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SPANISCHER INFORMimOHS
DIENST EEU3
Der deutsche Nazismus, der die
Reinheit des arischen Blutes über
alles stellt, der die Juden — Ange-
hörige der weissen Rasse — zu Pa-
rias stempelt, verbrüdert sich mit
den "Japsen" aus dem Reiche der
aufgehenden Sonne.
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WÖCHENTLICHER AUSZUG AUS UNSEREM "SERVICIO ESPAÑOL DE INFORMACIÓN"
Nummer 4
Barcelona, 17 Januar 1938 iv. 14 de Serl!, 55*
Der Faschismus-Verr
der
Die Bilanz des Jahres
r an
weissen Rasse
Von L. Nicole
an Brust gegenüber, in einer
Front die sich innerhalb von
neun Monaten kaum verschoben
hat. Dort, wo Veränderungen
stattfanden, geschah dies stets
zugunsten der Republikaner, im
Juli in Brúñete, jetzt in Teruel.
Vergeblich verkündete der aller
Welt auf die Nerven fallende
Hanswurst in Sevilla überwälti-
gende Siege. Die Einzelheiten, in
denen man sich über die Ver-
schiebungen von Tanks und
schwerer Artillerie im Rücken
von Teruel ausbreitet, verfolgen
keinen anderen Zweck als den,
teils eine völlige Ohnmacht, teils
die Vorbereitung einer Offensive
im Süden, längst der Küste von
Malaga, Almeria und Alicante
zu maskieren, wo das italieni-
sche Invasionsheer durch die
Geschütze der Kriegsmarine, die
diesen Teil des Mittelmeeres
beherrschen, unterstützt werden
kann. Dort liegt der empfind-
lichste Punkt der Verteidigungs-
front. Aber der republikanische
Generalstab weiss das ganz genau
und hat nicht erst bis heute ge-
wartet, um seine Vorsichtsmass-
regeln zu treffen.
Die Einnahme von Teruel
bleibt eine Tatsache von grösster
Bedeutung. Sie ist, nach Guada-
lajara und Brúñete, ein neuer
Beweis für die Offensivkraft
und Manövrierfähigkeit des re-
publikanischen Heeres.
Spanien hat bereits sein star-
kes kriegsgestähltes Heer, in
dem jeder einzelne weiss, was er
will und wofür er kämpft. Dieses
Heer wird siegreich sein. Die
Pille, die unsere Strategen von
der grossen bürgerlichen Presse
der lateinischen Schweiz zu
schlucken bekommen, mag ihnen
bitter erscheinen, aber so liegen
die Dinge. Ein Volk, das um
seine Freiheit kämpft, ist unbe-
siegbar.
(«Le Travail», Genf 31-12-37.)
Das Schicksal der spanischen
Republik hat während des ver-
flossenen Jahres die gesamte
Arbeiterschaft in Spannung ge-
halten und mit Sorge erfüllt.
Werden sie durchhalten? Wer-
den die unerhörten Anstrengun-
gen und. ein so beispielloser He-
roismus durch den Sieg gekrönt
werden ?
Der Januar 1937 fing schlecht
an. Der Februar brachte den Fall
von Malaga. Der März sollte an-
scheinend den Fall von Madrid
bringen ; aber er brachte anstatt
dessen das «Wunder» von Gua-
dalajara. Mussolini erhielt den
ersten ernsthaften Schlag, der
ihn an ein mögliches Scheitern
seines wahnwitzigen Abenteuers
hätte gemahnen sollen, auf sei-
nem Triumphzug durch Lybien.
Italienische Soldaten, d4e die
Freiheit verteidigten, kämpften
gegen andere italienische Solda-
ten, die im Solde der Barbarei
standen, vernichteten sie und
schlugen sie in die Flucht.
Die Francorebellen und ihre
deutschen und italienischen Bun-
desgenossen haben vor Madrid
kläglich versagt. Die spanische
Hauptstadt hielt sich mit bewun-
d e r u ngswürdiger Tapferkeit.
Und sie hält sich noch. Sie wird
siegen. No pasarán ! Sie kommen
nicht durch !
Die Führer der Rebellen folg-
ten der alten Taktik der Strate-
gen von Rom und Berlin, indem
sie mit ihren Anstrengungen in
der Linie des geringsten Wider-
standes einsetzten : in Asturien
und an der baskischen Küste.
Sie haben ein Volk unter dem
Gewicht einer zwanzig — bis
fünf zigfachen Rüstung erdrückt.
Aber sie haben es nicht besiegt!
Seitdem kommt Franco nicht
mehr auf die Beine und sein
Speaker in Sevilla kündet Offen-
siven an, die nie zustande kom-
men.
Zwei Armeen stehen sich Brust
Der japanische General Suetsugu ist Minister
des Äusseren in. Japan. Und ausserdem auch
Innenminister. Innenminister ist er, seitdem die
Militärkamarilla vor kurzem beschlossen hat, sich
sämtlicher Regierungsressorts zu bemächtigen,
um des Hinterlandes sicher zu sein.
Und dieser Mann, der das totalitäre und erobe-
rungslüsterne Japan repräsentiert, hat in der Re-
vue «Kalza» einige Erklärungen veröffentlicht, in
denen er nicht nur das Ende Chinas als selbstän-
dige Nation ankündigt, sondern England und
Russland angreift und erklärt, dass Japan das
Schwert nicht eher in die Scheide stecken werde,
als bis die weisse Rasse aus Asien vertrieben und
die gelbe die Oberherrschaft erkämpft habe.
Diese in der Revue «Kalza», in der ersten Num-
mer dieses Jahres veröffentlichten Erklärungen
sind, einer Anmerkung des Herausgebers zufolge, ¡
bereits im November geschrieben. Aber der Autor
ist natürlich auch heute noch genau derselben
Ansicht. Als Beweis dafür dient, dass er am er-
sten des Jahres auch in einer zweiten japanischen
Revue Erklärungen veröffentlicht, die als Ergän-
zung der Ausführungen in der «Kalza» betrachtet
werden können, ja dieselben, noch verschärfen.
Es gibt eine Achse Rom-Berlin-Tokio. Sie um-
fasst die Gebiete der Politik, der Diplomatie, des
militärischen Aufbaus, der Marine, der Luftschif-
fahrt und die ideologischen Gebiete. Aber von den
drei Nationen, die um diese Achse kreisen, ge-
hören zwei der weissen Rasse an und eine der
gelben..
Vor etlichen Jahren hat Kaiser Wilhelm der
Zweite — Maler aus Liebhaberei — ein von sei-
nen Untertanen bewundertes Bild gemalt, betitelt
«Die gelbe Gefahr». Aus diesem Bilde lernten die
Deutschen, dass die kaukasische Rasse, die Ari-
stokratie der Menschheit, die führende Rasse des
alten und neuen Kontinents—Salz der Erde und
Licht der Welt—eines Tages, völlig unerwartet,
von den Horden der winzigen Männer und über-
aus fruchtbaren Weiber überschwemmt werden
wird ; von denselben, aus denen die menschlichen
Ameisenhaufen der Niederungen des Tan-Tse
und Hoang-Ho bestehen. Das sind 400 Millionen
Chinesen, zu denen 70 Millionen Japaner, 20 Mil-
lionen Koreaner und die unzähligen Indochinesen
und Malayen hinzukommen. In unerschöpf-
lichen Fluten, werde sich der Stille Ozean
über die Sibirischen Steppen ergiessen. Und eine
neue Völkerwanderung der barbarischen Völker
des Ostens nach dem Westen werde einsetzen.
Ein Attila, ein Dschingis-Kan, ein Tamerian —.
aus der Wüste Gobi geboren — werde in die Ho-
chebene des Iran einbrechen, die Barrieren des
Kaukasus überfluten und über den Süden Russ-
lands in Europa eindringen. Werden die von in-
neren Zwistigkeiten zermürbten Europäer im-
stande sein, ihr Vordringen aufzuhalten? Werden,
angesichts dieser ungeheuren Gefahr, die lateini-
schen und germanischen Kulturstaaten sich zu
solidarischem Handeln aufraffen?
Die teutonischen Gelehrten haben den gemalten
Aufruf ihres Gebieters aufgegriffen und ihn auf
gelehrte Weise kommentiert. Einer unter ihnen
erinnerte an das Drama von Ancyra. Ancyra, wo
Tamerian und Bayaceto zusammenstitssen. Ta-
merian, der hinkende Wüterich, der beim Anblick
der auf den Armen ihrer Mütter aufgespiess-
ten Kinder lachte—, rückte gegen das. otomani-
sche Reich vor. Bayaceto erwartete ihn. mit
100.000 auserwählten Kriegern. Es war die Blüte
der Türkei, die Tapfersten und Wehrhaftesten des
asiatischen Islam. Aber Tamerian, der in der
syrischen Wüste eine Pyramide aus 90.000
menschlichen Schädeln errichtet hatte, griff ihn
an der Spitze eines Heeres von 800.000 Mongolen
an. Eins zu acht. Was bedeutete in diesem Rin-
gen auf Leben und Tod alles Wissen und alle
Tapferkeit der Türken. Bayaceto wurde besiegt,
gefangen und starb bald darauf. Es. war das Glück
der Türkei—und Europas—, dass Tamerian ihm
ins Grab folgte und seine Nachfolger seine Er-
folge nicht auszunutzen verstanden. Von allen
diesen Erfolgen hatte nur das. Imperium des
Grossmoguls im Norden, von Indien Bestand, um
schliesslich als Spielball Englands ein jämmer-
liches Ende zu nehmen...
Und der germanische Professor fragte sich
ernsthaft, ob nicht am Ende des 19 oder zu Beginn
des 20 Jahrhunderts in der gelben Welt ein neuer
Tamerian erstehen werde.
Nach Kaiser Wilhelm dem Zweiten war es
Mussolini, der gleichfalls auf die Gefahr, die von
den os.tasiatischen Rassen drohte, hingewiesen
hat. In flammenden Artikeln schiidferte ei japau
als ehrgeizige Nation, die sich anmasse, das chine-
sische Chaos zu meistern und Asien von den Ame-
rikanern und Europäern zu befreien. In Tokio
wurde seine blendende Journalistenprosa sehr un-
günstig aufgenommen. Und als Italien in Abes-
sinien eindrang, wurde in Japan häufig die Frage
erörtert, ob man nicht die moralische Pflicht
hätte, diesem gegen jenes durch Waffenlieferun-
gen und Sendung von militärischen Sachverstän-
digen beizustehen.
Dies alles hat sich gewandelt. Die Deutschen,
die Italiener und die Japaner—oder vielmehr ihre
Regierungen., denn ihre versklavten, ausgesoge-
nen und betrogenen Völker begnügen sich damit,
den Dingen ihren Lauf zu lassen — haben sich,
alle Rassengegensätze vergessend, verbündet. Der
deutsche Nazismus, der die Reinheit des arischen
Blutes über alles stellt, der die Juden—Ange-
hörige der weissen Rasse—zu Parias stempelt, ver-
brüdert sich mit den «Japsen» aus dem Reiche
der aufgehenden Sonne. Der nationalistische ita-
lienische Faschismus, angeblich der Verteidiger
der griechisch-lateinischen. Kultur und, gleich-
falls angeblich, der Nachfolger und Erbe des
Weströmischen Imperiums, zögert nicht, die von
Xenophobie durchtränkte Bewegung zu unters-
tützen, die von Tokio ausgeht.
Die Machenschaften des Faschismus und des
Nazismus—seiner Kreatur—bedeuten somit nicht
nur Verrat an Demokratie und Frieden, sondern
auch Verrat an der weissen Rasse. Die Schwarz-
hemden» und die «Braunhemden» machen ge-
meinsame Sache mit dem Mikado-Drachen ; sie
wenden Europa den Rücken, brechen mit der
Vergangenheit ihrer Länder und öffnen dem
Feind die Tore...
Und nichtsdestoweniger gibt es in Frankreich,
in England, in Belgien, in Polen, in Rumänien,
in Jugoslavien, in der Tschechoslovakei und in
Portugal Faschisten und Faschistoiden, die über
grosse Zeitungen, über mächtige Organisationen
und riesige Kapitalien verfügen und mit der mo-
ralischen und materiellen Unterstützung der obe-
ren. Klassen rechnen können.
Blindheit? Ahnungslosigkeit? Nein. Sondern
die Vernunft missachtender Egoismus. Und auf
dem Wege des Egoismus führt ein Privileg sehr
rasch zum Verbrechen. Wir sehen es an Spanien.
Fabian Vidai,
(Geschrieben speziell für den «Servicio Especial
de Información».)
Der «Servicio Español de Infor-
mación» wird täglich in spani-
scher und französischer Sprache
herausgegeben. Ein wöchent-
licher Auszug erscheint ausser-
dem jeden Montag, Mittwoch
und Freitag in deutscher, italie-
nischer und englischer Sprache.
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17 Januar 1938
Spanischer Informationsdienst
Seite 2
Die Förderung des Gesundheitswesens
im republikanischen Spanien
Der Kampf gegen die Säuglingssterblichkeit
Franco wird nicht siegen
über beträchtliche Verstärkungen, von der astu-
rischen Front verfügen, beweist die hervorragen-
den Fähigkeiten des republikanischen Heeres.
»Hier ist allgemein die Ansicht verbreitet, dass
wenn es den Lealen gelingt, die Verpflegung der
Bevölkerung sicher zustellen, ein Sieg Francos
ausgeschlossen ist. Manche Beobachter meinen,
dass Franco gut daran täte, alle Offensivpläne
aufzugeben, da sie der Meinung sind, dass er die
letzte Chance, eine endgültige Vernichtung der
Republikaner herbeizuführen, verspielt habe.
»Trotzdem er durch eine Offensive nichts ge-
winnen kann, scheint es, dass Franco einen end-
gültigen militärischen Sieg anstrebt. Zweifellos
wird es ihm schwer fallen, die Hoffnung auf einen
Sieg auf dem Schlachtfelde aufzugeben. Aber es
muss, hinzugefügt werden, dass diese Hoffnung
unter denjenigen seiner Anhänger, die objektiv
urteilen, heute weniger verbreitet ist, denn je.»
(«L'Ordre», 6-1-1938.)
Der «Manchester Guardian» veröffentlicht ei-
nen längeren Kommentar seine,? diplomatischen
Redakteurs zu der Schlacht von Teruel, in dem er
die ausgezeichnete Beschaffenheit des republika-
nischen Heeres und die geringen Aussichten
Francos, einen militärischen Sieg zu erringen,
darlegt.
«Die Phasen des Kampfes in der Umgebung
von Teruel—schreibt der «Manchester Guardian»
—bestätigen den Eindruck, den die Einnahme
von Teruel durch die Regierungstruppen hier her-
vorgerufen hat. Die Tatsache, dass die Offen-
sive geheim bleiben konnte, ist ein Beweis für
den grossen Fortschritt in der Disziplin und
Organisation ; die Tatsache, dass das Hauptziel
erreicht wurde, beweist, dass das Heer über eine
bedeutend grössere Stosskraft verfügt, als man
annahm ; endlich : dass das Erreichte von den
Regierungstruppen gehalten werden kann, trotz-
dem die Rebellen nicht nur von Italienern und
Deutschen unterstützt werden, sondern ausserdem
Muttermilch, wurde früher zu
ausserordentlich hohen Preisen
in einigen Luxusgeschäften in
Madrid verkauft und war somit
nur für die privilegierten Klas-
sen erschwinglich.
Heute aber werden an die 16
Fürsorgestellen in Madrid täg-
lich anderthalb Tonnen materni-
sierter Milch verteilt.
Wöchentlich erhält jede Mut-
ter nicht nur die Milch in der
vom Arzt verordneten Form;
sondern zugleich Zucker, Mehl,
kurz alles, was zur Ernährung
des Kindes gehört.
Um welchen Preis ? Für weni-
ger als ein Viertel des realen
Wertes ; für sieben Peseten und
fünfzig Céntimos.
Arbeitet die Mutter in einem
Kriegsbetrieb oder hat sie einen
Verwandten (Vater, Bruder
Sohn) an der Front, so bekommt
sie 50 % Ermässigung ; das
heisst also, dass die Ernährung
ihres Kindes sie wöchentlich 3,75
ptas. kostet.
Und sie kostet sie überhaupt
nichts, falls die Familie aus mehr
als 5 Personen besteht oder falls
der Tagesverdienst 10 Peseten
nicht übersteigt.
Auf diese Weise werden in
Madrid augenblicklich 20.000
Säuglinge auf wissenschaftlicher
Basis durch den Staat betreut
und ernährt. Im übrigen lealen
Spanien sind es 43.000 Säuglin-
ge ; diese Zahl wächst täglich
und es ist anzunehmen, dass sie
mit Sicherheit im ersten Viertel
des neuen Jahres auf 100.000
steigt.
Seit dem ersten Januar 1938
werden Prämien an stillende
Mütter verteilt.
Das dritte Problem, mit des-
sen Lösung sich die Republika-
nische Regierung seit sechs- Mo-
naten beschäftigt, ist das der
Geisteskranken.
Rufen wir uns jene barbari-
schen schmutzstarrenden Elends-
höhlen ins Gedächtnis, die seit
jeher die spanischen Irrenhäuser
darstellten.
Vor noch nicht allzulanger
Zeit gab es in der Provinz Ali-
cante eine solche Anstalt, in der
die unglücklichen Geisteskran-
ken auf einer Handvoll Stroh
auf dem Fussboden schliefen und
ihre Tage nackt (weil das Geld
für Kleider fehlte) in einem
halbverfallenen Räume zubrach-
ten, neben einer offenen Grube,
in der sie ihre Notdurft ver-
richteten.
Solche und ähnliche Ungeheu-
erlichkeiten waren zweifellos eine
Folge der Tatsache dass der
Staat sich um diese Dinge über-
haupt nicht kümmerte und sie
völlig der Willkür der Provin-
zialbehörden überlassen blieben.
Heute hat der Staat nicht nur
die Leitung der bestehenden Ir-
renanstalten in die Hand genom-
men, sondern er hat heue erst-
klassige psychiatrische Kolonien
geschaffen, wo die Geisteskran-
ken durch Arbeit zu einem ge-
sunden, nützlichen, ausgefüllten
und — innerhalb der Grenzen
ihrer Abnormität — normalen
Leben angehalten werden.
Viele Anstalten dieser Art sind
bereits entstanden, andere im
Entstehen begriffen. Die Eröff-
nung einer solchen Anstalt in
der Provinz Valencia, die den
Charakter einer landwirtschaft-
lichen Siedlung trägt, und über
600 Betten verfügt, steht unmit-
telbar bevor.
ii
Es braucht nicht betont zu
werden welche Rolle die Säug-
lingssterblichkeit bisher in
Spanien gespielt hat. Dieses
Thema ist zur Genüge bekannt
und ein jeder weiss, dass Spanien
Seit jeher zu den Ländern mit
der höchsten Sterblichkeitsziffer
im Säuglingsalter gehört hat —
diese Ziffer hat normalerweise
(wenn hier das Wort «normal»
am Platze ist) die beängstigende
Höhe von ioooooo pro Jahr er-
reicht.
Diese unheimliche Zahl hat mit
bemerkenswerter Schnelligkeit zu
sinken begonnen, seitdem die re-
publikanische Regierung dem
Problem der Säuglingssterblich-
keit mit äusserster Energie und
Intensität zu Leibe gerückt ist;
denn wenn hier Elend und Un-
wissenheit die meiste Schuld
tragen, so liegt es andrerseits
auch an dem völligen Versagen
der staatlichen Fürsorge.
Der Kampf gegen die Säug-
lingssterblichkeit, dem die je-
tzige Regierung in Angriff ge-
nommen hat, wird auf zwei Fron-
ten geführt : erstens durch Ver-
vollkommnung und Erweiterung
der bereits bekannten Methoden ;
zweitens durch Beschreitung völ-
lig neuer Wege.
Das Erstere schliesst die
Eröffnung von neuen Hospitä-
lern und die Verbesserung der
bestehenden ein. So wurde, zum
Beispiel, die Zahl der Betten in
dem «Hospital del niño Jesús»
(heute «Hospital Nacional Infan-
til») auf iöoo erhöht. Ausserdem
sind in diesem «Hospitälchen»,
wie es im Volksmund heisst, be-
merkenswerte Verbesserungen
eingeführt worden.
Ferner werden und werden
laufend, erstmalig für Spanien,
Spezialkliniken für Kinder eröff-
net, wie das «Dermatologikum»,
das bereits in «El Campaiiar»
(Valencia) funktioniert.
Aber der weitaus beachtens-
wertenste und interessanteste
Teil dieses Feldzugs gegen die
Säuglingssterblichkeit im lealen
Spanien —- zweifellos eines der
interessantesten Experimente auf
diesem Gebiete überhaupt — ist
die Leitung und Beaufsichtigung
der Säuglingshygiene und ihrer
wichtigsten Basis ■— der Ernäh-
rung durch den Staat.
Zu diesem Zweck werden in
allen Provinzen Fürsorgestellen
für Säuglinge geschaffen. In
Madrid wurden erst 10 errichtet;
heute sind bereits 16 in Betrieb ;
in Valencia 5 ; in Alicante 2.
In diesen Dispensatorien, zu
denen die von deren Bedeutung
für die Gesundheit ihrer Kinder
immer mehr überzeugten Mütter
in täglich steigender Anzahl
kommen, wird die Qualität der
mütterlichen Milch überwacht ;
in einer Karthotek wird über das
Gewicht der Kinder Buch ge-
führt ; und, vor allem, es wird
die vom Arzt für das Kind be-
stimmte, zusätzliche oder volle
Nahrung verabfolgt.
Die Milchnahrung kann, nach
ihrer wissenschaftlich festgeleg-
ten Qualität in vier Katego-
rien, und zwar in folgender Rei-
henfolge, eingeteilt werden :
An erster Stelle steht die Mut-
termilch ; au zweiter die materni-
sierte Milch ; an dritter die Kuh-
milch und an vierter Stelle die
kondensierte Milch.
Die maternisierte Milch in
Pulverform, die beste nach der
Der "Messias" von Händel und die "Passionen"
von Bach unier der Hiflerzensur
Rom.—Der «Osservatore Romano» meldet eine neue antichristliche Hetzwelle in Deutschland in
ihren Auswirkungen auf Literatur und Kunst.
Das Blatt — ein Organ der christlichen Kirche — zählt eine ganze Reihe, von Geistlichen verfasster
Werke auf, die verboten worden sind, vor allem die «Antworten auf den Mythos des 20. Jahrhunderts»,
eine Sammlung kirchlicher Bulletins über das antikatholische Werk von Rosenberg. Ebenfalls verboten
wurde die Schrift des Mgr. Hudal: «Nationalsozialismus und Christentum» sowie das Werk des Pater
Schlegel: «Das Paradies auf Erden» u. a. m.
Noch überraschender ist der Ostrazismus in bezug auf die Kunst. Klassische Werke, wie der «Mes-
sias» von Händel und «Die Passionen» von Bach sind Opfer der Zensur geworden, welche fordert, dass
der gesungene Text, den die Komponisten den Werken unterlegt haben, abgeändert werde, «damit er
besser mit den nationalsozialistischen Kriterien übereinstimme».
Der ''Allerhöchste Häuptling" befiehlt seinen Trup-
pen täglichen und obligatorischen Besnch der Hesse
Müssen auch die Mau-
ren, Lybier, EritJäer, So-
maliländer und Apachen
des Tercio der katholi-
schen Messe beiwohnen}
Und die «.Schwarzen Pfei-
le* des Atheisten Musso-
lini} Und die Protestanten
Hitlers }
Das sogenannte Radio «Nacio-
nal» von Irun machte in seiner
Abendsendung vom 31 Dezember
Folgendes bekannt:
«Auf Grund des Dekretes des
allerhöchsten Häuptlings wird ab
morgen, 1 Januar, der tägliche
Besuch der Heiligen Messe für
die nationalen Truppen als obli-
gatorisch erklärt. Nichterschei-
nen wird bestraft. Es wird eine
strenge Kon trolle eingeführt
werden.»
«... für die «nationalen» Trup-
pen» ? Dieses sogenannte «natio-
nale» Heer setzt sich doch be-
kanntlich aus einem sehr seltsa-
men Mischmasch von Völkern ver-
schiedener Nationen und Farben
zusammen. Seinen Grundstock
bilden die 80.000 Marokkaner
und Rifkabylen, die hauptsäch-
lich in unserer Zone, aber teil-
weise auch unter der Hand in der
französischen rekrutiert wurden.
Dazu kommen die Legionäre des
Tercio, in dem allerdings sehr
wenige von den ursprünglichen
«Banderas» übriggeblieben sind.
Aber zu diesen exotischen Trup-
pen muss man nun auch noch die
von Mussolini geschickten Ly-
bier, Eriträen und Somaliländer
hinzuzählen, ebenso wie die in
Ifni und im südlichen Maurita-
nien rekrutierten Truppen und
andere Barbaren noch exotische-
ren und geheimnisvolleren Ur-
sprungs. Die Apachen des Tercio
hatten weder Vaterland noch ir-
gendeine bekannte Religion. Und
was die oben erwähnten Nord-
afrikaner angeht — sowohl die
aus dem Osten wie die aus dem
Westen stammenden — so weiss
man, dass sie sich zum Islam
bekennen. Fast ausnahmslos. Ei-
nige, so besonders die Som&li-
länder, sind Fetischisten. Es gibt
sogar noch Stämme unter ihnen,
die der Menschenfresserei frö-
nen. Dann kommen, selbstver-
ständlich, die Deutschen. In
Deutschland kommen bekannt-
lich auf je einen Katholiken drei
oder vier Protestanten und Ju-
den. Das heisst also, dass die
überwiegende Mehrheit der deut-
schen Piloten, Tankführer, Mili-
tärtechniker und Spezialisten in
den Waffenfabriken Franco-Spa-
niens die Heilige Messe, die für
den dogmatischen Katholiken
etwas Wesentliches ist, als Aber-
glauben betrachten.
Und wie wird sie wohl von den
Faschisten der Schwarzen, Roten
und Blauen Pfeile angesehen
werden, die die Caproni und Fiat
pilotieren und die leichten Tanks
steuern ? Vergessen wir nicht,
dass Mussolini, überzeugter
Atheist und Autor skandalöser
Schriftjen gegen den Katholizi-
smus, die in Italien und Spanien
weiter Absatz finden, seine
«Fasci» mit den Renegaten des
Sozialismus, des Anarchismus
und des Syndikalismus gründe-
te ; und dass die von dem Pries-
ter Dom Sturzo geführten «Po-
polari», obgleich sie die politi-
sche Partei der Kirche darstell-
ten, etwa wie die Acción Popular
in Spanien, von Mussolini so
heftig verfolgt wurden, wie die
äussersten Linken.
Wie man sieht, wird also der
grösste und ausgesuchteste Teil
der Truppen Francos, weder
täglich noch wöchentlich, noch
überhaupt zur Messe gehen.
Aber — wird man sagen —
das Dekret wird auf die Spanier
Anwendung finden.
Nun, diejenigen von ihnen, die
sich in den Schützengräben be-
finden oder die Wache beziehen
müssen oder in den Stellungen
nahe der Frontlinie liegen, kön-
nen es wohl kaum befolgen. Und
was die übrigen angeht, so muss
man die Kommentare des un-
glücklichen Zwangssoldaten hö-
ren, dem man — wenn über
haupt—so einen ganz jämmerli-
chen Sold auszahlt, den man
schlecht und unordentlich er-
nährt, der mitten im Winter
kaum gegen die Kälte geschützt
wird, den man von seiner Fami-
lie isoliert, welche ein elendes
Sklavendasein führt—man muss
seine Kommentare hören, wenn
man ihn jeden Morgen, bevor er
seinen täglichen Frondienst vol-
ler Sorge, Unruhe, Schmerz,
Angst und Gefahr anfängt, be-
fiehlt, auf freiem Felde oder in
der nächsten Kirche oder Ka-
pelle die Messe zu hören.
Wir können sicher sein, dass
seine Gedanken vorher und nach-
her alles weniger als religiös sein
werden. Gewissensfreiheit? Man
wird sie den Mauren, den Deut-
schen und Italienern gewähren.
Aber nicht den Spaniern. Denn
diese sind für Franco und seine
Anhänger keine Menschen, son-
dern Parias. Das zeigt, unter
tausend anderen, folgende Epi-
sode : Als ein Untergebener den
Francogeneral Yague fragte, ob
man eine Gruppe Republikaner,
die man gefangen genommen hat-
te, erschiessen oder sie ins Ter-
cio stecken solle, antwortete die-
ser :
«—Man stecke sie ins Tercio.
Schliesslich ist das alles als Ka-
nonenfutter verwendbar...»
Er wird schon noch Gelegen-
hein haben sich von seinem Irr-
tum zu überzeugen.
(«Mañana». Barcelona.)
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Seite 3
Spanischer Informationsdienst
17 Januar 1938
DIE KULTURSTÜRMER
willig, dann unterliegen sie dem
Strafgesetz...» In letzter Zeit
haben die Beschützer der «ger-
manischen Kultur» alle «schäd-
lichen» Bilder gesammelt und
ihre bevorstehende Verbrennung
angekündigt, ein Akt von so
unerhörter Barbarei, dass er
sogar die Verbrennung der Bü-
cher noch übertrifft (denn Bilder
sind einmalig).
Die Demolierung der Kultur
geht Hand in Hand mit dem
Versuch, sich einen Teil des kul-
turellen Erbes des deutschen
Volkes anzueignen, seinen ideel-
len Gehalt herauszuschälen und
diesen schamlos in sein Gegenteil
umzufälschen Diese Feldwebel
des Geistes wollen das Volk der
wirklichen Kultur berauben, da-
bei aber ihre äussere Schale bei-
behalten, um auf diese Weise den
Gegner gewissermassen ideolo-
gisch zu entwaffnen und die
Volksmassen für den Dienst an
der volksfeindlichen Sache zu
mobilisieren.
Gleichzeitig sind die National-
sozialisten bemüht, dem deut-
schen Volke, das sich stets durch
grösste Achtung vor der Kultur
und ihren Trägern ausgezeichnet
hat, entgegengesetzte Gefühle
einzuimpfen. Sie behaupten, dass
die «sogenannte» Kultur durch
aus nicht das erstrebenswer-
teste Ziel der Menschheit sei,
sondern ein Vorurteil, das über-
wunden werden müsse, eine Ver-
irrung, eine Illusion, ein belas-
t e n d e s Überbleibsel. Hans
Schlemm, der erste Reichsleiter
der Lehrerschaft, nennt die Kul-
tur sogar «geistige Päderastie».
Den kulturellen Bankrott des
untergehenden Kapitalismus stel-
len die Nationalsozialisten als
den Bankrott der Kultur über-
haupt hin. Ernst Krieck, der
«Kulturphilosoph» von Hitlers
Gnaden, fordert die Rückkehr
zum primitiven Naturzustand,
die Vernichtung und Verbren-
nung alles dessen, was in Jahr-
hunderten kultureller Entwick-
lung geschaffen wurde, die Auf-
richtung der groben Gewaltherr-
schaft der neuen Barbarei. «Lasst
ab — so heult dieser wutschnau-
bende Priester des braunen Göt-
zen der Rowdys, Banditen und
Mörder — lasst ab von der baby-
lonischen Kulturbauerei!... Mö-
gen sie uns Barbaren nennen!
Wir wollen keine Kultur!» Nie-
der mit der Kultur! Es lebe die
Barbarei! Es lebe die Mystik der
«Rasse» und der Gott der tieri-
schen Lebenskraft, der Gott des
Krieges !
Alfred Rosenberg ist ein wenig
«bescheidener». Er ruft bloss zur
«Kulturwandlung» auf, zur «kul-
turellen Wiedergeburt», die alles
in allem nur ein paar Jahrhun-
derte der Geschichte streichen
und auf alle Errungenschaften
der Neuzeit verzichten soll. Die-
ser Herr äussert seinen «tiefen
Schmerz» beim Anblick der gros-
sen Städte und Fabriken, welche
«das Antlitz der deutschen Land-
schaft verunzieren». Oh wie gern
würde er diese Mittelpunkte der
gegenwärtigen Zivilisation ver-
nichten, diese Zentren der Arbei-
terklasse — des Totengräbers
des Faschismus!
Und nun rückt Herr Rosen-
berg zur Verwunderung der gan-
zen Welt mit seiner grandiosen
« geschichtlichen Entdeckung »
heraus.
Es stellt sich heraus, dass alle
Kulturen aller Zeiten und Völker
eine Schöpfung der «nordisch-
arischen Herrenschicht» darstel-
Lasst ab von der babylo-
nischen Kulturbauerei!...
Mögen sie uns Barbaren
nennen! Wir wollen keine
Kultur!-"
«Wenn ich das Wort «Kultur»
höre, entsichere ich meinen Re-
volver.»
«Jeder zu Ende gedachte Ge-
danke bedeutet : «Feuer !»
In diesen beiden Aussprüchen,
die Hans Johst, einer der Kory-
phäen der Literatur des «Dritten
Reiches», in seinem Drama, das
den Spion und Abenteurer Schla-
geter verherrlicht, diesem in den
Mund legt, ist das Verhältnis der
Nationalsozialisten zur Kultur
am besten gekennzeichnet. In
dem aiLande der Dichter und
Denker» gab der Triumph des
Faschismus das Signal zu einem
buchstäblichen Kulturpogrom.
Alles Wertvolle, in Jahrhunderte
alter Kulturarbeit Aufgebaute,
ist vernichtet. Die bedeutendsten
Vertreter der Kunst und Wis-
senschaft, der Stolz des 3eut-
schen Volkes und der ganzen
Welt, sind entweder körperlich zu
Grunde gerichtet oder beseitigt.
Was unter dem Namen «Deut-
sche Kultur» dargeboten wird,
ist ein widerliches Gebräu aus
der Küche Joseph Göbbels.
Die «neue Kultur» der faschi-
stischen Kannibalen des 2osten
Jahrhunderts ist eine Kultur des
«Krieges» und des «Soldaten-
tums» Die Philosophie des Mas-
senmordes und der Vernichtung
ist ihre «theoretische Grundla-
ge». —«Das Schicksal hat uns
dazu ausersehen—, so schreibt
einer der «geistigen Führer» der
Nationalsozialisten, ein gewisser
Otto Schuster—, die Philosophie
des Soldatentunis als höchste
Weisheit unserer Lebenshaltung
zu begründen.»
Ein bedeutsames Eingeständ-
nis !
Die nationalsozialistische Gar-
de erklärt allem kulturell Fort-
schrittlichen einen unerbittlichen
Krieg, vor allem der Wissen-
schaft, dem Materialismus, dem
Marxismus. Um das erwachende
Bewusstsein der betrogenen Mas-
sen im Keime zu ersticken, för-
dern diese Hakenkreuzritter die
Ignoranz.
In ihrer Auflehnung gegen die
Wahrheit des dialektischen Ma-
terialismus, kämpfen die Apostel
der neuen «Religion des Blutes»
gegen den menschlichen Intellekt,
für den tierischen Instinkt. Das
Regime, das keinerlei vernünfti-
ge Rechtfertigung in sich findet,
noch, finden kann, muss an die
niedersten Instinkte appellieren.
Es mobilisiert die dumpfen «In-
stinktmenschen» gegen die Men-
schen der Vernunft. Es organi-
siert eine wilde Hetze gegen die
Intelligenz und predigt den Hass
gegen die Träger der schöpferi-
schen Kultur.
Der bekannte weissrussische
Emigrant, Alfred Rosenberg,
W e 1 t anschauungsgeneral der
reinrassigen Germanen, veröf-
fentlicht eine Apologie der «ein-
fachen Weltanschauung», die, le-
dig aller Theorie, auf dem «von
jeglichem Wissen unbeschwerten
Instinkt» basiert,
Und der sächsische Minister der
«Volksauf klärung», der Natio-
nalsozialist Hartnack, geht so
weit, dass er vor aller Öffentlich-
keit seinen geheimsten Traum
offenbart, sich von der Herr-
schaft des Geistes völlig zu be-
freien, aber er fügt bedauernd
hinzu, dass man leider «ganz
ohne den Geist» nicht aus-
kommt...
Den Kampf gegen die Kultur
verbinden die deutschen Faschi-
sten mit dem Rassenkampf gegen
alles «Fremde», mit dem Angriff
auf Internationalismus und Hu-
manismus. Die «germanische
Kultur», vom Geiste «befreit»
und auf den Banditeninstinkten
der Hitlerapachen basierend, ist
eine absolut «urwüchsige» Er-
scheinung, insofern, als sie mit
der übrigen zivilisierten Welt
nichts zu tun hat. Aber dafür
ist sie «rassisch» dem «lateini-
schen Geiste» der neuzeitlichen
Piraten des Mittelmeeres und
dem «Samurai-Geiste» ihrer fer-
nöstlichen Freunde verwandt, die
bekanntlich von den Nazi-Ras-
senforschern den Titel der «Arier
des Ostens» erhalten haben.
Die Nazi-Politik auf dem Ge-
biete der Kultur ist plump und
primitiv. Um die gesamte Be-
völkerung des von der Hitlerei
geknechteten Deutschland in zu-
verlässige «Train Soldaten» für
den vom Faschismus vorbereite-
ten totalen Krieg zu verwandeln,
ist es nötig, das erwachende Klas-
senbewusstsein der arbeitenden
Massen zu unterdrücken, sie vom
Kampfe um ein besseres Dasein
abzulenken, den schöpferischen
Geist durch dumpfen Vernich-
tungswillen zu ersetzen, die Ge-
fühle der Menschlichkeit durch
tierischen Hass gegen alles
«Fremde» zu verdrängen. Das ein-
zige und höchste Ziel der Nazi-
Kultur ' ist der Krieg. Das gibt
die Presse des «Dritten Reiches»
mit zynischer Offenheit zu. Die
psychologische Militarisierung
des deutschen Volkes wird von
den Nazis mit grösster Energie
betrieben. Das gesamte kulturelle
Leben unterliegt der militärfa-
schistischen Verseuchung, vor
allem — das Gebiet der Kunst,
denn mittels der Kunst gelingt
es am besten, auf die Gefühle zu
wirken, ohne sich—nach Möglich-
keit — des den faschistischen
Finsterlingen so verhassten Geis-
tes zu bedienen. Im Zusammen-
hang damit vollzieht sich eine
grundlegende Umschichtung aller
Gebiete der Kultur im Geiste des
Faschismus und des Krieges.
Die Literatur beschränkt sich
— nach der Ausmerzung und
Verbrennung der besten Werke,
nach der Vertreibung der besten
zeitgenössischen Seh riftsteller
Deutschlands und der Rassen-
reinigung» der Klassiker, nach
Verhängung einer wilden Zensur
durch die SA-Ignoraten — beinah
restlos auf die minderwertigsten
Sudeleien, die den Krieg, den
Tod, die Vernichtung, den Mord
um des Mordes willen verherrli-
chen. Die Musik im «Dritten
Reich» muss —• wie der Nazi-
Professor Raabe vorkündet —
«mit allen ihren Kräften diese
Kriegsbereitschaft fördern, die so
tief im deutschen Leben verwur-
zelt ist» ; aus dem musikalischen
Erbe muss alles ausgemerzt wer-
den, was dieser Aufgabe nicht
dient. Theater und Film sind
nach dem nationalsozialistischen
Programm auf ein geistig und
künstlerisch so tiefstehendes Ni-
veau gesunken, dass sogar der
Leiter der Propagandaabteilung
diese Tatsache nicht verhehlen
kann. Um das «Aufblühen der
bildenden Kunst zu fördern»,
bedroht man die Künstler, die
sich weigern, den blutigen Zielen
des Faschismus und des Krieges
zu dienen, mit Sterilisierung
oder Gefängnis. «Denn — so sagt
Hitler — entweder leiden diese
sogenannten Künstler an einem
Sehfehler, dann muss das Innen-
ministerium Mittel ergreifen, um
ihre Fortpflanzung zu verhin-
dern, oder aber sie handeln bös-
€€
wunderlich, dass der in seiner
antisemitischen Hetze unermüd-
liche Julius Streicher auf den
Seiten seines Rowdyblättchens
wild über die Serumtherapie her-
fällt, denn nach seiner «autorita-
tiven» Behauptung besteht das
Serum aus rassenfremdem Ei-
weiss und rassenfremdes Eiweiss
sei Gift. Eine Folgerung aus die-
ser These ist der Vernichtungs-
schrei : «Stürzt die europäischen
Götzen der Medizin .— Virchow,
Koch, Behring!...»
Die nation alsozialistische
«Wissenschaft» lehnt bekannt-
lich ganz offen das Suchen nach
objektiver, positiver Wahrheit
ab : sie erklärt, dass nur das
wahr sei, was der Sache des Na-
tionalsozialismus und des Krie-
ges diene. Im Zusammenhang
damit verkündet der Nazi-Pro-
fessor Alfred Bäumler, Autor des
Buches «Der Bund der Männer
und die Wissenschaft», als gei-
stigen Gehalt des Nationalsozia-
lismus die Ersetzung des gebil-
deten Menschen durch den Sol-
daten. Der gegenwärtige Rektor
der Heidelberger Universität,
Ernst Krieck, fordert von den
Gelehrten, dass sie «die SA des
Geistes bilden» und ein gewisser
Rudolph Paulsen ruft in einem
offiziösen nationalsozialistischen
Blatt pathetisch aus : «Nur die
auf marschierenden Gedanken
sind die besten Gedanken !».
«Wissenschaftliche Bildung —
so erklärt der Nationalsozialist
Usadell-—, führt zur... Bildung
und Befestigung der Klassenun-
terschiede (I. S.), und deshalb ist
die allgemeine Unbildung der
beste Weg zum nationalen Sozia-
lismus» . Nieder mit der Bildung,
es lebe die Gleichheit der Igno-
ranz !
Der Faschismus ist ein Feind
der Kultur. Faschismus und
Kultur sind unvereinbar. Diese
Erkenntnis dringt in immer wei-
tere und weitere Kreise von Ar-
beitern, Bauern und schaffenden
Intellektuellen, sie wird zum Ge-
meingut der gesamten fortschritt-
lichen Menschheit.
Alle diejenigen, denen die In-
teressen der Menschheit teuer
sind, denen Kultur und Fort-
schritt am Herzen liegen, alle,
die, wie es der zweite internatio-
nale Schriftstellerkongress for-
mulierte, «zutiefst und ehrlich
an ihre menschliche Mission
glauben», finden heute—gemein-
sam mit den Völkern der Sow-
jetunion — ihren Platz in den
Reihen derer, die als Kämpfer
gegen die furchtbare Gefahr,
welche die Menschheit und ihre
Kultur bedroht, sictr zu einem
Block der antifaschistischen
Weltvolksfront zusammen-
schweissen. Dieser gewaltige
Kampfbund der Friedensfreunde
wird der Welt den Weg frei ma-
chen zu Glück und Wohlstand,
zu unbegrenztem kulturellen
Fortschritt.
I. SILBERFAHR
(«Iswestija», 17-12-37.)
len, die sich aus der sagenhaften
Atlantis über alle bewohnten
Länder der Erde ausgebreitet
hat. Diese nordische Schicht war,
wie für Alfred Rosenberg
«unumstösslich feststeht», seit
Urzeiten die Wohltäterin der
Chinesen, Inder, Assyro-Baby-
Jonier, Indianer, Ägypter, Per-
ser, Hellenen, Römer, der Spa-
nier, Franzosen und Russen,
kurz aller, aller, aller. Ihnen
allen schenkte sie ihre Kultur,
und diese Völker «niederer Ras-
se» haben dieses Geschenk miss-
braucht, ja, sie vergelten es heu-
te noch den wahren Germanen,
den einzigen direkten Abkömm-
lingen jener wunderbaren my-
thischen Nordländer mit schwär-
zestem Undank und wollen sich
deren «höherem Rassenwillen»
nicht fügen.
Der aufgeblasene Rassenhoch-
mut dieser Herrschaften ist mehr
als lächerlich. Aber es haben sich
im «Dritten Reich» Männer von
Ruf und Rang gefunden, die den
ungereimten Blödsinn der natio-
nalsozialistischen «Philosophen»
mit ernsthafter Miene diskutie-
ren. So veröffentlicht Philipp
L e h n a r d ein umfangreiches
Werk, das den Titel «Deutsch-
land und die jüdische Physik»
trägt. Er unterscheidet darin
zwischen einer «arischen Physik»
einerseits, die aus dem «germa-
nischen Rasseninstinkt geboren
ist, und der «jüdischen Physik
Einsteins, Planks, Heysenbergs
und sonstiger jüdischer Theore-
tiker» andererseits, die auf rein
mathematischen Gedankenkon-
struktionen beruhen und — nach
der Behauptung eines anderen
nationalsozialistischen «Akade-
mikers», Dr. Erich Rosskoten—
nur darauf berechnet ist, «die
Arier zum Narren zu halten».
Hinter den Nazi-Physikern
bleiben die Vertreter der übri-
gen faschistischen Wissenschaf-
ten nicht zurück. Ganz besonders
zeichnen sich die Mediziner aus.
Professor Erwin Lyck bringt das
rein arische Werk «Das Wunder
in der Medizin» heraus, in dem
er für das Wiederaufleben der
Kurpfuscherei plaidiert: «Der
Arzt — sagt er — muss wieder
zum Zauberer, zum Magier wer-
d e n ». Die Nazi - Zeitschrift
«Volkswohl» erklärt, dass viele
chemische Produkte eine «teuf-
lische Erfindung der marxisti-
schen Gelehrten» seien, die jü-
dische Unternehmer in den Han-
del brächten, um auf diese Wei-
se die blonde Rasse zu schwä-
chen. Die zeitgenössischen Bar-
baren Mitteleuropas treten aufs-
wärmste für das Leben «arischer»
Kaninchen und Mäuse ein, die
unter den Händen nichtarischer
und marxistischer Forscher ihr
Leben lassen müssten, haben
aber nichts gegen die Massenver-
nichtung menschlicher Leben
einzuwenden und begrüssen die
Epidemien als «natürliche Zucht-
wahl und Dezimierung des Be-
völkerungsüberschusses» . Wenn
nationalsozialistische «Gelehrte»
so sprechen, so ist es nicht ver-
-ocr page 4-
17 Januar 1938
Spanischer Informationsdienst
Seite 4
DIE "ORDNUNG
9!
Die Gefangenen der Republik
so elende, dass man sie sofort entlausen lässt, sie
einer gründlichen Waschung mit Essig und Su-
blimat und nachfolgender Säuberung mit Seife
unter heissen Duschen unterzieht, sie mit neuer
und sauberer Wäsche versorgt und von den ande-
ren absondert. Ihre alten Kleidungsstücke werden
verbrannt.
Das Erstaunen der Gefangenen über diese Be-
handlung ist unbeschreiblich. Statt der erwarteten
sofortigen Erschiessung sehen sie sich nicht nur
von der Parasitenplage, von Räude und Krätze be-
freit, man gibt ihnen auch gesunde und ausrei-
chende Kost.
Die, Republik—Vertreterin von Recht und Ge-
setz — behandelt ihre Gefangenen wie Menschen.
Die Faschisten hingegen machen sie zu Sklaven
und lassen ihnen eine Behandlung zuteil werden,
die an Schändlichkeit alles bisher Dagewesene
übertrifft.
Valencia. — Die Generaldirektion der Gefäng-
nisse übermittelt uns folgende Notiz :
«Laut Verordnung des Ministers der Nationalen
Verteidigung, sind die gefangenen Militärs, nach-
dem sie sorgfältig nach ihrer politischen und mili-
tärischen Bedeutung klassifiziert worden sind,
der Generaldirektion. zur Verfügung gestellt wor-
den, um in öffentlichen Arbeiten Verwendung zu
finden; Arbeiten, die bereits in verschiedenen
Punkten in. Angriff genommen sind und mit ge-
steigerter Eile und Energie durchgeführt werden.
Für die Öffentlichkeit ist es von Interesse zu
wissen, in welchem Zustand diese Gefangenen in
unsere Hände gelangen. Dieser Zustand ist ein
denkbar bejammernswerter. Die Sachen, die sie
auf dem Leibe tragen, sind die gleichen, in denen
sie ihr Heim verlassen haben und der grösste Teil
trägt die Unterwäsche seit 6-7 Monaten, ohne sie
zu wechseln. Ihre körperliche Verfassung ist eine
Wie zynisch haben uns die
sogenannten Anhänger der Ord-
nung hintergangen ! Sie verkün-
digten und verteidigten die Ord-
nung in jedem Sinne : die soziale
Ordnung, die historische Ord-
nung, die juristische Ordnung,
die ökonomische, religiöse, aka-
demische Ordnung... Um sie
aufrechtzuerhalten und zu ver-
teidigen hatten sie furchteinflös-
sende Institutionen geschaffen :
das Heer, die Polizei, die Guar-
dia Civil, die Tribunale der Jus-
tiz, die Kirche, die Bank, die
Akademie... Das Volk war für
ihren spiessbürgerlichen Ver-
stand eo ipso, ganz einfach weil
es Volk war, Feind der Ordnung,
die Unordnung in Potenz.
Und plötzlich erklärt sich dieser
ganze Ordnungsapparat in Auf-
ruhr gegen das in einem legalen
politischen System¡ organisierte
Volk, mit gesetzgebender und
ausführender Gewalt; bricht
seine Gehorsamseide, wirft seine
Verpflichtungen ab, greift die
legale und legitime Regierung
an und schreit, vom aufständi-
schen Lager her, etwa im Stile
eines Räuberhauptmanns in der
Einöde : «Es lebe die Ordnung !»
Um ihre Entrüstung besser zu
illustrieren, schimpfen die Ver-
teidiger der Ordnung auf die
Unordnung in dem Lager, das
sie im Stich gelassen haben ; wo
das Gesetz infolge dessen ohne
Schutz geblieben ist, ohne die
Hilfe staatlicher Machtmittel.
Dort, sagen die Ordnungsleute,
raubt man, mordet man, und
schert sich den Teufel was um
die staatliche Autorität. Wes-
halb? Weil das Volk spontan,
ohne andere Hilfe, als die seiner
Entrüstung, genau nach den
Vorschriften handelt, die die An-
hänger der Ordnung für den
Fall eines Kriegszustandes dik-
tiert haben. Das Volk verfolgt
die Rebellen, es wendet auf sie
den Militärkodex an, es konfis-
ziert ihren Besitz, es improvisiert
eine Disziplin, organisiert ein
Heer, bildet eine Polizei aus,
stellt die Tribunale der Justiz
wieder her, wendet den Zivilko-
dex an, richtet die nationale
Wirtschaft und Industrie wieder
auf, intensiviert die Agrararbei-
ten, leistet den Rebellen Wider-
stand, arbeitet sich in die Tech-
nik ein, führt den Schulunter-
richt weiter durch, begünstigt die
wissenschaftliche und künstleri-
sche Produktion... «Anarchie !»
rufen die aus ihrem Amt und
aus. ihrer Pflicht Desertierten.
«Kommunismus !» schimpfen die
Überläufer aus dem demokrati-
schen Lager. Und währenddes-
sen eröffnen diejenigen, die man
beschuldigt, den Kommunismus
in Spanien einzuführen, ein Jahr
nach dem Aufstande der Anhän-
ger der Ordnung, als es in ihrer
Macht steht, zu tun was ihnen
beliebt —■ das Parlament, und
zwar dasselbe, was auf Grund
von Wahlen, die die Aufständi-
schen selber veranstaltet und
präsidiert haben, gebildet worden
war. Diejenigen, die Kraft genug
hatten, die Militärs aus den
Kasernen zu werfen, die ohne
Waffen und in zerstreuten
Haufen dem Angriffe einer mili-
tärischen Organisation Wider-
stand leisteten, welche auf alle
ökonomischen und geistigen
(«geistlichen») Reserven, zählen
konnten und mit allen inneren
und äusseren Mächten im Bunde
standen, haben, anstatt die Vor-
sätze, die der Feind ihnen unter-
stellt, auszuführen, anstatt sich
in die Anarchie zu stürzen oder
den Kommunismus einzuführen,
an der Spitze des Staates einen
Republikaner weiterpräsidieren
lassen, während es doch für die
Kommunisten ein Leichtes ge-
wesen wären, ihn von der obers-
ten republikanischen Befehlsstel-
le herunterzuholen, wie irgendein
in der Montana-Kaserne ver-
stecktes Generälchen.
Sie sind wirklich komisch, die-
se Anhänger der Ordnung. So
komisch, dass sie jetzt, gegen-
über der vom Volke geschaffenen
Ordnung, angesichts des Gehor-
sams und der Disziplin, die im
demokratischen Lager herrschen,
sich als eine veraltete Organisa-
tion erweisen, deren Zweck ist,
die Unordnung aufrechtzuerhal-
ten und zu verteidigen. Die Un-
ordnung in jedem Sinne ; die so-
ziale Unordnung, die historische
Unordnung, die juristische, öko-
nomische, religiöse, akademische
Unordnung...
Die Erde für die Parasiten, die
Geschichte für den ausschliess-
lichen Gebrauch der Vergan-
genheit, die Gerechtigkeit für
den Missbrauch der Gewalt, die
Wirtschaft für das Vergnügen
der Privilegierten, die Religion
zu Ehren der Kamele, die Kul-
tur als Brennmaterial für den
Scheiterhaufen.
Sie begnügen sich nicht damit,
im Namen der Ordnung Verbre-
chen zu begehen, sie halten es
noch dazu für notwendig, der
Unordnung feste Dauer zu schaf-
fen, damit sie auch in Zukunft
ungestraft ihrem verbrecheri-
schen Handwerk nachgehen kön-
nen.
Rafael SUAREZ SOLIS
(«Información», 16-11-37.)
Ein Interview mit Heinrich Mann
deren diese sich bedient haben,
um die Dinge so hinzustellen,
als kämpften die Faschisten ge-
gen die Feinde der Moral und
der menschlichen Ordnung. Nie-
mand in der Welt kann heute
noch an diese Lügen glauben.
Die republikanische Regierung
hat sich in bewunderungswerter
Weise mitten in Revolution und
Krieg reorganisiert. Auf welcher
Seite ist der gute und auf welcher
der böse Wille? Die spanische
Republik hat nicht nur Gesetz
und Recht auf ihrer Seite, sie
hat auch die Zustimmung des
Volkes. Sie vertritt deshalb die
Rechtlichkeit, das gute Gewissen
und die Moral.
Ihr Volk leidet, wie selten ein
Volk gelitten hat. Ich glaube
kaum, dass die Geschichte eines
anderen Volkes je ein ähnliches
Schauspiel geboten hätte. Ich
sehe nichts als Ablehnung, Hass
und Grausamkeit Ihrem Volke
gegenüber. Letzten Endes sind
die ungeheuerlichen Verbrechen
des Faschismus nichts anderes,
als ein Resultat der Verzweiflung.
Der Faschismus beginnt, indem
er an allem zweifelt, auch an sich
selbst zu zweifeln. Aus diesem
Grunde muss er sich seinen Weg
durch Meere von Blut bahnen,
bevor er endgültig zusammen-
bricht. Wenn ich die Photogra-
phien der armen spanischen Kin-
der anschaue, deren Köpfe von
den faschistischen Geschossen zer-
schmettert sind und denen die Ge-
walt des Überfalls nicht einmal
Zeit Hess die Lippen zu schlies-
sen, so macht es auf mich den
Eindruck, als wollten diese un-
schuldigen Opfer uns fragen :
«Aber ist denn das wahr? Kann
denn das wahr sein?» Die Ant-
wort müssen wir von diesen sel-
ben verkrampften Lippen lesen.
Und diese Antwort lautet: «Ja,
es ist wahr! Wie furchtbar für
uns... und für euch!»
—Glauben Sie, dass die Intel-
lektuellen und Arbeiter der Welt
alles tun, was sie tun könnten,
um dem spanischen Volk in sei-
nem Kampf um die Freiheit aller
beizustehen ?
—Ich glaube, dass es an der
Zeit ist, die reine und nackte
Wahrheit auszusprechen. Die
Intellektuellen müssen sich von
den letzten Zweifeln, welche sie
noch haben können, freimachen ;
die Arbeiter brauchen nur sich
selbst treu zu bleiben. In dem
Masse, als die einen und die an-
deren klar zwischen Freund und
Feind unterscheiden lernen, wird
das spanische Volk mit unerwar-
teter Schnelligkeit seine Freiheit
wiedererlangen.
Jederman sollte sich die Um-
stände, unter welchen die spani-
sche Republik sich reorganisiert
hat, vor Augen halten : mitten
im Krieg und unter ständiger
furchtbarer Bedrohung des Le-
bens. Die Kriegskunst musste es
mitten im Kriege erlermen ; die
Disziplin — als diese eine Frage
auf Tod und Leben geworden
war. Das spanische Volk hat das
zu realisieren vermocht, was die
anderen Völker nur im absolu-
ten Frieden zu erreichen imstan-
de sind. Und die Regierung hat
es ausser alledem erreicht, das
absolute Vertrauen des gesam-
ten Volkes zu gewinnen.
—Wie denken Sie über die
Art, wie die Republik ihre Pro-
paganda macht?
—Dass sie das beste Prinzip
der Propaganda befolgt — indem
sie sich auf die Erfahrung und
die Wahrheit stützt. In Deutsch-
land, zum Beispiel, ist die Pro-
paganda ein wahrer Turm von
Lügen. Die spanische Republik
gewinnt täglich an Ansehen in
den Augen der ganzen Welt,
weil sie die Wahrheit verbreitet.
Und weil sie selbst Repräsentan-
tin der Wahrheit ist, braucht sie
nichts weiter zu tun, als sich
selbs zu verkünden. Sie verkün-
det die Wahrheit und handelt
nach den Prinzipien der Wahr-
heit. Sie verkündet das Prinzip
der Humanität und befolgt es
zugleich gegenüber dem grau-
samsten aller Feinde.
Glücklich die Kämpfer, die in
republikanische Hände fallen!
Die Arbeiter und Bauern in Uni-
form auf faschistischer Seite —
beachten Sie wohl, dass ich nicht
sage «die faschistischen Solda-
ten»—, welche zu den Republi-
kanern übergehen oder in Gefan-
genschaft geraten, müssen das
Gefühl des «Sichwiederfindens»
erleben, wenn sie in den Republi-
kanern ihre natürlichen Gefähr-
ten erkennen. Was die Deutschen
und Italiener betrifft, welche de-
sertieren, so sind sie niemals
Faschisten gewesen oder aber sie
sagen sich voller Enttäuschung
von der faschistischen Ideologie
los.
Über dieses Thema der deut-
schen und italienischen Deser-
teure wusste Heinrich Mann so
viel Interessantes zu sagen, dass
es schade wäre, es, in Anpassung
an den engen Raum, zusammen-
zupressen.
Ich ziehe es vor, das für einen
zweiten Teil dieses Berichtes auf-
zuheben.
Fernando de la MILLA
Paris, Dezember 37.
(«Heraldo de Madrid», 13-12-37.)
Der grosse deutsche Schrift-
steller Heinrich Mann stand vor
kurzem auf der Rednerliste eines
in London abgehaltenen Mee-
tings. In letzter Stunde entschloss
er sich, nicht auf dem Meeting
zu sprechen «aus Furcht, die eng-
lischen Machthaber zu chokie-
ren».
Diese interessante Tatsache
gab mir den Impuls, ihn zu be-
suchen. Ich wollte ihn nicht fra-
gen, weshalb er seine Rede nicht
gehalten habe. Es wäre eine über-
flüssige Taktlosigkeit gewesen in
dem Augenblicke, wo der be-
rühmte deutsche — natürlich aus
Deutschland ausgestossene —
Schriftsteller mir aus freien
Stücken das auseinandersetzte,
was er in London nicht hatte
aussprechen wollen.
—Verschiedene Noten der bri-
tischen Regierung — sagte er zu
mir — sind von der Salamanca-
«Regierung» in unverschämter
Weise behandelt worden. Ich
kann, zum Beispiel, jene Antwort
nicht vergessen, worin Franco
ausdrückte, dass er die Sicher-
heit bei der Evakuierung der
Nichtkämpfer aus Biscaya und
Asturien nicht garantieren könne,
Wer ist daß, von dem sich das
britische Imperium diese unver-
schämten Antworten g e f allen
lässt? Ein ganz gewöhnlicher
Strassenräuber. Wenn solche An-
griffe auf Kultur und Mensch-
lichkeit unabgewehrt bleiben,
so beweist das, dass wir es heute
in der Welt mit einem ausserge-
wöhnlichen Phänomen zu tun
haben.
—-Was halten Sie von dieser
Politik der Liebedienerei gewis-
ser demokratischer Staaten ge-
genüber dem Faschismus ?
—Die ganze Welt hat sich
überzeugen können, dass diese
Politik nicht dazu gedient hat,
die Grösse der faschistischen
Gefahr zu verringern. Ganz im
Gegenteil. Sie werden immer ge-
walttätiger und grausamer, trotz
der eindeutigen Schicksalsschlä-
ge. Ich denke dabei an den Tod
der durch Unfall umgekommenen
Generäle Sanjurjo und Mola. Es
ist unwichtig, ob ihre Flugzeuge
tatsächlich durch Unfall abge-
stürzt sind oder ob es sich um
Sabotageakte handelt. Auf jeden
Fall sehen wir in diesen beiden
Unfällen einen Wink des Schick-
sals.
—Und der Faschismus nimmt
zu der Ausrede Zuflucht, dass er
Moskau bekämpft...
—Ganz recht. Aber in Ihrem
Fall muss man blind sein, um
nicht zu sehen, dass die spanische
Republik ihre Verleumder der
einzigen Ausrede beraubt hat,
Die Reproduktion
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