Rohstoffe—Eisen, Blei, Kupfer, Zin-
nober, Pottasche u. s. w. — zu sichern und um
vorteilhafte strategische Positionen im Mittel-
meer, im atlantischen Ozean und an der Pyre-
näengrenze zu gewinnen. Und sie werden nicht
auf ihre Ambitionen verzichten. Sie haben Fran-
co an der Kehle gefasst und sie werden ihn nicht
eher loslassen, als bis er alle seine in politischer
und wirtschaftlicher Beziehung eingegangenen
Verpflichtungen erfüllt. Und auch in dem Falle,
dass Franco durch die alfonsinische Verschwörung
und die Traditionalisten, die Todfeinde der Fa-
lange sind, gestürzt würde, so würde doch eine
an seine Stelle tretende aufständische Regierung
bedingunslos die Forderungen des «Führers» und
des «Duce» annehmen müssen...
Ein faschistiches oder faschistoides Spanien
wäre ein Sepoy-Spanien. Der deutsche Generals-
tab würde es als seine Aufgabe ansehen, es, un-
terstützt durch den Generalstab Mussolinis, mi-
litärisch für den Land-Luft—und Wasserangriff
zu organisieren. In zwei oder drei Jahren würde
unsere unglückliche, in eine riesige Kaserne ver-
wandelte Nation, zwei oder drei Millionen junger
Menschen für den unvermeidlichen deutsch-fran-
zösischen Krieg hergeben müssen. Die französiche
Republik sollte die Pyrenäen nicht mit zwei
Heeresabteilungen, wie ihre scharfsichtigsten Ge-
neräle meinen, verteidigen, sondern mit militäri-
schen Kräften von viel grösserer Stärke. Von Irun
bis Port-Bou schneiden sich mehrere natürliche
Invasionswege ein, die durch die Geschichte be-
rühmt geworden sind. Und mehrere Heere junger,
von deutschen Befehlshabern und Offizieren uni-
formierter und kommandierter Spanier, würden
durch sie, zwar ohne Begeisterung, aber gehorsam
wie Maschinen, hindurchmarschieren. Die Diszi-
plin macht solche Wunder möglich. Das sehen
wir täglich an der Rebellenfront.
(Fortsetzung auf der nächsten Seite)
London, 4 Dezember. — «Zum
ersten Mal seit Beginn des spa-
nischen Krieges, gesteht ein
Chef der Rebellen — Antonio
Goicoechea—, Führer der monar-
chistischen Partei «Renovación
Española», offen die wahren Mo-
tive des Rebellenaufstandes ein.»
So schreibt der diplomatische
Berichterstatter des «Manchester
Guardian» in einem seiner Arti-
kel.
Nachdem er daran erinnert,
dass die Rebellen seit Beginn des
Bürgerkrieges in Spanien nicht
aufgehört haben, immer wieder
zu betonen, dass sie nur zu den
Waffen gegriffen haben, um
eine bevorstehende bolschevistis-
che Revolution zu verhindern,
berichtet der Korrespondent der
obenerwähnten Zeitung folgende
Tatsachen :
«In einer am 22 November in
San Sebastian gehaltenen Rede,
erklärt Antonio Goicoechea, dass
gewisse spanische Rechtsparteien
— darunter diejenige, welche er
vertritt—■, in Übereinstimmung
mit dem Heer einen Staatsstreich
vorbereitet hatten und bereit wa-
ren, «wenn es das Wohl Spaniens
erfordere, bis zu einem Bürger-
krieg zu gehen».
Er ging in seinen Erklärungen
so weit, zuzugeben, dass er und
andere spanische Monarchisten
in Italien waren, um sich die Un-
terstützung nicht nur der italie-
nischen Regierung, sondern auch
der faschistischen Partei für den
Fall eines Bürgerkrieges zu si-
chern.
Diese Erklärungen .— fügt der
Autor des Artikels hinzu — be-
weisen, dass die Monarchisten,
welche heute eine so entscheiden-
de Rolle unter den Rebellen spie-
len, bereits zwei Jahre vor Be-
ginn des Kampfes bemüht waren,
sich die Unterstützung Italiens
für den von ihnen geplanten
Staatstreich oder Bürgerkrieg zu
sichern.
Alle Veröffentli-
chungen in die-
sem Blatte befol-
gen den Grund-
satz absoluter
Wahrheitstreue
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27 Dezember 1937                                                       Spanischer Informationsdienst                                                                        Seite 3
Eine Erklärung Ei
Paris, 11.—Der berühmte Gelehrte Einstein hat dem Weltkomité
gegen Krieg und Faschismus folgende Erklärung zugesandt:
«Der heroische Krieg des spanischen Volkes zur Verteidigung sei-
ner Freiheit und Menschenwürde ist in dem heutigen Weltgeschehen
dasjenige Faktum, welches in uns allen die Hoffnung auf bessere
Zeiten aufrecht erhält. Es wird den Sieg erringen und wenn die F)e<-
mokratien alles getan hätten, was sie dem Gesetze der Moral und
dem Selbsterhaltungstrieb folgend, hätten tun müssen, so hätte das
spanische Volk bereits gesiegt. Alle diejenigen, die sich Mensch
fühlen, niüssen, ehe es zu spät ist, die Notwendigkeit, sich gegen
den Feind der Menschheit zu verbünden, einsehen.-»
Die unermüdliche
Arbeit des Patrimo-
niales der Republik
Lloyd George gibt Negrin recht
(Fo Ttseizung)
fälschen. Hitler und Goebbels machen sich keine
Sorge, weder um Protokolle, noch um diplomati-
sche Hemmnisse. Ihre Taktik des bekannten
Faustschlags auf den Tisch und der vollendeten
Tatsache ist ihnen bis jetzt zu gut gelungen, als
dass sie, um der lieben europäischen Eintracht
willen, darauf verzichten würden.
Andererseits ist es allen Sachverständigen und
in kolonialen Fragen Bewanderten bekannt, dass
Deutschland, selbst wenn man ihm seine afrikani-
schen, asiatischen und ozeanischen Besitzungen
zurückgäbe, immer noch ohne Eisen, ohne Blei,
ohne Kupfer, ohne Baumwolle, ohne Kautschuk
und ohne Petroleum bleiben würde. Das ist der
Grund, weshalb Hitler Lord Halifax die deut-
schen Forderungen in bezug auf den belgischen
Kongo und das portugiesiche Angola unterbrei-
tete.
Nein. Deutschland behandelt die Frage der Ko-
lonien lediglich als ein strategisches Unterhal-
tungsspiel. Es interessiert sich in erster ¡Linie für
Europa, das heisst für Östereich, die Tschecho-
slowakei, Danzig und die Ukraine.
* * *
Der Triumph Francos in Spanien würde dem
Nazismus zwei oder drei Millionen spanischer
Soldaten verschaffen, die im Süden Frankreichs
kämpfen und sterben würden, damit das Deutsch-
land Wotans und Hermanns des Cheruskers,
das heidnische und barbarische Deutschland, der
Feind der Zivilisation, der Vernichter der mensch-
lichen Persönlichkeit, triumphierend in Strass-
burg, Metz, Kiew und Prag einziehen kann.
Fabián VIDAL
(Geschrieben ausdrücklich für den «Servicio Es-
pañol de Información».)
Spanien würde sich in ein ungeheures, beinah
unerschöpfliches Depositum von frischem, männ-
lichen Fleische verwandeln, das die Generäle von
Potsdam, ohne sich zu genieren, in Beschlag
nehmen würden. Der entsetzliche und ruchlose
technische Ausdruck der Deutschen, «Menschen-
material» würde auf die breite iberische Stierhaut
seine beste Anwendung finden. Die Söhne der
spanischen Mütter würden sterben für Hitler und
Göbbels, für Mussolini und Balbo und für den
schwarzen Drachen des Mikado. Und sie würden
helfen, Frankreich niederzuschlagen, Albion zu
stürzen und Österreich, Belgien, die Schweiz,
Holland, Dänemark und die Tschechoslowakei von
der Wanderkarte su streichen.
:fc & S:
Lloyd George zeigte sich in der oben erwähnten
Rede dem Gedanken einer Neuaufteilung der ko-
lonialen Gebiete nicht feindlich. Aber er forder-
te, dass diese Neuaufteilung als Gegengewicht die
absolute Garantie des Friedens haben müsse...
Ist das möglich mit Deutschland? Nein. Alle
Welt weiss, dass Hitler geschrieben hat, dass
man Verträge nur dann zu erfüllen braucht,
wenn sie vorteilhaft sind. Und dass sie, wenn sie
aufhören vorteilhaft zu sein, nicht mehr verpflich-
ten. Das ist die Theorie des chiffon de papier
von Bethmann-Hollweg, im Jahre 1914. Es ist die
traditionelle Theorie Preussens, des Räuberstaa-
tes par excellence, die Theorie Friedrichs des
Zweiten, des zynischen und falschen Königs, der
den «heimlichen Krieg» erfunden hat—nihil novi
sub sole—mit seinen brutalen und unerwarteten
Einfällen in Sachsen und Schlesien... Welche Ga-
rantien kann man von einem solchen Volk und
von einer solchen Regierung erwarten ? Bismarck
bewahrte wenigstens noch die Formen. Er be-
schränkte sich darauf, die Depesche von Ems zu
Das Patrimoniat der Republik
hat heute eine zahlreiche Reprä-
sentation der ausländischen Pres-
se zu einem Besuche des Natio-
nalpalastes eingeladen. Es nah-
men daran auch einige Vertreter
Madrider Zeitungen teil. Unter
der Führung der Funktionäre
des «Patrimoniates», Fuster und
Gómez Egido, hatten sie Gele-
genheit, die durch die faschistis-
che Artillerie in der Wohnung
des Präsidenten verursachten
Schäden zu besichtigen. Man hat
ihnen auch die Möglichkeit ge-
geben, sich von der verdienstvol-
len Arbeit der Angestellten des
Patrimoniates der Republik bei
der Evakuierung, Erhaltung und
Beschützung der Kunstwerke,
Möbel und wertvollen Objekte zu
überzeugen.
Um einen Begriff von der In-
tensität zu geben, mit welcher
der Nationalpalast seit Beginn
der Belagerung der Bombardie-
rung ausgesetzt war, genügt die
Feststellung, dass bis zum heuti-
gen Tage circa 2.000 Geschosse
in das Gebäude eingeschlagen
haben. Die Fassade des Gebäudes
ist völlig zerstört. Es ist buch-
stäblich nicht ein Meter ohne tiefe
Löcher von den faschistischen
Geschossen.
Die auswärtigen Journalisten
konnten ihr Entsetzen gegenüber
dieser Zerstörung nicht verber-
gen. Das erste Geschoss, welches
in den Nationalpalast einschlug,
traf die Wohnräume des Präsi-
denten, wo es ausser bedeutenden
Schäden eine Feuersbrunst ent-
fesselte. Dank der Lage, in wel-
cher sich das herrliche Gebäude
befindet, vergeht kaum ein Tag,
ohne dass es durch das Bombar-
dement getroffen wird. Die Ge-
schosse sind his in die wertvoll-
sten Teile des Gebäudes gedrun-
gen. Besonders stark sind die
Verwüstungen an den herrlichen
Wandgemälden, dem Damast
und den Bronzen. Jetzt sind die
Fenster durch Sandsäcke ge-
schützt In einem der letzten Bom-
bardements wurde ein Sandsack
mit solcher Gewalt in die Höhe
geschleudert, dass er an einem
der Kronleuchter des Salons hän-
gen blieb. Nebenbei bemerkt, ha-
ben diese Beleuchtungskörper,
ausser in dem erwähnten Fall,
nicht durch die Geschosse ge-
litten.
Das Patrimoniat der Republik
hat eine grosse Anzahl von Ge-
mälden, Kunstgegenständen Mö-
beln, etc., aus dem Gebäude ent-
fernt und sie sicher unterge-
bracht, ein Werk, das augenblick-
lich noch fortgesetzt wird. Die
jetzt noch im Palast befindlichen
Gegenstände werden mit grösster
Sorgfalt gehütet und dank den
energisch realisierten Verteidi-
gungsarbeiten nimmt die Wirk-
samkeit der faschistischen Artil-
lerie von Tag zu Tag ab.
Die Besucher fanden beim Ver-
lassen des Palastes, welchen sie
eingehend besichtigt haben, war-
me Worte der Anerkennung für
die durch das Patrimoniat der
Republik geleistete Arbeit.
Baskische Journalisten von
den Faschisten füsiliert
In schroffem Gegensatz zu der
Haltung der Regierung der Re-
publik, welche kürzlich die Be-
gnadigung des Chefredakteurs des
«Heraldo de Aragón» und der an-
deren Redakteure, welche ihn bei
seinem irrtümlichen Übertritt auf
leales Gebiet in Madrid begleite-
ten, veranlasste, steht die fast
gleichzeitige Erschiessung des
Redakteurs des «Euzkadi» von
Bilbao, Esteban Urguiaga, durch
die Rebellen. Dieser geriet in Ge-
fangenschaft, als er gemeinsam
mit dem französichen Vertreter
der «La Petite Gironde» in Guer-
nica Informationen einholte.
Gleichfalls erschossen wurden
bald darauf die Redakteure des
Blattes «La Tarde», Heriberte
de Estella und Fräulein Juanita
Mili, welche die Frauen und Kin-
derbeilage für das Blatt leitete.
Offener Brief an General Franco
von floria Roman
Idee der Sache, um derentwillen Sie
den Krieg, entfacht haben, kämp-
fen.
Und da es in diesem Kriege wie
in allen Kriegen Tage der Aufop-
ferung gibt, gedenke ich tiefbewegt
eines jeden Opfers, das im Namen
einer Idee oder Überzeugung ge-
bracht wird.
Gewiss, ich empfinde grösseren
Schmerz über die Verluste auf Seiten
derer, die für die Freiheit kämpfen.
Der Tod dieser Letzteren hat eine
tiefe Rechtfertigung. Sie sterben für
die Verteidigung der Idee der Unab-
hängigkeit des spanischen Volkes
und aller Völker der Welt.
Aber, wie ich weiter oben schon
erwähnte, lässt mich auch das Opfer
der in Ihren Reihen Gefallenen nicht
unberührt, denn ihr Opfer, wenn
auch auf einem Irrtum beruhend,
bedeutet doch das Vorhandensein
einer moralischen Kraft, die in der
heutigen Zeit selten genug ist.
Herr General!
So wie die Dinge liegen und da
ich von vorneherein meine Anteil-
nahme gegenüber Ihren Opfern be-
tont habe, gestatte ich mir, Sie über
einen Vorfall zu informieren, der
sich hier im fernen Rumänien abge-
spielt hat und den ich für ganz aus-
sergeivöhnlich erachte.
Sie haben in Bukarest eine Art
von «Repräsentanten»,
wenn ich
mich so ausdrücken darf
der so-
genannten ((nationalen Regierung».
Es handelt sich, um es kurz Zu sa-
gen, um einen gewissen Pedro Prot
y Soutzo, einen Herrn, der in unse-
rem Lande keinerlei offizielles Amt
bekleidet
(1).
Dieser Herr. Pedro Prob y Soutzo,
dem unser gastfreundliches Land
mit ausserordentlicher Zuvorkom-
menheit Asyl gewährt hat, hat sich
bereits in den ersten Monaten als
Anhänger des marokkanischen Auf-
standes und somit auch ais Ihren
Anhänger erklärt. Das will aber
nicht heissen, dass Pedro sofort an
die spanische Front gegangen wäre
um sich an der Seite Ihrer übrigen
Anhänger Zu opfern. Nein. Er ist in
unserem Lande geblieben, wo er,
soviel ich weiss, ein Landgut be-
sitzt.
Mangels anderer Beschäftigung
gibt Pedro Prot y Soutzo uns Ru-
mänen von Zeit Zu Zeit eine Lektion
in Vaterlandsliebe.
Wir haben Ihren Repräsentanten
nie ersnt genommen. So sind wir.
Wir sind nicht sehr schnell bei der
Hand mit unserer Begeisterung.
Aber lassen Sie uns weiter berich-
ten.
Vor Z^ei Tagen ging ich gegen
Mitternacht nach Hause. Ein Freund
hielt mich auf der Strasse an und
sagte:
Geh in die Bar «Melody», dort
gibt es etwas Interessantes zu sehen
(Melody ist ein Kabarett in Buka-
rest).
Ich folgte seinem Rate and ging
Zur «Melody». Was glauben Sie, was
ich dort Zu sehen bekam?
Wenn das Varieteprogramm dort
schon an und für sich sehr berühmt
war, so war doch Zweifellos der Clou
des Abends das Auftreten unseres
Freundes Pedro Prot y Soutzo in
Frack und Monokel, mit Brillantine
im Haar und ringgeschmückten
Fingern, in einer TanZscene, in wel-
cher er eine neue Abart dessen gab,
was man, glaube ich, '((Carioca»
nennt.
Am gleichen Tage hatten Ihre
Gegner, die Regierungstreuen, an
der Aragonfront einen Sieg errun-
gen, welcher im faschistischen Lager
beträchtliche Opfer gefordert hatte.
Ich nehme an, dass Prot y Soutzo
in jenem Lokal nicht das Andenken
an seine im Kampfe gefallenen
Gesinnungsgenossen gefeiert hat.
Herr Generali
Rufen Sie Prot y SoutZo an Ihre
Seite. Hier wird er durchaus nicht
Herr Generali
Ich bin einer der leidenschaftlich'
sten Leser der Telegramme aus Spa-
nien, der unter dem Feuer Ihrer
Maschinengewehre und dem Gemet-
zel, welches Sie verbrecherischer
Weise entfesselt haben, blutenden
Halbinsel.
Ich bin gleichzeitig ein entschie-
dener Feind des sogenannten Na-
tionalismus, in dessen Namen Sie
die Hälfte Ihres schönen Landes ver-
wüstet und die Träume einer Ge-
neration, welche sich für die Frei-
heit des spanischen Volkes geopfert
hat, vergiftet haben.
Ich habe das Gefühl, dass ein Teil
meiner Seele irgendwo, weitab in
Guadalajara oder in Guernika ge-
martert worden ist. Es schreibt
Ihnen also ein überzeugter Gegner
der Rebellen, welche unter Ihrem
Kommando kämpfen, ein entschie-
dener Gegner des Faschismus in
Deutschland, Italien, Japan oder wo
es auch sei.
Mich schmerzt jeder Triumph (?),
den das Radio Sevilla übermittelt.
Obgleich ich seit einiger Zeit auf-
gehört habe, das Gerede Queipo de
Llanos ernst zu nehmen. Dieser
((Speakern macht sich über uns lu-
stig, indem er seit nun bald zwei
fahren von der Einnahme Madrids
erzählt.
Aber lassen wir das beiseite und
kommen wir Zum Hauptmotiv die-
ses Briefes.
Herr Generali
Ich kenne sehr wohl die Bedeu-
tung des Kampfes Zwischen Fa-
schismus und Demokratie auf dem
internationalem Plan; des dramati-
schen Kampfes, seiner Anführer und
Helden.
-uafduivyi «jip/ag fnv» uap uaqs^
den, wie
£-B. Mauren, Italiener und
Deutschen, befinden sich in den
Reihen Ihres Heeres doch auch ei-
nige-wohl sehr wenige -Soldaten,
welche in gutem Glauben an die
nicht über genügende Mittel verfügt, um
seinen Dienst Zu entlohnen. Unter diver-
sen Vorwänden hat er eine erhebliche
Summe von der Sephardischen Kolonie
erhalten und. die Gelder, die er von der
spanischen Ex-Legation in Bukarest be-
zogen hat, nicht Zurückerstattet. Momen-
tan nennt er sich Mitglied der ausländi-
schen Falange und mimt den glühenden
Faschisten, unbeschadet der eifrigsten
Beteuerungen seiner republikanischen Ge-
sinnung bei den verschiedensten Gele-
genheiten, besonders in einem Interview
mit einem Journalisten am
14 April 1936
Im Anfang spazierte er, sich gewisse
Vergünstigungen Zunutze machend, als
Falangist gekleidet und mit der monar-
chistischen Fahne am Auto durch die
Strassen Bukarests, was durch den ener-
gischen Protest des Geschäftsträgers der
spanischen Republik abgestellt wurde.
gebraucht. Im Gegenteil, er kompro-
mittiert Sie in Ihren Beziehungen
und Plänen. Zu Burgos oder in Se-
villa könnte er in einem ganz her-
vorragenden Duett auftreten: Don
Pedro Prot y Soutzo gemeinsam mit
Queipo de Llano, der eine ((ernst-
haft» redend, während der andere
ein Varietecouplet durchs Radio in
die Welt sendet...
(1) Dieser Herr Pedro Prot y SoutZo
gibt sich einmal für einen Conde de Prat
und ein andermal für einen Marqués de
Nantouillet aus, obgleich beide Titel no-
torisch falsch sind. Er gibt sich als Re-
präsentanten Francos in Rumänien aus,
obwohl besagte Repräsentation in diesem
Lande keineswegs anerkannt worden ist.
Er bezieht Gehalt aus Italien, da Franco
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27 Dezember 1937
Aus Der Presse Francos
ruft er aus-ist unsere kraftvolle und männliche Braun-
tönung vollendet.» Dann schliesst er mit den Worten :
«Und auch das bedeutet Imperium : gute Gesundheit,
ruhiger Puls, beschwerdelose Verdauung ; eine Regie-
rung, die ohne Kompliziertheiten dem Äusseren dient.
Kriegerische Lektion. Die technische Junta residiert
in der Casa del Cordón, wo die Allerkatolischsten Kö-
nige einst Kolumbus bei seiner Rückkehr von seiner
zweiten Reise empfingen ; der Generalgouverneur von
Valladolid braucht nur auf den Balkon zu treten, um
auf das Portal des heiligen Gregor hinabzublicken, in
dem es von Schiffstauen und behaarten Indianern wim-
melt ; Die Kaserne von Salamanka liegt neben den rö-
mischen Ruinen der Clerecía und nahe dem Colegio
de los Irlandeses. Aus allen Fenstern der amtlichen
Gebäude blickt man auf das Imperium.»
Das Erstaunliche ist, dass für Pemán das Imperium
etwas Reales, Unmittelbares ist, das aus Francos Hän-
den hervorgezaubert wird, wie aus dem Hute eines Ta-
schenspielers. Ein neues afrikanisches Abenteuer, die
Eroberung neuer Amerikas, die Epen eines neuen Ko-
lumbus. Die Cortez und Pizarros, die Baiboas und Al-
varados hinter den Herrlichkeiten Mexikos und Perus
her jagend. Wozu? Peman verrät es uns. Im besten
Falles—hier müssen wir unsere Phantasie einschalten—
um die verlorenen Schätze Karls des Fünften und Phi-
lipp des Zweiten zurück zu erobern, indem man die
Indianer, die heute noch frei und ungebunden in den
Urwäldern und Steppen streifen, davon überzeugt, dass
es für sie keinen anderen Herrscher gibt, als den «Schö-
nen General».
Pemán richtet seinen Blick in die Vergangenheit.
Und wie sollte er auch nicht, da er einer Klasse von
Menschen ohne Zukunft angehört, da er Faschist ist?
Er richtet seinen Blick in die Vergangenheit und
träumt den Traum des Spanien von 1500, als wäre
es möglich, in dem Spanien von heute die Vergangen-
heit heraufzubeschwören, in diesem Spanien, dessen
Ruhmesbilanz in der Vergangenheit heute nicht schwer
wiegt, da es einen Ruhm anderer Art erstrebt, den
Ruhm, mit seinem Beispiel die Freiheit der Völker zu
retten, unter denen sich auch diejenigen befinden, welch
es einst erobert hat; den Ruhm, mit seinem Blute das
Geschick der Menschheit einer besseren Zukunft ent-
gegen zu führen. Spanien ist unvergänglich, denn es
erneuert sich. Wenn das 16 te Jahrhundert es an der
Spitze der Erobererstaaten sah, an der Spitze der ko-
lonisierenden Völker, die Samenkörner seiner Sprache
über alle Meere verstreuend, so findet auch das 20Ste
Jahrhundert es wiederum in der ersten Front, in der
Kampffront des Jahrhunderts — für Demokratie und
Frieden. Das spanische Imperium ist unvergänglich.
Nie ist es untergegangen, wie Pemán es wahr haben
will. Und nie war Spanien lebendiger, stärker, den Völ-
kern Amerikas inniger verbunden, als heute, wo dort
keine Haudegen a la Franco und Queipo de Llano
herrschen und die Menschen, die in den Bergwerken
Boliviens oder Mexikos ihr jämmerliches Dasein fris-
ten, ihre Hände denen brüderlich entgegenstrecken, die
in Asturien oder Andalusien leiden.
Aber lassen wir den Mann aus dem Nationalrat der
Falange und verweilen wir einen Augenblick bei einem
Journalisten, der mit «El Tebib Arrumi» unterschreibt
und der, gemessen an der Aufmachung seiner Artikel
—auf der ersten Seite, 8 Spalten lang, Sperrdruck—ein
ganz grosses Licht der Requeté-Reportage sein muss.
Er entwirft uns ein Bild des faschistischen Führers,
den er den «Häuptling» (el caudillo) zu nennen beliebt.
Werfen wir einen Blick in eine andere Nummer des
«Heraldo de Aragón», die vom 21 Oktober :
«In Francos Blick—sagt dieser zartbesaitete Musen-
sohn—wetterleuchtet es. Es ist ein seltsames Rätsel
um die Augen des «Häuptlings». Sein Blick hat immer
etwas Strahlendes aber es gibt Momente, wo etwas
in seinen Pupillen aufzuckt, was ich «den Funken oder
die legionäre Flamme» nennen möchte. Dann tritt, wie
durch ein Wunder, ein Funkeln in seinen Blick, ein
Leuchten, das gleichzeitig blendet und fesselt, das den
Blick des Anderen anzieht und festhält, ein Phänomen
gleich dem einer unerwarteten Laterne, die plötzlich in
finsterer Nacht aufflammt und. uns mit ihrem starken
Licht den Weg weist. Es ist ein gemütsbewegendes
Moment, typisch für den Legionär, und der Führer, als
Chef des Generalstabs und als Generalissimus, verkör-
pert in sich das «gefühlsgebundene Ich» der gesamten
Legion..»
Eine geschmackvollere Charakteristik ist kaum
denkbar. Stellen sie sich den «Retter Spaniens» mit
e'nem Paar Laternen in den Augen vor, einem Paar
riesiger Laternen, welche zu allem Überfluss noch wet-
terleuchten und mit «legionärer Flamme» brennen.
Zweifellos ein wunderbares Schauspiel, dieser als Im-
perator maskierte Laternenpfahl.
Aber es kommt noch besser, denn Lobhudelei ohne
Maass und Ziel ist diesen Makkaroni-Faschisten un-
beugsames Gesetz, dem niemand zu entgehen vermag.
Lassen sie sich berichten, wie die von der Falange
(Nikolas Guillen, der bekannte kubani-
sche Dichter, bringt eine tragikomische
Blütenlese aus der Presse Francos, die er
mit den enstprechenden Kommentaren
versieht.)
Die faschistische Presse, welche sich selbst natür-
lich höchst ernst nimmt, bildet wie keine andere Lite-
ratur, eine unversiegbare Quelle derben Humors. Die
«Unidad» und «El Diario Vasco» in San Sebastian ;
«Heraldo de Aragón» in Zaragoza ; «Diario de Bur-
gos», etc., liefern den traurigen Beweis dafür, auf wel-
che Abwege die menschliche Intelligenz zu geraten im-
stande ist, wenn sie für ihren Verrat bezahlt wird. Es
genügt, in irgendeiner beliebigen dieser Zeitungen zu
blättern, um die Lachmuskeln in volle Tätigkeit zu
setzen. So grotesk wirkt hier das falsch angewandte
Pathos und das In-den-Staub-zerren der grössten Sym-
bole menschlicher Würde.
Wenn wir nicht überzeugt wären, dass alles hier Ge-
schriebene auf eine schamlose Lobhudelei Francos und
seiner Parteigänger hinausläuft, würden wir beschwö-
ren, dass diese schwülstige Prosa aus der Feder ge-
nialer Satyriker fliesst, wahrer Meister des Humors,
bemüht, die Geschöpfe der Umwelt zum Zeitvertreib
ins Groteske zu verzerren. Aber leider sind es nur
bauernschlaue Einfaltspinsel, ganz gewöhnliche käuf-
liche Federfuchser, deren Hirn noch nie von dem win-
zigsten Funken innerer Vornehmheit und guten Ge-
schmackes erhellt worden ist. Wollen Sie Stilproben?
Gut. Wir geben ihnen hier eine kurze Übersicht über
einige Exemplare faschistischer Zeitungen und über die
Männer, die darin schreiben. Beginnen wir mit dem
Charakteristischsten, mit einem Dichterling namens
José María Pemán y Pemartín, den Franco soeben zum
Mitglied des Nationalrates der spanischen Falange und
der national-sozialistischen Arbeiterjugend ernannt hat.
Lassen wir uns von Pemán erkären, was das «Impe-
rium» von Burgos ist.
«Es fehlt nicht an Leuten, welche uns mit einer
gewissen Ironie fragen—schreibt der «Heraldo de Ara-
gon» in Zaragossa, vom 24 Oktober des Jahres,—was
dieses jetzt so verschwenderisch angewandte Wort «Im-
perium» eigentlich bedeutet. Die armen Seelen, noch
krank von den vergangenen Jahren, sind mit einem
ängstlichen Skeptizismus gegenüber allen grossen Wor-
ten behaftet. Wir, die wir Gott sei Dank unsere Seele
jung und rein erhalten haben, müssen diese Rekonva-
leszenten der Vergangenheit geduldig belehren und
ihnen klar machen, dass der Begriff des «Imperiums»
nicht mit dem alten verlogenen Maasstab zu messen
ist. Imperium ist beispielsweise—so fährt Pemán fort
—lebendige Aktivität, Temperament und eine Wesens-
art, welche gewisse regenerierende Völker stets aus-
zeichnet. Sie finden sich wieder, sie werden «wieder
geboren». Es ist nichts, was programmässig festgelegt
werden könnte oder was man sich bewusst vornehmen
kann. Man ist eben ein Imperium oder man ist es
nicht; wie man Sanguiniker ist oder nicht; wie man
Poet ist oder es nicht ist.»
Man muss dem Verfasser zugestehen, dass er selbst
sich dessen bewusst ist, diese ganze Angelegenheit
nicht ganz klar ausgedrückt zu haben und dass in die-
sem ganzen Wortgeklngel eine wahrhaft «majestäti-
sche» Leere herrscht und so entschliesst er sich, seine
geiststrotzende Definition vom Stapel zu lassen :
«Konkreter ausgedrückt, damit mich auch die Re-
konvaleszenten und geschwächten Mentalitäten, welche
immer noch vor dem grossen Worte IMPERIUM zu-
rückschrecken, verstehen : Imperium soll beispielswei-
se heissen, dass alle spanischen Kinder den Wunsch
haben werden, Seeleute oder Flieger zu werden...»
Nun wissen wir es ! Hier haben wir endlich eine
klare, treffsichere synthetische Formel, geeignet, den
Begriff yon Francos «Imperium» unserem Hirn ein
zuprägen und auch den Hirnen aller derer, welche—
nicht nur in Burgos, sondern in allen Teilen der Welt
—mit «ängstlichem Skeptizismus» und mit «einer ge-
wissen Ironie» die Frage stellen, was eigentlich das
Abenteuer, in welches der ehemalige Despot von Ma-
rokko verstrickt ist, bezwecken soll. Das Fatale :st
nur, dass der arme Pemán vergass hinzuzufügen, dass
die Flugzeuge für diese «imperialen» Flieger von Mus-
solini geliefert werden und die Schiffe Hitler gehören
Ein wahrhaft nationales und «erwachendes» Imperium !
Aber lassen wir Pemán sprechen :
«Imperium heisst auch-so sagt er-von den Schiffen
die Namen zu löschen, welche auf vagen und unklaren
Ideen beruhen, wie «Republik», «Freiheit», und sie
durch diejenigen ganz konkreter Inseln zu ersetzen,
wie «Canarias» und «Baleares»... Er spricht auch von
der Junta von Burgos und behauptet ganz ernsthaft,
dass diese würdig sei, «in einer Romanze verherrlicht
zu werden». Er behauptet, dass die Faschisten Francos
sich wieder «der Peripherie zugewandt» fühlen, da ihre
Haut sich von Sonne und Luft wieder zu bräunen be-
ginnt, wie bei Athleten. «Nach Ablauf eines Jahres,—
ihren obersten Chef in einem Manifest, benannt «Die
Falange von Las Palmas verherrlicht Franco, den Ge-
neral und Häuptling», behandeln. Veröffentlicht ist
dieses Manifest in der Zeitung «Unidad» von San Se-
bastián, vom 23 Oktober dieses Jahres :
«Franco, du spanischer Ritter, Held der neuen
Weltgeschichte, Erneuerer eines zu Grunde gegange-
nen Imperiums, hinter dir steht ein Volk, welches dir
mit der Inbrunst des Erleuchteten anhängt. Ein Volk,
das sich auf Abwegen verloren hatte und seinen Weg
wiederfand dank der Kommandostimme des Chefs und
Häuptlings. In deiner dreifachen Eigenschaft als Ge-
neralissimus des nationalen Heeres, als Staatsober-
haupt und Nationalchef der Falange, die deine vielsei-
tigen Fähigkeiten beweist, hast du dir,—dem mittelal-
terlichen Ritter gleich, der bei seinen Waffen die
Mondnacht durchwacht,—mit dem heutigen Tage, der
die Krönung dieses Jahres darstellt, endgültig den
Ritterschlag verdient...»
Im gleichen Blatt zeichnet Viktor de Serna einen
Artikel unter dem Titel «Jijon», worin er seiner Ge-
nugtuung über die Einnahme dieser Stadt durch die
«nationalen» Truppen aus Rom und Berlin Ausdruck
gibt. Lest selbst und seht zu, ob ihr je etwas annähernd
so Schwülstiges, Hohles und Lächerliches kennen ge-
lernt habt :
«Denn Franzisko Franco gebot eines Tages seinen
Generälen, seinen obersten Heerführern, seinen Offi-
zieren und seinen Soldaten, dass vom Bidasoa bis zum
Miño nur eine Fahne in der Siegessonne leuchten dürfe.
Und dieses Gebot wurde am 21 Oktober im Jahre des
Herrn 1937, im zweiten Jahre des Triumphes, befolgt.
Der spanische Soldat ist gewohnt zu siegen, wenn es
ihm ein Cäsar befiehlt. Einst gebot ein Cäsar, dass die
Erde rund sei, damit man sie mit einer Krone bedecken
könne. Und sie war es. Wieder gebietet ein Cäsar. Und
man gehorcht.»
Aber alle Rekorde schlägt der Schluss des Artikels.
Hört, wie Viktor de la Serna darüber berichtet, was
geschah, als die Italiener und Deutschen vom Norden
Spaniens Besitz ergriffen :
«Das Kantabrische Meer—so sagt er—das Meer der
Admírale, ist unser. Die Fische selbst in diesem un-
serem vaterländischen Meer tragen auf ihrem Rüc-
ken (! !), den Namen des Häuptlings, dessen Wiege
nahe an der Finís Terrae stand, wo Herkules sein
Freudenfeuer entzündete und Christus die Flamme des
Glaubens...»
Aber genug davon. In Wirklichkeit ist dies alles
zwar grotesk, aber eine rein äusserliche Angelegenheit.
Ernster zu nehmen ist das Tief erliegende, das, was
Franko vergebens mit seinen Trompetenstössen zu
übertönen sucht. Ernster zu nehmen ist, dass während
diese Idioten, mit denen wir uns eben befasst haben,
ihren Führer bis zur Heiserkeit mit den Titeln Retter,
Häuptling, Generalissimus, König und Papst beschen-
ken, Mussolini lächelnd fortfährt, sein Netz um Spa-
nien zu spinnen, welches in den Träumen des Duce
«kolonisierbares» Land darstellt. Denn dieses Impe-
rium, von dem Pemán mit ebensoviel Ahnungslosigkeit
wie Charlatanerie spricht, ist nur imperialistisches
Objekt, ein schmackhaftes Butterbrot für das Festge-
lage, welches Mussolini seit Jahren im Mittelmeer vor-
bereitet. Unfähig zu einer Eroberung durch Mord und
Feuer, wie in Abessinien, nahm er Zuflucht zu einer
«Allianz» mit seinem Opfer für die Dauer des Verra-
tes, was ihm ein leichteres und tieferes Eindringen
sicherte.
Bringen wir zum Schluss zwei unschuldige Zitate
aus zwei völlig harmlosen Anzeigen, die wir aufs Ge-
ratewohl den vielen, täglich im «Diario Vasco» in San
Sebastián veröffentlichten entnommen haben und wel-
che uns objektiv darüber Aufschluss geben können,
was dieses «jetzt so verschwenderisch gebrauchte Wort
Imperium eigentlich bedeutet», wie Pemán sich aus-
drücken würde. Hier ist die eine Annonce :
ITALIENISCHER SPRACHUNTERRICHT ?
GRATIS
Im Sekretariat der Handelsschule wird die kosten-
lose Einschreibung einer beschränkten Teilnehmerzahl
für Diejenigen, die italienisch lernen wollen, entgegen-
genommen.
10-12 vormittags. Gesuche sind an den Herrn Di-
rektor zu richten, Und hier die Zweite :
DEUTSCHER INGENIEUR sucht Kompagnon
mit Kapital
zur Konstruktion von Spezialmaschinen. Schrifliehe
Angebote an die Administration. G. R. 37.
Man sieht, das Imperium marschiert.
Nicolás GUILLEN
Valencia, Dezember 1937.