BIBLIOTKEEK SYST. PLANTKUNDE 2e Tfan3!torii.irn De tJiihofnbsp;HeWeibergiscsn 2nbsp;CS UTRECHT - (Nc-ijierlands)
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VON
A. O. PROFESSOR DER UNIVERSITAT TÜBINGEN
MIT 250 ABBILDUNGEN IM TEXT
RIJKSUNIVERSITEIT UTRECHT
1518 5568
JENA
VERLAG VON GUSTAV FISCHER
1930
BIBLIOTHEEK SYST. PLANTKUNDE 2e Transitorium De Uithofnbsp;Heidelberglaan 2nbsp;CS UTRECHT - (Netherlands)
-ocr page 6-Alle Kechte vorbehalten. Printed in Germany.
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HO TtOJÖBTlW UOSi^WOF
1842—1915
ZUM GEDACHTNIS
-ocr page 8- -ocr page 9-Das Interesse an der Phylogenie der Pflanzenwelt lebt auf. Vornehmlicli aus drei — oft zusammenhanglosen — Quellen strömt neue Nahrung den phylo-genetischen Wissenschaften zu:
Die Palaobotanik hat uns — namentlich unter den strukturbietenden Fossilien — lang vermutete oder lang umstrittene Ürfornien aufzeigen könnennbsp;und neue bedeutsanie Problenie über den historischen Zusammenhang dernbsp;Lebewesen aufgerollt.
Das Experiment, im Dienste der Entwicklungsphysiologie bzw. der Erblichkeitsforschung, gewahrte neue Einblicke in die Gestaltungnbsp;und Umbildung der Organismen; ich nenne nur den hochbedeutsamen Nachweisnbsp;echter Veranderungen der Erbanlagen, echter „Gen-Mutationen“.
Aber auch die dritte, die alteste Quelle des phylogenetischen Gedankens, jene Ordnungswissenschaft, die als ,,Systematik‘‘, als „vergleichende“nbsp;Morphologie und Anatomie, als „vergleichende“ Physiologie undnbsp;Entwicklungsgeschichte den ganzen Reichtum der organischen Formennbsp;vergleicht und ordnet, sprudelt neu. Die vergleichenden Wissenschaften suchtennbsp;und bauten nicht nur neue Wege aus. Sie suchten nicht nur gerade in letzternbsp;Zeit durch die Serologie oder die pflanzengeographische Detailanalysenbsp;die verwandtschaftlichen Beziehungen der heutigen Pflanzen zu klaren — Ver-suche, deren Lösungen zwar oft noch keine allgemeine Anerkennung fanden,nbsp;die aber doch wenigstens unser Verlangen nach Sicherung und Vertiefung dernbsp;phylogenetischen Kenntnisse verstarken — sondern die Phylogenie als Ordnungs-wissensehaft gewinnt gerade heute eine erneute Bedeutung durch das Wieder-aufleben der Grundfrage dieser vergleichenden Wissenschaften, durch dasnbsp;Wiederaufleben des Gestaltungsproblems.
Der Gestaltwandel, der Wandel der mit unseren Sinnen wahrnehmbaren Pflanzengestalt, ist ja die wichtigste Materie der Phylogenetik. Wir könnennbsp;in die Geheimnisse der Pflanzengestalt nur dann ioefriedigend eindringen,nbsp;wenn wir ihr Werden kennen. —
Wie so oft im geistigen Leben erhalt die naturwissenschaftliche Phylogenetik auch beim Gestaltungsproblem neue Anregungen aus dem Gegenpol ihrer geistigen Einstelhmg. Es sind gerade die zur Zeit aufstrebenden irratio-nalen Geisteströmungen, die (meist in Gegnerschaft zum phylogenetischen Ge-danken) das Gestaltungsproblem erneut aufgegriffen und neu belebt haben.
Gerade die Phylogenetik stand (als eine Wissenschaft der Morphologie im weitesten Sinne) immer in den mannigfaltigsten Beziehungen zu den ir-rationalen Anschauungen, wie wir in unserem historischen UeberbUck S. 6nbsp;und S. 426 noch ausführen werden. Ja, in ihrer üblichen Formulierungnbsp;schleppen die meisten phylogenetischen Darstellungen immer noch manchesnbsp;irrationale Rudiment mit sich herum. ünsere Morphologie entwickelt sichnbsp;eben sehr langsam und unter Rückschlagen aus einer irrationalen, mehr künst-lerisch erfaBten, Gestalten-Schau zu einer streng-wissenschaftlichen, zu einernbsp;empirisch-rationalen Tatsachenforschung.
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Vorwort.
Eben deshalb sei gleich von vornherein betont, dafi wir in dieseni Buclic versuchen wollen, den rein naturwissenschaftliclien Kern des phylo-genetischen Gestaltwandels zu erfassen. Wir lassen diePliylogenetiknbsp;auf als eine empirisch-rationale Wissenschaft, die ganz entsprechendnbsp;arbeitet wie andere Naturwissenschaften. Die Pflanzen mit ihren Wand-lungen in der Vergangenheit sind unser Objekt, das wir ebenso frei von sub-jektiven (auch unvermerkt subjektiven) Strömungen zu erkennen trachten, wienbsp;wir das etwa von der Physik und von der rein-experimentell arbeitenden Biologienbsp;her gewohnt sind.
Das heiBt also, wir streben auch bei der Phylogenetik einen „konsequenten Dualismusquot; an; wir sondern auch bei den phylo-genetischen Gruppierungsfragen die am Objekt, an der Pflanze,nbsp;sich abspielenden Tatsachen von den in uns, im erkeiinendennbsp;Subjekt, hinzukommenden Begriffs- und Nomenklaturproblemennbsp;sowie von anderri subjektiven Zutaten.
Die eben genannten irrationalen Geistesströmungen, welche ais „Typologiequot;, als „Idealistischequot; Morphologic, als phanomenologisch orientiertenbsp;„Gestaltlehrequot; usw. in zahllosen Abschattierungen ahnliche Stoffgebiete be-arbeiten wie die Phylogenetik, lehnen dagegen diese scharfe Sonderungnbsp;unserer Eindrücke in Objekt und Subjekt ab. Ich nenne als Beispiel nur dienbsp;Auswahl des „Typusquot;, der nach der Redeweise der „Typologenquot; ,,geschaut“nbsp;wird. 1). h. diese Irrationaljsten wahlen nach subjektivem Ermessen ,,intuitiv“,nbsp;aus der Fülle der Erscheinungen eine Form als „Typusquot; aus, von der sie dannnbsp;die anderen „ableitenquot;.
Wir wollen uns davor hüten, eine dieser beiden grundverschiedenen An-schauungen, die rationale oder die mystische, mit einem Werturteil kurzerhand abzutun. Nur Klarheit über die eigene Einstellung muB herrschen. Denn ichnbsp;glaube, daB schon hier, in der grundsatzlich verschiedenen Einstellung zumnbsp;Objekt-Subjekt-Problem, die Quelle liegt zu last allen tiefer greifenden Mei-nungsverschiedenheiten in morphologischen und vor allem in phylogenetischennbsp;Fragen^).
Vergessen wir nicht, die Phylogenie war von je der Kampfplatz empirisch-rationaler und irrationaler Welterfassung! Heute handelt es sich zwar weniger um ZusammenstöBe auf dem Gebiete der rehgiösen Weltanschauung, da we-nigstens im Prinzip jene VorstöBe und Grenzüberschreitungen beider Seiten,nbsp;die man schlagwortartig als ,,Kampf um Ernst Hackelquot; bezeichnen kann, alsnbsp;unberechtigt anerkannt werden. Heute befindet sich der Brennpuukt desnbsp;Kampfes eben im genannten erkenntmskritischen Gebiete.
Aus unserer Zielsetzung einer möglichst objektiven Erkenntnis heraus ergibt sich ohne weiteres eine Verschiebung des Aufgabenkreises gegenüber dernbsp;bisher meist betriebenen Form von Phylogenetik. Wir stellen namlich innbsp;unserem Buche ganz bewuBt die Merkmals-Phylogenetik voran. Die Artnbsp;und Weise, wie sich die pflanzlichen Merkmale, etwa die Ausgestaltung dernbsp;Blatter, der Fortpflanzungsorgane usw. gewandelt haben, ist uns heute in sehrnbsp;vielen Fallen schon mit praktisch 100 % Sieherheit bekannt. Die Zusammen-hange der Pflanzensippen selbst, die eigentlichen Stammbaume, liegen dagegen
1) Die aufs Objekt gerichtete Einstellung des Buches verbietet hier melir zu sagen, als zum Verstiindnis der feigenden Darstellung notwendig ist. Darum sei nur betont, dafi trotznbsp;der groBen Ja bisher unüberwindlichen Sohwierigkeit, die Sonderung von Objekt und Subjektnbsp;erkenntnistheoretisch zu begründen, in der Praxis jedermann ohne weiteres weiB, was beinbsp;der Naturbetrachtung erkanntes Objekt und was erkennendes Subjekt ist. Vgl. zum Gegensatznbsp;zwischen phylogenetischer und ,,idealistischerquot; Auffassung auch S. 426 ff. Ausführlichernbsp;werde ich zu dieser Frage anderwarts Stellung nehmen.
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Vorwort.
viel weniger klar. Experimenten können wir ja auch zunachst nur die Merk-malswandlungen erfassen.
lm Tierreich ist’s auch nicht anders. DaB sich der vier- (bzw. fünf-)zehige PferdefuB im Laufe der Phylogenie in einen einzehigen gewandelt hat, ist einenbsp;Tatsache, die so sich er feststeht, wie irgendein biotisches Faktum. Der eigent-liche Pferdestammbaum dagegen ist trotz der vielen glanzenden Untersuch-ungen immer noch umstritten. —
Ahnlich wie etwa die Erblichkeitswissenschaft erst in dem Aiigenbück eine strenge Wissenschaft wurde, als sie anfing Schritt für Schritt vorwartsnbsp;zu gehen und die Übertragungsweise der einzelnen Merkmale bzw. Erbanlagennbsp;zu untersuchen, ebenso muB auch die Phylogenetik „von unten herauf“ voran-schreiten, und erst die Wandlungen der einzelnen Merkmale zu erkennennbsp;trachten, ehe sie ihrem Endziel, der Darstellung der gesamten Sippenbezie-hungen naherkommt.
Das Buch ist aus Vorlesungen entstanden, die ich in Tübingen hielt und dem Wunsch meiner Horer nach schriftlicher Festlegung des Vorlesungsinhaltes.nbsp;Ich habe dem Buche weitgehend den Charakter einer Vorlesung belassen. Esnbsp;soU eine Einführung sein, keine vollstandige Monographie. Die phylo-genetischen Einzel-Daten sind deshalb nur in Auswahl gegeben; die ganzenbsp;Fülle der heutigen Phylogenetik lieBe sich nur in einem vielbandigen Handbuchnbsp;bewaltigen. Entsprechend dem Gesamtziel habe ich vor allem die gesicher-ten Daten behandelt. Daneben fanden aber auch die aktuelleren Problemenbsp;Platz. Im Rahmen der historischen Phylogenie liegt darum das Schwergewichtnbsp;bei jenen Pflanzen, welche wie die Pteridophyten durch treffliche Fossilfundenbsp;überliefert sind. Die meisten Thallophyten mit ihren verganglichen Bestennbsp;muBten dagegen mehr zurücktreten. Überhaupt beschrankte ich meine Darstellung der Einzelpflanzen und Pflanzengruppen auf jene Formen und Daten,nbsp;die für die Phylogenie bedeutsam sind, um so die wesentlichen Punkte nichtnbsp;in einem Dickicht von Einzelheiten zu ersticken. Aus dem gleichen Grundenbsp;habe ich von Pflanzengruppen, welche in unseren phylogenetischen Gedankennbsp;doch nur als Einheit Verwendung finden, jeweils nur einen einzigen Vertreternbsp;ausführlicher behandelt. Im allgemeinen wurde dazu der bestbekannte Vertreternbsp;gewahlt und für abweichende Formen allenfalls die wichtigsten ünterschiedenbsp;angeführt. So hoffe ich, eine ,,tendentiöse“ Auswahl vermieden zu haben.
Auch in der Auswahl der widerstreitenden Meinungen muBte ich mir eine Beschrankung auferlegen. Nur bei den wichtigsten und am meisten umstrittenennbsp;Fragen, wie etwa bei der Phylogenie des Generationswechsels, der Blüte usw.nbsp;habe ich jeweils Ansichten und Gegenansichten ausführlicher dargestellt. Imnbsp;übrigen habe ich mich im allgemeinen nicht gescheut, diejenige Auffassung,nbsp;die mir am wahrscheinlichsten ist, in den Vordergrund zu stellen und auf abweichende Meinungen durch einen kürzeren Hinweis oder durch eine aus-reichende Berücksichtigung in der Literatur hinzudeuten.
Man sehe in diesem Voranstellen der eigenen Auffassung kein leichtfertiges Aufgeben der Objektivitat. Aber eine ausführliche Darstellung aller phylogenetischen Meinungsdifferenzen hatte den Umfang des Buches unbedingt ge-sprengt. Und überdies ware meine Absicht, einen Ueberblick über die Phylo-genie zu geben, zerstört worden. Ein klares Bekenntnis zur eigenen Anschauungnbsp;und zu ihren Beweggründen schien mir richtiger als eine pseudo-objektivenbsp;Haufung der verschiedensten Ansichten, die nur allzuoft auf ein Verschleiernnbsp;des eigenen Standpunktes und seiner Argumentierung hinauslauft.
Der Verzicht auf eine ausführliche Meinungsdiskussion ist ja wohl bei naherer Betrachtung auch nicht allzu bedenklich. Denn, wer sich in den Einzel-fragen eines so umfangreichen Gebietes, wie es hier dargestellt ist, ein selb-
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Vorwort.
standiges Urteil verschaffen will, der muB sich doch in die Originaluntersuchungen mit all ihren Belegen vertiefen. Und, nicht zuletzt, will das Buch hier ein Führernbsp;sein zu den Qu ellen.
DaB auch über diese freiwillige Stoffbeschrankung hinaus, meine Dar-stellung des phylogenetischen Kiesengebietes manchmal unfreiwilligerweise lückenhaft geblieben sein wird, branche ich wohl kaum besonders zu betonen.nbsp;Ich kann nur hoffen, daB derartige Lücken und Fehler ini allgemeinen keinenbsp;wesentlichen Teile betreffen.
Auf fast allen behandelten Gebieten habe ich niich bemüht, niir eine eigene Anschauung der Dinge zu verschaffen. Und man wird es hoffentlich nicht alsnbsp;Nachteil des Buches empfinden, daB zur Abrundung des Ganzen mancherortsnbsp;eigene unpublizierte Beobachtungen, Versuche usw. eingeflochten sind. —nbsp;Hinsichtlich der Botanischen Fachausdrücke habe ich mich, soweit es irgendnbsp;ging, dem allbekannten „Bonner Lehrbuch“, in seiner von Fitting u. a.nbsp;besorgten neuesten Auflage, angeschlossen.
GroB ist die Zahl derer, die meine Arbeit unterstützten und denen ich Dank schulde. Insbesondere habe ich folgenden Institutsvorstanden für jeder-zeit bereitwillig zur Verfügung gestelltes Material (vor allem palaobotanischernbsp;Natur) zu danken: Herrn Professor Dr. E. Lehmann (Bot. Inst. Tubingen),nbsp;Herm Professor Dr. E. Hennig (Geolog. Inst. Tübingen), Herrn Professornbsp;Dr. L. Jost (Bot. Inst. Heidelberg), Herm Professor Dr. L. Diels (Pflanzen-syst. Inst. Berlin), Herrn Professor Dr. W. Go than (Berlin).
Die Zeichnungen entstammen zu einem recht erheblichen Teil der Hand von Frau Professor E. v. Blume geb. Freiin vonSeebach, die sich eifrigstnbsp;in die phylogenetischen Rekonstruktionsaufgaben einfühlte und mir unermüd-lich zur Seite stand, sowie dem bewahrten Können von Herrn Universitats-zeichner P. Schuler. Die mikrophotographischen Arbeiten hat Herr cand.nbsp;rer. nat. W. Jacob in weitem Lmfange selbstandig übernommen. Bei dernbsp;ondankbaren Arbeit des Registers haben mir Fraulein L. Bauer und Herrnbsp;cand. rer. nat. W. Maier ausdauemd geholfen, wahrend die Herren cand.nbsp;pad. E. Schmidhuber und cand. rer. nat. H. Kick ihre Ferienzeit demnbsp;Korrekturlesen geopfert haben.
Auch der „Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaftquot; danke ich ge-ziemend, daB ich eine dem Botanischen Institut Tübingen zur Verfügung gestellte mikrophotographische Einrichtung verwenden konnte.
Vor allem aber danke ich dem Verlag, der mir in seiner altbewahrten entgegenkommenden Weise jederzeit freie Hand lieB und der dem Buchenbsp;seine in jeder Hinsicht schone Ausstattung gab.
Ihnen allen auch an dieser Stelle zu danken, ist mir eine angenehme Pflicht.
Tübingen, Juli 1929.
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Vorwort................................... V
Einleitung: nbsp;nbsp;nbsp;................................ 1
I. Geschichte der phylogenetischen Forschung an Pflanzen.......... 1
I. Teil;
Historische Phyiocjeiiie.
I. Der Ablaufnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dernbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Phylogenie....................... 28
A. nbsp;nbsp;nbsp;Allgemeiner Überblick....................... 28
B. nbsp;nbsp;nbsp;Urzeugung............................. 29
C. nbsp;nbsp;nbsp;Die Pflanzengruppen........................ 31
1. nbsp;nbsp;nbsp;Stamm; kernlose Thallophyta (Schizophyta)............ 31
1. nbsp;nbsp;nbsp;Abt.; Cyanophyceae (= Schizophyceae)............ 34
2. nbsp;nbsp;nbsp;Abt.; Bacteria (= Schizomycetes).............. 34
2. nbsp;nbsp;nbsp;Stamm; kernhaltige Thallophyta (Euthallophyta s. 1.)
1. nbsp;nbsp;nbsp;U.-Stamm; Myxophyta (nicht behandelt)
2. nbsp;nbsp;nbsp;U.-Stamm; Algae s. str.................... 38
4. nbsp;nbsp;nbsp;Abt.; Bacillariophyta (Diatomeae).............. 39
ö. Abt.; Chlorophyta(Heterocontae, Chlorophyceae s. str., Conjugatae,
Charophyta)..................... 41
6. nbsp;nbsp;nbsp;Abt.: Phaeophyta ..................... 47
7. nbsp;nbsp;nbsp;Abt.: Rhodophyta..................... 64
3. nbsp;nbsp;nbsp;U.-Stamm: Fungi....................... 66
4. nbsp;nbsp;nbsp;U.-Stamm; Lichenes...................... 66
3. nbsp;nbsp;nbsp;Stamm: Kormophyta ...................... 68
Allgemeines......................... 68
a) nbsp;nbsp;nbsp;Allgemeiner Aufbau und Organverkettung......... 69
b) nbsp;nbsp;nbsp;AuBere Organdifferenzierung ............... 64
d) nbsp;nbsp;nbsp;Fortpflanzung...................... 82
1. nbsp;nbsp;nbsp;Abt.: Bryophyta....................... 98
2. nbsp;nbsp;nbsp;Abt.: PsUophyta.......................103
1. nbsp;nbsp;nbsp;Anhang: Asterophyta....................114
2. nbsp;nbsp;nbsp;„ Psilotales.....................118
3. nbsp;nbsp;nbsp;Abt.: Lycopsida........................126
1. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn.: Lepidophyta.....................129
2. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn.: (Organisationsstufe) Lepidospermae....... 162
3. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn. u. Fam.: Isoëtaceae .................166
4. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn. u. Fam.: Selaginellaceae ...............166
5. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn. u. Fam.: Ly^copodiaceae...............167
6. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn. u. Fam.; Pleuromeiaceae...............168
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Seite
4. nbsp;nbsp;nbsp;Abt.: Articulata (Sphenopsida)..................159
1. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn.:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Hyeniales.......................160
2. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn.:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Pseudoborniales....................162
3. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn.;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Sphenophyllales....................162
4. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn.:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Cheirostrobales.....................166
6. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn.:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Equisetales......................166
1. nbsp;nbsp;nbsp;Fam.:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Asterocalamitaceae..................166
2. nbsp;nbsp;nbsp;Fam.:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Calamitaceae ....................166
3. nbsp;nbsp;nbsp;Fam.:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Equisetaceae .....................179
5. nbsp;nbsp;nbsp;Abt.: Pteropsida ........................182
Allgemeines...........................182
1. nbsp;nbsp;nbsp;U.-Abt.: Filicinae.......................186
1. nbsp;nbsp;nbsp;KL: Primofilices......................185
1. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn.:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Cladoxylales....................186
2. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn.:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Coenopteridales...................187
Anhang: Pteridophyllen..................196
3. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn.: Archaeopteridales.................200
2. nbsp;nbsp;nbsp;KI.: Filicinae eusporangiatae.................201
4. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn.:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Ophioglossales...................201
5. nbsp;nbsp;nbsp;Ordn.:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Marattiales....................206
3. nbsp;nbsp;nbsp;KI. =nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;6. Ordn.: Osmtmdales.................210
4. nbsp;nbsp;nbsp;KL =nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;7. Ordn.: Filicinae leptosporangiatae..........214
6. KI.; (Organisationsstufe) Hydropterides = heterospore Fame . .nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;221
Phanerogamae, Allgemeiner nbsp;nbsp;nbsp;Teil...............224
2. nbsp;nbsp;nbsp;U.:Abt.: Gymnospermae....................240
1. nbsp;nbsp;nbsp;KI.;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Pteridospermeae....................241
2. nbsp;nbsp;nbsp;KL;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Cycadophyta......................257
3. nbsp;nbsp;nbsp;KI.:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Ginkgophyta......................276
4. nbsp;nbsp;nbsp;KL:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Cordaitales.......................283
6.^KI.; nbsp;nbsp;nbsp;Coniferae.......................288
6.*K1.: nbsp;nbsp;nbsp;Gnetales........................310
3. nbsp;nbsp;nbsp;U.-Abt.: Angiospermae.....................317
a) nbsp;nbsp;nbsp;Blüte...........................317
b) nbsp;nbsp;nbsp;Die Blütenhülle......................331
c) nbsp;nbsp;nbsp;Vegetative Merkmale....................338
d) nbsp;nbsp;nbsp;Sippenphylogenie.....................345
II. nbsp;nbsp;nbsp;Florengeschichte...........................351
A. Fadenalgen- und B. Tangzeit...................351
Ca. Frühe Pteridophytenzeit (Psilophytenzeit).............361
Cb. Spatere (eigentliche) Pteridophytenzeit...............362
D. nbsp;nbsp;nbsp;Gymnospermenzeit........................361
E. nbsp;nbsp;nbsp;Angiospermenzeit........................362
III. nbsp;nbsp;nbsp;Allgemeine historische „Gesetze“............ 370
A. nbsp;nbsp;nbsp;Merkmalsdifferenziemng und andere phylogenetische Elementar-
reaktionen............................370
B. nbsp;nbsp;nbsp;Aufstieg und Abstieg........................373
C. nbsp;nbsp;nbsp;„IrreversibUitatsgesetzquot;......................377
D. nbsp;nbsp;nbsp;Polyphyletische, parallele und konvergente Bntwicklung.......379
B. Korrelative Bntwicklung......................382
F. nbsp;nbsp;nbsp;Biogenetisches Grundgesetz.....................383
G. nbsp;nbsp;nbsp;Alterserscheinungen, MiBbildungen und ihre Bedeutung für die Phylo-
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II. Teil:
Kausalanalyse der Phylogenie.
I. Vorbemerkungen...........................392
A. nbsp;nbsp;nbsp;Die Phylogenie ist ein physiologischer ProzeB............392
B. nbsp;nbsp;nbsp;Kontinuierliche oder sprunghafte Abanderung? ...........393
C. nbsp;nbsp;nbsp;Das Problem der „zweckmaBigenquot; Eigenschaften...........397
II. nbsp;nbsp;nbsp;LamarcMsmus oder Darwinismus?...................400
B. nbsp;nbsp;nbsp;Die verschiedenen lamarckistischen Ansichten............401
Genotypus — Phanotjrpus.....................404
C. nbsp;nbsp;nbsp;Vererbung erworbener Eigenschaften................406
D. nbsp;nbsp;nbsp;Die verschiedenen Einzelprobleme des Darwinismus.........408
1. nbsp;nbsp;nbsp;Die auslesende Wirkung des „Kampfes ums Dasein“........409
2. nbsp;nbsp;nbsp;Die Summierung der Mutationen................410
3. nbsp;nbsp;nbsp;Die Entstehung der Mutationen.................415
E. nbsp;nbsp;nbsp;Die Grenzen des Darwinismus...................417
F. nbsp;nbsp;nbsp;Das Problem der organischen Mannigfaltigkeit............420
III. nbsp;nbsp;nbsp;Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der phylogenetischen Kausal-
analyse...............................421
SchluBwort.................................424
Sachregister...............................429
A. nbsp;nbsp;nbsp;Erlauterungen.............................429
B. nbsp;nbsp;nbsp;Laufendes Sachregister.........................432
Autorenregister ............................. 448
Anmerkungen...............................453
Berichtigungen..............................454
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Wollte icli meine historischen Ausführungen auf die botanische Phylo-¦genetik als selbstandige Wissenschaft beschranken — es ware wenig zu berichten. Ich könnte mich begnUgen mit einem Hinweis auf einzelne gröBerenbsp;Werke; etwa auf C. v. Nagelis einfluBreiche „Mechanisch-physiologischenbsp;Theorie der Abstammungslehrequot; (1884) oder auf Lotsys ausführliche, abernbsp;leider unvollendete „Botanische Stammesgeschichtequot; (1909—13), sowie aufnbsp;einige Einzelschriften und Aufsatze. An diesen beteiligte sich überdies nurnbsp;ein verhaltnismaBig enger Kreis von Botanikern, insbesondere aus der Wienernbsp;Sohule um R. Wettstein, sowie von angelsachsischen Botanikern.
Aber diese ausgesprochen phylogenetischen Werke bedeuten nicht die gesamte botanische Phylogenetik, denn diese erwachte viel frühernbsp;und entwickelte sich vorzugsweise im Verborgenen. Es war ihr Schicksal,nbsp;fast nie als selbstandige Wissenschaft beharuTt zu werden, sondern als An-hangsel, als untergeordnetes Glied ande.w Wiscenschaiieh; z. B. dernbsp;,,Systematik“ und Pflanzengeographie, der Palaobotanik und Erblichkeits-forschung, der vergleichenden Morphologie und Physiologie oder der zoologischennbsp;Phylogenetik. Will man also eine wirkliche Geschichte der botanischen Phylogenetik schreiben, muB man auch diese mehr verborgenen Zweige phylogene-tischer Arbeit zu erfassen suchen, muB man den phylogenetischen Kern auchnbsp;aus anderen wissenschaftlichen Disziplinen herausschalen.
Phylogenetische Anschauungen aus den alleraltesten Kulturzeiten sind sparlich überliefert. Sie besitzen wohl auch fürs naturwissenschaftliche Welt-bild keine allzu groBe Bedeutung, namentlich nicht, soweit sie Pflanzen betreffen.nbsp;Zwar spielte sicherlich die Frage nach dem Werden der Organismen schonnbsp;in Schöpfungssagen oder in naturphilosophischen Betraehtungen aller Kultur-völker eine bedeutsame Rolle. Ja, dies Problem des Werdens beherrschte be-kanntlich sogar als zentrales Problem die Weltanschauung griechischer Natur-philosophen.
Ich nenne als Anfange solcher phylogenetischer Gedanken nur den klein-asiatischen Philosophen Anaximander (611?—546?, aus Milet) und den westgriechischen Philosophen Empedokles (etwa 490—430, aus Agrigent).nbsp;Beide lieBen Organismen durch Gestaltung von Erde, Schlamm usw., alsonbsp;von unbelebten Stoffen, entstehen. Ja, auch modern klingende Hypothesennbsp;über die Art und Weise einer phylogenetischen Wandlung werden diesen
Zimmermann, Die Phylogenie der Pflanzen. nbsp;nbsp;nbsp;1
-ocr page 18-2 nbsp;nbsp;nbsp;Einleitung. I. Geschichte der phylogenetischon Forschung an Pflanzen.
Philosophen zugeschrieben (Bornhöffer, S. 44). So nahm Empedokles in etwas abenteuerlicher Weise an, daB sich zunachst keineswegs vollstandigenbsp;Organismen gebildet batten, sondern niir einzelne Organe. Diese Organe seiennbsp;dann von der Grundform aller Weltbewegung, vom „Wirbel“ (SIvt]), erfaBtnbsp;und in ganz beliebiger Weise vereinigt worden. Viel groteske Gestalten seiennbsp;unter diesen Kombinationen gewesen. Nur die „richtigquot; verbondenen Organe,nbsp;nur die lebensfahigen Kombinationen, batten sicb erhalten. Die monströsennbsp;Kombinationen seien zugrunde gegangen. Also scbon bier ein Vertreter dernbsp;Ansicht, die Organismen seien zweckmaBig gestaltet durch das Überleben desnbsp;Passendsten.
Oft'ensicbtlicb waren jedocb solcbe Anscbauungen Nacbklange alter Mythen und rein spekulativ gewonnen. Sie waren in erster Linie Ausdrucksformennbsp;bzw. Illustrationen allgemeiner naturphilosopbischer Systeme. Der spekulativenbsp;Grundzug ergibt sich ja scbon aus der biologischen Unmöglichkeit selbstandignbsp;existierender Organe. Trotzdem darf man diese alten Naturpbilosophen fürnbsp;nicht allzu naturabgewandt halten. So zengt es von gutem allgemeinen Natur-verstandnis, wenn z. B. Empedokles (wie ja übrigens auch der biblischenbsp;Schöpfungsbericbt) die Pflanzen vor den Tieren entstehen lieB. Es sprichtnbsp;auch für den offenen Sinn der Griechen, wenn ein anderer Naturphilosoph,nbsp;Xenophanes (ca. 560—470 v. Chr.), von „Lorbeerblattern“ berichtet, dienbsp;sich im Gestein von Poros fanden, und wenn er damit — im Gegensatz zunbsp;spateren Jahrhunderten — die Fossilien als tjbérreste ehemaliger Lebewesennbsp;erkannte.
Eine wirkliche phylogenetische Wissenschaft entwickelt sich allerdings nicht unmittelbar aus solchen Überlegungen und Beobachtungen. Es magnbsp;uns Heutigen auffallen, wie lange es gedauert hat, bis das Problem des phylo-genetischen Werdens ernsthaft und unmittelbar in Angriff genommen wurde.nbsp;Die Begründung für das spate Beginnen einer phylogenetischen Forschungnbsp;mag etwas absurd klingen: das Altertum und auch spatere Zeiten untersuchtennbsp;die Phylogenif -¦'mr altera deshalb nicht, weil ihnen die Grundtatsachen dernbsp;Phylogenie viel zu selbstverstandlich schienen. Wir dürfen nichtnbsp;vergessen, daB für jeden Griechen sowohl die „Urzeugung“ wie die phylogenetische ümbildung kein Problem, sondern ein selbstver-standliches Faktum war. Selbst als man in Griechenland nicht mehr annbsp;die alten Götter glaubte, welche beliebig sich selbst oder Menschen oder anderenbsp;Organismen in Tiere, Pflanzen oder Sterne wandeln konnten, selbst in spaterennbsp;„aufgeklarteren“ Zeiten war man keineswegs von einer ,,Konstanz der Arten“nbsp;überzeugt. Aristoteles und Theophrast zweifelten z. B. nicht, daB Fröschenbsp;jederzeit aus dem Schlamm entstünden, oder daB die verschiedenen Gras-gattungen wie Triticum (Weizen), Secale (Roggen) und Lolium (Lolch) sichnbsp;jederzeit ineinander wandeln könnten. Ein solcher Aberglaube überdauertenbsp;das Mittelalter erheblich. Noch zu Linnés Zeiten berichteten Botaniker übernbsp;derlei Gramineenwandlungen. Ja, die allerletzten Nachwehen dieser Anschau-ungen sind erst vor ganz kurzer Zeit überwunden worden. Wenn z. B. Kützingnbsp;(1841), Borzi (1883 und 1895) und andere Algologen von einem Pleomorphismusnbsp;oder Polymorphismus sprechen, d. h. von einer noch heute stattfindendennbsp;TJmwandlung ganz differenter Algen ineinander, so sind das Überbleibsel jenernbsp;altertümlichen Annahmen. Zu den Aristotelischen Fabeln sind das Gegen-stücke aus dem Bereiche der „niederen“ Pflanzen, Fabeln, die erst durch exaktenbsp;Reinkuituren widerlegt weerden konnten.
Genau so war’s mit der Behauptung von einer Urzeugung rezenter Organismen. Auch diese muBte Schritt für Sehritt in die Enge getrieben werden. Und erst Pasteurs (1822—95) Widerlegung der Bakterien-ürzeugung bildete dasnbsp;SchluBglied in dieser Beweiskette.
-ocr page 19-Altertuni und Mittelalter. nbsp;nbsp;nbsp;3
Kurz, die lang nachwirkende griechische Grundvorstellung von einer allbeseelten Natur kannte keine scharfe Sonderung der Organismen von-einander und gegenüber den unbelebten Dingen. Und damit fehlte der wich-tigste Gegenspieler, der die Phylogenetik durch seinen Widerspruch lebendignbsp;machen konnte. Dieser Gegenspieler sollte erst viel spater in Linné mitnbsp;seinem Dogma von der einmaligen Scliöpfung und von der Konstanz dernbsp;Arten kommen.
Aber einige wissenschaftliclie Grundlagen für die Phylogenetik wurden doch schon im griechischen Altertum — wenn auch abseits von der eigentlichennbsp;Phylogenetik — gewonnen: durch den Vergleich der lebenden Organismen im Dienste der Systematik. Dies Vergleichen und Gruppieren dernbsp;Organismen geht zweifellos ebenfalls weit zurück in die Zeit des vorwissen-schaftlichen Denkens. Als sein Mederschlag gibt ims die Begriffsbildung innbsp;der menschlichen Sprache Kunde. Die fundamentalen systematischen Begriffenbsp;sind namlich uralt. Sicherlich gruppierte man schon sehr frülie die Pflanzennbsp;nach ihrer Verwendung oder nach ihrer auBeren Erscheinung. Bezeichnungennbsp;wie ,,Baum“, „Kraut“, „Gras“ iisw., die sich in allen Kultursprachen findennbsp;und die den Grundstein der spateren Systematik bildeten, sind ein Beleg fürnbsp;ein solches ,,naives“ Systematisieren.
Die systematisierende und vergleichende Biologie finden wir dann erstmals als Wissenschaft ausgebaut bei Aristoteles (384—322). Undnbsp;wenn sich dieser groBe griechische Systematiker in den überlieferten Schriftennbsp;auch vorzugsweise der Tierwelt zuwandte, so ist er doch für jeden Phylogenetikernbsp;als Begründer einer allgemeinen wissenschaftichen Systematik und dernbsp;idealistisch-vergleichenden Morphologie wichtig genug. Durch Plato undnbsp;Aristoteles wurde ja die für die „Systematikquot; so bedeutsame Gruppierungnbsp;der Begriffe in Art- und Gattungsbegriffe eingeführt!
Wie bei vielen anderen Vertretern der vergleichenden Wissenschaften ist es allerdings auch bei Aristoteles nicht leicht zu erkennen, ob er bei dennbsp;„Wandlungen“ und Übergangen (jj-sTaPoX-ij,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;aXXoiwaïc), von denen er
spricht, immer an reale Wandlungen denkt und nicht nur an eine Stufenfolge im Sinne der ,,Idealistischen“ Morphologie. Aber sicher hat Aristoteles innbsp;vielen Fallen auch an reale Wandlungen der Organismen ineinander durchnbsp;kleine Schritte gedacht.
In Ubereinstimmung mit seiner Gesamtauffassung vom Entwicklungs-prozeB glaubte Aristoteles auch bei solchen „phylogenetischenquot; Wandlungen als Wandlungsursache an eine aufwartsweisende Idee, an einenbsp;„Entelechiequot;. Er vertrat also eine Auffassung, die spater z. B. in Kagelisnbsp;Vervollkommnungsprinzip und im Grunde bei jeder lamarckistisch-vitalistischennbsp;Auffassung wieder auflebte. Theophrast (370—287) dagegen, Schüler, Freundnbsp;und Nachfolger von Aristoteles am ,,Lyceumquot;, der als ,,Vater der Botanikquot;nbsp;gilt, steilte als Wandlungsursachen auBere Einflüsse, insbesoudere dienbsp;verschiedene Feuchtigkeit in den Vordergrund.
Interessant ist der Weg, der beide Forscher zu so verschiedenen Auf-fassuugen führte. Aristoteles kam zu seiner Auffassung mehr durch die vergleichende Beobachtung. Dagegen zog Theophrast in groBem ümfangnbsp;gartnerische und landwirtschaftliclie Erfahrungen von Umbildungsvorgangennbsp;heran. Er berichtete von geanderter Gestalt bei der Kultur von Pflanzennbsp;unter veranderten Lebensbedingungen in Garten usw., er berücksichtigte alsonbsp;experimentelle Eingriffe auf den Gestaltungsvorgang. So w'aren für die kausalenbsp;Phylogenetik bereits durch Aristoteles und Theophrast sozusagen programmatisch sowohl Ziel (die Erkenntnis innerer und auBerer Faktoren) wienbsp;Forschungsweg (Vergleich und Experiment) angedeutet.
-ocr page 20-4 nbsp;nbsp;nbsp;Einleitung. I. Geschichte der phylogenetischen Forschung an Pflanzen.
Aber in einem andern Punkte bedeutete Aristoteles und seine Schule-einen Kückschritt für die Phylogenie: im Gegensatz zu alteren griechischen Naturforschern erklarte er die Versteinerungen für Naturspiele. Mit einernbsp;solchen Betrachtung verzichtete uiiter deni überragenden EinfluB von Aristoteles die Phylogenetik für lange liinaus auf eines ihrer wertvollsten Hilfsmittelnbsp;zur Erkenntnis der historischen Seite ilirer Probleme.
Bekanntlich baute jedoch das Altertum und Mittelalter die durch Aristoteles und seine Schule gegcbenen biologischen Grundlagen überhaupt nicht nennenswert weiter aus. Als man wieder an solche Probleme herantrat, danbsp;strebte die Wissenschaft bereits so sehr in Einzeldisziplinen auseinander, daBnbsp;wir zweckmaBigerweise diese Einzelzweige gesondert betrachten.
Der Vergleich der lebenden Pflanze drangte auf sehr verschiedenen Wegen zur Phylogenetik. Aber einen gemeinsamen Antrieb für die Annahme einesnbsp;phylogenetischen Wandels finden wir in all diesen vergleichenden Wissenschaften immer wieder: es ist das die Überzeugung, daB die abgestufte Mannig-faltigkeit im Organismenreich am leichtesten verstandlich wird, wenn wirnbsp;sie als einen auf verschiedenen Stufen angelangten Form-UmbildungsprozeBnbsp;ansehen. Dergestalt, daB enge Übereinstimmung nahe Verwandt-schaft, geringe Übereinstimmung feme oder fehlende Verwandt-sehaft bedeutet. Wir wollen dies Entstehen des phylogenetischen Gedankensnbsp;in drei Zweigen der vergleichenden Wissenschaft verfolgen, namlich in dernbsp;Systematik, in der Morphologie und in der Pflanzengeographie. In ab-geschwachtem MaBe steekt ein phylogenetischer Kern jedoch auch in dennbsp;anderen vergleichenden Wissenschaften, z. B. in dor vergleichenden Physiologie. Nur spielte die Phylogenie hier bisher praktisch keine Bolle.
Als ersten wirklichen Fortschritt über Aristoteles hinaus können wir die deutschen und niederlandischen Krauterbücher des 16. Jahrhunderts vonnbsp;Brunfels, Fuchs, Bock u. a. betrachten. Arzneipflanzcn standen hier imnbsp;Vordergrund des Interesses und warden durch Holzschnitte oft in treffendernbsp;Weise wiedergegeben. Der Ausgangspunkt für eine solche vergleichende Betrachtung einer gröBeren Zahl von Pflanzen war also ein praktischer Zweck.nbsp;Es war der Zwang, die Fülle der Pflanzen und ihrer Teile ordnen zu müssen,nbsp;um sie einigermaBen zu übersehen; es war der Zwang scharf auf ihre unter-scheidenden Merkmale zu achten, auf daB man nicht an Stelle eines heilsamennbsp;Krantleins ein unnützes oder gar ein schadliches nahm. Und es ist kein Zufall,nbsp;daB — mindestens in Deutschland und Skandinavien — die „Botanik“ annbsp;den Hochschulen noch lange ein Glied der Medizin blieb.
Warum blühte aber gerade damals im 16. Jahrhundert diese neue vergleichende Betrachtung der Pflanzen, die „Systematikquot;, auf? Ursachen waren: einmal das allgemeine Erwachen eines naturzugewandten, wissenschaftlich undnbsp;selbstandig forschenden Geistes seit der Kenaissance, dann die Entdeekungnbsp;fremder Erdteile mit ihrem Zuwachs zu ordnender Nutzpflanzen und Heil-krauter, sowie schlieBlich technische Erfindungen (Buchdruckerkunst, Holzschnitte usw.).
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Wenii auch mit dem SOjahrigen Kriege, mit dem Niedergang der Hok-schnittkunst, sowie wegen des mangelnden Verlagsrechtes (jedes bedeutende Krauterbuch wurde sofort vielfach nachgedrucktj schon nach knapp hundertnbsp;Jahren keine neuen Krauterbücher mehr erschienen, so war doch durch sie dienbsp;pfianzensystematische Forschungsarbeit als wichtige Gnmdlage der Phylo-genetik in Gang gekommen. Nicht in allen Einzelheiten wollen wir ihre Weiter-entwicklung verfolgen. Sie ist ja auch schon wiederholt Gegenstand ausführ-licher historischer Darstellungen gewesen. Ich verweise auf die Werke vonnbsp;J. Sachs (1875), Radl (1913) und Nordenskiöld (1926). Nur einige für dienbsp;Phylogenetik besonders wichtige Punkte seien hervorgehoben.
In zwei sich bekampfenden, aber vielfach miteinander verschlungenen „Richtungen“ entwickelte sich die botanische Systematik weiter: einerseits zunbsp;den „künstlichenquot;, andrerseits zu den ,,natürlichen“ Systemen.
Die „künstlichen“ Systeme behielten als Ziel, ganz wie die Krauterbücher, einen rein praktischen Zweck bei. Für sie galt es, die Pflanzen in leicht erkennbare und bestimmbare Gruppen zusammenzufassen. Bekanntlich hatnbsp;diese „künstliche“ Systematik ihren anerkannten Höhepunkt in Linnésnbsp;„Sexualsystem“ (1735) gefunden. Namentlich in Deutschland und Skandi-navien, wo die Botanik von Medizinern unter praktischen Gesichtspunktennbsp;betrieben wurde, da herrschte diese Zweckgruppierung, die „künstliche“nbsp;Systematik. Zu seiner Zeit war ja das Linnésche System technisch, d. h. unternbsp;dem Gesichtspunkt des leichten Einordnens und Bestimmens der Pflanzennbsp;allen anderen Systemen weit überlegen.
Die „natürliche“ Systematik schliefit unmittelbarer an Aristoteles an durch den ausgesprochenen Aristoteliker Andrea Cesalpino (1519—1603).nbsp;A.L. de Jussieu (1789), A. P. de Candolle (1813), A. Braun (1864), Benthamnbsp;and Hooker (1862—88), A. Engler^) und R. Wettstein (1901) kennzeichnennbsp;die grofien Etappen dieser Entwicklung zu modernen natürlichen Systemen.nbsp;Sie kennzeichnen aber auch gleichzeitig den Sieg der natürlichen Systematiknbsp;liber die künstliche, sowie den Sieg des phylogenetischen Gedankens über alterenbsp;mystische Vorstellungen. Denn wahrend die alteren ,,natürlichenquot; Syste-matiker, dem damaligen Stand der Erkenntnisse entsprechend, mit ihrennbsp;Bezeichnungen einer „natürlichenquot; Verwandtschaft nur mystische Vorstellungennbsp;verbanden, entwickelte sich im Laufe der Zeit immer klarer die Ansicht, daBnbsp;die natürliche Gruppierung als ideales Endziel die phylogenetischen Verwandt-schaftsverhaltnisse der Pflanzen darstellen will (vgl. z. B. R. Wettstein 1924,nbsp;S. 3ff.).
Auch die Art und Weise, wie man diesem Ziele der natürlichen Systematik naher kam, ist für das Verstandnis phylogenetischer Fragen sehr bedeutsam.nbsp;Losgelöst von den Bedürfnissen einer praktischen Gruppierung war es das Ziel fürnbsp;diese natürliche Gruppierung, einzudringen in das ,,Wesen“ der Brscheinungen,nbsp;indem man die zugrunde liegenden Gemeinsamkeiten „ahniioherquot; Pflanzen-gestaiten zu erf assen suchte. Auf zweierlei Wegen kam und kommt man heutenbsp;noch zu einer solchen Feststellung ,,natür]icher Ve'rwandtschaftenquot;. Bntwedernbsp;auf dem analytischen Weg, indem man einen früher intuitiv für einheitlichnbsp;gehaltenen Bormenkreis in . 2 ,,nah verwandtequot; Formen zerlegt, indem mannbsp;beispielsweise unter den ,,Tannen“ die Weifitanne {Abies alba Mill.) und die Rot-tanne oder Fichte (Picea excelsa Lam. u. D. C. = Abies excelsa Lam. u. D. C.)nbsp;unterscheiden lernte. Oder auf dem synthetischen Wege, indem man ge-sonderte Gruppen in eine ,,Art“ ,,Gattung“, ,,Familiequot; usw. zusammenfaBt, wellnbsp;sie in ,,wesentlichen“ Merkmalen ahnlich sind.
1) Zuletzt dargestellt in Engler-Gilg 1924.
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In „wesentlichenquot; Merkmalen! Hier lag und liegt auch heute noch die Hauptschwierigkeit für eine ,,richtige“ systematische Gruppierung. Die Pflanzennbsp;unterscheiden sioh ja in sehr vielerlei Merkmalen. Welche sind nun für die natür-liche Verwandtschaft ,,wesentlich“, welche „unwesentlichquot; ?
Eine klare Antwort hat die „natürliche“ Systematik — abgesehen von phylogenetischen Antworten — hierauf kaum gegeben, soviel darüber diskutiertnbsp;wurde. Die Gesichtspunkte wechselten stark im Lauf der Geschichte. Wie einnbsp;roter Faden durchzieht aber den Streit um die „wesentlichen“ systematischennbsp;Merkmale der Glaube, daB man diesem Ziele, dem ,,Weaen“ der Verwandtschaftnbsp;um 80 naher komme, je mehr man eindrange in Einzelheiten der Pflanzengestalt,nbsp;ins Innere der Pflanzen. Polgendes waren die wichtigsten Marksteine, die hier innbsp;hartem Kampf und oft unter Kückschlagen durchlaufen wurden:
Vergleich der auBeren Allgemeinmorphologie, d. h. des Gesamthabitus der Pflanze.
’^'’ergleich der auBerlich erkennbaren Organe, namentlich der im Dienste der Fortpflanzung stehenden Organe (Keimblatter, Blütenorgane usw\).
Vergleich der innerlich geborgenen Organe, namentlich der im Dienste der Fortpflanzung stehenden Organe (Samenanlagen usw.).
Vergleich der verschiedenen anatomisch erkennbaren Gewebe- und Zell-arten (Tracheiden, Milchröhren usw.).
Vergleich der zytologischen Daten (Wandbildung im Embryosack, Chromosomen usw.).
Vergleich der EiweiBqualitaten (Serologie).
Nur einige erlauternde Einzelheiten: Die altesten Systematiker steilten noch durchweg wie in der vorwissenschaftlichen Zeit den intuitiv erfaBten Gesamthabitus der Pflanze als „wesentlichstes“ Merkmal in den Vordergrund, Damalsnbsp;galt als wichtigstes Einteilungsprinzip die Gruppierung in Baume, Straucher undnbsp;Krauter.
Seitdem jedoch Cesalpino entsprechend seiner aristotelischen Ente-lechievorstellung, dem Organ der ,,Vollendung“, der ,,Frucht“, mit ihren Merkmalen den Vorrang gab, und namentlich seitdem man in die Geheimnisse pflanz-licher Fortpflanzung eindrang, gewannen die Fortpflanzungseinrichtungen mehr und mehr Bedeutung. Auch Linné folgte dem Zug seiner Zeit, als er sein Systemnbsp;,,Sexualsystem“ nannte. Auf Grund eines übereinstimmenden Blütenbaus hattenbsp;übrigens bereits Lobelius (1576) u. a. die Labiaten als eine einheitliche natürlichenbsp;Gruppe erkannt.
Die fortschreitende mikroskopische Technik fügte im 19. Jahrliundert die Merkmale des inneren Aufbaus (die eigentlichen anatomischen Daten relativ spat)nbsp;hinzu. Die Verw'endung der EiweiBqualitaten ist eine Errungenschaft unseresnbsp;Jahrhunderts.
Psychologisch ist es durchaus verstandlioh, daB jeder neue Autor ,,seiii“ System, d. h. die von ihm neu eingeführten Merkmale für die ,,wesentlichen“nbsp;hielt; psychologisch verstandlich auch, daB die alteren Autoren der „revo-lutionierenden Jugend“ entgegentraten.
Mehr und mehr kristallisierte aus dem Widerspruch der Meinungen die Über-zeugung heraus, daB es überhaupt unmöglich ist, eines dieser Merkmale als ,,w'esentlich“ ganz allein zu verwenden: ,,Es hat sich jedoch herausgestellt, daBnbsp;selbst sehr wesentliche Merkmale bei den durch sie charakterisierten Gruppennbsp;nicht immer konstant auftreten; es hat sich ferner herausgestellt, daB viele Merkmale in der einen Pflanzengruppe wesentlich, in der anderen unwesentlich sind“nbsp;(A. Engler z. B. 1926, S. 151). So drangte die natürliche Systematik mehr undnbsp;mehr zu einem KompromiB. Übereinstimmend gilt es heute für richtig, dienbsp;Pflanzen unter Berücksichtigung verschiedener Merkmale, also induktiv, auf
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•dem Weg der Synttese, „von uuten lierauf“, zu gruppieren. D. li., ausgetend voii den Einzelpflanzen bzw. den einzelnen „Arten“, faBt man diese zu Gruppennbsp;höherer Ordnung zusammen, wahrend man früher mehr deduktiv, „von obennbsp;berab“, durch ein analysierendes Verfabren den Reichtum organischer Formennbsp;einteilte.
Ein konkretes Beispiel kennzeicbnet vielleicbt am besten den Stand der beutigen Systematik und ibrer offenen Fragen. Wir wahlen bierfür die Ranales-Frage. Hier handelt es sicb um die Verwandtschaftsbeziebungen der zwitter-blütigen Ranales (z. B. aus dem Verwandtscbaftskreis der Magnolien), ins-besondere darum, ob man besser sie oder die eingescblecbtigen Katzcbentragernbsp;(z. B. die Eicben, Bucben usw.) als systematiscben Ausgangspunkt der Angio-spermen wahlt. Wenigstens in einem Punkt stimmen wohl alle Systematiker,nbsp;die sicb sonst hier bekampfen, überein, namlich darin, daB die in Frage kommenden Familien, Ordnungen usw. einigermaBen natürlicbe Gruppen darstellen,nbsp;d. h. wenigstens eine Aufgabe der Systematik, das Zusammenfassen dernbsp;Einzelpflanzen zu natürlichen Sippen, ist heute in weitem Umfange gelost.nbsp;Und dieser sehr groBe Erfolg verdient allen Skeptikern gegenüber unbediiigtnbsp;anerkannt zu werden.
Stark umstritten dagegen sind die Fragen der Rangordnung und der Reihen-folge dieser Familien usw. Ziemlich unvermittelt steben bier die beiden Auf-fassungen, ob man besser die Magnoliaceen oder die Katzcbentrager an den Anfang des Angiospermensystems stellt, einander gegenüber. Wie wir spaternbsp;(S. 317ff.) seben werden, ist an diesem ungeklarten Zustand die Verscbleierungnbsp;der pbylogenetischen Frage und ihre ungenügende Sonderung von einer praktischnbsp;orientierten Systematik zum groBen Teile schuld.
Wenn wir uns im Zusammenhang mit unseren pbylogenetischen Problemen fragen, wodurch der Sieg der natürlichen Systematik erzielt wurde. so können wir hier 2 Gründe nennen. Einmal gelang es allmahlich, die natür-liche Systematik auch technisch den „künstlichenquot; Systemen gleichwertignbsp;anszubanen, wahrend das ,,künstliche“ System über Linné hinaus keine prin-zipiellen Fortschritte mehr erzielte. Dann aber wurde die „natürliche“ Systematik durch den Sieg des phylogenetischen Gedankens sozusagen legitimiert.nbsp;Namentlich seit dem Erscheinen der „Origin of Speciesquot; (1859) wurde allmahlichnbsp;die Mehrzahl der Systematiker im Grund ihres Herzens oder auch öffentlichnbsp;davon überzeugt, daB die „natürliche Verwandtschaftquot; ein Ausdruck stamnies-geschichtlicher Zusammenhange sei; dergestalt, daB 2 Pflanzen um so nahernbsp;verwandt im phylogenetischen Sinne seien, je ahnlicher sie sich in ihrer Er-scheinung zeigen. Doch damit, mit dieser Auswirkung der bewuBten Phylo-genetik auf die Systematik, greifen wir unserer Darstellnng voraus. Wir brauchennbsp;den EinfluB der Phylogenetik auf die Entwicklung der botanischen Systematiknbsp;hier auch noch gar nicht so besonders scharf zu betonen. Denn so sehr der Siegnbsp;der Phylogenetik das Ansehen der natürlichen Systematik gegenüber dernbsp;künstlichen steigerde, und so sehr andrerseits die Daten der Systematik einenbsp;Grundlage für stammesgeschichtliche Betrachtungen abgaben, so wenig andertenbsp;sich die Methode der Systematiker mit dem Sieg des Deszendenzgedankens.nbsp;Man gruppierte die Pflanzen nach dem Grade ihrer Ahnlichkeit. Ja nur wenigenbsp;Systematiker, wie R. Wettstein, steilten den phylogenetischen Gedankennbsp;bewuBt voran.
2. Morphologie.
Aus der ,,Systematik“ und parallel zu ihr hat sich nun die Morphologie entwickelt, d. h. jene Wissenschaft, die sich im Gegensatz zur Systematik nichtnbsp;mit der ganzen Pflanze, sondern mit ihren Teilen: ihren Organen, Ge-
-ocr page 24-Einleitung. I. GescMchte der phylogenetischen Forschung an Pflanzen.
weben usw. beschaftigt. Die Entwicklung dieser Morphologie im weitesten Sinne durchlief zeitlich drei Hauptstufen: die beschreibende, die ,,Idealistische“^nbsp;11 nd die analytische Morphologie.
Auf der ersten Stufe, bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert, war die Morphologie nur Dienerin der Systematik. Als rein beschreibende Morphologienbsp;sollte das Erkennen und der Vergleich der Organgestalten lediglich helfen, dienbsp;Pflanzen richtig zu beschreiben und zu unterscheiden. Selbstverstandlich istnbsp;diese rein beschreibende Morphologie auch heute noch eine unumganglichenbsp;Vorstufe. Ja heutzutage pflegt man sogar die Bezeichnung „Morphologie“nbsp;auf diese rein beschreibende Tatigkeit zu beschranken, wie schon die üblichenbsp;Antithese: „Morphologie und Physiologie“ zeigt. Sogar die innere Ausgestaltungnbsp;der Pflanze, die Anatomie, Zytologie usw. fallt oft nicht in den Arbeitsbereichnbsp;dieser „Morphologiequot; im engsten Sinne.
Als zweite Stufe begann im ausgehenden 18. Jahrhundert mit Goethe (1749—1832) und P. de Candolle (1778—1841) die Zeit der „Idealistischennbsp;Morphologiequot;. Wohl keine andere Wissenschaft war wie sie in gleichem MaBenbsp;Helferin und Gegnerin der Phylogenetik. Wegen dieser innigen Verflechtungnbsp;mit der Phylogenetik verdient sie besondere Beachtung. Als eine irrationalenbsp;Wissenschaft war die „Idealistischequot; Morphologie immer schwer in Worte zunbsp;fassen und wurde darum vielfach verkannt. Schon Goethe berichtet, wienbsp;man irrtümlicherweise immer wieder meinte, er wolle mit seinen morphologi-schen Betrachtungen ein neues „Systemquot; bringen, d. h. hinter seiner ver-gleichenden Organbetrachtung lauere die Absicht, die neuen Erkenntnisse zunbsp;einer neuen Gruppierung der Pflanzen nutzbar zu machen.
Aber das Ziel der „Idealistischenquot; Morphologie war ein anderes. Man suchte bei diesem Vergleich nach einem von jedem praktischen Zweck los-gelösten Gemeinsamen, nach einer ,,Idee“. „Typusquot;, (nicht phylogenetischnbsp;aufgefaBte) „ürformquot;, „idealer Symmetrieplanquot;, „theoretisches Diagrammquot;,nbsp;das alles sirid nur verschiedene Namen für dies die Mannigfaltigkeit der Formennbsp;Verbindende. Und in diesem Zusammenfassen, in der Erkennung der „Ho-mologienquot;, da liegt der auch heute von der Phylogenetik oft direkt verwertbarenbsp;Teil der Ergebnisse der „Idealistischenquot; Morphologie.
Schon im Vorwort erwahnten wir jedoch das Hauptbedenkeni) vom phylogenetischen Standpunki aus. Die „Idealistischequot; Morphologie versucht namlich über dies Zusammenfassen hinaus, intuitiv nach rein subjektivem Ermessen,nbsp;eine Rangordnung; d. h. sie stempelt eine der lebenden Formen (evtl. Organ-gestaltungen usw.) zum „Typusquot; usw., die anderen als „abgeleitetquot;. Durchnbsp;diesen ausgesprochen subjektiven Einschlag stellt sich die „Idealistischequot;nbsp;Morphologie auBerhalb der heutigen naturwissenschaftlichen Auffassung.nbsp;Der Naturwissenschaftler wird — wenn er konsequent ist — im „Typusquot; usw.nbsp;eine subjektive Gedankenabstraktion sehen, die höchstens praktischen Nutzennbsp;gewahrt, zur vereinfachten Darstellung des Gemeinsamen. Der ,,idealistischequot;nbsp;Morphologe dagegen sonderte im Banne der damals zur Herrschaft kommendennbsp;Romantik und der idealistischen Richtung in der Philosophie (Hegel, S chellingnbsp;usw.) keineswegs Objekt und Subjekt, Sache und Begriff, Wirklichkeit undnbsp;Idee — er ,,schautequot; einfach als untrennbare Einheit den Typus, das Ur-phanomen.
1) Diese Auffassung gründet selbstverstandlich auf meiner Gesaniteinstellung zur „idealistischenquot;, intuitiven Betrachtungsweise (vgl. auch SchluBwort und Zimmermann 1930).
-ocr page 25-Selbstverstandlich darf man nun nicht glauben, dab diese „Idealistische Morphologiequot; selbst in ihrer Blütezeit immer ganz rein vertreten wurde. Geradenbsp;Goethe gehorte, -ftde z. B. schon Sachs (1875 S. 176ff.) ganz klar ausgeführtnbsp;hat, zweifellos nicht vollstandig dieser idealistischen Richtung an. Und tat-sachlich begannen — namentlich bei den starker zur Naturbeobachtung neigenden „idealistischenquot; Morphologen — bereits die Andentungen der aus ihrnbsp;hervorgehenden dritten, analytischen Stufe zu keimen (vgl. z. B. A. Braun,nbsp;1849/50, S. 11).
Ihren Höhepunkt erreichte die ,,Idealistischequot; Morphologie wahrend der Blütezeit der Romantik in Alexander Braun (1805—73) und Karl Friedr.nbsp;Schimp er (1803—67), deren Blattstellungstheorie wohl immer als besondersnbsp;treffender Ausdruck genialer idealistisch-morphologischer Erkenntnis bleibennbsp;wird. Denn hier gelang es, Zahlen und Symmetrieverhaltnisse mit einer erstaun-lichen Anschaulichkeit und einer allgememen Verbreitung aufzuzeigen. Vonnbsp;den extremsten und verhangnisvollen Verirrungen ins Gebiet der Phraseologie,nbsp;zu denen die „Idealistischequot; Morphologie verführte, brauchen wir hier nicht zunbsp;berichten, da diese Schattenseiten schon wiederholt, u. a. durch Sachs 1. c.nbsp;klar genug dargestellt sind.
Die Bedeutung Goethes und damit der ,,Idealistischenquot; Morphologie für die morphologischen Mussensohaften findet eine auBerordentlich verschiedenenbsp;Bewertung. In der reichen Wertskala finden wir alle Grade von scharfer Ab-lehnung (höchstens gemildert durch nachsichtige Ehrfurcht vor dem Dichternbsp;Goethe), z. B. bei J. Sachs (1875) bis zur Heldenverehrung, z. B. bei Hansennbsp;(1907 u. 1919), Rud. Steiner (1921) und W. Troll (1926).
Man muB meines Erachtens scharf unterscheiden zwischen Goethes sach-licher und historischer Bedeutung. Sachlich genommen haben wir ja oben schon die Vor- und Nachteile der ,,idealistischenquot; Eorschungsweise kritischnbsp;zu beleuchten versucht. Bs scheinen mir gerade die Eigentümlichkeiten in Goethesnbsp;Gedankengangen, sein Suchen nach einer heute lebenden ,,Urpflanze“, dienbsp;Schiller ganz richtig eine „Ideequot; und keine „Erfahrungquot; nannte, Abwege vonnbsp;den naturwissenschaftlichen Aufgaben zu sein. Es sind auch Übertreibungen,nbsp;wenn man mit E. Haeckel oder Hans en sachlich bedeutsame phylogenetischenbsp;oder ontogenetische Anschauungen aus Goethes AuBerungen über die Metamorphose herauslesen will. Selbst wenn wir von der Altersarbeit Goethes ,,übernbsp;die Spiraltendenz der Vegetationquot; (1831) absehen und vor allem seine Metamorphose der Pflanzen ins Auge lassen, müssen wir zugeben.. dafi sich Goethenbsp;in Gedankenkreisen bewegte, die dem Naturwissenschaftler, der wirklich dienbsp;Natur objektiv zu ergründen sucht, fremd bleiben. Alles was Goethe über Ten-denzen, Krafte und Wandlungen sagt, ist so unlösbar durohsetzt von subjektivennbsp;gefühlsmaBigen Eindrücken, daB Goethes AuBerungen zwar eine reiche Quellenbsp;darstellen für das Verstiindnis von seinem poetischen Anschauungsvermögen,nbsp;aber keinen unmittelbaren Zugang zur morphologischen Naturerlcenntnis. Sogarnbsp;die von den Physikern abgelehnte Farbenlehre ist sachlich genommen frucht-barer, weil ihren Daten doch wenigstens eine grundlegende Bedeutung für dienbsp;psychologische Farbenlehre geblieben ist. So könnte sich vielleicht auch einmalnbsp;— an Goethe anknüpfend — eine psychologische Disziplin zur Brforschung dernbsp;Entstehung typologischer Anschauungen entwickeln. Sachlich-methodologischnbsp;weicht Goethe in seiner allgemeinen Arbeitsweise vom Naturwissenschaftlernbsp;starker ab als seine Vorganger und Gegner, z. B. die Systematiker.
Ganz anders steht es mit der historischen Bedeutung Goethes. Um diese auch nur einigermaBen zu würdigen, muB man sich in die Atmosphare dernbsp;Linnéisten, die damals in Deutschland und Skandinavien herrschten, hinein-versenken. Gegen dies Verlieren in Kleinigkeiten bedeutet das Ringen Goethes
-ocr page 26-10 Einleitung. I. Geschichte der phylogenetischen Forscliung an Pflanzen.
um Erkenntnisse allgemeiner GesetzmaBigkeiten in der Tat einen ungeheueren Fort-schritt. Es war ein Aufrütteln aus der Selbstgenügsamkeit des sich mit Alltag-lichkeiten begnügenden SpieBbürgers. DaB auch die neue, von Goethe be-gründete Eiclitung dann spater, als sie Routine wurde, selbst ins SpieBbürgertum versank, ist gemeinsames Scbicksal fast jeder Wissenschaft.
Analytische Morphologie.
Ungefahr zwischen 1840 und 1850 wurde diese „Idealistischequot; Morphologie abgelöst durch eine aus ihr hervorgehende
Dritte Stufe der morphologischen Forschung durch die analytisch, d. h. kausal - analytisch und phylogenetisch orientierte Morphologie. Es warnbsp;die Zeit, in der auch in Deutschland sowohl die Romantik wie die ,,Idealistischequot;nbsp;Philosophic ihre Vorherrschaft im geistigen Leben zu verlieren begann. Dasnbsp;Ziel der Morphologie war nicht mehr ein subjektiv erfaBter Typus, sondern esnbsp;waren objektive, an die Pflanze selbst gebundene Beziehungen, wie die dienbsp;Pflanze gestaltenden Krafte und Faktoren oder die phylogenetischen Wand-lungen der Pflanzen ineinander. So konnte die ,,Idealistische Morphologiequot;nbsp;mindestens offiziell durch Vorkampfer der neuen Richtung (z. B. M. Schleidennbsp;1804—1881, K. Nageli 1817—1892 und J. Sachs 1832—1897) entthrontnbsp;werden. ~
Aus der vergleichenden Gestaltbetrachtnng haben sich die kausal forschende Entwicklungsphysiologie (neben K. v. Goebel vor allem durch Voechtingnbsp;und Klebs begründet) sowie die Erblichkeitsforschung (C. Mendel 1832—84;nbsp;Johannsen 1867—1927; H. de Vries, Correns, Baur u. a.) herausentwickelt.nbsp;Immer klarer hob sich durch diese experiraentellen Arbeiten heraus, daB dernbsp;Pflanze (und überhaupt jedem Organismus) ein bestimmtes Erbgut, einenbsp;Summe von Erbanlagen, der Genotypus, eigen ist — ein Erbgut, das im all-gemeinen unabgeandert auf die Nachkommenschaft übertragen wird. Ahnlichnbsp;wie das Dogma von der Konstanz der Arten hat die scharfste Formulierungnbsp;von der Unabanderlichkeit der Gene (vor allem durch Johannsen) für dasnbsp;Problem der phylogenetischen Wandlung als hochbedeutsamer Gegenpolnbsp;gewirkt. Es hat zur sorgfaltigsten üntersuchung und zur einwandfreien Fest-stellung echter erblicher ,,Variatienen“, echter „Gen-Mutationenquot; durch dienbsp;Erblichkeitsforscher geführt. Auf sie kommen wir bei der bewuBten Phylo-genetik (S. 6ff.) noch zurück (vgl. über Mutationen auch die Vererbungsliteraturnbsp;z. B. bei Oehlkers 1928).
Bei naherem Zusehen wird man aber leicht beobachten, daB auch in dieser 3. Periode morphologischer Forschung die idealistische Richtung in einer eigen-tümlichen Mischung mit entwicklungsphysiologischen und phylogenetischennbsp;Anschauungen bis heute fortlebte. Gerade die glanzendsten Vertreter dernbsp;eigentlichen Morphologie im deutschen Sprachgebiet wie W. Hof meisternbsp;(1827—74), H. W. E i ch 1 e r (1839—87), C e 1 ak o v s k y (1834—1902), K. v. G o e b e 1nbsp;sowie ihre Schüler, z. B. Velenovsky (1834—1902), W. Troll, kennzeichnennbsp;diese gemaBigt-idealistische Morphologie in ihren verschiedenen Abstufungen.nbsp;Diese Richtung war zeitweise mindestens in Deutschland die alleinige Tragerinnbsp;des morphologischen Interesses; wir verdanken ihr auch eine auBerordentlichenbsp;Bereicherung unserer morphologischen und ontogenetischen Kenntnisse,nbsp;namentlich bei den für die Phylogenetik so wichtigen Archegoniaten (Hof-meister, Goebel).
Ein geradezu klassisches Beispiel für die groBe Bedeutung, aber auch für die Sohwierigkeiten, dieser halb-idealistischen Betrachtungsweise steht schonnbsp;am Eingang zur analyti.schen Stufe der morphologischen Forschung: Es sindnbsp;die ,,Vergleichenden Untersuchungen . . . höherer Kryptogamen . . . und . . . der
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Analytische Morphologie.
Komferen“ von W. Hofmeister 1851. Der nie vergangliche Wert dieses balin-brechenden Werkes liegt eininal in der Fülle neuer Einzelbeobachtungen, die Hofmeister bier in schlichter Exaktheit wiedergab: mit seinem starken Betonennbsp;des sachlicben und gewissenbaften Untersucbens ontogenetiscber Tatsacben stebtnbsp;Hofmeister in scbarfstem Widersprucb zu allen idealistiscben Verscbwommen-beiten.
Weiter war es zweiffellos eine auBerordentlicbe GroBtat, daB Hofmeister bier anscbeinend so heterogene Erscbeinungen wie den Entwicklungsgang dernbsp;Moose, Fame, Koniferen usw. im Zauberwort ,,Generationswechsel“ einigte.nbsp;Die Schwierigkeiten begannen bei der Eormulierung dieses Gemeinsamen, diesernbsp;,,vollsten Übereinstimmung“ der de facto doch recht verschiedenen Erscbeinungen.nbsp;Goebel (1924) bat sicher recht: Hofmeister sah dies Gemeinsame nicht in einernbsp;phylogenetiscben Urform, die sich in die heute verschiedenen Formen des Gene-rationswecbsels gewandelt bat. Mindestens sah er das Gemeinsame nicht reinnbsp;in einer phylogenetiscben Urform.
Man hat aber oft vielleicht nicht genügend beachtet, daB der völlige Verzicht auf eine phylogenetische Begründnng des Gemeinsamen entweder zur Re-gistratur oder zur ,,Idealistiscbenquot; Morphologie führen muB. Lediglich zu re-gistrieren, war für einen Mann wie Hofmeister unmöglich. Er kannte aber auch die bedenkliche Seite der „Idealistiscbenquot; Morphologie nur allzu gut, undnbsp;vermied darum überhaupt möglichst eine nahere Erörterung, warum ihm z. B.nbsp;die einen Entwicklungsvorgange als ,,wesentlichere“ Punkte erscheinen als dienbsp;anderen. Er wahlte, intuitiv, im Prinzip genau wie die alteren ,,idealistiscbenquot;nbsp;Morphologen, die Moose und Fame aus als ,,MaBquot;, mit dem die übrigen Pflanzennbsp;gemessen werden muBten. Der Wechsel der Ausdrucksweise bedeutete alsonbsp;mindestens im Problem der Gruppierung morphologischer Tatsachen für Hofmeister noch keinen Wechsel der Grundeinstellung. Man ahnt nur die kom-mende phylogenetische Betrachtung.
Hofmeisters vermittelnde Stellung zwischen „Idealistischerquot; und phylo-genetischer Morphologie konnte auf zweierlei Weise beibehalten werden. Entweder, indem man ,,Idealistischequot; Morphologie in phylogenetiscben Rede-wendungen trieb; oder umgekehrt, indem man Phylogenetik mit den Aus-drucksformen der ,,Idealistiscbenquot; Morphologie darstellte. Beide Wege wurden beschritten.
Zunachst bevorzugte man unter dem EinfluB Darwins den ersten Weg. Gerade die Hofmeistersche Generationswechselreihe ist hierfür wieder ein gutesnbsp;Beispiel, z. B. J. Sachs (1875, S. 217) meinte von ihr: ,,daB die Deszendenz-theorie eben nur anzuerkennen brauchte, was diequot; (Hofmeistersche) ,,genetischenbsp;Morphologie tatsachlich zur Anschauung gebracht hattequot;. Man übersetzte alsonbsp;die von Hofmeister ,,idealistischquot; aufgefaBte Reihe: Moose—homospore—¦nbsp;heterospore Fame — Koniferen einfach in eine phylogenetische Sprache. Dabeinbsp;übersah man, daB Hofmeister die Moose zwar der Idee nach als Ausgangs-punkt für seine Reihe verwenden konnte, daB sie (bzw. ihr Generationswechsel)nbsp;aber schlecht als phylogenetischer Ausgang.spunkt paBten. Diese Sohwierig-keiten steigerten sich, als man eine solche vergleichende Betrachtung aufsnbsp;Gebiet der Thallophyten und der zytologischen Vorgange (Kernphasenwechsel)nbsp;ausdehnte.
Der 2. Weg: phylogenetische Morphologie in ,,idealistischerquot; Sprache wurde bis in die neueste Zeit immer wieder versucht. So tritt Krausel (z. B. Krauselnbsp;und Weyland 1929, S. 352) ausdrücklich für eine ,,morphologisch-idealistischenbsp;Auffassung“ ein. Auch Hirmers (1927) ,,morphogenetische“ Betrachtungsweisenbsp;bezieht sich wohl auf das gleiche. Rein sachlich genommen meinen die genanntennbsp;Autoren das gleiche, was wir in der vorliegenden Schrift (z. B. SchluBwort) „Merk-malsphylogeniequot; nennen, d. h. die Abwandlung eines bestimmten Merkmals —
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Einleitung. I. Geschichte der phylogenetischen Forschung an Pflanzen.
sagen wir des oben erwahnten Generationswechsels — im Laufe der Phylogenie. Da man aber diesen phylogenetischen Wandel nicht innerhalb ein und derselbennbsp;Stammlinie direkt verfolgen kann, so muB man ihn aus den zufallig erhaltenennbsp;Abwandlungstufen verschiedener Stammlinien kombinieren, so wie etwa einnbsp;Zytologe einen Kernteilungsablauf kombiniert aus zufallig erhaltenen Kern-teilungsstadien in verschiedenen Individuen. Eein sachlich besehen, stimmt dienbsp;Arbeitsweise solcher „idealistisch“ redender Morphologen grundsatzlich mit dernbsp;bewuBten Merkmalsphylogenetik überein. Auch viele Einzelergebnisse werdennbsp;sich praktisch decken. Beide Richtungen gehen ferner darin Hand in Hand, daBnbsp;sie die Betrachtung der einzelnen Merkmale der Betrachtung systematischernbsp;Sippenstammbaume vorziehen. Nur wird der Merkmalsphylogenetiker es be-dauern, daB durch eine „idealistischequot; Formulierung sonst leicht vermeidbarenbsp;MiBverstandnisse nahegelegt werden.
lm Streben nach einem konsequenten Standpunkt treten darum neuerdings einige Morphologen wie W. Troll (z. B. 1928), wieder off en für die idealistisch-morphologische Betrachtungsweise ein. Dadurch könnte zweifellos ein ein-heitlicherer Standpunkt wiedergewonnen werden. Ich zweifle aber etwas, ob,nbsp;namentlich heute, ein Naturwissenschaftler noch konsequent ,,idealistisch“-morphologisch arbeiten kann. Es ist jedenfalls leicht zu beachten, daB beinbsp;den „Ableitungen“ dieser modernen „idealistischenquot; Morphologen phylo-genetische Gedankengange — vielleicht unbewuBter Art — eine sehr groBenbsp;Bolle spielen.
Die vergleichende Morphologie der Gewebe („Anatomiequot;) wurde in Deutschland vorzugsweise beschreibend durch de Bary usw. gepflegt.nbsp;Die „idealistischquot; eingestellte vergleichende Anatomie van Tieghems (1839'nbsp;bis 1914) wurde für die Phylogenie bedeutsam, weil an sie die vergleichendennbsp;Untersuchungen des Holzkörpers (Stelartheorie), insbesondere durch angel-sachsische Botaniker (Jeffrey, Kidston usw.), anknüpften. Insbesonderenbsp;in Verbindung mit der Palaobotanik und der Entwicklungsgeschichte hat diesenbsp;phylogenetisch eingestellte anatomische Betrachtungsweise z. B. bei dennbsp;Archegoniaten (Bower u. a.) groBe Erfolge erzielt. Eine noch ziemlich „idealistischquot; orientierte anatomische Kichtung wird namentlich in Frankreichnbsp;weiter gepflegt (G. Chauveaud u. a.).
Es sind allerdings überhaupt nur wenige Gewebesysteme, die bisher ein-gehender vergleichend behandelt und damit für die phylogenetische Forschung bedeutsam wurden. Abgesehen von der vergleichenden Üntersuchung des Holzkörpers und der Fortpflanzungsorgane ist man höchstens beim Vergleich dernbsp;Spaltöffnungen und der embryonalen Gewebe zu einigen verw^ertbaren Ansatzennbsp;gekommen.
Auch die Pflanzengeographie entwickelte sich ursprünglich völlig un-abhangig von phylogenetischen Problemen. Ihr Begründer, Alexander von Humboldt (1769—1859), stand seiner ganzen romantischen Einstellungnbsp;entsprechend durchaus auf dem Boden der „Idealistischen Biologiequot;. Undnbsp;Griesebach, einer der bekanntesten Pflanzengeographen des 19. Jahr-hunderts, war noch einer der letzten Biologen, der mit vollem BewuBtseinnbsp;die phylogenetischen Gedanken überhaupt ablehnte (1884, S. 4—7).
Phylogenetische Beziehungen spannen sich zur Pflanzengeographie auf zwei Wegen an. Einmal drangte die-schon von Humboldt angebahnte Er-
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Palaobotanik.
kenntnis, daB bestimmte Lebensformen der Pflanzen, d. h. bestimmte Grund-gestalten; der Nadelholzbaum, das Gras, die Kakteengestalt usw., vorzugsweise an bestimmte klimatisch bedingte Erdzonen gebunden sind, zum Anpassungs-problem. Dann aber wurden, namentlich durch A. Engler und R. Wettsteinnbsp;sowie ihre Schuier, Beziehungen zwischen den Verbreitungsgebieten verwandternbsp;Arten und ihren pliylogenetischen Zusammenhangen anerkannt. Mag man auchnbsp;Übertreibungen dieser Anschauungen, wie bei Willis, skeptiscli gegenüber-stehen — das Grundprinzip, daB nahverwandte Pflanzen im allgemeinen zu-sammenhangende oder benachbarte Gebiete bewohnen, und daB man sonbsp;aus der Pflanzenverbreitung etwas über ihre phylogenetischen Zusammen-hange aussagen kann, ist wohl Allgemeingut unserer heutigen Auffassungnbsp;geworden und hat schon zu vielen wertvollen Einzelergebnissen geführt.
So sehen wir denn in allen vergleichenden Wissenschaften fast überein-stimmend und ungefahr zur gleichen Zeit parallele Strömungen: Zunachst regelmaBig die praktisch orientierte Gruppierung, dann die Gruppierung nachnbsp;einer erfühlten, nur in mystischer Vorstellung erreichbaren Idee und schlieB-lich, geboren aus diesen beiden Gesichtspunkten, die Gruppierung nachnbsp;phylogenetischen Grnndsatzen.
Die Palaobotanik in ihren Beziehungen zur Phylogenetik.
Auch in der Geschichte der Palaobotanik i) lassen sich drei Perioden unterscheiden:
1) nbsp;nbsp;nbsp;Die vorwissenschaftliche Periode, in welcher fossile Pflanzennbsp;höchstens als Kuriositaten Beachtung fanden. Sie reicht etwa bis zum Jahrenbsp;1700.
Diese Zeit zehrte für die palaobotanisch-phylogenetischen Probleme noch völlig vom Altertum. So hielt man denn die gelegentlich aufgefundenen Pflanzen-reste entweder für ,,Naturspiele“, die irgendeine mystische Kraft (z. B. dienbsp;„Virtus formativa“) aus dem unbelebten Stein hervorgezaubert habe (z. B.nbsp;Albertus Magnus 1207—1280). Oder wenn man die Fossilien für die Restenbsp;ehemals lebender Pflanzen ansah, so betrachtete man sie doch für gleichartignbsp;mit den heute lebenden Pflanzen. Bei den geringen Kenntnissen von dennbsp;Floren fremder Lander konnte man ja auch noch lange bis ins 18. Jahrhundertnbsp;hinein sehr wohl hoffen, etwa in den Tropen lebende Vertreter für alle aufgefundenen Reste einer fossilen Pflanzenwelt einmal aufzufinden. Es lag fernernbsp;durchaus nahe, daB das Christentum (z. B. auch Luther) solche fossilen Restenbsp;gerne in Verbindung brachte mit der Vernichtung der Lebewesen durch dienbsp;Sintflut.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Die Periode intensiver Aufsammlungen von Pflanzenabdrückennbsp;und Steinkernen sowie des Beginns vereinzelter anatomischer Untersuchungennbsp;ohne weiter reichende systematische oder phylogenetische Ab-sichten (ca. 1700—1860).
Das Geburtsjahr dieser neuen Periode ist wohl das Jahr 1709 mit dem Erscheinen von J. Scheuchzers (1672—1733) „Herbarium diluvianum“.nbsp;Der Titel kennzeichnet die damals herrschende Einstellung den Fossiliennbsp;gegenüber. Es war für die Botanik die Zeit der aufblühenden systematischennbsp;Wissenschaften, deren wichtigstes Forschungsinstrument das Herbar war.
1) Fiir die hier nicht angeführten Einzelheiten und namentlich auch für die altere Literatur sei auf Potonié-Gothan 1921 S. 490ff. verwiesen.
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Einleitung. I. Geschichte der phylogenetischen Forschung an Pflanzen.
Und Diluvium hieB Sintflut. Also Sclieuchzer wollte das Herbar publizieren, welches von der Natur bei der Sintflut angelegt worden war. Stratigraphisch-geologische Kenntnisse fehlten noch durchaus. Wir finden bei Scheuchzernbsp;in buntem Gemenge karbonische Fame mit jungtertiaren Angiospermenblattern,nbsp;aber auch noch anorganische Gebilde, wie Mangandendriten, die damals alsnbsp;Algenreste angesprochen wurden. Aber immerhin, es hatte sich doch wenigstensnbsp;die Überzeugung durchgesetzt, daB die fossilen Pflanzenreste wirklich Zeugennbsp;eines früheren Lebens seien, wenn man auch immer noch nicht klar erkannte.nbsp;daB sie anderen Arten zugehörten, als die heutigen Pflanzen.
Dieser für die Phylogenetik entscheidende Schrift, daB man die Anders-artigkeit der fossilen Pflanzen erkannte, wurde erst um die Wende vom 18, zuni 19. Jahrhundert getan. Die Geologie hatte mittlerweile mit ihrer Strati-graphie eine Grundlage für die zeitliche Eingliederung der Fossilien geschaffen.nbsp;AuBerdem war überhaupt der Beginn des 19. Jahrhunderts die Geburtsstundenbsp;fundamental neuer Richtungen in der Botanik. Bedenken wir nur, daB 1804nbsp;Saussure eine exakte botanische Ernahrungsphysiologie einleitete, indem ernbsp;die chemischen Grondlagen für die Assimilation und Atmung aufzeigt, daBnbsp;1806 Andrew Knight die experimentelle Reiz- und Entwicklungsphysiologienbsp;begründete, indem er z. B. mit seinen Zentrifugalversuchen den EinfluB dernbsp;Schwerkraft auf die Pflanzengestalt nachwies, daB 1806 Treviranus zumnbsp;ersten Male die Natur der GefaBe bzw. Tracheiden richtig erkannte u. a. m.
Ein Bild von der neuen Wendung in der Palaobotanik gibt uns vor allem die „Histoire des végétaux fossiles“, erschienen 1828—37, von A. Th. Brong-niart (1801—1876). Dies Buch, vom Geiste Cuviers durchweht, ist eines-der ersten Werke, die die fossilen Formen als Pflanzen und nicht nur alsnbsp;Fossilien bewerten. Schon Brongniart begann übrigens anatomische Unter-suchungen an fossilen Pflanzen mit erhaltener Struktur. Solche üntersuch-ungen wurden dann in Deutschland zunachst insbesondere von H. R. Göppertnbsp;(1800—1884) weitergcführt. Schon Brongniart steilte fest, daB die alterennbsp;Pflanzen zu den „unvollkommenen“ gehörten; er unterschied 3 Zeitalter: dasnbsp;altere (ungefahr dem Palaozoikum entsprechend) als das Zeitalter der Krypto-gamen, ein zweites (bis Kreide) Zeitalter der Gymnospermen und ein drittesnbsp;(Tertiar bis Jetztzeit) Zeitalter der Angiospermen. Mag auch die fortschreitendenbsp;Erforschung der fossilen Pflanzenwelt das Auftreten der einzelnen Pflanzen-gruppen vordatiert haben, das Altersverhaltnis der genannten Grappen zuein-ander blieb das gleiche.
3) Die neue Periode, in der man vor allem auch intensiver die innere Struktur der fossilen Pflanzen erforschte, und in der man die palaobotanischennbsp;Resultate für die Systematik und Phylogenetik nutzbar zu machen begannnbsp;(1860 bis jetzt).
Natürlich konnte diese letzte Epoche erst mit dem Aufleben des phylogenetischen Gedankens, also etwa um das Jahr 1860 herum, beginnen, wenn auch z. B. K. Unger bereits 1852 ganz klar die Tatsache der phylogenetischennbsp;Wandlung aussprach. Auch der Sieg von Lyells Theorie der kontinuierlichnbsp;verbondenen Erdperioden über die Katastrophentheorie Cuviers war einenbsp;notwendige Voraussetzung. Selbst danach dauerte es jedoch noch lange, bisnbsp;eine feste Verbindung zwischen der Forschung an pflanzlichen Fossilien (welchenbsp;als Teil der Geologie galt) und der aus der Medizin hervorgegangenen eigent-lichen Botanik gefunden wurde. Es ist z. B. bezeichnend, daB Julius Sachs,nbsp;der ja dem phylogenetischen Gedanken durchaus zustimmt, in seiner Geschichtenbsp;der Botanik (1875) die palaobotanische Foi'schung nur recht kurz erwahnt.
Bahnbrechend für die neue Richtung in der Palaobotanik war insbesondere H. Graf zu Solms-Laubach (1842—1915), der StraBburger Botaniker, der
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mit zahlreichen Einzeluntersuchungen und seiner einfluBreichen „Einleitung in die PaIaophytologie“ fast noch niehr als in seinem deutschen Heimatlandenbsp;in England zu neuer Forschung anregte. Englische Forscher haben dann dienbsp;phylogenetisch orientierte Palaobotanik insbesondere gefördert. GewiB habennbsp;auch deutsche Palaobotaniker wie Potonié (1857—1913) und Gothan odernbsp;französische wie B. Renault (1836—1904) und Zeiller (1847—1916) odernbsp;der Schwede A. G. Nathorst (1850—1921), um nur einige zu nennen, mitnbsp;ihren Lehrbüchern und Arbeiten am groBartigen Ausban der neuen Wissenschaft reichen Anted. Aber gerade die für die Phylogenetik bedeutsamstennbsp;Entdeckungen sind meist in den angelsachsischen Landern erfolgt mit ihrennbsp;reichen Naturschatzen an strukturbietenden Fossilien und mit ihrem be-sonders starken Widerhall der phylogenetischen Ideen bei den Botanikern.nbsp;Ich kann hier nur die wnchtigsten Marksteine dieser wachsenden Erkenntnisnbsp;hervorheben:
1904, die Entdeckung der karbonischen Pteridospermen (bzw. der Zu* sammengehörigkeit von Samen mit Pflanzen von farnahnlichem Habitus) durchnbsp;Oliver und Scott, die Schiller des ebenfalls auBerordentlich fruchtbaronnbsp;Palaobotanikers W. C. Williamson (1816—1895).
1906 und 1916 die glanzenden Rekonstruktionen der (übrigens schon von Solms-Laubach eingehender bearbeiteten) mesozoischen Bmettüale^nbsp;durch Wieland, d. h. Untersuchungen an Cycadophytengruppen mit weit-gehend an Angiospermen gemahnenden Blüten.
1917—1921 die Entdeckung devonischer Psilophyten durch Kidston und Lang, also von Pteridophyten, die für die ganze Kormophyten-Phylo-genetik wegen ihrer auBerordentlich primitiven Struktur höchst bedeutsamnbsp;wurden.
Alles das sind drei Entdeckungen, denen man an Tragweite und wissen-schaftlicher Bedeutung innerhalb der neuen Palaobotanik kaum etwas Gleich* wertiges zur Seite setzen kann.
In allerletzter Zeit scheint allerdings auch in Deutschland die Palaobotanik zu neuem Leben zu erwachen, wofür insbesondere die ergebnisreichen Untersuchungen devonischer Pflanzen durch Krausel und das schone Handbuch dernbsp;Palaobotanik von Hirmer (1927) sprechende Zeugnisse sind.
4. Geschichte der allgemeinen Phylogenetik und der bewufiten phylogenetischen Forschung an Pflanzen.
Es ist bei der auBerordentlichen Zerstreuung der phylogenetischen Ansichten der botanischen Wissenschaft und bei ihrer mannigfaltigen Verflechtung mit andersartigen Wissenszweigen nicht leicht zu sagen, wo und wann einenbsp;bevmBte, eigentliche Phylogenetik einsetzt. Ihr Keinien haben wir ja in den bis-herigen Abschnitten dargestellt. Die bewuBte phylogenetische Forschungnbsp;befaBte sich vor allem mit 2 allgemeinen Fragen:
1) nbsp;nbsp;nbsp;mit der tJberbrückung der anscheinend oft so scharfen Lücken zwischennbsp;den Arten, Gattungen usw. und deren Vereinigung durch solche Brücken innbsp;ein genetisches System;
2) nbsp;nbsp;nbsp;mit den Ursachen der phylogenetischen Wandlung.
Ich erwahnte oben schon, daB erst Linné mit seinem Dogma von der Konstanz der Art der Gegenpol und ein Ausgangspunkt für die phylogenetische Forschung wurde. Wir können also an Linné die bewuBte phylogenetische Arbeit anknüpfen. Denn tatsachlich schart sich ein groBer Teilnbsp;der bewuBt phylogenetischen Untersuchungen um das Problem, auf welchem
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Einleitung. I. Geschichte der phylogenetischen Porschung an Pflanzen.
Wege wohl die uiiter den heutigen Pflanzen unzweifelhaft gegebenen „Art-Iücken“ überbrückt werden können.
Ein Weg zur Erzeugung neuer Formen auberhalb der Artgrenzen wurde schon in Linnés Zeiten bekannt: die Bastardierung verschiedener Sippen.nbsp;Und Linn é selbst bat ja bekanntlieh spater angenommen, die Arten seiennbsp;durch Bastardierung der „Gattungen“, also wold „typischerquot; Vertreter dernbsp;Gattungen, hervorgegangen. In vollster Konsequenz bat spater (1913) Lotsynbsp;diesen Gedanken ausgeführt. Lotsy nahm an, dab alle Ümbildung durchnbsp;Neukombination einer groBen Zahl von Anbeginn vorhandener, aber aufnbsp;sehr viele Wesen verteilter Anlagen zustande gekommen sei. Diese Auf-fassung stieB aber immer wieder auf die groBe Schwierigkeit, daB die Bastardenbsp;durchweg in ibrer Fruchtbarkeit herabgesetzt sind, und zwar im allgemeinennbsp;um so unfruchtbarer sind, je gröBer die systematische Entfernung zwischennbsp;den Eltern ist. Als allgemeiner Umbildungsweg wird daher die Bastardierungnbsp;im allgemeinen nicht anerkannt.
Es muBte so das Ziel der experimentellen Phylogenetik sein, echte Um-wandlungen der Erbsubstanz, echte „Mutationenquot;, nachzuweisen. Darwin (1859), der auch für die Botanik dem phylogenetischen Gedankennbsp;zum endgültigen Sieg verhollen hat, nahm bekanntlieh sehr kleine Umwand-lungen der Erbsubstanz an, eine kontinuierliche ümwandlung der Arten in-einander. Es war klar, daB solche kleine ümwandlungen nur dann für dienbsp;Phylogenetik bedeutsam sein konnten, wenn die verfügbaren geologischennbsp;Zeiten dafür ausreichten und wenn solche kleine ümwandlungen der Erb-anlagen haufig genug auftreten.
Beides war zu Darwins Zeiten und noch 40 Jahre spater kaum nach-gewiesen. Es schien darum für den phylogenetischen Gedanken auBerordent-lich wertvoll, als H. de Vries 1901 in seiner „Mutationstheoriequot; recht betracht-liche und recht haufige „Mutationenquot; auf Grund sorgfaltigster Erblichkeits-untersuchungen an seiner Oenothera Lamarckiana aufzeigen konnte. Wohl zeigte es sich in spateren Nachuntersuchungen, daB diese berühmten Oenothera-Mutanten in ihrer übergroBen Mehrzahl keine wirkliche ümbildung des Erb-materials darstellten, sondern nur seine Verdoppelung, Neukombination usw.,nbsp;ahnlich wie man das auch schon früher beim Bastardierungsexperiment be-obachtet hatte. Aber aufbauend auf de Vries konnte dann auch in den letztennbsp;Jahrzehnten der Nachweis echter Wandlungen der Erbsubstanz, echter „Gen-Mutationenquot;, z. B. in groBer Ausdehnung von Baur (1924) für Antirrhinum,nbsp;das Löwenmaul, geführt werden.
Diese experimentellen Mutationsergebnisse führten zur Anschauung Darwins zurück. Abgesehen von offensichtlichen pathologischen oder Rück-schlagsmutationen, waren namlich die sicher nachgewiesenen Wandlungen dernbsp;Erbanlage nur sehr geringfügiger Natur; sie sprachen für eine zwar „gequanteltequot;nbsp;aber doch praktisch genommen sehr allmahliche und kontinuierliche Ümwandlungnbsp;des Erbmaterials in der Phylogenie.
Erleichtert wurde diese Auffassung ferner dadurch, daB naeh den radio-aktiven Mineralien das Alter des Lebens auf der Erde sich um 50—lOOmal gröBer erwies, als noch H. de Vries 1901 annahm^). 50—lOOmal kleinerenbsp;Mutationen als die berühmten Oewoikera-Mutationen von de Vries konntennbsp;demnach zu den gleichen Resultaten führen, die de Vries errechnete. ündnbsp;schlieBlich zeigte es sich bei sorgfaltiger Beobachtung immer wieder, daB gerade
1) H. de Vries schiitzte die Dauer des Lebens auf der Erde auf 20 Millionen Jahre; heute berechnet man das Alter der attesten fossilführenden Schichten meist auf mehr als eine Milliardenbsp;Jahre. Selbst die ,,Helium“-Methode ergibt niit ihrem sicher zu niederen Werte für das Alternbsp;des Ijebens auf der Erde Werte, die fast 20mal so groB sind, wie das de Vries annahm.
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BewuBte Phylogenetik.
die Kleinmutanten viel haufiger sind als man früher dachte. Baur rechnet beispielsweise damit, daB sein Antirrliimm in 10 % seiner Individuen mutiert.nbsp;GroB ist auch die Zahl der von anderen Genetikern beobachteten Mutationen.nbsp;So kann man also sagen, daB experimenten das Dogma von der „Konstanz dernbsp;Art“, bzw. der im Artcharakter sicli wiederspiegelnden Erbsubstanz widerlegtnbsp;ist. Die beobachteten Mutanten würde der Systematiker bei Beobachtungnbsp;in der freien Natur sicher oft als echte Arten an erkennen.
Das Problem der Überbrückung von Artgrenzen wiederholt sich nun in vergröBertem MaBstab bei den Gattungs-, Familien- usw. Grenzen.nbsp;Die Erblichkeitsanalyse der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, daB die gröBerennbsp;systematischen Differenzen im allgemeinen durch eine Vielzahl differierendernbsp;Erbmerkmale gegeben sind. Es handelt sich also hier um die Frage, wie esnbsp;kam, daB die Organismen in einer Vielzahl von Erbmerkmalen verschiedennbsp;wurden; es handelt sich um das Problem der Summierung von Mutationen.
Darwin hatte bekanntlich die Vorstellung vertreten, daB auch die gröBeren systematischen Differenzen durch Haufung kleiner erblicher ümwandlungennbsp;— wir würden heute sagen: ,,Mutationenquot; — zustande gekommen seien. Dienbsp;Charakterisierung der Pflanzensippen als „Arten“ oder „Gattungenquot; usw.nbsp;sei willkürlich, so daB wir unsere Erfahrungen über Artumbildung auch aufnbsp;gröBere Wandlungen übertragen könnten. Gegen diese Vorstellungen wandtennbsp;sich neuerdings u. a. insbesondere Philiptschenko (1927) und Troll (1928).nbsp;Sie erklarten, nur für kleinere ümwandlungen, etwa innerhalb der Gattungen,nbsp;für die „Mikroevolutionquot;, könnten Mutationen den Weg der Umbildung kenn-zeichnen. Die gröBeren Abwandlungen, die „Makroevolution“, müBte sichnbsp;nach diesen Autoren irgendwie andersartig abgespielt haben.
Leider können j edoch die genannten Autoren auch nicht angeben, wie diese Makroevolution zustande gekommen sein soil, wenn nicht vermittelsnbsp;Mutationen. Die beiden einzigen sonst in Frage kommenden Möglichkeiten:nbsp;Urzeugung hochentwickelter Organismen oder „Makromutationquot;, d. h. gleich-zeitige Umbildung zahlreicher Erbanlagen, sind ja heute kaum ernsthaft ver-tretbar.
So kann man heute sagen: Ein experimenteller direkter Nachweis für die überbrückung groBer systematischer Lücken fehlt. Die Gattungs-, Familien-usw. Differenzen sind viel gröBer als die durch Mutationen entstehenden Neu-bildungen. Aber es besteht auch kein zwingender Grund, die Annahme Darwinsnbsp;(ein allmahliches Erreichen groBer systematischer Verschiedenheiten durchnbsp;Haufung kleiiier Umwandlung der Erbanlagen) zu bezweifeln. Im Gegenteil,nbsp;die Erblichkeitsanalyse sowie die systematische und pflanzengeographischenbsp;Einzeluntersuchung der letzten Jahrzehnte haben mehr und mehr die Will-kürlichkeit der Einteilung der Sippen in Arten, Gattungen usw. dargetan.
Gerade der physiologisch orientierten Botanik bereitete ferner das Ur-sachenproblem viel Schwierigkeiten. Der ganze Fragenkomplex nach den Ursachen der Phylogenie bekam ein ganz verschiedenes Gesicht, je nachdemnbsp;man das Anpassungsproblem mit einbezog oder nicht. Für Lamarck undnbsp;Darwin formulierte sich die Frage fast selbstverstandlich: Wie kamen dienbsp;Anpassungsmerkmale zustande? Der experimenten tatige Botaniker warnbsp;dagegen viel mehr geneigt, die ganze Frage ohne Rücksicht auf den Anpassungs-wert der entstehenden Merkmale zu behandeln. Gerade die Selektionslehrenbsp;D arwins fand in der physiologisch orientierten Botanik wohl mehr Widerspruchnbsp;als Zustimmung. Die Pflanze mit ihrer groBen Plastizitat gegenüber auBerennbsp;Einflüssen legte den Gedanken der ,,direkten Bewirkungquot; noch mehr nahenbsp;als das Tier. Der Alt-Lamarckismus hatte zwar für die Anschauungen in dernbsp;Botanik kaum Bedeutung, obwohl Lamarck ursprünglich Botaniker war.
Zimmermann, Die Phylogenie der Pflanzen. nbsp;nbsp;nbsp;2
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Einleitimg. I. GeschicMe der phylogenetischen Forschung an Pflanzen.
Lamarcks Vorstellungen von der Wirkung der Gewohnheit lieBen sich ja von vornherein nicht unmittelbar auf die Pflanze iibertragen (vgl. z. B. Oehlkersnbsp;1917). Ura so mehr Anhanger fand der Neu-Lamarckismus mit der An-nahme einer unmittelbareren Beeinflussung der Pflanzen durch die Umwelt.nbsp;Flir ihn und gegen die Selektionslehre sprachen sich u. a. aus: Nageli (z. B.nbsp;1865 und 1884 S. 102 ff.), J. Sachs (z. B. 1875), Strasburger, R. Wett-stein. Fast nur Erblichkeitsforscher sind entschieden fiir die Selektion alsnbsp;bedeutsamen phylogenetischen Faktor eingetreten, da sich die Erbmerknialenbsp;im allgemeinen als unbeeinfluBbar durch die AuBenwelt zeigten, so z. B. Baurnbsp;(1922) und Kniep (1926).
Im ganzen aber hat überhaupt die phylogenetische Frage, namentlich in Deutschland, für die Botanik bei weitem nicht die Bedeutung gehabt wie fürnbsp;die Zoologie. Resignierte Stimraen, die am liebsten alles offen lassen, scheinennbsp;zu überwiegen. Wenn ein auf seinem Gebiete führender Biochemiker wienbsp;Fr. Czapek die ganze historische Phylogenetik mit den Worten abtat ,,ich warnbsp;nicht dabei“ (Boresch 1921, S. 3), so steht er hier durchaus nicht allein.nbsp;AuBerungen, wie: „Das Evolutionsproblem ist insofern eine offene Frage‘^nbsp;(Johannsen 1926, S. 637), ,,Die Genetik hat die Grundlage des Darwinismnsnbsp;und Lamarckismus beseitigt“ (ein Goebelschüler: W. Riede 1925, S. 451),nbsp;kennzeichnen den allgemeinen Skeptizismus. Lotsy, der Verfasser einernbsp;umfangreichen botanischen Stammesgeschichte (1909—13), rückte spater ganznbsp;entschieden von seinem friiheren, ansgesprochen phylogenetischen Stand-punkt ab. Die meisten Autoren verschleiern ihre phylogenetischen Ansichtennbsp;hinter „idealistisch“-morphologisch oder systematisch gefarbten Redewen-dungen. Selten tritt ein Autor mit solcher Entschiedenheit für den phylogenetischen Gedanken ein wie R. Wettstein, z. B. in seiner Systematischennbsp;Botanik (1901 und 1924).
In den angelsachsischen Landern zeigte man sich weniger beeinfluBt von den grundsatzlichen Schwierigkeiten auf dem Gebiete der Ursachenforschungnbsp;und der Makroevolution. Man war hier mehr geneigt, einmal die historischenbsp;Tatsachenforschung intensiver in Angriff zu nehmen. Zum Beispiel A. G. Tans-ley, J. M. Coulter, E. C. Jeffrey, E. A. N. Arber, A. J. Eames, Ch.nbsp;J. Chamberlain, E. W. Berry haben mit ihren Schülern — abgesehen von dennbsp;oben im morphologischen und palaobotanischen Abschnitt genannten Autorennbsp;— eine groBe Anzahl phylogenetischer Einzeluntersuchungen durchgeführt.
So hat sich überhaupt das Ringen um den phylogenetischen Gedanken in eine ganze Reihe von Einzelkiimpfen aufgelöst. Einzelgegensatze — oft nurnbsp;in untergeordneten Fragen — treten in den Vordergrund. Aber gerade sie undnbsp;dann, die in solchen AuBerungen stark mitschwingenden allgemein-weltanschau-Irchen, nicht-phylogenetischen Geistesströmungen fallen selbstverstandlichnbsp;dem Menschen, der überhaupt auBerhalb der Phylogenetik steht, besondersnbsp;auf. Wenn darum namentlich in geisteswissenschaftlichen Kreisen heute gernenbsp;von einem ,,Trümmerfeld der Deszendenztheorie“ gesprochen wird, brauchtnbsp;das nicht wunderzunehmen. Und ich glaube, wir kommen aus dieser unleug-baren Krisis der Phylogenetik nur dann heraus, wenn wir versuchen, die weit-zerstreuten Faden der Phylogenetik zusammenzuwirken, wenn wir versuchen,nbsp;jeweils den Kern der Anschauungen von den mehr nelaensachlichen Zutatennbsp;zu sondern, und vor allem, wenn wir Phylogenetik als Phylogenetik, also nichtnbsp;nur als Anhangsel an andere Wissenschaften treiben.
Literatur.
Allgemeine Darstellungen der Phylogenie und Lehrbiicher.
Abel, 0., u. a., Vortrage znr Abstammungslehre. Jena 1911.
— Kultur der Gegenwart, III. Teil, IV. Abt., Bd. 4, Leipzig und Berlin 1914.
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Coulter, J. M., and Chamberlain, Ch. J-, Morphology of Gymnosperms. 2. Aufl., 3. Druck. Chicago 1925.
--Morphology of Angiosperms. Chicago 1903.
Darwin, Ch., On the Origin of Species usw. 1859. Ueber die Entstehung der Arten.
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Engler, E., Prantl, K., Die natürlichen Pflanzenfamilien. Leipzig, Engelmann, 1889 ff., 2. Aufl., 1924 ff.
Fitting, LL, Sierp, Harder und Karsten (,,Strasburgor“), Lehrbuch der Botanik fiir Hochschulen, begriindet von Strasburger usw., 17. Aufl., Jena 1928.
Franz, V., Geschichte der Organismen. Jena 1924.
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Aber ein charakteristisches Beispiel für die phylogenetische Problematik und für die Lösung, die mir vorschwebt, möchte ich doch vorwegnehmen:nbsp;Hie vielnmstrittenen „Deutungen“ der weiblichen Ginkgio-„Bliiten“nbsp;(Abb. la; vgl. über dies Problem des „morphologischen Wertes“ einernbsp;öm/cgto-,,Blnte“ auch z. B. die ausführliche historische Darstellung beinbsp;Pilger.)nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;^
Suchen wir zunachst einmal die hier besonders stark gewucherten Begriffs-und Nomenklaturprobleme sowie auch alle phylogenetischen Uberlegungen ausznschalten und betrachten wir rein beschreibend die Gestalt einer solchennbsp;(?m%o-„Blüte“ (Abb. la). Wir werden uns gestehen müssen, daB diese „Blüte“nbsp;mit jenen anderen Blüten, die uns gewohnt sind, sehr wenig Ahnlichkeit hat.nbsp;Man denke zum Vergleich etwa an eine Rose oder auch an eine $ Tannenblüte,nbsp;d. h. einen Tannenzapfen. Wenn wir allerdings das Reifen einer solchen Qinkgo-quot;J^te verfolgen, wenn wir sehen, wie zum Schlusse die „Blüte“ zur kirschen-ahnlichen „Frucht“ wird (Abb. 194), dann springt die Ahnlichkeit mit demnbsp;gewohnten Bild schon etwas mehr ins Auge. Ich glaube auch, daB wenigstens
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Einleitung. II. Beispiel eines phj'Iogenetischen Problems.
teilweise die Bezeichnung „Blüte“ für Ginkgo von der Ahnlichkeit des End-zustands, von der Ahnlichkeit mit „Früchtenquot;, herrührt — obwohl gegen einen solchen Vergleich gerade der vergleichende Morphologe starke Bedenken er-heben wird und kann.
Wie bei der „Deutung“ als ,,Blüte“^) geht es, wenn jemand die Meinung ausspricht, das Gebilde sei keine „Blüte“, sondern etwa ein ,,Blatt“ oder einnbsp;Blatt-Teil oder ein „Blütenstand“^). Immer wird uns die Einreihung dernbsp;„Ginkgo-BUitequot;' in eine dieser Begriffskategorien zunachst etwas fremdartignbsp;anmuten, selbst wenn sich diese Einreihung scheinbar nur nomenklatorischnbsp;abspielt, indem man sagt: es ,,ist“ ein „Blüten“-Stand, ein „Blatt“ usw. Dennnbsp;die Blattgebilde und Blütenstande, welche wir sonst gewöhnt sind, sehen dochnbsp;ganz anders aus.
Rein beschreibend (Abb. la) sehen wir bei der Ginkgo-BWite einen gemein-samen Stiel, der in der Achsel eines der eigentümlichen gabelnervigen Blatter
oder auch ein er Schuppe ontspringt, und der an seinem Ende zwei ungestielte „Makrosporangienquot;nbsp;oder „Samenanlagen“ tragt. An der Basis jedesnbsp;,,Makrosporangiums“ befindet sich ein wulst-artiger Kragen, welcher bei der Reife recht massignbsp;wird. Uieser Stiel zusammen mit den beidennbsp;„Makrosporangien“ ist die ganze ,,Blüte“. Mchtnbsp;selten allerdings sind die „Makrosporangien“ auchnbsp;einzeln gestielt. Ihre Zahl erhöht sich manchmalnbsp;auf drei oder mehr (Abb. 194). Ja, man hat schonnbsp;neun „Makrosporangien“ an einem solchen „Spor-angienstandquot; — wie wir einmal vorsichtigernbsp;die ,,Blüte“ nonnen wollen — gesehen.
Abb. 1 a und b.
Ginkgo Mloba. Weibliche Blüte.
a) nbsp;nbsp;nbsp;Totalansiclit mit Deckblatt;
b) nbsp;nbsp;nbsp;Sohematisclier Langsschnitt.nbsp;ffl = gemeinsamer Sporangien-stiel; d = Deckblatt; s =
Makrosporangium.
(Aus Wettstein 1912, Abb. 5, Fig. 3 und 10.)
,,Sporangieii“, ,,Makro8poraiigien“, ,,Sporan-gienstande“ — auch diese Bezeichnungen sind iiatürlich nicht rein beschreibend, sondern ver-gleichend. Ich habe mich aber nicht gescheut,nbsp;ihre Bezeichnung schon hier zu verwenden, uninbsp;die Darstellung zu vereinfachen, obwohl die Be-gründung dafür erst spater S. 89 erfolgen wird.nbsp;Denn in den Sporangien haben wir einennbsp;festen Ausgangspunkt für unsere vergleichendenbsp;Betrachtung und phylogenetische Gruppierung mindestens bei den Kormophyten.nbsp;DaB die ,,Samenanlagen“ von Ginkgo abgeleitete ,,Sporangien“ darstellen,nbsp;darüber sind sich ja wohl alle Autoren einig. Damit sind wir auch wieder zunbsp;iinserem eigentlichen Problem zurückgekehrt.
Wenn diese Gmfcgfo-„Blüte“ bzw. -Sporangienstand beim bloBen Anblick so wenig Blütenahnlichkeit oder Blattahnlichkeit usw. hat, wie kommt mannbsp;dann überhaupt dazu, zu erörtern, ob sie ,,eigentlich“ eine „Blüte“, ein „Blatt“nbsp;oder ein „Blütenstand“ sei? Mit welchem Recht gruppieren wir die Organenbsp;der Pflanze in Blüten, Blatter usw.? Nun, den Vertretern all dieser Ansichtennbsp;schwebt natürlich der Gedanke in irgendeiner Form vor, der (rmfcjo-Sporangien-
1) nbsp;nbsp;nbsp;Seit Eichler (1863) und Celakovsky (1879) wohl die vorbreitotste Auffassimg. Vgl.nbsp;z. B. auch Pilger (1926, S. 102ff. und 124ff.); hier sind auch zahlreiche Variationen dernbsp;drei Hauptmeinungsgruppon angeführt, Einzelauffassungen, die sich z. B. bei der „Blüten“-deutung darauf beziehen, welcher Teil des Sporangienstands nun ,,eigentlich“ als Karpellnbsp;usw. aufzufassen sei.
2) nbsp;nbsp;nbsp;z. B. van Tieghem (1869), Delpino (1889) und Schaffner (1927).
3) nbsp;nbsp;nbsp;z. B. Strasburger (1872).
-ocr page 39-Die Ginkgo-„Blüto“.
Stand sei eine „abgeleitete Bliite“, ein „abgeleitetes Blatt“, ein „abgeleiteter Bliitenstand“. Was heifitnbsp;denn das: eine ,,abgeleitete“ Bliite usw. ? Wer sichnbsp;mit solcben Fragen etwas naher beschaftigt hat, dernbsp;weiB, daB sich leider hinter dieser yieldeutigennbsp;Redewendung: ,,abgeleitet“ sehr verschiedene Auf-fassungen verbergen. Es ist aber auch bekannt,nbsp;daB in diesen Auffassungon namentlich heute, nachnbsp;dem prinzipiellen Sieg des Deszendenzgedankens, einnbsp;phylogenetischer Kern steekt.
Diesen phylogenetischen Kern wollen wir herausschalen und möglichst rein darstellen; d. h. wir wollen von ihni absondern allnbsp;die andersartigen Probleme, mit denen er so haufignbsp;verkniipft ist, die Begriffs- und Komenklaturproblemenbsp;usw. Wir wollen das phylogenetische Problem son-dern von anderen Anschauungen, insbesondere ausnbsp;dem Ideenkreis der „Idealistischen Morphologie“ undnbsp;der „Zweckgruppierung“, der „Systematik“. Dasnbsp;phylogenetische Problem sei phylogenetisch behandelt; d. h., wir wollen uns den Umbildungs-prozeB, der zum heutigen Sporangienstand vonnbsp;Ginkgo gefiihrt hat, so plastisch und so vorurteilsfreinbsp;wie nur irgend moglich vor Augen stellen. Wirnbsp;wollen versuchen, so gut es geht, bei dieser Dar-stellung herauszuarbeiten, was feststelit und wasnbsp;noch problematisch ist.
Die historische Phylogenie hat zunachst die groBe Aufgabe, uns Ahnenformen zu be-schreiben und darzutun: wie kam historisch die beinbsp;heutigen Pflanzen so ungewohnte Stellung dernbsp;ömfcg'o-Makrosporangien zustande? Wie kam es,nbsp;daB die örnigfo-Makrosporangien heute terminalnbsp;stehen, evtl. am Ende kurzer Stielchen, und nichtnbsp;geborgen in den Achseln von Schuppen wie beinbsp;yielen Koniferen? und auch nicht an den Randernnbsp;jener blattartigen Bildungen, die wir üblicherweisenbsp;Sporophylle nennen, wie bei den Cycadeen? undnbsp;auch nicht irn Inneren ahnlicher miteinander ver-wachsener Blattgebilde, im Inneren eines Frucht-knotens wie bei vielen Angiospermen ?
Zur Rekonstruktion der Ahnenform schauen wir uns bei den nachsten „Verwandten“ unseresnbsp;heutigen Ginkgo um. Das sind unverkennbar dienbsp;Ginkgophyten der Vergangenheit, insbesondere ausnbsp;den mesozoischen Gattungen Ginkgo und Baieranbsp;(Abb. 200). Genau wie bei Ginkgo stehen auch beinbsp;letztgenannter Gattung die Makrosporangien frei,nbsp;an stielartigen Bildungen, ja eher noch exponierter.nbsp;Denn, was bei Ginkgo nur als Abnormitat auftritt,nbsp;das kurze Stielchen an jedem einzelnen Sporangium,nbsp;ist hier die Regel, und wahrend Ginkgo normaler-weise nur zwei Sporangien an einem Sporangienstand zeigt, sinds bei Baiera regelmaBig zahlreiche.
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Einleitung. 11. Beispiel eines phylogenetischen Problems.
Danacli dürfen wir mit Fug und Recht die Regelzahl zwei der Ginkgo-Sporangien und ihre nahezu sitzende Stellung als reduziert ansprechen. Ferner, die Unbeschütztheit der terminalstehenden Makrosporangien von Ginkgo, dienbsp;uns gegenüber den übrigen Samen- oder Bliitenpflanzen (Phanerogamen) auf-fiel, ist bei den Ginkgophyten der Vergangenheit eher ausgepragter verhandennbsp;denn heute.
Wir wollen die übrigen zum Teil etwas unsicheren Ginkgophyten der Vergangenheit (vgl. etwa Trichofitys, Abb. 201, S. 282) einmal beiseite lassen, ob-wohl sie eigentlich unsere SchluBfolgerungen nur unterstreichen.
Folgendes phylogenetische Problem taucht bei dieser Sachlage auf: 1st nicht vielleicht die eigenartige, unbeschützte, terminale Stellung, sowie dernbsp;(keineswegs immer in einer einzigen Ebene verzweigte) Sporangien stand, dennbsp;etwa Baiera (Abb. 200) oder als Abnormitat auch Ginkgo (Abb. 194) reprasen-tiert, ein recht ursprünglicher Zustand ? 1st es am En de nicht von . vornhereinnbsp;verfehlt, die Gmfcg'o-Sporangienstande irgendwie auf die ,,Blüten“, „Sporo-phylle“ usw. der übrigen Samenpflanzen zurückführen zu wollen?
Wir wenden uns wieder an die vorgeschichtlichen Pflanzen. Und die Ant-wort, die wir erhalten, ist eindeutig. Je altere Erdperioden wir aufsuchen, je tiefer wir hinabsteigen an die Wurzel der Kormophyten, um so niehr finden wirnbsp;solche „terminalquot;, d. h. am Ende kleiner Stielchen, stehende Sporangien ganznbsp;in der gleichen Weise wie bei Gingko. Auch die Verzweigung der Sporangien-stande nicht in einer einzigen Ebene, also der radiare Aufbau, ist durchausnbsp;charakteristisch für alle altertümlichen Landpflanzen. Wir finden derartigenbsp;Sporangienstande bei den altesten bekannten Landpflanzen, bei den Psilo-phyten (Abb. Ic), wir finden sie bei den altesten Farngruppen, den Archaeo-'pteridales (s. Abb. 134), den Coenopteridales (s. Abb. 122), den Cladoxydalesnbsp;(s. Abb. 116), wir finden sie, nur wenig modifiziert, bei den altesten Schachtel-halm(Equisetum)-Vemmdten, bei den Eyeniales (s. Abb. 92) usw. Immernbsp;stehen die Sporangien terminal auf Stielchen an einem radiaren Sporangien-stand und die Bergung der Sporangien in Schuppen, Sporophyllen usw. istnbsp;erst sekundar von diesem Ausgangsstadium aus erworben. I)er Sporangien-stand von Ginkgo ist also seiner Allgemeinmorphologie nach auch schon beinbsp;den Ür-Landpflanzen verhanden.
Der SchluB liegt auf der Hand. Er erscheint fast lückenlos gesichert: Ginkgo, der uns auch sonst eine ganze Reihe altertümlicher Merkmale über-mittelt (wie Gabelnervatur der Blatter und Spermatozoenbefruchtung), istnbsp;auch in seiner terminalen Sporangienanordnung primitiv. Die Ge-samtmorphologie der (Tm^:g'o-Sporangienstande entspricht noch in sehr wichtigennbsp;Zügen der Urform bei den altesten Landpflanzen. Wir haben keinen zwingendennbsp;Grand zur Annahme, daB — abgesehen von einem Rückgang des Verzweigungs-grades — in der Gesamtmorphologie sich wesentliche ümbildungsvorgangenbsp;abgespielt haben. Die Ümbildungsvorgange betreffen nur die Einzelgestaltungnbsp;der Sporangien, ihre Integumente usw. Wir haben z. B. gar keinen Anhalts-punkt dafür, daB an Stelle des Basalwulstes am Makrosporangium einmalnbsp;ein richtiges Blatt oder eine Blütenhülle saB. Die Phylogenie der Gesamtmorphologie des Gm^o-Makrosporangienstandes ist also — wenn wir alle nicht-phylogenetischen Probleme beiseite lassen — einfacher als bei allen anderennbsp;heute lebenden Samenpflanzen.
GewiB, ein besonders groBer Skeptiker mag auch hiergegen Einwenduiigeii machen. Er könnte einwenden: zwischen dem Anfangsstadium unserer phylogenetischen Reihe, der Terminalstellung der Sporangien bei den Urlandpflanzennbsp;und dem Endstadium, der Terminalstellung der Sporangien bei den Ginkgophyten, da hatte sich vielleicht (gewissermaBen als phylogenetischer Umweg)
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Die Ginkgo-„Blüte“
ein ganz andersartiges Stadium eingeschoben, das uns nur bisher entgangen ware. Der Sporangienstand der Ginkgophyten - Ahnen hatte vielleicht einmalnbsp;voriibergehend ein ,,typisches“ „Blüten“-Stadium mit echten Blattbildungen,nbsp;mit Sporophyllen usw. durchlaufen und der heutige Ginkgo ware sekundar zurnbsp;primitiven Form zuriickgekehrt.
GewiB, eine solche Hypothese laBt sich ausdenken. Aber ihre Unwahrschein-lichkeit liegt klar zutage, es fehlen ihr alle Unterlagen. Die entgegengesetzte-Annahme, die Morphologic des Gm^o-Sporangienstandes iiberliefere einen urspriinglichen Zustand, ist jedenfalls viel wahrscheinlicher und bei aliennbsp;phylogenetischen Schlüssen muB man sich Tiber den Wahrscheinlichkeitsgradnbsp;klar sein.
Wir wollen aber ruhig zugeben, in Ausnahmefallen könnte auch einmal die-Phylogenie nach der angedeuteten Weise auf einem uns noch unbekannten Um-wege verlaufen sein. Solche Ausnahmen, in denen uns die iiberlieferten Daten tauschen mogen, sind j edoch für das Gesamtbild der Phylogenie, auf das es unsnbsp;im wesentlichen ankommt, gleichgiiltig. Denn ein derartiger phylogenetischer Um-weg, der spater wieder zum Ausgangspunkt zurückführt, ist sicher eine Ausnahme.nbsp;Das sogenannte „Dollosche Irreversibilitatsgesetzquot;, daB die phylogenetische-Entwicklung nie wieder zum Ausgangspunkt zurückführe, gilt mindestens alsnbsp;Hegel für die allermeisten Falie der phylogenetischen Entwicklung (vgl. S. 377).
¦ Nun werden mir die Anhanger einer „Blüten“- usw. Theorie bei Ginkgo-vielleicht entgegenhalten, ich iibertreibe. Sie dachten gar nicht daran, mit ihrem Eintreten für den ,,Blütencharakter“ usw. der tKnfcg'O-Sporangienstandenbsp;behaupten zu wollen, die Ahnen des Ginkgo batten einmal eine Blüte nach Artnbsp;eines Pmws-Zapfens oder einer Rose besessen. Die Bezeichnung „Blüte^ wollenbsp;gar nicht die phylogenetische Ableitung des Gfnicg'o-Sporangienstandes vonnbsp;einer solchen „typischen“ Blüte bedeuten, sondern nur ihre „Homologiequot;.nbsp;Wir wollen und können dies ,,Homologie“-Probleni nicht zu Beginn unserernbsp;Betrachtungen erörtern. Wir wollen zuerst einmal Tatsachen kennen lemen.nbsp;Hier nur so viel:
Wenn die „Deutungquot; des Makrosporangienstandes von Ginkgo als „Blütequot;' ein Mehr bedeutet gegenüber der Darstellung der phylogenetischen Zusammen-hange, dann ist sie für uns hier zunachst in dieser Form unbrauchbar. Dannnbsp;heifit es für uns, aus dieser „Deutungquot; den phylogenetischen Kern in dernbsp;skizzierten Weise herauszuarbeiten und alles nichtphylogenetische Belwerknbsp;beiseite zu lassen.
Aber man muB zugeben, in der „Deutungquot; des (rtógo-Makrosporangien-standes als „Blütequot; steekt nicht nur die eine phylogenetische Ansicht, daB die Ahnen des Ginkgo einmal eine „richtigequot; Blüte besessen batten! Wir müssennbsp;auch die Frage erörtern, ob nicht sowohl die trmfcgo-Sporangienstande als auchnbsp;die echten ,,Blüten“ (etwa eine Rose oder ein PwMS-Zapfen) sich phylogenetischnbsp;von der gleichen oder einer ahnlichen Urform der Sporangienstande gemeinsamnbsp;herleiten. Diese Frage, ob nicht die t?mA:g'o-Sporangienstande und dienbsp;echten Blüten deshalb „homologquot; oder ,,homoplastischquot; im Sinne von Lan-kester (1870) und Spemann (1915) seien, well sich beide Formen von einernbsp;gemeinsamen Urform herleiten, werden wir bejahen können. Aber diesenbsp;Bejahung hat eine eigentümliche Konsequenz. Wir werden namlich sehen,nbsp;daB sich von dieser Urform nicht nur Blüten und Sporangienstande, sondernnbsp;arich Sporophylle, also Blattgebilde und andere Organe, ableiten lassen! Wennnbsp;wir bei solch eigenartigen Bildungen wie bei den Ginkgo-„Blütenquot;' das Problemnbsp;phylogenetisch verfolgen und nach der Herleitung von der Ahnenform fragen,nbsp;vpliert sehr oft die ursprüngliche Streitfrage: Blatt oder Blüte, ihren eigentlichennbsp;Binn; sie wird zum Streit um die konventionelle Ausdrucksform, well die ge-
-ocr page 42-Einleitung. 11. Beispiel cines phylogenetischen Problems.
meinsame Urform weder nbsp;nbsp;nbsp;noch „Bliite“ im hergebrachten Sinne ist,
sondern eine undifferenzierte Form, weil sie heides zugleich ist.
Kurz, wir müssen uns mit Nachdruck dagegen wenden, daB das phylo-genetische Problem verschleiert wird durch die unglückliche Gepflogenheit der Problemverschlingungen. Wir wenden uns gegen den weitverbreiteten Glauben,nbsp;ein Problem wie die Phylogenie der Gmfcgo-Sporangienstande sei dadurch zunbsp;lösen, daB man derartige primitive Bildungen hineinpreBt in Begriffe, welchenbsp;von ,,typischen“ oder ,,höheren“ Pflanzen gewonnen sind, das sind in diesemnbsp;Falie die uns gelaufigsten Pflanzen, die Koniferen und die Angiospermen.nbsp;Diese Gepflogenheit ist deshalb so bedenklich, weil sie uns an der Erkenntnisnbsp;hindert, daB die ,,Deutung“ hier eigentlich drei Probleme mit einem Schlagenbsp;lösen, drei Fragen auf einmal beantworten will, namlich:
1. nbsp;nbsp;nbsp;die Tatsachenfragen, d. h. für uns hier, die tatsachlichen phylogenetischen Zusammenhange.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Die Begriffsfragen, d. h. für uns hier, die Frage, welche Gebildenbsp;wir zuni Begriff .,Blüte“ usw. zusammenfassen wollen, ob die Blüten dernbsp;Angiospermen oder der Koniferen oder andere ,,typischerquot; für die Abgrenzungnbsp;des Begriffes sind usw.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Die Wortfragen: welche Bezeichnungen wir dann für unsere Begriffenbsp;für geeignet halten.
AU diese Einzelprobleme beeinflussen oft die üblichen „Deutungenquot;, auch diejenigen, die sich als ,,phylogenetisch“ ausgeben. Wir müssen uns alsonbsp;bestreben, die Probleme einzeln zu fassen Wir müssen nns ferner davor hüten,nbsp;schon durch die Wahl einer Bezeichnung den Gedanken an eine Ableitungnbsp;nrsprünglicher Formen von den spezialisierten mindestens nahelegen zu wollen.nbsp;Nein, Phylogenie treiben heiBt umgekehrt, die heutigen Bildungen von dennbsp;ursprünglichen abzuleiten. Rein auBerlich besehen, wird sich das Bestrebennbsp;schon dadurch kundtun, daB wir lieber Ausdrücke wie „Sporangienstandequot;nbsp;verwenden, d. h. Ausdrücke, die auch für ursprüngliche Bildungen leichternbsp;verwendbar sind als solche, die in strengem Sinne nur für hochkompliziertenbsp;geiten, wie z. B. „Blüte“.
Ganz ahnliche Beispiele wie bei den Gmfcg'o-Sporangienstanden tauchen auch für andere Sporangienstande auf, so z. B. bei Psilotum (S. 124), Cordaitesnbsp;(S. 286), den Benettüales (S. 269), den Koniferen (S. 289) usw. Immer spieltnbsp;hier in der Literatur der unglückliche Versuch, diese Sporangienstande innbsp;die Schemata: Sporophyll, oder Blüte usw. einzupressen, eine groBe Rolle.
Die Phylogenie der Ginkgo-Orgme lehrt uns aber noch etwas weiteres, was wir beachten müssen. GewiB, in der Sporangienstellung, in der Spermatozoen-befruchtung, in den Gabelnerven an den Blattern, überliefert Ginkgo ursprüngliche Merkmale. Das heiBt mm aber nicht, daB deshalb alle Merkmale annbsp;Ginkgo ursprünglich sein müBten. Im Gegenteil, z. B. die Gestaltung seinernbsp;Holzelemente zeigt recht abgeleitete Züge; die das Holz zusammensetzendennbsp;Traeheiden besitzen in Übereinstimmung mit den meisten heutigen Koniferennbsp;nur eine einzige Keihe Hoftüpfel (vgl. Abb. 25). Kurz, die Merkmale habennbsp;sich — mindestens zum Teil — unabhangig voneinander entwickelt. E s herrschtnbsp;keine strenge Korrelation bei der Merkmalsphylogenie, sondernnbsp;„Spezialisationskreuzungquot;. Das ist in mancher Hinsicht betrüblich. Deminbsp;dadurch wird es erschwert, die phylogenetischen Ergebnisse ohne weiteres fürnbsp;die Systematik auszunutzen. Es laBt sich viel leichter verfolgen, wie sich einnbsp;einzelnes Merkmal in der Phylogenie entwickelt hat, als auf welch verschlungenennbsp;Pfaden die Kombination der Merkmale entstanden ist, die eben die ganze Pflanzenbsp;charakterisiert. Auch hier nur die praktische Folgerung: Wir stellen bei unseren
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Die Gmkgo-„Blüte“. Literatur.
phylogenetischen Betrachtungen immer die Merkmalsphylogenie voran und griinden auf sie erst die eigentliche Stammesgeschichte, d. h. die Phylogenienbsp;der ganzen Pflanzen, die sich natiirlich erst auf einer Kenntnis der Merkmals-pliylogenie aufbauen laBt.
Und nocli eine andere praktische Folgerung, welche gleichfalls sehr oft nicht gezogen wird. l)ie Tatsache allein, daB ein oder auch mehrere Merkmalenbsp;urspriinglich sind, geniigt nicht, um damit zu beweisen, es niüBten auch anderenbsp;Merkmale an derselben Pflanze urspriinglich sein. Wie oft wird aber ein soldiernbsp;Beweisgang versucht! Er ist vielfach sogar die Grundlage aller phylogenetischennbsp;„Ableitungenquot;.
Aber das Gestaltungsproblem, das die Phylogenie von Ginkgo entrollt, ist nicht nur ein historisches. Es befaBt sich nicht nur mit dem Phanotypus. Genaunbsp;wie jedes andere Geschehnis, das sich vor unseren Augen abspielt, hat dienbsp;Phylogenie neben der historischen Seite auch eine kausale. Und genaunbsp;so wie es immer gilt, zunachst einmalrein beschreibend dieUaton zu sammeln,nbsp;ehe man sich ein Bild iiber die Ursachen machen kann, so auch hier bei dernbsp;Phylogenie. Wieder gilt es aufs scharfste die einzelnen Probleme aus-einanderzuhalten, die Probleme der historischen und der kau-salen Phylogenie.
Literatur.
Ginkgo-,,Blute“ (s. auch S. 283).
Celakovsk}i, L., Zur Gyinnospermie der Coniferen. Flora 1879, Bd. 62, S. 257. Delpino, F., Valore morfologico della squama ovulifera delle abietinee e di altre conifere.
^ Malpighia. 1889, Vol. 3, p. 97.
Eichler, A. W., Excursus morpliologious de formatione florum G5Unnospermarum. Martii FI. Brasil. IV, 435, 1863, abgedruckt in Ann. sc. nat. 4. sér. 1863, Vol. 19, p. 257.nbsp;Lankester, B. R., On the Use of the Term Homology. Am. Nat. Hist., 1870, Vol. 6.nbsp;Pilger, R., Gymnospermae. Aus Engler-Prantl, Die natiirlichen Pflanzenfamilien.nbsp;2. Aufl., Leipzig 1926.
Schaffner, J. H., Ginkgo a Flowerloss Seed-Plant. Am. Journ. of Bot. 1927, Vol. 14, p. 126. Spemann, H., Zur Geschiohte und Kritik des Begriffs der Homologie. Kultur der Gegenwart,nbsp;1916, T. 3, Abt. 4, Bd. 1.
Strasburger, E., Die Coniferen und Gnetaceen. Jena 1872.
Tieghem, Ph. van. Anatomie coinparée de la fleur femelle et du fruit des Cycadées des Coni-^ fères et des Gnétacées. Ann. sc. nat. 6. sér., 1869, T. 10, p. 269.
Wettstein, R. v., Blüte. Handwörterb. d. Naturw., 1912, Bd. 2, S. 71.
-ocr page 44-I. Teil.
Es empfiehlt sich zunachst einmal die groBe Linie der pflanzlichen Ent-wicklung ins Auge zu fassen, um so einen Überblick iiber die Formenfiille zu gewinnen. Der in Abb. 2 wiedergegebene Stammbaum mag den Stand unserernbsp;heutigen Anschauungen darstellen. 5 Hauptstufen der pflanzlichen Phylogenienbsp;lassen sich unterscheiden:
1. Was wir aus den altesten vorkambrischen Zeiten iiber das pflanz-liche Leben wissen, ist auBerst diirftig und vielfach unsicher. Nur soviet können
29
Allgemeiner Überblick. Urzeugung.
wir wohl bestimmt sagen: damals gab es einzellige Formen und zarte Ge-wachse, deren Zeilen sich zu einfachen Faden (Abb. 4) zusammenreihten. Die überlieferten Fossilien dieser einzelligen und fadigen Formen erinnemnbsp;stark an jene groBe Gruppe von Pflanzen, die wir heute als Algen bzw. blau-grüne Algen (= Cyanophyceen) zusammenzufassen gewohnt sind. Wir kennennbsp;aus diesen altesten Zeiten (und auch aus den unmittelbar folgenden Zeiten bisnbsp;ins Silur) lediglich marine Pflanzen oder jedenfalls Wasserpflanzenreste. Dasnbsp;gleiclie gilt übrigens auch für die Tiere. Das Leben ist also sicher im Wasser,nbsp;d. h. wohl im Meere entstanden.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Seit dem Kambrium kennen wir auch derbere Pflanzengestalten, dienbsp;den Charakter von Tangen (so nennen wir die gröBeren Algen) tragen. Wahrendnbsp;die einzelligen und fadenförmigen Algen nur eine oder sehr wenige Zellsortennbsp;besitzen, finden wir bei den Tangen schon eine etwas fortgeschrittenere Arbeits-teilung zwischen den einzelnen Zeilen; wir können (z. B. bei silurischen Algen)nbsp;3—4 Zellsorten unterscheiden. Immer noch fehlen Landpflanzen.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Die Entwicklung der Landflora setzt erst im Obersilur^) — mit zahl-reichen Resten belegt, sogar erst im Devon — ein. Damit schnellt auch dienbsp;Zahl der verschiedenen Zelltypen in die Höhe, wir können z. B. bei den ein-facheren devonischen Psilophyten (der altesten Landpflanzengruppe) 8—112)nbsp;verschiedene Zellsorten unterscheiden. Diese altesten Landpflanzen klingennbsp;zwar in ihrem Bau in vieler Hinsicht noch an die Tange an, sie besitzen abernbsp;doch schon manche Merkmale der heutigen Landvegetation wie Spaltöffnungen,nbsp;GefaBbündel usw. Wir dürfen in ihnen Pteridophyten, — wenn auch von rechtnbsp;ninfacher Organisation — sehen, also Gewachse, die heute durch Fame, Bar-lappe und Schachtelhalme (Filices, Lycopodiales, Equisetales) vertreten sind.
4. nbsp;nbsp;nbsp;Samenpflanzen sind erst seit dem Karbon sicher nachgewiesennbsp;{Vorlaufer wohl schon im Ob. Devon) und zwar zunachst die einfacher gestaltetennbsp;Formen, die Gymnospermen.
5. nbsp;nbsp;nbsp;Die ganze Formenfülle der kompliziertesten Pflanzen, der Angio-spermen, ergieBt sich über die Erde erst im allerletzten und kürzesten Zeit-abschnitt, erst seit der Ünterkreide. Die Zelldifferenzierung schreitet dabeinbsp;nngefahr entsprechend der Abb. 2 fort.
Zwei Punkte möchte ich bei diesen Grundlinien der pflanzlichen Entwicklung mit Nachdruck hervorheben:
Erstens: die fortschreitende Komplizierung des pflanzlichen Körpers. Sie tritt namentlich durch die Zunahme der Zelltypen deutlicher hervor als imnbsp;Tierreich.
Zweitens: die Pflanzen, mit denen wir uns als Landlebewesen in der Regel vorzugsweise beschaftigen, und denen z. B. Linné von seinen 24 Klassen fastnbsp;23 einraumte, namlich die Angiospermen, machen von der gesamten Pflanzen-welt nur einqn verschwindend kleinen Bruchteil aus, wenn wir die Stammes-geschichte der Pflanzen im absoluten ZeitmaB betrachten.
Wenn man so den Entwicklungsablauf der Pflanzen welt von den ersten Spuren an bis zur Jetztzeit verfolgt, taucht selbstverstandlich auch die Frage
1) nbsp;nbsp;nbsp;Dahlgrün 1925.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Hier und bei den anderen Kormophyten ist, urn eine einheitliche Basis zu haben,nbsp;uur der Sporophyt berücksichtigt. Als MaB der Unterscheidung von Zellsorten setze
Mn das Unterscheidungsvermögen eines fortgeschrittenen Studenten beiln mikroskopischcn
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Historische Phylogenie.
auf: Was war denn vorher? Wie sind denn diese ersten Pflanzen, die wir fiiiden^ geworden? Wie verlief die Urzeugung?
Unserer Antwort wollen wir gleich die Einschrankung voraiisschicken, daB alles, was wir über Urzeugung sagen können, sehr ungewiB ist, viel ungewisser,nbsp;als das, was wir über die Weiterentwicklung der Pflanzenwelt aussagen. Wirnbsp;werden uns dalier zuni Problem der Urzeugung recht kurz lassen.
Die altesten Pflanzenreste zeigen schon einen zellularen Bau. Das Problem der Urzeugung ist für uns also zunachst das Problem der Zell-entstehung^). Wir haben keinen Anhaltspunkt dafür, daB die Zeilen bei dennbsp;altesten Fadenalgen und Einzellern wesentlich einfacher waren als bei dennbsp;heutigen ,,Protophyten“, sagen wir einmal bei den blaugrünen Algen (Cyano-phyceen) oder den Bakterien, denen die Arbeitsteilung innerhalb der Zelle innbsp;Kern, Chromatophoren und Cytoplasma noch fehlt. Die Entdecker diesernbsp;altesten Pflanzenreste, z. B. Walcott, Gruner, rechnen darum solcheFormennbsp;auch zu den, Cyanophyceen. Dafür, daB z. B. die Cyanophyceen den altestennbsp;pflanzlichen Typ rep rasen tieren, spricht nach Pia fern er die pflanzen-geographische Tatsache, daB Cyanophyceen ihre Hauptverbreitung heute innbsp;den Tropen haben, und daB das Klima in diesen altesten Zeiten auf der Erdenbsp;wohl warmer war als heutzutage. SchlicBlich ist es selbstverstandlich, daB dienbsp;ersten Organismen imstande sein muBten, sich selbstandig aus anorganischennbsp;Bestandteilen zu ernahren, wie die Cyanophyceen, und daB sie nicht auf dienbsp;Lebenstatigkeit anderer Organismen angewiesen sein Ironnten, wie etwa dienbsp;meisten heterotrophen Bakterien und die Tiere.
Kurz, wir können die Frage nach der Urzeugung mit allergröBter Wahr-scheinlichkeit formulieren: Wie ist eine Zelle vom Bauplan der Cyano-phyceen-Zelle entstanden?
Eine Antwort darauf hat Sv. Arrhenius, der bekannte physikalische Chemiker,gegeben. Er vertritt dieLehre von der„Panspermie“;d,h. winzigenbsp;Keime sollen von anderen Himmelskörpern durch den Lichtdruck auf die Erdenbsp;gebracht worden sein. Abgesehen von sehr groBen Bedenken gegen diesenbsp;reine Hypothese, z. B. den Bedenken wegen der gewaltigen, normalerweisenbsp;todbringenden Temperaturdifferenzen, wegen der Austrocknungsgefahren aufnbsp;dieser Reise durch das Weltall — den Bedenken, warum wir denn heute nochnbsp;nie das Eintreffen solcher kosmischer Keime beobachten können — weiternbsp;manchen Bedenken von physikalischer Seite gegen die Lichtdrucktheorie überhaupt — abgesehen von all dem, bedeutet die Panspermiehypothese überhauptnbsp;keine Lösung, sondern nur ein Hinausschieben der Lösung.
Für alle Theorien von der Urzeugung ist eines klar: Auch die Cyanophyceen-Zclle ist bereits so hoch differenziert, daB wir eine lange Entwicklung annehmen müssen, wahrscheinlich eine viel langere Entwicklungszeit als die Zeitspanne,,nbsp;aus der uns Lebewesen bekannt sind.
Der Physiologe Pflüger verlegt daher in Ausführung von Gedanken Fechners die Urzeugung in jene Zeit, in der die Erde noch feuerflüssig war, innbsp;der z. B. Cyanverbindungen auftraten, also Verbindungen, aus donen der Chemiker auch heute kompliziertere organische Stoffe aufbauen kann.
Andere Forscher haben wiederum gegen eine solche Urzeugungshypothese das Bedenken geauBert. lebende Materie könne bei so hoher Temperatur nichtnbsp;bestehen. Ein sehr wesentliches Merkmal alles Lebendigen ist die Dauer-fahigkeit, die Fahigkeit sich selbst wieder zu erzeugen. Der Botaniker Meznbsp;nimmt daher einen spateren Zeitpunkt der Urzeugung an, eine Epoche,
1) Ob die ,,Bakteriophagen“, filtrierbaren Vira u. dgl. eine noch einfachere lebendige-Organisation darstellen, laBt sich derzeit nicht sagen.
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Literatur. — Allgemeines.
als die Erdoberflache sich bereits unter den Siedepnnld des Wassers abgekühlt habe, er denkt als erste Lebewesen-ahnliche Gebilde an Scliwefelverbindungennbsp;und kommt damit in die Nahe der autotrophen Bakterien, z. B. der SohwefeBnbsp;bakterien. Audi Nageli (1884) daclite an eine ürzeugung unter den heutigennbsp;Temperaturen, ja zur heutigen Zeit.
All das sind aber — wie nochmals betont sei — reine Hypothesen^).
Literatur.
Allgemeiner Uberblick und ürzeugung.
Arrhenius, Sv., Das Werden der Welten (übers. v. L. Bamberger). Leipzig 1908. Dahlgrün 1925 s. S. 126.
Franz, V., Probiologie und Organisationsstufen. Schaxels Abli. z. theoret. Biol., 1920„ Heft 6.
Gruner, J. W., Algae, Believed to bo Archean. Journ. Geol., 1923. Vol. 31, p. 147.
Mez, C., Erwiigungen zur Frage der ürzeugung. Königsberg 1918 (abgedruckt in: 3 Vortriige liber die Stammesgeschichte der Pflanzonwelt. Naturw. u. Landw., Heft 4, 1925).
Pia (1924) s. S. 126.
Pfliigor, E., Über die physiologische Vertoilung in den lebendigen Organismen. Pflügers.
Arch., 1876, Bd. 10, S. 341 und ebenda 1877, Bd. 16, S. 76.
Niigeli, C. V., Mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre. Miinchen und ^ Leipzig 1884.
Teich'mann, E., Ürzeugung. Handworterb. d. Naturw., 1916, Bd. 10, S. 169.
Walcott, C. D., Pre-Cambrian Algonkian algal-flora. Smithson Misc. Coll. 194, Vol. 64, p. 77^
Die Thallophyten sind ein bimtes Gemengo auBerst verschiedenartiger Formen, die allermeist nur lebend bekannt sind. Doch reichen ihre Spurennbsp;ohne Zweifel weit in die Vergangenheit zuriick (Abb. 2 und 3), viel weiter alsnbsp;die der Korniophyten. Da die Thallo]; hyten iiberdies in der Mehrzahl eine ein-fachere Organisation besitzen als die Korniophyten, ist ihre Besprechung vornbsp;diesen gerechtfertigt. Wir werden unsere pliylogenetische Betrachtung aller-dings recht kurz fassen, da wir fiir die Thallophyten-Phylogenie relativ wenignbsp;sichere Anhaltspunkte haben.
Die_ phylogenetischen Schwierigkeiten und Probleme beginnen sclion, wenn wir die ThalL-phyten gemeinsam charakterisieren wellen. Die wichtigstenbsp;Gemeinsamkeit, welche wir fiir die Thallophyten nennen können, ist ein negatives Merkmal, es ist ihr Gegensatz zu den Kormophyten.
Die Kormophyten sind bekanntlich diej enigen Pflanzen, welche auch dem Nichtbotaniker als Pflanzen schlechteveg geiten. Sie haben, wie wir das bei jedernbsp;Bliitenpflanze feststellen, einen ,,Kornius“, d. h. einen beblatterten SproB undnbsp;eine Wurzel. Diese Gliederung in SproB und Wurzel haben nun die Thallophytennbsp;noch nicht. ,,Noch nicht“; denn wir kennen auch Kormophyten, z. B. die Mistelnbsp;und in extremerer Weise andere Schmarotzer unter den Bliitenpflanzen, wie dienbsp;Rafflesiaceen, welche die Gliederung in SproB und Wurzel teilweise oder ganz,nbsp;wieder eingebüBt haben. Ja, bei den Rafflesiaceen ist der ganze Körper, abge-sehen von den groBen Blüten, in zarte Zellfaden aufgelöst, ahnlich wie dernbsp;Körper vieler Pilze. Trotzdem rechnen wir die Rafflesiaceen aber nicht zusammennbsp;mit den Pilzen zu den Thallophyten. Wir schlieBen namlich auf Grund des Blüten-baus und mancher Zelleigentümlichkeiten, daB die Ahnen der Rafflesiaceen ur-sprünglich typische Kormophyten waren, und daB sie erst spater in Einklang mit
. 1) Für altere Ansichten über Ürzeugung vgl. auch Nageli 1883, S. 83 ff., für neuere-ieichmann 1916, Franz 1924, S. 38ff. und Hertwig 1927.
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1. und 2. Stamm: Tliallophyta.
ilirer eigentümlichen Lebensweise wieder sekundar den Thallophytenhabitus ange-nommen haben.
Als Thallophyten lassen wir demnach solche Pflanzengruppen zusammen, welclie das Ausbildungsstadium von SproB und Wurzel noch nie erreichtnbsp;haben. Ich führe gerade das Beispiel der Rafflesiaceen an, um zu zeigen, wie
stark die heutige Systematik in phylogenetischen Vorstel-lungen gründet.
Aber auch in dieser For-mulierung ist unsere Umgren-zung der Thallophyten noch unbrauchbar. Denn es gibtnbsp;eine Anzahl von „Kormo-phyten ohne Korniusquot;, d. h.nbsp;Verwandte unzweifelh alternbsp;Kormophyten, von denen wirnbsp;jedoch init gutern Grimdenbsp;annehmen, daB ihre Ahnennbsp;gleichfalls nienials einen Kor-nius nach obiger Delinitionnbsp;besessen haben, z. B. Psilo-phyten und Moose.
Kurz, jeder Versuch die Thallophyten durch eine ein-deutige Delinition schar! zunbsp;umgrenzen, ist bisher ge-scheitert, weil morphologischenbsp;Übergangsglieder zu den Kor-mophyten verhanden sind.nbsp;Solche unscharle Grenzennbsp;sind lür den Systematiker, dernbsp;prazise Diagnosen wünscht,nbsp;bedauerlich, lür den Phylo-genetiker jedoch willkommen.nbsp;Es bleibt uns also hier zu-nachst nichts anderes übrig,nbsp;als die Thallophyten durchnbsp;Aulzahlen derjenigen Grappen zu charakterisieren,nbsp;die wir unter diesem Namen zusamraenlassen. Nach diesen Gesichts-punkten lassen sich die Thallophyten und die Gesamtpllanzenwelt gliedernnbsp;(vgl. auch die Übersicht beim Vorwort);
I. Stamm; Kernlose Thallophyten (Differenzierung des Zellinhaltes innbsp;Zellkern und Zellplasma lehlt).
1. nbsp;nbsp;nbsp;Cyanophyceenl ^ i i ^
^ nbsp;nbsp;nbsp;•nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;( öchizophyten.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Baktenen 1
II. Stamm: Kernhaltige Thallophyten (Euthallophyten s. 1.)
3. nbsp;nbsp;nbsp;Algen 1) {Algae, d. h. assimilierende Euthallophyten inkl.nbsp;Charophyta).
4. nbsp;nbsp;nbsp;Pilze^) {Fungi, d. h. Euthallophyten ohne Chromatophoren).nbsp;__Anhang: Plechten.
1) Wie schon wiederholt von andrer Seite betont wurde, handelt es sich bei den Grappen: Algen und Pilze um Sammelgruppen verschiedener Abteilungen. Als solche
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Allgemeines.
III. Stamm: Kormophyten.
A. nbsp;nbsp;nbsp;tibergangsgruppen mit teilweise thallosem Habitus.
5. nbsp;nbsp;nbsp;Bryophyten (Moose; Gametophyt vorherrschend).
6. nbsp;nbsp;nbsp;Psilophyten (Sporophyt vorherrschend).
B. nbsp;nbsp;nbsp;Eigentliche Kormophyten.
7. nbsp;nbsp;nbsp;Pteridophyten i. e. S., (also ohne Psilophyten).
8. nbsp;nbsp;nbsp;Phanerogamen.
Gleich zu Beginn unserer systematischen Ubersicht tritt uns die tiefste Kluft innerhalb des Pflanzenreiohs, ja wohl innerhalb der Organismenweltnbsp;überhaupt vor Augen. Diese Kluft ist gegeben durch die
kernlosen Organismen, wie die Bakterien und Cyanophyceen auf der einen Seite und die
kernhaltigen Organismen — das sind alle übrigen Pflanzen sowie die Tiere auf der anderen Seite.
Schussnig(1926)ist sicher im Recht, wenn er wegen dieses groBen zytologischen Unterschiedes die Cyanophyceen- und Bakterienzellen als eine besondere Zell-form, als „Archibiasten“, zusammenfaBt. Die zytologischen Differenzennbsp;zwischen diesen beiden Hauptgruppen der Organismen, zwischen den kernlosennbsp;und den kernhaltigen sind so betrachtlich und andererseits ist die Uberein-stimmung im Zeilban aller kernhaltigen Organismen miteinander so groB (mannbsp;denke nur an die Mitose ^) und den Kernphasenwechsel), daB man sich ernsthaftnbsp;fragen muB, ob hier nicht 2 grundverschiedene Pflanzengruppen vorliegen.nbsp;Wenn der Gedanke einer
„polyphyletischenquot; Herkunft (vgl. S. 379) berechtigt ist, so meines Krachtens hier.
Die Palaobotanik versagt hier, wenn wir von ihr eine klare Entscheidung verlangen. Den altesten Formen z. B. aus den prakambrischen Schichtennbsp;(Abb. 4) können wir es nicht ansehen, ob es sich um Cyanophyceen oder Algennbsp;Oder Bakterien handelt, mag auch die erste Annahme die wahrscheinlicherenbsp;sein. Nach den Fossilfunden wissen wir also nicht sicher, ob echte Algen, d.,h.nbsp;kernhaltige Pflanzen erst nach den Cyanophyceen, d. h. nach kernlosen Organismen, aufgetreten sind. Es könnte sehr wohl sein, daB unter diesen altestennbsp;Zeugen des Lebens bereits beide Gruppen vertreten waren.
Trotzdem besteht meines Erachtens auch kein zwingender Grund zur Annahme, daB beide Pflanzengruppen sich von Anbeginn an selbstandignbsp;entwickelt haben müBten, daB sie also unbedingt auf 2 getrennte Urzeugungs-akte zuriickgehen müBten. Furs Gegenteil, fur eine monophyletische Ab-^®jtung, sprechen die groBen Gemeinsamkeiten zwischen Cyanophyceen _ undnbsp;Algen, z. B. im StoffwechselprozeB — ich erinnere an die grundsatzliche llber-einstimmung in der Assimilation (z. B. Ahnlichkeit der Assimilationsfarbstoffe),nbsp;an die gemeinsamen Stoffwechsel-En^rodukte, an die Eiweifisynthese, die sogarnbsp;zu serologisch ubereinstimmenden Reaktionen_ führt, und überhaupt an allenbsp;jene morphologischen und physiologischen Ubereinstimmungen, welche dernbsp;Begriff Zelle umspannt. Sollte eine solche Übereinstimmung wirklich nur einenbsp;Konvergenzerscheinung sein, also eine Entwicklung von ganz verschiedenennbsp;Ausgangspunkten aus?
Sannnelgruppen sind sie aber reclit zweckmaCig und bisher noch durch keine ,,natürlicheren“ (iruppen ersetzt.
... ,. P Belaf (1926) hat darauf hingewiesen, dafi die Mitoson bei den Protisten einander ahnhcher sind, als man iruher annahm.
Zim
mermann, Die Phylogenie der Pflanzen.
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1. und 2. Stamm: Thallophyta.
GewiB der allererste Schritt zur Entstehung des Lebendigen mag vielfach erfolgt sein. Das steht hier gar nicht zur Erörterung. Hier handelt es sich umnbsp;die Frage, ob der sicher sehr lange Weg von jenem eigentlichen Urzeugungsakt,nbsp;vom ersten Auftreten sich selbst erhaltender organischer Materie, bis zur Cyano-phyceenzelle und bis zur Algenzelle in 2 getrennten Wegen verhef. Auch diesenbsp;Frage ist sehr sclrwer sicher zu beantworten. Möglich ist eine solche Poly-phylie natürlich; die gegenteilige Ansicht laKt sich nicht stützen durch einenbsp;einigermaBen gesicherte Aussage, wie und wann wohl kernhaltige Organismennbsp;aus kernlosen entstanden sind oder umgekehrt. — Ich möchte darum nur dernbsp;Ansicht entgegentreten, daB wir hier eine polyphyletische Ansicht annehmennbsp;müBten, oder daB diese etwa wahrscheinlicher sei als die umgekehrte. Nein,nbsp;hier liegen phylogenetische Fragen vor, zu deren sicheren Lösung unsere Zeitnbsp;noch nicht reif ist. Das ist auch nicht allzu erstaunlich; denn etwaige phylogenetische Zusammenhange zwischen kernhaltigen und kernlosen Organismennbsp;müssen sich in Zeiten abgespielt haben, die viel weiter zurückliegen, als dienbsp;phylogenetischen Wandlungen etwa innerhalb der Kormophyten. Es ware direktnbsp;erstaunlich und allen phylogenetischen Erwartungen widersprechend, wennnbsp;bei einem solchen langen Entwicklungsweg die Zusammenhange nicht undeut-licher und die Differenzen nicht gröBer waren, als bei jenen Gruppen, dienbsp;noch in viel spateren Zeiten phylogenetisch verbundên waren i).
Aus Gründen der Tradition und ZweckmaBigkeit nehmen wir sie vorweg. Wir könnten sie allerdings bei unserer phylogenetischen Betrachtung auch ganznbsp;auBer acht lassen. Denn einmal sind einwandfreie Bakterien fossil sehr schwernbsp;nachzuweisen. Zwar haben amerikanische Forscher, z. B. Gruner (Abb. 4 B)nbsp;und Walcott (1914), schon aus vorkambrischen Zeiten Kalk und Eisen ab-sondernde Bakterien angegeben. Wer jedoch wciB, wie schwer selbst in rezentennbsp;Ablagerungen Bakterien und Cyanophyceenleichen zu unterscheiden sind, wennnbsp;einmal die ursprüngliche Farbung verloren gegangen ist (Zimmerniann 1927)nbsp;der wird diesen Deutungsversuchen etwas skeptisch gegenüberstehen.
Wahrscheinlich haben zwar Bakterien schon seit uralten Zeiten ihr Zer-störungswerk, die Mineralisierung der organischen Substanz, getriêben und sich so an der Erhaltung des Stoffwechselkreislaufes beteiligt. Aber erst aus demnbsp;Devon und Karbon kennen wir einigermaBen sichere Spuren, welche wir mitnbsp;gutem Gewissen auf Bakterien zurückführen können und die völlig mit unserennbsp;rezenten Beobachtungen übereinstimmen (vgl. Pia 1928). Auf solche Spurennbsp;laBt sich jedoch keine sichere Phylogenie gründen.
Ferner sind die Bakterien als ganze Gruppe wohl sicher abgeleitet, ver-mutlich von Cyanophyceen-ahnlichen Gewachsen, die eine heterotrophe Lebens-weise annahmen^). Sie gehören also nicht in die Hauptlinie der pflanzlichen Entwicklung, auf die Blütenpflanzen hin, hinein. Aus all diesen Gründennbsp;können wir uns mit den gemachten Andeutungen begnügen.
(gemeinsame Charakteristika dieser Algen im weitesten Sinne).
Wir müssen diesen beiden Pflanzengruppen einen gemeinsamen Abschnitt widmen. Denn namentlich bei den altesten Formen sind wir oft über die Zu-gehörigkeit sehr unsicher. Und dann liefern die Algen im weitesten Sinne auch
1) nbsp;nbsp;nbsp;Eine vielfach gegenteilige Auffassung vertritt z. B. Tilden (1928).
2) nbsp;nbsp;nbsp;Andere Hypothesen vgl. A. Meyer (1912), Mez (1918) und Franz (1924).
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Cyanophyceae.
in ihrer Gesamtheit einige wichtige Daten für die Phylogenie der Organismen bzAv. für die Hilfswissenschaften der Phylogenie, z. B. die Palaohotanik.
Zunachst sind die Cyanophyceen und Algen als alteste Spuren des Lebens, ein Beleg dafür, daB das Leben im Wasser entstanden ist. Die Algen sind janbsp;auch heute in ihrer groBen Mannigfaltigkeit ans Wasser gebunden. Landformen,nbsp;wie z. B. die Trentepohliaceen zeigen alle Spnren von Abgeleitetheit. Auch dienbsp;den Algen am nachsten stehenden Korraophyten, wie die Moose und Pterido-phyten (s. 1.) ziehen sich fast überall in feuchte Walder und ahnliche Standortenbsp;zuriick. Die Entwicklungslinie von algenahnlichen Gewachsen zu den Blüten-pflanzen, welche wir in der Hauptsache verfolgen wollen, steht also unter dernbsp;Parole: ,,Los vom Wasserquot;Wir werden sehen, wie das den Land-pflanzen erst allmahlich Schritt für Schritt geglückt ist, wie die ersten Land-pflanzen zunachst noch Organisationsmerkmale an sich tragen, die durchausnbsp;dem Wasserleben, der Lebensweisc der Algen, entsprechen. Ich erinnere nurnbsp;an die Spermatozoenbefruchtung.
Wichtig sind die Algen aber auch für die Palaontologie wegen der ge-steinsbildenden Kraft mancher Vertreter, insbesondere durch die Aus-scheidung von kohlensaurem Kalk und Kieselsaure. Als bedeutsam seien genannt:
1. nbsp;nbsp;nbsp;einige Cyanophyceen (vgl. unten Sphaerocodium, S. 38),
2. nbsp;nbsp;nbsp;Chlorophyceen (vgl. Dasycladaceae, S. 42 ff.),
3. nbsp;nbsp;nbsp;Rhodophyceen (vgl. Corallinaceae, S. 54),
4. nbsp;nbsp;nbsp;Diatomeen mit ihrem Kieselpanzer, z. B. die „Kieselgurquot; aus iiingerennbsp;Ablagerungen (S. 39).
3. Cyanophyceae. a) Prakambrische Formen.
Vorlaufig wollen wir hier einmal alle vorkambrischen (bzw. archaischen) fadigen und einzelligen Thallophyten gemeinsam besprechen, da es sich mitnbsp;groBer Wahrscheinlichkeit (vgl. oben S. 30) meist um Cyanophyceen handelt.nbsp;Erst in den letzten Jahren sind sie durch Walcott, Gruner und ihre Schülernbsp;naher bekannt geworden. Diese cyanophyceenahnlichen Formen sind entwedernbsp;kleine Fadchen und Kugeln, die im Dünnschliff sichtbar werden (Abb. 4) odernbsp;es handelt sich um Kalksinterbildung nicht naher analysierbarer Mikrostruktur.nbsp;Da liegt der Verdacht einer Tauschung durch anorganische Bildung natürlichnbsp;nahe. Wir müssen daher zuerst zu 2 Fragen Stellung nehmen:
_1. Sind diese ,,Fossilien“ wirklich Reste von Pflanzen und nicht anorganische Gebilde wie das berüchtigte Eozoon canadense? In Übereinstimmung z. B.nbsp;mit Pia (1924 und 1927) und Knowlton (1927) darf man wohl die Organismen-natur mindestens bei jenen Fossilien, deren mikroskopische Struktur zellu-laren Charakter tragt, bejahen. Kamentlich die Bilder, welche wir Grunernbsp;(1922) verdanken (Abb. 4 B), geben durchaus den Eindruck von fadigen undnbsp;einzelligen Thallophyten^).
2. Welche Pflanzengruppen sind hier vertreten? Bakterien, Cyanophyceen oder andere Thallophyten, z. B. Chlorophyceen? Ich muB gestehen, daB ich dernbsp;Einordnung dieser Fossilien in bestimmte Thallophytengruppen etwas skeptischnbsp;gegenüberstehe, zumal ein selbstandiges Urteil lediglich nach den Abbil-dungen nicht leicht ist. Die erkennbaren Charakteristika, wie die undeutlichenbsp;Ghederung in Zeilen, die Scheidenbildung, die Ausscheidungen von Kalk undnbsp;Eisen, kommen recht vielen Thallophyten zu, z. B. auch manchen Bakterien
1) nbsp;nbsp;nbsp;Diesen Gedanken hat vor allem Bower (1S08) verfolgt.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Eine abweichende Meinung vertritt Hawley (1926).
3*
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1. und 2. Stamm: Thallophyta.
und Chlorophyceen. Überdies gibt es auch heute noch Formen, die sich nicht ohne weiteres diesen groBen Schizophytengruppen einfügen; ich denke z. B.nbsp;an die Chlorobacteriaceen, Actinomycetaceen und Myxobacteriaceen.
Wenn man sich also rein auf die Fossilfunde stützt, wird man es vorerst offen lassen müssen, welche Pflanzengruppen zuerst vertreten waren. Danbsp;aber das Pflanzenreich bei seiner Phylogenie allgemein eine fortschreitendenbsp;Differenzierung zeigt, ist es durchaus wahrscheinlich —.wie wir oben schonnbsp;angedeutet haben — daB die altesten Organismen in Übereinstimmung mitnbsp;den Schizophyten ohne Differenzierung in Zellkern und Zytoplasma waren.
Die Fossilien lassen auch die weitere Frage unentschieden, ob die altesten Formen echt einzellig oder mehr fadig waren. Wir werden der gleichen offenennbsp;Frage spater bei den Chlorophyten begegnen. Dagegen dürfte eine polarenbsp;Differenzierung der Faden und Zeilen, wie sie heute auch manchen Cyanophyceen zukommt (Chamaesiphon, Rimlaria), ursprünglich gefehlt haben. Jeden-faUs verdienen diese altesten Spuren des LebenS intensive Beachtung^).
b) Jüngere, insbesondere koloniebildende Formen.
Vom phylogenetischen Standpunkt aus ist hier insbesondere die Gestaltung eines Kolonieverbandes bemerkenswert. Es gibt ja heute zahlreiche Cyanophyceen, die ihre Einzelfaden zu höchst charakteristischen makroskopischennbsp;Gestalten verflechten, z. B. die vielgestaltigen Aostoc-Arten. Solche Gestalten
1) Vgl. hierzu auch die „Protophyceen“ Lindenbeins.
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Cyanophyceao.
gemahnen an höhere Pflanzen (Abb. 5) und sind eine interessante Parallel-bildung zu diesen.
Charakteristisch gestaltete Cyanophyceenkolonien finden sich besonders bei den kalkabsondernden Formen. Der Kalk wird hier — wie bei vielen assi- ¦
milierenden Pflanzen — wahrend der Assimilation ausgeschieden. Er kopiert natürlich weitgehend die Gestalt der Cyanophyceenraschen, so daB wir dienbsp;ehemalige Kolonieform erkennen können.
Eine solche sehr einfache Kolonieform ent-steht vor unseren Augen noch heute bei den
a nbsp;nbsp;nbsp;b
Abb. 6. Rezente kugelige Gyanophyceensinter.
a) nbsp;nbsp;nbsp;Totalansioht.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Langsschliff mit der Schichtung.
Aus Walcott (1914) Taf. 4, Fig. 1 und 2.
Vergr. IKmal.
„Schnegglisanden“ = „Lake balls“ usw. (Abb. 6 a). Es sind das Raschen von SüBwassercyanophyceen, die einen kleinen Stein, ein Bruchstück einer Muschel-schale usw. besiedeln; durch die Brandung werden sie dabei hin- und her-bewegt, so daB sie allseitig wachsen und Kalk abscheiden können. So wird im
-ocr page 54-1. und 2. Stamm: Thallophyta.
Verlaufe der Vegetationsperioden Schicht um Schicht von kohlensaurem Kalk abgelagert; die ganze Kolonie wachst inanchmal bis zur FaustgröBe und kenn-
zeichnet die Vegetationsperioden oft wie ,, Jahresringequot; (Abb. 6b).
Möglicherw'eise gehören zu solchen Cyanophyceenkoloniennbsp;schon prakambrische Kalk-abscheidungen (vgl. z. B. Crypto-zoon Hall nach Pia, 1926, Abb.nbsp;14). Seit dem Kambrium undnbsp;Silur werden derartige Kalk-abscheidungen durch „Algen“-Kolonien (s. 1.) haufiger. Aufnbsp;ziemlich gesichertem Boden bewegen wir uns wohl, wenn wirnbsp;die Gattung „Girvanellaquot;’ ausnbsp;dem englischen Wenlockkalknbsp;(Silur) hierher rechnen: wirrenbsp;Algenfaden bauen machtigenbsp;Kalkriffe auf. Auch die meso-zoischen Sphaerocodien (Abb. 6 c)nbsp;sind den „Schnegglisanden“nbsp;auBerst ahnliche Bildungen.
Zentrum ein Bruchstück einer Muschelschale. Vergr. 3,5mal.
(Schliffsamml. Bot. Inst. Tüb. Nr. 1).
lm
Cyanophyceenkolonien ohne Kalkabscheidung, wie Nostoc,nbsp;sind effenbar ebenfalls sehr alt.nbsp;Man hat wenigstens gutennbsp;Grund, mit Pia (1928), Knowlton (1927) u. a., tangartige Bildungen ausnbsp;kambrischen Schichten (Abb. 5) und aus jüngeren Zeiten hierher zu rechnen.
4. Algae s. str.').
Es mag erstaunlich sein, dafi wir bei unseren phylogenetischen Betrach-tungen nicht ausgingen von jenen Algengruppen, die meist als Urformen des Lebens hingestellt werden, nicht ausgingen von den Protisten, insbesondere den
a) assimilierenden Plagellaten.
Aber leider haben wir von dieser so ursprünglich anmutenden Pflanzen-griippe kaum sichere Beste aus vorpalaozoischen und altpalaozoischen Schichten. Uas besagt allerdings nicht sehr viel. Es besagt vor allem nicht, dafi Plagellatennbsp;und andere Protisten in den vorpalaozoischen Zeiten fehlten. Denn solchenbsp;leicht verganglichen Protisten, die heute noch unter unserem Mikroskop zer-fliefien, sind aus den altesten Zeiten — selbst wenn sie verhanden waren —nbsp;für unsere Kenntnis auf immer verloren. Erst Formen, die durch einen Kiesel-oder Kalkpanzer oder eine andere derbe Zellw'and widerstandsfahige Bestenbsp;lieferten, konnten fossilisiert werden. So haben wir z. B. aus dem Kambriumnbsp;bereits beschalte GoccoUtJiophoriden, d. h. gepanzerte Flagellaten, die heutenbsp;warmere Meere besiedeln und (aus den Potsdamschichten) Badiolarien ^),nbsp;also alles Formen, die in den Verwandtschaftskreis der Flagellaten gehören.nbsp;Wir dürfen aus diesen von den Flagellaten abgeleiteten Formen wohl mit Sicher-
1) nbsp;nbsp;nbsp;Wegen morphologischer Einzelheiten mufi auf die allgemeinen Lehr- und Hand-bücher (z. B. Oltmanns, 1922/23, und Harder, 1928) verwiesen werden.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Cayeux gibt sogar prakambrische Radiolarien an.
-ocr page 55-Assimilierende Flagellaten, Diatomeen.
lieit schlieBen, daB auch eigentliche Flagellaten, d. li. freibewegliclie, echte Einzeller alter als das Kambriuni sind. Wir dürfen das um so mehr, als auclinbsp;die Entwicklung der Tiere in prakambrische Zeiten zurückreicht.
Wenn wir auf die altesten pflanzlichen Spuren zuriickgreifen, so sind es also 2 Pflanzengruppen, die — wie aus dem Nebel heraustauchend — aus vor-kambrischen Zeiten zu uns kamen.
1. nbsp;nbsp;nbsp;Ein Stamm festsitzender, d. h. fadiger und einzelliger Pflanzen. Janbsp;vielleicht, bzw. wahrscheinlich, sind es mehrere Stamnie, von denen sich dienbsp;Schizophyten und Chlorophyten herleiten. Es sind das Fornien, welche aufnbsp;eine Entstehung an der Küste hinweisen, wo sie auch heute noch entwedernbsp;in stilleren Buchten direkt dem Boden aufliegen oder leicht angeheftet sind.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Ein Stamm freibeweglicher Einzeller, dessen Hauptlebensraum —nbsp;wenn wir aus den heutigen Verhaltnissen etwas schlieBen dürfen — die Hoch-¦see war.
Können wir die festsitzenden Thallophyten von den freibeweglichen oder umgekehrt ableiten? So lautet das Hauptproblem über die phylogenetischennbsp;Beziehungen beider Gruppen. Wir wollen nicht lange diskutieren. Deun auchnbsp;hier sind wir, meines Erachtens, wieder an der Erkenntnisgrenze. Wir wissennbsp;es nicht. Auch die serologischen Ergebnisse (vgl. z. B. M e z, 1924) helfennbsp;kaum weiter, da sie für so weitrcichende Verwandtschaftsbeziehungen derzeitnbsp;nicht verwertbar sind.
b) Diatomeen (Bacillariophyta).
Die Diatomeen treten bemerkenswerterweise unter den echten Einzellern verhaltnismaBig spat auf. Das alteste sichere Vorkommen ist eine im Oberliasnbsp;gefundene Pyxidicula. Dann kommen erst wieder einigermaBen sichere An-gaben aus der Kreide. GewiB sind wegen des zu geringen Interesses, das mannbsp;dieser Algengruppe bisher zollte, unsere Kenntnisse unnötig lückenhaft (vgl.nbsp;die Zusammenstellung der Funde bei Hirmer/Pia 1927). Aber soviel ist dochnbsp;heute schon ersichtlich, daB von den beiden Hauptgruppen der Diatomeennbsp;die zentrischen, d. h. die planktontischen Formen, zeitlich vor den „Pennaten^,nbsp;den aufsitzenden Formen, dominieren. Das deutet auf eine planktontische,nbsp;also wohl flagellatenartige Herkunft, die auch wegen der flagellatenartigennbsp;Gameten der Centhcae wahrscheinlich ist.
Eine gröBere Bedeutung gewinnen die Diatomeen überhaupt erst ini Tertiar. Hier haben wir effenbar eine explosionsartige Bildung neuer Formen gehabt.nbsp;Die Parallelitat mit den Blütenpflanzen und Saugetieren ist auffallig. Fernernbsp;verdient schon hier festgehalten zu werden, daB die Diatomeen heute im Gegen-satz zu den Formenkreisen der Flagellaten und der Cyanophyceen vor allemnbsp;in den kalteren Regionen dominieren, und daB sie auch im SüBwasser auBer-ordentlich reich an Arten und Varietaten sind.
Es bleiben nun noch von den assimilierenden Thallophyten im wesentlichen die Kerngruppen der Algen: die Chlorophyten i), Phaophyten undnbsp;Rhodophyten. DaB sie sich von einzelligen oder fadigen Formen herleiten lassen, darüber herrscht wohl kein Zweifel. Und da diese einfachennbsp;Formen auch aus alteren Zeiten überliefert sind als die abgeleiteten, ist dernbsp;SchluB einer derartigen phylogenetischen Ableitung gut begründet. Wiedernbsp;aber erhebt sich die Frage: Können wir diese 3 Algengruppen voneinander odernbsp;wenigstens von einer gemeinsamen Urform ableiten, oder leiten sie sich „poly-
1) Wegen der Bezeichnung: Chlorophyten, Phaophyten und Rhodophyten sei auf die Atruppierung beim Vor wort verwiesen.
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1. und 2. Stamm: Thallophyta.
Die Phaophyten und Rhodophyten sind in mancher Beziehung so einseitig spezialisiert und auch so wohl abgegrenzt ^), daB man von Rhodophyten odernbsp;phaophytenartigen Ahnen unmöglich die Chlorophyten mit ihrer groBen Formen-mannigfaltigkeit ableiten kann. Die Frage kann daher nur lauten: Trugen dienbsp;Ahnen der Phaophyten und Rodophyten einmal den Charakter von Chlorophyten? Seit Nageli hat man demgegenüber wiederholt den Standpunkt ver-treten, diese 3 Algengruppen seien „polyphyletisch“ entstanden (z. B. Wettsteinnbsp;1923, S. 19). Schalen wir aus dieser Frage die verschiedenen Einzelproblemenbsp;heraus!
ZweifeUos sind die drei genannten heutigen Algengruppen jetzt völlig ge-sondert, d. h. Zwischenformen fehlen — auch aus der Vergangenheit können wir keine nennen. Aber wenn man für alle Formenkreise, für die man keinenbsp;Zwischenformen angeben kann, eine polyphyletische Entwicklung annehmennbsp;will, wenn man weiter unter polyphyletischer Entwicklung die vollstandig ge-trennte Entwicklung von unabhangig voneinander entstandenen ,,Urzellen“nbsp;aus meint (S. 380), dann muB man meines Erachtens bei diesen Algengruppennbsp;nicht nur 3 solcher unabhangiger Stamme annehmen, sondern sehr viel mehr.,nbsp;Die Phaophyten zwar sind eine ziemlioh geschlossene, offensichtlich eng mit-einander verbundene Abteilung. Sie haben auch nach ziemlich allgemeiner Über-zeugung wohl bestimmt eine gemeinsame Herkunft, sind monophyletisch.nbsp;Schwieriger ist die Beurteilung der Rhodophyten und Chlorophyten. Um nurnbsp;einige Beispiele zu nennen: da stehen dem Kern der Rhodophyten, den Florideen,nbsp;die isolierten Bangiales und die ratselhafte Thorea gegeniiber und auch unternbsp;den Chlorophyten stehen manche Grappen wie die Charo'phyten, die Conjugatennbsp;und die Oedogoniaceen völlig isoliert da. Irgendwelche Bindeglieder kennen wirnbsp;hier nicht.
Weiter werden als Grand für die Annahme einer polyphyletischen Entwicklung der genannten Algengruppen ihre groBen Verschiedenheiten im Zeilban und in der Fortpflanzung angegeben. Die Unterschiede sind hier allerdings groB,nbsp;sieher gröBer als sonst zwischen assimilierenden kernhaltigen Organismen. Mannbsp;denke an die so verschiedenartigen Chromatophoren und Assimilationsprodukte,,nbsp;an den verschiedenartigen Bau der Schwarmer und Gameten (z. B. sind beinbsp;Chlorophyten und Phaophyten die Keimzellen meist mit GeiBeln beweglich,nbsp;nur die Conjugaten und Rhodophyten haben durohweg geiBellose Keimzellen).nbsp;Aber auch hier sind die Unterschiede innerhalb der 3 Grappen, namentlich unternbsp;den Chlorophyten, sehr betrachtlich. Welch ein Unterschied in der Fortpflanzungnbsp;besteht z. B. zwischen der Isogamie von ülothrix (Abb. 7), der Oogamie vonnbsp;Coleochaete mit ihrer an die Rhodophyten gemahnenden Trichogyne ^) und dernbsp;Conjugation der Conjugaten! Chromatophorenbeschaffenheit und Assimilationsprodukte wechseln gleichfalls bei den Chlorophyten sehr stark.
Also auch hier wieder kann es nur heiBen: wenn man bezweifelt, ob die 3 Grappen zusammen einen gemeinsamen Ahn besessen haben, dann muB mannbsp;dies auch für jede einzelne Gruppe, insbesondere für die Chlorophyten selbstnbsp;wieder bezweifeln.
Der Annahme einer polyphyletischen Entwicklung gegenüber darf man aber auch die Gemeinsamkeiten aller 3 Grappen betonen. Ich erinnere beispielsweisenbsp;nochmals an die Eigentümlichkeiten der Mitose und des Kernphasenwechsels,nbsp;an die grundsatzliche Übereinstimmung des Assimilationsvorgangs, die so weit
1) nbsp;nbsp;nbsp;Namentlich wenn man nur die Hauptmasse der Florideen ohne AuBenseiter, wienbsp;Bangiales und Thorea, betrachtet.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Letztere wird wohl durchweg als Konvergenzerscheinung aufgefaBt.
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Chlorophyta.
geht, daB sogar eine Eeilie von Assimilationsfarbstoffen mebr als einer Gruppe gemeinsam sind. Eine Annahme, daB so kompbzierte Bildungen seibstandig undnbsp;völlig unabhangig voneinander entstanden sein sollen^ ist ment se rnbsp;Anch die Fortpflanzungsformen lassen sich duicliweg voneinander ableiten.nbsp;Ein zwingender Gmnd znr Annahme einer polyphyletischen Bntwiokiung be-steht jedenfalls nicht.
Die 3 Grappen und wohl auch verschiedene einzelne Chlorophytenstamme hatten jedoch sicher ihre Selbstandigkeit schon sehr früh im Altpalaozoikum odernbsp;noch früher erlangt. Von den Chlorophyten besitzen wir siohere Belege beieitsnbsp;aus dem Palaozoikum. Und wahrscheinlich wird man manche tangartigennbsp;Fossilien (Abb. 13) den Phaophyten zurechnen mussen, so daB auch diese be-stimmt recht alt sind. Bei solch hohem Alter ist es aber auch leioht verstandlich,nbsp;daB die Differenzen zwischen den einzelnen Algengruppen gröBer sind als zwischennbsp;den Kormophyten, welche sich erst spater herausddieienziext haben (vgl. dasnbsp;nach dieser AnnaL.me entworfene Stammbanmbild Abb. 2). er, wie gesag gt;nbsp;eine sichere Entscheidung ist hier kaum zu fallen. Nur die Wahrschein ic einbsp;scheint mir mehr für eine monophyletisohe als für eme po yp y e isc e nnbsp;wicklung zu sprechen.
Einige weitere Einzelheiten der phylogenetischen Entwicklung be-sprechen wir besser gesondert bei dennbsp;verschiedenen Grappen, z. B. dienbsp;Fragen nach der Phylogenie einesnbsp;komplizierteren Thallus als des Faden-zustandes und nach der Phylogenienbsp;des Generationswechsels.
Allgemeine Gestaltung.
Abb. 7. Ulothrix sonata.
A Junger Faden mit RMzoidzelle r. Vergr. 300mal.
B—K Bildung von Schwarmsporen (B und C) und Gameten (D und E), sowie deren Kopu-lation und Zygotenkeimung (F—K). Vergr.nbsp;482mal.
(Nach Do del aus Harder 1928, Fig. 338.).
In dieser formenreichen Gruppe — die Formenmannigfaltigkeit ist wohlnbsp;groBer als die der übrigen assimilie-renden Euthallophyten und Kornio-phyten zusamnien — linden wir auchnbsp;noch heute Pflanzen mit einem sehrnbsp;altertitalichen Geprage, z. B. dienbsp;Chlorophyceengattung ülothnx{Ahh.T)nbsp;mit ihren einfachen unverzweigtennbsp;Zellfaden. Jede Zelle (oder fast jede)nbsp;ist noch teilungsfahig, jede besitzt dienbsp;Fahigkeit, Keimzellen zu erzeugen.nbsp;Dariiber, daB dies ülothnx-èiaómmnbsp;ein relativ ursprünglicher Zustand ist,nbsp;kann kein Zweifel herrschen. Es istnbsp;ferner wohl von allen Algologen, dienbsp;überhaupt die Phylogenie anerkanntnbsp;haben, kaum je bezweifelt worden,nbsp;daB zwischen üloihrix imd ihren Ver-wandten auf der einen Seite einenbsp;phylogenetische Beziehung besteht zunbsp;den Elagellaten auf der anderen Seite.nbsp;Die Brücke bilden die Chlamyiomonas-artigen Chlorophyceen, die wahrend
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1. und 2. Stamm: Thallophyta.
ihres vegetativen Daseins dauernd das Aussehen der Keimzellen ven Ulothrix (Abb. 7 C und E) bewahren. Wie gesagt, über die phylogenetische Zusammen-gehörigkeit der fadigen und der flagellatenartigen Stadiën zu einer Reihenbsp;dürfte kein Zweifel besteken; wohl aber ist hier wie so oft die Frage uni-stritten, in welcher Eichtung wir die Reihe lesen niüssen.
Vielleicht kommt man aber überhaupt diesen phylogenetischen Problemen etwas naher, wenn man gar nicht die Frage der GeiÖel, sondern die Frage dernbsp;Gesamtsymmetrie der Zeilen, so wie sie sich in der Zellteilung und Gewebsbildungnbsp;aufiert, in den Vordergrund stellt. lm Hinbliok auf die Gesamtrichtung der Phylo-genie scheint mir der unregelmaBige Zellhaufen unbeweglicher Zeilen, so wie ernbsp;unter den Protococcalen in den Gattungen Chlorococcum und Chlorella vorkommt,nbsp;wegen seiner, ünspezialisiertheit die ursprünglichste Gewebeform und der Zell-faden mit seiner streng geregelten Zellteilungsrichtung ein davon abgeleitetesnbsp;Stadium. Auf welchem Stadium nun dabei die Pflanzenbsp;die Geifieln erworben hat, ist sehr schwer zu sagen.nbsp;Davon hangt aber die Entscheidung ab, oh wir etwanbsp;annehmen, Chlamydomonas sei gewissermafien eine imnbsp;,,Larvenstadium“, d. h. im Keimzellstadium, sich fort-pflanzende Ulothrichacee (so z, B. Mez 1918 und Franznbsp;1924), Oder umgekehrt nach der alteren und verbreitet-sten Auffassung: die Protococcales und Ulothrix seiennbsp;durch SeBhaftwerden von flagellatenahnlichen Grün-algen entstanden.
Jedenfalls sind neben fadigen, unverzweigten Formen auch schon sehr früh bei den Chlorophytennbsp;verzweigte Algen entstanden. Bereits aus dem U.-Silurnbsp;kennen wir mit Sicherheit Vertreter einer derartigennbsp;verzweigten und in vieler Hinsicht sehr wichtigennbsp;Chlorophyceengruppe, namlich der (zu den Siphono-cladiales) gehörigen Familie der
Dasycladaceae.
Sie leben heute noch an den Kusten warmerer Meere und gelangten in zwei getrennten Erdperiodennbsp;zu gröBerer Formenfülle, im Silur und in der Trias,nbsp;beide Male in der Weltmeerfazies, z. B. in unserernbsp;alpinen Trias. Die Dasycladaceae besitzen einennbsp;ziemlich einheitlichen Organisationsplan. Wir findennbsp;stets einen Achsenfaden, von dem aus kürzere und langere, meist verzweigtenbsp;Seitenzweige ausgehen. GewissermaBen die Urform dieses Typus reprasentiertnbsp;Primocorallina (Abb. 8) aus dem U. Silur. Typisch für die altesten Dasy-cladaceen ist es, daB die Seitenaste noch nicht regelmaBig in Wirteln stehen,nbsp;sondern ziemlich gleichmaBig an der Hauptachse verteilt. Das gibt uns einennbsp;Fingcrzeig, wie solche Formen mit einem kraftigen Achsenfaden entstandennbsp;sein mogen. Denn diese nicht-quirlige Anordnung der Seitenaste vermitteltnbsp;zwischen einer Verzweigungsform, bei der die Seitenaste der Hauptachsenbsp;noch gleichwertig sind und der eigentlichen Quirlstellung^).
Wir können namlich unter den heutigen Grünalgen, etwa bei den Chaeto-phoraceen, fast kontinuierliche Rcihen zwischen einem reinen Fadenalgentyp einerseits und habituell den Dasycladaceen sehr ahnlichen Formen andrerseits
1) Vgl. auch unten die entsprechende Ableitung der seitenstandigen Verkettung und Quirlstellung bei den Kormophyten (S. 69ff.).
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Dasycladaceae.
feststellpn Tch neniie nur die Chaetophoraceenreihe: Stiqeoclonium — Cliaeto-phora-Draparnaldia (vgl. Oltmanns, Bd. I, Abb. 197, S. 296 und Berthold, 1878), eine Reihe, innerhalb der man Schntt für Schritt verfolgen kann, wienbsp;allmahlich einer der Zweige die VorheiTSchaft gewinnt und sich daniit so\yohlnbsp;physiologisch wie morphologisch gegenüber den Seitenzweigen differenziert.nbsp;Dieser UifferenziationsprozeB ist für das Verstandnis des Aufbaus der Land-
(Aus Oltmanns, 1922, Fig. 243.)
pflanzen auBerordentlich wichtig. Der Achsenfaden wird zur tragenden Achse, er erhalt eine im wesentlichen mechanische Funktion, die auBerennbsp;Zweige dagegen bleiben Assimilationsorgane. Z. B. bei der heute lebendennbsp;DraparnaUia können wir das noch sehr sehön sehen, wie im Achsenfadennbsp;die Chromatophoren reduziert sind, wahrend die Seitenzweige von ihnennbsp;fitrotzen. Ich greife gleich mit der Bemerkung voraus, daB ans einer solchennbsp;Zentralachse der Tange sich zweifellos das Leitbündelsystem der Blütenpflanzen,nbsp;insbesondere das Holz, herausentwickelt hat.
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1. und 2. Stamm: Thallophyta.
Eine Spezialeigentümlichkeit der Dasycladaceen ist es dagegen wohl,, daB im Achsenfaden und auch in den gröBeren Zweiggliedern eine Wandbildungnbsp;zwischen den einzelnen Zeilen unterbleibt, dafi also diese Zeilen, \Yie man sagt,nbsp;mehrkernig sind.
Wir wollen die ungefahr 58 bekannten fossilen Gattungen hier nicht einzeln besprechen. Sie sind jetzt durch Pia im neuen Handbuch der Palaobotaniknbsp;(1927) ausführlich zusammengestellt. Einzelne Vertreter zeigt Abb. 9—11.nbsp;Nur einige allgemeinere Punkte seien hervorgehoben.
1. Auch die fossil erhaltenen Dasycladaceen lebten vorwiegend in der Brandungszone. Vielleicht tauchten sie ahnlich wie viele heutigen Tange ausnbsp;dem Wasser vorübergehend anf. Sowohl die mechanische Beanspruchung
zurüek. Hier wollen wir nur festhalten, da6 ein zusammenschluB (vgl. Abb. 15) für Kusten- undnbsp;teristisch ist, wahrend die dauernd untergetauchten Pflanzen haufiger einennbsp;rein fadigen Thallus besitzen, d. h. aus höchstens lose verbimdenen Padennbsp;bestehen.
2. Bei den Dasycladaceen der Brandungszonen bildete sich als mechanischer Schütz ein Kalkmantel (Abb. 11) aus, der meistens den Achsenfaden und dienbsp;Basis der Seitenzweige, evtl. auch etwas mehr, umschloB. Die allerletzten Aus-zweigungen der Seitenzweige ragten wohl bei allen Dasycladaceen — mindestensnbsp;an jungen Exemplaren und Teilen — unverkalkt (Abb. 9) über den Kalkpanzernbsp;hinaus und dienten der Assimilation ^).
Bei einigen Formen ist der Kalkpanzer keineswegs von unten bis oben kontinuierlich. Es wechseln einige verkalkte Wirtel mit unverkalkten, so wie
durch den Wogenan-prall, wie das vorüber-gehende Austrocknen bedingten einen star-keren Zusammen-schlufi der Seiten-zweige (Abb. 9,2).nbsp;Das ist bei den mei-sten Dasycladaceennbsp;verwirklicht. Trotz-dem ist bei den Dasycladaceen — wie janbsp;regelmalhg bei dennbsp;Chlorophyceen — dernbsp;Aufbau aus Paden,nbsp;die sich nur durchnbsp;Ansehwellen einzel-ner Teile zusammen-schlieBen, deutlich.nbsp;Wir kommen bei dennbsp;Phaeophyten (S. 49)'nbsp;auf den Gegensatznbsp;zum festen Gewebs-zusammenschluB dernbsp;Kormophyten nochnbsp;solcher fester Gewebs-Landpflanzen charak-
1) Pia, wohl der peste Kenner der fossilen Dasycladaceen, vertritt für manche Formen eine andere Auffassung: der Kalkpanzer soil die ganze Pflanze uinsohlossen haben. Seinenbsp;Schlüsse scheinen mir aber in diesem Falie nicht zwingend, ja nach derLebensweise der heutigennbsp;Formen sogar unwahrscheinlich.
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Dasycladaceae.
wir das bei der im Mittelmeer haufigen imd den Dasycladaceen nwrphologisch nahestehenden Grünalge Halmeda Tuna sehen. Die tnadische Dasycladaceenbsp;Diflopora annulata (ladiniscbe Stufe) z. B. zeigt uns in ihren geg le ^nnbsp;Kalkröhren noch heute sehr deutlich diesen Typ Es ist klar, da erai ij,enbsp;feste, aber doch etwas geschmeidige Formen dem Wogenanprall besonders ge-wachsen sind.
3. Die ursprünglich unregelmaBige und ungefahr schraubige Anortoung der Seitenzweige wird alhnahlich gegen die wirtelige vertauscht. Wahrennbsp;ini Silur und Karbon nur unregelmaBig gestellte Seitenzweige verhandennbsp;waren, überwiegen in der Trias die wirteligen ganz erheblich. Heute leben nurnbsp;wirtelige Formen, daher wird die Gruppe auch manchmal SipJioneae verti-cillatae genannt.
Abb. 11.
Dactylopora cylindracea Lam. (Eocan.)
a) nbsp;nbsp;nbsp;AuBenansieht.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Innenansicht eines Liingsbruches.nbsp;Bie Löcher im Kalkzylinder ent-
sprechen den Seitenasten.
Vergr. ca. 3,6mal.
(Zeiller, Fig. 1, S. 25.)
4. Die Fortpflanzungsorgane entstehen in den Wirtelasten, vor allem in der Basis (Abb. 9 und 10), zuni Teil auch wohl in der Hauptachse (Abb. 9,3),nbsp;effenbar jedoch immer innerhalb des schützenden Kalkpanzers.
Man nennt sie meist ,,Sporenquot;, doch ist die Bezeichnung ,,Zyste“ richtiger, denn es sind derhwandige kugelige Gebilde, die — wenigstens bei den heutigennbsp;Dasycladaceen — nicht direkt, sondern erst nach einer Ruheperiode keimen undnbsp;dann freibewegliche Gameten erzeugen.
Seit der Oberkreide und dem Tertiar ist eine weitere Arbeitsteilung be-nierkenswert. Bei den alteren Formen waren noch alle Zweige, wenigstens potentiell, gleichwertig. Alle konnten Zysten bilden, alle setzten sich innbsp;Assimilatoren fort. Bei den tertiaren Formen dagegen beginnen sich speziellenbsp;,,Sporangien“ auszubilden (Abb. 12). D. h. diese allein bilden Zysten ausnbsp;und werden meist als Seitenzweige 2. Ordnung angelegt, wahrend die anderennbsp;ihre Funktion als Assimilatoren beibehalten. Ja bei den jüngsten, noch
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1. und 2. Stamm: Thallophyta.
heute lebenden Dasycladaceen, z. B. bei Dasycladus, rückt das Sporangium offenbar durch sekundare Verschiebung terminal!
Es ist ferner eine in der Phylogenie immer wieder zu beobaohtende Er-sclieinung, welche anch die Dasycladaceen bewahrheiten, daB beim ersten Auf-treten einer ganzen Gruppe anch die Formenfülle rasch zu einer spater nicht mehr erreichten Mannigfaltigkeit anschwillt. Bereits das Silur enthalt z. B.nbsp;in den silurischen Cyelocrineae (welche vor allem Stolley aus den nord-deutschen Geschieben studierte) eine Dasycladaceengruppe, die heute völlignbsp;verschwunden ist. Die Cydocrineoe erlöschen bereits im Karbon i).
Wur um den groBen Formenreichtum der Chlorophyceen bereits im Silur anzudeuten, sei erwahnt, daB schon von diesen alten Zeiten an auch einenbsp;Parallelgruppe zu den Dasycladaceen verfolgbar ist, die Codiaceen, welche dennbsp;Dasycladaceen morphologisch ziemlich nahestehen.
Auch die
Charophyten,
welche durch ihre vielkernigen Zeilen, ihre wirtelig gestellten Seitenzweige den Dasycladaceen im Habitus ahneln, aber im SüBwasser leben, sind sicher einenbsp;sehr alte Pflanzengruppe. Ihnen stoht z. B. Palaeoniteïla aus dem Mitteldevonnbsp;im morphologischen Aufbau und auch nach der Lebensweise in kleinen Tümpelnnbsp;derart nahe, daB wir über ihre Zugehörigkeit zu den Charophyten nur deshalbnbsp;zweifeln, weil wir ihre Fortpflanzungsorgane noch nicht sicher kennen. Vomnbsp;Devon ab kennen wir j edoch auch zahlreiche Gebilde, die den Charophyten-„Früchtenquot; sehr ahnlich sehen. Leider sind sie aber durcliweg noch nichtnbsp;so gut bearbeitet, daB wir sie für unsere phylogenetischen Betrachtungen ver-werten könnten. Eine ausreichende Bearbeitung fehlt auch für die zahlreichennbsp;unzweifelhaften Charophytenreste, namentlich für die „Früchte“ aus demnbsp;Tertiar.
Generations- und Kernphasenwechsel der Chlorophyten.
Für die Frage des Anschlusses der Kormophyten an die Chlorophyten sind die neueren Entdeckungen über den Generations- und Kernphasenwechsel beinbsp;den Chlorophyten sehr bedeutungsvoll (Wilson 1925, Schussnig 1928 u. 29,nbsp;Kniep 1928 und Föyn 1929). Früher kannte man bei den Chlorophyten nurnbsp;einen Typ des Kernphasen- und Generationswechsels, der der Fortpflanzungs-weise bei den Kormophyten gar nicht entsprach, namlich eine durchwegnbsp;liaploide Pflanze, deren Gameten dann die Zygote als einziges diploidesnbsp;Stadium erzeugten. Nachgewiesen ist diese Form der Fortpflanzung für ,,niedere“’nbsp;Chlorophyten (z. B. Volvocales, Ulothrichales und Conjugaten) aber auchnbsp;für die Charophyten.
Die Verhaltnisse liegen j edoch offenbar komphzierter, als man bis vor kurzem annehmen konnte. Es sind namlich in letzter Zeit noch 2 weitere Formennbsp;von Generations- und Kernphasenwechsel bekannt geworden. Beide Formennbsp;zeigen eine viel ausgedehntere Diplophase. Bei Cladophom und ülva beispiels-weise kann sich nach Schussnig und Föyn der gesamte Lebenszyklus — imnbsp;Prinzip wie bei den Kormophyten — sowohl in einer ausgedehnten Diplophasenbsp;wie Haplophase abspielen. Der diploide Thallus erzeugt durch Reduktions-teilung Keimzellen, die eine haploide selbstandige Generation einleiten, undnbsp;deren Gameten führen nach der Kopulation wieder zur diploiden Generation
1) Wenn man z. B. wie Pia (1927) die Cyelocrineae trotz ihres isolierten Aufbaus nur als. Tribus der Familie der Dasycladaceen behandelt, so ist dies wohl nur eine Konzession an dienbsp;Praxis der Systematik, an den hier durchaus bereohtigten Wunsch, die Gliederung nicht allzunbsp;kompliziert zu machen. Es kann aber kaum die Rede davon sein, daB die Cyelocrineaenbsp;phylogenetisch den anderen üntergruppen bzw. Triben der Dasycladaceen gleichwertig sindgt;
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Phaeophyta.
zurück. Ahiiliche Beispiele hatten Kurssanow und Schemakanowa schon 1927 wahrscheinlich gemacht.
Eine dritte Form des Lebenszyklus eignet nacli den oben genannten Untersuchungen von Wilson und Schussnig den „höheren“ Chlorophytennbsp;{Siphonales und Siphonocladiales) ziemlich allgemein. IJie eigentlichen Pflanzennbsp;sind diploid und nur die Gameten haploid. Die ungeschlechtliche Generationnbsp;fehlt völlig. Es herrscht also ein den Fucales (S. 52 und Abb. 16 D) vergleich-barer Entwicklungstyp. Schon deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dab es auchnbsp;bei den Chlorophyten die Zwischentypen des Generations- und Kernphasen-wechsels gibt oder gegeben hat, die dem Kormophytengenerationswechselnbsp;entsprechen (vgl. S. 86, Abb. 31).
d) Phaeophyta (= Phaeophyceae Oltm.).
Allgemeine Gestaltung.
Hier ist es mit der Überlieferung schlechter bestellt als bei den Chlorophyten. Die Phaophyten oder Braunalgen besitzen keine so charakteristischen Kalkhullen, wie z. B. die Dasycladaceen, an denen man die Zugehorigkeit auch ini
Abb. 13. Prototaxites (Nematophyton) Logani Daws.
Silur (Canada).
Thallusausschnitte zeigen das aus verflochtenen Faden gebildete Pseudoparenchym.
a quer, b langs.
(Original, Schliffsamml. Pflanzensyst. Inst. Berlin 147.) Vergr. SOmal.
fossilen Zustand leicht erkennen kann. Wir können nnr vermuten, daB z. B. Prototaxites Dawson aus dem Silur und Devon hierher gehort. Es waren dasnbsp;relativ betrachtliche Tange, die durchaus an unsere heutigen Laminarien er-innern. Bemerkenswerterweise war ihr Phallus noch durchaus aus verflochtenennbsp;Faden aufgebaut (Abb. 13). So sind wir denn bei unseren phylogenetischennbsp;Betrachtungen fast ausschlieBlich auf das rezente Material angewiesen.
Die Phaophyten der heutigen Zeit zeigen auffalligerweise manche Gemein-samkeiten mit der Landvegetation, Gemeinsamkeiten, welche den meisten Chlorophyten, die wir bis heute kennen, fehlen. Einmal nahert sich der Gesarat-aufbau mancher kustenbewohnenden Phaophyten, z. B. der Fucales, durchausnbsp;dem Bau der Landpflanzen. Namentlich unter den Bewohnern der Brandungs-zone, z. B. bei den Fucws-Arten unserer MeereskUsten herrscht der dichotomenbsp;Aufbau, so wie er fUr die Lebermoose und viele andere altertümlich organisierte
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1. und 2. Stamm: Thallophyta.
Kormophyten charakteristisch ist. Bewohner stiller Buchten oder des offenen Weltmeeres, wie Cystosira- und Sargassum-Artm, ahmen dagegen oft beblattertenbsp;Sprosse nach. Interessant ist ferner, dab bei einer Laminariacee, Macrocystisnbsp;pyrijem, deren erwachsener Thallus fiedrig verzweigt ist, wenigstens der Keim-ling nach Skottsberg dichotomen Aufbau zeigt. Man darf hierin wohl einnbsp;Beispiel für die Gliltigkeit des „Biogenetischen Grundgesetzes“ sehen.
Als weiteren Anklang an die Kormophyten haben die tangartigen Phao-phyten (übrigens auch andere Algen) einen Vegetationspunkt. Ü. h. ihre
Triebe sind deutlich differenziert in ein meist terminales^) Stiick, das Gewebe bildet und embryonal bleibt, solange der betreffende Trieb wachst, und dennbsp;iibrigen Hauptteil, der früher oder spater zum Dauergewebe wird und ziemlichnbsp;bald sein Wachstum einstellt. Auch in Einzelheiten finden wir die Vegetations-punkttypen der Kormophyten wieder. Manche Fucales haben mehrere,nbsp;andere wieder nur eine „Initialquot;- oder Scheitelzelle.
1) Auf die manchen Phaophyten eigenen Sonderformen der embryonalen Zonen kann hier nicht eingegangen werden (vgl. Abb. 14).
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Phaeophyta.
Die Vertreter der iïomosirfl-Gruppe besitzen z. B. nach Gruber mehrere ¦„Initialzellenquot;, d. h. als embryonales Gewebe finden wir am Vegetationspunktnbsp;mehrere, ziemlich gleichwertig funktionierende Zeilen. Das ist wichtig, weilnbsp;bei den Kormophyten gerade die altertiimlichsten Gruppen wie die Psilophyten,nbsp;nber auch die Phanerogamen, einen Vegetationspunkt mit zahlreichen, einiger-mafien gleichwertigen Initialzellen besitzen.
In der Hegel finden wir aber bei den Fucales in Übereinstimmung mit vielen Kormophyten (z. B. den Moosen und den meisten Karnen) eine Arbeits-teilung unter den Initialzellen. Unter ihnen wird namlich eine einzige Zelle,nbsp;die „Scheitelzelle“, als vorzugsweises Bildungsorgan ausgezeichnet. Sie wirdnbsp;im allgemeinen nicht wie die iibrigen Zeilen zu Dauergewebe, sondern bleibtnbsp;embryonal und teilungsfahlg. Auch ist sie infolge ihres Plasmareichtums raeistnbsp;groBer als die anderen Zeilen. Bereits Pringsheim (1878) hat in einer interessanten Reihe (vgl. Abb. 14) gezeigt, wie wohl die Scheitelzelle bei den Phao-phyten aus einem Gewebe gleichartiger Zeilen entstanden sein mag.
AuBerdem ist bei den Fucales der feste ZellzusammenschluB, wie beinbsp;den Kormophyten, meist schon durchnbsp;die Teilung in den embryonalen Ge-weben gegeben (Abb. 15 b); höchstensnbsp;sekundar lost sich das Fuca?es-Gewebenbsp;in seinen inneren Teilen zu Kadennbsp;auf. Die aiiBeren Partieen dagegennbsp;bilden eine derbe Einde, welche diesenbsp;Tange vor dem Austrocknen, etwanbsp;beim Auftauchen wahrend der Ebbe,nbsp;schützen.
Durchweg zeigen ferner die der-beren tangartigen Phaophyten, ahn-lich wie die Dasycladaceen, gewisser-maBen als „Rückgrat“ einen mecha-nischen Achsenstrang. Er besteht in der Regel aus langsgestreckten Zeilen.
Bei den Laminariaceen dienen einzelne Zeilen dieses Achsenstrangs offenbarnbsp;vorzugsweise der Stoffleitung, sie sindnbsp;als „Siebröhren“ ausgebildet. Dagegennbsp;ist es leicht begreiflich, daB bei diesen echten Wasserpflanzen wasserleitendenbsp;Elemente, etwa Tracheiden, durchweg fehlen.
Generations- und Kernphasenwechsel der Phaophyten.
Hochst bemerkenswert ist es ferner, daB nach unseren heutigen Kenntnissen alle Phaophyten (oder nach mancher Auffassung fast alle Phaophyten) einennbsp;Generationswechsel besitzen, welcher dem Geiierationswechsel der Kormophyten recht ahnlich ist. Nur bei den Fucales ist der Generationswechselnbsp;-ahnlich „versteektquot; wie bei den Angiospermen, so daB man auch von einemnbsp;Ausfall des Generationswechsels sprechen kann. Kolgende vier verschiedenenbsp;Hauptformen lassen sich unterscheiden (Abb. 16):
1. Dictyota-Typ. Bei manchen Kormen (Dictyotaceen und wohl auch manchen Ectocarpaceen) wechseln regelmaBig 2 Generationen miteinander ab,nbsp;welche morphologisch durchaus gleichgestaltet sind (Abb. 16 A). Beidenbsp;Generationen unterscheiden sich aber in der Kortpflanzung und in der Chro-mosomenzahl. Die eine Generation, der Gametophyt, produziert Gametangiennbsp;mit Gameten und ist durchweg haploid, d. h. seine Zeilen zeigen bei d^r
Zimmermann, Die Phylogenie der Pflanzen. nbsp;nbsp;nbsp;4
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1. und 2. Stamm: Thallophyta. A. Dictyota-Typ.
mit Sporangium
B. Cutleria-Tjp.
Abb. 16. Generation swechsel Diploide Generation (Sporophyt) jeweils dick umrandet.
Teilung den einfachen Chromosomensatz. Aus der Vereinigung der Gameten^) geilt die 2. Generation, der Sporophyt, hervor. Er produziert Sporangiennbsp;und darin Sporen. Da er aus den verschmolzenen Gameten entstanden ist,nbsp;ist er diploid, d. h. er enthalt den doppelten Chromosomensatz. Bei der
1) Isogamie, Anisogamie und Oogamie kommt vor. (Vgl. hierzu unten S. 84.)
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1) Sporophyt
3) (J Gametophyt (Zwerggeneration)
mit (J Gametangium
der Phaophyten (schemat.)
Haploide Generation (Gametophyt) jeweils diinn uinrandet. (Original.)
Bildung der Sporen erfolgt die Keduktionsteiliing, die Chromosomenzahl wird wieder halbiert. Von diesem Dtdi/oia-Typ lassen sich die anderen Typen desnbsp;Phaophyten-Generationswechsels ableiten, namlich
2. Cutleria-Typ (Abb. 16 B). Die beiden Generationen sind liier nicht nur zytologiscb, sondern aneb morpbologiseb recht verschieden, abernbsp;beide sind sie makroskopisch sichtbar. Der Gametophyt ist sogar in der Eegel
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1. und 2. Stamm: Thallophyta.
reicher differenziert als der Sporophyt. Sonst verlauft die Entwicklung im Prinzip wie beim Dictyota-Tj]). Der Cutleria-Tj]) ist bisher verhaltnismaBignbsp;selten sicher nachgewiesen, z. B. bei Cutleria muUifida aus dem Mittelmeer.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Laminaria-Typ (Abb. 16 C). Der Sporophyt ist hier besonders groB.nbsp;Es gehören die Kiesen unter den Algen hierher, die mehrere Meter langennbsp;Laminarien der nordischen Meere und wohl aiich die 60 m und noch mehrnbsp;messenden Macrocystis-Arten an der Kliste des südlichsten Südamerikas. Dernbsp;Gametophyt ist dagegen ahnlich wie das Farnprothallium, auBerst klein;nbsp;er ist ein mikroskopisch kleines Easchen, oder die Spore entwickelt hier sogarnbsp;niir eine einzige Zelle, der unmittelbar das Gametangium aufsitzt. Ja, manch-mal erzeugt das Gametangium nur einen einzigen Gameten, oder, mit anderennbsp;Worten, die einzige Zelle des Gametophyten wird direkt zum Gameten.
4. nbsp;nbsp;nbsp;Fucales-Typ (Abb. 16 D). Der Sporophyt ist hier gleichfalls groB.nbsp;Der Gametophyt ist jedoch gewissermaBen in den Sporophyten hineingeschlüplt,nbsp;ahnlich wie bei den Angiospermen; d. h. die Sporen, welche der Sporophytnbsp;erzeugt, sind identisch mit den Gameten, sie sind also ohne weitere Kern- undnbsp;Zellteilung direkt der wichtigste Teil des Gametophyten. Man sprioht hiernbsp;daher auch meist nicht von Sporen, sondern von Gameten, weü beide Keim-zellarten wegen des Ausfalls der Gametophytgeneration identisch gewmrdennbsp;sind. — Interessant ist bei den Fucales auch die Keduktion der Eizahl von 8nbsp;(so heute noch bei Fucus) bis auf 1 (so bei Sargassum) (vgl. Oltmannsnbsp;Bd. II, S. 217).
In dieser vergleichenden Betrachtungsweise des Phaophytengenerations-wechsels der wegen seiner Mannigfaltigkeit und im Hinblick auf den Generations-wechsel der Kormophyten Bedeutung hat, steekt natürlich ein phylogenetischer Kern. Die Meinungsverschiedenheiten sind recht groB. Das hat sehr verschiedenenbsp;Gründe. Abgesehen von leidigen Begriffs- und Nomenklaturdifferenzen hestehennbsp;auch zwei sachliche Ursachen:
Zunachst war das Tatsachenmaterial bis vor kurzem nur sehr schlecht be-kannt. Beispielsweise war vor wenig mehr als 10 Jahren der Generationswechsel der Laminarien noch völlig unbekannt.
Ferner treten in den Entwicklungsgangen der einzelnen Pflanzen verwirrende Komplikationen auf, die wir nur kurz andeuten wollen, da sie den Entwick-lungsgang prinzipiell nicht abandern. Es kann z. B. jede Generation sichnbsp;durch eine Art ,,Nebenfruktifikation“ selbst wieder erzeugen. Einnbsp;solches Beispiel zeigt Ectocarfus nach den Untersuchungen von Knight. Hiernbsp;können sich einerseits die Gameten ohne Kopulation, also ,,parthenogenetisch“nbsp;wieder zu typischen haploiden Gametophyten entwickeln. Andererseits erzeugtnbsp;der Sporophyt nicht nur haploide Schwarmer, die im regelmaBigen Turnusnbsp;wieder zum Gametophyten führen; sondern auch der Sporophyt kann (sogar innbsp;grofier Masse) ohne Phasenanderung diploide Schwarmer (in den sogenanntennbsp;,,plurilocularen“ Sporangien, die den Gametangien ahnlich sehen) erzeugen, undnbsp;diese diploiden Schwarmer werden wieder zum Sporophyten. Ein ahnlicher Aus-fall von Generationen durch ,,]Srebenfruktifikationen“ ist übrigens auch schon beinbsp;anderen Phaophyten, ja sogar bei den Kormophyten beobaohtet. Doch liegennbsp;die Verhaltnisse bei den Phaophyten auf den ersten Bliek etwas verworrener,nbsp;weil die verschiedenen Keimzellen sich so ahnlich sehen.
Hinsichtlich der phylogenetischen Ableitung scheint sich die oben vertretene Meinung Kylins (1918) mehr und mehr durchzusetzen (vgl. Kniep 1928,nbsp;Harder 1928).
ZweiFragen müssen wir in diesem phylogenetischen Fragenkomplex unter-scheiden:
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Phaeophyta. Generationswcchsel.
1. nbsp;nbsp;nbsp;Wie ist der Generationswechsel der Phaophyten, bzw. seine primitivstenbsp;Form (wohl der Did^/oto-Typ) entstanden?
2. nbsp;nbsp;nbsp;Wie hat sich der Generationswechsel innerhalb der Phaophytennbsp;phylogenetisch in seine verschiedenen Einzeltypen gewandelt? Denn es istnbsp;doch wohl anzunehmen, dab die verschiedenen Formen des Generationswechselsnbsp;irgendwie phylogenetisch zusammenhangen.
Wir beginnen mit der zweiten Frage, der Abwandlung des Generationswechsels, well sie leichter zu behandeln ist.
Oben (S. 51 f.) deutete ich schon an, dab wir diese phylogenetische Abwandlung am leichtesten verstehen können, wenn wir vom Dictyota-Typ aus-gehen. Die beiden Generationen sind hier morphologisch noch durchaus gleich und in ihren Teilen homolog.
Wenn man an alte, fiir unsere heutigen Kenntnisse nicht mehr passende Schlagworte ankniipfen will, ist dieser Generationswechsel also ,,homologquot;nbsp;(Pringsheim), da die Generationen morphologisch gleich sind. Er ist aber auchnbsp;insofern „antithetischquot; (vgl. z. B. Bower 1908), weil beide Generationen infolgenbsp;ihrer verschiedenartigen Kernphase miteinander wechseln müssen.
BeimCtlt;ilem-undLammaha-Typ^)haben sich dann die beiden Generationen verschieden differenziert. Und zwar ist es im Hinblick auf den Generationswechsel der Kormophyten bemerkenswert, dab bei jedem Typ die Differen-zierung in verschiedener Richtung erfolgte. Beim Cutlena-Tj]) ist dernbsp;Gametophyt, beim Laminaria-Tj^ der Sporophyt reicher differenziert undnbsp;starker entwickelt. Der Anschlub des Fucales-Typs im Sinne Kylins, ge-wissermaben als Schlubglied in der Gametophyt-Reduktion, scheinit mir auchnbsp;durchaus natiirlich.
Die erste Frage, wie ein Generationswechsel vom Dictyota-TjTp entstanden sein mag, ist schwieriger zu behandeln. Nach meiner Meinung reprasentierennbsp;wohl die Mehrzahl der Griinalgen, z. B. die Volvocales, Conjugaten undnbsp;Ulothrichales (vgl. oben) eine ursprünglichere Form des Entwicklungszyklus:nbsp;ein echter Generationswechsel fehlt. Wohl finden wir auch bei den niederennbsp;Chlorophyten verschiedene Fortpflanzungsorgane und verschiedene Keim-zellen (Gameten und ungeschlechtliche Keimzellen), (vgl. darliber S. 46nbsp;und Abb. 7). Aber sie sitzen nicht regelmabig auf verschiedenen Pflanzen,nbsp;sondern jede Pflanze ist fahig, alle Sorten von Keimzellen zu produzieren undnbsp;wird höchstens durch aubere Bedingungen zur einen oder anderen Fort-pflanzungsform bestimmt. Durchweg liegt schon bei diesem Fortpflanzungstypnbsp;der niederen Chlorophyten die Reduktionsteilung bei der Keimung der Zygote,nbsp;die Pflanzen selbst sind also haploid.
Der entscheidende Schritt fiir die Entstehung eines Generationswechsels bei den Phaophyten nach Art des Didyota-Tj^ps bestand dann wohl darin,nbsp;dab die Reduktionsteilung verschoben wurde in die Bildungszellen der un-geschlechtlichen Schwarmer, dab also die ganze Pflanze, welche ungeschlechtliche Schwarmer erzeugte, diploid wurde. Infolge ihres diploiden Charaktersnbsp;verlor sie die Fahigkeit, (bei normalem Entwicklungsgang) direkt Gameten,nbsp;die natiirlich haploid sein müssen, zu erzeugen. Dies blieb dann die Funktionnbsp;des 2. Entwicklungsabschnittes, des Gametophyten.
tibrigens zeigen bekanntlich nicht nur die Phaophyten einen derartigen Generationsw'echsel. Es sei auf die ahnliehen Verhaltnisse bei manchennbsp;Chlorophyten und den meisten Rhodophyten (S. 46 und 54) verwiesen.
1) Wahrscheinlich gibt es noch mehr Typen. Auffallig ist z. B. SpMcelaria cirrhosa, tile nach Clint aus ihren unüocularen Sporangien direkt Gameten entlafit und somit vielleichtnbsp;zwischen Laminaria- und Fncales-Typ vermittelt.
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1. und 2. Stamm: Thallophj'ta.
e) Rhodophyta.
Auch hier kennen wir aus der Vergangenheit fast nur Spezialgruppen, die einen Kalkpanzer haben, wie die
Cor allinaceae.
Sichere Corallinaceen finden wir allerdings erst seit der Kreide (vielleiclit seit dem Jura).
Altere Formen ohne die charakteristischen Fortpflanzungsorgane der Co-rallinaceen, ohne ,,Konzeptake]höhlen“ sind für die Phylogenetik der Rhodo-phyceen vorlaufig ebenso wertlos, wie die zahllosen, namentlich seit Silur iind Devon beschriebenen Abdrücke, mogen sie auch durchaus einen florideen-
Abb. 17. Delesseria {Hydrolapathum) sanguinea, eine Rhodopliycee mit sproBartigem Thallus.
(Oltmanns 1922, II, Fig. 614.)
haften Habitus haben (ich denke etwa an Delesserites salicifolia Ruedem. aus dem Silur oder an Thamnocladus Clarhei White aus dem Devon). Namentlich bei dennbsp;alteren Formen ist eine bestimmte Stellungnahme ohne Kenntnis der Fortpflanzungsorgane oder der inneren Struktur deshalb so schwer, weil der Tang-habitus vieler Florideen, offenbar gerade im Palaozoikum von sehr vielen undnbsp;verschiedenen Pflanzengruppen angenommen wurde, die teilweise, wie die Psilo-phyten, heute ausgestorben sind. Insgesamt liefert die Palaobotanik also für dienbsp;Rhodophyten ahnlich wie für die Phaophyten wenig phylogenetisch Verwertbares.
Von den heutigen Formen sei nur noch erwahnt, dab auch bei ihnen ein Generationswechsel meist deutlich vorhanden ist. Bei der Mehrzahl dernbsp;Florideen wechselt genau wie beim Dictyota-Typ ein diploider Sporophyt mitnbsp;einem haploiden Gametophyten. Beide Generationen sind im allgemeinennbsp;morphologisch gleich gestaltet, oder höchstens wie bei einigen Polysiplionia-
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Rhodophyta, Fungi.
Arten in der Behaarung, im Verzweigungstyp usw. etwas verschieden. GröBere Unterschiede zwischen dem Gametophyten und Sporophyten beobachtetenbsp;Svedelius an Ceramium centratulun. l3er im Sommer lebende kleine Game-tophyt wird durch einen erheblich kraftigeren Sporophyten abgelost. Dernbsp;Generationswechsel ist also in der Kichtung auf den Laminaria- und Pteri-dophytentyp (S. 52 u. 85) abgewandelt.
Durchweg wird aber bei alien Floridep der Entwicklungsgang dadurch kompliziert, daB sich noch eine 3. Generation, die Sporokarp-Generation ein-schaltet. Die Zygote entwickelt sich namlich bei den Florideen nicht direktnbsp;zum Sporophyten, sondern sie keimt auf der Mutterpflanze zu einer Art Vor-keim, eben dieser Sporokarp-Generation aus. Diese zerfallt in eine Anzahlnbsp;diploider Sporen, aus denen erst wieder der Gametophyt wird. Andrerseitsnbsp;kennen wir auch Florideen, die ahnlich wie die „niederen“ Chlorophyten keinennbsp;eigentlichen Sporophyten besitzen, sondern nur einen haploiden Thallus, dernbsp;sowohl Sporen (Monosporen) wie Gameten produziert (vgl. Oltmanns 1923!,nbsp;Kniep 1928).
Ferner tritt wieder als Konvergenzerscheinung zu den Landpflanzen ein sproBartiger Habitus sehr oft auf (Abb. 17).
tiberblicken wir nochmals die Gesamtheit der uns iiberlieferten Algen im weitesten Sinne, also der Cyanophyceen und echten Algen, so erkennen wirnbsp;3 Grappen nach ihrem Auftreten:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Uralte Grappen, die Cyanophyceen, oder jedenfalls habituell ahnlichenbsp;fadige Formen. Es handelt sich hier um Formen, die auch heute noch hohenbsp;Temperaturen (bis liber 80®) ertragen und deren Verbreitungsmaximum in dennbsp;Tropen liegt.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Alte Formen, wie die Coccolithophoriden und Radiolarien, die Co-diaceen und Dasycladaceen, die zwar nicht an solchen extrem warmen Stand-orten wie die Cyanophyceen leben können, die aber doch warme Meere bevor-zugen und
3. nbsp;nbsp;nbsp;jiingere Formen, die sich erst mit dem Mesozoikum (mindestens nachnbsp;den sich eren Fossilfunden) entwickelt haben. Hierher gehören namentlichnbsp;die Diatomeen, aber auch — wenn wir die unsicheren Formen beiseite lassen —nbsp;die Corallinaceen und Characeen. Die Diatomeen kennzeichnen heute durchnbsp;ihr massenhaftes Vork ommen die kühleren Meere und das SüBwasser. Auch dienbsp;beiden andern Grappen (am wenigsten die Corallinaceen) sind hier verbreitet.
Pia (1924) hat in diesem Auftreten der verschiedenen Algengrappen den SchluB auf eine alhnahliche Warmeabnahme gezogen. Wenn man die Daten dernbsp;Algenentwicklung fiir sich betrachtet, ist diesem SchluB eine gewisse Wahr-scheinlichkeit nicht abzusprechen.
f) Fungi.
Die Phylogenie der Pilze können wir aus ahnlichen Griinden wie die der Bakterien sehr kurz behandeln. Auch die Pilze sind ja offensichtlich starknbsp;abgeleitete Organismen. Ihre phylogenetische Ableitung von assimilierendennbsp;Thallophyten, also von den Algen im weitesten Sinne, ist wohl kaum zu be-zweifeln, wenn es auch schwer fallt, diejenige Algengruppe (oder wohl richtigernbsp;diejenigen Algengruppen) zu nennen, welche den verschiedenen Pilzstammen dennbsp;Ursprung gegeben haben mogen.
Bereits aus dem Devon sind uns Pilze als Saprophyten oder Schmarotzer m trefflicher Erhaltung bekannt. Sie durchziehen hier als Pilzfaden die mo-dernden Sprosse und Rhizome der altesten gut bekannten Landpflanzen. Wirnbsp;sehen, wie an diesen Faden Sporen entstehen, wie die keimenden Sporen ihre
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1. und 2. Stamm: Thallophyta.
Keimschlauche durcli Spaltöffnungen ins innere Gewebe der Wirtspflanze senden (Abb. 18). Querwande fehleii in den Faden dieser alten Pilze, welche man
meist unter dem Namen Palaeomyces zu-! nbsp;nbsp;nbsp;.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;I sammenfaBt. In dieser Beziehung und ver-
ï nbsp;nbsp;nbsp;i mutlich auch in manchen Fortpflanzungs-
^ nbsp;nbsp;nbsp;.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;einrichtungen stehen die Palaeomyceten, die
. f nbsp;nbsp;nbsp;¦ , i in ganz übereinstimmender Weise auch aus
i dem Karbon bekannt sind, den heutigen Phycomyceten am nachsten. Sexualorganenbsp;sind bei ihnen allerdings noch nicht be-obachtet. Bemerkenswerterweise werdennbsp;auch Mykorrhizen, d. h. symbiotisch innbsp;den Wurzeln von Cordaiten lebende Pilze^nbsp;bereits aus dem Karbon angegeben (Osborn 1909).
Abb. 18.
Palaeomyces Gordoni Kidst. u. Lang. M.-Devon.
Gonidie (die groBe Kugel), deren Keim-schlauch in die Spaltöffnungen von Asteroxylon Alackiei Kidst. u. Langnbsp;eindringt. Vergr. 300mal.
(Aus Zimmermann, Zeitsclir. f. Bot., Bd. 19, 1927, Taf. I, Abb. 5.)
Ascomyceten und Basidiomyceten mit Fruchtkörpern sind erst sehr spat, aus demnbsp;Jungmesozoikum und Neozoikum, bekannt,nbsp;wenn wir parasitische Fruchtkörper, die annbsp;Pyrenomyceten anklingen, und andere Pro-blematika aus dem Palaozoikum i) beiseitenbsp;lassen. Sie sind sicher recht abgeleitetenbsp;hochdifferenzierte Gruppen (vgl. auch Atkinson, Jaczewski und Kniep).
g) Lichenes.
Auch die Plechten (Lichenes) sind vermutlich erst sehr spat entstanden.nbsp;Wenigstens sind einigermafien sichere Fundenbsp;erst seit dem Tertiar festzustellen. Be-merkenswerterweise sind solche symbiotisch
gewordene Organismen offenbar mehrmals „konvergent“ aufgetreten, da sowohl die Pilze (Basidiomyceten und Ascomyceten) wie die Algen (Chlorophyceen und Cyanophyceen) ganz ver-schicdenen Gruppen angehören.
Literatur.
Thallophyta.
Atkinson, G. F., Phylogeny and Relationships in the Ascoinycetes. Ann. of the Miss. Bot. Garden, 1915, Vol. 2, p. 3/6.
Bëlar, K., Der Formwechsel der Protistenkerne. Brgebn. u. Fortschr. d. Zoologie, 1926, Bd. 6.
Berthold, G., Unters. fiber die Verzweigung einiger SfiBwasseralgen. Nova acta Leop. Carol. 1878, Bd. 40, S. 107.
Cayeux, M. L., Les preuves de l’existence d’organismes dans Ie Terrain précambrien. Buil.
soc. géol. de France 1894, III, Vol. 22, p. 197.
Clint, C., The Life-history and Cytology of Sphacelaria cirrhosa var. aegagropila. Buil.
Assoc. Adv. of Sci., Journ. Scient. Transact, 1926, Vol. 77.
Föyn, Über Sexualitat und Bntwicklung mariner Algen. Vortrag auf der 7. JahresversamniL.
d. Deutsch. Ges. f. Vererbungswissenschaft in Tubingen, September 1929.
Giiumann, E., Vergleichende Morphologie der Pilze, Jena 1926.
Grover, J., and Bullock, W., A Sketch of the Geological History of the Charophyta. Brit. Charophyta, 1924, Vol. 2, p. 72.
1) Vgl. z. B. Jongmans, 1911, S. 6ff.
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Liohenes. Literatur: Thallophyta.
Gruber, E., Ueber Aufbau und EntwicMung einiger Fucaceen. Bibl. Bot., 1896, Heft 38. Gruner, J. W., Algae, Believed to be Archean. Journ. Geol., 1923, Vol. 31, p. 146.
~ Discovery of Life in the Archean. Ebenda^, 1926, Vol. 33, p. 151. nbsp;nbsp;nbsp;.
HardGr, R., Tliallophytcii, Bryophyten, PtBiidophyten. Im. Lehrbuch d. Botauik, begiundet
von Strasburger usw., Jena 1928. nbsp;nbsp;nbsp;^ t-i •nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;ry ^ mnr.
Hawley, J. C., An Evaluation of the Evidence of Lite in the Archean. Journ. Geol., 192b,
Jaczewski, A. A. v. Zur Phylogenie der Pilze. Phytopathologische Zeitschrift, 1929, Bd. 1, S. 118.
Jongmans, 1911, s. S. 182.
Karsten, G., Bacillariophyta, in Engler. Dio natürlichen Ptlanzenfamilien, 2. Aufl., Bd. 2,
S. nbsp;nbsp;nbsp;104, Leipzig 1928.
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3. Stamm: Kormophyta, Allgemeines.
Kormophyten nennt man Pflanzen, die gegliedert sind: in einen
SproB, d. h. einen meist oberirdischen Trieb, der aus SproBachse und Blattern besteht, und in eine
Wurzel, welche durch Blattlosigkeit sowie meist durch unterirdische Lebensweise und anatomische Eigentümlichkeiten charakterisiert ist.
Genau besehen trifft diese Definition j edoch nicht für alle in den Verwandt-schaftskreis der Kormophyten gehörigen Pflanzen zu. Wir erwahnten diese Tat-sache oben schon (S. 31) und geben darum hier nur einen Überblick der als Kormophyten s. 1. vereinigten Pflanzen:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Abt. Bryophyta (Moospflanzen),
1. nbsp;nbsp;nbsp;KL Hepaticae (Lebermoose),
2. nbsp;nbsp;nbsp;KL Musci (Laubmoose).
2. nbsp;nbsp;nbsp;Abt. Psilophyta,
(Anhang: Asterophyta),
(Anhang: Psilotales).
3. nbsp;nbsp;nbsp;Abt. Lycopsida (barlappahnliche Gewachse),
4. nbsp;nbsp;nbsp;Abt. Articulata (schachtelhalmahnliche Gewachse),
Pi
5. nbsp;nbsp;nbsp;Abt. Pteropsida (farnahnliche Gewachse i. w. S.),
1. nbsp;nbsp;nbsp;U.-Abt. Filicinae (Fame),
fe s
§ 1 -S5 K
2. nbsp;nbsp;nbsp;U.-Abt. Gymnospermae {Pteridospermae, Cycadophyta, Ginkgo-phyta, Cordaitales, Coniferae und Gnetales),
3. nbsp;nbsp;nbsp;U.-Abt. Angiospermae (Blütenpflanzen im engeren Sinne).
Wieweit dieser überblick der phylogenetischen Gruppierung gerecht wird,
hat uns im folgenden zu beschaftigen.
Mit den Kormophyten betritt unsere Darstellung der Phylogenie etwas sichereren Boden dank der reichen palaobotanischen Daten, die nun auch in Hir-mers schönem Handbuch (1927) leioht zuganglich geworden sind. Es empfiehltnbsp;sich, einige allgemeine Grundlinien der Gesamtentwicklung vorauszuschildern,nbsp;damit bei der Einzeldarstellung die groBe Linie der Phylogenie leichter überseh-bar bleibt.
Gerade bei den Kormophyten wird es besonders klar, daB wir die Phylogenie der einzelnen Merkmale und der einzelnen Pflanzenteile leichter erkennennbsp;können als die phylogenetischen Zusainmenhange der Pflanzensippen. Wirnbsp;beschranken daher unseren einleitenden Überblick auf die Abwandlung einigernbsp;besonders auffalliger Merkmale und Organe. Dabei wahlen wir diejenigennbsp;Erscheinungsformen, durch die sich ein Baum von den Urkormophyten besonders auffallig unterscheidet.
Mehr und mehr hat sich namlich in letzter Zeit herausgestellt, daB der ganze Formenreichtum, der die heutigen Kormophyten charakterisiert (also Blatter, Sprosse, Blüten usw., sowie ihre Teile), zurückgeht aufnbsp;ein einziges Grundorgan, auf das ,,Telom“ (vgl. S. 65 und Abb. 22),nbsp;das uns bei den devonischen Rhyniaceen (vgl. S. 105) noch in besonders ur-s[)rünglicher Form entgegentritt. Auch die phylogenetischen Wandlungennbsp;dieser Organe verliefen weitgehend parallel. Wir können daher die ver-schiedenen Umbildungsprozesse wie die Anderungen:
1) Wem die Morphologie der Kormophytengruppen auch in den Grundzügen nicht gelaufig ist, der lese zuerst die speziellen Abschnitte, insbesondere über Psilophyten (S. 103).
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Allgemeiner Aufbau.
a) nbsp;nbsp;nbsp;ira allgemeinen Aufbau und in der Organverkettung
b) nbsp;nbsp;nbsp;in der auBeren Organdifferenzierung (SproBachse, Blatter usw.)
c) nbsp;nbsp;nbsp;in der inneren (anatomischen) Organdifferenzierungnbsp;für diese verschiedenen Organe gemeinsam besprechen.
und Organverkettung.
¦ mögliclist frei von allen tlieoretischen Beschaffenheit der Organe selbst zunbsp;unterscheidbaren Kormopliytenorganenbsp;3 Haupttypeni):
a) Allgemeiner Aufbau
Uberblicken wir zunachst einmal Vorstellungen und ohne uns um dienbsp;kümniern — wie sich die auBerliclinbsp;miteinander verketten. l)a finden wir
1. nbsp;nbsp;nbsp;Die terminale Verkettung (Abb. 19 a): z B. die Stellung einesnbsp;Sporangiums auf seinem Stiel oder die Stellung des Fruclitknotensnbsp;am Ende der Blütenachse.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Die seitliche Verkettungnbsp;(Verzweigungim üblichenSinne):
a) nbsp;nbsp;nbsp;gleichwertiger Elementenbsp;= Gabelung (Abb. 19b):nbsp;z. B. Gabelaste der Barlappenbsp;(Abb. 87). Mehrere aufein-anderfolgende Gabelungennbsp;können entweder in einernbsp;Oder in mehreren Ebenennbsp;liegen;
b) nbsp;nbsp;nbsp;ungleichwertiger Elemente innbsp;einer Ebene (flachige Ver-zweigung)
Abb. 19. Schemata der Organverkettung, vgl. Text nebenan. (Original.)
= fiedrige Verzweigung mit wechselstandigennbsp;Seitenorganen (Abb. 19 c),nbsp;z. B. die meisten Farnblatternbsp;oder
= fiedrige Verzweigung mit gegenst andigen Seitenorganen (Abb. 19d), z. B. Leguminosenblatter (Wicke, Akazien usw.);
c) nbsp;nbsp;nbsp;ungleichwertiger Elemente in verschiedenen Ebenen (,,radiare“nbsp;Verzweigung)
= Spiralstellung (Abb. 19 e), z. B. die Blatter des Barlapps an der Hauptachse (Abb. 87) oder
= Quirlstellung (Abb. 19f), z. B. die Blatter dor Schachtelhalme und anderer Articulaten an der Hauptachse (Abb. 94).
3. nbsp;nbsp;nbsp;Die axillare Verkettung (Abb. 19g), z. B. die Stellung der Seiten-sprosse in den Blattachseln (Phanerogamen) oder die Stellung dernbsp;Sporangien in der Blattachsel {Lycopodium usw.).
Bei den altesten bekannten Kormophyten herrschen 2 Formen der Organverkettung: die
Terminalstellung und die Gabelung.
Sie sind daher mit allergröBter Wahrscheinlichkeit die urspriinglichen Formen der Organverkettung.
Kompliziertere Verkettungstj^Don, wie mehrfaohes Hintereinandcrreihen, fingerfönnige Verzweigung, Dolden usw. können wir hier auBer acht lassen, da es uns nur auf die Grundzügenbsp;«er V erzweigungsphylogenie ankommt. Diese komplizierteren Verzweigungstypeii, die fastnbsp;ganz auf die Angiospermen beschrankt sind, lassen sich überdies auch meist ohne Scliwierig-keiten von den behandelten Grundformen ableiten.
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3. Stamm: Kormopliyta, Allgemeines.
Die Terminalstellung tritt schon besonders ausgepragt bei den oben erwahnten Rhynia- bzw. Psilophytensporangien auf (Abb. 36). Der Sporen-behalter sitzt terndnal auf seinem Stiel. Terminale Organverbindung gehtnbsp;hier und in vielen analogen Fallen (z. B. bei der terminalen Verkettung vomnbsp;Blattstiel mit der Blattflache) zweifellos auf eine Arbeitsteilung zwischen Stielnbsp;und eigentlichem Sporangium zuriick. Gerade bei den altesten Kormophytennbsp;ist ja durchweg die Abgrenzung zwischen Stiel und Sporangium viel wenigernbsp;scharf als bei den spateren; die Arbeitsteilung ist also erst angebahnt.
Gabelig verzwelgt sind die Organe nicht nur bei den devonischen Rhynien, sondern sehr haufig auch bei den altesten Farnen {Coenopteridales,-S. 187), den altesten Lycopsiden (S. 129) und den altesten Articulaten (S. 161),nbsp;also bei alien altertümlichen Kormophyten. Der gabelige Aufbau zeigt sichnbsp;hier an Rhizomen, sonstigen SproBachsen und Blattern.
Heute dagegen ist echte Gabelung auch bei diesen GefaBkryptogamen nur noch recht selten, z. B. bei den Sprossen der Psilotales (Abb. 51) undnbsp;Lycopodien (Abb. 87), und unter den Phanerogamen ist das Oinkgo-Bledtnbsp;mit seiner Gabelteilung eine auffallige Ausnahme. Ftir normal wachsendenbsp;SproBachsen ist bei Phanerogamen echte Gabelung überhaupt unbekannt.nbsp;Weitverbreitet ist dagegen auch heute noch der gabelige Wuchs im Reiche-der echten Meerespflanzen, vor allem bei den Tangen unserer Meereskiiste,nbsp;ferner bei den Lebermoosen. Das Vorherrschen des Gabelwuchses bei dennbsp;Tangen weist auf eine besondere Eignung dieses Verzweigungsprinzipes fur dienbsp;Bewohner der Brandungszone hin. Die Gabelung der altesten Kormophytennbsp;deutet dementsprechend auf einen AnschluB dieser Pflanzengruppe an dienbsp;Meerespflanzen, an die Tange im weitesten Sinne.
Natürlich dürfen wir bei diesen phylogenetischen Beziehungen nicht an die heutigen Tange denken, die in anderen Merkmalen als dem Gabelwnchse selb-standig differenziert sind (vgl. z. B. die Chromatophorenfarbe).
Übergipfelung (Abb. 20).
Von der Gabelung lassen sich phylogenetisch die ubrigen Fornien der SproBverkettung ableiten. Die Farnblatter sind zum Teil klassische Beispiele-fiir die Entstehung der fiedrigen Verzweigung aus der Gabelung durchnbsp;,,Übergipfelung“ [vgl. Potonié 1912, S. 99 ff.^]- Die Ausbreitung dernbsp;Wedel in einer Ebene macht den Vorgang besonders anschaulich.
Der entscheidende Schritt fiir die Bildung gefiederter Blatter ist das ,,Übergipfeln“, d. h. Dominieren je eines Gabelastes über den zugehorigennbsp;Schwesterast. Man kann das entwicklungsphysiologisch so ausdrücken: der zurnbsp;Hauptachse werdende Ast wird gefördert, er erhalt ,,Plustendenz“ gegenübernbsp;seinem Schwesterast. Die Regel ist, daB an einem ganzen Blatt abwechselndnbsp;der rechte und der linke Gabelast gefördert wird und so übergipfelnd dienbsp;Hauptachse bildet. Bildlich gesprochen, pendeln die Stoffe der Plustendenz amnbsp;Vegetationspunkt von rechts nach links (,,Pendelsymmetrie“ nach Goebel,nbsp;1928, S. 252.) Die jeweils zugehorigen Schwesteraste des iibergipfelndennbsp;Gabelastes stehen dann natürlich gleichfalls abwechselnd rechts und links.nbsp;Kurz, die ursprttngliche Form der fiedrigen Verzweigung ist wechselstandig.,nbsp;Wenn ausnahmsweise jeweils in der Gabelung immer nur der rechte oder dernbsp;linke Ast Plustendenz erhalt, wird das Blatt natürlich stark asymmetrisch.nbsp;(Vgl. z. B. Adiantum polyphyllum bei Goebel, 1928, Fig. 260.)
1) Auf einige weitere Angchauungen Potoniés, insbesonderc auf seine fast allgemein abgelehnte ,,Perikaulomtheorie“ und auf seine Annahme, dab auch die Stammgabelungennbsp;urspriinglioh alle in ein und derselben Ebene lagen (1. c. S. 136), gehen wir hier nicht ein; fürnbsp;diese Annahmen scheinen mir kaum Anhaltspunkte vorzuliegen. Die Übergipfelungstheorienbsp;ist ja auch ganz unabhangig von ihnen.
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Übergipfelung.
Die pendelnde Übergipfelung spiegelt sich auch im Verbaltnis der Kata-¦dromie“ zui ,,Anadroniie“ ’¦) wieder, d. h. in der Anordnung nbsp;nbsp;nbsp;^
2. Ordnung im gesamten fiedrigen Verzweigungssystem. Bei „Katadromie sitzt das basale Fieder 2. Ordnung „unten (Abb. 20 e), d. h. an der der Haupt-acbse abgekehrten Seite des Bieders 1. Ordnung. „Anadromie ist die entgegen-gesetzte Stellung: das basale Fieder 2. Ordnung sitzt aiif der der Hauptaclise
.zugekehrten Seite (Abb. 20 f). nbsp;nbsp;nbsp;t. • t i i, ,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;o iqai
Die altesten Farnbliitter (genauer gesagt Pteridophyllen vgl. unten b. 190) zeigen in ibrer weit überwiegenden Mehrheit katadromen Aufbau. Er herrscbt
\m
bzw.
aucb beute noch bei altertümlicben bzw. wenig veranderten Wedeln von Difteris, Matonia usw., nur wird er hier oft durch Torsionen verdeckt (wgl. Posthumusnbsp;1929). Im übrigen sind die heutigen Farnwedel vorzugsweise anadrom aufgebautnbsp;(vgl. auch Bower 1923, S. 92).
Das Pendeln der Plustendenz beim Übergipfeln erklart, warum die gefiederten Blatter zunaohst katadrom verzwelgt waren. Abb. 20d—f erlautert den Vorgang.nbsp;Irgendein Seitenfieder 1. Ordnung — sagen wir das mit ,,II ( )“ beginnendenbsp;¦Seitenfieder der Abb. 20e — hat natürlich in bezüg auf die übrigen Glieder des-
1) Diese Bezeichnungen sind wohl von Mettenius eingeführt.
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3. Stamm: Kormophyta, Allgemeines.
selben Seitenfieders Plustendenz; es ist in unserem Schema (Abb. 20e) daher auch mit ( ) bezeicbnet. II ( ) ist aber nun selbst ein rechter Gabelast, daher mufinbsp;in der folgenden Gabelung (III) der linke Gabelast Plustendenz bekommen und dienbsp;Hauptachse des Seitenfieders 1. Ordnung fortsetzen, wahrend sein Schwesterastnbsp;mit Minustendenz (III—) zum Seitenfieder 2. Ordnung wird. D. h. das Fiedernbsp;1. Ordnung ist entsprechend der Abb. 20 e katadrom aufgebaut.
Der anadrome Aufbau (Abb. 20 f) ist dann eine sekundare Umbildung, sei es durch Verschiebung der Fiedern, sei es durch Airsfall des basalen Fieders.nbsp;(Fiir Einzelheiten sind ausreichende Untersuchungen noch nicht publiziert.)nbsp;Vom allgemein phylogenetischen Standpunkt aus ist es interessant, daB nur Fame,,nbsp;also sozusagen ,,Spezialisten“ des Fiederblattes, die Anadromie in starkem Mallenbsp;ausgebildet haben (vgl. unten Abb. 152). Beim Angiospermenblatt (z. B. bei dennbsp;Ranunculaceenblattern, (vgl. Schrödinger und Abb. 250 unten S. 419) herrschtnbsp;dagegen noch der primitivere Verzweigungstyp, die Katadromie, vor’^).
Sehr wahrscheinlich war mit der Erwerbung der Anadromie ein ökologischer Vorteil fiir das Farnblatt verbunden. Ob wir diesen Vorteil aber mit Potoniénbsp;(1912, S. 126) einfach in einer starkeren Annaherung der basalen Fieder 2. Ordnungnbsp;an die Sonne sehen diirfen, scheint mir zweifelhaft. Ich persönlich möchte dennbsp;Vorzug mehr in der Gesamtsymmetrie des Blattes sehen; die anadrome Ver-zweigung bewirkt namlich eine gleichmaBigere Ausnutzung der Blattflache alsnbsp;die katadrome, namentlich wenn die Fiederaste schrag aufwarts gerichtet sindnbsp;(vgl. z. B. Abb. 152). Auch hierfiir fehlen jedoch ausreichende Einzelunter-suchungen.
Interessanterweise sind ferner ,,Pseudoblatter“, wie dorsiventrale Sprosse bei morphologisch altertiimlichen Gruppen z. B. bei Selaginella Brauneri Bak. durch-weg katadrom verzweigt. Solche dorsiventralen Selaginellensprosse haben janbsp;wohl erst verhaltnismaBig spat ihren blattahnlichen Charakter erworben. Dienbsp;dorsiventralen Zweige der Phanerogamen ersoheinen plastischer, vielleicht wellnbsp;hier die ungleiche Entfaltung der Achselknospen so wie so sehr verbreitet ist.
Prinzipiell dieselben Wandlungen, wie sie sich bei der Blattbildung in einer Ebene abspielen, haben nun bei der SproBentwickhing im Ranme stattgefunden.nbsp;Auch hier leitet sich die Spiralstellung durch Übergipfeln je eines Gabelastesnbsp;von der gabeligen Verzweigung ab (vgl. Abb. 28 S. 76). Auf diesen iiberein-stimmenden Gestaltwandel von Blatt und SproB ist es wohl zurückzuführen,nbsp;daB sich morphologische GesetzmaBigkeiten des Blattes in so interessanternbsp;Weise in der SproB-Morphologie widerspiegeln (vgl. Uittien).
Weiterhin liegt es wohl auch klar zutage, daB aus der fiedrig-wechsel-standigen Verzweigung durch paarweises Zusamnienrücken der Seitenorgane die fiedrig-gegenstandige Verzweigung hervorgegangen ist^). Damit wirdnbsp;dann die durch das Übergipfeln gestorte Gesamtsymmetrie des betreffendennbsp;Organsystems wiederhergestellt. •— Die Umbildung eines radiaren Organs mitnbsp;spiralig gestellten Seitenorganen zur quirligen bzw. wirtelstandigen Verzweigungnbsp;ist wieder der parallele UmbildungsprozeB an einem raumlich verzweigtennbsp;SproBsystem.
1) nbsp;nbsp;nbsp;Bower (1923, S. 93) hat darauf aufmerksam gemacht, dafi bei ein und derselbennbsp;Pflanze (z. B. bei heutigen Trichomanes- und Gleichenia-Aiten) Katadromie und Anadromienbsp;zusammen vorkommen können. Ich vermag aus dieser Tatsache nur zu entnehmen, daB beinbsp;diesen Famen der phylogenetische UmbildungsprozeB entweder noch nicht beendet ist odernbsp;daB er wieder zur ursprünglichen Gestaltung zuriickkehrt. Die wohl begriindete Tatsache,nbsp;daB eine phylogenetische Umbildung im oben skizzierten Sinne stattgefunden hat, wird jeden-falls durch solches Zusammentreffen von Katadromie und Anadromie nicht berührt.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Im nicht-phylogenetischen Sinne kann man selbstverstiindlich eine solche Ableitungs-reihe auch ,,umgekehrt lesen“, d. h. man kann mit Goebel (vgl. 1928, S. 280ff.) die spiraligenbsp;Stellung von der gegenstandigen ableiten.
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Achselverkettung der Organe. 63.
Dies Zusammenrücken der Seiteiiorgane, bzw. die Verkürzung des Haupt-achsenabschnittes zwischen den Seitenorganen kann dann noch weiter fort-gesetzt werden nnd bei flachig verzweigten Organen zur fingrigen Verzweigung Oder bei raumlich verzweigten Organen zurnbsp;doldigen Verzweigung führen. Es ist aller-dings nicht gesagt, dab jede doldige odernbsp;fingrige Verzweigung auf einem solchennbsp;Zusammenrücken beruht. Oft sind auchnbsp;effenbar Fiedern 2. und folgender Ordnungnbsp;unmittelbar an die Hauptachse herab-gerückt. AH diese komplizierten Umwand-lungen finden sich vorzugsweise bei dennbsp;Angiospermenblattern. Wiederum wird mannbsp;jedoch hier für alles Detail eingehendere,nbsp;phylogenetisch orientierte, Untersuchungennbsp;abwarten mussen.
AuchRückschlagsbildungen kommen vor.
So kann z. B. eine sekundare Teiminalstel-hing durch Verkümmerung der Hauptachse auftreten, wie das für manche nur scheinbarnbsp;terminalstandigen Angiospermenblüten cha-rakteristisch ist (sympodialer Aufbau). Fernernbsp;sind ja auch Trugdolden-artige Bildungennbsp;(Pleiochasien, Dichasien usw.) bekannt, welchenbsp;sekundar einen gabeligen Wuchs aufzeigen,nbsp;weil die Hauptachse zwisohen gegenstandigennbsp;Seitenorganen wieder mehr oder weniger ver-kümmert ist.
Axillare Verkettung (= Achselverkettung).
saien blattlosen Stückes eines be-blatterten Scitenzweigs;
Cl und Ca dgl. iür eine dichotonie Verzweigung,
Bei den Ausgangsstadien ai, bj und Cj ist jeweils das wegiallende Stück heilnbsp;gezcichnet. (Original.)
Hauptachse, bei Möglichkeit b) sind beide Möglichkeiten ver-
Die bisher genannten phylogenetischen Beziehungen sind wohl im groBen und ganzen geklart. Es herrschen im allgemeinennbsp;auch wenig Meinungsverschiedenheiten. Amnbsp;meisten Schwierigkeiten für die phylogene-tische Ahleitung macht dagegen die Achselverkettung. Um eine nrsprüngliche Formnbsp;der Organverkettung dürfte es sich kaumnbsp;handeln, sie tritt spater auf als die anderennbsp;Formen, so dab die Wahrscheinlichkeitnbsp;ihrer Ahleitung von diesen anderen Formennbsp;groB ist.
Es gibt zwei bis drei Möglichkeiten, wie solch eine Achselverkettung entstandennbsp;sein mag. Abb. 21 erlautert die Moglich-keiten wohl ohne viel Worte. Jeweilsnbsp;das hellgezeichnete Achsenstück wird beimnbsp;Übergang zur Achselverkettung im Wuchsnbsp;unterdrückt. Bei Möglichkeit a) be-findet sich das unterdrückte Stück an dernbsp;an der Basis der Seitenachse. Vielleichtnbsp;wirklicht.
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3. Stamm: Kormophyta, Allgemeines.
Möglichkeit a), d. h. Zusammenriicken zweier iibereinanderstehender Seitenorgane diirfte namentlich bei quirlstandigen Seitenorganen mitnbsp;supponierten Quirlen zur Achselverkettung gefiihrt haben (vgl. Sphenophylh-stachys Abb. 96).
Möglichkeit b) dagegen ist wohl bei spiraliger Stellung der Weg solcher Achselverkettung gewesen. Er führte vermutlich z. B. zur Blattachselstellungnbsp;mancher Earn- und der Phanerogamensprosse (vgl. Scott 1912).
Möglichkeit c) zeigt schlieBlich, daB sich für die Urformen der Kormo-phyten mit ihrer Gabelverzweigung die Möglichkeiten a) und b) nicht allzusehr unterscheiden, ja sogar zusammenfallen, da wir hier nicht zwischennbsp;Haupt- und Nebenachsen unterscheiden. Nach der .,Reduktionstheorie“ sindnbsp;auf diese Weise so altertümliche Achselstellungen wie die der Lycopsiden-sporangien entstanden.
b) AulSere Organdifferenzierung: Sproliachse, Blatt, Sporangium,
Wurzel usw.
Die reiche Organdifferenzierung, die wir an heutigen Korniophyten ge-wohnt sind, fehlte den altesten Kormophyten. Auch sie ist ein klares Beispiel der phylogenetischen Entwicklung.
Einen Ausgangspunkt für unsere Betrachtung liefern wieder die altesten Landpflanzen, insbesondere die Familie der Rhyniaceen (Abb. 36).
Über die Frage, ob die Rhyniaceen selbst die Ahnen der Kormophyten sind, vgl. S. 108. Für unsere Zwecke genügt es vorlaufig, daB nach allmahlich allgemeinnbsp;angenommener Uberzeugung gerade die fehlende Organdifferenzierung nach Artnbsp;des Rhyniaceentypus den phylogenetischen Ausgangspunkt für die Morphologicnbsp;der Kormophyten darstellt.
Was uns bei einer solchen Rhynia auf den ersten Bliek auffallt, ist die Tatsache, daB die ganze Pflanze aus lauter gleichartigen, ungefahr binsen-ahnlichen Trieben besteht. Die letzten Auszweigungen dieser Triebe sind ent-weder fertil, d. h. Sporangien, oder steril, also wohl Assimilatoren.
Auf diese letzten Auszweigungen der Triebe vom Rhynia-Typ lassen sich nun weitaus die meisten Organe der Kormophyten zurttckführen:
also an sterilen Organen die Sprosse, d. h.
1. nbsp;nbsp;nbsp;SproBhauptachsen
2. nbsp;nbsp;nbsp;Seitenachsen (Seitenzweige)
3. nbsp;nbsp;nbsp;Blatter;
ferner fertile Organe, wie
4. nbsp;nbsp;nbsp;Sporangien, rein fertile Sporophylle usw. und schlieBlich
gemischte Organe, wie
5. nbsp;nbsp;nbsp;gemischte Sporophylle, Blüten, Blütenblatter usw. Wahrscheinnbsp;lich sind auch
6. nbsp;nbsp;nbsp;Wurzeln solche abgeleitete Triebe.
Schon bei Rhynia stehen die Sporangien und die sterilen Auszweigungen homolog. Wir werden auch bei anderen Kormophyten auf die morphologischenbsp;Gleichwertigkeit dieser fertilen und sterilen Grundorgane zurückkommen (vgl.nbsp;z. B. Abb. 134 und 145).
Es ist darum höchst erstaunlich und für eine vergleichende Darstellung sehr störend, daB dies eigentliche Elementarorgan der Kormophyten, das ein-fache Triebglied, bisher m. W. noch keine gemeinsame Bezeichnung für seinenbsp;verschiedenen fertilen und sterilen Erscheinungsformen gefunden hat. Einenbsp;solche, alle Erscheinungsformen umfassende, gemeinsame Bezeichnung ist abernbsp;ebenso notwendig wie die Bezeichnungen ,,Sporangiumquot;, ,,Stelequot; usw. bei einernbsp;vergleichenden Betrachtung der Kormophytenorganisation.
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Telonidifferenzierung.
An der üblichen Bezeichnung „Sporangium“ für die fertüen Triebenden wollen wir nicht rütteln. Aber namentlich bei den priniitiveren Formen kommennbsp;wir in Verlegenheit, wie wir die sterilen „Triebe“ benennen sollen. Wir müssennbsp;also nach einer rationellen Nomenklatur suchen, die für alle Kormo-phyten, mindestens für alle Gefabpflanzen, brauchbar ist. Ich schlage dafiirnbsp;folgendes vor (Abb. 22):
Telome sind die letzten Auszweigungen der Triebe bzw. Sprosse, soweit sie (auch nach ihrem Leitbündelverlauf) einachsig sind. Sie sind die mor-phologisohen Einheitennbsp;des Kormophytensprosses.
Jedes Telom endet (begrifflich) an der Vereinigungsstelle mitnbsp;einem anderen Telom. Die Ver-einigung von Telomen nennenbsp;ich Telomstande („Syn-telome“).
Fertile Telome nenne ich wie üblich Sporaiigieii.
Für fertile Telomstande, die teilweise als ,,Sporophylle“nbsp;und teilweise als ,,Blnten‘‘ dif-ferenziert sein können, ergibtnbsp;sich dann ohne weiteres dienbsp;neutrale Bezeichnung ,,Spor-angienstande“ (,,Synspor-angien“). Für schw^acher ver-zweigte Sporangienstande emp-fiehlt sich manchmal die Bezeichnung “Sporangiengrup-pen“, ohne daB damit irgendeinnbsp;prinzipieller Unterschied festge-legt sein soil. ,,Synangien“ fügtnbsp;sich als hergebrachte Bezeichnung für eng verwachsenenbsp;Sporangienstande bzw. Spor-angiengruppen ohne weiteresnbsp;in unser Begriffs- und Nomen-klatursystem ein.
Sterile Telome nenne ich ,,Phylloide“i). Vereinigtenbsp;Phylloide, aus denen sich sterile Blatter und SproBachsennbsp;herausdifferenziert haben, sindnbsp;die Phylloidstande (,,Sym-phylloide“).
Natürlich gibt es auch,,ge-mischtequot; Telomstande, welche sowohl Sporangien wie Phylloide enthalten. Gerade hier zeigt sich durch dienbsp;gleichartige Stellung von Sporangien und Phylloiden (vgl. z. B. Abb. 134nbsp;und 145) die ursprüngliche Homologie dieser beiden Telomgruppen besondersnbsp;deutlich. Die Farnsporophylle (z. B. Abb. 134) und die Blüten der
1) Lignier (1910) gebraucht diese Bezeichnung in einem etwas engeren Sinne. Seine Anm. (1. c. S. 43 ff.) liiBt aber auch die erweiterte Fassung zu.
Zinamermann, Die Phylogenie der Pflanzen. nbsp;nbsp;nbsp;5
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3. Stamm: Kormophyta, Allgemeines.
Angiospermen sind in ihrer tiberwiegenden Mehrheit solche ,,gemischten“ Telomstande. Es kann auch der Sporangienstiel allein Phylloidcharakternbsp;annehmen.
Um die Hauptschwierigkeiten dieses gemeinsamen Begriffs- und Nomen-klatursystems vorweg zu erwahnen, sei betont: Es gibt aufier diesen Telomen, die schon bei den Urkormophyten selbstandige Organe waren, noch eine 2., meistnbsp;schwacher entwickelte Organgruppe; die ,,Einergenzen“ der alten Morpho-logen. Z. B. die Haare, Schuppen, Stacbeln (Abb. 246, S. 378) usw. vieler Kormo-pbyten geboren hierher. Es sind dasWucherungen der Epidermis und der oberstennbsp;Zellagen, Gebilde, die sich offenbar meist phylogenetiscb ziemlich spat entwickeltnbsp;haben. Die Abgrenzung der Emergenzen von den Telomen ist nicbt leicbt, viel-leicht sogar prinzipiell unmöglich. Das schadet aber deshalb wenig, well wirnbsp;mindestens in der weit iiberwiegenden Mehrzabl der Falie deutlich sagen können,nbsp;was ein Telom und was eine Emergenz ist.
Ferner ist namentlich bei den kompliziertesten Formen, z. B. beim Angio-spermenlaubblatt mit seinem reich verzweigten Adernetz, das einzelne Telom kaum Oder überhaupt nicht mehr zu unterscheiden. Es sind hier sekundare Um-bildungsprozesse dazu gekommen, die (z. B. durch phylogenetische Neubildungnbsp;von Leitbundeln) die uberkommene Grundstruktur umgewandelt haben. Abernbsp;auch hier ist es deutlich, dafi diese komplizierteren Bildungen phylogenetiscbnbsp;auf klar durchschaubare Telomstande zuruckgehen. Ich möchte j edoch selbstnbsp;gleich hier davor warnen, das Begriffssystem der Telome allzu starr anzuwenden.nbsp;Man darf z. B. nie vergessen, daB auch das Einzeltelom sehr wohl einem ganzennbsp;Telomstand gleiohwertig sein kann, indem an diesem weitere Verzweigungennbsp;unterblieben. Jeder Telomstand ist ja in der Ontogenie, bevor die Verzweigungnbsp;einsetzt, ein Telom! Solche Beispiele kennzeichnen die Verwendungsgrenze, dienbsp;dieses Begriffssystem wie jedes andere auch hat.
Ich habe lange gezögert, bis ich mich entschlofi, bei dieser vergleichenden Betrachtungsweise eine ,,Telom“-Nomenklatur vorzusohlagen. Die morpho-logische Literatur ist ja überreich an Bezeichnungen. Ich habe mich jedochnbsp;deshalb dazu entschlossen, well'der Begriff ,,Telomquot; bereits besteht, ja sichnbsp;in letzter Zeit immer klarer herausgearbeitet hat und nur eine geeignete Be-zeichnung bisher noch fehlte. Wenn man die morphologisch-phylogenetischenbsp;Literatur, namentlich für die primitiven Pteridophyten, überschaut, so hortnbsp;man uberall die Schwierigkeiten wegen des Fehlens einer kurzen und neutralennbsp;Bezeichnung heraus, sei es, dafi die Autoren sich mit Umschreibungen behalfennbsp;(Kidston und Lang 1921, S. 850 umschreiben z. B. unseren Telombegriffnbsp;mit „some branches of the thalloid plant bodyquot;), sei es, dafi man die Gebildenbsp;in das Begriffsschema der höheren Pflanzen einprefite, was natürlich, wie wirnbsp;oben (S. 21 ff.) für die Ginkgo-^Vata sahen, immer bedenklich ist.
Die offensichtliche Homologie, d. h. morphologische Gleichwertigkeit der Telome bei den Rhyniaceen und überhaupt bei den altesten Kormopliytennbsp;drückt sich schon in ihrer gleichwertigen Stellung an der ganzen Pflanze ausnbsp;(Abb. 36). Wenn wdr unsere heutigen entwicklungsphysiologischen Erfahnmgennbsp;anf diese alten Pflanzen übertragen, so dürfen wir annehmen, dafi bei dennbsp;Rhyniaceen bestimmte auBere und innere Faktoren wie Licht, Feuchtigkeit,nbsp;Temperatur, Ernahrungsznstand usw. in ihrem Wechselspiel darüber bestimmtnbsp;haben, ob aus irgendeiner Telom-Anlage ontogenetisch ein Phylloid oder einnbsp;Sporangium wurde.
Phylogenetiscb differenzierten sich aus den gleichartigen Telomen der Urkormophyten folgende Organe:
1. SprolSachsen. Sie bilden sich aus den mehr basalen Teilen der Telomstande heraus, meist Hand in Hand mit dem Zurückgehen der gabeligen Ver-
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Laubblatter.
zweigung (analog Abb. 20). Bei der „Übergipfelungquot; werden, wie erwahnt, die im Wuchs geförderten Gabelaste mr Hauptachse, an der die nichtgefördertennbsp;Gabelaste als Seitenachsen sitzen. Die Hauptachse (wenn sie Blatter tragtnbsp;= ,,Spro6achse“) bewahrt dabei ihren radiaren Aufbau (ini Gegensatz zunbsp;den Blattern). Das auBert sich einnial in der auBeren Morphologie, d. h.nbsp;die Seitenorgane (Seitenzweige, Blatter usw.) sitzen ringsherum und zwar ent-weder beim primitiveren Bautyp in Spira.len, wie sich das aus deni ursprüng-lichen Gabelwuchs ergibt, oder bei abgeleiteteren Formèn (die übrigens schonnbsp;recht früh auftreten können) in Quirlen. Ferner behalt auch die innerenbsp;Anatomie der SproBachsen durchweg den radiaren Grundcharakter bei, wennnbsp;sie auch reicher differenziert wird als bei den Ausgangsformen (Stele, S. 74)^).
2. Laubblatter. Sie stellen die letzten Auszweigungen eines Phylloid-standes dar. Aus ihnen hat sich das Blatt bei den Kormophyten auf zwei verschiedenen Wegennbsp;gebildet:
Entweder hat sich jedes einzelnenbsp;Phylloid dir ektnbsp;durch mehr oder we-niger flachenförmigenbsp;Verbreiterung zumnbsp;ein-nervigen Nadel-blatt umgebildet, sonbsp;wie wir es heute beinbsp;den Barlappen (Lyco-podwm), Schachteliral-men (Equisetum) odernbsp;Koniferen linden (=
,,mikrophyller“ Typ)
(vgl. Abb. 23 a—e) 2).
Meist tragen hier die Sprosse eine groBenbsp;Anzahl solcher Nadel-blatter. Oft, z. B. beinbsp;Lycopsiden und Arti-culaten stand j edochnbsp;an Stelle eines ein-fachen Phylloids zu-nachst ein Phylloid-stand (Abb. 23 a).
Dies ist ein Zeichen dafür, daB auch einnbsp;Hadelblatt („Lycoblatt“) in seiner ursprünglichen Morphologie gleichwertig istnbsp;einem reicher verzweigten, zum SproB werdenden Phylloidsystem.
Oder eine Anzahl von Phylloiden eines Phylloidstandes hat sich zu einem groBflachigen Laubblatt vereinigt (= „makrophyller“ Tvp)nbsp;(vgl. Abb. 231—i).
1) nbsp;nbsp;nbsp;Ein Eingelien auf offensichtlich abgeleitete Spezialfalle, wie die Kriechsprossenbsp;mancher Kormophyten, „Phyllokladien“ usw., würde hier bei unserom allgemeinen Üeber-blick zu weit fülïren. Diese sekundaron Anderungen bedeuten auch keine prinzipiellennbsp;öchwierigkeiten.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Tansley (1908) hat wohl zuerst diese m. B. wohlbegründete Auffassung ausführ-hcher dargestellt. Audi Goebel (1918, S. 914) betont die Gleichwertigkeit mikrophyllernbsp;und inakrophyller Blatter. Über andere Auffassungen vgl. Wettstein 1924
5*
-ocr page 84-68 nbsp;nbsp;nbsp;3' Stamm: Kormophyta, Allgemeines.
Bei der phylogenetischen Entstehung eines derartigen makrophyllen Laub-blattes können wir eine Reihe elementarer Umbildungsprozesse beobachten:
a) nbsp;nbsp;nbsp;Die Verlagerung aller Verzweigungsebenen in eine einzigenbsp;Ebene. Sie ist natiirlich die Voraus§etzung fiir die Entstehung eines groB-flachigen ,,typischen“ Blattes. Ahnlich wie bei den Rhyniaceen lagen auchnbsp;bei den altesten bekannten Farnen, bei den Coenofteridales (vgl. S. 188 undnbsp;Abb. 118), die Phylloide eines ,,Blattes“ noch keineswegs in einer einzigennbsp;Ebene. Wir können jedoch gerade innerhalb der Ordnung der Coenopteridalesnbsp;verfolgen, wie allmahlich alle Verzweigungsebenen der Phylloide in einenbsp;einzige einriickten. (Vgl. auch die abweichende Gestalt des Ophioglossaceen-blattes S. 202.)
b) nbsp;nbsp;nbsp;Das Flachig- und Dorsiventralwerden der Phylloide. Soweitnbsp;wir beurteilen können, waren die Phylloide der Korniophytenahnen drehrundnbsp;und radiar gebaut wie bei Rhynia. Auch die Coenopteridales hatten noch mehrnbsp;Oder weniger radiare Phylloide. Spater hat sich die radiare Struktur im Baunbsp;der Leitbündel (vgl. unten Stele, „mesarche“ Leitbiindel usw. S. 76) desnbsp;Blattstiels noch sehr lange erhalten. Wir werden so das Flachig- und Dorsiventralwerden an niehreren Stellen besprechen (vgl. z. B. S. 196 ff.).
c) nbsp;nbsp;nbsp;Die seitliche Verwachsung der Phylloide’^). Sie beruht zunachstnbsp;im wesentlichen auf einer Verwachsung des parenchymatischen Gewebes.nbsp;Manche Arten der Articulaten-Gattung Sphenophyllum (Abb. 231—i S. 67)nbsp;illustrieren noch sehr schön eine solche seitliche Verwachsung. Wir lindennbsp;hier an einem Individuum alle Übergange von einem noch fast völlig auf-geteilten Blatt bis zu einem Blatt, das nur durch die Aderung und die Rand-kerben die Zusammensetzung verrat. Auch beim heutigen Ginkgo sindnbsp;die Jugendblatter und die Blatter an WasserschöBlingen noch keineswegsnbsp;völlig verwachsene Phylloide; beim Blatt der Kurztriebe bilden sie jedochnbsp;eine geschlossene Blattflache (vgl. S. 281 und Abb. 99). SchlieBlich sei auf dienbsp;riicklaufige Entwicklung, d. h. auf die Zerschlitzung bei den ,,laciniaten“nbsp;Mutationen schon hier verwiesen (vgl. S. 395 und Abb. 244).
Wenn auch die Leitbündelsysteme der Phylloide miteinander verwachsen, kann es entweder zu einer Art von Mittelrippe kommen wie bei manchennbsp;Tamiopteris-Arten (vgl. S. 200 und Abb. 132 g) und Angiosperraenblattern odernbsp;zu den an jiingeren Blattern sehr haufigen Anastomosen.
Streng genommen kann man hier übrigens meist nicht von einer eigentlichen ontogenetischen Verwachsung sprechen, sondern es unterbleibt die Ausbildungnbsp;einer urspriinglich trennenden Gewebspartie oder die einzelnen Gewebspartiennbsp;wachsen ungleich rasch (vgl. dariiber z. B. Goebel 1922, S. 20).
d) nbsp;nbsp;nbsp;Die S. 60ff. schon besprochene Übergipfelung einzelner Gabelastenbsp;iiber die anderen.
e) nbsp;nbsp;nbsp;Der Verlust des prinzipiell unbeschrankten Langenwachstums. Diesesnbsp;blieb ja beim SproB als Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem Blatt erhalten.nbsp;Der Verlust des prinzipiell unbeschrankten Langenwachstums bedeutet, daBnbsp;alle Telome eines Blattes relativ rasch ihre Fahigkeit zu weiterer Verzweigungnbsp;verlieren.
3. Sporaiicjien und Sporangieiistandc. Ihre urspriingliche Einzel-gestaltung, als gestielte keulenförmige Sporenbehalter, als fertile ,,Telome“, wird bei den Kormophyten im groBen und ganzen beibehalten.
Die phylogenetische Weiterentwicklung erstreckt sich: einmal auf die Stellung, d. h. auf den Zusamnienhang mit „Blatternquot;, auf die „Sporophyll“-bildung. Wir können hier vier verschiedene Hauptstadien unterscheiden:
1) Vgl. hierzu auch Potonié 1912, S. 25 iiber Platanus.
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Sporangien.
a) nbsp;nbsp;nbsp;Das Urstadium wie z. B. bei Bhynia und manchen anderen altertüni-lichen Kormophyten (Coenopteridcdes usw.). Die ganze Pflanze ist hier ge-wissermaBen das „SporophyU“. Die Sporangien sind terminale Auszweig-Aingen, die in Verlangerung des Sporangienstieles geradlinig, ,,atrop in dienbsp;Luft ragen. Ein solcher altertümlicher Sporangienstand ist meist radiar.
Die phylogenetische Abwandlung besteht nun in einer Bergung der Sporangien bei spateren Form en auf folgenden Wegen:
b) nbsp;nbsp;nbsp;Die Sporangien rücken in die Blattachseln (Abb. 85). Sporophyllenbsp;mit blattachselstandigen Sporangien eignen den Lycopsiden und im weiblichennbsp;Geschlecht den meisten Koniferen. Die Sporangien stehen allerdings sehr oftnbsp;keineswegs genau in der Blattachsel. B. bei altertUmlichen Lycopsidennbsp;(vgl. CantheliovJioriden S. 151) linden wir einen „Sporangiophor- , d. h. einennbsp;gemeinsamen Stiel der oberwarts in das Sporangium und unterwarts in dasnbsp;schuppenförmige Blatt auslauft.
Auch lür rezente Lycopodien wird ahnliches angegeben (Lang 1908).
Diese Sporangienstellung entspricht also noch der in Abb. 21 Cj gezeich-neten Ausgangsform.
c) nbsp;nbsp;nbsp;die Sporangien werden übernbsp;eine blattrandstandige („marginalequot;) Anordnung auf die Blatt-llache, meist die Blattajiterseite,nbsp;verlagert. Die ^'Sporophylle dernbsp;Fame sind ein klassisches Beispielnbsp;hierfnr. (Vgl. Abb. 153). Gelegent-lich (z. B. von Kohier 1920) istnbsp;auch eine rücklaufige Verlagerung,nbsp;von der Blattunterseite nach demnbsp;Blattrand, angenommen worden.
Zwingende Grimde für diese An-nahme sind mir nicht bekannt.
Auch andersartige Umwachsungen der Sporangien durch die Sporophylle, z. B. im Fruchtknoten dernbsp;Angiospermen, sind hierher gehorige abgeleitete Formen.
Diese Sporophyllform entspricht den makrophyllen Laubblattern. Die Stiele der Sporangien haben oft völhg Phylloidgestalt, so daB die Sporangiennbsp;dann dem Bande eines Laubblattes anzusitzen scheinen (vgl. z. B. Abb. 145).
Die Bezeichnungen ,,terminalequot; und „marginalequot; Stellung der Sporangien verdienen wegen der zahlieichen MiBverstandnisse eine Erlanterung. Von einernbsp;terminalen Stellung reden wir in bezug auf den Stiel des Sporangiums, von einernbsp;marginalen Stellung in bezug auf den ganzen Sporangienstand (Sporophyll).nbsp;Terminale und marginale Stellung schlieBen sich daher nicht aus. Man vergleichenbsp;z. B. Hostimella finnata (Abb. 43), bei der jedes einzelne Sporangium terminalnbsp;auf seinem Stiel, aber marginal am entstehenden Sporophyll steht.
d) Die Sporangien klappen ein wie eine Mohnknospe gegen den tragendennbsp;Stengel oder wie ein Taschenmesser gegen das Heft. Klappen solche Sporangiennbsp;einzeln ein, so nennt man sie ,,anatrop“. Entspringen jedoch mehrerenbsp;Sporangien einem gemeinsamen Stiel, gegen den sie sich von allen Seiten hernbsp;einschlagen, so spricht man von einem ,,peltatenquot; Sporophyll. Bei ^msemnbsp;peltaten Sporophyll, welches z. B. bei Equisetum (Abb. 110) und im mannhchen
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3. Stamm: Kormophyta, Allgemeines.
Geschlecht bei Taxus (Abb. 217) vorkommt, verbreitert sich die tfmbiegungs-stelle nieist zu einem bergenden Schild, an dessen Unterseite die Sporangien hangen (Abb. 24 l u. 4).
tibergangsbildungen zu andersartigen Sporangienstellungen mogen nach Art der Abb. 24 2 und 3 entstanden sein. Doch ist es m. E. nicht wahrscheinlich,nbsp;dad in der Phylogenie bei jeder Verlagerung der Sporangien auf die Blattober-bzw. Blattunterseite das Stadium des peltaten Sporophylls durchlaufen wurde.
Anatomisch sind die altertiimlichen Sporangien, entsprechend ihrer Her-kunft als fertile Telome, regelmaBig „eusporangiat“ gebaut, d. h. die Spo-rangienwand ist, wie bei Rhynia, mehrschichtig. Haufig erstreckt sich, wie bei Rhynia in den Stiel noch ein Leitbündel. Abgeleitet sind dagegen die ,,lepto-sporangiaten“ Formen. Bei ihnen ist die Sporangienwand diinn geworden,nbsp;die Leitbündel im Stiel sind meist verschwunden. Auf Einzelheiten, sowie auchnbsp;auf die verschiedenartige Ausgestaltung des Inhaltes, kommen wir bei der Fort-pflanzung zu sprechen (s. Tabelle S. 90ff.).
4. Wurzeln. Ihre phylogenetische Ableitung ist am wenigsten klar-Wurzeln fehlen den altesten Kormophyten, ebenso wie ja auch die Thallo-phyten, im besonderen die Tange, keine echten Wurzeln besitzen. Wurzeln sind auch bei manchen heutigen Kormophyten, z. B. den Psilotales, sowie beinbsp;den Moosen, nicht entwickelt. Ferner sind, wie z. B. Goebel (1918, S. 909)nbsp;betont hat, bei altertiimlichen Pteridophyten Wurzeln und Sprosse relativnbsp;ahnlich. Wir dlirfen wohl annehmen, dab sich die Wurzeln phylogenetisch ausnbsp;kriechenden Sprossen entwickelt haben, und zwar noch vor der Ausdifferen-zierung von Blattern. Nach Bower (1909, S. 216f.) kame vielleicht auch dienbsp;Ableitung von einem Haustörialorgan in Frage oder von einem beblattertennbsp;SproB, der sekundar seine Blatter verloren hat. Doch ist das alles sehr hypothetisch und wenig untersucht. Wir wollen uns daher bei Bespreehung dernbsp;Wurzeln weiterhin im allgemeinen recht kurz fassen.
c) Differenzierung des Holzkorpers und der Stele.
1. Die Zellclcmente, Trachcideii und Tracliecn (GefsiBc). Den
Moosen fehlen typisch entwickelte tracheidale Zeilen. An ihrer Stelle zeigt aber das Stammzentrum des Stammehens mancher Moose (Abb. 35) lang-gestreckte dickwandige Zeilen, die den Tracheiden in vieler Hinsicht ahneln undnbsp;ihnen offenbar homogenetisch sind. M^ahrscheinlich stehen die Moose hiernbsp;auf einer primitiven Stufe. Doch macht die Dürftigkeit der bisher bekanntennbsp;Moosfossilien eine sichere Entscheidung nicht möglich.
Klarer liegen die Verhaltriisse bei den Pteridophyten und Phanerogamen, d. h. den ,,Gefa6pflanzen“. Hier haben wir allgemein im Holzkörper echtenbsp;Tracheiden bzw. GefaBe, d. h. tote verholzte Zeilen, die der Wasserleitungnbsp;dienen. Ihre Phylogenie zeigt folgende Hauptstufen (Abb. 25);
a) nbsp;nbsp;nbsp;Ring- bzw. Spiraltracheiden. Schon bei den Psilophyten findennbsp;wir an den Tracheiden typische innere Wandverdickungen in Form von Spiralennbsp;und Ringen. Die Ring- bzw. Spiraltracheiden sind also das alteste bekanntenbsp;Stadium in der Tracheiden-Phylogenie. (Abb. 25 a).
b) nbsp;nbsp;nbsp;Treppen- und Netztracheiden. Bei den jüngeren Formen tretennbsp;die Leisten durch haufige Anastomosen miteinander in Verbindung; wir er-halten ein Netzsystem von Leisten, in dem die verdünnten Wandstellen alsnbsp;„Tüpfel“ ausgespart erscheinen (Treppentracheiden, Abb. 25 b). Da dienbsp;Spiral- bzw. Ringleisten der Wandung im allgemeinen mit einer schmalen An-satzstelle ansitzen, trifft das gleiche auch fiir das Netzsystem der „Netztrache-iden“ zu.
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Tracheiden und Tracheen.
c) Hoftüpfeltracheiden^). lm Grande der gleiche Bau liegt noch vor, ¦wenn die Tüpfel als „Hoftüpfelquot; von den verdichten Leisten bzw. Wandpartiennbsp;überwölbt werden (Abb. 25 c). Die Anordnung der Hoftüpfel entspricht ihrer
Abb. 25. TracheidenentwicWuiig. a—d) Abwandlung einer Spiraltracheide (a);
durch Anastomosen der Leisten in eine Tracheide mit Hoftüpfeln vora araukaroiden Typus (b);nbsp;e) Tracheide mit abietinoider Hoftüpfelung.
Original (etwas schematisiert), unter Benutzung der ontogenetischen Wandlungsreihe im Langssohliffe vonnbsp;Cordaitenholz. — (Sohliffsamml. Heidelb. Nr. 91.)
Entstehung aus spiralig ver-laufenden Zwischenraumen zwischen den Spiralleisten.nbsp;Die Hoftüpfel liegen namlichnbsp;anfangs (d. h. namentlich beinbsp;den palaozoischen Gymno-spermen) in gröBerer Zahl innbsp;Schragreihen (Abb. 25 d). Beinbsp;den heutigen Gymnospermennbsp;ist diese Anordnung j edochnbsp;Hand in Hand mit der Ke-duktion der Tüpfelzahl meistnbsp;undeutlich geworden (Abb.nbsp;25 e). Über Einzelheiten (auchnbsp;über die „rimes of Sanio“)nbsp;vgl. Jeffrey (1917) undnbsp;Bailey (1919). Jeffrey undnbsp;seine Schüler haben manchenbsp;erheblich abweichende Mei-nungen ausgesprochen, dienbsp;Jeffrey 1. c. ausführlichnbsp;darstellt.
d) GefaBe. Als eine weitere Entwicklungsreihe kennen wir die Verschmelzung inehrerer Zeilen zu sogenann-ten GefaBen betrachten, wie
1) R. Krause 1 (1924) beschreibt Holz mit Hoftüpfeln angeblich aus dem Pra-kambnum. Naoh den Angaben des Verfassers scheint die Herkunft des Stüokes nicht ganz sicher belegt.
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3. Stamm; Kormophyta, Allgemeines.
sie 1) für einige heutige Pteridophyten (z. B. Ptehdium aquilinum Kuhn) und die zuletztauftretenden Kormophytengruppen der Gnetales und Angiospermennbsp;charakteristisch sind. Es ist kaum anzuzweifeln, daB die Ausbildung weit-lumiger GefaBe als Anpassungserscheinung in enger Korrelation steht zumnbsp;gesteigerten Verbrauch an Wasser und sonstigem Nahmiaterial bei den Angiospermen. So haben auch bei den Quereus-(Eieh.m-)Axim die sommergrünennbsp;Formen weitere GefaBe als die imme griinen (vgl. Groom 1910, S. 257).
Interessanterweise entwickeln sich also in ein und derselben Traeheide die Hoftiipfel auch ontogenetisch aus Spiralleisten (Abb. 26).
Das Stelarproblem ist geradezu ein Musterbeispiel der phylogenetischen Problematik. Auch die Schwierigkeiten, die seinen Lösungen entgegenstandennbsp;und entgegenstehen, sind typisch. Binmal war die spezielle Form, in der die
Abb. 26. Ontogenetische Umbildung der Traeheiden. gang der Sprralverdickung in Hoftiipfel.nbsp;(Alexandrov, 1927, Abb. 3.)
Uber-
verschiedenen Stelaran-sichten oft vorgetragen wurden, zunachst innbsp;Einzelheiten bedenklich.nbsp;Beispielsweise dachtenbsp;man sich zunachst, wienbsp;meist in phylogenetischen Dingen, die Zu-sammenhange allzu ein-fach; man wollte allenbsp;Formen gewissermaBennbsp;,,linear“ in eine Reihenbsp;bringen, wahrend mannbsp;heute klarer erkannt hat,nbsp;daB mehrere von einemnbsp;Punkt divergierendenbsp;Stelarreihen vorliegen.nbsp;Es ist im Grunde das-selbe, wie wenn man beinbsp;der Phylogenie des Menschen urspriinglich die Ansicht aufstellte, der Menschnbsp;stamme ,,vom Affen ab“, wobei man unter ,,Affen“ an Vertreter der heutenbsp;lebenden Affenarten dachte, wahrend man sich jetzt klar ist, daB Mensch undnbsp;heutige Menschenaffen nur zusammen auf eine gemeinsame Urform zuriickgehennbsp;können. Solchen Einzelentgleisungen gegeniiber wird man natiirlich immer ver-suchen miissen, den wertvollen Kern der Ansichten abzusondern von dennbsp;weniger integrierenden Zutaten, die der Ausdruck des zeitlich beschranktennbsp;Wissens sind.
Ferner ist — gleichfalls eine haufige Brscheinung — die uns interessierende Sachfrage verquiokt mit einer ganzen Reihe von anderen sachlichen und nicht-sachlichen Fragen. Auch hier gilt es, die einzelnen Fragen scharf auseinander-zuhalten. Uns interessiert in diesem historisch-phylogenetischen Ab-schnitt lediglich das ,,phanotypische“ Bild, welches die Abwand-lung der Xylemverteilung im Laufe der Phylogenie zeigt. Damitnbsp;sind aber sehr oft andere, entwicklungsphysiologische Vorstellungen verquicktnbsp;worden, z. B. das Problem, ob die einzelnen Gewebspartien immer und auchnbsp;heute Starr determiniert sind (sie sind offenbar nicht starr determiniert) usw.nbsp;Weiter tritt die Stelartheorie meist in einem Begriffs- und Nomenklaturgewand
1) Vgl. zu dieser Streitfrage Gwynne-Vaughan 1908, Halft (1910) und Meyer (1929). Wenigstens die Durchbrechung der Tiipfelmembran an den Tracneidenenden scheintnbsp;heute hier gesichert.
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auf, das nicht jedem zusagt; auch die Wahl des Begriffs- und Nonienklatur-systeins ist eine völlig gesonderte Frage. Und schliefilich setzt die Stelartheorie gelaufige anatomische Grundkenntnisse voraus, die leider auch nicht in demnbsp;Umfange verbreitet sind, wie das einer Erörterung des Problems dienlich ist.
All das führte dazu, daB beispielsweise 1917 ein Gegner der Stelartheorie (Meyer 1917) mit Befriedigung feststellen konnte, daB die „Stelartheoriequot; ausnbsp;den deutschen Lehrbiichern der Botanik „ausgemerzt sei, — im gleichen Jahre,nbsp;in dem die eben entdeckten devonischen Rhyniaceen nach anderer Ansicht so-zusagen den SchluBstein zum ganzen Gehande lieferten. Damit wir nachhernbsp;hemmungslos nur die Tatsachen zu beriicksichtigen brauohen, seizunachst dienbsp;Begriffs- und Nomenklaturfrage kurz behandelt.
Der Botaniker ist im allgemeinen gewohnt, auszugehen vom Querschnitts-bild der einzelnen „Leitbündelquot; (oder „GefaBbündel ). Bild und Ausdrucks-weise des „Leitbündelsquot; sind uns vom elementaren Anatomieunterricht her vertraut. In den Krautern, die wir untersuchen, liegen ja die einzelnen Leit-biindel wohi abgegrenzt im „Parenchyniquot;. Wie wir sehen werden, bildet abernbsp;die Gesamtheit dieser Leitbtindel eines Achsenorgans eine phylogenetischenbsp;Einheit^). Will man also die phylogenetischen Zusammenhange anschaulichnbsp;schildern, muB man zu einem Begriffssystem greifen, das sich aufbaut auf diesernbsp;Einheit, auf der Gesamtheit der Leitbiindel. DaB man nur die Gesamtheitnbsp;der Leitbiindel einer Achse miteinander vergleichen kann, lehrt bereits der Ver-gleich von SproB und Wurzel bei den Angiospermen, da ja hier unverkennbarnbsp;die Gesamtheit der Leitbiindel in der SproBaohse dem einzigen Leitbiindel in dernbsp;Wurzel entspricht. Ein Versuch, die phylogenetischen Zusammenhange mit einernbsp;„Leitbiindel-Nomenklaturquot; (bzw. Begriffssystem) darzustellen, stöBt daher vonnbsp;vornherein auf sehr groBe Schwierigkeiten. Er ist bezeichnenderweise m. W.nbsp;auch nie unternommen worden. Nun kennt zwar die deutsohe Wissenschaft einnbsp;Wort (bzw. einen Begriff) auch fiir die Gesamtheit der Leitbiindel: das vonDe Barynbsp;und Sachs gepragte Wort (bzw. den Begriff) ,,Zentralzylinder“. Rein be-schreibend deckt sich der Begriff ,,Zentralzylinder“ mit dem von van Tieghemnbsp;(1886) gepragten Wort ,,Stelequot;. Stele wie Zentralzylinder sind die Gesamtheitnbsp;der Leitbiindel eines Organs samt dem dazwischenliegenden — meist parenchy-matischen — Gewebe. Die genaue Abgrenzung der ,,Stelequot; nach auBen istnbsp;hier nicht zu erörtern (vgl. Schoute 1902, Meyer 1917a).
Vom begrifflichen Standpunkt aus ware daher die Wahl zwischen Zentralzylinder und Stele als Bezugseinheit gleichgiiltig. Das Wort ,,Stelequot; hat aber vor ,,Zentralzylinderquot; den groBen nomenklatorischen Vorzug, daB es sich alsnbsp;griechisches Wort leicht mit Vorsilben (,,Protostele“, ,,Eustele“ usw.) verbindennbsp;laBt. Trotz der vielen Bedenken (z. B. bei Meyer 1917 a zusammengestellt) hatnbsp;sich darum die Stelarnomenklatur fast iiberall bei der Darstellung phylogene-tischer Zusammenhange sowie bei der Schilderung vorgeschichtlicher Pflanzennbsp;durchgesetzt. Deshalb werden wir hier gleichfalls von diesem Begriffs- und Nomen-klatursystem der ,,Stelequot; Gebrauch machen. Die gröBte Schwierigkeit bei diesemnbsp;EntschluB bereitet nur die Eiille der Synonyma (vgl. die in diesem Punkte sehrnbsp;berechtigte Kritik Meyers 1917a) sowie die dortige Zusammenstellung der Nomen-klatur). Ich habe mich bemiiht, die gebrauchlichsten Bezeichnungen auszuwahlen,nbsp;keine neuen Synonyma zu schaffen und nur eine bestehende Bezeichnungsliiokenbsp;durch ,,Plektostelequot; auszufiillen. Im einzelnen steht mein Bezeichnungssystemnbsp;wohl der in weiten Kreisen bekannten Auswahl der Bezeichnungen von Lotsysnbsp;„Stammesgeschichte der Pflanzenquot; (1909) am nachsten.
Wir wollen uns aber vor allem auch dariiber klar sein, daB Begriffe und Worte
^ilfsmittel sind, um einen Sachverhalt darzustellen, und daB dieser Sach-verhalt unabhangig davon bestehen bleibt, welches Begriffs- und Nomenklatur-
,,, nbsp;nbsp;nbsp;Sdl auch meist fiir die Ontoffenie. Vgl. Kostytschew (1920) sowie Eames und
Me Daniels S. 83 ff. nbsp;nbsp;nbsp;- b jnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;\ j
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3. Stamm; Kormophyta, Allgemeines.
system wir wahlen. Wir wollen uns ferner dariiber klar sein, daB die Querschnitts-bilder, die wir vorzugsweise geben, nur ein ungefabres Bild der raumlichen Anordnung sind, ahnlich wie ein GrundriB. In sehr vielen Fallen reicht der Grund-riB zwar völlig aus. Wo es nötig ist, werden wir aber selbstverstandlich auchnbsp;Langsschnitte berücksicbtigen.
Die wichtigsten Stelen-Typen sind folgende (Abb. 27):
Protostcle (Jeffrey 1897) =Haplostele (Brebner 1902) (Abb. 27 unten). Um einen geschlossenen, im Querschnitt ungefahr kreisrunden, in der Organ-achse liegenden Tracheidenstrang lagert sich als Zylinder der Siebteil bzw. einnbsp;ihm entsprechendes noch wenig differenziertes Gewebe. Sehr oft wird dienbsp;Protostele (ebenso wie die anderen Stelenformen) auBen von einer besondersnbsp;ausgebildeten Zellage, von einer Endodermis, umgeben.
Eine solche Protostele herrscht zweifellos bei den altesten Kormophyten viel starker vor als heute. So finden wir eine typische Protostele bei den de-vonischen Khyniaceen (Abb. 37). Mit mehr oder weniger groBer Annaherungnbsp;ist sie aber auch bei alien anderen Pteridophytengruppen der altesten Zeit ver-treten. Bemerkenswerterweise besitzen ferner auch viele Tange (vgl. oben S. 49)nbsp;sowie manche Moose (Abb. 35, S. 102) im Prinzip einen ahnlichen geschlossenennbsp;Achsenstrang langsgestreckter Zeilen. Durchweg handelt es sich dabei umnbsp;mechanisch wirksame Elemente, denen allerdings nur bei den GefaBpflanzennbsp;(Psilophyten, Pteridophyten s. str. und Phanerogamen) tracheidaler Charakternbsp;zukommt. Aber diese Uebereinstimmung des Achsenbaues bei den urspriing-lichsten Kormophyten und Tangen hat eine hohe phylogenetische Bedeutung.nbsp;Denn die Tracheiden, die ja zweifellos auch mechanisch wirksame Zellelementenbsp;sind, illustrieren in ihrer zentralen Massierung zu einer Protostele das Prinzipnbsp;der Zugfestigkeit; d. h. eine geschlossene Protostele ist ein Schütz gegen dasnbsp;ZerreiBen. Wir diirfen daher die urspriingliche Protostele als ein Zeichen an-sehen fiir die Herkunft der Landvegetation von Tangen der Meeresbrandung,nbsp;die besonders der Gefahr des ZerreiBens ausgesetzt waren. Die Tracheidennbsp;sind wohl sicher aus sklerenchymatischen Festigungselementen tangartigernbsp;Pflanzen entstanden.
Ein Vertreter der devonischen Rhyniaceen, namlich Rhynia major, zeigt aber schon eine bemerkenswerte Differenzierung der Tracheiden, die fiir dienbsp;Ableitung anderer Stelen bedeutsam ist, namlich die Differenzierung in ,,Proto-
Erklilrung zu Abb. 27.
1. nbsp;nbsp;nbsp;Protostele als Grimdform.
2. nbsp;nbsp;nbsp;(Linke Reihe) = Eustelenreihe.
(llier kamen zwei verschiedene Paralleltypen zur Darstellung, jeweils in der linken Figur-hiillte Stelen mit zentripetalem Holz und in dor rechten Hiilfte ohne zentripetales HoJz.)
3. nbsp;nbsp;nbsp;(Rechte Reihe) = Aktinostelenreihe.
4. nbsp;nbsp;nbsp;(Mitte) = Polystelenreihe.
Protoxylem (soweit ausgeschieden) . jeweils ganz schwarz;
Metaxylem...............dunkle Netzstruktur;
Siebteil.................punktiert.
Beispiele:
Protostele — z. B. Rhyniaceen (S. 105), ursprüngliche Lepidophyten (S.T36), urspriingliche Fame (S. 187), sowie Jugendstadien heutiger Pteridophyten.
Siphonostele (ektophloisch) (sowie die dariiber stehende tlbergangsform zur Eustele) — z. B. Lepidophyten (S. 167 und Abb. 63 u. 70), Fame (S. 212 und Abb. 143),nbsp;Eustele — z. B. Dikotylen-SproBachse (S. 338).
Nicht bezeichneter Übergangstyp zur Aktinostelenreihe (rechts unten) — Coenopteridales. Aktinostele — z. B. Asteroxylaceae-Spioü und Wurzel der meisten heutigen Phanerogamen.nbsp;Plektostele — z. B. L^copodwm-SproBachse (Abb. 89).
Siphonostele (amphiphloisch) sowie Polystele —¦ z. B. viele rezente Fame, insbosondcre Leptosporangiaten. — (Original.)
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Abb. 27. Die wichtigsten. Stelen typen. (Erklarung siehe nebensteliend auf S. 74.)
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3. Stamm: Kormopliyta, Allgemeines.
xylein“ und ,,Metaxylem“. Wir finden hier (z. B. Abb. amp;9) im Zentrum der Protostele englumigere, ontogenetisch zuerst gebildete Tracheiden, das „Proto-xylem“, und auBen herum weitlumigere Tracheiden, das ,,Metaxylem“. Voraus-greifend seien gleich hier die 3 möglichen Lagebeziehungen zwischen Protoxylemnbsp;und Metaxylem geschildert (Abb. 29).
Abb. 28. Stelenverlauf beim Protostelen—Aktinostelen-Typ.
A Protostele bei typischer Gabelung gleichwertiger Stelen.
B Übergangsform bei spiraliger Verzweigung; Hauptachsenstele und Nebenachsenstelen (,,Blattspnrstrange“) noch gleichartig gebaut, d. h. init Protoxylem und Metaxylem.
C Aktino stele ebenialls bei spiraliger Verzweigung; in der Hauptachsenstele ist dasstamm-eigene (zentrale) Protoxylem, in den Blattspurstrangen das Metaxylem verschwundcn. A^ u. B^ zugehörige Querschnitte. (Original.)
Mesarches Protoxylem: Das Protoxylem liegt in der Mitte wie bei Rhynia major, rings von Metaxylem umgeben (Abb. 29A).
Exarches Protoxylem: Das Protoxylem liegt auBen, das Metaxylem schlieBt gegen das Stammzentrum zu an (Abb. 29 B).
Endarches Protoxylem: Das Protoxylem liegt innen, das Metaxylem schlieBt gegen die Stammperipherie zu an (Abb. 29 C).
Von dieser Protostele können wir nun alle übrigen — heute bei den Kormo-phyten vorherrschenden — Stelentypen phylogenetisch ableiten. Zwei elemen-tare, in der Regel miteinander verkniipfte Prozesse können wir bei dieser AVandlung allgemein bemerken:
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Aktinostele.
1) nbsp;nbsp;nbsp;die Verlagerung des Xylems peripherwarts,
2) nbsp;nbsp;nbsp;die Durchsetzung des Xylems mit Gewebe, welches organische Stoffenbsp;speichert und leitet, d. h. mit Siebteil oder Parenchym (Mark, Markstrahlennbsp;usw). Namentlich Bower 1920/21, 1923, 1925 sowie Wardlaw 1925 undnbsp;1926 haben auf eine phylogenetische Korrelation bei dieser Wandlungnbsp;aufmerksam gemacht, namlich daB im allgemeinen diese Unterteilung desnbsp;Xylems mit einer Dickenzunahme der betr. Organe parallel geht. Wir be-gnügen uns hier (wie überhaupt im. historischen Teil), das phanotypischenbsp;Faktum dieser Phylogenie festzustellen, ohne die Ursachen naher zu erörtern.nbsp;Xur sei gleich betont, daB diese tfmbildung der Stele Hand in Hand mit einernbsp;Gröfienzunahme der Organe zweifellos zweckmaBig ist. In der SproBachsenbsp;bedeutet die Verlagerung des Xylems peripherwarts eine mechanische Aus-steifung, d. h. eine Erhöhung der Biegungsfestigkeit. In den Wurzeln wurdenbsp;das Xylem den wasseraufnehmenden Teilen genahert. Die Durchsetzung desnbsp;Xylems mit Gewebe, welches dienbsp;Assimilate aufnehmen kann, ist einnbsp;ernahrungsphysiologischer Vorteil.
In drei Hauptreihen hat sich diese Umgestaltung des Stelen-baus abgespielt.
I. Aktinosteleiireilie (Abb.
27 rechts und Abb. 28).
Für die verschiedenen Stelen-querschnitte aus der Aktinostelen-reihe ist charakteristisch, daB zwar im Zentrum die Tracheiden einiger-maBen erhalten bleiben, daB abernbsp;vom Bande her sich der Siebteilnbsp;„eindrangtquot;, bzw. daB der Holzteilnbsp;strahlenförmig gegen den Siebteilnbsp;„vordringt“. Dadurch nimmt dernbsp;Holzteil Sternform an, bzw. er wirdnbsp;bei der Plektostele sehr starknbsp;zerklüftet.
Aktinostelen sind effenbar ein recht altertümlicher Stelentyp. Mög-licherweise haben alle Kormophytenklassen einmal die Stufe einer (mindestensnbsp;schwach entwickelten) Aktinostele durchlaufen, da sie sich immer dann ergibt,nbsp;wenn sich gleichzeitig mehrere Blattspurstrange einer Protostele anschmiegen.nbsp;So finden wir denn ausgepragte Aktinostelen vorzugsweise bei Sprossen alter-tUmlicher Formen mit einigermaBen mikrophyller Belaubung: in der Verwandt-schaft (?) der Psilophyten, bei den devonischen Asteroxylaceen, bei den rezentennbsp;Psilotales, bei manchen Lycopsiden der Vergangenheit und Gegenwart, innerhalbnbsp;der Articulaten bei den karbonischen Sphenophyllales und schlieBlich unternbsp;den Pteropsiden in den Stammen und Blattstielen mancher fossiler oder rezenternbsp;Fame. Die Wurzeln der Kormophyten, die vielfach altertümliche Organisationnbsp;bewahrt haben, besitzen gleichfalls durchweg eine Aktinostele. Gerade bei dennbsp;Aktinostelen müssen wir uns aber zum Verstandnis des Detailaufbaus auch einnbsp;raumliches Bild machen (Abb. 28).
Denken wir uns einen Baum mit zahlreichen steil aufragenden Seitenasten, etwa eine Pyramidenpappel {Populus nigra var. italiea), um uns den Bau einernbsp;typisch entwickelten Aktinostele, bezw. ihres Holzkörpers, zu veranschaulichen.nbsp;Der Pappelstamm in unserem Gleichnis entspricht dem Stelen-Holzteil, der in
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3. Stamm: Kormophyta, Allgemeines.
der Achse des beblatterten Sprosses zentral liegt; die Seitenaste entsprechen den Seitenstelen (Blattspuren), die zu den nieist mikrophyllen Blattern schragnbsp;aufwarts ziehen bzw. Seitenwurzeln usw. entlassen. Allerdings verlaufen diesenbsp;Seitenstelen nieist als Rippen ziemlich lang auf der Oberflache der Haupt-stele bin und verstarken sie wie Strebepfeiler eines gotischen Dorns, bevor sienbsp;niit dieser Hauptstele verschmelzen; diese versclimelzenden Seitenstelen bildennbsp;damit die Arme der im Querschnitt sternförmig gestalteten Aktinostele. Dienbsp;inechanisclie Verstarkung der Stele wird also durch die Blattspurstrange er-zielt.
Die Entstehungsgeschichte einer Aktinostele aus einer Protostele ist ein anatomischer Parallelvorgang zur ,,Übergipfelung“, d. h. zur Differenzierungnbsp;von Hauptachse und Seitenorganen aus gleichwertigen gegabelten Trieben.nbsp;Abb. 28 kennzeichnet wohl diese Umbildung ohne viel Worte.
Interessant ist es dabei, die Wandlung des Protoxylems zu verfolgen.. Ausgangspunkt für diese Entstehung der Aktinostele waren offenbar Protostelennbsp;mit Protoxylem im Zentrum (vgl. Rhynia major Abb. 39). Bei Asteroxylon, abernbsp;auch bei manchen rezenten Lycopsiden (vgl. unten S. 156), sind die Blattspurennbsp;noch ganz genau wie dies Protostele gebaut: auch in den Armen der eigentlichennbsp;Aktinostele selbst liegt das Protoxylem zwar ziemlich peripher aber doch all-seitig von Metaxylem eingehüllt. Ebenso hatte die Hauptachse urspriinglich wohlnbsp;auch ihren eigenen zentralen Protoxylemstrang, mit dem die Protoxylemstrangenbsp;der Blattspuren sich vereinigten. Abb. 28 B reprasentiert diese Ausgangsformnbsp;mit den zweierlei Protoxylemgruppen im Zentrum und an der Peripherie. Sie istnbsp;heute an der SproBbasis mancher Selaginellen (z. B. S. spinosa P. B. nach Gibson)nbsp;noch zu linden. Im Laufe der Phylogenie aber trat folgende Umbildung ein:nbsp;In den Seitenstelen verschwand das Metaxylem mehr und mehr, so daB nun dasnbsp;Protoxylem ganz peripher gelagert wurde; z. B. haben die Lycopsiden bis auf kleinenbsp;Ausnahmen durchweg exarch gelagertes Protoxylem, wahrend es bei Asteroxylonnbsp;noch ,,mesarch“ liegt. Ferner wird im allgemeinen schon sehr friih das zentralenbsp;Protoxylem der Hauptachse morphologisch ersetzt durch Metaxylem. Physio-logisch ist es jedenfalls ersetzt durch die Protoxylemstrange an der Stelenperi-pherie, welche zu den Blattern fiihren. Die Blatter eilen ja auch in der Onto-genie dem Wachstum der Hauptachse voraus und hiillen sie wie eine Knospenbsp;ein. Es ist darum kein Wunder, daB ihr Holzkörper (Blattspurstrange) alsnbsp;Protoxylem vor dem iibrigen Xylemgewebe ausdifferenziert wird.
Auch der Siebteil wird verschieden ausgebildet. Bei Asteroxylon (S. 114) umzieht er noch wie bei der Protostele das Xylem als geschlossene Partie. Dienbsp;Aktinostele der Wurzeln, d. h. das sogenannte „radialequot; Leitbiindel, besitztnbsp;dagegen Siebteile nur noch in den Winkeln zwischen den Xylemstrahlen.
Die altesten Fame, die Coenopteridales, zeigen eine höchst eigentiimliche Ausgestaltung der Aktinostele, die wir bei ihnen besprechen. — Eine Fortbildungnbsp;der Aktinostele mit reicher Unterteilung ist ferner die Plektostele (oder dasnbsp;diaplektische Leitbiindel nach Meyer 1926 (Abb. 27 rechts oben). Sie findetnbsp;sich bei rezenten Formen von Lycopodium und auch z. B. bei Psilotales, ins-besondere der Gattung Tmesipteris (Abb. 54). Die stelare Unterteilung gehtnbsp;hier oft noch viel welter als bei der Plektostele der Abb. 27 rechts oben.
II. Eustelenreilic (Abb. 27, linke Reihe).
Die typische Eustele stellt einen Kreis kollateraler Leitbiindel dar, die um ein Mark herumliegen und durch Markstrahlen getrennt werden. Hiernbsp;ist also das Auftreten von Mark im Zentrum der Protostele charakteristisch,nbsp;sowie die Durchbrechung des dadurch zylinderförmig gewordenen Holzkorpersnbsp;durch parenchymatische Gewebsplatten, die sogenannten Markstrahlen. Diese
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Eustele.
lieffen in der Regel als sogenannte „Blattlücken“ oberhalb des Abgangspunktes der Blattspurstrange. Auch bei Gabelung entstehen „Blattlücken“ (Abb. 65 B).
Der Entwicklungsgang von der Protostele zur Eustele, d. h. die Mark-und Markstrahlbildung („Medullationquot;) ist uns durch eine ganze Reihe von Zwischenstufen in den verschiedenen Kormophytenabteilungen überliefert.nbsp;Stadiën der beginnenden Markbildung sind einerseits kurze, isodiametrischenbsp;Traclieiden und andererseits das ,,gemischte“, d. li. mit Tracheiden unter-mischte Mark bei palaozoischen Fornien (Abb. 66).
Der nachste Schritt ist die Siphonostele;^ also Mark, aber keine oder wenig Markstrahlen. Auch hier sind die palaozoischen Formen in der Regelnbsp;durch das „zentripetale Metaxylemquot; noch primitiv (Abb. 27 linke Halfte undnbsp;Abb. 70). ïn diesen Siphonostelen liegen am auBeren Rande des Holzzylindersnbsp;die Protoxylemgruppen der Blattspurstrange; das nach innen entwickeltenbsp;Metaxyleni ist ein Überrest des ursprünglich kompakten Protostelen-Holz-körpers. Auch, wenn dann der Holzzylinder durch Markstrahlen in einzelnenbsp;Holzteile zerklüftet ist, wenn sich also eine echte Eustele gebildet hat, bleibtnbsp;bei vielen palaozoischen Formen noch zentripetales Metaxylem an jedemnbsp;einzelnen Holztoil verhanden (Abb. 163 und Abb. 173 2). Für die heutigennbsp;Eustelen (Gymnospermen und Angiospermen) fehlt jedoch dies zentripetalenbsp;Holz ganz, es ist physiologisch durch zentrifugales Metaxylem bzw. Sekundar-holz ersetzt.
Die Eustelenreihe hat sich in allen 3 bis heute lebenden Kormophytenabteilungen ausgebildet. Zu typischen Eustelen sind jedoch namentlich die Pteropsiden mit makrophyller Belaubung gelangt. Die Lycopsidennbsp;mit ihrem meist mikrophyllen Laub (z. B. die Lepidodendren) haben in dernbsp;Regel höchstens das Siphonostelensta'dium erreicht; nur die verhaltnismaBignbsp;groBblattrigen Sigillarien aus dem Jungpalaozoikum besitzen Eustelen. Dienbsp;Equisetales besitzen zwar im Querschnittsbild auch Eustelen; der Langsschnittnbsp;zeigt aber an den Knoten ein etwas komplizierteres, von der Pteropsiden-Eustele abweichendes Bild, wie namentlich Gwynne-Vaughan 1901 undnbsp;Brown 1920 festgestellt haben (vgl. auchLotsy Bd. II S. 557). — Die Atakto-stele der Monokotylen ist offenbar von Eustelen abgeleitet.
Dem phylogenetischen Verstandnis der Eustele bereiten zwei Detailfragen Schwierigkeiten: 1) die Beziehungen der einzelnen Holzteile zu den von ihnen ab-gehenden Blattspurstrangen, 2) die Beziehungen des parenchymatischen Gewebesnbsp;(Mark und Markstrahlen) zu den früher an ihrer Stelle ausgebildeten Holzteilen.
ad 1) Nur in wenigen Pallen (vgl. z. B. Lyginodendron Abb. 162) kann man noch relativ gut den eigentlichen Bustelenkreis als „stammeigene“ Bundel von dennbsp;Blattspurstrangen unterscheiden. Im allgemeinen, namentlich bei den jüngerennbsp;Pormen, besteht hier eine so komplizierte Verflechtung, dafi die Grenze zwischennbsp;,,stammeigenen“ Bündeln und Blattspurstrangen kaum festzulegen ist. Schonnbsp;Hanstein hat (im ,,idealistischen“ Sinne) drum die Prage aufgeworfen, oh einenbsp;Eustele „eigentlichquot; aus „stammeigenen“ Bündeln oder aus Blattspurstrangennbsp;bestehe. Und diese Prage ist neuerdings sogar als ,,das Stelarproblem“ bezeichnetnbsp;worden (vgl. Bertrand 1913, S. 211, und Meyer 1928).
In langen Internodien hat sich bei dieser phylogenetischen Herausbildung eines komplizierten Leitbündelsystems vor allem die Übergangsregion der stamm-eigenen Stele zu den Blattspurstrangen beteiligt. Schon aus diesem Grundenbsp;lassen sich die einzelnen Stelenteile hier nicht leicht entweder als „stammeigen“nbsp;oder als Blattspurstrang bezeichnen. Perner wird man auch mit phylogenetischennbsp;^euhildungen von Stelenteilen rechnen müssen, zumal diese ja bei Regenerationen,nbsp;Wundverheilungen usw. sicher heobachtet sind. In diesen Punkten stehen alsonbsp;noch Detailfragen offen. Um so scharfer darf man jedoch betonen, dail dernbsp;esamtablauf der Stelenumbildung bereits heute einwandfrei geklart ist.
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3. Stamm: Kormophyta, Allgemeines.
ad 2) Jeffrey hatte urspriinglicli (z. B. 1902) von einer Binwanderung („sinking in“) der parenchymatischen Gewebe in den Holzteil, der dadurch zurnbsp;Eustele zerkliiftet wurde, gesprochen. Die Mehrzahl der Stelarforscher hat sichnbsp;aber der Auffassung Gwynne-Vaughans angeschlossen, dab das Parenchymnbsp;(evtl. aucb Bndodemiis und Siebteil) innerhalb der Eustele durch Umwandlungnbsp;von Holzteil entstanden sei. Man muB sich hier daran erinnern, daB, streng-genommen, die phylogenetische Wandlung eine Wandlung der Erbfaktoren ist,nbsp;welche die Differenzierung der einzelnen Stelengewebe bestimmen. Die Streit-frage betrifft also auch hier wieder entwicklungsphysiologische Einzelheiten.nbsp;Unter diesem Gesichtspunkt scheint es mir richtiger, von einer Umwandlung dernbsp;Gewebe zu sprechen (vgl. z. B. Bower 1911 und Bertrand 1913, S. 211).
III. Die Polystelenreihe (Abb. 27, mittlere Keihe)
unterscheidet sich von der Eustelenreihe vor allem dadurch, daB ein Siebteil (meist auch eine Endodermis) nicht nur peripherwarts (d. h. ,,ektophloisch“),nbsp;sondern auch zentralwarts (d. h. ,,amphiphloisch“) ausgebildet wird.
Es ist iibrigens umstritten, ob die Eustelen- und die Polystelenreihe durch-weg selbstandig sind, ob nicht z. B. Polystelen sekundar aus Eustelen durch Neuerwerb des zentralen Siebteils hervorgegangen sind bzw. umgekehrt. (Vgl.nbsp;auch S. 212).
Auch Kombinationen dieser verschiedenen Stelentypen gibt es, Bei Lycopsiden beispielsweise linden wir manchmal Siphonostelen, die an ihrernbsp;Peripherie (wie eine Aktinostele) einen Kranz von Protoxylemstrahlen tragennbsp;(Abb. 70). Überhaupt mogen sich diese Eeihen parallel mehrmals ausgebildetnbsp;haben. Das gilt auch fiir eine weitere Komplikation des Stelarbaus, für das
das durch Kambiumtatigkeit dem Holzkörper auBen zugefiigt wird. Von Brongniart und seinen Schülern war zwar urspriinglich die Auffassung ver-treten worden, das Sekundarholz sei allein fiir die Phanerogamen charakte-ristisch. Heute hat sich aber doch wohl allgemein die Solmssche und William sonsche Auffassung durchgesetzt, daB auch Vertreter der Lycopsidennbsp;und Articulaten in den Lepidophyten (S. 139 und Abb. 70) und in den Cala-miten (S. 169 und Abb. 102) solches Sekundarholz ausgebildet haben.
Das Sekundarholz ist offenbar allgemein als eine sukzessive Ausgliede-rung von zentrifugalem Metaxylem aufzufassen. Abb. 70 zeigt besonders gut die 3 wichtigsten Bestandteile eines ,,vo]lstandigen“ Holzkorpers; Pro-toxylem, Metaxylem und Sekundarholz.
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S. 4.
Fiir samtlidie Kormophyten ist der
Generationswechsel
charakteristisch.
Wir stellen, wie üblich, den Generationswechsel eines Fames in den Mittelpunkt unserer Betrachtungen, und zwar wahlen wir einen heute lebendennbsp;Farn, etwa einen Wurmfarn unserer Walder {Dryopteris filix mas) als Aus-
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Fortpflanzung, Keimzellphylogenie.
gangspunkt. Wir erinnern uns daran, daB seine individuelle Lebensgeschichte, seine ,,Ontogenie“, in 2 selbstandige Lebensabschnitte (,,Generationen“) zer-f allt:
1. nbsp;nbsp;nbsp;den „Sporophytenquot; oder die eigentliche Farnpflanze, die sich nn-geschlechtlich durch gleichartige Sporen („Isosporie“) vermehrt und
2. nbsp;nbsp;nbsp;den „Gametophytenquot; oder das Prothallium, ein kleines zartesnbsp;„Blattchen“, das die Gameten (Eizellen in Archegonien, und Spermatozoën innbsp;Antheridien) erzeugt.
Beide Generationen gehen auseinander hervor und wechseln regelmafiig miteinander ab, indem die Sporen den Gametophyten entstehen lassen undnbsp;aus der befruchteten Eizelle sich wieder der Sporophyt entwickelt. Wie beinbsp;den Phaophyten ist der Gametophyt haploid und der Sporophyt diploid.
Ahnlich wie bei den Phaophyten (S. 49) lassen sich die phylogenetischen Probleme in 2 Gruppen gliedern:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Wie ist der Generationswechsel der Fame phylogenetisch geworden?
2. nbsp;nbsp;nbsp;Lassen sich von einem Generationswechsel nach Art der Fame dienbsp;anderen Fortpflanzungsformen der Kormophyten ableiten?
Die Antworten auf die 1. Frage sind viel umstrittener als auf die 2.
1. Wie ist der Generationswechsel der Fame phylogenetisch geworden?
Wir gehen wieder zu den altesten Kormophyten, zu den Psilophyten, zurück. Auch sie batten effenbar bereits einen ahnlichen Generationswechselnbsp;wie die heutigen Pteridophyten. Sie waren „isospor“, d. h. sie erzeugten genaunbsp;wie die Fame in ihren Sporangien nur eine Sorte Sporen, die bei ihrer Reifungnbsp;noch die Entstehung in Betraden zeigen (Abb. 41 c). Diese Sporenbeschaffen-heit laBt vermuten, daB auch die Psilophytensporen wie die Sporen der re-zenten Fame durch Reduktionsteilung gebildet wurden und so die Gametophyt-Generation einleiteten. Irgendwelche Geschlechtsorgane sind an den gutnbsp;erhaltenen Psilophytenpflanzen nicht aufgefunden worden. Die allgemeinnbsp;geteilte Auffassung, daB die fossilen Reste der Rhynia-krten usw. nur dennbsp;Sporophyten darstellen, wahrend der effenbar ziemlich vergangliche Gametophyt nicht erhalten ist, ist daher wohlbegründet. Es sei gleich erwahnt, daBnbsp;auch von den echten Farnen bisher niemals Gametophyten (von Sporen undnbsp;ihren ersten Keimungsstadien abgesehen) fossil überliefert sind.
Die Entstehung des Generationswechsels der Pteridophyten fallt somit weiter zurück, in die Zeit der Eroberung des Landes durch die Pflanze, bzw. innbsp;noch altere Erdperioden, sie fallt in die Periode der Algen und Tange. Wirnbsp;rnüssen daher versuchen, den Generationswechsel der Pteridophyten in Ver-bindung zu setzen mit der Fortpflanzungsweise bei den Algen. Wir wollennbsp;dies schwierige Problem Schritt für Schritt in Angriff nehmen.
Keimzellphylogenie (Abb. 30).
Die gemeinsame Grundforni der Fortpflanzungszellen bei den Algen (und damit bei den Kormophyten) ist effenbar der Sch warm er (Abb. 30 unten),nbsp;wie er ja z. B. bei den Flagellaten und einzelligen Grünalgen (etwa den Chla-mydomonaden) das ganze pflanzliche Individuum darstellt; bei den meistennbsp;anderen Algen, z. B. Ulothrix (Abb. 7), werden Schwarmer dagegen nur zurnbsp;Fortpflanzung gebildet. Wir unterscheiden nach der Art der Fortpflanzungnbsp;bei den Algen drei verschiedene schwarmerahnliche Keimzellen (Abb. 30):
1. nbsp;nbsp;nbsp;niannliche Keimzellen
2. nbsp;nbsp;nbsp;weibliche Keimzellen
3. nbsp;nbsp;nbsp;neutrale Keimzellen oder Schwarmer im eigentlichen Sinne.
6*
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3. Stamm: Kormophyta, Allgemeines.
Alle 3 Zeilen können entweder selir ahnlich sein — bzw. mindestens sicli auBerlich fast völlig gleichen — das diirfte die phylogenetisch alteste Formnbsp;sein (Abb. 30 unten), oder die Keimzellen zeigen (bei anderen Algen) eine
Abb. 30. Keimzellphylogenie.
Untere Reihe: Einheitskeimzelle; gleichgestaltete Schwarmerzellen fiir beide Gameten und fiir den ungeschlechtlichen Schwarmer. Beispiel: Protosiphon lotryoides Klebs.nbsp;Mittlere Reihe: Anisogamie; KeimzeUen noch ahnlich gestaltet, aber ungleich gro6.nbsp;Beispiel: Evdorina elegans Ehrb.
Obere Reihe: Oogamie; Keimzellen in Gameten (Ei und Spermatozoon) und ungeschlecht-liche Keimzellen (Luftsporen) differenziert. Beispiel: isospore Pteridophyten.— (Original.)
mehr oder minder verschiedenartige Gestalt. Die weiblichen Keimzellen sind bier schon sehr oft infolge reicher Reservestoffe gröBer nnd schwerer bewegliclinbsp;(Abb. 30, mittl. Querreihe links) ja sie können unbeweglich, d. h. Eier werden;nbsp;die in gröBerer Menge erzeugten mannlichen Keimzellen sind dagegen kleinernbsp;(Abb. 30, mittlere Querreihe, Mitte), sie verlieren ihre Chromatophoren, be-
-ocr page 101-Keimzellphylogenie, Generationswechseiphylogenie. nbsp;nbsp;nbsp;85
halten jedoch meist ihreEigenbeweglichkeit bei, sie werden zu Spermatozoën. Die ungeschlechtlichen Keimzellen (Abb. 30, mittl. Querreihe, rechts) stehennbsp;dagegen in der GröBenordnung haufig zwischen beiden Ganietensorten, innbsp;manchen Fallen (z. B. bei Didyota) haben auch sie ihre Beweglichkeit ein-gebüBt.
Die Gestalt der Kormophytenkeimzellen ist nun leicht von der der Algen abzuleiten. Die Differenzierung schlieBt sich den zuletzt geschilderten Zeilennbsp;an. Durchweg sind bei jenen Landpflanzen sowohl die Eizellen wie die ungeschlechtlichen Keimzellen unbeweglich geworden. Es sind Eier und Luft-sporen. Die letzteren besitzen entsprechend ihrer Verbreitung durchnbsp;den Wind eine derbe Membran. Namentlich die auBerste Membranschicht,nbsp;die „Exine“ oder das „Exospor“ ist durch starke Kutikularisierung widerstands-fahig geworden. Dagegen zeigen die mannlichen Keimzellen, die ,,Spermato-zoën“, noch ausgesprochene Schwarmergestalt; sie erinnern hierdurch, ins-besondere durch ihre Fortbewegung mit GeiBeln, an die Herkunft der Pflanzennbsp;aus dem Wasser.
wandung.
Auch die Phylogenie der Keimzellbehalter, der Gainetangien und Sporangien bereitet keine allzu groBen prinzipiellen Schwierigkeiten, obwohlnbsp;wir noch nicht immer den genauen Weg sehen. Wohl begründet ist jedenfallsnbsp;die Bowersche (1908) Auffassung dieser Phylogenie als eines Sterilisations-prozesses (vgl. hierzu auch Bower (1928, Abb. 755). Bei primitiven Algentypen z. B. bei Ulothrix (S. 41) ist im allgemeinen jede Zelle noch eine poten-tielle Keimzelle. Bei sehr vielen Algen jedoch ist insofern eine Arbeitsteilungnbsp;eingetreten, als spezielle Gametangien und Sporangien gebildet werden. D. h.nbsp;die Mehrzahl der Zeilen einer solchen Alge ist steril, hat Ernahrungsfunktionennbsp;usw.; nur ein Teil der Zeilen, diejenigen welche Gametangien und Sporangiennbsp;darstellen, sind als Keimzellen determiniert. Allerdings sind bei den Algennbsp;zum Unterschied gegenüber den Kormophyten durchweg noch alle Zeilennbsp;eines Gametangiums bzw. Sporangiums fahig, Keimzellen zu werden. Dienbsp;Wand des Keimzellbehalters besteht daher bei den Algen immer nur aus dernbsp;gemeinsamen Zellmembran. Bei den Kormophyten ist dagegen — offenbarnbsp;als Anpassung an die Austrocknungsgefahren des Landlebens — ein weiterernbsp;„Sterilisationsproze6“ eingetreten. Die peripheren Zeilen eines solchennbsp;Keimzellbehalters werden zu einer zellularen Gametangien- bzw. Sporangien-
Phylogenie des Generationswechsels selbst.
Der Kernpunkt des Generationswechselproblems liegt in der Frage, wie die regelmaBige Verteilung von ungeschlechtlichen und ge-schlechtlichen Keimzellen auf verschiedenartige Individuen zu-stande kam. Es ist ja, wie erwahnt, kein Zweifel, daB die Kormophyten mitnbsp;ihrem Generationswechsel irgendwie an die Fortpflanzungsformen der Algennbsp;bzw. der Tange anschlieBen. Aber die schwierigste und umstrittenste Fragenbsp;lautet hier:
Hatten die Ahnen der Kormophyten einmal einen Generationswechsel nach der Art des Didyota-T'j'ps (vgl. S. 49 und Abb. 16 A), also mit morpho-logisch gleichgestalteten Generationen?
Oder waren die Generationen von Anfang an morphologisch verschieden gestaltet?
Heil te finden wir ja bei den Kormophyten keine Vertreter des Dictyota-Typs inehr. Sondern sowohl bei den Bryophyten, wie bei den Pteridophyten, wie bei den Phanerogamen sind beide Generationen sehr verschieden gestaltet!nbsp;Und zwar dominiert bei den Bryophyten bekanntlich der Gametophyt, wahrend
-ocr page 102-3. Stamm: Kormophyta, Allgemeines.
bei den anderen Kormophyten ahnlich wie im obigen Farnbeispiel der Sporo-phyt dominiert (vgl. Abb. 31).
Trotzdem scheint mir die an Pringsheim (1878) und Goebel (1893) ankniipfende und von Lignier (1903), Church (1919) und K. J. Meyer (1922)nbsp;entwickelte Meinung’^) am wahrscheinlichsten, daB ehemals bei den IJr-Korniophyten die beiden Generationen gleichgestaltet waren, so
vie es Abb. 31 A schematisch darstellt, und daB sich daraus dann diver-gierend die beiden Formen des Generationswechsels unter den heutigen Kormophyten entwickelt haben (Abb. 31B und C). Beinbsp;den Pteridophyten und den an sie anschlieBenden Gruppen gelangte dernbsp;Sporophyt zum tjberwiegen, bei den Moosen der Gametophyt. Die haupt-sachlichsten Gründe fiir diese Ansicht sind meines Krachtens folgende;
1) Bs ist allerdings gcrade beini Generationswechsel sehr schwer, die phylogenetischen Anschauungen der alteren und vieler neueren Autoren herauszuarbeiten, weil diese zwischennbsp;idealistisch-typologischer und phylogenetischer Einstellung bin- und lierpendeln (oben S. 11).
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GenerationswechsDl.
1. nbsp;nbsp;nbsp;Auch bei den Algen ist niit sehr groBer Wahrscheinlichkeit die Gene-rationswechselphylcgenie den gleichen Weg gegangen; es hat sich also auchnbsp;hier der Generationswechsel niit gleichartigen Generationen umgebildet zunbsp;eineni Generationswechsel mit verschieden gestalteten Generationen, wienbsp;wir das oben bei den Phaophyten und Rhodophyten ausführten (S. 50nbsp;und 54)1).
2. nbsp;nbsp;nbsp;Es ist überhaupt ein allgenieiner Zug in der Phylogenie, daB sich dasnbsp;Undifferenzierte (in unsereni Falie die gleichartigen Generationen) ins Differen-zierte wandelt.
3. nbsp;nbsp;nbsp;ünter den heutigen Kormophyten haben gerade die Grappen mit ver-haltnismaBig altertümlichem Geprage, also Grappen, welche sich auch in andernnbsp;Merkmalen recht wenig gewandelt haben, einen relativ gleichgestalteten Generationswechsel; z. B. ahneln sich bei den Psilotales Gametophyt und Sporo-phyt derart wie bei keiner anderen Kormophytengruppe. Ahnlich haben auchnbsp;die ,,prinntiven“ Anthocerotales mit ihrer an Algen erinnernden Zellstrukturnbsp;(Pyrenoide!) den gröBten Sporophyten. Auch die ebenfalls sehr alten Osmun-dales zeigen einen auBerordentlich stark entwickelten Gametophyten. lmnbsp;Gegensatz dazu besitzen die „höchst entwickelten“ Kormophyten, die Angio-spermen, auch einen besonders groBen Unterschied zwischen beiden Generationen. (Dies Argument ist jedoch nur mit auBerster Vorsicht zu verwenden,nbsp;vgl. S. 26 und 382).
4. nbsp;nbsp;nbsp;Die Entstehung von Übergangsbildungen zwischen beiden Generationennbsp;(ygl. Goebel 1907) bei experimentellen Eingriffen ist am leichtesten verstand-lich, wenn man annimmt. daB beide Generationen ursprünglich gleichartignbsp;waren und daB sie von dieser Zeit her noch gemeinsame Entwicklungspotenzennbsp;behalten haben.
5. nbsp;nbsp;nbsp;Die entgegengesetzten Massenverhaltnisse bei den Archegoniatennbsp;(Dominieren des Gametophyten bei den Bryophyten und Dominieren desnbsp;Sporophyten bei den Pteridophyten) sind leichter zu verstehen, wenn beide sichnbsp;divergierend von einer ürform, als wenn sich der eine Typ vom andern aus ent-wickelt hatten. Der Gametophyt blieb in beiden Fallen wegen der Sperma-tozoënbefruchtung zunachst erdennahe.
6. nbsp;nbsp;nbsp;Entgegen der früher von Bower (1908) und anderen vertretenen Auf-fassung (s. unten) gehören die zuerst nachgewiesenen Kormophyten nicht zunbsp;den Formen, welche wie die Moose einen dominierenden Gametophyten besitzen,nbsp;sondern es sind Kormophyten mit einem dominierenden Sporophyten (de-vonische Rhyniaceen).
Keines dieser Argumente ist zwar absolut beweisend für die Annahme, daB die beiden Generationen ursprünglich ihrer Morphologic nach gleichgestaltetnbsp;waren. Alle Argumente zusammen machen aber diese Annahme meines Krachtens wahrsoheinlioher als die übrigen Ansichten. Doch wollen wir auchnbsp;die letzteren wenigstens kurz ins Auge tassen.
Die abweichenden Meinungen beziehen sich vor allem auf das Verhaltnis des Moosgenerationswechsels zum Farngenerationswechsel. Hier sind 3 andere Auf-fassungen noch möglich und auch vertreten;
1. nbsp;nbsp;nbsp;Beide Formen des Generationswechsels haben phylogenetisch gar nichtsnbsp;miteinander zu tun, sie sind völlig selbstandig entstanden.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Der Generationswechsel der Pteridophyten hat sich aus dem der Moosenbsp;entwickelt.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Der Generationswechsel der Moose hat sich aus dem der Pteridophytennbsp;entwickelt.
. 1) Dort auch die Erörterung der weiteren Frage, wie wohl ein Generationswechsel mit gleichgestalteten Generationen entstanden sein mag.
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3. Stamm: Kormophyta, Allgemeines.
ad 1. Gegen diese Auffassung spricht die groBe Ubereinstimmung in vielen Einzellieiten, wie Archegonien- und Antheridien-Bau, Zytologie usw. Die fastnbsp;allgemein geteilte Voraussetzung unserer Betrachtimgen, die Annahme irgend-welcher phylogenetiscHer Beziehungen, ist daher gut gesichert.
ad 2. Diese Auffassung wurde von Bower (1908)^) und E. Wettstein (z. B. 1924) vertreten und in ihren vielgelesenen Werken weit verbreitet. Nachnbsp;ihr war der Sporophyt sehr klein, noch kleiner als bei den Moosen, er bestandnbsp;entweder nur aus der befruchteten Zygote oder aus einem wenigzelligen Gebilde,nbsp;wie wir es bei manchen Grünalgen {Coleochaeté) als Abkömmling der Zygotenbsp;finden. lm Laufe der Phylogenie nahm dieser „postsexuelle“ Abschnitt desnbsp;Entwicklungssystems zu, er wuchs zunachst zu einem stattlicheren Körper,.nbsp;dem wenig gegliederten Sporophyten der Leberinoose oder zu der gestieltennbsp;Kapsel der Laubmoose heran, bis er dann schlieBlich Selbstandigkeit gewannnbsp;und den Gametophyten überflügelte — ein Stadium, das die Pteridophytennbsp;kennzeichnet. Die weitere Entwicklung des Sporophyten bis zum Stadium dernbsp;Samenpflanzen entspricht dann der allgemein geteilten und unten entwickeltennbsp;Auffassung.
Das Hauptbedenken gegen diese sehr verbreitete Auffassung ist palaobo-tanischer Natur: die Moose sind — wie oben erwahnt — nach unseren heutigen Kenntnissen nicht vor den Pteridophyten nachweisbar. Ferner können sich auchnbsp;heute noch die Moose fast nur in geographischer Abhangigkeit von den übrigennbsp;Kormophyten, in Waldern usw. entfalten. Daher ist es unwahrscheinlich, daBnbsp;die Moose vor den übrigen Kormophyten entstanden sind.
ad. 3. Die Ableitung der Moose von den altesten Pteridophyten, etwa von den Psilophyten, hat vor allem Campbell (1905 und 1925) für wahrscheinlichnbsp;gehalten. Die bisherigen Fossilfunde sprechen insofern zugunsten von Campbells Annahme, als die Moose erst relativ spat auftreten.
Die entscheidende Frage lautet m. E. auch hier: Wie sahen die gemeinsamen Ahnen der Moose und Pteridophyten aus ? Betrachten wir zunachst die Punkte,.nbsp;in denen die Campbellsche Auffassung mit der hier vertelenen übereinstimmt!nbsp;Auch Campbell nimmt wohl an, daB sich die fraglichen Ahnen der Moose undnbsp;Pteridophyten von tangartigen Vorfahren mit gleichgestalteten Generationen her-leiten. Die Psilophyten, die Campbell neuerdings als Ahnen für die Moose heran-zieht, sind ja wohl die tangahnlichsten Pteridophyten, die wir kennen. Fernernbsp;bestreitet auch Campbell kaum, daB die Kormophytenahnen ursprünglichnbsp;gleichgestaltete Generationen hatten. Der Moos-Sporophyt ist auch für ihn re-duziert. Das Vorhandensein von Spaltöffnungen an der Mooskapsel wird als einnbsp;Anzeichen für die Eeduktion wiihrend des Landlebens aufgefaBt.
Zum Unterschied gegenüber der oben vorgetragenen Ansicht nimmt jedoch Campbell an, der bei den Moosen reduzierte Sporophyt sei einmal gröBer alsnbsp;der zugehörige Gametophyt gewesen, er hatte Tracheiden usw. besessen, so wienbsp;wir das heute für die Pteridophyten kennen und für die Psilophyten annehmen.nbsp;Für eine solche Annahme sehe ich aber derzeit keine zwingenden Gründe.nbsp;Auch die ,,Columella“ in manchen Moos- und Psilophytensporangien (vgl. S. 109)nbsp;dürfte wohl eher eine Konvergenzerscheinung als ein Anzeichen sehr enger Ver-wandtschaft sein.
2. Lassen sich von einem Generationswechsel nach Art der Fame die übrigen Formen der Fortpflanzung bei den Kormophyten ableiten?
1) Bower rüokt allerdings neuerdings (z. B. 1928, S. 264 ff.) selbst von dieser Auffassung ab.
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Generationswechsel.
jaht. Diese Hofnieistersche Homologiereihe wurde wohl ziemlich allgemein anerkannt (vgl. S.. 11) und seit dem Sieg des lleszendenzgedankens durchwegnbsp;im phylo genetisch en Sinne ausgedeutet.
Es sind 5 Hauptentwicklungsstufen, auf denen sich die Abwandlung des Generationswechsels verfolgen lafit und die man kurz folgendermafien charak-terisieren kann {ausführlichere Darstellung in der Tabelle S. 90ff.):
1. nbsp;nbsp;nbsp;Stufe: Isospore Pteridophyten, z. B. Dryopteris filix mas (vgl.nbsp;S. 82 und 215). Der Gametophyt ist nicht geschlechtsdifferenziert und ent-wickelt sich völlig unabhangig vom Sporophyten.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Stufe: Heterospore Pteridophyten, z. B.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;und jSefa-
ginella (vgl. S. 221 und Abb. 86). Der Gametophyt ist geschlechtsdifferenziert und dementsprechend sind auch die Sporen schon in $ ,,Makro-“ undcJ ,,Mikro-sporen“ differenziert. Beide Sporenarten entwickeln sich zwar auBerhalb desnbsp;Sporangiums zum Gametophyten, aber im wesentlichen mit den von dernbsp;Mutterpflanze gelieferten Reservestoffen.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Stufe: Gymnospermen mit Spermatozoënbefruchtung, z. B.nbsp;Cycadeen (vgl. S. 263 und Abb. 184). Die Makrospore entwickelt sich innerhalbnbsp;des Makro sporangiums (Samenanlage) und auf der Mutterpflanze zum Gametophyten; die Mikrosporen keimen noch unmittelbar im Makrosporangium undnbsp;bilden noch Spermatozoën.
4. nbsp;nbsp;nbsp;Stufe: Gymnospermen mit Pollenschlauchbefruchtung, z. B.nbsp;Pinus. Die Mikrosporen gelangen zwar noch wie auf Stufe 3 unmittelbar bisnbsp;an die Makrosporangien; sie keimen hier aber zu einem Pollenschlauch, dernbsp;an Stelle von Spermatozoën nur ihre Kerne, die „generativen Kerne“ zur Ei-zelle übertragt.
5. nbsp;nbsp;nbsp;Stufe: Angiospermen. Die Mikrosporen keimen bereits auf demnbsp;zur Stempelnarbe umgebildeten Teil des Sporophylls und treiben einen Pollenschlauch durch den Griffel hindurch bis zu den auch wahrend der Bestaubungnbsp;im Fruchtknoten eingeschlossenen Makrosporangien.
Diese Entwicklung ist allerdings in verschiedenen Reihen parallel vor sich gegangen. So wurde die Heterosporie mindestens Smal (heterosporenbsp;Lycopsiden, Articulaten und Pteropsiden), die Gymnospermie mindestensnbsp;2nial (Lepidocarpaceen und eigentliche Gymnospermen) erworben.
Der Sinn der Abwandlung war aber der gleiche. Die Abwandlung lauft namlich in allen Reihen hinaus auf eine gesteigerte Fnrsorge für dienbsp;Nachkommenschaft. Sie ist also eine auffallige Parallelerscheinung zurnbsp;IVirbeltierphylogenie mit ihren Endgliedern, den Vögeln und Saugetieren. Dienbsp;Gametophyten, die noch auf der 1. Stufe, bei den isosporen Pteridophyten sichnbsp;völlig unabhangig vom Sporophyten entwickeln, werden zunachst (namentlichnbsp;im weiblichen Gesehlecht als ,,Makrosporen“) reichlich mit Reservestoffennbsp;versehen und dementsprechend unbeweglich. Die jungen Sporen dagegen,nbsp;aus denen sich die mannlichen Gametophyten entwickeln, die „Mikrosporenquot;,nbsp;behalten viel mehr den Charakter der einsortigen (isosporen) Sporen, sienbsp;bleiben klein und beweglich. Die Abhangigkeit des Gametophyten verstarktnbsp;sich bei Pflanzen mit Samenbildung (Gymnospermen und Angiospermen) nochnbsp;mehr; hier macht der Gametophyt auch seine weitere Entwicklung, die Bil-dung des Prothalliums usw. auf dem Sporophyten und innerhalb des Sporangiums durch. Er und der junge Sporophyt werden so bis zur Samenreifenbsp;unmittelbar vom Sporophyten ernahrt. Hüllbildungen wie die Integumentenbsp;und der Fruchtknoten treten in steigendem MaBe auf.
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3. Stamm: Kormophyta, Allgemeines.
1. Isosporie 2. Heterosporie | |||||||||||||||
|
91
6. Angiospormic
Generations wechs el.
3. Gymnospermie niit Spermato-1 4. Gyninospermie mit Pollen-zoënbefruchtung nbsp;nbsp;nbsp;| schlauchbefruchtung
Seit Oberdevon sparlich vertreten, z. B. durch dienbsp;Pteridosperme Eospermato-pteris (S. 262).
Vertreten durch die im Karbon und Perm herrschenden Gym-nospermen (wie die Pterido-spermen und Cordaiten S. 247nbsp;und 286) ferner durch dienbsp;heute noch lebenden Cycado-phyten und Ginkgophyten;nbsp;auch die samentragendennbsp;Lycopsiden {Lepidospermaenbsp;S. 152) aus dem Karbon geboren wohl sicher hierher.
Durch die (seit dem Perm und Altmesozoikumnbsp;sicher nachgewiesenen)nbsp;Koniferen und die nurnbsp;rezent bekannten Gnetcilesnbsp;vertreten.
Sicher vertreten nur durch die seit der Unterkreidenbsp;zur Herrschaft kommendennbsp;Angiospermen (über dienbsp;Caytoniales vgl, S. 273).
Sporangien differenziert in Mikro- und Makrosporangien. Die Mikrosporangien sind wahrend des Staubens immer frei.nbsp;Auch die Makrosporangien sind mindestens mit ihrem Mi-kropylenteil den Mikrosporen direkt zuganglich. Nach dernbsp;Bestaubung werden die Makrosporangien oft (z. B. bei dennbsp;Koniferen) zwischen verwachsenden Sporophyllen geborgennbsp;(S. 229 ff., sowie Abb. 169, 209 und 213).
Mikrosporangien im Prinzip wie bei den Gyrnnospermennbsp;(Einzelheiten S. 236). Dienbsp;Makrosporangien sind auchnbsp;w ii h r e n d der Bestiiu-bung durch „verwachsenequot;nbsp;Makrosporophyllenbsp;(„Fruchtblatterquot;) geborgennbsp;(S. 330). Diese Makrosporophylle gliedem sich in einen Mikrosporen-aufnehmenden Teil („Narbequot;),nbsp;einen Pollenschlauch-leitenden Teil („Griffelquot;) und das eigentliche
Gehause der Makrosporangien („Fruchtknotenquot;).
Mikrosporen sind im Prinzip fast der unveranderte Typ der Isosporen, vielleicht im all-gemeinen etwas kleiner.
Makrosporen werden als groBe reservestoffreiohe Sporen in Einzahl oder höchstens in recht geringer Zahl in einem Makrosporangium ausgebildet. Sie bleiben im Makrosporangiuninbsp;wahrend ihrer ganzen Weiterentwicklung; dementsprechend ist ihre Eigenmembran rück-gebildet, d. h. das Exospor fehlt ganz oder doch fast ganz.
Kur die Mikrosporen werden aus den Sporangien entleert und nur die Mikrosporangien besitzen Einrichtungen zum Aus-streuen der Sporen (,,Exothecien“ und „Endothecienquot;nbsp;Abb. 186, 198 und 220). Die Mikrosporen werden durch dennbsp;Wind (selten durch Insekten) an die Spitze der Makrosporangien gebracht, dort meist in einem ,,Pollinationstropfen“nbsp;(Abb. 160, S. 233) aufgefangen und ins Innere gesogen.
Die Makrosporangien sind als bergende Hülle (bzw. als Nahrgewebe) ausgebildet und hierzu noch durch besonderenbsp;Hullen, die ,,Integumente“ (die spateren Samenschalen)nbsp;verstarkt. Die Integumente lassen am apikalen Ende desnbsp;Sporangiums eine kleine Öffnung, die „Mikropylequot; frei.
Am Scheitel des eigentlichenMa-krosporangiums (,,Nuoellus“) befindet sich eine Pollen-kammer, welche die Mikrosporen aufnimmt und den Zu-gang zur Makrospore bildetnbsp;(Abb. 184, S. 264).
Pollenkammer meist stark re-duziert.
Die Mikrosporen werden durch den Wind oder durch Insekten auf die „Narbequot; desnbsp;Makrosporophylls gebracht.nbsp;Dort keimen sie als Pollen-schlauch aus, ohne vorhernbsp;den Makrosporangien durchnbsp;einen Pollinationstropfennbsp;usw. genahert zu werden.nbsp;Der Bau der Makrosporangien iihnelt meist dem dernbsp;Gymnospermen, doch fehltnbsp;regelmilBig die Pollenkammer.
92
3. Stamm; Kürmophyta, Allgemeines. | |||||||||||||||
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Die Differenzierung der Sporen in Makro- imd Mikrosporen ist auch auBerdem eine interessante Parallelumbildung zur Differenzierung der iso-gamen Gameten in Eizellen und Spermatozoën. Diese Parallelentwicklungnbsp;ist fiir allgemeine phylogenetische Fragen bedeutungsvoll (vgl. S. 416).
Bemerkenswerterweise bildete sich die Heterosporie und Samenfortpflan-zung nur in den Pteridophytenreihen mit ihren vom Gametophyten unab-hiingigen Sporophyten aus. Nur hier war ja die Entstehung groBer Pflanzen moglich.
Wegen der Ableitung der Moose sei auf S. 87 verwiesen.
Auch dies ontogenetische Merkmal spielt bei vergleichend-phylogenetischen Betrachtungen haufig eine gewisse Bolle. Allerdings hat man den Embryonal
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Embryonalentwicklung. | ||||||
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Der Pollenschlauch dringt ledig-lich als Haustorium und Be-festigungsorgan in die Spor-angienwandung. Der Pollenschlauch bringt die manniichen (unbegeiBelten) Keimzollen bzw. Sexualkerne (generative Kerne) direktnbsp;bis in die Eizelle. |
Typische Archegonien init einem allerdings reduzierten Hals am Scheitel des Prothalliums. Antheridien wie bei den he-terosporen Pteridophyten auf fertile Zeilen reduziert. Ho-mologisierung der sterilon Zeilen mit den entsprechendennbsp;Zeilen (Prothallium bzw. Antheridienwandungszellen) beinbsp;den isosporen Pteridophyten sehr sohwer bzw. unmöglich. Der Pollenschlauch entleert die Keimzellen bzw. dienbsp;Sexualkerne direkt in dienbsp;Eizelle. Zeil- bzw. Kern-verschmelzung findet in üb-licher Weise statt. Spermatozoën werden aus dem Pollenschlauch entleert undnbsp;schwimmen in einer, vomnbsp;Makrosporangium pro-duzierten Flüssigkeitnbsp;zum Archegonium, wo sienbsp;(wie bei den isosporen Pteridophyten und den Bryo-phyten) durch den Hals vor-dringen und mit der Eizellenbsp;versohmelzen. |
Sowohl die Archegonien wie die Antheridien sind aufnbsp;freie Kerne reduziert: d. h.nbsp;einer der Kerne des 8ker-nigen „Embryosacksquot; re-prasentiert den Eikern,nbsp;2 Kerne der keimendennbsp;Mikrospore reprasentierennbsp;die c? Gameten, die „gene-rativenquot; Kerne^__ Der Pollenschlauch entleert die beiden „generativenquot;nbsp;Kerne in den Embryosack.nbsp;DoppelteBefruchtung: d.h.nbsp;der eine „generativequot; Kernnbsp;verschmilzt mit dem Eikern; der andere dagegennbsp;mit dem sek. Embryosack-kern, dem Ausgangspunktnbsp;des nach der Befruchtungnbsp;sich entwickelnden Pro-thalliunis. |
Embryo entwickelt sich wie der Gametophyt innerhalb des Makrosporangiums (Samen-anlage), ja ïneist noch ziemlich weitgehend im Zusammenhang mit dem mütterliohen Sporopliyten. Die Integumente um die Makrosporangien werden zur Samenschale, in dernbsp;der Embryo meist eine Ruhezeit durohmacht. Das weibliche Prothallium, manchmalnbsp;auch die Sporangienwandung werden Hahrgewebe, das allerdings, wenigstens bei dennbsp;Angiospermen, im reifen Samen schon aufgebraucht sein kann.
stadiën in der Botanik wohl nie die gleiche Bedeutung beigemessen wie in der Zoologie (vgl. auch S. 386 f.).
Fossile Embryonalentwicklung ist praktisch genommen unbekannt, infolge-dessen sind wir ganz auf die rezenten Formen angewiesen. Die Art und Weise der Embryonalentwicklung ist im allgemeinen erblich festgelegt und für die einzel-nen Grappen sehr charakteristisch. Wir kennen allerdings einige Pteridophyten
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Embryonalentwicklung.
Z
Abb. 32.
E. Capsella
Abb. 32. Vergleichende Embryonalentwicklung der Pteridophyten und Angiospermen.
A. nbsp;nbsp;nbsp;Equisetum arvense L. Nach Sadebeck (1900).
Exoskopische Lage; da der Arcbegonienhals nach oben schaut, ist der SproBpol von vomherein richtig orientiert.
B. nbsp;nbsp;nbsp;Selaginella Martensii Spring. Nach Bruchminn (1909).
Endoskopische Lage; da der Arcbegonienhals nach oben schaut, ist der Sprohpol zunachst verkehrt orientiert und muB sich geotropisoh aufkrümmen.
C. nbsp;nbsp;nbsp;Marattia Douglasn Bak. Nach Campbells (1918, Fig. 153 und 164).nbsp;endoskopische Lage; da der Arcbegonienhals nach unten schaut, ist der SproBpol vonnbsp;vomherein richtig orientiert.
D. nbsp;nbsp;nbsp;Pteris aquüina = Pteridium aquilinum Kuhn. Nach Hofmeister (1852).
Querlage; da der Arcbegonienhals nach unten schaut. ist der SproBpol zunachst quer orientiert und muB sich geotropisch aufkrümmen.
E. nbsp;nbsp;nbsp;Capsella bursa pastoris Med. Nach Hanstein (1870).
Endoskopische Lage.
Die Archegonien (in 1 jeweils gezeichnet oder punktiert) sind durchweg gleichsinnig orientiert, die Embryonen stehen dementsprechend durchweg in homogenetischer Stellung.
Die allgemeine natürliche Orientierung der Archegonien ist links durch einen Pfeil wiedergegeben.
Die 1. Teilungswand (I—I) ist jeweils durch einen dicken Strich, die 2. Teilungswand (II—II) durch einen dünneren Strich wiedergegeben,
S = SproB; B = Blatt; W = Wurzel; H = Haustorium; Su = Suspensor.
(z. B. Marsilia nach Leitgeb 1878), bei denen auBere Faktoren wie Schwerkraft und Licht die Gestalt, insbesondere die Symmetrieverhaltnisse entscheidend um-stimmen können (s. unten S. 96). Sicher lieBen sich entsprechend dem verbreitetennbsp;hohen Regenerationsvermögen pflanzlicher Zeilen auch bei den anderen Kormo-phyten die Embryonen experimentell in Entwicklungsbahnen lenken, wenn dernbsp;Stand unserer experimentellen Technik tiefere Bingriffe erlaubte. Leider sind wirnbsp;aber noch nicht so weit. Doch müssen wir die hohe entwicklungsphysiologischenbsp;Plastizitat namentlich der jungen Pflanze im Auge behalten, wenn wir Entwiok-lungstypen vergleichend besprechen. —
Hauptachse.
Diese Hauptachse, die an einer Blütenpflanze mit ihrem SproB- und Wurzelpol meist leicht erkennbar ist, ist bei samtlichen Kormophyten vornbsp;handen. Bernerkenswerterweise ist allerdings nur derSproBpol bei Pteridophytennbsp;und Phanerogamen übereinstimmehd organisiert. Demi den Pteridophytennbsp;fehlt im allgemeinen eine in der Verlangerung des Sprosses antagonistischnbsp;wachsende Hauptwurzel. Die Wurzeln der Pteridophyten (vgl. z. B. das Schemanbsp;Abb. 114) entstehen ja im allgemeinen als Seitenorgane der Hauptachse, unter-
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3. Stamm: Kormophyta, Allgemeines.
mischt mit Seitensprossen und Blattern. Trotzdem besitzt auch ein Pteri-dophyt und ahnlich ein Bryophyt prinzipiell genau wie die Phaneroganien einen Gegenpol zum SproBpol; denn sobald der SproBpol seine Organisationnbsp;irgendwie erkennen laBt, konnen wir auch immer feststellen, daB der Gegenpol — mag er eine Wurzel entwickeln oder einen ,,Suspensor“ oder ein ,,Haus-torium“ —, irgendwie anders organisiert ist.
Diese Hauptachse einer Kormophytenpflanze wird nun in der Ontogenie sehr früh herausdifferenziert. Ihre Lage ist als „primitive spindlequot; der Terminologie Bowers (1922) bereits durch die erste Teilung einer Zygote festgelegtnbsp;(Abb. 32). Sie steht namlich durchweg senkrecht auf der ersten Zellwand.nbsp;Durchweg charakterisiert also die Lagebeziehung der beiden ersten Zeilennbsp;den SproBpol und den Gegenpol, und die Lage dieser ,,primitive spindlequot; istnbsp;wiederum (wenigstens bei ungestörtem Entwicklungsgang) durch autonomenbsp;Symmetriebedingungen, also wohl vor allem durch die Lagebeziehungen zumnbsp;Archegonium, festgelegt. Selbst bei Marsilia liegt die Lage der ersten Quer-wand und damit die Achse der kiinftigen Pflanze autonom fest. Aber aus dernbsp;physikalisch oberen Zelle wird hier der SproB, aus der physikalisch unterennbsp;die Wurzel; es ist also nur die polare Differenzierung, welche durch die Schwer-kraft bestimmt wird.
Hinsichtlich der Lagebeziehungen zwischen Embryo und Gametophyt hat Bower (1922) folgende 3 Haupttypen aufgestellt:
1 Vorkommen 1 nbsp;nbsp;nbsp;bei |
Beschreibung |
RegelmaBige Orientierungnbsp;der Archegonien |
Lage der entwickelten Organe des Sporophyten | |
* nbsp;nbsp;nbsp;1. Exosko- pische Lage (Abb. 32 A) |
Bryophyten, Ophioglossales, Psilotales, Equisetales, Isoetes. |
SproBpol schaut vonnbsp;vornhereinnbsp;gegen den Archegonienhals. |
Archegonienhals meist aufwarts, aufnbsp;der Oberseitenbsp;des Gameto-phyten. |
Von vornherein im allgemeinen normal, Wurzel muB daruninbsp;z. B. bei OpMoglossales dasnbsp;Prothallium durchbohren. |
2.Endosko-pische Lage (Abb. 32 Bnbsp;u. C) |
Marattiales, Mehrzahl dernbsp;Lycopodiales,nbsp;Phanerogamen. |
SproBpol schaut vomnbsp;Archegonienhals weg, gegen das Game-topliytinnere. |
Hals bei Marattiales meist abwarts; hei Lycopodiales und Phanerogamennbsp;wechselnd. |
Bei Marattiales von vornherein normal, SproB durchbohrtnbsp;das Prothallium, bei vielennbsp;Lycopodiales muB die inversenbsp;Lage des Sprosses durchnbsp;geotropische Kriimmungennbsp;ausgeglichen werden (vgl.nbsp;Abb. 32 B). |
3. Querlage (Abb. 32 D) |
Osmundales, Filicinae lepto-sporangiatae. |
Hauptachse mit SproBpolnbsp;liegt quer zurnbsp;Archegonien-langsachse. |
Hals meist abwarts. |
SproB kommt seitlich aus dem Archegonium heraus undnbsp;durch geotropische Orientierung in die richtige Lage. |
Wir sehen aus dieser Übersicht, daB die Lagebeziehung zwischen polarer Hauptachse und Archegonienachse von Gruppe zu Gruppe wechselt. Dagegennbsp;stimmt die Lage der Hauptachse (worauf Goebel besonderen Nachdruck ge-legt hat) von vornherein weitgehend mit der kiinftigen normalen Orientierungnbsp;des Sprosses überein. Schaut der Archegonienhals aufwarts, so wachst in dernbsp;Regel der SproB in der gleichen Richtung, schaut der Archegonienhals dagegen abwarts, wie bei den Marattiales, so wachst der SproB von vornherein innbsp;der entgegengesetzten Richtung.
Ausnahmen kommen selbstverstandlich vor. Ein Teil von ihnen ist sogar phylogenetisch besonders interessant. Einmal ist interessant, daB auch beinbsp;den Phanerogamen, bei denen ja die Lage des Archegoniums (bzw. des ganz
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Embryonalentwicklung.
entsprechend orientierten Eiapparates) für die SproBorientierung gleichgültig ist, die endoskopische Orientierung der Marattiales herrscht. Ferner scheintnbsp;inir bedeutungsvoll, daB bei den leptosporangiaten Farnen und Osmundalesnbsp;eine offensichtlich abgeleitete Querlage des Ernbryos entsteht. Diese eigen-artige Orientierung des Embryos steïvt sicher in korrelativer Beziehung zurnbsp;zarten Beschaffenheit des Gametophyten. Eine Versenkung des Embryos insnbsp;Innere des Gametophyten zur besseren Ernahrung (sei es mit Hilfe der Wurzelnbsp;wie bei den meisten Marattiales, sei es mit Hilfe eines „Suspensors“ wie beinbsp;den Lycofsida und Phanerogamen) ist nicht möglich. Die abgeleitetenbsp;Querlage des Embryos deutet also darauf hin, daB auch die zarte Beschaffenheit des Gametophyten abgeleitet ist und daB die massigen Gametophytennbsp;einen ursprünglicheren Zustand darstellen (s. S. 87).
Von Bower (z. B. 1923, S. 300ff.) wird der Suspensor besonders stark zur Homologisierung herangezogen. Ich muB mich mit einem kurzen Hinweis aufnbsp;diese Ansicht begnügen, da es mir weder erwiesen erscheint, daB die als Suspensornbsp;bezeichneten Gebilde homolog im phylogenetischen Sinne sind, noch daB all-gemein das Vorhandensein eines Suspensors ein primitives Merkmal darstellt.nbsp;Das fast immer herangezogene einzige Argument: der Suspensor finde sich vor-zugsweise bei Pflanzen, die auch sonst primitiv sind, ist ja, wie immer wieder betont werden muB, allein kein sehr sicheres Argument. Überdies stoBen wir geradenbsp;hier auf eine ganze Reihe sehr bedenklicher Ausnahmen: die Psilotales besitzennbsp;keinen Suspensor, wahrend er für die Phanerogamen sehr charakteristisch ist. —nbsp;Ein gesioherter Kern dieser Bowersohen Ansicht liegt vielleicht in der An-nahme, daB sowohl für die Lycofsida wie für den Eormenkreis der Marattialesnbsp;(zu dem wohl auch die Phanerogamen gehören) die Ursprünglichkeit eines, wohlnbsp;selbstandig erworbenen, Suspensors wahrscheinlich ist.
2) Die Lage der künftigen Organbereiche am Embryo.
Schwieriger als diese allgemeinen Symmetrieachsen lassen sich die einzelnen Embryoteile miteinander vergleichen und für die phylogenetischen Beziehungennbsp;verwerten.
Es ist, wie Abb. 32 zeigt, nur eines sicher, daB die entsprechenden Or-gane aus ganz verschiedenen Keimbezirken entstehen.
Vielleicht erschweren unbewiesene Voraussetzungen (z. B. daB die ersten Teilungswande bei allen Formen homologe Abschnitte trennen) die phylo-genetische Auswertung der Embryogenie. Möglicherweise liefern die allgemeinennbsp;Symmetrie- und Lagebeziehungen der Organanlagen (ohne Rücksicht auf dasnbsp;Zellteilungsschema) ein leichter vergleichbares Bild, wie z. B. Goebel (1918,nbsp;S. 989 ff.) in einem ahnlichen Fall ausgeführt hat. Jedenfalls steht eine solchenbsp;Auffassung in besserer Übereinstimmung mit den neueren entwicklungsphysio-logischen Anschauungen. Doch fehlt es noch an einer eingehenderen Analyse.nbsp;(Einzelfragen vgl. die analogen Darlegungen S. 333).
Zusammenfassend lassen sich also bei der Phylogenie der Kormophyten feigende Haupthnien verfolgen:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Eine Herausdifferenzierung von mannigfaltig gestalteten au Berennbsp;Organen; von Hauptachsen (wie den Baumstammen), von Blattern, Blüten-organen und Wurzeln aus einem gleichartig thaUos gebauten, gabelig ver-zweigten Körper;
2. nbsp;nbsp;nbsp;Im Inneren eine reiche Gewebsdifferenzierung, die sich vor allem innbsp;der Ümbildung der Stele, des Holzkörpers zeigt,
3. nbsp;nbsp;nbsp;Eine zunehmende Differenzierung der mit der Fortpflanzung zu-sammenhangenden Organe, die zu einer vermehrten Fürsorge der Nachkommen-
Zimmermann, Die Phylogenie der Pflanzen. nbsp;nbsp;nbsp;7
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1. Abt.: Bryophyta.
schaft führt, wie sie sich nanientlich bei den zuletzt auftretenden Sanien-pflanzen, den Angiosperraen, zeigt^).
Diesen Punkten wollen wir nun bei der Einzelbetrachtung vor alleni unsere Aufmerksamkeit zuwenden.
Literatur: Kormophyten. Allgemeiner Teil, b) Fortpflanzung^).
Bower, F. O., The Primitive Spindle as a Fundamental Feature in the Embryology of Plants. Proc. R. Soc. Edinb. 1922, Vol. 43, p. 1.
— nbsp;nbsp;nbsp;Studies in the Morphology of Spore Producing Members V. Phil. Transact R. Soc. London B. 1903, Vol. 196, p. 191.
— nbsp;nbsp;nbsp;The Perns (Fihcales). Vol. I—III. Cambr. Univ. Press. 1923, 1926, 1928.nbsp;Bruchmann, H., Vom Prothallium ... einig. Selaginella-Arten. Flora, 1909, Bd. 99, S. 12.nbsp;Buder, J., Der Generationswechsel der Pflanzen. Monatsh. f. d. naturw. Unterricht, 1916, Bd. 9.
— nbsp;nbsp;nbsp;Zur Frage des Generationswechsels im Pflanzenreich. Ber. d. D. Bot. Ges., 1916, Bd. 34,nbsp;S. 559.
Campbell, The Structure and Development of Mosses and Ferns. 2. Aufl. 1905; 3. Aufl. 1918, New York and London.
— nbsp;nbsp;nbsp;The Relationships of the Anthocerotaceae. Flora 1925, Vol. 118/19, p. 62.nbsp;Celakovsky, L , Über die verschiedenen Formen und die Bedeutung des Generationswechsels der Pflanzen. Sitz.-Ber., Math.-nat. Kl., K. Böhm. Ges. d. Wiss., 1874.
— nbsp;nbsp;nbsp;Über den dreifachen Generationswechsel im Pflanzenreich. Ebenda 1877, S. 151.nbsp;Church, A. H., Thalassiophyta and the Subaerial Transmigration. Oxford Bot. Mem. 1919,
Nr. 3, Univ. Press.
Claussen, P., Fortpflanzung im Pflanzenreiche. Kultur der Gegenwart, 1915, Bd. IVi, S. 479. Coulter, J. H., The Evolution of Sex in Plants. Univ. of Chicago, Sci. Ser. Vol. 1, 1916.nbsp;Davis, B. M., The Origin of the Sporophyte. Am. Naturalist, 1903, Vol. 37, p. 411.nbsp;Frits ch, F.B., Thalassiophyta and the Algal Ancestry of the Higher Plants. New Phytologist,nbsp;1921, Vol. 20, p. 165.
Goebel, K., Archegoniatenstudien I. Flora, 1892/93, Bd. 76, S. 92.
— nbsp;nbsp;nbsp;Experimentell-morphologisohe Mitteüungen. Sitz.-Ber. d. Bayer. Akad. d. Wiss., München,nbsp;math.-phys. KL, 1907, Bd. 37, S. 119.
Hanstein, J., Die Entwicklung des Keimes dor Monokotylen und Dikotylen. Bot. Abh., 1870, Bd. 1.
Hofmeister, W., Vergleiohende Untorsuchungen der Keimung, Entfaltung und Frucht-bildung hoherer Kryptogamen usw., Leipzig 1851.
Land, W. J. G., A Suspensor in Angiopteris. Bot. Gaz., 1923, Vol. 76, p. 421. Leitgeb, H., Zur Embryologie der Fame. Sitz.-Ber. Akad. Wien Math.-Nat. Kl, 1,1878, Bd. 77.nbsp;Lignier, 0., Equisétales et Sphénophyllales etc. Bull. Soc. Linn, de Normandie, 1903,nbsp;S(4r. 5, Vol. 7, p. 93.
Meyer, K. J., Die Entstehung der Landvegetation. Moskau 1922 (russ.).
Pringsheim, N., Über den Generationswechsel der Thallophyten usw. Monatsber. d, kgl. Akad. d. Wiss., Berlin, Dez. 1876, S. 869.
— nbsp;nbsp;nbsp;Über die Sprossung der Moosfruchte und den Generationswechsel der Thallophyten.nbsp;Pringsh. Jahrb. f. wiss. Bot. 1878, Bd. 11, S. 1.
Renner, 0., Zur Terminologie des Generationswechsels. Biol.Centralbl, 1916, Bd.36, S.337. Sadebeck, E., Equisetales. In Engler-PrantI, Die natüriichen PfIanzenfamilien.nbsp;1900, Bd. 1, IV, S. 520.
Wettstein, F. v.. Morphologic und Physiologic des Formwechsels der Moose auf genetischer Grundlage I. Zeitschr. f. indukt. Abst. u. Vererbungsl. 1924, Bd. 33, S. 1.
Die allgemeine Einordnung der Moose in die Phylogenie der Kormophyten haben wir bereits oben (S. 87) beiin Generationswechsel erörtert, da diesenbsp;Fragen unlosbar miteinander verblinden sind. Obwohl es mir wahrscheinlichnbsp;ist, dab die Moose sich als eigentliche Landpflanzen erst nach den Pterido-phyten herausgebildet haben, bespreche ich die Moose hier traditionsgemafinbsp;vor den iibrigen Kormophyten. Denn auch die heutigen Moose zeigen nochnbsp;so viel ,,urspriingliche“ Merkmale, d. h. Merkmale, die das Werden der Land-
1) nbsp;nbsp;nbsp;Die Parallele mit der tierischen Phylogenie, bei der auch die Saugetiere die zuletztnbsp;auftretende Gruppe darstellen, ist augenfallig.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Literatur über ,,a) vegetative Organe“ s. S. 80.
3) nbsp;nbsp;nbsp;Als Erganzung für meine kurze Darstellung der Probleme der Moosphylogenie seinbsp;auf Goebel (1910 und 1918), Schiffner (1917) und Wettstein (1924) verwiesen.
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Hepaticae.
vegetation, den Übergang voni Wasser aufs Festland, charakterisieren, dab ihre Besprechung am Anfang der Kormophyten auch sachlicli begründet ist.
Die übliche Gliederung der Moose in Hepaticae (Lebermoose) und Musci (Laubmoose) kennzeichnet zweifellos 2 phylogenetisch zu sondernde, wenn auchnbsp;vielleicht nicht ganz einheitliche, Gruppen. Stark umstritten ist die Frage:nbsp;Welche dieser beiden Gruppen ist die altere? d. h. praziser gefragt:nbsp;in welcher Gruppe finden sich besonders viel ursprüngliche Merkmale? Dienbsp;Antwort ist wegen der sparlichen Funde fossiler Moose und wegen der ,,Speziali-sationskreuzungen“ nicht leicht und stark umstritten.
Diejenigen, welche die Lebermoose „für primitiver“ halten, können an-führen, dab die attesten sicher bekannten Moose Lebermoose (Abb. 33) aus deni Karbon sind (vgl. unten S. 100). Ferner herrscht bei den Lebermoosennbsp;noch die thallose, gabelig verzweigte Trachtnbsp;(vgl. Abb. 34 a) vor. Allerdings zeigen dienbsp;Lebermoose auch ebenso unbestreitbar ab-
_ l.
a nbsp;nbsp;nbsp;bnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;c
Abb. 33. H epaticites - Asten. (Ob.-Karbon.)
a) nbsp;nbsp;nbsp;H.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Wülsi Walton...............thallos.
b) nbsp;nbsp;nbsp;H.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;lobatus Walt................thallos-folios.
c) nbsp;nbsp;nbsp;H.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Eidstoni Walt...............folios.
(Aus Walton, 1926.)
geleitete Züge. So besitzen manche Lebermoose, und gerade thallose Formen wie die Marchantiales, eine Gewebedifferenzierung, z. B. in ihren Luft-kammern, wie sie kaum bei anderen Kormophyten und jedenfalls nicht beinbsp;Laubmoosen erreicht wird. Ferner mub man die relativ schwach gegliedertennbsp;Sporophyten der Lebermoose (bei der oben [S. 85] gemachten Annahme einesnbsp;ursprünglich gleichartigen Generationswechsels) als abgeleitet betrachten.
Kurz, man muB wohl schon hier betonen, daB beide Hauptgruppen der Moose sich selbstandig nach verschiedenen Richtungen hin differen-ziert haben. Wenn wir also, wie üblich, unsere Betrachtung der Moose mitnbsp;den Lebermoosen beginnen, so soil damit keineswegs die starke Differenzierungnbsp;einiger Merkmale bei ihnen übersehen werden.
Hepaticae (Lebermoose).
Karbonische Lebermoose sind erst vor wenigen Jahren genauer von Walton (1925 und 1928) nach strukturbietendem Material aus dem Oberkarbon
'7*
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1. Abt.: Bryophyta.
beschrieben worden (Abb. 33). Sie werden meist in der wohl unnatürlich groBen Gattung „Hepaticites'quot; zusammengefaBt. lm ganzen besehen sindnbsp;diese karbonischen Lebermoose noch primitiver als die meisten heutigen; ins-besondere fehlen noch histologische Differenzierungen wie Luftkammern (untennbsp;S. 101). Bemerkenswert ist jedoch, daB diese Gattung „Hepaticites''^ dochnbsp;schon eine groBe Anzahl der heutigen Gestalten enthalt. Neben thallos organi-sierten Formen wie H. Willsi und metzgerioides finden sich auch schon an dienbsp;komplizierteren Jungermanniaceen mahnende, d. h. in Blatt und Achsen ge-gliederte, Pflanzen vor wie H. Kidstoni. Auch Zwischenformen zwischennbsp;diesen beiden Typen sind in H. lohatus (Abb. 33 b) aufgefunden.
Diese Gestal-tungsfülle deutet darauf hin, daBnbsp;sich
d) Plagiochila asplenioides, typisch fiedrige Verzweigung.
[Nach Lotsy (1909) Fig. 84; Goebel (1918) Fig. 509 iind 612, und Harder (1928) Fig. 93.]
entweder die Lebermoose schonnbsp;wahrend einer lan-geren (dem Ober-karbon vorange-henden und durchnbsp;Fossilfunde nichtnbsp;belegten) Epochenbsp;herausdifferen-ziert haben,nbsp;o der daB sichnbsp;die Lebermoose innbsp;der Zeit des Ober-karbons sprung-haft entwickeltnbsp;haben. Wir werden dieser schwernbsp;entscheidbarennbsp;Alternative auchnbsp;spater noch beinbsp;anderen Pflanzen-.nbsp;gruppen begegnen.
Geschlechtsorgane und Sporophyten sind bei den karbonischen Leber-moosen noch nicht aufgefunden. Doch wird man den Autoren, die sich mit diesen Fossilien eingehender beschaftigt haben (vgl. z. B. Walton 1. c. undnbsp;Troll), beipflichten dürfen, daB dies lediglich auf Rechnung der unvoll-kommenen Erhaltung zu setzen ist.
Lebermoose mit Luftkammern sind als Palaeohepatica aus dem Keuper beschrieben. Einen groBen Reichtum von Lebermoos-Formen, die mitnbsp;heutigen Gattungen übereinstimmen, haben aber erst die Einschlüsse im Bernstein (Oligozan) überliefert.
Damit sind die wesentlichsten Daten der Palaobotanik für die Lebermoos-phylogenie wiedergegeben. Suchen wir das Bild nun etwas durch die Be-trachtung der rezenten Formen zu erganzen!
Auch die heutigen Lebermoose bewahren unzweifelhaft eine Anzahl Merkmale, die auf ein Wasserleben der Vorfahren, auf einen Tang-charakter hinweisen. Dahin ist zunachst die durchgangig hygrophytischenbsp;Lebensweise der Lebermoose zu rechnen. Wer Lebermoose sammeln will,nbsp;muB sie — von wenigen Ausnahmen abgesehen — in feuchten Waldernnbsp;suchen.
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Hepaticae.
Dann ist auch noch ein groBer Teil der heutigen Lebermoose durch einen (im ganzen) tangartigen Habitus ausgezeichnet. Echte Wurzeln fehlen z. B.nbsp;ganz allgemein; wie die Tange verankern sich die Lebermoose durch einzelligenbsp;Oder hochstens aus Zellreihen bestellende Khizoide. Weiter sind eine ganzenbsp;Reihe von Lebermoosen nicht in SproBachse und Blatter gegliedert, sondernnbsp;gabelig-thallos. Wir haben einen echten Thallus, der flachenformig unternbsp;gabeliger Verzweigung dahinkriecht. (Abb. 34 a). Ein mechanischer Mittel-strang ist selten und dann nur schwach ausgebildet. Die Lebermoose wachsennbsp;ja nicht mehr in der Brandungszone, die sie mechanisch stark beansprucht.nbsp;Spezifische Landcharaktere, wie der Transpiration dienende Spaltöffnungen i)nbsp;und wasserleitende Tracheen bzw. Tracheiden, fehlen ganz. Dazu kommtnbsp;noch, daB einzelne Formen, die meisten Anthocerotaceen, in ihrer Zytologienbsp;ein ausgesprochenes Algenmerkmal, namlich ein bis wenige Chromatophorennbsp;mit Pyrenoiden besitzen.
Diese primitiven Merkmale schlieBen natiirlich nicht aus, daB sich andere Merkmale der Lebermoose im Laufe der Phylogenie höher differenziert haben.nbsp;Und zwar können wir im Aufban zwei Richtungen bzw. Reihen der Höher-differenzierung erkennen.
In der einen Reihe blieb der auBere thallose Habitus erhalten, dafür differen-zierte sich das Gewebe sehr stark. Das ist der Fall bei den MarcJiantiales. Sie sind durch die Herausbildung besonderer Assimilationsorgane: der Luft-kammern oder Atemhöhlen, die vielfach ein fadiges Assimilationsgewebe ent-halten, charakterisiert.
Ob diese Atemhöhlen tatsachlioh als eine völlige Neubildung aufgefaBt werden mils sen, ist mir allerdings nicht ganz sicher. Erinnern wir uns, daB auchnbsp;bei den Algen die Oberflache des Thallus vielfach von assimilierenden Haarennbsp;eingenommen wird. Chorda tomentosa sei als Beispiel angefiihrt. Nun laBt sich beinbsp;den Marchantiaceen ontogenetisch verfolgen (vgl. Goebel 1918, S. 899f.), daBnbsp;die Atemhöhle an Keimlingen zunachst eine flache Mulde ist, daB also das Assimilationsgewebe hier zunachst oberflachlich liegt, wie bei den genannten Algen.nbsp;Die Hypothese (mehr ist es allerdings nicht), daB die Ontogenie in diesem Falienbsp;die Phylogenie wiederspiegelt, daB also bei den Ahnen der Marchantiaceen dienbsp;Assimilationshaare oberflachlich lagen und mit dem Ubergang zum Landlebennbsp;in die Atemhöhlen verlagert wurden, laBt sich wohl kaum ganz von der Handnbsp;weisen.
Die höchst eigentümlichen schirmförmigen Trager der Geschlechtsorgane, die Marsupien usw., welche manche Marchantiaceen besitzen, sind jedoch zweifellosnbsp;phylogenetische Neuerwerbungen dieser Reihe. Für ihr genaueres Studium muBnbsp;auf die Spezialwerke (vgl. z. B. Goebel, 1918) verwiesen werden.
In der 2. Reihe, die zu den foliosen Jungermanniales führt, fehlt die komplizierte Gewebedifferenzierung. Dagegen wandelt sich hier die auBerenbsp;Gestalt sehr stark. Der Thallus differenziert sich zum Kormus, d. h. es trittnbsp;eine Arbeitsteilung in SproBachse und seitlich ansitzende Blatter auf. (Abb. 34).nbsp;Die oben geschilderten karbonischen Belege (Abb. 33 c) zeigen uns, daB dienbsp;Korrnus-Büdung schon sehr früh auftrat. Sie mag übrigens parallel in ver-schiedenen Reihen vor sich gegangen sein.
Goebel hat mehrfach darauf hinge wiesen, daB wir eine solche Reihe, wie die Differenzierungsreihe der Lebermoose von thallosen zu foliosen Formen, auch innbsp;umgekehrter Richtung lesen können. Vom Standpunkt der ,,Idealistischenquot; Mor-phologie (die übrigens Goebel prinzipiell ablehnt) ist es auch schwer, sich fürnbsp;eine bestimmte heutige Lebermoosform als Ausgangspunkt zu entscheiden. Es
1) Ausnahme: der Anfhoceros-Spoiophyt, mit Spaltöffnungen.
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1. Abt.: Bryophyta.
ist ferner unbedingt zuzugeben, daB wir auch vom phylogenetischen Standpunkt in Einzelfallen gelegentlich eine phylogenetische Eiickdifferenzierung in dennbsp;tballosen Zustand annehmen dürfen, ja mussen; z. B. ist bei den Eafflesiaceennbsp;unter den Angiospermen eine solche Eiickdifferenzierung sicher eingetreten.nbsp;Aber das sind doch Ausnahmen, denen wir vielleicht vereinzelte Lebermoosfallenbsp;(z. B. Zoopsis und Verwandte^-) zureohnen dürfen. Fur die Kormophyten als Ge-samtheit ist die phylogenetische Entwicklung vom dichotom sich gliederndennbsp;Thallus zum foliosen Aufbau sehr gut gesichert, da die illtesten Formen durchausnbsp;thallos sind oder doch durch ihren dichotomen Aufbau dahin konvergieren. Wirnbsp;haben daher keinerlei Grund, diese Bntwicklungsrichtung fur die Lebermoose —nbsp;wenigstens ihrer Mehrzahl nach — anzuzweifeln. (Wegen des Problems der
korrelativen Merkmale vgl. S. 382). Analoge Schlüssenbsp;sichern auch unsere anderennbsp;Ableitungen.
Recht isoliert unter den Hepaticae stehen dienbsp;Anthoeerotales. Ihre zyto-logischen Anklange an dienbsp;Algen (Pyrenoide!) er-wahnteii wir schon obennbsp;(S. 87f.). Campbell hatnbsp;noch auf weitere ursprüng-liche Merkmale aufmerk-sain gemacht:
Der Sporophyt ist re-lativ groB und durch sein Assiniilationsgewebe vomnbsp;Gametophyten ziemhchnbsp;unabhangig. Ja, bei einernbsp;Form: Anthocerqs fusifor-mis hat man dasÜberlebennbsp;des bis 16 cm groB werden-den Sporophyten nach Ab-sterben des (lametophytennbsp;beobachtet. Sein FuB mitnbsp;rhizoidartigenOberflachen-zellen kann offenbar Wasser aufnehmen. Die Columella besteht, namentlich ini unteren Teil, aus langgestreckten, inhaltsarmennbsp;Zeilen; sie hat völlig den Charakter einer einfachen Stele, wie der Achsen-strang im Gametophyten der Laubmoose.
Der Garnetophyt bei den Anthoeerotales ist dagegen relativ unbedeutend differenziert. Beide Generationen sind sich also ziemlich ahnlich. Campbellnbsp;sieht in der eingesenkten Lage der Geschlechtsorgane, die sich gleichfalls beinbsp;den (viel ursprüngliche Charaktere aufweisenden) Marattiaceen vorfindet, einnbsp;weiteres urspriingliches Merkmal der Anthoeerotales.
Die iibliche Gruppierung der Lebermoose in:
1. Anthoeerotales = stark entwickelter Sporophyt.
11. Marchantiales = reiche Gewebsdifferenzierung im Gametophyten.
III. Jungermanniales = weitgehende morphologische Gliederung erreicht-
1) Vgl. Goebel 1893 und 1918, S. 696ff.
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Musci.
entspricht also wohl den phylogenetischen Beziehungen. Wir können auch einzelne Merkmale mit guten Gründen als primitiv oder abgeleitet bezeichnen.nbsp;Jede der Gruppen enthalt aber primitive und abgeleitete Merkmale gemisclit,nbsp;so daB die Bezeichnung einer der heutigen Gruppen als Ausgangsform für dienbsp;anderen kaum moglich ist.
Pliylogenetisch brauchbare Daten sind hier noch sparlicher als bei den Lebermoosen. Sichere fossile Beste kennen wir erst aus dem Tertiari). Es istnbsp;unter anderem sehr erstaunlich, daB die Gattung Sphagnum sogar erst seit demnbsp;Diluvium bekannt ist. Ob das Fehlen der Laubmoose in den alteren Schichtennbsp;für eine spate phylogenetische Entstehung oder für eine groBe Verganglichkeitnbsp;der alten Formen^) spricht, ist sehr schwer zu entscheiden. Jedenfalls wird mannbsp;die für die Musci charakteristische Ausbildung der Mooskapsel mit ihremnbsp;Offnungsmechanismus sowie auch die regelmaBig deutliche morphologischenbsp;Gliederung des Gametophyten in SproBachse und Blatt als ein gegenüber dennbsp;Hepaticae abgeleitetes Merkmal bezeichnen durf en.
Interessant ist das Anftreten einer Art Protostele, d. h. eines Gewebes langsgestreckter Zeilen (,,Hydroiden“), die an Tracheiden anklingen, im Innerennbsp;mancher Moos-Stammchen. (Vgl. Abb. 35, sowie Tansley and Chick undnbsp;Waenker von Dankenschweil.) Auf weitere Einzelheiten verzichten wirnbsp;in Anbetracht der groBen phylogenetischen Unsicherheit.
Literatur. Bryophyta.
Brotherus, V. F., Musci. In Engler, A., Die natürl. Pflanzenfam., 2. Aufl., Leipzig 1924 und 1925, Bd. 10 u. 11.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;-.eb
Campbell, D. H., The Structure and Development of Mosses and Ferns. 2. Aufl., New York 1918.
— nbsp;nbsp;nbsp;The Relationships of the Anthocerotaceae. Flora, 1926, Vol. 118/9, p. 62. (Vgl. das Referatnbsp;von Ziegenspeck im Bot. Echo = Beibl. z. Bot. Arch. S. 76).
Goebel, K., Archegoniatenstudien. Flora, 1893, Bd. 77, S. 82.
— nbsp;nbsp;nbsp;Archegoniatenstudien XIII und XVII. Ebenda 1910, Bd. 101, S. 43 und 1927, Bd. 122, S. 33.
— nbsp;nbsp;nbsp;Organographie der Pflanzen 11. Jena 1918.
Kuhlbrod, H., Über die phylogenetische Entwicklung des Spaltöffnungsapparates am Sporophyten der Moose. Beitr. z. allgem. Bot. 1922, Bd. 2, S. 363.
Mielinski, K., Über die Phylogenie der Bryophyten. Bot. Arch. 1926, Bd. 16, S. 23. Ruhland, Musei (Allg. Teil) in Engler, Natürl. Pflanzenfam., 2. Aufl., Leipzig 1924, Bd.10.nbsp;Schiffner, V., Die systematische und phylogenetische Forschung in der Hepaticologie.nbsp;Progr. r. bot. 1917, Bd. 6, S. 387.
Tansley, A. G., and Chick, Notes on the Conductiving Tissue-System in Bryophyta. Ann. of Bot., 1901, Vol. 16, p. 1.
Troll, W., Bryophyta, in: M. Hirmer, Handbuch der Palaobotanik. München und Berlin 1927, Bd. 1, S. 137.
Waenker von Dankenschweil, H., Beitriige zur Anatomie der Laubmoose. Diss. Freiburg i Br., 1916.
Walton, J., Carboniferous Bryophyta I and II. Ann. of Bot., 1926, Vol. 39, p. 663, und 1928, Vol. 42, p. 707.
Weyland, H., Beitrage zur Kenntnis fossiler Moose. Senckenbergiana, 1926, Bd. 7, S. 8.
(mit Anhang: Asferophyta und Psilotales).
Von dieser altesten Landpflanzengruppe aus dem Obersilur bis Mitteldevon wissen wir erst seit kurzer Zeit, seit wenig mehr als 10 Jahren
11 Die palaozoischen und mesozoischen „Muscites'^-Aiten (seit dem oberen Ob.-Karbon) sind für eine phylogenetische Betrachtung als palaobotanische Problematika wegen ihrernbsp;schlechten Erhaltung unbrauchbar (vgl. auch Walton, 1928).
2) nbsp;nbsp;nbsp;Letzteren Standpunkt hat vor allem tVeyland (1926) vertreten.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;*
3) nbsp;nbsp;nbsp;iJiiXó? = nackt, weil die Pflanze — wie Psihtum — nackte, d. h. blattlose Triebe besitzt.
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2. Abt.: Psilophyta.
genaueres (Kidston und Lang). Die Bedeutung der Psilophyten für unsere phylogenetischen Anschauungen ist aber ganz aufierordentlich groB, weil wirnbsp;hier eine ausgesprochene Ausgangs- und Mischgruppe für dienbsp;übrigen Pteridophyten haben. Einerseits vermitteln die Psilophytennbsp;nandich zwischen Algen und Kormophyten, andererseits zwischen den einzelnennbsp;Kormophytenstammen selbst. Ja, sogar die Moose zeigen einige Beziehungennbsp;zu ihnen.
Die gröBte Bedeutung für all diese Fragen, insbesondere für die Geschichte der Eroberung des Landes durch die Pflanze, komnit nach unseren heutigennbsp;Kenntnissen der Familie der Bhyniaceen zu; hier finden wir am meisten primitive Merkmale. Keine andere Pflanzengruppe können wir annahernd mit ahn-lichem Kecht als Urform für irgendwelche spater daraus entwickelte Formennbsp;ansprechen.
Die sonst meist zu den Psilophyten gerechnete Familie der Asteroxylaceen wird ansohliehend als besondere Ordnung unter den Asterophyten behandelt.nbsp;Ihre schon jetzt bekannten Unterschiede gegenüber dem Typus der Psilophyten,nbsp;den Rhyniaceen, scheinen mir allzu groB, um die übliohe enge Vereinigung dernbsp;Bhyniaceen mit den Asteroxylaceen zu gestatten. Solange jedoch über die Be-schaffenheit der Fortpflanzungsorgane bei den Asteroxylaceen noch Zweifelnbsp;herrschen können, und solange wir über etwa vermittelnde Formen, wie über dienbsp;Psilophytaceen, nichts Sicheres wissen, möchte ich mich begnügen, die problematische Stellung der Asteroxylaceen durch ihre Behandlung als Anhang (S. 114)nbsp;zu den Psilophyten anzudeuten. In gleicher Weise werden die heute lebendennbsp;Psilotales, die manche Merkmale der Psilophyten besonders rein überliefern, undnbsp;deren verwandtschaftliche Beziehungen ebenfalls problematisch sind, in einemnbsp;Anhang (S. 118) berüoksichtigt.
1. Fam.; Rhyniaceae.
Rhynia.
Wir kennen zwei einander sehr nahestehende Arten (Rh. major und Rh. Gwynne-Vaughani Kidst. und Lang) von einem schottischen Fundort desnbsp;oberen ü.- bzw. unteren M.-Devon (Oldred)i). Die Khynien besiedelten hiernbsp;in dichten Scharen einen etwas anmoorigen Standort. Von ihrem Vorkommennbsp;machen wir uns am besten ein Bild, wenn wir an einen dichten Binsenbestandnbsp;auf einem Flachmoor oder am Bande eines Tümpels denken.
Allgemeine Morphologic.
Denn binsenahnlich war die Gesamttracht der Rhynien (Abb. 36). Die ganze Pflanze war höchstens 1/2 m hoch. Stielrunde nackte Triebe, also nochnbsp;sehr primitive „Telome“ ohne Blatter, ohne deutliche Sonderung von Haupt-und Nebentrieben^) ragten in die Luft. Zum Unterschied gegenüber Binsennbsp;sind aber diese Rhynia-TnGoQ wiederholt gabelig oder „dichotom“ verzweigt.nbsp;Natürlich fehlt bei diesen ,,Ur-Landpflanzen“ Blütenbildung völlig. Die Gesamttracht von Rhynia war also noch ausgesprochen thallophy-tisch.
Anatomie. Auch iminneren der Triebe fehlt noch die reiche Gliederung, die wir von heutigen Landpflanzen her gewöhnt sind. Wir haben bei den Rhy-
1) nbsp;nbsp;nbsp;Rhyme bei Aberdeenshire. Die als strukturbietende Fossiben glanzend erhaltenennbsp;Pflanzen liegen im mittl. Oldred. Die Parallehsierung dieser Landfazies mit dem marinennbsp;Devon ist allerdings noch umstritten (vgl. Stolley 1926 und Krausel 1926). Daher dienbsp;Unsicherheit, ob man von U.- oder M.-Devon sprechen soil.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Höchstens Rhynia Owynne-Vaughani bat etwas kürzere und deutlich seitUch gesteUtenbsp;Triebe, die aber im Prinzip noch wie die anderen Triebe gebaut sind.
-ocr page 121-Abb.36. Rhynia majorKidst.
und Lang. — (M.-Devon.) Rekonstruktion einer Pflanzenbsp;init fertilen und sterilen Telo-inen sowie mit einem kriechen-den Rhizom.
[NachKidstonund Lang 1921, IV, Taf. 1 (wenig modifiziert).]
St. = Sp. =
z =
Abb. 37. Rhynia Owynne-Vaughani.
Telom: a) quer, b) langs. — (M.-Devon.) Protostele (wenigzelligerHolztcil; Siebtei! gegeniibernbsp;der Rinde kaum abgegrenzt).
Spaltoifnung, 'wenig eingesenkt. angemoderter Teil der Epidermis.
(Original.) Vergr. 30mal.
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2. Abt.; Psilophyta.
niaceeii eigentlich nur zwei Gewebssorten; Xylem imd dünnwandiges, parenchymatisches Gewebe.
Die Achse des ganzen Triebes wird eingenommen vom Xylem, d. h. von einem geschlossenen Strang Ring- bzw. Spiraltracheiden (Abb. 37, vgl. auch
die abnlich gestalteten Tracheiden Abb. 48). Bei der kleineren Art: Rh. Gwynne-Vaughani sind alle Tracheiden ganz gleichartig (Abb. 38 a), bei der gröBerennbsp;Art: Rhynia major können wir jedoch im Zentrum,nbsp;ein etwas englumigeres, zuerst gebildetes Pro to-xylem, von einem erst spater, an alteren Triebennbsp;herausdifferenzierten Metaxylem unterscheidennbsp;(Abb. 38 b).
Rhynia Gwynne-Vaughani Kidst. und Lang. (M.-Devon.)nbsp;Protostele (quer).nbsp;Holzteil aus wenigen (etwanbsp;13) Tracheiden bestehend.nbsp;(Original, Schliffsaminlungnbsp;Heidelberg 368/67.)nbsp;Vergr. 200mal.
Der Holzteil besitzt also Protostelen-charakter. Rund um das Xylem herum liegt dünnwandiges Gewebe. Scharfe Grenzen sind in ihm nicht zu beobachten; die innerste Gewebspartie magnbsp;jedoch als Siebteil bezeichnet werden, d. h. die Zeilennbsp;sind langsgestreckt wie Siebröhren. Wahrscheinlichnbsp;hat sich hieraus phylogenetisch der Siebteil nachnbsp;Art der heutigen Kormophyten herausgebildet. Dernbsp;Siebteil” wird wohl auch, wie der Siebteilnbsp;bei den heutigen Kormophyten, organische Stoffenbsp;geleitet haben. Aber er entbehrte doch noch allernbsp;spezifischen Eigentümlichkeiten, wie Siebplattennbsp;usw.
107
Khynia.
Auch die Epidermis ist gegeniiber der Rinde nur durch ihre Lage und den dichten ZusammenschluB der Zeilen sowie auch durch die eingelagerten, schwachnbsp;eingesenkten Spaltoffnungen charakterisiert. Die SchlieBzellen (Abb. 39 A)nbsp;zeigen noch einen recht einfachen Bau. Er entspricht dem auch noch rechtnbsp;einlach funktionierenden ,,Archetypus“ (FI. Kraus, vgl. Zimmermann 1927).
Namentlich am basalen Teil der Triebe hat man lenticellenartige Wuche-rungen beobachtet. Ob ihnen eine phylogenetisch hohe Bedeutung zukommt (vgl. hieriiber Kidston und Lang (1921, S. 848) möchte ich sehr bezweifeln.
Wir kennen von Rhynia aber nicht nur die fertigen vegetativen Organe, sondern auch den Vegetationspunkt. Es hat sich hier (übrigens auch bei anderennbsp;altertümlichen Kormophy-ten) die für manche An-schauungen überraschendenbsp;Tatsache ergeben, daB dernbsp;Scheitel eines solchen Vege-tationspunktes nicht vonnbsp;einer einzigen groBen Schei-telzelle eingenommen wird.
Sondern es linden sich (ahnlich wie bei manchennbsp;heiitigen Lycopsiden undnbsp;eusporangiaten Farnen, sowie bei den Phanerogamen)nbsp;eine gröBere Anzahl vonnbsp;Initialzellen. Die groBenbsp;Scheitelzelle, z. B. bei lep-tosporangiaten Farnen, istnbsp;also offenbar eine abgeleitetenbsp;Einrichtung (vgl. S. 201).
Abb. 39.
A. nbsp;nbsp;nbsp;von Rhynia major, Wande ziemlich gleichmaBig dick.
B. nbsp;nbsp;nbsp;von AsleroxylonMachiei, Wande nach innen sehr starknbsp;verdickt.
(Nach Zimmermann 1926/27, Abb. 4B u. F.)
Sporangien. Die Enden der Triebe sind teilweise fertil, d. h. keuleniörmigenbsp;Sporangien. Die Sporangien-wandung ist mehrschichtignbsp;(auBen eine derbwandigenbsp;Epidermis, innen eine Artnbsp;Tapetenschicht). Wir habennbsp;also einen ausgesprochennbsp;eusporangiaten Typ. Irgend-eine praformierte Oeffnungs-stelle, wie bei den Farnsporangien, ist nicht nachzuweisen. Die Sporen liegen viel-fach ihrer Bildung entsprechend noch in Tetraden beisammen (vgl. das gleichenbsp;Bild von Hornea, Abb. 41 c). Wie oben (S. 83) erwahnt, dürfen wir annehmen,nbsp;daB aus diesen Sporen eine vergangliche Gametophytgeneration hervor-gegangen ist.
Basalorgaiie. Eigentliche Wurzeln fehlen. Kriechende Rhizome von ahnlichem Ban wie die Lufttriebe (allerdings ohne Spaltoffnungen und mitnbsp;vereinfachter Stele) verankerten die Pflanze (Abb. 36). Von diesen Rhizomennbsp;und den basalen Teilen der Lufttriebe gingen feine Rhizoide aus, die wohl dienbsp;Verankerung verstarkten und der Wasseraufnahme dienten.
Goebel 1923 (S. 1607) und andere Autoren haben die Frage aufgeworfen, ob nicht Rhynia statt primitiv stark abgeleitet sein könne. Diese Frage verdient
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2. Abt.: Psilophyta.
natürlicli eine sehr ernsthafte Berücksiohtigung. Sie verdient es um so mehr, als wir wiederholt auf Rhynia als einen ,,Urtyp“ zurückgreifen. Es handelt sichnbsp;um eine ganze Reihe von Einzelproblemen:
1. Hat man ein Recht, die sogenannten „primitiven“ Eigenschaften von Rhynia ganz allgemein als primitive Kormophytenmerkmale anzusprechen —nbsp;selbst wenn sie gerade bei Rhynia als Reduktionserscheinung auftreten sollten ?
Folgende Eigenschaften z. B. sollen primitiv sein:
a) nbsp;nbsp;nbsp;Das Fehlen einer Differenzierung in Blattnbsp;und SproBachse;
b) nbsp;nbsp;nbsp;die gabelige Verzweigung der Telome;
c) nbsp;nbsp;nbsp;die Protostele mit Spiraltracheiden undnbsp;kaum differenziertem Siebteil;
d) nbsp;nbsp;nbsp;die Terminalstellung der Sporangien homo-log den ,,Phylloiden“.
Abb. 40. Hotnea Lignieri Kidst. u. Lang. (M.-Devon.)
Rekonstruktion einer Pflanze rait fertilen und vegetativennbsp;Telomen sowie mit Basal-knollen.
(Aus Kidston u. Lang, 1921, IV, Taf. 11.) Vorgr. ca. “/smal.
Natürlich laBt sich diese Frage nicht durch Betrachtung von Rhynia allein lösen. Wenn wirnbsp;aber die Gesamtheit der Kormophyten, der fos-silen und der rezenten, überblicken, so linden wirnbsp;unverkennbar, daB gerade die genannten Eigenschaften bei den altertümlichen Formen im ge-hauften MaBe auftreten; d. h. in den altertiim-lichen Kormophytengruppen herrscht eine Kon-vergenz auf den Rhynia-Ty^ hin. Einzelbeispielenbsp;werden wir z. B. bei den altpalaozoischen Primo-filices, Hyeniales und Protolepidodendraceen, dem-nach in allen Pteridophytenabteilungen, kennennbsp;lemen. Selbst wenn wir also R\ynia selbst alsnbsp;abgeleitet betrachten müBten, hatten wir doch einnbsp;Recht, die genannten Merkmale als primitivenbsp;Kormophytenmerkmale anzusprechen.
2. Sind gerade bei Rhynia diese Eigenschaften primitiv, oder ist Rhynia etwa erst wieder sekundar zu dieser Ursprüng-lichkeit zurückgekehrt ? Diese Frage ist natürlich weitgehend unabhangig von der ersten. Obennbsp;(S. 24) habe ich schon erwahnt, daB ein solchernbsp;phylogenetischer Umweg in Einzelfallen durchausnbsp;vorgekommen sein mag. Für Rhynia ist mir das aber wegen des hohen Altersnbsp;und der einzigartigen Haufung ursprünglicher Eigenschaften auBerst unwahr-scheinlioh.
3. 1st Rhynia selbst der wirkliche Ahn für die ,,abgeleiteteren“ Kormophyten? Hinsichtlich dieser Frage kann man tatsachlich etwas skeptischnbsp;sein. GewiB sind die Rhyniaceen die altesten derzeit gut bekannten Kormophyten.nbsp;Aber fast gleichzeitig, noch im M.-Devon, treten wesentlich kompliziertere Formen,nbsp;z. B. Asteroxylon, auf. Es ist mit unseren allgemeinen phylogenetischen Anschau-ungen kaum zu vereinbaren, daB in dieser kurzen Zeitspanne eine derartige Um-wandlung vorgekommen ist,. selbst wenn man annimmt, daB im Mitteldevon alsnbsp;Folge der Eroberung des Landes ,,explosionsartig“ neue Typen entstanden sind.nbsp;Überdies deuten auch einige Merkmale von Rhynia, wie die Tracheiden und dienbsp;Spaltöffnungen auf eine ziemlich lange Geschichte als Landpflanze hin. Kurznbsp;es mag sein, daB Rhynia selbst als ein konservativer Typ ins Mitteldevon hinein-ragte, wie in die heutige Zeit etwa Ginkgo.
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Hornea.
Hornea (Abb, 40).
Von den übrigen Psilophyten ist am besten bekannt_ Hornea Lignieri Kidst. undnbsp;Lang vom gleichen Fundort wie Khynia.nbsp;Diesel' Psilophyt ahnelt Rhynia sehr stark,nbsp;namentlich anch in seineni thallosen, blatt-losen Habitus. Als Unterschied besitzt er stattnbsp;der Kriechsprosse ein niehr knolliges Khizom,nbsp;und vor allein erstreckt sich in seine Spor-angien ein steriler Achsenstrang ahn-lich der Moos-Coluinella (Abb. 41).
Abb. 41a und b. Hornea Lignieri.
a) nbsp;nbsp;nbsp;Sporangium langs; die dicke Sporangienwandung und die zentrale Columella sind heil,nbsp;die Sporenmasse dunkei.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Doppelsporangium quer.
Vergr. 30mal.
(Original, Schliffsammlung Z Nr. 18 und Heidelb. Bot. Inst. No. 23.)
'i
Abb. 41 c.
Hornea Lignieri. Ein Sporangium der Abb. 41b starker vergröBert.
Sporen in Vierergruppen (die 4. Spore jeder Gruppe meist von den 3 anderen überdeckt). Sporenmembran mit warziger Skulptur. In der Mitte des Sporangiums die Columella.nbsp;Vergr. 104mal. (Original.)
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2. Abt.: Psilophyta.
Die Unterscliiede sind sicher bemerkenswert, sie scheinen mir aber nicht so groB, um —bei der heute doch sicher erst recht, provisorischen Gruppierung dernbsp;Psilophyten — bereits die Aufstellung einer eigenen Familie zu rechtfertigen.nbsp;Auch soheint es mir gewagt, allein aus der Columella direkte phylogenetische Be-ziehungen zu den Moosen erschlieBen zu wollen. Es sind iibrigens auch schonnbsp;im U.-Devon von Norwegen iihnliche Sporangien mit Columella von Halle (1916)nbsp;beschrieben worden.
Auch Hostimella Stur, namentlich aus dem bohmischen und englischen Oldred, mochte ich vorlaufig in Uebereinstimnnmg mit Lang (1926) als eine besondere
Psilophytengattung aufrechterhalten, denn die Zugehörigkeit von Hostimella zu Asteroxylon-Axiamp;a. (s. untennbsp;S. 118), welche Krausel und Wey-land (1926) vertreten, scheint mir
Abb. 42. Hostimella hostimensis Pot. u. Bertr. var. tyjnca. (M.-Devon, Bohmen.)nbsp;Gabelung eines Telomstandes mit ,,Knospen“.nbsp;(Aus Potonié 1921, S. 113, Fig. 70).
Abb. 43. Hostimella pinnata Lang. Teil eines Sporangienstandes (in den Sporangien eine Columella?). M.-Devon.nbsp;(Aus Lang 1926, Fig. 69.) Vergr. 2,6nial.
mindestens nicht fiir alle bisher beschriebenen Formen wahrscheinlich, ge-schweige denn gesichert.
Hostimella hostimensis, der Prototyp dieser Gattung, aus dem bohmischen Oldred hat nach der Beschreibung von Potonié und Bertrand (1903)nbsp;gabelig verzweigte, nackte Triebe. Es ist also hierin ein typischer Psilophyt.nbsp;Aber einige andere Merkmale sind schon starker abgeleitet und im Hinblicknbsp;auf die Weiterentwicklung der Kormophyten bemerkenswert.
Einmal finden wir bei Hostimella an der Gabelstelle zweier Triebe regel-maBig oder mindestens sehr haufig „Knospenquot; (Abb. 42). Mfin hat jedoch
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Haliserites, Pseiidosporochnus.
wohl noch niemals ausgetriebene „Knospenquot; beobachtet; die Bezeichnung „Knospe“ ist also wohl irreführend. Könnten nicht die ,,Knospen“ wasser-aufnehniende Organe nach Art der „Ligula“ bei den Lycopsiden (S. 127)nbsp;sein?. Eine sichere Antwort ware wegen der Entstehung solcher Organe sehrnbsp;interessant; doch reichen die bisherigen Angaben zur Entscheidung nicht aus.
Ferner finden wir öfters bei Hostimella schon die Andeutung einer über-gipfelung eines Gabelastes, so daB der andere Ast seitenstandig am Haupt-ast wird. Diese Übergipfelung soheint an den fertilen Teilen die Regel zu sein, wenigstens bildet Lang (1925) alsnbsp;Fruktifikation von Hostimella fin-nata Lang (Abb. 43) einen regelrechtnbsp;gefiederten Sporangienstand niitnbsp;seitenstandigen Sporangien ab. Dernbsp;undifferenzierte Sporangienstandnbsp;beginnt hier zum Sporophyll zunbsp;werden.
CH aliseriles)
Haliserites'^) aus dem U.-Devon hatte — wie sein Name andeutetnbsp;— gleichfalls einen sehr tangahn-lichen thallophytischen Habitus,
(Abb. 44). Es waren, vielleicht noch im Wasser (offenbar Süfiwasser)nbsp;wachsende Pflanzen, die sich aller-dings durch echte Tracheiden be-reits als GefaBpflanzen dokumen-tierten. Im übrigen sind sie rechtnbsp;schlecht erhalten. Das Gleiche giltnbsp;von den anderen ihnen ahnlichennbsp;Formen, insbesondere den ober-silurischen Resten, die vielleichtnbsp;teilweise den Psilophytaceen zuzu-rechnen sind. Für eine Vertiefungnbsp;der phylogenetischen Kenntnissenbsp;ware natürlich gerade die Erfor-schung dieser unterdevonischennbsp;und silurischen Psilophyten be-sonders wichtig.
2. Fam.; Pseudosporochnaceae.
Die einzige aus Abdrücken einigermaBen bekannte Art: Pseudosporoc'hnus Krejcii Potonié und Bernard aus dem Ob. M.-Devon von Böhmen (Abb. 45)nbsp;zeigt bereits in ihrer auBeren Morphologic eine höhere Differenzierung alsnbsp;die Rhyniaceen, eine Differenzierung, die auf die jtingeren Pteridophytennbsp;hinweist.
Einerseits war namlich Pseudosporochnus ein kleines Baumchen von 2 bis 3 m Höhe. Ein von der Krone abgesetzter Stamm bildete sich dadurch aus,nbsp;daB (mindestens am fertigen Stamm) die ersten Verzweigungsstellen relativnbsp;hoch über dem Boden (1 m und mehr) lagen, und daB dann gleich eine Reihenbsp;von Gabelasten nahezu von einem Punkt ausgingen.
1) Von Haliserü, einer Braunalge.
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2. Abt.: Psilophyta.
Abb. 46. Pseudosporoehnus Krejcii Potonié und Bertr. (Ob. Mitteldevon.) Rekonstruktion nach Potonié und Bertrand 1903 sowie nach Material des Bot. Inst.nbsp;Tubingen. Rechts unten ein Phylloidstand in natürl. Gröfie. — (Original.)
1) Potonié und Bertrand (1903) haben die Möglichkeit ausgesprochen, die letzten Auszweigungen von Pseitdosporochnus seien Sporangien. Obwohl bisher keine Sporen nach-
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Psilophytaceae;
«ein als bei den Rliyniaceen; Sscheiduntnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Rrhaltungszustand hierüber bisher keine sichere
Abb. 46. Asieroxylon Mackiei Kidst. u. Lang. (M.-Devon.)nbsp;(Rekonstruktion.) Oben rechts einnbsp;Sporangienstand. nat. GröBe.nbsp;(Nach kidston und Lang, 1921,nbsp;IV, Taf. II.)
Es gibt übrigens noch eine gröBere Zahl ahnlichernbsp;Formen, die man mit Pseudo-sporochnus in engere Bezieh-ungen bringen kann. Wir ver-weisen hier nur auf die alsnbsp;Ausgangsgruppen der Arti-culaten und Pteropsiden be-handelten Hyeniales (S. 160)nbsp;und Primofüices [vgl. ins-besondere die Cladoxylalesnbsp;S. 185, sowie die Gattungennbsp;Milleria und Aneurophytonnbsp;(S. 194)], vorzugsweise devo-nische oder höchstens unter-karbonische Formen.
Diese Familie untersohei-det sich von den Rhyniaceen im weseiitliohen durch dorn-ahnliche Auswüchse der Ober-flache. Auch bei einer Rhynia-
gewiesen sind, mag diese Vermutung für einen Teil der Auszweigungen zutreffen. Ganz all-gemein, d. h. für samtliche Auszweigungen, ist sie aber kaum zutreffend. Die Übereinstimmung der letzten Auszweigungen von Pseudosporochnus rait Blattbildungen ist so grofi (wie ich michnbsp;auch an Originalmaterial überzeugt habe), dafi wir auch bei Pseudosporochnus im Gegensatz zunbsp;den Literaturangaben sicher einen Teil der Endverzweigungen als sterile Phylloide betrachtennbsp;dürfen. Man vergleiche z. B. mit Pseudosporochnus (Abb. 45) die Blatter der Hyeniales (S. 161nbsp;und Abb. 92) sowie der Cladoxylales (S. 186 und Abb. 116).
Zimmermann, Die Phylog'enie der Pflanzen. nbsp;nbsp;nbsp;3
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2. Abt.: Psilophyta.
Art: Rh. Gwynne-Vaughani kommen wenigstens kleine analoge lentizellenartige Hoeker vor. Man kat solche Bildungen mit der Pliylogenie der Blatter in Ver-bindung gebracht, doch scheint mir eine solche Deutung gewagt und höchstens fürnbsp;einzelne Ausnahmefalle möglich (vgl. oben S. 65ff.). lm allgemeinen ist der Aufbaunbsp;der Vertreter dieser Familie noch recht wenig bekannt. Ihre Fortpflanzungsorganenbsp;haben groBe Ahnlichkeit mit denen der Rhyniaceen.
1. Anhang; Asterophyta^).
Familie der Asteroxylaceae.
Als Typus betrachten wir die bestbekannte Form: Asteroxylon Maékiei Kidst. imd Lang vom gleichen Fundort wie Rhynia, aber aus etwas alteren
(ebenfalls mitteldevonischen) Schichten. Die Gattung Asteroxylon ist in vieler Hinsicht schon wesentlich holier differenziert als Rhynia. Und dochnbsp;können wir ihre Merkmale durchaus anf diejenigen von Rhynia phylogenetischnbsp;zurückführen.
Fine höhere Differenzierung zeigt schon die allfjemcine Morphologic der oberirdischen Organe. Die Luftsprosse waren dichtbeblattert und batten das Aussehen eines Barlapps {Lycopodium) aus unseren heutigennbsp;Waldern, d. h. zahlreiche kleine Blattchen saBen dicht gedrangt ungefahrnbsp;spiralig an gabelig verzweigten Hauptachsen (Abb. 46).
Auch die Anatomie von Asteroxylon bietet ein komplizierteres Bild als bei Rhynia.
1) Diagnose der Abteilung Asterophyta vorlaufig gleich der Familie Asteroxylaceae Hirmer.
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Asteroxylaoeae.
a) nbsp;nbsp;nbsp;Blatter. An den Blattern sind die relativ zahlreichen Spaltoffnungen (vgl. Zini-merniann, Abb. 2, Taf. I) benierkens-wert. Aber auch der Ban der Spaltoffnungen selbst ist 'wesentlich kom-plizierter als derj enige von Ehynia,nbsp;wie besonders der Vergleicli der Quer-schnittsbilder zeigt (Abb. 39). Ins-besondere klingt die stark verdicktenbsp;Bauchwand der SchlieBzellen einer-seits an die Spaltoffnungsgestaltungnbsp;vieler rezenter Formen, (vor allem dernbsp;Angiospermen), andererseits aber auchnbsp;an die Lycopsiden (vgl. Abb. 67nbsp;S. 142) an. b) nbsp;nbsp;nbsp;Stamm. Die Gewebesonderung in Rinde und Stele ist viel ausgepragter alsnbsp;bei den Rhyniaceen. Auch die Rindenbsp;selbst (vgl. Abb. 47 a und b) ist rechtnbsp;kompliziert gebaut. GroBe Luftkam-mern oder „Interzellularen“ findennbsp;sich in ihr. Man spricht hier — wienbsp;bei der ahnlichen Rinde heutiger Sela-ginellen — von einem ,,Trabekular-gewebe“. Entsprechend der auBerennbsp;Morphologie ist aber insbesondere die |
Abb. 47b. Asteroxylon Machiei, vgl.47a, etwas sohematisiert. ed = Epidermis. hd = AuBenrinde. p = Innenrinde niit Trabekiilargewebe. ph = Phioëm. X ~ Xyleni. bl = Blatter.nbsp;hs = Blattspurstrange. (Aus Pi a 1926, Fig. HOC.) |
c) nbsp;nbsp;nbsp;Peripherie des Xylems mit dem niesarchen Protoxylem (px), sowohl in den Strahlen-enden der Aktinostele wie
d) nbsp;nbsp;nbsp;in den Blattspurstriingen nach ihrer Loslösung.
(Ans Kidston und Lang, 1921, Taf. X, Fig. 74 und 80.) Vergr. 92mal.
8*
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2. Abt.: Psilophyta.
Stele (lurch eine reiche Ghederung aiisgezeichnet. lm Querschnitt des Holzkörpers (Abb. 47) sehen -wir eine typische Aktinostele. Wie bei vielennbsp;altertümlichen Formen sind die von dieser Aktinostele zur Blattbasis aus-strahlenden Blattspnrstrange radiar, d. h. ,,mesarch“ gebaut (Abb. 47 c u. d).nbsp;Dementsprechend wird auch das Protoxylem in den Strahlen des sternförmigennbsp;Holzteiles noch allseitig von Metaxylem umhüllt. Ini Langsschnitt erkennennbsp;wir die Tracheiden des Holzkörpers als typische Eing- bzw. Schraubentrache-iden (Abb. 48) genau wie bei den Rhyniaceen. Der Siebteil umzieht den Holz-teil noch als geschlossener Mantel.
Die allgemeine phylogenetische Ableitung der Gestalt und Anatomie von Asteroxylon aus dem Rhynia-Tj]) haben wir oben (S. 77 f.) schon besprochen. Ichnbsp;möchte daher hier nur noch meine Auffassung zusammengefaBt wiederholen,nbsp;daB ich auch für Asteroxylon die Differenzierung der Triebe in SproBachsen und
Blatter durch „Übergipfelungquot; für auBerst wahrscheinlich halte, und daB sich meinesnbsp;Erachtens die Ableitung einer Aktinostelenbsp;vom Asteroxylon-Tj]) dann von selbst er-gibt (vgl. Abb. 28).
Abb. 48. Ring- bzw. Spiral-tracheiden von Asteroxylon Mackiei. Orig. Vergr. 120mal. Schliffsamml. Z. 12.
Den allmahlichen ontogenetischen Auf-bau des Stelensystems bei Asteroxylon vom Protoxylem aus kann man sehr schön annbsp;Querschliffen durch die Knospen verfolgen,nbsp;Schliffe in Höhe des Vegetationspunktesnbsp;zeigen bereits kleine wohl ausgebildete Blatter um den Vegetationspunkt (Abb. 49 a),nbsp;so daB also der zarte Vegetationspunktnbsp;schon hier wie bei den Knospen der meistennbsp;heutigen Kormophyten von Blattern ein-gehüllt war. Auch bei Asteroxylon besaBnbsp;übrigens der Vegetationspunkt nicht nurnbsp;eine, sondern zahlreiche Scheitelzellen ^). Et-was tiefer geführte Schliffe (Abb. 49 b) zeigennbsp;in der Stammaohse die Anlagen der Proto-xylemstrange als isolierte Insein, welchenbsp;wegen des groBen Plasmareichtums ihrernbsp;Zeilen durch dunkle Farbe auffallennbsp;(Abb. 49 b). Noch weiter abwarts findennbsp;wir die Tracheiden dieser Protoxylemzellennbsp;ausgebildet, so daB sie die zugehörigen Blatter rechtzeitig mit Wasser versorgennbsp;können. Das Vorauseilen des Leitsystems der Blatter vor demj enigen der Achsenbsp;wird notwendig, da die Blatter ja den Vegetationspunkt, wie wir sahen, imnbsp;Wachstum überholen. Erst danach bilden sich die Metaxylemelemente rings umnbsp;die Protoxyleminseln aus und versorgen wohl in erster Linie die Hauptachsenbsp;selbst mit Wasser.
Die Ba.salorganc von Asteroxylon sind wie bei Rhynia Kriechsprosse, „Ehizomequot;; in Aufbau und Anatomie gleichen sie noch völlig denjenigen vonnbsp;Rhynia. Wir lemen hier bereits eine spater noch wiederholt auftretende Gesetz-niafiigkeit kennen, daB namlich die unterirdischen Organe konservativer sindnbsp;als die Luftsprosse.
Sporaiigien sind nicht im unniittelbaren Zusammenhang mit den ge-schilderten Sprossen gefunden worden. Nur im selben Gesteinsblock wie Asteroxylon fand man — vielleicht zugehörige — gabelige und blattlose Spor-
1) Die gut erhaltenen Zellkerne sind bei Zimmermann, 1926/27, Phot. 3, Taf. I, wiedergegeben.
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Asteroxylaceae.
angienstande, deren Endverzweigungen wieder wie bei lihynia in Sporangien ausliefen. Die einzelnen Sporangien sind höher dii'ferenziert als diej enigen vonnbsp;Rhynia; sie besitzen bereits am apikalen Ende eine dunne Stelle, an der sie
zur Entleerung der Sporen aufplatzen (Abb. 50). Üm diese „Dehiszenzstelle“ herum befindet sich ein King besonders dickwandiger Zeilen, der effenbar alsnbsp;„Annulus“ ahnbch wie bei den Farnsporangien das ZerreiBen des Sporangium?nbsp;an der vorgezeichneten Stelle bewirkte.
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2. Abt.: Psilophyta.
Wenn auch der endgültige Beweis fehlt, daB die geschilderten Sporangien zu Asteroxylon Mackiei gehören, wild man diese von den Entdeckern Kidstonnbsp;und Lang gemachte Annahme der Zusammengehorigkeit fiir recht wahrschein-lich ansehen diirfen. Fiir unsere phylogenetischen Fragen ist die sichere Ent-scheidung nicht allzu wesentlich; denn, daB die Sporangien in den Formenkreisnbsp;der Psilophyta—Asterophyta gehören, ist sicher, wenn vielleicht auch noch einenbsp;neue, bisher unbekannte Formengruppe vorliegen könnte.
Asteroxylon elberfeldense ist eine ahnliche Form. Auch hier nehmen die Entdecker Kraus el und Weyland einen Zusammenhang nackter Sporangien-
stande mit beblatterten Sprossen an. Im iibrigen gab es offensicht-lioh im Devon noch eine Reihenbsp;iihnlioh gestalteter Pflanzen vonnbsp;Barlapptracht, die gröBtenteils innbsp;der Asteroxylon wohl nahestehen-den Gattung Thursophyton unter-gebracht wurden.
2. Anhang: Psilotales.
Die Psilotales sind ziemlich kleine, heute in den Tropen (undnbsp;Subtropen) lebende Pflanzen. Sienbsp;sind recht formenarm; wir kennennbsp;nur 2 Gattungen:
Psilotum (Abb. 51), mit kleinen Blattschuppen und
Tmesipteris (Abb. 52), zwei-seitig beblattert. Fossile Vertreter sind unbekannt Bei den auBerstnbsp;urastrittenen phylogenetischen Be-ziehungen (vgl. z. B. Solms 1884,nbsp;Bowerl908, Goebell918, Sahninbsp;1924 und Zimmerniann 1926 so-wie unten) wollen wir von dernbsp;reinen Beschreibung ausgehen.
Allgemeine Morphologic.
Als echte Kormophyten be-sitzen die Psilotales einen ty-pischen Generationswechsel.
Der Gametophyt ist ein mykotrophes unterirdisches knol-lenförmiges Gebilde (Abb. 53 A),nbsp;ahnlich wie bei den OpMoglossalesnbsp;und Lycopodiales. Bemerkenswertnbsp;ist seine auBerordentliche Ahnlichkeit mit dem Rhizom des Sporophytennbsp;(Abb. 53 B). Es gibt wohl kaum einen lebenden Kormophyten, bei dem sichnbsp;beide Generationen so ahnlich sehen wie bei den Psilotales.
Der Sporophytist wurzellos. Er besitzt blattlose unterirdische Rhizome (Abb. 53 B), wie die Psilophyten, und oberirdische mit Schuppen bzw. Blatternnbsp;versehene Sprosse. Die Trennung zwischen Rhizomen und oberirdischennbsp;Sprossen ist nicht sehr scharf; die Rhizome können aus der Erde herauswachsennbsp;und direkt zu oberirdischen Sprossen werden. Die Gesamtverzweigung dernbsp;Triebe ist gabelig (Abb. 51 und 52).
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Psilotales.
Achsenanatomie.
Uie Rhizome beider Gattungen besitzen noch wie diejenigen der Psilo-phyten echte Protostelen. In den oberirdischen Organen ist der Stelenbau jedoch komplizierter. Psüotum hat eine Aktinostele niit exarchem (selten,nbsp;wie bei Asteroxylon, mesarchem) Protoxylem^). Das Zentrum der Aktinostelenbsp;besteht jedoch nicht aus Tracheiden, sondern aus Sklerenchymfasern.
Bei Tmesipteris (Abb. 54) dagegen hat sich die Stele nahezu völlig auf-gelöst in einzelne Blattspurstrange, welche als Insein ini Siebteil bzw. Grundgewebe liegen. Es ist das Bild entstanden, das wir in Abb. 27 als Plekto-stele wiedergegeben haben. Die Zerklüftung ist in der Regel sogar nochnbsp;weiter fortgeschritten (Abb. 54). Sahni (1925) gibt für die SproBbasis vonnbsp;Tmesipteris Vieillardi noch einen tracheidalen Achsenstrang an (Abb. 52 B i).nbsp;Die Blattspurstrange, bzw. die Stelen der Friiktifikationsorgane selbst, sind
1) Boodle sprioht von „Sekundarholz“ für die zentrifugal entstehenden Tracheiden.
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2. Abt.: Psilophyta.
noch genau wie bei Asteroxylon mesarch gebaut. Sie stellen also typische Protostelen nach deni Bhynia-^j^ dar.
Seitenorgane.
Die Seitenorgane sind in der ,,Deutung“ die nmstrittensten Bildungen. Rein beschreibend haben wir dreierlei Seitenorgane;
1. Schuppen (bei Psüotum ani ganzen Sprob und bei Tmesipteris an der SproBbasis); sie besitzen bei Psüotum triquetrum Sw. meist kein Leit-
B nbsp;nbsp;nbsp;C
Abb. 52. Tmesipteris.
A) nbsp;nbsp;nbsp;Schema der Morphologie (nach dem aulrechten Tm. Vieülardi Dang.).
B) nbsp;nbsp;nbsp;i—V Qnerschnitte durch A.; Xylem jeweils schwarz. Die Querschnitte zeigen die Um-wandlung der Protostele (i) über cine Aktinostele (ii) in eine Plektostele (iü).
C) nbsp;nbsp;nbsp;Tm. tannensis Bernh., hangende Art. % natürl. GröBe.
D) nbsp;nbsp;nbsp;Sporangienstand niit langlichoin Synangium (= 2 Sporangien) und 2 Slattern.
(Aus Sahni, 1925, Text lig. 3 A u. B, Taf. 50, Fig. 8 u. 10, und Velenovski, Fig. 143 a).
bundel, ahnlich wie die Blatter von Asteroxylon] bei Psüotum complanatum Sw. sind sie j edoch genau wie die Laubblatter von Tmesipteris von eineni einzigen,nbsp;allerdings recht schwachen, Stelenstrang durchzogen.
2. Laubblatter bei Tmesipteris. An ihnen ist die Orientierimg höchst auffallig (Abb. 52). Ihre Blattflache erstreckt sich nanüich nicht, wie wir dasnbsp;von „typischen“ Blattern gewohnt sind, senkrecht zur Verzweigungsebenenbsp;zwischen Hauptachse und Blattachse, sondern in dieser Verzweigungsebenenbsp;(vor alleni am Ende der Abb. 52 C deutlich). Die Blatter laufen demnach wie
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ein Flügelsaum an der SproBachse herunter. Die terminalen Blatter brauchen den Vegetationspunkt völlig auf, der ganze SproB gleicht in dieser Beziehungnbsp;einem Farnblatt.
3. Fruktifikationsorgane bei beiden Gattungen. Übereinstimmend haben wir bei beiden Gattungen ein kurzes Stielchen ruit einer terminalen Spor-angiengruppe (in der Regel bei Psilotum 3, bei Tmesipteris 2 Sporangien). Dienbsp;Sporangien sind dickwandig („eusporangiatquot;), und wie bei den Psüophyla iso-spor. Jede Sporangiengruppe bildet ein ,,Synangium“, d. h. die Sporangien sindnbsp;verwachsen, wie das schon bei Hornea gelegentlich vorkommt (Abb. 41b). Die
Sporangien öffnen sich terminal. Auf beiden Seiten wird das Synangium von 2 Blattern bzw. Schuppen flankiert (Abb. 52 und 55). Doch geht die terminalenbsp;Stellung des Synangiums im Laufe der Ontogenie meist etwas verloren (vgl.nbsp;Abb. 52 und 55); das Synangium wird gegen die Stammseite des gemeinsamennbsp;Stieles verlagert.
Der Stelenbau dieser Seitenorgane ist durch ihreHerkunft von der Haupt-stele gegeben (s. oben), d. h. iin Stiele finden wir, namentlich bei Tmesipteris, deutlich ein mesarches Leitbiindel bzw’. eine Protostele vom Rhi/nm-Typ.
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(¦
2. Abt.: Psilophyta.
Auch die Blatter von Tmesipteris haben eine gleichgebaute mesarchenbsp;Protostele.
Auffalligerweise linden wir bei beiden Gattungen Spaltöffnungennbsp;vom Gymnospermentyp (Abb. 56),nbsp;d. h. die Quersohnittsform einernbsp;solchen Spaltöffnung zeigt Schlieb-zellen von ungefahr Seckigem Um-riB ohne die bei den Angiospermennbsp;iibliche Innenleiste (,,Hinterhorn“).
Phylo genet is ch e Ableitung der Psilotales.
Die Psilotales zeigen eine Hau-fung primitiver Eigenschaften, d. h. von Merkmalen, welche das Gepragenbsp;der Urkormophyten tragen, wie keinenbsp;anderen heutigen Kormophyten. Dasnbsp;Vorherrschen der gabeligen Verzwei-gung, die Wurzellosigkeit, die Proto-stelen bzw. Aktinostelen, die mes-archen Blattspurstrange, die terminale Sporangienstellung, die dickenbsp;Sporangienwand, die Isosporie undnbsp;wohl auch die Ahnlichkeit der beidennbsp;Generationen — eine solche Kom-bination von Zügen, die wir last allenbsp;zuvor bei den Psilophyten kennennbsp;gelernt batten, ist von irgendeinernbsp;anderen heutigen Kormophyte un-bekannt. Dazu kommen noch weitere abweichende, im Bild der heutigen Kormophyten fremdartige Bil-dungen, die sich eher auf die Urkormophyten als auf heutige Pflan-zen zurückführen lassen; ich erinnerenbsp;nur an die eigentümliche Blattorien-tierung von Tmesipterisl
Wir wollen aber auch nicht die abgeleiteten Ziige Ubersehen, Züge,nbsp;in denen andere heutige Kormophyten primitiver sind. Da warenbsp;einmal die Gestaltung der Spaltöffnungen zu nennen, d. h. einenbsp;einseitige Differenzierung, in dernbsp;Art, wie wir sie sonst nur beinbsp;den Gymnospermen und in einernbsp;gewissen Annaherung bei ei-nigen Sonderlingen, namlich dennbsp;Ophioglossales und bei Casuarinanbsp;wiederfinden (Zimmermannnbsp;1926). lm Gegensatz dazu ist
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Psilotales.
ver
Bemerkenswert ist insbesonders, daB der Spaltöffnungsbau bei den beiden so verschieden lebenden Glattungen Psilotufn und Tmesijitefis prinzipiell gleichnbsp;ist (Zimmermann 1926).
Abb. 66. Spaltöffnungen der Psilotales.
A Psilotum triquetrum, quer median; B langs; C Oberflachenansicht. D Tmesipteris tannensis, quer median. Verholzte Partien punktiert.nbsp;(Aus Zimmermann, 1926, Abb. 1 u. 3.)
Ursprünglich lebten noch. beide Generationen autotroph. Die Mykorrhiza der Psilotales hat sich vermutlich über das Zwischenstadium eines Pilzparasitismus,nbsp;der schon im Devon herrschte, herausgebildet. Wir können diese Behauptungnbsp;auch damit stützen, daB zweifellos die Symbio.se griiner bzw. ehemals griinernbsp;Pflanzen mit Pilzen in anderen Pallen ebenfalls ein abgeleiteter Vorgang ist; ioh
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2. Abt.: Psilophyta,
erinnere nur an die Bntstehung der Flechtensymbiose! Wann die Psilotales-Ahnen ein solches Merkmal erworben haben, ist allerdings scbwer zu sagen. Sebi jung dürfte es kaum sein.
Wenn wir nun zu den ,,primitiven“ Merkmalen zurückkehren, so haben wir uns zu fragen, ob diese „primitiven“ Merkmale bei den Psilotales etwa wiedernbsp;sekundar erworben sein könnten. Ich kann zur Antwort auf die gleiche AuBerungnbsp;bei den PsüopJiyten (S. 108) verweisen. GewiB könnte einmal ein solcher phylo-genetisclier Üniweg vom Primitiven zum Komplizierten und wieder zurücknbsp;zum Primitiven stattgefunden haben. Es könnte sein, dab sich in die Phylo-genie der Psilotales von einem Psilophytenahnen ein komplizierteres Zwischen-glied eingeschaltet hat. Aber irgendein solches Zwischenglied kennen wir nicht.nbsp;Slan muB sich daher mit einem WahrscheinlichkeitsschluB begnügen, und dernbsp;lautet entschieden mehr zugunsten einer Ursprünglichkeit als einer sehr starkennbsp;Abgeleitetheit.
Die phylogenetischen Diskussionen bei den Psilotales kleiden sich meist in die Frage nach dem ,,morphologischen Wert'* des Sporangienstandes, alsonbsp;der Sporangiengruppe samt Stielchen und 2 flankierenden Blattern. Die Lagenbsp;ist ahnlich wie beim (rm^o-Beispiel (weiblicher Sporangienstand, vgl. S. 21 ff.).nbsp;.Die Antwort auf die Frage nach dem ,,morphologischen Wertquot; ist auBerst ver-schieden abgegeben worden, oft auch vom selben Autor verschieden. Solch einnbsp;Psilotales-Sporangienstand wurde schon bezeichnet als
ein Sporophyll, d. h. als ein einzelnes „(Gabel-)Blatt“ oder als ein SproB, d. h. eine Blatter und Sporangien tragende Achse oder alsnbsp;ein Organ ,,sui generis“.
Für die Blattnatur^) der Sporangienstande laBt sich zunachst die unmittel-bar anschauliche, homologe Stellung aller Seitenorgane, d. h. der Blatter bzw. Schuppen und der Sporangienstande bei beiden Psilotales-Gattungen ins Feldnbsp;führen. Man findet auch relativ leicht Übergangsbildungen zwischen sterilennbsp;Blattern und Sporangienstanden. Feriier zeigt die innere Anatomie (insbesonderenbsp;der Stelenbau des Stieles) bei den Blattern und den Sporangienstanden eine grofienbsp;Ahnlichkeit. — Wenn man auf diese Weise den Sporangienstand der Psilotalesnbsp;mit einem Blatt, d. h. einem Sporophyll homologisiert, muB man die Sporangiennbsp;als blattstandig bezeichnen. Und da noch überdies die Blatteile des Sporangienstandes die Sporangien bergen, ist die Ahnlichkeit mit blattachselstandigen Sporangien, z. B. bei den Lycopsiden- und SpJienophyllum-amp;])Oiophjllen (S. 127 undnbsp;S. 165) augenfallig; sie hat auch dazu geführt, eine engere phylogenetische Ver-bindung zwischen den Psilotales und den Lycopodiales oder den Sphenophyllennbsp;anzunehmen. Es braucht ja nur der gemeinsame Stiel eines Psilotales-Sporangienstandes etwas kürzer geworden zu sein, dann sitzt die Sporangiengruppe direktnbsp;blattachselstandig wie bei den Sphenophyïlales und bei Lycopsiden. Ja, sowohlnbsp;die Sphenophyïlales wie die altertümlichen Lycopsiden haben Gabelblatter, sienbsp;würden also völlig diesem Psilotales-Typ mit verkürztem Stiel entsprechen.
Für die „SproBnatur“ des Sporangienstandes kann man aber auch einige Argumente anführen. Insbesondere ,,paBt‘‘ es für ein Sporophyll schlecht, daBnbsp;die Sporangien in der Ontogenie ziemlich terminal angelegt werden und die Blatternbsp;etwas tiefer an der tragenden Achse herauskommen ^). Eine solche Anlage istnbsp;jedenfalls im Vergleich zum Pycopodiam-Sporophyll recht ungewöhnlich. Dannnbsp;ist doch die Gesamttracht des Sporangienstandes, d. h. der Stiel mit den 2
1) nbsp;nbsp;nbsp;Vgl. Bower (1908) und Goebel (1918).
2) nbsp;nbsp;nbsp;Solms-Laubach betont allerdings in einem gewissen Gegensatz zu Goebel, daBnbsp;die beiden Blatter ziemlich nahe am Scheitel, in einem gemeinsamen Halbringwulst angelegtnbsp;werden. Doch stehen auch nach seinen Zeichnungen die Sporangienanlagen ziemlich terminal.nbsp;Vgl. Abb. 56 E.
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Psilotales.
seitlich ansitzendeii Blatterii ausgesprochen sproBahnlicli ^). Dementsprechend finden sich auch. als Abnormitaten tjbergangsbildungen, die zwischen Sporangien-standen und typischeii Sprossen vermitteln, insbesondere MiBbildungen, welcbenbsp;eine viel reichere Verzweigung des Sporangienstandes zeigen. Die Tatsache da-gegen, daB auch bei Psilotum die Sporangien im Gtegensatz zu den Schuppen,nbsp;aber in Übereinstimmung mit der SproBachse, von einem Leitbündel versorgtnbsp;werden, ist, wie Goebel (1918, S. 1101) mit Kecht betont hat, an sich nicht sehrnbsp;bedeutungsvoll; sie ergibt sich physiologisoh aus dem starkeren Nahrungs- usw.nbsp;-bedarf der massigen Sporangien. Auch die mesarche Stelenstruktur der Sporan-gienstande, z. B. bei Imesifteris Vieillardi, ist kein Beweis für die SproBnatur, danbsp;sie auch bei primitiven Blattypen (vgl. z. B. die Pteridosperinenblatter, S. 217nbsp;und Abb. 163) charakteristisch ist.
Die Wahrheit liegt in dieser Streitfrage, wie mir scheint, auf einer mittleren Linie. Die Sporangienstande sind sowohl mit den Blattern wie mitnbsp;den Sprossen homolog, aus dem Grunde, weil alle drei Gebilde; die Sporangienstande, die Blatter und die Sprosse auf eine gemeinsame Urform zurückgehen,nbsp;auf die undifferenzierten Telomstande nach Art der Psilophyten.
Damit können wir auch zur Frage der verwandtschaftlichen Beziehungen der Psilotales Stellung nehmen. DaB sie sich aus dem Formenkreis der Psilo-phyta im weitesten Sinne herleiten lassen^), scheint mir zwar sehr wahrscheinlich.nbsp;Doch besagt das nicht allzuviel, da vermutlich alle Pteridophyten im Devonnbsp;psilophytenahnliche Ahnen hatten. Schwieriger ist schon die Frage, welchenbsp;Psilophytengruppe nun als unmittelbarer Ahn genannt werden kann. Astero-xylon hat durch seine Beblatterung und die damit in Beziehung stehende Aktino-stele eine unverkennbare Ahnlichkeit mit den Psilotales. Aber abgesehen vonnbsp;unserer schlechten Kenntnis seiner Fortpflanzungsorgane, ist er, z. B. in den Spalt-öffnungen, schon derart einseitig spezialisiert, daB eine direkte Ableitung kaumnbsp;möglich ist. Die Khyniaceen kommen als unspezialisierte Urformen an und fürnbsp;sich sehr wohl in Frage. Jedoch ist der Sprung von den Khyniaceen bis zu den Psilotales recht groB und beim Fehlen von Zwischenformen noch recht hypothetisch.nbsp;So können wir derzeit nur die Möglichkeit einer derartigen Ableitung betonennbsp;und mussen hoffen, bald irgendwelche anderen Zwisohenstufen aufzufinden.nbsp;Denn daran krankt bisher jede phylogenetische Ableitung der Psilotales, daB wirnbsp;solche Zwischenstufen nicht kennen.
Unter den heutigen Pteridophyten zeigen zweifellos die Lycopsida und Ophio-glossales zu den Psilotales gewisse Beziehungen. Auch die Sphenophyllales (S. 162) sind schon als engere Verwandte genannt worden. Wir werden bei diesen Pflanzennbsp;hierauf noch einmal zurückkommen. Lediglich die — aus rein praktischen Gründennbsp;verstandliohe — Scheu, die Zahl der Pteridophyten-Hauptgruppen zu vermehren,nbsp;hat es ja bisher verhindert, in den Psilotales einen selbstandigen Pteridophyten-stamm aufzustellen.
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1) nbsp;nbsp;nbsp;Vgl. insbesondere die in Abb. 55A rechts oben gezeichnete Sporangiengruppe mitnbsp;ziemlich langem Stiel.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Vgl. z. B. Kidston und Lang, Sahni (1926) und Krausel und Weyland (1929).
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Zimmermann, W., Die Spaltoffnungen der Psilophyta und Psilotales. Zeitschr. f. Bot. 1926/27, Bd. 19, S. 129.
Von dieser Pteridophytenabteilung leben im Gegensatz zu den Psilophyten noch einige sicher zugehörige Vertreter. Aber die heutigen Gestalten, derennbsp;Habitus uns durch Lycopodium (Barlapp) (Abb. 87) vertraut ist, sind dochnbsp;durchweg krautige, ziemlich unscheinbare Gewachse, welche nirgends dasnbsp;Landschaftsbild beherrschen. Im Palaozoikum war das anders. Z. B. in dennbsp;Steinkohlenwaldern (Ob.-Karbon) dominierten — neben den ebenfalls baum-förmigen Calamiten — die zu den Lycopsiden gehörigen Baumgestalten dernbsp;Lepidodendren, der Sigillarien und Verwandten. Die heutigen Steinkohlen-flöze sind ja zum allergroBten Teil die Überreste solcher Baume mit Pterido-phytencharakter.
Das mittlere Oberkarbon kann man daher als den Höhepunkt in der Entwicklung der Lycopsiden ansprechen, zumal hier nicht nur ihrenbsp;Massenentfaltung, sondern auch ihr Formenreichtum groBer war als heute.nbsp;Von den beiden wichtigsten Lycopsiden-Gattungen sind die Lepidodendren
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Allgemeine Morphologie.
ganz aufs Karbon beschrankt; die Sigillarien dagegen haben ihren Schwer-punkt eher etwas spater, im obersten Karbon, ja als letzte baumförmige Lycop-siden reichen einige Sigillarien noch bis ins Rotliegende (Abb. 58). Von da ab bis heute linden sich nnr noch krautige Nachzügler oder Problematika. Wennnbsp;wir das Vorherrschen der Pflanzengruppen iin Landschaftsbild der nördlichennbsp;Halbkugel betrachten, können wir sagen: Die Lycopsiden lösen (zusammennbsp;niit den Calamiten und einigen Pteropsidengruppen) die Psilophyten gegennbsp;Ende des Mitteldevons ab. Sie werden ihrerseits abgelöst durch die im Rot-liegenden und im Mesozoikum zur Herrschaft kommenden Samenpflanzen.
Die Lycopsiden sind wohl die am besten abgegrenzte Pteridophytenabteüung. Das ist vom phylogenetischen Standpunkt aus kein Vorzug; denn es bedeutetnbsp;einen Mangel an Daten, die sich einwandfrei zur Feststellung phylogenetischernbsp;Beziehungen verwerten lassen. Tmmerhin machtnbsp;das Vorherrschen der Psilophyten in der altestennbsp;Landflora es wahrscheinlich, dafi auch die Lycopsiden irgendwie von dieser allgemeinen Wurzel dernbsp;Pteridophyten stammen. Um so mehr als dienbsp;altesten Lycopsiden in einer ganzen Reihe vonnbsp;Merkmalen (wie in der Stammanatomie, in dernbsp;Gabelform der Blatter usw.) auf die Psilophytennbsp;hinweiseii. Möglicherweise sind auch Asteroxylonnbsp;bzw. seine Verwandten Bindeglieder zwischennbsp;beiden Gruppen. Aber alles in allem sind unserenbsp;Kenntnisse zu gering, um mehr als die allgemeinstennbsp;Linien einer phylogenetischen Ableitung zunbsp;zeichnen.
Als gemeinsame Eigentümlichkeiten der Lycopsiden zeigt das Schema Abb. 57:
1. nbsp;nbsp;nbsp;spiralige Stellung der Blatter,
2. nbsp;nbsp;nbsp;relative Kleinheit und Nadelform dernbsp;Blatter (vgl. dazu S. 67),
3. nbsp;nbsp;nbsp;das Fehlen echter Blattlücken in dernbsp;Stele und
4. nbsp;nbsp;nbsp;Achselstellung der Sporangien.
Zur natürlichen Gruppierung innerhalb
der Lycopsiden-Abteilung benutzt man üblicher-weise folgende, bei den einzelnen Lycopsiden-gruppen wechselnde Merkmale:
1. nbsp;nbsp;nbsp;das Vorhandensein oder Fehlen der so-genannten ,,Ligula“. Es handelt sich hierbei um
ein — in typischer Ausbildung auf die Lycopsiden beschranktes — zungen-förmiges Anhangsel auf der Oberseite der Blatter, in der Nahe der Blatt-basis (vgl. z. B. Abb, 61, 62 und 85). Soweit wir aus den heutigen Verhalt-nissen und der eigentümlichen Lagerung, namentlich bei den Lepidodendren, schlieBen dürfen, ist die Ligula ihrer primaren Funktion nach ein wasser-absorbierendes Organ.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Die Gestalt der Spermatozoën, insbesondere ihre GeiBelzahlnbsp;(zweigeiBlige oder biciliate und vielgeiBlige oder polyciliate Lycopsiden).
3. nbsp;nbsp;nbsp;Die Differenzierung der Sporen. AuBer Formen mit lauter gleichennbsp;Sporen (isosporen Lycopsiden), also wie bei den Psilophyten, gibt es heutenbsp;und in der Vergangenheit heterospore Lycopsiden^). Ja es gab im Palao-
1) D, li. Formen mit weiblich differenzierten, reservestoffreichen Makrosporen und mannlich differenzierten Mikrosporen. Naheres s. Generationswechsel S. 89 ff.
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3. Abt.: Lycopsida.
zoikum sogar bei den Lycopsiden jenen extremen Fall der Arbeitsteilung zwischen beiden Sporen, welcher sonst nur die Samenpflanzen auszeichnet,nbsp;die Fortpflanzung durch Samen; d. h. die Makrospore bleibt im Sporangium bis zur Befruchtung, wahrsclieinlich auch bis zur weiteren Ausbildungnbsp;des Embryos.
Alle drei Merkmale charakterisieren wohl jeweils ziemlich alte Gruppen. Man bat früher viel über den Vorrang des einen oder anderen Merkmals ge-
sprochen; z. B. ist Lotsy (1909) besonders für das Merkmal der GeiBelzatil eingetreten. Nnn, ganz al3gesehen davon, ob man gerade in phylogenetischennbsp;Dingen dem fossil nicht unmittelbar erkennbaren GeiBelmerkmal eine groBenbsp;praktische Bedeutung zuerkennen will — heutzutage teilt ja die Systematiknbsp;überhaupt weniger nach einem (auf ein Merkmal gegründeten) Schema, alsonbsp;,,von oben herab“, die Pflanzenwelt ein, sondern sie bemüht sich ,,von untennbsp;herauf“, von den einzelnen Formen ausgehend nach ihrem zeitlichen Auf-
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Übersicht.
treten und Gesamtcharakter zu gruppieren. Danach zeigen sich allerdings (wenigstens bei vorzugsweiser Verwendung der gut bekaimten Formen) ziemlichnbsp;natürlich abgegrenzte Gruppen, wenn wir alle 3 Merkmale gleiclmafiig beril cksichtigen:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Ordnung: Lepidophyta', baumförinig, Ligula vorhanden, nicht-samen-
tragend, aufs Palaozoikum beschrankt.
Protolepidodendraceae
Lepidodendraceae Lepidodendron, Lepidophloios
Sigillanaeeae
Sigillaria
Anbang: unsichere Formen mit vielleicM fehlender Ligula; Ulodendronnbsp;Archaeosigillaria.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Ordnung: Lepidospermae; wie die Lepidopliyten, aber samentragend.
Lepidocarpon
Miadesmia (krautig!).
3. nbsp;nbsp;nbsp;Ordnung und Familie: Isoëtaeeae; krautig, heterospor, Ligula vor
handen, polyciliat, meist rezent.
Isoëtes
4. nbsp;nbsp;nbsp;Ordnung und Familie; Selagimïïaceae-, krautig, heterospor, Ligula vor
handen, biciliat, meist rezent.
Selaginella
Anbang (Zugehörigkeit unsicher):
Selaginellites (Karbon).
5. nbsp;nbsp;nbsp;Ordnung und Familie: Lycopodiaceae-, krautig, isospor, Ligula fehlt,
biciliat, meist rezent.
Lycopodium
Anbang (Zugehörigkeit unsicher):
Lycopodites (Karbon). .
6. nbsp;nbsp;nbsp;Ordnung und Familie: Pleuromeiaceae (eine sehr isolierte Gruppenbsp;zweifelhafter SteUung aus dem Mesozoikum, vgl. unten S. 158).
Einzelheiten der zeitlichen Verbreitung und der mutmaBlichen phylo-genetischen Zusammenhange gibt der Stammbaum (Abb. 58) wieder.
Diese beiden Pflanzengruppen waren in ihren vegetativen Organen ein-ander so ahnlich, daB wir haufig in Verlegenheit kommen, welch er Gruppe wir irgendein vorliegendes Fossil zuordnen sollen. Sie stehen auch zweifel-los in engem phylogenetischen Zusammenhang. Wir besprechen daher erst ihrenbsp;vegetativen Eigenschaften gemeinsam und dann die Fortpflanzungsorgane, dienbsp;gleichfalls viele Berührungspunkte aufweisen.
A. Devonische (bzw. unterkarbonische) Vorlaufer.
a) Protolepidodendraceae.
Wenn wir mit Hilfe der Palaobotanik die Abteilung der Lycopsiden immer weiter zurückverfolgen bis gegen ihre Wurzel hin, dann beobachten wir, wie
Zin
lermann, Die Phylogenie der Pflanzen,
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3. Abt.: Lycopsida.
so oft — uiiter anderem auch bei der Organismenwelt als Ganzem — dab die Spuren immer undeutlicher werden, dab wir den Ausgangspunkt nurnbsp;wie durch einen Schleier erblicken.
Die alleraltesten Lycopsiden vom Lepido-phytenhabitus sind eben recht schlecht erhalten. Es handelt sich da zunachst um Protolepido-dendron Scharyanum Krejci aus deni Mittel-Devon. ünd doch ist auch das, was uns diesnbsp;wahrscheinlich krautige, kleine Pflanzlein über-liefert, vom phylogenetischen Standpunkt ausnbsp;hochinteressant. Wir haben zwar bei Proto-lepidodendron schon deutlich die rautenförmigenbsp;Rindenstruktur der Lepidodendraceen (vgl.nbsp;Abb. 59 und 61). Aber diese alteste Lycospidenbsp;überliefert uns als Überreste von der Ahnenformnbsp;noch Gabelblatter, die ja in allen Pteridophyten-abteilungen vertreten sind, spater jedoch in dernbsp;ganzen Lycopsidenabteilung nicht mehr auftreten.
Die Fortpflanzung und die innere Struktur von Protolepidodendron ist leider noch unbekannt.
In diese durch Gabelblatter ausgezeich-nete Familie der Protolepidodendraceen wird man jedoch bis auf weiteres auch noch einige anderenbsp;idevonische und kulmische Formen stellen, die,nbsp;trotz habitueller Ahnlichkeit mit den Lycopsiden,nbsp;ebenfalls Gabelblatter besitzen. Diese Gabel-blatter sind hier sogar noch erheblich starkernbsp;entwickelt als bei Protolepidodendron Scharyanum.nbsp;Am langsten bekannt ist Barrandeina {Protolepidodendron) Dusliana (Kr.) Stur, ebenfalls aus demnbsp;M.-Devon Böhmens (vgl. Potonié und Bertrandnbsp;1903/4) mit einem Lepidophyten-(„Knoma“-)nbsp;artigen Stamm und 3—5fach gegabeltem Laubnbsp;in spiraliger Stellung.
Aehnlich ist Sterzelia Nindeli aus dem sach-sichen Kulm, welche Gothan kürzlich (1928) beschrieben hat, ferner Duishergia mirabilisnbsp;(Krausel und Weyland 1929) aus dem west-deutschen M.-Devon. Von der letztgenamitennbsp;Form kennt man auch etwas die innere Anatomie und die Fortpflanzungsorgane. Wahrscheinlich besab diese Pflanze in der Stammachsenbsp;die für heutige Lycopsiden {Lycopodium) charak-teristische Plektostele. Die Sporangien sabennbsp;zwischen den Blattern; doch war ihre genauenbsp;Stellung bisher nicht zu erkennen.
Jedenfalls lassen diese Formen deutlich erkennen, dab auch bei den Lycopsiden das Blatt durch seine reichere Gliederung die ursprünglichenbsp;Homologie mit dem Stamm deutlicher zeigte als spater. Die Abwandlungsreihenbsp;vom Gabelblatt zum einfachen Nadelblatt ist ja in Abb. 23 a—e dargestellt.
b) Cyclostigma Haugthon (emend. Hirmer).
Ein anderer bis ins Ob.-Devon zurückreichender, ca. 8 m hoher Lepidophyt ist Cyclostigma. Bei ihni sind allerdings die Blattpolster sehr sehwach ent-
-ocr page 147-Abb. 60. Lepidodendron. Karbon. Kekonstruktion eines blühenden Baumes.nbsp;(Aus Hirmer, 1927. Fig. 200.)
9*
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3. Abt.; Lycopsida.
Auf eine weitere devonische Gattung {Archaeosigillaria) kommen wir spater zurück (S. 143).
Abb. 61 A und B. Lepidodendron. Blattpolster.
A Langsschnitt, B Aufsicht; etwas schematisiert.
Vg], unten Text S. 140.
Original (unter Benutzung von Seward, 1810, Fig. 145).
133
Lepidodendron, Allgemeiner Aufbau.
Halbkugel, welche durch die Steinkohlenlager charakterisiert ist. lm Permo-karbon der sogenannten Gondwana-Lander auf der Südhalbkugel fehlen sie; dagegen kommen in den Übergangsgebieten, z. B. in Brasilien, auch einzelnenbsp;Lepidodendren zusammen mit typisch en Vertretern der Gondwana-Flora vor.nbsp;Wir kommen auf diese für die Lepidodendren so charakteristische Verbreitungnbsp;noch zurück (S. 144, 361 und 375 ff.)-
Allgemeiner Aufbau (vgl. Abb. 60). Die Lepidodendreni) waren bis 30 m hohe Baume. Der Stamm erreichte dabei (an seiner Basis) eine Dicke bisnbsp;zu 2 m, und eine Lange von 15—20 m. Die Krone der Lepidodendren war (imnbsp;Gegensatz zu den Sigillarien) reich verzweigt. Schon von der ersten Ver-zweigung ab überwog dernbsp;gabelige Wuchs (vgl. anchnbsp;Abb. 65); nur selten findetnbsp;man einen dominierendennbsp;Hauptstamm mit ansitzen-dem Seitenast.
Damit erhebt sich das noch ungeklarte Problem, wienbsp;denn in der Ontogenie dernbsp;Lepidodendren der ungeteiltenbsp;Stamm zustande gekommennbsp;sein mag. Wuchs er von An-fang an als durchgehendernbsp;Hauptstamm, so wie wir dasnbsp;heute bei Tannen usw. be-obachten können ? Oder gabellen sich zunachst die jun-gen Stammchen von Lefi-dodendron genau wie ihrenbsp;Kronenaste und dominiertenbsp;dann mit zunehmendem Alternbsp;jeweils ein Ast, so wie wirnbsp;die Entstehung eines ,,Sym-podien“ - Stammes bei dernbsp;Buche beobachten können ?
Die letztere Annahme scheint mir wahrscheinlicher, dochnbsp;ware eine sichere Entschei-dung für die phylogenetischennbsp;Eragen recht wichtig.
Die jüngsten Astchen trugen nadelförmige Blatter, welche spater — ahn-lich wie bei den heutigen Fichtenastchen — abfielen und ihre Ansatzstelle durch ein ,,Blattpolster“ kennzeichneten. Ja, diese Blattpolster der Lepidodendrennbsp;hatten sogar ein sehr langes Leben, da sie sehr lange mit dem Dickenwachstumnbsp;der Rinde Schritt hielten; sie führten zu der für die Lepidophyten so charak-teristischen, tapetenahnlichen Rindenstruktur (Abb. 61C). DieFortpflanzungs-organe, die ihrem Aufieren nach (und auch in manchen Organisationsmerk-malen) eine groBe Ahnlichkeit mit Fichtenzapfen hatten, safien terminal amnbsp;Ende der Zweige.
1) Lepidodendron = Schuppenbaum (von XéjciSo? = Sehuppe und SévSpov = Baum), weil die Blattpolster der Binden wie Schuppen gedrangt am Stamm sitzen; ahnlich Sigillaria =nbsp;der Siegelbaum (von sigülum), wegen der siegelahnhchen Gestalt der Blattpolster.
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3. Abt.: Lycopsida.
a) Allgfemeine Struktur des Stammes.
Bau der SproBaelise. Lepidodendron — und überhaupt die Lepido-phyten — kann man in mehrfacher Hinsicht als ,,Riiidenbaume“ bezeichnen. Rinden waren die ersten Fossilien, die man von ihnen kennen lernte; denn dienbsp;Rinde mit ihrem Blattpolstergefüge ist sehr auffallig und gab drum den Namen.nbsp;Auch nach seiner inneren Anatomie ist Lepidodendron ein Rindenbaum. Dienbsp;Rinde überwiegt im Stamme namlich an Masse ganz auBerordentlich und er-füllt Funktionen, die bei heutigen Baumen dem Holz zukommen.
Bei den Stammen der heutigen Gymnospermen und Dikotylen ist die Rinde ja fast immer ein verhaltnismaBig dunner Mantel um die Stele bzw. den machtigen Holzkörper. Dem letzteren kommen darum heute folgende wichtigenbsp;Stammfunktionen fast ausschlieBlich zu:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Festigung gegen Bruchgefahr und
2. nbsp;nbsp;nbsp;Wasserversorgung der Krone.
Folgende Tabelle zeigt vergleichsweise einige Rinden- und Holzdurch-messer für heutige Phanerogamen- (A) und Lepidophyten (B) -Zweige:
A |
B | |||||||||
Zweig |
Einde*) |
Holz*) |
Zweig |
Rinde*) |
Holz*) | |||||
mm |
mm |
0/ /o |
mm |
0/ /o |
mm |
mm |
% mm| % | |||
Ficea excelsa |
20,2 |
2,4 |
11,9 |
17,8 |
88,1; Lepidodendron vasculare |
19,4 |
17,1 |
88,1 |
2,3 1 11,9 | |
Pinus silvestris |
20,0 |
2,8 |
14,0 |
17,2 |
86,0 |
Lepidophloios Harcourtii |
21,0 |
18,6 |
88,6 |
2,4 i 11,4 |
Faqus süvatica |
20,0 |
1,8 |
9,0 |
18,2 |
91,0 |
20,4 |
17,6 |
86,2 |
2,8 ( 13,8 | |
Tüia cordata |
20,3 |
3.9 |
19,2116-4 |
80,8 |
55 nbsp;nbsp;nbsp;55 |
20.8 |
18,9 |
91,0 |
1,9, 9,0 | |
Durchschnitt [ |
13,5 |
86.5 |
88,4 |
!ii.6 |
Bei Lepidodendron bzw. dem nahverwandten LepidopMoios betragt also der Rindenanteil des Durchmessers durchschnittlich 88 Proz., bei den rezentennbsp;Phanerogamen dagegen 13,5 Proz. Fürwahr ein gewaltiger Unterschied.
1. nbsp;nbsp;nbsp;Die Rinde bildete bei Lepidodendron in ihren peripheren Teilen ein mach-tiges Festigungsgewebe aus, das zweifellos die mechanischen Funktionen desnbsp;Stammes zum groBen Teil übernahm, den Stamm also biegungsfest machte.nbsp;Wir sehen damit eine eigenartige Lösung eines Problems, das der Landpflanzenbsp;harrte, als sie das Land mit seinen Stürmen betrat, und als sie — im gegen-seitigen Konkurrenzkampf um Licht und Luft — ihre Sprosse als Baum immernbsp;höher in die Luft entfaltete: Die dünne, zentral gelegene Stele, die wir beinbsp;den Psilophyten kennen gelernt hatten, genügtc nicht mehr zur mechanischennbsp;Festigung; die peripher gelegen en Rindenteile übernahmen dafür diese Funktion.nbsp;Unter den heutigen Pflanzen finden wir keine echten Baume mehr, welchenbsp;diese ,,Rinden“-Lösung des mechanischen Stammproblems zeigen; nur beinbsp;krautigen oder halbkrautigen Stengeln findet sich haufig noch ein den Lepidoden-dren ahnlicher Sklerenchym-Mantel.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Offenbar genügte die Stele aber auch nicht der 2. Funktion, der Wasserversorgung des Stammes. Die im Laufe der Phylcgenie machtig vergröBertenbsp;Krone brauchte natürlich viel Wasser. Und wieder war es die Rinde, welchenbsp;diese Aufgabe teilweise loste mit Hilfe des Ligularsystems. Wir erwahntennbsp;oben schon, daB die Ligula, dies Züngchen (Abb. 61) an der Blattbasis, heutenbsp;z. B. bei den Selaginellen als Wasser-absorbierendes Organ funktioniert. Esnbsp;liiBt sich kaum bezweifeln, daB das gleiche hé. Lepidodendron der Fall war. Bei
1) ,,Rmde“, jeweils der Anteil von Rinde inkl. Siebteil am Zweigdurchmesser; Holz, jeweils inkl. Mark und Markstrahlen. Für die Phanerogamen wurden lebende Zweige aus dernbsp;Umgebung Tübingens im Somzner 1929, für die Lepidoph3d:en Schliffe des Bot. Inst. Tübingennbsp;verwendet.
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135
den Lepidophyten blieb die Ligula aber auch nach dem Blatterfall erhalten, da sie tief in den Blattpolstern versenkt steckte (Abb. 61 und 62) und nur mitnbsp;ihreni auBersten Spitzchen nach auBen ragte^). Betrachten wir nun dienbsp;RindenstrukturvonauBen (Abb.6lC), so erkennenwir, daB die rauten-förmige Gestalt der Blattpolster dahin wirken muBte, das amnbsp;Stamm herablaufende Kegenwasser auf die Ligula bzw. die Li-gulargrube hinzuleiten; dienbsp;Lücken zwischen denBlatt-polstern bildeten ein System von Zuführungskana-len des Regenwassers zurnbsp;Ligula. Ja, wir dürfen wohlnbsp;die eigentümliche Strukturnbsp;derLepidodendrenrinde alsnbsp;ein spezielles Organ zurnbsp;Absorption des Regenwassers auffassen. Ein Leit-bündel an der Basis der Ligulanbsp;(Siebteil ist daran nicht nach-zuweisen!) sorgte für Ableitungnbsp;des absorbierten Regenwassers,nbsp;sowie der in ihmnbsp;gelösten Nahrsalzenbsp;ausFlugstaub usw.^).
Gehen wir nun zur Betrachtung dernbsp;Einzelheiten über.
Die Gliederung des Stammes in Stelenbsp;und Rinde, die wirnbsp;bei den Rhyniaceen,nbsp;kennen lernten, treffen wir auch beinbsp;Lepidodendron an.
b) Stele.
In dreifacher Abstu-fung zeigen die ver-schiedenen Lepidodendron - Arten eine Differenzierungs-reihe von der mark-losen Protostele zurnbsp;markhaltigen Sipho-no stele:
1. Protostelen.
Rinde.
(Original, Schliffsammlung Tüb. Bot. Inst. Nr. 548 und 52.) Ihr Querschnitt erinnert, z. B. bei Lepidodendron petty-
curense^) Kidst. aus dem Unterkarbon, im groBen und ganzen an die Stele der
1) nbsp;nbsp;nbsp;Die fossilisierten Überreste der zarten Ligula machen zweifellos einen geschrumpftennbsp;Eindruck. Wahrscheinlich ragte die Ligula im Leben etwas aus ihrer Ligulargrube heraus.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Über die lange verkannte Wirkung des Flugstaubs, vgl. z. B. Braun-Blanquet undnbsp;Jenny 1926.
3) nbsp;nbsp;nbsp;Benannt nach dem Orte Pettycur in Schottland, berühmt durch die verkalkten, aus-gezeichnet erhaltenen Pflanzenreste.
136
3. Abt.: Lycopsida.
Abb. 63. Lepidodendron- (bzw. Lepidophloios-)Stiimine (quer).
a) nbsp;nbsp;nbsp;Lepidodendron sp. (U.-Karbon.) Junges Stammchen mit Blattpolstern (besonders unten),nbsp;sich ablösenden Blattem (oben) und freien Blattern. Vergr. 20mal.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Lepidodendron cf. vasculare, junges Stammchen. (Ob.-Karbon.) Vergr. 6,5mal.
c) nbsp;nbsp;nbsp;Lepidophloios (Lepidodendron) Harcourtii Witliam; namentlich unten die Leitbündel in dennbsp;Blattpolstern deutlich. (Ob.-Karbon.) Vergr. 4,6mal.
d) nbsp;nbsp;nbsp;Absclinitt des Holzzylinders von Lepidophloios Harcourtii (quer).
Pr = das zahnartig verspringende („exarchequot;) Protoxylem und abgehende Blattspurstrange. Mx = weitlumiges Metayxlem; Ma = Mark.
[a—c) Originale, Schliifsaniml. Pflanzensyst. Inst. Berlin 244, 366 und 462. d) nach Williamson aus Zeiller (1900, Fig. 124).]
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Lepidodendron, Stele.
Hauptachsenstele. Demgegenüber finden wir in den Lepidodewdrow-Stelen — im Prinzip wie bei den Aktinostelen von Asteroxylon — zahlreiche peripherenbsp;Protoxylemgruppen, von denen die Blattspurstrange zu den vielen kleinennbsp;Blattern ziehen. Dadurch wird der UniriB der Lepidodendron-Trotostehnnbsp;etwas gezahnt (vgl. die analoge Abb. 63 d), wenn aucli viel scliwacher als beinbsp;der Aktinostele von Asteroxylon. Jedenfalls bedeuten die Protoxylemrippennbsp;kaum eine mechanische Verstarkung.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Siphonostelen mit „gemischteni Mark“. Beispielsweise Lepidodendron vasculare Binney (Abb. 64 u. 65), eine im Oberkarbon sehr haufig mit er-haltener Struktur aufgefundene Art, hat eine solches ,,gemischtes Mark“; d. h.nbsp;ein Teil der Zeilen im Stelenzentrum ist nicht als langgestreckte Tracheiden ent-wickelt, sondern diese modifizierten Zeilen bleiben kurz und rundlich undnbsp;werden so entweder zu „Speichertracheiden“ mit Verdickungsleisten ihrernbsp;Wande oder zu dünnwandigen Parenchymzellen, wie sie das Mark heutigernbsp;Pflanzen charakterisieren. Der UmriB des Holz-teils, einschlieSlich der Protoxylemanordnungnbsp;ist auch bei diesem und den folgenden Typennbsp;im Prinzip noch der gleiche wie bei Lepidodendron pettycurense.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Reine Siphonostelen, z. B. bei Lepidodendron Veltheimi Sternb. aus deni U.-Kar-bon. Samtliche Zeilen des Marks, d. h. inner-halb des Metaxylemringes, sind gleichartig dif-ferenziert und dünnwandig. Wir haben alsonbsp;ein typisches Mark (Abb. 63 c und d).
Bei Lepidodendron selbst bleibt der primare Zylinder der Siplionostele immer ungeteilt.
Doch sei hier gleich erwahnt, dafi bei den nah-verwandten j tingeren Sigillarien als
(Aus
4. nbsp;nbsp;nbsp;Typ die Eustele, d. h. die Durch-brechung des Holzzylinders durch Markstrahlen,nbsp;nachweisbar ist; d. h. bei Sigillarien findet sichnbsp;jener Typ der uns für die heutigen Holzbaumenbsp;gelaufig ist. Mrgends bei den Lepidophyten (imnbsp;Gegensatz zu den heutigen Baumen) wird aller-dings das Stadium einer völligen Rückbildungnbsp;des zentripetalen Metaxylems erreicht.
Die einzelne Tracheide gleicht noch im allgemeinen dem Psilophyten-Typ. Namentlich die englumigen Tracheiden sind typische Ring- bzw. Spiral-tracheiden. Bei den weitlumigen Tracheiden verlaufen allerdings die Wand-verdickungen etwas unregelmaBiger, so daB wir schon von Treppentracheiden sprechen können.
Der „Siebteir‘ umgibt den Holzteil als geschlossener Zylinder. Echte Siebröhren mit Siebplatten fehlen auch bei den Lepidodendren (soweit das dernbsp;mdst schlechte Erhaltungszustand des Siebteils zu erkennen erlaubt) ebensonbsp;wie bei den Psilophyten und bei manchen rezenten Lycopsiden. Es ist jedochnbsp;interessant, daB LepidopUoios das Problem der organischen Stoffleitung imnbsp;Siebteil auf eine bei rezenten Pflanzen ungewohnte Weise lost. Offenbar werdennbsp;namlich hier die Siebröhren funktionell durch Kanale ersetzt, welche durchnbsp;Auflösung von Zellreihen entstehen. Also ein gewisses Analogon zu dennbsp;;,lysigenen“ Schleim- und Gummikanalen im Parenchym bei den Marattiales,nbsp;Cycadophyten u. a.
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3. Abt.: Lycopsida.
Zwischen Siebteil und Holzteil lagert in der primaren Stele nieist paren-chymatisches Gewebe. Aus ihm geht einerseits bei sekundareni Dickenwachstuni das Kambium bervor, andererseits linden wir auch einzelne dieser Zeilen obnenbsp;Kambiumtatigkeit, als eine Art Speichertracheiden mit imregelmaBiger Wand-verdickung ausgebildet.
B
Abb. 65. Lepidodendron vasculare Binn.
Stele iin Gabelungspimkt. Pritnarholz mit geniischtem Mark, auBen hemm Sekundiirholz. A tiefer gelegener, B höher gelegener Schnitt. (Man beaohte die ,,Regenerationquot; des Holz-körpers zur radiaren Stele; vgl. auch obeu S. 79, „Blattlückequot;).
Vergr. IBinal. (Original. Sehliffsaninil. Berlin 446 a u. b.)
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Lepidodendron, Rinde,
Sekundarer Bau. Namentlich die gröBeren Lepidodendreii besaBen sekundares Dickenwachstiim der Stele durch Kambiiimtatigkeit. Dies istnbsp;gegenüber den Khyniaceen ein weiterer Fortschritt. Auch den meisten heutigennbsp;GefaBkryptogamen fehlt ja sekundares Dickenwachstuni des Holzes.
Wie bei den heutigen Gymnospermen und Dikotylen entwickelte das Lepi-dodendrenkambium nach innen Xyleni und nach auBen Phloëm. Damit linden wir den Holzkörper eines Lepidöphytenbaumes aus 3 verschiedenen und ininbsp;Querschnitt leicht unterscheidbaren Teilen aufgebaut (vgl. z. B. Abb. 70 undnbsp;65): aus
1. nbsp;nbsp;nbsp;dem Protoxylem mit sehr englumigen Tracheiden, |
2. nbsp;nbsp;nbsp;dem vorzugsweise zentripetal ansohlieBenden Metaxylem/nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;z
und 3. dem zentrifugal sich ausbildenden Sekundarholz.
Metaxylem und Sekundarholz verraten durch ihr verschiedenes Zell-
gefüge eine verschiedene Bildungsgeschichte. lm Metaxylem differenzieren sich die Zeilen ziemlich gleichzeitig aus einem mehr parenchyrnatischen Gewebenbsp;heraus. Wie in einem parenchyrnatischen Gewebe sind daher hier die Tracheidennbsp;im Querschnitt ungefahr sechseckig; ihre Wande stoBen in einem Winkel vonnbsp;ca. 120® aufeinander. Ganz anders das Sekundarholz. Das Kambium hat hiernbsp;die ungefahr gleichgroBen Tracheiden in Radialreihen sukzessiv ausgegliedert —nbsp;so wie im Holz unserer heutigen Nadelbaume. Ihre Zellwande bilden dahernbsp;im allgemeinen Winkel von 90®.
Die Ahnlichkeit des Lefidodendron-Holms mit dem Koniferenholz wird noch dadurch gesteigert, daB auch bei den Lepidodendren (meist einreihige)nbsp;Markstrahlen das Sekundarholz radial durchziehen. Abgesehen vom zentripetalnbsp;entwickelten Metaxylem unterscheiden sich j edoch die Lepidodendrenstammenbsp;durch das Fehlen von Jahresringeni). Ferner bietet der Langsschnitt ein ganznbsp;abweichendes Bild: das ganze Holz der Lepidodendren enthalt nur Treppen-tracheiden, wahrend die Tracheiden der heutigen Gymnospermen ja fast durch-weg Hoftüpfel zeigen.
c) Rinde.
Wir können an der Rinde 2 Teile, allerdings ohne scharfe Grenzen, unterscheiden: die eigentliche Stammrinde und die Übergangsregion zu den Blattern, die ,,Blattpolster“.
Stammrinde: primarer Ban. Bei jungen Zweigen (z. B. von Lefi-dodendron vasculare, Abb. 63 b) ist die Rinde schon deutlich in 3 Teile differen-ziert: in
1. nbsp;nbsp;nbsp;die Endodermis, d. h. eine innerste Partie, welche mit dickwandigennbsp;Zeilen die Stele umscheidet,
2. nbsp;nbsp;nbsp;einen mittleren, zarten und daher meist zerstörten Teil,
3. nbsp;nbsp;nbsp;eine AuBenrinde, bei der (im Querschnitt betrachtet) derbwandige Zell-gruppen mit schmalen radial verlaufenden Streifen aus dünnwandigem Gewebenbsp;wechseln. Die derbwandigen Zellgruppen sind sklerenchymatische Gewebs-strange, die den Stamm peripher aussteifen. Wie bei heutigen Pflanzen warennbsp;sie auch bei Lepidodendron nicht mehr wachstumsfahig. Das sekundare Dicken-wachstum besorgten daher die dünnwandigen Gewebepartien zwischen dennbsp;Sklerenchymstrangen.
Stammrinde: sekundarer Ban. Wichtig sind hier nur die Ver-iinderungen in der AuBenrinde: Anlagerung einer sekundaren Rinde. Das heiBt, es entstand in der Rinde ein Kambium, ein „Phellogen“. Die Produktionnbsp;dieses ,,Phellogens“ der Lepidodendren war ganz auBerordentlich groB. Zum
1) Das gleiche trifft übrigens für die meisten anderen karbonischen Hölzer zu.
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3. Abt.: Lycopsida.
Unterschied gegenüber dem Korkkambium der heutigen Baume gab aber das Phellogen der Lepidodendren einen ziemlich erheblichen Teil seiner Zeilennbsp;auch nach innen ab. Es produzierte also, genau wie das echte Kambium dernbsp;Stele, zweiseitig.
Daraus können wir Schlüsse über die Beschaffenheit dieser gröfitenteils wieder recht dickwandigen peripheren Rindenzellen ziehen. Sie können keines-wegs den wasserundurchlassigen Korkzellen unserer heutigen Baume entsprochennbsp;haben, sonst hatte ja ihreBildung (einwarts vom Kambium) zum Absterben desnbsp;Kambiums führen müssen, genau wie bei heutigen Baumen alles Gewebe auBer-halb des Korks aus Wassermangel abstirbt. Die Hauptfunktion dieser peripheren dickwandigen Rindenzellen war eben die mechanische Aussteifung.nbsp;lm übrigen liegen diese sekundaren Rindenzellen gleichfalls wieder, ihrer kam-bialen Entstehung entsprechend, in radiaren Reihen. Wir linden ferner in dernbsp;sekundaren Rinde genau so wie in der primaren die Wechsellagerung skleren-chymatischer und parenchymatischer Teile.
Blattpolster. Wir erwahnten schon, daB die basalen Teile der Blatter nach deni Blattfall als „Blattpolster“ erhalten blieben, und daB sie — im Gegen-satz zu den Blattpolstern der Fichte (Pieea) — recht la,nge mit dem Dicken-wachstum des Stammes Schritt halten konnten. Noch Aste von 20 cm Dickenbsp;und mehr zeigen deutliche Blattpolster. Wir brachten auch oben schon dienbsp;eigentümliche rautenförmige Gestalt der Blattpolster in Verbindung mit ihrernbsp;wahrscheinlichen Funktion der Wasseraufnahme (vgl. Fig. 61). Die Gestaltnbsp;der Blattpolster wechselt zwar etwas von Art zu Art und bildet ein sehrnbsp;wesentliches diagnostisches Merkmal für die als Rindenabdruck erhaltenennbsp;Formen. Wir können aber doch ein Grundschema (Abb. 61) festhalten. Folgendenbsp;durch Kanten geschiedene 4 Felder zeichnen sich namlich an gut erhaltenennbsp;Bolstern regelmaBig deutlich ab:
1. Das Ligularfeld,
II. die Blattnarbe,
III. und IV. die Felder der unteren ,,Parichnosöfl'nungen“.
I. Das Ligularfeld. Eine Giuhe birgt hier die oft in Schliffen deutlichnbsp;erkeiinbare ,,Ligula“ (Abb. 62). Wir deuteten sie oben schon als eine Ein-richtung zur Wasseraufnahme. Folgende 4 Gründe sprechen dafür:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Die Selaginellen besitzen an ganz homologer Stelle eine (allerdings nichtnbsp;eingesenkte) Ligula, die nach experimentellen Beobachtungen sioher der Wasseraufnahme dient.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Die Anordnung der Blattpolster bei Lefidodendron ist derart, daB dasnbsp;am Stamm herablaufende Regenwasser auf die Ligula hingeleitet wird (vgl.nbsp;Abb. 60 und 61).
3. nbsp;nbsp;nbsp;Die Le'pidodendron-ÏAgviXa, wird — genau wie die Ligula der Selaginellen —nbsp;von einem Leitbündel versorgt, das wohl der Wasserableitung gedient hat.
4. nbsp;nbsp;nbsp;Bei kraftiger Ligularentwicklung ist die Ausbildung des Holzes schwach.nbsp;Namentlich lafit sich gut verfolgen, wie bei den nahe verwandten Sigillarien mitnbsp;Rückbildung des Ligularsystems das Holz an Machtigkeit gewinnt (wohl gleich-zeitig im Zusammenhang mit einem Rückgang der atmospharischen Nieder-schlage). (Vgl. S. 144f.).
II. nbsp;nbsp;nbsp;Die Blattnarbe zeigt in der Mediane ein Leitbündel und seitlich davonnbsp;je eine „Parichno8“-Narbe, deren Bedeutung wir gleich erlautern wollen. Vonnbsp;diesen oberen ,,Parichnos“-Narben ziehen ins Stamminnere Strange eines inter-zellnlarenreichen Gewebes, das auBerdem in den Feldern
III. nbsp;nbsp;nbsp;und IV., als untere Parichnosöffnungen, nach auBenkommunizierte.nbsp;Wegen der groBen Interzellularen sieht man allgemein das Parichnosgewebe für
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Lepidodendron, Blatter.
ein Organ des Gaswechsels an. Es entspricht also den Lentizellensystemen rezenter Baume, besafi aber bei Lefidodendron eine sehr starke und auBerordent-lich regelmaBige Ausgestaltung. li’ür diese Deutung als „Atmungsöffnungen“nbsp;spricht auch die gegen Eegenwasser geborgene Lage, gewissermaBen unter demnbsp;vorspringenden Dach der Blattnarbe (vgl. Abb. 61A). Die auf der Blattnarbenbsp;selbst mündenden Parichnosstrange vermittelten wohl den Gaswechsel der Blatter.nbsp;Die unteren Paricbnosöffnungen batte man früber auf Anregung von Potonié alsnbsp;„Transpirationsöffnungen“ bezeicbnet. Am besten wahlt man wohl aber dennbsp;neutraleren Namen „Parichnos“ für das ganze System der interzellularenreichennbsp;Gewebstrange. Will man die Öffnungen der Felder III und IV besonders kenn-zeichnen, so empfiehlt sich aus physiologischen Gründen m. E. eher die Bezeichnungnbsp;,,Atmungsöffnungen“, da diese Öffnungen in Analogie mit lebenden Pflanzennbsp;(„Lentizellen“) wahrschein-lich viel mehr der Sauer-stoffaufnahme und Kohlen-saureabgabe als der Transpiration dienten.
Blatter. Das Lepi-dodmdron-B\a,tt batte im ganzen einen nadelför-migen Ban. In den„Torf-dolomiten“ begegnet mannbsp;sehr haufig einem einiger-maBen rhombisclien Quer-schnitt (Abb. 63 und 66 a).
Auf der Unterseite faUen 2 Langsrillen auf, in denennbsp;sich genau wie bei vielennbsp;heutigen Koniferen dienbsp;Spaltöffnungen kon-zentrierten. Der Bau dernbsp;einzelnen Spaltöffnung er-innert j edoch bei den Le-pidophyten (vgl. Abb. 67A)nbsp;sehr an die heutigen Lyco-podiaceen. Andererseits istnbsp;bei den Lepidodendron-Spaltöffnungen auch dienbsp;lamellöse Struktur der ver-dickten Aufienwand ange-
deutet, welche wir oben (vgl. Abb. 39) bei Asteroxylon erwahnten. Die Ahnlichkeit zwischen der Lepidodendron- und der Koniferen-Nadel beziehtnbsp;sich aber nicht nur auf die auBeren Umrisse, sondern auch auf manchenbsp;anatomische Einzelheiten. Da ware vor allom das gleichartige „Trans-fusionsgewebe“ zu nennen. Es sind das tracheidale Zeilen, dienbsp;im Umkreis der Stele ausgebildet wurden, und die offenbar für dienbsp;Wasserverteilung im Blatt sorgen muBten, weil diese nadelf örniigennbsp;Blatter keinerlei Verzweigung des Leitbündels aufweisen (vgl. untennbsp;S. 307).
Da sich die übrigen Lepidophyten vorzugsweise in ihren vegetativen ober-irdischen Organen unterscheiden, seien die wesentlichsten Abweichungen gegen-über Lepidodendron gleich hier angefügt. Ganz allgemein gilt, daB die Blatt-polster schwacher und minder kompliziert als bei Lepidodendron ausgebildet sind.
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3, Abt,: Lycopsida.
Bei dieser Lepidodendron sehr nahestehenden und ebenfalls karbonischen Gattung finden wir zwar an den Blattpolstern noch die gleichen Felder wie beinbsp;Lepidodendron; aber ihre Lagerung ist anders, und insbesondere ist die Ober-flachenansdebnung eines Blattpolsters reduziert. An der Oberfiache liegen namlichnbsp;nur noch die Blattnarbe und das Ligularfeld. Diese beiden Felder, die ja auchnbsp;schon bei Lepidodendron wie ein schützendes Dach die Parichnosfelder über-ragten (Abb. 61), wölbten sich bei LepidopJiloios fast kapuzenartig über dienbsp;untere Blattpolsterhalfte vor, so daB diese völlig stammeinwarts geschlagen er-scheint und auBerlich überhaupt nicht mehr sichtbar ist. (Offenbar ist das ganzenbsp;Pariohnossystem reduziert). Diese Versenkung der wohl die Transpiration
steigernden Parichnosöffnun-gen mag eine xerophytische Anpassung sein. DaB das Ligularfeld oberflachlich bleibt,nbsp;spricht für seine Funktionnbsp;als Wasseraufnahmeapparat^).
Abb. 67. Querschnitte durch Lycopsiden-Spaltöffnungen.
A Lepidodendron sp. Membraneinlagerung (Verhol-zung?) punktiert.
B Lycopodium Hippuris. Verholzung punktiert. Vergr. 276mal.
(A Original. Schliffsamml. Geol. Inst. Tübingen Nr. 72. B Aus Zimmermann 1926/27).
Die Stammanatoinie (Abb. 63) bietet, abgesehen von dernbsp;oft besonders trefflichen Er-haltung (auch des Siebteils),nbsp;prinzipiell nichts Neues gegen-über Lepidodendron. Wir fin-den auch hier Protostelen,nbsp;Siphonostelen mit gemischtemnbsp;und mit reinem Mark. Da-gegen sei erwahnt, daB dienbsp;Pflanzen „kauliflor“ waren,nbsp;d. h. ihre Blüten brachen ausnbsp;fertig entwickelten Zweigennbsp;und Aesten hervor.
Noch schwacher als bei Lepidophloios war die Blatt-polsterausgestaltung bei einernbsp;3. Lepidophytenfamilie: beinbsp;den
mit der einzigen Gattung Sigillaria. Ja, wir können gerade in dieser Gattung die allmahliche Rückbildung der Blattpolster sehr schön verfolgen.
lm allgemeiiieii Aufbau (Abb. 68) ahnelte Sigillaria ziemlich weit-gehend Lepidodendron. Wieder trug ein ziemlich schlanker Stamm eine Krone mit gabeliger Verzweigung. Ein Charakteristikum von Sigillaria ist es allerdings,nbsp;daB die Krone sich schwacher verzweigte als bei Lepidodendron. Dafür warennbsp;die gleichfalls schlank-lanzettlichen Blatter im allgemeinen wesentlich gröBernbsp;(vgl. den Blattquerschnitt Abb. 66 c). Solch ein Sigillarienbaum muB darumnbsp;einen eigentümlichen Anblick gewahrt haben; seine Gestalt erinnert etwas annbsp;jene heutigen Monokotylenbaume (z. B. Yucca, Aloë usw.), die man ihresnbsp;Habitus wegen ,,Schopfbaume“ nennt.
Blattpolster. Der wesentlichste Unterschied gegenüber Lepidodendron besteht darin, daB die untere Polsterhalfte, welche bei Lepidodendron die
1) Auf die noch ratselhafte Gestaltung der früher „Lowatophhiosquot; genannten Stücke können wir hier nicht eingehen (vgl. dazu Hirmer 1927).
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Archaeosigillaria, Sigillaria. 143
unteren Parichnosnarben tragt (Abb. 61, Felder IIInbsp;undlV), bei den Sigillariennbsp;überhaupt fehlt (Abb. 69).nbsp;Die Sigillarien-Blattpolsternbsp;sind daher meist nichtnbsp;langlich-rautenförmig, son-dern mehr sechseckignbsp;bis rundlich. Da sie uber-dies bei Sigillaria meistnbsp;kleiner sind, berühren sienbsp;sich seitlich nicht so stark,nbsp;und es fallen die Schrag-zeilen viel weniger auf alsnbsp;die in der Regel ziemlichnbsp;vertikal stehenden Langs-zellen („Orthostichen“).
Man darf wohl tat-sachlich die Blattpolster von Sigillaria gegenübernbsp;denjenigen von Lefidoden-dron als reduziert (imnbsp;phylogenetischen Sinne)nbsp;bezeichnen. DafUr sprichtnbsp;insbesondere die ober-devonische
Ar cliaeo sigillaria primaeva White,nbsp;ein Mischtyp von Lepido-dendron- und Sigillaria-Charakter. Wir finden hiernbsp;namlich an den unterennbsp;(alteren) Stammpartiennbsp;Sigillarien- und an dennbsp;oberen Partien Lepidoden-drow-Strukturi). Dazu istnbsp;zu bemerken, dafi wir ge-rade innerhalb der Sigillarien sehr gut verfolgennbsp;können, wie die phyloge-netisch fortgeschrittenerennbsp;Stadiën immer zuerst annbsp;den alteren Stammteilen,nbsp;an der Basis, aufzutretennbsp;pflegen.
Bei den altesten echten Sigillarien sind die Blattpolster noch groB undnbsp;wohl abgegrenzt. Bei dennbsp;jüngeren Formen folgennbsp;sie j edoch der Dicken-
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3. Abt.: Lycopsida.
zunahnie des Stammes nicht lange, ihre Abgrenzung wird unregelmaBig, sie „verlöschen“ frühzeitig am Stamme.
Diese Rückbildung laBt sich innerhalb der 2 Reihen verfolgen, in welche man die Sigillarien meist gliedert, und die durch folgende Übersicht sowie dienbsp;schematischen Figuren Abb. 69 kurz charakterisiert seien:
A. Eusigillarien: Blattpolster bei den Ausgangsformen sechseitig; Langs-reihen besonders deutüch.
a) Famlaria: altere Formengruppe mit relativ groBen Blattpolstern, die sich daher berühren, so daB die sechsseitige Struktur noch sehr deutlichnbsp;ist.
Vorkommen: unterer Teil des mittl. produkt. Karbons.
fernter stehend, unscharf ab-gegrenzt, die Langsreihen daher besonders deutlich ausgepragtnbsp;und durch Furchen zwischennbsp;den Blattpolsterreihen ver-starkt.
Vorkommen: eigentliches mittl. produkt. Karbon.
B. Subsigillarien: Blattpolster bei den Ausgangsformen rhombischnbsp;bis quergestreckt. Langsreihennbsp;weniger deutlich.
a) nbsp;nbsp;nbsp;Clathraria: Blattpolster nochnbsp;deutlich, auch an alterennbsp;Stammteilen.
Vorkommen; ganz aufs Karbon beschrankt.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Leiodermaria: Blattpolster nurnbsp;an den jüngeren Teilen deutlich und dicht stehend, an dennbsp;alteren Teilen weit auseinandernbsp;gerückt und durch glatte Rindenbsp;getrennt.
Vorkommen: vom mittl. produkt. Karbon bis insnbsp;Rotliegende.
b) Ehytidolefis: Blattpolster ent-
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Rhytidokpis. |
Abb. 69. Sigillaria, Rindenskulptnr. Schemata; s. nebenstehenden Text.nbsp;(Aus Berry, 1920, Fig. 13.)
Anhangsweise sei erwahnt, daB die Gattungen; ülodendron und Bo-throdendron sowie Verwandte durch eine noch schwacher ausgepragte Blatt-polsterstruktur ausgezeichnet sind.
Versuchen wir noch einmal die Phylogenie des Blattpolsters, dieses Cha-rakteristikums der Lepidophyten, zusammenfassend zu überblicken. Es ist höchst auffaUig, wie diese eigenartige Rindenbildung das Auf und Nieder dernbsp;ganzen Lepidophytenordnung wiederspiegelt. Erwahnt sei nur, daB zur Blüte-zeit der Lepidophyten im Karbon auch die ganz aufs Karbon beschranktenbsp;Gattung Lepidodendron mit ihren besonders stark entwickelten Blattpolsternnbsp;herrschte, daB im Rotliegenden kurz vor dem Erlöschen der Lepidophyten auchnbsp;die Blattpolster der letzten Lepidophytengattung; [Sigillaria) mehr und mehrnbsp;schwanden. Es liegt nahe, nach einem inneren Zusammenhange für diese Paral-
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Sigülaria.
Iele zu suchen. Gelegentlich hat man schoii diese Rückbüdung der Blattpolster als eine Senilitatserscheinung aufgefaBt, als ein Anzeichen der erlöschendennbsp;Lebenskraft der Lepidophyten, die dann auch bald zum völligen Aussterbennbsp;der ganzen Ordnung geführt babe. Oder man hat angenommen, die Lepido-pliyten bzw. Lepidospermen seien gar nicht ausgestorben, sie hatten nur ihrenbsp;Rindenstruktur eingebüBt und lebten weiter als ^ Koniferen. Nun — wienbsp;wir spater (S. 361 und 375) erörtern wollen — beide Annahmen scheinen mirnbsp;recht unwahrscheinlich.
Ich sehe vielmehr sowohl im Aussterben der Lepidophyten wie im „Er-loschenquot; der Rindenstruktur eine Folge der klimatischen Anderungen, bzw. eine Folge der Hand in Hand mit amp;r Klimaanderung gefahrlieher werden-den Konkurrenz der Gymnospennen. Erinnern wir uns, daB sich gleichzeitig
mit dem Erliegen der Lepidophyten und mit dem „Erlöschen“ der Rindenstruktur die Niederschlagsverhaltnisse in den von Lepidophyten bewohnten Gebieten erheblich geandert haben. Die Lepidodendren sind ja geradezunbsp;leitend für die in einem niederschlagsreichen Klima gebildete Karbonfloranbsp;von europaisch-nordamerikanischem Typus. In der GZossopZms-Flora dagegennbsp;(S. 353) auf der siidlichen Halbkugel, die in einem niederschlagsarmeren Klimanbsp;gewachsen ist, fehlen Lepidophyten fast völlig. Ebenso klingt die Rindenstruktur der Lepidophyten sowie die Ordnung der Lepidophyten selbst aus,nbsp;als sich auch im Bereich der nordeuropaisch-amerikanischen Fazies, vor allemnbsp;im Rotliegenden, die Niederschlage verringerten, was sich ja u. a. im Auf-hören der Kohlenproduktion zeigte. Kurz, die Lepidhphyten sind Gewachsenbsp;eines niederschlagsreichen Klimas, ihrem Gedeihen setzte das Ende diesernbsp;Khmaperiode innerhalb ihres Wohnbereichs ein Ende. DaB diejenigen Formen,
Zimmermann, Die Phylogenie der Pfianzen. 10
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3. Abt.: Lyeopsida.
welche, wie die Sigillarien mit ihrem machtigeren Holzkörper (s. Abb. 70 und 71), ihrer geringeren Blattpolsterbildung usw. relativ am wenigsten dem Meder-schlagsklima angepabt waren, entsprechend etwas langer aushielten, ist selbst-verstandlicb.
Stammanatomie (Abb. 70, 71). Wir erwahnten schon die groBe Ahn-lichkeit mit Lepidodendron (S. 137). In der Stele sind allerdings (namentlicb bei den jüngeren Sigillarien) bemerkenswerte Unterschiede. So gibt es keine Sigillarien mit Protostelen oder gemischtem Mark. Als primitivsten Typ kennennbsp;wir Eusigillarien aus dem mittl. Ob.-Karbon, z. B. Sig. elegans Sternb., mitnbsp;einer typiscben Siphonostele wie bei den höchstentwickelten Lepidodendren.nbsp;Bei den jüngeren Forraen (z. B. bei Subsigillarien aus dem Éotliegenden,
wie bei Sigillaria Menardi Brongn.) dagegen gibt es be-reits echte Eustelen. üeber-dies ist hier bei den jüngerennbsp;Formen auch das Sekundar-holz sehr stark entwickelt.
Überhaupt ist bei Sigil-laria der Anteil des Holzes im Stammquerschnitt gröBernbsp;als bei Lepidodendfqn, undnbsp;die Holzelemente sind mehrnbsp;peripherwarts verlagert. Wii’nbsp;dürfen — wie schon erwahntnbsp;— in diesen 3 Punkten:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Eückbildung des zen-tralen Holzes,
2. nbsp;nbsp;nbsp;Verstarkte Ausbildungnbsp;des peripheren Holzes,
3. nbsp;nbsp;nbsp;Allgemeine Massenzu-nahme des Holzes,
eine Art Kompensation für die Rückbildung der Eindenbsp;bei den jüngeren Sigillariennbsp;sehen — eine Kompensation,nbsp;welche unsere Auffassung vonnbsp;der Bedeutung der Einde zurnbsp;Festigung des Stammes undnbsp;für den Wasserhaushalt (vgl.nbsp;oben S. 134) unterstützt. Be-merkenswertistferner,daB dienbsp;weitgehende Rückbildung dernbsp;Rindenskulptur und des zentripetal gerichteten Primarholzes, sowie die Massenbsp;des zentrifugal gerichteten Selmndarholzes gerade bei den jüngsten Sigillariennbsp;eine groBe Annaherung an die Stammanatomie der heutigen Koniferen bedeutet.
Von denBlatterii der Sigillarien (Abb. 66c) ist noch erwahnenswert, daB sie — abgesehen von ihrer GröBe (bis 1 m lang und über 1 cm breit) — allenbsp;oder doch fast alle in ihrem einzigen Leitbündel 2 Xylemstrange bzw.nbsp;2 Protoxylemgruppen zeigen. Vielleicht dürfen wir das als Rudiment einernbsp;ehemaligen Gabelstruktur auffassen.
2. Unterirdische Organe.
Stigmaria Brongn.
l)ie Rhizome (Abb. 59, 68, 72 u. 73) sind sich bei allen Lepidophyten so ahn-lich, daB man sie auch heute noch selten einer bestimmten Gattung oder Art
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Stigmaria.
zuordnen kann. Da man anfangs überhaupt über ihre systematische und mor-phologische Zugehörigkeit unsicher war, gingen (und gehen) diese überaus haufigen Fossüien unter einem eigenen Gattungsnamen: „Stigmaria'''. Einenbsp;typische — mit positivem Geotropismus begabte — Hauptwurzel fehlte effenbar den erwachsenen Lepidophyten (über das Verhalten der Keimlinge kennennbsp;wir nichts Sicheresnbsp;sagen). Die Veran-kerung der greBennbsp;Lepidedendren-baume im Bedennbsp;besergten darumnbsp;flach hinstreichen-de^) Rhizeme, ebennbsp;die Stigmarien. Sienbsp;waren gabelig ver-zweigt, und zwarnbsp;saBen die beidennbsp;ersten Gabelaste sonbsp;dicht beieinander,nbsp;daB scheinbar vennbsp;der Stammbasis 4nbsp;übers Kreuz gestell-te und ziemlichnbsp;bald wieder ge-gabelte Stigmarien-aste ausgingen. Der Gabelbau,nbsp;den wir an der Verzweigung dernbsp;oberirdischen Teile bemerkten,nbsp;herrschte also auch unter dernbsp;Erde. Nur bei einigen jüngerennbsp;Rhizomen, die wohl zu dennbsp;Sigillarien gehören und die alsnbsp;Stigmariofsis Grd.’ Eury unter-schieden wurden, kommt auchnbsp;die monopodiale Verzweigungnbsp;etwas haufiger ver.
Abb. 72. Das langsgetroffene Würzeichen bat, wie ein Keil, den Stamm auseinandergetrieben. Vergr. 6mal.
Abb. 73. Würzelchen quer, in einen Markstrahl ein-gedrungen; das Holz ist nach rechts und links, die Hinde nach oben beiseite gedrangt. Vergr. Smal.nbsp;Original. Schliffsamml. Bot. Inst. Tüb. 516.
An diesen Stigmarien saBen nun spiralig gestelltenbsp;Würzelchen. Auch sie hattennbsp;früher einen selbstandigennbsp;Namen: „Appendicesquot;. Diesenbsp;gehören zu den haufigstennbsp;Fossilien in den karbonischennbsp;„Torfdolomiten“ (coal-balls), je-ner reichen Fundgrube struk-turbietender Fossilien. Dienbsp;,,Würzelchenquot; durchfurchtennbsp;namlich saprophytisch (viel-leicht auch parasitisch) dienbsp;Pflanzenreste, welche die Stein-
1) Die flache Bewurzelung der Lepidophyten spielt bei der Beurteilnng der Standorts-ökologie eine EoUe (vgl. Florengeschichte, Karbon S. 363 ff.). Bin Abgangswinkel vonöOquot; schrag abwarts ist für die Ansatzstellen der Stigmarien seJten. Nur Sligmariopsis (s. oben)nbsp;drang offenbar etwas steiler in den Boden ein.
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3. Abt.: Lycopsida.
kohlenlager bildeten. Wir finden sie so in unseren Scbliffen, sich zwischen Stamm-, Blatt- usw. -Resten durchwindend, oder in den Pflanzenorganennbsp;selbst, WO sie groBe Verwüstungen durch Zersprengen des Holzes usw. (vgl.nbsp;Abb. 72, 73 und 104) anrichteten.
Anatomie. Einige Stigmarien besitzen fast den gleicben Stelenbau wie oberirdische Lepidophytenstamme: eine Siphonostele mit zentripetal aus-gebildetem Primarholz. Bei der bestbekanntenForm: Stigmaria ficoides Brongn.nbsp;gibt es jedoch überhaupt kein zentripetales Holz mehr, sondern wie bei re-
zenten Baumen — wir können wiedernbsp;auf das Koniferen-holz verweisen —nbsp;wird lediglich zen-trifugales Holz, Se-kundarholz, vomnbsp;Protoxylem aus ge-bUdet. ,
Von. den Pro-toxylemstrangen der Stigmarien ausnbsp;nahm der primarenbsp;Holzteil je einesnbsp;Würzelchens seinennbsp;Ursprung. Diesernbsp;durchsetzte dannnbsp;das Sekundarholznbsp;der Stigmaria undnbsp;erhielt dabei selbstnbsp;etwas Sekundarholznbsp;angelagert. Dadurchnbsp;kommt die eigen-tümUche, „monar-che“ Struktur desnbsp;Holzteils der Wür-zelchen zustandenbsp;(vgl. Abb. 73),nbsp;d. h. die ungefahrnbsp;Seckige Gestalt mitnbsp;dem Protoxylem innbsp;einer Ecke. Auffal-Hg ist die groBe Ge-webslücke im Inne-ren der alteren auf-geblahten Würzel-chen.
Man bat gelegentlioh eifrig darüber diskutiert, ob die Stigmarien und ihre Würzelchen ,,eigentlich“ Wurzeln oder irgend etwas anderes seien (vgl. zu diesernbsp;Frage: Hirmer S. 289, Scott S. 226 und die dort zitierte Literatur). Eine glattenbsp;Antwort ist nicht möglich. Denp wieder müssen wir betonen, daB die Begriffe:nbsp;„Wurzelnquot;, „Rhizome“ usw., die wir für die höheren Pflanzen gepragt haben, ihrennbsp;morphologisohen Sinn verlieren, wenn wir nur tief genug im phylogenetischennbsp;System hinabsteigen. Mir scheint, das trifft schon für die Stigmarien zu. GewiB,nbsp;die Stigmarien und ihre Würzelchen zeigen manche gemeinsamen Merkmale mitnbsp;den Wurzeln heutiger GefaBpflanzen, z. B. die Blattlosigkeit sowie ihre Funktion
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Lepidopliyta, Fortpflanzung (Lepidostrobus).
der Verankerung und. quot;WasseraufiiajliiiiG. Sic akneln inskesondere stark den Isoëtes-Wurzeln (vgl. z. B. Stokey, Taf. XIX, Fig. 8). In anderen Merkmakn unter-sckeiden sich aber die Stigmarien sowie ibre Würzelchen, so durch ihre mehr exogene Entstehung, vielleicht auch durch das Fehlen der Wurzelhaube und innbsp;ihrer Stelenanatomie (vor allem bei den eigentlichen Stigmarien selbst). Wirnbsp;können also höchstens fragen: Stellen die Stigmarien etwa ein phylogenetisohesnbsp;Ürstadiuin der Wurzeln dar, oder welche phylogenetisohen Beziehungen könnennbsp;wir sonst erkennen ? Gerade die Stelenanatomie sprioht entschieden dagegen,nbsp;daB die Stigmarien samt ihren Würzelchen als Vorlaufer typischer Wurzeln be-trachtet werden können; dafür sind sie viel zu selbstandig differenziert. Höchstensnbsp;etwas atypische Wurzeln, wie die von Isoètes könnten an die Stigmarien an-schlieBen (vgl. z. B. unten S. 155).
Die heutigen Wurzeln mit ihrer Aktinostele gehen wohl ziemlich sicher un-mittelbar auf einen Protostelentyp zurück (vgl. Abb. 27). Die Annahme, daB sich bei der Wurzelphylogenienbsp;ein Stadium der Siphonostelenbsp;oder der monarchen Stele,nbsp;also wie bei den Stigmarien,nbsp;zwischengeschaltet habe, istnbsp;völlig aus der Luft gegriffen.
— In. der Diskussion spielt auch der anatomische An-schluB der Stigmarien annbsp;ihre Würzelchen eine ziem-liche Bolle. Wahrend heutenbsp;die Seitenwurzeln ent-sprechend ihrer ,,endogenenquot;
Abb. 76. Lepidostrobus Brownii Schimper. O.-Karbon. Blütenzapfen: a) Oberflachenansicht.
b) lm Langsbruch.
S. Abb. 76. “/lo nat. GröBe.
(Nach Zeiller, 1914.)
Entstehung die Einde ihrer Hauptwurzeln (und übrigensnbsp;auch der Ehizome!) durch-brechen und eine eigene,nbsp;nicht kontinuierlich in dienbsp;Hinde der Hauptwurzel über-gehende Einde besitzen, istnbsp;das bei den Stigmarien anders. Hier gehen alle Gewebs-partien, und so auch dienbsp;Einde, kontinuierlich inein-ander über, genau so wienbsp;bei der Gabelung zweier
Organe. Dies charakterisiert den Verband zwischen Stigmarien und Würzelchen als eine abgeleitete Gabelung mit einem dominierenden Hauptast. Die Bezeichnungnbsp;,,Würzelchenquot; die wir verwenden, ist also hier nicht im typischen sondern nurnbsp;im übertragenen ,,analogen“ Sinne zu verstehen.
3. Fortpflanzungsorgane.
Typus: die Blüte von Lepidodendron = Lepidostrobus (Abb. 74).
Die Fortpflanzungsorgane der Lepidophyten batten in der Regel eine gewisse Ahnbchkeit mit weiblichen Blütenzapfen der Koniferen. Dieser Vergleich charakterisiert auch einigermaBen ihre GröBe, allerdings hat man bei dennbsp;Lepidophyteii schon % m lange Zapfen gefunden. Die Zapfen standen ent-weder terminal an Laubsprossen — so bei Lepidodendron (vgl. auch Abb. 60)nbsp;oder sie brachen seitlich aus alteren Asten, ja Stammen, hervor, so bei Lepi-d.ophhios, Sigillaria (Abb. 68) und wohl der Mehrzahl der übrigen Lepidophyten.
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3. Abt.: Lycopsida.
Die Übereinstimmung zwischen Lepidophyten- und Koniferenzapfen be-ruht zunachst auf der Stellung der „Sporophyllequot;, d. h. der sporangien-tragenden Blatter, die dicht-getongt um die Zapfenachse herum in schraubiger Anord-nung sitzen. Ausnabmen kommen allerdings vor; so findennbsp;wir gelegentlich auch Quirl-
Abb. '?6. Lepidostrohus Broumii Schimp. Querschliffe (s. Abb. 75).
a) nbsp;nbsp;nbsp;Gesamtansicht. In dei Peripherie der Kranz der aufgebogenen Sporophyllblatter.nbsp;Darm die Sporophylle, abwechselnd durch die Sporangien (punktiert) und die Sporophyll-achse (schraffiert) getroffen. Schema ungef. nat. Gr.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Ausschnitt, 4 Sporophylle getroffen. Vergr. 4mal. (Schhffsamml. Pflanzensyst. Inst. Berl. 341.)nbsp;Da sich die einzelnen Sporophylle mit ihrer Spitze etwas abwarts senken (vgl. Abb. 76), er-
scheinen die Sporangien vor allem an ihrem apikalen Teile angewachsen. (Original. Für a unter Benutzung einer Phot, von Zeiller, 1914).
Abb. 77. Lepidostrohus Veltheimianus Sternbg. U.-Karbon Schottland.
a Makrosporen mit Domen an der Sporenmembran zum Festhalten der Mikrosporen, bei X öffnungen der Bxine. A = Zapfenachse. D = Ansatzstelle des Makrosporophylls.nbsp;Vergr. 25mal.
b Mikrosporen in Tetraden.
IV = die Sporangienmembran (verschiedene Dickel). Vergr. 60mal.
(Original, Schliffsamml. Pflanzensyst. Inst. Berlin 456 und 669.)
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Lepidophyta, Fortpflanzmig.
stellung. Perner ist besonders interessant, daB in einzelnen Fallen die effenbar eineni primitiveren Stadium entsprechen — die SporophyUe nochnbsp;nicht zu einem eigentlichen Blütenzapfen vereinigt waren, sondern, mit sterdennbsp;Slattern untermischt, an normalen Zwelgen standen. Wir wollen uns erinnern,nbsp;daB in dieser Beziehung auch noch die heutigen Lycopodien zwei Typen auf-weisen; bei Lycof odium Selago beispielsweise unterscheiden sich die sporangien-tragenden Blatter von den sterilen nicht prinzipiell in Stellung und Form;nbsp;bei Lycopodium clavatum dagegen herrscht eine viel ausgesprochenere Arbeits-teilung, die SporophyUe sind zu einem typischen Blütenzapfen vereinigt.
Den Bau des einzelnen Spo-rophylls erlautert Abb. 74. Die Sporangien sitzen — wie bei aliennbsp;Lycopsida — im Prinzip blattachsel-standig, d. h. auf der Sporophyllober-seite in der Nahe der Blattbasis.nbsp;Unmittelbar davor — also der Blatt-spitze genahert — finden wir wiedernbsp;die Ligula. Die Blattspitze selbst istnbsp;aufwarts gebogen. Sie ist so lang, daBnbsp;sie sowohl das eigene wie auch einzelnenbsp;höher sitzende Sporangien vor dernbsp;AuBenwelt birgt. gt;Die Lepidophyten-
blute stellt also bereits ihrer auBeren Morphologie nach einen erheblichen Fortschritt gegenüber den Ehyniaceen dar; besondere Blattgebilde, ebennbsp;die SporophyUe schützen die Entwicklung und Beifung der Sporen gegennbsp;Unbilden der Umwelt. Die auBerst schwierige Frage, wie diese Verkettungnbsp;von Sporophyllen und Sporangien im einzelnen phylogenetisch zustande ge-kommen sein mag, haben wir schon S. 63 erortert. Dort wurde auch bereitsnbsp;erwahnt, daB einige Lepidophyten (,,Canthe]iophoiiden“) einen dem SporophyUnbsp;und Sporangium gemeinsamen Stiel („Sporangiophor“) haben (vgl. Bassler).
Auch einen 2. Fortschritt, der sich innerhalb der Lepidophyten abgespielt hat, haben wir oben (S. 89) erwahnt. Wohl kennen wir vielleicht noch iso-
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3. Abt.; Lycopsida.
spore Lepidophyten, mit durchweg kleinen (0,02—0,03 mni) Sporen wie bei den Rhyniaceen und den rezenten Lycopodien: z. Ti. Lepidostrohus oldhamiumnbsp;aus dem Ob.-Karbon. Aber die Mehrzahl der Lepidodendren und wohl allenbsp;Sigillarien waren heterospor. Makro- und Mikrosporen (vgl. Abb. 74 und 77)nbsp;linden sich zwar immer in verschiedenen Sporangien, aber oft in derselbennbsp;Blüte vereint. Genau so liegt der Faü noch bei den rezenten Isoëten undnbsp;Selaginellen. DaB auch die Entwicklung der Sporen wie bei diesen heutigennbsp;Lycopsiden vor sich ging, zeigen sowohl die Tetradenanordnung der Mikrosporen wie vereinzelte, gekeimte Makrosporen mit ihrem Prothalliumnbsp;sarat Archegonien. Wir werden daher die Entwicklung der Sporen bei
den rezenten Formen be-schreiben (S. 1551.).
Als 3. Fortpllan-zungstyp der Lepidophyten können wir die
Lepidospermae
anschlieBen, d. h. die samentragenden Lycopsida. Wir kennen zweinbsp;Vertreter dieser eigentüm-lichen Pflanzengruppe:nbsp;Lepidocarpon, vermutlichnbsp;ein Baum, undnbsp;Miadesmia, ein Krant.
Lepidocarpon. Seine vegetativen Teile kennennbsp;wir zwar noch nicht genau;nbsp;doch sprechen alle Um-stande dafür, daB es einenbsp;Lepidodendron-a,Tt\ge'Pi\a,n-ze war. Bekannt sind bis-her lediglich die weiblichennbsp;Blütenzaplen. Ihre allge-meine Morphologic (vgl.nbsp;Abb. 78) stimmt mit dernbsp;von Lepidostrobus über-ein. Wie bei den sporen-tragenden Lepidophytennbsp;saBen die Sporangiennbsp;blattachselstandig. Abernbsp;das Sporangium selbstnbsp;ist zum Samen geworden,nbsp;d. h.:
1. nbsp;nbsp;nbsp;das einzelne Sporangium ist von einer besonderen HüUe, dem_„lndu-sium“ umschlossen, das nur am apikalen Ende eine kleine schlitzartige Ölfnung,nbsp;eine „Mikropyle“, für die Befruchtung offen lieB, und das zu einer Samen-schale wurde.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Die einzige im Sporangium lertig ausgebildete und reservestollbeladenenbsp;Spore entwickelt sich innerhalb des Sporangiums auf der Mutterpllanze vielnbsp;weiter als bei den bisher beschriebenen Sporenpflanzen. Die Keimung zu einemnbsp;zellularen Prothallium (wohl mit Archegonien) und wahrscheinlich auch dienbsp;Belruchtung spielt sich auf der Mutterpllanze ab.
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Man kann allerdings nicht genau sagen, wie weit diese Makrosporen-entwicklung auf der Mutterpflanze ging- Zur Ausbildung eines weitentwickelten Embryos im Samen, so wie bei den meisten heutigen Phanerogamen, kam esnbsp;effenbar bei Lepidocarpon nicht. Man hat mmdestens noch keinen Samen mitnbsp;entwickeltem Embryo gefunden. Abweichend von den ursprünglich gebautennbsp;Makrosporangien der Phanerogamen fehlte bei Lepidocarpon auch die Pollen-kammer; die Mikrosporen keimten also wohl auBerhalb des Sporangiums,nbsp;vielleieht in der „Mikropyle“ (Abb. 79 u. 80).
Die Samenbildung mit ihrer Reduktion der Sporenzahl auf einenbsp;einzige brachte hier den Vorteil,nbsp;daC die Spore bzw. die jungenbsp;Pflanze besser ernahrt und durchnbsp;besondere Hullen des Sporangiumsnbsp;samt Anhangseln besser gegen dienbsp;Ümwelt geschützt werden konnte.
Miadesmia. Diese zweite Lepidosperme hatte krautigen Habitus wie die heutigen Selaginellen.
Am „Indusium“ (der Sporangien-hülle) saBen zahlreiche Haare und Schuppen (Abb. 81); in ihnen ver-fingen sich vermutlich die Mikrosporen und keimten dort in dernbsp;Nahe der Mikropyle.
Wenn so diese Lepidospermen in ihrem Befruchtungstyp starkenbsp;Anklange an die heutigen Phanerogamen zeigten, seien doch auch dienbsp;Unterschiede nicht vergessen. Vornbsp;allem war die Fortpflanzungnbsp;samtlicher Lepidophyten, janbsp;aller Lycopsida überhaupt,nbsp;in hohem Grade an flüssigesnbsp;Wasser gebunden, da ja Spermato-zoen nur im flüssigen Medium zurnbsp;Makrospore hinschwimmen können.
Gewis, der zurückzulegende Weg war, z. B. bei den heterosporennbsp;Formen und den Lepidospermen,nbsp;vielfach dadurch verkürzt, daSnbsp;sich die Mikrosporen in Anhangselnnbsp;der Makrosporen (vgl. Abb. 77 a)
verfangen konnten. Ein solches Schwimmen der Spermatozoen setzt aber ent-weder einen feuchten Standort mit Tümpeln und Pfützen oder doch ein recht niederschlagsreiches Klima voraus. Weder die Pollenkammer der Gymno-spermen noch der lange Pollenschlauch der Angiospermen, der die mannlichennbsp;Sexualzellen auch ohne AuBenwasser an die Eizelle gelangen laBt, war ja beinbsp;den Lepidophyten „erfunden“! Auch nach den Fortpflanzungseinrichtungen istnbsp;es drum kein Zufall, daB die baumförmigen Lepidophyten mit dem Einsetzennbsp;eines trockeneren Klimas im Ausgang des Palaozoikuras aus den europaisch-nordamerikanischen Gebieten verschwanden, und daB heute aus dem ganzennbsp;Stamm der Lycopsida nur noch niedrige Kranter übrig bheben, die entwedernbsp;(Twcopodien und Selaginellen) fenchte, niederschlagsreichc Standorte, ins-
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3. Abt.; Lycopsida.
besondere den tropischen Regenwald, bevor-zugen, oder sogar (wie die meisten Isoëtes-Arten) wieder echte Wasserpflanzen geworden sind.
Neben diesen hier geschilderten Ver-tretern der langer bekannten Gattungen gibt es auch Lepidophyten, die sich schwer innbsp;diese Gattungen einpressen lassen (vgl. z. B.
Abb. 82. Isoëies lacnstris.
a) nbsp;nbsp;nbsp;Habitus nat. Gr.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Basis eines Sporophylls von oben gesehen: eingesenktes Sporangium und darüber die etwanbsp;dreieckige Ligula.
c) nbsp;nbsp;nbsp;dasselbe wie b) im Langsschnitt Sporophyll).
(Aus Lotsy 1909, Fig. 377, S. 560.)
Abb. 83. Iveimung d. Mikrosporen von Isoëtes.
1—5 Isoëtes setacea (n. d. Leben).
6, 7 I. echinospora var. Braunii, Gefarbte Schnittpraparate. 8 Spermatozoon v. /. Malimemiana.
(Aus Lotsy 1909, Fig. .382, S. 567.)
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Isoëtes.
Seward S. 280 und Gothan 1. c.). So interessant solche Forrnen vielleicht einmal als Zwischengruppen werden können wir müssen uns bei der bpar-lichkeit der Funde mit Andeutungen begnügen.
Die übrigen Lycopsida (3.-6. Ordnung).
Wir können sie ziemlich kurz behandeln, da wir die für die Phylogenie wiclitigsten Punkte bereits bei den Lepidophyten und in der allgemeinen Ueber-sicht erwahnt liaben. (Vgl. oben S. 118 und 141). Wir bringen daher nur er-ganzende Daten.
Isoëtaceae. Erstaunlicherweise haben gerade die kleinen Wasserpflanzen der Gattung/soëies, die wir bis in die Kreide zurückverfolgen können, sovielnbsp;Merkmale der Lepidophyten über-liefert, daB man schon Isoëtes alsnbsp;direkten Nachfahr dieser palao-zoischen Baume angesehen hat.
Vegetativer Bau.
Abweichend ist natürlich der auBere Habitus. Der Stamm istnbsp;auBerst kurz, so daB ihm die schlan-ken Blatter in einem dichten Schopfnbsp;ansitzen (Abb. 82). Abweichend sindnbsp;auch manche anatomischen Einzel-heiten, das lockere Parenchymgewebenbsp;mit groBen InterzeUularen, sowie die
relativ geringe Entwicklung des Holzteils. Doch das sind offenbar Anpassungen an den Standort von Isoëtes. Um so eigentümlicher sind dagegen die Über-einstimmungen mit den Lepidophyten. Wir linden ausgerechnet bei diesernbsp;Wasserpflanze allein unter den heutigen Lycopsida sekundares Dickenwachstuin,nbsp;ja die Landart: Isoëtes hystrix Dur. hat sogar noch zentripetales Holz!nbsp;A.uch die 7soëies-„Wurzeln“ mit ihrer gabeligen Verzweigung erinnern sehr annbsp;die Stigmarien (vgl. oben, S. 149).
Fortpflanzung. Isoëtes ist gleichfalls heterospor wie die meisten Lepidophyten. Die Sporangien stehen blattachselstandig, jedoch an normal ge-
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3. Abt.; Lycopsida.
stalteten Laubblattern und in einer Grube (Fovea) eingesenkt (Abb. 82). Ober-halb der Fovea linden wir wieder die Ligula^). Da wir bei Isoëtes natürlich Auf-bau und Entwicklung des Sporeninhalts besser verfolgen können als bei den fossilen Formen, sei die Beschreibung davon hier nachgeholt. Die Mikrosporennbsp;bilden sich ini wesentlichen zu einem Spermatozoenbehalter um (Abb. 83).nbsp;AuBen bildet sich (abgesehen von einer kleinen uhrglasförmigen Zelle) eine ein-schichtige Wand und im Innern vier polyciliate Spermatozoen ^).
In den reservestoffreichen Makrosporen (Abb. 84) ist das Prothallium starker entwickelt. Es ist ein zellulares Gewebe, das oben, d. h. dort, wo dienbsp;Sporenmembran platzt, ein(selten mehrere) Archegonien entwickelt. Die Sperma-tozoen schwimmen ini Wasser bis zum Archegonienhals und befruchten dienbsp;Eizelle, die dann zur neuen Pllanze wird. Wahrend dieser Embryonalentwick-lung wird bemerkenswerterweise sehr bald das Wachstum mit einer einzigennbsp;Scheitelzelle aufgegeben, der Vegetationspunkt der Achsenorgane zeigt spaternbsp;durchweg zahlreiche Initialzellen (weitere Einzelheiten siehe Lotsy, Goebel).
Selagiuellaceae. Auch hier linden wir manche ursprünglichen Züge. Z. B. erinnert manchmal eine ziemlich typische Protostele an primitive Lepi-dophyten. Interessant sind lerner die Anklange an eine mesarche Struktur,nbsp;namentlich der Blattspurstrange (vgl. oben S. 78 und Gibson), welchenbsp;einige heutige Selaginellen, ahnlich wie manche Lycopodien (Sinnott), zeigen.
Die heterospore Fortpflanzung von Selaginella (Abb. 85, 86) stimmt so weitgehend mit Isoëtes und wohl auch den Lepidophyten überein, daB wir alsnbsp;Abweichungen nur die biziliaten Spermatozoon und die Mehrzahl der Archegonien in einer Makrospore erw^ahnen wollen. Wie bei den meisten Lepidophyten sind last durchweg besondere Sporophylle ausgebildet, die in einernbsp;Blütenahre zusammensitzen. Anordnung und Bau zeigt Abb. 85. Als Ganzes
1) nbsp;nbsp;nbsp;Ihre Funktion verdiente einmal eine eingehendere Untersuchimg. Für Wasserab-sorption kommt sie natürlich nicht mehr in Frage. Sie wird als schleimabsondemdes Organnbsp;bezeichnet.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Die Hoinologisierung der einzelnen sterilen Zeilen mit Zeilen des Prothalliunis odernbsp;der Antheridiumwandung bei isosporen Pteridophyten ist umstritten. Eine eindeutigenbsp;Bntscheidung dürfte heute nicht möglich sein (vgl. Goebel 1918, S. 926ff., Campbellnbsp;1918, S. 538 ff. und Lotsy 1909, S. 565).
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Selaginella, Lycopodium.
betrachtet ist die phylogenetische Verwandtschait der Lepidophyten, Isoëta-ceen und Selaginellaceen unverkennbar.
Eine oberkarbonische Gattung Selaginellites ist allzu schlecht bekannt, als daB wir sie bier behandeln können.
Lycopodiaeeae. Unter den heutigen Lycopsiden stehen die Lycopodia-ceen mit den beiden Gattungen Lycopodium (Abb. 87) und PJiylloglossum am isobertesten. In drei wichtigen Merkmalen weichen sie ab:
Abb. 87. Fertile,
Lycopodium Selago L. Rezent. dichotom verzweigte Sprosse.
An den Zwelgenden in Blattachseln die Spor-angien und Brutknospen.
(Aus Bower 1908 Titelbild.)
1. nbsp;nbsp;nbsp;Sie sind ausgesprochen isospor. Aus der Spore entsteht ein —nbsp;unterirdisch in Püzsymbiose lebendes — Knollenprothallium, das sowohlnbsp;Antheridien wie Archegonien entwickelt (Abb. 88).
2. nbsp;nbsp;nbsp;Die Ligula fehlt.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Der Holzkörper zeigt, nanientlich in der Gattnng Lycopodium, einenbsp;oft sehr komplizierte Plektostele (vgl. Abb. 89), die zwar an Asteroxylonnbsp;anklingt, von den fossilen Lepidophyten aber kaum bekannt ist. (Einzel-heiten vgl. F. J. Meyer 1926, Wardlaw 1925).
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3. Abt.: Lycopsida.
GewiB rtiacheii manche andere Merkmale von Lycopodium, wie die Nadel-form der spiralig stehenden Blatter, der Spaltöffnungsbau, die Stellung der Sporangien in Blattachseln, die Zugehörigkeit der Lycopodien zu dem groBennbsp;Stamm der Lycopsida wahrscheinlich. Aber wir mussen die gemeinsame TJr-form sicher in vorkarbonischer Zeit suchen.
Pleuromeiaceae. Auch die verwandtschaftlichen Beziehungen der einzigen Gattung Pleuromeia (Abb. 90) aus dem Ob.-Buntsandstein sind rechtnbsp;unklar. Der etwa 1 m hohe, unverzweigte Stamm trug schraubig gestelltenbsp;Blatter, bzw. nach ihrem Abfallen rautenförmige Blattnarben. Von der Stamni-basis gingen — genau wie bei Stigmarien — 4 übers Kreuz gestellte Rhizome aus; die Stammbasis und die Rhizome trugen Würzelchen. Der Stammnbsp;lief in einen Blütenzapfen aus. Soweit besteht alsonbsp;nbsp;nbsp;nbsp;^
Übereinstimmung mit den Lepidophyten.
Abweichend j edoch war der Bau der Fortpflanzungsorgane. Die Sporo-phylle trugen namlich die Sporangien nicht wie bei allen anderen Lycopsida auf ihrer Oberseite, sondern auf der Unterseite. Bei der sonstigen RegelmaBigkeitnbsp;der blattachselstandigen Stellung der Sporangien innerhalb des Lycopsiden-stammes ist das höchst auffallig. Genauere Einzelheiten sind an den meistnbsp;nur im Abdruck erhaltenen Fossilien schwer zu erkennen. Ffur die Makro-sporen kennt man mit groBer Wahrscheinlichkeit (Fitting 1907). — Zur Er-klarung der ahweichenden Morphologie von Pleuromeia fehlen uns — zumalnbsp;die mesozoischen Lycopsida überhaupt kaum bekannt sind — alle brauchbarennbsp;Voraussetzungen Wir mussen daher die phylogenetische Stellung dieser höchstnbsp;eigentümlichen Pflanze als ein ungelöstes Ratsel bezeichnen.
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Pleuromeia, Literatur der Lycopsida. Literatur: Lycopsida.
Bassler, H., A Sporangiophoric Lepidophyte fr. Carboniferous. Bot. Gaz., 1919, Vol. 68, p. 73. Bower, F. O., Size, a Neglected Factor in Stelar Morphology. Proc. R. Soc. Edinburgh 1920nbsp;to 1921, Vol. 41, p. 1.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;i ,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;•nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;,
Braun-Blanquet, J., und Jenny, H-, Vegetationsentwicklung und Bodenbildung in der alpinen Stufe der Zentralalpen. Denkschr. d. Schweiz. Naturf. Ges., 1926, Bd. 63, Abh. 2.nbsp;Campbell 1918, s. S. 81.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;t.
Fitting, H., Sporen im Buntsandstein — die Makiosporen von Pleuromeia? Ber. d. D. Bot.
Ges., 1907, Bd. 25, S. 434. nbsp;nbsp;nbsp;. , ,
Gager, C. S., General Botany usw. Philadelphia 1926.
Gibson, R. J. H., Contributions towards a Knowledge of the Anatomy of the Genus Selagi-nella. Ann. of Bot., 1894, Vol. 8, p. 133 und 1897, Vol. 11, p. 123.
Gothan, W., Über einige eigentümliche Pflanzenreste aus clem. Karbon von Flöha i. Sa., Ber.
Natw. Ges. Chemnitz, 1928, S. 1. nbsp;nbsp;nbsp;i •nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;ht. a
Hovelacque, M., Recherches sur Ie Lepidodendron selagmoides. Mém, Soc. Linn. Norm.,
1892 T 17
Jeffrey, Ê. c’.. The Anatomy of Woody Plants. Chicago 1917, Neudmck 1922.
— and Wetmore, R., On the Occurence of Parichnos in Certain Comters. Ann. of Bot., 1926, Vol. 40, p. 799.
Krausel und Weyland, 1929, s. S. 126.
Meyer F J , Die diaplektischen Leitbiindel der Lycopodien usw. Bot. .lahrb. f. Syst., 1926, Bd. 60, S. 317.
Potonié und Bertrand, s. S. 126.
Rudolph, K., 1922, s. S. 82. nbsp;nbsp;nbsp;^nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;„.or
Seward A. C., On a Collection of Carboniferous Plants etc., Quarterl. Journ. Geol. Sc. London 1921, Vol. 78, p. 278.
Sinnott, E. W., On Mesarch Structure in Lycopodium. Bot. Gaz. 1909, Vol. 48, p. 138. Solms-Laubach, H. Graf zu, Über die in den Kalksteinon des Kulm von Glatzisch-Falkenberg in Schlesien erhaltenen structurbietenden Pflanzenreste. Bot. Ztg., 1892,nbsp;Bd. 50, S. 49.
Stokey, A. G., The Anatomy of Isoetes. Bot. Gaz. 1909, Vol. 47, p. 311.
Sykes, M. G., Notes on the Morphology of the Sporangium-bearing Organs of the Lyco-podiaceae. New Phyt., 1908, Vol. 7, p. 41.
Uphof, J. C. Th., Contributions towards a Knowledge of the Anatomy of the Genus Sela-ginella. The Root. Ann. of Bot., 1920, Vol. 34, p. 493.
Wardlaw, C. W., Distribution of the Xyleni in the Vascular System of Psilotum, Tmesi-pteris and Lycopodium. Proc. R. Soc. Edinb. 1926, Vol. 63, p. 603.
Zeiller, R., Etude sur le Lepidostrobus Brownii. Mém. Ac. Sc., Paris 1914. Zimmermann, 1926/27, s. S. 126.
Die als Articulaten zusammengefaBten Pflanzen (Abb. 91) bilden eine aus-gesprochene Parallelgruppe zu den Lycopsiden. Schon in ihrer auBeren Gestalt zeigen sie durch die herrschende Kleinblattrigkeit eine gewisse Ahnlichkeit.nbsp;Unterscheidende Merkmale sind jedoch:
die „Gliederung“ der Sprosse bei den Articulaten infolge Quirl-stellung der Blatter und Sporangien und infolge langerer Internodien zwischen den vegetativen Quirlen,
ferner die Bergung der Sporangien durch anatrope Orientierung („peltate Sporophylle“, vgl. Abb. 106 und 110).
Eine besonders ausgepragte Parallele zwischen beiden Pteridophyten-abteilungen ergibt sich aber aus ihrem zeitlichen Auftreten. Auch die Articulaten besitzen einen Entfaltungshohepunkt im Karbon; seit dem Mittel-devon kennen wir kleinere Vertreter als Vorlaufer; vom Karbon bis zur Jetzt-zeit khngt die Abteilung aus. Ja, wir konnen die heutigen Articulaten vielleichtnbsp;mit noch gröBerem Recht als die Lycopsiden „lebende Fossihen“ nennen; dennnbsp;der einzigen heutigen und krautigen Gattung: Equisetum, steht eine groBenbsp;Formenfülle von Krautern und Baumen im Karbon gegenüber — die nachnbsp;dem Zeugnis der Kohlenflöze damals in ungeheuren Massen gediehen. Herrschendnbsp;waren hier im Karbon die beiden Ordnungen der Equisetales und der Spheno-
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4. Abt.: Articulata.
'phyllales. Abgeseheii voii den primitiveu devonisclicn Hyeniales, die wü' als Ausgangsgruppe betrachten können, zeigen jedoch auch die sparlichen Beste dernbsp;Pseudohorniales und der Cheirostrobales, daB der palaozoische Formenreichtumnbsp;sehr groB war, uns aber nnr anBerst lückenhaft, man möchte sagen „zutalligquot;,nbsp;überliefert ist^
| |||||||||||||||||||||||||
Rotliegendes |
Karbon
Ob. Devon
Abb. 91. Stammbaum der ArUcuUm. Original.
1. Ordn.: Hyeniales (s. 1.).
{= Protoarticulatae Krausel u. Weyland 1926 = Protoarticulatime Hirmer.)
Die beiden Gattungen: Calamophyton und Hyenia (vgl. Krausel und Weyland 1926) sind so ahnlich, daB wir sie gemeinsam besprechen. Wirnbsp;haben hier ein auBerordentlich interessantes Bindeglied zwischen Psilophytennbsp;und Articulaten. Infolge ihrer gabehgen SproBverzweigung hatten die Hy-
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Hyeniales.
cniales das Aussehen eines kleinen Strauches von wenigen Dezimetern Höhe, wenn auch ~ ahnlich wie bei Pseudosporochnus (Abb. 45) — die unteren Onbelaste oft so dicht beisammen standen, da6 eine Art Krone entstand (Abb. 92).nbsp;Gabelig waren auch die quirlstandigen schmalspreitigen Blatter. Dadurchnbsp;ergibt sich eine Übereinstimmung sowohl mit Pseudosporochnus (S. 111) 'wienbsp;niit den altesten Lepidodendraceen {Protolepidodendron, S. 130), wie mitnbsp;den altesten Pteropsiden (S. 186). Gabelig verzweigt waren ferner die dennbsp;Blattern durchaus homologen und aufierlich sehr ahnlichen Sporangien bzw.nbsp;Sporangiengruppen; nur zeigten sie schon die für die gesaniten Articulaten
charakteristische „anatrope“ Orientierung des Sporangiums, einwarts gegen die Basis des Stieles (Abb. 92 b). Der Schritt etwa von den Pseudosporochnaceennbsp;zu den Hyeniales ist somit nicht sehr groB. Abgesehen davon, daB wir beinbsp;den Hyeniales sich er zwischen Blattern und Sporangien unterscheiden können,nbsp;liegt der Gestaltwandel im wesentlichen in der „anatropen“ Orientierung dernbsp;Sporangien und der vorherrschenden Quirlstellung von Blattern und Sporangien.nbsp;Gegenüber den Rhyniaceen können wir hervorheben, daB die oberirdischennbsp;Hyeniales-Triehe deutlich in die 3 Hauptorgane der oberirdischen SproBenbsp;differenziert sind:
Zimmermann , Die Phylogenie der Pflanzeti.
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4. Abt.: Articulata.
1. nbsp;nbsp;nbsp;in die lang fortwachsende und niit Dickenwachstum begabte Haupt-achse,
2. nbsp;nbsp;nbsp;in die wegen ihres bald nachlassenden Wachstums seitlicli gestellten,nbsp;schwach flachig ausgebildeten Blatter und
3. nbsp;nbsp;nbsp;in die morphologiscb ahnlich gestalteten und gestellten Sporangiennbsp;bzw. Sporangiengruppen. Uie Sporangiengruppen waren meist terminal innbsp;eine Ahre zusammengefaBt.
Die Quirlstellung dürfte phylogenetisch aus der Spiralstellung durch Zu-sammenrücken der Blatter in eine Höhe entstanden sein. Es ist für eine solcbe Auffassung wichtig, daB gerade bei diesen niitteldevonischen Articulaten, ins-
besondere bei Calamophyton, die Quirlstellung noch nichtnbsp;ganz gefestigt war; nament-lich an der Stammbasisnbsp;herrschte noch zerstreutenbsp;Blattstellung (vgl. Biogene-tisches Grundgesetz S. 383).
Die innere Anatomie ist kaum bekannt. lm Holzteilnbsp;scheint bereits ein Marknbsp;ausgebildet.
Pseudoborniales.
Wir kennen nur eine einzige Art: Pseudobornianbsp;TJrsina (Nathorst 1902) vonnbsp;der Bareninsel. Leider istnbsp;sie wegen ihrer schleohtennbsp;Erhaltung (Fortpflanzungs-organe^) sind kaum, die innere Anatomie gar nicht bekannt) für stammesgeschicht-liche Betrachtungen wenignbsp;verwertbar. Bemerkenswer-terweise entstand bei Pseudobornia durch Verschmelzungnbsp;einer Anzahl von Endver-zweigungen bereits ein (innbsp;Absohnitte gabelig geteiltes)nbsp;ziemlich grofiflachiges Blattnbsp;(Abb. 93). Ferner scheinennbsp;nach den Angaben und Ab-bildungen von Nathorstnbsp;die Sporangien auch hier an Stelle von Phylloiden, d. h. deutlich homolognbsp;mit diesen, zu stehen.
Einzige Gattung Sphmophyllum. Diese vermutlich ziemlich zarten Ge-wachse besaBen einen auffallend dünnen Stamra. Wegen ihres zierlichen AVuchses und einer bemerkenswerten Heterophyllie (Abb. 94, bei manchen
1) Vgl. unten S. 176.
-ocr page 179-Sphenophyllen trugen die Hauptachsen fein zerteilte Blatter, die Seitenachsen dagegennbsp;flachige keilförmige Blatter) istnbsp;ihre Oekologie noch umstritten.nbsp;P o t o n i é hatte sie alsnbsp;Wasserpflanzen mit Schwimm-blattern (= die flachigen Blatter) und untergetauchten (= dienbsp;fein zerteilten) Blattern gedeutet.nbsp;Heute neigt man mehr dazu,nbsp;in Sphenophyllum eine Klinim-pflanze zu sehen, die sich zwi-schen den Baumen emporwandnbsp;(vgl. z. B. G o t h a n 1924,nbsp;S. 134 ff.)
Vorkommen: Vorlaufer im Oberdevon von Spitzbergen;nbsp;Hauptmasse im Karbon mitnbsp;Nachzüglern im Rotliegenden.nbsp;Einige kritische Formen in dennbsp;Gondwanalandern noch in dernbsp;Trias.
Vegetative Sprosse.
Blatter. Die Blattrosetten, bestehend aus einem Blattquirlnbsp;von 6 Blattern^), sind ein hau-figes Fossil unter den Pflanzen-abdrücken des Karbons. Beinbsp;alteren Formen, z. B. bei Sphenophyllum teneninium Ettingh. ausnbsp;dem Ü.-Karbon und unterennbsp;O.-Karbon, überwiegen noch dienbsp;fein gabelig-geteilten Blatter,nbsp;ganz nach dem Hyewfa-Typ.nbsp;Bei Jiingeren Formen, nament-lich aus dem O.-Karbon, kön-nen wir aber verfolgen, wienbsp;diese gegabelten Blatter ver-wachsen und daraus schliefilichnbsp;ein flachiges, keüförmiges Blattnbsp;mit Zahnchen an seinera vorderen Bande wird (Abb. 23).nbsp;Wie oben erwahnt, gibt es he-terophylle Sphenophyllum-Arten,nbsp;die noch beide Blattypen ver-einigen; man kann dabei oftnbsp;die ganze Übergangsreihe annbsp;ein- und demselben Individuumnbsp;verfolgen.
1) Oder einem anderen Viel-fachen von 3.
11*
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4. Abt.: Articulata.
Stamm. Seinen Aufbau erkennen wir am besten in den Querschliffen (Abb. 95). Entsprechend der Dreizahl in den Blattquirlen ist auch der Stamm-querschnitt ansgesprochen dreizahlig. Wir finden als Primarholz im Innerennbsp;eine Aktinostele mit dreieckigem Holzkörper und 3 Protoxylenigruppen innbsp;den Ecken. Die Hauptmasse des Zentrums bildet das Metaxyleni. Bei dickerennbsp;Stammen schlieBt sich aufien Sekundarholz an; wie bei den Lepidopliytennbsp;und rezenten Baumen (z. B. den Koniferen) wird es durch Kambium gebildet.nbsp;Und da — gleichfalls wie bei den Koniferen — nur einerlei Tracheiden vorhandennbsp;sind, ist die Reihenanordnung sehr wenig gestort.
vier zusammenstoBenden Tracheiden einschiebt (vgl. Abb. 95). Auch die Trache-iden sind dadurch in ihrem Bau kompliziert, daB die Tangentialwande glatt sind und nur die Radialwande die netzartige Wandverstarkung zeigen — einenbsp;Differenzierung, die uns bei den jüngeren GefaBpflanzen noch öfter begegnennbsp;wird.
Portpflanzungsorgane.
SpJienofliyllostachys (Abb. 96).
Wir gehen am besten von eineni Vergleich mit den Hyeniales aus. Als Hauptunterscliied gegen diese primitiven Articulaten finden wir bei Spheno-phyllum echte Sporophylle mit blattacliselstandigen Sporangien, d. h. dienbsp;Sphenophyllum-Biütenstande zeigen eine regelmaBige Verbindung der Sporangien- bzw. Sporangiengruppen vom Hyeniales-Tjp mit Blattgebilden, dennbsp;,,Sporophyllen“i). Dabei stehen die Sporangien jeweils in der Achsel der
1) Über die phylogenetische Herleitung vgl. unten (S. 176 ff.).
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Cheirostrobales, Equisetales.
Sporophylle, die entweder echte Laubblatter (z. B. Sphen. majus) oder meistens Brakteen sind. lm letzteren Falie sind die brakteenartigen Sporophylle zu einernbsp;terminalen Blütenahre — also im Prinzip wie bei Lep-idodendron — zusammen-gerückt. In Einzelfallen ist der Stiel der Sporangien so reduziert, z. B. beinbsp;SphenopJiyllum verticiUatum Schlotheim ?, daB ein solches Sporophyll fastnbsp;völlig demjenigen der Lycopsida gleicht.
Die Sporangienwandung ist mehrschichtig. Die Sporen sind in den meisten bekannten Fallen gleichartig — all dies Detail also noch wie bei den Rhynia-ceen. In den letzten Jahren sind allerdings auch einige heterospore Artennbsp;bekannt geworden, z. B. Sphenophyllum verticiUatum Schloth. Das ist einenbsp;interessante Parallelentwicklung zu dennbsp;heterosporen Lepidophyten und verschie-denen anderen Druppen, die wir nochnbsp;besprechen werden.
Abb. 96. Sphenophyllum tuneifolium Stembg. Blüte.
(= Sphenophyllostachys Dawsoni Will.) (O.-Karbon.)
a) nbsp;nbsp;nbsp;Aufsicht auf einen Brakteenquirl mit achselstandigen Sporangienstanden,
b) nbsp;nbsp;nbsp;Langsschnitt durch zwei Brakteenquirle mit achselstandigen Sporangienstanden. Dienbsp;sohematisiert Steilige Form der Sporangienstande ist in der Natur nicht so regelmaöig.
(Nach Zeiller, 1900, Fig. 103, und Hirmer, 1927, Fig. 417, etwas modifiziert.)
Wir kennen von dieser Pflanzengruppe eine einzige Art, Cheirostrobus petty-curensis Scott, nur in ganz wenigen — aber trefflich erhaltenen — Blütenzapfen ans dem nnterkarbonischen Kalk von Pettyoni (Sohottland). Die Binten eiinnernnbsp;in vieler Beziehung an die Sphenophyllen, d. h. auch hier tragen quirlig gestelltenbsp;Sporophylle auf ihrer Oberseite Sporangien. Doch ist manches abweichend. So dienbsp;langgestreckte Form der offenbar mit den Sporophyllen verwachsenen Sporangien, ferner das ,,gemischte‘* i) Mark in der Aktinostele von Cheirostrobus.nbsp;Das Fossil ist an und fiir sich — ahnlich -wie die Pseudoborniales — sehr interessant als Zeichen für die groBe Formenmannigfaltigkeit im Karbon. Ohne Kennt-nis der vegetativen Organe mussen wir es aber noch ein Problematikum dernbsp;Stammesgeschichte nennen.
Von dieser verbreitetsten Articulatenordnung sind 3 Famihen besonders wichtig:
die Asterocalamitaceae, als Übergangsfamilie zu den Hyeniales;
die Calamitaceae, vorwiegend baumförmige Gestalten aus dem Palaozoikum;
die Equisetaceae, krautige Pflanzen, auch heute noch vertreten.
1) Vgl. oben S. 137 und Abb, 64.
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4. Abt.; Articulata.
Die Vertreter der einzigen Gattung Asterocalamites waren, wie die Cala-initen, Baume. Ihr Vorkommen ist aui das Ob.-Devon und U.-Karbon be-schrankt. Auch in Einzelheiten glichen sie so weitgehend den Calamiten, dafi wir nur die unterscheidenden Mérkmale von Asterocalamites herausgreifen wollen;
1. nbsp;nbsp;nbsp;das Gabelblatt Yom Ïïyemn-Habitns (Abb. 97).
2. nbsp;nbsp;nbsp;die nicht alternierenden übereinanderstehenden Blatter nnd
die infolgedessen gerad-linig durchlaufenden Blatt-spurstrange (Abb. 97 und 101). Auch die Markaus-güsse des Stammes (dienbsp;haufigste Form, in dernbsp;uns die Equisetdles über-liefert sind, vgl. unten beinbsp;Calamites) zeigen ent-sprechend diesem Stamm-aufbau geradlinig durchlauf ende Kippen. Zeitlichnbsp;und morphologisch re-prasentiert also Asterocalamites einen Vorlaufer-typ der Calamiten.
Abb. 97. Asterocalamites serohiculatus Schloth. (Ob.-Devon nnd U.-Karbon.)
a) nbsp;nbsp;nbsp;SproBachse (d. h. Steinkern der Markhöhle).
b) nbsp;nbsp;nbsp;beblatterter SeitensproB; c) Gabelblatt;
(Aus Go tb an, 1912, Fig.22,lu.2;u.Kegel, 1914, Fig.23.)
Die schildförmigen Sporangiengruppen mitnbsp;vier Sporangien — ohnenbsp;dazwischen geschaltetenbsp;Sporophylle (diese Sporo-phyllosigkeit weist alsonbsp;gleichfalls auf Hyenia Mn)nbsp;— werden wir im Zu-sammenhang mit Calamitesnbsp;(S. 173 ff. und Abb. 106)nbsp;besprechen.
Vegetativer Aufbau.
Beginnen wir mit Calamites (als Typus für die gesamten Articulaten!)
Vorkommen: Oberkarbon bis Ober-Rotliegendes.
Allgeineiiiei' Habitus (Abb. 98). Wir können uns einen Calamiten am besten vorstellen, wenn wir einen Schachtelhalm (Equisetum) ins Baum-förmige vergröBern. Calamitenstamme bis zu 1 m Dicke und wohl 20—30 mnbsp;Höhe sind uns bekannt, wenn wir auch eine solche Stammhöhe aus den über-lieferten Bruchstücken nur errechnen können. Echte Hauptwurzeln fehltennbsp;anscheinend auch den Calamiten, sie waren wie ihre„Konkurrenz“, dieLepido-phyten, durch kriechende Rhizome im Boden verankert. Der Stamm war wohlnbsp;von Anfang an monopodial, entsprechend der quirligen Anordnung der Seiten-aste.
Die Verzweigung der Krone war verschieden stark ausgepragt. Die Unter-gattung Stylocalamites vereinigt schwach verzweigte, die Untergattungen Gala-mitina und Eucalamites verschiedenartig, aber starker verzweigte Formen.
Die Nomenklatur der calamitenahnlichen Pflanzen so wie der zuge-hörigen Teile ist auf den ersten Bliek recht verwirrend. Das kommt zum
-ocr page 183-groBen Teil daler, dafi die Organe eines Calamiten meistnbsp;isoliert und in recht verschie-denem Erhaltungszustand ge-funden wurden; sie wurdennbsp;daher zunachst als selbstan-dige Fossilien mit eigenennbsp;Namen beschrieben. Erst nachnbsp;mühevollen Arbeiten odernbsp;vielfach gar nicht konnte ihrenbsp;Zusammengehörigkeit erwie-sen werden. Wir schickennbsp;darum hier zum leichteren Zu-rechtfinden einen Überblicknbsp;der Nomenklatur voraus.
Bezeichnungen nach dem Leitbündelverlaufnbsp;im Stamm, ursprüng-lich für die Markaus-güsse gepragt:
Asterocalamites (vgl. oben S. 166 nndnbsp;Abb. 97 und 101 a),nbsp;übertragen auf zu-gehörige strukturbie-tende Reste, Blatternbsp;und Blüten.
Mesocalamites, vermit-telt zwischen Asterocalamites und Calamites (unten S. 170).
Calamites (vgl. Abb. 101 b) — Bezeich-nung auf struktur-bietende Beste, Blatter und Blüten übertragen.
Mindestens Asterocalamites und Calamites bezeichnen wohl systematischnbsp;gut charakterisiertenbsp;Pflanzengruppen.
Bezeichnung nach der Stammstruktixr;
Protocalamites (vgl. S. 171).
Arthropitys (die Haupt-masse der Calamiten).
Oalamodendron (ünter-gruppe der Calamiten, vgl. S. 171).
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4. Abt.: Articulata.
Bezeicliniing nach der Verzweigung des Stammes:
Stylocalamitina Weifi]
Eucalamites WeiB i (vgl. S. 166).
Calamitina WeiB J Bezeichnung nach der Beblatterung:
Asterophyllites (vgl. S. 172).
Annularia (vgl. S. 172).
Bezeichnung nach der Blüte;
Palaeostachya nbsp;nbsp;nbsp;\
Calamostachys nbsp;nbsp;nbsp;[nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;, , „nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;i7q«\
Metacalamostachysi ’ nbsp;nbsp;nbsp;’nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;'''
Gingularia nbsp;nbsp;nbsp;)
Ich habe hier nur die für die Phylogenie wichtigsten Typen und Namen an-geführt; weitere vgl. bei Seward 1899, und Hirmer 1927.
Stamm. (Allgemeiner Aufbau). Wenn wir für die Calamitenstamme nach einem allgemeinen Ausdruck, analog der Bezeichnung „Rindenbaume“
für die Lepidophyten, suchen, so können wir die Calaniiten ,,Markbaunie“ nennen.nbsp;Denn das Mark bzw. die Markhöhle nimmtnbsp;bei den Calamiten einen auBerordentlichennbsp;Rauni ein, obwohl die physiologische Be-deutung des Marks kaum an die der Rindenbsp;bei den Lepidophyten heranreichte. Wirnbsp;dürfen in der Markausbildung wohl im we-sentlichen eine „negative“ Funktion sehen,nbsp;die Verlagerung der mechanisch wirksaraennbsp;Elemente nach der Peripherie, die Erhöhungnbsp;der Biegungsfestigkeit nach dem Röhren-prinzip.
In drei Zustanden sind uns Calamitenstamme überliefert:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Als Ausgüsse der Markhöhle, also alsnbsp;Steinkerne, bzw. deren Negativabdrückenbsp;(sehr haufig, namentlich in etwas sandigennbsp;Schichten);
2. nbsp;nbsp;nbsp;als echt versteinerte Stammfossiliennbsp;(namentlich in den „Torfdolomiten“, vonnbsp;denen die strukturzeigenden Dünnschliffenbsp;stammen);
3. nbsp;nbsp;nbsp;als inkohlte Massen, namentlich innbsp;den Kohlenflözen.
Versuchen wir aus den strukturbietenden Resten, unterstützt durch das Bild der Steinkerne, den Aufbau des Stammes zu rekonstruieren; (Abb. 99 und 100).
Die Rinde der Calamiten war starker entwickelt als wir das von heutigen Baumen gewohnt sind, wenn auch schwacher als bei den meisten Lepidophyten;nbsp;der Rindendurchmesser war etwa gleich dem Stelendurchmesser. Wir könnennbsp;bei den Calamiten (ahnlich wie bei den Lepidophyten) einen auBeren mitnbsp;sklerenchymatischen Gruppen durchsetzten Teil von einem inneren, rein paren-chymatischen, unterscheiden. Auch die Calamitenrinde war zu erheblichemnbsp;sekundaren Dickenwachstum befahigt. So spezialisiert wie bei den Lepidophyten war der Bau aber nicht, z. B. fehlten die Blattpolster ganz. Dagegennbsp;hat man Borkenbildung beobachtet.
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Stele. Her Siebteil ist auch hier meist recht sohlecht erhalten. Sieb-röhren scheinen vorhanden zu sein.
Der Holzteil ist eine Eustelen-rohre mit ausgedehntem friihzeitig zerstörtem Mark und betrachtlichemnbsp;sekundarem Dickenwachstum. Seinnbsp;Ban klingt damit teilweise an die Si-gillarien und teilweise an die rezentennbsp;Equiseten an. Die Eustele, also dienbsp;Auflosung des Holzkorpers in regel-inaBig wechselnde weiche und hartenbsp;Partien, d. h. in parenchymatischenbsp;Markstrahlen und Holzgewebe, ist Ur-saehe der charakteristischen Langs-riefen am Marksteinkern (Abb. 99 undnbsp;100). Das weiche parenchymatischenbsp;Gewebe war natiirlich bei der Fossili-sierung zuerst verfault und das har-tere Holzgewebe, das ,,Leitbündel“,nbsp;druckte sich dann als Furche in dienbsp;Fiillmasse des Steinkernes ab; wir kon-nen daher an Furchen des Steinkernesnbsp;den Verlauf der Leitbündel verfolgen.
Bei den aAteren Equisetales, die wir oben schon als Asterocalamitaceen aus-
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4. Abt.: Articulata.
geschieden haben, und die auch durch ihre gabeligen Blatter, sowie die fehlen-den Sporophylle ein primitives Aussehen zeigen, liefen die Leitbündel noch von Knoten zu Knoten durch (Abb. 101 a). Bei einigen unterkarbonischennbsp;Cftlamtles-artigen Formen, die Hirmer (1927) als Mesocalamites ausgeschiedennbsp;hat, linden wir einen etwas unregelmaBigen Leitbündelverlauf: neben durch-lanfenden Leitbündeln beobachten -wir haufig Altemanz an den Knoten. Beinbsp;den echten Calamiten jedoch ist es die Kegel, daB die Leitbündel zweier auf-einanderfolgender Internodien alternieren, weil jeweils an einem Knoten dienbsp;Leitbündel sich gabeln und je 2 solcher Gabelaste wieder verschmelzen (Abb.nbsp;101 b). Doch zeigt auch bei den echten Calamiten ein genaueres mikroskopischesnbsp;Studium der strukturbietenden Stamnie, daB eine solche Gabelung keineswegs
ganz regelmaBig ist; es linden sich sogar gelegentlich noch viel gröBere Unregel-maBigkeiten, d. h. die Abgrenzung dieser ËgMzsetafes-Gruppen (das gilt auch lür die Equisetaceen) ist keineswegs eine scharle. Wir linden, den phylogene-tischen Zusammenhangen entsprechend, zahlreiche Übergangsglieder.
Sehen wir uns nun den Einzelaulbau des Holzkörpers an. Ursprünglich hatten auch die Equisetales die 3 Holzpartien, die wir von den Lepidophytennbsp;und Sphenophyllaceen her kennen: Das Protoxylem,
das zentripetaD) entwickelte Metaxylem und das zentrilugale Sekundarholz.
Alle drei Teile sind aber nur noch bei einer unterkarbonischen Form (die
1) Bntgogen der haufigen Darstellung, als ob zentripetal gebildetes Holz den Calamiten ganz fehle, sei betont, daB man in vielen Calamitenquerschliöen wenigstens einige zentripetalnbsp;abgegebene Tracheiden erkennen kann (eigene unveröffentMchte Beobachtungen).
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Calamites, Stele.
daruin als eigene Gattung Protocalamites ausgeschieden wird)_, bei Proto-calamites pettycurensis deutlich. Nar hier kann man etwas reichlicher ent-wickeltes zentripetales Metaxyleni beobachten. Auch das Protoxylem ist (wenigstens im fertigen Stamm) bei allen Equisetales nicht mehr nachweis-bar. Es geht schon in wenig Millimeter dicken Stammchen zugrunde. Annbsp;seiner Stelle finden wir dann die grobe Carinalhöhle, an der man leicht dienbsp;Calamitenstamme und auch die Stammchen der rezenten Schachtelhalme er-kennt (Abb. 102 und 112).
Die Hauptmasse des Holz-körpers im Calamitenstamme besteht darum aus Sekundar-holz. Sein Querschnittsbildnbsp;gleicht wieder dem der Lepido-phyten und Koniferen. Wirnbsp;haben Reihen gleichgestalteternbsp;Tracheiden, die, vom Kambiumnbsp;gebildet, den Stamm zentrifugalnbsp;vergröbern. Zum Unterschiednbsp;gegenüber den genannten Ver-gleichsgruppen ist aber der Holz-körper der Calamiten — wenigstens in seinen zentralen Teilennbsp;— genau wie die primaren Leit-bündel durch ziemlich breitenbsp;Markstrahlen zerlegt. Das heiBt,nbsp;die parenchymatischen Gewebs-partien zwischen den primarennbsp;Holzteilen verbreitern sich wah-rend des sekundaren Dicken-wachstums, wie man oft sehrnbsp;schön an der tangentialen Ver-breiterung dieser Markstrahl-zellen (Abb. 102) sehen kann.
Dementsprechend nimmt natür-lich auch der Durchmesser des Markes bzw. der Markhöhle zu.
Der Einzelaufbau der Markstrahlen ist bei den verschie-denen Calamitenarten sehr ver-schieden. Interessant ist, daB bei manchen jüngeren Calamitennbsp;aus dem oberen Ob.-Karbon undnbsp;dem Rotliegenden, die als „Cala-modendron^' unterschieden werden, im Markstrahl Sklerenchymfasern ausgebildetnbsp;werden (Abb. 103). Das Sekundarholz der Calamodendren enthalt also dreierleinbsp;Elemente, beinahe wie bei den Angiospermen: 1. tracheidale Elemente (Funk-tion: Wasserleitung), 2. sklerenchymatische Elemente (Funktion: Festigung),nbsp;3. Parenchym (Funktion: Speicherung und Leitung organischer Stoffe, imnbsp;übrigen wenig geklart). Eine solche reiche Arbeitsteilung innerhalb der Stelenbsp;fehlt sonst bei den GefaBkryptogamen oder ist mindestens auBerst selten.
Auch der Bau der Einzeltracheiden, den wir natürlich vor allera am Langs-schnitt studieren mussen, zeigt gegenüber den altesten GefaBpflanzen Fort-schritte. Nur das Protoxylem besteht noch wie bei den Psilophyten durchweg aus typischen Ring- bzw. Spiraltracheiden. Das Sekundarholz dagegen besteht
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4. Abt.: Articulata.
aus einem fortschrittlicheren Tracheidentyp, den wir schon bei den Spheno-phyllen kennen lernten, namlich aus echten Netztracheiden, deren Tüpfelung allein auf den Radialwanden entwickelt ist.
Blatter. Die Gabelung der altesten Formen {Asterocalamües) haben wir schon erwahnt. lm übrigen sind die Equisetales-WéXieï einzelne selbstandigenbsp;Phylloide. Man pflegt nach dem auBeren Habitus bei den echten Calamitennbsp;2 Blattypen zu unterscheiden; Annularia (= kurze, etwas starre, an der Basisnbsp;verwachsene Blatter) und Asterophyllites (= schlankere, aufwarts gebogenenbsp;Blatter mit freier Basis). Bei den meist horizontalen Zwelgen kommen nunnbsp;die kurzen und etwas starren AnnulariaAAAti^x in eine ungleiche Lichtlage,nbsp;je nach dem sie im Quirl auf der Zweigunterseite oder -oberseite stehen. Beinbsp;den alteren Formen hat dies keinen morphologischen EinfluB; die Blatter sindnbsp;noch ziemlich gleichartig gebaut. Vom Oberkarbon ab kann man aber, nament-lich bei den breitblattrigen Formen, beobachten, wie sie sich als eine Art Blatt-
raosaik in die Zweigebene einstellen und dabei Je nach ihrer Inserierung auf der Blattunter- oder -oberseite ungleich lang werden (Halle 1928). Eine ahn-liche ,,Anisophyllie“ wie sie unter den Equisetales die Annularien in besondersnbsp;ausgepragtem MaBe erworben haben, ist ja bei heutigen Phanerogamen (z. B.nbsp;den Tannen) weit verbreitet.
Interessant ist ferner der Nachweis, daB der Feinbau der SchlieBzeUen, (namentlich die Kutikularstreifen) demjenigen der rezenten Equiseten ahnelt.
Wurzeln. Sie entsprangen an den Knoten der Rhizome und Stamme. Die letzten Auszweigungen waren marklos wie die Wurzeln heutiger Kormo-phyten und zeigten eine typische Aktinostele mit sekundarem Dickenwachs-tum. Bei den dickeren Wurzeln dagegen, die in der Regel als „Astromyelonquot;'nbsp;bezeichnet werden, ist reichlich Mark (bzw. eine Markhöhle) entwickeltnbsp;(Abb. 104). Überhaupt ahnelt ihr Aufbau sehr demjenigen des Stammesnbsp;(abgesehen von den fehlenden Knoten). Besonders bemerkenswert an der
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Anatomie ist, daB das Protoxylem und etwas zentripetales Metaxylem erhalten bleibt (Abb. 105) und daB dementsprechend nicht wie im SproB einenbsp;ïiCarinalhöhle“ ausgebildet wird. ist ein Beispiel einer oft bestatigtennbsp;Regel, daB die Wurzeln ursprüngliche Verhaltnisse vermitteln.
Fortpflanzungsorgane.
Die Fortpflanzungsorgane der Equisetales und der Articulaten überhaupt besitzen ein über diese Familiengruppe hinausreichendes Interesse. Sie sindnbsp;namlich teilweise zu ,,Blüten“ (s. unten) vereinigt, und es sind uns, nament-lich unter den ausgestorbenen Forraen, so viele verschiedene Typen über-liefert, daB wir die Entstehung einer Blüte in der Phylogenie verfolgennbsp;können. Wir werden daher diese Fortpflanzungseinrichtungen etwas ausführ-licher besprechen.
Beginnen wir mit einer einfachen Beschreibung der vorhandenen Form en:
Eyeniales — Asterocalamitaceae — Equisetaceae-Ueihe.
Bei den altesten Articulaten, den Hyeniales, fanden wir nur zweierlei Seitenorgane an fertilen Sprossen: am basalen Teil gegabelte Blatter und annbsp;den Zwelgenden, zu einer Art ,,Blüte“ zusammengerückt, gabelig verzweigtenbsp;,Sporangiengruppen‘, die aus mehreren ,,anatropen“ Sporangien bestehen.nbsp;Wenn man will, mag man den gemeinsamen Stiel einer Sporangiengruppenbsp;im rein beschreibenden Sinne ,,Sporangiophor“ nennen.
Ttieser Hyeniales-Tj]) (also Sporangiengruppen ohne blattartigeBildungen) hermcht, nur unwesentlich modifiziert, sowohl bei den altesten calamiten-artigen Pflanzen, den Asterocalamitaceen (Abb. 109c) wie bei den vom Karbonnbsp;bis heute vertretenen Equisetaceen (z. B. Abb. 110). Eine phylogenetische
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4. Abt.: Articulata.
Fortbüdung besteht nur darin, dafi bei diesen jüngeren Formen der einer Spor-angiengruppe jeweils gemeinsame Stiel sich senkrecht zu seinem basalen Teil in eine „Scliildplatte“ verbreitert (Abb. 109 b und 110). Die einzelnen Sporangiennbsp;hangen dann gewissemiaBen an dieser, sie nach auBen schützenden Platte. Meistnbsp;bezeichnet man eine solche Sporangieiigruppe als ,,peltat“. Die Zahl der innbsp;einer Gruppe vereinigten Sporangien wechselt; bei Asterocalmnites sind es 4,nbsp;bei Equisetum 6 — letzteres ist zweifellos die gunstigste Kaumausnutzung.
Interessanterweise laBt sich bei Equisetum in der Ontogenie verfolgen, wie die Einzelsporangien erst randstandig an der künftigen Schildplatte angelegtnbsp;und allmahlich ,,anatrop“ nach einwarts geschlagen werden, infolge der wulst-artigen Wucherung der sie beschützenden Schildplatte (vgl. Goebel 1918,nbsp;S. 1091). Ein hübsches Beispiel für die Wiederholung der Phylogenie innbsp;der Ontogenie!
Abb. 106. Phylogenie der Articulaten-Blnte. (Schema).
a) nbsp;nbsp;nbsp;Ausgangstyp (PsOophyten); alle Telome (sterile und fertile) deutlich gleichartig und gegabelt.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Übergangstyp (gelegentlich bei Asterocalamites):
1) nbsp;nbsp;nbsp;Differenzierung in Hauptachse und quirlig gestellte Seitenorgane (Gabelblatter undnbsp;peltate Sporangiengruppen).
2) nbsp;nbsp;nbsp;Sporangiengruppen zwar am Achsenende gehiiuft, aber noch mit Gabelblattern un-regelmafiig untermischt.
f) Hyeniales-Egidsehim-Typ: Wie b), aber strenge Sonderung der terminalen Sporangiengruppen und der basalen Bliitter.
d) nbsp;nbsp;nbsp;Caïamostaehys-Typ: Wie b), aber streng regelmatiger Wechsel zwischen Sporangienquirlennbsp;und (zu Brakteen gewandelten) Blattquirlen.
e) nbsp;nbsp;nbsp;Phylhtheca-Typ: zwei oder mehr Sporangienquirle wechseln mit einem Brakteenquirl.
(Original.)
Für die Homologisierungsfrage ist wichtig, daB auch in dieser Reihe die Laubblatter, z. B. bei Equisetum, auf ein einziges Phylloid reduziert werden,nbsp;wahrend die ihnen homologen Sporangiengruppen (normalerweise) verzwelgtnbsp;bleiben, d. h. aus 4—6 Sporangien bestehen.
Calamitaceen-Reihe.
Komplizierter ist der Blütenbau in einer 2. Reihe, bei den eigentlichen Calamitaceen.
a) Calamostaehys. Betrachten wir zuerst den haufigsten Typ, die Sporangienstande, welche unter dein Namen Calamostaehys gehen! Auch hiernbsp;linden wir wieder (genau wie bei Asterocalamites oder Equisetum) ,,peltate“nbsp;Sporangiengruppen, und wieder stehen diese in Quirlen. Aber je ein fertilernbsp;Quirl wechselt mit einem Quirl steriler Blatter (Brakteen), die sehr hauüg annbsp;ihrer Basis wie Kelchblatter vleier Angiospermen miteinander verwachsen sind
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(Abb. 106—109). Die Zipfel dieser Brakteen sind aufwartsnbsp;gebogen und so lang, daB sienbsp;sich und die Sporangiengrup-pen dachziegelig decken^).
Dieser Calamostachys-Typ, also abwechselnde Spor-angien- und Brakteenquirle, ist niit dem Eyeniales —nbsp;Asterocalamitaceae —• Equise-taceae - Typ durch U e b e r -gauge verbunden. Schonnbsp;bei Asterocalamites konimt esnbsp;gelegentlich vor, daB zwischennbsp;den Sporangiengruppen, bzw.nbsp;vermutlich an ihrer Stelle,nbsp;sterile Blatter stehen. Alsnbsp;„Vergrünungen“ hat Goebelnbsp;bei Bquisetuni maximumnbsp;(1918, S. 1092 f.) ahnliche ab-norme Bildungen beobachtetnbsp;(Abb. 111). — Eine anderenbsp;Uebergangsbildung stellt dienbsp;Equisetum-aAvMchG Gattungnbsp;Phyllotheca dar (Karbon-Wealden, vor allem in dennbsp;Gondwanalandern, im Meso-zoikum auch bei uns). Bei ihrnbsp;wechselte eine ganze Anzahlnbsp;fertiler Quirle niit einem ein-zigen sterilen Brakteenquirlnbsp;(Abb. 106 e).
b) Palaeostachya,Me-tacalamostachys, Cingu-laria. Bei anderen Cala-mitenbliiten treten die Sporangiengruppen in eine feste Verbindung niit den Deck-blattern, es kommt zurnbsp;Bildung von echten Sporo-phyllen. So stehen dienbsp;Sporangiengruppen beinbsp;PalaeostacJiya (Abb. 109 b)nbsp;in den Achseln der Brakteennbsp;wie bei den Lycopsiden undnbsp;8'phenofhyïlum. Der durchnbsp;Hickling (1907) beobachtetenbsp;Leitbündelverlauf dieser Gattung gibt nach verbreiteter
1) Ob Brakteen und Sporangiengruppen auch mit ihrer Basis, die durch den Leitbündelverlauf markiert ist, alternieren, scheint mir nach eigenen Beobaohtungen an vielen Schliffen mehr als zweifelhaft. Hirmer (1925 und 1927), der diese Auffassung vertritt, hatnbsp;in diesen Arbeiten lediglich das Alternieren der freien Enden festgestellt! Die Auffassungnbsp;J. M. Brownes (1927, S. 311 f) von einer nicht ganz regelmafiigen Stellung, namentlichnbsp;in bezug auf die Sporangiengruppen, scheint mir mehr den Tatsachen zu entspreehen.
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4. Abt.; Aiticulata.
Ansicht einen Anhaltspunkt, wie diese Achselstellung aus einem Calamostaehys-Zustand entstanden sein mag. Das, eine Sporangiengruppe versorgende, Leit-bündel geht namlich in der gemeinsamen Blütenachse erst schrag aufwarts, als oh seine Sporangiengruppe noch in der Mitte zwischen 2 Brakteenquirlennbsp;saBe, und erst in der auBersten Rinde biegt das Leitbündel schrag abwarts gegennbsp;die Brakteenachsel, wo sich die Sporangiengruppe wirklich befindet. Hicklingnbsp;(1. c.) nnd zahlreiche andere Autoren schlieBen aus dieseni Leitbündelverlauf,nbsp;daB die Sporangiengruppen von Palaeostachya im Verlauf der Phylogenie in
die Brakteenachsel verlagert seien — ein SchluB, der auch aus morphologi-schen Gründen sehr wahrscheinlich ist.
Als Metacalamostachys und Cingu-laria werden andere Calamitenblüten bezeichnet, bei denen die Sporangiengruppen nicht mit dern darunter- son-dern mit dem darüberstehenden Brak-teenquirl verwachsen sind.
Ein zusanimenfassender Uberblick über die Phylogenie der Articu-latenblüte zeigt also 3 Etappen (vgl.nbsp;—5 insbesondere Abb. 106).
1. nbsp;nbsp;nbsp;H yeniales — Asterocalamitaceae—nbsp;p. Equisetaeeae-Tj]}. Blüten nur aus fer-U tilen Sporangiengruppen bestehend.
Ein entwicklungsphysiologisches Charak-_ A teristikum dieses Typs ist es, daB der ^ Vegetationspunkt eines Sprosses wah-rend der Ontogenie nur einmal vonnbsp;steril auf fertil umgestimmt wird: zu-nachst produziert er sterile Seiten-organe, zum SchluB fertile. Er ist dernbsp;alteste der überlieferten Articulaten-typen {Hyeniales und Asterocalamitaceae), allerdings auch bis heute erhal-ten (Equisetum). Als Formabweichungnbsp;kann die fertile Umstimmung desnbsp;Vegetationspunktes rückgangig gemachtnbsp;werden (vgl. die ,,Vergrünungen“ vonnbsp;Equisetum (Abb. ill) i).
2. nbsp;nbsp;nbsp;Calamostachys-Tjj) (hierher gehort wohl auch Eseudobornia und dienbsp;etwas abweichende Phyllotheca). Blütennbsp;aus regelmaBig alternierenden Spor-
angien- und Brakteenquirlen bestehend. Einzelheiten der phylogenetischen Ableitung wollen wir unten (Kleindruck) erörtern. Ein entwicklungsphysiologisches Kennzeichen dieses Typs ist es, daB der Vegetationspunktnbsp;rhytmisch wechselnd von steril auf fertil umgestimmt wird; abgesehennbsp;von der anfanglichen Produktion rein steriler Laubblatter produziert er spaternbsp;in der ,,Blüte“ abwechselnd sterile und fertile Seitenorgane.
3. Pdlaeostachya-um.-Typ. Je eine Sporangiengruppe hat sich mit einernbsp;darunterstehenden Braktee zu einem „SporophyU“ mit achselstandigen Spor-
1) Die umgekehrte Abweichung stellt die „forma 'polyskichya“ genannte Abnormitat dar, bei der auch die Vegetationspunkte der normalerweise sterüen Seitenaste fertil werden.
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Bliitenpliylogenio.
Die hier vertretene Auffassung, dal3 Sporangiengruppen und Brakteen ur-sprünglich selbstandige, aber gleichartige (homologe) Seitenorgane darstellen, wird keineswegs allgemein geteilt. Die Diskussion der abweichenden Ansichtennbsp;gibt uns Gelegenheit, zur Phylogenie der Galamostachys-Jiiüt^ — meines Er-achtens dem Angelpunkt des ganzen Problems — etwas naher Stellnng zunbsp;nehmen. Insgesamt sind folgende Ansichteni) möglioh und wohl auch alle ver-treten;
Brakteen und Sporangiengruppen waren ursprünglich selbstiindige und gesonderte Organe. Da diese Organe in verschiedener Verteilung auftreten,
Abb. 109. Calamitenblüten (langs).
a) Calamosiachys Casheana (heterospor!) (Aus Scott I, 1920, Fig. 1.) Vergr. 9mal.
• b) Palaeostachya. c) Archaeocalamites radialus. (Aus Scott, 1907, Fig. 6 und 7.)
= Brakteen; sp — Sporangiengruppenstiel; sm — Sporangien; ax = Blütenachse.
wenn wir etwa Palaeostachya, Calamostachys und Phyllotheca (vgl. Abb. 106 e), also sicher miteinander verwandte Pflanzen, vergleichen, so mussen wir annehmen,nbsp;daB in der Phylogenie ein Organ (z. B. Brakteen) an Stellen auftrat, die frühernbsp;durch ein anderes Organ (z. B. Sporangiengruppen) eingenommen waren. Meistnbsp;formuliert man diese Auffassung dahin, daB die Brakteen sich in Sporangien (odernbsp;umgekehrt) ,,umgewandelt“ batten^). Die Ersetzbarkeit der Sporangiengruppen
1) nbsp;nbsp;nbsp;Wir sehen auch hier wieder davon ab, daB ein Teil der Autoren seine Ansichten innbsp;einer „idealistischquot; morphologischen Formulierung vertritt.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Wenn z. B. 1. Browne (1927) die Auffassung vertritt: die Brakteen seien zwisohennbsp;die Sporangiengruppen eingeschoben („intercalatedquot;), so soheint mir dies nur eine andere
Zimmer m ann , Die Phylogenie der PfJanzen. nbsp;nbsp;nbsp;22
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4. Abt.: Articulata.
durch Blattgebilde illustrieren sehr scliön die von Goebel beobachteten Ver-grünungen bei Equisetum (Abb. 111 und S. 179). Man wird ja Goebel unbedingt beipflichten dürfen, dab solche abnorme Vergriinungen nicht beweisen, dab der-artige Bildungen früher einmal anfgetreten sein mussen; tiotzdem zeigen sienbsp;m. E. sicher die entwicklungsphysiologische Homologie von Sporangiengruppennbsp;und Blattgebilden, d. h. sie geben die entwicklungsphysiologische Voraus-setzung für unsere Annahme der Umwandlung von Sporangiengruppen in Blattgebilde. Ferner spricht für unsere Auffassung (die Sporangiengruppen und Brakteen seien ursprünglich selbstandige Organe gewesen) die Tatsache, dab bei dennbsp;altesten bisher beobachteten Pteridophyten, insbesondere den Rhyniaceen undnbsp;den Hyeniales, beide Organe durchweg selbstandige Gebilde sind. Die Verkettungnbsp;von Sporangien bzw. Sporangiengruppen mit flaohenförmigen Blattern, d. h. dienbsp;Bildung echter Sporophylle, ist erst ein „Fortschritt“ jüngerer Formen. Schlieb-lich ist die Blüte von Galamostachys nur schwer, die von Phyllotheca wohlnbsp;überhaupt nicht, auf dem Weg der unter B. rnitgeteilten, entgegengesetztennbsp;Meinungen zu erklaren. Dagegen bereitet die Annahme einer phylogenetischennbsp;„Umwandlungquot; von Sporangiengruppen in Brakteen im oben angezeigten Sinnenbsp;wohl keine prinzipiellen Schwierigkeiten.
Diese Umwandlung könnte aber im einzelnen auf zwei verschiedene Weisen vor sich gegangen sein, und damit zerfallt die Ansichtengruppe A in zwei Unter-auffassungen:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Nach der einen Ansicht, die z. B. Browne (1927) vertritt, besaben dienbsp;Vorfahren von Calamostachys tatsachlich rein fertile Blüten wie Hyenia.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Nach einer 2., mir wahrscheinlicheren Ansicht, gekt so wohl der blattlosenbsp;Hyenia-TjYi, wie der brakteenhaltige Calamostachys-Tj]) auf einen gemeinsamennbsp;noch alteren Typ zurück, der in ganz unregelmabiger Verteilung Laub,nbsp;Blatter und Sporangiengruppen produzierte (Abb. 106 a). Wir haben derartige,nbsp;scheinbar gesetzlos verteilte, sterile und fertile Endverzweigungen bei manchennbsp;Ehyniaceen. Als Bindeglied sowohl zu Hyenia wie zu Calomostachys ware dannnbsp;eine Form vom Habitus der oben genannten Asterocalamites-lilüten mit ein-gesprengten Blattern anzunehmen. Diese Form (Abb. 106 b) führte dann einer-seits zu ganz aus Sporangiengruppen bestehenden Hlt;/ewf«-Blüten und andrer-seits zu der regelmabig mit Brakteen durchsetzten Calamostachys-Ji\üte.
Eine sichere Entscheidung zwischen den beiden Aiiffassungen 1 und 2 labt sich heute kaum durchführen. Für 1 spricht das Überwiegen der Blüten vomnbsp;Hyenia-Tj-p in den altesten Schichten, für 2 spricht die Tatsache, dab sich imnbsp;Organismenreich ganz allgemein das Kegelmabige aus dem Regellosen phylb-genetisoh entwickelt, d. h. dab man sehr haufig beobachten kann, wie einenbsp;scheinbar gesetzlose Folge von Zustanden, Organen, Generationen (also einenbsp;Folge von Zustanden usw., die wohl lediglich durch einen Wechsel der AuBen-umstande bedingt ist) sich im Laufe der Phylogenie in eine streng innerlich be-dingte Folge wandelt.
Brakteen und Sporangiengruppen von Calomostachys waren ursprünglich in der Phylogenie ein einziges Seitenorgan, namlich eine „gemischtequot; Telom-gruppe, deren unterer Ast steril, d. h. zur Braktee, deren oberer Ast dagegen zurnbsp;Sporangiengruppe wurde. Die Articulaten hatten also von vornherein ,,typischequot;nbsp;Sporophylle. Hirmer vertritt z. B. diese Auffassung, die für die Entstehung dernbsp;Lycopsiden-Sporophylle verhaltnismabig wahrscheinlich ist. Bei den Articulatennbsp;scheint mir aber manches gegen eine solche Annahme zu sprechen:
Forniulierung derselben Auffassung. Browne ist ja von der Homologie der Brakteen mit Blattern überzeugt, sie denkt sich also keineswegs die Brakteen als allmahlich vergröBertenbsp;Wucherungen im Sinne der ,,Trichome“.
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Blütenphylogenie.
1. nbsp;nbsp;nbsp;Die 80 ahnlichen Sporangiengruppen, etwa bei Asterocalamites und Galamo-stachys, waren naoh dieser Auffassung einander nicht homogenetisch. Die Sporangiengruppen von Calomostachys entspraohen nur der oberen Halfte der Sporangiengruppen von Asterocalamites. Vermittelnde Formen sind aber hier un-bekannt.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Die Ansicht versagt — mindestens ohne komplizierte Hilfshypothesen —nbsp;vollstandig, wenn es gilt, Blüten mit mehreren fertilen und einem sterilen Wirtel,nbsp;wie bei Phyïloiheca, zu erklaren. Auch für manche Calamostachys-Axtamp;ci, z. B.nbsp;bei G. Binneyana braucht H i r m e r zur Beweisführung dieser Ansicht Hilfshypothesen von Spaltungen und Verwachsungen, die nur im Sinne der ,,Idealisti-schen“ Morphologie verstandlich sind.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Eigentliche Übergangsbildungen, die vom Typus der ganz sterilen Sporangiengruppen zur Sporophylleinheit mit unterem brakteenartigen Teil und oberemnbsp;Sporangienteil vermitteln, sind bisher nicht bekannt. Die von Goebel (s. oben)nbsp;beobachteten Vergrünungen bei Equisetum beweisen ja nur die Homologie von
Sporangiengruppen und Blattgebilden,nbsp;nicht deren Teilungnbsp;in zwei selbstandigenbsp;Teile wahrend dernbsp;Phylogenie. Und dienbsp;fossilen Formen, wienbsp;Palaeostaohya, lassennbsp;sich viel leiohter alsnbsp;beginnende Ver-schmelzung denn alsnbsp;beginnende Trennungnbsp;deuten.
4. nbsp;nbsp;nbsp;Es ist schwernbsp;zu versteken, dab die
Abb. 110. Equisetum maximum Lam. Blilte (langs), Teilansicht mit 4 jungen Sporangiengruppen. Vergr. 66mal. Dunkles Ge-webe: das Archespor in den peltaten Sporangien. (Original.)
und wenigstens durch den Leitbündelverlauf von Palaeostachya etwas gestützt — ist die Annahme einer umgekehrten Verlagerungnbsp;der Sporangiengruppen in die Achsel von Deckblattern. Ich gebe aber zu, dafinbsp;dieses letzte Argument allein genommen nicht aüsschlaggebend ist; man kannnbsp;ihm unsere mangelnde Einsicht in die Ökologie der fossilen Formen und eventuellnbsp;auch die Möglichkeit einer dysteleologischen Entwicklung entgegenhalten.
Aus all diesen Griinden erscheint mir die Annahme der Umwandlung von Sporangiengruppen in Brakteen weitaus die wahrscheinlichste.
Fast alle Equisetales sind isospor wie die heutigen Equiseten. Nur bei wenigen Calamostachys-Artm, z. B. bei C. Casheawa Williams. (Abb. 109 a), batnbsp;man Heterosporie entdeckt.
3. Equisetaceae.
Über diese heute noch lebende Familie haben wir die wichtigsten Daten, z. B. die Brakteenlosigkeit ihrer Blüten, bereits besprochen (S. 174 und Abb. 110).nbsp;Ihrem Stammaufbau nach waren und sind die Equisetaceen durchaus krautige
12*
Sporangiengruppe von Galamostachysnbsp;sich im Laufe dernbsp;Phylogenie aus dernbsp;Achsel der sie schüt-zenden Braktee ent-fernt haben soil;nbsp;leichter verstandlich
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4. Abt.: Articulata.
Die Blatter sind — namentlich bei den rezenten Formen — gleichfalls sehr stark reduziert. Sie dienen kauin raehr der Assimilation, sondem sie sindnbsp;schuppenartig und als eine schützende Schelde um die Knoten herum mit-einander verwachsen. Das Hauptorgan der Assimilation sind die SproBachsennbsp;selbst geworden. Übrigens laBt sich diese Verwachsung der Blatter zu einernbsp;Schelde im Verlaufe der Phylogenie wahrend des Mesozoikums gut verfolgen.nbsp;Weil bei den alteren, mesozoischen Formen freie Blatter vorherrschen, hatte
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Equisetaceae.
man _ sogar friiher auf dieses Merkmal die Diagnose der Gattung Equisetites gegenliber Equisetum mil verwachsenen Blattern gegriindet. Da aber ent-sprechend der phylogenetischen Abwandlung das Merkmal der Blattverwachsungnbsp;keineswegs scharf isti), so unterscheidet man heute lieber beide Gattungennbsp;willkiirlich nach dem Alter, indem man die seit der Kreide lebenden Formennbsp;als Equisetum zusammenfaBt.
Man niuB sich iibrigens hiiten, die heutigen Equisetum-Kxtamp;a. wegen ihrer geringen GröBe (gegenliber Calamites) ganz allgemein als reduziert aufzufassen.nbsp;Sie besitzen vielmehr auch manche ,,fortschrittliche“ Erwerbungen. Ich er-innere nur an die Sporenanhangsel, welche die auBerste Sporenmembran, dasnbsp;„Epispor“, bildet, an die Gliederung der Sprosse bei manchen Arten, z. B. beinbsp;Equisetum arvense, in fertile und rein vegetative Sprosse u. a. m.
Abb. 112. Equisetum maximum Lam. Querschnitt des Rhizoms (Aussclinitl). llrci Carinalhöhlen mit vereinzolten Tracheiden des Protoxyleras (Pr) und Metaxyleni-tracheiden (2V); M = Markhiihle. Vcrgr. 120mal. (Original.)
Literatur.
Articulata.
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— nbsp;nbsp;nbsp;Notes on the Cones of the Calamostachys Type etc. Ann. of Rot., 1926, Vol. 39, p. 313.
— nbsp;nbsp;nbsp;A New Theory of the Morphology of the Calamarian Cone. Ann. of Rot., 1927, Vol. 41,nbsp;p. 301.
Crothan, \V., Palilobiologisohe Betrachtungen iiber die fossile Pflanzenwelt. Fortschr. d. Geol. u. Paliiontologie, 1924,'11. 8.
Halle F G , On Leaf Mosaic and Anisophylly in Palaeozoic Equisetales. Sv. Rot. Tidskr., 1928, Bd.' 2, S. 230.
Hickling, F., The Anatomy of Palaeostachya vera. Ann. of Rot., 1907, Vol. 21, p. 369.
1) So kommen verwachsene Scheiden sohon im Mesozoikum vor.
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ö. Abt.; Pteropsida.
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Jongmanns, W. J., Anleitung zur Bestimmung der Karbonpflanzen Westeuropas I. Freiburg 1911.
Krausel, R. und Weyland, H., Beitrage zur Kenntnis der Devonflora II. Senckenb. Naturf. Ges., 1926, Bd. 40, H. 2.
Meyer, Fr. J., Das Leitungssystem von Equisetum arvense. Jahrb. f. wiss. Bot., 1920, Bd. 69, S. 262.
Nathorst, A. G., Zur Oberdevonischen Flora der Bareninsel. K. Sv. Vetensi. Akad. Handl., 1902, Bd. 36, N. F. 36, Heft 3.
Potonié, H., Lehrbuch der Pflanzenpaliiontologie. Berbn. 1897—99.
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— Notes on Palaeozoic Botany. Ree. trav. bot. néerl., 1928, T. 25 a, p. 346.
Thomas, II. II., On a Cone of Calamostachys Binneyana (Carruthers) Attached to a Leafy Shoot. New Phytolog., 1909, Vol. 8. p. 249.
Nach ihrer zeitlichen Verbreitung (Abb. 2, 113 und 157) stehen die Pteropsiden in starkem Gegensatz zu den Articulaten und den Lycopsiden.nbsp;Die Pteropsiden machen namlich keineswegs den Eindruck einer im Aussterbennbsp;begriffenen Pflanzenabteilung. Vielmehr liegt das Verbreitungsschwer-gewicht mancher Pteropsidengruppen, z. B. der leptosporangiaten Famenbsp;oder der Angiospermen, vorzugsweise im Neozoikum. Auch durch ihre grobenbsp;Individiienzahl beherrschen diese Gruppen heute dvirchweg das Vegetations-bild auf dem Lande.
Allgeniciner Aufbau der Pteropsiden. Es ist schwer, die Pteropsiden einheitlich zu charakterisieren. Das hat 2 Griinde; Einmal sind die Pteropsiden phylogenetisch kaum so einheitlich wie die Lycopsiden und dienbsp;Articulaten. Dann haben sich ab.er auch gerade jene Merkmale, welche mannbsp;meist als besonders charakteristisch für die heutigen Pteropsiden ansieht,nbsp;erst innerhalb der Pteropsidenabteilung herausgebildet.
Geben wir aber einmal aus von diesen Merkmalen eines ,,typisclien“ heutigen Pteropsiden, z. B. eines Wurmfarnes (Dryopteris = Aspidium filixnbsp;mas) und vergleichen wir einen solchen Earn als „Typus“ (Abb. 114) sowohlnbsp;mit den Articulaten und Lycopsiden wie mit den Abweichern vom Pteropsiden-,,Typus“!
1. Die Farnpflanze ist ,,makrophyH“i), d. h. sie besitzt groBe, reich gegliederte, (oder jedenfalls mit reich verzweigter Aderung versehene) Laub-blatter (vgl. Abb. 114 und 132).
Ausnahmen finden sich einerseits bei den altesten Farnen (vgl. S. 188). Diese haben noch durchweg isolierte Phylloide wie die Rhyniaceen. Sie sind alsonbsp;eigentlich ,,mikrophyll“ gleich den Lycopsiden und Articulaten, zumal die Ein-teilung ihres Körpers in SproBachsen, Blatter usw. recht willkiirlich ist. Abernbsp;solche isolierte Phylloide haben sich durch Verschmelzung in einer Ebene zunbsp;,,makrophyllen“ Laubblattern, zu ,,typischen“ Farnwedeln gewandelt.
Eine weitere Ausnahme ohne ,,makrophylle“ Laubblatter sind fast alle Koniferen (,,Nadelhölzer“) mit ihren Nadelblattern. Dabei sehen wir davon ab,nbsp;Formen mit offensichtlich reduzierten Laubblattern, z. B. manche Angiospermen,nbsp;hier aufzufiihren.
Im Gegensatz dazu haben wir als Konvergenzerscheinung zum Pteropsiden-blatt schwacL ,,makrophyIle“ Blatter bei manchen Articulaten [Pseudoborniales (S. 162 und Abb. 93) und Sphenophyllales (vgl. S. 163 und Abb. 23 und 94)].
1) Wegen etwaiger philologisclier Bedenken vergleiche die analogen Ausfiilirungen fiir Makrosporen bei Goebel (1918, S. 904f.).
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Allgemeiner Aufbau.
2. Die Stele des Farnstammes zeigt eine sehr weitgehende Auflösung des Holzkörpers in einzelne Leitbündel.
Die groBen Blatter erzeu-gen namlich oberhalb der Ein-mündung der Blattspurstrange in der SproBachsen-Stele breitenbsp;Markstrablen (Abb. 114 undnbsp;115), die ,,Blattlücken“. Ebennbsp;durch diese Blattlücken er-scheint die Stele dann in einzelne Leitbündel zerlegt alsnbsp;Eustele oder als Polystele.
Namentlich für die Lycopsiden ist es dagegen charakteristisch,nbsp;daB sieh die von kleinen Blat-tern herkommenden Blattspurstrange der Stele auBen an-schmiegen, obne hier Blattlücken zu erzeugen. Zweifel-los besteht ein ökologischernbsp;Zusammenhang zwischen dernbsp;GroBflachigkeit des Blattesnbsp;und der GröBe der Blattlücken, da deren parenohy-matisches Gewebe die im Blattnbsp;gebildeten Assimilate auf-nimmt. Audi hier lindennbsp;wir j edoch bei den Stelen dernbsp;altesten Pteropsiden Ausnah-men. Diese schlieBen sichnbsp;namlich eng an die Protostelennbsp;der Khyniaceen an, so daB wirnbsp;auch hier ein weiteres ,,ty-pisohes“ Pteropsidenmerkmalnbsp;in der Phylogenie entstehennbsp;sehen. — Die Blattstele er-fahrt bei den Farnen einenbsp;entsprechende Umbildung.
3. Die Sporangien stehen an Sporophyllen, abernbsp;nicht achselstandig wie beinbsp;den Lycopsiden, Spheno-phyllen usw., sondern blatt-randstandig oder auf dernbsp;Blattflache.
Abb. 113. Stammbaum der Filicinae (ohne Hydropterides).]
I Klasse der Primojilices.
11 Klasse der Filicinae eusporangiaiae. lil Klasse und Ordnung der Osmundales.
IV Klasse der Filicinae leptospomngiatae. (Original.)
Wieder machen sowohl die altesten Pteropsiden [Coeno-pteridales s. str.) mit ihrennbsp;terminalen Sporangienalsnbsp;auch die Koniferen mit ihren
1) DaB auch manche andere rezente Pteropsidensporophylle nur schlecht dem „Typus“ des Farnsporophylls einzuordnen sind, wird unten S. 270 und 298 naher ausgeführt.
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5. Abt.: Pteropsida.
an die Lycopsideii gemahnenden blattachselstandigen Makrosporangien eine Ans-nahme. Ja, selbst bei hentigen Pteropsiden finden wir noch terminalstehende Makrosporangien, wie wir das oben fiir Ginkgo (S. 21) bereits geschildert haben.
Wir werden darum unser besonderes Augenmerk auf die phylogenetische Herausbildung dieser 3 ,,typischeii“ Pteropsideiimerkmale lenken: das groB-fliichige Blatt, die durch Blattliickennbsp;unterteilte Stele und die Sporophyll-gestaltung. Weitere Gesichtspunkte er-geben sich aus der iiblichen Gliedemngnbsp;der Pteropsiden nach ihrer Fortpflan-zung in folgende vier Hauptgruppen:
A. Filieinae oder echte Fame.
1) nbsp;nbsp;nbsp;isospore Fame (Filices),
2) nbsp;nbsp;nbsp;heterospore Fame (Hydro-pterides).
(also den isosporen nnd he-terosporen Lyoopsida ent-sprechend).
B. nbsp;nbsp;nbsp;Oymnospermen.
Umwandlung des Makrosporangiums in Samenanlagen, die wahrend der Bestaubung nicht vom Makrosporophyll uinwachseti sind.
(also eine Parallelbildung zu den Lepidospermen).
C. nbsp;nbsp;nbsp;Angiospermen.
Bbenfalls durch die Umwandlung der Makrosporangien zu Samenanlagen charakterisiert; diese sind abet wahrend der Bestaubung vom Makro-sporophyll umwachsen.
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Übersicht; Cladoxylales.
GewiB gelangt man auf diese Weise zu phylogenetisch voiieinander ge-sonderten Grappen. Mehr und niehr hat aber die Überzeugung Boden gewonnen, dab es sich keineswegs um eine einzige phylogenetische Reihe handelt, sondern urn Organisatiensstufen, die in vepchiedenen Reihen mehr als einmalnbsp;erreicht wurden. Das gilt vor allem für die heterosporen Fame und vielleichtnbsp;für die Gymnospermen. Jedoch scheint mir eine Aufteihmg dieser beidennbsp;Gruppen auf andere Pflanzengruppen heute noch allzu problematisch;nbsp;deshalb habe ich hier das alte Einteilungsschema zur Darstellungnbsp;benutzt.
1. nbsp;nbsp;nbsp;Cladoxylales |nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;L Isospore Fame.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Coenopteridales \Pnmofilices: Ganz aufs Palaozoikum (Ob.-Devon — Kar-
3. nbsp;nbsp;nbsp;ArchaeoptenAales\hon, Nachzügler im Eotliegenden) beschrankt. Haupt-
4. nbsp;nbsp;nbsp;Marattiales
5. nbsp;nbsp;nbsp;OpMoglossales
charakteristika der Fame noch nicht ausgebildet, d. h. Sporangien noch wie bei den Rhyniaceen terminalstandignbsp;an den Trieben; meist blattlos oder mindestens ohne groB-flachige Blatter; Stele = Protostele, bzw. verschiedennbsp;stark entwickelte Glieder der Aktinostelenreihe.
I Filicinae eusporangiatae: Hauptentfaltung im Palaozoikum, mit einigen Form en bis hen te reichend.
Die oben erwahnten Farnmerkmale schon mehr oder weniger deutlich ausgebildet (Stelenbau allerdings haufignbsp;noch nicht ,,typischquot;). Achsen und Sporangien werdennbsp;meist noch aus einem Vegetationspunkt mit mehrzelligernbsp;Initialgruppe gebildet. Die Sporangienwand besteht imnbsp;ausgebildeten Zustand aus mehreren Lagen.
6. nbsp;nbsp;nbsp;Osmundales Übergangsgruppe zwischen eusporangiaten und leptospor-
angiaten Farnen.
7. nbsp;nbsp;nbsp;Filicinae leptosporangiatae: Vorkommen (abgesehen von einigen palao-
zoischen Vorlaufern) mit der Hauptmasse im Mesozoikum und Neozoikum; Farnmerkmale typisch ausgebildet, Vegetationspunkt der Achsen und Sporangien mit einernbsp;Scheitelzelle, Sporangienwand im reifen Zustand ein-schichtig.
1. Ordn.: Cladoxylales.
Die Stellung der hierher gehörigen Gattungen: Cladoxylon (Abb. 116) und Völkelia aus dem M.-Devon und Unterkulm ist recht unsicher. Bemerkenswertnbsp;ist jedeufalls die groBe morphologische Ahnlichkeit mit Pseudosporochnus (S. 111nbsp;und Abb. 45). Wie diese zu den Psilophyten gerechnete Gattiing vermitteln auchnbsp;die Cladoxylales zwischen Psilophyten und Farnen. Wir sehen die Organe einernbsp;Farnpflanze sozusagen in statu nascendi: die basalen Teile der ganzen oberirdischennbsp;Pflanze schlieBen sich zu einem strauchig-gabelig verzweigten Stammohen zu-sammen (Abb. 116 a), die Endverzweigungen bilden noch kleinflachige, unregel-maBig gabelig verzweigte Blattohen (Abb. 116 b) oder wenn sie fertil sind, ahn-lich gebaute Sporangiengruppen, d. h. Sporophylle mit randstiindigen Sporangien
(Abb. 116 o).
Höchst eigentümlich gebaut ist jedoch die reichgegliederte Stele, die an die Pteridospermengruppe der Medullosaceae (vgl. S. 254) anklingt, so daB wir bei
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5. Abt: Pteropsida.
dieser Samenpflanze nochmals auf die Cladoxylales zurückkommen werden. Cladoxylon war effenbar isospor.
Abb. 116. Cladoxylon scoparium Krausel u. Weyland.
(Ob. M.-Devon.)
a Habitus rekonstruiert. Vergr. ca. ^/gmal. b Blattchon. c Sporangiengruppe. Vergr. ca. Smal.
(Aus Krausel und Weyland, 1926, Taf. 17, Fig. 34 und 38.)
Da die Cladoxylales aber deutlioh eine Parallelgruppe zu den übrigen Farnen darstellen, konnen wir uns hier mit dieser kurzen Notiz begnügen nnd mit dernbsp;Feststellung, daB anch die Pteropsidenabteilung ziinach.st in besonderer Formen-mannigfaltigkeit auftritt.
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Coenopteri dales.
IVir verdanken es erst den palaobotanischen Untersuchungen aus den letzten Jahren, daB diese rein palaozoische Farnordnung ihrer phylogenetischen Be-deutung entsprechend gewiirdigt werden konnte. Die so eigenartige Morpho-logie der Coenopteridales ist in ihren mannigfaltigen Abwandlungen allerdingsnbsp;schon lange bekannt. Die Arbeiten von Tansley (1907), P. Bertrand (1909),nbsp;Kidston und Gwynne-Vaughan (1911) haben die wichtigsten Erkennt-nisse zutage gefordert. Aber erst die Psilophytenuntersuchungen der letztennbsp;Jahre haben die Übergangscharaktere der Coenopteridales ins richtigenbsp;Licht geriickt.
Denn diese Coenopteridales vermitteln in einer ganzen Keihe von Merkmalen zwischen den Psilophyten (d. h. vor allern den Bhyniaceen) und den ,,typischen“, heute noch existierenden, Farnen. Sie bilden in iihnlicher Weisenbsp;eine Ausgangsgruppe zu den Ptero-psiden, wie die Hyeniales einenbsp;Ausgangsgruppe zu den Articulatennbsp;sind.
Das Vorkommen der Coenopteridales deckt sich ungefahr mit dem der Lepidophyten und Cala-miten; es erstreckt sich vom Ober-Devon bis zum Kotliegenden niitnbsp;einem Hohepunkt der Formenneu-bildung im oberen Unterkarbon.
Wir greifen wieder der leich-teren Darstellung wegen eine be-sonders gut bekannte Form als ,,Typus“ der Coenopteridales hermsnbsp;und schildern erst einmal rein be-schreibend ihre Gestalt:
A. Stauropteris Oldhamia Binney
wie wir namentlich
aus dem Ob.-Karbon. Doch sei betont, daB dies Verfahren dernbsp;„Typus“-Auswahl bei den Coenopteridales keineswegs einfach und einwandfrei istnbsp;hinsichtlich des Stelaraufbaus noch erlautern werden.
AuBere Morpliologie der vegetativeii Teile.
a) nbsp;nbsp;nbsp;Unterii'dische Orgaiie. Die in der Erde wurzelnden Teile vonnbsp;Stauropteris kennen wir nicht. Aber wegen der Übereinstimmung mit anderennbsp;Coenopteridales diirfen wir sicher schlieBen, daB Stauropteris noch ahnlich wienbsp;die Psilophyten ein kriechendes Rhizoin von einfachem Bau, d. h. mitnbsp;gabeliger Verzweigung und zentraler Protostele besessenhat. Abb. 117nbsp;gibt den Querschnitt durch das Rhizom einer verwandten Form wieder. Jeden-falls ist dieser Rhizombau bei den Coenopteridales weit verbreitet.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Oberirdische Orgaiie. Am besten bekannt ist das „Blatt“nbsp;(Abb. 118). Ein solches „Blatt“ ahnelt allerdings auf den ersten Bliek mehrnbsp;einem buschigen Zweig^) als jenem „Typus“ des Blattes, den wir von den Laub-
1) Man hat darum schon debattiert, ob diese oberirdischen Triebe ,,eigentlich“ Blatter Oder Achsenorgane seien. Unsere an rezenten Pflanzen geformten Bogriffe sind hier wieder
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blattern der rezenten Far-ne abstrahiert haben; ja beim ersten Anblick einesnbsp;solchen ,,Blattes“ könntenbsp;man zweifeln, ob es sichnbsp;•wirklich um einen Farn-wedel handelt. Und nurnbsp;die tJbereinstimmung mitnbsp;anderen farnahnlicherennbsp;Vertretern der Coenopteri-dales rechtfertigt unserenbsp;Bezeichnung. Der ab-weichende Habitus desnbsp;Stauropteris - Blattes hatnbsp;vor aliem zwei Gründe:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Die ,,Rhachis“, d.nbsp;h. die Achse 1. Ordnung,nbsp;ist fast genau so gebautnbsp;wie die Fieder 1. bisnbsp;letzter Ordnung. Mit anderen Worten, das ganzenbsp;Gebilde reprasentiertnbsp;noch, wie bei dennbsp;Rhyniaceen, ohneaus-gesprochene Arbeits-teilung die ,,Spro6-aohse“, „Blatter“ undnbsp;„Fiederquot;. Es ist ein un-diff erenzierter Telomstand.nbsp;Alle Teile sind noch wienbsp;bei Rhynia stielrund.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Sie liegen auclinbsp;noch keineswegs in einernbsp;einzigen Ebene wie dienbsp;Blatteile eines rezentennbsp;Farnblattes; die Fiedernbsp;sind namlich nicht zwei-zeilig, sondern vierzeilignbsp;gestellt.
lm Gegensatz zu den Rhyniaceen ist allerdingsnbsp;der ,,Blatt“-Aufbau und
Gimiial zu eng für diese alten Formen. Wir gebrauchen alsonbsp;hier die üblichen Begrifle undnbsp;Worte; ,,Bhachis“, ,,Fiederquot;nbsp;usw. im erweiterten Sinne, weilnbsp;sie — was gerade bei den Coeno-pteridales zu verf olgen ist — dennbsp;,,typischen“ Farnblatternhomo-gonetisch sind. Das schliebtnbsp;nach unseren phylogenetischennbsp;Anschauungen eine gemeinsamenbsp;])hylogenetisehe Beziehung zunbsp;Achsenorganen nicht aus (vgl.nbsp;auch S. 65 ff,).
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Stauropteris.
seine Verzweigung schon durch sehr regelmaBige und etwas kompliziertere Architekturgesetze bestimmt (vgl. Abb. 118). GewiB, die gabelige Ver-zweignng, die bei den Rhyniaceen allein verhanden war, findet sich auchnbsp;hier noch; alle Seitenfieder 1. und höherer Ordnung stehen paarig, je einnbsp;Paar rechts und links abwechselnd; d. h. sie bestehen eigentlich aus einemnbsp;auBerst kurzen bzw. völlig reduzierten Seitenast, der sich sofort beim Verlassen der Hauptachse gabelt. lm übrigen setzen sich jedoch die Hauptachsenbsp;und die ganz gleich gestalteten Fiederachsen 1. und 2. Ordnung monopodialnbsp;fort. Nur die Achsen letzter Ordnung sind zweizeilig gestellt. Kurz, wir habennbsp;eine eigentümliche Kombination von gabeliger und nionopodialer Verzweigungnbsp;in recht starrer Regelfolge.
Eigentümlich sind auch die nebenblattahnlichen ,,Aphlebien“, jeweils an der „Blatt-“ bzw. „Fiederbasis“ (vgl. Abb. 118 B sowie S. 204).
Der Stelenbau (Abb. 119) entspricht der kreuzweise vierzeiligen Fieder-anordnung. Wir haben eine vierstrahlige Aktinostele (Abb. 119, 120); jeder Strahl oder ,,Kreuzarm“ i) tragt (fast annbsp;seinem Ende) eine Protoxylemgruppe. Beachtens-werterweise liegen diese Protoxylemgruppen jedoch strenggenommen noch wie bei Asteroxylonnbsp;,,mesarch“, d. h. wie bei Asteroxylon urngibt einnbsp;schmaler (meist aus einer Tracheidenreihe be-stehender) Metaxylemmantel jede einzelne Protoxylemgruppe auch an ihrer peripheren Seite.
Dies gibt ahnlich wie für Asteroxylon (vgl. oben S. 116) einen Fingerzeig für die mutmaBliche Phylo-genie der Coenopteridales-Stele. Einzelheiten be-sprechen wir unten (S. 19.3) im Zusammenhangnbsp;mit den anderen Fornien.
Von jedem Kreuzarm nimnit unter Teilung des Protoxylems (vgl. Abb. 119, 120) eine Seiten-stele, d. h. die Blattspur eines Fieders, ^ ihrennbsp;IJrsprung. Wie oft bei den GefaBpflanzen ist dienbsp;Stelengliederung in dickeren Achsen reicher alsnbsp;in schwacheren. Bei den Hauptachsen haben wirnbsp;eigentlich eine Plektostele (Abb. 120), die 4 Armenbsp;liegen ziemlich isoliert; bei den Achsen höherernbsp;Ordnung ist die Stele dagegen geschlossen, alsonbsp;eine echte Aktinostele.
Die Protoxylemtracheiden besitzen schraubenförmige, die Metaxylem-traeheiden treppenförmige Wandverdickungen. Das gegen die Rinde unscharf abgegrenzte Phloem urngibt das Xylem noch als geschlossen er Mantel. Nanient-lich in den letzten Auszweigungen besitzt die Rinde eine Art „Palisaden-parenchymquot;, Wohl ein Anzeichen hochentwickelter Assimilationsfahigkeit.
Stauropteris war isospor. Mindestens kennen wir von keiner einzigen Coenopteridale bisher Makrosporen; auch hat Scott im Sporangium vonnbsp;Stauropteris gekeimte Sporen gefunden, wodurch ihre Deutung als Mikrosporennbsp;höchst unwahrscheinlich ist. Die Sporangien standen terminal (Abb. 121/22),
1) = Ersatzstücke = sidepieces = pieces réceptrices.
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5. Abt.; Pteropsida.
d. h. sie sind noch recht ursprünglich gestaltete fertile Telome wie bei den Psilophyten. Auch die Anwesenheit von Stelen in ihreni Stiel (insbesondere beinbsp;Botryofteris) sowie die durchweg mehrschichtige Wandung beweisen diesen ur-spriinglichen Charakter. Die Öffnung ist apikal vorgezeichnet dutch dünn-wandige Zeilen, wahrend weiter basalwarts die Aubenschicht der Sporangien-
wand aus dickwandigen Zeilen von Annuluscharakter (Abb.nbsp;,Prnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;12.S) besteht. Abgesehen von
Pr j nbsp;nbsp;nbsp;den oben erwahnten Keimungs-
stadien der Sporen, ist der
a) nbsp;nbsp;nbsp;Rhachis mit Aktinostole, quer. Vergr. 20mal. Pr = Protoxylem.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Stele allein. Vergr. 27mal. Pi—Pi = die 4 Protoxylemgruppen: links ungeteilt, rechtsnbsp;geteilt.
c) nbsp;nbsp;nbsp;Rhachis bei Abgabe eines Fiederpaares (nach links unten). Vergr. 16mal.
(x\iis Bertrand, 191,S, Fig. 17, und Originale. Schliffsamml. Berlin Nr. 62 und 390.)
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Coenopteridales.
Wir beschranken uns auch hier auf die allgemei-ner interessierenden Daten.
Dabei wollen wir jedoch die Schwierigkeiten einernbsp;vergleichend - phylogene-
Abb.121. SiauropierisOldhamia. Sporangium langs, st apikalenbsp;Oeffnungsstelle. Vergr. 35mal.nbsp;(Aus Scott, 1907, Fig. 16.)
Abb. 122. Zygopteris Lacattei. Sporangiengruppen gröiitenteils langsgeschnitten.nbsp;a gemeinsamer Stiel, m cinzelner Stiel,nbsp;b Sporangienwand, c Annulus, e Tapetum? / Sporen.nbsp;n apikale Oeffnungsstelle.
Vergr. 1 = 9inal; 2 = ISmal. (Aus Arber, 1913, Fig. 9.)
tischen Betrachtung der Coenofteri-dales nicht iibersehen. GewiB, in dieser altesten unzweifelhaften Farn-gruppe finden wir sehr viel primitive,nbsp;d. h. mit den Psilophyten iiberein-stimmende Merkmale; mehr primitive Merkmale als in irgend einer anderen Farngruppe! Aber keine ein-zige Coenopteridale vereinigt allenbsp;diese primitiven Merkmale. Es istnbsp;darum höchst zweifelhaft, ob dienbsp;bisher bearbeiteten Keste geradenbsp;den alleraltesten gemeinsamennbsp;Farn-Ahn enthalten, zumal zurnbsp;Coenopteridales - Zeit auch sohonnbsp;andere Pteropsidengruppen aufzu-tauchen beginnen. Wir konnen alsonbsp;nur sagen: die Coenopteridales standen — namentlich wenn wir sie innbsp;ihrer Gesamtheit betrachten dennbsp;eigentlichen Urfarnen auBerordent-lich nahe. Jedenfalls war es eine sehr reich verzweigte Pflanzengruppe.nbsp;Die Umbildungsvorgange innerhalbnbsp;der Coenopteridales verlieten in ge-sonderten Reihen. Es kann also |
Abb. 123. Sporangium zu einem Farn (wohl einem Vertreter der Coenopteridales) gehorig.nbsp;Unten der Annulus (vielreihig! die Zeilen dernbsp;darunter liegenden Reihe schimmern durch);nbsp;Oben die dünnwandige Oeffnungsstelle. Vergr. 270mal. (Original. Schliffsamml. Pflanzensystem. Inst. Berlin Nr. 17G.) |
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5. Abt.: Pteropsida.
eine Form (z. B. Stauropteris) in einzelnen Merkmalen (z. B. auBerer Mor-phologie und Sporangienbau) primitiv, in anderen Merkmalen (etwa Stelen-gestaltung)' abweichend differenziert sein. überdies haben sich sicher bei den Goenopteridaks auch Merkmale selbstandig herausgebildet, die bei den teute iiber-lieferten Farngruppen nicht wiederkehren; so z. B. die oben geschilderte eigen-tümliche Kombination von Fiederung und Gabelung. Zudem finden wir dienbsp;einzelnen Organe meist isoliert. Kurz, wir können auch hier wieder viel bessernbsp;die Umbildung der einzelnen Merkmale und Organe als dieUmbildungnbsp;der gesamten Pflanzen verfolgen. Ich verzichte daher auf eine gesonderte Dar-stellung der Coewopten'dales-Familien, -Gattungen usw., die sicher noch rechtnbsp;künstlich begrenzt sind, und beschranke mich darauf:
1. nbsp;nbsp;nbsp;die Differenzierung vonnbsp;Achsen und Blattern,
2. nbsp;nbsp;nbsp;die Haupttypennbsp;nbsp;nbsp;nbsp;der
Blattstele,
3. nbsp;nbsp;nbsp;die Haupttypennbsp;nbsp;nbsp;nbsp;der
Sporangien zu schildern.
1. Differenzierung von Achsen und Blattern.
Abb. 124. Ankyropteris Gmyi 'Wd. (O.-Karbon.) Querschliff durch die fünfstrahlige Stammstele. 1—5 Fünfnbsp;aufeinanderïolgende Stadiën der Abgliedernng von Blatt-spurstrangen: 4 ein sich loslösender, 5 ein losgelösternbsp;Blattspurstrang.
Vergr. 7mal. (Aus Bertrand, 1913, Fig. 34.)
Neben den obener-wahnten Khizomen finden wir bei manchen Coeno-ptendales gelegentlich auchnbsp;aufrechte Staniine. Einnbsp;solcher Stamm hat sichnbsp;auf 2 verschiedenen Wegennbsp;herausgebildet. Auf demnbsp;einen Entwicklungsweg er-hielt er eine prinzipiellnbsp;den Rhizomen gleichge-staltete Achse von Haupt-achsencharakter, indeni diese sich massiger entwickelte als die ,,Blattstiele“.nbsp;Hierzu gehorte wohl der Stamm von TubicauUs Cotta, der im Innern einenbsp;Protostele besaB und an seiner Peripherie wie viele heutige Farnstamme ver-starkt wurde durch sitzenbleibende „Blattfü6e“, d. h. durch die Basis der ab-gef all enen Blatter. Wir lemen spater einen ganz ahnlichen Stamm bei dennbsp;Osmundaceen kennen (vgl. Abb. 141). In der Anatomie wich von ihm dernbsp;Stamm von Ankyropteris Bertr., vermutlich ein Schlingfarn, mit seinernbsp;fünfstrahligen Aktinostele (Abb. 124) ziemlich stark ab. Prinzipiell ahnlichnbsp;gebaut, aber mit mehr als fünf Strahlen, war Asterochlaena Corda aus demnbsp;Rotliegenden, dessen Anatomie etwas an die Cladoxylales erinnert.
Einen anderen hochinteressanten Entwicklungsweg hat uns kürzlich Sahni (1928) aufgezeigt. Clepsydropsis australis Osb. bildet namlich einennbsp;„Schein“-Stanim’^) durch Verflechtung zahlreicher dünner Stammchen, dienbsp;Ankyropteris ahnlich sind und zahlreicher aufrechter Blattstiele, zwischennbsp;denen sich Whrzeln durchschlingen. Wir werden spater bei den Farnen nochnbsp;öfter einer Stammbildung begegnen, die gewissermaBen eine Kombinationnbsp;dieser beiden soeben genannten Typen darstellt (vgl. auch S. 208).
1) Tietea singularis Solms aus dem Permokarbon von Brasilien und vielleicht auch Tempsicya aus der Kreide haben nach Solms-Laubach sowie Kidston und Gwynne-Vaughan (1911) einen ahnlichen Stamm. Es handelt sich hier um Fame unsicherernbsp;Stellung.
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Coenopteridales, Sprosse.
An den B1 a 11 e r n der Coenopteridales laBt sich die allmahliche Entstehung des dorsiventralen Blattes gut verfolgen. Ben völlig radiaren Ausgangstyp vonnbsp;Stauropteris erwahnten wir oben. Eine erste Überleitung zum dorsiventralennbsp;Blatt zeigt z. B. Diplolabis Roenieri Bertr., weit verbreitet im U.-Karbon.nbsp;Hier war noch die Hauptachse des ganzen Blattes, die eigentliche „Rhachisquot;,nbsp;vierzeilig mit Fiedern 1. Ordnung besetzt. Diese Fieder selbst aber und die
Abb. 126. Ehaehis-Stelen einiger Coenopteridales in diagrammatischem Schema. (Nach Kidston und Gwynne-Vaughan IV, 1910, S. 472 und Originale.)nbsp;linten 1) und 2) Ausgangsïormen:
1) nbsp;nbsp;nbsp;hypothetischer (devonisoher ?) Urfarn.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Ckpsydropsis antiqua Ung. U.-Karbon. Markbildung in den beiden Strahlen und in dernbsp;Fiederstele links (ohne Verbindung mit Rinde!).
Mittlere Reihe (3 u. 4): Etapteridaceen.
Das Mark tritt mit der Rinde in Verbindung.
3) nbsp;nbsp;nbsp;Metaclepsydropsis duplex Will. U.-Karbon (ahnlich wie Diplolabis Römeri, vgl. Abb. 126nbsp;u. 127). Fiederstele anfangs noch ungeteilt, Mark daher anfangs (rechts) noch vom Xylem
umschlossen.
4) nbsp;nbsp;nbsp;Eiapieris diupsyhn Will. Ob.-Karbon. Fiederstele an der Basis bereits geteilt, dann vor-übergehend (entsprechend der Fiederspur links) wieder vereinigt. Mark tritt daher sehrnbsp;frühzeitig mit der Rinde in Verbindung.
Linke Reihe (5 u. 6): Stauropteriiaceae; ohne Markbildung, Aktino-Plektostele.
B) H^^pothetische Überleitungsform vom ,,Urfam“ zu Stauropteris.
6) nbsp;nbsp;nbsp;Stauropteris Oldhamia Binney. Ob.-Karbon.
Rechte Reihe (7 u. 8): Ankyropteris.
Mark ohne Verbindung mit der Rinde.
7) nbsp;nbsp;nbsp;A. Williamsoni P. Bertr. Ob.-Karbon.
8) nbsp;nbsp;nbsp;A. bibractensis Ren. Rotliegendes. Kreuzarme weitausladend, schwach dorsiventral.
Fieder höherer Ordnung waren durchweg in einer einzigen Ebene verzweigt; ihre Seitenorgane standen also nur noch in zweizeiliger, flachiger, echter Fieder-stellung.
Und doch war auch bei Diplolabis der Gesamteindruck eines solchen Blattes noch ziemlich buschig. Denn die Verzweigungsebene der Fieder 2. Ordnung
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ZimmermanD, Die Phylogenie der Pflanzen.
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5. Abt.; Pteropsida.
stand senkrecht auf der Verzweigungsebene der Fieder 1. Ordnung usw.; d. h. jedesFieder höherer Ordnung verzweigte sich senkrecht zur Verzweigungsebenenbsp;des sie tragenden Fieders niederer Ordnung.
Es gibt übrigens eine ganze Reihe solcher altertümlicher Formen, welche durch ihre nicht bzw. wenig flachenförmigen Telome und ihren mehr oder mindernbsp;buschigen Phylloidstand zu den Psilophyten vermitteln. Da ware die nochnbsp;weitgehend Psilophyten-ahnliche Gattung Milleria (Lang 1926) aus demnbsp;M.-Devon zu nennen. Auch Aneurophyton germanicum Krausel und Wey-land, eine vielleicht hierher gehorige Pteropside aus dem M.-Devon, besitztnbsp;noch nach Krausel und Weyland (z. B. 1929, S. 354) eine etwas unregel-miiBige Verzweigung der Triebe nach allen Richtungen des Raums.
Diese letztgenannte Form weicht allerdings in ihrer inneren Anatomie, insbesondere durch die drei-strahlige Aktinostele und das Sekundarholz starknbsp;von den übrigen Coenopteridales ab, so dab sie so-wohl an die Sphenophyllales wie an manche zu dennbsp;Samenpflanzen gestellte Hölzer (S. 256) anklingt. Wir
Abb. 126. Rhachis (quer), in der Mitte die vierstrahlige Stele.
Pi—Pi = die vier Protoxylemgruppen.
M = Metaxylem; E = Endodermis.
K — Rinde. Rechts ein zu den Seitenfiedern führender Fiederspurstrang. (Original, Schliffsamml. Tub. Bot. Inst. Nr. 209.) Vergr. Smal.
Abb. 127. Modell des Rhaohis-Xylems. (Nach Posthumus, 1924, Fig. 8.)
nennen Aneurophyton zunachst einmal hier, da die Fortpflanzungsweise noch nicht recht geklart ist.
Manche Coenopteridales leiten aber doch schon sehr stark zu den „typischen“ Farnwedeln über; z. B. bei Etapteris Lacattei Ben. aus dem Rot-liegenden sind alle Fiederchen nahezu völlig in eine Ebene gedreht. Ja, dienbsp;Fiederchen letzter Ordnung sind bereits flachig verbreitert. Es labt sich allerdings schwer übersehen, wie weit solche völlig farnartig differenzierte Formennbsp;unter den Coenopteridales verbreitet waren.
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Coenopteridales, Rhachis-Stele.
2. Blatt- (= „Rhachis“-)Stele.
Sie bietet der phylogenetischen Bctrachtung die schwierigsten Problcme. Es lassen sicli nainlich bei den Coenofteridales niindestens 3 getrennte llifferen-zierimgsreiben (s. Abb. 125) verfolgen,nbsp;die von einer geineinsamcn Ausgangs-form ausstrahlen. diabeifliandelt es
sicli vor allem uni folgende 3 elemen-tare IVandlungs-prozesse:
a) nbsp;nbsp;nbsp;Herausdifferen-ziernng der vier-strahligen Ak-tinostele, dienbsp;Strahlen ver-starken die Stelenbsp;mechanisch.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Markbildungnbsp;(„Medullation“),
c) nbsp;nbsp;nbsp;dorsiventralenbsp;Umbildung dernbsp;Stele (Hand innbsp;Hand mit demnbsp;Dorsiventral-werden der Blatter (vgl. z. B.nbsp;Abb. 129).
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5. Abt.; Pteropsida.
Das Bild, das mr uns heute von diesen 3 Vorgangen machen können, ver-anschaulichen wohl die Abb. 125—129 zur Genüge. Da wir die prinzipiell wichtigsten llmbildungsprozesse bei anderen Gruppen in ganz gleicher Weisenbsp;noch verfolgen können (z. B. die MeduUation bei den Osmundaceen, S. 211),nbsp;mag ein Hinweis auf diese Abbildungen genügen.
3. Fortpflanzungsorgane.
Die Sporangien zeigen 2 Differenzierungserscheinungen:
1. Z. B. bei Etafteris Lacattei (Abb. 122) sind die dickwandigen „Annulus“-Zellen auf Langsreihen reduziert. Wir haben also ein ahnliches Bild wie beim Annulus rezenter Fame, aber dieser „Annulusquot; von Etapterift besteht nochnbsp;aus mehreren Zellreihen (ahnlich wie bei Abb. 123).
2. Z. B. Corynepteris aus dem Ob.-Karbon besitzt Synangien wie manche heutigen Ma-rattiaceen, d. h. die Sporangien sind seitlichnbsp;miteinander verwachsen (Abb. 130).
Die nun folgenden Gruppen der Pter-opsiden sind gemeinsam durch den Besitz echter Laubblatter charakterisiert. Vor allemnbsp;finden wir hier ,,Pteridophyllenquot;, d. h. grofi-flachige, unseren rezenten Farnen recht ahn-liche Blatter, die sich vermutlich parallelnbsp;in verschiedenen Pteropsidengruppen heraus-differenziert haben.
Abb. 130. Corynepteris Synangien. Bei b an Fiederohen des schonnbsp;recht farnühnlichen Wedels sitzend.nbsp;(Aus Lotsy, 1909, Fig. 393.)
Solohe Pteridophyllen waren wohl die ersten fossilen Pteropsidenreste, die man als Abdrückenbsp;aus dem Palaozoikum kennen lernte. Sie sindnbsp;namentlich im Karbon auBerst haufige Fossiliennbsp;und fehlen kaum in einer Versteinerungssamm-lung mit palaozoischen Pflanzenresten. Natur-gemaB rechnete man sie zunachst alle zu dennbsp;echten Farnen, so daB man direkt von einem Farn-zeitalter sprach. Spater schlug die Beurteilungnbsp;allerdings ins Gegenteil um. Zeiller (1905) ver-trat z. B. gelegentlich die Auffassung: ,,die Famenbsp;fehlten zwar im Palaozoikum nicht ganz, sienbsp;spielten aber eine ganz untergeordnete Bolle.“nbsp;(Aehnlich auch Kidston und Soott 1928.)
Beide extreme Auffassungen haben sich wohl im allgemeinen heute in einer mittleren Linie geeinigt. Woher kam aber diese wechselnde Beurteilung? Nun,nbsp;nicht alles, was wie ein Farnblatt aussieht, gehort auch zu echten, d. h. iso-sporen Farnen. In der Vergangenheit haben auch samentragende Pflanzen,nbsp;insbesondere Pteridospermen, Cycadophyten und vielleicht auch Angiospermennbsp;neben den echten Farnen ,,Pteridophyllenquot; getragen. Bei der meist isoliertennbsp;Überlieferung der fossilen Beste konnte man anfangs ihie Zugehörigkeit nichtnbsp;bestimmen. Auch heute ist bei der übergroBen Menge der Pteridophyllen ausnbsp;dem Palaozoikum eine sichere Bestimmung, vor allem die Entscheidung dernbsp;Frage: ,,Farn oder Pteridosperme ? “ nicht möglich.
Wir betrachten daher hier die Pteridophyllen zunachst einmal im Zusammen-hang. Auch dabei ergeben sich für die Organphylogenie wichtige Daten. Der
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Pteridophyllen.
Ausgangstyp des Pteropsidenblattes, der Phylloidstand nach Art der Rhynia-ceen bzw. Coenopteridales war effenbar für alle diese Pteridophyllen genieinsam, und auch die Weiterentwicklung ging in den verschiedenen Gruppen, z. B. dennbsp;Farnen und Pteridospermen, weitgehend parallel.
Die allgemeinen Richtlinien dieser Phylogenie haben wir schon bei den Coenopteridales angebahnt gefunden (S. 193 ff.) und bei der allgemeinen Kormo-phytenmorphologie ausführlicher geschilder! (S. 68); ich kann niich dahernbsp;hier mit einer kurzen Zusammenfassung und einer Schüderung der Pterido-phylleneigentümlichkeiten begnügen. Fol-gende drei Hauptpunkte finden wir beinbsp;der Entstehung der Pteridophyllen odernbsp;der makrophyllen Pteropsidenblatter:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Verzweigung aller Achsen (Rha-chis, Fieder usw.) in einer Ebene.
Ausnahmen (abgesehen von vielen Coeno -pteridales) nur die Ophioglossales.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Flachigwerden der Phylloidenbsp;und mehr oder weniger weitgehendenbsp;seitliche Verwachsung.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Umwandlung der ursprünglichennbsp;gabeligen Phylloidvereinigung in fie'nbsp;drigen bzw. noch komplizierteren Auf-bau. Diese letzteren Ümbildungsvorgangenbsp;beziehen sich sowohl auf den Gesamt-wedelaufbau wie auf die Aderung dernbsp;Blattflache.
a) Gesanitwedelaufbau
(Verzweigung der Rhachis).
Der Gesanitwedelaufbau wechselt; einmal in der Zahl der Verzweigungs-stellen und dann in der Verzweigungsart:nbsp;im Übergang von der gabeligen zur fie-drigen Verzweigung. Für den Wechselnbsp;in derZahl der Verzweigungsstellennbsp;lafit sich kaum eine bestimmte Ümwand-lungstendenz angeben. Man kann beinbsp;einem Wedel sehr leicht beobachten, daBnbsp;oft ein einziges Fieder letzter Ordnung,nbsp;ein Phylloid, einem ganzen, reichver-zweigten Fiedersystem homolog ist undnbsp;umgekehrt. Im einen Fall hat also dernbsp;Vegetationspunkt nur ein einziges Phylloid ausgebildet, im anderen Fall hat
der entsprechende Vegetationspunkt seine Tatigkeit erst eingestellt, nachdem er sich reicher verzweigt hat. Dieser Wechsel in der Verzweigungskraft dernbsp;Vegetationspunkte macht sich bei nah verwandten Arten, bei Individuennbsp;derselben Art, ja bei Wedeln derselben Pflanze bemerkbar. Meist sind dienbsp;zuerst ausgebildeten Blatter viel schwacher verzweigt als die spateren. Esnbsp;ist offensichtlich, daB die Verzweigungskraft der Blattvegetationspunkte sowohl in der Ontogenie wie in der Phylogenie bald verstarkt und bald ge-schwacht werden konnte. Wir sprechen dann entweder von ,,Spaltung“ odernbsp;von völliger „Verwachsungquot; (vgl. Abb. 23 und S. 371).
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5. Abt.: Pteropsida.
Für den Wechsel in der Verzwelgungsart nur einige konkrete Bei-spiele; lm Paliiozoikum finden sich noch viele Pteridophyllen niit echt gegabelter Rhachis. Ein herühnites Beispiel ist die Pteridosperme Lyginodendron Old-Jiamium (Abb. 167) aus deni Ob.-Karbon (vgl. auch Abb. 163). Bei anderennbsp;palaozoischen Pteridophyllen, z. B. bei Callifteridium Ptendium Schlotheininbsp;(Abb. 131) aus dem Karbon von Conimentry, wohl ebenfalls einein Pterido-spermenblatt, ist dieser Übergang vom gabeligen Ban zuni fiedrigen sehr wohlnbsp;zu beobachten. Die Verzweigung der Hauptachsen ist ini Grunde noch reinnbsp;gabelig. Aber eine der beiden Gabelachsen überwiegt dadurch, dab sienbsp;allein die weitere Verzweigung übernimmt. Heute herrscht bei den Blatternnbsp;ausgewachsener Pteropsiden fast immer die fiedrige Achsenverzweigung.
b) Aderung der Blattflache.
Es lassen sich hier vier verschiedene Stuf en verfolgen;
a) Bei den ob.-devonischen und u.-karbonischen Pteridophyllen überwiegt durchaus die Gabeladeruiig, wie z. B. bei den ob.-devonischen Archaopteridennbsp;(Abb. 132 a). Wenn diese Gabelungen sehr haufig und dicht aufeinander folgen,nbsp;spricht man von Facher- bzw. Paralleladerung.
(3) vom mittleren Karbon bis zum Rotliegenden dominiert die Fiedcr-aderung (Abb. 132 b—h).
y) Vom oberen Karbon ab (in der Hauptsache jedoch erst im Mesozoikum, insbesondere Keuper) anastomosieren die Adem miteinander, es entwickeltnbsp;sich die ,,Masehenaderung“ (Abb. 133), welche ja z. B. für die heutigennbsp;Angiospermen, aber auch für manche Fame und andere Pteropsiden durchausnbsp;charakteristisch ist. Goebel (1922) hat bei rezenten Farnen die Entstehungnbsp;solcher Anastomosen verfolgt und gefnnden, dab 2 Adem, die sich berühren,nbsp;zuniichst unabhangig wie beim Fieder- oder Gabeltyp angelegt werden. Dannnbsp;aber stellt das Meristem des Füllgewebes an der künftigen Berührungsstellenbsp;zwischen den Adem sein Wachstum ein, so dab die Adem in unmittelbareninbsp;Zusainnienhang bleiben. Auch hier wiederholt also die Ontogenie die Phylo-genie; denn es ist durchaus anzunohmen, dab die Maschenaderung aus dernbsp;Fiederung durch eine entsprechende Waohstumsdifferenzierung ini Füllgewebenbsp;entstanden ist (vgl. z. B. Potonié 1912, S. 114 ff.).
S) Ini Laufe der Phylogenie ist diese Maschenaderung selbst wieder koiu-plizicrter geworden. Seit dem Keuper, vor allem seit dem Rhat, tritt neben der einfachen Maschenaderung auch eine doppelte oder vielfache auf, wie wir sienbsp;regelmabig bei den Angiospermen beobachten können.
Neben den abgeleiteteren Typen blieben allerdings auch ursprünglichere Formen, namentlich in der Gruppe der echten Fame und der Pteridospermen,nbsp;erhalten. 1 )ie gabelige und fiedrige Aderung bezeichnet man hier auch als offene.nbsp;Goebel (1922) betont, dab sie gerade bei den auch sonst primitiv organisiertennbsp;Farnfamilien besonders stark vertreten ist.
Die wichtigsten ,,Pteiidophyllen“-Gattungen (besser als Formentypen der Blatter zu bezeichnen), auf die wir an verschiedenen Stellen im Laufe der Binzel-besprechungen zurückkommen, seien hier im Zusammenhang aufgeführt^):
a) Archaeofteris (Abb. 132 a): Fiederchen klein, Facheraderiing, Enden der Telome ineist noch nicht völlig verwachsen, Fiederblattchen daher am Randenbsp;zenschlitzt. Vermutlich echte Fame, O.-Devon (vgl. unten S. 200).
1) Die systematischen Schwierigkeiten bringen es mit sich, dafi fast jeder Autor die Cattungen anders abgrenzt. Die obige Zusaiumeiistellung soil daruin nur ein Anhaltspunktnbsp;für das Verstiindnis der im Text weiterhin genannten Formen sein.
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Pteridophyllen.
b) Sphenopteris Brongn. (Abb. 132b): Fiederchen klein; am Grunde keilförmignbsp;oder eingeschnürt. Fiederaderung. Besonders zierliohe, oft reich gegliederte undnbsp;groBflachige Blatter. Wohl vorzugsweise Pterido.spermen. Hauptverbreitungnbsp;unt. iind mittl. Ob.-Karbon, aber ahnliohe Blattgestaltung bei Farnen durcbsnbsp;ganze Mesozoikum bis heute.
Abb. 132. Die wichtigsten Typen der palaozoischen Pteridophyllen.
a) nbsp;nbsp;nbsp;Archaeopteris. Beispiel: Archaeopteris hibernica (Forb.). (Ob.-Devon.)
b) nbsp;nbsp;nbsp;Sphenopieris. Beispiel: 8ph. elegans, auch Diplotmema (Sph.) adiantoides Schloth. Fiedernbsp;ca. 2. und 3. Ordnung. (O.-Karbon.) (Nacli Gothan, 1921, Fig. 17 b und Original).
(Nach Potonié, 1912, Fig. 84.) (Original, Geol. Inst. Tübingen.)nbsp;(Original, Geol. Inst. Tubingen.)
c) nbsp;nbsp;nbsp;Pecopteris. Beispiel: Asierotheca (Pecopteris) Miltoni (Artis) sp. Fieder 2. Ordnung.nbsp;(Ob.-Karbon.)
d) nbsp;nbsp;nbsp;Neuropteris. Beispiel: Neur. Schützei Pot. (Ob.-Karbon.)
e) nbsp;nbsp;nbsp;Aleihopteris. Beispiel: Al. Serli Brongn. (0.-Karbon-Porm.(
f) nbsp;nbsp;nbsp;CalKpteris. Beispiel: Callipt. conferta Brongn, (Perm.)
g) nbsp;nbsp;nbsp;Taeniopteris. Beispiel: Taeniopt. jejunata Gr. Eury. (Perm.) (Gothan, 1921, Fig. 60.)
h) nbsp;nbsp;nbsp;Glossopteris. Beispiel: Glossopt. Browniana Brongn. (Permokarbon der Gondwanalander.)nbsp;(Gothan, 1921, Fig. 96.)
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5. Abt.: Pteropsida.
c) Pecopteris Brongn. (Abb. 132 c): Fiedercben mit breiter Basis ansitzend,nbsp;Seitenrander uiigefahr parallel, Fiederaderung ohneNebenadern. Wohl vorwiegendnbsp;Fame (die palaozoischen meist zu den Marattiales gehorig). Vorkommen: Ob.-Karbon (vorwiegend ob.) bis Rotliegendes, ahnliche Blattgestaltung bis hentenbsp;(z. B. Dryopteris filix mas) vertreten.
d) nbsp;nbsp;nbsp;Neuropteris Brongn. (Abb. 132 d): Fiederchennbsp;im Gegensatz zu Pecopteris mit sch maler Basis ansitzend (daher haufig isoliert zu linden). Fieder-aderung (seltener Maschenaderung— „lAnopterisquot;).nbsp;GroBe Wedel, vorzugsweise zu den Pteridospermennbsp;(Medullosen) gehorig. Vorkommen: mittleres undnbsp;oberes Oberkarbon (seltener im Rotliegenden).
e) nbsp;nbsp;nbsp;Alethopteris Sternberg (Abb. 132 e); wienbsp;Pecopteris, aber Fiederchen mit Nebenadern ausnbsp;der Rhachis und am Grunde zusammenlaufend.nbsp;Wohl vorwiegend Pteridospermen (Medullosen).nbsp;Vorkommen: Ob.-Karbon (vorzugsweise mittleresnbsp;Ob.-Karbon).
f) nbsp;nbsp;nbsp;Callipteris Brongn. (Abb. 132 f): ahnlich wienbsp;Alethopteris, aber ,,Zwischenfiedem“. Wohl vorwiegend Pteridospermen. Beispiel: Callipteris con-ferta Brongn. Vorkommen: Rotliegendes, Naoh-zügler im Zeohstein.
g) nbsp;nbsp;nbsp;Taeniopteris Brongn. (Abb. 132 g); zungen-förmige ungeteilte oder höchstens einmal ver-zweigte Wedel. Fiederaderung. Vorkommen: ober-stes Oberkarbon-Rotliegendes. AuBerdem im Meso-zoikum ahnliche Blatter, die sicher zu den Cycado-phyten gehören.
h) Glossopteris Brongn. (Abb. 132 h): zungenförmige groBe, oft gestielte, ungeteilte Wedel. Maschenaderung mit Mittelnerv (Parallelform ohne Mitteladerung;nbsp;Gangamopteris Mc Coy. Mit Fiederaderung: LinguifoUum Arber). Wohl sichernbsp;Samenpflanzen. Vorkommen: im Bereich der „Gondwanalander“ (vgl. S. 363)nbsp;Permokarbon bis Rhat-Lias.
Abb. 134. Archaeopteris Mbernica (Forb.). (Ob.-Devon.) Fieder erster Ordnung. In den inittleren Abschnitten fertil; ca. Vs natiirl. GröBe.
Rechts eine Sporangiengruppe, vergïöBert.
(Aus Schimper, 1869/1874, Taf. XXXVI, Fig. 34.)
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Archaeopteridales, OpHoglossales.
Tiber die Fortpflanzung nachgetragen sein. Es handelt sich nach der heute herrschenden Ansicht (vgl. z. B. Hirmer, 1927, S. 661) um echte isosporenbsp;Fame. Als ein primitives Merkmal erwahnen quot;wir ferner die oft noch unverkenn-bar homologe Stellung der Phylloide und der ziemlich groBen derben Sporangiennbsp;(Abb. 134). Ein eigentlicher Annulus ist bei letzteren noch nicht ausgebildet.nbsp;Die Archaeopteridales vermitteln also unverkennbar zur nachsten Klasse, dennbsp;Filicinae eusporangiatae, zu denen man sie ebensogut stellen kann.
Die Archaeopteridales sind durch ihre zeitliche Abgrenzung (Ob.-Devon — U.-Karbon) gut charakterisiert. So sind sie direkt Leitfossilien für das Ob.-Devonnbsp;und kennzeichnen hier (im Gegensatz zu den Psilophyten) eine 2. jüngere de-vonische Flora.
Als'eusporangiate Fame (im engeren Sinne, d. h. ohne PrimofiUces) werden die heute noch vertretenen Ophioglossales und Marattiales zusammengefaBt.nbsp;Sporangien: Die Bezeichnung ,,eusporangiat“ weist auf einen Gegensatz imnbsp;Sporangienbau zu den ,,leptosporangiaten“ Farnen hin. Die eusporangiatennbsp;Sporangien sind namlich „wohl“ ausgebildet, d. h. auch im reilen Zustandnbsp;derbwandig, sie besitzen eine aus inehreren Lagen bestehende Wandung. Fernernbsp;ist eine ontogenetische Eigentümlichkeit der eusporangiaten Sporangien fürnbsp;uns besonders interessant. Die ontogenetische Entwicklung der Sporangiennbsp;ahnelt namlich noch in manchem sehr stark derjenigen der Sprosse und dernbsp;Wurzeln (angenahert auch derjenigen der Blatter). Vor allem fehlt diesen Organen in übereinstimmender Weise die groBe Scheitelzelle der leptosporangiatennbsp;Fame. Wir linden bei den eusporangiaten Farnen last immer mehrerenbsp;Initialzellen. (Vgl. hierzu u. a. Goebel 1918, S. 91511. und S. 1028).
Dies Merkmal ist aus zwei Gründen phylogenetisch bedeutungsvoll.
1. nbsp;nbsp;nbsp;stimmt ein solches primitives Merkmal, daB der Vegetationspunktnbsp;genau wie bei den Psilophyten aus mehreren Zeilen besteht, gut mit dem früh-zeitigen Aultreten der eusporangiaten Fame und gut mit dem Vorhandenseinnbsp;einiger weiterer primitiver Merkinale innerhalb dieser Farngruppe überein.
2. nbsp;nbsp;nbsp;ist die ahnliche Ontogenie von Achsenorganen, Sporangien und Blatternnbsp;ein erneuter Hinweis aul die gemeinsame Herkunft dieser Organe von un-differenzierten und unmittelbar homologen Teilen wie bei den Psilophytennbsp;und Coenopteridales.
Allerdings zeigen die Ophioglossales und Marattiales auch recht viele unter-schiedliche Merkmale, so daB wir sie weiterhin getrennt besprechen.
Von dieser Farnordnung kennen wir leider uur rezente Vertreter [drei Gattungen = Botrychium (Sw.), Ophioglossum (L.) und Helminthostachysnbsp;(Kaull.)], die nieist in eine Familie; Ophioglossaceae zusammengelaBt werden.nbsp;Abgesehen von der soeben erwahnten eusporangiaten Sporangiengestaltungnbsp;zeigen die Ophioglossales noch manche weitere primitive Ziige (vgl. Bow er 1926,nbsp;S. 42), z. B. in der höchst eigentümlichen Wedelverzweigung in zwei, auleinandernbsp;senkrecht stehenden, Ebenen (Abb. 135,1).
a) Sporophyt, unterirdische Organe.
Alle Formen sind perennierend. Die überdauernde SproBachse ist aber unterirdisch, d. h. die Ophioglossales überdauern die ungünstige Jahreszeitnbsp;in zwei verschiedenen Gestalten: Helminthostachys hat ein unterirdisches
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6. Abt.: Pteropsida.
kriechendes Rhizom; Botrychium (Abb. 135) und OpMoglossum dagegen haben kurze imterirdische Staminchen, von denen sowohl die Blatter ^wie die normal ge-stalteten einfachen o der selten gegabelten Wurzeln ausgehen. Letztere brechennbsp;aus dem Stammchen meist unterhalb je eines Blattes hervor. Wurzelhaarenbsp;fehlen, dagegen ist Mykorrhiza, d. h. ein symbiotisches Zusammenleben mitnbsp;Pilzen, bei alhnOpMoglossales verhanden. Besonders stark ist diese Symbiosenbsp;bei OpMoglossum simplex Ridleynbsp;ausgebildet. Dieser Farn istnbsp;offenbar in seiner Ernahrung fastnbsp;ganz vom Pilz abhangig ge-
worden, da er als oberirdische Organe in der Regel keine assimilierenden Blatter, sondern nur noch Sporangienahren bildet.
Stelenbau der SproBachse.
BotrycMum mag uns als Beispiel dienen. Hier finden wir an der jungen Keimpflanze noch eine typische Protostele. Hann tritt im Inneren Marknbsp;auf, oberhalb der Blatter kommuniziert dies Mark durch eine breite Blattlückenbsp;mit der Rinde bzw. dem Assimilationsparenchym des Blattes (Abb. 137 C).nbsp;AVir haben damit daim eine typische ,,Solenostele“, wie diese Abwandhings-
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Ophioglossales.
form der Siphonostele (vgl. Abb. 137 und 35) vielfach genannt wird. In etwas gröBerer Höhe wird die Solenostele meist ,,amphiphloisch“, d. h. esnbsp;bildet sich auch im Inneren Siebteil und eine Endodermis aus. Botrychium ent-wickelt auch — abweichend von allen anderen rezenten Farnen — spaterhinnbsp;betrachtliches Sekundarholz. Ob es sich hierbei um ursprüngliche oder ab-geleitete Verhaltnisse handelt, ist schwer zu sagen.
b) Sporophyt, oberirdische Organe.
Wahlen wir als Ausgangspunkt unser einheimisches Bfotrychium Lunaria Sw.! Dieser Farn bildet jahrlich in der Regel nur einen Wedel, der aus 2 Teilen,nbsp;einem assimilierenden Laubblatteil und einem fertilen Sporangienteil bestehtnbsp;(Abb. 135). Jeder Teil ist für sich genommen ahnlich gestaltet wie bei anderennbsp;rezenten Farnen. Wir haben eine Rhachis, von der (in einer Ebene verzweigt)
Fiedern abgehen. Beim Laubblatteil entstehen die Telome, d. h. die Endver-zweigungen letzter Ordnung, meist noch durch Gabelteilung; sie sind mehr oder minder (vgl. Abb. 135 und 138) miteinander verwachsen i).
Ahnlich gestaltet ist der Sporangienteil; die Sporangien sind noch als fertile, kurz gestielte Telome leicht kenntlich. Ihre Homologie mit den Laub-blatt-Telonien wird durch anomaleMischbildungen (Abb. 138; vgl. auch Goebelnbsp;1918, S. 112) gut veranschaulicht. Die Sporangienwandung ist noch mehr-schichtig (Abb. 136); in den Stiel eines jeden Sporangiums tritt eine Stele.nbsp;Auch die Öffnung durch einen terminalen Langsspalt (vgl. Goebel 1918,nbsp;S. 1171 f.) entspricht noch weitgehend dem Psilophyten-Coenopteridales-Tj]).
Höchst eigentümlich den Ophioglossaceen ist die Verbindung des Sporangien- und Laubblatteiles; die ihren Achsen gemeinsame Verzwei-gungsebene steht namlich .senkreeht zur Verzweigungsebene der beiden
1) Botrychium Tjwmria hat im allgemeinen relativ stark verwaohsene Telome. Bei anderen Arten, z. B. bei B. virginianum, sind die Telome schwacher verwachsen und die Blatternbsp;überhaupt reicher unterteilt.
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6. Abt.: Pteropsida.
einzelnen Teile. Am einfachsten scheint mir die Deutung, daB hier ein Über-bleibsel des Verzweigungstyps bei den Rhyniaceen und Coenopteridales vor-liegt, bei dem ja die Verzweigungen ganz allgemein nicht in einer Ebene erfolgten. Jedenfalls scheint mir eine solche Annahme wahrscheinlicher alsnbsp;die meist gemachte, der fertile TeiL sei aus zwei median verwachsenen Fiedernnbsp;des sterilen Teiles entstanden.
Entsprechend dieser nicht völlig dorsiventralen Wedelverzweigung zeigt aiich die Anatomie der Wedelachse einigermaBen radiare Symmetrie; sienbsp;ahnelt daher der Anatomie des Sprosses, namentlich im Stelenbau (vgl. obennbsp;Abb. 137). Kurz, das Blatt der OpMoglossales fügt sich noch nicht ganz demnbsp;„Typus des Blattes“ ein, es zeigt sowohl in der Verzweigung wie im Stelenbau Merkmale, die sonst im allgemeinen den SproBachsen zukommen; keinnbsp;Wunder drum, daB immer wieder einmal dieAuffassung auftauchte, dies „Blatt“nbsp;sei ,,eigentlich“, ahnlich wie das Coenopteridales-Blaii, ein ,,SproB“.
Eigentümlich und abweichend von den übrigen Farnen sind auch die Spaltöffnungen gebaut (Copeland 1902 und Zimmermann 1926); sie
ahneln den Spaltöffnungen vom Psilotum-Oymnospermm-Typ. Man wird das natürlichnbsp;nicht als einen Hinweis dernbsp;Abstammung von diesen beiden sonst so abweichend ge-bauten Pflanzengruppen auf-fassen dürfen; ich halte esnbsp;aber nicht für ausgeschlossen,nbsp;daB es sich hier um ein sehrnbsp;altes, gemeinsames Merkmal der drei Grappen handelt.
Die Blatter werden an der Basis von einer hauti-gen Scheide eingehüllt, viel-leicht einer homologen Bil-dung zu den „Aphlebienquot; beinbsp;den Coenopteridales.
Abweichungen der übrigen Ophioglossales.
Ophioglossum ist sowohl im Laubblatt- wie im Sporangienteil durch eine auBerordentlich starke Verwachsung der Telome ausgezeichnet. Das Laubblatt ist meist zungenförmig und ungeteilt, daher der Name: Natternzunge.nbsp;Auch die Aderung ist komplizierter: Netzaderung. In Übereinstimmung mitnbsp;der starkeren Verwachsung der Phylloide ist auch im Sporangienteil des Wedelsnbsp;bei Ophioglossum jederseits die ganze Reihe der Sporangien seitwarts zu eineninbsp;,,Synangium“ verwachsen.
Helminthostachys dagegen zeigt andrerseits die Komplikation, daB die End-verzweigungen der Sporangien nicht in einer Ebene, sondern büschelig nach allen Seiten erfolgen; vielleicht ist das auch hier ein Überbleibsel aus der altennbsp;Zeit, WO diese Telome sich in beliebigen Ebenen verzweigen konnten (vgl.nbsp;hierzu auch Goebel 1918, S. 1117).
c) Gametophyt und Embryonalentwicklung.
Der Gametophyt ist ein unterirdisches, knollenförmiges Gebilde, das mit Hilfe seiner Mykorrhiza saprophytisch lebt, Eigentümlich ist die eingesenktenbsp;Lage der Archegonien und Antheridien, die hiermit wohl einen ursprünghchen
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Marattiales.
Zustand reprasentieren. Die Archegonien sitzen vorzugsweise auf der Prothal-liumoberseite.
Dureh diese unterirdische Lebensweise ist die Möglichkeit der Sperma-tozoenbefruchtung ziemlich gut gesichert, da unter der Erde flüssiges Wasser relativ lange an der Prothalliumoberflaclie festgehalten werden kann. Dienbsp;,,exoskopische“ Orientierung des jungen Sporophytenembryos wurde obennbsp;(S. 96) schon erwahnt.
5. Ordn.: Marattiales.
Zur allgemeinen Orientierung sei wieder ein Uberblick über die wichtigsten Gattungen vorangescbickt:
A. nbsp;nbsp;nbsp;Fossil; a) strukturbietende Stamme......Psaronius (Cotta)
b) nbsp;nbsp;nbsp;sonstige Stammreste, mit zweizeiliger
Blattstellung...........Megafhyton (Artis)
sonstige Stammreste, mit mehrzeiliger
oder spiraliger Blattstellung .... Caulopteris (Lindl.u.Hutt.)
c) nbsp;nbsp;nbsp;Blatter, palaozoische Formen .... Pecopteris (Brongn.)
je nach Sporangien- und Fiederver-
waohsung, Untergattungen .... Asterotheca (Presl.)
Acitheca (Schimper) Ptychocarpus (WeiB)nbsp;Danaeites (Goeppert)
mesozoische Formen........Marattiopsis (Schimper)
Danaeopsis (Heer)
B. nbsp;nbsp;nbsp;Eezent: Sporangien annahernd frei.......Angiopteris (Hofm.)
Archangiopteris (Christ u.
Giesenhagen) Macroglossum (Campbell)
echte Synangien...........Marattia (Swartz)
—Pmtfgt;marattia (Hayata) Danaea (Smith)nbsp;Kaulfussia (Blume)
Wenigstens die rezenteii Formen werden meist in eine einzige Familie: Ma-rattiaceae zusammengefafit.
Hier haben wir eine Farngruppe, die sowohl fossil wie rezent bekannt ist. Allerdings können wir auch die Marattiales zu den fast ausgestorbenen Pflanzen-gruppen rechnen. Insbesondere fehlen heute die, für das Palaozoikum (nament-lich Rotliegendes) so charakteristischen, baumartigen Vertreter, die „Psaronien“.nbsp;Ferner sind die Marattiales, wie manche Überreste aus alter Zeit, in ihrer Ver-breitung ziemlich beschrankt. Sie sind am formenreichsten ini malayischennbsp;Geblete, das auch sonst manche ,,Rehkte“ birgt. Die heutige Gattungs- undnbsp;Artenzahl (7 Gattungen und ca. 120 Arten) ist alles in allem wesentlich geringernbsp;als bei den leptosporangiaten Farnen. Das zcitliche Vorkommen veranschau-licht im übrigen Abb. 113.
a) SproBachse.
1-7.
AuBerlich besehen gibt es zwei Typen: aufrechte Stamme, z. B. bei den oben erwahnten Psaronien (Abb. 139) und (stark verkürzt) bei Angiopteris, fernernbsp;kriechende Rhizome, z.B. he,i^wmarattia (Hayata) nndKaulfussia (Blume).nbsp;Auch im letzteren Falie ist die SproBachse bei der jungen Pflanze aufrecht undnbsp;neigt sich erst aUmahhch horizontal.
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6. Abt.: Pteropsida.
Abb. 139. Baumfarn (Megaphyton Artis) zu den Psaronii distichi gehorig. (Mittl. Rotliegendes.)
(Rekonstrnktion aus Hirmer, 1927, Fig. 670.)
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Psaronius.
Die SproBachsen, d. h. die Stamrae. zeigen in ihrer Anatomie wahrend der Ontogenie einen sehr groBen Wechsel. In der Jugend linden wir nochnbsp;durchweg Protostelen wie bei den Rhyniaceen. lm Zusamnienhang mitnbsp;groBen Blattlücken bilden sich aber spater, wenn einige Blatter an diesemnbsp;Stamnie aiisgebildet sind, amphiphloische Siphonostelen in der für Fame üb-lichen Weise (vgl. z. B. Abb. 137 C). Auf diesem Stadium bleibt die Stele beinbsp;manchen rezenten (namentlich kleinen) Formen. Bei den fossilen Baumen, dennbsp;Psaronien dagegen, und auch bei groBen rezenten Formen, wie bei Angiopteris,
lost sich die Stele schlieBlich völlig in eine sehr komplizierte Polystele auf (Abb. 140) mit vielen, in niehreren Kreisen angeordneten Leitbiindeln. Jedesnbsp;Leitbündel ist bandförmig und amphiphloisch gebaut.
Immerhin macht auch so die eigentliche SproBachse nur den kleineren Teil des Stamniquerschnittes aus. Die SproBachse selbst wird namlich auBen ver-starkt durch die „BlattfüBe“, d. h. die auch nach dem Blattfall stehenbleibendennbsp;Blattbasen. Ferner durchschlangeln Wurzeln diese Panzer der BlattfüBe undnbsp;bilden oft einen dichten Mantel um den Stamm. An den Wurzeln bilden sichnbsp;als auffallige Erscheinung mehrzellige Wurzelhaare.
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5. Abt.; Pteropsida.
Die Mamttiales zeigen somit in ganz ausgepragter Weise diejenige Form der Stammbildung, welche den Farnen ganz allgemein, insbesondere auchnbsp;den Leptosporangiaten, eignet. Fassen wir die Hauptmerkmale zusammen:nbsp;Die mechanische Aussteifung des Stammes wird hier nicht wie bei den heutigennbsp;Baumen durch einen kompakten Holzkörper und nicht wie bei den Lepidophytennbsp;durch eine Sklerenchymrinde erzielt, sondern durch Seitenorgane: durchnbsp;BlattfüBe und Wurzeln. Auch die Auflösung der Stele in viele peripher-warts drangende Leitbündel (zwischen denen übrigens Sklerenchymplattennbsp;auftreten) bedeutet natürlich eine mechanische Verstarkung. Ein Teil diesernbsp;Leitbündel ist als Blattspurstrange aufzufassen, die sich in oft recht kompli-zierter Weise von den „stammeigenen“ Bündeln lösen. Wegen des hervor-ragenden Anteils der Blatter und Wurzeln an der Stammbildung kann mannbsp;die Baume der Fame im Gegensatz zu den ,,Kindenbaumen“ der Lepidophytennbsp;und zu den „Holz“-Baumen der Gymnospermen und Dikotylen „Blatt-wurzelbaumequot; nennen.
Natürlich pragt sich die Blatt.stellung in der Anordnung der Leitbündel aus. Stehen die Blatter nur zweizeilig wie bei den fossilen Stammen des Psaronius:nbsp;Megaphyton Artis (Abb. 139), so sind auch die Leitbündelplatten 2zeilig ange-ordnet („Psaronii distichi“). Haben wir dagegen 4 Blattzeilen (,,dekussierte“nbsp;Blattstellung), so linden wir meist ziemlich regelmaBig 4 Reihen von Leitbündelnnbsp;{Psaronii tetrastichi, Abb. 140). Bei der sehr verbreiteten spiraligen Blattstellungnbsp;endlich ist auch die Leitbündelanordnung auf den ersten Bliek ohne deutlichenbsp;Symmetrie (z. B. Angiopteris und Psaronii polystichi). — Wenn der Stamra, wienbsp;bei last allen rezenten Vertretern^ unterirdisch geworden ist, pflegt die starkenbsp;Endodermis um die Leitbündel zu fehlen.
Da au den verkieselten Psaronien, namentlich des Rotliegenden, die Leitbündel schon am Anschliff als eine Art ,,Maserung“ sehr deutlich heraustreten, bilden sie recht belichte Sohmucksteine (,,Starsteine“).
b) Blatter und Sporaugien.
Wir besprechen beide Organe zusammen, denn sie bilden hier eine lest verbundene Einheit: ,,Sporophylle“; d. h. wie bei den meisten Farnen sitzen dienbsp;Sporangien auf der Blattnnterseite.
Blattumrisse. Die Blatter der palaozoischen Marattiales gehören — mindestens groBenteils — zur oben (S. 200) charakterisierten ,,Gattung“ Peco-pteris 1). Manchmal, wie bei der auch durch die Sporangien unterscheidbarennbsp;Gattung Ptychocarpus WeiB, sind die Pecopfen's-artigen Fiederchen seitlichnbsp;miteinander zu ziemlich groBen Fiedern verwachsen. Solche groBflaohigennbsp;Wedelfieder charakterisieren die mesozoischen Gattungen: Marattiopsisnbsp;(Schimper) und Danaeopsis (Heer), welche vor allem im Keuper und Rhatnbsp;zu den haufigeren Versteinemngen gehören. Aber auch die pecopterisartigennbsp;Marattiales besitzen mesozoische Nachzügler.
Bei den Blattern rezenter Mamttiales können wir eine ganze Reihe ver-schieden starker Verwachsung bzw. Herabsetzungen des Fiederungsgrades auf-stellen. Bei den artenreichsten Gattungen {Angiopteris und Marattia) sind die Fiederchen noch weitgehend frei, die Wedel also mehrfach gefiedert; bei dennbsp;meisten Arten von Danaea, Archangiopteris und Protomarattia haben wir einnbsp;einfach gefiedertes Blatt mit recht groBen Fiedern. Bei Danaea simplicifolianbsp;Pludge und der Gattung Macroglossum endlich ist die ganze Blattflache einnbsp;ungeteiltes Blatt. Am isoliertesten — übrigens nicht nur in den Blattmerk-malen — steht Kaulfussia. Wahrend alle anderen Alarattiales „offene“ Fieder-aderung haben, zeigt namlich Kaulfussia „Netzaderung“.
1) Vgl. die Zweifel hierüber bei Kids ton (1923/25) und Scott (1928).
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Marattiales.
Die Rhaehisanatoinie ist ahnlich kompliziert wie die Stammanatomie, die wir schon oben besprachen.
Sporangicn. Charakteristisch für die Marattiales sind die ,,Synangien“, d. h. die in Rosetten (meist zu 4 oder 5) oder in Streifen vereinigten und seitlichnbsp;verwachsenen Sporangien. Allerdings herrscht auch bei den Sporangien (sowohlnbsp;den fossilen wie den rezenten) ahnlich wie bei den Blattfiedern ein sehr ver-schiedener Grad der Verwachsung. Bemerkenswert scheint es mir, dab z. B.nbsp;die Pecoptens-Gattung Asterotheca mit ihren freien Fiedern auch nahezu freienbsp;Sporangien zeigt, wahrend Ptychocarpus mit seinen stark verwachsenen Fiedernnbsp;durch stark verwachsene Sporangien ausgezeichnet ist. Die Telome zeigennbsp;also in ihrer fertilen und sterilen Ausbildung eine ahnliche Parallele dernbsp;Verwachsung wie bei den Ophioghssales (vgl. oben S. 203 f.). Bei den rezentennbsp;Formen geht jedoch die Blattverwachsung bzw. Unterteilung und die Sporangien-verwachsung nicht immer parallel.
Die Sporangien öffnen sich bei Asterotheca sowie den meisten mesozoischen und rezenten Formen mit einem Langsspalt an der inneren (d. h. gegen dasnbsp;Synangiuminnere gekehrten) Seite. Bei_ Ptychocarpus, Kaulfussia und Da-naea finden wir dagegen eine terminale Öffnung der Sporangien. Ob es sichnbsp;dabei um eine alte Überlieferung (die Psilophyten und Coenopteridales hattennbsp;ja terminale Öffnungsstellen der Sporangien) oder um eine sekundare Rück-bildung zum ürzustand durch Verkürzung des Langsspaltes handelt, ist schwernbsp;zu entscheiden. lm allgemeinen lassen sich eigentliche Annuluszellen nichtnbsp;unterscheiden; nur bei Angiopteris finden wir eine Andeutung davon.
c) Gametophyt und Embryonalentwicklung.
Wir greifen nur die für eine phylogenetische Betrachtung wichtigsten Merkmale heraus. Alle unsere Kenntnisse beschranken sich leider auf rezentenbsp;Formen, und auch hier sind noch nicht alle Gattungen, geschweige dennnbsp;Arten, genau genug untersucht.
Der Gametophyt ist;
1. nbsp;nbsp;nbsp;Autotroph, d. h. er lebt oberirdisch und ist aus chlorophyllhaltigennbsp;Zeilen aufgebaut. Trotzdem lieB sich bei allen Gattungen ein Mykorrhizapilz,nbsp;wie bei den Ophioghssales, nachweisen.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Recht massig, mehrschichtig und wie ein thalloses Lebermoos gestaltet.nbsp;Man hat schon öfter mehrjahrige Gametophyten beobachtet.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Von Anfang an flachig entwickelt und nicht fadenförniig wie bei dennbsp;leptosporangiaten Farnen.
4. nbsp;nbsp;nbsp;Archegonien und Antheridien sind eingesenkt wie bei den Ophioglos-sales.
lm ganzen betrachtet, sind die Marattiales eine höchst eigentümliche Gruppe. Sie haben einerseits noch manche unverkennbar primitive Merkmale, wie
die Dickwandigkeit der Sporangien, den Annulus, das Fehlen einer groBen Scheitelzelle,nbsp;das massige, autotrophe Prothallium.
Man kann sie in dieser Hinsicht als Ausgangsgruppe für die anderen Ptero-psiden, insbesondere für die leptosporangiaten Fame, betrachten. Ganz nach Art der echten leptosporangiaten Fame sind sie aber schon hochdifferenziertnbsp;hinsichtlich
der Stamm- und Wedelanatomie, sowie der auBeren Sporophyllmorphologie.
14
Zimmermann, Die Phylogenie der Pflanzen.
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5. Abt.: Pteropsida.
Besonders bemerkenswert sind schlieBlich noch Anklangc an die Phanerogamen. Hierher gehören einmal primitive Merkmale wie die Uick-wandigkeit der Sporangien und das Fehlen einer groBen Scheitelzelle. Dannnbsp;einige schon erwahnte Merkmale wie die
Synangienbildung sowie der endoskopische Embryo (S. 96 und Abb. 32) und schlieBlich dienbsp;Nebenblatter sowie Gelenke am Blatt und an den Blattfiedern.
Letztere ermöglichen es manchen Marattiahs, ihre Assinülationsorgane durch Reizbewegungen in eine günstige Lichtlage zu bringen. Es sind dasnbsp;Spezialisationseinrichtungen, die sonst fast ausschlieBlich den Angiospermennbsp;eignen und unter den Pteridophyten nur bei den ebenfalls isolierten Marsiliaceennbsp;noch vorkommen. Eigentümlich sind dann schlieBlich noch, sowohl für dienbsp;fossilen wie für die rezenten Maraitiales, mehrzellige Wurzelhaare.
Kurz, diese weit zurückreichendo Farngruppe ist ein wichtiges Bindeglied mit ihren zahlreichen Beziehungen zu verschiedenen Pflanzengruppen.
6. Ordn.: Osmundales.
Diese Ordnung mit der einzigen Familie der Osmundaceen vermittelt in zweifacher Hinsicht zwischen den Eusporangiaten und Leptosporangiaten ^).
1. Zeitlich. Mit dem Perm beginnend, liegt ihre Hauptentfaltung im Mesozoikum; heute ist sie mit 2 (bis 3) Gattungen: Osmunda L., Todea (Wild)nbsp;und Leftofteris (Presl.) vertreten (vgl. Abb. 113).
1) Weitere Einzelheiten vgl. Lotsy, 1909, S. 689 f.
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Osmundales.
2. Morphologisch: z. B. durch den Ban der ziemlich dickwandigen (Abb. 155 E), aber einzelstehenden Sporangien, durch ihren Vegetationspunktnbsp;mit mehreren Scheitelzellen und durch das (im Vergleich zu den Leptospor-angiaten) recht massige Prothallium. Auch die randstandige (s. unten undnbsp;Abb. 145) Sporangienanordnung bei Os-munda ist wohl primitiv.
Stamm.
a) nbsp;nbsp;nbsp;Gesamtbau. Die raeisten Osmundales hatten wohl einen kurzen baum-förmigen Stamni, der sich allerdings oftnbsp;(wie bei unserer heimischen Osmunda re-galis) im Boden birgt. Der Stamm istnbsp;ahnlich wie bei den Psaronien ein ausge-sprochener Blattspur- bzw. Blatt-Wurzel-Stamm, d. h. die Hauptmasse des Stammesnbsp;besteht sowohl bei den fossilen wie bei dennbsp;rezen ten Formen aus den BlattfüBen,nbsp;zwischen die sich Wurzeln flechten (vgl.nbsp;Abb. 141).
b) nbsp;nbsp;nbsp;Stele. Durch ihren Stelenbau fallennbsp;die Osmundales aus dem Kahmen der übri-gen Fame heraus und erinnern an die Lepi-dophyten, sowie an die Phanerogamen. Wirnbsp;konnen namlich die Bildung einer Eu stelenbsp;sowohl in der Phylogenie wie in der Onto-genie verfolgen. Folgende Etappen lassennbsp;sich dabei feststellen:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Homogene Protostelen. Beinbsp;keinem rezenten Vertreter und auch beinbsp;keiner sicher zu den Osmundales zu rech-nenden fossilen Form. Dagegen besitzennbsp;manche, meist zu den Coenopteridales ge-zahlten Fame, z. B. Grammatopteris (Ren.)nbsp;diese homogene Protostele. Diese werden,nbsp;z. B. von K i d s t o n und Gwynne-Vaughan, als mögliche Ausgangsformennbsp;der Osmundales angesehen.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Heterogene Protostelen, d. h.nbsp;im Stelenzentrum zwar noch kein Mark,nbsp;aber dünnwandigere Tracheiden. Sie findennbsp;sich bei den alt esten bekannten Osmundales, bei Thamnopteris Kidst. und Gw.nbsp;Vaugh. und Zalesskya Kidst. u. Gw.-Vaugh.nbsp;(Abb. 141 und 143 a) aus dem russischennbsp;Perm.
fast ohne Verbindung des (vom Xylemzylinder völlig eingeschlossenen) Marks mit der Einde (Abb. 143 b)nbsp;bei Osmundites Bunlopi Kidst. und Gw. Vaugh. aus dem Neuseelandernbsp;Jura. Auch dieses Stadium fehlt wie das vorige völlig bei rezenten aus-gewachsenen Osmundales, es wird aber vorübergehend in der Ontogenienbsp;durchlaufen.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Siphonostelen in typischernbsp;Form, fast ohne Verbindung des
14*
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5. Abt. : Pteropsida.
4. Siphonostelen mit kiemen Blattlücken und ,,gemischtem“ Mark, d. h.nbsp;vereinzelten Trackeiden im Mark. So Osmundites Kdbei (Seward) und wohlnbsp;auch Osm. auckïandicus (Marsh.) aus dem Wealden (Abb. 143 c).
Die Blattlücken liegen hier etwas höher als der Blattspurabgang. Dies Stadium wird meist als Dictyostele unterschieden. Auch Osmunda regalis kannnbsp;auf Verwundung hin ,,gemischtes“ Mark bilden.
5. Eu stelen mit verschieden starker Durchbrechung des Holzzylindersnbsp;sind allen heutigen Osmundales und den jüngeren fossilen Formen eigentümlich.
(Abb. 143 d und 144).
Bemerkenswerterweise bilden sich aber bei verschiedenen jüngeren Formen rund umnbsp;die Xylemstrange Siebteil und eine Endo-derniis aus, so dafi also auch hier die dennbsp;meisten rezenten Farnen zukommende
6. Polystele erreicht wird (z. B. beinbsp;Osmundites Carnieri Schuster; Alter un-sicher; Jura—-Tertiar). Anklange an dieses Stadium linden sich bei der rezentennbsp;Osmunda cinnamomea L.
Denkbar ware es allerdings auch, dab hier ein Vertreter einer Parallelreihe von Osmundales vorlage, bei denen die Polystelenbsp;über den Zustand der amphiphloischen Si-phonostele erreicht worden ware.
Blatter und Sporangien.
In der Rh ach is stele laBt sich sehr schön die Phylogenie einer Rhachisdorsi-ventralitat verfolgen. Bei Thamnopteris bei-spielsweise (Abb. 142), sind noch an ein- undnbsp;derselben Blattspur die verschiedenen Um-
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Osmundales.
bildungsstadien vorhandeii, Solch eine Blattspur lost sich von der Stamm-stele als typische Protostele (Abb. 142 a) mit zentralem Protoxylem ab. Man kann daher auch von einem völlig radiar gebauten „niesarchen“ Blatt-spurstrang spreclien. In einem etwas höheren Ehachisquerschnitt lindennbsp;wir eine Siphonostele, d. h. es tritt Mark auf (Abb. 142 b), das schlieBlichnbsp;(Abb. 142 c) in einem noch höher gelegenen Querschnitt gegen die Ober-flache hin mit dem Rindenparenchym in Verbindung tritt. Dadurch erhaltnbsp;die Rhachisstele ihre für alle Osmundales charakteristische dorsiventrale,nbsp;„halbmondförniige“ (nach oben offene) Gestalt. Die jüngeren Osmundalesnbsp;zeigen ini allgemeinen das Protostelenanfangsstadium nicht mehr; sie beginnen von vornherein mit einer dorsiventral differenzierten Rhachis.
Die Blattumrisse zeigen vorzugsweise einen pecopteridischen und neuro-pteridischen Habitus. Als Seltenheit unter den Farnen linden wir Neben-blatter. Die sicher zu den Osmundales zu zahlenden mesozoischen Blatter werden als Todites Sew. und CladophUUs Brongn. bezeichnet.
Sporaiicjicii. Für Osmunda ist die Teilung des Sporophylls in einen apikalen sporangientragenden und einen basalen sterilen, d. h. aus Fieder-blattchen bestehenden Teil charakteristisch. Die Sporangien stehen hier annbsp;kleinen Stielchen, noch (oder wieder?) terminal an den letzten Auszweigungen.nbsp;In der Übergangsregion zum sterilen Blatteil kann man olt sehr schön dienbsp;Homologie der Sporangien mit den Phylloiden und ihre allmahlicheVerlagerungnbsp;auf die Blattunterseite verfolgen (Abb. 145). Diese Anheftung der Sporangiennbsp;auf der Blattunterseite ist für Todea (inkl. Leptopteris) und alle sicher erkanntennbsp;fossilen Osmundales charakteristisch. Leider sind jedoch unsere Sporangien-kenntnisse auch für die oben beschriebenen permischen und mesozoischennbsp;Stamme noch recht mangelhaft.
Die ontogenetische Entstehungsweise der Sporangien ist bei den Osmundales etwas schwankend; sie vermittelt zwischen den eusporangiaten und lepto-sporangiaten Farnen. Regelmafiig ist aber die dicke mehrschichtige Wandung und ein apikaler Öffnungsspalt. Die Öffnung wird durch eine unterhalb desnbsp;Scheitels gelegene dickwandige Zellgruppe (Abb. 155 Ê), einen „Annulus“,nbsp;herbeigeführt.
Gametophyt.
Das oft mehrjahrige Prothallium kann eine Lange von 4 cm erreichen und teilweise mehrschichtig werden. Dies klingt an die Eusporangiaten an. Mykor-rhiza scheint aber nicht nachgewiesen. Ferner sind auch che Archegonien und
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Antheridien ganz wie bei den leptosporangiaten Farnen ausgestaltet; sie sitzen vor allem dem Prothallium oberflachlich an.
Zusammenfassend können wir auch die Osmundales als eine phylogenetisch sehr wichtige, weil nach mancher Seite hin vermittelnde Farngruppe be-zeichnen.
Übersicht^).
A. Simplices Bower.....Die Sporangien eines Soms werden alle gleich-
zeitig gebildet.
fossil seit Oberkarbon, heute Tropen (und Sub-tropen der neuen Welt).
fossil (vielleicbt seit Oberkarbon) sicher seit Keuper; heute Tropen nnd Subtropen.nbsp;fossil seit Rhaet; heute Relikt im indomalayisohennbsp;Gebiet.
durch randstandige Sori, Protostelen (Abb. 146), blattachselstandige Seitenzweige und ein eigen-artiges Prothallium ausgezeichnet;nbsp;fossil unsioher, vielleioht seit Oberkarbon, heutenbsp;vorzugsweise Tropen, wenige Formen bis in dienbsp;gemaBigte Zone.
Sporangien eines Soms werden nacheinander gebildet.
fossil seit Keuper (insbesondere Rhaet); heute Relikt im indomalayischen Gebiet.nbsp;fossil unbekannt; heute eine Gattung in denTropen.nbsp;fossil aus dem Jura; heute wenige Alten in dennbsp;Tropen und Neuseeland.nbsp;fossil wohl seit dem Jura, heute in den Tropen,nbsp;fossil vermutlich seit dem Jura, heute in dennbsp;Tropen weit verbreitet.
1. Sehizaeaceae:
2. Gleicheniaceae:
3. Matoniaceae:
B. 4. Hymenophyllacme:
Complicatae Goebel (= Gradatae Mixtae Bow.]
5. nbsp;nbsp;nbsp;Dipteridaceae:
6. nbsp;nbsp;nbsp;Plagiogyraceae:
7. nbsp;nbsp;nbsp;Loxsomaceae:
8. nbsp;nbsp;nbsp;DicJcsoniaoeae-,
9. nbsp;nbsp;nbsp;Cyatheaceae (inkl. dernbsp;kleinen, zu den Simplices neigenden Familie der Protocyathea-ceae):
10. Polypodiaceae:
fossil seit dem Jura (reiohlicher allerdings erst seit dem Tertiar); heute über die ganze Erde verbreitet.
fossil unbekannt; heute nur eine, im Wasser lebende Art.
Bemerkenswert ist die heutige Beschrankung gerade so alter und früher weit-verbreiteter Familien wie der Matoniaceen und Dipteridaceen auf die Tropen, insbesondere das indomalayischen Gebiete.
11. Parkeriaceae:
1) piese Gruppierung erfolgt im groBen und ganzen nach der Bowerschen Gliede-rung. Die Gradatae und Mixtae Bowers sind jedoch nach dem Vorschlag Goebels (1912) und Hirmers (1927) als Complicatae zusammengefaBt. Aufierdem sind die in vieler Hin-sioht auBerst isolierten Hymenophyllaceen als besondere Gruppe ausgeschieden, die Salvinia-ceen und Maisiliaceen dagegen ganz aus dem Rahmen der Leptosporangiaten weggelassen.nbsp;ZweifeUos sind die Salviniaceen und Marsiliaceen einander nicht so nahe verwandt, wienbsp;man zeitweise angenommen hatte. Es ist z. B. sehr wohl denkbar, daB sie die Hetero-
215
Filicinae leptosporangiatae, Übersicht.
Wenn ein Mitteleuropaer von Farnen spricht, so meint er meist die lepto-sporangiaten Fame. Er denkt wohl insbesondere an die Familie der Poly-podiaceen, welche in den gemaBigten Zonen durch mehrere 1000 Arten vertreten ist und unter den Farnen zahlenmaBig unbedingt die Vorherrschaft bat; ernbsp;denkt etwa an den Wurm- oder den Adlerfarn (Dryopteris filix mas bzw. Pteri-dium aquilinum), oder allenfalls noch an die ,,Baumfarne“, die tropische Familienbsp;der Cyatheaceae, welche er aus GewachshausernundBildernkennt. DaB eine solchenbsp;Beschrankung ein falsches Bild von den Farnen und ihrer phylogenetischennbsp;Bedeutung gibt, lehrt schon unsere bisherige Betrachtung der Eusporangiatennbsp;und Osmundales, sowie die Übersicht über die leptosporaugiaten Fame. Dasnbsp;phylogenetische Interesse steht namlich gerade in umgekehrteni Verhaltnisnbsp;zuni Artenreichtum! Gerade die genannten artenreichsten Farnfamilien wie dienbsp;Polypodiaceen und Cyatheaceen sind für die groBe Linie der Phylogenie mindernbsp;bedeutsam als andere, heute so schwach vertretene Gruppen wie die Marattialesnbsp;\md Osmundales, oder die ebenfalls artenarmen, gleich zu erwahnendenFamiliennbsp;der SimpUces und Dipteridaceen. Artenreiche Pflanzengruppen sind eben fastnbsp;immer sehr jung. Ihre gemeinsamen Eigentümlichkeiten haben sich sehr spatnbsp;herausdifferenziert, und noch spater die Unterscheidungsmerkmale zwischennbsp;den einzelnen Arten. Solche artenreichen Gruppen sind zu vergleichen mitnbsp;einem jungen, auBerst üppig verzweigten Ast; sie ahneln einem ,,Hexenbesen“nbsp;am Baum des Pflanzenreichs. Artenarme Familien dagegen sind wohl fastnbsp;immer ini Aussterben begriffene Formengruppen mit sehr alter Geschichte.nbsp;Ihre Eigentümlichkeiten haben sich schon sehr frühzeitig heraiisgebildet, sienbsp;geben für die groBen Wandlungen der Vergangenheit ein gewichtigeres Zeugnis.nbsp;Wir werden ein ahnliches, nur noch groBartigeres Beispiel bei den Samen-pflanzen kennen lemen, wo so sparlich vertretene Gruppen wie etwa Ginkgo undnbsp;die Cycadeen als Hinweis für die Gesamtphylogenie bedeutsamer sind als dienbsp;artenreichsten Familien der Angiospermen. Dies zur Begründung, weshalbnbsp;wir im folgenden die Familien der leptosporaugiaten Fame keineswegs ihrernbsp;Arten- und Individuenzahl entsprechend berücksichtigen.
Allgemeine Kennzeichen der leptosporaugiaten Fame sind:
1. nbsp;nbsp;nbsp;das dünnwandige Sporangium mit einem ausgepragten Annulusnbsp;(Abb. 155);
2. nbsp;nbsp;nbsp;die eine Scheitelzelle, welche jeweils SproBachsen, Blatter, Wur-zeln und Sporangien bildet, und namentlich an den Achsenorganen sehrnbsp;groB ist;
3. nbsp;nbsp;nbsp;das recht hinfallige dünnhautige oder fadige Prothalliura.
Sehr verbreitet sind ferner bei den leptosporaugiaten Farnen:
4. nbsp;nbsp;nbsp;Indusien, d. h. Hautchen, die die Sporangiengruppen oder „Sori“nbsp;bedecken (Abb. 153);
5. nbsp;nbsp;nbsp;Spreuschuppen an den Blattstielen, d. h. flachige Hautauswüchse,nbsp;welche den eusporangiaten Farnen und den Osmundales im allgemeinen fehlen.
In all diesen Merkmalen darf man die leptosporaugiaten Fame gegen-über den eusporangiaten zweifellos als abgeleitet betrachten, wahrend man früher (in manchen Lehrbüchern übrigens auch heute noch) einzelne diesernbsp;Merkmale, z. B. die groBe Scheitelzelle, als ursprünglich ansah.
•sporie als Koiivergenzersoheinung erworben haben; aber das allein reohtfertigt noch nicht ihre Aufteilung auf bestimmte, ihncn sichor nicht sehr nahestehende Gruppen der heutigennbsp;leptosporangiaton Fame. Ein solohes Verfahren scheint niir nur daun möglich, wenn mannbsp;nach den Methoden der alten Systematik, nach einem einzigen Merkmal, etwa in diesemnbsp;Falie nach dem ontogenetischen Auftreten der Sporangien, einteilt. Mindestens als Provi-sorium empfielilt es sich darum meines Erachtons, die Gruppe der Hydropterides beizu-behalten, Für die sicher noch sehr heterogene Gruppe der Polypodiaceen vergleicho auchnbsp;Bower (1928) und Pérez.
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5. Abt.: Pteropsida.
Aber man darf daraus doch nicht schlieBen, daB die leptosporangiatennbsp;Fame in alienFamilien undin aliennbsp;Teilen abgeleitet seien. Manche undnbsp;bezeichnenderweise gerade die altestennbsp;Familien zeigen doch auch recht primitive Ziige. Wir greifen aus dem Ge-samtbild dieser artenreichen Farn-gruppe nur die wichtigsten Punktenbsp;heraus.
Stamm. Namentlich bei den baumförmigenFormen herrscht durch-weg der komplizierte Blattwurzel-stamm, ahnlich wie bei den Marat-tiales und Osmundales. l)er Stelenbaunbsp;ist sehr verschieden. In den altennbsp;Familien der Gleicheniaceen und dernbsp;Hymenophyllaceen linden sichnbsp;zwar durchweg noch Protostelen,nbsp;allerdings sind oft (vgl. Abb. 146)nbsp;Parenchymzellen zwischen Tra-cheiden eingestreut. Bei dennbsp;meisten leptosporangiaten Far-nen wird das Protostelenstadiumnbsp;jedoch nur in der Jugend durch-laufen (Abb. 115) und machtnbsp;dann entweder einer Siphonostelenbsp;(Abb. 147 u. 148) oder einer Poly-stele (Abb. 149) Platz. Einennbsp;recht komplizierten Polystelen-aufbau besitzen namentlich dienbsp;baumförmigen Gestalten. Abernbsp;auch die Rhizome der Poly-podiaceen sind durch echtenbsp;Polystelen charakterisiert (Abb.nbsp;149).
matter. Ein Gabelblatt kennzeichnet noch die im Meso-zoikum reich verbreiteten, heutenbsp;reliktartig auf das indomalay-ische Gebiet beschranktennbsp;Dipteridaceen. Namentlich beinbsp;den niesozoischen Formen warnbsp;dies Blatt allerdings recht kom-pliziert aufgebaut, wie etwa beinbsp;Camptopteris spiralis aus demnbsp;Rhat. Sonst ist mit Ausnahmenbsp;der Jugendstadien (Abb. 150)nbsp;und der letzten Nervauszweig-ungen das Leptosporangiaten-blatt im allgemeinen typischnbsp;fiedrig oder, in Ausnahmefallen,nbsp;sogar netzadrig aufgebaut.
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Filicinae leptosporangiatae, Sprofi,
Die Ehachis-Stele ist iiieist dorsiventral entsprechend der übrigen Blatt-morphologie. Doch klingt die ursprünglicli radiare Gestaltung in der Stele oft noch nach. So kommen bei Scolopendrium vulgare Sm. (= PhylUtis sco-lopendrium Newm.), Asflenium laserpitifoUum Lam. u. a. (Abb. 151) ahnlichenbsp;vierstrahlige Aktinostelen vor wie bei den Goenoptendales. Aber auch hiernbsp;zeigt sich die Dorsiventralitat darin, dab nur zwei der vier Strahlen dienbsp;beiden seitlich abgehendennbsp;Fiederreihen mit Blatt-spuren versorgen (Abb. 151nbsp;die oberen), die beidennbsp;anderen Strahlen sind ge-wissermaBen rudimentar.
Abb. 148. Matonia peeünata R. Br. üntogenie einer polyzyklischen Siphonostele.
A Junge Stammstele mit Blattspurstrang; Innenring schnürt sich von der noch einfachen Siphonostele ah.nbsp;B und C iiltere Stamme mit 1 bzw. 2 derart abgeschnürtennbsp;und zylindrisch gewordenen Stelenpartien.
(Nach Tansley und Luthalm aus Lotsy, Stammes-geschichte, 1909, S. 606, Fig. 407, 5—7.)
P. Bertrand hat (1909 S. 247 ff.) auf einennbsp;weiteren Unterschied in dernbsp;Lagerung des Protoxylemsnbsp;aufmerksam gemacht. Die-ser Unterschied wird aller-dings nur dann deutlioh,nbsp;wenn wir die zu ver-gleichenden Stelen gleich-sinnig orientieren, ent-spreohend der Orientierungnbsp;z. B. der Abb. 126 und 151.
Wir haben da jeweils ein rechtes und ein linkes Paarnbsp;Aktinostelenstrahlen, wel-che bei den Coenopteridales
Abb. 149. Blechnum sp. Rhizomausschnitt, quer. (Rezent.)
3 Stelen der kreisförmig angeordneten Polystele.
Jede Stele hadrozentrisch (d. h. der Ilolzteil von einem Siebteilzylinder und einer Fmdo-
dermis umgeben).
(Original. Bot. Inst. Tübingen.) Vergr. 23mal.
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ein Fiederpaar, bei den Polypodiaceen nur ein einzelnes Pieder versorgen. Bei den Coenofteridales liegen nnn die Protoxylemgruppen jeweils auf der Innen-
seite der Strahlen eines Strahlenpaars, bei den rezenten Farn-Aktinostelen dagegennbsp;auf der AuBenseite.
Bertrand leitet beide Formen durch Halbierung der Stelen und Drehung ihrernbsp;Halften um 180 ® voneinander ab; auchnbsp;seine Bezeichnung „lnversicatenales“ be-zieht sich auf diese Drehung. Fine der-artig komplizierte ,,Ableitung“ ist wohlnbsp;nur im Sinne der ,,Idealistischen“nbsp;Morphologie bzw. Anatomie zu versteken.nbsp;Eine phylogenetische Ableitung dernbsp;Scolopendrium - Stele von der Coenofteri-dales-Stele ist dagegen eigentlich nur unternbsp;der Annahnie inöglich, daB das Protoxy-lem nicht der „ru-hende Pol in der Er-scheinungen Flucht“nbsp;ist, sondem daB es imnbsp;Lauf der Phylogenienbsp;verlagert wurde. D. h.nbsp;wir müssen anneh-men, daB eine anderenbsp;Partie des Holzkör-pers aus Metaxylemnbsp;zu Protoxylem geworden ist.
Im übrigen laBt es sich kaum sichernbsp;entscheiden, ob hiernbsp;etwa direkte phylogenetische Zusam-menhange bestehen,nbsp;da wir aus dem aus-klingenden Palaozoi-kum und dem Mesozoikum, in dem sichnbsp;wohl eine solche Wandlung abgespieltnbsp;hatte, zu wenig strukturbietende Famenbsp;kennen. Für wahrscheinlicher halte ichnbsp;die Ableitung von weniger einseitig spe-zialisierten Formen als von den Coeno-pteridales.
Sporanyicn. Sie sind, im Gegen-satz zu den eusporaiigiaten Sporangien, fast regelmaBig einzeln gosticlt; ihrenbsp;Stiele sind frei oder höchstens durchnbsp;Verzweigung verknüpft. Bower hat dienbsp;leptosporangiaten Fame nach der zeit-lichen Entstehungsfolge der Sporangiennbsp;innerhalb einer Gruppe oder einesnbsp;,,Sorus“ eingeteilt. Und tatsachlichnbsp;erscheint dies als ein wichtiges phylo-
Abb. 150. Primiirblatter der Fame mit Gabel verzweigung und Gabelnervatur.
a Todea superba mit noch getrennten Phylloiden. Vergr. 2,Smal. b Aneimia adiantifolia, die ersten Blatter zeigen die allmahlichenbsp;Übergipfelung. Vergr. 3mal.
(Aus Bower, 1923, Fig. 76 und 77.)
Abb. 161. Scolopendrium mlgare Sm. Blattstiel quer, vierstrahlige Aktinostele mitnbsp;2 Leitbündeln, die zu den Fiederadem ab-gehen.
(Original.) Vergr. 60mal.
219
Filicinae leptosporangiatae, Sporangien.
genetisch es Merkmal ^). Die weit in die Vergangenheit (bis ins Karbon) zurüek-reichenden Familien, die „SimpUces'\ lassen alle Sporangien eines Soms gleicli-zeitig erscheinen. Die anderen durchweg jüngeren Familien, die CompUcatae dagegen, besitzen innerhalb eines Soms in-sofern differenzierte Sporangien, als diesenbsp;nacheinander ausgebildet werden undnbsp;dementsprechend auch zu verschiedenennbsp;Zeiten ihre Sporen ausstreuen können.
Die Stellung der Sporangiensori wech-selt stark. Wir können hier 4 Haupttypen unterscheiden:
a) nbsp;nbsp;nbsp;Bei Aneimia Swartz, einer Schi-zaeacee aus der Ordnung der Siniplices,nbsp;haben wir ahnliche Sporophylle wie beinbsp;Osmunda regalis. Die Sporangienstandenbsp;sind ein rein fertiler basaler Teil desnbsp;ganzen Blattes. Dieser fertile Teil bestehtnbsp;nur aus dem reich gegliederten Sporangien-stand ohne Phylloide und ohne besonderenbsp;Plazenten, Indusien usw.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Meist sitzen die Sori aber un-niittelbar einem sie ernahrenden Gewebe-polster, einer Plazenta, auf. Auch hiernbsp;kann noch eine Arbeitsteilung in einennbsp;fertilen und sterilen Blatteil vorkommen,nbsp;wie z. B. bei Thyrsopteris elegans Kze.,nbsp;einer Cyatheacee.
c) nbsp;nbsp;nbsp;In der Regel sind aber die Plazentennbsp;samt Sori in unmittelbare Verbindung niitnbsp;echten Laubblattern getreten. Dabei können sie noch randstandig in Verlangerungnbsp;von Fiederstelen stehen, wie z. B. beinbsp;den Hymenophyllaceen, Loxsomaceen,nbsp;nianchen Dicksoniaceen (vgl. Davallia,
Abb. 152).
d) nbsp;nbsp;nbsp;Oder aber — das ist der haufigste Fall — die Sori werden auf dienbsp;Blattunterseite verlagert. Es handelt sich hier offenbar um ein phylogene-
Jo nbsp;nbsp;nbsp;Jo
tisches Gleiten (Abb. 153), das z. B. in der Verwandtschaftsgruppe der Dicksoniaceen wahrend der Ontogenie wiederholt wird (Abb. 154).
Diese Wandlungen beeinflussen auch eine spezifische Sorushülle der lepto-sporangiaten Fame, niimlich das Indusium. Bei den randstandigen Sori wie
1) Vgl. auch Anm. 1, S. 214.
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5. Abt,: Pteropsida.
bei den Hymenophyllaceen ist das Indusium noch ziemlich radiar, becher-förniig. Die blattunterstandigen Sori haben dagegen in der Kegel ein ein-seitiges Indusium; auch der Soms hat sich hier also der dorsiventralen Blatt-gestalt angepaBt. — Es liegt wohl klar auf der Hand, daB die Verlagerung der Sporangien auf die Blattunterseite verschiedene Vorteile vereinigt: eine unge-
hinderte Assimilation, Bnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;einen Schütz der Spor
angien wahrend des Heranreifens und einnbsp;erleichtertes Ausstreuennbsp;der Sporen.
In einzelnen, offen-sichtlich abnormen. Fallen wird der Soms auf die Blattoberseite ver-lagert. RegelmaBig(?)nbsp;findet sich das beinbsp;Asfidium (Polystichum)nbsp;anomalum Hk., das un-serem Aspidium acu-leatum Sw. sehr ahnlich
Abb. 154 A—D. Querschnitte durch den jungen Blattrand sieht; als Ausnahmefall von Histiopteris incisa Sm.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;hat man es aber auch
Üntügenetische Verlagerung der Sporangienanlagen vom bei anderen Farnen be-Blattrand nbsp;nbsp;nbsp;(innbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Abb.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;A)nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;aufnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dienbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Blattunterseitenbsp;nbsp;nbsp;nbsp;(innbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Abb.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;D).nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;obachtet. Vielleicht ist
R = nbsp;nbsp;nbsp;Sorusanlage;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;S =nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Sporangienanlage;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Fnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;=nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dienbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Scheitel-nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;(Jjese Erscheinuuff aber
kante des Blattrandes. nbsp;nbsp;nbsp;i i i inbsp;nbsp;nbsp;nbsp;t. i,,.
(Aus Bower 1923, Abb. 219.) nbsp;nbsp;nbsp;doch phylogenetisch be-
Abb. 164 E—-G. Blechnum (Lomaria) discolor Keys.
3 EntwicMungsstadien des Sporophyllrands mit Entwicklung eines randstandigen Indusiums imd des Sorus auf der Blattunterseite.
(Aus Bower 1913, Abb. 57.)
deutsam, da wir bei den Marsiliaeeen, namentlich aber auch bei den Samen-pflanzen, Sporangien auf der Sporophylloberseite antreffen.
Die Form der einzelnen Sporangien und namentlich die Lage der verdichten Zeilen des Annulus (,,Exothecium“) bietet ein gleichfalls wechselndes Bild. Wie Go eb el betont hat, hangt sie sehr stark von der Art des Aufspringensnbsp;eines Sporangiums ab. Bei den primitiven Forinen haben wir im allgemeinennbsp;einen LangsriB (vgl. Abb. 155E); bei den abgeleiteten Familien dagegen einen
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Heterospore Fame.
quer- oder transversal gestellten Spalt (vgl. Abb. 155 B u. C). Die phylogeneti-schen Beziehimgen zwischen diesen Sporangienformen aufzufinden, ist nicht leioht. Vielleicht deshalb nicht leicht, weil sich moglicherweise die Gesamtsymmetrienbsp;eines Sporangiunis im Laufe der Phylogenie stark geandert hat, die jetzigenbsp;l^angsachse also keineswegs mehr mit der urspriinglichen iibereinstimmt.
Gametophyt. Die Haupteigentiinilichkeiten der Prothallien, ihre zarte aber autotrophe Gestaltung, sowie die nicht eingesenkten Archegonien undnbsp;Antheridien, ferner die Achsenlage des jungen Sporophyten quer zur Arche-gonienachse (S. 96 und Abb. 32) haben wir wiederholt erwahnt. Es istnbsp;interessant, dab z. B. bei Bleehnum spicant Roth, die Scheitelzelle sich wahrendnbsp;der Ontogenie „interkalar“ aus der vorletzten Gliedzelle des fadenförmigennbsp;Vorkeimes ausbildet (Döpp). Die Entstehungsweise der Scheitelzelle gleichtnbsp;also der S. 48 und in Abb. 14 geschilderten Entstehung von Scheitelzellen beinbsp;den Phaeophyten.
Als Gauzes betrachtet sind die leptosporangiaten Fame ein typisches Beispiel fiir eine bunte Mischung priniitiver und fortgeschrittener Merk-
male. Wir haben ja den groBen Vorzug, bei den Farnen dnrch die fos-silen Funde beide Merkmalsgrappen unterscheiden zu konnen. Wir haben uns ferner namentlich daruni bei den primitiveren Merkmalen innerhalb dernbsp;hochstentwickelten heutigen Farngruppe, der leptosporangiaten Fame auf-gehalten, um diese Mischung moglichst deutlich zu zeigen. Jeder Versuch,nbsp;die heutigen Fame auf Grund eines einzigen Merkmals phylogenetischnbsp;zu gruppieren, muB von vornherein scheitern.
11. Heterospore Fame.
Hydropterides (— 5. Kl. der Pilicinae).
Die heterosporen Fame, mit 2 scharf gesonderten Familien: Marsiliaceen und Salviniaceen, bieten mehr offene Fragen als Lösungen zur Phylogenetik.nbsp;Sichere Fossilfunde haben wir eigentlich nur aus den jiingsten Zeiten, aus dernbsp;oberen Kreide und dem Tertiar. Moglicherweise gehort allerdings auch einenbsp;recht problematische Gattung, NoeggeratMa Sternb. aus dem Karbon, hierhernbsp;(Nemejc). Die Sporangien stehen bei diesem Fossil allerdings noch nicht innbsp;besonderen Sporokarpien, sondern frei an fertilen Sporophyllteilen, wie bei dennbsp;Archaeopteriden und Osmunda regalis. Doch besagen alle diese Daten zusammennbsp;fiir die Phylogenie der heterosporen Fame herzlich wenig. Hur so viel istnbsp;klar, daB diese sich irgendwie von isosporen leptosporangiaten Pteridophyten
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ableiten durch Differenzierang der Sporen in Makro- und Mikrosporen sowie durch Keduktion des Prothalliums (Abb. 156). Die Makrosporenentwicklungnbsp;ist bei den heterosporen Farnen insofern noch abgeleiteter als bei Isoëtes, alsnbsp;jeweils nur eine einzige Spore ini Sporangium reif wird; ferner führen auchnbsp;die Kernteilungen der keimenden Spore nicht mehr zu einem völlig zellu-
laren Prothallium. Nur die apikale, Archegonien tragende Partie des Prothalliums besitzt Zellwande; dernbsp;gröBere Teil der Spore wird nicht innbsp;Zeilen zerlegt, sondern bleibt einenbsp;einzige groBe Nahrmasse.
Ueber diese, im Grunde schon von Hofmeister gemachten Ab-leitungen sind wir in den phylogene-tischen Fragen noch nicht viel weiternbsp;hinausgekommen. GewiB sind in dernbsp;S'porophyll- und Sorusbildung manche Hinweise auf andere Fame verhanden [vgl. z. B. Goebel (1918,nbsp;S. 1112) Tind Bower (1926)]; abernbsp;die phylogenetische und systematische Auswertung dieser Datennbsp;scheint niir, wie ich oben (S. 214,nbsp;Anm. 1) schon andeutete, allzu problematisch, als daB ich hier auf einenbsp;Erörterung der strittigen Punkte ein-gehen inöchte.
Es seien nur die wichtigsten Punkte herausgegriffen, durch welchcnbsp;die Hydropterides aus dem Rahniennbsp;der übrigen Fame herausfallen. Dienbsp;Marsiliaceen besitzen (meines Wissensnbsp;als einzige Pteridophyten) eine be-sonders hoch entwickelte Form dernbsp;Eeizbewegungen, namlich Schlaf-bewegungen durch Gelenke.
logisch an die Ausbildung eines der Angiospermen erinnert (vgl. S. 330 ff.).
Auch die Laubblatter haben ganz allgemein (z. T. wohl im Zusammenhang mit der feuchten Lebensweise) bei den Hydropterides Gestalten angenommen,nbsp;die zwar den übrigen Farnen nicht völlig fehlen, bei ihnen aber doch höchstnbsp;ungewöhnlich sind.
Die Sporophylle bzw. Sporophyll-teile (vgl. Goebel, 1918, S. 1112ff.) werden höchst eigentümlicherweisenbsp;zu Sporokarpien umgebildet; es istnbsp;das eine Umbildung, die morpho-Fruchtknotens um die Makrosporangien
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Ubersicht der Phanerogamenklassen.
(Wegen Einzelheiten, namentlich hinsichtlich des zeitlichen Vorkommens, sei auf den Stammbaum (Abb. 157), sowie auf die Beschreibung der verschiedenennbsp;Klassen verwiesen.)
1) Wenn man heute (trotz der wiederholten Proteste) in Nomenklaturdingen so konsor-vativ ist, dal! man die Linnésche Bezeichnung ,,Phanerogamen“ beibehiilt, so verlangt das eine Begründung. Ganz abgesehen von alien Prioritatsfragen sollte man m. E. an der Bezeichnung ,,Phanerogamen“ deshalb festhaltcn, well sich koine einzige der vorgeschlagenennbsp;Ersatzbezeichnungen [Anthophytae (A. Braun und Wettstein), Spermatophyta (Goebel), Embryo-phyta (Engler), Aerogamen usw.] allgemein durchsetzen konnte. Gegen jede der Bezeichnungennbsp;sind uberdies dieselben Argumente im Prinzip wie gegen die ,,Phanerogamen“ erhoben worden,nbsp;niimlich dafi sie nicht das ,,Wesen“ dieser Pflanzengruppe treffen. Auch gibt es für die Gegen-bezeichnung ,,Kryptogamen“, welche doch mindestens eine gemeinsame Organisationsstufenbsp;bezeichnet, noch weniger einen geeigneten Ersatz. (Vgl. auch öelakovsky, 1890/92,nbsp;S. 134, Anm.).
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Phanerogamae, tJbeisicht.
Dem Alter nach lassen sich 3 Hauptgruppen uaterscheiden:
I. Vorwiegend palaozoische, heute ausgestorbene Klassen:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Pteridospermeae [Cycadofilices), mit farnahnlicliem Habitus; Familien:nbsp;Lyginodendraceae, Medullosaceae (Anhang Glossopteridaceae).
2. nbsp;nbsp;nbsp;Gordaitales (habituell an die Nadelhölzer anklingend).
II. Im Mesozoikum vorberrscbende Klassen, bejite mit Ausnabmenbsp;einiger Koniferenfamilien nur Relikte:
cc
O
s
Si
3. nbsp;nbsp;nbsp;Cycadophyta (an die Pteridospermen anscblieBend), Ordnungen:nbsp;Benettitales, Gycadales (Anbang:. Nilssoniales, Gaytoniales).
4. nbsp;nbsp;nbsp;Ginkgophyta (Ordnung: Ginkgoales).
5. nbsp;nbsp;nbsp;Gonifeme, Ordnungen: Voltziales;
Taxales Sahni (Familien: Taxaceae, Podocarpaceae);
Goniferales (Familien: Araucariaceae, Gephalotaxaceae, Pinaceae, Taxodiaceae, Gupressaceae).
III. Klassen mit einem Verbreitungsscbwerpunkt in den jungerennbsp;Erdperioden, etwa seit der Kreide:
_ nbsp;nbsp;nbsp;6. Gnetales, fast nur rezent bekannt; die systematiscbe Isolierung der
einzelnen Vertreter laBt allerdings ein hohes Alter der Klasse vermuten. 7. Angiospermae mit einer seit der U.-Kreide anscbwellenden Formenfiille.
226
5. Abt.: Pteropsida.
Allgemeiner Teil.
Wir beschranken uns hier auf die Ümbildungsprozesse der Fortpflanzungs-organe innerhalb der Phanerogamenklassen; derai das sind die auifallendsten Eigentümlichkeiten der Phanerogamen. Die Gnmdformen der Phanerogamen-Fortpflanzung sowie ihre Entstehung haben uns ja schon oben (vgl. S. 89nbsp;und insbesondere Tabelle S. 91 ff.) beschaftigt.
Phylogenetische Weiterentwicklung der Portpflanzungs-organe innerhalb der Phanerogamen.
Viererlei hat sich hier gewandelt:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Die Gesamtinorphologie der Sporangienstande und Spo-rangiengruppen, also nach der üblichen Ausdrucksweise der ,,Bhiten“nbsp;und der „Sporophylle“. Die Wandlung betraf:
a) nbsp;nbsp;nbsp;ihre Einordnung in den Gesanitaufbau der Pflanze,
b) nbsp;nbsp;nbsp;die Beziehungen der Sporangienstande zueinander, also z. B. dienbsp;Bildung von Zwitterblüten, eingeschlechtigen Blüten usw.,
c) nbsp;nbsp;nbsp;den niorphologischen Aufbau der einzelnen Makrosporangienstandonbsp;selbst,
d) nbsp;nbsp;nbsp;den entsprechenden Aufbau der Mikrosporangienstande.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Der Bau der einzelnen Sporangien und Sporen. Ihre Aus-gestaltung steht in engster Beziehung zu einer weiteren Wandlung,nbsp;namlich zur Wandlung
3. nbsp;nbsp;nbsp;des Bestaubungs- und Befruchtungsprozesses (Uebergangnbsp;von der Wind- zur Insektenbestaubung, von der Spermatozoën- zurnbsp;PoUenschlauchbefruchtung).
4. nbsp;nbsp;nbsp;Die Embryonalentwicklung des Sporophyten.
Die phylogenetische Entwicklung ist hier nicht leicht erkennbar und aufierst umstritten. Sie ist besonders deshalb so undurchsichtig, weil sie un-verkennbar in verschiedenen Reihen unabhangig voneinander ab-gelaufen ist. Beispielsweise sind der Angiospermenfruchtknoten einerseitsnbsp;und ein Tannenzapfen andererseits zweifellos Endglieder verschiedener Reihen.nbsp;Wir müssen daher versuchen, jeweils die Ausgangsform aufzufinden, von denennbsp;wir die heutigen Formen ableiten können.
1. Gesamtmorphologie der Sporangienstande und der Sporangien-
gruppen.
Diese Ausgangsform, von der wir samtliche Sporangienstande der Phanerogamen in beiden Geschlechtern ableiten können, ist meines Erachtensnbsp;wieder unverkennbar der radiare, mehrfach verzweigte Sporangienstand mitnbsp;terminalen Sporangien, wie er sich bei den Psilophyten (Abb. 159 und 160),nbsp;aber auch bei manchen altertümlichen Farnen vorfindet. Es sei nochmalsnbsp;auf das Charakteristikum dieser Ausgangsform, auf das Fehlen einer scharfennbsp;Sonderung in Achsen verschiedener Grade hingewiesen. Man kann den „Ur-Sporangienstand“ darum, wenn man will, als Ganzes eine Blüte nennen, mannbsp;kann seine Teile als Sporophylle bezeichnen; doch ist das alles recht willkür-lich. Oben erwahnten wir schon, dab dieser Ausgangsform unter den heutigen Phanerogamen der weibliche Sporangienstand der Ginkgophyten verhalt-nismabig am nachsten kommt, namentlich wenn wir auch anomale Gestaltennbsp;und die fossilen Formen wie Baiera (Abb. 200 A) mit berücksichtigen.
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Phanerogamae, Fortpflanzung.
Der Gesamtsporangienstand, den man bei den Phanerogamen gemeinhin „Blüte“ nennt, bleibt auch bei seiner phylogenetischen Weiterbildung innerhalbnbsp;der Phanerogamenklassen zunachst meist radiar. Nur bei den Angiospermennbsp;finden wir gelegentlich ausgepragt dorsiventrale Sporangienstande, sivenbsp;,,Bliiten“. Aber die Dorsiventralitat geht auch bier nicht so tief wie bei dennbsp;dorsiventralen Phylloidstanden sive Laubblattern; die innere Bliitenanatomie,nbsp;z. B. der Stelenbau, behalt im Grunde radiare Struktur. Wir haben also ahnlichenbsp;Formbeziehungen wie bei den vegetativen Sprossen, die auch zu kriechendennbsp;Rhizomen usw., d. h. weitgehend dorsiventral werden können, ohne darum ihrennbsp;urspriinglich radiaren Charakter im gleichen Mabe wie ein Laubblatt aufzugeben.nbsp;Die Gesamtsporangienstande, die Bliiten, sind Parallelbildungen zu dennbsp;vegetativen Sprossen, weshalb man auch schon in der alteren Morphologicnbsp;die „Blüten“ durchweg als ,,metamorphosierte Sprosse“ ansprach. Die gegen-seitige Ersetzbarkeit von vegetativen Sprossen und von Bliiten bei heutigennbsp;Phanerogamen, sowie die zahllosen Übergangsbildungen belegen ihre Homologienbsp;(in jeder Ausdeutung dieses Begriffes).
a) Einordnung der Sporangienstande in den Gesamtaufbau
der Pflanze.
Sporen und Samen werden bei den Kormophyten vorherrschend durch die Luft verbreitet; auch bei den Phanerogamen stehen daher die Sporangienstandenbsp;an Sprossen und nie unmittelbar an Wurzeln. Die Sprosse müssen im allgemeinennbsp;ein gewisses Alter erreicht haben, ehe sie fertil werden; daher finden wir dienbsp;Sporangienstande meist mehr gegen das Ende der Zweige verschoben. Imnbsp;iibrigen ist die Stellung der Sporangienstande am PhanerogamensproB rechtnbsp;verschieden; 5 Haupttypen können wir unterscheiden:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Ptcridospernientyp. Zerstreute Stellung einzelner Teilsporangien-stande oder Sporophylle kennzeichnet diesen Typ, der sich bei den altestennbsp;Phanerogamen, den Pteridospermen, findet. Wie bei den meisten heutigennbsp;Farnen, aber auch bei den altesten Kormophyten, standen die Sporophylle amnbsp;HauptsproB untermischt mit sterilen Laubblattern und in homologer Stellungnbsp;mit diesen; oder sie bildeten — ebenfalls in Übereinstimmung mit manchennbsp;Farnen — Teile der Laubblatter (Abb. 171). Die Homologie von Phylloidennbsp;und Sporangien wird hier noch besonders augenfallig.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Struthiopteris-Cycas-Typ (Abb. 158 A). Bei alien anderen Phanero-gamengruppen und vielleicht auch bei manchen Pteridospermen finden sichnbsp;dagegen die Teilsporangienstande mehr oder minder geschlossen, zu einernbsp;„Blüte“ vereinigt. Auch manche heutigen Fame, wie Struthiopteris germanicanbsp;Willd., zeigen schon Ansatze zur Bliitenbildung. llieser Farn hat sterile Laubblatter und ihnen homologe Sporangienstande (typische Sporophylle). Im Friih-jahr bildet er zunachst eine Laubblattrosette und ahnelt auf diesem Stadiumnbsp;dem Wurmfarn Dryopteris filix mas Schott. Aber im Sommer erscheint darUbernbsp;ein Schopf Sporophylle zur „Blüte“ vereinigt. Im nachsten Friihjahr wieder-holt der Vegetationspunkt denProzeB, so daB also immer Rosetten von Laubblattern und Sporophylle abwechseln.
Genau so ist die weibliche Cycasbliite organisiert. Zeitweise steht auch bei Gycas am Ende des Stammes ein Schopf ,,Sporophyllequot;, eine „typischequot;nbsp;Blüte. Wieder wird der Vegetationspunkt nicht völlig zur Sporangienstands-bildung aufgebraucht. Nach einiger Zeit erwacht er zu neuer Tatigkeit undnbsp;„durchwachstquot; unter Bildung von Laubblattern die Blüte. Kurz, auch hiernbsp;folgen in regehnaBigem Wechsel an ein und derselben SproBachse Laubblatternbsp;und Sporophylle.
16*
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5. Abt,: Pteropsida.
Die nun folgenden Typen haben eine echte Blüto; d. li. der Vegetations-punkt wird zur Blütenbüdung aufgebraucht. Das beschrankte Wachstnm der Blütenachse gilt ja ini allgenieinen als Charakteristikiim einer Blüte (vgl. z. B.nbsp;Goebel, 1923, S. 1493). Die Blüte stimmt somit als Organ bescliranktennbsp;Wachstunis in diesem Merkniale mehr nait den Blattern als mit den vegetativennbsp;Sprossen tiberein. Nnr als Abnormitat finden wir aucli bei echten Blütennbsp;eine vegetative Fortsetzung der SproBachse, eine ,,durchwachsene“ Blüte, wienbsp;beim 8truthiopteris-Cycas-Tj^.
Weiter ist bemerkenswert, daB bei diesen typischen Blüten die basalen Seitenorgane sehr haufig steril sind und einen mehr oder minder spezifischennbsp;Charakter, insbesondere als Hiillorgane, erhalten. Den einfachsten Fall, wienbsp;er namentlich aus den alteren Gruppen bekannt ist, reprasentieren die weib-lichen Blüten von Larix. Hier nehmen z. B. die vegetativen Tjanbblatter
umsomehr den Charakter der fertilen Seitenorgane an, je naher sie der fertilen Region stehen. Solche Zwischenstufen zwischen steriler und fertiler Ausbildnngnbsp;kommen ja auch bei Farnen mit gesonderter fertiler Region vor (vgl. Abb. 145).
Namentlich bei den jüngeren Formen, z. B. bei mannlichen Blüten heutiger Gymnospermen (Koniferen u. a.), konnen diese basalen Hüllorgane der Blütenbsp;einen spezifischeren Charakter als Perigonblatter haben. Schon bei den Benet-ütales-Èlüten (vgl. Abb. 188) finden wir solche ,,Perigonblatterquot;, die zwarnbsp;noch untereinander gleichartig sind, die sich aber sowohl von den fertilennbsp;Laubblattern, wie von den Sporophyllen unterscheiden. Die Angiospermennbsp;stellen dann die höchste Differenzierung dar, indem hier in der Uebergangs-region, von steril zu fertil, Hochblatter, Kelch- imd Kronblatter sowie allenfallsnbsp;Nektarien entstehen (vgl. unten S. 331 ff.).
1) ,,Einachsige“ Pflanzen sind eben daduroh charakterisiert, daB ihre primare Hauptachse in eine Blüte auslaufen kann. nbsp;nbsp;nbsp;'
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Phanerogamae, Blüten.
lm einzelnen imtersclieiden wir bei diesen echten Blüten folgende Typen:
3. nbsp;nbsp;nbsp;Papaver-Typ. Die Blüte bildet z. B. beim Mohn (Papaver somniferum)nbsp;und anderen ,,einachsigen“ Angiospermen, genau wie bei Cycas, die unmittel-bare Verlangerung der Hauptachse (Abb. 158 B) nnd beendet die Hauptachse.
4. nbsp;nbsp;nbsp;Anpiospermeii-Haiipttyp. Jn der Regel bleibt jedoch bei dennbsp;Ginkgoales, den Coniferae, den Gnetales und den Angiospermen die Hauptachse vegetativ und kann inindestens eine Zeitlang unbehindert durch dienbsp;Blütenbildung weiterwachsen. Die Blüten entstehen hier blattachselstandignbsp;(Abb. 158 C).
5. nbsp;nbsp;nbsp;Dioon-Typ. Eine gewisse ökologische Parallele zum Angiospermen-Haupttyp zeigen manche Gycatlales, wie Dioon und Stangeria. Diese legen dienbsp;Blüte zwar wie Cycas terminal an und brauchen den Vegetationspunkt dafürnbsp;auf. Doch wird die Blüte spater durch einen neuen Vegetationspunkt seitlichnbsp;abgedrangt (Abb. 158 D).
Zweifellos stellt der Pteridospermentyp eine Ausgangsform dar. Von ihm haben sich wohl zunachst der Struthiopteris-Cycas-Typ und davon wieder dienbsp;beiden anderen Typen abgeleitet.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Die Beziehungen der Sporangienstande zueinander (eingeschlech-
tige Blüten, Zwitterblüten).
Alle ins Palaozoikum zurückreichenden Phaneroganienklassen besitzen eingeschlechtige Blüten. Zwitterblüten treten auf bei drei jüngeren Druppen:
1. nbsp;nbsp;nbsp;den meisten seit der Kreide existierenden Angiospermenfamilien,
2. nbsp;nbsp;nbsp;den meisten mesozoischen Benettitales (S. 268) und
3. nbsp;nbsp;nbsp;eineni Vertreter der Gnetales (Welwüschia). Bei letztgenannter Gattungnbsp;ist das Makrosporangium allerdings steril (S. 311 f.).
Dies spate Auftreten von Zwitterblüten — erst seit dem Mesozoikum -macht es höchst wahrscheinlich, dab die Phanerogamenzwitterblüte aus einer eingeschlechtigen Blüte hervorgegangen ist. Weitere Einzelheiten besprechennbsp;wir bei den Angiospermen (S. 317 ff.).
c) nbsp;nbsp;nbsp;Morphülogischer Aufbau der einzelnen Makrosporangienstande
(weibliche ,,Blüten“ und Sporophylle, Abb. 159).
Man kann 2 Hauptreihen unterscheiden, je nachdem der ursprüngliche radiare Aufbau auch in den Teilstanden gewahrt wurde oder nicht.
a) Der Makrosporangienstand bleibt als Ganzes und in seinen Teilen radiar (,,stachyosperme“ Differenzierungsreihe nach Salmi, 1921,nbsp;S. 300)^). Die einzelnen Sporangien bleiben hier entweder wie beim Urtyp freinbsp;und nngeborgen, oder der Sporangienstand ist, wenigstens wahrend des Heran-wachsens der Sporangien, so kompakt und reduziert, dab die ganzen Sporangienstande in ihren Deckblattern oder besonderen Hüllblattern geborgennbsp;werden können.
1. nbsp;nbsp;nbsp;Urtyp (Abb. 159, Mitte uuteu). Wir erwahnten die Ausgangsform,nbsp;d. h. den radiaren, also nicht in einer einzigen Ebene verzweigten, Sporangienstand mit ternünalen Sporangien oben (S. 69 und 226) schon. Es kommennbsp;unter den heutigen und den fossilen Phanerogamen die Ginkgophyten diesernbsp;Ausgangsform am nachsten (S. 24 ff.).
2. nbsp;nbsp;nbsp;Cordaitales-Beiicttitalcs-Typ (Abb. 159, Mitte oben). Der Spor-ajigienstand ist auf einen einaehsigen Zustand reduziert, d. h. die Makrospor-
_1) Sahni verwendet allerdings die Ausdrücke ,,Stachyosperms“ und ,,Phyllosperms“ zur Sippengruppierung und nicht für die Merkmalsphyletik. Auch rechnet er alle Koniferennbsp;zu den ,,Stachyosperms“.
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5. Abt.: Pteropsida.
angien sitzen der Hauptachse unmittelbar auf; sie werden durch andere sterile, den Makrosporangien gleichgestellte und ihnen offensichtlich homologe Schuppennbsp;geborgen.
231
Phanerogamae, Blüten.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Taxaceen-Giietales-Typ (Abb. 159, links). Der Makrosporangien-stand wird auf ein kleines SpröBchen mit einem einzigen terminalen Makro-sporangium (selten zwei Sporangien) reduziert. Ben Schütz nach auBen iiber-nehnien wahrend der Entwicklnng basale Schuppen des Sporangienstands bzw.nbsp;sein Deckblatt.
P) Ber Makrosporangienstand wird mindestens in seinen die Sporangien unmittelbar tragenden Teilen dorsiventral, d. h. diese unmittelbaren Tragernbsp;der Makrosporangien werden blattartig, sie werden echte Sporophylle (,,phyllo-spermequot; Biff erenzierungsreihe nach Sahni 1921, S. 300). Im allgemeinennbsp;iibernehmen hier die Sporophylle selbst den Schntz der an ihnen sitzendennbsp;Makrosporangien.
4. nbsp;nbsp;nbsp;Pteridospermeii-Cycadales-Angiospermeii-Typ (Abb. 159 rechts).nbsp;Die Makrosporangienteilstande verzweigen sich mehr und mehr in einer Ebene,nbsp;die Sporangien werden damit randstandig. Eine Bergung der Sporangiennbsp;crfolgt entweder dadurch, daB sie nur am basalen Teil der Sporophylle aus-gebildet werden (Cycadales), oder daB sich das Sporophyll als Ganzes nm seinenbsp;Langsachse einrollt (Angiospermae).
5. nbsp;nbsp;nbsp;Koiiiferen-Haupttyp (Abb. 159, links oben). Sie bereiten der phylo-genetischen Ableitung die meisten Schwierigkeiten. Wir konnen das Problemnbsp;der Entstehung eines Koniferenzapfens daher erst im Zusammenhang mit dennbsp;Einzelheiten gebiihrend diskutieren (S. 289 ff.). Hier sei nur erwahnt, daB dienbsp;Makrosporangien in der Achsel von Sporophyllen sitzen, die mehr oder mindernbsp;reduzierte Sporangienteilstande darstellen.
d) Morphologischer Aufbau der einzelnen Miki'osporangienstande (mannliche ,,Bliiten“ und Sporophylle, Abb. 160).
Bie Mikrosporangienstande zeigen im groBen und ganzen die gleichen Bautypen wie die Makrosporangienstande, ohne daB beide Geschlechter einernbsp;Pflanze immer demselben Bautyp angehören müBten. Also auch hier fehlt einenbsp;starre Korrelation der Merkmalsphylogenie. Als Ausgleich gegeniiber dernbsp;geringeren SporangiengröBe ist der Verzweigungsgrad der Mikrosporangienstande meist höher als im weiblichen Geschlecht. Als weiteres gemeinsamesnbsp;Merkmal konnen wir feststellen, daB bei den Mikrosporangienstanden dienbsp;Gliederung in eine Hauptachse und seitenstandige Sporangiengruppen odernbsp;typische ,,Sporophyllequot; in der Regel deutlicher durchgefiihrt ist als bei dennbsp;Makrosporangienstanden.
1. nbsp;nbsp;nbsp;Cordaitales-Typ (Abb. 160 links unten). Ber ganze Mikrosporangien-stand ist auch in seinen Teilen noch durchaus radiar wie der zugehörige Makrosporangienstand, dem er sehr ahnelt. Nur stehen im mannlichen Geschlechtnbsp;an Stelle einzelner Makrosporangien jeweils gestielte Mikrosporangiengruppen.nbsp;Ber AnschluB an die radiare Ausgangsform der Sporangienstande ist fast an-schaulicher als im weiblichen Geschlecht. Bemerkenswert ist insbesondere dienbsp;ausgesprochen terminale Stellung der Sporangien.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Pteridospcrineii-Typ (Abb. 160, rechts unten). Leider sind wir hiernbsp;ziemlich schlecht unterrichtet. Bie Mikrosporangienstande sind wohl im allgemeinen dorsiventrale, reichgegliederte Sporophylle, die den Farnsporophyllennbsp;ahneln. Wie bei den Earnen sind die Mikrosporangien in der Regel auf dienbsp;Blattunterseite verschoben, oder sie bilden fertile Abschnitte von Laubblattern.nbsp;Bie Abgrenzung gegen den sterilen Teil der Pflanze ist also recht unscharf.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Cyeadales-Ginkgophyteii-Konifereii-Typ (Abb. 160 links). Bernbsp;gesamte Sporangienstand ist hier als echte Blüte von den vegetativennbsp;Teilen wohl abgesetzt. Er bildet einen blattachselstandigen, radiaren „Stro-bilns“, d. h. einen Zapfen, bestehend aus einer Achse und spiralig daran sitzenden
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5. Abt.: Pteropsida.
Sporophyllen. Diese Sporophylle tragen wie bei den Pteridospermen die Mikro-sporangien auf der Unterseite, sie sind aber viel weniger _ stark gegliedert als bei den Pteridospermen (vgl. hierzu auch Doyle 1926). Über die abweichend
radiaren, „pelta-ten“ Sporophylle der Taxaceen vgl.nbsp;S.69,296und305.
4. nbsp;nbsp;nbsp;Benetti-tales-Typ (Abb.nbsp;160 rechts). Dienbsp;reichgegliedertennbsp;Einzelsporophyllenbsp;stimmen mit demnbsp;Pteridospermen-Typ überein. Dochnbsp;sind die Sporophylle zu einernbsp;echtenBlüte(meistnbsp;wohlZwitterblüte)nbsp;vereinigt.
5. nbsp;nbsp;nbsp;Gnetales-Typ (Abb. 160nbsp;oben). Der Spor-angienstand istnbsp;hier noch radiarnbsp;wie beim Aus-gangstyp. Er ist
einachsig; die Achse tragt un-mittelbar die ter-minalen Sporan-gien, allerdings innbsp;sehr geringer An-zahl. Ueberhauptnbsp;ist er stark redu-ziert, insbesonderenbsp;sind die Sporan-gien sitzend. Dernbsp;ganze Sporangien-stand ahnelt innbsp;seinem Aufbaunbsp;sehr den Mikro-sporophyllen dernbsp;Angiospermen; ernbsp;nimmt aber we-nigstens bei Gne-tum und Ephedranbsp;die Stellung einernbsp;typisch en Blütenbsp;ein.
6. Angiospermen-Typ (Abb. 160 oben rechts). Der gesamte Mikro-sporangienstand ist im allgemeinen mehrachsig, d. h. deutlich in eine Blüten-achse und ihm seitlich ansitzende Mikrosporophylle gegliedert (wenige Aus-nahmen wie Casuarina zeigen den Gwetofes-Typ). Die einzelnen Sporophylle
233
Phaiierugama.e, Sporangieu and Sporen.
sind meist ziemlich radiar (ob sekundar?) und tragen ahnlich wie heimOnetales-Typ ziemlich terminal (ob sekundar?) sitzende Sporangien meist in der Vierzahl (vgl. auch unten S. 317 ff. und 326 ff.).
Fiir relativ ursprünglich in der Gesamtmorphologie sehe ich einerseits den Gnetales- und Cordaitales-Tj^ wegen ihrer radiaren Ausgestaltung undnbsp;dann den Pteridospermentyp wegen seiner unscharfen Abgrenzung vom vege-tativen Teil der Pflanze an.
2. Bau der Sporangien und Sporen.
a) Makrosporangien (,,Samenanlagen“) und Makrosporen.
Die phylogenetische Wandlung der einzelnen Makrosporangien bei den Phanerogamen betraf einmal das Auftreten von besonderen Hüllen, „Integu-menten“, um das Sporangium und dann die innere tfmgestaltung des Spor-angiums selbst, das man auch als j,Nucellus“ zu bezeichnen pflegt.
a) Hiillbildungen.
Bei alien genauer bekannten Phanerogamen sind die Makrosporangien mindestens von einer Hiille, einem „Integumentquot;, nmgeben. Das Inte-
B nbsp;nbsp;nbsp;C
Abb. 160 B und C.
Pollinatiunstropfen an den Spitzen von Koniferen-Makrosporangien.
B. nbsp;nbsp;nbsp;Zapfen von Cephahlaxus Fortunei Hook. Vergr. 3mal.
C. nbsp;nbsp;nbsp;Binzelsporangien von Taxus baccata L. Vergr. ca. 2mal.
(Aus Tison 1911/13 PI. 3.)
gument lafit am apikalen Sporangienende eine Oeffnung, die „Mikropylequot; frei, durch welche die Mikrosporen bis ans Makrosporangium gelangen könnennbsp;(vgl. Abb. 169). Am reifenden Samen wird das Integument dann zur Samen-schale.
Bei altertiimlichen Formen, wie bei den Pteridospermen, ahneln diese Integumente noch einem Kelch an der Angiospermenbliite, d. h. das Integumentnbsp;(vgl. Abb. 169 c) ist ein Becher, der niit dem eigentlichen Sporangium ziemlichnbsp;wenig verwachsen ist. Ueberhaupt ist das Integument bei den weit in dienbsp;Vergangenheit zuriickreichenden Phanerogamen (z. B. bei Cycadophyten,nbsp;Podocarpaceen) mit ihren ziemlich ungeschützten Makrosporangien rechtnbsp;kraftig entwickelt; es wird von Leitbiindeln durchzogen und zeigt bei manchennbsp;Pteridospermen (besonders Physostoma elegans) freie Zipfel wie ein verwachsen-blattriger Kelch. Man spricht daher dies Integument als eine kelchahnlichenbsp;Hiille aus verwachsenen Phylloiden an (de Haan 1920).
Benson (1904) und Kühn (1928) haben allerdings teilweise abweichende Meinungen vertreten. Namentlich die Auffassung von Benson scheint mir aber
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6. Abt.: Pteropsida.
bei naberem Zuseben nicbt allzu verscbieden. Die Autorin glaubt, daB das Integument ursprünglicber Pbanerogamen (wie der Pteridospermen) aus einem Kranze steril gewordener Sporangien entstanden sei. Bei unserer Auffassung einer ur-sprünglicben Homologie von Sporangien und Pbylloiden scblieBt sicb diese Auffassung eng an die oben vertretene an. Die Differenzierung in sterile und fertilenbsp;Telome war wobl bei den Pteridospermenabnen kaum sebr sobarf. Am bestennbsp;nimmt man daber wobl als Ausgangsform für das Integument einen Kranz un-scbarf determinierter Telome an.
Allmahlich, namentlich als die Sporophylle u. dgl. den Schütz der reifenden Sporangien übernahmen, erfolgte eine Reduktion der Integumente, die mehrnbsp;und mehr mit den eigentlichen Sporangien verwuchsen. Nur die zur Aufnahmenbsp;der Mikrosporen dienende Mikropylenpartie wurde oft weiter entwickelt: sienbsp;wurde zu einer Röhre wie bei den Gnetales (Abb. 223) oder zu narbenahnlichennbsp;Bildungen wie bei Larix und anderen Koniferen (vgl. auch Goebel 1923,nbsp;S. 1550 ff., und unten S. 237).
Die Zahl solcher integumentartiger Hüllbildungen schwankt in den ein-zelnen Klassen zwischen 1 und 3. Für die weiter nach auBen gelegenen Bildungen ist sehr haufig die Entstehung aus verwachsenen Telomen noch deutlicher als beim inneren Integument (vgl. z. B. die ,,Cupulaquot; Abb. 169a).nbsp;Manchmal allerdings, wie beim „AriUusquot; um die Taajus-Makrosporangien,nbsp;mag es sich auch um eine sekundarc ringwulstartige Wucherung am Grundenbsp;der Sporangien handeln.
Vielfacb bestehen in der Literatur groBe Meinungsdifferenzen, ob es sicb bei diesen Hüllbildungen ,,eigentlicb“ um Blütenbüllen, Integumente usw. bandie.nbsp;Der rein pbylogenetiscbe Kern in diesen Fragen, den wir auch bier allein betrachtennbsp;wollen, scbeint mir mit der Entscbeidung, ob es sicb um verwacbsene Telomenbsp;oder um eine sekundare Wucberung handelt, erledigt zu sein. Auch das ist allerdings wobl kaum in allen Fallen sicber zu entscbeiden.
P) Eigentliches Makrosporangium (Nucellus).
Die Makrosporangienwand bildet bei einem Teil der Pbanerogamen Organe zur Aufnahme der Mikrosporen aus: die „Pollenkammerquot; oder griffelahnlichenbsp;Bildungen. Die Pollenkammer ist eine (wie bei altertümlichen Pteridophyten)nbsp;apikal gelegene Öffnungsstelle des Makrosporangiums in Fortsetzung dernbsp;Mikropyle (vgl. Abb. 169 d). Sie nimmt die durch die Mikropyle eingedrun-genen Mikrosporen (Pollenkörner) auf, ermöglicht ihre Keimung und das Verdringen der Spermatozoen bis zur keimenden Makrospore. Die Pollenkammernbsp;ist offensichtlich ein altertümliches Merkmal. Wir finden sie bei fast allennbsp;gut bekannten palaozoischen Makrosporangien (bzw. Samenanlagen) sowienbsp;bei rezenten Gymnospermen mit Spermatozoenbefruchtung (Cycadophytennbsp;und Ginkgophyten); sie ist ein Merkmal, das in verschiedenen Phanero-gamenreihen bei der Ablösung der Spermatozoenbefruchtung durch die Pollen-schlauchbefruchtung rückgebildet wurde. Bei der Pollenschlauchbefruchtungnbsp;übernehmen ja in der Regel andere Organe (Teile des Makrosporophylls, wienbsp;Griffel usw., oder die Integumente) die Funktion eines Aufnahmeapparatesnbsp;für die Mikrosporen; die Mikrosporen keimen auf der Spitze des geschlossenennbsp;Makrosporangiums. Es gibt aber auch Ausnahmen, z. B. finden wir bei dernbsp;Podocarpacee Saxegothaea eine griffelahnliche Verlangerung des Nucellusnbsp;selbst (Abb. 215).
y) Makrospore.
Mindestens bei den heutigen Pbanerogamen ist es die Regel, daB nur eine einzige Makrospore in einem Makrosporangium reif wird, und daB die 3 (ausnbsp;einer Makrnspnrenmutterzelle hervorgegangenen) Schwesterzellen wie bei
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Phanerogamae, Sporangien und Sporen.
den heterosporen Farnen zugrunde gehen. Doch kennen wir auch Ausnahmen, vor allem Falie, in denen eine Eeihe von Makrosporenmutterzellen sich mehrnbsp;Oder weniger weit zu entwickeln beginnen. Ein solches vielsporiges Makro-sporangiuni besitzen z. B. einige Koniferen (vor allem, Taxodiaceen, wienbsp;Cryptomeria und Sequoia, sowie Cupressaceen); ferner bei den Angiospermen,nbsp;Casuarina, Betulaceen, Kosaceen, Compositen u. a. (Abb. 235). Fast immernbsp;führt allerdings nur eine einzige Makrospore ihre Entwicklung ganz durch.nbsp;Da sicher urspriinglicli einmal in den Sporangien allgemein mehrere Sporennbsp;gebildet warden, ist es wahrscheinlich, daB ein vielsporiges Makrosporangiumnbsp;einen altertümlichen Zustand darstellt; doch könnte hier meines Erachtens auchnbsp;einmal ein Fall vorliegen, in welche'm sekundar die phylogenetische Entwicklungnbsp;wieder zum Ausgangspunkt zurückgeführt hat.
Wie bei den Pteridcphyten finden wir auch bei den Phanerogamen ein bestimmtes sporenlieferndes Gewebe, ein ,,Archespor“, das meist hypodermalnbsp;angelegt, dann aber im Laufe der Ontogenie durch Zellteilungen (d. h. durchnbsp;Verstarkung der Sporangienwand) ins Innere des Nucellus yerlagert wird.nbsp;Interessant ist auch, daB z. B. bei den Cycadales (wohl als Überbleibsel ausnbsp;alten Zeiten und als Anzeichen für die ehemalige Selbstandigkeit der Makro-sporen) eine kutikularisierte und oft dunkelgefarbte Makrosporenmembrannbsp;ausgebildet wird.
Die Gametophytbildung, d. h. die Keimung der Makrospore, ist ein klassisches Beispiel für phylogenetische Umbildung. Die altertümlichennbsp;Klassen, wie die Gymnospermen (ausschlieBlich mancher Qnetales), entwickelnnbsp;noch ein typisches ProthaUium, also ein massiges nahrstoffreiches Zellgewebe wienbsp;in den Makrosporen heterosporer Pteridophyten (z. B, Isoëtes; vgl. Abb. 224 anbsp;und 84). Auch die Archegonien schlieBen in ihrem Bau an die Pteridophyten an.nbsp;In der Regel liegen einige wenige Archegonien (wie bei Isoëtes, Abb. 84) amnbsp;Scheitel der Makrospore; Microcycas hat viele (100—200) Archegonien an dernbsp;ganzen Sporenperipherie.
Demgegenüber ist das ProthaUium reduziert bei den zuletzt auftretenden Phanerogamenklassen, bei den Qnetales und noch starker bei den Angiospermen.nbsp;Gerade bei den Qnetales ist uns eine hübsche Reduktionsreihe erhalten (Naheresnbsp;vgl. S. 314 und Abb. 224). Ein Endglied einer solchen Reduktionsreihe liegtnbsp;im 8kernigen ProthaUium oder „Embryosackquot; der Angiospermen (Abb. 237)nbsp;vor; die Zellwandbildung im ProthaUium ist hier bis uach der Befruchtungnbsp;hinausgeschoben. Damit verlieren die Archegonien auch ihre typische Aus-bildung; der Eikern liegt frei im Plasma der Makrospore. Auch dieser Ent-wicklungsgang ist schon bei den Hydropterides (s. S. 222 und Abb. 156) raitnbsp;dem Zurücktreten der Zellteilung im ProthaUium angebahnt.
b) Mikrosporangien und Mikrosporen.
a) Öffnungsmechanismus der Sporangienwandung.
Die weitgehende Ahnlichkeit mit Sporangien der eusporangiaten Fame erwahnte ich oben (S. 210) schon. Im Öffnungsmechanismus der Phanero-gamensporangien finden wir zwei verschiedene Differenzierungsreihen, dienbsp;insbesondere Goebel (z. B. 1923 S. 1533) und Jeffrey and Torrey eingehendernbsp;untersucht haben: Alle Gymnospermen, mit Ausnahme von Ginkgo und einigennbsp;Koniferen, wie Pseudolarix, haben ein ,,Exothecium“ (Abb. 185E); d. h. dienbsp;Epidermis der Sporangienwandung bildet sich als Öffnungsgewebe, als einenbsp;Zellage mit stark verdickten Zellwanden aus. Bei den Cycadales erreicht diesnbsp;Exothecium ungefahr den Ausbildungsgrad der eusporangiaten Fame. Ginkgo,
1) Bekanntlicli geht die Kenntnis davon aiif Hofiiieister zuruck (vgl. oben S. It)
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5. Abt.: Pteropsida.
Pseudolarix und die Aiigiospermen besitzeii dagegen ein „Endotheciiim“ (Abb. 198 und 220); d. h. weiter einwarts gelegene Zellschichten der Sporangien-wandung (nieist die 2. und 3. Zellage) bilden das Öffnnngsgewebe. Es liegen hiernbsp;effenbar divergierende Entwicklungsreihen ver.
P) Mikrosporen.
An ihrer Membran sind Differenzierungen bemerkenswert, die in deutlichen Beziehungen zum Verbreitungsniodus stelien. Windblütler. wie die Pinaceen,nbsp;haben manchmal Luftsacke, d. li. lufterfüllte Ausstülpungen der Exine, welchenbsp;die Verbreitung durch den Wind erleichtern (Abb. 220). Aueh bei Lepido-phyten, wie Spencerites (Ob.-Karbon), kommen iibrigens ahnliche Bildungen ver.nbsp;Umgekehrt haben die Mikrosporen insektenblutiger Aiigiospermen eine klebrigenbsp;Exine, welche ihr Haften an bestaubenden Insekten erleichtert. Überhauptnbsp;ist die Ausbildungsmannigfaltigkeit der Angiospermen-Mikrosporen auBer-ordentlich groB. Die blütenökologische Literatur nennt ein ganzes Heer ver-schiedener Mikrosporen- („PoUen“-) Eormen. Die jeweilige Pollenform istnbsp;innerhalb der systeniatischen Einheiten meist einigermaBen konstant^). Be-kanntlich beruht auf diesen spezifischen Eigentümlichkeiten der Mikrosporen-gestaltung die sogenannte „Pollenanalyse“, d. h. die stratigraphische Unter-suchung der Moore nach ihrem Mikrosporengehalt (s. S. 367; Mikrosporen-keimung s. unten S. 237).
3. Bestaubung und Befruchtung.
Die Bestaubung, d. h. die Übertragung der Mikrosporen auf die Makro-sporangien erfolgt, wie erwahnt, auf 2 verschiedenen Wegen. Weitaus die meisten Gymnospennen, vor alleni alle altertümlichen Eormen, sind Windblütler: die Mikrosporen werden durch den Wind verbreitet. Diese Ver-breitungsweise ist sicher die ursprünglichere, sie ist ja auch die Eonn der Sporen-verbreitung bei allen Pteridophyten.
Bei den Angiospermen, aber auch bei einigen Cycadales und Onetales, hat sich Insektenbestaubung, oder seltener die Mikrosporenübertragungnbsp;durch andere Tiere herausgebildet. Es ist interessant, daB eine solche Sporen-verbreitung durch Insekten als ausgesprochene Parallelbildung auch beinbsp;manchen Moosen (z. B. den Splachnaceen) und bei manchen Pilzen (z. B. beinbsp;Phallus impudicus) auftritt.
Soweit die Makrosporangien freistehen, funktiouiert als altertümlichster Anfnahmeapparat für die Mikrosporen der Pollinationstropfen, d. h. dienbsp;Ausscheidung eines kleinen Tröpfchcns aus der Mikropyle (Abb. 160 B und C).nbsp;Bereits bei den Pteridospermen, z. B. bei Lyginodendron Oldhamiutn, findennbsp;wir Einrichtungen, die unbedingt für eine Ausscheidung eines derartigennbsp;Pollinationstropfens sprechen. Auch bei manchen anderen Gymnospermennbsp;mit etwas verborgeneren Makrosporangien, wie bei den Pinaceen, ist einnbsp;Auffangen durch einen Propfen beobachtet. Die Mikrosporen gelangen dannnbsp;durch ihre Schwere oder mit dein eintrocknenden Pollinationstropf en insnbsp;Iniiere des Makrosporangiums, d. h. auf den Nucelliisscheitel bzw. in die oben-erwahnte Pollenkammer.
xVndere Einrichtungen zum Auffangen des Pollens sind die Erucht- und Deckschiippen, die z. B. bei den Pinaceen wie ein Trichter die Mikrosporennbsp;aiifsammeln und den Makrosporangien ziileiten.
Wieder andere gleichfunktionierende Bildungen sind die griffelartigen ürgane, welche den Mikrosporen als weibliche Aufnahmeorgane entgegen-
1) Vgl. liierzu beispielsweisc I’ohl (1928) und Wodehouse (1928).
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Phanerogamae, Bestaubung und Befruchtung.
wachsen. Es ist bemerkenswert, dab als unverkennbare Konvergenzerscheinung dreierlei analoge Griffelbildungen entstanden sind:
a) nbsp;nbsp;nbsp;Der Nucellus, d. h. das eigentliche Makrosporangium selbst wachstnbsp;)3ei der Konifere Saxegothaea als Griffel aus (Abb. 215).
b) nbsp;nbsp;nbsp;Griffelahnliche Integuniente besaben schon manche Benettitales mitnbsp;ihrer Mikropylenrohre (Abb. 189). Noch ausgepragter ist eine derartig ver-langerte Mikropyle bei den Onetales (Abb. 223).
c) nbsp;nbsp;nbsp;Und schlieBlich erwahnen wir als „typischen Griffel“ die verlangertenbsp;llakrosporophyllspitze bei den Angiospermen. Ich weise ausdriicklich aufnbsp;diese drei analogen Bildungen hin, weil es nach manchen Literaturangabennbsp;(z. B. Troll 1928) scheinen konnte, als kamen im Pflanzenreich im Gegensatznbsp;zu den Tieren Analogien mit klarer gemeinsamer Funktion nicht oder kaum vor.
Die letztgenannten griffelahnlichen Bildungen sind besonders fttr In-sektenbliitler charakteristisch. Ganz allgemein zeigt sich auch hier in den Bestaubungseinrichtungen eine zunehmende Komplikation und Mannigfaltigkeitnbsp;bei den jlingeren Formen. Gleichzeitig keimen die Mikrosporen immer weiternbsp;weg vom Makrosporangium.
Fiir fast alle Gymnospermen ist es charakteristisch, dab die Mikrosporen ohne auBerlich sichtbare Keimung ins Innere des Makrosporangiums gelangen.nbsp;Noch mit intakter Sporenmembran fiihren sie Wind und Pollinationstropfennbsp;zunachst in die Pollenkammer und spater wenigstens bis innerhalb der Integu-mente. Bei manchen Koniferen, insbesondere Araucariaceen bleiben sie da-gegen in unmittelbarer Nahe des Makrosporangiums liegen. Und bei dennbsp;Angiospermen endlich beginnen sie ihre Weitorentwicklung schon auf der Narbenbsp;des Griffels, also weit entfernt vom Makrosporangium.
Mikrosporenkeimung.
Die Keimung der Mikrosporen, d. h. die ersten Zellteilungen, beginnen eigentlicli im Mikrosporangium. Abb. 1861—5 zeigt gewissermaben eine Durch-schnittskeimung der Phanerogamen-Mikrosporen am Cycadeenbeispiel. Annbsp;sterilen Zeilen bzw. Kernen bilden sieli hier: ein frei im Mikrosporenplasmanbsp;befindlicher Pollenschlauchkern (vgl. den groben Kern der Abb. 186 2 und 3)nbsp;und zwei der Wand anhaftende Zeilen (,,Prothalliumzelle“ und ,,Wand“- odernbsp;,,Stielzelle“ vp und w in Abb. 186 2 und 4). Nur die verbleibende Spcrmatozoën-Mutterzelle k in Abb. 186 4 hat reinen Geschlechtscharakter und teilt sich innbsp;zwei Gametenzellen.
Dab die sterilen Zeilen als Ganzes genommen den sterilen Zeilen eines Pterido-])liytenprothallmms (also den vegetativen Prothalliumzellen Antheridien-wandung) entsprechen, ist wohl kauni anzuzweifeln. Es scheint niir dagegen sehr unsicher, welche Zelle man im einzelnen als Prothalliumzelle im engeren Sinne,nbsp;und welche Zelle man als Antheridienwandungszelle unterscheiden soil, zumalnbsp;die Umbildungsreihen hier kaum liickenlos genug überliefert sind. Namentlichnbsp;gilt diese Unsicherheit fiir die ,,Wandzelle“ und den Pollenschlauchkern.
Gegeniiber diesem C^cas-Typ finden wir nun einerseits urspriinglichere Formen der Mikrosporenkeimung mit einer gröberen Zahl steriler Zeilen.nbsp;Schon die meisten heutigen Koniferen haben noch eine weitere sterile ,,Pro-thalliuni“-Zelle, ihre Zahl kann bis auf iiber 40 bei den Podocarpaceen nndnbsp;bei den Araucariaceen anschwellen. Andererseits besitzt Microeycas einenbsp;gröbere Anzahl Gameten (Abb. 186 6) auch im Geschlecht. Es ist wohl sicher,nbsp;dab die phylogenetische Entwicklung in dieser Richtung von der gröberennbsp;Zellzahl zur verminderten verlief. Einmal ergibt sich aus der gesamten Ge-nerationswechselphylogenie (vgl. S. 85 ff.), dab die Prothallien früher reicher
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entwickelt waren; und dann finden wir auch bei keimenden Mikrosporen der palaozoischen Cordaiten ein vielzelliges Prothalliuni, dessen Zeilen (im Gegen-satz zii den heutigen Phaneroganien) durch anscheinend recht widerstands-fahige Zellwande abgegrenzt sind.
Das am starksten reduzierte sterile Gewebe linden wir wieder bei den Angiospermen. In der keimenden Mikrospore entsteht hier nur die Pollen-schlauchzelle als einzige sterile Schwesterzelle der Gametenmutterzelle.
Wahrend sich nun diese verschiedenen Teilungsprozesse im Inneren der Mikrospore abspielen, hat sich auch die auBere Gestalt der Mikrospore ge-wandelt. Die Exine ist geplatzt, nachdem die Mikrospore ins Makrosporangiumnbsp;bzw. in den Pollinationstropfen gelangt ist, die Intine wachst zu einem Pollen-schlauch aus.
Je nach den beiden Hauptbefruchtungstypen:
Spermatozoënbefruchtung und Pollenschlauchbefruchtung TOrlauft aber die weitere Mikrosporenentwicklung verschieden.
Bei der Spermatozoënbefruchtung, d. h. bei den Cycadales und bei Ginkgo wirkt der Pollenschlauch im wesentlichen nur als Haustorium, zurnbsp;Befestigung und Ernahrung der Mikrospore. Er platzt schlieBlich und entlaBtnbsp;die beiden generativen Zeilen, die sich zu freibeweglichen Spermatozoën um-gebildet haben (Abb. 184). Damit in diesem Falie die Befruchtung, d. h. dienbsp;Verschmelzung mit der Eizelle, vollzogen werden kann, muB natürlich genaunbsp;wie bei den Pteridophyten die Eizelle nach auBen, d. h. gegen die Spermatozoën,nbsp;frei daliegen. Dies geschieht durch Auflösung der Nucellusscheitelzellennbsp;(,,Pollenkammer“) und durch Verschleimung der Archegonienhalszellen.
Bei der Pollenschlauchbefruchtung erhalt der Pollenschlauch dagegen eine neue Funktion. Er transportiert die generativen Zeilen, bzw. die meistnbsp;im gemeinsamen Plasma frei daliegenden ,,generativen Kerne“, ins Innere desnbsp;Makrosporangiums bis an die Eizelle heran. Das Nucellusgewebe braucht dahernbsp;hier nicht so weit aufgelöst zu werden, eine Pollenkammer ist meist nicht odernbsp;nur schwach ausgebildet. DaB die Spermatozoënbefruchtung die altere Formnbsp;ist, steht wohl unbedingt fest. Die nur in Flüssigkeit bewegungsfahigen Spermatozoën erinnern noch an die Ursprünglichkeit des Lebens im Wasser. Dienbsp;Pollenschlauchbefruchtung, und namentlich die langen Pollenschlauche dernbsp;Angiospermen, welche den ganzen Griffel durchwachsen müssen, sind dagegennbsp;abgeleitet.
Ein eigentümlich abgeleiteter ProzeB ist die sogenannte ,,doppelte Befruchtungquot; der Angiospermen, d. h. die Verzögerung der Prothallienbildung, bis der zweite generative Kern eines Pollenschlauchs den Stammkern des Pro-thalliums, den sogenannten sekundaren Embryosackkern, befruchtet hat. Aufnbsp;diese Weise wird die Ausbildung eines Wahrgewebes (Prothallium) für dennbsp;Embryo abhangig gemacht vom Eintreten der Befruchtung. Die Pflanzenbsp;erspart sich eine unnötige Bereitstellung von Nahrung, falls die Befruchtungnbsp;ausbleibt. Ahnlich könneii übrigens auch ganze Makrosporangien in , Reservequot; gehalten werden. (Über ihre Entwicklung vgl. Sommer 1929.)
4. Die Embryonalentwicklung des Sporophyten.
Sie bietet wenig sichere Anhaltspunkte für eine phylogenetische Be-trachtung. Bei den palaozoischen Phanerogamen kennen wir die Embryonen nicht. Bei allen heutigen Phanerogamen finden wir (im Gegensatz zunbsp;den Pteridophyten) durchweg eine Hauptwurzel opponiert dem SproBpolnbsp;(Abb. 32). I)ie Vielzahl der Keimblatter, wie bei den Koniferen, dürfte ur-sprünglich, die Zweizahl bzw. Einzahl bei den Cycadophyten, Gnetales undnbsp;Angiospermen abgeleitet sein. Im übrigen wiederholt sich das Bild der Pterido-
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Phanerogamae, Embryonalentwicklung, Literatur.
phyten: in kraftig entwickelte Prothallien wird der Embryo meist durch einen „Suspensorquot; hineingeschoben. Bei den meisten Fmus-Arten haben wirnbsp;ein auBerst mannigfaltiges und absonderliches Bild, daB der sogenannte Proembryo, also Embryo Suspensor, sich in verschiedene getrennte Schlauchenbsp;verzweigt und an den einzelnen Sclilauchenden selbstandige Embryonen ent-stehen. Andere Pinus-Arten vermitteln zum Normalfall. In dieser ,,Poly-embryonie“, die in etwas modifizierter Weise auch bei anderen Phanerogamen,nbsp;insbesondere Angiospermen, auftreten kann, liegt zweifellos eine sekundarenbsp;Umbildung vor.
Interessant sind auch die groBen Zeitunterschiede in der Entwicklung der Embryonen vom Momente der Bestanbung ab. Bei Finns beispielsweisenbsp;dauert es ca. 2—3 Jahre, bis der Pollenschlauch die Befruchtung vollziehtnbsp;und der Same reift. Die entsprechenden Vorgange vollziehen sich bei dennbsp;Angiospermen oft in wenigen Tagen. Die langsame Entwicklung wird als einnbsp;altertümliches Merkmal angesehen (vgl. Coulter und Chamberlain).
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Ziegenspeck, H., Die systematische Bedeutung der Haploid-Generation. Bot. Arch. 1927, Bd. 17, S. 212.
2. U.-Abt.: Gymnospermae.
Die Gymnospernien sind ¦— dariiber herrscht wohl nirgends ein Zweifel — keine ganz einheitliche Pflanzengruppe. Viele Aiitoren spreclien darum vonnbsp;einer „polyphyletischenquot; Entwicklung. Zur Vermeidung von MiB verstand-nissen wird man scharf unterscheiden müssen, was sick ,,polypliyletisch“ ent-wickelt haben soil: die Gymnospermen-Sippen Oder nur das Merkmalnbsp;der Gymnospermie.
Wenn sich die ganzen Gymnospermen-Sippen in mehreren Linien, „polyphyletischquot; im strengen Sinne^) entwickelt batten, so bedeutet das fiirnbsp;jede Sippe eine gesonderte Urzeugung, und fiir jede Linie eine gesonderte Entwicklung bis zum heutigen Tage. Eine solche Annahme — fiir die auch keinenbsp;Beweisc vorliegen — wird von den Anhangern der polyphyletischen Kichtungnbsp;kauni vertreten. Die vielen Gemeinsamkeiten der Gymnospermen untereinandernbsp;und mit anderen Kormophyten (ich. nennc nur den Generationswechsel und dasnbsp;Archegonium) sprechen fiir eine genieinsame • TJrform der Gymnospermen.
Die meisten Anhanger einer polyphyletischen Entwicklung meinen darum auch nur, daB sich das Merkmal der Gymnospermie polyphyletisch entwickelt habe. Der letzte gemeinsame Gymnospermenahn sei noch gar keinenbsp;Gymnosperme gewesen, sondern etwa ein Pteridophyt, und es batten sich dannnbsp;aus verschiedenen Pteridophytenstammen Gymnospermensippen konvergentnbsp;herausdifferenziert. Die Gymnospermen milBten in diesem Falie als eine ge-meinsafne,^-Organisafionsstuïe, aber nicht aTs eine (als Crymnospermen einheitliche) PHanzengruppe bezeichnet werden.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;quot;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;..nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;.
Diese Annahme einer polyphyletischen Entwicklung der Gymnospermie. ist nicht gaftz yon der Hand zu weisen. Ja in einem Falie ist sic sicher. Dienbsp;Lepidospermen .(vgl. S. 152) haben als eine Gruppe der Lycopsiden sichernbsp;das Merkmal der Gymilospermie unabhangig von „typischen“ Gymnospermen,nbsp;sagen wir z. B. unabhangig von den Pteridospermen und Cycadophyten, er-worben.
Schwieriger ist eine Entscheidung der Frage, ob auch innerhalb der „echten“ Gymnospermen die Gymnospermie einmal oder polyphyletisch erworben wurde.nbsp;Eine sichere Antwort ist da meines Erachtens überhaupt nicht zu geben.nbsp;Wir können nur das Gewicht der entgegengesetzten Argumente prüfen.
GewiB zeigen die heutigen Gymnospermensippen sowohl in ihren vege-tativen Organen wie in ihren Fortpflanzungsorganen gtoBe ITnterschiede. Man vergleiche z. B. einen Cycadeenwedel (Abb. 176) mit einer Koniferennadelnbsp;(Abb. 2,16) Oder ein Cycadeen-Makrosporophyll (Abb. 183) mit den Makro-sporangienstanden der Koniferen (Abb. 213). Aber wer wollte es als grund-satzlich unmöglich bezeichnen, daB ein pteridospermenartiger Ahn gelebt habe,
1) Vgl. unten S. 379 ff.
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Pteridospenneae.
von dem aus die Entwicklung divergierend zu den Cycadophyten und den Koniferen ging?^). Ferner, wenn wir einmalannehmen wollten, dafi dieCycadeennbsp;und die Koniferen (als die heute wohl verschiedenartigsten Gymnospermen-ordnungen) die Gymnospermie gesondert erworben batten, dann müBtennbsp;wir wohl diese Annahme einer polyphyletischen Entwicklung noch auf sehrnbsp;viel mehr Gymnospermensippen ausdehnen. Denn auch innerhalb der Koniferen und der Cycadophyten gibt es erhebliche Unterschiede (man denke annbsp;die Sporangienstande der Benettitales und Cycadales, oder an die Sporangien-stande von Taxus und Pinus, oder an die gesamte Morphologie der verschiedenennbsp;Gneiafes-Gattungen). Gegen die Annahme aber, daB eine groBe Zahl dernbsp;Gymnospermen ihre Makrosporangien zu Samenanlagen umgebildet hatten,nbsp;spricht gerade die doch im ganzen so ahnliche Gestaltung dieser Samenanlagen selbst. Es ware eine höchst auffallige Konvergenzerscheinung, dienbsp;unwahrscheinlicher anmutet als eine monophyletische Entwicklung.
Literatur.
Gymnospermen. — Allgemeiner Tell.
(Vgl. Literatur: Phanerogamen, Allgemeiner Teil, S. 239; insbesondere Arber usw., Coulter und Chamberlain, Eichler, Goebel, Neumayer und Pilger.)
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Strasburger, E., Die Coniferen und Ghetaceen. Jona 1872.
Tieghem, Ph. van. Anatomie comparée de la fleur fem. et du fruit des Cycadées, des Coni-fères et des Gnétacées. Ann. Sc. nat. 1869, T. 5, sér. X, p. 269.
Diese Gymnospermengruppe, welche zwischen Farnen (insbesondere aus _ der Verwandtschaft der Marattiales) und Gymnospermen (insbesonderenbsp;Cycadophyten) vermitteK, war zweifellos im Palaozoikum,- d. h. (Öb.-D'ëvon)nbsp;Karbon — Eotliegenden sehr zahlreich und formenreich vertreten. Leider findennbsp;wir ihre Teile meist nur isoliert. Es war darum einer der gröBten Triumphenbsp;der palaobotanischen Forschung, als es gelang, die isolierten Teile einer Pterido-sperme (Lyginodendron) miteinander in Verbindung zu- brijjgen (s. unten).nbsp;\Vegen dieser Schwierigkeiten sind auch heute erst zwei Pteridospermengruppennbsp;genauer bekannt: die Lyginodendren und die Medullosen. Man muB sich abernbsp;hüten, die speziellen Eigentümlichkeiten dieser beiden Gfuppen als Kennzeichennbsp;für die gesamten Pteridospermen geiten zu lassen. Immerhin sind die Lyginodendren und die Medullosen in vielen Merkmalen so verschieden, daB sienbsp;— zusammen mit den übrigen isolierten Eesten — die Vielgestaltigkeit dernbsp;Pteridospermen ahnen lassen.
1) nbsp;nbsp;nbsp;Vgl. z. B. die allerdings noch nicht endgültig gekliirte Gattung ScJiuetzia nachnbsp;Schuster.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Es ist schon viel diskutiert worden (vgl. Gothan 1926 und Scott), welcher Name,nbsp;der für Stiimme gepriigte iiltere: „Gycadofüices“ oder der für die fruktifizierende Pflanze ge-priigte: „Pteridospermeae''' heute ^Itig sei. Meines Krachtens liegt hier ein Fall vor, bei demnbsp;die sachlichen Gründe für beide Entscheidnngcn ungefahr gleich gewichtig sind. Ich ziehenbsp;den Namen-Pteridospermen vor, da er mir heute der gebrauchlichere erscheint und da er auchnbsp;leichter sprachlich zu verwenden ist als „Cycadofilms'''.
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Zimmer 111 ann, Die Phylogenie der Pflanzen.
-ocr page 258-242 nbsp;nbsp;nbsp;6. Abt.: Pteropsida.
Als Typus der Pteridospermen muB man immer nooh. notgedrungen Lygino-deiidron Oldhamium Binney (dem Habitus nach ein Klimmfarn aus dem pro-duktiven Karbon) betrachten. Denn keine andere Pteridosperme ist auch nur in einigermaBen gleicher Vollstandigkeit bekannt.
Erst Oliver und Scott (1904) sowie Kidston (1906) gelang der Nachweis, daB zu Lyginodendron folgende Teile, die meist lange schon bekannt und selb-standig benannt waren, zusammengehören:
Stamme, (bzw. ursprüngl. Stammabdrücke) Lyginodendron'^) Oldhamium Binn. Einde (Struktur)...........Dictyoxylon Oldhamium Will.
Abb. 161 A.
Abb. 161A u. B. Lyginodendron Oldhamium Will. (Ob.-Karbon.) Stammclien quer. A. etwas vereinfacliter Quersclmitt eines selir jungen Stiuninchens.
1—V die fiinf (von II ab sich verdoppelnden) primiiren Leitbfindel mit dem mesarchen Protoxylem (schwarzer Punkt).
1—6 die seeks Blattspurstriinge, die sich jeweils nacli links (entgegen dem Uhrzeigersinn) von den Leithiindeln losgelöst haben und durch einen Markstrahl peripherwarts ziehen;nbsp;sie verdoppeln sich von 2 ab. Blattspurstrang 6 durchbricht die Endodermis.nbsp;(Original.) Vergr. 6mal.
1) Da sich dieser von Gurlie 1843 gevviihlte Name vorzugsweise auf Lepidodendren bezoff und erst spiiter, namentlich durch Williamson 1872, eindeutig auf Strukturen unserernbsp;Art bezogen wurde, hat Potonié die Bezeichnung durch Lyqinopieris ersetzt. Vgl. dazunbsp;Gothan 1921, S. 126.
-ocr page 259-Lyginodendron. nbsp;nbsp;nbsp;243
Wurzeln (Struktur)..........Kaloxylon HooJceri Will.
Blatter (Abdrücke)...........Sphenopteris Hoeninghausi Brongn.
Blattstiele (Struktur).........Rhachiofteris asfera Will.
weiblicke Sporangien bzw. Samen .... Lagenostoma Lomaxi Will, mannliche Sporangien bzw. Sporophylle . Grossotheca ? oder Telangium ?
Der entscbeidende Nacbweis, dafi die Lagenostoma-%B.me,u mit einer Pflanze von Farnhabitus zusammengehören, wurde vor allem durch die übereinstimmendenbsp;Drüsenbeschaffenheit (Abb. 166 und 169 A) erbraobt. GroBe Skeptiker baben scbonnbsp;darauf hingewiesen, daB wir beute gleicbartige Drüsen aucb manchmal auf ver-scbiedenen Pflanzen linden. Wenn man aber die Gesamtargumeiite für die Re-konstruktion von Lyginodendron berücksichtigt, wird man böcbstens zum ScbluB
B. Photographie eines Stiiinmoliens mit viel Sekundarholz. Vergr. 12ma].
[Aus Harder 1928 (in Strasburger usw.) Abb. 627. Nach Scott.]
kommen, daB derzeit unter dem Namen Lyginodendron Oldhamium eine Reibe nahverwandter Pflanzen zusammengefaBt werden. Für die gesamte Phylogenienbsp;der Phanerogamen oder aucb nur der Pteridospermen ist aber eine solche syste-matiscbe Detailfrage belanglos.
Lyginodendron macht bei wenig eingehender Betrachtimg seines Stamm-querschnittes (Abb. 161) einen durchaus modernen Eindrnck. In jüngeren SproBachsen haben wir eine deutliche Eustele, in afteren Stammen überwiegtnbsp;dagegen das (in radialen Reihen angeordnete) Sekundarliolz. Kurz, wir habennbsp;den Typus eines Holzstammes, so wie er heute bei den Phanerogamenbaumennbsp;vorherrscht. Allerdings war der Stammdurchmesser (bis zu 4 cm) im Verhaltnisnbsp;zn seiner Tjfinge und zu den ansitzenden groBen Wedeln ziemhch gering. Das
16*
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6. Abt.: Pteropsida.
begründete die Vermutung (vgl. z. B. Scott 1923, Titelbild), Lyginodendron babe sich als Klimmpflanze auf andere Baume gestützt.
l’rimiirsti'uktur. Die primare Stele von Lyginodendron ist eine Eustele, bestehend aus 5 kollateralen Leitbündeln, welche ein Mark mit eigentümlichennbsp;Nestern dunkelgefarbter Zeilen (Sekret?- bzw. Steinzellen) umschliefien. Auchnbsp;bei heutigen Lianen, z. B. bei der Asclepiadacee Hoya carnosa, linden wir imnbsp;Mark ahnliche Steinzellen, die vielleicht die Zugfestigkeit des Stammes steigern.nbsp;Die Einzelstruktur der Holzelemente, der Tracheiden, klingt gleichfalls sehrnbsp;an Phanerogamen (allerdings von primitivem Ban) an. Wir werden ahnlichennbsp;Tracheiden bei den karbonisehen Cordaiten sowie bei rezenten Cycadales undnbsp;Araucarien begegnen. Die Protoxylemelemente sind namlich englumigenbsp;Spiraltracheiden; das Metaxylem (ebenso wie das Sekundarholz) bestehtnbsp;aus Tracheiden mit dichtgedrangten Hoftüpfeln an den Kadialwanden (Ab-
leitung solcher Tracheiden aus
bzw. S. 70
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Abb. 162. Schema des Leitbündelverlaufs bei Lyginodendron Oldhamium. Blattstellung. Die Punkte 1—6 und 1’'—5’‘ zeigen die Abgangs-stellen der Blatter an. (1)—(5) am Diagrammkopf = Orthostichen der Blatter. 1/c—-ök = die im Stamm durchlaufenden Leitbündel. I—XI ain rechten Diagrammrand = 11 Internodien.nbsp;(Aus Scott, 1923, Fig. 17.) |
3k
Tracheiden mit Spiral-Netzstruktur vgl. oben und Abb. 25).
Verschieden von den mei-sten heutigen Phanerogamen und primitiv ist aber die Lage-beziehung vom Protoxylem zumnbsp;Metaxylem. Ein einzelnes Leit-bündel ist namlich „mesarchquot;nbsp;gebaut (Abb. 161 und 163), d. h.nbsp;das Protoxylem ist allseitignbsp;(auch innen) von Metaxylemnbsp;umgeben, wahrend bei heutigennbsp;Phanerogamenleitbündeln dasnbsp;Protoxylem durchweg „endarch“nbsp;liegt, d. h. direkt an Marknbsp;grenzt. Das „zentrip etale“nbsp;Metaxylem ist zweifellos einnbsp;Rest der alten Proto stelen-struktur, bei der ja das Metaxylem ganz bis ins Zentrum,nbsp;bzw. bis an ein schwaches zentrales Protoxylem der Haupt-achse, gereicht hatte.
Die Holzteile der 5 Leit-bündel laufen den ganzen Stamm entlang durch, doch zweigen sich Blattspurstrange entsprcchend der ^/g-Stellungnbsp;der Blatter von ihnen ab (vgl. Abb. 163). Dementsprechend sind die Leitbündel,nbsp;welche gerade Blattspurstrange abgeben, verdoppelt (vgl. z. B. Abb. 161A). Esnbsp;klingt in dieser Blattstellung und in der Ablösungsweise der Blattspurstrangenbsp;noch die ehemalige Gleichwertigkeit von Stamm und Blatt deutlich nach. Eernernbsp;teilen sich die abgehenden Blattspurstrange noch innerhalb der Rinde in zweinbsp;gleiche Teile (Abb. 162) entsprechend der frühzeitigen Gabelung einer Blattachsenbsp;(Abb. 167) — wieder ein unverkennbar primitives Merkmal.
Sekundarstruktur. Der Bau des Sekundarholzes entspricht im Quer-schnitt völlig dem Bilde eines Gymnospermen- oder auch eines Calamiten-bzw. Lepidophytenstammes, da bei all diesen Baumen die Tracheiden gleich groB sind. Wie bei last allen palaozoischen Hölzern fehlen auch bei Lyginodendron
1) Durch Teilung (s. S. 2-44 linten und Abb. 162) scheinbar mehr!
-ocr page 261-Abb. 163. Lyginodendron Oldhamium. Stammquerschnitte.
Blattspurstrilnge zwischen Holzteil und Einde getroffen.
a) nbsp;nbsp;nbsp;tiefer gelegener Schnitt, der Blattspurstrang teilt sich gerade, auBen ist ihm noch Sekundar-holz angelagert.
b) nbsp;nbsp;nbsp;höher gelegener Schnitt, der Blattspurstrang zweigeteilt. Sekundarholz verschwunden.
S = Sekundarholz des Stammchens; R = Einde des Stammchens.
Px — Protoxylem des Blattspurstrangs, anschlieBend daran das Metaxylem besonders ein-wiirts („zentripetalquot;) stark entwickelt. Peripherwiirts das Sekundarholz des Blattspurstrangs.
(Original), Schliffsamml. Pflanzensystem. Inst. Berlin Nr. 4G4 und 139. Vergr. ISmal.
-ocr page 262-Abb. 164. Lyginodendron Oldhamium. Stiimmchen (langs-tangential).
In der Rinde [sind die Gitterstruktur der Sklerenchymplatten zu beiden Seiten des Holz-korpers, sowie ganz auBen die Dornen sichtbai; Vergr. 4,5ma].
(Original), Schliffsamnilung Pfianzensystem. Inst. Berlin Nr. 481.
Abb. 166. Lyginodendron Oldhamium. Rinde liings, mit Kletterdornen (rechts).nbsp;Vergr. 8mal. (Original), Schlilfsamml.nbsp;Pfianzensyst. Inst. Berlin Nr. 481. |
Stieldrüse, welche dem Blattstiel (unten mit deutlicher ,,Dictyoxylon“ - Struktur) aufsitzt.nbsp;Vergr. 17mal. (Original), Schlifisamml. Pfianzensyst. Inst. Berlin Nr. 540. |
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Lyginodendron, Einde, Blatt.
Jahresringe. Bemerkenswert am Lyginodendron-Kolz ist ferner der groGe Reich-tum an Markstrahlen (vgl. z. B. Abb. 163). Der Stamm dieser Klimmpflanze wurde durcli die zahlreichen ziemlicli breiten Markstrahlen effenbar mindernbsp;starr und ferner aufnahmefahiger für die zahlreichen, von den grofien Blatternnbsp;gelieferten Assimilate. Die Blattspurstrange verlaufen durch die primaren, d. h.nbsp;bereits zwischen den primaren Leitbündeln angelegten, Markstrahlen. Auch annbsp;die Blattspurstrange wird Sekundarholz angelegt (Abb. 163).
Hinde. Namentlich an der alteren Rinde finden wir eine eigentümliche mechanische Gitterkonstruktion, d. h. gitterformig verflochtene Sklerenchym-platten {,,Dictyo-a;i/tow-Struktur“,
Abb. 164). Es kam auf diese Weise un-zweifelhaft eine dennbsp;lianenartigen Kletter-wuchs unterstützendenbsp;geschmeidige Festig-keit des Stammes zu-stande. Auch dienbsp;Domen mit abwartsnbsp;gerichteter Spitzenbsp;(Abb. 165), fernernbsp;vielleicht dieDrüsen,nbsp;mit denen die Epidermis (Abb. 166) be-kleidet war, erleich-terten wohl dasnbsp;Klettern.
Das Blatt {Sfhe-nopteris Hoening-hausi) war in seinem Habitus ein typi-sches, reich geglie-dertes Farnblattnbsp;(Abb. 167). Wir er-wahnten als alter-tümliches Merkmalnbsp;schon die Gabelungnbsp;der Blattachse. Ab-weichend vom Farn-habitus sind aber dienbsp;schon genannte Se-kundarholzbildungnbsp;im mesarchen Blatt-
spurstrang und die ziemlicli tief eingesenkten (im Querschnitt wie bei Gymno-spermen ungefahr dreieckigen) Spaltöffnungen (Abb. 168).
a) Gesainlaui'ban. Die Gesamtanordnung der Sporangienstande war noch durchaus farnahnlich. Die Sporophylle waren gefiedert wie ein Farnblattnbsp;(vgl. die entsprechenden Abbildungen 159 und 160)^), nur saBen natürlich
1) Wir kennen den Aulbau des $ Sporophylls von Lyginodendron selbst nicht, darum niüssen wir hier auf andere Pteridospermen zurückgreifen.
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5. Abt.: Pteropsida.
an Stelle der Pliylloide Sporangien. Ja, die gelegentlicli vorkommenden „gemis elite n“ Sporopliylle von Lyginodendron zeigten die Homologie zwischen Telomen und Pliylloiden noch besonders deutlich; hier, beim mannlichennbsp;Sporophyll (vgl. Abb. 171) war namlich haufig ein Teil laubblattartig ausgebildet.nbsp;Blütenbildung, d. h. ein Zusammenfassen der Sporophylle an einer Achsenbsp;mit beschranktem Spitzenwachstum, fehlte bei Lyginodendron, wie wohl bei dennbsp;meisten Pteridospermen. Die Sporophylle saBen zwischen den mit ihnen
homologen Laubblattern. (Wegen der Ableitung von heterosporennbsp;Farnen vgl. auch Chamberlainnbsp;1925.)
b) Makrosporaiijjien. Die
einzelnen, durchweg isoliert ge-fundenen Makrosporangien oder Samenanlagen könnte man (innbsp;Ünkenntnis der Zusammengehörig-keit) leicht für Cycadeen - Makrosporangien halten (vgl. Abb. 169 cnbsp;und d). So groB ist die Ahnlich-keit, auch im inneren Aufbau. Sienbsp;sind das auffalligste Unterschei-dungsmerkmal gegenüber den Farnen und nahem die Pteridospermennbsp;so stark den übrigen Gymnosper-men, daB man schon die Sonderungnbsp;der Pteridospermen von den Cycado-phyten für unbegründet erklart hatnbsp;(Wieland, z. B. 1924).
Die Makrosporangien bestehen aus 2 Teilen, aus dem eigentlichennbsp;Makrosporangium und einer ,,Cu-pula“ (Abb. 169 a), welche dienbsp;Makrosporangien umschlieBt wie dernbsp;gleichgenannte Becher die Eichelnnbsp;(QwercMS-Früchte). Die Cupula hatnbsp;schon wiederholt in der Diskussionnbsp;phylogenetischer Probleme einenbsp;ziemliche Bolle gespielt. Einmalnbsp;lieferten die gestielten Drüsen,nbsp;welche ihr ebenso wie den vege-tativen Teilen ansitzen (Abb. 166),nbsp;ein wichtiges Zeugnis für die Zusammengehörigkeit der verschiedenen Organe.nbsp;Dann ist auch ihre morphologische Deutung ebenso wie die des (einzigen)nbsp;Integuments am Makrosporangium umstritten. Sowohl die Cupula wienbsp;das Integument sind namlich von Leitbündeln durchzogen, so daB sie dennbsp;Eindruck eines verwachsenen Blattquirls nach Art eines verwachsenen Kelchesnbsp;machen. Es ist darum die verbreitetste (und meines Erachtens bestbegründete)nbsp;Annahme, daB sowohl Cupula wie Integument aus einem Quirl schützendernbsp;Blattchen hervorgegangen seien. Die Anwesenheit von Leitbündeln warenbsp;also nach dieser Auffassung ein primitives Merkmal (vgl. oben S. 233).
Eine 2. Annahme sieht sowohl in der Cupula, wie im Integument nachtrag-liche Wucherungen. In diesem Falie ware es erstaunlich, daB die Hüllbildungen von vornherein so massig und kraftig entwickelt auftreten und bei jiingeren Formen
-ocr page 265-Abb. 169. Makrosporangien und Makrosporophylle der Pteridospermeii. a—c) Makrosporangium von Lyginodendron OUhammm. Ob.-Karbon
a) nbsp;nbsp;nbsp;Rekonstruktion mit Cupula (Drüsen!). Vergr. 6mal.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Langsschnitt durch die Mikropylengegend. pc Pollenkammer; bg Mikrosporen. Vergr. 62mal.
c) nbsp;nbsp;nbsp;gesamter Langsschnitt, schematisiert. Leitbündel schwarz, ,,Sklerotesta“ gestrichelt.nbsp;Vergr. 6mal.
d) nbsp;nbsp;nbsp;Langsschnitt von Cycas Rumphii (Miq.) (zum Vergleich). Signaturen wie c). Vergr.nbsp;ca. 6mal.
e) nbsp;nbsp;nbsp;Eospermatopteris textilis Goldr. Ob.-Devon. 3 Samen? Vergr. l,4mal.
f) nbsp;nbsp;nbsp;Makrosporophyll von Lagmosioma (Radiospermum) Sinelairi (Arb.) mit Cupula- umhülltennbsp;Samen. Vergr. l,2mal.
a und c) nach Oliver 1906, Vergr. l,4inal. b) naoh Scott 1923, Abb. 33. d) nach Oliver 1903. e) nach Goldring 1924. f) nach Arb er, Taf. 2, Abb. SundlÜkomb.
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5. Abt.; Pteropsida.
im allgemeinen eher an Ausgestaltung (z. B. der Leitbündel) verlieren. Die Haupt-begründung für diese 2. Annahme ist negativer Art, sie basiert auf der allgemein verbreiteten Erscheinung: bei rezenten Formen treten an Slattern unmittelbar keinenbsp;Blatter anf. Demgegenüber kann man schon hier betonen, dab die Makroisporo-phylle, namentlich bei den Pteridospermen, im allgemeinen noch keineswegs Blatt-organe mit solch starrer Dorsiventralitat und ,,Blattoharakter“ wie die heu-tigen Laubblatter sind. Der SchluB beruht auf einer verfehlteii Übertragungnbsp;der Eigenschaften rezenter Formen auf die Formen der Vergangenheit. Wirnbsp;werden einem solchen FehlschluB noch öfter begegnen.
Vom inneren Aufbau des eigentlichen Makrosporangiums (Abb. 169 u. 170) haben wir schon die Pollenkammer erwahnt, in der man auch gelegentlich
Abb. no.
Lyginudendron Oldhamium. Samen (= Lagenostoma Lomaxi).nbsp;LiingsBchnitt (Erlauterung vgl. Abb. 169).nbsp;Vergr. 11 mal.
Original. Schliffsamml. Tüb. Geol. Inst. Nr. 1.
Abb. 171.
Crossotheca Hoeninghausi Kidst. Walirscheinlich das Mikrosporophyll von Ly-yinodendron Oldhamium.
Gemisclites Sporophyll, oben fertil, unten steril. Vergr. 2,6mal.
(Nach Kidston, 19ü6 und Scott, 1923, Fig.40, kombiniert.)
Pollenkorner gefunden bat. Die Pollenkörner sind also hier (im Gegensatz zu den Lepidospermen und den heterosporen Pteridophyten) im Inneren desnbsp;Makrosporangiums gekeimt; sie entlieben aber wohl (wie bei heutigen Cycadeennbsp;und Ginkgo) noch Spermatozoon. Wenigstens hat man schon bei anderennbsp;Pteridospermen in der Pollenkammer Pollenkörner gefunden, die ein wenig-zelliges Prothallium (z. B. Stephanospermum akenioides und Physostoma elegansnbsp;nach Oliver 1904 und 1909) und mutmaBliche Beste von Spermatozoon zeigten.
lm Inneren des Makrosporangiums liegt eine einzige Makrospore. Bei Lyginodendron selbst ist ihre weitere Entwicklung nicht bekannt. üagegennbsp;liefi der Pteridospermensamen; Stephanospermum akenioides innerhalb seinesnbsp;(ziemlich zerstörten) Prothalliumgewebes 2 Archegonien erkennen. Also auchnbsp;in diesem Punkte schlieBen sich die Pteridospermen völlig an die heutigen
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Lyginodendraceae, Sporaiigieji, Wurzelii.
Cycadopliyten an. Merkwürdigerweise hat man aber noch in keinein Pterido-spermensamen einen Embryo gefunden. Ob die Weiterentwicklnng der Samen erst sehr spat — etwa nach dem Abfalien — vor sich ging, oder ob andere Gründenbsp;hier die Entwicklungsvorgange verschleiern, ist unsicher. Jedenfalls haben wirnbsp;hier ein nngelostes Problem — iibrigens in gleicher Weise anch bei fast aliennbsp;anderen palaozoischen Samen (vgl, oben S. 153).
c) Mikrosporanijien (Pollensacke). Kidston (1905) hat Abdriicke von Sporangien beschrieben, welche in Übereinstimmung mit dem Entdecker meistnbsp;als die Mikrosporangien von Lyginodendron angesehen werden. Diese Crosso-iheca Hoeninghausi genannten Sporangien sitzen an einem Sphenopteris-Blamp;ttnbsp;(Abb. 171), bei dem einzelne Fiedei'griippen in charakteristischer Weise um-gewandelt sind. Sie sind ,,peltat“ geworden, d. h. dem Stiel sitzt eine rundenbsp;Scheibe an, von der 6—7 Sporangien herabhangen. Die eilanglichen nnd zu-gespitzten Sporangien sind frei, sie bestehen aber aus 2 Fachern. Darin hatnbsp;man schon Anklange an die Angiospermen gesehen. Morphologische Einzel-heiten des Sporangien bans sind wegen des ungünstigen Erhaltimgszustandesnbsp;noch etwas umstritten.
Überhaupt ist die Zugehörigkeit der Mikrosporangien viel weniger gesichert als die der Makrosporangien. Insbesondere haben Gothan und Potonie (vgl.nbsp;z. B. 1921, S. 133) ihre Zweifel an der Zugehörigkeit von Crossotheca Hoeninghausi zu Sphenofteris Hoeninghausi und damit zu Lyginodendron Oldhamiumnbsp;wiederholt ausgesprochen. Man sprach darum anch schon andere farnahnlichenbsp;Sporangien, z. B. die Telangium genannten Synangien, als Mikrosporangien vonnbsp;Lyginodendron an, wodurch diese Pteridosperine sowohl mit den Marattiales wienbsp;init den Angiospermen in engere Beziehung gebracht würde. All diese Zweifelnbsp;betreffen aber wohl nur die Detailfrage des genaueren Mikrosporophyllaufbaus;nbsp;denn dab die Mikrosporangien von Lyginodendron wie die der anderen Pterido-spernien im groBen und ganzen deii Farnsporangien glichen, dariiber diirfte wohlnbsp;kein Zweifel herrschen.
4. Wurzeln.
Audi die Wurzeln ^^erbinden Merkniale der Pteridophyten mit soldien der Samenpflanzen. Ihr primarer Ban ist dnrchaiis pteridophytenartig. Spaternbsp;erhalten die dicken Wurzeln durch sekundares Dickenwachstum die Aus-gestaltung der Samenpflanzenwurzeln.
Lyginodrendon nahestehende Pteridospernien.
Eospermatoptcris. Bereits aus dem Ob.-Devon werden Pterido-sperinen angegeben. Relativ am sichersten diirften die Angaben von Goldring (1924) iiber Eospermatopteris textilis Goldr. aps dem Staate New York sein. Ihrem vegetativen Anfban nach ist diese Pflanze ein typischer Bauni-farn (Abb. 172) gewesen. Die Rinde hatte ein Sklerenchymnetz, ahnlichnbsp;wie Lyginodendron, sonst ist wegen der ungünstigen Erhaltung kein ana-tomisches Detail bekannt. Das Laub bestand aus dreifach gefiederten Wedeln.nbsp;Die Telome waren noch gabelig verzweigt, von Rp/ienopterfs-ahnlicher Ge-staltung.
Das Interessanteste sind die ,,Samen“ (Abb. 169f). Sie stehen noch wie die sterilen Telome als Gabelpaare an Sporophyllen, die den Laubblattern in ihremnbsp;morphologisclien Anfban vöUig entsprcchen. Die M i k r o s p o r a n g i e n sind nachnbsp;dem Crossof/iecffl-Typ entwickelt, mit zahlreichen Sporangien auf der Unterseitenbsp;der peltaten Fiederii. Leider kennen wir fiir beide Geschlechter keine ana-toinischen Einzelheiten. Es ist anch nicht leicht, aus der vorliegenden Schilde-rung zu entnehmen, wieweit die Angaben iiber Spuren einer Cupula bzw. eines
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5. Abt.: Pteropsida.
Integumentes. sowie über die Zusammengehörigkeit dieser Fossilien gesichert sind. Bis auf weiteres wird man so Eosfermatoptens mit groBer Wahrscheinlich-keit als eine Pteridosperme bozeichnen dürfen. Die Möglichkeit, dab hier nurnbsp;eine sehr stark ausgepragte Form von Heterosporie vorliegt, scheint mir abernbsp;auch nicht ganz ausgeschlossen.
Heteraiifjiuin. Von dieser, mit Lyginodendron sicher nahe verwandten, vorzugsweise kulmischen Gattung (Abb. 173) sei nur die Pr o to stelenbsp;(Abb. 173 1 und 2) des Stammes geschildert, welche [ahnlich wie die Stelenbsp;des Fames Trichomanes (Abb. 146)] durch parenchymatisches Gewebe innbsp;einzelne unregelmabig gelagerte mesarche Leitbündel aufgeteilt erscheint.
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Eospermatopteris, Heterangium, Rhetinangium.
Nach auBen schloB auch hier Sekundarholz an. Die Blatter und Samen waren denen von Lyginodendron sehr ahnlich (Abb. 173 3).
Eine ahnliche Stammanatomie wie Heterangium zeigt das gleichaltrige Rhetinangium Arberi (Gordon 1912). Bei dieser Pteridosperme saBen die
Abb. 173.
Heterangium Qrieviei Will. (tJ.-Karbon.)
1 nbsp;nbsp;nbsp;Protostele des Stiimmchens (quer.) Mannbsp;sieht die Auflosung des Xylems in einzolnenbsp;Strange. (Original.) Vergr. 23mal. Schliff-samrnl. Bot. Inst. Tübingen Nr. 470.
2 nbsp;nbsp;nbsp;ein einzelner solcher Strang.nbsp;px = Protoxylem
X und mx = zentripetales Metaxylem.
= zentrifugales Metaxylem. x'^ = Sekundarholz.nbsp;ph^ = Phloem.nbsp;cb = Kambium.
c.p. = Parenchym zwischen den Xyleni-strangen. Vergr. 120mal.
(Aus Scott, 1923, Fig. 6.)
3 nbsp;nbsp;nbsp;Blatt. Vergr. ca. %mal.
(Aus Lotsy, Fig. 608, 3.)
Blatter deni Stamm vermittels einer ganz gewaltig angeschwollenen Blatt-basis (von ungefahr dem gleichen Durchmesser wie der Stamm) an. Diese Blattbasis zeigt die anatomischen Eigentiimlichkeiten des „Schwellparenchyms“nbsp;in den Bewegungsgelenken hentiger Pflanzen, z. B. der Ijeguminosen. Mail hat
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5. Abt.: Pteropsida.
darum guten Grund zur Aimahme, daB schon diese unterkarbonische Pterido-sperme phototropische oder wechselgeotropische Blattbewegungen („Schlaf-bowegungenquot; usw.) ausführen konnte. (Vgl. auch Scott 1923, S. 95 f.).
2. Fam.: Medullosaceae.
Auch diese Pteridospermenfamilie aus dem Ob.-Karbon — Kotliegenden vereinigte genau wie Lyginodendron groBflachige Pteridophylle (insbesonderenbsp;aus der „Gattung“ Neuropteris und Alethopteris, vgl. Abb. 132) mit echtennbsp;Samen von Cycadeenhabitus {Trigonocarpus wegen des dreikantigen Habitus).
Besonders eigenartig ist ihre Stammanatomie; auf sie allein wollen wir naher eingehen. Die Medullosen zeigen namlich eine Polys tele mit sekun-darem Dickenwachstum, d. h. eine Kombination von Farn- undnbsp;Samenpflanzenmerkmalen, die wir sonst kaum ^) kennen. Ihrem Gesamtaufbaunbsp;nach sind die Medullosen, z. B. die karbonische Med. anglica Scott (Abb. 174 a),nbsp;wiedieFarne, insofern echteBlatt-Wurzel-Baume, alsBlattfüBeundWurzelnnbsp;an der Stammasse sehr erheblich beteiligt sind, und als auch im Innerennbsp;die Stele entsprechend den Blattspurstrangen in eine Polystele aufgelöst ist.nbsp;Jede Einzelstele hat ferner in ihrem Primarbau noch den Charakter einernbsp;Protostele vom Eeterangium-Gleichenia-Ijp (s. oben), sie besitzt aber rings-herum einen eigenen Sekundarholzgürtel. Namentlich bei den jün-geren, „rotliegenden“ Medullosen haben wir dann eine gröBere Anzahlnbsp;von Einzelstelen, jede wieder mit Primar- und Sekundarholz. Die auBerennbsp;Stelen umschlieBen hier — z. B. bei Medullosa stellata (Abb. 174 b), zu einemnbsp;geschlossenen Ring verwachsen — die inneren. Dieser geschlossene Stelenringnbsp;hat im Grunde noch den gleichen Bau wie die bisher beschriebenen Einzelstelen, also in seinem Inneren einen Gürtel von Primarholz und zu beiden Seitennbsp;je einen Gürtel von Sekundarholz und Siebteil. Aber zu einem ausgedehnterennbsp;Dickenwachstum kommt es nur beim auBeren Sekundarholzgürtel (Abb. 174c).nbsp;Ferner ist auffallig, daB (wie Rudolph 1922 gezeigt hat) die Tracheiden desnbsp;Primarholzes groBenteils im Stamme nicht langs, sondern quer urn den Stamninbsp;herum verlaufen. Letzteres ist eine Erscheinung, die an den Verlauf der Blatt-spurstrange bei den Cycadeen anklingt. Auch die Polystele der Medullosennbsp;klingt vielleicht bei den Cycadeen nach, worauf wir noch zurückkommen.nbsp;(s. S. 261).
Im übrigen muBte offenbar die Ausbildung von Sekundarholz an den ein-zelnen Stelen (auch gegen das Stamminnere) zu Gewebezerrungen führen. Wenn man will, kann man hier von einer phylogenetischen Sackgasse oder vonnbsp;vcrfehlter Anpassung sprechen. Jedenfalls ist die Polystele mit sekundaremnbsp;Dickenwachstum ein Typ der Starnmbildung, welcher ohne phylogenetischenbsp;Weiterbildung erloschen ist^). Ausgedehnteres Dickenwachstum, wie es dienbsp;Voraussetzung für den Stamm, für den Baum ist, hat sich immer nur durchnbsp;ein kreisförmiges Kambium ermöglichen lassen. Die unregelmaBige Polystelenbsp;der Fame war daher hierfür ein w'esentlich ungünstigerer Ausgangspunkt alsnbsp;die Eustele mit kreisförmig angeordneten Leitbündeln, wie sie die wichtigstennbsp;heutigen Baumgestalten, die Koniferen, Cycadeen und Dikotylen besitzen.nbsp;Abgesehen von diesem ,,verunglückten Versuch“ der Medullosen wurde darum
1) nbsp;nbsp;nbsp;Einen verhaltnismaBig ahnlich gebauten Stamm besitzt nur die Gattung Cladoxylon,nbsp;die wir oben (S. 185) bei den Frimofilices erwahnt batten.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Nur bei mandiën dikotylen Lianen, z. B. Serjania Plum und Paullinia L.-Artennbsp;sowie bei Thouinia scandens Camb., findet man als ,,abnormes Dickenwachstumquot; ahnlicliesnbsp;zentripetal wachsendes Holz •Ggl Pfeiffer 1926). Hier handelt es sicli aber offensichtlichnbsp;um sekundar, im Zusammenhang mit der eigenartigen Lebensweise dieser Lianen, erworbenenbsp;Büdungsabweichungen. Ob wenigstens ein Teil der Medullosen lianen waren, ist nmstritten;nbsp;für alle Medullosen trifft die Annahme sicher nicht zu.
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Medullosaceae.
von der Polystele aus die sekundare Stammverdickung stets in ganz anderer Weise erreicht, namlich wie bei den Psaronien iind bei den heutigen Bauni-farnen, durch Zusatzorgane, durch BlattfüBe, Wurzeln usw. — kurz, durchnbsp;den echten Blatt-Wurzel-Stamm.
Die Blattstiele {Myeloxylon) besitzen eine Ataktostele wie die Monokotylen, sie sind darum schon für Monokotylenholz gehalten worden (Hoskins vgl.nbsp;auch Wieland 1924).
Abb. 174. Stammquerschnitte der Medullosen. Karbon-Rotliegendes.
(Etwas schematisch vereinfacht.)
a Medullosa anglica Scott. Ü.-Karbon. Den aus drei Einzelstelen aufgebanten Stamin um-schliefien drei grolie Blattbasen.
b Medullosa stellata Cotta. Rotliegendes. Sekundarholz nur schwach entwickelt.
c Medullosa Solmsi Schenk. Rotliegendes. Sekundarholz peripherwarts stark entwickelt (ahnlich auch bei Med. stellata var. gigantea Sew.)
d Medullosa Leuckarti Goepp. u. Stenz. Stele (nach Worsdell, 1906, Fig. 3) fragmentiert ausgezeichnet, um die Entstehung ,,inverser“ Leitbündel (wie bei Cycadeen vgl. S. 261) zunbsp;zeigen.
Schwarz jeweils die Primarstele; radial gestrichelt das Sekundarholz; Phloem durch Punkte angedeutet.
Original nnter Benutzimg der Abb. in Sterzel-Weber (1896) und Seward (1923) sowie
von eigenen Schliffen.
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5. Abt.: Pteropsida.
I s 01 i e r t e T e i 1 e.
Zahllos sind ferner die isolierten Funde von Blattern, Hölzern und Samen, die man mit mehr oder weniger groBer Wahrscheinlichkeit als Pteridospermen-reste angesprochen hat. Abgesehen von den unten zu besprechenden Glossopteri-daceen bieten auch die
isolierten Hölzer
ein gewisses phylogenetisches Interesse. Wohl den eigenartigsten Typ stellen die altertümlichen Hölzer mit einer echten Protostele, umgeben von Se-kundarholz, dar, wie sie von Kidston und Lang sowie von Scott innbsp;Palaeofitys Milleri M’Nab aus dem M.-Devon und der Gattung Bilignea, wahr-scheinlich aus dem U.-Karbon, beschrieben worden sind. Eine solche Kom-bination der primitivsten Primarstele mit sekundarem Dickenwachstumnbsp;ist sonst auBerst selten^). Palaeofitys Müleri ist wohl überhaupt dernbsp;alteste genauer untersuchte Rest eines Holzstammes. Heterangium mit seinernbsp;teilweise parenchymatischen zentralen Holzpartie ware dann von diesemnbsp;Paheopitys-Tj]) abzuleiten. Wohl verwandte Formen, wie die von Scott 1924nbsp;naher untersuchten Calamopitys-Arten, haben ein ahnliches „gemischtes“ Mark.
Anhang: Glossopteridaceae.
Diese Pflanzengruppe ist wahrscheinlich sehr wichtig für die Phylogenie des Pflanzenreiches — versuchte man doch schon die Angiospermen von ihrnbsp;abzuleiten! Leider sind aber unsere Kenntnisse auBerst mangelhaft. Gutnbsp;bekannt sind eigentlich nur die Abdrücke der groBen, zungenförmigen Blatternbsp;(vgl. oben S. 200 und Abb. 132 h) und die Tatsache, daB die Blatter krie-chenden Rhizomen, den Vertebrarien ansaBen. lm übrigen werden zugehörigenbsp;Samen (oder Früchte?) (Thomas 1925, S. 354, vgl. auch Seward 1917, S. 141)nbsp;angegeben. Das laBt auf eine Beziehung zu den Pteridospermen schlieBen.nbsp;Höchst eigentümlich ist die Beschrankung von Glossopteris auf das Permokarbonnbsp;der Südhemisphare, also auf Gegenden, die damals noch unter der Nachwirkungnbsp;der permokarbonischen Eiszeit standen. Wir kommen auf dies florengeschicht-liche Problem noch zurück (S. 253). Nachzügler der Glossopteridaceen habennbsp;sich z. B. in Tonkin bis in die Rhiit-Lias-Flora erhalten.
Sippenphylogenie.
Sind die Pteridospermen wirklich ein „Bindeglied“ zwischen Farnen und Samenpflanzen ? In der ersten Entdeckerfreude, als man die Zusammen-gehörigkeit der Samen und Pteridophyllen von Lyginodendron erkannte,nbsp;wurde diese Frage fast allgemein bejaht; dagegen mehren sich in letzter Zeitnbsp;eher die Stimmen der Skeptiker (vgl. z. B. Scott (1923, S. 60 u. 88 sowie 1928).nbsp;Tatsachlich können wir heute wohl keine bestimmte palaozoische Farngruppenbsp;mit Sicherheit nennen, an die wir die Pteridospermen anschlieBen können. Dienbsp;Kluft gegenüber den Farnen scheint gröBer, als die gegenüber den übrigennbsp;Samenpflanzen (z. B. Cycadophyten). Fame, welche, wie die Mamttiales, aunbsp;die Pteridospermen anklingen, sind entweder erst aus jüngeren oder höchstensnbsp;aus gleichaltrigen Schichten bekannt.
Trotzdem ist nicht ernstlich daran zu zweifeln, daB die Pteridospermen und die Fame (vor allem die eusporangiaten Fame) sich verhaltnismaBig nahe-stehen, jedenfalls naher als irgendeine andere bekannte Kryptogamensippe.nbsp;Wie viele Merkmale des Farncharakters der gemeinsame Ahn allerdings schonnbsp;entwickelt hatte und wie viele Merkmale sich erst in beiden Pflanzengruppen
1) Lepidodendron pettycurense (S. 135) besitzt eine verhaltnismaBig ahnliche Proto-stelc, Aneurophyton (S. 194) und Sphenophyllim (S. 164) eine Aktinostele mit Sekundiirholz.
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Glossopteridaceae, Literatui der Ptoridospermeae.
parallel heraus entwickelt haben — diese Frage ist wie alle sippenphylogene-tischen Fragen nicht leicht zu beantworten. Die Verhaltnisse liegen m. E. hier ¦ ahnlich wie bei den Angiospermen und den Gymnospermen, wo wir janbsp;auch keine bestimmte Gymnospermengruppe als Ahn der Angiospermen nam-haft machen können, und doch sicher sind, daB die Angiospermen aus irgendnbsp;einer Gymnospermengruppe herrühren.
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— nbsp;nbsp;nbsp;and Scott, D. H., Further Observations . . . Ill Lyginodendron and Heterangium.nbsp;Ibid. 1896, Vol. 186, p. 128.
Worsdell, s. S. 276.
Die Cycadophyten sind eine ausgesprochen mesozoische Pflanzenklasse. Wenigstens fallt ihre Hauptbliitezeit ins Mesozhikum (vgl. Abb. 157); heutenbsp;leben noch 9 Gattungen mit ca. 85 Arten. Sie waren — wie erwahnt — dennbsp;palaozoischen Pteridospermen so ahnlich, daB eine scharfe Trennung oft schwernbsp;fallt. Auch die Cycadophyten vereinigen namlich:
Zi
mmermann
Die Phylogenie der Pflanzen.
17
258
5. Abt.: Pteropsida.
Farnmerkmale [man denke an die Fiederblatter (Abb. 175) und die Spermatozoën] mit
Merkmalen der Samenpflanzen (Sekundarholz, echte Samen*mit einern durchaus dikotylenartigen Embryo, d. h. zwei Keimblattern nndnbsp;Hauptwurzel). Ja, bei genauerer Untersuchung werden wir noch eine ganzenbsp;Reihe solcher Kombinationen primitiver und fortgeschrittener Merkmale zunbsp;erwahnen haben.
Bei eingehender Betrachtung des Auf- und Niedergangs der Cycadophyten stoBen wir auf ein schwer deutbares — in der Gesamtphylogenie des Orga-nischen sich aber oft wiederholendes — Problem. Aus dem Formenreichtumnbsp;der mesozoischen Cycadophyten sind namlich gerade die (dem Bliitenbaunbsp;nach) besonders hochentwickelten Gruppen wie die Benetiitales friihzeitignbsp;erloschen. Andere, anscheinend primitivere. Typen dagegen, wie Cycas undnbsp;Microcycas, die morphologisch fast unmittelbar an die Pteridospermennbsp;anschliefien, leben heute noch, können aber in der Vergangenheit nur durch
höchst sparliche Funde sicher nach-gewiesen werden. — Wir haben im Tierreich eine ganz auffallendenbsp;Parallele: die Sauriër, deren anscheinend höchstentwickelte Form ennbsp;im Mesozoikum aussterben. Viel-leicht gibt dieser Vergleich auch dennbsp;Schlüssel zur Losung des Problems.nbsp;Gerade diese höchst entwickeltennbsp;Formen hatten den scharfsten Kon-kurrenzkampf zu bestehen; dienbsp;Sauriër mit den zu Ende des Meso-zoikums sich entwickelnden Saugern,nbsp;die Benetiitales mit den, gleichfallsnbsp;im ausgehenden Mesozoikum zurnbsp;llerrschaft kommenden, Angiosper-men. Beide mesozoischen Orga-nismengruppen erlagen demAn-sturm der neozoischen Formen.nbsp;Es liberleben in beiden Organismen-gruppen nicht die hochentwickelten,nbsp;sondern die im allgemeinen pri-initiveren, in manchen Eigenschaften aber an besondere Lebensverhaltnissenbsp;angepafiten Vertreter. Alle heutigen Cycadeen sind ausgesprochene Xerophytennbsp;(vgl. auch S. 361 f.)! — Und war es anders bei den baumförmigen Lepido-phyten und Calamiten, die den mesozoischen Gymnospermen weichen mnBten,nbsp;wahrend ihre unscheinbaren und aus dem Palaozoikum kaum bekanntennbsp;krautigen Verwandten heute noch leben?
Wir nannten schon die beiden Hauptordnungen:
1. nbsp;nbsp;nbsp;die Cycadales, zweihausig, also mit gesonderten weiblichen und mannlioheunbsp;Sporophyllen, bzw. weibliohen und mannlichen Pflanzen;
Vorkommen: Vom Jura bis heute nachgewiesen.
2. nbsp;nbsp;nbsp;die Benetiitales^) Engl. (Cycadeoids Wieland) iiberwiegend einhausig, dienbsp;Sporangien in eigentiimlichen (s. unten und Abb. 188 bis 191), in der Hegelnbsp;zwittrigen Bliiten vereinigt.
1) Hinaichtlicli der Wahl des Namens Benetiitales (an Stelle von Cycadeoids) schlieBe ich mich dem in Europa vorherrschenden Gebrauch (z. B. bei Bngler-Prantl, Wettstein,nbsp;Seward, Scott) — in Amerika z. B. auch bei Chamberlain — an.
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Cycaclophyta.
Vorkommen: Vom Keuper an, Höhepunkt in U.-Kreide, Nachziigler viel-leicht bis an die Schwelle des Tertiars (vgl. S. 272).
Als unvollstandig, d. h. nur nach ihren Blattern be-kannte Gruppe .schlieBen wirnbsp;an:
3. nbsp;nbsp;nbsp;die Nüssoniales (un-gefahr gleichaltrig mit dennbsp;Benettitales); sowie
4. nbsp;nbsp;nbsp;die Caytoniales, einenbsp;liöchst eigentüniliche,aus Keuper und Jura bekannte, angio-spermenaknliche Pflanzenord-ming.
1. Ordn.: Cycadales. a) Stammgestaltung.
AuBero Morphologic.
Ein unverzweigter, oft meh-rere Meter holier Stamm (Abb. 176) kennzeichnet zwarnbsp;die Gattungen Cycas, Dioonnbsp;u. a. in der Mehrzahl ihrernbsp;Vertreter. Einzelne Arten undnbsp;andere Gattungen zeigen abernbsp;doch anch recht abweichendenbsp;Bilder. Insbesondere habennbsp;manche Cycadeen rübenför-mige oder knollige Stamme,nbsp;welche oft verzwelgt sein können und unterirdisch leben. Diese verschiedenenbsp;Stammgestaltung ist auch phylogcnetisch bedeutsam, weil der knollig ver-kiirzte Stamm für viele Benettitales charakteristisch ist.
Anatomie. Der
innere Aufbau eines Cycadeenstammesnbsp;reprasentiert rechtnbsp;gut den M i s c h -charakter dernbsp;ganzen Klasse.
Farnahnlich ist die Starke Beteiligungnbsp;der BlattfüBe, welchenbsp;bei vielen Arten einennbsp;regelrechten Blatt-panzer bilden (vgl.
Abb. 176 und 177), farnahnlich auch dasnbsp;Zurücktreten desnbsp;Holzes (vgl. Abb.
(Nacb Coulter und Chamberlain, 1926, Fig. 74, aus Brong-niart, 1829.)
177). Ferner haben manche Gattungen,nbsp;wie z. B. Stangeria,
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6. Abt.; Pteropsida.
noch die typisch en Treppentracheiden der Pteridospermen; überhaupt finden wir bei allen Cycadeen nur Tracheiden, wenn auch meist mit Hoftüpfeln (aran-karioider Typ, vgl. Abb. 25). Ungewöhn-lich für Phanerogamen ist schlieBlich dasnbsp;groBe Marki)nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;^77)
Dagegen entspricht der eigentliche Stelenaufbau, im Prinzip wenigstens, dennbsp;Koniferen imd Angiosperraen. Die Gyca-dales haben eine Eustele mit einem (aller-dings meist nicht sehr betrachtlichen)
Sekundarholzgürtel. Breite Markstrahlen durchziehen als Blattlücken den Holz-körper, so daB er (abgesehen vom Sekun-darholz) auch an die Osmundaceen er-innert.
Abb. 179. Leitbündel-Verlauf im Embryo von Dioon edule Lindl.nbsp;(Halbschematiscb).
Die punktierten ümrisse deuten unten die Wurzel und oben die beiden Kotyle-donen an.
CS = eines der 8 in die Kotyledonen führenden Leitbündel.nbsp;und = die beiden ersten Laub-blatter.
7i und /a ihre Leitbündel mit dem charakteristischen ,,gürtelartigen“nbsp;Verlauf im Stamm.
(Aus Coulter und Chamberlain, 1926, Fig. 81.)
Abb. 178. Protostele in einem Keimling von Ceratosamia mexicana Brongn.nbsp;p.x = Protoxylem. Vergr. 200mal.
(Aus Coulter und Chamberlain, 1925, Fig. 75, nach Dorety, H. A., 1909).
Bei einer genaueren Untersuchung zeigt aber der Stelenbau sehr bemerkenswertenbsp;Einzelheiten. Zunachst besitzt die SproB-achse der jungen Keimlinge sehr oft einenbsp;ausgesprochene Protostele (Abb. 178 undnbsp;179). Wir diirfen das wohl, wie bei dennbsp;Farnen, als eine Eekapitulation der Phylo-genie in der Ontogenie betrachten.
1) Bei der Sagopalme (Cyeas revoluta) liefert es den Sago.
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Cycadales, Stele.
Auffalliger ist eine zweite Erscheinung. Nur sehr wenige Arten, z. B. aus der Gattung Dioon, besitzen ein einziges, wahrend des ganzen Dickenwacbs-tums funktionierendes Kambium; solcbe Stamme zeigen einen einbeitlicbennbsp;Holzzylinder, wie wir ibn etwa von den Koniferen gewobnt sind („mono-xyler“ Typ Wielands). Bei anderen Cycadeen jedoch, z. B. bei Cycas L.,nbsp;Macrozamia Miq., Encephalartos Lebm. und Bowenia Hook., finden wir dennbsp;„polyxylen“ Typ Wielands (vgl. Abb. 177), d. h. es entwickeln sich auBer-halb des normalen ersten Stelenzylinders in der Einde nacheinander ein odernbsp;mehrere akzessoriscbe Zuwachsringe. Die normale Kambiumtatigkeit setzt nacbnbsp;einiger Zeit aus und dafür entsteht in der Einde (auBerhalb des primaren Phloëms)nbsp;ein neues Kambium, das genau wie die vorangebenden Kambien Holzteil undnbsp;Siebteil erzeugt.
Aucb diese Erscbeinung ware an und für sicb nicbt allzu auffallig. Wir kennen abnliche Beispiele mebrfacher Kambiumzonen bei manchen Dikotylen (z. B. Lianen). Ja als ganz analoge Erscheinung können wir z. B. die in vielen Borkennbsp;hintereinander auftretenden Zonen von Korkkambium bezeicbnen. AU das sindnbsp;aber offensiohtlicb spat erworbenenbsp;Spezialisations - Eigentümlichkeiten,nbsp;die auf keine gröBeren phylogene-tiscben Zusammenbange binweisen.
Bei den Cycadeen und abnlicb aucb bei den Gnetales (S. 311) (z. B.
Abb. 180. Emephalartos Barteri Carrutb. (Rezent.) Stammquerschnitt ebies Keimlmgs mitnbsp;Polystele.
schwarz = Primarholz. gestrichelt = Sekundarholz.nbsp;punktiert = Siebteil.
(Aus Worsdell, 1906.)
Worsdell 1896, 1900, 1906) bat man jedoch diesem polyxylen Holz-bau groBe phylogenetiscbe Bedeu-tung beigelegt. Man bat versucht,nbsp;ibn von der eigentümlicben Stelar-struktur der Medullosen abzuleitennbsp;(vgl. Abb. 174 d). Die besonderenbsp;Eigenart dieser polyxylen Holz-struktur liegt namlich darin, daBnbsp;vom Kambium aus sehr oft Siebteil nicbt nur — wie normalnbsp;— gegen die Stammperipherie,nbsp;sondern aucb gegen das Stamm-zentrum zu abgegeben wird. Diesenbsp;Stelenteile sind also „invers“ orien-tiert. Wie wohl die Abb. 174 ohne
Schwierigkeit zeigt, laBt sich nun nacb Worsdell annehmen, daB diese ,,in-vers“ liegenden Stelenteile Keste der nacb innen sich entwickelnden Gürtel einer Polystele nacb Art der Medullosen seien.
Man kann Argumente für und gegen diese Hypothese Worsdells, die z. B. ira Prinzip von einem so vorzüglichen Cycadeenkenner wie Wieland (1924) an-genommen wurde, ins Feld fübren. Für die Ableitung des Cycadeentyps vonnbsp;einem Medullosen typ sprechen Befunde an Keimlingen; man bat gelegentlicbnbsp;(vgl. Worsdell 1906, S. 137, Anm. 1) bei Encephalartos Barteri Carrutb solcbenbsp;,,inversen“ Stelenpartien in einer derartigen Ausdehnung gefunden, daB direktnbsp;das Bild einer Polystele mit sekundarem Dickenwacbstum wie bei den Medullosennbsp;entsteht (vgl. Abb. 174 mit der Abb. 180). Aucb in der Blütenregion, die allgemeinnbsp;oft atavistische Anklange zeigt, haufen sich die inversen Partien. Andere Tatsacbennbsp;stimmen allerdings etwas bedenklicher gegen diese Worsdellsche Hypothese.nbsp;Vor allem sollen gerade die mesozoischen Cycadophyten im allgemeinen nur einennbsp;einzigen geschlossenen Holzzylinder besitzen. Sie sind „monoxyT'; die abgesetztennbsp;Kambienzonen und damit die „inversenquot; Stelenpartien fehlen also im Meso-
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6. Abt.: Pteropsida.
zoikiim. Nur die — ihrer Zugehörigkeit nach noch recht iinsichere — Samniel-gattnng „BucMandia“ gehort bestimmt dem polyxylen Typ an.
Wenn wir demnach die Fossilfunde allein sprechen lassen, bekomnit man eher den Eindruck, die polyxyle Holzstruktur und die „inversenquot; Stelenpartiennbsp;seien eine junge Erwerbung. Doch bringen möglicherweise weitere Untersuchungnbsp;und glückliche Funde von eigentlichen niesozoischen Cycadales hier einmal Klar-heit. Vorlaufig wird man diese Frage noch als offen bezeichnen müssen.
Vielleicht wird man j edoch auch die ganze Frage noch etwas scharfer prii-zisieren mussen, namentlich hinsichtlich der mesarchen^) Blattspurstrange der Cycadeen (vgl. Abb. 181), welche manchmal in die Diskussion gezogennbsp;worden sind. Die mesarchen Blattspurstrange haben mit der erwahnten in-versen Struktur des Sekundarbolzes das gemeinsam, daB das Holz (namlich
das Metaxylem) teil-weise in zentripetaler Richtung gebildetnbsp;wird. Sollte vielleichtnbsp;diese ,,zentripetalenbsp;Tendenz“ der mesarchen Blattspurstrange sich infolgenbsp;irgendwelcher ent-wicklungsphysio-logischer Zusammen-hange auf den Baunbsp;des Stammholzesnbsp;übertragen haben ?nbsp;Neef (1914) undnbsp;S c h o u t e (1922)nbsp;haben ja auf der-artige entwicklungs-physiologischeBezieh-ungen hingewiesen.nbsp;Insbesondere N e e f fnbsp;hat eine ahnliche Um-kehr der Holzstrukturnbsp;im Angiospermen-Wundholz gezeigt.nbsp;Auch im Siebteilnbsp;können Tracheiden entstehen (Timmel). — AU das macht es aber wahrschein-licher, daB die inversen Stelenpartien der Cycadophyten selbstandig erworbennbsp;worden sind.
Weitere Abnormitaten des Cycadeenstammes sind die „markstandigen Leitbündelquot;. Ein Teil von ihnen hangt offensichtlich mit den Gummikanalen,nbsp;die das Mark durcbziehen^ zusammen. Andere sind dagegen die Folge des „sym-podialen“ Stammaufbaus (vgl. Abb. 158 D) bei jenen Cycadeen, deren gesamternbsp;Vegetationspunkt sich in eine Blüte umbildet [Naheres s. z. B. Pilger (1926),nbsp;S. 5].
b) Laubblatter.
Wir erwahnteu schoii den farnahnlichen Gesanithabitus, der besonders bei den mehrgeteilten Blattern von Bowenia (Abb. 175) sehr groB ist. Stangerianbsp;zeichnet sich auch hier durch die groBe Farnahnlichkeit seiner ,,offenen“nbsp;Nervatur aus.
1) S. unten S. 263.
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Cycadales, Blattspuren.
Besüiiders eigeiitünilicli sind die Blattspurstrange, sowohl nach ihreiii Verlauf wie nach ihrem anatomischen Aufbau. Aus jedem Blatt treten namliclinbsp;zwei, evtl. auch mehr Blattspurstrange, ahnlich wie bei Lyginodendron (vgl.nbsp;Abb. 181 lait 163) in den Stamm über.
Bei den Cycadeen laufen die beiden Blattspurstrange aber zunachst nahezu horizontal innerhalb, der Einde, der eine links, der andere rechts uni den Staminnbsp;heruin und verschinelzen an der entgegengesetzten Seite init der Stanirnstelenbsp;(Abb. 179). Da auch bei den Medullosen, wie zuerst Kudolph (1922) geschilder!nbsp;hat, ein ahnlich er horizontaler Verlauf von Tracheiden zu beobachten ist, istnbsp;diese Eigentümlichkeit sicher benierkenswert (vgl. oben S. 254). Auffallender-weise haben aber gerade die mesozoischen Cycadophyten diese Erscheinungnbsp;wieder nicht. Ebenso fehlt diese komplizierte Leitbündelanordnung ziemlichnbsp;allgemein in der Blütenregion der Cycadophyten, z. B. bei der rezenten Gat-tung Ceratozamia. Wie bei den unten zu besprechenden BenettUales ziehennbsp;hier die Blattspurstrange direkt zu den Sporophyllen. Solms (1890 b) ziehtnbsp;hieraus den SchluB,nbsp;daB die direkte In-serierung die ur-sprünglichere Anord-nung sei. Der SchluBnbsp;erscheint mir wegennbsp;der palaobotanischennbsp;Belege und wegen dernbsp;Tatsache, daB ziem-lich allgemein dienbsp;Blütenachse primitive anatomischenbsp;Verhaltnisse konser-viert, gut begründet.
Neben der Ver-doppelung der Blattspurstrange, welch e auf eine ehemaligenbsp;Dichotomiehinweist,nbsp;ist auch die mes-arche ^) Struktur,nbsp;welche die Cycadeennbsp;vor allen anderen heutigen Phanerogamen auszeichnet, ein primitives Merk-nial. Auch hierin ist die Ahnlichkeit mit den Pteridospernien auffallig.
Wegen der phylogenetischen Bedeutung des ,,Transfusionsgewebes“ vgl. unten S. 307.
c) Fortpflanzungsorgane.
Bau und Funktion der Fortpflanzungsorgane haben wir oben (S. 231 und 237) schon ausführlich als ein Beisjnel der Gymnospermie mit Spermatozoën-befruchtung beschrieben, so daB wir hier nur die Hauptpunkte hervorheben,nbsp;sowie wenige Einzelheiten hinzufügen wollen. — Zwitterblüten fehlen durchweg;nbsp;die Sporophylle sind sogar streng zweihausig verteilt. Einen besonders primi-tiven und uneigentlichen Blütentyp reprasentiert die weibliche G^cas-,,Blüte“,nbsp;bei der ein Kranz Makrosporophylle jeweils mit einem Kranz Laubblatter am
D Diese ,,mesarchen“ Leitbündel bezeichnet man manchmal auch als ,,diploxyl“, da das Xylem in 2 Druppen, die Hauptmasse zentripetal und der kleinere Teil zentrifugal vomnbsp;Protoxylem aus, auftritt (vgl. Abb. 181).
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(Nach Chamberlain, 1910, und Pilger, 1926; etwas modifiziert.)
Stamme abwechselt (Abb.
158 nbsp;nbsp;nbsp;A). S9nst stehen dienbsp;Sporophylle meist in Zapfennbsp;(vgl. auch Abb. 182).
a) Makrosporophylle.
Sie lassen sich morphologisch selir leicht auf Pterido-spernien-Sporophylle zuriick-fiihren. Cycas besitzt auchnbsp;darin wohl noch die urspriing-lichste Form (Abb. 183 A—C).nbsp;Das sterile Endstiick desnbsp;Sporophylls ist flach undnbsp;schwach gefiedert wie einnbsp;Laubblatt. An der Rhachis-basis sitzen an Stelle einigernbsp;steriler Telome ein bis mehrerenbsp;Paare Makrosporangien, derennbsp;Homologie mit den sterilennbsp;Telomen bzw. Blattfiedernnbsp;offensichtlich ist.
Bei den anderen Cyca-dales, die ihre Sporophylle in Zapfen vereinigen, ist dasnbsp;sterile Endstiick der Sporophylle meist weniger massignbsp;entwickelt. Dafiir verbreitertnbsp;es sich zu einer schützendennbsp;Platte — im Prinzip wie beinbsp;])eltaten Sporophyllen (vgl.nbsp;S. 69 und Abb. 24). Dioonnbsp;und Macrozamia illustrierennbsp;hiibsch den Übergang (Abb.
159 nbsp;nbsp;nbsp;rechts).
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Cycadales, Sporophylle.
Das einzelne Makrosporangium ist atrop; in seinein dicken Integument befinden sich[2 Leitbtindelkreise (Abb. 169 d). Das hat zur Auffassung geführt,nbsp;ein solches Integument sei aus 2 integunientartigen Hullen verwachsen. Fürnbsp;den inneren Aufbau des Makrosporangiums sei auf Abb. 183 imd S. 2331 verwiesen. Aulfallig ist die groBe Archegonienzahl bei Microcyeas.
b) Mikrosporophylle. Anordnung und Ban stimmen weitgehend mit dein weiblichen Geschlecht iiberein. Nur sind die in Zapfen vereinigten mannlichennbsp;Sporophylle nieist kleiner und weniger gefiedert, d. h. schuppenförmig (Abb. 185).nbsp;Ceratozamia zeigt aber durch seine schwaehe Fiederung der Spitze die mit demnbsp;Makrosporophyll homologe Bildung sehr deutlich. Andrerseits ist bei Zamianbsp;(Abb. 185 B) das Sporophyll im d' Geschlecht ahnlich „peltat“ wie im $.
Die Sporangienwandung besteht aus:
dem dickwandigen „Exotheciumquot;, mit Spaltöffnungen (Sp),
2—3 Lagen dünnwandiger Zwischenschichten und
der zerstörten Tapentenschicht (als dunkler Innensaum erkennbar).
(Aus Karsten 1914, Fig. 6 u. 7, sowie Goebel 1918, Fig. 1443.)
Die kaum gestielten Mikrosporangien sitzen (oft zn einigen Hunderten) in Sori, d. h. in Gruppen zu je 3—5, auf der Sporophyllunterseite. Diese Gruppie-rung und auch ihre einzelne Gestaltung gleicht auffallig den eusporangiatennbsp;Farnen, insbesondere aus der Gattung Angiopteris. Die auch ini reifen Zustand mehrschichtige Sporangienwand bildet die Epidermis als „Exothecium“nbsp;aus, welches mit seinen dickwandigen Zeilen (Abb. 185 E) „aktiv“ dieÖffnung desnbsp;Sporangiums durch einen LangsriB (wie bei Angiopteris) herbeifiihrt. Diinn-wandige Zwischenschichten und eine Tapetenschicht bilden die iibrigen Lagennbsp;der Sporangienwandung-
c) Befruchtung und Embryoiialciitwickluiig, Entwicklung und Keimung der Mikrosporen verlaufen zunachst völlig nacli dem allgenieinen
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5. Abt.: Pteropsida.
Gymnospermentyp; d. li. die durch Reduktionsteilung gebildeten Mikrosporen bilden noch innerhalb der Sporennienibran nnd teilweise noch inncrhalb desnbsp;Mikrosporangiuins einige wenige sterile Zeilen (vgl. Abb. 186 und S. 237) sowienbsp;die Spermatozoën-Mntterzelle. Uiese liefert bei den meisten Cycadales 2 ziemlichnbsp;grobe polyziliate Spermatozoën. Nur Microcycas reprasentiert hier wohl wiedernbsp;einen ursprünglicheren Zustand, indeni er eine ganze Anzahl Spermatozoënnbsp;aus einer Mikrospore entstehen labt (Abb. 186, 6). Überhaupt sind Spernia-tozoën bei einem Bauni eine hochinteressante Tatsache — als ein Relikt ausnbsp;der Zeit des Wasserlebens.
Die Bestaubung wird meist durch den Wind vermittelt; bei den Zapfen-blüten weichen dabei die einzelnen Schuppen auseinander, so dab ganz allgemein die Mikrosporen unmittelbar an die Spitze der Makrosporangien gelangen
st = Stiirke.
(Aus Ernst 1913, Fig. 10.)
könneii. Hier ist ein Pollinationstropfen ausgeschieden, der die Mikrosporen auf-fangt und sie kapillar, bzw. beim Eintrocknen, ins Innere, in die Pollenkammer einzieht. Bei Arten der südafrikanischen Gattung Encephalartos ist bemerkens-werterweise Bestaubung durch Kaler nachgewiesen; die (J Blüten locken durchnbsp;starken Duit zuni Pollenraub, die $ zur Eiablage. So pendeln die Insektennbsp;zwischen beiden Baumen und übertragen dabei den Blütenstaub.
Die Mikrospore keinit dann innerhalb der Pollenkammer mit einem liaustorium in der Pollenkammerwandimg (Abb. 184) völlig aus. Die Mikropylenbsp;verwachst dabei vollstandig, so dab der reilende Samen (Makrosporangium)nbsp;allseitig vom Integument umhüllt wird. Dieses gliedert sich in eine auberenbsp;(Ileischige) und eine innere (steinharte) Hülle.
Die belruchtete Eizelle bildet sich zunachst zum „Proembryo“ mit zahl-reichen Ireien Kernen um (Abb. 187, 1). Von diesem Proembryo wird (wie bei vielen Phanerogamen) nur der basale IVil zum zellular gegliederten eigent-
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Cycadales, Fortpflanzung.
liciien Embryo. Dieser wird durch eiiïeii langen Suspensor (Abb. 187,4) ins Nahrgewebe des Prothalliums vorgetrieben. Er ahnelt durch seine 2 Keim-blatter und seine Hauptwurzel sehr eineni Dikotylenenibryo. Erst bei dernbsp;Samenkeimung wird das Pro thallium vom Embryo aufgebraucht; die Keim-blatter funktionieren dabei meist als Saugorgan.
Die Benettitales waren eine im Mesozoikum (insbesondere zwischennbsp;Ehat und Unterkreide) auBeror-dentlich reich vertretene, ja herr-schende Gymnospermenordnung.
Abb. 187. Zamia floridana A.DC. Embryonalentwickiung in 4 Stadiën.
1—3 Proembryonen mit beginnender Gewebe-bildung an der Basis.
4 junger Embryo mit langem Suspensor. Vergr.; 1 = 12mal. 2 = 18mal. 3 = 22mal.nbsp;4 = %mal.
(Aus Ernst 1913, Fig. 17.)
Abb. 188 A. Cycadeoidea Wielandi Ward. Lüngsschnitt durch die weibliche Blüto.nbsp;a Stammrinde, b Blattbasen, c Hüll-blatter, d ,,Diskusquot; (rudimentare (J Or-gano?), s Samen mit 2 Kotyledonen.nbsp;(Nach Wieland, aus Pelourdo, 1917,nbsp;Fig. 2.)
Man schatzt ihre Artenzahl auf mindestens 60000 bis 40000 (Wieland 1916, S. 177), die Benettitales waren also unvergleichlich artenreicher als die heu-tigen Cyoadeen. Allein aus Nordamerika sind 60 Cycadeoidea-Arten bekannt.
E int ei lung (luir die gut bekannteii Formen sind berücksichtigt):
1. nbsp;nbsp;nbsp;Wiïliamsonia Carruth. Stanime sclilank, palmeiiahnlich. Bliiten eiii-geschlechtig, meist gestielt. Vorkommen; Keuper bis Wealden, insbesondere Jura.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Cycadeoidea Buckl. (= Benettites Carruth). Stamme durcliweg kiiollignbsp;und von BlattfüBen gepanzert. Blüten (regelniaBig 1) zwittrig und zwischennbsp;die BlattfüBe eingesenkt. Vorkommen: fast nur Kreide.
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6. Abt.: Pteropsida.
3. Microflorae Wieland (Wielandiella Nath, und Williamsoniella Thom.), ziemlich zierliche Pflanzen mit reich verzweigtem Stamm; Bliiteii an-scheinend regelmafiig zwittrig, miinnliche Sporophylle auf perigonartigenbsp;Blütenhülle reduziert. Vorkommen: Rhat, .Jura.
1. Blüten.
Das wichtigste phylogenetische Merkmal der Benettüales sind uiiverkennbar ihre „Blüten“ oder ,,Strobili“ (Abb. 188, 189 und 191); wir beginnen dahernbsp;mit ihrer Besprechung.
Die Blüten brechen teilweise „kauliflor“ aus dem Stamme hervor. Sie steben zwischen den BlattfüBen, im allgemeinen wohl in einer Blattaclisel. Eine einzelne
Benettüales - Blüte scheint auf den erstennbsp;Bliek einer zwittrigennbsp;Angiosp ermenbliitenbsp;'auBerordentlich ahn-lich. Im Gegensatz zunbsp;den Cycadcdes und zunbsp;den meisten librigennbsp;heutigen Gymnosper-men “waren namlichnbsp;die Benettitales-Blii-ten in der Regelnbsp;zwittrig. Undwiebeinbsp;den Angiospermennbsp;stand auch bei dennbsp;Benettitales-Bliitennbsp;im Zentrum ein Gy-naeceum, umgebennbsp;von einem Kreisenbsp;mannlicher Sporophylle, von einemnbsp;Androeceum (Abb.nbsp;188 B).
Diese Anniihe-rung an eine zwitt-rige Angiospernien-bliite hat, wie leicht verstandlich, dazunbsp;gefiihrt, in den Benettüales oder nahe-stehenden Gruppen
eine Ausgangsform fiir die heutigen Angiospermen, also ein Bindeglied zwischen Gymnospermen und Angiospermen, zu sehen (Arber und Parkin, Hallier).nbsp;Da wir auf diese Erage bei den Angiospermen ausführlicher zu sprechen kommennbsp;(S. 328), möchte ich mich hier begnügen, einerseits die Tatsaohe der Zwittrigkeitnbsp;zu unterstreichen und andererseits darauf hinzuweisen, dab das Benettitales-Gynaeceum voni Gynaeceum der Angiospermen so verschieden ist, daB mannbsp;an eine direkte Ableitung der Angiospermen von den bisher bekannten Benettüales nicht denken kann.
Gynaeceum. Ahnlich wie bei der 6mfego-„Bliite“ (S. 21 ff.) wird sich der Phylogenetiker gerade wegen der hohen phylogenotischen Bedeutung desnbsp;Benettüales-Brohlems davor hüten müssen, daB die phylogenetischen Zu-
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Benettitales, Blüten.
sammenhange durch die Frage nach der „morphologischen Bedeutung“, oder durch ein gewaltsames Hineinpressen des Benettüales-Gjna,ec.eu.ms in die Be-griffe; „Blüte'S „Blütenstand“, „Sporophylle“ usw. verschleiert werden.
Wir liaben oben (S. 229 f.) schon kurz ausgeführt, daB das Benettüales-Gynaeceuni verhaltnismaBig einfach auf die radiare Urforni der Makrospor-angienstande bei den Angiospernien zurückzuführen sei (Abb. 159). Es stellt einen einachsigen gemischten Teloinstand dar. Die geineinsaine Gynaeceum-Hauptachse war meist zienilich dick und plump, sie war verinutlich ahnlichnbsp;fleischigwie der Blütenstandsboden vieler Kompositen, Typhaceen, Araceen usw.nbsp;An dieser Gynaeceumachse saBen spiralig gestellt zweierlei Gebilde: einmalnbsp;die durchaus radiaren und gestielten Makrosporangien, dann (den Makro-sporangien honiolog gestellt und mit ihnen abwechselnd) die ebenfalls radiarennbsp;und ebenfalls gestielten keulenförmigen ,,Interseininalschuppen“. Dienbsp;AuBenflache dieser Schuppen war kutinisiert, auch waren sie jeweils ringsnbsp;um eine Mikropyle, die zwischen ihnen herausragte, verwachsen; so reiftennbsp;deun die Makrosporangien wie in eineni Panzer geborgen heran (Abb. 189).nbsp;Die gemeinsame radiare Gestaltung der offensiehtlich homologen Sporangien
Abb. 189. Cycadeoidea. Makrosporangien.
1) nbsp;nbsp;nbsp;Oberflache eines jungen Makrosporangienstandes. Die kreisrunden Mikropjden liegennbsp;zwischen den polygonalen Schuppenenden.
2) nbsp;nbsp;nbsp;und 3) Langsschnitt durch Makrosporangien (A) mit anliegenden Schuppen (B).
(Aus N. W. H. Bd 7, 1912, S. 441, Fig. 35.)
und Interseminalschuppen erstreckt sich auch auf den radiaren Bau der Stele (Protostele?). Bei den kleinblütigen Benettitales (den „Microfloraequot;') istnbsp;der Stiel der einzelnen Sporangien fast verschwunden (Abb. 191).
Die Umbildungsvorgange von der Ausgangsform des Makrosporangienstandes (Abb. 159) bis zum Gynaeceum der Benettitales beruhen also nach der hier vertretenen Auffassung:
1. nbsp;nbsp;nbsp;auf der Differenzierung der Sporangienstands-Teile in eine verkürztenbsp;Hauptachse und Seitenorgane (= Sporangien und Interseminalschuppen);
2. nbsp;nbsp;nbsp;auf einer Verminderung des Verzweigungsgrades des Sporangienstandes,nbsp;der einachsig wurde (höchstens zweiachsig, wenn man das Integument als einennbsp;Kranz von Phylloiden ansieht).
Solche Umbildungsvorgange haben sicher auch in anderen Grappen statt-gefunden. Obwohl wir gerade für die Benettitales die Entstehung des merk-würdigen Gynaeceums nicht unmittelbar verfolgen können (vgl. auch unten bei den Cordaitales S. 286), scheint daruni die Auffassung einer derartigennbsp;Umbildung wohlbegründet, zumal sie gegenüber der Ausgangsform die relativnbsp;geringfügigsten Umbildungsprozesse annimmt. Die gesamte Umbildung desnbsp;BmettöaZes-Gynaeceums lauft auf eine Bergung der heranreifenden Makrosporangien (Samen) durch vegetative Teile hinaus.
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5. Abt.: Pteropsida.
Diese Auffassung scheint jedocli im Widerspruch zur herrschenden „Deutungquot; der BewcttiiaZes-Gynaeceen zu stehen. Die Melirzahl der Autoren spricht namliclinbsp;das einzelne gestielte Sporangium als reduziertes Sporophyll, evtl. sogarnbsp;als reduzierte Blüte an (vgl. Krausel 1926). Was bedeutet diese Deiitung, wennnbsp;wir uns von Schlagworten frei zu machen suchen ? Beschriinken wir uns auf dienbsp;Analyse der Sporophylldeutung. Zwei Voraussetzungen liegen woH in diesernbsp;Ableitung:
1. nbsp;nbsp;nbsp;dab das ganze Gynaeceum und insbesondere seine Seitenorgane frühernbsp;einmal reicher verzweigt waren, dab also die Sporangien und Schuppen nichtnbsp;wie bei den uns bekannten Benettitales der Achse unmittelbar ansaBen, sondernnbsp;daB erst Achsenorgane 2. und folgender Ordnung (in bezug auf das Gynaeceum)nbsp;Sporangien trugen. — Wie oben erörtert, scheint diese 1. Annahme sachlichnbsp;durchaus begründet. U. a. spricht auch das gelegentliche Auftreten verzweigternbsp;Sporangienstiele bei den Benettitales dafür.
2. nbsp;nbsp;nbsp;daB die Seitenorgane (gestielte Makrosporangien und ,,Schuppenquot;) frühernbsp;einmal starker dorsiventral waren, etwa wie die C'«/cas-Sporophylle. — Dasnbsp;ist zwar denkbar, aber wir haben keine Anhaltspunkte dafür; jedenfalls darf unsnbsp;die Betrachtung heutiger Pflanzen, bei denen die Sporangien in der Regel unmittelbar an (evtl. reduzierten) Blattern sitzen, nicht dazu führen, dieselben Voraussetzungen auch für fossile Formen zu machen.
Für die Schuppen gilt Ahnliohes. Auch die Blütendeutung enthalt einen leicht durchschaubaren, analogen Problemkomplex.
Aiidroeceimi. Die Mikrosporangien stehen aii deutlichen Sporophyllen (Abb. 188 B u. 191), d. h. das Androeceiim ist mindestens 2achsig (Hauptachsenbsp;und die Achse der Mikrosporophylle). Damit bestatigen die Benettitales dienbsp;oft zu beobachtende Regel, daB der Gesamtsporangienstand im mannlichennbsp;Geschlecht reicher verzweigt ist als im weiblichen. Im übrigen wechselt dienbsp;Form der Mikrosporophylle von Gattung zu Gattung recht stark. Bei einemnbsp;Teil der Benettitales, vor allem bei der ziemlich groBblütigen Gattung Cyca-deoidea, gleichen die Mikrosporophylle (Abb. 188 B) noch durchaus demnbsp;Habitus der Farnsporophylle. Man darf aber hier nicht an Dryopteris filix masnbsp;denken, sondern an primitivere Sporophylle, etwa vom Habitus des Sporangien-teils der Archaeopteridales (Abb. 134) oder von Osmunda (Abb. 145) Jedesnbsp;Hauptfieder eines solchen CycadeoideaSporophylls tragt nahezu an seiner Seite,nbsp;,,marginalquot; (Abb. 189 B u. 190) je eine Doppelreihe von Synangien. Bemerkens-wert ist die gemeinsame dicke Epidermis dieser Synangien. Ob man die Synangiennbsp;mit Wieland als Fieder 2. Ordnung ansprechen will oder nicht, scheint mirnbsp;wieder vorzugsweise eine Begriffs- bzw. Wortfrage. Jedenfalls sind die Mikrosporangien durch ihre marginale Stellung gut als Telome charakterisiert.nbsp;Sie sind auf diese Weise auch noch den vegetativen Fiedern der Laubblatternbsp;offensichtlich homolog.
Manche Benettitales mit kleinen Blüten (die Microflorae) und auch die eingeschlechtigen Williamsonia-Blütm haben reduzierte Mikrosporo})hyllenbsp;(Abb. 191); diese sind schuppenförmig geworden und tragen die S{)orangiennbsp;auf der Oberseite.
Befruchtung und Embryoiialentwickluiig. Namentlich die Mikro-pylenröhre laBt vermuten, daB die Mikrosporen durch einen ausgeschiedenen 'Propfen wie bei den meisten Gymnospermen (Abb. 160 B und C) aufgefangennbsp;wurden, und daB die Keimung in üblicher Weise in der Pollenkammer vor sichnbsp;ging (vgl. auch S. 91 ff.). Ob dabei Spermatozoën entwickelt wurden, ist nichtnbsp;bekannt, aber durchaus wahrscheinlich. Sicher wissen wir nur wieder, daB dernbsp;Embryo völlig mit demjenigen der Cycadales übereinstimmt, daB er also vor allem
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Beuettitales, Fortpflanziuig.
2 Keimblatter iind eine Hauptwurzel entwickelte. Die Interseminalsohuppen bergen die zum Samen reifenden Makrosporangien, so daB das ganze Gynaeceuninbsp;zur Frucht wird. Als einen Fortschritt gegenüber den heutigen Cycadalesnbsp;kann man es bezeiclinen, daB der Embryo bereits im heranreifenden Samen dasnbsp;Pro thallium (= Endosperm) völlig anfzehrte. Bemerkenswert ist fern er, daBnbsp;samtliche Makrosporangien einer Pflanze jeweils auf genau dem gleichen Ent-wicklungsstadium aufgefnnden werden.
Abb. 190. Gycadeoidea daeotmsis Wiel.
Liings- (a) und Querschnitt (b) durch ein Synangium (,,Staubbeutel“).
Je 2 Reihen von Sporangien. Gemeinsame AuBenwand des Synangiums stark verdickt. (Nach Wieland, aus Pelourde 1917, S. 147.)
Abb. 191. Williamsoniella cownata Thom. (Jura).
a) nbsp;nbsp;nbsp;Rekonstruktion eines blühenden Zweiges, nach einem Exemplar des Geologischen Institutsnbsp;Tübingen von Grithorpe Bay (Küste von Yorkshire). Bei diesem Exemplar sitzen dienbsp;Binten noch (blattachselstandig!) am Zweig von Taeniopteris vittata Brongn. Thomasnbsp;hat vom gleichen Fundort nur isolierte Blüten und Blatter beschrieben. Das vorliegendenbsp;Exemplar bestiitigt also die Annahme von Thomas über die Zusammengehörigkeit vonnbsp;Taeniopteris vittata mit Williamsoniella coronata. (Original.) natürl. GröBe.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Blüte mit Gynaeceum und 6 mannlichen Sporophyllen. Zirka natürl. GröBe.
c) nbsp;nbsp;nbsp;oberer Teil des Gynaeceums (,,Krönchen“), unten sind noch die obersten Makro.sporangio7inbsp;mit den sie umhüllenden Schuppen sichtbar. Vergr. ca. 2mal.
(b und c aus Thomas, 1916, Fig. 1 und 2.)
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5. Abt.; Pteropsida.
2. Vegetative Teile.
Ihre Übereinstimmung mit den heutigen Cycadales ist so groB, daB wir nur au£ die abweichenden Einzelheiten eingehen wollen.
Stamm. In der auBeren SproBmorpliologie sind neben den palm-ahnlichen Stammen der Williamsonien und den Knollenstammen der raeisten Cycadeoideen die Microflorae (Wielandiella und Williamsoniella) recht auffallig.nbsp;Diese zienilich zierlichen Pflanzen (Abb. 191) niachen mit ihren reich ver-zweigten Sprossen und den schlanken Achsen, sowie mit ihrem oft recht wenignbsp;geteilten Laub fast den Eindruck eines Angiospermenkrautes.
Die Stammanatomie zeigt wieder den Mischcharakter der Cycado-phyten: machtige Rinde mit BlattfiiBen, betrachtliches Mark, aber doch auch eine typische Eustele mit endarchem Protoxylem und Sekiindarholz. Dienbsp;Ilolzelemente sind vorzugsweise Treppentracheiden, doch vermittelt einenbsp;Dresdener Cycadeoidea-(„Raumena''-)Art mit ihren Hoftttpfeln zu den rezentennbsp;Cycadeen (Wieland 1925/26). Die gebildete Holzmasse scheint vielfach die-jenige der heutigen Cycadales eher etwas iibertroffen zu haben (z. B. bei Cyca-deoidea ingens). In diesen Fallen ist dann der Sekundarholzgürtel einheitlich,nbsp;wie etwa in einem Koniferenstanini; mehrfache Kambien wie bei vielen rezentennbsp;Cycadales sind meines Wissens bei den sicher bekannten Benettitales nicht be-schrieben, ebenso keine „inversen“ Leitbiindel. (Über die recht hompliziertenbsp;Anatomie vgl. weiter Pelourde und Wieland.)
Wegen der Worsdellschen Annahme eines Anschlusses der Cycadophyten an die Medullosen vgl. oben S. 261 f.
Blatter. Die Laubblatter sind meist im Abdruck bekannt. Sie sind so cycadeenahnlieh, daB man sie anfanglich slsZaniites, Dioonites usw. beschriebennbsp;hat und heute noch keine scharfe Grenze zwischen der Cycadales- und Be-nettitales-Belmbnug ziehen kann. Die kleinen Benettitales, wie Wielandiellanbsp;und Williamsoniella, hatten ganz oder fast ganz ungeteiltcs Laub, das z. B.nbsp;zuerst als Taeniofieris vittata beschrieben wurde. Der eigentümliche gürtel-förmige Umlauf der Blattspurstrange um den Stamm, welchen wir bei dennbsp;Cycadales erwahnten, fehlt den Benettitales. Dagegen nannten wir oben schonnbsp;die „Tiiesarchenquot; Blattspurstrange.
Diese Cycadophytengruppe ist nur nach ihren Blattern und Samen bekannt. Wir erwahnen sie daher nur der Vollstandigkeit halber. Die Blatter weichennbsp;durch anatomische Einzelheiten (z. B. gerade und nicht geschlangelte Begrenzungs-wande der Epidermiszellen, nicht - mesarche Blattnerven) von den übrigennbsp;Cycadophyten-Blattern ah. Wieweit dies eine selbstandige Stellung der vor-laufig auf eine Gattung Nilssonia beschrankten Pflanzengruppe rechtfertigt,nbsp;muB die Zukunft zeigen.
Vorkommen; Keuper bis Ob.-Kreide. (Die friiheren Fundangaben von At’fe-soniales und anderen Cycadophyten aus dem Tertiar sollen nach Kryshtofo-witsch auf einem stratigraphischen Irrtum beruhen.)
Uber diese aus Keuper und Jura bekannte Pflanzengruppe sind wir durch die methodisch schonen Untersuchungen von Thomas 1925 und 1926 etwas bessernbsp;unterrichtet, wenn auch manches, nainentlich die systematische Stellung,nbsp;noch nnsicher ist.
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Caytoniales.
Zwei nail verwaïidte Gattungen: Caytonia und Gristhorpia werden von Thomas unterschieden. Unsere Kenntnis gründet sich in erster Linie auf dienbsp;eigentümlichen Makrosporangienstande niit inehr oder minder reilen Samennbsp;(Abb. 192 a, b u. c). Die Makrosporangienstande sind gefiedert. Die einzelnennbsp;Fieder sind aber zn einer Art „Fruchtknoten“ umgebildet; d. li. jedes Fiedernbsp;tragt zwei Reihen Makrosporangien, die von der einwarts eingeschlagenennbsp;Flache des Fieders allseitigumschlossen werden(Abb. 192 c). Die Spitze des Fiedersnbsp;ist kutinisiert und wird von Thomas als „Narbe“ gedeutet. Thomas glaiibt
nanilich hier einen Fall von Angiospermie aufgefunden zu haben. Er hat auf dieser Narbe Mikrosporen gefunden und glaubt, dab diese dort gekehnt sind.nbsp;Jedenfalls zeigen schon die jüngsten bekannten Stadiën eine vollstandigenbsp;Einhlillung der Makrosporangien und den narbenartigen Fortsatz des Fiedersnbsp;erster Ordnung.
Manche Autoren (z.B. Krausell926) sprechen jedoch auch von der Möglich-keit, dab die Makrosporangien wie bei den Gymnospermen zunachst den Mikro-
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Zimmerniann, Die Phylogenie der Pflanzen.
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5. Abt.: Pteropsida.
sporen unmittelbar zuganglich gewesen waren, und daB die Fieder ihre Makrospor-angien erst nach der Bestaubung vollstandig umbüllt batten. Eine sicbere Ent-scbeidung ist derzeit kaum zn fallen, wenn mir auch die Tbomasscbe Deutung wabrscbeinlicber ist. Aber auch bei ,,Angiospermie“ ist der Befruchtungsablaufnbsp;noch keineswegs geklart. Wir wissen vor allem nicht, ob sich im Inneren desnbsp;,,Fruchtknotens“ aus den — vielleicht nahe an der Narbe keimenden — Mikro-sporen Spermatozoën gebildet haben, oder ob eine Pollenschlauchbefruchtungnbsp;wie bei den Koniferen und Angiospermen erfolgt ist. AU das ist, wie gesagt,nbsp;noch zweifelhaft.
Abb. 193. Caytoniales?
a) und b) Sagenopteris Phillipsi Presl., vermutlich das Laub der Caytoniales. (Jura.) c) „Früchte“ aus dem schwedischen Khat, welche in Gesellschaft von Sagenopteris-'BUtteinnbsp;gefunden wurden; vielleicht Caytoniales-Fmchte, auch als Afarsi'Hacem-Sporokarpien (vel..nbsp;S. 221 f.) gedeutet.
(Aus Seward, 1910, Fig. 326 und 327.)
Des weiteren spielt auch bei den Ca^/towmles-Sporangienstanden das Problem des ,,morphologischen Wertesquot; eine groBe Bolle (vgl. Thomas 1926 und die an-schlieBende Diskussion). Namentlich die Deutung der weiblichen Organe ist um-stritten. Versuchen wir auch hier den Sachverhalt aus den mehr begrifflich-nomenklatorischen Fragen auszusondern. Sachlich ist das ganze (in Abb. 192 anbsp;dargestellte) Gebilde ein dorsiventraler Sporangienstand. Er stimmt wegen seinernbsp;Dorsiventralitat mit einem Makrosporophyll überein, wie Thomas (1926) imnbsp;Gegensatz zu seinen früheren Publikationen betont. Aber auch die Teilfiedernbsp;sind dorsiventral und blattahnlich. Eine direkte Ableitung des Caytoniales-Makrosporangienstandes von andersartigen Sporangienstanden, etwa der Pterido-spermen, ist Icaum möglich, solange wir über die Gesamttracht der Caytoniales-und auch der Pteridospermen-Sporangienstande so schlecht wie heute unter-richtet sind.
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Caytonialos. Literatur: Cycadophyta.
Auf Grund eines ziemlich gut gesicherten Wahrscheinlichkeitsschlusses deutet Thomas auBerdem die in Abb. 192 d wiedergegebenen und als Antho-lithus Arberi bezeichneten Sporangienstande, sowie ahnliche Formen als Mikro-sporangienstande der Caytoniales. Ferner sollen als Belaubung die Marsilia-iihnlichen Sagenopteris-TAattex hierlier gehören (Abb. 193).
Verwandtschaftliche Beziehungen.
Unsere Auffassung über die verwandtschaftlichen Beziehungen hangt natür-lich sehr stark von der Auffassung über den Befruchtungsmodus ab. Aber selbst, wenii bei den Caytoniales echte Pollenschlauchbefruchtung stattgefunden hiitte
— nbsp;nbsp;nbsp;wenn also die auf der „Narbe“ gekeimten Mikrosporen durch einen Pollen-schlauch ihre generativen Kerne bis zur Eizelle gebracht batten — selbst dannnbsp;waren diese eigentümlichen Pflanzen nach allgemeiner Auffassung doch eher alsnbsp;eine zu den Angiospermen konvergierende Gruppe, denn als direkte Angio-spermen-Ahnen aufzufassen. Der Samenbau zeigt im einzelnen manche Anklangenbsp;an die Gnetales.
Früher wurden die Sagenopteris-BVdttei, also die mutmaBliche Belaubung der Caytoniales, sowie die damit vergesellschaftelen „Früchte“ als Marsiliaceen-lleste angesprochen (z. B. von Heer und Nathorst) (vgl. Abb. 193). Meines Krachtens ist eine Afarsilfaceew-Verwandtschaft auch nach den Thomasschen Be-funden nicht ausgeschlossen. Ja, die Gesamtheit der vorliegenden Tatsachennbsp;macht es vielleicht sogar wahrscheinlich, daB wir in den Caytoniales einen Zweignbsp;einer ziemlich isolierten Pteropsidengruppe vor uns haben, deren heterosporenbsp;Formen in den Marsiliaceen bis heute überleben, wahrend die ,,angiospermen“,nbsp;samentragenden Formen mit den Caytoniales ausgestorben sind. Eine analogenbsp;Entwicklungsrichtung fanden wir ja z. B. bei den Lycopsiden, bei denen auchnbsp;die samentragenden Lepidospermen ausgestorben sind, wahrend die heterosporennbsp;Isoëtaceen und Selaginellaceen heute noch existieren.
Auch die Morphologic der C««/tonmies-,,Fruchtknoten“ hat ja nach den bis-herigen Kenntnissen eine gewisse Aehnlichkeit mit den Marsflm-Sporokarpien (vgl. Abb. 193 c). Namentlich, wenn die oben angedeutete Annahme zutrafe, dafinbsp;die Mikrosporen nach ihrem Eintritt in den Fruohtknoten durch die trichter-förmige Narbe Spermatozoën entwickelt batten, ware ja auch der phylogenetischenbsp;Schritt von einer Heterosporie nach Art der Marsiliaceen bis zur ,,Angiospermie“nbsp;der Caytoniales gar nicht groB.
Literatur.
Cycadophyta (incl. Caytoniales).
Arber, E. A. N., 1913, s. S. 239.
— nbsp;nbsp;nbsp;Remarks on the Oreanisation of the (!ones of Williamsonia gigas etc. Ann. of Bot., 1919,nbsp;Vol. 33, p. 173.
— nbsp;nbsp;nbsp;und Parkin, J., Der Ursprung der Angiospermen. .Tourn. of the Linn.-Soo. Bot., 1907,nbsp;Bd. 38. S. 29. — Uebersetzt von O. Porsch, in Oesterr. bot. Zeitschr., 1908, Bd. 68,
S. nbsp;nbsp;nbsp;89.
Brongniart A., Recherches sur Forganisation des tiges des Cycadées. Ann. Sc. Nat., 1829,
T. nbsp;nbsp;nbsp;16, p. 309.
Chamberlain, C. J., Fertilization and Embryogeny in Dioon edule. Bot. Gaz., 1910, Vol. 60, p. 415.
— nbsp;nbsp;nbsp;The Living Cycads. Chicago 1919.
— nbsp;nbsp;nbsp;The Origin of the Cycads. Science, 1926, Vol. Gl, p. 73.
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Die Ginkgopliyten sind eine ausgesprochene Parallelgruppe zu den Cycadophyten. Das gilt cinmal von ilirer Verbreitung. Sie herrschen ini Meso-zoikuni (insbesondere ini Jura), allerdings mit Vorlaufern im Rotliegeiiden. Hente sind sie sparlicli vertreten — noch sparlicher als die Cycadopbyten —,nbsp;durch eine einzige Art: Ginkgo hiloba L.. Man kennt diesen Baum auch in seinernbsp;Heimat in Ostasien inir knltiviert, so dab die Bezeichnung: „lebendes Fossilquot;nbsp;durchaus am Platze ist.
Als Parallelgruppe zu den Cycadophyten darf man die Ginkgopliyten aber auch wegen Hirer Organisation bezeichneii. Auch die Ginkgopliyten zeigennbsp;nanilich eine eigentihiiliche Mischnng primitiver und fortgcschrittener Merkmale.
Primitiv ist die so auffallige Gabelnervatur der Blatter (Abb. 194); ferner die Sperniatozoënbefrucbtuiig, sowie die terminale Stellung dernbsp;Makrosporangieii (Abb. 194h). Aber die Stammgestaltung ist durchaus
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Ginkgophyta.
„modernquot;, durcliaus wiebeim Typus der heutigen Gymnospermen, insbesondere der Koniferen. In diesem Piinkte erscheinen die Ginkgophyten „fortschritt-licher“ als die Cycadophyten.
Ubersicht (Einteilung wohl erst provisorisch):
Baiera E. Braun: Blattspreite stark geteilt, meist mehr als 2 Makrosporangien an einem Sporangienstand (Abb. 200). Vorkommen: Rotliegendes bisnbsp;Unterkreide.
Ginkgo L. Blattspreite schwach unterteilt, meist nur zwei Makrosporangien an einem Sporangienstand (Abb. 194). Vorkommen: Lias bis heute.
Vielleicht auBerdem zu den Ginkgophyten gehorig:
Psygmofhyllum, Saporta, bereits im M/Ob.-Devon und Karbon, ferner Dicmnofhyllum Grand’Eury, Permokarbon undnbsp;Trichofitys Saporta, Rotliegendes (Abb. 201),nbsp;sowie eine gröBere Anzahl kritischer Eormen.
6 c taj d h Abb. 194. Ginkgo Uloba. (Rezent.)
(J = Mannlicher Kurztrieb; a, b Mikrosporophylle;
0 Junger Makrosporangienstand; d Makrosporangienstand mit reifom Samen; e—g Steinkerne (AuBenansioht, Quer- und Langsschnitt);nbsp;h Makrosporangienstand mit anomal vielen Makrosporangien.
[Aus Karston 1928 (,,Strasburger“) Fig. 620.]
Die Unterschiede zwischen den siclier hierher zu zahlenden fossilen Ginkgophyten und dem heutigen Ginkgo sind so gering, daB wir zuniichst mit der rezditen Art beginnen können und die wiehtigsten Unterscheidungsnierkmalenbsp;der iibrigen erst nachtraglich erwahnen.
Ginkgo biloba.
1. Fortpflanzungsorgane.
Die uuistrittenste Frage ist auch hier die Deutung der Fortpflanzungsorgane. Wir haben in der Einleitung (S. 21 ff) diese Schwierigkeiten bereits als eiii Beispiel phylogenetischer Probleuiatik behandelt und stellen hier nur
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5. Abt.; Pteiopsida.
noclmials die wichtigsten Daten zusammen. Ginkgo hüoba ist zweihausig, d. li. weibliche und mannliche Organe sind auf verschiedene Pflanzen verteilt.
a) Weibliche Pflanze.
Die Makrosporangienstande stelicn in den Achseln von Laub- oder Schuppenblattern (Abb. 1 a u. b, S. 22). Ihre Gestalt kommt meines Erachtensnbsp;von allen Makrosporangienstanden lieutiger Phanerogamen der Urform dernbsp;Kormopliytensporangienstande am nachsten (vgl. S. 24). Die Zalil der Makro-sporangien eines Sporangienstandes ist bei Ginkgo allerdings in der Regel aufnbsp;2 reduziert, auch ist der Einzelstiel eines Sporangiums meist verkürzt; dochnbsp;sind hier Ausnahmen durchaus nicht selten (Abb. 195). Wenn zwischennbsp;2 Sporangien gelegentlich ein kleines Höckerchen auftritt, so soil das, Wett-stein(1899) zufolge, darauf hinweisen, daB die beiden Sporangien eigentlichnbsp;seitlich einer jetzt reduzierten Achse ansitzen. Die Gabelung beim Ginkgo-
IMYJ
B
Abb. 195. Anomale $ Sporangienstande von Ginkgo Ulola.
A. nbsp;nbsp;nbsp;Halbfertiles Laubblatt, das 2 Samen trügt.
B. nbsp;nbsp;nbsp;Übergangsreihe von ..normalenquot; Sporangienstanden mit 2 sitzenden Makrosporangiennbsp;zu reich verzweigten Sporangienstanden.
(Aus Saldsaka 1929, Taf. 25, Kg. 7.)
Sporangienstand ware also eigentlich eine „Pseudodichotomie“, ein ,,Dichasium“. Hinsichtlich der Reduktion der Sporangienzahl ist diese Auffassiing sichernbsp;berechtigt. Ob aber die Ahnen von Ginkgo einmal fiedrig oder spiralig gestelde Sporangien gehabt haben, wie das die Bezeichnung „Pseudodichotomie‘'nbsp;nahelegt, sei dahingestellt. Die Rückführung auf einen gabeligen Sporangienstand scheint mir besser gesichert. — Eine andere „MiBbildung“ sind dienbsp;halb fertilen Blatter (Abb. 195 A), in denen ein Teil der Phylloide zu Sporangiennbsp;sich wandelte. Sie zeigen noch deutlich die Homologie von Phylloiden undnbsp;Sporangien. Der gemeinsame Stiel eines Sporangienstandes ist noch durchausnbsp;radiar. Seine Stele ist eine echte Siphonostele. Sie wird allerdings durch 2 (amnbsp;apikalen Ende meist durch 4) Markstrahlen in 2 bzw. 4 kollaterale Leitbündelnbsp;zerlegt (Abb. 196 A).
Der Bau der Makrosporangien selbst sowie der Befruchtungsvorgang entsprechen durchaus dem Cycadophyten-Pteridophyten-Typ. Vor allem findennbsp;wir auch bei Ginkgo eine Pollenkammer, welche die Mikrosporen aufnimmtnbsp;und unter Bildung von Spermatozoën keimen laBt. Als Abweichung besitzt
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Ginkgo, Fortpflanzung.
jedoch das einzige Integument bei Ginlcgo keine Leitbiindel, obwohl es sich nachtraglich zu einer ziemlich dicken Samenschale (auBen fleischig, innennbsp;verholzt) entwickelt. Die Basis je eines Makrosporangiums umschlieBt ein
kragenfönniger Wulst, die „Cupulaquot;. Auch wenn wirnbsp;von allen^ Begriffs- undnbsp;Nomenklaturfragen ab-sehen, ist ihre phylo-genetische Herkunft einenbsp;offene Frage. Man kannnbsp;es wolil kaum entscheiden,nbsp;ob dieser Wulst, vvie ver-niutlich die „Cupulaquot; dernbsp;Pteridospermen, aus ver-waclisenen Telonien odernbsp;aber nachtraglich aus einernbsp;Wucherung des Spor-angienstieles hervorgegan-gen ist.
b) Mannliche Pflanze.
Die Mikrosporan-gienstande sind durch-weg reicher verzwelgt als die $ Organe und bildennbsp;ein lockeres ,,Katzchen“.
(Abb. 194). Die Sporangien-hauptachse ist innerlich und auBerlich radiar. Annbsp;ihr sitzen die (nieist als
Staubblatter bezeichneten) Sporangiengruppen; sie bestehen in der Regel aus einem Stiel, der in eine rundliche Endkuppe auslauft und normalerweise zweinbsp;(selten bis zu 7) Sporangien tragt (Abb. 194 b bis d). Die ,,Staubblatterquot; sind
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5. Abt.: Pteropsida.
schwacli dorsiventral; die Sporangien sind auf die Unterseite der tragen-den Achse verschoben, was sich schon bei ihrer Entwickbmg bemerkbar macht (Abb. 197). Infolgedessen werden sie in der Jugend durch die Kiippe nach
auben bin geschützt. Audi wenn raebr als zwei Sporangien gebildet werden, bangen dienbsp;Sporangien alle von der Achse abwarts, sonbsp;dab sie mehr an epaulettenartigen Sporangien-gruppen (z, B. bei Crossotheca?) als an dienbsp;schildförmigen Sporangiengruppen von Taxusnbsp;(s. unten S. 296) oder Equisetum (s. obennbsp;S. 179) erinnern.
Cbarakteristisch für das Ginkgo-Nikro-sporangium ist das ,,Endothecium“ (Abb. 198); d. h. im_ Gegensatz zu anderen Gymnospernien,nbsp;aber inÜbereinstimnmng mit den Angiospermen,nbsp;sind bei Ginkgo nicht die Aubenschichten dernbsp;Sporangienwandung, sondern mittlere Lagennbsp;das „aktive“ (d. h. das Aufspringen bewir-kende) Gewebe. Ihre Funktion verrat sichnbsp;durch die Verdickungsfasern an den Zell-wanden (Goebel 1902 und Jeffrey 1916).
(Aus Chamberlain und Coulter 1925, Fig. 219, nach Starr 1910.)
Befruchtung und Embryonalent-wicklung. Wir könnten hier fast alles, was wir über die Cycadales erwahnten, wieder-holen. So ahnlich ist der Entwicklungsablaufnbsp;(namentlich die Mikrosporenkeinmng mit dernbsp;Bildung von zwei Spermatozoën usw.). Ab-weichend ist eigentlich nur. dab in der Mikro-gpore eine weitere sterile Zelle gebildet wirdnbsp;und dab am Embryo kein eigentlicher Suspensor entsteht. Vielmehr wird dienbsp;ganze befruchtete Eizelle in zellulares Gewebe zerlegt. Der gröbte Teil diesesnbsp;Gewebes wird auch zum Aufbau des Embryos verwendet. Nur das Mikropylen-ende des Proembryos dringt als Haustorium in das Endosperm ein, wahrendnbsp;der ttbrige Teil sich in Wurzel, Sprob samt zwei Kotyledonen differenziert.
2. Vegetative Organe.
Hier isiGinkgo grobenteils,,modernquot;, insbesondere nacli allgemeinem Sprobaufbau, Stanmianatoinie usw.
AVir haben densel-ben reichverzweigten
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Ginkgo, vegetative Organe.
Baum wie bei den Koniferen (Lang- nnd Knrztriebe!). Der starken Be-anspruchung dnrch die bedeutende Krone nnd der groBen Stammhohe (bis zu 10 m) entspricht die Stammanatomie: Ginkgo ist wie die Koniferen nnd dienbsp;Angiospermen ein echter Holzbanm. Die weitaus groBte Menge des Stamra-körpers wird voin Seknndarholz eingenommen; Mark imd Rinde treten znrück.nbsp;Zentripetales Holz findet sich ebensowenig wie bei den Koniferen. Fernernbsp;entspricht die Gestaltung der Tracheiden mit hirer einen Reihe Hoftüpfelnbsp;durchans dem modernen Koniferentyp.
Als priniitiv gilt dagegen von altersher die Gabelnervatur der Blatter. Sclion der Blattstiel ist von eineni verdoppelten Leitbtindel durchzogen (Abb.nbsp;196 B), nnd im weiteren Verlauf der Blattbildung haben wir eine fortgesetztenbsp;dichotome Verzweigung der Leitbündel. Die Blatter der erwachsenen Pflanzenbsp;(namentlich an Knrztrieben) zeigen fast vollige Verwachsung aller Telome.nbsp;Bei den Jugendblattern dagegen nnd in schwacherem MaBe anch an den Lang-trieben sind die Telome noch teilweise getrennt (Abb. 199). Priniitiv istnbsp;ferner die Andentung einer mesarclien Struktnr der Stele eines Kotyledos^).
Potonié (1906 und 1912,
Abb. 199. Ginkgo Mloia. Blattumrisse.
A. nbsp;nbsp;nbsp;Jugendblatt (Phylloide nur teilweise verwachsen).
B. nbsp;nbsp;nbsp;Langtriebblatt.
C. nbsp;nbsp;nbsp;Kurztrieblatt (Phylloide vollstandig verwachsen).
(Aus Pilger, 1926.)
S. 139) hat nachgewiesen, dafi die Gabelnervatur der Blatter gegeniiber derNetznervaturnbsp;insofern ungiinstig ist, als beinbsp;einer Blattverletzung eine seit-liche Umleitung von Wassernbsp;usw. durch unverletzte Nervennbsp;nicht mehr möglich ist und dienbsp;apikal von der Verletzungs-stelle gelegenen Blatteile da-her zugrunde gehen. Goebelnbsp;(1922) weist demgegeniibernbsp;darauf hin, daB natiirliche Ver-letzungen am Ginkgo - Blattnbsp;hochst selten sind. Das istnbsp;zweifellos richtig, bei Ginkgo istnbsp;die (infolge der Gabelnervaturnbsp;sehr bedenkliche) Gefahr dernbsp;Blattverletzung sehr herab-
gesetzt, u. a. infolge der mechanischen Verstarkung der ledrigen Blatter. Wir haben das typische Beispiel einer Kompensationsanpassung. Wahrendnbsp;die meisten Pflanzen (z. B. die Dikotylen) ihre Blatter gegen die Gefahren einernbsp;Verletzung durch die Netznervatur schiitzen, behalt Ginkgo die Gabelnervaturnbsp;zwar bei, schiitzt sich aber durch die (fiir ein sommergriines! Blatt) ungewöhnlichenbsp;ZerreiBungsfestigkeit und vielleicbt auch durch Stoffe (z. B. Kalkoxalat-Kristalle),nbsp;welche den InsektenfraB abwehren. Jedenfalls sind dieae Kompensationsanpas-sungen, welche bei Ginkgo mit seinen derben sommergriinen Bliittern jedes Jahrnbsp;einen ziemlichen Materialverbrauch bedeuten, kein Beweis gegen die Potonié-sche Auffassung, daB „ceteris faribus“ die Gabelnervatur der Netznervaturnbsp;ökologisch unterlegen ist. Dies Beispiel scheint mir typisch fiir eine grundsiitz-lich verschiedene Einstellung zum Problem der zweckmiiBigen Eigenschaften.
Die fossilen Ginkgophyten.
Die bemerkenswei'testeii Daten — wenigstens was die gutbekannten Formeii angeht — haben wir schon erwalint. Durchweg waren bei den Ginkgo-
1) Vgl. Sprecher, 1907 S. 30ff. („Transfusionsgewebe“).
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5. Abt.; Pteropsida.
phyten die Telome früher schwaclier verwachseii. Man scheidet eben aus diesem Grunde die alteren mesozoischen Ginkgodles-Wamp;ttQT: mit schmalen Zipfelnnbsp;als Gattung Baiera aus; doch gibt es hier alle Übergange. Auch 'war beinbsp;Baiera die Zahl der Makrosporangien noch gröber als bei Ginkgo. Ebenso warennbsp;an einem Mikrosporophyll meist mehr Sporangien vereinigt als heute in dernbsp;Regel (vgl. die Abb. 194 c und 200 A i). Auch die heutige schwache Dorsi-
ventralitat der Mikrosporophylle scheint eine junge Erwerbung; denn die Mikrosporophylle der mesozoischen Ginkgophyten ahneln durch ihre radiarenbsp;Gestaltung (Abb. 200 A) mehr den ausgesprochen peltaten Sporangiennbsp;(Abb. 171) Oder den oben erwahnten (Abb. 192) Caytoniales, insbesonderenbsp;den radiaren Mikrosporophyllen von Antholithus Arberi.
Die palaozoischen Ginkgophyten sind durchwegnbsp;sehr schwer von den Pterido-spermen zu trennen. Die Ginkgophyten sind auch offensicht-lich aus dieser Formengruppenbsp;hervorgegangen. Interessantnbsp;ist insbesondere Trichofitysnbsp;Saporta (Abb. 201). Einmal,nbsp;weil wir hier noch völlig freienbsp;Telome an den Laubblatternnbsp;haben und dann, weil uns hiernbsp;möglicherweise der Beginn dernbsp;achselstandigen Vereinigungnbsp;von Sporangienstanden undnbsp;Abb. 201. Trichopitys heleromorpha Sap. (Perm.)nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Laubblattern überliefert ist.
Sporangienstand, blattachselstandig mit gabeligem nbsp;nbsp;nbsp;Beide Organe stehen namlich
Tragblatt. nbsp;nbsp;nbsp;noch etwas getrennt überein-
(Aus Zeiller 1900, Fig. 182.)' nbsp;nbsp;nbsp;ander (vgl. dazu auch S. 63).
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Fossile Ginkgopliyta, Cordaitales.
Literatur.
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— nbsp;nbsp;nbsp;Grundlinien der Pflanzenmorphologie. Jena 1912.
Sakisaka, M., On the Seed-bearing Leaves of Ginkgo. Jap. Journ. of Bot., 1929, Vol. 4, p. 219. — (Vgl. auch die hier aufgeführten weiteren Schriften des gleichen Verf.)nbsp;Seward, A. C., Fossil Plants, Cambridge, 1919, Vol. 4.
— nbsp;nbsp;nbsp;und Gowan, J., The Maidenhair Tree (Ginkgo biloba). Ann. of Bot., 1900, Vol. 14, p. 107.nbsp;Sprecher, A., Le Ginkgo biloba L. Diss. Genf, 1907.
Wettstein, R. v.. Die weibliche Blüte von Ginkgo. Oesterr. bot. Zeitschr., 1899, Bd. 49, S. 417.
Sie lebten wie die Pteridospermen fast aussclilieBIich iiii Palaozoikum, d. li. iin Karbon und Rotliegeiiden, mit unsicheren Vorlaufern ini Ob.-Devonnbsp;und unsicheren Nacliziiglern bis zum Jura. Wie alle ins Palaozoikum zurtick-reicliende Samenpflanzengruppen zeigennbsp;sie eine auffallige Mischung primitivernbsp;und fortschrittlicher Ziige. Aber alsnbsp;Unterschied zu den Pteridospermen sindnbsp;die Cordaiten namentlicli in den vege-tativen Merkmalen durcliaus modern,nbsp;d. li. insbesondere den Koniferen rechtnbsp;ahnlich. Ein hochst eigenartiges Ge-prage besitzen die Cordaiten dagegennbsp;in den groBen parallelnervigennbsp;Blattern (Abb. 207), welche man ur-sprünglich für Monokotylenblatter hielt,nbsp;sowie in der Anordnung ihrer Spor-angien in einem zapf enartigennbsp;Sporangienstand (Abb. 159 und 208).
Unsere Kenntnisse sind auch ahnlich liickenhaft wie bei den Pteridospermen, d. h. wir kennen auch bei den Cordaitales nur sehr wenige Formennbsp;(eigentlich nur Vertreter der Gattungnbsp;Cordaites) vollstandig. Und doch lassennbsp;die mehr oder minder isolierten Restenbsp;verwandter Formen eine noch un-erforschte Fornienfiille ahnen.
Wir begnügen uns hier mit einer Schilderung des ,,Typus“, der Gat-
timg Cordaites, und schlieBen daran nbsp;nbsp;nbsp;Cordaites sp. (Karbon)
nur die hervorstechendsten Abwen Rekonstruktion eines bluhenden Baumes. chungsmerkmale der ubrigen Cordai-nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;^,i,er 1913, Fig. 14, nach Scott,
tales an. nbsp;nbsp;nbsp;1923, Fig. 98.)
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6. Abt.: Ptoropsida.
Cordaites.
1. Vegetative Organe.
Allgeiiieiiie
SproBmorphologie. Hierin almeln die Cordaiten den Koniferen. Es waren liolie Baunie (der unverzweigte Staniiti erreichte alleinnbsp;bis zu 30 ni!) mit einer reichverzweigten Krone (Abb. 202). 'Denientsprecliendnbsp;ist auch der Stamm wie bei den Koniferen und Hikotylen ein typischernbsp;Holzstamm. Abgeselien vom ungewöhnlicli groBen Mark^) sind die Scldiff-bilder den lieutigen Koniferen, insbesondere den Araucarien, recht ahniich.
gj, nbsp;nbsp;nbsp;Man bezeichnete daruni
Abb. 203. Cordaites (Dadoxylon) Brandlingii Scw.
A Radialsolmitt durch die Stamm-Mitte;
p = Mark, x = Xylem. Vergr. ca. 7raal.
B Innerste Stammpartie;
p = Mark; px = Protoxylem;
sp, SC = Übergangszone mit Spiral- nnd Treppentrachoiden; U = typisches Sekundiirholz mit araukarioider Hoftüpfe-lung. Vergr. 90mal.
(Aus Scott 1923, Fig. 101.)
die strukturbietenden Cordaiten - Stamme ur-sprünglich als Arau-carioxylon. Hierfür cha-rakteristisch sind insbesondere die Trache-iden mit zahlreichennbsp;Hoftüpfelreihen annbsp;den Kadialwanden, fer-ner die fast stets ein-reihigeii Markstrahlennbsp;(Abb. 204). Das Proto-xylem besteht ausnbsp;Spiraltracheiden (Abb.nbsp;20.3 B). Die Ueber-gangszone zu den Hof-tüpfeltracheiden ist be-nicrkenswerterweisenbsp;(vgl. S. 385) recht breit,nbsp;so daB man die Heraus-gestaltung der lloftüp-felung aus den Spiral-verdickungen recht gutnbsp;verfolgen kann (Abb.nbsp;25, 203 und 204). Beinbsp;Cordaites selbst liegtnbsp;das Protoxylem ganznbsp;innen, alles Holz wirdnbsp;zentrifugal gebildet.nbsp;Doch leiten eine Reihenbsp;nahverwandterFormen,nbsp;insbesondere Poroxylon,nbsp;Mesoxylon (Abb. 205)nbsp;und Piiys (letztore mit
Nadelblattern!) zu den Pteridospermen und überhaupt zu den primitiveren Kormophyten über; denn bei diesen vermutlichen Cordaitenverwandtennbsp;findet sich noch zentripetales Metaxylem wie bei Lyginodendron. — Dienbsp;Protoxylenigruppen sind natürlich wieder die Ausgangspunkte der Blattsjmr-strange.
Laubblatter. Wir erwahnten schon die Parallelnervigkeit der bis 1 m langen Blatter. Zuni Unterscliied zu vielen Monokotylen fehlt allerdings beinbsp;den Cordaiten die Erganzung zu einem Mascliennetz (lurch Querverbindiingen.
1) Die Marksteinkerne gingen frülier unter dem Namen nbsp;nbsp;nbsp;dieser wird noch heute
für das eigentilmlich etagenartig gefacherte Mark gebrancht.
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Abb. 204. Cordaitenholz (Dadoxylmt sp.) O.-Karbon (Steinbaoh, Baden),nbsp;langs-radial, oben oin MarkstraM, darunter die Langs-tracheiden mit „araubarioider“ Hoftüpfelung.nbsp;Vergr. ISOmal. (Original, Schliffsamml. Bot. Inst.nbsp;Tübingen Nr. 180.)
Hierin und in der nieist dichotonien Gabelung dernbsp;Xerven ersclieinen die Cor-daiten prinütiv^er. In auffal-liger Uebereinstinimung nritnbsp;den Cycadophyten zeigt dienbsp;Blattstele bauptsacldich zen-tripetales Holz. Meist warennbsp;die Blatter lederartig dicknbsp;und aucli durch Sklerencliyni-striinge verstarkt, alinlichnbsp;wie wir das lieute von Yucca-Battern gewolint sind (Al)b.nbsp;•206).
\V u r z e 1 n. An den veilig nach dein Plianero-ganientyp gebauten Wurzelnnbsp;niit diarclieni oder tetrar-chem Priniarliolz ist er-wahnenswert, dab Osbornenbsp;einen Mykorrhiza-Pilz ininbsp;Rindenparencliyni zn seliennbsp;glaubte.
2. Fortpflanznngs organ e. (Cordaianthus).
1 )ie Bliitenstiinde der Cordaüales wuclisen zwi-sclien den Blattern (beinbsp;Mesoxylon blattachselstan-
Abb. 205. Mesoxylon poroxyloides Scott und Maslen. (O.-Karbon.) Holzteil, von dem ein sich gabelnder Blatt-spurstrang abgeht. p.x. = Protoxylein. X = zentripetales Metaxylem. x^ = Sekundiirholz.nbsp;m.r. = Markstrahl. Vergr. 136. (Aus Scott 1923, Fig. 10.) |
Abb. 206. Cordaites angnlostriatus (?) Blatt- Querschnitt.nbsp;r = Skierenchym; m = Mesophyll;nbsp;o = zontrifugales Xylem; x = Protox\'lem;nbsp;i = zentripetales Xylem; p = Phloem', 1) — Bündclscheide; c = transversal gestreepte Zeilen, welche die Leitbündel verbinden.nbsp;(Nach Renault 1879, aus Coulter undnbsp;Chamberlain 1925, Fig. 200.) |
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5. Abt.; Pteropsida.
dig?i) aus den Zwelgen heraus. Jeder Blütenstand trug in zweizeiliger An-ordnung (Abh. 207) in den Achseln von Hochblattern die etwa 1 cm langen ,,Blftten“. Man kennt ihren Aufbau sowolil aus Abdrücken, wie ans struktur-bietenden Fossilien.
Aufierlich besehen und aucli in ihrer Gesamtorganisation waren die stets eingeschlechtigen ,,Blüten“ in beiden Geschlechtern ziemlich ahnlich. Sienbsp;besaBen plumpe Hauptachsen, die vorzugsweise mit Hüllscliuppen in spiraligernbsp;Anordnung besetzt waren ^). Am oberen Ende der Achse treten anstelle dernbsp;Hüllschuppen die Sporangien bzw. Sporangiengruppen, allerdings auch hiernbsp;untermisclit mit Schuppen. Der Gesamtbau der Cordaites-Eïnte ahnelt alsonbsp;sehr weitgehend dein Beneltöafes-Gynaeceum. Nur linden wir bei den Benet-titales sehr viele Makrosporangien vereinigt, wahrend bei Cordaites selten mehrnbsp;als ein halbes Dutzend Makrosporangien in einer Blüte vorkommt und von
diesen oft nur ein einziges reif wird. Auch konimt es bei Cordaites keines-wegs zu eineni soldi regelniaBigennbsp;Wechsel der Schuppen mit den Sporangien oder gar zu eineni panzerartigennbsp;ZiisammenschluB der Schuppen.
Wie bei Qinkgo und anderen Gymnospermen ist ferner der w-eiblichenbsp;Sporangienstand bei Cordaites einfach,nbsp;der mannliche dagegen mehrfach ver-zweigt; d. h. die Makrosporangien sitzennbsp;der Blütenachse direkt auf, die Mikro-sporangien dagegen zu je 2—4 als ge-stielte Sporangiengruppen, die vielfachnbsp;Mikrosporophylle oder Staubblatter ge-nannt werden.
Fig. 173.)
Makrosporangien. Nach Sell oil te (1925) nehmen sie durchaiisnbsp;die gleiche Stellung wie die Schuppennbsp;zwdschen ihnen ein; Schuppen nndnbsp;Sporangien stehen also als homologenbsp;Telome in ganz entsprechender Stellung, wie bei vielen altertünilichennbsp;Pflanzen, z. B. bei den Benettitales^).nbsp;Der innere Aufbau entspricht wiedernbsp;dem Cycadophyten-Pteridosperiiientyp;nbsp;Pollenkaramer, ein Integument mitnbsp;auBerer, fleischiger nnd innerer, holzignbsp;werdender Partie. Auch hier herrschen
1) nbsp;nbsp;nbsp;Vgl. Scott und Maslen.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Vgl. Abb. 208, 159 und 160.
3) nbsp;nbsp;nbsp;Eine iiltere, auf Grand’Eury zurückgebende Auffassung glaubte, daB die Makrosporangien in den Achseln der Hüllschuppen safien und an ihrer Stiel-Basis mit mehrerennbsp;weiteren Schuppenbliittchen versehen seien. Nach Schoute 1. c. sind beide Annahmen un-begründet. Die Ausführungen Sohoutes scheinen mir in diesen beiden Punkten überzeugend.nbsp;Wenn Schoute in Übereinstimmung mit Solms-Laubach dann fernerhin das blattlose ge-stielte Sporangium als Sporophyll mit terminalem Sporangium bezeichnet, so liegt wohl hiernbsp;gegenüber meiner oben vorgetragenen Darstellimg nur eine Nomenklaturdifferenz vor; iohnbsp;kann mich nicht entschlieBen, ein einfaches Sporangium, von dem man nicht weiB, ob esnbsp;tatsiichlich das Rudiment eines sporangientragenden echten Blattes ist, ein Sporophyll zunbsp;nennen. Die Homologie des Sporangiums mit der Blatt-Grundeinhcit (dem Phylloid) erkennenbsp;ich, wie ja schon oft angeführt, auch hier an.
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Cordaites, Fortpflanzung.
dieselben noch nicht vöUig zu entscheidenden Zweifel, ob diese beiden Tnte-gunientlagen durch Verwachsung zweier Integumente oder durch Uifferenzierung eines einzigen entstanden sind.
Mikrosporangieni). Der Ban einer Sporangiengruppe mit ihren 2—4 (selten bis 6) terminalen Sporangien entspricht noch völlig dem ürtyp dernbsp;Sporangienstande bei den Psilophyten und Primofilices. Die Sporangienwandnbsp;war wohl mehrschichtig, doch sind anscheinend die histologischen Verhalt-nisse, also z. B. die Frage: ,,Exothecium oder Endotheciuni“ infolge dernbsp;Materialb es chaff enheit nicht restlos zu klaren. Die Mikrosporen sind auffallignbsp;groB (0,9 bis 0,5 mm).
Abb. 208. Cordaites. Sporangienstande.
A Cord. Penjonii (J. Vergr. 8mal.
B Cord. Williamsoni Een. rechts ein einzelnes Makrosporangium starker vergröfiert. Das Makrosporangium steht nach Schoute (1928) nur scheinbar in der Achsel der Sohuppe (b).nbsp;(Aus Arber, 1913, Fig. 15,1, 16.)
Befruchtung und Embryonalentwicklung. Die Mikrosporen wurden offenbar durch den Wind und einen Pollinationstropfen in die Pollen-kammer der Makrosporangien gebracht. Renault und Grand’Eury haben sienbsp;auch darin selbst beobachtet und aus der Art ihrer Keimung in ein Prothalliumnbsp;ohne Pollenschlauch auf Spermatozoenbefruchtung bereits 1896 geschlossen,nbsp;also vor dem Bekanntwerden von Spermatozoën bei Ginkgo und den Cyca-deen. Die Embryonalentwicklung ist wieder unbekannt, da man, wie allgemeinnbsp;bei palaozoischen Samen, keinen Embryo finden konnte.
1) Vgl. auch Abb. 160.
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6. Abt.: Pteropsida.
Literatur.
Cordaitales.
Arber, 1913, s. S. 239.
Bertrand, C. E., Le bourgeon femelle des Cordaites usw. Buil. Soc. d. Sc. de Nanov 1911, Sér. 3, Vol. 12.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;‘
Charpentier, 11., Sur les végétaux a structures conservées d’un silex pcrmien. Rev. gén. Bot., 1924, T. 36, p. 241.
Grand’Eury, C., Elore carbonifère du département de la Lorre et du centre de la Frante. Paris 1877.
Kriiusel, R., Cordaitales. In Eneler, Die natürlicheii Pflanzenfamilien, 2. Aufl., 1926. Bd. 13.
Osborn, T. G. B., The Lateral Roots of Amyelon radicans Will and their Mycorrhiza. Ann. of Bot., 1909, Vol. 23, p. 603.
Renault, B., Structure comparée de quelques tiges de la flore carbonifère. Nouv. Arch, du Mus. d’hist. nat., Paris 1879, Sér. II, T. 2.
— nbsp;nbsp;nbsp;1896, s. S. 20.
Schoute, J. C., La nature morphologique du bourgeon fémiiiin dos Cordaites. Rec. trav. bot. Néerl., 1925, T. 22, p. 113.
Scott, D. H., The Structure of Mesoxylon etc. Ann. of Bot., 1912, Vol. 26, p. 1011.
— nbsp;nbsp;nbsp;On the fertile Shoots of Mesoxylon etc. Ibid. 1918, Vol. 32, p. 437, und 1919, Vol. 33,
p. 1.
— nbsp;nbsp;nbsp;and Maslen, A. J., On Mesoxvlon a New Genus of Cordaitales. Ibid. 1910, Vol. 24,nbsp;p. 236.
--The Structure of Mesoxylon Sutcliffii (Scott). Ibid. 1911, Vol. 25, p. 381.
Solms-Laubach, Graf zu, Einleitung in die Paliiophytologie. Leipzig 1887.
Stopes, M. C., On the Leaf-Structure of Cordaites. New Phytologist, 1903, Vol. 2, p. 91. Zeiller, R., Les Progrès de la Paléobotanique de l’ère des Gylnnosperlnes. Progr. r. bot.nbsp;1907, T. 2, p. 171.
(Systematische Übersicht vgl. S. 225).
Die phylogenetisch-morphologischen Probleme der Koniferen gehören zu den schwierigsten Problemen der vergleichenden Morphologie. Über kanm einnbsp;anderes phytomorphologisches Problem sind schon so viele und so liitzige Kampfenbsp;ausgefochten worden wie über ,,Verwandtschafts“-Fragen bei den Koniferen.nbsp;Ein gutes Bild über das bunte Gemisch herrschender Meinungen gibt dienbsp;Darstellung Pilgers (1926) in seiner Einleitung zu den Koniferen, in dernbsp;auf über 30 Seiten die verschiedenen „Deutungenquot; nur der Makrosporangien-stande angeführt werden — ungerechnet der mindestens ebenso zahlreichennbsp;Notizen an anderen Stellen dieses für die Gymnospermenkunde grundlegendennbsp;Werkes.
Eein sachlich genommen, bereitet die Phylogenie der Koniferen deshalb so groBe Sohwierigkeiten, weil wir sehr wenig ansreichend fossilisierte nnd sicherenbsp;Ahnentypen, namentlich aus dem Palaeozoikum, kennen. Es mag sein, daB sichnbsp;Bolche Ahnen noch nnter den Resten verbergen, welche wir heute zu anderennbsp;Gymnospermen, insbesondere zu den Cordaitales, Pteridospermen oder Ginhgo-phyten rechnen. Etwas Sicheres aber vermogen wir bei der meist lücken-hafteii Kenntnis dieser Formen nicht zu sagen. Wenn wir die Gesamtheit dernbsp;fossilen Formen überschauen^), welche in die nahere Verwandtschaft der Koniferen gebracht werden, so können wir sagen; Entweder sie schheBen sich derartignbsp;eng an die heutigen Gattungen und Familien an, daB wir sie direkt einreihennbsp;können (das betrifft vor allem die jungmesozoischen und tertiaren Formen), odernbsp;(das gilt für die meisten filteren Formen) sie sind bei dem Mangel an gut erkenn-baren Fortpflanzungsorganen usw. Problematika. So fehlt es uns fast völlig annbsp;fossilen Formen, welche die heutigen Koniferen untereinander bzw. mit dennbsp;anderen Gymnospermen verbinden. Eigentlich ist nur eine einzige palaeozoische
1) Vgl. hierzu Seward, Kriiusel und Florin. nbsp;nbsp;nbsp;¦nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;¦nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;¦
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Coniferae.
bzw. altmesozoische Gattung, namlich Voltzia, so gut bekannt, daB sie eine Be-reicherung der heute lebenden Familientypen bedeutet. Ich begründe datum auf sie die Ordnung der Yóltziales.
Von den Einzelteilen sind relativ gut erhalten die Koniferenhölzer (wobl wegen ihres Harzgehaltes). Die sichersten phylogenetischen Scblüsse, welchenbsp;uns die fossilen Koniferenreste erlauben, beziehen sich daher auf die Holzanatomie.nbsp;DaB wir davon nicht sofort auf die Phylogenie der anderen Merkmale schlieBennbsp;können, haben wir schon wiederholt erwahnt. Wegen der Phylogenie der Fort-pflanzungsorgane sind wir fast durchweg auf die rezenten Koniferen bzw. aufnbsp;Rückschlüsse aus der allgemeinen Kormophyten-Phylogenie angewiesen.
I. Makrosporangienstande (= weibüche ,,Blüten“).
Ihre Morphologie ist der Angelpunkt der phylogenetischen Probleme bei den Koniferen — ja vielleicht bei den gesamten Phanerogamen. Wir beginnennbsp;daher mit ihrer Betrachtung nnd wollen auch hier die phylogenetischen Zu-sammenhange aus aller Wortproblematik nnd allen ,,idealistischquot;-morpho-logischen „Deutungenquot; herausschalen. Da die phylogenetischen Zusammen-hange aber schon an nnd für sich recht kompliziert nnd schwer dnrchschaubarnbsp;sind, möchte ich zur Vereinfachung der Darstellung gleich mit der Schilderungnbsp;derjenigen phylogenetischen Ableitnng beginnen, die niir derzeit am wahr-scheinlichsten ist. Die Beweise in ihren Einzelheiten nnd die keineswegs unbe-trachtlichen Gegenargumente werden folgen (S. 297 ff. nnd 303 f.). Ebenso wirdnbsp;spater Gelegenheit sein, meine phylogenetische Darstellung in Verbindung znnbsp;bringen mit der üblichen Form dieser morphologischen Vergleiche: 1st einnbsp;Koniferen-Zapfen eine ,,Blüte“ oder ein ,,Blütenstand“?
A. Allgemeine Morphologie der Makrosporangienstande.
Die phylogenetische Ausgangsform für die Ableitnng aller Koniferen-Makrosporangienstande scheint mir in einem Makrosporangienstand voni Habitus der permischen Gattung Trichopitys (Abb. 159 nnd 201) gegeben,nbsp;von der wir ja auch die Makrosporangienstande der Ginkgophyten ableitennbsp;können.
Wir wollen diesen Makrosporangienstand als
1) nbsp;nbsp;nbsp;Ausgangstyp (Urform) der Koniferen (Abb. 209 6) bezeichnen.nbsp;Zum Unterschied vom allgemeinen Urtyp der Kormophyten (Psilophytentyp,nbsp;vgl. Abb. 159) steht beim Ausgangstyp der Koniferen ein Teilsporangicnstandnbsp;(„Sporophyllquot;) in der Achsel eines Blattes. Es sei für diese Grundeinheitnbsp;eines Koniferen-Sporangienstandes (also einen Teilsporangienstand mit zu-gehörigem Deckblatt, vgl. Abb. 209) die Bezeichnung: ,,Schuppenkomplex“nbsp;eingeführt.
Bei Trichofitys selbst ist der Teilsporangienstand, abgesehen vom Deckblatt, ganz fertil gewesen. Fine ahnliche Gestalt stellt Abb. 209 6 dar; wir können aber nicht bestimmt sagen, ob die Ausgangsformen der Koniferennbsp;allgemein einen rein fertilen Sporangienstand besaBen. Vielleicht saBen schonnbsp;von Anfang an an Stelle der Teilsporangieüstande ,,gemischte“ Telomstande, sonbsp;wie wir sie gleich bei den Yóltziales kennen lemen werden.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Voltziales-Typ. Diesem Ausgangstyp der Koniferen kommen vonnbsp;sicheren Koniferen die palaozoischen bzw. altmesozoischen Yóltziales, mit dernbsp;Gattung Voltzia, am nachsten (vgl. Abb. 211). Auch bei diesem Voltziales-Typ besteht ein Schnppenkomplex aus Deckschuppe und achselstandigemnbsp;Teilsporangienstand. Zum Unterschied von Trichopitys ist der Teilsporangienstand bei den Yóltziales allerdings ein ,,gemischter“ Telomstand. Er ist in
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Zimmermann, Die Phylogenie der Pflanzen.
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5. Abt.: Pteropsida.
Abb. 209. Makrosporangienstande der Koniferen.
A = Arillus; E = „Epimatiumquot;; D = Deckschuppe.
F = Fruchtschuppe; L = Ligula. Schwarz der Holzteil; punktiert der Siebteil. Original (unter Benutzung von Abbildungen bei Sahni, Aase und Sinnott).
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seineni Habitus wie ein schuppenförmi-ges Cycadeensporo-phyll gestaltet, d. h.nbsp;an seiner Spitze be-finden sich einigenbsp;sterile Telome, annbsp;der Basis jedocli sindnbsp;zwei Telome alsnbsp;Makrosporangiennbsp;ausgestaltet. Mannbsp;nennt hier den Teil-sporangienstandnbsp;,,Fruchtschuppe“.
1 )amit linden wir den dreigliedrigennbsp;Schuppenkoin-plex vieler Koni-feren (Deck-scliuppe, Fruedit-schuppe vmd Spor-angien) schon imnbsp;Palaozoikum ent-wickelt. Diese be-deutsame Feststel-lung, die wir Walton verdanken, liat wenigstens einenbsp;der langumstrittenen Fragennbsp;über die Sporangienstands-Morphologie der Koniferennbsp;geklart.
Wold als Korrelations-ersclieinung zur Abflachung der Sclinppenkomplexe ist beinbsp;den Voltziales ¦ ferner dernbsp;Gesaintsporangienstand zumnbsp;Zapfen geworden, d. h. dienbsp;Schuppenkomplexe sind innbsp;ilirer spiraligen Stellung annbsp;der gemeinsamen, ziemlich ge-staucliten Aclise dicht aufein-ander gerttckt.
Ein ahnliches Zusammen-rücken der Sporangienstande zu einem Zapfen dürfte sich mehr-mals im Palaozoikum beidennbsp;Koniferenahnen abgespielt ha-ben. Wir sind ja immer nochnbsp;nicht recht über die Eortpflan-zung der iiltesten Koniferen,nbsp;insbesondere der im Rotliegen-den weitverbreiteten Gattungnbsp;Walchia, orientiert. Aber sienbsp;dürfte noch lockere Zapfen als
Apikale Schnitte durch die Samen-anlagen (schraffiert).nbsp;Bei Pinus Deck- undnbsp;Fruchtschuppe getroffen.
Abb. 210. A Pinus. B Podocarpus.
Serien von je 6 Querschnitten dieses Schuppenkomplexes. Die tragende Sprofiachse liegt jeweils nacli oben.nbsp;(Nach Sinnott 1913.)
Schwarz der Holzteil, weiB der Siebteil.
Abb. 211. VoUzia cf Liebeana Geinitz. Zechstein (Ob.-Perm).
S c h 11 p p e n k o m p 1 e X von der Unterseite. Man sieht deutlich die oben darauf liegende lanzettliche Deck-schuppe und die darunterliegende fünflappige Fruchtschuppe mit 2 abwarts gerichtetcn Sporangien.nbsp;Vergr. önial.
(Nach Walton, aus Kriiusel 1929, Fig. 39.)
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5. Abt.: Pteropsida.
Makrosporangienstande besessen baben. Die Teilsporangienstande waren nach Florin (1929) abnlich wie bei Voltzia gebaut.
3) Piiiaceeii-Araucariaceeii-Typ (Abb. 209 9 und 10 und 213). Audi in diesen beiden rezenten Familien ist der Makrosporangienstand ein Zapfen.nbsp;Wie beim Foïfemïes-Typ ist der Schuppenkomplex dreigliedrig; er besteht ausnbsp;der Deckschuppe, einer weiteren mit der Deckschuppe mehr oder minder ver-bundenen Schuppe („der Fruditsdnippe“ bei den Pinaceen oder der „Ligula“
bei den Araucariaceen) und den 2 bzw. 1 Makrosporangien. Die Frucht-schuppe bzw. Ligula ist gegenüber dera Folfemfes-Typ insofern reduziert, als sie keinerlei Gliederung in niehrerc Teloine, wie bei Voltzia, mehr aufweist.
4) Cupressacecii-Typ (Abb. 209 8 und 214). Hier ist der Scliuppen-komplex weiter reduziert; er ist auberlich zweigliedrig geworden. Mehrere Alakrosporangieii stehen unmittelbar in der Achsel der Deckschuppen. Dernbsp;Zapfen ahnelt dainit dem Sporangienstand der Lycopsiden und Sphenophyllales.
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Die Taxodiaceen und Cephalotaxaceen (Abb. 160B) besitzen die gleiche 6e-samtmorphologie wie die Cupressaceen, so daB icli sie nicht besonders auf-führen will. Bemerkenswert ist, daJ3 die Cephalotaxaceen in einem Höcker-chen zwischen den Sporangien vielleicht einen Rest der ehemaligen sterilen Partieen des Teilsporangienstandes, also der Friichtschnppe, entsprechend deinnbsp;Voltziales- imd Pinaceentyp zeigen.
5) Podocarpaceen. Diese auf der Siidhemisphaere lebende Familie ist anBerordentlich vielgestaltig hinsichtlich ihrer Sporangienstands-Morphologie.nbsp;AVir kennen zwei Haupttypen; Zapfen vind Einzelsporangien.
In nianchen Gattungen, wie Pliyllocladus Rich., Microcachrys Rook, nnd Saxegothaea Lidl. (Abb. 209 5 nnd 215), finden wir Zapfen voni Cupressa-ceentyp. Allerdings felilt, z. B. bei Pliyllocladus (Abb. 212B), die streng regel-
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5. Abt.; Pteropsida.
maBige Anordnung der Deckschuppen, auch birgt eine Deckschuppe meist nur ein einziges Makrosporangiuni. Manche Podocarpus-Axtm, z. B. Podo-carpiis spicatus R. Br. (Abb. 209 7), entsprechen diesem Typ noch ziemlich, ab-
gesehen davon, daB die Stauchung der gemeinsamen Achse fehit und dementsprechend der Gesamtspor-angienstand kein Zapfen ist, sondern niehr Ahren-gestalt hat.
Oft ist gerade bei diesen zapfentragenden Podocarpaceen die ungeteilte Basis des Schuppen-komplexes noch ziemlich lang. Es ist — im reinnbsp;beschreibenden Sinne — ein deutlicher „Sporangio-phor“ vorhanden, an dem sowohl die Deckschuppenbsp;wie das Sporangium sitzt (vgl. z. B. Abb. 215).nbsp;Der Schuppenkomplex ahnelt hier z. B. den fer-tilen Seitenorganen der Psilotales (Abb. 55) undnbsp;auch manchen primitiven Lycopsiden (Canthelio-phoriden usw. vgl. S. 151), bei deiien auch jeweilsnbsp;ein gemeinsamer Stiel sowohl die Sporangien wie dasnbsp;,,Deckblatt“ tragt. Entsprechend unserer allgemei-nen Auffassung iiber das Zustandekommen von blatt-achselstandigen Organen betrachten wir ein solchesnbsp;,,Sporangiophor“ als eine primitive Bildung. (Vgl.nbsp;dazu die abweichende Auffassung von Pilger).
Bei der Mehrzahl der Podocarpuff-Arten sowie bei einigen anderen Gattungeu, wie Acmopyle Pilger, Dacrydium Soland. (Abb. 209 2—4), ist jedoch ein soldiernbsp;Sporangienstand auf jeweils ein einziges Makrosporangiuni redu-
ziert. Das Makrosporangiuni sitzt dann terminal auf eincm kurzen SproBehen, das auBerdem eine Anzalil Schuppen tragt. Man pflegt die dem Sporangiumnbsp;benachbarte Schuppe mit den Deckschuppen der bisher geschilderten Zapfennbsp;zu honiologisieren.
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Coniferae, Makrosporangienstande.
6. Taxacecii-Typ. Ein einziges, seltener mehrere, Makrosporangien stehen wie bei den letztgenannten PoAoearfus-kxim terminal auf einem kurzennbsp;SpröBchen (Abb. 2091 und 216). Unterhalb des Sporangiums linden siclinbsp;dekussiert mehrere (meist drei) Paar Schuppen.
Der Ausgangstyp hat sich also bei den Koniferen in 2 Hauptreihen weiter-gebildet. Die eine Reihe führt zuni Zapf en. Hierbei kann entweder die Deck-schuppe selbst den AbschluB der Makrosporangien nach auBen übernehmen, so bei den zapfentragen-den Podocarpaceen undnbsp;bei den Araucariaceen,nbsp;oder es bilden sich Teilenbsp;der achselstandigenTeil-sporangienstande alsnbsp;schützende Schiippe (alsnbsp;,,Fruchtschuppe“) aus.
Diese Entwicklung fin-det sich angebahnt bei den Voltziales und be-souders deutlich bei dennbsp;heutigen Pinaceen, ins-besondere bei der Gat-tung Pinus selbst niitnbsp;ihrer auBerst reduziertennbsp;Dcckschuppe. Abiesnbsp;(x\bb. 213) vermittelt.
Für diese „Zapfenreihequot; ist charakteristisch, daBnbsp;die basalenTelome desnbsp;Teilsporangiumstandesnbsp;fertil bleiben. Infolgenbsp;dieser Sporangienanord-nung und der dichtennbsp;Schuppenstellung reilennbsp;die Makrosporangiennbsp;(Samen) wohlgeborgennbsp;im Innern des Zaplensnbsp;heran.
In dei' anderen Hauptreihe mit E i n z e 1-sporangien, welchenbsp;durch die ïaxaceen undnbsp;viele Podocarpaceennbsp;charakterisiert ist, werden die Sporangiennbsp;nicht in einem Zaplennbsp;geborgen, sondern esnbsp;Irleiben umgekehrt gerade die tenninalen Telome eines Teilsporangienstandesnbsp;als ziemlich Ireistehende Sporangien lertil.
B. Atrope und anatrope Orientierung des Sporangiums.
AVir haben bisher die Orientierung des Makrosporangiums auBer acht ge-lassen, obwohl sie gleichlalls auBerordentlich wechselt. Beim Ausgangstyp und bei den Taxaceen haben wir noch ein typisches at ropes Sporangium, d. h.nbsp;mit einer vom Stiele abgekehrten Mikropyle. Solche atropen Makrosporangien
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5. Abt.: Pteropsida.
finden wir auch bei verzweigten Sporangienstaiiden, z. B. bei der Podo-carpacec Phyllocladus (Abb. 209 5), sowie bei manchen Taxodiaceen und den Cupressaceen (Abb. 209 8), z. B. bei den Gattungen Cupressus und Junipems.
Innerhalb der Podocarpaceen laBt sich aber sehr schön verfolgen, wie das Sporangium anatrop wird, d. h. wie es sich nach der der Deckschuppe ab-gekehrten Seite umbiegt, bis schliefilich im extremsten Fall (der die meistennbsp;Podocarpus-Aïtm kennzeichnet) die Mikropyle die Sporangienbasis erreichtnbsp;(vgl. Abb. 2092—4). Fcrner sind anatrope Sporangien die Regel bei den zapfen-artigen Sporangienstanden, insbesondere bei den Pinaceen, Araucariaceen undnbsp;manchen Taxodiaceen. Sehr oft. z. B. bei den Pinaceen (vgl. Goebel 1923,nbsp;S. 1511), kann man in der Ontogenie beobachten, daJl die Sporangien aus einer
anfanglicli ziemlich atropen Stellung allmahlich anatrop werden. Also Re-kapitulation der Phylogenie durch die Ontogenie; in seltenen Fallen ist allerdings auch eine gegenlaufige Bewegung beobachtet (Sinnott 1913).
C. Zahl der Sporangien in einem Schuppenkomplex.
Audi die Zahl der Sporangien eines Schuppenkomplexes ist iiuBerst wechselnd. Bei den Podocarpaceen ist ein einziges Sporangium die Regel,nbsp;bei Araucaria desgleichen. Die Pinaceen haben als Regel 2 Sporangien, dienbsp;Cupressaceen eine gröilere Anzahl. Zahlreiche Sporangien sind wolil einnbsp;urspriinglicher Zustand.
D. Erörterung der phylogenetischen Zusammenhange.
Als Grundlage unserer phylogenetischen Erörterungen mussen wir hier zunachst das Problem einer etwaigen
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Coniferae, Pliylogenie der Makrosporangienstande.
„polypliyletisclien Herkunft“
der Koniferen betrachten. Haben wir überhaupt ein Recht, zwischen den so verschiedenartigen Makrosporangienstanden der Koniferen phylogenetischenbsp;Beziehungen irgendwelcher Art anzunehmen? Oder sind sie nicht ani Endenbsp;derartig verschieden, daB etwaige verwandtschaftliche Beziehungen mindestensnbsp;im unergründlichen Nebel einer unerforschbaren Vergangenheit begrabennbsp;liegen ?
Diese Ansicht ist schon verschiedentlich vertreten worden. So ausgezeich-nete Koniferenkenner wie Pilger und Sahni treten z. B. für eine völhg iso-lierte Stellung der Taxaceen ein. Gerade Taxus, die Eibe, weicht ja diirch die Form des Makrosporangienstandes (Abb. 209), durch das Fehlen von Harz-gangen im Holz u. a. von der Mehrzahl der Koniferen sehr stark ab. Taxusnbsp;besitzt ferner in seinen peltaten Mikrosporophyllen, durch seinen Besitz vonnbsp;Alkaloiden (Taxin) Eigentümlichkeiten, die allen anderen Koniferen fehlen. Abernbsp;schon die anderen Taxaceen im engeren Sinne, wie Torreya, vermitteln hiernbsp;z. B. im Sporophyllbaii. Im Bau der Makrosporangienstande überbrücken dienbsp;Podocarpaceen die Kluft zwischen den Taxaceen und den übrigen Koniferen;nbsp;einige Podocarpaceen, wie Acmopyle (Abb. 209 2), stehen der Eibe im Baunbsp;der Makrosporangienstande derartig nahe, daB eine ganz scharfe Sonderungnbsp;vom Taxaceentyp nicht leicht ist.
Also, wenn wir die Gesamtheit der Koniferen und nicht nur einige extreme Glieder ins Auge fassen, ist bei keinem der differierenden Merkmale jene un-überbrückbare Kluft verhanden, welche Voraussetzung für die unbedingtenbsp;Annahme einer polyphyletischen Herkunft ware. Im Gegenteü, die Schwierig-keit, scharfe Grenzen zwischen den einzelnen Koniferenfamilien zu zielien,nbsp;die kaleidoskopartig wechselnde Kombination der Merkmale, die dahin führt,nbsp;daB fast jeder Autor, der sich mit Koniferen beschaftigt, ein neues ,,System“nbsp;aufstellt, sind Charakteristika für eine Pflanzengruppe, _bei der wir die'phylo-genetischen Zusammenhange noch relativ gut durch ,,Übergangsformen“ ver-folgen können. Wenn wir schon von einer polyphyletischen Herkunft innerhalbnbsp;der Koniferen sprechen wollten, dann müBten wir gleich eine ganze Reihenbsp;soldier ,,polyphyletischer“ Gruppen allein innerhalb der Familie der Podocarpaceen annehmen. Und eine solche Annahme ware denn doch, angesichts dernbsp;groBen Ahnlichkeit in anderen Merkmalen bei allen Koniferen, z. B. im Aufbaunbsp;der vegetativen Organe, der Mikrosporangien und Mikrosporangienkeiumng,nbsp;des Detailaufbaus der Makrosporangien, des Befruchtungsvorganges usw.,nbsp;recht schwer zu begründen. Also, in Uebereinstimmung mit Wettstein (z. B.nbsp;1924, S. 442), scheint mir wenigstens die prinzipielle Voraussetzung für dasnbsp;Bestellen phylogenetischer Beziehung zwischen allen Koniferen gegcben. Dernbsp;gemeinsame Ahn der Koniferen mag allerdings weiter zurückliegen, dasnbsp;,,Systemquot; der Koniferen mag komplizierter sein, als man früher annahin.
Beginnen wir darum mit der Einzeluntersuchung der von uns oben behaup-teten ümbildungsvorgange!
Atrope-anatrope Makrosporangien.
Am leichtesten und sichersten ist m. E. der Beweis, daB die atropen Makrosporangien ursprünglicher sind als die anatropen. Bei den altertümlichen Korniophyten überwiegen atrope Sporangien durchaus. Die altertümlichennbsp;Phanerogamen, z. B. aus dein Palaozoikum, haben durchweg atrope Makrosporangien. Auch in anderen Fornienkreisen, etwabei den Articulaten, ist wohlnbsp;unverkennbar die anatrope Orientierung aus einer atropen hervorgegangen.
Die Annahme z. B. Sahnis (1921, S. 281), daB die anatrope Orientierung von Podocarpus primitiver sei als die nahezu atrope von Acmopyle, scheint
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mir kaum begrüiidet. Sieht man genauer zu, so beruhen seine Argumente (welche eigentlicb von Sinnott 1913 übernommen sind) auf der weitverbreiteten, abernbsp;m. E. keineswegs korrekten SchluBfolgerung; Man stellt erst auf Grund einzelnernbsp;Merkmale z. B. der Gametophytentwioklung, der allgemeinen Sporangienstands-entwicklung usw. eine Hypothese stammesgeschichtlicher Beziehungen auf, dienbsp;in diesem Falie lautet: ,,die Podorarpus-Aiten stammen von den Pinaceen ab“.nbsp;Dann schlieBt man: bei den Pinaceen sind die Makrosporangien anatrop, alsonbsp;ist auch die anatiope Orientierung bei Podocarpus ursprünglich und die atropenbsp;Orientierung bei anderen Podocarpaceen abgeleitet. Eine solche SchluBweise,nbsp;die aus einer hypothesenhaften (u. m. E. in diesem Falie wenig begründeten)nbsp;Stammesgeschichte sekundar auf die Phylogenie eines einzelnen Merkmals schlieBt,nbsp;muB allzu leicht zu Fehlschlüssen führen. Wir müssen die Phylogenie jedes einzelnen Merkmals, d. h. hier die Frage: anatrope oder atrope Samenanlage 1 zunachstnbsp;für sich behandeln und darauf erst die Frage der Stammesgeschichte der Podocarpaceen ins Auge fassen! Die Antwort hinsichtlich der Sporangienorientierungnbsp;kann nur lauten; die atrope Orientierung ist ursprünglicher als die anatrope.
Viel sclwieriger ist die Diskussion über die
Gesamtmorphologie der Koniferenblüte.
Stellen wir zur Vereinfachung der Darstellung ein bestimmtes Beispiel, etwa den weiblichen Pinaceenzapfen (vgl. Abb. 209, 9 und Ahies Abb. 213), innbsp;den Mittelpunkt unserer Betrac.htung! Die üblicherweise gestellte Grundfragenbsp;lautet hier: 1st dieser weibliche Pinaceenzapfen
ein Blütciistand oder eine Blüte?^)
Oder, wenn wir imser Augenmerk auf den einzelnen Schuppenkoniplex lenken; 1st solch ein Pinaceen-Schuppenkoniplex selbst wieder eine reduzierte Blütenbsp;(also ein sporangientragender SproB) oder ein kompliziertes Sporophyllnbsp;(also ein ,,KarpeÜ“ mit Sporangien)?
Die Blütenstandstheorie, der meine oben ausgeführte Auffassung wohl naher steht, faBt also den Pinaceenzapfen als reduziert auf.
Die Blütentheorie betrachtet ihn umgekehrt als kompliziert, d. h. vei'-mehrt durch die wahrend der Phylogenie hinzugekonimene Wucherung der Fruchtschuppe.
Drei Einzelprozesse der phylogenetischen Wandlung liegen als phylogene-tische Kerne in diesen Deutungen des Schuppenkomplexes als ,,Blüte“ oder ,,Sporophyn“. Blüten als SproBorgane (,,Kaulome“) und Sporophylle alsnbsp;Blattorgane (,,Phyllome“) unterscheiden sich ja vor allem in drei Eigenschaften:
1. nbsp;nbsp;nbsp;iin Verzweigungsgrad.
Der SproB ist im allgemeinen reicher verzweigt als das Blatt, das ja bei den Koniferen sogar in der Regel ein völlig unverzweigtes Telom ist. Wennnbsp;beispielsweise ein Schuppenkoniplex ein reduzierter SproB ist, müBte im Laufenbsp;der Phylogenie der Verzweigungsgrad vermindert worden sein.
2. nbsp;nbsp;nbsp;im Symmetriecharakter.
Der SproB ist ini allgemeinen radiar gebaut, vor allem seine Stele ist radiar; wahrend das heutige Korinophytenblatt dorsiventral ist und auch innbsp;seiner Anatomie eine dorsiventral ausgebildete Stele besitzt.
1) Bei der Ahnlichkeit des vorliegenden Problems mit analogen Beispielen, z. B. mit dem Problem der Ginkgophytenblüto (S. 21), Cordaitenblüte (S. 286) und Benettitales-B]ütcnbsp;(S. 269), sei auf diese ausdrücklich verwiesen.
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Coniferae, Phylogenio der Makrosporangienstiinde.
3. in der morphologisclien Topograpliie.
Die Phanerogamensprosse zweigen von anderen Sprossen im allgenieincn in einer Blattachsel ab, bei echten Blattern ist eine solche Stellung lieute nn-bekannt. Suclien wir die Anzeichen fnr etwaige Wandlungen in diesen dreinbsp;Einzelprozessen zu erkennen!
1. Erörterung der Wandlungen im Verzweigungsgrad.
Die starkste Stütze für die Annahme, dab der Schuppenkomplex der Pinaceen im Verzweigungsgrad reduziert ist, liefern die palaozoischen Voltzialesnbsp;(Abb. 211). Bei dieser altesten bekannten Konifere war die Fruchtschuppenbsp;noch erheblich reicher gegliedert als bei den heutigen Formen. Auch beinbsp;den übrigen Gymnospermen, z. B. bei den Ginkgophyten (S. 278), haben wirnbsp;ja Anzeichen dafür gefunden, dab die Makrosporangienstande der Kornio-phyten im Yerlaufe der Phylogenie ihren Verzweigungsgrad herabsetzten, alsnbsp;die Makrosporangien gröber und besser geborgen wurden.
Schwierigkeiten ergeben sich daraus, dab bei anderen einigermaben bekannten ausgestorbenen Koniferengattungen, z. B. bei Gomphostrobus, Pallysia u. a. vielleicht ein solch koraplizierter Aufbau des Schuppenkomplexes nichtnbsp;verhanden war. Aber diese Funde sind noch zu unsicher, um gegen die Fest-stellung der kompliziert gebauten Folfem/es-Fruchtschuppe ins Feld geführtnbsp;zu werden.
2. Erörterung der Wandlungen im Symmetriecharakter.
Alle Kormophytenorgane:,,Kaulonie“ und,,Phyllome“waren nach unseren obigen Ausführungen einmal radiar gebaut. Die dorsiventrale Organisationnbsp;des heutigen Schuppenkomplexes ist also sicher einmal in der Phylogenie er-worben worden. Nicht darum geht aber die Diskussion. Unsere Frage hatnbsp;nur den Sinn, ob die Dorsiventralitat erst relativ spat erworben wurde,nbsp;ob die Ahnen der Koniferen als Gymnospermen einmal ein Stadium durch-laufen haben. wie es die mesozoischen Baiera-Artm oder die G'mfc^o-Abnormi-taten (Abb. 195) zeigen, ein Stadium, bei dem die eigentlichen Laubblatternbsp;durchaus dorsiventral waren, bei dem jedoch die Sporangienstande (auch innbsp;ihren Auszweigungen) noch einen radiaren Charakter beibehalten hatten?
Anzeichen ei nes radiarcii Char akte rs eines Schuppenkomplexes.
Diese Ansicht, dab der Schuppenkomplex bei den Pinaceen und überhaupt bei den Koniferen seinen radiaren Charakter relativ lang und zahnbsp;festgehalten hat, scheint mir recht wohl begründet. Dafür sprechen vor allennbsp;zwei verschiedene Grimde, die Anatomie und die Vergrünungen.
a) Die Anatomie des Schuppenkomplexes. Die Stele eines Schuppenkomplexes — als ein Ganzes betrachtet — ist in dessen basalem, ge-meinsamen Teil noch fast regelmabig eine ausgesprochene Siphonostele bisnbsp;Eustele, sie ist also radiar (Abb. 209 und 210). Wir greifen damit schon übernbsp;die Betrachtung der Pinaceen hinaus. Bei allen oder fast allen Koniferen be-sitzt namlich der Schuppenkomplex (also Deckschuppe Sporangien -f- zu-gehörigen Hilfsorganen wie Fruchtschuppe, Epimatium, Ligula usw.) an seinernbsp;einheitlichen Basis auch eine ziemlich radiare Stele oder, wenn man lieber will,nbsp;einen Kreis kollateraler Leitbündel, wie das Abb. 210 für einige Formen wohlnbsp;zur Genüge erlautert.
Dies Faktum der radiaren Stele sei zunachst einmal als Ganzes festgehalten, bevor wir die Einzelheiten besprechen, welche bei den morphologisch-anato-mischen Diskussionen meist in den Vordergrund gedrangt werden. Demi diese
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5. Abt.: Pteropsida.
radiare Stele scheint mir ein ebenso altertümliches Merkmal zu sein wie die mesarchen Leitbttndel in den Blattstielen altertümlicher Pteropsiden, dernbsp;Fteridospermen, Cycadophyten usw. GewiB, vielleicht haben ernalirungs-physiologisclie Ursaclien (über die wir übrigens niclits Sicheres aussagen können)nbsp;auf die Erhaltung dieser radiaren Stele gerade beim Schuppenkomplex dernbsp;Koniferen liingewirkt. Aber dies ,,ernahrnngsphysiologisclie“ Argument, dasnbsp;liaufig unbereclitigterweise gegen phylogenetisch-anatomisclie Deutungen insnbsp;Feld geführt wird, besagt nichts gegen die Annahme einer Ursprünglichkeitnbsp;der radiaren Stele.
Nun zur Einzelstruktur! Die Stele eines Schuppenkomplexes ist in der Regel als Eustele in eiiiige Leitbündel aufgeteilt. Nur für Pinus Strobus wird von Cela-kovsky (1900) eine geschlossene Siphonostele angegeben. Sonst linden wirnbsp;regelmaBig Eustelen. Das unterste Leitbündel dieser Eustele versorgt natur-gemaB die Decksohuppe; die oberhalb gelegenen Stelenteile, ineist zwei Leitbündel, versorgen die Fruchtschuppen, Sporangien usw. Die Folge der ungefahrnbsp;kreisförmigen Anordnung ist, daB diese Leitbündel der Fruchtschuppen in bezugnbsp;auf das Leitbündel der Deckschuppe „invers“ orientiert sind, d. h. daB sie ihrenbsp;Holzteile einander zukehren, ihre Siebteile aber voneinander abkehren (Abb. 209nbsp;und 210 3—5). Auch dieses Merkmal ist nicht auf die Pinaceen beschrankt,nbsp;sondern tritt fast bei allen Koniferen auf. Die ,,Ligula“ der Araucariaceen undnbsp;die Deckschuppenwülste der ïaxodiaceen z. B. führen, wie schon van Tieghemnbsp;(1869) bemerkt hatte, ebensolche ,,inverse“ Leitbündel.
Wir erwahnten soeben, daB die Stele in der Regel aus 3 Leitbündeln, eiiiem basal liegenden und 2 darüber liegenden besteht (Abb. 210). Diese Lagerungnbsp;hangt auch (abgesehen vom radiaren Stelenbau) zusammen mit der Art und Weise,nbsp;wie die Schuppenkomplexstele sich von der Stele der Zapfenhauptachse ablöstnbsp;(Abb. 210 A 1 und 2). Wie immer bei den Pteropsiden, hinterlaBt die Stele einesnbsp;Blattes oder eines Sprosses bei der Ablösung von der Hauptachsenstele eine Blatt-lücke in dieser. Das zum Deckblatt führende Leitbündel nimmt nun an der Basisnbsp;dieser Blattlücke seinen Ursprung, die anderen Stelenteile kommen dagegennbsp;von den Seitenwanden dieser Blattlücke, sie sind daher von Anfang an gedoppelt.nbsp;Doch gibt es in dieser Beziehung auch Ausnahmen sogar an ein und demselbennbsp;Zapfen (A a s e). Überhaupt ist die Art und Weise, wie stark die Stele in Leitbündelnbsp;unterteilt ist, variabel. Es ist bemerkenswert, daB auch die vegetativen Sprossenbsp;samt Deckblatt ihre Stele in der gleichen Weise von der Hauptachsenstelenbsp;loslösen.
Ferner wechseln bei den einzelnen Koniferen die Teile des Schuppenkomplexes, in welche die einzelnen Leitbündel auslaufen. Bei Phyïlocladus und bei anderen Podocarpaceen z. B. streichen die ,,inversen“ Leitbündel (Abb. 209)nbsp;gegen die Sporangienbasis, das ,,Epimatium“ dagegen bleibt ohne Leitbündel.nbsp;Beispielsweise bei den Araucariaceen und Pinaceen jedoch laufen die ,,inversen“nbsp;Leitbündel gewissermaBen an den Sporangien vorbei bis an die Ligulabasis hinnbsp;bzw. in die Fruchtschuppe hinein. Auch hier kann die Unterteilung in Leitbündelnbsp;imd das Auslaufen selbst bei ein und derselben Art etwas variieren. Diese Ver-anderlichkeit in Einzelheiten zeigt, daB solches anatomisches Detail schwernbsp;für weittragende phylogenetische Schlüsse zu brauchen ist. Die ablehnende Hal-tung Goebels (1923, S. 1322) und Pilgers (1926, S. 133) gegenüber einernbsp;Verwertung der Anatomie für phylogenetische Ableitungen trifft daher meinesnbsp;Erachtens derartige Detailverwertungen ganz mit Recht.
Man muB aber einen ganz scharfen Unterschied machen zwischen anatomischen Einzelheiten, die von Pflanze zu Pflanze, ja innerhalb einer Art, veriinderlichnbsp;sein können und allgemeinen, immer wiederkehrenden anatomischen Charakte-ristika, wie dem radiaren Bau des Schuppenkomplexes. Tm ersten Falie bei dennbsp;variierenden Einzelheiten, zeigt sich die groBe Plastizitiit der Pflanze auch in
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Coniferae, Phylogenie der Makrosporangienstande.
anatomisclien Dingen aufs deutlichste. lm 2. Falie, bei den allgemein überein-stimmenden Merkmalen, kommt man aber schwer um die Annahme herum, da6 hier ein altertümliches Merkmal vorliegt. GewiB, die Stelenanatomie pa6t sichnbsp;der auBeren Morphologie an und ist von dieser abhangig. Aber sie hinkt gewisser-maBen der auBeren Umbildung nach. Und gerade hierin, in dieser verzögertennbsp;Umbildung, liegt der groBe Wert der anatomischen Untersuchungen. Sie könnennbsp;namlich — wie hier bei der radiaren Anatomie des Schuppenkomplexes — ur-sprüngliche Charaktere aufzeigen, welche in der auBeren Morphologie nichtnbsp;mehr sichtbar sind!
b) Die Vergrünungen. An Stelle eines Schuppenkomplexes sind schon wiederholt, z. B. von Stenzel (1876), Celakovsky (1890) und vielen anderen,nbsp;vegetative SpröBchen niit mehr oder weniger radiarer Struktur beobachtetnbsp;worden. Es sind das insofern zweifellose MiBbildungen, als sie fast regel-jnaBig an Baumen beobachtet sind, die irgendwie unter ungünstigen Lebens-bedingungen standen, z. B. von Stenzel an Dichten der Baumgrenze.
Was besagen diese MiBbildungen für unsere Frage? Fast alle Antworten, von einer radikalen Ablehnung bis zur warnisten Bejahung, sind schon gegebennbsp;worden (vgl. auch S. 388). M. E. liegt auch hier die Wahrheit in einer nüttlerennbsp;Linie. Wenn man aus diesen MiBbildungen den SchluB ziehen will, daB bei dennbsp;Koniferenahnen nornialerweise an Stelle eines Schuppenkomplexes einmal einnbsp;wohl entwickelter SproB stand oder auch nur ein gleiches Gebilde, wie es beinbsp;der MiBbildung sichtbar wird, so wird man eine solche SchluBfolgerungnbsp;der „Überteratologen“ mit Fug und Recht ablehnen müssen. Aber diese MiBbildungen sagen etwas anderes aus. Sie künden uns von Pot enz en, welchenbsp;in den jungen Anlagen (hier in den Vegetationspunkten des Schuppenkomplexes)nbsp;schlummern und welche unter Umstanden sichtbar werden kennen, auch wennnbsp;sie im normalen Entwicklungsgang unterdrückt sind. Es ist dabei für die mor-phologische Auswertung ziemlich gleichgültig, ob diese schlummernden Anlagen durch ein willkürliches Experiment oder durch abweichende Natur-bedingungen herbeigeführt werden. Bemerkenswert ist in beiden Fallen dienbsp;Manifestation solcher Gestaltungspotenzen.
Das Problem liegt prinzipiell ahnlich wie bei den Sporangienstanden von Equisetum und deren Vergrünungen (vgl. oben S. 178 und Abb. 111). Dienbsp;Pinaceen-Vergrünungen, d. h. das abnorme Auftreten eines Laubsprosses annbsp;Stelle des Schuppenkomplexes, besagen, daB in der Anlage eines Schuppenkomplexes die Potenz schlummert zur radiaren Verzweigung und zur Ausbildungnbsp;steriler Telome an Stelle von Sporangien.
Unsere Ergebnisse über die Wandlung der Symmetriecharaktere können wir also folgendermaBen zusammenfassen: Die Stelenanatomie zeigt einenbsp;radiare Struktur, und die Vergrünungen verraten eine radiare Potenz desnbsp;Schuppenkomplexes. Im Zusammenhang mit den palaobotanischen Befunden^)nbsp;können wir demnach unseren SchluB wiederholen: Wahrscheinlich vmrde dernbsp;dorsiventrale Bau des Schuppenkomplexes erst relativ spat erworben, erst alsnbsp;sich die Schuppenkomplexe, bei der Ausbildung eines Zapfens, an der ge-stauchten Zapfenachse zusammendrangten.
3. Die Wandlungen der niorphologischen Topograpliie.
Hier wird für die SproBnatur namentlich ins Feld geführt, daB der Scliuppen-komplex die gleichen Lagebeziehungen aufweist wie ein vegetativer SproB
1) Auch die Fruchtschuppe, bzw. der Schupponkomplex von Voltsia (Abb. 211) macht last mehr den Eindruck eines flach gedrückten Blattbüschels als den eines streng in einernbsp;Ebene verzweigten Blattes.
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6. Abt.; Pteropsida.
samt seineiii l’ragblatt. Bereits in den frühesten Stadiën ist, z. B. bei Pinus (worauf Goebel z. B. 1923, S. 1515f. aufmerksam macht), diese typische Lage-rung von Deckschuppe und achselstandiger Fruchtschuppe sichtbar. Anch beinbsp;der altesten gut bekannten Konifere, bei VoUzia (Abb. 211), saB ja das sporangien-tragende Gebilde, die Fruchtschuppe, in der Achsel der Deckschuppen. Fernernbsp;wird es gerade bei der Ontogenie von Pinus deutlich, daB die Verschiebungnbsp;der Sporangien auf die Oberseite der Fruchtschuppe erst sekundar erfolgt.nbsp;Wenn wir hier alle Deutungen der Einzelheiten beiseite lassen, haben wir imnbsp;Grunde das gleiche Bild, wie z. B. bei TricJiopüys (Abb. 201): ein Tragblattnbsp;und in seiner Achsel einen Sporangienstand mit seitlich davon abstehendennbsp;Sporangien. DaB die Stelenanatomie anch das Bild einer axillaren Verzwei-gung widerspiegelt, haben wir oben (S. 300 und Abb. 210) schon dargelegt.
Auf weitere Einzelheiten, z. B. auf die Frage, wie und aus welchen Teilen des Urschuppenkomplexes nun das ,,Bpimatium“, die Fruchtschuppe, die Basisnbsp;der Sporangien usw. hervorgegangen sind, wollen wir uns nicht einlassen. Esnbsp;scheint mir namlich, daB wir für die Phylogenie dieser Einzelheiten — auchnbsp;wenn sie meist im Vordergrund der Diskussion über die morphologischen „Deutungenquot; stehen — zu wenig sichere Daten haben. Soweit ich sehe, vertritt auchnbsp;Lotsy (z. B. 1911, Bd. III, S. 219) diese Auffassung. Nur soviel sei hier betont:nbsp;Auch wenn der Schuppenkomplex bei den heutigen Koniferen im allgemeinennbsp;in der oben gekennzeichneten Weise reduziert ist, könnten doch an ihm einzelnenbsp;Neubildungen verhanden sein; es könnte z. B. die Auffassung Pilgers durchausnbsp;zutreffen, daB die „Epimatiumquot; genannten Bildungen solche neu entstandenennbsp;Wucherungen sind.
Zusammenfassung zu den Fragen:
„1st der Schuppenkomplex ein SproB oder ein Blatt?“
„1st der Zapfen ein Blütenstand oder eine Blüte ?“
Fassen wir unsere bisherigen Ergebnisse zur Makrosporangienstands-morphologie zusammen, so ergeben sich zweifellos sehr viele Ahnlichkeiten zwischen einem Schuppenkomplex und einem SproB: Der Vergleich der heutigennbsp;Koniferen-Makrosporangienstande mit den Sporangienstanden der altertüni-lichen Phanerogamen, aber auch mit denMikrosporangienstanden der Koniferennbsp;selbst, zwingt uns, auch für die Koniferen-Makrosporangienstande, zur Annahmenbsp;einer ehemals reicheren sproBahnlichen Verzweigung, die auch heutenbsp;noch in den Vergrünungen anomalerweise zutage treten kann. Von der ra-diaren SproBgestaltung ist normalerweise nur die einigermaBen radiarenbsp;Stelenanatomie erhalten, dagegen kann eine radiare auBere Morphologienbsp;wiederum in Form von Vergrünungen geweckt werden. Und schlieMch istnbsp;auch die Topographic, insbesondere die axillar e St ellung der Fruchtschuppenbsp;usw., bemerkenswert. Im Grunde stimmt daher meine Auffassung übereinnbsp;mit dem Kernpunkt der heute sicher am weitesten verbreiteten und z. B. vonnbsp;Goebel, Wettstein, Coulter und Chamberlain u. a. vertretenen Auffassung, daB die Koniferen-Makrosporangienstande ,,Blütenstande“ seien.
Ich möchte diese Bemerkung aber gleich selbst etwas einschranken. Es seien auch diejenigen Punkte hervorgehoben, in.denen die Koiiiferen-Schuppen-komplexe nicht mit ,,typischen“ Sprossen bzw. Blüten übereinstimmen. Wirnbsp;wollen vor allem nicht vergessen, daB auch Sprosse und Blatter schon deshalbnbsp;homolog sind, weil sie ja letzten Endes auf eine gemeinsame Urform zurückgehen.nbsp;Jedenfalls dürfen wir, wenn wir den Schuppenkomplex der Koniferen einen ab-gewandelten SproB nennen, bei der Ahnenform nicht gleich an einen hochdifferen-zierten SproB oder an eine Blüte vom Aufbau einer Angiospermenblüte denken;
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Coiliferae, Phylogenie der Makrosporangienstande.
sondern die Eigentümlichkeiten eines solchen fertilen' „Sprosses“ gegenüber einem ,,typischen“ Sporophyll bestanden wohl lediglich in den 3 erwiihnten Punk-ten; in der radiaren Symmetrie, in der starkeren Verzweigung des ganzen Telom-systems und in seiner Stellung in einer Blattacbsel.
Die axillare Verkettung ist nun aber beim Schuppenkomplex, wenn man ge-nauer znsieht, keineswegs regelmaBig und ganz ,,typiscb“ ausgebildet, sondern sie ist oft gewissermaBen ,,in statu nascendi“ erhalten. Die Deckschuppe kannnbsp;namlich an einem gemeinsamen Stiel des ganzen Schuppenkomplexes hinauf-geschoben erscbeinen, wie bei Saxegothaea (Abb. 215) und bei Araucaria (Abb.nbsp;20910), Oder nach der üblichen Ausdrucksweise; das Sporangium ist hier (evtl.nbsp;samt Ligula) der Deckschuppe angewach-sen. Sollte hier nicht vielleicht ein rechtnbsp;ursprünglicher Zustand erhalten sein, daSnbsp;tatsachlich der gemeinsame (etwas ab-geflachte) Stiel des Schuppenkomplexesnbsp;erhalten ist, und daB das unterste Blattnbsp;noch nicht in seine ,,typischequot; Stellungnbsp;an die Hauptachse als Tragblatt, alsnbsp;Deckschuppe, „herabgerutscht“ ist ?
DaB wir bei unserem Vergleioh und der Ableitung des Schuppenkomplexesnbsp;nicht einen ganz typischen SproB sondernnbsp;eher einen der altertümlichen, noch nichtnbsp;einseitig ausdifferenzierten Sporangien-stande im Auge haben dürfen, zeigt auchnbsp;der Vergleich mit dem mannlichennbsp;Sporangienstand. Die mannlichennbsp;Sporangienstande bestehen je aus einernbsp;Hauptachse und aus dorsiventralen Seiten-organen, also echten Sporophyllen (Abb.
Unten Mikrosporophylle; in der Mitte (bei x) zwittrige Schuppenkomplexe = Mikrosporophylle mitnbsp;rudimentiirer Fruchtsclmppe;nbsp;oben 5 Schuppenkomplexe, zum Teil mitnbsp;Embryosacken in den Samenanlagennbsp;der Fruchtsclmppen.
(Aus Goebel 1923, Fig. 1413.)
219). Auch ein solcher Sporangienstand hat sich zweifellos aus einem der ^ Grund-form ahnlichen Gebilde entwickelt. Einnbsp;(J Sporophyll entspricht also trotz seinernbsp;meist ausgesprochenen Dorsiventralitatnbsp;und trotz des Fehlens eines Tragblattes,nbsp;aus dessen Achsel es kommt, einemnbsp;Schuppenkomplex. Es braucht dahernbsp;nicht allzusehr zu erstaunen, daB beinbsp;interessanten MiBbildungen^ wie bei dennbsp;von Velenovsky, Goebel, Rennernbsp;u. a. beobachteten zwittrigen Sporangien-standen (Abb. 218), die mannlichennbsp;Sporophylle und die Schuppenkomplexe sich gegenseitig ersetzen, so daB einnbsp;solches zwittriges Anhangsorgan auf der Unterseite Mikrosporangien und annbsp;seiner Elanke (allerdings reduzierte) Makrosporangien tragen kann. Nur wernbsp;überzeugt ist, daB Blatt- und SproBorgane völlig gesonderte Bildungen sind,nbsp;dem wird eine solche MiBbildung erstaunlich sein. Wer aber — wie das meinesnbsp;Erachtens die Phylogenie unzweideutig lehrt — annimmt, daB beide Organe vomnbsp;selben Ursprung her abzuleiten sind, der wird im Schuppenkomplex eine Über-gangsbildung zu Sporophyllen — wenn auch mit starker Betonung des SproB-charakters — sehen.
Mit ein paar Worten sei aber noch ausdrücklich auf einige Gegenargu-mente gegen die „Blütenstandstheoriequot; eingegangen, soweit sie namlich Bezug
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5. Abt.: Pteropsida.
haben auf unsere Auffassmig, der Schuppenkomplex sei ein reduzierter SproB. Eiii groBer Teil solcher Einwande richtet sich iiamlich gegen Binzelheiten, welchenbsp;keineswegs einen integrierendeii Bestandteil einer „Blütenstandstheorie“ darstellen; sie richten sich beispielsweise gegen die SchluBfolgerung, daB die Frucht-schuppe nun unbedingt die abgewandelte SproBachse sein müsse, weil in sienbsp;gerade die „inversen“ Leitbündel auslaiifen.
Ich hoffe, im vorangehenden die Sonderung des einigermaBen gesicherten Kerns der Blütenstandstheorie von den mehr hypothetischen Zutaten aus-reichend genug durchgeführt zn haben. Wie mir scheint, treffen derartige Gegen-argumente die hier vorgetragene modifizierte „Blütenstandstheorie“ nicht. DaBnbsp;man z. B. auch nicht schlieBen darf: „die Araucarien haben eine primitive Holz-strnktur, also mnB anch ihr Makrosporangienstand primitiv sein“, daB vielmehrnbsp;beide Merkmale sich ohne starre Korrelation entwickelt haben können, habe ichnbsp;schon oft betont. Ein groBer Teil der weiteren Gegenargumente laBt sich abernbsp;auf diese unhaltbare Formel bringen!
Der schwerste Angriff, der gegen die Blütenstandstheorie gemacht werden kann, ist wohl der, daB sie keine bestimmte Ahnenform für die Koniferen namhaftnbsp;machen kann. Wenn ich wiederholt auf Trichofitys zurückgegriffen habe, so istnbsp;dies ein Verlegenheitsgriff. Es ist zwar möglich, daB Trichofitys, bzw. unbekanntenbsp;Verwandte mit noch etwas starker verzweigten Sporangienstanden, die Ausgangsnbsp;form sowohl für die Ginkgophyten wie für die Koniferen darstellen. Wenn dasnbsp;zutrafe, waren diese Pflanzen natürlich doppelt interessant. Aber wir kennennbsp;Trichofitys, namentlich in seinem inneren Aufbau, noch viel zu wenig, um einenbsp;solche Behauptung zu rechtfertigen, um also z. B. auch in den vegetativen Organennbsp;und in den Mikrosporangienstanden die Koniferen von ihm ableiten zu können.nbsp;So bleibt unsere Vorstellung eines Urzustandes der Makrosporangienstande,nbsp;namentlich hinsichtlich der Einzelheiten, eine Gedankenkonstruktion; es bleibtnbsp;die gesamte Ableitung der Makrosporangienstande der Koniferen auch in dernbsp;vorgetragenen Form eine viel unsicherere Lösung als viele andere phylogenetischennbsp;Annahmen. Das sei ausdrücklich betont. Denn nichts hat der Phylogenetik mehrnbsp;geschadet, als die allzu enge Verkoppelung von Wahrheit und Dichtung. Hier,nbsp;in der Auffindung der Koniferenahnen, liegt eines der bedeutsamsten Probleme,nbsp;die der Palaobotanik noch offen stehen.
Dies mag der Platz sein, um Stellung zu nehmen zu einigen Anschauungen, welche gut bekannte palaozoische Formenkreise als Ahnen der Koniferen be-zeichnen. Es handelt sich insbesondere um die etwaige Verwandtschaft mit dennbsp;Cordaitales (S. 283) und den Lefidosfcrmen (S. 152). Zu den Cordaitales möchtenbsp;ich von vornherein bemerken, daB ich eine ziemlich nahe Verwandtschaft mitnbsp;den Koniferen für durchaus wahrscheinlich halte, wie das auch der Stamm-baum (Abb. 157) zum Ausdruck bringt. Nur gerade hinsichtlich der Makrosporangienstande halte ich wenigstens die heute bekannten Cordaiten schonnbsp;für einseitig abgeleitet, weil bei ihnen — nach denüntersuchungen von Schoutennbsp;die Seitenorgane der Makrosporangienstande auf ein einziges Sporangium re-duziert sind. Ja, wenn die altere Auffassung zutrafe, daB auch hier axillar ver-zweigte Deckschuppenkomplexe vorlagen, waren die Cordaiten als Ausgangs-gruppe der Koniferen sehr wohl denkbar.
Die Lefidosfcrmen werden natürlich für diejenigen Forscher als Koniferenahnen in Frage kommen, welche den Schuppenkomplex als ein einziges Sporophyll mit achselstandigen, bzw. auf der Oberseite angehefteten Sporangiennbsp;ansehen (vgl. z. B. Seward 1906). Auch die Nadelform der Blatter, welche innbsp;beiden Gruppen vielfach so iihnlich ist, besticht zweifellos zugunsten dieser An-schauung (vgl. auch S. 306). Man darf aber doch auch nicht übersehen, daBnbsp;manche Merkmale derzeit kaum überwindliche Schwierigkeiten machen, z. B.nbsp;die mannlichen Sporangienstande. Sie haben bei den Lepidophyten die gleiche
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Pliylogenie der Coniferae.
Grundforin wie die weibliclien, bei den Koniferen dagegen zeigen sie nicht iin mindesten eine solche axillare Verbindung von Blatt und Sporangium. Wennnbsp;wir die Gesamtheit der Sporangienstande in Betracht ziehen, fügen sich die Koniferen, wie wohl die Abb. 159 und 160 allein schon zur Genüge beweisen, viel bessernbsp;ins Pteropsidenschema als in das der Lycopsiden ein.
Die Auffassung, die Koniferen stünden den Lycopsiden niiher als den Ptero-psiden, schien neuerdings durch die serologischen Untersuchungen [Mez und Kirstein (1920), Guttmann (1924:) sowieMischke (1925) gestützt. Ichbinbishernbsp;absichtlich auf die serologischen Daten nicht eingegangen. Denn mehr und mehrnbsp;hat sich wohl allgemein die Überzeugung durch-gerungen, daB für die weitreichenden phylogenetischennbsp;Verbindungen. welche wir bisher besprochen haben,nbsp;die Serologie mindestens in ihrer heutigen Form ver-sagt. Dies scheinen mir auch gerade hier schon dienbsp;Königsberger Brgebnisse schlagend zu beweisen, wienbsp;u. a. bereits Wettstein ausführlich begründet hat.
Kirstein fand eine BiweiBverwandtschaft zwischen Abies und Selagineïla, dagegen keine entsprechendenbsp;BiweiBverwandtschaft zwischen Abies und Araucaria.
Die SchluBfolgerung daraus: Selagineïla ist mit Abies naher verwandt als Abies mit Aramaria, widersprichtnbsp;allen phylogenetischen Daten — auch den palao-botanischen — derart, daB ihre Unglaubhaftigkeitnbsp;zwar bei einer willkürlichen Gliederung des Stamm-baums in Haupt- und Nebenachsen etwas wenigernbsp;hervortritt, aber doch nicht widerlegt ist. Dienbsp;einzige SchluBfolgerung aus solchen Daten istnbsp;meines Krachtens die, daB eben die Serologie zurnbsp;Klarung solcher weitreichender Verbindungen nichtnbsp;verwertbar ist.
Abb. 219. Koniferen-Mikrosporophylle.
A Juniperus oxycedrus L. B Araucaria hrasiliananbsp;Kich.
C Ahies atba MUI. jeweUs von der Seite undnbsp;von vom gesehen.nbsp;(Aus Luerssen, 1882,nbsp;Fig. 7—9.)
Es muB also vorlaufig bei unserem Versuch blei-ben, die Makrosporangienstande der Koniferen von einem hypothetisch angenommenen Urtyp, etwa nach cnbsp;Art der Tn’cAopfiys-Sporangienstande abzuleiten, —nbsp;so unbefriedigend das Hypothesenhafte in dieser An-nahme zweifelles auch ist. Wem das ein Trost ist,nbsp;mag bedenken, daB auch die entgegengesetzten Ansichten mindestens ebenso hypothesenhaft sind.
Anatomie der Makrosporangien.
Meinen früheren Ausführungen (S. 91 und 234) liabe ich hier kaum etwas zuzuftigen. Interessantnbsp;sind vor allem die verschiedenartigen Ausbildungs-formén der Nucellusspitze: bald mit Resten einernbsp;Pollenkammer, ahnlich wie bei den spermatozoënbefruchteten Gymnospermen,nbsp;bald mit einer narbenahnlichen Verlangerung, wie bei Saxegothaea (Abb. 215).
Auch ihre Gestaltung fügt sich gut in das allgemeine Bild der mannlichen Organe bei den übrigen Gymnospermen ein. Ich verweise nochmals auf dienbsp;Tatsache, daB bei Taxus radiare, d. h. peltate Sporophylle vorkommen, undnbsp;daB ferner bei der Taxacee Torreya ihre Reduktion zu einem dorsiventralennbsp;Sporophyll deutlich ist (vgl. Coulter und Land, sowie Doyle). Ferner warenbsp;noch nachzutragen, daB bei den Araucarien die Zahl der auf der Sporophyll-
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Zimmermann , Die Phylogenie der Pflanzen.
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5. Abt.: Pteropsida.
unterseite angehefteten Sporangien recht groB ist (Abb. 219 B) — wohl ein ursprüngliches Merkmal —, wahrend ihre Zahl bei den Pinaceen und Podo-carpaceen auf zwei reduziert ist (Abb. 219 C). Auch diese verschiedenen Merk-male sind also anscheinend nnabhangig von den übrigen niodifiziert.
Als Spezialerscheinung unter den Gymnospermen linden wir bei einigen wenigen Koniferen ein „Endothecium“ in der Sporangienwand (Abb. 22^0).nbsp;Die Wandungszellen sind mit Spiralleisten versehen. Sie sind dadurch ahnlichnbsp;wie die Zeilen des „Transfusionsgewebes“ (s. unten S. 307) gestaltet, an dienbsp;sie anschliefien.
III. Vegetative Merkmale.
SproBachse. Die Koniferen sind typische Holzbaume, auch die strauch-artigen Vertreter wie Juni-perus, Dacrydium usw. sind dahin zu rechnen. Die Stele ist eine echte Eustele, d. h. die Blatter hinterlassen wie bei alien Pterop-siden Blattliicken, durch welche der Holzzylinder mit seinem ziemlich kleinennbsp;Mark in einige isolierte Leitbtindel zerlegt wird. Das Protoxylem liegt rein
endarch. Der weitaus gröBere Teil eines ausgewachsenen Stammes besteht aus Se-kundilrholz. Nur Tracheiden banen das ge-samte Holz auf. Bemerkenswerterweise sindnbsp;bei den alteren Koniferen die Tracheidennbsp;noch genau wie bei den Cordaiten und überhaupt bei den palaozoischen Gymnospermennbsp;mit mehreren Keihen von Hoftüpfeln versehen (Abb. 204). Dieser ,,araukarioide“nbsp;Typ ist uns heute noch im Wurzelholz dernbsp;meisten Koniferen und im Stammholznbsp;mancher Amucarien überliefert, daher dienbsp;Bezeichnung Araucarioxylon Kraus (= Da-doxylonEndl.)'^) für derart getüpfeltes Holz.nbsp;Bei den jüngeren Formen dagegen, etwanbsp;seit deni Jura, finden wdr meist nur einenbsp;einzige Reihe Hoftüpfel an den Tracheidennbsp;(„abietinoide“ Tiipfelung; Abb. 25). Wennnbsp;ausnahmsweise zwei Hoftüpfel nebeneinan-der auftreten, stehen sie auf gleicher Hohe.
Für manche phylogenetische Spekulationen (vgl. Jeffrey) spielt die Tat-sache, daB im Sekundarholz die Markstrahlen nur einreihig sind, eine groBe Bolle. Bemerkenswert ist auch die .Differenzierung der Markstrahlen von Pinus mitnbsp;tracheidalen und parenchymatischen Zeilen. Die stark zackigen Innenwande innbsp;den Markstrahltracheiden treten erst mit der Grenze Kreide/Tertiar auf.
Blatter. Von all unseren einheimischen Koniferen sind wir die Nadel-forni, d. h. das schmale, einnervige Blatt, gewohnt. Man darf aber nicht über-sehen, daB bei manchen Podocarpns-Arten (Abb. 212) und bei der Araucariacee Agathis auch breitere, mehrnervige Blatter vorkommen. Welcher Typ der ur-sprünglichere ist, das Nadelblatt oder das vielnervige, breitere Blatt, ist schwernbsp;zu entscheiden. Da bei den altertümlichen Gymnospermen, namentlich imnbsp;Palaozoikum, eine reichere Blattverzweigung vorherrscht, neige ich dazu, dasnbsp;Nadelblatt für reduziert zu halten. DaB gerade die iiltesten, sicher bekanntennbsp;Koniferen, wie z. B. Walchia und VoUzia aus dem Jungpalaozoikum, ein
1) Bei palaozoischen Formen ist die Zugehorigkeit zu den Cordaiten oder Koniferen Oder noch anderen Gymnospennenti^pen schwer zu entscheiden.
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Coniferae, Vegetative Organe.
Nadelblatt besitzen, ist kein Gegenbeweis; denn man rechnet eben (bei der schlechten Kenntnis über die Fortpflanzrmgsorgane palaozoiscber Pflanzen) nurnbsp;solche, die Nadelblatter haben, zu den Koniferen. Ferner habe ich bereits obennbsp;(S. 141) erwahnt, daB auch der anatomische Ban der Koniferennadeln dem-jenigen der Lepidophytenblatter ziemlich ahnlich ist (z. B. im Vorhandenseinnbsp;eines Transfusionsgewebes, in der Lagerung der Spaltöffnungen auf der Unter-seite usw.). Ich sehe hierin aber nur eine Konvergenzerscheinung. Interessantnbsp;ist die Umbildung der Kurztriebe bei manchen Pinus-Arten zu einem Doppel-blatt. Dementsprechend herrschen im alteren Tertiar bis zum Miocan dienbsp;inehr-als-zwei-nadeligen Pinus-Arten starker als heute vor.
Transfusionsgewebe.
Dies phylogenetisch viel diskutierte tracheidale Gewebe findet sich nicht nur in den Koniferen-Blattem, sondern auch in den Blattern der meistennbsp;übrigen Gymnospermen (S. 263), sowie der Lepidophyten (S. 141). Da es abernbsp;eine recht auffallige Erscheinung der Koniferen-blatter ist, wollen wir es hier besprechen.
Worsdell (1897) hat die Ansicht ausge-sprochen, es handle sich hier um metamorpho-siertes zentripetales Metaxylem. Bernard,
Jeffrey und Doyle haben sich ihm weitgehend angeschlossen. Andere Autoren, wie Carter undnbsp;Take da, haben dagegen sehr scharf wider-sprochen.
(Nach Bernard 1907, Abb. 6, aus Lntsy Abb. 9, 7).';
Das Transfusionsgewebe besteht aus kurzen Tracheiden mit Spiralleisten oder Hoftüpfeln annbsp;den Wanden. Es liegt tatsachlich in vielen Fallennbsp;an den Stellen, an denen nach unseren phylo-genetischen Kenntnissen zentripetales Metaxylemnbsp;ursprünglich verhanden war, heute aber ver-schwunden ist, d. h. sich in Parenchym bzw. innbsp;eben dies Transfusionsgewebe umgewandelt hat.
In den Cycadeenleitbündeln ist ja echtes zeiitri-petales Metaxylem verhanden. Das ,,Transfusionsgewebequot; setzt sich hier, vor allem an die Flanken der Leitbündel, seitlich an das echte zentripetale Metaxylem an. Bei manchen Koniferen, z. B. beinbsp;Araucaria imbricata Pav. (vgl. Bernard 1904, Abb. 88) oder bei der Zapfen-schuppe von Agathis borneensis (Abb. 221) sitzt es unverkennbar an der Stellenbsp;des ehemaligen zentripetalen Metaxylems. Wenn wir also keine groBen Ver-lagerungen der Gewebe in der Phylogenie annehmen — wozu keine Ver-anlassung ist — sondern nur deren Umwandlung, so ist tatsachlich diesesnbsp;Transfusionsgewebe metamorphosiertes Metaxylem. Es sind ahnliche Bil-dungen, wie wir sie beim „gemischtenquot; Mark der Lepidodendren beobachtetnbsp;haben (Abb. 64).
Dam it ist nun aber weder gesagt, daB alles ,,Transfusionsgewebequot; der-artiges metamorphosiertes Metaxylem ist, noch daB die Metaxylemtracheiden direkt zum Transfusionsgewebe wurden. Bei Pinus z. B. umzieht das Transfusionsgewebe das gesamte Leitbündel. Ein Teil besteht hier also sicher ausnbsp;umgewandelten Parenchymzellen. Auch in den übrigen Fallen könnte dasnbsp;zentripetale Metaxylem zunachst sich in Parenchymzellen gewandelt,nbsp;und dann erst wieder sekundar tracheidalen Charakter angenommen haben.nbsp;Doch wissen wir über diesen Detailverlauf der phylogenetischen Wandlungnbsp;nichts.
20*
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5. Abt.: Pteropsida.
Ausgehend von der phylogenetischen Betrachtung der einzelnen Merk-male wollen wir nun versnellen, uns ein Bild über die Zusammenliange der Familien zu niachen. Einzelne der oben (S. 225) aufgeführten Familien zeigennbsp;wolil etwas engere Zusammenhange untereinander, wie z. B. die Taxodiaceen undnbsp;Cupressaceen; die Unterscheidungsnierkmale, wie der mehr oder minder starkenbsp;Fruchtschuppenwulst, sind wohl erst relativ spat erworben. Audi die Taxaceen,nbsp;Podocarpaceen und Cephalotaxaceen stehen sich wohl naher als den übrigennbsp;Familien. Die Gliederung der Koniferen bei R. Wettstein in drei Haupt-untergruppen: Taxaceen (= Taxaceen i. e. S., Podocarpaceen und Ceplialo-taxaceen), Abietaceen (= Araucariaceen Pinaceen) und Cupressaceennbsp;(= Cupressaceen i. e. S. Taxodiaceen) scheint mir also, abgesehen von einernbsp;vielleicht allzu engen Vereinigung der Pinaceen und Araucariaceen, die natür-liche Verwandtschaft ganz gut wiederzugegeben.
Aber — wie u. a. auch R. Wettstein betont — die einzelnen Familien .stehen doch etwas isoliert da (vgl. oben S. 297). Die Merkmalskombination istnbsp;namlich derartig wechselnd, dafi wir beispielsweise nnmöglich eine der Familiennbsp;von der anderen ableiten können, wenn auch manche Familien, wie die Pinaceen,nbsp;insbesondere Pinus, durch eine Haufung hoohdifferenzierter Merkmale ausgezeioh-net sind^). Verzichten wir darauf, den Tatsachen Zwang anzutun, und linden wirnbsp;uns damit ab, daB die Merkmale sich eben in den verschiedenen Familien ge-sondert und selbstandig entwickelt haben, daB sich demnach die Koniferen ehernbsp;auf eine gemeinsame Urform als aufeinander zurückführen lassen! Dann scheintnbsp;mir der Weg gegeben, um auch bei so umstrittenen Fragen, wie den Makro-sporangienstanden, einer Lösung — die, wie ich glaube, auf einer mittleren Linienbsp;liegt — naher zu kommen.
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Die Gnetales sind — von unsicheren Oder ftir die Phylogenie unwesentlichen fossilen Resten abgesehen — lediglich durch heutige Formen bekannt. Abernbsp;die drei heute lebenden Gattungen: Ephedra L., Welwitschia Hook, undnbsp;Gnetum L., sind derart verschieden, dab wir sie sicher als Überreste einer sehrnbsp;alten Gruppe ansprechen dürfen.
Schon der auBere Habitus zeigt groBe Verschiedenheit. Ephedra stellt ini allgemeinen Rutenstraucher mit dekussierten Schuppenblattern aus trocken-warmen Gebieten dar. Welwitschia aus der wiistenahnlichen Küstenzone Süd-westafrikas (Namib in Deutscli-Südwestafrika und Angola) ist eine Pflanzenbsp;mit völlig isoliertem Wuchs: ein kurzer rübenförmiger Stamm tragt (abgesehennbsp;von den 2 Keimblattern) 2 mehrere Meter lang werdende Blatter, die dem Sand-boden auflagern, an den Enden zerfetzt und zerstört werden, am Grunde abernbsp;wieder nachwachsen. Die Gnetum-Arten endlich sind vorwiegend Lianen (mitnbsp;Ausnahme von baum- bzw. stratichformigen Vertretern aus dem Formenkreisnbsp;von Gnetum Gnemon). Sie besitzen derbe netzadrige dikotylenartige Laub-blatter; ihr Wolinort ist der tropische Regenwald.
Die Gnetales sind ferner deshalb für die Phylogenie so interessant, weil sie gyinnosperme mit angiospermen Merkmalen vereinigen. Ja, daneben tauchennbsp;sogar noch viel primitivere, an Pteridophyten anklingende Züge auf. Wirnbsp;greifen aus diesen vermittelnden Merkmalen diejenigen heraus, die sich aufnbsp;die Anatomie des Stammes (insbesondere des Holzes) und auf die Bliitenver-haltnisse beziehen.
1. Stammanatomie.
Das Holz besitzt auf den ersten Eindruck durchaus Gymnospermen-charakter. Namentlich auf dem Langsschnitt bemerken wir zunachst schein-bar nur Tracheiden, deren Hoftüpfel oft in dichtgedrangter ,,araukarioider“ An-ordnung stehen (Abb. 222). Aber bei genauerer Betrachtung entpuppen sich die ,,Tracheidenquot; als GefaBe! — d. h. die „Tracheidenquot; bezw. GefaBe des Se-kundarliolzes kommunizieren an ihren zugespitzten Enden vielfach miteinander,nbsp;indent (ahnlich wie bei manchen heutigen Pteridophyten) die Wande an dennbsp;'ITipfeln völlig durchbrochen sind (Abb. 222 B) oder die Tüpfel sogar zu einernbsp;groBen Öffnung verschmelzen. Kurz, wir können bei den Gnetales verfolgen,nbsp;wie aus den Tracheiden GefaBe entstehen. Daneben sind aucli Holzfasern zu be-obachten. Das Holz zeigt also in seinen Einzelelementen eine gesteigerte Ar-beitsteilung gegenuber den übrigen Gymnospermen.
Die Anordnung der Stelenelemente bei Ephedra bietet das Bild einer typischen Eustele mit relativ geringem Sekundarholz. Überhaupt ist die Ge-
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Gnetales.
saintanordnung der Stelenelemente bei Ephedra und Gnetum insofern „modernquot;, als mesarche Strukturen und zentripetales Holz im allgemeinen fehlen. Dochnbsp;genau wie bei manchen Cycadales finden wir bei den Onetum-Arten und beinbsp;Welwitschia keine kontinuierlichenbsp;Holzbildung, sondern mehrere kon-zentrische Holzzylinder, die von selb-standigen und kurzlebigen Kambium-zylindern erzeugt werden.
Am eigentümlichsten (auch in der Anatomie) ist Welwitschia. In deninbsp;kurzen Stamm ist hier die Stelenbsp;vollstandig aufgelöst in ein Gewirrnbsp;einzelner Leitbündel. Beim Keimlingnbsp;labt sich deutlich beobachten, dabnbsp;die zu den Blattern führenden Strangenbsp;ausgesprochene Protostelen oder —nbsp;wenn man will — mesarche Leitbündel sind. Auch sonst finden sichnbsp;in der Blütenregion anderer Gnetales,nbsp;ahnlich wie bei den Cycadales, ge-legentlich ,,inversquot; orientierte Stelen-teile, d. h. Leitbündel mit Siebteilnbsp;gegen die Stammitte und Holzteilnbsp;nach auBen. Lignier hat auch hier
den SchluB auf eine engere Verwandtschaft mit den Medullosen bzw. Cycadophyten gezogen. Wir werden nach Kenntnis der Fortpflanzungsorganenbsp;dazu Stellung nehmen.
2. All^emeine Morphologie der Fortpflanzungsorgane.
a) Geschlechtsverteilung.
Im Grunde sind die Blüten der Gnetales wie bei den meisten Gymnospermen getrenntgeschlechtlich verteilt. Die Mehrzahl der Gnetales hat auch typischenbsp;eingeschlechtliche Sporangienstande. Wir erwahnten aber oben schon die auf-fallige Tatsache, daB sich in verschiedenen Gnetales-Cmppm Andeutungennbsp;von Zwittrigkeit heransgebildet haben. Diese Zwittrigkeit tritt in zweinbsp;Formen auf:
Bei Ephedra fragilis var. campylopoda C. A. May beispielsweise und auch wohl bei einigen Gnetum-Arten {Gnetum Qnemon L. u. a.) finden wirnbsp;Zwitterblütenstande, die wegen ihrer Geschlossenheit ziemlich blüten-ahnlich sind (Abb. 229 A). Terminal (bzw. oben in eineni Quirl) sitzen hiernbsp;jeweils eine oder mehrere dichtgedrangte weibliche Blüten und darunter einenbsp;Anzahl mannlicher.
Welwitschia besitzt sogar morphologisch echte Zwitterblüten: in der Mitte jeweils ein Makrosporangium und einen Kreis von Mikrosporangienstandennbsp;(,,Staubblatter“, Abb. 223 C).
Aber die Zwittrigkeit ist bei Ephedra und bei Welwitschia nur vorgetauscht. Sowohl die ,,Zwitterblütenstandequot; von Ephedra wie die Zwitterblüte von Welwitschia sind physiologisch eingeschlechtlich, und zwar mannlich. Es wirdnbsp;namlich jeweils das weibliche Organ unfruchtbar. Die scheinbar weiblichennbsp;Organe dienen nur zum Anlocken der Insekten. Sie scheiden an ihrer Mikro-pyle Nektar aus. Die dadurch angelockten Insekten beladen sich mit Mikro-sporen und fliegen so zu den funktionierenden eingeschlechtlichen weiblichen
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5. Abt.; Pteropsida.
Blüten. Die übrigm Gnetales sind windblütig und damit, wie erwahnt, ein-geschlechtlich.
b) Bau der Einzelbltite.
Allgemein sind die Blüten in Zapfen oder ahnliche Blütenstande vereinigt. Und wieder treten uns dabei eine ganze Anzahl von Reduktionserscheinungennbsp;verschiedener Abstufung vor Augen. Bei Gnetum ist die Reduktion in beidennbsp;Geschleclitern ani weitesten gegangen, Hier sitzt in der Regel der Blütenadisenbsp;sowohl im weibliclien wie im mannlichen Geschlecht nur ein einziges Sporangiumnbsp;terminal auf (Abb. 223). Bei den anderen Gattungen ist nur der weiblichenbsp;Sporangienstand soweit reduziert; die weiblichen Blüten sind hier jeweils ein
Spröbchen, das meist mit einem ein-zigen atropen endstandigen Makro-sporangium abschliebt (Abb. 159 und 229 A). Ein ursprüngliches Verhaltennbsp;zeigen jedocli die mannlichen Blütennbsp;von Ephedra; recht oft finden wir hiernbsp;einen ziemlich verzweigten Mikrospor-angienstand (,,Antherophor“) mit zweinbsp;bis vielen Sporangien. Wir kennennbsp;einen solchen Sporangienstand innbsp;seiner Gesamtform noch leicht aufnbsp;den Urtyp der Kormophyten-Spor-angienstande zurückführen. Ab-weichend bei Ephedra ist jedoch, dabnbsp;die Sporangien zu meist paarigen,nbsp;bei Welwitschia zu dreiteiligen Syn-angien vereinigt sind.
An der Basis dieser eigentlichen Sporangienstande oder Blüten stehennbsp;nun eine Reihe von Schuppen undnbsp;Hüllen. Zunachst steht jeder Sporangienstand, bzw. jede „Blüte“ in dernbsp;Achsel eines Deckblattes, er stimmtnbsp;also in diesem wesentlichen Merkmalnbsp;mit den Sprossen und dem Prototypnbsp;der Blüten, einer Angiospermenbliitenbsp;überein. Dann folgen an der Sporan-gienstandsachse einige Schuppenpaarenbsp;und Hüllen (s. unten, Kleindruck).
Die Homologisierung der Gnetales-Blüte mit einer sproBartigen Bildung, d. h. mit einer echten Blüte (oder sogarnbsp;mit einem Blütenstand) ist kaum je an-gezweifelt worden. Allerdings sind die ,,Blüten“ infolge ihrer Stellung in der Achselnbsp;von Schuppen eines dichtgedrangten Zapfens in der Regel stark dorsiventral ab-geplattet. Auch die Stele hat dorsiventralen Bau. Schwierigkeiten macht dagegennbsp;die „Deutungquot; der weiteren, an der eigentlichen Blütenachse stekenden Schuppennbsp;und Hullen, namentlich im weiblichen Geschlecht. Wir finden hier von untennbsp;nach oben 2—3 dekussierte Schuppenpaare, darüber (auBerhalb des innerstennbsp;eigentlichen Integumentes) bei Ephedra und Welwitschia noch eine 2. und beinbsp;Gnetum sogar noch eine 3. Hülle.
Wiederum ist hier zunachst unverkennbar, daB die Schuppen sterile Telome sind, wie sie an der Basis sehr vieler Sporangienstande auch bei anderen Gymno-
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Gnetales, Fortpflanzung.
spermen auftreten. Für die 2—3 Integumeiit-iihnliclien Hullen sind aber schon die verschiedensten Meimingen ausgesprochen worden, die alle mindestens einennbsp;phylogenetischen Hintergrund baben; es soil sich um ein 2. bzw. 3. Integument,nbsp;ein reduziertes Perianth, um reduzierte Sporophylle, ,,Arillus“-artige Wuche-rungen usw. handeln.
Schalen wir den phylogenetischen Kern in diesen Meinungen heraus; Wie sah der Makrosporangienstand bei den Gnetales-aus ? Wie kamen ins-besondere die verschiedenartigen Hüllenbildungen der heutigen Gnetales-Tilütennbsp;zustande ? Wir beschriinken uns hier auf das Problem der Entstehung dernbsp;Schuppen und Hüllen am Sporangienstand (vgl. im übrigen oben S. 233, sowienbsp;Abb. 159, 160 und 223). In den Deutungen der Hüllen stecken wohl folgendenbsp;phylogenetische Ansichten:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Deutung der Hüllen als ,,Ari]lus“. Die Achse war ursprünglichnbsp;iiackt, mindestens an der Stelle, an der die betr. jetzt vorhandene Hülle erst se-kundar entstand.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Deutung der Hüllen als 2. bzw. 3. Integument, oder als „Pe-rianth“, oder als Sporophylle. Wenn man nicht das echte innerste Integument auch als eine ,,Arilliis“-artige Wucherung auffaBt, so steekt in all diesennbsp;anderen Annahmen als übereinstimmender Kern die Annahme, daB die Hüllennbsp;durch Verwachsung eines Quirls von Telomen oder komplizierteren Telomstandennbsp;entstanden seien. Wenn wir sie weiterhin spezifisch als ,,Integument“, als ,,Peri-anth“ oder als ,,Sporophyir‘ bezeichnen wollen, so heiBt das doch wohl, daB dienbsp;homologen Bildungen bertits bei den Ahnen eine mehr perianthahnliche, odernbsp;eine mehr sporophylliilinliche usw. Ausbildung als heute erfahren hatten. Esnbsp;setzt ferner die Annahme voraus, daB ihre Zahl bereits beschrankt war. Das istnbsp;zwar möglich, im einzelnen jedoch, wie mir scheint, kaum sicher zu belegen. Vielnbsp;wahrscheinlicher erscheint mir aber eine
3. nbsp;nbsp;nbsp;Annahme, daB wir auch hier wieder den (rweiaZes-Sporangienstand nichtnbsp;von hoch- sondern von wenig differenzierten Bildungen ableiten müssen,nbsp;daB die Ahnenform der Gnetales an Stelle der Hüllbildungen weniger spezifiziertenbsp;und nicht zahlenmaBig begrenzte Telome hatten. Telome, die namentlich bei dennbsp;iiltesten Formen noch (als Sporangien) fertil sein konnten, die dann aber spaternbsp;genau wie die ihnen homologen Schuppen an der Blüteiibasis und wie das innerstenbsp;Integument als sohützende Hüllen ausgebildet wurden. Die Hüllen sind alsonbsp;die Ueberreste eines ehemaligen reicher gegliederten Sporangienstands. Undnbsp;wenn im auBersten Integument bei Ephedra gelegentlich Makrosporangien ge-funden wurden, so ist dies m. E. eine Rückschlagsbildung, ein Zeichen, daBnbsp;auch andere Telome des Sporangienstands fertile Potenzen besitzen.
Aber auch hier wollen wir unbedingt den hypothesenhaften Charakter dieser und aller Annahmen über die ,,Deutungquot; der Hüllbildungen anerkennen, weilnbsp;wir eben die unmittelbare Ahnform der Gweiaies-Sporangienstande nicht sichernbsp;kennen.
c) AuBere Morphologie und Bau der Makrosporangien sowie der
Bestaubungsvorgang.
lm w^eiteren Aufbau zeigen die Makrosporangien noch deutlicli das Bild eines Gymnospermen-Makrosporangiums. Die Mikropyle des (innersten) Integuments ist jedoch griffelahnlich verlangert (Abb. 223 B). Sie scheidet einnbsp;Tröpfchen einer manchmal iiektarlialtigen Flüssigkeit aus, das genau wie dernbsp;Pollinationstropfen der übrigen Gyninospermen die Mikrosporen auffangt.nbsp;Und genau wie bei den übrigen Gymnospermen sinken die Mikrosporen durchnbsp;die Mikropylenröhre bis auf den Nucellusscheitel herab, um erst dort zunbsp;keimen. Ja, wie bei den ursprünglichsten Gymnospernien hat sich hier eine
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6. Abt.: Pteropsida.
deutliche Pollenkaiiiiner ausgebildet, die den Scheitel des Nucellus bis zur Makrospore freilegt, und in der die Mikrosporen erst zum Pollenschlauch aus-wachsen.
d) Keimung der Sporen.
Die Keimung der Mikro- und Makrosporen, d. h. die Prothalliumbildung, ist durch eine verschieden starke Reduktion ausgezeichnet. lm mannlichennbsp;Geschlecht werden auBer 1—2 verganglichen „Prothalliunizellenquot; ein Pollen-schlauchkern und 2 generative Kerne gebildet. Doch sind eigentlich bis heutenbsp;nur einige Efhedra-kxtm ausreichend untersucht (Land). Von Gnetum undnbsp;Welwüschia haben wir bisher nur kürzere, offenbar nicht ganz vollstandigenbsp;üntersuchungen (Stras burg er, Lotsy, Pearson). DaB diese Lücke für solch
eine interessante Gruppe wie die Gnetales höchst bedauerlich ist, braucht kaum betont zu werden.
Abb. 224. Makroprothallien der Gnetales.
(Jeweils das obere Ende sichtbar). a Jifhedra trifurca ïorr. — Noch typische Archegonien.
1) Welwüschia miraUlis Hook. — Zellwande, aber keine Archegonien mehr; oben die relativ groBen fertilen Zeilen.
c Gnetum gnemonoides Brongn. — Freie Kerne. Augenblick der Befruchtung gezeichnet, sp — die beiden mannlichen Gametenkerne (,,generativequot; Kerne).
(Nach Land 1904, Pearson und Karsten 1893.)
In der Makrosporenentwicklung zeigen die Gnetales[eme gleitende Reihe, die in der Richtung auf die Angiospernien zu deutet. Bei Ephedranbsp;selbst entwickehi die Makrosporen noch ein typisches Prothallium, d. h. einnbsp;zelliges Gebilde mit inehreren (3—5) Archegonien (Abb. 224 a). Bei Gnetumnbsp;dagegen, als Endglied der Reihe, finden wir in der reilen Makrospore keinnbsp;zelliges Gewebe mehr, sondern durch wiederholte Kernteilung entstehennbsp;256—512 freie Kerne, von denen die oberen als Eikerne fungieren, d. h. mitnbsp;den generative!! Kernen verschnielzen (Abb. 224 c). Auch bei Ephedra ist ge-legentlich das Versclnnelzen der beiden generativen Kerne mit dem ,,Eikern“nbsp;und seinem Schwesterkern, den! Bauchkanalkern, beobachtet worden; man
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Gnetales, Fortpflaiizung.
hat in dieseni Vorgang eine Andeutung an die „doppelte Befruchtung“ der Angiospermen gesehen. Welwitschia (Abb. 224b) dagegen vermittelt gewisser-maben zwischen den beiden Gattungen, indeni hier zwar zunachst wie beinbsp;Gnetum freie Kerne auftreten; noch vor der Befruchtung werden aber Zell-wande gebildet. Dabei entstehen ani oberen Makrosporenende meist zwei-kernige Zeilen, die wieder als Eizellen fungieren (nur einer der beiden Kernenbsp;verschmilzt jedoch!) und dem Pollenschlauch entgegenwachsen. Dies Ent-gegenwachsen ist eine Erscheinung, die gleichfalls von nianchen Angiospermen bekannt ist.
Kassen wir zusaninien: Primitiv, d. h. Gynmospernien-bzw. Pteridophyten-ahnlich sind die Gnetales in folgenden Merkmalen:
1. nbsp;nbsp;nbsp;in der Gymnospermie, d. h. im Keimen der Mikrosporen innerhalb dernbsp;Mikropyle, ja in einer Pollenkanimer;
2. nbsp;nbsp;nbsp;in der vorherrschenden Eingeschlechtigkeit der Blüten;
3. nbsp;nbsp;nbsp;in der ziemlich betrachtlichen Entwicklnng des weiblichen Prothalliumsnbsp;vor der Befruchtung;
4. nbsp;nbsp;nbsp;im (allgemein genommen) gymnospermenahnlichen Aufbau des Holzesnbsp;(Bau der Hoftüpfel und tracheidenahnlicher Gesamtcharakter dernbsp;wasserleitenden Elemente).
Abgeleitet, d. h. angiospermenahnlich sind die Gnetales dagegen:
1. nbsp;nbsp;nbsp;in der gelegentlichen Andeutung von Zwittrigkeit, Hand in Hand mitnbsp;Insektenbestaubung;
2. nbsp;nbsp;nbsp;in der griffelahnlichen Verlangerung des Integuments zuni Auffangennbsp;der Mikrosporen;
3. nbsp;nbsp;nbsp;in der schrittweisen Beduktion der Prothallien innerhalb der ganzennbsp;Gruppe;
4. nbsp;nbsp;nbsp;in der Durchbrechung der Querwande bei den Tracheiden, d. h. dernbsp;Ausbildung von GefaBen;
5. nbsp;nbsp;nbsp;ferner sei als auffallig fortgeschrittenes Merkmal die gegenstandige,nbsp;,,dekussierte“ Blattstellung erwahnt, die unter den Gymnospermennbsp;sonst nur bei den Cupressaceen und manchmal bei der Araucariaceenbsp;Agathis beobachtet ist.
Es ist aber bemerkenswert, dab fast alle diese Anklange an den Angio-spermencharakter — vielleicht abgesehen von der Prothalliem'eduktion und der dekussierten Blattstellung — ausgesprochene Analogieerscheinungen darstellen. Namentlich die griffelahnliche Ausbildung des Integuments zeigt, wienbsp;die Pflanze hier denselben ,,Zweck“ auf einem ganz anderen Weg erreicht. Wirnbsp;können demnach die Gnetales nicht als eine direkte Zwischenstufe zwischennbsp;den Gymnospermen und Angiospermen betrachten, sondern als besondersnbsp;eigenartig differenzierte Gymnospermen.
In dieser Beziehung erinnern die Gnetales an die Benettitales. Tatsachlich hat man auch schon die Gnetales als Nachkömmlinge der Benettitales aufgefaBt.nbsp;Wieder ist an eine direkte Nachkommenschaft von den heute bekannten Benettitales kaum zu denken. Die eigenartige Ausbildung der Benettitales-MaXixo-sporangienstande vermittelt in keiner Weise zu den Gnetales. Dagegen ist esnbsp;durchaus denkbar, daB die Gnetales aus dem weiteren Forraenkreis der Benettitales-Almen herkommen, einem Formenkreis, dem vielleicht auch die Angio-spermen-Ahnen entstammen, Eine engere phylogenetische Beziehung zu dennbsp;Medullosen, die allein in einigen anatomischen Eigenthmlichkeiten eine Sthtzenbsp;fande (vgl. oben S. 254 und 261), scheint mir allzu schwach begründet.
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5. Abt.: Pteropsida.
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Worsdell, W. C., The Vascular Structure of the ,,Flowersquot; of the Gnetaceae. Ann. of Bot., 1901, Vol. 15, p. 766.
J)ie Pliylogenetik der Angiospernien befindet sich in einer ahnliclien Lage wie die der Koniferen und der Gnetales. Unmittelbare Ahnen der heutigennbsp;Angiospernien kennen wir nicht. Was man bisher an fossilen Angiospermen-resten gefunden hat, reiht sich entweder völlig den heutigen Familien, nieistnbsp;sogar den heutigen Gattungen, ein, oder es sind wie die Caytoniales (S. 272)nbsp;Konvergenzgruppen zu den Angiospernien. Sichere Angiospermen sind erstnbsp;seit dem Gault (U.-Kreide) nachweisbar. Unsere phylogenetische Betrachtungnbsp;mull sich daher wieder weitgehend auf die heutigen Angiospermen und aufnbsp;den Vergleich mit den allgemeinen phylogenetischen Daten der iibrigen Kormo-phytengruppen stiitzen.
Dieser unbedingt anzuerkennende MiBstand unserer Unkenntnis liber die unniittelbaren Angiospermenahnen macht sich schon geltend bei den meistnbsp;erörterten Ausgangsproblemen der Angiospermenphylogenie, bei der Fragenbsp;nach der
Entstehung der Zwitterbliite und dem ,,Pflm6(Zes“-Prob]eni.
Das ganze Problem ist so kompliziert, dab wir zunachst versnellen wollen, es durch eine technische Vereinfachung übersichtlicher zu gestalten. Es kannnbsp;dies 111. E. ohne Falschung des wesentlichsten Probleminhaltes dadurch ge-schehen, daB wir nicht die Gesamtheit der Angiospernien mit ihrem iingeheurennbsp;Fornienreichtum betrachten, sondern fiirs erste eine Keihe zweifelhafter Gruppennbsp;beiseite lassen. Wir beschranken unsere Betrachtung zunachst einmal aufnbsp;folgende vier Hauptgruppen:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Die „Apetalaequot;' im engeren Sinne, d. h. Angiospermen mit heute un-zweifelhaft eingeschlechtigen, unscheinbaren Bliiten; ,,Typus“: Casuari-naceae, Betulaceae, Fagaceae, Juglandaceae (Abb. 225).
4. nbsp;nbsp;nbsp;Hauptmasse der mit den Ranales eng verwandten Dicotyledoneae, wienbsp;die Rosales usw.; Typus: etwa Saxifragaeeae.
Wie gesagt, wir lassen zunachst einmal die Verwandtschaftsprobleme der Gruppen zweifelhafter Steilung, wie der Salicaceae, Euphorbiaceae usw. beiseite.
1) Ich muB bei Besprechung der Angiospermen mit einer gewissen Vertrautheit der allgemeinen morphologischen und systematischen Daten reohnen, da eine Darstellung desnbsp;Angiospermensystems anch nur in den wichtigsten Familien den Rahmen des vorliegendennbsp;Buches gesprengt hatte.
-ocr page 334-Abb. 226. Juglans regia L. (Rezent).
1 nbsp;nbsp;nbsp;Zweig mit weiblichen Bliiten (oben) und mannlicheii Bliiten (rechtsnbsp;und unten). 54 natürl. GröBe.
2 nbsp;nbsp;nbsp;mannlicbe, 3 weibliche Einzelbliite,
4 Frucht, iiuKere Sehale teilweise entfernt.
(Aus Karsten, in ,,Strasburger“, 1928, Abb. 658.)
Die vier oben skiz-zierten Gruppen sind jeweils in sichnbsp;zweifellos zusam-menhangende Fa-milien kzw. Fami-liengruppen. Unsere Aussagen gel-ten mindestensnbsp;immer für dennbsp;„Typus“. Wennnbsp;wir einmal übernbsp;die gegenseitigennbsp;V erwandtschafts-beziehungen diesernbsp;vier Gruppen imnbsp;reinen sind, dürftenbsp;das Gesamtpro-blem der Angio-spermenverwandt-scbaft um ein er-¦hebliches Stücknbsp;vorwarts gekom-men sein. Dennnbsp;darüber sind sicbnbsp;wohl die meistennbsp;Phylogenetikernbsp;und Systematikernbsp;heute einig, dabnbsp;diese 4 Gruppennbsp;sozusagen dennbsp;Grundstock desnbsp;Angiospermen-systems abgeben,nbsp;dab der gröberenbsp;ïeil der Angio-
Abb. 226. Magnolia stellata Maxim. Blüte.
Unten: Perigonblatter (nui 2 auf Jeder Seite gezeichnet);
Mitte: Mikrosporophylle (vorn die spiralige Stellung der Staubblattnarben deutlich); Oben: die zahlreiehen Makrosporophylle (ebenfalls deutlich in spiraliger Stellung).
(Original); otwas schematisiert.
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Angiospermae, Bliite.
spermen mit einer der 1 skizzierten Gruppen in einer engeren Verwandtsckaft stekt als mit den 3 anderen Gruppen.
Weiter ist wohl heute kein Zweifel mehr, daB sowohl die oben als 4. Gruppe genannten Dikotylen sowie die Monokotylen auf i^anafes-ahnliche Vorfahrennbsp;zurückgehen.
Der Kernpunkt der heu-tigen, so erbitterten Meinungs-kiimpfe über die Angiospermen-phylogenie dreht sich daher im wesentlichen uin die Frage:
Welche Familiengruppe ist primitiver:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;die Apetalae
Oder die Ranales? Oderwenn wir das wichtigste unterschei-dende Merkmal herausgreifen:
Welches Merkmal ist primitiver; die eingeschlechtige Blüte der Apetalae oder dienbsp;Zwitterblüte der Ranales?
quot;Wir beginnen wieder mit dem Problem der Merk-malsphylogenie, mit dem
Zvvitterblüteiiproblem.
Registrieren wir zunachst einmal — iinter Beiseitelassungnbsp;aller phylogenetischen Hypothesen — die wichtigsten Tat-sachen, welche nns die heutigennbsp;Angiospernien zeigen! Hinsicht-licli der allgemeinen Blüten-morjihologie haben wir zweinbsp;Ilanpttypen;
Abb. 227. Angiosperingnbliitc (langs). a Mikrosporangien (,,Pol!e,nsacke“) der ,,Anthere.“,'nbsp;quer; b langs;
e ,,Filamentquot; der Mikrosporophylle; d Perigon (abgeschnitten); e Nektarien;
/ ,,Fruchtknoten“ = verwachsene Makrosporo-pliylle mit Griffel (3) und Narbe Qi)-, i keimende Mikrosporen; l und m Pollenschlauch,nbsp;in die Mikropyle quot;eindringend (,,Porogamie“);nbsp;n Stiel des anatropen Makrosporangiums (= ,,Funiculusquot;);
p und q 2 Integumente; s Nueellus; i Embryosack mit 8 Kernen; z Eizelle mit Srm-ergiden (v);-‘ -
bei 7 der aus 2 Kernen verschmolzene sekimdarc Embryosackkern; u 3 Antipoden.
(Aus Sachs 1882, Abb. 442, Schema.)
1. „Vollstiindigequot; Zwit-terblüten (Abb. 226 und 227), bestehend aus einer Achse mitnbsp;folgenden ,,Phyllomen“, d. h.nbsp;mehr oder minder blattahnlichnbsp;differenzierten Blütenorganen:
soweit sie sich nichtnbsp;unterschei-den lassennbsp;= Perigon.
a) nbsp;nbsp;nbsp;Kelchblatternbsp;(Sepala
Calyx)
b) nbsp;nbsp;nbsp;Kronblatternbsp;(Petala =
Corolla))
samtheit; Androeceum.
d) Makrosporophylle, Fruchtblatter (Karpelle); Gesamtheit; Gynaeceum.
Zwitterblüten dominieren im Gegensatz zu den Gymnospermen bei den Angiospernien und vor allem bei den insektenbestaubten Formen. Der Hin-weis auf die Zwitterblüte der Ranunculaceen und der übrigen „Ranales'\ dernbsp;Rosaceen, Labiaten usw. wird diese ,,vollstandige“ Zwitterblüte zur Genügenbsp;charakterisieren.
c) nbsp;nbsp;nbsp;Mikrosporophylle, kStaub-blatter (Stamina); Ge-
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6. Abt.: Pteropsida.
2. Eingeschlechtige, windbestaubte Blüten, wie sie in typischer Weise die „apetalenquot; Angiospernien, z. B. die Casuarinaceen, AieFagales,Juglan-dales (Abb. 225) usw. aiifzeigen. Apetalen werden diese Blütenpflanzen genannt,nbsp;weil ihnen Petala, d. li. Blumenblatter fehlen; sie haben nur eine einzige un-scheinbare, kelchahnliche Blütenhülle. AVir können bei ihnen heute meist keinenbsp;Anzeichen einer ehemaligen Zwittrigkeit entdecken. Durchweg ist die Zahl dernbsp;Sporophylle in einer solchen apetalen Blüte gering. Zahlreiche Einzelblütennbsp;sind dagegen zu ,,Katzchen“ vereinigt, weshalb diese Gruppen u. a. ven Conlternbsp;und Chamberlain auch als Amentiferae zusammengefabt wurden.
Dazwischen gibt es vermittelnde Typen, wie z. B. die Eschen (Fraxinus), die zwar heute eingeschlechtig sind, bei denen aber die Beste des anderen Ge-schlechtes verhanden sind.
Für alle Angiospermenblüten trifft die Definition einer typisch en Blüte, wie sie z. B. Goebel gegeben hat, völlig zu. Sie sind mit Sporophyllen besetztcnbsp;Sprosse begrenzten Wachstums.
Weiter scheint es mir bei der Wichtigkeit der Erage nach den phylo-genetischen Beziehungen zwischen Zwitterblüten und eingeschlechtigen Blüten, sowie bei der Verworrenheit, welche heute der diesbezügliche Meinungsstreitnbsp;bietet, unbedingt notwendig, dab man sich zunachst über die Methodennbsp;einigt, mit denen sich eine derartige Erage aussichtsreich behandeln labt.nbsp;Eolgende zum Teil von Wettstein und anderen zitierte Grundsatze scheinennbsp;mir dabei unumganglich — wenigstens habe ich versucht, sie bei der Behand-lung des Problems in Anwendung zu bringen.
1. nbsp;nbsp;nbsp;Grundsatz. Die angenommene phylogenetische Ableitungnbsp;mub physiologisch und morphologisch möglich sein. AVas das heibt,nbsp;machen wir uns am einfachsten an einem Gegenbeispiel klar: Die Zwitterblütenbsp;von Magnolia und anderen Ranales mit ihren spiralig stekenden Blütenorganennbsp;labt sicir weder von einem PwMS-Zapfen mit spiralig stekenden Schuppen-komplexen, noch von einer der bisher bekannten Benettitales-B\üten mit ihrennbsp;quirlig gestellten Mikrosporophyllen und dem eigentümlich differenziertennbsp;Gynaeceum ableiten. Beide Gymnospermenblüten sind schon viel zu ein-seitig differenzierte Bildungen.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Grundsatz. Unsere Annahme, eine phylogenetische Ableitung sei physiologiscli und morphologisch möglich, wirdnbsp;durch den Nachweis von Zwischenbildungen und ontogenetischennbsp;Umbildungen (auch pathologischer Art) gestützt. Diese Zwischen-und Umbildungen lassen allerdings nur die Aufstellung einer Keihe zu, sie sagennbsp;aber nichts aus, in welcher Kichtung man die Reihe lesen mub.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Grundsatz. Man kann nicht direkt aus der behauptetennbsp;Ursprünglichkeit einer heutigen Familie auf die Ursprünglich-keit der bei ihr vorkommenden Merkmale schlieben. AVir habennbsp;schon wiederholt auf das Fehlen einer eng-korrelativen Merkmalsentwicklungnbsp;hingewiesen, und nur eine solche Korrelation würde diesen Schlub erlauben.nbsp;Die Tatsache, dab eine Zwitterblüte oder eine eingeschlechtige Blüte heute beinbsp;einer ,,primitiven“ Gruppe herrscht, beweist also wenig.
Die Schlubweise, aus der angenommenen ,,Ursprünglichkeitquot; einer Familie auf die Ursprünglichkeit eines Merkmals zu schlieben, ist aber gerade in der Angio-spermenphylogenetik so verbreitet, dab hier der gegebene Platz ist, etwas ein-gehender zu ihr Stellung zu nehmen. Die betreffenden Schlüsse verlaufen fastnbsp;immer nach ein und demselben Schema. Man charakterisiert eine Pflanzengruppenbsp;— sagen wir einmal die Magnoliaceen auf Grund einiger Merkmale, z. B. dernbsp;zahlreichen apokarpen Fruchtknoten, ihrer Fiweibqualitaten usw. — als „primi-
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Angiospermae, Wütenpliylogenie.
tiv“ und schlieBt daraus: also ist auch das bei den Ranales vorherrschende Merkmal der Zwitterblütigkeit primitiv. Dazu ist zu sagen: Entweder man Lat das betr. Merkmal, wie hier die Zwitterblüte, zur Feststellung der ürsprüng-licLkeit mitbenutzt, — dann ist der SchluB natürlich ein ZirkelscLluB; oder mannbsp;Lat das Merkmal nicht mitbenutzt — dann steekt im SchluBverfahren die un-ausgesprochene Pramisse einer starren Merkmalskorrelation bei der Phylogenie. Innbsp;unserem Falie lautet die unausgesprochene Pramisse: Pflanzen wie die Magnolien,nbsp;die hinsichtlich der groBen Zahl von apokarpen Fruchtblattern und in zahlreicLennbsp;anderen Merkmalen primitiv sind, müssen auch in weiteren Merkmalen, wie z. B.nbsp;in der Zwitterblütigkeit, einen ursprünglichen Zustand überliefern. Diese Pramissenbsp;wird allerdings wohl deshalb nie ausgesprochen, weil sie in ihrer allgemeinennbsp;Formulierung offensichtlich falsch ist. Denn natürlich kann man mit dieser Pramisse in gleicher Weise von den primitiven Merkmalen bei den Apetalennbsp;ausgehen und so umgekehrt die Ursprünglichkeit der eingeschlechtigen Blütennbsp;,,beweisen“. So steht ,,Beweis“ heute gegen ,,Beweis“ und beweist damitnbsp;eigentlich nur die Unhaltbarkeit der ganzen Methode. Es führt meines Er-achtens auf ein vollkommen falsches Geleis, wenn man ohne eingehendstenbsp;Begründung einer phylogenetischen Merkmalskorrelation aus der Ursprünglich-keit einer Pflanzengruppe auf die Ursprünglichkeit eines Merkmals schlieBt.nbsp;Der wissenschaftliche Weg kann nur der umgekehrte sein: aus der Ursprünglichkeit der Merkmale auf die ,,Ursprünglichkeit“ der Pflanzengruppe zu schlieBen.
4. nbsp;nbsp;nbsp;Grundsatz. Es gibt allerdings auch phylogenetische Kor-relationen, die man — wenn man sie sicher erkannt hat ¦— mit Nutzennbsp;für phylogenetische Schlüsse verwenden kann. Beispielsweise hat Wettsteinnbsp;(z. B. 1924, S. 531 f.) den Nachweis geführt, daB eingeschlechtige Blüten innbsp;ziemlich enger Korrelation mit Windbestanhung und Zwitterblüten (bei Angio-spermen und Qnetales) in ziemlich enger Korrelation mit Insektenbestaubungnbsp;stehen. Diese Korrelation wird als eine allgemeine Erscheinung auch nichtnbsp;durch einige Ausnahmen, wie die windblütigen Grasblüten oder die insekten-blütigen, aber eingeschlechtigen Weiden- (SaKx-) oder Melandryum rubrum-Blüten widerlegt. Denn derartige Ausnahmen sind entweder effenbar rechtnbsp;junge, sekundare Umbildungen, oder die Annahme einer solchen Umbildungnbsp;liegt mindestens nahe (Fisher 1928).
Es ist nun kaum ernstlich zu bestreiten, dab die Windübertragung eine altere Bestaubungsform ist als die Insektenbestaubung. Auch die zur Be-staubung kommenden Insekten sind ja nicht viel früher als die zwitterblütigennbsp;Phanerogamengruppen (nicht vor dem Jung-Mesozoikum) nachgewiesen. Dienbsp;SchluBfolgerung Wettsteins: die zwittrige Angiospermenblüte hat sich se-kundar, in enger Korrelation mit der Insektenbestaubung, aus einer windblütigen und eingeschlechtigen Blüte herausgebildet, ist meines Krachtensnbsp;darum ein SchluB von mindestens sehr hohem Wahrscheinlichkeitsgrad.
5. nbsp;nbsp;nbsp;Grundsatz. Die sichersten Anzeichen für die Kichtungnbsp;einer Umwandlung können palaobotanische Befunde liefern. Wennnbsp;wir uns also fragen: haben sich bei den Phanerogamen im allgemeinen dienbsp;Zwitterblüten aus eingeschlechtigen Blüten oder umgekehrt entwickelt, sonbsp;müssen wir die palaobotanische Überlieferung befragen. Die Antwort lautetnbsp;meines Krachtens hier eindeutig: nach unseren heutigen Kenntnissen ninimt beinbsp;den Phanerogamen, als Ganzes betrachtet, die Eingeschlechtigkeit der Blütennbsp;immer mehr zu, je weiter wir zurückgehen. Im Palaozoikum und Altmeso-zoikum (vor dem Keuper) kennen wir überhaupt keine zwitterblütigennbsp;Phanerogamen. Auch bei den altesten Angiospermen aus der Ki-eide warennbsp;die eingeschlechtigen Familien eher in gröBerem Umfange vertreten als heute.
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Ziramermann, Die Phylogenie der Pflanzen.
-ocr page 338-A. Wettstein nbsp;nbsp;nbsp;B. Karsten.
Abb. 228 A und B. Pseudanthientheorien.
Entstehung der Angiospermenblüten nach Wettstein und Karsten (Schemata).
1) nbsp;nbsp;nbsp;Isospore Ausgangsform mit neutralen Sporangien.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Erwerbung der Heterosporie bzw. Gymnospermie mit Sonderung der Sporangienstandcnbsp;in eingeschlechtige Blüten.
3) nbsp;nbsp;nbsp;Bildung komplexer Sporangienstande (Blütenstande), nach Wettstein eingeschlechtig,nbsp;nach Karsten zwittrig.
4) nbsp;nbsp;nbsp;Reduktion der Sporangienzahl (vor allem im $ Geschlecht).
5) nbsp;nbsp;nbsp;Verlust der Blütenhülle um die ehemalige Einzelblüte, Neubildung einer Blütenhülle umnbsp;den ehemaligen Blütenstand.
-ocr page 339-Abb. 228 C und D. Euant'hientheorien.
Entstehung der Angiospermenblüten naoh Zimmermann und Hallier (Schemata).
1) nbsp;nbsp;nbsp;Isospore Ausgangsforra mit neutralen Sporangien.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Erwerbung der Heterosporie bzw. Gymnospermie, nach Zimmermann mit Sonderung dernbsp;Sporangienstande in eingeschlechtige Blüten; nach Hallier mit Bildung einer Zwitterblüte.
3) nbsp;nbsp;nbsp;Bildung eingeschlechtiger Angiospermenblüten und (nach Zimmermann) zwittriger Angiospermenblüten.
Bezeichnung sonst wie 228 A und B (Original).
6) und 7) Umbildung der eingeschlechtigen Blüte in eine Zwitterblüte nach Wettstein, bzw.
der Zwitterblüte in eine eingeschlechtige Blüte nach Karsten.
Nentrale, mannliche und weibliche Sporangien sind jeweils durch ein ^ lt;5 u. $ angedeutet. Der Punktkreis entspricht dem Umfange einer Blüte. Zahl und Stellung der Sporangien na-türlich nur angenahert richtig. (Original).
21*
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6. Abt.: Pteropsida.
Nach Bessey (1897) finden wir z. B. in der Kreide 61—64% Apetalen bzw. Monoclilamydeen gegenüber heute 15 %’^). Die Palaobotanik spricht also fürnbsp;eine allmahliche Herausbildung der heute vorherrschenden Zwitterbltite ausnbsp;der eingesohlechtigen Blüte.
Dem ersten Grundsatz, daB eine phylogenetische Wandlung physiologisch und morphologisch niöglich erscheinen muB, entsprechen nun vier verschiedenenbsp;Theorien über die phylogenetischen Beziehungen zwischen den Zwitterblütennbsp;und eingeschlechtigen Blüten. Vielleicht sind sie alle vier verwirklicht, wennnbsp;auch wohl in verschiedenen Gruppen.
1. Die „Euanthientheorie“ in ihrer ursprünglichen Fassung (Abb. 228 D).
Sie setzt für die Angiospermenahnen bereits eine Zwitterblüte voraus, d. h. eine Blüte mit terniinalem Gynaeceum und darunter stehendem Androe-ceuin. Nach dieser Theorie sind die eingeschlechtigen Blüten durch ünter-
drückung jeweils des einen Geschlechts entstan-den. So denken sich z. B. Hallier sowie Arber und Parkin die Entstehung der eingeschlechtigennbsp;Apetalen. Sicher sind auch auf diese Weise manche eingeschlechtigen Blüten entstanden, z. B. dienbsp;eingeschlechtigen Blüten Yon Melandryum rubrum,nbsp;dessen Verwandte fast alle Zwitterblüten besitzen,nbsp;und das selbst (namentlich in MiBbildungen) be-trachtliche Reste des anderen Geschlechts zeigt.
II. und III. „Die Pseudanthientheo-rien“^) nach Wettstein (z. B. 1924, S. 528 ff.) und Karsten (1918) (Abb. 228 A und B).
AVir beginnen entgegen der historischen Ge-rechtigkeit mit den Anschauungen Karstens, weil die üniwandlungsvorgange nach seiner Vor-stellung weniger komplex sind. Die Angiospermen-almen batten nach Karsten eingeschlechtigenbsp;Blüten besessen, aber in einem Zwitterblüten-stand: oben mehrere weibliche Blüten, untennbsp;die mannlichen (Abb. 229 A). Dann seien dienbsp;eigenen Hullen um jede einzelne Blüte ge-schwunden und eine neue genieinsame Hüllenbsp;habe sich um den ehemaligen Blütenstand ge-bildet. Karsten sieht in den gelegentlich (z. B.nbsp;von Strasburger) beobachteten Zwitterblüten-standen von Gnetum Onemon (vgl. oben S. 311)nbsp;einen Reprasentanten für ein solches Übergangs-stadium.
Auch diese Theorie kann ein Beispiel anführen, für das sie ziemlich sicher zutrifft. Die Euphorbiaceen besitzen namlich durchweg eingeschlechtige Blüten.nbsp;Eine Ausnahme macht eigentlich nur die noch recht schlecht bekannte Gattungnbsp;Cubincola Urban. Wir können nun bei den Euphorbiaceen eine kontinuierlichenbsp;Reihe aufstellen von rein eingeschlechtigen Blüten und Blütenstanden, z. B.
1) nbsp;nbsp;nbsp;Eüie kritische neuere Durcharbeitung der Übersioht über die fossilen Angiospermen-funde ware allerdings sehr erwünscht (vgl. Berry).
2) nbsp;nbsp;nbsp;Von ijiEuSos = das Falsche und avüo; = Blüte, weil nach diesen Auffassungen ausnbsp;einem Blütenstand eine Scheinblüte entstanden ist.
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Angiospermae, Phylogenie der Zwitterblüten.
bei Mercurialis ferennis, zn gemischtblütigen Blütenstanden mit weitgehender Reduktion der Hülle um die Einzelblüte {Anthostema), bis zu den „Pseudanthienquot;nbsp;oder „Cyathien“ von Euphorbia, wo jede Einzelblüte nach der heute herrschendennbsp;Auffassung auf ein Mikrosporophyll bzw. auf einen Fruclitknoten reduziert ist.nbsp;Am Stiele des Einzelblütenkelches erinnern höchstens noch eine Gliederung desnbsp;„Staiibfadens“ bzw. des Fruchtknotenstieles oder als Abnormitaten kleinenbsp;Schüppchen an die ehemalige Selbstandigkeit. Der scheinbare ,,Kelch“ des Cya-thiums mit seinen Honigdrüsen ist nach dieser Auffassung eine Neubildung ausnbsp;verwachsenen Hochblattern. (Darstellung der Einzelheiten s. z. B. Michaelisnbsp;und Zimmermann in Hegi, S. 137 f.).
Die Wettsteinsche ,,Pseudanthientheorie“ (Abb. 228 A und 229 B) besteht aus zwei voneinander ziemlich unabhangigen Teilen.
1. Teil: Bildung von eingeschlechtigen Blüten (wie die Apetalenblüten) aus einem eingeschlechtigen Blütenstand (wie bei den Qnetales).
2. Teil: Konibination von zwei eingeschlechtigen Blüten vom Apetalen-habitus zu einer Zwitterblüte.
Leider werden beim Zitieren nnd Kritisieren der Wettsteinschen Pseud-anthientheorie beide Teile meist nicht genügend gesondert, obwohl natürlich die beiden Fragen:
, 1. wie sind die eingeschlechtigen Apetalenblüten, und
2. wie sind die Zwitterblüten bei den Angiospermen entstanden, zwei Vüllig gesondert beantwortbare Fragen sind. Streng genonimen, ist nur dernbsp;erste Teil von Wettsteins Theorie eine Pseudanthientheorie, und nur dernbsp;zweite Teil befaBt sich mit der Zwitterblütenfrage. Abb. 229 B kennzeichnetnbsp;AVettsteins Auffassung in seiner eigenen Darstellung.
Iin ersten Teil führt Wettstein aus, wie in mehreren Etappen aus eingeschlechtigen Blüten, nach Art der ^IpAedra-Blüten, über den Uniweg eines eingeschlechtigen Blütenstandes wieder eine eingeschlechtige Blüte vora Habitus einer Apetalenblüte entstehen kann (Abb. 229 B). In der ersten Etappenbsp;(Fig. 2) seien die niannlichen Blüten zusanit ihreni Deckblatt quirlig zusamnien-getreten. In der 2. Etappe (Fig. 3) seien die Hüllen der Einzelblüten geschwunden.nbsp;In einer 3. Etappe (Fig. 4) sei eine Vermehrung der Mikrosporangien eingetreten.
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5. Abt.: Pteropsida.
In der 4. Etappe (Fig. 5) seien — wenn wir unsere Betrachtung auf die Mikro-sporophylle beschranken — die neu entstandenen Mikrosporophylle wieder ver-schwunden und an ihre Stelle ein innerer Kreis von Hüllblattern, die Blumen-krone, getreten. — lm weiblichen GesclilecM soil die Umbildung ganz gleich-artig vor sich gegangen sein: Zusammentritt von weiblichen Blüten (Fig. 7). Verlust der eigenen Blütenhülle, Verschmelzung der Brakteen zu eineni Frucht-knoten (Fig. 8—12).
Dieser ganze 1. Teil der Wettsteinschen Theorie, die eigentliche Pseud-anthientheorie, befafit sich, wie gesagt, nur mit der Entstehung der ein-geschlechtigen Blüten nach Art der Apetalae. Er dient im wesentliclien dazu, einige Eigentümlichkeiten der eingeschlechtigen Apetalenblüte, ins-besondere die hier verbreitete Stellung der Mikrosporophylle vor den Kelch-blattern (und nicht zwischen ihnen), verstandlich zu niachen.
Der 2. Teil der Pseudanthientheorie, die eigentliche Zwitterblütenbildung, wird von Wettstein meist kürzer als „Hineinverlegung einer vereinfachtennbsp;weiblichen Infloreszenz oder einer weiblichen Blüte“ in das Zentrum der niann-lichen Blüte dargestellt. Die Wettsteinsche Auffassung dieses 2. Teiles dürftenbsp;sich wohl im wesentlichen decken mit der nachfolgend unter IV behandeltennbsp;Ansicht, daB der Vegetationspunkt der mannlichen Blüte weiblichen Charakternbsp;angenommen hat.
IV. Modifizierte Euanthientheorie (Abb. 228 C und 230).
Sie stellt im Grunde einen KompromiB zwischen der eigentlichen Euanthientheorie Halliers und der Pseudanthientheorie Wettsteins bzw. Karstens dar. Sie versucht damit den berechtigten Tatsachen, welche die Anhangernbsp;beider Anschauungen ins Feld führen können, gerecht zu werden. Soweit ichnbsp;sehe, ist sie in dieser Form bisher noch nicht durchgeführt worden.
Mit der Wettsteinschen Pseudanthientheorie nimmt sie eine ümwand-lung der eingeschlechtigen Blüten in Zwitterblüten an, indem etwa inmitten einer mannlichen Blüte (ungef ahr vom Apetalenhabitus) sekundar ein Gynaeceumnbsp;auftrat. Sie ist damit im Grunde identisch mit dem 2. Teil von Wettsteinsnbsp;Pseudanthientheorie. Sie wird ferner wie die Wettsteinsche Pseudanthientheorie der unbestreitbaren ïatsache gerecht, daB nach unseren heutigennbsp;palaobotanischen Kenntnissen die eingeschlechtigen Phanerogamen-Blütennbsp;alter sind als die zwittrigen, und daB auch beim Auftreten der Angiospermennbsp;die Apetalen zunachst dominieren.
Mit der Euanthientheorie im üblichen Sinne dagegen teilt diese modifizierte Euanthientheorie die Annahme, daB die Blüte immer einachsig war, immer ein „Strobilus“, wenn man darunter lediglich die negative Tat-sache verstellen will, daB sie kein ausgesprochenes Blütenstands-Stadiumnbsp;durchlaufen hat.
•
Aamentlich im mannlichen Geschlecht kennt man eine ganze Reihe von Sporangienstanden oder ,,Blüten“ aus dem Palaozoikum oder Mesozoikurn,nbsp;aus denen sich die ^ Apetalenblüten ohne sehr groBe Schwierigkeiten morpho-logisch herleiten lassen. Vor allem gibt es auch Sporangienstande „incertaenbsp;sedis“ unter denen sich Ahnen der Angiospermen oder wenigstens Angehörigenbsp;ihres Verwandtschaftskreises befinden können. Ich nenne als morphologischnbsp;etwas besser bekannte Formen nur die mannlichen Cordaitenblüten (Abb. 208).nbsp;Sie trugen genau wie die mannlichen Apetalenblüten unten eine Reihe vonnbsp;kelchartigen Schuppenblattern und oben Mikrosporophylle (wir nannten sienbsp;vorsichtiger gestielte Sporangiengruppen). An Apetalenblüten klingen auchnbsp;die AnthoUthus genannten Blüten an, welche wir bei den Caytoniales, diesernbsp;,,Angiospermeugruppe“ aus dem alteren Mesozoikurn, erwahnten (Abb. 192).
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Angiosperniae, Phylogenie der Zwitterblüten.
Uie ümwandlung etwa einer mannlichen Cordaites-BiiiiQ in eine niann-liche Apetalen-Blüte bedeutet wohl kaïim groBe niorphologische Anderungen. Es handelt sich im wesentlichen um eine Zahlenreduktion der Sporophylle undnbsp;der basalen Schuppenblatter, verbunden mit einer Quirlstellung dieser Organe,nbsp;ferner um eineFestlegung auf die, für die Angiospernien charakteristische 4-ZahInbsp;der Sporangien eines Sporophylls, sowie um ihre synangiale Vereinigung. Allesnbsp;das; die gesetzmaBige Beschrankung der Organzahl, der Übergang von dernbsp;Spiralstellung zur Quirlstellung, die Synangienbildung sind aber Prozesse, dienbsp;sicher in der Phylogenie wiederholt stattgefunden haben, die wir unbedingtnbsp;als morphologisch möglich bezeichnen dürfen. hfatürlich sollen damit dienbsp;Cordaiten nicht als unmittelbare Ahnen der Angiospernien bezeichnet werden.nbsp;Aber ihre mannlichen Blütenstande re-prasentieren noch eine ürform der Spor-
Al)b. 230 A und B. Scliematisicrter Liingsschnitt durcli die Blüten der hypothetischen Angiospermenahnen (vgl. Text nebenan).
A (J Blilte, B $ Blüte.
(Original.)
angienstande, von denen sich die Apetalenblüten sehr wohl ableiten lassen (Abb. 230 A). Nur die niorphologische Ableitungsmoglichkeit steht hier zu-nachst zur Diskussion.
Wegen der physiologischen Ableitungsmoglichkeit können wir uns wohl auf die eigentliche Zwitterblütenbildung beschranken. Es handelt sich alsonbsp;darum, daB der Vegetationspunkt einer mannlichen Blüte seinen Geschlechts-charakter nach Ausbildung der Mikrosporophylle geandert hat. DaB derartigenbsp;Urnstimmungsprozesse physiologisch möglich sind, wissen wir heute sicher.nbsp;Wir wissen als Ergebnis der Erblichkeitsforschung, daB regelmaBig die Potenzen des weiblichen Geschlechts auch in auBerlicli mannlich determiniertennbsp;Zeilen und Organen schlummern, ebenso wie umgekehrt. Namentlich gilt diesnbsp;für den Sporophyten und seine Organe, die ja bei den Phanerogamen in sehr
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5. Abt.: Pteropsida.
wechselnder Weisegeschlechtsdeterminiert seinkönnen (vgl. z.B.Correns 1928): Bald ist die ganze Pflanze zwittrig, wie die meisten einheimischen Koniferen,nbsp;die Magnolien usw.; bald ist die ganze Pflanze nornialerweise eingesclilechtignbsp;determiniert wie etwa Ginkgo, Taxus, Juniperus oder die Weiden {Salix).nbsp;tiberdies führen uns sehr oft auch MBbildungen die Möglichkeit einer der-artigen Geschlechtsumwandlung vor Augen, z. B. kann eine nornialerweisenbsp;eingescblechtige Bltite abnormerweise die Sporophylle des anderen Ge-schleclites erzeugen, wie wir das oben bei den zwittrigen PwMS-Zapfennbsp;(Abb. 220) erwahnten. Auch für viele Angiospermenblüten, z. B, für Salix,nbsp;-iegen damit völlig übereinstimniende Angaben vor.
Kurz, als modifizierte Euanthientheorie niöclite ich hier die Auffassung vertreten, daB die Angiospejmenahnen eingeschlech-tige Blüten vom allgemeinen Habitus der Apetalenblüten battennbsp;(Abb. 230). Wahrscheinlich war die Zahl der an der Basis sitzenden Hüllblatternbsp;sowie der Sporophylle keineswegs so streng determiniert wie heute meist beinbsp;den Apetalen. Auch dürfte ihre Zahl viel gröBer gewesen sein, etwa so groBnbsp;wie bei den ^ Cordaitenblüten. Uie Zwitterblüten der Angiosperniennbsp;entstanden dann dadurch, daB nach der ontogenetischen Bildungnbsp;von Mikrosporophyllen der Vegetationspunkt mannlicher Blütennbsp;weiblich wurde^), d. h. daB er entweder (bei groBer Sporophyllzahl) an Stellenbsp;der inannlichen Sporophylle weibliche bildete, oder (bei geringer SporophyU-zahl) abnormerweise sein Wachstum fortsetzte, nun aber niit geandertem Ge-schlecht. Wie erwahnt, kommen solche MiBbildungen ja heute noch wieder-holt vor. Sie sind wohl auch in der Vergangenheit gleichartig vorgekomnien.nbsp;Bei den Angiospermenahnen bedeuteten jedoch die Zwitterblütenbildungen,nbsp;daB solche anomalen Bildungen einen erblichen Charakter annahmen.
Die eingeschlechtigen, unscheinbaren Blüten der Apetalen sind dann meines Erachtens in vielen Fallen, etwa bei Casuarina, relativ ursprünglichenbsp;Blütenformen. Es hat hier wohl nur in Einzelheiten, z. B. durch die Reduk-tion der Makrosporangien, eine bedeutendere Umbildung stattgefunden.
Gehen wir noch kurz auf einige bedeutsame Argumente ein, die für bzw. gegen eine oder die andere dieser vier Theorien ausgesproohen worden sind.
Die Euanthientheorie in ihrer ursprünglichen Fassung (I) scheidet nach meinem Dafürhalten deshalb aus, weil sie den palaobotanischen Ergebnissennbsp;widerspricht. Die Zwitterblüten treten bei den Phanerogainen erst nach den eingeschlechtigen Blüten auf. Zwar hat sich diese Euanthientheorie in ihrer ursprünglichen Fassung gerade auf palaobotanische Ergebnisse (vgl. Arber und Parkin)nbsp;gestützt, auf die Befunde an zwittrigen Bewetóales-Blüten. Aber es ist heutenbsp;wohl allgemeine Überzeugung, daB die Benettitales ihre Zwitterblüten als einnbsp;selbstandiger Zweig der Gymnospermen erworben haben, — zumal ja bei dennbsp;Benettitales auch eingescblechtige Blüten vorkommen. Ebenso haben sich beinbsp;den Angiospernien selbstandig Zwitterblüten entwickelt.
Nochmals sei erwahnt, daB sich dies nur auf die Frage nach der allgemeinen Angiospermenphylogenie bezieht. DaB im einzelnen auch einmal wieder Rück-schlagsbildungen auftraten, daB in Einzelfallen, z. B. bei Meïandryum ruhrum,nbsp;Zwitterblütten auf eingescblechtige Blüten reduziert wurden, ist sozusagennbsp;sicher. WennCorrens (1928, S. 26) die Ausbildung von Zwittterblüten als einnbsp;„sicher phylogenetisch ursprüngliches Verhalten“ bezeichnet, so hat er wohlnbsp;derartige Einzelfalle im Auge^). Auch die weitere Frage, wann der betr. Angio-
1) nbsp;nbsp;nbsp;Oder umgekehrt, daB ein ,,weiblicher“ Vegetationspunkt zunachst iniinnliche Sporophylle erzeugte.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Ferner besaBen natürüch früher einmal, etwa im Pteridophytenstadium, alle Korino-phyten als isospore Pflanzen zwittrige Sporangien (vgl. Abb. 228,1) und damit vielleicht auch
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Angiospermae, Pliylogenie der Zwitterblüten.
spermenahn das Merkmal der Zwitterblütigkeit erworben bat, ob dies schon beim gemeinsamen Abn aller Angiospermen oder erst beim Abn einer bzw. mebrerernbsp;Gruppen der Fall war, also die monopbyletische oder polypbyletiscbe Ent-stebung der Zwitterblüte, konnen wir erst spater erörtern.
Nachst der Euanthientheorie in ibrer ursprünglichen Fassung zablt zweifellos die Wettsteinsche Pseudantbientheorie (II) am meisten Anbanger. Wennnbsp;wir sie bier kritisch besprecben, und der soeben vertretenen „modifizierten Eu-antbientbeorie“ gegenüberstellen, so beziebt sicb der Vergleich natürlicb nur aufnbsp;den I. Teil von Wettsteins Theorie, auf die Umwandlung einer eingeschlech-tigen Blüte vom öwetofes-Habitus in eine eingeschleobtige Blüte vom Apetalen-habitus. Denn der 2. Teil der Wettsteinschen Pseudantbientheorie deckt sicbnbsp;ja mit der modifizierten Euanthientheorie.
Bei sebr vielen Phylogenetikèrn herrscht die Überzeugung, dab es nicht leicht verstandlicb ist, weshalb man — der Wettsteinschen Auffassung entsprecbend —nbsp;zu so komplizierten Hilfsannahmen, wie der spurlosen Umwandlung eines Blüten-standes in eine Blüte greifen muB, wenn das Endstadium (die Apetalenblüte)nbsp;im Prinzip dem Ausgangsstadium (der Gwetoles-Blüte) gleicht. Wettstein selbstnbsp;unterstreicbt die groBe Übereinstimmung zwischen Ausgangs- und Endstadium,nbsp;indein er gelegentlich beide miteinander vertauscht. So benutzt er aucb ausnabms-weise als Ausgangspunkt für die Pseudantbienableitung (1924, S. 530) nicht dienbsp;eingeschleobtige Gymnospermenblüte, sondern eine schon eingescblecbtige Apetalenblüte {Casuarina, also das sonstige Endglied seiner Reihe).
Wettstein legt sicher mit Recht groBen Wert darauf, daB eine solche Umwandlung ökologisch verstandlicb sein muB. Ich muB gesteben, daB mir eine komplizierte Umwandlung, bei der das Endglied dem Ausgangsglied gleicht,nbsp;ökologisch nicht ganz verstandlicb ist. Wenn wir die Gesamtheit der mikro-sporenbildenden Örgane an einem Gymnospermenindividuum (etwa Ephedra)nbsp;und an einer windblütigen Angiosperme (etwa Corylus) miteinander vergleichen,nbsp;ist ja kaum eine Reduktion eingetreten. Nocbmals sei jedoch betont, daB vonnbsp;dieser Kritik eines Punktes der groBe Grundgedanke Wettsteins (die Ableitungnbsp;der Zwitterblüte von einer eingeschlechtigen Blüte) unberührt bleibt. Diesennbsp;auBerst wertvollen Grundgedanken halte ich für unbedingt richtig.
Die Pseudantbientheorie Karstens (III) vermeide! die Annabme der Umwandlung einer eingeschlechtigen Blüte in eine eingeschleobtige. Nach ihrnbsp;führt schon der erste Schritt (Abb. 228 B 3) zur Zwitterblüte. Dafür, daB etwas Ahn-liches tatsachlioh vorkommt, kann ja Karsten auf die Cyathien der Euphorbiennbsp;verweisen. Aucb die ökologischen Argumente Wettsteins, insbesondere seinnbsp;Vergleich mit den insektenbestaubten Zwitterblütenstanden von Ephedra fragilisnbsp;var. campylopoda, führen m. E. viel mehr zum Grundgedanken der Karstenschennbsp;Annahme. Wenn man schon eine Pseudantbientheorie vertritt, scheint es mirnbsp;viel naher zu liegen (was übrigens auch Wettstein gelegentlich durchbliokennbsp;liiBt), daB die eigentliche Pseudanthienbildung direkt zur Zwitterblüte führt.
Zwei Schwierigkeiten bleiben jedoch auch für die Karstensche Auffassung besteken. Einmal muB Karsten samtliche eingeschlechtigen Apetalenblüten innbsp;Übereinstimmung mit Halliers Euanthientheorie als Rückschlagsbildungennbsp;zur Eingeschlechtigkeit erklaren. Dem widersprechen aber die derzeit bekanntennbsp;palaontologischen Daten, insbesondere das Dominieren der Apetalen in der Kreide.
AuBerdem erwaohsen beiden Pseudanthientheorien (wenigstens in der Form, in der sie heute vorliegen) Schwierigkeiten aus der
schon einmal zwittrige Binten. Für lurseie obige Frage handelt es sich aber nm etwas ganz Anderes. Hier handelt es sich um die Blütengestaltung nach Erwerbung der Heterosporienbsp;bzw. Gymnospermie. Wir fragen hier, ob bei den Ahnen der Angiospermen die bereits ein-geschlechtig determinierten Sporophylle zunachst zu eingeschlechtigen oder zu zwittrigennbsp;Blüten zusammentraten. Auch das Problem der Geschlechtsbestimmung ganzer Individuennbsp;(s. oben S. 328) ist von der hier erörterten Zwitterblütenfrage weitgehend unabhangig.
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6. Abt.: Pteropsida.
Plazentierung der Makrosporangien.
Auf diese Schwierigkeiten kat u. a. Goebel (1923, S. 1614)^) aufmerksam gemacht. Wir haben heiite bei den Angiospermen-Fruchtknoten drei Haupt-formen der Plazentiemng;
1. die marginale Plazentierung, d. h. die Sporangien sitzen deutlichnbsp;an Randern von Makrosporophyllen. Diese haufigste Plazentierungsform kannnbsp;in drei Unterformen auftreten:
a) nbsp;nbsp;nbsp;marginal-apokarp (Abb. 231a); je ein Makrosporophyll verwachst in
sich zü einem (,,monomeren“) Fruchtknoten,
b) nbsp;nbsp;nbsp;marginal-parietal (Abb. 231b) 1nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;M^^^rosporophylle verwachsen
, nbsp;nbsp;nbsp;,1 -1 1 ...nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;',gt;mit ihren Kandern verschieden weit
c) nbsp;nbsp;nbsp;zentralwinkelstandig (Abb. 231 o) ,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;, .nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;,,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;-n-nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;j. \
) („dmierer, tnmerer usw. kruchtknoten);
Abb. 231.
a—o die JLaupttypen der Angiospermenfruchtknoten ini Quersclmitt (Original).
a—c = marginal, d = laminal.nbsp;e = zentral.
Weitere Erlauterungen s. Text.
2. nbsp;nbsp;nbsp;die laminale Plazentierung, d. li. die Sporangien sitzen mindestensnbsp;teilweise auf der Flacbe der Makrosporopbylle (Abb. 231 d);
3. nbsp;nbsp;nbsp;die zentrale Plazentierung, d. h. die Sporangien liaben überhauptnbsp;keine direkte Beziehung zu den Makrosporophyllen, sondern sie sitzen einer zen-tralen Saule bzw. unroittelbar der Blütenachse auf. (Abb. 231 e).
lm Rahmen unserer gesamten hier dargelegten phylogenetisohen Anschauung ergibt sich die marginale Plazentierung ohne Schwierigkeit als die ursprüng-lichste Form (vgl. S. 231 u. Abb. 159). Von ihr lassen sich auch sehr leichtnbsp;die beiden anderen Formen ableiten. Die laminale Plazentierung ist uns ja schon
1) Vgl. auch Celakovsk}^ 1876, Velenovsky 1910 und Troll 1926, S. 66ff.
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Angiospermae, Plazentierung.
von den Farnen bekannt, bei denen anch sehr banfig die Sporangien vom Blatt-rand auf die Blattflache verschoben sind (Abb. 153 u. 154). Die zentrale Plazentierung wiederum ergibt sicb leiobt aus der zentralwinkelstandigen durcb Wegfall der Soheidewande (Bander der Makrosporophylle). In diesen Scheidewandennbsp;verlaufen, gewissermaHen „um die Ecke“, die Leitbündel der Makrosporophylle,nbsp;welcbe die Makrosporangien versorgen; bei der zentralen Plazentierung gewinnennbsp;dann die Makrosporangien einen mehr direkten AnscbluB an das allgemeine Leit-bündelsystem der Blüte. Die Caryophyllaceen zeigen sebr scböne Übergangs-stadien (z. B. Silene inflata): oben Zentralplazenta, unten zentralwinkelstandigenbsp;Plazenta.
Diese verbaltnismaBig gut durchschaubaren und vielfacb (z. B. durcb Goebel) vertretenen Zusammenhange lehnen nun die Vertreter der Pseudanthien-theorie ab. Sie halten die Zentralplazenta für die ursprünglicbste Form. Dienbsp;Frucbtknotenwandung soil als sekundare Umwallung^) zu den, ursprünglicb dernbsp;Bliitenaohse selbst inserierten Sporangien hinzugekommen sein. Die Begründungnbsp;für diese nicht einfache Annahme ergibt sioh aus der Plazentierung der Makrosporangien bei jenen Gymnospermen, die den Ausgangstyp für die Pseudanthien-theorien zeigen. Beispielsweise Gnetum (vgl. Abb. 229 A) bat Makrosporangien,nbsp;welcbe bereits der Blütenstandsaobse [bzw. nach Karsten^) der künftigen Blüten-acbse] unmittelbar aufsitzen, wie bei der zentralen Plazentierung. Es ist abernbsp;m. E. pbysiologisch unverstandlich, daJ3 aus einer derartigen zentralen Plazentierung,nbsp;die eine direkte Nabrungsversorgung der Makrosporangien erlaubt, eine so kom-plizierte Plazentierung, wie die zentralwinkelstandige wird. Der umgekehrte Weg,nbsp;die Verwandlung der zentralwinkelstandigen Plazentierung in die zentrale Plazentierung, leuohtet dagegen pbysiologisch eher ein.
Die Euanthientbeorie in ihrer modifizierten Form (IV) soheint mir weiter durcb die modernen Auffassungen über die Sexualitat (vgl. z. B.nbsp;Gorrens 1928) gestützt. Die Zwitterblüte entsteht ja nach der von mir modifizierten Euanthientbeorie dadurch, daB der Vegetationspunkt einer zunacbstnbsp;mannlichen Blüte sexuell umdeterminiert wird (s. oben S. 327). Solch einenbsp;Umdeterminierung tritt z. B. anomalerweise gelegeutlich bei den Koniferen aufnbsp;(vgl. Abb. 218 und S. 303). Auch bei sonst rein eingeschlechtigen Angiospermen-blüten (z. B. bei Salix) sind derartige ,,MiBbildungen“ durcbaus baufig (vgl. z. B.nbsp;Penzig). Wir brauchen das keineswegs als Bückschlagsbildungen auf eine ursprünglicb zwittrige Blüte aufzufassen, denn entsprecbend den oben erwahntennbsp;modernen Sexualitatsanscbauungen besitzen selbst eindeutig determiniertenbsp;Gescblecbtsorgane die ,,Potenzen“ des anderen Geschlechts. Es ist darumnbsp;keineswegs eine komplizierte Annahme, daB infolge einer Mutation dernbsp;Vegetationspunkt der Blüte seinen sexuellen Charakter von mannlich nachnbsp;weiblich wechselt.
Die modifizierte Euanthientbeorie scbeint mir also wegen der geringen Hilfs-annahmen, deren sie bedarf, und wegen ihrer guten Übereinstimmung mit den palao-botanischen und allgemein phylogenetischen bzw. physiologischen Befunden von allen bestehenden Theorien am besten begründet.
b) Die Blütenhülle.
Ein im Prinzip ahnliches Problem wie bei der sexuellen Determinierung der SporopliyUe liegt vor bei der Determinierung der Blütenhüllblatter zunbsp;ilireni heutigen Charakter als Kelchblatter, Kronblatter usw. Vielleichtnbsp;kommen wir auch hier einer Lösung naher, wenn wir in ahnlicher Weisenbsp;wie oben beim Problem der Zwitterblütenbildung die Resultate der ent-
Oder jedenfalls als ein von den Sporangien uisprünglich unabhangiges Gebilde. Vgl. oben S. 312.
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5. Abt.: Pteropsida.
wicklungs-physiologischen und der phylogenetischen Forschung zu vereinigen suchen.
Es ist ja wohl kein Zweifel, da6 die Hilfsorgane der heutigen vollstandigeii Angiospermeiiblüte, die oft so prachtigen Blumenblatter imd die, die Knospennbsp;schützenden, Kelchblatter verhaltnismafiig junge phylogenetische Erwerbungennbsp;sind; Organe, die sich in ihrer heutigen Form erst Hand in Hand niit dernbsp;Insektenbestaubung herausgebildet haben. Ein Bliiten-Vegetationspunkt beinbsp;den Angiospermenahnen hat zweifellos an den Stellen, an denen heutenbsp;Kelch- und Kronblatter entstehen, andersartige, blattahnliche Telomstandenbsp;ausgegliedert. Her erwahnte Streitpunkt ist nun die Frage, ob diese ur-spriinglichen Telomstande vegetative Laubblatter oder Sporophylle waren.nbsp;()der mit anderen Worten, es ist umstritten, ob die BlütenhüÜen ,,meta-morphosierte Laubblatterquot; oder ,,metamorphosierte Sporophyllequot;nbsp;sind.
Für die Annahme, dab die Kronblatter nietamorphosierte Kelchblatter (und damit eigentlich Laubblatter) seien, traten u. a. ein: Prantl und Glttcknbsp;(1919); walirend insbesondere A. P. De Candolle, Oelakovsky, Goebelnbsp;(1923) und W. Troll (1927 und 1928) in ihnen metamorphosierte Mikrosporo-phylle sahen.
Eine solche Frage hat aber doch wohl nur dann einen phylogenetischen Sinn, wenn man annimmt, dab die Angiospermenahnen, bei denen sich diesenbsp;Gliederung in Kelch- und Kronblatter ausbildete, bereits Blüten besaben mitnbsp;streng determinierter Organzahl und mit streng determinierter Stellung diesernbsp;Organe an der Blütenachse. Dies ist mir aber mindestens zweifelhaft, ja sogarnbsp;unwahrscheinlich. Ich vermute umgekehrt für diese Angiospermenahnen einenbsp;Blüte mit Seitenorganen in recht unbestimmter Zahl und Stellung (vgl.nbsp;nnten S. 334). Vielleicht gliederten sich schon sehr frühzeitig, als die Blüten-organe noch, wie heute bei den Magnolien (vgl. Abb. 226), in Spiralen in un-bestimniter Organzahl saBen, vom Vegetationspunkt Seitenorgane (,,Phyllome“)nbsp;einer Übergangsregion ab, Seitenorgane, die zwischen der rein vegetativennbsp;Laubblattregion und der rein fertilen Blütenregion vermittelten. Die Blatternbsp;dieser Übergangsregion bekamen dann einen eigenen Charakter als Hüll-blatter, und spater differenzierten sie sich (mindestens bei manchen Angio-spermen) als Kelch- und Kronblatter aus.
Entwicklungsphysiologisch betrachte!, spielte sich dabei am Vegetationspunkt folgendes ab; Einmal wurde im Laufe der Phylogenie die ontogene-tische Gestaltungskraft eines Vegetationspunktes immer mannigfaltiger. Diese phylogenetische Abwandlung des Charakters eines Vegetationspunktes gleichtnbsp;einem Musikwerk, in deni das Thema in immer reicheren Variationen wiederholtnbsp;wird. Bei den altesten Angiospermenahnen, die überhaupt eine ,,Blütequot; ent-wickelten, wechselte der Vegetationspunkt seinen Charakter nur einmal;nbsp;namlich er ging von der Bildung steriler Telomstande (Laubblatter) zur Bil-dung fertiler Telomstande (S})orophylle) über. Vielleicht war der Übergangnbsp;gleitend, gemischte Telomstande schalteten sich ein. Nach und nach aber kamnbsp;es zu einem mehrmaligen (bis sechsmaligen) Wechsel der ontogenetischennbsp;Determinierung eines Vegetationspunktes; er determinierte schlieblich seinenbsp;Seitenorgane nacheinander als Laubblatter, Hochblatter, Kelchblatter, Nek-tarien, Mikrosporophylle und Makrosporophylle.
Weiter veranderte der Vegetationspunkt auch insofern seinen Charakter, als anfangs die Zahl der jeweils gebildeten Seitenorgane nicht starr mitnbsp;3, 5, 10 usw. festgelegt war, sondern effenbar von auBeren Umstanden, vomnbsp;mehr oder minder günstigen Gedeihen der betreffenden Pflanze abhangig
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Angiospermae, Blütenhülle.
war. Das starre Homologisierungsschema der alteren^) Morphologie ist hier meines Erachtens nur sehr schwer anzuwenden; viel geeigneter scheinen mir dienbsp;Homoplasievorstellungen, wie sie vor allem Spemann (1915) entwickelt hat,nbsp;die Yorstellungen, daB aus mehr lindifferenzierten Organen die heutigen Ge-büde geworden sind. Es ist nach diesen entwicklungsphysiologischen Vor-stellungen wohl auch nicht allzu erstaunlich, daB die den Laubblattern benach-barten Blütenorgane, Avie die Hochblatter und Kelchblatter, mehr Züge vonnbsp;Laubblattern aufweisen, als die Kronblatter und Nektarien, die in vielem dennbsp;Sporophyllen ahnlicher sind (Abb. 232). Es ist ferner auch nicht erstaunlich,nbsp;daB bei MiBbildungen diese Differenzierung wieder verloren gehen kann, daBnbsp;z. B. ,,bei Vergrünungen“ alle Blütenorgane laubblattahnlich werden, daB bei
Abb. 232. Nymphaea aïba L., (I—VIII) und N. dentata Jiyhr. hot. (IX-Übergang der Blumenbliitter in Mikrosporophylle.
(Aus Troll, 1927, Abb. 13.)
den ,,gefüllten“ Blüten die Mikrosporophylle, oder bei anderen MiBbildungen auch die Kelchblatter Kronblattcharakter annehmen usw. Ja sogar in Kelch-blattern bonnen sich Sporangien ausbilden (Jaretzky 1928).
Die übrigen Fortpflanzungsmerkmale der Angiospermen können wir hier kürzer besprechen.
Entweder haben wir sie schon früher behandelt, z. B. den Bau der Mikrosporophylle (S. 232) und den Bau des Makrosporangiuras (Samenanlage), insbesondere die Sporenkeimung zum Skernigen ,,Embryosack“ (S. 235).
Oder die Zusammenstellung der Tabelle S. 334 ff. dürfte zu einem Überblick über die betreffende phylogenetische Abwandlung genügen, da esnbsp;sich ja um Dinge handelt, die jede allgemeine botanische Morphologie aus-führlich darstellt.
1) Goethe selbst war hier schon seiner Zeit voraus, vgl. die ,,Metamorphose der Pflanzenquot;, Kap. 120.
-ocr page 350-Primitive Merkmale
Beispiele f. heutg. Vorkommen
Beispiele f. lieutg. Vorkommen
oo
05
Abgeleitete Merkmale
Begründung
a) Allgemeine Blütenmorphologie.
1. Spiralstellung (azyklische Stel- i Magmliaeeae(Abh.226) \ Quirlstellung (zyklische Stellung) Mehrzahl der Angio-I Quirlstellung allgemein von Spiral-lung) der Blütenorgane (gilt i nbsp;nbsp;nbsp;| der Blütenorganenbsp;nbsp;nbsp;nbsp;spermen, z. B.Carj/o-] stellung abgeleitet (S. 62).
auch für vegetative Organe, I nbsp;nbsp;nbsp;'nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;phylhceae
s. unten Nr. 16). nbsp;nbsp;nbsp;jnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;|
Konstanz in der Zahl und sym-1 Mehrzahl der Angio-I Bei altertümlichen Kormophyten metrischenVerteilungderBlüten-1 spermen, z. B. Car«/o-j ist die Organzahl in Spor-organenbsp;nbsp;nbsp;nbsp;' phyllaceaenbsp;nbsp;nbsp;nbsp;I angienstanden durchweg rnkon- , stant, es herrscht auch keine streng symmetrische Anordnung. | |||||||||||||||
|
2. Inkonstanz in der Zahl und 1 Magnoliaceae symmetrischen Verteüung dernbsp;Blütenorgane.
-ocr page 351-für Mikrosporophylle für Makrosporophylle
j Mehrzahl der Angio- Mikrosporophylle a Filament Malvaceae
spermen
Ranales, Rosaceae
I Makrosporophylle
p Sporangien
Gomposüae
Mehrzahl der Angio-spermen, z. B. Apetalae
b) In bezug auf ungleichartige Blütenorgane nicht ver-wachsen:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;!
Kelch- und Kronblatter Kjonblatter und Mikrosporophyllenbsp;nbsp;nbsp;nbsp;i
Mikrosporophylle u. Makrosporophylle: Oberstandi- [ ger Fruchtknotennbsp;nbsp;nbsp;nbsp;|
Ranales
Apetalae
Die meisten Ranales u. Apetalae
I b) ,,Heterogen“ verwachsen, d. h.
in bezug auf ungleichartige j Blütenorgane verwachsen:nbsp;Kelch- und Kronblatternbsp;1 Kronblatter und Mikrosporophylle
Mikrosporophylle u. Makrosporophylle (usw.): Unterstandiger Fruchtknoten
Detailansichten über die Art der Verwachsung von Makrosporo-phyllen zum unterstandigennbsp;Fruchtknoten, vgl. Saunders,nbsp;Goebel (1923), Mattfeld undnbsp;W. Troll (1928).
Rosaceae
Primulaceae
Unibeïliferae, Gomposüae, Orchidaceae
6. Wenig gestauchte Blütenachse , llapnofecea«(Abb.226) I Stark gestauchteBlütenstandsachse Mehrzahl der Angio-
spermen, z. B. auch die meisten Apetalae
Die wenig gestauchte Blütenachse entspricht noch einigermafiennbsp;den wohlentwickelten Inter-nodien ursprünglicher ,,Blüten“.
7. Typische Funktion der Blüten-1 Mehrzahl der Angio- Blütenorgane rudimentar oder mit In Nektarien verwan-! Begründung überflüssig. organenbsp;nbsp;nbsp;nbsp;spermennbsp;nbsp;nbsp;nbsp;abgeleiteter Funktionnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;delte Mikrosporo-' phylle bei Ranuncu-laceen | ||||||||
| ||||||||
Insekten (S. 321). |
9. Zahlreiche Makrosporangien
b) Spezielle Sporophyllmerkinale.
' Ldbiatae-, viele Apetalae, z. B. Fatales
8crophulariaceae\ viele ' Wenige Makrosporangien Ranales
Sporangien in den Sporangien-standen altertümlicher Phanero-gamen zahlreich.
10. Atrope Makrosporangien
Polygonaceae nbsp;nbsp;nbsp;j Anatrope bzw. kampylotrope Ma
krosporangien
Fatales, Liliaceae (Abb. 234)
Atrope Sporangien bei den alter-. tümlichen Kormophyten all-gemein.
11. lm Makrosporangium vielzel-liges Archespor, d. h. mehrere Makrosporenmutterzcllennbsp;(Abb. 236)
1) Siehe S. 371 (Verwaohsungen).
Gasuarinaceae, Betulor [ Einzelliges Archespor, d. h. eine ceae, Fagaceae, Ju- einzige Makrosporenmutterzellenbsp;glandaceae und andere „Amentifeme“, \
Nymphaeaceae, ver-schiedene Ranuncu- \ laceae, Gomposüae \
Die meisten Ranales
Archespor bei ursprünglichen Kormophyten vielzellig.
CU
CO
Cn
Primitive Merkmale
Beispiele f. heutg. Volkommen
Abgeleitete Merkmale
Beispiele f. heutg. Vorkommen
Begründung
Oi
05
12. Alle Bliiten gleich
Mehrzahl der spermen
c) Bliitenstandsmorphologie. Angio- [ Differenzierung der Einzelblüten
j Com/posUae, z. B. Chrysanthemum
Begründung überflüssig.
13. Bliiten eines Bliitenstandes in Rispe mit spiralig angeordnetennbsp;Seitenverzweigungen
14. Zwei Keimblatter
15. Immergrünes Laub
16. S. oben unter 1
17. Nur Tracheiden
Banurwulaceae
Mehrzahl
tvlen
Bliitenstande von kompUzierter ^ Umielliferae Anordnung, wie Dolden, Köpf-1 Compositaenbsp;chen usw.
d) Vegetative Merkmale.
der Dike-1 Bin Keimblatt
Mehrzahl der Monoko-tylen
Spiralige Verzweigung mit selb-standigen Stielen der Zweige bei den altertümlichen Pteropsidennbsp;(soweit keine Dichotomie verhanden) allgemein.
(Vgl. insbesondere auch Pilger).
cn
, Bei den Monokotylen offensicht- nbsp;nbsp;nbsp;^
liche Reduktionsbildungen eines nbsp;nbsp;nbsp;o-
2. Keimblattes (vgl. Coulter nbsp;nbsp;nbsp;-T
und Land).
Yiele Magnoliaceae, vor j allem Angiospermennbsp;I der Tropen
Sommergrünes Laub
Vorzugsweise in ge-J LaBt sich z. B. bei Quereus palao- | maBigten Klimaten ' botanisch belegen.
I Magnoliaceae ' (Abb. 236)
AuBer Tracheiden auch GefaBe i Mehrzahl der Angio
spermen,
talae
auch Ape-
Altertümliche Komiophyten (inch
Phanerogamen) cheiden.
allgemein Tra-
B. Merkmale, deren Phylogenie zwar umstritten, aber meines Erachtens aus der Gesamtphylogenie doch eindeutig ersichtlich ist:
18. Eingeschlechtige Bluten \Casmrimceae u. viele | Zwitterbluten nbsp;nbsp;nbsp;'Magnoliaceaenbsp;nbsp;nbsp;nbsp;I (S. oben S. 326ff.).
! andere Apetalae nbsp;nbsp;nbsp;\nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;\
19. Zahlreiche gleichartige Blüten-organe in einer Blüte
Magnoliaceae {u.undeTe Wenige gleichartige Blutenorgane | Viele Apetalae Banales)nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;in einer Blüte
j Sporophylle bei altertümlichen Kor-j mophyten meist zahlreich.
20. „Marginalequot; Plazentierung der, Eanales, Apetalae Makrosporangien
I Zentrale Plazentierung der Makro-1 Garyophyllaceae nbsp;nbsp;nbsp;I (S. oben S. 330).
sporangien nbsp;nbsp;nbsp;, Primuhceaenbsp;nbsp;nbsp;nbsp;j
|
o' co 3 Cr- CO CO |
338
5. Abt.: Pteropsida.
c) Vegetative Merkmale.
Wir wollen hier nur einige Merkmale herausgreifen; die Phylogenie des Baumstammes iind des Angiospermenblattes.
1. Baumstamm.l
Die Baumgestalt ermöglicht es der Pflanze, ihre Krone, d. h. den Trager der assimilierenden Laubblatter und der Fortpflanzungsorgane, ohne fremdenbsp;ünterstützung hoch in der Luft auszubreiten. Iladnrch werden an den Bauni-stanini groile mechanische Anspriiche gestellt, die er bei den einzelnen Pflan-
zengruppen auf sehr verschiedenen W egennbsp;befriedigt.
Als 1.1) Slairini-lyp linden wir den Holzstamm auchnbsp;bei den Dikotylennbsp;in ahnlicher Weisenbsp;entwickelt wie beinbsp;den Koniferen undnbsp;Ginkgophyten, d. h.nbsp;die Hauptmasse desnbsp;Stammes wird hiernbsp;durch das Holz ge-bildet. Das Holznbsp;wachst vermittelsnbsp;Kambium durch Se-kundarholz in deninbsp;Mafie, wie der Stammnbsp;in die Höhe wachst,nbsp;und wie sich dienbsp;Krone mehr undnbsp;niehr entfaltet. Wienbsp;schon erwahnt, ist ei-ne Siphonostele bzw.nbsp;Eustele mit kreisfor-miger Anordnung dernbsp;Leitbündel die Vor-aussetzung für einnbsp;,normales‘ Kambiumnbsp;bzw. Sekundarholz.nbsp;So herrscht bei dennbsp;Dikotylen die Eustele. Der Dikotylen-stamm zeigt abernbsp;einige Eigentümlichkeiten gegenüber dein Koniferenstamm. Einmal ist seinnbsp;Holzkörper nicht nur aus Tracheiden, sondern meist auch aus GefaBen undnbsp;Holzfasern zusamraengesetzt. Interessanterweise haben allerdings einigenbsp;Magnoliaceen nur Tracheiden (Abb. 236). Wahrend ferner bei den Koniferennbsp;fast immer die primare Hauptachse der Pflanze als Monopodium den Stammnbsp;bildet (Ausnahme: Taxodium distiehum) ist der Dikotylenstamm in der Regel
1) Die Reihenfolge der Stammtypen bedeutet keineswegs eine phylogenetische Roihe. Vielmebr handelt es sich hier effenbar metst um Parallelbildungen.
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Angiospermae, vegetative Organe.
ein Sympodium, d. h. die Hauptachse stellt ihr Wachstum jeweils ein und wird verlangert durch einen seitlich hervorbrechenden AchselsproB, der sichnbsp;im Laufe der Zeit in die Verlangerung der Hauptachse einstellt.
DieMonokotylen haben keineEustele, sondern fast durchweg eineAtakto-stele. Infolgedessen ist bei ihnen die Ausbildung eines normalen Kambiums und normalen Sekundarholzes unmöglich i). Die verhiiltnismaBig seltenen Mono-kotylenbaume sind aber in anderer Weise (vgl. die Stammtypen 2—4 und 7) zunbsp;Baumstammen gekommen. Diese Stammtypen stellen keineswegs dem Holz-stamm gleichwertige Höchstleistungen dar. Weder an Stammliöhe noch anMas-senentfaltung der Krone können sich die Monokotylenbaume mit den Koniferen-
und Dikotylenbaumen messen. Man kann sagen, daB es einigen Monokotylen-gruppen trotz ihrer anatomischennbsp;Struktur gelungen ist, ein Baum zunbsp;werden. Kurz, als TJrform der meistennbsp;Dikotylen darf man wohl die Bauni-gestalt annehmen, dagegen ist wahr-scheinlich die TJrform der Monokotylennbsp;ein Kraut gewesen (vgl. unten S. 347).
2. Stammtyp: der Draeaeiia-Stanim. Hier haben wir ein sekundares Dickenwachstum, im Prinzip wie bei den Dikotylen durch ein kreisformigesnbsp;Kambium. Da aber die Leitbündel entsprechend der Ataktostele durch dennbsp;ganzen Stamm verteilt sind, kann sich das Kambium nicht zwischen Siebteilnbsp;und Holzteil ausbilden, sondern es entsteht auBerhalb der bestehenden Leit-
1) Schwache Kambiumtatigkeit innerhalb der Leitbündel ist iibrigens auch bei Monokotylen beobachtet worden (vgl. Arber, 1918).
22*
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5. Abt.: Pteropsida.
bündel und fügt jeweils vollstandige, „geschlossene“ Leitbündel der Stele apBen zu. Man hat sogar schon gelegentlich Jahresringe bei der Bildung einesnbsp;solchen Monokotylenstammes beobachtet (Chamberlain 1921).
3. Stammtyp: der Palmenstamm. Er hat kein irgendwie in Frage kommendes Dickenwachstum. Natürlich ist die Stammachse an der Keim-pflanze anfangs sehr dünn. Der Stamm bleibt hier zunachst sehr kurz undnbsp;der Vegetationspunkt wachst fast nur in die Breite. Die ganze Pflanze bildetnbsp;daher nur unmittelbar über dem Erdboden ihre Blattrosette aus. Erst wennnbsp;der Vegetationspunkt seine endgültige Breite erreicht hat, beginnt das Langen-wachstum zum (nun immer ungefahr gleich schlank bleibenden) Palmenstamm.
Interessant ist eine kleine Modifikation bei der Sahal-Palme,. Hier kriecht der junge Stamm,nbsp;wahrend er zur endgültigen Dicke heranwachst,nbsp;wie ein Rhizom horizontal am Boden.
A nbsp;nbsp;nbsp;B
Abb. 236. Tracheiden der Magnoliaceen.
A = Drimys cohrata Eaoul. Sekundarholz, quer.
B = Drimys Winteri Forst. Sekundarholz, liings, araukarioide Tüpfelung.
(Aus Bailey und Thompson, 1918, Taf. XVI, Abb. 3 u. 7.)
4. Stammtyp: der Paiuiaiius-Stamm. Wie beim Palmenstamm fehlt sekundares Dickenwachstum. Je alter der Baum wird, um so breiter wird dernbsp;Vegetationspunkt, um so dicker also der Stamm. Zum ünterschied gegenübernbsp;dem Palmenstamm wird bei Pandanus aber der Stamm auch wahrend diesernbsp;Verbreiterung schon erheblich langer. Er wachst mehrere Meter über dennbsp;Boden empor. Auf einem spitzen, am Boden befindlichen Ende stützt sichnbsp;also hier ein ziemlich betrachtlicher, nach oben sich verbreiternder Stamm.nbsp;Das ware an und für sich natürlich eine mechanisch und physiologisch unmög-liche Konstruktion, wenn nicht durch zahlreiche, hinzukommende („adventivequot;)nbsp;Luftwurzeln der Stamm immer aufs neue gestützt würde und die Krone immernbsp;neue Bahnen der Wasser- und Nahrungszufuhr erhielte.
Es ist vom allgemein phylogenetischen Standpunkt aus besonders interessant, dab gerade bei den Monokotylen mit ihi’em recht unvollkommenen Stamm die Bautypen am mannigfaltigsten sind.
Der Vollstandigkeit halber wollen wir auch die wichtigsten übrigen Stamm-typen hier erwahnen, obwohl sie bei den Angiospermen selbst kaum entwickelt sind. Es sind das:
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Angiospermae, Stammtypen.
5. nbsp;nbsp;nbsp;Stammtyp: der Rindenstamm. Vertreten z. B. bei den Lepido-phyten. Das sekundiire Dickenwachstuni spielt sicli vorzugsweise in dernbsp;Rinde ab, die sowolil in niechanischer Hinsicht, wie als Organ der Wasser-versorgung Funktionen des Holzes bei den heutigen Holzstammen über-nommen bat. Auch ein noch recht nnsicher bekanntes Farnstammchen,nbsp;Knorripteris Hörich {Adelophyton Bertrand) aus dem Muschelkalk, ist ahn-lich gebaut.
6. nbsp;nbsp;nbsp;Stammtyp: der Blatt-Wurzelstamm. Der Stamm besteht ent-weder aus vielen dünnen Stammchen und Blattstielen, die durch Wurzelnnbsp;miteinander zu einem „Scheinstamm“ verflocliten werden (so bei heute aiis-gestorbenen Baumfarnen wie Clepsydropsis australis, vgl. S. 192); oder dienbsp;Basis der Blattstiele, die BlattfüBe, verstarken einen meist recht schwachen
l)rimaren Stamm, an den sie sich anschmiegen. Auch hier Rechten sich meist Wurzeln zwischen die BlattfüBe. Insbesondere die Baumfarne (vgl. z. B.nbsp;S. 207 und 216) haben derartige Blattwurzelstamme.
Fine eigentümliche Kombination von Holz- und Rindenstammen besitzen die Calamiten in ihren Markstammen (vgl. S. 168). Es ist das ein
7. Stammtyp: der Rohrenstamm, der seiner mechanischen Kon-struktion nach auch bei Gramineen (z. B. Bambusen) ausgebildet ist. Das Mark wird hier in alteren Stammen meist zerstort, es bildet sich die „Markhöhle“.
2. Die Laubblatter.
Audi in der Blattgestaltuiig besteht bekanntlich ein groBer Gegensatz zwischen Monokotylen und Dikotylen. Die Unterschiede betreffen einerseitsnbsp;die auBere Blattgestalt (vgl. insbesondere die ausführliche Zusammenstellungnbsp;von Seybold) und andrerseits die innere Anatomie, namlich sowohl den Ver-
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5. Abt.: Pteropsida.
lauf der Leitbiindel im Blatt wie iliren anatomischen Aufbau. Das Monokotylen-blatt ist fast immer ungeteüt, mit glatten, mehr oder minder parallelen Seiten-randern, so wie beim Lilienblatt. Das Dikotylenblatt ist sehr haufig stark unterteilt, im Prinzip wie die meisten Farnblatter, oder es besitzt doch mindestensnbsp;einen irgendwie eingeschnittenen oder eingekerbten Kand.
Das Leitbündelnetz („Aderungquot;) eines Dikotylenblattes ist aufgebaut auf eine mehr oder minder abgewandelte Fiederaderung. Im Monokotylenblattnbsp;laufen die Leitbiindel im groBen und ganzen parallel. Das Dikotylenblatt hatnbsp;im allgemeinen einen deutlich dorsiventralen Ban; namentlich in der Blatt-flache ist nieist Ober- und Unterseite deutlich verschieden: auf der Oberseitenbsp;befindet sich Palisadenparenchym, auf der Unterseite Schwaniniparenchym,nbsp;die Leitbünde' bilden nur auf der Oberseite Holzteil und auf der Unterseitenbsp;Siebteil aus, Spaltöffnungen sitzen vorzugsweise auf der Unterseite usw. Dasnbsp;Monokotylenblatt zeigt im allgemeinen einen mehr radiaren Ban. Ja, es gibtnbsp;hier sogar völlig radiare Blatter, wie die „Rundblatterquot; vieler Allium-(Lauch-) und Juncus- (Binsen-) Arten, mit einer ziemlich radiaren Eustelenbsp;bzw. Ataktostele.
Bei dieser groBen Verschiedenheit ist schon wiederholt, z. B. durch De Candolle (1827), die Ansicht vertreten worden, Dikotylen- und Monokotylenblatt seien grundsatzlich verschieden konstruiert, oder —• phylogenetisch ge-sprochen — sie batten eine völlig verschiedene Geschichte. Ich teile diese Auf-fassung, wenn ich auch die Form, in der sie meist vorgebracht wird, namlichnbsp;als „Phyllodientheorie“, für phylogenetisch nicht begründet halte, wienbsp;noch naher zu besprechen sein wird.
Monokotylenblatt.
Die Phylogenie des Monokotylenblattes ist meines Erachtens am leichtesten zu verstehen, wenn man annimmt, daB die Monokotylenahnen einheitlich unge-teilte Rundblatter wie die Binsen gehabt haben (Abb. 238 a). Die Abflachung zunbsp;,,typischen“, d. h. flachigen Blattern erfolgte dann bei den Monokotylen bemer-kenswerterweise nicht immer in der gleichen Ebene wie bei den Dikotylen, sondern,nbsp;ahnlich wie wir das oben schon für Tmesipteris (S. 120 und Abb. 52) erwahnten,nbsp;senkrecht dazu. Beispielsweise sind die ,,reitenden“^) Blatter von Iris abge-flacht in dei' (der Blattachse und zugehörigen SproBachse gemeinsamen) Ver-zweigungsebene, wahrend ja das Dikotylenblatt und vide andere Monokotylen-blatter (wie die Grasblatter) in einer Ebene senkrecht dazu flachig geworden sind.nbsp;Sehr oft ist dabei die auBerste Spitze noch vöUig radiar (vgl. Goebel 1928,nbsp;S. 371 ff). Bei „reitenden“ Blattern fehlt die Dorsiventralitat in der Regel ganz,nbsp;auch sonst ist sie meist schwacher erkennbar. Die ursprüngliche radiarenbsp;Symmetrie des Blattes ist z. B. bei den Monokotylen in der Anatomie haufignbsp;besser gewahrt als bei den Dikotylen. Ahnlich wie beim anatomisch-radiarennbsp;Schuppenkomplex der Koniferen ('S. 299) finden wir auch bei den flachen Mono-kotylenblattern „inverse“ Leitbündel (vgl. Abb. 238 c), d. h. die Leitbündelnbsp;kehren einander, entsprechend der ursprünglichen Eustelen- (oder Atakto-stelen-) Anordnung ihre Holzteile zu. Ein solches Blatt gleicht gewissermaBennbsp;einem „flachgebügelten“ Rundblatt.
Dikotylenblatt.
Das Dikotylenblatt zeigt im Prinzip dieselbe Geschichte an, wie wir sie allgemein oben (S. 196 ff) für die Pteropsidenblatter besprochen haben. In seinernbsp;auBeren Morphologie besteht es aus einem Phylloidsystem, wobei die einzelnen
1) Das „reitendequot; Blatt ergibt sich dann noch aus der bei den Monokotylen ja sehr haufig stengelumfassenden Blattbasis.
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Angiospermae, Laubblatter.
Phylloide mehr oder minder stark miteinander verwachsen sind. Üie Pulsa-tilla-Blëittei z. B. (Abb. 250) mit ihren noch ziemlich freien Einzelphylloiden und deutlicheni Fiederaufbau sind offenbar eine ziemlich primitive Form.nbsp;Primitiver als bei den meisten heutigen Farnen ist auch die bei den Dikotjden-blattern stark vorherrschende „Katadromiequot; (vgl. oben S. 61 nnd Abb. 20)nbsp;der Verzweigung^).
Bei heutigen Dikotylenblattern sind übrigens die Spuren der ursprünglichen Dorsiventralitat gleichfalls keineswegs so stark verwischt, als man das gemein-hin dargestellt findet; z. B. sind die Blattstiele mancher Ranunculaceen,nbsp;etwa der meisten Pulsatilla-Arten, aucli in ihrer Anatomie noch durch-aus radiar, sie besitzen eine Eustele. (Vgl. Schrödinger und Zamels).
Abb. 238. Phylogenie der Blattanatomie bei Angiospermen. a Hundblatt als Ausgangsform (vor allem für Monokotylen).nbsp;b und d typische dorsiventrale Blatter, entstandennbsp;entweder dureh Ausdehnung eines Sektors (b)
oder durch parenchymatische Umwandlung der oberen Blatthalfte (d). c schwach dorsiventralos Blatt, durch ,,Abplattung“ entstanden, mit ,,inverscn“ Leit-bündeln, wie sie bei Monokotylen haufig sind.
schwarz = Holzteil;
Siebteil = durch anschlieBenden Halbkreis gekennzeichnet; punktiert = liomologer parenchyinatisclier Sektor.
(Original.)
Audi in anderen Familien zeigt manchmal der Blattstiel radiare Anatomie, ja bei manchen J.cacm-Arten setzt sich diese radiare Struktnr bis in die Spindelnbsp;des Fiederblattes fort (Peters).
Irn einzelnen ist die Blattgestalt der Angiospernienlaubblatter so stark phylogenetisch abgewandelt, daB ich mich hier nur mit einigen Andeutungennbsp;und dem Hinweis auf die vergleichenden Darstellungen von Goebel, Glück,nbsp;Velenovsky, Seybold usw. begnügen muB. Schuppen, Kotyledonen,nbsp;Banken, Organe für den Insektenfang, Phyllodien usw., das waren ja von jehernbsp;als unverkennbare Abwandlungen der Laubblattgestalt die dankbarsten Ob-jekte jeder Metamorphosenlehre. Gelegentlich sind solche Metamorphosennbsp;auch innerhalb einer ,,Art“ beobachtet wie die Rankenbildung der Abb. 239.
1) Vgl. insbesondere Sinnott und Bailey, sowie die stark abweichende Auffassung von Seybold.
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6. Abt.: Pteropsida.
Wir mussen uns aber noch zu Einwanden wenden, die — wohl schein-bar — der vorgetragenen Auffassung entgegenstehen. Zunachst ist Mar, dab nur phylogenetische Ableitungsprobleme hier diskutiert werden können.nbsp;Eine idealistisch-morphologische Behandlung der Probleme vollzieht sich aufnbsp;einer ganz anderen Ebene, so daB eine ersprieBliche Diskussion von vorn-herein unmöglich ist. Die erste Erörterung sei der ,,Phyllodientheo-rie“ des Monokotylenblattes gewidmet. Diese Theorie stützt sich aufnbsp;die Tatsache, daB bei den Dikotylen Phyllodien, d. h. blattahnliche Bildungennbsp;mit ungeteiltem Kande und mit parallelen Nerven genau wie die ,,typischen“nbsp;Monokotylenblatter vorkommen, und daB diese Blatter, z. B. die Phyllodiennbsp;mancher australischer Akazien-Arten (vgl. Abb. 248) ganz offensichtlich durchnbsp;eine flachige Verbreiterung der Blattstiele entstanden sind. Denientsprechendnbsp;nimmt die von De Candolle begründete und neuerdings von A. Arber inten-siv verteidigte Phyllodientheorie an, daB auch das Monokotylenblatt ein flachig
verbreiterter Blattstiel sei, wahrend die ursprüngliche Blattspreite verloren ge-gangen sei. Den Grundgedanken der Phyllodientheorie von einer radiaren Struktur bei der Ahnenform des Monokotylenblattes habe ich ja oben als be-rechtigt vertreten. Bedenklicher scheint mir aber die Annahnie, daB dieses „llr“-Blatt bereits eine so scharfe Gliederung in Blattstiel und Blattspreite besessennbsp;habe, so daB man sagen kann: nur der Blattstiel, oder allenfalls sogar nur dernbsp;Blattgrund, wurde zum Monokotylenblatt. Das scheint mir mindestens un-bewiesen. Die von Goebel und seiner Schule erhobenen Einwande gegen dienbsp;Phyllodientheorie (vgl. insbesondere v. Gaisberg) richten sich wohl vor alleninbsp;gegen diese spezielle Forinulierung der Phyllodientheorie und scheinen mirnbsp;in diesem Punkte berechtigt. Gegen die Annahme einer neutraleren Ausgangs-form, etwa eines binsenahnlichen radiaren Urblattes, scheinen mir diese Einwande aber kaum gerichtet. Eine starre Homologisierung der einzelnen Teilenbsp;laBt sich, sowohl in der Richtung der Blattlangsachse, wie senkreeht dazu,nbsp;kaum durchführen.
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Angiospormae, Sippenphylogenie.
Da ja überhaupt die Blatter von einer radiaren Ausgangsforni aus dorsi-ventral geworden sind, lieBe sich höchstens denken, daB die Phylogenie hier pendelförmig hin- und hergegangen sei, daB also das Kundblatt der Binsennbsp;wieder sekundar zur Ausgangsform zurückgekehrt sei. Das ist an und für sichnbsp;möglich. Namentlich die ,,inversen“ Leitbündel machen die umgekehrte An-nahme aber wahrscheinlicher.
Vielleicht muB auch hier nochmals betont werden, daB man keineswegs aus der Annahme einer Ursprünglichkeit der betreffenden Gruppe oder aus dernbsp;Tatsache einer primitiven Blüten-, Stamm- usw. Gestaltung unmittelbar aufnbsp;die Ursprünglichkeit eines Blattmerkmals schlieBen darf. Gerade bei den Blat-tern ist aber in ganz typischer Weise ein solcher SchluB von den verschiedenstennbsp;Seiten schon gemacht worden.
Gehen wir nun von der Merkmalsphylogenie zu den eigentlichen stammes-geschiohthohen Problemen, zu den phylogenetischen Beziehungen zwischen den Angiospermenfamilien über. Wie immer nehmen bei diesem Sohritt die Schwierig-keiten und die ünsicherheit unserer Schlüsse zu. Wir haben darum das Grund-problem zunachst einmal zu vereinfachen gesucht, indem wir als unsere erste Auf-gabe die Klarung der phylogenetischen Zusammenhange von 4 wichtigen Angio-spermengruppen bezeichneten: 1) der Afetalae, 2) der Ranales, 3) der Monoko-tylen und 4) solcher Dikotylen, welche sich offensichtlich von einem Ranales-artigen Grundtyp herleiten, z. B. der Rosales. Um der unverkennbaren Ver-worrenheit des Phylogenieproblems bei den Angiospermen zu Leibe zu rüoken,nbsp;ist es natürlich notwendig, daB wir unsere Fragestellung und SchluBfolge-rungen so schart und unmiBverstandlich wie möglich formulieren.
Wie können wir überhaupt aus den heutigen Pflanzen die Sippenphylogenie ersehlieBen ?
Die phylogenetische Sippenanordnung gründet sich im einzelnen wesentlich auf der im Prinzip sicher berechtigten Voraussetzung, daB die Pflanzen im groBennbsp;und ganzen um so naher miteinander phylogenetisch verwandt sind, je mehrnbsp;Merkmale sie gemeinsam haben, daB sie einander um so ferner stehen, in je mehrnbsp;Merkmalen sie differieren. Damit ergeben sich dann schon eine ganze Reihenbsp;wohlbegründeter phylogenetischer Beziehungen, insbesondere die ,,Ableitung“ dernbsp;unter 4) zusammengefaBten Dikotylengruppe von den Ranales.
Wettstein und viele andere phylogenetisch orientierte Systematiker haben nun aber schon wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daB man diesen Aus-druck: die Angiospermengruppe X ,,von den Ranales ableiten“ nicht miBverstehennbsp;darf! Er besagt natürlich nicht, daB die heutigen „Ranalesquot; die Ausgangs-formen der anderen sind. Was besagt er aber dann ? Nun er besagt; 1. die Angiospermengruppe X und die Ranales haben einen übereinstimmenden Ahn^). 2. Die-ser Ahn hatte mit den Ranales soviel übereinstimmende Merkmale mehr als mitnbsp;der Gruppe 4, daB wir ihn systematisch zu den Ranales stellen, oder ihn mindestensnbsp;in engere Beziehungen mit ihnen als mit der Gruppe X bringen würden, weniinbsp;er uns heute begegnete. Die Ranales haben sich also in den für unser Systemnbsp;in Frage kommenden Merkmalen weniger entwickelt als die Gruppe X.
„In den für unser System in Frage kommenden Merkmalenquot;! — hierin liegt m. E. eine auBerst schwerwiegende Anerkenntnis. Sie schlieBt vor allemnbsp;die Tatsache ein, daB die heutigen Ranales in anderen Merkmalen fortgeschrittenernbsp;sein können als die Gruppe X, daB also sowohl die Gruppe X wie die Ranalesnbsp;selbstandig primitive Merkmale enthalten können.
1) Auf diese grundsiitzlichen Fragen der ,,Verwandtschaft“ werde ich anderwiirts naher eingehen. Vorlaufig sei auch auf meine Parstellungen diescr Problemo (Zimmcrmannnbsp;1926/27 und 1928 b) hingewiesen.
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5. Abt.: Pteropsida.
Abb. 240 zeigt die wichtigsten heute vertreteneii Ansichten in ihren grohen Glücklicherweise herrscht wenigstens in einigen Punkten heutenbsp;zwischen alien in Frage kommenden Systematikern und Phylogenetikern Ein-stinimigkeit. Diese Punkte wollen wir in den Vordergrund stellen. Die Überein-stinimung betrifft zunachst die relative ürsprünglichkeit der Ranales.
c) Hiitclnnsoii
Abb. 240. Verschiedene Ansichten über den Angiospermenstaniinbauin
a) nbsp;nbsp;nbsp;nach Wettstein (1924), auch von vielen anderen Systematikern vertreten;
b) nbsp;nbsp;nbsp;nach Hallier (altere Auffassung, vgl. z. B. 1901 und 1912);
c) nbsp;nbsp;nbsp;nach Hutchinson, 1926;
d) nbsp;nbsp;nbsp;nach Mez (z. B. Mez und Ziegenspeck 1926). (Original.)
Die Ranales, vor allein ans deni Verwandtschaftskreis der MagnoUaceae, ver-cinigen eine sehr groBe Anzahl priinitivei- Merkinale (vgl. die Tabelle S. 334, sowie insbesondere die ZusaniniensteUung der priinitiven Merkinale bei Hallier 1912nbsp;und Wettstein 1924). Fast alle Phylogenetiker und Systeinatiker leiten da-
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Angiospermae, Sippenpliylogenie.
rum sowolil die Monokotylen (mindestens in ilirer Hauptniasse, vgl. Merzu u. a. Engler, Mez, Ankermaiin, nnd die bei Wettstein 1924, S. 518nbsp;zitierte Literatur), wie einen groBen Teil der Dikotylen von Ranales-siiigmnbsp;Alinen ab (vgl. Abb. 240). Das liat natürlich die Konsequenz, daB zahlreichenbsp;Merkmale ,,polyphyletisch“i) erworben sein miissen. Wenn die Monokotylen,nbsp;wie das SüBenguth nahelegt, sich von verschiedenen dikotylenartigen Ahnennbsp;(u. a. auch von T^ctwales-artigen) lierleiten, dann niüssen sie die Charakteristikanbsp;der Monokotylen (Monokotylie, Leitbiindelanordnung, Blattgestalt usw.) poly-phyletiscli erworben haben. Leiten sich aber die Monokotylen von einem ein-zigen dikotylenartigen Ahn ab, sind also die genannten Monokotylen-Charak-teristika ,,nionopliyletisch“ erworben, so niüssen zahlreiche Gemeinsamkeitennbsp;der Monokotylen und Dikotylen ,,polyphyletisch“ entstanden sein, z. B. ent-weder die eingeschlechtige Windblüte dei- Pandanales und Apetalae, oder dienbsp;zwittrige ,,Blimie“ etwa der Lilie und der Rose. Über diese Detailfragen istnbsp;wie in so vielen Dragen der Sippenpliylogenie noch keine Einigkeit erzielt.
Die Eigentümlichkeiten der Monokotylen ini Stamm (Fehlen einer Eustele niit typischem Sekundarholz) und im Laub (niehr oder minder abgeleitetesnbsp;einheitliches Rundblatt) machen es ni. E. wahrscheinlich, daB die Monokotylen-ahnen mindestens zeitweise Krauter ohne aufrechten Stamm oder Stengel,nbsp;also Rosettenpflanzen mit direkt voni Boden aufstrebenden Blattern waren. Solchenbsp;direkt vom Boden aufstrebenden Blatter sind ja sehr haufig niehr oder mindernbsp;radiar, wahrend die seitlich einer oberirdischen SproBachse (wie bei vielennbsp;Dikotylen) ansitzenden Blatter den dorsiventralen Ban bevorzugen. Vielleichtnbsp;sind so die Eigentümlichkeiten der Monokotylen ein Ausdruck dafür, daB dienbsp;Tracht der Monokotylen binsenahnlich war. Man hat ja schon wiederholtnbsp;wegen des Reichtums von Wasserpflanzen bei den Monokotylen daran gedacht, daB die Monokotylenahnen einen feuchten Standort bewohnten. Daraitnbsp;scheiden selbstverstandlich die vorzugweise holzigen Gruppen der Ranales, wienbsp;die Magnoliaceae, als direkte Monokotylenahnen aus.
Der scharfste Auffassnngsgegensatz besteht wohl über den AnschluB der Apetalae. Die Meinungsverschiedenheiten decken sich zuiii groBen Teil mitnbsp;denjenigen über die Entstehung der Zwitterblüte. Hatte der Angiospernien-ahne (ob mr ihn eine Hemiangiosperme mit Arber und Parkin oder Prok-angiospermae mit Engler nennen, ist für uns zunachst prinzipiell gleichgültig)nbsp;bereits Zwitterblüten, so sind auch für die Apetalae Ranales-Arüge Ahnen an-zunehnien. Die Apetalae waren in diesemPunkt abgeleiteter als die Ranales (tiamp; l-lier u.a.). lm umgekehrten Dalle, wenn die Angiospernienahnen eingeschlechtigenbsp;Blüten hatten, liegt die z. B. von Wettstein vertretene Annahme nahe, dienbsp;Apetalen überlieferten diesen ursprünglicheren Typ. DaBt man die Gesamtheitnbsp;der phylogenetischen Tatsachen ins Auge, insbesondere auch das Vorherrschcnnbsp;der Apetalen neben einer betracht lichen Menge von Ranales, vor allem dennbsp;Magnoliaceen, in der Kreide, so scheint mir die Wahrheit auch hier einiger-inaBen in der Mitte zu liegen. Sowohl die Apetalae wie die Magnoliaceae überliefern eine ganze Reihe von primitiven Merkmalen.nbsp;Bei den Apetalae ist es vor allem die Eingeschlechtigkeit dernbsp;Blüte, die Windblütigkeit, das unscheinbare Perianth, dann abernbsp;auch die Aporogamie, die sie als ursprüngliche Merkmale gegenüber dennbsp;Ranales auszeichnen. Aber in der Reduktion der Sporophyll- und Spor-angienzahl sind die Apetalae sicher abgeleitet ^). Hier reprasentieren die Ranales mit ihren zahlreichen, oft spiralstandigen Sporojihyllen die Ausgangsforni.
und polypln'-
1) nbsp;nbsp;nbsp;Über den Unterscliied zwischen polypliyletischer Sippenentwieklnngnbsp;letischer Merkmalsentwicklung vgl. S. 379.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Vgl. hierzu auch Sommer.
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ö. Abt.: Pteropsida.
Auch manche andere Merkmale, wie die gymnospermenahnlichen Tracheiden bei manchen Magnoliaceen, darf man wohl nnbedenklich als primitiv ansprechen.nbsp;Es scheint mir darum der von Wettstein vertretene Stammbaum den heutenbsp;vorhandenen phylogenetischen Daten am meisten gerecht zii werden.
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Florengeschichte: Fadenalgeii- und Taiigzeit.
Es ist eine Selbstverstandlichkeit, welche bereits der bibbsche Schöpfungs-bericht lehrt, dab Pflanzen, d. h. autotrophe Organismen, die durch ihre Assi-milationstatigkeit von mineralischen Stoffen allein leben können, vor den Tieren die Erde besiedelt haben. Wir sehen aber aueh, dab neue Entwicklimgs-phasen der Gesamtorganisnienwelt im allgemeinen durch eine betrachtlichenbsp;Wandlung der Pflanzenwelt eingeleitet werden, und dab die Entwicklnng dei-Fauna erst folgt. Auf diese Tatsache hat bereits Weib (1877) aufmerksainnbsp;gemacht. Potonié-Gothan (1921) haben sie weiter ausgeführt. Erwahnens-wert — aber aus der Ernahrungskorrelation durchaus verstandlich — ist esnbsp;z. B., dab die Pflanzenwelt vor den Tieren das Festland besiedelte! Benierkens-wert ist auch am Ende des Mesozoikums die explosionsartige Entwicklung dernbsp;Angiospermen (übrigens auch der Diatomeen und Peridineen), der dann alsnbsp;Parallelerscheinung im Tertiar die Saugetierentwicklung folgte!
Wir gliedern die Florengeschichte am besten entsprechend den 5 llaupt-stufen, in denen uns die Pflanzengestalt herrschend entgegentritt:
A. und B. Fadenalgen- und Tangzeit . Prakambrium bis unter. Ob.-Silur,
C. Pteridophytenzeit........oberes Ob.-Silur bis Rotliegendes,
(als Unterzeit: die Psilophytenzeit. oberes Ob.-Silur bis M.-Devon),
1). Gymnospermenzeit.......Zechstein bis untere U.-Kreide,
E. Angiospermenzeit........obere U.-Kreide bis Jetztzeit.
Prakambrium bis Ob.-Silur (Eophyticum).
Wir haben unseren früheren Angaben (S. 35 ff.) über die Thallophyten, die in diesen beiden ersten Zeitabschnitten allein herrschten, kaum etwas hinzu-zufügen. Das Gesamtleben spielte sich völlig im Wasser ab. Gegen Ende diesernbsp;Zeit mogen vielleicht doch schon einige Landpflanzen gelebt haben, derennbsp;Kenntnis uns bisher entgangen ist (vgl. Gothan, 1921, S. 423). Das ist schwei'nbsp;zu widerlegen. Doch kann man eine solche Möglichkeit natürlich bei keinernbsp;geologischen Epoche ausschlieben. lm Gegenteil, es ist immer wahrscheinlich,nbsp;dab uns die Organismen erst dann begegnen, wenn sie eine betrachtliche Ent-faltung gewonnen haben. Der Beginn jeder neuen Zeit wird also wohl immernbsp;mit dem Fortschreiten der Erkenntnisse weiter zurückdatiert werden können.nbsp;Aber — das ist das wesentliche für unsere phylogenetischenFragen — im grobennbsp;und ganzen blieb nach den bisherigen Neuentdeckungen das gegenseitige Ver-haltnis der Florenzeiten ungefahr gewahrt; die Grenzen verschieben sich imnbsp;ganzen gleichsinnig rückwarts.
Oberes Ob.-Silur bis Mitteldevon.
Die schlecht erhaltenen Landpflanzen des Ob.-Silur besagen uns bishei-nur, dab es damals bereits eine — wohl sparliche^) — Landflora gegeben hat.
1) Hoffentlich verschwinden die Angaben über eine reich entwickelte Landflora aus dem ,,Silur“ (tatsachlich aus dem Kulm) vom Harz allmahlich aus der Literatur (vgl. dazunbsp;Gothan 1921). Leider schleppt sich dieser Irrtum noch in die neue Literatur fort; z. B. beinbsp;Köppen-Wegener 1924, S. 146.
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Florengeschichtc.
Erst vom Devon ab können wir ein deutlicheres Bild der Landvegetation gewinnen. Abweichend genug von unserer heutigen Landvegetation muB die frühdevonische Vegetation ausgeschaut haben. Die blattlosen oder thallosennbsp;Devonpflanzen, fiir welche Rhynia (Abb. 36) charakteristisch ist, müssen einennbsp;höchst eigentümlichen, fremdartigen Anblick gewahrt haben.
Der groBe habituelle Unterschied der Devonflora gegeniiber der heutigen Landflora ist vom phylogenetischen Standpunkt aus deshalb so bemerkenswert,nbsp;weil die Tangflora bereits im Silur Gestalten ausgebildet hatte, die ihren heutenbsp;lebenden Verwandten durchaus ahnlich sahen (man denke z. B. an die Siphono-cladiales). Der Übergang aufs Land belebte also offenbar die Gestaltungskraft,nbsp;vielleicht im wesentlichen dadurch, daB sich neue Anpassungsmöglichkeitennbsp;ergaben. Bereits im Mitteldevon macht sich aber das Herannahen einer neuennbsp;Zeit bemerkbar. Noch herrschen zwar ,,typische“, uns völlig freradartigePsilo-phyten wie die Rhyniaceen (Abb. 36) oder die Pseudosporochnaceen (Abb. 45).nbsp;Auch andere Pteridophytengruppen, die wie die ersten Articulaten, die Hyenialesnbsp;(Abb. 92), dazukommen, sind eben wegen ihrer Psilophytenahnlichkeit nochnbsp;den heutigen Pflanzen sehr unahnlich. Aber daneben muten nns doch auchnbsp;schon manche Pflanzen, wenigstens habituell, vertraut an. Es sind das vornbsp;allem die ,,mikrophyllen“ barlappahnlichen Gewachse, wie Asteroxylonnbsp;(Abb. 46), ferner die vielleicht nahverwandten Thursophyton-Arten. Bei einemnbsp;Teil dieser Pflanzen waren die Fortpflanzungseinrichtungen allerdings nochnbsp;sehr abweichend ,,psilophytenartig“. Andere jedoch, wie der verschiedentlichnbsp;(z. B. von Arber 1921) zu Thursophyton gerechnete Lycopodites hostimensisnbsp;trugen mit ihren blattachselstandigen Sporangien bereits völlig das Gepragenbsp;eines Barlapps. Ja, vielleicht gab es sogar schon einzelne Baume. Wenigstensnbsp;laBt der Fund eines vorlaufig noch isolierten Stiicks Holz aus dem M.-Devonnbsp;(Palaeopitys, s. oben S. 256) eine solche Deutung zu. Zweifellos war jedochnbsp;die iiberwiegende Mehrzahl der damaligen Pflanzen krautig.
Ob.-Devon bis Rotliegendes (U.-Perm).
Mit dem Ob.-Devon wandelt sich das Bild erheblich. Die Psilophyten sind fast mit einem Schlag verschwunden. Doch ist damit die Flora im ganzennbsp;unserer heutigen nur teilweise ahnlicher geworden. Denn noch herrschennbsp;Pfianzengruppen aus der frilheren Vegetationszeit, z. B. gabelblattrige Lyco-psiden. Auch einige neu hinzutretende Pfianzengruppen sind ohne rezente Ver-treter, z. B. die Pseudohorniales (Abb. 93), die Sphenophyllales (Abb. 94) undnbsp;vor allem die ersten ausgesprochenen Pteropsiden, die Cladoxylales (Abb. 116)nbsp;und Coenopteridales (Abb. 118). Ungewohnt sind in unserer Flora auch dienbsp;Vorlaufer der karbonischen Pteridophytenbaume, wie Archaeosigillaria. Da-gegen sind die im Ob.-Devon so verbreiteten und geradezu leitenden Archaeo-pteridales (Abb. 134 S. 200) mit ihren echten „Farnwedeln“ Pflanzengestalten, dienbsp;sich bis heute bei den Farnen erhalten haben, wenn auch bei diesen devonischennbsp;Formen manche Einzelheiten, wie die terminale Stellung der Sporangien annbsp;kleinen Stielchen, vom heutigen Bau der meisten Fame abweichen. Die Archaeo-pterfs-Arten sind auch im übrigen bereits ein typischer Vertreter (neben dennbsp;Pseudoborniales) für ,,makrophylIe“ Pflanzen, die sich nun neben den ,,mikro-phyllen“, bis dahin allein vorhandenen, auszubreiten beginnen. Auffallig istnbsp;es ferner, daB im Ob.-Devon wahrscheinlich bereits Samenpflanzen auftreten;nbsp;vor allem ist hier Eospermatopteris textilis (Abb. 172) aus dem nordamerikanischennbsp;Oberdevon zu nennen.
An der Wandlung im Florenbild, wie sie sich im Ob.-Devon anbahnt und im Karbon, insbesondere im Ob.-Karbon, fortsetzt, ist weiter auch besonders
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Karbon.
bemerkenswert die Zunahme des Formenreichtums. Das Karbon stellt hier unverkennbar einen Höhepunkt dar. Die Steinkohlenzeit ist ferner ausgezeichnetnbsp;durcli das Auftreten und die Herrschaft der Pteridophytenbaiime. Dienbsp;Steinkohlenwalder waren gebildet aus baumartigen Vertretern aller Pterido-phytenabteilungen. Von Lycopsiden finden wir die Lepidodendren (Abb. 60)nbsp;und Sigillarien (Abb. 68) sowie andere Lepidopliyten, unter denen die sainen-tragenden Lepidospermen besondere Erwahnung verdienen. Die Articulatennbsp;waren durch eine habituelle Parallelgruppe, die Calamitaceen (Abb. 98), ver-treten. Baunifarne, vor allem aus dem Ver-v^andtschaftskreis der Marattialesnbsp;(Abb. 139) gab es zwar schon, wenn auch ihr Höhepunkt erst ini Perm er-reicht wurde.
Neben diesen Pteridophyten entfalteten die Samenpflanzen niindestens schon 2 Druppen zu groBer Formen- und Individuenfülle, die Pteridospermennbsp;(Abb. 169) und Cordaiten (Abb. 202).
AuBer diesen Baumen (Lepidophyten, Calamiten, Cordaiten usw.), die be-kanntlich die Hauptmasse der karbonischen Steinkohle geliefert haben, gab es in all diesen Druppen (die Cordaiten ausgenommen) wohl auch Krauter. Auchnbsp;von den Moosen haben wir aus dieser Zeit die erste sichere Kunde (Abb. 33).
Die Ökologie der Karbonflora und ihre geographische Ver-breitung haben schon viel Kopfzerbrechen gemacht. 1st sie doch die erste fossile Flora, welche wir über die ganze Erde hinweg verfolgen können. Wennnbsp;wir voin obersten Karbon und seinen Übergangsgliedern zum Perm absehen,nbsp;so zeigt sich dabei eine recht groBe Dleichförmigkeit. Dothan (1921, S. 452)nbsp;führt eine Reihe von Dattungen und Arten weltweiter Verbreitung auf. — Dienbsp;hauptsachlichsten Kohlenvorkommen, welche eine gewisse Massenentfaltung dernbsp;Karbonflora anzeigen, verschieben sich auf der nördlichen Halbkugel ini groBennbsp;und ganzen von Norden nach Süden: Aus dem Ob.-Devon und U.-Karbon kennennbsp;wir verwertbare Kohlenflöze von den Bareninseln und von Spitzbergen.nbsp;Jüngere Flöze sind hier unbekannt. Die Steinkohlenlager in Eurasien undnbsp;Nordamerika stammen dagegen überwiegend aus dem Ob.-Karbon (mitnbsp;einigen permischen Kachzüglern, vor allem in den südlicheren Debieten)nbsp;(Abb. 241).
Um die Wende des Karbons zur Permzeit geht aber diese Dleichförmigkeit der Flora (soweit wir sie kennen) verloren. Wir haben um diese Zeit zwei deut-lich verschiedene Floren (Abb. 242).
1. nbsp;nbsp;nbsp;Auf der nördlichen Halbkugel bestand die oben allein geschildertenbsp;„typischequot; oder ,,nördliche“ Karbonflora von europaisch-nordameri-kanischem Habitus, also mit einem groBen Formenreichtum und mit Lepidodendren, Sigillarien, Cordaiten usw.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Auf der südlichen Halbkugel findet sich im allgemeinen (Ausnahmennbsp;s. unten) diese „nördlichequot; Karbonflora höchstens noch im Unterkarbon (vgl. dienbsp;Zusammenstellung bei Sahni 1922 und 1926). Seit dem Permokarbon kommtnbsp;hier in den sogenannten ,,Dondwanalandern“ eine völlig andere Flora, dienbsp;„Dlossopterisfloraquot; auf. Feingliedrige, groBe Farnwedel fehlen durchweg.nbsp;Es herrschen ungeteilte und weniggeteilte Blatter, wie bei der Leitgattungnbsp;Glossopteris mit ihrem zungenförmigen Blatt (Abb. 132 h).
Die wichtigsten weiteren Formen sind rasch aufgezahlt. Da finden sich neben Glossopteris, dem ahnlichen Gangamopteris (ohne Mittelnerv) und ein paarnbsp;anderen Pteridophyllen, wie den einmal gefiederten derben Blattern von Neuro-pteridium validum, die Equisetum-ahiAiehe Dattung Schizoneura, die Dattungnbsp;Rhipidopsis, die vielleicht zu den Dinkgophyten gehört, sowie die merk-würdige Noeggerafhiopsis. Alles andere ist recht selten. Überhaupt ist die
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Zimmermann, Die Phylogenie der Pflanzen.
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Glossopterisflora.
Gondwanailora heiBt diese südliche Flora auch, well sie auf die „Gond-\vanalander“ beschrankt ist, also auf Südamerika, Südafrika, Madagaskar, Australien, Vorderindien und Antarktika. Gas sind Lander, deren biogeo-graphische Gemeinsamkeiten einen ehemaligen Landzusammenhang, den so-genannten Gondwanakontinent, vermuten lassen (vgl. z. B. Brooks).
Diese biogeographischen Beziehungen sind sowoLl an sich sehr interessant, wie auch für die Phylogenie bemerkenswert. Hat man doch (vgl. oben S. 256) sohonnbsp;an die Möglichkeit gedacht, die Angiospermen aus dieser Flora herzuleiten. —nbsp;Die Fragen lassen sich naeines Erachtens auch hier leichter übersehen, wennnbsp;man Schritt für Schrift versucht, von den gesicherteren Ergebnissen zu den mehrnbsp;problematischen fortzuschreiten.
Die erste Frage, die wir uns verlegen mussen, bezieht sich auf die Ökologie der Flora und die Schlüsse, welche wir daraus für das damalige Klima ziehennbsp;können. Gerade in den kritischen Punkten sind sich die Beteiligten eigentlichnbsp;viel einiger als man auf den ersten Bliek bei den verschlungenen Beziehungennbsp;zu anderen Fragen, wie zur ,,Kontinentalverschiebung“ usw., annehmen könnte.
Allgemein anerkannt ist z. B., daB die „nördliche“ Karbonflora die Vegetation eines Eegenwaldes ist. Die moderne Pflanzengeographie undnbsp;Pflanzensoziologie bat immer klarer gezeigt, daB als Klimaanzeiger viel wenigernbsp;die einzelne Pflanze als die gesamte Vegetation verwertbar ist. Ein ein-zelnes Gras wird uns leicht in der ökologischen Ausdeutung irreführen können;nbsp;eine Grassteppe, ein Moor dagegen sind getreue Anzeichen für bestimmte kli-matische Bedingungen. So auch bei der Karbonflora. Das Vorherrschen reichnbsp;unterteilten Laubes, die Baum- und Schlingfarne, die zahlreichen iso- und hetero-sporen Pteridophyten, die Einrichtungen zur Regenwasseraufnahme bei dennbsp;Lepidophyten (Ligula! vgl. oben S. 135), die Wasserspalten (vgl. Hirmer 1927,nbsp;S. 377), das Fehlen von Jahresringen, die starke, als Steinkohle überliefertenbsp;Humusbildung und vieles andere (vgl. u. a. Gothan 1924 und Wegener 1929)nbsp;haben eigentlich noch jeden Karbonforscher zur Überzeugung gebracht; dasnbsp;Klima müsse damals niederschlagsreich und mild gewesen sein.nbsp;Daran andert auch der xeromorphe Bau einzelner Pflanzen, wie z. B. der Cor-daiten, nichts. Lederblatter sind auch im heutigen tropischen Regenwald (vgl.nbsp;dazu Gothan 1924, S. 109) genau so vertreten wie im karbonischen Regenw.ald.nbsp;Es ist das ein ökologisches Detailproblem (auch für rezente Pflanzen), wie solchenbsp;,,xeromorphen“ Strukturen in Einzelfallen zu klaren sind.
Dagegen ist die weitere Frage noch nicht eindeutig entschieden, welchem Regenwaldtyp die nördliche Ober-Karbonflora entspricht, ob mehr deni tropischennbsp;Regenwald oder einem subtropischen, etwa in eineni ozeanischen Klima ge-wachsenen Regenwald. Bemerkenswert ist jedenfalls, daB die Steinkohlenlagernbsp;vorzugsweise auf der Nordabdachung der damals sich emporwölbenden karbonischen Gebirgszüge gegen das Meer zu lagen. Wir könnten daher auch an einenbsp;Regenfangerwirkung dieser Gebirgszüge denken, welche (mehr lokal) ein Regen-klima verursacht haben. Halten wir jedenfalls zunachst einmal den sicheren Kern,nbsp;die Feststellung eines milden gleichmaBigen Regenklimas für die nördliche Ober-karbonflora, fest^). Schon diese absolut gesicherte Tatsache ist namlich wichtignbsp;genug für die Klarung des Gesamtproblems.
Denn die Glossofteris-^loxa, zeigt im Gegensatz dazu sicher keinen Regenwaldcharakter. Im Gegenteil! Das fast immer derbe, un-geteilte oder wenig geteilte Laub, die Eintönigkeit und geringe Zahl der Pflanzen-arten sprechen entschieden für ein anderes, für ein vermutlich kühleres und nieder-schlagsarmeres Klima. Die im Gegensatz zur nördlichen Flora nachgewiesenen
1) Vgl. hierzu z. B. die einander entgegengesetzten Ansichten von Potonié und Gothan sowie von Wegener, ferner auch unten S. 356ff.
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Florengeschichte.
Jahresringe in Baumstammen der Glossopteris-^lom maclien einen erhebliclien Temperaturwechsel im Laufe des Jahres auBerst wahrsobeinlich.
Es konimt aber noch etwas weiteres dazu. Die Olossopteris-l^loia, liegt duroh-weg in Landstrichen der südlichen Halbkugel, für die die groBe permo-karbo-niscbe Vereisnng nachgewiesen ist. Vielfach wuchsen die Pflanzen der öfossoptem-Flora direkt auf Moranen. In allen diei siidlichen Erdteilen (Anstralien, Süd-afrika und Südamerika) hat man die Glossopiens-Flora, eingeschaltet in eine Serie von Glazialablagerungen, oder wenigstens von solchen Ablagerungen unmittelbarnbsp;unterlagert, gefunden (Leslie, Sahni 1926 und du ïoit 1927). Selbst wennnbsp;man einraumt, daB ein oder die anderen dieser Glazialablagerungen noch zweifel-haft ist, so ist doch nicht am Parallelismus der Glossopteris-Floia und des Vereisungs-Bereiches zu zweifeln. Der SchluB, daB diese „südlichequot; Glossopteris-Flora innbsp;einem kühleren und mehr kontinentalen Klima gelebt habe, wird darum gleich-falls von last allen Autoren heute geteilt (vgl insbesondere Seward 1929).
Es stekt also ein sehr starker klimatischer Gegensatz zwischen der ,,nörd-lichen“ und der ,,südlichen“ Karbonflora bzw. Permokarbonflora fest. Daran andert auch die Tatsache nichts, daB wir an einzelnen Punkten Übergangs-vegetationen beobachten können, so in Südbrasilien und Innerasien (Zalessky,nbsp;Gothan 1921 und 1921, Sahni 1926 u. a.).
Für Brasilien (vgl. du To it 1927, S. 37) werden aus derselben Schicht, die bemerkenswerterweise zwischen zwei Glazialablagerungen eingeschaltet sein soil,nbsp;sowohl nördliche Typen (Cordaiten, Lepidodendren, Sigillarien, Calamitaceennbsp;usw.) wie auch südliche Typen (z. B. Glossopteris, Gangamopteris, Neuropteridiumnbsp;validum, Rhipidopsis- und Phyllotheca-Aïten) angegeben. Die Frage, ob dienbsp;beiden genannten Floren tatsachlich genau an derselben Stelle und gleichzeitignbsp;wuchsen, ob nicht auch hier, wie in anderen Gondwanalandern die Glossopteris-Flora eine altere Flora von nördlichem Typ ablöste, scheint allerdings (vgl. dunbsp;Toit 1927) noch nicht so geklart, wie es das interessante Problem verdient.
Eine andere Kampfzone beider Floren ist Innerasien, Sibirien z. B. an der Dwina (vgl. die Zusammenstellung bei Gothan 1921, S. 459 und Sahni 1926),nbsp;WO Glossopteris, Gangamopteris und NoeggeratMopsis zusammen mit den ausnbsp;Europa wohlbekannten Gattungen Lepidodendron und Callipteris vorkommen.nbsp;Ja, einzelne Lepidodendron-Axten und eine Sigillarie sind sogar bis ins Kerngebietnbsp;der Glossopteris-Floia vorgestoBen, wahrend umgekehrt manche Gtossoptens-Artennbsp;im Mesozoikum sich im Norden ausgebreitet haben und Schizoneura beispielsweisenbsp;bis nach Deutschland gelangt ist.
Verzahnungen der beiden Floren so wie Mischfloren existierten also sicher. Sie sprechen aber meines Erachtens nicht gegen die Annahme, daB die „nördlichequot;nbsp;und ,,südlichequot; Flora einen verschiedenen ökologischen Charakter gehabt haben.nbsp;Kein Biogeograph wird jemals erwarten, daB zwei ökologisch differente Florennbsp;sich haarscharf gegeneinander abgrenzen. Auch heute finden wir ja selbstverstand-lich in klimatischen übergangsgebieten, Übergangs- d. h. Mischfloren und im Laufenbsp;der Erdepochen haben sich einzelne Vertreter anderen klimatischen Verhaltnissennbsp;angepaBt. Wenn wir die karbonischen Mischfloren bis heute noch nicht auf-gefunden hatten, müBten wir direkt nach ihnen such en. Die permokarbonischennbsp;Mischf oren liegen namlich eigentlich gerade da, wo wir sie nach der Verbreitungnbsp;der „reinenquot; nördlichen und südlichen Floren erwarten dürfen. Eine ungefahrnbsp;gleichaltrige Flora von rein nördlichem Geprage kommt den beiden genanntennbsp;Mischgebieten besonders nahe, namlich einerseits in Bolivien und Peru (Sewardnbsp;1921, Berry 1922 und Gothan 1927), andererseits sowohl im Donezgebiet wienbsp;in Ostasien (Halle 1927). Natürlioh ware es interessant, auch die Detailfragenbsp;nach dem speziellen Charakter dieser Übergangsklimata vom biogeographischennbsp;Standpunkt aus zu prüfen. Doch spielt diese Detailfrage für uns keine ent-scheidende Bolle.
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Kontinentalverschiebung.
Also, der okologisch versohiedenartige Charakter der iiördlicLen und südlicheii Karbonflora ist meines Erachtens nicht zu bezweifeln.nbsp;Damit ist für den Botaniker eigentlich das Problem im groBen und ganzennbsp;erledigt. Es sei aber doch ein kurzer Bliek geworfen auf die groBen, geradenbsp;hier so umstrittenen geologischen Fragen, welche sich durch die Schlagwortenbsp;,,Kontinentalverschiebungquot; und jjWegenersche Hypothesenquot; kenn-zeichnen lassen.
Bekanntlich hat Wegener (vgl. z. B. Köppen-Wegener 1924, Wegener 1929 und ,,Theory“ usw. 1928) die Auffassung entwickelt, in der Karbonzeit undnbsp;auch spater noch hatten die groBen Südkontinente: Australien, Südafrika undnbsp;Südamerika zusammen mit Madagaskar, Vorderindien und der Antarktis einennbsp;geschlossenen Kontinentalblock gebildet. Die Eigenart und Gleichartigkeit dernbsp;Flora in den Gondwanalandern sei durch diesen Landzusammenhang ermöglichtnbsp;worden und die Vereisung erklare sich dadurch, daB der Südpol wahrend desnbsp;Permokarbons über diesen einheitlichen Kontinentalblock hinwegwanderte (vgl.nbsp;Abb. 241 und 242 B).
Wenn der Botaniker als Botaniker zu dieser Frage Stellung nimmt, so wird er sich die vier Fragen vorlegen;
1. nbsp;nbsp;nbsp;Zwingen die Tatsachen der oberkarbonischen und permokarbonisohennbsp;Pflanzenverbreitung zur Annahme der Wegenerschen Auffassung?
2. nbsp;nbsp;nbsp;Erleichtert die Wegenersche Auffassung das Verstandnis für die eigen-artige Pflanzenverbreitung ?
3. nbsp;nbsp;nbsp;Geben uns die Geologen irgendeine andere gleichwertige oder gar besserenbsp;Theorie, um die Verbreitung der Karbonflora zu verstehen ?
4. nbsp;nbsp;nbsp;Gibt es Tatsachen in der Verbreitung der Karbonflora, die mit dem wesent-lichen Kern von Wegeners Auffassung in direktem Widerspruch stehen ?
Meines Erachtens wird man nur die 2. Frage, diese aber ganz entschieden, be j ahen dürfen. Es gibt keine andere geologische Theorie, welche die merkwürdigenbsp;Verbreitung der Karbonfloren so leicht verstiindlich macht wie Wegeners Theorienbsp;(vgl. Abb. 241 und 242). GewiB, wir sind wohl noch weit entfernt von einer end-gültigen Entscheidung. Die Verbreitung der Karbon- und Permokarbonflora be-günstigt zwar die Wegenersche Auffassung, sie ist aber für sich allein kaum einnbsp;zwingender Beweis. Und wenn uns die Geologen einmal sagen sollten, aus allgemein-geologischen Gründen oder aus palaozoologischen Grimden ist die Wegenerschenbsp;Theorie eine Unmöglichkeit, müBten wir Botaniker uns damit abfinden. Abernbsp;auf rein geologischem und palaozoologisohem Gebiet ist der Streit um Wegenernbsp;noch uach keiner Seite hin ausgefochten (vgl. die unter ,,Theoryquot; zitierten Au-toren). Die Skepsis scheint hier allerdings eher gröBer und im Zunehmen zu sein,nbsp;wenn auch die Argumente gegen Wegener sich meist in die Formel zusammen-fassen lassen, es liegt kein zwingender Grund für Wegeners Annahme vor.nbsp;Wenn ich trotz der scharfen Proteste so gründlicher Paliiontologen, wie Gothannbsp;(1924, S. 81) offen gestehe, daB ich keine geologische Theorie kenne, die die Floren-verbreitung im Karbon gleich leicht verstandlich macht, und daB ich auch keinenbsp;botanischen Daten kenne, welche Wegeners Auffassung für die Karbon- sowienbsp;Permokarbonzeit direkt widersprechen, so muB ich das wohl etwas eingehendernbsp;begründen. Es sind vor allem zwei Einzelheiten, welche Wegener gut erklart:
1. Der einheitliche Kontinentalblock und die eiiiander genaherte Lage der Florenbezirke machen es verstandlich, daB die Glossopteris-¥\oTa, sich verhaltnis-maBig rasch nach der Vereisung und in einem so einheitlichen Charakter in all dennbsp;Gondwanalandern ausgebreitet hat. Die Einheitlichkeit der Vegetation ist ja imnbsp;Süden auf diesem von Weg en er angenomnienen Kontinentalblock verhaltnis-maBig groB, wohl noch gröBer als im Korden, wo Flachmeere die Liindermassennbsp;zerstückelten.
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FlorengescMchte.
Der Palaontologe ist im allgemeinen von der Zoopalaontologie her gewohnt, dies Wanderungsargument in den Vordergrund zu stellen, d. h. aus der Gleichartig-
keit der Lebewesen vor allem auf eine verhaltnismabig leiohte Wanderungs-möglichkeit zu schlieBen. Wenn also die Landlebewesen ehemals in Landern wie den heute durch breite Meere getrennten Südkontinenten (Stidafrika, Süd-
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Kontinentalverschiebung.
amerika, Australien, Indien und Antarktika) verhaltnismaBig aknlich waren, so hat das immer wieder in Palaontologenkreisen zu der naheliegenden Annahmenbsp;eines ehemaligen Landzusammenhanges geführt. Ich möchte dies Argument dernbsp;erleichterten Wanderungsmöglichkeit keineswegs angreifen, zumal es hier ja auchnbsp;unsere Auffassung unterstützt. Aber es sei doch gleioh betont, daB es auf palao-botanischen Gebiete meines Erachtens schwacher ist als das gleich zu schilderndenbsp;zweite ,,ökologische“ Argument. Denn man muB zugeben, daB auch die ehemaligenbsp;Gondwanavorstellung, also die Annahme von Inselbrücken, Inselreihen usw., einenbsp;ausreichende Wanderungsmöglichkeit für die Pflanzen geboten haben könnte,nbsp;wenn wir einmal die klimatischen Schranken auBer acht lassen. Wenn also etwanbsp;geologische Gründe mehr für die alte Gondwanavorstellung sprachen, wenn dasnbsp;Versinken solcher ausgedehnter Landbrücken zwischen Indien, Australien, Antarktika, Südafrika und Südamerika leichter verstandlich sein sollte als die Horizontal-
Abb. 242 B. Florenverbreitung wie 242 A, aber auf den nach der Wegenerschen Theorie zusammenhiingenden Kontinentalblock eingezeichnet.
[Aus Köppen-Wegener (1924, S. 62).]
verschiebung von Kontinenten^), dann könnte der Botaniker auch mit einer Landbrückenvorstellung auskommen. Ja, für einzelne Formen könnte man sichnbsp;sogar denken, daB sie sich bei genügend langer Zeit direkt über die Ozeane hin-weg ausgebreitet hatten.
2. Der Kontinentalblock der Gondwanalander schuf die Möglichkeit, daB alle diese Lander in eine relativ ahnliche Lage zum Pol kamen (vgl. Abb. 242).nbsp;Er macht es verstandlich, daB in diesen Gegenden eine Flora von einigermaBennbsp;übereinstimmender Ökologie geherrscht hat. Das ist namlich bei der heutigennbsp;Lage der Kontinente und Pole unverstandlich. Man vergleiche einmal die Lagenbsp;der Glossopteris-Vloia, bei der heutigen Kontinentalanordnung (Abb. 242 A) und beinbsp;der von Wegener angenommenen Anordnung (Abb. 242B). Vergegenwartigen wir
1) I). h. eine llorizontalverscliiebung, welche die sicher festgestellte Horizontalbewegung der Alpendecken in einem erheblichen MaBe übertrifft.
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Florengeschichte.
uns noohmals die Lage der Glossofteris-Vloïamp;x im Perinokarbon! Wir finden sie in Indien, also lieute in der Tropenzone nördlicli vom üquator i) und nahe demnbsp;heutigen Südpol (85® südl. Breite und auf den Orkney-Insein), ferner in Australien,nbsp;in Südafrika und Südamerika. Diese fünf Gebiete liegen derart, dafi wir uns beinbsp;ihrer heutigen Lage schlechterdings kein Bild machen können für die Möglichkeitnbsp;eines übereinstimmenden Klimabereichs! Der Vorzug der Wegenerschen Theorienbsp;ist hier evident.
Man könnte höchstens den Versuch machen, die Glossofteris-V\om und mit ihr die Vereisung zu einer Hochgebirgserscheinung zu stempeln. Demgegenübernbsp;ist es aber doch sicher auBerst erstaunlich, daB uns leider bis heute auf der nörd-lichen Halbkugel keinerlei Anzeichen einer Hochgebirgsflora überliefert sind, ob-wohl sioh auf ihr sicher wahrend der Karbonzeit gewaltige Gebirgszüge auf-türmten. Und da sollte auf der Südhalbkugel nur diese ;,Hochgebirgsflora“nbsp;aber keine Tiefenfloia auf uns gekommen sein? Nein, die Verschiedenheitnbsp;zwischen nördlicher und südlicher Karbonflora muB als eine zonalenbsp;und nicht als eine lokal bedingte aufgefaBt werden.
Gothan (1924) hat im scheinbaren Gegensatz zur Wegenerschen Auffassung die beiden Karbonfloren als „zirkumpolar“ bezeichnet. Ich glaube, daB diesenbsp;Auffassung eigentlich in keinem allzugroBen Widerspruch zu Wegener steht.nbsp;Namentlich die Glosso'pteris-Vlom ist ja wenigstens nach der Wegenerschen An-nahme (Abb. 242) einigermaBen zirkumpolar angeordnet.
Bei der heutigen Lage der Kontinente und Pole trifft das allerdings weniger zu; denn man kann Indien kaum noch als zirkumpolar (namentlich in bezug aufnbsp;den Südpol!) bezeichnen.
Die weitere Hypothese Gothans, auoh die ,,nördliche“ Karbonflora sei zirkumpolar d. h. im Gebiete des Nordpols entstanden, ist zwar m. E. nicht geradenbsp;sehr wahrscheinlich, aber auch sie steht mit Wegener» Auffassung wohl in keinemnbsp;direkten Widerspruch. Denn die Karbonflora hat auch nach Gothan seit ihrernbsp;Entstehung (im Ob.-Devon oder früher) offensichtlich ihren ursprünglich ,,ark-tischenquot; Charakter eingebüBt und sich an mildere Klimata angepaBt. Wie weit —nbsp;das steht noch zur Diskussion. In Einzelheiten mag da Wegeners Yorstellungnbsp;noch unzutreffend sein. Es mag z. B. sein, daB die damalige Zonengliederung dochnbsp;nicht ganz dem Wegenerschen Schema entspraoh; vielleicht hatte der „Aequa-torialgürtel“ im ganzen, der Auffassung Gothans entsprechend, nicht tropischen,nbsp;sondern eher subtropisohen Charakter; überhaupt war vielleicht der Gegensatznbsp;zwischen den aquatorialen und gemaBigten Zonen nicht so groB wie heute. Eürnbsp;solche Annahmen lassen sich Gründe anführen, für welche auf Gothan (1924)nbsp;verwiesen sei. Sie scheinen mir eine gewis.se Berechtigung zu haben, treffen abernbsp;nicht den Kernpunkt von Wegeners Auffas.sung^), die wie nochmalsnbsp;betont sei, zwar nicht zwingend bewiesen ist, aber doch auch keineswegs mit dennbsp;palaobotanischen Daten im Widerspruch steht. Ein Zwang zu einem „ignoramusnbsp;et ignorabimus“ und zur resignierten Anerkennung ganz unverstandlichernbsp;,,palaothermaler Anomalienquot; scheint mir nicht gegeben. Viel Detailarbeit stehtnbsp;aber sieher noch aus.
Auch der VorstoB der Glossopfens-Flora von Indien aus nach Innerasien steht durchaus im Einklang mit Wegeners Meinung. Denn Südsibirien lag ja nachnbsp;Wegeners Yorstellung der damaligen Südhalbkugel erheblich naher als heutenbsp;(vgl. Abb. 242) I Es ware fast überraschend, wenn in diesen Gegenden die ,,nörd-liche“ Flora rein geherrscht hatte.
1) nbsp;nbsp;nbsp;Die Mischlloren in Sibirien lassen wir einmal ganz aufier Spiel.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Wenn ich von Wegeners Auffassung spreche, so bezieht sich das nur auf die Grund-annahme, daB um die Karbon-Perm-Wende die Kontinente ungefahr wie Abb. 242 zusammen-lagen. Über die viel probleinatischeren Verliiiltnisse der, spateren Floren, vgl. S. 364. Soviolnbsp;ich sehe, ist die groBe Linie in Wegeners Auffassung auch.unabhangig von seiner anfanglichnbsp;etwas sehr starren Schematisierung des Gegensatzes von „Sialquot; und „Sinia“.
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Perm.
Auch im Norden blieb iibrigens die Karbonflora mit dem Beginn der Permzeit keineswegs unverandert, aber die Ubergange sind viel gleitender alsnbsp;im Silden. Die Flora des Rotliegenden der nördlichen Halbkiigel, aufnbsp;deren Betrachtung wir uns nun wieder bescliranken wollen, ist eine verarnitenbsp;Karbonflora. Man bringt das Ansklingen der Karbonflora und auch dernbsp;Steinkohlenbildung ini Rotliegenden wohl allgemein in Verbindung mit einemnbsp;Klimawechsel, fiir den auch die Gesteinbeschaffenheit (z. B. Auftreten roternbsp;Sandsteine, von Steinsalz usw.) im Bereich der Steinkohlenlander zeugen. Dasnbsp;Klima wurde effenbar niederschlagsarmer.
Bezeichnenderweise fallen daher auch zunachst jene Karbonpflanzen aus, die wie die Lepidodendren mit ihrem schwach entwickelten Holzkörper, ihrennbsp;Wasseraufnahmeapparaten (Ligula), mit ihrer heterosporen Befruchtung usw.nbsp;an fliissiges Wasser stark gebunden waren. Die jüngeren Sigillarien, die sichnbsp;durch einen machtiger entwickelten Holzkörper und die friihzeitigere Rück-bildung der Blattpolsterrinde unabhangiger von den Mederschlagen machten,nbsp;dauern noch etwas langer an. Die Calamitaceen bilden ihre anatomisch kom-plizierteren Vertreter, die Calamodendren (Abb. 103), aus. Bei den Sphenophyllennbsp;treten die groBten Formen auf. Die Baumfarne aus dem Verwandtschaftskreisnbsp;der Marattiales erreichen den Hohepunkt ihrer Entwicklung, wie die verkieseltennbsp;,,Starsteine“, die Psaronien, uns kiinden. Auch die altesten Osmundales sindnbsp;ungefahr aus dieser Zeit durch verkieselte Stamme (bezeichnenderweise nochnbsp;mit Protostele) nachgewiesen.
Mehr und mehr verschiebt sich aber das Schwergewicht unter den Baum-gestalten von den Pteridophyten zu den Gymnospermen. Noch finden sich zahlreiche Pteridospermen, vor allem aus dem Formenkreis der Medullosen;nbsp;Leitpflanzen des Rotliegenden wie Callifteris conferta stellen offenbar ihre Be-laubung dar. Cordaiten aber sind schon sparlich bzw. recht unsicher geworden.nbsp;Dagegen kommen nun neue, bis heute iiberlebende Gymnospermenklassen auf,nbsp;vor allem die Koniferen, diese ebenfalls mit wichtigen Leitformen wie die Walchia-Arten. Auch von den Ginkgophyten haben wir die ersten sich eren Vertreternbsp;z. B. Baiera digitata (Abb. 200). Wahrscheinlich begannen auch die Cyca-dophyten sich bereits aus dem Formenkreis der Pteridospermen auszusondern.
Zechstein bis untere U.-Kreide,
Die Gymnospermen kamen nun seit dem Zechstein zu einer fast im ganzen Mesozoikum unbestrittenen Herrschaft. Verschwunden sind dagegennbsp;bis auf sparliche und kleinere Formen die baumförmigen Pteridophyten, dienbsp;Sigillarien, Lepidodendren und Calamiten; auch die Baumfarne sind sparlichernbsp;geworden. Sie haben den unverkennbar starker ,,xeromorphen“ Gymnospermenklassen Platz gemacht. Denn auch unter den Gymnospermen finden wir nichtnbsp;mehr die karbonischen Formen; die Pteridospermen beispielsweise sind höchstensnbsp;noch durch ein paar Calli'ptens und Sfhmo'ptens-BdBte angedeutet und dienbsp;Cordaiten sind unsicher nachgewiesen. Sondern die nun zur Herrschaft kom-menden Gymnospermen sind jene Klassen, welche auch heute noch leben; dienbsp;Koniferen (z. B. Voltzia, Ullmannia), die Ginkgophyten (Baiera) und dienbsp;Cycadophyten (Pterophyllum u. a., diese allerdings noch immer sparlich undnbsp;unsicher).
Ahnlich ist auch noch der Charakter der unteren Triaszeit, insbesondere des unteren und mittleren Bunt sands t eins. Die Funde sind jedoch hiernbsp;gerade aus Mitteleuropa sehr sparlich. Das hangt zweifellos mit dem danialigennbsp;Klima zusammen. Die Trockenheit hatte einen Hohepunkt erreicht. Der Bunt-
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Floreng eschichte.
sandstein wird wohl heute a-llgeraein als Wüstenbildung anerkannt. Vielleicht als Nachkömnilinge der palaozoischen Lepidopliyten linden wir die eigentüm-liclie an einen Saulenkaktus gemahnende Pleuromeia (Abb. 90), die wolil innbsp;Oasen der Buntsandsteinwüste wuchs. Erst gegen Ende der Buntsandsteinzeitnbsp;kam dann eine etwas reichere Vegetation aul, welche die Koniferenwaldchennbsp;[Voltsia heterophylla und V'uccites {— Cordaite?)] andeuten, die sich, z. B. innbsp;den Vogesen, gegen die Buntsandsteinwüste vorschoben. Sonst sind höchstensnbsp;noch bemerkenswert die für unsere heutigen Verhaltnisse immer noch rechtnbsp;betrachtlichen Equisetiten sowie manche Fame, welche zwischen Palaozoikumnbsp;und Jetztzeit verraitteln.
Voni Muschelkalk ist wegen der sparlichen Reste wenig zu sagen, üa-gegen bietet der Keuper eine etwas reichere Flora. Noch immer herrschte allerdings ein recht trockenes Klima, das dem Wuchs und vor allem auch dernbsp;Fossilisierung der Pflanzen nicht sehr günstig war. Offensichtlich gediehen dienbsp;uns bekannten Keuperfloren vor allem als Begleitvegetation der Keuperflüsse.nbsp;Zunachst, namentlich in der Lettenkohle und im Schilfsandstein, herrscht nochnbsp;die aus dein Buntsandstein bekannte Flora. Koniferen wie Voltzien, Equiseten,nbsp;Fame (Marattiaïes u. a.), das sind die verbreitetsten Formen. Aber es kommennbsp;doch auch schon echte Cycadophyten (z. B. Pterophyllum Jaegeri) in gröherernbsp;Menge hinzu.
Und schon zeigen sich auch an einzelnen Stellen (z. B. an den berühmten Fundorten; Neue Welt bei Basel und Lunz in Oberösterreich) neue, jurassischenbsp;Typen. Es treten hier die ersten Beneüitales und Nilssoniales aul, ferner werdennbsp;unter den Farnen die als Relikte im malayischen Inselgebiete noch heute lebendennbsp;Familien der Dipteridaceen und der Matoniaceen haufig. Überhaupt sind dienbsp;jetzt vorwiegend leptosporangiaten Fame durch zahlreiche, vor allem groB-flachige und vielfach netzmaschige Formen vertreten.
Auch die Übergangszeit zum Jura, das Rhat, hat noch ganz diesen Cha-rakter. Es beginnt hier bereits die eigentümliche Konvergenzgruppe zu den Angiospermen zu erscheinen, die Caytoniales. Der Jura und die unterstenbsp;Kr eide (Wealden und Neocom), die wir zusammen besprechen können, bringennbsp;neue Gymnospernientypen. Die Gymnospennen erreichen jetzt offenbar dennbsp;Höhepunkt ihrer Entwicklung. Insbesondere gilt dies für die Cycadophyten,nbsp;Ginkgophyten und Koniferen. Unter den beiden letztgenannten Klassen findennbsp;wir schon deutlich die heute lebenden Familien groBenteils vertreten. Ja, dienbsp;heutige Gattung Ginkgo verdrangt bereits die altere Gattung Baiera. Insbesonderenbsp;ist die starke Verbreitung der Araucarien auf der nördlichen Halbkugel bemerkenswert, da diese Koniferengruppe ja heute ganz auf die südliche Halbkugel verdrangt ist. Auch unter den Farnen erreichten damals die heute nur re-liktartigen Gruppen, wie die Dipteridaceen und Matoniaceen, einen Höhepunkt.nbsp;Osniundaceen sind ferner reich vertreten. Eine uns fremdartige Gruppe sindnbsp;dagegen noch die Beneüitales, wenn auch manche, wie die WiUiamsoniellennbsp;und Wielandiellen, wenigstens habituell an unsere heutigen Blütenpflanzen an-geklungen haben mogen.
Obere Unterkreide bis Jetztzeit.
Wieder stehen wir ungefahr in der Mitte der Unteren Kreide an einem ent-scheidenden Wendepunkt der Florengeschichte. Die Verwandlung des Bildes, die Scharfe des Einschnittes, ist vielleicht groBer als jemals in einem früheren Zeit-punkt der Florcngeschiclitc. Die Wandlung ist charakterisiert durch den bei-spiellosen Siegeszug der Angiospermen über die ganze Erde hinweg. Woher
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Mesozoikum.
sie kamen, ist ungewiB, wie sie sich bildeten, umstritten. Wir können uur fest-stellen, dab, nach einigen dürftigen Anzeichen schwer bestimmbarer Blatt- und Holzreste im obersten Jura und in der untersten Kreide, ungefahr vom Gaultnbsp;au bereits eine gröbere Anzahl unverkennbarer Angiospermenfamilien ver-treten sind. Und rasch werden nun die jurassischen Konkurrenten aus dennbsp;Gymnospermengruppen verdrangt. Die angiospermenahnlichsten Pormen wienbsp;die Benettitales leiden unter der Konkurrenz der Angiospermen effenbar amnbsp;meisten. Sie verschwinden spurlos. Aber aucli die Ginkgophyten und die übrigennbsp;Cycadopliyten verschwinden bis auf recht sparliche Relikte. Nur die Koniferennbsp;können sich, namentlich in kühleren Regionen, noch halten und sind hier, wonbsp;die Flora eintöniger ist und die Windbestaubung dadurch leichter Erfolg hat,nbsp;vielfach noch herrschend geblieben. In den Tropen, im tropischen Regenwaldnbsp;dagegen mit seiner Formenmannigfaltigkeit, da sind heute die Angiospermennbsp;meist ebenso unbestrittene Herrscher in der Vegetation.
Gymnospermen, z. B. Sequoien und Taxodien bildeten auch jene riesigen Walder, denen wir die oligozanen und miozanen Braunkohlen verdanken. Sienbsp;bildeten ferner im Oligozan die Bernsteinwalder; denn Bernstein ist einnbsp;fossiles Koniferenharz.
Der Artenwandel wahrend der Kreide-Tertiar-Zeit interessiert uns in an-derer Weise als die Wandlungsprozesse der vorhergehenden Zeiten. Es sind nicht mehr die groBen Umbildungsvorgange, die wir beobachten können, nicht mehrnbsp;das Entstehen völlig differenter neuer Grappen. Seit Mitte der Kreide ist ja auchnbsp;(im absoluten MaBe berechnet) keine sehr lange Zeit verflossen. Die Flora warnbsp;um die Mitte der Kreidezeit effenbar schon unserer heutigen sehr ahnlich. Dienbsp;damahgen Angiospermen z. B. gehören fast durchweg unseren heutigen Pa-milien, ja oft unseren heutigen Gattungen an. Die Umbildungsvorgange hieltennbsp;sich also vielfach im Rahmen dessen, was man einen ,,Artschritt“ nennen kann,nbsp;d. h. der Umbildung einer Art zur anderen innerhalb einer Gattung. Nur dienbsp;am komphziertesten gebauten Angiospermen, die Sympetalen, sind in dernbsp;Hauptsache erst wahrend des Tertiars hinzugekommen.
Die Kreide-Tertiar-Zeit ist uns aber besonders wertvoll, weil wir ihre Ge-schichte in sehr vielen Einzelzügen aus der Verteilung der heutigen Pflanzen-welt herauslesen können. Das reiche Material der Pflanzengeographie steht uns hier zur Verfügung. Für den Mitteleuropaer sind dabei zwei Ereignisse besonders interessant: die Alpenbildung und die Eiszeit.
Die Tertiarzeit ist ja die Epoche, wahrend der sich die Alpen zuni Hoch-gebirge emporwölbten. Diese Aenderung des Standortes schuf eine neue Flora, die zwar genetische Beziehungen zu anderen Floren, z. B. zur Mediterranfloranbsp;zeigt, die aber doch durch viele Eigenttimlichkeiten (Spalierstraucher, Polster-wuchs usw.) ihr eigenes Geprage erhielt (Christ, Jerosch, Diels, Wett-stein, Schröter u. a.). Insbesondere Geblete nut reichem Kontrast dernbsp;Lebensbedingungen, wie Gebirgszüge mit tiefeingeschnittenen Talern, sind nachnbsp;ihrer heutigen Flora unverkennbar Entwicklungszentren neuer Floren. Be-rühmt sind so in den Südalpen das Insubrische Seengebiet, die Westalpennbsp;(Wallis!), die Südostalpen usw. Hier haufen sich die Endemisnien, d. h. Artennbsp;und Rassen, die einzig und allein in diesem oft sehr beschrankten Gebiete vor-kommen, die aber manchmal in der Nachbarschaft naheverwandte Sippen be-sitzen. Derartige kleine Gebiete, die nur aus wenigen Talern, oder nur ausnbsp;eineni Berg bestehen können, sind oft viel endemismenreicher als das ganzenbsp;Deutsche Reich (vgl. z. B. Christ). Gewib, ein Teil dieser Enderaismen sindnbsp;unverkennbare „Reliktendemismen“ (,,Altendemismen“) wie die berühmtenbsp;Wulfenia carinthiaca aus Kiirnten, oder die Silene Elisabethae in den Südalpen. Es sind Pflanzen, deren Areal offcnsichtlich allmahlich auf das Tal odernbsp;den Berg eingeschrumpft ist, wo wir sie heute finden. Aber die Hauptmasse
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Floreageschichte.
dieser Endemismen sind Kleinarten, z. B. aus den Gattungen: Dianthus, Saxi-fraga, Gentiana, Euphrasia usw., die durch ihre geringen UnterscMede gegenüber anderen Formen ebenso offensichtlich ihre junge Entstehung als „Neuendemis-men“ anzeigen.
Überhaupt begegnet der Pflanzengeograph immer wieder der Tatsache, dati Gegenden mit erschwerten Wanderungsbedingungen für die Pflanzen einenbsp;besonders selbstandige Flora haben. Sehr endemismenreich sind in Europanbsp;beispielsweise noch der Balkan und Spanien. Endemismenreich sind aber ins-besondere die isolierten Insein; auf den Sandwichinseln sind^4 der einheimischennbsp;Art en Endemismen, auf Neuseeland und auf den Galapagosinseln fastnbsp;die Halfte. Dab es sich hier um Formen handelt, die auf diesen Insein selbstnbsp;ihre eigenartige Pragung erhalten haben, ergibt sich aus einem Vergleich dernbsp;Gattungen. Die Gattungen, welche ja im allgemeinen die weiter zurückliegendennbsp;verwandtschaftlichen Beziehungen kennzeichnen, stimmen mit den benach-barten Gebieten viel besser überein. Endemische Gattungen gibt es auf dennbsp;Sandwichinseln 16 %, auf Neuseeland 9,2 % und auf den Galapagosinselnnbsp;etwas mehr als 4 %.
Es gabe aber ein falsches Bild, wenn man glanben wollte, dab in den ende-mismenarmen Gebieten, wie in der grollen Ebene von Nord- und Mitteleuropa, die „Arten“ nun alle sehr einheitlich waren. Das, was wir hier ,,Art“ nennen,nbsp;ist gleichfalls sehr oft auBerst formenreich (vgl. Abb. 250). Die UnterscMedenbsp;zwischen den extremen Gliedern dieser als ,,Art“ bezeichneten Sippen-gruppen sind oft so groB wie die Unterschiede zwischen den erwahnten Endemismen und ihren nachstverwandten ,,Stammformen“. Aber in den Gebietennbsp;mit endemismenarmer Flora, da sind meist die morphologischen und pflanzen-geographischen Grenzen zwischen den einzelnen Kleinsippen unscharf, d. h.nbsp;offensichtlich durch die verhaltnismaBig leichte Wanderungsmöglichkeit ver-wischt (vgl. unten S. 417).
Gerade diese groBartigen Wanderungender Pflanzenwelt ini Tertiar sind dann weiterhin die ürsache, daB sich das Bild der Pflanzenwelt trotz gering-fügiger Veranderung der Gattungen und Arten erheblich gewandelt hat. Wieder erweist sich hier die Pflanzenwelt als getreues Spiegelbild der klimatischennbsp;Veranderungen. Überblicken wir die Gesamtwandlung des Klirnasl Soweitnbsp;wir die sparlichen Daten des Mesozoikums übersehen können, herrschte zwarnbsp;auf der Erde bereits damals eine zonale Gliederung, wenn auch die Gegensatzenbsp;geringer als heute gewesen sein mogen (Gothan 1913, Köppen-Wegenernbsp;1924). Mit dem Ausgang der Tertiarzeit tritt aber dann namentlich auf dernbsp;nördlichen Halbkugel das groBe Ereignis auf, das in einschneidendster Weisenbsp;die Verteilung der dortigen Vegetation umgestaltete, die Eiszeit.
Wichtig zum Verstiindnis der Eiszeitwirkung ist die Tatsache, daB auf der nördlichen Halbkugel in allen drei Erdteilen noch kurz vor der Eiszeit einenbsp;sehr weitgehend gemeinschaftliche Flora herrschte. Man drückt das meist sonbsp;aus, es sei auch in Europa die nordamerikanische und ostasiatische Flora starknbsp;verbreitet gewesen (z. B. Keid). Es herrschten in Europa, z. B. unter den Koni-feren, amerikanisch-ostasiatische Gattungen wie Taxodium, Sequoia, Clypto-strobus, Torreya usw. Es herrschten Magnolien, Liriodendren, Catalpen, Platanen und Cimhamomum-kvim. Aber auch die Querms- und Acer-Arten ausnbsp;dem Jungtertiar hatten mehr verwandtschaftliche Beziehungen zur nord-amerikanischen und ostasiatischen Flora als zur heutigen europaischen^).
1) Die Argiimente, die Wegener und seine Anhaiiger (vgl. z. B. Irmscher 1922 und Kubart) aus der Verbreitung der ïertiarflora für die KontinentalverscMebung ableiten,nbsp;scheinen mir schwacher als die permo-karbonischen Argumente (vgl. oben S. 367). Man
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Tertiar, Eiszeit.
Abb. 243. Durchschnittsdiagramm fiir die Baumbesiedlung seit der Eiszeit am Federsee (mittl. Oberschwaben) auf Grund der Pollenanalyse.
Ordinate: Absolute Zeit (in Jahren); auBerdom sind die zugehörigen Kulturzeiten angegeben. .\bszisse: Pollengehalt der betreffenden Schichten in Prozenten.
In der itltesten Zeit (ausklingende Eiszeit) dominierte also die Kiefer (insbesondere Pinus inontana) und Birke;
im Meso- und Neolithikum der Eichenmischwald (Eiche, Ulme, Linde);
um die Grenze der Bronze/IIallstatt-Zeit die Buohe, die
in den letzten Jahrhunderten durch die Fichte und Kiefer verdrangt wurde.
[Aus Bertsch (1928, Abb. 13), nach einer von Herrn Dr. K. Bertsch freundlichst zur Verfügung gestellten Originalzeichnung.]
wird in diesem Punkte der Kritik von Berry (1928) und Diels (1928) jedenfalls weitgehend beipflichten miissen. Man darf aber aus dieser Kritik wohl auch nicht die Unrichtigkeit dernbsp;Wegenerschen H)rpothesen in ihrem Kernpunkt herauslesen. Die Bedenken betreffen dienbsp;Detailfrage, wann die Kontinente auseinander gewichen sind.
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Floreneeschichte.
handen. Imniergrüne Blatter herrschten vor. Ferner ist uns der groBe Reich-tuni verschiedener Holzgewachse in unseren Breiten heute ungewohnt, er stellt
sich aber, je weiter wir nach Süden kommen, durchaus haufig ein. Hoch im Norden, z. B. in Grönland, hatte damals die Vegetation einen mehr geraaBigten
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Eiszeit, Postglazial.
Anstrich. Immerhin unterschied auch sie sich durch eine ganze Anzahl von Laubbaumen — zum Teil mit immergrünen BlMtern — erheblich von dernbsp;heutigen arktischen Flora.
Mit dem Pliozan setzen in Mitteleuropa Frostspuren an den Blattern ein. Schritt für Scliritt können wir beispielsweise verfolgen, wie die Palmen ilirenbsp;Nordgrenze immer weiter südlich verlegen; heute sind die Palmen mit einemnbsp;Nachkömmling der Tertiarpalmen, mit Ghamaerofs humilis, in Europa auf dasnbsp;sndlichste Spanien, anf Andalusien (auBerdem Algier und Marokko) besclirankt.
Dann, nach Ausgang der Pliozanzeit, setzte der Vernichtungskampf des Eises gegen die Tertiarflora sowohl in Nord- bzw. Mitteleuropa wie in Nord-amerika ein. Wir können die einzelnen Pliasen dieses Kampfes unerwahntnbsp;lassen (bekanntlich gab es mehrere Eiszeiten mit langen dazwischen liegendennbsp;Interglazialzeiten), wir wollen auch die Fragen, ob die Eiszeiten in Europa undnbsp;Nordamerika gleichzeitig erfolgten, nicht erörtern. Die Endwirkung dernbsp;Eiszeit war jedenfalls eine starke Dezimierung der europaischen Tertiarflora,nbsp;da sie nach Stiden wegen der Alpenkette und des Mittelmeers nicht recht aus-weichen konnte ^). In den anderen nördlichen Kontinenten konnte sich die Tertiarflora eher halten, denn die groBen Nordsüdtaler Nordamerikas ermöglichtennbsp;ein solches Ausweichen, und in Ostasien war die Wirkung der Tertiarzeit überhaupt geringer als in Europa und Amerika.
Nach dem Schmelzen des Eises in jeder Interglazialzeit kehrte im groBen und ganzen jeweils eine effenbar ahnliche Flora wieder zurück wie die heutige.nbsp;Und diese Wiederbesiedlung namentlich Nord- und Mitteleuropas nach dernbsp;letzten Eiszeit können wir dank der in den Mooren aufgespeicherten Fossilien,nbsp;insbesondere der Phanerogamen-Mikrosporen (,,Pollenanalye“) gut verfolgennbsp;(Abb. 243). In nianchen Fallen ist dieser WandlungsprozeB nach der heutigennbsp;Arealgestaltung unverkennbar mit der Entstehung neuer Arten verknüpft ge-wesen. Abb. 244 zeigt z. B. zwei nahverwandte Gentiana-Arten, die sich nachnbsp;der Eiszeit ausdifferenziert haben. Die eine Form: Gentiana campestris folgtenbsp;dem weichenden Eise nach Norden und Süden, die andere: Gentiana, baltieanbsp;besetzte das dazwischenlicgende Gebiet. Ahnliche Beispiele der Neubildungnbsp;von Kleinarten nach der Eiszeit beschreibt z. B. Andersson (1905) fürnbsp;Eiemcium.
Auch auf der südlichen Halbkugel verrat die heutige Flora noch sehr interessante genetische Beziehungen. So zeigen die drei südlichen Erdteile:nbsp;Südamerika, Südafrika und Australien unverkennbare floristische Überein-stimmungen, die bei der heutigen Verteilung von Land und Wasser schwernbsp;erklarbar sind. Ich nenne nur die Gattung Ravenala, den „Baum der Keisendenquot;,nbsp;der heute mit je einer Art in Madagaskar und im tropischen Südamerika zunbsp;Hause ist (vgl. Engler 1905, Wegener, Irmscher, Berry 1920, Diels 1928,nbsp;Ihering und Hayek). Fast alle Biogeographen kamen zum SchluB, daB hiernbsp;noch bis ins Eozan bestehende, heute aber verschwundene Landverbindungennbsp;verhanden gewesen sein müssen. Das ,,Wie“ und ,,Wo“ dieser Landverbindungennbsp;ist jedoch noch auBerst umstritten.
Literatur.
Florengeschiclite.
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1) Bei all diesen Pflanzen-,,AVanderungen“ inufi man sich klar sein, daB die Aus-drücke ,,wandern“, ,,ausweichen“ usw. nur Gleichnisse sind. De facto wandert nur die Verbreitungsgrenze dadurch, daB im alten Wohnbereich die betreffende Art ausstirbt odernbsp;in einem neuen Wohnbereich sich Vertreter einer vorher dort fehlenden Art ansiedeln.
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Zimmermann, Die Phylogenie der Pflanzen.
-ocr page 386-Phylogenetisch-historische „Gesetzequot;.
Wir wollen nicht darüber rechten, oh die übliche Bezeichnung ,,Gesetze“ für die nachfolgend geschilderten historischen Allgemeinheiten gerechtfertigt ist.nbsp;Soviel ist ja jedem klar, der von „historischen Gesetzen“ spricht, daB sowohl einnbsp;juristisches ,,Gesetz“, wie das in einer Integralgleichung ausdrückhare physikalischenbsp;,,Gesetz“ etwas anderes ist als ein „historisches Gesetz“. Ferner ist auch dienbsp;Grenze zwischen einem historischen Gesetz und den anschlieBend zu sohil-dernden Kausalzusammenhangen gerade bei phy ogenetischen Vorgangen keines-wegs leicht nnd scharf zu ziehen. Auch dies Problem der Begriffsabgrenzungnbsp;soil uns nicht bekümmern. Der Ausdruck „Gesetz“ ist hier nichts weiternbsp;als eine übliche Bezeichnung; man faBt eben unter „historischenquot; Gesetzen jenenbsp;Allgemeinheiten zusammen, an denen uns vorwiegend die historische Seite in-teressiert, oder bei denen wir uns zunachst noch mit der Feststellung der historischen Fakta begnügen müssen. Um alle MiBverstandnisse zu vermeiden, seinbsp;jedoch ausdrücklich betont, daB zunachst die Frage nach „Sinn“ und „Wert“nbsp;der Phylogenie. nicht behandelt werden soil. Sie wird uns spater S. 374 und 396 ff.nbsp;im Zusammenhang mit den Kausalbeziehungen beim „ZweckmaBigkeitsproblem“nbsp;kurz beschaftigen.
Auf die zunehmende Differciizierung des Pflanzenkörpers durch ge-steigerte Ausbildung verschiedener Zellsorten habe ich schon so oft hingewiesen, daB ein Hinweis auf Abb. 2 genügen mag. Aber auch die verschiedenen Gewebenbsp;und Organe differenzierten sich in gleichor A¥eise. Wir beschranken uns völlignbsp;auf die Kormophyten. Da mag an die Differenzierung des Holzteils und annbsp;die zunehmende Komplizierung des Stelenbaus erinnert werden. Es sei fernernbsp;die Herausdifferenzierung von SproBachsen, Blattern und Blütenorganen ausnbsp;den wenig differenzierten Trieben (,,Telomen“) der Psilophyten, sowie die Um-bildung radiarer Organe zu dorsiventralen erwahnt. Die Differenzierung der Port-pflanzungsorgane sei wenigstens mit einem Beispiel, mit der Umbildung vonnbsp;der Isosporie zur Heterosporie angeführt. Kurz, die zunehmende Differenzierungnbsp;ist eigentlich so klar, daB sie meines Krachtens nicht ernstlich in Zweifelnbsp;gezogen werden kann. Sie bedeutet eine Arbeitsteilung ursprünglich gleichnbsp;funktionierender Zeilen, Gewebe, Organe usw.
Natürlich gibt es auch manche Falie, in denen die Differenzierung wieder verloren ging. Beispielsweise besitzen unter den Kormophyten die Wasser-pflanzen reduzierte Organe, z. B. eine Stele, die manchmal einer Rhyniaceen-Protostele last wieder gleicht; auch bei Parasiten ist die Rückdifferenzierungnbsp;haufig unverkennbar.
Hand in Hand mit der gesteigerten Differenzierung von Zeilen und Organen geht im allgemeinen die Fahigkeit zur Regeneration verloren gegangener Teile zurück. Algen mit ihreni noch wenig differenzierten Thallus regenerierennbsp;meist leichter als Kormophyten. Doch haben diese meist die Fahigkeit, durchnbsp;Adventivknospen und ahnliche Ersatzbildungen etwa verloren gegangene Teilenbsp;wenigstens physiologisch zu ersetzen (vgl. AVinkler, lingerer, Miehe undnbsp;die dort zitierte Literatur). Überhaupt ist bei den Tieren, die ja haufigernbsp;als die Pflanze ein wirkliches Individuum, eine geschlossene Einheit darstellen,nbsp;diese Parallele zwischen Entwicklungshöhe und Abnahrae der Regenerations-
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Merkmalsdifferenzierung.
fahigkeit wohl starker ausgepragt als bei den Pflanzen; selbst bei den Kormo-phyten haben ja die einzelnen Teile (wie etwa die einzelnen Zweige) eine viel gröBere Selbstandigkeit und damit auch eine viel höhere Regenerationsfahig-keit als bei den höheren Tieren.
Als weitere weitverbreitete pliylogenetische Elementar-Reaktionen können wir die Verwaclisungen und Spaltungeii nennen. Wie namentlich Goebelnbsp;wiederholt (z. B. 1928, S. 463 ff. und 1923, S. 1591) ausgeführt bat, kann die Be-zeichnung ,,Verwachsung“ irreführen. Nehmen wir als Beispiel die „verwachse-nen“ Kronblatter der Sympetalen. lm Embryonalzustand werden hier keines-wegs die einzelnen Kronblatter gesondert angelegt und verwachsen dann nach-traglich miteinander. Sondern höchstens die Spitzchen des Kronensaumesnbsp;erscheinen von Anfang an als selbstandige embryonale Hoeker. Die ,,ver-wachsenequot; Hauptmasse der Kronenröhre ist bereits im embryonalen Zustandnbsp;ein einheitlicher Ringwulst, der sich dann bei seinem Auswachsen als Kronenröhre in die Höhe streckt (Abb. 233).
Ahnlich beruhen wohl auch die meisten phylogenetischen ,,Verwachsungen“ eigentlich auf einem verstarkten Wachstum des basalen ungeteilten Abschnittes,nbsp;wahrend der geteilte Endabschnitt im Wachstum mehr zurückbleibt. Dienbsp;,,Spaltung“ ist dann, entwicklungsphysiologisch betrachtet, der umgekehrtenbsp;ProzeB. Verwachsungen und Spaltungen sind also, genau besehen, auchnbsp;Differenzierungsprozesse. Sie bedeuten eine Differenzierung der basalen undnbsp;apikalen Gewebspartien in ihrem Wachstum.
Pür unsere bisherige, vorzugsweise phanotypische, Betrachtung der sichtbaren Endstadien lauft der Vorgang natiirlich aufs gleiche hinaus, einerlei ob echtenbsp;oder nur soheinbare Verwachsung stattfindet. Nur müssen wir uns darüber klarnbsp;sein, daB die Ausdrüoke: „Verwachsungquot; usw. eigentlich rein bildlich gebrauchtnbsp;sind. Übrigens steekt auch in der morphologischen oder systematischen Aus-druoksweise: ,,verwachsene“ Blütenblatter usw., meist diese bildhafte phylo-genetische Vorstellung, die lediglich die Tatsache im Auge hat, daB bei den Ahnennbsp;die Kronblatter usw. frei waren, daB aber heute au ihre Stelle Kronröhren usw.nbsp;getreten sind. Dies Faktum ist als Komplexvorgang kaum anzuzweifeln. Aufgabenbsp;der phylogenetischen Detailanalyse bleibt es, diesen Komplexvorgang weiter zunbsp;analysieren.
Die ,,Verwachsungenquot; und ,,Spaltungenquot; können aber offensichtlich manchmal noch weiter gehen, so daB am phylogenetischen Endzustand kaumnbsp;mehr Spuren des Anfangszustandes erkennbar sind. Die phylogenetische Ent-wicklung laBt sich dann eigentlich nur durch den Vergleich mit anderen sichernbsp;als primitiv erkannten Zustanden, sowie durch den Vergleich der Organstellungnbsp;usw. herausbringen.
Ein vielgenanntes Beispiel mag diese schwierige Frage etwas mehr ver-deutlichen. Die Crucif erenblüte ist bekanntlich auch im Androeceum vier-zithlig; wir haben vier Gruppen von Mikrosporophyllen: zwei bestehen aus je einem kurzen Mikrosporophyll, die beiden anderen Gruppen aus je einem Paarnbsp;langer MikrosporophyUe. Allgemein wird nun angenommen, daB ursprüng-lich alle 4 Gruppen gleichartig gewesen seien^). Kach der einen Auffassung,nbsp;der „Spaltungstheoriequot;, die anfanglich, seit De Candolle, herrschte, undnbsp;die kürzlich von Jaretzky (1928) noch eingehend begründet wurde, warennbsp;ursprünglich nur 4 MikrosporophyUe verhanden; ein Paar langer er Mikro-sporophylle soil also ein einziges bis auf den Grund ,,gespaltenes“ Sporophyllnbsp;darstellen. Rein auBerlich besehen, sieht man einem solchen Zwillingssporophyll
1) Wir lassen hier auBer Acht, daB die Autoren die ,,Ableitung“ haufig nicht rein phylogenetisch, sondern idealistisch-morphologisch aufgefaBt haben.
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Phylogenetisch-historische „Gesetze“.
von der ,,Spaltung“ normalerweise nichts an. Sie sind genau so vollstandig wie die einzelnen, kürzeren, und entwickeln sick in der Ontogenie von Anfang ,nbsp;an selbstandig.
Goebel (z. B. 1923, S. 1571) sprach sick daker nmgekekrt für einen un-gleick weit gefükrten KeduktionsprozeB aus. (Ankanger dieser Auffassung sprecken auck gelegentlick als Gegensatz zur Spaltung von vollstandiger ,,Ver-wacksung“). Goebel nimmt an, daB die 4 Grnppen der Cruciferenbliite ur-spriinglich alle aus niehreren MikrosporophyUen bestanden haben. — An dennbsp;beiden Stellen, an denen keute das kürzere Mikrosporophyll stekt, seien dienbsp;Grnppen jeweils auf ein Mikrosporophyll reduziert, wakrend bei den beidennbsp;langeren Mikrosporophyllpaaren nock jeweils zwei Mikrosporophylle übrig ge-blieben seien.
Nach der Spaltungstheorie stekt keute also ein Paar Mikrosporophylle an Stelle eines einzigen; nach der ,,Reduktionstheorie“ nmgekekrt ein einzigesnbsp;Mikrosporophyll an Stelle eines Paares bzw. vieler Sporophylle. Obwohl mirnbsp;im Rahmen der Gesamtphylogenie die Goebelsche Anschaunng besser fun-diert erscheint (die Zahl der Sporophylle in der Angiospermenbliite ist sickernbsp;von einer groBeren Zahl allmahlich reduziert, vgl. oben S. 336), brauchen wirnbsp;hier, wo es sick nnr um eine beispielhafte Darstellung handelt, diese phylo-genetiscken Einzelfragen nicht zu diskutieren. Denn beide FaUe, sowohl dienbsp;„Spaltung“ (also Vermehrung), wie die vollstandige ,,Verwachsung“ (also Ver-minderung der Organzahl) kommen in der Phylogenie sicker vor. Als deutlichesnbsp;Beispiel einer Verminderung der Organzahl sei die Herabsetzung der Makro-sporangienzahl im Makrosporangienstand der Ginkgophyten genannt (vgl. Abb.nbsp;194 und 200). Umgekehrt ist eine Heraufsetzung der Organzahl in der Kormo-phytenphylogenie schon dadurch gegeben, daB die altesten Korniophyten ver-haltnismaBig kleine nnd damit anch nicht allzu oft verzweigte^) Organismen waren. Die Telomzahl war bei einem Psilopkyten sicker wesentlich kleinernbsp;als bei den von ihm abzuleitenden Pteridophyten und Phanerogamen.
Diese Veranderung der Organzahl ist eine weitere Elementarreaktion; wir können sie nock etwas scharfer fassen, wenn wir die entwicklungsphysio-logischen Prozesse am Vegetationspunkt betrachten. Besonders deutlich sindnbsp;die Verhaltnisse dann, wenn wir Organe mit einer nock verhaltnismaBig urspriing-licken Form der Organverkettung wahlen, also etwa einen gabelig verzweigtennbsp;Telomstand (Abb. 36) oder — da solche primitiv gestaltete Organe keutenbsp;recht selten sind — ein gefiedertes Blatt (Abb. 250). Eine Herabsetzung der Organzahl bedeutet eigentlich eine Herabsetzung des Verzweigungsgrades; der Vegetationspunkt gliedert hier an Stelle einer Gruppe von Telomen ein einziges aus,nbsp;fiir welches das ganze embryonale Gewebe auf einmal verbraucht wird. Einenbsp;Heraufsetzung der Organzahl bedeutet eine Heraufsetzung des Verzweigungsgrades ; der Vegetationspunkt verwendet das embryonale Material, das ehemalsnbsp;fiir ein einziges Telom diente, fiir eine ganze Gruppe.
Eine solche entwicklungsphysiologische Betrachtung fiihrt notwendig dazu, fiir Starke Umbildungsprozesse die alten starren Homologievorstellungen mehrnbsp;diirch die ,,Homoplasie“-Annahme Spemanns zu ersetzen.
Diese wenigen ,,phylogenetischen Elementarreaktionen“:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Differenzierung urspriinglich gleichartiger Teile (Zeilen, Gewebe,nbsp;Organe),
2. nbsp;nbsp;nbsp;Ungleich beschleunigtes Wachstum verschiedener Pflanzenteile,
3. nbsp;nbsp;nbsp;Herabsetzung, bzw. Heraufsetzung des Verzweigungsgrades,
1) Jede Abgangsstelle eines Seitenorgans (Zweig, Blatt, Blattfieder usw.) bei den heutigen Korniophyten entspricht ja einer Gabelung bei den Psilophyten.
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Elementarreaktionen, Aufstieg imd Niedergang.
machen die ganze Fülle der organischen ümbildungsprozesse in der phylo-genetischen Wandlung der Pflanzen aus. Es ist für die Kausalanalyse der Phylogenie sehr wichtig, dah der Formnnterschied der Pflanzen — wir fassennbsp;hier zunachst einmal die bestbekannte Gruppe, die Kormophyten ins Auge —nbsp;auf einer Kombination verhaltnismaBig weniger Prozesse beruht.
Als ein gewisses Gegenstück zur zunehmenden Differenzierung innerhalb der einzelnen Stammreihen kann man festhalten, dab eine ganze Pflanzen-gruppe am Anfang oft mannigfaltiger in Erscheinung tritt als spater. Sie pro-biert gewissennaben in verschiedenen Stammreihen am Anfang eine ganze An-zahl von Varianten aus, wahrend spater nur eine dieser Varianten erhaltennbsp;bleibt. Man vergleiche z. B. die Formenfülle, niit der die Articulaten ursprüng-lich um die Devon-Karbon-Wende in Erscheinung traten. Schon im Ober-karbon, als der Articulatenstamm noch in voller Blüte war, ist die Zahl dernbsp;Typen erheblich zurückgegangen, wahrend heute nur eine einzige, relativ ein-heitliche Gestalt, die der Gattung Equisetum, existiert.
Pflanzengruppen, welche weit in die Vergangenheit zurückreichen, reprasen-tieren daruni auch oft noch eine ganze Reihe grundsatzlich verschiedenartiger Konstruktionslösungen, die den spater entstandenen Gruppen fehlen. Ich er-innere hier an die verschiedenen Formen von Assimilationsfarbstoffen und Fort-pflanzungsmodi, welche die Algen den Kormophyten voraus haben.
Die Pflanze ,,arbeitet“ hier ahnlich wie’die Industrie, die auch im all-gemeinen aus der groben Anzahl von Anfangskonstruktionen schlieblich nur einige wenige weiterverwendet und weiterentwickelt.
Auch die Erörterung dieser Frage steht und fallt mit der scharfen Heraus-arbeitung der einzelnen Probleme.
Wenn wir zunachst die verschiedenen Pflanzengruppen nach ihrer Menge und Vertreterzahl als eine Einheit betrachten, so ist gar kein Zweifel, dab wirnbsp;in sehr vielen Fallen rein beschreibend von einem Aufstieg und Niedergangnbsp;sprechen können. Aus der Tatsache der Phylogenie ergibt sich zunachst ohnenbsp;weiteres ein Aufstieg, d. h. eine Zunahme der Individuen zahl und der Formen-mannigfaltigkeit einer Gruppe. Ich nenne nur die Diatomeen, leptosporangiatennbsp;Fame und Angiospermen, deren bis heute anhaltender Aufstieg für die ganzenbsp;Gruppe und für viele Einzelgruppen wohl belegt ist. Es gab sicher eine Zeit,nbsp;in der diese Formen schwacher als heute verbreitet waren. Aber auch einnbsp;Niedergang hinsichtlich der Zahl und der Formenmannigfaltigkeit liegt fürnbsp;viele Gruppen klar zutage. Es ist kaum ein Zweifel, dab die ganze Fülle palao-zoischer Pflanzen, die wir kennen, die Lepidophyten, Sphenophyllen, Cala-miten, Coenopteridalen, Pteridospermen, Cordaiten usw. fast ausnahmslos ohnenbsp;direkte Nachkommen ausgestorben sind, oder dab diese Nachkommen jeden-falls keine mit den Ahnen vergleichbare Bolle spielen^). Wenn man also reinnbsp;beschreibend die phylogenetische Entwicklung mit einer Trauerweide ver-gleicht, bei der zwar die Aste zunachst aufstreben, sich aber nach einiger Zeitnbsp;wieder abwarts wenden und dann endigen, ist dies Gleichnis unbedenklich.
Aber das Problem: Aufstieg und Niedergang hat eine viel weiter reichende, viel tiefer gründende und eigentlich die Kausalanalyse berührende Be-deutimg. Wir fragen: Liegt in diesem Aufstieg und Niedergang ein allgemeines
1) Die gegenteiligeAuffassung, z. B. von Steinmann, wird wohl heute kaummehr ornstlich vertreten. Schon innerhalb dor einzelnen ,,Arten“ führt ja der gewaltige Nach-kommenüberschull unvermeidbar — ahnlich wie beim Menscheii — zum Aussterben dernbsp;meisten Stamnüinien (s. S. 376 f.).
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Phylogenetiscli-histürische ,, Gesetzequot;.
biologisches Gesetz ? und worin gründet die Tatsache des Aufstieges und Nieder-gangs? Ich branche wohl nur Spenglers ,,üntergang des Abendlandes“ zu nennen, uni die Verquickung des Problems mit der Schicksalsfrage des mensch-lichen Individuums und der menschlichen Gesellschaften anzudeuten.
Zwei Fragen legt so die Verbundenheit aller biologiscben Wissenschaften der botanischen Phylogenetik vor:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Gibt es auch auBer der Vermehrung oder Verminderung der Tndividuen-zahl und der Formenmannigfaltigkeit noch etwas, was man Aufstieg und Nieder-gang in der Phylogenie nennen kann?
2. nbsp;nbsp;nbsp;Liegt in diesem Aufstieg und auch insbesondere im Niedergang einenbsp;innere Notwendigkeit ?
Ein wirklicher Aufstieg im Sinne einer „Höher“-Entwicklung schien natürlich solange ohne weiteres gegeben, als man den Menschen alsnbsp;„Krone der Schöpfungquot; betrachtete und die gesamte Organismenwelt in einernbsp;linearen „Stufenfolge“ anordnete. Heute sind sich wohl die meisten Biologennbsp;darüber grundsatzlich einig, dab wir uns bei der Prage: Aufstieg oder Niedergang? von Anthropomorphismen freihalten müssen, daB wir den Menschennbsp;nicht als MaB aller Dinge betrachten dürfen.
HeiBt das aber, daB in der Phylogenie, so, wie sie sich nach den natur-wissenschaftlichen Daten abgespielt hat, überhaupt keine klare Linie, kein Sinn^), liegt?
Nein, eine solche Auffassung scheint mir unberechtigt. Es gibt klare Ent-wicklungslinien, die sich jeweils wie ein roter Faden durch die ganze Phylogenie hindurchziehen. Wir haben sie zum Teil soeben erwahnt, wie die zu-nehmende Differenzierung in auBerer Morphologic, Anatomie und Zahl der Zellsorten. Ausnahmen einer rückschreitenden Entwicklung gibt es allerdingsnbsp;(Parasiten, Wasserpflanzen usw. bei den Angiospermen). Aber innerhalb dernbsp;Gesamtentwicklung verschwinden diese Ausnahmen gegenüber der allgemeinennbsp;Entwicklungstendenz einer zunehmenden Differenzierung.
Für die Gesamtheit der Pflanzenwelt liegt noch eine weitere Entwicklungstendenz klar zutage. Das ist die zunehmende Fahigkeit der Pflanze, Orte zu besiedeln, die ihr früher verschlossen waren. Bis zum Obersilur spielte sichnbsp;das ganze Leben im Wasser ab. Also erst wahrend des letzten, kleineren Zeit-raumes, innerhalb dessen wir das Leben auf der Erde übersehen, hat die Pflanzenbsp;die Fahigkeit gewonnen, das Festland zu besiedeln. Sie ist dabei in zunehmendemnbsp;Grade vom Wasser unabhangig geworden. Heute sind es nur ganz wenigenbsp;Wüstengebiete (z. B. die Salzwüsten Südpersiens), die auf gröBere Streckennbsp;dem pflanzlichen Leben völlig verschlossen sind.
Als letzten Fall einer gerichteten Entwicklungstendenz nenne ich die vor-zugsweise Neuerwerbung systemerhaltender, vulgo ,,zweckmaBiger“ Einrich-tungen, z. B. die Neuerwerbung der Einrichtungen an den Angiospermenblüten zur Bestaubung, zur Erzeugung und Verbreitung der Samen — Einrichtungen,nbsp;welche den alteren Pflanzen bestimmt fehiten. Diese Entwicklungstendenz wirdnbsp;uns spater bei der Kausalanalyse noch eingehend beschaftigen (S. 398).
Also, als aufsteigende Entwicklungstendenzen können wir auch frei von anthropomorphen VorsteUungen festhalten:
zunehmende Individuen- und Formenzahl, zunehmende Differenzierung verschiedener Eigenschaften,nbsp;zunehmende Fahigkeit der Besiedlung auf der Erde,nbsp;vorzugsweise Neuerwerbung zweckmaBiger Einrichtungen.
1) ,,Sinn“ ist natürlicii Mer gemeint, so wie der Mathematiker von einem „Bewegungs sinn“ spricht, also ohne irgendeinen metaphysischen Beigesohmack.
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Aufstieg iind Abstieg.
Gibt es auch absteigende Entwicklungstendenzen ? Die Ein-stellung zu dieser Frage scheint mir, -wie manche biologische Fragen, etwas stark von Modeströnmngen abhangig. Modeströmungen, welche bei der innigennbsp;Verflechtung von Biologie nnd Weltanschauung, auch manchmal wieder biologische Auffassungen zurückstrahlen. Wahrend zeitweise unter deni EinfluBnbsp;darwinistischer und Haeckelscher Gedanken die allgemeine Losung; „Fortschritt“nbsp;hieB und man nur die aufsteigende Tendenz beachtete, trat spater — teilweisenbsp;als gesuilde Reaktion gegen Uebertreibungen, teilweise unter deni EinfluB einernbsp;pessimistischen Philosophie und der Dekadenzkultur, teilweise als Ausdrucknbsp;eines Minus-Lamarckismus — die Neigung zutage, in der Stammesgeschichtenbsp;der Organismen den Niedergang besonders stark zu betonen. ,,Deszendenz“nbsp;im wörtlichsten Siiine, ein Herabschreiten, ein Senilwerden sollte sich besondersnbsp;leicht nachweisen lassen.
Als objektives Faktum einer absteigenden Entwicklung liegt jedenfalls das oben erwahnte allniahliche Aussterben zahlloser pflanzlicher Stammlinien vor.nbsp;Wenn wir einen heutigen Barlapp mit einem Lepidodendron, einen heutigennbsp;Schachtelhalm mit einem Calamiten, einen heutigen Angiopteris mit einemnbsp;Fsaronius vergleichen, so ist auch (abgesehen voni subjektiven Empfinden,nbsp;daB die heutigen Pflanzen kümmerlicher aussehen als ihre baumförmigennbsp;Ahnen) ein objektiver Rückgang, wie die rückschreitende IndividuengröBe undnbsp;der rückschreitende Anted an der Gesamtvegetation unverkennbar. Bleibennbsp;wir bei den Lepidophyten als Beispiel! Ich liabe früher (S. 144) absichtlichnbsp;auf die rückschreitende Ausbildung des Schuppenkleides, also eines der cha-rakteristischsten Merkmale beim Übergaiig von der Karbon- zur Permzeit besonders aufmerksam gemacht. Rückschreitende Tendenzen sind unverkennbar, sobald wir eine Pflanzengruppe als Ganzes betrachten.
Aber in diesen Problemen stecken noch weitere Fragen, die wir nicht un-besehen bejahen dürfen. Wir müssen uns vor alleni davor hüten, aus dieser rückschreitenden Tendenz zweierlei herauszulesen, oder richtiger gesagt in sienbsp;hineinzulesen:
Erstens bedeutet der Medergang einer Pflanzengruppe nicht, daB sich auch innerhalb der einzelnen Stammlinien eine Rückentwicklung abspielt.nbsp;Denn es ist z. B. keineswegs gesagt, daB die heutigen krautigen Lycopsidennbsp;die direkten Nachkommen der baumförmigen Lepidophyten sind. Die baumförmigen Lepidophyten sind nur dank ihrer GröBe und ihres rnassenhaften Vor-kommens die bestbekannten Vertreter im Karbon. Damals existierten abernbsp;daneben auch schon krautige Vertreter dieser Abteilung. Es ist viel wahr-scheinlicher, daB die heutigen Lycopodien und Selaginellen von diesen krautigennbsp;karbonischen Vertretern abstammen als von den Lepidophyten. Innerhalb dernbsp;bis heute erhaltenen Stammlinien der Lycopodien und Selaginellen gibt esnbsp;also vielleicht gar keine rücklaufige Bewegung. Diese heutigen Krauter sindnbsp;wahrscheinlich nur sehr konservative Organismen, deren Ahnen niemals baum-förmige Ausgestaltung erreicht haben.
Zweitens muB man sich davor hüten, daB man in einer rücklaufigen Bewegung, auch wenn sie sich innerhalb einer Stammlinie abspielt, direkt eine Senilitats-, eine Dekadenzerscheinung sieht. Wir müssen solche Begriffe scharfnbsp;unter die Lupe nehmen, wenn wir sie nutzbringend verwenden wollen. Dernbsp;Senilitats- und Dekadenzbegriff ist vom Schicksal des Menschen und der mensch-lichen Gesellschaft übernommen. Wir sehen als Boten des nahenden Todesnbsp;beim Menschen Verfallserscheinungen, die Senilitat, und wir sehen als Botennbsp;des Aussterbens einer Rasse Verfallserscheinungen, die Dekadenz. Das Aus-
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Phylogenetisch-historische ,,Gesetze“.
sterben einer dekadenten Menschenrasse bernht auf einer kulturell und körper-lich bedingten Verminderung lebensfahiger Nachkommen.
Wenn wir solche Erscheinungen in der Stainmesgeschichte der Pflanze zu erkennen glauben, so müssen wir den Nachweis fiihren, daB es sick bier wirklichnbsp;uni Verfallserscheinungen handelt. Wir müssen zeigen, daB bestimmte Ande-rungen an den Organismen, wie etwa das ,,Verlöschen“ der Blattpolster beinbsp;den Lepidophyten (ini ïierreich denkt man hier etwa an die Aufrolhmg und dennbsp;Riickgang der Lobenzerteilung beim Gehause von Kreideammoniten)i), einnbsp;Anzeichen fiir das Nachlassen der Lebensfahigkeit und für das nahende Aus-sterben seien. Vor allem müssen wir zeigen, daB es sich nicht uni Anpassungs-erscheinungen an eine veranderte Umwelt handelt.
M. W. ist noch für keine einzige Gruppe natiirlich wachsender Pflanzen (den iimstrittenen ,,Sortenabbau“ kultivierter Pflanzen lasse ich absichtlichnbsp;beiseite) eine derartige Senilitats- Oder Dekadenzentwicklung nach-gewiesen. Bleiben wir bei eineni Beispiel, das noch am ehesten wie ein solchernbsp;SenilitatsprozeB aussieht, etwa beiin Verlöschen der Lepidophyten-Blatt-polster im Rotliegenden. Eine wirkliche Senilitat, eine Dekadenz lage dochnbsp;nur dann vor, wenn die Lepidophyten nicht mehr die Kraft besessen hatten,nbsp;Blattpolster auszubilden, wenn das Eehlen der Blattpolster eine Aus-wirkung innerer Schwache, einer verminderten Lebensfahigkeit der Lepidophyten ware.
Das aber ist nicht erwiesen. Es ist nicht einnial wahrscheinlich, daB die Lepidophyten des Rotliegenden weniger Nachkommen erzeugt haben als ihrenbsp;Ahnen. Sie starben offensichtlich aus unter demEinfluB von Umweltfaktoren,nbsp;infolge der Anderung des Klimas und infolge verstarkter Konkurrenz durch dienbsp;Gymnospernien. Der Blattpolsterrückgang ist wohl eine Anpassung an die veranderte Umwelt. Die Zahl der lebensfahigen Nachkommen verminderte sichnbsp;nicht absolut, wie bei den Fallen der menschlichen Dekadenz, sondern höchstensnbsp;relativ zur Möglichkeit des Gedeihens unter den veranderten Urnweltbeding-ungen. Darauf beruht m. E. das Aussterben, wie ich an verschiedenen Stellennbsp;(vgl. S. 145 und 361) auseinandergesetzt habe. — Ahnlich liegt der Fall bei dennbsp;Reduktionserscheinungen der Wasserpflanzen und der Parasiten. Auch hiernbsp;beruht die rücklaufige Entwicklung in vielen Fallen offensichtlich auf einer Anpassung an veranderte Lebensbedingungen. Es ist mir also viel wahrschein-licher, daB derartige ,,Senilitatserscheinungen“ und rücklaufige Prozesse vor-getauscht werden:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Durch das alleinige Überleben konservativer, weniger hoch entwickelternbsp;Sippen. (Beispiel: Lepidophyten — heutige krautige Lycopsiden).
2. nbsp;nbsp;nbsp;Durch Anpassung an veranderte Lebensbedingungen, welche bereitsnbsp;erreichte Organisationsstufen entbehrlich machten. (Beispiel: ,,Verlöschen“ dernbsp;Blattpolster bei den Lepidophyten im Rotliegenden, ferner Reduktionserscheinungen bei Wasserpflanzen und Parasiten unter den Angiospermen).
3. nbsp;nbsp;nbsp;Durch verstaikte Konkurrenz neu sich entwickelnder Gruppen, dienbsp;oft die hochstentwickelten Glieder einer anderen Pflanzengruppe am schiirfstennbsp;traf. (Beispiel: Konkurrenzsieg der Gymnospermen gegenüber den Lepidophyten, Konkurrenzsieg der Angiospermen gegenüber den Benettitales).
Fiii diese Eragen ist es notwendig, daB wir uns die Aussterbeprozesse, so wie sie die pflanzengeographischen und pflanzensoziologischen Untersuchungennbsp;aufzeigen, mögliohst deutlich vor Augen stellen. Zunachst müssen wir unsnbsp;klar werden, was wir unter dem Aussterben einer ,,Art“ ,,Gattung“ usw. versteken. Für einen Naturwissenschaftler bestekt eigentlick kein Zweifel, daB es
1) Weitere Beispiele siehe kisbesondere Abel (1929).
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Irreversibilitatsgesetz.
sicli hier niclit um das Aussterben der Begriffe nbsp;nbsp;nbsp;„Gattung“ usw. handelt,
sondern um das Aussterben der diese Art, Gattung usw. bildenden Individuen ohne Nachkommenschaft, d. h. der einzelnen Stammlinien. Dies Aussterbennbsp;von Stammlinien ist ja bei dem ungeheuren ÜberschuB der Nachkommen ein tag-taglicher Vorgang. Auch daB die einzelnen Individuen bzw. Stammlinien sichnbsp;gegenseitig im Konkurrenzkampf vernichten, ist unbestreitbar (vgl. unten S. 409).nbsp;Solch ein vernichtender Konkurrenzkampf könnte ja nur dann unterbleiben,nbsp;wenn jedes Pflanzenpaar nur ein einziges Paar zur Fortpflanzung gelangendernbsp;Nachkommen erzeugte; denn von den heutigen Pflanzen besiedelbare, aber nochnbsp;unbesiedelte Boden gibt es praktisch genommen nicht. Bis dahin stimmt dernbsp;Malthussche Gedanke im Pflanzenreich ganz bestimmt.
Der Unterschied zwischen dem Aussterben einer ganzen ,,Art“ usw. gegen-über dem Aussterben einzelner Stammlinien ist aber nur quantitativer Natur. Es sterben in diesem Falie nicht nur sehr viele, sondern alle Stammliniennbsp;einer ,,Art“ aus, und die konkurrierenden Pflanzen sind viel weniger Mit-glieder gleichartiger Stammlinien als andersartige, aber ökologisch gleichwertigenbsp;Pflanzen. Das ,,Aussterben von Arten“ durch Konkurrenz beruht also aufnbsp;wohlgesicherten und heute noch analysierbaren Prozessen.
Auffallig und viel behandelt ist das ungleiche Tempo der phylogenetischen Entwicklung; Es gibt Zeiten, in denen die Wandlung nach dem Zeugnis dernbsp;fossilen Pflanzen verhaltnismaBig langsam und gleichförmig vor sich ging,nbsp;und Zeiten (Devon, U.-Karbon, U.-Kreide), in denen explosionsartig eine Füllenbsp;neuer Pflanzentypen auftraten (vgl. S. 396).
Dies von Do 11 o aufgestellte und meist nach ihm benannte Gesetz spielt wohl niehr in der Zoologie bzw. Palaozoologie als in der Botanik eine Bollenbsp;(vgl. die Formulierung von Abel, Hennig und Karny 1925, S. 215ff.). Esnbsp;besagt die Nichtumkehrbarkeit der stammesgeschichtlichen Entwicklung.
Die Behauptung einer Allgemeingültigkeit dieses Gesetzes inuB schon deshalb auf schwachen FüBen ruhen, weil wir notgedrungen bei der Fest-stellung irgendwelcher stammesgeschichtlicher Beziehungen das Dolloschenbsp;Irreversibilitatsgesetz fast immer voraussetzen. Die genauen Entwicklungs-wege und Umwege, so wie sie ein wirklichkeitsgetreuer Stammbaum darstellennbsp;jnüBte, kennen wir ja viel zu wenig! Wir können sehr selten mit Bestinimtheitnbsp;sagen, ob die Phylogenio wirklich in gerader Linie, ohne Umwege, ohne vorüber-gehende Rückkehr auf ein früheres Stadium vor sich gegangen ist. Wenn sichnbsp;also beim Ahn und Nachfahr ein Organ in ahnlicher Weise entwickelt vor-findet, so nehmen wir in jedem Einzelfall bis zuni Beweis des Gegenteils an,nbsp;daB dies Organ, ohne vorübergehend einmal verschwunden gewesen zu sein,nbsp;unmittelbar übertragen wurde. Formen, die das betr. Organ nicht haben,nbsp;werden eben als Angehörige eines Nebenzweiges angesehen.
Diese SchluBweise ist — auch abgesehen von ihrer Unvermeidlichkeit — sicher für weitaus die meisten Falie berechtigt. Die Hauptstütze für dasnbsp;Dollosche Gesetz bietet die auffiillige Tatsache, daB ein verloren gegangenesnbsp;Organ sehr oft durch analoge Bildungen ersetzt wird. Berühmte Beispiele sindnbsp;ja im Tierreich der Ersatz der ehemaligen Flossen durch analoge Bildungennbsp;bei den sekundar ins Wasser gegangenen Saugetieren (Seehunden, Walen usw.).nbsp;Im Pflanzenreich kann man denken an die Neubildung von Phyllokladien undnbsp;Phyllodien an Stelle der verloren gegangenen Blattflachen, wie wir das z. B.
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Phylogenetisch-historische „ Gesetzequot;.
bei Buscus und Akazien (Abb, 248) beobachten. Die Anhanger des Dolloschen Irreversibilitatsgesetzes schlieBen dann weiter; wenn der Organismus ohne
Schwierigkeiten ein verloren gegangenes Organ erneut bilden könnte, -wiirde er in diesen Fallen auf einennbsp;solchen Umweg verzichten. Vorsichtige Palaonto-logen -wie Abel und Hennig schranken darumnbsp;ihre Zustimniung zum Dolloschen Gesetz auf der-artige Er satzbildungen für verloren gegangenenbsp;Organe ein.
Soweit ich die (nanientlich im Pflanzenreich in Frage kommenden) Falie übersehe, wird man unter-scheiden müssen zwischen Umbildungsvorgangen, dienbsp;aus einem Koniplex sehr vieler phylogenetischernbsp;Elementarreaktionen bzwquot;. Mutationen bestehen undnbsp;Umbildungsvorgangen, die nur auf einer oder sehrnbsp;w enig en Elementarreaktionen bzw. Mutationen be-ruhen. Wenn eine phylogenetische Abanderung sehrnbsp;komplex ist, kann das Ausgangsstadium vielleichtnbsp;in groBen Zügen wieder erreicht werden. Abernbsp;immer wird sich dann der phylogenetische Umwegnbsp;dadurch geltend machen, daB Einzelheiten des End-zustandes nicht mehr mit dem Ausgangszustandnbsp;übereinstimmen.
Betrachten wir z. B. die Protostele niancher kormophytischer Wasserpflanzen! GewiB, der all-gemeine Bautyp sowie die geringe Differenzierungnbsp;der Gewebe (ein zentraler Holzteil und ein darumnbsp;liegender Siebteil) erinnern weitgehend an die Protostele der ursprünglichennbsp;Kormophyten, z. B. der Khyniaceen. Aber viele Einzelheiten, wie der Bau
der Tracheiden und Siebrohren, die Einzelgruppiorung des Siebteils u. a. sind keineswegs identisch mit der Urform. Weiter, die parasitischen Kafflesiaceen
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Polyphylie.
sind wieder zum thallosen, d. h. fadig aufgelösten Körper zurückgekehrt; und doch wird kaum jemand annehmen wollen, daB die Einzelgestaltung ihresnbsp;Körpers, z. B. ihre Zeilen ohne Assiniüatoren deni fadigen Zustand dernbsp;Kormophytenahnen entsprechen.
Anders liegen wohl die Verhaltnisse bei den kleineren Abanderungen, wie bei Einzelmutationen und phylogenetischen Elementarreaktionen. Hiernbsp;zeigen sclion die unniittelbaren Ergebnisse einer experimentellen Phylogenetik,nbsp;daii siclier gelegentlich eine rücklaufige Bewegung stattfindet. Die ,,Ver-wachsung“ der Phylloide kann sich z. B. niehr oder minder stark zurückbildennbsp;(Abb. 245), wie wir an zahllosen schlitzblattrigen Blattniutationen (nieist alsnbsp;mut. oder ,,var. laciniata'''' bezeichnet) sehen können. Ahnlich liegen die Ver-lialtnisse der ebenso zahllosen Mutationen bzw. Abnormitaten, in denen etwanbsp;statt einer verwachsenen Blütenkrone oder eines verwachsenen Kelches freienbsp;Blütenorgane auftreten. Abb. 246 zeigt ein anderes derartiges Beispiel, dennbsp;inutativen Verlust der Bestachelung bei Datura. Selbstverstandlich ist dienbsp;Datura nur init dieser einen einzigen Eigenschaft zur Urform zurückgekehrt.
Überhaupt sind sogenannte ,,Rückmutationen“Ü, d. h. der Verlust einer wahrend der Beobachtung neu erworbenen Anlage, sehr haufigeErscheinungen.nbsp;Kurz, bei jenen Einzelabanderungen in der Phylogenie, die wir heute meistnbsp;als Mutationen bezeichnen, ist ein UmkehrprozeB sicher nicht ausgeschlossen.nbsp;Ja, es ist wahrscheinlich, dab allgemein ein neuer Zustand in der Phylogenienbsp;erst nach niehrmaligem Hin- und Herpendeln gefestigt beibehalten wird (vgl.nbsp;S. 389). Je komplexer die Abanderungen in der Phylogenie jedochnbsp;werden, je mehr sich die Mutationen an einem Organ haufen,nbsp;uni so unwahrscheinlicher wird es, daB die Umkehr des Prozessesnbsp;genau wieder zur Ausgangsforni zurückführt. Dies ist wohl dernbsp;berechtigte Kern ini Dolloschen Irreversibilitiitsgesetz.
Man muB scharf unterscheiden zwischen: einer polyphyletischen Merkraalsentwicklung (Abb. 247 b) undnbsp;einer polyphyletischen Stammesentwicklung (Abb. 247 a).
Eine heute wohl allgemein anerkannte polyphyletische Merk mals entwicklung ist z. B. die ,,Syinpetalie“, d. h. derErwerb einer verwachsenblattrigen Blumenkrone. Sowohl bei den Dikotylen (Aristolochiaceen, Ericaceen, Primu-laceen, Gentianaceen, Labiaten, Campanulaceen) wie bei Monokotylen (manchennbsp;Liliaceen, Amaryllideen usw.) haben einige Pflanzenfamilien, die offensichtlichnbsp;aus verschiedenen freikronblattrigen Stammreihen herkommen, selbstandig,nbsp;d. h. „polyphyletiscliquot;, dies Merkmal erworben. Es ist darait natürlich nichtnbsp;gesagt, daB d-ese Stammreihen selbst ,,polyphyletisch“, also durch selbstandigenbsp;TTrzeugungsakte entstanden seien. Die wenigsten Anhanger einer „polyphyletischen Entstehung der Sympetalie“ werden das behaupten wollen. Man meintnbsp;bei der Behauptung einer ,,polyphyletischenquot; Merkmalsentwicklung nur die Tat-sache, daB der letzte gemeinsame Ahn das betr. Merkmal noch nicht besessennbsp;habe — daB beispielsweise der letzte gemeinsame Ahn der Sympetalen-faniilien noch freikronblattrig gewesen sei.
Man könnte eine solche polyphyletische Merkmalsentwicklung auch als „Polyphylie im Sinne der Systematikerquot; bezeichnen. Denn das, was polyphyle-
1) 'Bs ist allerdings noch eine offene Nomenklaturfrage, ob man bei diesen labilen Ver-iinderungen des Erboharakters von ,,Mutationenquot; spreolien soil. Rein sachlicli genommen bleibt die Tatsache des labilen Charakters von solclien Brbanlagen bedeutungsvoll genug.
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Phylogenetisch-liistoxische „Gesetzequot;.
tisch entsteht, das, was aus verschiedenen Wurzeln komnit, ist hier im all-gertieinen nur die betreffende systematische Einheit, z. B. die Pflanzengruppe der Sympetalen.
Solohe Falie einer polyphyletischen Merkmalsentwicklung, eiiier Polyphylie im Sinne der Systematiker, sind sicher sehr haufig. Ich erinnere nur an dienbsp;Wandlung der isosporen Fortpflanzung in die heterospore und schlieBlich innbsp;die Gymnospermie, eine Wandlung, die sich innerhalb der Kormophyten-Stammlinien mindestens 2—Smal abgespielt hat. Auch diese Frage der polyphyletischen Parallelbildung von Merkmalen wird uns bei der Kausalanalysenbsp;noch beschaftigen.
Einen weiteren sehr bemerkenswerten Fall ,,polyphyletischer“ Merkmalsentwicklung schildert Wettstein (1909). Zwei FwpArasz'a-Sippen (E. borealis Wettstein und E. „glabra“, eine unbehaarte Varietat von É. suecica Murb. etnbsp;Wettst.) sind auf diesem „polyphyletischenquot; Wege durch Verlust der Behaarungnbsp;so ahnlich geworden, daB sie heute (nach Wettstein) in morphologischer Hinsichtnbsp;durchaus nicht zu unterscheiden sind. Die Tatsachen selbst wollen wir hiernbsp;nicht erörtern. Wettstein hat sich in seiner berühmten Euphrasia-Mono-graphie (1896) darüber ausgiebig ausgesprochen. Das ausgezeichnete Beispielnbsp;mag nur die Problematik erlautern. Folgendes sind die von Wettstein angenom-menen genetischen Beziehungen;
Euphrasia borealis = Euphrasia glabra
Euphrasia stricta Euphrasia suecica Euphrasia brevipila.
Wahrend also diese beiden Entwicklungsreihen zu iibereinstimmenden Formen fiihren, sind die (nach Wettstein heute noch vorhandenen) Ausgangs-formen {Euphrasia stricta und brevipila) sehr wohl durch ihre Behaarung zu unterscheiden. Trotzdem wird wohl niemand, der überhaupt eine phylogenetischenbsp;Wandlung annimmt, behaupten wollen, die beiden Euphrasia-Alien (die über-dies erst durch die heutige ,,minutiös“ arbeitende Detailsystematik unterschiedennbsp;wurden) seien durch selbstandige Urzeugungsakte entstanden. Nur das Merkmalnbsp;der Haarlosigkeit ist nach Wettstein polyphyletisch erworben.
An eine echte ,,polyphyletische“ Staminesentwicklung denkt aber z. B. Nageli (1884, S. 465ff.). Dieser Phylogenetiker nimnat an, dab die groBennbsp;Stamme des Pfianzenreiches, die Schizophyten, verschiedene Algengruppen,nbsp;die Korniophyten nsw., wirklich jeder fiir sich selbstandig durch einen eigenennbsp;Urzeugungsakt entstanden seien. Hanstein , Reinke und manche anderenbsp;gingen sogar noch weiter. Nach ihnen hat sich jede Gattung, ja jede Artnbsp;von Anfang an bis heute auf selbstandigem Wege, „polyphyletischquot;, entwickelt.nbsp;Aber selbst diese ,,Polyphyletikerquot; batten wohl kaum die Ansicht vertreten,nbsp;dab die beiden oben geschilderten Euphrasia-Sippen mit ihrer polyphyletischennbsp;Merkmalsangleichung auf gesonderte Urzeugungsakte zuriickgingen. Ob dienbsp;uns bekannten Organismen durch ,,polyphyletische“ Stammesentwicklung entstanden sind, haben wir wiederholt (z. B. S. 33 und 297) erörtert. Ichnbsp;habe an diesen Stellen auch schon ausgefiihrt, dab mir keine einzige Angabenbsp;einer jiolyphyletischen Stammesentwicklung bewiesen erscheint.
Zugunsteu einer polyphyletischen Stammesentwicklung hat man schon oft die Auffassung verfochten, so gut wie sich ein Urzeugungsakt einmal abgespieltnbsp;habe, könne er sich doch auch wiederholt haben. Dieser Auffassung wird mannbsp;an sich wohl beipflichten konnen. Aber man darf nicht übersehen, dab zwischen
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Polyphylie.
der ürzeugung und den „primitivsten“ bekannten Organismen (fossilen oder rezenten) eine ganz gewaltige Zeit- und Entwicklungsspanne verflossen sein muB.nbsp;„Polyphyliequot; im Sinne der Phylogenetiker bedeutet darum (Abb. 247), daü diesenbsp;gewaltigen Entwicklungswegj parallel durchlaufen seien. Aber irgendeinnbsp;zwingender oder auch nur ein sebr wahrscheinlicher Grund, daB von diesen hypo-thetischen durch verschiedene Urzeugungsakte geschaffenen Gebilden mehrerenbsp;Stamme parallel zu den doch in vielem recht übereinstimmenden ,,primitiven“nbsp;Lebewesen geführt batten, besteht meines Eraohtens nicht.
Man kann zweifeln, ob es zweckmaBig ist, bei zwei Vorgangen wie bei der polyphyletischen Merkmalsentwicklung und bei der polyphyletisohen Stammes-entwicklung dasselbe Wort „Polyphyliequot; zu gebrauchen. Eines scheint mir jeden-falls selbstverstandlich. Man darf den Leser nicht im unklaren lassen, in welchemnbsp;der beiden Sinne man dies Wort ,,Polyphyliequot; gebraucht. Wenn man das abernbsp;klar ausspricht, ob man die polyphyletische Merkmalsentwicklung oder die poly-phyletische Stammesentwicklung meint, scheint mir die traditionelle Doppel-verwendung des Wortes „Polyphyliequot; wenigstens ertraglich.
Abb. 247. „Polyphyletischequot; Abstanimung.
a) nbsp;nbsp;nbsp;Polyphyletische Sippenentstehung = Stammesentwicklung im phylogenetischen Sinne.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Polyphyletische Merkmalsentstehung = Polyphylie im systematischen Sinne.
c) nbsp;nbsp;nbsp;in einem vermittelnden Sinne (vgl. Text).
(Original.)
In der Praxis ergeben sich allerdings durch die Doppelverwendung des Wortes ,,Polyphyliequot; oft Schwierigkeiten, die z. B. sehr gut beleuchtet sind in einemnbsp;Vortrag Abels (1909), sowie in der sich daran anknüpfenden Diskussion dernbsp;auch das obige .ËMpArasia-Beispiel entnommen ist.
Diese MiBverstandnisse und Schwierigkeiten werden nicht kleiner, sondern noch gröBer dadurch, daB sich über Monophylie und Polyphylie nicht nur zwei extreme,nbsp;sondern eine ganze Reihe vermittelnder Auffassungen gegenüberstehen. Ich nennenbsp;hier nur eine weit verbreitete Auffassung (Nageli 1884, S. 469 und A. Meyer 1927,nbsp;S. 263): Die Abstammungslinien sollen zwar, je weiter wir in die Vergangenheitnbsp;zurückgehen, immer mehr konvergieren (Abb. 247 c), aber sie sollen sichnbsp;bei diesem rtickwartigen Verlauf gewissermaBen nur asymptotisch nahem, so daBnbsp;also doch letzten Endes getrennte Urzeugungsakte vorliegen. Wir wollen diesenbsp;ebenfalls als „polyphyletischquot; bezeichnete Auffassung durch ein freigewahltesnbsp;Beispiel erörtern. Die beiden Familien der Labiaten und der Scrophulariaceennbsp;mogen solche ,,polyphyletisch“,^entwickelte Familien sein; d. h. ihre Stamm-linien mogen vom Momente der jeweils selbstandigen ürzeugung an immer ge-
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Phylogeaetisch-Wstorisclie ,, Gesetze' ‘.
trennt verlaufen sein. Aber in der Vergangenbeit, etwa zur Psilophytenzeit, im Devon oder noch spater zur Zeit der Urangiospermen, da waren die Vertreternbsp;der beiden Stammlinien noch nicht voneinander untersoheidbar gewesen.
Eine eingehende Diskussion iiber diese Erage, ob wohl eine monophyletische Oder eine solche „asymptotisch-polyphyletischequot; Entwicklung stattgefunden habe,nbsp;eriibrigt sich meines Erachtens. Wenn namlich zwei Stammlinien bei ihrem Ver-folg in die Vergangenbeit zn so ahnlichen Zustanden führen, daJ3 wir ihre Vertreter zur selben systematischen Art stellen würden, dann lauft es ftir die phylo-genetische Praxis (und nnr sie ist uns bier wichtig) aufs gleicbe binaus, ob mannbsp;eine derartige Entwicklung monopbyletisch oder „polyphyletischquot; nennt.
Üblicherweise unterscheidet man dann noch innerlialb der polyphyletischen Merkmalsentwicklung eine Parallelentwicklung und eine Konvergenz-entwickhing. Im ersten Palle waren sich beide Stainmreihen in den in Fragenbsp;kominenden Merkmalen immer ungefahr gleich ahnlich; im 2. Falie dagegennbsp;waren sie anfangs oder vorübergehend viel unahnlicher als im Endzustand.nbsp;Ein Beispiel fiir Parallelentwicklung haben wir oben schon erwahnt, die paral-lele Umbildung der Fortpflanzungsorgane von der Isosporie zur Heterosporienbsp;und zur Gymnospermie. Ein viel genanntes Beispiel einer konvergenten Merkmalsentwicklung ist die Herausbildung der Kakteengestalt bei drei habituellnbsp;ursprünglich verschieden gestalteten Pflanzengruppen; bei den Kakteen, dennbsp;sukkulenten Euphorbien und den Stapelien.
Tiber diese Frage konnen wir im Grunde sehr wenig Allgemeingiiltiges sagen. Wir kennen eigentlich nnr Einzelfalle, auf die ich zudein teilweise schonnbsp;aufmerksam gemacht habe. Man wird 2 Fragen zu unterscheiden haben;
1. nbsp;nbsp;nbsp;Werden bestimmte Merkmalsgrnppen im allgemeinen in enger Korre-lation vom Ahn auf die Nachkommenschaft unverandert übertragen?
2. nbsp;nbsp;nbsp;Andern sich zwei oder mehrere Merkmale regelmaBig in enger Kor-relation ?
Die erste Frage nach der korrelativen Übertragung unveranderter Merkmale (bzw. ihrer Anlagen) konnen wir als Ergebnis der Vererbungsuntersuchungennbsp;unbedingt bejahen. Auf dieser Feststellung beruht ja die ganze Erblichkeit.nbsp;Auch begründen wir gewissermaBen auf die Umkehrung dieses Beobachtungs-satzes unsere ganze historische Sippenphylogenetik dadurch, daB wir sagen;nbsp;wenn zwei Formen noch eine groBe Summe übereinstimmender Merkmalenbsp;haben, werden sie naher initeinander verwandt sein, als wenn sie in wenigernbsp;Merkmalen bzw. Anlagen übereinstimmen.
Die zweite Frage ist viel weniger generell zu beantworten. Wioderholt (z. B. S. 26 und 320) habe ich darauf aufmerksam gemacht, wie falsch es ist,nbsp;eine korrelative Entwicklung der Merkmale a priori in alien Fallen als selbst-verstandlich vorauszusetzen. Aber es gibt zweifellos korrelative Bindungen innbsp;der Phylogenie. Ich erinnere z. B. an die u. a. von Bower betonte Beziehungnbsp;zwischen OrgangröBe und Differenzierung der Stele (S. 77), an die Verbindungnbsp;zwischen Insektenbestaubung und Zwitterblüte (S. 321) usw. Es sind das fastnbsp;durchweg relativ leicht durchschaubare ökologische Korrelationen, auf derennbsp;Bedeutung wir bei der Kausalbetrachtung nochmals zuriickkoinmen niüssennbsp;(S. 412). Daneben gibt es offenbar auch noch genetische (im Sinne der Erblich-keitsforschung) Korrelationen, daB namlich eine einzige Mutation, eine ,,Gen-mutationquot;, mehrere auBerlich (,,phanotypisch“) erkennbare Merkmale beein-fluBt. Sie liegt im einfachsten Falie schon dann vor, wenn eine Genmutation,nbsp;z. B. der Verlust der Stachelbildung (vgl. Abb. 246) dahin führt, daB diesenbsp;Stachelbildung nun regelmaBig an jeder Frucbt der betr. Pflanze nnterbleibt.
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Biogeiietisches Grundgesetz.
Etwas komplizierter ist der Fall, wenn die Mutation sich auch auf homologe Organe bezieht, wenn also z. B. die Verschmalerung der Blattzipfel gleich-zeitig die Keimblatter, die Laubblatter, die Kelchblatter und die Blütenblatternbsp;betrifft, wie sich an verschiedenen Rassen der Anemone Pulsatilla sehr schönnbsp;verfolgen laBt. Aber für nicht-homologe Organe und Erscheinungen ist einenbsp;korrelative Entwicklung nicht sehr haufig nachzuweiseni).
Haeckel hat dies „Gesetz“ bekanntlich in folgende Form gebracht: „Die Ontogenie ist eine kurze und sehnelle Rekapitulation der Phylogenie.“ Diesnbsp;,,Gesetz“ spielt deshalb vor allem eine so groBe Rolle, weil es als einziges bio-logisches „Gesetzquot; in weiteren Kreisen bekannt geworden ist. Auch bei ihmnbsp;linden wir das Grundübel der phylogenetischen Problematik, daB trotz der vielennbsp;dankenswerten Auseinandersetzungen [vor allem von zoologischer Seite, z. B.nbsp;Naef (1917), Tschulok (1922), Karny(1924), Franz (192^7), Jeffrey (1924)nbsp;sowic Sahni (1925)] die verschiedenen Einzelprobleme meist nicht scharfnbsp;genug auseinandergehalten werden. Es stecken im Problem des ,,Biogenetischennbsp;Grundgesetzes“ drei Hauptproblemgruppen^):
1. nbsp;nbsp;nbsp;Die rein beschreibende Frage: Gleicht die Reihenfolge der ontogenetischennbsp;Zustande tatsachlich der Reihenfolge phylogenetischer Zustande, bzw. innbsp;welchen Punkten weicht sie ab ? Gleichen also die Jugendstadien starker alsnbsp;die erwachsenen Organismen den phylogenetischen Ahnenformen?
2. nbsp;nbsp;nbsp;1st die Übereinstimmung zwischen Ontogenie und Phylogenie so groB,nbsp;daB wir aus der leichter erkennbaren Ontogenie Schlüsse auf den Ablauf einernbsp;uns unbekannten Phylogenie ziehen können?
3. nbsp;nbsp;nbsp;Welche entwicklungsphysiologischen Beziehungen herrschen zwischennbsp;Ontogenie und Phylogenie?
1. Beschreibende Feststellung der Tatsachen.
Die erste Frage, ob im rein beschreibenden Sinne die Ontogenie die Phylogenie wiederholt, können wir sicher bejahen. Allerdings nur mit der bekannten, schon von E. Haeckel betonten Einschrankung, daB die Ontogenie sehr oftnbsp;kein reines Spiegelbild der Phylogenie ist, sondern verzerrt erscheint, gefalschtnbsp;ist durch ,,caenogenetische“ Abanderungen. Also neben den Fallen, in denennbsp;die frühen ontogenetischen Stadiën besonders stark den Ahnenformen gleichen,nbsp;treten auch „eaenogenetische“ Abanderungen auf, in denen sie besonders starknbsp;abweichen. Ich fasse zur Erlauterung hier nur einige bekannte, groBenteilsnbsp;früher schon erwahnte Beispiele zusammen.
a) Übereinstimmung zwischen Phylogenie und Ontogenie.
zeigen z. B.:
Ontogenie
Phylogenie
Die Phylogenie der Organismen beginnt mit kaum differen-zierten Zeilen, erst allmahlichnbsp;steigert sich die Differen-zierung (S. 29 und 370).
1. Zelldifferen- Keimzellen, embryonale Gewebe usw. zierung.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;bestehcn im allgemeinen nur aus einer
oder nur aus sehr wenigen verschie-i denen Zellsorten.
1) nbsp;nbsp;nbsp;Selbstverstandlich handelt es sich hier nur urn die Frage der kleinen Wandlunss-schritte von der Gröfienordnung der Mutationen (vgl. auch unten S. 396).
2) nbsp;nbsp;nbsp;Von angelsachsischen Phylogenetikern werden mit „recapitulationquot; u. dgl. oft weiter-gehende Erscheinungen bezeichnet, so das Auftreten irgendwelcher atavistischer Merkmale.
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Phylogenetisch-historische „ Gesetze“. | |||||||||||||||
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Die Ahnenpflanzen dieser For-men mit spezialisiertem Laub batten noch normal ent-wickeltes Laub. Die Phyllodien , Phyllokladien usw.nbsp;sind ziemlich sicher verhalt-nismabig jungeErwerbungen.nbsp;Auch die Umbildung vonnbsp;Nadeln in Schuppen, vonnbsp;Laubbliittern in Stacheln istnbsp;eine phylogenetisch jungenbsp;Erscheinung.
6, Spezialisie-rung der Folgeblatternbsp;gegeniiber d.nbsp;Erstlings-blattern.
Die Erstlingsblattor zeigen bei „speziali-siertemquot; Laub haufig noeh „noinialen“ Bau. Beispiele; Bei Pflanzen mitnbsp;Phyllodien, Phyllokladientis-w. haben dienbsp;Erstlingsbliitter haufig noch Lauh-blattcharakter. Bei Acacia (Abb. 248)nbsp;sind die Erstlingsblatter noch gefiedert,nbsp;ahnlich wie bei der Mehrzahl dernbsp;Leguminosen, erst die Folgeblatternbsp;bilden den Blattstiel zu einem Phyllo-dium um. Bei den Opuntien mitnbsp;ihren blattlosen Flachsprossen sind dienbsp;Keiinblatter noch typische Laubliitter.nbsp;Ferner zeigen die Keimlinge vonnbsp;Pflanzen mit Schuppen- oder Stachel-blattern haufig_ noch die urspriinglichenbsp;Blattform. Bei Juniperus sabina sindnbsp;die Jugendblatter beispielsweise nochnbsp;„typische** Nadein, und erst die Folgeblatter sind als Schuppen gestaltet.nbsp;(Ahnlich verlauft die Ontogenie beinbsp;andern Juniperus-Arten. Bei Ulex euro-paeus bildet der Keimling noch keinenbsp;Stacheln, sondem Laubblatter aus.)
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Biogenetisches Grundgesetz.
Ich habe das langbekamite und vielerwahnte Beispiel der Umbildung zu Phyllokladien, Phyllodien usw. zuletzt behandelt, weü wir hier im Gegensatznbsp;zu den anderen Beispielen die phylogenetischen Beziehungen nur aus den re-zenten Formen erschlieben können. Allerdings habe auch ich (wohl in Über-einstimmung mit allen Autoren, die diese Frage behandelt haben) keine Zweifel,nbsp;dab diese Ableitung richtig ist. Aber solche Ableitungen, die sich nur auf re-zentes Material stützen können, stehen hinsichtlich ihrer phylogenetischennbsp;Fundamentierung zurück hinter denjenigen, die sich palaobotanisch begründennbsp;lassen. Die Zahl derartiger Angaben über die Gültigkeit des Biogenetischennbsp;Grundgesetzes, rein nach rezenten Beobachtungen, ist jedoch sehr grob. Ichnbsp;unterlasse ihre Aufführung im einzelnen und möchte als Beispiel nur noch aufnbsp;die Darstellung der Spaltöffnungsphylogenie durch Porsch (1905) und Eeh-fous (1917, 1923) verweisen. Ichnbsp;halte die Auseinandersetzungennbsp;Porschs in den groben Zügen fürnbsp;richtig; da aber ein spezielleresnbsp;Eingehen (auch unter Berücksich-tigung der fossilen Formen) übernbsp;den Rahmen dieses Buches hinaus-geht, sei eine speziellere Diskussionnbsp;auf eine Sonderuntersnchung ver-schoben. Eine grobe Anzahl wei-terer Beispiele finden wir ferner beinbsp;Goebel (1928, S. 467f.), Potoniénbsp;(1912, S. 18) und Massart (1894).
Interessant ist ferner die Tat-sache, dab bei altertümlichen Pflanzen der ontogenetische Zeit-abschnitt, innerhalb dessen dienbsp;atavistischen Merkmale auftreten,nbsp;oft wesentlich gröber ist als beinbsp;den abgeleiteten Formen. Z. B.nbsp;finden wir im karbonischen Corda-itenholz (Abb. 203) eine relativnbsp;breite Zone von Protoxylem mitnbsp;Spiraltracheiden, bei den spaterennbsp;(entsprechend gebauten) Holz-stammen, etwa der Koniferen, fehltnbsp;entweder diese Zone, oder sie istnbsp;doch sehr schmal. Anch bei dennbsp;Osmundaceen finden wir ein ahn-
liches, im Laufe der Phylogenie verschwindendes atavistisches Merkmal. Bei Tliamnofteris (Abb. 142 a) zeigen die noch im Stamm entwickelten Blattspur-strange die altcrtümliche protostelenartige (oder ,,mesarche“) Ausgestaltungnbsp;des Holzteils; bei den jüngeren Osmundaceen tritt dagegen von vornherein dienbsp;abgeleitete halbmondförmige Blattstele auf. Diese Beispiele, die sich noch er-heblich vermehren lieben, deuten darauf hin, dab die atavistischen Jugend-stadien im Laufe der Phylogenie mehr und mehr verkürzt wurden, bis sie innbsp;vielen Fallen vollstandig verschwunden sind.
b) Pehiende Übereinstimmung zwischen Ontogenie und Phylogenie.
Anch diese Falie sind zweifellos haufig. Man mub allerdings beachten, dab im Rahmen der ganzen Diskussion über das Biogenetische Grundgesetznbsp;nur solche Falie in Frage kommen, in denen die Jugendstadien von der Ahnen-
Zimmermann, Die Phylogenie der Planzen. nbsp;nbsp;nbsp;26
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Phylogenetisch-historische „ Gesetz e“.
form starker abweichen als die Folgestadien. Aber auch solche Falie „caeno-genetischer“ Ab-weichung kommen zweifellos vor. Ich nenne z. B. die Gestaltung der Kotyledonen, die als angescliwollene Keservestoffbelialter oder als Saug-organe usw. sicher oft weniger die Ahnenform der Blatter reprasentieren alsnbsp;die Folgeblatter. Ein weiteres Beispiel für das Mchtstimmen des Biogenetischennbsp;Grundgesetzes kniipft an unser obiges Beispiel der Übergipfelung an. Dienbsp;jiingsten Blatter der Fame zeigen entsprechend ihrer geringen GröBe durcli-weg nur eine sehr schwache Verzweigung, nur ganz wenige Gabelungen. Dienbsp;Blatter der Urfarne waren aber sicher viel reicher unterteilt. Dies gilt ganznbsp;allgemein. Der Verzweigungsgrad ist bei Keinilingen fast immer caenogenetischnbsp;herabgesetzt. Ein Seitenblick aufs Tierreich ist hier vielleicht erlaubt. Vonnbsp;den berühmten Beispielen für das Biogenetische Grundgesetz, die wir Mullernbsp;(1864) verdanken, hat u. a. das Beispiel des Naupliusstadiums in der Ent-wicklung der Krebse einer scharferen Kritik nicht standgehalten. Die drei Paarnbsp;Beine des Nauplius sind wohl ohne Zweifel caenogenetisch reduziert. Fürnbsp;Jugendstadien ist eben ganz allgemein eine geringe Organzahl charakteristisch.
2. Möglichkeit phylogenetischer Schliisse.
Auf die zweite Frage, ob diese Parallelen zwischen Ontogenie und Phylogenie ausreichen, um auch einmal aus der bekannten Ontogenie auf einenbsp;unbekannte Phylogenie zu schlieBen, ist die Antwort eigentlich schon in dennbsp;vorigen Abschnittengegeben. Sie lautet, da6 ein solcher SchluB nicht bindendnbsp;sein kann. Wir können, wenn die Ontogenie der einzige Beweis ist, nie wissen,nbsp;ob die Ontogenie nicht caenogenetisch gefalscht ist. Um die Tragweite der bio-genetischen SchluBfolgerung, den Wahrscheinlichkeitsgrad ihrer Berechtigungnbsp;zu überblicken, ware es sehr verdienstlich, wenn einmal objektiv die Gültigkeitnbsp;des biogenetischen Grundgesetzes in Fallen klarer phylogenetischer Zusammen-hange statistisch untersucht würde, ob und in welchem Umfange die Jugendstadien mehr der Ahnenform entsprechen als die erwachsenen Stadiën. Leidernbsp;fehlt m. W. fürs Pflanzenreich bisher eine solche Untersuchung. Die Autorennbsp;begnügen sich fast regelmaBig mit einer beispielhaften Darstellung, wobei dannnbsp;immer entweder die Beispiele, welche stimmen, oder diejenigen, welche nichtnbsp;stimmen, in den Vordergrund gestellt werden. Soweit ich rair einen Überblicknbsp;über die Gesamtpflanzenwelt zu verschaffen versucht habe, ergab sich für 50nbsp;willkiirlich herausgegriffene, genauer untersuchte und einigermaBen gesichertenbsp;Falie (rein hypothetische Phylogenesen blieben auBer Betracht), daB in minde-stens 80% der Beispiele die Jugendstadien der Ahnenform ahnlicher waren als dienbsp;Folgestadien, in fast 20 % dagegen war es umgekehrt. Diese Zahl ist sicher erstnbsp;ein sehr roher Annaherungswert, aber sie drückt wohl ungefahr den Wahrscheinlichkeitsgrad aus, mit dem man nun in Fallen unklarer Phylogenie ausnbsp;der Ontogenie auf den Gang der Abstamniung schlieBen kann.
Eine etwas versteckte Form des Biogenetischen Grundgesetzes stellt der weitverbreitete Satz dar, daB man aus der (ontogenetischen) Entwicklung dennbsp;,,morphologischen Wert“, das ,,Wesen“, die ,,Homologiequot; usw. eines Organsnbsp;erkennen konne. Man spricht hier von einer „entwicklungsgeschichtlichennbsp;Methodequot;. Da die betreffenden Autoren sich aber trotzdem sehr oft formellnbsp;in Gegensatz zum biogenetischen Grundgesetz stellen, sei etwas naher auf diesenbsp;Frage eingegangen.
Aus den sehr zahlreichen gleichartigen Beispielen derartiger SchluBfolge-rungen sei nur eines herausgegriffen: Hansen (1917, S. 11, 41 ff.) bezeichnet die Metamorphose der Blütenblatter, Laubblatter usw. als ,,eine Tatsachequot;,nbsp;well sie durch den mikroskopischen Verfolg der Ontogenie dieser Blattorganenbsp;erwiesen sei. Die Teile der Blüte (Kelch, Krone, Sporophylle) seien anfangsnbsp;„Blatterquot;. Was heiBt das?
-ocr page 403-Biogenet. Grandgesetz, entwicklimgsgeschichtl. Methode, Alterserschein., Mifibildungen. 387
Wenn wir feststellen, daB die Jugendform von Organen, die im Alter verschieden aussehen, übereinstinimen, daB also die Organe der Bliite anfangsnbsp;den Laubblattorganen gleichgestaltet sind, so bedeutet diese Feststellung zu-naclist nur die Konstatierung einer Gemeinsamkeit, ahnlicli der Feststellung,nbsp;daB zwei Bliiten die gleiche Staubblattzahl haben. Wir stellen in der überein-stimmenden Jugendform unmittelbar nur die Tatsache des Gleichseins fest:nbsp;sei es im entwicklungsgeschichtlichen Sinne eine Gleicliartigkeit der auBerennbsp;Erscheinung, sei es im entwicklungsphysiologischen kSinne eine Gleichartigkeitnbsp;der Potenzen, der Gestaltungsfaktoren.
Eine solche Gleichartigkeit wird für uns aber erst bemerkenswert durch die Verwendung. Es ist für diese Frage prinzipiell gleichgiiltig, ob wir dabeinbsp;die Gleichartigkeit in der Staubblattzahl oder in der EiweiBbeschaffenheit odernbsp;in der Jugendgestaltung festgestellt haben; wir konnen immer die Gleichartigkeit nur in drei grundsatzlich verschiedenen Weisen verwenden:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Zur reinen Registratur bzw. zu irgendeiner anderen praktisch mehrnbsp;Oder minder bedeutsamen Zweckgruppierung (z. B. ,,Systematik“).
2. nbsp;nbsp;nbsp;Zur ,,idealistischen“ Gruppierung, wenn man überzeugt ist, daBnbsp;z. B. in unserem Palle die Jugendstadien besser und wahrer die ,,ldee“, dasnbsp;,,Wesen“, den ,,Bauplan“ usw. künde als das Alterstadium.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Zur phylogenetischen Gruppierung, etwa in unserem Beispiel,nbsp;daB wir im Sinne des Biogenetischen Grundgesetzes sagen: die Jugendformnbsp;verrat uns die phylogenetische Urform^).
In dieser ,,entwicklungsgeschichtlichenquot; Methode steekt also heute nach dem Sieg des Deszendenzgedankens sicher sehr weitgehend ein phylogenetischernbsp;Gedanke. Leider tritt er allerdings oft nur in einer schwer durchschaiibarennbsp;Verflechtung mit anderen, vorzugsweise ,,idealistisch“-morphologischen Ge-dankengangen auf. Jedenfalls unterscheidet sich die ontogenetisch-entwick-lungsgescliichtliche Methode nur dann von der phylogenetischen Methode,nbsp;also von der Anerkennung des ,,Biogenetischen Grundgesetzesquot;, wenn sienbsp;,,idealistisch“-morphologiscli und damit auBerst subjektiv orientiert ist.
3. Entwicklungsphysiologische Beziehungen.
Die dritte Frage nach den entwicklungsphysiologischen Beziehungen zwischen Ontogenie und Phylogenie behandeln wir besser erst im Zusammen-hang mit anderen ontogenetischen Erscheinungen, denen der nachste Abschnittnbsp;gewidmet ist.
Es ist schon oft beobachtet, daB auch als Alterserscheinung phylo-genetisch ursprüngliche Merkmale auftreten. Der Pall ist gewisserniaBen eine Parallelerscheinung zum Biogenetischen Grundgesetz und scheint mir nament-lich wegen der entwicklungsphysiologischen Konsequenzen wichtig. Leidernbsp;sind auch hier die tatsachlichen Verhaltnisse noch lange nicht genügend unter-sucht. Wir können nur einzelne herausgegriffene Beispiele anführen.
Die Gabelung der Nerven an Farnblattern tritt z. B. nicht nur an den Erstlingsblattern sondern auch gewisserniaBen als Alterserscheinung an dennbsp;letzten Seitennerven eines erwachsenen Blattes auf. Correns (1928, S. 34 f.)nbsp;beschreibt ferner Geraniaceen - Stöcke, welche neben der ursprünglicherennbsp;Form der Zwitterblüte auch eingeschlechtige Blüten hatten; das Urstadium
1) Vgl. (lazu linten S. 426.
26*
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Phylogenetisch-historische „Gesetze“.
(die rein bzw. vorzugsweise zwittrige Blüte) herrschte bier sowoH unter den altesten wie unter den jiingsten Bliiten vor. SchlieBlich weist Goebel (1928,nbsp;Abb. 10) darauf bin, da.6 bei Umbilicus pendulinus die im vegetativen Lebennbsp;,,typischequot;, aber sicber abgeleitete Scbildforni der Laubblatter Scbritt fiirnbsp;Scbritt verloren gebt, wenn die Hocbblatter gebildet werden.
Aucb die MiBbildungen, seien sie experimentell oder durcb auBere Storungen oder durcb uns unbekannte Ursacben erzeugt, geboren in diesenbsp;Klasse von Erscbeinungen. Wir baben gelegentlicb scbon die Frage diskutiert,nbsp;ob solcbe MiBbildungen Abnenformen reprasentieren, so bei den ,,Durcb-wacbsungenquot; der Equisetum-Bliiten (S. 178) und der Koniferenzapfennbsp;(S. 301), bei den zablreicben Makrosporangien von Ginkgo (S. 278) u. a. Anderenbsp;Falie, in denen MiBbildungen sicber die Ahnenform reprasentieren, sind z. B.nbsp;die abnormen Zwitterblüten bei Melandrymn rubrum nacb Infektion durcbnbsp;Ustilago violacea, Ins-Bliiten niit zwei Kreisen von Mikrosporopbyllennbsp;(Heinricber), Campanula-Avten niit freien Kronblattern, Compositenbliiten mitnbsp;einem Kelcb an Stelle des Pappus (vgl. Penzig, Worsdel) und Strobl).nbsp;Kurz, es ist wobl kein Zweifel, daB in niancben derartigen Fallen ,,patho-logiscbequot; Abweicbungen die Abnenformen reprasentieren. In anderen Fallennbsp;sind aber die Monstrositaten aucb ebenso klar Neuerwerbungen.
Damit wiederbolt sicb die Frage 2 des Biogenetiscben Grundgesetzes, ob und wieweit MiBbildungen fiir die Pbylogenie etwas aussagen. Icb mocbtenbsp;auf die Gescbicbte dieser beiB umstrittenen Frage nicbt naber eingeben, danbsp;die verscbiedenen Ansichten aucb scbon wiederbolt zusammengestellt sindnbsp;(z. B. Velenovsky, Ktister, Strobl u. a.). Wie beini biogenetiscben Grund-gesetz scheint mir die Wahrheit in der Mitte zu liegen. Neben einigen völlignbsp;pathologischen MiBbildungen gibt es zweifellos ziernlich viele ,,atavistischequot;nbsp;MiBbildungen (vgl. z. B. aucb die Falie von Kalteatavisnien, welche Potoniénbsp;1912, S. 21 zusammenstellt). MiBbildungen machen also einen phylo-genetischen Urzustand wahrscheinlich. Wie hoch jedoch die Wahrschein-lichkeit ist, mit der man aus einer MiBbildung auf den Urzustand schlieBennbsp;kann, laBt sicb schwer sagen. Denn atich bier fehlt es noch an eingchenderennbsp;— wobl statistisch zu anzulegenden — Untersuchungen. Es sei darum vor-laufig auf die Zusamnienstellungen der Tatsachen [vgl. insbesondere Penzignbsp;(1921/22), Worsdell (1916) und Kiister (1925)] verwiesen.
Entwicklungsphysiologische Beziehungen.
Die Ausnutzung der MiBbildungen zu phylogenetischen Schliissen ist nainentlich deshalb nicht leicht, weil eine „MiBbildungquot; wobl nienials in ihremnbsp;phanotypischen Gesamtbild, so wie sie uns entgegentritt, vollstandig demnbsp;Ahnenzustand entspricht. In der Eegel ist nur das eine oder andere Merkmalnbsp;abnorm verandert, die übrigen damit in Beziehung stehenden Merkmale sindnbsp;es jedoch nicht. So ergeben sicb Disharnionien, die eben den pathologischennbsp;Gesamteindruck der ,,Abnormitaten“ bedingen.
Damit sind wir an die entwicklungsphysiologische Probleniatik dieser Beziehungen zwischen den ontogenetischen und phylogenetischen Wandlungennbsp;gelangt. Diese Frage leitet natiirlich in das Problem der phylogenetischennbsp;Kausalanalyse hinüber.
Es ist — urn die Tatsachen nochmals kurz zusammenzufassen — deutlich, daB atavistische Merkmale dann besonders haufig auftreten, wenn die Organismen nicht, noch nicht, oder nicht mehr vollkraftig, ,,typischquot; entwickelt sind.nbsp;Der Organismus sinkt hier leicht auf die Ausgestaltung früherer Generationennbsp;zurück. Er ist einem Dynamo bester Konstruktion zu vergleichen, der aucbnbsp;nur Leistungen alterer Konstruktionen vollbringen kann, wenn er noch nicht.
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bzw. nicht niehr „auf Touren“ gekommen ist oder verschmutzt bzw. sonstwie nicht in Ordnung ist.
Die historisch-phylogenetische Feststellung eines Rtickschlags auf alte Zu-stande steht soniit sicher nicht in Widerspruch zu der kausalanalytischen, u. a. von Goebel (1928, S. 473 ff.) vertretenen Auffassung, derartige Erscheinungennbsp;seien Hemmungsbildungen. Sie steht auch weiterhin nicht im Widerspruch zunbsp;der von Peter (1920) besonders scharf verfochtenen Tatsache, dab atavistischenbsp;Erscheinungen, welche wie die Jugendstadien (und wohl auch viele Alters-stadien) regelmabig auftreten, eine funktionelle Bedeutung haben und ferner,nbsp;dab die Abweichungen, die Mibbildungen, pathologischen Charakter haben. Ichnbsp;erwahnte oben schon, dab dieser pathologische Charakter sich sehr oft aus dernbsp;Disharmonie ergibt, weil nur ein Merkmal — nicht aber die anderen dasnbsp;gleiche Organ gestaltenden Merkmale — auf die Urforni ,,zurückschlagt“.nbsp;Ein Beispiel;
Bei mehreren Blütenpflanzen hat man eine Verdoppelung der Krone beobachtet, indem an Stelle von Kelchblattern eine aubere Blütenkrone auf-tritt (,,calycanthe“ Blüten). So hat schon Goethe zu seiner ,,Metamorphosenbsp;der Pflanzen“ eine Primel {Primula) gezeichnet (vgl. Hansen 1907, Taf. E, F),nbsp;bei der scheinbar 2 Kronen ineinander stecken, die aber kelchlos ist. Als Rück-schlag auf die Ahnenform kann man diese Mibbildung deshalb bezeichnen,nbsp;weil bei altertümlichen Kormophyten die ausgepragte und strenge Son-derung der Blütenhülle in Kelch und Krone sicher fehlte. Natürlich istnbsp;jedoch eine solche Mibbildung, als Ganzes genommen, keine Rückkehr zurnbsp;Ahnenform.
Wir können aber den Fall etwas weiter analysieren. Diese Doppelkrone kommt, wie wir aus Erblichkeitsuntersuchungen (Ernst) wissen, durch einenbsp;Genmutation 1) zustande, welche Gleichartigkeit der beiden Blütenhüllkreisenbsp;bewirkt. ,,Vergrünungen“ sind die umgekehrte Form der Angleichung, die An-gleichung der Krone an den Kelch. Dies Zurückgehen auf die Gleichartigkeitnbsp;der beiden Hüllkreise ist bestimmt ein Rückschritt auf altertümliche Zustande,nbsp;also eine Verlustmutation. Die Disharmonie, welche einen solchen Atavisniusnbsp;zur ,,Mibbildungquot; stempelt, ergibt sich aus der Tatsache, dab die anderennbsp;Blütenmerkmale nicht auch entsprechende Verlustmutationen aufweisen,nbsp;sondern dab nun beide Blütenhüllen den hochentwickelten Charakter dernbsp;Primelkrone zeigen.
Daraus können wir mancherlei schlieben. Einnial ist bemerkenswert, dab auch bei heutigen Organismen, gewisserniaben unter der Oberflache der neu-erworbenen Fahigkeiten, noch die Potenzen der Ahnengestaltung schlummern.nbsp;Die phylogenetische Neuerw^erbung ist also mehr ein Hinzuerwerben als einenbsp;Abanderung oder gar ein Verlieren. Das bezieht sich selbstverstandlich nui-auf die Erbanlage und weniger auf den Phanotypus. Phanotypiscli stellennbsp;z. B. die 3 Mikrosporophylle von Iris gegenüber den 6 Mikrosporophyllennbsp;der Liliiflorenurform einen Verlust dar. Genotypisch sind sie eine Neu-erwerbung, die in Rückschlagen (vgl. Heinricher 1928) wieder aufgegebennbsp;werden kann.
Dann ist bemerkenswert die relative Unabhangigkeit der einzelnen Merkmale im Wiederverschwinden. Das deutet aut die komplexe Natur solcher phylogenetisch erworbener Merkmale und damit auf eine selbstandige Er-werbung einzelner Merkmale hin.
Diese Parallele zwischen Ontogenie und Phylogenie, wie sie sich im ,,Bio-genetischen Grundgesetzquot; und in verwandten Erscheinungen widerspiegelt,
1) Selbstverstandlicli gibt es daneben auch rein phanotypische ahnliche Mibbildungen.
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Phylogenotisch-historische ,, Gesetzu''
scheint mir auOerordentlich zukunftweisend. Wir werden auf sie auch nochmals bei der Kausalaualyse (S. 415) zu sprechen kommen. Vielleicht laBt sie sichnbsp;in der experimentellen Erforschung noch etwas weiter verwerten, wenn wir unsnbsp;der innigen Verflechtung von Ontogenie und Phylogenie (ohne irgendeinennbsp;mystischen Hintergrund) noch mehr bewuBt werden.
Nur die menschliche Betrachtnngsweise zerschneidet ja ans historischen und rein praktischen Gründen die Gesamtheit des organischen Wandlungs-prozesses in die zwei Abschnitte; Ontogenie und Phylogenie. Und ebennbsp;wegen dieses willkürlichen Schnittes mub man mit Nachdruck betonen;
Auch die Phylogenie ist ein physiologischer ProzeB!
Literatur.
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-ocr page 408-II. Teil.
Die Kausalanalyse ist der nmstrittenste Punkt der ganzen Phylogenie. Gerade die Hauptstreitpunkte sind aber offensichtlich nur deshalb so umkampft,nbsp;weü die Beteiligten „mit verschiedenen Zungen“, d. h. aneinander vorbei reden.nbsp;Wir wollen daher versuchen, unsere Darstellung niöglichst Schritt ftir Schrittnbsp;aufzubauen und auch die Basis aufzuzeigen, auf der unsere einzelnen Aussagennbsp;und Schlüsse ruhen.
Das ist natürlich keine neue Entdeckung. U. a. hat schon Nageli (1884) mit Nachdruck für eine physiologische Auffassung des phylogenetischen Um-bildungsprozesses gekampft. Vielleicht hat sich seine Grundauffassung nurnbsp;deshall) nicht so recht durchgesetzt, weil Nageli bereits nait einer fertigen abernbsp;allzu hypothetischen Lösung gekommen ist. So ist denn zeitweise diese Selbst-verstandlichkeit von der physiologischen Natur der Phylogenie wieder etwasnbsp;in Vergessenheit geraten.
Wenn wir die Phylogenie als physiologischen ProzeB anerkennen, ergeben sich für die Kausalanalyse sozusagen von selbst eine Reihe von Thesen, dienbsp;wir hier vorausskizzieren wollen:
1. Eine erfolgreiche phylogenetische Ursachenforschung ist wie jede Kausalanalyse undenkbar ohne Experiment. Was heibtnbsp;phylogenetisches Experiment? — Es heibt, dab wir die zu untersuchendennbsp;Organismen in derart kontrollierbaro Bedingungen bringen, dab ihr Umbildungs-prozeb sich nur in den von uns behaupteten Bahnen abspielen kann. Von solchennbsp;experimentellen Ergebnissen als fester Basis aus, dürfen wir dann versuchen,nbsp;zu verallgemeinern, d. h. unter vorsichtiger Berücksichtigung aller mitspielendennbsp;Umstande auch jene phylogenetischen Abanderungen zu betrachten, die sichnbsp;unserem Experiment entziehen. Leider können wir ja nicht in der Kreide oder
1) Die moderne Umwalzung in den physikalischen Anschanungen hat in letzter Zeit verschiedentlich dazu verleitet, gerade innerhalb des organischen Geschehens zu zweifeln,nbsp;ob es eine strenge Gesetzmaöigkeit der kausalen Beziehungen gibt. Darum sei auf die klarennbsp;Ausführungen Planoks (1929) verwiesen. Vor allem geht es natürlich nicht an, für die reinnbsp;ontogenetischen Wandlungen solche GesetzmiiBigkeiten (die ja die Voraussetzung jedes Ex-perimentierens sind) anzunehmen, diese aber für die phylogenetischen Wandlungen ab-zulehiien.
Vielleicht wird man auch hier etwas scharfer unterscheiden mussen zwischen dem subjektiven und darum wandelbaren Begriff der Kausalitat und den unwandelbarennbsp;kausalen Beziehungen. Als Naturwissenschaftler richten wir unser Interesse natürlich innbsp;erster Linie auf die Erforschung der kausalen Beziehungen. Was wir darunter versteheiinbsp;— Aufzeigen der an einem Geschehen beteiligten Faktoren — ist praktisch genommen für dienbsp;Biologie Üar.
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Die Phylogenie ist uiii physiologischer ProzeB.
im Silur, über Jahrmillionen hinweg experimentieren. Aber genau wie der Physiker von seinen Laboratoriumsversuchen aus auch Geschehnisse analysiert,nbsp;die sich seinem irdischen Machtbereich entziehen, genau so, wie man mit Kechtnbsp;aus den kleinen, heute beobachtbaren Erosionswirkungen auf die Ent-stehungsgeschichte eines groBen Erosionstales schlieBt — genau so habennbsp;wir Pliylogenetiker das Recht, die kleinen, experimenten festgestellten Ab-anderungen zu benutzen, um die viel gröBeren Abanderungen der Vergangen-heit zu ei klaren. Wir mussen uns nur in jedem einzelnen Falie möglichst Marnbsp;Rechenschaft daruber geben, ob und wo dies ,,Summationsquot;- oder ,,Inte-grations“-Verfahren etwa auf Schwierigkeiten stoBen kann.
2. Die Kausalzusammenhange der Phylogenie sind, wie alles physiologische Geschehen, auBerst komplex. Es ist eine von vorn-herein schiefe Fragestellung, wenn man nach der Ursachc fiir die phylogenetischenbsp;Wandlung fragt. Selbstverstandlich sind an einem solchen Prozess eine groBenbsp;Anzahl von zusamnienwirkenden Faktoren beteiligt. Und selbstverstandlichnbsp;sind in der Phylogenie Ursache und Wirkung nicht wie beim mechanischennbsp;StoB direkt, sondern durch eine sehr komplizierte Reiz-Reaktions-Kette ver-bunden. Das lehren schon jene physiologischen Disziplinen, welche (wie dienbsp;Reizphysiologie und die Erblichkeitsforschung) methodologisch und in dernbsp;Kausalanalyse des Gestaltungsvorganges am weitesten fortgeschritten sind.nbsp;Wir müssen also auch bei der phylogenetischen Kausalanalyse versuchen, dienbsp;einzelnen beteiligten Faktoren und die Reiz-Reaktionskette herauszuarbeiten.
Es ist heute Mar, daB die phylogenetische Umbildung auf einer Abanderung der Erbanlagen beruht^). Die Frage lautet also: andern
1) nbsp;nbsp;nbsp;Die moderne Erblichkeitsforschung hat bekanntlich unter den ,,Variationen“ dernbsp;alteren Autoren droi verschiedeno Formen untersoheiden gelohrt:
a) nbsp;nbsp;nbsp;Modifikationen, d. h. nicht erbliche, rein individuell erworbene, Umbildungennbsp;des betr. Organismus. Beriihmt sind z. B. die Veranderungen der WuchsgröBe usw., wennnbsp;wir eine Gebirgspflanze in die Ebene bringen und umgekehrt (Abb. 249).
b) nbsp;nbsp;nbsp;Neukonibinationen von Merkmalen, wie sie im Zusammenhang mit der Mendel-spaltung bei der sexuellen Fortpflanzung ,,allogamer“ d. h. fremdbefruchtender Organismennbsp;in sehr buntem Wechsel auftreten.
c) nbsp;nbsp;nbsp;Mutationen, d. h. erbliche Abanderungen des Anlagenkomplexes einer Pflanze,nbsp;des ,,Genotypus“ (Abb. 246 und 246). Wiihrend man friiher, z. B. Darwin und de Vries,nbsp;die Bezeiohnung ,,Mutationenquot; nur fiir die ihrer auBeren Erscheinung nach erheblichen Abanderungen verwendete, ist es jetzt in der Erblichkeitsforschung üblich geworden, ,j ede der-artige erbliche Abanderung eine Mutation zu nennen (vgl. auch S. hl7, Anm! 2). Wirnbsp;machen auch in der Verwendung des Begriffes keinen Unterschied, ob man die auslosendenbsp;Ursache kennt oder nicht. Dagegen unterscheidet man neuerdings:
a) Gen-Mutationen oder Faktormutationen („Alteration Mutationsquot;). Sie beruhen auf den Abanderungen einer einzelnen Erbanlage, eines einzelnen Gens.
P) Genom-Mutationen (,,Combination Mutationsquot;). Sie beruhen auf einer Um-kombination des Brbgutes durch ahweichende Chromosomengruppierung (z. B. Ver-doppelung der Chromosomenzahl wie hei ,,Gigas“-Mutationen). (Vgl. Baur 1922 und 1924 sowie Oehlkers 1927.)
Wenn wir von „Mutationenquot; schlechthin sprechen, verstehen wir hierunter immer ,,Gen-Mutationenquot;. Sie sind ja auch fur die phylogenetische Umbildung die wichtigstennbsp;„Variations“-Formen. Modifikationen kommen alsquot; nicht erbliche Abanderungen überhauptnbsp;nicht in Frage, Neukonibinationen und Genom-Mutationen nur in besohriinktem MaBe.
Ob diese 3 Formen von Variationenquot; ganz scharf zu scheiden sind, können wir zuniichst unentschieden lassen; denn mindestens in den allermeisten analysierten Fallen gehort einenbsp;„Variationquot; eindeutig einer dieser Gruppen an.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Die erste klare Formulierung dieser Tatsache verdanken wir Weifimanns Idio-plasma-Hypothese (vgl. hierzu S. 404).
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Mutationen.
sich diese Erbanlagen kontinuierlich oder sprunghaft. Auch hier ist eine Verstandigung aussichtslos, wenn man nicht klar sagt, was man unternbsp;,,Kontinuitat“ usw. versteht, wie groB man sich die ,,Sprünge“ vorstelltnbsp;u. dgl. mehr.
Sehen wir nns zunachst einnial die Wandlungen der Erbanlagen am lebenden Organisinus an, so wie wir sie ini Erblichkeitsexperiment feststellen können.nbsp;Da zeigen sich als Veranderungen der Erbanlagen im allgemeinen nur kleinenbsp;Abweichungen einzelner Erbeigenschaften, die man ,,Mutationen“ nennt.nbsp;Sie werden sichtbar in kleinen Eigenschaftsanderungen (Wuchs- und BlattgröBe,nbsp;Farbe der Blatter, Blüten usw.). Diese Mutationen sind allerdings insofern dis-kontinuierlich, als die Mutanten im Moment, in dem wir sie erkennen und mitnbsp;ihnen arbeiten können, deutlich und scharf von der unabgeanderten Stamniformnbsp;verschieden sind. Wir wollen nicht erörtern, ob die Diskontinuitat sich hiernbsp;nur auf das Sichtbarwerden oder wirklich auf den UmbildungsprozeB bezieht.nbsp;Es mag genügen, daB tatsachlich die Anhanger einer ,,sprunghaften“ Um-bildung sich auf die Erblichkeitsbefunde diskontinuierlicher Einzelmutationennbsp;berufen können.
Die ,,Sprünge“ der Mutationen sind aber verschieden groB, mindestens in der auBeren Erscheinungsform, die uns ja allein ein MaB für die Mutations-gröBe liefert. Die überwiegende Mehrheit der Mutationen sind geringfügigenbsp;Abanderungen; so geringfügig, daB nur die scharfste Beobachtung sie erkennt.nbsp;Ja, auBer den noch unmittelbar erkennbaren Mutationen existieren offensicht-lich noch viele fast oder ganz unmerkliche ,,Klein-Mutationen“, die unter Um-standen erst durch Summierung usw. erkennbar werden (vgl. z. B. Baur 1924,nbsp;S. 114). Die groBen Mutationen, die ursprünglich den Namen ,,Mutationenquot;nbsp;veranlaBt haben, und mit denen sich naturgemaB auch besonders leicht ex-perimentieren laBt, sind entweder verkappte Neukombinationen von Merkmalennbsp;im Gefolge von Sexualprozessen bzw. von abweichenden Chromosomen-Konibinationen ^). Oder es sind Verlustmutationen, d. h. TJmbildungsvorgange,nbsp;die auf ein phylogenetisches Primarstadium bzw. auf einen pathologischennbsp;Zustand führen [Capseïla Eeegeri, schlitzblattrige Pflanzen (Abb. 245), Mutationen mit Verlust der Differenzierung in Kelch und Krone, Wie bei den ,,caly-canthenquot; oder ,,vergrünten“ Blüten (S. 389), Verlust der Stacheln (Abb. 246)nbsp;usw.]. Man hat diese Erscheinung schon so formuliert: ,,Auch die Phylogenienbsp;geht langsam den Berg hinauf, aber rasch herunterquot;. Die Erbstruktur, dernbsp;,,Genotypus“, macht den Eindruck einer gespannten Uhrfeder, die mannbsp;langsam aufziehen kann, die aber rasch abschnurrt, wenn sich irgendeinenbsp;Arretierung löst.
Nach den Erblichkeitsbofunden sind also die wichtigsten für die Phylogenie in Frage kommenden Wandlungen kleine (vielleicht diskontinuierliche) Abanderungen, so daB wir die Phylogenie in dieser Hinsicht als ,,gequantelt“nbsp;bezeichnen können. Es mag auch sein, daB z. B. beim RudimentierungsprozeBnbsp;(man denke etwa an die flügellosen Insekten, deren mutative Entstehungnbsp;bei Drosophila unmittelbar beobachtet ist) gröBere Mutationen ein und des-selben Merkmals bedeutsam geworden sind (vgl. unten S. 416).
Wer von sprunghafter Phylogenie redet, meint aber doch meist etwas anderes; er denkt an groBe progressive Sprünge. Die Palaontologienbsp;und die systematische Betrachtung der heutigen Organismen zeigen in ihrennbsp;heutigen Funden eine unleugbare groBe Diskontinuitat; neue Forinen undnbsp;Formenkreise, wie etwa die Angiospermen treten sozusagen ,,explosionsartig“nbsp;in unser Gesichtsfeld. Derartige groBe Diskontinuen — sagen wir einmal
1) Hierher gehöron die meisten Oewotóero-Mutationeii, heute als ,,Geiiom-Mutationen“ bezeichnet.
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Kausalanalyse.
zwischen den uns bekannten Gymnospermen und den Angiospermen — ent-sprechen zweifellos einer ganz gewaltigen Zahl von Mutationen.
Zur Erklarung solch groSer Diskontinuitaten gibt es zwei Möglichkeiten; entweder wir nehmen an, dab die Diskontinuitat von vornherein da war,nbsp;dab sich also plötzlich einmal ein Nachkomme von seinen Eltern durch einenbsp;grobe Zahl von sehr erheblichen Mutationen unterschieden habe. Oder mannbsp;nimmt an, dab die Entwicklung auch in diesen Fallen langsam (wenn auchnbsp;vielleicht wie bei den oben geschilderten Kleinmutanten ,,gequantelt“) vornbsp;sicli gegangen sei, dab aber hier die Bindeglieder uns aus irgendeinemnbsp;Grunde, etwa infolge Aussterbens ohne fossile oder lebendige Über-reste, verloren gegangen seien.
Oer Genetiker wird wohl heute für die 2. Auffassung eintreten. Wir haben keinerlei experimentelle Befunde, dab solche groBen Sprüngenbsp;durch gleichzeitige zahlreiche Mutationen aufgetreten seien. Einenbsp;derartige Annahme schwebt also völlig in der Lnft (vgl. unten S. 411). Es sindnbsp;auch im Laufe der palaontologischen Forschung schon so viele vennittelndenbsp;Gruppen (ich erinnere nur an die Psilophyten und Pteridospernien) nachtrag-lich bekannt geworden, dab wir sicher annehmen mussen, eine viel gröberenbsp;Formenniasse sei uns noch unbekannt.
Ein berechtigter Kern steekt aber zweifellos in der von vielen Palaontologen verfochtenen Annahme einer Diskontinuitat mit groben Sprüngen. Die Phylo-genie verhef, als ganzes besehen, nicht immer gleich schnell. Esnbsp;gab Zeiten (für das Pflanzenreich denken wir etwa an das Devon, ünterkarbonnbsp;und die Unterkreide), in denen viel mehr differierende Typen entstandennbsp;als in anderen Zeiten, — als in Zeiten, in denen der Strom der phylo-genetischen Umbildung mehr gleichmabig und trage dahinflob. Dasnbsp;wechselvolle Bild dürfte kauni nur durch Zufalligkeiten der fossilen Über-lieferung vorgetauscht sein.
Auch hier niub man sich jedoch klar sein, dab diese Aussage zunachst lediglich ein rein historisches Faktum feststellt und so nur zur Charakterisierungnbsp;des historisch-phylogenetischen Ablaufs dienen kann. Für die kausale Einzel-analyse besagt der historische Ablauf wenig. Denn das beschleunigte Auftretennbsp;zahlreicher neuer Typen könnte auf sehr verschiedene Weise zustande ge-komnien sein. Es könnte sein, dab infolge irgendwelcher ümstande (sagen wirnbsp;z. B. durch die Eroberung des Landes um die Silur-Devon-Wende) den Lebe-wesen neue und zunachst konkurrenzlose Entwicklungswege eroffnet wurden,nbsp;dab also die plötzliche Steigerung des phylogenetischen ümbildungsprozessesnbsp;lediglich auf der gesteigerten Gedeih- und Erhaltungsmöglichkeit neuernbsp;Typen beruht. Oder aber der phylogenetische Umbildungsprozeb, d. h. dienbsp;Entstehung neuer Mutationen verhef tatsachlich ungleich rasch. Meiner Ansicht nach sprechen unsere heutigen Kenntnisse für beide Möglichkeiten. Einenbsp;einigermaben sichere Antwort ist nui' für Einzelfalle, aber kaum allgemeinnbsp;niöglich (vgl. auch S. 405).
Die Eroberung des Landes steigerte z. B. ganz bestimnit im oben ange-gedeuteten Sinne die Erhaltungsmöglichkeit neuer Typen. Andrerseits ist offensichtlich nach unseren Befunden an heutigen Organismen das Formen-neubildungsverrnögen bei verschiedenen Pflanzengruppen sehr verschiedennbsp;grob. Neben den durch eine grobe Formenfülle ausgezeichneten und meistnbsp;systematisch sehr schwer zu bearbeitenden Gattungen, wie Rosa, Rubus,nbsp;Hieracium usw., gibt es andere, die recht einheitlich sind. Daraus kannnbsp;tnan schlieben, dab wohl auch zeitlich der Formenumbildungsprozeb ungleich rasch ablief.
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ZweckmaBige Eigenschaften.
Man hat in letzter Zeit, als Eeaktion gegen das Sclilagwort „Anpassungquot;, die Tatsache wohl allzu sehr ignoriert, daJ3 in der Pliylogenie (als Ganzem)nbsp;vorzugsweise „zweckmaBigequot; oder nentraler gesagt: „systenierhaltende“nbsp;Einrichtungen entstanden sind. Ich glaube nicht, daB man über dies Faktumnbsp;nht allgemeinen Eedewendungen, wie: die Haufung der systemerhaltendennbsp;Einrichtungen sei eine Selbstverstandlichkeit, oder Zweckfragen „dürftenquot;nbsp;einen Naturwissenschaftler nicht beschaftigen usw., hinwegschreiten kann.
Wer sich für die Behandhing „zweckmaBiger“ Einrichtungen einsetzt, der muB zu zwei Fragenkomplexen Stellung nehmen:
Einmal zur Wort- und Begriffs-Problematik, die sich gerade hier auBerordentlich stark ausgebreitet hat, und ferner
zur Tatsachenproblematik,obes wirklich eine solche auf f allige Haufung ,,zweckma6iger“ Eigenschaften in der Phylogenie gibt.
Leider werden beim ZweckmaBigkeitsproblem als Nachwirkung aus der Herrschaftsperiode der ,,Idealistischeii“ Morphologie auch in naturwissenschaft-hchen Diskussionen Sach-, Begriffs- und Wortfragen nicht genügend ge-trennt. Da wir uns naohher ausschlieBlich mit den Sachfragen beschaftigen wollen,nbsp;seien hier einmal die Begriffs- und Wortprobleme vorausgreifend behandelt.
Man kann mit der Bezeichnung „zweckmaBige Eigenschaft'' verschieden-artige Erscheinungen zusammenfassen. Nur ein paar Hinweise zur Erlauterung des eigenen Standpunktes! Man kann z. B. in den Begriff ,,ZweckmaBigkeitquot;nbsp;mit Schopenhauer psychische Vorstellungen hineinlegen und unter „zweok-maBigenquot; Vorgangen solche versteken, bei denen sich ein Willensakt auswirkt.nbsp;Analog dazu kann man als ,,zweckmaBig“ solche Vorgange zusammenfassen, innbsp;denen der Zweck als ,,Endursache“, als ,,Entelechie“ neben den eigentliohen kausal-wirkenden, also neben den physikalisch und chemisch fafibaren Eaktoren ent-scheidend mitspielt. Ich will auf diese deni Naturwissenschaftler meist ziemlichnbsp;f remde Vorstellungen nicht naher eingehen und nur andeuten, daB sie vor allemnbsp;von Vitalisten vertreten werden, wobei es praktisch das gleiche bedeutet, wennnbsp;man statt von ,,zweckmaBig“ von ,,ganzheitserhaltend“ spricht.
Man kann aber auch — und das ist mein Standpunkt, bzw. der Standpunkt sehr vieler Biologen^) — unter ,,zweckmaBigen“ Eigenschaften alle diejenigen zusammenfassen, welche durch ihre lebenserhaltende, ,,systemerhaltende“ Wirkungnbsp;ausgezeichnet sind. Man kann ferner, wie bei jeder Begriffsbildung analytischnbsp;vorgehen, d. h. mit einer vorgefaBten Definition an die Erscheinungen heran-treten, oder synthetisch die Erscheinungen in einen gemeinsamen Begriff zusammenfassen. lm zweiten Fall dient die durch ein Abstraktionsverfahrennbsp;gewonnene Formulierung des Begriffsunifanges, die ,,Definitionquot;, lediglich alsnbsp;ein praktisches Werkzeug zur gegenseitigen leichteren Verstandigung.
Auch hier bekenne ich mich zum letzteren, synthetischen Verfahren. Ich habe nicht vor, die verschiedenen anderen möglichen Formen der Begriffsbildungnbsp;zu diskutieren. Ich beschranke mich darauf, zur Vermeidung von MiBverstand-nissen, zu erklaren, daB ich unter ,,zweokmaBigenquot; oder als Synonym unter
1) nbsp;nbsp;nbsp;Für unsere naturwissenschaftlich eingestellte Betrachtung kommt nur das in Frage,nbsp;was Kant die ,,innere“ Zweckmafiigkeit genannt hat, also die Funktionsbeziehimgen auf dienbsp;betreffenden Organismen selbst bzw. auf ihre Artgenossen. Die ,,aui5ere“ Zweckmafiigkeitnbsp;im Sinne von Kant, also vorzugsweise die Nützlichkeit für den Menschen, scheidet in unserernbsp;Betrachtung aus. Ebenso mufite die ,,fremddienliche Zweckmafiigkeitquot; (vgl. Becher undnbsp;Wolff) der Gallen usw. wegen ihrer noch sehr unklaren Verhaltnisse aufier Acht bleibennbsp;(vgl. auch Zimniermann 1928 a).
2) nbsp;nbsp;nbsp;Vgl. z. B. Detto, S. 13 und Peter.
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Kausalanalvso.
,,systemerh.altenden“ Binrichtiingen solcie Einriclitiingen ver-stehe, die der betreffenden Pflanze, bezw. vor allem der ganzen Sippe, das Dasein ermöglichen und ihr Gedeiben erleichtern.
Ich babe micb aus Traditionsgründen dazu entscblossen, die alt bergebrachte Bezeiohnnng ,,zweokina6ig“ beiznbebalten (Vgl. bierzn aucb Peter 1920). Mannbsp;kann das wohl aucb ohne allzu groBe Bedenken tun, sobald man die Sachfragennbsp;in den Vordergrund stellt. Denn man sollte doch nur dann eine bergebrachtenbsp;Bezeicbnung andern, wenn sich praktisch genommen die Begriffsgrenzen der-art verschoben baben, daB die ehemals in den btr. Begriff zusammengefaBtennbsp;Erscbeinungen heute nicht niehr hineinpassen. Das aber ist beim ZweckmaBig-keitsbegriff nicht der Fall. Was die früheren Biologen eine ,,zweckmaBige Eigenschaftquot; nannten, paBt aucb — wenn wir Einzelirrtümer, wenige Grenzfalle undnbsp;die Phantastereien der Überteleologen auBer Spiel lassen — ganz gut in dennbsp;oben definierten Begriff. Wenn man wegen jeder Inhaltswandlung eines Begriff es gleich auf die zugehörige Bezeicbnung verzichten wollte, kame man innbsp;der Biologie überhaupt zu keiner einigermaBen stabilen Nomenklatur. Keinnbsp;Biologe dürfte dann z. B. heute noch von ,,Zelle“ reden.
Praktisch genommen sind sich ja die Anhanger der verschiedensten De-finitionen in den allermeisten Fallen sachlich darüber einig, was man unter einer ,,zweckna.aBigen“ Einrichtung im Sinne der obigen Definition verstekt. Das Bildnbsp;andert, sich auch bei einer nomenklatorischen Anderung nicht. Fast alles wasnbsp;z. B. Ungerer (1926) als ,,ganzheitserhaltend“ bezeichnet, fallt unter den obennbsp;skizzierten Begriff der ,,zweckmaBigen“ Einrichtungen. Genau das gleiche giltnbsp;für ,,planmaBig“, ,,systemerhaltend“, ,,dauerfördernd“, ,,erhaltungsmaBig,“nbsp;,,nützlich“ oder wie die als Ersatz für ,,zweckma6ig“ vorgeschlagenen Begriffenbsp;und Ausdrücke alle lauten. Auch hier wechselt übrigens meist der Begriffsinhaltnbsp;bei den verschiedenen Autoren kaum weniger als beim Begriff ,,zweckmaBig“.nbsp;Jedenfalls müssen wir als Naturwissenschaftler verhindern, daB das ganze Problem im Stadium der Begriffs- und Wortstreitereien stecken bleibt. Wem darumnbsp;trotz meiner Darlegungen die Bezeicbnung ,,zweckiniiBig“ unzweckmaBig er-scheint, mag sie in meinen Ausführungen streichen und sie durch eine ihm ge-nehmere ersetzen; er wird erkennen, daB der Sinn der Darlegungen durch diesenbsp;Nomenklaturanderungen nicht verandert wird.
Stimmt nun sachlich unsere Behauptung, daB in der Phylogenie eine solche auffallige Haufung ,,z\veckniaBiger“ oder ,,systemerhaltender“ Eigenschaften auftritt ? Wir werden namlich im Gegensatz zur üblichen Problem-behandhmg gerade auf die Haufung einen besonderen Wert legen. Einnbsp;Beispiel: die Angiospermenblüte, etwa die wohl ziemlich allgemein vcrtrautenbsp;Salbei ((S'afom)-Blüte! Wir wissen ganz bestimmt, daB an dieser Blüte all dienbsp;„zweckmaBigenquot; Einrichtungen, deren Eülle wir bestaunen:
2. B._ die Gestaltung der Mikrosporophylle und des Griffels, welche die Übertragung der Mikrosporen sichern;
die dem gleichen „Zweckc“ dienende Beschaffenheit der Mikrosporen-oberflache;
die Nektarien sowie die Gestaltnng der Blumenkrone als Schauapparat;
die Fahigkeit der Mikrosporen, mit eineni Pollenschlauch zur Makrospore und Eizelle zu wachsen;
die für die Ernahrung des Embryos sorgende Bildung von Keservestoff-behaltern, Leitbündeln usw.;
die Ausbildung des Fruchtknotens als Hülle für den heranreifenden Samen;
die Ausbildung des Kelches als weitere derartige Blütenhülle und ferner als Einrichtung ziini Ausschlendern der reifen NüBchen; usw. usw. —
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Haufung der zweckmaBigen Eigenschaften.
kurz, wir wissen bestimmt, daB all diese in ihrer Funktion sicker erkannten „zweckmaBigen“ Einrichtungen einmal phylogenetisch entstanden sind. Sienbsp;sind wahrscheinlich seit dem Frühmesozoikuni oder, um alle Disküssionennbsp;über den Zeitpunkt abzuschneiden, seit dem Silur entstanden. Sie warennbsp;friiher einmal noch nicht da.
Wir kennen nun — abgesehen von der Organisnienentwicklung — keinen einzigen natürlichen ProzeB, bei dem gystemerhaltende oder zweckmaBigenbsp;Einrichtnngen in einer derartigen Haufung an ein und demselben Gebilde entstanden sind. Diese Haufung wahrend der Phylogenie ist die auffalligstenbsp;Eigentümlichkeit an den Organismen. Sie ist auch ein Faktum, das als Faktumnbsp;allem Vitalismus-Mechanismus-Streit, aller Meinungsverschiedenheit über dennbsp;Lamarckismus und Darwinismus entzogen ist.
Dieses Faktum der Haufung „zweckmaBiger“ Einrichtungen in der Phylogenie bleibt auch unberührt von den zwei Nebenfragen;
ob es neben der Fülle sicher zweckmaBiger Einrichtungen einige Einrichtungen von negativem oder zweifelhaftem ökologischen Werte gibt, und
ob die betr. Ahnen (etwa der Salbeiblüte) auch v o r der Herausbildung der neuen Eigenschaften ihrerseits bereits „zweckmaBig“ und an ihre damaligennbsp;Lebensumstande angepaBt waren. Eür unsere SchluBfolgerungen, die ja wienbsp;schon wiederholt erwahnt ist, sich nur mit der Umwandlung der Formen befassen und nicht etwa die naturwissenschaftlich unerkltirbare Entstehung dernbsp;,,ZweckmaBigkeit“ erklaren wollen, genügt die Feststellung der Tatsache, daBnbsp;diese Salbei-Ahnen die genannten ,,zweckmaBigen“ Einrichtungen nochnbsp;nicht hatten.
Ferner ist es bei der Frage, ob eine Einrichtung ,,zweckmaBig“ ist, falsch zu sagen: „Ich sehe keinen Zweok, keine Funktion, also ist das betr.nbsp;Organ unzweckmaBig oder mindesteus zwecklos.“ Notwendig ist bei jedem sachlichnbsp;begründeten Zweifel natürlich ein eindeutiges Experiment. Ich habe mich übernbsp;diese Neben- und Detailfragen ja schon anderweitig ausführlicher ausgesprochennbsp;(Zimmermann 1928 a). Daher sei hier nur nochmals betont:
Das Problem der zweckmaBigen Einrichtungen kann m. E. nur dann seine ungeheuere Bedeutung für die Biologie entfalten, wenn man sich von beidennbsp;Extremen fernhalt: einmal von einer kritiklosen Zwecksucherei, die rein intuitivnbsp;ohne Experimente irgend einen „Zweck“ annimmt und andrerseits von einernbsp;Hyperkritik, die aus der negativen Erkenntnis, daB der Zweck nicht bekanntnbsp;ist, sofort den SohluB zieht, es fehle hier überhaupt ein Zweck.
Fassen wir die Hauptergebnisse unserer Vorbemerkungen zusammen:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Die phylogenetische Wandlung beruht auf einer Umbildung der Erb-anlagen, die sich (vielleicht ungleich schnell und vielleicht diskontinuierlich,nbsp;in kleinen Mutationsschritten) aber doch sehr allmahlich vollzogen hat, wennnbsp;wir einmal von Rückmutationen absehen.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Bei dieser phylogenetischen Wandlung trat eine sonst in der Naturnbsp;nicht feststellbare Haufung ,,zweckmaBiger“ oder „systemerhaltender“ Einrichtungen auf.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Die phylogenetische Wandlung ist durch das Zusammenwirken einernbsp;Anzahl von Faktoren, die wohl innerhalb und auBerhalb des sich wandelndennbsp;Organismus liegen, bedingt.
Diese 3 Satze erlauben uns einen für die Kausalanalyse der Phylogenie auBerordentlich wichtigen und unangreifbaren SchluB zu ziehen:
Eine so gehaufte Entstehung von systemerhaltenden oder „zweckmaBigen“ Einrichtungen im Verlaufe der Phylogenie setztnbsp;einen richtenden Faktor oder anschaulicher gesagt: eine phylo-
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Kausalanalyse.
genetische Anpassungsstruktur voraus. D.h. einer (vielleicht auch einige wenige) der vielen Faktoren, die bei der Pliylogenie beteiligt sind, bat dienbsp;Phylogenie in solche Bahnen gelenkt, daB die zweckmaBigen, systemerhaltendennbsp;Einrichtungen gehauft entstanden sind. Dies ist der genieinsame gesichertenbsp;Kern aller phylogenetischen Anpassungstheorien. Die Organismen sindnbsp;ihrer Umgebung „angepa6t“, d. h. sie haben wahrend der Phylogenie einenbsp;Fülle von zweckmaBigen, systemerhaltenden Einrichtungen erworben.
Bis zu diesem Punkte kann keine nennenswerte Meinungsdifferenz besteken. Die Existenz einer phylogenetischen Anpassungsstruktur, welche auf eine Anhaufung zweckmaBiger Mutationen hinzielt, ist ja auch mit jeder kausal-phylogenetischen Theorie vereinbar. Wenn wir aber nun weiter gehen, wennnbsp;wir nach dem „Wie“ und „Wo“ der phylogenetischen Anpassungsstrukturnbsp;fragen, stehen wir schon mitten im Brennpunkt der ganzen Problematik, innbsp;der Frage:
Der Lamarckismus jeder Richtung^) nimmt ja an, daB die phylogenetische Anpassungsstruktur im sich wandelndennbsp;Organismus steekt. Diese Anpassungsstruktur beeinfluBt also nach demnbsp;l.amarckismus bereits unmittelbar, auf einem energetischen Wege, das Ent-stehen der Mutationen, so daB die zweckmaBigen Mutationen von vornhereinnbsp;bereits in gröBerer Menge auftreten.
Der Darwinismus dagegen sucht die phylogenetische Anpassungsstruktur auBerhalb des sich wandelnden Organismus. Die Mutationen entstehen nach ihm zunachst ganz unabhangig von der An-passung, d. h. sie sind in Bezug auf die Anpassung®) ,,richtungslos“. Dernbsp;richtende Faktor oder die phylogenetische Anpassungsstruktur ist nach demnbsp;Darwinismus die „Selektion“, die „natürliche Auslese im Kampf umsnbsp;Dasein“. Als ein auBerhalb des sich wandelnden Organismus befindlichernbsp;Faktor wirkt sie nicht unmittelbar energetisch auf die Bildung der zweckmaBigen Mutationen sondern nur auf die Anreicherung der bereits gebildetennbsp;zweckmaBigen Mutationen einquot;*).
1) nbsp;nbsp;nbsp;Man könnte auf Itrund der Literator zweifeln, ob sich der Gegensatz zwischen Lamarckismus und Darwinismus überhaupt im Kahmen einer kausalen und vor allem einernbsp;kausalphysiologischen Betrachtung behandeln liiBt. Denn die Anhiinger beider Richtungennbsp;werfen sich gegenseitig vor, die andere Richtung widerstreite der kausalen Auffassung. [Vgl.nbsp;z. B. Detto (1904, S. 190): ,,Direkte Anpassung“ (im Sinno des Lamarckismus) ,,ist also wedernbsp;kausal begreiflich noch logisch berechtigt“ und Walter (1926, S. 8): ,,Wir durchbrechennbsp;die Kausalkette mit solchen Begriffen wie ,,Kampf ums Dasein“, ,,Zufaii“ und ,,natürlichenbsp;Auslese“, bei denen für eine physiologische Betrachtungsweise kein Raum bleibt“]. Ich haltenbsp;beide Auffassungen, wenn sie sich gegen den Lamarckismus und Darwinismus ganz allgemeinnbsp;und nicht nur gegen Einzelentgleisungen wenden, für eine Übertreibung. Prinzipiell liiütnbsp;sich sowohl der Lamarckismus wie der Darwinismus streng kausalphysiologisch durchführen.nbsp;Die Entscheidung kann hier nicht a priori sondern nur unter Berücksichtigung des Tatsachen-materials durchgeführt werden.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Vgl. unten S. 401 ff.
3) nbsp;nbsp;nbsp;Wir werden nachher sehen, daB sie deshalb nicht in jeder Beziehung ,,richtungslos“nbsp;sein müssen. Es hat wesentlich zu den verschiedenen MiBverstandnissen beigetragen, daBnbsp;man im allgemeinen nicht naher erliiutert, was man unter ,,richtungslos“, ,,zufallig“ usw.nbsp;versteht.
4) nbsp;nbsp;nbsp;Damit soil natürlich nicht gesagt werden, daB jeder ,,Darwinistquot; oder ,,Lamarckist“nbsp;nun immer konsequent nur darwinistiche oder lamarckistische Auffassungen vertreten ha,be.
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Lamarckismus oder Darwinismus?
Die Entscheidung, welche der beiden Auffassungen die richtige ist, ob die phylogenetische Anpassungsstruktur im Organismus oder auBerhalb sitzt,nbsp;kann nur die Tatsachenforschung, insbesondere das Experiment bringen.nbsp;Und das Experiment hat m. E. eindeutig gesprochen. ZweckmaBige, system-erhaltende Muta'tionen sind auBerst selten. Das weiB jeder, der sich auch nurnbsp;oberflachlich einmal mit Mutationsforschung beschaftigt hat. Davon, daBnbsp;sich zweckmaBig gerichtete Mutationen in einer irgendwie gröBeren Mengenbsp;gezeigt hatten, kann überhaupt keine Kede sein. Man betrachte nur dienbsp;Mutationen der am besten untersuchten Organismen wie der Bananenfliegenbsp;{Drosophila, z. B. nach Morgan) und der Löwenmaulchen {Antirrhinum nachnbsp;Baur 1924, vgl. auch Nilsson-Ehle 1928)! Überblickt man die lange Listenbsp;der hier sicher festgestellten Mutationen, so stöBt man in der überwiegendennbsp;Mehrzahl auf ausgesprochen pathologische Mutationen. Höchstensnbsp;bei einigen Kleinmutanten (im Sinne Baurs) kann man von einer system-erhaltenden, zweckmaBigen Neuerwerbung, von einem Ausgangspunkt fürnbsp;,,Progressionen“ sprechen (vgl. auch Philiptschenko (1927).
Fast alle aJteren Angaben, namentlich des Wiener Zoologen Kammerers, an Salamandern usw. (vgl. hierzu z. B. R. Her twig 1927), daB erbliche zweckmaBigenbsp;Abanderungen experimentell erzeugt werden können, haben der Kritik nichtnbsp;standgehalten. Fürs Pflanzenreich ist mir derzeit überhaupt kein einziges einiger-maBen gesichertes, derartiges Beispiel bekannt. Nirgends hat man durch einenbsp;bestimmt gerichtete Konstellation der auBeren Faktoren experimentell eine ent-sprechende genotypische, zweckmaBige Abanderung erzielt. Alle derartigen Angaben beziehen sich entweder nur auf phanotypische Abanderungen, wie dienbsp;viel zitierten Angaben über die Annahme von Wasserpflanzen- oder Land-pflanzenoharakteren bei amphibisch lebenden Pflanzen, je nachdem sie im Wassernbsp;oder auf dem Lande leben. Oder es handelt sich lediglich um die nicht experimen-telle und somit nichtssagende Feststellung des AngepaBtseins.
Vielleicht erstaunt es, daB ich dcm Lamarckismus jeder Richtung die An-nahnie einer phylogenetischen Anpassungsstruktur im Organismus zuspreche. Denn vielfach legt doch der Lamarckismus offensichtlich besonderen Wert ge-rade auf den EinfluB der Umwelt. Diese beiden Darstellungen des Lamarckismus widersprechen sich nur scheinbar; denn tatsachlich hat der Lamarckismusnbsp;ein doppeltes Gesicht sowohl gegen die Ümwelt, wie gegen die innere Struk-tur des Organismus gerichtet. Wir wollen daher das Verhaltnis von AuBen-welt zur phylogenetischen Anpassungsstruktur im Inneren des Organismusnbsp;benutzen, um noch die
verschiedenen Strömungen des Lamarckismus zu charakterisieren.
Alle lamarckistischen Auffassungen enthalten namlich als Momente der phylogenetischen Wandlung zwei Faktorengruppen:
Auf der einen Seite Faktoren in der Umwelt, AuBenreize, die irgendwie die phylogenetische Wandlung auslösen. Hierin liegt, wie wir noch sehennbsp;werden, auch der sehr berechtigte Kern des Lamarckismus.
Im Gegenteil! Darwin selbst vertrat ja teilweise einen gemafiigten ,,Lamarckismusquot;. Es scheint mir ferner z. B. bisher nicht genügend berücksichtigt, dab bei WeiBmann, einemnbsp;der eifrigsten Vertreter der darwinistischen Gedanken, durch die Aufstellung seiner Theorienbsp;der „Germinalselektionquot; eine stark lamarckistische Auffassung mitspielte.
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Zimmermann, Die Phylogenie der Pflanzen.
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Kausalanalyse.
Auf der anderen Seite als Erganzung zu diesem AuBenreiz ein Etwas im Inneren, das wir „phylogenetisclie Anpassungsstruktur“ oder „richtenden Faktor“nbsp;nannten, und das auf den AuBenreiz hin mit ein er zweckgerichteten Antwort,nbsp;niit einer Bildung zweckmaBiger Mutationen, antwortet. Sonst kann mannbsp;sich ja auch ohne Selektionswirkung das Wunderwerk der gehauften Mutationen nicht erklaren. Oehlkers (1917) hat ganz mit Recht auf diesennbsp;vitalistischen Grundzug in jeder lamarckistischen Auffassung hingeweisen.
Nur die Art und Weise, wie die AuBenreize und die dem Organismus inne-wohnende phylogenetische Anpassungsstruktur miteinander in Verbindung treten sollen, ist nach den einzelnen Schattierungen des Lamarckismus ver-schieden:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Lamarck selbst vertrat ja vor allem die Ansicht, daB der ,,Gebi'auch“nbsp;und ,,]Viehtgebrauch“ umbilde. Namentlich fttr Mensch und Tier sind ja un-zahlige Falie — man denke an die Muskulatur des Turners — bekannt, in iilenennbsp;eine solche ontogenetische Anpassung und eine ontogenetische Anpassungsstruktur eindeutig vorliegt. Der entscheidende Punkt ist nur der, ob dieser onto-genetischen Anpassungsstruktur auch eine phylogenetische Anpassungsstrukturnbsp;entspricht, ob die ontogenetische Wandlunginfolge Gebrauch undNichtgebrauchnbsp;sich auch irgendwie auf die phylogenetische Wandlung übertragt. Wir habennbsp;oben schon die bisherige Ergebnislosigkeit der Experimente in dieser Hin-sicht betont. Ferner brauchen wir auf diese Frage schon deshalb nichtnbsp;naher einzugehen, weil solche durch Gebrauch und Nichtgebrauch bewirktenbsp;ontogenetische Anpassungen — man spricht auch von ,,aktiven“ oder Funk-tionsanpassungen [vgl. Plate (1913) z. B. S. 490] — im Pflanzenreich kaumnbsp;vorkommen, wie schon Lamarck selbst erkannte. Die Hauptmasse der Anpassungen liegt hier zweifellos im Bereich der „passiven“ Anpassungen, auf dienbsp;wir unten zu sprechen kommen. Hier komnit es nur darauf an, zu zeigen, daBnbsp;auch die ursprüngliche Annahme des Lamarckismus eine phylogenetischenbsp;Anpassungsstruktur im Organismus fordert. Lamarck selbst formuliert dasnbsp;folgendermaBen: ,,Die Natur muB ihre verschiedenen Organisationsplane be-reits ausgearbeitet haben“, ehe es möglich wird, sie durch Gebrauch undnbsp;Nichtgebrauch in die Tat umzusetzen (vgl. auch Oehlkers 1917, S. 14).
2. nbsp;nbsp;nbsp;Die psycholamarckistiselic Uichtung. Auch diese von Semonnbsp;und Pauly entwickelte Richtung hat wohl wenig Vertreter unter den Bo-tanikern. Es sollen seelenahnliche Vorgange in der Reiz-Reaktionskette zwischennbsp;AuBenreiz und phylogenetischer ümbildung mitwirken, Vorgange, die auchnbsp;hier offensichtlich als richtende Faktoren die phylogeiietischen AVandlungennbsp;in Richtung auf die Anpassung dirigieren.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Die orthogeiietisehen Auffassungen. Diese insbesondere vonnbsp;Th. Eimer begründete Auffassung zeigt wohl am eindeutigsten den richtendennbsp;Faktor in der phylogenetischen Wandlungsstruktur des Organismus, ,,Orthogenesisquot; heiBt ja geradlinige Entwicklung. Die auBeren Faktoren spi’elen nachnbsp;diesen Auffassungen eine relativ geringe Rolle.
4. nbsp;nbsp;nbsp;Die meisten der lamarckistisch eingestellten Botaniker hangen wohlnbsp;dem Standpunkt Nagelis^) von einer direkten Bewirkuiig an. Sie könnennbsp;sich dabei wieder auf ontogenetisch eindeutige Befunde stützen, auf das, was wirnbsp;oben die ,,passivequot; Anpassung nannten, auf die morphologische ümbildungnbsp;der einzelnen Individuen bei vielen Pflanzenarten (insbesondere Angiospermen),nbsp;etwa je nach den verschiedenen Wasserverhaltnissen ihrer Umgebung. Die
1) Inhaltlioh spricht sich übrigens auch Niigeli z. B. 1884, S. 286 grundsiltzlich für eine darwinistische Auffassung aus. Sein Gedankengang, daB auch bei fehlender Konkurrenznbsp;alle Organismen, die heute existieren, entstanden waren mid daB der ,,Kampf ums Daseinquot; nurnbsp;die woniger tauglichen verdrangt hatte, ist ja reiner Darwinismus.
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LamarcHsraus.
Pflanze paBt sich hier durch „Standortsmodifikationen“ unbestreitbar der ümgebung an. Sie kann z. B., wie in nnzahligen Experimenten beobachtetnbsp;ist, durch Verkleinerung der Oberflache ihren Wasserbedarf herabsetzen. Diesenbsp;individuelle Abanderung bedeutet aber noch nicht ohne weiteres eine phylo-genetische Anpassnng, es sei denn, daB der Organismus eine entsprechendenbsp;Struktur aufweist. Es spielt für unsere Erage dabei keine Rolle, wie im ein-zelnen diese Reaktionskette gestaltet sein könnte, ob die betreffende Strukturnbsp;im Keimplasma steekt und von den AuBenreizen direkt, oder über den Umwegnbsp;über das „Soma“ betatigt wird. Jedenfalls müBte ein richtender Faktor, einenbsp;phylogenetische Anpassungsstruktur, die auf die Haufung der zweckmaBigennbsp;Mutationen hinwirkt, auch bei direkter Bewirkung verhanden sein.
Man kann gegen unsere SchluBfolgerungen: „ein gehauftes Auftreten „zweckmaBiger“ Mutationen ist im Erblichkeitsexperiment nicht beobachtet,nbsp;also fehlt den lamarckistischen Auffassungen, die ein solches Auftreten voraus-setzen, die experimentelle Grundlage“, eigentlich nur einen einzigen, wiederholtnbsp;erhobenen (vgl. z. B. Plate 1927, S. 88 f) Einwand machen; nanilich den,nbsp;daB unsere bisherige Versuchsanordnung ungeeignet sei, um eine gehaufte Ent-stehung „zweckmaBiger“ Mutationen zu zeigen. Man könnte einwenden,nbsp;vielleicht gelinge es spater doch noch einmal im Sinne der berühmten Kam-mererschen Experimente (s. oben) „zweckmaBige“ Mutationen zu erzielen.
Stellen wir uns einmal auf diesen Standpunkt! Nehmen wir einmal einen Augenblick an, die Faktorenkonstellationen, unter denen wir bisher die Ent-stehung von Mutationen beobachten konnten, seien nicht diejenigen, welchenbsp;die lamarckistische ümbildung, d. h. die direkte Entstehimg gehaufter „zweck-maBiger“ Mutationen bewirken konnten. Es sei dafür vielleicht eine viel langerenbsp;Zeit^) anhaltende Beeinflussung durch irgend einen formbildenden Reiz-prozeB notwendig.
Das heiBt aber doch nichts Anderes, als daB diese Falie, in denen zweck-maBige Mutationen im Sinne der lamarckistischen Auffassung auftreten, recht selten sind, viel seltener als die zu vielen Hunderten schon beobachtetennbsp;richtungslosen Mutationen im Sinne Darwins. Damit verzichtet man abernbsp;auf den Hauptvorzug der lamarckistischen Auffassung. Denn diese rechnetnbsp;es sich ja eben als Vorzng an, daB sie erklaren kann, wieso „zweckmaBige“ Ab-anderungen der Erbanlagen haufiger auftreten als nach Darwins „Zufalls-theorie-‘, und daB sie auch kompliziertere Anpassungen „erklart“. Man muBnbsp;sich doch wohl klar sein: Ein einziges oder auch einige wenige ira Sinne desnbsp;Lamarekismus geglückte Experimente sprechen durchaus noch nicht für dennbsp;Lamarekismus; er setzt eine Organisation zur vorzugsweisen Ent-stehung von zweckmaBigen Mutationen voraus. — Auffallig ist allerdings, dafinbsp;anscheinend die Kultur vielfach ganz aUgemein mutationsvermehrend wirkt.nbsp;Andererseits darf man wohl auch betonen, daB namentlich bei den botanischennbsp;Vererbungsversuchen die Pflanzen im allgemeinen nicht unter besondersnbsp;abnormen Bedingungen gehalten werden, unter Bedingungen, die auf Erzeugungnbsp;von nur pathologischen Mutationen hinzielen. Z. B. bei unseren Feldkulturennbsp;werden die Pflanzen durch weg unter natürlichen Verhaltnissen gehalten —nbsp;abgesehen von der weggefallenen Konkurrenz.
Der Lamarekismus befindet sich hier m. E. in einer Zwickmühle. Ent-weder er nimmt seiner Grundauffassung entsprechend an, daB die „zweckmaBigenquot; Mutationen gehauft entstehen -- dann hatte sich davon in unseren bisherigen Mutationsuntersuchungen etwas zeigen müssen. Oder aber dernbsp;Lamarekismus spricht sich im Einklang mit den bisherigen experimentellen
1) Beispielsweise sagt Plate 1927, S. 90: ,,Durch ein Experiment liiBt sie“ (die Frage der Anpassungsmutation) ,,sich wahrsoheinlich überhaupt nicht lösen, da der Faktor Zeitnbsp;dabei eine entscheidendc Rolle spielt.quot;
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Kausalanalyse.
Ergebnissen dafür aus, daB die „zweckmaBigen“ Mutationen nur unter ganz bestimmten TJmstanden, nur recht selten, vielleicht erst nach reiativ langennbsp;Zeiten auftreten — dann decken sich seine Aussagen praktisch mit denen desnbsp;Darwinismus. Beschrankt sich der Lamarckismus also lediglich auf die Be-einflussung der Erbanlagen durch auBere ümstande (vgl. unten S. 415), so istnbsp;mindestens jede Polemik gegen den modernen Darwinismus überflüssig.
Wir gebrauchen dieses Begriffspaar wiederholt bei unserer phylogenetisohen Kausalanalyse. Daher sei noch auf einen Einwand eingegangen, den kürzlichnbsp;Abel (1929, S. 23 u. 376 ff.), gestützt auf Weidenreich und in Übereinstimmungnbsp;mit vielen Palaontologen ausgesprochen bat. Abel sagt (1. c. S. 379): ,,Dienbsp;Keimzellen sind nichts anderes als differenzierte Somazellen. — Mit diesei Er-kenntnis muB natürlich auch die ganze Theorie vou dem Gegensatz zwischennbsp;dem „Phaenotypus“ und dem ,,Genotypus“ zusammenbrechen“.
Gerade die Pflanzen scheinen gut zu zeigen, daB man den Gegensatz zwischen Genotypus und Phanotypus nicht parallelisieren^) darf mit der WeiBmannschennbsp;Vorstellung eines Gegensatzes zwischen Keimzellen und Somazellen. Wenn wirnbsp;aus einer typischen ,,Somazelle“, etwa aus einer Epidermiszelle einer Begonie,nbsp;einen Steckling erziehen, so erhalt dieser Steckling den gleichen ,,Genotypusquot;nbsp;mit wie seine Mutterpflanze. Wir erkennen nur am ,,Soma“, z. B. an der Gestaltnbsp;der Laubblatter, die phanotypische Abwandlung meist besonders gut.
Wir können nicht ,,Soma“ mit ,,Phaenotypus“ und ,,Keimzelle“ mit ,, Genotypusquot; parallelisieren, weil diese Begriffspaare sich jeweils auf andere Gegen-satze beziehen. Keimzelle und Somazelle kennzeichnen Teile ein und desselben Individuums. Genotypus und Phanotypus sind dagegen auBerst praktischenbsp;und bis jetzt durch keine besseren ersetzte Begriffe, um den Unterschied imnbsp;Verhalten verschiedener Organismen festzuhalten. Der Wert dieser Begriffenbsp;zeigt sich also besonders dann, wenn es gilt, in wenig Worten Unterschiedenbsp;in den Merkmalen der Organismen auszudeuten.
Ein viel zitiertes Beispiel zur Erlauterung der Begriffe:,,Genotypus—Phanotypusquot;! Es gibt bekanntlich sehr verschieden blühende Primeln, z. B. rot- und weiBblühende. Dieser Farbenunterschied kann ,,genotypischquot; bedingt sein,nbsp;d. h. die rot oder weiB blühenden Pflanzen unterscheiden sich bereits in ihrennbsp;Erbanlagen. Br kann aber in anderen Fallen auch ,,phanotypisch“ bedingt sein,nbsp;z. B. kann ein und dieselbe Pflanze je nach der Anzuchtstemperatur rot odernbsp;weiB blühen. Nach zahlreichen experimentellen Befunden wird das Verhaltennbsp;der Nachkommenschaft durch solche phanotypische Unterschiede nicht be-einfluBt.
Wenn man überhaupt von den lebenden Organismen etwas auf die Lebens-vorgange bei den ausgestorbenen schlieBen kann, wird man auch in der pala-ontologischen Forschung am Gegensatz zwischen erbliohen (,,genotypischen“) und nicht - erblichen („phanotypischenquot;) Merkmalsunterschieden festhaltennbsp;mussen. Bei einer phylogenetischen Wandlung haben wir ja immer erblichenbsp;Wandlungen im Auge! Das ist im Prinzip wohl auch immer klar gewesen. Obnbsp;wir allerdings zur Formulierung dieser Merkmalsunterschiede gerade Begriffnbsp;und Wort „Genotypus—Phanotypusquot; verwenden, das ist, wie jede Begriffs- undnbsp;Wortfrage, für einen Naturwissenschaftler eine Frage zweiten Eanges.
Jedenfalls, wenn wir zwei fossile Organismen (namentlich zwei einander ahn-liche) miteinander vergleichen, kann man aus ihrer einfachen Betrachtung nicht
1) Es ist allerdings richtig, daB historisch die Begriffe Genotypus und Phanotypus von WeiBmannschen Vorstellungen sehr stark beeinfluBt sind. Heute sind sie aber unab-hangig von den WeiBmannschen H)pothesen.
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Genot3^ns — Phanotypus.
ohne weiteres sagen, ob ihre Unterscbiede genotypisch oder phanotypisch bedingt sind. Oft gemig hat sich beispielsweise schon herausgestellt, daB zwei recht verschiedenartige Blatter zum gleichen Baum gehörten!
Schwierigkeiten sind also sicher da. Man sollte sie aber auch nicht über-schatzen. Gerade die von Abel so glanzend ausgebaute palaobiologische Methode kann uns hier in sehr vielen Fallen helfen. Wir dürfen eben einen fos-silen Organismus nicht lediglich als das Inventarstück No. so-und-soviel unserernbsp;Versteinerungssammlung, losgelöst von Lebensraum und Begleitorganismen, betrachten. Nein, das Bestreben der modernen Palaontologie ist es ja, uns einnbsp;mögliohst lebenswahres Bild von den fossil überlieferteii Organismen zu ent-werfen. Damit können wir aber in sehr vielen Fallen schon sicher entscheiden,nbsp;welche Unterschiede erblich und welche nicht-erblich sind. Namentlich wennnbsp;reiches Material auch von der gleichen ,,Art“ vorliegt, wird in den allermeistennbsp;Fallen ein erfahrener Palaontologe die erblich unterschiedenen Formen mitnbsp;ebenso groBer Sicherheit feststellen können, wie ein erfahrener Systematiker annbsp;Herbarpflanzen die erblichen Rassen von ,,Standortsmodifikationen“ usw. unter-soheiden kann. DaB in einzelnen kritischen Fallen auch einmal die Entscheidungnbsp;ausbleiben muB, oder daB ein anderes Mal ein Irrtum unterlaufen kann, genügtnbsp;nicht, um diese ganze Methode abzulehnen. Vor allem ist für erheblichere Unterschiede, wie sie in der Darstellung unseres Buches fast durchweg berücksichtigtnbsp;sind, an der genotyischen Bedingtheit nicht zu zweifeln.
Wenn ich Abel 1. c. richtig verstanden habe, so richtet sich sein Angriff (betr. Genotypus — Phanotypus) im nicht-begrifflichen, sondern sachlichennbsp;Teil vor allem gegen den ausgesproohenen Darwinismus. Er bezieht sichnbsp;also auf die Kausalfrage. Sehr viele Palaontologen glauben ja aus ihren pala-ontologischen Befunden direkt etwas über die ürsachen der Phylogenie aussagennbsp;zu können^).
Wir mussen also zur Frage Stellung nehmen, ob und wie weit die Palaontologie die Möglichkeit besitzt, allein, d. h. ohne oder gar entgegen den Erblichkeits-experimenten über die Ürsachen der phylogenetischen Wandlung etwas aus-zusagen. Wahlen wir zur Erörterung ein willkürliches, aber der palaontologischen Ausdeutung möglichst günstiges Beispiel; fürs Pflanzenreich mag etwa an dienbsp;Zusammenhange der Acer-, Stratiotes- oder Cinnamomum-Aïten, fürs Tierreichnbsp;an das „Paradepferdquot; gedacht sein.
Ein fossil überlieferter Organismus B im Mittelmiozan moge ein direkter Nachkomme eines ebenfalls bekannten Organismus A im Untermiocan sein^).nbsp;Die Funde mögen denkbar günstig sein, sowohl hinsichtlich der erhaltenen In-dividuenzahlen, als auch der stratigraphischen Kenntnisse. Es mögen uns sogarnbsp;zwischen den Organismen A und B noch 3 oder 4 vermittelnde Zwischenforniennbsp;bekannt sein. Trotzdem ist auch in solchen Fallen die paliiontologische Über-lieferung viel zu lückenhaft, um die erwahnte Kausalfrage zu entscheiden. Selbst in diesen günstigsten Fallen stellen die überlieferten Fossiliennbsp;ja höchstens weit voneinander entfernte Meilensteine auf den vielverschlungenennbsp;Wegen der phylogenetischen Wandlung dar. Die überlieferten Fossilien bedeutennbsp;einen verschwindend kleinen Bruchteil der an der tatsachlichen Wandlung be-
1) nbsp;nbsp;nbsp;Ausgesprochen krankhafte Befunde lassen wir hier auBer acht. Wenn wir beispielsweise an Bliittern deutliche Frostspuren entdecken, haben wir ein Recht, das bald darauf er-folgte Verschwinden der betr. Pflanze aus jenen Gegenden mit einem Aussterben infolge einernbsp;Kaltoperiode in Verbindung zu brüigen — namentlich wenn die sonstigen geologischen Befundenbsp;auf eine solche Kaltoperiode hinwcisen. Auch Abel schildert (1. c.) iihnlichc pathologischenbsp;Befunde.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Mein Skeptizismus gegenübor sippen-phylogenetischen Dctailuntersuchungen seinbsp;aufier acht golassen, da es in diesoni Falie prinzipicll aufs gleiche herauskommt, wennnbsp;der Organismus A nicht der direkte Ahn von B, sondern ein naher Verwandter diesesnbsp;Ahns ist.
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Kausalanalyse.
teiligten Organismen. Aber nur wenn wir die tatsachlicbe Stammlinie zwischen A und B samt den zugehörigen Geschwistern wenigstens einigermaBen klarnbsp;vor uns batten, dann könnten wir auf Grund der palaontologischen Befunde ent-scheiden, ob der Lamarckismus recht bat, daJ3 die Organismen „zielstrebig“ ihrenbsp;Erbanlagen andern, oder ob sie, wie der Darwinismus will, diese Anlagen rioh-tungslos abwandeln.
GewiB, die aufgefundenen Fossilien mogen eine eindeutige Anpassungsreihe darstellen. Wir danken es ja gerade der palaobiologiscben Methode, daB sie unsnbsp;für viele ratselhafte Erscheinungen die Funktion, die Tatsache des AngepaBt-seins gezeigt bat. Aber die Feststellung des AngepaBtseins sagt noch nicbtsnbsp;aus über den Anpassungsweg im einzelnen mit all seinen möglicben Zickzack-bewegungen. Ein Gleiohnis: Ein geradlinig sicL abspielender Diffusions-vorgang sagt nicbts darüber aus, ob aucb die einzelnen Moleküle sich geradlinignbsp;fortbewegen.
Kurz, so viel wir der Palaontologie aucb zu danken haben für die Feststellung der allgemeinen pbylogenetiscben Wandlungsricbtung, insbesondere des Auftretens von Anpassungsmerkmalen usw. — die Detailanalyse, welcbe die Fragenbsp;Lamarckismus - Darwinismus entsoheiden könnte, kann die Palaontologie nichtnbsp;durobfübren.
Der Gegensatz zwischen Lamarckismus und Darwinismus tritt nun in sehr verschiedenem Gewande auf. Wir wollen bei der groBen Bedeutung desnbsp;Problems wenigstens noch eine sehr haufige Formulierung besprechen, namlichnbsp;die Frage: Gibt es eine Vererbung erworbener Eigenschaften?
Vielleicht lieBe sich auch hier manches unnötige Aneinander-Vorbeireden ersparen, wenn die Fragestellung im allgemeinen etwas scharfer prazisiertnbsp;würde. Die Frage bekommt namlich ein ganz anderes Gesicht und die Ant-wort wird sehr verschieden lauten, je nach dem wir das Ursachen- und dasnbsp;Anpassungsproblem in ihr erörtern wollen oder nicht. Daraus ergebennbsp;sich folgende 4 Fragen:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Gibt es — ganz ohne Kücksicht auf die Kausalzusammenhange und aufnbsp;die Anpassungsfrage — eine Vererbung erworbener Eigenschaften?
2. nbsp;nbsp;nbsp;Gibt es — ohne Rücksicht auf die Anpassungsfrage — eine Vererbungnbsp;von Eigenschaften, die wahrend des individuellen Lebens durch AuBen-bedingungen verandert sind?
3. nbsp;nbsp;nbsp;Gibt es — ohne Rücksicht auf die Ursachenfrage — eine Vererbungnbsp;von erworbenen Anpassungseigenschaften ?
4. nbsp;nbsp;nbsp;Gibt es eine Vererbung von Anpassungseigenschaften, die wahrend desnbsp;individuellen Lebens durch die AuBenbedingungen verandert sind, und welchenbsp;Kausalzusammenhange zwischen AuBenbedingungen und sich wandelndemnbsp;Organismus bestehen hier?
Das Interesse für diese 4 Probleme ist verschieden groB. Den experimenten eingestellten Genetiker interessiert vor allem das Problem 2), d h. die Fragenbsp;nach den Kausalzusammenhangen zwischen Eigenschaftswandlung und dennbsp;sie bedingenden Faktoren. Wer sich dagegen mit den groBen phylogenetischennbsp;Wandlungen beschaftigt (Palaontologen usw.), dem drangt sich das Anpassungsproblem auf, er wird sich daher vorzugsweise mit Frage 4) auseinandersetzen.nbsp;Jede Frage hat ihre Berechtigung, man muB die 4 Fragen nur auseinanderhalten.
Frage 1. Gibt es — ohne Rücksicht auf die Kausalzusammenhange und auf die Anpassungsfrage — eine Vererbung erworbener Eigenschaften ?
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Vererbung erworbener Eigenschaften.
Die Antwort kann uur ein klares ,,Ja“ sein. Man kann höchstens über daa Wort ,,Eigenschaftenquot; etwas verschiedener Meinung sein. Selbstverstand-lich werden keine „Eigenschaftenquot; vererbt, sondern nur Erbanlagen, die sichnbsp;in solchen Eigenschaften nianifestieren, d. h. „Genequot;. J.)as meint aber jeder,nbsp;wenn er hier von einer Vererbung von „Eigenschaftenquot; spricht. Die Fragenbsp;ist daher eigentlich identisch mit der Frage, ob es eine Veranderung der Erbanlagen, ob es echte Genmutationen gibt. Und hierfür sprechen eindeutignbsp;sowohl die Befunde der Erblichkeitsforschung wie der Phylogenetik im üb-lichen weiteren Sinne.
Frage 2. Gibt es — ohne Rücksicht auf die Anpassungsfrage — eine Vererbung von Eigenschaften, die wahrend des individuellennbsp;Lebens durch die AuBenbedingungen verandert sind?
Auch hier werden -wir alle heute eindeutig ,, Ja“ sagen niüssen. Wir kennen heute eine Anzahl von Mutationen, von Anderungen der Erbanlagen durch ver-anderte AuBenbedingungen. Ich erinnere nur an die experimenten durch Be-strahlung (Radium und X-Strahlen) erzielten Mutationen (vgl. Müller 1927,nbsp;Stein 1927ff, Goldschmidt, Goodspeed, Hanson und Winkleman)i).nbsp;Es ist überdies eigentlich eine logische Selbstverstandlichkeit, daB die zahlreichennbsp;Mutationen, vüe sie namentlich durch den Gesamtablauf der Phylogenie ge-geben sind. keineswegs ,,ursachlos“, d. h. unbeeinfluBt durch Reize der Um-welt entstanden sein können. Die altere Formulierung mancher Genetiker, daBnbsp;die Mutationen allgemein „von selbstquot; entstünden, findet heute wohl kaumnbsp;mehr Freunde. Allerdings ist die kausale Einzel analyse der Mutationen (wienbsp;wir linten S. 415 noch besprechen) leider über die aüerersten Erkenntnis-stadien noch kaum hinaus gelangt.
Eine weitere Tatsache, die auch auf gewisse Beziehungen zwischen indi-vidueller „phanotypischerquot; Ausgestaltung und phylogenetischer Wandlung hinweist, ist die auffallige Parallele zwischen phanotypischer und genotypischernbsp;Wandlung. Es ist schon wiederholt beobachtet und in allen Vererbungsbüchernnbsp;dargestellt, daB dieselben Erscheinungsformen sowohl genotypisch wie phano-typisch bedingt sein können. Die verschiedene Blattzipfelbreite (Abb. 250)nbsp;kann sowohl genotypisch, also durch erbliche Rassenmerkmale festgelegt sein,nbsp;wie phanotypisch durch verschiedenes Alter, Veranderung des Wasserhaus-halts usw. modifiziert werden. (Eigene unveroffentlichte Experimente.) GroBernbsp;und kleiner Wuchs kann erblich, aber auch von der Ernahriing bewirkt sein usw.nbsp;Wir wissen noch nicht, worauf diese Parallele beruht Wir müssen sie abernbsp;vorlaufig registrieren, weil sie sicher sehr wichtig für die spatere Analyse dernbsp;W'andlungsvorgange ist. Auf ahnliche noch unerklarliche Zusammenhangenbsp;deutet ja auch das Biogenetische Grundgesetz hin (vgl. S. 387 ff.).
Die Wandlungen des Individuums, des „kSomasquot;, stellen nun zweifellos auch Veranderungen der AuBenbedingungen für das niaterielle Substrat dernbsp;Erbfaktoren, des Genotyps, dar. Es liegt daher nahe anzunehmen, durchnbsp;Veranderungen im Individuum könne auch eine Veranderung des Geno-typus erzielt werden. Alle Versuche in dieser Richtung sind aber fehl-geschlagen; der Genotypus ist sicher auBerordentlieh widerstandsfahig gegennbsp;Reize aus der üniwelt, und die Veranderungen in einem lebensfahigennbsp;Individuum sind effenbar zu geringfügig, um den Genotypus beobachtbarnbsp;umzuwandeln.
1) Für pflanzliche Objekte (untersuclit ist bisher vor allem Antirrhinum und Nicotiana) steht allerdings die Erblichkeit der „Radiomorphosen“ noch nicht fest (vgl. die zitiertennbsp;Autoren). Dagegen sind wohl die Mutationsergebnisse an Drosophila insbesonderenbsp;durch Muller gesichert. Günstiger liegen wohl die Verhiiltnisse allgemein bei Genom-Mutationen.
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Kausalanalysü,
Frage 3. Gibt es — ohne Rücksicht auf die TJrsachen — eine Vererbung von erworbenen Anpassungseigenschaften ?
Ja! Die Phylogenie ist ja, wie wir soeben betont haben, dadurchvor allen anderen Veranderungen in der uns bekannten Welt ausgezeichnet, dab einenbsp;nnzahlbare Menge von Anpassungseigenschaften, von „zweckmabigenquot; odernbsp;systemerhaltenden Eigenschaften bei den sich wandelnden Organismen ent-standen sind.
Fr age 4. Gibt es eine Vererbung von Anpassungseigenschaften, die wahrend des individuellen Lebens durch die Aubenbeding-ungen verandert sind? und welche Kausalznsammenhange be-stehen zwischen AuBenbedingungen und dem sich wandelndennbsp;Organismus?
Diese Teilfrage ist der umstrittenste Abschnitt des ganzen Problems der Vererbung erworbener Eigenschaften. Das ist nicht erstaunlich; denn sie decktnbsp;sich praktisch genommen mit dem oben von uns behandelten Gegensatz zwischennbsp;Lamarckismus und Darwinismus. Für diese 4. PVage kommt es ja nicht daraufnbsp;an, ob es ganz selten einmal auch eine Vererbung von Anpassungseigenschaftennbsp;geben kann, so selten etwa wie die Anpassungsmutationen. Wenn es nur einenbsp;oder die andere derartige Anpassung gabe, würde niemand im lamarckistischennbsp;Sinne eine Vererbung von Anpassungseigenschaften annehmen. Es ist klar,nbsp;dab das Problem hier wieder bei der vorzugsweisen Vererbung von Anpassungseigenschaften, bei einer phylogenetischen Anpassungsstruktur liegt.nbsp;Wir brauchen unsere Darlegungen nicht zu wiederholen. Nur als SchluB-folgerung sei nochmals betont; die experimentellen Befunde der Erblichkeits-forschung sprechen ge gen eine solche Annahme einer haufigen bzw. vorzugsweisen Vererbung von Anpassungseigenschaften, von neuen ,,systemerhaltendenquot; Eigenschaften.
Das kausale Anpassungsproblem der Teilfrage 4 wird auch maiichinal in der Frage behandelt; Was anderte sich in der Phylogenie zuerst, die Organisationnbsp;der Lebewesen, ihre funktionsgemabe Betatigung oder die Umwelt ? In so all-gemeiner Form laBt sich eine solche Frage wohl kaum beantworten. Zunachstnbsp;wird man unterscheiden müssen, ob man kleinere Mutationsanderungen imnbsp;Auge hat oder die groBen Anpassungen, welche Angehörige verschiedener Fa-inilien usw. unterscheiden. Nach unseren heutigen experimentellen Kenntnissennbsp;entstehen kleine Anderungen der Organisation, wie sie die Mutationen darstellen,nbsp;auch ohne bedeutsame Anderungen der Umwelt. Ob allerdings ihre Addierungnbsp;zu groBen neuen Anpassungen möglich ist ohne bedeutsame Anderung der Um-weltsfaktoren, ist sehr umstritten und heute wohl kaum zu entscheiden. Beidenbsp;Möglichkeiten vertragen sich übrigens sehr wohl mit dem Darwinismus undnbsp;mit dem Lamarckismus.
Durch die Feststellung, dab die Mutationen zwar recht haufig sind^), dab sie aber in Bezug auf die Anpassung durchaus ungerichtet sind, ist wenigstensnbsp;eine gesicherte Voraussetzung des Darwinismus gegeben. Von einem befrie-digenden Beweis zugunsten des Darwinismus kann man aber nur insofern reden,nbsp;als durch die nachgewiesene Richtungslosigkeit der Mutationen der scharfstenbsp;Konkurrent des Darwinismus, der Lamarckismus, aus dem Feld geschlagen ist.nbsp;Dieser negative Beweis, diese Abwehraktion, befriedigt aber natürlich noch
1) Baur rechnet z. B. für Antirrhinum mit 5—lü % Mutationen, andere Verorbungs-forscher schatzen ihre Befunde iihnlich ein.
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Kampf urns Dasein.
nicht völlig. Wir müssen feststellen, ob auch die anderen Voraussetzungen, mit denen der Darwinismus arbeitet; richtig sind, und wo die Grenzen dernbsp;Leistungsfahigkeit des Darwinismus liegen.
Der Darwinismus rollt noch drei weitere Dragen auf, die wir heute nur viel unsicherer beantworten können als die erste Frage nach der Eichtungs-losigkeit der Mutationen. Wir müssen fragen:
1. nbsp;nbsp;nbsp;1st die Vorstellung des Darwinismus von derauslesenden Wirkungnbsp;des „Kampfes ums Dasein“ berechtigt?
2. nbsp;nbsp;nbsp;Summieren sich die — im allgemeinen geringfügigen — erblichennbsp;Abanderungen ? Eeichen insbesondere die geologischen Zeitennbsp;aus, um den gewaltigen phylogenetischen Umbildungsprozefi lediglichnbsp;als Summierung kleiner Mutationen wahrscheinlich zu machen?
3. nbsp;nbsp;nbsp;Wie entstehen die Mutationen?
Nur die Antworten auf die beiden ersten Fragen sind integrierende Bestandteile des Darwinismus, und nur die erste Frage ist für den Darwinismus spezifisch. Die 2. Frage ist Gemeingut jeder phylogenetischen Vorstellung. Die 3. Frage endlich ist eine Zusatzfrage; d. h. das ,,ignoramusquot;,nbsp;das Darwin^) hier aussprach, und das wir im groBen und ganzen auch heutenbsp;noch wiederholen müssen, ist zwar an und für sich sehr schmerzlich: es sprichtnbsp;aber weder für noch gegen den Darwinismus.
1. Die auslesende Wirkung des „Kampfes ums Dasein“.
lm Prinzip hat sich der Stand unserer Kenntnisse seit Darwins Zeiten kaum geandert. Genau wie zu Darwins Zeiten wissen wir, daB die Produktionnbsp;der Nachkommen, namentlich im Pflanzenreich, ungeheuer groB ist im Ver-gleich mit der Erhaltungsmöglichkeit. Trotzdem jede Pflanze im allgemeinennbsp;Tausende, ja Millionen von Nachkommen erzeugt, bleibt im Durchschnittnbsp;nur ein einziger Nachkomme am Leben. Die Konkurrenz gleichartiger Pflanzennbsp;ist evident. Von neueren exakten Feststellungen seien z. B. die Cajanderschennbsp;Beobachtungen über den Konkurrenzkampf der Kiefer gegen die Artgenossennbsp;aufgeführt. Cajander (1925) zeigte, daB z. B. auf magerem Heidewaldbodennbsp;(Ca^Mwa-Typ) seiner finnischen Heimat pro Hektar 16600 35jahrige Kiefernnbsp;gedeihen können, aber nur noch 663 löOjahrige. Dabei ist die Zahl der Kiefern,nbsp;die das 35. Lebensjahr erreichen, schon ein verschwindender Bruchteil der aus-gereiften und keimenden Samen (andere Beispiele vgl. Braun-Blanquet undnbsp;Sukatschew 1928). — Es ist auch nicht zu bestreiten, daB Pflanzen, die durchnbsp;mutative Abweichungen einen Organisationsfortschritt gegenüber ihren Artgenossen haben, damit eine gröBere „Chancequot;2) besitzen zu überleben. Diesernbsp;Grundgedanke von der auslesenden Wirkung des Kampfes ums Dasein istnbsp;heute noch so unangreifbar wie zu Darwins Zeiten. Zweifellos ware esnbsp;allerdings erwünscht, wenn er nicht nur durch die Ausdeutung von Beobachtungen, sondern auch für wenig unterschiedene Biotypen weiterhin ex-perimentell untersucht würde.
Gelegeutlich wird zu dieser Frage auch das nonienklatorisohe Problem aufgeworfen, ob es zweckmaBig ist, vou einem ,,Kampf ums Daseinquot; zu reden.nbsp;Nun, darüber, daB dieser Ausdruck schlagwortartig miBbraucht worden ist — dar-
1) nbsp;nbsp;nbsp;Hoffentlich versohwindet endlich die Legende, Darwins Lehre enthalte dieAngabe,nbsp;die Naturauslese schaffe erbliche Variationen (vgl. insbesondere in Darwins Origin of Speciesnbsp;das ö. Kapitel).
2) nbsp;nbsp;nbsp;Dürken (1922, S. 132) scheint allerdings die Meinung zu vertreten, die Selektions-lelire rechne damit, dab der Passendste Jedesmal überlebe. Jedenfalls richten sich seuie Aus-fülirungen nur gegen eine solche Auffassung. Das Problem der gröBeren Überlebenschancenbsp;wird gar nicht berührt.
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Kausalanalyse.
Tiber braucht man. nicht mehr zti reden. Es fragt sioh nur, ob er aucb im wissen-scliaftlichen Sinne irre fiihrt. Der Sinn liegt m. E. fiir die weitans meisten Falie so klar, dab eine nomeiiklatorische Anderiing kaum nötig ist. Der Sinnnbsp;lautet; es herrscht ein Wettbewerb der Artgenossen nm alles für die Pflanzennbsp;-Lebensnotwenige, alsdasind: Raum, Licht, Luft, quot;Wasser usw. ünd bei diesemnbsp;Wettbewerb ist von vornherein die überwiegend groBe Mehrheit der Pflanzen znmnbsp;Untergang verurteilt, zum Untergang, der durch direkte Feinde beschleunigtnbsp;werden kann. DaB dabei die bessere Organisation keine ganz sichere Garantienbsp;fürs Überleben ist, ist selbstverstandlich. Auch im Kriege kann einmal die besserenbsp;und starkere Truppe durch eine Konstellation unglücklicher Umstande unterliegen;nbsp;daB aber im allgemeinen ,,Gott mit den starken Bataillonen ist“, wird durch solchenbsp;Ausnahmen nicht widerlegt. Oder — bei Glücksspielen besteht bekanntlich fürnbsp;die Bank meist eine kleine Gewinnchance (z. B. 51 gegen 49 %). Das besagt natür-lich nicht, daB die Bank immer gewinnen muB. Aber wenn oft genug gespielt wird,nbsp;ist ihr im Ganzen besehen nach den Gesetzen der quot;Wahrscheinlichkeit ein Gewinnnbsp;praktisch sicher. Anf die Phylogenie übertragen: Eine einzige zweckmaBigenbsp;Mutation mag zugrunde gehen. ,,Sitnationsvorteile“ mogen im Einzelfalle auchnbsp;einmal der weniger zweckmaBig ausgestalteten Form zum quot;Überleben helfen.nbsp;Aber die Selektionslehre rechnet ja aus gutem Grnnde mit Durchschnitts-resultaten, sie kann mit einer ungeheuren Masse von Mutationen rechnennbsp;(vgl. oben S. 393 ff.). Sie rechnet damit, daB unter der Masse der Mutationen vor-zugsweise diejenigen mit systemerhaltenden, zweckmaBigen Wirkungen er-halten bleiben. Das trifft selbstverstandlich für alle ,,zweckmaBigen“ Mutationennbsp;zu, ob der Vorteil groB oder klein i) ist. Bei einem geringen Vorteil wird dasnbsp;Überhandnehmen nur langer dauern als bei gröBeren. Mathematische Dai-stellungen dieser Verhaltnisse verdanken wir in neuerer Zeit beispielsweisenbsp;Haldane und Yule.
Hier liegt tatsachlich eine groBe — wohl die gröBte — Schwierigkeit für den Darwinismns auch im modernen Gewand! Die Schwierigkeit ist gegebeiinbsp;durch den Gegensatz der so geringfügigen kleinen Mutationen, die wir unmittel-bar beobachten können und der, im Verhaltnis dazu ungeheuer groBeii phylo-genetischen Wandlung, welche ja auBerst komplizierte und namentlich korre-lativ sehr auffallig abgestimmte Veranderungen zeigt. Schon Linné hat unternbsp;dem Eindruck dieser Tatsachen zwar für die Sippen niederer Grade (quot;Yarie-taten, Arten) eine natürliche Wandlung als möglich erachtet, aber für die Ent-stehung der gröBeren Sippen (der Gattungen usw.) ein schöpferisches Prinzipnbsp;angenommen. Die auf Cuviers Vorstellungen zurückgehende Typenlehrenbsp;besagt im Grimde auch nichts anderes, ebenso wie die entsprechenden Vor-stellungen neuerer Zeit von Spencer (1893) bis Philiptschenko (1927) undnbsp;Troll (1928). Immer wird hier betont, daB die kleineren unmittelbar beobacht-baren Abanderungen, die Mutationen, zwar zur Erkliirung der ,,Mikro-Evo-lution“ d. h. der Entstehung von Sippen niederer Ordnung (Varietaten evtl.nbsp;.Vrten) ausreichen mogen, daB sie sich aber nicht zu so groBen Umbildungs-vorgangen (,,Makro-Evolutionquot;) wie der Entstehung neuer Gattungen,nbsp;Eamilien usw. summieren könnten.
lAnné sprach sich noch klar aus, wie daim die Sippen höherer Ordnung, die Gattungen usw. seiner Meinung nach entstanden seien, namlich durchnbsp;einmalige Schöpfung. Leider sprechen sich die neueren Autoren hierübernbsp;meist nicht mehr so klar aus. Wenn man die Summierung kleiner Mutationen
1) Die weit verbreitete Annahnie, eine Mutation mit geringem Vorteil für den Trager habe kernen „Selektionswertquot;, ist also irrig.
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Summierune; der Mutationen.
zur Entstehung der Gattungs- und Familien-ünterschiede ablehnt, dann gibt es nur zwei weitere Möglichkeiten: Entweder man pfUchtet Linné in der An-nahme einer Schöpfung etwa einer Rose oder Linde bei; oder man glaubt annbsp;eine „Makromutation“, an eine plötzliche sprunghafte Umbildung von Typennbsp;durch gleichzeitige Anderung einer groBen Anzahl von Erbanlagen. Beidenbsp;Annahmen sind nach den naturwissenschaftlichen Befunden (vgl. oben S. 396)nbsp;derartig unwahrscheinlich und unbewiesen, daB man eigentlich darüber garnbsp;nicht mehr diskutieren brauchte. Trotzdem wollen wir uns auch einraal direktnbsp;fragen: Welche Gründe könnten deun gegen die Annahme einer Summierungnbsp;von Mutationen zu den groBen phylogenetischen Wandlungen sprechen?
Eine einigermaBen aussichtsreiche Erörterung dieser Frage scheint mir nur dann möglicli, wenn man die Gründe für die angebliche Unmöglichkeitnbsp;einer derartigen Summierung von Mutationen klar formuliert. Soweit ich sehe,nbsp;stecken in den Einwanden gegen die Summierbarkeit im allgemeinen zweinbsp;Gründe;
a) nbsp;nbsp;nbsp;Entweder die Summierung der mutativ entstandenen Anlagenande-rungen soil prinzipiell unmöglich sein,
sei es (a,), daB physiologisclie Ümstande der Summierung von Mutationen ein Hindernis bereiten,
sei es (aj), daB die Differenzen zwischen den Sippen höherer Ordnung (Gattungen, Familien usw.) im Sinne der alten Typuslehre grundsatzlichnbsp;anderer Art seien als diejenigen zwischen Sippen niederer Ordnung.
b) nbsp;nbsp;nbsp;Oder die geologischen Zeiten sollen zu kurz sein, um eine solchenbsp;Summierung zu den groBen phylogenetischen Wandlungen zu erlauben.
Prüfen wir getrennt die beiden Einwande.
aj) Prinzipielle Unmöglichkeit der Summierung von Mutationen aus physiologischen Gründen ?
Man hat schon aus landwirtschaftlichen und gartnerischen Züchtungs-erfahnmgen den SchluB gezogen, erbliche Anderungen lieBen sich nur bis zu einer bestimmten Grenze, leider aber nicht darüber hinaus summieren.nbsp;Die Tatsache selbst ist praktisch genommen unbestreitbar: „Die Baumenbsp;wachsen nicht in den Himmel.“ Wenn wir an unseren Versuchspflanzennbsp;und -tieren eine neue Eigenschaft steigern wollen (sagen wir die GröBe irgend-eines Organs, die Ertragsfahigkeit einer Obstrasse, die Milchproduktion usw.),nbsp;kommen wir praktisch über eine gewisse Grenze nicht hinaus. Es gehtnbsp;uns wie bei der Annaherung an den thermischen absoluten Nullpunkt; wirnbsp;kommen ihm mit aller Anstrengung höchstens etwas naher, aber prinzipiellnbsp;nicht über ihn hinaus.
Sprechen diese Erfahrungen, an denen wie gesagt rein sachlich nicht zu zweifeln ist, wirklich für eine prinzipielle Unmöglichkeit, daB sich Mutationennbsp;in einer bestimmten Richtung summieren könnten, wenn nur wenigstens dienbsp;Zeit dafür ausreicht? Ich glaube nicht. Ein groBer Teil der alteren Zucht-Erfahrungen scheidet schon aus dein einfachen Gründe aus, weil es sich garnbsp;nicht um Mutationen handelt, sondern um die Auslese einer bestimmten reinennbsp;Linie oder eines Klones aus einer bunt gemischten Population. Selbstverstand-lich ist hier dann eine zunachst unüberschreitbare Grenze erreicht, wenn diesenbsp;reine Linie rein herausgezüchtet worden ist, wie wir ja insbesondere seit dennbsp;klassischen Üntersuchungen von Johann sen (vgl. dazu auch Baur 1924,nbsp;S. 150) wissen.
Aber bcschranken wir uns einmal auf die echten Mutationen. Da dürften doch wohl die multiplen Allelomorphen, das lieiBt Mutationen, die das
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Kausalanalyse.
gleiche Gen in verschiedener, oft qnantitativ abgestufter Weise betreffen [vgl. z. B. Oehlkers (1927), Goldschmidt (1929) und Stern (1929)] einmal den Wegnbsp;der Sumniierbarkeit weiter zeigen. Prinzipiell ist hier die Tatsache schon er-wiesen, dab sich mutative Wirkungen summieren lassen, wie schon de Vriesnbsp;an den zunehmend gefiillten Binten von Chrysanthemum segetum (1906) ge-zeigt hat. In den Zuchten von de Vries (1. c. S. 303 ff) liefien sich durch Se-lektion folgende nacheinander mutativ entstandene Rassen mit zunehmendernbsp;(erblicher) Steigerung der durchschnittlichen und maximalen Zungenblüten-zahl herauszüchten:
wilde Ausgangaform nbsp;nbsp;nbsp;1896nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;1897nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;1898nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;1899nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;1900nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;1901
13 (Durchschnitt) nbsp;nbsp;nbsp;21nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;34nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;48nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;66nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;101nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;200
Neuere üntersuchungen habcn namentlich an Antirrhinum die Tatsache, dab es sich in solchen Fallen wirklich um multiplen Allelomorphismus handelt,nbsp;noch exakter belegt (vgl. insbesondere Oehlkers 1927, S. 173 ff).
Trotzdem sind wir auch bei echten Mutationen im Verlaufe unserer nur nach wenigen Jahren zahlenden Versuche praktisch oft nicht in der Lage, dienbsp;Formenneubildung über ein gewisses Mab hinauszusteigern. Das ist schon ausnbsp;Gründen der Organkorrelationen unmöglich. Jede Gröbensteigerung eines Organs stellt ja neue Ansprüche an andere Organe. Um ein anscliauliches — wennnbsp;auch willkürlich angenommenes — Beispiel zu erwahnen: Die Gröfienzunahmenbsp;einer Frueht findet ihre Grenze an der Tragfahigkeit des Stieles und der Zufuhrnbsp;von Wahrung durch den Stiel. Wenn nicht gleichzeitig die Tragfahigkeit undnbsp;die sonstige Ausgestaltung des Stieles mutativ gesteigert wird, kann die GröBenbsp;der Frueht vielleicht zunachst noch etwas mutativ zunehmen, aber über einenbsp;gewisse Grenze wird diese mutative Steigerung nicht hinauskommen. Esnbsp;müssen also eine Reihe von Mutationen zusammenwirken, was sicher einenbsp;ziemlich erhebliche Zeit beansprucht. Vielleicht verlangt auch schon innerhalbnbsp;des Genotypus die Summierung von Mutationen derartige korrelative üm-bildungen.
Jedenfalls ist klar, dab hier wiederum keine prinzipiell nachgewiesene Unmöglichkeit vorliegt, wenn in den wenigen Jahren, die unsere Vererbungs-versuche dauern, vielfach die erforderlichen korrelativen Mutationen nochnbsp;nicht aufgetreten sind. Die Frage, ob solohe korrelativen Mutationen, die auchnbsp;eine zunachst erreichte Grenze überschreiten lassen, auftreton, ist nur einenbsp;Zeitfrage, und auf die Zeitfrage kommen wir weiterhin noch zu sprechen.
a^) Prinzipielle Unmöglichkeit der Summierung von Mutationen aus typologischen Gründen?
Der 2. prinzipielle Kinwand geht von der Behauptuug aus, die Unterschiede zwischen den Sippen höherer Ordnung seien nicht nur quantitativ sondern auchnbsp;qualitativ anders beschaffen als die Unterschiede der Sippen niederer Ordnung.nbsp;Dieser „idealistisch“-morphologische oder typologische Einwand ist ja bereitsnbsp;von Darwin eingehend widerlegt worden. Es ist auch eigentlich für dasnbsp;Pflanzcnreich von niemand noch klar gesagt worden, in welcher Weise dienbsp;eigenartigen Familien- usw. Diff eren zen qualitativ und nicht nur quantitativnbsp;andere sein sollen als die Gattungs-, Art-, Varietats- usw. Unterschiede.nbsp;Wir wollen trotz der unklaren Fragestellung aber doch einmal wenigstensnbsp;die vorhandenen Tatsachen in dieser Richtung prüfen.
Sowohl die historisch-phylogenetische Betrachtungsweise, wie das moderne Frblichkeitsexperiment haben deutlich gezeigt, dab das, was man als Charak-tere zur Unterscheidung der höheren Sippen verwendet, also die ,,wesentlichen“nbsp;Gattungs-, Familien- usw. Charaktere, sich ini Prinzip genau so verhalten,nbsp;wie die Unterscheiduugscharaktere der Sippen niederer Ordnung, etwa der
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Summierung der Mutationen.
Farbenvarietaten. Sie beruhen auf einer Summe kleiner Wandlungsschritte, die im Verlaufe der Phylogenie zurückgelegt wurden. Die pflanzliche Phylo-genie ist hier wohl sogar durchsichtiger als die tierische.
Gerade dort, wo im Pflanzenreich die ,,Typuslehre“ am starksten aus-gebildet ist, bei den Kormophyten, zeigt ja unsere obige historisch-phylo-genetische Darstellung, dab die ,,wesentlichsten“ Merkmale der Kormophyten-abteilungen bei ihrem ersten Auftreten in der Vergangenheit durchaus noch nicht so deutlich ausgepragt waren wie hente (vgl. z. B. die diesbezügliche Darstellungnbsp;bei den Pteropsiden S. 182). Die „Typenquot; der verschiedenen Kormophyten-abteilungen konvergieren ja unverkennbar gegeneinander, in je altere Zeitennbsp;wir zurückgehen. Die ,,charakteristischen“ Ünterschiede der Pflanzenabteilungennbsp;in Blattform, Sporangienstellung, innerer Anatomie usw. sind anfangs gar niclitnbsp;oder viel weniger ausgepragt, als es uns bei der Betrachtung allein der heutigennbsp;Formen erscheinen könnte. Ferner können wir im Laufe der phylogene-tischen Weiterentwicklung verfolgen, wie auch diese groBen Wandlungen,nbsp;welche zu den betrachtlichen heutigen Unterschieden zwischen den ,,Typenquot;nbsp;hingeführt haben, durch eine Summe von Einzelprozessen (wir sprachen obennbsp;S. 370 von „Elementar-Reaktionenquot;), wie Verwachsung, Spaltung, Differen-zierung einzelner Teile, Veranderungen des Verzweigungsgrades usw., zustandenbsp;gekommen sind.
Auch das heutige Erblichkeitsexperiment zeigt aufs deutlichste diesen ,,atomistischen“ Aufbau der ,,Charaktere“ hoherer Sippen. Einen betrachtlichen Teil der historisch-phylogenetisch feststellbaren Elementar-Reaktionennbsp;kennen wir schon heute als Abwandlungen eines Gens, als Mutationen. Ichnbsp;weise hier nur auf die Verwachsung, bzw. Nichtverwachsung der Telome hiu,nbsp;die einerseits als Mutation beobachtet ist (vgl. Abb. 245) und die anderer-seits bei den „choripetalenquot; und „sympetalenquot; Blüten als ,,wesentliches“ Merkmal zur Charakterisierung von Dikotylen-Familien verwendet wird. Einenbsp;Kreuzungsanalyse von Vertretern verschiedener Familien oder gar Ordnungennbsp;usw. labt sich leider aus technischen Gründen fast nie durchführen. Abernbsp;wenigstens die Art-Bastardierung hat nach den neueren Untersuchungen (vgl.nbsp;Heribert-Nilsson 1918, Baur 1919 und Oehlkers 1927) gezeigt, dab hiernbsp;im Prinzip dieselben Verhaltnisse vorliegen wie bei der leichter durchführ-baren und leichter überschaubaren Bastardierung von Rassen; auch bei dernbsp;Artkreuzung zeigten sich die „typischenquot; Artcharaktere als eine Summe vonnbsp;einzelnen, getrennt vererbbaren Genen B.
Das spricht doch alles entschieden dafür, dab die ünterschiede zwischen den Sippen hoherer Ordnung nur auf einer viel gröberen Mutationszahl beruhennbsp;als die ünterschiede zvischen Sippen niederer Ordnung. Mindestens fehlt fürnbsp;die gegenteilige Behauptung irgend ein brauchbarer Beweis.
Kurz, es besteht kein Grund dafür, die Summierung von Mutationen zu gröberen Abanderungen für prinzipiell unmöglich zu erklaren. Wir müssennbsp;allerdings zugeben, dab hier der Phylogenetiker vor einemweiten off enen Arbeits-feld steht. Viel Arbeit steht bevor, um auch im Einzelfall die Summierungs-vorgange und namentlich auch die Frage korrelativer Mutationen zu klaren.
b) Unmöglichkeit der Summierung von Mutationen wegen der zu kurzen verfügbaren Zeit?
Wenn die Summierbarkeit der Mutationen nicht prinzipiell unmöglich ist, dann könnte höchstens die verfügbare geologische Zeit für eine solche Summierung zu kurz sein. Denn bei behebig langer geologischer Zeit für den Arten-
1) Auf die Frage, wo die einzelnen Erboharaktere lokaüsiert sind, ob es neben den an die Chromosomen gebundenen eigentlichen Genen noch andere Erbfaktoren gibt, wie es die
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Kausalanalyse.
wandel müBte sich schlieBlich jede Sumraierung von Mutationen verwirklichen lassen.
Der Einwand, die geologische Zeit sei zu kurz, hat sehr an Gewicht verloren, seit man mit Hilfe der radioaktiven Methoden i) die absoluten geologischen Zeiten etwas genauer kennen lernte. Als Lamarck und Darwin ihre Theoriennbsp;einer kontinuierlichen Umwandlung des Lebens aufstellten, da rechnete mannbsp;noch mit geologischen Zeitraumen von einigen Tausend oder höchstens wenigennbsp;Millionen Jahren. Heute liegen die Verhaltnisse viel günstiger für den Phylo-genetiker. Wenn auch die verschiedenen Altersangaben je nach den ver-wendeten Methoden etwas schwanken, und wenn auch alle absoluten Zahlennbsp;nur ungefahre Anhaltspunkte sind, so ist doch eines heute schon sicher, daBnbsp;das Leben auf Erden eine Zeitspanne dauert, welche man noch zu Lamarcksnbsp;oder Darwins Zeiten als völlig phantastisch bezeichnet hatte^). Die altestennbsp;pflanzlichen Reste aus dein Prakambrium entstammen einer Erdperiode,nbsp;deren absolutes Alter in einer GröBenordnung von 1—2 Milliarden Jahren liegtnbsp;(vgl. Abb. 2). Selbst die Helium-Methode, welche namentlich für derartnbsp;lange Zeitraume zu niedere Werte gibt, datiert diese Zeit auf mehrere 100 Millionen Jahre. Auch die relativ spat auftretenden Angiospermen sind sichernbsp;schon viele Millionen Jahre alt. Endlich muB man sich vor Augen halten, daBnbsp;wir sicher niemals die alleraltesten Vertreter irgendeiner Gruppe fossil auf-finden, sondern daB diese Gruppe sicher immer schon eine geraume Zeit exis-tiert hat, bis ein günstiger Zufall die nötigen Eossilisationsbedingungen ge-schaffen hat. Kurz, die für die Wandlung verfügbaren geologischennbsp;Zeiten sind viel gröBer, als man bis vor kurzem glaubte.
Versuchen wir aber einmal etwas konkreter, diese Umbildung der Formen mit der verfügbaren Zeit in Verbindung zu setzen. Die Miozan-Pliozan-Grenzenbsp;liegt nach der Helium-Methode, die wie gesagt zu niedere Werte gibt, ungefahrnbsp;2 Millionen Jahre zurück. Wir kennen ihre Flora z. B. durch die berühmtennbsp;Oeninger Funde verhaltnismaBig gut. Die damals lebenden Arten stehennbsp;durchweg den heute noch lebenden recht nahe (vgl. die Zusammenstellungnbsp;bei Heer und Fr ent zen). Als Durchschnitt für die seither erfolgte Umbildungnbsp;können wir die Entstehung schwacherer Arten bezcichnen, d. h. von Arten, wienbsp;sie etwa in der bekannten,,Synopsis der mitteleuropaischen Flora“ von Ascher-son und Grabner noch unter den Begriff der „Gesamtart“ zusammengefaBtnbsp;werden. Zu einer derartigen Bildung von Kleinarten standen also etwa 2 Millionennbsp;Jahre zur Verfügung (wahrscheinlich sogar etwas mehr, vielleicht doppelt sonbsp;viel). Nehmen wir an, daB die betreffenden Pflanzen — es sind meist Holz-gewachse bekannt — durchschnittlich 20 Jahre brauchen, bis sie blühen undnbsp;fruchten. Dann sind in den 2 Millionen Jahren nach dem Miozan-Ende etwanbsp;100000 Generationen aufeinander gefolgt. Nehmen wir weiter an, daB nur allenbsp;1000 Generationen eine erhaltungsfahige Mutation entstanden sei, so haben wirnbsp;bereits 100 Mutationen in dieser Zeit. Und zwei Pflanzen, deren Genotypusnbsp;sich in mindestens 100 Genen unterscheidet, würden wir wohl ohne Zweifelnbsp;mindestens als zwei verschiedene „Arten“ bezeichnen. Selbst wenn wir berück-sichtigen, daB die meisten Mutationen ,,rezessiv“ und „heterozygotisch“ auf-treten (vgl. darüber z. B. Oehlkers 1927, S. 1701), ferner daB „zweckniaBige“nbsp;Mutationen sehr selten sind, ist wohl die Zahl von 1000 Generationen ausreichendnbsp;für die Möglichkeit der Erzeugung einer Mutation von Selektionswert.
,,Plasmontheorie“ (vgl. auch F. v. Wettstein 1926 und 1928, Winkler 1924, und Lehmann 1928) und die „Erbstockhypothese“ Plates (1927) annimmt, branche ich hier nicht niihernbsp;einzugehen, da auch diese Hypothesen mit Einzelmerknialen rechnen und (ausgesproohener-oder unausgesprochenermafien) ihre Angaben die schrittweise Umbildungsniöglichkeit zulassen.
1) nbsp;nbsp;nbsp;Den nachfolgenden Berechnungen sind die Angaben von Salomon (1923), Hennignbsp;(1925) und Born (1926/27) zugrunde gelegt.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Vgl. auch oben S. 16, Anm.
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Entstehung der Mutationen.
Wenn also für den „phylogenetischen Artschritt“ (so wollen wir den Umbildungsvorgang nennen, der eine neue ,,Art“ geschaffen hat) nach dennbsp;geologisclien Befunden eine Zeitspanne von 2 Millionen Jaliren zur Verfügungnbsp;steht, so scheint mir diese Zeit durchaus mit den lieutigen genetisclien Ergeb-nissen in Einklang zu stehen.
Für krautige Pflanzen steht natürlieh noch eine viel gröBere Anzahl von Generationen zur Verfügung. Schon die unten (S. 418) erwahnte Anemonenbsp;Pulsatilla kann 2—3 «lahre nach dor Aussaat fruchten. Hier spielt sich dienbsp;Entstehung von Kleinarten wohl auch in viel kürzerer Zeit ab. Z. B. die ver-schiedenen in Abb. 250 abgebildeten Rassen mit ihrem erblich verschiedenennbsp;Laub, Rassen, die oft als Kleinarten unterschieden werden, sind entsprechendnbsp;ihrer pflanzengeographischen Verbreitung wohl erst nach der Eiszeit ent-standen. Der Versuch, die Zahl der hier vorliegenden genetisclien Differenzennbsp;und das Problem der Summierung aufzuklaren, ist im Gange.
Weiter, das Auftreten der heute existierenden Angiospermen-Familien (durchschnittlich in der Kreide) liegt wieder nach der Helium-Methode min-destens 30 Millionen Jahre zurück, also 15mal weiter zurück als zu einem „phylo-genetischen Artschritt“ erforderlich ist. Wenn sich 2 Pflanzenlinien mit 15nbsp;,,phylogenetischen Artschritten“ voneinander entfernt haben, werden sie sichernbsp;einander so unahnlich geworden sein, dafi man sie ungefahr noch gerade innbsp;die gleiche Familie zusammenfaBt. Also auch diese Zeit von 30 Millionen Jahrennbsp;genügt zur Entstehung neuer Familien.
Es ist mir natürlieh bekannt, daB der Umfang solcher systematischer Begriffe, wie der Arten, Familien usw. sehr schwankend ist, daB der eine Autor ihn doppeltnbsp;so groB wahlt wie der andere usw. Aber darauf kommt es hier gar nicht an. Ichnbsp;möchte nur zeigen, daB die verfügbare geologische Zeit auch bei vorsichtigsternbsp;Berechnung ungefahr in der GröBenordnung liegt, die wir nach unseren ge-netischen Ergebnissen erwarten dürfen. Dies scheint mir durchaus gesichert.nbsp;Jedenfalls kann aus der verfügbaren geologischen Zeit kein Einwand ge gennbsp;die Annahme einer kontiniiierlichen ümwandhing durch Summierung kleinernbsp;Mutationsschritte gezogen werden.
lm ganzen besehen, bestehen also überhaupt keine unüberwindlichen Schwierigkeiten gegen die Erklarung, daB die groBen phylogenetischen Wand-lungen aus der Summierung vieler Mutationen entstanden sind. Es mag innbsp;diesem Zusammenhang aber nochmals ausdrücklich auf die Nottvendigkeitnbsp;weiterer Einzeluntersuchungen hingewiesen sein.
3. Entstehung der Mutationen.
Wir können uns hier unter llinweis auf die Vererbungsbücher (z. B. Baur 1922, Oehlkers 1928, Goldschmidt 1928) kurz fassen. Gerade bei dennbsp;phylogenetisch am moisten interessierenden „Genmutanten“ oder „Faktor-mutanten“ ist das Problem noch völlig dunkei. Aber soviel ist doch wohl heutenbsp;schon wahrscheinlich, daB im Problem der Entstehung von Genmutationennbsp;der berechtlgte Kern des Lamarekismus steekt. Mindestens in mandiën Fallennbsp;ist die ümwelt an der Entstehung von Genmutationen beteiligt.
Nochmals wollen wir uns daran erinnern, daB an der Phylogenie sehr viele Faktoren beteiligt sind. Wenn sich auch nach den bisherigen Ergebnissennbsp;nur die Naturauslese als einziger, auf die Entstehung von zweckmaBigennbsp;Eigenschaften hinzielender Faktor nachweisen lieB, so ist die Zahl der sonstnbsp;bei der Phylogenie mitwirkenden Faktoren sicher sehr groB. Im Pflanzenreichnbsp;kennen wir leider noch sehr wenige positive Belege, welche Faktoren z. B. beinbsp;der Entstehung von Genmutationen mitwirken. Es seien aber z. B. die Gen-
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Kausalanalyse.
mutationendurch Einwirkung von X-Strahlen usw. (Stein 1927ff., Good-speed, Hanson and Winkleman, Goldschmidt 1929) angeführt; sie zeigen, daB prinzipiell bei der Entstehung von Mutationen auBere Faktoren raitwirkennbsp;können und legen die Vermutung nahe, daB auBere Faktoren allgemein einenbsp;viel gröBere Bolle spielen, als die bisher nur sehr sparlichen experimentellennbsp;Ergebnisse erkennen lassen.
Sehr viele VorstöBe, die in letzter Zeit zugunsten des ,,Lamarckismus“ und der „Vererbung erworbener Eigenschaftenquot; unternommen worden sind,nbsp;beruhen offensichtlich (vgl. z. B. Walter 1926) auf dieser Tatsache, daB dienbsp;ümwelt einen gröBeren EinfluB auf den Genotypus hat, als noch z. B. WeiB-mann wahrhaben wollte. Das historische Verdienst, das hier dem Neo-Lamark-kismus zukommt, indem er immer wieder das Problem aufgriff, wie die aufierennbsp;Faktoren die Erbanlagen umbüden, soil keineswegs geschmalert werden.
Ja, noch in einer anderen Beziehung, wirken die Faktoren bei der Gen-Mutation, wenigstens in einem gewissen Sinne entsprechend den lamarckis-tischen Vorstellungen. Der Organismus richtet namlich doch seine Mutationen — allerdings nicht wie der Lamarckismus eigentlich will — auf die Anpassungennbsp;hin. Wir können in mehreren Beziehungen einen richtenden EinfluB des sich wan-delnden Organismus auf die Mutationen feststellen. Einmal darin, daB selbst-verstandlich von einer gegebenen Genkonstellation aus nicht ganz beliebigenbsp;Mutationen auftreten können. Die Möglichkeit zu mutieren, ist offensichtlich durch die Genkonstellation irgendwie beschrankt und auch innbsp;mancher Hinsicht vorgezeichnet^). Es ist darum unschwer zu versteken, daBnbsp;dieselben Mutationen bei verschiedenen Arten und Gattungen sich wiederholen,nbsp;worauf insbesondere Vavilov groBen Wert gelegt hat (Vavilovsche Keihen).
Ferner wird man auch nicht erstaunen dürfen, daB gerade die Mög-lichkeiten, eine bestimmte Eigenschaft zweckmaBig weiterzubilden, in gewissem Sinne vorgezeichnet sind. Sehr oft ist ja die Möglichkeit einernbsp;„zweckmaBigenquot; Weiterbildung offensichtlich begrenzt; damit ist aber fürnbsp;gleichartige Ausgangsformen eine „polyphyletischequot;, eine parallele ümbildungnbsp;gegeben.
Ein Beleg hierfür ist die in verschiedenen Pteridophytenabteilungen parallel erfolgte ümbildung der Isosporie in die Heterosporie und Gymno-spermie (S. 89 ff.). Diese ümbildung ist als eine Möglichkeit der Anpassungnbsp;bereits im Stadium der Isosporie vorgezeichnet. Heterosporie und Gymno-spermie sind ja die gegebenen Formen der Fortpflanzung, urn einerseits demnbsp;künftigen Embryo reichlich Eeservestoffe zukommen zu lassen und anderer-seits die Trager der mannlichen Kerne beweglich zu erhalten. — Übrigensnbsp;kann man diese Parallelisierung auch noch weiter durchführen. Dieselbenbsp;ümbildungsrichtung besteht auch schon bei der ümbildung der Isogamie zurnbsp;Anisogamie und Oogamie (Abb. 30).
Endlich zeigen die bisher bekannten Mutationen eine wirklich eindeutige Kichtung auf die Verlustmutation hin. Yerlustmutationen treten janbsp;unleugbar vorzugsweise auf. Diese gerichtete Form der Mutationen machtnbsp;vor allem verstandlich, warum unbenutzte Organe so rasch rudimentar werdennbsp;bzw. verschwinden.
All diese Formen einer gerichteten Mutation sind natürlich sehr wohl von der üblichen lamarckistischen Annahme, daB vorzugsweise zweckmaBige Mutationen entstehen, zu unterscheiden.
Auch der Neo-Lamarekismus darf nicht übersehen, daB er völlig versagt hat in dem wesentlichen Punkt, im Problem der Anpassung, im Problem: wie
1) nbsp;nbsp;nbsp;Vgl. S. 407, Amn, 1.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Eine ahnliche Vorstellung hat auch Alverdes (1921) entwickelt.
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Grenzen des Darwinismus.
kommt die Haufung zweckmaBiger Mutationen zustande. Jedenfalls muB man im Interesse einer gegenseitigen Verstandigung wünschen, daB jeder, dernbsp;sich als Lamarckist bezeichnet, es klar ausspricht, ob er damit die Ent-stehung von „Anpassungen“ oder nur überhaupt die ümbildung der Geno-typen durch auBere Faktoren meint, nnd was er unter „gerichteter“ Um-bildung verstekt.
Die Kausalanalyse der Mutationen ware weiterhin übrigens erst dann vollstandig geklart, wenn wir den stofflichen ProzeB erkannt batten, auf demnbsp;die Mutationen beruhen. In diesem Problem stehen wir aber erst ganz am An-fang unserer Kenntnisse. Für die Genom-Mutationen liegen durch die ab-weichenden Chromosomenzahlen noch verhaltnismaBig klare Resultate vornbsp;(vgl. z. B. Tischler und F. v. Wettstein 1927). Für die Gen-Mutationennbsp;dagegen können wir erst einige allgemeinere Daten als gesichertes Ergebnisnbsp;festhalten. Da die Gene (mindestens groBen Teils) in den Chromosomen lokali-siert sind, muB auch die Genumwandlung auf einer Veranderung der Chromo-somensubstanz beruhen. Da sich ferner auch der Chemismus des Organismusnbsp;im Verlaufe der Phylogenie gewandelt hat^) [vgl. z. B. auch Klein (1926),nbsp;Ivanow (1926) und Jaretzky (1928)], liegt es nahe, die Genumwandlung innbsp;einem veranderten Chemismus zu suchen. Solange wir aber noch nicht sichernbsp;sagen können, was die Gene eigentlich sind, schweben alle Aussagen über Einzel-heiten einer solchen Genumbildung in der Luft, weshalb wir darauf nicht nahernbsp;eingehen ^).
Mit diesen Erörterungen, insbesondere mit dem Eingestandnis, daB die „direkte Bewirkung“ der Umwelt als nicht-richtender Faktor eine Bolle spielennbsp;mag, daB ferner der Organismus die Mutationen in gewisse Bahnen lenkt (aufnbsp;Verlustmutanten hin, und durch eine gewisse Beschrankung in den Mutations-möglichkeiten), sind wir bereits an die Grenzen des Darwinismus gelangt.
Wenn wir nun das Art-Bildungsproblem vom systematischen Stand-punkt aus betrachten, wie das ja der Alt-Darwinismus unverkennbar tat (,,Origin of Speciesquot;), ergeben sich noch weitere Grenzen für den Geltungs-bereich der Naturauslese — und die Naturauslese ist doch zweifellos dernbsp;Kernpunkt der darwinistischen Anschauungen.
Für den Systematiker spielt ja das Problem der Artabgrenzung eine sehr bedeutsame Bolle, eine viel bedeutsamere Bolle jedenfalls als für den Gene-tiker und Phylogenetiker. An dieser Artabgrenzung sind namlich nochnbsp;eine ganze Beihe weiterer Prozesse als die „richtungslose“ Mutation und dienbsp;Naturauslese beteiligt.
Insbesondere spielt hier die Frage der Isolierung oder Nicht-Isolierung eine sehr groBe Bolle. Wenn keine geographischen Hindernisse bestehen,nbsp;werden, sich die neuentstehenden lebensfahigen Mutanten miteinander kreuzen,nbsp;es sei denn, daB Differenzen aufgetreten sind, welche die sexuelle Fortpflanzungnbsp;verhindern. Dadurch wird in Gegenden, in denen groBe Wanderungs-möglichkeiten vorliegen oder verlagen®), das, was wir eine „Art“ nennen,
1) nbsp;nbsp;nbsp;Hierauf beruht m. E. der gesicherte Kern der serologischen Untersuchungen. Wegennbsp;der praktischen Einzelanwendung der serologischen Ergebnisse, die mir für die allgemeinenbsp;Phylogenie noch recht bedenklich erscheint, sei vorlaufig aui die obige Darstellung S. 30Bnbsp;und ineine Ansführungen (Zimmermann 1928 b), sowie auf die dort zitierte Literaturnbsp;verwiesen.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Aus dem gleichen Grund_ möchte ich auch nicht die Unterscheidung zwischen Mutation, Dauermodifikation usw. diskutieren. (Vgl. insbesondere Stein und Hammerling.)
3) nbsp;nbsp;nbsp;z. B. im mitteleuropaischen Waldgebiet namentlich dank der Besiedlungsanderungnbsp;im Gefolge der Eiszeit (vgl. oben S. 366).
Zimmermann, Die Phylog-enie der Pflanzen. nbsp;nbsp;nbsp;27
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Kausalanalyse.
zwar aus vielen unterscheidenden Formenkreisen besteken, aber eine scharfe Abgrenzung natürlicher Kleinarten ist hier meist kaum möglich.
Anders liegen die Verhaltnisse dort, wo die Wanderung erschwert ist. Das zeigt sick schon dann, wenn wir „gleichartige“ Pflanzen von entfernt vonnbsp;einander liegenden Standorten untersuchen. Es ist eine jedem Pflanzen-geographen gelaufige Erscheinung, dab wir unter sehr vielen auf den ersten Blieknbsp;einheitlichen Arten bei genauerer Betrachtung pflanzengeographisch nnd mor-phologisck wohl charakterisierbare Kleinarten entdecken können. Niemandnbsp;wird ernstlich daran zweifeln können, dab solche Kleinarten mutativ vonnbsp;einander differenzierte Formen, von gleichem Ursprung, sind.
Es sei gleich ein Beispiel angeführt: Anemone Pulsatilla L., die Küchen-schelle, oder Osterglocke (Abb. 250). Wir finden sie innerhalb ihres mittel-europaischen Verbreitungsgebietes in einer ganzen Anzahl von Rassen, von denen wir als besonders charakteristisch erwahnen: eine vorzugsweise östlichenbsp;bzw. südöstliche Gruppe mit breiten Blattzipfeln (A. grandis Kern. oder ssp.nbsp;latiseda Hegi) nnd eine vorzugsweise westliche Gruppe mit sckmaleren Blattzipfeln {A. Pulsatilla s. str. der meisten Autoren = var. Linneana Rouy-Foucaud = ssp. angustisecta Hegi) (Abb. 250).
Diese Differenzen der Rassen beruhen, wie eigene unpublizierte ünter-suchungen zeigen, durchaus auf mendelnden Genen. Die Rassen sind auch bastardierungsfahig. Es ist darum nicht erstaunlich, dab im Grenz-gebiet der beiden Rassen (z. B. in Süddeutschland) zahlreiche Zwischen-formen vorkommen, ja dab an ein nnd derselben Stelle sick Spaltungsproduktenbsp;einer solchen Kreuzung, d. h. nebeneinander breit- nnd schmalzipflige Formennbsp;in allen Abstufungen vorfinden. Trotzdem sind an den entfernt liegendennbsp;Gebieten des Gesaratareals die extremsten Formen zweifellos sehr starlc nndnbsp;deutlich verschieden.
Wenn nun gröbere raumliche Hindernisse, z. B. die Isolierung auf Insein, auf isolierten Gebirgszügen usw., eine solche Vermischung vollig verhindern,nbsp;entstehen scharf abgegrenzte Sippen, die man üblicherweise als Arten be-zeichnet. Solche sich gewissermaben gegenseitig in den verschiedenen Gebietennbsp;ersetzende Sippen nennt man „vikariierend“. Sie haben sehr haufig ein eng-umschriebenes Areal, sind „Endemismen“ (oben S. 363). Namentlich R. Wett-stein (z. B. 1924) hat darauf aufmerksam gemacht, dab derartige kürzlich ent-standene Rassen scharf abgegrenzte, einander berührende Areale haben (Abb. 244).nbsp;Hire Entstehung ist offensichtlich einParallelprozeb zu den Auslese-vorgangen. Ausgangspunkt für die Entstehung der vikariierenden Sippennbsp;ist natürlich wieder die Variationsfahigkeit der Organismen, die Entstehungnbsp;von Mutationen. Die Ausmerzung von Zwischenformen beruht aber nichtnbsp;auf einem Ausleseprozeb oder braucht mindestens nicht darauf zu beruhen,nbsp;sondern einmal darauf, dab die Mutationen in den verschiedenen Gebieten innbsp;verschiedener Richtung verlaufen können, und dann auf der durch die Isolierung verhinderten Durchmischung der neuentstehenden Mutationen (vgl.nbsp;Jordan 1925).
Natürlich können sich Ausleseprozeb und Isolierungsprozeb bei der „Art-bildung“, d. h. bei der Ausschaltung von Zwischenformen, in allen Abschat-tierungen kombinieren. Die oben erwahnten Rassen von Anemone Pulsatilla sind z. B. deutlich ökologisch ungleichwertig. Die Blatter der schmalzipfligen west-lichen Rassen verdunsten auch unter den gleichen anberen Bedingungen pronbsp;Frischgewicht wesentlich mehr lYasser, als die mit dem Wasser sparsamer um-gehenden östlichen breitzipfligen Rassen (eigene unpublizierte üntersuchungen).nbsp;Es ist eine vielverheibende Aufgabe der modernen, physiologisch und genetischnbsp;geschulten Pflanzengeographie, diese Probleme ün einzelnen durchzuarbeiten.
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Aitbildung.
Abb. 250. Geographische Rassen von Anemone Pulsatilla L.
A) nbsp;nbsp;nbsp;Breitzipflige Rasse von Baden (Wien)nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;\
B) nbsp;nbsp;nbsp;Relativ schmalzipflige Rasse von Baden (Wien)(nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;•
C) nbsp;nbsp;nbsp;Mittelbreite Aib-Rasse (Hohenzollern-Alb, Siiddeutschland) Mittelform.
D) nbsp;nbsp;nbsp;Schmalzipflige Eifelrasse (Kalkeifel bei Daun). Typus der Westrasse.
(Original.)
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Kausalanalyse.
zweifelliaft sein, ob diese „Artbildimg“ auf dem Bastardierungsweg in der Natur eine groBe Bolle spielt, da derartige Bastarde meist eine herabgesetzte Frucht-barkeit haben (vgl. hierzu insbesondere Bateson 1922, sowie oben S. 16).
lm Zusammenliang oder eigentlich im Gegensatz zu den Anpassungs-fragen, wurde namentlich von Goebel (z, B. 1913, S. 32 und 1923, S. 1560) wiederholt ausgeführt: ;,die Mannigfaltigkeit der Gestaltungsverhaltnisse seinbsp;gröBer als die der Lebensbedingungenquot;. Wahrend also vielfach z. B. dienbsp;Lamarckisten und Spencer dem Darwinismus vorgeworfen haben, er unter-schatze die Anpassung, wird hier den Anpassungs-Phylogenetikern und insbesondere den Darwinisten vorgeworfen, sie überschatzten sie. Auch unternbsp;denselben Lebensbedingungen schaffe die Natur in ihrer künstlerischen Ge-staltungskraft eine Fülle der verschiedenartigsten Pflanzen.
Was heiBt hier; „Mannigfaltigkeit der Gestaltungsverhaltnisse und der Lebensbedingungen“ ?
Unter der in Frage kommenden Mannigfaltigkeit der Gestaltungsverhaltnisse wird man dem Grade nach unterscheiden müssen:
Einerseits sogenannte Kleinvarianten, z. B. Zeichnungsunter-schiede zwischen Blüten ein und derselben Art. Küster und Goebel haben hier wiederholt betont, daB wir in solchen unbedeutenden Varianten kaumnbsp;Anpassungen sehen dürfen. Diesen Standpunkt teilt aber wohl auch fast jedernbsp;Darwinist. Auch er wird in solchen Kleinvarianten höchstens Anpassungsmaterialnbsp;sehen, oder durch richtungslose Mutation entstandene Keubildungen, die neben-einander existieren, weil den einzelnen Rassenunterschieden kein Selektions-wert zukommt. Die Goebelsche Auffassung wird also hier wohl nirgendsnbsp;auf ernsthafte Gegnerschaft stoBen.
Andrerseits gröBere Formenabweichungen, wie sie die gröBeren Sippen, die Arten, Gattungen, Familien usw. charakterisieren. Auch für sienbsp;nimmt Goebel an, daB die Mannigfaltigkeit der Formen eine gröBere sei alsnbsp;die Mannigfaltigkeit der Lebensbedingungen, oder (wie er es z. B. 1913, S. 32nbsp;formulier!) gröBer sei als die Mannigfaltigkeit der „Anpassungen an die Lebensbedingungenquot;.
Auch in diesem Punkte wird man Goebel und seiner Schule in-sofern allgemein beipflichten, als für die heutigen „Lebensbedingungenquot; der Pflanzen zweifellos seine Auffassung zutrifft. AeuBerst verschiedennbsp;gestaltete Pflanzen leben ja heute unter gleichen oder wenig verschieden-artigen Lebensbedingungen zusammen! Wer wollte beispielsweise ange-sichts der Blütenpracht einer Wiese leugnen, daB hier die Formenmannig-faltigkeit gröBer sei als die Mannigfaltigkeit der Lebensbedingungen? Danbsp;wurzeln im selben Erdreich Ranunculus acer und andere Ranunculaeeennbsp;mit ihren „primitivenquot; radiaren Blüten neben Orchideen wie Orchis morionbsp;mit ihrem höchst komplizierten Bestaubungsmechanismus der ausgepragtnbsp;dorsiventralen Blütenkronen. Da wurzeln nebeneinander Gramineen, Cypera-ceen, Umbelliferen, Kompositen und die bunteste Fülle anderer Pflanzen. Dienbsp;gleiche Sonne strahlt allen, der gleiche Regen trifft sie, die gleichen Insektennbsp;kommen in ihre ^ahe. Ich branche die Tatsachen nicht naher zu schildern,nbsp;sie liegen viel zü klar. Unter einerlei Lebensbedingungen wachsen vielerleinbsp;Pflanzen.
Aber nur die heutigen Lebensbedingungen dieser Organismen sind die gleichen oder wenigstens auBerst ahnliche! Die Organismen haben jedoch einenbsp;Geschichte hinter sich und zwar eine verschiedenartige Geschichte, eine sehr
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Die organische Mannigfaltigkeit.
wechselnd zusammengefügte Kombination von Lebensbedingungen. Es ist beispielsweise ausgeschlossen, daB die Ahnenlinien unserer heutigen heimischennbsp;Ranunculus- und Orchis-Artamp;n — auch wenn sie heute zusammenwachsen —nbsp;immer unter denselben Lebensbedingungen sicli entwickelt haben. Und nichtnbsp;die heutigen Lebensbedingungen, sondern die Kombination der Lebensbedingungen in der Vergangenheit, ist das fiir das Anpassungsproblem entscheidendenbsp;Faktum. Man kann also aus der Gleichartigkeit der heutigen Lebensbedingungen nicht schlieBen, die betr. Organismen seien nicht angepaBt.
1. nbsp;nbsp;nbsp;Bei den heutigen Pflanzen finden wir eine auBerordentliche Haufungnbsp;„zweckmaBiger“ oder ,,systemerhaltender“ Einrichtungen.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Diese gehauft auftretenden ,,zweckmaBigen“ oder ,,systemerhaltenden“nbsp;Einrichtungen haben sich im Laufe der Phylogenie herausgebildet.
3. nbsp;nbsp;nbsp;Es ist denknotwendig, fiir die Entstehung einer derartigen Haufungnbsp;,,zweckmaBiger“ Einrichtungen einen richtenden Faktor anzunehmen,nbsp;eine phylogenetische Anpassungsstruktur, d. h. einen Faktor, der aufnbsp;die Entstehung vorzugsweise ,,zweckmaBiger“ Einrichtungen hinzielt.
4. nbsp;nbsp;nbsp;Ein solcher richtender Faktor muB entweder in den sich phylogenetischnbsp;nmbildenden Organismen oder auBerhalb derselben liegen^).
5. nbsp;nbsp;nbsp;Die modernen Vererbungsuntersuchungen haben bisher keinen derartigen in den Organismen liegenden richtenden Faktor gezeigt, der also vorzugsweise „zweckmaBige“, ,,systemerhaltende“ Mutationen erzeugen müBte.nbsp;Tm Gegenteil! In ihrer überwiegenden Mehrzahl sind die beobachteten „Mu-tationen“ offensichtlich ,,unzweckmaBig“, ,,systemwidrig“. Nur die Möglich-keit der Mutation ist durch den Genotypus des sich wandelnden Organismusnbsp;begrenzt. Ferner spielt wohl bei der Éudimentierung ein richtender Faktornbsp;im Organismus eine gewisse Bolle, ein Faktor, der auf Verlustmutationennbsp;hinzielt.
6. nbsp;nbsp;nbsp;Dagegen kennen wir einen auBerhalb der Organismen liegendennbsp;richtenden Faktor, namlich die Auslese im Kampf ums Dasein. Diesenbsp;Auslese ist also der einzige bisher bekannte richtende Faktor, der auf dienbsp;gehaufte Entstehung „zweckmaBiger“ Einrichtungen, von „Anpassungen“,nbsp;hinwirkt.
7. nbsp;nbsp;nbsp;Bei der noch recht wenig geklarten Entstehung von Mutationen spielennbsp;sicher eine Keihe anderer Faktoren mit. Vielleicht kommt es hier gelegentlichnbsp;zu einer direkten Bewirkung durch die Umwelt.
Von einem Zusammenbruch des Darwinismus kann also keine Bede sein. Es gilt nur, einerseits seinen Ideengehalt streng logisch herauszuarbeitennbsp;und andererseits zuzugeben, daB in Einzelfragen beim Darwinismus, wie beinbsp;jedem wissenschaftlichen System, noch entscheidende üntersuchungen aus-stehen. So ist die (eigentlich auBerhalb des Bahmens des Darwinismus liegende)nbsp;Frage nach der Entstehung der Mutationen noch kaum geklart. Aber auchnbsp;das Problem der Summierbarkeit der Mutationen zu gröBeren Abanderungennbsp;verdiente noch eine erheblich gründlichere Behandlung. Das aber sind, wienbsp;gesagt, höchstens offene Fragen, jedoch keine Gegengründe gegen den Darwinismus.
1) Wir sehen hier natürlich ab von der Diskussion über Faktoren, die in bezug auf die Natur transzendent sind.
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Literatur.
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-ocr page 441-Welche Stellung nimmt nun die Phylogenetik innerhalb der Biologie und überhaupt in unserem geistigen Leben ein? Nachdemnbsp;uns bisher vorzugsweise Einzelheiten des phylogenetischen Tatsachenmaterialsnbsp;beschaftigt haben, mag diese Frage zu einer gleichzeitigen Eück- und Vor-wartsschau auf das Arbeitsfeld der Phylogenetik dienen.
Tatsachlich befindet sich die Phylogenetik in einer sehr eigentümliehen Lage.
Auf der einen Seite zweifelt eigentlich heute kein Biologe mehr an der Tatsache groBer phylogenetischer Wandlungen und auch nicht daran, daB wirnbsp;nur auf diesem Wege phylogenetischer Forschung die groBen Zusammenhangenbsp;der belebten Natur erfassen können. Ja, wer einmal sein Augenmerk daraufnbsp;gelenkt hat, der merkt erst, in wieviel Einzelfragen der biologischen Tagesarbeitnbsp;sich mehr oder weniger versteckte phylogenetische Gedankengange einflechten.
Auf der anderen Seite ist unverkennbar, daB die phylogenetische Forschung, d. h. die bewuBt-phylogenetische Arbeit, zumeist mit einer erheblichen Gering-schatzung, ja Verachtung behandelt wird. Die Phylogenetik gilt vielfachnbsp;geradezu als eine wissenschaftlich nicht ernst zu nehmende Betrachtungsweise.
Die Ursachen dieses Zwiespalts und auch seine Lösung finden wir, wenn wir möghchst scharf die Stellung der Phylogenetik zu andern Wissenschaftennbsp;herauszuarbeiten versuchen. — Man kann die Einordnung einer Wissenschaftnbsp;in das geistige Leben sowohl nach der behandelten Materie als auch nachnbsp;der Arbeitsweise vornehmen. Beide Wege führen zu Einblicken in sehrnbsp;verschiedene Beziehungen.
Nach ihrer Materie ist die Phylogenetik ein Teil der Morphologie im weitesten, im Goetheschen Sinne. Sie behandelt ja praktisch genommen nur dienbsp;Wandlungen der auBeren und inneren (anatomischen usw.) Gestalt.
Die Hauptgruppen der phylogenetischen Forschung und ihre Beziehungen zu anderen Zweigen der Morphologie im weitesten Sinne ergeben sich am ein-fachsten aus folgendem tabellarischen Überblick über die Gesamt-morphologie:
| ||||||||||||
Wie eine jede derartige Einteilung ist auch diese nicht ganz scharf. Gerade die Phylogenetik hat ja gelehrt, daB wir keinen scharfen Sohnitt zwischen dennbsp;heutigen Organismen und den Organismen der Vergangenheit machen können.nbsp;Die kleinen Anderungen der Erbanlagen, die wir zwischen Ahnen und Nach-kommen gelegentlich auch heute beobachten können, die Mutationen, vermittelnnbsp;zwischen der ontogenetischen und der phylogenetischen Reihe. Nur wegen dernbsp;verschiedenartigen Arbeitsmethode pflegen wir hier in der Praxis einen scharfennbsp;Schnitt zu machen. |
426
SchluBwort.
Nach ihrer Arbeitsweise und nach ihrem allgemeinen Problemgehalt ist die Phylogenetik, vor alleni die historische Phylogenetik, eine Gruppie-rungswissenschaft. Sie ist in der Biologie die einzige alles Lebende um-fassende Gruppierungswissenschaft, welche nach naturgegebenen Be-ziehungen gruppiert. Das wird uns klar, wenn wir uns nochmals (vgl. S. '387)nbsp;daran erinnern, daB es in der ,,vergleichenden“ Biologie drei und nur dreinbsp;solcher Gruppierungsverfahren gibt:
1) nbsp;nbsp;nbsp;Die Gruppierung nach einem praktischen oder jedenfalls auBerhalbnbsp;des Gruppierungszieles liegenden Zweck. So verfahrt z. B. die „künstliche“nbsp;Systematik.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Die Gruppierung nach einem intuitiv erfaBten „Typus“, nach einernbsp;„Idee“ usw. und den darauf gegründeten bzw. „erschauten“ Verwandtschafts-beziehungen.
3) nbsp;nbsp;nbsp;Die Gruppierung nach den phylogenetischen Verwandtschafts-verhaltnissen. Wer also die phylogenetische Gruppierung ablehnt, muB sagen,nbsp;WO und warum er die beiden anderen Gruppierungen vorzieht.
Jetzt, nachdein Vir wiederholt in Einzelfallen diese 3 verschiedenen Grup-pierungsverfahren^kennen gelernt haben, ist es zweckmaBig, sie nochmals im Zusammenhang gegeneinander abzuwagen, Denn gerade die Beziehungen dernbsp;Phylogenetik zu den beiden anderen Gruppierungsverfahren sind zum Ver-standnis der Stellung unserer Wissenschaft auBerordentlich bedeutsam. AVirnbsp;haben ja schon in der historischen Einleitung gesehen (S. 4 ff.), daB sich dienbsp;Phylogenetik aus der Zweckgruppierung und aus der ,,Idealistischen“ Morphologic herausentwickelt hat. Es war meiner Ansicht nach für die Phylogenetik einnbsp;Verhangnis, daB dieser historische ProzeB des Selbstandigwerdens nicht völlignbsp;zu Ende geführt wurde, und daB die heute übliche ,,Phylogenetikquot; allzuoftnbsp;durchsetzt ist von nicht-phylogenetischen, d. h. „idealistisch“-morphologischennbsp;und „systematischenquot; Gedankengangen. Gerade diese nicht-phylogenetischennbsp;Zutaten sind es namlich, welche die Phylogenetik in den heutigen schlechtennbsp;Ruf gebracht haben.
GewiB soil man nicht vergessen, wieviel Tatsachenmaterial die Phylogenetik dein ungeheueren SammelfleiB der Systematiker und der genialen Schaukraftnbsp;der „idealistischenquot; Morphologen verdankt. GewiB ist auch für den heutigennbsp;Phylogenetiker die Intuition nach Art der ,,Idealistischen“ Morphologic un-entbehrlich, wenn es gilt, Arbeitshypothesen aufzustellen. GewiB kommen wirnbsp;in der Praxis der Gruppieruiig sehr oft ohne eine ,,künstliche“ Systematik,nbsp;welche die Lücken in unseren phylogenetischen Kenntnissen überbrückt,nbsp;unter gar keinen'Umstanden aus.
Aber es ware eine falsch angebrachte Pietat, wollte die Phylogenetik deshalb den Nachteil übersehen, den eine Systematik und eine „Idealistischequot; Morphologic in phylogenetischem Gewande bringen kann. Wir müssen uns ganznbsp;klar sein, bis zu welchem Punkte wir die Früchte der anderen Wissenschaftennbsp;nutzbringend verwerten köiinen.
Die ,,Systematikquot; (Taxonomie) ist heute nach ihren Aufgaben in allererster linie eine praktische Wissenschaft^). Das kann, auch gerade im Interessenbsp;der Systematik, nicht scharf genug betont werden. Ihre Aufgabe ist es, allenbsp;Pflanzen der in Erage kommenden Gruppe in ein praktisch brauchbares undnbsp;übersichtliches System zu bringen. Bei unseren heutigen Anschauungen wirdnbsp;die Systematik selbstverstandlich auf die phylogenetischen Ergebnisse Rück-sicht nehmen. Jedoch sind die phylogenetischen Zusammenhange zwischennbsp;den Pflanzen selbst, wie wir des öfteren betont haben, erst in groBen Umrissen
1) „Praktische Wissenschaftquot; ¦— das heiBt auch vor allem: in der Anordnung und Nomenklatur so konservativ wie möglich sein!
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gut bekannt. Die Systematik kann aber nicht warten, bis die Phylogenetik ihr Endziel, einen fertigen phylogenetischen Stammbaum^ mit allen Wand-lungen, erreicht bat. Sie muB sich also mit deni KompromiB abfinden, dort,nbsp;WO sichere phylogenetische Daten fehlen,.auch hypothesenhafte und künstlichenbsp;Erganzungen vorzunehmen, um ein fertiges Resultat zu erzielen. Das giltnbsp;auch für eine stark phylogenetisch orientierte Systematik bzw. Sippenphylo-genetik, deren abgekürzte Darstellung der Sippenstammbaum ist; auch sienbsp;ist keine reine Wissenschaft, sondern die Ausnützung phylogenetischer Re-sultate für die Praxis der Pflanzengruppierung. Die hypothesenhaften undnbsp;künstlichen Zusatze, welche die Sippenphylogenetik braucht, um ein der „künst-!ichen“ Systematik vergleichbares, glcich vollstandiges System aufzustellen,nbsp;sind nun die eine Ursache des MiBtrauens _ gegen_ die ,,Phylogenetikquot;. Sienbsp;haben zum Aberglauben verleitet, die ünsicherheit der Resultate sei einenbsp;unvermeidbare Eigentümlichkeit der Phylogenetik und nicht etwa nur einenbsp;Kinderkrankheit dieser noch jungen und unfertigen Wissenschaft.
Es ware aber ganz falsch, wollte man die Phylogenetik allein nach dieser (praktisch orientierten) Stammbaumphylogenetik bewerten. Ich hoffe,nbsp;daB aus meinem Ruche deutlich genug hervorgeht, um wieviel sicherernbsp;die Merkmalsphylogenetik^) ist. Die phylogenetischen Abwandlungennbsp;der einzelnen Merkmale, wie die ,,Übergipfelung“ bei der Herausbildung dernbsp;Eiederung aus der Gabelung (S. 61 ff.), die Grundzüge der Stelenumbildungnbsp;(S. 74 ff,), die Herausbildung der Heterosporie und Gymnospermie aus dernbsp;Isosporie (S. 89), die Verlagerung der Sporangien bei der Sporophyllbildungnbsp;(S. 69) und vieles andere mehr, sind Beispiele einer Merkmalsphylogenie,nbsp;welche heute schon mit praktisch hundertprozentiger Sicherheit feststehen.nbsp;Die Merkmalsphylogenetik kann prinzipiell genau so zuverlassig arbeiten, wienbsp;irgendeine „exaktequot; biologische Wissenschaft, wie etwa die Phytochemie odernbsp;die experimentelle Reizphysiologie.
Natürlich können die Resultate der Merkmalsphylogenetik, welche ja die phylogenetische Wissenschaft ,,von unten heraufquot;, Schritt für Schrift, auf-bauen will, nur langsam gewonnen werden. Das, was ich im vorhegendennbsp;Ruche darstellen konnte, ist eigentlich erst ein zaghaftes Vorfühlen in einnbsp;unermeBliches Gelande, das noch der Bearbeitung harrt. Aber nur diese kleinennbsp;Bausteine der merkmalsphylogenetischen Forschung können die sichere Basisnbsp;bilden, welche unsere Wissenschaft, wie jede andere, braucht.
Die Merkmalsphylogenie teilt nun den Stoff weitgehend mit der „1de-alistischenquot; Morphologie, die ja auch Merkmale bzw. Organe vergleicht und „ableitet“.^ Wir haben schon wiederholt betont, daB die Resultate der „Ide-alistischen“ Morphologie und der Phylogenetik übereinstimmen können. Keinnbsp;Wunder drum, daB die beiden Gruppierungswissenschaften sehr oft unmerklichnbsp;in einander übergehen und verwechselt werden.
Auch fast immer, wenn nach deni ,,morphologischen W^ert“, nach der ,;Zugehörigkeit“ zu einem bestimmten Typus ^), Bauplan und dergleichen gefragtnbsp;wird, und wenn es sich nicht um eine ausgesprochen praktische Gruppierungs-frage handelt, liegt eine solche Verquickung vor.
Benachteiligt durch diese Verwechslung ist heute, wie mir scheint, vor allem wiederum die Phylogenetik; demi in der „Idealistischen“ Morphologienbsp;spielt ja das subjektive Moment eine so starke Rolle, wie es zwar in Kunstnbsp;und Religion, nicht aber innerhalb der Naturwissenschaft üblich ist. Kein
1) nbsp;nbsp;nbsp;Wenn man den Wort-Bastard „Merkmalsphylogeniequot; vermeiden will, konnte mannbsp;diese Forschungsrichtung vielleicht als ,,semophyletisch“ (aY]p.a = das Merkmal) odernbsp;als „Semophyletikquot; bezeichnen.
2) nbsp;nbsp;nbsp;Über Typus und Typologie vgl. auch S. 431.
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Schluflwort.
Wunder drum, dad eine derartige Gruppierung als unwissenschaftlich in MiB-kredit kommt. Umgekehrt ware m. E. die „idealistischequot; Betrachtungsweise von Naturzusammenhangen schon langst auf ihr berechtigtes Arbeitsgebiet,nbsp;auf die Aufstellung von Arbeitshypothesen eingeschrankt, wenn sie nicht durchnbsp;ihre Verkoppelung mit der Phylogenetik eine gewisse Stlitzung erfahren hatte.
Die verschiedene Grundeinstellung zur Objekt-Subjekt-Frage schafft sogar eine tiefere Kluft zwischen der „Idealistischenquot; Morphologie und dernbsp;Phylogenetik als zwischen der Systematik und der Phylogenetik. Dennnbsp;die beiden letztgenannten Wissenschaften stehen hier wenigstens prinzipiellnbsp;auf dem gleichen Boden. Auch der Systematiker will ja nur Objekt- (d. h. innbsp;unserem Falie) Pflanzenforschung treiben, und der moderne Systematikernbsp;kennt seine subjektiven Zutaten, wie Art-, Gattungs- usw. Abgrenzung imnbsp;Prinzip sehr wohl. Systematik und Phylogenetik erganzen sich.
Kurz, die moderne Phylogenetik kann, wenn sie eine echte und exakte Naturwissenschaft sein will, von der Systematik die aufs Objekt gerichtetenbsp;Einstellung und von der „Idealistischenquot; Moi-phologie die vorzugsweise Be-schaftigung mit den einzelnen Merkmalen bzw. Organen lernen. Sie whd abernbsp;die aus der systematischen Praxis sich notwendig ergebenden subjektivennbsp;„künstlichen“ Zutaten ebenso wie die von vornherein starke subjektive Farbungnbsp;der „Idealistischenquot; Morphologie ablehnen.
Die Phylogenetik ist aber auch nicht etwa nur Fossilienkunde. Es ist ferner ein Irrtum, zu glauben, allein die Erblichkeitsforschung, die Unter-suchung der Ontogenie oder der Anatomie oder der Zytologie oder des Che-raismus usw. reiche aus, um die Phylogenie aufzuhellen. Jedes dieser „Facherquot;nbsp;liefert wertvolle Erkenntnisse für die phylogenetische Forschung (die übrigensnbsp;üblicherweise nicht als „Fach“ gilt). Keine dieser Einzelwissenschaften istnbsp;entbehrlich, aber die Phylogenie selbst kann nur in einem SyntheseprozeBnbsp;erkannt werden; die Phylogenetik muB sich aus dem Banne jeder diesernbsp;Einzelwissenschaften loslösen.
Wer das Wagnis auf sich nimmt, den phylogenetischen Gedanken aus so vielen Einzelgebieten aufzusuchen und zusammenzufassen, den wird leichtnbsp;der Vorwurf treffen, er zersplittere sich und seine Kraftc. In diesem Vorwurfnbsp;der „Zersplitterungquot; steekt ein berechtigter Kern. Nur wird er sich an dienbsp;richtige Adresse richten mussen. Er trifft nicht den Synthetiker, der der Zer-splitterung in der Phylogenetik ein Ende machen möchte, sondern den Zustandnbsp;seiner Wissenschaft, den er vorfindet. Die Schuld — wenn man hier überhauptnbsp;von „Schuldquot; reden kann — liegt bei unserer durch das Schicksal der wach-senden Spezialisierung zersplitterten scientia amabilis. Die Phylogenetik istnbsp;heute zersplittert. Sie gleicht einem Trümmerfeld; sie gleicht einem zertrüm-merten Geschmeide, dessen „Splitterquot; in viele, viele Hande gelangt sind, dienbsp;sich damit als kostbarem Edelstein bald schmücken, bald ihn in einer geheimennbsp;Schatzkammer bergen. Unsere Aufgabe aber will es sein, all die einzelnennbsp;„Splitterquot; zu sammeln und sie zusammenzufügen zu einem neuen Geschmeide.nbsp;Denn dies scheint mir gewiB; der Glanz der Edelsteine in der Krone dernbsp;Phylogenetik kommt erst dann ganz zur Geltung, wenn einmal all die Steine zu-sammenstrahlen und so ihre schimmernde Pracht im wechselnden Widerspielnbsp;vielfach erhöhen, — Ja, nur dann kommen wir den phylogenetischen Fragennbsp;in ihrer ganzen Bedeutung nahe, wenn wir sie aus ihrer Vereinsamung heraus-holen, wenn wir sie im Rahmen der Gesamtphylogenie betrachten, und vornbsp;allem, wenn wir Phylogenetik als Phylogenetik betreiben!
-ocr page 445-Art hat eine Doppelbedeutung:
1. nbsp;nbsp;nbsp;im konkreten Sinne; die Summe aller (abgesehen von sexuellen Differenzen) einiger-
mafien gleichveranlagten Individuen, die sich durcli deutlich erkennbare Merkmale von anderen ,,Arten“ untersclieiden.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;^nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;¦
2. nbsp;nbsp;nbsp;In einem mehr begrifflichen Sinne: die gemeinsamen Charakteristika der als „Art“nbsp;vereinigten Individuen.
Im vorliegenden Buche wurde, wohl in Uebereinstimmung mit den meisten Natur-wissenschaftlern, ,,Art“ im konkreten Sinne verwendet. Namentlich von philosophiseher Seite wird dagegen in der Regel die ,,Art“ vorzugsweise ini rein begrifflichen Sinne verstanden, wodurch sich naturgemah die Fragestellungen über ,,Artbildung“ usw. verschiebennbsp;(s. unten, systematische Einheiten).
Darwinismus und Lamarckimus werden hier nicht zur Kennzeichnung der gesamten Auf-fassung der Lehren Darwins und Lamarcks verwendet. Es soil nur der spezifische Kern dieser Auffassungen darunter gemeint sein. Darwinismus heiBt also; die Annahme, daBnbsp;die fortschreitonde Anhiiufung von neuen zweckmaBigen Eigenschaften durch Natur-auslese aus einer Fülle ungerichteter Mutationen zustande kam. Lamarckismus ist dienbsp;entgegengesetzte Auffassung, daB im sich wandeinden Organismus ein diese llaufung be-wirkender „richtender“ Paktor tiitig gewesen sei.
Geologische Zeiten (nur soweit sie im Texte genannt sind);
Perioden
Epochen
Kiinozoisches Zeitalter
Quartiir
Tertiar
.Tungtertiiir
Alttertiar
IPliozan
(Miozan
Mesozoisches Zeitalter
Kreide
•lura
Trias
ISenon
Übere Kreide -cTuron
ICenoman
Untere Kreide nbsp;nbsp;nbsp;mr u n • nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;t \
(JNeokom (Wealden = (Irenzzeit gegen ,Iura)
Malm
Dogger
Lias
Keuper (Rhiit = Grenzzeit gegen Jura)
Muschelkalk
Buntsandstein
SachïCïistoT. | ||||||||||||||
|
Gonidien. Hier im Sinne von de Bary für auBerlich abgeschnürte Keimzollen der Pilze verwendet. Die weitverbreitete Schreibweise ,,Konidien“ ist wohl entbehrlioli geworden,nbsp;seit allgemein anerkannt ist, daü die frülier fiilschlich auchnbsp;Flechtenalgen nichts mit Keimzellen zu tun haben.
Homolojie Organe. Hier im Sinne von ,,homogenetischen“ Organen nacli Ray Lankester und Spemann verstanden, also für Organe, die sioh von derselben Grundform herphylo-gonetisch ableiten. Für denjenigen, der die allgemeine Ueberzeugung teilt, daB die Organismen sich von sehr einfachen, z. B. einzelligen Wesen, ableiten, bedarf diese Definitionnbsp;einer gewissen Binschrankung. Wir müssen namlich durch eine melir oder weniger will-kürliche Wahl diejenige Alinenpflanze charakterisieren, auf die wir mit unserer ,,Grundformquot; zurückgehen wollen. Sonst waren ja (bei einer monophyletischen Auffassung)nbsp;schlieBlich alle Organe einander als homolog zu bezeichnon. Wenn wir z. B. die Frage stellen,nbsp;ob irgendein Kormophytenorgan einem SproB oder einem Blatt homolog ist, konnen wirnbsp;nur bis zu don bereits mit Sprossen ausgestatteten Ahnenpflanzen zurückgehen. Diesenbsp;Unsichcrhoit in der Definierung von ,,homologquot;, die verstarkt wird durch einen vielfachnbsp;noch üblicheii ,,idealistischen“ Einschlag, liat mich zu einer sparsamen Verwendung desnbsp;AVortes ,,homologquot; veranlaBt.
Hoinoj)la.sic ist nach Spemann, dor hierin gleichfalls auf Ray Lankester zurüokgreift, oin tinterbegriff von ,,Homologiequot; im alteren Sinne. ,,Homoplastisch“ worden danachnbsp;solche Organe genannt, die eine gewisse Glcichartigkeit oder Aehnlichkeit deshalb zeigon,nbsp;weil die gleichen inneren und auBoren Kriifte auf ein gleichartiges, noch wonig differenziertesnbsp;Material einwirkten. Diese Krweiterung dos (zunachst ,,homogenetisch“ eingeengten)nbsp;Homologie-Begriffes dürfte vor allem für diejenigen Falie fruchtbar werden können, innbsp;denen die pliylogenetische Grundform, auf die wir boim Vergleich zurückgehen wollen,nbsp;noch einen wenig differenzierten Charakter triigt.
Kaïisalitat. Die Tatsache, daB bei einer gegebenen Konstellation dor wirksamen Faktoren ein bestimmtes Brgebnis eindeutig festgelegt ist. Die sich hierdurcli ergebenden Be-ziehungen zwischen Faktoren und Brgebnis werden als kausale Bezieliungen bezeichnet.nbsp;Um weitreiohende Erörterungen zu vermeiden, sei diese Definition lodiglioh auf die innbsp;diesem Buche und in dor Biologie (exkl. psychologischer Probleme) angegriffenen Problemenbsp;eingeschriinkt.
Kladodien. Blattlose Flachsprosse, die kein rasch begrenztes Wachstum (s. Phyllokladien) besitzen. Beispiel die einzelnen Glieder einer Opuntie.
üntogenie s. Phylogenie.
Orthogenesis (= Geradlinige phylogenetische Entwicklung). Wird üblicherweise in zwei Bedeutungen gebraucht.
1. nbsp;nbsp;nbsp;Zur Kennzeichnung des Gesamtablaufs einer phylogenetisohen Entwicklung, so wie sienbsp;etwa in der groBen Linie der palaontologischen Ueberlieferung erkennbar ist. In diesemnbsp;Sinne ist die Orthogenesis erwiesen (vgl. S. 374).
2. nbsp;nbsp;nbsp;Zur Kennzeichnung des phylogenetischen Detailprozesses, also der Umwandlung innbsp;der Erbstruktur von den Bltern zu den unmittelbaren Nachkommen. In diesemnbsp;(lamarckistischen) Sinne ist die Orthogenesis nicht erwiesen.
Phyllodien. Blattahnlich entwickelte Blattstiele.
Phyllokladien. Blattlose Flachsprosse, die u. a. auch durch ihr begrenztes Wachstum groBe Blattahnliohkeit besitzen (Gegensatz: Kladodien). Beispiel; die Scheinblatter vonnbsp;Ruscus aculeatus.
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Sachregister.
Phylogenetik. Die Wissenschaft zur Erforschung der Phylogenie.
Phylogenie^). Nach dem Vorschlag von B. Haeckel unterteilt man die Wandlungsprozesse der Organismen in die beiden Abschnitte Ontogenie und Phylogenie. Ontogenie istnbsp;die Wandlung, die sich am einzelnen Individuum abspielt, und die (teilweise) in einem Kreis-lauf wieder angenahert zur Ausgangsform zurüokfiihrt. Phylogenie ist die Wandlung,nbsp;welche sich dadurch ergibt, daö die Nachkommen doch nicht völlig ihren Vorfahren —nbsp;auch nicht in erblicher Beziehung — gleichen.
Die Phylogenie wird im allgemeinen erst deutlich, wonn wir miteinandcr venvandte Organismen vergleichen, die abor nicht unmittelbare Deszendenten sind, sondern die iirchnbsp;gröBere Zeitabschnitte bzw. dazwisohen liegende Generationen getrennt sind. Daher pflegtnbsp;man die Phylogenie auch als die stammesgeschiohtliche Wandlung im Laufe der Ver-gangenheit zu bezeichnen.
Progressive Entwicklung. Eine Entwicklung, bei welcher Merkmale entstehen, welche früher noch nicht da waren.
Starkoherde, d. li. eiwoiöhaltige Zontren, um wclche sich kStörkckörner lagerii. 1 sich vor allem in den Ohromatophoron vieler Algen.
Die Hauptachso eines fiedrig zusammengesetzten Blattos,
Pyrenoide.
Sie finden
Rhachis nbsp;nbsp;nbsp;= Rückgrat).
insbesondere Farnblattes.
Scheiublatter: vgl. Kladodien, Phyllokladien und Phyllodien.
Sorus. Gruppe von Sporangien, welche einander sehr stark geniihert stehen.
Sporangiophor. Hier, im rein beschreibenden Sinne, als eine Bezeichnung für einen gemein-samen Stiel verwendet, der Sporangien und meist auch oinige blattartigen Gebilde triigt. Solche Sporangiophoren finden sich ausgepragt bei den Psilotales (S. 119), manchen primi-tiven Lycopsiden (S. löl), sowie in Ausnahmofallen bei anderen Grappen, z. B. manchennbsp;Koniferen (S. 294). Von Bower (1908) wurde der Begriff in etwas weiterem und phylo-genetisch gefiirbtem Sinne verwendet.
Stele (afijXv) = Siiule) die zentrale (innerhalb der Rinde) gelegene Partie der Kormophyten-organe, welche das Loitbündelsystem enthalt. Die Stele besitzt gegen die Rinde zu meist als deutliche Grenzschicht eine ,,Bndodermis“. Ob diese Grenzschicht sich in allen Fallennbsp;streng homologisieren lafit, ist zweifelhaft. Abgesehen von diescr unscharfen Begrenzungnbsp;lassen sich die einzelnen Stolentypen als Ganzos genommen homologisieren.
Stammllnle oder Stammrcihc (= genealogische Reihe nach A. Meyer). Die Summe aller Individuen, von denen ein bestimmter Organismus in direkter Reihe abstammt.
Suspensor. Teil des Proembryos, der im allgemeinen nicht in den fertigen Embryo einbezogen wird, und der als Stemmorgan den eigentlichen Embryo tiefer in das Nahrgewebe hinein-schiebt (vgl. Abb. 32).
Abteilung (Divisie)
Klasse (Classis)
Ordnung oder Reihe (Ordo) Familie (FamUia)
Gattung (Genus)
Art (Species)
Varietat (Varietas)
Form (Forma)
Systematische Eliilielten (= „Slppeii“). lm Interesse der Uebersichtlichkeit der Organismenreiche benutzt man folgende Rangstufen als systematische Einheiten (nachnbsp;den z. B. auch von Wettstein 1924 S. 13 angenommenen internationalen Regeln, vgl.nbsp;die ausführlichere Darstellung bei J. Briquet, Régies intern, d. I. nomencl. bot. 1912):nbsp;Stamm (Phyllum)
absteigende Rangordniing
Zwischenstufen _ werden als Unterabteilungen (subdivisie), Unterart (Subspecies) usw. je nach Bedarf eingeschaltet. Im übrigen geiten die oben (S. 330) für ,,Art“ gemachtonnbsp;Anmerkungen sinngemaB auch für die übrigen Sippen.
Typus. Doppelbedeutung:
1. nbsp;nbsp;nbsp;Im Sinne eines praktischen Gruppierungsverfahrens = eine für die sinnliche Wahr-nehmung existierendo und nach praktischen Gesichtspunkten ausgewiihlte Mittelform,nbsp;welche einen bestimmten Begriff charakterisiert und veranschaulicht.
2. nbsp;nbsp;nbsp;Im Sinne der ,,Typologiequot; (= ,,Idealistischen“ Morphologic) = eine nicht sinnlich wahr-nehmbare Idee, auf welche eine Gruppe von Organen, Organismen usw. bezogen wird.
Sofern nicht ausdrücklich das Gegenteil betont ist, wird im vorliegenden Buch „Typusquot;, „typischquot; usw. stets im Sinne eines praktisch orientierten Gruppierungsver-
1) Entsprechend meiner Ansicht, daB Systematik und Phylogenetik zu trennen sind, weicht diese Definition durch den AusschluB des systeraatischen Moments von den sonst üb-lichen Phylogcnio-Definitionen ab.
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Sachregister.
fahrens verstanden. lm übrigen sind auch alle Ausdrücke, die sowohl in einem phylo-genetischen_ Sinne wie idealistisch-morphologischen Sinne gebraucht werden, wie ,,ab-leitenquot;, ,,primitiv“ usw., hier stets im phylogenetischen Sinne zu verstehen, also im Sinne einer realen Wandlung, sofern nicht im Einzelfalle ausdrüoklich etwas Gegenteiliges an-gegeben wird.
* bedeutet Abbildung.
Worte mit deutscher und lateinischer Endung (wie Familiennamen usw.) sind hier meist nur mit lateinischer Endung aufgeführt (z. B. Angiospermen unter Angiospermae).
433
Sachreffister.
434
Saohrefflister.
Blüte, Ginkgo 21 ff., 278ff. —, Gneiales 311 ff. —, Lycopsida 149 ff., 165. —, Phanerogamae 226—233. Blütenhiille 228. —, Angiospermae 331—333. —, Gnetales 313. Blütenstünde (Angiospermae) 336. Blütenstandstheorie (Coniferae) 298 ff., 303.nbsp;Blütentheorie (Coniferae) 298 ff.nbsp;Blütenzapfen, Articulata 173 ff. —, Ceratozamia 263*. —, Gheirostrobus 165. —, Coniferae 290 ff. —, Lepidocarpon 152. —, Lepidodendron 132, 149 ff. Blyttia decipiens 100*. Bothrodendron 128*, 144. Botrychium (Sw.) 201 ff. —, Lunaria (Sw.) 202*, 203*, 204*. — nbsp;nbsp;nbsp;virginianum Schrad. 202*, 203.nbsp;Botryopteris 190. — nbsp;nbsp;nbsp;cylindrica 187*. — nbsp;nbsp;nbsp;forensis Ren. 195*. Bowenia Hook. 261 f. — nbsp;nbsp;nbsp;spectabïlis llook. 268*. Brakteen (s. auch Heckschuppen) 166*, 174, 176, 326. — nbsp;nbsp;nbsp;bei Calamostachys 176*, 176*, 177—179.nbsp;Bronzezeit fPflanzenbesiedelung) 366*.nbsp;Bryophyta 28*, 33, 68, 86, 87, 96, 98—103.nbsp;Buche (Besiedlung) 365*. Bucklandia 262. Buntsandstein 361. C. (s. auch K und Z.) Cactus s. Kakteen. caenogenetische Abiinderung 383, 386. Calamitaceae 165, !(gt;(gt;—179, 180, 187, 268,nbsp;341, 363, 366, 361. Catamites 126 f., 160*, IGO—179, 168*, 169*, 172*, 173*, 174*, 176*, 176*,nbsp;177*, 178—181. — nbsp;nbsp;nbsp;carinatus 167*. — nbsp;nbsp;nbsp;communis 170*. Calamitina 166, 168. Calamodendron 167, 171, 361. — nbsp;nbsp;nbsp;striatum Brongn. 171*. Calamophyton 160, 162. Calamopitys 266. Calamostachys 168, 174*, 176*, 176* ff. — nbsp;nbsp;nbsp;Binneyana 175*, 176*, 179. — nbsp;nbsp;nbsp;Casheana 177*, 179. Callipteridium Pteridium ScMoth. 197*, 198. Callipteris Brongn. 199, 200, 366, 361. — nbsp;nbsp;nbsp;conferta Brongn. 199*, 200, 361.nbsp;Calycanihaceae 334. calycanthe Blüte 389, 395. Calyx 319. Campanula 388. Camptopteris spiralis 216. Cantheliophorides 69, 151, 294. Capsella bursa pastoris 96*. — nbsp;nbsp;nbsp;Heegeri 396. Carinalhohle (Catamites) 170* f., 180. Caryophyllaceae 331, 334, 336. |
Casuarina 122, 232, 236, 328. Casuarinaceae 317, 320, 336 ff., 347. Catalpa 364. Caulopteris (Lindl. u. llutt.) 206. Caytonia Sewardi Thom. 273. Caytoniales 91, 226*, 269, 272- 275, 282. '317, 326, 362. Centricae 39. Cephaloiaxaceae 226, 293, 308. Cephalotaxus Fortunei 233*. Ceramium centratulum 66. Ceratozamia 228*, 263, 266. — nbsp;nbsp;nbsp;mexicana Brongn. 260*. — nbsp;nbsp;nbsp;Miqueliana Wendl. 263*. Chaetophoraceae 42 f. Chalazogamie 337, 341*. Chamaerops hiimilis 367. Chamaesiphon 36. Chance des Ueborlebens 409 f. Characeae 56. Charophyta 32, 40, 40 f. Cheirostrobales 160, 105. Cheirostrobus pettyeurensis Scott 160*, 166. Chlamydomonas 41, 42, 83. Chtorella 42. Chlorobactericaceae 36. Chlorococoum 42. Chlorophyceae 36, 39 f. Chtorophyta 32*, 36, 39, 41 ff., 63, 66, 88. Chorda tomentosa 101. Clmipetalae 334, 337. Christentum, Stellung zur Phylogenetik 13. Chromosomen 6, 393, 417. — nbsp;nbsp;nbsp;Kombination 396. Chrysanthemum 336, 412. 1 Cingularia 168, 175, 176. Cinnamomum 364 f., 406. Cladophtebis Brongn. 213. Cladophora 46. Ctadoxylales 24, 113, 183, 105 f., 192, 362. ! Cladoxylon 105 f., 254. — nbsp;nbsp;nbsp;scoparium Kriiusel ii. We3dan(l 186*.nbsp;Ctathraria 144*. Clepsydropsis antiqua 193*. — nbsp;nbsp;nbsp;australis Osb. 192, 341. Clyptostrohus 364. Coal-balls (Torfdolomite) 147. Coocolithophorides 38, 66. Codiaceae 46, 66. Coenopteridales 24, 60, 68 f., 78, 183*, 186, 107—200, 201, 2031, 209, 211, 2171,nbsp;i 352. Coleochaete 40, 88. Columella 88, 109*, 110*. Combination Mutations s.Genoui-Mutationen. Complicatae Goebel 183, 214, 219, 230*.nbsp;Compositae 236, 269, 336 f., 337, 388. I Coniferae 223*, 225*, 229, 288—308. — nbsp;nbsp;nbsp;s. auch Koniferen. Goniferales 225. Conjugaten 40, 46, 63. Convolmlaceae 337. Corallinaceae 36, 54 f. Cordaianthus 286. Cordaitales 225*, 229, 231, 232*, 233, 269, 200—207, 288, 304, 386. Cordaiten 71*, 238, 244, 298, 306, 326 f., 328, 353, 384. |
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Saohrpgister.
28*
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Sachreeister.
]^ualismus, konsequenter VI (s. auch S. 427 f.). Duisbergia mirahilis 130.nbsp;durchwachsoBe Blüten 227, 228*, 388. E. echte Fame s. isospore Fame. Ectocarpaceae 48*, 49. Ectocarpus 52. — nbsp;nbsp;nbsp;granulosus 48*. — nbsp;nbsp;nbsp;omtus 48*. — nbsp;nbsp;nbsp;paradoxus 48*. Ei s. Eizelle. Eiche (Quercus) Besiedlung 366*. eingeschlechtige Blüten 315, 321, 325f., 336. — nbsp;nbsp;nbsp;Entstehung 325 ff. Einzeller 30, 39. Eisenbakterien 36*. Biszeit 363—367 , 366* (s. auch Vereisung und Diluvium). EiweiBqualitaten 6, 320, Eiweifiverwandtschaft 305 (s. auch Sorologio).nbsp;Eizelle 84*, 319*.nbsp;ektopliloisch 74, 75*, 80.nbsp;Elementarreaktionen (phylogenetisohe) 370 ff.,nbsp;378, 413. Embryonalent-wicklung — nbsp;nbsp;nbsp;Benettitales 270 f. — nbsp;nbsp;nbsp;Cycadales 265—267. — nbsp;nbsp;nbsp;Pteridophyta und Plianeroganme 92 ff.,nbsp;94* f. Embryophyta (Engler) 224. Embryosack 296*, 319*, 333, 337. Emergenzen 66. Encephalarlos Lehm. 228*, 261, 266. — nbsp;nbsp;nbsp;Barteri Carruth 261*.nbsp;endarches Protoxylem 7(5, 77*, 306.nbsp;Endemismen 363 ff, 418. Endodermis 194*, 203. ondoskopische Lage des Embryos 94*, 96— 97, 210. Endosperm 271, 337. Endothecium 236, 280*, 287 , 306*. Entelechie 3, 6. 397.nbsp;entwicklungsgeschichtliclie Methode 386.nbsp;Entwicklungsphysiologie V, 10, 387, 425.nbsp;Eophytikum 361. Eospermatopteris textilis Goldring 91, 249*, 251, 262*, 362. Eozoon canadense 36. Ephedra 232, 310—314, 311*, 326, 329. — nbsp;nbsp;nbsp;altissima 312*. ¦— distachya L. var. momstachya 311*. — nbsp;nbsp;nbsp;fragüis vax. campylopoda C. A. May 311,nbsp;329. — nbsp;nbsp;nbsp;gerardiana 311. ¦— irifurca Torr. 314*. epigyne Blüte 338*. Epimatium 290*, 299—302. Equisetaceae 168, 171, 173, 179—181. Equisetales 29, 79, 96, 169, 1(55—181.nbsp;Equisetites 160*, 180 f. Equisetum 67, 69, 90, 169, 160*, 166, 174, 176, 178, 181, 280, 301, 362, 373, 375,nbsp;388. — nbsp;nbsp;nbsp;arvense 94*, 96. —, Blüte 179*. —, forma polystachya 176. |
Equisetum maximum 175, 179*, 180*, 181*. Erbanlagen s. Gene. Erblichkeitsforschung V, 10, 17, 327. 393, 407. Erbstockhypothese 414. Erdkarte fürs Karbon 354*. Ericaceae 379. Etapteridaceae 193*. Etapteris diupsylon Wil!. 193*. — nbsp;nbsp;nbsp;{Zygopleris) Lacattei Ren. 191*, 194, 196.nbsp;Buanthientheorie 323*, 324 ff. —, modifizierte 323*, 326—328, 331. Eucalamites 166, 168. Eudorina elegans Ehrh. 84*. Euphorbia 326, 329. —, sukkulente 382. Euphorbiaceae 317, 324, 337. Euphrasia 364, 380. — nbsp;nbsp;nbsp;borealis 380. — nbsp;nbsp;nbsp;brevipila 380. — nbsp;nbsp;nbsp;glabra 380. — nbsp;nbsp;nbsp;stricta 380. — nbsp;nbsp;nbsp;suecica 380. Eusigülaria 144, 146. eusporangiate Fame s. Filicinae eusporan-giatae. eusporangiater Nucellus 337. Eustele 73, 75*, 78 ff., 137, 146, 169, 183, 211, 212, 243 , 244, 264, 260, 299, 300,nbsp;310, 338, 342 f. Euihallophyta 32, 41. exarches Protoxylem 76, 77*, 136*. Exine 86, 238, 266*. Exoskopische Lage des Embryos 94*, 961, 205. Exospor s. Exine. Exothecium 90, 236, 266*, 287. F. Fadenalgen 30, 36 ff. Fadenalgcnzeit 28*, 351. Fagaceae 317, 335. Fagales 320, 336. Fagus silvatiea (Buche) 134, 365*. Faktormutationen s. Genmutationen.nbsp;Famlaria 144*. Fichte (Besiedlung) 366*. Fieder s. Fiederung. Fiederaderung 342. — nbsp;nbsp;nbsp;der Pteridophyllen 198, 199*.nbsp;Fiederbliitter s. Fiederung. Fiederung 59*, 60, 61*, 62. fiedrige Verzweigung s. Fiederung. Filament (Staubfaden) 319*. Filices (= isospore Fame) 29, 123, 184, 185—221 226* Filicinae 58, 90, 184, 185—222. —, Stammbaum 183*. — nbsp;nbsp;nbsp;eusporangiatae 107, 183*, 185, 201—210,nbsp;236, 264. — nbsp;nbsp;nbsp;leptosporangiatae 96, 107, 182, 183*, 186,nbsp;201, 214—221. filtrierbare Vira 30. Flagellatae 32*, 38 f., 41 f., 83. Plechten (Lichmes) 32, 56. nbsp;nbsp;nbsp;* Florenverbreitung (Karbon) 358*, 359*. Florideae 40, 64, 56. |
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Sachregister.
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Sacliregister.
Ghsso'pteris-F\om 146, 353 ff. Gnetales 68, 12, 91, 93, 225*, 229, 230*, 231, 232*, 233-238, 261, 276, 310—:{17,nbsp;321 326. 329. Gnetum 232,'310—315, 324*. 331. — nbsp;nbsp;nbsp;Gnenwn L. 310 f., 324. — nbsp;nbsp;nbsp;gnemonoides Brongii. 314*. Gomphostrohus 299. Goiidwanalandex 199, 200, 353 ff. Oradatae 214. Gmmineae 2, 341, 420. Grammatopteris (Ren.) 211. Griffel 91, 237 f., 319*. Grisihorpna Nafhorsti Thom. 273*. Griinalgen s. CMorophyta. Gruppierungsverfahren (Zweckgruppierung, idealistische und phylogenetische Grup-pierung) 387, 426. Giimmikanale, Cycadales 262. Gymnospennae 28*, 29, 68, 71, 79, 92, 122, 134, 139, 184f., 204, 228, 234, 236, 237,nbsp;240—315, 329, 396. Gymnospennenzeit 28*. 361 f. Gvmnospermie mit Pollenschlauchbefrucli-' tung 89—93, 241, 316, 322 f., 329, 380. — nbsp;nbsp;nbsp;mit Spermatozoenbefïuchtung 89 -93,nbsp;234 ff. Gynaeceum 268, 270, 271*, 319, 320, 324. H. Halimeda Ttma 46. Haliseris 111. Haliserites Dechenianus Goepp. 111*. haploid, llaplophase 46, 49, 60*. 61*, 64f.,nbsp;83 ff. llaplostele 74. Harzgiinge 297. llasel (Besiedlung) 365*.nbsp;llauptlinien der KormoiJhvtetiidivlogeiüonbsp;97 f.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;, , llaustorimn 94*., 96 f., 264*. 266. Ilehnintliostachys (Kaulf.) 2Ü1 ff., 204.nbsp;llemiangiospermae Arber u. Parkin 347.nbsp;lleinnmngsbildungen 389. Hepnticae 58, 99—103. Hepnticües Éidstoni Walt. 99*, 100. — nbsp;nbsp;nbsp;hiatus Walt. 99*, 100. — nbsp;nbsp;nbsp;metzgerioides Walt. 100. — nbsp;nbsp;nbsp;Wülsi Walt. 99*, 100.nbsp;llcrabsetzung des Verzweigungsgrades 372.nbsp;1 leraufsetzung des Verzweigungsgrades 372.nbsp;U eterangium 262 ff. — nbsp;nbsp;nbsp;Grieviei Witt. 253*.nbsp;lleterophyllie, Sphenophyllim 162, 163*.nbsp;Heterosporie 89—92, 262, 380f., 416, 427 f.nbsp;—, Cahmostachys 179. —, Fame 184, 221 f. —, Lycopsida 129, 148*, 160*, 162, 156*, 156*. —, Phanerogamenalu)en 322* f., 329. —, Sphenophyllostachys 166. llieracium 367, 396. Histiopteris incisa 8m. 220*. historische Phvlogenetik (allgemeine Kragen)nbsp;23, 370—391, 426. — nbsp;nbsp;nbsp;Zeit (Pflanzenbcsiedlung) 366*.nbsp;llochblatter 228, 332 f. |
Hüfrneistersche llomologiereihe 89 (s. auch Gcnerationswechsel). lloftiipfel 71*, 72*, 139, 244, 260, 286*, 306, 310, 311*, 316. Holzgmppe der Dikotylen 337, 346. — nbsp;nbsp;nbsp;der lianales 337, 346. Holzfasern 171*, 338. Holzkörper 70 ff. llolzstainm 338. Hülzteil 77. homogenetisch 430 (s. auch Homologie), homologer Generationswechsel 63. Homologie 8, 26, 89, 372, 386, 430. — nbsp;nbsp;nbsp;der Teloine und SproBachsen 64—66, 126,nbsp;130, 178 f., 203, 227, 248, 264. Homoplasie 26, 333, 372, 430. Hormosira 49. Hornea Lignieri Kidst. u. Lang 107, 108*. 109*, 109 f., 121. Hostiniella Stur. 110 f. — nbsp;nbsp;nbsp;hostimensis Pot. u. Bertr. var. typicanbsp;110*. — nbsp;nbsp;nbsp;pinnata Lang 69, 110*, 111. Iloya carnosa 244. Hydroiden 102*, 103. Hydrolapathum (Delesseria) sanguinea 64*. Hydropterides 89 f., 184; 216, 221 f.. 236.nbsp;Hyenia 100, 102, 163, 178. — nbsp;nbsp;nbsp;elegans Kriiusel u. Weyland 161*.nbsp;Hyeniales 24, 108, 113, 100*, 101 f., 164, 173, 176, 178, 187. Hymenophyllaceae 214, 216, 219 f. In^Kigyne 'Blüte 338*. I. und J. Jahresringe 139, 247, 340. Idealer Symmetrieplan 8. Idealistisclie Biologie bzw. Morphologic 8 ff., 23, 101, 179, 218, 387, 397, 426 ff. Idee 8 ff., 387. Idioplasmahypothesc 393. Jetztzeit s. Neozoikum. immergrünes Laub 336. Individucnzahl 374. Indusium (Fame) 152, 163, 215, 219* f. Initialzellen (Scheitelzellen) 49, 166, 201.nbsp;Insektenbestiiubung 237 , 321, 335, 382.nbsp;Insoktenfangorgane 343. Integument 233f., 237, 248,252, 264*, 266f., 296*, 313, 316, 319*, 337.nbsp;Intersominalsohupp('n 209, 271. Intine 238, 266*. inverse Leitbündel 261 f., 300, 304, 311, 342, 343,* 345. Inversicatenales 218. Iris 342, 388 f. irrationale Geistesströmungen V (s. auch Idealistische .Biologie). Irrevorsibilitatsgcsetz s. Holloschos Irre-versibilitiitsgesetz. Isoëtaceae 129, 155 f., 157. Isoëtes 90, 96, 126*, 129, 154 f., 222, 236. — nbsp;nbsp;nbsp;echinospora 164*, 166*. — nbsp;nbsp;nbsp;hystrix 156. — nbsp;nbsp;nbsp;lamstris 164*. — nbsp;nbsp;nbsp;Malinverniana 164*. Isolierung und Artgrenzen 417. |
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Saohroa-ister.
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Sachregistcr.
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Sachroffister.
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Sachregister.
Pakieohepatica 100. Palaeomyces 66. Palaeoniteïla 46. Palaeopitys Milleri M‘Nab 256, 352. Palaeostachya 68, 175, 1751., 177*, 179.nbsp;Paliiobotanik V, 36, 321, 426. Paliiolithikum (Pflanzenbesiedelung) 365*. palaothormale Anomalien 360. Paliiozoikum 41, 126, 196, 241. 291, 297, 306, 321, 326. Palisadenparencbyra 189, 342. Palhjsia 299. Pcdmae 36611. Palmensta.mm 340. Pandamles 347. Pandanus-Stamm 340. Panspermie 30. Papaver 228*, 229. Papüionaceae 334. Pappus 338. ParallelentwioHung 382. Parasiteii 370, 376. — nbsp;nbsp;nbsp;s. auch Rafflesiaceae. Parichnos 132*, 140—143. Parheriaceae 214. ])assivo Anpassungen 402. Xi 2Ö4 Pecopteris Brongii. 199*, 200, 205, 208, 209. . nbsp;nbsp;nbsp;3Ó9* peltate Sporophylle 69*, 169,174,175*, 177*, 179*, 251, 264. 266, 296*, 297, 306.nbsp;Pendelsynimetrie 60. Pennatae 39. Perianth (s. Blütenhülle). Perigon 228, 318*, 319*. perigjTie Blüte 338*. Perikaulomtheorie 60. Perm 93, 361. Permokarbonllora 366. ]jessimistische Philosophie 375. Petala 320. Plerdestammbaum Vil, 406. Pllanzengeegraphie V, 1211., 36511., 36311.,nbsp;3761., 418. Pllaiizenwelt, Gesamtübersicht 321. Phallus impudicus 236. Phanerogamen 24, 33, 49, 60, 70, 74, 86, 96, 97, 107, 163, 210, 224—:54H.nbsp;Phiinotypus 404—406. Phiiophyta 32*, 44, 47—53, 87. —, Generationsweohsel 4911. Phellogen (Kork-Kambium) der Lepidoden-dren 39 1. J’hloëm 139 (s. auch Siebteil). Pliycomyceten 66. Phyllocladus 290*, 293, 300. — nbsp;nbsp;nbsp;glauca 292*. Phyllodien 344, 377, 384, 385*. Phyllodiontheorie 342, 344. Phylloglosstim 167. Phylloid 66*, (gt;611. Phylloidstande 65*, 6611. Phvllokladicn 67, 377, 384. Phyllome 298, 299, 319, 332. phyllosperm, Phyllosperms 229 1. Phyllotheca 160*, 174*, 176, 177 11., 356. |
Phylogenetik s. Methodik der phylogene-tischen Forschung. phylogenetische Anpassungsstruktur 3991., 401, 403. phylogenetische Sackgasse 264. physiologische Natur der Phylogenie 3921.nbsp;Physosioma elegans 233, 250. Picea 140. Picea excelsa Lam. u. D. C. (Fichte) 5, 134, 140, 366. Pilze 311., 55 1. Pinacme 226, 230*, 236, 2921., 2961., 29811., 306. Pinus 92, 239, 241, 290*, 291*, 296, 302, 303*, 3071., 320, 328. — nbsp;nbsp;nbsp;montana 366. — nbsp;nbsp;nbsp;silvestris 134. — nbsp;nbsp;nbsp;Strobus 300. Pitys 284. Plagiochila asplenioides 100*. Plagiogyraceae 214. Plasmontheorie 414. Platanus 364. Piazentierung 330* 1., 336. Pleiochasien 63. Plektostele 73, 76*, 77, 7«, 119, 122*, 130, 167, 168*, 189. Pleomorphismus 2. Pleuromeia 128*, 150*, 362. Pleuromeiaceae 129, 158. Plumbagella 337. Podocarpaceae 225, 2331., 237, 292—298, 300, 306, 308. Podocarpus 290* 1., 2941., 297 1., 306. — nbsp;nbsp;nbsp;spicatus R. Br. 290*, 294. — nbsp;nbsp;nbsp;totara Don. 292*. polare Dillerenzierung 93, 94*. Pollenanalyse 236, 365*, 367. Pollenkammer 91 11.. 163, 234, 236, 238, 260, 264*, 266, 270, 278, 286, 305, 314 f.nbsp;Pollenkörner (= Mikrosporen) 234, 260.nbsp;Pollensiicke (= Mikrosporangien) 319*.nbsp;Pollenschlauch 91, 93, 238, 319*, 341*.nbsp;Pollenschlauchbefruchtung 91,93,2741., 341*.nbsp;Pollenschlauchkem 314. Pollinationstroplen 91, 233*, 2:}(;, 238, 266, 287, 313. Polyeinbryonie 239. Polygonaceae 336. Polymorphismus 2. polyphyletischo Merkmalsentwicklung 240, 379, 416. — nbsp;nbsp;nbsp;Stammesentwicklung und Sippenentwick-lung 240, 297, 379. Polyphylio 34, 347, 379, 381*. Polypodiaceae 2141., 218. Polypodium vulgare 1. trichoniamides 378*. Polystele 75*, 80, 183, 207, 212, 216, 217*,nbsp;264, 261*. Folystichum (= Aspidium) aculeatum und anmnalum 220. Polytrichum formosum 102*. ,,polyxyler“ Typ Wielands (Cycadales-lioh) 269*, 2611. Populus nigra var. italica 77. Porogamie 319*, 337, 341*. Poroxylon 284. Potsdamschichten (Kambrimn) 38. |
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Sachregister.
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Sachregister.
Kliynia 64, 68, 69 f., 83, 104 0., 114ff., 123, 188, 352. — nbsp;nbsp;nbsp;nmjor 23*, 74, 76, 78, 104, lOB*, 106*. — nbsp;nbsp;nbsp;Gwynne-Vaughani Kidst. ii. Lang 104,nbsp;105*, 106*, 114. Myniaceae 58, 60, 64, 66, 68, 73 f., 87, 104—111, 114, 116, 126, 136, 139, 151,nbsp;161, 178, 182 f., 197, 204, 207, 352.nbsp;Rhyiidolepis 144*, 145*nbsp;rielitendor Faktor in der Phylogenio 399 ff.nbsp;Rinde, Calamites 168. —, Lepidodendron 134 f., 139 ff, —, SigiUaria 144*. Kindenbaum und Kindenstamm 143, 341. Ringtraclieide 70, 116*. Rivularia 36. Koggen 2. Röhrenstamm 341. Romantik 8ff. Rosa 396. Rosaceae 235, 334 f. Rosales 317, 346. Rotliegendes 24, 264, 362, 361. Rubus 396. -- australis Forst. var. sqimrrosus (Fritsch) 344*. Rückmutationen 379 (siohe auoh Verlnst-mutationen und Rudimentierung). RückscMagsbildungen 63. Rudimentierung 396. Rundblatter 342, 343*. Ruscus 378. S. Sabalpalme 340. Scujenopteris Phillipsi Presl. 274*, 276. Salicaceae 317. Salix 321, 328, 331. Salvia 398. Salvinia natans Alb. 222*. Salviniaceae 221 f. Samen 89, 93, 128, 162, 238, 261, 258, 266, 267*, 271, 296. Samenanlagen (Makrosporangien) 89—93, 184, 233 ff. (s. auch Makrosporangien). —, Angiospermae 184. —, Gymnospermae 184. Sainenpflanzen 29, 224, 268 (s. auoli Phanero-gamen). Sargassum 48, 62. Sauriër 258. Saxegothaea conspiciia Lindl. 234, 237, 293, 294*, 303, 305. Saxifraga 364. Saxifragaceae 317. Scheinstamm 192, 341. Scheitelzelle 48*, 49, 107, 116, 166, 221. Schizaeaceae 214, 219. ScMeoneura 160*, 363, 366. ScMzophyten 32, 36, 39, 380. Schlafbewegungen 222, 254. Schnegglisande 37, 38. Schopfbiiume 142. Schöpfung 3. Schuelzia 241. Schuppenkomplex (Conijerae) 289 ff., 290*, 291*, 320. |
' Schwaminparenchym 342. Schwarmer (Schwarmsporen) 41*, 83, 84*. Sehwefelbakterien 31. : Schwellparenchym 263. ' Schwesterzellen der Makrospore 234. Scolopendrium vulgare Sm. 217, 218*. I Scrophulariaeeae 336, 381. Secale 2. seitenstandige Verzweigung \ rg seitliche Verkettung der Organe fnbsp;Sekretzellen (Lyginodendron) 244.nbsp;sekundiirer Embryosackkern 319*.nbsp;sekundares Dickenwachstum, IIolz s. Se-kundarholz, --, Rinde 139 f., 341. Sekundarholz 80, 138*, 189, 146*, 146*, 164*, 338. —, Articulata 164*, 170*, 171, 172*, 173*. 180. —, Benettitales 272. —, Coniferae 306. —, Cycadales 260 ff. —, Dikotylen 338, 340*. —, Gnetales 310. —, Lycopsida 138*, 139, 146*, 146, 148, 156. —, Monokotylen 339 f. —, Psïlotales 119. —, Pteridospermeae 244, 245*, 263*, 264, 266* 266 SelaginèUa 62, 78, 89 f., 129, 163, 166*, 156*, ,306. — nbsp;nbsp;nbsp;Martensii 94*. — nbsp;nbsp;nbsp;spinosa 78 Selagineïlaceae 115, 129, 134, 158 f., 276. Selaginellites 129, 167. Selection 400, 401. Selektionslehre 17 f. Selektionswert 410, 420. Semophyletik 427 (s. auch Merkmalspliylo-genetik). Senilitiit, Senilwerden 375 ff. Sepala 319. Sequoia 236, 363, 364. Serjania (Plum.) 254. Serologie V, 6, 305, 417. Sexnalsysteni 5f. Sial 360. Siebteil (Phloem) 78, 106. —, Coniferae 290* f., 307*. —, Cycadales 261, 262. —, Gnetales 311. —, Monokotylen 339. —, Ophioglossales 203. Sigillaria 1281, 133, 141*, 142 ff.. 144*, 146*, 149, 363, 366, 361. — nbsp;nbsp;nbsp;elegans Sternb. 146. —• IVf P'ytftvtl'). 1 AC\ Sigillariaceae 79,'1261, 129, 142—152. Silene Elisabethae 363. — nbsp;nbsp;nbsp;inflata 331. Silenoideae 334. Silur 28*, 29, 38, 42, 46 f., 361. 396. Sima 360. Simplices Bower 214 f., 219. Sintflut 13 f. Siphonales 47. Siphoneae verticillntae 46. |
445
Sachregister.
Sipfionocladiales 42, 47, 362. Siphonostele 75*, 79, 80, 137, 142, 148, 203, 207, 211, 216, 278, 299 f„ 384.nbsp;Sippen 431. Sippenphylogenie (= Stammesgeschichte der ganzen Pflanze) 26 f., .68, 346 ff., 379,nbsp;427. SituationsvorteiJe 410. Sklerenchym 74, 119, 171, 247, 251. Solenostele 202 i, 216*. Soina, Somazellen 403—406. sommergrünes Laub 336. Sorus 218 ff. Spaltöffnungen (Stomata) 101, 385. — nbsp;nbsp;nbsp;bei Contfeme 307. ---Cycadales 265*. --Dicotylen 342. --Lycopsiden 141*, 142*. --Ophioglossales 204. --Psilophyta 107*, 108, 116. --Psilotales 122*, 123. --Pteridospermeae 247*, 248. Spaltung 197, 371—373, 379. Speichertraoheiden 137*, 138*. Spencerites 236. Spennatopliyta Goebel, 224. Spermatozoen 84*, 86. 206, 260, 268, 264*, 266*. Spezialisationskreuzung 26, 99, Spezialisiorung der Bliitter 384. Sphacelaria cirrhosa 63. — nbsp;nbsp;nbsp;furcigera 48*. — nbsp;nbsp;nbsp;fusca 48*. Sphacelariaceoe 48*. Sphaerocodium 35, 38*. Sphagnum 103. Sphenophyllales 77,124f., 169,1(52—1(55,182, 183, 194, 292, 362. Sphenophyllostachys 64, 164 f. Sphemphyllum 68, 124, 160*, 162 ff., 176, 256, 361. — nbsp;nbsp;nbsp;euneifülium 163*, 165*. — nbsp;nbsp;nbsp;insigne 164*. — nbsp;nbsp;nbsp;majus 165. — nbsp;nbsp;nbsp;ienenimum Ettingh. 163. — nbsp;nbsp;nbsp;verticillatum Schloth. 166. Sphenopsida s. Articulata. Sphenopteris Brongn. 199*, 361. — nbsp;nbsp;nbsp;adiantoides 199*. — nbsp;nbsp;nbsp;elegans 199*. — nbsp;nbsp;nbsp;Hoeninghausi 243, 247*, 261.nbsp;Spiralstellung 69*, 62, 334. Spiraltracheiden 70, 71*, 12*, 116*, 244, 384. Splachnaceae 236. Sporangienstiinde 22 ff., 66, 68 ff. Sporangienstellung 60, 68, 69 f., 90 f., 219*,nbsp;220*, 384, 427. Sporangiophor 161, 173, 294, 431. Sporangium 22 ff.,, 46, 60*, 61*, 65*—70,nbsp;89—93 (s. auch Mikrosporangien, Makro-sporangien). —, Articulata 159, 161*, 165*, 173, 179. ¦—, Asteroxylaceae 113*, 116 f., 118*. —, Lycopsida 127*, 149 ff., 167*, 168. —, Psilophyta 23*, 24, 105*, 107,108*, 109*, 110*, 111*, 112. —, Psilotales 119*, 120*, 121, 122*, 124 f. |
Sporangium, Pteropsida 183, 186*, 188*, 191*, 196*, 200*, 202*. 204*, 205, 209,nbsp;213*, 219*, 220*, 221*. —, atrope, anatrope Orientierung 69, 296 ff. Sporen 60*, 61*, 84*, 86, 89—93 (s. auchnbsp;Heterosporie, Isosporie, Makrosporen undnbsp;Mikrosporen). Sporokarp 221, 279 f. Sporophyll 23 ff., 64 f., 69, 111, 124, 160 ff., 166*, 176 ff., 183, 200*, 202, 213*, 219 f.,nbsp;228*, 229 ff., 230*, 232*, 249*, 260*, 264*,nbsp;265*, 268*, 271*, 286, 289 ff., 306*, 318*,nbsp;319*ff., 334. Sporophjd 50*, 61* ff., 54f., «3 ff 86*, 89, 92 f. —, Embryonalentwicklung 92—97. Spreusohuppen 216. SproB 68, 64. SproBachse 66 ff. sprunghafte Umbildung 393 ff, 411. staohyosperm, Stachyosperms 229. Stamina (Mikrosporophjdle) 319. Stammbaum: Angiospermae 346*. —, Articulata 160*. —, Filicinae 183*. —, Lycopsida 128*. —, Pflanzenwelt 28*. —, Phanerogamae 226*. —, Thallophyta 32*. Stammbaumphylogenetik 426 (s. auch Sippen-phylogenetik). stammeigene Bündel 79. Stammlinie, Stammrcihe 376, 377, 431. Standortmodifikationen 394*, 403, 406.nbsp;Stangeria 228 f., 269, 262. — nbsp;nbsp;nbsp;paradoxa 262*. — nbsp;nbsp;nbsp;schizodon Buil. Cat. 266*. Stapelia 382. Starsteine 208, 361. Staubblatter (Mikrosporophylle) 319. Stauropteridaceae 193*. Stauropteris 192, 193*. — nbsp;nbsp;nbsp;Oldhamia Binney 187—191, 188*, 189*.nbsp;Steinkerne 168. Steinkohle, Kohlenflöze usw. 126, 169. 353, 364*, 368*. Steinkohlenzeit 363. Steinzellen 244. Steliirdifferenzierung 384. Steliirtheorie 12, 72 f. Stele 70 ff., 75* f., 79, 97, 116, 121, 136 ff., 211, 384, 427, 431. Stephanospermum akenioides 260. SterilisationsprozeB (Gametangien) 85.nbsp;Sterzelia Nindeli 130. Stigeoclonium 43. Stigrmria Brongn. 146 ff., 155, 168. — nbsp;nbsp;nbsp;jicoides Brongn. 148. Stigmariopsis Grd. 147. Stratiotes 406. Strobilus 231, 268, 326. Stmthiopteris germanica 227, 228*, 229. Stylocalkmites 166, 168. Subjekt (Objekt) VI, 8 ff., 427 f. Subsigillarien 144.nbsp;südliehe Karbonflora 353.nbsp;sukkulente Pflanzen 382. Summierung der Mutationen 410—416. |
446
Sacliregister.
447
Sachreffister.
449
Autorenregister.
450
Autorenregister.
451
Autoxenre'gister.
29*
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V.
452
Autorenregister.
S. 29. Alinüch wie Dalilgrün hat auch Halle (Sv. Bot. Tidskr., Vol. 14, p. 268) un-sichore Landpflanzenreste aus dem Ob.-Silur besohrieben.
S. 60. M. Heidenliain (Ein vorlaufiger Bericht über die Spaltungsgesetze dor Blatter, Zeitschr. f. Anat. u. EntwicMungsgeschiohte 1929, Bd. 90, S. 154) hat kürzlich aii rezentemnbsp;Blattmaterial die der Potoniéschen Übergipfelungstheorie entsprechendeii Tatsachen vonnbsp;einein nicht-phylogenetischen Standpunkt aus ausführlicher dargestellt.^ Auch die sioh ausnbsp;der Übergipfelungstheorie ergebenden Konsequenzen wie die Ursprünglichkeit der Wechsel-standigkcit („Rechts-Links-Regel“) und der Katadromie („Ubergangsregelquot;) sind hier ein-gehend behandelt.
S. 101. R. Orth hat kürzlich (Flora 1929, Bd. 124, S. 152) die Luftkammerentwicklung der Marchantiaceen eingehend untersucht. Es ergab sioh dabei, dali^ auch an Keimlingen,nbsp;z. B. von Orimaldia dichotoma, die relativ weitporigen und muldcnförmigen Atemhöhlen durchnbsp;Ausoinanderweichen der Zeilen zustande kommen. Dieser Entwicklungsgang entkraftet dasnbsp;ontogenetische Argument für imsere obige Hypothese oinor oberfliichigon Lagerung desnbsp;Assimilationsgewebes bei den Marchantiaceen-Ahnen.
S. 151. Die ,,Cantheliophoriden“ Basslers sind ohne den siclieren Nachweis der zu-gehörigen vegetativen Organe natürlich niir als ein (durch das ,,Sporangiophor“) charak-terisierter Blütentyp der Lepidophyten, nicht aber als eine direkt s}'stematisch verwertbare Lepidophytengruppe zu betrachten. Die kritischen Anmerkungen von Benson (Ann. of Bot.nbsp;1920, Vol. 34, p. 137) und von Nathorst (Zur Kulmflora Spitzbergens, Stockholm 1920)nbsp;betreffen diese systematische Detailfrage, zu welch en Lepidophyten (Sigillariaceen ?) dienbsp;,,Cantheliophoriden“ Basslers gehören. Die Tatsache, dafi es eine Gruppe sporangiophoron-tragender Lepidophyten gegeben hat, bleibt von dieser Kritik unberührt. Auch die sj'stematischnbsp;gleichfalls noch nicht recht geklarte Lepidophyten-,,Gattung“ Spenceriies hat ja z. B. der-artige Sporangiophore.
S. 310. Vgl. auch die Monographic von H. II. W. Pearson, Gnetales, Cambridge
1929.
S. 406. Zum Problem dor Vererbung erworbener Eigenschaften vergleiche auch die ein-ander stark entgegengesetzten Ansichten bei der gemeinsamen Sitzung der Deutschen Gesell-schaft für Vererbungswissenschaft und der Palaontologischen Gesellschaft in Tübingen, Septeinber 1929. Referenten: Weidenreich, Federley und Diskiissionen. Veröffentlichtnbsp;im Bericht über die 7. Jahresversammlung d. Deutsch. Ges. f. Vererbungswissensch., Leipzig
1930, nbsp;nbsp;nbsp;sowie in der Palaontologischen Zeitschr.
S. 409. Auch Correns (Ein Beispiel für die Konkurrenz unter nachstverwandten Pflanzen-sippen. Wilh. Roux’ Archiv f. Entwicklungsmech. d. Organism.; Spemann-Festschr. 1929, Bd. 116, 1. Teil, S. 253) hat kürzlich einen derartigen Wettbewerb nahe verwandter Sippennbsp;experimenten untersucht und auf einige weitere derartige Untersuchungen (insbesondere vonnbsp;Lamprecht 1927) hingewieson.
-ocr page 470-S. 10, Zeile 19 von unten ,,S. 16“ stalt ,,S. 6“.
S. 20, ,,Jeffrey .... Chicago Press 1917, 2. Impress. 1922.“
S. 24, Zeile 26 von oben ,,Cladoxylales“ statt ,,Cladoxydales“.
S. 81, Zeile 3 von oben ,,Bower, F. 0.“ statt „Bower, F. C.“.
S. 81, Zeile 13 von unten ,,Chicago Press 1917, 2. Impress. 1922“.
S. 95, 9. Zeile von oben ,,Campbellquot; statt „Campbellsquot;.
S. 145, 3. Zeile von unten ,,Lepidophyten“ statt ,,Lepidhphyten“.
S. 168, 2. Zeile von oben „8tylocalamites“ statt ,,Stylocalamüina“.
S. 272, 19. Zeile von oben ,,komplizierte“ statt ,,hompliziertequot;.
S. 316, 35. Zeile von unten „Lotsy, J. P., Life Historyquot; usw. statt ,,Lotsy, J. P., Kife Historyquot;.
S. 333, Abb. 232. „N. dentata hybr. hort.quot; statt ,,... Aof‘.
S. 388, Zeile 21 von unten ,,anzulegenden“ statt ,,zu anzulegendenquot;.
Frommannscbe Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 5802
-ocr page 471-IV. nbsp;nbsp;nbsp;Phanerogaiiiae
Kryptogamac
Hetero- Chloro- Conju- Charo- Bangiales Florideae contae phyceae s. str. gatae phyta ;
1- Abt. 2. Abt. Cyano- Bac-phyceae teria
3. Abt. Flagel-latae
1. U.-Stamm Myxophyta
1._ Stamm
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III
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filices nbsp;nbsp;nbsp;euspor-nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;leptospor-
angiatae nbsp;nbsp;nbsp;angiatae
Filicinae
Hydro-
pterides
Pterido- Cycado- Cordai- Ginkgo-spenneae phyta nbsp;nbsp;nbsp;tales phyta
Coniferae Gnetales
Dicoty-
ledoneae
Monocoty-
ledoneae
Gymnospermae
Phanerogamae
Angiospermae
(gymnospermenartige
Angiospernienalmen)
4. Abt. nbsp;nbsp;nbsp;6. Abt.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;6. Abt.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;7. Abt.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;8. Abt.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;9. Abtnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;10. Abt
Diato- nbsp;nbsp;nbsp;Chloro-nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Phaeo-nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Rhode-nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Phyco- Asco-nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Basidio-
meae nbsp;nbsp;nbsp;phytanbsp;nbsp;nbsp;nbsp;phytanbsp;nbsp;nbsp;nbsp;phytanbsp;nbsp;nbsp;nbsp;mycetesnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;mycetesnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;inycetes
3. U.-Stamm 4. U.-Stamtn Fungi Lichenes
2. U.-Stamm Algae s. str.
2. Stamm
Euthallopby ta
(kemhaltige Thallophyta)
1. Abt.
Bryopbyt»
2. Abt,
Psilophyta
^ 3. Abt. Lycopsida
4. Abt.
Articulata
6. Abt. Pteropsida
GefaBpflanzen
fpsdophytenartige Ahnen der GefaBpflanzen)
(pteridophytenartige
Phanerogamenahnen)
3. Stamm
Kormophyta
(^thallophytenartige Ahnen der Kormophyten
AuBerdem noch zahlreiche andere Familien bzw. Ordnungen bekannt.
sc
Verlag von G n s t a v Fischer in J e n a
Vortrage über botanische Stammesgeschichte. Gehalten an der Beichs-universitat zu Leiden. Ein Lehibuch für Pflanzensystematik. Von J. B. Lotsy,
I. Band- Algen und l’Uze. Mit 430 Abbild. i)n Text. IV, 828 8. gi. 8“nbsp;1907nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Rmknbsp;nbsp;nbsp;nbsp;20.—
III. nbsp;nbsp;nbsp;Band: Corniopliyta siplionogamia. Erstcr Teil. Mit 661 Abbild. imnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Text.
II, 1055 nbsp;nbsp;nbsp;S. gr.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;8» 1911nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Rjnknbsp;nbsp;nbsp;nbsp;30.—
Versuch einer Ableitung der Rhizopoden. Von Adolf Pascher, Prag. Durch-gefiihrt mit Unterstützung der Akademie der Wissenschaften in Wien (Ertragnis der Ponti-Wïdmung). Mit 65 Abbüd. im Text. (Abdruok aus „Arcliiv f. Protisten-kundequot;. Bd. 38.) III, 87 S. gr. 8» 1917nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Rmk 4.—
Die Haturn^issenschaften. 191Ü, Heft 5; . . , Jiiii groües Prograimu, und in erfreuender Weise erfüiltl Die Klarheit der Darstellung machtnbsp;das Lesen dieser Abhandlung zu einem Vergnügen, das Gefüld, dasnbsp;sich dem Leser dabei aufdringeu mufi, daB der Verf. hier aus der riesigen Piillenbsp;seines Wissens das Beste, was er weiB, sagt, gibt ein festes Vertrauen zu der Dar-stellung der Tatsachen und zu ilirer Auslegung. ... Bs inuB besonders dankbar an-eriannt werden, in welch hervorragender Weise es P. verstanden hat, mit Tat-sachenmaterial diese Anschauungen zu festigen und — was Haeckel noch nichtnbsp;mögüch war — zu begründen, und daB nichts imstande ist, den Wert der vorliegen-den Abhandlung herabzusetzeii.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Br win Hirsch.
Die Theorien der Oenotheraforschung. Gmndlagen zur experimenteUen Vererbungs- und Entwicklungslehre. Von Ernst Lehmann, Prof. der Botaniknbsp;an der Universitat Tubingen. Mit 207 Abbild. im Text und einem Bildnis vonnbsp;Hugo de Vries. XVIII, 626 S. gr. 8» 1922nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Rmk 10.—, geb. 12.—
Seit de Vries steht die Oenotherenforschung im Mittelpunkt des biologisohen Problems der Artbildung durch Mutation und Bastardierung. Es ist von höchsteziinbsp;Interesse zu sehen, wie neben der historischen auch die strukturelle Arboitsrichtungnbsp;durchdringt und über das Studium von Mutation und Bastardierung die strukturellenbsp;Forschung immer mebr hervortritt und an Bedeutung gewinnt. Der für die allge-meine Biologie der Gegenwart typische Uebergang von der historischen Forschungnbsp;zur strukturellen besitzt an Oenothera sein vorzüglichstes Paradigma. Diesen Vorgangnbsp;innerhalb der Gattung Oenothera zu verfolgen, ist die Aufgabe des rorliegendeanbsp;Buches. Es ist für Biologen jeder Eichtung von gröBter Bedeutung.
BotanischesZentralblatt. Bd. 143, Xr.7: ...DasWerk ist einem starken Bedürfnis en tgegengekommen und Biologen der verschiedensten Eichtungen, Zyto-togen, Systematiker, experimentelle Vererbungsforscher vom Studenten bis zuinnbsp;acnspezialisten werden es mit Nutzen lesen und mit Dank aus der Hand legen. , . .
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phf^S a^dm TTnfvl® nbsp;nbsp;nbsp;W. Johannsen, ord. Prof. der Pflanzen-
Aiiflag^e in dreiBi» Vn^i nbsp;nbsp;nbsp;Dritte deutsche, neubearbeitete
1926 ^ nbsp;nbsp;nbsp;Vorlesungen. Mit 21 Abbild. im Text. XI, 736 S. gr. 8»
Zoolog-ischer Bericht Br) / nbsp;nbsp;nbsp;Rïnk 32.—, geb. 34 —
der „Blemente“ ist in jeder Hinsichf * nbsp;nbsp;nbsp;Heft 9/11: . . . Die neue Auflage
hinter der altbewahrten 2. Auflage nbsp;nbsp;nbsp;steht inhaltlich ia keiner IVeise
Werk besitzen wir einen umfass^^'^d nbsp;nbsp;nbsp;übertrifft sie wesentlich. In dem
pahrer auf aUen die Vererbuna-sleUro ^unbedingt z u v er la s si g en
Die Xaturwiss-enschaften ®*^®ffenden Gebieten. Heberer.
Vererbungswissenscliaft hat eine so eroBc h-’f nbsp;nbsp;nbsp;Buch der modernen
BlemeDte’'. . . • nbsp;nbsp;nbsp;rische Bolle gespielt, vrie Johannsens
’ nbsp;nbsp;nbsp;J. Seiler. München.
in Blüteiiachse und Perianth. Von Dr. nbsp;nbsp;nbsp;GefaBbündelverlauf
Unixers- in Wien. Mit 4 Abbild. und 9 Tafeln nbsp;nbsp;nbsp;^otan. Institut der
ein m Text. IV, 131 S. gr. 8» 1911
Rmk 8.—
-ocr page 474-e r I a lt;j von Gustav Fischer in Jena
Selektionsversuche mit aiavistischer Iris 1880—1927. Von Prof. Dr. Emil Heinricher, Iimsbiuck. Mit 21 Abbild. im Text und 7 Tafcln. VI, 148 S.nbsp;gr. 8quot; 1928nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Rmk 15.—
Es ist niclit bekaimt, dat) von irgendeiner Seite Veröffeutlichungen über Selektionsversuche vorliegen, die auf Grund atavistischer Ersoheinuugen vorgenommeunbsp;warden. Das bereohtigte den Verfasser, über seine durch Dezenniea mit Iris ge-fuhrten Versucho eine zusanimenfasseiide Darsteilung zu geben. Einige der wichtig-sten Ergebnisse, vor allem die erreichte atavistische Blütenform Abavia, sind allge-meiner bekannt, aber über die von 1890 bis zur Gegenwart fortgesetzten Beob-achtungen und Kuituren ist niehts weiter erschienen. Sie enthalten manches Lehr-reiche und Bildungen, die ebenfalls als atavistische gedeutet werden köunen. Zunbsp;beurteilen, auf welcher Grundlage Ileinrichers Deutung fuBt, wird dem Leser mitnbsp;der in gekürzter Form gegebenen Statistik ermöglicht.
Die intraindividuelle fluktuierende Variabilitat. Eine Untersuchung fiber die Abaiiderung des Pflanzeiiindividuums und die Periodizitat der Lebens-erscheinungen. Von Prof. D. Dr. E. Dennert, Godesbeig a. Rh. Mit 31 Abbild.nbsp;im Text. (= ..Botanische Abhandlungen“. Hisg. Yon K. Goebel. Heft 9.)nbsp;149 S. gr. 8» 1926nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Rmk 7.—
Erblichkeit und Chromosomen. Eine gemeinverstandliche Darsteilung. Von Dr. Theo J. Stomps, Prof, der Botanik an der Universitat Amsterdam. Ausnbsp;dem Hollandischen ins Deutsche fiborsetzt von Dr. Paul von daH’Armi. Mitnbsp;24 Abbild. im Text (nach Zeichnungen des Verf.). VIII, 168 S. gr. 8quot; 1923
Rmk 3.50
In halt: Eiiileituug. — I. Chromosomen. I. Der Ban des Protoplasten. 2. Die Zell- und Kernteilung. 3. Die Beduktiousteilung. — II. Erblichkeit. 1. Die stoff-lichen Trager der erblichen Eigenschaften. 2. Die Lokalisation der erblichen Eigenschaften. — III. Die Chromosomen, die stoffliche Basis der Erblichkeit. 1. Be-obachtuugen über die Bedeutung des Kernes im Leben der Zelle. 2. Die Unter-suchungen von Ï h. Boveri fiber Bastardierung und Merogotiie bei Seeigeln. 3. Dienbsp;Versuche von C. Herbst fiber kiiustliche Parthenogeuese, gepaart mit Bastardierung.
4. nbsp;nbsp;nbsp;Die Untersuchungen von T h. Boveri fiber doppelte Befruchtung bei Seeigeln.
5. nbsp;nbsp;nbsp;Chromosomen und Geschlecht. 6. Chromosomen und Mendels Regeln. — SchluB-wort. Register.
Die Existenzgriinde der Vorgange der Zellbildung und Zellteilung, der Vererbung und Sexualilat. Dntersuchung aus dem Gebiete der exaktennbsp;Biologie. Von Dr. Victor Schiffner, ao. Prof, der Botanik an der Universitatnbsp;Wien. V, 160 S. gr. 8» 1926nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Rmk 7.50
I n h a 11: Einleitung; Ueber die Ï enden z und die leiteudeu Grund-gedanken. — 1. Die Bntstehung •on Zeilen aus ihren Ursprungszelleu. 2. Die Arten der Zellteilung und ihre Gesetze. 3. Die Existenzgriinde des Vorganges dernbsp;Merabranbildung. 4. Die Arten der Membranbildung. 5. Die Bxistenzgrfiude dernbsp;Orientierung der Teilungsflaohe, bzw. der Scheidevvand bei Zweiteilung der Zelle.nbsp;Die Segmentierung. 6. Die gesetzmafiige Teilungsfolge der Ursprungszelle vielzelligernbsp;Pflanzenkörper als Grand ihres Aufbaues. Die Soheitelzelle. 7. Zellsprossung undnbsp;SproBzellbildung. (Die Existenzgriinde der Exosporenbildung.) 8. Die Chlamydo-sporenbildung. 9. Die endotope Entstehung von Zeilen. Endosporenbildung. 10. Dienbsp;Existenzgriinde der Vererbung, der Se.xualitiit und der Kernteilung. — Riickhlick undnbsp;TJebersicht.
Versuch einer phylogenetischen Erklarung des Embryosackes und der doppelten Befruchtung der Angiospermen. Vortrag, gehalten aufnbsp;der 79. Versamtalnng deutscher Naturforsclier und Aerzte in Dresden am 16. Sept.nbsp;1907 von Dr. Otto Porsch, Privatdoz. f. systemat. Botanik a. d. Univers. Wien.nbsp;Mit 14 Abbild. im Text. V, 49 S. gr. 8“ 1907nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Rmk 1.60
Der Spaltöffnungsapparat im Lichte der Phylogenie. Ein Beitrag zur „phylogenetischen Pflanzenhistologiequot;. Von Dr. Otto Porsch, Assistent amnbsp;botan. Institut der Univers. Wien. Mit 4 Abbild. im Text und 4 Tafeln. XV.nbsp;196 S. gr. 8» 1905nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Rmk 8.—
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