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SPANISCHER INFORMRf IONS
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(ittöalwto Prieta)
umente
WÖCHENTLICHER AUSZUG AUS UNSEREM "SERVICIO ESPAÑOL DE INFORMACIÓN"
Nummer 6
Barcelona, 31 Januar 1938
Av. 14 de Abril, 556
Ein Telegramm des Ministers
der Nationalen Verteidigung
renden «Cortes» der Republik
verkündeten in einer Charte den
Verzicht Spaniens auf den Krieg
als System der auswärtigen Po-
litik. Sie proklamiert den Laien-
staat, die Agrar — und Finanz-
reform. Hierzu einige Daten :
Ein Prozent der Bürger war Herr
über 51 % des Bodens, während
40 % der Bevölkerung keinen
Eussbreit des von ihr bearbeite-
ten Bodens ihr eigen nannte. Die
Kirche bezog jährlich ca 60 Mil-
lionen vom Staat. Bank — und
Industriewesen war auf Spekula-
tion und Wucher aufgebaut wie
in keinem anderen Lande. Ge-
schäft ging vor Wohlfahrt. Eini-
ge mächtige Herren, wie der
Marquis von Urquijo oder Ruiz
waren die Aufsichtsräte von 34,
resp. 43 Unternehmen und in
ihren Händen befanden sich fast
die gesamten nationalen Betriebe.
Die Republik erbte eine unge-
heure Staatsschuld, die durch die
Durchstechereien Calvo Sotelos,
während der Diktatur, auf sieben
Millionen Peseten angewachsen
war. Carner und Prieto verfuh-
ren mit grösster Strenge, um es
auf ein ehrenhaftes Budget zu
bringen. Neue Schulen wurden
gegründet. Im Durchschnitt
6.648 jährlich in den ersten Jah-
ren der Republik gegen 493 in
den Jahren der Monarchie, und
833, als die Republik in die Hän-
de der Reaktion übergeht. Päda-
gogische Missionen wecken im
Lande das Interesse für geistige
Probleme und Poesie. Indalecio
Prieto intensiviert den Plan der
Bewässerungsanlagen.
Diese Republik wurde verra-
ten. Im April 31 wurde Alcalá
Zamora zum Präsidenten ge-
wählt. Ein grober Fehler. Dieser
Mann hatte, als er ans Ruder
kam, versprochen, die Fahne der
konstitutionellen Revisionisten
zu hissen. Und das war sein
Werk : in 26 Monaten 13 Krisen
und 58 Minister. 540 Millionen
erhielten die Granden von Spa-
nien als Entschädigung für die
Agrarreform : 200 die Reeder ;
150 die Gesellschaft Jesu ; 30 die
Weizenschieber ; 18 wurden zur
Anschaffung offizieller Autos
verwendet. Diverse schmutzige
Geschäfte. Das «Straperlo» und
die ergebnislose Attacke auf den
Kolonialschatz. Das Werk Alcalá
Zamoras und die Cortes von
1933, die aus der Spiessgesellen-
schaft der Republikaner und der
R e a k tionäre hervorgegangen
war — Lerroux und Gil Robles,
— warfen ihre düsteren Schatten
auf das Land, das sich in seinen
Hoffnungen betrogen sah. Es
kam die Gegenaktion des Volkes
im Oktober, geführt von der so-
zialistischen Partei, deren Be-
mühungen um eine Reinigung
der sozialen Atmosphäre an
einnem Parlament der «señori-
tos» und politischen Lebemän-
ner scheiterten. Diese berüchtig-
ten Cortes waren aus einem De-
fekt im Wahlgesetz hervorgegan-
gen, das, um homogene Mehrhei-
ten zu erzielen, den herrschenden
Kreisen, die ihre Macht in ver-
antwortungsloser Weise miss-
brauchten, noch beträchtliche
Prämien gewährte. Das hatte
Kombinationen zur Folge, von
denen die macht — und kredit-
losen republikanischen Radikalen
profitierten. So kam es, dass die
Linksrepublikaner und Soziali-
sten, mit 3.500.000 Stimmen,
rund 93 Sitze erhielten, während
die katholische Rechte, mit
2.500.000 Stimmen, über 176
Repräsentanten verfügte. Auf
gleiche Weise hatten die Kom-
munisten mit 250.000 Stimmen
nur einen einzigen Deputierten,
die Monarchisten mit 700.000
hingegen— 43. Kurz : Diese
künstlichen Cortes waren an der
Arbeit, das Werk der Republik
zu vernichten, anstatt es zu er-
halten, zu «konservieren», wie es
die Aufgabe der uConservado-
res» (der Gemässigten) gewesen
wäre.
Die Oktoberbewegung w a r
mehr als gerechtfertigt. Sie wur-
de mit brutaler Gewalt unter-
drückt. Sozialisten und Republi-
kaner schufen mit vereinten
Kräften die Volksfront, die 1936
triumphierte. Es ist die Rück-
kehr zur Republik. Rückkehr zu
der Zeit, wo Spanien Schulen
baute und Land verteilte und wo
das Volk unter demokratischen
Gesetzen seine Arbeit verrichte-
te. Aber diese Rückkehr zum
normalen konstitutionellen Leben
konnte nicht geduldet w;erden.
Die Aristokratie, die Banken,
die Kirche, das Heer organi-
sierten Mörderbanden. In drei
Monaten 28 Attentate. Primo de
Rivera und seine Phalange ver-
fügen über mächtige Gönner im
In—und Auslande. Goicoechea
paktiert mit Mussolini, Sanjurjo
mit Hitler. Inzwischen beschlies-
sen Franco, Goded, Queipo, Mola
und andere Verräter, die Repu-
blik zu erdrosseln, selbst auf die
Gefahr hin, die Operation mit
der Unabhängigkeit des heimat-
lichen Bodens bezahlen zu müs-
sen. So kommt es zum Putsch
und zur Invasion und das Volk
sieht die Werke seiner Vorfahren
und die Stätten seiner Geburt in
Trümmer sinken. Wir nehmen
an, dass diese Synthese an Klar-
heit nichts zu wünschen übrig
lässt. Das spanische Volk kämpft
wie ein Mensch, den man auf den
Sklavenmarkt schleppen will,
nachdem man ihm Weib und
Haus geraubt und seine Kinder
ermordet hat. Jeder Mensch, erjsei
noch so angelsächsisch, muss
anerkennen, dass diese patheti-
sche Geschichte eine Moral;
enhält für die freien Männer
aller freien Völker.
(«La Vanguardia-», 15-1--938.)
Auf die eindringlichen Depeschen, die General
Pozas und der Kommissar Castillo an den Minis-
ter der nationalen Verteidigung gerichtet haben,
hat dieser mit folgendem Telegramm geantwor-
tet :
«An den General-Chef und den Kommissar der
Ostarmee :
Die Telegramme, die Sie mir als Protest des
Heeres gegen die ununterbrochenen Luftangriffe
auf unsere Zivilbevölkerung gesandt haben, be-
weisen, dass der Feind sich gründlich irrt in der
Annahme, dass diese seine Angriffe einen demo-
ralisierenden Faktor darteilen ; im Gegenteil, sie
dienen dazu, den Mut unseres Hinterlandes zu
festigen und den Kampfgeist unserer Truppen zu
befeuern.
Diese barbarischen Akte bilden ein Glied mehr
in der Kette der Greueltaten, welche die Rebellen
seit Beginn des Aufstandes verübt haben. Sie
glaubten an den überwältigenden Erfolg des letz-
teren und nach anderthalb Jahren sehen sie sich
unfähig, ein Volk zu bezwingen, das ihnen mit der
Waffe in der Hand heroischen Widerstand leistet.
Sie hofften, ihre Ohnmacht durch die schamlose
und verschwenderische Unterstützung seitens der
beiden Tyrannenländer w-ett zu machen, denen
sie dafür unsere nationale Unabhängigkeit ver-
kauften. Diese ungeheuerliche Allianz von Verrat
und Habgier zerschellt täglich von neuem an der
lebendigen Mauer jener Spanier, welche ihre
Bürgerpflicht mit Vaterlandsliebe zu verbinden
wissen.
Die Muse des Feindes ist der Terror. Durch
Terror hält er seine Macht in der von ihm besetz-
ten Zone aufrecht. Beeinflusst durch Ausländer,
bei denen das oberste Gesetz der Barbarei alle
göttlichen und menschlichen Gesetze zunichte
macht, will der Feind sich" für seine Niederlage
rächen. Das bedeuten seine ununterbrochenen
Bombardements seit unserem Sieg von Teruel.
Es gibt nichts Unspanischeres, nichts, was der
Ritterlichkeit, die den Spanier von jeher in den
Augen der ganzen Welt auszeichnet, mehr zuwi-
derliefe.
Aber trotz alleden müssen wir es vermeiden,
unserer Grossmut, weil wer sie nicht er-
widert sehen, müde zu werden. Wir müssen alles
tun, um von unserer Seite das Banner unserer
Rasse rein zu halten. Das Schicksal hat uns die-
se hohe Mission auferlegt und wir dürfen uns ihr
nicht entziehen. Retten wir die Ehre Spaniens
und seine altehrwürdige Überlieferung .für un-
sere Nachkommenschaft, der die grosse und
schwere Aufgabe zufallen wird, das Land aus den
Ruinen wieder aufzubauen, in die es Jene verwan-
delt haben. Und wenn sie noch nicht dazu gelangt
sind, das ungeheuerliche Verbrechen ihrer Rebel-
lion zu bereuen, so nur deshalb, weil die Flamme
der Vaterlandsliebe nicht auf dem Grunde ihrer
Seele brennt und weil ihnen die Organe des
seelischen Empfindungsvermögens, das den Men-
schen über das Niveau der Bestie erhebt, ver-
dorrt sind. Es bleibt der Geschichte vorbehalten,
zu verkünden, wer in diesem furchtbaren und
verheerenden Zusammenstoss die Wahrheit und
die materiellen und geistigen Interessen verteidigt
und wer in einem Anfall von Wahnsinn — denn
es gibt keine andere Erklärung — verbrecherisch
gegen diese gewütet hat.
Ich grüsse durch euch von ganzem Herzen die
Armee, Indalecio Prieto.»
Das spanische Beispiel
Unsere guten Freunde, die
Parlamentarier und Politiker, die
uns besuchen, werden gewiss
aufs tiefste erschüttert sein beim
Anblick der Wunden, die der
Bürgerkrieg unseren Lande
schlägt. Sie finden unsere schö-
nen Städte verwüstet, unsere
Museen, Kathedralen, Paläste,
Universitäten, Schulen in Schutt
verwandelt. Die Werke, die der
lebendige Geist eines Volkes in
Jahrhunderten geschaffen, liegen
in Trümmern. Sie werden nicht
umhin können, nach den Motiven
dieser ungeheuren verbrecheri-
schen Dummheit zu fragen. Ach!
— wird ihnen ihr gesunder Men-
schenverstand sagen — Kriege
sind eben etwas Unvermeidliches.
Sie gehorchen einem biologischen
Naturgesetz. Vorausgesetzt, dass
unsere Besucher Engländer und
Mitglieder der Labour - Party
sind, werden sie sich doch wohl
in dieser oder jener Weise gegen
dieses furchtbare Schicksal auf-
lehnen, das den Kulturfortschritt
paralysiert, die Völker aufeinan-
derprallen und Spanier gegen
Spanier kämpfen lässt. Sie wer-
den sich die wirtschaftlichen
Hintergründe dieser monstruösen
Kämpfe vergegenwärtigen und
Beklemmungen verspüren bei
dem Gedanken, dass auch für das
gewaltige britische Imperium die
Stunde solcher Erschütterungen
schlagen kann. Wenn Spanien
heute noch eine andere Aufgabe
hat als die, Versuchskarnickel
des «totalen Krieges» zu sein, so
ist es die, den Völkern—den ge-
witzigten wie den törichten—
eine Lehre zu erteilen. Wir sa-
gen nicht der Menschheit, denn
dieses schwülstige Wort hat
heute jeden politischen Sinn
verloren.
Der Fall Spaniens ist t}rpisch
für die Katastrophe, die eine auf
ihren Privilegien beharrende so-
ziale Kaste hervorruft, weil sie
unfähig ist, sich den historischen
N o t w endigkeiten anzupassen.
Möglich — obwohl die Marxisten
es nicht wahr haben wollen —
dass der englische Adel und
die englische Bourgeoisie grösse-
res Verständnis für die Entwick-
lungsgesetze der arbeitenden
Klassen aufbringen, als die spa-
nischen. Wir glauben, dass die
realistische Schule des sozialen
Kampfes sie dazu erzogen hat,
sich der Evolution des Proletaria-
tes nicht durch Gewaltmassnah-
men und schnöden Verrat am
Vaterlande entgegenzustemmen.
Die russische und spanische Epi-
sode geben genug zu denken.
Und nicht weniger geben
Deutschland und Italien zu den-
ken, die —> wenn auch unter an-
deren Erscheinungsformen—den
gleichen Vorgang der hartnäcki-
gen Auflehnung einer Kaste ge-
gen eine gerechte und demokrati-
sche Staatsform darstellen und
ebenfalls auf eine revolutionäre
Explosion zusteuern.
Nichts ist besser geeignet, un-
sere liebenswürdigen Turisten
über die wahren Hintergründe
unserer Tragödie aufzuklären,
als ihnen deren Vorgeschichte
vor Augen zu führen. Im April
1931 hat Spanien durch Munizi-
palwahlen die Monarchie ge-
stürzt. Wir wollen hier nicht un-
tersuchen, ob die Monarchie gut
oder schlecht war. Es war der
Abschluss einer politischen Ent-
wicklung, die nach dem Gesetze
der Auflösung eine Klasse ihrer
Macht beraubte. Die konstituie-
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Spanischer Informationsdienst
Seite 2
31 Januar 1938
Der Mann, der an Franco geglaubt hatte
e£n erschütterndes buch
und fegt es sauber in einem Nu.»
Ja, das wissen wir schon. Ya-
güe hat die Massenfüsilierungen
per Maschinengewehr in den
Stierkampfarenen von Almendra-
lejo und Badajoz auf dem Gewis-
sen, ebenso wie die entsetzlichen
Morde von Tala vera. Er war es,
der im September 1936 einem
f r a nzösichen Korrespondenten
gegenüber erklärte :
«Es schadet garnichts, wenn
wir nur langsam gegen Madrid
vorrücken. Denn so haben wir
Zeit, den Weg von Unkraut zu
säubern...»
Eine andere Episode : Herr
Gonzalbez unterhielt sich mit
einem Offizier, der Mitglied
eines der ständigen Kriegstribu-
nale gewesen ist, die in Malaga
funktioneren. Und er vernimmt
von seinen Lippen folgende Mei-
nung : «In Malaga haben wir
12,000 Urteile gefällt. Davon
waren nur 9,000 Todesurteile.
Meinen Sie nicht auch, dass wir
nicht übertreiben und dass die
Proportion normal ist?»
Dieser Offizier sprach im
Ernst. Er scherzte nicht. Er
glaubte das, was er sagte. Zwölf-
tausend Verurteilungen, davon
neuntausend Verurteilungen zum
Tode und dfe übrigen dreitau-
send zu Gefängnis—das erschien
ihm als Beweis für Milde und
Mässigung. Das ist die Art und
Weise, wie man im aufständi-
sehen Spanien argumentiert.
Dahin ist man gekommen. So
schätzt man dort den Wert des
menschlichen Lebens ein.
Aber sehen wir weiter. Als die
Italiener und Mauren sich Ma-
laga näherten, flohen aus dieser
Stadt mehr als sechzigtausend
Menschen. Malaga war die fünft-
grösste Stadt Spaniens. Ihre Ein-
wohnerzahl betrug in normalen
Zeiten etwa hundertfünfzigtau-
send Seelen. Es ist anzunehmen,
dass während der ersten Kriegs-
monate die Einwohnerzahl nicht
gestiegen, sondern gefallen ist.
Und man kann weiter annehmen,
dass unter denjenigen, die geflo-
hen sind, die Mehrzahl politische
oder gewerkschaftliche Ämter
innehatten oder sich irgendwie
als aktive Antifaschisten betätigt
hatten und infolgedessen fürch-
ten mussten, Opfer von Repres-
salien zu werden. Es blieben also
in Malaga hauptsächlich Frauen,
Kinder und gebrechliche Greise
zurück und Leute die mit den
Aufständischen sympathisierten
oder sich politisch nicht durch
revolutionäre Tätigkeit hervor-
getan haten. Trotzdem fanden
die Kriegsgerichte 12,000 Schul-
dige. Und füsilierten 9,000. Und
schickten die übrigen ins Gefäng-
nis. Es muss hinzugefügt wer-
den, dass die statistischen Anga-
ben des Offiziers sehr unvollstän-
dig sind. Denn in Malaga sind,
bevor die Kriegsgerichte anfin-
gen zu funktionieren, Tausende
von Mordverbrechen begangen
worden. Die Mauren, Fremden-
legionäre, Requetés Phalangisten
und Italiener plünderten die volk-
reichen Stadtteile, ermordeten
Unzählige, steckten Gebäude in
Brand und vergewaltigten
Frauen. Eine ganze Woche lang,
die in Malaga unauslöschlich in
der Erinnerung bleiben wird,
war kein Heim und keine Fami-
lie sicher vor Gewaltakten. Es
gibt jetzt in der unglücklichen
Stadt noch Strassen, deren Häu-
ser in der Mehrzahl leer stehen.
Es ist nicht lange her, dass in
den Zeitungen Malagas eine An-
nonce des Stadtverordneten für
Öffentliche Arbeiten, Carlos
Rein, veröffentlicht wurde, in
der Strassenkehrer und Stras-
senplasterer gesucht wurden,
denn die Stadtverwaltung fand
keine Leute für die erforderli-
chen Reinigungs .— und Pflas-
terungsarbeiten. Das malagensi-
sche Proletariat existiert nicht
mehr. Es ist entweder geflohen
oder ermordet oder ins Gefäng-
nis gepfercht worden. Und ein
grosser Teil des Mittelstandes
erlitt das gleiche Schicksal.
Wo die Faschisten hinkom-
men, da wächst kein Kraut mehr,
sie hinterlassen eine Wüstenei,
eine mit Skeletten und verkohl-
ten Trümmern übersäte Einöde.
Herr Gonazlbez beschreibt in
nüchterner Art die Metzleleien,
die Queipo in der Provinz von
Sevilla begangen hat. Und er
bringt haarsträubende Zahlen. Er
gibt in diesem Bericht ein Detail,
das einem das Herz erstarren
macht. «Lora del Rio—sagt er,
stellte in jeder der aufeinander-
folgenden Rekrutenaushebungen
etwa 120 bis 150 Soldaten. In der
letzten Aushebung konnte es nur
zehn oder zwölf Mann stellen.»
In Lora del Rio haben die aus
Sevilla geschickten Maurenkolon-
nen mit einer wahrhaft teufli-
sehen Grausamkeit gewütet.
Später setzte dann die «normale»
das heisst systematische Vernich-
tung ein. Die Folge ist, dass in
dem schönen Ort kaum noch
etwas übriggeblieben ist. Und
dasselbe trifft ebenso für Carmo-
na, Ecija, Constantina, Moron,
Castillejo und andere Ortschaf-
ten der Provinz zu. Das «Norma-
le» ist, dass einer Einwohnerzahl
von zehn oder zwölftausend See-
len etwa dreitausend Hinrichtun-
gen entsprechen.
* * *
Es gibt in dem Buch des Herrn
Gonzalbez ein wahrhaft grauer-
regendes Kapitel : das auf die im
Mor gengrauen stattfindenden
Füsilierungen bezügliche : Der
Gefängnisdirektor pflegte bei Ta-
gesanbruch, in Begleitung eini-
ger lustiger Weiber und im be-
soffenen und schwadronierenden
Zustande von seinen nächtlichen
Orgien in Bordellen und Spiel-
häusern zurückzukehren. Da er
genug gesoffen und an Wein
kein Interesse mehr hatte, wollte
er zur Abwechslung Blut fliessen
sehen und. trat schwankend in
sein Arbeitszimmer. Auf seinem
Tisch und den Regalen häuften
sich regellos, wie es der Zufall
ergab, die Akten der Gefange-
nen. Ohne sie näher zu besichti-
gen, schichtete er sie jedesmal zu
einem einzigen Haufen auf und
machte auf jedes Couvert das fu-
neste Zeichen : «X. 2».
Wenn er des Schreibens müde
war, Hess er den Rest für den
nächsten Morgen und klingelte
nach einer Ordonnanz. Diese kam
und nahm die Akten in Em-
pfang. Mit einer unheimlichen
Schnelle wurde die Liste der
Verurteilten aufgestellt. Und
kaum dämmerte der Morgen ei-
nes heiteren Sevillaner Tages
herauf und die aufgehende Son-
ne begann die Wasser des Gua-
dalquivir zu vergolden und mit
ihren glühenden Pfeilen den
«Goldenen Turm» zu umblitzen,
als die Kerkertüren sich öffne-
ten und die Namen der zum Ster-
ben bestimmten Gefangenen mit
eintöniger Stimme aufgerufen
wurde n. Und diese kamen
heraus, stöhnend oder mit stolzer
Verachtung, und wurden auf von
Phalangisten bewachte Lastautos
geladen. Kurz darauf krachten,
hinter einer Mauer, die Salven...
Hier einige Namen besonders be-
rüchtigter Mordbuben : Don Luis
de Ulloa, ein Hauptmann der
Phalange, sehr katholisch, sehr
fromm und der Wollust der Ver-
nichtung ergeben. Er komman-
dierte nicht nur die Füsilierun-
gen, sondern beschimpfte auch
noch dazu die Opfer im Tabernen-
jargon. Wenn er seine Verwün-
schungen ausstiess, schien es, als
ob er nahe daran wäre, einen epi-
leptischen Anfall zu bekommen.
Die Augen traten ihm aus den
Höhleu und der Schaum auf die
Lippen.
Ein anderer Name : «Pablito»
(«Paulchen»). Sohn des Verwal-
ters eines Marqués. «Ich habe bis
jetzt 800 Rote füsiliert», be-
kannte er Gonzalbez. Noch einer :
«El Soldadito» (Das Soldätchen).
Ein Jüngling mit zartem Gesicht
und weichflötender Stimme, der
vor dem Aufstand, in der Kaser-
ne, sich eifrig anbot, wenn man
davon sprach, dass es Füsilie-
rungen geben würde. Sein gröss-
tes Vergnügen ist, zu töten. Zu
töten und dem Todeskrampfe der
Sterbenden zuzuschauen. Dabei
lächelt er. Er kommt nie aus der
Fassung. Er stösst auch keine
groben Flüche aus. Victor Hugo
würde von ihm sagen, er sei ein
«Modegeck des Grabes».
Dies alles berichtet das Buch
des Herrn Gonzalbez. Die Fran-
zosen haben es lesen können,
denn es ist in Paris erschienen.
Als ich mit seiner Lektüre zu
Ende war, fühlte ich eine gren-
zenlose Beklemmung. Das Buch
lag vor meinen schauderden Au-
gen als ein unwiderlegliches
Zeugnis für die Realität des auf-
ständischen Spanien. Wie sollte
man ihm keinen Glauben schen-
ken? Ich dachte an die fernandi-
nische Barbarei, an die Kämpfe
zwischen Liberalen und Karli-
sten, an die Religionskriege, an
die Christen Verfolgungen, an die
Einfälle der Hunnen und Mon-
golen — aber ich fand nichts dem
Heutigem Ähnliches.
Was hat man aus meinem ar-
men Vaterland gemacht? Wie
soll es von so vielen Strömen ver-
gossenen Blutes wieder trocken
werden ? Wie soll sein entweihter
und gemarterter Boden von so
vielen Trümmern wieder frei
werden ?
Fabian VIDAL
(Geschrieben für den Spanischen
Informationsdienst.)
Herr Gonzalbez Ruiz ist ein
alicantinischer Advokat, den
Pórtela Valladares, als er Minis-
terpräsident war, zum Gouver-
neur von Murcia gemacht hatte.
Der Aufstand der Militärs über-
raschte ihn in seiner Heimat-
stadt. Da er ein gefährlichen
Überraschungen a b g e n eigter
Mann war, schiffte er sich nach
Gibraltar ein und wartete dort
den Lauf der Ereignisse ab, denn
er glaubte, wie viele andere, dass
das von Sanjurjo, Franco, Goded
und Genossen begonnene Aben-
teuer noch vor dem Herbst auf
die eine oder andere Weise been-
digt sein werde.
Aber in Gibraltar traf er auf
einen Versuchergeist und zwar
in der dunklen Person eines ge-
wissen Goizueta, Abgeordneter
der Junta von Burgos. Und Goi-
zueta riet ihm, nach Sevilla zu
gehen, denn die erste Periode der
Unruhen und der Verfolgungen
sei vorüber, die friedlichen Leu-
te, gleichgültig welche Vergan-
genheit sie hinter sich hätten,
könnten dort unbehelligt leben
und liefen keinerlei Gefahr, aus
politischen Gründen verfolgt zu
werden.
Und Gonzalbez Ruiz, der zwei-
fellos eine faschistoide Mentalität
besass, lies sich überreden. Zwar
konnte er nicht leugnen, repu-
blikanischer Gouverneur gewesen
zu sein, aber er war zu allen er-
forderlichen R i c htigstellungen
bereit. Er würde zunächst ein-
m a 1 passiver Francoanhänger
sein, wenn man ihm das gestat-
tete, denn gleich in die volle Re-
gierungstätigkeit hineinzusprin-
gen, schien ihm gegen den An-
stand zu gehen. Aber irgendwie
müsste man doch den Anfang
machen...
Mit einigen Ausweisen verse-
hen, die, wie ihm Goizueta sagte,
ihn jeglichen Verdachtes enthe-
ben würden, machte er die Über-
fahrt nach Spanien. Aber kaum
in La Linea angekommen, wur-
de er verhaftet und wie ein ganz
gewöhnlicher Delinkuent nach
Sevilla abtransportiert. Dort
steckte man ihn ins Gefängnis.
Nachdem man ihn verschiedene
Male in Freiheit gesetzt und
ebensoviele Male wieder einges-
perrt hatte, gelang es ihm
schliesslich, nach Lissabon zu
entkommen. Und in Lissabon
schiffte er sich nach Frankreich
ein. Einmal in Paris, machte er
sich daran, ein kleines aber äus-
serst interessantes Buch zu
schreiben, in dem er, ohne ir-
gendwelche literarische Präten-
sionen, ein Gesamtbild seiner
Eindrücke und Erlebnisse wäh-
rend seines Aufenthaltes in Se-
villa gibt. Dieses Buch betitelt
er : alch habe an Franco ge-
glaubt.»
* * *
Was zunächst auffällt, wenn
man das Werk des Herrn Gon-
zalbez liest, ist seine Ähnlich-
keit mit dem schon zur Berühmt-
heit gelangten «Doy Fe» (Ich
lege Zeugnis ab). Der alicantini-
sche Advokat und der Gerichts-
sekretär aus Burgos stimmen
überein, nicht nur inbezug auf
das allgemeine Panorama des auf-
ständischen Spanien, das sie be-
schreiben, sondern sogar in den
Einzelheiten. Beide gehörten je-
ner Mittelstandschicht an, welche
durch ihre Gleichgültigkeit,
durch ihre «Ordnungsliebe» und
ihre Bewunderung der sogenann-
ten «starken Hand» und der plu-
tokratischen und aristokratischen
Klassen, einen grossen Teil der
Schuld an der gegenwärtigen
spanischen Tragödie trägt. Bei-
de sympathisierten ausserdem —
sie leugnen es nicht — mit dem
militaristischen Faschismus. Sie
glaubten, die Republik sei für
unser Land ein unmögliches Re-
gime. Sie erwarteten von der Mi-
litärkamarilla in Salamanca die
Aufrichtung einer soliden Regie-
rung.
Ihre Enttäuschung überstieg
alle Grenzen, als sie sich durch
Augenschein davon überzeugen
mussten, dass in dem der Ober-
herrschaft des Auslandes unter-
worfenen und den Plünderungs-
instinkten von Söldnertruppen
verschiedener Rassen und Far-
ben ausgelieferten Francospa-
nien weiter nichts als Unord-
nung, Willkür, Immoralität, Ver-
gewaltigung und Verbrechen
herrschten. Aber da es ihren Ge-
wissen nicht an Elastizität ge-
brach, waren sie bereit, die Mas-
senerschiessungen, Zerstörungen,
Brandstiftungen und Vergewal-
tigungen zu verzeihen und sie als
unvermeidliche Folge jeder tiefen
sozialen Erschütterung zu be-
Grausamkeiten handelt, wie sie
sich zur Feststellung gezwungen,
dass es sich keineswegs um spo-
radisch auftauchende, spontane
Grausamkeiten handelt, wie sie
sich im Gefolge eines Krieges zu
ereignen pflegen, sondern um
eine kalt und methodisch durch-
geführte, systematische Vernich-
tungspolitik, «um das Hinterland
zu reinigen», wie die durch die
Befehle und Verfügungen der Ge-
neräle und Polizeichefs ebenso,
wie durch die spontanen Mord-
buben geheiligte Formel lautet.
Man hat in Spanien und auch
im Auslande jene Erklärung, die
Franco am Anfang des Aufstan-
des einem Korrespondenten des
«Daily Chronicle» gegenüber ab-
gegeben hat, sich nicht genügend
ins Gedächtnis gegraben : «Ich
bin entschlossen, sagte er, halb
Spanien zu zerstören, wenn ich
damit der anderen Hälfte den
Triumph sichere.»
Die Hälfte der Nation hat er
ja tatsächlich schon beinahe zer-
stört und schon viele Hunderttau-
sende von Spaniern gewaltsam
vernichtet, ohne deshalb den Sieg
errungen zu haben. Der Sieg ent-
glitt ihm bereits schon im Juli, im
November, im März und im Mai
und eben jetzt wieder im Teruel.
Und diesmal endgültig...
* * *
Viele Seiten des Buches des
Herrn Gonzalbez Ruiz kann man
nur mit Schaudern lesen. Ich
werde hier nur kurz auf ein paar
Episoden daraus Bezug nehmen.
Zum Beispiel : er erwähnt eine
Unterhaltung die er mit einem
Offizier des Tercio geführt hat,
der später in Vizcaya den Tod
fand. Dieser Offizier bewunderte
Franco nicht. Und zwar deshalb
nicht, weil er ihn für weich und
mitleidig hielt. Yagüe dagegen,
ja, den hatte er in sein petrifi-
ziertes Herz geschlossen und sein
Strohgehirn zollte ihm rückhalt-
los Bewunderung. Hören sie ihn :
«Franco? Den finde ich zu
schlapp... Yagüe dagegen, ja,
das ist ein Kerl, wie er sein
muss. Der nimmt ein Dorf ein
Der baskische Klerus von den
Faschisten verfolgt
London, 19. — Die hiesige spa-
nische Gesandschaft hat der
Presse eine Mitteilung zukommen
lassen, derzufolge die Rebellen
fortfahren, den baskischen Kle-
rus zu verfolgen, indem sie 13
Geistliche erschossen, 138 einge-
kerkert und 70 aus dem Lande
verwiesen haben. Ausserdem sind
153 Priester ohne jede Existenz-
mittel und viele andere baskische
Geistliche zum Tode verurteilt.
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Seite 3
Spanischer Informationsdienst
31 Januar 1938
Die militärische Lage
Die Gründe unseres Optimismus
Der spanische Krieg, der nicht
nur ein Bürgerkrieg, sondern
vor allem ein nationaler Unab-
hängigkeitskrieg ist, wird seit
unserer aragonesischen Offensive
vom 15 Dezember von ausländi-
s c hen Militärsachverständigen
lebhaft kommentiert. Er war in
letzter Zeit inbezug auf inter-
nationale Aktualität in der Welt-
presse etwas in den Hintergrund
getreten. Nachdem die Italiener,
Deutschen und Frankisten sich
des Nordens bemächtigt hatten
und an die Vorbereitung ihrer
unwiderstehlichen Offensive ge-
gangen waren, die den Radiosen-
dungen von Salamanca und Bur-
gos und den Meldungen der im
Hauptquartier der Rebellen akre-
ditierten Kriegsberichterstatter
zufolge das Ende des Krieges
nahe rückte, wandte sich die
Aufmerksamkeit der Kornmen-
taristen dem Fernen Osten zu.
Die kurzsilbigen Namen der chi-
nesischen Städte und Flüsse ver-
drängten die unseren. An die
Stelle der spanischen Toponymie
trat die exotische Chinas. Der
Ebro? Der Guadalquivir? Nein.
Der Yangtse, der Hoang-Ho und
höchstens noch der Perlstrom...
Aber nun hat sich herausge-
stellt, dass wir Republikaner aus
Angegriffenen zu Angreifern ge-
worden sind. Anstatt dass man
uns überraschte, überraschten
wir und wir sind nicht nur nicht
geschlagen worden, sondern ha-
ben eine grosse, dreiwöchige
Schlacht gewonnen. Mit Taktik
und Strategie haben wir ein wei-
tes, durch Schützengräben gut
befestigtes Terrain und eine Pro-
vinzhauptstadt erobert, viele
Tausende von Gefangenen ge-
macht und uns einer grossen
Menge sehr brauchbaren Kriegs-
materials bemächtigt...
Und von neuem wendet sich die
Aufmerksamkeit der Kritiker,
wenn vielleicht auch unwillig,
den hiesigen, für sie unerwarte-
ten Ereignissen zu und man wid-
met uns lange, mehr oder weni-
ger parteiische oder unparteiische
Artikel.
* * *
Darunter sind besonders die
von einigen scharfsichtigen deut-
schen Militärkritikern ausge-
sprochenen Urteile beachtenswert.
Der Schriftleiter der «Frankfur-
ter Zeitung» zum Beispiel, die-
sem alten deutschen — heute na-
türlich nazisierten—Blatt, sagte,
schon in den ersten Tagen der
Schlacht von Teruel, dass unsere
Initiative sehr interessant und
lobenswert sei ; aber sie sei, aller
Wahrscheinlichkeit nach, zum
Scheitern verurteilt, denn für ein
dauernd nur an Defensive ge-
wöhntes Heer sei es sehr schwer,
plötzlich zu einer wirksamen
Offensive überzugehen. Dieser
Militärtechniker wird sich wohl
mittlerweile überzeugt haben,
dass unsere Truppen sehr wohl
fähig waren, einen wirksamen
Angriff durchzuführen.
Der moderne Krieg ist zu kom-
pliziert, als dass man ihn in ab-
strakte, akademische Regeln ein-
schliessen könnte. Der europäi-
sche Krieg z. B. stellte die Ge-
neralstäbe vor die neue Tatsache
der linearen, viele Hunderte von
Kilometern lang sich erstrecken-
den Fronten. Heute müssen also
die Generalstäbe, ob sie wollen
oder nicht, . ihre traditionelle
Kriegstaktik und Strategie an
die Erfordernisse der vollkom-
men neuen Kampfesart anpas-
schen Spanier sehr günstigen
Artikel in der Toulouser «Dé-
péche», dass, wenn Franco von
Italien und Deutschland nicht
neue ungeheure Verstärkungen
erhält, er nicht darauf hoffen
kann, den Krieg zu gewinnen.
Diese Meinung eines neutralen,
unparteiischen und sachverstän-
digen Kritikers stimmt mit dem
Bericht überein, den unlängst ein
italienischer General Mussolini
zugesandt hat. In diesem Bericht
hiess es, dass man Franco unbe-
dingt noch weitere hunderttau-
send Frontsoldaten und das da-
zugehörige Material schicken
müsse. Hunderttausend Solda-
ten ! Kann Italien unter diesen
Umständen ein so ungeheures
Opfer bringen?
sen, welche Zufall und Notwen-
digkeit im Verein geschaffen ha-
ben. Und man erlebte es, aller
Berechnung zum Trotz, dass jah-
relang im Stellungskrieg einge
grabene Truppen, im Augenblik,
wo ihre Befehlsheber es anordne-
ten, die Schützengräben verlies-
sen und sich fähig erwiesen, die
des Gegners im Sturm zu nehmen
und ihm noch dazu, unter Aus-
nützung der gewonnenen Vortei-
le, den Bewegungskrieg aufzu-
zwingen. Das spanische republi-
kanische Heer hat bewiesen, dass
es fähig ist, aus der statischen
Defensive in dynamische Offen-
sive überzugehen. Brúñete und
Belchite waren ermutigende Pro-
ben, Teruel eine erfolgreiche
Erstaufführung. Die weiteren
Ereignisse werden diesen Erfolg
befestigen und erweitern.
Ein anderer deutscher Militär-
sachverständiger, der Oberst von
Paenecke, hat im «Jahrbuch der
Reichswehr, 1938» in einem
kürzlich veröffentlichten Artikel
eine sehr interessante Frage an-
geschnitten, die sich ebenfalls
auf den spanischen Krieg bezieht.
Er hat im wesentlichen gesagt,
dass die italienischen Truppen
und das Völkermischmasch von
Rassen und Farben, aus dem die
frankistische Infanterie zusam-
mengesetzt ist, sich daran ge-
wöhnt haben, dass die Aviation
die Hauptarbeit übernimmt, und
dass die Triumphe der Italiener
und frankistischen Söldlinge im
Norden durchaus nicht glorios
sind, da die Niederlage der repu-
blikanischen Milizen ausschliess-
lich den Luftstreitkräften zu-
zuschreiben ist. Er fügt ausser-
dem hinzu, dass die deutschen
Piloten sich bitter beklagen, dass
man die Hauptlast der Offensive
ausschliesslich ihnen aufbürdet
und dass die anderen Waffengat-
tungen sich nur darauf beschrän-
ken, die Stellungen des Geg-
ners zu beziehen, nachdem die-
ser sie infolge der Wirkung des
Bombardements und der Maschi-
nengewehrbeschiessung aus der
Luft, aufgegeben hat.
Was wird man wohl in Italien
zu solchen kritischen Äusserun-
ger sagen? Von Paenecke, mit
einer echt preussischen Brutali-
tät, spricht den Operationen der
Aufständischen und ihrer Gehil-
fen im Norden jedes Verdienst ab.
Er rät zu einer Änderung der
Taktik und erinnert an den mi-
litärischen Grundsatz : «Die Ar-
tillerie bereitet den Angriff vor
und die Infanterie rückt vor und
besetzt...»
In der Schlacht von Teruel,
als Franco gegen unsere vorder-
sten Verteidigungslinien enorme
Kolonnen vortrieb und sie durch
unzählige Batterien und starkes
Luftbombardement unterstützte,
hielt unsere Infanterie, nur
durch leichte, im Schnee geöff-
nete Gräben geschützt, dem ent-
setzlichen Land — und Luftbom-
bardement unerschrocken stand.
Sie ertrug es, ohne zu wanken,
indem sie sich dem Boden an-
schmiegte und auf das Vorrücken
der feindlichen Artillerie warte-
te, um sie mit ihren Maschinen-
gewehren und Handgranaten zu
zerschmettern.
Wird Franco und die Italiener
dem Rat Paeneckes folgen ? Das
werden wir bald sehen.
* * *
Ein anderer Kritiker, der fran-
zösische General Armengaud,
sagt in einem für die republikani-
schen Trimotoren in Palma de
Mallorca.
* * *
Es ist kein Zweifel, dass, der
Krieg in eine Phase äusserster
Aktivität getreten ist und dass
entscheidende Ereignisse bevor-
stehen. Aber wir erwarten sie mit
klarem Kopf, ruhigen Nerven
und beherztem Mut. Wir sind
Optimisten, aber unser Optimis-
mus beruht nicht nur auf Gefühl
und Begeisterung, sondern er
stützt sich auf Realitäten ; auf
Realitäten, die vorher nur latent
da waren, jetzt aber zur Evidenz
geworden sind.
{Informationsbulletin der Nach-
richtenabteilung der Land-
streitkräfte.)
* * *
Italien fährt natürlich fort,
Franco freigebig Unterstützung
zu gewähren. In Melilla und
Ceuta werden ständig neue afri-
kanische Truppenkontingente aus
Lybien und Eriträa ausgeschifft.
Man sieht sie besonders häufig
in Malaga, Granada und Sevilla,
Motril und Córdoba. Im Augen-
blick, wo wir diese Zeilen schrei-
ben, kündigen die deutschen Sen-
der an, dass der blutige Hans-
wurst Queipo nach Malaga und
Motril gegangen ist, um eine Of-
fensive gegen Almeria vorzube-
reiten, zusammen mit der auf-
ständischen Flotte des Admiráis
Moreno. Die Toulouser «Dépé-
che» meldet ausserdem die An-
kunft von 20 potenten italieni-
Die dritte Schlacht von Teruel
Die dritte Schlacht von Teruel hat begonnen.
Hat man sie erwartet? Streng logisch genommen,
hat man sie nicht erwartet. Alle Militärkritiker
der Welt, sowohl Anhänger als Gegner der Re-
publik, waren sich darin einig, dass bereits die
zweite Schlacht bei Teruel, die auf Grund der
fachistischen Konteroffensive zur Wiedererobe-
rung der verlorenen Stadt erfolgte, vom Kriegs-
technischen Standpunkt gesehen, ein Missgriff
war.
Gewisse Gründe politischer und sentimentaler
Natur machten sie erklärlich. Innerhalb des
Stadtbildes waren einige tausend Faschisten ver-
blieben und man durfte bei ihnen sowohl, als auch
bei den Leuten im Hinterland, nicht den Ein
druck erwecken, als ob man sie ihrem Schicksal
überlassen hätte. Der militärische Irrtum war
weniger verhängnisvoll als der politische. Die Re-
bellen wählten das kleinere Übel. Die Entsetzung
der in Teruel Eingeschlossenen wäre in jenen
Tagen eine Kundgebung von grösster Bedeutung
gewesen. Man musste alles daransetzen. Der Ver-
such wurde gemacht und misslang gründlich. Die
zweite Schlacht ging für uns noch günstiger aus,
als die erste. Teruel, von den Feinden gesäubert,
verblieb unangetastet der Republik. Franco blieb
nichts übrig als es zuzugeben und er bemühte sich,
wie es in solchen Fällen stets geschieht, dem
Verlust jede Bedeutung abzusprechen. Es wäre
logisch gewesen, wenn die Faschisten, von einem
Unternehmen Abstand genommen hätten, das
alle ihre Pläne zunichte gemacht hatte. Wozu
also eine dritte Schlacht, nachdem kaum 10 Tage
nach der zweiten und kaum ein Monat nach der
ersten vergangen waren ? Was haben die Rebellen
in Teruel verloren? Ist es so viel wert, dass sie
alles daransetzen, um es wiederzuerobern ?
Die dritte Schlacht yon Teruel gibt uns einen
tiefen Einblick in den psychologischen Mechanis-
mus der Faschisten und zeigt uns gleichzeitig
den Weg zum Sieg der Republik. Dieser dritte
wütende Angriff der Rebellen —■ der diesmal
durch keinerlei sentimentale Motive gerechtfer-
tigt werden könnte — läuft allen Gründen der
Vernunft zuwider. Unparteiische Kritiker haben
es gesagt : Selbst im Falle, dass es den Gehilfen
Francos gelänge, Teruel zurück zu erobern, hätte
die Republik einen grossen Sieg errungen. Das
bedeutet, dass die Faschisten einen hunderpro-
zentigen Verlust riskieren um, im besten Falle,
50 % zu gewinnen. Ein schlechtes Geschäft. Was
ist also der Grund, dass sie es trotzden machen?
Die Antwort ist, meines Erachtens, sehr einfach.
Sie kommt mir nicht erst jetzt in den Sinn. Ich
habe in den schweren Stunden es vorausgesehen,
wo man seine quälende Bangigkeit durch die
Vorstellung dessen beschwichtigte, was in der
Folge zur Wirklichkeit geworden ist. Diese
Wirklichkeit aber sieht so aus : Die faschi-
stische Moral kann keine Niederlage vertragen.
Es handelt sich hier nicht um Stolz, noch um
Ehrgefühl, auch nicht um selbstgefällige Eitel-
keit, obwohl alle diese Elemente mitspielen. Es
handelt sich um etwas viel Ernsteres. Sie können
keine Niederlage, vertragen, weil eine solche ihnen
jede Existenzzberechtigung als Aufrührer nimmt,
denn das sind sie und als solche fühlen sie sich
in den Tiefen des Gewissens wenn sie auch dieses
Gefühl unter einem Wust von kitschiger und wi-
derlicher Literatur zu ersticken versuchen. Man
denke daran, dass sie in der ersten Woche des
Aufstandes, angesichts des Misserfolges in Ma-
drid, Katalonien, Valencia und im Norden, sich
für verloren hielten und im Begriffe waren, sich
zu ergeben. In jenen Tagen nahm ein Offizier
Mola den Revolver weg, mit dem er sich das Leben
nehmen wollte. Als ihnen nur die Wahl blieb
zwischen diesem, einzig würdigen, Ausweg und
dem Verrat des Vaterlandes, da wählten sie das
letztere. Der gegenseitige Hilfspakt mit Italien
und Deutschland verwandelte sich in einen Han-
delskontrakt. Das Handelsobjekt war der Heimat-
boden und die nationale Würde. Damit besiegel-
ten sie ihrer Meinung nach, den Triumph. Wäh-
rend langer beklemmender Monate schienen die
Ereignisse ihnen Recht zu geben. Ein trauriges,
ein elendes Recht, aber jedenfalls ein Recht. Sie
triumphierten. Das war alles, was sie wollten.
Ihre Rebellion war in ihren Augen gerechtfertigt.
Aber dann kam der Bankrott von Teruel, und
das ganze moralische und geistige Klinkerwerk
der Faschisten liegt am Boden. Sie befinden sich
wieder in der gleichen Situation wie in der ersten
Woche. Sie fühlen sich verloren. Dieses Gefühl
ist stärker als sie selbst und sie können sich nicht
davon befreien. Sie können sich nicht einmal in
anderen Zonen rächen. Sie müssen den Flecken
abwaschen, der sie in aller Augen blosstellt. Und
deshalb rennen sie immer wieder won neuem ge-
gen die Verteidigungsmauern von Teruel an, ent-
gegen allem Sinn und Verstand, entgegen allen
strategischen und taktischen Gesetzen.
Stellt euch vor, ein Einbrecher dringt in euer
Haus und, nachdem ihr die erste Überraschung
überwunden habt, und eure Besinnung und Kräf-
te wiedergewonnen habt, gelingt es euch, ihn em-
pfindlich zu treffen. Glaubt ihr, dass der Elende
versuchen wird, Meter um Meter das zu vertei-
digen, was nicht sein ist? Nein. Logischerweise
wird er so überlegen : «Ja, ich habe mich geirrt,
Hier ist nichts mehr zu machen. Fliehen wir».
Ein Einbrecher kommt, um zu rauben. Wenn er
anstatt der Beute Schläge erwischt, warum soll
er auf seiner Absicht bestehen? Wo soll er dazu
die moralische Kraft hernehmen ? Dieses Beispiel
erhellt den Kampf zwischen der Republik und den
Faschisten. Aus diesem Grunde wollen sie um
jeden Preis den Stachel von Teruel entfernen.
Denn die Faschisten dürfen auch in ihren eigenen
Augen nicht als die Geschlagenen dastehen.
Wir fühlen voraus, dass der Weg zum Sieg
der Republik kurz ist. Das will nicht heissen,
dass er mühelos und leicht zu bewältigen ist.
Aber er ist kurz, sehr kurz. Um ihn zu gehen,
genügen zwei Siege wie der von Teruel. Die drit-
te Schlacht von Teruel, die in der Umgebung
der niederaragonesischen Stadt entbrannt ist,
beweist das zur Genüge.
Paulino MASIP
(Geschrieben für den Servicio Español de In-
formación.)
Der Nachdruck der Artikel aus
diesem Bulletin ist erwünscht
-ocr page 4-
Spanischer Informationsdienst
Seite 4
31 Januar 1938
Der britische Parlamentarier, Mister Dobbie, berichtet
telephonisch nach London, dass in Spanien mit
Duldung der englischen und französischen Demo-
kratie, Kinder und Franen von Hitler und Mussolini
gemordet werden
Madrid, 19. — Der Präsident der Pressevereinigung rief telepho-
niseh aus London an und fragte, ob den britischen Abgeordneten
etwas passiert sei, denn in London sei die Nachricht angelangt, dass
infolge eines Luftangriffs mehrere Verwundete unter ihnen zu be-
klagen wären.
Der britische Parlamentarier Mr. Dobbie begab sich ans Telephon
und antwortete folgendermassen :
Wir befinden uns allesamt sehr wohl. Wir haben nicht die ge-
ringste Verletzung erlitten. Wir leben hier unter dem Schutze der
Regierung der Republik. Es stimmt, dass die ausländische Luft-
flotte im Dienste Francos uns aus nächster Nähe besucht und, wie
immer, viele Opfer unter der Zivilbevölkerung verursacht hat;
Kinder und Frauen, mit Duldung der englischen und französischen
Demokratie, von Hitler und Mussolini ermordet!
Die republikanischen Luftabwehrgeschütze — sagte er weiter —
haben die Luftschiffe Francos in die Flucht geschlagen, nachdem
diese ihre Bomben auf die Zivilbevölkerung abgeworfen haben.
Wir haben uns mit eigenen Augen von den Früchten der Nicht-
einmischung überzeugen können. Ich ersuche Sie, nicht ein Komma
von dem, was ich sage, fortzulassen, noch hinzuzufügen : Wir sind
tief beschämt, dass unsere Regierung, die Repräsentantin der tradi-
tionellen Ritterlichkeit und des «fair play», nicht die Gefühle der
Mehrheit des demokratischen Volkes von England vertritt.
Wir haben gesehen, wie die spanische Regierung die faschisti-
schen Gefangenen behandelt : menschlich, edelmütig und voller Rit-
terlichkeit.
Morgen um neun Uhr sprechen wir durch das Radio zum engli-
schen Volk.
Das Kainszeichen
Die Londoner gemässigt — liberale Zeitung «Star» veröffentlicht
heute einen Leitartikel, in dem sie sich zu den Luftangriffen dieser
Tage auf Barcelona und Valencia äussert.
«Für Franco besteht keine Hoffnung mehr — schreibt das Blatt.
— Er kann nicht kämpfen ; er kann nicht regieren ; er kann seine
Verbündeten nicht kontrollieren ; er kann sich selbst nicht kontrol-
lieren. Ebensowenig kann er fortfahren, das scheinen zu wollen, was
er nicht ist, und was seine Parteigänger in ihm sehen wollten : «der
edle spanische Ritter, der die Kulturschlacht gegen einige rote
Horden schlägt».
Europa kann nichts mit einem Manne anfangen, der in barbari-
scher Wut der Verzweiflung sich für die Niederlage von Teruel
rächt, indem er seine eigenen Landsleute, ihre wehrlosen Frauen
und Kinder durch wilde Luftangriffe niedermetzelt.
Die Presse unseres Landes, die es sich noch vor einem Jahr zur
Aufgabe gemacht hat, Franco als «Ritter ohne Furcht und Tadel»
hinzustellen, hüllt sich heute in beschämtes Schweigen. Aber soll
denn dies so weitergehen ? Konen wir denn wirklich diese Presse
nicht veranlassen, Franco und einigen seiner Parteigänger, die in
unserem Lande hohe Ämter bekleiden, zu sagen, dass das Blut
seiner Landsleute zum Himmel schreit und dass seine Hände in der
furchtbarsten Weise mit diesem Blute besudelt sind ? Franco hat hier
seine Anhäger, offene und versteckte, die diesen Irren darüber in-
formieren, wie die englische öffentliche Meinung über ihn denkt.
Aber gibt es denn überhaupt, ausserhalb dieser Gruppe, die ihn aus
politischen oder anderen Gründen unterstützt, einen einzigen Eng-
länder, der die Handlungsweise dieses Menschen nicht verabscheut,
der sich der Ausländer bedient, um sein Land, das er zu lieben vor-
gibt, zu zerstören ? Kann England verschweigen, was es über diesen
minderwertigen Menschen denkt, dessen schimpfliche Bilanz von
jetzt ab mit blutigen Lettern in der Geschichte geschrieben steht.
Diese Bilanz heisst : Guernica, Barcelona, Valencia.
Das Leben im Italien Mussolinis
Paris. — Nachrichten aus Italien besagen, dass die faschistischen
Behörden beabsichtigen, diejenigen Mieter, die ihren Mietzins nicht
zahlen, in beschleunigtem und gewaltsamem Verfahren aus den
Wohnungen hinauszusetzen.
Dieses Verfahren ist darauf zurückzuführen, dass eine Unzahl
von Familien mit der Miete im Rückstande sind. Nach der Statistik
.sind es allein in Rom mehr als 40 % der Einwohner, die von dieser
Massnahme betroffen sind. Es handelt sich in der Hauptsache um
die Mieter kleiner Wohnungen und um Familien, deren Ernährer
in Spanien und Afrika Militärdienst leisten, wohin man' sie als «Vo-
lontäre» verfrachtet hat.
Die Information über die aufs äusserste zugespitzte Wohnungs-
krise in anderen Orten hat noch düsterere Resultate ans Tageslicht
gebracht.
In Neapel, Livorno und Bologna sind es 52, resp. 58 und 57 %
der Bewohner von Kleinwohnungen, die nicht imstande sind, die
Miete zu zahlen.
Alle Veröffentlichungen in die-
sem Blatte befolgen den Grund-
satz absoluter Wahrheitstreue
Der Gewinn und die Lehre
der Bauern von Castuera
Unter diesem Titel veröffent-
licht Fermín Mendieta in «La
Vanguardia» vom 23 des Monats
einen Artikel, in dem er sich sei-
nes Aufenthalts in dem extrema-
durischen Dorfe Castuera vor
längerer Zeit entsinnt, wo er Ge-
legenheit hatte, zu beobachten,
zu welch elendem Leben die dor-
tigen Feldarbeiter durch die
Grossgrundbesitzer verurteilt wa-
ren. Er sagt :
Das Land, das sie bearbeiten,
konnte nur durch die Bajonette
der Republik gerettet werden.
Ihr Leben verdanken sie also den
Soldaten. In Badajoz ist es nicht
nötig, das zu betonen. Es lebt tief
verankert im Bewusstsein der
Bauern, und sie wissen genau, in
welch tragischem Ausmasse sich
jenes Land, das nicht von den
Bajonetten der Soldaten be-
schützt werden konnte, sich in
Märtyrerland verwandelt hat.
Und wie sieht es heute auf dem
Lande aus, das durch die Bajo-
nette miserere Soldaten gerettet
wurde ? Wie leben die Bauern ?
Die Antwort auf diese Fragen
wurde mir in Form einer Notiz
zuteil, die folgendermassen lau-
tet : «Das Bauernkollektiv von
Castuera hat der nationalen Ver-
teidigung 50.000 Peseten zur
Verfügung gestellt». Wenn diese
Stiftung ein Teil des Gewinnes
ist, den sie durch ihre Arbeit
erzielt haben, so berechtigt das
zu dieser Schlussfolgerung : Die
Bauern arbeiten. Und noch mehr :
ihre wirksam organisierte Ar-
beit schafft Reichtum. Gestatte
mir der Leser, dass ich mich ei-
nigermassen erschüttert fühle.
Dort, wo ein Beispiel von Verant-
wortlichkeit gegeben wird—wer
es auch sei, der es gibt, und dies-
mal sind es Arbeiter der U. G.
T. — dort wird es uns immer
von neuem erschüttern. Die
Spender sind einfache Bauern
aus Castuera. Bauern, die als
träge verschrieen waren, als un-
fähig, sich zu organisieren, als
Streithammel. Es, wäre nicht mög-
lich, behaupteten ihre Gegner,
mit ihnen irgend etwas Gemein-
schaftliches z u unternehmen.
Durchsichtige Lügen, durch die
die Zuhilfenahme der Guardia Ci-
vil im geeigneten Moment ge-
rechtfertigt werden sollte. Diese
Bauern sehen sich dem Kriege
gegenüber, und der Krieg legt
die zu beackernde Erde, die
Weiden, die Viehherden in ihre
Hände. Was ist zu tun. So wird
das Kollektiv geboren. Ein Ver-
such, der zum Scheitern verur-
teilt ist. Hat man uns nicht ge-
sagt, dass der Spanier ein einge-
fleischter Individualist ist? Die-
se Bauern aus Castuera stiessen
sich gewiss aneinander wie ein-
gepferchte Schafe und verlang-
ten schliesslich ihr Korn und ihre
Herden zurück. War das so?
Nein. Vor uns liegt die Bilanz
des landwirtschaftlichen Jahres
1936-37. Es ist ein Papier voller
Zahlen und keine Literatur.
Mehr Zahlen als Worte. Das Kol-
lektiv verfügt übrigens über 900
Paar Arme und über genügend
Land, un diese zu beschäftigen.
Das Resultat ist : 1.237.014 Pe~
seten Gewinn, abzüglich der Vor-
schüsse in Höhe von 419.700 Pe-
seten. An Spenden hat das Kol-
lektiv ausgezahlt : 12.000 Pese-
ten; für dasHospitafyCivil ¡125.000
für Flüchtlinge ; 50.000 für die
Nationale Verteidigung ; 50.000
für die Errichtung von Schulen
und 10.000 zur Unterstützung
von Witwen von Kriegsfreiwilli-
gen. Der Überschuss dient zur
Vermehrung des Kapitals... Das
ist, schematisch aufgezählt, das
was die Bauern von Castuera ge-
leistet haben.
Ich nehme an, dass die Bauern
von Castuera nicht die einzigen
sind, die den Wert ihrer Projek-
te durch Taten bekräftigt haben.
Aber ich stütze mich auf dieses
bekannte Beispiel, um eine These
zu rechtfertigen, die ich stets lei-
denschaftlich verteidigt habe :
dass der Krieg durch die Kraft-
anstrengug aller gewonnen wer-
den wird' und nicht nur aus-
schliesslich durch den Elan und
die Leistung unserer Soldaten
Das Beispiel dieses Bauernkol-
lektivs von Castuera ist würdig,
ganz besonders hervorgehoben zu
werden. Sie arbeiten für den
Sieg, mit dem, as ihn allein
möglich machen wird : mit zä-
her Ausdauer.
Zwiespalt in der Marokkozone
Tanger.—Aus Tetuan wird gemeldet, dass der Chef der Regu-
lären Truppen von Alhucemas, sein Demissionsgesuch beim Ober-
kommando eingereicht hat, weil die Eingliederung deutscher In-
struktoren in diese Truppenteile verfügt worden ist.
Die Mehrzahl des spanischen Offizierskorps, das sich in Tetuan
befindet, unterstützte die Haltung des Kommandanten und erklärte
seine offene Feindseligkeit gegenüber den Ausländern, die der Re-
gulären Truppe einverleibt werden sollen.
Diese feindliche Haltung gegen die Eindringlinge beherrscht so-
wohl die militärischen Kreise, als auch die Kreise der Zivilbevölke-
rung, in denen das Übergewicht, das die Ausländer auf allen Gebieten
gewinnen, mit dem grössten Unwillen aufgenommen wird.
Lloyd George greift die tota-
litären Regierungen an
Mittelmeerkonfliktes wäre. «Die-
se Möglichkeit—erwiderte Lloyd
George — schreckt uns nicht.
Hätte der grosse Krieg ein Jahr
länger gedauert, also bis 1918, so
hätte England seine Kriegspro-
duktion innerhalb eines Jahres
auf 30.000 Flugzeuge erhöhen
können». Der Expräsident sagte
unter anderem auch : «Die Prah-
lereien Hitlers und Mussolinis,.
die sich den Anschein geben,
Verteidiger der Kultur gegen den
Bolschewismus zu sein, lassen
mich völlig kalt». Lloyd George
entwickelte seine eigene liberale
Theorie, die ehenso weit vom
Kommunismus entfernt ist, wie
vom Faschismus und sagte :
«Mussolini ist ein grosser «bluf-
feur». Er hat einige Trümpfe in
der Hand ; aber die besseren
Karten haben die Demokraten.
Nizza, 2. — Der Expräsident
des englischen Ministerrates,
Lloyd George, hat die Vertreter
der internationalen Presse em-
pfangen und einige Fragen der
Journalisten beantwortet, indem
er die totalitären Regierungen
angriff. «Das zukünftige Schick-
sal der menschlichen Freiheit
für die kommenden Generatio-
nen — führte der Ministerpräsi-
dent aus — hängt von uns ab.
Die grossen Demokratien sind
mächtig genug, um diese Frei-
heit zu verteidigen. In England
gibt es keine einzige Partei, die
es ablehnen würde, sich im Falle
eines Angriffs auf die Seite
Frankreichs zu stellen.»
Ein Journalist richtete an
Lloyd George die Frage, wie
Englands Haltung im Falle eines
Die faschistische Presse
gesteht endlich die völlige
Eroberung Teruels ein
nigen, denen sie sich präsentiert
hätten, nicht Italiener, sondern
Mauren gewesen seien.
Das ist Hose wie Jacke. Aus
all diesem Gerede geht nur eins
mit absoluter Sicherheit hervor :
Diese «Nationalen» haben sich
durch Augenschein von der gänz-
lichen Abwesheit von «Nationa-
len» in den Reihen der «Natio-
nalen» überzeugen können.
Die italienische Presse beschul-
digt Belarmino Tomas und die as-
turischen Bergarbeiter der Grau-
samkeit, weil sie die Faschisten
in Teruel geschlagen hätten und
die «Corriere della Sera» jam-
mert heuchlerisch darüber, dass
man gar keine Nachrichten von
dem heiligen Manne — dem Bi-
schof .— und anderen 600 Män-
nern hätte, die zweifellos von den
«Roten» ermordet worden seien,
weil sie die Übergabe des Semi-
nars verweigerten.
Trotz aller Literatur müssen
die Faschisten eingestehen, dass
sie im Laufe von 20 Tagen ihren
Lesern eine Lüge nach der an-
deren vorgesetzt haben.
Rom. — Endlich entschliesst
sich die faschistische Presse
dazu, die Einnahme von Teruel
durch die republikanischen Trup-
pen zuzugeben. Alle Zeitungen
veröffentlichen die gleichen,
nach demselben Schema ver-
fassten Meldungen, die von
der Flucht von 150 Soldaten der
Phalange und der Guardia Civil
aus Teruel unter Führung eines
Priesters berichten. Der «Cor-
riere della Sera» zufolge war die-
ser Priester als Guardia Civil
verkleidet. Die «Popólo d'Italia»
schreibt, dass er einem «bando-
lero» gleichgesehen habe. Die
Zeitungen sagen einstimmig,
dass die Verteidiger von Teruel
seit drei Wochen abgeschnitten
und ohne Kontakt mit den na-
tionalen Truppen gewesen seien
und dementieren damit alle In-
formationen, die sie noch bis
gestern gebracht haben.
Die «Popólo d'Italia» berich-
tet, die Entkommenen hätten
sich mit dem Rufe «Nationale!»
bei den Italienischen Legionären
präsentiert. «Corriere della Sera»
hingegen behauptet, dass dieje-