SPANISCHER INFORMRTHHIS
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DIENST ISIS
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Niemand glaubt Franco, wenn er
sagt, das er «die Zukunft Spaniens nicht hypothekarisch belasten» werde. Weil alle wissen, dass diese Zukunft nicht ihm gehört... |
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WÖCHENTLICHER AUSZUG AUS DEM "SERVICIO ESPAÑOL DE INFORMACIÓN
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Barcelona, 28 März 1938
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Af. 14 de Abril, 556
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Nummer 14
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"Es irren diejenigen, welche darauf
spekulieren, dass der wachsende Terror uns seelisch zermürben wird! Ganz Spanien ahmt das heroische Beispiel Madrids nach und seine siegbringende Moral, seine Widerstandsfähigkeit wachsen in dem Masse, als die auslän- dischen Invasoren, mittelst brutaler Luftangriffe, es zu demoralisieren versuchen". DR. NEGRIN,
(Aus der Rede des Präsidenten des Ministerrates, in der Tagung der Cortes am 1. Februar 1938). |
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FRANCOS HYPOTHEKEN
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politischen Freunde die Sieger. Spanien würde
sich in ein Skia ven volk verwandeln, in ein Abes- sinien, ein Marokko, ein Tunis, das an den Kar- ren der mitteleuropäischen totalitären Systeme gespanut würde, in eine Pflanzschule von Zwangs- soldaten. Hitler und Mussolini würden sich in seine landwirtschaftlichen Reichtümer und Bo- denschätze teilen — sie teilen sie jetzt schon — und ein ungeheures Heer aufstellen, um es an der Pyrenäengrenze gegen Frankreich zu werfen und die Spanier würden kämpfen müssen, um fremde Interessen zu verteidigen und exotische Hassin- stinkte zu befriedigen. Franco und die Seinen würden reagieren? Ja,
aber wie? Es wäre ihnen unmöglich. Selbst wenn sie wollten — was wir sehr bezweifeln, denn wir wissen, dass sie unfähig sind, in ehrlichem Pa- triotismus ihre Taten zu bereuen — sie könnten es garnicht : ihnen würden dazu die unumgängli- chen Elemente fehlen. Hitler und Mussolini wür- den sie im Nu zur Ohnmacht verurteilt haben.Ein anderer Verräter würde an die Stelle des bereits abgenutzten treten, der sich in seinem Grössen- wahn für unersetzlich hält. Irgend ein Queipo, Yagüe, Davila, Jordana, Várela würde zum Ge- neralissimus, Staatschef, etc., proklamiert. Und hundert Zeitungen würden seinen Ruhm singen. Und sein Bild würde in hundert Kinos erschei- nen... Es ist so leicht, Retter und Regenten zu improvisieren, dort, wo keine Freiheit existiert und der Schmeichelei Tür und Tor geöffnet ist!.., * * *
Niemand glaubt Franco, wenn er sägt, dass er
«die Zukunft Spaniens nicht hypothekarisch be- lasten» werde. Weil alle wissen, dass diese Zu- kunft nicht ihm gehört... |
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Franco hat einen Chock bekommen. Es hat ihn
erschreckt zu sehen, wie sogar Pariser und (Lon- doner Zeitungen, die ihm bis jetzt günstig gesinnt waren, in diesen Tagen erklären, dass sein Triumph das Verschwinden Spaniens als einer unabhängigen Nation bedeuten würde. Die Wahr- heit ist im Begriff, sich Bahn zu brechen. Der Augenschein hat mehr vermocht, als die mit Gold bezahlten Lügenfeldzüge. Und der «Generalissimus» hat durch die Agen-
tur Havas einige Erklärungen über seine zukünf- tigen Pläne veröffentlichen lassen : «Ich werde die Unantastbarkeit und Unabhän-
gigkeit Spaniens nicht hypothekarisch belasten», hat er gesagt. Eine der populärsten Zeitungen Frankreichs,
die «Dépéche de Toulouse» hat auf diese Erklä- rungen sehr treffend geantwortet : «Wir nehmen an, dass Franco, an dem Tag,
wo er den Triumph davontrüge, sich von dem Joch seiner augenblicklichen Beschützer wird be- freien wollen. Wie wird er das machen? Und wie lange wird es dauern, bis jene ihn zerschmettert haben?» *
Die «Dépéche de Toulouse» stellt die Frage mit absoluter Klarheit. Franco hat, von dem Tag ant wo er, nicht imstande, das Regime, das er verraten hat, mit seinen eigenen militärischen Kräften zu besiegen, sich in die Arme des Aus- landes warf, sich damit begnügen müssen, eine Sepoy-Rolle zu spiele und passives Instrument in der Händen der Nationen zu sein, die in un- serem Lande nicht nur Rohmaterialien, sondern strategische Positionen suchen .Und wenn die Re- publik besiegt würde, wären weder er, noch seine |
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Man muss der Wahrheit ins
Gesicht sehen. Hitler .— man muss ihm Gerechtigkeit wider- fahren lassen — hat es nie vor uns verborgen, dass Frankreich, ob das rechte oder das linke, ob das jakobinische oder das reak- tionäre, in seinen Augen der Feind numero i ist, den es um jeden Preis zu vernichten gilt. Er hat uns auch keineswegs ver- heimlicht, dass, um uns sicher zu treffen, man uns erst isolieren und einkreisen muss. Wir wären blind, wollten wir nicht sehen, dass dieser Plan gegen uns auf dem Wege ist, Punkt für Punkt realisiert zu werden Hitler hat begonnen, uns zu
isolieren, indem er sich der Mil- lionen in Polen, in Rumänien und Jugoslawien gegen uns bedient. Er setzt seine Absicht fort, in- dem er die Tschechoslowakei be- droht und indem er in Frankreich durch seine Agenten einen Feld- zug in grossem Stil gegen den französich-russischen Pakt füh- ren lässt. Die Besetzung Spa- niens durch die Faschisten ist die logische Krönnug dieses Werkes : wenn wir das zulassen, wären alle Bedingungen erfüllt, die Hitler für einen Angriff ge- gen uns braucht : Und Fran- kreich wird angegriffen werden. * * * Man wird vielleicht sagen, wir
könnten diesem Angriff vorbeu- gen, indem wir Konzessionen machen? Sicherlich. Nach Berch- tesgaden können wir immer ge- hen. Aber Umwege dieser Art führen nicht sehr weit. Im grel- len Licht der Vorgänge in Öster- reich und Spanien, ist Hitlers Spiel klar : Er hofft unter der Maske des Antikommunismus seinen Kreuzzug gegen die «Ro- ten» durchzuführen. Das heisst, gegen die Demokratieen. Sobald die Volksfront in Spanien zer- stört wäre, würde er sie in Frank- reich zerstören wollen. Ist das eine Hypothese ? Nein. Während der letzten Krise haben die fran- |
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zösischen Agenten des «Führers»
es gewagt, uns zu sagen, mir hätten kein Recht mehr, eine Re- gierung nach dem Wunsche des französischen Volkes zu bilden, weil Hitler das nicht zulassen würde. Das heisst, dass wenn wir die Nazis durch Konzessio- nen entwaffnen wollten, es sich nicht darum handeln würde, uns mit ihnen über die Verteilung der Rohstoffe oder über Kolonial- mandate zu verständigen : wif müssten es uns gefallen lassen, dass die Listen unserer Minister in Zukunft in Berlin genehmigt würden und dass unsere innere Politik durch den «Führer» ge- lenkt würde. Auf dieselbe Weise wie die unglücklichen Österrei- cher müssten wir es uns gefallen lassen, durch die Agenten der «Nazis» regiert zu werden ; hät- ten wir zu dulden, dass irgendein Seiss-Inquart über uns herrscht — es gibt bereits einige Kandi- daten dafür — und dass die Män- ner vom C. R. A. S. und vom C. S. A. R. ans Ruder gelan- gen ; und inzwischen würden die Republikaner grausam unter- drückt, würde das ganze Werk der französischen Revolution vernichtet, alle unsere Freiheiten, alle unsere Hoffnungen, das ganze Ideal, das der Name unseres Landes vor der Welt verkörpert. Keine «Menschenrechte» mehr! Keine «Demokratie» mehr! Kein «sozialer Progress!« Kein «Frankreich» mehr! * * * Gibt es einen Republikaner,
einen einzigen, der das annehmen kann? Nein. Ich will keinem der unseren -die Schande antun, ihn zu befragen. Ich weiss, dass es eine Handvoll von Verrätern gibt, die bereit sind, mit deut- schen Bomben und Maschinenge- wehren an der Vernichtung unse- res Landes mitzuarbeiten. Aber ausser d'esen Hitleragenten, würden alle Demokraten, alle freien Männer, sich wie ein Mann f Farttetzvni) auf Seite 41
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Ein besiegtes Spanien bedeutet ein
bedrohtes Frankreich |
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Wie wir vorausgesehen haben,
verschärft sich die internationale Lage von Stunde zu Stunde. Mit unerbittlicher Logik trägt die Politik der Konzessionen an den Faschismus ihre bitteren Früch- te : Eine Folge der Tolerierang der Agression gegen Abessinien ist die Agression gegen Spanien ; Auf die Agression gegen Spanien folgte die Agression gegen Chi- na ; Die Agression gegen China hat die Agression gegen Öster- reich ermöglicht ; und schliess- lich, da diese Besitzergreifung nichts anderes als platonische Proteste ausgelöst hat, wird be- reits ein Bedrohungsfeldzug ge- gen die Tschechoslowakei vorbe- reitet, während Deutschland und Italien zum entscheidenden Schlag gegen die spanische Re- publik ausholen. Gewiss müssen wir gegen die
von den faschistischen Agenten lancierten Nachrichten auf der Hut sein, welche die Sache der Republik für verloren ausgeben. Es ist allerdings richtig, dass die Republikaner vor der Übermacht der von Hitler und Mussolini |
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geschickten Kanonen und Flug-
zeuge zurückweichen mussten. Es ist" richtig, dass, wenn Frank- reich nicht, und zwar ohne Zeit zu verlieren, Spanien wirksame Hilfe leistet, wir das Schlimmste zu befürchten haben. Das Sohlimmste ist die
deutsch - italienische Besetzung der Balearen und der Halbinsel, die grausame Abschlachtung un- serer Brüder in Spanien, ein «Ple- biszit», analog dem, welches sich in Österreich vorbereitet und — die Einkreisung Frankreichs. Müssen wir das dulden? Müs-
sen wir es zulassen, dass unter dem Vorwand einer angeblichen «Nichteinmischung», die mehr als je zu einer brutalen Einmi- schung gegen Spanien geworden ist, ein freies Volk, ein Nach- barvolk, aus Mangel an Waffen zugrunde geht? —Ja — sagen die einen — denn
wenn Frankreich Spanien zu Hil- fe käme, würde Hitler uns wahr- scheinlich mit Krieg überfallen. Und der Krieg ist das Schlimm- ste aller Übel. Und darum ist es |
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schon besser, zuzulassen, dass
Spanien zermalmt wird. Ich meinerseits verabscheue —
und das sage ich laut — diesen falschen Pazifismus, der nichts anderes ist, als eine feige Dul- dung des Krieges und der unsere republikanischen Brüder in Spa- nien kaltblütig einem grausamen Tod ausliefert. Aber ist die Berechnung derer,
die uns vorschlagen, den Frieden mit dem Blute der Kinder von Madrid und Barcelona zu erkau- fen, wenigstens richtig? Mit an- deren Worten, ist es wahr, dass wir Frankreich retten würden, wenn wir Spanien opfern? Nein und hundertmal nein.
Mit allen Mitteln sucht die Hit- lerpropaganda es unsere öffentli- che Meinung glauben zu machen. Aber was man in das Land hin- ausschreien muss, weil es die Wahrheit ist, das ist, dass eine französische Kapitulation i m spanischen Problem, weit davon entfernt, den Krieg von uns ab- zuwenden, ihn unvermeidlich machen und nah heranrücken würde. |
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Spanischer Informationsdienst
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Seite 2
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28 März 1938
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Vier Wochen in der Hölle
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Aus Arthur Koestler: "Spanish Testament
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schwader im Norden von Madrid.
Das Hospital von Cuatro Cami- nos, das, wie alle Hospitäler, das rote Kreuz auf seinem Dache trug, wurde mit vier Bomben beehrt. Ganze Familien wurden hier ausgerottet. In der Nähe fiel eine Bombe in einen Wasserbe- hälter, und eine mit dem Blut der •Strasse gemischte schlammähnli- che Masse strömte, Arme und Beine mit sich führend, über den Damm. Die Statistik dieses Sonntags betrug 53 Tote und 150 Verwundete. Montag den 16 November gab
es zwei raids ; um vier Uhr nach- mittags fielen einige Bomben in das Arbeiterviertel Cuatro Cami- nos. Nach neun Uhr regnete es Brandbomben über der medizini- schen Fakultät, und in das Ge- bäude von San Carlos, in die Casa de Socorro (Rettungsstation) am Paseo Recoletos und in ein Hospital des Roten Kreuzes an der Plaza de Colon. Hundert Tote ? Zweihundert ? es war nicht möglich, es festzustellen. Aber alles das war nur ein Vorspiel für die Hölle, die am folgenden Tag über die Hauptstadt Spa- niens hereinbrach. Vom 17 an, während der Nacht
vom 17 zum 18 und den ganzen Tag, versuchte Franco mit Hilfe seiner ausländischen Piloten Ma- drid und seine Bewohner zu ver- nichten. Es ist von jenem Au- genblick an unmöglich die Zahl der zerstörten Häuser, der getö- teten Männer, Frauen und Kin- der genau fastzustellen. Am 18 November, in den er-
sten Nachmittagsstunden, war Madrid in einen Feuermantel ge- hüllt. Die drei bedeutendsten Hospitäler der Hauptstadt stan- den in Flammen. Es brannten ausserdem die Puerta del Sol und das Hotel Savoy. In einigen dichtbevölkerten Strassen, wie Calle Atocha und del Leon, bahn- ten sich die Flammen, vom eisi- gen Winde der Sierra angefacht, unter dicken Rauchwolken einen weg von Haus zu Haus. Dieses höllische Bombardement
dauerte die ganze Nacht hin- durch. Hunderttausende Madri- der verbrachten sie in den Kel- lern, schlaflos, paralysiert vor Entsetzen, in ständiger Erwar- tung, dass das Gebäude über ihren. Köpfen zusammenstürzte oder dass die Flammenzungen bis zu ihrem Versteck durchdran- gen. Das «Metro» von Cuatro Ca- minos wurde von einer Bombe ge- troffen, welche die Eingeweide der Stadt biosiegte. Im Pflaster auf der Puerta del Sol klaffte ein Loch von fünfzehn Meter Breite und zwanzig Meter Tiefe. In der Umgebung des Telegraphenamts fielen fünfzehn Brandbomben. Man glaubt, dass die Zahl der Toten ca 200 betrug und die der Verwundeten etwa tausend. Am 18 erreichten die Bombar-
dements ihren Höhepunkt. Die schönsten Gebäude deri Haupt- stadt — Kirchen, Klöster, Mu- seen, die Nationalbibliothek, ver- schied ene Botschaften, das Ministerium des Ausseren, ein Markt und ganze Häuserblocks— standen in Flammen. Es waren meist Bomben von grossem Kali- ber ; ein Haus in der Calle Au- gustin wurde von oben bis un- ten zerstört und allein bei dieser Explosion kamen dreissig Mens- chen um. Sechzehn Stunden lang |
säten die neuesten Erfindungen
der Kriegstechnik in der Umge- bung der Puerta del Sol und im Zentrum der Stadt Tod und Vernichtung. Am folgenden Morgen um acht
ein halb Uhr zeigten sich die schwarzen Vögel erneut über der Puerta del Sol. Sie spähten zwei- fellos nach den Erfolgen der Frankistischen Furien, warfen zwei, drei Abschiedsbomben ab und verschwanden im blauen Äther. Am Nachmittag des 23 November zogen einige regen»- schwere Wolken von der Sierra herauf und hüllten Madrid ein. Eine Million Menschen atmete
auf. Der Regen ergoss sich über die Verteidiger Madrids, und durchnässte die obdachlosen Frauen und Kinder bis auf die Knochen. Sie schliefen im dich- ten Nebel, umweht von eisigem Wind. Sie lagen auf den blutbe- fleckten Strassen. Endlich durf- ten sie es wagen zu schlafen. Die Wolken, die sich über der tötlich verwundeten Stadt entleer- ten, löschten die letzten Flam- men. Während einiger Tage hat- ten Frauen und Kinder, Kranke und Sterbende ein wenig Ruhe. |
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VIER WOCHEN IN DER
HÖLLE Es dämmerte ; schwatzende
Gruppen füllten die Puerta del Sol, das Forum von Madrid ; in den Strassen der Arbeiterviertel genossen spielende Kinder die letzten Strahlen der untergehen- den Sonne. Frauen standen «Schlange» vor Bäckerläden und Lebensmittelgeschäften, denn alles begann knapp zu werden. Scharen lachender, schreiender Kinder strömten aus den Schu- len, die in Madrid um fünf Uhr geschlossen werden. Auf der Plaza del Progreso, in
einem der ältesten Viertel von Madrid, spielten um fünf Uhr zehn gegenüber einem Kinder- hort drei Kinder mit den Solda- ten. Sie sahen etwas Dunkles vom Himmel fallen und eines von ihnen schrie : «Eine Bombe, eine Bombe!» und alle drei warfen sich zu Boden. Sie waren die ein- zigen Überlebenden und die ein- zigen Zeugen der Zerstörung des Kinderhortes und eines Teils der Plaza del Progreso. Einige Minu- ten später zog man zwölf Kinder- körper aus den Trümmern her- vor ; sie wTaren nicht zu identifi- zieren. Das Geschwader Francos, be-
stehend aus dreiundsechzig Jun- kers-Bombern, hatte sich unbe- merkt, in grosser Höhe, der Stadt genähert. Die Bomben reg- neten vom heiteren Himmel auf die ahnungslose Stadt herab. In den Strassen von Getafe lagen sechzig Kinder, zermalmt oder verwundet. Der Turm der alten Kirche von San Ginés, im Zen- trum der Stadt, schwankte und stürzte mit gewaltigen Getöse herab. In der calle de la Luna fiel eine Bombe in die «Schlan- ge» vor einem Milchladen. Fün- funddreissig Frauen, viele mit Kindern auf dem Arm, fanden den Tod. Gegenüber war ein Metzgerladen. Der Metzger starb mitten unter seinen Kalb— und Ziegenfleischstücken. Einer Frau, die gerade mit einem Kin- de an der Hand in den Laden trat, wurde der Kopf abgerissen. Zehn Sekunden vor der Explo- sion sahen Zeugen ein mit Haus- rat von Flüchtlingen beladenees Eselchen die Strasse heraufkom- men ; hinter ihm schritt ein alter. Mann mit zwei Kindern. Zehn Sekunden später war von ihnen nur eine blutige Masse übrig. Im Zentrum der Stadt, wo es
weder Kasernen, noch militäri- sche Verteidigungsanlagen gibt, fielen zwölf Bomben. Eine fiel in der Calle de Fuencarral, tötete zehn Passanten und brachte das Deposito eines Autos zur Explo- sion, dessen Insassen sämtlich umkamen. In der Calle de la Es- pada wurden die Kinder von Mi- lizianern, die dort in einem Kin- derhort untergebracht waren, unter den Trümmern des einstür- zenden Hauses begraben. Von einem mit Fahrgästen überfüll- ten Autobus blieben nur ein paar Metallreste und einige Fetzen übrig. Eine andere Bombe fiel in ein
Gärtchen an der Puerta de To- ledo. —Das Gärtchen — erzählte
mir Ginés Ganga, Abgeordneter der Cortes und persönlicher Zeu- ge dieses Vorgangs — war voll von alten Frauen, die dort die |
Sonne genossen und von Müt-
tern, die ihre Kinder spazieren führten. Ich wurde durch die Ex- plosion betäubt; als ich die Au- gen öffnete, war das erste, was ich sah, unförmige, blutige Fet- zen, über den Rasen verstreut; nackte Arme und Beine in gro- tesken Verzerrungen. Der einzi- ge Leichnam, der fast intakt ge- blieben war, nach den Kleidern zu urteilen eine Frau, .sass vorn- übergefallen auf einer Bank. Nur der Kopf fehlte... Am folgenden Tag begrub
Madrid seine Toten. Es waren circa zweihundert; zwei drittel davon Frauen und Kinder. Nur 180 konnten identifiziert werden. Dreihundert Verwundete, fast alle schwer, lagen in den Hospi- tälern. Am 2 November wurde Madrid
dreimal bombardiert. In der calle Jaime Vera, eine enge Gasse im Süden der Stadt, gab es drei ge- tötete Kinder und acht verletzte Frauen. Eine halbe Stunde spä- ter wurden noch acht Leichen in einer nahliegenden Strasse ge- borgen. In derselben Nacht wur- den im hall einer Schule, die als Deposito d'ente, vierzehn Frauen und zwölf Kinder getötet. Am 4 November um acht Uhr
morgens wurde der Markt von Vallecas bombardiert. Resultat : zwölf Tote, Frauen und Kinder. Am 8 November begann die
Beschiessung Madrids durch die deutsche s c h w ere Artillerie. Gleichzeitig erschien über den i\rbeitervierteln im Süden und Westen der Stadt ein Geschwa- der, bestehend aus Junkers und Capronis. Am 9 und 10 November wurde
Madrid ununterbrochen durch Aviation und Artillerie beschos- sen. Das Cortesgebäude wurde schwer beschädigt. In den Pra- do, der eine der wertvollsten Bil- dersammlungen der Welt ent- hält, fielen zwei Bomben. Allein in diesen zwei Tagen gab es 350 Tote und Verwundete. Circa 1.000 Personen lagen im Hotel Palace. In der Nacht vom 10 No- vember fielen dreissig Bomben von grossem Kaliber und viele Brandbomben in den Nordbahn- hof, auf die Plaza de la Indepen- dencia, in den ehemaligen Kö- nigspalast und die Umgebung der Puerta del Sol. Um zwölf Uhr brannten fünf Häuser. Zwölftausend Flüchtlinge aus den südlichen Stadtteilen ver- brachten diese Nacht im Freien oder unter der Erde. Vom 12 November früh bis in
die Nacht- des 13, fiel ein un- aufhörlicher Bombenregen auf alle Teile der Stadt herab. Am 14 November, mittags,
zerstörten zwanzig Bomben ein ganzes Häuserkarree in der calle de Atocha und im Pacifico, einer südlichen Vorstadt. Der Ein- gang zur Metro in der Calle Ato- cha wurde zerstört ; achtzig Op- fer wurden unter den Trüm- mern hervorgezogen. Der nächste Tag war ein Sonn-
tag. Die Madrider strömten auf die Strassen, um das schöne Wet- ter zu gemessen und den Alb- druck der Woche abzuschütteln. Ganze Familien pilgerten zu den Hospitälern, um die Verwunde- ten zu besuchen. Aber die emsi- gen deutschen Piloten feiern Sonntags nicht. Um vier Uhr nachmittags erschien ein Ge- |
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ein Lazarett verwandelt war,
wurde am 12 November in Brand geschossen und zerstört. Bis zum Ende dieses Monats fielen 35 Brandbomben auf die Natio- nalbibliothek und vernichteten die Archive und das Archeologi- sche Museum. Ausserdem wur- den verschiedene Gebäude des Botanischen Gartens, die Land- wirtschaftliche Schule, die Insti- tute Rubio und Rockfeiler mehr oder weniger stark durch Brand- bomben beschädigt. Auch dem Ausland gehörende
Gebäude litten Schaden. In der Nacht vom 16 zum 17 November wurde die französische Gesand- schaft zweimal bombardiert ; eine der Bomben fiel in die Kanzlei und es ist ein Wunder-, dass sie nicht mehr Schaden angerichtet hat. Das Velasquez-Haus, Ei- gentum des französischen Unter- richtsministeriums, wurde vier Tage lang ununterbrochen bom- bardiert ; augenblicklich liegt dort kein Stein mehr auf dem andern. Die rumänische Bot- schaft wurde in Brand gesteckt. Im Innern des Telegraphenam- tes, eines fünfstöckigen Gebäu- des, das einer amerikanischen Gesellschaft gehört, richteten die Bomben grossen Schaden an. Ebenfalls völlig zerstört wur-
den die Büroräume und die Dru- ckerei der «La Libertad», «El Liberal», und des «Heraldo de Madrid». Am 30 November 1936 erklär-
te Kapitän Macnamara, Mitglied der interparlamentarischen eng- lischen Komission, die sich in Spanien aufhielt, dem Korres- pondenten der Reuteragentur in einem Interview : «Der dritte Teil von Madrid
ist eine Ruine.» Dann fügte er hinzu :
«Wir waren Zeugen der gröss-
ten Infamie, die die Welt je ge- sehen hat.» TÄGLICHE TRAGÖDIEN
Ich war an jenem Nachmittag
zu Hause — sagte mir die Haus- gehilfin Josefa Martínez, die am 30 Oktober verwundet wurde—. Ich habe nichts von den Flugzeu- gen gemerkt. Plötzlich gab es ein furchtbares Krachen, ich fühlte einen heftigen Stoss und lag auf dem Boden. Dann fühlte ich, dass ich aus dem Oberschenkel blutete. Als man mich aufhob, sah ich die kleine Tochter des Hauses im Korridor liegen, tot. Sie war 11 Jahre alt. Eine Mi- nute vor der Explosion war der Maler aus dem Hause gegangen. Er hatte noch mit mir geulkt. Mai; sagte mir, er sei auch tot.» Der Ausdruck« vom Himmel
gefallen» hat für die Madrider einen buchstäblichen Sinn be- kommen, denn die Geschwader Francos nähern sich in solcher Höhe, dass es unmöglich ist, die Flugzeuge zu sehen oder das Ge- räusch der Motoren zu hören. Aus heiterem Himmel, wo nichts an drohende Gefahr mahnt, schmettern die Bomben auf die unglücklichen Opfer nieder, die ahnungslos zu ihrer Arbeitsstät- te gehen, vor dem Bäckerladen Schlange stehen oder ihre Küche scheuern. Und in einem Augen- blick ist der Rahmen des alltä- glichen Lebens gesprengt und zum Schauplatz blutiger Tragö- dien geworden. (Farsetzung auf Seite 4)
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Die Gesamtzahl der Opfer un-
ter der Zivilbevölkerung von Ma- drid zwischen dem 24 Oktober und dem 20 November beträgt, nach unten abgerundet, ca 1.000 Tote und 2.800 bis 3.000 Ver- wundete. |
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H I S TORISCHE GEBÄUDE
UND KUNSTSCHÄTZE Es ist schwer, heute die Zahl
der Monumentalbauten, der Bild- werke aus dem Prado und aus an- deren Museen, der handschriftli- chen Sammlungen der National- bibliothek a b z u schätzen, die durch den Vandalismus der Re- bellen vernichtet worden sind. Die folgenden Daten beziehen sich ausschliesslich auf die vorhin erwähnte vierwöchige Periode. Von den zerstörten Kirchen er-
wähnen wir nur die durch ihre Kunstschätze berühmten. Am 11 November wurde die Kathedrale San Francisco el Grande fast völ- lig zerstört. Zwei Tage darauf die Kirche von San Ginés mit ihrem berühmten Altarbild. Am 17 wurde das Kloster San Jeróni- mo mit seiner Kapelle, in der die Trauung des letzten Königs von Spanien, Alfons XHI mit der Prinzessin Erna von Battenberg stattfand, und die Kirche Santis- sima Trinidad völlig zerstört. Am selben Tage setzten die deut- schen Bomben das berühmte Do- minikanerkloster in der Calle Atocha in Brand, das trotz der Bemühungen des Verteidigungs- komitees nicht gerettet werden konnte. Unter den Monumentalbauten
und Museen, die ganz oder teil- weise zerstört wurden, muss der Prado und der Palast des Herzogs von Alba, erwähnt werden der eine der wertvollsten Gemälde- sammlungen der Welt enthielt und den die Regierung der Re- publik in ein Museum verwan- delt hatte. Das ehemalige Gebäude der
medizinischen Fakultät, das in |
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Seite 3
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28 März 1938
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Spanischer Informationsdienst
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Barbaren Aber Barcelonas Bimmel
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digerweise scheitern. Wir sind
entschlossen, frei zu sein oder zu sterben. Was kümmert uns die Aviation der Legionäre mit ihren monatlich bezahlten condottieri, selbst wenn sie mit Bomben an- kommt, die mit flüssiger Luft geladen sind? Es gibt nur einen Tod ; und der bleibt sich immer gleich. ABER AUSSERHALB SPA-
NIENS Chamberlain hat im Unterhaus
gesagt, dass er beim Lesen der Schilderungen von den letzten Bombardements i n Barcelona Entsetzen und Abscheu empfand. Es ist nur natürlich, dass er das empfand. Jedes menschliche Wesen muss das empfinden. Ent- setzen über das Verbrechen. Ab- scheu gegen die feige und niedri- ge Art, in der es verübt wurde lind die erbärmliche Weise, es zu entschuldigen... Militärische Objekte! In dem
offiziellen und offiziösen Teil ihrer Rundfunksendungen haben die Faschisten gesagt, dass sie die Ministerien und andere offi- zielle Zentren Barcelonas bom- bardiert hätten. Weder ein Mi- nisterium, noch irgend ein offi- zielles Zentrum ist von ihren Bomben getroffen worden. Und das ist begreiflich. Selbst wenn sie es sich vorgenommen hätten, sie hätten es nicht verwirklichen können. Sie warfen ihre Geschos- se aus einer Höhe von mehr als 5.000 Metern. Und sie begnügten sich damit zu trachten, dass ihre Bomben mitten unter die Bevöl- kerung fallen. Sie waren sicher, so oder so, ein Ziel zu treffen... Das Ziel sind Privathäuser.
Das Ziel sind Nichtkämpfer. Barcelona ist ein einziges unge- heures Ziel von vielen Quadrat- meilen. Es ist eine Grossstadt, eine von den Städten, die Expo- nente und Kernpunkte der Zivi- lisation sind. Es ist die Quintes- senz der Mühe und Arbeit vieler fleissiger Generationen. Es ist der Stolz einer edlen und zähen Rasse, die bereit ist, sich für die Zukunft zu opfern, die eine ern- ste Auffassung vom Leben hat. Es ist das Werk einer zweitau- sendjährigen Geschichte... Gegen alles dieses kämpfen die
Henker des Äthers, die Mörder der Lüfte, die condottieri Musso- linis, die Reisigen Hitlers. Pyg- mäen, die gegen den Giganten ankämpfen. Staub gegen einen Felsen. Was können sie tun? Man sieht es. Sie verüben einige hundert, einige tausend Morde. Und ziehen ab. Beschämt? Auf jeden Fall überzeugt von ihrer abgründigen Impotenz. Aber diese Verbrechen — Völ-
ker der Erde! — sind nur der Prolog der Schrecken, die noch kommen. Hast du, Bewohner von Paris, Bewohner von London, die Schriften gelesen, welche die deutschen Militärzeitschriften vor zwei Jahren dem Plane Goerings gewidmet haben, der sich mit dem intensiven Bombardement und der Zerstörung der französi- schen Hauptstadt durch Feuer befasst ? Die totalitären Mächte üben
ihre Kräfte in Spanien. Hier machen sie ihre Berechnungen und schärfen ihre Krallen. Das weite und runzlige Fell des iberi- schen Stiers ist ihr Laborato- rium, ihr Experimentiertisch. Ist der Augenblick noch nicht gekommen, wo der Selbsterhal- tungstrieb die Demokratien zum Handeln treibt? |
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Frühling in Barcelona. Früh-
ling am Mittelmeer. Die Luft ist weich, süss und lau. Die Ram- blas sind ein Meer von Blumen. Vögel singen auf dem Gezweig der Bäume, die von neuen Säf- ten geschwellt sind. Tiefblauer Himmel, v o n durchsichtigen Wölkchen umsäumt. Es ist Krieg, gewiss. Aber er
ist 200 km. entfernt. Hier, in der grossen Stadt, in der Stadt der anderthalb Millionen Men- schen, breitet sich lärmendes und buntes Leben aus, vibrierend von Musik, von dumpfem Lärm, von Gesang und Gelächter, von Ru- fen und Schreien, von dröhnen- den Hammerschlägen und Auto- hupen, von den langgezogenen Sirenen der Handelsschiffe. Die Zeitungen bringen beweg-
te Schilderungen von den Kämp- fen im Nieder-Aragon und ko- mentieren sie in flammenden Leitartikeln, aus denen Beklem- mung sowohl als Hoffnung spricht. Gewiss, man ist tief be- sorgt. Aber das Leben geht sei- nen normalen Gang. Das Hinter- land hat seinen gewohnten Ryth- mus nicht unterbrochen. Wie im- mer, bestimmt das Tagewerk den Rythmus des Lebens. Man weiss, dass die Aviation
von Mallorca fortfährt, an der Küste entlang Vernichtung zu säen. Aber seit dem 30 Januar war sie nicht nach Barcelona ge- kommen. Die Tragödie von San Felipe Neri, die achtzig von Bomben zerrissenen Kinderkör- per, ist auf den Seiten der Ta- gespresse durch die Welt gegan- gen. Ob die Schuldigen wohl Reue empfinden ? Ob sie deshalb nicht in die katalanische Haupt- stadt kommen, die heute der Sitz der zentralen republikanischen Regierung ist? Vielleicht... DIE THEORETIKER DES
VERBRECHENS Es war der geniale Novellist
Wells, der angesichts der ersten Versuche auf dem Gebiete der Luftschiffahrt, ihre grandios- schrecklichen Möglichkeiten vor- ausgesehen hat. Der Mensch, der den Spuren des Adlers folgend, den Traum Lionardo da Vincis verwirklicht, kann Gott sein und Dämon. Und Wells hat in seiner Novelle «Der Krieg in den Lüf- ten» vorausgesagt, dass das Luft- schiff in der Hand der Militärs, die Menschheit in die primitive Barbarei zurückwerfen wird. Er hat sich nicht geirrt. Wir
haben es soeben in Barcelona ge- sehen. Ludendorff, der Preusse und Douhet, der Italiener, der eine tot, der andere lebend, ste- hen im Hintergrunde der furcht- baren Verbrechen, die die Flug- zeuge aus Mallorca während dreier Tage des Grauens in der alten Grafentadt verübt haben. Der Erstere hat den tot ahn Krieg erfunden, diese nieder- trächtige Formel für die Ein- schüchterung des Hinterlandes;, durch welche der Nichtkämpfer mehr gefährdet ist, als der Soldat, der in der vordersten Linie kämpft. Der zweite hat die allge- meine Verwendung der Luftwaf- fe erfunden, die bei den alten und antiquierten Generalstäben Euro- pas eine Hilfs= und Ergän- zungswaffe, jedoch nach dem Techniker, auf den wir uns be- ruf eti, ein für den Endsieg ent- scheidendes Element darstellt. Ludendorff und Douhet haben
ihre Theorien vereinigt und aus dieser monstrueusen Verbindung enstand das Werk der wiederhol- |
Fahrdamm scheint ein kleines
Mädelchen sich auf seinen Ärm- chen, an denen die Hände fehlen, aufzurichten... Und das achtzehn Mal! —
Achtzehn ! — in weniger als vier- zig Stunden... DIE BILANZ
Die Regierung hat offizielle
Ziffern herausgegeben. 671 Tote. 1.200 Verwundete. 48 Gebäude völlig zerstört; 71 teilweise zerstört. Diese Ziffern waren nicht end-
gültig. Es gab mehr Tote. Es starben viele Verwundete. über zweitausend Opfer in ei-
ner Stadt von anderthalb Millio- nen Einwohnern, mehr als hun- dert Häuser zerstört, in einer j dichtbevölkerten Stadt, wo die Strassen nach hunderten zählen und wo es ausserdem unendlich viel Plätze, Parks, Werften und Gärten gibt. Und was ist erreicht? Nichts.
Am Tag darauf war Barcelona wieder das Barcelona von früher. Es wusch das Blut von den Strassen. Es begrub seine To- ten ; brachte die Verwundeten in die Flospitäler, räumte den Schutt weg und nahm sein ge- wohntes Leben wieder auf, sein Leben der Arbeit und der Pro- duktion. DAS SCHEITERN DER EIN-
SCHÜCHTERUNGSPOLITIK Von einem Bombardement zum
andern arbeitete Barcelona mit unermüdlichem Eifer. Es arbei- tete heroisch, barg die Opfer aus den eingestürzten Häusern, brachte sie in die Rettungsstatio- nen, organisierte Wachen bei den Gebäuden, die einzustürzen drohten. Männer, Frauen und Kinder nahmen an dem Werk der Barmherzigkeit teil. Und das Bewusstsein, dass die Mörder wiederkommen würden, dass bald wieder die grausigen dumpfen Explosionen ertönen würden, schreckte die zahllosen Retter nicht. Eine tiefe Solidarität, ge- boren aus Schmerz und Empö- rung, eine Solidarität, die über den Klassen, ja über den Ideolo- gien stand, einte die Anstrengun- gen der Behörden und der Arbei- ter, der Syndikate und der Bur- geoisie, der Polizei, der Militär- personen und der Passanten. Man sah schwache Frauen, Knaben und Mädchen, mit Spaten und Pickel hantieren, Tragbahren improvisieren, Handkarren schie- ben. Gewiss sah man — wer woll- te das leugnen — wilde Massen- flucht zu den Unterständen, wahnsinnige Wettläufe nach den Kellern und Untergrundbahnen, aber daneben erlebte man auch Szenen geistesgegenwärtiger Tapf erkeit, stillschweigenden Heldentums, edelster aufopfernd- ster Selbstverleugnung... SIE OPFERN VERGEBENS
IHRE ZEIT UND IHRE BOMBEN Ja, sie sollen es wissen, die in
Salamanca und Burgos, in Rom und Berlin. Die verbrecherischen Italo-Germanen yon Palma ver- geuden ihre Zeit und ihre Bom- ben. Weder der vereinzelte Raid, noch der wiederholte systemati- sche Angriff in Staffeln, können etwas gegen Barcelona oder die anderen Städte Spaniens, die für ihre Freiheit und Unabhängig- keit kämpfen, ausrichten. Die Nerven unseres Hinterlandes sind aus Eisen. Jeder Versuch, es zu demoralisieren, muss notwen- |
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ten und systematischen Bombar-
dierungen offener Städte. «Der Nichtkämpfer — schrieb Luden- dorff — muss mehr leiden, als der Kämpfer selbst. Auf diese Weise wird er, entmutigt, auf seine Regierung einwirken, da- mit diese kapituliert. «Die Avia- tion — sagt Douhet — muss auf dem gesamten feindlichen Terri- torium verwendet werden. Auf diese Weise wird der Feind de- moralisiert und gezwungen, sich zu ergeben.» DIE NEUEN GEISTER DER
VERNICHTUNG Deutschland und Italien be-
nutzen den spanischen Krieg nicht nur, um ihre militärischen, politischen und wirtschaftlichen Ziele zu verfolgen — die Erobe- rung von Rohmaterialien und strategischen Stützpunkten, die Isolierung u n d Einkreisung Frankreichs, die Beherrschung des Mittelmeeres — sondern, um ihre nagelneuen Vernichtungs- maschinen auszuprobieren. Die neuen Typen von Bombenflug- zeugen — Bimotore und Trimo- tore—, die neuen Jagdflugzeuge, die neuen Flugzeugbomben, die neuen Abwehrgeschütze,die neue Anti-Tankartillerie, die neuen Maschinengewehre, die neuen Ex- plosivstoffe, die neuen Geschos- se, die neuen Kanonen, die neuen Panzerwagen werden an den Städ- ten und Völkern Spaniens und an dem Fleisch seiner Männer, Frauen und Kinder ausprobiert. Es folgt ein Guernica auf das andere und während die Häuser flammen und in den Strassen schutzlose F 1 ü chtlingsscharen niedergemetzelt werden, messen fühllose Zeitmesser Wetter und Entfernungen. BOMBEN MIT FLÜSSIGER
LUFT Barcelona ist die grauenvolle
Ehre zuteil geworden, dass an seinem schönen starken Körper die mit flüssiger Luft gefüllten Bomben ausprobiert wurden, die der germariische wissenschaftli- che Vandalismus erfunden hat. Es kannte bereits die Explosiv = und Brandbomben. Die Bomben, die zu Boden schmettern, die spalten, die in Stücke reissen und zugleich beschiessen, und solche, die aus den Trümmern der Familiengräber Flammen herausschlagen. Und soeben hat es die allerneuesten kennen ge- lernt, anscheinend der letzte Schrei der für die allgemeine Vernichtung arbeitenden Chemie. Flüssige Luft... Flüssige Luft,
die durch ungeheuren Druck zu- sammengepresst, sobald sie ihre Freiheit wiedergewinnt, zum dä- monischen Agenten der Verhee- rung und Vernichtung wird. Es wirkt wie ein Erdbeben. Bringt Gebäude zum Einstürzen, die für die Ewigkeit gebaut schienen. Und tötet, ohne zu verletzen. Tö- tet heimtückisch, Tötet, ohne die geringste Wunde zu hinterlas- sen. Ihre Opfer zerplatzen inner- lich. Die Erschütterung der at- mosphärischen Schichten zer- reisst ihnen die Lungen, die Le- ber, die Milz, zerstört das Herz. Und sie sterben, ehe der Arzt Zeit hat, sich von dem Vorgefal- lenen Rechenschaft zu geben. ALLE "DREI STUNDEN EIN
BOMBARDEMENT Sie fingen des Nachts an und
kamen dann alle drei Stunden, und sogar öfter. In etwas mehr |
als anderthalb Tagen erlitt Bar-
celona 18 Bombardements. Sie flogen sehr hoch. Und erst durch das dumpfe Krachen der Explo- sionen machten sie sich bemerk- bar. Die Sirenen heulten. Die Menschen stürzten zu den Un- terständen. Bei nächtlichen An- griffen erlosch das elektrische Licht. Der gesamte Verkehr stand still. Ununterbrochen dröhnten die Schüsse der Abwehr- kanonen... Aber alles war schon vorbei. Das grauenhafte Verbre- chen war, s o unfassbar e s scheint, Wirklichkeit geworden. Ganze Stockwerke waren einge- stürzt, und Dutzende von Un- glücklichen, haupts ächlich Frauen und Kinder, lagen unter ihren Trümmern begraben. Auf Strassen und Plätzen lagen die verstümmelten Leichen der von den Luftgeschossen überaschten Passanten. Hier und dort schlu- gen die von schwarzem Rauch ge- krönten Flammen einer Feuers- brunst zum teilnahmslosen Him- mel empor. Dichtbelaubte Bäume waren in tragische Stummel ver- wandelt. Irgend eine zentrale Strasse nahm plötzlich in den er- schreckten Augen des verwirrten Zuschauers das Bild einer Mond- scheinlandschaft an... Und dann noch einmal... Und
wieder... Und nach einer Weile... Und von neuem... Man schlief nicht. Man ass nicht. Aber man arbeitete. Die Sirenen kündeten periodisch wiederkehrend, die Gefahr. Aber ihre Warnung kam zu spät, denn schon waren ihr die Explosionen vorausgegangen... In Burgos oder in Salaman-
ca wurde es befohlen, den Anwei- sungen aus Rom und Berlin fol- fend. Es galt zu demoralisieren, niederzudrücken, zu desorgani- sieren, Panik und Flucht hervor- zurufen, die moralische Wider- standskraft zu brechen, den Geist der Kapitulation zu säen... Wie kann man der unaufhörlichen Furcht widerstehen, dem unauf- hörlichen Risiko, der unaufhör- lichen Angst? War diese Berech- nung grausam, bestialisch, teuf- lisch? Sicherlich. Aber, was kümmert da^ die Theoretiker der Vernichtung !... Oh diese unbeschreiblichen Bil-
der der Bombardierung !... Ein Autobus, beladen mit Fahrgä- sten, hält an, weil der Führer ferne Explosionen hört. Einige Sekunden bewegungsloser Stille. Keiner wagt, auszusteigen. Wird die Gefahr vorübergehen ? Plötz- lich — ein Pfeifen. Was folgt, ist ein einziger ungeheurer Schrei der Agonie. Eine Bombe ist auf das Fahrzeug gefallen und hat es in einen flammenden Vulkan ver- wandelt. Es ist wie ein Scheiter- haufen, auf dem fünfzig Bareelo- neser lebendig verbrennen... Ein Platz. Darauf ein Kiosk.
Daneben eine schwarz-rot gestri- chene Säule. Hier halten die Elektrischen. Es ist offizielle Haltestelle. Eine Gruppe von Menschen wartet. Und ein Geschoss fällt zwi-
schen den Kiosk und die Säule. Jener verschwindet wie fortgebla- sen. An seiner Stelle ist ein schwarzes Loch. Die Säule, in zwei, nein, in drei Teile gespal- ten, fast geschmolzen, bricht in Stücke. Von der Gruppe bleiben, als der Rauch sich verzieht, nichts als einige menschliche Glieder zurück, ein bestrumpftes Bein, ein Kopf, dessen Augen noch erfüllt sind von Entsetzen, ein nackter Arm, ein blutiger Rumpf... Und mitten auf dem |
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Spanischer Informationsdienst
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28 März 1938
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Das diplomatische Korps
im spanischen Krieg Vor kurzem war es der Beobachter aus dem Nicht-Interventions-
komitee auf dem Schiff Siamvell, welcher der totalitären Barbarei zum Opfer fiel. Heute ist es der Vizekonsul von Frankreich, Mr. An- tony Le Couteux ; der Generalkonsul von Frankreich, Mr. Binet und der frühere Brasilianische Gesandte, señor Pecanha, sind von den Bomben der Luftpiraten verwundet. Die Strassen Barcelonas sind nicht nur vom Blute der stoischen
Bürger gefärbt, welche auf ihrem Posten im Hinterland die Ehre des spanischen Zeltes verteidigen — heute mehr als je die Synthese edel- ster Selbsverleugnung — es ist auch das Blut der Angehörigen der internationalen Diplomatischen Organisationen, des die spanische Erde düngt, um noch deutlicher das Recht unserer Sache, von dem sie sich auf jedem Schritt überzeugt haben und das Verbrecherische und Feige der franco-italienisch-deutschen Agression aufzuzeigen. Die Bombardements wiederholen sich, angesichts der unerklärli-
chen Untätigkeit derer, die berufen sind, sie zu verhindreu. Aber trotz allem. Wir sind in einer Lage, wo es heisst, den Kampf fort- zusetzen, bis der Eindringling und die Verräter des Vaterlandes ver- nichtet sind. Das spanische Blut fliesst in Strömen, zu unserer Ver- teidigung und zur Verteidigung alles dessen, was Freiheit und De- mokratie heisst. Spanien bietet ein einzigartiges, gewaltiges und er- habenes Beispiel. Neben dieser edelsten Geste unseres unbesieglichen Geistes, verdient die loyale Haltung der diplomatischen Vertreter jede Anerkennung. Mehrere Diplomaten haben bereits, in Ausübung ihrer speziellen Funktionen, den Tribut der Nichteinmischung ge- zahlt. Dieses Korps, welches das Ausland vertritt, hat im Verlaufe des
Krieges empfindliche Verluste erlitten. Mehr als ein Repräsentant des hin und her schwankenden Nicht-Interventionskomitees, ist im Kampfe gefallen ; in diesem Kampfe, der immer länger wird, wie der Schatten dieses sporadischen Instrumentes, das aus dem neuen internationalen Recht hervorgegangen ist. Ein besonderer Fall ; ein Fall, der wert ist, im der Stille des Studierzimmers untersucht zu werden, unabhängig von dem Bedrückenden der Tragödie, um sich in seine ethischen Hintergründe zu vertiefen und sich seine keine- swegs erwünschten Resultate vor Augen zu führen. Diese neue Auf- fassung der rechtlichen Beziehungen, der Völker untereinander deren Verkörperung, könnte mau sagen, die Nicht-Intervention sein könn- te sach sich am eigenen Körper verwundet. Viele ihrer Mitglieder sind Opfer dieser Nicht-Einmischung geworden. Die Diplomaten, denen wir den Tribut unserer Bewunderung
zollen ; die Diplomaten, die sich an unserer Seite befinden, sind die objektivsten Zeugen dafür, was den Sinn unseres Kampfes ausmacht, welches unsere Kampfmethoden sind und welches in Summa die Konsequenzen unseres endgültigen Triumpfes sind. Sie werden ihre Stimmen eines Tages erheben können, um der
Welt zu sagen, wie gross unsere p^uergie im Leiden ist und wie vor- bildlich unsere Haltung in der Tragödie. Sie, die unabhängig von allen Losungen der Kanzleien das er-
schütternde spanische Problem erleben, tragen in ihrem Innern die unvergesslichen Bilder des Erlebten. Zu irgend etwas musste die Nicht-Intervention doch nutze sein, ausser dem, dass sie unseren Endtriumph verzögert und die totalitäre Einmischung erleichtert hat. Zu etwas : nämlich dazu, dass die, die am Leben bleiben, die von der wilden Barbarei der Piraten aus 5.000 Meter Höhe verschont geblie- ben sind, eines Tages ihre Stimme erheben können und sagen : «Die Nicht-Intervention hat ein Land geknebelt, gefesselt und vergewal- tigt, und dennoch hat dieses Land es fertig gebracht, den Feind aus eigenen Kräften zu schlagen, die übrigen demokratischen Völker zu verteidigen und das glorreichste Beispiel won Treue zu geben». Aber zweifellos werden sie auch ■— wenn es auch nicht in Worten
ausgedrückt wird — in ihrer Seele ein solches Mass von Bitterkeit, einen so tödlichen Stachel davontragen dass sie, wenn ein solcher Fall eintreten sollte, eine Fiktion fliehen werden, die es möglich machte, dass im Hinterland «unter dem Titel der Nicht-Interven- tion» eine beträchtliche Anzahl von Beobachtern ihr Leben lassen mussten, die in keiner Weise zu den Kämpfern gezählt werden können...» |
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Ein besiegtes Spanien.
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(Farlsetzung)
erheben — wie es unsere Brüder in Spanien getan haben — um die Freiheit und Frankreich zu verteidigen. Aber, muss man wirklich völ-
lig passiv abwarten, bis man uns zu diesem Extrem treibt? Müs- sen wir mit unserer Verteidigung warten, bis Frankreich isoliert,, eingekreist, von den nord-afrika- nischen Verbindungswegen ab- geschnitten ist? Mit anderen Worten, müssen wir uns in die Enge treiben und uns den Krieg aufzwingen lassen ? Ich meinerseits, antworte dar-
auf wie ich es vom ersten Tage an getan habe : dass unsere Brü- der in Spanien, indem sie für sich kämpfen, zugleich auch für uns kämpfen, indem sie ihre Unabhängigkeit verteidigen, auch die unsere verteidigen, dass sie aus ihrem Körper eine Mauer ge- gen den Krieg machen, der uns bedroht. Ich gemeinsam mit der C. G. T., mit der Liga für Men- schenrechte, mit dem Sozialisten- |
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scher Bomben, die Knechte des
«Führers», als Kriegstreiber hin- stellen ! Das Land wird nicht so leicht daran glauben, dass die Kanonenhändler und Hassver- breiter plötzlich zu Friedens- freunden geworden sind und dass wir, die Republikaner, uns eben- so plötzlich in Kriegsenthusia- sten verwandelt haben. Um das Volk unserer Städte und unseres Landes eine solche Lüge schluc- ken zu lassen, brauchten die französischen Agenten Berlins mehr Millionen, als die Nazis ihnen geben könen. Der Friede, der wahre Friede, beruht auf dem Recht der Völker, über sich selbst zu bestimmen, auf der Achtung vor dem Gesetz, auf der kollektiven Sicherheit, und wir sind es, die ihn verteidigen, und wir, die ihn retten werden. Was die Csaristen, die Crasisten und die anderen Verräter betrifft, so wollen wir mit ihnen nicht weiter diskutieren : wir fordern, dass man sie festnimmt und sie ausser Gefecht setzt. Albert BAYET |
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kongress in Marseille, mit den
Kommunisten, mit Herriot, mit Daladier — ich fordere, dass Frankreich im Namen seiner eigenen Sicherheit, im Namen des Friedens, der gerettet werden muss und kann, unverzüglich und entschlossen der spanischen Republik zu Hilfe eilt. «Das bedeutet den Krieg» !
schreien die französichen Agen- ten des Führers. Nein ; das be- deutet nicht den Krieg. Im Ge- genteil, das bedeutet eine Siche- rung des Friedens, denn wenn wir uns endlich entschlossen der Kriegstollheit entgegenstellen, so w erde n die Friedensfreunde neuen Mut schöpfen und der Kriegswahnsinn wird zusammen- brechen ; lassen wir uns aber, unter dem Vorwand, den Frieden zu retten, einkreisen, so öffnen wir der Katastrophe Tür und Tor, und der Ruin Spaniens wäre ein Vorbote unseres eigenen Un- terganges. Sollen uns daraufhin die «Ex-
nationalen», die Aufstapler deut- |
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Vier Wochen in der Hölle
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ist eine Frage der Nerven und des
Temperamentes, die nichts mit politischen Überzeugungen zu tun hat. Während eines Luftan- griffs ist die Zivilbevölkerung weder eine politische, noch eine heroische Einheit ; sie ist nichts als eine Herde in einem Schlacht- hause. Franco hat diese Metzelei mit vollem Bewusstsein provo- ziert. Am i6 August erklärte er, dass er niemals die Haupt- stadt seines Vaterlandes bombar- dieren würde, und am 29 August fing er an es zu tun. Er hat ge- logen. Er hat aus seinen Mitbür- gern, friedlichen Individuen, die in ihren Büros, ihren Fabriken und Häusern sitzen, eine Beute blutdürstiger Mörder gemacht. Das ist kein politischer Akt; das ist eine Herausforderung an die Zivilisation. Wer die Hölle von Madrid er-
lebt hat — mit den Augen, mit seinen Nerven, seinem Herzen, seinen Eingeweiden — und vor- gibt, neutral zu bleiben, ist ein Lügner. Wenn diejenigen, die über eine Druckerpresse und Druckerschwärze verfügen, um ihre Meinung auszudrücken, ge- genüber solcher Bestialiltät neu- tral bleiben, dann ist Europa verloren. In diesem Fall müssen wir uns hinsetzen, den Kopf in den Sand stecken und warten, bis uns der Teufel holt. Und in diesem Fall ist es mit unserer westlichen Zivilisation zu Ende.» |
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Kinder weinten und riefen nach
ihren Müttern. Neues Krachen. Der Fahrstuhl war herunterge- stürzt : aus den Ruinen ragten Arme und Beine. Jetzt kommt die Feuerwehr und eine Ambulanz. Man beginnt die Toten unter den Trümmern hervorzuziehen...» Folgender Abschnitt stammt
aus der Feder meines Freunde Louis Delaprée, vom «Paris Soir», der einige Tage, nachdem er diese Zeilen geschrie- ben hatte, bei der Beschiessung des Flugzeugs, in dem er reiste, umkam. «Gestern — schrieb er—, sah
ich wärend eines raid, wie drei Kinder ruhig inmitten der Stras- se standen und zum Himmel schauten. Ein Milizionär drängte sie mit Gewalt in ein Portal. Kaum war der Mann fort, da standen sie auch schon wieder auf der Strasse. Eine alte Zei- tungsverkäuferin, welche die Szene mit ansah, sagte, ihren weissen Kopf schüttelnd : «Las- sen vSie doch den Kindern ihren Spass ! Es ist ja sowieso bald zu Ende mit uns allen...» Ein Luft- angriff ist für diejenigen, die ihn erleben, kein politisches Ereig- nis, sondern eine elementare Ka- tastrophe wie ein Erdbeben oder der Ausbruch eines Vulkans. Ei- nige bleiben dabei kaltblütig, an- dere verkrampfen sich oder er- starren in fühlloser Apathie. Es |
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{FarSetzung)
Ich war gerade die Milch holen
gegangen — erzählte eine ande- re Hausangestellte, Emilia Gar- cia —' als ich eine riesige Flam- me auflodern sah. Ein donner- ähnliches Krachen und ich fiel zu Boden ; ich verlor das Be- wusstsein ; aus meinen Schläfen strömte Blut; Als die Ambulanz mich holte, sah ich wie durch einen Schleier die Strasse mit blutigen Fleischstücken über- säht ; Das ganze Pflaster war rot und ich verlor von neuem das Bewusstsein. «Frauen und Kinder hatten
sich in den Keller geflüchtet — schreibt die Journalistin Ilse Wolf, ein Wohnhaus während eines Bombardements beschrei- bend— ; Eine Wolke von Rauch und Staub drang plötzlich in die Kellerräume. Die Atmosphäre war zum Ersticken. Die Kinder begannen zu schreien. Gleichzei- tig ertönte von oben Donnerge- töse. Eines der Stockwerke war ' eingestürzt; die Frauen packten ihre Kinder und stürzten ins Freie. Rote Flammen schlugen ihnen entgegen, die an den Haus- wänden leckten. Einige der Ein- wohner, die in den unteren Stockwerken wohnten, drangen erneut in die Wohnungen und warfen Matrazen und etwas Wäsche aus den Fenstern. Ein Kind wurde vermisst. Andere |
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vorhanden, was die Schüler brau-
chen ; aber mau wird ebensowe- nig etwas Überflüssiges darin finden. Die Schüler werden, ne- ben voller Verpflegung, den glei- chen Lohn weiter beziehen, den sie in den Fabriken und Werks- tätten hatten, in denen sie gear- beitet haben. —Zu den Eintrittsexamen ha-
ben sich über 90 Schüler gemel- det ■— sagte der Direktor—. Alle waren sehr gut vorbereitet und der Wettkampf äusserst heftig. 70 haben die Prüfung bestanden, darunter befinden sich 15 Jüng- linge, für die ein spezieller Flü- gel des Gebäudes zum Aufent- halt reserviert worden ist. Ferner gibt es hier einen Klub,
einen Erholungsraum, _ Sport- plätze und auch zwei Bibliothe- ken, eine rein literarische und eine professionelle. Es ist dafür gesorgt, dass die Arbeiter, die dank der Republik eine höhere kulturelle Atmosphäre gemessen werden, keinen Augenblick ihre |
Herkunft vergessen und auf sie
stolz sind. Bei der Einweihung gab es
keinerlei Festlichkeit. Die Schü- ler zogen in aller Schlichtheit, gemeinsam mit ihren Lehrern, in ihr neues Heim ein und vereinig- ten sich, unter der einzigen of- fiziellen Assistenz des Madrider Delegierten des Unterrichtsmi- nisteriums, bei einem gemeinsa- men Mittagessen—einem Kriegs- essen—, ohne den geringsten Luxus, das gewöhnliche Menü, das die Schüler, mit kleinen Va- riationen, von jetzt ab täglich haben werden. Und während wir das Gebäude
verlassen, denken wir, dass eben- so wie es sich hier um ein Bil- dungszentrum von neuem Cha- rakter handelt, auch die Atmos- phäre, die darin herrscht, eine völlig neue ist : eine iVtmosphä- re, in der man einen weit grös- seren Optimismus empfindet, als in den alten Zentren des offiziel- len Unterrichtswesens. |
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Eröffnung eines Arbeitergpnasiums in Madrid
von unserem Madrider Spezialkorrespondenten
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Schülern umher. Als wir uns
ihm nähern, beantwortet er be- reitwilligst unsere Fragen, voller Enthusiasmus darüber, die Idee, mit der er sich schon seit langem- trägt, verwirklicht zu sehen. ■—Der Einweihungsakt — sagt
er zu uns — ist ganz einfach, entsprechend den schweren Zei- ten, die das spanische Volk durchmachen muss ; aber ich werde Ihnen das Gebäude zeigen und Sie mit den von uns geschaf- fenen Einrichtungen bekannt machen. Bei dem Rundgang durch das
Institut begleiten uns ausser dem Direktor, der Architekt Mosque- |
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Heute wurde in Madrid das
Gymnasium für Arbeiter einge- weiht. Das saubere, geräumige Gebäude war erfüllt von über- strömender Erregung. Die Gän- ge- glichen einem menschlichen Ameisenhaufen und überall sah man lachende Gesichter ; die jungen Arbeiter sahen den so heiss ersehnten Augenblick ge- kommen, wo sie ein Studium be- ginnen konnten, das bisher für die vom Glück Begünstigten und nicht für die Fähigsten reserviert war. Der Leiter des Institutes, Don
Marcelino Martín, geht plau- dernd unter seinen künftigen |
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ra und der Verwalter Vidal Pi-
quer. Das Gebäude ist ein ehemali-
ges Kloster. Aber die Umbauten und Abänderungen, die darin vorgenommen wurden, sind so bedeutend, dass man sagen kann, dass nur die äusseren Mauern stehen geblieben sind. Das ge- samte Innere ist vollkommen ver- ändertj; die Hörsiälfe sEndf ge- räumig, sonnig und mit dem mo- dernsten Lehrmaterial ausgestat- tet. Aber das Interessanteste sind wohl die für die Schüler bestimmten Wohn räume. In freundlichen, weissen Zimmern stehen je drei Betten. Es ist alles |
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28 März 1938
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Spanischer Informationsdienst
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Seite 5
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Der Kampf des reaktionären Spanien
gegen das Aufbauwerk der Republik |
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Als im Jahre 1931 die Monar-
chie in Spanien fiel, nahmen die Befreier des Volkes von Anfang an eine höchst zurückhaltende und vorsichtige Haltung gegen- über den landwirtschaftlichen Problemen ein. Die Republik sah sich einem
verödeten und trostlosen Spanien von beschämender Ignoranz ge- genüber, das ein Opfer von be- rufsmässigen Sadisten, von Wu- cherern und Kaziken war, die unter dem einfachen Volke eine Art von modernistischem Evan- gelium predigten und ausübten : «die Resignation im Elend». Die Art der Verteilung des
spanischen Bodens bietet keines- wegs ein sehr erfreuliches Bild. Es sieht folgendermassen aus : 18.353.546 Hektar kultivierte
Bodenfläche. 25.281.100 Hektar Viehweiden
und Heideland. 3.814.628 Hektar unfruchtba-
res Land. Nach der Ansicht der Techni-
ker müssen diese Ziffern folgen- dermassen übersetzt werden : 10 % nackter Felsen ; 35 %
Terrain mit geringer Produktion und 10 % des Terrains in der Hand der vom Glück Begünstig- ten. Auch die Perspektiven inbezug
auf Viehweiden und Heideland waren nicht sehr verlockend, denn wenn diese auch mit 25.281.100 Hektar angegeben wurden, so erreichte ihre Zahl in Wirklichkeit kaum die Hälfte, infolge der Ausraubung durch die Monarchie. Nach dem amtlichen Kataster-
bericht betrug die Menge der im Kataster für die verschiedenen Provinzen eingetragenen kulti- vierten Ländereien 10.479.198 Hektar und der unkultivierten 9.169.299 Hektar. Diese Ziffern sind ein deutlicher Beweis für die geringe Aufmerksamkeit, die die Regierung der Monarchie der Landwirtschaft als Reichtums- quelle geschenkt hat. Was die so- ziale Seite der Frage betrifft, so bieten die folgenden Zahlen ein gutes Bild : Grossgrundbesitz : 7.969.029
Hektar. Mittlerer Grundbesitz:
2-339-957 Hektar. Kleiner Grundbesitz:
8.014.715 Hektar. Das war in grossen Zügen die
Perspektive der spanischen Land- wirtschaft im Jahre 1931. Diese unhaltbare Verteilung des Bo- dens fand die Republik bei der Übernahme der Regierung vor. REFORMISTEN, POLITI-
KER UND WUCHERER Aber die Republik vom 14
April, die ihren mehr reformi- stischen als revolutionären Pos- stulaten treu blieb, wollte in den landwirtschaftlichen Problemen das verwirklichen, was in allen zivilisierten Ländern bereits ge- tan war. Es braucht nicht gesagt werden, dass die Projekte der Regierung der ersten zwei Jahre der Republik den Unwillen und die Rachegelüste der sogenann- ten Männer der «Ordnung und Kirche» hervorriefen, von denen die einen Phantasten waren und die anderen beschränkt und die Mehrzahl Schurken und Faul- pelze und daher unfähig zu be- greifen, dass der spanische Bo- den allen Spaniern gehören müs- |
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se und nicht einer Minderheit
von Feudalherren und Mönchen. In diesem Sinne wurden die
ersten Schritte einer Agrarre- form angebahnt. Sie wurde von oben nach unten durchgeführt, das heist auf legislativem Wege, um innerhalb des Gesetzes die neue juridische Tatsache zu be- festigen. Aber gegenüber dem typisch evolutionärem Programm der Konstituierenden Cortes, zeigte sich sofort die obstrukti- ve Tendenz, das traditionelle Hindernis, die konservative Po- litik der Privilegierten und der Wucher der Kleriker. Die konservativen Politiker
und Wucherer wehrten sich aus allen Kräften gegen die legale Reform auf dem Gebiete des Grundbesitzes, soweit sie sich auf den «klassischen spanischen Grossgrundbesitz» bezog. Man muss in Betracht ziehen,
dass die konservativen Politiker und Wucherer einen Reichtum repräsentierten, der sich vor dem Weltkrieg auf 77 Milliarden be- lief. Die Renten dieser Multimil- lionäre betrugen, nach unserer Berechnung 10.745 Millionen Pe- seten, und waren im Jahre 1930, auf Grund des «Mehrwertes», auf 25 % Milliarden gestiegen. In der vorhergehenden Periode
der Republik betrugen die Ren- ten des bäurischen Besitzes aus Kapital und Arbeit : Wert der Produktion : 5.485
Millionen Peseten. Besitzrente : 2.340 Millionen
Peseten. Landarbeiter löhne : 1.960 Mil-
lionen Peseten. Man beachte, dass die obigen
Ziffern, ungeachtet der ungefäh- ren Berechnung, den Keim aller gewaltsamen Revolutionen in sich tragen. Das will heissen, dass die reak-
tionären Politiker und Geldver- leiher das nicht zu Verteidigende verteidigten; wie Uribe, der ge- genwärtige Minister der Repu- blik, erklärte. Sie verteidigten den Zustand, dass 100.000 Grund- besitezr 12 Millionen Hektar Land besassen ; dass zwei Mil- lionen armer Bauern der Boden fehlte, den sie bearbeiten könn-, ten und auf dem sie ihren Unter- halt fänden und dass weitere zwei Millionen landwirtschaftli- cher Arbeiter sich im grössten Elend befanden. In Summa : «...dass 59 % des
spanischen Bodens unbearbeitet blieb ; 79 % der unkultivier- ten jedoch brauchbaren Lände- reien am Mangel an Baumbestän- den litt.» (Erklärung Clarions auf dem
Kongress der Ingenieure 1921.) DIE IM KAMPF GEGEN DIE
SOZIALPOLITIK DER RE- PUBLIK VERFOLGTE LI- NIE Um den Mangel an Weitblick
dieser Männer der «Ordnung» zu kennzeichnen, stellen wir fest, dass die «Spanier von Burgos» konsequent und hartnäckig die gegonnene Linie des Kampfes gegen das soziale Werk der Re- publik weiterführen. Denn die negative Arbeit der spanischen Reaktionäre kann durch folgen- des Paradoxon charakterisiert werden : sie wollen als Männer der «Ordnung» erscheinen und «Unordnung» stiften. Klarer ausgedrückt : ehe sie von ihrem |
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Egoismus lassen, zerstören sie
lieber alles, sogar die Unabhän- gigkeit Spaniens. Man beschuldigt die zwei
«roten» Jahre, die Streiks, Sabo- tagen, Besitzergreifung von Gü- tern, etc. ; aber dieses Argument hält keiner vernünftigen Kritik stand. Wenn es unter der Land- bevölkerung Rebellion gab, so gab es ihrer weit mehr unter den herrschenden Klassen, welche die unglücklichen Bauern zu die- sem Zweck aufhetzten, begün- stigten und kauften. Weder die- jenigen, welche das «klassische Eigentum» verteidigten und sich dabei Republikaner nannten — die Anhänger einer Republik mit dem Kardenal Segura an der Spitze — noch die, welche die Republik innerhalb der republi- kanischen Legalität angriffen — die von Angel Herrera geführte Gruppe — wirkten für eine ge- rechte Sache. Die einen wie die andern hofften mit Hilfe der ent- täuschten Arbeiter die Republik zu stürzen und zu den Fleisch- töpfen Aegypten zurüchzukeh- ren. Andrerseits konnte die niedri-
ge und erbärmliche Haltung der «señoritos» —■ der traditionellen und der arrivierten — im Spa- nien des XX Jahrhunderts nicht fortgeführt werden. Viele Ort- schaften, die dem «Tyrannen» unterworfen lebten, haben das Martyrium des spanischen Pro- letariates durch offenen Kampf gegen das spanische Feudalsy- stem noch vermehrt. Denn im Spanien von 1931 gab es noch Feudalismus. Die Folgen dieser antisozialen
Richtung spiegelt sich in der fol- gender kriminellen Statistik des Jahres 1920 wieder, welche sich nur auf die acht andalusischen Provinzen bezieht : Delikte gegen die öffentliche
Ordnung : 924. Persönliche Delikte : 5.124.
Selbstmorde : 331.
Eigentumsdelikte : 7.585.
EINIGE BEWEISKRÄFTIGE
BEISPIELE Wenn wir die Handlungsweise
der «Granden von Spanien» un- tersuchen —■ der grösste Teil dieser «Granden» waren, zwar nicht klein, aber niedrig und ge- mein, so haben wir da zum Bei- spiel einen Ex-Herzog de San Pe- dro de Galatino, der 30 Kilome- ter hinter Malaga eine Herr- schaft (señorío) besass, mit 870 Bauern als Vasallen. In seinem «señorío» zirkulierte kein natio- nales Geld und die Justiz wurde im Namen des Herzogs ausgeübt. Erinnern wir uns auch eines
Ex-Herzogs del Infantado, der im Munizipalgebiet von San Juan de los Reyes und Fuencarral Güter besass, die eine Ausdeh- nung von 958 Hektar hatten. Und, um nicht noch mehr zu
zitieren, den Ex-eonde de Roma- nones, Herr über fast die ganze Provinz Guadalajara. Wir müssen hinzufügen, dass
die Ex-Granden, wie fast die ganze Agrar-Plutokratie, «katho- lisch, apostolisch, römisch» wa- ren, aber weder an Christus glaubten, noch das Evangelium befolgten, wohl aber die durch die «Heiligen Väter» diktierten Normen zur Verteidigung des schlecht verwalteten und auf noch schlechtere Weise erworbe- |
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nen Eigentums. Sicher war, dass
die Religion, ebenso wie die Kleider, zu nichts anderem dien- te, als die Scham zu verdecken. DIE «TOTE HAND»
Ein anderes Bild von den Zu-
ständen auf dem spanischen Lan- de bot die Lage der kleinen Grundbesitzer, welche die Re- publik aus den Krallen der Geld- verleiher und kirchlichen Inqui- sitoren zu befreien bemüht war, die in der Macht und im Reich- tum die früheren Besitzer der jenigen Güter ersetzten, die man mit «tote Hand» zu bezeich- nen pflegt. Es gab im monarchischen Spa-
nien einen Organismus, welcher der ausländischen Macht des Papstes unterstellt war, die soge- nannte «Katholische Soziale Ak- tion», deren Zweck es war, die einfachen Landleute mit Wolken von Opium zu benebeln, und zwar auf der Basis der «bolsche- wistischen Hölle», welche zwei- fellos ein moderneres Thema war, als die «ewige Verdamm- nis» . Tochterorganisation der «Katholischen Sozialen Ak- tion» waren die Katholischen Landwirtschaftlichen Syndikate, Nester derer, die die Güt/fer der «toten Hand» zurückforder- ten. Die Pfaffen und Mönche bemächtigten sich der Ernten, der Renten, ja sogar der persön- lichen individuellen Freiheit. Die Katholische Soziale Aktion
wurde gebildet aus dem Zentral- komitee der Katholischen Sozia- len Aktion, dem Nationalrat der katholischen Arbeiterorganisatio- nen, der Katolisch-Agrarischen Nationalen Konföderation, der «Acción Popular», etc., alle unter der Leitung der Kardinäle Segu- ra und Ilundain ; des Abgeord- neten Marín Lázaro, des Ex- Sekret ärs der katholischen Union, Aristizábal und des Di- rektors des «El Debate», Herre- ra Oria. Man braucht nicht zu betonen,
dass die äusserst aktiven römi- schen Filial-Organizationen die Sophismen Leos XIII, die Ma- növer Pius X und Benedikts XV und die wirtschaftspolitischen Programme — die Enzykliken — Pius IX oder Pius XI sehr ge- schickt handhabten, um schliess- lich zu folgender Norm in der Ausbeutung der kleinen Grund- besitzer in Spanien zu gelangen : Preis der Rente pro Hektar im
Jahre 1913 : Minimum 15 Pese- ten ; Maximum 35 Peseten. Preis der Rente pro Hektar im
Jahre 1930 : Minimum 50 Pese- ten ; Maximum 100 Peseten. Das bedeutet, dass bei diesem
Tempo im Jahre 1947 die Renten 230 und 120 Peseten pro Hektar erreicht haben würden, als Ma- ximum, resp. Minimum. Diese Taktik erreichte ihren
Höhepunkt in den Jahren 1931 und 32 mit dem Ziel, gegen das Werk der bolschewistischen» Republik zu arbeiten, indem man die Preise der Produkte in die Höhe trieb. Nicht weniger interessant war
die Form, in der dem Arbeiter die Doktrinen der Enzyklika «Rerum Novarum» beigebracht wurden. Die Tagelöhne auf dem Lande
in Sevilla während des Som- mers 1935 : |
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Männer : Maximum 3 Pese-
ten ; Minimum 2,25 Peseten. Schnitterinnen : 1,50 Peseten.
Kinder : Maximum, 2,50, Mi-
nimum, 0,50 Peseten. In Jeres de la Frontera : Männer : Maximum 2,50 Pese-
ten ; Minimum 2 Peseten. Frauen : 1,25 Peseten.
Kinder : 0,25 Peseten.
In Córdoba : Männer : 3 und 2 Peseten.
Frauen : 2 Peseten.
Kinder : 0,60 und 0,25 Pese-
ten. Der Arbeitstag war ofiziell auf
acht Stunden festgesetzt ; in Wirklichkeit aber waren es 12, 14 und 16 Stunden intensivster Arbeit. DIE AGRARREFORM DER
REPUBLIK Die gesetzgeberische Tätigkeit
der ersten zwei Jahre der Repu- blik konnte unmöglich alle Re- formen verwirklichen und in die Praxis umsetzen, die der spani- sche Boden verlangte. Am 5 Sep- tember 1932 haben die konstitu- tionellen Cortes das Gesetz der Agrarreform angenommen, und später, am 22 Oktober, wurde ein Dekret über die intensivere Kul- tivierung der Landgüter von Ba- dajoz, Caceres, Ciudad Real, To- ledo, Salamanca, Sevilla, Cadiz und Jaen, das heisst in den Feu- dalgebieten der Teokratie, veröf- fentlicht. Das Gesetz der Agrarreform
stellte, wie wir vorhin bereits sagten, einen gemässigten, mi- nimalen Versuch dar. Die Ver- fügung über die Intensivierung des Anbaus war eine Konsequenz der antisozialen Aktionslinie der Reaktionäre. Das ursprüngliche Projekt der
Agrarreform enthielt nicht das Prinzip der «entschädigungslosen Enteignung» — das Motiv eines skandalösen' Feldzugs gegen die Projekte der republikanischen Regierung— ; aber während die- se in den Cortes diskutierte, ent- stand das Komplott vom 10 Au- gust — die «Sanjurjada»—, das die Schaffung eines speziellen Strafgesetzes über die Güter der des Landes Verwiesenen zur Fol- ge hatte, sowie die entschädi- gungslose Enteignung der der «Grandezza» gehörenden Güter. Am 8 September 1933 dimit-
tierte die Regierung. Es entstand eine Krise, die die Auflösung der Cortes zur Folge hatte. Wieder einmal triumphierte
das «traditionelle Hindernis» ge- gen den Willen der 99 % der Spanier : das heisst, der Klerus, die Aristokratie und die Gross- grundbesitzer und in ihrem Dien- ste, der bourbonische Militaris- mus. D I E MAXIMALISTISCHE
GEGENREFORM In kurzer Zeit war der soziale
Fortschritt der republikanischen Befreier zunichte gemacht. Man kann sagen, dass die Zerstörer das Gebäude demolierten, ohne sich eine Hintertür offen zu las- sen. Die Losung der Feudalher- ren war : Entweder mit Karl Marx oder mit dem Papst; das soll heissen : wenn ihr Arbeit wollt, so entfernt euch vom Mar- xismus und von der Republik und ergebt euch der «Resigna- tion im Elend» die die Agenten (Fartsetzung auf der nächsten Sei)
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Seite 6
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Spanischer Informationsdienst
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28 März 1938
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In der Zeitschrift "II Mediterráneo", die in Rom heraus-
kommt, schreibt General Ambrosio Valatti, der an dem Feldzug in Abessinien teilnahm und auch jetzt hier auf unserer Halbinsel Truppen befehligt hat, die folgenden zynischen Sätze: "Es ist Zeit, dass die Welt davon Kennt- nis nimmt, dass der Feldzug in Spanien eine Fortsetzung des Feldzugs in Abessinien darstellt. Wir müssen unseren Einfluss bei den Spaniern geltend machen, denn sonst werden wir nie erreichen, dass das Mittelmeer der "Lago Italiano" wird, von dem der "Duce" spricht. Deshalb helfen wir Franco". |
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tiven des mittelalterlichen Feu-
dalismus. Villatoya und das ganze zu sei-
nem Weichbild gehörige Land^ waren Eigentum einer Señora, die sogar in ihrem Marquesa- Titel den Namen dieser Ortschaft führte. Die Pachtverträge der elenden Häuser und der Boden- parzellen waren mit so vielen um- ständlichen Klauseln versehen — unerbittliche Verfallsfristen, alle möglichen Steuern, Abgaben, Zehnten von der Ernte, etc.—, dass sie die Bewohner in unent- rinnnbarem Elend gefangen hiel- ten, da diese kaum ihr Leben fristen konnten, während die Produkte ihrer Arbeit in die Truhen der Besitzerin wander- ten. Diese hatte sich angesichts der Möglichkeit, dass in dem Bewusstsein ihrer Vasallen eines Tages die Flamme der Resistenz auflodern könnte, schon vor Jah- ren, schon zu den Zeiten der Mo- narchie, vorgesehen. Sie benutzte ihren politischen Einfluss, um durchzusetzen, dass im Dorfe, in einem Hause, das die Marquesa dem Staate als Kaserne geschenkt hatte, ein starker Posten der Guardia civil einquartiert wurde. Diese bewaffnete Macht hatte keine andere Aufgabe, als die, mit ihrer Gegenwart — oder nö- tigenfalls mit Gewalt—die elen- den Pächter einzuschüchtern. Der Staat beging in diesem
Fall wieder eine seiner törichten Handlungen. Der Unterhalt des Postens der Guardia Civil legte der Staatskasse jährlich Umko- sten in Höhe von 25.000 Peseten auf, während er durch alle Art Steuern in Villatoya keine 3.000 Peseten im Jahr zusammenbrach- te. Die Republik, die inbezug auf
die Rechte des Privateigentums grosse Zaghaftigkeit an den Tag legte, konnte die Abwicklung des Falles Villatoya wie auch vieler anderer, nur mit grosser Lang- samkeit vornehmen, da sie mit den legalen Fundamenten kolli- dierte, mit denen die Besitzerin ihre privilegierte Position unter Zuhilfenahmne von umständli- chen und langwierigen Gerichts- verfahren verteidigte. DIE GÜNSTIGE SITUATION
VON HEUTE. In dem Kriegsbrand, den die
habgierigen Kapitalisten gemein- sam mit den aufständischen Mi- litärs gegen die Republik ent- facht haben, hat die Provinz Al- bacete, wie alle anderen auf lea- lem Gebiet —■ eine soziale Wie- dergeburt und ein Wiederer- wachen sozialer Würde erlebt. Die 86 Bürgermeistereien, aus
denen diese Provinz besteht, funktionieren völlig normal nach den Munizipalbestimmungen. Sie alle handeln im Zeichen einer administrativen Moral, durch die es ihnen bereits gelungen ist, . frühere Schulden zu liquidieren und den Weg freizumachen zu ' |
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wirtschaftlichem Gedeihen und
zu einer Aufbauarbeit auf allen Gebieten : auf wirtschaftlichem, kulturellem, sanitärem, etc. Es ist selbstverständlich, dass
diese Arbeit und der entsprechen- de Erfolg in jedem einzelnen Fall einem besonderen Rythmus unterlag ; denn in den Ortschaf- ten, in denen bereits Arbeiteror- ganisationen funktionierten, die den Boden für eine kollektive kulturelle Arbeit vorbereiteten, ging die administrative Umwand- lung mit viel grösserer Schnellig- keit vor sich, als dort, wo nicht einmal eine Spur einer Organi- sation vorhanden war. EIN BEISPIEL
Eine der Ortschaften, in der
sich die wirtschaftliche und so- ziale Umwandlung am schnell- sten vollzogen hat, ist zum Bei- spiel- Villarrobledo. Sie hat ihre landwirtschaftliche Produktion vermehrt; hat ihre Viehbestän- de von sechstausend Stück auf zwölftausend erhöht ; hat dreis- sig Schulen gegründet und ist im Begriff, noch mehr zu grün- den ; hat fünftausend Peseten für Schulkolonien aufgebracht ; unterstützt die Universitätsföde- ration ; unterhält eine Zeichen- schule und stiftet 10 Freiplätze für fortgeschrittene Schüler ; sie hat ihre Strassen gepflastert und den Bürgersteig asphaltiert ; sie hat Organismen sanitären Cha- rakters geschaffen und — als Ausdruck ihres Patriotismus — in den ersten Augenblicken des Krieges zwölftausend Freiwillige mobilisiert, die aus dieser Ort- schaft auszogen, um für die Ver- teidigung der Freiheit und Un- abhängigkeit der spanischen Re- publik zu kämpfen. Hinter den Namen von Villa-
toya kann man, was alle diese Äusserungen einer regen Tätig- keit betrifft, die Namen von La Roda, Almansa und alle übrigen 86 der Provinz Albacete setzen, welche mit vorbildlichem Eifer alle ihre Pflichten in strikter Unterordnung der Parteien und Syndikate unter die Autorität der Regierung erfüllen, wodurch sie das Lebensniveau, erheblich verbessert haben, besonders auf dem Lande, wo der Elendskoef- fizient, allgemein gesprochen, am höchsten war. Die öffentliche Ordnung ist
vollkommen — schloss der Gou- verneur seine Ausführungen. Einer der deutlichsten Beweise dafür ist die Tatsache, dass seit dem Juli 37 nur ein einziger Fall von Kapitalverbrechen su ver- zeichen ist und nicht ei*i einziger anderer bedeutender Fall von Verbrechen. Mit jener einzigen Ausnahme, kann man der Wahr- heit gemäss behaupten, dass das gemeine Verbrechen in der Pro- vinz Albacete verschwunden ist. Kultur, Normen sozialer Recht- lichkeit und Respekt vor der Autorität haben diese günstige Situation geschaffen. |
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Der Kampf des real
(Farsetzung)
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ionären...
gramm derer, die sich gegen die
jahrhundertealte «Ordnung» des Status quo empörten. Aber mit dem Militäraufstand kann man den historischen Prozess der Auf- lehnung gegen das soziale Werk der Republik, von dessen Bedeu- tung wir hier nur eine kleine Skizze liefern, als abgeschlossen betrachten. Die Regierung der Volksfront
hat den spanischen Boden für die Schaffenden wiedererobert, die Nutzniessung seiner Früchte für sie zurückgefordert. Die Linien, in denen sich die
Reform der agrarischen Konter- reform abwickelt, weisen in ihrer heutigen Form, innerhalb der Möglichkeiten, welche die Ver- fassung des Staates zulässt, einen bedeutenden Fortschritt auf. |
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des Papstes und der Monarchie
predigen. Durch ein Dekret vom n Fe-
bruar 1934 wurden die Bauern von den Ländereien gejagt, wel- che die Republik ihnen in Ex- tremadura gegeben hatte. Durch eine andere Verfügung wurden den in das Komplott vom 10 Au- gust Verwickelten ihre Lände- reien wiedergegeben. Das Gesetz über Arbeitszeit, Löhne und Ar- beitsvertrag wurde rückgängig gemacht. Aber das Zerstörungswerk der
Rechten machte dabei nicht halt. Durch ein Gesetz wurde 14 Grossgrundbesitzern die enorme Summe von 239.413.750 Peseten zugebilligt, eine Farce, die die Tendenz der «Gegenreform» auf- deckte. |
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Ganz augenscheinlich hatte die
reaktionäre Tendenz die Partie gewonnen. Die Grossgrundbe- sitzer und Granden von Spanien sahen sich wieder in ihre Privi- legien eingesetzt und die skanda- löse Verteilung des Bodens in Spanien gesichert. DIE REFORM DER GEGEN-
REFORM Da kam der Sieg der Volks-
front. Gegen die Laster und Ver- brechen der durch den nationa- len Willen Besiegten, flammte glühender Hass empor, der sich in allen Städten in blutigen Aus- brüchen entlud. Es war das un- geheure Elend, es war blinder Plünderungstrieb, Mordlust ; es war endlich das gesamte Pro- |
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ARBEIT UND ORDNUNG
IM REPUBLIKANISCHEN SPANIEN
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DIE W I R K L I C HKEIT
MACHT DIE FASCHISTI- SCHE PROPAGANDA ZU- NICHTE Welche ausländischen Delega-
tionen auch immer die Provinz Albacete besuchen, sie überzeu- gen sich restlos von der Lügen- haftigkeit jener Propaganda, durch welche d i e spanischen Faschisten und ihre internatio- nalen Alliierten versuchen, die Meinung der Welt mit der ange- blichen Desorganisation auf dem von dem Republik beherrschten Territorium irrezuführen. Don José Cazorla, der Zivil-
gouverneur der Provinz Albace- te, stellt mit der Zverlässigkeit eines Mannes, der über untrüg- liche Beweise für seine Aussagen verfügt, folgende Behauptungen auf : Das geordnete und arbeitsame
Leben in der Provinz Albacete — wie in dem ganzen regierungs- treuen Territorium—bietet der Welt eines jener Beispiele, die die zynische Skrupellosigkeit der Propagandisten des Faschismus vor aller Augen biosstellen. EIN RÜCKBLICK
Gerade die absolute Stabilität
der öffentlichen Ordnung und der ausdauernde Arbeitseifer in Albacete und in der Provinz, ge- ben eine Vorstellung von dem Geiste der Disziplin und des mo- ralischen Verantwortungsgefühls des republikanischen Volkes, das, seit Jahr und Tag unter- drückt, jetzt sehr wohl von sei- ner Freiheit Gebrauch zu machen weiss, ohne die Grenzen zu über- schreiten, die der Respekt vor dem Gesetz und die Achtung für |
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die Autorität der Regierung ihm
gebietet. Die Provinz Albacete ist eine
von denjenigen, auf denen der Druck der Tyrannei des sozialen und politischen Kazikentums am schwersten lastete. Man kann behaupten, dass in dieser spani- schen Zone, sowohl die Haupt- stadt, als das Land, zum aller- grössten Teil Privatbesitz von acht bis sehn Familien waren. Diese Familien herrschten, und tausende von. Bürgern und Bauern waren gezwungen zu gehorchen, und sich unweigerlich dem Egois- mus einiger Herren zu unterwer- fen, die mit einer Handbewegung jeden in tiefstes Elend stürzen konnten, der Anstalten machte, Widerstand zu leisten. Die staatlichen Organismen
waren Scheingebilde, die sich den Anstrich der Legalität gaben. Die Bürgermeistereien funktio- nierten nicht, denn in Wirklich- keit lag die Verwaltung der Ort- schaften in den Händen der Ka- ziken und wurde von deren Pri- va tbüros aus geleitet. Die städti- sche Rechtspflege, in den Hän- den von armen Leuten, die dem Gebieter hörig waren, war eine Waffe mehr, um die Einwohner- schaft seinen allmächtigen Willen fühlen zu lassen. Die Tageslöhne auf dem Lande — ausser bei ge- wissen speziellen Arbeiten — hielten sich unveränderlich auf der Höhe von drei Peseten. Die wenigen und schlechten Schulen erwiesen sich als fast zwecklos, da sogar die Kinder als Arbeits- kräfte verwendet wurden. In eini- gen Ortschaften, wie zum Bei- spiel in Alcaraz, waren fast sämtliche Bewohner Analphabe- |
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ten. Unwissenheit, Unterernäh-
rung und abergläubische Furcht vor dem Kaziken hatten die Willensimpulse jener Unglückli- chen fast völlig atrophiert, so dass sie fast ein Hinderniss für die Republik bildeten, als diese in ihrem Befreiungswerk mit der politischen Liebedienerei der Po- tentaten und der geistigen Träg- heit der Ausgebeuteten selbst zusammenstiess, die aus Angst, es mit jenen zu verderben, die Abwicklung des Instanzenweges vereitelten. Somit war fast alles : die Land-
wirtschaft, die in manchen Dör- fern in völlig primitiver Weise gehandhabt wurde ; der Handel in seinen verschiedensten For- men und die Industrie, in den Händen dieser drei oder vier pri- vilegierten Familien, die sogar zur Ausnutzung der öffentlichen Einrichtungen Gesellschaften bil- deten, um das Eindringen frem- der Elemente zu verhindern, die das wirtschaftliche Klüngelwe- sen durchbrechen und von aussen her einen frischen Hauch von Demokratie und sozialer Gerech- tigkeit hereintragen konnten. So lebte die Provinz Albacete in j ahr hun dertealter Kraftlosigkeit dahin. FEUDALISMUS MITTEN IM
XX JAHRHUNDERT Eines der charakteristischsten
Beispiele dafür, wie die Men- schen in vielen Zonen dieser Provinz lebten, ist das Dorf Vil- latoya. Das Bild, durch entsprechende
Dokumente bekräftigt, mutet uns an, wie ein alter Stich nach Mo- |
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Der «Servicio Español de Infor-
mación» wird täglich in spani- scher und französischer Sprache herausgegeben. Ein wöchent- licher Auszug erscheint ausser- dem jeden Montag, Mittwoch und Freitag in deutscher, italie- nischer und englischer Sprache. |
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